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Title: Der Tatbestand der Piraterie nach geltendem Völkerrecht
Author: Stiel, Paul, 1882-
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Der Tatbestand der Piraterie nach geltendem Völkerrecht" ***


                                 Staats-
                                   und
                      völkerrechtliche Abhandlungen.

                                Begründet
                                   von
               *Dr. Georg Jellinek* und *Dr. Georg Meyer*,

                              herausgegeben
                                   von
            *Dr. Georg Jellinek* und *Dr. Gerhard Anschütz*,
                  Professoren der Rechte in Heidelberg.

                              ‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐

           IV. 4. Der Tatbestand der Piraterie nach geltendem
                      Völkerrecht. Von _Paul Stiel_.

                                Leipzig,
                     _Verlag von Duncker & Humblot._
                                  1905.



                                   Der

                        Tatbestand der Piraterie

                       nach geltendem Völkerrecht

                unter vergleichender Berücksichtigung der
                         Landesgesetzgebungen.

                                   Von
                               Paul Stiel,
                            Doktor der Rechte.

Leipzig,
_Verlag von Duncker & Humblot._
1905.



                        _Alle Rechte vorbehalten._



                       Herrn Geh. Oberregierungsrat

                       Professor Dr. F. von Martitz

                         _in dankbarer Verehrung_

                                gewidmet.



                            INHALTSÜBERSICHT.



                                                                      Seite
  Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur                      X-XIII

                          _Erster Abschnitt._
        *Die völkerrechtlichen Rechtsfolgen der Piraterie in ihrer
                    Bedeutung für den Tatbestand.*

  § 1. Die Rechtsfolgen der Piraterie                                  1-17
    Die Aufgabe. S. 1. — I. a) Staatloses Gebiet (Anm. 1, S. 2.
    Kriminaljurisdiktion in herrenlosen Gebieten). b) Das
    Meer. Internationale Seepolizei. S. 1. — II.
    Internationale Bekämpfung der Piraterie. 1. Recht der
    Festnahme von Piratenschiffen. Die Ansicht _Zorns_. Die
    rechtliche Denationalisierung ist Rechtsfolge, nicht
    Tatbestandsmerkmal (_v. Liszt_). 2. Pflicht zur Festnahme.
    3. Durchsuchungsrecht wegen Piraterieverdacht.
    4. Flaggenlose Schiffe. S. 4. — III. Völkerrechtliche
    Rechtsfolgen der Piraterie im Bereiche des internationalen
    Strafrechts (Anm. 4, S. 15. Zuständigkeit der Staaten zur
    Bestrafung piratischer Akte, Übersicht der
    Landesgesetzgebungen). S. 14.

  § 2. Prinzipielles über die Piraterie im                            17-23
      englisch-amerikanischen Rechte
    I. Das Territorialitätsprinzip. S. 17. — II. Offences
    against the law of nations; piracy. S. 19. —
    III. Bedeutung der Besonderheit des englischen Rechtes für
    die Gewinnung des Tatbestandes. S. 21. — IV. Das
    amerikanische Recht. S. 22.

  § 3. Die Rechtsfolgen der Piraterie und die grundsätzliche          23-25
      Auffassung des Tatbestandes

  § 4. Anhang zum ersten Abschnitte. Heutiges Vorkommen der           25-27
      Piraterie (Anm. 7, S. 26. Verträge Chinas mit fremden
      Mächten)

                         _Zweiter Abschnitt._
       *Der Tatbestand der Piraterie nach geltendem Völkerrecht.*

  § 5. Vorläufige Definition. Quellen; insbesondere die               28-35
      Landesstrafgesetzgebungen
    I. Vorläufige Definition. S. 28. — II. Quellen. Die
    Instruktionen für die Kriegsflotten (Zusammenstellung in
    Anm. 3, S. 29). S. 29. — III. Das Landesstrafrecht als
    Erkenntnisquelle (Anmerkungen S. 32-33. Übersicht der
    landesstrafrechtlichen Bestimmungen). S. 31. —
    IV. Terminologie. S. 34. — V. Bestimmungen des
    Landesstrafrechts ohne völkerrechtliche Bedeutung. S. 35.

  § 6. Die Piraterie in der Rechtsgeschichte; Nachwirkungen           35-53
      früherer Anschauungen; Folgerungen für den Tatbestand im
      geltenden Rechte
    I. Einleitung. S. 35. — II. Piraterie unter staatlicher
    Autorität. Altertum. Altgermanische Zeit. Christliche
    Friedensordnung des Mittelalters. Christenheit und
    mohammedanische Staatenwelt; die Barbareskenstaaten. S. 37.
    — III. Die private Piraterie. Römisches Recht.
    Seerecht des Mittelalters: der Pirat ist nicht rechtlos;
    kriegsrechtliche Bestandteile des Piraterierechtes. S. 41.
    — IV. Reste kriegsrechtlicher Auffassung im geltenden
    Rechte. Behandlung des Schiffes nach Prisenrecht.
    Zuständigkeit der Militärgerichte. Härte der Strafen. Es
    besteht keine „völkerrechtliche“ Befugnis der
    Handelsschiffe, Piraten festzunehmen oder zu bestrafen;
    die Landesgesetzgebungen sind nicht einheitlich. S. 46. —
    V. Folgerungen für den Tatbestand. S. 52.

  § 7. Die grundsätzliche Auffassung des Tatbestandes in der          53-57
      Literatur
    Die rein kriminalistische Auffassung. S. 53. — Die
    seepolizeiliche Auffassung. I. Ihre Anhänger. S. 54. —
    II. Aufnahme einzelner Elemente der seepolizeilichen bei
    Anhängern der kriminalistischen Auffassung. S. 55.

  § 8. Der seepolizeiliche Charakter des Tatbestandes                 57-63
    I. Wert einer richtigen Bestimmung des Charakters des
    Tatbestandes. S. 57. — II. Nachweis des seepolizeilichen
    Charakters. Die Marineinstruktionen. Die
    Landesstrafgesetzgebungen. S. 58. — III. Die Piraterie,
    ein „Unternehmen gegen das Völkerrecht“. S. 62. —
    IV. Orientierung über den Inhalt des Tatbestandes. S. 63.

  § 9. Der objektive Tatbestand                                       63-67
    I. Benutzung eines Schiffes. S. 63. — II. Die Besatzung.
    S. 64. — III. Beziehung zur hohen See. „Piraterie
    terrestre.“ Flußpiraterie und Strandraub. Stand der
    Ansichten über die Art der Beziehung zur hohen See.
    Entscheidung. S. 64.

  § 10. Der subjektive Tatbestand. a) Die Richtung des                67-72
      Unternehmens gegen prinzipiell alle Nationen
    I. Vorfragen. Raub, verübt von Mitgliedern der Besatzung
    untereinander. Wegnahme des Schiffes durch die Mannschaft
    (Meuterei); sie ist nicht Piraterie. S. 67. —
    II. Notwendigkeit der Richtung des Unternehmens gegen
    prinzipiell alle Nationen. S. 70.

  § 11. b) Der Inhalt der piratischen Akte                            72-80
    I. Gewalt, das notwendige Mittel piratischer Akte. S. 73.
    — II. Das Objekt der piratischen Akte. 1. Bedeutung der
    Kontroverse, ob Gewalthandlungen aller Art oder nur
    räuberische Akte in Frage kommen. 2. Landesgesetzgebungen
    und Literatur. 3. Entscheidung. S. 73. — III. Nähere
    juristische Formulierung (Objekt und Mittel). S. 77. —
    IV. Erfordernis der Gewerbsmäßigkeit. S. 77.

  § 12. c) Mangel eines politischen Zweckes. Piraterie unter          80-86
      staatlicher Autorität. Heimatstaat und Piratenschiff
    I. Begriff des politischen Zweckes. S. 80. —
    II. Piraterie unter staatlicher Autorität (Raubstaaten).
    1. Völkerrechtsgemäße Handlungen. 2. Handlungen und
    Autorisierungen nicht anerkannter politischer Verbände.
    3. Einzelne völkerrechtswidrige Handlungen und
    Autorisierungen. 4. Raubstaaten. S. 81. —
    III. Heimatstaat und Piratenschiff. 1. Das Verhältnis
    des Staates zu seinen Nationalschiffen nach Völkerrecht
    (Anm. 2, S. 84. Grund der Haftung des Staates für Delikte
    der Untertanen); Interventionsrecht. Nichtanwendbarkeit
    der gewöhnlichen Grundsätze auf das Verhältnis zu einem
    Piratenschiff. 2. Für Kriegsschiffe gelten keine
    Sonderregeln. S. 84.

                         _Dritter Abschnitt._
                            *Folgerungen.*

  § 13. Ausdehnungen des Pirateriebegriffs in Landesrecht             87-88
      und Literatur
    1. Landesstrafrechtliche Ausdehnungen. 2. Die
    Quasipiraterie der völkerrechtlichen Literatur. S. 87.

  § 14. Kriegsschiffe und Kaper aufständischer Parteien               88-96
    I. Skizzierung des Rechtszustandes. S. 88. — II. Die
    Literatur. Insbesondere _Hall_. S. 90. — III. Die
    Staatenpraxis (Anm. 4, S. 94. Huascar; Crête à Pierrot).
    S. 94.

  § 15. Illegale Kaperei                                             97-108
    I. Quellen. S. 97. — II. Der Rechtszustand. 1. Piraterie
    und Kaperei. Beutefahrt in Kriegszeiten ohne Autorisation.
    Kommissionierung durch beide kriegführenden Mächte.
    2. Völkerrechtswidrige Autorisierung. Formlose Autorisierung.
    Kaperei in Verletzung der Pariser Seerechtsdeklaration.
    3. Völkerrechtswidriges Verhalten des Kapers. Insbesondere
    Wegnahme neutraler Schiffe; Fortsetzung der Beutefahrt
    nach Beendigung des Krieges; Annahme von Kaperbriefen
    mehrerer Nationen. S. 97. — III. Kommissionierung nicht
    staatsangehöriger Kaper. Gegensatz der Ansichten.
    Unabhängigkeit der Entscheidung von der Frage, ob der
    Staat, der seinen Untertanen die Annahme fremder
    Kaperbriefe gestattet, sich einer Neutralitätsverletzung
    schuldig macht (Beantwortung dieser Frage in Anm. 2-3,
    S. 103). Das für die Entscheidung verbleibende Material.
    Entscheidung: das Schiff ist weder Pirat noch ist die
    Autorisierung fremder Kaper überhaupt völkerrechtswidrig.
    S. 102.

  § 16. Der Handel mit Negersklaven                                 108-110

  § 17. Verletzung unterseeischer Telegraphenkabel                      110

  Quellenregister                                                   111-117



              VERZEICHNIS DER ABGEKÜRZT ZITIERTEN LITERATUR.


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Lecture delivered at the U. S. Naval War College. Washington 1896.

  N.R.G.      = Martens, Nouveau Recueil Général.
  Rev. gén.   = Revue générale de droit international public.
  R.G.Bl.     = Reichsgesetzblatt.
  St.G.B.     = Strafgesetzbuch.



                            ERSTER ABSCHNITT.


 DIE VÖLKERRECHTLICHEN RECHTSFOLGEN DER PIRATERIE IN IHRER BEDEUTUNG FÜR
                             DEN TATBESTAND.



                   § 1. Die Rechtsfolgen der Piraterie.


Bekennt man sich zu der Auffassung, daß Rechtssubjekte des Völkerrechts
nur die Staaten sind, so ist die Piraterie für das internationale Recht
nicht Delikt, sondern ein bloßes Rechtsereignis(1); und ihre Rechtsfolgen
können in dieser Voraussetzung nur in der Person der Staaten entstehende
Befugnisse und Pflichten sein. Das Ziel dieser Untersuchung ist, zu
ermitteln, wie dieses Ereignis beschaffen sein müsse, damit es zu einem
völkerrechtlichen Rechtsereignis werde, d. h. Rechtsfolgen für die Staaten
eintreten. Die Rechtsfolgen selbst interessieren nur, soweit ihre
Erkenntnis für die Bestimmung des Tatbestandes von Bedeutung ist.

I. Der großen Aufgabe, zur Förderung ihrer Angehörigen wie zur
Durchführung dringender Anforderungen der öffentlichen Moral auch in
staatlosen Gebieten eine Rechtsordnung aufzurichten, ist die in der
Völkerrechtsgemeinschaft vereinigte Staatenwelt in steigendem Maße gerecht
geworden. Die rechtlichen Grundlagen der in dieser Hinsicht getroffenen
Maßregeln sind für die in Frage stehenden Gebiete nicht dieselben.

a) In staatlosem Landgebiet stehen der Betätigung der einzelnen
Staatsgewalten keine aus den Verhältnissen der staatlosen Gebiete selbst
abzuleitenden Hindernisse entgegen. Tatsächliche Machtentfaltung wie auch
die Ausdehnung der Geltung der Gesetze sind lediglich durch mit dem
besonderen Charakter des Gebietes nicht zusammenhängende allgemeine
völkerrechtliche Prinzipien gebunden(2). Diese Sätze gelten auch für
Interessensphären(3).

b) Dem dringenderen Bedürfnis entsprechend ist die internationale
Rechtsordnung für das Meer zu einer ungleich geschlosseneren Ausgestaltung
gelangt. Ihre Grundlage ist nicht, wie bei der auf staatlosem Landgebiet
errichteten, eine rein negative, dahin gehend, daß der Entfaltung der
Staatsgewalt zivilisierter Staaten keine Schranken gezogen wären, vielmehr
ein positives Prinzip, das jede Gebietshoheit ausschließt und so das Meer
für ein „staatloses Gebiet“ durchaus eigner Art erklärt(4). Auf dieser
Grundlage, als Konsequenz des Prinzips der Meeresfreiheit, ergibt sich
sodann eine zweifache Verpflichtung der Staaten; sie haben insgesamt Sorge
zu tragen, daß nur staatsangehörige Schiffe das Meer befahren; und jeder
einzelne hat zu verhindern, daß seine Nationalschiffe die allgemeine
Sicherheit verletzen oder gefährden.

Man könnte versucht sein, in diesen Grundsätzen ein geschlossenes System
zu erblicken, ausreichend, den friedlichen Seeverkehr in allen Beziehungen
zu sichern. Aber der Ozean in seiner unermeßlichen Weite, „undique et
undique navigabilis“ (Grotius mare liberum C. 1), läßt dem einzelnen
Staate nicht die Möglichkeit, seine Staatsgewalt den ihm angehörigen
Schiffen als eine allgegenwärtig wachende und strafende Macht erscheinen
zu lassen; und wenn schon bei Nationalschiffen aus tatsächlichen Gründen
der aufgestellte Grundsatz nicht ausreicht, so ist, was die keinem Staate
angehörigen Fahrzeuge betrifft, der Grundsatz selbst etwas prekärer Natur
und zumal in seiner Durchführung im einzelnen sehr unsicher.

So erklärt sich das Bestehen einer Reihe von Rechtsinstituten, die sich in
ihrer praktischen Bedeutung, wenn auch nicht notwendig in ihrer
juristischen Konstruktion, als Modifikationen der Meeresfreiheit
darstellen, in Modifikation derselben ein System internationaler
Seepolizei etablieren. Mit einer Ausnahme gehören sie alle der neuesten
Zeit an und finden ihre Grundlage in Verträgen(5). Die Ausnahme ist die
Piraterie(6) und (7).

II. „Die seefahrenden Nationen ... erklären sich zur Repression der unter
dem Namen der Piraterie begriffenen Tatbestände rechtlich verpflichtet“
(_v. Martitz_, Int. Rechtshilfe I, S. 66). Dieser Satz enthält einen
Grundsatz, einen leitenden Gedanken; welches der genaue Umfang der
Befugnisse und Pflichten der Staaten in der Bekämpfung der Piraterie sei,
bedarf näherer Untersuchung. Es wird sich sofort zeigen, daß die
Stellungnahme zu dieser Frage in sehr wesentlichen Punkten der Bestimmung
des Tatbestandes präjudiziert.

1. _Festnahme von Piratenschiffen. Ihre Denationalisierung._ Daß die
seitens ihrer Regierung dazu ermächtigten Schiffe aller Nationen das Recht
haben, Piratenschiffe aufzubringen, ist eine nirgends bezweifelte
Tatsache(8). Bestände dieses Recht nicht, so wäre die Piraterie für das
Völkerrecht ohne jede Bedeutung.

Nur ein Autor ist uns bekannt geworden, der in radikaler Weise mit der
herkömmlichen Anschauung bricht. Es ist _Albert Zorn_ (Völkerrecht, 2.
Aufl. 1903, S. 169): „Dagegen ist der Seeraub (die Piraterie) nicht ohne
weiteres in der Weise strafbar, daß jeder Staat das Recht hat, jedes
Piratenschiff, gleichviel welcher Nationalität Schiff oder Eigentümer
angehört, anzuhalten oder aufzugreifen. Vielmehr ist infolge des Prinzips
von der Freiheit des offenen Meeres die für jeden Staat erforderliche
Rechtsgrundlage hierfür nur dann gegeben, wenn der Täter ein
Staatsangehöriger oder die Tat innerhalb des Staatsgebiets, sei es auf
einem Schiffe des betreffenden Staates oder auf einem fremden Schiffe im
Küstenmeer, begangen ist oder die Strafbarkeit auf einem Staatsvertrage
beruht;“ (dazu N. 2): „Das ergibt sich auch schon daraus, daß dem
‚völkerrechtlichen Verbote‘ z. B. für Deutschland jede Möglichkeit
wirksamer Durchführung infolge Mangels einer Strafandrohung fehlt“ (vgl.
auch _Philipp Zorn_, Staatsrecht II, 2. Aufl. 1897, S. 927). Dieser
Ausführung kann der Vorwurf einer gewissen Oberflächlichkeit nicht erspart
bleiben. Die sehr zutreffende Bemerkung, daß nach geltendem Rechte
tatsächlich nicht jeder Staat die Kompetenz zur Aburteilung eingebrachter
Piraten habe, ist schon oft gemacht worden; aber daraus den Schluß zu
ziehen, daß die Piraterie überhaupt ohne völkerrechtliche Bedeutung sei,
ist nur bei einer Konfundierung der vollkommen disparaten Fragen möglich,
wie weit sich die Gerichtsbarkeit eines Staates erstrecke und unter
welchen Voraussetzungen er zur Festnahme eines Schiffes auf hoher See
schreiten dürfe. Auch im Falle des Einschreitens eines deutschen
Kriegsschiffes etwa auf Grund des Nordsee-Fischereivertrages oder der
Kabelkonvention ist die Möglichkeit der Strafverfolgung in Deutschland nur
in den (auch für die Verfolgung von Piraten geltenden) Schranken der §§
3–8 St.G.B. gegeben(9), ohne daß dadurch die Zulässigkeit des Eingriffs
irgendwie berührt würde. Wenn vielen Staaten nach Lage ihrer Gesetzgebung
die Zuständigkeit zur Bestrafung von Piraten in gewissen Fällen mangelt,
so ist deshalb die Aufbringung der Piratenschiffe durch sie keine unnütze
Bemühung, es sei denn, es bestehe nicht die Möglichkeit der Auslieferung
an irgend einen zuständigen Staat, ein denkbarer aber sehr unpraktischer
Fall. Daß in Ergänzung der fehlenden eigenen Zuständigkeit des Staates
eine Auslieferungsverbindlichkeit besteht(10), ist ein Gesichtspunkt, der
_Zorn_ entgangen zu sein scheint.

Unter der Einmütigkeit, mit der die Zulässigkeit der Aufbringung der
Piratenschiffe anerkannt wird, verbirgt sich nun aber eine tiefgehende
Meinungsverschiedenheit über die Tragweite dieser Anerkennung. Veranlaßt
durch die Notwendigkeit, den in Verkennung des Wesens der Piraterie
vielfach übermäßig ausgedehnten Tatbestand zu restringieren, hat man
behauptet, Pirat sei nur ein solches Schiff, „das völkerrechtlich
betrachtet keinem Staate angehört“ (_v. Liszt_, Völkerrecht, S. 211)(11).
Es ist das im Grunde eine Frage des _Tatbestandes_ der Piraterie, nicht
der Rechtsfolgen; wenn sie gleichwohl hier ihre Behandlung findet, so
rechtfertigt sich das daraus, daß, wenn die von _v. Liszt_ vertretene
Auffassung richtig ist, die Piraterie zu einem Tatbestand ohne
selbständige Rechtsfolge würde, wonach die weitere Darstellung einen ganz
anderen Weg einzuschlagen hätte. Ein keinem Staate angehörendes Schiff
kann aus dem bloßen Grunde seiner Anationalität aufgebracht werden (s. u.
4). Die Bedeutung der Piraterie besteht wesentlich darin, daß sie die
Maßregel auch gegenüber nationalen Schiffen ermöglicht. Vor näherem
Eingehen auf die Kontroverse soll eine Präzisierung derselben versucht
werden.

Eines der wesentlichsten Elemente des subjektiven Tatbestandes der
Piraterie ist die Lösung des Piratenschiffes von jedem anerkannten
staatlichen Verbande in einem noch näher zu bestimmenden beschränkten
Sinne (gewerbsmäßiges, sozialgefährliches Unternehmen ohne politischen
Zweck). Diese Lösung ist ein rein tatsächlicher Vorgang, ein Ereignis in
der Psyche der betreffenden Personen. Von ihr, die man als faktische
Denationalisierung bezeichnen könnte, ist die infolge der Piraterie
eintretende rechtliche Denationalisierung streng zu scheiden. Diese
letztere bedeutet eine Lockerung des rechtlichen Bandes, das das Schiff
und seine Besatzung mit dem Heimatlande verbindet; und zwar denkt bei ihr
die kontinentale Auffassung in erster Linie an die rechtliche Lösung des
Schiffes vom Heimatstaate (rechtliche Denationalisierung des Schiffes),
die englisch-amerikanische an die Lösung des Bandes zwischen Staat und
Untertan (rechtliche Denationalisierung der Besatzung). Faktische und
rechtliche Denationalisierung stehen im Verhältnis von Tatbestand und
Rechtsfolge. Im Gegensatz hierzu betrachtet _v. Liszt_ die _rechtliche_
Denationalisation als ein Tatbestandsmerkmal, eine Voraussetzung der
Piraterie.

Der Grund der _v. Liszt_’schen Anschauung wird in einem durchaus
zutreffenden Gedanken zu suchen sein, dem _v. Liszt_ folgenden Ausdruck
verleiht (S. 211): „Wenn die Besatzung eines deutschen Schiffes auf
offener See eine Gewalttat begeht, also etwa ein Fischerboot anhält und
ausplündert, so tritt ausschließlich die deutsche Gerichtsbarkeit ein; die
Tat ist nicht Seeraub im Sinne des Völkerrechts.“ Aber so berechtigt
dieser Gedanke ist, so nötigt er doch keineswegs, die juristische
Denationalisation zum Tatbestandsmerkmal zu erheben. Ist man von der
Unmöglichkeit der verbreiteten Meinung überzeugt, die in einem einzelnen
Gewaltakt eines Schiffes den alle Nationen zum Einschreiten berechtigenden
Tatbestand der Piraterie sieht, so wäre zunächst einmal in eine Prüfung
der juristischen Haltbarkeit dieser Ansicht einzutreten. Demgegenüber geht
_v. Liszt_ in der Weise vor, daß er unter Beibehaltung der unhaltbaren
grundsätzlichen Auffassung in einem anderen Punkte eine Restriktion des
Tatbestandes vornimmt, durch die das gewünschte Ziel erreicht, zugleich
aber das ganze Rechtsinstitut seiner Bedeutung beraubt wird.

Diese Überlegung beseitigt nicht die Notwendigkeit, die Behauptung, daß
die juristische Denationalisierung lediglich Rechtsfolge der Piraterie
ist, positiv zu erweisen. Es genügt jedoch zu diesem Behufe auf die
Übereinstimmung der Literatur(12), der Staatenpraxis, wie sie den
Instruktionen für die Kriegsmarinen zu entnehmen ist(13), sowie auch der
Landesstrafgesetzgebungen(14) hinzuweisen (über den Wert der letzteren für
die Ermittelung des völkerrechtlichen Tatbestandes s. u. § 5).

In einem Teile der Literatur findet man den Gedanken der
Denationalisierung als Rechtsfolge in der Form ausgedrückt, daß zunächst
das Erfordernis der Anationalität des Piratenschiffes aufgestellt wird,
alsbald aber die Anmerkung folgt, daß, sofern das Schiff eine Nationalität
besessen, es sie durch die Ausübung der Piraterie verloren habe(15). Diese
etwas irreführende Darstellung ist dadurch ermöglicht, daß die
Denationalisierung, eine Rechtsverwirkung, eine mit dem Eintritt des
Tatbestandes unmittelbar gegebene Rechtsfolge ist.

Im vorigen sind die Bezeichnungen „anationale Schiffe“ und
„denationalisierte Schiffe“ promiscue gebraucht. Für unseren Zweck ist das
angängig. Denn die Piraterie löst die Verbindung des Schiffes mit seinem
Heimatstaate völlig; beide Seiten des Verhältnisses fallen weg(16); nicht
nur wird dem Schiffe der Schutz des Staates entzogen, so daß es dem
Zugriff jeder Macht unterliegt, sondern es wird auch der Heimatstaat von
seiner Verantwortlichkeit für den Bestand einer gesicherten Rechtsordnung
an Bord befreit(17). Von dieser zweiten, weniger bedeutsamen Seite des
Verhältnisses ist abgesehen, wenn als Folge der Piraterie lediglich das
Recht zur Aufbringung des Piratenschiffes angegeben wird.

2. Von erheblich geringerer Bedeutung für die Ermittelung des Tatbestandes
der Piraterie ist die an sie als Rechtsfolge geknüpfte _Pflicht_ der
Staaten, das Piratenschiff festzunehmen(18). Diese Pflicht ist eine
völkerrechtliche Pflicht der Staaten, nicht natürlich der
Kriegsschiffe(19) oder gar der Handelsschiffe(20). Die Art der Erfüllung
der Pflicht ist eine rein landesrechtliche Angelegenheit. Deutschland wird
ihr in der Weise gerecht, daß es seinen Kriegsschiffen die _Befugnis_ zum
Einschreiten gegen Piraten gibt(21); diese Befugnis in Verbindung mit den
allgemeinen Dienstpflichten des Offiziers begründet in geeigneten Fällen
eine (dem innerstaatlichen Rechte angehörende) Pflicht zur Festnahme.

3. Eine mit den behandelten, sich auf das unmittelbare Vorgehen gegen das
Piratenschiff beziehenden Rechtsfolgen der Piraterie aufs engste
zusammenhängende Repressivmaßregel ist die Durchsuchung
piraterieverdächtiger Schiffe. Die Behandlung des Punktes bringt zugleich
die Entscheidung über eine Frage des Tatbestandes (siehe 4).

Die Existenz eines solchen Durchsuchungsrechtes wird, soviel wir sehen,
nicht bestritten. Dafür spricht nicht allein seine Notwendigkeit und die
allgemeine Zustimmung der Literatur(22), auch der französischen(23),
sondern auch die Staatenpraxis, wie sie namentlich in den neuen deutschen
„Bestimmungen für den Dienst an Bord“ nunmehr klar erkennbar ist(24). Ob
und unter welchen Umständen bei Nichtbestätigung des Verdachtes der Staat
bezw. der Kommandant ohne Verschulden verantwortlich sind, kommt hier
nicht in Betracht, da jedenfalls nur ein Fall der Genugtuungs- bezw.
Ersatzpflicht für eine rechtmäßige Handlung vorliegen würde(25).

4. In Betrachtung der Rechtsfolgen der Piraterie, soweit sie die
unmittelbare Anwendung staatlicher Zwangsgewalt auf dem Meere betreffen,
erweist sich eine zuweilen beliebte Ausdehnung ihres Tatbestandes als
unhaltbar. Man sagt, Schiffe, die keinem Staate angehören, seien der
Piraterie verdächtig, oder nach Analogie der Piratenschiffe zu
behandeln(26). Die Unrichtigkeit dieser Gleichstellung ergibt sich aus der
Verschiedenheit der in beiden Fällen zur Anwendung gelangenden Maßregeln,
der Rechtsfolgen.

Die Staaten sind zwar verpflichtet, das Meer von flaggenlosen Schiffen
frei zu halten(27), und ihrem Einschreiten steht so wenig ein
völkerrechtliches Hindernis entgegen wie dem gegen Piraten; aber wenn
schon der _Charakter_ des Einschreitens im Falle bloßer Flaggenlosigkeit
ein präventiver, im Falle der Piraterie ein repressiver ist, so tritt der
Unterschied vollends hinsichtlich der Prüfung seiner _Voraussetzungen_
zutage. Ein Visitationsrecht in Friedenszeiten gibt es nur zum Zwecke der
Unterdrückung der Piraterie; der bloße _Verdacht_ der Anationalität ist
nicht ausreichend, irgendeine Zwangsmaßregel nationalen Schiffen gegenüber
zu rechtfertigen(28).

Wenn aber auch die völkerrechtliche Behandlung flaggenloser Schiffe und
der Piratenfahrzeuge differiert und, wie schon daraus zu schließen ist,
die Tatbestände verschieden sind, so ist doch zuzugeben, daß die beiden
Erscheinungen praktisch oft nicht zu trennen sind. Die Vermutung der
Piraterie ist allerdings bei einem flaggenlosen Schiffe, wenn nur noch
geringfügige erschwerende Momente hinzutreten, wohl begründet (s. auch u.
§ 8). Aber um so schärfer muß daran festgehalten werden, daß sie durch
Flaggenlosigkeit allein nicht gerechtfertigt ist. Es handelt sich doch
praktisch weit mehr um Schiffe zivilisierter Völker, die aus einem
politischen Grunde nicht des Schutzes einer völkerrechtlich anerkannten
Autorität teilhaftig sind, als um die Kähne wilder und halbwilder Stämme
oder die Fahrzeuge auf eigene Faust die See durchschwärmender Abenteurer;
und auch die Gegner werden kaum geneigt sein, mit _Lord Palmerston_ (s. o.
S. 12, Anm. 3) die deutsche Flotte der Revolutionszeit als eine
Piratenflotte zu betrachten.

III. Eine der auffälligsten Erscheinungen in der Literatur über die
Piraterie ist die Verschiedenheit der systematischen Stellung, die die
Lehre in den Darstellungen der kontinentalen und der
englisch-amerikanischen Völkerrechtsschriftsteller gefunden hat. Das
kontinentale System bringt sie im Zusammenhang der Behandlung der
Rechtsverhältnisse auf hoher See; die Piraterie ist ihm ein
seepolizeilicher Tatbestand. Das englische System stellt sie unter das
Rubrum: „right of jurisdiction“(29); ihm ist die Piraterie ein Tatbestand
des völkerrechtlichen internationalen Strafrechts. Der durch die
Verschiedenheit der Systematik angedeutete Gegensatz der Auffassungen ist
nicht so groß, wie es den Anschein hat; denn die Engländer verkennen
nicht, daß die Piraterie _auch_ die Befugnis zu einem sonst verpönten,
seepolizeilichen Einschreiten begründet(30); und andererseits findet sich
auch auf dem Kontinent nicht selten als Rechtsfolge der Piraterie die
Zuständigkeit jedes Staates zu ihrer Bestrafung angegeben(31). Gleichwohl
ist er für ein richtiges Verständnis des Tatbestandes der Piraterie nicht
nur in Einzelfragen (s. § 2), sondern auch in der grundsätzlichen
Auffassung (s. § 3) nicht ohne Bedeutung.

In der Tat nun ist die Piraterie ein Tatbestand des völkerrechtlichen
internationalen Strafrechts(32) nur in einem höchst untergeordneten
Punkte.

Es trifft nicht zu, daß aus der Piraterie als ihre Rechtsfolge den Staaten
die völkerrechtliche Befugnis zu ihrer Bestrafung erwüchse, so oft es auch
behauptet worden ist. Diese Befugnis haben sie ohnehin. Das
Territorialitätsprinzip ist nicht völkerrechtlich; und die
völkerrechtlichen Grenzen, die der Strafgerichtsbarkeit der Staaten
tatsächlich gezogen sind, schließen piratische Akte nicht aus(33). Der
Staat hat die völkerrechtliche Befugnis Piraten zu bestrafen; aber nicht
aus einem besonderen Rechtstitel, sondern kraft seiner völkerrechtlichen
Persönlichkeit.

Es besteht keine Pflicht der Staaten, von der ihnen offenstehenden
Möglichkeit der Strafverfolgung der Piraten Gebrauch zu machen(34). Dies
folgt aus der tatsächlichen landesrechtlichen Unzuständigkeit vieler
Staaten zur Bestrafung piratischer Akte(35) und aus der Bereitwilligkeit
anderer, auch im Falle eigener Zuständigkeit das Auslieferungsverfahren
eintreten zu lassen (s. Note unter 2.).

Die einzige von den normalen Rechtsfolgen des Verbrechens im Bereiche der
völkerrechtlichen Beziehungen verschiedene Wirkung der Piraterie ist die
Nichtsubsidiarität der eigenen landesrechtlichen Strafbefugnis im Falle
gleichzeitiger Existenz einer Auslieferungsverbindlichkeit. Hinter dem
gleichmäßigen Interesse aller Nationen an der Repression des
gemeingefährlichen Unwesens treten die persönlichen Beziehungen des
Verbrechers wie die räumlichen des Verbrechens zurück(36). Aber selbst
dieser Satz ist sehr prekärer Natur, und die moderne Staatenpraxis steht
ihm zum Teil entgegen(37).

Um nun aber die Darstellung der Rechtsfolgen der Piraterie zum Abschluß zu
bringen, ist eine Klarlegung der im Vergleich zu den hier fixierten Sätzen
weit bedeutenderen Rolle unerläßlich, die das englische Recht der
Piraterie im Bereiche des internationalen Strafrechts zuweist. Das dadurch
vervollständigte System der Rechtsfolgen bildet den ersten Ausgangspunkt
zum Aufbau des Tatbestandes.



 § 2. Prinzipielles über die Piraterie im englisch-amerikanischen Rechte.


I. _Das Territorialitätsprinzip._ 1. Nach dem Rechte des späteren
Mittelalters ist die Zuständigkeit der Grafschaftsgerichte auf die infra
corpus comitatus begangenen Delikte beschränkt(38). Die durch die
Starrheit dieses Grundsatzes herbeigeführten Absonderlichkeiten sind im
modernen Rechte im allgemeinen verschwunden; nur in einigen formalen
Punkten wirkt das Prinzip noch nach, so wenn die Zuständigkeit eines
Gerichtes für außerhalb seines Bezirks, innerhalb oder auch außerhalb des
Reiches, begangene Handlungen durch die Fiktion der Begehung in seinem
Bezirke begründet wird(39); oder wenn Tatort und zuständiges Gericht in
der Rechtssprache mit demselben Ausdruck, venue (= vicinitas), bezeichnet
werden.

Aber die die Schroffheiten des alten Grundsatzes mildernde Gesetzgebung
hat an der Landesgrenze prinzipiell Halt gemacht. Das internationale
Strafrecht steht nach wie vor materiell und formell in seinem Bann;
formell insofern die staatsrechtliche Begrenzung der Gerichtsbarkeit
durchaus in der Form der Abgrenzung gerichtlicher Kompetenz erfolgt(40);
materiell in der Herrschaft des Territorialitätsprinzips.

2. Wenn aber der alte strafprozessuale Gedanke zufolge der Macht der
Vergangenheit über ein konservativ gerichtetes Volk sich inhaltlich
teilweise erhalten hat, so hat er doch, in sehr wesentlichen Punkten
durchbrochen, eine Einordnung in neue Gedankenkreise dulden müssen. Er
wird nunmehr aus einer angeblichen völkerrechtlichen Notwendigkeit
abgeleitet; eine Betätigung der Staatsgewalt außerhalb des Territoriums
und ohne personale Beziehung(41) soll dem internationalen Rechte
zuwiderlaufen. So verstanden, erfreut sich, wenn auch die ganze Anschauung
sich in Zersetzung befinden mag (siehe die Angaben bei _v. Martitz_ I,
S. 65, Note 10 u. 11), das Territorialitätsprinzip als Maxime noch in der
neuesten englischen Gesetzgebung und Literatur allgemeiner
Anerkennung(42).

II. Offences against the law of nations; piracy. In Abweichung von dem
Territorialitätsprinzip erkennt das englische Recht, wie bei der
Aufstellung des Prinzips selbst von völkerrechtlichen Erwägungen geleitet,
für einen Komplex von Tatbeständen den Beruf der Staaten zur
Weltrechtspflege an. Die „offences against the law of nations“ als
Verletzungen solcher Anordnungen des Landesrechts, die sich zugleich als
Bestandteil des Völkerrechtes darstellen(43), unterliegen der Ahndung
seitens jedes Staates, in dessen Gebiet der Täter betroffen wird.

Zu diesen offences against the law of nations wird auch die piracy
gezählt(44); aber es ist nicht zu übersehen, daß sie unter ihnen eine
durchaus eigenartige Stellung einnimmt. Ihre Bedeutung für das
internationale Strafrecht beschränkt sich nicht auf die bloße Begründung
einer allgemeinen Befugnis zu ihrer Bestrafung, sondern ihre Wirkung ist
der Fortfall allen und jeden völkerrechtlichen Schutzes des Täters seitens
seines Heimatstaates im Bereiche des internationalen Strafrechts
(Denationalisierung der Person), so daß die Strafkompetenz des
verfolgenden Staates über den Piraten auch für solche Verbrechen besteht,
die nicht piracy sind(45).

Hiernach ist die piracy ein Verbrechen nach englischem Landesrecht, dessen
völkerrechtliche Bedeutung darin besteht, daß es, zugleich(46) eine
offence against the law of nations, den Täter der Gerichtsbarkeit jedes
Staates unterwirft.

Daß auch die Engländer die Zulässigkeit der Ergreifung der Piraten auf
hoher See (Denationalisierung des Schiffes) als Rechtsfolge der Piraterie
anerkennen, wurde schon bemerkt (s. o. S. 9, N. 1); sie heben den Umstand
nicht sehr hervor, weil er ihnen, die wenig an eine Scheidung der Fragen
gewohnt sind, auf welche Handlungen und Personen ein Staat seine
Gerichtsbarkeit ausdehnen könne, und in welchen Grenzen andererseits ihm
die Ausübung unmittelbaren Zwanges zustehe, in der Statuierung des
Jurisdiktionsrechtes genügend ausgedrückt scheint(47).

III. Die Besonderheit der englischen Auffassung ist in mehrfacher Hinsicht
für die Eruierung des Tatbestandes von Bedeutung.

1. Die Qualifizierung einer Gruppe rein landesrechtlicher Tatbestände als
piracy ist nach englisch-amerikanischem Rechte nicht lediglich ein
Ergebnis historischer Zufälligkeit wie etwa im französischen Rechte; der
vertraute Begriff dient als Ausgangspunkt für die Erstreckung der
Strafgerichtsbarkeit auch auf andere im Ausland begangene Verbrechen(48).

2. Andererseits ist in keinem Lande die Grenze der völkerrechtlichen und
der landesrechtlichen Piraterie klarer erkennbar als hier. Das
Landesrecht, durch das Territorialitätsprinzip beherrscht, kann
extraterritoriale Geltung nur für Untertanen beanspruchen(49); für piracy
juris gentium ist der Unterschied der Staatsangehörigkeit gleichgültig.

3. Eine gewohnheitsrechtliche Weiterbildung des völkerrechtlichen
Tatbestandes der Piraterie durch eine von politischen Erwägungen geleitete
Staatenpraxis ist durch die englische Auffassung sehr erschwert, da sie,
zugleich eine Weiterbildung des Common Law, gerichtlicher Kontrolle
unterliegt. Dies ist namentlich für die mit der Kaperei zusammenhängenden
Fragen von Bedeutung.

IV. Das amerikanische Recht weicht in einem Punkte nicht unwesentlich vom
englischen ab(50). Da die Jurisdiktion (Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit)
in „all cases of admiralty and maritime jurisdiction“ zu (im allgemeinen)
exklusiver Berechtigung dem Bunde zusteht(51), die Bundesgerichtshöfe aber
keine common-law jurisdiction haben(52), so folgt, daß „piracy cannot be
punished, except under a statute enacted by Congress“ (_Bishop_, § 1060,
Note 2). Eine Konsequenz dieser dem englischen Rechte fremden
Notwendigkeit statutenrechtlicher Durchführung des die piracy
pönalisierenden Rechtssatzes war, daß es bis zum Inkrafttreten der Rev.
Stat. von 1874 und außer der kurzen Geltungsperiode des Gesetzes vom 3.
März 1819 sehr zweifelhaft war, ob überhaupt piracy by the law of nations
in den Vereinigten Staaten einen Richter fand(53).



§ 3. Die Rechtsfolgen der Piraterie und die grundsätzliche Auffassung des
                              Tatbestandes.


Die Bedeutung der Rechtsfolgen der Piraterie für die Erkenntnis des
Tatbestandes ist, soweit Einzelheiten in Frage stehen, bereits dargestellt
(§ 1 u. 2). Für die grundsätzliche Auffassung ist sie wesentlich negativer
Art, insofern die Rechtsfolgen in keiner Weise nötigen, an der üblichen
Betrachtungsweise festzuhalten.

Man sieht in der Piraterie ein Verbrechen nach Landesrecht; ein
Verbrechen, an das gewisse völkerrechtliche Rechtsfolgen geknüpft sind.

Diese Rechtsfolgen sind nun aber, wie sich ergeben hat, in der Hauptsache
seepolizeilicher Art; sie betreffen das Vorgehen der Kriegsschiffe auf
hoher See. Hierdurch wird klar, daß die Forderung der Deliktsqualität des
den Eingriff veranlassenden Geschehens keine notwendige ist, nicht mit
irgend welchen juristischen oder politischen Prinzipien in Zusammenhang
stehen kann. Das Interesse an der Unschädlichmachung von Piraten ist nicht
geringer und das einer internationalen Eingriffsbefugnis entgegenstehende
Interesse nicht größer, wenn ihre Zurechnungsunfähigkeit strafrechtliche
Ahndung ausschließt.

Wenn aber das englische Recht der Piraterie eine Stellung vornehmlich im
völkerrechtlichen internationalen Strafrecht anweist, so ist die
Auffassung doch nicht die, daß mit einem bestimmten strafrechtlichen
Tatbestand die völkerrechtliche Zulässigkeit der Bestrafung für diesen
gegeben sei, sondern man sieht als seine völkerrechtliche Wirkung die
gänzliche Denationalisierung des Täters gegenüber der Strafgewalt fremder
Staaten, auch für nichtpiratische Akte, an. Allerdings ist die
Voraussetzung des Eintritts dieser Rechtsfolge notwendig ein Delikt im
technischen Sinne(54); aber die Rechtsfolge ist so eigenartig, daß sich
vermuten läßt, es möchte eine rein kriminalistische Behandlung dem
Tatbestande nicht gerecht werden.

Im übrigen ist, wie nachgewiesen(55), der englischen Auffassung die
seepolizeiliche Seite der Piraterie keineswegs fremd, und es steht nichts
im Wege, dem kriminellen Tatbestande der piracy im Bereiche des conflict
of laws einen seepolizeilichen Tatbestand im Bereiche der Seepolizei zur
Seite zu stellen (s. u. § 8 II, Ver. Staaten).

Hiernach ist die Bahn frei für den Nachweis, daß der Tatbestand der
Piraterie nicht kriminalistischer, sondern, wie seine Rechtsfolgen,
seepolizeilicher Natur ist. Ihn positiv zu erbringen ist die Aufgabe des
zweiten Abschnittes (s. bes. § 8).



                      Anhang zum ersten Abschnitte.


                  § 4. Heutiges Vorkommen der Piraterie.


Aktualität und wirkliche Bedeutung eines Rechtsinstitutes mögen
proportional sein, wenn es sich um solche Lebensverhältnisse handelt, die
das Recht zu fördern Grund hat oder ohne Sympathie und Antipathie
lediglich ordnet. Hingegen kann bei Instituten repressiver Tendenz, wenn
sie zweckentsprechend ausgebaut sind, aus dem Mangel der Aktualität ein
Schluß auf ihre wahre Bedeutung nicht gezogen werden.

Die Überwachung der Meere durch die Kriegsschiffe aller zivilisierten
Nationen hat die Piraterie in entlegene, aus physikalischen oder
ethnologischen Gründen schwer zugängliche Gegenden zurückgedrängt, wo sie
in Verbindung mit Strandraub oder Flußpiraterie ein im Vergleich zu
vergangenen Zeiten nur noch kümmerliches Dasein fristet; aber doch nur, um
alsbald wieder aufzuleben, wenn die Kanonen einmal nicht mehr drohen.

Nach der Aufteilung der Erde(56) allgemein gezwungen, ihren Sitz in
staatlichem Gebiet zu nehmen, empfinden die Piraten den Druck der
Völkerrechtsgemeinschaft in doppelter Schwere; nicht nur, daß ihren
maritimen Unternehmungen allerorts ein überlegener Gegner droht, ist auch
der Staat, dessen Territorium sie zur Operationsbasis wählen,
völkerrechtlich verbunden zu verhindern, daß aus seinem
Jurisdiktionsgebiete heraus den Interessen fremder Nationen Gefahren
erwachsen(57).

Fälle von Piraterie haben sich in neuerer Zeit ereignet im ägäischen
Meere(58), im roten Meere(59), im persischen Golfe(60), im malayischen
Archipel(61), in Indochina(62), endlich in China(63) und
Marokko(64) und (65).



                            ZWEITER ABSCHNITT.


         DER TATBESTAND DER PIRATERIE NACH GELTENDEM VÖLKERRECHT.



          § 5. Vorläufige Definition. Quellen; insbesondere die
                        Landesstrafgesetzgebungen.


I. _Piraterie ist ein unpolitisches auf die gewerbsmäßige Ausübung
räuberischer Gewaltakte gegen prinzipiell alle Nationen gerichtetes
Seeunternehmen._

Wie die Rechtsfolgen der Piraterie, so ist auch ihr Tatbestand
seepolizeilicher Natur; sie ist mit der Gefährdung der Interessen gegeben
ohne Rücksicht darauf, ob in der Person einzelner oder aller Beteiligter
zugleich ein krimineller Tatbestand erfüllt ist.

Die Elemente dieses Tatbestandes sind ein physisch-lokales, Lebensführung
ganz oder teilweise auf hoher See (courir les mers), und ein psychisches,
die Absicht der Verübung räuberischer Gewalttaten gegen prinzipiell jeden
Träger der in Frage stehenden Lebensgüter in Verfolgung privater
Interessen.

Durch das psychische Element des Tatbestandes ist bestimmt, in welchem
Umfang die „Lösung vom Heimatstaate“ oder „faktische Denationalisierung“
Begriffsmerkmal der Piraterie ist. Die Bedeutung eines selbständigen
Merkmals kommt ihr nicht zu.

II. Die arge Zerfahrenheit, die in der Lehre vom Tatbestande der Piraterie
herrscht(66), rührt nicht zuletzt davon her, daß man sich nicht darüber
klar geworden ist, aus welchen Quellen der Begriff zu schöpfen sei.

Die vornehmste Erkenntnisquelle des völkerrechtlichen Gewohnheitsrechtes
ist das Verhalten der Staaten. Diuturnus usus, opinio necessitatis können
nur auf induktivem Wege aus der Staatenpraxis nachgewiesen werden. Es
kommt aber nicht so sehr das tatsächliche Verhalten im einzelnen Falle in
Betracht, für das, wie es die Kompliziertheit des Konkreten nicht anders
erwarten läßt, regelmäßig eine Vielheit rechtlicher Gesichtspunkte
bestimmend ist, ohne daß der Anteil der einzelnen an der Gesamtwirkung
immer erkennbar wäre, als vielmehr die autoritative Fixierung der
Rechtsüberzeugung in — möglicherweise durch den Einzelfall veranlaßten —
Erklärungen wie Noten, Verwaltungsvorschriften, Verträgen, Gesetzen, in
denen die verschlungenen Elemente der Wirklichkeit zu Rechtsbegriffen
geordnet sind.

Die Frage nach dem Tatbestande der Piraterie kann man dahin formulieren,
an welche Voraussetzungen Recht und Pflicht der Staaten zur Aufbringung
eines Fahrzeuges aus dem Grunde der Piraterie geknüpft sei (siehe § 1).
Hiernach ist das Material zu seiner Bestimmung vornehmlich in denjenigen
Gesetzen und Verwaltungsvorschriften der einzelnen Staaten zu suchen, die
den Dienst der Kriegsflotte regeln(67).

Es ist nun aber nicht zu verkennen, daß die Ausbeute, die die
Marinegesetze und -instruktionen gewähren(68), geringfügiger ist, als man
erwarten möchte. Zur Unterstützung der aus ihren Bestimmungen zu
gewinnenden Resultate soll daher außer, wie selbstverständlich, der
Literatur auch die Geschichte herangezogen werden. Dies bedarf einer
Rechtfertigung.

Das Piraterierecht als völkerrechtliches Rechtsinstitut in dem heutigen
Sinne ist eine Erscheinung jungen Datums. Der Gedankenkreis der
Meeresfreiheit, in den es sich einfügt (s. o. § 1), ist noch im 18., in
einzelnen Beziehungen selbst noch im Anfang des 19. Jahrhunderts nicht
mehr als ein von einer — freilich stets wachsenden — Anzahl von Staaten
verfochtenes politisches Prinzip. Mag auch die Piraterie zu allen Zeiten
bekämpft worden sein, so sind doch die rechtlichen Grundlagen des
Einschreitens in alter und neuer Zeit durchaus verschieden. Einen der
Gründe der Unsicherheit ihres völkerrechtlichen Tatbestandes darf man
darin sehen, daß sie ihre heutige Stellung im System des Völkerrechts erst
erlangte, als ihr tatsächliches Vorkommen schon selten geworden war.

Entbehren nun aber auch hienach die alten Rechtssätze des Piraterierechts
jeder praktischen Anwendbarkeit, so haben sie doch einen nicht zu
unterschätzenden Wert für die theoretische Erkenntnis des Tatbestandes.
Denn im Wechsel der Rechtsanschauungen ist der Tatbestand unverändert
geblieben(69); aus dem historischen Rechte auf sein Wesen und seinen
Inhalt gezogene Schlüsse sind von unmittelbarer Bedeutung für das geltende
Recht. Vor allem ist die historische Betrachtung geeignet, die Anschauung,
daß die Piraterie ein Tatbestand seepolizeilicher und nicht krimineller
Natur ist, wesentlich zu unterstützen.

III. _Das Landesstrafrecht als Erkenntnismittel des völkerrechtlichen
Tatbestandes_(_70_)_._ Die Piraterie im Sinne des Völkerrechts ist eine
gemeingefährliche Lebensführung, ein seepolizeilicher Tatbestand. Die in
den Landesstrafgesetzgebungen als Piraterie bezeichneten Tatbestände sind,
wie die kriminellen Tatbestände im modernen Rechte allgemein, genau
umschriebene, nach Mittel und Erfolg verschieden qualifizierte einzelne
Handlungen. Der völkerrechtliche Tatbestand und die landesrechtlichen
Tatbestände verhalten sich zueinander wie Mittel und Zweck. Das psychische
Element der Piraterie, die Absicht der Begehung von Gewalttaten,
verwirklicht sich durch Setzung der landesstrafrechtlichen
Tatbestände(71).

Bei der ihm zufallenden Auflösung der piratischen Lebensführung in
einzelne Akte kann das Landesrecht entweder ohne jede Erwähnung des
Begriffs der Piraterie auf piratische Akte die allgemeinen Vorschriften
über Raub und Erpressung und weiterhin auch Tötung, Körperverletzung,
Sachbeschädigung usw. anwenden; oder sich unter Verwendung des Begriffs
seine Zerlegung zu einer besonderen Aufgabe stellen.

Das erste dieser Systeme wird dem Wesen der Sache am meisten gerecht. Es
hält sich selbst von der Vermischung völkerrechtlicher und
landesrechtlicher Elemente fern und verleitet nicht dazu, sie zu
vermischen. Die Gefahr, daß das Gesetz der eigenartigen Bedeutung, die den
piratischen Akten wegen ihrer großen Gefährlichkeit auch für das
Landesrecht zukommt, nicht gerecht wird, ist bei einiger Aufmerksamkeit
des Gesetzgebers gering. Für die Ermittelung des völkerrechtlichen
Tatbestandes sind die Landesstrafgesetzgebungen, die diesem ersten Systeme
anhangen, kaum von Bedeutung. Zu dieser Gruppe gehört das deutsche, das
skandinavische und das belgische Recht(72).

Das zweite System ist das des französisch-spanischen und verwandter Rechte
und des englisch-amerikanischen Rechtes. Doch ist seine Durchführung in
den beiden Rechtsgebieten wesentlich verschieden.

Das englisch-amerikanische Recht sieht in der piracy juris gentium einen
zugleich völkerrechtlichen und strafrechtlichen in beiden Disziplinen
übereinstimmenden Tatbestand. Als statutory piracy bezeichnet es eine
Reihe von Handlungen, deren bloß landesrechtliche Bedeutung nicht
zweifelhaft sein kann(73). Darüber, daß die seepolizeiliche Auffassung der
Piraterie mit der englischen Auffassung nicht unvereinbar ist, s. o. § 3.

Die romanischen Staaten bringen in einem Abschnitt des Strafgesetzbuchs
oder auch in Spezialgesetzen, meist unter einer besonderen Rubrik
„Piraterie“, eine Reihe von Tatbeständen, die sich nur teilweise als
piratische Akte, zum anderen Teile als außer aller Beziehung zum
völkerrechtlichen Begriff der Piraterie stehende Handlungen darstellen,
ohne daß das Gesetz die Grenze irgendwie erkennen ließe. Dieser Gruppe
gehören außer dem französischen(74), italienischen(75), spanischen(76),
mexikanischen(77), portugiesischen(78) und brasilischen(79), auch das
niederländische(80) und das griechische(81) Recht an.

Die Landesgesetzgebungen des zweiten Systems sind die Ursache der
Verwirrung, die in der Lehre von der Piraterie herrscht. Die
englisch-amerikanische Auffassung verfälscht den Charakter des
Rechtsbegriffes, wenn sie ihn für einen notwendig und lediglich
kriminellen ansieht; die Willkür des französischen und der ihm verwandten
Rechte in der Verwendung des Namens der Piraterie für eine Reihe sehr
verschiedenartiger und durchaus selbständiger Tatbestände verführt zur
Ausdehnung auch des völkerrechtlichen Begriffes und ist so zum Ausgang der
„Quasipiraterie“ geworden.

Gleichwohl ist der in Frage stehende Komplex strafrechtlicher Bestimmungen
für die Gewinnung des völkerrechtlichen Tatbestandes der Piraterie nicht
ohne Wert. Das Bestreben der romanischen Gesetzgebungen, dem
völkerrechtlichen Tatbestande bei seiner landesrechtlichen Auflösung nahe
zu kommen, hat zu einer Anzahl von Bestimmungen geführt, die für Art und
Umfang desselben beachtenswerte Anhaltspunkte ergeben. Und das
englisch-amerikanische Recht hat den Vorzug, Aufschluß zu geben, ob und
inwieweit in anderen Rechten als Piraterie qualifizierte Handlungen als
wahre piratische Akte und das Gesamtverhalten ihrer Urheber als Piraterie
betrachtet werden kann.

Über das österreichische Recht, das aus dem entwickelten Schema der
Landesgesetzgebungen herausfällt, s. u. § 6, IV 3.

IV. Die Mannigfaltigkeit der mit dem Namen „Piraterie“ verknüpften
Vorstellungen nötigt zu einer Sicherung der Terminologie. Wir bezeichnen
als Piraterie schlechthin den völkerrechtlichen Tatbestand
(seepolizeilicher Tatbestand); als piratische Akte die im
völkerrechtlichen Tatbestand als Zweck gegebenen einzelnen Handlungen
(kriminelle Tatbestände, sofern nicht landesrechtliche
Strafausschließungsgründe vorliegen; sie sind, unter derselben
Voraussetzung, die piracy juris gentium der Engländer); als
landesrechtliche Piraterie landesrechtlich als Piraterie bezeichnete
Handlungen, die in keiner Beziehung zu dem völkerrechtlichen Begriffe
stehen (kriminelle Tatbestände; statutory piracy der Engländer).

V. Ohne Zweifel rein landesrechtlicher Natur und im folgenden nicht mehr
zu berücksichtigen sind mehrere landesrechtliche Strafbestimmungen, die
mit der Piraterie in offensichtlich nur ganz losem Zusammenhang stehenden
Tatbeständen ihren Namen beilegen. Es sind die Bestimmungen des englischen
und brasilischen Rechtes(82) gegen den Handel mit Piraten, ihre
Unterstützung speziell durch Lieferung von Schiffen und anderen
Gegenständen und gegen überhaupt jedes(83) Verständnis mit ihnen, des
italienischen Rechtes(84) gegen Begünstigung und Hehlerei, des
mexikanischen(85) gegen den Handel mit Piraten; ebenso die englischen und
amerikanischen Vorschriften, die gewisse mit dem Sklavenhandel
zusammenhängende Akte als piratisch bezeichnen (piratical
slave-trading)(86).



    § 6. Die Piraterie in der Rechtsgeschichte; Nachwirkungen früherer
    Anschauungen; Folgerungen für den Tatbestand im geltenden Rechte.


I. Die Entwickelung(87) des Zusammenlebens der organisierten menschlichen
Verbände verläuft in der Richtung von einem die Verbände und ihre
Angehörigen ergreifenden ständigen Kriegszustande zu einer friedlichen
Gemeinschaft. Zwei Entwickelungsreihen stehen nebeneinander; der Krieg der
Verbände wird zu einem Ausnahmezustande und zugleich auf die organisierte
Streitmacht der Kriegführenden beschränkt(88).

Der Grund dieser Entwickelung ist die fortschreitende Anerkennung der
menschlichen Persönlichkeit als eines Faktors von absolutem Wert. Der
einzelne wird aus einer bloßen Partikel des Verbandes, dessen Leben das
seine völlig einschließt, zu einem selbständigen Wesen, das jenseits der
Schranken des Verbandes Interessen universeller Natur kennt und an dem
Innenleben des Verbandes nur noch in einem seiner Eigenart entsprechenden
Umfang, innerhalb dieses engeren Kreises aber mit größerer Intensität
teilnimmt. Zunehmende Extensität und Intensität der Persönlichkeit ist das
Stichwort ihrer Entwickelung(89).

Der absolute Wert der Persönlichkeit ist in die Welt des Rechtes durch die
moderne Naturrechtsschule eingeführt worden(90). Das Naturrecht verkündet
die Anerkennung dieses absoluten Wertes als ein Prinzip des geltenden
Rechtes(91). In der Tat nur ein Prinzip für die Rechtsbildung, hat der
Gedanke seitdem das innerstaatliche Recht umgestaltet und das Völkerrecht
geschaffen(92). Er ist der Ausgangspunkt des modernen Fremdenrechtes, das
die rechtliche Grundlage der friedlichen wirtschaftlichen und kulturellen
Beziehungen der Völker und damit der Kernpunkt des Völkerrechtes ist(93).

                              ‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐

In den Rahmen der Entwickelung des gegenseitigen Verhältnisses der
menschlichen Verbände von dem Zustande dauernden Krieges zu dem eines
prinzipiellen Friedens fügt sich das historische Piraterierecht ein. Dabei
müssen zwei Formen der Piraterie unterschieden werden.

II. _Piraterie unter staatlicher Autorität._ Der dauernde Kriegszustand
zwischen den Staaten erlaubt diesen und jedem ihrer Angehörigen, dem
anderen und seinen Angehörigen jeden möglichen Schaden zuzufügen.

Über diesen Zustand ist das Altertum nicht hinausgekommen. Moralische
Vorstellungen, wirtschaftliche Bedürfnisse, die politischen
Machtverhältnisse(94) mögen ihn tatsächlich gemildert haben; aber
juristisch haftet noch nach dem Rechte der Digesten dem Raubstaatentum
kein Makel an. Wenn auch die Römer selbst staatliche oder staatlich
autorisierte Piraterie nur zur Erreichung politischer Zwecke betrieben zu
haben scheinen, so erkennen sie doch auch ihre gewerbsmäßige Ausübung als
ein rechtmäßiges Mittel des Völkerkampfes an; Raubstaaten sind hostes,
rechtmäßige Feinde(95). Die praktische Bedeutung der Anschauung besteht
fast ausschließlich darin, daß das römische Postliminialrecht auch im
Verhältnis zu Raubstaaten Anwendung fand.

In der germanischen Welt herrschten anfänglich dieselben
Rechtsüberzeugungen. Der Fremde ist rechtlos(96). Von der öffentlichen
Gewalt organisierte oder autorisierte Raubzüge sind ruhmeswürdige
Unternehmungen. Davon ist Sage und Geschichte voll(97).

Das Christentum begründet dann zum erstenmale in der Geschichte eine
internationale Friedensgemeinschaft(98). An die Staaten tritt die
Anforderung heran, in Anerkennung der Persönlichkeit des Fremden Angriffe
auf ihn und sein Gut zu unterlassen und ihre Angehörigen an ihrer Verübung
zu hindern. Das Wesentliche des Vorgangs ist aber nicht die Unterdrückung
der Piraterie, sondern die Umkehrung des Verhältnisses von Krieg und
Frieden. Aus der Regel wird eine Ausnahme, aus der Ausnahme die Regel. Die
Abolition der Piraterie in Friedenszeiten ist eine bloße Konsequenz des
Wandels der Gesamtanschauung(99); in Kriegszeiten besteht sie nach wie
vor(100). Erst seit dem 14. Jahrhundert nimmt die Piraterie der Untertanen
die Rechtsform der Kaperei an(101). (Mit dieser nur der äußeren
Erscheinung nach verwandt ist die Wegnahme fremder Schiffe auf Grund von
Repressalienbriefen in Friedenszeiten, ein Institut, das als Ersatz der
bisher zulässigen Selbsthilfe Privater gegen fremde Staaten und fremde
Untertanen seit dem 14. Jahrhundert ausgebildet wird(102).)

Die internationale Friedensordnung des Mittelalters und des Anfangs der
Neuzeit beschränkt sich auf die Christenheit. Zwischen ihr und den
mohammedanischen Staatswesen dauert das Verhältnis ununterbrochenen
Kriegszustandes rechtlich und faktisch bis in das 16. Jahrhundert
allgemein, bis in das 19. zwischen einzelnen Gliedern beider Kulturwelten
fort(103). Die in der älteren Literatur viel erörterte Frage, ob die
Barbareskenstaaten als Piraten oder rechtmäßige Kriegsfeinde zu betrachten
seien, hat eine einmütige Beantwortung nicht finden können(104), weil die
Fragestellung irreführend ist. Ihre Piraterie ist eine aus vergangener
Zeit in das moderne Völkerrecht hineinragende Erscheinung, die sich seinen
Begriffen nicht einfügt. Die Praxis hat weder das moderne Kriegsrecht auf
die Barbaresken angewendet noch sie als Piraten behandelt; die Beziehung
der feindlichen Mächte steht unter altem Fremdenrecht, jus postliminii
nach der Lehre der romanistischen Wissenschaft(105) und (106). Dieser
Rechtszustand ist seit dem 16. Jahrhundert dadurch kompliziert, daß eine
Reihe europäischer Mächte ihre Beziehungen zu den Raubstaaten
vertragsmäßig regelte, andere einseitig ihnen gegenüber moderne
Rechtsgrundsätze zur Anwendung brachten.

Innerhalb der christlich-europäischen Welt haben sich noch bis in die
neuere Zeit Fälle faktischer Begünstigung der Piraterie durch staatliche
Maßnahmen ereignet. Doch war man stets bestrebt, einen formellen Bruch mit
den Prinzipien des jeweils geltenden Rechtes zu vermeiden(107).

Über die Behandlung von Raubstaaten nach heutigem Rechte siehe unten § 12.

III. _Die private Piraterie._ Von der staatlich autorisierten Piraterie,
einer alten Form des Lebens der Völker, ist von je die Piraterie als
Unternehmen einer ohne alle Beziehung zu einem staatlichen Verbande auf
eigene Faust handelnden Personenvereinigung unterschieden worden. Die
Reaktion gegen die erste Form ist der Krieg(108); die Bekämpfung der
zweiten ist Aufgabe der Sicherheitspolizei und der Strafrechtspflege(109).

Die Grenzziehung zwischen beiden Formen stößt auf keine theoretischen
Schwierigkeiten. Die Grenze ist durch den Staatsbegriff gegeben. Die
Entscheidung im Einzelfalle mag, da auch das private Unternehmen immer
eine fest verbundene Personenmehrheit voraussetzt, einem
Geschichtschreiber der Piraterie oft nicht leicht werden(110). Der
gesicherte Bestand des modernen Staatensystems ermöglicht sie ohne Mühe.

Aber so wahr es ist, daß gegen die nicht staatlich organisierte Piraterie
nicht Krieg geführt wird, daß Piraten nicht hostes sind(111), so sehr ist
zu betonen, daß der Tatbestand niemals als ein nur krimineller erscheint.
Das historische Piraterierecht enthält eine Reihe von Elementen, deren
Heimat nicht das Strafrecht, sondern das alte Fremdenrecht ist, und bildet
insoweit ein Analogon des Kriegsrechtes, das auch seinerseits ganz im
Fremdenrecht wurzelt. Wenn es in der Literatur gang und gäbe ist, die
Piraten als hostes humani generis zu bezeichnen, so ist dies in den
meisten Fällen nicht mehr als eine Floskel; die vereinzelt sich findende
Bestimmung des right of search gegen Piraten als eines war-right(112) ist
ohne Zweifel unrichtig; in beidem aber mag man Nachwirkungen alten
positiven Rechtes erblicken.

Das römische Recht erkennt Piraten nicht als hostes an (s. S. 42, N. 2).
Der Sinn dieses Satzes ist, daß das jus postliminii ihnen gegenüber nicht
gilt. Sie erwerben an den in ihre Hände gefallenen Sachen und Personen
kein Eigentum. Der Inhalt des Satzes ist lediglich negativ, eine positive
Bestimmung, daß sie nach Strafrecht und Strafprozeßrecht zu behandeln
seien, enthält er nicht. So ist denn auch das Vorgehen der Römer bei ihren
großen Expeditionen gegen die Piraterie lediglich durch Zweckmäßigkeit,
nicht durch Rechtsgrundsätze bestimmt(113). Ob und inwieweit in dem
täglichen Kleinkampf gegen das Unwesen strafrechtliche Gesichtspunkte
maßgebend waren, ist aus den Quellen nicht ersichtlich(114).

Im Seerechte des Mittelalters soll nach der gewöhnlichen Angabe der
Literatur der Pirat rechtlos gewesen sein; jeder habe ihn angreifen,
seines Eigens und Lebens berauben dürfen(115). Eine solche vollkommene
Rechtlosigkeit des Piraten aber hat, wenn überhaupt, nur vorübergehend und
vereinzelt bestanden. Schon das Recht des 14. Jahrhunderts widerspricht
der Lehre(116). Welchen Sinn hätte es, Strafen festzusetzen und
Gerichtszuständigkeiten zu bestimmen für Wesen, die einer
Rechtspersönlichkeit nicht teilhaftig sind?

Seine Erklärung findet der so häufig ausgesprochene Satz darin, dass
tatsächlich einige ältere Autoren die Rechtlosigkeit der Piraten als
geltendes Recht darstellen(117). Sie stützen sich dabei auf zwei
Bestimmungen des kanonischen Rechtes, von denen jedoch der einen, c. 3 X
V, 17 de raptoribus(118), nur kirchliche Bedeutung zukommt, die andere, c.
siquis 6 Causa 23 quaest. 3(119), aber niemals in praktischer Geltung
gestanden hat und stehen kann; und auf die auth. Navigia C. de furtis (c.
18 C. I. 6, 2), der in der Tat nur eine sehr viel engere Bedeutung zukommt
(s. u. S. 46, N. 4 und oben S. 40, N. 3). Die Lehre ist eine der
doktrinären und vorübergehenden Aufstellungen, die die Rezeption im
Gefolge hatte.

In Wahrheit sieht das ältere Recht in dem Piraten ebensowenig einen
Rechtlosen, einen Fremden oder Feind im alten Sinne, wie einen
rechtmäßigen Kriegsfeind. Die im Piraterierecht tatsächlich enthaltenen
kriegsrechtlichen Bestandteile sind vereinzelt und genau umgrenzt; das
Verhältnis ist das, daß einem grundsätzlich polizeilichen und kriminellen
Tatbestande einzelne Elemente kriegsrechtlichen Charakters anhaften.
Folgende Punkte kommen in Frage.

1. Das Verbot der Piraterie schützt lange Zeit nur die Schiffe des eigenen
und befreundeter Staaten. Zu den Feinden in diesem Sinne zählt man auch
die Piraten. Fahrzeuge der „Feinde, Türken und Piraten“ können weggenommen
werden(120).

Eine spezielle Anwendung dieser Möglichkeit bildet die bei Gelegenheit der
Regelung der Rückerstattungs- und Entschädigungsansprüche in zahlreichen
älteren Gesetzen, auch den Hanserezessen, erwähnte Wiederabnahme geraubten
Gutes durch Private.

2. Auch nach dem Aufkommen der noch dem heutigen Rechte angehörenden
Rechtsformen der Bekämpfung des Feindes zur See stehen Piratenschiffe
feindlichen Schiffen gleich. Sie stehen wie diese unter Prisenrecht(121).

3. Eine Recousse durch einen Piraten gibt ihm kein Recht auf einen
Anteil(122).

4. Am klarsten ergibt sich die Hinneigung des Piraterierechtes zum
Fremdenrecht aus den Rechtsregeln über das Strandrecht, in denen
altertümliche Rechtsanschauungen sich nicht nur in diesem Punkte erhalten
haben. Dem Strandrecht sind ursprünglich alle Fremden mit Leib und Gut
verfallen(123). Die es im Laufe des späteren Mittelalters unterdrückenden
kaiserlichen, kirchlichen und einzelstaatlichen Gesetze lassen es gegen
„Feinde, Türken und Piraten“ bestehen(124); die Bestimmung ist nicht
eigentlich eine Ausnahmebestimmung gegen diese Personenklassen, sondern
ein bloßes Unberührtlassen des alten Rechtszustandes.

IV. _Reste kriegsrechtlicher Auffassung im geltenden Rechte._ 1.
Aufgebrachte Piratenschiffe unterliegen in einzelnen Ländern ganz(125), in
anderen in einzelnen Beziehungen(126) prisenrechtlicher Behandlung. Die
Differenz dieses Rechtszustandes von dem solcher Staaten, die über das
Schicksal des Piratenschiffes lediglich die strafrechtlichen Regeln über
die Einziehung entscheiden lassen, ist eine nicht bloß formelle, da ihm
zufolge der Verlust des Eigentums nicht an einen kriminellen Tatbestand
geknüpft ist(127).

2. Die Aburteilung der piratischen Akte gehört in mehreren Staaten zur
Zuständigkeit der Militärgerichte(128). Daß diese Regelung nur als
historische Reminiszenz, nicht als aus sachlichen Erwägungen
hervorgegangen zu erklären ist, ergibt sich mit Sicherheit aus ihrer
näheren Ausführung im französischen und österreichischen Rechte(129).
Dagegen beruht die vereinzelt bestehende Kompetenz des höchsten
Landesgerichtshofes(130) auf politischen, die historische Zuständigkeit
der Admiralität(131) auf lokalen und technischen Rücksichten.

3. Die Strafdrohungen gegen piratische Akte zeichnen sich allgemein durch
eine außergewöhnliche Härte aus. Doch erklärt sich diese angesichts der
ungemeinen Schädlichkeit der Piraterie für das Wirtschaftsleben und der
ihr zu Grunde liegenden gesellschaftsfeindlichen Gesinnung zur Genüge aus
rein kriminalpolitischen Erwägungen. Nur das österreichische Recht, das
von der Kriegsmarine eingebrachte Seeräuber unterschiedslos mit dem Tode
bestraft und die Berücksichtigung der besonderen Erscheinungsform des
Verbrechens, Täterschaft oder Teilnahme, Vollendung oder Versuch,
ausdrücklich abweist(132), scheint der Auffassung des Piraten als eines
nicht durch die Kriegsgesetze geschützten Feindes nicht ganz fern zu
stehen, zumal gegen Seeräuber, deren man auf andere Weise als mit Hilfe
der Kriegsmarine habhaft geworden ist, die wesentlich milderen
Vorschriften der allgemeinen Strafgesetze Anwendung finden (St. G. B. §
190 f.). Ähnlich drakonische Bestimmungen des englischen und
amerikanischen Rechtes sind in neuerer Zeit beseitigt worden(133).

4. Eine in der Literatur sehr verbreitete Meinung lehrt, es bestehe als
Korrelat der Feindschaft des Piraten gegen das Menschengeschlecht eine
Befugnis jedes Handelsschiffes, ihn — ohne staatliche Ermächtigung —
gefangen zu nehmen und unter gewissen Voraussetzungen sogar zu bestrafen.
Diese Lehre ist zweifach unrichtig; eine solche Befugnis gibt es nicht;
wenn es sie aber gäbe, so wäre sie nicht als eines der konservierten
kriegsrechtlichen Elemente des Piraterierechtes zu verstehen.

Eine kurze Betrachtung der Wurzel der Lehre scheint der geeignetste Weg
sie zu widerlegen. Sie geht auf _Grotius_ zurück: „Manet tamen vetus
naturalis libertas, primum in locis, ubi judicia sunt nulla, ut in mari
... Idem locum habebit in locis desertis, aut ubi Nomadum more vivitur“
(L. II, XX, 8). Bei _Pufendorf_ kehrt sie wieder: „Ab extraneo autem, si
quis in ejusmodi loco [qui ad nullam civitatem pertinet] invadatur, non
prohibetur ... ad extremum eundem persequi, ubi praevaluerit“ (L. VIII C.
VI § 8). Der Inhalt ihrer Ausführungen ist, wie man sofort ersieht, kein
anderer als der alte und wahre Satz, daß, wo die Hilfe des Rechtes
versagt, die eigene Kraft Schutz und Rächer ist, angewendet auf die lokale
Begrenzung der Rechtsmacht. Nicht die Nichtzugehörigkeit des Gegners zu
dem schirmenden Rechtsverbande, sondern dessen Nichterstreckung auf den
Schauplatz des Vorfalls rechtfertigt die Anwendung privater Gewalt.
Hiernach ist die Frage nach der Zulässigkeit privater Bestrafung der
Piraten durch den jeweiligen positiven Umfang des Selbsthilferechtes
bestimmt.

Ob ein solches Selbsthilferecht bestehe, war schon _Grotius_ für seine
Zeit nicht unzweifelhaft. Für einen Christen, lehrt er, sei es
bedenklich(134), „poenam sumere de improbo quoquam, praesertim capitalem,
quanquam id jure gentium nonnunquam permitti diximus: unde laudandus est
mos eorum populorum, apud quos navigaturi instruuntur mandatis a publica
potestate ad persequendos piratas si quos in mari repererint: ut data
occasione uti possint, non quasi ausu suopte sed ut publice jussi“ (L. II,
XX, 14)(135). Der wenig jüngere _Loccenius_ steht nicht an, den Inhalt
dieses den Staaten erteilten Rates als geltendes Recht darzustellen (de
jure maritimo, 1651, S. 963). Damit ist das Selbsthilfeverfahren durch ein
öffentliches Verfahren ersetzt. In demselben Augenblick tritt die Befugnis
der faktischen Ergreifung in den Vordergrund, die bisher neben dem Rechte
der Bestrafung als etwas Selbstverständliches keine Hervorhebung fand (s.
_Grotius_ und _Pufendorf_ im Text); die Strafverhängung bleibt den
Gerichten vorbehalten(136).

Es muß angenommen werden, daß der modernen Literatur, soweit sie ein Recht
der privaten Bestrafung der Piraten annimmt(137), der Gedanke des
Selbsthilferechtes, wenn sie die Zulässigkeit der privaten Ergreifung
lehrt(138), die Voraussetzung einer dahin gehenden staatlichen
Autorisation zu Grunde liegt. Da nun Selbsthilferechte wie obrigkeitliche
Befugnisse einzelner Personen nur aus der innerstaatlichen Rechtsordnung
abgeleitet werden können, so ist klar, daß die ganze Frage eine rein
landesrechtliche ist(139).

Durch diese Erkenntnis löst sich die Frage der Befugnis der
Kauffahrteischiffe zur Ergreifung und Bestrafung von Piraten im geltenden
Rechte dahin, daß die Behauptung eines solchen Rechtes als eines
Bestandteiles des allgemeinen Völkerrechtes unzutreffend ist, nicht minder
aber die der allgemeinen Nichtexistenz(140) derartiger Befugnisse. Das
Landesrecht kann Selbsthilferechte verleihen und die Ausübung
polizeilicher Befugnisse übertragen, wem ihm gut scheint. Eine
Vergleichung des deutschen und des nordamerikanischen Rechtes beweist die
Positivität der entwickelten These; dem einen ist die Autorisierung von
Handelsschiffen zur Verfolgung von Piraten fremd(141); das andere(142)
läßt sie zu(143) und (144).

V. _Folgerungen für den Tatbestand._ Der Tatbestand der Piraterie ist,
mögen auch einige kriegsrechtliche Reminiszenzen an seinen ersten Ausgang
erinnern, im modernen Rechte ein polizeilicher; der Pirat ist nicht Feind,
sondern Objekt präventiver und strafender Staatstätigkeit.

Gleichwohl gibt es für die Erfassung des Tatbestandes keinen sichereren
Ausgang als die historische Betrachtung. Die Tatsache, daß die eine der
geschichtlichen Formen der Piraterie eine rein kriegsrechtliche ist, daß
die zweite, unter einem von kriegsrechtlichen Elementen durchsetzten
Rechte stehend, bei aller Verschiedenheit doch ein Analogon der ersten
bildet, daß endlich selbst das moderne Recht Bestandteile nicht polizei-
oder kriminalrechtlicher Natur enthält, läßt vermuten, daß die kriminelle
Auffassung des Tatbestandes ihm nicht gerecht wird, daß nicht die Ahndung
einzelner verbrecherischer Akte, sondern die Repression einer
gesellschaftsfeindlichen Lebensführung in Frage steht. Und die Erkenntnis,
daß die Wurzel beider Formen das alte Kriegsrecht ist, der Rechtszustand
allgemeiner Feindschaft der politischen Verbände, beeinflußt wie die
Auffassung des Charakters des Tatbestandes so auch die Bestimmung seines
Inhaltes: die Lösung des Piraten von jedem der zu einer internationalen
Friedensgemeinschaft verbundenen Staaten, die Richtung seiner
Gewalttätigkeiten gegen prinzipiell jedes geeignete Objekt erscheinen als
notwendige Merkmale des Begriffs.



  § 7. Die grundsätzliche Auffassung des Tatbestandes in der Literatur.


Die kriminalistische Auffassung sieht in der Piraterie eine einzelne mit
den allgemeinen Merkmalen des Verbrechens ausgestattete Handlung. Sie ist
in der Literatur aller Völker verbreitet. Den klarsten Ausdruck findet sie
im Zusammenhang mit der Annahme der Identität des Tatbestandes in Law of
Nations und Common Law (s. o. § 2) in englischen Sentenzen und
literarischen Definitionen(145).

Wie aber bei der Unhaltbarkeit der Lehre von vornherein zu vermuten ist,
ist auch die richtige Anschauung in der Literatur zu mannigfachem Ausdruck
gekommen. Dies ist entweder in Form bedingungsloser Vertretung der
seepolizeilichen Auffassung oder, häufiger, in Form der Aufnahme einzelner
Elemente der seepolizeilichen in die grundsätzlich beibehaltene
kriminalistische Auffassung geschehen. Die folgende Darstellung wird
zeigen, daß der einen oder der anderen Gruppe mit wenigen Ausnahmen alle
Autoren angehören, die der Lehre eine eingehendere Betrachtung gewidmet
haben.

I. Die seepolizeiliche Auffassung sieht den Tatbestand der Piraterie durch
ein auf die Begehung bestimmter Akte gerichtetes Unternehmen erfüllt; die
tatsächliche Verwirklichung der Absicht und die strafrechtliche
Qualifikation des hierdurch gesetzten Tatbestandes hat für sie kein
Interesse. Sie findet sich bei _Bynkershoek_(146), _Casaregis_, _de
Broglie_, _Baud_(147), _Wheaton_, _Ortolan_, _Pradier-Fodéré_,
_Bluntschli_(148), _Perels_ und _Bonfils_(149).

II. Die Undurchführbarkeit der kriminalistischen Auffassung, Piraterie
tatsächliche Verübung eines einzelnen Verbrechens, hat dazu veranlaßt, sie
durch Einführung des Merkmals entweder der „faktischen
Denationalisierung“(150) oder der Richtung gegen prinzipiell alle Nationen
zu modifizieren. Die Tatsache, daß es auf diesem Wege angängig war, die
unmöglichen Konsequenzen der unrichtigen Grundanschauung zu vermeiden, mag
es erklären, daß die verfehlte Grundanschauung selbst ihre Herrschaft noch
immer behauptet.

Ein alle sich in dieser Richtung bewegenden Versuche gleichmäßig
treffender Vorwurf ist, daß sie einen aus disharmonischen Elementen
bestehenden Tatbestand konstruieren. Erklärt man den Tatbestand der
Piraterie für einen kriminellen, so ist es unzulässig, zum mindesten aber
inkonsequent, ihn durch die Verfolgung eines nicht politischen Zweckes
seitens des Täters oder durch seine „intention of universal hostility“
bedingt sein zu lassen. Strafrechtliche Tatbestände, die je nach dem
Zwecke, den der Täter verfolgte, oder nach der Absicht, sie gegen ein
individuell oder aber nur generell bestimmtes Objekt zu verwirklichen,
verschieden zu qualifizieren wären, sind ein Unding.

1. Die Versuche, die sich in der Richtung bewegen, das Merkmal der
faktischen Denationalisierung (Lösung vom Heimatstaate) mit der
kriminalistischen Grundanschauung zu verbinden, lassen eine Anordnung nach
ihrer Intensität zu. Die energischste Einengung des Tatbestandes in dieser
Richtung liegt in seiner Beschränkung auf Handlungen flaggenloser
(rechtlich denationalisierter) Schiffe; darüber s. o. § 1; sie nimmt dem
Tatbestande alle völkerrechtliche Bedeutung. Die Erhebung der faktischen
Denationalisation des Schiffes oder der Besatzung in dem Sinne, daß sie
ein außerstaatliches Eigendasein führen(151), zum Begriffsmerkmal geht
weniger weit; immerhin nimmt auch sie dem Rechtsinstitut den größten Teil
seines Wertes, da die modernen politischen Verhältnisse eine Lösung von
jedem staatlichen Verbande in diesem Umfange kaum zulassen. Die engste
Bedeutung hat die Einsetzung des Erfordernisses der Lösung vom
Staatsverbande lediglich in dem Sinne, daß die Handlung nicht zu einem
politischen Zwecke vorgenommen sei, in den Tatbestand; diese namentlich
von _Hall_(152) gegebene Konstruktion führt zu im wesentlichen
zutreffender Entscheidung einiger Einzelfragen (s. u. § 14 und 15); aber
den Hauptmangel der ganzen Auffassung, den, daß ein Delikt faktisch
vorliegen muß, beseitigt sie natürlich nicht. Daß ihr wie überhaupt der
Tendenz der Durchsetzung des kriminalistisch gefaßten Tatbestandes mit
Elementen des seepolizeilichen das richtige Gefühl seiner seepolizeilichen
Natur zu Grunde liegt, wird bei _Hall_ recht deutlich, wenn ihm bei
Behandlung der Frage, ob an der Küste durch Anlanden verübte Gewalttaten
als piracy betrachtet werden können, der Satz entschlüpft: „a pirate does
not so lose his piratical character by landing within state territory that
piratical acts done on shore cease to be piratical;“ hier ist es plötzlich
nicht mehr der einzelne Akt, der den Täter als Piraten charakterisiert,
sondern umgekehrt wird der Akt zu einem piratischen dadurch, daß dem Täter
ein piratischer Charakter beiwohnt.

2. Ein ähnliches Ergebnis wie die zuletzt geschilderte Art des Vorgehens
erreicht die Aufnahme der Klausel Richtung gegen prinzipiell jedes
taugliche Objekt“ (s. o. § 5 I) in den im übrigen kriminalistisch gefaßten
Tatbestand. Diese Konstruktion beherrscht die amerikanische
Literatur(153), ist in der kontinentalen sehr verbreitet und selbst der
englischen nicht durchaus fremd(154).



           § 8. Der seepolizeiliche Charakter des Tatbestandes.


I. Der Gegensatz der seepolizeilichen und der kriminalistischen Auffassung
des Tatbestandes der Piraterie besteht darin, daß die eine in ihr eine
öffentliche Gefahr sieht, die bekämpft werden muß, die andere ein
Verbrechen, das Bestrafung fordert.

Der Inhalt des Tatbestandes ist, wie ja auch die Qualifizierung eines
Tatbestandes als eines strafrechtlichen über seinen speziellen Inhalt
keine Auskunft gibt, durch seinen Charakter positiv nur dahin bestimmt,
daß nur ein gefahrbringendes Unternehmen, demnach, die Begriffe im
strafrechtlich-technischen Sinne genommen, weder „Handlung“ noch
„Verschulden“ gegeben zu sein braucht. Aber die richtige Grundauffassung
ist negativ in allen Einzelpunkten von größter Bedeutung, insofern sie,
anders als die kriminalistische, einer dem wirklichen Rechtszustande
entsprechenden Bestimmung der Merkmale des Pirateriebegriffes nicht
entgegensteht.

Daß nun aber die seepolizeiliche Auffassung des Tatbestandes zutreffend
ist, hat schon die Betrachtung der Rechtsfolgen, der Geschichte des
Piraterierechtes und der Literatur vermuten lassen. Die folgende
Darstellung gibt den Nachweis aus dem positiven Rechte (der Tatbestand
nicht Verbrechen, sondern Gefahr); wesentlich unterstützend wird dann auch
die Entwickelung der einzelnen Tatbestandsmerkmale sein (§ 9 f.), da sie
größtenteils einem strafrechtlichen Tatbestande ihrem Wesen nach nicht
angehören können.

II. Die vornehmste Quelle (s. o. § 5) der Erkenntnis des völkerrechtlichen
Tatbestandes der Piraterie, die Instruktionen der Staaten an die
Kommandanten der Kriegsschiffe, lassen über seinen seepolizeilichen
Charakter keinen Zweifel. „Seeraub ist jedes ohne staatliche Ermächtigung
in räuberischer Absicht auf die Ausübung von Gewaltakten auf See
gerichtete bewaffnete Unternehmen“, definieren die deutschen „Bestimmungen
für den Dienst an Bord“ vom 21. Nov. 1903(155); und in breiter
Ausführlichkeit setzen die amerikanischen Revised Statutes dem Tatbestande
des Common Law, den sie ihren Straf-und Zuständigkeitsbestimmungen zu
Grunde legen (s. 5368), zum Zwecke, die Zulässigkeit der Festnahme von
Piratenschiffen und damit die völkerrechtliche Seite der Angelegenheit zu
regeln, einen seepolizeilichen Tatbestand zur Seite: „Any vessel built,
purchased, fitted out in whole or in part, or held for the purpose of
being employed in the commission of any piratical aggression, search,
restraint, depredation, or seizure, or in the commission of any other act
of piracy, as defined by the law of nations, shall be liable to be
captured and brought into any port of the United States if found upon the
high seas or to be seized if found in port or place within the United
States, whether the same shall have actually sailed upon any piratical
expedition or not, _and whether any act of piracy shall have been
committed or attempted upon or from such vessel or not_(156).“

In den Landesstrafgesetzgebungen eine Bestätigung der Auffassung zu
finden, sollte man kaum erwarten (vgl. o. § 5). So sehr man darüber
streitet, welche Bedeutung im Strafrecht der verbrecherischen Gesinnung
zukomme, darin stimmen alle ernsthaften Theorieen überein, daß eine
bestimmte verbrecherische Handlung (materielles Verbrechen,
Rechtsgüterverletzung) notwendige Voraussetzung zum Eintritt des
Strafzwanges sein muß. Der völkerrechtliche Pirateriebegriff hat sich nun
aber in der üblichen Vermischung des völkerrechtlichen und
landesstrafrechtlicher Tatbestände mächtig genug erwiesen, selbst diese
Fesseln zu sprengen. Eine Anzahl von Landesrechten pönalisiert die
piratische Lebensführung ohne Rücksicht auf wirkliche Begehung eines
piratischen Aktes, bestraft die sozialgefährliche Gesinnung, nicht die
verbrecherische Tat(157). Die unter diesen Gesichtspunkt fallenden
Bestimmungen stehen in ihrem Werte für die Eruierung des völkerrechtlichen
Tatbestandes hinter den Instruktionen für die Kriegsmarinen kaum zurück;
sie stellen dieselbe Erscheinung unter Strafe, die jene polizeilicher
Verfolgung aussetzen(158).

Die in Frage stehenden Landesgesetzgebungen zerfallen in zwei Gruppen.

1. Das niederländische und das portugiesische Strafgesetzbuch enthalten
als einzige Strafbestimmung gegen die Piraterie die Pönalisierung der
Zugehörigkeit zu einem zur Begehung piratischer Akte bestimmten
Schiffe(159).

2. Das französische, spanische, italienische und brasilische Recht stellen
neben einzelnen piratischen Akten die Zugehörigkeit zur Besatzung eines
Schiffes unter Strafe, das unter Umständen das Meer befährt, die es der
Piraterie verdächtig erscheinen lassen. Die französische Bestimmung(160)
ist, da sie nicht ausdrücklich Piraterieverdacht, sondern nur die ihn
begründenden objektiven Momente (armé et naviguant sans être ou avoir été
muni pour le voyage de passe-port, rôle d’équipage, commissions ou autres
actes constatant la légitimité de l’expédition) in den Tatbestand
aufnimmt, des öfteren in der Richtung mißverstanden worden, daß man
meinte, ihr Ziel sei nicht die Unterdrückung der Piraterie, sondern
lediglich die Pönalisierung von Ordnungswidrigkeiten in den
Schiffspapieren(161). Daß ihr in der Tat der Gedanke des
Piraterieverdachtes zu Grunde liegt, läßt schon die Härte der Strafe
annehmen; es ergibt sich mit aller Sicherheit aus einer
(prisengerichtlichen) Entscheidung des Conseil d’État vom 24. Dez.
1828(162), durch die, dem Geiste des Gesetzes entsprechend, seinem
Wortlaute zuwider, trotz Vorliegens der objektiven Momente nach
tatsächlicher Widerlegung des Verdachtes der Piraterie die Lossprechung
des Schiffes erfolgte, und ferner aus den entsprechenden italienischen und
spanischen Bestimmungen, die an das Vorliegen derselben objektiven Momente
ausdrücklich die praesumptio juris der Piraterie knüpfen(163).

Diese Gruppe von Rechtsvorschriften ist auch deshalb von Interesse, weil
sie ergibt, daß die oft aufgestellte These, es sei jedes flaggenlose
Schiff (rechtlich anationale Schiff) der Piraterie verdächtig, dem
positiven Rechte widerspricht, das einen solchen Verdacht nur bei
heimatlosen (sans être ou avoir été muni de passe-port) und zugleich
_bewaffneten_ Schiffen Platz greifen läßt(164).

Von den niederländischen und portugiesischen unterscheidet sich die hier
behandelte Gruppe von Bestimmungen dadurch, daß sie den Verdacht des
piratischen Charakters des Schiffes genügen läßt, jene nachweisliche
Bestimmung des Schiffes zur Piraterie verlangen.

III. _Die Piraterie ein Unternehmen gegen das Völkerrecht._ Der
völkerrechtliche Tatbestand der Piraterie ist nicht deliktischer Natur.
Wenn damit die gewöhnliche, hin und wieder auch bekämpfte, Bezeichnung des
Tatbestandes als eines Deliktes wider das Völkerrecht(165) in sich
hinfällig ist, so ergibt sich doch nur die ganz analoge Frage, ob man sie
als ein Unternehmen gegen das Völkerrecht charakterisieren darf.

Der Begriff der „Delikte wider das Völkerrecht“ ist sehr unsicher. Die
gegen ihn gerichtete Polemik _Triepels_, des einzigen Autors, der den
Gegenstand einer kritischen Untersuchung unterzogen hat („Völkerrecht und
Landesrecht“ S. 329 f.), hebt mit Recht hervor, daß er verfehlt ist, wenn
man darunter eine Verletzung des Völkerrechts durch ein Individuum
versteht. _Triepel_ versäumt aber zu prüfen, ob ihm denn auch wirklich
überall, wo mit ihm operiert wird, eine solche Bedeutung beigelegt wird.
Daher stehen seine Ausführungen einer Auffassung nicht entgegen, die als
Delikt wider das Völkerrecht ein solches verbrecherisches Verhalten
ansieht, das zu pönalisieren und zu verfolgen die Staaten völkerrechtlich
verpflichtet sind(166). Der Begriff, so gefaßt, ist möglich und
unbedenklich.

In Übertragung desselben Gedankens auf polizeiliche Tatbestände, deren
Bekämpfung den Staaten als eine gemeinsame Pflicht obliegt, ist man
hiernach berechtigt, die Piraterie als ein _Unternehmen_ gegen das
Völkerrecht zu bestimmen. Ein _Delikt_ gegen das Völkerrecht wäre sie
selbst dann nicht, wenn der Tatbestand ein krimineller wäre; denn die
Pflicht der Staaten zur Repression ist nicht eine Pflicht zur Bestrafung
der Schuldigen (s. o. § 1).

IV. Der Inhalt des Tatbestandes zerlegt sich in einen objektiven und einen
subjektiven Bestandteil (vgl. o. § 5 I), entsprechend der „Handlung“ und
dem „Verschulden“ der strafrechtlichen Tatbestände. Das dritte der
allgemeinen Begriffsmerkmale strafbarer Handlungen, die Rechtswidrigkeit,
ist der völkerrechtlichen Piraterie nicht minder eigen, bedarf aber einer
besonderen Darstellung nicht, weil staatliche Autorisation den Begriff
überhaupt ausschließt (s. u. § 12), die übrigen Ausschlußgründe der
Rechtswidrigkeit (Notwehr, Notstand, berechtigte Selbsthilfe, Einwilligung
des Verletzten) aber für einen Tatbestand, der nur durch ein
gewerbsmäßiges Unternehmen verwirklicht wird (s. u. § 11), seiner Natur
nach kaum in Betracht kommen.

Dem seepolizeilichen Charakter des Tatbestandes zufolge treten in ihm,
anders als in strafrechtlichen Tatbeständen, die objektiven Elemente
hinter den subjektiven ganz zurück, und bestehen die subjektiven Elemente
nicht so sehr in dem Wissen oder Wollen gegenwärtiger als in der Absicht
zukünftiger Handlungen. Dem subjektiven Tatbestande ist eine die Gefahr
seiner Verwirklichung nahebringende Intensität wesentlich, nicht aber sein
Ursprung in einem Verantwortlichkeit (Zurechnungsfähigkeit) begründenden
psychischen Zustande.



                      § 9. Der objektive Tatbestand.


Damit, daß man die Piraterie als ein auf Begehung rechtsgüterverletzender
Akte gerichtetes Unternehmen charakterisiert, leugnet man nicht jeden
objektiven Tatbestand. Es bleibt die Notwendigkeit näherer Bestimmung der
ihn konstituierenden sinnfälligen Erscheinungen.

Die Merkmale des objektiven Tatbestandes sind das Vorhandensein eines
Schiffes (I) mit Besatzung (II) und eine lokale Beziehung des Schiffes zur
hohen See (III).

I. Daß der Begriff der Piraterie mangels Existenz eines Piratenschiffes
nicht erfüllt sein kann, ist in dem Grade allgemeine Überzeugung, daß man
gewöhnlich der Tatsache gar nicht ausdrücklich gedenkt; es folgt schon
daraus, daß die wesentlichste Rechtsfolge des Unternehmens die rechtliche
Denationalisierung eben des Schiffes ist. Eine große Anzahl
landesrechtlicher Definitionen hebt das Merkmal der Benutzung eines
Schiffes hervor(167). Bloße Ausrüstung eines Schiffes genügt nicht(168).

II. Das Schiff bedarf einer Besatzung. Das Verhältnis, in dem ihre
einzelnen Mitglieder zu dem subjektiven Tatbestande stehen müssen, wird
durch die übliche Redewendung „Begehung der Piraterie durch ein Schiff“
richtig bezeichnet. Die piratische Gesinnung braucht nur denjenigen
Mitgliedern beizuwohnen, die die Aktion des Schiffes tatsächlich
bestimmen.

Der Piraterie ist bandenmäßige Begehung notwendig. Ob man deshalb eine
„Organisation“ für erforderlich hält(169), ist eine Frage rein
terminologischer Art.

III. Daß der Tatbestand der Piraterie irgendwie mit der hohen See
zusammenhänge, ist nicht zweifelhaft. Eine Beziehung des Begriffs auf
Vorgänge, die sich in allen ihren Teilen auf dem Lande abspielen, hat
einen vernünftigen Sinn nur auf Grund der englischen Auffassung, die ihm
seine Stellung im Bereiche des völkerrechtlichen internationalen
Strafrechts anweist, findet sich jedoch auch in der englischen Literatur
nur vereinzelt(170); im Zusammenhange der kontinentalen Anschauung ist sie
inhaltlos(171).

Flußpiraterie und Strandraub sind nicht Piraterie im Sinne des
Völkerrechtes(172). Es sind Erscheinungen, die für das Völkerrecht keine
größere Bedeutung haben als andere über die Grenzen des staatlichen
Polizeihoheits- und Jurisdiktionsbereiches nicht hinausgehende
verbrecherische Unternehmungen. Sie stehen unter den Regeln des
Interventions-, nicht des Piraterierechtes (s. u. § 12); das
Piraterierecht gehört in den Gedankenkreis der Meeresfreiheit (s. o. § 1).

Wie nun aber diese notwendige Beziehung der Piraterie zur hohen See des
näheren beschaffen sei, ist sehr bestritten.

Die kriminalistische Auffassung spaltet sich in fünf Richtungen; man sieht
als notwendig an die Begehung des Verbrechens entweder „auf hoher
See“(173) oder „within the jurisdiction of the admiralty“(174) oder
„außerhalb der Gerichtsbarkeit eines Staates der
Völkerrechtsgemeinschaft“(175) oder „auf hoher See oder von hoher See
aus“(176); des öfteren findet sich endlich die lokale Bestimmung in der
Weise gegeben, daß man den Kreis der Objekte der piratischen Handlungen
auf Schiffe und ihren Inhalt beschränkt(177). Bei den Anhängern der
seepolizeilichen Auffassung findet man entweder ebenfalls eine der
skizzierten Ansichten, mit der Modifikation, daß der umschriebene Bezirk
nicht als Ort einer begangenen Handlung, sondern als Schauplatz zu
begehender erscheint(178), oder aber es wird die räumliche Begrenzung von
der einzelnen Handlung losgelöst und in den objektiven Bestandteil des
seepolizeilichen Tatbestandes aufgenommen(179).

Diese letzte Ansicht ist die richtige. Damit der objektive Tatbestand der
Piraterie gegeben sei, ist notwendig, daß das Piratenschiff sich
wenigstens zeitweise auf hoher See aufhalte, mag sonst der Sitz des
Unternehmens sich in einer Staatsgewalt unterworfenem oder in staatlosem
Gebiet befinden. Das offene Meer muß als Operationsfeld oder als
Operationsbasis erscheinen. Dagegen ist gleichgültig, welchen Schauplatz
die Piraten zur Begehung der piratischen Akte zu wählen gedenken(180).
Diese Auffassung wird der historischen Tatsache gerecht, daß die Piraterie
immer, wo sie einen größeren Umfang annimmt, in der Form einer Verbindung
von „Seeräuberei“ und Küstenraub auftritt; sie ermöglicht es, die
internationale Verfolgung des Unwesens auch auf solche Fahrzeuge
auszudehnen, die etwa unter Schonung der durch ihre Flagge gedeckten
Seeschiffe ihre räuberische Tätigkeit auf unter einer ohnmächtigen
Regierung stehende Küstenstriche beschränken(181). Andererseits steht sie
mit den Landesstrafgesetzgebungen, die an der Küste begangene piratische
Akte nicht als solche bestrafen(182), nicht in Widerspruch, da die
Bestrafung nicht völkerrechtliche Pflicht ist (s. o. § 1).

Die landesstrafrechtlichen Regeln über den Begehungsort der piratischen
Akte geben in Verbindung mit den staatsrechtlichen Regeln über die
Erstreckung der Strafgerichtsbarkeit (s. S. 15, Anm. 4 und S. 2, Anm. 1)
ein vollständiges Bild über den Umfang, in dem piratische Akte einer
Bestrafung in den einzelnen Ländern unterliegen.



 § 10. Der subjektive Tatbestand. a) Die Richtung des Unternehmens gegen
                        prinzipiell alle Nationen.


I. _Vorfragen._ Das Unternehmen der Piraterie ist eine gemeinsame Gefahr
für alle Nationen. Nur aus diesem Grunde erkennen alle es als Pflicht, zu
seiner Repression beizutragen.

Diese Sätze sind, so oft sie auch aufgestellt werden, so weit entfernt,
auch in ihren Konsequenzen allgemein anerkannt zu sein, daß man sogar
solche Akte als Piraterie bezeichnen konnte, die in ihrem Ursprung, ihrem
Verlauf und ihren Folgen völlig dem Innenleben eines Schiffes
angehören(183). Der Nachweis der Notwendigkeit allgemeiner Feindseligkeit
des Piratenschiffes erfordert zuvor die Widerlegung solcher Aufstellungen,
die aus dem Tatbestande die — über den Bereich des Schiffes hinausgehende
— aggressive Tendenz ganz ausschalten wollen.

Die Definition der piracy im Common Law, robbery within the jurisdiction
of the admiralty, ist so weit, daß sie robbery, verübt von Mitgliedern der
Besatzung untereinander, einzuschließen scheint(184). Doch wird dieselbe
allgemein in entgegengesetztem Sinne ausgelegt, und entsprechend
betrachtet man in den Vereinigten Staaten die Tatbestände der Rev. Stat.
s. 5370 (15. Mai 1820 s. 3) und s. 5372 (30. April 1790 s. 8), soweit sie
sich auf Vorgänge innerhalb des Schiffes beziehen, als statutory
piracy(185).

Einen speziellen Fall der auf den Lebenskreis des Schiffes beschränkten
robbery aber sieht eine große Zahl englischer und amerikanischer Autoren
als piracy by the law of nations an. Wenn eine aufrührerische Mannschaft
das Schiff an sich bringt, so soll dadurch, ohne daß Gewaltakte gegen
Dritte begangen oder geplant würden, der Tatbestand der Piraterie erfüllt
sein(186). Einen offiziellen Ausdruck hat der Gedanke in der von _v.
Martitz_ (II S. 682 N. 31) bemerkten Tatsache gefunden, daß in den
belgisch-britischen Auslieferungsverträgen von 1872 (Nr. 16) und 1876 (Nr.
17) der „Prise d’un navire par les marins ou passagers par fraude ou
violence envers le capitaine“ des französischen Textes „Piracy by law of
nations“ des englischen entspricht(187).

Es liegt auf der Hand, daß die ganze Auffassung mit der Grundanschauung,
die in der Piraterie ein einzelnes Verbrechen im technischen Sinne sieht,
aufs engste zusammenhängt, mit ihr fällt. Doch auch im Rahmen dieser
Grundanschauung ist sie unhaltbar. Im Herrschaftsgebiete des Tatbestandes
des Common Law (s. o. Anm. 2, S. 32) erfreut sie sich einer ungeteilten
Anerkennung nur im englischen Rechte, und selbst dieses zählt eine Reihe
nahe verwandter Tatbestände zur statutory piracy(188); das amerikanische
Recht steht ihr positiv entgegen(189). Die romanischen Rechte
charakterisieren zwar den Tatbestand als Piraterie, lassen aber keinen
Zweifel, daß es sich um eine rein innerstaatliche Ausdehnung des Begriffes
handelt(190). Das niederländische Strafgesetzbuch endlich kennt das
Verbrechen, ohne es als Piraterie zu bezeichnen(191).

Ist aber auch der Aufruhr auf dem Schiffe, der zu dem Übergange der
Schiffsgewalt auf die Meuterer führt, an sich, selbst wenn er die Merkmale
des Raubes trägt, ein lediglich den Flaggenstaat angehender Vorfall, so
wird doch nicht selten ein piratisches Unternehmen von ihm seinen Ausgang
nehmen. Die Frage, ob und wann Piraterie vorliegt, kann jedoch nur nach
den gewöhnlichen Regeln entschieden werden(192).

Unbestritten ohne völkerrechtliche Bedeutung sind die in einigen
Landesstrafgesetzen als Piraterie bezeichneten Tatbestände der
Überlieferung eines Schiffes an Piraten oder Feinde durch ein Mitglied der
Besatzung(193) und der gewaltsamen Verhinderung des Kommandanten an der
Verteidigung gegen sie(194).

II. So allgemein die Bezeichnung des Piraten als eines hostis humani
generis ist, so wenig ist man oft geneigt, als piratische Unternehmungen
nur solche zu betrachten, die sich gegen alle Nationen ohne Unterschied
wenden. Vornehmlich in der englischen Literatur pflegen Name und
Definition der Erscheinung in einem unvermittelten Widerspruche zu stehen.
In der Bezeichnung ragt der wahre Charakter der Piraterie selbst in solche
Darstellungen hinein, die sonst in ihr nichts anderes als einen
strafrechtlichen mit völkerrechtlichen Rechtsfolgen ausgestatteten
Tatbestand, einen durch den Begehungsort ausgezeichneten Fall der robbery
sehen wollen.

Der Begriff der Piraterie verlangt eine Gefahr für alle Nationen. Das
lehrt die Betrachtung ihres historischen Zusammenhanges mit dem Zustande
allgemeiner Feindschaft der politischen Verbände (s. o. § 6), und nicht
minder das System ihrer Rechtsfolgen. Der Sinn der ihrer Bekämpfung
dienenden Rechtsnormen kann kein anderer sein, als daß sie, in
universeller Feindseligkeit den in der internationalen
Friedensgemeinschaft vereinigten Nationen gegenüberstehend, auch
ihrerseits einer internationalen Verfolgung ausgesetzt ist. „Die Aufgabe
der Kriegsschiffe ... umfaßt die Befugnis, da einzuschreiten, wo die
allgemeine Sicherheit auf See betroffen oder bedroht ist, und hier einen
internationalen Rechtsschutz auszuüben, für die gemeinsamen Interessen
aller seeschiffahrttreibenden Nationen einzutreten, denen der Pirat als
Feind gegenübersteht“ (_Perels_ S. 113).

Die Richtung gegen alle Nationen wird in einem großen Teile der Literatur
als Voraussetzung des piratischen Charakters eines Unternehmens anerkannt
(s. o. S. 54, N. 1–4 und bes. S. 57, N. 1 u. 2); zumal die geistvolle und
umfangreiche Darstellung _Pradier-Fodéré’s_ ist in allen ihren Teilen auf
die Unerläßlichkeit dieses Merkmales gegründet(195). Die dem
völkerrechtlichen Tatbestande nahekommenden landesrechtlichen Definitionen
des portugiesischen und des niederländischen Strafgesetzbuchs sowie der
deutschen „Bestimmungen für den Dienst an Bord“ von 1903 bringen den
Gedanken in der Form zum Ausdruck, daß sie als piratisch nur ein auf
Begehung einer Mehrzahl von Akten gerichtetes Unternehmen kennzeichnen (s.
o. § 8 II und S. 60 Anm. 2).

Eine nähere juristische Formulierung wird das Merkmal dahin bestimmen, daß
dem Piraten die species des Rechtsgutes, dem generell seine Angriffe
gelten, vertauschbare Werte sind. Existenz und Art einer persönlichen
Beziehung des Trägers des Rechtsgutes wie einer sachlichen seines realen
Substrates zu einer Staatsgewalt sind ihm gleichgültig. Nur solche
Beschränkungen legt er sich auf, die im Interesse seiner eigenen
Sicherheit geboten(196) und die daher seine Gefährlichkeit nur zu erhöhen
geeignet sind.

Das Merkmal universeller Feindseligkeit gibt einen Anhalt für die
Entscheidung, inwieweit die Rechtsform der Kaperei nicht einhaltende, im
Kriege auf Seebeute ausgehende Privatschiffe sowie Schiffe nicht als
kriegführende Macht anerkannter Parteien eines Bürgerkrieges sich der
Piraterie schuldig machen (darüber s. u. § 14 und 15). Es schließt die
hier und da sich findende Qualifizierung eines den Seestreitkräften einer
kriegführenden Macht angehörenden Schiffes, das unter falscher Flagge
Hostilitäten begeht, als eines Piraten aus(197).

Ein nur gegen einen einzelnen Staat oder dessen Bürger gerichtetes
Unternehmen ist somit nicht Piraterie (s. aber Anm. 1; in Frage kommt etwa
ein Unternehmen aus Rache). Der verletzte Staat braucht, wenn das
angreifende Schiff ihm angehört, einen Eingriff dritter Staaten nicht zu
dulden. Er kann es aber, wenn ihm diese Art der Bekämpfung beliebt, durch
Entziehung des Schutzes der Flagge allgemeiner Verfolgung aussetzen.



                § 11. b) Der Inhalt der piratischen Akte.


Es ist die Frage, Akte welcher Beschaffenheit beabsichtigt (oder, unter
Zugrundelegung der kriminalistischen Auffassung des Tatbestandes,
begangen) sein müssen, damit der Tatbestand der Piraterie gegeben sei.

I. Unangefochten ist nur ein Bestandteil des Inhalts piratischer Akte, das
Mittel der Begehung. Nur Gewalthandlungen sind piratische Akte(198).
Gewalt ist Ausübung eines physischen oder psychischen Zwanges gegen
Menschen.

Unternehmungen, die auf die Aneignung seetriftiger Güter gerichtet sind,
sind nicht Piraterie; die zum Schutze des Eigentums an ihnen bestehenden
landesrechtlichen Strafbestimmungen finden sich nicht im Zusammenhange der
die Piraterie betreffenden Normen, sondern sind meist in Verbindung mit
den Bestimmungen über die Strandungsdelikte gebracht(199).

II. 1. Mit dem Satze, daß piratische Akte notwendig Gewaltakte sind, ist
nur eine äußerste Grenze gezogen. Es ist notwendig zu bestimmen, ob und
wieweit man durch Aufstellung weiterer Erfordernisse innerhalb dieser
Grenze den Begriff zu beschränken hat, insbesondere ob man ihm nur
räuberische Akte subsumieren oder ihn auch auf Gewalthandlungen gegen die
Person erstrecken darf. Es ist einer der unsichersten Punkte des
Piraterierechtes. Literatur und Gesetzgebung sind durchaus uneinheitlich.
Doch wird eine Zurückführung der in ihrer Bedeutung meist überschätzten
Frage auf ihren wahren Umfang es ermöglichen, Stellung zu nehmen.

Die Piraterie als Unternehmen gegen prinzipiell alle Nationen muß sich
stets gegen eine Mehrzahl von Rechtsgütern wenden und kann sich nur gegen
solche richten, denen in den Augen des Täters eine durch eine irgendwie
gestaltete Beziehung zu einer Nation gegebene individuelle Bestimmtheit
nicht beiwohnt. Zerlegt man nun die Rechtsgüter in Interessen der
Gesamtheit, persönliche Interessen und Vermögensinteressen, so erscheinen
als ihr natürliches Objekt die Vermögensinteressen. Wirtschaftlichen
Gütern jeder Art, Sachen, dinglichen Rechten, den Forderungsrechten des
Wirtschaftslebens eignet die Möglichkeit der Umsetzung in Geld; die
Gewinnsucht, das hauptsächlichste Motiv der Vermögensverletzung, kennt im
allgemeinen keine Unterschiede zwischen ihnen. Sehr viel weniger geeignet
ist schon die Gruppe der persönlichen Interessen; denkbar wäre, daß eine
Weltanschauung, die den absoluten Unwert alles bewußten Seins behauptet,
in einem auf generelle Zerstörung menschlichen Lebens gerichteten
Seeunternehmen sich aktiv betätigte; möglich auch, daß sich eine Bande
zusammenfände, die zur Befriedigung sexueller Gelüste das Mittel der
Eroberung von Schiffen und der Terrorisierung von Küstenstrichen wählte;
aber historische Wirklichkeit haben diese und andere Möglichkeiten, die
die Phantasie konstruieren mag, nicht. Vollends kommt schließlich die
Gruppe der Interessen der Gesamtheit (Staatsverfassung, Verwaltung) für
ein gegen alle Nationen gerichtetes die See zur Operationsbasis wählendes
Unternehmen nicht in Betracht.

2. Die Stellung der Landesgesetzgebungen und der Literatur in der —
hiernach nicht allzu bedeutsamen — Frage ist sehr verschiedenartig.

Das deutsche, österreichische(200), englische und amerikanische(201) Recht
und mit ihnen der größere Teil der Literatur(202) sehen als piratische
Akte nur Gewalttaten räuberischer Natur an. Einige Autoren dehnen den
Begriff auf die gewaltsame Zerstörung von Sachen aus, ohne über den Kreis
der Vermögensinteressen als Objekt des Angriffs hinauszugehen(203).

Demgegenüber betrachten das französische, italienische, mexikanische,
brasilische(204) und auch das niederländische und portugiesische(205)
Recht und ein großer Teil der Literatur(206) auch solche Gewalthandlungen
als piratisch, die sich nicht als Vermögensverletzungen darstellen.
Häufiger und bestimmter als in der ersten Gruppe finden sich dabei
Restriktionen des Tatbestandes durch die in verschiedener Form
aufgestellte Forderung einer gewissen Intensität der angewandten Gewalt.

Das gegebene Schema kompliziert sich in mehrfacher Hinsicht; man
beschränkt die räuberischen Akte auf Sachraub oder schließt auch
Menschenraub ein; man bestimmt den Begriff des Raubes entweder nach Mittel
und Objekt oder nach Mittel und Motiv (gewinnsüchtige Absicht, animus
furandi); man hat über die erforderliche Art und Intensität der
Gewaltanwendung die mannigfaltigsten Ansichten. Eine Quelle ganz
besonderer Schwierigkeiten ist die Verschiedenheit des Tatbestandes des
Raubes in den Strafgesetzen der einzelnen Staaten(207). Häufig genug auch
lassen die gewählten Ausdrücke jede Bestimmtheit vermissen.

3. Die Erwägung, daß gegen alle Nationen sich wendende Seeunternehmungen
anderer als räuberischer Art der Geschichte wie dem modernen Leben
unbekannt sind, läßt eine Ausdehnung des Begriffes der piratischen Akte
über Räubereien hinaus als nicht notwendig erscheinen. Die Beschränkung
auf räuberische Akte entspricht der gemeinen Vorstellung. Die
Rechtsanschauung der germanischen Seemächte billigt sie (s. o. S. 74 Anm.
1, 2). Sollte in der Tat prinzipielle Menschenfeindschaft ein auf Mord und
Zerstörung gerichtetes Unternehmen ins Leben rufen, so erfolgt seine
Bekämpfung im Rahmen der gewöhnlichen Rechtsgrundsätze (Pflicht des
Flaggenstaates, die Ordnung auf dem Schiffe aufrecht zu erhalten,
Haftbarmachung bei verschuldeter Versäumnis ihrer Erfüllung,
Interventionsrecht dritter bedrohter Staaten bei Unmöglichkeit derselben).
Verfolgung und Bestrafung einzelner durch Piraten begangener Verbrechen
gegen die Person sind natürlich durch Beschränkung des Pirateriebegriffes
auf Unternehmungen gegen Vermögensinteressen nicht ausgeschlossen(208).

III. Objekt der piratischen Akte sind nur Vermögensinteressen; das Ziel
des Angriffs kann sein Aneignung beweglicher Sachen, Herstellung
physischer Herrschaft über Menschen, sofern der Mensch nur als Ware in
Betracht kommt, Begründung von Forderungs- und dinglichen Rechten oder
Scheinrechten(209).

Das Mittel des piratischen Aktes ist physische oder psychische Gewalt.
Aber man wird Drohungen (psychische Gewalt) nur genügen lassen können,
wenn sie die Anwendung physischer Gewalt in Aussicht stellen(210). Diese
Beschränkung zeigt das tatsächliche Auftreten des Unwesens stets. Fälle
anderer Art sind kaum denkbar. Die psychische Gewalt kann auf die
Beseitigung eines eigenen Handlungen entgegenstehenden Widerstandes wie
auf die Herbeiführung von Handlungen des Bedrohten gerichtet sein(211).

IV. Der Zusammenhang der bisherigen Darstellung ergibt, daß die Piraterie
ein _gewerbsmäßiges_ Unternehmen ist. Eine auf gewaltsame
Vermögensverschiebungen gerichtete Aktion, die ihre Spitze gegen alle
Nationen kehrt, ist als einzelne Handlung nicht denkbar. Die psychische
Seite der Piraterie ist nicht eine momentane Anspannung der Lebenskraft
zur Verwirklichung einer in der Vorstellung bereits gegebenen Handlung
oder Kette von Handlungen, sondern eine Disposition zur Erreichung eines
vorgestellten Erfolges durch Begehung noch unbestimmter gleichartiger
Handlungen. Der vorgestellte Erfolg ist die Erlangung wirtschaftlicher
Vorteile(212). Die Piraterie ist eine Art der Lebensführung, wenn sie auch
nicht den einzigen oder auch nur wesentlichen Inhalt des Lebens zu bilden
braucht(213).

Die gewerbsmäßige Natur der Piraterie findet sich nur selten ausdrücklich
anerkannt(214); eine stillschweigende Anerkennung enthalten alle die
überaus zahlreichen Definitionen, die als ein wesentliches Merkmal des
Tatbestandes die Absicht universeller Feindseligkeit hinstellen (s. o. §
10 II).

Die Lücke, die dadurch entsteht, daß ein auf einen einzelnen Gewaltakt auf
See ausgehendes Schiff dem Piraterierecht nicht unterliegt, ist
unbedeutend. Ist die Absicht bekannt, so ergreift der Flaggenstaat die zur
Verhinderung der Tat notwendigen Maßnahmen; ist sie unbekannt, so ist eine
internationale Befugnis zum Einschreiten gegenstandslos. Bei handhafter
Tat genügen die gewöhnlichen Notwehr-, Nothilfe- und Festnahmebefugnisse
(deutsche St. P. O. § 127). Ist Name und Heimat des Schiffes unbekannt und
begegnen ihm nach begangener Tat Kriegsschiffe, zu deren Kenntnis der
räuberische Akt gelangt ist, so besteht Piraterieverdacht; hat alsdann die
Durchsuchung des Schiffes sein Nationale ergeben, so übernimmt der
Flaggenstaat die Ahndung.

Die Gewerbsmäßigkeit des Unternehmens rechtfertigt es, wenn man den
Tatbestand nach seiner psychischen Seite durch den kurzen Ausdruck
„faktische Denationalisation“ wiedergibt (s. o. § 5 I). Der Pirat ist ein
von der Friedensgemeinschaft der Kulturnationen gelöstes Glied in
demselben Sinne wie jeder gewerbsmäßige Verbrecher. Mehr darf aber in den
Ausdruck nicht hineingelegt werden. Der Gedanke der Notwendigkeit
mangelnden Zusammenhanges mit einem anerkannten Staate hat eine allzu
starke Betonung in Theorieen erfahren, die als Piratenschiffe nur
rechtlich anationale (s. o. § 1) oder doch solche Schiffe ansehen, die
sich tatsächlich „dem Verbande mit einem geordneten Staate entzogen haben“
(_Bluntschli_ § 350). Diese letztere Ansicht übersieht, daß zu allen
Zeiten Piraterie auch von Bürgern geordneter Staaten von diesen Staaten
aus betrieben worden ist, mit Schiffen, die ebenso dem Handels- wie dem
piratischen Gewerbe dienten, und daß heute diese Form allein noch von
praktischer Bedeutung ist. Es ist nicht eine vollständige oder
prinzipielle Lösung von der Gesellschaftsordnung notwendig; es genügt eine
Gesinnung, die zum Zwecke, die Stellung in ihr zu behaupten, Mittel
verwendet, die ihren Grundlagen zuwider sind(215).



  § 12. c) Mangel eines politischen Zweckes. Piraterie unter staatlicher
                Autorität. Heimatstaat und Piratenschiff.


I. _Begriff des politischen Zweckes._ Ein Unternehmen, das politische
Zwecke verfolgt (politisches Unternehmen), ist nicht Piraterie(216).

Hierbei ist nach allgemeinen Grundsätzen nicht das wahre innerste Motiv
der Beteiligten entscheidend. Große und kleine politische Aktionen können
auf Motive recht privater Natur zurückgehen. Sondern es kommt der Zweck in
Frage, wie er in dem Unternehmen selbst und dem Zusammenhange der
Ereignisse, in dem es steht, zu erkennbarem Ausdruck gelangt ist, der in
dem Unternehmen objektivierte Zweck desselben.

Der Zweck eines Unternehmens ist ein politischer, wenn es entweder sich
als eine staatliche Aktion darstellt oder unmittelbar und erkennbar gegen
die äußere Machtstellung oder die Verfassung oder Verwaltung eines
bestimmten Staates gerichtet ist(217).

Daher ist ein von einem anerkannten Staate autorisiertes Unternehmen nicht
Piraterie (über Raubstaaten s. u. II, 4). Ebensowenig aber ein politisches
Unternehmen Privater, auch wenn sie etwa die (gegen alle Nationen
gerichteten) Rechte der Kriegführenden in Anspruch nehmen, ohne als
kriegführende Partei anerkannt zu sein.

Die Besprechung der Fälle, in denen das hier in Frage stehende
Tatbestandsmerkmal von besonderer Bedeutung ist, der illegalen Kaperei und
der räuberischen Aktion von Kriegsschiffen im Bürgerkriege, ist dem
dritten Abschnitte vorbehalten. Hier folgt eine kurze Behandlung des
Raubstaatentums nach heutigem Rechte und der Beziehungen zwischen dem
Heimatstaate und nicht autorisierten Piratenschiffen, die zugleich einige
Grundlagen für die folgende Darstellung gibt.

II. _Piraterie unter staatlicher Autorität (Raubstaaten)._ 1.
_Völkerrechtsgemäße Handlungen._ Völkerrechtsgemäße staatliche oder von
den völkerrechtlichen Organen des Staates als staatliche anerkannte
Handlungen und auf völkerrechtsgemäßer Autorisierung beruhende Handlungen
Privater begründen niemals eine Verantwortlichkeit gegenüber dritten
Staaten. Hat das handelnde oder autorisierende Organ innerstaatliche
Rechtssätze oder Dienstvorschriften verletzt, so kann es wie auch der
rechtswidrig Autorisierte nach den gewöhnlichen Regeln des Disziplinar-
und Strafrechts (Ausschluß der Rechtswidrigkeit durch bindenden Befehl;
Rechtswidrigkeit trotz illegaler Erlaubnis; dolus und culpa) von seinem
Staate zur Verantwortung gezogen werden.

2. _Handlungen und Autorisierungen nicht anerkannter politischer
Verbände._ Nur anerkannte Staaten, und im engeren Kreise des
Kriegsrechtes, anerkannte kriegführende Parteien genießen den Schutz des
Völkerrechtes.

Die Beziehungen anerkannter Staaten zu den Bewohnern staatloser Gebiete,
zu der Völkerrechtsgemeinschaft nicht angehörenden Staaten(218), zu
organisierten Verbänden innerhalb anderer Staaten (vornehmlich
aufständischen Parteien)(219), endlich zu anerkannten Staaten, insoweit
ihnen die völkerrechtliche Rechts- und Handlungsfähigkeit mangelt(220),
können in völkerrechtlicher Freiheit landesrechtlich geregelt werden.
Befehl oder Autorisierung seitens derartiger Verbände sind nicht fähig,
eine Handlung unmittelbar zu legalisieren(221); doch können sie mittelbar
von Bedeutung sein, insoweit das zur Anwendung gelangende Landesrecht die
durch sie geschaffene Situation als Notstand oder einen etwa gegebenen
Mangel des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit als Schuldausschließungsgrund
anerkennt.

3. _Einzelne völkerrechtswidrige Handlungen und Autorisierungen._ Die
völkerrechtliche Verantwortlichkeit des Staates gegenüber dem verletzten
Staate bestimmt sich nach den Regeln über das völkerrechtliche Delikt; sie
kann begründet sein, obwohl das handelnde Organ durch Verletzung einer
landesrechtlichen Vorschrift oder einer Verwaltungsanordnung seine
Kompetenz überschritten hat(222).

Das handelnde oder autorisierende Organ und der Autorisierte haften, falls
ihre Handlung sich als Landesrechtsverletzung oder Disziplinarvergehen
darstellt, dem eigenen Staate nach den gewöhnlichen Grundsätzen (s. o.
1.). Dritten Staaten sind sie nach deren Landesrecht verantwortlich. Ist
ihr Handeln nach dem eigenen Landesrecht rechtmäßig, so erhebt sich die
schwierige Frage(223), ob und inwieweit völkerrechtswidrige
landesrechtlich bindende Befehle oder landesrechtlich rechtmäßige
Autorisierungen seitens anerkannter Staaten auch im Bereiche des
Landesrechts dritter Staaten die Kraft haben, die Rechtswidrigkeit
auszuschließen. Es ist eine Frage des Landesrechts. Eine völkerrechtliche
Verpflichtung, in dieser Beziehung das eigene Landesrecht in der einen
oder anderen Weise auszugestalten, besteht im allgemeinen nicht(224). In
der Befugnis des verletzten Staates zur Bestrafung ist die eines
tatsächlichen Eingriffs in fremdes Staatsgewaltgebiet (Staatsgebiet und
Nationalschiffe) nicht eingeschlossen(225).

Pirat ist das handelnde Organ oder der autorisierte Private nicht, da die
Handlung, jedenfalls nach außen, eine staatliche Funktion darstellt.

4. _Raubstaaten_ (vgl. § 6 II). Durch den gewerbsmäßigen eigenen Betrieb
der Piraterie oder durch eine generelle Ermächtigung der Untertanen
schließt ein Staat sich aus der Völkerrechtsgemeinschaft aus. Die Wirkung
ist nicht, daß er seinen staatlichen Charakter verliert, „corpus morbidum,
corpus tamen est“ (_Grotius_ III, III, 2): aber es entsteht auch nicht ein
Zustand rechtmäßigen Krieges zwischen ihm und allen anderen Nationen(226).
Vielmehr ist das Verhältnis das, daß in den gegenseitigen Beziehungen nur
das beiderseitige Landesrecht Anwendung findet (s. vor, 2; und oben S. 81,
Anm. 1 und S. 82, Anm. 1).

Auf die eigenen Unternehmungen des Raubstaates wie auf die autorisierten
seiner Bürger treffen alle Kriterien des Pirateriebegriffs zu(227). Auch
der politische Zweck fehlt ihnen. Sie sind, nachdem der Staat sich selbst
aus der Völkerrechtsgemeinschaft ausgeschlossen hat, nicht mehr Funktion
eines anerkannten Staates, und ebensowenig sind sie auf Veränderungen in
der Machtstellung der Staaten gerichtet.

Staatliche und private Piraterie, in den Anfängen der Geschichte
ungeschieden (s. o. S. 42, N. 1), haben sich nach einer Entwickelung von
Jahrtausenden wieder zusammen gefunden. Dereinst eine einheitliche
kriegsrechtliche Erscheinung, ist die Piraterie in jeder Form heute ein
Tatbestand der internationalen Sicherheitspolizei und der
Strafrechtspflege. Die historische Trennung beider Formen ist eine
Übergangsstufe in der Entwickelung des allgemeinen Kriegszustandes der
politischen Verbände zu einem prinzipiellen Friedenszustande. Ein
Rechtsverhältnis, wie es zwischen den Barbareskenstaaten und den
Mitgliedern der Völkerrechtsgemeinschaft theoretisch bis ins 19.
Jahrhundert bestand, ununterbrochener Krieg unter den Regeln des
Postliminialrechtes, ist dem modernen Völkerrechte unbekannt.

III. _Heimatstaat und Piratenschiff._ 1. Die Staaten sind völkerrechtlich
verpflichtet, für ihr Gewaltgebiet, Staatsgebiet und staatsangehörige
Schiffe, eine Rechtsordnung aufzurichten und zu tatsächlicher Durchführung
zu bringen, die verhindert, daß aus ihm Angriffe auf die ausländische
Rechtsgüterwelt hervorgehen(228). Sie haben zukünftigen Verletzungen durch
Strafdrohungen und polizeiliche Maßregeln entgegenzuwirken, geschehene zu
ahnden. Die schuldhafte Verletzung der Pflicht ist völkerrechtliches
Delikt(229). Die Unmöglichkeit ihrer Erfüllung begründet das
Interventionsrecht; Interventionsrecht ist das Recht eines Staates, seine
oder seiner Untertanen Interessen außerhalb seiner regelmäßigen
Hoheitsgrenzen durch tatsächliche Machtentfaltung zu schützen, im Falle
die im allgemeinen in den völkerrechtlichen Pflichten der territorial
zuständigen Staatsgewalt gegebene Gewähr ihres Schutzes sich unwirksam
erweist.

Diese auch in einigen Fällen zur Anwendung gelangenden Regeln, in denen
von mancher Seite Piraterie angenommen wird (s. u. § 14), gelten für das
Verhältnis zwischen dem Heimatstaate und wahren Piratenschiffen nicht.
Eine „Intervention“ gegenüber einem Piratenschiffe gibt es nicht. Die
eigenartige Rechtsfolge der Piraterie ist die rechtliche Denationalisation
des Schiffes; diese setzt es dem Zugriff aller Staaten und auch solcher,
deren Interessen nicht unmittelbar bedroht sind, aus, entsprechend den
tatsächlichen Verhältnissen, die eine Repression der Gefahr durch den
Flaggenstaat und interventionsberechtigte dritte Staaten allein nicht
genügend erscheinen lassen; andererseits bedeutet sie das Aufgehen der
speziellen Pflicht des Heimatstaates zur Aufrechterhaltung einer
Rechtsordnung an Bord in der allgemeinen Pflicht der Repression der
Piraterie(230).

2. Die Pflicht des Heimatstaates zur Verhinderung und Unterdrückung der
Piraterie und seine völkerrechtliche Verantwortlichkeit, wie auch die
Befugnis fremder Staaten zu eigenem Einschreiten bestehen gegenüber
Kriegsschiffen in keinem weiteren oder engeren Umfange als gegenüber
Handelsschiffen(231). Einer solchen Gleichstellung stehen politische
Bedenken nicht entgegen. Sieht man freilich in der Piraterie nicht ein
gewerbsmäßiges räuberisches Unternehmen, sondern eine einzelne strafbare
Handlung, so ist es unumgänglich, für Kriegsschiffe Sonderregeln
aufzustellen(232) und (233).



                            DRITTER ABSCHNITT.


                               FOLGERUNGEN.



§ 13. Ausdehnungen des Piraterietatbestandes in Landesrecht und Literatur.


1. _Landesstrafrechtliche Ausdehnungen._ Die Belegung rein
landesstrafrechtlicher Tatbestände mit dem Namen Piraterie erscheint nicht
selten ganz willkürlich; im übrigen bezieht sie sich entweder auf die
Gleichheit der Strafe(234); oder sie bezweckt die Strafwürdigkeit bisher
strafloser Handlungen durch Anlehnung an das älteste Seedelikt
hervorzuheben(235); oder endlich sie knüpft die Ausdehnung der
Strafgerichtsbarkeit auf extraterritoriale Delikte an einen schon
vorhandenen Grund universeller Zuständigkeit an(236).

2. _Die Quasipiraterie der völkerrechtlichen Literatur._ Der Begriff der
Quasipiraterie ist ein unsystematischer. Er umschließt nicht einen auf
Grund einer Zusammenstellung und Untersuchung aller illegalen
Gewalthandlungen zur See aus diesen gebildeten durch das Merkmal der
Verwandschaft mit der Piraterie charakterisierten Komplex von
Tatbeständen, sondern ist ganz ein Produkt historischer Zufälligkeit(237).

Der Grund, aus dem man einen Tatbestand zur Quasipiraterie zählt, ist
entweder eine wirklich bestehende Ähnlichkeit der Repression
(Negersklavenhandel, s. § 16; Beschädigung unterseeischer
Telegraphenkabel, s. § 17; flaggenlose Schiffe, s. o. § 1) oder eine
angebliche Gleichheit derselben, die angebliche Anwendbarkeit des
Piraterierechtes auf Tatbestände, die selbst nicht Piraterie sind (gewisse
Fälle illegaler Kaperei, s. § 15; Gewaltakte revolutionärer Kriegsschiffe,
s. § 14).

Unter den Tatbeständen, die man als Quasipiraterie charakterisiert hat,
ist nicht ein einziger, der nicht von anderen als wahre Piraterie
bezeichnet worden wäre.

Daß der ganze Begriff der Quasipiraterie ein verfehlter ist, bedarf
hiernach kaum noch der Erwähnung. Das Ziel dieser Arbeit ist die Gewinnung
eines einheitlichen und klar umschriebenen Tatbestandes, die
Wiederherstellung des reinen Pirateriebegriffes aus Geschichte und
geltendem Rechte gegenüber mancherlei Verdunkelungen und Verflachungen,
deren wahren Grund man zu einem großen Teile in einer gewissen
Oberflächlichkeit und Bequemlichkeit sehen darf, die landesrechtliche und
völkerrechtliche Rechtssätze (so bei der illegalen Kaperei) und
völkerrechtliche Rechtsinstitute verschiedener Art (so bei dem
Einschreiten gegen Kriegsschiffe Aufständischer) nicht genügend
auseinanderhält.



          § 14. Kriegsschiffe und Kaper aufständischer Parteien.


I. _Skizzierung des Rechtszustandes._ Einer nicht als kriegführende Macht
anerkannten aufständischen Partei stehen die Rechte der Kriegführenden
nicht zu. Ihre Beziehungen zur heimischen Regierung wie zu fremden Mächten
unterstehen ausschließlich dem heimischen oder fremden Landesrechte(238).
Diesem steht nach allgemeinen Grundsätzen frei, beliebige strafrechtliche
Tatbestände als Piraterie zu qualifizieren.

Die völkerrechtliche Kontroverse liegt auf einem anderen Gebiete. Es ist
die Frage, unter welchen Voraussetzungen und auf Grund welches Titels
fremde Mächte dem von einem Bürgerkriege heimgesuchten Staate gegenüber zu
einem gewaltsamen Einschreiten gegen ihm angehörige Schiffe befugt sind.

Der Rechtsgrund des Einschreitens kann ein zweifacher sein.

a) Nicht selten fehlt dem revolutionären Schiffe der Schutz einer Flagge;
so wenn die Empörer Schiffe fremder Nationen erwerben oder ohne Zustimmung
des Heimatstaates zur Kaperei autorisieren (siehe auch unten § 15 III);
vornehmlich aber, wenn die bekämpfte rechtmäßige Gewalt durch das berufene
Organ des völkerrechtlichen Verkehrs ihren Nationalschiffen den
völkerrechtlichen Schutz entzieht(239). Diese Entziehung kann auch in der
Form geschehen, daß die Regierung die Revolutionäre mit der Absicht, sie
allgemeiner Verfolgung auszusetzen, für Piraten erklärt; dagegen ist sie
in der Ablehnung der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit für ihre
Handlungen nicht enthalten(240).

b) Die drohende Verletzung fremder nationaler oder privater Interessen
rechtfertigt die Intervention des bedrohten oder seitens des bedrohten mit
der Wahrnehmung seiner Interessen betrauten dritten Staates.

Dagegen ist eine revolutionäre politische Aktion niemals Piraterie, auch
wenn sie gegenüber dritten Mächten die Rechte Kriegführender beansprucht;
sie wird es selbst dadurch nicht, daß sie die Kriegführenden zustehenden
Befugnisse der heimatlichen Regierung und fremden Mächten gegenüber
überschreitet, solange nur der politische Zweck der Maßnahmen in ihnen
erkennbar ist.

Daß das Einschreiten der Mächte zum Schutze ihrer Interessen als
Intervention, nicht als Repression der Piraterie gedeutet werden muß,
ergibt sich mit aller Sicherheit daraus, daß an eine Bestrafung der
Empörer nicht zu denken ist und nicht gedacht wird, auch wenn deliktische
Tatbestände gegeben sind, die sich als piratische Akte darstellen würden;
und aus dem wenig beachteten vielleicht noch wesentlicheren Umstande, daß
der Schauplatz des Eingriffs regelmäßig fremdes Staatsgebiet ist(241), die
Beschränkung der internationalen seepolizeilichen Befugnisse zur
Unterdrückung der Piraterie auf die hohe See (oder höchstens in gewissen
Fällen das Küstenmeer)(242) aber außer Zweifel steht.

II. _Die Stellung der Literatur._ Die Literatur unterscheidet durchweg
nicht genügend, ob ein Einschreiten fremder Mächte überhaupt
gerechtfertigt oder speziell aus dem Rechtsgrunde der Piraterie zulässig
ist. Oft ist nicht erkennbar, ob sich die Ausführungen auch auf solche
Fälle beziehen, in denen ein revolutionäres Schiff Interessen fremder
Mächte verletzt oder bedroht, oder ob sie nur in strengem Sinne innere
Unruhen im Auge haben.

Daß die politische Aktion der Kriegsschiffe Aufständischer nicht Piraterie
ist, wird fast allgemein anerkannt(243). Die Anerkennung wird von einigen
englischen Autoren in die Form gekleidet, daß sie dem Fahrzeuge den Namen
eines Piraten geben, aber die Anwendung des Piraterierechtes ausschließen;
hierhin gehört vornehmlich _Hall_ (S. 258 f.)(244), dessen Ausführungen
aber einer näheren Behandlung bedürfen.

Der Grundgedanke der Ausführungen _Halls_ ist die Unterscheidung
revolutionärer Bewegungen in solche, die zur Grundlage „politically
organised societies which are not yet recognised as belligerent“ (S. 259)
haben, und andere, deren Träger lediglich „persons not acting under the
authority of any politically organised community, notwithstanding that the
objects of the persons so acting may be professedly political“ (S. 262)
sind. Gewaltakte der Kriegsfahrzeuge sollen in dem zweiten Falle Piraterie
sein, in dem ersten ein Einschreiten fremder Mächte nicht rechtfertigen.

Die Bezeichnung der Gewaltakte Aufständischer, die keine politisch
organisierte Gemeinschaft bilden, als piratischer, ist aber nicht mehr als
eine Benennung. Denn beschränken sich die Revolutionäre streng auf die
Aktion gegen den eigenen Staat „with careful avoidance of depredation or
attack upon the persons or property of the subjects of other states“, so
sind ihre Handlungen „for practical purposes not piratical with reference
to other states“, obwohl sie „are piratical with reference to the state
attacked“ (S. 262); daher ist es in solchen Fällen „not the practice for
states other than that attacked to seize, and still less to punish, the
persons committing them“. Begehen die Aufständischen Gewaltakte auch gegen
Schiffe fremder Mächte, so sind sie zwar der Ergreifung durch den
verletzten Staat ausgesetzt; aber eine Strafverfolgung unterbleibt
(S. 266) und „the mode in which the crew were dealt with would probably
depend upon the circumstances of the case“ (S. 265).

Die Auffassung _Halls_ unterscheidet sich von der oben unter I
entwickelten demnach formell darin, daß sie unter Ausscheidung des Namens
der Intervention ein Verhalten, das eine Intervention gegen ein
revolutionäres Fahrzeug rechtfertigt, als piratisch bezeichnet; materiell
darin, daß sie, im Falle die Aufständischen eine wenn auch nicht als
kriegführende Macht anerkannte politisch organisierte Gemeinschaft bilden,
eine Intervention für unzulässig hält.

Die formelle Abweichung ist unglücklich, denn sie verwendet einen Namen
für einen Tatbestand, der durchaus andere Rechtsfolgen hat als derjenige,
den der Name sonst zu bezeichnen pflegt (s. auch oben I a. E). Die
materielle Abweichung ist unrichtig; dies ergibt schon die einfache
Erwägung, daß anderenfalls die Anerkennung als kriegführende Macht nur
dekorative Bedeutung hätte; und eine Betrachtung der von _Hall_ selbst
gegebenen Begründung bestätigt es.

Denn wenn _Hall_ die Ansicht, daß „acts which are allowed in war, when
authorized by a politically organised society, are not piratical“ (das
soll heißen nicht geeignet sind, die Zulässigkeit eines Eingreifens zu
begründen) mit der Erwägung rechtfertigen will, man könne nicht behaupten
„that acts which are done for the purpose of setting up a legal state of
things, and which may in fact have already succeeded in setting it up, are
piratical for want of an external recognition of their validity, when the
grant of that recognition is properly dependent in the main upon the
existence of such a condition of affairs as can only be produced by the
very acts in question“: so liegt dem eine unhaltbare Auffassung des
Verhältnisses von Zweck und Mittel zu Grunde. Akte, die auf Herstellung
eines Zustandes gerichtet sind, der nach seiner Herstellung vorgenommene
Handlungen derselben Art legal erscheinen läßt, sind selbst doch nur nach
dem gegenwärtigen Rechte zu beurteilen. Die Ermordung einer Person ist
nicht weniger Mord, wenn sie bezweckte, in ihr das einzige Hindernis zu
beseitigen, das dem Erlasse eines die Tötung der Personenklasse
erlaubenden Gesetzes im Wege stand, zu der der Ermordete gehörte. Der
Zweck mag die Mittel heiligen; legalisieren kann er sie nicht.

Zwei weitere Gründe aber, die _Hall_ zum Beweise der nichtpiratischen
Natur (für ihn also der eine Intervention nicht begründenden Natur) der
Gewalthandlungen politisch organisierter Revolutionäre beibringt, tun in
Wahrheit die Unhaltbarkeit der ganzen Unterscheidung der einen politisch
organisierten Verband bildenden und anderer Aufständischer dar. Es sind
die politische Natur der Aktion(245) und ihre Richtung gegen nur einen
Staat(246). Aber auch die nicht sich als Aktion einer politisch
organisierten Gemeinschaft darstellende revolutionäre Bewegung verfolgt
ihrem Wesen nach „public ends“ und ist „enemy solely of a particular
state“.

Die Scheidung piratischer und nicht piratischer Akte nach dem Merkmal der
Zurückführbarkeit auf wenn auch nicht anerkannte politisch organisierte
Verbände oder auf isolierte und kleinere Gemeinschaften(247) läßt sich
systematisch als eine Übertreibung der Forderung auffassen, daß der
politische Zweck eines Unternehmens in ihm klar zum Ausdruck gelangt
(objektiviert) sein müsse, um es seines politischen Charakters wegen als
nichtpiratisch bezeichnen zu können (s. o. § 12).

Für _Kaperschiffe_ revolutionärer Parteien können keine anderen
Rechtssätze gelten als für Kriegsschiffe(248). Denn auch das
Kaperunternehmen entbehrt objektiv nicht eines politischen Zweckes.

III. _Die Staatenpraxis._ Ein Kriegsschiff einer aufständischen Partei,
das die Gefährdung oder Verletzung ausländischer Interessen streng
vermeidet, wird als Pirat weder behandelt noch bezeichnet. Die Mächte
enthalten sich ihm gegenüber jeder Einmischung. Die Instruktionen für die
Kriegsflotten(249), das tatsächliche Verhalten der Mächte und
grundsätzliche diplomatische Erklärungen gelegentlich von
Präzedenzfällen(250) ergeben ein sicheres und einheitliches Bild der
internationalen Überzeugung(251).

Nicht ganz so sicher ist die Staatenpraxis im Falle, daß die Handlungen
der Empörer auch fremde Interessen verletzen oder gefährden, speziell bei
Beanspruchung der Rechte Kriegführender gegenüber Neutralen durch sie.
Mehrfach haben Großmächte ihr Einschreiten gegen aufständische
Kriegsschiffe, die sich der — ohne jeden Zweifel unberechtigten — Ausübung
solcher Rechte schuldig gemacht hatten, auf den Rechtstitel der Piraterie
gestützt(252). Aber es ist doch leicht zu erkennen, daß sich unter dem
Namen der Repression der Piraterie die Intervention verbirgt. Man
schreitet gegen die angeblichen Piraten innerhalb des Territoriums ihres
Heimatstaates ein(253); man bestraft sie nicht(254); und vor allem, es
geht nur der bedrohte oder verletzte Staat gegen sie vor, ohne daran zu
denken, die Mitglieder der Völkerrechtsgemeinschaft an ihre internationale
seepolizeiliche Pflicht der Säuberung des Meeres von Piraten zu
erinnern(255).

Zudem ist in Instruktionen und amtlichen Erklärungen des öfteren
ausdrücklich die Repression der Übergriffe aufständischer Kriegsschiffe
dem Gebiete der Intervention zugewiesen, so daß Name und Rechtsbegriff in
Einklang stehen(256).



                         § 15. Illegale Kaperei.


I. _Quellen._ Die Kaperei als Lebenserscheinung gehört der Vergangenheit
an(257), wenn sie auch als Rechtsinstitut noch in gewissem Umfange
fortbesteht. In keinem der großen Kriege seit Ausgang der napoleonischen
Ära sind Kaper zur Verwendung gelangt; die letzten Kaperei-Reglements sind
im Anfange des 19. Jahrhunderts erlassen worden(258). Eine Fortbildung des
gewohnheitsrechtlichen Völkerrechtes kann daher im 19. Jahrhundert kaum
stattgefunden haben; zum mindesten spricht die Vermutung gegen sie.

Das Kapereirecht, wie es an der Wende des 18. und 19. Jahrhunderts in
Geltung stand, ist in einer klassischen Monographie _G. F. v.
Martens’_(259) niedergelegt.

Die Darstellung kann sich nicht auf den Nachweis beschränken, daß die
Fälle illegaler Kaperei, die man als Piraterie betrachtet hat, sich dem im
vorigen entwickelten Pirateriebegriff entweder unterordnen oder aus ihm
herausfallen, sondern es ist daneben zu prüfen, ob nicht etwa spezielle
Völkerrechtssätze für die einzelnen Fälle bestehen.

II. _Der Rechtszustand._ 1. _Piraterie und Kaperei._ Der historische und
nicht anders der modern-systematische Gegensatz der Kaperei und der
Piraterie besteht darin, daß die Kaperei, auf Grund einer speziellen
staatlichen Autorisation betrieben, sich als eine innerhalb der
völkerrechtlichen Gemeinschaft zulässige militärische Aktion moderner
Staatsgewalt und damit als ein politisches Unternehmen darstellt(260). Der
Begriff einer „Kaperei ohne Autorisation“ enthält eine contradictio in
adjecto.

Schiffe, die in Kriegszeiten ohne staatliche Autorisation gegen den Feind
auf Seebeute ausgehen, stehen danach unter dem allgemeinen Piraterierecht.
Beschränken sie ihre Hostilitäten auf Fahrzeuge feindlicher Nationalität,
so können sie nicht als Piraten angesehen werden(261). Hieran kann sich,
sofern sie sich nur in den Grenzen der politischen Aktion halten, auch
dadurch nichts ändern, daß sie neutralen Schiffen gegenüber die Rechte
Kriegführender ausüben. Der Kriegsgegner darf sie in völkerrechtlicher
Freiheit zur Verantwortung ziehen, auch ihre Handlungen landesrechtlich
als Piraterie bezeichnen(262); der Heimatstaat ist völkerrechtlich
verbunden, ihre Aktion zu verhindern(263). Dritten Staaten steht ein
Eingriffsrecht nicht zu(264).

Ein Schiff, das sich von beiden kriegführenden Staaten zur Kaperei
autorisieren läßt, kann nicht als Kaper angesehen werden, da seine Aktion
eines in ihr objektivierten politischen Zweckes vollständig ermangelt.
Seine Hostilitäten sind gegen prinzipiell alle Nationen gerichtet; wenn es
neutralen Staaten gegenüber seine Räubereien auf Wegnahme von
Kriegskontrebande beschränkt, so ist offenbar die Absicht nur, einen
längeren ungestörten Fortgang des Treibens zu ermöglichen (vgl. oben § 10
II). Das Schiff ist demnach Pirat(265).

2. _Völkerrechtswidrige Autorisierung_ (vgl. § 12 II 3).
Völkerrechtswidrige Autorisierung setzt den autorisierenden Staat allen
Folgen der Verletzung der loi de guerre aus. Das autorisierte Schiff, als
ein völkerrechtswidriger Bestandteil der Streitkräfte, entbehrt (nicht
anders als autorisierte Francstireurs, s. o. N. 4, S. 82) des Schutzes der
Kriegsgesetze; der Kriegsgegner kann seine Besatzung strafrechtlich
verantwortlich machen. Piraterie im Sinne des Völkerrechts ist nicht
gegeben.

Es gehören hierhin vornehmlich die Autorisation ohne Ausstellung eines
Kaperbriefes(266) und jede Autorisation in einem Kriege zwischen Staaten,
die der Pariser Seerechtsdeklaration beigetreten sind(267). Über die
Autorisation von Schiffen fremder Nationalität siehe III.

3. _Völkerrechtswidriges Verhalten des Kapers._ Nach dem allgemeinen
Grundsatze, daß Verletzung der Kriegsgesetze den Schuldigen für die
verletzende Handlung ihres Schutzes beraubt, kann ein Kaper, der außerhalb
des Schauplatzes des Seekrieges Beute macht(268) oder der Prisen
verheimlicht(269), von dem Kriegsgegner strafrechtlich verfolgt werden.
Wegnahme neutraler Schiffe kann nach dem Landesrecht des verletzten
neutralen Staates strafbar sein, doch ist derselbe zur Festnahme des
Kaperschiffes nur nach den allgemeinen Grundsätzen (Intervention, s. § 12
III) befugt(270). Fortsetzung der Aktion nach Ablauf oder Zurücknahme des
Markbriefes oder nach Beendigung des Krieges steht unter denselben Regeln
wie die nicht autorisierte Beutefahrt (s. o. 1)(271). Piraterie im Sinne
des Völkerrechts ist an sich keiner dieser Fälle(272).

Sehr zweifelhaft ist die Frage der Behandlung eines Kapers, der für
mehrere verbündete oder doch nicht mit einander im Kriege befindliche
Mächte gleichzeitig tätig ist(273). Dem allgemeinen Pirateriebegriff
ordnet sich ein solches Verhalten nicht unter; aber nach dem
französischen, spanischen, italienischen, brasilischen und dem älteren
niederländischen Rechte könnte es scheinen, als sei es durch speziellen
völkerrechtlichen Rechtssatz der Piraterie gleichgestellt(274). Die
Literatur betrachtet durchweg die mehrfache Autorisierung als einen nicht
zu duldenden Mißstand; als Piraten sieht sie den Kaper entweder gar
nicht(275) oder nur dann an, wenn die Markbriefe nicht von dem
Heimatstaate und dessen Kriegsverbündeten ausgestellt sind(276).

Die mit der mehrfachen Kommissionierung verbundene Führung mehrerer
Flaggen begründet kein internationales seepolizeiliches
Eingriffsrecht(277).

III. Eine besondere Beachtung hat auch in der neueren Literatur die Frage
gefunden, in welcher Rechtslage sich ein von einem anderen als seinem
Heimatstaate autorisierter Kaper befindet. Die Meinungen sind sehr
geteilt. Man sah bis ins 19. Jahrhundert hinein allgemein und sieht noch
heute sehr häufig die Autorisierung für vollkommen legal an(278);
betrachtet man sie als illegal, so läßt man entweder nur die normalen
Rechtsfolgen völkerrechtswidriger Kommissionierung (s. v. II 2)
eintreten(279), oder aber man erklärt den Kaper für einen Piraten im Sinne
des Völkerrechts(280).

Für die Entscheidung der Rechtsfrage ist ihre genaue Trennung von einer
anderen, mit der sie in der neueren Literatur regelmäßig vermischt wird,
von größter Bedeutung. Es ist die, ob eine Regierung, die ihren Untertanen
gestattet, fremde Kaperbriefe anzunehmen, sich einer
Neutralitätsverletzung schuldig mache(281). Ihre Bejahung oder Verneinung
präjudiziert einer Stellungnahme zu der Frage der Behandlung des
Kaperschiffes in keiner Weise, so wenig wie die Tatsache der Anwerbung im
Gebiete einer neutralen Macht, der Ausrüstung in einem neutralen Hafen für
die Entscheidung der Frage bestimmend ist, ob die Handlungen eines
Truppenkörpers oder eines Kriegsschiffes nach der loi de guerre
strafrechtlicher Ahndung entzogen sind. Nicht die Neutralitätsverletzung
des Heimatstaates, sondern nur die Völkerrechtswidrigkeit der
Handlungsweise des autorisierenden Staates kann der Anerkennung des Kapers
als eines rechtmäßigen Feindes entgegenstehen. Die überaus zahlreichen
landesrechtlichen Bestimmungen, die den eigenen Untertanen die Annahme
fremder Kaperbriefe verbieten, scheiden schon aus diesem Grunde für eine
Betrachtung der Rechtsstellung des Kaperschiffes gegenüber dem
Kriegsgegner und dritten Nationen völlig aus(282) und (283).

Das hiernach für die Erkenntnis des völkerrechtlichen Rechtszustandes
verbleibende gesetzliche und diplomatische Material besteht, soweit wir
sehen, aus zwei niederländischen Gesetzen aus dem 17. Jahrhundert
(holländisch-portugiesischer und holländisch-englischer Krieg)(284),
englischen und französischen Verwaltungsanordnungen vom Ende des 18. bezw.
dem Anfang des 19. Jahrhunderts (französisch-englische Kriege)(285), einem
Schreiben des französischen Admirals _Baudin_ an den mexikanischen Kriegs-
und Marineminister vom 8. Januar 1839 (französisch-mexikanischer
Krieg)(286), dem amerikanischen Gesetze vom 3. März 1847, Rev. Stat. s.
5374 (amerikanisch-mexikanischer Krieg)(287), und dem Art. 7 des
spanischen Dekrets vom 24. April 1898 (spanisch-amerikanischer
Krieg)(288).

Aus diesem Material ergibt sich eins mit aller Sicherheit: daß die
autorisierte Kaperei eines nicht dem autorisierenden Staate angehörenden
Schiffes nicht Piraterie im Sinne des Völkerrechts ist. Die Dokumente sind
sämtlich Erklärungen kriegführender Staaten an den Feind; sie enthalten
die Drohung, angeblich völkerrechtswidrige Bestandteile der feindlichen
Seestreitkräfte nach Strafrecht zu behandeln(289). Von einem
internationalen Schutze gemeinsamer Interessen ist gar nicht die Rede.

Es bleibt noch die Frage(290), ob der den angeführten Entschließungen
einzelner Mächte zu Grunde liegende Gedanke der Völkerrechtswidrigkeit der
Autorisierung fremder Schiffe in der Tat geltendes Völkerrecht ist. Die
alten holländischen Gesetze haben offenbar nicht vermocht, die Ansicht der
völkerrechtlichen Zulässigkeit der durch sie bedrohten Handlungen dauernd
zu beeinflussen (s. o. N. 4, S. 102); noch die britischen und
französischen Prätensionen an der Wende des 18. und 19. Jahrhunderts
wurden als ein Verstoß gegen „settled principles of international law“
empfunden (s. o. N. 1, S. 105); das amerikanische Gesetz von 1847
beschränkt sich auf die Kriminalisierung des Tatbestandes für den Fall,
daß der Heimatstaat des Täters vertragsmäßig die Strafwürdigkeit
zugestanden hat(291), scheint ihn also im allgemeinen nicht für
widerrechtlich zu halten; die in der Tat allgemeine Drohung _Baudins_ 1839
galt einem — zu damaliger Zeit — zerrütteten und für ein legales Vorgehen
von ihm herangezogener fremder Abenteurer keinerlei Garantieen bietenden
Staate; und der gleichfalls allgemeine Artikel des spanischen Dekrets von
1898 endlich war von vornherein unpraktisch. Die Frage spitzt sich
schließlich dahin zu, ob man die Haltung Frankreichs 1839 und die Spaniens
1898 als genügenden Ausdruck einer allgemeinen völkerrechtlichen opinio
necessitatis betrachten und zugleich darin einen für die Entstehung eines
Gewohnheitsrechtes ausreichenden usus sehen will(292). In der Erwägung,
daß auch die neutralen Mächte an dem Rechtszustande interessiert sind, da
sie die Ausübung der Rechte der Kriegführenden gegenüber ihren Schiffen
durch unrechtmäßige Bestandteile der Streitmacht nicht zu dulden brauchen,
daß aber autoritative Erklärungen Neutraler über die Unzulässigkeit der
Verwendung fremder Kaper gänzlich fehlen, wird man die Frage verneinen
müssen.

Allgemeine völkerrechtliche Grundsätze stehen dieser Entscheidung nicht
entgegen. Deklamationen über das Prinzip des Krieges als eines die ganze
nationale Kraft, aber auch nur diese anspannenden Kampfes der Nationen,
wie sie _Ortolan_ bringt, der erste literarische Verfechter der Ansicht,
die in dem nicht staatszugehörigen Kaper einen Piraten nach Völkerrecht
sehen will, können das positive Völkerrecht nicht beseitigen, das die
Verwendung fremder Schiffe so wenig untersagt wie den Kriegsdienst nicht
staatsangehöriger Personen(293). Zuzugeben ist _Ortolan_ nur, daß dem
nicht dem kriegführenden Staate angehörigen an der militärischen Aktion
teilnehmenden Schiffe, da es den Schutz seines Heimatstaates nicht
beanspruchen kann, ein wahrer nationaler Charakter fehlt; aber es ist
anzunehmen, daß es für die Zeit der Kommissionierung zu dem
autorisierenden Staate gegenüber dritten Mächten in demselben
völkerrechtlichen Verhältnis steht wie dessen Nationalschiffe(294) (s.
darüber § 12 II u. III).



                    § 16. Der Handel mit Negersklaven.


Die Perhorreszierung der Sklaverei führt auf den Gedanken der Anerkennung
eines jeden Gliedes des Menschengeschlechts als einer unverletzlichen und
schutzwürdigen Persönlichkeit zurück, ein Prinzip also, das in den
modernen Landesrechten zu allgemeiner Durchführung gebracht ist und dem
Völkerrechte zu Grunde liegt (s. o. § 6 I). Die Anpassung des
innerstaatlichen Personenrechtes an dieses Prinzip interessiert hier
nicht. In Rücksicht auf die internationalen Beziehungen läßt es die
Unterdrückung der Sklaverei als ein gemeinsames sittliches Interesse der
Kulturvölker erscheinen. Dieses Interesse hat sich zwar nicht so stark
erwiesen, daß es zur Bildung eines die Abschaffung der Sklaverei für eine
völkerrechtliche Pflicht erklärenden Rechtssatzes geführt hätte, hat aber
immerhin eine steigende Zahl von Nationen veranlaßt, eine vertragsmäßige
Verpflichtung zur Unterdrückung des Handels mit Negersklaven und damit zur
Verstopfung der heute allein noch wesentlichen Quelle der Sklaverei zu
übernehmen. Soweit diese vertraglichen Verpflichtungen reichen, ist der
Sklavenhandel ein völkerrechtswidriges Unternehmen (vgl. oben § 8 III).

Piraterie und Sklavenhandel ist gemeinsam, daß beide gegen die großen
Gesamtinteressen der Kulturwelt verstoßen. Während dieser aber in erster
Linie sittlichen Forderungen zuwiderläuft, widerspricht jene
wirtschaftlichen Notwendigkeiten, und wenn jene von allen Nationen ohne
Ausnahme bekämpft wird, ist dieser nur partikulär als völkerrechtswidrig
gebrandmarkt.

Das Mittel der Unterdrückung des Sklavenhandels zur See ist die Visitation
und Beschlagnahme verdächtiger Schiffe. Das fernere Verfahren ist aber
nicht wie bei der Piraterie ausschließlich von dem Landesrecht des
Nehmestaates abhängig, sondern die Verträge sind besorgt, die Aburteilung
durch den Heimatstaat des beschlagnahmten Schiffes herbeizuführen.

Da hiernach Grund, Umfang und Mittel der Repression des Sklavenhandels und
der Piraterie wesentliche Verschiedenheiten zeigen, so ist die Auffassung
des Sklavenhandels als Piraterie oder Quasipiraterie(295) nicht zulässig.
Erklären ihn gleichwohl einzelne Verträge(296) oder Gesetze dafür, so kann
eine solche Betrachtungsweise völkerrechtlich nur die Bedeutung einer
Vergleichung verwandter aber ungleicher Erscheinungen beanspruchen;
landesrechtlich mag sie zur Begründung der Kompetenz der heimischen
Strafgerichtsbarkeit oder zur Bestimmung des Strafmaßes dienen(297).

Nichtsdestoweniger ist der Begriff der Piraterie für die Unterdrückung des
Sklavenhandels von großer historischer Bedeutung gewesen, insofern die
Zulässigkeit des Eingriffs zwecks Verfolgung der Piraterie im Anfang des
19. Jahrhunderts der einzige Fall eines Visitationsrechtes in
Friedenszeiten war, die einzige vermittelnde Beziehung zwischen dem nach
langen und schweren Kämpfen endlich zum Siege gelangten Prinzip der
Meeresfreiheit und einem im allgemeinen Interesse liegenden System
internationaler Seepolizei(298).



           § 17. Verletzungen unterseeischer Telegraphenkabel.


Wie die Vertiefung seiner sittlichen Interessen den Menschen die
Unterdrückung des Sklavenhandels als eine _moralische_ Notwendigkeit
erkennen heißt, so macht die Erweiterung seiner ökonomischen und
politischen Beziehungen über den ganzen Erdkreis hin einen wirksamen
Schutz der internationalen Verkehrseinrichtungen zu einem
_wirtschaftlichen_ Bedürfnis. Seiner Befriedigung dienten, soweit
Einrichtungen der internationalen Seepolizei in Frage kommen, bis in die
neueste Zeit ausschließlich die völkerrechtlichen Rechtsnormen über die
Piraterie. So ist verständlich, daß, als das neu entstandene Netz der
unterseeischen Telegraphenkabel neue Rechtssätze zu seinem Schutze
verlangte, die ersten diplomatischen Schritte sich in der Richtung einer
Erweiterung des Pirateriebegriffs auf die zu reprimierenden Handlungen
bewegten(299). Die Kabelkonvention vom 14. März 1884 und die zu ihrer
Ausführung ergangenen Landesgesetze, das schließliche Ergebnis der
Verhandlungen, haben sich von diesem Gedanken frei gemacht. Immerhin hat
sich auch hier wie in der Bekämpfung des Sklavenhandels der
Pirateriebegriff wertvoll erwiesen, insofern die Anknüpfung an ihn dem
neuen Rechtsgebilde das Odium des Unerhörten nahm.



                             QUELLENREGISTER.


(Gesetze, Verordnungen, Seerechtsbücher, allgemeine Dienstinstruktionen.)

_      Corpus juris civilis_:
            D. 47, 8 bon. rapt.
                  l. 4: S. 43, A. 2,
            D. 47, 9 de incendio ruina naufragio rate nave expugnata
                  l. 1, § 1: S. 43, A. 2
                  l. 3, § 4: S. 43, A. 2,
            D. 48, 6 ad leg. Jul. de vi publ.
                  l. 3, § 1: S. 43, A. 2
                  l. 3, § 6: S. 43, A. 2,
            D. 48, 7 ad leg. Jul. de vi priv.
                  l. 1, § 1: S. 43, A. 2,
            D. 48, 19 de poenis
                  l. 28, § 10: S. 43, A. 2,
            D. 49, 15 de captivis
                  l. 19, § 2: S. 42, A. 2
                  l. 24: S. 42, A. 2,
            D. 50, 16 de verb. sign.
                  l. 118: S. 42, A. 2,
            C. 6, 2 de furtis
                  l. 18 (auth. Navigia, Const. Friedrichs II. vom 22. Nov.
                  1220, § 8): S. 40, A. 3; S. 45; S. 46, A. 4;
_      Corpus juris canonici_:
            c. 6 C. XXIII qu. 3: S. 45,
            c. 3 X v, 17: S. 40, A. 3; S. 45;
_      Consolato del mare_:
            Kap. 245: S. 44, A. 2; S. 46, A. 2,
            Kap. 32 des Anhangs enthaltend Regeln betreffend die Kaperei:
            S. 40, A. 3;
_      Rôles d’Oléron_:
            Art. 45: S. 40, A. 3; S. 46, A. 4.

*      Brasilien.*
      Strafgesetzbuch vom 11. Oktober 1890:
            Art. 5: S. 15, A. 4
            104–106: S. 33, A. 6
            104, § 1: S. 75, A. 3; S. 98, A. 4
            104, § 2: S. 101, A. 2
            104, § 3: S. 69, A. 4
            104, § 4: S. 70, A. 3
            104, § 6: S. 103, A. 3
            105, § 1: S. 98, A. 3, 5
            105, § 2: S. 72, A. 2
            105, § 3: S. 101, A. 4
            106, § 1: S. 60, A. 3
            106, § 2: S. 35, A. 1.

*      Chile.*
      Strafgesetzbuch vom 12. November 1874:
            Art. 434: S. 32, A. 1.

*      Dänemark.*
      Strafgesetzbuch vom 10. Februar 1866:
            § 4–6: S. 15, A. 4
            244: S. 32, A. 1.

*      Deutschland.*
      Constitutio criminalis Carolina von 1532:
            Art. 218: S. 46, A. 3;
      Preuß. Allgem. Landrecht von 1794:
            I, 9, § 206: S. 98, A. 4;
      Strafgesetzbuch vom 31. Mai 1870:
            § 4: S. 15, A. 4
            4 Abs. 2, Nr 3: S. 2, A. 1
            249: S. 76, A. 1
            250, Nr. 3: S. 32, A. 1
            251: S. 76, A. 2;
      Allgemeine Dienstinstruktion vom 6. Juni 1871, zur Ausführung des
      Konsulargesetzes vom 8. Nov. 1867:
            zu § 30 des Kons.-Ges.: S. 89, A. 2;
      Strandungsordnung vom 17. Mai 1874:
            § 20 f.: S. 73, A. 2;
      Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877:
            § 127: S. 52, A. 1, 3; S. 78;
      Instruktion für die Kommandanten deutscher Kriegsschiffe in betreff
      der Unterdrückung der Seeräuberei in den chinesischen Gewässern vom
      20. August 1877:
            Nr. II: S. 5, A. 1; S. 11, A. 4; S. 58, A. 1
            IV: S. 9, A. 2; S. 12, A. 1
            V: S. 17, A. 2;
      Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. April 1900:
            § 77: S. 2, A. 1;
      Kaiserl. Verordnung betr. Zeigen der Nationalflagge durch
      Kauffahrteischiffe vom 21. Aug. 1900:
            § 3, b: S. 102, A. 3;
      Bestimmungen für den Dienst an Bord (Instruktion) vom 21. November
      1903:
            § 21, Nr. 16: S. 94, A. 1; S. 96, A. 2
            23: S. 29, A. 3
            23, Nr. 11 A, a: S. 5, A. 1
            23, Nr. 11 A, f: S. 102, A. 3
            23, Nr. 21: S. 58, A. 1; S. 66, A. 2; S. 74, A. 1
            23, Nr. 22: S. 9, A. 2; S. 11, A. 4
            23, Nr. 23: S. 12, A. 1
            23, Nr. 28: S. 17, A. 2
            23, Nr. 29: S. 26, A. 7.

*      England.*
      Gesetz König Johanns von 1201: S. 12, A. 1;
      Inquisition taken at Quinborough, 1375, erster Zusatzartikel: S. 44,
      A. 2;
      Articuli magistri Rowghton de officio Admiralitatis: S. 44, A. 2:
      28 Hen. 8 c. 15 (1536): S. 21, A. 1; S. 48, A. 3; S. 49, A. 1;
      Act to prevent the delivering up of merchants shipps von 1664:
      S. 46, A. 1;
      11 u. 12 Will. 3 c. 7 (1698)
            s. 8: S. 22, A. 1; S. 32, A. 2; S. 103, A. 3
            9: S. 32, A. 2; S. 65, A. 3; S. 69, A. 2
      8 Geo. 1 c. 24 (1721)
            s. 1: S. 32, A. 2; S. 35, A. 1; S. 74, A. 2
      18 Geo. 2 c. 30 (1744): S. 22, A. 1; S. 32, A. 2; S. 65, A. 3;
      S. 103, A. 3;
      Naval Regulations von 1787 und 1826 (Instruktionen): S. 99, A. 5;
      5 Geo. 4 c. 113 (1824)
            s. 9 (aufgenommen in die Slave Trade Act, 1873): S. 22, A. 1;
            S. 32, A. 2; S. 35, A. 5; S. 65, A. 3
      4 u. 5 Will. 4 (1834) c. 36
            s. 22: S. 48, A. 3
      7 Will. 4 u. 1 Vict. c. 88
            s. 1: S. 49, A. 1
            2: S. 20, A. 2; S. 49, A. 1; S. 76, A. 2
            3: S. 49, A. 1
      7 u. 8 Vict. c. 2
            s. 1: S. 48, A. 3
      12 u. 13 Vict. c. 96
            s. 1: S. 48, A. 3
      13 u. 14 Vict. c. 26: S. 47, A. 2
      20 u. 21 Vict. c. 3
            s. 2: S. 49, A. 1
      Larceny Act, 1861
            s. 40 f.: S. 76, A. 1
      33 u. 34 Vict. c. 23: S. 49, A. 1
      Extradition Act, 1870
            First Schedule: S. 74, A. 2
      Foreign Enlistment Act, 1870
            s. 4: S. 103, A. 3
            s. 16 u. 17: S. 18, A. 2;
      Order in council vom 15. Oktober 1885 betr. die Ausübung der
      britischen Jurisdiktion in gewissen Teilen Afrikas:
            s. 47: S. 21, A. 3;
      Order in council vom 28. November 1889 betr. die
      Konsulargerichtsbarkeit in Siam:
            s. 34: S. 21, A. 3;
      Order in council vom 22. November 1890 betr. die
      Konsulargerichtsbarkeit in Brunei:
            s. 34: S. 21, A. 3;
      Colonial Courts of Admiralty Act, 1890: S. 48, A. 3;
      Merchant Shipping Act, 1894:
            s. 510 f.: S. 73, A. 2
            684: S. 18, A. 2;
      Queen’s Regulations and Admiralty Instructions for the Government of
      Her Majesty’s Naval Service von 1899 (Instruktion):
            s. 447: S. 96, A. 1
            450: S. 5, A. 1; S. 9, A. 2; S. 29, A. 3; S. 59, A. 1; S. 94,
            A. 1; S. 95, A. 2; S. 96, A. 1; S. 98, A. 5.

*      Finnland.*
      Strafgesetzbuch vom 19. Dezember 1889:
            Kap. I: S. 15, A. 4;
      Kaiserl. Verordnung vom 21. April 1894: S. 15, A. 4.

*      Frankreich.*
      Gesetz Ludwigs des Zänkers von 1315: S. 46, A. 4;
      Ordonnanz vom 7. Dezember 1373: S. 38, A. 6; S. 44, A. 2;
      Ordonnance touchant la marine von 1681:
            Buch III, Tit. IX, Art. 3: S. 103, A. 3,
            Art. 5: S. 72, A. 2; S. 101, A. 4
            Buch IV, Tit. IX, Art. 18: S. 46, A. 4;
      Arrêté du Gouvernement betr. die Kaperei vom 22. Mai 1803:
            Art. 51 u. 52: S. 47, A. 1;
      Code d’instruction criminelle von 1808:
            Art. 5: S. 15, A. 4;
      Code pénal von 1810:
            Art. 75: S. 49, A. 1;
      Loi pour la sûreté de la navigation et du commerce maritime vom 10.
      April 1825:
            Art. 1, Nr. 1: S. 60, A. 3
            Nr. 2: S. 101, A. 4
            2: S. 9, A. 3; S. 15, A. 4; S. 49, A. 1; S. 66, A. 1
            2, Nr. 1: S. 75, A. 3; S. 98, A. 4
            2, Nr. 2: S. 98, A. 3
            2, Nr. 3: S. 72, A. 2
            3, Nr. 1: S. 103, A. 3
            3, Nr. 2: S. 49, A. 1
            4, Nr. 1: S. 69, A. 4
            4, Nr. 2: S. 49, A. 1; S. 70, A. 3
            6: S. 76, A. 2
            10: S. 47, A. 1; S. 52, A. 3
            16: S. 47, A. 1
            17: S. 47, A. 4
            19: S. 48, A. 1
            21: S. 33, A. 1;
      Konstitution vom 4. November 1848:
            Art. 5: S. 49, A. 1;
      Code de justice militaire pour l’armée de mer vom 4. Juni 1858:
            Art. 90: S. 47, A. 4;
      Décret sur le service à bord vom 20. Mai 1885 (Instruktion):
            Art. 138: S. 96, A. 1;
      Décret betr. die Rechtsverhältnisse der französischen Bürger auf den
      herrenlosen Inseln des Stillen Ozeans vom 28. Februar 1901: S. 2, A.
      1.

*      Griechenland.*
      Strafgesetzbuch vom 10. Jan. 1834:
            Art. 364: S. 33, A. 8;
      Gesetz περὶ Ναυταπάτης καὶ Πειρατείας vom 30. März 1855: S. 33, A.
      8.

*      Italien.*
      Statut von Cataro, 14. Jahrhundert:
            Kap. 400: S. 38, A. 6; S. 44, A. 2;
      Florenzer Capitoli pel viaggio di Barberia, 16. Jahrhundert:
            Art. 7: S. 40, A. 3;
      Genuesische Statuten von 1313 u. 1316: S. 38, A. 6; S. 40, A. 3;
      S. 45, A. 3;
      Pisanisches Breve curiae maris von 1298:
            Kap. 24: S. 38, A. 6; S. 40, A. 3; S. 45, A. 3;
      Statut von Rimini von 1303:
            L. III, 56: S. 45, A. 3;
      Statut von Sassari von 1316:
            Teil III, Kap. 49: S. 44, A. 2;
      Sizilisches Gesetz von 1399:
            Art. 1: S. 38, A. 6
            3: S. 38. A. 6; S. 40, A. 3; S. 45, A. 3
            7: S. 40, A. 3;
      Codice per la marina mercantile vom 24. Oktober 1877:
            Art. 134 f.: S. 73, A. 2
            228 f.: S. 47, A. 2
            320: S. 9, A. 3; S. 64, A. 1; S. 66, A. 1; S. 75, A. 3; S. 76,
            A. 2
            321: S. 98, A. 5
            322: S. 98, A. 3, 4
            323: S. 67, A. 2
            324: S. 61, A. 3
            325: S. 101, A. 4
            326: S. 72, A. 2
            327: S. 69, A. 4
            328: S. 70, A. 3
            332: S. 35, A. 3
            334, Abs. 3: S. 47, A. 2;
      Strafgesetzbuch vom 30. Juni 1889:
            Art. 4–6: S. 15, A. 4.

*      Mexiko.*
      Strafgesetzbuch vom 7. Dezember 1871:
            Art. 1127: S. 9, A. 3; S. 66, A. 1; S. 75, A. 3
            1130: S. 35, A. 4.

*      Niederlande.*
      Placaat von 1597: S. 98, A. 4;
      Placaaten von 1611, 1653: S. 103, A. 3;
      Placaat vom 29. Januar 1658: S. 101, A. 4;
      Placaat v. 29. Juli 1661: S. 104, A. 1;
      Placaat vom 11. März 1665: S. 104, A. 1;
      Placaat vom 24. Februar 1696: S. 100, A. 3;
      Gerichtsverfassungsgesetz v. 18. April 1827:
            Art. 93: S. 48, A. 2;
      Handelsgesetzbuch vom 10. April 1838:
            Buch II, Tit. 7: S. 73, A. 2;
      Strafgesetzbuch vom 3. März 1881:
            Art. 4, Nr. 4: S. 15, A. 4
            381: S. 60, A. 2; S. 64, A. 1; S. 75, A. 4
            381, Abs. 2: S. 101, A. 2
            382: S. 76, A. 2
            383: S. 64, A. 2
            386: S. 70, A. 1
            388: S. 103, A. 3.

*      Norwegen.*
      Gesetz von 940: S. 38, A. 4;
      Strandungsgesetz v. 20. Juli 1893:
            § 1: S. 73, A. 2;
      Strafgesetzbuch vom 22. Mai 1902:
            § 12, Nr. 4 a: S. 15, A. 4
            269, Nr. 2: S. 32, A. 1; S. 64, A. 2.

*      Österreich.*
      Strafgesetzbuch vom 27. Mai 1852:
            § 39: S. 17, A. 1
            39, 40: S. 15, A. 4
            190 f.: S. 49; S. 76, A. 1;
      Militärstrafgesetzbuch vom 15. Januar 1855:
            § 490: S. 48, A. 4; S. 66, A. 1; S. 74, A. 1;
      Gesetz betr. den Wirkungskreis der Militärgerichte vom 20. Mai 1869:
            § 1, Nr. 5: S. 15, A. 4; S. 17, A. 1; S. 47, A. 4.

*      Portugal.*
      Gesetzbuch vom Ende des 15. Jahrhunderts:
            Buch II, Tit. XXII: S. 40, A. 3; S. 46, A. 4;
      Strafgesetzbuch vom 16. September 1886:
            Art. 162: S. 33, A. 5; S. 60, A. 2; S. 75, A. 4; S. 76, A. 2.

*      Schweden.*
      Gesetz Karls XI. von 1667:
            Teil V, Kap. I: S. 46, A. 4;
      Strafgesetzbuch vom 16. Februar 1864:
            Kap. I: S. 15, A. 4
            XXI, § 7: S. 32, A. 1.

*      Spanien.*
      Siete Partidas von 1266:
            Partida V tit. IX ley 13: S. 40, A. 3;
      Aragonische Ordonnanzen von 1288, 1330, 1356: S. 38, A. 6; S. 40, A.
      3; S. 45, A. 3;
      Kapereiordonnanz v. 20. Juni 1801:
            Art. 27: S. 61, A. 3; S. 101, A. 4
            28: S. 47, A. 1
            29: S. 103, A. 3;
      Strafgesetzbuch vom 30. Aug. 1870:
            Buch II, Tit. I, Kap. IV: S. 15, A. 4
            Art. 155: S. 98, A. 4
            156: S. 76, A. 2;
      Gerichtsverfassungsgesetz v. 15. September 1870:
            Art. 336: S. 15, A. 4;
      Marinegerichtsverfassungsgesetz vom 10. November 1894:
            Art. 7, Nr. 14: S. 47, A. 4.

*      Vereinigte Staaten von Amerika.*
      Revised Statutes von 1874:
            s. 4293–4299: S. 29, A. 3
            4294 (3. März 1819): S. 5, A. 1; S. 9, A. 2
            4296 (3. März 1819): S. 47, A. 2
            4297 (5. August 1861): S. 47, A. 2, 3; S. 59, A. 1
            4298 (5. August 1861): S. 5, A. 1; S. 9, A. 2; S. 52, A. 2
            5281 f. (20. April 1818): S. 103, A. 3
            5360 (30. April 1790, 3. März 1835): S. 69, A. 3
            5368 (3. März 1819): S. 15, A. 4; S. 23, A. 3; S. 32, A. 2
            5369 (30. April 1790): S. 32, A. 2
            5370 (15. Mai 1820): S. 23, A. 3; S. 32, A. 2; S. 68, A. 2
            5371 (15. Mai 1820): S. 32, A. 2; S. 67, A. 2
            5372 (30. April 1790): S. 23, A. 3; S. 32, A. 2; S. 68, A. 2
            5373 (30. April 1790): S. 32, A. 2; S. 103, A. 3
            5374 (3. März 1847): S. 32, A. 2; S. 105, A. 3
            5375 (15. Mai 1820): S. 32, A. 2; S. 35, A. 5
            5376 (15. Mai 1820): S. 22, A. 1; S. 32, A. 2; S. 35, A. 5;
      Akte vom 15. Januar 1897: S. 49, A. 1;
      Regulation for the Government of the navy of the United States von
      1900 (Instruktion):
            Art. 306: S. 94, A. 1; S. 96, A. 1;
      Naval War Code von 1900 (Instruktion):
            Art. 7 u. 8: S. 72, A. 2.



                       Pierersche Hofbuchdruckerei
                          Stephan Geibel & Co.
                              in Altenburg.



                               ANMERKUNGEN


    1 Über die Frage der Duldung oder Ausübung der Piraterie _durch
      Staaten_, s. u. §§ 6 und 12. Über das Verhältnis der Piraterie zu
      den „Delikten wider das Völkerrecht“, s. § 8 III.

    2 Die _tatsächliche Ausdehnung_ der Jurisdiktion über herrenlose
      Gebiete kann hier nicht in extenso dargestellt werden. Sie ist nicht
      außer Zusammenhang mit dem Gegenstande unserer Untersuchung
      (piratische Akte an staatlosen Küsten, s. u. § 9). Der Rechtszustand
      ist noch sehr unvollkommen. Vgl. _v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 69,
      N. 17; neuere englische Gesetzgebung bei _Hintrager_, Z. f. int. Pr.
      u. Strafr. IX, S. 75 f.; neuerdings _französisches_ Dekret vom 28.
      Februar 1901, réglementant au point de vue administratif et
      judiciaire la situation des citoyens français établis dans les îles
      et terres de l’océan pacifique ne faisant pas partie du domaine
      colonial de la France et n’appartenant à aucune autre puissance
      civilisée, auf Grundlage des Gesetzes vom 30. Juli 1900, s. Annuaire
      de législation française 20, S. 134 f. (das Dekret dehnt die
      Strafgerichtsbarkeit über die Untertanen auf délits und
      contraventions aus); für _Deutschland_ ist durch § 77 des
      Kons.-Ger.-Ges. vom 7. April 1900 eine Änderung eingetreten; während
      früher die Geltung des § 4, Abs. 2, Nr. 3 St.G.B. für staatloses
      Gebiet sehr bestritten war (dafür u. a. _Binding_, Handb. d. Strafr.
      I, S. 436; _v. Liszt_, Lehrb. d. Strafr., 10. Aufl. 1900, S. 89; in
      der 5. Aufl. seines Lehrbuchs d. Strafr., 1895, S. 122 auch _Hugo
      Meyer_; dagegen _Olshausen_ Kommentar z. Strafgesetzb. § 4, N. 16;
      _v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 69, N. 17), bildet nunmehr § 77 einen
      sicheren Beweis _für_ die Anwendbarkeit (so richtig _v. Liszt_,
      Lehrb. d. Strafr., 14. und 15. Aufl. 1905, S. 108, N. 9 und
      _Binding_ Grundr. d. Strafr., Allgem. Teil, 6. Aufl. 1902, S. 79);
      unrichtig _Finger_, Deutsch. Strafr. I 1904, S. 170, nach dem eine
      berichtigende Auslegung des § 4 St.G.B. durch § 77 K.G.G.
      _verhindert_ sein soll, da dieser dem richtigen Grundsatze eine
      _ausnahmsweise_ Geltung für Konsulargerichte beilege und dadurch
      seine _allgemeine_ Anwendung ausschließe; danach stände dem in
      staatlosem Gebiet zum Verbrecher gewordenen Deutschen die Rückkehr
      in die Heimat frei, während er in China oder Persien dem deutschen
      Richter verfiele; und für Verbrechen, die zur Zuständigkeit der
      Schwurgerichte oder des Reichsgerichts gehören, ginge er überhaupt
      frei aus; § 77 _kann nur_ eine die Regel bestätigende, nicht eine
      exzeptionelle Bestimmung darstellen.

    3 Siehe aber deutsch-englisches Abkommen vom 1. Juli 1890, Art. VII
      (N.R.G. 2. sér. 16, S. 894): „Jede der beiden Mächte übernimmt die
      Verpflichtung, sich _jeglicher Einmischung_ in diejenige
      Interessensphäre zu enthalten, welche der anderen durch Art. I–IV
      des gegenwärtigen Abkommens zuerkannt ist;“ so auch Art. V des
      deutsch-englischen Abkommens vom 15. November 1893 (N.R.G. 2. sér.
      20, S. 276). Und andererseits den deutsch-niederländischen Vertrag
      vom 21. September 1897 (R.G.Bl. 1897, S. 747), dessen Art. 2 eine
      _Auslieferungspflicht_ für die Interessensphären begründet. Es
      handelt sich hier um einzelne vertragsmäßige Festsetzungen, die nach
      den beiden Richtungen des Ausschlusses fremder Staatsgewalt von der
      Ausübung von Hoheitsrechten wie der Begründung einer
      völkerrechtlichen Verantwortlichkeit des privilegierten Staates die
      Interessensphäre dem Staatsgebiet annähern.

    4 Damit erschöpft sich der Inhalt der Meeresfreiheit nicht. Die
      Zulassung aller Nationen zur Nutzung des Meeres (vornehmlich zu
      Schiffahrt und Fischerei) ist ein Satz von _selbständiger_
      Bedeutung, der die Staaten, über den Ausschluß _tatsächlicher_
      Machtentfaltung hinaus, auch in der Ausgestaltung ihrer Gesetzgebung
      in gewissen Punkten beschränkt. Von ihm hat das ganze Prinzip seinen
      Ausgang genommen; für _Hugo Grotius_ (mare liberum) handelte es sich
      im wesentlichen nur um die Freiheit des Verkehrs für alle Nationen.

    5 Sie betreffen die Fischerei in der Nordsee; den Branntweinhandel
      unter den Nordseefischern; den Robbenschutz; den Schutz der
      unterseeischen Telegraphenkabel; und namentlich die Unterdrückung
      des Sklavenhandels. Es stehen hier nur solche Vereinbarungen in
      Frage, die eine Befugnis zu tatsächlicher Machtentfaltung gegen
      fremde Schiffe statuieren.

    6 Das Recht der Nacheile, droit de poursuite (s. _Perels_ int. öff.
      Seer., S. 59) über die Küstengewässer hinaus ist keine Einrichtung
      der _internationalen_ Seepolizei.

    7 Die Etymologie des Wortes ist unsicher. Man findet es zurückgeführt
      auf

            1. περᾶν durchreisen, durchfahren (Stephanus, Thesaurus
            Linguae Graecae „Πειρατής“);
            2. πειρᾶν versuchen; entweder in dem Sinne von πειρᾶν τὴν
            θάλασσαν, sein Glück auf dem Meere versuchen (so z. B.
            _Perels_ int. öff. Seer., S. 108); oder gleich: begegnende
            Schiffe angreifen, „versuchen“ (in diesem letzteren Sinne die
            Wörterbücher von _Pape_ und _Passow_);
            3. πείρα Versuch, dann auch List, Betrug (so _Dan_, Histoire
            de Barbarie, 2. Aufl. 1649, S. 9; Stephanus a. a. O.).

    8 Die Beibringung von Belegen erübrigt sich. Statt aller anderen:
      Erklärung der Generalstaaten von 1667 (Bynkershoek Qu. i. p. L. I C.
      XVII), die, wenn sie auch nur von der _Bestrafung_ spricht, doch die
      Zulässigkeit der _Festnahme_ voraussetzt: „eum [der Pirat] puniri
      posse a quocunque Principi, in cuius potestatem fuisset redactus,
      eiusque rei _quam plurima etiam exstare exempla_;“ derselben Ansicht
      gaben Frankreich und England Ausdruck (Bynkershoek a. a. O.). Und
      namentlich die geltenden Instruktionen für die Kriegsmarinen:
      deutsche „Bestimmungen für den Dienst an Bord“ vom 21. November
      1903, § 23, Nr. 11 A a; deutsche Instruktion „in Betreff der
      Unterdrückung der Seeräuberei in den chinesischen Gewässern“ vom 20.
      August 1877, Nr. II; Queens Regulations von 1899, Nr. 450;
      amerikanische Rev. Stat. (1874), s. 4294 und 4298. Darüber, ob auch
      Handelsschiffe zur Aufbringung von Piraten ermächtigt werden können,
      s. u. § 6 IV, 4.

    9 Die deutschen Ausführungsgesetze zu dem Nordsee-Fischereivertrag
      (Reichsgesetz vom 30. April 1884, R.G.Bl. 1884 S. 48) und zu der
      Kabelkonvention (Reichsgesetz vom 21. November 1887, abgedruckt in
      _Martens_ N.R.G. 2. sér. 15, S. 71) enthalten keine die §§ 3–8
      St.G.B. abändernden Bestimmungen (anders das aus Anlaß der Brüsseler
      Generalakte ergangene Gesetz betreffend die Bestrafung des
      Sklavenraubes und des Sklavenhandels vom 28. Juli 1895, § 5; bei
      _Martens_ N.R.G. 2. sér. 24, S. 624).

   10 Vgl. namentlich _v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 136.

   11 Als übereinstimmend ist nur eine recht krause Ausführung _Geffckens_
      anzuführen, bei _Heffter_, § 104, N. 2: „Ein Seeräuber, der auf
      hoher See gegen fremde Personen oder fremdes Eigentum Gewalt übt,
      ohne dazu von einer bestimmten Staatsgewalt ermächtigt zu sein, hat
      keine Nationalität, da keine Regierung ein solches Verbrechen
      erlauben wird, kann also nur betrügerischer Weise Schiffspapiere
      erhalten haben und eine Flagge nur durch Usurpation führen.“

_   12 Perels_, int. öff. Seer., S. 109, 112; _Hartmann_, Institutionen d.
      prakt. Völkerr., 2. Aufl. 1878, S. 204; _Heilborn_, System d.
      Völkerr. 1896, S. 220; _Samios_, S. 47; _Pradier-Fodéré_, § 2491 a.
      E.; _Bonfils_, § 594; _Piédelièvre_ I, S. 578, 581; _Despagnet_,
      S. 523; _Calvo_, § 495; u. a. m. (s. auch u. Anm. 4). Die Engländer
      heben in ihren Darstellungen regelmäßig nur die ihnen besonders
      wichtige Denationalisierung der _Personen_ hervor, ohne deshalb die
      Denationalisation des Schiffes zu übersehen, vgl. z. B. _Wheaton_ I,
      S. 142, 143; _Wharton_ Crim. L., § 1864; _Halleck_ II, S. 276;
      _Walker_ Science, S. 131.

   13 Bestimmungen f. d. Dienst an Bord von 1903, § 23, Nr. 22: „Jeder
      Kommandant hat das Recht, ein seeräuberisches Schiff, _unabhängig
      von der Flagge, die es führt_, aufzubringen.“ Ebensowenig setzen die
      _Queens_ Reg. von 1899, Nr. 450 und die amerik. Rev. Stat. von 1874,
      s. 4294 und 4298, Flaggenlosigkeit voraus. Sehr deutlich auch die
      deutsche Instruktion von 1877, Nr. IV.

_   14 Ausdrückliche_ Hinweisungen auf Piraterie _nationaler_ Schiffe
      finden sich im franz. Gesetz von 1825, Art. 2; ital. Codice p. l.
      mar. merc., Art. 320 („Se una nave _con_ bandiera nazionale, o
      _senza_ carte di bordo etc.“); wie Italien mexik. St.G.B., Art. 1127
      I. Selbstverständlich kann es sich nur um Bestimmungen handeln, die
      die Piraterie im Sinne des Völkerrechts treffen wollen. Auch der
      Quintuplevertrag ist anzuziehen; er proklamiert den Sklavenhandel
      für Seeraub, obwohl er sich vornehmlich auf _nationale_ Schiffe
      bezieht.

_   15 Den Beer Poortugael_, S. 180, 181: „Het schip moet varen zonder of
      met eene geüsurpeerde vlag;“ aber: „Omgekeerd hebben een zeeroover
      en zijn schip geen nationaliteit. _Die zij hadden_, gingen door de
      daad van zeeroof verloren.“ _Ortolan_, S. 234, 235: „S’ils en
      [nationalité] avaient une originairement, ils l’ont perdue par leur
      crime et se trouvent ainsi dénationalisés.“ So auch _Nys_, Le droit
      international II 1905, S. 146. _Bluntschli_, § 350, hat eine mit dem
      oben im Texte zitierten Satze _v. Liszts_ betreffend Gewalttaten
      eines deutschen Schiffes auf hoher See fast wörtlich
      übereinstimmende Ausführung. Er begründet sie aber — sehr zutreffend
      — mit dem Mangel der _faktischen_ Denationalisierung (§ 350 Note).

   16 Es gibt auch abgesehen von der Piraterie zahlreiche Fälle, im
      Frieden und im Kriege, in denen ein Staat gegenüber fremden Schiffen
      Hoheitsrechte ausüben darf. Während aber hier immer der Umfang des
      Zulässigen aufs genaueste abgegrenzt ist, in allem übrigen die
      Unterwerfung des Schiffes lediglich unter die heimatliche
      Staatsgewalt bestehen bleibt, befinden sich dem denationalisierten
      Piratenschiffe gegenüber die Mächte in völliger Freiheit, auch
      solche Hoheitsakte vorzunehmen, die mit der Repression der Piraterie
      keinen Zusammenhang haben. Das liegt schon in dem Ausdruck
      „Denationalisierung“, vgl. _Pradier-Fodéré_, § 2504: „On ne conçoit
      pas qu’il soit possible d’être dénationalisé partiellement.“

   17 Siehe auch unten § 12. Die juristische Konstruktion des Vorganges
      ist einfach: eine Pertinenz verliert ihren Pertinenzcharakter. Sie
      ist freilich sehr viel schwieriger, wenn man das Schiff als
      schwimmenden Gebietsteil des Heimatstaates fingiert. Das spricht
      aber nicht gegen die Richtigkeit des im Texte Ausgeführten, sondern
      ist ein — wenig beachteter — Grund gegen die Brauchbarkeit der
      Fiktion. Die ganze Kontroverse, ob Gebiet oder nicht, ist natürlich
      nur eine Frage der Konstruktion (_Hall_, S. 248: „A difference of
      opinion exists as to the _theoretical ground_ upon which the
      jurisdiction of the state [über das nationale Schiff] ought to be
      placed“).

   18 Sie ist schon bei _Grotius_ anerkannt, de iure belli ac pacis II,
      XVII, 20 („ex neglectu tenentur reges ac magistratus, qui ad
      inhibenda latrocinia et piraticam non adhibent ea quae possunt ac
      debent remedia“); ferner bei _Pufendorf_ L. VIII, C. VI, § 12;
      _Loccenius_, S. 970, präzisiert die Maßregeln, die _unter den
      damaligen Verhältnissen_ ergriffen werden müssen („Ex neglectu ergo
      tenentur magistratus, si ... suas naves praesidiarias, et
      excursorias ad explorandum maris securitatem, ad purgandum illud a
      piratis, in mari non habeant“). Ferner bei _v. Martitz_ Rechtshilfe
      I, S. 66; _Bluntschli_, § 343, N. 1; _Pradier-Fodéré_, § 2491 a. E.;
      _Piédelièvre_ I, S. 580; _Fiore_ II, § 733 f.; _Woolsey_ Right of
      search, S. 16; _Perels_ int. öff. Seer., S. 114; u. a. m.

   19 Wie z. B. _Perels_ int. öff. Seer., S. 114, _Pradier-Fodéré_, §
      2495, _Woolsey_ Right of search, S. 19, meinen.

   20 So z. B. _Wheaton_ I, S. 142. Näheres s. u. § 6 IV, 4.

   21 Bestimmungen für den Dienst an Bord von 1903, § 23, Nr. 22;
      Instruktion von 1877, Nr. II.

_   22 Bluntschli_, § 344; _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 578, Nr. 3;
      _Perels_ int. öff. Seer., S. 114; F. _v. Martens_ II, S. 239;
      _Lawrence_ Principles, S. 395; _Woolsey_ Right of search, S. 17;
      _Fiore_ Dir. int. codificato, § 832.

   23 Es handelt sich um die Feststellung des wahren Charakters eines
      piraterieverdächtigen Schiffes. Sie wird allgemein als zulässig
      anerkannt; doch veranlaßt das Gespenst des „droit de visite“ zu
      mancherlei Verklausulierungen, wobei die Unsicherheit des
      Sprachgebrauches (droit d’enquête de pavillon, de visite, de
      recherche) wohl auch zu Unklarheiten Anlaß gibt. Vgl. z. B.
      _Ortolan_ I, S. 264; _Duboc_, Le droit de visite et la guerre de
      course Paris 1902, S. 5; _Morse_, Journ. d. dr. int. pr. 25 (1898),
      S. 825 f. Ohne alle Einschränkung _Pradier-Fodéré_, § 2500;
      _Bonfils_, § 592.

   24 § 23, Nr. 23; früher schon die Instruktion von 1877, Nr. IV.
      Erwähnenswert ist die Vermutung _Pardessus’_ (II, S. LXXVII und
      LXXVIII), wonach das Gesetz König Johanns aus dem Jahre 1201, das
      _Selden_ zum Beweise des alten dominium maris Englands diente, als
      Maßregel zur Bekämpfung der Piraterie zu verstehen sei.

   25 Den Seeoffizier, der nach der gewöhnlichen Meinung „between duty and
      damages is between the devil and the deep sea“ (_Woolsey_, Right of
      search, S. 17), will _Lawrence_, Principles, S. 395 nur für „an
      inexcusable mistake“ verantwortlich machen; vgl. auch
      _Pradier-Fodéré_, § 2500.

_   26 Perels_ Handb. d. deutschen öffentlichen Seerechts, 1884, S. 63;
      _Negropontes_ Zuständigkeit der Staaten für die auf dem Meere
      begangenen Delikte 1894, S. 16; _Ortolan_ I, S. 179; _Stoerk_ bei
      _Holtzendorff_ II, S. 521 („Ihr Antreffen auf hoher See begründet
      zum mindesten juristisch die Vermutung des rechtswidrigen
      Verhaltens“); und besonders die Erklärung _Lord Palmerstons_ 1849,
      die deutschen Kriegsschiffe würden, wenn keine bestehende
      Staatsgewalt sie als unter ihrer Staatshoheit handelnd anerkenne,
      wie Seeräuber behandelt werden (_Bär_, die deutsche Flotte 1848–1852
      nach den Akten der Staatsarchive zu Berlin und Hannover, 1898,
      S. 229).

   27 Außer den in Anm. 3, S. 12 gegebenen Belegen sind etwa noch zu
      nennen _Perels_ int. öff. Seer., S. 45; _Boyens-Lewis_ deutsches
      Seerecht I (1897), S. 114; _Wagner_, Handb. d. Seerechts (1884),
      S. 153; _Rougier_, S. 296; und die Bestimmungen der Brüsseler
      Generalakte vom 2. Juli 1890 (Art. 30–41; 51: „s’il résulte de cette
      enquête qu’il y a eu usurpation de pavillon, le navire arrêté
      restera à la disposition du capteur“).

   28 Seit dem endgültigen Verzicht Englands auf das droit d’enquête de
      pavillon 1858 (s. _v. Martitz_ Arch. f. öff. R. I, S. 92, N. 46) ist
      dies nicht mehr zweifelhaft. Art. 42 und 45 der Brüsseler
      Generalakte lassen unter näher bezeichneten Voraussetzungen bei
      Verdacht mißbräuchlicher Führung einer Flagge die Durchsuchung zu,
      eine vertragsmäßige Sonderbestimmung.

   29 So _Phillimore_, _Hall_, _Lawrence_ (Principles und Handbook),
      _Walker_ u. a. m. Dieselbe Auffassung auch bei _Kent_ und _Twiss_,
      obwohl die äußere Stellung bei ihnen eine andere ist; und bei
      _Halleck_ I, S. 49, 175.

   30 S. o. S. 9, Anm. 1 a. E.; und unten § 2.

   31 z. B. von _de Cussy_ (_Perels_, S. 116); _Ullmann_, S. 214; _v.
      Liszt_, S. 212. Es darf aber nicht übersehen werden, daß in dem
      englischen Satze von der völkerrechtlichen Zulässigkeit der
      Strafverfolgung zugleich die Statuierung der Zuständigkeit nach
      Landesrecht liegt, eine Auffassung, von der _v. Liszt_ und _Ullmann_
      weit entfernt sind. _Zorn_, dessen hier nochmals zu gedenken ist
      (vgl. oben im Text II, 1), hat in der Literatur nur die
      Zuständigkeit jedes Staates zur Strafverfolgung als Rechtsfolge der
      Piraterie angegeben gefunden, versteht die Behauptung dahin, daß das
      Völkerrecht diese Zuständigkeit nicht für zulässig, sondern für
      tatsächlich bestehend erkläre, weist ihre Unrichtigkeit in diesem
      Sinne nach und kommt so, auf dem Wege eines zweifachen
      Mißverständnisses, zur Leugnung der Piraterie als völkerrechtlich
      bedeutsamen Tatbestandes überhaupt.

   32 Das völkerrechtliche internationale Strafrecht behandelt die
      völkerrechtlichen Grenzen der staatlichen Strafgerichtsbarkeit. Die
      Bezeichnung „völkerrechtliches internationales Strafrecht“ ist
      streng genommen eine Tautologie, erscheint aber mit Rücksicht auf
      die Unsicherheit der Terminologie geboten.

   33 Dies ergibt sich sehr deutlich aus den zahlreichen landesrechtlichen
      Anordnungen, die die Zuständigkeit ausdrücklich statuieren, siehe
      Anm. 4. Vgl. zu dem ganzen Absatz namentlich _v. Martitz_
      Rechtshilfe, §§ 5–11.

   34 Übereinstimmend _Perels_ int. öff. Seer., 3. 115; _Gareis_ bei
      _Holtzendorff_ II, S. 579; _v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 66; _v.
      Bar_ Lehrb. d. int. Priv. u. Strafr. 1892, S. 306, N. 4; _Lammasch_
      Auslieferungspflicht und Asylrecht 1887, S. 155; u. a. m.

   35 Übersicht der Rechtslage (auf Vollständigkeit muß verzichtet
      werden):

            1. Zuständigkeit ohne Rücksicht auf die Person des Täters und
            den Ort der Begehung der Tat auf Grund speziellen Rechtssatzes
            besteht in folgenden Staaten: _England_ (Common Law; s. § 2);
            _Ver. Staaten_, Rev. Stat. von 1874 s. 5368 (s. § 2);
            _Niederlande_, Art. 4, Nr. 4 des St.G.B. vom 3. März 1881
            bezüglich der in Art. 381, 382 und 385 bezeichneten
            Verbrechen; _Spanien_, Gerichtsverfassungsgesetz vom 15. Sept.
            1870, Art. 336 (sich beziehend auf die delitos contra la
            seguridad exterior del Estado, Buch II, Titel I des St.G.B.
            vom 30. Aug. 1870; die Piraterie bildet Kap. IV dieses
            Titels); _Brasilien_, Art. 5 des St.G.B. vom 11. Okt. 1890
            (auf Buch II, Titel I, Kap. I des St.G.B. bezüglich, hier in
            Art. 104–106 die Piraterie); _Österreich_ bezüglich der _von
            der Kriegsmarine eingebrachten Seeräuber_, § I, Nr. 5 des
            Gesetzes vom 20. Mai 1869, „betreffend den Wirkungskreis der
            Militärgerichte“ (die Bestimmung enthält in Form der
            Begründung der militärgerichtlichen Zuständigkeit, also einer
            prozessualen Regel, zugleich eine staatsrechtliche Anordnung
            über die Ausdehnung der österr. Gerichtsbarkeit); und ferner
            _japanischer_ Vorentwurf eines St.G.B. (Übersetzung 1899,
            herausgeg. von der Red. d. Z. f. d. ges.
            Strafrechtswissenschaft; noch nicht in Kraft), Art. 3, Abs. 2.
            2. Eine unbeschränkte Zuständigkeit besteht nach den
            allgemeinen Bestimmungen über die Grenzen der
            Strafgerichtsbarkeit, ohne daß der Piraterie besonders gedacht
            wäre, in _Italien_, Art. 4–6 des St.G.B. vom 30. Juni 1889; in
            _Österreich_ (für andere als von der Kriegsmarine eingebrachte
            Seeräuber), §§ 39 und 40 St.G.B.; und in _Norwegen_, § 12, Nr.
            4a des St.G.B. vom 22. Mai 1902.
            3. In _Deutschland_ kann eine Strafverfolgung wegen
            piratischer Akte nur eintreten, wenn sie begangen sind gegen
            deutsche Schiffe oder von deutschen Schiffen oder von
            Deutschen, § 4 St.G.B. Wie das deutsche Recht das _dänische_,
            §§ 4–6 St.G.B. vom 10. Febr. 1866; mit der Erweiterung auf
            Angriffe fremder Schiffe auf fremde Schiffe, sofern dadurch
            die Interessen des schwedischen Staates oder seiner
            Angehörigen verletzt werden, auch _Schweden_, Kap. I St.G.B.
            vom 16. Febr. 1864; und, unter Erstreckung des Schutzes auf
            finnische _und russische_ Interessen, _Finnland_, Kap. I des
            St.G.B. vom 19. Dezember 1889 und Kaiserl. Verordn. vom 21.
            April 1894. Für diese Gruppe von Rechten ist die
            strafrechtliche Lehre vom Begehungsort sowie die Frage der
            Gebietsqualität der Schiffe von Bedeutung (Wortlaut der
            Gesetze: „im Inland“, und ähnlich). Vgl. auch oben unter I a
            (staatlose Gebiete).
            4. Das _französische_ Gesetz über die Piraterie vom 10. April
            1825 zeigt in allen seinen Teilen die Absicht, seinen
            Geltungsbereich selbst zu bestimmen. Die allgemeinen Regeln
            über die Gerichtsbarkeit (solche Regeln sind immer nur
            subsidiär, vgl. _Binding_, Handb. d. Strafr., S. 376) des Code
            d’instruction criminelle finden keine Anwendung. Sehr
            wesentlich ist, daß der vornehmlich die wahren piratischen
            Akte treffende Art. 2 des Gesetzes gegen Angriffe fremder
            Schiffe überhaupt nur französische Schiffe schützt, eine
            Beschränkung des Kreises der geschützten Rechtsgüter, die der
            Frage des räumlichen und persönlichen Geltungsgebietes des
            Gesetzes den größten Teil ihrer Bedeutung nimmt. Art. 2, Nr. 1
            bedroht die Piraterie durch französische Schiffe; Nr. 2 die
            Piraterie gegen französische Schiffe. Piraterie fremder
            Schiffe gegen fremde ist nicht strafbar (im Vergleich zu den
            allgemeinen Grundsätzen nach heutigem Rechte eine Verengerung,
            da nach dem Gesetze vom 27. Juni 1866, Code d’instr. crim.,
            Art. 5, Beteiligte französischer Nationalität strafbar wären).
            Das französische Recht ist von besonderem Interesse, da es
            eine offenbar bewußte Beschränkung des Staates in der
            Strafverfolgung piratischer Akte enthält.

_   36 v. Martitz_ Rechtshilfe I, S. 116, N. 1. So das österreichische
      Recht, das die von der Kriegsmarine eingebrachten Seeräuber vor die
      Militärgerichte verweist (§ 1, Nr. 5 des Gesetzes vom 20. Mai 1869),
      ohne das in § 39 St.G.B. vorgesehene Verfahren einzuschlagen. Die
      frühere Haltung Englands und der Ver. Staaten in der Frage war eine
      Folge des Grundsatzes, die Auslieferung im Falle eigener
      Zuständigkeit überhaupt zu verweigern, vgl. _v. Martitz_ Rechtshilfe
      I, S. 181, N. 5, _Lammasch_ Auslieferungspflicht, S. 156.

_   37 Lammasch_ spricht sich für die Subsidiarität auch in diesem Falle
      aus, Auslieferungspflicht S. 155; über die veränderte Haltung
      Englands, s. _v. Martitz_ Rechtshilfe II, S. 550, N. 53; deutsche
      „Bestimmungen für den Dienst an Bord“ von 1903, § 23, Nr. 28: „die
      Strafgewalt über die Seeräuber verbleibt dem Staate, welchem das
      Seeräuberschiff angehört .... Reichsangehörige und Angehörige eines
      deutschen Schutzgebietes, welche gefangen werden, sind nicht
      auszuliefern.“ Denselben Grundsatz hat die deutsche Instruktion von
      1877 (noch in Geltung) Nr. V, aber mit dem Zusatz: „Haben deutsche
      und englische Kriegsschiffe gemeinsam, und zwar auf hoher See,
      Piraten ergriffen, so erfolgt die Aburteilung durch das nächste
      englische Vize-Admiralitätsgericht,“ einer Bestimmung, die die wahre
      völkerrechtliche Rechtslage klar erkennen läßt.

   38 Vgl. _J. F. Stephen_, History of the criminal law of England I 1883,
      S. 276 f.; _v. Martitz_ Rechtshilfe I, § 13; _Hintrager_, Z. f. int.
      Priv.- u. Strafr. IX (1899), S. 61 f.

   39 z. B. Foreign Enlistment Act 1870 (33 und 34 Vict. c. 90) s. 16, 17;
      Merch. Shipp. Act 1894 s. 684.

   40 Die kriminalistische Wissenschaft bringt das internationale
      Strafrecht unter dem Stichwort „venue“, „place of trial“. Übrigens
      bestimmt sich auch z. B. der Umfang der deutschen
      Zivilgerichtsbarkeit nach den Regeln der Z.P.O. über die örtliche
      Zuständigkeit, s. _Hellwig_ Lehrb. d. Zivilproz. 1903, S. 99 und
      zit.

   41 Die Anerkennung dieser letzteren Beschränkung des
      Territorialitätsprinzips ist einer der wesentlichsten Fortschritte
      der englischen Doktrin in neuerer Zeit. Die Kompetenz zur Bestrafung
      des extraterritorialen Delikts des Untertanen ist jedoch noch sehr
      lückenhaft (vgl. _Hintrager_, § 7), _Hallecks_ (I, S. 192)
      Behauptung einer allgemeinen Geltung der Personalmaxime nicht
      zutreffend.

_   42 Kenny_, S. 411: „it is forbidden by International Law to try
      foreigners for any offences which they committed outside its [des
      Staates] territorial jurisdiction.“ Von neueren
      Völkerrechtsschriftstellern vgl. etwa noch _Oppenheim_, § 174.
      _Hall_, S. 212, hält an der Ansicht fest trotz des S. 210 f. von ihm
      selbst gebrachten, ihre Unrichtigkeit aufs klarste dartuenden
      Materials aus den Gesetzgebungen kontinentaler Staaten; die
      Rechtsbeständigkeit dieser Bestimmungen leugnet er nicht; er führt
      sie auf eine „voluntary concession“ der anderen Staaten zurück,
      „allowing a state to assume to itself jurisdiction in excess of that
      possessed by it in strict law“. _Taylor_, Treatise on International
      Public Law 1902, S. 240, begnügt sich damit, die abweichenden
      kontinentalen Bestimmungen kurz anzuführen unter der Überschrift:
      „Territoriality of crime disputed by many nations.“

   43 Die herrschende englische Auffassung mißt dem völkerrechtlichen
      Gewohnheitsrecht auch landesrechtlich verbindende Kraft bei (vgl.
      näher _Triepel_, S. 134 f.). Mit den auf dem Kontinent gewöhnlichen
      Anschauungen über das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht
      steht sie nicht in Einklang. Für die vorliegende Untersuchung ist
      die (völlig unbestrittene) _Tatsache der materiellen
      Übereinstimmung_ des Tatbestandes der piracy in Völkerrecht und
      Landesrecht („piracy juris gentium“ und „piracy at common law“ sind
      zwei Namen für denselben Begriff) von erheblich größerer Bedeutung
      als der _formelle Grund dieser Übereinstimmung_.

   44 Piracy als _offence against the Law of Nations_ (auch of all
      nations), crime by International Law oder ähnlich bei
      _Blackstone-Stephen_ IV, S. 181, 183; _Wheaton_ I, S. 141; _Halleck_
      I, S. 175; _Lawrence_ Principles, S. 209; und allgemein. Lediglich
      den Beweggrund der Repression geben an Bezeichnungen wie: „offence
      against the whole body of civilised states“ (so _Lawrence_ Handbook,
      S. 65; ähnlich _Walker_ Manual, S. 55). — Der historische
      Ausgangspunkt der englischen Lehre von der allgemeinen Zuständigkeit
      der Staaten zur Bestrafung von Piraten ist der mittelalterliche
      Rechtssatz, daß der Pirat der jurisdiction of the admiralty
      unterliegt, die das ganze Weltmeer umfaßt. Die Neigung der
      englischen Völkerrechtsdoktrin, völkerrechtliche Rechtssätze, die
      nur durch rechtsvergleichende Untersuchungen gefunden werden können,
      aus dem heimischen Landesrecht herauszulesen, bekundet sich in der
      Literatur zum Piraterierecht auf Schritt und Tritt.

   45 U. S. v. pirates, 5 Wheat. 184, 204, 206 (_Wharton_ Int. L., § 380):
      „By assuming the character of pirates, the crew of a vessel lose all
      claim to national character or protection;“ _Phillimore_ I, S. 488:
      „To whatever country the Pirate may have originally belonged, he is
      justiciable everywhere;“ _Lorimer_ Institutes of the law of nations
      II (1884), S. 132; _Walker_ Science, S. 131: „Every state has
      jurisdiction over pirates jure gentium;“ _Roscoe_, S. 237. Diese
      Auffassung liegt auch 7 Will. 4 und 1 Vict. c. 88 s. 2 („piracy with
      violence“) zu Grunde, einer ohne allen Zweifel auch gegen
      Nichtengländer gerichteten Bestimmung: wer „with intent to commit or
      at the time of or immediately before or immediately after committing
      the crime of piracy in respect of any ship or vessel, shall assault,
      with intent to murder, any person being on board or belonging to
      such ship or vessel, desgleichen Körperverletzung und Gefährdung des
      Lebens ... shall suffer death as a felon“; die Fassung zeigt
      deutlich, daß es sich um _nichtpiratische Akte_, begangen durch
      einen _Piraten_, handelt.

   46 S. S. 19, Anm. 3. Sehr klar _Kenny_, S. 316: „Whatever be the
      precise limits of piracy jure gentium, it is at least clear that
      nothing that does not fall within them would be taken account of, as
      a piracy, by the common law.“ — Es mag hier noch darauf hingewiesen
      werden, daß die piracy ein Verbrechenstatbestand des _Common Law_
      erst seit 1536 (28 Hen. 8 c. 15) ist, während sie bis dahin dem
      Civil Law angehörte, vgl. _Russell_, S. 260; _Roscoe_, S. 817.

_   47 Walker_ Science, S. 131 im Text: „Every state has jurisdiction over
      pirates“, und am Rande, als Inhaltsangabe des Textes: „The right of
      search ... can be justified ... as a measure for the suppression of
      piracy.“

   48 Daß britische Untertanen für statutenrechtliche piracy der
      heimischen Strafgerichtsbarkeit auch bei Begehung in fremdem
      Staatsgewaltgebiet unterliegen, ist ausdrücklich ausgesprochen z. B.
      in den Orders in council vom 15. Okt. 1889 (über die Ausdehnung der
      britischen Jurisdiktion in gewissen Teilen Afrikas; s. 47: „Any
      British subject may be proceeded against, tried and punished under
      this Order for the crime of piracy _wheresoever committed_“), vom
      28. Nov. 1889 s. 34 und vom 22. Nov. 1890 s. 34
      (Konsulargerichtsbarkeit in Siam bezw. Brunei), abgedruckt bei
      _Hertslet_, Complete Collection of the Treaties etc. between Great
      Britain and Foreign Powers B. 18, S. 12, 240, 1103.

   49 Stat. pir. ist nur an Untertanen strafbar; so ausdrücklich 18 Geo. 2
      c. 30 (1744) und 11 u. 12 Will. 3 c. 7 s. 8 (1698). Aus der
      Literatur statt anderer _Kenny_, S. 411, N. 3: „But this [Regel
      allgemeiner Zuständigkeit] would not cover acts which, like trading
      in slaves, are made piracy by local laws alone. For one country — or
      even several countries — cannot add to International Law;“ _Hall_,
      S. 268. — Ausdehnung in 5 Geo. 4 (1824) c. 113 s. 9 (Sklavenhandel
      als piracy) auf „persons residing, or being within any of the
      dominions etc. belonging to his Majesty“, also auf in England
      ansässige Nichtuntertanen. Amerik. Rev. Stat. s. 5376 (15. Mai 1820)
      erklärt für piracy den Sklavenraub an fremder Küste auch, wenn durch
      ausländische Mitglieder der Besatzung amerikanischer Schiffe
      begangen.

   50 Die bedingungslose Gleichstellung der amerikanischen und der
      englischen Auffassung der Piraterie bei _Hintrager_, Z. f. int.
      Priv.- u. Strafr. 1899, S. 70 ist deshalb nicht gerechtfertigt. Über
      weitere bedeutsame Besonderheiten der amerikanischen
      Rechtsanschauung s. u. § 7 II, 2 und namentlich § 8 II.

_   51 v. Holst_, Das Staatsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika 1885
      (in _Marquardsens_ Handb. d. öff. R.), S. 117.

_   52 v. Holst_ a. a. O., S. 115; _Bishop_, § 1060, N. 2.

   53 Verneint von _Bishop_, § 1060, N. 2; Report zum Entwurf eines Penal
      Code 1901, S. XXVI. Anders _Wharton_ Crim. L., § 1862. Eine
      erschöpfende Behandlung des Gegenstandes hätte zu prüfen: inwieweit
      s. 8 der Akte vom 30. April 1790 durch das Gesetz vom 3. März 1819
      derogiert ist; dann vor allem, ob s. 8 des Gesetzes von 1790 sich
      nur auf amerikanische (so 1818 Supreme Court, U. S. v. _Palmer_ et
      al., 3 Wheaton, 610; bei _Moore_ Report, S. 58) oder auch auf solche
      Schiffe bezieht, die, wie Piratenschiffe, einen nationalen Charakter
      nicht haben (so Supreme Court 1820, U. S. v. _Klintock_, 5 Wheat.
      144; bei _Moore_, S. 59); dasselbe für s. 3 des Gesetzes vom 15. Mai
      1820 (für Anwendung U. S. v. _Baker_ 1861, nach Angabe _Whartons_
      Crim. L., § 1862, N. 8). Die Rev. Stat. haben neben s. 8 des
      Gesetzes von 1790 (s. 5372) und s. 3 des Gesetzes von 1820 (s. 5370)
      auch s. 5 des Gesetzes vom 3. März 1819 (s. 5368) aufgenommen,
      wodurch für die piracy as defined by the law of nations, nicht aber
      für die eventl. Zuständigkeit für andere, durch denationalisierte
      Schiffe begangene Verbrechen u. E. alle Zweifel beseitigt sind (auch
      _Bishop_ a. a. O. und der Report zum Entw. eines Pen. Code a. a. O.
      sehen durch s. 5368 die Kompetenz begründet).

   54 Identität der piracy in Common Law und International Law, s. S. 21,
      Anm. 1.

   55 S. S. 21, Anm. 2 und S. 9, Anm. 1.

   56 Die gesamte bewohnbare Küste, abgesehen von einigen Inseln des
      Stillen Ozeans, steht unter staatlicher Herrschaft.

   57 Die der Gebietshoheit korrelate Pflicht der Aufrichtung einer
      wirksamen Rechtsordnung ist natürlich eine andere als die allgemeine
      Pflicht der Staaten zur Aufbringung von Piratenschiffen. Sie ist
      besonders in China und Marokko von Bedeutung, s. u. N. 7 und 8.

   58 1876 (_Andree_, Geogr. d. Welthandels I, 2. Aufl. 1877, S. 345 f.),
      1897 (Rev. gén. d. dr. i. p. 1897, S. 696, N. 2), 1898 (_Samios_,
      Piraterie, S. 44).

   59 November 1902 Beschießung der türkischen Insel Midi durch
      italienische Kriegsschiffe im Einvernehmen mit der türkischen
      Regierung. Abkommen vom 10. Nov.: „Die Pforte verpflichtet sich, in
      Zukunft die Seeräuberei mit dem größten Nachdruck zu ahnden“ (Köln.
      Z. 1902, Nr. 868, 878, 886).

   60 1859 Zerstörung von Ras el Cheima durch die Engländer; eine fernere
      Expedition 1860 (_Andree_ a. a. O.).

_   61 Andree_ a. a. O.; _Jagor_, Singapore, Malacca, Java 1866, S. 85 f.;
      _Buckley_, An Anecdotal History Of Old Times in Singapore, 1902. In
      den letzten Jahrzehnten hat dort die Aufrichtung bezw. tatsächliche
      Durchsetzung der englischen und holländischen Herrschaft Ordnung
      geschaffen (Das „Engagement with the chiefs of Perak“ vom 20. Jan.
      1874 erwähnt noch die Häufigkeit der piracy, s. die englischen
      Verträge mit den Eingeborenenstaaten bei _Hertslet_ XVIII,
      S. 837 f.).

   62 Kämpfe der Franzosen gegen mit annamitischen Aufständischen
      verbündete chinesische Piraten; s. _Rambaud_, La France coloniale,
      7. Aufl. 1895, S. 521 f.; _Frey_, Pirates et rebelles au Tonkin
      1892, S. 37 f.; der Kampf gegen die „Schwarzen Flaggen“ ist aber im
      wesentlichen ein Landkampf gewesen, vgl. auch _Frey_, S. 37 über den
      Sprachgebrauch: „il nous paraît bon de l’avertir qu’en Indo-Chine
      l’Européen confond indifféremment sous cette appellation de
      „pirate“, non seulement les maraudeurs, les détrousseurs de grands
      chemins, les contrebandiers, aussi bien que les aventuriers de tout
      ordre qui ... exercent leurs déprédations, par bandes armées, sur
      terre, sur la côte, ou dans les fleuves du Tonkin; mais encore les
      indigènes qui, insurgés contre la domination française, luttent pour
      reconquérir l’indépendance nationale.“

   63 „Vorläufige Instruktion für die Kommandanten deutscher Kriegsschiffe
      in Betreff der Unterdrückung der Seeräuberei in den chinesischen
      Gewässern“ vom 20. Aug. 1877 (_Perels_, int. öff. Seer., im Anhang),
      aufrechterhalten durch die „Bestimmungen für den Dienst an Bord“ vom
      21. Nov. 1903, § 23, Nr. 29; nach Zeitungsmeldungen war von 1900 bis
      2. Febr. 1904 die deutsche Dampfbarkasse „Schamien“ zur
      Unterdrückung der Flußpiraterie in Südchina stationiert. In den
      „Friedens-, Freundschafts- und Handelsverträgen“ (_Hertslet_,
      Treaties etc. between Great Britain and China; and between China and
      foreign powers, 2 BB., London 1896) übernimmt China regelmäßig,
      entsprechend dem allgemeinen Völkerrecht, die Verpflichtung, die
      Piraten zu verfolgen und zu bestrafen (Verträge mit den Ver. Staaten
      vom 3. Juli 1844, Art 26, 18. Juni 1858, Art. 13; Frankreich 24.
      Okt. 1844, Art. 29, 27. Juni 1858, Art. 34; Schweden-Norwegen 20.
      März 1847, Art. 26; Großbritannien — der Vertrag vom 29. Aug. 1842
      und der Zusatzvertrag vom 8. Okt 1843 enthalten die später
      regelmäßig wiederkehrenden Bestimmungen noch nicht — 26. Juni 1858,
      Art. 19; Zollverein 2. Sept. 1861, Art. 33; Dänemark 13. Juli 1863,
      Art. 19; Spanien 10. Okt. 1864, Art. 16; Belgien 2. Nov. 1865, Art.
      44; Italien 26. Okt. 1866, Art. 19; Österreich-Ungarn 2. Sept. 1869,
      Art. 19; Japan 13. Sept. 1871, Art. 28; Portugal 1. Dez. 1887, Art.
      18); außer im großbritannischen und portugiesischen Vertrage ist
      hinzugefügt, daß, wenn die Bestrafung sich als unmöglich erweist,
      die chinesische Regierung nur zur Bestrafung der Lokalbehörden,
      nicht zur Entschädigung der Beraubten verbunden ist. Weiterhin ist
      bestimmt, daß in Verfolgung von Piraten begriffene Kriegsschiffe
      alle chinesischen Häfen aufsuchen dürfen, worin zugleich wohl die
      Erlaubnis der Fortsetzung der Verfolgung in die chinesischen
      Küstengewässer liegt (Verträge mit Großbritannien, Art. 52; dem
      Zollverein, Art. 30; Dänemark, Art. 52; Italien, Art. 52;
      Österreich-Ungarn, Art. 34). Die neueren Verträge lassen diesen
      Rechtszustand unberührt (chinesisch-amerikanischer Vertrag vom 8.
      Okt 1903, N.R.G. 2. sér. 31, S. 587 f., Art. 17;
      chinesisch-japanischer Vertrag, daselbst S. 483 f., Art. 9).

   64 Der Sitz der Piraten ist das Küstengebirge Er Rif am Mittelmeer, ein
      unzugänglicher und noch heute unerforschter Landstrich
      (_Kampfmeyer_, Marokko, 1903); es handelt sich um eine Verbindung
      von Strandraub und Piraterie; neuere Fälle 1895 und 1896 (Rev. gén.
      1897, S. 425 f.), 1904 (Le Temps 18. Jan. 1904). Weiteres bei
      _Godard_, Description et histoire du Maroc 1860 I, S. 159 f., II,
      S. 638 f., und sonst. Es ist üblich, Marokko die Nichtverhinderung
      von Angriffen als völkerrechtliches Delikt zuzurechnen und die
      Regierung für den Schaden haften zu lassen (anders als China, s.
      N. 7); die Entschädigungen können sehr hoch sein (vgl. Rev. gén. a.
      a. O.); die Entschädigungspflicht wurde von Marokko selbst, nach
      _Godard_ II, S. 626, zuerst 1855 Frankreich gegenüber anerkannt.

   65 Weitere Literaturangaben betreffend Geschichte und Verbreitung der
      Piraterie bei _Goldschmidt_, Universalgesch. d. Handelsrechts, 3.
      Aufl. 1891, S. 27, N. 36, 37, S. 117, N. 73; _Perels_ int. öff.
      Seer., S. 108, N. 1; _Bonfils_, S. 346, N. 2. Im ganzen zu den
      Angaben der Historiker und Geographen _Francis Bacon_: „Versatur ...
      infelicitas quaedam inter historicos vel optimos, ut legibus vel
      actis judicialibus non satis immorentur ...“ (De dignitate et
      augmentis scientiarum Lib. VIII, Cap. III de justitia universali
      aph. 29).

   66 „But, old and famous though the crime is, there is not, even now,
      any authoritative definition of it“ (_Kenny_, S. 315).

   67 Die Piraterie betreffende diplomatische Aktenstücke und Verträge
      sind nur für einige Spezialpunkte bedeutsam, s. u. § 14 und 15.

   68 Es sind die deutschen „Bestimmungen für den Dienst an Bord.
      Allerhöchst genehmigt am 21. Nov. 1903“ (bezeichnet als „Entwurf“,
      d. h. es ist eine Revision auf Grund der zu sammelnden Erfahrungen
      in Aussicht genommen), § 23; die deutsche Instruktion von 1877 (s.
      S. 26, N. 7); die Queens Regulations von 1899, Art. 450; die amerik.
      Rev. Stat. von 1874, s. 4293–4299.

   69 Nur ist die alte staatlich autorisierte Piraterie nunmehr
      verschwunden. Aber wenn noch im Jahre 1858 von den englischen
      Behörden in Singapore zum Tode verurteilte malayische Piraten
      erklärten, daß sie lediglich den Befehlen ihrer Herrscher gehorsam
      gewesen seien und nur getan hätten, was in ihrem Lande herkömmlich
      und erlaubt sei (_Andree_ a. a. O. I, S. 363), so besteht kein
      Unterschied der Anschauung gegen die des Illyrierkönigs Agron, der
      229 v. Chr. den römischen Gesandten erklärte, nach illyrischem
      Rechte sei der Seeraub ein erlaubtes Gewerbe (_Mommsen_, Röm. Gesch.
      I, 9. Aufl., S. 551).

   70 Alle Einzelheiten bleiben zur Vermeidung von Wiederholungen der
      späteren Darstellung vorbehalten.

   71 Wobei zu beachten bleibt, daß das Vorliegen eines
      Strafausschließungsgrundes das Gegebensein des völkerrechtlichen
      Tatbestandes nicht beeinflußt.

   72 Das _belgische_ und das _finnische_ Recht enthalten gar keine
      Spezialbestimmung. Das _deutsche_ Recht (§ 250, Nr. 3 St.G.B.)
      qualifiziert den Raub auf offener See, das _dänische_ (§ 244 St.G.B.
      vom 10. Febr. 1866, Abschnitt: „Raub und Drohungen“) „Seeräuberei“
      als schweren Fall des Raubes, _Schweden_ (Kap. 21, § 7 St.G.B. vom
      16. Febr. 1864) den Angriff auf Seefahrer auf offener See in
      räuberischer Absicht (unter Gleichstellung von Versuch und
      Vollendung). _Norwegen_ (St.G.B. vom 22. Mai 1902, § 269, Nr. 2)
      bestraft die Ausrüstung und den Beginn der Ausrüstung eines
      Schiffes, um Raub zu begehen, als selbständiges Delikt; _Dänemark_
      a. a. O. stellt die Ausrüstung eines Schiffes zum Zwecke des
      Seeraubes dem Seeraube gleich. Dem deutschen Rechte fehlt eine
      solche Vorbereitungshandlungen unter Strafe stellende Bestimmung. —
      Auch Chile gehört, anders als die übrigen Länder des spanischen
      Rechtsgebietes, in diese Gruppe (St.G.B. vom 12. Nov. 1874, Art.
      434).

      Der „Raub auf offener See“ in § 250, Nr. 3 des deutschen St.G.B.
      entspricht der völkerrechtlichen Piraterie in keiner Weise. Er
      umfaßt nicht alle piratischen Akte und schließt andererseits auch
      nichtpiratische Handlungen (Raub auf einem Schiffe) ein. _Binding_,
      Handb., S. 379, N. 6 scheint, ganz mit Unrecht, dem St.G.B. die
      Nichterwähnung der Piraterie zum Vorwurf zu machen.

   73 In _England_ gehört die piracy by the law of nations dem Common Law
      an; stat. pir. 11 u. 12 Will. 3 c. 7 s. 8 u. 9 (1698), 8 Geo. 1 c.
      24 s. 1 (1721), 18 Geo. 2 c. 30 (1744), 5 Geo. 4 c. 113 s. 9 (1824).
      In den _Ver. Staaten_ pir. by the l. of n. in Rev. Stat. von 1874 s.
      5368 (s. o. S. 23, N. 3); stat. pir. s. 5369 (30. April 1790), 5371
      (15. Mai 1820), 5373 (30. April 1790), 5374 (3. März 1847), 5375 u.
      5376 (15. Mai 1820); Mischtatbestände, seit 1874 aber wegen s. 5368
      für die pir. by the l. of n. nicht mehr von Bedeutung, sind s. 5370
      u. 5372 (s. o. S. 23, N. 3). Durch die Unterlassung einer Definition
      in s. 5368 („piracy as defined by the law of nations“) ist der
      Tatbestand des Common Law auch für das amerikanische Recht maßgebend
      geworden.

   74 „Loi pour la sûreté de la navigation et du commerce maritime“ vom
      10. April 1825. Die bis dahin geltenden strafrechtlichen
      Bestimmungen der Ordonnanzen und Kapereireglements gegen die
      Piraterie sind damit außer Kraft getreten (Art. 21 des Gesetzes
      beschränkt die Anwendung der gewöhnlichen Derogationsgrundsätze
      nicht), nicht aber anderweite den Gegenstand betreffende
      Bestimmungen des Kapereireglements (arrêté du Gouvernement) vom 2
      prairial an XI (22. Mai 1803). Das Gesetz von 1825 hat _Pardessus_
      zum Urheber.

   75 Codice per la marina mercantile vom 24. Okt. 1877, Teil II, Titel
      II, Kap. IV (Della pirateria).

   76 St.G.B. vom 30. Aug. 1870, Buch II, Titel I, Kap. IV (Piratería).
      Dieses Kapitel, das keine Definition enthält, will offenbar die
      wahren piratischen Akte treffen. Einige Fälle meist
      landesrechtlicher Piraterie enthält die noch gültige
      Kapereiordonnanz vom 20. Juni 1801, Art. 27 u. 29.

   77 St.G.B. vom 7. Dez. 1871 „für den Bundesdistrikt und das Territorium
      Niederkalifornien bezüglich der gemeinen Vergehen und für die ganze
      Republik bezüglich der Vergehen gegen den Bund“, III. Buch, XV.
      Abschnitt, Kap. I (Piratería). In den meisten Einzelstaaten stehen
      mit diesem im wesentlichen übereinstimmende Strafgesetzbücher in
      Kraft, s. „Die Strafgesetzgebungen der Gegenwart“ II (1899), S. 116,
      N. 2 und die Übers. des St.G.B. von _Eisenmann_, S. 188.

   78 St.G.B. vom 16. Sept. 1886, Art. 162 (sich auf wahre piratische Akte
      beziehend).

   79 St.G.B. vom 11. Okt. 1890, Art. 104–106.

   80 St.G.B. vom 3. März 1881; in Buch II, Titel 29
      („Scheepvaartmisdrijven“) gelten dem zeeroof die Art. 381 u. 382.

   81 Gesetz vom 30. März 1855 περὶ Ναυταπάτης καὶ Πειρατείας. Das Gesetz
      hat keine Definition und will offenbar nur wahre piratische Akte
      treffen. Sein Zweck war bezeichnenderweise die Milderung der
      Bestimmung des Art. 364 des St.G.B. vom 10. Jan. 1834, wonach
      Piraten unterschiedslos mit dem Tode bestraft wurden; das
      Landesrecht kann der Auflösung des völkerrechtlichen Tatbestandes in
      einzelne Handlungen nach Maßgabe kriminalistischer Rücksichten nicht
      entraten. Das Gesetz ist im folgenden nicht mehr berücksichtigt;
      vgl. _Kosti_, Lehrb. des griech. Strafr. III 1893; auch _Samios_,
      S. 30.

   82 8 Geo. 1 (1721) c. 24 s. 1 erster Teil; bras. St.G.B. von 1890, Art.
      106, § 2.

   83 „... shall any ways consult, combine, confederate or correspond with
      any pirate.“ Vorsichtiger Brasilien: „... ou entretiver com elles
      intelligencias que tenham por fim prejudicar o paiz.“

   84 Cod. p. l. mar. merc. von 1877, Art. 332.

   85 St.G.B. von 1871, Art. 1130.

   86 5 Geo. 4 (1824) c. 113 s. 9 (6 verschiedene Tatbestände),
      aufgenommen in die „Slave Trade Act, 1873“, 36 u. 37 Vict. c. 88.
      Am. Rev. Stat. s. 5375 u. 5376 (15. Mai 1820). S. auch u. § 16.

   87 Wir verstehen unter Entwickelung ein zeitliches Nacheinander
      einander ersetzender Tatbestände. Die Verwendung des oft
      mißbrauchten Wortes in diesem Sinne dürfte unbedenklich sein.

   88 Die Behauptung von _La Mache_, La guerre de course, 1901, S. 134 f.,
      die Wiedereinführung der Kaperei liege im Zuge der Entwickelung, ist
      nur aus der Tendenz der Schrift zu erklären.

   89 Damit soll nicht etwa der Anschauung beigetreten werden, die die
      neuere Entwickelung auf dem Wege zur Vollkommenheit sieht. Der
      Extensität des modernen Menschen entspricht seine Oberflächlichkeit;
      der Intensität die Arbeitsteilung, das Spezialistentum.

   90 Schon früher, ohne wesentlichen Erfolg, durch das christliche
      Naturrecht. In dem Christentum findet der ganze Gedanke vielleicht,
      wie seine kräftigste Stütze, so auch seinen historischen Ausgang.
      Die unmittelbare Verbindung des christlichen mit dem
      modern-naturrechtlichen Gedankenkreise stellt _Grotius_ dar.

   91 Ein, wie es meint, natürliches, deshalb von je bestehendes Prinzip.
      Die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Auffassung stehende
      Streitfrage über den „Naturzustand“ des Menschengeschlechts
      interessiert hier nicht (s. namentlich _Pufendorf_ L. II, C. II de
      statu hominum naturali). Der Text behandelt nur die historischen
      Verhältnisse zwischen organisierten Verbänden.

   92 Der ideelle Zusammenhang des Naturrechts und des Völkerrechts ist
      historisch in der Person des _Grotius_ verkörpert. Schon die Vorrede
      des „mare liberum“ trägt einen für beide Rechtsteile
      programmatischen Charakter. Der Grundgedanke ist: „Omnes naturalem
      inter se societatem esse atque cognationem.“

   93 Vgl. auch _F. v. Martens_, Deutsche Ausgabe, Vorwort, ferner Band I,
      S. 25 und sonst. Diese Betrachtungsweise nötigt aber nicht, mit _v.
      Martens_ (I, S. 325 f.) den einzelnen Menschen als Träger von mit
      der menschlichen Persönlichkeit untrennbar verbundenen Urrechten und
      gar als internationales Rechtssubjekt anzuerkennen. Die Form des
      völkerrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit ist die wechselseitige
      Berechtigung und Verpflichtung der Staaten.

   94 Krieg Roms gegen die Illyrier 229 v. Chr. Späterhin stehen die
      Küsten des Mittelmeeres restlos unter römischer Herrschaft.

   95 Vgl. _Grotius_ L. III, C. III, § 2.

_   96 Brunner_, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 273; _Heusler_, Instit.
      d. deutschen Privatrechts I, S. 144 f.

_   97 Pardessus_ I, S. 15: „C’était la conséquence naturelle de l’état
      habituel d’hostilité dans lequel une civilisation imparfaite plaçoit
      les peuples.“

   98 In dieser sind freilich die Staaten nur als Provinzen gedacht.

   99 Das Landesrecht gewährt nunmehr auch Fremden Rechtsgüterschutz. In
      Norwegen erfolgte ein landesrechtliches Verbot der Piraterie
      scheinbar zum erstenmale im Gulathing von 940 (_Pardessus_ III,
      S. 22). Doch kommen noch Raubzüge bis ins elfte Jahrhundert vor.

  100 Die nachmalige Durchführung des Schutzes der Privatpersonen und
      ihres Eigentums auch im Kriege ist nur für den Landkrieg vollständig
      gewesen. Zur See blieben die Privatpersonen Subjekt, ihr Eigentum
      Objekt der Kriegführung.

  101 D. h. es wird eine spezielle und meist auch formelle (Kaperbrief)
      Autorisation vorgeschrieben; _G. F. v. Martens_, Kaper, § 5 (die
      dort zitierte französische Ordonnanz ist nicht von 1400, sondern vom
      7. Dezember 1373, s. _Travers Twiss_, Black Book, Einl., S. LXXVI;
      auch schon _Pardessus_ IV, S. 224). Weitere Bestimmung aus älterer
      Zeit: Statut von Cataro, 14. Jahrhundert, Kap. 400. Teilweise noch
      weiter zurückreichend findet sich die (seit dem 17. Jahrh. für Kaper
      allgemein geltende) Vorschrift der Hinterlegung einer Bürgschaft
      durch ausgehende Schiffe (cautio de non offendendis amicis), ohne
      daß eine spezielle Erlaubnis zur Wegnahme feindlicher Schiffe schon
      notwendig wäre; s. Pisanisches Breve curiae maris von 1298, Kap. 24,
      Genuesische Statuten von 1313 und 1316 (_Pardessus_ IV, S. 440); nur
      für auf Piraterie ausgehende Schiffe, Sizilisches Gesetz von 1399,
      Art. 3 (_Pardessus_ V, S. 257), Aragonische Ordonnanzen von 1288,
      1330, 1356. Art. 1 zit. sizilischen Gesetzes von 1399: „naues, quae
      ad piraticam exercendam armantur“; „mos piraticus“ auch später noch
      für die zum besonderen Rechtsinstitut gewordene Kaperei.

_  102 G. F. v. Martens_, Kaper, § 4. Man hält die Repressalienbriefe
      heute nicht mehr für zulässig; so _F. v. Martens_ II, S. 468 f; _v.
      Liszt_, S. 301. Anders aber _Blackstone-Stephen_ II, S. 495 (1903).

  103 Der Krieg gegen die Ungläubigen ist nach mohammedanischer Auffassung
      durch Rechtsvorschrift divini juris geboten. Die Kirche betont
      dagegen, daß der Unglaube kein Grund zum Kriege sei; ihre Forderung
      des Friedens ist universell; aber die Eroberer vormals christlicher
      Länder sind von ihr ausgeschlossen; vgl. die Darstellung bei
      _Grotius_, mare liberum, Kap. 4.

      Dauernder Krieg zwischen Spanien und Algier bis zum Vertrage vom 14.
      Juni 1786; der Mehrzahl der italienischen Staaten und Algier, Tunis,
      Tripolis bis ins 19. Jahrhundert (_Herrmann_, Über die Seeräuber im
      Mittelmeer, 1815, S. 185 f.); und namentlich des Johanniterordens
      gegen die ganze mohammedanische Welt, _Carsten Niebuhr_,
      Reisebeschreibung nach Arabien, 1774, I, S. 18: „Man kann es daher
      den Mohammedanern nicht verdenken, wenn sie eben das von den
      Maltesern denken, was wir Marokkanern, den Algirern, Tunesern und
      Tripolitanern Schuld geben. Diese Barbaren leben doch wenigstens mit
      verschiedenen christlichen Nationen in Freundschaft; die Malteser
      Ritter aber mit keiner Mohammedanischen.“

      Im schwarzen Meere führen Christen, polnische Untertanen, noch im
      17. Jahrhundert einen ständigen Raubkrieg zur See gegen die Türken
      (_Dan_, Histoire de Barbarie, 2. Aufl. 1649, S. 10; dem Autor ist
      die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen selbstverständlich, „ils ne les
      font que contre les ennemis de la foy“). — Einige Angaben über die
      Piraterie der Christen gegen die Mohammedaner auch bei _Boutin_,
      Anciennes relations commerciales et diplomatiques de la France avec
      la Barbarie 1550–1830, Paris 1902, S. 65 f.

  104 Sie sind nicht Piraten nach _Bynkershoek_, Quaest. Jur. Publ. L. I,
      C. XVII; zustimmend u. a. _Kent_, Int. Law, S. 406 f., _Pardessus_
      I, S. 33. Für Piraten halten sie u. a. _Vattel_ II, VI, § 78;
      _Ortolan_ I, S. 252; _Pradier-Fodéré_, § 2492.

  105 So auch _Bynkershoek_ a. a. O.: „Piratae non sunt, sed Civitates,
      quae certam sedem, atque ibi Imperium habent.“ Daraus folge die
      Anwendung des jus postliminii. Wenn er sie daraufhin als rechtmäßige
      Feinde ansieht, so erklärt sich dies aus seiner Anschauung, daß es
      nach geltendem Rechte („quod contra quemlibet hostem recte
      exercetur“, a. a. O.) noch zulässig sei, Kriegsfeinde zu Sklaven zu
      machen, wenn eine solche Rechtsübung auch „moribus plerarumque
      Gentium nunc exolevit“ (Quaest. Jur. Publ. L. I, C. III; vgl. auch
      _Grotius_ III, VII, § 9). Die holländische Politik legte großen Wert
      auf ein gutes Einvernehmen mit den Barbaresken.

  106 Gefangene „Sarazenen“, „Mauren“, „Türken“ werden Sklaven,
      _Bynkershoek_ a. a. O. C. XVII: „Solent et Belgae eos captos in
      Hispaniam advehere et ibi, jure talionis, in servitutem vendere,“
      ein solcher Verkauf in amtlichem Auftrage noch 1661 (C. III a. a.
      O.); Art. 1 des französisch-algerischen Vertrages von 1628 sichert
      den aus Algier feindlichen Ländern nach Frankreich geflüchteten
      versklavten Algeriern freie Rückkehr in die Heimat zu; Kap. 32 der
      dem Consolato del mare angehängten Regeln über die Kaperei (14.
      Jahrhundert) gewährt dem Kapitän von jedem verkauften Sarazenen
      einen Byzantiner (Goldsolidus), vgl. auch Art. VII sic. Gesetzes von
      1399 (_Pardessus_ V, S. 257) und die Siete Partidas von 1266,
      partida V, titulo IX, ley 13; auf den Galeeren der Malteser befinden
      sich noch 1761 gefangene Mohammedaner als Sklaven, _Carsten Niebuhr_
      a. a. O., S. 18. Das Vermögen der Ungläubigen unterliegt der
      Wegnahme durch jedermann; gegen sie bleibt die Piraterie zulässig,
      so die oben S. 38, Anm. 6 zit. Pisanischen, Genuesischen,
      Sizilischen, Aragonischen Statuten, ferner Art. VII der Florenzer
      Capitoli pel viaggio di Barberia etc. aus dem 16. Jahrhundert
      (_Pardessus_ IV, S. 594 u. 564) und c. 3 X V, 17, die sämtlich nur
      zum Schutze von „amici“ und „fideles“ bestimmt sind. Ihnen gehöriges
      Gut ist dem Strandrecht verfallen, Const. Friedrichs II. vom 22.
      Nov. 1220, § 8 = auth. Navigia Cod. 6, 2 const. 18 („nisi talia sint
      navigia, que piraticam exerceant, aut sint nobis, vel Christiano
      nomini inimica“, Text nach Mon. Germ. Hist. LL, Sect. IV, Bd. 2,
      S. 109); c. 3 X V, 17; Portug. Gesetzbuch vom Ende des 15.
      Jahrhunderts, Buch II, Tit. XXII a. E. (bei _Pardessus_ VI, S. 311):
      Rôles d’Oléron, Art. 45, Abs. 2: „car alors, s’ilz sont pyrates,
      pilleurs, ou escumeurs de mers, ou Turcs et autres contraires et
      ennemis de nostredicte foy catholicque, chascun peut prendre sur
      telles manieres de gens, comme sur chiens, et peut l’on les
      desrobber et spolier de leurs biens sans pugnition;“ derselben
      Ansicht _Schuback_ 1751, S. 203 f. Dieser ganze Rechtszustand ist in
      Spanien und Portugal bis ins 19. Jahrhundert bestehen geblieben,
      vgl. _Pardessus_ VI, S. 13 u. 310.

  107 Selbst die Verbindung _Albrechts_ von Mecklenburg mit den
      Viktualienbrüdern Ende des 14. Jahrhunderts, Frankreichs mit den
      Bukanieren im 17. Jahrhundert geschah in rechtlich zulässiger Form;
      s. auch _G. F. v. Martens_, Kaper, S. 23 u. § 8.

  108 S. vor unter II. _Grotius_ L. II, C. XX, § 40 sieht in ihr einen
      gerechten Kriegsgrund.

  109 Vgl. _Pardessus_ I, S. 33.

  110 In den Anfängen der historischen Zeit verschwimmen die Grenzen ganz.
      _Grotius_ III, III, §2 bezieht _Odyssee_ XIV, Vers 85–89 sicher zu
      Unrecht nur auf staatliche Piraterie, die Unterscheidung ist der
      Stelle fremd. Vgl. auch _Mommsens_ lebendige Schilderung des
      Seeräubergemeinwesens im östlichen Mittelmeer, 1. Jahrh. v. Chr.,
      Röm. Geschichte III, 8. Aufl., S. 43 f. („Wenn auf die Fahne dieses
      Staates die Rache an der bürgerlichen Gesellschaft geschrieben war,
      die, mit Recht oder mit Unrecht, seine Mitglieder von sich
      ausgestoßen hatte, so ließ sich darüber streiten, ob diese Devise
      viel schlechter war als die der italienischen Oligarchie und des
      orientalischen Sultanismus, die im Zuge schienen, die Welt unter
      sich zu teilen“). Über die straffe Organisation der Bukaniere s.
      _Andree_, Geogr. d. Welthandels I, S. 358 f.

_  111 Pomponius_ l. 118 D. de verborum sign. 50, 16; _Ulpianus_ l. 24 D.
      de captivis 49, 15; _Paulus_ l. 19 § 2 D. eodem; _Grotius_ III, III,
      § 1 f., II, XVIII, § 2 (zu beachten seine Terminologie, bellum
      justum sive solenne, wahrer Krieg, und bellum in einem weiteren
      Sinne, II, I, § 2: „ubi judicia deficiunt, incipit bellum“). Von
      neueren statt anderer _Th. S. Woolsey_, Right of search, S. 16:
      „There is no more war than there is between a gang of ruffians in
      Oklahoma and the United States. It is simply a detail of naval
      policy duty.“

_  112 Th. D. Woolsey_, Introduction, S. 366.

  113 Beweis hierfür ist die Geschichte. Handeln der Staaten nach reiner
      Zweckmäßigkeit ist eine auch dem modernen Rechte nicht fremde
      Erscheinung; so fehlt es für die Beziehungen zu Naturvölkern in
      vielen Fällen an jeder Regel völkerrechtlicher oder
      landesrechtlicher Natur.

  114 In Frage kommen: Actio vi bonorum raptorum, Privatstrafklage, D. 47,
      8. Daneben kriminelle Bestrafung auf Grund der leges Juliae de vi;
      _Mommsen_, Röm. Strafr., S. 661, Note 5 schließt aus mehreren
      Angaben, daß als Ergebnis einer längeren Entwickelung die vis in dem
      ganzen Umfange der actio vi bon. rapt. kriminell bestraft wurde;
      Strafe s. _Mommsen_, S. 659, N. 4 und ferner D. 48, 19 l. 28 § 10.
      In l. 3 § 6 D. ad legem Juliam de vi publica 48, 6 ist der Fall der
      Dejektion von einem Schiffe besonders genannt. Eine
      Spezialstrafbestimmung gegen Piraten überhaupt fehlt.

      Es gibt spezielle Bestimmungen über Eigentumsverletzungen „bei
      Gelegenheit einer allgemeinen Kalamität“, _Mommsen_, S. 662, und
      zwar bestehen eine Privatstrafklage, D. 47, 9 (de incendio ruina
      naufragio rate nave expugnata) und l. 4 D. 47, 8 (turba) und für
      dieselben Tatbestände spezielle kriminelle Vorschriften, _Ulpianus_
      l. 1 § 1 D. 47, 9 „et quamquam sint de his facinoribus etiam
      criminum executiones ...“ Diese Stelle bezieht sich auf _Paulus_
      Sent. V, 3, § 1 u. 3 (turba), _Marcianus_ l. 3 § 1 D. ad leg. Jul.
      de vi publ. 48, 6 (incendium) und _Marcianus_ l. 1 § 1 D. ad leg.
      Jul. de vi priv. 48, 7 (naufragium). Daß die beiden letzteren
      Stellen nicht in die leges Juliae gehören, wohin sie in den Digesten
      geraten sind, ist in der kurzen Note _Mommsens_ nur Behauptung. Es
      folgt aus _Ulpianus_ l. 3 § 4 D. 47, 9 („non solum autem qui rapuit,
      sed et qui abstulit vel amovit vel damnum dedit vel recepit, hac
      actione tenetur“) in Verbindung mit _Ulpianus_ l. 1 § 1 D. 47, 9.
      Denn die leges Juliae verlangen vis.

      Dieser ganze Komplex von Bestimmungen trifft aber nicht die
      Piraterie, sondern nur bei Gelegenheit derselben von dritter Seite
      verübte Handlungen. So auch _Mommsen_, S. 662. Unrichtig
      _Stypmannus_, Jus maritimum 1652, in dem „Scriptorum de jure nautico
      fasciculus“ des Heineccius (Halle 1740), S. 577.

  115 Diese angebliche Rechtlosigkeit entspräche weder der
      „Friedlosigkeit“ noch der „Rechtlosigkeit“ im technischen Sinne. Die
      Behauptung geht vielmehr dahin, daß der Pirat außerhalb des
      schützenden Verbandes stehe, demnach das alte Fremdenrecht auf ihn
      Anwendung finde.

      In ältester Zeit bezeichnet „vargus“ den „Friedlosen“ und den
      gewerbsmäßigen Räuber (_Brunner_, D. Rechtsg. I, S. 168, N. 13; dazu
      II, S. 580, N. 30). Der Text bezieht sich auf Rechtssätze einer sehr
      viel jüngeren Zeit.

  116 Die französ. Ordonnanz vom 7. Dez. 1373 ordnet ein summarisches
      Verfahren gegen Piraten an, Zuständigkeit des Admirals (Text bei
      _Travers Twiss_, Black Book I, S. 432). In England ist der Admiral
      zur Bestrafung der Piraten zuständig schon nach dem ersten
      Zusatzartikel zu der „Inquisition taken at Quinborough“ von 1375
      (selbst aus etwas späterer Zeit, vgl. _Travers Twiss_ Einl., S. 71.
      Text ebenda I, S. 148) und nach den späteren Articuli magistri
      Rowghton de officio Admiralitatis (_Travers Twiss_ I, S. 221, 222).
      Ferner Strafbestimmungen gegen Piraterie in den Statuten von
      _Cataro_, 14. Jahrhundert, und von _Sassari_ 1316, Teil III, Kap.
      49. Das Consolato del mare Kap. 245 bestimmt (Text nach der
      Übersetzung von _Pardessus_): „Mais, s’il est prouvé qu’il a armé
      pour porter dommage à quelque personne nommément, ou à quiconque
      seroit rencontré par lui, et dans la vue de commettre des
      hostilités, de quelque manière qu’il amène un navire avec ou sans
      marchandises, qu’il l’ait pris aux ennemis, ou qu’il l’ait trouvé
      comme il a été dit, il ne doit rien en avoir, le tout doit être
      rendu au légitime propriétaire. Ceux qui ont armé de cette manière
      doivent être arrêtés et mis au pouvoir de la justice, afin qu’on
      procède envers eux comme envers des voleurs, si les faits ci-dessus
      sont prouvés;“ wenn auch der in Satz 1 beschriebene Tatbestand sich
      nicht durchaus mit dem der Piraterie deckt, so ist doch zu erkennen,
      dass dem Consolato die Rechtlosigkeit der Piraten fremd ist.

  117 Vgl. _Schuback_, S. 203: „Piratam, tamquam hostem, quin occidere
      liceat, nullum est dubium; an igitur contra naturam erit, spoliare
      eum, quem honeste est necare?“ _Stypmannus_ a. a. O., S. 578.

  118 Conc. Later. III, 1179; bedroht mit excommunicatio latae sententiae
      Piraterie und Strandraub gegen Christen.

  119 Der Kanon erklärt die Verletzung von Räubern für straflos, wenn sie
      dadurch zu weiterer Begehung von Verbrechen unfähig gemacht werden.

  120 So die Anm. 6, S. 38 zit. Pisanischen, Genuesischen, Sizilischen,
      Aragonischen Bestimmungen. Ferner Statut von _Rimini_ von 1303 L.
      III, 56 (_Pardessus_ V, S. 113): „Statutum et ordinatum est quod
      nullus in districtu Arimanis navem aliquam expugnet, vel depredat
      nisi fuerit piratae vel inimicorum Arimini.“ Weiteres s. u. IV, 1.

  121 Französ. Ordonnanz von 1681, Buch III, Tit. IX; englische „Act to
      prevent the delivering up of merchants shipps“ von 1664.

  122 Consolato del mare Cap. 245, s. o. Anm. 2, S. 44.

_  123 Brunner_, D. Rechtsgesch. I, S. 273, N. 1; vgl. auch C.C.C., Art.
      218. Es ist eine der populärsten Tatsachen der Rechtsgeschichte; die
      Erzählung von der Gefangennahme _Harolds_ durch _Guy von Abbeville_
      nach seiner Strandung an der Küste von Ponthieu und seines Loskaufes
      durch Herzog _Wilhelm_ ist durch die schöne Literatur sehr bekannt
      geworden.

  124 Auth. Navigia Cod. 6, 2 const. 18 (Text oben Anm. 3, S. 40); das
      Fehlen der Bestimmung in anderen kaiserlichen Konstitutionen im
      übrigen gleichen Inhalts (Friedrichs I. vom 4. Dez. 1177, Heinrichs
      VI. von 1196, Friedrichs II. für Sizilien von 1231) ist wohl
      zufällig. Die zit. Auth. in Frankreich eingeführt durch Ludwig den
      Zänker 1315 (_Pardessus_ V, S. 253, N. 2). Ferner Rôles d’Oléron,
      Art. 45, Abs. 2 (Text oben Anm. 3, S. 40). Portug. Gesetzbuch vom
      Ende des 15. Jahrh., Buch II, Tit. XXII a. E. (_Pardessus_ VI,
      S. 311). Vgl. namentlich auch _Schuback_, S. 203 f. Nach dem
      schwedischen Gesetz _Karls XI._ von 1667, Teil V, Kap. I
      (_Pardessus_ III, S. 169) ist das Piraten gehörige Strandgut dem
      König verfallen; so auch französ. Ordonnanz von 1681, Buch IV, Tit.
      IX, Art. 18; letztere Bestimmung ist noch in Geltung. Den modernen
      Strandungsordnungen ist die ganze Ausnahme unbekannt.

  125 So in Frankreich, arrêté du Gouvernement (Kapereireglement) vom 22.
      Mai 1803, Art. 51 u. 52, Gesetz vom 10. April 1825, Art. 10 u. 16;
      vgl. _Pistoye_ et _Duverdy_, Traité des prises, S. 33 f.; der
      Begriff der Piraterie ist in dieser Hinsicht notwendig enger als der
      den Strafbestimmungen des Gesetzes von 1825 (Art. 1–4) zu Grunde
      liegende (namentlich in Rücksicht auf Art. 4, Meuterei); für den
      Artikeln 1–3 des Gesetzes entsprechende Fälle liegen Entscheidungen
      vor, die das Schiff für gute Prise erklären (_Dalloz_, Org. maritime
      946, 955). Ferner Spanien, Ordonnanz vom 20. Juni 1801, Art. 28. So
      auch _Bluntschli_, § 346, 347. Vergleichbar sind die Bestimmungen
      der Brüsseler Generalakte und des Quintuplevertrages über die
      Zusprechung des genommenen Schiffes an das Nehmeschiff.

  126 In Italien Konfiskation des Schiffes durch das Strafurteil, dann
      Verkauf und Behandlung des Erlöses, als wäre es für gute Prise
      erklärt, Cod. per la mar. merc., Art. 334, Abs. 3 und 228 f. In
      England Kondemnation des Schiffes durch besonderes Urteil eines
      Admiralty Court, Belohnung der Beteiligten nach den für die
      Tätigkeit bei der Unterdrückung des Sklavenhandels geltenden Regeln,
      „An Act to repeal an Act of the Sixth Year of King George the
      Fourth, for encouraging the Capture or Destruction of Piratical
      Ships and Vessels; and to make other Provisions in lieu thereof“,
      13. u. 14 Vict. c. 26 (1850). Ähnlich amerik. Rev. Stat. s. 4296 (3.
      März 1819) und 4297 (5. Aug. 1861).

  127 So verlangt amerik. Rev. Stat. s. 4297 nur Bestimmung des Schiffes
      zur Piraterie. Der Tatbestand der s. 4297 ist ein durchaus
      selbständiger und nicht krimineller.

  128 In Frankreich der Marinekriegsgerichte, franz. Gesetz von 1825, Art.
      17, Code de justice militaire pour l’armée de mer vom 4. Juni 1858,
      Art. 90. Desgl. in Spanien, Marinegerichtsverfassungsgesetz vom 10.
      Nov. 1894, Art. 7, Nr. 14. In Österreich Zuständigkeit der
      Militärgerichte bezüglich der von der Kriegsmarine eingebrachten
      Seeräuber, Gesetz vom 20. Mai 1869, „betreffend den Wirkungskreis
      der Militärgerichte“, § 1, Nr. 5.

  129 Nach Art. 19 des Gesetzes von 1825 sind für das Verfahren gegen
      „Complices“ französischer Nationalität, und wenn gegen solche und
      die „Auteurs principaux“ gleichzeitig vorgegangen wird, für den
      ganzen Prozeß die ordentlichen Gerichte zuständig. Nach
      österreichischem Rechte kommen nicht von der Kriegsmarine
      eingebrachte Seeräuber vor die ordentlichen Gerichte.

  130 In den Niederlanden, zuständig der Hooge Raad der Nederlanden, Art.
      93 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 18. April 1827 in der Fassung
      des Gesetzes vom 26. April 1884 (zuständig für die Tatbestände der
      Art. 381–385 und 388, 389 des St.G.B. von 1881).

  131 S. o. Anm. 2, S. 44. In England ist die Jurisdiktion über Piraten
      durch 7 u. 8 Vict. c. 2 s. 1 (1844) und 4 u. 5 Will. 4 c. 36 s. 22
      (1834) den Assisen bzw. dem Central Criminal Court eröffnet, aber
      die der Admiralität (jetzt Admiralty Division des High Court of
      Justice) nicht formell beseitigt; s. _Blackstone-Stephen_ IV,
      S. 266 f., _Harris_, Criminal Law, 10. Aufl. 1904, S. 309, _Russell_
      I, S. 268 und 263, Note o a. E. („and by the Admiralty Court, thus
      constituted, the offence of piracy ... may now be tried“; „thus
      constituted“, d. h. zusammengesetzt nach 28 Hen. 8 c. 15, 1536,
      unter Mitwirkung einer jury). In den Kolonien Zuständigkeit der
      kolonialen Courts of Admiralty, Admiralty Offences (Colonial) Act,
      1849 (12 u. 13 Vict. c. 96) und Colonial Courts of Admiralty Act,
      1890 (53 u. 54 Vict. c. 27).

  132 Mil. St.G.B. vom 15. Jan. 1855, § 490; Tod durch den Strang.

_  133 England_; für piracy juris gentium Tod und forfeiture of lands and
      goods durch 28 Hen. 8 c. 15 (1536); so auch in allen Fällen der
      stat. pir. (zit. o. S. 32, N. 2). Die Todesstrafe ist für sämtliche
      Fälle durch 7 Will. 4 u. 1 Vict. c. 88 s. 1 beseitigt, die forf. of
      lands and goods durch 33 u. 34 Vict. c. 23 überhaupt aufgehoben.
      Jetzt als Resultat aus 7 Will. 4 u. 1 Vict. c. 88 s. 3 und 20 u. 21
      Vict. c. 3 s. 2 penal servitude bis auf Lebenszeit. Ein Teil der
      Literatur bezieht 1 Vict. c. 88 s. 3 nicht auf die piracy juris
      gentium, so daß durch das Gesetz zwar die bisherige Strafe
      aufgehoben, aber keine neue bestimmt wäre, so _Stephen_, Art. 108,
      _Russell_, S. 263, N. o, die beide dann, um eine Bestrafung
      überhaupt zu ermöglichen, auf die allgemeineren Bestimmungen
      zurückgreifen, durch die im Jurisdiktionsbereich der Admiralty
      begangene Handlungen derselben Strafe unterworfen werden, der sie
      unterliegen würden, wenn sie im Inlande begangen wären. Richtig u.
      a. _Blackstone-Stephen_ IV, S. 185, _Kenny_, S. 316. Todesstrafe
      gegen pirates, aber nicht für piracy in 7 Will. 4 u. 1 Vict. c. 88
      s. 2 (s. o. S. 20, N. 2). _Ver. Staaten_; die in der Akte vom 30.
      April 1790 und in allen späteren Bestimmungen über piracy (s. o.
      S. 32, N. 2) angedrohte Todesstrafe ist durch die Akte vom 15.
      Januar 1897 beseitigt. — Das französ. Gesetz von 1825 hat ein
      kompliziertes Strafensystem, Todesstrafe in sechs Fällen; auf
      piratische Akte im Sinne des Völkerrechts steht Todesstrafe für die
      „commandants, chefs et officiers“, für die anderen Mitglieder der
      Besatzung lebenslängliche Zwangsarbeit; eine kaum mit Sicherheit
      lösbare, in der Literatur anscheinend gar nicht behandelte Frage ist
      die der Einwirkung des Art. 5 der Konstitution vom 4. Nov. 1848, der
      die Todesstrafe „en matière politique“ beseitigt, auf Art. 4, Nr. 2
      und namentlich Art. 3, Nr. 2 des Gesetzes von 1825; Art. 75 Code
      pénal, von dem letztere Bestimmung ein Anwendungsfall, aber immerhin
      eigenartiger Natur, ist, wird allgemein zur matière politique
      gezählt. — Auch die umfangreiche Spezialabhandlung von _Viaud_, La
      peine de mort en matière politique (Pariser These 1902) übergeht das
      Gesetz von 1825 mit Stillschweigen.

  134 Es ist die Form, in die sich nicht selten bei ihm neue, dem
      römischen Rechte widersprechende Rechtsgedanken kleiden.

  135 Einer Fortbildung der Lehre bei _Pufendorf_ steht dessen These der
      Unzulässigkeit der Bestrafung fremder Staatsbürger entgegen.

_  136 Loccenius_, S. 963: „a privatis invadi possunt ... salva tamen
      magistratui loci jurisdictione, et instructione de modo prosequendi
      piratas.“

  137 Auffälligerweise findet sich die Ansicht besonders in der deutschen
      Literatur. _Heffter_, § 104 (Der Sieger hat „Recht auf Leben und
      Tod“, wenn sie auf der Tat begriffen werden und von Waffen Gebrauch
      machen); _Holtzendorff_ in seinem Rechtslexikon unter „Seeraub“
      („auf frischer Tat überwältigt, darf der Seeräuber sofort vom Leben
      zum Tode gebracht werden“); _Perels_ int. öff. Seer., S. 119;
      _Binding_, Handb., S. 379, N. 6. Ferner _Bluntschli_, § 348 für den
      Fall, daß das Handelsschiff nicht imstande ist, die Gefangenen
      festzuhalten; so auch _Pradier-Fodéré_, § 2494 a. E.

  138 So _Pradier-Fodéré_, § 2491 a. E. und 2493 a. E.; _Ortolan_ I,
      S. 233; _Piédelièvre_ I, S. 580; _Wheaton_ I, S. 142; _Wharton_,
      Crim. Law, § 1864; _Hartmann_, S. 204.

  139 Daß der Staat völkerrechtlich verpflichtet sei, sie zu begründen
      oder nicht zu begründen, ist noch nirgends behauptet worden.

  140 So u. a. _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 575; _Ullmann_, S. 214;
      _Rivier_ I, S. 250.

  141 D. h. es fehlt eine von dem allgemeinen Rechte abweichende
      Spezialbestimmung; die (in der völkerrechtlichen Literatur durchweg
      übersehene) Befugnis der vorläufigen Festnahme auf frischer Tat
      betroffener und fluchtverdächtiger Personen (§ 127 St.P.O.) steht
      natürlich auch Handelsschiffen zu.

  142 Rev. Stat. s. 4298 (5. Aug. 1861): „The President is authorized to
      instruct the commanders of the public armed vessels, ferner die
      Führer der Kaperschiffe, or the commanders of any other suitable
      vessels, to subdue, seize, take, and, if on the high seas, to send
      into any port of the United States, any vessel or boat built,
      purchased, fitted out or held for the purpose of being employed in
      the commission of any piratical aggression.“

  143 Die Festnahmebefugnis eines selbst angegriffenen Handelsschiffes
      dürfte in jedem Landesrechte bestehen (Deutschland § 127 St.P.O.).
      Ob Art. 10 des franz. Gesetzes von 1825 sich hierauf oder auf ein
      allgemeines Festnahmerecht bezieht, ist nicht klar (für die weitere
      Auffassung _Pistoye_ et _Duverdy_, S. 55 f.; im übrigen bringt die
      französische Literatur generelle Behauptungen, s. Anm. 3, S. 51,
      statt das eigene Landesrecht einer Prüfung zu unterziehen).

  144 Zur Ausübung der vertragsmäßig begründeten internationalen
      seepolizeilichen Befugnisse können sich die Staaten regelmäßig nur
      der Kriegsschiffe bedienen; die Nordseefischereikonvention, Art. 26,
      läßt seitens Belgiens auch „Staatsschiffe“, die Kabelkonvention,
      Art. 10, allgemein außer Kriegsschiffen besonders dazu bestellte
      Schiffe anderer Art zu.

  145 Die alte und der größte Teil der neueren Literatur und Praxis
      stimmen überein. Typisch _Hedges_ (Judge of the Admiralty) 1696:
      „Piracy is only a sea term for robbery, piracy being a robbery
      committed within the jurisdiction of the Admiralty.“ Ferner u. a.
      _Stephen_, Crim. Law, Art. 108; _Russell_ I, S. 260; _Wharton_,
      Crim. Law, § 1860.

  146 Quaest. Jur. Publ. L. I, C. XVII: „Qui autem nullius principis
      auctoritate, sive mari sive terra rapiunt, piratarum praedonumque
      vocabulo intelliguntur.“ Diese meistzitierte aller
      Pirateriedefinitionen wird gewöhnlich mißverstanden; es ist keine
      Frage, daß sie die Lebensführung trifft, nicht einzelne Handlungen
      (rapiunt, nicht rapuerunt).

_  147 Baud_, S. 2, 3, Seeräuber im Sinne des Völkerrechts ist, wer „de
      zee eigenmachtig doorkruist met inzigt om de schepen van vriend of
      vijand, in tijd van vrede of van oorlog zonder onderscheid, aan te
      randen en te berooven“; leider findet diese in allen Punkten
      zutreffende Definition keine nähere Ausführung. Bei _Baud_, S. 3,
      N. 1, _Casaregis_: „Proprie pirata ille dicitur, qui sine patentibus
      alicuius principis et propria tantum auctoritate, per mare discurrit
      praedandi causa.“ Daselbst S. 3 _de Broglie_: „La piraterie ...
      c’est la profession de voleur de grand chemin sur la mer.“

_  148 Wheaton_ I, S. 141: „Les pirates sont ceux qui courent les mers, de
      leur propre autorité, pour y commettre des actes de déprédation,
      pillant à main-armée, soit en temps de paix, soit en temps de
      guerre, les navires de toutes les nations, sans faire d’autre
      distinction que celle qui leur convient pour assurer l’impunité de
      leurs méfaits.“ Wörtlich übereinstimmend (wie mehrfach in seiner
      Darstellung) _Ortolan_ I, S. 232. _Pradier-Fodéré_, § 2491: „Le
      propre de la piraterie, le caractère essentiel du pirate, c’est de
      courir les mers pour son compte sans y être autorisé par le
      gouvernement d’aucun Etat, dans le but de commettre des actes de
      déprédation.“ _Bluntschli_, Art. 343: „Als Piraten-, Räuber-,
      Seeräuberschiffe werden die Schiffe betrachtet, welche ohne
      Ermächtigung eines kriegführenden Staates auf Beute fahren.“

_  149 Perels_ int. öff. Seer., S. 109: „Man versteht unter Piraterie ein
      ohne staatliche Autorisation in gewinnsüchtiger Absicht auf die
      Ausübung von Gewaltakten auf See gerichtetes bewaffnetes
      Unternehmen.“ _Bonfils_, § 594: „Quiconque entreprend en mer une
      expédition armée, sans l’autorisation préalable d’un Etat, c’est un
      pirate.“ — Daß die auch in der englischen Literatur übliche
      Bezeichnung des Piraten als eines hostis humani generis mit der
      kriminalistischen Auffassung nicht verträglich ist, liegt auf der
      Hand. — Sehr bemerkenswert _Stephen_, Crim. Law, S. 79: „It is
      doubtful, whether persons cruising in armed vessels with intent to
      commit piracies, are pirates or not,“ und dazu S. 78, N. 1. Er hält
      die Aufbringung für zulässig, die Bestrafung für bedenklich. Seine
      Zweifel beheben sich mit der Unterscheidung des
      völkerrechtlich-seepolizeilichen und des
      landesrechtlich-strafrechtlichen Tatbestandes.

  150 Der „faktischen Denationalisierung“ in einem anderen, weiteren oder
      engeren als dem unten § 11 a. E. bestimmten Sinne.

_  151 Woolsey_, Introd. S. 233 (Personen, nicht „at the time pertaining
      to any established state“). Ähnlich _Bluntschli_ (§ 350: „Schiff,
      welches sich dem Verbande mit einem geordneten Staate entzogen
      hat“), der aber als Anhänger der seepolizeilichen Auffassung (s.
      Anm. 3, S. 54) nicht hierhin zu stellen ist.

  152 S. 259 („its essence consists in the pursuit of private, as
      contrasted with public, ends“), s. aber näher unten § 14. Ferner
      _Rougier_, S. 285 („le but purement privé“).

_  153 Kents_ Definition (Commentaries on American Law, 12. Aufl. 1873, I,
      S. 184): „Robbery, or a forcible depredation on the high seas,
      without lawful authority, and done animo furandi, and in the spirit
      and intention of universal hostility,“ siehe auch Report zum Penal
      Code 1901, S. XXVI (der sie annimmt) und _Kent_, Int. Law, S. 399;
      ferner _Bishop_, § 1058 (und dort, Note 3, Richter _Nelson_); Th. S.
      _Woolsey_, Right of search, S. 16; auch Mr. _Seward_, Sec. of State,
      to Mr. _Van Valkenburgh_, 19. Febr. 1869 (_Wharton_, Int. Law, §
      380). Abweichend _Wharton_, s. o. Anm. 1, S. 53 (streng
      kriminalistisch) und _Wheaton_, s. S. 54, Anm. 3 (seepolizeilich).

_  154 Attlmayr_, Internat. Seer. 1872 I, S. 19; _Den Beer Poortugael_,
      S. 181; _Fiore_, Droit international, § 494 f.; _Dalloz_,
      Organisation maritime 941; _Piédelièvre_ I, S. 578; _Samios’_
      Dissertation ist auf dem Gedanken aufgebaut (hier wie meist stark
      durch _Pradier-Fodéré_ beeinflußt. Die Arbeit ist unbedeutend). Von
      Engländern namentlich _Kenny_, S. 316; _Phillimore_, S. 491, zitiert
      in diesem Sinne Richter _Jenkins_, im entgegengesetzten, S. 501, Dr.
      _Lushington_ in The Magellan Pirates (typischer Ausdruck der
      herrschenden englischen Überzeugung, streng kriminalistisch: „All
      persons are held to be pirates who are found guilty of piratical
      acts, and piratical acts are robbery and murder upon the high
      seas.... it was never, so far as I am able to find, deemed necessary
      to inquire whether the parties so convicted had intended to rob or
      to murder on the high seas indiscriminately.“ The Mag. Pir. waren
      chilenische Aufständische).

  155 § 23, Nr. 21; Instruktion von 1877, II: „Wird ein Kommandant auf
      hoher See ... den Akt einer Seeräuberei _oder deren Vorbereitung_
      gewahr, so steht ihm das Recht zu ...“

  156 s. 4297, 5. Aug. 1861. Dagegen setzen die Queens Regulations von
      1899, Art. 450, Begehung piratischer Akte voraus.

  157 Die Möglichkeit strafrechtlicher Tatbestände dieser Art (formell
      strafrechtliche, materiell polizeiliche Tatbestände) ist natürlich
      vorhanden. Die Bedingung der Strafe durch eine effektiv
      verwirklichte bezw. versuchte Rechtsgüterverletzung ist nicht mehr
      als eine rechtspolitische Forderung.

      Als Grund für den Bruch mit sonst herrschenden strafrechtlichen
      Prinzipien könnte man die Schwierigkeit des Nachweises der einzelnen
      piratischen Akte ansehen; aber diese ist für die in Betracht
      kommenden Staaten nicht größer als für diejenigen, deren
      Strafbestimmungen gegen die Piraterie eine geschehene
      Rechtsgüterverletzung voraussetzen.

  158 Nur setzt der strafrechtliche Tatbestand Zurechnungsfähigkeit
      voraus.

  159 Die Verschiedenheiten beider Bestimmungen ergibt ihr Text.

      Niederl. St.G.B. vom 3. März 1881, Art. 381: „Als schuldig aan
      zeeroof wordt gestraft:

      1º met gevangenisstraf van ten hoogste twaalf jaren, hij die als
      schipper dienst neemt of dienst doet op een vaartuig, wetende dat
      het bestemd is of het gebruikende om in open zee daden van geweld te
      plegen tegen andere vaartuigen of tegen zich daarop bevindende
      personen of goederen, zonder ...

      2º gleiche Bestimmung für die übrigen Mitglieder der Besatzung,
      Gefängnis bis zu neun Jahren.

      Portug. St.G.B. vom 16. Sept. 1886, Art. 162: „Qualquer pessoa que
      commetter o crime de pirataria, commandando navio armado, e cursando
      o mar, sem commissão de algum principe ou estado soberano, para
      commetter roubos ou quaesquer violencias, será condemnado ...

      § 2: ähnliche Bestimmung für die Besatzung.

  160 Gesetz von 1825, Art. I, Nr. 1; völlig übereinstimmend Bras.
      St.G.B., Art. 106, § 1.

_  161 Baud_, S. 141, übersieht ganz, daß es sich nur um bewaffnete
      Schiffe handelt. _Royer-Collard_ (bei _Calvo_, § 489) hält die
      Bestimmung für rein landesrechtlich.

  162 Bei _Dalloz_, Org. marit. 947 („Lorsqu’il résulte de l’instruction
      et des renseignements transmis par le ministre des affaires
      étrangères, que l’objet d’un armement n’était pas de commettre des
      actes de piraterie“). In demselben Sinne hatte sich bei der
      parlamentarischen Beratung des Gesetzes der Berichterstatter in der
      ersten Kammer geäußert (_Pistoye_ et _Duverdy_ I, S. 33).

  163 It. Cod. p. l. mar. merc., Art. 324 („saranno considerate come
      dedite alla pirateria“); span. Ordonnanz vom 20. Juni 1801, Art. 27
      („y en caso de estar armadas en guerra, sus cabos y oficiales serán
      tenidos por piratas;“ im Gegensatz zu den Vorschriften der anderen
      Staaten ist hier der Verdacht auf Personen in führender Stellung
      beschränkt).

  164 S. o. § 1. Richtig _Pistoye_ et _Duverdy_ I, S. 416; _Gessner_,
      Droit des neutres 1865, S. 388.

  165 Piraterie als „Delikt wider das Völkerrecht“,
      „Völkerrechtswidrigkeit“, „Verletzung des Völkerrechts“ ganz
      allgemein bei den Engländern, s. o. S. 20, N. 1. Ferner u. a. bei
      _Heffter_, § 104; _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 572. Das
      mexikanische St.G.B. von 1871 behandelt sie in dem Abschnitt:
      „Delitos contra el derecho de gentes.“

  166 So _v. Martitz_ I, S. 60.

  167 Französ. Gesetz von 1825 in allen Artikeln; ital. Cod. p. l. mar.
      merc., Art. 320; niederl. St.G.B., Art 381; u. a. m.

  168 Das niederl. St.G.B., Art. 383, bedroht die Ausrüstung als
      selbständiges Delikt im Gegensatz zum Seeraub. Das norwegische
      St.G.B. kennt ein besonderes Delikt der Ausrüstung eines Schiffes
      zum Zwecke des Raubes, s. o. S. 32, N. 1.

  169 Dagegen _Pradier-Fodéré_, § 2491.

_  170 Halleck_ I, S. 396 f. bezeichnet private militärische Invasionen
      als piracy, so daß Aburteilung „in the courts of any State having
      custody of the offenders“ zulässig wäre. Vgl. ferner _Field_, Art.
      83 u. 650.

_  171 Senly_, La piraterie, Pariser These 1902, S. 98 f., konstruiert in
      der Tendenz, den Einfall _Jamesons_ in die südafrikanische Republik
      zu brandmarken, eine „piraterie terrestre“. — Es ist der einzige
      originelle Gedanke in der flüchtig zusammengeschriebenen Arbeit,
      deren letztes Kapitel (S. 129 f.) aus _Perels_, Int. öff. Seer., 1.
      Aufl. (1884 französisch erschienen) entlehnt ist.

  172 S. auch _Perels_, S. 109, 110; _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II,
      S. 574.

_  173 v. Liszt_, S. 211; _Den Beer Poortugael_, S. 182; _Fiore_, Droit
      international, § 495; Bras. St.G.B. von 1890, Art. 104, § 1; amerik.
      Rev. Stat. s. 5368.

  174 So die herrschende englische Auffassung. The High Court of Admiralty
      war zuständig für gewisse innerhalb eines besonders abgegrenzten,
      hauptsächlich das Meer umfassenden räumlichen Bezirks („jurisdiction
      of the Admiralty;“ über die Grenzen, die mit denen des staatlichen
      Seegebietes nicht zusammenfallen, siehe _Stephen_, History of the
      criminal law II 1883, S. 24 f.) begangene Verbrechen. Piracy ist
      robbery, soweit sie zur Zuständigkeit der Admiralität gehört. Vgl.
      Richter _Jenkins_, 1668, bei _Phillimore_ I, S. 491; Richter
      _Hedges_, s. o. S. 53, N. 1; _Russell_ I, S. 10; _Stephen_, Art.
      108. Stat. pir. ist die Begehung gewisser Verbrechen durch
      Untertanen in demselben Bezirk, ausdrücklich in 18 Geo. 2 c. 30
      (1744), 11 u. 12 Will. 3 c. 7 s. 9 (1698), 5 Geo. 4 c. 113 s. 9
      (1824).

_  175 Lawrence_, Principles, S. 210: „outside the territorial
      jurisdiction of any civilised state,“ so auch Handbook, S. 65;
      _Woolsey_, Right of search, S. 16. Diese Abgrenzung bezweckt die
      Erstreckung des Begriffs auf von hoher See aus in staatlosem Gebiet
      begangene piratische Akte.

_  176 Hall_, S. 260 (s. o. § 7, II, 1; ihm schließt sich an _Westlake_,
      Int. Law 1904 I, S. 177); _Woolsey_, Introduction, S. 233;
      _Piédelièvre_ I, S. 578, N. 10.

  177 Franz. Gesetz von 1825, Art. 2; ital. Cod. p. l. mar. merc., Art.
      320; mexikan. St.G.B. von 1871, Art. 1127, Abs. 1; österr. Mil.
      St.G.B., § 490.

_  178 Perels_, S. 109: ein auf die Ausübung von Gewaltakten „auf See“
      gerichtetes Unternehmen; so auch deutsche „Bestimmungen für den
      Dienst an Bord“, § 23, Nr. 21. Ferner niederl. St.G.B. von 1881, s.
      S. 60, N. 2.

  179 So _Baud_ („de zee doorkruist“); _Casaregis_ („per mare discurrit“);
      _Wheaton_, _Ortolan_, _Pradier-Fodéré_ („qui courent les mers“);
      _Bonfils_ („entreprend en mer une expédition armée“), s. die Zitate
      oben S. 54, N. 2–4. Portug. St.G.B. von 1886 („cursando o mar“), s.
      o. S. 60, N. 2.

_  180 Pradier-Fodéré_, § 2491: „peu importe pour la qualification de ce
      brigandage, qu’il s’accomplisse en pleine mer ou sur des côtes.“

  181 Die Anerkennung dieses Bedürfnisses liegt auch den Ansichten der
      S. 65, N. 4 u. 5 zitierten Autoren zu Grunde.

  182 S. o. S. 65, N. 2, 3 und S. 66, N. 1. — Der Raub an der Küste von
      der See aus findet besondere Erwähnung in dem ital. Cod. p. l. mar.
      merc., Art. 323, nur für die ital. Küste; und in den am. Rev. Stat.
      s. 5371 (15. Mai 1820), deren Tatbestand der Report zum Entwurf
      eines Penal Code 1901, S. XXVIII, als statutory piracy auffaßt.

  183 Die Angabe bei _Gareis_, _Holtzendorff_ II, S. 573, der gewaltsame
      Angriff auf Schiffe sei an der Definition unbestritten, ist insoweit
      nicht zutreffend.

_  184 Hintrager_, S. 69, ist der Ansicht, sie begreife auch Raub auf dem
      Schiffe.

  185 s. 5372: „murder or robbery or any other offense which, if committed
      within the body of a county, would by the laws of the United States
      be punishable with death;“ s. 5370: „robbery in or upon any vessel,
      or upon any ship’s company of any vessel, or the lading thereof;“
      stat. pir. nach _Kent_, Int. Law, S. 399 f.; _Wharton_, Crim. Law, §
      1862; Report zum Entwurf eines Penal Code, S. XXVI („yet if it were
      committed on a foreign vessel it would be manifestly incompetent for
      the United States to punish such an offense“); s. auch _v. Martitz_,
      Rechtshilfe I, S. 66, N. 14.

_  186 Hall_, S. 261 („revolt of the crew and conversion of the vessel and
      cargo to their own use“ in ausdrücklichem Gegensatz zur „attack from
      without“); _Lawrence_, Principles, S. 209, 210; _Bishop_, § 1059
      (und dort zit. Richter _Hedges_ 1696); _Kenny_, S. 315 („a good
      example of piracy according to International Law“); _Oppenheim_, §
      274; _Wheaton_ I, S. 143, nach dem auch fernere Verbrechen an Bord
      des Meutererschiffes Piraterie sein sollen, mit ihm übereinstimmend
      _Ortolan_ I, S. 239 und _Calvo_, § 492; endlich auch _Hintrager_,
      S. 70 und _Attlmayr_, Int. Seerecht I, 1903, S. 54.

  187 Die Tatbestände des englischen und des französischen Textes
      schließen einander aus; hier interessiert nur, daß die prise par les
      marins nicht piracy ist.

  188 11 und 12 Will. 3 c. 7 s. 9 (1698), sechs Tatbestände: „(1) if any
      commander or master of any ship, or any seaman or mariner, shall ...
      turn pirate, enemy or rebel, and piratically and feloniously run
      away with his or their ship or ships, or any barge, boat, ordnance,
      ammunition, goods or merchandizes, (2) or yield them up voluntarily
      to any pirate; (3) or shall bring any seducing message from any
      pirate, enemy or rebel; (4) or consult ... with, or attempt ... to
      corrupt any commander ... or mariner to ... (wie 1 und 2); (5) or if
      any person shall lay violent hands on his commander, whereby to
      hinder him from fighting in defence of his ship and goods; (6) or
      shall confine his master, or make or endeavour to make a revolt in
      the ship, he shall ... be ... deemed ... a pirate.“

  189 Rev. Stat. s. 5360 (30. April 1790, 3. März 1835): „if any one of
      the crew of an _American_ vessel on the high seas ... unlawfully and
      with force, or by fraud, or intimidation, usurps the command of such
      vessel from the master or other lawful officer in command thereof,
      ... he is guilty of a revolt and mutiny.“ Von piracy ist nicht die
      Rede. So auch _Wharton_, Int. Law, § 380 f. (S. 463); _Supreme
      Court_ 1818 bei _Moore_, S. 59.

  190 Französ. Gesetz von 1825, Art. 4, Nr. 1 („Tout individu faisant
      partie de l’équipage d’un navire ou bâtiment de mer français qui,
      par fraude ou violence envers le capitaine ..., s’emparerait dudit
      bâtiment“), dazu _Baud_, S. 144 f. („geene spoor van de eigenlijke
      zeerooverij“) und _Pradier-Fodéré_, § 2502; ital. Cod. p. l. mar.
      merc., Art. 327; brasil. St.G.B., Art. 104, § 3.

  191 St.G.B., Art. 386 („die zich wederrechtelijk van het schip meester
      maakt“).

  192 Übereinstimmend u. a. _Perels_, S. 110; _Pradier-Fodéré_, § 2507;
      _Piédelièvre_ I, S. 586; Mr. _Marcy_, Sec. of State, to Mr.
      _Starkweather_, 18. Sept. 1854, bei _Wharton_, Int. Law, § 380. —
      Die praktische Bedeutung der Frage beweisen die Vorgänge bei der
      russischen Flotte im Sommer 1905.

  193 Französ. Gesetz von 1825, Art. 4, Nr. 2; ital. Cod. p. l. mar.
      merc., Art. 328; brasil. St.G.B., Art. 104, § 4; England s. o.
      S. 69, N. 2.

  194 Amerik. Rev. Stat. s. 5369 (30. April 1790); brasil. St.G.B., Art.
      104, § 5; England s. o. S. 69, N. 2.

  195 Vgl. auch _G. F. v. Martens_, Kaper, § 1; _Bynkershoek_, Quaest.
      iur. publ. L. I, C. XVII, die Barbaresken „piratae non sunt ... et
      quibuscum nunc pax est, nunc bellum“.

_  196 Wheaton_ I, S. 141: „pillant ... les navires de toutes les nations,
      sans faire d’autre distinction que celle qui leur convient pour
      assurer l’impunité de leurs méfaits.“

  197 An Verletzungen der loi de guerre unter den Kriegführenden sind
      dritte Mächte nicht interessiert. Die im Text bezeichnete etwas
      seltsame Behauptung findet sich bei _Rosse_, Guide international du
      commandant de bâtiment de guerre, 1891, S. 113; _Field_, Art. 766;
      _Calvo_, § 496 (nur für Kaper). Der Gegner ist, wie regelmäßig bei
      Übertretung der Kriegsgesetze, zur Ahndung nach Maßgabe seines
      innerstaatlichen Strafrechts befugt, so auch amerik. Naval War Code
      von 1900, Art. 7 und 8 (eine Instruktion für die Marine, inzwischen
      nach Angabe _Holland’s_, Rev. d. dr. i. 1905, S. 369, wieder außer
      Kraft getreten) und ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 326 („ostilità
      contro nazionali od alleati“). — Französ. Gesetz von 1825, Art. 2,
      Nr. 3 (altes französisches Recht, Ordonnanz von 1681, Buch III, Tit.
      IX, Art. 5) und brasil. St.G.B., Art. 105, § 2 (nur für Kaper)
      bedürfen restriktiver Interpretation.

  198 Vgl. statt anderer _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 573; _Kenny_,
      S. 315.

  199 „Épaves maritimes“ im französischen, „wreck“ im englischen Rechte
      (Merchant Shipping Act, 1894, s. 510 f.) bezeichnet strand- wie
      seetriftige Güter; siehe ferner deutsche Strandungsordnung von 1874,
      § 20 f.; ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 134 f.; norweg.
      Strandungsgesetz vom 20. Juli 1893, § 1; niederl. Wetboek van
      Koophandel, Buch II, Tit. 7.

  200 Deutsche „Bestimmungen für den Dienst an Bord“, § 23, Nr. 21 („in
      räuberischer Absicht“); österr. Mil. St.G.B., § 490 (Absicht, sich
      widerrechtlich eines Schiffes oder einer darauf befindlichen Person
      oder Sache zu bemächtigen).

  201 Piracy ist robbery; _Russell_ I, S. 10, 260; _Stephen_, Art. 108;
      Richter _Hedges_ (bei _Bishop_, § 1058, N. 3); _Phillimore_ I,
      S. 488; _Kent_, Int. Law, S. 399; _Bishop_, § 1058; u. a. m. Das
      englische Recht ist unzweideutig; es schließt die gewaltsame
      Zerstörung von Schiffen und Gütern ausdrücklich aus, indem es sie
      für stat. piracy erklärt, 8 Geo. 1 c. 24 s. 1 (1721), vgl. auch
      Extradition Act, 1870, First Schedule (getrennt „Piracy by law of
      nations“ und „Sinking or destroying a vessel at sea, or attempting
      or conspiring to do so“); abweichend _Story_, bei _Walker_ Manual,
      S. 55, in U. S. v. Brig „Malek Adhel“ (dem amerikanischen Rechte
      fehlt eine der zitierten englischen entsprechende zwingende
      Bestimmung). Amerik. Rev. Stat. s. 5372 ist stat. pir., s. o. S. 68,
      N. 2.

_  202 Perels_, S. 109 („in gewinnsüchtiger Absicht“); _Heffter_, § 104;
      _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II, S. 574 (Absicht, „fremde bewegliche
      Sachen wegzunehmen“); _Ullmann_, S. 215; _Samios_, S. 43;
      _Pradier-Fodéré_, § 2491 („le but de commettre des actes de
      déprédation“); _Bonfils_, § 594; _Piédelièvre_ I a. a. O.; _Fiore_,
      Droit international, § 494 f.; _Bynkershoek_, _Baud_, _Casaregis_,
      _de Broglie_, _Wheaton_, _Ortolan_ s. o. S. 54, N. 1–3; _Klüber_,
      Völkerrecht, 2. Aufl. 1851, § 260. Der älteren Literatur ist die
      räuberische Natur des Unternehmens selbstverständlich, s. auch _G.
      F. v. Martens_, Kaper, § 1.

_  203 Despagnet_, S. 523; _Geffcken_ bei _Heffter_, § 104, N. 2;
      _Bluntschli_, § 343.

  204 Französ. Gesetz von 1825, Art. 2, Nr. 1 (déprédation ou violence à
      main armée); ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 320 (atti di
      depredazione o di grave violenza); mexikan. St.G.B., Art. 1127, Abs.
      1; brasil. St.G.B., Art. 104, § 1.

  205 In ihren dem völkerrechtlichen angenäherten Tatbeständen, niederl.
      St.G.B., Art. 381 (daden van geweld), portug. St.G.B., Art. 162
      (roubos ou quaesquer violencias).

_  206 v. Liszt_, S. 212; _Hartmann_, S. 203; _Calvo_, § 485. In neuerer
      Zeit auch einige Engländer: _Hall_, S. 258; _Lawrence_, Principles,
      S. 209; _Kenny_, S. 316; _Walker_, Manual, S. 55. Nach _Rivier_ I,
      S. 249, sind Gewalttätigkeiten ohne räuberische Absicht nicht
      Piraterie, aber un crime analogue.

  207 Nach deutschem Rechte Wegnahme beweglicher Sachen (Diebstahl) unter
      Beseitigung eines Widerstandes durch physische oder intensive
      psychische (Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben)
      Gewalt, § 249 St.G.B. Der Unterschied der Landesstrafgesetze besteht
      vornehmlich in der Verschiedenheit der geforderten Intensität der
      psychischen Gewalt und in der Erstreckung oder Nichterstreckung des
      Begriffs auf Fälle, in denen der Besitzübergang durch eigene
      Handlung des Beraubten erfolgt (weiter als das deutsche Recht z. B.
      österr. St.G.B. § 190 f. und das englische Recht, Larceny Act, 1861
      s. 40 f.).

  208 Selbst nicht nach englischer Auffassung, s. o. S. 20, N. 2 über 7
      Will. 4 und 1 Vict. c. 88 s. 2. — Mehrere Landesstrafgesetzgebungen
      enthalten Bestimmungen, die für bei Ausübung piratischer Akte
      begangene Verbrechen gegen die Person alle Teilnehmer an dem
      piratischen Akte ohne Rücksicht auf ihre Beteiligung an dem
      Verbrechen gegen die Person haften lassen, so französ. Gesetz von
      1825, Art. 6; ital. Cod. p. l. mar. merc., Art 320; span. St.G.B.,
      Art. 156, Nr. 2–4; niederl. St.G.B., Art. 382; portug. St.G.B., Art.
      162, § 1; vgl. auch deutsches St.G.B., § 251.

  209 Der letztere Fall, der in der Literatur übersehen zu werden pflegt,
      ist nicht ohne Bedeutung (Freigabe gegen Lösegeld).

  210 Piraterie und die äußerste Form der Überwindung physischen
      Widerstandes, Mord und Körperverletzungen, sind untrennbar. Wenn
      einzelne englische Autoren und Richter die piracy als „robbery and
      murder upon the sea“ bestimmen (_Travers Twiss_, Int. Law I, S. 291;
      Dr. _Lushington_ bei _Phillimore_ I, S. 501), so ist wohl murder
      nicht als ein selbständiger piratischer Akt, sondern als das der
      piratischen robbery gewöhnliche Mittel gedacht.

  211 Nach deutschem Strafrecht liegt letzterenfalls Erpressung vor, wie
      auch dann, wenn die Drohung nicht eine solche mit gegenwärtiger
      Gefahr für Leib oder Leben ist.

  212 Das Motiv des Unternehmens, wie es in diesem unmittelbar zum
      Ausdruck kommt. Die mittelbaren Motive können anderer Art sein.

  213 Eine in dieser Beziehung sehr ähnliche Erscheinung ist das
      gewerbsmäßige Schmugglertum.

_  214 Ortolan_ I, S. 232, sie sind auf dem Meere, was auf dem Lande „ces
      bandes organisées volant et assassinant sur les grandes routes“; _de
      Broglie_ s. o. S. 54, N. 2; _Pradier-Fodéré_, § 2491, „leur criminel
      métier (en prenant ce mot pour exprimer ce qu’on a coutume de
      faire)“. Sehr bemerkenswert _Stephen_, Crim. Law, S. 78, N. 1: „The
      language of several of the statutes given in Articles 112, 113, and
      114 [8 Geo. 1 c. 24 s. 1; 11 u. 12 Will. 3 c. 7 s. 9] seems to imply
      that a pirate is the name of a known class of persons, like a
      soldier or sailor, and that a man may be a pirate though he has
      never actually robbed, as he may be a soldier though he has not
      actually fought“ (Text der zit. stat. s. o. S. 35, N. 2 und S. 69,
      N. 2).

  215 Es könnte nach mehreren Stellen scheinen, als teile _Hall_
      _Bluntschlis_ Standpunkt, etwa S. 258: „When the distinctive mark of
      piracy is seen to be independence or rejection of state or other
      equivalent authority ...“ Aber der wahre Sinn dieser und ähnlicher
      Stellen wird klar, wenn er (S. 257) erklärt: „A pirate either
      belongs to no state or organised political society, _or by the
      nature of his act_ he has shown his intention and his power to
      reject the authority of that to which he is properly subject.“ Im
      Sinne englischer Denkweise ist ihm die Piraterie ein einzelner
      Gewaltakt; die angebliche „distinctive mark“ des Tatbestandes
      betrachtet er nicht als konstitutives Merkmal desselben, sondern als
      mit ihm gegeben, nicht als Voraussetzung, sondern als Folge des
      Tatbestandes. Vgl. aber S. 85, N. 3. — Die Unrichtigkeit seiner
      Auffassung liegt auf der Hand. Man kann nicht behaupten, daß ein
      Nationalschiff, das etwa einen Akt unerlaubter Selbsthilfe begeht,
      um dann friedlich seinen Weg fortzusetzen, sich willens und imstande
      gezeigt hätte, die Autorität der heimischen Staatsgewalt
      abzuschütteln; man müßte anderenfalls durch überhaupt jedes
      Verbrechen eine solche Absicht und Fähigkeit erwiesen sehen.

_  216 Hall_, S. 259; _Rougier_, S. 285; _Bishop_, § 1058.

  217 Die Definition läßt eine Vergleichung zu mit derjenigen des
      „politischen Verbrechens“, die in diesem einen fest umgrenzten
      Komplex strafrechtlicher Tatbestände sieht (objektive Theorie).

  218 Mit solchen Staaten können Vertragsbeziehungen bestehen, größtes
      historisches Beispiel die vormaligen Beziehungen der christlichen
      und der mohammedanischen Welt. Partielle Geltung einer Rechtsordnung
      für insoweit mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete, der
      Rechtsgenossenschaft nicht angehörende Personen ist eine ganz
      gewöhnliche Erscheinung.

  219 Über die Beziehungen zu dem im Bürgerkriege befindlichen Staate
      selbst siehe unten III, 1 a. A.

  220 Gegensatz: Völkerrechtliche Verpflichtung zur Nichtausübung der
      vorhandenen Fähigkeit.

  221 S. o. S. 30, N. 1, Verurteilung autorisierter malayischer Piraten.

  222 Vgl. _Triepel_, S. 349; über das völkerrechtliche Delikt im
      allgemeinen _v. Liszt_, S. 185 f.

  223 Sie ist, soviel wir sehen, nirgends behandelt.

  224 Wie das Kriegsrecht zeigt. So ist z. B. aus Art. 1 der Haager
      Konvention über die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges zu
      entnehmen, daß Beteiligung am Kampfe ohne Vorliegen der in diesem
      Artikel bestimmten Voraussetzungen trotz landesrechtlicher
      Autorisierung oder staatlichen Befehls strafrechtliche Verantwortung
      gegenüber dem bekämpften Staate begründet.

  225 Darüber, wann sie eintritt, s. u. III. Im Kriege ist sie ohnehin
      gegeben.

  226 Dies scheint _Bluntschli_, § 349, anzunehmen.

  227 Vgl. auch _Lawrence-Wheaton_, Commentaire, Leipzig 1868 I, S. 162;
      Dr. _Lushington_ bei _Phillimore_ I, S. 501: „Even an independent
      State may ... be guilty of piratical acts.“

_  228 v. Martitz_, Rechtshilfe I, S. 50.

  229 Der Staat haftet für die eigene Unterlassung; so die durchaus
      herrschende Meinung seit _Grotius_ und _Pufendorf_. Die gegen sie
      gerichteten Ausführungen _Triepels_ (S. 324 f.), wonach der Staat
      für die Tat des einzelnen hafte (S. 384: „nicht _wird_ der Staat
      erst, wie es immer heißt, durch seine Indolenz verantwortlich für
      die Tat, sondern er war verantwortlich und bleibt es, wenn er
      verabsäumt, wozu er wegen der Tat verpflichtet ist“), verwandeln die
      mit der Anerkennung des Staates gegebene selbständige Pflicht der
      Bestrafung und die Haftung für verschuldete Versäumnis dieser
      Pflicht in eine einheitliche Haftung für fremdes Verschulden. Diese
      künstliche Konstruktion ist nicht notwendig. Es ist eine bloße
      Konstruktion, denn daß der Inhalt der Haftung bei hinzutretendem
      Verschulden des Staates ein anderer wird, erkennt auch _Triepel_ an
      (die ursprüngliche Pflicht ist die Pflicht der Bestrafung, „zur
      Entstehung der Reparationsverbindlichkeit bedarf es nun allerdings
      nach der gegenwärtig herrschenden Staatenpraxis einer zur Verletzung
      durch den einzelnen hinzutretenden Verschuldung seines Staates“).

  230 Es entscheidet der Zeitpunkt, in dem das Piratenschiff das
      Jurisdiktionsgebiet des Staates verläßt.

_  231 Woolsey_, Introduction, § 213, bemerkt richtig, daß auch gegenüber
      Kriegsschiffen ein Durchsuchungsrecht bei Piraterieverdacht besteht.

  232 Dies tut u. a. _Oppenheim_, § 273. Meist übergeht die in Frage
      kommende Literatur den Punkt mit Stillschweigen. _Hall_, S. 264,
      hilft sich über die Schwierigkeit, indem er hier plötzlich die
      Lösung des Schiffes vom Heimatstaate, die doch sonst mit dem
      piratischen Gewaltakte gegeben sein soll (s. o. S. 79, N. 1), als
      ein konstitutives Merkmal des Begriffes einführt („it cannot be
      treated as a pirate unless it has evidently thrown off its
      allegiance to the state“).

  233 In dem Vertrage über den Schutz der unterseeischen Telegraphenkabel,
      Art. 10, ebenso im Quintuplevertrag, Art. 4, ist die Ausübung der in
      ihnen geregelten internationalen, seepolizeilichen Hoheitsrechte
      gegen Kriegsschiffe untersagt. In beiden Verträgen stehen nur
      einzelne Handlungen (im Gegensatz zu gewerbsmäßiger Verübung von
      Gewaltakten) in Frage

  234 Z. B. stand im amerikanischen Rechte bis zu der Akte vom 15. Januar
      1897 auf alle Fälle der piracy Todesstrafe.

  235 So ist die Charakterisierung illegaler Kaperei als Piraterie zu
      verstehen.

  236 Im älteren englischen Rechte, s. o. § 2, III, 1.

_  237 Perels_, S. 104, zählt hierhin:

            „1. nach partikulärem Recht Schiffe, die den
            Negersklavenhandel betreiben;
            2. Kaper unter gewissen Umständen;
            3. Schiffe, welche ohne Flagge oder unter einer von keiner
            Staatsgewalt sanktionierten Flagge fahren, oder solche, die
            eine Nationalflagge usurpieren und unter derselben Gewaltakte
            ausüben.“

      Im Zusammenhang mit der letzten Gruppe behandelt er namentlich auch
      die Kriegsschiffe Aufständischer.

  238 S. o. § 12, II, 2. Es kommen nicht nur piratische Akte in Frage.

  239 Eine solche Maßnahme ist rechtlich möglich, vgl. auch die deutsche
      Allgemeine Dienstinstruktion für die Konsulate vom 6. Juni 1871, zu
      § 30 des Konsulargesetzes, wonach der Konsul einem deutschen Schiffe
      eröffnen kann, daß es, „solange es die Nationalflagge nicht führt,
      als ein deutsches nicht angesehen werden könne, also weder des
      Schutzes seitens des Konsulats, noch der Rechte werde teilhaftig
      werden, welche die Verträge mit dem Auslande den deutschen Schiffern
      einräumen.“

  240 Eine derartige einseitige Ablehnung hebt die Verantwortlichkeit
      nicht auf; für sie gelten nach wie vor die allgemeinen Grundsätze
      (s. o. § 12 III).

  241 Der Huascar, 1877, wurde in den peruanischen Hoheitsgewässern
      angegriffen, die Crête à Pierrot lag im innersten Hafen von Gonaives
      vor Anker; s. näher S. 94, N. 4.

  242 Nur auf das Küstenmeer bezieht sich die Streitfrage über die
      Zulässigkeit der Verfolgung eines Piratenfahrzeuges in fremde
      Hoheitsgewässer; s. _Perels_, S. 115.

  243 Vgl. _Perels_, S. 111; _Pradier-Fodéré_, § 2510, 2511; _Piédelièvre_
      I, S. 587; _Rougier_, § 64–66; Journal de droit int. privé 12
      (1885), S. 661 f. Abweichend _Geffcken_ bei _Holtzendorff_ IV,
      S. 576 f. (seine Ausführungen sind sehr flüchtig).

  244 Wie _Hall_ auch _Lawrence_, Principles, S. 211.

  245 „Its [piracy] essence consists in the pursuit of private, as
      contrasted with public, ends.“

  246 Die Begründung ist auffällig, da _Hall_ im allgemeinen die Richtung
      gegen alle Nationen der Piraterie nicht wesentlich hält.

  247 Ob eine „politisch organisierte Gemeinschaft“ vorliegt, ist „a
      question of fact“, S. 260.

  248 So auch _Kenny_, S. 315; _Walker_, Manual, S. 56, N. 1. Abweichend
      _Perels_, S. 175 („Autorisation eines Prätendenten“); _v. Liszt_,
      S. 211 (er äußert sich nur über Kaperschiffe); _Phillimore_ I,
      S. 506 f. (Kaper Jakobs II.). _G. F. v. Martens_, Kaper, § 11, ist
      unentschieden.

  249 Deutsche „Bestimmungen für den Dienst an Bord“, § 21, Nr. 16; Queens
      Regulations von 1899, Art. 450; Regulation for the Government of the
      navy of the United States von 1900, Art. 306.

  250 Präzedenzfälle bei _Perels_, S. 110 f., _Rougier_, § 65 und
      besonders _Pradier-Fodéré_, § 2510 f.

  251 Von dem Grundsatze der Nichtintervention gehen die Mächte auch bei
      Aufforderung der durch die Revolution bedrohten Regierung nicht ab;
      der Aufforderung Spaniens in dem Bürgerkriege von 1873 (Dekret vom
      20. Juli; ferner Note an Großbritannien, Staatsarchiv 1874, Nr.
      5218), die Rebellenflotte als Piraten zu behandeln, kamen sie nicht
      nach, s. Staatsarchiv 1874, Nr. 5219 (Großbritannien), 5226
      (Frankreich), 5227 (Deutschland). Ähnlich brasil. Erklärungen
      gegenüber Aufforderungen Argentinas 1873 (Fall der Porteña,
      _Pradier-Fodéré_, § 2511) und Spaniens 1877 (Montezuma,
      _Pradier-Fodéré_ a. a. O.). Das egoistische Interesse schwacher
      Regierungen ist kein Interesse der Völkerrechtsgemeinschaft.

  252 England: der Huascar, 1877 (Bericht bei _Pradier-Fodéré_, § 2512,
      _Halleck_ I, S. 388 f.), ein peruanisches Kriegsschiff in den Händen
      von Aufständischen, hatte englische Handelsschiffe angehalten und
      von einem derselben Kohlen weggenommen; er wurde von englischen
      Kriegsschiffen in den peruanischen Gewässern angegriffen, entkam
      aber; in Südamerika entstand eine große politische Erregung gegen
      England (die Darstellungen _Pradier-Fodéré’s_ und _Calvo’s_ sind
      durch sie beeinflußt); die englische Regierung erklärte im
      Unterhause nicht ohne Widerspruch (_W. Harcourt’s_, s. _Geffcken_
      bei _Holtzendorff_ IV, S. 570) den Huascar für einen Piraten. In
      demselben Sinne in dem spanischen Bürgerkriege von 1873 das
      auswärtige Amt an die Admiralität, 24. Juli 1873, Staatsarchiv 1874,
      Nr. 5219 (vgl. S. 94, N. 3).

      Deutschland: am 6. Sept. 1902 bohrte der „Panther“ das in den Händen
      Aufständischer befindliche haitanische Kanonenboot Crête à Pierrot,
      das am 2. Sept. in den haitanischen Gewässern von dem deutschen
      Dampfer Markomannia der haitanischen Regierung gehörige Waffen
      weggenommen hatte, im Hafen von Gonaives in den Grund; Bericht
      Marinerundschau 1902, S. 1189 f., ferner Besprechung in der Rev.
      gén. 1903, S. 315 f. Die Berechtigung des Vorgehens ist ohne
      Zweifel; es war eine repressive Intervention mangels Funktionierens
      der staatlichen Strafrechtspflege; die — politisch gehässige —
      Besprechung in der Revue générale, die Deutschland des
      Völkerrechtsbruches beschuldigt, geht davon aus, daß die Wegnahme
      der Waffen rechtmäßig gewesen sei, da die Markomannia sich durch den
      Transport derselben einer Verletzung des Prinzips der
      Nichtintervention in Bürgerkriegen schuldig gemacht habe und die
      Waffen demzufolge _Kontrebande_ im Sinne des Völkerrechtes gewesen
      seien; die Auffassung ist seltsam verworren („Les devoirs imposés
      aux Etats par la non-intervention sont sensiblement les mêmes que
      ceux de la neutralité, mais ils affectent le caractère d’une
      obligation morale plutôt que d’une obligation juridique“); ein
      Minimum juristischer Bildung genügt, ihre Unhaltbarkeit zu erkennen.
      Die deutsche Regierung bezeichnete die Crête à Pierrot als Seeräuber
      (Marinerundschau, S. 1189). Die amerikanische Regierung soll dem
      nicht beigestimmt haben, weil die Beschlagnahme der Waffen innerhalb
      der Dreimeilenzone stattgefunden hatte (piracy, ein Akt upon the
      high seas, Rev. Stat. s. 5368), ohne die Berechtigung des deutschen
      Eingreifens zu bestreiten (Köln. Zeitung 1902, Nr. 707).

  253 Wäre der „Huascar“ aus dem Rechtsgrunde der Piraterie angegriffen
      worden, so würde in der Tat „une flagrante violation de l’immunité
      territoriale“ (peruanische Regierung, _Pradier-Fodéré_, § 2512)
      vorgelegen haben. Nicht anders in dem Falle der Crête à Pierrot, s.
      auch vorige Note a. E.

  254 Erklärung des Attorney-General im Unterhause, _Halleck_ I, S. 390:
      „In strictness the crew of the ‚Huascar‘ were pirates, and might
      have been treated as such; but it was one thing to say that,
      according to the strict letter of the law, people have been guilty
      of acts of piracy, and another to advise that they should be tried
      for their lives and hanged at Newgate;“ die Queens Regulations (Art.
      450 der Fassung von 1899, gegen damals nicht verändert) schreiben
      aber sehr deutlich vor, daß wahre Piraten dem nächsten zuständigen
      Gerichte zuzuführen sind, „that they may be dealt with according to
      law“. Auch das deutsche Vorgehen gegen die Crête à Pierrot war von
      strafprozessualen Gesichtspunkten frei, der Besatzung wurde freier
      Abzug gewährt.

  255 Die Repression der Piraterie ist eine völkerrechtliche, die
      Intervention eine staatsrechtliche Pflicht (Schutzpflicht).
      Deutschland, s. die Angaben in N. 2. Frankreich, ebenda und décret
      sur le service à bord vom 20. Mai 1885, Art 138. England, Queens
      Reg. von 1899, Art. 450, zweiter Teil in Verbindung mit Art. 447,
      ferner sehr deutlich Auswärtiges Amt an die Admiralität 24. Juli
      1873 (Staatsarchiv 1874, Nr. 5219): „If such vessels commit any acts
      of piracy affecting British subjects or British interests, they
      should be treated as pirates ... but if they do no such act they
      should not be interfered with,“ im Gegensatz zu der die wahre
      Piraterie betreffenden Anweisung der Queens Regulations, Art. 450,
      erster Teil, die ausdrücklich auch „piratical acts against the
      vessels and goods of the subjects of any Foreign Power in amity with
      Her Majesty“ als Grund zum Einschreiten nennt. Vereinigte Staaten,
      Regulation for the Government of the navy von 1900, Art 306.
      Brasilien, Anweisung des Ministers des Auswärtigen in der Affaire
      der Porteña (s. o. S. 94, N. 3), bei _Pradier-Fodéré_, § 2511: „Nos
      escadres ne traitent pas comme pirates les navires soupçonnés
      d’appartenir aux insurgés d’une nation, si ce n’est dans le cas où
      ces navires porteraient atteinte au pavillon brésilien, aux
      personnes ou aux propriétés brésiliennes.“

  256 Deutschland, 9. Aug. 1873, deutscher Botschafter an den englischen
      Minister des Auswärtigen, Staatsarchiv 1874, Nr. 5227 (Übersetzung):
      „In this question my Government takes as basis: 1. In principle,
      non-intervention ... 2. Limiting military action exclusively to the
      protection of German life and property;“ ferner Bestimmungen für den
      Dienst an Bord, § 21, Nr. 16, Abs. 2: „Ein Einschreiten ist in
      solchen ... Fällen [gegen „Schiffe, welche im Besitz von
      Aufständischen sind“] nur so weit zulässig, als dies zum Schutz des
      Lebens, der Freiheit oder des Eigentums deutscher Reichsangehöriger
      erforderlich ist und die Gefahr auf andere Weise nicht abgewendet
      werden kann.“ Frankreich, Instruktion an die Schiffskommandanten vom
      4. Aug. 1873, Staatsarchiv 1874, Nr. 5226, kein Einschreiten gegen
      die Schiffe der Aufständischen außer dem Falle „que vous auriez à
      faire usage du droit de protection qui vous incombe en vertu de vos
      fonctions“. Vereinigte Staaten, Forderung der intention of general
      hostility (s. o. S. 57, N. 1), so auch Botschaft des Präsidenten
      _Cleveland_ vom 8. Dez. 1885 (_Perels_, S. 112, N. 1): „... neither
      could the vessels of insurgents against the legitimate sovereignty
      be deemed hostes humani generis within the precepts of international
      law“ (anders die Proklamation _Lincolns_ vom 19. April 1861
      betreffend die Flotte der Südstaaten). — Auf dem richtigen Wege auch
      Dr. _Lushington_ in The Magellan Pirates bei _Phillimore_ I,
      S. 498 f., Handlungen Aufständischer gegen den eigenen Staat sind
      nicht Piraterie, „it does not follow that rebels and insurgents may
      not commit piratical acts against the subjects of other States,
      _especially if such acts were in no degree connected with the
      insurrection or rebellion_“.

  257 Die hauptsächlichste Gewähr gegen ihr Wiederaufleben liegt in der
      modernen Einrichtung der „freiwilligen Flotte“, „Hilfsflotte“; vgl.
      auch spanisches Dekret vom 24. April 1898 (Rev. gén. 1898, S. 761),
      Art 4: „Le gouvernement espagnol, maintenant son droit de concéder
      des patentes de course ... organisera, pour le moment, avec des
      navires de la marine marchande, des croiseurs auxiliaires de la
      marine militaire.“

  258 So französ. Arrêté du gouvernement vom 22. Mai 1803; span. Ordonnanz
      vom 20. Juni 1801.

  259 Versuch über Kaper, 1795. Die zahlreichen, meist tendenziösen,
      modernen Schriften über das Thema erreichen _Martens’_ Abhandlung
      weder an Vollständigkeit noch an Durchdringung des Materials.

_  260 G. F. v. Martens_, § 5 u. 6 („sofern man also den Unterschied
      zwischen unseren Kapern und den Seeräubern darin setzt, daß erstere
      mit besonderer Erlaubnis einer kriegführenden Macht versehen sind
      ...“); s. auch oben S. 38, N. 6.

_  261 Wheaton_ II, S. 18; _Kenny_, S. 316 („Even though their action be
      spontaneous and without any commission at all from the Power whose
      interests they serve“); _Piédelièvre_ I, S. 585. Abw. v. _Liszt_,
      S. 335.

  262 Vgl. auch § 12, II, 2. Es ist geschehen im ital. Cod. p. l. mar.
      merc., Art. 322 („senza essere provveduta di lettere di marco“, eine
      Voraussetzung, die die einer Autorisation als das kleinere
      einschließt) und im brasil. St.G.B., Art 105, § 1, während z. B. das
      französ. Gesetz von 1825 eine dahingehende Bestimmung nicht enthält
      (Art 2, Nr. 2: „un navire ... étranger, lequel, _hors l’état de
      guerre_ ... commettrait lesdits actes envers des navires français
      ...“).

  263 Denn sie widerspricht den Kriegsgesetzen. Preuß. Allgem. Landrecht
      I, 9, § 206 (noch in Geltung): „Wer ohne diese [Kaperbriefe] auf
      Kaperei ausgeht, wird als ein Seeräuber angesehen;“ so auch holländ.
      Gesetz von 1597 (_Baud_, S. 79 f.) und darauf gestützt
      _Bynkershoek_, Quaest. Jur. Publ. L. I, C. XVII.

      Im allgemeinen betrachtet der Heimatstaat das Schiff nicht als
      Piraten, vgl. französ. Gesetz von 1825, Art. 2, Nr. 1 (Gewaltakte
      französischer Schiffe Piraterie nur, wenn gerichtet „envers des
      navires français ou des navires d’une puissance avec laquelle la
      France ne serait pas en état de guerre“) und brasil. St.G.B., Art.
      104, § 1. Ital. Cod. p. l. mar. merc., Art. 322, Abs. 2 und span.
      St.G.B. von 1870, Art. 155, Abs. 2 bezeichnen zwar die Handlungen
      als piratische, stellen aber einen wesentlich milderen Strafrahmen
      für sie auf; das spanische St.G.B. von 1848 ließ sie noch straflos.
      Über das englische Recht s. folgende Note.

  264 Strafbarkeit ausgeschlossen im französischen (s. S. 98, N. 3),
      italienischen (Cod. p. l. mar. merc., Art. 321, Gewalthandlungen
      fremder Schiffe nur, wenn „fuori dello stato di guerra“ begangen,
      als Piraterie bezeichnet und strafbar) und brasilischen (St.G.B.,
      Art. 105, § 1) Rechte. Dementgegengesetzt scheinen die Queens Reg.,
      Art. 450 (und ähnlich schon die Naval Reg. von 1787 und 1826, bei
      _Halleck_ II, S. 12, N. 1): „Should any armed vessel, not having a
      Commission of War ... from a Foreign de facto Government, commit
      piratical acts and outrages against the vessels and goods of Her
      Majesty’s subjects, or of the subjects of any other Foreign Power in
      amity with Her Majesty ... such vessel is to be seized ...;“ wenn
      aber, wie daraus ersichtlich, das englische Recht den Angriff
      fremder Schiffe auf Feinde Englands nicht als Piraterie betrachtet,
      so kann es sich nicht wohl berufen fühlen, ihre Hostilitäten gegen
      Feinde ihrer eigenen Nation als solche zu reprimieren.

  265 So die durchaus herrschende Meinung. _G. F. v. Martens_, Kaper, §
      14; _Nau_, Grundsätze des Völkerseerechts, 1802, S. 395; _Perels_,
      S. 174; _Ortolan_ I, S. 246; _Wheaton_ I, S. 142; _Phillimore_ I,
      S. 503; _Hall_, S. 262; _Woolsey_, Introduction, S. 234; u. a. m.
      Abweichend _Pradier-Fodéré_, § 2506; _Gareis_ bei _Holtzendorff_ II,
      S. 581. Der Fall ist besonders genannt im niederl. St.G.B., Art.
      381, Abs. 2.

  266 Die Autorisation ist rechtsförmig, Außerachtlassung der Form eine
      Völkerrechtsverletzung. Wie der Text _G. F. v. Martens_, Précis, §
      288: „Celui qui, sans lettres de marque, commettrait des hostilités
      sur mer, peut être puni comme pirate, tant par l’ennemi que par son
      souverain;“ so auch Kaper, § 10. Das englische (s. S. 99, N. 5),
      italienische (S. 98, N. 3) und brasilische (S. 98, N. 3) Recht
      erklären den Kriegsgegner ohne Kaperbrief für einen Piraten; nach
      deutschem Rechte würden die Bestimmungen des St.G.B. über Mord, Raub
      usw. Anwendung finden.

  267 Piraterie soll vorliegen nach _Saripolos_, Griechisches Strafrecht,
      1870, § 561 γ und _Senly_, La piraterie, 1902 (s. o. S. 64, N. 5),
      S. 79. Dagegen betrachten _v. Liszt_, S. 336 und _Piédelièvre_ I,
      S. 585, den Kaper selbst als überhaupt nicht verantwortlich. Richtig
      Revue générale IV, 1897, S. 695: „L’abolition de la course aurait eu
      pour effet de permettre à chacun d’eux [Griechenland und der Türkei]
      de considérer les corsaires de l’autre comme pirates.“

  268 Vgl. _G. F. v. Martens_, Kaper, § 18 (bei Wegnahme von Schiffen in
      den Flüssen des Feindes wird der Kaper nicht „als rechtmäßiger Feind
      angesehen, sondern als Seeräuber gestraft“) und dort Note o
      Nachweisungen über das Landesrecht; _Baud_, S. 95 f. (niederl.
      Placaat vom 24. Februar 1696 und mehrere spätere setzen Todesstrafe
      auf das bloße Eindringen feindlicher Kaper in die niederländischen
      Flüsse); _Wheaton_ II, S. 87.

  269 Hierzu _G. F. v. Martens_, Kaper, § 10; _Perels_, S. 174.

  270 Nicht Piraterie (kein Einschreiten des neutralen Staates) _Wheaton_
      I, S. 141; _Kent_, Int. Law, S. 409; _Woolsey_, Introduction,
      S. 234; _Phillimore_ I, S. 503; _Ortolan_ I, S. 239;
      _Pradier-Fodéré_, § 2503; _Piédelièvre_ I, S. 584. Der Heimatstaat
      ist völkerrechtlich verantwortlich, wenn die Verfolgung der
      Entschädigungsansprüche der Neutralen vor seinen Gerichten nicht zum
      Ziele führt, amerik.-englischer Schiedsvertrag vom 19. Nov. 1794,
      Art. 7 (_La Fontaine_, Pasicrisie internationale 1902, S. 5).

  271 Nicht Piraterie: _Bynkershoek_, Quaest Jur. Publ. I, XVII; _Fiore_,
      Droit int., § 495; _Samios_, S. 37. Abw. _Rivier_ II, S. 259.

  272 Doch bedrohen Brasil. St.G.B., Art. 104, § 2 und Niederl. St.G.B.,
      Art. 381, Abs. 2 Überschreitungen der Kommission ganz allgemein
      (nicht in Beschränkung auf Verletzungen der eigenen Interessen) als
      piratische Akte. _Perels_, S. 173 f. und 110, bezeichnet die im Text
      beschriebenen Tatbestände als „Quasipiraterie“, ohne sich über die
      Rechtsfolgen (ob internationale Verfolgung) näher auszulassen.

  273 Eine Äußerung darüber, ob sich der autorisierende Staat einer
      Völkerrechtsverletzung schuldig mache, sucht man in der Literatur
      vergeblich; auch das Landesrecht ergibt nichts darüber.

  274 Französ. Ordonnanz von 1681, Buch III, Tit. IX, Art. 5: „Tout
      Vaisseau ... ayant Commission de deux differens Princes ou Estats,
      sera ... de bonne prise; et s’il est Armé en Guerre, les Capitaines
      et Officiers seront punis comme Pirates,“ ähnlich Kapereireglement
      vom 22. Mai 1803 und jetzt Gesetz von 1825, Art. 1, Nr. 2. Span.
      Kapereiordonnanz vom 20. Juni 1801, Art. 27. Ital. Cod. p. l. mar.
      merc., Art. 325. Brasil. St.G.B., Art. 105, § 3. Niederl. Placaat
      vom 29. Januar 1658 (_Baud_, S. 91). Die Bestimmungen beziehen sich
      auch auf ausländische Schiffe und Nichtuntertanen. Doch zwingt der
      ganze Komplex von Vorschriften nicht unbedingt zu der Annahme, daß
      ihm die Auffassung der Gleichheit des Tatbestandes mit dem der
      Piraterie zugrunde liegt. Denn die prisenrechtlichen Vorschriften
      (französ. Ordonnanz von 1681 und Kapereireglement von 1803, span.
      Ordonnanz von 1801) denken wohl daran, daß sich die mehrfache
      Kommissionierung bei der Kontrolle fremder Kaper durch französische
      bezw. spanische Kriegsschiffe (über die Zulässigkeit einer solchen
      Überwachung vgl. _Hall_, S. 526) herausstellt; und die
      strafrechtlichen setzen nicht notwendig Inanspruchnahme eines
      Aufbringungsrechtes in einem ihnen entsprechenden Umfange voraus.

_  275 G. F. v. Martens_, Kaper, § 14; _Phillimore_ I, S. 503;
      _Pradier-Fodéré_, § 2506; auch _Perels_, S. 174.

  276 So _Ortolan_ (im Zusammenhang mit seiner Ansicht, daß Kaperei durch
      ein nicht dem autorisierenden Staate angehöriges Schiff Piraterie
      sei) I, S. 246; wie er _Calvo_, § 496. — _Bynkershoek_, Quaest Jur.
      Publ. I, XVII (im Anschluß an die niederländische Gesetzgebung, s.
      S. 101, N. 4) und _Rivier_ II, S. 259, scheinen allgemein Piraterie
      anzunehmen.

  277 Nicht einmal dem Staate, dessen Nationalflagge mißbräuchlich geführt
      wird, steht die Befugnis der Kontrolle auf hoher See zu, vgl. die
      Schlußbestimmung in § 3 b der deutschen Verordnung vom 21. Aug. 1900
      (die Kriegsschiffe haben die unbefugte Führung der Nationalflagge zu
      verhindern) in Verbindung mit den „Bestimmungen für den Dienst an
      Bord“ von 1903, § 23, Nr. 11 f (Einschreiten auf hoher See nur bei
      Übertretung der Verordnung durch _deutsche_ Handelsschiffe
      gestattet). Beiläufig hat die erwähnte Bestimmung des § 3 b in dem §
      22 des Flaggengesetzes, in dessen Ausführung die Verordnung von 1900
      ergangen ist, keine Grundlage.

_  278 Vattel_ L. III, C. XV, § 229; _G. F. v. Martens_, Kaper, § 13
      („nichts hindert, auch Untertanen neutraler oder alliierter Mächte
      Markbriefe zu geben, wenn diese in dem Fall sind, sie nachsuchen zu
      können“); _Pradier-Fodéré_, § 2505; _Kent_, Int. Law, S. 410;
      _Hall_, S. 262 f. („some writers hold, that usage ought to be
      modified“); _Halleck_ I, S. 398 Note; _Travers Twiss_, Int. Law II,
      S. 419.

  279 Der Gegner kann die Besatzung strafrechtlich verantwortlich machen;
      so wohl _Phillimore_ I, S 504: „That such a vessel is guilty of a
      gross infraction of International Law, that she is not entitled to
      the liberal treatment of a vanquished enemy, is wholly
      unquestionable; but it would be difficult to maintain that the
      character of piracy has been stamped upon such a vessel by the
      decision of International Law.“

_  280 Perels_, S. 172 f.; _Ortolan_ I, S. 243 f.; _Bonfils_, § 1273;
      _Rivier_ II, S. 259.

  281 Die Frage ist zu bejahen. So _G. F. v. Martens_, Kaper, § 13 („da es
      aber der Neutralität nicht gemäß ist, zu gestatten, daß Untertanen
      durch dergleichen Kapereien den einen kriegführenden Teil
      unterstützen und dem anderen schaden, so verbieten alle Staaten
      überhaupt Markbriefe von einer fremden Macht ohne Erlaubnis ihres
      Souverains anzunehmen, und viele Verträge verpflichten sie sogar,
      ... ihren Untertanen dieses zu untersagen.“ Er fährt fort:
      „Gleichwohl ist die kriegführende Macht, wider welche sie solche
      Markbriefe erlangt hätten, nicht berechtigt, sie als Seeräuber zu
      behandeln“); _Heffter_, § 148.

  282 Vgl. N. 2. Sie haben den Sinn der Erfüllung einer
      Neutralitätspflicht, doch wird namentlich den älteren auch das rein
      egoistische Interesse der Erhaltung der Schiffe für den eigenen
      Staat zugrunde liegen. Daß die Bestimmungen nicht zur Begründung der
      Ansicht herangezogen werden können, die Piraterie im Sinne des
      Völkerrechts behauptet, ergibt mit aller Klarheit der häufige
      Zusatz: „ohne Erlaubnis der Regierung“ und dann die Tatsache, daß
      überhaupt nur ein Teil von ihnen die Handlung als Piraterie
      bezeichnet. Solche Verbote sind: Französ. Ordonnanz von 1681, L.
      III, Tit. IX, Art. 3 („défendons à tous nos Sujets de prendre
      Commission d’aucuns Roys ... estrangers, pour ... courir la Mer sous
      leur Banniere, si ce n’est par nostre permission, à peine d’estre
      traitez comme Pirates“); niederl. Placaaten von 1611, 1653 und
      sonst; englische Verbote im 17. Jahrhundert (Leoline Jenkins bei
      _Phillimore_ I, S. 492: „’Tis a crime in an Englishman to take
      commission from any foreign prince, that is in open war with another
      prince or State ... since his Majesty hath forbid it by various
      proclamations.“ Aber: „Yet if a man do take such a commission, or
      serve under it, then ’tis no robbery to assault, subdue, and despoil
      his lawful enemy“); s. auch die Angaben bei _G. F. v. Martens_,
      Kaper, § 13, Note s. Aus neuerer Zeit: englische Foreign Enlistment
      Act, 1870, s. 4; amerik. Rev. Stat. s. 5281 f. (Neutralitätsakte vom
      20. April 1818); französ. Gesetz von 1825, Art. 3, Nr. 1; span.
      Kapereiordonnanz von 1801, Art. 29; brasil. St.G.B., Art. 104, § 6
      (in den drei letztgenannten Gesetzen ist der Tatbestand als
      Piraterie bezeichnet); niederl. St.G.B., Art. 388; und implicite
      alle Landesgesetze, die den Eintritt in fremde Kriegsdienste
      allgemein untersagen. Besonders erwähnt ferner in zahlreichen
      Neutralitätserklärungen (verschiedenen rechtlichen Charakters), so
      z. B. österr. Erlaß vom 25. Mai 1854 (Annahme von Kaperbriefen soll
      als Versuch des Raubes betrachtet werden) und ähnlich 11. Mai 1859,
      ital. Dekrete vom 6. April 1866 und 26. Juli 1870. Das
      Geltungsgebiet der Verbote ist verschieden, z. B. ist die amerik.
      Neutralitätsakte von 1818 auf innerhalb des amerikanischen
      Territoriums, die engl. For. Enl. Act, 1870, auf von englischen
      Untertanen begangene Handlungen anwendbar. — Das englische und das
      amerikanische Recht haben zur Begründung unbeschränkter
      Strafkompetenz Feindseligkeiten englischer bezw. amerikanischer
      Untertanen gegen ihr Vaterland „under colour of any commission from
      any foreign prince“ für piracy erklärt, 11 u. 12 Will. 3 c. 7 s. 8
      (1698), 18 Geo. 3 c. 30 (1744), amerik. Rev. Stat. s. 5373 (30.
      April 1790); der Tatbestand ist ein Fall des Landesverrats.

  283 Häufig haben einzelne Mächte sich vertragsmäßig verpflichtet, ihren
      Untertanen die Annahme fremder Kaperbriefe zu verbieten, wobei
      mehrfach, aber nicht einmal in der größeren Zahl der Fälle, der
      reprobierte Tatbestand als Piraterie qualifiziert wurde. Wie man aus
      diesen Verträgen herauslesen will, daß jeder nicht nationale Kaper
      Pirat im Sinne des Völkerrechts sei (_Bonfils_, § 1273), ist ganz
      unerfindlich. Eine detaillierte Anziehung des in Frage kommenden
      Quellenmaterials erübrigt sich (die älteren Verträge siehe bei _G.
      F. v. Martens_, Kaper, § 13, Note t, die neueren bei
      _Pradier-Fodéré_, § 2505).

  284 Placaaten vom 29. Juli 1661, Verbot an jeden Nichtportugiesen, auf
      portugiesischen Kaperschiffen Dienst zu tun, bei Strafe, als
      Seeräuber behandelt zu werden, und vom 11. März 1665, dasselbe
      gegenüber England (_Baud_, S. 92, 94).

  285 Mr. _Randolph_, Sec. of State, to Mr. _Hammond_, 23. Okt. 1794
      (_Wharton_, Int. Law, § 383): „The British position that American
      citizens employed on French privateers in the war with revolutionary
      France were pirates, is in conflict with settled principles of
      international law.“ Mr. _Madison_, Sec. of State, report 25. Januar
      1806 (_Wharton_ a. a. O.): „The French decree of June 6, 1803,
      importing that every privateer of which two-thirds of the crew
      should not be natives of England, or subjects of a power the enemy
      of France, shall be considered a pirate, is in contravention of the
      law of nations.“

  286 „Je dois faire connoître à V. E. qu’afin d’empêcher, dans l’intérêt
      du commerce de toutes les nations, qu’un système de piraterie et de
      brigandage ne s’organise sous le pavillon mexicain, j’ai donné ...
      aux capitaines des navires de guerre sous mes ordres des
      instructions dont voici l’extrait:

      ‚Ne seront considérés comme mexicains que les navires armés dans un
      des ports du Mexique, pourvus d’une lettre de marque régulière,
      émanée directement du gouvernement de ce pays, et dont le capitaine
      et les deux tiers de l’équipage au moins seront nés mexicains.

      Tout corsaire, sous pavillon mexicain, qui ne satisferait pas à ces
      conditions, sera considéré comme pirate, et, comme tel, traité avec
      toute la sévérité des lois de la guerre‘“ (_Ortolan_ I, S. 449).

  287 „Every subject or citizen of any foreign state, who is found and
      taken on the sea making war upon the United States, or cruising
      against the vessels and property thereof, or of the citizens of the
      same, contrary to the provisions of any treaty existing between the
      United States and the state of which offender is a citizen or
      subject, when by such treaty such acts are declared to be piracy, is
      guilty of piracy, and shall suffer death.“ Vorgeschlagen durch
      Botschaft des Präsidenten vom 8. Dez. 1846 (bei _Ortolan_ I, S. 242,
      N. 1), weil die Gefahr der Annahme mexikanischer Kaperbriefe durch
      spanische Untertanen bestand (entgegen Art. 14 des
      spanisch-amerikanischen Vertrages vom 20. Okt. 1795).

  288 „Seront considérés et jugés comme pirates, avec toute la rigueur des
      lois, les capitaines, patrons officiers des navires qui, n’étant ni
      nord-américains, ni montés par un équipage aux deux tiers
      américains, seront capturés exerçant des actes de guerre contre
      l’Espagne, même s’ils sont pourvus de lettres de marque délivrées
      par la République des Etats-Unis“ (Revue générale V, 1898, S. 761,
      N. 1).

  289 Vgl. auch _Pradier-Fodéré_, § 2505: „Il est bien évident qu’un Etat
      ... assimilant aux pirates les nationaux de Puissances étrangères
      avec lesquelles il est en paix, qui prendraient d’Etats tiers des
      commissions en course contre lui ..., pourvoit à sa propre défense,
      à sa propre sûreté, mais ne peut pas imposer aux Puissances
      étrangères, qui n’ont pas les mêmes intérêts que lui, les
      dispositions des lois qu’il a faites.“

  290 Das folgende gehört schon nicht mehr zur Abgrenzung des
      völkerrechtlichen Tatbestandes der Piraterie.

  291 S. o. S. 105, N. 3. _Pradier-Fodéré_, § 2504 und _Hall_, S. 263,
      übersehen auffälligerweise diese wesentliche Beschränkung. — Das
      Gesetz ist nicht leicht verständlich. Ist die Erteilung der
      Kaperbriefe unzulässig, so liegt kein Grund vor, die Strafdrohung
      auf Fälle zu beschränken, in denen der Heimatstaat sich seinerseits
      verpflichtet hat, die Annahme durch seine Untertanen zu verhindern;
      ist sie zulässig, so ist der Empfänger der Kommission als
      rechtmäßiger Feind zu behandeln. _Pradier-Fodéré_, § 2505 und
      _Travers Twiss_, Int. Law II, S. 419, betrachten denn auch (unter
      Zugrundelegung der zweiten Alternative) die Bestrafung der Besatzung
      trotz Bestehens eines Vertrages des in dem amerikanischen Gesetze
      bezeichneten Inhalts als völkerrechtswidrig. Ihrer Ansicht dürfte
      beizutreten sein. Doch ist zu beachten, daß die Behandlung des
      Kapers nach droit de guerre nur dem Kriegsgegner, nicht auch dem
      Heimatstaate des Kapers gegenüber rechtswidrig ist, da dieser durch
      den Vertrag gebunden ist, sein Schutzrecht nicht auszuüben (Wortlaut
      der Verträge: „il sera puni comme pirate,“ „sous peine d’être
      considéré et traité comme pirate“); die Beschränkung des
      amerikanischen Gesetzes hat also immerhin einen guten Sinn.

  292 Die französische und die spanische Erklärung differieren darin, daß
      die Forderung nationaler Bemannung in der einen absolut, in der
      anderen alternativ mit der der Staatsangehörigkeit des Schiffes
      aufgestellt wird. Die Note _Baudins_, nach Inhalt und Ton ein
      Produkt europäischen Überlegenheitsgefühls, droht, auch mexikanische
      und mit Inländern bemannte Kaperschiffe als Piraten zu behandeln,
      wenn sie nicht in Mexiko ausgerüstet sind.

_  293 Ortolan_ I, S. 243: „Comment, tandis que l’état reste neutre, les
      sujets particuliers de cet état prendraient-ils partie pour l’un ou
      pour l’autre des belligérants?“ Das Völkerrecht hat allerdings
      nichts dagegen einzuwenden.

  294 So _Hall_, S. 263, 264; _Pradier-Fodéré_, § 2504 („ce navire est
      couvert, du moins vis-à-vis des Puissances tierces, par la
      commission qu’il a obtenue“).

  295 Die letztere Ansicht bei _Perels_, S. 110. Über die Geschichte der
      Identifizierung siehe _Pradier-Fodéré_, § 2513 f.

  296 Quintuplevertrag vom 20. Dez. 1841, Art 1.

  297 Das Landesrecht regelt fast durchweg Piraterie und Sklavenhandel
      unabhängig voneinander (eine Übersicht über die gegen den
      Sklavenhandel gerichteten Landesstrafgesetze gibt _Kaysel_, Die
      Gesetzgebung der Kulturstaaten zur Unterdrückung des afrikanischen
      Sklavenhandels, Breslau 1905). Abweichend nur das
      englisch-amerikanische Recht, s. o. S. 35, N. 5.

  298 Vgl. _Cauchy_, Le droit maritime international, 1862, II, S. 388:
      „Assimiler la traite des noirs à la piraterie, c’était, suivant elle
      [l’Angleterre], le moyen de faire rentrer sous l’empire de principes
      déjà reconnus un fait anormal.“

  299 Siehe darüber _Renault_, De la protection internationale des câbles
      télégraphiques sous-marins, Revue de droit international XII,
      S. 251 f. (S. 258–265) und _Scholz_, Krieg und Seekabel 1904,
      S. 5 f.



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