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Title: Märchen und Sagen
Author: Arndt, Ernst Moritz
Language: German
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Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient
German books in London.  Most of these stories were especially difficult due
to the very heavy dialect content.



This Etext is in German.

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and one in 8-bit format, which includes higher order characters--
which requires a binary transfer, or sent as email attachment and
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This is the 8-bit version.

This book content was graciously contributed by the

zur Verfügung gestellt.  Das Projekt ist unter der Internet-Adresse


Märchen und Sagen

Ernst Moritz Arndt

Inhalt: alphabetisch nach Titeln

Das brennende Geld
De Blagfoot
De Brügg bi Slemmin
De Köninge van den Deerden
De Prester un de Düwel
De Raw de Ringdeef
De Wewer un de Steen
De krassende Hahn
De witte Fru to Löbnitz
Der Rabenstein
Der Schlangenkönig
Der Wiedehopf
Der Wolf und die Nachtigall
Der große Jochen
Die Unterirdischen in den Neun Bergen bei Rambin
Die alte Burg bei Löbnitz
Dom büst du då?
Geschichte von den sieben bunten Mäusen
Halt den Mittelweg!
Ick bün de Ridder Unvörzagt und sla der Säwen mit eenem Slag
Kater Martinchen
Klas Avenstaken
Prinzessin Svanvithe
Rattenkönig Birlibi
Rotkehlchen und Kohlmeischen
Schipper Gau un sin Puk
Thrin Wulfen



Das brennende Geld


Drei Bauern kamen eine Herbstnacht oder vielmehr früh, als es mehr
gegen den Morgen ging, von einer Hochzeit aus dem Kirchdorf Lancken
geritten.  Sie waren Nachbarn, die in einem Dorfe wohnten, und ritten
des Weges miteinander nach Hause.  Als sie nun aus einem Walde kamen,
sahen sie an einem kleinen Busche auf dem Felde ein großes Feuer, das
bald wie ein glühender Herd voll Kohlen glimmte, bald wieder in
hellen Flammen aufloderte.  Sie hielten still und verwunderten sich,
was das sein möge, und meinten endlich, es seien wohl Hirten und
Schäfer, die es gegen die Nachtkälte angezündet hätten.  Da fiel
ihnen aber wieder ein, daß es am Schlusse Novembers war, und daß in
dieser Jahreszeit keine Hirten und Schäfer im Felde zu sein pflegen.
Da sprach der jüngste von den dreien, ein frecher Gesell: "Nachbarn,
hört!  Da brennt unser Glück!  Und seid still und lasset uns
hinreiten und jeden seine Taschen mit Kohlen füllen; dann haben wir
für all unser Leben genug und können den Grafen fragen, was er für
sein Schloß haben will."  Der älteste aber sprach: "Behüte Gott, daß
ich in dieser späten Zeit aus dem Wege reiten sollte!  Ich kenne den
Reiter zu gut, der da ruft: Hoho!  Hallo!  Halt den Mittelweg!"  Der
zweite hatte auch keine Lust.  Der jüngste aber ritt hin, und was
sein Pferd auch schnob und sich wehrte und bäumte, er brachte es an
das Feuer, sprang ab und füllte sich die Taschen mit Kohlen.  Die
andern beiden hatte die Angst ergriffen, und sie waren im sausenden
Galopp davongejagt, und er ließ sie auch ausreißen und holte sie
dicht vor Vilmnitz wieder ein.  Sie ritten nun noch ein Stündchen
miteinander und kamen schweigend in ihrem Dorfe an, und keiner konnte
ein Wort sprechen.  Die Pferde waren aber schneeweiß von Schaum, so
hatten sie sich abgelaufen und abgeängstigt.  Dem Bauer war auch
ungefähr so zumute gewesen, als habe der Feind ihn schon beim Schopf
erfaßt gehabt.  Es brach der helle, lichte Morgen an, als sie zu
Hause kamen.  Sie wollten nun sehen, was jener gefangen habe, denn
seine Taschen hingen ihm schwer genug hinab, so schwer, als seien sie
voll der gewichtigsten Dukaten.  Er langte hinein, aber au weh! er
brachte nichts als tote Mäuse an den Tag.  Die andern beiden Bauern
lachten und sprachen: "Da hast du deine ganze Teufelsbescherung!  Die
war der Angst wahrhaftig nicht wert!"  Vor den Mäusen aber schauderten
sie zusammen, versprachen ihrem Gesellen jedoch, keinem Menschen ein
Sterbenswort von dem Abenteuer zu sagen.

Man hätte denken sollen, dieser Bauer mit den toten Mäusen habe nun
für immer genug gehabt; aber er hat noch weiter gegrübelt über den
Haufen brennender Kohlen und bei sich gesprochen: "Hättest du nur ein
paar Körnlein Salz in der Tasche gehabt und geschwind auf die Kohlen
streuen können, so hätte der Schatz wohl oben bleiben müssen und
nicht weggleiten können."  Und er hat die nächste Nacht wieder
ausreiten müssen mit großem Schauder und Grauen, aber er hat es doch
nicht lassen können; denn die Begier nach Geld war mächtiger als die
Furcht.  Und er hat es wieder brennen sehen genau an der gestrigen
Stelle; bei Tage aber war da nichts zu sehen, sondern sie war
grasgrün.  Und er ist hingeritten und hat das Salz hineingestreuet
und seine Taschen voll Kohlen gerafft, und so ist er im sausenden
Galopp nach Hause gejagt und hat sich gehütet, daß er einen Laut von
sich gegeben noch jemand begegnet ist; denn dann ist es nicht richtig.
Aber er hat doch nichts als Kohlen in der Tasche gehabt und ein
paar Schillinge, die von den Kohlen geschwärzt waren.  Da hat er sich
königlich gefreut, als sei dies der Anfang des Glückes und das
Handgeld, das die Geister ihm gegeben haben.  Er mochte aber die paar
losen Schillinge von ungefähr in der Tasche gehabt haben, als er
ausritt.  Und die Schillinge haben dem armen Mann, der sonst ein
fleißiger, ordentlicher Bauer war, keine Rast noch Ruhe mehr gelassen;
jede Nacht, die Gott werden ließ, hat er ausreiten müssen und seine
besten Pferde dabei tot geritten.  Man hat es aber nicht gemerkt, daß
er Schätze gefunden hat, sondern seine Wirtschaft hat von Jahr zu
Jahr abgenommen, und endlich ist er auf einer Nachtfahrt gar einmal
verschwunden.  Und man hat von ihm und von seinem Pferde nie etwas
wieder gesehen; seinen Hut aber haben die Leute in dem Schmachter See
gefunden.  Da muß der böse Feind ihn als Irrlicht hineingelockt haben;
denn er braucht solche Künste gegen die, welche sich mit ihm
einlassen und ihn suchen.



De Blagfoot.


Herr, wet de Herr, wat de Blagfoot is?

Ja woll.  Dat is een Falk edder Hawk edder doch so een Ding van
Musfänger un Vagelfänger un Felddeef, een Vagel, dem jeder unverzagt
up de Feddern knallen kann.

O Jemerus! dat wet de Herr doch nich.  Wi Buren sünt ok klok.  Ick
will dem Herrn seggen, wat he för een Prinz is.  Blagfoot was in
sinen Dagen een stolter vörwegner Kerl, een Junker un Minschenplager,
un dårüm röppt de Bur noch jümmer Blagfoot, wenn he Junker seggen
will edder wenn he vörblömt eenen Eddelmann meent, de recht slimm is
un jümmer de scharpen Spåren an hett.  Blagfoot was in siner Tid een
Junker un hedde schöne Hüser un Göder, äwerst he was dårbi vörmeten
un grotwäterisch, un hedd et in siner Macht stahn, he hedd Gott im
Himmel de Ogen utsteken.  Äwerst Gott stürt de Böme, datt se nich
in den Häwen wassen.  Junker Blagfoot was een rechter wilder Jäger un
Nümmersatt Lüde so pinigen, un dat was sine grötste Froid, wenn't am
dicksten hagelde un een Sneedriwel was, datt man nich Hand vör Ogen
sehn kunn, in so 'nem Weder sine Lüd in Rusch un Busch heruttodriwen
un Wol!  Wol! to schreien.  Gegen de Armod was he ahn Erbarmen un
keen Bedelmann kam mehr äwer sine Scheden, un ick glöw, de Düwel ut
der Höll hedd sick nich unnerstahn, in sinem Forst sick een
Spazierstöckchen to sniden.  So hantierde he as een Undeerd unner de
Minschen, solang he lewde, un was keen Beduren un Bestüren mit em.
Äwerst, min leewe Herr Blagfoot, so krus du di ook tierdest un so
herrsch du ook uppkloptest, as schull de Welt sick unner diner Fust
rögen, am Ende kam doch een gröter Herr un kloppte an dine Dör.  De
Dood kam un streckte un reckte minem Herrn Urian de Knaken ut un de
Düwel schickte eene hele Legion siner Gesellen de arme Seel in de
Höll to slepen.  Gott hett äwerst een Teken markt, woran sick alle
unchristliche un harde Herren, wenn se willen, spegeln känen, un dat
is de Vagel Blagfoot.  Un se seggen, dat is een Düwelskind, dat van
dem wilden Junker herstammt.  Ick bün äwerst keen Doktor un vörstah
nich, wo dat togahn kann.  Un he hett sine Straf bawen der Erd, as
sin Vader in der Höll, datt he mit heschem un häßlichen Schreien
rundflaggern un hungern un frieren mütt, wenn alle annern Vägel un
ook dat Volk der Falken un Wihen sick vörlustiren.  Denn wenn datt
kold ward un de kahle un magre Winter kümmt, denn macken de meisten
Vägel sick up un flegen äwer See un Land wiet weg hen, wo't warm is,
un kamen erst im Fröhjåhr wedder wenn Snee un Riep weg sünt.  He
äwerst mütt hier beduren un utholden den langen kolden Winter un äwer
den witten Streken flegen un luren un luren un luren, ob he woll een
mageres Musken edder eenen helligen Vagel erwischen kunn.  Denn luren
mütt de böse Schelm, erflegen kann he nicks Fettes un Wäliges: Gott
hett em to Straf to swåre Flüchten gewen.  Un wenn wi den slimmen
Junker flegen sehn, ropen wi: Blagfoot!  Blagfoot! wo bekümmt di de
Kattenspise? wo smecken di de Müse?  So mütt he nu lewen bet in
Ewigkeit un all sine Kinder un Kindskinder mit em nu in der wieden
kolden Welt herümflegen as een Minschenfiend un ook as een Vagelfiend;
denn all sine Dag süht man en in keener Gesellschaft.  Wo äwerst
Hüser sünt un Minschen un Veh im Winter warm wahnen, då dört he nich
henkamen; dat hett Gott em vörbaden un em dåvör eenen Gruwel int Hart
jagt.  Un nu, Herr, wet he, wat dat mit dem Blagfoot för 'ne
Bewandniß hett un kann't den Junkers mal utleggen: denn Unsereen
versteit dat nich so fin.



De Brügg bi Slemmin


Ick mütt bi disser Gelegenheit ook noch vörtellen van der Brügg in
dem Slemminer Holt, wo de Weg nah Zornow utlöpt.  Da geit dat gar
wunnerlich to; wo menniger stolter Rüter hett sick dar den Sand vam
Pels schüddeln müßt!  Denn jede Kreatur weet darüm un wahrschuwt,
datt et da nich richtig is.  As ick een Jung van viertein, föftein
Jahren was, hödd ick de Koi bi dem Holländer to Slemmin un drew oft
int Holt, un wenn ick ook dem wilden Jäger sine Hund hett hedd, keen
Kalf hedd ick achter de Sünn äwer de Brügg kregen.  Darüm steit da
herüm ook jümmer dat schönste un längste Gras, denn dat Veh müßt den
Verstand verlaren hebben, dat da mit egnem Willen gräsen gahn wull,
un ick glöw, keen dummer Dreihhals van Schaap edder Goos würd da een
Halmken anrühren.  Un wer des Nachts äwer de Brügg föhren edder riden
mütt, o Herre Jemerus! wat kost't dat oft vör Künst un Sprüng!  Un wo
snuwen de Perd un zittern un daddern un bäwern vör Angst, datt se
äwer de behexte Brügg schälen, un scheten up der Brügg in de Knee un
laten den schumigen Sweet vam Liwe drüppeln, as hedden se een paar
Mil im Galopp lopen, edder as wenn se in de Lüchting van Kanonen
springen schullen.  De Minsch alleen wett nicks davon, wenn se em't
nich vörtellt hebben edder wenn he nich in der Nacht kümmt un de Ulen
und Kraihen in so dickem Swark üm de Düwelsbrügg flegen.  Un ditt is
de Geschicht van der Brügg:

In Zornow was eene smucke Dern, eenes Schepers Dochter, de hedd sick
dreimal vörjumfert un jedesmal ehr Kind ümbröcht, un de drei Kinder
in dem Graben bi der Brügg in de Erd steken.  Äwerst achter dem
drüdden Kinde is de Satansundhad utkamen, un se hebben de Dern nahmen
un se in eenen Sack dhan un bi der Brügg in dem Graben vörsöpt, un
hebben de Lik van der armen Sünnersche bi ehren Kindekens ingraben.
Äwerst wat künn tüschen dissen Vördrag wesen?  Un't is darnah eene
dulle un wilde Wirtschaft worden, datt den Lüden de Haar to Barg
stahn sünt, so hebben sich de flegenden un klagenden Geisterken van
den Kindekens föhlen un vernehmen laten.  Un wer in dem Holte wat to
dhon hett, dem will ick nich raden, datt he sick lang nah
Sünnenunnergang edder vör Sünnenupgang da betrappeln lett.  Dat piept
un flüstert un wispert un tutet un hült da denn de ganze Nacht dörch,
as wenn Katten Hochtid hollen edder lütte Kinder quarren, un
Ulengequiek un Kraihengeschrei klingt jümmer datüschen.  Denn in
eener hollen Eek äwer der Brügg sitt Dag und Nacht eene olde Ul, un
dat is de arme Schepersdochter, de in disser Welt keene Rauh findt.
Un des Nachts mütt se jümmer hen un her flegen van Boom to Boom un
van Twig to Twig un schreien un quiken, datt eenem de Haar up dem
Kopp susen, un drei junge Ulen uhuen un flegen jümmer achter ehr her,
un dat sünt de drei Kinder, de se vermordt hett.  Äwerst tüschen
twelw un een da geit et erst recht lustig, un Gott gnade dem, de denn
äwer de Brügg mütt.  Denn hett sick dat ganze Ulenrik tosam vörgadert,
un se maken eene Musik in der Luft, wornah dat ganze düwelsche Heer
in der ersten Mainacht danzen künn, un een hungriger Wulf mit
glönigem Rachen steit an der Eck un hölt eene Baßviol tüschen den
Beenen un speelt lustig up, un Vöss un Katers un Marten, Ilken un
Wesel un anner deefsches Nachtgesindel danzt dato.  Ick hew't nich
sehn, äwerst de Smitt in Slemmin hett't sehn.  De is mal darunner
geraden, un he was äwen nich up Gottes Strat, denn he hedd de Äx up'm
Nacken un wull sick eene junge Eek hauen.  Den hebben se terreten und
terzust--hast du mir nicht gesehen--un so is he to Huse kamen ganz
terkraßt un verbaast, un sine Oldsche hett em drei Weken eene
Kindersupp kaken müßt: so hedden de Satansgesellen den armen Schelm
afängstigt.  Dat is äwerst wiß un wahr, wat ick van den Koien un
Perden vörtelld hew, un keen ordentlich un christlich Deerd un Vagel,
de van Gott weet, geit in de Eek edder sett't sick da herüm.  Ick hew
all min Dag keenen Vagel in ehren Twigen singen edder zirpen hürt,
Ulen un Hawks un Kraihen, Rawen und Hesters un anner dergliken
Düwelsgerät dat süht man woll darup sitten.  Mit der Brügg is't äwen
so; keen ehrlicher Vagel sitt up ehren Pösten edder Geländer, nich
eenmal eener van den lustigen un näswisen Vägeln, as de Meesk, de
Quäkstart edder Steenbicker, de sünst so nülich un flink sünt alles
Holt, wat se man sehn, to besitten un to befladdern.  Denn ook de
allergeringsten un lüttesten Deerdeken weten een beten van Gott, un
et weiht en ook een beten Wind to, wo wat Gewaltigs un Greulichs
geschehn ist, un gruweln sick davör."



De Köninge van den Deerden.


Jochen Eigen un Johann Geese satten eenes Dags mit annern Meihers
achter eener Weitenhock un höllen ehre Ihrmdagstid un firden un
vörtellden sich Geschichten.  Un Johann Geese, de een fram Minsch un
in der Heiligen Schrift un in dem Gesangbook so to Hus was, datt he
flinker as de Scholmeister un Köster upslan un finnen kunn, hedd de
Geschicht vörtelld, de man in dem negenden Kapittel des Books der
Richter lest, wo Jotham den Lüden van Sichem eene Fabel vörtellt van
den Bömen, de hengingen un sich eenen Köning wählen wullen, un wo de
Ölboom un Figenboom un Winstock nich Köning warden wullen un wo to
goder Letzt de Durnbusch Köning wurd, een ruger un harder Gesell, de
de annern Böme terruppen un terzusen schull.  Då fung nu Jochen Eigen
an un sprack: Broder Johann, hupen heel! datt is eene hübsche un
nüdliche Geschicht van dem Abimelech un dem Durnbusch, un nu will ick
ook eene Geschicht vörtellen, un ji schällt sehn, datt et nich licht
is, een Köning to sin un et allen Minschen recht to dhon: denn to
schellen un to brümmeln giwt et jümmer watt, solang de Welt steit.
Un nu spitzt de Uhren un markt up, Jungs!

De Deerde weren eenes Dags uneenig unner sich, wen se tom Köning
kiesen schullen.  De olde Löwe was dood, un eenen Löwen wullen se
nich wedder; denn se seden: De hett scharpe Tänen un eenen Buk as een
Oss un frett in Eenem furt, un man schall et sich noch as eene Gnad
reknen, wenn he Eenen tom Hawe röppt, datt man in sinen
majestätischen Buk herunnerspazieren mütt.  Un wenn he eenen ook grad
nich upfrett, so is sin Anschien un sin Gelat un Gebrüll schier eene
Angst; un ook wenn he sacht un fründlich dhon will, strakt he so mit
den Tatzen, datt dat Blood dårna kümmt.  Un sine Macht un Kraft, wat
se sine Majestät heten, wat helpt se, wenn he de meiste Tid vörslöpt?
Då känen sine Landfleger un Vägde un Eddellüd un Jagdjunker doch
dhon, wat se willen, un den armen Lüden dat Fell äwer de Uhren theen.
Denn hett he een paar Ossen edder een paar Dutzend Hamel un Reh
verslungen, so snorkt de Fuljahn oft dre vier Dage un deed sine Ogen
nich up, un Recht un Tucht mütt sine Ogen denn woll todhon.  So
spreken un meinden de meisten un wullen platterdings des Löwen Sähn
nich wählen, un streeden un kifden lang mit eenanner, wer denn de
düchtigste were Köning to wesen un se mit Macht un Leewde to stüren.
Un et ging bunt äwer Eck in dem Rike un was slimmere un grötere
Verwirrung un Elend, as tor Tid der Löwigen Gierigkeit un Fulheit
west was.  Toletzt, wiel se up keene Wise eenen scharpen un klauigen
Herrn hebben wullen, nehmen se den Pudel, un seden to em: Du schast
unse Köning wesen.  Denn se dheden mankanner spreken: De Pudel is
sachtmödig un fredselig un fründlich mit den Lüden un sin Mul so
grothartig as sin Swanz, womit he an allen henfichelt un sich
anfründlicht, un dheed keenem Kinde wat to Leeden, un is still un wis
un nadenklich; un wenn he mal lustig sin will, watt för schöne Künst
ward he sinen leewen Underdanen vörmaken!  Ook frett he nich veel un
hett eenen lichten Slap, un meist wakt he des Nachts un studiert as
de olden Wisen in dem Mand un den Stiernen.  He ward een finer un
gerechter Herr sin un keen Deef un Röwer ward unner em upkamen känen.
De gode Pudel, de keene hoge Gedanken van sich hedd un würklich in
aller Sachtmödigkeit un Demoth so vör sich henging, verschrack sich
går veele, as se em dat grote Ding seden, un wull nich Köning warden
un strüwde sich sehr.  Awerst de Deerde nödigden en, un setteden em
mit Gewalt de Kron up den Kopp un dheeden em Swert un Zepter in den
Klauen, un so müßt he se woll dregen.  Un alle Deerde tierden sick as
unsinnig un jubilirden un juchheiden un krajölden äwer de Maaten,
datt se eenen so wisen un sachtmödigen Köning hadden; un se nömden en
mit eenen Binamen Köning Gapus, wat de Wisheit bedüdet, un meenden,
nu schüll de güldene Tid wedderkamen un dat Paradies, wo keen Winter
un keene Arbeit was, wo de Löwen un Tiger Gras gespist un de Wülwe un
Lämmer fredlich mit eenanner spelt hebben; un van Roof un Murddhaden
un Doodslag würd man nu un nümmer nicks mehr hören.  Awerst o je! dat
geschach går anners.

De Pudel was gewiß sehr fram un weekhartig un sachtmödig un wedelde
un bellde alle sine Unnerdanen fründlich an un bleckte gegen keenen
eenzigen de Tänen; un dat gefeel en woll.  Ook was he een spårsam
Husholler, un een paar Müse, de de Kater, de sin äwerste Käkenmeister
was, em däglich lewern müßt, un een paar Happen van verrecktem Veeh
edder Wild makten ein satt.  De ganze grote Denerschaft, welke de Löw
hollen hedd, Leoparden, Panther, Tiger, Veelfreter, Wülwe, Vösse,
Apen un all de bunten un lichten Musikanten, de Singvägel, de ut
allen Landen tohoopbröcht wurden, dem Köning un sinen Eddellüden bi
der Tafel uptospelen, un all de annern Dhonichgode, de dat Land
vörteerden, wurden vörjagt edder afdankt, un een einziges kleenes
Hündeken, dat van Older krietwitt worden was, het' un was Salomos
wiser Rath un Gesellschaft, un Hofmeister un Hofmarschälle un
Kammerjunker un Jagdjunker un Hingstrider un Vörrider un Löper un all
de blanke un hoge Staat wurden rein afschafft, un ook de
Oberstwaschmeister un Oberstluser un de Flegen- und Muggen-Vördriwer,
de bi dem seligen Löwen de üpperste Mann west was, kregen ehren
Afsched un mennige annere Deners, de de Löw sich to sinem Vergnögen
toleggd hedd.  Denn de grote un lütte Wasch un de Süwerung sines
Liwes vörrichtede de Herr sülwest, un in siner Niederdrächtigkeit
makte he sinen Unnerdhanen går oft dat Vörgnögen, vör en int Water to
gahn Sök Verlorn to spelen un to apportiren.  Denn dat mütt man
gestahn, eene Nese hedd Köning Gapus, as keen Hund sit der Arche
Noahs, eene rechte königliche Nese.  Dat was äwerst sine beste Lust,
int Water to springen; un sine Unnerdhanen, de to Hawe kemen, wüßten
et all un brächten Stöcke un Steene mit, de se em int Water smeeten,
wonach he swomm, un Stücken Brod, wobi se Sök Verlorn repen, un de he
fung un to gliker Tid upfratt.  So wusch he sich denn jümmer sülwest
un kostede dat dem Lande keenen Penning.  Sin Oberstkamerling was dat
witte Hündeken, dat he as sinen Fründ un Staatsminister mit sich hedd
dat em mit sinen Poten de Haar torechtstrek, wenn he sich nah dem
Bade an de Sünn drögde, un se glatt un lockig lede, wenn se em vam
Wind mal vörstöwert weren.  Un de Overluser edder de Overlusersche
was de Kraih, un de dheed den Deenst ümsünst un kreeg keene
Traktamenten dåvör; denn de Lüse un Flöh, de se dem Herrn affung,
smeckten ehr går söte.  Egentlich hedd se noch woll wat togewen
schullt, datt se so ümsünst jümmer de Tafel deckt fund, äwerst de
groten Herren kämen dat nich so nau nehmen als wi lütte Lüde, den 't
knapp tosneden is.

So was nu een gewaltig Jubeln un Froid äwer den fründlichen wisen
hushollerschen geburschen un niederdrächtigen Herrn Pudelkönig Gapus,
un alle Lüde prisden sick glücklich, datt de olde Löwe dood un sine
Kinder van dem Thron verdrängt weren.  Awerst dat durde nich lang, so
wurd et unklar un unschier.  Denn wat kann de beste un christlichste
Köning utrichten, wenn de Groten im Lande un de egenen Fründe em nich
tapper un rechtschaffen bistahn?  Disse Fründe un Verwandten van
Köning Gapus kemen nu all to minter Mal, as wenn de Müse bi hellem
Sünnenschien ut dem Stroh kribbeln un krimmeln, mit heelen Hupen to
Hawe, all wat Hund, Köter, Räkel un Tewe het up dre Beenen hinkt un
mit dem Swanz waifelt un sweifelt.  Då kam Dogge un Wulfshund,
Jagdhund un Schothund, Höhnerhund un Swinhund, Windhund un Spitz, ja
de allerlüttsten Möppels un Dwarfhunde--un se wullen sick ook een
beten sünnen un bespegeln in der Majestät van ehrem hogen Herrn
Vetter un Deel hebben an siner Herrlichkeit.  Ja wenn't hiermit een
End west hedd?  Et stellden sich noch veele mehr in, welke de Hunde
sünst nich to ehre Fründschaft rekent hedden; un wull nu de ganze
Welt Hund wesen.  Då kam de Röwer un Mörder Isegrim de Wulf, de Deef
de Voß, de fichelnde Schelm de Mård, de Scheefkieker de Luchs, de
Baar de Brummbårt; ja de bunte Leopard un de sprenklichte Tiger kemen
heran un schämden sick nich, un leten sick Hund schellen, un wullen
mit Köning Gapus as Vettern un Bölken am Stürroder sitten.  He was nu
freilich een demödiger goder Herr un wull nich van vornehmeren Öldern
schienen, as he in der Dhaad was, un wees de Schelme vam Hawe weg un
bedraude se sehr un hart, se schullen nich äweldhon un de Armen un
Ringen nich bedrängen.  Äwerst he was en nich scharp noog.  Denn
as se sick am Hawe alles recht besehn un behorkt hedden, gingen se ut
in alle de widen Lande un nömden sick Hertoge un Prinzen un
Markgrafen un Grafen un makten sick grot un weesen Breeve un Papiere
vör, de se sick sülwst makt hedden, un wullen Oberlandvägde un
Oberstaatholder sin, un grepen un tasteden slimm üm sick.  Un bald
gaff et een veel argeres un jämmerlicheres Wesen un wurd veel mehr
unschuldig Blood vergaten, as in de Tiden van dem Löwenköning.  Un de
armen bedruckten Lüde winselden un hülden: O Köning Gapus! wise un to
gode Köning Gapus! wenn Du wüsst, wo dat im Rike tosteit, wo männigen
grönen Boom würdst du in witte Galgen verwandeln laten!  Wat helpt
uns all din stilles Lewen un din Stiernkieken, wenn du nich up de
Riksschelme kikst?  Un Köning Gapus wüsst et woll, äwerst he hedd
nich Mod noch Macht et to ännern un de Bösen to strafen.

As et nu to gräulich wurd un de bitigen un ritigen Deerde, de
egentlich Undeerde heten, sick mankanner terreten un mit ehren
glupschen Rachen alle Deerde, de sötes Fleesch hebben, vördelgen un
utrotten wullen, då makten disse eenen Upruhr un lepen tohoop to
eenem groten Riksdag.  Då kemen van des Rikes ütersten Ecken un
Gränzen de Elefanten un Neshörner un Ossen un Perde un Hirsche, Rehe,
Swine un Schaape, un därto alles, wat sick up Flüchten dör de Lucht
swingt: Swanen, Göse, Puter, Anten, Höhner, Duwen, Adebars, Reiger
und alles, wat Feddern dreggt, van dem groten Vagel Struß bett up den
lütten Tunköning, worup de Slimmen un Listigen ook de lüsternen Tänen
wetten.  Un de Löwen kemen ook un lagerden sick nich wiet van em as
een Schutz, wenn de Fiend etwa keme den Riksdag antofallen un to
vörstüren; denn se hapten wedder eenen Köning ut den Ehrigen to maken.
Un veele listige Räthe funden sick in, Waldminschen, Wehrwülwe,
Apen, Meerkatten un süslik Tüg, un lurden, ob nicks to gewinnen were
in der Verwirring.  Un se makten eene Gaderung unner sick un keeseden
eenen Apen tom Riksdagsmarschall.  Un disse Ap führde de
Schriewfedder un satte alle Klagen un Leeden to Papier, de dåhen
klungen, Köning Gapus were to gelind un künne nich riksen, he were
ook to wise un to geleerd för eenen Köning un äwerstudiert dörch sine
Stiernkiekerei, woräwer dat Land to Grund ginge; denn de Geleerdheit,
seden se, were weinig nütt un veel beter beraden dat Volk mit eenen
Köning, de eenen düchtigen Tog mit dem Degen dhon künne, as de en mit
de Fedder make.

Köning Gapus vörnam den Upruhr un datt sine Unnerdhanen riksdagden un
en afsetten wullen; un he was sehr bedröwt un bereep sick um sin
godes Gewissen.  Awerst sine Veddern un Fründe, de ganze hündische
Fründschaft, un de sine Veddern un Bölken heten wullen, dewiel he
Köning was, dheden sick ook tosam un makten sick hen, wo de Riksdag
satt, un meenden en to tersprengen.  As se äwerst vernehmen, datt
ehre Anklägers so mit heelen Hupen sick vergadert hedden un datt alle
Löwen im Hinnerholt up der Lur legen un datt de listigen und
grausamen Apen den Riksdag regierden, wurd en sehr bang, un de Frucht
kam äwer se un jagde se ut eenanner, un se lepen de eene hierhen de
annere dårhen, un jeder verkrop sick in sin Loch.  Un de veelen
Klagen der Elendigen un der Löwen Gewalt un der Apen ehre Listigkeit
drewen et so wiet, datt de Pudelköning Gapus van sinem Thron
verdrängt wurde.

Dårup rathslagden se lang äwer eenen nüen Köning un kamen veele in
Vörslag.  Tom Ersten de Elefant as de Starkste.  Äwerst sine
Fiende seden, he were to ungelenkig un plump un künne de Kron nich
mit Geschick dregen.  Tom Tweeten de Oss.  Äwerst se meenden, he
were to uplöpsch un kortköppig, un so wurd he nich Köning.  Dårup dat
Kamelopardel, een går heges un staatsches Deerd, dat eenen
Köningsmantel woll mit Gunst un Kunst dregen künne.  Äwerst se
schöllen et hoffärig un verwegen, un strüwden sick de meisten dågegen.
Ook stund et im bösen Gerücht van wegen siner Hoffårdigkeit van
vörledner Tid her, as he unner dem Löwenregiment Riksherold west was.
Datt äwerst van dissen allen nüms Köning wurd, dåran was de Ap de
Riksdagsmarschall schuld; denn he spelde mit siner ganzen Fründschaft
dåtüschen, un alle Dumme un Infoldige hedd he begigelt un vörgalstert
mit sinen blanken un bunten Reden un zierlichen Sprüngen un
Bücklingen, un de Löwen hülpen em ook, denn he hedd en wiesmakt, he
würd et tom Lesten all so richten un stellen, datt een Löwe Köning
würd un nüms anners.  Disse sleprigen Dickköppe vörleten sick up den
Schelm, äwerst he bedrog se.  Een Ap wurd tom Köning utropen, een van
den Apen, de an Gelat dem Minschen ähnlich sünt, een Waldminsch, eene
arge tückische un gewaltige Årt.  Se seggen, datt et eene Düwelstucht
is, de de olde böse Fiend mit den Hexen in der Walburgsnacht tügt
hett.  Awerst wer hett dat sehn?

Un nu drog denn de häßliche Köning Waldminsch de Kron, un egentlich
hedd et em nüms günnt, un alle vörwunnerden un vörfierden sick, datt
he Köning worden was, un wüsst nüms, wo dat togahn hedd.  Un se
früchten sick sehr un sweegen; denn se kennden den Waldminschen, wat
dat für eene Döwelssaat was, wo gewaltig he was un allen Lüden to
klook, un stark van Liwe un dårto unbändig un bös.  Un he fung glick
so een Regiment an, datt allen de Ogen äwergingen un se heemlich
mankanner flüsterden: Dat hebben wi woll vördeent üm unsen goden
Köning Gapus, wo et uns düchte, datt dat to dull herging.  Dat was
doch een Herr, dem jedweder unvörfiert unner de Ogen treden kunn.  Då
lachten wi Narren äwer sine Pudelkünste un datt he dat hübsche Spill
Sök Verlorn vörstund, un vörhöhnden en, wiel he nich grötern Staat
makte un datt dat lütte witte Hündeken sin högster Rathsherr un
Minister un de Kater sin Oberstkäkenmeister un de Kraih sin
Kammerdener was.

So klagden disse armen Bedrängten sick ehr Weh un Leed; äwerst Köning
Waldminsch leet sick dat nich anfechten.  He wull nun dat Königrik
recht vullut bruken un sick in vuller Pracht wisen; un wiel he
unrustig was un prächtig un inbildsch, as alle Apen sünt, so hedd ook
nüms im ganzen Rike de Ruh.  Sinen Hoff helt he mit äwergroter
Hoffårdigkeit un Herrlichkeit, un alle smucken un blanken Deerde un
de hübsche Felle un bunte Feddern hadden, müßten jümmer bi em sin un
üm en springen un danzen, spelen un singen un en mit allerhand Spill
un Kortzwiel ergötzen un em wat vörhaselieren; denn so wat mägen de
Apen vör ehr Lewen gern.  Un so vörwandelde he denn de nüdlichsten un
smucksten Deerde in Spelers un Pipers un bude sick de kostbårsten
Hüser un Slotte ut Gold un Sülwer un Rubinen un Demanten, un alle
sine Unnerdhanen müssten dårto frohnen un roboten.  Und he hedd un
helt eene gruwelige Menge van Hanswursten un Seildänzern, Musikanten,
Narrendokters un Komödiganten un desgliks Volk, un spelde sülwst mit
in der Komödie, un sung un danzte ook vör allen Lüden mit der
Königliche Kron up dem Kopp up Jåhrmarkten un in groten Boden, datt
et eene Schand was.  Un all sine Minister un Rathsherren kleedden
sick apisch in bunten Röcken, de van swerem Golde un Sülwer tor Erde
sleepten; un ook sinen Drabanten un Soldaten dheed he de buntesten un
prächtigsten Kleeder an und gaff en jeden Mand nüe un schönere
Mundering.  Un sin prächtiges Apinnenhus, dat he sick buwen leet--o
du Herr Jemine! wat dat för eene Düwelspracht was!  Een Hus van purem
lichten Golde un de Finstern ut Demant un Edelsteen.  Då ging dat
lustiger un arger her, as in Köning Salomonis Tiden.  He helt sick
nich weiniger as teindusend Wiwer un Matrazzen.  Dat kostede ju erst
Geld.  Ji wett woll, wo staatsch un pagellursch dat Wiw van Natur is,
wenn man em den Tägel scheten lett un wo gern et sick mit sinem
bunten Swanz an de Sünn dreiht, un vullends desgliken Wiwer.

De pudelsche Fründschaft hedd et woll slimm makt un alle, de sick der
Tid to den Hunden rekenden; äwerst de Apen un de Apenfründe un
Apenvörwandten makten et dusentmal slimmer; un was in dem ganzen
Lande nicks as Üppigkeit, Feegheit, Hinnerlist, Uplurerei,
Anklatscherei, Achterklappen un mannigerlei Wirrwarr un Unglück.
Denn dårin weren de Apen utgeleert, datt se verstunden de besten
Fründe mankanner to verhetzen un to den giftigsten Fiende to maken;
un se lachten int Füstken, wenn de, de ehre Herrschaft hedden störten
un ehre Macht ringen kunnt, eenanner de Hälse terbroken.  Un hier
sach man, wat man to dissen Dagen nich hürt hedd, datt de Löwen
Kammerdener un Löper sin müßten un datt se den Apen, de en de Föt up
den Nacken setteden, zitternd un krupend de Tatzen leckten, un datt
de mächtigen Elefanten Holt un Water dregen un de Tiger as Heiducken
an den Dören stahn müßten.  So slug un listig was Köning Ap in sinen
Künsten.  Un då all dat Volk sehr geplagt un elendig was un dat Land
de grausame Üppigkeit un Geldverspillung un den snöden Äwermod der
Apen nich länger vördregen kunn, so vörswuren se sick woll oft un
stunden up gegen den Köning; äwerst he was en to klok mit den Sinigen,
un Löwen un Panther mißten den Kopp und Wülwe un Vöße wurden as
Verräder un Königsmörder an den Galgen hängt, un de armen Hunde
wurden veelnah utgerottet, un dem olden Köning Gapus göten se een
paar Kellen glöeig Blei in de Kehl, datt he jämmerlich sturf; denn
veele hadden sick ehr Verlangen nah em marken laten.  Doch dat
Sprickwurt seggt: de Krog geit so lang to Water, bet he breckt, un
dat schull Köning Waldminsch ook erfåhren.  Denn toletzt is't eenem
Baaren gelungen--de was de Obersthofmeister äwer des Könings Wiwer un
äwer sin Jumfernhus--de hett en im Lager des Nachts äwerfallen un
terreten un alle Unnerdhanen sünt van allen Enden un Ecken her
tosamlopen mit hellen Hupen un hebben nu alle Apen doodslagen, as man
unvernönftig Veeh doodsleit.

Un se müßten nu wedder eenen Köning hebben, un se sünnen lang hen un
her, wiel se vör jedem Köning eenen Gruwel hedden, de scharpe Tänen
wisen kunn; un so hebben to goder Letzt de Deerde dat Äwerspitt
gewunnen, de Gras freten, un hebben sick eenen Köning halt ut eenem
sachtmödigen Stamm, ut dem Geslecht der Bücke; denn se bildeden sick
in, unner em würden se gode Dage hebben.  Un so hett et sick begewen,
datt de Zeegenbuck Köning worden is, un se hebben an sinem
Köningsdage sungen, as't im olden Leede klingt:

Juchhe! Juchhe! de Löw is dood,
De Hund un Ap de sünt bi Gott--
Nu meistert uns de Zeegenbuck,
He dreggt den bunten Köningsrock,
He dreggt de güldne Köningskron.
Juch! Zickelbuck un Sniders Sohn!
Juch! Köning mit dem langen Bårt!
Juch! Zickelbuck un Sniders Årt!


Äwerst o du Herre Je! an dat Zeegenregiment warden se denken, solang
de Welt steit.  He hett den Esel to sinem Kanzler un den Rambuck to
sinem Feldmarschall makt, un an sinem Hawe was't eene recht türksche
Wirthschaft, ja veel arger as bi Türken un Heiden.  Un sin
Wiwerregiment man kann't unmöglich vör Christenminschen vörtellen.
Dat was dusentmal mehr as Köning Salomo, as he van Gott affallen was
un as 't de grote Soldan, de olde Stambull in Konstantinopel, bedrivt.
Ick segg ju man so veel, datt dem Köning Zickelbuck dat Wiwerhus
van dem Apen veel to kleen was.  Un wiel tor Tid van Köning
Waldminsch de meisten Löwen un de annern vernehmen Geslechter dör Bil
un Galgen un in Kriegen un Upruhren ümkamen weren, so is nüms west,
de't hett wehren künnt, un dat zeegenbuckische un eselsche Regiment
hett woll een föftig Jåhr durt, un wo hett dat Land utsehn? o du min
Je! grad as wenn de Durnbusch Abimelech Köning west were.  Denn disse
hebben de Wirthschaft nah ehrer Wise bedrewen.  Då hett man keene
Böme mehr sehn mit Appeln un Beeren, keene gröne Wischen, keen
Weiten- un Roggen-Feld.  Se hebben regiert, as wenn de leewe Herrgott
im Himmel dem Bösen de vulle Macht gewen hedd, den ganzen heelen
Fluch uttoseien, den de Herr in sinem Grimm spraken hedd, as he Adam
un Eva ut dem Gården Eden jagde.  Nicks as Distel un Durn in dem
ganzen widen Rike vom Köning Zeegenbuck; denn de Esel wull Disteln
freten un dem Köning smeckten de bittern Bläder van den Durnbüschen
am sötesten.  Wat anners hett de sachtmödige Buck nüms to Leeden dhan,
as datt dat Land van Durn un Disteln woist worden is.

As nu de Köning Zeegenbuck toletzt im hogen Older verscheden was, då
hett et dem Volke der Deerde dücht, se hebben et nu mit dem
Köningswessel noog vörsöcht, un sünt wedder tom Löwen torüggkamen un
hebben eenem jungen Löwenprinzen van den Weinigen, de noch äwrig
blewen weren, de Kron up dat Hövt sett't.  Un de hett regiert streng
un bequem glik sinen Vörfähren.  Un de Herrschaft mag woll streng un
hart wesen mütten; denn de sanftmödigen Herren kann de slimme Welt
nich dregen, un de Lütten un Ringen mütten nu een un alle Mal Haar
laten.

So vörtellde de redselige Jochen Eigen, un se horkten all to, bet de
Vörmeiher sine Saiße nam un wedder in den Weiten haude.  Då dheden se,
wat se müßten, un Löwen, Pudel, Bücke, Apen un Esel un alle hoge un
königliche Gedanken un Geschichten flögen weg.



De Prester un de Düwel


Starkow hett jümmer deege Presters hett, de as unser Pastor Scheer
den Minschen woll an't Hart to kamen un den Düwel, wenn he sick nich
gar to sehr inwörtelt hett, uttodriwen vörstunden.  Un wet de Herr,
wo dat herkümmt?  In olden Tiden, as de Heiden hier utdrewen un Gotts
Wurt un dat bloodige Krütz predigt wurden, was disse Gegend hier üm
Starkow Redbaß un Löbnitz nicks as Holt, Heid un Morast, wo hier un
dar een Mann in sinem Hüsken wahnde.  Da kam ook een Pastor un de nüe
Kark schull buwt warden; äwerst der Lüde was wenig un dat Weinige ook
noch arm.  De Pastor is een sehr gottsfürchtig Mann west un klok dabi
un hett veel hen un her sunnen, up wat Wis he Gotts Wark vollbringen
un sinem hilligen Wurt eene Stad bereiden künn.  Un da is em de Düwel
infollen, de olde Schalk un Seelenfänger, de sick oft bi em infund,
wenn he sine stille Bedstund in sinem Kamerken helt.  Denn he kennde
en woll, wenn he sick as eene swarte Fleg up sine Bibel settede un
darup herümwipperde.  Denn de Stank blef nah, wenn de Fleg wegflog.
Un de kloke Herr hett den Düwel mit List dran kregen un bedragen, un
Satan hett sweeten müßt, datt em de höllschen Druppen äwer de Näs
lepen.  Un in drei Dagen hett de Kark fix und fardig da stahn, as de
Herr se noch süht, un is eene van den öldesten in Pamerland, un ehr
Baumeister hett se nich mit inwihen helpen dörft.  Äwerst dat mütt
man em laten, so slimm de olde Fiend is, he hett eene grote Dägd, un
dat is de Dägd der Geduld un Arbeitsamkeit, datt he sick nicks
vördreten lett, wat to sinem Geschäft hürt--un datt künn een
Christenminsch sick ook woll van dem Doiwel leeren laten.  Wo sehr de
kloke Prester en ook vexirrt un narrt hedd, he makte een fründlich
Gesicht dato, un kam jümmer wedder un frog sinen Kunden, ob he em
noch nich in wat denen künn un ob he nich noch eene kleene Arbeit för
en hedd.  De Prester öwerst fürchte sick vör dem Schelm, datt he en
doch beluren mügte, un wull nicks mehr mit em to dhon hebben.

Nu was da een Dörp, dat nah Starkow in de Kark ging; dat lag achter
dem Holt heel nah, un de Pastor müßt oft dahinriden.  Äwerst so
nah dat Dörp ook lag, was't wegen Unwegsamkeit doch een
Dreiviertelwegs.  Denn he müßt eenen wieden Weg maken äwer Oldenhagen
un üm den groten Wald herüm, wiel in dem Holt een deeper Morast was,
wo man alleen im Sommer äwer kunn.  Da föll dem Pastor eenes Dages in,
ob he sinen Werkmeister nich wedder bruken un dran kriegen schull.
Un as de Düwel eenmal wedderkam, slot he den Handel af mit em un
besprack sick mit dem Bösen: He schull em in drei Dagen den Weg dör't
Holt un eenen Damm äwer den Morast maken, un he wulle mit Lif und
Seel sin wesen, wenn he en betrappelde, datt he man eenen Strohhalm
breet ut sinem Vörbeet ging.  De Prester satt awerst in sinem Garden
unner eenem Boom un las de Predigt äwer, de he den nächsten Sünndag
holden wull; un sin Swur was: "Düwel, wenn du in drei Dagen den Weg
un Damm dör dat Holt to der Horst fardigkrigst, so schast du mine
Seel nehmen, wo du se findst, wenn ick nich mehr up dissen minen
Vörbeet stah."  Un de Düwel schmunzelde in sinem Sinn un dachte: Den
Vagel hest du fangen; denn wo will de dumme Prester dat woll anfangen,
datt ick'n nich mal uter sinem Vörbeet treffen schall?  Dat Lewen is
lang un de Gedanken sünt kort un ehr Beten van Faden ritt licht af.
Un he ging lustig weg un makte sick an de Arbeit, haude Eeken af un
makte Brüggen un slepte Steene un karde Sand, un ehr drei Dag üm
weren, stund de grade Weg da un lag de schöne Damm fardig, so schön
un glatt, datt een Könnig mit Lust dräwerfahren kunn.  Un he kam to
dem Prester un sede: "De Weg un de Damm sünt makt."  Un he lurde em nu
up, wo he en faten un begigeln künn.

Un kum vergingen een paar Dag, so nam de Prester sinen Stock in de
Hand un ging den Weg nah Redbas herut, sick sine Brewe un Zeitungen
van der Post to halen.  Un as he kum an de Brügg kamen was, wo de
Sched is tüschen de Redbasser un Starkower Feldmark, wipps, hast du
mir nicht gesehn, was de olde Grising da in sinem roden scharlaken
Tressenrock un mit sinem Hahnenfoot, wippelde as een Hester üm dat
kranke Küken, üm den Prester herüm, un stellde sick achter em up den
Weg, datt he em nich wedder torügg lopen künn.  Un he grüßte en up
sine döwelsche Wise gar fründlich un reep: "Willkamen, Presting!  Nu
müßt du mal mit mi kamen un tosehn, wo't sick in der Höll lewt un ob
du se denen Buren richtig utleggt hest.  Wo steiht et?  Hest du din
Fell brav insmeert, datt et in der Hitt nich springt?"  Un as de Düwel
disse spötsche Red dhan hedd, makte he sick an den Prester un wull en
packen; äwerst he kunn nich!  Denn em kam een Gruwel un Grusen an, as
wenn he mit sinen Klauen in kold Is tastet hedd.  Un de Prester
lachte mit grotem Vergnögen, blos em ut siner Pip den Tabaksrook in
de Näs un sede: "Holt, Düwel! da is noch een Sticken vör, datt du
nich herin kannst.  Markst du, datt ick up minen Vörbeet stah?  Un
damit du Schlangenschelm et begrippst un in dinen Düwelsknaken
zitterst un bäwerst, so kumm her un seh!"  Un de Prester tog eenen
Stäwel ut un wieste dem Düwel, datt he drei, vier Bläder ut dem
Evangelienbook in sine Socken inneiht hedd.  Un de hedd he ook in
sinen Stäweln hett, as he im Garden den Eid swur un sinen Handel äwer
den Weg dör't Holt afslot.  Un de rode Düwel wurd vör Grimm blaß un
bleek as de Kalk an der Wand un schämde sick un vörzagde an dem
Prester, un neihde ut, as wenn em Für unner den Salen brennde, un
hett sick sin Leder nich mehr bi em sehn laten.  Un de Prester hett
as een gottselig Mann lewt, un is so storwen, un de Kark steiht bet
dissen hütigen Dag, un de Damm liggt noch un führt den Namen sines
Baumeisters, het de Düwelsdamm; äwerst nahgrad wer't woll nödig, datt
man den Düwel eenmal wedder dran krege tom Utbetern; denn he hett
vördammt veele Löcher.  Un wenn man ditt so bedenkt un de olden
Geschichten hürt, so mag man sick woll wundern, datt de Presters nu
tor Tiden so weinig känen un den Düwel nich mehr am Strick hebben.
Se segen, de olde Herr van der Finsternis un Düsternis is dood un
lewt nich mehr, äwerst se känen't nich bewiesen un ick glöwt nich;
denn he reckt sine Tatzen noch oft nog hervör.  Un wahrhaftig leider
Gotts! an dem Düwel fehlt et nich, man de rechte Glow fehlt un de
rechte Leewe, de rechte fürige himmlische Leewe, de de ganze
vullgeproppte glönige Höll un alle Millionen Düwels mit eenanner
utbrennen un in Asch vörwandeln kann.  Un darüm vörseggt en dat Hart,
et mit em uptonehmen.  De Olden vörstunden't beter un wüßten den
Spruch mit der Dhad uttoleggen: West klok as de Slangen un eenfoldig
as de Duwen.  To der Tid, as de Düwel Karken und Klöster buwen müßt,
gaff't gottskloke Lüde; nu äwerst sünt se düwelsklok un negenklok un
äwer all der Klokheit is de Vörnunft dumm worden, wo se de goden un
slimmen Geister mit eenem Blick underscheiden un den Engels und
Düwels in Christo begripen un den Lüden utdüden kunnen.  Se söken den
leewen Gott in der Welt, wo he is un ook nich is, un nich in der
Bibel, wo en jeder finden kann, dem Negenklokheit de Oogen nich
vörglastert hett.  Weer he so säker un wiß up der Landstrat to finden,
so were de leewe Heiland jo ümsüs vam Himmel herunnerkamen, sin
dürbares Blood am Krütz för uns to vörgeten.



De Raw de Ringdeef.


Då was eenmal een Grewe, de was sehr rik un grot un hedd een prächtig
Slott un schöne Häwe un Dörper; dat edelste un herrlichste Klenod
äwerst, dat he hedd, was sine Grewin, dat schönste Wif, dat up der
Erde lewde.  Un de Grewe höll se leewer as sin Lewen un as alle sine
annern Schätz un Herrlichkeiten.  Mannig schön Jåhr hedden se in Lust
un Froid mit eenanner lewt, då kam een Krieg up un de Grewe müßte
furt un in wider Frömde truren.  Un as he afreisen schull, was he
sehr bedröwt, un ehr he sin Perd besteg, ümhalsde he sine Grewin noch
eenmal unner dausend Thranen un nam eenen güldnen Ring van dem Finger
un stack en an ehren Finger, un sede dåbi: An dissem Ring will ick
marken, ob du miner noch gedenkst, un dårüm vörwahr en ja recht woll.
Un mit dissen Wurden swung he sick in den Sadel, un flugs ut dem Dur
herut.  Mannig Jåhr vörging un de Grewe kam nich wedder, un de Grewin
dachte, he were in der Fremde dood blewen, un se betrurde en as eenen
Dooden.  Äwerst se sach darüm nich nah den Lebendigen hen, man se
grämde sick jümmerfurt üm ehren Herrn un was em tru as Gold.  Veele
rike un vörnehme Friers kemen un wurben üm de schöne Fru, äwerst se
wull se går nich sehn, un sede: Lewt min Herr nich mehr, de de
schönste un leewste Mann up Erden was, wat schull ick mit eenem
annern anfangen? un ick will eene Wittfru bliwen un truren, bet Gott
mi im seligen Paradiese mit minem Leewsten un Besten wedder tosam
bringt.  Un nu hürt, wat sick begaff.

Eenen schönen Sommermorgen stund de Grewin vör der Dör--se was in dem
Gården west un hedd Blomen plantet--då blos de Trumpeter lud in't
Horn, un se hürde van dem Dur her de Grewe! de Grewe! schallen un
ropen.  Se leep flink de Trepp up sick to waschen, denn ehre Finger
weren vull Erd un Smutz van dem Blomenplanten.  Un as se sick wusch,
lede se den Ring up dat apne Finster, un een Raw kam flegen un nam
den Ring weg; un as sen an den Finger steken wull, fund se en nich;
un se was sehr vörwundert un bestört't, wo doch de Ring blewen were.
Un in dem Oogenblick trat de Grewe in ehre Stuw un flog ehr üm den
Hals un trutede un küßte se sehr.  Awerst de arme Grewin kunn nich
recht herzen un küssen van wegen des Ringes un sach verstürt un bleek
ut.  Un de Grewe vörwunderte sick äwer ehren kolden vörlegnen Empfang,
un sede: wo is't mit di bestellt, mine schöne Grewin? un hest du den
Ring noch, den ick di bi'm Afsched gaff as een Teken un as eenen
Vörmahner to Tru un Leew!  Un de geswinde Frag makte de arme Fru noch
bleeker un vörstürder, datt se hedd in de Erd sinken mügt, un in
ehrer Beklemmniß kunn se keen Starwenswurt verbringen.  Dat slog dem
Grewen in't Hart un he slog sick de Hand vör de Stiern un reep: O
Gott im Himmel! hier steiht et nümmer, as et wesen schull--wårüm bün
ick nich im Heidenlande as een ehrlicher Riddersmann fallen un
begrawen?  Dat ick ditt noch erlewen müßt?  Un nu, Fru, wies mi glik
den Ring!  Un de arme Fru bekennde vör em, as't wåhr was, un sede: O
du ewiger barmhartiger Gott! wat hew ick doch vörbraken, datt ick in
disse entsetzliche Noth geraden bün?  O min leewe Herr un Gemal, west
nich so ungeduldig un hürt mi un glöwt mi, datt ick juw ehrlich un
tru Wif bün un keenen annern Gedanken in minem Harten hegt hew, as ju
un juwe Leewe.  Awerst wo is't mi gahn un wo geiht et mi?  As ick den
Trumpeter up der Wart blasen hürde un juwen Namen van dem Dur her
klingen, stund ick vör der Dör un kam äwen ut dem Gården, wo ick
Blomen plantet hew; un ick hedd swarte Händ un slichte Gårdenschoh an
un dachte: So schast du vör dinem Herrn nich erschienen.  Un so
sprung ick strax de Trepp herup un wusch mi de Händ un lede dåbi den
Ring in dat apne Finster.  Un as ick'n wedder anstecken wull, was he
weg; un ick kann nich begripen, wat dat is un ob noch Töwerer un
Hexen lewen, de mi arme Fru in't Unglück bringen willen.  So is't
schehn, un Gott im Himmel weet, datt ick de unschuldige Wahrheit
segge, un desülwige Gott im Himmel vörhöde, datt mi de grötste Froid
nich een grotes Leid ward!

Awerst de Grewe, as he dat vörnahmen, ergrimmde in sinem Sinn un sine
Oogen vördunkelden sick, un he stödde de arme Grewin van sick as eene
Lägnerin un untruwe Bedregerin, de ehre Untreu un Falschheit mit
schönen Wurden un Thranen bemanteln un vertuschen wull.  Un dårüm let
he se gripen un in eenem olden Thorm in een deep Loch versenken, un
vörklagde se as eene Buhlerin un Ehbrekerin.  Un sin Grimm wurd van
Dage to Dage arger, un he leet eenen Galgen buwen, då schull de
falsche Grewin dran hängen.  Un wat de arme Fru em ook toswur un bat
un wat verständige Lüde ook seggen un bidden mügten, he let sick nich
rütteln noch rögen van sinem harden Sinn.  Un as de Grewin nu tom
Hochgericht herutführt wurd mit grotem Geleide un de Grewe mit veelen
groten Herren dåbi stund, un se de Galgenledder upstiegen müßte, då
slog dat arme Wif noch eenmal de Händ tosam un schreide, datt alle
hürden: Du groter Gott im Himmel! erbarme di miner letzten Bede un
lat mine witte Unschuld nich so jämmerlich am Galgen vördarwen!  Un
in dem tog de Scharprichter ehr de Ledder unner den Föten weg, un se
hängde un vörsched.  Un de Lüde rund ümher weenden un bededen
barmhartiglich un alle Armen ut drei vier Kaspels in der Runde üm dat
Slott hülden un wehklagden lude; denn se was eene rechte fründliche
Armenmoder west.  Veele äwerst jammerden ook, datt een so schönes Wif
in jungen Jåhren up disse schändliche Wise hedd starwen müßt.  Un süh!
as se keen Lewensteken mehr van sick gaff un dat Geleide un de harde
Grewe sick anschickten wegtogahn, kam een swarter Rawe flegen, un
sette sick up den Galgen dicht bi ehr un reep Kork!  Kork! datt allen
Lüden een Schrecken un Vörstaunen ankam.  Äwerst wo vörfierden un
vörschreckten se sick, as de Raw eenen güldnen Ring ut dem Snawel an
de Erd fallen let.  Äwerst am meisten vörschrack sick de Grewe, as
em de Ring in de Hand kam, un stund då un bäwerde, as hedd en Gotts
Dunner slagen.  Un so stund he lang as een Vördunnerter un Farw un
Sprak vörleten en.  Toletzt reep he: De Ring! de Ring! de
unglückselige Ring! un don tog he sin blankes Swert ut der Schede un
föll dårin, datt sin rodes Blod tom Häwen herup spritzte.  Un se
nehmen de Fru van dem Galgen un nehmen den dooden Mann un growen een
grotes deepes Graf, då leden se beide still herin ahn Prester un
Köster un Sang un Klang.  Denn wo Gott een to gewaltig Wurt spreckt,
då vörgeiht dem Minschen dat Singen un Klingen woll.



De Wewer un de Steen


De Herr hett woll dat steenerne Krütz sehn, dat am Wege steiht, wo
man van der Löbnitzer Mähl nach Redbas geiht.  Da lag vör dissem een
Steen, de was in twee Stücken tersprungen.  Den hebben se wegnahmen,
as de Fürst Hessenstein de prächtige Redbasser Brügg buwen let; un
dat is schad, denn de Steen hedd wat in sick, un't was eene Geschicht
mit em, woran sick Mennigeen spegeln un wobi jeder Wandersmann, de
vörbiging, sine goden Gedanken hebben kun; un he was recht een
Wahrnagel för de Deewe un för alle falschen Nachtslikers.  Nu he
äwerst weg is, ward et woll to swind vörgäten sin, un wer weet, wo
lang dat Krütz noch steiht, denn nu is de Tid da, wo se alles
umkehren un dat Olde vörachten.

Vör langen langen Tiden, lang vör Minschengedenken, wahnde in Redebas
een Wewer, dat was een groter Schelm.  He wewerde äwerst nich
veel--denn sin Wewstohl stund jümmer still--äwerst he grep to eener
Kunst, wodör man een lustig Lewen holden un swind rik warden kann; un
de Düwel hedd to sinem Gespinst den Inslag makt, un nu mag de arme
Stacker tosehn, wo he dat Netz utrawweln will, dat he sick sülwst
wewt hett.  Des Nachts, wenn de ehrlichen Lüde slapen, was min Wewer
jümmer flink mit sinen Gesellen up den Beenen, un fette Swin un Gös,
de de Bur den annern Morgen tohauen wull, un Schinken un Mettwurst un
mennig swarer Immenrump un blanker Schepel Weiten kam int Hus, un
nüms wußte, up wat för eenem Wege.  Dat äwerst wüßten alle Lüde im
Dörp, datt de Wewer ful was as de Oss üm Wihnachten un datt he fedder
lewde as de Schult un Vörwalter.  Un se munkelden woll unner sick, he
were een Deef un Röwer un stünd' ook mit dem olden Draken im Vörbund,
de em alles todröge; äwerst bewiesen kunn em't keener.  Nu begaff
sick't eenes Dages, datt unser Meister Urian mit sinem Gesellen dem
Löbnitzer Möller eene Nacht in de Mähl brok, un datt jeder sinen Sack
Weiten furtdrog.  Glik drup kam de Möller mit sinem Burschen, un se
funden de Mähl apen un den Weiten weg un lepen up den Wegen herut, ob
se nüms gewahr warden künnen.  Un se kemen ook up den Redbasser Weg
un packten unsern Wewer, de mit sinem Weiten up eenem groten Steen
satt; de Gesell äwerst was wiet vörut.  De Möller un de Mählenbursch
nehmen nu unsern Wewer tüschen sich un prügelden en deeg af, un darup
müßt he sinen Weiten wedder upsacken un mit gewaltigem Pusten un
Stänen nah Löbnitz bet an dat Möllerhus dregen.  Da hölden se en fest,
denn se meenden ganz säker; datt he de Weitendeef were.  Un den
annern Vörmiddag was groter Gerichtsdag to Löbnitz.  Un de Wewer hölt
sick stif und lögnede alles, un lede sware Klag up den Möller un den
Mählenburschen, datt se en as eenen Deef festholden, up der Landstrat
slagen un em sinen egnen Weiten afnahmen hedden.  "Denn"--schreide
he--"ditt is min Sack (he hedd äwerst sinen egnen Sack mit sinem
Namenteken mitnahmen un den Weiten darin schüddet) un de Weiten darin
is min Weiten, den ick mi gistern Awend van dem Buren to Holthof
köfft hew.  Un wenn ji't nich glöwen willt, so schickt hen un latet
den Buren halen un fragen, un wenn he seggt, datt ick den Weiten van
em nich köfft hew, will ick nu un ewig een Schelm heten."  Un se
schickten nah'm Holthof, un de Bur sede ut, as de Wewer bedürt hedd;
denn he stack ook mit drin un was een Afflegger un Deewshehler.  Un
nu wüßte de Richter keenen annern Rat, he hölt den Wewer woll för
eenen Deef, äwerst he kunn em't nich up't Lif seggen, un darüm müßt
he en tom Swur laten.  Un he nam den Möller un den Mählenburschen un
den Wäwer, un se gingen mit eenanner to dem Steen un dem Krütz up der
Heid am Wege, wo de Möller en packt hedd, un da vörmahnde he den
Wewer noch eenmal, Gott de Ehre to laten, wenn he sündigt hedd, un
leewer sine Sünd to bekennen un de Straf to liden, as eenen falschen
Eid to dhon un ewig in der Höll to braden.  "Denn"--sede he un sach
den Schelm dabi sehr ernsthaftig an--"disse Steen wat woll tügen
gegen di, wenn du falsch swerst, un disse Durnbüsche warden de Köpp
äwer di tohop stecken un Weh und Zeter äwer di schreien."  De Wewer
äwerst let sick nicks anfechten, he makte sin Hart fast un verschot
keene Min un schwur frisch weg, datt he unschuldig were an des
Möllers Dör un Weiten, un sprack mit frecher luder Stimm: "Lat dissen
Steen in Stücken springen, un wenn et een muntlos Kindeken weet, datt
ick de Deef bün, lat et oogenblicklich dat Wurt gewinnen."  Un da
gingen se van dem Steen weder nach Löbnitz torügg, un de Spruch was:
De Möller un de Mählenbursch müßten dem Wewer Afbidde dhon un för den
Schimp un de Släge hundertföftig Daler betalen und alle Kosten stahn.
Dat hedden se noch to ehrem Schaden; de Wewer äwerst strek dat Geld
in un lachte in sin Füstken, nam sinen Weitensack up den Puckel un
plegde sick eenen goden Dag van dem Roof un van dem glücklichen
Geldfang.

Nu was't to spad em totoropen: "Holl up!  Holl up!"  he was to dicht
van den Doiwelsstricken bestrickt, un kunn nich mehr herut; sin Wagen
was loslaten, un lep störtlings bargaf.  He dref dat lichte Handwark
noch een paar Jahr un wurd een Perddeef un Stratröwer un Mörder un
strek an Galgen un Strick oft hart vörbi.  Toletzt äwerst wurde he in
Rostock fast mit mehrern siner Gesellen, un da kam et ut, datt he vör
drei Jahren in Kenz een Hus anstaken hedd, worin eene olde Frau un
drei Kinder vörbrennt weren.  De arme Sünder wurd nu utlewert nah
Redebas, wo he to Hus was, un sin Urtel wurd spraken: He schull an
dem Pal vörbrennt warden.  As he hier satt, dachten se in Löbnitz un
Redbas wedder an den Weitensack un wo he sick an dem Steen up der
Heid losswaren hedd.  Un de Königliche Amtmann un de Schult leten dat
Holt, worup he verbrennen schull, dahenführen un richteden em an dem
Steen sinen letzten fürigen Stol up.  Un da hett sick begewen, as he
in der heeten Qual satt un sinen letzten Lewensschrei van sick gaf,
datt et unner dem brennenden Holte klungen hett, as wenn een Kind
weent.  Un alle Minschen, de dabistunden, hebben sick vörwundert un
vörfiert äwer de Kinderstimm, un een old Wif hett seggt: "Da hett mal
eene Mordhand een Kind in de Erd scharrt, un dat rührt sick nu in
siner Gruft."  Äwerst de Mählenbursch van vörmals, de nu Möller in
Karnin was un dabistund, reep ganz lude, datt alle Lüd et hürden: "Ne!
keene arme Sündersche hett ehr Kind da in de Erd vörgraben, da hett
de Schelm up dat Evangelienbook sin falsch Wurt ingraben, un dat mütt,
damit de Wahrheit an den Dag kümmt, unner der Erd herutschreien:
'Wewer, du hest Gott belagen.' Un nu will'n wi sehn, wo't mit dem
Steen utsüht."  Un de Möller vörtellde de ganze Geschicht van dem
Weitensack un wat de Richter bi dem Steen seggt hed un wo sehr he den
Wewer up sine ewige Seligkeit vörmahnt hedd, un up wat Wise un mit
wat för Wurden de Wewer sick darup vörswaren hedd.  Un de Lüde
vörstaunden sick un keener kunn een Wurt spreken vör Schrecken.  Un
as de arme Sünder vörbrennt was un nicks as Asch un Knaken äwrig
weren, da trat de Möller to dem Steen un rakte mit dem Stock de Asch
weg van dem Steen, un süh! de Steen was terborsten un in twee Stücken
zersprungen.  Un alle Lüde seden: "Seht! dat is Gotts Finger", un
gingen in Furcht un Zittern to Hus.  Äwerst ob van allen den, de
dabistunden, ook nich eener mal stahlen hett, daför will ick nich
godstahn; denn so ward et woll in disser Welt bliwen, so lang se
steiht.



De krassende Hahn.


Een Förster, de im Holt wahnde, hedd twee Sähns, eenen van twelw den
annern van viertein Jåhren.  Nu geschach et eenmal, datt he mit siner
Frau utfuhr, un de beiden Jungs blewen alleen to Hus.  Sick de
Langewil tö vördriwen gingen se in ehres Vaders Stuw, nehmen sick
jeder een Gewehr, löden se, un gingen in den Gården Sparlinge to
scheten.  Se fünden äwerst keene Vägel.  As se nu wedder ut dem
Gården herut gahn wullen, spelden se mit den Flinten, as unfrode
Jungs dhon, un leden up eenanner an, as wenn se scheten wullen.  Un
as dat Sprickwurt seggt: _Wenn de Minsch vörbaden Spill makt, gift de
Düwel ümsünst de Musik dåto_--dem öldsten Jungen ging dat Gewehr los
un sin Broder störtete dal as een Sperling, un was muschdood un
mickte nich.  In der Angst vör sinem Vader leep de Jung hen, nam
eenen Spaden, un grof sinen Broder in de Erd, wo he fallen was.  Un
as he dåbi was, flog een roder Hahn up den Tun, slog de Flüchten
tosam un kraihde mit luder Stimm.  Un de Jung sede to em: Hahn, du
swiggst.  Un he nam ook de beiden Flinten un hängde se wedder an ehre
Stell.  Un as den Awend Vader un Moder to Hus kemen un fragden, wo
sin Broder were, antwurte he as Kain: Wat weet ick, wo he is?  He
leep int Holz, glik as ji weg wert, un he is woll sinem Dohnenstieg
nahgan un ward jo woll noch kamen.  Un dat wurd spad, un de Jung kam
nich un kunn nich kamen, un de Öldern wurden sehr unruhig un trurig.
Äwerst de Doodscheter let sick nicks marken un dheede, as wenn he
van nicks wüßte.  Un se schickten ut in den ganzen groten Forst un
lepen sülwst üm up allen Wegen un dör alle Dohnenstiege un spörden üm
in allen Dörpern ümher, wo he hen to gahn plegde to den Nawers, un
keen Minsch kunnt en wat van dem Jungen vörtellen.  Un toletzt
glöwden se, he were in een Water fallen un vörunglückt edder een Wulf
edder anner Undeerd hedd en terreten.  Awerst de Hahn lewde noch, de
den Dooden begraben sehn und den Grafgesang dåto kreiht hedd.  Un
hier sach man recht, datt ook de dummen un unvörnünftigen Deerde äwer
Doodslag un äwer vörgaten Minschenblood Lut un Teken van sick gewen
mütten, wenn't Gotts Will is, datt et an den Dag kamen schalt.  Keen
Dag vörging, datt de rode Hahn nicht twee- dree-mal henging, äwer den
Gårdentun flog un sick henstellde, wo de erschatene Jung vörscharrt
lag, un dåbi kraihde, as wull he seggen: Hier liggt, wat ji sökt,
kamt her, halt et herut.  Äwerst keen Minsch hedd Acht dårup gewen,
wiel den Sommer då Kartüffeln stunden, wobi nüms wat to dhon hedd.
Awerst as de Erdtüffeln herut nahmen weren, ging de Försterfru hen un
seiede Blomensaat up der Stell, un as se sach, datt de Hahn dat
bekrassede, jog se en weg. Un as he den tweeten un drüdden Dag jümmer
wedder kam un't nich beter makte, nam se den Hahn un spunde en in, un
let en erst den sösten Dag wedder ut, as dat Saat all heel grön
upgahn was, un meende, nu würd he ehr de Blomen woll tofreden laten.
Awerst kum hedd se den Rüggen wendt, so wurd se ut dem Finster gewåhr,
datt de Hahn all wedder då was un ut sinen besten Kräften un Künsten
krassede un kraihde.  Un se leep hen un reep ehre Magd un den
Jägerburschen, datt se ehr den Hahn gripen hülpen; denn se was
utermaaten bös un wull em den Hals ümdreihen, wenn se en kriegen künn.
De Hahn äwerst was keen Narr un leet sick nich gripen.  Un as se
sick all ut dem Athem lopen hedden üm den Hahn un he to Busch flagen
was, kam de Mann van der Jagd, un de Fru vörtellde em, wo't ehr mit
dem Hahn ging, un sede dåbi: Were ick äwerglöwsch, ick kunn mi
inbilden, datt då wat Sötes unner der Erd liggt un een Schatz för uns
vörgrawen is; denn de Düwel weet, wat de Hahn då süs to dhon hett un
jümmer mit den Flüchten waifelt un kraiht, as wenn he sinen ganzen
Frauenstall to sick locken wull.  Un se spröken dåräwer, un de Mann
sede: Will tom Spaß mal tosehn; då mag woll eene seltsame Wörtel sin
edder so wat, datt man in der Wirthschaft bruken kann; denn dat is
eenmal wiß, ehre Witterung hebben de Deerde, un de Vägel hebben de
allerfinste Näs, dat mütt ick as Jäger weeten, un de is nich to
verachten.  Un he nam Hack un Spaden, un grof, un grof sick de
bitterste Thranenwörtel ut der Erd, datt he vör Jammer hedd vörgahn
mügt.  Un as se de Lik utstellden un up eenen Karkhoff in hillige Erd
leggen wullen, kunn de arme Broder et nich länger utholden un
vörswigen un vörtellde: wo et sick im Spelen so trurig begewen hedd.
Un he erinnerde sick ook an den roden Hahn, datt he up dem Tun satt
un kraihde, un datt he to em spraken hedd: _Hahn, du swigst._



De witte Fru to Löbnitz


In Löbnitz ging de Red, datt eene witte Fru bi nachtslapender Tid
rundging.  Ehr Gang was van der Bleke äwer dat Steg, dat achter dem
Backhuse up der Beek liggt, dörch dat Backhus üm den Schaapstall un
üm de grote Schün, un denn gar langsam dör den Boomgarden un
Blomengarden, wo se oft still stund un sick bückte, as wenn se Äppel
upsammelde edder Blomen plückte.  Van da ging se toletzt in dat Hus,
wo se üm Klock een meist ut dem Keller unner der Trepp herupsteeg mit
eenem Licht in der Hand, waran blage Fünkschen stöweden un dat hell
upgnisterde.  So is se oft sehn üm de Gespensterstund; un ook mine
selige Moder sede, se hedd se mal schemern sehn.  Se plag jümmer an
der Trepp stilltostahn un sick wunnerlich ümtokiken ook woll de
Husdör to beföhlen, ob se slaten were; denn ging se langsam un
potentatisch de Trepp herup un steg to Bänen unner de Oken to den
Katten un löschte ehr Licht ut.  Dat is enmal wiß, keen Minsch ging
to der Tid gern up de Dele un up de Trepp; un dat was dat
Besünnlichste, datt keen Hund da je to liggen edder to rasten plegde.
Un oft is't schehn, datt Mäge, de de Trepp mit Licht herupgingen
edder des Nachts da wat to bestellen hedden, plötzlich as för dood
henstörteden un denn elendig krank wurden; un de hebben vörtellt, de
witte Fru wer en mit dem blagen gnistrigen Licht in den Weg treden un
hedd se anpust't.  Van disser witten Fru vörtellde Johann Geese
eenmal:

"Mit der witten Fru, de to gewissen Tiden, am meisten im Harwst un
Winter to Löbnitz ümgeiht, schall man sick woll in acht nehmen, un
den Düwel nich im Äwermod vörsöken.  Dat is een erzböses Wif, un se
geiht nich vörgäws in der wilden Unruh rund un makt ehrlichen Lüden
de Nacht gruwlich.  Dat's woll hundert Jahr her un länger, datt se to
Löbnitz würklich lewde un regierde.  Se was een rikes un vörnehmes
Eddelmannswif un se seggen, se kam ut Polen--so schön un witt as de
witte Dag, datt ehres Gliken van Schönheit kum up der Welt west is.
Äwerst se was eene leidige Hex un falsch un listig van Grund ut,
un slimmer as Bollis im Winter; un de olde Fiend hedd ehr den letzten
Bloodsdruppen vörgiftet, datt ook nich een god Haar mehr an ehr was.
Se was grausam hoffardig un lichtfardig, solang se jung un schön was,
un schall ehren olden Mann mit Gift vörgewen hebben.  As et äwerst
mit ehr gegen dat Older ging un se een, drei Stieg Jahr up dem Puckel
hedd, da vörlet se de lustige Düwel, de im Blood sitt, äwergaff se
sinem slimmsten Broder, dem hungrigen un kattigen Gitzdüwel, dem
Düwel, de nich slapen kann, dem rechten Negendöder der Seelen, as de
Herr Pastor seggt.  Nu wurd dat olde Wif eene slimme
Minschenschinnerin un Lüdplagerin un kratzte ut dem Blood und Sweet
der armen Lüde Gold in Hupen tosam un vörgrof't an veelen Stellen.
Un as se endlich van disser Welt weg müßt, is't ehr tor Straf sett't,
datt se up desülwige Wis, as se annern keene Rauh un Rast günnt hett,
ook im Grawe noch keene Rauh finden schull.  Darüm mütt se nu ümgahn
in der doistern Nacht, wenn alle frame Kreaturen un christlichen
Minschen slapen, un de hungrigen Wülw und Vöss un Marten un Ilken un
anner sodhan Tüg alleen up den Beenen sünt.  Denn mütt se herut in
Hagel un Snei un Wind un Regen in dem witten Doodenhemd mit dem
gefährlichen Licht in der Hand.  Un wiel se im Keller un in der Bleke
dat meiste Geld vorgrawen hett, darüm mütt se dar am meisten ümlopen.
De Herr hett woll de Löcher sehn, de de Schatzgröwers dissen Winter
up der Bleke upwöhlt hebben?  Äwerst de dummen Narren! da ward
keen Minsch wat finden.  Denn je slimmer de Minsch ist, de Geld in
der Erd vörgröft, desto grötere Macht hett de Bös äwer den Schatz un
desto deeper kann he en to sick heruntertrecken.  Un wer seggt uns,
wo veele dausend Faden deep he ehre Geldkasten in de Erd
herunnerslaken hett?  Dat is ook wahr un is dör veele Teken bewist,
datt düslike vordammte Seelen, de im Graw keene Rauh hebben, van Gott
brukt warden de Slimmen in Tucht to holden.  Denn wer in vörbadner
Tid as Sliker edder Deef herümlurt un wat söcht, wo he nicks vörlaren
hett, un dem witten Wiwe in den Wurf kümmt, mit dem dörft se affahren,
as't ehr geföllt, wenn he nich noch tor rechten Tid een himmlisch
Gewehr ergrippt, as een Evangelienbook edder een Gebet, dem Gott
anmarkt, datt et nich tom Spaß ut der Kehle geiht.  Dat hett sick vör
een twintig Jahr begewen.  Da was in Langenhanshagen een Snider, de
het Jakobs un was as een Töwerer un Deef vörropen, de des Nachts
selden in sinem Bedd sleep.  Den funden se eenes Morgens to Löbnitz
an der Eek achter dem Backhus, wo de Steg äwer de Beek geiht.  O je!
wo bummelde de grote Kramsvagel! un wo frisch weihede dat
Sniderhoiken im Wind!  He was mit eener frischen grönen Wide upknüppt.
Sine Fründschaft sede woll, datt he sick woll sülwst een Leed
andhan hedd; äwerst wi weten dat beter: sine Uphengersche lewt noch."



Der Rabenstein


Es gibt viele absonderliche und wunderseltsame Geschichten und Dinge
in der Natur, von welchen kein Mensch begreift, wie sie sich begeben
und zusammenhängen, und sind doch da.  Und wenn die Menschen sie
erzählen hören, erstaunen sie und erschrecken, aber wissen können sie
sie nicht.  So ist es auch mit dem Rabenstein, wovon viele erzählen,
aber keiner etwas Gewisses weiß; daß es aber Rabensteine gibt, das
weiß man wohl.

Ihr habt auch wohl von Diebslichtern gehört.  Die sind fast eben wie
der Rabenstein und wie andere unsichtbare Diebslaternen.  Es ist aber
greulich zu erzählen, wie Diebslichter gewonnen werden.  Sie sind die
Finger von ungeborenen und unschuldigen Kindlein; denn die Finger von
schon geborenen und getauften Kindern kann man dazu nicht gebrauchen.
Und was für ungeborene Kindlein sind das?  Und wie muß man die
Lichter gewinnen?  Wenn eine Diebin oder Mörderin sich selbst erhängt
oder ersäuft hat oder gehängt oder geköpft worden ist und ein Kind in
ihrem Leibe trägt, dann mußt du hingehen um die Mitternacht, auf des
Teufels Straßen, und nicht auf Gottes Straßen, mit Beschwörungen und
Zaubereien, und nicht mit Gebet und Segen, und mußt ein Beil oder
Messer nehmen, das von Henkershänden gebraucht ist, und damit den
Bauch der armen Sünderin öffnen, das Kind herausnehmen und seine
Finger abschneiden und zu dir stecken.  Aber solches muß durchaus um
die Mitternacht vollbracht werden und in vollkommenster Einsamkeit
und Schweigsamkeit, so daß auch kein leisester Laut, ja kein ach! und
kein Seufzer über die Lippen des Suchenden gehen darf.  So gewinnst
du Lichter, die, wenn du willst, brennen, und, wie kurz sie auch sind,
doch nimmer ausbrennen, sondern immer gleich lang bleiben.  Diese
Zauberlichter haben die sonderliche Natur und Eigenschaft, daß sie
augenblicklich brennen, wie und wo ihr diebischer Inhaber nur denkt
oder wünscht, daß sie brennen sollen, und ebenso geschwind als sein
Wunsch und Gedanke erlöschen.  Durch ihre Hilfe kann er in der
dichtesten finstersten Nacht, wenn und wo er will, alles sehen; sie
leuchten aber nur für ihn und für keinen andern, und er selbst bleibt
unsichtbar, wenn sie auch alles andere hell machen.  Dabei sitzt noch
die Greulichkeit in ihnen, daß sie eine geheime Gewalt über den
Schlaf haben und daß in den Zimmern, wo sie angezündet werden, der
Schlafende so fest schnarcht, daß man zehn Donnerbüchsen über seinem
Kopf losknallen könnte und er doch nicht erwachte.  Denke, wie lustig
sich da stehlen und nehmen läßt!

Auf diese Weise werden die Diebslichter gewonnen und gebraucht, aber
anders der Rabenstein und nicht so greulich, wiewohl auch ein vom
Satan und von seinen Gelüsten verblendetes und verhärtetes Herz dazu
gehört, sich den Rabenstein in die Tasche zu schaffen.  Dies ist aber
der Rabenstein, und auf folgende Weise wird er gewonnen:

Die Raben, Krähen, Adler und andre solche Vögel, welche scharfe
Schnäbel und Klauen haben und von Gott auf den Raub angewiesen sind,
sagen die Leute, werden sehr alt und leben wohl zweihundert und
dreihundert Jahre, also viel länger als die ältesten Menschen.  Wenn
nun ein Rabenpaar hundert Winter miteinander gelebt und geheckt hat,
dann legt es erst den Rabenstein, und, wie sie sagen, alle zehn
Winter einen neuen Stein.  Dieser Rabenstein soll nach der Sage aus
den Augen der Diebe herauswachsen, welche die Raben am Galgen
ausgehackt haben; und das müssen die Raben an vielen hundert Dieben
getan haben, ehe sie einen solchen Wunderstein legen können.  Er ist
von der Größe einer Wälschen Nuß oder eines Rabeneies, ganz rund und
glatt und feuerrot wie ein Karfunkelstein, und die Raben legen ihn in
der letzten Nacht des Hornungs: denn noch im Winter legen sie ihre
Eier und im ersten Frühling, wann es noch reift und friert, haben sie
schon befiederte Jungen.  Es hat aber dieser grausige Wunderstein
zwei Eigenschaften; die erste, daß er in der Nacht leuchtet wie eine
Sonne und alles umher hell, seinen Träger aber unsichtbar macht, so
daß sich herrlich mit ihm stehlen läßt: die zweite, daß er zu Galgen
und Rad hinlockt.

Wer einen Rabenstein suchen und fangen will, der muß in die hohen
Forsten suchen gehen, wo die großen, himmelhohen Bäume stehen; denn
auf den schlanksten und schiersten Fichten, Eschen und Buchen, welche
der gewandteste Matrose nicht leicht erklettern kann, baut der kluge
Vogel Rabe sein Nest.  Da muß er lauschen und lugen, wo er Rabentöne
aus hoher Luft klingen hören und Rabennester entdecken mag, und zwar
an solchen Tagen, wo Schnee gefallen ist; denn dann kann er allein
die rechten Nester finden.  Er mag nämlich alle Nester ruhig sitzen
lassen, unter deren Bäumen Schnee liegt, denn in solchen ist kein
Rabenstein.  Der Rabenstein nämlich ist so warm von oben, daß es
unter seinem Neste nimmer friert noch taut und daß der Schnee in der
Minute vergeht, in welcher er fällt.  Aber wer dies auch weiß, kann
doch wohl hundert Jahre in allen Wäldern und unter allen Bäumen
herumlaufen und sich die Augen aus dem Kopfe gucken, und findet doch
das Nest mit dem Rabenstein nicht.  Denn das Glück oder gottlob
leider der Teufel läßt sich nicht immer so leicht greifen, als die
einfältigen Leute sich einbilden.  Denn überhaupt sind wenige Raben
in der Welt, und von diesen wenigen wie wenige werden hundert Jahre
alt oder gar zweihundert und dreihundert!  Weil strenge Winter, wilde
Buben, Jäger und mächtigere Raubvögel die meisten in der Jugend
verderben--und ferner, wie schwer auch sind die Rabennester zu finden,
da der Rabe nur einen Klang oder Ton macht, wenn er in hoher Luft
fliegt oder auf dem Aase sitzt oder im Neste angegriffen wird, sonst
aber der verschwiegenste und einsamste aller Vögel ist!  Hat nun auch
einer einmal einen solchen Baum gefunden, so will es noch ein rechtes
Löwenherz, ja Satansherz dazu, den Rabenstein aus dem Neste
herunterzuholen.  Denn hört, wie das geschehen muß:

Wer den Rabenstein haben will, der muß in der letzten Nacht des
besagten Hornungs in den Wald gehen, wo der Baum mit dem
hoffnungsvollen Neste steht.  Er muß ganz einsam und allein kommen,
und auch keine Menschenseele muß wissen, wohin und wofür er
ausgegangen ist; und auch keinen Laut, nicht einmal ein Hustchen oder
ein Seufzerlein darf er von sich geben.  Auf die Glocke der Zeit muß
er achtgeben und genau um die Mitternachtstunde zur Stelle sein; denn
nur in der Gespensterstunde, zwischen zwölf und eins in der Nacht,
läßt der Stein sich gewinnen.  Dann muß er sich so splitterfasernackt
entkleiden, wie Adam weiland im Unschuldkleide der Natur im Garten
Eden gestanden ist; und in diesem Naturkleide muß er nun den Stamm
hinaufklettern und zitternd und bebend im Sinn behalten, daß er
keinen Ton vernehmen lassen darf; denn alsbald ihm auch nur der
leiseste Laut entführe, würde er gleich des Todes sein.  Aber nun
merkt euch hierbei wieder des Teufels List.  Wenn er den armen
gierigen Kletterer bis oben zur Spitze hinaufgelockt hat, wo das
heillose Nest sitzt, dann darf er nicht hineinschauen und sich den
leuchtenden Stein aussuchen, sondern er muß sich nun noch dreimal um
den Stamm herumschwingen, die Augen zutun, und blind hineingreifen,
und was sein Finger zuerst berührt, das muß er behalten.  So hat
sich's oft begeben, daß manche mit einem faulen Ei heruntergekommen
sind und für alle Angst, Arbeit und Schmerzen nur Spott gehabt haben.
Es bringen es überhaupt wohl wenige zustande mit dem Rabenstein,
unter Hunderten, die ihn begehren, wohl kaum einer.  Denn alles ist
dabei halsbrechend und ungeheuer.  Den meisten vergeht gewiß schon
die Lust, wenn es um die kalte tote Mitternacht an das Auskleiden
gehen soll, und sie nehmen in der Angst die Flucht, und haben dann
gewiß das Geschwirr und Gesurr des höllischen Nachtgesindels im
Nacken hinter sich.  Auf diese Weise hat mancher freche und verwegene
Bursch Schuh und Stiefeln, Rock und Hut verloren und den Leuten
hinterher von Dieben und Räubern erzählt, die ihn so bis aufs Hemd
ausgezogen haben; die guten Leute hätten diese Räuber und Kleider und
Schuh aber unter dem Rabennest finden können.  Viele erfrieren und
ermatten auch, indem sie den Stamm kaum halb hinaufgeklettert sind,
oder können es vor Schmerz nicht länger aushalten, denn es geht dabei
wohl an ein ehrliches Schinden der Knie, Schenkel und Arme, und so
müssen sie endlich mit Schimpf zurückkriechen oder fallen auch wohl
gar jämmerlich herunter.  Das bleibt aber wahr, wenn sie auch oben
bis zur äußersten Spitze und zum Neste gelangt sind, dann wird's erst
recht teuflisch und gefährlich.  Nun in der Mattigkeit und Angst den
vollen Verstand behalten und den Ton so bezwingen, daß auch kein Laut
aus der Brust dringt, die Augen zutun, sich dabei dreimal um den
Stamm schwingen, und dann mit der Hand ins Nest fahren und den
letzten Glücksgriff tun--das ist wahrhaftig nicht jedermanns Ding.
Dabei stürzen noch die meisten herunter und brechen den Hals,
besonders wenn es ihnen zu mächtig wird und sie doch stöhnen oder
murmeln.  Dann ist es um sie getan.  Sowie auch nur der leiseste Laut
fast nur atmet, geschweige klingt, ist sogleich ein ganzes Heer da,
das mit zu dem Satansgaukelspiel gehört.  Viele hunderttausend Raben
füllen plötzlich mit ihrem Gekrächze die Luft und umflattern den
armen Sünder, und fallen mit Flügeln, Klauen und Schnäbeln so dicht
auf ihn, daß er herunter muß, er mag wollen oder nicht.  Da geht's
denn zuletzt an den Sturz und an ein Hals- und Beinbrechen--denn wäre
der Kletterer ein Löwe von Mut und Stärke, er muß herunter--und mit
den Augen und einem bißchen von Wangen und Nase nimmt die
Gesellschaft gleich fürlieb.  Dies sind die Geschichten, wovon man so
oft hört, die man auch oft in Zeitungen liest, wo auf die vermeinten
Mörder gelauscht und gefahndet werden soll: ein junger Jägerbursch
oder Handwerksbursch sei nackt und zerrissen und zerfleischt im Walde
gefunden, von Räubern ausgeplündert und erschlagen oder von zuckenden
Bären und Wölfen zerrissen.  Er hat sein mitternächtliches Wagstück
mit dem schwarzen Federvolke so bezahlen müssen, und die Räuber,
Mörder und reißenden Tiere haben weder Knüppel und Pistolen noch
Zähne und Tatzen geführt.

Und nun will ich auch eine Geschichte erzählen von einem, der den
Rabenstein besessen hat, und was er ausgerichtet und wie es mit ihm
geendet hat.

Vor langer langer Zeit lebte zu Boldewitz auf Rügen ein reicher und
vornehmer Herr, der vieler Kaiser und Könige und Potentaten in
schweren Fällen Kriegsobrister gewesen war, der hieß Herr Friedrich
von Rotermund.  Dieser brachte aus der Türkei oder aus der Tartarei,
kurz, aus den Heidenländern, wo sie Weiber kaufen, wie bei uns die
Pferde, ein wunderschönes Weib mit, von welcher kein Mensch wußte, ob
sie eine Heidin oder Christin war.  Sie war aber nicht sein eheliches
Weib, sondern seine Kebsin.  Mit dieser zeugte er ein Feierabendskind,
und das war ein Knabe und hieß auch Friedrich.  Es war aber kein
Friedrich, sondern ein rechter Kriegerich; denn der Krieg und die
Wildheit steckte darin, und er war von keinem Schulmeister noch
Züchtiger zu bändigen, sondern ging durch wie ein kosakisches oder
tartarisches Pferd.  Er war aber schön wie Sonnenschein und stark wie
Eichbäume und bei all seiner Wildheit den Menschen über die Maßen
angenehm und gefällig; so daß jeder den Buben gern hatte.  Nach
seines Vaters Tode, als er fünfzehn Jahre alt war und nun einem
älteren Bruder gehorchen sollte, welcher der Sohn der echten Ehefrau
des alten Rotermund war, ertrug er die strengere Zucht nicht, sondern
entlief und kam nach der Insel Hiddensee, und ging von da zu Schiffe
in alle Welt hinaus und ward ein gewaltiger Matros.  Als er sich das
muntre Seeleben ein halbes Dutzend Jahre versucht hatte, ist er
einmal wieder nach Stralsund gekommen und von da zu Hause nach Bergen
in Rügen, wo seine Mutter wohnte.  Und seine Mutter und andere
Freunde haben ihn dort beredet, er solle auf dem Lande bleiben,
welchem Gott feste Balken untergelegt hat, und das unstäte und
unsichere Meer verlassen.  Und er ist zu einem Förster in die Lehre
gegangen, daß er das fröhliche und lustige Weidwerk lernte, und bald
ein flinker und hübscher Jägerbursch geworden, vor welchem die Weiber
und Mädchen in den Türen und Fenstern stillstanden und ausschauten
und freundlich nickten und grüßten, wenn er vorüberging; denn er ist
wohl einer der schönsten und reisigsten Menschen gewesen, die man
weit und breit sehen konnte.  Hier hat er nun aber, wie es oft bei
den Weidmännern geschieht, mancherlei verbotene Künste gelernt, ist
ein Freischütz geworden, und hat sich den Rabenstein geholt.  Dies
war dem mutigen Matrosen nur ein Spiel gewesen, welchem im wildesten
Sturm nimmer ein Mast zu hoch noch zu glatt gewesen, daß er ihn nicht
erklettert und von seiner Spitz dem heulenden Meer fröhlich in den
offenen Todesrachen geschaut hätte.

Fritz Rotermund--so nannten ihn die Leute--hat sich nun von seinem
Funde des Rabensteins nichts merken lassen, sondern seinen
karfunklischen Diebsschlüssel gar lustig gebraucht; doch weil er von
Natur sehr gutherzig und freundlich war, hat er keine sehr greuliche
Taten getan, sondern solche, welche die leichtsinnige Jugend oft nur
lustige Streiche nennt.  Weil er mit seinem Stein unsichtbar in alle
Häuser und Kammern gehen konnte, so hat er freilich die lustige Gabe
genutzt, aber nie keinem ehrlichen oder armen Menschen nur einen
Heller genommen; sondern wo er einen bösen, ungerechten Herrn wußte,
der auf seinen Schätzen lag, die er aus dem Schweiß und Blut seiner
geplagten Untertanen zusammengepreßt hatte, oder einen Filz und
Wucherer, der unersättlich die letzte Habe der Kleinen und Geringen
im Volk verschlang, da hat er fleißig eingesprochen und ihre Kisten
und Beutel etwas leichter und schlaffer gemacht.  Das ist aber
besonders an ihm gewesen, daß er von solcher Diebsbeute fast nie
etwas für sich behalten, sondern es fast alles hingetragen hat, wo er
arme und notleidende Alte und hungrige und verlassene Kindlein gewußt
hat.  Da ist er nächtlich und mitternächtlich, wo alle Augen der
tiefste Schlaf geschlossen hielt, in die Häuser geschlichen und hat
die silbernen oder goldenen Gaben auf Tische, Betten und Wiegen
hingeschüttet; daß die Leute, wenn sie erwachten, erstaunten und die
Hände zusammenfalteten und beteten.  Denn sie konnten nicht meinen,
daß eine unsichtbare Diebshand die wohltätige Verteilerin gewesen sei,
sondern mußten glauben, es sei von oben gekommen und ein Englein vom
Himmel habe es ihnen ins Haus getragen.  Und so ist in den Städten
und Dörfern, welche der Förster Fritz besuchte, mancherlei Gerede
entstanden zugleich von verwegenen Dieben und von wohltätigen Engeln,
wie denn Gottes Reich und Satans Reich und die Gespräche darüber hier
auf Erden immer mitsammen sind.  Aber noch viele andre Schalkstreiche
hat der lose Fritz verübt, der leicht wie der Wind allenthalben aus
und ein schlüpfen konnte; und was würden die Türen und Fenster, wenn
sie Mund hätten, von ihm nicht alles zu erzählen wissen!  Doch das
darf ich nicht alles erzählen, weil es sich hier nicht schickt; und
auch die andern Possenstreiche alle könnte ich nimmer auserzählen,
die er zu Weihnachten und Fastnacht und bei Hochzeiten, Tänzen und
Mummereien als der unvermummte und doch unsichtbare Gast gespielt hat.

Eine Not aber hat Fritz bald in dem Rabenstein gefühlt, die eine
schwere Not war und die als eine Teufelsplage der verbotenen Kunst
anhängt.  Weil nämlich der Rabenstein aus Galgenvögeln und
Galgenaugen geboren wird, so hat er einen heimlichen und
unüberwindlichen Trieb zu Galgen und Rad in sich, eine Witterung, die
seinen Träger und Besitzer treibt, daß er mit dabei sein muß, wenn es
an solchen hohen Stellen etwas zu tun gibt.  Wenn daher auf der Insel
in einem Hochgericht und an einem Galgen einer geköpft oder gehängt
werden sollte, so trieb's ihn mit Teufelsgewalt und wie auf
Windesflügeln hin; er mußte mit dabei sein, und sollte er drei, vier
Meilen in zwei Stunden laufen, daß dem Atemlosen die Zunge aus dem
Halse hing.  Das war aber noch viel schlimmer und grausiger, daß er
die Geburtstage und Jahrestage der gerichteten armen Sünder mitfeiern
mußte.  An dem Jahrestage der Hinrichtung nämlich versammelten sich
die Geister der Gerichteten, damit sie ihren nächtlichen Totentanz um
die Hochgerichte halten; und diesen Tanz begehen sie um die grausige
Mitternacht, und da müssen alle die mitfeiern und mittanzen, welche
den Rabenstein haben.  So mußte denn auch Fritz manche liebe Nacht,
wo er gern anderswo geweilt oder geschlafen hätte, im Hagel und
Schnee, im Sturm und Donnerwetter hinaus in das wilde Weite und über
Heiden und Felder, gleich einem Kain, zu Galgen und Hochgericht
fortlaufen und den schaurigen Tanz mittanzen, bis ihm oft der Atem
schier auszugehen anfing; denn seine Mittänzer und Mittänzerinnen
hüpften begreiflicherweise auf den allerleichtesten Füßen einher.
Und die Leute konnten ihm die Reise zu einem solchen nächtlichen Ball
wohl anmerken, und daß ihm irgend was Unrechtes widerfahren war--denn
er sah acht, vierzehn Tage nachher noch bleich und krank aus--er aber
schüttelte alle fremde Bemerkungen und Fragen leicht von sich ab,
machte irgendeinen Scherz oder Wind darüber und sagte: "Ei was!  Ihr
Siebenschläfer, die ihr euch jeden Abend zu regelmäßiger Zeit auf
eurem weichen Pfühl hinstreckt, könnt euch wohl rosige Wangen und
dicke Bäuchlein anschnarchen; aber mit dem Jäger ist es gar anders
bestellt, der muß viel ein nächtlicher Gesell sein: Füchse, Marder,
Ottern und anderes Wild, das euch die warmen Pelze liefert, fängt und
belauert man nicht beim Sonnenschein.  Man stößt da auch wohl
zuweilen auf etwas, das nichts taugt, aber das schüttelt ein tapfrer
Jäger auch wieder ab, und die tüchtigen und geheimen Jägerkünste zu
lernen und die tapfern Jägergeschichten zu bestehen, dazu gebricht
euch das Herz."

So hatte Fritz Rotermund es manches liebes Jahr getrieben und hatte
wohl frisch und lustig gelebt und für Tänze und Gelage und Spiel und
schöne Mädchen immer Geld in der Tasche; aber reich war er nicht
geworden, denn volle Taschen konnte er nicht leiden.  Er war bisher
mit seinem grünen Rock zufrieden gewesen und immer noch ein
Jägersmann geblieben; da begab sich aber von ungeschicht etwas, das
den wilden Jäger zu einem zahmen Edelmann machen sollte, und das war
dieses:

Im Kriege, zur Zeit des Königs Karolus*, waren bei der Stadt Bergen
zwei Juden gehängt, die man als Pferdediebe ertappt hatte.  Sie
hatten dort schon ein Jahr an dem Galgen gebaumelt, als Fritz
Rotermund zur Jahresfeier heraus mußte, um zu lernen, wie auf
hebräisch um Galgen und Rad getanzt wird.  Und da hat er einen recht
geschwinden davidischen Reigen tanzen gelernt, denn die jüdischen
Geister hatten sich in einem so schnellen asiatischen Schwunge
herumgedreht, daß er--was ihm noch nie begegnet war--ermattet in
Schlaf hingesunken und erst erwacht war, als das Morgenrot den Ost
schon zu hellen begann.  Da, als er erschrocken aufsprang, begab es
sich, daß der Wind ihm die lumpigen Rockzipfel des einen
Galgenkrametvogels, unter dessen dürren Beinen er in Schlaf gefallen
war, so heftig gegen die linke Backe wehte, daß das Blut darnach
heraussprang.  Der Fritz, als er den Backenstreich fühlte und auf der
darnach tastenden Hand Blut erblickte, rief halb schauderig, halb
lachend aus: "Ei! ei!  Mauschelchen!  Du hast auch verdammt scharfe
Knöpfe und willst deine Leute wohl an mir rächen, welchen ich in
andern Geschäften zuweilen auch wohl mitternächtliche Besuche
abzustatten pflege?"  Und zugleich schaute er nach dem Rocke, und sah
auch kein kleinstes Zeichen von einem Knopf, und das verwunderte und
schauderte ihn noch mehr.  Er ergriff daher den im Winde fliegenden
Zipfel, damit er näher untersuchte, ob irgend in den Falten ein Knopf
verborgen stecke.  Aber auch da fand sich nichts.  Wohl aber fühlte
er etwas Hartes in den Ecken, und sah bald, daß diese mit tausend
Fäden hin und her im Unterfutter so durchnäht waren, als wenn sie bis
zum Jüngsten Tage halten sollten.  Er griff nun frisch zu mit seinen
Jägerfäusten und riß den ganzen Rockzipfel zu Fetzen auseinander, und
was erblickte er?  Ein paar funkelnde Edelsteine fielen vor ihm auf
die Erde.
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* In Schweden und in den damals schwedischen deutschen Ostseelanden
ist dieser König Karolus (Karl der Zwölfte) gleich dem Iskander der
Morgenländer und unserm Friedrich Rotbart auf dem Kyffhäuser wenige
Jahrzehnte nach seinem Tode ein mythischer Name geworden.  Alles
längstvergangne Ungeheure und Gewaltige reiht sich unter solche Namen;
ob ein Jahrhundert oder einige Jahrtausende rückwärts oder vorwärts
gerechnet werden müssen, was kümmert das das Volk, welches für das
Poetische und Mythische eine wahrhaft göttliche Zeitrechnung hat, das
heißt: nach dem gewöhnlichen Maße gemessen gar keine.
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Er nahm sie auf und betrachtete sie an seinem Rabenstein und an dem
hellen Morgenrot, und fand, daß diese gegen jene Steine nur wie
blasses Wasser waren gegen das rote Feuer.  Und hoch sprang er in die
Luft empor und rief: "Nun, dies ist der erste Galgentanz, der etwas
anderes als Schauder und Greuel gebracht hat", und so trollte er sich
davon.

Als er aber nach einer halben Stunde Galgen und Furcht weit hinter
sich hatte und die Sonne schon am klaren Himmel stehen sah, da holte
er die Steine wieder aus der Tasche und beschaute sie genauer, und
wußte bald, was sie wert waren.  Denn auf seinen vielen und weiten
Seereisen hatte er viele Weltwunder und Meerwunder gesehen, und war
auch gewesen, wo die schönen grünlockigen Seejungfern so zauberisch
singen, daß die Schiffer den Matrosen, damit sie nicht zu ihnen in
die Tiefe springen, die Ohren voll Teer gießen und mit Wachs zukleben
müssen, und war auch an das Land gekommen, wo die Diamanten und
Rubinen am Strande im Sande liegen, wie bei uns die Kieselsteine,
hatte aber keine aufsammeln und mitnehmen dürfen wegen der greulichen
Drachen und Greifen, die sie bewachen.

Er lief nun fröhlich zu Hause, holte sein Pferd aus dem Stall,
sattelte es, und sagte auf acht Tage Ade, und so trabte er auf die
Alte Fähre zu, und von da ging's auf Hamburg oder Berlin, wo er die
kostbaren Judendiamanten wieder an Juden verkaufte und mit großen
Säcken voll Dukaten, wohl über ein paar Tonnen Goldes, nach wenigen
Tagen heimkam.

Nun hatte Fritz Geld in Hülle und Fülle, und mit dem Gelde kamen ihm
auch vornehme und ernsthafte Gedanken, ja ganz neue Gedanken, wie er
sie noch in seinem Leben nicht gehabt hatte.  Er ging hin und ward
ein Edelmann, und kaufte seinem Bruder Boldevitz ab, wo sein Vater
gewohnt hatte und wo er geboren war, und kaufte auch Unruh und auch
mehrere andere schöne Güter, die da herumliegen.  Und der Jäger Fritz
fuhr nun mit Vieren und mit Sechsen und mit langen Strängen, und
hatte Diener und Jäger hinter sich auf dem Bock stehen und Läufer mit
silbernen Stäben vor sich herlaufen, und hieß Herr Fritz von
Rotermund, wie sein Vater in seinen Tagen geheißen hatte.  Und nun
nahm er sich auch ein schönes adliges Fräulein zur Frau und zeugte
Söhne und Töchter, und lebte und gebärdete sich wie ein anderer Herr.
Er blieb aber so freundlich und gebäurisch mit den Menschen und war
so mild gegen seine Leute und so mitleidig gegen die Armen, daß alle
verwundert sagten: Der wilde und leichtfertige Fritz ist ja ein
Mensch und dazu noch ein Christenmensch geworden.

Und das war nicht bloß eitler Schein, sondern es war ihm herzlicher
Ernst.  Als Fritz so großes Gut erworben hatte und ein Edelmann
geworden war, da schien auch wirklich ein neuer Geist in ihn gefahren
zu sein, ein besserer Geist, der sonst so selten mit dem geschwinden
und plötzlichen Reichtum ins Haus zu kommen pflegt.  Er verabscheute
von nun an seinen Rabenstein und seine mitternächtlichen
Diebsschliche, liebte auch seine alten Schalkstreiche nicht mehr,
sondern wollte sich wirklich von Herzen umwenden und bekehren und
wieder ein Mensch Gottes werden, hielt sich daher hinfort zu andern
guten Christen und zu Kirche und Abendmahl, und lebte mit Frau und
Kindern und mit Freunden und Nachbarn und mit allen Menschen so, daß
alle ihn lieb und wert hielten und seiner Jugend und Jugendstreiche
gern vergaßen.  Wie er nun aber wirklich christlich und menschlich zu
sein und zu leben strebte, so hatte er doch noch einen plagenden Wurm,
um welchen er und sein Gott allein wußten, und dieser schlimme Wurm
war sein Rabenstein.  Was der arme Mann um diesen ausgestanden und
gelitten hat, das ist gar nicht zu beschreiben.

Er fühlte nämlich, sowie er sich wieder zum Christentum und zum
Glauben seiner Kindheit zurückgewendet hatte, daß der Rabenstein
nichts Geheures war, sondern eine böse teuflische Gaukelei, und hätte
ihn sogleich von sich werfen mögen in den tiefsten See oder in die
verborgenste Erde vergraben oder in dem gewaltigsten Feuer verbrennen,
damit nimmer eine Menschenhand ihn wiederfände und mit seinem
höllischen Glanze Unheil stiftete.  Aber! aber!  Wie ist es dir
ergangen, armer Fritz Rotermund?  Man wird des Rabensteins noch viel
schwerer los, als man ihn gewinnt.  Sowie Fritz den Rabenstein von
sich werfen, wie er ihn der verschlingenden See, dem verzehrenden
Feuer überliefern wollte, wich der tückische Stein kaum eine Sekunde
von ihm, und flog ihm immer wieder in die Hand zurück, die ihn mit
aller Gewalt von sich geschleudert hatte, oder in die Tasche, woraus
er genommen war.  Da hat nun Fritz, der jetzt wahrhaftig nicht der
muntre und fröhliche Fritz heißen konnte, es nach und nach mit allen
Elementen versucht, ob etwa eines den Stein lieber annähme als das
andre; aber der fürchterliche Stein ist der unverlierbare und
unzerstörbare geblieben.  Er hat es außer diesen unglücklichen Proben
am eifrigsten und unablässigsten mit dem allerbesten Element versucht,
mit Andacht und Gebet; und wie viel er da gerungen hat, wie viel und
oft er um die stille Mitternacht in seiner Kammer und im einsamen
Walde und an heiliger Stätte auf den Knien gelegen und seinen Gott
und Heiland um Barmherzigkeit gefleht hat, daß er ihn von dem Bösen
erlösen wolle, das weiß auch Gott allein.  Immer noch hat er die
blutigen Gerichtstage mithalten und die mitternächtlichen Galgentänze
noch mittanzen müssen, und jetzt mit entsetzlichem Grausen und
Schaudern, weil der Christ wußte, was es war.  So hat er wohl zwanzig
Jahre gelebt in seinem neuen Stande, äußerlich der freundliche,
christliche Mensch, der milde und barmherzige Herr, innerlich der
Gepeinigte und Gemarterte.  Er hat aber nicht abgelassen und ist
nicht müde geworden in Demut und Gebet, und hat dies alles mit
gebeugtem Herzen getragen als ein armer Sünder, den Gott für seinen
leichtfertigen Übermut und seine heidnische Frechheit strafen und
durch das, was ihm nun eine so grimme Pein geworden, vielleicht
erretten wolle.  Endlich ist der Tag dieser Errettung und Begnadigung
gekommen, aber auf eine grauenvolle Weise.

Fritz ward eine Nacht zu einem Galgenfest getrieben nach Putbus, wo
an dem Wege, auf dem man nach Kasnevitz fährt, etwa eine halbe Stunde
vom Schlosse, auf einem öden Heidehügel, noch heute die Trümmer eines
Galgens stehen.  Dort fand er bei seiner Ankunft das greuliche
Nachtgesindel schon in dem greulichen Tanze rundfliegen, und zugleich
mit ihm ritt von der andern Seite her als Mittänzer ein Mann auf, der
noch mit lebendigem Fleisch umkleidet war wie er und mächtig zu Rosse
saß und einen blanken Säbel in der Rechten schwang, als forderte er
jemand heraus.  Und gewiß, er forderte heraus, denn der Fritz fühlte
bei seinem Anblick den heißesten Grimm in sich entbrennen, und mußte
sein Schwert ziehen und gegen ihn anlaufen, der, als er Fritzen zu
Fuß anrennen sah, von seinem Rappen heruntersprang.  Fritz erkannte
ihn alsbald als den verrufenen alten Erzbösewicht, der am äußersten
Ende der Insel auf Jasmund hauste und von dem die Leute sich viele
greuliche und mordliche Geschichten erzählten.  Sein Name war von
Zuhmen.  Der alte graue Schelm erschien aber auf diesem Tanzplatz,
weil er vor ein paar Monaten einen Rabenstein gefunden hatte.  Nun
war er der zweite auf der Insel, der einen Rabenstein besaß und zu
dieser mitternächtlichen Totenfeier hinaus mußte.  Denn das ist auch
noch eine treibende Wut und ein unseliges Verhängnis des
entsetzlichen Steins, daß, wenn zwei sich begegnen, die den
Rabenstein haben, sie auf Leben und Tod einen Kampf miteinander
halten müssen.

Und so trafen denn die zwei in blinder Wut aufeinander und kämpften
den gräßlichen Kampf, während das leichte Heer seinen lustigen Reigen
um sie tanzte und wirbelte; und wie die Schläge ihrer Klingen sich
verdoppelten, so verdoppelte sich in ihren Herzen auch der Grimm.
Sie waren aber beide reisige Männer und gewaltig an Fäusten und
Gliedern und waren im rüstig frischen Alter ergraut.  Und der Kampf
dauerte solange der Tanz dauerte, und das Gras um den Galgen war von
ihrem Blute rot gefärbt; da, als es von dem Turm eins schallte,
stürzte, von einem letzten gewaltigen Streich getroffen, der alte
Jasmunder Bösewicht als Leiche hin, Fritz aber entfloh mit Grausen
und mit tiefen und blutenden Wunden, die seinen Weg hinter ihm
röteten.  Er hatte sich aber auf des Feindes Rappen geschwungen, denn
seine Füße hätten ihn nicht nach Hause zu tragen vermocht.

Und als der Sommermorgen graute, ritt er matt und blutig ins Tor zu
Boldevitz ein und hatte nicht Angst um sein Leben, sondern um seine
arme Seele.  Und er weckte alsbald seinen treuen Diener und hieß ihn
geschwinde ein Pferd satteln und gen Gingst galoppieren, daß er ihm
den dortigen Herrn Pfarrer holte.  Denn er sprach zu ihm: "Ich war
ausgeritten und bin in dem Walde bei Kubbelkow unter Räuber geraten,
und sieh! wie sie mich zerhauen haben und wie die Blutströme aus den
tiefen Wunden an mir herabrinnen!  Es wird in wenigen Stunden aus
sein mit dem alten Fritz."

Und der Diener flog wie der Wind auf seinem Pferde dahin, denn er
liebte seinen guten Herrn über alles.  Und der erschrockene Pfarrer
in Gingst war nicht Säumiger, denn er nannte Herrn Fritz Rotermund
den besten Christen und den fleißigsten Kirchengänger unter seinen
eingepfarrten Edelleuten.  Und anderhalb Stunden nach des Dieners
Ausflug waren beide in Boldewitz und fanden den alten Herrn auf dem
Lager blaß und bleich wie den Tod und sein Weib und seine Kinder um
ihn, welche ihm seine Wunden verbunden hatten.  Er aber, als der
Pastor hereingetreten ist, hat allen gewinkt herauszugehen, damit er
mit dem geistlichen Herrn betete und sich zur Abfahrt bereitete.

Und als sie beide allein geworden, hat er dem Pastor alles erzählt
und gebeichtet und den Mann so bestürzt, daß er kaum hat beten können.
Bald aber hat der fromme Mann sich wieder genommen und hat die
Bibel ergriffen und des todwunden Ritters Hände gefaßt, und über ihm
gebetet, daß der gnädige Himmel sich des reuigen und zagenden Sünders
erbarmen wolle.  Und der Himmel hat sich gnädig auf das Gebet
herabgelassen, und Fritz hat mit lauter Stimme und sehnsüchtigem
Herzen die Worte des geistlichen Herrn nachgesprochen.  Und bald hat
er sich zum erstenmal in vielen Jahren ganz getröstet gefühlt und
laut ausgerufen: "Gelobt und gepriesen sei Gott und Jesus Christus
für diese Wunden!"  Und der Pastor ist fröhlich erstaunt über diesen
Ausruf und über des Ritters erheitertes und erleuchtetes Angesicht,
und bald noch viel mehr und viel fröhlicher, als der Herr von oben
das hörbare und sichtbare Zeichen der Gnade gegeben.  Denn kaum hatte
Fritz diesen fröhlichen Ruf des erlösten Herzens getan, als der
unselige Karfunkelstein plötzlich aus der Tasche des Edelmanns
herausfuhr, wie ein leuchtender Blitz durch die Luft hinzischte, und
dann wie eine springende Feuerkugel sich gegen den Ofen schnellte,
und kling!  Kling! in der Sekunde in Millionen Stücke zerstob, wie
ein Sandhaufen auseinanderweht, so daß man auch die Spur nicht von
ihm sah.  Und Fritz hat wieder freudig gerufen: "Mein Gott und mein
Heiland, wie barmherzig bist du!  Und sahet und hörtet Ihr wohl, Herr
Pastor, wie der Teufel in nichts zerklungen und in Staub zerflogen
ist?"  Und er faltete in Inbrunst die Hände und dankte und betete; und
der Pastor dankte und betete mit ihm und sprach: "So bist du gnädig,
barmherziger Gott und Erhalter und Behalter aller Dinge, und erlösest
und erquickest den reuigen Sünder!"

Und unter den beiden war große Freude, und sie umhalsten sich in
Wonne, wie sich die Engel im Himmel umhalsen, und Fritz sprach: "Mein
Abschied ist nahe, und darum geht, Herr Pastor, und holet mir Weib
und Kinder."  Und der Pastor hat sie gebracht, und Fritz hat die Hände
auf sie gelegt und sie zum letztenmal geküßt und gesegnet, und ist
dann augenblicklich mit Zuversicht und Freuden heimgegangen.  Denn
das Blut war aus seinen Adern gelaufen und die Luft an dem irdischen
Leben aus seiner Seele.



Der Schlangenkönig.


Schlangenkönig wohnte auf einer fernen Insel in der Ostsee, die gen
Dänemark liegt, und hatte dort sein Schloß.  Dieses Schloß lag aber
wieder in einer kleinen Insel, die in der großen Insel steckte, wie
der Krämer die kleinen Schachteln in die großen steckt.  Dieses
Inselchen lag in einem großen Landsee.  Da hatte Schlangenkönig sein
Schloß unter einem Hügel in der Erde gebaut, und es war sehr schön
darinnen und schimmerte und funkelte von Silber und Gold und
Edelsteinen und hatte die allerprächtigsten Gemächer.  Darinnen saß
Schlangenkönig ein armer verwandelter Prinz und wartete auf seine
Erlösung.  Er war aber verwandelt wegen seiner Eitelkeit.  Denn er
war ein wunderschöner Prinz gewesen und hatte viele schöne
Prinzessinnen und Königinnen und Kaiserinnen mit seiner Schönheit
gelockt, aber keine geliebt sondern alle mit wankelmüthigem Herzen
verlassen.  Deswegen war er zur Strafe verwandelt worden, damit er
auch versuchte, was es heißt keine Liebe finden, und er mag nun wohl
als der Schlangenkönig kriechen müssen bis an den jüngsten Tag.  Weil
er nemlich so viele arme Prinzessinnen betrogen hat, die er sitzen
ließ und weiter ging, so hat ihn die Strafe getroffen, und das Wort
ist zu ihm gesprochen: Sey der Schlangenkönig und krieche als der
Schlangenkönig und iß Erde und sauge Gift aus Wurzeln und Kräutern
und sey den Menschen ein Abscheu und den Thieren ein Grauen, bis ein
unschuldiges junges Blut sich über dich erbarmt und mit dir zu Bett
geht und dich ohne Grausen küßt.  Das merke dir aber: wirst du dieser
wieder ungetreu, dann wirst du auf ewig in das tiefste höllische
Feuer hinabgestoßen.  Schlangenkönig hatte bei seiner Verwandlung
ganz die Farbe des Kleides behalten, das er trug, weil er noch Prinz
war.  Er trug nemlich einen grün und gelb gestreiften seidenen Rock,
und jetzt schleicht er als eine schöne grün und gelb gestreifte
Schlange umher mit einer goldenen Krone auf dem Kopf, und pfeift und
zischelt wie eine Schlange, aber sprechen kann er nicht.  Nur sind
gewisse Tage im Jahre, wo er singen darf, und da singt er mit so
wunderschöner und süßer Stimme, daß er schon manches arme Kind
verlockt hat, mit ihm zu gehen in sein Schloß, aber noch hat er keine
einzige gefunden, die ihn hat küssen wollen.  Die aber mit ihm
gegangen sind, müssen in seinem Schlosse sitzen, bis er eine findet,
die es über das Herz bringen kann, ihn in Liebe zu küssen.  Die das
thut, das wird die Königin und alle die andern, die er hineingelockt
hat, werden ihre Dienerinnen.  Und auf diese Weise allein können sie
aus dem Schlosse erlöset werden.

Nicht weit von dem See, wo Schlangenkönigs Schloß auf der Insel war,
lag ein Dorf, das hieß Thorstorp.  Die Wiesen und Weiden dieses
Dorfes liefen bis an den See hinab, und da trieben die Kinder des
Dorfs ihre Kühe hin und hüteten sie daselbst.  Unter diesen
Hirtenkindern waren zwei, die hatten einander sehr lieb und trieben
ihre Heerden fast immer zusammen.  Es war eine kleine Dirne, die hieß
Margarethe, und ein Knabe, der hieß Jakob.  Margarethe war vierzehen
Jahre alt und Jakob sechszehn.  Sie waren beide beinahe erwachsen
aber unschuldig wie die kleinen Kinder und wußten nicht, warum sie
einander so lieb hatten.  Aber daß sie sich über alles liebten, das
ist wahr.  Diese und die andern Knaben und Mädchen, welche dort das
Vieh hüteten, hatten Schlangenkönig oft laufen sehen und mogten ihn
gern leiden, denn er war sehr bunt und schön und seine Krone funkelte
auf das allerschönste.  Der Schelm kam oft durch den See geschwommen
und ringelte sich im Grase herum und wand seinen schönen schlanken
Leib um die Bäume und Büsche, daß die Kinder seinen Spielen zusahen
und ihre Freude daran hatten.  Aber ganz nah kamen sie ihm nicht,
denn sie hatten doch ein Grauen vor ihm, weil er Schlangengestalt
trug, obgleich sie wußten, daß er nicht biß und keinem was zu Leide
that.  Die Kinder hatten noch nie einen Gesang von ihm gehört,
obgleich die Rede ging, der Schlangenkönig könne singen und habe
schon manche schöne Dirne verlockt, die nun in seinem Schlosse sitzen
und weinen müsse, sondern vor ihnen hatte er immer nur gezischelt,
wie andere Schlangen thun.  Er durfte ja auch nicht alle Tage singen
und außerdem war er viel zu klug, als daß er sichs in Gesellschaft
hätte merken lassen, daß er singen konnte; denn da konnte es ihm ja
zu nichts helfen.  Nein, wann seine Singetage waren und wenn er dann
ein hübsches Kind allein belauschen konnte, dann ließ er seine Stimme
ertönen und brachte es gewöhnlich mit weg.

Eines Tages saß Jakob mit seiner Margarethe hinter einem grünen
Busche und die beiden Kinder erzählten sich Geschichten und ihre Kühe
graseten vor ihnen, die andern Hirten aber hatten weiter abwärts
getrieben.  Da kam Botschaft, daß Jakob geschwinde zu Hause mußte.
Er küßte seine liebe Margarethe und sagte: Margarethe, gieb derweile
auch auf meine Kühe Acht, bis ich wiederkomme, und kommt der
Schlangenkönig etwa, so bleibe bei Leibe nicht allein, sondern treibe
nur geschwinde zu den andern Hirten hin.  Er könnte dich wegsingen,
denn der Schelm soll es in der Stimme haben.  Sie versprach es, aber
rief dem weglaufenden Burschen lachend nach: O das ist nur eine Fabel
mit dem Singen des Schlangenkönigs, er kann ja nicht einmal sprechen:
der soll mich nicht wegsingen.

Jakob war kaum hundert Schritt fort, so kam der Schlangenkönig über
den See geschwommen und ringelte sich dann in den allerlustigsten
Kreisen über die Wiesen hin und machte so viele niedliche
Schlingungen und Windungen und richtete sein Köpfchen mit der
goldenen Krone so lieblich lächelnd und so hell guckend auf, daß die
kleine Margarethe recht ihre Freude daran hatte und ihr Versprechen,
das sie Jakob gethan, auch ganz und gar vergaß.  Und Schlangenkönig
ringelte sich immer näher heran und kroch auf einen grünen Baum, der
vor Margarethen stand, und schaukelte sich einige Minuten in seinen
Zweigen herum, dann sang er mit der allersüßesten und beweglichsten
Stimme, als hätten hunderttausend Frühlingsnachtigallen zugleich
geschlagen, und Margarethe konnte nun nicht mehr von der Stelle und
mußte ihm zuhören: sie saß, als wenn sie festgezaubert war, wiewohl
sie an ihres Jakobs Worte dachte.  Er sang ihr aber diesen Gesang,
den sie des Schlangenkönigs Brautlied nennen, und womit er schon
manche zarte Jungfrau in sein Schloß gelockt hat:

Komm, schönes Jungfräuelein,
Schlafe bei mir!
Ich hab' ein Goldringelein,
Das schenk' ich dir,
Ich hab' ein Goldkämmerlein,
Das ist für dich,
Ich hab' ein Goldwiegelein,
Drin wieg' ich dich.
Komm, schönes Jungfräuelein,
Schlafe bei mir!
Süßen und kühlen Wein
Trinkst du bei mir,
Zucker heißt hier das Brod,
Fleisch, Marcipan,
Äpfelchen rosenroth
Beißet dein Zahn.

Komm, schönes Jungfräuelein,
Schlafe bei mir!
Dienerinnen hübsch und fein
Warten der Thür,
Kammerfrau'n ohne Zahl
Stehen am Bett,
Das in dem goldnen Saal
Hochzeitlich steht.

Komm, schönes Jungfräuelein,
Schlafe bei mir!
Zieh in mein Schloß mit ein,
Treu bin ich dir.
Heißa! wie fliegt zum Tanz
Lustig der Strich!
Du trägst den Hochzeitkranz,
Bräut'gam bin ich.


Schlangenkönig hatte ausgesungen, blinzelte freundlich auf das
Mägdlein herab, kam dann herunter, schlug im Grase einige Ringelein
um das Kind und sang gar leise und leidig: Komm mit!  Komm mit!  Und
Margarethe kam mit.  Aber kaum war sie zehen Schritt mit
Schlangenkönig gegangen, so bedachte sie sich und wollte
zurückfliehen.  Aber es war zu spät, sie war nun in Schlangenkönigs
Gewalt: er umzingelte sie und trug sie über die Wiese hin mit weg,
und umsonst schrie sie: Jakob!  Jakob! hilf! hilf! und rief den
andern Hirten zu, aber weder Jakob noch die Hirten waren da, und
Schlangenkönig kehrte sich an ihr Geschrei nicht und rollte
geschwinder als der Blitz mit ihr davon und schwamm durch den See.

Als Schlangenkönig sie über das Wasser nach der Insel hinübergetragen
hatte, war er plötzlich verschwunden, die kleine Margarethe aber war
vor Angst ohnmächtig geworden und wußte gar nicht, wie sie über den
See gekommen war.  Das war aber das Sonderbarste, daß auch kein
Tröpflein Wasser sich an ihre Locken und Kleider gehängt hatte noch
durchgedrungen war: sie war ganz trocken auf die kleine Insel
gekommen.  Und als sie sich wieder besinnen konnte, da befand sie
sich in einem wunderschönen Garten voll der allerlustigsten Bäume und
buntesten Blumen; und es war alles, wie das Lied gesungen hatte, an
allen Zweigen hing Zucker und Marcipan und rosenrothe Äpfel und durch
den Garten floß ein tiefer Bach von Milch und Quellen süßen Weines
sprudelten aus dem Hügel.  Das Schloß aber unter dem Hügel war noch
viel schöner, als Schlangenkönigs Brautgesang es beschrieben hatte,
und waren so prächtige Säle und funkelnde Kammern und Gemächer darin,
daß kein Mensch die Herrlichkeit schildern könnte; und wenn man ihm
auch eine Ewigkeit Zeit gäbe, die schönsten Worte zu suchen, womit er
es beschreiben und ausmalen wollte, er kriegte es doch nicht fertig.

Und als Margarethe vor dem Schlosse erschien, siehe da waren flugs
wohl hundert Dienerinnen zur Stelle, welche Kerzen und Lampen trugen.
Diese führten sie in einen hohen Marmorsaal, der mit Gold und Silber
und Edelsteinen verziert war, und zogen ihr goldene und silberne
Kleider an und setzten ihr eine goldene Krone auf den Kopf und
nannten sie Königin und Herrin und sprangen dienend um sie herum und
brachten ihr alles, was sie nur verlangte.  Diese Dienerinnen waren
alle jung und trugen schneeweiße Kleider und grüne Kränzlein im Haar
und sahen die meisten mehr traurig als fröhlich aus.

Und als es dunkelte und gegen die Nacht ging, kamen wieder andere
Jungfrauen und führten Margarethen in ein Kämmerlein, das blitzte und
funkelte wie eitel Gold, und dann stand ein goldenes Bett, auf
welchem rosenrothe und himmelblaue seidene Kissen und Decken lagen.
Und sie naheten sich ihr sehr ehrerbietig und zogen ihr die Kleider
aus und die Schuhe von den Füßen und nahmen ihr die Krone vom Kopfe
und legten sie dann weich ins Bett.  Als sie das gethan, löschten sie
die Lampen aus bis auf eine, und verneigten sich stumm und schweigend
und gingen weg.

Und es währte nicht lange, so flüsterte es und knisperte und wisperte
an der Thüre, und die Thüre that sich auf, und der Schlangenkönig kam
herein und kroch an Margarethens Bett und lispelte und zischelte ihr
leise zu: Willkommen, meine auserkorene Königin! willkommen, meine
süße Braut!  Nun komme ich als dein Bräutigam zu dir, mein süßes
Margrethchen! wie ich dir unter dem grünen Baume vorgesungen habe;
nun wird alles wahr werden!  O komm und nimm mich in deine Arme! und
drücke mich an dein warmes Herz! und küsse mich und habe mich recht
lieb!  Dann bin ich erlöst und du bist eine reiche und große Königin.
Denn ach! das ist mein trauriges Schicksal, solange muß ich als
Schlangenkönig auf der Erde herumkriechen, bis ein unschuldiges Kind
mich in Liebe umhalset und wieder in den schönsten Prinzen verwandelt,
der ich gewesen bin.  Und er zischelte gar lose und leise und sah
sie mit funkelnden Augen an und hob seinen Kopf zu ihr hinauf, als
wolle er zu ihr ins Bett steigen--Margaretha aber schrie gewaltig und
rief: Fort du buntes Scheusal!  Nein nimmer--nimmer--nimmermehr! und
wenn du so schön wärest, als du häßlich bist.  Ich will deine Königin
nicht werden, ich will in meinem Leben keinen andern Bräutigam haben,
als meinen lieben Jakob.--Und Schlangenkönig mußte sich duken und
fliehen,

Und als es Tag geworden war, kamen dieselben weißen Jungfrauen, die
Margarethen ausgekleidet hatten, und zogen ihr die prächtigen
Königskleider wieder an und setzten ihr die güldene Krone wieder auf
das Haupt und die andern im Saale und vor der Thüre verneigten sich
nun vor ihr und bedienten sie.  Und sie ging im Schlosse und im
Garten umher und besah sich allen den Glanz und die Pracht.  Aber
weiter als den Garten konnte sie nicht kommen; denn es lief eine
himmelhohe krystallene Mauer rings um ihn herum und seine Thore waren
dicht verschlossen.  Sie sah aber den ganzen Tag nicht das Geringste
von Schlangenkönig, und das war ihr sehr lieb.  Aber an ihren Jakob
hat sie viel denken und oft bitterlich weinen müssen und sie hat
gerufen mitten in der schimmernden Herrlichkeit: O mein lieber Jakob!
säße ich nur mit dir jetzt in einem schlechten Kleide unter einem
grünen Baum, wie viel glücklicher wäre ich!  Pfui der abscheuliche
Schlangenkönig! wie hat er mich verlockt und verführt durch seinen
Gesang!

Und als es Nacht ward, führte man sie eben so wie gestern in ihre
Goldkammer und brachte sie ins Bett und löschte die Lampen.  Und auch
der Schlangenkönig kam eben so wieder wie gestern und schlich an ihr
Bett und flehete, daß sie ihn ins Bett nehmen und lieb haben und
Königin werden sollte.  Sie aber ward noch viel böser als gestern und
jagte ihn mit schlimmen Worten fort.  Und Schlangenkönig mußte
traurig wieder aus der Kammer kriechen und die Nacht wieder auf der
kalten feuchten Erde schlafen.

So ging es noch drei Tage und Schlangenkönig versuchte noch dreimal,
ob das Kind ihn lieb gewinnen und bei ihm schlafen wolle.  Sie aber
rief immer: Fort fort, du blanker gleißender Gaukler!  Jakob wird
mein Mann und kein anderer in Ewigkeit!

Mit dem fünften Male waren auch die Proben vorbei, welche
Margrethchen auszustehen hatte, und der traurige Schlangenkönig rief
nun den Frauen und Dienerinnen zu, daß sie sie des Schmuckes
entkleiden und aus der goldnen Kammer führen mögten, und sagte zu
Margarethen.  Nun bist du nicht mehr Königsbraut und kannst es
nimmermehr werden, wenn du auch wolltest.  So ist die Ordnung des
Schicksals hier.  Du bist hinfort eine schlechte Dienerin, gehe darum
zu den andern Dienerinnen und warte der hohen Frau, die da kommen und
mich erlösen soll.  Er meinte aber diejenige, welche sich über ihn
erbarmen und ihn von Herzen küssen und liebhaben und Königin und
Herrin aller dieser Dienerinnen werden würde, welche seine Liebe
verschmäht hatten.

Und Margarethe hatte jetzt ein weißes Kleid an und trug ein grünes
Kränzlein und mußte mit den andern jungen Dirnen vor der Thüre des
Schlosses und in dem großen Saale stehen und warten.  Es waren lauter
junge Kinder die Dienerinnen und Kammerfrauen, keine unter dreizehn
Jahren und keine über siebzehn, wohl mehr als hundert und fünfzig an
der Zahl, alle hübsch und fein.  Mit einer jeden hatte Schlangenkönig
es eben so versucht, wie mit Margrethchen, aber keine einzige von so
vielen hatte sein Flehen erhören und ihn lieb haben wollen.  Diese
niedlichen Kinder waren nun freilich recht fein gekleidet und hatten
der Speise und des Trankes und was sie zum Leben bedurften vollauf,
auch wurden sie mit keiner Mühe und Arbeit geplagt und konnten den
Tag singen und tanzen und oft auch in dem schönen Garten spazieren
gehen und sich Blumen pflücken und die Vögelein in den Zweigen auf
das allerlustigste singen hören; aber die Zeit ward ihnen doch
herzlich lang in aller dieser Pracht und die meisten waren voll
Traurigkeit und Sehnsucht.  Die eine sehnte sich nach Vater und
Mutter, die andere nach Bruder und Schwester, die dritte nach einem
Herzallerliebsten; Margarethe sehnte sich nach nichts als nach ihrem
lieben Jakob, von welchem sie sich so jämmerlich hatte weglocken
lassen.

Jakob war bald gekommen, nachdem Margarethe von Schlangenkönig
entführt worden war, und suchte seine Margarethe im Walde und auf der
Weide bei den andern Hirten.  Er fand sie nirgends, aber die Hirten
sagten ihm, Schlangenkönig werde sie wohl weggefangen haben.  Jakob
hörte auch bald von einem Manne, der da unten am See pflügte, er habe
in der Ferne ein Gewimmer gehört und das möge die entführte
Margarethe wohl gewesen seyn.  Der kleine Jakob war sehr traurig und
mußte jeden Tag ja jede Stunde an sein Margrethchen denken und immer
nach der Insel hinüber schauen, zu welcher sich kein Mensch wagte;
denn es ging die Sage, derjenige müsse gleich des blassen Todes seyn,
der sich ohne ein sicheres Pfand in dieses Gebiet des Schlangenkönigs
wage.  Da schaute Jakob traurig und sehnlich hinüber und seufzte: Ach
Margrethchen!  Margrethchen! warum hast du dir die Ohren nicht
zugestopft, als der lügnerische und gleißnerische Schelm sang? und
rief auch wohl zuweilen für sich: Halt dich wacker, Margrethchen!
werde keine Königin, Margrethchen!  Das hatte er aber gewiß nicht
nöthig; denn Margarethe war ihm treu wie Gold.  Das war ihm aber das
Allertraurigste bei dieser Geschichte wenn er Schlangenkönig über die
Wiesen hinschlüpfen sah in seinem bunten Rock, daß er ihm nichts thun
durfte.

So waren Jakob zwei Jahre verflossen in Gram und Traurigkeit über
seine liebe verlorne Margarethe, da hörte er von einem alten Schäfer
einen Rath, wie man verzauberter Prinzen und Prinzessinnen und selbst
der Hexen und Hexenmeister Herr werden könnte, und wenn sie noch so
schlimm wären.  Und Jakob ging flugs in den Wald und hieb sich einen
großen knotigen Dornstock aus einem Dornstrauch, welcher der
Kreuzdorn heißt, und darauf schnitt er noch ein Kreuz aus.  Als nun
der Schlangenkönig das nächste Mal wieder über die Wiese
hinschlängelte, faßte Jakob sich ein Herz und fuhr auf ihn zu, so daß
der Schlangenkönig sich verwunderte, was der Bauerbursche wolle; denn
er war es nicht gewohnt, daß die Leute auf ihn losgingen, sondern,
daß die meisten vor ihm flohen.  Und Schlangenkönig dachte bei sich:
Den Bauerjungen will ich schon jagen, daß ihm die Haare auf dem Kopfe
sausen sollen; und er richtete sich auf und sprühete Funken aus den
glänzenden Augen und streckte die zischende Zunge aus und machte
seine Krone auf dem Kopfe feuerroth vor Zorn und zuckte mit dem
Rücken, als wolle er auf Jakob springen.  Aber Jakob ging ihm fest
entgegen und rief: Komm nur her, Herr Heidenkönig! komm nur her!  Ich
bin nicht bange vor dir, du sollst schon Gemach lernen.  Und als
Schlangenkönig gegen ihn sprang, berührte er ihn nur leise mit seinem
Dornstock, und o Wunder!  Schlangenkönig krümmte sich und wand sich
um den Dornstock, wie die Rebe sich um ihren Stab windet.  Und Jakob
freuete sich und rief voller Freude: Halt fest, mein Prinzchen! ich
muß mein Kunststück versuchen.  Und er nahm den Stock und schwang ihn
dreimal um den Kopf, daß er durch die Lüfte sausete, und
Schlangenkönig hielt fest, als wenn er daran gewachsen wäre.  Der
Stock ist gut und der Schäfer ist nicht dumm, sprach Jakob, und
fragte Schlangenkönig: Schlangenkönig willst du mir Margrethchen
wiedergeben, so mache ich dich strax los und du magst hingehen, wohin
du willst.  Schlangenkönig aber schüttelte den Kopf.  Und Jakob
sprach wieder: So fahrwohl für heute, mein Prinz! friere die Nacht
hier und bedenke dich bis morgen.  Und er nahm den Dornstock und
stieß ihn fest in die Erde, und Schlangenkönig hing darum, und es sah
gar lustig aus.

Den andern Morgen kam Jakob wieder und sprach zu Schlangenkönig:
Schlangenkönig willst du mir Margrethchen wiedergeben?
Schlangenkönig aber schüttelte mit dem Kopf noch stärker als gestern.
Da ward Jakob sehr böse und ging hin und schnitt sich einen frischen
Haselstock und sprach: Ich muß wohl einmal dein buntes Jäckchen
fragen, was das zu dem Scherze sagt; vielleicht giebt mir das eine
gescheidtere Antwort.  Und er schlug Schlangenkönig auf seinen bunten
Rock, daß er sich krümmte wie ein Ohrwurm und die Zunge laut
zischelnd ausstreckte, aber er nickte nicht mit dem Kopfe: Jakob ich
will dir Margrethchen wiedergeben.  Als Jakob meinte, daß er ihn
diesmal genug geschlagen habe, ging er weg und sprach: Für heut ist's
genug, bedenke dich bis morgen.

Den dritten Morgen kam Jakob wieder und sprach zu Schlangenkönig:
Schlangenkönig gestern und vorgestern fragte ich dich: Schlangenkönig,
willst du mir Margrethen wiedergeben?  Heute kommst du so wohlfeilen
Kaufs nicht ab; heut heißt es: Schlangenkönig willst du mir
Margrethen wiedergeben und alle die armen Jungfrauen, die in deinem
Schlosse und Garten eingesperrt sind?  Und Schlangenkönig schüttelte
zweimal mit dem Kopfe.  Da nahm Jakob seinen Haselstock, und schlug
ihn unbarmherzig, so viel als er schlagen konnte, so daß der
Schlangenkönig ihn fast jammerte; aber doch nickte und kopfschüttelte
Schlangenkönig ihm kein Ja zu.  Da sagte Jakob: Heut ist das letzte
Mal, daß ich Geduld habe.  Du magst hier an dem Dornstock verfaulen,
denn du kommst in Ewigkeit nicht los, wenn ich dich nicht löse.  Also
noch einmal und das letzte Mal, bedenke dich bis morgen.

Und als Jakob den vierten Morgen wiederkam, fragte er Schlangenkönig
wieder: Schlangenkönig willst du mir Margrethchen wiedergeben und die
andern Jungfrauen, daß sie frei aus deinem Gebiete weggehen und eine
jede so viel mittragen dürfen, als sie mit den Händen tragen können?
Und Schlangenkönig war mürb geworden, denn es hatte diese Nacht sehr
gefroren, und ihn hungerte und durstete gewaltig, auch sah er, daß
Jakob einen frischen Haselstock in der Hand führte doppelt so dick
als der vorige.  Und Schlangenkönig ließ es diesmal auf den Stock
nicht ankommen und nickte dreimal mit dem Kopfe Ja.  Und Jakob sagte
zu ihm: Schlangenkönig schwöre mir's bei deiner Seligkeit und bei der
Hoffnung, die du hegst, dieser häßlichen bunten Haut einmal ledig zu
werden--und Schlangenkönig nickte ihm den Schwur auch dreimal zu.

Als dies geschehen war, nahm Jakob sein Messer und schnitt das Kreuz
glattweg von dem Kreuzstock, worum Schlangenkönig geschlungen hing,
und in demselben Augenblick glitt Schlangenkönig herunter und
ringelte sich im Grase und machte sich die erfrornen und
zerschlagenen Glieder erst wieder ein wenig geschmeidig.  Darauf
kroch er vor Jakobs Füße und richtete sich auf und senkte sich dann
wieder vor ihm, wie ein kluges und gehorsames Pferd sich erst vor dem
Reiter zu richten und wieder zu senken pflegt, daß er aufsteige.  Und
Jakob verstand den Wink, denn er wußte wohl, daß zu der Insel weder
Brücke führte noch Nachen ging; und er zeichnete sich mit dem Zeichen
des heiligen Kreuzes und betete ein Gebet und rief: Nun in Gottes
Namen! und so schwang er sich auf sein buntes Pferd.  Und sausend
fuhr Schlangenkönig mit ihm über die Wiese dahin und in einem Hui
hatte er ihn über das Wasser getragen.

Schlangenkönig sprang nun gegen das eiserne Gartenthor, welches kein
anderer öffnen konnte als er, und das Thor that sich sogleich auf,
und sie gingen beide hinein.  Da fand Jakob seine Margarethe wieder,
und wie sich die beide gefreut haben, wer will das beschreiben?  Aber
unendlich ward der Jubel im Schlosse und Garten und klang und
brausete aus allen Stimmen zum Himmel, als Jakob verkündigte, alle
eingefangene Jungfrauen sollen nun wieder frei seyn und mit ihm und
Margrethen aus dem verzauberten Schlosse und Garten ziehen.  Und er
hieß die hübschen Kinder sich tummeln und einpacken, was jedes
mitnehmen wolle, denn in zwei Stunden solle die Reise von der Insel
vor sich gehen.  Und sie liefen die eine hiehin die andere dahin und
waren sehr geschäftig, aber Schlangenkönig war sehr traurig und sah
es mit weinenden Augen an.  Und als Jakob ihn so traurig sah,
jammerte ihn seines Schicksals und daß er in dem scheußlichen
Schlangenrock gehen mußte wegen seiner früheren Sünden und Schulden,
bis ein unschuldiges junges Blut sich über ihn erbarmte und ihn lieb
hätte.  Und er tröstete ihn und sprach: Schlangenkönig sey du nur
nicht so traurig, daß diese alle von dir gehen und wieder zu den
Ihrigen reisen wollen; denn von diesen allen kann dich ja doch keine
einzige mehr erlösen.  Und daß sie dir das Schloß ein bischen leer
machen, das schadet dir ja auch nichts: du behältst immer noch
Schätze und Herrlichkeiten genug.  Du jammerst mich und ich will dir
darum noch einen guten Rath geben, und den verschmähe nicht.  Laß
dein trotziges und herrisches Wesen fahren und sey nicht so klug und
listig.  Denn mit Klugheit und List richtest du es nicht aus, das
hast du wohl lange merken können, und obgleich du der Schlangenkönig
heißeste bist du gewiß nicht verwandelt worden, daß du ein Herr seyn
sollst, sondern ein Diener sollst du seyn und dienen sollst du lernen
in Reue und Buße über deine begangenen Sünden, damit derjenige sich
über dich erbarme, welcher der Herr aller Könige ist.  So ist es
gemeint mit dem bunten Schlangenrock, den du tragen mußt: du sollst
demüthig und gehorsam werden, so magst du noch wohl Liebe und
Erlösung finden.  Aber ein trotziges und listiges Herz, das keine
Demuth hat, kann auch keine Liebe in der Brust haben; und wie kannst
du glauben, daß ein junges unschuldiges Herz den Schlangenkönig
umarmen soll, wenn es ihm nicht anmerkt, daß Liebessehnsucht und
Frömmigkeit in ihm wohnt?

So sprach Jakob ganz beweglich zum Schlangenkönig, und als die
Jungfrauen und Margarethe fertig waren, da rief er: Thu uns auf,
Schlangenkönig!  Und Schlangenkönig stieß mit dem Kopf gegen das
Eisenthor des Gartens und es sprang weit auf; und sie gingen alle
heraus und Schlangenkönig ging mit ihnen.  Als sie nun an das Wasser
kamen, war da weder Brücke noch Nachen, und Jakob sprach.  Hurtig,
Schlangenkönig! mach Anstalt! mach uns die Brücke fertig!
Schlangenkönig aber konnte es nicht lassen, er brauchte wieder eine
List und spannte ein dünnes glänzendes Spinnwebchen wie einen Bogen
über das Wasser von einem Ufer zum andern und sprach lächelnd: Ich
kann euch nicht helfen, dies ist die einzige Brücke, auf welcher man
von dieser Insel über den See kommen kann.  Er hoffte aber in seinem
Herzen, es werde niemand darauf treten, aus Furcht zu ersaufen, und
so werde er durch diese Feinheit alle die Jungfrauen glücklich da
behalten als Dienerinnen und den Jakob obenein als Diener.  Aber
Jakob hatte von solchen Kniffen der Geister schon oft gehört, nahm
sein Margrethchen an die Hand und rief: In Gottes Namen! alle mir
nach!  Und so sprang er auf die dünne Spinnwebbrücke und Margrethchen
mit ihm, und in demselben Augenblicke legte sich die Spinnwebenbrücke
als die schönste und breiteste Marmorbrücke über das Wasser, und er
und Margrethchen und die andern Jungfrauen gelangten glücklich
hinüber.  Und als sie alle am Lande waren, war die Brücke in der
Sekunde wie versunken und man sah keine Spur mehr von ihr, auch nicht
einmal das Spinnwebenfädchen.  Und sie waren alle froh aber erstaunt
und sahen und hörten nichts als ein leises Wimmern hinter sich; das
war wohl der Schlangenkönig, der über seine schönen Jungfrauen weinte.

Jakob lief nun über die Wiese hin mit seinem Margrethchen und mit der
schneeweißen Jungfrauenschaar, die er erlöst hatte, und sie zogen
jubelnd und jauchzend in Thorstorp ein.  Und alle Leute sind entsetzt
gewesen über diesen Geschichten und haben lange erzählt von Jakobs
Abentheuer in allen Landen und haben die Ausführung der schönen
Jungfrauen aus dem Zauberschlosse Jakobs Auszug genannt.  Und die
feinen jungen Dirnen haben zu Jakob und Margrethchen freundlich Ade
gesagt und sind weggegangen und glücklich wieder zu den Ihrigen
gekommen; und weil sie sich Gold und Silber und kostbare Kleider aus
Schlangenkönigs Schlosse mitgebracht hatten, so haben sie alle gar
bald junge und hübsche Bräutigame gehabt.  Und Jakob ist der
Bräutigam seiner Margrethe geworden und sie haben bald eine lustige
Hochzeit gehalten.  Sie sind aber hier in Thorstorp nicht geblieben,
denn die Nachbarschaft der Insel, wo Schlangenkönig hauste, däuchte
ihnen zu gefährlich, sondern sie sind weiter zurück ins Land hinauf
gezogen und haben sich da für die mitgenommenen Schätze ein schönes
Gut gekauft und in Freuden gelebt.  Von dem Schlangenkönige und ob er
seitdem erlöst worden, haben sie nie wieder was gehört.



Der Wiedehopf.


So hat Hinrich Vierk einmal vom Schneidermeister Wiedehopf erzählt:

Es begeben sich die wunderbarsten Dinge in der Welt: Könige sind
Bettler und Bettler sind Könige geworden und kann man keinem ansehen,
was er einst gewesen ist und was er noch werden kann.  So ist der
Wiedehopf einst ein Damenschneider gewesen, und wer sieht es ihm
jetzt wohl an, daß er vormals in feiner und zierlicher Gesellschaft
gelebt hat?  Er hat in einer großen reichen Stadt gewohnt und sich
wie ein hübscher und feiner Gesell gehalten und einen bunten seidenen
Rock getragen, und ist von einem vornehmen Hause in das andere und
von einem Pallast in den andern gegangen und hat die kostbaren Zeuge
und Stoffe, woraus er Kleider machen sollte, zu Hause getragen.  Und
weil er hübsch und manierlich gewesen ist, haben alle hübsche Frauen
ihn zu ihrem Schneider genommen und immer hat er Arbeit bei ihnen
gehabt, und auch der Königin, als sie gekrönt werden sollte, hat er
den Rock zugemessen.  So ist Meister Wiedehopf bald ein sehr reicher
Mann geworden und hat doch nicht genug kriegen können, sondern ist
immer herumgelaufen und hat zu Hause geschleppt und oft so viel zu
tragen gehabt, daß er wie ein Karrengaul unter seiner Last stönen und,
wann er die Treppen hinaufstieg, _Huup!  Hupupp!_ schreien mußte.
Diese Arbeitseligkeit und Habseligkeit hätte Gott ihm wohl vergeben,
aber es ist eine arge Habsucht daraus geworden, und die hat der Herr
nicht länger mit Geduld ansehen können.  Der Schneider hat zuletzt
gestohlen und von allen Zeugen, die er in die Mache bekam, seinen
Theil abgekniffen und abstipitzt.  Da ist es ihm denn geschehen, daß
er eines Abends, als er mit einem schweren Bündel und noch schwereren
_Hupupp!  Hupupp!_ die Treppe hinaufächzete, plötzlich in einen
bunten Vogel verwandelt worden ist, welcher Wiedehopf heißt und um
die Häuser und Ställe der Menschen umfliegen und dort mit
unersättlicher Gier das Allergarstigste auflesen und in sein Nest
tragen muß.  Er trägt bis diesen Tag einen bunten Rock, aber einen
solchen, der an einen schlimmen Ort erinnert, wohin die Diebe und
Schelme gehören.  Der eine Theil des Rockes ist rabenschwarz, der
andere feuerroth, und sind beide Theile Farben der Hölle, denn das
Schwarze des Rockes soll die höllische Finsterniß und das Feuerrothe
das höllische Feuer bedeuten.  Einen ähnlichen Rock als Meister
Wiedehopf trägt auch der Todtengräber, ein blanker garstiger Wurm,
der auf den Landstraßen herumläuft und todte Maulwürfe, Käfer und
anderes Aas begräbt; auch die bunte Blattwanze hat fast ganz dasselbe
Kleid an: beide sind Erzstinker und wahrscheinlich beide einst auch
Diebe gewesen.  Das hat der Wiedehopf noch so beibehalten aus seiner
alten Schneiderzeit, daß er immer _Hupupp!  Hupupp!_ schreien muß,
als trüge er noch Diebeslast, die ihm zu schwer wird.  Die Leute
nennen ihn deswegen häufig den Kukuksküster, weil sein Laut aus der
Ferne wirklich oft so klingt, als wolle einer dem Kukuk seinen Gesang
nachsingen, wie der Küster dem Pastor.  Aber der Kukuk ist ein
lustiger Schelm und kann sein Lied in Freuden singen, der Wiedehopf
aber ist ein trauriger Schelm, und darum muß er seufzen und klagen
und sein _Hupupp!  Hupupp!_ geht ihm gar schwer aus der Kehle.



Der Wolf und die Nachtigall,

oder wie zwei arme Königskinder verwandelt und zuletzt nach vieler
Noth doch wieder zu Menschen geschaffen wurden.


In alten Zeiten, da es alles noch ganz anders war in der Welt als
jetzt, lebte ein König in Schottland, der hatte die schönste Königin
in allen Landen, von einer so seltenen Schönheit und Lieblichkeit,
daß sie weit und breit als die Allerschönste besungen und von
Dichtern und Erzählern der schottische Vogel Phönix zugenannt ward.
Diese schöne Königin gebahr dem Könige zwei Kindlein, einen Sohn und
eine Tochter, und starb dann in ihrer Jugend hin.  Der König trauerte
viele Jahre um sie und konnte sie nie vergessen, sagte auch, er wolle
nimmer wieder heirathen.  Aber der Menschen Sinn ist wankelmüthig und
kann sich auf sich selbst nicht verlassen; denn als viele Tage
vergangen und die Kinder schon groß waren, nahm er sich doch wieder
eine Frau.  Diese Frau war sehr bös und eine schlimme Stiefmutter
gegen die Kinder des Königs.  Es waren aber der Prinz und die
Prinzessin rechte Spiegel der Huld und Lieblichkeit, und der Haß der
Stiefmutter gegen die Kinder kam auch daher, daß die Leute, bei
welchen die verstorbene Königin in gutem Andenken stand, immer noch
von dieser sprachen, sie aber verschwiegen, und daß sie, wenn sie mit
der jungen Prinzessin erschien, gegen diese aufjauchzeten und riefen:
sie ist gut und schön, wie ihre Mutter war.  Das verdroß sie, und sie
ergrimmte in sich und sann auf arge Tücke, barg aber ihr böses Herz
unter Freundlichkeit.  Denn sie durfte sichs vor dem Könige nicht
merken lassen, daß sie den Kindern gram war, und das Volk würde sie
gesteinigt und zerrissen haben, wie sie ihnen ein Leides gethan hätte.

Die Prinzessin, des Königs Tochter, welche Aurora hieß, war nun
fünfzehn Jahre alt geworden und blühete wie eine Rose und war die
schönste Prinzessin weit und breit.  Und es zogen viele Königssöhne
und Fürsten und Grafen her und buhlten um sie und begehrten sie zum
Gemal; sie aber sprach zu ihnen: mir gefällt die fröhliche und ledige
Jungfrauschaft besser, als alle Freier, und damit mußten sie wieder
hinreisen wo sie hergekommen waren.  Endlich aber kam der Rechte: es
war ein Prinz aus Ostenland, ein gar schöner und stattlicher Herr.
Diesem verlobte sie sich mit Einwilligung des Königs und ihrer
Stiefmutter.  Und schon war der Hochzeitkranz gewunden und die
Spieler zum Tanze bestellt, und alles Land war in Freude ob der
Vermälung der schönen Prinzessin Aurora.  Aber die Stiefmutter dachte
ganz anders in ihrem Sinn, als sie sich gebehrdete, und sprach: Ich
will Spielleute bestellen, die sollen zu einem andern Tanze
aufspielen, und die Füße sollen anderswohin tanzen als ins Brautbett.
Denn sie sprach bei sich: Diese verdunkelt mich ganz und wird mich
noch mehr verdunkeln, und vor dieser Aurora muß meine Sonne
untergehen, zumal wenn sie einen so stattlichen Mann zum Gemal
bekommt und dem Könige ihrem Vater Enkel bringt; denn ich bin
unfruchtbar und kinderlos.  Auch hängt das Volk ihr an und schreit
ihr nach, mich aber kennen sie nicht und wollen sie nicht kennen; und
doch bin ich die Königin: ja ich bin die Königin! und bald sollen sie
es alle wissen, daß ich es bin und nicht Aurora.  Und sie sann nun
auf viele arge Listen Tag und Nacht hin und her, wie sie die
Prinzessin und ihren Bruder verderben wollte; aber es wollte ihr
keine einzige gelingen: denn sie waren zu gut bewacht und behütet von
den Dienern und Dienerinnen, die sie hatten.  Diese sahen auf sie wie
auf ihren Augapfel und wichen Tag und Nacht nicht von ihnen wegen der
Liebe, die sie zu ihrer Mutter, der seligen Königin, trugen.  Als nun
keine Zeit mehr übrig und der Hochzeittag schon da war und sie sich
nicht mehr zu helfen wußte, gedachte sie der allerbösesten Kunst, die
sie wußte, und kam zu den Kindern mit der leidigsten Freundlichkeit
und bat sie, einen Augenblick mit ihr in ihren Rosengarten zu kommen,
sie wolle ihnen eine wunderschöne Blume zeigen, die eben aufgebrochen
sey.  Und sie gingen gern mit ihr, denn der Garten war hart hinter
dem Schlosse; auch konnte niemand an etwas Arges denken, denn es war
der helle Mittag, und der König und die Prinzen und Prinzessinnen des
Landes waren alle in dem großen Schloßsaale versammelt, da gleich die
Vermälung geschehen sollte.  Und sie führte die Kinder in die
hinterste Ecke des Gartens, wo ihre Blumen standen, unter einen
dunkeln Taxusbaum, als wollte sie ihnen da etwas Besonderes zeigen.
Sie aber murmelte einige leise Worte für sich hin, brach dann einen
Zweig von dem Baum, und gab dem Prinzen und der Prinzessin einige
Streiche damit auf den Rücken.  Und alsbald wurden sie in Thiere
verwandelt. der Prinz sprang als ein reißender Wolf über die Mauer
und lief in den Wald, und die Prinzessin flog als ein kleiner grauer
Vogel, der Nachtigall heißt, auf den Baum, und sang ein trauriges
Lied.

Die Königin spielte ihr Spiel so gut, daß auch kein Mensch etwas
merkte.  Sie lief laut schreiend dem Schlosse zu und sank mit
zerrissenen Kleidern und zerzausten Haaren an den Stufen des Saales
hin, als sey ihr ein großes Leid geschehen, und der König hieß sie
von den Kammerfrauen wegtragen.  Es verging wohl eine gute
Viertelstunde, ehe sie wieder zu sich kam.  Da gebehrdete sie sich
sehr traurig und weinte und schrie: Ach! du arme Aurora, welchen
Brauttag hast du erlebt! ach du unglücklicher Prinz!  So schrie sie
einmal über das andere, und erzählte dann, ein Schwarm Räuber sey
plötzlich hinten in den Garten gedrungen und habe die beiden
Königskinder mit Gewalt von ihrer Seite gerissen und entführt; sie
aber haben sie zu Boden geschlagen und halbtodt liegen lassen; und
sie zeigte eine Beule an der Stirn, die sie sich absichtlich an einem
Baum gestoßen hatte.  Und alle glaubten ihren Worten, und der König
hieß alle seine Herren und Grafen und Ritter und Knappen aufsitzen
und den Räubern nachjagen.  Diese durchritten nach allen Seiten den
Wald und alle Schlüchte und Klippen und Berge rings um das Schloß
wohl zwei drei Meilen weit, aber von den Räubern und von dem Prinzen
und von der Prinzessin fanden sie auch nicht die geringste Spur.  Und
der König ruhete nicht und ließ weiter suchen und forschen viele
Wochen und Monate, und sandte Boten und Kundschafter aus in alle
Länder; aber sie kamen immer vergebens zurück, und mit dem Prinzen
und der Prinzessin war es, als ob sie nie gelebt hätten: so ganz
waren sie verschollen.  Der alte König aber glaubte, die Räuber
hätten sie wegen der kostbaren Juwelen und Edelsteine entführt, die
sie am Hochzeitstage trugen, und hätten sie beraubt und dann todt
geschlagen und irgendwo eingescharrt, damit man ihnen nie auf die
Spur kommen könnte; und er grämte sich so sehr, daß er bald starb.
Bei seinem Sterben übergab er, weil er keine Kinder hatte, der
Königin das Reich, und bat seine Unterthanen, daß sie ihr treu und
gehorsam seyn mögten, wie sie ihm gewesen waren.  Sie thaten es auch
und erkannten sie als ihre Königin, mehr aus Liebe zu ihm als aus
Liebe zu ihr.

So waren vier Jahre verschienen und der König schon das andere Jahr
todt, und die Königin fing an mit großer Gewalt über die Länder zu
herrschen, und kaufte sich für die Schätze, die der alte König ihr
hinterlassen hatte, viele fremde Soldaten, die sie über das Meer
kommen ließ und die ihre Krone und ihr Schloß bewachten.  Denn sie
wußte, daß sie von den Unterthanen nicht geliebt war, und sprach: Nun
mögen sie aus Furcht thun, was sie aus Liebe nicht thun würden.  So
geschah es, daß sie von Tage zu Tage bei jedermänniglich mehr verhaßt
ward, aber keiner durfte es sich merken lassen, denn auf das leiseste
Geflüster gegen die Königin war der Tod gesetzt.  Aber die Leute
lassen das Wispern und Flüstern darum doch nicht, und weil das
Sprichwort wahr ist: Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt
endlich an die Sonnen, so hatte es von Anfang an gemunkelt*, als die
Königskinder verschwunden waren: kein Mensch könne wissen, was der
Spaziergang der Königin bedeutet habe.  Denn es waren Leute genug,
die ihr wegen ihrer scharfen Augen und ihrer unnatürlichen
Freundlichkeit böse Künste zutraueten.  Diese Munkelung unter dem
Volke dauerte nun immer fort und nahm noch zu; sie aber kümmerte sich
darum nicht, und dachte: die werden schon Thiere bleiben, was sie
sind, und mir wird keiner die Königskrone nehmen.  Aber es begab sich
alles ganz anders, als sie gedacht hatte.
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* Munkeln sagt man von Pferden, die im Sommer wegen der Bremsen mit dem
Kopf schütteln; Munkeln heißt also: die Köpfe gegen einander bewegen,
leise flüstern.
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Den armen Königskindern ging es indessen doch recht schlecht.

Der Prinz war als ein brauner Wolf in den Wald gelaufen, und er mußte
sich gebehrden wie ein Wolf und heulen wie ein Wolf und durch die
öden und wüsten Orte laufen bei Tage und bei Nacht, und wie ein Dieb
einhergehen; denn auch die wölfische Furcht war in ihn gefahren.  Und
er mußte sich nähren wie die andern Wölfe von allerlei Raub von Wild
und Vögeln, auch mußte er in der traurigen Winterzeit zuweilen wohl
mit einem Mäuschen vorlieb nehmen und den Bauch einziehen und
zähneklappen und zwischen den harten und kalten Steinen sein Lager
nehmen.  Und dies war gewiß keine prinzliche Lebensart, wie er sie
vorher geführt hatte, ehe er aus der königlichen Pracht und
Herrlichkeit in dieses wilde Elend verstoßen war.  Das war aber das
Besondere an ihm, daß er allein Thiere angriff und zerriß und nie
nach Menschenblut gelüstete.  Doch nach einer hätte ihn wohl gelüstet,
nach der bösen Frau, die ihn verwandelt hatte; aber diese hütete
sich wohl, dahin zu kommen, wo sie den Zähnen dieses Wolfes begegnen
konnte.  Man soll aber nicht glauben, daß der Prinz, der nun ein Wolf
war, noch menschliche Vernunft hatte; nein es war sehr finster in ihm
geworden, und mit dem Bilde des Thieres, in welchem er durch die
Wälder laufen mußte, hatte er auch nicht viel mehr als thierischen
Verstand.  Das ist wahr, ein dunkler Trieb trieb ihn oft gegen das
Schloß und den Schloßgarten hin, als hätte er dort einen Fang zu
holen; doch hatte er keine deutliche Erinnerung der Vergangenheit:
wie hätte er es dann auch in der Wolfshaut aushalten sollen?  In den
Augenblicken, wo er diesen Trieb fühlte, war er mit einem besondern
Grimm behaftet; aber immer, wie er ihnen auf tausend Schritt nahe kam,
fuhr ein kalter Schauder in ihn und jagte ihn zurück.  Und die
Königin hatte dies mit ihrer Hexerei verschuldet, daß sie ihn bis so
weit gebannt hatte; denn weiter hatte sie nicht gedurft.  Sie aber
stellte dem Wolfsprinzen nach dem Leben und ließ viel jagen in dem
Forst, der sich um das Schloß herumzog, weil sie dachte, daß er wohl
darin seyn mogte.  Deswegen ward fast alle Woche zweimal eine große
Schalljagd und Klapperjagd auf Wölfe und Füchse angestellt; und damit
sie einen fleißigeren Vorwand dazu hätte, hatte die Königin viele
niedliche Dammhirsche in diesen Forst ausgesetzt, von welchen unser
königlicher Wolf allerdings manchen verzehrte.  Aber er rettete sich
immer aus aller Gefahr, wie oft die Hunde ihm mit ihren Rachen auch
das Haar auf dem Rücken schon zerbließen und wie oft die Jäger auf
ihn schossen.  Er wich dann für den Augenblick abseits, und wann der
Schall sich gesänftet hatte und die Jagdhörner verstummt waren, kam
er in das Dickicht zurück, welches dem Schlosse nahe war, und sonnte
sich häufig auf Plätzen, wo er als Knabe und Jüngling zuweilen
gespielt hatte.  Er wußte aber nichts mehr von der Vergangenheit,
sondern es war eine verborgene Liebe, die ihn dahin lockte.

Die Prinzessin Aurora hatte als ein kleines Vögelein auf den Baum
fliegen müssen und war in eine Nachtigall verwandelt worden.  Ihr
aber war in ihrem leichten und dünnen Federkleide die Seele nicht so
verdunkelt, als dem Prinzen in der Wolfshaut, sondern sie wußte viel
mehr von sich und von den Menschen und Dingen; nur sprechen konnte
sie nicht.  Dafür aber sang sie desto schöner in ihrer Einsamkeit,
und oft so wunderschön, daß die Thiere vor Freuden hüpften und
sprangen und die Vögel sich alle um sie versammelten und die Bäume
dazu rauschten und die Blumen nickten.  Ich glaube, auch die Steine
hätten vor Lust getanzt, wenn sie so viel Liebe in sich hätten; aber
deren Herz ist zu kalt.  Auch die Menschen hätten wohl bald auf den
kleinen Vogel gemerkt als auf einen besonderen Vogel und wäre wohl
ein Gerede und Gemunkel davon unter den Leuten entstanden, wenn nicht
etwas sie abgehalten hätte von dem Walde, daß sie die Nachtigall nie
singen hörten.  Es verhielt sich damit folgendergestalt:

Wie die Königin dem armen verwandelten Prinzen mit den vielen Schall-
und Klapperjagden gern das letzte wölfische Lebenslicht ausgeblasen
hätte und wie er dadurch über die ganze Wolfsfamilie großes Unglück
brachte, habe ich schon erzählt.  Aber auch über die kleinen Vögel
ging es schlimm her, und in diesen Tagen der Tyrannei war es ein
Unglück, in der Gegend des Schlosses als Amsel Grasmücke und
Nachtigall gebohren zu seyn.  Die Königin nemlich, nachdem der alte
Herr gestorben war und sie die Gewalt allein hatte, gebehrdete sich
plötzlich, als habe die Krankheit sie befallen, daß sie nicht allein
das Geschrei und Gekrächze und Geschnatter unleidlicher Vögel nicht
ertragen könne, sondern daß selbst das lieblichste Geklingel und
Gezwitscher der lustigen kleinen Singvögelein sie unangenehm bewege.
Und damit sie das allen Menschen glaublich machte, war sie bei
solchen Gesängen, deren sich sonst alle Welt zu freuen pflegt, ein
parmal in Ohnmacht gefallen.  Das war aber nur ein Schein, sie wollte
eine böse That, sie wollte den Tod der kleinen Nachtigall, wenn sie
etwa in diesen Hainen und Gärten herumflatterte.  Das wußte sie aber
wohl, daß das Vögelchen dem Schlosse auf tausend Schritt nicht nahen
durfte, denn sie hatte es unter denselben Hexenbann gelegt, als
seinen Bruder.  Unter dem Titel dieser Unleidlichkeit und
Empfindlichkeit gegen zarte und feine Klänge und Schalle ward denn
freilich nicht bloß der kleinen liebenswürdigen Nachtigallprinzessin
sondern allen andern Vögeln nach der Kehle gegriffen; sie waren alle
in die Acht und Aberacht gethan, sie waren alle für vogelfrei erklärt,
und die Förster und Jäger der Königin erhielten den strengsten und
gemessensten Befehl, auf alles, was Federn trägt, Jagd zu machen, und
auch das Rotkehlchen ja nicht einmal den Zaunkönig zu verschonen, auf
welchen ein guter Jäger sonst nie einen Schuß verliert.  Dieser
schreckliche Zorn der Königin ward ein Unglück für das ganze
befiederte Volk, nicht bloß für die, welche im Freien flogen oder in
Forsten und Hainen lebten, sondern auch für die, welche auf Höfen und
in Zimmern gehalten werden.  In der Hauptstadt und in der Umgegend
des königlichen Schlosses blieb auch nichts Gefiedertes leben; denn
die Leute meinten sich bei der Königin sehr einzuschmeicheln und ihre
Gunst zu gewinnen, wenn sie es ihr nachmachten.  Es war ein
Schlachten und Morden der Unschuldigen wie der bethlehemitische
Kindermord des Königs Herodes weiland.  Wie vielen tausend
Kanarienvögeln und Zeisigen und Nachtigallen und Distelfinken, ja
selbst wie manchen ostindischen und westindischen Papageien und
Kakadus wurden da die Hälse umgedreht!  Schreihälsen und Liederkehlen,
Schwätzern und Verschwiegenen drohete Ein Schicksal, und das sogar
war ein Verbrechen, als Gans oder Puter oder Hahn gebohren zu seyn,
und die gemeinen Haushühner fingen an so selten zu werden als
chinesische Goldfasane.  Und hätte die Königin noch einige
Jahrzehende so gewüthet gegen das Federvölkchen, so wäre es allmälig
ausgestorben in dem Königreiche.  Das war die Ursache, warum die
Vögel nicht allein gemordet wurden sondern auch fast kein Mensch mehr
in den Wald spazieren ging, weil es so hätte gedeutet werden können,
als wollten sie da Vogelgesang hören.  So kam es denn, daß niemand
die Wundertöne der kleinen Nachtigall belauschen konnte, als etwa hie
und da ein einsamer Jäger.  Der ließ sich aber nichts merken, damit
er von der Königin nicht gestraft würde, daß er den Vogel nicht
geschossen.  Denn das muß man zur Ehre der Weidmänner sagen, daß sie
doch meistens ihrer wackern Natur folgten und selten einen der
kleinen Vögel schossen; aber platzen durch den Wald mußten sie, daß
es knallte.  Und dadurch schon ward es still von Gesängen und auch
viele Vöglein zogen weg aus dem unaufhörlichen Getümmel und kamen
nimmer wieder.  Die kleine Nachtigall aber, welche Gott behütete, daß
sie sich von allen diesen Nachstellungen rettete, konnte den grünen
Wald hinter dem Schlosse nicht lassen, wo sie in ihrer Kindheit so
viel gespielt und gesprungen hatte, sondern wenn sie auch wegflog, so
bald die Jagdhörner anbliesen und es mit Hurra und Wo Wo durch die
Büsche tosete, kam sie doch immer bald wieder.  Und obgleich ihre
Liedlein, als aus einem traurigen Herzen klingend, meistens traurig
und kläglich waren, däuchte es ihr doch recht anmuthig, so unter den
grünen Bäumen und bunten Blumen zu leben und dem Mond und den Sternen
etwas Süßes vorzuklingen; und nur wenige Monate war sie unglücklich.
Dies war die Zeit, wo der Herbst kam und wo sie mit den andern
Nachtigallen in fremde Länder ziehen mußte, bis es wieder Frühling
ward.

Das kleine Prinzessinvögelein hielt sich nun meist zu den Bäumen,
Angern und Auen, wo sie als Kind gespielt oder als Jungfrau mit
Gespielen ihres Alters Kränze gewunden und Reigen aufgeführt hatte,
oder wo sie gar in den glücklichsten Tagen ihres Lebens mit dem
Geliebten die Einsamkeit gesucht hatte.  Am liebsten und am meisten
wohnte sie in einer dichten grünen Eiche, die sich über einen
rieselnden Bach beugte und oft das süße Geflüster der Liebe in ihren
Schatten geborgen hatte.  An dieser Stelle sah sie denn auch oft den
Wolf, den ein dunkles Gefühl der Vergangenheit dahin führte; aber sie
wußte nicht, daß es ihr armer Bruder war.  Doch gewann sie ihn lieb,
weil er sich so oft unter ihren Gesängen hinstreckte und lauschte,
als verstände er etwas davon; und sie beklagte ihn wohl zuweilen, daß
er ein zorniger und harter Wolf seyn mußte und nicht flattern konnte
und fliegen von Zweigen zu Zweigen, wie sie und andere Vögelein.  Und
nun muß ich auch noch von einem Manne erzählen, der in dem einsamen
Walde zuweilen der Zuhörer der kleinen Nachtigall war.  Dieser Mann
war der Prinz aus Ostenland, ihr Bräutigam, als sie noch Prinzessin
war.

Der König, dieweil er noch lebte, hatte diesen Prinzen wegen seiner
Tugend und Tapferkeit vor allen Männern geliebt und ihn auf seinem
Todbette der Königin empfohlen als einen Rath und Helfer in allen
schlimmen und gefährlichen Dingen, besonders als einen frommen und
trefflichen Kriegsmann.  Auch war er nach des Königs Tode bei der
Königin geblieben bloß aus Liebe zu dem seligen Herrn.  Doch ward er
bald inne, daß die Königin ihn haßte, ja daß sie ihm nach dem Leben
trachtete, und entwich daher plötzlich von ihrem Hofe und aus ihrem
Lande.  Sie aber ließ ihm nachsetzen als einem Verräther und
Flüchtling und ließ einen Bann ausgehen, wodurch sie ihn für
vogelfrei erklärte, daß jeder, wem es beliebte, ihn erschlagen und
ihr seinen Kopf bringen mogte, worauf sie einen hohen Preis gesetzt
hatte.  Er entwich wieder in das Land seines Vaters, das viele
hundert Meilen gegen Osten von dem Schlosse der Königin lag, und
wohnte bei ihm.  Aber im Herzen hatte er keine Ruhe noch Rast und die
Trauer um die verschwundene Prinzessin wollte ihn nie verlassen.  Ja
das Wunder begab sich mit ihm, daß er alle Jahre einmal heimlich
verschwand, ohne daß ein Mensch wußte, wohin.  Er sattelte aber dann
sein Roß und rüstete sich in unscheinbarer Rüstung, und ritt
plötzlich davon, so daß niemand seinen Pfad kannte.  Er mußte aber in
das Land der Königin reiten, die ihn vogelfrei gemacht hatte, und
jenen Wald besuchen, worin die Prinzessin verschwunden war.  Dieser
gewaltige Trieb kam ihm jedes Jahr kurz vor der Zeit, in welcher die
Prinzessin verschwunden war, wo er durch wilde wüste und verborgene
Orte traben mußte, bis er zu wohlbekannten Stätten gelangte, wo er
einst mit seiner Braut gewandelt hatte.  Und da war auch ihm die
grüne dunkle Eiche am Bache die Lieblingsstelle.  Da brachte er dann
vierzehn Nächte in Thränen und Gebeten und Klagen um die Geliebte zu;
die Tage aber verbarg er sich in dem entlegeneren Dickicht.  Da hat
er die kleine Nachtigall oft gesehen und gehört und sich ihres
wundersamen und wunderlieblichen und fast übervögelischen Gesanges
erquickt.  Sie haben aber nichts weiter von einander gewußt.  Doch
hatte das Vögelchen immer eine große Sehnsucht im Herzen, wann der
Ritter wieder geritten war, sie wußte aber nicht, warum; und auch ihm
klang ihr tiefes und schmachtendes Tiu!  Tiut! lange nach, wann er
wieder in das Land seines Vaters ritt.  Es ging ihm aber wie den
meisten Menschen, die etwas Geheimes thun oder haben, worüber andere
Leute sich viel die Köpfe zerbrechen, daß er um sein eignes Geheimniß
nicht wußte.  Denn daß er jedes Jahr einmal heimlich wegritt, das
wußte er wohl; warum er aber reiten mußte, das wußte er nicht.

Und es waren manche Tage vergangen seit dem Tode des alten Königs und
es ging in das sechste Jahr seit dem Verschwinden der Kinder, und die
Königin lebte herrlich und in Freuden, und ließ die Thiere jagen und
auf alle Vögel schießen, und war auch gegen ihre Unterthanen nicht
weniger hart, als gegen das Wild und Gefieder des Waldes.  Sie
däuchte sich fast allmächtig und meinte, ihr Glück und ihre
Herrschaft könne kein Ende nehmen.  Doch hatte sie seit jenem Tage
den Wald nicht betreten um das Schloß und den Schloßgarten, sondern
eine heimliche Furcht hatte sie davon zurückgehalten.  Sie ließ sich
aber nicht merken, was es war, und daß eine Hexenangst dahinter
steckte.  Nun begab es sich, daß sie einmal ein großes Fest und
Gastmal angestellt hatte, wozu alle Fürsten und Fürstinnen des Reichs
und alle Großen des Landes und alle vornehmsten Diener und
Dienerinnen geladen waren, und es war den Nachmittag eine große
Wolfsjagd beschlossen in dem Forst, und die Fürsten baten sie, daß
sie mitgehen mögte.  Sie weigerte sich lange unter allerlei Vorwänden,
endlich aber ließ sie sich bereden.  Sie setzte sich aber auf einen
hohen Wagen und hieß drei ihrer tapfersten Kriegsmänner sich
wohlbewaffnet neben sich setzen; zugleich hieß sie viele hundert
gewaffnete und gerüstete Reisige vor, neben und hinter dem Wagen
reiten, und eine lange Reihe Wagen voll Herren und Frauen folgten ihr
nach.  Und ihr war der Wolf immer im Herzen, doch dachte sie bei sich:
laß den Wolf nur kommen, ja laß hundert Wölfe zugleich kommen, diese
tapfere Schaar wird ihnen wohl das Garaus machen.  So verblendet Gott
auch die Klügsten und Feinsten, wann sie zur Strafe reif sind; denn
ihr war geweissagt worden von andern Meistern ihrer losen Kunst, sie
solle sich vor dem sechsten Jahre in Acht nehmen.  Daran hatte sie
heute nicht gedacht.

Und es war ein schöner heiterer Frühlingstag, und sie fuhren mit
Trompeten und Posaunen in den Forst, und die Rosse wieherten und die
Rüstungen klirrten und die gezückten Speere und Degen funkelten in
der Sonne; die Königin aber funkelte am hellsten, mit ihren
prächtigsten Kleidern und all ihrem Juwelenschmuck hoch im Wagen
thronend.  Und schon schallte ihnen die Jagd entgegen mit Hussa und
Hurra und den schmetternden Hörnern der Jäger und den gellenden
Stimmen der Hunde.  Und es lief ein Löwe vorüber und ein Eber fuhr
durch die Reihen; und sie erschracken nicht sondern hielten und
standen ein jeglicher fest auf seinem Stand, und machten die
Ungeheuer nieder.  Aber nicht lange, und es ergab sich ein Schrecken,
das ihnen zu mächtig war.  Ein fürchterlicher Wolf fuhr aus dem
Dickicht hervor auf einen grünen Anger, und heulte so gräßlich, daß
Jäger, Hunde und Reiter vor ihm ausrissen.  Der Wolf lief, wie man
einen Pfeil vom Bogen schießt, nein er lief nicht sondern flog durch
die Männer und Rosse dahin, und keiner dachte daran, daß er Bogen,
Spieß und Eisen trug, so schrecklich war des Unthiers Ansehen und so
wüthig bleckte er den funkelnden Rachen auf.  Die Königin, die ihn
auf ihren Wagen zuspringen sah, schrie Hülfe!  Hülfe! die Weiber
schrien und fielen in Ohnmacht, viele Männer schrien auch wie die
Memmen: Keiner wehrte dem Wolf, er sprang mit Einem langen weiten
Sprung auf den hohen Wagen, riß das stolze Weib herunter, und wusch
sich Zähne und Rachen in ihrem Blute.  Die andern waren alle geflohen
oder standen und hielten von ferne.

Und o Wunder! als sie sich ermannen wollten und das Thier anfallen,
sahen sie es nicht mehr, sondern, wo es eben noch gestanden hatte,
erhob sich die Gestalt eines schönen und reisigen Jünglings.  Die
Männer staunten ob dem Zauber, doch zuckten einige die Waffen, als
wenn sie ihn als ein zweites Ungethüm jagen und fällen wollten.  Da
sprang plötzlich ein Greis vor, der mit im Zuge war, der Kanzler des
Reichs, und verbot es ihnen, und rief überlaut: bei meinem grauen
Haar, Männer, haltet ein! ihr wisset nicht, auf wen ihr stoßen
wollet--und, ehe sie sich besinnen konnten, lag er schon vor dem
Jünglinge auf der Erde, und küßte ihm Kniee und Hände und rief: Sey
uns gegrüßt, du edle Blume eines edlen Vaters, die du wieder
aufgegangen bist in deiner Schöne! und freue dich, o Volk, dein
rechter Königssohn ist wieder gekommen, und dies ist jetzt dein König.
Und auf diese Worte liefen viele herzu und erkannten den Prinzen
wieder und huldeten ihm als ihrem Herrn, und die übrigen thaten
desgleichen.  Und alle waren zugleich voll Schrecken und Staunen und
Freude, und dachten nicht mehr an die zerrissene Königin noch an den
Wolf; denn daß er der Wolf gewesen, das wußten sie nicht.

Der junge König aber gebot allen, daß sie ihm nachfolgeten und mit
ihm in das Schloß seines Vaters zögen; er hieß auch sogleich die Jagd
stillen und die Hörner und Trompeten, welche eben noch den Wald und
das Wild aufgeschreckt hatten, seinem fröhlichen Einzuge voranblasen.
Und als er daheim war und von den Zinnen seiner Väter schauete, da
traten ihm die Thränen in die Augen und er weinte beides schmerzlich
und fröhlich; denn er gedachte nun alles Jammers wieder und der zu
schweren Vergangenheit, wo es wie ein dumpfer und thierischer Traum
auf ihm gelegen hatte.  Und nun ward es ihm plötzlich hell, und er
konnte es dem Kanzler und den Vornehmsten melden, wie es mit ihm
geschehen war und daß er nur durch das Herzblut der alten greulichen
Hexe, die seine Stiefmutter und ihre Königin geheißen, wieder hatte
verwandelt werden können.  Und das Gerücht von diesem erstaunlichen
Wunder ging alsbald in die ganze Stadt und unter alles Volk aus; und
sie freueten sich, daß der geliebte Königssohn wiedergekommen und daß
die Königin, welche alle hasseten, von Wolfszähnen, die sie selbst
geschaffen, zerrissen war.

Aber als der Prinz sich nun allmälig wiedergefunden und über sich
besonnen hatte, da fiel es ihm schwer auf das Herz, wo die königliche
Prinzessin Aurora seine geliebte Schwester wohl seyn mögte und ob sie
auch noch wohl unter irgend einer Thierhaut oder Federdecke steckte;
denn nun fiel ihm ihr trauriger Hochzeittag ein.  Und er fragte und
ließ fragen; aber alle schwiegen und keiner konnte von ihr etwas
melden.  Da ward der Prinz wieder sehr traurig und sorglich, aber
Gott wandelte diese Traurigkeit auch bald in Freude.

Denn als dieser Jagd- und Wolfslärm im Walde tosete, steckte auch der
arme traurende Prinz aus Ostenland grade in seinem Dickicht, und das
kleine liebliche Nachtigallvögelchen hielt sich schweigend unter den
grünen Blättern seiner Eiche verborgen.  Es fuhr aber ein wunderbares
Gefühl durch sein Herzchen, sobald der durstige Wolfszahn seines
Bruders das Herzblut der alten Königin geschlürft hatte.  Als nun die
Jagd verschollen und der Wald still geworden und die Sonne
niedergegangen war, da kam der Prinz aus seiner dunkeln Waldschlucht
unter seine grüne Eiche und lehnte sich gar traurig an den Stamm und
netzte das Gras mit seinen stummen Thränen, wie er alle Nächte pflag;
und ihm däuchte viel wehmüthiger um sein Herz zu seyn als gewöhnlich.
Das Vögelein in den Zweigen über ihm fing eben an zu singen nach
seiner Gewohnheit; und es däuchte ihm auch, daß es gar anders sang
als sonst, und viel bedeutsamer und räthselhafter und fast wie mit
menschlicher Stimme.  Und dem Manne kam ein Grausen an, und fast voll
Angst rief er in die Zweige hinauf: Vögelein, Vögelein, sage mir,
kannst du sprechen?  Und das Nachtigallvögelein antwortete ihm mit Ja,
wie Menschen zu antworten pflegen, und es verwunderte sich selbst,
daß es sprechen konnte, und fing an vor Freuden darüber zu weinen,
und schwieg lange.  Darauf that es sein Schnäbelchen wieder auf und
erzählte dem Manne mit vernehmlicher menschlicher Stimme die ganze
Geschichte von seiner Verwandelung und von seines Bruders
Verwandelung, und durch welches Wunder er wieder ein Mensch geworden.
Denn es war ihr nun alles in Einem Augenblicke klar geworden, als
hätte ein Geist es ihr zugeflüstert.  Der Mann aber jauchzete in
seiner Seele, als er ihre Rede hörte, und er sann viel in sich hin
und her; und das Vögelchen spielte und flog zutraulich um ihn herum;
doch wiewohl sie sich und alle Dinge so hell wieder erkannte und
wußte, von ihm wußte sie nicht, wer er war.  Und er lockte das
Vögelchen und schmeichelte und kosete ihm schön, und bat, es solle
mit ihm kommen, er wolle es in einen Garten setzen, wo ein ewiger
Frühling blühe und nie ein Falke rausche noch ein Jäger tose; das sey
doch viel lustiger, als so in wilden Hainen umzufliegen und vor dem
Winter und vor Jägern und Raubvögeln und Schlingen zu zittern.  Das
Vögelein aber wollte davon nichts hören und lobte seine grüne
Freiheit und seine grüne Eiche hier und schwätzte und flötete und
spielte und flatterte um den Mann herum und hatte sein wenig Acht,
denn er gebehrdete sich, als sey er in andern Gedanken.

Aber siehe, welche Gedanken er gehabt hat!  Denn ehe das Vögelchen
sich dessen versah, hatte der Mann es bei den Füßchen erfaßt und lief
eilends davon, schwang sich auf sein Roß und flog im sausenden Galopp,
als sey ein Sturmwind hinter ihm, einer Herberge zu, die er in der
Stadt unweit des Schlosses kannte, und bestellte sich ein einsames
Zimmer, worin er sich mit dem Vögelein einsperrte.  Das Vögelein, als
es sah, wie er die Schlüssel herauszog und andere Zeichen eines
Gefängnisses machte, fing an jämmerlich zu weinen und zu flehen, daß
er es fliegen ließe; denn es däuchte ihm gar beklommen und angstvoll
in dem verschlossenen Zimmer und es mußte an seine grünen Bäume und
an die liebliche Freiheit denken.  Aber der Mann machte sich aus dem
Weinen und Flehen des Vögelchens nichts und wollte es nicht lassen.
Da ward das Vögelein böse und fing an sich zu verwandeln, damit es
den Mann erschreckte, daß er Thüren und Fenster öffnete und froh wäre,
wenn das Vögelein davon flöge.  So machte es sich zu Tigern und
Löwen, zu Ottern und Schlangen, zu Skorpionen und Taranteln, zuletzt
zu einem scheußlichen Lindwurm, der sich um den Mann flocht und mit
giftiger Zunge auf ihn fuhr.  Aber das alles schreckte ihn nicht
sondern er blieb fest auf seinem Sinn, und das Vögelein mußte alle
seine Arbeit verlieren und wieder ein Vögelein werden.  Und der Mann
stand in tiefen Gedanken, denn es fiel ihm etwas ein aus alten
Mährchen.  Und er zog ein Messer aus der Tasche und schnitt sich ein
Loch in den kleinen Finger der linken Hand, der immer das lebendigste
Herzblut hat.  Und es tröpfelte Blut heraus, und er nahm des Blutes
und bestrich des Vögeleins Köpfchen und Leib damit.  Und kaum hatte
er das gethan, so stand auch das Wunder fertig da.  Das Vögelein ward
in der Minute zu der allerschönsten Jungfrau, und der Prinz lag
alsbald zu ihren Füßen und küßte ihr züchtig und ehrerbietig die
Hände.  Die Nachtigall war nun wieder Prinzessin Aurora geworden und
erkannte in dem Manne ihren Bräutigam wieder, den Prinzen aus
Ostenland.  Sie war noch eben so jung und schön, als sie vor sechs
Jahren zur Zeit der Verwandelung gewesen.  Denn das ist den
Verwandlungen eigen, daß die Jahre, die einer darin bleibt, ihn nicht
älter machen sondern tausend Jahre gelten da nicht mehr als eine
Sekunde.

Man kann denken, wie diese beiden sich gefreut haben; denn wenn zwei
verliebte Herzen, die einander treu geblieben, nach langer Zeit
wieder zusammenkommen, das ist wohl die größte Freude auf Erden.
Doch säumten sie nicht lange sondern ließen dem Könige ansagen, es
seyen zwei fremde Prinzen aus fernen Landen an seinen Hof gekommen
und begehrten fürstliche Herberge.  Und der König trat heraus, daß er
sie bewillkommete, und erkannte seine liebe Schwester Aurora und
seinen theuren Freund den Prinzen aus Ostenland, und freuete sich
über die Maaßen; und alles Volk freuete sich mit ihm, daß so alles
wiedergekommen und das Reich nicht bei Fremden bleibe.

Und nach wenigen Tagen setzte er sich die königliche Krone auf und
fing an zu regieren an seines Vaters Statt, seiner Schwester aber gab
er eine überaus prächtige Hochzeit mit Tänzen und Festen und
Ritterspielen; auch erhielt sie nebst ihrem Prinzen an Land und
Leuten eine gar stattliche Abfindung, wovon sie fast wie Könige leben
mogten.  Die Prinzessin Aurora aber hatte ihren Bruder um den Wald
gebeten, in welchem sie als Vögelein so manchen fröhlichen und auch
so manchen traurigen Tag umhergezogen war, und er hatte ihn ihr gern
geschenkt.  Sie baute sich daselbst ein stolzes königliches Schloß an
dem Bache, wo sie so oft gesessen und gesungen hatte, und die grüne
und dichte Eiche kam mitten in ihrem Schloßgarten zu stehen und hat
noch manches Jahr nach ihr gegrünt, so daß ihre Urenkel noch darunter
gespielt und sich beschattet haben.  Sie aber ließ das Gebot ausgehen,
es solle der Wald für ewige Zeiten stehen bleiben in seiner
natürlichen Herrlichkeit; auch gab sie den kleinen Singvögelein den
Frieden und verbot auf das allerstrengeste, in diesem heiligen
Bezirke Schlingen und Fallen zu stellen und die Kleinen mit irgend
einem Gewehr anzugreifen.  Und ihr Bruder hat als ein großer und
frommer König regiert, sie aber hat mit ihrem tapfern Gemal bis in
ein schneeweißes Alter in glücklicher Liebe gelebt und viele Kinder
und Kindeskinder gesehen, bis sie endlich im Segen Gottes und der
Menschen sanft entschlafen ist.  Das hat auch gegolten seit ihrer
Zeit unter ihren Kindern und Nachkommen, daß der älteste Prinz ihres
Hauses immer Rossignol und die älteste Prinzessin immer Philomela
getauft wurde.  Sie wollte nemlich eine fromme Erinnerung stiften für
alle Zeiten von dem wundersamen Unglück, das ihr widerfahren war, da
sie in eine Nachtigall verwandelt worden.  Denn diese Worte bedeuten
in der Sprache ihres Landes, was zu teutsch Nachtigall genannt wird,
und Rossignol heißt eigentlich Rosenvogel--denn die Nachtigallen
singen meist zur Zeit der Rosen--und Philomela Liederfreundin; der
teutsche Name Nachtigall heißt aber so viel als Nachtsängerin, und
ist wohl der allerfeinste.



Der große Jochen.


Der Bauer Hans Diebenkorn, ich weiß nicht mehr, in welchem Dorfe er
wohnte, hatte einen Sohn, der hieß Jochen, das war ein schlimmer
ungeschlachter Junge voll Wildheit und Schalkstreiche, den keiner
bändigen konnte.  Sein Vater war ein stiller ordentlicher Mann und
ermahnte und züchtigte ihn oft und viel, Priester und Schulmeister
hobelten und meißelten an ihm mit dem Ernst der Vermahnung und mit
der Strenge der Strafe: _der Knabe ward mit der Asche und Lauge der
Reue_ und Buße und mit der ungebrannten Asche der Erinnerung, die auf
grünen Bäumen als ein recht dunkel blühendes Vergißmeinnichtchen
wächst, genug eingerieben und gewaschen--es konnte ihn das alles
nicht weich und geschmeidig machen, Jochen blieb Jochen, er blieb der
freche und ungehorsame Gesell, der er gewesen war, und wo er einen
Schalkstreich konnte laufen lassen, war es seine Freude.  Das war
daher noch das Schlimmste und machte seinem Vater die meiste Sorge,
daß Jochen auch an Kräften unbändig war und in seinem fünfzehnten
Jahre sich schon mit jedem lustigsten Knechte im Dorfe im Ringen und
Balgen messen konnte.  Der üppige und übermüthige Leib war der Zucht
zu früh entwachsen.  Dazu kam, daß Jochen ein sehr schöner und
schlanker Junge war, der das Maul so gut gebrauchen und so angenehm
thun konnte, daß kein Mensch unter dieser Kappe den Schelm vermuthete.
Desto besser konnte er seine Späße und Schalkstreiche mit andern
ausführen; denn er konnte so leidig seyn, daß auch die gescheidtesten
und klügsten Leute von ihm angeführt wurden.  Der Vater, der seinen
Vogel kannte, hielt ihn nun freilich sehr zur Arbeit an; aber so wie
er nur einen Augenblick hatte, war auch der Schelm da und sogleich
auf allen Gassen Geschrei über ihn.  Indessen sagt ein altes
Sprichwort: _Der Krug geht so lange zu Wasser, bis er bricht,_ und
das geschah auch bei Jochen.

Er hatte sein besonderes Vergnügen, alte Leute, die auf dem Wege
vorbeigingen, und Arme, die ihr Brod vor den Thüren mitleidiger
Menschen suchten, zu necken, und that es immer wieder, wie oft sein
Vater ihn darüber auch hart gezüchtigt und erinnert hatte, es sey
keine größere Sünde, als diejenigen verspotten, welche elend sind,
denn ihr Elend komme von Gott und Gott habe sie deswegen unter seinem
besondern Schutz.

Nun begab es sich, daß einmal eine arme alte Bettelfrau gegangen kam
mit einem Korbe auf dem Kopfe und einem Sack auf dem Rücken.  Sie
ging gar stümperlich und jämmerlich, stand alle drei Schritt still
und ächzete und hustete sehr.  Jochen sah sie kommen und machte sich
an sie und bot ihr einen freundlichen guten Tag.  Sie ward zutraulich
und fragte ihn, wie sie über einen tiefen Bach, der vor ihr floß, ins
Dorf kommen sollte.  O hier, Mutter! komm nur mit! sprach Jochen,
hier ist ein Steg, den will ich dir zeigen.  Und er ging und sie
folgte ihm, und er führte sie auf ein ziemlich schmales und
schwankendes Brett, das über den Bach gelegt war.  Als die alte Frau
aber mitten auf dem Brette war, da fing Jochen an mit dem einen Ende
desselben aus allen Kräften zu wippen--er gebehrdete sich aber als
taumele er--und wippte so arg, daß das Brett umschlug und die alte
Frau mit Korb und Sack in den Bach fiel, so lang sie war.  Er sprang
nun zu und half ihr wieder aus dem Wasser und stellte sich, als sey
er unschuldig an der Sache, greinte und grieflachte* aber in sich.
Die alte Frau dankte ihm noch und ließ sich nichts merken, zog ihre
nassen Kleider aus und hing sie an Sträuchen auf, daß sie an der
Sonne trockneten, und fing dann an, damit sie sich die Langeweile
vertriebe, mit beweglicher und kläglicher Stimme einige Lieder zu
singen.  Jochen, der weggelaufen war, kam bald wieder und lauschte;
die Lieder gefielen ihm und er setzte sich zu ihr und sagte lachend:
Höre, Mutter, singe mir auch einen Vers!  Das will ich thun, mein
Sohn, sprach die Alte, aber du mußt auch Acht geben und deinen Vers
behalten.  Und sie sang:
--------------------------
* Wird ausgesprochen an einigen Orten _grifflachen_, an anderen
_grieflachen_, das letzte offenbar richtiger.  Wir haben kein Wort in
unserer Sprache, diesem gleich, ein boshaftes Lachen, was sich unter
Bart und Lippen verstecken mögte und doch die geheime Freude über
fremden Unfall nicht bergen kann, auszudrücken, als dieses sassische
Wort.  Es drückt die Gebehrde aus, die zwischen Weinen und Hohnlachen
in der Mitte um den Mund schwebt.  Die erste Sylbe ist in der
englischen Sprache übrig, wo es _Kummer Traurigkeit_ bedeutet.  Wie
Traurigkeit und Bosheit in der Bedeutung der Worte zusammenfallen,
davon zeugt jede Sprache, z.  B. das italienische _tristizia
tristezza_ und das englische _mischief_, das gothische _hemsk_
(verschlossen hinterlistig, traurig erschrocken) und das sassische
_inheimsch_.
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Dukatenkrut hinner'm Tuune,
Leew in dem Pagellune
Un in dem Sparling Treu,
Verstand im lütten Finger--
Dat sünt so sell'ne Dinger,
As Rosen unner't Heu.
Hür nipp nu to, min Jüngken,
Du makst so menning Sprüngken,
Dat Gott vergewen mag!
Veel Müse freten den Kater--
Du denkst ens an dit Water,
Un din juchhe watt Ach.

Jochen lachte unbändig auf, als sie gesungen hatte, und rief: das ist
ja ein dummes närrisches Lied, Alte, ohne Sinn und Verstand.  Höre!
ich singe dir auch eines vor.  Und er sang mit heller geschwinder und
scherzender Stimme:

De Kukuk up dem Tuune satt,
Dat wutt regnen, un he wutt natt,
De Kukuk un de wutt natt.
Doon schreed he: Ach! min buntes Gatt!
Wo natt! wo natt! wo natt! wo natt!
Min Gatt wat büst du natt!
Kukuk! Kukuk!
De Kukuk flog na Hus--


und darauf lief er davon, that aber vorher ihrem Korbe und ihren
Schuhen noch einen Schabernack an.

So machte Jochen es oft und konnte seinen unbändigen Muthwillen gar
nicht halten.  Eines Tages kam er aus dem Walde und sprang mit
Trallalla und Juchheida über das Feld daher; denn lustig war er fast
immer.  Es war ein kalter Wintertag und schneiete und fror sehr.  Als
er so tralleiend und juchheiend einen Hohlweg hinablief, stand ein
kleiner schneeweißer Mann da, der sehr alt und jämmerlich aussah, und
stönte und ächzete bei einem großen Korbe, den er sich auf den Rücken
heben wollte und nicht konnte.  Als er nun Jochen kommen sah, ward er
froh und bat den Burschen freundlich: Lieber Sohn bedenke, daß du
auch einmal alt und schwach werden kannst, und hilf mir diesen Korb
hier auf den Rücken.  Von Herzen gern, sprach Jochen, sprang hinzu
hob den Korb auf und hing dem alten Mann die Hänkel desselben um die
Schultern, darauf riß er ihn mit dem Korbe um und ließ ihn im Schnee
liegen, und lachte und rief im Weglaufen: _Piep!  Vagel! piep!_ Der
alte Mann wühlte sich wieder aus dem Schnee auf und sammelte was
herausgefallen wieder in den Korb, und schrie mit zorniger Stimme
hinter dem auslachenden Jochen her: Ja piep!  Vagel! piep!  Gott wird
dich piepen lehren, du gottloser Bube!

Und Gott hat den Vogel pfeifen gelehrt.  Denn als Jochen den andern
Morgen wieder mit der Axt auf dem Nacken in den Wald gehen sollte,
daß er Holz fällete, mußte er wieder durch diesen Hohlweg gehen.
Doch wie er näher kam, ward ihm ganz wunderlich zu Muthe, so
wunderlich, als ihm in seinem Leben nicht ums Herz gewesen war.  Und
obgleich es heller lichter Tag war und die Wintersonne eben feuerroth
aufging, war ihm doch graulich, als wäre es Mitternacht gewesen, aber
das war sein böses Gewissen, und es däuchte ihm immer, als komme der
alte Mann jeden Augenblick aus dem Hohlwege auf ihn zu und schreie
ihn mit Piep!  Vagel! piep! an; und er wäre gern einen andern Weg in
den Wald gegangen.  Indessen wagte er es doch und ging in den
schauerlichen Hohlweg hinein.  Aber kaum hat Jochen seinen Fuß auf
die Stelle gesetzt, wo er gestern Abend den alten Mann mit dem Korbe
in den Schnee gestürzt hatte, so hat es ihn gefaßt und geschüttelt,
und in einem Augenblicke ist er weg gewesen und ist auch nie wieder
gekommen, und kein Mensch hat gehört, wo er gestoben und geflogen ist.
Die Leute haben aber geglaubt, daß der böse Feind ihn geholt habe
wegen der vielen verruchten und gottlosen Streiche, die der
übermüthige Junge immer verübte.

Das ist es aber nicht gewesen, sondern des alten Mannes mit dem Korbe
Piep!  Vagel! piep! den er in dem Hohlwege so schändlich umgestoßen
und dann noch schadenfroh ausgelacht hatte.  Jochen hat pfeifen
lernen müssen, er ist in einen Piepvogel verwandelt und der
allerkleinste Vogel geworden, der auf Erden lebt.  Das ist nun seine
Strafe, daß er im strengsten Winter durch die Sträuche und Hecken
fliegen und um die Häuser und Fenster der Menschen flattern, meist
aber bei armen Leuten rundfliegen und hungern und frieren und piepen
muß.  Er hat ein graues Röckchen an gleich dem grauen Kittel, den er
trug, als er verwandelt worden, und muß bis diesen Tag aus
schelmischen und spitzbübisch kleinen Augen lachen, auch wenn ihm
weinerlich zu Muth ist.  Er heißt der Zaunkönig, die Leute aber
nennen ihn aus Spott den großen Jochen oder den kurzen Jan; auch wird
er Nesselkönig genannt, weil der arme Schelm durch Nesseln und
Disteln und kleine stachlichte Sträuche schlüpfen und fliegen muß und
meistens in Nesselbüschen sein Nestchen baut.  Da hat er nun Zeit
seine Sünden zu bedenken, wann der Wind pfeift und der Schnee stöbert
und er in kahlen Hecken und Zäunen sitzen und piepen muß.  Da hören
die Kinder ihn oft mit seiner feinen Stimme singen und denken an die
alte Geschichte von Jochen Diebenkorn.  Er singt aber also sein Piep!
Vagel! piep!

Piep! Piep!
De Äppel sünt riep,
De Beren sünt gel,
Dat Speck in de Tweel,
De Stuw is warm,
Hans slöpt Grethen im Arm.
Piep! piep!
Wo koold is de Riep!
Wo dünn is min Kleed!
Wo undicht min Bedd!
Wo lang is de Nacht!
Wer hedd dat woll dacht?



Die Unterirdischen in den Neun Bergen bei Rambin


In den Neun Bergen bei Rambin wohnen nun die Zwerge und die kleinen
Unterirdischen und tanzen des Nachts in den Büschen und Feldern herum
und führen ihre Reigen und ihre Musiken auf im mitternächtlichen
Mondschein, besonders in der schönen und lustigen Sommerzeit und im
Lenze, wo alles in Blüte steht; denn nichts lieben die kleinen
Menschen mehr als die Blumen und die Blumenzeit.  Sie haben auch
viele schöne Knaben und Mädchen bei sich; diese aber lassen sie nicht
heraus, sondern behalten sie unter der Erde in den Bergen, denn sie
haben die meisten gestohlen oder durch einen glücklichen Zufall
erwischt und fürchten, daß sie ihnen wieder weglaufen möchten.  Denn
vormals haben sich viele Kinder des Abends und des Morgens locken
lassen von der süßen Musik und dem Gesange, der durch die Büsche
klingt, und sind hingelaufen und haben zugehorcht; denn sie meinten,
es seien kleine singende Waldvögelein, die mit solcher Lustigkeit
musizierten und Gott lobeten--und dabei sind sie gefangen worden von
den Zwergen, die sie mit in den Berg hinabgenommen, daß sie ihnen
dort als Diener und Dienerinnen aufwarteten.  Seitdem die Menschen
nun Wissens daß es da so hergeht und nicht recht geheuer ist, hüten
sie sich mehr, und geht keiner dahin.  Doch verschwindet von Zeit zu
Zeit noch manches unschuldige Kind, und die Leute sagen dann wohl, es
hab's einer der Zwerge mitgenommen; und oft ist es auch wohl durch
die Künste der kleinen braunen Männer eingefangen und muß da unten
sitzen und dienen und kann nicht wiederkommen.  Das ist aber ein
uraltes Gesetz, das bei den Unterirdischen gilt, daß sie je alle
fünfzig Jahre wieder an das Licht lassen müssen, was sie eingefangen
haben.  Und das ist gut für die, welche so gefangen sitzen und da
unten den kleinen Leuten dienen müssen, daß ihnen diese Jahre nicht
gerechnet werden, und daß keiner da älter werden kann als zwanzig
Jahre, und wenn er volle fünfzig Jahre in den Bergen gesessen hätte.
Und es kommen auf die Weise alle, die wieder herauskommen, jung und
schön heraus.  Auch haben die meisten Menschen, die bei ihnen gewesen
sind, nachher auf der Erde viel Glück gehabt: entweder, daß sie da
unten so klug und witzig und anschlägisch werden, oder daß die
kleinen Leute, wie einige erzählen, ihnen unsichtbar bei der Arbeit
helfen und Gold und Silber zutragen.

Die Unterirdischen, welche in den Neun Bergen wohnen, gehören zu den
braunen, und die sind nicht schlimm.  Es gibt aber auch schwarze, das
sind Tausendkünstler und Kunstschmiede, geschickt und fertig in
allerlei Werk, aber auch arge Zauberer und Hexenmeister, voll
Schalkheit und Trug, und ist ihnen nicht zu trauen.  Sie sind auch
Wilddiebe, denn sie essen gern Braten.  Sie dürfen aber das Wild mit
keinem Gewehr fällen, sondern sie stricken eigene Netze, die kein
Mensch sehen kann; darin fangen sie es.  Darum sind sie auch Feinde
der Jäger und haben schon manchem Jäger sein Gewehr behext, daß er
nicht treffen kann.  Das glauben aber bis diesen Tag viele Leute, daß
nichts eine größere Gewalt über diese Schwarzen hat als Eisen,
worüber gebetet worden, oder was in Christenhänden gewesen ist.
Solche Schwarzen wohnen hier aber gar nicht.

In zwei Bergen wohnen von den weißen, und das sind die freundlichsten,
zartesten und schönsten aller Unterirdischen, fein und anmutig von
Gliedern und Gebärden und ebenso fein und liebenswürdig drinnen im
Gemüte.  Diese Weißen sind ganz unschuldig und rein und necken
niemand, auch nicht einmal im Scherze, sondern ihr Leben ist licht
und zart, wie das Leben der Blumen und Sterne, mit welchen sie auch
am meisten Umgang halten.  Diese niedlichen Kleinen sitzen den Winter,
wann es auf der Erde rauh und wüst und kalt ist, ganz still in ihren
Bergen und tun da nichts anders, als daß sie die feinste Arbeit
wirken aus Silber und Gold, daß die Augen der meisten Sterblichen zu
grob sind, sie zu sehen; die sie aber sehen können, sind besonders
feine und zarte Geister.  So leben sie den trüben Winter durch, wann
es da draußen unhold ist, in ihren verborgenen Klausen.  Sobald es
aber Frühling geworden und den ganzen Sommer hindurch, leben sie hier
oben im Sonnenschein und Sternenschein sehr fröhlich und tun dann
nichts als sich freuen und andern Freude machen.  Sobald es auch im
ersten Lenze zu sprossen und zu keimen beginnt an Bäumen und Blumen,
sind sie husch aus ihren Bergen heraus und schlüpfen in die Reiser
und Stengel und von diesen in die Blüten und Blumenknospen, worin sie
gar anmutig sitzen und lauschen.  Des Nachts aber, wann die Menschen
schlafen, spazieren sie heraus und schlingen ihre fröhlichen
Reihentänze im Grünen um Hügel und Bäche und Quellen und machen die
allerlieblichste und zarteste Musik, welche reisende Leute so oft
hören und sich verwundern, weil sie die Spieler nicht sehen können.
Diese kleinen Weißen dürfen auch bei Tage immer heraus, wann sie
wollen, aber nicht in Gesellschaft, sondern einzeln, und sie müssen
sich dann verwandeln.  So fliegen viele von ihnen umher als bunte
Vögelein oder Schmetterlinge oder als schneeweiße Täubchen und
bringen den kleinen Kindern oft Schönes und den Erwachsenen zarte
Gedanken und himmlische Träume, von welchen sie nicht wissen, wie sie
ihnen kommen.  Das ist bekannt, daß sie sich häufig in Träume
verwandeln, wenn sie in geheimer Botschaft reisen.  So haben sie
manchen Betrübten getröstet und manchen Treuliebenden erquickt.  Wer
ihre Liebe gewonnen hat, der ist im Leben besonders glücklich, und
wenn sie nicht so reich machen an Schätzen und Gütern als die andern
Unterirdischen, so machen sie reich an Liedern und Träumen und
fröhlichen Gesichten und Phantasien.  Und das sind wohl die besten
Schätze, die ein Mensch gewinnen kann.



Die alte Burg bei Löbnitz


Nahe bei Löbnitz über grünen Wiesen, wodurch sich das Flüßchen Barth
hinschlängelt, grünt ein kleiner Eichenwald mit einem durchrinnenden
Bächlein und den schönsten und dichtesten Haselbüschen, welche sich
fast jeden Herbst unter dem braunen Schmuck ihrer Früchte beugen.  An
der Südseite des Wäldchens liegt eine Ziegelei, und am nördlichsten
Ende erhebt sich eine Burghöhe, deren Umwallung ringsum eine Senkung
umgibt, in welcher die elegischen und zauberischen Sträuche Kreuzdorn
und Hagedorn, Hollunder und Alf-Ranke, Nessel und Nachtschatten sich
festgesiedelt hatten und dem Andringer das Aufsteigen fast schwer
machten; auch hatten die Füchse sich den Wall und sein altes Gemäuer
zu ihren unterirdischen Wohnungen durchminiert.  Dieser alten Burg
gegenüber erhob jenseits am rechten Ufer des Flusses unweit Wobbelkow
ein stattliches Hünengrab sein grünbemoostes Haupt, von dessen Gipfel
man die Stadt Barth mit ihren roten Dächern und in der Landschaft
umher ein halbes Dutzend Kirchtürme und ein halbes Hundert Höfe und
Dörfer überschauen konnte.  Dieses Eichwäldchen ward nach den
Trümmern jener Burg gewöhnlich nur zur alten Burg genannt.  Hier
hatte sich nun ein Abenteuer begeben, welches durch alle Münde und
Mäuler der Menschen die Runde machte: Eine junge, hübsche Dirne,
welche die Kühe des Zieglers im Busche hütete, war plötzlich
verschwunden oder entlaufen, und da geschah es, daß die Stimmen der
Sage sich wieder aufweckten, die oft verschollen ihre Zeit träumt und
schläft und dann mit doppelter Lebendigkeit wieder in die Ohren der
Menschen tönt.  Und in folgender Weise war die Erzählung des Gärtners
Christian Benzin:

"Herr, sie sagen so was von der Dirne des Zieglers, die vor vierzehn
Tagen am hellen scheinenden Mittag verschwunden und nicht
wiedergekommen ist.  Die Leute munkeln, und des alten Schweden
Sturbergs Jungen aus Wobbelkow, die einem Kalbe nachgelaufen, haben
es gesehen: Ein Matrose in bunter, rotgestreifter Jacke ist mit ihr
am Saum des Waldes spazierengegangen und hat einen Blumenstrauß in
der Hand gehabt, und sie glauben, der habe sie weggelockt und mit
sich auf sein Schiff genommen.  O du Herr Jemine!  Das Schiff, worauf
die Dirne fährt!  Soviel ist wahr, den Buntjack werden die
Sturbergsjungen wohl spazieren gesehen haben, aber meiner Sir so weit,
als die dummen Leute sich einbilden, ist sie nicht unter Segel
gegangen.  Ich weiß wohl, wo sie sitzt, und Jochen Eigen, den sie
immer den Edelmann schelten, weiß es wohl noch besser, aber der
schämt sich und sagt's nicht und verrät nichts von seinen
Hausheimlichkeiten, als wenn er mal ein wenig zu tief ins Glas
geguckt hat."  Und bei diesen Worten machte der Gärtner Christian eine
gar absonderliche und verwunderliche Miene.

"Nun, Benzin, nur her mit Euren Geschichten!  Jetzt, hoffe ich,
wird's einmal wohl ans Licht kommen, warum Ihr bei dem Namen alte
Burg immer so wunderliche Reden und Gebärden braucht.  Hier muß es
irgendwo stecken, daß Ihr auf der Jagd nie in diesen Busch hinein
wollt und mit leichten, diebischen Katzentritten an seinem Rande
umherschleicht oder Euch in gehöriger Entfernung Eure Stelle anweisen
laßt.  Darum habt ihr, als die schönen Mamsellen aus Barth jüngst
dahin Nüsse pflücken gingen und noch andere hübsche junge Frauen
mitgehen wollten, so wunderliche Gesichter geschnitten und sie in den
Löbnitzer Wald auf den Kamp zu laufen verlockt, wo man unter den
Pfriemenbüschen wohl Hasen und Füchse aufjagen, aber keine Nüsse
schütteln kann.  Es muß was Besonderes mit diesem Busche sein.  Und
nun heraus damit!  Ich lasse Euch diesmal nicht los."

"Ja, Herr, dies ist Euch ein Busch! hier ließe sich viel erzählen,
und wer eine hübsche Frau und schöne Tochter hat, der lasse andere
Weiber in diesen Busch Nüsse pflücken gehen.  Ich sage nur soviel:
wie manche hübsche Jungfer würde ihr Herzleid zu erzählen haben, wenn
sie sich nicht schämte!  Ich erinnere mich noch, mein Vater hat mir's
erzählt,--es sind wohl ein paar Stiege Jahre her--da waren ein paar
schöne Jungfern aus Barth gekommen Nüsse zu pflücken, und sie sind
hier im Wäldchen verschwunden.  Man hat die Verschwundenen tage- und
wochenlang gesucht, wie man Stecknadeln sucht, bei Sonnenlicht und
Laternenlicht, aber keine Spur von ihnen gefunden, kein Mensch hat
sie wiedergesehen.  Mein Vater sagt, es sei große Wehklage und Trauer
um sie gewesen--denn es waren Kinder ehrsamer und reicher Leute--und
zuletzt in Kentz und Starkow und in allen Kirchen umher mit den
Glocken um sie geläutet, als hätte ein Wolf oder Bär sie gefressen.
Aber deren gibt's hier nicht; ich weiß wohl, wer der Wolf ist.  Und
doch hat sich's wunderlich genug offenbart: sie waren nicht von
wilden Tieren aufgefressen, sondern nach acht bis zehn Jahren von
Vergessenheit und Verschollenheit sind sie mit einemmal noch ganz
frisch und blank wieder unter den Lebendigen aufgetreten und haben
sich nichts merken lassen.  Aber die Leute haben doch eine Art Grauel
vor ihnen angewandelt und haben ihrer Jungferschaft nicht recht
getraut, und die armen hübschen Mädchen haben zuletzt als alte
Jungfern sterben müssen.

Und nun will ich erzählen, was Jochen Eigen mir erzählt hat, der
diese Geschichten am besten weiß; aber er wird sich hüten sie dem
Herrn zu erzählen.  Und dann wird der Herr verstehen, warum ich
hübsche junge Frauen und Mädchen nicht so leichtfertig in den Wald
laufen lassen will, und warum ich neulich krank ward, als ich die
Nacht bei dem Fuchsbau am Burgwall, wo sie gegraben hatten,
Schildwache stehen und die jungen Füchse, wenn sie etwa heraus
wollten, zurücktreiben sollte.

Vor langen, langen Jahren war Jochen Eigens Urgroßvater*, ein
prächtiger, stolzer Edelmann, so prächtig und steinreich, daß er den
Zaum seines Pferdes mit Juwelen besetzte und in einem goldnen
Steigbügel saß.  Dieser hatte im Lande Rügen und auch hier im
Pommerlande viele schöne Höfe, Wälder und Bauern, so viele, daß man
sie nicht zählen konnte--ein prächtiger, stolzer Mensch, der mit
sechsen vom Bock fuhr, einen Läufer vor sich herlaufen und seine
Pferde in langen Strängen springen ließ.  Aber es war ein wilder,
verwegner Mensch, der nichts von Gottes Wort und Wegen wissen wollte,
ein toller Jäger und Reiter und ein greulicher Weiberjäger, der wie
der Falk auf die Tauben, auf die schönen Dirnen lauerte.  Diesem
Eigen hat in jenen alten Zeiten auch Löbnitz und Diwitz und Wobbelkow
gehört, und hier bei Löbnitz hat er im Walde ein prächtiges
Burgschloß gehabt mit vielen Türmen und Fenstern, wo er manche schöne
Nacht durchschwärmt und durchtrunken und mit seinen lustigen Gesellen
bei Wein und Weibern bankettiert hat.  Und dort auf dem hohen
Hünengrabe an dem andern Ufer, dort am Wege zwischen Redebas und
Wobbelkow, hat er sich ein prächtiges, aus eitel gehauenen demantenen
Steinen gebautes Lustschloß hingestellt.  Da ist er oft hingaloppiert
und hat dort gesessen und mit einem Kieker auf die Landstraßen umher
ausgeschaut, ob seine wilden Lauscher und Räuber, die er ausgeschickt
hatte, schöne Weiber einzufangen, nicht irgendwo mit Beute
heransprengten.  Diese armen Gefangenen haben sie dann bei
nächtlicher Weile, wo andere gute Christenleute schlafen, auf die
Burg im Walde geschleppt und dort versteckt, daß weder Hund noch Hahn
danach gekräht hat.  So hat der böse Mensch sein wildes, verruchtes
Wesen viele lange Jahre getrieben, und Gott hat ihm manchen Tag die
Zügel schießen lassen.  Das lag aber in seinem Blute, und Jochen, dem
der Edelmann lange vergangen sein sollte, dessen Großvater schon ein
armer Weber gewesen--der Herr glaubt nicht, was die alten Leute von
dem zu erzählen wissen, wie grausam der in seinen jungen Jahren auf
die hübschen Dirnen gejagt hat.  Er will sich's nun nur nicht mehr
merken lassen, aber diese lüsternen Edelmannsnücken hat er noch genug
in sich.  Endlich aber ist doch des alten wilden Jägers Tag gekommen,
es ist Krieg geworden, und Pest und Hunger und Moskowiterzeit und
Kalmückenzeit, ich weiß den Namen nicht recht, aber eine grausame
böse Zeit ist gekommen, und da ist jener Bösewicht auch von seinem
Jammer gefaßt worden: seine Schlösser und Häuser verbrannt, seine
Scheunen und Speicher ausgeleert, sein Vieh weggetrieben.  Da hat er
sich zuletzt hier in die Burg bergen und verstecken und knapp leben
lernen müssen wie andere arme Leute.  Da ist seine Rechnung bei dem
höchsten und obersten Rechenmeister übervoll gewesen, und er hat ihn
mit seinem Blitz geschlagen und sein prächtiges Sündenhaus angezündet,
und er und seine Weiber sind alle zu weißen Aschen verbrannt, und
von der ganzen Herrlichkeit, wo sonst Geigen und Trompeten klangen
und Tag und Nacht bankettiert ward, liegen noch kaum ein paar Steine
da, und nun sind die Füchse und Marder und Eulen die einzigen
Nachtmusikanten.
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* Die Eigen sind allerdings ein altes adliges Geschlecht in der Insel
Rügen gewesen, aber jetzt längst verloschen und verschollen.  Möglich,
daß Jochen Eigen, welchen sie gern den Edelmann schalten, aus jenem
Geschlechte war.  Ich habe weder Lust noch Veranlassung gehabt seinem
Ursprunge diplomatisch nachzuforschen.  Bei diesen Geschichten dringt
sich übrigens wieder die bekannte Erfahrung auf, daß Bauern und
Dienstleute in Erinnerung mancher Unbill und Ungerechtigkeiten, die
ihnen von schlimmen Edelleuten widerfahren sind, indem sie der
freundlichen Herren darüber vergessen, eine Freude und Ergötzung
erleben, wenn sie sich märchenhaft erzählen, wie das Unglück oder gar
der Gottseibeiuns irgendeinem bösen verruchten Geschlechte das Garaus
gemacht habe.  Dom büst du då?
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Der Herr weiß wohl die alte Eiche, die dicht an der Burg steht, ein
besonderes altes Gewächs, welchem der Blitz auch vor einigen Jahren
die eine Hälfte abgespaltet hat.  Da spielt jetzt eine gar
wunderliche Musikantengesellschaft drauf.  Wenn man nur achtgibt und
aufmerkt, daß auch kein Vögelchen im Walde schwirrt und zirpt, um den
Baum ist's nimmer still.  Spatzen und Zeisige und Meisen flattern und
schreien da bei Tage in solcher Menge, daß man sein eigen Wort nicht
hören kann, und des Nachts--o herrje!--machen die Eulen und Krähen
und Raben ihren Gesang, daß einem die Haare zu Berge stehen.  Sie
sagen auch, daß die Füchse dann aus ihren Löchern kommen und
mitheulen, und daß die Schlangen, deren unten am Bache so viele sind,
dann einen Ringeltanz halten; aber ich habe es nicht gesehen.  Das
ist aber einmal wahr, daß man die Pferde, die in ihren Nüstern von
Gespenstern und anderm Teufelszeug eine Witterung haben, an dieser
Seite des Waldes selbst bei Tage kaum grasen sieht.  Der Herr hat
auch wohl den schwarzen Storch gesehen, der nicht weit von der Burg
auf einer abgestumpften Buche horstet.  Hier um Löbnitz, Redebas und
Divitz, wo die Barthwiesen und Bäche so viele Nattern, Schlangen und
Frösche ziehen, hat's der Störche auf allen Dächern und Scheunen die
Menge, aber nirgends sieht man einen schwarzen Storch als hier.
Zuweilen sollen Jahre sein, so er ganz ausbleibt, schon seit
Menschengedenken hat man davon gesprochen, aber er erscheint zu
seiner Zeit immer wieder.  Dieser schwarze Storch ist hier der
Feldhauptmann des ganzen Vogelgefieders.  Viele Leute sagen, er sei
der alte Edelmann selbst oder auch ein Sohn von ihm, den er mit einer
Mohrenprinzessin gezeugt haben soll, die er dem Sultan im Mohrenlande
abgekauft hatte.  Denn Zauberer, Hexenmeister, Mohren und solches
wanschaffene Teufelsgesindel, das keinen ordentlichen Vater und
Mutter vorzeigen kann, wippsen hier des Nachts umher, und diese haben
die vielen Fußtritte ausgetreten, die zu dem Wall hinlaufen; denn die
Menschen hüten sich wohl, um dieses Revier Fußsteige zu machen.
Dieses Gesindel wohnt bis auf den heutigen Tag in unterirdischen
Sälen, die noch viele hundert Schuh tief unter den Füchsen liegen,
und mancher hat es deswegen tief unter dem Wall heraus oft so
wunderlich sausen und klingen gehört, mit ganz anderer Gewalt und
andern Tönen, als Füchse und Marder in ihren Löchern machen können.
Mit diesem schwarzen Storch ist es ein gar absonderliches Ding.  Das
wissen alle Bauern und Hirten zu erzählen, er hat auf den Wiesen ein
dreimal größeres Jagdrevier als irgendeiner der bunten Störche, und
keiner von diesen kommt ihm in sein Verbiet; ja sie fliegen gleich
davon, als wenn sie den Teufel sähen, sobald sie ihn nur von fern
erblicken.  Des Nachmittags gegen den Abend, wenn die Sonne ins Gold
zu gehen anfängt, sieht man ihn zwischen der Burg und dem Hünengrabe
immer hin und her fliegen, auch sitzt er dann oft auf diesem Hügel
und schaut gegen die Stadt Barth hinüber, woraus er in seinen Tagen
vielleicht manche hübsche Dirne verlockt hat.  So muß er nun nach
Gottes Spruch und Urteil viele Jahrtausende in Vogelgestalt
herumfliegen--denn wer wird ihn zu erlösen kommen?--und statt seiner
früheren Leckerbissen mit der schlechten Speise der Frösche und
Schlangen, die jeder Mensch anspeit und ausspeit, vorlieb nehmen, und
in seinem schwarzen Rock zeigen, daß er ein Schelm und Bösewicht von
Natur ist.  Aber es ist sonst doch noch etwas anderes dabei, und das
ist eben das Greuliche, der Matros in der bunten Jacke.  Ich weiß
nicht, ob es ein Matros ist, in welcher Gestalt ihn viele wollen
gesehen haben, oder ein hübscher flinker Jägerbursch, aber die bunte
Jacke gehört einmal dazu.  Und keiner versteht, wie dieser Buntjack
und der Schwarzrock, der Storch, zugleich da sein können, und was
diese Vermaskierung bedeutet, aber ein buntes Teufelsspiel ist es
sicherlich, und hat manche arme Seele um Ehre und Glück gebracht.
Denn wenn so ein glatter Geelschnabel und Grünling von einer hübschen
jungen Dirne oder ein anderes schönes Weibsbild hier im Walde Blumen
lesen oder Nüsse pflücken geht und ihre Gedanken nicht in acht nimmt,
daß sie nicht ganz auf Gottes Wegen bleiben--ich meine, wenn sie
etwas zu junges und zu Lustiges denkt oder mit verbotenen
Götzenbildern des Herzens spielt, wie unser Herr Pastor Scheer sagt,
auf der Stelle stellt sich der schöngestreifte Buntjack ein und macht
vor ihr seine Kratzfüße.  Er macht sich gar leidig und freundlich
heran, reicht Blumensträußchen, erbietet sich als Diener die
Nußbeutel zu tragen, und spielt so mit tausend Blücklingen und
Heuchlingen und Schmeichlingen um die Weibsen herum, daß die armen
Begigelten und Behexten nicht wissen, wie ihnen geschieht, und nimmer
gewahr werden können, welch ein Hahnenfüßler er ist.  Auch kommt er
wohl immer ganz wie von ungefähr als ein feiner, blöder Jüngling, als
ein hübscher, unschuldiger Knab', irgendein buntes Vöglein auf der
Hand tragend und sprechend: 'Sie sucht Blumen, schöne Jungfer, Sie
will Nüsse pflücken--o komm Sie mit mir!  Ich weiß wo schönste Blumen
stehen, wo braune Nüsse in Menge hängen.' Und so lockt er sie fort,
und führt sie durch Blumen und Nüsse immer tiefer in den Wald, und
lockt sie endlich auf den Burgwall--'O da ist eine ganz prächtige
Aussicht, schöne Jungfer', ruft er, 'da kann Sie die schöne Welt mal
weit umher überschauen.' Da oben liegt aber ein kleiner roter runder
Stein wie zu einem Sitz zurechtgemacht mit einem immergrünen
Plätzchen daherum, da hat der Schelm Blumen und Nüsse hingestreut,
und wohl rosenrote Äpfel und Pflaumen, und heißt sie sich setzen und
sich des Blicks über die weite Landschaft freuen.  Aber siehe!  Wie
sie herantreten und den Stein berühren, tut sich das grüne Plätzchen
auf, und Buntjack und Jungfer und Nüsse und Blumen--alles sinkt
plötzlich tief in die Erde hinab, in die unterirdischen Säle, aus
welchen es oft so wunderlich herausklingt--und die armen versunkenen
Dirnen kommen nimmer wieder, oder einige kommen auch wohl nach Jahren
wieder an das Licht und unter die Menschen, aber sie schämen sich zu
sagen, wo sie so lange gewesen sind und was ihnen widerfahren ist.  O
wie manche hübsche Jungfer, die mit dem lustigen Buntjack Blumen und
Nüsse pflücken ging, hat hier den Blumenkranz ihrer Unschuld verloren.
Ich sage soviel, meine Frau ließe ich für alle Schätze der Welt
nicht in diesen Busch gehen.  Die Jungen, die des Nachts auf den
Wiesen die Pferde hüten, erzählen viel von dem Eulen- und
Krähengeschrei, aber zuweilen haben sie auch ein Wimmern und Winseln
wie tief aus der Erde heraus gehört, und dann haben sie den schwarzen
Storch gesehen sich in der Luft über dem Walde mit den Flügeln
wiegend und klatschend, als sei ihm das eine Freude.  Aber ich weiß
nicht, ob man alles so glauben soll, aber gewiß böses Spiel ist
dahinter, wiewohl man glauben soll, daß Gott solches Spiel nicht
zuläßt bei denen, die mit den rechten Gedanken und mit frommen
Bibelsprüchen in der Brust versehen sind, und wenn sie sich auch
unter lauter Teufelsgesindel im düstersten Walde und in einsamster
Wüste verirrt hätten."

In dem schönen Lande Thüringen up der güldnen Au nich wiet van dem
Kiffhüser wahnde een riker un vörnehmer Eddelmann, dem wurd unner går
besünderlichen Umständen een Sähn geburen, so datt he alle
Wahrseggers un Tekendüders fragde un de Stiernkikers up alle Thörm
klattern let totokieken, wo de Planeten un de annern groten Stiern to
eenanner stünden un ob se wat Ungewöhnlichs meldten.  Un de Wiesen
schüddeden de Köpp äwer de Teken un segen sehr deepsinnig un
nahdenklich ut; äwerst nüms wußte dem Vader des Kinds wat Genaues to
seggen.  Man een van de Stiernkiekers let sick so wiet ut, datt he
apenbårde, dat Kind hedd den eenen Hauptstiern veel heller as all de
annern; nu, sede he, wenn he sick nah dem Hauptstiern hölt un mit
sinem Glück frisch up't Lewen losgeiht un em eenen Schub gift, wenn't
nich wieken will, so kann he de Gefåhren noch woll äwermeistern, de
em in den lütten Stiernen dräuen.  Dat sede he vör en allen; spader
äwerst, as de annern weg weren, nam he den Vader des Kindes bi Side,
un sede em unner vier Oogen: Der Dausend! wat för een Kerlken!  De
ward Spalk in der Welt maken!  Ick wull, he were mi geburen!  Dat
sünt een påar Jahrhunderte vörflaten, un wi hebben nicks mehr van
eenem Dom hürt, van dem wunderbåren Vogel Phönix, de de Geschichten
lustig makt; un et dünkt mi Tid to wesen, datt bald mal wedder eener
erschient, süs kümmt de Geschicht van den Doms ganz ut der Mode.  Un
wer weet Gotts vörborgnen Rath? is't nich mäglich, datt Gott din Kind
ton Eddelmannsdom utersehn hett?  De Himmelsteken stahn seltsam
ungewöhnlich un grot nog dåto.  De Tid is so vull Langerwil un so
insleperig, datt mal wat Lustigs kamen mußt, se ut dem fulen Slap
uptojagen.  Un is dat Gotts Will, so müßt du ook eenen verständigen
Willen hebben, un darüm hork up, wat ick di segg, dåmit du uns den
Jungen nich vörfumfeist.  Du müßt dem Knaben, de tom Dom heranwassen
schalt, sinen Willen laten un em den bi Liwe nich breken; denn etwas
wunderlich ward he allerdings sin.  Denn schalt he een rechter Dom
warden un de Domschen Geschichten mit Glück un Mod vollbringen un
dörfechten, so mütt he upwassen, as schull mal een Kaiser edder
Köning ut em warden.  Denn einzig ut der högsten un frodigsten
Freiheit un Vörwägenheit, de vör nicks in der Welt bäwert un
schuddert, kann de rechte Dom spruten.  Dat müßt ick di seggen, un
dat vörget nich, un taste nich mit dummkloker Hand in dat Spill, dat
du nich versteihst.  Will't Gott, so ward de Jung et to siner Tid
woll utspelen.

So wiesde de Stiernkieker, un de Eddelmann hürde nipp to un nam sick
alle sine Würde to Harten, un gaff dem lütten Jungen in der Döp den
Namen Wigbold, as de eenmal düchtig üm sick slan un sick siner Hut
ridderlich un dapperlich wehren schull.

De lütte Junker Wigbold was een so flinkes un schönes Kind un hedd
een paar so stiernklare un himmelblage Oogen im Kopp, datt alle Lüde
seden, se hedden up langer Tid nah keen so schönes un muntres Kind
sehn.  Un Wigbold gedeihde un wurd sehr stark, so datt he as en Jung
van acht Mand all up egnen Föten spazierde; un wer en sach, hedd en
leef, denn he was går to flink un hübsch.  Un as he mehr heranwuss un
in de School gahn schull, let sin Vader em ganz sinen Willen; äwerst
dat Kind dheed alles mit Lust un was gehursam ut Leew, un begrep
swind, wat en sine Pissetters lehrden.  Äwerst buten der School
was he as een junges Hingstfahlen, dem keen Graben to breed un keen
Tun to hoch is, un van sinen starken Armen un hirschswinnen Föten
vörtellden de Nawers un Nawerskinder sick Wunderdinge.  Kort de Jung
was as de Blitz nu hier nu då, nu up dem Appelboom nu up dem
Kirschboom edder up der schiersten un höchsten Esch edder Eek, de
Vägelnester uttoföhlen; un mennige Schelmstücken, as de Jungens dhon,
wurden van em vörtellt.  Äwerst slichte un gemeene Streek begirig
he nich, un dårup kunn man sick in allen Fällen vörlaten, datt he
nümmer Lägen sede un dat sin frischer Mod sülwst dem Düwel ut der
Höll nich eenen Finger breed ut dem Weg ging.  So vörwegen was
Wigbold, datt he eenem Bier in de Hauers packt un eenem Wulf in den
Rachen grepen hedd, wenn en eener vörmahnt hedd, dat were
Ridderpflicht.  Denn mit dissen Wurd hedd man en in de Höll schicken
künnt.

As he nu gegen viertein föftein Jåhr old was, fung he an de
ridderlichen Künste do driwen, un was in sinem sösteinden Jåhr so
flink un stark, datt Weinige dat mit em up Hieb un Stot wagen kunnen;
un een Rüter was he, datt, wenn he ansprengde, een Goliath sick vör
sinem Speer nich im Sadel holden kunn.  Dåbi was he lustig as een
Vagel un schön as de Dag un angenehm un beleewt bi allen Lüden; un se
nömden en man den schöne Wigbold.  So was he in't säwenteinde Jåhr
treden, då fund he mal up sines Vaders Disch een Book, dat de Olde
vörgäten hedd wegtoleggen.  Un in dem Booke was to lesen, wat sick bi
siner Geburt begewen hedd un wat eener van den Stiernkiekers up em
düd't un prophezeiht hedd.  Un kum hedd he dat Book lesen, as he mit
groten Oogen un mit eener Årt van Vörstaunung üm sick her sach, un
toletzt sede: Töw man, Vader! datt du mi dat nich ehr seggt hest!  Un
nicks in der Welt schall mi holden, ick will nu woll Anstalt maken,
datt ick de Dom ward, van dem de Stiern am Himmel so veel to
vörtellen wüßten.  Juchhe! min Glück!  Frisch Mod un Jugend! tummelt
ju!  Un tor Stunde wapende he sick, sadelde sin Perd un gaff em de
Spåren un galoppierde dåvan in alle Welt henin.  Un för sinen Vader
let he eenen Bref torügg, worin he schref: Vader, Ade!  Ick ried in
de wiede Welt.  Ick bün de Dom, un du weetst woll, datt ick't bün.
Nümmer sühst du mine Oogen wedder, wenn ick di nich de schönste
Prinzessin int Hus bring, de Gott för den Dom hett geburen warden
laten.

Den annern Morgen as de Vader upstund, fund he den Bref, las en, un
let sick nicks marken, äwerst in sick froide he sick un dachte sin
Deel.  De Moder äwerst bedröwde sick sehr un de Bröder un Swestern
weenden em nah; denn se dachten, he würde nümmer wedder to Hus kamen.

Un wi willen den schönen Wigbold nu man den Dom heten; denn he was
würklich de Dom un nam nu sülwst den Namen Dom an.  Datt he äwerst
eener van den groten Domen was, de alle Jåhrhunderte etwa twee drei
Mal wedder up de Erd kamen, dat wüßte dåmit noch keen Minsch.  He
wüßt ut sines Vaders Book un Uptekning ook recht god Bescheid, wohen
he sinen Kos stellen un wonah he trachten un blicken müßt.  Denn datt
dem Eddelmannsdom de schönste Prinzessin up der Welt tor Brut
bestimmt was, hedd he ook noch in besündern Geschichten lesen un van
kloken Lüden vörtellen hürt.  Datt wüßt he ook, datt he in de groten
Städer un Slött inrieden müßt, wo mächtige Kaiser un Köninge un
Hertoge Hof holden.

Un Dom ret toerst an den Hoff to Isenach im Thüringer Walde, wo een
prächtiger Hertog van Sassen satt; un he bleef då woll drei Mand un
wurd bald bekannt dör sine Schönheit un Ridderlichkeit, un ging ook
oft bi den Hertog to Hawe.  Un he sach des Hertogs vier Döchter, de
weren schön as de Rosen im Maimand, äwerst se weren ook äwen so stolt.
Un Dom, as he disse Undägd gewåhr wurd, red wieder; denn he sede:
Dat Leuschen seggt, de Prinzessin, de den Dom leewen un dör alle
Gefahren winnen schall, mütt still un sanftmodig un fründlich sin, as
de witten Lilien im Feld un de Maienglöckschen im grönen Grase, un wo
schön disse Prinzessinnen ook wesen mägen, för mi is keene drunner.
Un he sadelde sinen Rappen wedder un red dör Sassen un Polen un
Ungarn, un bet in Wälschland herunner, un was mit in groten
Schlachten un Turneien un bi veelen prächtigen Festen un Gelagen, un
de Ridder Dom wurd een groter un heller Name.  Un he sach eenen Hupen
schöne Prinzessinnen, Kaiser- un Königs-Döchter, äwerst noch hedd he
keene sehn, de em so unschuldig anmodig un demodig vörkam, datt se
Doms Brut sin kunn.  Un he sede ook bi sick: Hier ward't sick
utwiesen, wer du büst; denn büst du würklich un wahrhaftig de Dom, so
ward dat Hart di't woll seggen, wenn du se sühst, datt se de
rechtschüldige is.

So was Dom woll drei Jåhr herümreden van eenem Krieg in den annern un
van eenem Turnei un Hoff to dem annern, då kam he äwer de Barge ut
Wälschland in dat Land, dat de Switz het, un wull to der stolten
Riksstadt Zürich henafriden, wiel he vörnam, datt een groter
mächtiger Herr, de Hertog van Swaben, då Hoff holden schull.  As he
nu eenen Morgen dör de hogen Barg henred in der Schummering tüschen
Nacht un Dag, süh! då blitzte't mit eenem Mal vör em up, as wenn eene
Lüchting ut dem Felsenbarg slog, un he sach een lütt Männiken vör
sick stahn mit eenem kritwitten Bårt un in eenem grisen Rock, un de
eenen witten Stock in der Hand heelt.  Un em wurd gruwlich, as dat
Kerlken so wunderlich hervörkam; doch as't en fründlich to sick
wenkte, höll he still.  Un dat Männiken wurd noch fründlicher un sede:
Mennigen goden Dag hebb ick hier in den Steenen seten un lurt un
lurt--un nu kümmst du endlich.  Du magst woll all weten, datt du de
Dom büst, un ook, datt du noch mennigen suren Schritt dhon un noch
mennige Arbeiden un Gefåhren bestahn müßt, ehr du de schöne
Prinzessin gewinnst, de för di geburen is.  Un hier gewe ick di wat,
dat ich mennige Jåhr för di hegt hew, un dat is disse goldne Ring.
Un he gaff em den Ring, un Dom stack en an sinen Finger.  Un dat
schast du weten, sprack dat Männiken wieder, datt, wenn di dünkt, du
büst in Dodesnoth un kannst di nich anners helpen, denn nimm dinen
lütten Finger un spreck man lisign Pusch! un rühr an den Ring, so
büst du strax unsichtbar, un de Düwel in der Höll un sin finster un
listigster Hexenmeister kann di nich sehn.  Un as de lütte Dwarf en
so belehrt un beschenkt hedd, heelt he sinen mitten Stock hoch in de
Höh un reep: Glückliche Reis, Ridder Dom! holdt ju brav!  Gott behöde
ju!  Un mit dissen Wurden was he weg, as äwer de Man in der Nacht
eene Wolk wegweiht, un Dom sach en nich mehr un hett en in sinem
Lewen nich wedder sehn.

Un Dom red nah Zürich herunner un spornde sin Roß frisch an; denn dat
Hart brennd em im Liwe, un he hedd hürt, des Hertogs van Swaben
Dochter were de schönste un holdseligste Prinzessin van allen
Prinzessinnen in dütschen Landen, an Unschuld un Leewlichkeit un
Fründlichkeit eene rechte witte Lilje unner den Fürstendöchtern.  Un
as he näger an de Stadt kam, sach he een grot Getümmel un eenen Uplop
van Volk, un hürde veel Larm un Geschrei rund herüm.  Un as he sick
erkundigde, seden de Lüde, nich wiet van der Stadt were eene Slang in
eener Höhle, un de were de Nacht int Slott herup kamen un hedd dem
Hertog sine eenzige schöne Dochter entführt, un hedd se nu bi sick.
Un de Hertog, de woll wüßte, wo grimmig gefährlich un gewaltig de
Drak were, hedd sine Dochter dem tom Prise utbaden un sine ganze
grote Herrlichkeit dåto, de den gewaltigen Draken döden un em sin
Kind lebendig wedder bringen würd.  Un een paar dappre Riddersmänner,
seden se, hedden sick all een Hart fatet, et mit dem Draken to
vörsöken, äwerst se weren nich wedder kamen, un nu were allen de Mod
sunken, un dårüm were de Uplop un dat Geschrei in der Stadt.  Un Dom,
as he dat vörnamen hedd, red grad up dat Slott to, wo de Hertog
wahnde; denn he dachte bi sick: vörsöken kannst du't mit dem Draken,
un müßt et ook; denn woför werst du woll tom Ridder slagen, wenn du't
nich mit Slangen un Draken upnehmen un für gefangene edder
vörwandelde Prinzessinnen nich kämpen wust? un wer weet, ob disse
Prinzessin nich de Domsche Prinzessin is?  Un as he buten vör der
Slottporten höll, sach de Hertog en ut dem Finster, un let fragen,
wat des fremden Ridders Begehr were?  Un as Dom sede, he wull up
Lewen un Dood mit dem Draken striden, wenn de Hertog em sine Dochter
lawde un tosede, kam de Hertog herut un swur bi sinem Degen, he
schull de Prinzessin beholden, wenn he se dem Draken afwinnen künn.

Un Dom red strax gradeswegs wedder ut dem annern Dur herut up de
Strat, wo de Weg to der Drakenhöhle ging.  Un as he een paar Stunden
reden hedd, markte he, datt he dem Draken näger kam; denn he kunn sin
Zischen so lud hüren, as wenn man van wieden her eenen Strom den
Felsen herunnerbrusen hürt.  Un he settede sick im Sadel torecht un
lede sinen Speer in, un so red he up den grimmigen Draken los.  Un de
Drak let nich up sick töwen, he was strax då un sprung gewaltig up
den Ridder los, un meende en mit Perd un Sadel to vörslingen; äwerst
Dom gaff em sidwards so eenen Puff mit dem Speer, datt he af springen
müßt.  Un nu entstund een mächtiger Kampf, un Dom was bald mal van
sinem Roß herunner, un de giftige Worm sprung up en to; un he müßt
all an sin Pusch denken.  Doch he schämde sick un sede: dausendmal
leewer dood, as dat Pusch gegen eenen Draken bruken, de keen Töwerer
un Hexenmeister is.  Un he ermannde sick un nam sine letzte Kraft
tosam, un fung den Anfall van dem Draken so richtig up, datt sin
Speer dem Undeerd grad dör de Ribben fuhr, un et sick in sick
tosamkrümmde un terborst.  Un he let den dooden Draken liggen un ging
in de Höhle herin, un sin Hart hamerde em vör Bangigkeit gegen de
Ribben, ob he woll sine schöne Prinzessin finden würd.  As he se in
der Höhle nich fund, ging he wieder dör eenen langen düstern Gang.
Un as he dör was un wedder an't Licht kam, wurd he dat prächtigste
Slott gewåhr, dat sine Oogen je sehn hedden; un dat was des Draken
Borg un dårin höll he de schöne Prinzessin vörslaten un noch veele
hundert annere schöne Prinzessinnen, Fräulen un Jumfern.  Denn dat
düchte dem Draken, derwiel he lewde, eene gewaltige Lust un
Herrlichkeit, datt de Lüde van em seggen kunnen, he hedde dat Slott
vull van dem Allerschönsten, wat in siner Tid up Erden bloihde.  Un
hier müßt Ridder Dom noch eenen harden Strid bestahn mit twee Löwen,
de den Hoff bewachten, un mit eenem Riesen, de an der Slottsport
stund un keenen Minschen inlet, de nich een Teken van dem Draken hedd.
De beiden Löwen erslog Dom swind un glücklich dör sine Behendigkeit,
äwerst mit dem Riesen hedd he eenen langen un swåren Karnpf.  Eenmal
lag he all an der Erd dör eenen Stot, den de Ries em mit der Lanze
gaff; un de Ries tog all den Degen un wull em dat Letzte gewen.  Un
Dorn dachte tom tweeten Mal an sin Pusch, doch besunn he sick wedder
der Ehr un reep sick to: Pfui di an un nah mit dinem Pusch! un leewer
starw ehrlich un as eenem Riddersmann tokümmt! denn disse Ries hett
keene annere Kraft, as de in sinen Knaken sitt.  Un glücklich sprung
he up, ehr des Riesen Degen up sinen Nacken föll; un de Ries stund nu
hoch un stolt äwer em, as de Eekboom äwer dem Durnbusch steiht, un he
grappelde un wull Dom gripen; un hedd he'n grepen, so hedd he en as
eene Fleg dood drückt.  In dieser Noth besunn Dom sick nich lang, un
flink as een Eekhäschen klatterde he an eenem Been des Riesen henup,
un krop in sinen hollen Schild, un satt då so säker as de Bröms
tüschen den Hürnern des Ossen, den se mit ehren giftigen Stichen dull
maken will.  Un as he sick hier in der säkern Schulung torecht sett't
hedd, truck he sinen Dirk ut der Sched un gaff dem Riesen Stot up
Stot recht ut'm FF, datt em dat rode Blood van der Borst
herafrieselde, un eener dåvan truff grad in't Hart.  Un don hedd de
Ries nog, un störtede hen, datt de Erd unner em dunnerde, un streckte
alle Viere van sick.  Dom äwerst lag up em un hedd sick bi'm Fallen
mit sinem eegnen Dolk vörwundt, datt dat Blood van em strömde.  Un he
was so matt van dem langen Strid un van dem Bloodvörlust, datt he
bleek un witt wurd as de Kalk an der Wand un bi dem Riesen im Bloode
henföll un då lag as een Dooder.

Un de schöne Hertogsdochter un de annern Prinzessinnen un Fräulen, as
se den Klang un dat Gerassel van den Waffen un dat Degengeklirr un
Speergesuse hürden, weren an dat Finster lopen un hedden sick nich
weinig vörfeerd, as se den lütten Mann gegen den groten Goliath in de
Bahn treden segen.  Un doch froiden se sick ook: denn, seden se, wo
keme de lütte Mann hier herin, wenn he den Draken nich äwerwunnen un
dalkämpt hedd?  Doch zitterden se vör dem Kampf mit dem Riesen.  As
nu de Ries henföll un de Erd unner em krachte, as wenn een Barg eenen
Infall dheed, juchten un josden se lud up vör Froiden un lepen all de
Treppen herunner, dem Awerwinner un Erlöser Wellkamen to beden.
Äwerst o Jammer un Noth! se erblickten den lütten Mann bi dem
groten im Bloode liggen as eenen Dooden.  Nu klung Ach! und Weh! äwer
den ganzen Slotthoff, wo se äwen eenen Froidenklang hedden anstimmen
wullt.  Un de schöne Swabenprinzessin bedachte sick nich lang, un
bückte sick äwer den bloodigen Dom, un klagede lud: O Weh! o Weh!
kümmst du, schöner Jüngling, arme Kinder to erlösen un müßt hier so
in gröner Jugend fallen?  Un as de Prinzessin so äwer en wehklagde un
jammerde, wakte Dom, de in Ahnmacht un Beswimung lag, van den Klagen
up un nickte mit den Oogen.  Un de Prinzessin froidede sick un reep:
Gottlow!  Gottlow! då is noch Lewen in dem Riddersmann.  Un se terret
ehre schönen Kleeder un nam se un wickelde se üm en, datt se dat
Blood stillde.  Un as dat schehn was, slung se mit fiew annern
schönen Prinzessinnen ehren Arm üm en, un se drogen en de Trepp herup
un leden en in een schön week Bedd, un schenkten em Win in un gewen
em den to drinken, un setteden sick üm sin Lager un makten schöne
Musik, dåmit sin matter Geist sick in em erquicken künn.  He lag
äwerst in groter Mattigkeit as im Droom un hürde un vörnam alles; man
datt he nich spreken kunn.  Un spader hett he oft vörtellt, in sinem
Lewen were em nich so nüdlich to Mod west as don, as de schönen
Kinder in ehren weeken Armen en de Trepp herup drogen un mit Harfen
un Cithern üm sin Bedd Musik makten: dat were west, as wenn he all im
Himmel unner den musicirenden Engeln un Hilligen seten hedd.  So lag
he in eenem anmodigen Droom un slep woll tein Stunden, bet de helle
Morgen anbrok un de lütten bunten Piepvägelken in den Bömen to
zwitschern begunnen.  Då slog he de Oogen wedder to Glück un Lewen up
un sach de hellste Sünn vör sick upgahn, de en all sin Lewdag
beschenen hedd.  De schöne Swabenprinzessin satt heel alleen an sinem
Bedd, un de annern Prinzessinnen weren wedder in ehre Kamern gahn.
Un kum sach Dom se, un he föhlde in sinen Oogen un in sinem Harten
een Für, datt en går anmodig brennde, un he sede still bi sick: ja
ick bün de Dom, un disse Prinzessin is wahrhaftig de Domin.  Un de
schöne Prinzessin empfund tor sülwigen Stund dat Sülwige, un as he
går to spreken anfung, dücht ehr, nümmer hedd se eenen so schönen un
ridderlichen Jüngling sehn.

Dat ging man sehr langsam mit Dom, datt he sick vörkoverde.  He müßt
noch woll vier Weken in dem Bedd liggen un een påar Mand in dem Slott
un in dem Slottgården herümhinken, ehr he wedder frisch up den Benen
was.  Äwerst wat was ditt för eene lustige un froidenrike Tid! un
he hedd wünschen mügt, so all sin Lewenlang krank to sin un so eenen
söten Doktor un Feldscheerer to hebben, de em de Wunden vörbund.  De
beiden hedden den ersten Oogenblick, as se de Oogen gegen eenanner
upslogen, markt, datt se van Gott för eenanner geburen weren.  In den
ersten Weken swegen se noch un kunnen ut dem to vullen Harten keen
Wurt loskriegen; äwerst de Händ un Oogen sproken nog.  As vier Weken
vörleden weren, seden se sick, wo't mit en beschaffen was.  Un Dom
vörtellde der schönen Prinzessin, datt he as de Dom geburen were un
datt he noch veele un grote Gefåhren bestahn müßt, ehr he mit siner
Prinzessin vör dem Prester stahn künn.  Un de Prinzessin hürd ook går
to nipp to un sede: Spreck nich so Slimmes; wo schull dat togahn?--un
de hellen Thranen lepen ehr dåbi ut den Oogen.--Du büst jo nu min
Brüdegam un krigst den Namen Prinz van Swaben, un warst mal Hertog
nah minem Vader; so hett he't dem vörspraken, de sine Dochter ut der
Drakenborg erlösen würd.  Un mit dissen Wurden flog se em in de Arm
un küßte un trutede en up dat leewlichste, as wull se seggen: Wat för
unnütze Gedanken? jag dine bösen Dröm weg!  Äwerst Dom schüddelde
den Kopp un sach bedenklich dåto ut, un sede: Mit Gott hew ick't wagt
de Dom to sin, un Gott ward mi't dörstriden helpen; äwerst du schast
sehn, schönste Prinzessin, dat geiht nich so licht un angenehm, as du
di't verstellst; denn süs were de Geschicht vam Dom eene Fabel, un
dat is se nümmer.  De Prinzessin, as se dat hürde, wurd blaß un bleek
as eene Lik, doch drückte se sick noch herzlicher an en, un sprack:
Nu as Gott will, min leewster allerleewster Dom! up mine Tru kannst
du Slott un Hüser buwen, denn nümmermehr ward ick eenes Mannes Wif,
wenn't nich min Dom is.

Un as Dom wedder erfrischt un vörquickt was, rüsteden se alles to un
nehmen des Draken Sülwer un Gold, Perlen un Juweelen, Geschirr un
Wapen un all de herrlichen Perde, wovan he twee Ställ vull hedd, un
makten sick up den Weg, datt se tom olden Hertog nah Zürich tögen.
Un de annern Prinzessinnen un Fräulen, de Dom ook erlöst hedd, seden
schönen Dank un Adje to em un to siner schönen Prinzessin un nemen
jede den Weg, wo se am swindesten to Hus kamen künnen.  As Dom nu mit
sinem prächtigen Uptog gegen de Stadt kam, vörwunderden sick alle
Lüde, un se lepen un seden dem Hertog an: Kumm, Herr, un seh!  De
Ridder Dom hett wåhr un wåhrhaftig den gewaltigen Draken doodslagen,
un kümmt mit diner Prinzessin Dochter angereden un mit den
prächtigsten Perden un eenem langen Tog Wagen vull Kisten un Kasten
un all den Herrlichkeiten und Schätzen des Draken un Riesen.  Un de
Hertog vörwunderte sick ook, denn wiel Dom in Maanden nicks van sick
hedd hüren laten, hedd he dacht: de is ook weg mit all sinen
Vörgängers, un mine Dochter ward in der Drakenborg woll gris un grag
warden mütten.  Un he ging en strax entgegen, un let en tom Wellkamen
piepen un trumpeten, un führde se in sin Slott; un Dom müßt im Slott
bi em wahnen un hete een groter Herr.

So vörgingen een paar Weken in idel Lust un Froiden, äwerst de olde
Hertog let sick nicks marken van dem Wurde, dat he spraken hedd, as
Dom gegen den Draken in den Strit tog, un van der Hochtid mit der
schönen Prinzessin was't müsken-müskenstill.  Ja he stellde sick ook
wunderlich an, as Dom de schöne Prinzessin alleen un unner vier Oogen
sehn un spreken wull, un sede, datt sick dat går nich gebührde.  So
datt Dom in sick oft grimmig was un dachte: Worüm büst du Narr nich
länger in der Drakenborg un in dem Gården blewen? edder worüm hest du
nich des Draken Demanten un Goldhupen namen un büst mit diner schönen
Brut hentagen, wo keen Hertog van Swawen wat mittospreken hett?  As
em ditt nu to swår up dem Harten lag un to lange durde, ging he eenes
Dages tom Hertog un begehrde sine Dochter van em, de he em tom Prise
utlawd hedd, as he den Struß mit dem Draken wagen wull.  Un de olde
Hertog was een Schelm un settede sick up dat hoge Perd un sede: ja,
ick hew di't vörspraken, dat will ick nich lögnen, äwerst ick dachte,
du werest en Prinz, un wer weet, ob du een goder Eddelmann büst; un
een Hertog van Swawen kann sine Dochter nich jedem ersten besten
Tolöper gewen.  Wat Tolöper? reep Dom vörbitterd, Ick bün ut so godem
un düchtigem Holt wassen, worut man Hertöge diner Årt woll to
Dutzenden sniden kunn; un wenn du nich den Mantel van dem Kaiser
drögst un nich Hertog werst un Vader der Prinzessin Dietlinde, ick
wull di minen goden Stammboom und mine Ridderschaft mit dem Isen in't
Gesicht malen un der ganzen Welt wiesen, wat in minem Lande Gelöfte
gelden.  Un nu een kortes Ridderwurt: ick begehr, datt du dine Rede
god makst.  Äwerst de Hertog was een slimmer Fickfacker un makte
noch veel Firlefanz un Finanz; doch gaff he sich toletzt so wiet,
datt he sede: Du schast mine Dochter Dietlinde hebben, Ridder Dom,
wenn du se im freien Turnier winnen kannst; denn een Turnier mütt ick
üm se anstellen.  Mennig Prinz un Graf is hier west un hett üm mine
Dochter worben; un wi hebben se reisen laten.  Nu denk, wat för
Fehden, wo veele Fiende schull ick up den Hals kriegen, wenn ick se
mir nichts dir nichts eenem bloten Riddersmann gewe!  Topp! dat
schalt gelden! sede Dom, un slog in, dat schall de Vördanz tor
Hochtid sin! äwerst man keen tweetes mir nichts dir nichts!  Ick
meene, ick hew minen Schatz ut dem Für reten, un wer mine Dietlinde
begehrt, mag sick up goden Athem un faste Ribben schicken; denn ick
hew nich Lust een so hoges Spill as een blotes Narrenspill to spelen:
min bestes Blood is för dine Dochter flaten, un so mägen se ehres ook
dran setten; tom Spaß lat ick mi minen ehrlich gewonnenen Pries
wåhrhaftig nich afriden.

So gingen se half vörtörnd van eenanner.  Dom äwerst meldte alles an
de Prinzessin un schreef ehr: Een Schelm van Geburt ward nümmer
ehrlich, un wenn ick ook dittmal wedder winne, he bedrügt mi tom
tweeten.  Äwerst dat mütt alles woll so schehen, as't in den olden
Leuschen steiht: de Dom dört sinen herrlichen Schatz so licht nich
gewinnen.  Un höllst du man in Tru un Leew ut, Dietlinde, so will ick
as Dom woll alles durchfechten; blifst du mine helle Sünn, so kann mi
keene Unglücksnacht to düster warden.

Un de stolte Hertog van Swawen schickte sine Brewe mit Baden un
Ehreholden in alle Länder un Städer ut un let utblasen un trumpeten,
in der Stadt Zürich schull üm drei Mand een grot Turnier sin un de
Pris were de Prinzessin Dietlinde, sine eenzige Dochter un dat
schönste Kind, dat in dütschen Landen de Sünn bescheen.  Un då kemen
veele Könige, Fürsten, Prinzen un Herren; denn dat was een söter Pris,
de jeden Mund wätern maken kunn.  As se nu ankemen un sick
erkundigden un vörnemen, wo de Sak stund, reisten veele wedder dåvan,
eenige ut Frucht vör dem Drakendöder, datt he en een to swår un
scharp Isen führen mügt, annere ut Frucht vör Gott; denn se seden: wo
künnen wi wagen un hapen in eenem unbilligen ungerechten Strid bawen
to bliwen? dem Ridder Dom kümmt de Prinzessin van Gottes un Rechts
wegen to.

Un de Schranken van der Rennbahn wurden an dem ersten Dage des
anfangenden vierden Mands updhan un de Strid schull beginnen.  Un Dom
red up, un he satt up eenem swarten Hingst ut des Draken Stall, un
lede sine Lanz in, un reep: Wer unnersteiht un lüstet sick mi de
Prinzessin Dietlinde van Swawen aftowinnen, de ick mit minem Bloode
vom Riesen un Draken löst hew?  Heran! heran! heran! mi brennt dat
Hart im Liwe den Vörmätnen to tüchtigen.  Un wat he ook wåhrschuwen
un up Gott un sin Recht wiesen mügt, doch weren, de heranreden.  De
Erste un Vörnehmste, de dat böse Stück wagen wull, was een Prinz ut
Wälschland, de Köning van Burgund, un Dom reep vull Grimm: Heran,
Herr Köning! heran! wenn ju der Höllen gelüstet un ji mi afstriden
willt, wat min is.  Ick kenn de wälschen Glawen, äwerst ji schält ook
dat dütsche Isen pröwen leren.  Un de Wale wurd falsch un tücksch un
fuhr up en, as wenn de Blitz ut swarten Wolken schütt.  Äwerst Dom
was fardig un de Grimm got em dubbelte Kräfte in den gewaltigen Arm,
un he fung den ansprengenden Köning dermaten mit sinem Speer up, datt
he dör un dör ging un datt de stolte Herr mit Roß un Rüstung in den
Sand herunnerklung un ook keen Teken van sich gaff, datt je Lewen in
siner Borst west was.  Un de Rüters to Perde vörzugden sick, as de
Köning so flink ut dem Sadel kam un mit sinem Blood de Erd roth
farwde.  Doch satt de schöne Prinzessin neben ehrem Vader dem Hertog
up eenem Erker äwer dem Kampfplatz un funkelde in ehrer Schönheit un
Herrlichkeit mit dem Brutkranz up dem Kopp, un se müßten woll vör
Schaam un Lust in den Schrecken henin.  Un då kam noch een Wale, un
dat was een Prinz van Schampanien, eenes mächtigen Hertogs Sähn, un
he was binah een Ries un gult bi den Sinigen för eenen gewaltigen
Kämpen, un höll so hoch un prächtig to Roß, datt de Prinzessin, as se
en upriden sach, för ehren Dom bäwerde.  Un he was so hoch van Liwe
un satt up eenem so hogen Perde, datt Dom neben em as een lütt
Jüngelken utsach un datt ook annere as de Prinzessin för Dom bäwerden.
Äwerst Dom was unvörfeerd un wurd noch grimmiger, as he dissen
langen Recken sach: Un he reep em to: Büst du hoch un lang as König
Oss to Basan, du schast herunner un de Erd küssen!  Vagel, ick kenn
dine Feddern un hew se all flegen sehn; du hest eenmal in Mailand an
Sant Ambrosius vör mi streeken; hüt mütt dat wälsche Blood up
dütsches Isen lüstern wesen.  Un he gaff sinem Hingst de Spåren un
dheed eenen rechten Domschen Anlop, un Mann un Roß gingen vör em
toghek in den Sand, datt dat stöwde; un se drogen den Wälschen mit
een paar terbrakenen Ribben vam Platz.  Un de letzte, de't üm de
Prinzessin Dietlinde wagen wull, was een Prinz ut Dennemarken, un as
de ook bloodig ut'm Sande upsammelt wurd, höll de Drakendöder Dom
alleen då, un he bleef ook alleen.

Un as alles vörbi was un de Trumpeten den dappern Dom as Sieger
utblasen hedden, ging he up den Hertog to un begehrde sine Dochter,
de he ook ditt tweete Mal, wat he går nich nödig hett hedde, wedder
wunnen hedde.  Äwerst de Hertog de Schalk strüwde sick un tierde
sick sehr ungebärdig, un sede: Nu kann't noch weiniger schehn as dat
erste Mal--wo künn ick die nu woll mine Dochter gewen?  Ligt nich de
Köning van Burgund dood då? un hebben de den Prinzen van Schampanien
nich mit terbrakenen Ribben wegdragen?  Wenn ick di mine Dochter gewe,
denn müßt ick't mit ganz Burgund un mit dem mächtigen Schampanier
upnehmen; un dat kann ick nich un mag ick nich.  Un wer bist du? un
wo is dine Macht? wo sünt dine Ridder un Mannen, de di to Dausenden
totehn känen?  Un nu sadel up un mak, du Ridder van dem blanken
bunten Bloomenfeld, datt du mi ut dem Land un ut dem Weg kümmst, un
dat Unglück mit di wegnimmst!  Denn wenn de Sünn di noch viermal in
minen Gränzen beschient, so büst du een Kind des witten Doodes.

Un Dom antwurd'de em: Hew' ick nich vörutseggt, du würdst tom tweeten
Mal een Schelm an dinem Wurd werden, un werst du nich Dietlindens
Vader, so schull ditt redliche Isen dine falsche Seel eenmal up sick
zappeln laten, as Jungens Ketelböters up Nateln zappeln laten.  Darüm
will ick nu reden; äwerst ick kam wedder, un weh dem, de't wagt nah
Dietlinden de Hand uttostreken!  Hier liggt min Handschoh un sin
bleeker Dood!--Un he smeet den Handschoh vör dem Hertog in den Sand.
Un don makte he sick strax up, un red ut dem falschen Hawe weg; denn
he dachte bi sick: Nu sünt veele Dusende då, un ick kann en nich
dwingen; äwerst de Dom bün ick, un Dietlinde mütt min warden.  Un he
red ut des Hertogs Gränzen un vörstack sick eenige Weeken in eener
afgelegnen Wildniß, bet de Tid keme, wo he wedder ümkehren künn.

Un disse Tid kam bald.  Dom erfuhr, datt de Hertog mit sinem Hawe un
siner Dochter up een Jagdslott gahn was, dat nich wiet vam Rhine bi
der Stadt Baden lag.  Un he sprack to sick sülwst: Nu rid hen un nimm
di dat Dinige, wat de olde Schelm di vörenthölt; denn he ward keen
grot Geleide bi sick hebben, etwa een paar Schildknappen un Jägers,
un wunderlich müßt et togahn, wenn de't mit di wagen schullen.  Un
Dom red eenen Middag in dat Slott in, as de olde Herr un sine Dochter
Dietlinde to Dische seten, un in vuller Rüstung den blanken Degen in
der Hand trat he in den Saal, un ging hen, wo Dietlinde satt, un sede:
Stah up, mine Brut, un folg dinem Brüdegam; denn de Tid hett
Flüchten för uns.  Un he nam se an der Hand un se ging mit em.  De
olde Hertog äwerst zitterde un bäwerde vör Schrecken un Wuth, un reep
sinen Lüden to: In de Wapen! in de Wapen! up den Deef! up den Deef!
Un et wurd een gewaltiger Larm im Slott, un se bewehreden sick.
Äwerst as de Drakendöder sin Isen swung un reep: Man her! man her!
wer hett Lust up eenem harden und kolden Bedd to slapen? weeken se
all torügg, as de Hund vör eenem Löwen, wenn he brüllt.  Un Dom
lüftede sine Brut in den Sadel un swung sick to ehr up un
galloppeerde dåvan.  Un de olde Hertog let achter en herjagen un
eenen gewaltigen Schrei maken un mit allen Klocken van den Thörmen
lüden.  Äwerst wat hulp em dat?  Nüms hedd dat Hart antobiten un't
mit dem Dom to vörsöken, und se seden: Wat geiht et uns an?  De Düwel
mag striden mit dem, de Riesen un Draken döden kann; worüm kümmt de
Hertog nich mit up de Jagd, wenn de Wulf so licht to fangen is?

So red denn Dom dåvan mit sinem düren un dür gewonnenen Schatz; un as
se woll fief Mil reden hedden, kemen se an een Hüsken midden in eener
wilden Horst.  Un hier erinnerde sick de Prinzessin, datt se vör een
paar Jåhren up der Jagd mit ehrem Vader achter dem Hüsken up eenem
grönen Brink seten un Erdbeeren plückt un geten hedd.  Un se settede
sick up dersülwen Stell hen, datt se sick een beten utrauhde van dem
swåren Ritt.  Un wat geschach hier?  Kum hedd se een paar Minuten im
Grase seten, so schot een swarter Vagel, eener Kraih edder eenem
Rawen gliek, ut dem Busch herut up se to, un de Prinzessin schreide
ludes Halses, as keme dat grötste Unglück heran.  Un Dom sach sick üm,
un weg was se--un he sach een lüttes buntes Vägelken flegen, un de
swarte Vagel flog achter en her un jagde en.  Äwerst wo was de
Prinzessin blewen?  Dom stund vörbast un gapte ümher, un wüßte nich,
wo em geschach un ob he drömde edder wakte.  Un disse Geschicht
vörhöll sick so:

As de Prinzessin dat erste Mal hier west was un up dem grönen Brink
seten un geten hedd, was een hoger billiger Festdag west, un se hedd
geten un nich bed't; un dat hedd de olde Hex utlurd, de in der ganzen
Gegend herümstreek, un hedd ehren Gesellen den Befehl laten,
uptopassen, wenn de Prinzessin mal wedder keme up de Stell: denn nu
hedd se eene Macht an ehr, wiel se an eenem so hogen Dage dat Gebet
vörgäten hedd.  Un so was't nu schehn, datt se sick in eenen Rawen un
de Prinzessin in eenen Stieglitz verwandelt un dat arme Kind so lang
dör alle Büsche jagt un ängstigt hedd, bet se se in eenen vörtöwerten
Gården dreef, worin veele sonne bunte Vägelkens lewden, de up
Erlösung hapten.  Då müßt Dietlinde nu sitten un trurig singen; denn
lustige Stückchen piepen was ehr woll vörgahn.

Dom stund noch lang då, as wenn he vörsteend was, un rührde sick nich,
un gapte un gapte.  Toletzt fung he allmälig an sick to besinnen, un
reep: ick Narr, datt ick hier stah un dat Mul upsparre, as wenn't
goldne Gapäppel våm Himmel regnede, de ick fangen wull!  Ja woll! ja
woll!  Himmel, du spreckst eene to dütliche Sprack mit mi: Ick bün de
Dom, un ick will de Dom bliwen un mit Gottes Hülp alles utfechten.
Denn hebben wi't nich wedder un känen't mit Händen gripen?  Is nich
de Düwel un sin Heer wedder up'm Platz? un mütt sick datt nich alles
so dull un kunterbunt begewen, damit de Dom pröwt ward?  O du min
sötes sötes Vägelken in dem bunten Rock!  Holl di man wacker!  Ick
will di woll finden un erlösen, un schull ick de Welt dörchriden bet
tor Stell, wo se mit Bredern tonagelt is.  Se schalt doch min bliwen
un ick will een Prinz warden.  So sprack he mit sick sülwst, swung
sick up sin Roß un red wieder dör den dicken Wold, ahne to weten,
wohen, bet de sinkende Nacht ehren swarten Mantel äwer de Erd deckte.
Don steg he aff, led sick unner eenen Boom un sleep in; sin Perd
äwerst ging bi em im Grase.  Un he dheed eenen düchtigen Slap, un as
he wedder upwakte, stund de Sünn all hell am Häwen, un de Sünn in
sinen Gedanken scheen ook een beten klårer.  He settede sick hen in't
Gras, lede den Kopp nahdenklich in sine beiden Händ, un dachte un
dachte, wo sin buntes Vägelken woll henflagen sin künn.  Un as he een
paar Stunden so grüwelt hedd, sprung he plötzlich up, slog sick vör
den Kopp, un sede: Du Dummkopp! wo ist't henflagen as in den
Töwergården, woräwer de olde Hex de Gewalt hett?  Hest du denn de
Geschichten van den vörrigen Doms umsüs vörtellen hürt?

Un he settede sick wedder to Perd un red frisch furt, bet he in een
Dörp kam; då frog he, ob se em nich seggen künnen, wo eene olde Hex
wahnde.  Un se wüßten't nich edder muggten't ut Angst nich seggen.
Un so is he lang lang herümreden un hett in allen Dörpern in un üm
den groten Wold fragt, un nüms hett em klåren Bescheid gewen künnt,
bet he toletzt in een Dörp kam dicht an dem Barg, den se de Swäbische
Alp nömen, kamen is.  Då trughe eene olde Fru, de to em sede: Ick
will em't woll seggen, wo de grote Hex wahnt, de hier herüm so
menniges Jåhr ehr dulles un gefährliches Wesen driwt.  De sitt då
bawen up dem Barg up der ütersten Spitz, wo de meiste Tid Snee liggt;
äwerst wer hett ehr Hus sehn, un wer hett dat Hart sick dåhen to
wagen?  Dat müßt een rechter Isenfreter sin.  Un Dom antwurdede ehr
heftig: Dat Hart hew ick un de Isenfreter bün ick.  Un de olde Fru
sach en an un vörwunderde sick un sede: Nog süht he keck ut, äwerst
et were eene Sünd un Schand üm son hübsches junges Blood, wenn he in
ehre Nett geröde.  Dom äwerst gaff sinem Perde de Spåren un
galoppierde den Weg hen, de to der hogen Alp führt.

Un underwegs bedachte he bi sick, wo he't mit der olden Hex anfangen
schull, un sede.  Vörnehm dörst du nich erschienen, denn markt se
Unrath.  Un he red torügg wedder in dat Dörp herin, un vörköffte sin
Perd un sine Rüstung un sine prächtigen sülwernen un goldnen Kleeder,
un tog eenen Burkittel an un nam eenen slichten Stock in de Hand, un
ging so des Wegs henup, un sede: Ick will as een Knecht kamen un mi
recht dumm un plump stellen, un mi bi der olden Hex vörmeden; so seh
ick am besten, wo dat då tosteiht un ob ick ehr nich tüschen ehre
Künste spelen kann.  Un so ging he den ganzen Dag un den tweeten
halwen Dag, då kam he höger up den Barg, wo dat heel kahl un felsig
was un de kolden Winde dör kleene trurige Büsch un vörfråren Gras
peepen.  Un nich wiet dåvan sach he eene noch högere Spitz; de
klatterde he mit veelen dusend Sweetdruppen henup, un keek toletzt
van bawen an der annern Side in een grönes Dal henaf, dat sehr lustig
utsach un wo Hüser mit hellen blinkenden Finstern schemerden un
anmodige Böme in der Bloiht stunden.  Un he sede to sick: Då hebben
wi't.  Un as he dat Wurd kum utspraken hedd, stund de olde Hex vör em
as een schrumplich krüchich Wief un frog en, wo he her keme un wo he
hen wull.  Un he antwurd'te: Ick bün een junger Knecht, de sick wat
vörsöken will, un ick hew hürt, hier achter'm Barg wahnt eene rike
Eddelfru, de sehr vörnähm un mächtig is; bi der mügt ick gern Deenst
nehmen.  Un de olde Hex sach en glupsch un listig an un sede: De
Eddelfru bün ick, un ick hedd woll eenen Knecht nödig, äwerst di kann
ick nich bruken: du sühst mi to blank un glatt ut un rückst mi to fin.
Adje mit di!  Un dåmit vörswund se dör de Büsch, as een Wind
hensust.

Un Dom stund då un frur un argerde sick.  De olde Hex hedd äwerst mit
ehrer Näs de Witterung upfongen, datt he eene grote Kunst an sick
hedd, un dat was de Ring van dem Dwarf; dåvör was ehr bang, un
deswegen hedd se seggt: ick kann di nich bruken.  Dom vull Hunger,
Arger un Vördret ging wedder bargaf den Weg, den he mit so surer
Arbeit herupstegen was, un he sunn veel un lang hen un her, wo he't
anfangen schull, datt he de olde Hex doch belurde un begigelde, datt
se en as Knecht in Deenst neme.  Un he ging hen un köffde sick Botter
un Theer un makte eene swartbrune Salw dårut, besmeerde sick Hut un
Gesicht dåmit, un lede sick een paar Dage in der brennenden Sünn hen
un let sick recht brun van ehr inbrennen un braden; ook köffte he
sick eenen terretenen Kittel un tersletene Schoh un slichte Strümp,
un halde sick Düwelsdreck van eenem Apotheker, un den drog he in der
Tasch.  Denn he hedd oft hürt un lesen, datt de Hexen un
Hexenmeisters an dissem Gestank eenen sünnerlichen Gefallen hebben un
all oft dåmit lockt un bedragen sünt, as man de Duwen mit
Aniskügelken in den Slag lockt.  Un dat is keen Wunder; denn dissen
Stank sammeln se im Muhrenlande up, wo de olde Fiend en hett gliden
laten, as de Erzengel Michel en mit dem blanken Swerdt im Nacken dör
de Wüste jagde.

Un as Dom sick so inredet un vörmascherirt hedd, nam he sinen Stock
in de Hand un klomm wedder bargan, wo de Oldsche em begegnet was.  Un
se was strax då un sach går fründlich un fichlich ut; denn de söte
Düwelsdreck lockte se heran un erfroide ehr den Mod, un vör sinem
benebelnden Gestank kunn se nich rüken, datt he de grote Kunst an
sick drog.  Un disse tweete Knecht geföll ehr äwermaten woll, un se
wurden beid up een Jåhr eenig, datt he ehr as Husknecht denen un Holt
hauen, Water dregen un alle Husarbeit verrichten schull.  Un he ging
mit ehr van der woisten un kahlen Sneespitz herunner woll eene gode
halwe Mil, un sach, dat et då unnen im Dal wunderschön un anmodig was,
warm un grön un vull der schönsten Blomen un Früchte, een Land as
een Paradiesgården, un datt de olde Hex in eenem Slott wahnde, so
grot un prächtig, datt et dem mächtigsten Kaiser nich to slicht west
were.

Dom, de van Natur sehr klok un klipp was, hedd bi sick alles woll
bedacht un utreknet, up wat Wis he sine Kunst hier spelen müßt, datt
he sick nich vörröde, wer he were.  Den stolten Dom un den kühnen
Riddersmann müßt he bi Hexen un ehren Gesellen hübsch in de Tasch
steken un de Gelegenheit afluren, wo he dat schöne bunte Düwelsnest
terstüren un sine schöne Prinzessin erlösen kunn.  Un he stellde sick
unbeschriewlich dumm un däsig an, äwerst dheed alles, wat em befahlen
wurd, mit dem genausten Gehursam, un bi siner Jugend un gewaltigen
Stärke kunn he woll för Drei arbeiden.  So datt de olde Hex to den
Ihrigen sede: Hedd ick dem Dickkopp doch up tein Jåhr dat Medgeld
gewen! un schull ick em dat Lohn dreimal vördubbeln, ick miß en nich.
Denn arbeiden un slawen kann he för Sös, un dumm is he, o wo
prächtig dumm, datt ick em inbilden kann, de Kater is eene Mus, un he
glöwt et.

Wiel se nu meende, Dom were stockdumm un künn nich hüren noch sehn,
let se em den freiesten Willen; un he durft an allen Stellen gahn un
alles betrachten un utspioniren, un se hedd keen Arg dårut.  So kam
he ook in den Gården achter dem Slott, wohen nümmer een Knecht edder
Magd kamen was.  Doch dåhen kam he nich dör den Glowen an sine
Dummheit, sündern dör sinen Ring.  Denn dat was een Töwergården,
wohen keen Minsch dringen un den keen Minsch sehn kunn, de nich eene
heemliche Kunst hedd.  Un Dom hedd de Kunst an sinem Finger, un wußt
nich, datt he dör den Ring in den Gården kam un den Gården sülwst un
wat drinn was sehn kunn.  De Ring hedd ook de wundersame Natur, dat
he em alleen sichtbar was un süs keen menschlich Oog en erblicken
kunn.  Un Dom fung dat klok an, un ging man hen, wenn he wüßt, datt
de Oldsche mit den Ihrigen ut was.  Då sach he denn de hübschesten un
schönsten Prinzessinnen un Jumfern as Krüder un Blomen grönen un
bloihen un as bunte Vägel zwitschern un singen.  He sach un keek
äwerst man nah den Vägeln.  Un kum was he då, so kam sin buntes
Vägelken angeflogen un settede sick dicht bi em up den Boom un sung
een går truriges Leed; äwerst gripen let et sick nich van em.  Un he
kennde dat strax an sinem Gesang un an der trurigen Stimm, womit et
sine Vörwandlung beklagde; un em wurd so wehmodig, he müßte weggahn
un weenen, datt de schöne Prinzessin Dietlinde een Vagel worden was
un ehren Dom kum noch to kennen scheen.  Äwerst bald besunn he
sick wedder un sede: Büst du nich de Dom un mütt dat nich so wesen?
un darüm vörmuntre di un nimm din beten Bregen tosam, damit du den
Eddelmannsdom ordentlich dörbringst.  Un he ging veel in den Gården
un bröcht dem Vägelken schöne Saken to äten un sprack em to; un dat
Vägelken nickte unnerwielen mit dem Köppken, as vörstünd et sine Rede,
äwerst spreken dheed et nich un kunn ook nich spreken.

So vörgingen een påar Mand, un Dom hedd sick alles utkundschaftet un
wat de olde Hex buten un binnen dem Slott bedref.  Då wurd se endlich
gewåhr, datt de tweete Knecht ook de erste was, den se up dem Barg
funden un wedder wegschickt hedd.  Un dat geschach dör den Geruch.
Denn de Hexen hebben de allerfinsten Näsen nächst dem Düwel, de eene
superfine Näs hett, as he ook de allerlistigste Geist is van allen,
de van Gott affallen sünt.  Dom hedd sinen Düwelsdreck jümmer noch bi
sick dragen, äwerst de Geruch was van Weke to Weke swaker worden, un
toletzt hedd de Oldsche de Kunst wedder dadör raken.  Un se sach nu
woll, datt se van dem Knecht bedragen was un datt he woll keen Knecht
were un hier nu woll wat heel Anners söchte as Knechtsdeenst bi eener
olden Hex.  Un se früchtede sick sehr vör em; denn dat markte se,
datt de Kunst, de he bi sick drog, mächtiger un gewaltiger was as
ehre Kunst, un dörst en deswegen nich anrühren.  Un darüm sunn se ut
allen Kräften dårup, wo se en mit Listen wedder wegbringen mügt, denn
se sede bi sick sülwst: Twee Mand is he all hier, un ick hew nicks
markt, un dat Jåhr is lang; wat kann de Schelm nich im Sinn hebben?
wat kann he mi noch anrichten?

Un as se alles bi sick woll bedacht un beraden hedd, reep se den
annern Morgen froih: Dom büst du då? un Dom sede: Ja, gnädige Frau,
un kam dumm un tölplich herangesprungen.  Un de olde Hex was sehr
leidig un sede to em, he were to god Knecht to sin un so swåre un
gemeine Arbeit to dhon; he schull leewer in de Welt gahn un sick wat
Beteres vernehmen; se wull em gern sinen ganzen vullen Jåhrlohn gewen,
un hundert Krondaler dåto, un he künn morgen im Dage afgahn: denn
ehr jammere, datt een so hübscher Minsch Knecht sin schull.  He
äwerst gaff ehr tor Antwurt: Ick hew so minen egnen Kopp in minen
Dingen, min Jåhr mütt ick utdenen, un denn ward woll wat Anners
schehn; un ick will ju man seggen: ick gah nich un kann nich gahn, un
wenn ji mi alle juwe Schätze gewen wullt.  Un as de olde Hex dissen
Bescheid bekam, wurd ehr går bang, un se früchtede sick noch veel
mehr.

Un den annern Morgen klung dat wedder: Dom, büst du då?  Un he
antwurd'te: Ja, gnädige Frau, un sprung flink as de Wind hen, woher
se reep.  Un se was noch veel fründlicher as gistern, un as se lang
mit em spraken un em mit söten Würden üm den Bårt fichelt hedd, sede
se: Ick seh woll, ick hew di gistern nich gehürig behandelt, ick hew
eenem Minschen, as du büst, to weinig baden, un Gott hett di so
schapen, datt du as een Herr un Eddelmann müßt lewen känen; darüm süh
hier! dåvan steck di alle Taschen vull un nimm so veel, as du wist,
un denn gah in Freden.  Un se wieste em eenen ganzen Schepel vull
Dukaten.  Un Dom stellde sick dumm un ungelehrig un sede: Ick hew dat
so god bi ju un dat geföllt mi hier so woll, datt ick min Jåhr
utdenen will; ehr gah ick nich.  Wat Geld un Dukaten!  Un dat olde
grise Unglück bet de Tähnen tosam, un sweg, un sach doch noch
fründlich dåbi ut, un ook Dom let sick nicks marken.

Un se grübelde lang hen un her un besprack sick mit den wisesten
Hexenmeistern.  Denn datt Dom eene gewaltige Kunst hedd, kunn se an
der Angst in ehrem Liwe föhlen, wenn he ehr sehr nah trat.  Un se
wurden eenig äwer eenen nüen Pfiff un Kniff, womit se en to fangen
hapten, un de Oldsche rüstede sick, et int Werk to richten.

Un as Dom den drüdden Dag upstahn was, klung dat äwer den Slotthoff:
Dom büst du då? un he antwurd'te: Ja, gnädige Frau, un stund ter
Stund vör ehr.  Un de olde Hex sprack to em: Min leewe Fründ, ick hew
sehr unrecht dhan an di un an mi, datt ick di, den schönsten
stärksten Mann, van mi laten wull.  Un nu hew ick mi mit Gott
besunnen un eenen betern Fund funden, de uns beiden gefallen kann, un
dat is mine öldste Dochter.  Ick hew lang markt, datt di dat hübsche
Kind gefällt, un deswegen eben, bild ick mi in, wullst du nich van mi
tehn; un nu will ick se di tor Fru gewen, un wi willen noch hüt Awend
eene lustige Hochtid holden, un ut dem Knecht schall een Herr warden.
Denn bliwst du doch gewiß bi uns.  Un Dom sede: Juchhe! ja gewiß,
gnädige Frau, un dat schall een Wurd sin!  Un de olde Hex ging lustig
weg, un rüstede de Hochtid to.

Se wullen äwerst eenanner alle beid bedregen, un deswegen ging disse
Hochtidshandel so swind un willig.  Dom hedde van Anfang an sine
Dummheit vörstellt, un dårüm stellde he sick ook nu, as dücht em de
öldste Dochter der olden Hex as dat schönste Fräulen up Gotts
Erdboden.  Dat was se gewißlich nich: se was dwargig pucklich un so
häßlich, datt Katten een Gruwel vör ehr ankamen kunn.  De Oldsche
äwerst dacht en dör de Dochter to fangen, un hedd ehr Bescheid seggt.
Denn so sede se to ehr: Döchterken, min wittes Döchterken, hür nipp
to: Disse Minsch, unser Knecht, hett eene Kunst, de gefährlich is un
uns all umbringen kann; un dårüm schast du disse Nacht in sin Bedd
stiegen un em't afluren, wo se sitt.  Denn weeten wi dat, so hebben
wi den Schelm fast un he schalt uns keene Müse mehr maken.  Dårüm,
wenn he hüt Awend mit di to Bedd gahn will un vam Hochtidswin un van
Leewe woll betippt is, denn bidd en üm sine Heemlichkeit, un hest du
se em aflurt, vörgät se mi jo nich, dåmit wi siner Meister warden un
dat Spill ümkehren känen.

Un dat wurd eene lustige un dulle Hochtid, un då fund sick allerhand
Volk in, dat des Nachts üm Galgen un Rad slikt un üm den Blocksbarg
danzt; äwerst hier weren se alle vörnehme Herren un Damen un treden
in Gold un Siden up; un Dom de Brüdegam stellde sick, as höll he se
dåvör, un tierde sick sehr dumm un apisch, as hedd he sonne Pracht in
sinern Lewen nich sehn, un dheed grausam vörleewt mit siner Brut.  As
nu de Hochtidsdanz utdanzt was un Giger un Piper swegen, un de beiden
in ehre Kamer inslaten wurden, un Dom mit siner schönen Brud to Bedd
gahn schull, då ergrimmde he as een rechter Simson in siner Kraft
denn et leep em dör sine Gedanken, wo sine Prinzessin Dietlinde as
een bunter Vagel nu in Truten herümflegen un piepen müßt.  Un he nam
dat Hexenkind, dat en küssen wull, un drückte se mit soner
Leewsgewalt an sine Borst, datt se as dood tor Erd föll.  Un nich
eene Sekund lag se då, un nicks was mehr van ehr to sehn, un statt
ehrer leep eene olde grise Katt herüm un miaude jämmerlich.  Un Dom
lachte vör Froiden un reep: Nu seh ick wedder klärlich, datt ick de
Dom bün.  Un he greep de Katt un höll ehr den Swanz an dat
Hochtidslicht, datt he brennde, un don smet he se ut der Dör.

Un de Katt was in Angst un leep de Trepp herup bet unner dat Dack.
Då lag Stroh un Hemp un Flaß, dat kunn den brennenden Swanz nich
vördregen un fung ook an to brennen un stack dat Slott an.  Un so
wurd et een gewaltiges Für, un in eenem Oogenblick stund dat ganze
Slott in Flammen un brennde lichterloh, un Dom un all de annern
müßten maken, datt se herut kemen.  Un as Dom buten stund un de
Hexenburg brennen sach, wat för Gesindel wurd he dår gewåhr, datt he
sick hedd segnen un krüzen müßt, wenn em sin starkes Herz vör Frucht
hedd bäwern künnt.  Då sach he veele dusend Bessenstelrüters un
Zegenswestern mit Spannen un Bütten, de Water drogen un löschen
wullen un een grausam Gewinsel un Geschrei makten.  Äwerst alles
ümsüs; dat Nest brennde dal bet up den Grund un't bleef keen Steen up
dem annern.

Un dat klung äwer den Hoff Dom büst du då?--Ja.--De Schuld an miner
öldsten Dochter is?--Ja.--De Schuld an min Hus is?--Ja.--Un in eenem
Oogenblick was Dom då.  Un de olde Hex drog een swartes Trurkleed un
stellde sick sehr bedröwt, äwerst gegen Dom dheed se so fründlich as
jümmer, un sede: Segg, min Herr Sähn, wat kannst du mi van dem
Unglück vörtellen? un wo ging dat to?  Un Dom antwurd'te: Ach!  Ach!
mütt ick ropen un Weh!  Weh!  Dine Dochter was ook går to swack, un
as ick se an min Hart drückte, då bleef se mi in den Armen dood, un
ick weet nich, wo se stawen un flagen is, un ick sach man eene Katt
in der Stuw herümspringen, un de slog ick, un se kam dem
Hochtidslicht to nah un stack sick den Swanz an, un leep ut der Dör,
un de mütt mit dem fürigen Swanz dat Slott in Brand set't hebben.
Dat is alles, wat ick weet.

Un de olde Hex was vull Leed un Sorgen, datt ehre Dochter ümsünst
ümkamen was, un se sede to ehren Fründen: Ick mütt un mütt sine Kunst
weeten, denn se is uns går to gefährlich; dat mütt herut, un schull't
mi mine jüngste un schönste Dochter kosten.  Un se hedd noch drei
Döchter, un de jüngste van en was hell un schön as dat Licht, äwerst
falsch un listig as eene Slang.  Un de olde Hex dachte: de ward em't
woll aflocken un sick to höden weeten.

Un dat afgebrennte Slott schull wedder in schönerer Pracht as tovörn
dåstahn, un man sach een rechtes Wunder: veele hundert Wagen, de Holt
un Steen heran führden un veele dusend Timmerlüde un Murer in Arbeit,
un in weinigen Dagen stund de Hexenborg in junger Pracht wedder då.
Un de olde Hex sprack mit Dom üm de tweete Hochtid, un Dom stellde
sick sehr froh dåräwer un sprung un danzte vör Froiden, un reep:
Juchhe, lustig!  Juchhe Hochtid! wat krieg ick för eene schöne Brut!
Un se sümden nich mit dem Hochtidsdag, un as Spill un Danz vörbi was
un as't lütt so slan anfung, gingen de lustigen Brutlüde in ehre
Kamer; un de Brut dheed utermaaten hübsch un fründlich mit Dom, un
een lüttes lüttes Hündeken leep achter ehr her un wedelde lustig mit
dem Swanz.  Dom kennd et äwerst woll un hedd et towielen achter der
olden Hex sliken un wippern sehn, un et munkelde, dat Hündeken wer
een vörborgner Buhle van ehr un se künn't verwandeln, wenn se wull.
Un as Dom dat Hexengesindel in siner Stuw hedd, makte he een
grimmiges Gesicht, slot dicht to, un packte den Hund un sede:
Hündeken, hebb' ick di, wo ick di hebben wull? un sühst du? hier is
een Stück Isen--dat ward din Dood, wenn du nich up mine Brut
losgeihst un se so lang mit dinen Tehnen kettelst, bet ehr alle
Brutlust up ewig vörgahn is.  Un de Hund wull nich dran, äwerst Dom
slog en hart, un de Hund ging up de Brut los un bet un terret se so
lang un so fürchterlich, bet se jämmerlich as eene Lik då lag.  As
dat schehn was, nam Dom eenen Strick, slung en dem Hund üm den Hals,
un hängd en im Finster up, datt he herut bummelde.

Un as de Dag anbrack, kam de olde Hex up den Hoff un sach ehr leewes
Hündeken as eenen Schelm am Strick hängen.  Un se föll bi dissem
Anblick up de Erd un makte een jämmerliches Gewinsel un Gehül, un
veele annern hülden mit, un se schreide: O weh! o weh! o Unglück äwer
Unglück! ick arme olde Fru! datt mi datt in minem Lewen wedderfåhren
müßt!  Un büst du denn dood, min buntes Hündeken? du schönstes
fründlichstes Hündeken, dat in der ganzen Welt was? o weh! o weh! ick
arme Fru!  Un wo is de Schelm, de mi dat dhan hett?

De Schelm bün ick, sede Dom, un trat to ehr un stellde sick sehr
trurig.  Dem Hund, de då im Morgenwind so lustig hen un her bummelt,
is man sin Recht schehn, he wurd dull un föll äwer mine Brut her, as
se sick uttehn un mit mi to Bedd gahn wull, un he hett se so grimrnig
beten, datt se dåvan den Dood nahmen hett; un daför hängt he im
Finster.  Un kumm nu, un seh sülwst to.--O weh! o weh! mine schönste
Brut! un du vördammtester aller Köter, de je up drei Beenen humpelt
hebben!  Un he nam de Oldsche bi'm Arm un führde se herup in sine
Brutkamer, un då lag de schöne Brut in ehrem Bloode as eene Lik, van
dem Hündeken terbeten un terreten.

Un de olde Hex vörfeerde un vörschrack sick gruwelich, un sprack keen
Wurd mehr äwer disse Geschichten, un let de beiden Dooden wegnehmen
un still begrawen.  Ehre Angst üm Dom wurd äwerst van Dage to Dage
gröter van wegen siner Kunst un datt se em se nich afgewinnen kunn.
Un se let en jümmer mehr beluren bi Dag un bi Nacht, un toletzt
vörtellde een wittes Müsken ehr, se hedd den Dom mal in dem Gården
sehn un mit dem lütten bunten Vagel Stieglitz spreken.  As se dat
hürde, froidede se sick, un sprung vör Froiden woll een paar Faden
hoch in de Luft, so flink un lustig, as hedd Belzebub sülwst up'm
Blocksbarg den Vördanz mit ehr begunnen; un se reep vör Lust eenmal
äwer dat anner: Ahe! büst du de Dom, wovan mi drömt hett, wogegen se
mi wåhrschuwt hebben? büst du de starke Dom, de Drakendöder un
Riesenmörder?  Nu schast du mi woll heran, nu schast du woll tam
warden un mi mit diner Kunst herutrücken.  Un kum was dat witte
Müsken wedder to Loch krapen, so scholl dat äwer den Slotthoff--_Dom
büst du då?--Ja.--De Schuld an miner öldsten Dochter is?--Ja.--De
Schuld an minem Huse is?--Ja.--De Schuld an miner jüngsten Dochter
is?--Ja.--De Schuld an minem bunten Hündeken is?--Ja_.--Un Dom stund
vör ehr.

Un se sach nich so fründlich ut as süs, un sede to Dom: Hür, Knecht
un Sähn un Swiegersähn, edder mit wat för'n Namen schar ick di ropen?
Du hest mi bedragen mit dinem terretnen Kittel un diner brunen
Kopperfarw un dem Düwelsdreck; un ick weet, du büst van Geburt keen
Knecht un Dener, un hürst Herren an.  Ick will di up den Kopp seggen,
wer du büst: du büst de gewaltige Ridder Dom, van dem ganz Swawenland
den Mund vull hett.  Un du hest eene Kunst, de künstlich nog is;
äwerst bild di dårüm nich in, datt ick mi vör di fürcht.  Ick vörstah
ook eene Kunst un hew een Stückschen van eenem bunten Vägelken singen
hürt, dat jümmer in minem Gården piept.  Mit dissen Wurden sweg se un
sach Dom mit hellen hellen Oogen an, as wull se em in't Hart båhren.
Un Dom vörfeerde sick un wurd rod un bleek, as he van dem bunten
Vägelken spreken hürde.  Un se ergötzte sick dran un sede denn wieder:
Herr Dom, du markst woll, ick weet alles, un lat uns nu vörnünftig
sin un nich länger gefährlich Spill mit eenanner driwen; dat Eene
mütt un schall gegen dat Annere upgahn.  Du giwst mi dine Kunst, un
ick gew di dat bunte Vägelken, dat du woll weetst, un se schalt strax
as de schönste Prinzessin ut minem Blomengården vör di treden.  Un de
Vörsökung was grot, un Dom stund eenen Oogenblick in Twiwel, ob he
nich inslan schull; äwerst denn dacht he wedder dran, datt he de Dom
were un mit keener Hex handeln dürft--un sine Antwurt was: Ne, mine
Kunst gew ick di nich un dinen bunten Vagel kannst du beholden.  Un
de olde Hex ging weg, un sede im Weggahn to em: Dom, morgen spreckst
du anners.

Un as de Morgen anbrack, klung dat Dom, büst du då? un Dom was strax
då.  Un de olde Hex dheede sehr fründlich mit em un sede: Ick denk,
du hest di in der Nacht beter mit di beraden un letst et nich dårup
ankamen, datt din Schatz wegen dines Egensinns in Feddern gekleed't
gahn un so jämmerlich vördarwen mütt; denn ick hew de Macht äwer din
Vägelken un äwer all de Vägel im Gården, se bet an den Dood to
strafen: denn hedden se sick nich swår vörsündigt, nümmer weren se in
mine Gewalt kamen.  Darüm lat et nich up dat Üterste kamen, giff mi
dine Kunst un nimm dine Prinzessin, un wi willen as Fründ van
eenanner scheeden.  Un Dom sede abermals: Ne, dat dho ick nich, un de
olde Hex reep mit Grimm: God, so mütten morgen alle bunten Vägelken
brennen, un du, Dom, schast de Fürböter sin.  Un as se ditt sprack,
sach se so scheußlich un gefährlich ut, datt Dom tom ersten Mal in
sinem Lewen bang wurd.  Un he ging in swåren Gedanken vör sick hen un
murmelde: Schull Gott im Himmel et tolaten? schull't mäglich sin?
dine söte Dietlinde schull brennen un du schust dåbi stahn un dat
jämmerlichste Nahsehn hebben?  Ne!  Ne! se lüggt! se lüggt! so wied
dörft se nich--un dörft se, so is't god, datt ditt heele
Hexenpossenspill mit eenem Mal een End nimrnt, un wer't een fürig un
bloodig End.  Dat is doch elendig, datt een Eddelmann un een
Riddersmann un een, den Gott tom Dom hett geburen werden laten, hier
eener olden Hex denen un Water pumpen un Holt dregen un Für anbeten
un dat Estrich putzen mütt.  Ne! ne! nich länger so!  Frisch, min
Hart!  To Glück edder Unglück gah't, as't will! ick will mi hier nich
länger so furtlumpen.

Un der olden Hex, de den Dom bang sehn hedd, was de Kamm mächtig
wassen, un se dachte.  Nu kriegst du den Löwen tam.  Un den annern
Morgen noch in der Schummerung klung dat wedder _Dom büst du då_? un
wips as een Windspill was Dom de Treppen herup un stund vör ehr.  Un
se sede em: Wes nu recht flink! un dreg un sett Holt in den groten
Backawen un mak en glönig als de Häwen am Winterawend is, wenn't
düchtig friert un de Sünn hell unnergahn will.  Denn hüt will'n wi
een Für böten, worin mine Vägelken piepen schälen.  Un Dom stellde
sick vörfeerd un trurig an, doch ging he un drog grote Boomstämm un
smet se in den Awen, un de olde Hex sülwst drog Strük un lüttes Holt
to un got Öl un Pick un allerhand Hexensmolt dårup; un as de Awen
vull was, reep se Domen to: Fürböter steck an!  Un he höll eenen
Brand an de Strück, un se fungen un slogen to eener gewaltigen Flamm
up.  Un as dat Für fardig was, murmelde un sung de olde Hex:

Hurrliburr un Snurrliburr!
Müsken piep un Kater gnurr!
Vagel flüggt un singt sin Stück--
Flegt! flegt! flegt! dat Für is flück.


Un in eenem Ogenblick girrde un swirrde dat äwer den Hoff, un veele
dusend bunte Vägel flögen her, so datt de Häwen verdunkelt wurd, as
wenn Heuschrecken dör de Luft tehn.  Un de armen lütten Vägelken
setteden sick all dicht vör dem glöningen Awen dal, as ob se up dat
Wurd der olden Hex paßten herintoflegen.  Un Dom sach sin buntes
Vägelken ook dåmank, un de Thranen kemen em in de Oogen.  Äwerst
he wischte selbst ut un makte sick stark un wull't sick nich an't
Hart kamen laten.  Un de olde Hex markt et, grieflachte un sede: Se
hebben mi vörtellt, Dom, du werest de ehrenfasteste un trufasteste
van allen Riddern un heddest een Hart för grote Dinge Lewen un alles
in de Schanz to slan.  Nu kannst du't wiesen un dat Domslof fin maken.
Denn wenn du för din buntes Vägelken in den fürigen Awen springst,
so schall't mit all den annern Vägeln fri sin.  Un Dom besunn sick
een beten, un ditt Mal dücht' et em keene Schand, wenn he sin _Pusch_!
mal brukte; un he nam de olde Hex bi der Hand un slog in un sede:
Topp! dat is een Wurd! de Domsnamen schall in mi nich to Schanden
warden.  Äwerst dat Für is het, un ick hew eenen Gruwel so van
sülwst henin to springen; dårüm kumm, un schuw mi henin.  Un se was
froh in der Hoffnung, nu würd se en woll quit warden un bawenin, wenn
he dood were, sine heemliche grote Kunst wohl noch finden.  Un Dom
stellde sick wedder sehr dumm un dölpsch, un so trat he vör dat
Awenloch, un stämmde sick up sine starken Beenen, datt he sick
strüwen künn.  De olde Hex äwer in sinem Rüggen makte sick stark, un
schof un schof ut allen Kräften, un achter ehr stunden veele hundert
Kater un Zegenbück un drängden se wedder vörwarts.  Un as de ganze
Last up Dom drückte un he sick nah am Störten föhlde, då rührde he
swind mit dem lütten Finger am Ring un sede Pusch! un im Hui weg was
he, un de olde Hex, de nicks mehr vör sick hedd un van ehren Mackers
van achtern vörwarts stött wurd, störtede in dat Für un hülde as eene
hungrige Wülwin in den Twelften.  Äwerst nu was ehr Spill vörbi,
un nüms kunn ehr helpen, se müßte jämmerlich verbrennen; denn se was
in ehre egne Kunst geraden un in ehr egne Smeer fallen.  Denn dat is
een wåhr Wurd, wat de Lüd so seggen: eene Hex, de in ehre egne Hexeri
gerött, kann nümmer wedder herut kamen.

Un Dom stund nu wedder sichtbar då un juchte, datt de ganze Hoff vör
Froiden schallde.  Un as dat Für dalbrennt un de olde Hex in Asch
verwandelt was, datt ook nich mal een Knaken van ehr uptosammeln blef
so mächtig was ehr ingaten Fett west--erscheen een schönes un grotes
Wunder.  All de bunten Vägelken, de vör dem glönigen Awen seten,
wurden plötzlich in de schönsten Jumfern ümschapen, un bald sach Dom
sine schöne Prinzessin Dietlinde, de em üm den Hals flog un en veel
dausend Mal unner söten Thranen küßte un reep: Min Dom! min dapprer,
min truer Dom! so hest du din armes verwandeltes Kind, din buntes
Piepvägelken, ut dem trurigen Hexenbann erlöst?--Un in der Minut, as
de letzte Bloodsdruppen un Fettdruppen van der olden Hex to Asch
worden was, ging dat äwer dat Töwerslott un den Töwergården her, as
were då dat grote Saatfeld west, woräwer Gott der Herr eenmal am
jüngsten Dage de Pauken un Basunen klingen laten ward.  Alles rührde,
bewegde un vörwandelde sick: alle Strüke, Böme, Krüder, Blomen, Vägel
un Deerde sprungen as nüe Gestalten herüm, un in groten langen Reigen
kemen veele Dusende schöner Knaben un Mädlin herut un sungen,
jubelden un juchten: Dom!  Dom! de stolte, de dappre Dom! de
uterwälte Riddersmann Gottes het uns erlöst un dat satanische Nest
terstürt.  Denn Slott un Gården un Blömer un Böme mit aller
töwerischen Anmodigkeit un Prächtigkeit--alles alles in eenem Nu
was't weg, as wer't nümmer då west, un se stunden all up dem hogen
kalden Barg un keeken sick an un vörwunderden sick äwer eenanner un
ook, wo dat schöne un luftige Hexenwark blewen was.

Un don togen se all bargdal in dat Land, wo dat warmer un schöner was,
un de meisten in groten Froiden, wiel fast jeder sinen Schatz am Arm
hedd.  Un dat was een Juchen, Tosen un Josen un Singen un Klingen as
in den ersten Dagen des Froihjåhrs, wo alles grönt un bloiht un de
Vägelken, de de kolde Winter int warme Muhrenland vörjagd hedd,
wedder to Hus kamen un ehre Kehlen to Gesängen stimmen.  Un as se
unnen im Dal weren, dankten alle ehrem Erlöser Dom, un reisten up
allen Straten un Wegen to Hus, jeder in sin Land un to den Sinigen.
Un Dom sede to siner Prinzessin: Nu, mine leewste Dietlinde, känen wi
ook henreisen, wo din Vader wahnt, un dat ward mi nich mehr
gefährlich wesen; denn ick weet, datt ick dat Hardeste un
Gefährlichste bestahn hew, wat de Dorn bestahn schull, un dat Äwrige
ward man een lichtes Kinderspill wesen.

Un se tögen wieder herup im Swawenlande un hürden, datt groter Upruhr
west was gegen den olden Hertog un datt een paar Grewen en mit Wehr
un Wapen anfallen ut dem Feld slagen in dat Gefängniß set't un sine
Herrschaft an sick reten hedden.  Un Dom bedachte sick nich lang.  As
he in de Stadt Rotwiel kam, ging he hen un köffte sick een Striedroß
un Wapen un Rüstung, red up dem Markt up un let sine Fahn mit dem
Ridder, de eenen Draken sleit, flegen, un sinen Herold utropen _Dom!
Dom!  Hierher!  Hierher!  De Ridder Dom de Slangendöder is ut fernen
Landen wedderkamen un hölt in Rotwiel un hett sine Fahn upsteken för
den gefangenen un afgesetten Hertog, un he seggt: Heran!  Heran! wer
noch an den olden Herrn denkt! up! up to Stried un Sieg!_ wi willen
den Deewen un Röwers den Rof afjagen.  Un as de gewaltige Nam Dom
erklung, sammelden sick de Fründe un Getruen des Hertogs unner em, un
he rückte ut mit en den Uprührern entgegen, de ook eene grote
Vergaderung makt hedden; un he truff up se bi eener Stadt, de Lindau
het, un mangelde mit en, un slog se so gewaltig, datt kum een Mann
dåvan kam un de beiden Grewen sülwst up dem Platz blewen.  Dårup red
he vör dat Slott, worin de olde Hertog gefangen lag; un de dat Slott
behöden schullen, kam, as se den Namen Dom hürden, Frucht un
Schrecken an, un selbst gewen et strax up.  Un Dom ging hen un halde
den olden Herrn ut dem düstern Loch, wo de Böswichter en heninsmeten
hedden, un sprack em to un fragde en, ob he en noch kennde.  Un de
Hertog schüddelde mit dem Kopp un sede Ne.  Don sprack Dom: Ick het
Dom, un bün de Dom, den du tweemal bedragen hest, un hier is dine
Dochter,--un he let Dietlinden herintreden--un wi hebben di din Land
und dine Herrschaft wedder gewunnen.  Un de olde Hertog schämde sick
sehr un sede: Ick hew äwel an di dhan, edle Ridder, un disse Godhet
üm di weinig vördeent; äwerst vörgiff mi.  Ick hedd eenen Gruwel vör
di un glöwde, dine Heldendhaden weren vam Düwel, un du werest een
gemeener Gesell edder so een Hexen- un Düwels-Kind as Nimrod un Oss
van Basan Goliath un annere sodane Doiwelskerls towielen west
sünt--un dårüm wull ick di mine Dochter nich gewen.  Äwerst nu seh
ick apenbår, datt Gott mit di is in allen Dingen un datt du de
wahrhaftige un liefhaftige Eddelmannsdom büst, de üm nicks Geringeres
frien dörft as üm een Königs- edder Hertogs-Kind.  Un nu kumm mine
Dochter--un hiermit nam he Dietlindens Händ un lede se in Doms
Hände--dissem unverglieklichen unäwerwinnlichen Helden, dem dappern
ridderlichen Dom vörlawe ick di hiermit van ganzem Harten in Gottes
Namen! un schall dat een festes Band sin, datt Düwel un Höll nich
tobreken kann! un Gott schalt sin Amen dåto spreken un ju segnen van
Kind to Kindeskind för un för!

Un då was grote Froid im ganzen Land, datt de Dom un de schöne
Prinzessin Dietlinde wedder kamen weren un datt de Dom de Drakendöder
un Riesenbedwinger een Prinz worden was un nah des olden Herrn Dood
Hertog van Swawen sin schull.  Un de Drei reisten nu tosam nah Zürich,
un de Dom vörtellde dem Hertog alle Geschichten, de se unnerdeß
erlewt hedden; un he vörwunderde sick sehr.  Un in Zürich der groten
Stadt wurd eene gewaltige un prächtige Hochtid anstellt, un de Dom
wurd as Prinz utropen un mit dem Prinzenmantel behängt, un toletzt
wurd he noch Hertog un hett veele grote un herrliche Dhaden dhan,
wovan noch alle Böker vullschrewen sünt.



Geschichte von den sieben bunten Mäusen


Vor langer, langer Zeit wohnte in Puddemin ein Bauer, der hatte eine
schöne und fromme Frau, die fleißig betete und alle Sonntage und
Festtage zur Kirche ging, auch den Armen, die vor ihre Türe kamen,
gern gab.  Es war überhaupt eine freundliche und mitleidige Seele und
im ganzen Dorfe und Kirchspiele von allen Leuten geliebt.  Nie hat
man ein hartes Wort von ihr gehört, noch ist ein Fluch und Schwur
oder andere Ungebühr je aus ihrem Munde gegangen.  Diese Frau hatte
sieben Kinder, lauter kleine Dirnen, von welchen die älteste zwölf
und die jüngste zwei Jahr alt war: hübsche, lustige Dingelchen.
Diese gingen alle übereins gekleidet, mit bunten Röckchen und bunten
Schürzen und roten Mützchen; Schuhe aber und Strümpfe hatten sie
nicht an, denn das hätte zuviel gekostet, sondern gingen barfuß.  Die
Mutter hielt sie nett und reinlich, wusch und kämmte sie morgens früh
und abends spät, wann sie aufstanden und zu Bett gingen, lehrte sie
lesen und singen und erzog sie in aller Freundlichkeit und
Gottesfurcht.  Wann sie auf dem Felde was zu tun hatte oder weit
ausgehen mußte, stellte sie die älteste, welche Barbara hieß, über
die andern; diese mußte auf sie sehen, ihnen was erzählen, auch wohl
etwas vorlesen.  Nun begab es sich einmal, daß ein hoher Festtag war
(ich glaube, es war der Karfreitag), da ging die Bauerfrau mit ihrem
Manne zur Kirche und sagte den Kindern, sie sollten hübsch artig sein;
der Barbara aber und den nächst älteren gab sie ein paar Lieder auf
aus dem Gesangbuche, die sie auswendig lernen sollten.  So ging sie
weg. Barbara und die andern Kinder waren anfangs auch recht artig;
die älteren nahmen die Bücher und lasen, und die kleinsten saßen
still auf dem Boden und spielten.  Als sie so saßen, da erblickte das
eine Kind etwas hinter dem Ofen und rief: "O seht!  Seht!  Was ist
das für ein schöner und weißer Beutel!"  Es war aber ein Beutel mit
Nüssen und Aepfeln, den die Mutter des Morgens da hingehängt hatte
und den sie des Nachmittags einem ihrer kleinen Paten bringen wollte.
Die meisten Kinder sprangen nun alsbald auf und guckten danach, und
auch Barbara, die älteste, stand auf und guckte mit.  Und die Kinder
flüsterten und sprachen dies und das über den schönen Beutel und was
wohl darin sein möchte.  Und es gelüstete sie so sehr, es zu wissen,
und da riß eines den Beutel von dem Nagel, und Barbara öffnete die
Schnur, womit er zugebunden war, und es fielen Aepfel und Nüsse
heraus.  Und als die Kinder die Aepfel und Nüsse auf dem Boden
hinrollen sahen, vergaßen sie alles, und daß es Festtag war, und was
die Mutter ihnen befohlen und aufgegeben hatte; sie setzten sich hin
und schmausten Aepfel und knackten Nüsse und aßen alles rein auf.
Als nun Vater und Mutter um den Mittag aus der Kirche zu Hause kamen,
sah die Mutter die Nußschalen auf dem Boden liegen, und sie schaute
nach dem Beutel und fand ihn nicht.  Da erzürnte sie sich und ward
böse zum ersten Male in ihrem Leben und schalt die Kinder sehr und
rief: "Der Blitz!  Ich wollte, daß ihr Mausemärten alle zu Mäusen
würdet!"  Der Schwur war aber eine große Sünde, besonders weil es ein
so heiliger und hoher Festtag war; sonst hätte Gott es der Bäuerin
wohl vergeben, weil sie doch so fromm und gottesfürchtig war.  Kaum
hatte die Frau das schlimme Wort aus ihrem Munde gehen lassen, so
waren alle die sieben niedlichen Kinderchen weg, als hätte sie ein
Wind weggeblasen, und sieben bunte Mäuse liefen in der Stube herum
mit roten Köpfchen, wie die Röcke und Mützen der Kinder gewesen waren.
Und Vater und Mutter erschraken so sehr, daß sie hätten zu Stein
werden mögen.  Da kam der Knecht herein und öffnete die Türe, und die
sieben bunten Mäuse liefen alle zugleich hinaus und über die Flur auf
den Hof hin; sie liefen aber sehr geschwind.  Und als die Frau das
sah, konnte sie sich nicht halten, denn es war ihr im Herzen, als
wären die Mäuse ihre Kinder gewesen; und sie stürzte sich aus der
Türe hinaus und mußte den Mäusen nachlaufen.

Die sieben bunten Mäuse aber liefen den Weg entlang aus dem Dorfe
heraus, immer sporenstreichs; und so liefen sie über das Puddeminer
Feld und das Günzer Feld und das Schoritzer Feld und durch die Krewe
und die Dumsevitzer Koppel.  Und die Mutter lief ihnen außer Atem
nach und konnte weder schreien noch weinen und wußte nicht mehr, was
sie tat.  So liefen die Mäuse über das Dumsevitzer Feld hin und in
einen kleinen Busch hinein, wo einige hohe Eichen standen und in der
Mitte ein spiegelhellen Teich war.  Und der Busch steht noch da mit
seinen Eichen und heißt der Mäusewinkel.  Und als sie in den Busch
kamen und an den Teich im Busche, da standen sie alle sieben still
und guckten sich um, und die Bauerfrau stand dicht bei ihnen.  Es war
aber, als wenn sie ihr Adje sagen wollten.  Denn als sie die Frau so
ein Weilchen angeguckt hatten, plump! und alle sieben sprangen
zugleich ins Wasser und schwammen nicht, sondern gingen gleich unter
in der Tiefe.  Es war aber der helle Mittag, als dies geschah.  Und
die Mutter blieb stehen, wo sie stand, und rührte keine Hand und
keinen Fuß mehr, sie war auch kein Mensch mehr.  Sie ward stracks zu
einem Stein, und der Stein liegt noch da, wo sie stand und die
Mäuslein verschwinden sah; und das ist dieser große runde Stein, an
welchem wir sitzen.  Und nun höre mal, was nach diesem geschehen ist
und noch alle Nacht geschieht!  Glocke zwölf, wann alles schläft und
still ist und die Geister rundwandeln, da kommen die sieben bunten
Mäuse aus dem Wasser heraus und tanzen eine ganze ausgeschlagene
Stunde, bis es eins schlägt, um den Stein herum.  Und sie sagen, dann
klingt der Stein, als wenn er sprechen könnte.  Und das ist die
einzige Zeit, wo die Kinder und die Mutter sich verstehen können und
voneinander wissen; die übrige Zeit sind sie wie tot.  Dann singen
die Mäuse einen Gesang, den ich dir sagen will, und der bedeutet ihre
Veränderung, oder daß sie wieder in Menschen verwandelt werden können.
Und dies ist der Gesang:

Herut! herut!
Du junge Brut!
Din Brüdegam schall kamen;
Se hebben di
Doch gar to früh
Din junges Leben namen.
Sitt de recht up'n Steen,
Wat he Flesch un Been,
Und wi gan mit dem Kranze:
Säven Junggesell'n
Uns führen schäl'n
Juchhe! to'm Hochtidsdanze.


Und nun will ich dir sagen von dem Gesange, was er bedeutet.  Die
Mäuse tanzen nun wohl schon tausend Jahre und länger um den Stein,
wann es die Mitternacht ist, und der Stein liegt ebensolange.  Es
geht aber die Sage, daß sie einmal wieder verwandelt werden sollen,
und das kann durch Gottes Gnade nur auf folgende Weise geschehen:

Es muß eine Frau sein gerade so alt, als die Bäuerin war, da sie aus
der Kirche kam, und diese muß sieben Söhne haben gerade so alt, als
die sieben kleinen Mädchen waren.  Sind sie eine Minute älter oder
jünger, so geht es nicht mehr.  Diese Frau muß an einem Karfreitage
gerade um die Mittagszeit, als die Frau zu Stein ward, mit ihren
sieben Söhnen in den Busch kommen und sich auf den Stein setzen.  Und
wenn sie sich auf den Stein setzt, so wird der Stein lebendig und
wird wieder in einen Menschen verwandelt, und dann steht die
Bauerfrau wieder da, leibhaftig und in eben den Kleidern, die sie
getragen, als sie den Mäusen nachgelaufen zu diesem Mausewinkel.  Und
die sieben bunten Mäuse werden wieder zu sieben kleinen Mädchen in
bunten Röcken und mit roten Mützen auf dem Kopf.  Und jedes kleine
Mädchen geht zu dem kleinen Knaben hin, der sein Alter hat, und sie
werden Braut und Bräutigam.  Und wann sie groß werden, so halten sie
Hochzeit an einem Tage und tanzen ihre Kränze ab.  Und es sollen die
schönsten Jungfrauen werden auf der ganzen Insel, sagen die Leute,
und auch die glücklichsten und reichsten, denn alle diese Güter und
Höfe hier umher sollen ihnen gehören.  Aber ach, du lieber Gott, wann
werden sie verwandelt werden?



Halt den Mittelweg!


Ihr habt wohl zuweilen von dem Wode gehört, dem wilden Jäger, der des
Nachts durch Wald und Feld streunt und ruft Hallo!  Hoho!  Halt den
Mittelweg! halt den Mittelweg!  Dieser war vormals vor langen langen
Zeiten ein großer Fürst im Sachsenlande, der viele Burgen und
Schlösser und Dörfer und Forsten hatte.  Er liebte von allen Dingen
in der Welt am meisten die Jagd und lebte mehr in den wilden Wäldern,
als auf seinen Schlössern und war überhaupt eines jähen und wüthigen
Gemüthes und ein rechter Zwingherr.  Dieser Fürst hat, als er noch
lebte, das begangen, was einem keiner glauben will und was jeder für
eine Fabel erklärt aus der allerältesten und allergrausendsten
Heidenzeit.  Ein Hirtenknabe hatte in seinem Walde einen jungen Baum
abgeschält und sich aus der abgeschälten Rinde eine Schalmei gemacht.
Diesem armen unschuldigen Knaben hat der Unhold den Leib
aufgeschnitten und das Ende des Gedärms um einen Baum gebunden, und
nun hat er den Knaben solange um den Baum treiben lassen, bis das
Gedärm aus dem Leibe gewunden und der Knabe todt hingefallen war, und
dazu hat er gerufen: Das ist die Schalmei, worauf du blasen sollst;
das hast du für dein Pfeifen.  Einen Bauer, der auf einen Hirsch
schoß, der ihm sein Korn abweidete, hat er ohne alle Barmherzigkeit
lebendig auf den Hirsch festschmieden und das wilde Thier so mit ihm
in den Wald laufen lassen.  Da ist das geängstete Thier mit dem armen
Mann so lange gelaufen und hat ihm Leib und Haupt und Schenkel an den
Bäumen und Sträuchen so lange jämmerlich zerquetscht und zerrissen,
bis zuerst der Bauer todt war, dann auch der Hirsch hinstürzte.  Für
solch greuliche Thaten hat der ungeheure Mann endlich auch seinen
verdienten Lohn bekommen.  Er hat sich auf der Jagd mit seinem Pferde
den Hals gebrochen, welches durchgegangen und so gewaltig gegen eine
Buche gerannt ist, daß es den Augenblick todt hinfiel, dem Reiter
aber an dem Baum das Gehirn in tausend Stücke zerstob.  Und das ist
nun seine Strafe nach dem Tode, daß er auch noch im Grabe keine Ruhe
hat sondern die ganze Nacht umherschweifen und wie ein wildes
Ungeheuer jagen muß.  Dies geschieht jede Nacht Winter und Sommer von
Mitternacht bis eine Stunde vor Sonnenaufgang, und dann hören die
Leute ihn oft Wod!  Wod!  Hoho!  Hallo!  Hallo! schreien; sein
gewöhnlicher Ruf ist aber Wod!  Wod! und davon wird er selbst an
manchen Orten der Wode genannt.

Der Wode sieht fürchterlich aus und fürchterlich ist auch sein Aufzug
und sein Gefolg.  Sein Pferd ist ein schneeweißer Schimmel oder ein
feuerflammiges Roß, aus dessen brausenden Nüstern Funken sprühen.
Darauf sitzt er, ein langer hagerer Mann in eiserner Rüstung, Zorn
und Grimm funkeln seine Augen und Feuer fliegt aus seinem Angesicht;
sein Leib ist vorübergebeugt, weil es immer im hallenden sausenden
Galopp geht; seine Rechte schwingt eine lange Peitsche, mit welcher
er knallt und sein Wild aufjagt oder auch auf das verfolgte hauet.
Wüthende Hunde ohne Zahl umschwärmen ihn und machen ein
fürchterliches Getose und Geheul; er aber ruft von Zeit zu Zeit drein
Wod!  Wod!  Hallo!  Hallo!  Halt den Mittelweg!  Halt den Mittelweg!
Seine Fahrt geht meistens durch wilde Wälder und öde Haiden und in
der Mitte der ordentlichen Straßen und Wege darf er nicht reiten.
Trifft er zufällig auf einen Kreuzweg, so stürzt er mit Pferd und
Mann und Maus fürchterlich über Kopf und rafft sich weit jenseits
erst wieder auf; doch auch die, welche er jagt, dürfen diesem
Kreuzwege nicht zu nah kommen.

Und was für Wildpret jagt er?  Unter den Thieren alles diebische und
räuberische Gesindel, welches zur Nachtzeit auf Mord und Beute
schleicht, Wölfe, Füchse, Lüchse, Katzen, Marder, Iltisse, Ratten,
Mäuse und von den Menschen Mörder, Diebe, Räuber, Hexen und
Hexenmeister und alles, was von dunklen und nächtlichen Künsten lebt.
So muß dieser Bösewicht, der im Leben so viel Unglück anrichtete, es
gewissermaaßen im Tode wieder gutmachen.  Er hält, was die Leute
sagen, die Straße rein; denn wehe dem, welchen er bei nächtlicher
Weile auf verbotenen Schleichwegen oder im Felde und Walde antrifft,
und der nicht ein gutes Gewissen hat!  Wie mancher muß wohl zittern,
wenn er sein Hoho!  Hallo!  Halt den Mittelweg!  Halt den Mittelweg!
hört!  Denn gewöhnlich jagt er, was er vor seine Peitsche kriegt, so
lange, bis es die Zunge aus dem Halse streckt und todt hinfällt.  Am
strengsten ist der wilde Jäger gegen die Hexen und Hexenmeister;
diesen ist der Tod das gewisseste, wenn er sie einmal in seiner Jagd
hat, wenn sie nicht etwa eine Alfranke oder eine Hexenschlinge finden,
wo sie durchschlüpfen mögen, denn dann sind sie für das Mal frei.
Alfranke ist ein kleiner Strauch, der im Walde steht und im ersten
Frühlinge grünt und sich gern um andere Bäume schlingt und rankt und
dabei oft eine Schlinge mit einer Öffnung macht, wodurch etwas
schlüpfen kann.  Eben so wachsen einzelne Zweige von Bäumen oft so
wundersam zusammen, daß sie ein rundes Loch einer Schlinge gleich
bilden, oft weit genug, daß ein Ochs durchschlüpfen könnte; wie viel
leichter ein Mensch!  Das nennt man eine Hexenschlinge oder einen
Hexenschlupf; denn wann sie in der Noth ein solches treffen und
dadurch wischen, darf niemand sie anrühren.



Ick bün de Ridder Unvörzagt und sla der Säwen mit eenem Slag.


Meister Hans Scharpsteker in Soltwedel vam Amt der Snider un Schröder
lewde mennigen Dag mit siner Fru in eener kinderlosen Eh, un was sehr
bedröwt datt sin Geslecht utgahn schull, un plag to seggen: Dat ward
de Stadt föhlen, wenn de Name Scharpsteker ehr fehlt; denn solang se
denken kann un Eva in den vörbadenen Appel bet, datt de Minschen ehre
Sünd bekleden müßten, hebben Scharpstekers då im Amt der Kledermakers
seten.  Scharpsteker äwerst nömde de Sniders nümmer anners as
Kledermakers.  Endlich as de Kopp all anfung em to grisen, sede sine
Fru eenmal to em: Klas, ick weet, wat du nich weetst, un lachte dåto.
Un he sede: wat schull dat woll Grotes wesen?  Un se strakte en
fründlich üm den Bårt un sprack: Dat süht so ut, as wenn Gott dat
urolde Geslecht der Scharpsteker nich will utstarven laten, denn sit
een paar Weken geiht wat in mi vör, wat woll mal mit twee Beenen up
der Erd herümspazieren ward.  Un de olde Scharpsteker, as he ditt
vörnam, wurd äwer de Maten froh un danzte up sinen twee dünnen
Sniderstaketen herüm, as hedde de Zegenbuck Hochtid holden.  Darup
ging he un slog de Bibel up un sach in sinem Kalender nah; un as he
dat dhan hedd, hüppte he idel lustig äwer Disch un Bänke, so datt
sine Snidersche sede: Wat Wäder! wat is't mit di, Mann? büst du noch
richtig? am End wast du geck un breckst Hals un Been, ehr de junge
Scharpsteker då is.  Äwerst dat Sniderken let sick nich stüren, un
sprung frisch un juchte un joste, datt de Lüd up der Straat vör'm
Finster still stunden un meenden, et were een lustig Gastgebot bi
Meister Klas.  Un as em de Athem knapp wurd, settede he sick bi sinem
Schatz un nam se up de Knee, un reep: Juchhe!  Juchhe! an't Licht
herut mit di, min Held!  Juchhe! un abermal Juchhe! dat ward een
rechter Scharpsteker warden, een Held mit der Natel un mit dem Degen,
un he ward unsern Namen grot maken.  Denn nüe Kleeder hew ick up dem
Sünnenupgang grepen, un in der Bibel, wo ick dat Loos frog, bleef min
Finger up dem Versch stahn im tweeten Book Samuels im ersten Kapitel,
wo dat ludet: Der Bogen Jonathans hat nie gefehlet und das Schwerdt
Saul ist nie leer wiederkommen vom Blute der Erschlagenen und vom
Fette der Helden.  Un wenn ick alles tosamlegge, wat mi in dissen
letztvörledenen Weken drömt hett un wo veele Nateln ick terbraken hew
un wo veele snurrige Gedanken äwer unser Stadtregiment mi dör den
Kopp flagen un schaten sünt, so düdet dat ook up sonne Ding, wovan de
bibelsche Versch spreckt.  Un, Fru, nu segg du, wo is di egentlich to
Mod? denn in di mütt sick't am lebendigsten wiesen; dine Gedanken
sünt gewiß nicks as Degen un Speete un dine Dröm idel Siege un
Slachten?  O wat! sede se, gah mi weg mit dinen Herrlichkeiten! mi is
sehr slimm to Mod un ick lide veel an dullen Gelüsten.  Nimm di man
in Acht, Mann, datt mi de Lust nich ankümmt, di in der Pann to braden
un uptofreten; denn denk mal: gistern hedd ick recht swår mi to
holden, datt ick unsern schönen witten Hushahn, de de Zier vam Markt
is, nich bi'm Kopp nam un en slachtede un brot; denn ick was up
Hahnenflesch mit Lüsten, un as he vör mi up den Gårdentun flog un mit
den Flüchten slog un so lustig kraihde, dacht ick mordlustig in mi:
leg de doch braden in der Schöttel!  As de Snider ditt vörnam, fung
he sinen drüdden Danz an, ret sick de Slapmütz vam Kopp, swung se in
der Luft üm un smet se in de Hög, un reep: Juchhe! un abermal Juchhe!
hebben wi di, junger Held Scharpsteker? hebben wi di, min Dörflinger
un Stalhanschen, un wo alle Grewen un Feldmarschälle heten mägen, de
bi der Snidernatel dat Isen führen lehrt hebben?  Ja, de Hahn is een
modig fürig un ridderlich Veh, un dårüm will dat Heldenkind
Hahnenflesch äten.  Juch!  Juch!  Sniderglück!  Dat ward wiß mal een
General un Börgermeister, de mit der Stadtfahn in't Feld tüht un
Törken un Franzosen dat Hasenpanier in de Hand gift.--Juchhe! frisch
drup, min Küken! frisch drin, min junger Löwe!

So tierde sick de olde Meister.  As sine Fru em äwerst mal sede: Se
hedde den Morgen een Gelüst hett, datt se Plettisen un Bägelisen,
wenn se se hedd biten künnt, gern vörslungen hedd, då müßten des
Sniders Rehbeenen höger hüppen un springen, as je vörher, un he reep
as geck un unsinnig: Hew ick't nich seggt?  Hew ick't nich seggt?
alle ward he in de Flucht slan, keen Törk un Taterkhan ward vör em
utholden.  Un he kunn sine Froid unmöglich bi sick beholden, un leep
ut in de Stadt un vörtellde allen Nawers, wat för een Held ut em
entspringen schull: ja, een Simson mit dem Eselskinnbacken, sede he,
een Gideon, een König David, een Judas Maccabäus, een rechter
Isenbreker un Isenfreter.  Nehmt juwe Jongens vör em in Acht, Nawers,
wenn he då is; dat rad ick ju: denn wenn he bös ward, is keen Utkamen
mit em, ick kenn dat scharpstekersche Blood.

De Nawers äwerst lachten äwer den olden Narren un seden: De Snider is
een Dreihkopp worden.

As de junge Scharpsteker geburen wurd--denn een Jung was he--sach de
Olde up sinem Kopp dat Hütken, dat veelen Lüden bi eenem ankamenden
Kinde een Glücksteken dücht, un reep: Seh! då hebben wi't jo, känen
uns den Helden mit Händen gripen--seh! seh!  Wif! un froi di! då!
seht de Siegshuw un Glückshuw lifhaftig! un wat hett de Schelm vör
een paar Oogen im Kopp! funkelt nich Für un Blitz drin? o wåhrhaftig
de ward Karthauen un Kanonen unvörseerd in't Gesicht sehn.

So kam de junge Scharpsteker tor Welt, un kreg de Namen Hans Niklas.
He wurd äwerst nich anners as Hans Isenfreter nömd.  Denn des olden
Sniders Snack was bi den Lüden hängen blewen, un de junge Hans müßt
dat entgelden.  Hans was een smucker un flinker Jung un hedd würklich
een paar grelle un blitzige blage Oogen im Kopp, un wuß to eenem
slanken un zierlichen Snidergesellen up.  Denn allmälig hedd sin
Vader de groten Gedanken vörgäten, un sede: Sniders sünt ook Lüde.
He let sinen Hans äwerst jümmer sehr nett un alamodisch in Kledern
gahn, denn he was een vörmägender Mann un hedd man dat eenzige Kind.
Vör allen Dingen äwerst trachtede he dårnah, datt Hans een
geschickter un sneller Dänzer wurd un sinen Hot mit Manier afnehmen
un sinen Bückling mit Anstand maken kunn.  Denn he sede: Unsereens
mütt veel mit vörnehmen Lüden ümgahn un to Grewen un Generals un
Prinzen goden Morgen seggen; een Snider schull alltid as de Kinder
der Vörnehmen ertagen warden; ick hew woll sehn, datt man mit lichtem
un behendem Foot in der Welt uptreden mütt, denn je swårer man uptret,
desto harder stött man an, un gewiß is't een gewaltig Wurd, dat Wurd:
Kleder un Snider maken Lüde.

Hans Scharpsteker was negentein Jåhr old un würklich een hübscher
junger Snidergesell mit roden Backen un hellen smachtigen Oogen.  Up
allen Börgerhochtiden hedd he den Vördanz, speelde ook een beten up
der Cither, un sung de schönsten Arien; so datt de jungen Fruen un
Jumfern en man den schönen jungen Snider nömden, olde ernsthafte Lüd
äwerst koppschüddelten un seden: he is een Geck as sin Vader, een
upgeblasener Narr.

Nu begaff sick etwas, dat den jungen Snider in de Welt dref; un he
schull nu vörsöken un pröwen, wat de Siegerhuw em bedüd't hedd.  In
Soltwedel was een grot Vagelscheten, un de olde Klas Scharpsteker
schot dat beste Stück van dem Vagel herunner un wurd Schützenköning.
In der Stadt lewde een older vörsapener Poet un gewesener
Scholmeister, de alle wichtigen Begebenheiten der Stadt un Doodsfälle
un Hochtiden in groten Familien to besingen plag, de dichtete nu ook
up den Köning Klas een langes Gedicht, dat fung mit dissem Versch an:

O Klas! du kühner Klas! de Natelspitz un Degen
Un Fürruhr Flint un Büss geschickt weet to bewegen,
Wat büst du för een Held! wo spelst du mit Geschütz!
Gewiß, du Snider stohlst vam Himmel mal den Blitz!


Dit Gedicht sach woll ut as een Lofgesang, was äwerst heel anners
meent un spelde vörblömt up veele scharpstekerische Pral- un
Narren-Reden an, un makte veel Gelach un Gerede in der Stadt.  Een
Schalk, de sick äwer Meister Scharpsteker erlustigen wull, hedd et bi
dem Poeten bestellt un em een paar Daler dåvör gewen.

Nu satt unser Hans Niklas mit veelen siner Kamraten mal in eenem
Bierhuse, un då seten ook een paar Schohknechte, un de fungen an äwer
dat Königsgedicht un äwer de Sniders to spotten un nömden se nich
anners as de Herren Natelspitzen.  As de jungen Sniders dat hürden,
wullen se weggahn; äwerst eener van en stödd Hansen an un sede: Hans,
lied dat nich un giff dem vörwegnen Schohmaker eens!  Un Hans fatede
sick een Hart, sprung up, un slog dem eenen Schoster achter de Ohren,
datt se een helles Klinglikling sungen.  De beeden Schosters wullen
nu mit ehren harden Pickfüsten ook utlangen, äwerst de Sniders hedden
to flinke Beenen, un weren wips as de Wind ut der Stuwe.

Disse Hansische Ohrfieg gaff eenen groten Uplop un Upruhr in der
Stadt un de Schosters un Schohknechte dheeden sick tosam un drauden
alle Sniders as de Flegen un Müggen dood to slan, wenn de sick vör en
blicken leten.  Un don fuhr eene grote Angst in de armen Kledermakers;
denn wo schullen ehre finen Händekens dat woll mit den knotigen un
knorrigen Füsten der Schohknechte upnehmen?  In disser groten Noth
funden se keenen annern Rath, as datt Hans Scharpsteker dat Feld
rühmen un as de Sündenbuck för alle in de wiede Welt henin jagt
warden schull.  Un de olde Klas roth sülwst dåto.  Un sine Moder
snürde em unner dusend Thranen sin Bündel un sin Vader bröcht en des
Nachts, as alle Schosters slepen, heemlich ut dem Dure un sede em:
Holl di frisch, min dapprer Jong! un lat di dat erste halwe Jåhr nich
merken, datt du een Snider büst; denn de Schelms, de Schohknechte,
künnen di nahspören.  Un hier hest du, wovan du unnerdessen lewen
kannst--un he drückte em föftig Daler in de Hand.  Un de beiden seden
eenanner Adje.

Un Hans ging mit sinen föftig Dalers ganz lustig in de Welt henin un
lewde de ersten Weken går vörgnögt un wanderde dör veele dütsche
Länder un Städer un danzte mit mennigen hübschen Jumfern; un dat
Wanderlewen geföll em woll.  Äwerst he hedd nich an sines Vaders
halwes Jåhr dacht, un nah säwen Weken was sine Tasch leddig.  As em
nu de letzte Daler ut dem Büdel sprung, was he grad in eener Stadt in
der Slesie, de Öls het.  Då was to der Tid eene Bande Kumödijanten
van der Årt de van Stadt to Stadt un van Flecken to Flecken herümtehn
un unnerwielen woll in Schünen un Schaapställen spelen.  Un Hans
dachte in siner Noth: jung un flink büst du noch, to kleden
vörsteihst du die ook, un noch hest du schöne nüe Kleder, un de
Beenen mit Manier hen un her to slenkern un eenen bunten Danz
uptoführen un eene fine Aria to singen un up der Cither dåto to
klimpern--o dat's di man een Spaß; un in eener Stadt as disse künnst
du en woll een Ballet vördanzen.  Un so nam he sick eenen Mod un ging
to dem Hauptmann äwer de Kumödijanten un sede: ick will ook
Kumödijant warden.  Un se nehmen en mit Froiden an, denn he was
schier un hübsch, so as se keenen mank sick hedden.

Un Hans nam sick in sinem nüen Handwerk binnen weinig Weken so up,
datt he Könige un Prinzen un vörnehme Vörleewde un towielen ook Düwel
un Gespenster un annere sonne uterordentliche Meister un Helden
spelde un datt alle Kumödijantinnen sick in den schönen Scharpsteker
vörleewden.  Äwerst dit swinne Glück wurd sin Unglück.  Denn een
van sinen Kamraten, to siner Tid een Student un een rechter Raufbold,
kreg de Swartsucht, as he Hansen dem Wiwervolk so in dem Schot sitten
sach, un sprack em eenen Awend nah der Kumödi, as se bi'm Win seten,
also hart to: Hans Wippstart, de du alles Trittvägelholt beflügst,
morgen, wenn de Dag gragt, müßt du't mit mi up den Säbel vörsöken,
den du hüt as Kaiser Artaxerxes so vörwägen swengt hest; willen mal
sehn, ob ick diner Königin Esther een paar Thranen utlocken kann.
Disse Rede düchte unserm Hans tor Untid spraken, un he bedacht sick
nich lang, nam eenen van den blanken Röcken, worin he Könige un
Helden to spelen plag, un sine Cither un sinen Stock, un so mit recht
flinken Schreden ut dem Dur herut, eh dat Morgenroth noch ut dem
Osten blenkerde.  Denn em was jümmer, as hürde he üm de Ohren Säbel
swirren un Pistolen knallen.  He ging äwerst den Weg up Polen to.

Wat schull he nu anfangen?  Snidern? ja Snidern?  Dat kam em nu veel
to gemeen vör, nachdem he so oft Kaiser un Köning west was un de
schönsten verleewden Prinzessinnen üm sinen Hals hedd bummeln föhlt.
He nam denn sine Cither un sung dåto, un so wanderde he dör't Land.
Äwerst de Polacken, bi den keen Spill äwer den Dudelsack geiht,
makten nich veel Wesens van em, un he müßt oft mit reisenden
Handwerksburschen ut eener Schöttel eten un in slichten un luftigen
Judenkrögen slapen, un all de Dröm van Herrlichkeit un Glück, de sin
Vader in siner Jugend van em drömt hedd, un wat em sülwst up dem
Theatrium oft dör den Kopp schaten was, müßt in Polen wedder utflegen
un sick up den kahlen un kolden Wintertwig setten.

So was unser Hans bet in Litthauen kamen un satt in eenem Judenhuse
in eenem Städtken een paar Mil van Grodno un att eenen slichten
Knublokspannkoken un kauede sin Stück drög Brod dåto, un em föllen de
olden Soltwedler Tiden wedder in, as he bi sinem Vader in Hüll un
Füll satt, un he dacht ook wedder an Öls und wat een grot Mann he då
west was, un wo de wilde Student, de em de Wiwer misgünnde, en van då
mit Sabel un Pistolen wegdraut hedd.  Un he nam sine Cither un spelde
nicks as trurige Stückschen.  Un et föll een gewaltiger Regen, so
datt he inregnede un drei Dag då sitten bliwen müßt.  Do rührde he ut
Langerwiele unner den Bökern, de up dem Kannbrede in der Judenstuw
legen, un fund toletzt een old Ridderbook, worin veele wundersame un
äwenthürliche Geschichten un Leuschen to lesen weren.  Un in dissem
Book las he ook de Geschicht van den säwen jungen Schosters, de säwen
schöne un rike Fräulen friet hedden un worut säwen Eddellüde up
groten prächtigen Slotten worden weren.  Un Hans müßt, as he ditt las,
lud uplachen, un sede bi sick: Wat Düwell säwen Schosters? un du
büst een Snider, un din Vader sede, du schust een Dörflinger warden,
un kannst dat nich mal?  Un in dem slog he mit der Hand up den Disch,
un trug up eene Stell, wo wat Meth vörspillt was un sick een Hupen
Flegen henset't hedd, un säwen Flegen legen van siner Hand as Liken
hengestreckt.  Un he froide sick äwer den Slag, un müßt noch mehr
lachen, un reep ut: Wat der Düker! un ook Säwen!  Un he sach de
Dooden, de vör em legen, lang an, un em föll mancherlei dåbi in un
fludderde em as Fleddermüse dör den Kopp hen un her.

Un de Nacht dårup drömde em allerlei wunderlich Tüg van groten Dingen
un Aventüren un van Königsdänzen un Ridderspill, de bunten un
prächtigen Bilder van dem Theatrium in Öls; un he föll in deepe
Gedanken, un in dissen Gedanken un Nahgedanken satt he denn den
ganzen Morgen un heelen Dag, un sede toletzt: In disser korten Welt
is doch alles man Spill; heddst du man Kleder un Wapen un eenen
polschen Hingst tüschen den Beenen, du wust di ook woll tom Eddelmann
updenen.  Un he fung tor Stund an, un ging in de Stadt un köffte sick
för vier Groschen dickes Packpapier un fineres buntes, un klisterde
dat tosam un klewde nüdliche Bildekens dårup, un snet alles sauber un
nett ut--un so wurd een Schild fardig, nich veel slichter, as de he
up dem Theatrium in Öls oft up dem Arm dragen hedd.  Un midden up dem
Schild malde he säwen Flegen un eene utgestreckte Hand, de nah den
Flegen slog, un därunner schref he de stolten Würde: Ick bin de
Ridder Unvörzagt un sla der Säwen mit eenem Slag.

As de vierde Morgen anbrack, was't een wunderschön Wäder, un Hans
ging mit frischer Hoffnung der Sünn entgegen un drog sinen Schild
up'm Arm un an der linken Lend wippelde em een lütter Stichdegen, den
em de Jud vör sin schönes Citherspill verehrt hedd; un wo hell em't
ook in sinen Ingeweiden klung un sung un mit der magern Hungerklock
lüdede, sin Hart ging em frisch in der Borst, un em was, as wenn he
all eenen bunten Vagel van eener Fräulen bi den Flüchten hedd.  So
ging he lustig up de Stadt Grodno to, wovan de Thörm em
entgegenblenkerden, un kam gegen Middag an, un wiel dat een sehr
heter Sommerdag was, smet he sick in dem Diergården nich wiet vam
Slott unner eenem grönen Boom int Gras, un snorkte bald so sorgenlos,
as wenn de ganze Welt sin were.  Hier in Grodno stund äwerst eene
wunderliche Geschicht, un de mütt ick nu vörtellen:

In der Stadt Grodno wahnde een mächtiger un gewaltiger Hertog van
Litthauen, de hedd een grotes Land bet an den Gränzen van den Törken
un Muschwiters; äwerst nu was de Herr nich mehr mächtig un sieghaft,
un dåran was een gräulich Undeerd schuld.  Ditt Undeerd was een
wilder Bier, een duller Isenbreker van so vörfeerlicher Gröte un
Gewalt, datt keene Kugel en dör dat Fell båhren kunn un datt de
modigsten Kämper vör sinen Hauwers un glönigen Oogen dat nich
utholden kunnen.  Un mennig god Jåhr hedd de Bier im Land herümrast
un veele dusend Ossen un Perde un Minschen slagen un ümbröcht, un
toletzt was he ook nah Grodno kamen un hedd in den groten Wold eene
halwe Mil van der Stadt sin Lager upslan; ja unnertiden kam he woll
dicht unner dat Slott un terwöhlde dem Hertog vör siner Näs de
Bloomenbedden.  Un dat kunn em nüms wehren, denn keen Jäger un Hund
trauede sick mehr an en heran; denn he was sneller as een Hirsch,
kunn dör de deepsten Seen swemmen un up Glattis lopen as up'm struwen
Weg un äwer alle Tün un Muren as een Vagel setten.  Kortüm mit dissem
Bier was et eene Sak, datt alle Lüde glöwden, et ginge nich mit
rechten Dingen to un he were mehr, as wonah he utsach.  Veele dusend
Jagden weren nu een tein Jåhr her up en anstellt, veele hundertdusend
Kugeln up en afschaten, veele dusend Hunde hedd he terreten, un wo
veelen wackern Jägers hedd he de Darmen ut dem Liwe haut!  He blef
äwerst, de he was, de unvörwundliche un unbedwingliche Bier.  Dat
gewaltige Deerd was nu Nawer van dem Hertog worden un höll en in
sinem Slott as gefangen.  Denn de Eber ströpte in allen Büschen un up
allen Wegen üm dat Slott herüm, un dat was besünderlich an em, datt
he arme Lüde un Bedellüde un Buren ruhig ehre Strat gahn let, äwerst
wat blanke Kleeder un Wapen drog un to Perde satt un in Kutschen
fuhr--dat was sin Fiend un då stört'te he sick mit Wuth drup.  Ja so
wiet was dat kamen, datt de Bier mächtiger was as de Hertog, un wenn
sick't schickte, kunn man woll seggen: de Bier was de Herr im Lande
un nich de Hertog.  Denn wer am meisten kann un vör wem alle sick
früchten mütten, de is de Herr.  Wat hedd de arme Hertog nich all
dhan dat Undeerd los to warden! wo veel Gold un Sülwer, Städer un
Slötte hedd he utbaden, wenn eener den Bier slan künn!  Ja he hedd
vörspraken de Bierhut mit Demanten uptowägen, wenn eener se em
bringen kunn; äwerst då kam keen Döder un Bringer.  Toletzt in siner
groten Noth hedd he sine Dochter utbaden, sin eenzig Kind un de
schönste Prinzessin im ganzen Abendland, datt wer keme un den Bier
dalslöge, de schull ehr Brüdegam heten un nah sinem Doode Prinz un
Hertog warden.  Un mennig schön Prinz Grewe un Riddersmann hedd dat
wagt mit dem Bier üm de schöne Prinzessin un jämmerlich sin Lewen
laten müßt.  Endlich äwerst wurd dat Gerücht van dem litthauschen
Eber to mächtig in allen Ländern un nüms let sick up dem Kampplatz
sehn.

In dem schönen Slott satt nu de arme Hertog as een Gefangnen mit
siner Prinzessin un mit sinen Hoffherren, Kammerjunkern un
Jagdjunkern all in dat drüdde Jåhr, un se lewden een langwieliges un
trostloses Lewen un fungen Flegen un Müggen un äten Gapeier, un
wüßten nich, wat se mit der schönen Tid anfangen schullen.  Denn nüms
wagde sick äwer föftig Schritt ut dem Slott herut, un ehr se utgingen,
müßten veele hundert Buschklopper herümströpen un up allen Stegen un
Wegen tosehn, ob ook van dem Bier eene Spur were.  As nu unser bunter
Ridder Unvörzagt unner dem Boom lag un går söt sleep un snorkte, keek
een Kammerherr ut dem Finster un reep: O Wunder äwer Wunder! wat seh
ick!  Då liggt eener unner eenem Boom im Slottgården un schient een
Riddersmann to wesen; denn een Schild liggt bi em.  Dat mütt
wåhrhaftig een gewaltiger Mann wesen, de sick unnersteiht då to
slapen.  Un de Hertog leep nu ook an't Finster, un de Prinzessin un
alle Hofflüd kemen un keeken ut; un de eene sede ditt de annere dat,
all äwerst meenden, dat müßt woll wat Seltsames un Uterordentliches
sin.  De Prinzessin äwerst wurd fürroth vör Froiden, denn se were
gern ut dem Gefängniß herut west un hedd ook gern eenen Mann hett.
Un de Hertog sede: Wi willen henschicken un den Ridder to uns laden;
kann sin, datt Gott uns van Ungeschicht ut dissem langen un harden
Drangsal erlösen will.  Un he schickte drei van sinen vornehmsten
Herren, den Ridder in dat Slott intobidden, datt he keme un bi dem
Hertog sin Quartier nehme.

Un de Baden sleken sick lisign lisign in den Gården as de Müse,
stünden oft still un keeken sick bang üm, as Duwen to dhon plegen,
wenn de Kraih in der Luft schreit un den Hawk anmeldt.  Denn se
dachten jümmer an den hauenden Fiend.  Un bald kemen se an den Boom,
wo unser Hans im Gras lag un sorgenlos drömde un snorkte.  Un se
lesen de stolte Inschrift up sinem Schild, un de eene sprack to dem
annern: Dat mütt een gewaltiger Degen sin, de då Säwen up eenen Slag
sleit; un woll süht he dånah ut; denn kiek! wat is dat för eene
schöne Längde!  Un Ridder Unvörzagt wakte up äwer dem Geflüster, un
stüttede sick up eenen Ellbagen up, un sach då de Männer vör sick
stahn, un vörwunderde sick sehr.  Un de vornehmste van den Drei nam
dat Wurd un sprack also:

Allererhabenster un grotmächtigster Prinz! un allergewaltigster un
unäwerwindlichster Ridder un Herr, Herr Unvörzagt!  Wi sünt hier van
unserm Herrn afgeschickt, eenem mächtigen Hertog, de eenes starken
Arms un Helpers bedürftig is.  Un gewiß, Gott, de sick unsrer Noth
erbarmen un uns van dem gruwlichen Undeerd befrien will, dat disse
Forsten un Gården un dat ganze Land entfredet un vörwoistet un nu so
veele Jähre alles unsäker un wild leggt un veele dusend Wittwen un
Waisen makt hett.  Un dårüm hett de gnädige Gott di hierher schickt,
den Sieghaften un Dappern, datt du den fürchterlichen Eber dalleggen
un de schönste Prinzessin, de de Sünn beschient, tom Gemal winnen
schast.  Un nu stah up un kumm mit uns in dat Slott, wo unser Herr un
Hertog up di paßt un van wo de schönste aller Prinzessinnen ut dem
Finster mit sehnsüchtigen un fröhlichen Oogen up den Schild schaut,
worup de stolte Inschrift glänzt: Ick bün de Ridder Unvörzagt un sla
der Säwen mit eenem Slag.  Dårüm süme di nich, kumm! kumm! un
empfange de Ehren, de diner hogen Dhaden würdig sünt.

Un Hans, den se ut eenem söten Drom upweckt hedden, sach in den drei
Herren, de in prächtigen güldnen un sidenen Kledern un mit ehren
Tressenhöten in der Hand gebückt vör em stunden, eenen nüen bunten
Drom, un horkte hoch up un vörwunderde sick toerst; doch as he sick
den Slap ut den Oogen wischt un sick etwas vörsunnen hedd, kam't em
ganz natürlich vör, datt he sick so bequem as een groter Herr up den
Ellbagen stütten kunn un de Drei in prächtigen Hoffkledern mit
sidenen Strümpen un goldnen Snallen un ehre Höd in den Händen tor Erd
gesenkt mit krummen Bücklingen vör em stunden as de Fidelbagen, de
eben upstriken willen.  Un as he de Red uthürt hedd, sweeg he erst
eenen Oogenblick un bedachte sick, un dat dücht em, datt sin Glück
eene günstige Wendung nehmen wull; un de säwen Schohmakergesellen
föllen em lebendig in un datt he går up eene Prinzessin in't Slott
beden wurd; un he sede bi sick sülwst: Frisch, Snider, äwer de
Schosters! wer nich wagt, winnt keene schöne Frau.  Un so satt he
noch een Wielken un let et sick noch een beten dör den Kopp lopen, un
denn richtede he sick up un sprack ungefähr in dissen Wurden:

Leewe Herren un Fründe!  Gaht hen un grüßt juwen Herrn un Hertog
wedder van dem Ridder Unvörzagt un dankt em för sine fründliche
Badschaft un Ladung up dat Slott.  Van den wundersamen Aventhüren un
Dhaden, de disse mine Füste angrepen un dörhaut hebben, van
betöwerden Gården un Slotten, van verwünschten Prinzen un
Prinzessinnen, van Draken un Riesen, de dör min Isen fallen sünt, to
vörtellen un to berichten würd to lang sin.--Also hier bloihst du mi
wedder up, du schönste rodeste Ridderbloom? hier bloihst du un lockst
du, blitzender Stried un grimmige Gefåhr?  Mer bloihst du wedder up,
Bloom der Leew un Hoffnung nah so grotem Leed, dat mi vör weinigen
Dagen troffen hett?--Un nu markt up, ji Männer!  Ji schält weeten:
Ick tog ut der Britannie un Nederland un Dütschland daher un wull des
Weges nah Konstantinopel un van då in dat hillige Land, un so äwer
den Libanon un Sinai jümmer frischweg in dat swarte Muhrenland henin
de Törken un Unchristen to bestriden--un hürt! då is mi hier in
dissen litthauschen Wüsten een påar Dagreisen vör disser Stadt min
Knapp entlopen un hett Rosse un Wapen un alle mine Schätze un
Klenodien un minen heelen Riddersmuck as een Deef un Spitzbow mit
sick nahmen.  Un to Foot hew ick gahn müßt un binah in der Dracht un
Wise eenes gemeenen Knechts, as ji mi hier seht.  Un dissen Schild
mit der Upschrift, as ji seht un lest, hew ick mi ut Papp makt as een
Teken mines Wandels, un disse elendige Degen is een Degen, den een
Jud mi schenkt hett, un womit man woll Müggen upspeeten kann äwerst
nich gegen Löwen un Riesen un Undeerde as juwer Bier up den Plan
treden.  Un nu gewt Acht, wat ji dem Hertog van minentwegen vörmelden
schält.  Meldt em, een Deef hett den Ridder Unvörzagt, de der Säwen
mit eenem Slag sleit, schier utplündert un en in eenen so weinig
ridderlichen Tostand vörsett't, worin he sick nich unnerstahn dört
vör em un vör der Prinzessin to erschienen.  Will he mi in sinem
Slott sehn, so late he mi in eene Harbarg führen un mi ridderliche
Kleeder, Wapen un een Stridroß bringen, as mines Glieken geziemlich
un gebürlich is, un Knapen un Knechte tom Deenst, damit ick in
ridderlicher Årt un Rüstung in sine Borg inriden kann.  Hüt äwerst
will ick rasten un slapen, denn ick bün matt un möd van der Reis un
noch vull Arger äwer minen schändlichen verlapenen Deef; un morgen
will ick, wenn't Gott un dem Hertog beleeft, minen Inritt dhon.

Un de Männer vörneigden sick mit deepen Kneebögungen bet tor Erd vör
em, un gingen tom Slott torügg un berichteden dem Hertog, wat de
Ridder Unvörzagt seggt hedd un wat he van em begehrde.  Un de Hertog
schickte se wedder in den Gården to bidden, he mügte doch kamen, as
he eben were, denn en un de Prinzessin vörlangde ook går to sehr den
gewaltigen un ridderlichen Helden to sehn.  Äwerst Hans sach se
stolt van bawen an un sede Ne, un denn trumfde he ut: Nich anners!
hüt will ick in de Harbarg, un west flink un seggt dat juwen Hertog
tom tweeten Mal, un gefällt em dat nich, de Strat der Welt is wiet un
breet, un ick ward mi woll wedder to eener Rüstung un eenem Roß
helpen un annerswo min Glück un Aventhür söken känen.

Un se gingen un kemen bald wedder un beden Hans in des Hertogs Namen
nich quad to sin, un führden en in de prächtigste Harbarg, de in
Grodno was, un vier Pagen kemen en in een Bad to führen un twee
Knapen stunden vör siner Dör en to bewachten; un Win und Brod un
Torten un Pasteiden wurden updragen, datt de Disch knackte.  Un dat
gefeel em woll un he sprack bi sick sülwst: Nu is de Dag kamen, wo
ick keen Flegendöder mehr bün--glücklicher Slag un glückliche säwen
Flegen, de ick truff!  Un as he tor Genöge geten un drunken hedd,
ganz anners, as he noch up dem Theatrium, wo dat ook meist man
bildlich herging, de Könige un Helden spelde, ging he to Bedd un
vörsunk in sidenen Dunenküssen un reep in Froiden: juchhe, Glück! so
ligg ick denn endlich as een Prinz in dinem weeken Schot!  O Vader
Klas, wenn du nu dinen Sähn mit der Siegerhuw sehn künnst, wat gew'
ick dårüm!--Un wiel he eenmal wedder recht ordentlich un düchtig satt
was un starken un fürigen Win drunken hedd, slog de Mod in hellen
Flammen ut siner Borst herut, un he reep abermals: Fortuna! is dine
Bahn glatter as Glattis un din Zopp korter as dat Hasenblömken, ick
fat di un holl di fast!  Eene Prinzessin för eenem Bier! wat is denn
een Bier?  Hebben Ridder nich Löwen un Tigern de Tehnen utbraken, un
ick schull vör eenen Bier torügg bäwern?  Ne! nu un nümmermehr!  Un
wenn't een Bier were, as de den olden Heidenkönig Adonis wiland
doodslog, de de Brüdegam van dem Vagel Phönix was.  Nu un nümmermehr!
Morgen is ook een Dag un Glück is Glückes Moder.  Un mit dissen un
dergliken hogen un vörnehmen Würden un Gedanken sleep he lustig in.

As unser Hans so in Win un Dunenbedden un gewaltigen Gedanken
äwerflot, was de Jubel un Froid noch wiet gröter up dem Slott, un den
ganzen Awend wurd nicks spraken und vörtellt as van dem Ridder
Unvörzagt un de Prinzessin kunn sick nich satt fragen un hüren äwer
sine Rede Årt un Gestalt.  Un de drei Baden streken en gewaltig herut
un seden: He is een schöner slanker Herr, un süht ut een påar
Oogen--o Gnädigste Prinzessin!--ut een påar Oogen, de Sünn sülwst, de
in der ganzen Welt gewiß de hellsten Oogen hett, künn sick in em
vörkieken.  Un ook nah dem Schild frog se un nah dem Teken up dem
Schilde, un de Männer kunnen dat nich recht düden.  De eene van en
sede: Dat Teken mütt går wat Afsünnerlichs sin, egentlich süht et ut,
as wenn't man säwen Flegen sünt, wonah de Held slan will; äwerst dat
kann't woll nich sin, då is de Bedüdung gewiß to gering grepen; de
beiden annern meenden, de Vägel segen woll binah as vam
Flegengeslecht ut, äwerst et weren gewiß utländsche un chinesische
edder ostindische un westindische Flegen, as hier to Lande sick nich
blicken leten.  Ook de olde Hertog kam mit siner Weisheit dåtüschen
un meende: Dat künn woll een verblömtes Teken sin van deeper
heemlicher Bedüdung, edder et künn up een Wurd gahn, dat de Ridder
mal bi eener groten Gelegenheit seggt hedd, tom Bispill: Ick will ju
Säwen as de Flegen slan.  Unner dissen un annern anmodigen un
lustigen Reden vörging den Lüden im Slott de süs so lange Awend
swinner as en glücklicher Drom, un se gingen erst lang nah Klock
Twelw to Bedd.

As nu de Morgen kam, weren ook de Pagen dem Hans strax tor Hand un
drogen de kostbarsten sidenen un güldenen un sülwernen Kleder heran,
un de Knapen brächten hellfunkelnde un splitternagelnüe Wapen un
leden se dem Ridder to Föten.  Un Ridder Unvörzagt kledede sick
an--denn dat vörstund he erstaunlich--un spegelde sick in dem Spegel
as een Pagellun, un sach würklich prächtig ut.  Un he dheed eenige
Froidensprüng up sinen flinken Beenen un reep: Hussa!  Snidergesell!
wes nu frisch un unverzagt, as du di nömst, un spele de Ridder un
Prinzen woll, de du so oft up dem Theatrium verstellt hest!  Heissa!
mine Helden, herbi!  Heissa!  Holofernes un Alexander un Mitderdat!
herbi! un spegelt ju in juwen Schöler!  Frisch Hans! wer weet, wat
Gott ut di maken will un ob du nich eenen högern Namen up de
Scharpstekers proppen schast?--Un he nam de Wapen un betrachtede
jedes besünders un wählde sick dat Beste ut; dårup reep he sinen
Knapen, un se müßten se em anleggen un umsnallen.  Un he sach ut hoch
un prächtig as een geburner Fürst.  Un toletzt hängde he sick ook
eenen Schild up den linken Arm.  De Schild äwerst, den he sick utsehn
hedd, geföll em, wiel de lütte Gott Amor mit eenem Flitzbagen dårup
afbildt was, van dem een glöniger Pil in een rodes Hart flog.  He
meende dat äwerst as eene Vörblömung, de up de schöne Hertogsdochter
anspelde, un dachte bi sick: Ick mütt ehr to vörstahn gewen, wo ick
henut will.  Den schönsten un stärksten Schild van allen gaff he
äwerst an eenen Knapen un sede to em: Gah nu, dreg den Schild tom
Maler, un dissen Schild van Papp dåto, un de Maler schull up jenen
Schild malen un schriewen, wat up dissem steiht.

Un as ditt dhan was, steeg he de Treppen henaf un swung sick up eenen
witten Hingst, de sadelt un uptömd vör der Dör stund, un galoppierde
dör de Stadt up dat Slott to; un twee Knapen reden achter em un de
Hofftrumpeter un Basunenbläser reden vör em un blösen sinen Intog.
Un alles Volk leep em nah un juchte vör Froiden: Hurra! då ritt de
grote Säwendöder, de dappre Ridder Unvörzagt!  Denn dat Gerücht hedd
et äwerall utropen, wer in de Stadt kamen were.  Un as de Ridder an
der Slottsdör ankamen was, stund de olde Hertog dåvör un de schöne
Prinzessin sine Dochter un alle Hofflüde, un empfungen den stolten un
hogen Gast, de bi en intehn schull, un führden en de hoge Marmortrepp
henup.  Un Ridder Unvörzagt wüßt sick so to stellen un to hebben,
datt all to minter Mal glöwden, he were ut eenem groten Geslechte un
hedd an Königshäwen lewt un mit Prinzessinnen tor Tafel seten.  As he
äwerst sine Rüstung un de Wapen afleggt hedd, wiesde he sick in siner
Jugend un Schönheit un Behendigkeit so anmodig un licht un let so
nich een Spierken van dem Snidergesellen marken, datt der Prinzessin
dünkte, Hans were de schönste Jüngling, den se in ehrem Lewen sehn
hedd, un datt se bi sick sülwst süftede un bedede: O du leewer Gott
im Himmel! keenen annern as dissen! giff em doch Sieg äwer den Bier
un lat en min Brutbedd bestiegen!

Un nu kam de olde Hertog ook bald up den Bier to spreken un up den
Struß, den Hans mit em bestahn mügt.  Un Hans stellde sick dåbi so
lustig un unvörfeerd datt de Hertog bi sick dachte: de mütt siner Sak
wiß sin un goden Mod fatede.  Hans bat sick äwerst noch acht Dag ut,
bet he den groten Strid wagen wull: denn, sede he, ick bün länger as
drei Weken dör juwe polsche un litthausche Wüstenei tagen, wo't nicks
to kniepen un to biten gifft, un nu hew ick twee Dag to Foot gahn un
binah hungern müßt.  Darüm gewt mi de acht Dag Respiet, datt ick mi
wedder een beten vörhalen un vörkowern un mine Kräfte stärken kann.
Un de Hertog stund em dat gern to, un he un sine Dochter hedden de
lustigsten Dage in siner Gesellschaft, un dat kam en vör, as weren se
im Himmel un as hedde de Langewiel up ewig van en Afsched namen.
Denn Hans vörtellde en de wunderlichsten Geschichten un Aventüren un
bröcht hier alles an den Mann, wat he jemals up dem Theatrium spelt
edder in Bökern lesen hedd.  Denn he hedd eenen klüftigen un
anslägschen Kopp un eene smidige Tung, un kunn recht ärdig vörtellen.

Den drüdden Dag, as de Maler mit dem Schild kam un alle den Schild
betrachteden un de Flegen un de Inschrift dårup, vörwunderden se sick
sehr un keeken den Ridder Unvörzagt an, äwerst nüms wagde dat Wurd an
en to richten.  Toletzt nam de olde Hertog, de sick sehr wise dünkte,
sick den Mod en to fragen un sede: Herr Ridder, ick bild mi in, ick
seh doch recht?  Ditt is juwe Hand, un ditt sünt säwen Flegen? un
disse Flegen bedüden gewiß een Wurd, dat ji mal spraken hewt bi eener
groten Gelegenheit, bi irgend eenem Strid edder in eenem Duwell? un
ji hewt de Flegen tor Erinnerung an eene grote Dhad up juwen Schild
malen laten?

Un Hans bedachte sick nich lang un antwurd'te: Dittmal, Herr Hertog,
hewt ji't doch nich ganz drapen; de Flegen sünt würklich Flegen un
bedüden Flegen, un ick will ju vörtellen, wo se up minen Schild kamen
sünt.  Vör drei Jåhr, as ick toerst in Ridderschaft un up Aventüren
in de Welt utred, satt ick mal in Ägyptenland nich wiet van eener
Stadt, de Rosette het, in eener slichten Leeschchütt un drunk een
Glas Win, wobi ick insleep.  Då kettelde eene Fleg mi up der Hand, un
ick slog blindlings üm mi un truff eenen Hupen Flegen, de den Win
insogen, den ick up den Disch vörspillt hedd--un seh! säwen Flegen
legen as Liken då.  Un ick red wieder, un red an dem groten Nil een
Stück Weges hen.  Då kemen säwen grote Draken geflagen van denjenigen,
de då flegen känen; un jeder Drak was woll millionenmal gröter as de
gröteste Fleg; un de Beester flögen grad up mi los, as wenn se mi
vörslingen wullen, un Für un Gift flog ut ehren Rachen.  Un ick tog
minen scharpen Helper ut der Sched un höll unvörfeerd up minem Hingst,
un as de Vägel heran susden, dheed ick eenen degen runden Zirkelhieb,
un då legen se alle Säwen un zappelden in ehrem Bloode.  Dat Blood
äwerst flot as een roder füriger See, un ick müßt minem Hingst de
Spåren gewen un Rietut nehmen, denn wi hedden beede dårin vörsupen
künnt.  Un hier, Herr Hertog, hewt ji de Geschicht, worüm ick de
Flegen up minen Schild malen let, denn ick dachte, se weren eene
Vörbedüdung up de säwen Draken west, de unner miner Fust fallen
schullen.  Un so mag man seggen, datt de Flegen Flegen un ook keene
Flegen sünt, denn se bedüden ook Draken.  Äwerst Flegen mütten se
eenmal bliwen, un ick mütt se as een Glücksteken mines ersten groten
Aventürs woll as Flegen, solang ick lewe, up minem Schild dregen.  Un
van då an nömden de Lüde mi den Säwendöder, un reepen achter mi her:
seht! seht! då ritt de Säwendöder! un wenn se ook Flegenridder ropen,
wat scher ick mi dårüm?  Denn wåhrhaftig een Bier un een Löw is oft
ehr to drapen un to slan as eene Fleg edder Mügg--un ji hewt woll de
Fabel vörtellen hürt van dem Löwen un van der Mügg?

Sonne un desglieken Reden un Kortzwiel höllen un bedrewen se recht
angenehm im Slott, un de acht Dage vörgingen as eene Minut.  Un as de
achte Dag kam, då kann man eben nich seggen, datt unserm Hans
sünderlich lustig to Mod was; äwerst he höll sick wacker un let sick
nicks marken, un stellde sick so frisch un unvörzagt, as sin Nam was.
Würklich hedden dat schöne Lewen in dem Hertogsslott un de Wapen, de
he drog, un de ridderliche Smuck, womit he angedhan, un de Nam, womit
he ropen wurd, un de Heldengeschichten, de he vörtellde un van annern
vörtellen hürde, un de schönen Oogen der Prinzessin, de Glück un Leew
up en funkelden, em Für un Mod in't Hart blasen, un oft flüsterde dat
in em: Up! up!  Hans! wo oft hest du van der Allmacht schöner Oogen
spraken, för de man in teindusend Doode gahn kann--nu hest du disse
schönen Oogen, de schönsten Oogen der allerholdseligsten un
allerschönsten Prinzessin--un du wust nu vörzuffen?  Frisch drup! een
feiger Kerl freit keene Prinzessin--un wer weet, wat dat Glück för
Würfel för di im Sack hett?  Frisch eenen dappern Wurf in de Schanz!
Wer weet, wat herutspringen kann? un hett sick't nich wunderlich nog
würfelt? un wat hest du veel dåto dhan?--Un Hans was fardig un trat
ganz munter mit vuller Rüstung in den Saal, un tröstede de schöne
Prinzessin, der dat Weenen hüt veel näger satt as dat Lachen, un sede
tom Hertog: Fahrwoll!  Herr Hertog! nümmer seht ji mi wedder as mit
der Bierhut up dissem Speer.  Un de Hertog was godes Modes, un de
Jüngling dücht em går glücklich un herzhaft.  Un he wull em een
grotes Geleide gewen, datt he as een Fürst to dem Platz henriden kunn,
wo de Bier gewöhnlich lag.  Äwerst Hans vörbad sick dat un sede:
Twee Knapen, Herr Hertog, latet mitrieden bet up den halwen Weg un mi
wiesen, wo ick den Bier finden mag.  Då mägen se denn holden bliwen,
bet ick mit der Arbeit mit dem Undeerd fardig bün.  Un de Hertog gaff
sick drin un sede, et schull alles schehn, as de edle Ridder wull.
Un Hans küßte der Prinzessin de Hand, swung sick in den Sadel, un
susde im rasselnden Galopp äwer dem Slotthoff, un twee Knapen susden
em nah.  Un de Prinzessin, de mit ehrem Vader im Finster lag, kunn
den Anblick nich utholden un to swåre Gedanken flogen ehr dör de
Seele, un se beswimde un sunk tosam in ehrer Hartensangst.  De Hertog
äwerst drog se up ehr Bedd un tröstede se un sprack: Du müßt nich so
trurig sin, min trutes Duwign!  Dittmal krigst du eenen Mann, un wat
för eenen Mann!  Mine Swaning un Gisching bedregen mi dittmal nich.

Un as de Ridder Unvörzagd up dem halwen Weg was, höllen de Knapen
still, de as Wegwiesers mit em reden weren, und seden: Sühst du då,
Herr Ridder, den Footpat linker Hand, de äwer de gröne Wisch in den
groten Wold führt?  Up dem rid een halwes Stündken furt, un du warst
eenen grönen Platz sehn, un up dem Platz eene Cistern mit eenem
isernen Gitter; ook steiht då eene grote Eek.--Då kannst du holden
bliwen un up den Bier luren; denn üm de Middagstid kümmt dat böse
Deerd fast jümmer dåhen, up dem Platz to wöhlen un sick in eenem
Morast nah dåbi to köhlen un to wöltern.

Un Hans red van en un sede en bi'm Wegriden den kecken Besched: Töwt
hier, bet ick wedder kam; denn in een paar Stunden bün ick mit Gotts
Hülp wedder hier, un de Eber haut nich mehr.--Un de beiden Knapen
dachten ehr Deel, un Hans, as he so henred, dacht ook sin Deel;
äwerst dat dücht em doch går to schimplich, de Flucht to nehmen,
ahnen den Bier int Gesicht sehn to hebben.  Un as he up den grönen
Platz kam, wo de grote Eek stund un de Cistern mit dem isernen Gitter,
pupperde em sin Hart so gewaltig, datt he't slan hüren kunn, un he
keek sick mit groten Oogen üm, ob he nicks sehn künn, un spitzte de
Ohren, ob he nicks dör de Strük ruscheln hürde.  Un dat was ganz
still, as't üm den Middag in den Büschen is, un keen Vägelken flog
edder zirpte.  Un he steg van dem Perde un let dat gräsen, un tog
sine Rüstung ut, un smet alle Wapen weg; alleen dat Swert behöll he
an der Side.  Denn, sede he ganz vörnünftig, wat schall mi woll dat
Isen helpen gegen een Fell, då keen Isen dör geiht? to springen un to
danzen äwerst künn't gewen, un då is dat Beste, man makt sick flink
un behend to Foot.  Un Hans stellde sick nu bi eenem jungen Boom hen,
de veele Telgen hedd, in Gedanken, den Bier aftowachten un to sehn,
wo he utsege.  Düchte dat Deerd em denn to schrecklich un gefährlich,
so künn he swind up den Boom klettern un den Düwel unnen toben laten.
Ook sine Cither hedd he mitnahmen un an den Sadelknop hängt, un höll
se in der Hand un wull vörsöken, ob he den Bier nich in'n Slap spelen
un em denn so heemlich eens bibringen un utwischen künn.  Denn he
erinnerde sick, datt he mal in eenem Book lesen hedd, datt Swin sehr
musikalische Deerde weren un gewaltig up de Musik horckten.

Un as he so in Gedanken stund, kam de mächtige Bier herrutschen äwer
dat Grön, un Hans nam de Cither un spelde eene lise un trurige Wise,
eenen rechten matten un möden Slapgesang; un em was ook sehr lise un
trurig to Mod.  As nu dat grote un grimmige Deerd de Musik hürde,
stund et strax still un horckte up; un de Musik scheen em to gefallen,
un et lede sick dal un wölterde sick im Grase, un toletzt streckte
et sick still unner de grote Eek hen, as slepe et.  Unser Sniderken
äwerst spelde jümmer furt, un slek sick jümmer näger heran to dem
Bier, un wull sehn, ob he würklich slepe un ob he em nich eens
utlöschen künn.  Äwerst wo leep dat aff?

As Hans em up een föftig Trede nah was, sprung min Bier mit Eenem
Satz up un hast du mir nicht gesehn up den Ridder los.  Disse, as
were he van des Biers grimmigen un flammigen Oogen behext, let vör
Schrecken Cither un Isen ut der Hand gliden, vörgatt Boom un Klattern,
un leep up de Cistern los, un sprung an dat Gitter, un störtede
dåräwer in de Cistern herunner.  De flinke Bier was ganz dicht achter
em un dhed eenen Hau nah em, äwerst drapte en nich; un dat was
Hansens Glück.  Un dat wilde grimmige Deerd wull em nahspringen,
äwerst sprung fehl un blef up den spitzen Zacken sitten, de up dem
isernen Gitter weren.  Un de Bier schüdderde sick up den Zacken un
dref sick de Spitzen jümmer deeper in dat Lif, un schreide, as wenn
he up eenem Speer stack; denn de Spitzen dheeden em nich sacht.  So
schreide he etwa tein Minuten un blödde gewaltig; don was't ut, un he
hung dood up dem Gitter.  Hans, as he in der Doodesangst äwer dat
Gitter sprung, slog mit dem Kopp gegen de annere Wand der Cistern, un
terdöschte sick den Vörkopp, un blödde ook sehr, un lag woll een fiew
Minuten in Beswimmung up der Cisterntrepp.  Äwerst de brüllende
Bier weckte en bald up, un he lag in Doodesangst unner em, de den
Rachen mit den langen witten Hauers wiet upsparrde.  Un jeden
Oogenblick dachte he: Hu! hu! kümmt de Satan los, so is't ut mit di
un he makt di kold.  Un vör luter Angst unnerstund he sick nich sick
to rühren, un dheede, as wenn he dood were.  Äwerst as de
gefährliche Bier jümmer swacker schreide un toletzt man sachtign
stende, un endlich ganz still sweeg, blinzelde Hans mit halwen Oogen
een beten up to em, un sach, datt de ganze Wand vam strömenden Blood
roth was un datt dat Undeerd de Oogen vörkehrt hedd un den Kopp
hängen let, un sick tierde, as were et dood.  Doch Hans dachte bi
sick: de Doiwel kann sin Spill hebben, un truede toerst dem Freden
noch nich, un töwde noch woll eene gode Viertelstund un lag heel
stillign stillign as eene Mus, de den Kater äwer sick luren süht.
Äwerst as sick jümmer nicks rührde, fatede he sick endlich eenen
Ossenmod, richtede sick langsam up, un klatterde heel sachte an der
annern Side äwer dat Gitter.  Un as he herut was un dat Undeerd van
vör un achter betrachten kunn, sach he woll, datt er würklich
muschdood was un sick up dem Gitterisen fangen un doodblödt hedd.  Un
nu betrachtede he den Bier noch veel nauer, kloppte up sinen harden
swarten Rüggenpanzer, beföhlde nich ahnen Gruwel sine scharpen witten
Hauers, un dachte: bi eenem Haar, un se hedden di din beten Lewen ut
den Ribben herut föhlt; un mit dem föll he up sine Knee, wo he stund,
un dankte Gott för sine Gnad, de em so wunderbarlich ut sinem dullen
Anslag herutholpen hedd.  Darup sprung he fröhlich wedder up un reep:
Viktoria!  Viktoria!  Juchhe Viktoria! swing di, Fortuna, un sett
alle Segel bi! du schast mine Göttin sin!  Heissa! nu bün ick een
Prinz!  Un he juchte un josede so gewaltig, as were de ganze Wold
nicks as Strid un Slacht west.

Dårnah ging he hen, nam sinen Degen, un gaff dem Bier noch een paar
deepe Wunden unner dem Buk; un de Doode let sick dat still gefallen,
un müßt ook up dem Kopp noch een paar Schmarren vörleef nehmen.  As
dat dhan was, led he sine Rüstung wedder an, stack sin Swerdt in de
Sched, nam Schild un Speer un Cither, un swung sick up sinen
Schimmel--un so lustig up dem Footpat ut dem Wold herut.  As he nu up
den groten Weg kam un siner Knapen ansichtig wurd, begunn he van nüem,
datt Barg un Dal erklungen: Viktoria!  Viktoria! de Bier is dood!
Un se galoppierden lustig heran, un erstaunden, un seden: Wi hebben
dat gewaltige Schreien hürt, un ji känt ju verstellen, Herr Ridder,
datt wi früchteden, wi müßten man wedder tom Slott Rietut nehmen:
denn wi dachten un twiwelden, ob dat Schreien van dem Ridder edder
van dem Undeerd keme--un nu Gott Lof un Dank! wi sehn ju hier un ji
lewen; un wat ward dat up dem Slott för een Triumfiren un Jubeln
gewen!

Un Hans sede: Nu frisch, Jongs! un lat't drawen, un kamt mit un seht!
Dat was een Deerd! dat is wåhr; äwerst ick hew et lehrt mit
Säwendödern to spaßen.  Lang höll he sick dapper un makte mi hete
Arbeit, äwerst toletzt müst he dat Hasenpanier ergripen, un ick dref
en gegen de Cistern, då is he in der Angst upsprungen, un hängt up
den isernen Zinken.

Un as se up dem grönen Platz upreden un an de Cistern kemen,
wunderden de beiden sick noch mehr äwer dat mächtige Deerd, dat då
hung, un wullen ehren Oogen nich truen, un hedden noch Angst, ob ook
noch Lewen in dem Dooden were, so fürchterlich kam de Bier en vör.
Äwerst Hans grep nah sinem Dolk un lede de Hand an, un fung an de
Hut aftotehn.  Un as de Knapen dat segen, datt de Bier sick so
geduldig fillen let, grepen se ook to ehren Metzern un hülpen em, un
in tein Minuten lag de Bierpelz då.  Un de Ridder Unvörzagt brack em
ook de Hauers ut.  Un de Hauers hängde he äwer sinen Schild un de
Bierhut stack he up sinen Speer; un so reden de Drei dem Slot un der
Stadt to.  Un as se gegen dat Stadtdur kemen, let Hans sine Knapen
vöran riden un blasen un mit heller Stimm Viktoria!  Viktoria! ropen.
Un dat ganze Volk, dat de witten Hauers un de Bierhut up dem Speer
sach, klung mit Viktoria! un leep in Froiden tosam; un so kemen se im
vullen susenden und brusenden Gewimmel an dat Slott.

Bi dissem gewaltigen Getose un Gejose un Viktoriageschrei weren de
Hertog un de Prinzessin går swinne herunnerkamen, un stunden vör der
Slottspurt, as de stolte Ridder mit den Hauers un der Bierhut in den
Hoff inred.  Un he sprung as een Blitz vam Perde, bückte sick tor Erd,
föll vör der Prinzessin up de Knee, küßte ehr de Hand, lede Hut un
Hauers to ehren Föten, un sprack: Dörr ick upsehn to dinen Oogen, du
Herrlichste? dörr ick mi van dem Glanz diner Gnaden anstralen un
beschienen laten? winkst du, Erhabenste un Holdseligste, datt ick de
glücklichste van allen Kreaturen sin schall, de up Gotts Erdboden
lewen?  Is dat äwerst anners, hest du man ut Noth dem Sieghaften dine
Hand vörspraken, din Hart äwerst bi di beholden, so mak een swinnes
un truriges End--un Ridder Unvörzagt ritt wedder in de wide kolde
leewlose Welt, un se mägen sick hier van dem Säwensläger un Bierdöder
eenmal in künftigen Dagen de Dhaden as een Leuschen un eene Fabel
vörtellen.

Un de Prinzessin wurd bi dissen Wurden roth as een witt Laken,
woräwer de Sünnenschin as een flegender Schatten löpt; un se blickte
en mit Wohlgefallen an, äwerst de Borst was ehr so beklemmt, datt se
nich spreken kunn.  So nam denn de olde Herr dat Wurd för se un sede:
Wo schullen wi so grote Sünd dhon an uns un an Gott, datt wi eenen so
edeln dappern un ridderlichen Mann, de Kron un den Glanz van aller
Ridderschaft, ahnen sinen Pris un Lohn van uns reden leten?  Ne! edle
Herr un Mann!  Geföllt di mine Dochter un vörsmadest du nich mi in
minen olden Dagen de Zepterlast dregen to helpen un minen Fründen
Stolz un minen Fienden Demod to lehren, so blif hier un ward min Sähn
un min Eidam.--Un de Thranen leepen dem olden Fürsten de Backen
herunner, un he nam siner Dochter Hand un lede se in Ridder
Unvörzagts Hand un sprack in Gottes Namen den Segen dåräwer.

Un bald gingen se henup in den Hertogssaal, un de schöne Prinzessin
vörbund ehrem Ridder sine Wund, de noch sehr blödde; denn he hedd
sick up der Flucht vör dem Bier, as he äwer dat Cisterngitter
herunner föll, een grotes Loch in den Kopp slagen.  Un in sinem Lewen
hedd em nicks so sacht dhan as de weeken Händken der Prinzessin, de
he üm sinen Kopp un sine Backen krauen un krabbeln föhlde.  Hans
äwerst vörtellde en, he hedd sick dat Loch an eenem Boom stött, as he
den Fiend to hitzig drängde un vörfolgde.  Darup müßte he alles recht
utführlich vörtellen, wo he mit dem Undeerd fardig worden was, un he
makte de Geschicht van siner Slacht mit dem Bier lustig nog torecht.

Un as wedder acht Dage üm weren, då was eene prächtige Hochtid, un
Ridder Hans Unvörzagt ging mit der allerschönsten Prinzessin to Bedd
un het nu Kronprinz van Litthauen.  Un so is, wat anfangs as een Spaß
utsach, de gröteste Ernst worden.  Un Prinz Unvörzagt hett sinen
Prinzen up dem groten Theatrium der Welt so god spelt, datt alles
Volk mit em tofreden was un ook de Prinzessin de glückseligste Fru up
dem ganzen Erdboden nömt wurd.  Un dat ging nah Gottes Willen, de
Hans Scharpsteker un den Hertog un sine Prinzessin nich to Schanden
sündern to Ehren bringen wull, ahnen Hexeri alles ganz ordentlich un
natürlich to.

De Prinz, de unner Sniders geburen un in siner Jugend unner en
ertagen was, de mit nüms as mit Sniders lewt un nicks as Sniderliches
un Vörzagtes sehn un hürt hedd, was van Natur nich hasig un feig; he
was man dör Gewohnheit sniderisch worden.  Un dat was woll begriplich,
datt he bi'm ersten Utlop un Anlop up siner Ridderbahn gegen eenen
Kämpen, as de Bier was, nich Stand holden kunn.  Äwerst dittmal
hulp Gott em, de en nich vördarwen laten wull, un spader hulp he sick
sülwst wieder un wurd van Hand, Hart un Mod een der
allerridderlichsten Fürsten.  Van Natur stolt, edel, fürig un modig
un dåbi schön van Gestalt un Getier wurd he een sehr kloker un
dapprer Prinz, un keen Minsch up Erden hedd em anmarken kunnt, datt
een so stolter Vagel ut eenem Snidernest utflagen was.  Toerst ging
em dat grad so, as dat oft eenem groten Doggen geiht.  De let sick
ook oft een Jåhr un länger van eenem lütten Puttköter biten, wiel de
en all beten hett, as he noch een Wölp was; äwerst wenn he siner
Macht mal in worden is, denn mag Gott dem Puttköter gnädig sin.  Hans
was nu een Prinz, äwerst he führde sick ook prinzlich un herrlich up
un hedd nicks as hoge un prinzliche Gedanken un bedref alle
prinzlichen Arbeiden un Öwungen, datt et eene Lust was.  Dat Beste
äwerst an em was, datt he nümmer äwermodig un äwerdhadig wurd, woll
äwerst sin Lewenlang bekennt un erkennt hett, he were alles dör
Gottes Gnad worden, de en dör kindisches Spill hedd to eenem groten
Herrn maken wullt.

Un Prinz Unvörzagt is drei Jahr nah der Bierslagt Hertog van
Litthauen worden un hett veele grote un swåre Kriege führt un toletzt
dem König der Muschwiters un Taters een ganzes grotes Königrik
afwunnen, un sick Köning titeln laten.  As he nu een so grotmächtiger
Köning un Herr was, schickte he heemlich eenen Baden nah siner
Vaderstadt Soltwedel mit eenem Bref an sine Öldern, un bat se, to
ehrem Sähn Hans to kamen, då schullen se herrliche un lustige Dage
hebben.  Köning Hans schref äwerst nich, dat he Köning van Litthauen
un Kosackien un Tatarien were, sündern he hedde een sehr rikes un
schönes Fräulen friet un prächtige Slotte un Göder mit ehr tor
Mitgift bekamen; un se schullen Hus un Hoff man vörköpen un sick up
den Weg maken un to em kamen un bi em ehre spaden Dage in Froiden
vörlewen: denn Gott hedd em so veel gewen, datt he alle sine Fründe
rik maken künn.  Un sine Öldern dheeden so, un kemen nach Grodno;
äwerst wo erstaunden se, as se am Dur nah Hansen sinem Huse frögen un
de Lüde en seden, ehr Sähn Hans were jo de Köning sülwst.

Un de olde Snider Klas un sine Fru wurden ut dem Wirthshus, van wo se
sick hedden anmelden laten, in eener prächtigen goldnen Hofkutsch
afhalt un in't Slott führt, wo se den Köning Hans un sine Königin un
ehre nüdlichen Kinderkens in idel Herrlichkeit un Lust funden.  Un de
olde Vader Klas sede to sinem Hans: Hew ick di nich oft seggd, de
Siegerhuw un Glückshuw würd di noch een Grotes bedüden?  Un König
Hans lachte un flüsterde lisign: Ja, wenn ick nich dem eenen van den
grotmuligen Schohknechten eene Ohrfieg streken hedd, wat würd de
Siegerhuw mi Grotes bröcht hebben?  So is et: Gott stött de Minschen
in de Welt henin, datt se äwer eenanner purzeln, veele bliwen liggen,
annere stahn up, un weinige flegen hoch, äwerst keener ahnen sinen
Willen.

Un van disser vörnehmen un ridderlichen Snidergeschicht is de Frag
upkamen, de man towielen upgiwt: Welke Ohrfieg is dem Gewer am besten
bekamen?



Kater Martinchen


Auf der Halbinsel Wittow auf Rügen ist ein Dorf, das heißt Putgarten,
nicht weit von dem berühmten Vorgebirge Arkona, wo der alte
heidnische Götze Swantewit weiland seinen Tempel gehabt und sein
wüstes Wesen getrieben hat.  In diesem Dorfe Putgarten lebte eine
reiche Bäuerin, die hieß Trine Pipers.  Sie war jung Witwe geworden
und hatte keine Kinder, wollte auch nicht wieder freien, obgleich
viele Freier um sie warben, denn sie war ein sehr schönes und
frisches Weib.  Das konnten die Leute nicht recht begreifen, zumal da
sie sonst immer lustig und munter war und bei keinem Tanze und Gelage
fehlte.  Denn das mußte man sagen, einen aufgeräumteren Menschen gab
es nicht als diese Bäuerin, und kein Haus hatte so viel Lustigkeit
als das ihrige.  Alle hohen Feste hatte es Tanz und Spiel bei ihr;
die Fasten wurden von Anfang bis zu Ende durchgehalten und mit
Schmäusen, Spielen und Tänzen gefeiert, Pfingsten und am Johannistage
ward unter grünen Lauben getanzt, und am Martinstage setzte keine
Bäuerin so viele gebratene Gänse auf, und wenn sie ihr Korn
eingebracht, wenn sie Ochsen oder Schweine geschlachtet oder Wurst
gemacht hatte, mußte die ganze Nachbarschaft sich mit freuen und mit
ihr schmausen.  Kurz, diese Bäuerin lebte so prächtig, daß kaum eine
Edelmannsfrau besser leben konnte.  In ihrem Hause war alles nett und
tüchtig und fast über das Vermögen einer Bäuerin zierlich.  Ebenso
lustig und tüchtig sah es auf ihrem Hofe und in ihren Ställen aus.
Ihre Pferde glänzten immer wie die Aale, und man hätte sie Sommer und
Winter als Spiegel gebrauchen können; ihre Kühe waren die schönsten
und gedeihlichsten im ganzen Dorfe und hatten immer volle Euter; ihre
Hühner legten zweimal des Tages, und von ihren Gänseeiern war nie
eines schier, sondern jedes gab ein Junges.  Weil ihr Haus lustig und
sie freigebig war, so hatte sie auch immer die schönsten und
flinksten Knechte und Dirnen auf ganz Wittow.

So lebte Trine manches Jahr, und kein Mensch konnte begreifen, wie
sie als Bäuerin das Leben so halten und durchsetzen konnte, und viele
hatten schon gesagt: "Nun, die wird auch bald vor den Türen
herumschleichen und schnurren gehen."  Aber sie focht und schnurrte
nicht herum, sondern blieb die reiche und lustige Trine Pipers nach
wie vor.  Andere, die dies lustige Leben so mit ansahen, meinten, es
gehe nicht mit natürlichen Dingen zu; sie habe Umgang und
Gemeinschaft mit bösen Geistern, und die bringen es ihr alles ins
Haus und geben ihrem Vieh und ihren Früchten so wunderbaren Segen und
Gedeihen--als wenn Gott nicht der beste und einzige Segenbringer und
Segensprecher wäre.  Viele wollten bei nächtlicher Weile einen
Drachen gesehen haben, der wie ein langer feuriger Schwanz auf ihr
Haus herabgeschossen sei; das sei ihr heimlicher Buhler, der hänge
ihr den Wiem voll Schinken und Mettwürste, fülle ihr die Kisten und
Kasten mit Silber und Gold und stehe mit am Butterfasse und helfe
buttern und gehe mit in den Stall und helfe melken.  Andere, noch
boshafter, sagten, sie selbst sei eine Hexe und könne sich unsichtbar
machen: so schleiche sie den Nachbarn in die Häuser, stehle aus
Keller und Speisekammer, nehme den Hühnern die Eier aus den Nestern,
melke die Kühe und rupfe den Schafen die Wolle und den Gänsen die
Dunen aus.  Darum sei sie so glatt und glau und könne soviele
Wohlleben ausrichten und ein Leben führen, als wenn es alle Tage
Sonntag wäre.  Das bemerkten einige Nachbarsleute noch und
schüttelten die Köpfe dabei, daß Trine eine leidige Freundlichkeit
habe, womit sie wohl hexen könne, und daß sie Kindern nie in die
Augen sehe, wieviel sie auch sonst mit ihnen schmeichle und kose;
denn sie habe als Hexe kein Kind in ihren Augen, und es tue ihr sehr
wehe, wenn sie den unschuldigen Kindern, die noch nichts verbrochen
haben, in ihre reinen Augen schauen müsse.

So lief allerlei Geschwätz unter den Leuten rund, und sie flüsterten
und munkelten viel über Trine Pipers; aber sie konnten ihr doch
nichts anhaben und beweisen.  Sie tat all ihr Werk tüchtig vor den
Leuten, war redlich in Handel und Wandel, ging fleißig zur Kirche und
gab Priester und Küster willig und freundlich das Ihrige und hatte
immer eine offene Tasche und einen offenen Brotkorb für die Armen,
wenn sie an ihre Türe kamen.  Auch gingen die, welche ihr die Ehre so
hinter ihrem Rücken zerwuschen, recht gern zu ihren Festen und Tänzen
und schmeichelten und heuchelten ihr.

Trine Pipers hatte auf diese Weise wohl zwanzig Jahre ihre Wirtschaft
geführt, und alles war ihr immer nach Wunsch geraten.  Da bekam sie
einen bunten Kater ins Haus, und bald ging im Dorfe und in der
Nachbarschaft das Gerede: der sei es, das sei der Gewaltige, nun sei
es endlich zum Vorschein gekommen, und auch ein Kind könne es sehen,
der trage ihr all das Glück zu.  Denn leider sind die meisten
Menschen so, daß sie meinen, es müsse mit einem Menschen was
Heimliches oder Ungeheures sein, wenn er die Narrenkappe des Lebens
nicht gerade so trägt wie sie, und wenn er die Schellen daran nicht
ebenso klingen läßt.

Ein bunter Kater ward in Trines Hause gesehen, und kein Mensch wußte,
wo der Kater hergekommen war.  Trine lächelte und machte einen Scherz,
wenn man sie fragte, und sagte es nicht.  Einigen hatte sie wohl
gesagt, sie habe einen Bruder, der sei Schiffer in Stockholm, der
habe ihr den schönen Kater einmal aus Lissabon mitgebracht; aber das
glaubten sie nicht.  Der Kater war groß, bunt und schön, grau mit
gelben Streifen über dem Rücken und hatte einen weißen Fleck am
linken Vorderfuß.  Da schrien die alten Weiber: "Da sehen wir's ja,
da haben wir's!  Einen dreifarbigen Kater?  Wer hat in seinem Leben
gesehen oder gehört, daß es Kater mit drei Farben gibt?"  Trine liebte
den Kater sehr und saß manche Stunde mit ihm allein und spielte mit
ihm, der mit wohlgefälligem Brummen seinen Kopf an ihr streichelte
und gegen alles, war ihr zu nah kam, ausprustete und aufpfuchsete:
die arme Trine ward älter, die arme Trine hatte keine Kinder, sie
mußte was zu spielen haben.  So saß sie nun manche Stunde, wo sie
sich sonst draußen in ihrer Wirtschaft tummelte, still in der Stube
und spielte mit ihrem Martinichen; denn so rief sie den Kater.
Martinichen und Mieskater Martinichen klang es in der Stube,
Martinichen klang es auf der Flur, Martinichen auf der Treppe und auf
dem Boden.  Keinen Tritt und Schritt tat sie, Martinichen war immer
dabei, und von dem Vorratsboden und aus der Speisekammer brachte er
immer seine Bescherung mit im Munde.  Kurz, der bunte Kater
Martinichen aus Lissabon war ihre Puppe und ihr Spielzeug; er stand
mit ihr auf und ging mit ihr zu Bette, ja sie ging nicht in die
Nachbarschaft, daß sie ihr Martinichen nicht unterm Arm trug;
Martinichen leckte von ihrem Teller und lappte aus ihrem Napf, er war
der Liebling, er durfte alles, keiner durfte ihm was tun: Hunde
wurden herausgejagt, die ihn beißen wollten, ein Knecht ward
verabschiedet, weil er ihn Murrkater und Brummkater, Speckfresser und
Mausedieb genannt hatte.

Dies gab Geschichten und Lügen und Märchen im ganzen Dorfe, bald im
ganzen Kirchspiele, dann im ganzen Ländchen: Trine hieß eine Hexe,
die einen wundersamen Kater habe, mit dem es nicht richtig sei, und
vor dem man sich hüten müsse.  Das sei ein Kater, einen solchen
zweiten werde man in der ganzen Welt umsonst suchen; den ganzen Tag
tue er nichts als fressen und sich hinstrecken und sonnen oder auf
Trines Knien herumwälzen, des Nachts liege er auf ihrem Bette bis an
den lichten Morgen, und doch finde der Knecht, wenn er morgens frühe
zur ersten Fütterung in den Pferdestall gehe, immer zwei große Haufen
toter Ratten und Mäuse vor der Haustüre aufgetürmt.  Was möge das
wohl für ein Kater sein, der für diesen feisten und glatten Faulenzer
die Arbeit tue?

Dies Gerede und Gemunkel hatte sich freilich erst draußen
herumgetrieben; dann kam es auch in Trinens Haus und zu Trinens
Leuten, und ihnen fing an, bei ihr ungeheuer zu werden.  Wenn sie mit
schmeichelnder Stimme Mieskaterchen!  Mies--Mieskaterchen!
Martinichen!  Misichen--Martinichen! rief und den knurrenden und
spinnenden Kater auf den Schoß nahm und ihm den Rücken streichelte,
und er sich dann vor Vergnügen krümmte und an ihr strich und brummte,
und ihm die grünen, umnebelten Augen im Kopfe funkelten, dann guckten
die Leute die beiden Spieler mit großen Augen an und wären um alles
in der Welt mit ihnen nicht lange in der Stube geblieben.  Trine
hatte sonst immer die tüchtigsten und schönsten Leute gehabt, aber
die konnten es jetzt in ihrem Hause nicht aushalten; sie zogen weg,
und sie konnte zuletzt nichts als Hack und Mack in ihren Dienst
bekommen, und auch die blieben nicht lange, und fast jeden Monat
hatte sie frische Leute.  Alle Welt glaubte nun einmal, Trine sei
eine Hexe, und keiner wollte mit ihr zu tun haben.  Auch war es mit
der alten Gastlichkeit und Fröhlichkeit des Hauses vorbei und mit den
Schmäusen und Tänzen, denn keiner wollte kommen; und Trine mußte mit
ihrem Mieskater Martinichen einsam sitzen und ihre Bratgänse und
Würste allein verzehren.

Aber ach, du arme Trine Pipers, die du sonst so froh und fröhlich
gewesen warst und alle gern erfreut hattest, wie ging es dir auf
deinen alten Tagen?  Nicht allein keine Gesellen und Gesellinnen und
Nachbarn und Nachbarinnen kamen mehr, sich des Segens zu freuen, den
Gott dir gegeben hatte, und sich mit dir zu erlustigen, sondern in
wenigen Jahren verging auch das, wovon du dich hättest erlustigen
können.  Die Leute kopfschüttelten und flüsterten zwar, der Kater sei
es, der sei bisher der unsichtbare Bringer und Zuträger gewesen und
habe Scheunen, Kornböden, Keller, Speisekammern, Milcheimer und
Butterfässer und Geldkatzen und Sparbüchsen gefüllt; aber nun war ja
dieser Wundertäter und Hexenmeister da, warum ging es denn nicht noch
gedeihlicher als vorher?  Warum ging vielmehr Trinens Wirtschaft von
Tage zu Tage mehr zurück?  Die arme Trine hatte Knechte und Mägde,
wie sie kaum ein Bettlerkrug willig beherbergt hätte, recht was man
Krücken und Ofenstecken nennt; ihre sonst so glatten Pferde magerten
ab und verreckten an Rotz und Wurm; ihre Schweine und Kühe hatten
Läuse und gaben keine Milch mehr; ihre Schafe und Gänse wurden
Drehköpfe, als hätten sie geheime Wissenschaft studiert; ihre Hühner
und Enten legten keine Eier und brüteten nicht mehr; ihr Feld trug
Disteln und Dornen für Korn und Weizen.  Kurz, Trine geriet in zwei
Jahren in die bitterste Armut: Pferde waren weg, Kühe waren weg,
Schweine ausgestorben, Schafe geschlachtet, Tauben und Hühner vom
Marder aufgefressen, der Hund an der Kette verhungert--kein Hahn
krähte mehr auf ihrer Haustüre, kein Bettler seufzte mehr sein Gebet
davor.  Und Trine saß allein und verlassen mit gelben, gefurchten und
gerunzelten Wangen und von Tränen und Jammer triefenden Augen und
schneeweißen Haaren in der frierenden Ecke ihres leeren Zimmers und
hielt ihren magern und in der Asche verbrannten Kater auf dem Schoße
und weinte jämmerlich über den kargen Brocken, die man ihr von fern
zuwarf; denn keiner mochte ihr gern nah kommen.

So hat man sie eines Morgens gefunden tot auf dem Boden ihres
Stübchens hingestreckt und ihren treuen Mieskater Martinichen tot auf
ihr liegend.  Die Leute haben mit Grauen davon erzählt.  Und die
sonst so reiche Trine, die der Kirche und Geistlichkeit immer so gern
gab, als sie noch was zu geben hatte, ist begraben, wie man Bettler
begräbt, ohne Sang und Klang, ohne Glocken und Gefolge; kein Nachbar
hat sie zum Kirchhof begleiten wollen, kein Verwandter ist ihrer
Leiche gefolgt, sie hatte ihnen ja nichts nachgelassen.  O kalte Welt,
wie kalt wirst du denen im Alter, die dann nichts haben, womit sie
sich die Füße zudecken können, und ach, auch die irdischen Mängel,
die man mit schärferen Augen an den Alten betrachtet!

Als Trine nun tot war, erzählen die Leute, ist sie immer als Hexe
umgegangen und geht bis diesen Tag als Hexe um in der Gestalt einer
alten, grauen Katze, die man daran kennt, daß sie Augen hat, die wie
brennende Kohlen leuchten, und daß sie ganz entsetzlich laut sprühet
und prustet, wenn man sie jagt.  Sie wird noch alle Mitternächte auf
der Stelle gesehen, wo ehedem Trinens Haus war, und heult dort
erbärmlich; im Winter aber, wann in den Scheunen und auf den Dächern
die wütigen Katzenhochzeiten sind, ist sie immer voran auf der
höllischen Jagd und führt das ganze Getümmel und miaulet und winselt
auf das allerscheußlichste.  Diese Stimme verstehen die Leute in
Putgarten so wohl, daß alt und jung gleich rufet: "Hört!  Da ist
wieder die alte Trine!"

So ist es Trine Pipers gegangen, und so geht es vielen Menschen bis
diesen Tag.  Sie ist eine arme, elendige Bettlerfrau geworden und hat
ihren christlichen, guten Namen verloren, weil sie den bunten Kater
Martinichen lieber gehabt hat als Menschen.  Denn wenn sie auch keine
Hexe gewesen ist, so haben die Nachbarn und Nachbarinnen es doch
geglaubt, weil sie sich in ihrer unnatürlichen und häßlichen Liebe zu
der unverständigen Kreatur so in des Katers Gemüt und Gebärden
hineingestohlen und hineinvertieft hatte, daß sie Menschen nicht mehr
so suchte und liebte wie sonst.  Sie mag zuletzt auch mit
Katzenfreundlichkeit geblinzelt und mit Katzenaugen geschielt und mit
allerlei Katzenmännchen sich gekrümmt und gewunden haben, so daß kein
Mensch und kein Vieh und also auch kein Glück es länger bei ihr hat
aushalten können und sie zuletzt mit ihrem Mieskater Martinichen ganz
allein geblieben und so im größten Elende umgekommen ist.



Klas Avenstaken.


In dem Lande Westfalen unweit der Stadt Minden, wo es viele tüchtige
Bauern hat, lebte vor langen Jahren ein Schulze in Dümmelshusen, der
Peter Avenstaken hieß, ein Mann von Sitten und Art geduldig und
sanftmüthig und deswegen bei Freunden und Nachbarn wohl berüchtigt
und beliebt, sonst aber von großem und reisigem Leibe und von so
gewaltiger Stärke, daß er weit und breit nur der starke Peter hieß,
und daß die Leute ihm hundert Schritt aus dem Wege gingen, wann er
böse ward; denn ward er böse, so ward er es sehr, und konnte
überhaupt nichts Mittelmäßiges thun.  Dieser Schulze in Dümmelshusen
hatte ein Lieblingswort, das er oft gebrauchte und das in seiner
Freundschaft und Verwandtschaft sehr alt war; denn ehrsame
Bauerschaften pflegen auf gewisse Worte, Sinnsprüche und Sprichwörter
eben so zu halten, als Edelleute, die Fahnen und Schild führen, und
setzen auch einen Stolz in dem Alten.  Dieses Wort hieß Grade durch,
oder, wie sie in Westfalen sagen, Grad dör; und nach dem Worte, weil
er es so oft im Munde führte, nannten manche Leute ihn auch Peter
Grad dör, was er wohl aufzunehmen pflegte.  Es war aber bei dem Worte
noch ein Aberglaube, der sich Jahrhunderte lang in der Familie
Avenstaken fortgepflanzt hatte; sie meinten nemlich, dasjenige von
den Kindern, welches sich dieses Wort vor den andern herausnehme,
werde das Tüchtigste und Glücklichste werden; und also horchten und
merkten die Altern frühe darauf.  Seinen Ursprung aber hatte das
Sprichwort von einer alten Geschichte, die sich mit dem Stifter des
Hauses begeben hat, der bei Minden seßhaft ward.  Dieser war ein
Schuhmachergesell Namens Klas, gebürtig aus dem Örtchen Corbach im
Waldeckischen.  Eines Tages, als er mit einem seiner Gesellen auf der
Wanderschaft war und durch den Hochwald längs der Weser des Weges auf
Minden ging, kam ein wüthender Wolf auf ihn los.  Sein Gesell hielt
den Anlauf nicht aus sondern entlief und kletterte auf einen Baum,
Klas aber blieb festen Fußes und Auges stehen, nahm seinen Stock und
wartete des Wolfes; und als dieser auf ihn zufuhr, stieß er ihm den
Stock in den offenen Rachen und stieß so gewaltig, daß der Stock
hinten wieder herausfuhr und der Wolf alle Viere von sich streckte.
Sein Gesell fand sich nun wieder zu ihm, diesen aber prügelte er von
sich weg als einen feigen und erbärmlichen Schächer, und ging mit ein
paar Köhlern, welche das Abentheuer mit angesehen hatten, seines
Weges weiter durch den Wald und übernachtete im nächsten Dorfe.  Dem
Wolf hatte er die Haut abgezogen und trug dies herrliche
Siegeszeichen auf seinem Stock, daß er sie einem Kürschner in der
nächsten Stadt verkaufte.  Als Klas in der Dorfherberge angekommen
war, erzählten die Köhler den Kampf mit dem Wolfe, und alle Bauren
und Knechte und Dirnen liefen zusammen, daß sie den jungen
Schuhmacher sahen, der den Wolf mit dem Stecken erschlagen hatte, wie
König David den Goliath mit dem Steinchen.  Und sie verwunderten sich
sehr, denn der Jüngling sah so gewaltig nicht aus, wiewohl er stark
war; und sie wollten alle den Stecken sehen und betasten, die Dirnen
aber faßten ihn nur mit Grausen an.  Es war sonst ein ganz
gewöhnlicher Dornstock, den ein Becker in Corbach dem jungen Klas
geschenkt hatte zu seiner Wanderschaft, und er war an der Spitze
angebrannt, weil der Becker die Kohlen im Ofen zuweilen damit
umgerührt hatte.  Desto mehr lobten die Leute Klas und freuten sich
über ihn wegen der herzhaften Antwort, die er dem Schulzen des Dorfes
gab auf die Frage, wie er es denn mit dem Wolfe angefangen habe ihn
umzubringen; da habe es der Stecken wohl nicht allein gethan sondern
der Schusterpfriemen habe wohl mit beispringen müssen.  Denn Klas
sagte ihm ganz kurz: Herr Schulze, mit einem bischen Muth fängt man
alles gescheidt an, und so ist auch dieser Ofenstecken grade durch
den Wolf gegangen und hat nicht erst gefragt, ob seine Hinterthüre
auch verschlossen war.  Der Schulze wollte das übel nehmen, und
brummte, aber die andern hießen ihn schweigen.  Denn Klas hatte alle
für sich gewonnen durch sein freies tüchtiges Wesen, und besonders
nahmen die hübschen jungen Dirnen sich seiner an und trugen ihm Äpfel
und Birnen und Nüsse und Kuchen um die Wette zu und forderten ihn von
selbst auf zum Tanze, der später den Abend in der Schenke begann; und
hätten sie sich nicht entsehen vor den Leuten, einige hätten ihn wohl
mit Vergnügen geherzt und geküßt.  Aber das geschah nicht, und Klas
selbst war noch sehr blöd; denn dies war seine erste Wanderschaft und
überhaupt das erste Mal, daß er in die Fremde ging.

Den andern Morgen, als die Sonne anbrach, nahm Klas seinen Stecken
und seine Wolfshaut und kam nach Minden und fand Arbeit bei einem
Meister und blieb dort.  Doch war es sein Glück, daß er mit den
Köhlern hier in der Dorfschenke angesprochen hatte, denn eine junge
und hübsche Bauerdirne hatte sich so in ihn verliebt, daß sie Tag und
Nacht nichts anders sah und träumte als den jungen
Schuhmachergesellen Klas und daß sie vor Sehnsucht und Liebe fast
abzehrte und ohne ihn gar nicht leben wollte.  Die Ältern suchten ihr
das wohl auszureden, aber Liebe, die es redlich meint, ist, wie man
sagt, die unheilbarste aller Krankheiten.  Sie mußten sich also, wenn
sie ihre Tochter behalten wollten, endlich darein geben, und gingen
selbst nach Minden und suchten Klas von Corbach auf, den jeder schon
kannte von wegen seiner Wolfsgeschichte; und sie brachten den wackern
Gesellen ihrer schönen Tochter zu, die ihr einziges Kind war, daß er
sie zum Weibe nähme und vom Tode erlösete.  Und Klas ließ sich nicht
lange bitten, denn die hübsche junge Dirne gefiel ihm, und er zog zu
ihr in das Dorf, und legte Pfriemen und Ahl weg und nahm Pflug und
Spaten dafür in die Hand und lebte als ein rechtschaffener Bauersmann
und ward nach einigen Jahren Schulze an dessen Stelle, der über seine
Rede gebrummt hatte.  Und von seinem Stecken nannte ihn alle Welt
Klas Avenstaken; er aber gewöhnte sich das Wort an, das andere von
ihm gebrauchten, Grad dör; denn sie pflegten im Scherze von ihm zu
sagen: Grad dör sagt Klas Avenstaken.  Und das behielten seine Enkel
und Urenkel nach ihm als ein gutes Wort, das Glück und Muth bedeutete.

Dem Peter in Dümmelshusen waren von seiner Frau Greth Tibbeke schon
viele Söhne und Töchter gebohren, und die Greth hatte ihrem Manne
schon oft angelegen, er solle doch einen Sohn mit dem Hauptnamen in
der Freundschaft Klas taufen lassen; er hatte es aber immer verneint,
und den Buben andere Namen gegeben.  Nun geschah es, daß wieder ein
Knabe gebohren wurde und daß Peter mit Gewalt wollte, daß dieser Klas
heißen sollte, wogegen sich Greth sehr steifte, denn sie und die
Freundschaft wollten den Namen Johannes, weil er am Johannisabend zur
Welt gekommen war.  Auch sagte sie, indem sie das Kindlein in der
Wiege betrachtete: Sieh Mann, wie sanft und still der Junge aussieht!
das wird dir in der Welt kein Klas, der es mit einem Wolf aufnimmt;
aber Peter antwortete: Kikelkakel! eben deswegen soll er Klas heißen,
die Frommen sind immer die besten Helden gewesen, und die wie
Eisenfresser aussehen, beißen oft keinen Strohhalm inzwei.  Kurz, es
half der Greth kein Bitten und Flehen, kein Heulen und Schelten,
Peter war diesmal unerbittlich und sagte: Eben weil er am
Johannisabend, an einem so großen Abend, gebohren ist, soll er Klas
heißen, und ich wette, ein tüchtiger Klas wird er werden.  Und mit
diesen Worten nahm er seine Mütze vom Nagel und setzte sie etwas
queer auf, wie er zu thun pflegte, wann er zürnte, und ging hinaus
und achtete nicht des Geschreis seiner Greth und der Muhmen und
Gevatterinnen hinter ihm her.  Und der Priester mußte den Knaben Klas
taufen.  So daß die Greth, die ihren Johannes noch nicht vergessen
konnte, halb weinend und halb lachend sagte: Nein, dem Peter ist was
durch den närrischen Kopf gefahren, wie es Hunden und Katzen zu
geschehen pflegt, die, wenn man ihnen die Jungen nimmt, daß man eines
oder zwei hegen lasse und die übrigen ersäufe, immer wieder dieselben
Jungen aus allen zuerst ergreifen und wieder in ihr Lager tragen, wo
es die Leute dann auch liegen lassen und aufziehen, meinend, die Alte
müsse am besten wissen, welche von ihren Jungen die besten seyen.
Ich will doch sehen, was aus diesem ausgegriffenen Klas meines lieben
Peters wird.

Und dem kleinen Klas gedieh sein Name wohl, er nahm unverzagt der
Mutter Brust und ließ es sich gut schmecken, schoß in dem zweiten
Monat schon seinen ersten Zahn aus, hatte den vierten Monat schon
sechs Zähne und genoß nebenbei schon allerlei Speise und Trank, vor
dem neunten Monat aber stand er schon auf eigenen Füßen und richtete
sein Antlitz zum Himmel auf.  Dann nahm Peter, sein Vater, ihn auf
den Arm, lächelte seelenvergnügt und hielt ihn der Greth hin und
sprach: Sieh, Greth, welch ein Klas!  Greth aber halb böse halb
gutmüthig antwortete: Dein Klas ist noch nicht über alle Berge, ich
wollte doch, er hieße Johannes.  Und Peter setzte den Buben wieder
auf den Boden, sah zornig und ging stumm und verdrießlich aus der
Thüre.  Solche kleine Neckereien über das Bübchen hatte es oft unter
den beiden Eheleuten, die sich übrigens von ganzem Herzen liebten.
Sie schadeten dem kleinen Klas auch nicht sondern er gedieh wohl,
ward breit an Schultern und Brust, warf alle Knaben seines Alters und
auch die ein Jahr älter waren, zur Erde.

So war er im Essen, Trinken, Schlafen und Spielen fünf Jahre alt
geworden.  Nun stellte ihn der Vater den Frühling und Sommer schon
hinter die Gänse, und den Winter mußte er in die Schule gehen und
beten und das ABC lernen.  Mit dem siebenten Jahre rückte er zum
Schweinhirten vor und im neunten mußte er schon Ochsen und Pferde
hüten.  Alles dies that er ordentlich und geschickt, so daß der Vater
Freude daran hatte.  Das Einzige, worüber Klagen einliefen, waren
Beulen, die er den Nachbarskindern schlug; Frau Greth jammerte auch
oft über die vielen zerrissenen Hosen und Jacken, die er mit zu Hause
brachte, nein nicht immer mit zu Hause brachte sondern zuweilen auf
den Bäumen und an den Dornen hangen ließ; auch beschwerte sie den
obersten Richterstuhl des Vaters zuweilen mit Schiedsrichteramt, wann
er seine älteren Brüder gebläuet hatte; denn im Zorn konnte er alle
Knaben zwingen, auch die vier fünf Jahre älter waren als er.  Der
alte Peter freute sich gewöhnlich, wenn er in solchen
hochnothpeinlichen Halsgerichtsfällen seinen Stuhl besteigen mußte.
Der Schluß vom Liede war fast immer, daß die Kläger und Greth ihr
Anwald wegen Unstatthaftigkeit der Gründe und Zeugen abgewiesen
wurden.  Wohlgefällig sagte Peter dann: Ich weiß, ich habe es in
meinen Knabenjahren auch so gemacht; hat denn der Klas je den Zank
angefangen? sind die andern nicht immer die Necker? ihnen geschieht
ihr Recht, wenn er sie tüchtig abstraft.  Es ist gut, daß er sie
zwingen kann, so wird ihnen die Lust dazu vergehen.  Und er nahm dann
seinen Klas gewöhnlich und streichelte ihn und küßte ihn und ermahnte
ihn zu aller Friedseligkeit.  Dessen bedurfte es aber in der That
nicht: Klas war einer der stillesten und freundlichsten Jungen, der
keiner Kreatur etwas zu Leide thun, am wenigsten schwächere und
kleinere Knaben necken konnte; aber wenn er gereitzt ward, gebrauchte
er die Kraft seiner Fäuste nicht mittelmäßig.

Nicht so gut, als hinter den Gänsen, Säuen und Ochsen ging es Klas
hinter den Bänken des Schulmeisters.  Er hatte zum Lernen wenig Lust
und Geschick und konnte es in vier Jahren kaum zum Lesen bringen;
denn was er im Winter gekonnt, hatte er im Sommer im Felde und Walde
immer richtig wieder ausgeschwitzt, so daß seine Brüder und die
Nachbarkinder in der Schule immer weit mehr gelobt wurden als er.
Doch hatte der alte Schulmeister ihn sehr lieb und gab ihm das Lob
der Sittigkeit, des Gehorsams und der Frömmigkeit.  Im Hause gab das
unter den Alten manchen kleinen Verdruß.  Peter, der ihn von allen
seinen Kindern am liebsten hatte, was er sich aber nie merken lassen
wollte, setzte sich oft allein mit ihm hin und half ihm seine Lex
zurecht.  Aber sie kamen damit doch nicht durch, Greth nannte ihn oft
ihren breiten Dickkopf, und Peter konnte es nicht wenden, er mußte es
anhören und still dazu schweigen, ja er mußte es wohl leiden, daß der
Jürgen und Joachim und Christoph, seine Brüder, und die Thrine und
Therese, seine Schwestern, als geschicktere und klügere Kinder gelobt
wurden.  Dann sagte sie zuweilen auch wohl spöttisch:--sie war sonst
eine herzensgute Frau--Peter, wir wollen doch sehen, was aus deinem
Klas wird; ich wollte, er hieße Johannes, er wäre anders geworden.
Das schlug dann dem Fasse den Boden aus, Peter nahm die Mütze und
ging auf den Hof und in den Pferdestall, daß er sich auslüftete und
wieder besänne.  Und wann er sich besonnen hatte und wieder zurück
kam, brummte er wohl für sich: Klas wird doch der beste werden.  Klas
gab nemlich ein anderes großes Zeichen von sich, worauf der Vater
Häuser bauete: seit seinem vierten Jahre rief der Knabe immer Grad
dör, sobald er heftig ward oder was Heftiges und Ungestümes beginnen
wollte, besonders wenn er die Fäuste zu Schlachten ballte.  Das that
kein anderes von Peter Avenstakens Kindern, obgleich sie das Wort aus
dem Munde des Vaters oft genug hören konnten.  Und Peter erlebte die
große Freude, daß Klas vor seinem neunten Jahre im ganzen Dorfe von
Alt und Jung Klas Grad dör genannt ward und daß die Leute zu
Dümmelshusen wieder sagten: Grad dör sagt Klas Avenstaken.

Klas war zwölf Jahre alt geworden, war für sein Alter ungewöhnlich
groß und stark, stand sehr grad und fest auf den Beinen, hatte einen
großen Kopf und breite Stirn mit langen hängenden Flachshaaren, unter
welchen er aus ein paar trotzigen blauen Augen guckte.  Viele Leute
sagten, er wäre ein schöner Junge, Peter, sein Vater sagte, er ist
der schönste Junge im Dorfe, aber Greth meinte, er sey zu plump und
dick und seine Brüder seyen viel schöner.  Da kam der dreizehnte
Herbst seines Lebens, und mit dem November jenes Herbstes verschwand
Klas durch eine der wunderbarsten Begebenheiten, die ich jetzt
erzählen will, plötzlich aus dem elterlichen Hause.

Peter hatte einen neuen Knecht gemiethet, der mit dem ersten November
zuzog.  Dieser hieß Hans Valentin und war schon ein ältlicher Mann
von fünfzig Jahren.  Der Knecht war nicht lange im Hause, so schloß
er mit den Knaben eine sonderliche Freundschaft, am meisten aber mit
Klas.  Valentin wußte nemlich viele Fabeln, Geschichten und Mährchen
und allerlei alte längst verschollene Leuschen*, und erzählte sie
abendlich nach der Arbeit den Kindern; und er ward durch seine
schönen Geschichten bald so berühmt, daß auch die Kinder der
Nachbarschaft häufig in Peters Haus kamen, damit sie ihn hörten.
Dies geschah meistens des Samstags und Sonntags Abends, wo Valentin
Zeit hatte zum Erzählen.  Die Buben brachten dem Valentin Äpfel und
Nüsse mit und andere schöne Sachen, und so setzte die Genossenschaft
sich in einer Ecke hin und schmauste und erzählte.  Das war aber das
Besondere, daß von allen Kindern keiner die Geschichten besser
behielt und lebendiger wieder erzählte als Klas; so daß Peter ihm oft
mit Wohlgefallen zuhorchte und schmunzelnd der Greth zurief: Hörst
du's Greth? hörst du's, wie der Klas der Blitzjunge erzählen kann?
Sie aber ließ es kalt abgleiten und sagte wohl: Ja ein Klas ist er
und ein Klas bleibt er, ein rechter Mährchenklas, aber Schulze wird
er nie werden, denn er kann ja nicht schreiben.  So sprachen die
Altern über Klas jeder auf seine Weise; sie merkten aber nicht, daß
mit Klas eine große Veränderung vorging und daß Valentin ihn viel
lebendiger und im Herzen viel lustiger machte.  Denn die Geschichten
ergriffen den Jungen so, daß er nichts anderes sah und hörte,
dichtete und träumte als Hexen und Hexenmeister, Drachen und Riesen,
bezauberte Prinzessinnen und verwünschte Schlösser.  Ja es ging so
weit, daß der Knabe manche liebe Nacht davor gar nicht schlafen
konnte, sondern oft die Augen noch offen hatte, wann der Hahn durch
seinen fünften Krei schon verkündigte, der Himmel wolle seine
geschlossenen Augen wieder aufthun.
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* Hübsches Wort für Mährchen.
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So war Valentin mit seinen Buben bis gegen das heilige Christfest
hingekommen, wo die langen Abende und die vielen Festtage zu Spielen
und Mährchen Gelegenheit gaben und wo alle Welt wegen der Geburt des
süßen Jesuskindleins sich mancherlei Festen und Freuden überließ und
wo Freunde mit Freunden und Nachbarn mit Nachbarn lustig lebten.
Valentin hatte bis auf diese fröhliche Zeit seine besten Geschichten
aufgespart, er hatte den Kindern, welche nebst den Alten ihn
reichlich mit Gaben bedacht hatten, wie man zu sagen pflegt, seine
Mäusekiste aufgethan.  Von allen Geschichten aber, die er ihnen
auftischte, wurden sie am meisten erfreut durch die von dem
Pfannkuchenberge und von dem gläsernen Berge, zu welchen er mit
heller Stimme folgende feinklingende Reime zu singen pflegte:

Wer sagt mir an, wo der Pfannkuchenberg liegt,
Gespickt mit Ochsenbraten,
Mit Zucker und Marzipan gefüllt
Und Scheffeln voll Dukaten?
Gläserner Berg, gläserner Berg,
Wann springst du auf?
Spielender Zwerg, künstlicher Zwerg,
Wann wachst du auf?

Wann die Glock Zwölfe schlägt,
Wann der Dieb Säcke trägt,
Dann spring' ich auf;

Wann der Hahn zum zweiten kräht
Und der Mond am höchsten steht,
Dann wach' ich auf.


Diese Geschichten gefielen so sehr, daß sie wenigstens vier Tage
hinter einander immer mit neuen Ausschmückungen erzählt werden mußten,
zumal da, wie Valentin wußte, die beiden Berge in der Nachbarschaft
lagen in dem hohen Forst, in welchem er den Knaben, die dort oft das
Vieh gehütet hatten, die Eiche und Buche ganz deutlich beschrieb und
bezeichnete, die auf ihrem Gipfel ständen.  Bei Tage, setzte er hinzu,
kann man diesen Bergen freilich nicht ansehen, was sie eigentlich
sind, dann sehen sie aus wie alle andere Berge; aber um die
Mitternacht sind sie, was sie sind, der eine von dem allerklarsten
und allerdurchsichtigsten Glase, wo Mond und alle Sterne
durchscheinen bis auf den Grund, und der andere der prächtigste
Pfannkuchen, so prächtig, als er nie in einer Pfanne gebacken ist.
Die Sage geht, winkte er dann freundlich und mit leiserer Stimme, daß,
wer in den Pfannkuchenberg steigt, ein großer König wird, und wer in
den gläsernen Berg springt, ganze Säcke mit Dukaten und goldenen
Bechern und silbernen Schalen mit zu Hause trägt; aber wer hat dazu
den Muth?  Solche Leute werden nicht alle Tage gebohren.

Das Wörtlein: Aber wer hat dazu den Muth? gab nun, wie es unter
Knaben zu geschehen pflegt, Gelegenheit zu vielem Necken, und sie
wetzten, drillten und foppten einander damit, und einige Wochen hörte
man am Schluß jeder Geschichte immer durchklingen: Aber wer hat dazu
den Muth? und einige Schälke sagten auch wohl Klas Grad dör hat den
Muth.  Und Klas zuckte es dann immer in den Fingern, und er hätte sie
gewiß gebraucht, wenn der Vater nicht dabei gewesen wäre; denn Peter
strafte es hart, wenn die Buben sich in seiner Gegenwart rauften.
Indessen ging das Wort und die Neckerei immer fort und auch das Wort
Klas Grad dör hat den Muth; so daß es dem Knaben endlich zu toll ward
und er bei sich selbst dachte: es ist doch auch schlecht, daß ich den
Muth nicht haben soll.  Und eines Abends, als sie wieder so
stichelten und stachelten, entfiel ihm im Zorn das Wort: ja Klas Grad
dör hat den Muth, wenn ihr den Muth habt mit dabei zu seyn; und ihr
könnt nun wählen, was ihr wollt, ich nehme mir den Pfannkuchenberg,
worin der König sitzt, wo die große Buche steht, und will
voransteigen als der erste, wenn ihr mitsteigt.  Und sie schämten
sich und schrieen alle: Ja!  Ja! wir wollen mit; denn es war eben der
helle Mittag und sie däuchten sich alle des Muthes überflüssig zu
haben, und hatten ihn damals auch.  Und so neckten sie sich den
ganzen Tag und Abend fort und fort, und Valentin und Peter und Greth
und die Knechte und Mägde, die es hörten, zogen sie auf; denn sie
glaubten nicht, daß es ihr Ernst sey.  Die Knaben aber wurden dadurch
nur noch vergritzter auf ihren Vorsatz und der steife Klas hielt die
andern fest, indem er ihnen alles auf das herrlichste vormalte, wie
lustig sie dort leben und mit welchen Schätzen und Herrlichkeiten sie
zu Hause kommen würden.

So war es Abend geworden, und es schlug zehn Uhr vom Kirchthurm, da
rief Klas: Frisch, Gesellen! heraus! es ist Zeit, wir haben über eine
halbe Meile bis zum Walde.  Und die Gesellen gingen hinaus mit ihm,
seine drei Brüder und noch fünf andere Knaben, alle in
Sonntagskleidern und mit weißen Stöcken in der Hand; denn mit weißen
Haselstöcken soll man Geistern und Abentheuern entgegen gehen.  Und
die Alten riefen und lachten hinter ihnen her, und der Valentin
lachte am lautesten, und sie dachten: die werden keine Berge sprengen
sondern bald wieder hier seyn.

Und die Knaben strichen geschwind über das Feld hin, und Klas lief
allen voran, so brannte die Lust ihn, und sie krächzeten und kakelten
und jauchzeten, wie Krähen krächzen, wenn man sie von den Bäumen
aufjagt, und Hühner kakeln, wenn man ihnen den Flug aufthut.  Und
alle blieben bei dem Vorsatz und waren voll Muthes, bis sie die Bäume
des Waldes sehen konnten; da wurden sie fast alle still.  Als sie
aber an den Wald kamen und die hohen Bäume rauschen und die Wasser
der Gießbäche aus der Ferne brausen hörten, da standen sie still, der
einzige Klas lief hinein.  Und da er die andern nicht folgen sah,
schalt er sie; sie aber achteten des nicht, sondern sagten der eine
dies der andere das, und keiner wollte mit.  Da nannte er sie feige
Memmen und rief ihnen spöttisch zu: Klas Grad dör hat den Muth, und
dann rauschte er sporenstreichs durch die Sträuche fort immer bergan.
Sie aber rauschten über das Feld zurück nach Hause und machten so
geschwinde Schritte, als hätte ein jeder ein Gespenst an den Fersen
gehabt.

Und Klas lief eilends seines Weges auf manchen krummen Pfaden, die er
kannte, bergauf bergab, bis er auf der höchsten Höhe des Forsts die
Buche nicken sah.  Da mußte er auch still stehen und ihm wollte der
Muth auch fast klein werden, zumal da er wohl vier Kirchenglocken aus
der Ferne eben zwölf schlagen hörte.  Aber wie er ein wackerer Bub
war, so sprach er sich das Wort zu, das sein Vater ihm so oft gesagt
hatte: ein Kerl müsse nie vor einem Entschlusse umkehren, den er in
lustiger Stunde gefaßt habe, und, wenn es zur That komme, sich wie
ein Hase auf die Hinterfüße setzen; und Klas rief Grad dör! daß der
Wald wiederhallte, und so sauste er den Berg hinan.  Und er kam hin,
wo er eben die Buche noch gesehen hatte, aber sie stand nicht mehr da,
wohl aber duftete und schimmerte der schönste Pfannkuchenberg im
Mondschein.  Und Klas bedachte sich nicht lange, that beherzt seine
beiden Augen zu, richtete sich mit beiden Füßen auf die Zehenspitzen,
wagte den Sprung und rief: Grad dör sagt Klas Avenstaken.

Und der Sprung misrieth ihm nicht, und er glitt sanft in den Berg
hinein und sank leise und langsam hinab, als wäre er gefahren, wie
man Eier im Hopfensack zu fahren pflegt.  Und es däuchte ihm, er ward
lieblich hinabgeschaukelt und hinabgewiegt und daß er entschlief und
wundersame Träume hatte, worin ihm sein alter Hans Valentin erschien
und ihm gar wohlgefällig und freundlich zulächelte.

Und als er erwachte, da war es dämmerig um ihn her, er fühlte aber,
daß er in einem weichen Bette lag, auf so weichen und feinen Kissen,
als Greth seine Mutter ihm nie untergelegt hatte.  Und das gefiel ihm
sehr.  Aber ihn hungerte, und das gefiel ihm nicht.  Da fing es an
hell zu werden und er bedachte und besann sich über gestern und über
die vorigen Tage und sprach: Hier soll ich ja im Pfannkuchenberg seyn,
will sehen, ob Valentin mir auch was vorgelegen hat.  Und er rieb
sich die Augen auf und es ward lichter um ihn; es fiel aber nur ein
dämmerndes Licht von oben herab.  Und seine Augen freueten sich, und
sein Herz freuete sich noch mehr; denn was ward er gewahr?  Daß er
nun wirklich mitten in dem Pfannkuchenberg war und daß der alte
Valentin nicht gelogen hatte.  Denn er war nun in einem Zimmer, worin
ein Bett und ein Tisch und eine Bank war, fast wie in seines Vaters
Hause; nur alles netter und zierlicher.  Und das Zimmer war
ringsumher gar herrlich geschmückt und verhangen.  Da waren die Wände
mit gebratenen Gänsen und Enten und Hühnern und Schnepfen und
Rebhühnern und Wachteln und Krametsvögeln wie mit den schönsten
Tapeten in der buntesten Mannigfaltigkeit verziert und mit Hasen und
Hirschen und Rehen in Menge, und die schönsten Schüsseln und Teller
und Messer und Gabeln hingen dabei.  Das war die eine Seite.  Und die
andere Seite war mit Kuchen ausgeschmückt und mit Zuckerwerk und
Marzipan und mit köstlichen Früchten, Pfirsichen, Aprikosen,
Apfelsinen, Weintrauben, Äpfeln, Birnen, Pflaumen, Nüssen und was
Zunge und Zahn sich in ihrer Lüsternheit nur wünschen mögen zu
schlürfen und zu beißen.  Und an den beiden schmaleren Enden des
Zimmers standen blühende Bäume und Bäume voll Früchte, und unter den
Bäumen liefen je zwei Quellen heraus: an dem einen Ende war eine
Wasserquelle und eine Milchquelle, und an dem andern Ende war eine
Bierquelle und eine Weinquelle.  Klas kümmerte sich um zwei Quellen
gar wenig, nemlich um die Wasserquelle und die Bierquelle sondern
gebrauchte allein die Milchquelle und die Weinquelle.  Dieses ganze
Zimmer war ein Wunder, aber das größte Wunder daran war, daß jeder
verzehrte Braten und jede verschlungene Birne oder Traube gleich
wieder an derselben Stelle wuchs, wo er sie weggerissen hatte, und
daß die Milchquelle und Weinquelle nie versiegten.  Ja ich glaube,
ein ganzes Heer Reiter und Fußvolk hätte in dem Pfannkuchenberge ein
Jahrtausend essen und trinken können, und es wäre nicht all geworden.

Und unser Klas aß und trank wie ein Kerl, ja er aß und trank
übermäßig, und es bekam ihm doch nicht übel.  Das geschah ihm aber
immer, daß er sogleich nach dem Essen und Trinken einschlief, so daß
man fast sagen mag, er that nichts anderes als essen, trinken und
schlafen.  Er wachte aber etwa fünfmal des Tages auf, und dann aß und
trank er jedesmal tüchtig; die Nächte durch aber schlief er immer in
Einem fort vom Abend bis zum Morgen, ohne daß er je erwachte.  Weil
dies nun sein Leben war und sein dämmerndes Zimmer ihn an nichts
erinnerte, was er dort oben auf der Erde erlebt und gesehen hatte, so
verschwand ihm das Vergangene fast ganz aus dem Gedächtnisse.  Nur
seines Vaters Peter gedachte er zuweilen und des treuen Valentins und
des freundlichen alten Schulmeisters; aber das war ihm auch nur wie
ein Traum.  Das aber hielt er von göttlichen und heiligen Dingen und
Gewohnheiten fest, daß er jedesmal, ehe er aß, sich kreuzete und die
Hände faltete und betete.  Er konnte aber nur Ein Gebet, das nicht
sehr lang war, und hieß:

Fürchte Gott,
Liebes Kind,
Gott der Herr
Sieht und weiß
Alle Dinge.

Dies Gebet betete er immer sehr andächtig.  Seine Schlafstunden bei
Tage und auch die Nacht, wo er im Bette lag, waren ein ewiger Traum,
und zwar ein sehr bunter und lustiger Traum, wo alle Valentinische
Geschichten und Mährchen wunderbar aufblüheten und wieder tausend
andere Geschichten und Mährchen gebahren, wo er immer mitten drinnen
war und ungeheure Thaten vollbrachte, Drachen und Riesen erschlug
eiserne und diamantene Thore zersprengte Prinzessinnen befreiete und
endlich König ward.

Klas verlebte auf diese Weise, ohne daß er wußte, wie ihm geschah, in
seinem Pfannkuchenberge ein ganz vergnügtes und lustiges Leben.  Es
war aber in dem Traume jemand da, der ihm die Geschichten erzählte
oder vormachte.  Dies war nicht Valentin sondern seine verstorbene
Großmutter, die er in seinen frühesten Kinderjahren noch in seines
Vaters Hause gesehen hatte.  Diese schien dann zu seinen Häuptern zu
stehen oder auf den Knien vor ihm zu liegen und über ihm zu beten,
und erzählte ihm zuletzt immer Geschichten.  So hat er es in späteren
Jahren oft mit tiefer Bewegung erzählt und gemeint, wenn etwas Gutes
aus ihm geworden, so verdanke er es den stillen Gebeten dieses
frommen und von Gott erlöseten Geistes, der seinen Irrthum, womit er
in den Berg hinabgesprungen, zum Guten gewendet habe.

So waren ihm fünf Jahre vergangen wie Ein Tag, und essend und
trinkend war er immer tiefer hinabgesunken, und das Zimmer hatte sich
mit ihm gesenkt.  Und er hatte sich glücklich durch den zauberischen
Berg gefressen; denn durchfressen mußte sich, wer hineinsprang, hatte
Valentin gesagt, anders konnte er nimmer aus dem Berge erlöst werden.
Wie viel er aber in dieser langen Zeit gegessen und getrunken hat,
wer will das wohl ausrechnen?  Gewiß ist es aber nicht weniger
gewesen, als zehen der unverdrossensten Esser und Trinker nur hätten
bezwingen können.  Auch war es nicht verloren an ihm sondern er war
ein gar starker und reisiger Jüngling geworden.  Davon wußte er aber
nichts, denn er hatte niemand, an dem er's hätte versuchen können,
auch war kein Spiegel in seinem Zimmer, der es ihm hätte verrathen
können.

Als nun die fünf Jahre um waren und Klas sich unten bis an den Rand
durchgefressen hatte, und nun wieder herausfallen sollte auf die Erde,
damit sein Schicksal erfüllet würde, fiel er in einen tiefen Schlaf,
und ihm träumte ein sonderbarerer Traum, als er je gehabt hatte.  Die
alte weise Frau nehmlich, die immer bei ihm saß und ihm Geschichten
erzählte und aussah wie seine selige Großmutter, schien ihm sehr
traurig und gebehrdete sich, als wenn sie Abschied von ihm nehmen
wollte, ja sie sagte es ihm.  Und es däuchte ihm, als wenn sie sehr
brünstig und mit vielen Thränen über ihm betete und ihn dann aus dem
Bette nahm und ihn wusch, wie man ein kleines Kind wäscht, bis er
weiß ward wie ein Schwan, und als wenn sie ihm dann ein weißes Hemd
anzog und einen sehr zierlichen neuen Rock und neue Schuhe und
Strümpfe, und dann verschwand.  Und auch ihm schien sehr traurig zu
seyn in seinem Herzen.  Und dies war wirklich kein Traum gewesen
sondern er war drinnen rein gewaschen worden und neu gekleidet vom
Haupt bis zu den Füßen, und so war er im Traum aus dem Berge
herausgefallen.  Er hatte es aber nicht gemerkt sondern diese
Wundergeschichte verschlafen.

Weil Klas Avenstaken nun wieder auf der Erde erscheinen soll, so muß
ich erzählen, wie es die fünf Jahre, wo er im Pfannkuchenberge lebte,
in seines Vaters Hause gegangen war.  Es hatte sich dort seit seinem
Verschwinden nichts Ungewöhnliches begeben, sie lebten gottlob noch
alle, die Altern und die Geschwister, und seine mitternächtliche
Pfannkuchenbergfahrt war wirklich das einzige Außerordentliche
gewesen, was das Haus in so langer Zeit erlitten hatte.  Es war lange
Trauer um ihn gewesen, besonders in dem Herzen seines Vaters, der es
sich aber nicht merken ließ, auch in dem alten ehrlichen Valentin,
den die Mutter überdies wegen seiner Geschichten noch viel
ausgescholten hatte.  Es war aber seit jener Zeit alle Freude von ihm
gewichen und kein Mährchen mehr über seine Lippen geklungen, und der
alte Mann, der sonst so munter und scherzhaft war, war fast stumm und
grämlich geworden.  Auch hatte er aus dem Hause und dem Dienst
weggewollt, Peter aber in seiner Gutmüthigkeit hatte es nicht
zugelassen, und gesprochen: hat der Valentin so großes Leid mit uns
erfahren, so soll er nun auch das bischen Brod mit uns essen bis an
sein Lebensende.  Von Klas ward übrigens fast nicht mehr gesprochen
oder doch nur leise geflüstert; die meisten Leute und auch seine
Mutter meinten, die bösen Geister seyen mit ihm abgefahren und das
Knäblein werde in diesem Leben nicht wiederkommen.  Nur Valentin und
Peter sprachen zuweilen unter sich noch von dem Knaben, den sie beide
so lieb gehabt hatten, und hegten verschwiegen die Hoffnung, er könne
doch noch wohl mal wiederkommen.  Die beiden glaubten auch an die
Geschichten, die sie so gern erzählten oder erzählen hörten.  Und
siehe! ihre Hoffnung betrog sie nicht; denn Klas kam wirklich wieder.
Nun muß ich erzählen, wie dies geschehen ist.

Weil Wunder immer auf das wunderbarste geschehen, so begab es sich,
daß Klas gerade auf derselben Stelle, wo er einst versunken, aus dem
Pfannkuchenberge wieder in diese Welt hineingefallen war.  Das konnte
nun doch nicht anders geschehen, als daß der Pfannkuchenberg sich
umgekehrt hat, und daß die ganze Welt sich mit ihm umgekehrt hat.
Eines von beiden mußte geschehen seyn, und weil es so war, deswegen
heißt es ein Wunder; denn ein Wunder ist, was jeder Mensch wohl
wissen aber doch kein Mensch begreifen kann.  Kurz und gut, als Klas
erwachte, lag er nicht in seinen weichen Betten sondern im grünen
Grase und sah seine wohlbekannte Buche wieder und den hohen Berg,
worauf er so oft die Rinder getrieben hatte, und den ganzen Wald und
das Feld drunten, und die Dörfer und ihre Kirchthürme kamen ihm
wieder wie alte Bekannte vor, jene fünf im Pfannkuchenberge verlebten
Jahre aber waren ihm wie ein Traum, und es war ihm nicht anders, als
sey nur eine Nacht vergangen zwischen dem Abend, wo seine Brüder und
Gesellen von ihm liefen, und diesem Morgen, wo die Lerchen der Erde
ihn wieder wach sangen.  Es war aber ein sehr schöner Frühlingstag,
als er sich durchgefressen hatte und wieder aus dem Berge fiel.

Klas lag nicht lange im Grase und gaffte, sondern er machte sich bald
auf und lief geschwinde durch den Wald und über das Feld grad auf
seines Vaters Haus zu.  Und er fand, als er in die Stube trat, seine
Ältern und Geschwister und den Valentin alle um den Tisch stehend,
die eben die Hände zum Gebet gefaltet hatten; denn sie wollten
frühstücken.  So trat er unter sie.  Er war aber sehr groß und schön,
beinahe eines halben Kopfes höher als Peter, der auch kein kleiner
Mann war, und er hatte schöne neue Kleider an.  Und deswegen sahen
sie alle auf und verneigten sich vor ihm, denn sie meinten, er sey
ein Fremder.  Er aber fiel Vater und Mutter und Schwestern und
Brüdern um den Hals und herzte und küßte sie, und sagte: ich bin Klas
und bin wieder aus dem Pfannkuchenberge gekommen; und auch den alten
Valentin, seinen sehr lieben Freund, küßte er recht herzlich.  Und
sie erkannten ihn nun wieder an manchen Zeichen, und erstaunten sehr
und freueten sich, daß er so groß und hübsch geworden.

Als nun aber das erste Erstaunen vorbei war, da wollten alle wissen,
wie es ihm gegangen war in den fünf Jahren und drei Monaten, die er
weg gewesen; und das ganze Dorf war herbeigelaufen, daß sie Klas
Avenstaken sähen, und das erste Wort war immer: Nun lieber Klas,
erzähle uns, wie ist es ergangen? und wie sieht es in dem
Pfannkuchenberge aus?  Er wußte ihnen aber nicht viel zu sagen,
sondern es kam alles dunkel heraus wie Träume und
Gespenstergeschichten; so daß einige ihn mit erschrockenen Augen
anguckten, als sey es nicht geheuer mit ihm und als treiben schlimme
Geister in ihm ihr Spiel, andere wohl hie und da flüsterten: der Klas
lügt, er ist nicht in dem Pfannkuchenberge gewesen, er ist von seinen
Ältern gelaufen und ist nun wiedergekommen, und der schlaue Schulze
hat die ganze Geschichte erfunden, daß er seine Schlappe bemäntele.
Die meisten indessen hatten Glauben zu dem Abentheuer und fanden
recht großen Gefallen an der Erzählung, wie sein Zimmer mit Braten,
Kuchen und Früchten tapeziert gewesen, und wie der Milchborn und
Weinborn immer im Flusse gewesen: und das glaubten sie wohl, denn sie
sahen seinen starken und schönen Gliedern und seinen rosenrothen
Wangen und funkelnden Augen wohl an, daß er die Zeit nicht gehungert
hatte.  Seine Mutter aber war die erste, die ihn voll Ungeduld nach
den Säcken mit goldenen Dukaten fragte und ob er keine mitgebracht
habe?  Als er nun antwortete, da müsse der Valentin sich in der
Geschichte versprochen haben, denn von Gold und Silber habe er in dem
Pfannkuchenberge auch kein Pröbchen gesehen, da kopfschüttelte sie
und meinte, er habe die fünf Jahre eben so gut zu Hause bleiben und
die Wirthschaft mehren und an ihrem Tische essen können: denn was
helfe es ihm nun, daß er Fasanen und Waldschnepfen gegessen und den
köstlichsten Wein geschlürft habe? ohne Geld, möge er sich nur nicht
einbilden, daß ein Mensch König werden könne, was der einfältige
Valentin ihm vorgefabelt habe.  Denn Valentin bekam bei Gelegenheit
immer sein Seitenhiebchen mit ab.  Und soll ich nun die Wahrheit
sagen, so lautet sie so: Die ersten Tage waren die Leute im Dorfe
außer sich über Klas und stürmten Peters Haus fast, die ersten Wochen
verwunderten sie sich sehr, die ersten Monate sprachen sie viel davon,
und nach einem Jahre war die Geschichte von den meisten schon wieder
vergessen.  Die aber immer noch viel von der Geschichte sprachen, das
waren die jungen Dirnen, denn ihnen gefiel Klas über alle Maaßen, und
wo sie es sagen durften, riefen sie fast einstimmig: Klas Avenstaken
ist doch der schönste Junge im Dorfe.

Klas war in seinem achtzehnten Jahre und fand sich wieder auf der
Welt, wie er wohl wußte.  Er machte sich rüstig an die Arbeit, denn
dazu hatte er Sehnen und Knochen, und ging mit seinem Vater pflügen
und säen, Steine brechen und Holz hauen, Gras und Korn mähen, und
that all sein Werk still und bescheiden und schaffte so viel als drei
andere.  Und der Vater hatte ihn immer sehr lieb und auch der alte
Valentin freute sich an ihm.  Auch die Mutter freute sich seiner
schönen Jugend und Gestalt, was Mütter und Weiber nicht lassen können,
und schmunzelte oft, wenn die Nachbarinnen ihn wegen seiner Schöne
lobten; aber im Ganzen war er ihr doch nicht zu Sinn und däuchte ihr
zu still und zu einfältig und nicht so geschickt und anstellig, als
ihre andern Kinder.  Und wirklich viele Worte konnte Klas nicht
machen, ja er war viel stiller geworden, denn er als Knabe gewesen;
auch hatte er in den fünf Jahren, die er in dem Berge gesessen, gar
nichts zugelernt sondern schier alles vergessen, was er aus der
Schule mitgebracht hatte; so daß er nichts weiter wußte als sein
einziges kurzes Gebetchen.  Doch wußte die Greth mit Grunde nichts
auf ihn zu sagen: er war gehorsam und demüthig in aller Arbeit, ging
fleißig mit andern Christen zur Kirche und hielt alle heiligen Tage
und Feste sittiglich und andächtiglich mit, und hatte bei
jedermänniglich Liebe und ein gutes Gerücht.  Das Einzige, was sie an
ihm tadelte und mit Recht tadeln konnte, war, daß er abendlich und
nächtlich viel außer dem Hause war.  Denn das konnte er nicht lassen,
besonders an Sonntagen und Festtagen.  So wie die Sonne unterging,
mußte er in Feld und Wald spazieren, und oft besuchte er dann auch
den Berg, wo er sein Abentheuer gehabt hatte, und saß unter der
grünen Buche und träumte die lustigsten Träume des Pfannkuchenberges
noch einmal und kam gewöhnlich stummer und in sich gekehrter zu Hause,
als er ausgegangen.  Wenn Greth ihn nun darüber auch nicht schalt,
so mußte es der Peter entgelten, wenn er den Klas lobte.  Sie brummte
dann wohl für sich hin: ja was ist denn dein Klas? was hat ihm die
ganze Bergfahrt gefrommt, wovon man so viel Geschrei macht?  Reicher
ist er nicht geworden, klüger wahrhaftig auch nicht, unser Speck und
Brod hätte ihn eben so stark machen können, und er hätte uns noch
Geld dazu verdient.  Er ist als der blöde und stumme Dickkopf
wiedergekommen, als welcher er weglief.  Dein Klas ist der Klas
geblieben.  Solche Reden mußte Peter oft hören und verschlucken, und
grämte sich und durfte kein Wort dazu sagen.  Doch in seinem Herzen
däuchte es ihm alles anders, und er und Valentin ließen den Gedanken
nicht fahren, der Klas müsse noch ein rechter Bidermann werden.

So waren wieder drittehalb Jahre vergangen und Klas war an Schenkeln
und Schultern noch stärker und wo möglich noch schöner geworden, und
füllte sein zwanzigstes Jahr.  Da begab sich, was sich begeben sollte,
damit er aus dem Bauerkittel herauskäme und zu den hohen Ehren
gelangte, wozu Gott ihn hatte gebohren werden lassen.

Er war mit seinem Vater in den Wald gegangen Holz zu fällen.  Sie
hieben an zwei verschiedenen Seiten einige hundert Schritt von
einander, so daß sie nur den Schall ihrer Äxte hören konnten und
nichts weiter.  So mogten sie wohl einige Stunden gearbeitet haben,
als Klas mit Einem Male von der Stelle her, wo Peter hieb, ein
klagendes Ächzen hörte.  Er ließ seine Arbeit und lief sporenstreichs
hin und sah, wie vier Männer in grünen Röcken seinem Vater die Hände
auf den Rücken gebunden hatten und ihn mit Prügeln forttrieben.  Da
ergrimmte er, sprang hinzu, riß die Bande los, stieß die Männer weg
und fragte sie, aus welcher Macht sie das thäten.  Sie antworteten
ihm, er komme in guter Stunde, und ihm werde bald dasselbe geschehen;
denn sie beide seyen Holzdiebe und hauen nicht auf ihrem Grunde
sondern es sey des gnädigen Herrn Wald.  Es waren aber diese Viere
Jäger des Grafen, dem das Land gehörte, doch war der Wald, wo Peter
und Klas Holz fällten, nicht des Grafen eigener Wald sondern eine
Almend des Dorfes Dümmelshusen.  Und sie wortwechselten noch viel mit
einander; als die Jäger sich aber unterstanden den Alten wieder zu
binden und auch den Klas binden wollten, da kam der Zorn über ihn und
er rief mit gewaltiger Stimme Grad dör! und hieb mit der Axt um sich,
und hieb sie alle vier nieder, daß auch kein Lebenszeichen in ihnen
blieb.  Seinen Vater aber tröstete er des Schimpfes, und ging mit ihm
zu Hause, wo er jedermann offen erzählte, was sich zwischen ihm und
den Jägern des Grafen im Walde begeben hatte.

Es ward ihm und seinem Vater aber nicht so geglaubt, sondern es hieß,
er habe die Jäger gewaltsam angegriffen und gefällt.  Und der Graf
sandte viele hundert Mann mit Spießen und Stangen nach Dümmelshusen,
daß sie den Klas einfingen und ins Gefängniß führten.  Und Klas
entwich nicht, wiewohl er es gekonnt hätte, und weigerte und wehrte
sich nicht, sondern ließ sich ruhig wegführen.  Denn er sprach bei
sich: Der Obrigkeit soll man gehorchen und unterthan seyn, und Gott
wird Recht und Unschuld wohl ans Licht bringen.

Und als er in die Stadt kam, wo der Graf wohnte, nahmen sie ihn und
legten ihm Hände und Füße in Eisen wie einem Missethäter und warfen
ihn in ein dunkles Gefängniß, wo weder Sonne noch Mond hineinschien,
und hielten ein strenges Gericht über ihn und verdammten ihn zum Tode,
als der des Landes Frieden gebrochen und schweren Mord begangen
hätte.  Und alsbald ließ der Graf, der über den Tod seiner Jäger sehr
erzürnt war, einen neuen Galgen bauen vor den Thoren der Stadt
fünfzig Ellen hoch, woran Klas Avenstaken gehängt werden sollte.  Und
es waren viele tausend Menschen aus allen Enden herbeigelaufen den
Tag, als er gehängt werden sollte; denn sein Gerücht war weit
erschollen wegen seiner Stärke und Schönheit, auch hatten die Leute
sich das Mährchen von dem Pfannkuchenberge wieder erzählt und es mit
vielen neuen Wundern vermehrt.

Und als die Sonne des Morgens aufging, wo Klas als ein armer Sünder
sterben sollte, ward er aus dem Stadtthore hinausgeführt, und trug
seine schweren Ketten so leicht, als wären es Strohhalme gewesen, und
schritt wohlgemuth und festen Angesichts daher; denn er hatte recht
andächtig gebetet und tröstete sich Gottes, da er sich keiner
schweren und freiwilligen Schuld bewußt war.  Und der Jüngling
däuchte den Leuten schöner als je und aller Augen flossen in Thränen
über daß ein so schönes junges Blut sterben sollte; besonders aber
jammerten die Weiber und Jungfrauen, deren Herz von Natur mitleidiger
ist, und manche dachte wohl: könntest du ihn vom Galgen lösen, du
nähmest ihn gleich zum Mann und schämtest dich nicht.  Als aber Klas
unter den Galgen geführt ward und die Priester mit dem Kreuze in der
Hand um ihn her standen und zu ihm sprachen und geistliche Lieder
sangen und die Henker die Leiter und Stricke zurecht machten, da ward
das Weinen ein lautes Schluchzen und Heulen und Schreien rings um das
Hochgericht.  Unter andern war auch eine schöne junge Frau da, welche
sich durch den Haufen gedrängt hatte und dem Klas grade gegenüber
stand, so daß sie ihm ins Gesicht schauen konnte.  Diese rief so laut,
daß alle Leute es hörten und er es auch hören konnte: O thäte dieser
doch nun den Schergen und Henkern, wie Simson den Philistern und
zerbräche seine Bande!  Und Klas fiel die Geschichte von Simson aus
der Schule wieder ein, und er dachte: versuchen kannst du es wohl, ob
es Gottes Wille wäre.  Und er raffte seine Glieder zusammen und
spannte seine Sehnen und rief voll Zorns Grad dör! und die eisernen
Ketten sprangen, als wären es Rohrseile gewesen, und er stürmte durch
die Henker und Schergen und durch alles Volk hin und warf links und
rechts alles mit den mächtigen Fäusten nieder.  Das Volk aber
jauchzte und schrie: Grad dör, Klas! und Klas lief wie ein Hirsch,
der mit seinen Beinen spielt, über das Feld hin in den Wald, und die
ihm zu Fuß und zu Pferde nachjagten, konnten ihn nicht einholen.  Die
Henker aber, ergrimmt, daß sie so ihre Beute verloren hatten, griffen
die schöne junge Frau, die den simsonischen Wunsch ausgesprochen
hatte, und meinten, sie könnten sie nun hängen.  Aber das Volk schrie
laut dagegen und die Priester schalten sie, da die Frau es ja nur aus
menschlicher Barmherzigkeit mit einem armen Sünder gesprochen habe,
und der Graf, der auf das Getose und Getümmel wegen Klasens Flucht
herbeigekommen war, befahl, daß sie die Frau wieder frei ließen; und
so geschah es.  Es war aber ein gewaltiges Jauchzen und Frohlocken
unter allem Volke, daß Klas so entronnen war; denn daß sie ihn wieder
fangen würden, glaubten sie nicht.  Auch fingen ihn nicht wieder, die
ihm nachgejagt waren; ich glaube auch nicht, daß sie besonders große
Lust gehabt hatten, sich an ihn zu machen.  Denn sie hatten gehört,
wie er jenen vier Jägern gethan hatte, und sie hatten eben gesehen,
was seine Knochen und Sehnen vermogten und wie Schergen und Henker
und alles Volk, das ihm im Wege stand, unter seinen Fäusten
hingestürzt waren.  Auch in Dümmelshusen hörten sie bald, was unter
dem Galgen geschehen war, und freueten sich; und die Altern und
Geschwister richteten sich wieder auf aus dem Elende und der Schmach,
und Peter faltete die Hände und betete: Gott du bist gerecht, Klas
ist kein Mörder, er hat sich für mich und sich nur ungerechter Gewalt
erwehrt.

Als Klas in den Wald gekommen war, wo keine offene Straßen waren,
lief er nicht mehr sondern ging sachte und hörte seine Jäger und
Verfolger ruhig um sich her tosen.  Er hatte sich schon einen
tüchtigen knotigen Ast von einer schmeidigen Eiche gebrochen und
zurecht gemacht, und dachte: Laß sie nur kommen, zehen und zwanzig
von ihnen thun mir's nicht, wenn Gott nicht wider mich ist.  Sie
lärmten und toseten und getümmelten aber gewaltig mit Hunden und
Pferden durch den Wald, aber auf ihn stieß keiner; und er ging seines
Weges fort, bis es Nacht ward.  Da nahm er Herberge bei einem Köhler.
So ging er noch einen Tag fort, da gelangte er auf das Blachfeld,
das zwischen der Weser und Elbe hinstreicht bis ans Meer, und er
dachte: hier mußt du dich mehr in Acht nehmen, weil sie in hellen
Haufen hinter dich her setzen können.  Daher schlug er abgelegene
Wege ein durch Wälder und Sümpfe und kehrte meistens ein bei einsamen
Leuten, bei Hirten, Köhlern und Müllern im Walde.  Und als der fünfte
Tag anbrach, da sah er zum ersten Mal in seinem Leben das Meer und
erstaunte ob der Gewalt und Pracht und fiel auf sein Angesicht und
betete und dankte Gott, daß er ihm bis dahin geholfen hatte.  Das
wußte er aber noch nicht, was das Meer aus ihm machen sollte.

Klas war an der Elbe angelangt in der Gegend, wo sie bald ins Meer
fällt und sehr breit ist, und ging längs ihrem Strande hin auf
Schiffe zu, die er in der Ferne liegen sah.  Es war eben die Zeit der
Ebbe und der Strand gar flach.  Er wußte aber nichts von Ebbe und
Fluth; denn was wissen die Leute, die in Berg und Wald wohnen, vom
Meer?  Und er war einige Stunden am Strome so in Gedanken
fortgeschlendert und hatte nicht gemerkt, daß das Wasser zunahm.  Es
fing aber die Fluth wieder an und wuchs bald mit so jählicher Gewalt,
daß er in einem Augenblick rings mit Wasser umflossen war, das ihm
bis über den Gürtel stieg. Da lief er was er konnte den Schiffen zu,
die nun nicht mehr fern waren, und stützte sich an einer langen
Stange, die an ihm hinschwamm und die er ergriff.  Aber das nächste
Schiff, wozu er gelangte, lag auf der Tiefe, wohl zwanzig Schritt vom
Lande.  Und Klas nahm seine Stange und schwang sich daran empor und
rief Grad dör! und schnellte sich fort und sprang plötzlich mitten
auf das Schiff hinab.  Die Leute aber, die unten im Raum waren,
erschracken über den Knall, den seine Füße gaben, und kamen auf das
Verdeck herauf; denn es hatte geknallt, als hätte das Gewitter
eingeschlagen.  Und sie erstaunten, als sie den großen und
stattlichen Mann mit der Stange darauf stehen sahen, und fragten ihn,
ob er komme, als Freund oder Feind als Heide oder Christ.  Als er
ihnen bejahet hatte, daß er beides als Freund und als Christ komme,
so schüttelten sie ihm alle nach einander die Hand, und bald brachte
ihm einer eine große Schale voll Meth und hieß ihn trinken; und er
trank, und jeder von ihnen trank der Reihe nach auch.  Und das sollte
ein Zeichen des Friedens und der Brüderschaft seyn.

Es waren wohl fünfzig Männer auf dem Schiffe, starke großgliedrige
Gesellen, von wildem und rauhem Ansehen.  Klas hatte in seinem Lande
dergleichen nie gesehen und hätte sie wohl für Räuber und Unchristen
gehalten, wenn an dem Maste nicht das Zeichen des Kreuzes eingehauen
und die Flagge nicht wie ein Kreuz ausgeschnitten gewesen wäre.  Und
sie waren allerdings Christen, aber Räuber waren sie auch.  Das
sagten sie ihm bald unverholen, nachdem er ihnen einen Theil seiner
Geschichte erzählt hatte und durch welche simsonische Kühnheit er dem
Galgen entlaufen war.  Sie hatten ihn anfangs barsch angesehen, als
ob sie ihm nicht traueten; aber die wilden Gesichter wurden immer
freundlicher, je weiter er in seiner Erzählung vorschritt.  Und als
er geendigt hatte, trat derjenige unter ihnen zu ihm, der als der
vornehmste aussah und in der That ihr Hauptmann war, schüttelte ihm
die Hand, umhalste ihn und sprach: Willkommen Klas! solche Leute
können wir brauchen, du sollst hinfort unser Stallbruder seyn auf
Leben und Tod und Ehre und Beute mit uns theilen.  Und der Hauptmann
erzählte ihm, sie seyen friesische Männer von den Inseln und Küsten
und leben meist vom Raube, den die See gebe und das Heidenland, aber
Christen lassen sie unangetastet.  Als Klas das Letzte hörte, schlug
er getrost ein und ließ es sich gefallen mit ihnen zu ziehen, wiewohl
sie ihm etwas greuliche Leute zu seyn däuchten.

Sie lagen noch wohl zehen Tage da vor Anker am Ufer des Stroms, weil
der Wind aus Westen wehete, und Klas lernte sehr bald, wie man das
Schiffsgeräth und Ruder und Segel handhaben muß, denn er war sehr
gewandt.  Er ward nun auch gewaffnet nach Seeräuberart; sie nannten
sich aber nicht Seeräuber sondern Meerfahrer oder Wikinger.  Bald
stand Klas in voller Wagenrüstung wie ein Wikinger da.  Er trug aber,
wann er in voller Rüstung war, einen Kettenpanzer, einen eisernen
Helm und einen runden Schild mit Buckeln, und führte in der Rechten
eine scharfe Streitaxt und an der linken Seite ein kurzes breites
Schwerdt; Speere aber zum Werfen und Stangen zum Schlagen und Stoßen
lagen im Schiffe genug, die jeder auf seine Weise gebrauchen mogte,
wann der Feind angriff.  Auch hatte es mächtige Stahlbogen und Pfeile
in Menge, und damit wußte Klas wohl umzugehen, weil er die letzten
Jahre mit seinem Vater oft auf die Jagd ausgegangen war.  Er spannte
aber den stärksten Bogen so leicht, daß seine Gesellen erstaunten;
denn selbst der Hauptmann, der unter ihnen für den stärksten galt,
konnte ihn nur zuweilen aufziehen.  Als er ihnen vollends den Sprung
noch einmal machte, den er mit der Stange von dem Ufer auf das Schiff
gethan hatte, da jauchzeten und frohlockten sie und meinten, dieser
Kämpfer solle manchem Heiden noch wohl den Dampf* thun.
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* Dampf: Fall, Sturz von dem Worte Dämpfen Niederschlagen.  Schwed.
dämpa: niederschlagen, dimpa: niederfallen.
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Den zehnten Tag hatte der Sturm aus Westen abgewehet, und es blies
ein frischer Südost auf, und sie hisseten die Segel und ließen das
Schiff auf die blaue Tiefe laufen gegen Westen und steuerten gegen
die Inseln der Heiden hin.  Und es gab manchen heißen Kampf zur See
und an den Küsten und manches Heidenschiff ward erstiegen und die
Heiden wurden wie tolle Hunde erschlagen oder gefangen, und sie kamen
mit reichem Gold und Silber heim und verkauften den Raub und die
Gefangenen.  Und Klas hatte sich schon einen Namen gemacht auf der
See; denn wenn der Streit begann, rief er Grad dör! mit so gewaltiger
Stimme, daß den Feinden sogleich der Muth entfiel und den Freunden
wuchs und sie fast immer leichten Sieg gewannen.  Und der Hauptmann,
obgleich er dem Klas seine Stärke und seinen Kriegsruhm fast
beneidete, hatte sich doch die Bitte der meisten seiner Leute
gefallen lassen, daß sie auf dem Spiegel des Schiffes einen hohen
Mann mit einer langen Stange machten, aus dessen Munde die goldenen
Buchstaben Grad dör weheten.  Und Graddör ward das berühmteste Schiff
in der Nordsee und Ostsee und weithin in dem Nordwesten bei den
Inseln der Heiden.  Und es kamen die besten Kämpfer verließen ihre
Schiffe und traten zu dem Hauptmann des Graddör über; und sechs
Monate nach dem Tage wo Klas darauf gesprungen war, hatte er statt
der fünfzig Kämpfer wohl über zweihundert, und wuchs an Ehre und
Furcht und Reichthum, daß es nicht zu beschreiben ist.

Man kann nicht sagen, daß dieses wilde und unstäte Leben dem Klas
sonderlich gefiel, aber er ließ es sich gefallen.  Das frische
Element des Meers und die kühnen Geister, die aus ihm brausen und
wehen, behagten seiner Jugend wohl, und frische muthige Thaten
erquickten ihm Seele und Leib, und Heiden bekämpfen und dämpfen
däuchte ihm eben keine Sünde, zumal da sie als arge und blutdurstige
Räuber die Inseln und Küsten der Christen überfielen und
ausplünderten und die Menschen als Sklaven wegführten und in das
fernste Elend verkauften, und da sie auch alle christliche Schiffe
anfielen und verdarben, deren sie mächtig werden konnten.  Er schien
gegen solche in einem guten Streite zu streiten.  Auch hat es nicht
gar lange gewährt, so ist Klas Hauptmann des Schiffes Graddör
geworden.

Sie waren im zweiten Jahr seiner Seefahrt aus Westen hinaufgesegelt
hoch gegen Norden und landeten den vierzigsten Tag ihrer Fahrt nach
manchem harten Strauß, den sie mit Feinden und Stürmen bestanden
hatten, auf einer kleinen Heideninsel, die von einigen Hundert
Menschen bewohnt war, welche in ärmlichen Hütten wohnten und, wie es
schien, von den Seevögeln und Fischen lebten.  Als sie ans Land
stiegen, kamen diese ihnen friedlich und freundlich entgegen, trugen
gebratene Fische in Schalen und hielten die Methkanne hin; Waffen
aber trug kein einziger von ihnen.  Da ließ der Hauptmann aufblasen
zum Angriffe, und ermahnte die Kämpfer mit schallendem Gelächter, daß
sie die Männer niederhauen und mit den Weibern thun mögten, wie sie
gelüstete.  Und sie rüsteten sich, jene Armen aber entflohen mit
jammervollem Geheul zu ihren Hütten.  Als nun die Männer dem
Hauptmann gehorsam anlaufen wollten, da sprang Klas plötzlich vor,
zückte seine Axt und rief Halt!  Zugleich entblößte er sein Haupt vor
dem Hauptmann und bat, ja flehete ihm, daß er so schwere Schuld nicht
auf sich laden wolle und so heilloses und unchristliches Werk nicht
üben lasse gegen wehrlose Männer und Weiber; denn wenn sie auch
Heiden seyen und von dem lebendigen Gott und von dem Heilande und der
Erlösung nichts wissen, so seyen die doch viel ärgere Heiden, die
solches thun könnten.  Der Hauptmann aber hörte ihn nicht an sondern
ergrimmte und befahl den andern, daß sie Klas als einen Aufrührer
fingen und bänden.  Klas aber stämmte sich auf seine Streitaxt, sah
zornig um sich und sprach: wer wagt's?--und sie standen und keiner
wagte es.  Da befahl der Hauptmann zum zweiten Male, und es entstand
Gemurmel unter dem Volke, und einige schritten vor, als wollten sie
an Klas Hände legen.  Klas aber ward nun von seinem Zorn und von
seiner Macht gefaßt und schrie Grad dör! und sprang mit seiner
gezückten Axt auf den Hauptmann, der vergebens seine Wehr aufhob, und
spaltete ihm den Kopf mitten durch, und rief: Der ist bezahlt und hat
seinen verdienten Lohn; wer ein Christ ist, her zu mir!  Und über die
Hälfte der Männer traten zu ihm über, die andern aber ergrimmten um
den erschlagenen Hauptmann und griffen zu den Waffen, als wollten sie
seinen Tod rächen.  Klas aber schrie abermal Grad dör! und sie
standen wie vom Blitz in dem Boden festgeschlagen.  Dann vermahnte er
sie und die andern zum Frieden und belehrte sie, wie der Hauptmann
Unmenschliches und Unchristliches befohlen habe, wie Christen
geduldig, sanftmüthig und barmherzig seyn müssen und ihre Hände nicht
mit unschuldigem Blut beflecken dürfen, und wenn es auch Heidenblut
sey; denn Gott sey auch der Heiden Vater und Schöpfer.  Und es liefen
den eisernen Männern, als sie die Worte hörten, Thränen über die
rauhen Wangen und sie sprachen: Der Hauptmann ist durch Gott gefallen
und durch dich, und riefen alle einstimmig: Klas du sollst unser
Hauptmann seyn!  Und er ließ es sich gefallen und ward nun Hauptmann
über zweihundert Männer.

Und es erschien bald, wie sie recht gethan hatten.  Klas hatte das
wilde und rohe Wesen, das bisher unter ihnen gegolten hatte, wohl nie
geliebt noch selbst mitgemacht, aber er hatte es doch an den andern
dulden müssen, wiewohl solche Gräuel von ihnen nie begangen waren,
als der Hauptmann jetzt gegen die armen waffenlosen Menschen auf der
Heideninsel befehlen wollte.  Als er nun selbst Hauptmann geworden,
führte er eine recht strenge christliche Zucht ein und stieß ohne
Erbarmen alles von seinem Schiffe aus, was sich ihr nicht fügen
wollte.  Das war aber sein erstes Gesetz, daß ohne Gnade an dem
Mastbaum baumeln mußte, wer einen unbewehrten Mann mit dem Eisen
verletzte oder ein Weib vergewaltigte.  Er fuhr aber noch immer gegen
die Heiden, säuberte das Meer von ihren Raubschiffen und erlösete
viele Christen aus der Gefangenschaft; auch hat er an vielen Orten,
die sonst heidnisch waren, das heilige Kreuz als das Heil der Welt
gepflanzt und durch seine Gerechtigkeit und Milde viele Heiden zum
Christentum geführt.  Und sein Name ist so gewachsen, daß die
tapfersten Männer sich zu ihm gesellten und unter ihm auszogen und
daß er im zweiten Jahre seiner Hauptmannschaft auf zwanzig Schiffen
schon fünftausend Kämpfer hatte.  Denn seine Redlichkeit und
Gottesfurcht war groß und seine Tapferkeit gefürchtet und seine
Stärke unüberwindlich; denn gegen den Hieb seiner Axt oder den Stoß
seiner Stange hatte kein Schmied Schild und Panzer schmieden können.

Als nun das vierte Jahr seiner Seefahrt und das zweite Jahr seiner
Hauptmannschaft war, hatte er eine Fahrt nach Island gemacht, war
aber durch einen gewaltigen Nordwind zurückgetrieben und ward gegen
die Ostküste einer großen Halbinsel verschlagen, welche Jütland
heißet.  Diese Halbinsel war zu jener Zeit halb heidnisch und halb
christlich, und es hatte sich vor wenigen Monaten begeben, daß der
Heidenkönig den Christenkönig geschlagen und erschlagen und alles
Land überfahren hatte.  Auch hatte er bald das Schloß des
christlichen Königs und dessen Frau und Tochter, die darin waren,
gewonnen.  Die gefangene Königstochter war aber die schönste
Prinzessin in allen Landen weit und breit.  Diese wollte der
Heidenkönig zwingen, daß sie sein Gemal werden und ihm das Königreich
zubringen sollte, als habe er es mit gerechter Hand erworben.  Und er
dachte in seinem stolzen Sinn: sie wird thun und seyn wie andere
Weiber und sich freuen, daß der Vornehmste bei ihr schlafen will und
der König im Lande ihr Mann heißt.  Aber sie that und war ganz anders,
und weigerte sich standhaft, und da er nicht abließ und zuletzt
hochmüthig dräuete, da schalt sie ihn einen wilden Wütherich und
einen heidnischen Bluthund.  Und er ergrimmte darüber so sehr, daß
alle seine heißen Flammen plötzlich erkälteten, und er schwur, sie
solle für die Schmach eines greulichen und quaalvollen Todes sterben.
Und er ließ einen großen Scheiterhaufen aufthürmen auf offenem Felde
unweit dem Schlosse, worin er die Prinzessin gefangen hatte; darauf
sollte sie gleich einer gemeinen Missethäterin verbrannt werden.

Nun begab es sich durch Gottes Schickung, der dem Bösen nicht seinen
Willen lassen wollte, daß Klas mit seinen meisten Schiffen aus Noth
hier jenen Morgen grade landete, als die Hinrichtung der
unglücklichen Prinzessin geschehen sollte.  Die Menge Menschen, die
um das Schloß und an dem Strande und auf dem Felde rings herum
toseten und wimmelten, der Schimmer und das Geklirr von Wagen und der
Schall von Trommeln und Pauken machten ihn aufmerksam, und er
erkundigte sich bei einem der Umstehenden, der ein Christ war, nach
der Ursache des Gewimmels und Getümmels der Menschen und der vielen
Kriegsleute.  Jener aber erzählte es ihm alles und wie die Prinzessin
in einer halben Stunde werde herausgeführt und jämmerlich auf dem
Scheiterhaufen verbrannt werden, und wie sie nicht zu erretten sey
vor der heidnischen Wuth, denn der Heidenkönig habe mehr als
zehentausend Kriegsleute bei sich, die sie zum Feuertode geleiten
sollen.  Und der Mann fing an bitterlich zu weinen, als er den Jammer
auserzählt hatte.

Klas aber, als er alles so von ihm gehört hatte, ward blutroth vor
Mitleid und Zorn, und sprach zu dem Manne: Das verhüte Gott und mein
gutes Eisen, daß die Prinzessin sterbe!  Und er schrie Grad dör! daß
das Ufer rings wiederhallete und antwortete.  Und seine Krieger
verstanden den Schrei, und in einigen Augenblicken standen sie
versammelt um ihn wohl dreitausend an der Zahl.  Und er rief ihnen zu:
Auf Gesellen! frisch mit dem Gotte der Christen! wir wollen die
Prinzessin und die Christen von den schnöden Heiden erlösen.  Sind
ihrer zehentausend, so ist es euer Brauch, jeder wohl fünf auf sich
zu nehmen.  Frischauf denn!  Gott sieht das Herz an und nicht die
Menge.  So sprach er und schallte noch einmal Grad dör! drein, und
riß sie wie ein Blitz mit sich fort grade auf den Scheiterhaufen hin
in dem Augenblicke, als die Prinzessin, mit Schwerdtern und Spießen
umgeben, aus dem Thore herausgeführt ward.  Und er ließ das Bluthorn
blasen, und die Heiden trompeteten gegen, und der König hielt an
ihrer Spitze und rief den Seinen zu: Frisch!  Frisch! wie die See
immer vom trockenen Lande zurückfließen muß, so werdet ihr diese
elenden Seeräuber in ihr Element zurückspülen.  Und sie trafen hart
auf einander, aber Klas und Graddör waren den Heiden zu mächtig, und
sie fielen vor ihm und seinen Wikingern, wie Haberstroh vor der
Sichel fällt, wann es zu reif ist.  Und als die andern Christen der
Stadt und des Landes sahen, daß Klas die Oberhand bekam über die
Heiden, da stürmten sie auch von allen Seiten auf sie; und in wenigen
Stunden ward der Heidenkönig nebst allem seinem Volke erschlagen bis
auf einige wenige, die durch die Geschwindigkeit ihrer Pferde mit der
Prinzessin in das Schloß zurückgeflohen waren.  Diese gaben wenige
Stunden nach der Schlacht das Schloß und die Prinzessin auf um das
Leben und den freien Abzug.  Und Klas gestand es ihnen zu, weil ihrer
so wenige waren, und ließ sie in Frieden abziehen.

Als Klas in das Schloß einzog, da war große Freude unter allem
Christenvolke, daß Gott die Heiden so unter seiner Faust gedemüthigt
und die Prinzessin vom Feuertode errettet hatte, und die alte Königin
und die erlöste Prinzessin traten ihm an den Stufen des Schlosses
entgegen und priesen sich glücklich, daß sie durch einen solchen Mann
befreit worden.  Denn durch den Schlachtruf Grad dör hatten sie
sogleich vernommen, welch ein Mann für sie gestritten.  Und sie
nahmen ihn an die Hand und führten ihn die Stufen des Schlosses
hinauf; er aber weigerte sich dessen und verneigte sich vor den
königlichen Frauen tief bis zur Erde, wie es einem tapfern und
ritterlichen Mann geziemt, und wollte hinter ihnen her treten.  Sie
aber wehrten ihm das, und die alte Königin sprach: wo ist eine
Prinzessin in der Welt, die nicht die geehrteste wird, wenn ein
solcher Mann und Held an ihrer Hand einher geht?  Und er mußte ihnen
wohl gehorchen und nebst seinen Helden sich am Mahle mit ihnen
erquicken und in dem Schlosse und der Burg Herberge nehmen.

Die Königin hatte aber gleich bei sich bedacht, als sie Klas gesehen,
und auch ihre Räthe hatten es ihr zugeflüstert: wo wäre ein Mann wie
dieser, der das Christenthum hier emporbringen und das Heidenthum
bändigen könnte? hat Gott uns diesen nicht wie ein Wunder durch den
Sturm hergewehet und als den König und Retter des Volkes gezeigt?
Und sie hatte sich viele süße Gedanken gemacht über ihre Tochter.
Aber das verbarg sie noch in ihrem Herzen, und dachte: Gott wird es
schon machen, wenn es gut ist.  Und Gott machte es, damit erfüllet
würde, was Valentin gesagt hatte: wer sich muthig durch den
Pfannkuchenberg fresse, der werde einmal König werden.

Denn Klas war kaum einige Stunden in den Gemächern des Schlosses, so
fühlte er sich in seinem ganzen Herzen wie umgekehrt, er fühlte, daß
er ein Weib gesehen hatte, von welcher seine Augen nicht wanken
konnten.  Die Prinzessin war auch gewiß die Allerschönste, die zu
ihrer Zeit auf der Welt lebte.  Er fühlte das mit Wohlgefallen, daß
ihm das Herz zitterte; aber er bedachte zugleich, daß er der Sohn
eines Dorfschulzen und sie eine Königstochter war, und schlug sich
bei diesem Gedanken vor die Stirn und rief: Klas, Klas, wo willst du
hin in deiner Thorheit? hier hilft dir dein Grad dör zu nichts.  Denn
Klas war bei allen seinen großen Thaten immer seiner Jugend eingedenk
geblieben und war immer herzlich demüthig und klein vor Gott, dem er
allein alles beimaaß; von seiner eigenen Ritterlichkeit und Schönheit,
die wohl die Herzen aller Weiber der Welt anlocken konnte, wußte er
gar nichts.  So brachte er, von den Reitzen der schönen Prinzessin
geblendet und verwundet, eine schlaflose kranke Nacht zu, und weil
sein Wunsch ihm eine Unmöglichkeit däuchte, so beschloß er mit dem
frühen Morgen nebst seinen Gesellen wieder in die Schiffe zu gehen
und seinen Kummer dem wilden Element des Wassers zur Heilung zu
übergeben, wenn Liebesflammen nur durch Wasser gekühlt und gelöscht
werden könnten.

Und als es kaum dämmerte und das Licht noch furchtsam durch die
Vorhänge in die Zimmer guckte, rief er seine Männer auf, und es ward
ein Laufen und Wimmeln im Schloßhofe, daß die Königin und die
Prinzessin darob erwachten und mit Staunen und Schrecken vernahmen,
daß Klas wieder auf seine Schiffe wolle.  Und die alte Königin
bedachte sich nicht lange, sie that, was sie thun mußte, kleidete
sich eilends an, warf ihren königlichen Mantel um, und trat zu Klas
ins Zimmer, zu welchem sie folgende Worte sprach:

Lieber Herr Klas, was ist das für eine Botschaft, die wir mit
Schrecken hören?  So willst du fort, und gönnst uns nicht einmal das
bischen traurige Zeit, daß wir dir wenigstens mit Worten danken
können?  So willst du uns verlassen? du willst das heilige Kreuz, du
willst das Christenthum, du willst die Christen hier wieder verlassen,
und sie wieder auf des Schwerdtes Spitze stellen? das Fürstenkind
willst du wieder verlassen, das du eben aus dem Feuer und Eisen der
Heiden gerissen hast?  Zwar liegt der Heidenkönig erschlagen und sein
Heer speiset die Raben; aber viele Heiden wohnen noch um uns und über
uns, und er hat der reisigen Söhne und Neffen genug, welche kommen
werden und seinen Tod rächen, wann du weg bist.  Unser König aber ist
auch todt, unsre besten Männer liegen auch erschlagen, und wir haben
keinen Sohn, keinen Bruder, keinen Bräutigam, die das Scepter und das
Schwerdt führen können in der Gefahr.  Hat der Wind Gottes dich denn
nur hieher gewehet, um uns desto herrlicher und größer zu verderben?
hat er dich nicht hergewehet, daß du diesen Christen ein Kriegsfürst
und König gegen die Heiden, mir ein geliebter Sohn und der Prinzessin,
meiner Tochter ein würdiger Gemal seyn sollst?  Ja das hat er
gewollt, und das will ich, darum bin ich so früh aufgestanden, darum
komme ich, darum bitte ich.

Die Königin sprach diese Worte so gewaltig, daß sie alle Worte todt
machten, die Klas hätte antworten können.  Er konnte nicht gehen; er
konnte nicht sprechen, er konnte sich nur verneigen und erröthen und
schweigen.  Und dies that er auf seine Art, welche der Königin sehr
gefiel; denn sie verstand, er werde mit den Schiffen nicht entfliehen,
und also fuhr sie fort in ihrer Rede:

Du hast es beantwortet, wie ein Ritter und Mann antworten soll, wann
eine Frau solches zu ihm spricht.  Und nun will ich künftig auch
nichts mehr hören von dir, daß du in einer Bauerhütte und wir in
Königsschlössern gebohren sind.  Siehe Gott hat an dir große Zeichen
gewiesen, daß er auch die Kleinsten groß machen kann, so wie er, wenn
er will, Leben und Kronen gebohrner Könige in den Staub legt; er hat
dir solche Demuth und Tugend und Gewalt des Muthes und Glückes
gegeben, daß du ein Mann heißest unter den besten Männern: dich hat
die Ritterlichkeit Königen gleich gemacht und dein Grad dör! ist
stärker als ein Heer.  Und nun komm!

Und sie nahm ihn an der Hand, und er war ihr still und gehorsam wie
ein kleines Kind und ließ sich von ihr führen, wohin sie wollte.

Und die Königin führte ihn in das Gemach ihrer Tochter der Prinzessin
und legte die Hände der beiden zusammen und segnete sie ein.  Und sie
ließen es sich wohl gefallen, aber sprechen konnten sie kein Wort.
Denn der Prinzessin war es nicht anderes gegangen als Klas; sobald
sie ihn erblickt hatte, war es in ihr gewesen, als wollte es heraus
klingen aus ihrer Brust: der ist der Mann, und kein anderer!  Und
wenn die Prinzessin die Allerschönste heißen konnte, so mogte Klas
wohl mit eben dem Rechte der Allerschönste genannt werden.

Und Klas blieb nun und die Schiffe lagen vor Anker in der Bucht und
kein Auge gab auf die Winde Acht.  Sie waren alle auf das Land
gerichtet, niemand dachte an Segel und Taue und Ruder, sondern die
Männer schmückten Sporen und Waffenröcke für die Hochzeit.  Diese
ward in wenigen Wochen mit großer Herrlichkeit gefeiert, und die
schöne Prinzessin nahm Klas Avenstaken zum Mann, der hinfort König
Klas von Jütland hieß.

Und er wohnte manchen fröhlichen Tag und manche schöne Nacht mit der
Prinzessin in dem Schlosse.  Es lag das Schloß aber in Südjütland, wo
jetzt die Stadt Schleßwig steht.  Aber er vergaß sich in der Freude
nicht in Lässigkeit, sondern rüstete sich eifrig zum Kriege gegen die
Heiden, und sie rüsteten sich auch.  Und es begann ein langer
schwerer Kampf um die Herrschaft, bis sie endlich unterlagen und Klas
König war über die ganze große Halbinsel und über die Inseln umher.

Und es war das Ende des zweiten Jahrs, nachdem er den Heidenkönig
erschlagen und die Prinzessin sich vermählt hatte, als er alles Land
der Heiden unter sich bezwungen hatte bis an die Elbe und das Kreuz
des Heils als Panier seiner Herrschaft allenthalben aufgerichtet
hatte für die bunten Götzen aus Stein und Holz--da stand Klas einmal
diesseits am Ufer der Elbe, und es däuchte ihm, als sehe er jenseits
in der Ferne die Stelle, wo er mit der Stange einst auf das Schiff
gesprungen war; und es war wirklich die Stelle, und er erkannte sie
an drei Bäumen wieder, die auf einer Anhöhe hoch über das Gestade
ragten.  Und sein wunderbarer Lebenslauf wandelte ihm hier in
Gedanken vorüber, und in Demuth fiel er auf die Erde nieder und
betete und dankte Gott, daß er ihn aus so vielen Gefahren errettet
und auf eine so außerordentliche Weise zum König und Herrn über
Länder und Völker gemacht hatte.  Und er nannte die Stelle, wo er
stand, Glückstadt und bauete dort ein Schloß; und das Schloß und die
Stadt steht von seiner Zeit bis auf diesen Tag.  Klas war jetzt
sechsundzwanzig Jahre alt, und es war das sechste Jahr seit jenem
Morgen, wo er dem Galgen entlaufen war, woran er so unschuldig hatte
hangen sollen.

Und als er die Heiden bezwungen und das Land mit Schlössern und
Burgen befriedet hatte, da dachte er in Sehnsucht und Liebe seiner
alten Ältern und seiner Geschwister und Freunde, und säumte nicht
lange, sondern trat die Reise an zu ihnen.  Er nahm aber sein Gemal
die Königin mit nebst tausend seiner Reisigen, damit er ein
königliches Geleit hätte, So zog er über die Elbe gegen Süden.  Und
als sie vier Tage gezogen waren und der fünfte Tag anbrach und sie
nicht mehr fern waren von seiner Heimath, da hieß er die Reisigen
zurückbleiben und ritt mit seiner Königin voran und hatte nur einen
Knappen bei sich.  Und es war grade der Mittag des fünften Tages und
die Glocke schlug zwölf, da ritten sie in Dümmelshusen ein und
gradezu auf seines Vaters Haus.  Sie ließen die Pferde aber im Dorfe
laufen, was sie laufen konnten, damit die Leute, die sie sahen, sich
nicht über sie besinnen noch es seinen Ältern verrathen konnten.  Und
als sie vor Peter Avenstakens Hause anlangten, sprang der König Klas
rasch vom Pferde und rief lustig Grad dör! daß es durch das ganze
Dorf erklang.  Und Peter, der mit Frau und Kindern grade bei Tische
saß, sprang heraus bei dem Worte und sah den Mann und die Frau mit
den goldenen Kronen auf dem Kopfe.  Er merkte aber sogleich, daß es
sein Sohn war, und rief: Nun Gott sey Dank, daß du wieder da bist und
ein König geworden!  Wir haben schon davon gehört, sie haben es uns
aber nicht glauben wollen, auch deine eigene Mutter hat es nicht
glauben wollen; nur ich und Valentin haben es gleich geglaubt, denn
wir beide wußten wohl, daß etwas Besonderes aus dir werden mußte.
Und er rief in der Freude überlaut: Valentin!  Valentin! komm doch
heraus, daß du siehest, was aus unserm Klas geworden ist!  Und
Valentin kam und die Mutter und alle Geschwister kamen, und es war
ein Herzen und Küssen, daß es kein Ende nehmen wollte.  Und als der
König und die Königin hineingegangen waren und sich an der Ältern
Tisch gesetzt und mit ihnen gegessen und getrunken hatten in Demuth
zu Gott und in Liebe zu ihnen, da übernahm den alten Peter die Freude
und er wußte nicht, was er sprechen sollte, er sprach aber vor
Freuden fast zu viel.  Und da hat er der Greth in die Ohren
geflüstert, und es ist wohl nicht recht gewesen in solchem
Augenblicke: Nun Greth, ist mein Klas der Klas geblieben? hätte aus
deinem Johannes wohl mehr werden können?

Und Klas ist manchen Tag und manche Woche bei seinen Altern geblieben
und hat fröhlich mit ihnen gelebt, und hat sie und seine Geschwister
und die Nachbarskinder reichlich beschenkt, den alten Valentin aber
hat er mitgenommen und zu ihm gesprochen: Lieber Valentin, du sollst
meinen Söhnen auch lustige und waidliche Geschichten erzählen, wie
ein jeder tüchtiger Mensch mit Gottes Hülfe etwas werden kann, damit
brave Männer und Helden aus ihnen werden.  Und Valentin ist gern mit
ihm gezogen, denn er bildete sich auf König Klas viel ein und dachte
bei sich, er habe ihn eigentlich zum Könige gemacht.  Auch seinen
jüngsten Bruder hat der König mitgenommen und seine jüngste Schwester;
und ist der Bruder ein Graf und die Schwester eine Gräfin geworden
und leben noch viele vornehme Leute in der Welt, die von ihnen
herstammen.  Das hat er sich aber ausbedungen vor der Abreise, daß,
wenn der Vater stürbe, ihm das Bauergut zufallen sollte, und hat es
seinen Brüdern gleich um den zehnfachen Werth abgekauft.  Und der
Vater und die Brüder haben es ihm zugesagt und auch gehalten.  Denn
er sagte: Ich will einen meiner Söhne hinschicken, der soll ein Bauer
werden und seine Kinder und Kindeskinder sollen Bauern bleiben; denn
Bauern sind älter und halten länger aus als die Könige.

Und König Klas ist wieder heimgegangen in sein Reich und hat noch
manches liebe Jahr glücklich mit seiner Königin gelebt und regiert
und viele Söhne und Töchter mit ihr gezeugt, und haben viele große
Könige und Königinnen aus seinem Blute nach ihm geherrscht.  Aber
doch ist das glorreiche Geschlecht von Klas Avenstaken nun schon
lange ausgestorben und ein anderer Stamm herrscht in den Landen, die
ihn einst als König verehrten.  Aber seines Sohnes Konrad Geschlecht
dauert noch bis diesen Tag.  Dieser Konrad war sein jüngster Sohn.
Den that er alsbald nach seiner Geburt auf das Land zu einem Bauer
und ließ ihn bäuerlich leben und arbeiten und sandte ihn dann in das
Land seiner Heimath in Westfalen nach Dümmelshusen, wo er ihn auf das
Gut seines Vaters setzte.  Und Konrad ist groß und stark geworden wie
König Klas, aber nicht so mächtig und herrlich vor der Welt, sondern
ist als Dorfschulze gestorben, was sein Großvater Peter auch gewesen.
Und von diesem Konrad dem Königssohn stammen bis diesen Tag noch
alle Avenstaken her, die als Bauern in Dümmelshusen und in der Gegend
leben.



Prinzessin Svanvithe


Du hast wohl von der Sage gehört, daß hier bei Garz, wo jetzt der
Wall über dem See ist, vor vielen tausend Jahren ein großes und
schönes Heidenschloß gewesen ist mit herrlichen Häusern und Kirchen,
worin sie ihre Götzen gehabt und angebetet haben.  Dieses Schloß
haben vor langer, langer Zeit die Christen eingenommen, alle Helden
totgeschlagen und ihre Kirchen umgeworfen und die Götzen, die darin
standen, mit Feuer verbrannt; und nun ist nichts mehr übrig von all
der großen Herrlichkeit als der alte Wall und einige Leuschen, welche
die Leute sich erzählen, besonders von dem Mann mit Helm und Panzer
angetan, der auf dem weißen Schimmel oft über die Stadt und den See
hinreitet.  Einige, die ihn nächtlich gesehen haben, erzählen, es sei
der alte König des Schlosses, und er habe eine güldene Krone auf.
Das ist aber alles nichts.  Daß es aber um Weihnachten und Johannis
in der Nacht aus dem See klingt, als wenn Glocken in den Kirchen
geläutet werden, das ist wahr, und viele Leute haben es gehört, und
auch mein Vater.  Das ist eine Kirche, die in den See versunken ist,
andere sagen, es ist der alte Götzentempel.  Das glaub' ich aber
nicht; denn was sollten die Helden an christlichen Festtagen läuten?
Aber das Klingen und Läuten im See ist dir gar nichts gegen das, was
im Wall vorgeht, und davon will ich dir eine Geschichte erzählen.  Da
sitzt eine wunderschöne Prinzessin mit zu Felde geschlagenen Haaren
und weinenden Augen und wartet auf den, der sie erlösen soll; und
dies ist eine sehr traurige Geschichte.

In jener alten Zeit, als das Garzer Heidenschloß von den Christen
belagert ward und die drinnen in großen Nöten waren, weil sie sehr
gedrängt wurden, als schon manche Türme niedergeworfen waren und sie
auch nicht recht mehr zu leben hatten und die armen Leute in der
Stadt hin und wieder schon vor Hunger starben, da war drinnen ein
alter, eisgrauer Mann, der Vater des Königs, der auf Rügen regierte.
Dieser alte Mann war so alt, daß er nicht recht mehr hören und sehen
konnte; aber es war doch seine Lust, unter dem Golde und unter den
Edelsteinen und Diamanten zu kramen, welche er und seine Vorfahren im
Reiche gesammelt hatten und welche tief unter der Erde in einem
schönen, aus eitel Marmelsteinen und Kristallen gebauten Saale
verwahrt wurden.  Davon waren dort ganz große Haufen aufgeschüttet,
viel größere als die Roggen- und Gerstenhaufen, die auf deines Vaters
Kornboden aufgeschüttet sind.  Als nun das Schloß zu Garz von den
Christen in der Belagerung so geängstet ward und viele der tapfersten
Männer und auch der König, des alten Mannes Sohn, in dem Streite auf
den Wällen und vor den Toren der Stadt erschlagen waren, da wich der
Alte nicht mehr aus der marmornen Kammer, sondern lag Tag und Nacht
darin und hatte die Türen und Treppen, die dahin führten, dicht
vermauern lassen; er aber wußte noch einen kleinen heimlichen Gang,
der unter der Erde weglief, viele hundert Stufen tiefer als das
Schloß, und jenseits des Sees einen Ausgang hatte, den kein Mensch
wußte als er, und wo er hinausschlüpfen und sich draußen bei den
Menschen Speise und Trank kaufen konnte.  Als nun das Schloß von den
Christen erobert und zerstört ward und die Männer und Frauen im
Schlosse getötet und alle Häuser und Kirchen verbrannt wurden, daß
kein Stein auf dem andern blieb, da fielen die Türme und Mauern
übereinander, und die Türe der Goldkammer ward gar verschüttet; auch
blieb kein Mensch lebendig, der wußte, wo der tote König seine
Schätze gehabt hatte.  Der alte König aber saß drunten bei seinen
Haufen Goldes und hatte seinen heimlichen Gang offen und hat noch
viele hundert Jahre gelebt, nachdem das Schloß zerstört war; denn sie
sagen, die Menschen, welche sich zu sehr an Silber und Gold hängen,
können vom Leben nicht erlöst werden und sterben nicht, wenn sie Gott
auch noch so sehr um den Tod bitten.  So lebte der alte, eisgraue
Mann noch viele, viele Jahre und mußte sein Gold bewachen, bis er
ganz dürr und trocken ward wie ein Totengerippe.  Da ist er denn
gestorben und auch zur Strafe verwandelt worden und muß nun als ein
schwarzer magerer Hund unter den Goldhaufen liegen und sie bewachen,
wenn einer kommt und den Schatz holen will.  Des Nachts aber zwischen
zwölf und ein Uhr, wann die Gespensterstunde ist, muß er noch immer
rundgehen als ein altes graues Männlein mit einer schwarzen
Pudelmütze auf dem Kopf und einem weißen Stock in der Hand.  So haben
die Leute ihn oft gesehen im Garzer Holze am Wege nach Poseritz; auch
geht er zuweilen um den Kirchhof herum.  Denn da sollen vor alters
Heidengräber gewesen sein, und die Helden haben immer viel Silber und
Gold mit sich in die Erde genommen.  Das will er holen, darum
schleicht er dort, kann es aber nicht kriegen, denn er darf die
geweihte Erde nicht berühren.  Das ist aber seine Strafe, daß er so
rundlaufen muß, wann andere Leute in den Betten und Gräbern schlafen,
weil er so geizig gewesen ist.

Nun begab es sich lange nach diesen Tagen, daß in Bergen ein König
von Rügen wohnte, der hatte eine wunderschöne Tochter, die hieß
Svanvithe; und sie war die schönste Prinzessin weit und breit, und es
kamen Könige und Fürsten und Prinzen aus allen Landen, die um die
schöne Prinzessin warben.  Und der König, ihr Herr Vater, wußte sich
kaum zu lassen vor allen den Freiern und hatte zuletzt nicht Häuser
genug, daß er die Fremden beherbergte, noch Ställe, wohin sie und
ihre Knappen und Staller ihre Pferde zögen; auch gebrach es fast an
Hafer im Lande und Raum für alle die Kutscher und Diener, die mit
ihnen kamen, und war Rügen so voll von Menschen, als es nie gewesen
seit jenen Tagen.  Und der König wäre froh gewesen, wenn die
Prinzessin sich einen Mann genommen hätte und die übrigen Freier
weggereist wären.  Das läßt sich aber bei den Königen nicht so leicht
machen als bei andern Leuten, und muß da alles mit vieler
Zierlichkeit und Langsamkeit hergehen.  Die Prinzessin, nachdem sie
wohl ein ganzes halbes Jahr in ihrer einsamen Kammer geblieben war
und keinen Menschen gesehen, auch kein Sterbenswort gesagt hatte,
fand endlich einen Prinzen, der ihr wohl gefiel, und den sie gern zum
Mann haben wollte, und der Prinz gefiel auch dem alten Könige, daß er
ihn gern als Eidam wollte.  Und sie hatten einander Ringe geschenkt,
und war große Freude im ganzen Lande, daß die schöne Svanvithe
Hochzeit halten sollte, und hatten alle Schneider und Schuster die
Fülle zu tun, die schönen Kleider und Schuhe zu machen, die zur
Hochzeit getragen werden sollten.  Der verlobte Prinz aber und
Svanvithens Bräutigam hieß Herr Peter von Dänemarken und war ein über
die Maßen feiner und stattlicher Mann, daß seinesgleichen wenige
gesehen wurden.

Da, als alles in lieblicher Hoffnung und Liebe grünete und blühete
und die ganze Insel in Freuden stand und nur noch ein paar Tage bis
zur Hochzeit waren, kam der Teufel und säete sein Unkraut aus, und
die Luft ward in Traurigkeit verwandelt.  Es war nämlich allda an des
Königs Hofe auch ein Prinz aus Polen, ein hinterlistiger und
schlechter Herr, sonst schön und ritterlich an Gestalt und Gebärde.
Dieser hatte manches Jahr um die Prinzessin gefreit und sie geplagt
Tag und Nacht; sie hatte aber immer nein gesagt, denn sie mochte ihn
nicht leiden.  Als dieser polnische Prinz nun sah, daß es wirklich
eine Hochzeit werden sollte und daß Herr Peter von Dänemarken zum
Treuliebsten der schönen Svanvithe erkoren war, sann er in seinem
bösen Herzen auf arge Tücke und wußte es durch seine Künste so zu
stellen, daß der König und alle Menschen glaubten, Svanvithe sei
keine züchtige Prinzessin und habe manche Nächte bei dem polnischen
Prinzen geschlafen.  Das glaubte auch Herr Peter und reiste plötzlich
weg; und der polnische Prinz war zuerst weggereist, und alle Könige
und Prinzen reisten weg. Und das Schloß des Königs in Bergen stand
wüst und leer da, und alle Freude war mit weggezogen und alle Geiger
und Pfeifer und alles Saitenspiel, die sich auf Turniere und Feste
gerüstet hatten.  Und die Schande der armen Prinzessin klang über das
ganze Land; ja in Schweden und Dänemark und Polen hörten sie es, wie
die Hochzeit sich zerschlagen hatte.  Sie aber war gewiß unschuldig
und rein wie ein Kind, das aus dem Mutterleibe kommt, und war es
nichts als die greuliche Bosheit des verruchten polnischen Prinzen,
den sie als Freier verschmäht hatte.

So ging es der armen Svanvithe, und der König, ihr Vater, war einige
Tage nach diesen Geschichten wie von Sinnen und wußte nicht von sich,
und ihm war so zumute, daß er sich hätte ein Leid antun können von
wegen seiner Tochter und von wegen des Schimpfes, den sie auf das
ganze königliche Haus gebracht hatte.  Und als er sich besann und
wieder zu sich kam und die ganze Schande bedachte, worein er geraten
war durch seine Tochter, da ergrimmte er in seinem Herzen, und er
ließ die schöne Svanvithe holen und schlug sie hart und zerraufte ihr
Haar und stieß sie dann von sich und befahl seinen Dienern, daß sie
sie hinausführten in ein verborgenes Gemach, daß seine Augen sie
nimmer wiedersähen.  Darauf ließ er in einen mit dichten Mauern
eingeschlossenen und mit dunklen Bäumen beschatteten Garten hinter
seinem Schlosse einen düstern Turm bauen, wo weder Sonne noch Mond
hineinschien, da sperrte er die Prinzessin ein.  Der Turm, den er
hatte bauen lassen, war aber fest und dicht und hatte nur ein
einziges kleines Loch in der Türe, wodurch ein wenig Licht hineinfiel
und wodurch der Prinzessin die Speise gereicht ward.  Es war auch
weder Bett noch Tisch oder Bank in dem traurigen Gefängnis; auf
harter Erde mußte die liegen, die sonst auf Sammet und Seiden
geschlafen hatte, und barfuß mußte die gehen, die sonst in goldenen
Schuhen geprangt hatte.  Und Svanvithe hätte sterben müssen vor
Jammer, wenn sie nicht gewußt hätte, daß sie unschuldig war, und wenn
sie nicht zu Gott hätte beten können.  Sie aber war ein sehr junges
Kind, als sie eingesperrt ward, erst sechzehn Jahre alt, schön wie
eine Rose und schlank und weiß wie eine Lilie, und die Menschen, die
sie liebhatten, nannten sie nicht anders als des Königs
Lilienstengelein.  Und dieses süße Lilienstengelein sollte so
jämmerlich verwelken in der kalten und einsamen Finsternis.

Und sie hatte wohl drei Jahre so gesessen zwischen den kalten Steinen,
und auch der alte König war nicht mehr froh gewesen seit jenem Tage,
als der polnische Prinz sie in die große Schande gebracht hatte,
sondern sein Kopf war schneeweiß geworden vor Gram wie der Kopf einer
Taube; aber vor den Leuten gebärdete er sich stolz und aufgerichtet
und tat, als wenn seine Tochter tot und lange begraben wäre.  Sie
aber saß von der Welt ungewußt in ihrem Elende und tröstete sich
allein Gottes und dachte, daß er ihre Unschuld wohl einmal an den Tag
bringen würde.  Weil sie aber in ihren einsamen Trauerstunden Zeit
genug hatte, hin und her zu denken, so fiel ihr die Sache ein von dem
Königsschatze unter dem Garzer Walle, die sie in ihrer Kindheit oft
gehört hatte, und sie gedachte damit ihre Unschuld, und daß der
polnische Prinz sie unter einem falschen Schein schändlich belogen
hatte, sonnenklar zu beweisen.  Und als darauf ihr Wächter kam und
ihr die Speise durch das Loch reichte, sprach sie zu ihm: "Lieber
Wächter, gehe zu dem Könige, meinem und deinem Herrn, und sage ihm,
daß seine arme einzige Tochter ihn nur noch ein einziges Mal zu sehen
und zu sprechen wünscht in ihrem Leben und daß er ihr diese letzte
Gunst nicht versagen mag."

Und der Wächter sagte ja und lief und dachte bei sich: "Wenn der alte
König ihre Bitte nur erhört!"  Denn es jammerte ihn die arme
Prinzessin unaussprechlich, und sie jammerte alle Menschen; denn sie
war immer freundlich gewesen gegen jedermann, auch hatten die meisten
von Anfang an geglaubt, daß sie fälschlich verklagt war und daß der
polnische Prinz einen argen Lügenschein auf sie gebracht hatte; denn
sie hatte sich immer aller Zucht und Jungfräulichkeit beflissen vor
jedermann.

Und als ihr Wächter vor den König trat und ihm die Bitte der
Prinzessin anbrachte, da war der alte Herr sehr zornig und schalt ihn
und drohete ihm, ihn selbst in den Turm zu werfen, wenn er den Namen
der Prinzessin vor ihm je wieder über seine Lippen laufen lasse.  Und
der erschrockene Wächter ging weg. Der König aber legte sich hin und
schlief ein.  Da soll er einen wunderbaren Traum gehabt haben, den
kein Mensch zu deuten verstanden hat, und er ist früh erwacht und
sehr unruhig gewesen und hat viel an seine Tochter denken müssen, bis
er zuletzt befohlen hat, daß man sie aus dem Turm heraufbrächte und
vor ihn führte.

Als Svanvithe nun vor den König trat, war sie bleich und mager, auch
waren ihre Kleider und Schuhe schon abgerissen, und sie stand fast
nackt und barfuß da und sah einer Bettlertochter ähnlicher als einer
Königstochter.  Und der alte König ist bei ihrem Anblick blaß
geworden vor Jammer wie der Kalk an der Wand, aber sonst hat er sich
nichts merken lassen.  Und Svanvithe hat sich vor ihm verneigt und
also zu ihm gesprochen:

"Mein König und Herr!  Ich erscheine nur als eine arme Sünderin vor
dir, als eine, die an der göttlichen Gnade und an dem Lichte des
Himmels kein Recht mehr haben soll.  Also hast du mich von deinem
Angesicht verstoßen und von allem Lebendigen weggesperrt.  Ich
beteure aber vor dir und vor Gott, daß ich unschuldig leide und daß
der polnische Prinz aus eitel Tücke und Arglist all den schlimmen
Schein auf mich gebracht hat.  Und nun hat Gott, der sich mein
erbarmen will, mir einen Gedanken ins Herz gegeben, wodurch ich meine
unbefleckte Jungfrauschaft beweisen und dich und mich und dein ganzes
Reich zu Reichtum und Ehren bringen kann.  Du weißt, es geht die Sage,
unter dem alten Schloßwalle zu Garz, wo unsere heidnischen Ahnen
weiland gewohnt haben, liege ein reicher Schatz vergraben.  Diese
Sage, die mir in meiner Kindheit oft erzählt ist, meldet ferner,
dieser Schatz könne nur von einer Prinzessin gehoben werden, die von
jenen alten Königen herstamme und noch eine reine Jungfrau sei: wenn
nämlich diese den Mut habe, in der Johannisnacht zwischen zwölf und
ein Uhr nackt und einsam diesen Wall zu ersteigen und darauf
rückwärts so lange hin und her zu treten, bis es ihr gelinge, die
Stelle zu treffen, wo die Tore und Treppen verschüttet sind, die zu
der Schatzkammer hinabführen.  Sobald sie diese mit ihren Füßen
berühre, werde es sich unter ihr öffnen, und sie werde sanft
heruntersinken mitten in das Gold und könne sich von den
Herrlichkeiten dann auslesen, was sie wolle, und bei Sonnenaufgang
wieder herausgehen.  Was sie aber nicht tragen könne, werde der alte
Geist, der den Schatz bewacht, nebst seinen Gehilfen nachtragen.
Hierauf habe ich nun meine Hoffnung eines neuen Glückes gestellt, ob
es mir etwa aufblühen wolle; laß mich denn, Herr König, mit Gott
diese Probe machen.  Ich bin ja doch einer Toten gleich, und ob ich
hier begraben bin oder dort begraben werde, kann dir einerlei sein."

Sie hatte die Gebärde, als wolle sie noch mehr sagen; aber bei diesen
Worten stockte sie und konnte nicht mehr, sondern schluchzete und
weinte bitterlich.  Der König aber winkte dem Wächter leise zu, der
sie hereingeführt hatte, und alsbald kamen Frauen und Dienerinnen
herbei und trugen sie hinaus von dem Könige weg in ein Seitengemach.
Und nicht lange, so ward der Wächter wieder zu dem Könige gerufen,
und er brachte ihr Speise und Trank, daß sie sich stärkte und
erquickte, und zugleich die Botschaft, daß der König ihr die gebetene
mitternächtliche Fahrt erlaube.  Bald trugen Dienerinnen ihr ein Bad
herein nebst zierlichen Kleidern, daß sie sich bedecken konnte, denn
sie war fast nackend.  Und sie lebte nun wieder in Freuden, obgleich
sie ganz einsam saß und gegen niemand den Mund auftat--auch den
Dienern und Dienerinnen war das Sprechen zu ihr verboten, sie wußten
auch nicht, wer sie war, noch wie sie in das Schloß gekommen, denn
von denen, die sie kannten, ward niemand zu ihr gelassen denn allein
der Wächter, der ihr immer die Speise gebracht hatte im Turme.  Und
ihre Schöne fing wieder an aufzublühen, wie blaß und elend sie auch
aus dem Turm gekommen war; und alle, die sie sahen, entsetzten sich
über ihre Huld und Lieblichkeit, und sie deuchte ihnen fast einem
Engel gleich, der vom Himmel in das Schloß gekommen sei.

Und als vierzig Tage vergangen waren und der Tag vor Johannis da war,
da ging sie zu dem Könige, ihrem Vater, ins Gemach und sagte ihm
Lebewohl.  Und der alte Herr neigte noch einmal wieder seinen weißen
Kopf über sie und weinte sehr, und sie sank vor ihm hin und umfaßte
seine Knie und weinte noch mehr.  Und darauf ging sie hinaus und
verkleidete sich so, daß niemand sie für eine Prinzessin gehalten
hätte, und trat ihre Reise an.  Die Reise war aber nicht weit von
Bergen nach Garz, und sie ging in der Tracht eines Reiterbuben einher.
Und in der Nacht, als es vom Garzer Kirchturm zwölf geschlagen
hatte, betrat sie einsam den Wall, tat ihre Kleider von sich, also
daß sie da stand, wie Gott sie erschaffen hatte, und nahm eine
Johannisrute in die Hand, womit sie hinter sich schlug.  Und so
tappte sie stumm und rücklings fort, wie es geschehen mußte.  Und
nicht lange war sie geschritten, so tat sich die Erde unter ihren
Füßen auf, und sie fiel sanft hinunter, und es war ihr, als würde sie
in einem Traum hinabgewiegt; und sie fiel hinab in ein gar großes und
schönes und von tausend Lichtern und Lampen erleuchtetes Gemach,
dessen Wände von Marmor und diamantenen Spiegeln blitzten und dessen
Boden ganz mit Gold und Silber und Edelsteinen beschüttet war, daß
man kaum darauf gehen konnte.  Sie aber sank so weich auf einen
Goldhaufen herab, daß es ihr gar nicht weh tat.  Und sie besah sich
alle die blitzende Herrlichkeit in dem weiten Saale, wo die Schätze
und Kostbarkeiten ihrer Ahnherren von vielen Jahrhunderten gesammelt
und aufgehängt waren; und da sah sie in der hintersten Ecke in einem
goldenen Lehnstuhl das kleine graue Männchen sitzen, das ihr
freundlich zunickte, als wolle es mit der Urenkelin sprechen.  Sie
aber sprach kein Wort zu ihm, sondern winkte ihm nur leise mit der
Hand.  Und auf ihren Wink hob der Geist sich hinweg und verschwand,
und statt seiner kam eine lange Schar prächtig gekleideter Diener und
Dienerinnen, welche sich in stummer Ehrfurcht hinter sie stellten,
als erwarteten sie, was die Herrin befehlen würde.  Svanvithe aber
säumte nicht lange, bedenkend, wie kurz die Mittsommersnacht ist, und
sie nahm die Fülle der Edelsteine und Diamanten und winkte den
Dienern und Dienerinnen hinter ihr, daß sie ebenso täten; auch diese
füllten Hände und Taschen und Zipfel und Geren der Kleider mit Gold
und edlen Steinen und kostbaren Geschirren.  Und noch ein Wink, und
die lange Reihe wandelte, und die Prinzessin schritt voran der Treppe
zu, als wenn sie herausgehen wollte; jene aber folgten ihr.  Und
schon hatte sie viele Stufen vollendet und sah schon das dämmernde
Morgenlicht und hörte schon den Lerchengesang und den Hahnenkrei, die
den Tag verkündeten--da ward es ihr bange, ob die Diener und
Dienerinnen ihr auch nachträten mit den Schätzen.  Und sie sah sich
um, und was erblickte sie?  Sie sah den kleinen grauen Mann sich
plötzlich in einen großen schwarzen Hund verwandeln, der mit,
feurigem Rachen und funkelnden Augen gegen sie hinaufsprang.  Und sie
entsetzte sich sehr und rief: "Oh Herr je!"  Und als sie das Wort
ausgeschrien hatte, da schlug die Tür über ihr mit lautem Knalle zu,
und die Treppe versank, und die Diener und Dienerinnen verschwanden,
und alle Lichter des Saales erloschen, und sie war wieder unten am
Boden und konnte nicht heraus.  Der alte König aber, da sie nicht
wiederkam, grämte sich sehr; denn er dachte, sie sei entweder
umgekommen bei dem Hinabsteigen zu dem Schatze durch die Tücke der
bösen Geister, die unter der Erde ihre Gewalt haben, oder sie habe
sich der Sache überhaupt nicht unterstanden und laufe nun wie eine
arme, verlassene Streunerin durch die Welt.  Und er lebte nur noch
wenige Wochen nach ihrem Verschwinden; dann starb er und ward
begraben.

Der Prinzessin Svanvithe war dieses Unglück aber geschehen, weil sie
sich umgesehen hatte, als sie weggehen wollte, und weil sie
gesprochen hatte.  Denn über die Unterirdischen hat man keine Gewalt,
wenn man sich umsieht oder spricht, sondern es gerät dann fast immer
unglücklich, wovon man viele Beispiele und Geschichten weiß.

Und es waren viele Jahre vergangen, vielleicht hundert Jahre und mehr,
und alle die Menschen waren gestorben und begraben, welche zu der
Zeit des alten Königs und der schönen Svanvithe gelebt hatten, und
schon ward hie und da von ihnen erzählt wie von einem alten, alten,
längst verschollenen Märchen; da hörte man hin und wieder, die
Prinzessin lebe noch und sitze unter dem Garzer Wall in der
Schatzkammer und müsse nun mit dem alten, grauen Urgroßvater die
Schätze hüten helfen.  Und kein Mensch weiß zu sagen, wie dies hier
oben bekannt geworden ist.  Vielleicht hat der kleine graue Mann, der
zuzeiten rundgeht, es einem verraten, oder es hat es auch einer der
hellsichtigen Menschen gesehen, die an hohen Festtagen in besonderen
Stunden geboren sind und die das Gras und das Gold in der Erde
wachsen sehen und mit ihren Augen durch die dicksten Berge und Mauern
dringen können.  Und es war viel erschollen von der Geschichte und
von dem wundersamen Versinken der Prinzessin unter die Erde, und daß
sie in der dunkeln Kammer sitze und noch lebe und einmal erlöst
werden solle.  Sie kann aber, sagen sie, erlöst werden, wenn einer es
wagt, auf dieselbe Weise, wie sie einst in der Johannisnacht getan
hat, in die verbotene Schatzkammer hinabzufallen.  Dieser muß sich
dann dreimal vor ihr verneigen, ihr einen Kuß geben, sie an die Hand
fassen und sie still herausführen; denn kein Wort darf er beileibe
nicht sprechen.  Wer sie herausbringt, der wird mit ihr in
Herrlichkeit und in Freuden leben und so viele Schätze haben, daß er
sich ein Königreich kaufen kann.  Darin wird er dann fünfzig Jahre
als König auf dem Throne sitzen und sie als seine Königin neben ihm,
und werden gar liebliche Kinder zeugen; der kleine graue Spuk wird
dann aber auf immer verschwinden, wann sie ihm die Schätze weggehoben
haben.  Nun hat es wohl so kühne und verwegene Prinzen und schöne
Knaben gegeben, die mit der Johannisrute in der Hand zu ihr
hinabgekommen sind; aber sie haben es immer in etwas versehen, und
die Prinzessin ist noch nicht erlöst.  Ja, wenn das ein so leichtes
Ding wäre, wieviele würden Lust haben, eine so schöne Prinzessin zu
freien und Könige zu werden!  Die Leute erzählen aber, der greuliche
schwarze Hund ist an allem schuld; keiner hat es mit ihm aushalten
können, sondern wenn sie ihn sehen, so müssen sie aufschreien, und
dann schlägt die Türe zu, und die Treppe versinkt, und alles ist
wieder vorbei.

So sitzt denn die arme Svanvithe da in aller ihrer Unschuld und muß
da unten frieren und das kalte Gold hüten, und Gott weiß, wann sie
erlöst werden wird.  Sie sitzt da über Goldhaufen gebeugt; ihr langes
Haar hängt ihr über die Schultern herab, und sie weint unaufhörlich.
Schon sitzen sechs junge Gesellen um sie herum, die auch mithüten
müssen.  Das sind die, denen die Erlösung nicht gelungen ist.  Wem es
aber gelingt, der heiratet die Prinzessin und bekommt den ganzen
Schatz und befreit zugleich die andern armen Gefangenen.  Sie sagen,
der letzte ist vor zwanzig Jahren darin versunken, ein
Schuhmachergesell, der Jochim Fritz hieß.  Das war ein junges,
schönes Blut und ging immer viel auf dem Wall spazieren.  Der ist mit
einem Male verschwunden, und keiner hat gewußt, wo er gestoben und
geflogen war, und seine Eltern und Freunde haben ihn in der ganzen
Welt suchen lassen, aber nicht gefunden!  Er mag nun auch wohl
dasitzen bei den andern.



Rattenkönig Birlibi


Ich will die Geschichte erzählen von dem Rattenkönig Birlibi, eine
Geschichte, die mir Balzer Tievs aus Preseke oft erzählt hat nebst
vielen andern Geschichten.  Balzer war ein Knecht, der auf meines
Vaters Hofe diente, als ich acht, neun Jahre alt war, ein Mensch von
schalkischen Einfällen, der viele Geschichten und Märchen wußte.  Die
Geschichte von dem Rattenkönig Birlibi lautet also:

In dem stralsundischen Dorfe Altenkamp, welches zwischen Garz und
Putbus seitwärts am Strande liegt, hat vormals ein reicher Bauer
gelebt, der hieß Hans Burwitz.  Das war ein ordentlicher, kluger Mann,
dem alles, was er angriff, geriet, und der im ganzen Dorfe die beste
Wehr hatte.  Er hatte sechzehn Kühe, vierzig Schafe, acht Pferde und
zwei Füllen auf dem Stalle und in den Koppeln, glatt wie die Aale und
von so guter Zucht, daß seine Füllen auf dem Berger Pferdemarkt immer
zu acht bis zehn Pistolen das Stück bezahlt wurden.  Dazu hatte er
sechs hübsche Kinder, Söhne und Töchter, und es ging ihm so wohl, daß
die Leute ihn wohl den reichen Bauer zu Altenkamp zu nennen pflegten.
Dieser Mann ist durch nächtliche Gänge im Walde um all sein Vermögen
gekommen.

Hans Burwitz war auch ein starker Jäger, besonders hatte er eine
treffliche Witterung auf Füchse und Marder und war deswegen oft des
Nachts im Walde, wo er seine Eisen gelegt hatte und auf den Fang
lauerte.  Da hat er im Dunkeln und im Zwielichte der Dämmerung und
des Mondscheins manche Dinge gesehen und gehört, die er nicht
wiedererzählen mochte, wie denn im Walde des Nachts viel Wunderliches
und Absonderliches vorgeht; aber die Geschichte von dem Rattenkönig
Birlibi hat man von ihm erfahren.  Hans Burwitz hatte in seiner
Kindheit oft von einem Rattenkönig erzählen hören, der eine goldene
Krone auf dem Kopfe trage und über alle Wiesel, Hamster, Ratten,
Mäuse und anderes dergleichen Springinsfeldisches und leichtes
Gesindel herrsche und ein gewaltiger Waldkönig sei; aber er hatte nie
daran glauben wollen.  Manches liebe Jahr war er auch im Walde auf
Fuchs- und Marderfang und Vogelstellerei rundgegangen und hatte vom
Rattenkönig auch nicht das mindeste weder gesehen noch gehört.  Da
mochte der Rattenkönig aber wohl in einer anderen Gegend sein Wesen
getrieben haben.  Denn er hat viele Schlösser in allen Ländern unter
den Bergen und zieht beinahe jedes Jahr auf ein anderes Schloß, wo er
sich mit seinen Hofherren und Hofdamen erlustigt.  Denn er lebt wie
ein sehr vornehmer Herr, und der Großmogul und König von Frankreich
kann keine bessere Tage haben, und die Königin von Antiochien hat sie
nicht gehabt, die ihr Vermögen in Herzen von Paradiesvögeln und
Gehirnen von Nachtigallen aufgefressen hat.  Und das glaube nur nicht,
daß dieser Rattenkönig und seine Freunde Nüsse und Weizenkörner und
Milch je an ihren Schnabel bringen; nein, Zucker und Marzipan ist ihr
tägliches Essen, und süßer Wein ist ihr Getränk, und leben besser als
König Salomon und Feldhauptmann Holofernes.

Nun ging Hans Burwitz wieder einmal nach Mitternacht in den Wald und
war auf der Fuchslauer.  Da hörte er aus der Ferne ein vielstimmiges
und kreischendes Getöse, und immer klang mit heller Stimme heraus:
Birlibi!  Birlibi!  Birlibi!  Da erinnerte er sich des Märchens vom
Rattenkönig Birlibi, das er oft gehört hatte, und er dachte: "Willst
mal hingehen und zusehen, was es ist!"  Denn er war ein beherzter Mann,
der auch in der stockfinstersten Nacht keine Furcht kannte.  Und er
war schon auf dem Sprunge zu gehen, da bedachte er das Sprichwort:
"Bleib weg, wo du nichts zu tun hast, so behältst du deine Nase";
aber das Birlibi tönte ihm nach, solange er im Walde war.  Und die
andere Nacht und die dritte Nacht war es wieder ebenso.  Er aber ließ
sich nichts anfechten und sprach: "Laß den Teufel und sein Gesindel
ihr tolles Wesen treiben, wie sie wollen!  Sie können dem nichts tun,
der sich nicht mit ihnen abgibt."  Wollte Gott, Hans hätte es immer so
gehalten!  Aber die vierte Nacht hat es ihn übermächtigt, und er ist
wirklich in die bösen Stricke geraten.

Es ist der Walpurgisabend gewesen, und seine Frau hat ihn gebeten, er
möge diese Nacht nur nicht in den Wald gehen, denn es sei nicht
geheuer, und alle Hexenmeister und Wettermacherinnen seien auf den
Beinen, die können ihm was antun; denn in dieser Nacht, die das ganze
höllische Heer loslasse, sei schon mancher Christenmensch zu Schaden
gekommen.  Aber er hat sie ausgelacht und hat es eine weibische
Furcht genannt und ist seines gewöhnlichen Weges in den Wald gegangen,
als die andern zu Bett waren.  Da ist ihm aber der König Birlibi zu
mächtig geworden.  Anfangs war es diese Nacht im Walde eben wie die
vorigen Nächte, es tosete und lärmte von fern, und das Birlibi klang
hell darunter; und was über seinem Kopfe durch die Wipfel der Bäume
schwirrte und pfiff und rauschte, das kümmerte Burwitz nicht viel,
denn an Hexerei glaubte er gar nicht und sagte, es seien nur
Nachtgeister, wovor dem Menschen graue, weil er sie nicht kenne, und
allerlei Blendwerke und Gaukeleien der Finsternis, die dem nichts tun
können, der keinen Glauben daran habe.  Aber als es nun Mitternacht
ward und die Glocke zwölf geschlagen hatte, da kam ein ganz anderes
Birlibi aus dem Walde hervor, daß Hansen die Haare auf dem Kopfe
kribbelten und sauseten und er davonlaufen wollte.  Aber die waren
ihm zu geschwind, und er war bald mitten unter dem Haufen und konnte
nicht mehr heraus.

Denn als es zwölf geschlagen hatte, tönte der ganze Wald mit einem
Male wie von Trommeln und Pauken und Pfeifen und Trompeten, und es
war so hell darin, als ob er plötzlich von vielen tausend Lampen und
Kerzen erleuchtet worden wäre.  Es war aber diese Nacht das große
Hauptfest des Rattenkönigs, und alle seine Untertanen und Leute und
Mannen und Vasallen waren zur Feier desselben aufgeboten.  Und es
schienen alle Bäume zu sausen und alle Büsche zu pfeifen und alle
Felsen und Steine zu springen und zu tanzen, so daß Hansen
entsetzlich bange ward; aber als er weglaufen wollte, verrannten ihm
so viele Tiere den Weg, daß er nicht durchkommen konnte und sich
ergeben mußte, stehenzubleiben, wo er war.  Es waren da die Füchse
und die Marder und die Iltisse und Wiesel und Siebenschläfer und
Murmeltiere und Hamster und Ratten und Mäuse in so zahlloser Menge,
daß es schien, sie waren aus der ganzen Welt zu diesem Feste
zusammengetrommelt.  Sie liefen und sprangen und hüpften und tanzten
durcheinander, als ob sie toll waren; sie standen aber alle auf den
Hinterfüßen, und mit den Vorderfüßen trugen sie grüne Zweige aus
Maien und jubelten und toseten und heulten und kreischten und pfiffen
jeder auf seine Weise.  Kurz, es war das ganze leichte Diebsgesindel
der Nacht beisammen und machten gar ein scheußliches Geläute und
Gebimmel und Getümmel durcheinander.  In den Lüften ging es ebenso
wild als auf der Erde; da flogen die Eulen und Krähen und Käuze und
Uhus und Fledermäuse und Mistkäfer bunt durcheinander und
verkündigten mit ihren gellenden und kreischenden Kehlen und mit
ihren summenden und schwirrenden Flügeln die Freude des hohen Tages.

Als Hans erschrocken und erstaunt sich mitten in dem Gewimmel und
Geschwirr und Getöse befand und nicht wußte, wo aus noch ein, siehe,
da leuchtete es mit einem Male heller auf, und nun sangen viele
tausend Stimmen zugleich, daß es in fürchterlich grauslicher
Feierlichkeit durch den Walde schallte und Hansen das Herz im Leibe
bebte:

Macht auf! Macht auf! Macht auf die Pforten!
Und wallet her von allen Orten!
Geladen seid ihr allzugleich;
Der König ziehet durch sein Reich.
Ich bin der große Rattenkönig.
Komm her zu mir, hast du zu wenig!
Von Gold und Silber ist mein Haus,
Das Geld mess' ich mit Scheffeln aus.

So klang es im feierlichen und langsamen Gesange fort, und dann
schallten immer wieder einzelne kreischende und gellende Stimmen mit
widerlichem Laute darunter Birlibi!  Birlibi! und die ganze Menge
rief Birlibi! nach, daß es durch den Wald schallte.  Und es war der
Rattenkönig, welcher einhergezogen kam.  Er war ungeheuer groß wie
ein Mastochs und saß auf einem goldenen Wagen und hatte eine goldene
Krone auf dem Haupte und hielt ein goldenes Zepter in der Hand, und
neben ihm saß seine Königin und hatte auch eine goldene Krone auf und
war so fett, daß sie glänzte; und sie hatten ihre langen kahlen
Schwänze hinter sich zusammengeschlungen und spielten damit, denn
ihnen war sehr wohlig zumute.  Und diese Schwänze waren das
Allerscheußlichste, was man da sah; aber der König und die Königin
waren auch scheußlich genug.  Und der Wagen, worin sie saßen, ward
von sechs magern Wölfen gezogen, die mit den Zähnen fletschten, und
zwei lange Kater standen als Heiducken hinten auf und hielten
brennende Fackeln und miauten entsetzlich.  Dem Rattenkönig und der
Rattenkönigin war aber vor ihnen nicht bange; sie schienen hier zu
gewaltige Herren und Könige über alle zu sein.  Es gingen auch zwölf
geschwinde Trommelschläger dem Wagen voran und trommelten.  Das waren
Hasen; die müssen die Trommel schlagen und andern Mut machen, weil
sie selbst keinen haben.

Hansen war schon bange genug gewesen; jetzt aber, als er den
Rattenkönig und die Rattenkönigin und die Wölfe und Kater und Hasen
so miteinander sah, da schauderte ihm die Haut auf dem ganzen Leibe,
und sein sonst so tapferes Herz wollte fast verzagen, und er sprach
bei sich: "Hier mag der Henker länger bleiben, wo alles so wider die
Natur geht!  Ich habe auch wohl von Wundern gelesen und gehört; aber
sie gingen doch immer etwas natürlich zu.  Daß dies aber buntes
Teufelsspiel ist und teuflisches Pack, sieht man wohl.  Wer nur
heraus wäre!"

Und Hans machte noch einen Versuch, sich heraus zu drängen; aber der
Zug brauste immer frisch fort durch den Wald, und Hans mußte mit.  So
ging es, bis sie an eine äußerste Ecke des Waldes kamen.  Da war ein
offenes Feld und hielten viele hundert Wagen, die mit Speck und
Fleisch und Korn und Nüssen und anderen Eßwaren beladen waren.  Einen
jeden Wagen fuhr ein Bauer mit seinen Pferden, und die Bauern trugen
die Säcke Korn und das Speck und die Schinken und Mettwürste und was
sie sonst geladen, hinab in den Wald, und als sie Hans Burwitz stehen
sahen, riefen sie ihm zu: "Komm!  Hilf auch tragen!"  Und Hans ging
hin und lud mit ab und trug mit ihnen; er war aber so verwirrt, daß
er nicht wußte, was er tat.  Es deuchte ihm aber in dem Zwielichte,
als sehe er unter den Bauern bekannte Gesichter, und unter andern den
Schulzen aus Krakvitz und den Schmied aus Casnevitz; er ließ sich
aber nichts merken, und jene taten auch wie unbekannte Leute.  Mit
den Bauern aber hatte es die Bewandnis: sie hatten sich dem
Rattenkönig und seinem Anhange zum Dienst ergeben und mußten ihnen in
der Walpurgisnacht, wo des Rattenkönigs großes Fest steht, immer den
Raub zu dem Walde fahren, den Rattenkönigs Untertanen einzeln aus
allen Orten der Welt zusammengemaust und zusammengestohlen hatten.
Und Hans kam nun auch ganz unschuldig dazu und wußte nicht wie.
Sowie die Säcke und das andere in den Wald getragen wurden, war das
wilde Diebsgesindel darüber her, und es ging Grips!  Graps! und Rips!
Raps! hast du mir nicht gesehen, und jeder griff zu und schleppte
sein Teil fort, so daß ihrer immer weniger wurden.  Der König aber
hielt noch da in seinem hohen und prächtigen Wagen, und es tanzeten
und toseten und lärmten noch einige um ihn.  Als aber alle Wagen
abgeladen waren, da kamen wohl hundert große Ratten und gossen Gold
aus Scheffeln auf das Feld und auf den Weg und sangen dazu:

Hände her! Mützen her!
Wer will mehr? Wer will mehr?
Lustig! Lustig! Heut geht's toll,
Lustig! Händ' und Mützen voll!

Und die Bauern fielen wie die hungrigen Raben über das ausgeschüttete
Gold her und griffelten und graffelten und drängten und stießen sich,
und jeder raffte so viel auf von dem roten Raube, als er habhaft
werden konnte, und Hans war auch nicht faul und griff rüstig mit zu.
Und als sie in bester Arbeit waren wie Tauben, worunter man Erbsen
geworfen, siehe, da krähete der Morgenhahn, wo das heidnische und
höllische Reich auf der Erde keine Macht mehr hat--und in einem hui
war alles verschwunden, als wäre es nur ein Traum gewesen, und Hans
stand ganz allein da am Walde.  Und der Morgen brach an, und er ging
mit schwerem Herzen nach Hause.  Er hatte aber auch schwere Taschen
und schönes rotes Gold darin; das schüttete er nicht aus.  Seine Frau
war ganz ängstlich geworden, daß er so spät zu Hause kam, und sie
erschrak, als sie ihn so bleich und verstört sah, und fragte ihn
allerlei.  Er aber fertigte sie nach seiner Gewohnheit mit Scherz ab
und sagte ihr nicht ein Sterbenswörtchen von dem, was er gesehen und
gehört hatte.

Hans zählte sein Gold (es war ein hübsches Häuflein Dukaten), legte
es in den Kasten und ging die ersten Monate nach diesem Abenteuer
nicht in den Wald.  Er hatte ein heimliches Grauen davor.  Dann
vergaß er, wie es dem Menschen geht, die Walpurgisnacht und ihr
schauerliches und greuliches Getümmel allmählich und ging nach wie
vor im Mond- und Sternenschein auf seinen Fuchs- und Marderfang.  Von
dem Rattenkönig und seinem Birlibi sah und hörte er nichts mehr und
dachte zuletzt selten daran.  Aber als es gegen den Frühling ging,
veränderte sich alles; er hörte zuweilen um die Mitternacht wieder
das Birlibi klingen, daß seine mattesten Haare auf dem Kopfe ihm
lebendig wurden, und lief dann zwar immer geschwinde aus dem Walde,
hatte aber dabei doch seine heimlichen Gedanken auf die
Walpurgisnacht; und weil das, was die Menschen bei Tage denken, ihnen
bei Nacht im Traume wiederkommt und allerlei spielt und spiegelt und
gaukelt, so blieb auch der Rattenkönig mit seiner Nachtgaukelei nicht
aus, und Hans träumte oft, als stehe der Rattenkönig vor seiner Türe
und klopfe an; und er machte ihm dann auf und sah ihn leibhaftig, wie
er damals in dem Wagen gesessen, und er war nun ganz von lauterem
Golde und auch nicht so häßlich, als er ihm damals vorgekommen, und
Rattenkönig sang ihm mit der allersüßesten Stimme, von der man nicht
glauben wollte, daß eine Rattenkehle sie haben könnte, den Vers vor:

Ich bin der große Rattenkönig.
Komm her zu mir, hast du zu wenig!
Von Gold und Silber ist mein Haus,
Das Geld mess' ich mit Scheffeln aus.

Und dann kam er dicht zu ihm heran und flüsterte ihm ins Ohr: "Du
kommst doch wieder zur Walpurgisnacht, Hans Burwitz, und hilfst Säcke
tragen und holst dir deine Taschen voll Dukaten?"  Zwar hatte Hans,
wann er aus solchen Träumen erwachte, neben der Freude über das Gold
immer ein Grauen, und er sprach dann wohl: "Warte nur, Prinz Birlibi,
ich komme dir nicht zu deinem Feste!"  Aber es ging ihm, wie es andern
Leuten auch gegangen ist, und das alte Sprichwort sollte an ihm auch
wahr werden: Wen der Teufel erst an einem Faden hat, den führt er
auch wohl bald am Strick.  Genug, je näher die Walpurgisnacht kam,
desto mehr wuchs in Hans die Gier, auch dabei zu sein.  Doch nahm er
sich fest vor, dem Bösen diesmal nicht den Willen zu tun, und ging
den Walpurgisabend auch glücklich mit seiner Frau zu Bett.  Aber er
konnte nicht einschlafen; die Wagen mit den Säcken und die Bauern und
die großen Ratten, die das Gold aus Scheffeln auf den Boden
schütteten, fielen ihm immer wieder ein, und er konnte es nicht
länger aushalten im Bette, er mußte aufstehen und sich von der Frau
fortschleichen und in den finstern Wald laufen.  Und da hat er diese
zweite Nacht ebenso wieder erlebt als das erstemal.  Er hatte sich
ein Säckchen mitgenommen für das Gold und hatte auch viel reichlicher
eingesammelt als das vorige Jahr.

Nun deuchte ihm, habe er des Goldes genug, und er tat einen hohen
Schwur, er wolle sich nimmer wieder in die Versuchung geben und auch
nie wieder in den Wald gehen.  Und er hat den Schwur gehalten und
sich selbst überwunden, daß er nicht in den Wald gegangen ist und
keine Walpurgisnacht wieder mitgehalten hat, so oft ihm auch noch von
dem Birlibi und dem goldenen Rattenkönige geträumt hat.  Er hat das
aber nicht in seinem Herzen sitzen lassen, sondern hat es mit
eifrigem Gebet wieder ausgetrieben und den Bösen endlich müd, gemacht,
daß er von ihm gewichen ist.  So war manches Jahr vergangen, und
Hans hieß ein sehr reicher Mann.  Er hatte sich für seine Dukaten
Dörfer und Güter gekauft und war ein Herr geworden.  Es munkelte auch
unter den Leuten, es gehe nicht mit rechten Dingen zu mit seinem
Reichtum; aber keiner konnte ihm das beweisen.  Aber endlich ist der
Beweis gekommen.

Der Böse lauerte auf den armen Mann, an dem er schon einige Macht
gewonnen hatte.  Er war ergrimmt auf ihn, weil er von seinen hohen
Festen in der Walpurgisnacht ganz ausblieb, und als Hans einmal
wieder mit sündlicher Lüsternheit an das Goldsammeln gedacht und
darüber das Abendgebet vergessen, auch einige unchristliche Flüche
über eine Kleinigkeit getan hatte, hat er mit seinem Gesindel
hervorbrechen können, und Hans hat nun gelernt, was das goldene
Spielwerk des Königs Birlibi eigentlich auf sich habe.  Seit dieser
Zeit hat Hans weder Stern noch Glück mehr in seiner Wirtschaft gehabt.
Wieviel er sich auch abmattete, er konnte nichts mehr vor sich
bringen, sondern es ging von Tage zu Tage mehr rückwärts.  Seine
ärgsten Feinde aber waren die Mäuse, die ihm im Felde und in den
Scheunen das Korn auffraßen, die Wiesel, Ratten und Marder, die ihm
die Hühner, Enten und Tauben abschlachteten, die Füchse und Wölfe,
die seine Lämmer, Schafe, Füllen und Kälber holten.  Kurz, das
Gesindel hat es so arg gemacht, daß Hans in wenigen Jahren um Güter
und Höfe, um Pferde und Rinder, um Schafe und Kälber gekommen ist und
zuletzt nicht ein einziges Huhn mehr hat sein nennen können.  Er hat
als ein armer Mann mit dem Stock in der Hand nebst Weib und Kindern
von Haus und Hof gehen und sich auf seinen alten Tagen als Tagelöhner
ernähren müssen.

Da hat er oft die Geschichte erzählt, wie er zu dem Reichtum gekommen
und aus dem Bauern ein Edelmann geworden ist, und hat Gott gedankt,
daß er Ratten und Mäuse als seine Bekehrer geschickt und ihn so arm
gemacht hat.  "Denn sonst", hat der arme Mann gesagt, "Wäre ich wohl
nicht in den Himmel gekommen, und der Teufel hätte seine Macht an mir
behalten, und ich hätte dort jenseits endlich auch nach des
Rattenkönigs Pfeife tanzen müssen."  Das hat er auch dabei erzählt,
daß solches Gold, das man auf eine so wundersame und heimliche Weise
gewinne, doch keinen Segen in sich habe; denn ihm sei bei allen
seinen Schätzen doch nie so wohl ums Herz gewesen als nachher in der
bittersten Armut; ja, er sei ein elenderer Mann gewesen, da er als
Junker mit Sechsen gefahren, als nachher, da er oft froh gewesen,
wenn er des Abends nur Salz und Kartoffeln gehabt habe.



Rotkehlchen und Kohlmeischen.


Rotkehlchen und Kohlmeischen waren einst ein paar hübsche Dirnen,
Töchter einer alten frommen Wittwe, die sich vom Spinnen, Nähen und
Waschen und von anderer Arbeit knapp aber doch ehrlich ernährte.  Sie
hatte nur diese beiden Kinder, von welchen die älteste Grethchen und
die jüngste Kathrinchen hieß.  Sie hielt, wie sauer es ihr auch ward,
die Kinder immer nett und reinlich in Kleidung und schickte sie
fleißig zu Kirche und Schule, und als sie größer wurden, unterwies
sie sie in allerlei künstlicher Arbeit mit der Scheere und Nadel und
hielt sie still in ihrem Kämmerlein in aller Ehrbarkeit und Tugend.
Und Grethchen und Kathrinchen gediehen, daß es eine Freude war, und
wurden eben so hübsch und fein, als sie fleißig und ehrbar waren; so
daß alle Menschen ihre Lust an ihnen hatten und die Nachbarn sie
ihren Töchtern als rechte Muster zeigten und lobten.  Die Wittwe
starb und die beiden Schwestern blieben in ihrem Häuschen und lebten,
wie sie mit der Mutter bisher gethan, von ihrer Hände Arbeit.  Aber
es blieb nicht lange mehr so still in dem Häuschen, als es sonst
gewesen war.  Die Falken und Habichte, welche auf schönes junges Blut
lauren, merkten, daß die Hüterin weg war, welche die Täubchen sonst
bewacht hatte, und es fanden sich häufig lose junge Gesellen ein,
welche die Mädchen zu Tänzen und Gelagen und zu Spaziergängen auf die
Dörfer verlocken wollten.  Die beiden Schwestern wehrten sich einige
Wochen tapfer, aber endlich ließen sie sich bewegen und gingen mit
und dachten, es kann doch wohl keine Sünde seyn, was so viele Frauen
und Mädchen thun, die niemand unehrlich nennt.  Zuerst kam es ihnen
bei diesen Tänzen doch zu wild vor und sie sahen nicht einmal lange
zu sondern gingen früh weg und waren vor Sonnenuntergang wieder zu
Hause und ließen sich nicht bis in die Nacht hinein halten, wieviel
die, welche sie mitgenommen hatten, auch locken mogten.  Das zweite
und dritte Mal tanzten sie schon mit, gingen aber bei Tage heim, und
mit etwas schwerem Herzen, und nahmen sich deswegen vor, den nächsten
Sonntag zu Hause zu bleiben.  Aber das Worthalten war schwer, denn
die jungen Gesellen kamen immer wieder und baten zu schön.  Das
vierte und fünfte Mal blieben sie schon bis nach Sonnenuntergang, und
das sechste und siebente Mal hatte die Glocke zwölf geschlagen, als
sie heim kamen, und sie mußten ihre Wirthin herauspochen, daß sie
ihnen die Thüre aufschlösse, und als die alte Frau sie ermahnte und
sie ihrer seligen Mutter erinnerte, lachten sie schon und sprachen:
Ach! die Mutter und ihr! wann die Mäuse keine Zähne mehr haben,
schelten sie auf die Nußknacker; ihr werdet auch getanzt haben, als
ihr jung waret.

Die Mädchen waren zu Hause noch immer sehr fleißig, auch hatten sie
noch nichts Unehrbares gethan noch gelitten, aber die Thüre zum Bösen
war geöffnet, und Leichtsinn und Leichtfertigkeit nahmen von Tage zu
Tage zu, und nun ward auch schon mancher kostbare Wochentag mit
Nichtsthun und Herumprangen vertändelt und verquändelt, den sie sonst
auf nützliche Arbeit verwendet hatten.  Auch in ihrem Kämmerchen
mußte alles anders werden; die Vögel waren lustig und bunt geworden,
es mußte alles blankere und zierlichere Federn anziehen: neue Tische,
neue Stühle, neue Vorhänge, feinere Kleider und Schuhe.  Aber mit dem
alten Hausrath schien auch der mütterliche Segen, der bisher sichtbar
auf den Kindern geruht hatte, aus dem Hause gezogen zu seyn.  So
schlich sich das Unglück mit dem Leichtsinn ein; erst hielt sie der
Böse nur an einem dünnen seidenen Fädchen, zuletzt hat er sie mit
einem dicken Kabeltau der Sünde umflochten und sie haben die Schwere
und den Schmutz desselben gar nicht mehr gefühlt.

Grethchen und Kathrinchen hatten immer viele schöne Arbeit und
kostbare Zeuge unter Händen, woraus sie Schmuck und Kleider stickten
und näheten.  Sie gebrauchten jetzt mehr Geld als sonst, sie fingen
allmälig an zu mausen, ach! sie stahlen zuletzt.  Einmal hatten sie
einen bunten seidenen Rock gestohlen, der in einem Nachbarhause am
Fenster hing, und an einen herumziehenden Juden verkauft.  Ein armer
Schneidergesell, bei welchem man viele bunte Lappen und Streifen Zeug
gefunden, die er auch wohl gemaust haben mogte, war darüber angeklagt,
gerichtet und gehängt worden.  Er hing und baumelte an dem lichten
Galgen.  Eines Abends spät kamen die beiden Dirnen mit andern
Gesellen und Gesellinnen von einem Dorftanze zurück und der Weg ging
an dem Galgen vorbei.  Da rief einer aus der Schaar, ein
leichtfertiger Gesell: Fritz Schneiderlein!  Fritz Schneiderlein! wie
theuer wird dir dein bunter Rock!  Kaum aber hatte er das Wort
gesprochen, so schlug die Sünde wie ein Blitz in die beiden Dirnen,
die schuld waren an des armen Schneiders Tod.  Sie stürzten beide wie
todt zur Erde hin, und die andern, die es sahen, liefen voll
Schrecken weg, als hätten ihnen alle Galgenvögel schon in dem Nacken
gesessen.  Sie haben die Geschichte in der Stadt erzählt, und die
Leute sind hingegangen, aber die beiden Dirnen haben sie nimmer
gefunden.

Und wie hätten sie sie finden sollen?  Sie waren in Vögel verwandelt
und müssen nun in der weiten Welt herumfliegen.  Grethchen ist ein
Rothkehlchen geworden und Kathrinchen ein Kohlmeischen; denn
Grethchen trug immer ein rothes seidenes Tuch um den Hals und
Kathrinchen ein gelbes.  So müssen sie nun als kleine Vögel in den
Wäldern rundfliegen und Hunger und Durst leiden, Hitze und Kälte
aushalten und vor Sperbern und Falken, vor Schlangen und Ottern, vor
Jägern und wilden Buben zittern.  Das hatte ihre Mutter wohl nicht
gedacht, als sie so sittig und fein mit ihr in dem Kämmerlein saßen
und stickten und webten und näheren und Abends und Morgens bei dein
Zubettgehen und Aufstehen mit heller Stimme geistliche Lieder sangen.
Aber die armen Kinder sind zuerst verlockt dann verführt und so
endlich in schwere Sünden gefallen, und haben kaum gewußt, wie sie
dazu gekommen sind: so leise und sanft hat der Leichtsinn sie seinen
Schlangenblumenweg geführt.  Daß diese kleinen Vögel einst Menschen
gewesen, ist ganz natürlich, und man kann es auch daraus sehen, daß
sie immer um die Häuser der Menschen fliegen, auch oft durch die
offenen Fenster in die Zimmer kommen und sich da fangen lassen, auch
daß sie im Walde, so wie sich nur Menschen da sehen lassen, sogleich
um sie herumflattern und herumzwitschern.  Sie haben auch die alte
Unart im Vogelkleide noch nicht abgelegt und können das Mausen nicht
lassen sondern sind noch immer Erzdiebe, und wo nur etwas Buntes und
Neues und Schimmerndes ausgehängt wird, da fliegen und schnappen sie
darnach, und werden daher keine Vögel leichter in Fallen und
Schlingen gefangen als diese beiden, und müssen Grethchens und
Kathrinchens gefederte Urenkel es noch entgelten, daß sie einst
zuviel auf Kirmisse und Tänze gegangen und den bunten Rock gestohlen
haben, worum der Schneider hangen mußte.  Die Menschen jammert es
sehr, wann sie Rothkehlchen und Kohlmeischen in den Schlingen hangen
sehen, und sie rufen wohl: ach! die armen niedlichen Vögelein!  Denn
sie sind wirklich sehr niedlich und hübsch, und waren einst auch
niedliche und hübsche Dirnen, ehe sie von bösen Buben verführt wurden,
und lebten als fromme einfältige Kinder und meinten und wußten
nichts Arges.

Aus dieser Geschichte lernt man, daß es wohl wahr ist, was weise
Leute sagen, daß mancher einen bunten Rock trägt, worin ihm nicht
wohl ist, und daß manche bunte Röcke tragen, wozu sie nicht gut
gekommen sind.



Schipper Gau un sin Puk


Ji hewt woll oftermals hürt, wo veele Hexerei un Töwerei mit Katten,
Zegenböcken, Heimken un Schorfpoggen drewen ward un wo de olde Fiend
sick darachter steckt un den armen verbiesterden Minschen in de Höll
herin spelt.  Äwerst dat gifft so veelerlei Töwerei, datt et nich
to denken noch uttospreken is, un wer schullt't glöwen, datt de Düwel
listig nog is, in Müggen un Käwer ja in den allerminsten Worm sick
herintomaken, wenn de vörblendte Minsch nah sinen Dingen lüstern is
un nah dem Düstern un Vörborgnen snappt?  Denn wer hängen will, seggt
dat Sprickwurt, de kan woll dör eenen Spennenfaden to Doode kamen.
As ick in miner Jugend in minen Wanderjahren ut minem Vaterlande
Holsteen nah Rotterdam up Arbeit kamen was, hew ick mennige snurrige
Ding davon sehn un hürt; denn de Schippers hebben veelen sodhanen
Awerglowen un mennigerhand heemliche Künste.  Ick mag't äwerst nich
all nahseggen; doch will ick ju eens vörtellen, wat hier bi uns eenem
Mann ut Barth edder vam Dars in Prerow begegnet is un wovon alle Lüde
to seggen wüßten, as ick noch een junger Gesell was.

In Barth lewde een Schipper Hinrich Gau, dat was de glücklichste un
vörwegenste Schipper in der ganzen Ostsee, dem ook alles to Faden
leep.  He unnerstund sick, wat keen anner Schipper dörfte, un se
seden, he kunn mit allen Winden segeln, un wenn he wull, ook wedder
den Strom.  Soveel was eenmal wiß, he wagde sick herut midden im
Winter un in dem bösesten Unweder un kam jümmer mit ganzen Masten und
heelen Segeln davon, wenn de annern Schipp terreten un terspleten in
den Hawen lepen edder gar so deep vör Anker legen, datt keen
Minschenoog se wedder to sehn kreeg. Mit dem Gau äwerst ging alles
vörwärts, as künn he den Wind ut'm Sack schüdden, grad as he'n brukte.
So was he denn jümmer de erste up dem Platz un makte de besten
Frachten und ward in wenigen Jahren een riker Mann, datt se en den
riken Schipper edder den riken Gau nömden.  Dat Ding hedd äwerst so
sinen egnen Haken un um all dat Gausche Glück un Geld mügt ick an dem
Haken nich hängen, woran Gau fast was.  Denn de Lüde munkelden so wat
van eenem blanken Käwer edder eener grönen Pogg in eenem Glase; un
dat was sin Puk, de em den Wind un dat Glück makte, un de Matrosen
wullen dat düwelsche Ding unnerwielen sehn hebben, wenn't stief
weihde edder de Nacht gefährlich düster was, wo't as een lütt winzig
Jüngiken in eener swarten Jacke eene rode Mütz up'm Kopp up dem
Schipp herümleep un alles nahsach, edder ook as een old gris Männiken
mit eener kritwitten Parück up dem Kopp, dat am Stürroder satt un in
den Häwen keek un dem Schipp den Weg wisde.  Un se vörtellden ook,
datt de Schipper sine blanken und grönen Düwelskamraten sehr prächtig
plegde in eenem aparten Schrank in siner Koje, wo keen Minsch
hensnuwen dörft, un datt he en da jümmer söten Muschatwin un Rosinen
un Figen hendrog.  Denn de in der bittern un suren Hölle wahnen,
laten sick am lichtesten mit Zuckerbackels un Nüdlichkeiten locken un
festholden, wenn man se to sinem Deenst anbinden will.

Dat Glück was up disse Wis un mennigen schönen Dag mit dem Schipper
Gau up der Fahrt west, un he vörstund sine Geisterkens to regieren,
un se weren em up't Komando gehursam un willig.  Äwerst toletzt
vörsach he sick eenmal, un de Düwel slippte em los, un drew sin böses
Spill so schrecklich, datt jeder sehn kunn, wat et was.  Schipper Gau
was mit eener riken Ladung ut England kamen un sin Schipp lag up dem
Strom der Sundschen Rhede vör Anker.  He was eenen Dag in de Stadt
fahren, un Gott weet, wo't geschach--denn süs ging he den Dag
weinigstens wohl dreimal an Burd--he was in een woist Gelag geraden
un se hedden so deep in't Glas keken, datt Gau Schipp un Puk un de
ganze Welt vörgatt.  So hedd unser Schipper twee utgeslagene Dage in
Stralsund vördrunken, un sine Dinger, de he hungern let, weren
grimmig worden, hedden de Gläser terbraken, worin se seten, un blösen
eenen Storm up, datt dat Schipp anfung mit allen Segeln to spelen un
sick von allen Ankern losret.  De Lüde, de up der Brügg un Lastadie
stunden, vorwunderden sick--denn bi de Stadt weihde kum een
Lüftken--wo dat Schipp rundküselde as een Swin, dat to veelen
Branwinsbarm sapen hett.  Un et wurd een grot Geschrei, un veele
Schippers lepen herbi un ook Schipper Gau.  He kreeg flugs een paar
von sinen Matrosen un eenige annere Waghälse tohop, löste sin Boot un
leet de Remen knarren un reep: "Frisch Jongs! frisch! wenn ick an
Burd kam, schälen mine Kerls voll wedder to Loch, se kennen min
Komando woll."  Un Gau kam richtig an dat Schipp, dat sick jümmer
rundüm küselde, as wenn't in eenem Strudel stack.  Alle annern Schipp
rührden sick nich, as wenn för se keene Luft weihde, un was een heel
moj Wäder.  Äwerst de kecke Gau hedd sick dittmal to veel vörmeten;
sine Bürschchen, de weegn des langen Hungers to grimmig weren, leten
sick van em weder locken noch hissen; se makten jümmer gewaltigern
Storm un dullere Arbeit un küselden toletzt so arg, datt Schipp mit
Mann un Mus to Grund gingen.

To der Tid ging mennig Gerede mank de Schippers hen un her, un veelen
is woll bang worden; äwerst ick glöw, et gifft noch van der Art, de
ehre lütten Düwelkens in Schachteln un Gläsern mit an Burd nehmen.



Thrin Wulfen


Nicht weit von Schoritz, zwischen Schoritz und Puddemin, an dem Wege,
wo man von Garz nach dem Zudar fährt, lag einst ein kleines Dorf, das
hieß Günz, worin ein paar Bauern wohnten, die nach Schoritz zu Hofe
dienten.  Die sind aber ganz zerstört mit Häusern und mit Gärten, so
daß man dort keine Spur mehr sieht, daß jemals Menschen dort gewohnt
haben.  In diesem Dorfe Günz wohnte ein Bauer, der hieß Jochen Wulf,
der hatte eine Frau, und die hieß Thrin; das war eine arge Hexe, von
deren losen Künsten und bösen Streichen die Leute noch heute zu
erzählen wissen.  Daß sie aber eine Hexe war, konnte man ihr anmerken
an ihrer außerordentlichen Freundlichkeit und Leidigkeit, woraus List
und Schelmerei oft hervorlächelten, und an den schönen und leckeren
Sachen, die sie immer bei sich trug, und womit sie die Hunde und
kleinen Kinder an sich lockte.  Davor hat den Leuten auch gegraut,
daß ihr, wohin sie immer gekommen, die Katzen von selbst auf den
Schoß gesprungen sind, was diese Tiere, die eben keine
Menschenfreunde sind, sonst nimmer mit Fremden tun.  Denn durch die
Kinder und durch Leckereien, die sie den Kindern geben, und durch
Sälbchen und Kräuterchen, womit sie bei Kinderkrankheiten immer
gleich zur Hand sind, drängen sich die alten Hexen in alle Häuser,
und Hunde und Katzen dürfen sie nicht zu Feinden haben, weil ihre
Arbeit meistens des Nachts ist, wo die andern Christenmenschen
schlafen.  Doch merkten die Leute ihr und ihrem Manne ihr heimliches
und verbotenes Handwerk dadurch an, daß sie sehr reich wurden, und
daß der Bauer Wulf dreimal soviel Korn und Weizen verkaufen konnte
wie seine Nachbarn, und daß seine Pferde und Kühe, wenn er sie im
Frühling ins Gras trieb, so glatt und fett waren wie die Aale, und
als ob sie aus dem Teige gewälzt wären.  Auch sagten alle Leute, sie
habe einen Drachen, und den haben sie des Nachts oft auf ihr Dach
herabschießen sehen, wo er ihr Raub und Schätze von andern zutrug.
Das ist auch gewiß, und viele Leute haben es erzählt, die bei
nächtlicher Weile bei Günz vorbeigegangen sind, daß es dann auf dem
Wege oft geknarrt und geseufzt hat, wie die Räder an schwerbeladenen
Wägen knarren und seufzen.  Da haben die Leute sich umgesehen oder
sind aus dem Wege gesprungen, damit sie nicht übergefahren würden;
sie haben aber weder Pferde noch Wagen gesehen, und es ist ihnen ein
entsetzliches Grauen angekommen.  Das ist aber auch der alte,
heimliche Drache gewesen, der den Nachbarn die Garben gestohlen und
sie in des Wulfs Scheunen hat einfahren lassen.  Daß die Thrine
Wulfen eine arge Wetterhexe war, hat man am meisten auf der Weide und
Brache an dem jungen Vieh sehen können.  Wenn sie einmal unter eine
Herde kam, gleich streckte ein Kalb alle viere von sich und hatte den
Frosch, oder ein paar Dutzend junge Gänschen machten nicht zum
Vergnügen den Drehhals, oder einige Lämmer und Jährlinge wurden
Kopfhänger und Kopfschüttler, oder eine Schar Säue tanzte den Dreher.
Sie gebärdete sich bei solchem Anblick, als tue es ihr sehr leid
(die alten Hexen aber können es nicht lassen, junges, freudiges Vieh
zu behexen, und wenn es ihr eigenes wäre), und sie sagte den Hirten
oder Nachbarn, sie habe und wisse manche heilsame Mittel gegen solche
Übel; sie sollen nur zu ihr kommen und sich eine Salbe holen und die
kranken Tierchen damit bestreichen, gleich werde es dann besser mit
ihnen werden.  Das haben einige getan, und wirklich hat es stracks
geholfen, aber den meisten hat gegraut, über ihre Schwelle zu treten,
und da hat das liebe Vieh denn dran gemußt.  Alle aber haben sich
zugeflüstert, Thrin Wulfen habe sie behext und ihnen den Schabernack
angetan.  So zum Beispiel hatte sie eine Frau, welche sich mit ihr
erzürnt und sie eine alte Wetterhexe gescholten hatte, in ihrem
eignen Hause festgezaubert, daß sie nicht über die Schwelle zu gehen
wagte und alle Türen und Fenster dicht versperrt hielt.  Denn sie
glaubte, sie sei in eine Erbse verwandelt, und jeder Vogel, der
vorüberflog, war ihr so fürchterlich, daß sie bei seinem Anblick
schrie, als fliege ihr Tod heran, ja daß sie bei dem Ton eines
Gefieders aus der Luft schon in Ohnmacht fiel und mit Händen und
Füßen zappelte; für die Enten, Hühner und Tauben aber in ihrem Hofe
war der jüngste Tag gekommen, und sie hatten ihnen allen sogleich
beim Beginn ihrer Krankheit die Hälse umdrehen lassen.  Auch hatte
die alte Bösewichtin es dem Mann dieser Frau angetan, daß er wie ein
kindischer und besoffener Narr tanzen mußte, sobald er einen
Ziegenbock springen sah.  Und dies ist allen Leuten lächerlich und
ärgerlich anzusehen gewesen, und das ärgste dabei ist noch gewesen,
daß die Einfältigen vor dem Mann eine Art Grauen bekommen haben, als
sei er auch von der Ziegenbocksgesellschaft und von den
Blocksbergfahrern; die Klugen aber haben wohl gewußt, von wem diese
Bockssprünge herrührten, doch keiner hat es ihr beweisen können.  Und
man kann wohl denken, wie die alte Bosheit in sich gelacht hat, daß
der unschuldige Mann für ihren Gesellen gehalten worden ist.  Ihr
Vieh war immer das fetteste und mutigste in der ganzen Dorfherde, und
man konnte an vielen Zeichen sehen, daß der Teufel sein Spiel damit
hatte; denn fast nie ist ein Stück davon krank worden, und sie hat
ihnen solche Kraft und Stärke angezaubert, daß von ihren kleinsten
Kälbern die größten Ochsen sich stoßen ließen, und daß ihre Ferkel
die wütendsten Eber aus dem Felde schlugen.

Auch haben die Leute sie in mancherlei Verwandlungen umherlaufen und
herumfliegen gesehen, aber niemand hat sich unterstanden, sie
anzupacken oder ihr etwas zu tun; auch haben sie die
allerwunderlichsten bunten Hunde und Katzen und sogar Füchse und
Wiesel bei Tage und bei Nacht um ihren Hof laufen gesehen, aber
keiner hat sie angetastet; sie wußten wohl, aus wessen Stall dieses
gefährliche Vieh war.  Von Elstern und Krähen aber hüpften immer
ganze Scharen auf ihrem Hofe und ihren Dächern, und von ihrem
einzigen Hausgiebel uhuheten des Nachts mehr Eulen, denn von allen
Häusern und Dächern in Swantow und Puddemin zusammen.

So ist sie in der Nachbarschaft viel herumgestrichen und
herumgeflogen auf Schelmstücke und Diebsschliche, und es ist ihr
lange genug glücklich gegangen.  Der Pastor zum Zudar, der Herr
Manthey hieß, hat die meiste Not mit ihr gehabt, und auch wohl
deswegen, weil er dem Bösen selbst den Krückstock reichte, womit er
ihn überholen konnte, da er mehr ins Buch der vier Könige guckte als
in Bibel und Evangelienbuch.  Einmal ist Thrin Wulfen zu seiner Frau
gekommen und hat ihr eine Stiege Eier gebracht, und sie und die Frau
Pastorin haben einander viel erzählt und sind sehr herzig und
heimlich miteinander geworden, so daß die Frau Pastorin endlich die
Thrin, als sie Ade gesagt, umhalst hat.  Da ist ihr aber geschehen,
daß sie vor Schrecken ohnmächtig worden und wie tot hingefallen ist.
Denn was hat sie gesehen?  Vor ihren sehenden Augen und unter ihren
greifenden Händen ist die Thrin plötzlich eine rote Füchsin geworden
und hat ihr mit den Vordertatzen die Wangen gestreichelt und mit der
Schnauze das Gesicht geleckt und dabei recht fürchterlich greinig und
freundlich ausgesehen.  Das hat die Pastorin später vielen Leuten
erzählt; wie es aber weiter geworden, hat sie nicht gewußt; denn als
sie wieder zur Besinnung gekommen, war die Thrin weg und auch keine
Spur von ihr und der roten Füchsin mehr da als der Geruch der
füchsischen Küsse in ihrem Gesichte und ein paar leichte rote
Streifen, womit sie sie bei der umhalsenden Liebkosung gekratzt hatte.
Zuerst hat die Frau Manthey die Geschichte aus Furcht verschwiegen
und erst nach Verlauf von Jahren erzählt.  Auch Pastor Manthey ist
inne geworden, daß er gegen die losen und leichten Künste der Thrin
sich nicht mit der gehörigen geistlichen Rüstung gewaffnet hatte, und
daß sie an ihn durfte; er hat bemerkt, daß ihm ein Dieb an seine
Schinken und Würste kam, und das ist auch die Thrin gewesen.  Denn
wie manche Nacht ist sie als Katze in Wiemen und Keller und
Speisekammern geschlichen und hat sich eine Wurst, eine Spickgans
oder ein Stück Schinken nach Hause getragen!  Endlich war es ruchbar
geworden, daß man oft eine unbekannte graue Katze durchs Dorf laufen
gesehen und daß auch andern Leuten auf eine ähnliche, unbegreifliche
Weise manches abhanden gekommen war.  Da lauerte der Pastor des
Abends und in der Frühe oft genug auf mit einem geladnen Gewehr; aber
nimmer hat er den schleichenden Dieb erwischen können.  Endlich aber
ist ihm die Katze mal in dem Garten in den Wurf gekommen, als er
Sperlinge schießen wollte, und er hat ihr unverzagt aufs Leder
gebrannt und sie mit humpelndem Fuß über den Zaun springen und
jämmerlich miauen gehört.  Der Schäfer aber, der hinter dem Garten
eben mit den Schafen vorbeitrieb, als der Mantheysche Schuß fiel, hat
erzählt, es sei neben ihm ein altes Weib über den Weg hingehinkt, die
habe jämmerlich gewinselt und geheult, und sie habe ihm geklagt, des
Krügers großer Hund habe ihr den Fuß blutig gebissen.  So sei sie
über die Zudarsche und Schoritzer Heide fortgehumpelt, und man habe
ihr Gewinsel noch lange aus der Ferne hören können.  Und das war
wirklich die Thrin aus Günz gewesen; der Pastor hatte ihr das linke
Bein durchschossen.

Dieser geistliche Schuß gab einen großen Glückswandel.  Thrin lag
wohl ein Vierteljahr elend im Bette; dann sah man sie wieder, aber
sie humpelte mit einem lahmen Beine und erzählte den Leuten, sie sei
beim Äpfelschütteln vom Baum gefallen und habe sich dabei das Bein
verrenkt.  Nun ging es ihr aber schlimm.  Weil sie nicht mehr so
flink auf den Füßen war als sonst, so konnte sie, wann die Begier zu
hexen mit plötzlicher Lüsternheit in ihr aufstieg, nicht mehr
geschwind zu andern oder zu Fremden kommen, sondern mußte ihr Eigenes
behexen.  Da ward denn fast täglich irgend etwas verdreht, gelähmt
oder umgebracht.  Bei Tauben, Hühnern und Gänsen fing es an, und mit
dem großen Vieh hörte es auf.  Und wieviel der alte Jochen Wulf sie
auch prügelte, das half alles nichts; die Hexenlust ist ein
unauslöschlicher und unbezwinglicher Trieb.  Als also alles Federvieh
verdorben oder erwürgt war, da ist die Kunst über die Ferkel und
Lämmer hergefahren, darauf an die Kälber und Schafe, endlich an die
Kühe und Pferde.  Der Bauer hat nun immer wieder neues Vieh kaufen
müssen, und in solcher Weise ist in ein paar Jahren der Reichtum
vergangen und das ungerechte Teufelsgut zerronnen.  Ja, ihr eignes,
einziges Kind hat sie zum Krüppel hexen müssen; und der alte Wulf ist
aus Angst, daß ihm zuletzt ähnliches widerfahren möge, in die weite
Welt gegangen und ist auf immer ein verschollener Name geblieben.
Einige erzählen aber, die Thrin habe ihn verwandelt und habe wegen
seiner Sünde die Macht dazu gehabt, weil der alte Schelm um ihre
Hexerei gewußt und die Früchte davon gehehlt und mitgenossen habe;
und so müsse er nun als ein greulicher Werwolf rundlaufen und die
alten Weiber und Kinder erschrecken.  Die Thrin aber sei nach der
Flucht des Wulf als eine arme Bettlerin aus der Wehr geworfen und
habe zuletzt in Puddemin gewohnt, sei aber zuzeiten immer noch hin
und wieder als eine lahme Katze oder Füchsin umgegangen oder habe als
eine lahme Elster auf Bäumen und Dächern herumgehüpft; endlich aber
sei sie vor das Gewehr eines Freischützen geraten, wodurch die
Katzengestalt für immer festgemacht worden.  So haben viele Leute sie
öfter als eine wilde, graue Katze an dem Günzer Teiche sitzen gesehen,
auch als kein Haus mehr dastand; auch haben andere es dort um die
Mitternacht häufig miauen und prusten und pfuchsen gehört, daß ihnen
vor Grauen die Haare zu Berge standen.


Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Märchen und Sagen, von Ernst
Moritz Arndt.





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