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Title: Dresden und die Sächsische Schweiz
Author: Ruge, Sophus
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Dresden und die Sächsische Schweiz" ***


  ####################################################################

                     Anmerkungen zur Transkription

    Der vorliegende Text wurde anhand der 1903 erschienenen Buchausgabe
    so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Typographische
    Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Inkonsistente sowie heute
    ungebräuchliche Schreibweisen, insbesondere in Ortsnamen, bleiben
    gegenüber dem Original unverändert. Fußnoten wurden an das Ende des
    jeweiligen Kapitels verschoben.

    Die Seitenüberschriften der gedruckten Ausgabe wurden in den
    elektronischen Versionen als Randnotizen beibehalten und sinngemäß
    dem entsprechenden Absatz jeweils vorangestellt.

    Besondere Schriftschnitte wurden in der vorliegenden Fassung mit
    den folgenden Sonderzeichen gekennzeichnet:

        fett:     =Gleichheitszeichen=
        gesperrt: +Pluszeichen+
        Antiqua:  _Unterstriche_

  ####################################################################



                            Land und Leute

                       Monographien zur Erdkunde



                            Land und Leute

                       Monographien zur Erdkunde

            In Verbindung mit hervorragenden Fachgelehrten

                           herausgegeben von

                               A. Scobel

                                 XVI.

                  Dresden und die Sächsische Schweiz

                         Bielefeld und Leipzig

                     Verlag von Velhagen & Klasing

                                 1903



                                Dresden

                                und die

                          Sächsische Schweiz

                                  Von

                         Prof. Dr. Sophus Ruge

         Mit 148 Abbildungen nach photographischen Aufnahmen,
                zwei Skizzen und einer farbigen Karte.

                            [Illustration]

                         Bielefeld und Leipzig

                     Verlag von Velhagen & Klasing

                                 1903



                       Alle Rechte vorbehalten.

                Druck von Fischer & Wittig in Leipzig.



Inhalt.


                                                                   Seite

    I.    Einleitung                                                   3

    II.   Das Talbecken von Dresden                                    5

    III.  Die  Bevölkerung                                            22

    IV.   Die  Städte                                                 30

    V.    Die  Sächsische Schweiz.   Allgemeines                      61

    VI.   Das Wasser in der Sächsischen Schweiz                       76

    VII.  Klüfte und Verwitterung                                     98

    VIII. Die Steine und Felsenhöhen                                 114

    IX.   Volksverteilung und Städte                                 134

    X.    Die ländliche Bevölkerung                                  160

           *       *       *       *       *

    Literatur                                                        169

    Verzeichnis der Abbildungen                                      170

    Register                                                         172

    Karte der Sächsischen Schweiz.



[Illustration: Abb. 1. +Der Liebethaler Grund. Lochmühle.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 85.)]



[Illustration: Abb. 2. +Dresden, von der Marienbrücke gesehen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden.]



I.

Einleitung.


Aus der altgermanischen Sagenzeit klingt eine Kunde zu uns herüber, daß
die Schwanenjungfrauen nach Süden über den unermeßlichen Dunkelwald
geflogen seien. Dieser Dunkelwald wird in der alten Sprache Miriquido
oder Miriquidi genannt, ja ein Chronist des Mittelalters braucht
diese Bezeichnung einmal in einer so auffälligen Verbindung, daß man
daraus den etwas voreiligen Schluß gezogen hat, im Mittelalter habe
das Erzgebirge den Namen Miriquido gehabt. So viel Wahres liegt indes
doch in diesem Schlusse, daß die unbewohnten und unzugänglichen Wälder
des Erzgebirges mit zu dem tagereisenbreiten Grenzwalde gehörten, der
die nördlich wohnenden Germanen von den südlichen Kelten trennte. Den
Namen dieses Grenzwaldes haben uns die alten Griechen, jedenfalls
aus dem Munde der ihnen näher wohnenden Kelten, in der Form Arkynnen
überliefert, der dann später bei den Römern als Hercynischer Wald
bekannt war. Die neuere Erdkunde hat den Namen als Hercynisches
Gebirgssystem festgehalten und versteht darunter alle jene von Südost
nach Nordwest streichenden Bergwälder und Gebirge, die das norddeutsche
Flachland im Süden begrenzen. Es werden darunter namentlich zwei
langgestreckte Gebirgszüge verstanden, die in ziemlich gleicher
Richtung streichen, aber sich doch gegen Nordwesten einander immer mehr
nähern.

Der südliche beginnt mit dem Böhmerwalde an der mittleren Donau, setzt
sich im Fichtelgebirge und dem Thüringer Wald fort und endigt mit den
letzten niedrigen Ausläufern des Teutoburger Waldes an der oberen
Ems. Der nördliche Zug begrenzt als Sudeten (Riesengebirge u. a.) und
Lausitzer Gebirge den Nordosten Böhmens, ist weiterhin bis zum Harz
unterbrochen und nur noch an einigen stehengebliebenen Kuppen wie
der Kollmberg bei Oschatz und der Petersberg bei Halle zu erkennen,
und endigt als Parallelzug des Teutoburger Waldes im Weser- und
Wiehengebirge.

Böhmen, Sachsen, Thüringen und die Weserlandschaften liegen zwischen
den beiden Hauptzügen; aber da diese sich gegen Nordwesten einander
immer mehr nähern, werden die zwischen ihnen lagernden Landschaften
nach Nordwesten immer kleiner. Sachsen bildet insofern eine Ausnahme,
als es nicht, wie die übrigen genannten Länderstriche, auch auf
der Nordseite von Waldgebirgen abgeschlossen ist, also offener und
ungehindert in das norddeutsche Flachland übergeht. Dazu ist auch seine
Abgrenzung vom südlichen Nachbarlande Böhmen durch den eigenartigen
Querzug eines Gebirges, das von Südwesten nach Nordosten streicht und
in der neuen Zeit Erzgebirge genannt ist, viel schärfer und bestimmter
erfolgt, als sonst zwischen den übrigen Landschaften innerhalb der
hercynischen Bergketten.

[Sidenote: Die Landschaften an der Elbe im böhmischen Gebirgsringe.]

Die Ursache liegt darin, daß von der fast nur aus Urgesteinen
bestehenden mächtigen böhmischen Scholle, die das ganze Land Böhmen
samt allen Grenzgebirgen und darüber hinaus auch einen großen Teil des
heutigen Landes Sachsen umfaßte, an tiefgehenden Spalten der Erdrinde,
die in der Richtung des Erzgebirges verliefen und am leichtesten an
der Richtung des Egerlaufes zu erkennen sind, sich die nördlichen
Teile der Scholle (in Sachsen) von der böhmischen Masse trennten
und nun eine derartige Verschiebung der Erdschichten erfolgte, daß
sich der nördliche Teil (im heutigen Erzgebirge) im Norden senkte
und im Süden hob, so daß hier der Steilrand sich wie eine bedeutende
Gebirgsabdachung zeigt, während sich nach Norden das Erzgebirge ganz
allmählich gegen das Flachland verliert. Diese große Verwerfungsspalte,
an der die zahlreichen warmen Quellen und Mineralbrunnen Nordböhmens
hervorgetreten sind, und die durch die Verwerfung verursachte
Neigung der Erdschichten nach Norden und Nordosten reicht ostwärts
bis zur Elbe. Dagegen hat alles Land östlich dieses Stromes an der
erzgebirgischen Bewegung nicht mehr teil genommen. Dieses Land gehört,
wenn auch nicht in politischer Hinsicht, zum Lausitzer Granitgebiet,
dessen Richtung, durch das hercynische System vorgeschrieben, von
Nordwest nach Südost geht. Der Lauf der Elbe in Sachsen zeigt uns diese
Richtung an und an ihrem rechten Ufer ist die Lausitzer Bergmasse
schroff abgebrochen und zeigt, wenn auch in mäßigeren Verhältnissen
als das Erzgebirge, gegen das Elbtal einen steilen Bergrand. Auch hier
ist an einer Verwerfungsspalte das Land abgesunken und bildet ein
Talbecken, in dessen Mitte Dresden liegt.

Hier haben wir nun jene in ihrer Größe bescheidenen, aber nach ihrem
Naturcharakter doch wichtigen Landschaften vor uns, denen unsere
eingehende Beschreibung gewidmet ist: die Sächsische Schweiz und das
Dresdener Talbecken.

[Illustration: Abb. 3. +Altes Landhaus bei der Bahnwiese.
Oberlößnitz.+

Liebhaberaufnahme von H. Engert in Dresden. (Zu Seite 6.)]

Eingebettet zwischen dem Erzgebirge und dem Lausitzer Gebiet, viel
jüngerer Bildung als die gewaltigen Massen des Urgesteins zu beiden
Seiten, bilden die Landschaften an der Elbe eine Lücke in dem
böhmischen Gebirgsringe und in dem großen hercynischen Gebirgszuge;
und durch diese Lücke hat auch die Elbe die beiden Nachbarländer in
eine natürliche Verbindung gebracht und Böhmen nach Sachsen und weiter
nach Norddeutschland geöffnet. Keilförmig erstreckt sich das Gebiet
von Südost nach Nordwest in der angegebenen hercynischen Richtung
und ähnelt dem ganzen Gebirgssystem um so mehr und gewährt in seinen
horizontalen Umrissen insofern ein kleines, aber getreues Abbild des
großen Ganzen, als sich der Keil nach Nordwesten verjüngt, und die
östlichen und westlichen Grenzen, die durch den Fuß der Lausitz und
des Erzgebirges gegeben sind, am nördlichen Abschluß des Talbeckens
sich bereits bis auf 6 _km_ einander nähern, während die Breite
des Sandsteingebiets im Süden der Sächsischen Schweiz vielleicht 36
_km_ betragen mag.

Das Gebiet zerfällt nach seiner jetzigen Gestaltung in das Talbecken
von Dresden und in die Sächsische Schweiz, die wir nun eingehend
betrachten wollen.

[Illustration: Abb. 4. +Groß-Sedlitz bei Pirna. Schloßgarten.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 7.)]



II.

Das Talbecken von Dresden.

[Sidenote: Das Talbecken von Dresden.]

Das Talbecken von Dresden erstreckt sich auf beiden Seiten der Elbe
von Pirna bis Meißen. Der Elblauf selbst hat in diesem Gelände eine
Länge von 43 _km_, doch zieht der Strom nicht, wie in der viel
größeren oberrheinischen Ebene, seine Stromrinne durch die Mitte
des Talbodens, sondern bespült oberhalb Dresdens von Pillnitz bis
Loschwitz den Steilrand des Lausitzer Granits, unterhalb Dresdens von
Niederwartha bis Meißen den Fuß der Vorhöhen des Erzgebirges. Dadurch
gewinnen die Tallandschaften und Stromansichten an malerischem Reiz und
erhöhen die Schönheit der beständig wechselnden Szenerie. Die Höhen auf
beiden Seiten des Talkessels, dessen Entstehung bis in die Tertiärzeit
zurückreicht, überragen den Talboden um 100-150 _m_, zeigen aber
einen durchaus verschiedenen landschaftlichen Charakter.

Da die Talebene sich nach Nordwest erstreckt, so kann man die Abhänge
des Erzgebirges als die Schattenseite, den steileren Abfall des
Lausitzer Granitplateaus als die Sonnenseite bezeichnen. Die ganze
östliche Tallandschaft, vom Stromufer an bis auf die Höhen des
Lausitzer Granits, ist vorherrschend von Talsanden und Heidesand
bedeckt, welche sich für die Sonneneinstrahlung weit empfänglicher
zeigen als der Lehmboden der linken Talseite. Daher gedeiht dort
an den Gehängen der Wein und feineres Obst und zwar auf der ganzen
Strecke von Pillnitz bis Meißen und hat dadurch auch frühzeitig die
Anlage von einzelnen Weinbergsgütern, Villen und Landhäusern aller Art
hervorgerufen (Abb. 3); während auf dem linken Ufer nur ausnahmsweise,
an der Nordseite der ausmündenden Seitentäler, die vom Sonnenstrahl
kräftig getroffen werden, Weinberge und -gärten angelegt werden
konnten. Dagegen sind in dem flacheren Gelände auf dem rechten Elbufer
oberhalb Dresdens nur im Tal, im Pillnitzer Tännicht, aber unterhalb
Dresdens auch auf den Höhen weithin die unfruchtbaren Sandflächen mit
Nadelholz, meist Kiefern, bestanden; links der Elbe ist dagegen das
steilere Gehänge zum Strom und an den zahlreichen Nebenflüssen auf
Lehmboden vorherrschend mit Laubwald bedeckt.

[Illustration: Abb. 5. +Die Begerburg im Plauischen Grunde.+ (Zu
Seite 9.)]

Gegen Süden endigt der Talkessel an den niedrigen Quadersandsteinmauern
bei Pirna, wo die Elbe aus dem engen Felsental in die offene Elbaue
eintritt. Im Norden bildet die aus Pläner bestehende Landschwelle,
die von Meißen über Bohnitzsch und Gröbern nach Oberau zieht, den
natürlichen Talabschluß, der von dem Eisenbahntunnel auf der Linie von
Dresden nach Leipzig durchbrochen wird, während die Elbe unterhalb
Meißen noch weithin bis nach Riesa sich durch den harten Granitboden
ein enges Erosionstal geschaffen hat.

So ist also der Talkessel auf allen Seiten von Höhen begrenzt, ist
ähnlich wie die oberrheinische Ebene während der Diluvialzeit durch
Einbruch entstanden und bildet bei seiner niedrigen Lage, da der
Elbspiegel in Dresden nur 105,5 _m_ über der Ostsee liegt, den
wärmsten Teil Sachsens. Es wird schon allein hieraus erklärlich,
daß gerade dieser Landstrich zuerst Spuren menschlicher Besiedelung
aufweist.

Aber nicht bloß das äußere Ansehen der Landschaften verdient Beachtung,
sondern auch der wechselvolle Boden und seine Bodendecke, denn sie
gerade wirken darauf bestimmend ein, daß die Umgebungen von Dresden
durch ihren Wechsel so reizvoll werden und sich von jeder Höhe,
sei es am rechten oder linken Elbufer, immer neue, unerwartete
Landschaftsbilder dem entzückten Auge darbieten. Dieser Reichtum an
prächtigen Spaziergängen und kürzeren Ausflügen wird von den Bewohnern
Dresdens selbst noch viel zu wenig gewürdigt, und doch hat _M._
Christian Weiß schon vor länger als hundert Jahren auf diesen Reichtum
an verschiedenen Landschaftsformen hingewiesen. „Man mag Gegenden
benennen oder charakterisieren wie man will, so wird man gewiß jede Art
derselben im Umkreise von zwei bis drei Stunden um Dresden finden.“
(I, 4.)

[Sidenote: Die Westseite des Elbtales.]

Wir betrachten zuerst die linke Talseite.

Von Pirna an elbabwärts streicht die Vorstufe des Erzgebirges,
das Elbtalgebirge, ebenso wie auch das Lausitzer Tafelland in
nordwestlicher Richtung, aber nicht wie das Erzgebirge nach
Nordosten. Weil nicht mehr vorherrschend aus den für das Erzgebirge
charakteristischen Gneisen, sondern aus jüngeren Schiefern bestehend,
ist der den Elbstrom bis über Dresden hinaus begleitende vordere
Höhenzug als Elbtalgebirge bezeichnet. Für unsere Zwecke reicht es
aus, diese 6-8 _km_ breite Abdachung des Erzgebirges als ein
von der Hauptmasse in seinen Bestandteilen abweichendes Berggelände
zu bezeichnen. Wo das Gebirge mit steiler Böschung ziemlich nahe an
den Elbstrom herantritt, liegen auf der Höhe die Dörfer Klein- und
Groß-Sedlitz; jenes hart an den Höhenrand vorgeschoben, so daß man von
den vorderen Landhäusern eine entzückende Aussicht ins Elbtal hat,
dieses etwas zurückgelegen und sich an eine Bodenfalte anlehnend,
die, sich nach Osten zum Elbtal senkend, sehr geschickt zur Anlegung
eines ausgedehnten parkartigen Gartens im französischen Stil benutzt
worden ist (Abb. 4). Jetzt ziemlich einsam oder „kaum gegrüßt,
gemieden“, waren Schloß und Garten mit seinen verschnittenen Hecken
und zugestutzten Baumwipfeln, mit seinen jetzt trockenen Wasserkünsten
und seinen meist kunstlosen Statuen, unter denen die allegorischen
Darstellungen der vier Erdteile vielleicht am merkwürdigsten sind,
vor 200 Jahren der Lieblingsaufenthalt Augusts des Starken und der
Schauplatz vieler Hoffeste.

[Illustration: Abb. 6. +Schloß Scharfenberg bei Meißen.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 10.)]

[Illustration: Abb. 7. +Dohna.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 10.)]

[Sidenote: Höhen und Aussichtspunkte.]

Das älteste Gestein des Elbtalgebirges besteht aus Schiefern der
silurischen Formation. Jünger ist der Zug von Grauwacke, der sich
vorherrschend zwischen der Gottleuba und dem Lockwitzbach ausbreitet,
aber vielfach mit Rotliegendem und selbst gneisartigen Gesteinen
abwechselt. Ein Felsrücken, der sich quer über die alte Straße
hinzieht, die von Dohna südwärts übers Erzgebirge nach Teplitz führt,
und der sich unter dem Namen Ziegenrücken südlich von dem altberühmten
Gasthof „Zur kalten Ruhe“ bis zu 274 _m_ Höhe erhebt, besteht
aus Quarzit. Von seiner Höhe, die durch einen Denkstein bezeichnet
ist, genießt man eine herrliche Aussicht ins Elbgelände hinunter
und gegen die Sächsische Schweiz. Etwas höher ragt nordwestlich
davon bei Burkhardtswalde der Kanitzberg hervor, 342 _m_ hoch.
Er bildet eine kleine Kuppe aus Kieselschiefer, die infolge ihres
härteren Gesteins der Verwitterung widerstanden hat und ebenfalls eine
treffliche Rundsicht bietet. Noch weiterhin nach Nordwesten bildet
bei Witgendorf der Sandberg, 336 _m_ hoch, eine kleine, aber
auffällige Kuppe von Kieselschiefer. Die durch einen einsamen Baum
kenntliche Höhe ist ebenfalls als Aussichtspunkt durch bescheidene
Ruhebänke geziert. Jenseit des Lockwitzbaches bedecken jüngere
Gesteine, Plänerkalk und Quadersandstein noch die vordere Stufe
des Gebirges bis zu ihrer Höhenlinie und erstrecken sich über den
Plauischen Grund am Weißeritzbache bis in die Gegend von Cossebaude.
Bei Brießnitz tritt der Pläner sogar als niedere Felsenmauer bis
unmittelbar an das Elbbett heran, so daß für die über Elsterwerda
nach Berlin führende Eisenbahn nur mit Mühe der nötige Raum gewonnen
werden konnte, ohne den gepflasterten Leinpfad, noch näher dem Wasser,
zu beeinträchtigen. Überall wo in diesem Gebirge die Platten des
Pläners mit Leichtigkeit gebrochen und verwendet werden konnten,
sind sie zu kunstlosen Mauern zum Schutz der bäuerlichen Gehöfte und
Obstgärten aufgeschichtet und bilden in den zahlreichen Dörfern dieses
Landstriches eine charakteristische Erscheinung. Auf der Höhenlinie
selbst, die zu gleicher Zeit mit der Grenze der jüngeren genannten
Gesteinsarten zusammenfällt, liegen wiederum drei aussichtsreiche
Höhenpunkte, an der Babisnauer Pappel, 334,5 _m_ hoch, die Goldene
Höhe, 345,5 _m_ hoch, und die Prinzenhöhe, 329 _m_ hoch,
von denen die Höhe an der Pappel nur mit einem Aussichtsgerüst, die
beiden letzteren mit Aussichtstürmen versehen sind. Obwohl in der
Luftlinie kaum je 2 _km_ voneinander entfernt, und scheinbar fast
dieselbe Aussicht bietend, wird doch die mittlere, die Goldene Höhe,
am meisten besucht und bietet wohl auch, sowohl nach der zu Füßen
liegenden Residenz Sachsens als gegen die ferneren Felsenberge der
Sächsischen Schweiz die berühmteste Aussicht. Dann aber bietet auch
noch näher an Dresden der Hohe Stein oberhalb des Vorortes Plauen von
einem Turme aus einen entzückenden Ausblick sowohl in den unmittelbar
darunter liegenden Plauischen Grund und über die sich immer mächtiger
ausdehnende Hauptstadt, die recht eigentlich den Mittelpunkt des
ganzen Talgeländes bildet, als auch auf die hinter ihr sich allmählich
erhebenden weiten Nadelwälder der Dresdener Heide, auf das oberhalb der
Stadt sich erstreckende Weingelände mit seinen zahllosen Landhäusern
von Loschwitz bis Pillnitz, und auf den zunächst gelegenen Teil der
Oberlößnitz. Die Felsen des Plauischen Grundes bestehen aus Syenit, der
hier die silurische Formation durchbrochen hat (Abb. 5); aber über ihm
lagerte, auch am Hohen Steine, Plänerkalk. Der Hohe Stein selbst, auf
dem der Aussichtsturm sich erhebt, und die nächste Umgebung bot ehemals
eine reiche Fundgrube von Versteinerungen der Kreidezeit, in der
Haifischzähne und Austerschalen durch massenhaftes Auftreten besonders
ins Auge fielen. Der Syenit des darunter liegenden, ehemals durch seine
landschaftliche Schönheit hochberühmten Plauischen Grundes schließt
sich dann weiter nach Nordwesten an das Syenit- und Granitgebiet von
Meißen an.

[Illustration: Abb. 8. +Schloß Weesenstein.+

Nach einem Aquarell von Adrian Zingg. (Zu Seite 12.)]

Nur eines kleinen Hügels auf der untersten Stufe des Gebirges,
oberhalb Dresdens, muß noch gedacht werden, nämlich des Gamighügels
bei dem Dorfe Torna, weil er eine geologische Merkwürdigkeit bietet.
Er besteht oder bestand nämlich aus Lausitzer Granit, wird aber
bald ganz verschwunden sein, weil er, bequem in der Nähe eines
öffentlichen Weges gelegen, als Steinbruch ausgebeutet wird. Das
Meißener Syenit- und Gneisgebiet tritt bereits an der Linie von Dresden
westwärts nach Wilsdruff auf und reicht mit dem sich im Nordwesten
anschließenden Granit bis an das Triebischtal und bis nach Meißen.
Das Pläner- und Syenitgebiet verhalten sich in ihrer Abdachung gegen
das Elbtal durchaus verschieden. Der leicht verwitternde Pläner- und
Sandsteinboden schafft sanfte Abhänge, über die vom Gebirge im Süden,
oder von dem Hochlande im Westen ohne Schwierigkeit bequeme Straßenzüge
ins Tal in gerader Linie auf Dresden zu angelegt werden konnten,
wodurch die Zugänglichkeit Dresdens von dieser Seite her wesentlich
erhöht wurde.

[Sidenote: Der westliche Höhenrand zwischen Dresden und Meißen.]

Anders im Syenit- und Gneisgebiet. Hier treten die Fels- und Berghöhen
von Cossebaude an sofort mit schroffem Absturz gegen die schmale
Elbaue und den Strom vor, doch ist zwischen Cossebaude und Gauernitz
eine sanfter geneigte Plänerstufe angelagert, die aber den obern
Steilrand nicht erreicht. Die steilen Abhänge sind mit Laubwald
bedeckt. Von den Höhen blicken die alten Schlösser Scharfenberg (Abb.
6) und Siebeneichen in den Strom hinab. Diese Höhen bildeten weithin
beim Vordringen der Deutschen im Mittelalter eine vortreffliche
Verteidigungslinie und waren mit den ersten deutschen Wallburgen
besetzt, allen voran zuerst Meißen. Aber die Gehänge sind auch so
steil, daß kein Straßenzug vom Westen her die Stromebene erreichen
kann; die Straße von Wilsdruff nach Meißen läuft immer über die Höhen,
bis sie sich in steilen Windungen ins Triebischtal niedersenkt. Die
Dresden zunächst gelegenen Höhen in der Umgebung von Cossebaude sind,
nachdem die Eisenbahn das Gebiet von der Hauptstadt her bequemer
zugänglich gemacht hat, in neuerer Zeit in beliebte, vielbesuchte
Aussichtspunkte umgewandelt worden, so die Alberthöhe, Liebenecke
(Gneis), Osterberg und Parkschenke.

Nur an einer Stelle in diesem Gebiete, nämlich bereits im nördlichsten
Granitgebiet bei Scharfenberg, wird Bergbau getrieben, und zwar seit
1525. Die Hauptblüte liegt allerdings schon um einige Jahrhunderte
zurück und fällt ins siebzehnte Jahrhundert; aber es wird auch jetzt
noch gearbeitet. Man förderte Bleiglanz, Zinkblende und Fahlerz
(Silber). Der Ertrag belief sich 1887 auf 175000 Mark. Dieser
bergmännischen Tätigkeit verdanken die nahe beim Schlosse Scharfenberg
gelegenen Orte Gruben und Bergwerk Entstehung und Namen.

In der Eiszeit dehnten sich die skandinavischen Gletscherströme über
alle Höhen rechts und links der Elbe aus und drangen sogar bis in
den unteren nördlichen Teil der Sächsischen Schweiz vor. Überall wo
man ihre Spuren hat nachweisen können, sind nordische Kiese mit den
eingeschlossenen Geröllen nach ihrem skandinavischen Ursprunge erkannt.
Bis zu einer Höhe von 295 _m_ ü. M. sind sie bei Burkhardtswalde
gefunden und ebenso bei dem noch südlicher gelegenen Dorfe
Nenntmannsdorf. Geschiebelehm, als Reste der alten Grundmoränen, deckt
auch auf beiden Seiten des Plauischen Grundes die Höhen von Döltzschen
und Koschütz. Bedeutende Lehmlager am Fuß der Vorhöhen, namentlich
südöstlich von Dresden, werden zum Zweck des Ziegelbrennens erfolgreich
ausgebeutet, tragen aber sowohl durch ihre baulichen Anlagen als durch
die zahlreichen hohen Essen zur Verminderung der landschaftlichen
Schönheit nicht unwesentlich bei. Weiter nordwärts gegen Meißen und
noch weit über Meißen hinaus deckt die Höhen vielfach fruchtbarer Löß.
Daher findet man mit Ausnahme der steilen Böschungen an den engen
und vielfach gewundenen Seitentälern überall Feldbau und prangen
namentlich die milderen Gehänge gegen den Talkessel hin im Frühjahr im
schimmernden Schmuck der Obstblüte, welche den Großstädter mehr als
sonst hinauslockt, namentlich elbabwärts, in den Zschonergrund, nach
Cossebaude, ja sogar bis Meißen.

Aber auch das Gebiet westlich von dem Triebischtal und unterhalb Meißen
müssen wir noch in unsere Betrachtung hineinziehen, weil es für die
Stellung Meißens und seine geschichtliche Entwickelung wichtig ist.
Hier treten nämlich Porphyre und Pechstein auf. Besonders wichtig
sind die schwarzen, grünen und roten Pechsteine. Durch Verwitterung
verliert dieses Mineral seine Farbe, bleicht völlig aus und bildet
schließlich eine weiße Porzellanerde, die in neuerer Zeit immer mehr
für die Porzellanindustrie verwendet wird. Weiterhin gegen Nordwesten
deckt die immer niedriger werdenden Hochflächen ein lichtgrauer, bis
zu 15 _m_ mächtiger, höchst fruchtbarer Löß, der über die durch
ihre besondere Fruchtbarkeit weithin bekannte Lommatzscher Pflege
hinausreicht. Zahlreiche aber nur kleine Dörfer, aus wenigen aber
stattlichen und behäbigen Gehöften bestehend, sind dicht über das ganze
Land verstreut.

[Illustration: Abb. 9. +Weesenstein, vom Belvedere aus.+

Nach einer Aufnahme von F. & O. Brockmanns Nachf. R. Tamme in Dresden.
(Zu Seite 12.)]

[Sidenote: Die westlichen Täler und Elbzuflüsse.]

Die vom Erzgebirge herabkommenden, meist wasserreichen Bäche haben
tiefe und enge Erosionstäler in den harten Boden eingegraben, an denen
vielfach Felsenhöhen zu Tage treten. Dahin gehört das romantische
Müglitztal, dessen Ausgang zum Talkessel der Elbe die alte Feste
von Dohna (Abb. 7) bewachte, während zu gleicher Zeit in längst
vergangenen Tagen von hier aus der einzige gangbare Verkehrsweg über
das Gebirge, aber nicht durchs Müglitztal, wie man wohl gemeint
hat, nach Böhmen führte. Den Glanzpunkt des Müglitztales bildet das
malerische Felsenschloß Weesenstein (Abb. 8 u. 9), das sich auf und an
einem frei aus dem Tale aufsteigenden und vom Bache umflossenen Felsen
erhebt und von einem hochragenden Turm beherrscht wird. Die Verteilung
der Wohn- und Wirtschaftsräume des der königlichen Familie gehörigen
Schlosses, das in die Felsmasse eindringt und an derselben klebt, ist
sehr merkwürdig; es wird daher viel von Fremden besucht, um so mehr,
als ein herrlicher Park von hohen Laubbäumen den Felsenbau im Tale
umgibt und das Tal selbst ober- und unterhalb reich an prächtigen,
schattigen Spazierwegen ist.

Auf das Müglitztal folgt dann das liebliche Tal des Lockwitzbaches,
dessen anmutigster Teil bei dem ehemals viel mehr besuchten, in neuerer
Zeit vernachlässigten Bade Kreischa liegt. Soweit der Pläner reicht,
haben die kleineren Zuflüsse der Elbe nur wenig eingeschnittene
Täler mit sanfterem Gehänge, so daß mehrfach das Ackerland sich bis
auf den Talboden hinunterzieht. Eine Ausnahme bildet nur das untere
Tal des längsten Zuflusses von der linken Seite, der Weißeritz, das
zwischen Potschappel und Plauen in Syenit eingeschnitten ist und
in der Hauptrichtung von Westen nach Osten ziehend, als Plauischer
Grund noch bis in die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wegen seiner
idyllischen und romantischen Szenerie nicht bloß von den Bewohnern
der nahen Hauptstadt gern und oft besucht wurde, sondern auch, und
damals wohl mit Recht, von allen Fremden, die durch die Kunstschätze
Dresdens angelockt worden waren, aufgesucht wurde, schon weil man
seine Schönheiten über alles pries, und selbst die grotesken Täler und
wilden Gründe der damals erst bekannt werdenden Sächsischen Schweiz
nicht daneben wollte gelten lassen. Seitdem aber die Eisenbahn nach
Freiberg, Chemnitz und weiter hinaus nach Bayern den idyllischen
Grund durchzieht, mancherlei Fabrikanlagen mit rauchenden Schloten
die ehemals unter hohen Baumgruppen versteckten oder an rauschenden
Wehren gelegenen einsamen Mühlen verdrängt haben und eine sehr belebte
Landstraße im Grunde hin nach den Kohlengruben am Windberge und bei
Zaukerode führt und die weitere Umgebung von Potschappel zu den
dichtest bewohnten Gebieten von Sachsen gehört, ist der Reiz, den sonst
die Einsamkeit des von Felsen umstarrten Grundes und die ländliche
Ruhe gewährte, längst verwischt, so daß heutzutage der Grund von den
Lustwandelnden eher gemieden als gesucht wird.

Die übrigen Täler bis nach Meißen sind bis zur Triebisch sämtlich
nur kurz, sind tief in den Syenit eingeschnitten, mit buschigen und
waldigen Gehängen, einsam, fast wegelos, ohne Ortschaften und werden
nur gelegentlich von Freunden einer stillen Natur aufgesucht, die
ganz abseits vom Weltgetriebe liegt. Anders und bedeutender ist das
Triebischtal geartet, das aus dem Tharandter Walde, wo die Quellen
liegen, nach Norden sich erstreckt und bei Meißen in die Elbe
mündet. Der obere Teil gehört dem Porphyrgebiet, der mittlere der
Grauwacke, der untere dem Syenit, Porphyr, Pechstein und Granit in
raschem Wechsel an. Wechsel der Bodenarten bedingt auch einen Wechsel
der landschaftlichen Ansichten. Und wenn auch das Triebischtal wie
alle übrigen ein Erosionstal ist, das nur durch das unaufhörlich am
Boden arbeitende Wasser entstanden ist, so bietet es doch in manchen
Talweiten die Möglichkeit von Ansiedelungen, ist also belebter und ist
dem Verkehr noch mehr durch die Anlegung der Eisenbahn von Meißen über
Nossen nach Leipzig gewonnen. Doch darf man wohl kaum behaupten, daß
im Mittelalter, als durch König Heinrich I. die Burg in Meißen (Abb.
10.) begründet wurde, das Triebischtal einen bequemen Zugang von Westen
her zur Elbe gewährt habe; denn die leichteren und bequemeren Wege von
Westen her nach Meißen liefen, wie auch heute noch, über die Höhen zur
Stadt und zur Elbe.

[Illustration: Abb. 10. +Die Albrechtsburg in Meißen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 12.)]

Obwohl nun diese westliche Seite des Elbtales mancherlei
landschaftliche Schönheiten bietet, so ist sie doch von den
Bestrebungen aller Großstädte, sich über das Weichbild der Stadt hinaus
in Villenkolonien einen erfrischenden Landaufenthalt zu sichern,
fast noch gar nicht berührt worden. Nur bescheidene Anfänge lassen
sich unterhalb Dresdens am Fuß der waldigen Höhen erkennen, und nur
+ein+ Versuch, auch die Höhen mit ihren herrlichen Fernblicken
zu besetzen, in der Nähe von Cossebaude zu verzeichnen. Ausgedehnte
und vielbesuchte Sommerfrischorte finden sich nur auf den Höhen der
Lausitzer Seite.

[Illustration:

    Friedensburg

Abb. 11. +Kötzschenbroda-Niederlößnitz.+

Nach einer Aufnahme von Carl Pittius in Kötzschenbroda. (Zu Seite 15.)]

[Sidenote: Die östliche Seite des Elbtales.]

Unleugbar hat diese östliche Seite des Elbtales als die Sonnenseite
ihre Vorzüge, sie ist wärmer, durch den Steilabfall des Hochlandes mehr
gegen die rauhen Nordostwinde geschützt und übt ihre Anziehungskraft
namentlich von Dresden an abwärts bis in die Nähe von Meißen durch die
ausgedehnten Nadelwaldungen der Dresdener Heide und des Friedewaldes,
die den ganzen Höhenrand in ununterbrochener Folge bedecken.

Der steile Abbruch des Lausitzer Hochlandes erstreckt sich über
die ganze Länge des Talkessels von Oberau und Weinböhla an über
Pillnitz bis nach Bonnewitz und erscheint von der Elbtalaue aus als
ein Gebirgszug mit ziemlich gleichmäßigen Höhen. Es ist ein Teil der
großen Verwerfungslinie, die sich auch noch weiter nach Südosten über
Hohnstein nach Hinterhermsdorf an der Ostgrenze des Sandsteingebiets
der Sächsischen Schweiz in ihren Wirkungen bemerklich macht. Die
Hauptrichtung dieser Bruchlinie verläuft wie der Elblauf von Südost
nach Nordwest; nur zweimal ist auf kurze Strecke eine Abweichung von
dieser Richtung erfolgt und zwar sowohl oberhalb als unterhalb Dresdens
in der Richtung von Ost nach West, das einemal östlich von Pillnitz,
das anderemal östlich von Kötzschenbroda; und in beiden Fällen folgt
südlich von diesen Abweichungen der Elblauf und schlägt ebenfalls eine
veränderte Richtung ein.

[Sidenote: Der Abfall des Lausitzer Hochlandes.]

Auf der Südwestseite dieser großen Lausitzer Verwerfung ist nun
der Gebirgsteil abgesunken und hat einerseits den Talkessel der
Elbe veranlaßt, andererseits aber, auch infolge von Einsenkung, das
Sandsteingebirge erhalten, während die Ablagerungen des Kreidemeeres,
dem die Sächsische Schweiz ihre Entstehung verdankt, sowohl auf den
Hochflächen des Lausitzer Gebiets, als auch auf den Vorstufen des
Erzgebirges, über die sich das Kreidemeer ausdehnte, durch Verwitterung
und Abtragung bis auf wenige Reste verschwunden sind.

Aber an der großen Lausitzer Bruchlinie ist nicht bloß ein Absinken
erfolgt, sondern der Lausitzer Granit hat sich zum Teil schräg aufwärts
über die jüngeren Schichten von Pläner und Sandstein hinübergeschoben
und dadurch an den Berührungsflächen merkwürdige geologische
Erscheinungen hervorgerufen. Auf diese Überschiebung des Granits ist
man seit 1826 aufmerksam geworden und hat an vielen Stellen in der Nähe
der Verwerfungslinie dafür unzweideutig Belege gesammelt. Bei Oberau,
unfern des Tunnels der Leipzig-Dresdener Eisenbahn liegt Granit, bei
Weinböhla Syenit auf dem Pläner. Hier sind die Gesteine des Lausitzer
Hochlandes über die übergekippten Plänerschichten hinaufgeschoben.
Ausgezeichnete Reibungs- und Rutschflächen mit starken Zerklüftungen
zeigt der Syenit in einem Steinbruch unterhalb der Friedensburg bei
Kötzschenbroda (Abb. 11). Am Fuße der Syenitberge beim „Letzten Heller“
sind (nach Gutbier) die Schichten des unteren Pläners unter steilem
Winkel aufgerichtet und stark zerklüftet. Andere ähnliche Erscheinungen
werden wir auch in der Sächsischen Schweiz kennen lernen.

[Illustration: Abb. 12. +Hosterwitz bei Pillnitz.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 15.)]

[Sidenote: Der Höhenzug von Pillnitz bis Dresden.]

Das Lausitzer Hochland selbst, wie es von Oberau bis Pillnitz als
Gebirgsgrenze des Talkessels gegen Osten erscheint, hauptsächlich
aus Granit, Syenit und verwandten Gesteinen bestehend, besitzt eine
durchschnittliche Höhe von 300-350 _m_ und ist auf seiner
Hochfläche mit vielen flachen Hügeln und kleinen Kuppen bedeckt.
Von seinen höchsten Punkten, dem Triebenberg, 383 _m_, und dem
Porsberg, 354 _m_, bei Pillnitz, nehmen gegen Nordwesten die
Höhen allmählich ab. Der Porsberg, hart gegen den Steilabfall des
Gebirges vorgeschoben, besteht aus Granit und ist infolge seiner
freien Lage gegen Südosten, Süden und Südwesten vor allen anderen
Höhen durch seine umfassende Aussicht nach der Sächsischen Schweiz
und gegen das Erzgebirge berühmt und gewährt dazu auch noch einen
reizenden Blick in die mit Ortschaften bedeckte Elbtalaue bis weit
über Dresden hinaus. Von Pillnitz bis Dresden fließt die Elbe hart am
Fuße des von Ortschaften belebten und an den Gehängen von zahlreichen
Landhäusern, die teilweise eine 30 _m_ höhere Sandfläche vor dem
Abfalle besetzt halten, geschmückten Gebirges hin; hier liegen an
oder in der Nähe der Elbe die Schlösser und Villen der königlichen
Familie in Pillnitz, Hosterwitz (Abb. 12) und Wachwitz. Hier sind
die Abhänge mit Rebenpflanzungen und Obstgärten bekleidet und von dem
Hochlande her öffnen sich mehrere tiefeingeschnittene, malerische und
romantische Täler gegen die nahe Elbe. Ihr kurzer, bald sanft, bald
steil in Stufen ansteigender Verlauf bietet eine Reihe reizender,
vielbesuchter Spaziergänge, die zu zahlreichen Restaurants auf dem
Höhenrande hinaufführen. So der Friedrichsgrund bei Pillnitz, der
Keppgrund mit der malerischen Keppmühle (Abb. 13) bei Hosterwitz,
der Helfenberger Grund bei Niederpoyritz, der Wachwitzgrund und
endlich der Loschwitzgrund (Abb. 14 u. 15), der durch zahlreiche
Neubauten von seiner sonst so gerühmten landschaftlichen Schönheit
verloren hat, so daß er nicht mehr, wie vor 50 Jahren, den Jüngern der
Landschaftsmalerei unter Leitung Ludwig Richters zahlreiche idyllische
Vorwürfe für ihre Studien zu bieten vermag.

Wie Karl Maria von Weber an seinen unsterblichen Opern Freischütz
und Oberon während seines Landaufenthaltes in Hosterwitz schuf,
wie Schiller auf dem Landsitze seines Freundes Körner in dem
Weinbergshäuschen in Loschwitz (Abb. 16) in den Sommern 1786 und 1787
als Gast lebte und an seinem Don Carlos arbeitete, so hat auch Ludwig
Richter jahrelang hochgelegene, bescheidene ländliche Wohnungen in
Loschwitz als stillen Ruhesitz für sein künstlerisches Schaffen geliebt.

Ganz anders erscheint uns die Landschaft an dem Steilabfall, der sich
von Pillnitz nach Osten zieht und das volle Sonnenlicht von Süden
empfängt. Zwar erscheint von der Talsohle aus das Gebirge hier noch
mächtiger, weil die höchsten Erhebungen sichtbar werden; allein der
ganze Hang ist mit Nadelholz bedeckt und Wege, die von den Höhen durch
kurze Täler oder Schluchten hinabführen, sind ungepflegt, denn nirgends
wird ein Landhaus sichtbar, nirgends zeigt der hochstämmige Wald eine
Lücke für Gärten oder Obstpflanzungen. Das Gebirge erscheint von
hier aus unbewohnt. Der Mensch hat es gemieden, denn das erquickende
Auge der Landschaft, des Stromes fließender Spiegel fehlt, der das
Gelände von Pillnitz bis Dresden mit erfrischendem Hauche belebt und
durch seinen regen Schiffsverkehr anziehend macht. Dazu ist der ganze
Talboden südwärts bis Pirna großenteils mit magerem Heidesand bedeckt,
auf dem sich, die Hälfte des ganzen Gebietes einnehmend, das Pillnitzer
Tännicht ausbreitet. Nur wo sich in der Nähe des Stromes, auf beiden
Ufern, eine 1-2 _m_ mächtige Decke von fruchtbarem Tallehm findet,
sind die Ortschaften: Kopitz, Pratzschwitz, Birkwitz und Söbrigen auf
dem rechten Ufer, Heidenau und Mügeln auf dem linken Ufer entstanden.

Doch auch die Hochflächen des Lausitzer Granitbodens haben ihre
lebhaften Beziehungen zur Talebene und zur nahen Hauptstadt. Auf den
Höhen sind manchmal die diluvialen Schottermassen so mächtig, daß sie
einen sichtbaren Einfluß auf die Gestaltung der Oberfläche ausgeübt
haben. Geschiebelehm deckt die Höhen, daher finden sich nordwärts
bis zum Loschwitzgrunde zahlreiche Dörfer. Dann aber ändert sich das
Landschaftsbild plötzlich. Der Heidesand beherrscht den Boden so
vollständig, daß auf der weiten Strecke zwischen Dresden und Radeberg,
auf einem Flächenraum von 70 qkm nur Wald, die Dresdener Heide, aber
nicht ein einziges Dorf anzutreffen ist. Aber am Süd- und Nordrande
der Heide haben sich städtische Villenkolonien auf dem Weißen Hirsch,
in Klotzsche und Langebrück entwickelt, die, je mehr die Großstadt im
Tale um sich greift, in der Nähe des Waldes auf einer 100 _m_
höher gelegenen Hochfläche gedeihlich wachsen und sich immer weiter
ausbreiten.

Nur hier auf der ganzen Strecke der steilen Böschungen der Lausitzer
Verwerfungslinie hat der Heidesand den Abfall des Hochlandes zu
einer sanft ansteigenden, geneigten Ebene ausgeglichen, die es
allein ermöglichte, von Dresden aus nach Osten, Nordosten und
Norden Straßenzüge anzulegen und gerade in Dresden die bequemste
Übergangsstelle über den Strom zu schaffen.

Wie oberhalb der Stadt ist auch unterhalb derselben an dem Trachenberge
eine deutlich aus der Elbaue absetzende Talstufe von Heidesand
gebildet, die in neuester Zeit ebenfalls mit Landhäusern besetzt wird
und deren nach Süden geöffneter halbkreisförmiger Bogen wie ein altes,
längst verlassenes Elbufer erscheint.

[Illustration: Abb. 13. +Keppmühle im Keppgrunde bei Hosterwitz.+

Nach einer Aufnahme von P. Heine in Dresden. (Zu Seite 16.)]

[Sidenote: Die Lößnitz.]

Auf der Hochfläche hinter den Trachenbergen breitet sich fast wagerecht
eine Sandebene bis zum Fuß der beim Wirtshause „Zum letzten Heller“
schroff aufsteigenden Syenitberge aus, wo der Sand eine ganz besondere
Rolle spielt. Dieser Sand, der sich von dem die Dresdener Heide
durchschneidenden Prießnitzgrunde bis in die Lößnitz ausdehnt, ist
von hellgrauer und hellgelber Farbe, gleichmäßig feiner Quarzsand und
deutlich geschichtet. Er bildet eine etwa 50 _m_ hohe Stufe über
der Elbebene. Und hier haben sich unter dem Spiel der Winde typische
Dünen gebildet, wie man sie vielleicht im Binnenlande nicht erwartet.
Wo eine Pflanzendecke fehlte, ist der Flugsand in langen Höhenzügen
aufgeweht, die, den herrschenden Ostwinden entsprechend, meistens
eine nordsüdliche Richtung innehalten. Viele dieser Dünen sind durch
die neuen Militärbauten in der Albertstadt Dresdens eingeebnet und
bedeckt, andere sind noch auf dem weiten Exerzierplatz am Heller, dem
unfruchtbarsten Gebiet des Heidesandes, zu erkennen.

[Illustration: Abb. 14. +Loschwitz.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 16.)]

[Illustration: Abb. 15. +Loschwitz.+ (Zu Seite 16.)]

[Sidenote: Die Lausitzer Hochflächen. Moritzburg.]

So weit der Heidesand reicht -- und das ist sowohl auf dem vorderen
Höhenrande als am Gehänge und auf dem ganzen Talboden bis zum
westlichen Strom und zur nördlichen Grenze des Talkessels --, so weit
deckte ursprünglich der Kiefernwald fast ausschließlich das Land; aber
die steileren Gehänge des Hochlandes zwischen Radebeul und Koswig sind
schon seit dem Mittelalter für den Weinbau gewonnen, der allerdings
in neuester Zeit durch die Reblaus bedeutende Einbuße erlitten hat
und in manchen Weinbergen völlig aufgegeben ist. Dieser Strich mit
der angelehnten Sandstufe, die sich langsam in die eigentliche
Niederung der Elbaue senkt, in der allein die alten Dörfer liegen,
trägt den Namen Lößnitz, durch den Lößnitzgrund (Abb. 17) in Ober-
und Niederlößnitz geschieden. Der Name bedeutet eigentlich Waldland,
bildet auch keine geschlossene Ortschaft, ist aber wohl als die
früheste Kolonie von Dresden anzusehen. Von den gegenüberliegenden
Höhen des westlichen Elbufers, vom Osterberge und den nahegelegenen
Aussichtspunkten hat man eine mit Landhäusern bedeckte Landschaft vor
sich, die sich 6-7 _km_ weit am Fuß der Lößnitzberge ausdehnt.
Die Straßen und Wege laufen dem Fuß des Gebirges parallel und die
Namen obere, mittlere, untere Bergstraße zeigen, daß die Häuserreihen
staffelweise emporsteigen. Nirgends trifft man städtisch aneinander
gerückte Häuserzeilen, sondern an diesen Bergstraßen ist jedes Landhaus
von Gärten umgeben. Gerade dieser Teil des Elbtales gilt als der
wärmste und ist daher wohl am frühesten aufgesucht. Bis auf den
Höhenrand stiegen die Winzerhäuser, die zum Teil in Villen umgewandelt
sind, und die Weinbergshäuser empor. Meist durch ihre herrlichen
Aussichten berühmt sind sie allmählich in besuchte Restaurants
umgestaltet und auch auf bequemen Pfaden zugänglich gemacht. Zu ihnen
gehören die Wilhelmsburg, das Spitzhaus, der Pfeifer, das Paradies
und die Friedensburg. Wie man aber das Quadersandsteingebirge eine
Schweiz genannt hat, so die Lößnitz das sächsische Italien oder noch
seltsamer das sächsische Nizza, doch sind die Namen glücklicherweise
nicht volkstümlich geworden. Besonders hervorragende Gipfel hat dieser
Teil des Hochlandes nicht. So mögen denn nur der Spitzberg, 206
_m_ hoch, bei Koswig genannt werden, dessen bewaldete Kuppe aus
Gneis besteht, und der Himmelsbusch, 210 _m_ hoch, eine Felsklippe
am Steilrande bei Kötzschenbroda, die aus Hornblendeporphyr besteht.
Diese beiden Höhen gehören also nicht dem eigentlichen Lausitzer Granit
an und zeigen bereits, daß außer dem eigentlich typischen hellen
oder dunkelblaugrauen Lausitzer Granit auch noch andere verwandte
Gesteinsarten und zwar besonders Syenit an der Bildung der Lößnitzberge
beteiligt sind.

[Illustration: Abb. 16. +Pavillon auf Körners Weinberg in Loschwitz,
wo Schiller wohnte.+

Nach einem Stiche von G. A. Frenzel. (Zu Seite 16.)]

Die Hochflächen östlich von dem steilen Abbruche haben ihre besondere
Eigentümlichkeit in den vielen kleinen Kuppen und bewaldeten Höckern
zwischen den Ackerfluren und sumpfigen Niederungen. Die Oberfläche
besteht da, wo der Heidesand zurücktritt, aus Geschiebelehm, der
Grundmoräne des nordischen Inlandeises, in dem man baltische
Feuersteine, Porphyre und Quarzite antrifft, die aus Mittelschweden
stammen. Bei Boxdorf liegt dieser Lehm 3 _m_ mächtig. Seine
Auswaschungs- und Schlemmprodukte bestehen aus Tonen und Tonsanden.
Daneben findet sich östlich vom Lößnitzgrunde bei Wilschdorf
feinerdiger gelbbräunlicher Löß, in der Nähe der Friedensburg auch
mehliger feiner Lößsand. Wo diese besseren Erdarten vorherrschen, sind
Dörfer gebildet und herrscht der Ackerbau vor; doch schieben sich die
mageren Heidesandflächen mehrfach dazwischen.

Hinter der Lößnitz gegen Osten liegt auf den Hochflächen des Lausitzer
Granitbodens von weiten Nadelwaldungen umgeben und mitten zwischen
mannigfach gestalteten großen und kleinen Teichen ein eigenartig
gebautes, nach seinem Erbauer Kurfürst Moritz benanntes fürstliches
Schloß: Moritzburg (Abb. 18). Auf einer Insel, die nach Norden und
Süden durch breite, fahrbare Dämme mit dem Lande verbunden ist, erhebt
sich das mächtige Schloß, dessen gewaltige runde Ecktürme sich in dem
stillen Wasser spiegeln. Als Jagdschloß besitzt es auch eine sehr
merkwürdige Geweihsammlung und ist in seinen glänzend ausgestatteten
Gemächern reich an malerischen Vorwürfen im Barockstil und besitzt für
die zahlreich, namentlich von Dresden kommenden Besucher eine besondere
Anziehungskraft in seinem ausgedehnten Tiergarten mit einem namhaften
Bestand von Rot- und Schwarzwild, dessen allabendliche Fütterung auf
einem bestimmten weiten Wiesenplatze im Walde stets viele Zuschauer
anzieht.

[Sidenote: Alte Elbarme. Das Spaargebirge.]

Da wir auf dem Boden der eigentlichen Elbniederung nur jüngere
Bildungen diluvialen und alluvialen Ursprungs und nirgends anstehendes
Gestein bis in die Nähe von Meißen finden, so darf man wohl auch
erwarten, daß wir in der Elbaue selbst noch hie und da Spuren des alten
Elblaufes finden und daß das Strombett, das erst nach der Eiszeit seine
festere Gestalt gewonnen hat, einst andere Wege eingeschlagen hat.
So hat die Elbe nach ihrem Eintritt in den Talkessel unterhalb Pirna
nicht bloß durch ihre Schottermassen den unteren Lauf der Wesnitz aus
ihrer südwestlichen in eine westliche Richtung verschoben, sondern
infolgedessen selbst auch eine westlichere Bahn einschlagen müssen,
wobei die alte Talrinne, die noch jetzt in dem Birkwitzer See zu
erkennen ist, verlassen werden mußte. Die langgestreckte Einsenkung
dieser sumpfigen Niederung weist auf den kürzesten Weg von Pirna nach
Pillnitz hin. Andere in ähnlicher Weise entstandene Niederungen lassen
sich bei Zschachwitz und Laubegast oberhalb Dresdens und bei Kaditz und
Serkowitz unterhalb der Stadt erkennen. Nur bei großen Hochfluten wie
1845 ist das Elbwasser in diese Niederungen wieder eingetreten und hat
sie in ihren Beziehungen zur Elbe klar gelegt. Nur bei der großen Flut
von 1845 hat die Elbe auch in der Nähe von Meißen den alten Weg um das
Spaargebirge herum ostwärts von Sörnewitz über Zaschendorf benutzt. Wie
der jetzige Durchbruch des Stromes zwischen dem Meißener Granitgebiet
und dem Spaargebirge, der ein reines Erosionstal zu sein scheint,
entstanden sein mag: das bleibt ein noch ungelöstes Rätsel, wenn auch
manche Erklärung dafür versucht ist.

[Illustration: Abb. 17. +Talsiedelungen und Felsformen.
Lößnitzgrund.+

Nach einer Aufnahme von Carl Pittius in Kötzschenbroda. (Zu Seite 18.)]

Merkwürdig und eigenartig bleibt immerhin das eigentlich zur
erzgebirgischen Seite gehörige Spaargebirge, das durch den
gegenwärtigen Elblauf auf das rechte Ufer verlegt ist. Im Süden steil
und schroff in Felsklippen ansteigend, senkt sich diese Gebirgsinsel,
von kleinen Tälern und Schluchten durchzogen, langsam nordwärts in
die Niederung von Cölln, Meißen gegenüber, und ist mit zahlreichen
einzelnen Weinbergsgütern und Winzerhäusern besetzt, zu denen sich
in neuerer Zeit auch Landhäuser gesellen. So bildet in Bezug auf
Besiedelung dieser kleine Gebirgsstock einen bestimmten Gegensatz
gegen den nördlichsten Teil des Talkessels, der, niedrig gelegen, fast
nur aus feuchtem Wiesenland besteht, in das sich nur +ein+ Dorf,
Niederau, hineinschiebt, während die übrigen Dörfer nur auf oder an dem
umgebenden Höhenrande liegen.



III.

Die Bevölkerung.


[Sidenote: Die Bevölkerung im Elbtal.]

Verhältnismäßig erst spät ist der Mensch in das für Besiedelung
günstige Talbecken eingezogen, und zwar erst, wie seine im Boden
hinterlassenen Spuren an Waffen und Geräten zeigen, in der
jüngeren Steinzeit, in der Zeit der durchbohrten und geschliffenen
Steinwerkzeuge; denn in der älteren Steinzeit, die sich nur roher
Steingeräte bediente, deckte noch der starre Mantel skandinavischer
Eisströme das Land bis in das Sandsteingebirge und bis auf die
Vorhöhen des Erzgebirges. Aber man hat auch südlich von der Grenze
des nordischen Eises, das überall seine Spuren durch Moränen und
Geschiebelehm zurückgelassen hat, keine Steingeräte oder Tonscherben
gefunden, die uns das Vorhandensein von Menschen verrieten.

[Illustration: Abb. 18. +Jagdschloß Moritzburg.+

Nach einer Aufnahme von F. & O. Brockmanns Nachf. R. Tamme in Dresden.
(Zu Seite 20.)]

[Sidenote: Die älteste Bevölkerung.]

Die erste Besiedelung des flacheren Landes in Sachsen erfolgte von
Westen, von Thüringen her; die Spuren dieser ältesten Bewohner
sind nachgewiesen bei Leipzig, im Elbtal, besonders nördlich von
Dresden, und um Bautzen an der Spree. Eine spätere, aber auch noch
vorgeschichtliche Einwanderung scheint von Böhmen her ebenfalls das
Elbtal von Pirna bis Riesa besetzt zu haben. Dann folgt die Bronzezeit.
Gräberfelder aus diesem Zeitalter sind zahlreich über den ganzen
Norden von Sachsen, über die Ebene und das Hügelland verbreitet. Die
Bevölkerung erscheint bereits seßhaft zu sein; aber es haben sich
doch aus dieser Zeit nur wenige Ansiedelungen nachweisen lassen, so
bei Dresden[1] und überraschenderweise auf dem Pfaffenstein in der
Sächsischen Schweiz. Die Herdstellen unterscheiden sich in der äußeren
Form noch nicht von denen der Steinzeit. Und wenn nun gar in der Nähe
von Dresden an hundert Feuerstätten nahe beieinander aufgedeckt sind,
dann kann eine solche Ansiedelung schon als Dorf bezeichnet werden.
Auch Eisen ist neben der Bronze bei diesen Urbewohnern gefunden. Daß
die Römerzeit für Sachsen spurlos vorübergegangen ist, erklärt sich
aus seiner Lage, die sich eben so fern von der Westgrenze Germaniens
am Rhein, als von der Südgrenze an der Donau befand. Auch scheinen die
Handelswege, die von der Donau her die Bernsteinküsten an der Ostsee
aufsuchten, unser Land, das im Rücken des unwegsamen Erzgebirges lag,
nicht berührt zu haben. Daher sind in Sachsen bis jetzt noch keine
Funde von römischen Münzen gemacht, die auf einen solchen Verkehr
hinweisen könnten. Und wenn römische Geschichtsschreiber doch eine
allgemeine Kenntnis von den geographischen Verhältnissen Sachsens
scheinen gehabt zu haben, insofern sie von der Elbquelle und dem
Oberlaufe des Stromes Mitteilungen machen, so liegt doch die Vermutung
nahe, die Römer hätten die Saale für den oberen Elblauf gehalten und
danach ihre Beschreibung verfaßt. Wir wissen aus dieser Zeit nur, daß
die deutschen Stämme der Hermunduren und Semnonen im Lande wohnten
und zwar so, daß die Elbe etwa die beiden Volksstämme voneinander
schied. Doch wird ein großer Teil dieser Bewohner in der Zeit der
Völkerwanderung das Land wieder verlassen haben.

[Illustration: Abb. 19. +Partie aus Brießnitz.+

Nach dem Stich von Peschek. (Zu Seite 26.)]

[Sidenote: Die Wenden.]

Im sechsten Jahrhundert erschienen dann, wahrscheinlich im Gefolge der
Awaren, die Slaven, Wenden, die sich in kleinen Dörfern, sogenannten
Rundlingen, oder auch in Straßendörfern ansiedelten. Die erste Form der
Ortschaften zeigt uns die Häuser in Kreisform geordnet, mit den Giebeln
nach dem inneren Dorfplatz gekehrt, der, da nur ein Weg von außen
hineinführt, wohl geeignet ist, das Vieh der Gemeinde für die Nacht
in sicheren Schutz zu nehmen. Man hat aus dieser Dorfanlage mit Recht
geschlossen, daß die Bewohner vor allem Viehzucht getrieben haben. Die
zweite Form der Dörfer stellt die Häuser in zwei parallele Reihen,
zwischen denen die Straße entlang geht; daher der Name Straßendorf.
-- Die Wenden erscheinen uns aber keineswegs als Träger einer höheren
Kultur, wie eine voreingenommene Geschichtsschreibung sie bezeichnet
hat. Sie besaßen noch wenig Metalle, brauchten mehr Werkzeuge von
Knochen, Horn und Holz. Nur in der Töpferei zeigt sich ein wesentlicher
Fortschritt durch die allgemeine Anwendung der Drehscheibe.

Der Burgwall in Koschütz über dem Plauischen Grunde ist als zu einer
slavischen Ansiedelung gehörig erkannt worden. Im allgemeinen nahmen
die Wenden dieselben Gebiete in Sachsen ein wie vor ihnen die Germanen,
das heißt, sie besetzten nur das Flachland und die offenen Flußtäler,
ließen aber das höhere Bergland mit seinem schwereren Boden meist
unaufgebrochen. Am meisten nach Süden drangen sie im Elbtale vor,
aber auch hier nur bis nach Pirna. Es waren also immer wieder nur
die schon in der Steinzeit besiedelten Gegenden, die von den neuen
Ankömmlingen besetzt wurden. Die ersten Spuren eines in weitere Ferne
gehenden Handels und Verkehrs sind in den Funden arabischer Münzen des
zehnten Jahrhunderts aus den innerasiatischen Münzstätten von Bochara
und Samarkand zu erblicken. Aber solche Funde sind nur in der Lausitz
gemacht; indes wissen wir doch, daß arabische Kaufleute um dieselbe
Zeit Deutschland durchzogen haben und elbaufwärts auch in Böhmen
eingedrungen sind.

Von den Wenden ist auch Dresden gegründet; und da die Slaven von
Osten her kamen, lag ihre älteste Ansiedelung Dresden auf dem rechten
Elbufer, in der heutigen Neustadt. In der alten Gestalt des Neustädter
Marktes nahe der Augustusbrücke will man noch den Rundling der ältesten
Dorfanlage erkennen. Von hier sind die neuen Ansiedler dann auf das
gegenüberliegende Ufer, die Altstädter Seite, hinübergegangen, haben
aber hier sich nur als Fischer ansässig gemacht, legten daher nicht ein
Dorf nach der Gestalt des Rundlings an, sondern wohnten in einer Reihe
von Häusern am Flußufer, „an der Elbe“, der heutigen Terrasse und in
der Fischergasse.

Der Ackerbau der Slaven war (nach O. Schulze) eine Art wilder
Feldgraswirtschaft, womit eine halbnomadische Weidewirtschaft verbunden
war. Der hölzerne Hakenpflug vermochte nur den leichten Alluvialboden
oder den Heidesand umzubrechen. Nach wenigen Ernten wurde das Feld
wieder verlassen. Wo sich Rundlinge erhalten haben, überwog jedenfalls
die Viehzucht. Erst als die Deutschen mit dem Eisenpfluge erschienen,
konnte auch der schwerere Löß- und Lehmboden des Berglandes urbar
gemacht werden. Daher finden wir auch jetzt noch in den Tälern und im
Flachlande slavische Ortsnamen, im Hoch- und Berglande dagegen deutsche.

Aber es wäre irrig, aus der Verbreitung slavischer Ortsnamen immer
bestimmt auf altslavischen Anbau schließen zu können. Die slavische
Benennung im allgemeinen ist nach Schulzes Ansicht gar kein Beweis
dafür, daß wir es mit einem ursprünglich von Sorben oder Wenden
angelegten Ort zu tun haben. Die leidige Vorliebe der Deutschen für
alles Fremdländische war anscheinend schon den Kolonisten des zwölften
und dreizehnten Jahrhunderts eigen. Nicht nur behielten sie den
wendischen Namen der Ortschaften, aus denen die sorbischen Bewohner
vor ihnen wichen, sondern auch von ihnen selbst gegründeten neuen
Siedelungen gaben sie oft genug der fremden Sprache entlehnte Namen. So
928 Misni (Meißen), ferner Albertitz, Berntitz, Rampoltitz oder Rampitz
auf dem Boden von Altstadt Dresden. Der Name der Rampischen Straße
erinnert noch an den Ortsnamen. Conradesdorf ist um 1190 von einem
deutschen Ritter angelegt und erscheint schon um 1206 als Conratiz.

Es muß daher auffallen, wenn wir unter den zahlreichen Ortschaften im
Dresdener Talkessel nur drei deutsche Ortsnamen: Niederau, Zaschendorf
und Naundorf finden, von denen Naundorf urkundlich am frühesten, schon
im zehnten Jahrhundert genannt wird und sicher damals ein neues Dorf,
eine neue Dorfanlage war, wie der Name aussagt. Aber nach Schulzes
Forschungen sind viele Dörfer mit slavischem Namen auch in der Ebene
erst zur Zeit der deutschen Herrschaft nachweisbar und von deutschen
Herren angelegt. Nur die Ortsnamen mit patronymer Bildung, in denen
also ein Personenname steckt, sind entschieden slavischer Gründung
und geben über die ältesten sorbischen Anlagen Auskunft. Aber ihre
Erklärung ist deshalb oft schwierig, weil ein Name mehrere Deutungen
zuläßt.

[Illustration: Abb. 20. +Meißen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 31.)]

[Illustration: Abb. 21. +Der Dom und die Albrechtsburg in Meißen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 32.)]

Dazu kommt ferner noch die eigentümliche Erscheinung, daß die deutschen
Rittergeschlechter fast durchweg die Namen der Sorbenorte annahmen,
in denen sie saßen, als mit dem Ende des zwölften Jahrhunderts die
Familiennamen aufkamen. Dahin gehören die Namen Carlowitz, Könneritz,
Minckwitz, Nostitz, Planitz, Seydlitz, Seydewitz, Wallwitz und
Zezschwitz.

[Sidenote: Die Deutschen.]

Die Deutschen kamen erst im zehnten Jahrhundert wieder an die Elbe, um
ihren herrschenden Einfluß bis zu dem Strome auszudehnen. Als Heinrich
I. 928 den Grund zur Burg Meißen legte, handelte es sich noch nicht um
die Ausdehnung des Reiches bis dahin, sondern nur darum, die Slaven
tributpflichtig zu machen. Das sollte dadurch erreicht werden, daß
am hohen Rande des westlichen Elbufers an geeigneten Plätzen Burgen
errichtet wurden, die eine Reihe von Militärposten darstellten, und
die zu gleicher Zeit der Mittelpunkt und Hauptplatz eines besonderen,
Burgward genannten Distrikts waren, der eine militärische Verfassung
erhielt. Solche Burgwarde waren für den Elbtalkessel Meißen, Woz, das
man fälschlich in Weistropp gesucht hat, wo sich kein geeigneter Platz
findet, Brießnitz (Abb. 19), Pesterwitz und Dohna. Kriegserprobten
Männern waren die Burgen anvertraut, die Deutschen fanden sich nur in
den Burgen, deutsche Ansiedler wurden noch nicht herangezogen, auch
lag es anfänglich noch nicht in der Absicht des Königs, die Wenden dem
Christentum zuzuführen. Die deutsche Reichsgrenze blieb einstweilen
noch an der Saale.

[Sidenote: Die deutschen Ansiedelungen im Mittelalter.]

Die Verhältnisse erfuhren zunächst eine Änderung unter Kaiser Otto I.
Die Slaven wurden unterworfen, das Gebiet östlich der Saale in die
drei Marken Merseburg, Zeitz und Meißen geteilt und 968 das Bistum in
Meißen begründet, um die Christianisierung des Landes durchzuführen.
Die Ritter, die zur Verteidigung des Landes herangezogen wurden, kamen
meistens aus Thüringen und Franken. Bauern kamen auch jetzt noch nicht
und konnten auch nicht die Urbarmachung des Bodens in Angriff nehmen,
solange der Besitz des Gebietes noch von böhmischen und polnischen
Fürsten bestritten wurde, solange das Land von unaufhörlichen Kriegen
verheert und das Volk zu Tausenden in die Sklaverei geschleppt
wurde. Also auch im elften Jahrhundert konnte noch nicht an eine
Germanisierung gedacht werden. Es soll nur daran erinnert werden, daß
983 Meißen für die Deutschen verloren ging, aber 987 wieder gewonnen
wurde. Im Jahre 1002 ging die Meißener „Wasserburg“, die am Fuße der
Albrechtsburg gelegen haben soll, von neuem verloren, der Ort selbst
wurde 1015 verbrannt, aber 1029 von Konrad II. wieder erobert. Endlich
erschien 1075 noch ein feindliches böhmisches Heer im Lande. Erst
als 1089 die Mark Meißen an den Wettiner Heinrich von Eilenburg,
den Stammherrn des sächsischen Königshauses, kam, gewann das Land
allmählich seine Ruhe wieder. Zwar besaß anfänglich, schon seit 1086,
Wiprecht von Groitzsch, der Schwiegersohn des Herzogs Wratislaw von
Böhmen, den Gau Nisani, in dem Dresden lag, aber auch dieser südlich
von der Mark gelegene Gau fiel 1143 an das Haus Wettin. Wiprecht
von Groitzsch hatte aber das Verdienst, zuerst in größerem Stil die
deutsche Kolonisation befördert und deutsche Bauern von Thüringen und
Franken ins Land gerufen zu haben. Ihm schreibt der Chronist auch die
Verordnung zu, daß er den Einwanderern, die im Berg- und Hügellande
Land angewiesen erhielten und es in fränkischen Hufen austeilten,
gestattete, ihr Dorf nach ihrem Führer oder Schulzen zu benennen, daher
wir in der Umgebung des Elbtales bis in die Sächsische Schweiz hinein
so häufig Namen begegnen wie Kunnersdorf, Hermsdorf, Dittersbach,
Seifersdorf, Rennersdorf u. a., die also nach Konrad, Hermann,
Dietrich, Siegfried oder Reinhard benannt worden waren. Doch fand die
Ansiedelung zunächst an der Elbe ihre Ostgrenze. Und so bildete der
Strom noch bis ins zwölfte Jahrhundert auch die Grenze zwischen den
christlichen Deutschen und den heidnischen Slaven.

Die deutschen Bauern kamen, wie die Ritter, vorwiegend aus Franken
und Thüringen, einzelne Gruppen auch aus Niedersachsen oder wurden
aus den Niederlanden gerufen. Diese, die Vlaemen, sollten vor allem
die sumpfigen Niederungen entwässern und urbar machen. Sie teilen
die Dorfflur, abweichend im Größenmaß, in vlaemische Hufen. Die viel
häufiger angewandten fränkischen oder Königshufen, auch Waldhufen
genannt, umfaßten in der Regel 47-50 _ha._

[Illustration: Abb. 22. +Die große Appellationsstube in der
Albrechtsburg zu Meißen.+ (Zu Seite 33.)]

So hat man z. B. an der Gliederung der Dorfflur erkannt, daß das Dorf
Biela bei Dresden (in seiner offiziellen schlechten Schreibweise
Bühlau genannt) von Vlaemen angelegt ist. Die Dorfgemeinde teilte
die ihr zugewiesene Flur nach der Zahl der Hofstellen oder Familien
in gleichwertige Hufen, die sich von den in der Regel an einem Bach
gelegenen Bauernstellen als lange Feldstreifen auf die Höhen bis zur
Grenze hinzogen. Aus jedem Gehöfte führte dann ein Feldweg die ganze
Hufe entlang. So viele Höfe, so viele fast parallel laufende Feldwege,
die auf den Spezialkarten eingetragen, sofort die Einteilung der
Dorfflur erkennen lassen. Eine zweite Art der Einteilung, die man
besonders im Elbtal fast allgemein vertreten findet, sondert zunächst
die Gemeindeflur in größere Stücke gleichartigen und gleichwertigen
Bodens und teilte diese einzelnen Stücke wieder nach Anzahl der
Hofstellen in gleiche Streifen. Dann war die Aufteilung in Gewannen
erfolgt. Der Bauer besaß nicht einen einzigen zusammenhängenden
Landstreifen, sondern mehrere kleine Streifen in verschiedenen
Abteilungen der Gemeindeflur, die wohl auch bald besondere Namen
erhielten. Ein Teil der Flur wurde aber nicht aufgeteilt, sondern blieb
Gemeindeland als Weide oder Wald zu gemeinsamer Ausnutzung.

[Illustration: Abb. 23. +Die Königl. Porzellan-Manufaktur in
Meißen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 34.)]

[Sidenote: Deutsche Ansiedelung und Germanisierung.]

Um die Ansiedelung des bisher unbebauten Landes machten sich nicht bloß
Fürsten und Herren, sondern auch die Geistlichen, in unseren Gebieten
ganz besonders das Domkapitel von Meißen, sehr verdient. Daneben aber
auch die Cisterzienser, die nach ihrer Ordensregel besonders auf den
Feldbau angewiesen waren. Das erste Cisterzienserkloster in Altzelle
wurde 1162 vom Markgrafen Otto gegründet und die Mönche, die von
Walkenried am Harz kamen, erhielten am Rande des bis dahin noch fast
unbewohnten Waldes südlich von Nossen 800 Hufen Landes angewiesen, ein
beträchtlicher Besitz, der aber erst für den Anbau gewonnen werden
mußte. Dieser Besitz erstreckte sich südwärts bis über Freiberg hinaus,
und hier wurde höchst wahrscheinlich, wenn auch nicht urkundlich zu
belegen, durch die Mönche selbst der erste Silberfund gemacht. Denn da
das Mutterkloster in Walkenried als wichtigen Teil seiner Einkünfte
einen Anteil vom Ertrage des Silberbergbaues im Rammelsberge bei
Goslar besaß, so verstanden die Mönche etwas vom Bergbau und kannten
die Gesteine, in denen Silberadern vorkommen können. Das führte denn
zur Entdeckung des Silbers bei Freiberg. Dadurch gewann der bis dahin
gemiedene Urwald des Erzgebirges eine besondere Anziehungskraft und
förderte wesentlich die Besiedelung auch der höheren Bergstriche. Es
sind diese Verhältnisse hier kurz berührt, wenn sie auch scheinbar
nicht in den Rahmen unseres landschaftlichen Gebietes fallen, weil, wie
wir später sehen werden, ohne die rasche Blüte des Freiberger Bergbaues
die Entwickelung Dresdens zur Hauptstadt des Elbtales und weiterhin zur
Hauptstadt des ganzen Landes nicht denkbar wäre.

[Illustration: Abb. 24. +Drehen, Formen und Gießen in der Königl.
Porzellan-Manufaktur zu Meißen.+

(Zu Seite 34.)]

[Sidenote: Die obersächsische Mundart.]

[Sidenote: Das oberfränkische Bauernhaus.]

Die Besiedelung des flacheren Landes und des niedrigen Berglandes war
am Ende des dreizehnten Jahrhunderts durchgeführt. Damit verschwanden
die Slaven links von der Elbe und im Elbtal, ohne daß eine gewaltsame
Vertreibung stattgefunden hätte. Auch die Sprache erlosch allmählich,
und 1424 wurde der Gebrauch der wendischen Sprache vor Gericht im
Meißenerlande verboten. Dazu trug namentlich auch die Abneigung der
Deutschen bei, mit den Unterworfenen, den Hörigen, jedenfalls sozial
Niedrigerstehenden irgend welche Verbindung einzugehen. Wo sie in den
Städten aufgenommen wurden, mußten sie in besonderen Gassen wohnen.
Man findet daher oft und westwärts sogar bis zum Harz in den deutschen
Städten die Benennung „windische Gasse“. Die Zünfte nahmen keinen
Wenden auf und noch bis ins achtzehnte Jahrhundert wurde wohl bei
Ausstellung eines Lehrbriefes dem jungen Manne bezeugt, ehe er seine
Wanderschaft antrat, daß er aus einer deutschen Familie und nicht aus
slavischer Wurzel stamme. So breitete sich also auch im Elbgelände
wiederum die deutsche Sprache aus, nachdem der slavische Laut über 500
Jahre allein geherrscht hatte. Es entwickelte sich die obersächsische
Mundart, die aber eine ziemliche Anzahl slavischer Ausdrücke aufnahm
und auch bis heute im Volksmunde bewahrt hat. Wie die Ansiedler aus
Franken und Thüringen kamen, so ist auch das fränkische Wohnhaus im
ganzen Lande verbreitet. Es hat im Gegensatz zum niedersächsischen
Bauernhause ein Obergeschoß; Viehstall und Wohnhaus sind nicht unter
einem Strohdache. Wohnhaus und Kuhstall stehen vielmehr rechtwinklig
zur Straße und sind gegen die Straße durch eine Mauer, die den Hof
abschließt, verbunden. Durch diese Mauer führen das oft hochgewölbte
Einfahrtstor und die bescheidenere Pforte für die Fußgänger. Nach
hinten schließt die Scheune den Hofraum ab. Auf der dem Hof zugekehrten
Langseite des Wohnhauses lief sonst im Obergeschoß ein Laubengang
entlang, der aber in neuerer Zeit schon vielfach verschwunden ist. In
den Dörfern des Elbtales findet sich noch die Eigentümlichkeit, daß die
Hofmauer nach der Straßenseite über die Giebelfront des Wohnhauses in
die Straße hineingerückt ist, so z. B. in Radebeul und Kötzschenbroda;
vielleicht geschah es, um das Weinspalier nicht unmittelbar an der
Straße pflanzen zu müssen, sondern durch einen Zaun schützen zu können.
In dem sehr charakteristischen Rundling von Radebeul ist so fast
der ganze innere Dorfplatz von den vor den Häusergiebeln liegenden
Weingärten eingenommen, so daß nur schmale Fußwege vom Platz zwischen
diesen Weinpflanzungen zu den Häusern führen.

[Illustration: Abb. 25. +Malersaal der Königl. Porzellan-Manufaktur
zu Meißen.+ (Zu Seite 34.)]


    [1] Auf dem Boden der Stadt, in Blasewitz, Strehlen und Übigau;
        dann bei Löbtau, Brießnitz und Stetzsch.



IV.

Die Städte.


[Sidenote: Die Städte des Elbtales.]

Da erst die Deutschen als Städtegründer auftraten, so wird es ganz
erklärlich, daß die drei Städte des Elbtalkessels: Meißen, Dresden und
Pirna sämtlich auf dem linken Elbufer angelegt sind, die wir seit Otto
dem Großen als die deutsche Seite bezeichnen können. Alle drei Städte
liegen außerdem in der Nähe der Mündung größerer Zuflüsse der Elbe,
nämlich der Triebisch, Weißeritz und Gottleuba, aber diese Zuflüsse
mündeten ursprünglich nicht in, sondern neben den Städten. Ferner
liegen die Städte auffällig symmetrisch: Dresden in der Mitte des
Elbtales, Pirna am Eintritt der Elbe in dies Tal, Meißen am Austritt
des Stromes; Pirna und Meißen als die Wächter des Stromes mit festen
Burgen auf felsiger Höhe, Dresden dagegen ganz im Tal, in der Elbaue.
Als wichtige Übergangsstellen über die Elbe liegt jeder der Städte auf
dem rechten Stromufer ein Vorort oder eine Vorstadt gegenüber. Vor
Meißen Cölln, vor Altstadt Dresden die Neustadt, vor Pirna Kopitz. Aber
die Bedeutung der drei Städte ist im Laufe der Jahrhunderte bedeutend
verschoben. Die älteste Stadt, nach der das ganze Land lange benannt
worden ist, nimmt gegenwärtig, der Volkszahl nach, nur den zweiten
Rang ein, und die Stadt Dresden, die ursprünglich neben unbedeutenden
Fischerhütten gegründet wurde, hat sich, durch ihre natürliche Lage und
durch Fürstengunst gehoben, zur Großstadt und Residenz des Königreichs
aufgeschwungen und zählt zu den volkreichsten Städten des Deutschen
Reiches.

Da die Deutschen von Nordwesten her an der Elbe aufwärts gedrungen
sind, so würde es der geographischen Lage entsprechen, wenn Meißen
zuerst und Pirna zuletzt als Stadt gegründet wäre. Leider ist das
Gründungsjahr, abgesehen von der Burganlage in Meißen, nicht bekannt;
aber urkundlich werden die Städte ihrer Reihenfolge nach so genannt,
wie sie liegen und zwar Dresden zuerst als Stadt 1206 und Pirna 1233.
Wir folgen bei unserer Betrachtung dieser Anordnung und beginnen mit
Meißen (Abb. 20).

Daß König Heinrich I. auf einer, von Bäumen bestandenen Höhe an der
Elbe den Grund zu einer Burg 928 gelegt habe, wird von dem Bischof
Thietmar von Merseburg bezeugt. Wenn daneben in den frühesten
Nachrichten eine Wasserburg erwähnt wird, die unterhalb des Rundturmes
an der Ostecke des Burgkomplexes gelegen haben soll, so muß diese
Angabe so lange zweifelhaft erscheinen, als sich von einer solchen Burg
nicht die geringsten Spuren haben nachweisen lassen. Jedenfalls ist
diese Mitteilung für die weitere Geschichte und Entwickelung der Stadt
völlig bedeutungslos. Wie dann unter der Regierung Ottos des Großen
von deutscher Seite die ernstesten Anstrengungen gemacht wurden, alles
Land zwischen Saale und Elbe dem Deutschen Reiche einzuverleiben und zu
behaupten, trotz der wechselnden Schicksale langdauernder Kriege und
Unruhen, das ist bereits oben (S. 26 u. 27) mit Zeitangaben kurz belegt.

[Illustration: Abb. 26. +Porzellanbrennofen der Königl.
Porzellan-Manufaktur zu Meißen.+ (Zu Seite 34.)]

Für die Stadtentwickelung war es wohl von größerer Bedeutung, daß sie
Bischofssitz wurde, als daß die Markgrafen zeitweilig bis zum Ende des
elften Jahrhunderts hier ihren Sitz hatten, denn in dieser frühen Zeit
war der Ort noch nicht im vollkommen sicheren Besitz der Deutschen.
Doch soll schon in dieser Zeit, um 1025, die Elbbrücke angelegt sein,
zunächst als Holzbrücke auf Steinpfeilern, denn es handelte sich darum,
von der wichtigsten Burg an der Elbe auch einen dauernden Einfluß auf
das überelbische Land im Osten zu gewinnen. Wenn gegenwärtig Dom und
Burg das Stadtbild vor allem bestimmen, so wird nach oben erwähntem
bischöflichem Einfluß auch der Dombau zuerst in Angriff genommen sein
(Abb. 21).

[Sidenote: Meißen.]

Als ältester Bau gilt die Kapelle des heiligen Andreas, die 1269
vollendet wurde. Sie war eine Stiftung des Domherrn Konrad von Boritz,
der sich auch um die Kolonisation namhafte Verdienste erworben hat. Die
Kapelle gehört der Frühgotik an. Um dieselbe Zeit begann man mit dem
Dombau und führte ihn bis in die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts
fort. Der Meißener Dom ist das früheste Beispiel eines Hallenbaues
in den Elbgegenden. Der Chor entstand nach 1270, das Langhaus wurde
in der Zeit von 1312 bis 1342 aufgeführt. In ihm befinden sich die
Grabdenkmäler sächsischer Fürsten des fünfzehnten und sechzehnten
Jahrhunderts. Damals entstanden auch (nach Gurlitt) die Statuen, die
sich jetzt im Chor des Domes und in der Johanniskapelle befinden und
Kaiser Otto und seine Gemahlin Adelheid, den heiligen Donatus, Johannes
den Täufer u. a. darstellen. Gurlitt spricht dabei die Vermutung aus,
daß unter dem Namen des deutschen Kaisers und seiner Gemahlin der
prachtliebende Markgraf von Meißen, Heinrich der Erlauchte, selbst
dargestellt sei nebst seiner dritten Gemahlin Elisabeth von Maltitz;
denn Heinrich residierte in Meißen und war auch als Minnesänger bekannt
und geachtet. Der Tannhäuser nennt ihn „Heinrich den Mizenäre“ und
Walther von der Vogelweide kurzweg den „Mizenäre“ (Meißener).

[Illustration: Abb. 27. +Meißener Gefäße in Scharffeuerfarben.+
(Zu Seite 34.)]

[Illustration: Abb. 28. +Das Mädchen aus der Fremde.+

Erzeugnis der Königl. Porzellan-Manufaktur zu Meißen. (Zu Seite 34.)]

Die Fürstenburg neben dem Dom, die erst 1676 offiziell den Namen
Albrechtsburg erhielt, und jedenfalls eines der bedeutendsten
Fürstenschlösser jener Zeit war, wurde unter der gemeinschaftlichen
Regierung der beiden Brüder Ernst und Albrecht 1471 begonnen. Der
Schöpfer des Baues, der denselben auch noch zehn Jahre bis zu seinem
Tode leiten konnte, war der Baumeister Arnold aus Westfalen. Bei der
Trennung der Hofhaltung beider Brüder 1482 wählte Albrecht Stadt und
Schloß Torgau. Leider wurde die stolze Burg später, als die sächsischen
Fürsten längst ihren dauernden Sitz in Dresden aufgeschlagen hatten,
vernachlässigt und mußte über anderthalb Jahrhunderte die berühmte
Meißener Porzellanfabrik in sich aufnehmen, bis erst nach der Mitte
des neunzehnten Jahrhunderts besondere Fabrikgebäude im Triebischtal
errichtet wurden und die Albrechtsburg in würdiger Weise wieder
hergestellt und mit Wandgemälden, die sich auf die Geschichte des
Fürstenhauses und die sächsischen Lande beziehen, geschmückt werden
konnte (Abb. 22). Diese Wiederherstellung der Albrechtsburg, die man
den frühesten deutschen Palastbau genannt hat, war 1881 vollendet,
nachdem die Porzellanfabrik schon 1864 daraus entfernt war.

Ein drittes Gebäude, das auf dem Höhenrande des Stadtgebietes
errichtet, neben Dom und Burg die Silhouette des Stadtbildes mit
bestimmt, ist die Fürstenschule, ein nüchterner, moderner Bau, der nur
praktischen Zwecken dient und auf künstlerische Wirkung verzichtet hat.
Ihre Gründung fällt in die Zeit Luthers, 1543. Ihre Bedeutung liegt
darin, daß sie seit mehr als 300 Jahren eine vorzügliche Pflanzstätte
humanistischer Bildung gewesen ist, aus der die bekanntesten
sächsischen Dichter des achtzehnten Jahrhunderts: Gellert, Rabener
und Lessing hervorgegangen sind. Dasjenige Erzeugnis aber, das den
Namen Meißen in alle Weltteile getragen hat, ist das Porzellan der
königlichen Fabrik (Abb. 23). Nachdem Johann Friedrich Böttger (gest.
1719) im Jahre 1707 das rote Steinzeug und 1709 das weiße Porzellan
erfunden hatte, wurde die Fabrik schon im nächsten Jahre, 1710, in
Meißen gegründet. Nach Berling (Das Meißener Porzellan, S. 27) wurde
erst seit 1710 die auf dem Grundstücke des Hammerschmiedes Schnorr
zu Aue im Vogtlande gegrabene Erde, die sogenannte Schnorrsche Erde,
in der Meißener Porzellanfabrik verwandt, doch bildete daneben der
weiße Ton von Colditz von Anfang an einen wesentlichen Bestandteil
der weißen Masse. Unter der glänzenden Regierung Augusts des Starken
wurde der damals herrschende Barockstil ganz besonders auch in den
künstlerischen Gebilden des Porzellans angewendet und neben dem Rokoko,
das sich ebenfalls für die zierlich koketten und bemalten Figürchen
aus Porzellan eignet, bis auf die Gegenwart mit Erfolg beibehalten
(Abb. 24-28). „Meißen hat dem Porzellan des achtzehnten Jahrhunderts
das künstlerische Gepräge gegeben. Leicht, anmutig, gefällig in der
Form, frisch, lebhaft, fröhlich in den Farben, so steht es vor uns.
Nicht die Mutter des Rokoko ist es, wie man oft sagt, sondern eines
seiner Kinder, allerdings das am reichsten entwickelte. -- Es hat sich
ein ganz besonderer Porzellanstil herausgebildet, der überwiegend von
Meißen getragen erscheint und dessen Geschichte in großen Zügen die
gesamte Entwickelung des Kunstgewerbes im achtzehnten Jahrhundert
wiederspiegelt.“ (Lehnert, Das Porzellan, Bd. V der Ill. Monographien,
S. 47.)

[Illustration: Abb. 29. +Der Große Markt in Meißen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 34.)]

Die Stadt Meißen, die sich zu Füßen des Burgfelsens und der
anschließenden Höhen auf beschränktem Raume entwickelt hat (Abb.
29), zeigt in den krummen und ansteigenden Gassen und alten Häusern
noch viel Altertümliches (Abb. 30) und bietet dem Maler zahlreiche
Vorwürfe; namentlich aber ist die Gesamtansicht der Stadt von
hoher malerischer Wirkung und unzählige Male gezeichnet, radiert,
gemalt und photographiert. Daher denn auch die Stadt mit ihrer
reizenden landschaftlichen Umgebung für den Fremden eine besondere
Anziehungskraft besitzt und wohl unter allen kleineren Städten Sachsens
am meisten besucht wird (vgl. Abb. 10 u. 20).

[Illustration: Abb. 30. +Rote Stufen in Meißen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 34.)]

[Sidenote: Dresden.]

[Sidenote: Gründung der Stadt Dresden.]

Dresden, eine Großstadt von nahezu einer halben Million Einwohner,
erscheint historisch an zweiter Stelle unter den Städten des
Talkessels, hat aber im Laufe des letztvergangenen Jahrhunderts
dermaßen die anderen überflügelt, daß gegenwärtig mehr als drei Viertel
aller Bewohner des Talkessels von Pirna bis Meißen hier vereinigt
leben. Und aus wie bescheidenen Verhältnissen ist sie erwachsen! Ein
kleiner slavischer Rundling auf dem rechten Ufer, Fischerhäuschen
auf der linken Seite des Stromes: das waren die Anfänge. Obwohl
die Lage auf dem rechten Ufer günstiger scheint, wurde doch die
deutsche Stadt Dresden auf dem linken Ufer errichtet (Abb. 31), das
wir bereits als das deutsche Ufer bezeichnet haben, und zwar neben
der slavischen Ansiedelung. Die Niederung der Elbaue war zum Teil
mit Sümpfen und Teichen erfüllt, zwischen denen eigentlich kaum
genügender Raum für eine Stadtanlage vorhanden war. Diese Sümpfe
oder Seen, wie der Städter sie nannte, gewährten aber andererseits
wieder dem Orte gegen unerwartete Überfälle und Angriffe Schutz. Jetzt
sind diese Lachen verschwunden, aber Lokalnamen in der Stadt, wie
Seestraße, Am See, Seevorstadt erinnern noch an die alten Zustände.
Daß hier ursprünglich nur Sumpfwald und Gebüsch bestanden haben kann
und daß danach die Slaven ihre Ansiedelung benannt haben, muß als
die natürlichste Erklärung des Stadtnamens gelten, der in der Form
_dresga_ Sumpfland und Gebüsch bedeutet, wonach dann die Bewohner
_dresjan_, d. h. Bewohner des Sumpfwaldes waren. Mit dieser
Erklärung ist die früher beliebte Deutung des Namens Dresden als Fähre,
Übergang über den Fluß (slavisch Trasi) gefallen. Aus der Entwickelung
der Stadt ergibt sich auch, daß der Begriff einer Fähre historisch
später zutreffend war, aber nicht von Anfang an paßte; abgesehen
davon, daß sprachliche Bedenken gegen die Ableitung von Trasi erhoben
sind. Aber die kleinen slavischen Siedelungen, die zum Burgwarde
Brießnitz gehörten, traten lange Jahre noch hinter diesem benachbarten
Dorfe derart zurück, daß auch in kirchlicher Beziehung Dresden von
Brießnitz abhängig war. Brießnitz war nicht bloß die zweitälteste
Kirche an der Elbe, sondern auch die Mutterkirche für Dresden. Die
Frauenkirche, die älteste Kirche im Dorf Dresden, war eine Filiale
von Brießnitz, und Dresden gehörte auch noch im ganzen Mittelalter
zum Kirchensprengel von Brießnitz. Da die Frauenkirche nun vermutlich
schon im elften Jahrhundert gegründet ist, so konnte sie nicht wohl in
dem wahrscheinlich größeren Dorfe Dresden am rechten Elbufer errichtet
werden, weil die Elbe noch bis ins zwölfte Jahrhundert die christliche
und die heidnische Uferseite des Stromes trennte. Dresden selbst wird
urkundlich zuerst 1206 genannt und zehn Jahre später, 1216, als Stadt
bezeichnet. So wird also die Gründung der Stadt in den Anfang des
dreizehnten Jahrhunderts fallen. Die markgräfliche Burg (Abb. 32) und
die Stadt lagen aber neben der slavischen Siedelung, die sich wohl um
die Frauenkirche scharte; denn auch die Frauenkirche lag außerhalb
der Stadt. Und wie nun sehr bald die Burg in Dresden sich in ihrer
Bedeutung rasch über die Burg Brießnitz erhob, gewann auch die neue
Stadt, die ihren Namen vom slavischen Nachbarorte entlehnt, bald das
Übergewicht über das Dorf und nahm schließlich die alten Ansiedelungen
auf beiden Seiten der Elbe in sich auf.

[Illustration: Abb. 31. +Dresden von der Bärbastei.+ 1820. Nach
dem Stich von L. Richter.

Aus: „Dreißig malerische An- und Aussichten von Dresden und der
nächsten Umgebung“. (Zu Seite 35.)]

[Sidenote: Die Elbbrücke.]

Wie bei vielen neuen Städten im slavischen Koloniallande, wurde auch
die Stadt Neudresden, wie sie im Gegensatze zum Dorfe Altdresden
genannt wurde, nach einfachem Grundplane angelegt. In der Mitte lag der
Marktplatz (Abb. 33), gleichsam das Herz der Stadt, der Mittelpunkt
des städtischen Lebens und Verkehrs, und eine Reihe Gassen, die
sich rechtwinkelig schnitten, berührten die Seiten des Marktes oder
liefen ihnen parallel. Die wichtigsten Gassen -- denn diesen besseren
Namen hatten die Straßen bis in die zweite Hälfte des neunzehnten
Jahrhunderts, wo von Norddeutschland her sich der auch sprachlich
unschöne Name Straße eindrängte -- waren die Elbgasse, die vom Markte
nach und über die Elbe führte und die seit dem sechzehnten Jahrhundert
Schloßgasse hieß, und die wilische Gasse, jetzt Wilsdruffer Straße.
Wie auch heute, war schon damals der Punkt am Markte, wo diese beiden
Gassen sich trafen, am meisten vom Verkehr belebt. Denn die wilische
Gasse führte über Wilsdruff nach Freiberg. Freiberg war älter als die
Stadt Dresden; und je mehr sich der Bergbau entwickelte, um so mehr
hob sich auch der Verkehr nach und von Dresden. Freiberg war aber im
ganzen Mittelalter bedeutender und volkreicher als Dresden. Dresden lag
nicht an der ältesten Verkehrsstraße, die von Merseburg und Leipzig her
durch das Flachland ostwärts führte und im Burgwart Boritz, südlich von
Riesa, den bequemsten Elbübergang fand, um weiter nach Polen zu ziehen.
Aber in dem ganzen Elbtalkessel hatte Dresden eine einzig günstige
Lage, um einen bequemen Übergang über den Strom zu gestatten. Sonst
traten, sei es am rechten oder linken Ufer, die steilen Bergabhänge
hemmend in den Weg, und nur allein bei Dresden senkte sich sowohl
vom Erzgebirge, als von dem Lausitzer Hochlande her das Gelände so
allmählich, daß auch Warenzüge die Schwierigkeiten der Talsenkung
leicht überwinden konnten. Als nun mit der Entwickelung des Bergbaues
das höhere Bergland rasch besiedelt wurde, mußte die Straße von
Freiberg den Elbübergang in Dresden suchen. Ihm diente in der Stadt die
wilische Gasse, aus der dann aber am Markte die Elbgasse rechtwinkelig
zum Strome abbog. Darin liegt die Erklärung, daß die Ecke am Altmarkt,
bei der heutigen Löwenapotheke, von jeher die verkehrsreichste Stelle
in der ganzen Stadt war.

[Illustration: Abb. 32. +Hof im Königl. Schlosse zu Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 36.)]

Nach dem erst in neuerer Zeit geschehenen Durchbruche der
König-Johannstraße vom Altmarkte nach dem Pirnaischen Platze (Abb.
34), ist auch dieser Platz durch den immermehr wachsenden Verkehr,
namentlich da sich die Vorstädte nach Südosten am meisten ausdehnen,
außerordentlich stark belebt und bietet eins der interessantesten
Verkehrsbilder der Stadt.

Die Elbbrücke bestand seit 1222, und zwar zunächst nur aus
Steinpfeilern mit Holzverbindung, ähnlich wie in Meißen. Ganz in der
Nähe lag die markgräfliche Burg in dem Stadtteil, der heute noch der
Taschenberg heißt. Mit dem Worte Tasche bezeichnete man den Abhang
zur Elbe. Die Burg beherrschte die Hauptverkehrslinie und den Zugang
zur Brücke. Entfernter lag, aber auch in der Nähe des Marktes, die
erste, dem heiligen Nikolaus, dem Patron der Schiffer und Fischer,
geweihte Nikolaikirche. Als der jugendliche Markgraf Heinrich der
Erlauchte (1221-1288) 1234 sich mit Constantia, der Tochter des Herzogs
Leopold von Österreich vermählte, brachte diese als besonders wertvoll
geachtete Reliquie ein Stück vom Kreuze Christi mit. Zur würdigen
Aufstellung wurde an die Kirche eine Kapelle angebaut, die man die
Kreuzkapelle nannte. Dieser Name verdrängte bald den Namen des heiligen
Nikolaus und dann hieß die Hauptkirche allgemein „Kreuzkirche“. Zur
Verehrung der Reliquie entstanden Wallfahrten. Die dadurch der Stadt
zufließenden Einnahmen sollten zur Erhaltung der Brücke verwandt
werden. Da nun der Wunsch, diese Brücke ganz aus Stein zu errichten,
bedeutende Mittel erforderte, so wurde, um diese zu beschaffen, 1319
von seiten der Kirche gestattet, allen Wallfahrern einen vierzigtägigen
Ablaß zu verheißen. Die dadurch erzielten Einnahmen flossen zunächst
dem Vermögen der Kirche zu, aber diese hatte die Verpflichtung,
für den Ausbau der Brückenbogen zu sorgen. So flossen Kirchen- und
Brückeneinnahmen zusammen und werden bis heute unter dem Namen
„Brückenamt“ verwaltet.

[Illustration: Abb. 33. +Der Altmarkt mit dem Rathause zu Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 36.)]

Die Häuser der Stadt waren anfänglich noch recht ärmlich und bestanden
aus Holz und Lehm mit Strohdach, später aus Fachwerk mit Schindeln.
Steinhäuser gab es noch wenig. Auf dem sumpfigen Boden waren die
ursprünglichen Fahrwege nur Knüppelwege mit Kiesaufschüttung, von denen
man deutliche Spuren noch 1898 beim Schleusenbau auf der Schloßstraße
aufgedeckt hat. Erst in der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts (1558)
wurden die Straßen nivelliert und gepflastert.

Die Bürger waren ausschließlich Deutsche, doch durften auch Slaven in
einer besonderen, ihnen angewiesenen Gasse wohnen. Sie hieß daher die
windische Gasse, jetzt Galeriestraße. Da in der Stadt das Magdeburger
Recht galt, so hat man mit Recht daraus geschlossen, daß die Kolonisten
aus Niedersachsen stammten.

[Sidenote: Dresden wird Residenz.]

Es war für die junge Stadt von Bedeutung, daß Heinrich der Erlauchte
die letzten Jahre, von 1277-1288, beständig in Dresden residierte.
Bei seinem Tode, 1288, überwies seine Witwe die Güter Leubnitz und
Goppeln bei Dresden dem Kloster Altzelle, wo Heinrich auch seine
Grabstätte fand. Das Kloster erhielt damit auch das Recht, sich einen
Verbindungsweg zwischen Altzelle und Leubnitz zu schaffen, der, wenn
er auch gelegentlich durch ein Bauerngehöfte führte, Tag und Nacht dem
Verkehr offen gehalten werden mußte. Dieser Weg führte als Zellescher
Weg nahe an der Stadt vorbei und ist gegenwärtig, da sich Dresden
über diesen Weg hinaus ausgebreitet hat, noch in einem Straßennamen
erhalten. Nach Aufhebung des Klosters 1550 kam das Gut an Dresden.

[Sidenote: Schicksale der Stadt Dresden im Mittelalter.]

Nach Heinrichs Tode folgten lange unruhige Zeiten, bis Markgraf Wilhelm
I. seit 1387 seinen Sitz in Dresden nahm. Aber auch das fünfzehnte
Jahrhundert begann wieder durch die hussitische Bewegung mit neuen
Drangsalen für die Stadt, bis 1459 endgültig Friede geschlossen wurde.
Zwar hatte schon am Ende des dreizehnten Jahrhunderts die Stadt Dresden
Mauern besessen, 1299 werden sie zum erstenmal erwähnt; aber als man
nach der Niederlage der Sachsen bei Aussig 1426 einen neuen Einfall
der Böhmen fürchtete, schritt man eiligst zu einer Verstärkung der
Befestigung durch vorgeschobene Mauern an den gefährdetsten Stellen und
so entstand 1427 am Taschenberge der „Zwinger“, ein Name, der heute
noch die schönsten und eigenartigsten Bauwerke mit ihren weltberühmten
Kunstschätzen umfaßt.

Als dann 1429 Prokop mit den Hussiten vor Dresden erschien, fiel ihm
zwar der Ort rechts der Elbe, der als „Neustadt Dresden“ (Abb. 35.)
1403 Stadtrechte erhalten hatte, in die Hände, aber die Residenz der
Markgrafen, die feste Stadt an der linken Elbseite, nicht.

[Illustration: Abb. 34. +Pirnaischer Platz in Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 37.)]

Im Jahre 1465 schlugen die Söhne des Kurfürsten Friedrich II., Ernst
und Albert, ihren Sitz in Dresden auf; für die erweiterte Hofhaltung
mußte daher auch das Schloß vergrößert werden. Diesen Bau leitete von
1471-1474 Meister Arnold, der um dieselbe Zeit die Albrechtsburg in
Meißen baute. Bei dem 1485 abgeschlossenen Teilungsvertrag zwischen
den beiden fürstlichen Brüdern fiel Dresden dem jüngeren Bruder
Albrecht zu und verblieb seit jener Zeit ununterbrochen im Besitz der
Albertinischen Linie.

Albrecht selbst residierte zu selten in Dresden, um Einfluß auf die
Entwickelung der Stadt zu üben; aber die Stadt selbst gewann während
seiner Zeit -- leider durch ein großes Brandunglück, dem 1491 die
Hälfte aller Häuser zum Opfer fiel -- ein durchaus anderes Ansehen,
da beim Wiederaufbau alle Eckhäuser von Stein und Ziegeln gebaut
werden mußten und auch sonst den Bürgern, die sich verpflichteten,
feuersichere Wohnungen zu bauen, mancherlei Vergünstigungen zu teil
wurden. Noch in der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts wird die
Bevölkerung auf nicht mehr als 6000 Seelen geschätzt. Einen neuen
Aufschwung gewann sie erst nach Albrechts Tode 1500, unter der
Regierung des Herzogs Georg (1500-1539).

[Illustration: Abb. 35. +Neustädter Markt in Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 39.)]

[Illustration: Abb. 36. +Großer Ballsaal im Königl. Schlosse zu
Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 40.)]

[Sidenote: Das Königliche Schloß.]

[Sidenote: Die Monumentalbauten des achtzehnten Jahrhunderts.]

[Sidenote: Der Zwinger.]

Es kamen auch in diesem Jahrhundert „geschwinde Zeiten, weil man sich
nicht wenig von den Türken und Wiedertäufern, je länger je mehr eines
Ein- und Ueberfalls und anderes Schadens befahren mußte“. Darum war die
nächste Sorge des Herzogs, neue festere Mauern um die Stadt mit Wall-
und Wassergräben zu bauen. Die fürstliche Wohnung wurde durch den Bau
des Georgenschlosses (Abb. 36, 37, 38) erweitert und 1534 das neue
Torhaus nach der Elbe durch Hans Dehne Rothfelser begonnen, ein auch
wegen seiner Skulpturen vielbewunderter Prachtbau. Leider wurde das
Georgenschloß mit seinem herrlichen Giebel 1701 zum Teil durch Feuer
zerstört. Kurfürst Moritz ließ dann 1547 das ältere enge und winkelige
Schloß abbrechen und erneuern. Die Stadt wurde dadurch erweitert, daß
die Frauenkirche samt ihrer Umgebung, die bis dahin außerhalb der
Mauern gelegen hatte, in die Stadt einbezogen und in den Mauerring
aufgenommen wurde. Damit wurde zugleich ein neuer Marktplatz gewonnen,
der im Gegensatz des früheren, nun Altmarkt genannten, der Neumarkt
hieß. Auch wurden die beiden bisher in der Verwaltung getrennten Städte
Altstadt und Neustadt um 1550 zu +einer+ Stadtgemeinde vereinigt.
Die beiden wichtigsten Stadttore, das Brückentor und das wilische
Tor wurden verstärkt, das Brückentor noch weiter hinausgerückt und
zählte dann zu den sieben Wunderwerken. Daß alle übrigen Tore nach
außen hin keineswegs die Bedeutung für den Verkehr hatten, als die
beiden genannten, wird recht ersichtlich daraus, daß man im Laufe des
sechzehnten Jahrhunderts, zuerst 1548 das nach Süden geöffnete Seetor
zumauerte, dafür mehr nach Südosten das Kreuz- oder Salomonistor
öffnete, aber auch dieses 1592 wieder vermauerte und im Osten der
Stadt das pirnische Tor dafür erbaute. Gegen das Gebirge zu war das
Bedürfnis für eine Verkehrsstraße, wie es scheint, nicht vorhanden,
eher in der Richtung flußaufwärts nach Pirna; aber als am Ende des
siebzehnten Jahrhunderts, 1678, der Große Garten (Abb. 39) angelegt
wurde, mußte auch der Weg nach Pirna sich einen unbequemen Umweg, zur
Ausbiegung vor dem Großen Garten gefallen lassen, gewiß ein Zeichen,
daß das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines natürlichen
Straßenverlaufes nicht so mächtig war, als das private Interesse des
Fürsten: oder mit anderen Worten, der Verkehr Dresdens ging vielmehr
quer über die Elbe und die Elbbrücke, als im Elbtal entlang. Erst das
achtzehnte Jahrhundert wurde für den architektonischen Charakter der
Stadt und ihre kunstgeschichtliche Bedeutung maßgebend; und hier waren
es in der ersten Hälfte des Jahrhunderts die beiden Fürsten August der
Starke (1696-1733) und Friedrich August II. (1733-1763), denen die
Stadt die hervorragendsten Bauwerke und die Pflege und Bereicherung
der unvergleichlichen Kunstschätze verdankt. Nach dem Schloßbrande
von 1701 beschloß August der Starke den Bau eines großen Königlichen
Schlosses, das in Größe des Entwurfes und Pracht der Ausführung mit den
Bauten in Versailles wetteifern sollte. Die Ausführung wurde Daniel
Pöppelmann (1662-1736) übertragen. Als geeignetster Bauplatz erschien
der Raum zwischen den Mauern des Zwingers, der bereits in einen Garten
umgewandelt worden war; aber die Schloßanlage sollte bis an die Elbe
reichen. Denn es handelte sich nicht bloß um einen Schloßbau, sondern
um eine Vereinigung von großen Speise-, Spiel- und Tanzsälen mit
Bädern, Grotten, Bogenstellungen, Lust- oder Spaziergängen, Baum- und
Säulenreihen, Gras- und Blumenbeeten, Wasserfällen und Lustplätzen,
auf denen alle Arten öffentlicher Ritterspiele, Gepränge und andere
Lustbarkeiten des Hofes abgehalten werden konnten. So begann man
mit dem ersten großen Vorhof und den ihn umgebenden Galerien und
Pavillons, ohne bei den ungeheuren Kosten bis zur Grundsteinlegung
des Schlosses selbst zu kommen. Aber auch so, in seiner unvollendeten
Gestalt, erregen die Gebäude des Zwingers (Abb. 40 u. 41), wie jetzt
die Schöpfung Pöppelmanns genannt wird, in der Leichtigkeit und
Kühnheit, mit der der Baumeister die phantastischen Formen des Barocks
beherrschte, die allgemeinste Bewunderung. Der Zwinger ist, nach
Steche, mit keinem Bauwerk der Welt vergleichbar, er überragt bei
weitem die französischen Bauten gleicher Zeit und gleicher Zwecke, er
ist das ganz individuelle Werk zweier sich ergänzender geistvoller
Männer, Friedrich Augusts I. und Pöppelmanns, und das Charakteristikum
einer ganz originalen sächsischen Kunst. Ganz besonders ragt das
nach der Ostra-Allee (Abb. 42 u. 43) führende Südtor empor, das
sich im Sinne eines römischen Triumphbogens aufbaut, aber in ein
Gemisch von Willkür und Haltung, von Ungezogenheit und Grazie sich
verliert. Jede ruhige Masse ist fast vermieden bei diesem aus Säulen,
Pilastern und Anten zusammengefügten luftigen Gloriettenbau mit seinen
vielen Figuren, Blumenkörben, Blumenvasen und seinem kioskartigen
Kronenabschluß.

[Illustration: Abb. 37. +Gobelinzimmer im Königl. Schlosse zu
Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 40.)]

Einen neuen Abschluß erhielt erst der nach der Elbe offengebliebene
Zwingerbau durch die Einfügung des in edlem Renaissancestil von
Gottfried Semper errichteten Prachtgebäudes für die Gemäldegalerie
(1846-1855). Alle Teile des Zwingerbaues dienen gegenwärtig der
Aufstellung naturwissenschaftlicher Sammlungen und inmitten des inneren
Zwingergartens erhebt sich das von Rietschel 1843 geschaffene, würdige
Denkmal Friedrich Augusts des Gerechten (1768-1827).

[Sidenote: Die Frauenkirche.]

Ein zweiter für die Stadt ebenso charakteristischer, aber ganz anderem
Kunstgeschmack huldigender Bau war die Frauenkirche (1726-1748, Abb.
44) von George Bähr (1666-1738). Bähr war nach H. Hettners Urteil der
einzige deutsche Baumeister des achtzehnten Jahrhunderts, der mit Ehren
neben dem großen Andreas Schlüter genannt werden kann. Als rings
um ihn, auch im Kirchenstil, entweder der verwildertste Barockstil
oder die kahlste Nüchternheit herrschte, war er es allein, der in die
gute italienische Renaissance zurückgriff und nach dem Muster der
Peterskirche einen Bau errichtete, der in seiner Haltung und Gliederung
so durchaus organisch aus sich herausgewachsen und in seinen Massen
und Maßen so kraftvoll und würdevoll ist, daß kein zweiter deutscher
Kirchenbau des gesamten Jahrhunderts an Mächtigkeit des Eindrucks auch
nur entfernt ihm gleichkommt.

Ihre mächtige Kuppel widerstand bei der Belagerung 1760 selbst
den preußischen Kanonenkugeln, durch die der Kreuzturm in einen
Schutthaufen verwandelt wurde. Und sehr bezeichnend sagt nach der
Beschießung der Prediger am Ende in seiner ersten Predigt, in der er
dankerfüllten Herzens der Erhaltung des herrlichen Bauwerkes gedachte,
daß die ganze Kirche von Grund auf bis oben hinaus gleichsam nur
+ein+ Stein sei.

[Illustration: Abb. 38. +Arbeitszimmer des Königs von Sachsen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 40.)]

[Sidenote: Die Augustusbrücke.]

Als drittes Bauwerk, das, wenn auch nicht unter August dem Starken
neu geschaffen wurde, aber doch seine jetzige Gestalt erhielt, ist
die Elbbrücke zu nennen, die danach den Namen Augustusbrücke erhielt
und noch jetzt so oder die Alte Brücke heißt. Ihr Neubau wurde von
1727-1730 ausgeführt. Zwar war die steinerne Elbbrücke schon seit
Jahrhunderten die Bewunderung aller Reisenden gewesen und wurde in den
Reisewerken und Reiseführern als ein einzig dastehendes Wunderwerk
gerühmt. Von nun aber war dieser Ruhm noch erhöht und hat bis auf
den heutigen Tag unzählige Male den Künstlern zum Vorwurf gedient,
um verbunden mit An- und Aussichten von dieser Brücke aus originelle
Stadtansichten zu schaffen. Aber leider sind ihre Tage gezählt, denn
sie bildet mit ihren engen Bogen ein wesentliches Hemmnis für den
wachsenden Elbverkehr und schon mancher schwerbeladene Kahn ist an
ihren Pfeilern gescheitert und samt der Ladung verloren gegangen. Noch
kürzlich wurde dieser Brücke folgender, ich möchte sagen, ehrenvolle
Nachruf gewidmet: Ein altbewährtes Wahrzeichen Dresdens und zugleich
ein eigenartiges künstlerisch wertvolles Bauwerk erlebt, den Hamburger
Nachrichten zufolge, heuer seinen letzten Sommer. Die Augustusbrücke,
die jahrhundertelang als die „Dresdener Brücke“ schlechthin bekannt
war und noch jetzt die schönste (?) unter den fünf großen Brücken
zwischen Altstadt und Neustadt ist. Was diese altehrwürdige Brücke,
die sozusagen zum Dresdener Stadtbild gehört, zum erklärten Liebling
der Maler der verschiedensten Perioden gemacht hat, ist die stämmige,
wuchtige Kraft ihrer stolzen Pfeiler, der schöne Schwung ihrer Bogen,
die stolze Wölbung ihres Niveaus und ihre landschaftlich überaus
günstige Lage über einer Biegung des Elbstroms, der zufolge man beim
Durchblick durch jeden ihrer Bogen ein neues reizvolles Bild genießt.
Tausendmal ist der altersgeschwärzte Bau gemalt worden; Canalettos
Brückenbild (Abb. 45) ist weit bekannt und noch in der neuesten Zeit
ist ihr in Gotthard Kühl ein verständnisvoller Meister entstanden,
der mit seinen Bildern der Augustusbrücke selbst ihre bei regentrübem
Wetter und winterlicher Abendbeleuchtung noch vorhandenen intimen
Reize offenbar gemacht hat. Zudem kommt noch, daß das zwischen den
breitgegründeten engen Bogen durchschießende Wasser mit seinen
mannigfachen Strudeln und Lichteffekten den Künstler ganz besonders
reizen mußte. (Allg. Zeitung 1902, No. 152.)

[Illustration: Abb. 39. +Palais und Deich im Großen Garten zu
Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 41.)]

Der Rat zu Dresden hat sich neuerdings für einen völligen Neubau
entschieden, der an der Stelle, wie jetzt, den Strom überbrücken
soll. Die Brücke soll aus Stein aufgeführt und von 11 _m_ auf
18 _m_ verbreitert werden, auch sollen die Pfeiler, soweit
möglich, in den alten Formen gehalten werden, daß die Bögen in
gleichmäßig gerundeten Linien verlaufen. Doch wird die Zahl der
Pfeiler von dreizehn auf neun verringert und dadurch die Möglichkeit
gegeben, den jetzt schwierigen und gefürchteten Schiffahrtsweg durch
die mittleren Bögen durch weitere Spannung der Bögen wesentlich zu
erleichtern. Während die Spannweite dieser Bögen jetzt nur 21 _m_
und 17,2 _m_ beträgt, ist für den Neubau eine Spannung von
40 und 36 _m_ in Aussicht genommen. Alsdann nimmt nach beiden
Ufern die Spannweite der Bögen ab. Architektonisch bilden die fünf
größeren mittleren Bögen der geplanten neuen Brücke eine harmonisch
abgeschlossene Gruppe für sich, deren Grenzpfeiler mit gekröntem
Wappenschild und einem kleinen Aufbau geschmückt sind. Nach der
Altstadt zu schließen sich zwei, nach der Neustadt zu drei Seitenbögen
an. Gegen den jetzigen gedrungenen Bau der Augustusbrücke ergibt sich
dadurch ein schlankeres Brückenbild.

[Illustration: Abb. 40. +Der Zwinger in Dresden. Gesamtansicht.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 42.)]

[Sidenote: Die Brühlsche Terrasse.]

[Sidenote: Die katholische Hofkirche.]

Zum Bilde der Brücke gehört aber auch die anliegende Brühlsche
Terrasse (Abb. 46). Es ist das erste Werk, das während der Regierung
Friedrich August II. (1730-1763), wenn auch nicht durch ihn selbst
angeregt, entstand und zu den für das Stadtbild charakteristischen
Anlagen gehört. Die Terrasse wurde 1738 auf Befehl des allmächtigen
Ministers Brühl als vornehmer Privatgarten auf den Festungswerken über
der Elbe errichtet, wurde aber erst im neunzehnten Jahrhundert, 1814,
durch den damaligen russischen Militärgouverneur Repnin allgemein
zugänglich und somit zu öffentlichen Anlagen umgestaltet, indem er vom
Schloßplatze die große Freitreppe (Abb. 47) anlegen ließ, die später,
1872, durch die prächtigen Gruppen der vier Tageszeiten von Schilling
geschmückt wurden. Von der Höhe der Terrasse bieten sich sowohl nach
Nordwesten bis zu den Lößnitzer Weinbergen, als nach Osten gegen die
Waldhöhen der Dresdener Heide so fesselnde Landschaftsbilder, deren
Reiz durch den zu Füßen des Beschauers dahinfließenden belebten Strom
noch wesentlich erhöht wird, daß man ähnliches schwerlich inmitten
einer Großstadt finden wird. Darum bewahrt auch die Terrasse zu allen
Tages- und Jahreszeiten ihre mächtige Anziehungskraft nicht nur für
den Fremden, der den Besuch dieser hochgelegenen, aussichtsreichen
Anlagen oft der Besichtigung der Museen vorzieht. Für Dresden war es
ein großes Glück, daß der kunstliebende König und Kurfürst Friedrich
August II. mehr in Dresden als in Warschau lebte und daß er zur
Verschönerung Dresdens noch größeren Glanz entfaltete. Vor allem galt
es, da mit August dem Starken die königliche Familie zum katholischen
Glauben übergetreten war, um die polnische Krone zu gewinnen, eine
prächtige, dem Zeitgeschmack huldigende katholische Kirche (Abb. 48) zu
erbauen. Sie wurde neben dem Zwinger und der Frauenkirche das dritte
charakteristische Bauwerk der Stadt, das schon von ferne den Blick auf
sich zog, und wurde in der Zeit von 1739-1751 durch den italienischen
Baumeister Gaëtano Chiaveri (1689-1770) nur mit italienischen
Bauleuten ausgeführt. Dabei entstand auf dem heutigen Theaterplatz das
italienische Dörfchen, eine Reihe kleiner Wohnungen für die Arbeiter
und daneben Steinmetzhütten, Kalkhütten, Tischler-, Schlosser- und
Schmiedewerkstätten etc., die erst im neunzehnten Jahrhundert bis auf
die Gebäude unmittelbar an der Elbe beseitigt wurden. Nur diese sind
als vielbesuchte Restaurants erhalten und heißen noch das „Italienische
Dörfchen“.

[Illustration: Abb. 41. +Der Zwinger in Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 42.)]

[Sidenote: Die Kreuzkirche.]

Mit großem künstlerischen Geschick hat Chiaveri nicht bloß den Platz,
sondern auch die Lage der Kirche und des Turmes gewählt. Er wich
dabei von der üblichen Orientierung der Kirchen ab und legte den
Chor südwestlich an, wodurch der Bau auf dem freien Platze neben
dem Schlosse und der Brücke zur vollen Geltung kam. Ganz besonders
merkwürdig ist die Stellung des Turmes, der nicht nur die ganze
Elbseite beherrscht, sondern auch aus dem Inneren der Stadt über der
ganzen Länge der Schloß- und Seestraße, und von der Moritzstraße
her in voller Höhe gesehen wird. Die Kirche ist in dem für Italien
maßgebenden Barockstil des siebzehnten Jahrhunderts errichtet; alles
ist dabei auf malerische Wirkung berechnet und der Gesamteindruck
durch die geschickte Verwendung von achtundsiebzig Statuen hoch oben
auf dem Rande des Kirchendaches erst vollendet. Diese Statuen, Werke
Mattiellis, sind perspektivische Kunstwerke und optische Kunststücke,
denn auf die Verkürzungen, die bei der hohen Stellung der Figuren für
den Beschauer unten entstehen, ist die größte Rücksicht genommen.
Dadurch ist erreicht, daß die Statuen von nah und fern stets in klarer
Silhouette erschienen. H. Hettner mag in strengerer Beurteilung der
Statuen recht haben, wenn er behauptet, sie seien zum Teil von den
allermanieriertesten Motiven, unnatürlich in der Form, gewaltsam in
Stellung und Bewegung, völlig stillos in dem unruhigen Flattern der
Gewänder, aber er kann sich dem Gesamteindruck auch nicht entziehen
und gesteht, daß sie wesentlich dazu beitragen, das barocke aber
geniale Werk in seiner überraschenden Wirkung zu steigern. „Man kann
sogar ketzerisch genug sein, im Ernst zu behaupten, daß eine strengere
Formengebung zu der architektonischen Umgebung, zu der heiteren Brücke
und den lachenden Elbufern weit weniger malerisch stimmen würde. Weder
der Außenbau noch der Innenbau ist kräftig. Es ist die kokette Grazie
des Zopfstils.“

So bildete also diese Kirche einen strengen Gegensatz zu der
protestantischen Frauenkirche und von diesem Gesichtspunkte aus konnte
das 1883 errichtete Lutherstandbild (nach Rietschels Lutherdenkmal in
Worms) keinen geeigneteren Platz finden als vor der Frauenkirche.

[Illustration: Abb. 42. +Äußere Ansicht des Zwingers.+

Älteste Darstellung nach dem Stich von Veith. (Zu Seite 42.)]

[Sidenote: Die Kunstsammlungen Dresdens.]

Endlich gehörte zu der Vollendung des Stadtbildes noch die neu
erstandene Kreuzkirche, deren Neubau 1764 begonnen und 1792 vollendet
wurde. Immer aber handelte es sich bei dem historischen Stadtbilde
nur um die Altstadt Dresden am linken Elbufer. Nur dieser Ansicht
gelten auch H. Hettners Worte: „Es ist eines der anmutigsten und
zugleich stolzesten deutschen Städtebilder, wenn wir auf der schönen
Dresdener Elbbrücke (Augustusbrücke) stehen und die hochragende
kühngeschwungene Kuppel der Frauenkirche und die keck anmutigen,
leicht- und feingegliederten Massen der katholischen Hofkirche vor
uns schauen. Beide Bauten stammen aus jener merkwürdigen Zeit, in
welcher Dresden nach dem Ruhme strebte, das deutsche Versailles und
zugleich das deutsche Florenz zu sein.“ Dresden behauptete damals
in Kunst- und Prachtliebe den unbestrittensten Vorrang. Denn die
Fürsten des Landes errichteten nicht bloß die bedeutendsten Bauwerke,
sondern sie betätigten ihre Liebe zur Kunst und ihr Verständnis
dafür auch durch die Erwerbung von Kunstschätzen allerersten Ranges.
August der Starke legte 1728 den Grund zu der Antikensammlung durch
die Erwerbung der Chigischen und Albanischen Sammlungen in Rom (vom
Fürsten Agostino Chigi und vom Kardinal Albani), zu denen dann
unter Friedrich August II. 1736 auch die herrlichen aus Herculaneum
stammenden Frauengestalten kamen, die man aus dem Nachlasse des Prinzen
Eugen erwarb. Mit gleichem Eifer wurde von August dem Starken auch
die Bildergalerie eigentlich begründet, indem zunächst seit 1722 aus
den verschiedenen Schlössern die Gemälde zu einer Sammlung vereinigt
wurden. Dies geschah infolge eines kurfürstlichen Befehls vom Juli
1722, wonach alle in den kurfürstlichen Schlössern des Landes, sowie
teilweise in den dazu gehörigen Kirchen und Kapellen vorhandenen
Gemälde verzeichnet und nach geschehener Inventur auf ihren Wert
geprüft werden sollten. So wurden über 4700 Gemälde inventarisiert,
darunter 3110 wertvollere, und über 1590 minder wertvollere, aus denen
dann in der Zeit von 1723 bis 1747 eine Auswahl für die Gemäldegalerie
getroffen wurde, die ihre Aufstellung in dem von Kurfürst Christian I.
1586 und 1587 erbauten Reisigen-Stalle am Judenhofe erhielt. Die ganze
Galerie umfaßte anfangs schon 1938 Gemälde.

Zur Vermehrung und Bereicherung dieser Sammlung wurden dann mit
hochgestellten Männern, mit Malern und namentlich mit niederländischen
Kunsthändlern in Brüssel, Antwerpen und Amsterdam Verbindungen
angeknüpft. Von allen Seiten beeilte man sich, den Wünschen des
Königs entgegen zu kommen. Selbst ausländische Fürsten wie der Papst
Innocenz XIII., der König Viktor Amadeus von Sizilien (Sardinien),
der Statthalter der Niederlande u. a. bestrebten sich, das löbliche
Unternehmen nach Kräften zu fördern.

[Illustration: Abb. 43. +Der Zwingerteich in Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 42.)]

[Sidenote: Die Gemäldegalerie.]

Noch mehr begeistert für die Kunst zeigte sich der Nachfolger Augusts
des Starken, sein Sohn Friedrich August II., der schon als Kronprinz
bei seinem wiederholten Aufenthalte in Italien in den Jahren 1712,
1713, 1716 und 1717 unablässig für die Erwerbung hervorragender
Gemälde eifrig Sorge getragen hatte. Nach seinem Regierungsantritte,
am 1. Februar 1733, steigerte sich das Interesse für Bereicherung der
Kunstsammlungen noch erheblich und dabei war sein Augenmerk namentlich
auf Italien gerichtet. Und hier waren besonders der Graf Algarotti
Ventura Rossi, der Gesandte Villio, der alte Kunstkenner Zanetti in
Venedig und der Maler C. C. Giovannini in Bologna tätig. Daneben
fanden sich auch hilfreiche Geister in Frankreich (Legationssekretär
de Brais und der Maler Rigaud), in den Niederlanden und hie und
da in Deutschland. Auch in Dresden selbst fehlte es nicht an
einflußreichen Ratgebern, wie der Graf Brühl, der Hofmaler Dietrich,
der Generaldirektor der Kunstakademie Christian Ludwig von Hagedorn,
der Hofmaler Raphael Mengs, der Oberlandbaumeister Pöppelmann. Die
bisherigen Räume der Galerie reichten bald nicht mehr aus, so daß 1744
ein Umbau vorgenommen werden mußte. Einstweilen wurden die Gemälde
mittels Militär nach der Neustadt in das Japanische Palais geschafft,
wo sie bis 1746 blieben. Bei der Neuaufstellung im Stallgebäude
(jetzt Johanneum) war man bestrebt, wenigstens bei den vorzüglichen
Originalbildern die Gemälde nach Schulen und Landschaften zu ordnen,
„während sonst öfter Florentiner und Römer unter den Niederländern und
Holländern, man weiß nicht aus welchen Gründen, ihren Platz gefunden
hatten.“ (W. Schäfer, Die k. Gemälde-Galerie I. 47.)

[Illustration: Abb. 44. +Die Frauenkirche in Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 42.)]

Unter den wichtigsten Erwerbungen in diesem Zeitraum sind für 1741 zu
nennen 268 Gemälde aus der Sammlung des Grafen Waldstein im Schlosse
Dux in Böhmen, für 1743 der Ankauf mehrerer Gemälde von Paul Veronese
für nur 4000 Taler, sodann die Kopie der Holbeinschen Madonna für
22000 Lire und dann 1745/46 die Gewinnung von 100 wahrhaft klassischen
Gemälden aus der Sammlung des Herzogs Franz von Este-Modena für 100000
Zecchinen (etwa 1 Million Mark).

[Sidenote: Dresden als deutsches Florenz.]

Unter diesen Meisterwerken italienischer Kunst, die auf fünf Wagen
verpackt im August 1746 glücklich nach Dresden gelangten, nachdem
während des Handels zahllose Schwierigkeiten hatten überwunden werden
müssen, befanden sich sechs Gemälde von Correggio, darunter die
weltberühmte „Heilige Nacht“ (Abb. 49), die Madonna mit dem heiligen
Georg (Abb. 50) und die büßende Magdalena, der Zinsgroschen von
Tizian (Abb. 51), ferner Bilder von Andrea del Sarto, Dosso Dossi,
Carlo Dolce, Guido Reni, Giulio Romano, Caravaggio, Paul Veronese,
Pordenone, den drei Carracci und Guercino; sodann aber waren auch
Spanier, wie Ribera und Velasquez, Niederländer wie Rubens und van
Dyck vertreten. Dazu kam 1748 noch eine Anzahl von 69 Gemälden aus
der kaiserlichen Galerie zu Prag für 50000 Taler, darunter befanden
sich u. a. van Dycks Karl I. von England und seine Gemahlin, L. da
Vincis Tochter der Herodias, Caravaggios Spieler, Guido Renis Christus
mit der Dornenkrone, außerdem Gemälde von Bassano, Tintoretto,
Schiavone und mehrere Niederländer, unter ihnen Rubens und Honthorst.
Die berühmteste Erwerbung jener Zeit geschah 1753, als es gelang,
das beste Werk Raffaels, die Madonna di San Sisto (Abb. 52), aus der
Benediktinerklosterkirche zu Piacenza für 20000 Dukaten und eine
gleichgroße Kopie von dem venetianischen Maler Giuseppe Nogari zu
gewinnen. Man erzählt, daß man, um den kostbaren Schatz sicher und
unerkannt über die Grenze und über die Alpen zu bringen, zu einer List
seine Zuflucht genommen und das ganze Bild mit einer in Leimfarbe
ausgeführten Landschaft -- überstrichen habe. Auch an die Ankunft des
Meisterwerkes in Dresden, die im November 1753 erfolgte, knüpft sich
noch eine anmutige Sage, die sogar im neunzehnten Jahrhundert durch
den Maler Theobald von Oër in einem großen Ölbilde verherrlicht worden
ist. Der König, erzählt man, war außerordentlich auf die Auspackung
und Aufstellung der Madonna gespannt, denn er hatte das Bild schon
früher als Kronprinz gesehen und bewundert. Er ließ also das Gemälde
zunächst nach dem Thronsaale im Schlosse bringen und fand, als man
sich hier nach einem geeigneten Platze für eine vorläufige Aufstellung
umsah, daß das Bild das beste Licht empfange, wenn es an die Stelle des
Thronsessels gerückt werde. „Allerhöchsteigenhändig“ erfaßte der König
den Sessel und schob ihn mit den Worten beiseite: „Platz für den großen
Raffael“. Murillos Madonna mit dem Kinde (Abb. 53) wurde 1755 in Paris
erworben; aber mit dem bald darauf ausbrechenden Siebenjährigen Kriege
hörten die großartigen Erwerbungen auf; es waren indes bereits alle die
kostbaren Schätze zusammengebracht, die in Bezug auf die Meisterwerke
des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts die Dresdener Galerie
zu einer der ersten der Welt machen. „Noch niemals waren (nach H.
Hettner) diesseits der Alpen solche Schätze gesehen. Es war eine völlig
neue Welt, welche sich der deutschen Bildung durch diese gewaltigen
Anschauungen und Anregungen auftat.“ Schon 1756 schrieb Winckelmann
darüber in seinem ersten Werke: „Es ist ein ewiges Denkmal der Größe
dieses Monarchen (Friedrich August II.), daß zur Bildung des guten
Geschmacks die größten Schätze aus Italien, und was sonst Vollkommenes
in der Malerei in anderen Ländern hervorgebracht worden war, den Augen
aller Welt ausgestellet sind... die reinsten Quellen der Kunst sind
geöffnet; glücklich ist, wer sie findet und schmecket. Diese Quellen
suchen, heißt nach Athen reisen; und Dresden wird nunmehro Athen für
Künstler.“

Aber nicht diese Vergleichung Athens mit Dresden hat sich erhalten und
ist volkstümlich geworden, sondern der von Herder erwählte Vergleich
mit Florenz, daher Dresden auch als Elbflorenz bezeichnet wird. In
einem besonderen Kapitel über die „Kunstsammlungen in Dresden“ schreibt
Herder in der Adrastea: „Für Deutschland und das Kurfürstentum Sachsen
war es ein Verlust, daß ein Fürst von so seltenen Vorzügen, wie
Friedrich August körperlich und geistig besaß, durch die polnischen
Verwirrungen und Kriege gehindert ward, für Deutschland allein zu
leben... Dresden indes zierte sein prachtliebender Geist mit Gebäuden;
unter ihm war es eine Schule der Artigkeit und ist es geblieben.
Vor allem aber sind die Kunst- und Altertumssammlungen, die er mit
ansehnlichen Kosten stiftete, Trophäen seiner Regierung. Was ein
Friedrich August am Anfange des Jahrhunderts anfing, hat ein anderer
Friedrich August am Ende desselben vollendet. Durch sie ist Dresden
in Ansehung der Kunstschätze ein deutsches Florenz geworden... Von
Dresdens Kunstsammlungen geweckt, wurde Winckelmann Lehrer der Kunst
für alle Nationen.

    Blühe, deutsches Florenz, mit deinen Schätzen der Kunstwelt!
    Stille gesichert sei Dresden-Olympia uns.“

[Illustration: Abb. 45. +Ansicht von Dresden mit der Alten Brücke.+

Gemälde von Bernardo Bellotto, genannt Canaletto. (Zu Seite 44.)]

[Illustration: Abb. 46. +Belvedere und Landeplatz der Dampfschiffe in
Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 45.)]

[Sidenote: Die Schicksale der Gemäldegalerie.]

Aber dieser kostbare Schatz ist im Laufe der Jahre mancherlei Gefahren,
sei es durch Kriegsunruhen oder durch Diebstahl, ausgesetzt gewesen,
selbst fanatische Hände haben einzelne Bilder frevelhaft zu schädigen
gesucht. Der erste Diebstahl, glücklicherweise an nicht gerade
hervorragenden Bildern, geschah schon 1723, -- kaum ein Jahr, nachdem
ein Inventar der Sammlung aufgenommen war -- hierbei war sogar die
Schildwache beteiligt. Vierundzwanzig Jahre später, 1747, entwendeten
die Feuerwächter, die die Schlüssel zu den Vorratsräumen hatten, ein
Bild von Franz van Mieris.

Dann folgten die gefahrdrohenden Zeiten des Siebenjährigen Krieges,
die die Stadt Dresden mehrmals in empfindlichster Weise berührten.
Friedrich der Große zog am 10. September 1756 in Dresden ein. Der
König Friedrich August II. hatte sich auf den Königstein geflüchtet,
nur die mutige Königin Maria Josepha war in der Stadt zurückgeblieben.
Die Staatskassen und die Kriegsvorräte im Zeughause fielen den Feinden
als Beute anheim, die Kunstsammlungen blieben dagegen unberührt.
Der preußische König besuchte sogar mehrfach die Gemäldegalerie und
bestellte sich beim Hofmaler Dietrich eine Kopie der Magdalena von
Battoni, verlangte aber, der Totenkopf solle weggelassen werden. So ist
ihm dann am 17. März 1757 die Nachbildung übergeben. -- Ängstlicher
wurde die Sachlage, als der preußische Kommandant von Schmettau in den
Jahren 1758 und 1759 die Stadt gegen den österreichischen Feldmarschall
Daun verteidigen mußte. Nachdem die Vorstädte in Flammen aufgegangen
waren, erfolgte am 4. September 1759 die Kapitulation der Preußen, und
nun beeilte man sich, die kostbarsten Bilder nach dem Königstein zu
retten. Allein auch dabei litten manche Gemälde infolge ungenügender
Verpackung und Aufbewahrung in nicht ganz trockenen Räumen. Der
größte Teil der Gemäldesammlung mußte natürlich in den Galerieräumen
(Abb. 54) im Stallgebäude am Neumarkt verbleiben und hatte hier
die sehr gefährliche Beschießung der Stadt 1760 zu überstehen. Da
viele Geschosse der Preußen gegen die feste Kuppel der benachbarten
Frauenkirche gerichtet waren, so wurden manche Gemälde durch
Bombensplitter beschädigt, wie z. B. die Taufe Christi von Francia,
ein Blumenstück von Mignon, von Sylvester das große Bild, auf dem die
Zusammenkunft der königlichen Familie mit der Schwiegermutter, der
Kaiserin-Witwe Amalia, zu Neuhaus dargestellt ist, sodann ein Altarbild
von Torelli und der Hase von Weenix.

Dann geschah auch noch im achtzehnten Jahrhundert, kurz vor dem
Ausbruch der französischen Revolution, in der Nacht vom 21. zum 22.
Oktober 1788 ein überaus frecher Diebstahl, während des Jahrmarktes,
wo die Wachen wegen des Straßenlärmes nichts davon vernommen hatten,
daß der Dieb das Drahtgitter vor dem Fenster durchbrochen und eine
Fensterscheibe eingedrückt hatte, um von der Freitreppe am Jüdenhofe
einzusteigen. Geraubt wurden drei kleinere, aber wertvolle Gemälde: Die
berühmte Magdalena von Correggio, Das Urteil des Paris von Adrian van
der Werff und ein jugendlicher Kopf mit Hut und Straußfeder von Seibold.

[Illustration: Abb. 47. +Treppe zur Brühlschen Terrasse in
Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 45.)]

Bei dem Bilde Correggios mochte der Dieb wohl ganz besonders sein
Augenmerk auf den mit Edelsteinen (?) besetzten silbernen Rahmen
gerichtet haben. Der Diebstahl wurde natürlich am nächsten Morgen
sofort entdeckt und von seiten der Galeriedirektion dem Entdecker
oder Wiederbringer der gestohlenen Bilder eine Belohnung von 1000
Dukaten zugesagt. Wenige Tage darauf fand ein Laternenwärter, als
er frühmorgens die Laternen auslöschte, in der Nähe des jetzigen
Hôtel Bellevue an einem Laternenpfahl eine Kiste angelegt mit
einem Briefe, der unmittelbar an „Se. Durchlaucht den Kurfürsten
zu Sachsen“ gerichtet war. Bei der Öffnung der Kiste fanden sich
die Bilder van der Werffs und Seibolds und der Brief enthielt das
Verlangen, dem unbekannten Übersender der Bilder 1000 Dukaten an einen
Halbstundenstein in der Nähe des Wilden Mannes bei Dresden-Neustadt
niederzulegen, worauf auch das Bild Correggios wieder ausgeliefert
werden würde. Durch diese seine Handschrift und einige unvorsichtige
Äußerungen hatte sich der Dieb bald selbst verraten, es war ein
übelberufener Feldbesitzer in der Neustadt, Johann Georg Wochaz, der
am 8. November bereits eingezogen werden konnte, nachdem man sich
durch List noch eine zweite Probe seiner Handschrift verschafft hatte.
Der Übeltäter leugnete zwar, wurde aber bald überführt, da man unter
den aufgehobenen Dielen des obersten Bodens bei der mitten im Dache
aufsteigenden Esse, nächst anderem gestohlenen Gute, auch das noch
fehlende Bild von Correggio fand nebst dem größeren Goldrahmen und
dem kleineren silbernen Rahmen, aus dem die Steine zwar ausgebrochen,
aber noch daneben verwahrt waren. Der Verbrecher, der auch überführt
wurde, die katholische Hofkirche beraubt zu haben, büßte seine Taten
mit lebenslänglichem Zuchthause. Übrigens erhielt die Magdalena von
Correggio den gefährlichen Silberrahmen nicht wieder. Auch in späteren
Zeiten bis in die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts kamen Diebstähle
vor, denen u. a. ein kleines Bild Holbeinscher Schule und eine Skizze
von Adrian Brouwer zum Opfer fielen; doch wurde ein berühmtes kleines
Bild von Gabriel Metsu „Die junge Briefleserin“, das 1849 von einer
Frau aus Langensalza entwendet wurde, in Leipzig wiedererlangt, wo es
unvorsichtigerweise zum Kaufe angeboten war.

In demselben Jahre kam die Galerie zum letzten Male in große Gefahr,
als während des Maiaufstandes in Dresden der Kampf zwischen dem von
Militär besetzten Stallgebäude und den Aufständischen, die die Häuser
auf der anderen Seite des Neumarktes besetzt hielten, wütete. Zwar
waren die besten Bilder noch zeitig von den Wänden, die den Geschossen
ausgesetzt waren, abgenommen; trotzdem wurden mehr als 70 Gemälde von
Kugeln durchbohrt, darunter leider auch die Madonna von Murillo, ferner
Bilder von Rubens, Celesti, Le Brun, Sylvestre und ein Pastellbild von
Liotard. Unentdeckt ist leider die Frevelhand geblieben, die 1858 am 9.
März, um Mittag, während der Besuchszeit, die Bilder von Guido Reni,
Der trinkende Bacchus, und von Albano, Die badende Diana, mit einem
spitzen Instrument durch Stiche verletzte und aus einer Kreuzigung
Christi den Christuskopf herausschnitt.

[Illustration: Abb. 48. +Die katholische Hofkirche und das Königl.
Schloß in Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 46.)]

Die Räume, in denen diese Gemäldesammlung ein Jahrhundert lang
aufgestellt gewesen war, erwiesen sich aber, je länger um so mehr, als
unzureichend, als bedenklich, ja als gradezu verderblich; denn die
Bilder konnten nicht gegen den eindringenden Steinkohlenrauch geschützt
und vor den Einflüssen starker Temperaturwechsel bewahrt werden,
weil es keine Heizvorrichtungen gab. Man mußte ein langsames, aber
unausbleibliches Verderben des unersetzbaren Schatzes befürchten; davon
hatte sich auch die Regierung überzeugen müssen. Ein Gutachten des
Kunstmäcens J. G. von Quandt ging 1842 dahin, daß es eine Verpflichtung
gegen die ganze zivilisierte Welt sei, ein Museum zu bauen, dessen Lage
Gemälde von so hohem Werte vor zerstörenden Einflüssen sichere. Ehe
Regierung und Landtag sich aber über die Wahl des Ortes einigten, wo
der Neubau errichtet werden sollte, vergingen noch einige Jahre, bis
die Stände 1845/46 die geforderte Summe von 350000 Talern bewilligten
und den vorgeschlagenen Platz an der nördlichen Abgrenzung des Zwingers
genehmigten. Auf diese Stelle als die geeignetste hatte der berühmte
Baumeister Schinkel in Berlin schon zehn Jahre früher hingewiesen.
Vor allem war aber König Friedrich August selbst auf das wärmste
dafür eingetreten, der immermehr in ihrer Eigenart als unschätzbar
anerkannten Gemäldesammlung ein ihrer würdiges Bauwerk zu errichten.
Die Ausführung wurde dem genialen Gottfried Semper übertragen, worauf
dann die Grundsteinlegung am 23. Juli 1847 erfolgte. Erst acht Jahre
später, 1855, war der monumentale Bau im Äußeren und Inneren vollendet
(Abb. 55).

[Illustration: Abb. 49. +Die heilige Nacht.+

Gemälde von Correggio in der Dresdener Galerie. (Zu Seite 49.)]

Aber schon seit 1852 hatte man unter Schnorrs Leitung (von 1846-71) auf
Neuerwerbungen Bedacht genommen, wenn auch anfänglich in bescheidenem
Maße. Die neuere Malerei konnte aber erst seit 1873, als in einmaliger
Bewilligung des Landtages bedeutende Mittel zur Verfügung gestellt
wurden, in ausgedehnter Weise berücksichtigt werden. Dazu standen seit
1880 auch noch die Zinsen der Pröll-Heuer-Stiftung zur Verfügung.

Wir kehren nach dieser Abschweifung ins neunzehnte Jahrhundert wieder
in die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts zurück.

„Die Zeit größerer Bauten und anderer Kunstunternehmungen erscheint
mit Vollendung der im Jahre 1751 zwar nicht völlig beendeten, aber
eingeweihten katholischen Hofkirche vorerst abgeschlossen. Die Greuel
des Siebenjährigen Krieges brachen herein, und sie, nicht nur die
notgedrungene Zahlungseinstellung der sogenannten Pensionen an die
immer noch zahlreichen Hofkünstler, vertrieben eine schaffende Kraft
nach der anderen, denen übrigens weder der Adel noch andere Wohlhabende
in einer Zeit Hilfe zu bieten vermochten, wo jeder, der nur irgend
konnte, Dresden verließ.“ (Wießner.)

[Sidenote: Die Gründung der Kunstakademie.]

So konnte denn eine Kunstakademie erst unter dem Kurfürsten Friedrich
Christian und seiner hochbegabten, kunstverständigen Gemahlin Maria
Antonia ins Auge gefaßt werden; aber die Verwirklichung erfolgte erst
nach dem unerwartet plötzlichen Tode des Kurfürsten (17. Dezember 1763)
unter der Administration des Prinzen Xaver August, der dann auch das
Protektorat über die Akademie übernahm.

Nachdem schon eine sogenannte Malerakademie in den vorhergehenden
Jahrzehnten nur gelegentlich ein dürftiges Dasein gefristet hatte, trat
nach dem Reskript vom 6. Februar 1764 eine volle Kunstakademie (Abb. 56
u. 57) mit den vier Abteilungen für Malerei, Bildhauer-, Kupferstecher-
und Baukunst unter einem deutschen Generaldirektor, unter Christian
Ludwig v. Hagedorn ins Leben.

Zu den Lehrern, die bereits 1766 an die Akademie berufen wurden,
gehörten auch die beiden Schweizer Anton Graff (1730 bis 1813) und
Adrian Zingg (1734-1816), und zwar Graff als Porträtmaler und Zingg
als Kupferstecher und Landschaftsmaler. Ihnen werden wir in unserer
Darstellung der Sächsischen Schweiz noch einmal begegnen. Zingg war
der erste, der von den malerischen Ansichten des Sandsteingebirges
die ersten naturgetreuen und wenn auch manierierten, so doch nicht
stilvoll verzerrten Darstellungen entwarf. Die Arbeiten seiner Schüler,
zu denen Chr. Klengel (1751-1824) und C. A. Richter, der Vater von
Ludwig Richter (1803-1884), gehörten, haben wohl ebensoviel wie die
Beschreibungen zum Bekanntwerden der mannigfachen Schönheiten der
Sächsischen Schweiz beigetragen.

[Illustration: Abb. 50. +Die Madonna mit dem heiligen Georg.+

Gemälde von Correggio in der Dresdener Galerie. (Zu Seite 49.)]

Zu den Zierden der Akademie gehörten in späterer Zeit die Maler Schnorr
von Carolsfeld (1794-1872), Ludwig Richter (1803-1884), Bendemann
(1811 bis 1889), Preller (1838-1901), Prell (geb. 1854), die Bildhauer
Rietschel (1804 bis 1861), Hähnel (1811-1891), Schilling (geb. 1828)
und der Architekt Semper (1803-1879). Dreien derselben und zwar
Richter, Rietschel und Semper sind auf der Brühlschen Terrasse, wo
sich auch die neue von Lipsius (1890-1894) erbaute Akademie erhebt,
Denkmäler errichtet.

[Das Königliche Opernhaus.]

Hervorragende Bauwerke wurden in der zweiten Hälfte des achtzehnten
Jahrhunderts, außer der schon erwähnten Kreuzkirche, nicht mehr
errichtet, ebensowenig in der schwer auf Sachsen lastenden
napoleonischen Zeit. Erst unter König Friedrich August II. (1836-1854)
erhielt Dresden erhöhten Glanz in architektonischer Hinsicht durch
Gottfried Semper, einen der geistvollsten Vertreter der Renaissance.
Sein Museum (1846-1855) gehört zu den hervorragendsten Bauwerken der
Neuzeit. Die Wirkung des Außenbaues wird durch den plastischen Schmuck
wesentlich gehoben. Sempers zweites Werk, das Hoftheater (1838-1841),
wurde leider 1869 durch Feuer vollständig zerstört. Und wenn auch das
neue, ebenfalls von Gottfried Semper und seinem Sohne Manfred erbaute
Königliche Opernhaus (Abb. 58) an demselben Platze in der Nähe des
Museums und des Schlosses und in demselben Stil entworfen wurde,
so macht selbst der größere umfängliche Bau, infolge gesteigerter
Ansprüche an die Inszenierung der Spiele, nicht den einheitlichen
sympathischen Eindruck wie das erste Werk. Das neue Opernhaus entstand
in den Jahren 1871-1878, und zehn Jahre später wurden nach der
Jubelfeier des Hauses Wettin 1889, an das ein von Schilling entworfenes
Denkmal in Gestalt eines Obelisken in der Nähe des Schlosses (Abb. 59)
erinnert, auch, zunächst durch Bewilligung der Stände dem allverehrten
Könige Albert die Mittel angeboten, dem Schlosse selbst äußerlich einen
reicheren und eines Fürstensitzes würdigen Schmuck zu verleihen. So
erheben sich nun in der Umgebung des Schloß- und Theaterplatzes eine
Anzahl von Staatsgebäuden, wie sie kaum in solcher Pracht in einer
Großstadt auf so kleinem Raum vereinigt sind und doch dem Beschauer
freien Umblick nach allen Seiten gestatten.

[Sidenote: Die Bevölkerung Dresdens.]

Wir wollen nun einen kurzen Blick auf das Wachstum der Stadt werfen und
werden daraus ersehen, daß wie fast alle deutschen Städte, die Zunahme
der Bevölkerung in früheren Jahrhunderten sehr langsam vor sich ging,
teils weil es damals weit schwieriger war, einen festen Wohnsitz in
der Stadt zu erlangen, teils weil der Mauerring eine Vermehrung der
Wohnungen erschwerte und die Vorstädte außerhalb der Mauern sich nur
in bescheidener Weise ausdehnten, da die Bewohner in unruhigen Zeiten,
in Kriegen stets des Verlustes ihrer Häuser gewärtig sein mußten.
Das hatte sich von den Hussitenzeiten bis zum Siebenjährigen Kriege
bestätigt gefunden. Erst als seit 1811 die Stadtmauern niedergelegt,
die Wallgräben ausgefüllt wurden und Dresden aufhörte eine feste Stadt
zu sein, trat allmählich eine raschere Zunahme der Bevölkerung ein.
Doch unterscheidet sich das Wachstum nach 1860 wieder auffällig von der
vorhergehenden Zeit. Zwischen 1860 und 1890 wuchs die Einwohnerzahl in
je zehn Jahren um je 50000; auch 1890 ward die jährliche Zunahme noch
bedeutender, wozu auch die immer noch andauernde Einverleibung der
Vororte wesentlich beitrug.

[Illustration: Abb. 51. +Der Zinsgroschen.+

Gemälde von Tizian in der Dresdener Galerie. (Zu Seite 49.)]

[Sidenote: Die Schulen Dresdens.]

Im ganzen Mittelalter erreichte die Stadt noch nicht die Zahl von
10000 Bewohnern, für 1699, also in den ersten Regierungsjahren Augusts
des Starken, wird sie auf 21000, 1727 auf 46000 und 1752 auf 63000
Einwohner angegeben. Damit sind wir am Ende der ruhigen Entwickelung
des achtzehnten Jahrhunderts angelangt. Die verhängnisvollen Zeiten
von 1756-1815 verminderten die Bevölkerung und erst 1834 konnte
wieder ein sichtliches Wachstum auf 74000 Einwohner wahrgenommen
werden. Im Jahre 1855 wurde die Zahl von 100000 überschritten und
damit trat Dresden in die Zahl der Großstädte ein. 1861 zählte die
Stadt 128000, 1871: 177000, 1880: 221000, 1890: 277000, 1900: 295000.
Nach der Einverleibung der nächsten Vororte Strehlen, Striesen, Gruna
und Pieschen folgten die Dörfer Räcknitz, Zschertnitz und Seidnitz
links der Elbe und am 1. Januar 1903 Mickten, Übigau, Kaditz und
Trachau rechts der Elbe, sowie Plauen, Löbtau, Cotta, Naußlitz und
Wölfnitz auf dem linken Ufer. Dadurch hat die Stadtgemeinde von
Dresden nahezu die Bevölkerung von einer halben Million Einwohner
erreicht. Das Stadtgebiet umfaßt nunmehr einen Flächenraum von 6230,31
_ha_, also über 62 Quadratkilometer. Wenn aber neben der immer
wachsenden Zahl der einheimischen Bevölkerung auch eine große Anzahl
von Fremden zeitweilig ihren Wohnsitz in Dresden nimmt, so sind neben
den Kunstsammlungen, die im achtzehnten Jahrhundert allein eine große
Anziehungskraft ausübten, im neunzehnten Jahrhundert noch andere Gründe
hinzugetreten. Zunächst die vorzüglichen Leistungen der Königlichen
Theater, namentlich der Oper mit dem festbegründeten Ruf der
Königlichen Kapelle unter der Leitung von Komponisten wie Reissiger,
Weber (Abb. 60) und Wagner oder Dirigenten wie Rietz, Wüllner und
Schuch. Dann aber ist Dresden auch durch seine Schulen berühmt. Wenn
Herder die Stadt Dresden noch eine Schule der Artigkeit nannte, dann
ist es im neunzehnten Jahrhundert auch für viele Fremde eine Schule der
Bildung geworden. Die wissenschaftlichen Arbeiten werden wesentlich
durch die schon von Kurfürst August im sechzehnten Jahrhundert
begründete Bibliothek im Japanischen Palais (Abb. 61) gefördert,
die über 400000 Bände zählt. Unter den Schulen sind in erster Reihe
die drei Hochschulen zu nennen: die Technische Hochschule, die
Kunstakademie und die Tierärztliche Hochschule, ferner vier Gymnasien,
unter ihnen als ältestes die Kreuzschule (Abb. 62), zwei Realgymnasien,
ein Reformgymnasium, zwei Schullehrerseminare, ein Lehrerinnenseminar,
Kunstgewerbeschule, Taubstummen- und Blindenanstalt, zahlreiche
gewerbliche Fachschulen, Baugewerkenschule sowie viele Bürger-
und Volksschulen, außerdem aber noch mehrere private Realschulen,
Mädchenschulen und Pensionate. Von diesen Bildungsanstalten
verdient wegen ihrer Beziehung zur Pflege der bildenden Künste die
Kunstgewerbeschule noch eine besondere Erwähnung. Diese Bildungsanstalt
zweigte sich von dem Polytechnikum 1865 als Königliche Schule für
Modellieren, Ornament- und Musterzeichnen ab. Einen Aufschwung nahm
diese Schule erst 1875 als Königlich Sächsische Kunstgewerbeschule. Mit
dieser Schule ist ein Kunstgewerbemuseum verbunden. Einzig in ihrer Art
ist die Gehe-Stiftung durch unentgeltlichen Besuch ihrer Vorträge und
Benutzung der reichhaltigen Bibliothek.

Endlich hat sich im neunzehnten Jahrhundert auch die Industrie in
verschiedenen Zweigen mächtig entwickelt und in manchen Zweigen eine
führende Rolle eingenommen. Weltberühmt sind die Drogen von Gehe &
Cie., ferner Schokoladen, Nähmaschinen und Fahrräder, Mineralwässer,
künstliche Blumen, photographische Apparate und Papiere, Lichtdrucke,
Zigaretten, Gummiwaren, Hohlglas- und Steingutwaren und bedeutende
Bierbrauereien; dazu kommen noch in den Vororten zahlreiche Kunst- und
Handelsgärtnereien.

[Illustration: Abb. 52. +Die Sixtinische Madonna.+

Gemälde von Raffael in der Dresdener Galerie. (Zu Seite 50.)]

[Sidenote: Industrie und Handel Dresdens.]

Diesen blühenden und sehr mannigfachen Gewerben entsprechend, hat
sich auch der Handel entwickelt, der wiederum durch zwei größere
Banken, die Sächsische und Dresdener Bank und mehrere Privatbanken eine
gewichtige Förderung findet.

[Illustration: Abb. 53. +Maria mit dem Jesusknaben.+

Gemälde von Murillo in der Dresdener Galerie. (Zu Seite 50.)]

Dem wachsenden Verkehr innerhalb der Stadt wurde Rechnung getragen
durch den Durchbruch großer Straßenzüge aus der Mitte der Stadt
nach den Vorstädten. Diese erfolgten nur in der von Haus aus enger
und winkliger gebauten Altstadt. Es sind die Wettinerstraße,
König-Johann-Straße und Johann-Georgen-Allee. Dann wurden auch die
Alleen auf den ehemaligen Festungsgräben und Stadtwällen in breite
Ringstraßen verwandelt. Doch hat auch die Neustadt nach Verlegung
der Kasernen in die Albertstadt auf dem Boden der Dresdener Heide
bedeutende Bauflächen auf dem rechten Elbufer gewonnen, durch welche
von der Carolabrücke her die Albertstraße gelegt ist, an deren Anfang
auf beiden Seiten, mit der breiten Front gegen die Elbe, die beiden
stattlichen Neubauten der Ministerien sich erheben.

Der Verkehr auf der Elbe erhielt einen bedeutenden Aufschwung durch
die Eröffnung der Dampfschiffahrt. Nachdem die Sächsisch-böhmische
Dampfschiffahrtsgesellschaft am 6. Juli 1836 die Genehmigung von
der Regierung erhalten hatte, wurde am 30. Juli 1837 mit dem ersten
Dampfschiffe die erste Übungsfahrt von Dresden nach Meißen unternommen
und damit der Dampferverkehr eröffnet. Gegenwärtig besitzt diese
Gesellschaft siebenunddreißig Personendampfer, drei Schraubendampfer,
einen Schiffsbauplatz in Laubegast und einen Winterhafen in Loschwitz.

Außerdem sind für den Frachtverkehr auf der Elbe tätig:
Die Kette, Deutsche Elbschiffahrtsgesellschaft, die
ihren Schiffsbauplatz in Übigau besitzt, ferner die
Österreichische Nordwest-Dampfschiffahrtsgesellschaft,
die Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft der vereinigten
Elbe- und Saale-Schiffer und die Deutsch-österreichische
Dampfschiffahrts-Aktiengesellschaft.

Der Eisenbahnverkehr wurde 1839 durch die Leipzig-Dresdener Eisenbahn
eröffnet. Daran schloß sich die schlesische Linie nach Görlitz 1847,
die böhmische Linie 1851, die Linie nach Chemnitz 1869 und die nach
Berlin 1875 an. So liegt Dresden gegenwärtig im Knotenpunkte der
Verkehrslinien, die von Westen nach Osten Deutschland durchschneiden
und von Norden nach Süden die Hauptstädte des Deutschen Reiches und
Österreichs verbinden. Alle Linien laufen in dem neuen Hauptbahnhof
(Abb. 63), der an die Stelle des Böhmischen Bahnhofes getreten ist, in
der Altstadt zusammen. Die Verbindung der Eisenbahnlinien rechts und
links der Elbe erfolgte nach Vollendung des Baues der Marienbrücke,
unterhalb der Alten Brücke, 1852, die aber auch zugleich für den
Wagenverkehr zwischen Altstadt und Neustadt diente. Diese Verbindung
ist 1901 aufgehoben, nachdem eine besondere Eisenbahnbrücke nahe
unterhalb der Marienbrücke infolge des wachsenden Verkehrs notwendig
wurde. Auch oberhalb der Alten Brücke erheischte die immer größere
Ausdehnung der Stadt noch den Bau von zwei steinernen Brücken: der
Albertbrücke 1877 und der Carolabrücke 1895. Somit besitzt die Stadt
nunmehr vier Brücken, die ihrem Verkehr dienen und eine dem Staat
gehörige Eisenbahnbrücke. Dresden ist eine der schönstgelegenen und
auch im Inneren schönsten Großstädte des Deutschen Reiches.

[Illustration: Abb. 54. +Der Galeriehof des Königl. Schlosses zu
Dresden.+

Nach einem Stiche von Hammer. (Zu Seite 52.)]

       *       *       *       *       *

[Sidenote: Berühmte Dresdener.]

Anhangsweise seien hier noch die berühmten Männer, die in Dresden
geboren sind, in alphabetischer Reihe genannt:

    Ernst Julius Hähnel, Bildhauer, 1811-1891;
    Guido Hammer, Tiermaler, 1821-1900;
    Julius Hammer, Dichter, 1810-1862;
    Theodor Körner, 1791-1813;
    Heinrich von Maltzan, Forschungsreisender, 1826-1874;
    Edwin v. Manteuffel, Feldmarschall, 1809-1885;
    Gustav Nieritz, 1795-1876;
    Oskar Peschel, Geograph, 1826-1875;
    Mathäus Daniel Pöppelmann, 1662-1736;
    Ludwig Richter, 1803-1884;
    Heinrich v. Treitschke, Geschichtsforscher, 1834-1896;
    Nikolaus Ludwig v. Zinzendorff, Begründer der Brüdergemeine,
    1700-1760.



V.

Die Sächsische Schweiz. Allgemeines.


[Sidenote: Die Sächsische Schweiz.]

An den Dresdener Talkessel schließt sich gegen Südosten als zweites
Zwischenglied zwischen dem Erzgebirge und dem Lausitzer Hochlande das
Sandsteingebirge an, das unter dem Namen der „Sächsischen Schweiz“
allgemein bekannt ist. Die Sand- und Plänerablagerungen der Kreidezeit
haben sich hier in größerem Zusammenhange erhalten, während sie im
Talkessel der Elbe in die Tiefe gesunken sind. Das ist besonders
in Dresden selbst bei Bohrung eines artesischen Brunnens auf dem
ehemaligen Antonsplatz, der jetzt von der städtischen Markthalle
eingenommen wird, nachgewiesen, denn hier liegen die Schichten derart
übereinander, daß zu oberst eine 15 _m_ mächtige Schicht von
Sand und Geröll liegt, darunter 129 _m_ mächtig unterer Pläner,
darunter 19 _m_ unterer Quadersandstein und dann erst folgen
ältere Gesteine, namentlich roter Sandstein. In der Sächsischen
Schweiz spielt dagegen der Quadersandstein eine weit größere Rolle
als der Plänerkalk und die Ausdehnung des Sandsteins bestimmt daher
auch die Grenzen der Sächsischen Schweiz. Die Westgrenze bildet etwa
die nordsüdliche Linie von Pirna über Berggießhübel an der Gottleuba
aufwärts und weiter über Tyssa nach Königswald an der Eisenbahnlinie
von Bodenbach nach Teplitz; auch die Grenze gegen den Dresdener
Elbtalkessel verläuft rechts der Elbe von Pirna nach Bonnewitz noch
in derselben Richtung. Von Bonnewitz, östlich vom Porsberge gelegen,
läuft die Grenze, ohne daß der Gegensatz des Lausitzer Granitgebietes
und des Sandsteinlandes überall orographisch sofort in die Augen
fiele, erst in östlicher Richtung über den Lohmener Wald, Hohnstein,
Lichtenhayn und Ottendorf nach Hinterhermsdorf und wendet sich von hier
mehr südlich über Hinterdaubitz nach Kreibitz. Von hier aus kehren wir
nach der Elbe zurück, überschreiten sie bei Tetschen, wo das Schloß auf
dem südlichsten Sandsteinfelsen an der Elbe sich erhebt und verfolgen
von hier weiter westwärts das Tal am Südfuße des Hohen Schneebergs
bis nach Königswald. Die so umschriebene Fläche hat nur die Größe von
450 _qkm_. Also seiner Ausdehnung nach gehört das Gebirge mit zu
den kleinsten in Deutschland und ebenso gehört es auch zu denen, die
durch ihre Höhen und Gipfelpunkte keineswegs einen bedeutenden Eindruck
machen.

[Illustration: Abb. 55. +Die Gemäldegalerie in Dresden. Fassade nach
dem Theaterplatz.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 55.)]

Wenn trotzalldem die Sächsische Schweiz zu den von Fremden am meisten
besuchten Gebirgen in Deutschland zu rechnen ist, so muß sie reizvolle
Einzelheiten bieten, die eine große Anziehungskraft ausüben. Diese
Eigenart ist schon in dem Namen Sächsische Schweiz angedeutet, wenn
auch ein ernster Vergleich der wirklichen Schweiz mit unserem Gebirge
das Maß der Ähnlichkeiten gewaltig einschränken würde.

[Sidenote: Die Entstehung des Namens Sächsische Schweiz.]

Es liegt in dem Namen aber auch zugleich ausgesprochen, daß der
Vergleich aus verhältnismäßig neuer Zeit stammen muß und daß er
natürlich erst in einer Zeit erteilt sein konnte, wo man die
Schönheiten der wirklichen Schweiz zu würdigen lernte; und das geschah
erst in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts.

Man darf zunächst daraus schließen, daß das Sandsteingebiet früher
einen anderen Namen gehabt habe, und wenn man auch zugeben muß, daß
Gebirge und Flüsse nur selten in langen Zeitläuften ihren Namen ändern,
so wird man hier doch nach einem solchen forschen. Die Kleinheit des
Gebirges und die geringen Erhebungen seiner Gipfel lassen aber zugleich
die Vermutung aufkommen, daß, wenn das Gebiet nicht einen besonderen
Namen getragen hat, es zu einem anderen, mächtigeren Gebirge muß
gerechnet gewesen sein; denn man mag von den Höhen der Lausitz oder
von den östlichen Höhen des Erzgebirges sich der Sächsischen Schweiz
zuwenden, immer wird man überrascht sein, den Blick nach unten, aber
nicht nach oben richten zu müssen, also das Sandsteingebirge gleichsam
unter sich zu sehen.

[Illustration: Abb. 56. +Die Königl. Kunstakademie in Dresden, von
der Neustadt gesehen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 56.)]

Nun ist bekannt, daß seit dem Mittelalter alle Gebirge, die das
Land Böhmen mit ihrem Waldgürtel umgeben, die böhmischen Wälder
hießen und zwar nicht bloß der jetzt noch so genannte Böhmerwald,
sondern auch das Erzgebirge, die Sächsische Schweiz, das Lausitzer-
und das Riesengebirge. Es war ein volkstümlicher Ausdruck, wie
daraus hervorgeht, daß auch der Urtypus aller fahrenden Leute, Till
Eulenspiegel „Dresden vor dem Böhmerwalde“ mit seinem Besuche beehrte,
daß aber auf der anderen Seite, ich möchte sagen, offiziell der Name
Böhmerwald für das Erzgebirge anerkannt wurde, wenn der Kurfürst
August von Sachsen auf den von ihm selbst gezeichneten Reiserouten bei
seiner Fahrt zum Regensburger Reichstage, 1575, über das Erzgebirge den
Namen Böhmerwald einträgt. Und so wurde mehrfach noch im achtzehnten
Jahrhundert die Sächsische Schweiz als ein Teil des Böhmerwaldes
angesehen. In Sachsen selbst und zwar vorwiegend in der Nähe des
Gebirges hörte man damals wohl auch die Bezeichnung „die Heide über
Schandau“, aber es ist bezeichnend genug, daß mit diesem Ausdruck
nur der ununterbrochene Wald, aber nicht die grotesken Felsenberge
getroffen werden. Es gab also tatsächlich keinen allgemein bekannten
Namen für das Sandsteingebirge, und es war also in der zweiten Hälfte
des achtzehnten Jahrhunderts eigentlich die günstigste Gelegenheit, das
Gebirge zu benennen und es wurde dies fast zur Notwendigkeit, seitdem
die Freunde einer erhabenen Natur immer zahlreicher in die einsamen
Gründe und auf die Felsenberge sich hinaufwagten.

[Illustration: Abb. 57. +Die Königl. Kunstakademie in Dresden.
Ausstellungsbau.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 56.)]

[Sidenote: Die Maler Zingg und Graff in Königstein.]

Die Veranlassung zu dem anfänglich von verschiedenen Seiten mit
Kopfschütteln aufgenommenen Namen „Sächsische Schweiz“ haben zweifellos
die beiden Schweizer Maler Zingg und Graff gegeben, die, wie bereits
mitgeteilt ist, 1766 an die Kunstakademie in Dresden als Lehrer berufen
wurden, aber erst später, und zwar Graff 1789 und Zingg 1803, den Titel
Professor erhielten.

Gleich im ersten Jahre ihres Aufenthaltes in Dresden machten diese
beiden Schweizer (Graff stammte aus Winterthur und Zingg aus St.
Gallen) gemeinschaftlich einen Ausflug in das Sandsteingebirge, der
so abenteuerlich verlief, daß es sich verlohnt, näheres darüber zu
berichten. Wir folgen dabei der den Akten entnommenen Darstellung des
ersten Herausgebers von „Über Berg und Tal“, Rechtsanwalt Gautsch.

Eines schönes Sommertags 1766 früh nahmen die beiden Schweizer ihre
Zeichenmappen unter den Arm und den Wanderstab in die Hand und
wanderten den vor den Toren der Residenz sichtbaren Bergen entgegen.
Unbesorgt um Paß- und Polizeivorschriften gelangten sie am Mittwoch,
den 27. August ungehindert an den Fuß des Königsteins, kehrten in der
neuen Schenke vor der Festung ein und sprachen hier gegen den Wirt
unverhohlen die Absicht aus, bei ihm einige Tage zu verweilen.

[Illustration: Abb. 58. +Das Hofopernhaus in Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 56.)]

Der Wirt, der damals ohne Erlaubnis des Festungskommandanten keinen
Fremden beherbergen durfte, meldete pflichtschuldigst am Abend,
kurz vor Torschluß, seine Gäste bei dem damaligen Unterkommandanten
der Festung, Oberst von der Pforte, an und übersandte zugleich ein
Schreiben der Reisenden, worin sich der eine Graff und kurfürstlicher
Hofmaler, der andere aber Zingg, Plattenstecher und Mitglied der
Dresdener Akademie nannte und beide um die Erlaubnis baten, in der
Schenke bleiben zu dürfen.

Der Oberst erlaubte ihnen das Übernachten daselbst, weil ihm die Namen
„einigermaßen“ bekannt waren und weil es bereits später Abend geworden
war, ließ jedoch denselben wissen, daß ihnen ein längeres Verweilen
ohne Passe-port von ihm nicht gestattet werden könne.

[Sidenote: Zinggs Abenteuer.]

Graff, der wohl nur zur Gesellschaft mitgewandert war und keine
Landschaften aufnahm, ging daher am andern Tage wieder nach Dresden
zurück. Zingg dagegen, der hier überall Vorwürfe für landschaftliche
Zeichnungen fand, wanderte mit seiner Zeichenmappe noch nach Schandau
und kehrte erst nachmittags von da nach Königstein zurück, wo er in dem
Gasthofe einkehrte. Inzwischen hatte Oberst von der Pforte erfahren,
daß Zingg Ansichten vom Königstein aufnehmen wolle, auch schon die
Gegend um den Lilienstein aufgenommen und abends am Königsteiner Wege
unter der Festung gezeichnet habe. Das erschien dem für die Sicherheit
seiner Festung besorgten Unterkommandanten doch im höchsten Grade
bedenklich. Er ließ daher den Gerichtsvogt Jahn im Städtchen von dem
allen unterrichten, damit derselbe Vorsichtsmaßregeln treffen könnte.

Jahn nahm daher den verdächtigen Maler ins Verhör, befragte ihn
über den Zweck seines Hierseins und verlangte seinen Paß. Weil
Zingg nun keinen Paß hatte, auch sich „seiner Verrichtungen halber
nicht legitimieren konnte“, so wurde ihm von seiten des Stadtrates
Stubenarrest angekündigt und Beschlag auf seine Effekten gelegt.

Bei Durchsicht der Habseligkeiten fand man, daß Zingg den Lilienstein,
alle vier Seiten der Festung Königstein und die Passage über die
Elbe bei der Ziegelscheune, wo im Jahre 1756 die sächsische Armee
übergegangen, aufgenommen hatte. Der Bürgermeister nahm ihm diese
gefährlichen Zeichnungen weg und erstattete sofort an das Amt Pirna,
seine vorgesetzte Behörde, über den Vorgang Bericht, sendete die
Zeichnungen mit ein und fragte an, was mit dem Arrestanten geschehen
solle.

Tags darauf langte der Bescheid des Amtmannes an: „Da dergleichen
charakterisierte und bei Hof engagierte Personen keine Legitimationes
oder Passe-ports, wie sie verlangt worden, und welche nur ein
Militär-Terrorismus wären, nötig hätten, so sei Arrestant sofort wieder
auf freien Fuß zu stellen und könne sich noch länger im Städtchen
Königstein aufhalten und bei seiner Rückkehr nach Dresden die in das
Amt gesendeten Zeichnungen wieder abholen.“

Über diesen der Kunst günstigen Bescheid beschwerte sich aber der
Kommandant beim Generalfeldmarschall Prinzen Chevalier de Saxe, und
dieser wiederum beim Administrator von Sachsen, dem Prinzen Xaver.
Daraufhin bekam das Amt einen Verweis.

Zingg aber richtete nun ein Gesuch an die Regierung, worin er bat,
ihm die Ausübung seiner Kunst überall in Sachsen zu gestatten. Darauf
erhielt er unterm 20. August 1768 den Bescheid: „Dem Zingg bleibt
zwar frei, die ihm gefälligen Gegenden in hiesigen Landen zu zeichnen
und wird er auf sein Anmelden mit den hierzu etwa erforderlichen
Pässen versehen werden, jedoch ist die Festung Königstein hiervon
ausgenommen.“ An diese Ausnahme scheint sich Zingg später aber nicht
gekehrt zu haben, denn wir finden unter seinen radierten Ansichten
mehrfach den Königstein vertreten.

[Illustration: Abb. 59. +Das Königliche Schloß und die Wettinsäule in
Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 57.)]

Ein günstiger Zufall hat das Skizzenbuch Zinggs vom Jahre 1766
erhalten, es befindet sich in der Kupferstichsammlung der
Sekundogenitur des Königlichen Hauses. Und unter diesen Zeichnungen
befindet sich auch ein Blatt, eine Studie von einer alten Weide am
Elbufer, mit der handschriftlichen Bemerkung Zinggs: „Den 30. August
1766, ware arretiert worden“ (Abb. 64).

Zweifellos haben Zingg und Graff auch die Veranlassung gegeben, daß
sich auch aus der Schweiz Schüler einfanden, um unter ihren berühmten
Landsleuten sich ganz der Kunst zu widmen. Daß Zingg als Kupferstecher
und Landschafter weit mehr Veranlassung hatte, unser schönes Bergland
immer wieder zu durchwandern, als der Porträtmaler Graff, das liegt
auf der Hand, davon zeugen auch die zahlreichen in Sepia ausgeführten
Umrißradierungen, die noch von Zingg bekannt sind.

Fabrikmäßig wurden die zierlichen, geschickt ausgemalten Blätter und
Blättchen, mit Zinggs Stempel versehen, auf den Markt geworfen -- Zingg
selbst bezog mit großen gefüllten Mappen zu dem Behufe die Leipziger
Messen --; aber bei einer solchen Massenproduktion mußte man eines
guten Absatzes gewiß sein -- und die Käufer waren nicht lediglich
Liebhaber der Kunst, sondern vorwiegend Freunde der Sächsischen
Schweiz, die sich Zinggs Blätter (Abb. 65) als Andenken erwarben.
Unter ihnen wahrscheinlich auch Landsleute von Zingg. -- Nun lesen wir
in der von Götzinger verfaßten Geschichte und Beschreibung des Amts
Hohnstein und Lohmen vom Jahre 1786 die Bemerkung: Alle Schweizer,
welche die hiesige Gegend besucht haben, versichern, daß sie mit den
schweizerischen Gegenden sehr viel Ähnlichkeit habe. Götzinger, der
erste Schriftsteller und Lobredner der Sächsischen Schweiz, ist hier
durchaus glaubwürdig; denn es wird ziemlich um dieselbe Zeit auch von
anderer Seite bezeugt, daß von Schweizern zuerst die Vergleichung der
Sandsteinfelsen mit den Schweizerbergen ausgegangen sei.

Man nahm bisher an, daß der Name „Sächsische Schweiz“ zuerst 1794 in
der Literatur nachweisbar sei. Allein wir müssen noch weiter, noch vor
dem Erscheinen der ersten Schrift Götzingers (1786) zurückgehen. Da
findet sich nun in Hasches Umständlicher Beschreibung Dresdens (Leipzig
1783, II. 453) folgende Stelle zunächst in unmittelbarer Beziehung
zu dem Plauischen Grunde: „Diese Sächsische Schweiz im kleinen, eine
außerordentlich schöne Gegend fürs Auge,... ein Tal, so schön als
die Natur nur bilden kann“ u. s. w. Der Plauische Grund wird jene
Sächsische Schweiz im kleinen genannt; es mußte also damals jedermann
bereits verstehen, was der Verfasser mit diesem Vergleiche sagen
wollte. Der Ausdruck „Sächsische Schweiz“ mußte schon in aller Munde
sein, denn der Verfasser macht keinerlei Andeutung, daß das eine neue,
noch ungewohnte Bezeichnung sei. Dann mußte sie doch wohl schon Jahre
vorher entstanden oder erfunden sein; und wir kommen auf solche Weise
dem Zeitpunkt, wo die beiden Schweizer ihre ersten Ausflüge ins Gebirge
unternahmen, immer näher.

[Illustration: Abb. 60. +Weber-Denkmal in Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 58.)]

Später als bei Hasche erscheint dann um 1790 die Form „Sächsische
Schweiz“ in dem handschriftlichen Tagebuch der Elise von der Recke
und 1794 wird er zum zweiten Male in den „Mahlertschen Wanderungen
durch Sachsen“ gedruckt. Der Name hat sich dann bald so eingebürgert,
daß er allgemein angenommen wurde. Erst später bei der genaueren
wissenschaftlichen Erforschung des Gebietes machte sich das Bedürfnis
nach einem geologisch treffenderen Ausdruck geltend, und so wurde die
Bezeichnung „Elbsandsteingebirge“ geprägt. Wenn dieser Ausdruck nun
auch in wissenschaftlichen Schriften den Vorzug findet, so behauptet
sich doch im volkstümlichen Sinne und touristisch der Name „Sächsische
Schweiz“.

[Illustration: Abb. 61. +Das Japanische Palais in Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 58.)]

[Sidenote: Charakter der Sächsischen Schweiz.]

Das ganze Gebirgsland besteht nun, wie schon aus dem wissenschaftlichen
Namen zu ersehen ist, aus Sandstein, der nach der eigentümlichen Art
seiner Zerklüftung Quadersandstein genannt wird. Nur an wenigen Stellen
ist durch Klüfte und Spalten das plutonische Gestein des Basalts
heraufgedrungen und tritt auch hie und da an die Oberfläche, ohne
indes die eigentlichen für den Sandstein charakteristischen Formen zu
beeinflussen. Die Sächsische Schweiz besitzt keine Bergketten, keine
langhingezogenen Höhenrücken wie das Erzgebirge oder das Lausitzer
Gebirge, sondern nur einzelne Tafelberge mit senkrechten Felswänden,
tiefe, engschluchtige Täler und Talspalten mit und ohne fließendes
Wasser; aber die Felsberge sind wieder auf Hochebenen aufgesetzt, und
die Täler und Gründe zeigen vielfach deutlich ausgeprägte Talstufen.
Dazu hebt sich das Hochland allmählich nach Süden immer mehr (Abb. 66)
und die Höhen der Berge wachsen in gleicher Richtung, bis dann mit
einem Male oder in kurzen Absätzen das Gebirge gegen Böhmen abbricht.
Im nördlichen, niedrigeren Teile ist das Gebirge noch vielfach bebaut
und sind Dörfer über das Gebiet verstreut, der Süden aber wird
auf beiden Seiten der Elbe nur von Wald, vorherrschend Nadelwald,
bedeckt. Nur wo der Basalt zu Tage getreten und ein fruchtbarerer
Verwitterungsboden entstanden ist, trifft man auch Buchenwald an.

[Sidenote: Aufbau des Sandsteingebirges.]

Das ganze Sandsteingebirge wird in nordwestlicher Richtung von der
Elbe durchschnitten. Das Tal des Stromes bleibt von Tetschen bis Pirna
immer gleich eng, nirgends zeigt sich eine Talweitung, und so tritt uns
dasselbe als ein von dem fließenden Wasser erzeugtes Durchbruchstal
entgegen. Wenn man zu Schiff die ganze Strecke von Tetschen an
zurücklegt, was bei den günstig liegenden Eilfahrten der Dampfer einen
Zeitaufwand von vier Stunden beansprucht, dann wird man wahrnehmen, daß
die Felsenhöhen, die wir vom Schiffe aus das Tal begrenzen sehen, im
Süden sich noch mehr als 300 _m_ über den Elbspiegel erheben, z. B.
im Rosenkamm, an der Bastei noch 200 _m_, im Norden dagegen, bei Pirna,
nur noch eine Höhe von 55 _m_ über dem Wasser haben. Der Sockel des
Sandsteingebirges, auf dem die Felsberge einzeln aufsteigen, scheint
hiernach eine von Südost nach Nordwest langsam geneigte schiefe Ebene
zu sein.

Überall haben wir dieselben Erscheinungen im vertikalen Profil, wenn
wir vom Elbufer aus, sei es nach dem rechten oder linken Talrande
hinaufsteigen. Die Gestalt ist immer die der nebenstehenden Figur:
Auf eine sehr schmale Elbaue folgt eine aus Verwitterungsschutt
des Sandsteines gebildete, meist mit Nadelholz bewachsene Böschung
(_a_), aus der hie und da noch einige größere und kleinere Blöcke
aufragen. Darüber steigen senkrechte Felsenmauern (_b_) empor,
vielfach zerklüftet und gespalten, so daß man unschwer zwischen ihnen
die Höhe gewinnen kann. Wo im Süden die Felsenmauern wesentlich höher
sind, sind meist rohe Steinstufen angelegt, auf denen man die Höhe
erklimmt; im Norden reichen mehrfach die Böschungen so hoch hinauf,
daß es nur schräg aufwärts führender Fußpfade bedurfte, um die Höhe zu
gewinnen.

[Illustration]

Oben breitet sich ein meist ebenes Feld (_c_) aus, das an einigen
Stellen so gleichmäßig flach erscheint, daß man ihm den Namen einer
Ebenheit gegeben hat, z. B. Pirnische Ebenheit, Ebenheit am Lilienstein
(Abb. 67), Flächen, die so groß sind, daß sie mehrere Dorffluren
umfassen können. Weil hier vielfach besserer Lehmboden vorherrscht,
so sind diese Hochflächen meist in Ackerland verwandelt. Wo besserer
Boden fehlt, deckt Nadelwald das Land, das von zahlreichen engen
Schluchten und Felsgründen durchschnitten ist, wodurch die Anlegung von
Verkehrswegen erschwert wird.

[Illustration: Abb. 62. +Die Kreuzschule und das Körner-Denkmal in
Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 58.)]

[Illustration: Abb. 63. +Der Hauptbahnhof in Dresden.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 59.)]

[Sidenote: Die Meeresablagerungen.]

[Sidenote: Hebungen und Senkungen.]

Über die Hochflächen und Ebenheiten steigen dann die Felsberge
(_f_) empor, die vorherrschend als „Steine“ bezeichnet werden, wie
Königstein, Lilienstein. Hier wiederholt sich dasselbe Profil, wie beim
Anstieg vom Elbufer aus, noch einmal: zuerst die Böschung (_d_),
dann die Steilwand (_e_) und endlich oben die mit Wald bedeckte
Fläche, wodurch alle diese „Steine“ das Aussehen von Tafelbergen
gewinnen. Man kann nun leicht durch alle diese Hochtafeln sich eine
zweite Ebenheit oder Fläche denken, von der aber nur die letzten
Trümmer in den „Steinen“ stehen geblieben sind. Die Wasserwirkung,
die wir vom Ufer der Elbe an, über die Böschungen und die Steilwände
hinauf bis zu den Ebenheiten erkennen und dem Durchbruch des Stromes
zuschreiben müssen, wird ebenso auch in der höheren Stufe der Steine,
die das untere Profil noch einmal wiederholt, maßgebend für die
Gestaltung der Sandsteinformen gewesen sein. Dann verdanken wir also
der spülenden und sich in den Boden eingrabenden Kraft des strömenden
Flußwassers, der Erosion, die heutige Gestalt der Sächsischen Schweiz
und wir bezeichnen es demnach als ein Erosionsgebirge. Ursprünglich
bestanden in der Bucht zwischen dem Erzgebirge und dem Lausitzer
Gebirge nur mächtige Sandablagerungen mit wagerechter Oberfläche, die
dann von der Elbe und ihren Zuflüssen auf das mannigfachste durchfurcht
und zerteilt ist. Da man nun zu unterst Sandstein mit Resten von
Landpflanzen, dann aber Sandstein mit Austernschalen findet, so muß
die früheste Ablagerung noch in süßem Wasser, dann aber die spätere
in Seewasser erfolgt sein. Reste von Seetieren, Muscheln, Schnecken,
Seeigeln und Seesternen findet man dann bis zu den oberen Schichten,
also müssen diese Sandablagerungen alle auch im Meere stattgefunden
haben. Die Arten dieser Seegeschöpfe weisen uns aber geologisch in
die Kreidezeit, in der auch die Kreideklippen auf der Insel Rügen und
auf den dänischen Inseln gebildet wurden. Durch die in fast allen
Meeren sich bildenden Niederschläge von kalkigem Schlamm wurden die
Sandmassen fester verkittet und schließlich zu Stein. Nun wird aber hie
und da auch der Abdruck von Zweigen eines Nadelholzes oder auch von
Holzstücken gefunden, die, in dem Sande eingebettet, sich allmählich
in Kohle umwandelten. Diese Pflanzenteile stammen vom Lande und werden
gemeiniglich in der Nähe der Küsten gefunden; man hat daraus mit Recht
geschlossen, daß diese Sandablagerungen im seichten Küstenwasser
erfolgt seien. Aber in der Zuführung von Sand mußten längere Pausen
eingetreten sein, da die mächtigen Schichten des Quadersandsteines
auch dünnere Ablagerungen von Kalk (Pläner) oder Tonschlamm zeigen,
deren Entstehung auf ein tieferes Meer, ferner von den Küsten, deuten.
Somit entsteht die einfache Gliederung aller Ablagerungen in den
unteren Quader, die Plänerschicht, und den oberen Quader. Die unteren
und oberen Sandsteinlager enthalten aber verschiedene Einschlüsse
von Muscheln und dergleichen. Die Änderung in der Gestalt dieser
Seegeschöpfe erfordert aber lange geologische Zeiträume. Wenn nun
die Ablagerungen teils im Küstenwasser, teils in tieferem Seewasser
erfolgt sind, so müssen dementsprechend auch Hebungen und Senkungen
der Erdrinde und Veränderungen in der Gestalt des Festlandes gegen das
Meer angenommen werden. In unendlich langen Zeiträumen haben also die
Ablagerungen stattgefunden, dazwischen sind Ruhepausen eingetreten, in
denen sich die Sandmassen zu festeren Steinbänken befestigt haben, auf
die dann dünnere Schichten von Kalk oder Tonschlamm niedergeschlagen
sind. Dadurch sind die allenthalben sichtbar voneinander absetzenden
Bänke entstanden, die eine so charakteristische Erscheinung des
Sandsteingebirges bilden.

[Illustration: Abb. 64. +An der Elbe bei Königstein.+ Zeichnung
von Adrian Zingg. 1766.

Nach „Über Berg und Tal“, Monatsschrift des Gebirgsvereins der
Sächsischen Schweiz. (Zu Seite 66.)]

In der auf die Kreidezeit folgenden Tertiärzeit traten dann dauernde
Hebungen ein, während auch das Erzgebirge langsam emporstieg. Die
Hebung des Erzgebirges beeinflußte auch das Sandsteingebirge. Wie
das Erzgebirge mit seiner längeren Abdachung nach Nord und Nordost
sich neigt, so auch der Sandstein westlich der Elbe. Hier liegen die
Quaderbänke nicht mehr wagerecht, sondern neigen sich allmählich in
gleicher Richtung. Und wie das Erzgebirge mit einer viel kürzeren
Abdachung gegen Süden, gegen Böhmen, abbricht und von dieser Seite
her eine mächtige Gebirgsmauer zeigt, so sind auch die Bänke des
Sandsteines zum Teil nach Süden abgesunken, zum Teil auffällig
schräg gestellt, wie an der Schäferwand bei Bodenbach (Abb. 68), die
eigentlich die scheefe, d. h. schiefe Wand heißen sollte, ein Name, aus
dem erst durch Mißverständnis und Entstellung Schäferwand gemacht ist.

[Illustration: Abb. 65. +Schandau.+

Nach einem kolorierten Stich von Adrian Zingg. (Zu Seite 66.)]

[Sidenote: Die Zersprengung der Sandsteinbänke.]

Anders lagert der Sandstein auf dem rechten Elbufer; hier sind die
Sandsteinbänke in ihrer ursprünglichen wagerechten Lagerung nahezu
geblieben. Doch hat ähnlich, wie wir es bereits am Elbtalkessel
beobachtet haben, der Lausitzer Granit sich an einigen Stellen deutlich
über den Sandstein heraufgeschoben. Am auffälligsten ist dies bei dem
Städtchen Hohnstein nachgewiesen. Auf beiden Seiten des Polenztales
und am tiefen Grunde liegt der Granit über dem jüngeren Jurakalk und
dieser auf Quadersandstein. Die Reihenfolge der Gesteine ist völlig
umgestürzt. Der Granit ist schräg aus der Tiefe emporgetrieben und hat
den Jura, der sonst in ganz Sachsen nicht vertreten ist, mit in die
Höhe genommen. Die Höhe der Überschiebung ist hier auf 300 m geschätzt.
Auch südlich von der Kirnitzsch an dem Berggipfel der „Hohen Liebe“
liegt der Granit unter steilem Winkel über dem Sandstein, ähnlich bei
Saupsdorf. An den Berührungsflächen mit dem Sandstein zeigt dieser
sich oft stark verglast und gleichsam gefrittet. Durch den gewaltigen
Druck, den der Granit auf den Sandstein ausgeübt haben muß, sind die
mächtigen Quaderbänke zerdrückt, gesprengt und zerklüftet. So kamen
zu den natürlichen wagerechten Abteilungen der einzelnen mächtigen
Bänke auch noch unzählige, senkrechte Klüfte oder Lose, so daß die
Verwitterung, Regen, Wind, Frost und rinnendes Wasser um so stärker an
der Zertrümmerung des Gebirges arbeiten konnten. Diese Zerstörung hat
seit der mittleren Tertiärzeit eingesetzt und ist noch rastlos an ihrem
Werke tätig. Am meisten aber hat das fließende Wasser, am meisten also
die Elbe geleistet.

Da nun die erzgebirgische Erhebung die Sandsteinbänke schräg gehoben
hat, so daß die Neigung nach Nordosten geht, auf der Lausitzer Seite
aber die Schichten wagerecht geblieben sind, so muß sich zwischen
beiden Teilen von selbst eine nach Nordwesten geneigte Tiefenlinie
bilden, die für das abfließende Wasser die natürliche Tiefenrinne
vorzeichnet. Das ist das Elbtal, das den Sandstein in nordwestlicher
Richtung durchschnitten hat.

Nun hat man früher angenommen, daß die Elbe, die alle Gewässer des
inneren Böhmens in sich vereinigt, vor dem Sandsteingebirge zu einem
See aufgestaut worden sei und dann den Damm überflutet und sich immer
tiefer eingeschnitten habe. Allein wenn dem so wäre, müßte man noch
jetzt Spuren der Ablagerungen eines solchen Sees in Nordböhmen finden.
Diese fehlen aber, und daher muß eine andere Erklärung gesucht werden.
Zunächst steht fest, daß die Hebung der Sandmassen vom Meeresboden,
wo sie zuerst abgelagert sind, nur langsam vor sich gegangen ist und
daß auch das Erzgebirge an dieser Hebung teilgenommen hat. Über und
durch diese Sandmassen hat sich die Elbe ihren Weg gebahnt, ohne einen
großen See vorher geschaffen zu haben. Und in dem Maße, wie die Hebung
vor sich ging und sich die Ablagerungen zu festem Gestein verkitteten,
mußte sich die Elbe immer tiefer einschneiden.

Anfänglich hatte das Elbwasser noch keine vollkommen fest
vorgeschriebene Rinne, wenn auch die allgemeine Richtung gegeben war.
Das Wasser floß also über die breiten, fast wagerechten Bänke hin
und hat, da die Überschiebung des Lausitzer Granits die oberen Lagen
stärker zersprengt hat, hier die Trümmer bis zum Niveau der jetzigen
Ebenheiten fortgespült, so daß nur einzelne Felsberge oder Felsmassen
stehen blieben. Sie stehen jetzt da als die Zeugen einer einstigen weit
höheren Ebenheit; die Tafelflächen der „Steine“ sind die geringen Reste
derselben.

Als die Elbe dann über die noch gegenwärtig erhaltenen Ebenheiten
hinwegfloß, hat sie dort zuerst eine oft mehrere Meter dicke Schicht
von Flußschottern und Sanden abgelagert und diese dann wieder mit
fruchtbarem Lehm überdeckt. Daß diese Schotter von der Elbe gebildet
sind, wird dadurch erwiesen, daß sie aus denselben Gesteinen
zusammengesetzt sind, die noch jetzt im Flußbett abgelagert werden und
daß diese reichlich von böhmischen Gesteinen, Basalte und Klingsteine,
durchsetzt sind, die nur durch fließendes Wasser herbeigeführt
sein können. Derartige Schottermassen liegen 50-150 _m_ über
dem jetzigen Elbspiegel, zum Beispiel am Cunnersbache beim Dorfe
Cunnersdorf, am oberen Krippenbache (250 _m_ ü. M.), auf der
Ebenheit bei dem Dorfe Ostrau auf der sogenannten Ostrauer Scheibe
bei Schandau, bei Rathmannsdorf (235 _m_ ü. M.), Weißig (186
_m_), Waltersdorf und auf beiden Seiten der Elbe bei Pirna, also
auf den Ebenheiten von Kopitz und Pirna.

[Illustration: Abb. 66. +Ausblick von der Bastei elbaufwärts.+

Nach einer Aufnahme von F. & O. Brockmanns Nachf. R. Tamme in Dresden.
(Zu Seite 67.)]

Daß nun aber in der auf die Tertiärzeit folgenden quartären Periode,
in der Eiszeit, als die von Skandinavien über ganz Norddeutschland
südwärts bis an den Fuß der mitteldeutschen Gebirge vorgeschobenen
Massenströme von Binnenlandeis auch die nördlichen niedrigen Teile
des Sandsteingebirges etwa bis zum Fuße des Liliensteines bedeckten,
die Elbe noch über die Ebenheiten floß, geht daraus hervor, daß sich
hier nordische Geschiebe mit dem böhmischen Geröll mischen.

Demnach ist das jetzige Elbtal nach der Eiszeit etwa bis zu dem Niveau
eingeschnitten, das es noch jetzt innehält. Das Flußtal gehört also
in seiner jetzigen Gestalt der jüngsten geologischen Zeit an. Die
Lehmlager auf den Hochflächen sind aber die Grundlage für den Ackerbau,
für die Ansiedelung der Menschen. Wo der Sand vorherrscht, breiten sich
nur die Nadelwälder aus.

[Illustration: Abb. 67. +Der Lilienstein.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 68.)]

[Sidenote: Basalte in der Sächsischen Schweiz.]

Als ein fremdes Gestein erscheint nun an manchen Stellen, namentlich
auf oder an den höchsten Gipfeln, Basalt, der von unten her während
der Tertiärzeit in Klüften und Spalten emporgestiegen zu sein scheint.
Teils sind von diesem vulkanischen Gestein Gänge ausgefüllt, teils
erscheinen sie als die Stiele von früher ausgedehnten Basaltdecken.
Manchmal sind sie schon 200 _m_ unter der ehemaligen Oberfläche
des Sandsteines erstarrt und erst, nachdem die Sandsteindecke durch
Verwitterung abgetragen ist (Denudation), zu Tage getreten. Dann zeigt
sich auch sofort eine üppigere Pflanzenwelt.

[Illustration: Abb. 68. +Bodenbach und die Schäferwand.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 70.)]

Die ausgedehnteste Basaltmasse bildet den Gipfel des Rosenberges, 620
_m_ hoch, die als eine 60 _m_ mächtige Decke auf dem Gipfel
des Sandsteinberges lagert und in senkrechten Säulen ansteht. Auf dem
höchsten Kamme des Großen Winterberges, 551 _m_ hoch, tritt ein
100 _m_ mächtiger Gang von Basalt auf, der durch seinen Buchenwald
weithin kenntlich ist. Hier liegen die Basaltsäulen horizontal. Auf
dem Großen Zschirnstein ist sein verwandtes Gestein, der Dolerit;
hier sind fiskalische Steinbrüche angelegt, um das beste Material für
Straßenbeschotterung zu gewinnen. Auch am Gorisch ist ein Basaltbruch
angelegt, und ebenfalls ist am Schneeberge an mehreren Stellen Basalt
angetroffen. Zwei merkwürdige Basaltkegel stehen in der Nähe oder an
der Grenze des Sandsteingebirges: der Basaltberg in Stolpen, auf dem
die alte, jetzt in Ruinen liegende, weithin sichtbare Burg thronte;
und der Cottaer Spitzberg, der infolge der Steinbrüche schon fast
abgetragen ist.

[Sidenote: Gliederung des Quadersandsteins.]

Im Quadergebirge unterscheidet man nach der Verschiedenartigkeit der
Versteinerungen: Unter-, Mittel- und Oberquader. Der untere Quader
herrscht im Südwesten, der obere im Nordosten des Gebietes vor.
Zwischen dem Mittel- und Oberquader schiebt sich eine Einlagerung von
Kalk (Pläner) ein, die für die Quellenbildung von großer Wichtigkeit
ist. Wo der Pläner zu Tage ausstreicht, wie vorzugsweise auf der Seite
westlich von der Elbe, da ist der Quellenreichtum größer und ermöglicht
eher die Besiedelung; wo dagegen, wie östlich von der Elbe, der Pläner
zu tief liegt, versickert alles Wasser in die Tiefe und das Land leidet
an Wasserarmut. Der Oberquader allein hat mindestens eine Mächtigkeit
von 300 _m_ und bildet alle Tafelberge und Steinwände. Wie sehr
das Landschaftsbild von der Natur und den Eigentümlichkeiten des
Gesteins abhängig ist, das tritt uns nirgends deutlicher vor Augen als
in der Sächsischen Schweiz, und das wollen wir nun im folgenden genauer
betrachten.

Die Zertrümmerung und Zerstörung der Gesteinsmassen ist in sehr
verschiedener Weise erfolgt und vollzieht sich auch jetzt noch und
zwar durch das fließende Wasser, also durch die Erosion, ferner durch
Zerklüftung, endlich durch die Verwitterungen und Auswitterungen des
nackten Gesteins.



VI.

Das Wasser in der Sächsischen Schweiz.


[Illustration: Abb. 69. +Tetschen und Obergrund.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 77.)]

Da das ganze Gebirge eigentlich erst durch die Wirkung des fließenden
Wassers entstanden ist, so verdient das Wasser vor allem in seiner
mannigfachen Erscheinung und Tätigkeit unsere volle Beachtung.
Alles Wasser im ganzen Bereich der Sächsischen Schweiz gehört aber
zum Stromgebiet der Elbe. Die Elbe wird also die Hauptarbeit gehabt
und auch die bedeutendste Leistung gegenüber dem starren Sandstein
aufzuweisen haben; dann folgen die größeren Nebenflüsse, die von
rechts und links der Hauptwasserader zufließen und endlich die zum
Teil im Boden versickernden und unsichtbar gewordenen Rinnsale und die
immerfließenden Quellen.

[Illustration: Abb. 70. +Schloß zu Tetschen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 77.)]

[Sidenote: Die Bildung des Elbtales]

[Sidenote: Die Nebenflüsse der Elbe.]

Die Elbe entspringt auf dem Riesengebirge und hat bereits alle
böhmischen Gewässer in sich vereinigt, wenn sie unterhalb Tetschen
in das Sandsteingebirge eintritt (Abb. 69 u. 70). Kurz oberhalb
Aussig in Böhmen hat sie auch den Fuß des malerischen Schreckensteins
bespült (Abb. 71). Von dem ganzen auf 1154 _km_ bemessenen Laufe
des Stromes von der Quelle bis zur Mündung kommen auf das Gebiet
der Sächsischen Schweiz von Tetschen bis Pirna nur 45 _km_
Stromlänge, also ein verschwindend kleiner Anteil am ganzen Laufe.
Das Gefälle der Elbe beträgt auf 45 _km_ nur etwa 11 _m_;
das ist im Verhältnis von 1 : 4112. Denn der mittlere Elbspiegel liegt
bei Tetschen etwa 120,5 _m_ ü. M., in Königstein 115 _m_,
in Pirna etwa 109,5 _m_. Das Gefälle ist ebenmäßig ausgeglichen;
nirgends zeigen sich Stromstufen oder Schnellen mehr, wodurch
stärkere Strömungen entstehen. Der Fluß hat also seine Arbeit, das
Sandsteingebirge zu durchschneiden, vollendet. Wie groß diese Arbeit
gewesen ist, kann man ermessen, wenn man sieht, daß unterhalb Tetschen
die Höhe des Talrandes 270-320 _m_ (Abb. 72), im Rosenkamm sogar
420 _m_, also volle 300 _m_ über dem Elbspiegel liegt. Die
Felswände des oberen Talrandes stehen hier rechts und links der Elbe
etwa anderthalb Kilometer voneinander ab. Der Anfang dieser Talbildung
reicht in die mittlere Tertiärzeit zurück, in eine Zeit, wo das
Erzgebirge noch bedeutend niedriger war als jetzt und Böhmen auch noch
nicht den Gebirgskessel darstellte wie jetzt. Wir haben schon früher
darauf aufmerksam gemacht, daß während der Eiszeit das Strombett der
Elbe noch 150-50 _m_ höher lag als jetzt und daß in den langen
Zeiträumen, die nach vielen Jahrtausenden zu bemessen sind, die
Elbe schließlich ihren Wasserspiegel bis auf den heutigen Stand hat
erniedrigen können. In demselben Maße, wie mit dem Erzgebirge auch das
Sandsteingebirge emporstieg, schnitt der Elbstrom sich tiefer in den
Sandstein ein. Er hatte Kraft genug, die gelockerten Sandmassen mit
fortzuführen, also erlitt die gleichmäßige Ausbildung der Stromrinne
keine Unterbrechung. Jeder wasserreiche Strom bestätigt die Lehre,
daß ein um so geringeres Gefälle eintritt, je mehr Wasser im Flußbett
vorhanden ist, vorausgesetzt, daß der Boden gleichartig und der
Widerstand des den Grund des Flußbettes bildenden Gesteins nicht zu
groß ist. Im Gebiet des Sandsteingebirges mußte also auch die Elbe das
geringste Gefälle erreichen (Abb. 73). Alle Nebenflüsse dagegen müssen
ein steileres Gefälle aufweisen. Aber die Nebenflüsse von der rechten
Seite zeigen eine andere Natur als die von der linken. Jene entspringen
nämlich sämtlich im Lausitzer Granitlande, durchschneiden nur im
unteren Laufe das Sandsteingebiet und empfangen hier keine irgendwie
nennenswerten Zuflüsse mehr. Diese dagegen entspringen im Sandstein
oder durchschneiden nur im Unterlaufe das Quadergestein und münden an
der Grenze der Sächsischen Schweiz.

[Illustration: Abb. 71. +Der Schreckenstein.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 77.)]

Die Nebenflüsse der rechten Seite sind die Kamnitz, Kirnitzsch,
Lachsbach mit Sebnitz und Polenz und endlich die Wesenitz. Die Namen
sind fast sämtlich slavisch. Ihr Oberlauf im Granitgebiet geht in
flachmuldigen Tälern, wo die Erosion noch weniger kräftig eingesetzt
hat und demnach auch das Gefälle noch geringer ist. Aber auf dem
undurchlässigen Boden bleibt das Wasser an der Oberfläche und bekommt
der Hauptbach auch noch viele kleine Seitengewässer. Daher sind diese
rechten Elbzuflüsse auch wasserreicher als die der anderen Elbseite.

Erst mit dem Eintritt in das Sandsteingebiet sind die Täler tiefer
eingeschnitten und wird auch das Gefälle stärker.

[Sidenote: Dürrkamnitz und Kamnitz.]

Der erste Bach, der von der rechten Seite in die Elbe einmündet, ist
der Dürrkamnitzbach, der zwar eine tiefe, wenig begangene Schlucht
in die Ebenheiten gegen den Rosenberg eingerissen hat, aber doch,
wie schon der Name andeutet, oft fast ganz versiegt, sodaß eine alte
malerische Mühle aus Mangel an Wasserkraft eingehen mußte und endlich
vollständig verfiel. Sie hatte in der Kunstgeschichte der Sächsischen
Schweiz insofern eine gewisse Bedeutung, als L. Richter eine seiner
frühesten selbständigen Radierungen nach diesem Vorwurfe gearbeitet
hatte. Nahe dem Ausgange des Grundes nach der Elbe zu liegt noch ein
einziges größeres Haus, ein altes Gasthaus, eine Schankwirtschaft unter
den steilen Wänden (Abb. 74).

[Illustration: Abb. 72. +Die Elbe bei Niedergrund.+

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
77.)]

[Sidenote: Die Edmundsklamm.]

Die Kamnitz entspringt nördlich von Hayda auf der Wasserscheide des
vulkanischen Mittelgebirges. Der Unterlauf bildet ein enges, erst
in der neuesten Zeit zum Teil gangbar gemachtes Felsental, einen
amerikanischen Cañon, der zwischen steilen Felswänden fast ganz von
Wasser eingenommen wird. Dieser untere Teil des Tales bildet den
merkwürdigsten und sehenswertesten Abschnitt in der verschiedenartigen
Bildung eines Erosionstales. Unterhalb Böhmisch-Kamnitz tritt der
Fluß zuerst in ein von Sandsteinfelsen eingeengtes Tal in westlicher
Richtung. Dann aber beginnt bei nördlicher Richtung des Wasserlaufes
der Grund wieder offener zu werden und läßt Raum für das langgestreckte
Dorf Windisch-Kamnitz. Erst von der Einmündung des Kreibitzbaches
an, der oberhalb Dittersbach ebenfalls schon einen gewundenen engen
Grund, den Paulinengrund, gebildet hat, schneidet nun der verstärkte
Kamnitzbach mit beträchtlichem Gefälle und raschem Lauf kräftiger
in die Sandsteinmassen ein und bildet die Ferdinandsklamm, die man
in einem Kahne auf dem ungebändigten Wasser bis zur Grundmühle
durcheilen kann. Aber auch hier wechseln Stromschnellen mit ruhigem
Wasser ab. Das Gefälle ist also noch nicht ausgeglichen. Bald treten
steile Felsen ans Wasser, bald erscheinen kleine Talbuchten mit einem
Wiesenrande. Unterhalb der Grundmühle (Abb. 75) wendet sich die
Kamnitz mehr in westlicher Richtung und hier ist für Fußgänger der
malerische Grund zugänglich. Dann folgen die Wilde (Abb. 76 und 77)
und die Edmundsklamm, von denen die erste 1898 eröffnet worden ist und
auch zum Teil eine Kahnfahrt bietet; die Edmundsklamm (Abb. 78 u. 79)
dagegen ist schon seit 1890 durch die Forstverwaltung des Fürsten Clary
zugänglich gemacht und zu Ehren des Fürsten benannt. Wenn auch der den
Alpen entlehnte Ausdruck „Klamm“ leicht zu falschen Vorstellungen oder
zu hochgespannten Erwartungen Anlaß geben könnte, so muß man immerhin
diesem Teil des Felsengrundes, der unmittelbar oberhalb Herrnskretschen
(Abb. 80 u. 81) endigt, unter allen Szenerien in dem Sandsteingebirge
die Palme reichen. Der obere Teil der Klamm bildet einen schmalen,
von steilen, aber mit Nadelholz bewachsenen Felsen begrenzten See mit
stillem Wasser, da der Bach durch Dämme gespannt ist. Über diesen See
gleitet man mit dem Kahne langsam dahin, nach allen Seiten von stets
wechselnden Landschaftsbildern umgeben. Der untere Teil des Tales,
am längsten zugänglich und mit bequemen Fußwegen versehen, zeigt uns
wieder den natürlich dahinrauschenden Bach, hie und da von mächtigen
Felsblöcken, die in ihn hineingestürzt sind, eingeengt, zwischen denen
das schäumende Wasser sich Bahn bricht. Aber zur malerischen Schönheit
dieses Grundes tragen namentlich auch die herrlichen Buchen bei, die
auf und zwischen den Felsmassen im Grunde wurzeln und ihre Zweige weit
über das Wasser hinaussenden. Weil die Klamm bereits etwas weiter
geworden, die Felswände mehr auseinander treten und das Sonnenlicht
bis auf den Boden dringen kann, ist auch der Pflanzenwuchs üppiger und
reicher und bildet den angenehmsten Gegensatz gegen die mit Fichten und
Kiefern besetzten Felswände.

[Illustration: Abb. 73. +Die Elbe bei Wehlen, flußaufwärts
gesehen.+

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
78.)]

Das Gefälle -- das geht schon aus dieser allgemeinen Schilderung
des Flußtales hervor -- ist ungleich, wie das aus folgenden Angaben
ersichtlich wird. Von Falkenau bis mitten in die Stadt Kamnitz beträgt
das Gefälle auf 12 _km_ 160 _m_, d. h. 1 : 75. Von Kamnitz bis
Schemel, vor dem Eintritt in die Klamm, ist es auf 10 _km_ wie
1 : 106 und von da zur Mündung in die Elbe auf 12 _km_ wie 1 : 140. Das
Gefälle von Falkenau bis zur Mündung beläuft sich auf rund 1 : 100.

[Illustration: Abb. 74. +Gasthaus an der Dürrkamnitz.+

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
79.)]

[Sidenote: Das Kirnitzschtal.]

[Sidenote: Die Obere Schleuse.]

Wesentlich anderen Charakter hat das Kirnitzschtal. Zwar ist die
Hauptrichtung der Kirnitzsch westlich, doch geht der Bach gerade da,
wo sich die landschaftlich schönste Umgebung an seinen Ufern findet,
von Norden nach Süden. Unterhalb des ersten Dörfchens an seinen
Ufern, unter Hinterdaubitz, befindet sich ein ganz enges Felsental,
das durch einen festen Steindamm abgesperrt ist, in dem nur eine aus
Holz bestehende Schleuse einen Durchlaß gewährt. Die ganze Anlage,
durch die das Wasser des Baches zu einem langgestreckten Teiche
angespannt ist, dient der Flößerei, die besonders im Herbst und
Frühjahr ausgeübt wird. Diese Anlage heißt die Obere Schleuse (Abb.
82). Das enge Felsental mit dem dichten Hochwalde und der üppigen
Krautvegetation am Ufer und bis ins dunkle und stille Wasser, das die
Umgebung in wunderbarer Klarheit spiegelt, gehört zu den eigenartigsten
Landschaftsbildern der Sächsischen Schweiz. Obwohl das Tal nicht
so wild wie das Kamnitztal ist, und durch die üppige Pflanzenwelt
ein Fußweg neben dem etwa 600 _m_ langen stillen Wasserspiegel
hinführt, ist auch hier die Möglichkeit geboten, die Strecke im Kahn
zurückzulegen und noch mächtiger die besonderen Reize der Landschaft
auf sich wirken zu lassen. Die Obere Schleuse wird daher, besonders
von Hinterhermsdorf aus, sehr viel von Lustreisenden besucht und
von manchen sogar der Edmundsklamm vorgezogen. Die Kirnitzsch (Abb.
83) fließt dann durch ein enges, einsames Felsental, in dem nur an
einer Stelle die wenigen zerstreuten Häuser von Hinterdittersbach
liegen, nach Nordwesten bis zur Buschmühle (Abb. 84), der ältesten,
originellsten und malerischsten Mühle, berührt dann auf ihrem weiteren
westlichen Laufe, der bald über Granitboden mit freierem, sanfterem
Gehänge, bald wieder durch Felsengen des Sandsteines bis nach Schandau
führt, nur einzelne Mühlen, aber kein Dorf mehr. Doch ist durch
den ganzen unteren Teil des Tales bis zum Lichtenhainer Wasserfall
(Abb. 85) eine elektrische Bahn angelegt, um die Besucher des
Gebirges rascher durch den ziemlich einförmigen Grund in die Nähe der
Hauptschönheiten des oberen Gebirges, auf den vielbetretenen Fremdenweg
zu geleiten, der über den Kuhstall, den Großen und Kleinen Winterberg
bis zum Prebischtor und von da hinab nach Herrnskretschen führt.

[Illustration: Abb. 75. +Die Grundmühle.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 80.)]

Um nun zu zeigen, wie viel stärker das Gefälle der Kirnitzsch als das
der Elbe ist, wollen wir nur die Talstrecke von Hinterdittersbach
oder der Kirnitzschschänke bis zur Mündung in Rechnung bringen.
Hinterdittersbach liegt 243,6 _m_ ü. d. M., die Mündung bei
Schandau 119 _m_. Die Länge des Baches beträgt auf dieser Strecke
21 _km_, das Gefälle 125 _m_; daraus ergibt sich das starke
Gefälle von 1 : 168. Der ganze Lauf der Kirnitzsch beträgt etwa 44
_km_; das hier berücksichtigte Stück entspricht also etwa der
Hälfte des Gesamtlaufes. Ohne hier weiter auf einzelne Untersuchungen
einzugehen, weil sie uns aus dem Gebiet der Sächsischen Schweiz
herausführen würden, soll nur bemerkt werden, daß im oberen Teile das
Gefälle des Baches, im Bereiche des Lausitzer Granites, nicht so stark
ist.

[Sidenote: Lachsbach.]

Der dritte Bach, die Lachsbach, entsteht aus der Vereinigung zweier
ziemlich gleich großer Bäche, der Sebnitz, 30,5 _km_ lang und der
Polenz, 33,6 _km_ lang. Beide entspringen in der Umgebung des
Hochwaldes. Die Sebnitz hat aber im unteren Lauf, der den Sandstein
durchschneidet, westliche Richtung, die Polenz dagegen südliche und
südwestliche Richtung.

Im Vergleich mit der Kamnitz und Kirnitzsch haben diese beiden
Quellbäche der Lachsbach einen kürzeren Lauf durch den Sandstein,
denn die Sebnitz tritt in dieses Gebiet erst von der Kohlmühle an,
nördlich von Schandau ein, und die Polenz von Hohnstein an. Sie haben
daher naturgemäß auch bereits auf ihrem längeren Oberlaufe tiefe Täler
geschaffen; aber sie sind unwegsam und nur von wenigen Mühlen belebt.

Durch das Sebnitztal führt von Schandau nach Sebnitz eine Eisenbahn,
auf der man wegen der vielen Windungen des Baches und der Enge des
Tales durch sieben Tunnels auf einer Strecke von 15 _km_, also
alle 2 _km_ durch einen Tunnel kommt. Das früher selbst dem
Fußgänger in manchen Teilen unzugängliche Tal zeigt nun dem Reisenden
in raschem Zuge eine Fülle von wechselnden Landschaftsbildern.

[Illustration: Abb. 76. +Die Wilde Klamm.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 80.)]

[Sidenote: Polenztal und Tiefer Grund.]

Die Steigerung in der Art und Möglichkeit des Verkehrs durch die drei
bisher betrachteten Täler ist bemerkenswert: An der Kamnitz Kahnfahrt
und Fußpfade, an der Kirnitzsch Kahnfahrt, Fahrwege und elektrische
Eisenbahn, an der Sebnitz Eisenbahn. Ganz einsam wird dagegen dann das
Polenztal wieder. Von hohen, vielfach zerklüfteten Felswänden, wie bei
den berühmten Aussichtspunkten „dem Brand“, oder von einzeln stehenden
Felsmassen wie dem Hockstein (Abb. 86) auf beiden Seiten eingefaßt,
geht der engste Teil des romantisch-schönen Grundes von Hohnstein (Abb.
87) südwärts bis zur Waltersdorfer Mühle. Auf den höchsten Klippen
der östlichen Talwand steigt, alle Nachbarbäume weit überragend und
durch seine stolze Krone von allen Seiten in die Augen fallend, der
schönste Baum des ganzen Felsenlandes empor, die Königskiefer (Abb.
88). Von hier wendet sich der Bach in einem weiteren mit Wiesenboden
geschmückten Tale nach Südosten, bis er kurz vor der Vereinigung mit
der Sebnitz auch das Bächlein des Tiefen Grundes aufnimmt, durch den
die Fahrstraße von Schandau nach dem Städtchen Hohnstein hinaufführt.
Vor hundert Jahren, als der Besuch der Sächsischen Schweiz lebhafter
zu werden begann, gehörte der Tiefe Grund zu den ersten Zielen einer
Wanderung im Gebirge und wurde voll Bewunderung über die wilde Romantik
dieser Felsenwelt in überschwenglichen Schilderungen empfohlen.
Heutzutage liegt er abseits der besuchtesten Pfade und wird wohl nur
noch betreten, wenn man den östlich davon gelegenen Waitzdorfer Berg
erreichen will, der zwar schon zum Granitlande gehört, aber doch
nahe dem Sandsteingebirge eine umfassende Rundsicht über die ganze
Sächsische Schweiz bis ans Erzgebirge gestattet.

[Illustration: Abb. 77. +Wilde Klamm. Dreyfußfelsen.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 80.)]

Wir wollen nun noch das Gefälle der beiden Bäche Sebnitz und Polenz
betrachten. Für den Teil der Flüsse, der hier in Frage kommt, ist das
Ergebnis überraschend. Es stellt sich nämlich ziemlich gleich heraus.

Der Spiegel der Sebnitz liegt in der Stadt gleichen Namens 268,7 _m_
über dem Meer, an der Mündung in die Polenz 128,1 _m_. Der Unterschied
in der Höhenlage beträgt 140,6 _m_. Bei einer Tallänge von 15,3
_km_ ergibt sich ein Gefälle von 1 : 109. Bei der Polenz beträgt der
Höhenunterschied zwischen der Häselichtmühle (206,7 _m_) und der
Mündung der Lachsbach (115 _m_) 91,7 _m_. Daraus folgt bei einer
Tallänge von 11,3 _km_ ein Gefälle von 1 : 124.

Wenn der Fall des Wassers im Sebnitztal noch größer ist, als an der
Polenz, so dürfte die Ursache wohl darin liegen, daß der Boden des
Sebnitztales noch auf längerer Strecke dem festen Granitboden angehört.
Vielleicht ist aus derselben Ursache der Fall der Kirnitzsch noch
geringer, weil er nur auf einer kurzen Strecke südlich von Lichtenhain
den Granit berührt, sonst aber am längsten dem Sandsteingebiet angehört.

[Illustration: Abb. 78. +Im Edmundsgrunde. Winterstimmung.+

Liebhaberaufnahme von Hofgraveur P. J. Wolf in Dresden. (Zu Seite 80.)]

[Sidenote: Liebethaler Grund.]

[Sidenote: Schloß Lohmen.]

Von einem Vergleich mit der Wesnitz sehen wir ab, weil dieser Bach, der
übrigens bei 75 _km_ Länge der bedeutendste Zufluß von der rechten
Seite ist, nur auf kurze Strecke von Bärreute bis zur Grundmühle
unterhalb Liebethal den Sandstein durchschneidet und von da an teils an
der Grenze des Quadergebirges entlang, teils durch den südlichen Teil
des Dresdener Talkessels fließt. Landschaftlich dagegen gehörte von
Anfang an, als die Schönheiten der Sächsischen Schweiz mehr gewürdigt
wurden, der enge Felsengrund von Bärreute bis zur Grundmühle unter dem
Namen des Liebethaler Grundes (Abb. 89) zu den besuchtesten Partien.
Vor Eröffnung der böhmischen Eisenbahn wanderten alle Besucher -- und
diese kamen fast ausnahmslos von Dresden -- oder fuhren mit eignem
Geschirr über Pillnitz nach Lohmen und besuchten von hier aus den
Glanzpunkt des Grundes, die Lochmühle (d. h. Waldmühle, Abb. 1) und
die Liebethaler Steinbrüche, wohl die ältesten im Sandsteingebiet,
und ließen es wohl gar an dem Besuche dieses Grundes bewenden und
kehrten dann nach Dresden zurück. Wer aber noch weiter ins Gebirge
eindrang, besuchte die Bastei, Hohnstein und Schandau. In Lohmen wurde
gewöhnlich das erste Nachtlager genommen; daher war das Erbgericht
dort jahrzehntelang das beste und bestempfohlene Gasthaus, und weil
der wachsende Strom der Vergnügungsreisenden immer denselben Weg nahm,
so sah sich wohl auch der Pfarrer von Lohmen, Karl Heinrich Nicolai
(1739-1823), ein begeisterter Freund der Natur und ein guter Kenner des
Gebirges, dadurch veranlaßt, den ersten Führer durch die Sächsische
Schweiz zu schreiben unter dem Titel: „Wegweiser durch die Sächsische
Schweiz, aufgestellt von C. H. Nicolai, Prediger an der Grenze dieser
Schweiz in Lohmen. Pirna 1801.“ Das Büchlein, kurz und praktisch
verfaßt, erlebte in seinem anspruchslosen Gewande mehrere Auflagen
und beginnt seine Beschreibung mit dem Liebethaler Grunde. Seinem
Beispiele folgten fast fünfzig Jahre lang alle späteren Wegweiser
und Reiseführer, bis Dampfschiff- und Eisenbahnverkehr darin einen
Wandel hervorriefen. Da wir uns im Liebethaler Grunde bereits im
nördlichsten, also niedrigsten Teile des Sandsteingebirges befinden,
so sind die Felshöhen auf beiden Seiten der Wesnitz nur etwa 40
_m_ über dem Wasser des Baches. Das Tal ist von Lohmen bis zur
Grundmühle so eng, daß abgesehen von dem unteren Teil desselben, in
dem sich die altberühmten Steinbrüche befinden, keine Fahrstraße im
Grunde hingeführt werden konnte, und nur ein gutgepflegter Fußweg an
den zwischen Felsblöcken dahinbrausenden Bache aufwärts leitet. Da die
Hochflächen beiderseits guten Ackerboden haben, so liegen die Dörfer
Lohmen und Daube auf der Südseite, Mühlsdorf und Liebethal auf der
Nordseite hart am Grunde langgestreckt ausgedehnt, aber +oben+
auf den Ebenheiten, unten aber nur einige Mühlen, zu denen man auf
Steintreppen hinuntersteigen muß. Nur in Lohmen führt eine Kunststraße
mittelst Steinbrücke über das Wasser. Wenn man von der Nordseite kommt,
hat man da, wo sich der Fahrweg zur Wesnitz hinunterzieht, das alte
Schloß Lohmen (Abb. 90), lange der Sitz eines Amtsgerichts, in überaus
malerischer Lage gerade vor sich. Unzählige Male ist von hier aus und
dann unten vom Wasser aus, bei der Vordermühle, das auf einem fast
überhängenden Felsen thronende Schloß gezeichnet und gemalt und gehört
schon seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts in den illustrierten
Reiseführern und in einzelnen von Dresdener Malern entworfenen Blättern
zu den ersten landschaftlichen Zierden der Sächsischen Schweiz.

[Illustration: Abb. 79. +Die Edmundsklamm.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 80.)]

[Sidenote: Die kleinen Zuflüsse der Elbe.]

Hier seien zum Schluß die erwähnten Bäche nach ihrem Gefälle noch
einmal mit der Elbe zusammengestellt:

    Elbe          45 _km_, 1 : 4112.
    Kamnitz       34   „   1 : 100.
    Kirnitzsch    21   „   1 : 168.
    Sebnitz       15   „   1 : 109.
    Polenz        11   „   1 : 124.

Wenn schon hier bei verhältnismäßig bedeutender Wassermenge in den
Bächen, die beständig fließen, die Wasserwirkung auf den Boden
wesentlich geringer und demnach das Gefälle wesentlich stärker ist als
in der Elbe, so daß man sagen muß, die Erosion der Bäche hat längst
nicht gleichen Schritt halten können mit der der Elbe, so wird sich der
Gegensatz noch mehr steigern bei den kleineren und wasserärmeren Bächen
oder Rinnsalen, die aus dem Sandsteingebirge selbst kommen.

[Illustration: Abb. 80. +Herrnskretschen, von der Elbe gesehen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 80.)]

Nun ist die ganze rechte Seite des Stromgebietes der Elbe im Bereiche
des Sandsteins viel ärmer an Quellen als die linke Seite, weil hier die
undurchlässige Plänerschicht zu tief, zum Teil unter dem Elbspiegel
liegt. Also ist der östliche Teil der Sächsischen Schweiz entschieden
trockener, und beständig fließende Sandsteinquellen fehlen. Dazu ist
nach der Eiszeit ein wesentlich trockeneres, steppenartiges Klima
lange in Deutschland verbreitet gewesen, infolgedessen die Erosion
nicht ununterbrochen, sondern stoßweise, nur gelegentlich nach
plötzlichen stärkeren Niederschlägen erfolgen konnte. Es lagen also
ähnliche meteorologische Verhältnisse vor wie in dem Becken auf dem
nordamerikanischen Hochlande westlich vom Felsengebirge, wo namentlich
im Flußbereich des Rio Colorado die merkwürdigsten unter dem spanischen
Namen Cañon bekannten Felsenschluchten ausgehöhlt sind, mit denen die
Felsengründe in der Sächsischen Schweiz eine unverkennbare Ähnlichkeit
haben, wenn sie auch lange nicht so tief und wild sind und ihr starres
Aussehen durch reichlichen Pflanzenwuchs gemildert ist. Doch darf man
annehmen, daß in der späteren Diluvialzeit bei den viel geringeren
Niederschlägen der landschaftliche Charakter, solange der Wald fehlte,
dem der Cañons noch ähnlicher war.

[Sidenote: Der Uttewalder Grund.]

Der längste unter den ausschließlich im Sandstein liegenden Gründen
ist der Uttewalder Grund. Der Name Uttewalde ist leider nach der
gemeinen Aussprache des Personennamens Utte statt Otto im neunzehnten
Jahrhundert erst offiziell vorgeschrieben, während bis dahin das Dorf,
nach dem der Grund benannt ist, Ottowalde hieß. Derselbe Name kehrt
in älterer Form, Oddo statt Otto, in dem oberrheinischen Odenwalde
wieder. Die Richtung des höchstens 4 _km_ langen Uttewalder
Grundes, dessen unteren Teil man höchst überflüssigerweise Wehlener
Grund nennt, geht von Norden nach Süden. Im Sommer ist das Bachwasser
gewöhnlich versickert und auf der Erdoberfläche nicht zu sehen. Es ist
auch bezeichnend für die Wasserarmut, daß der Name des Baches nirgends
genannt wird und daß man nur von dem Grunde spricht.

Daß dieser dem Wasser seinen Ursprung verdankt, ist zweifellos, und daß
besonders nach starkem Sommerregen an der Mündung bei Wehlen bedeutende
Schuttmassen aufgehäuft werden und an Weg und Steg im Grunde arge
Verheerungen angerichtet werden können, ist im vorigen Jahrhundert
mehrfach beobachtet worden. Ebenso kann das Wasser im Frühjahr nach
der Schneeschmelze seine erodierende Wirkung zeigen; dann aber wieder
scheint die Erosion monatelang zu schlummern. Jedenfalls nehmen die
entstehenden Veränderungen und Vertiefung des Bachbettes lange Zeiten
in Anspruch.

Im Gegensatz zu den dauernd fließenden größeren Bächen muß man, um
von der Elbe her in den Grund zu gelangen, sofort in die Stadt Wehlen
hinein bis auf den Marktplatz und von hier bis zum Fuß der alten Burg
die erste Talstufe hinansteigen. Für die Ausmündung des Bachbettes
liegt der Elbspiegel jedenfalls bereits zu tief oder mit anderen
Worten: Das Elbtal ist den Sandsteinbächen gegenüber übertieft. Die
Bächlein der Seitengründe haben mit dem Elbstrom in Bezug auf Erosion
nicht gleichen Schritt halten können.

Die Seitengründe haben nicht bloß noch viel stärkeres Gefälle als die
größeren Zuflüsse, sondern sie haben noch nicht einmal die einzelnen
Absätze oder Talstufen, den horizontalen Sandsteinbänken entsprechend,
überwunden; und wenn plötzlich ein stärkerer Wasserzufluß in diesen
Gründen erfolgte, müßten zahlreiche Wasserfälle entstehen, die den
größeren Bächen bereits fehlen. Und doch sind auch in so wasserarmen
Gründen, wie der Uttewalder, so malerische Szenerien entstanden, wie
sie nur irgend die Sächsische Schweiz bietet. Zu diesen malerisch
schönen Gründen gehört auch der Uttewalder, wird aber vollends, weil
er den Zugang zu der Bastei bildet, unter allen Gründen des Gebietes
am meisten begangen. -- Sowie man bei der alten Burg Wehlen die erste
Talstufe erreicht hat, wird der Grund ebener, ein breiter bequemer
Talweg führt durch herrlichen gemischten Wald allmählich bergan. Im
trockenen Bachbett zur Linken treten mehrfach die Sandsteinbänke als
Stufen bis zu einem Meter Höhe auf, die vom Wasser noch nicht durchsägt
oder allmählich abgeflacht sind. Man sieht aber, daß das Wasser, wenn
es einmal größere Kraft zeigt, die unteren Schichten des Sandsteins
unterhöhlen kann, bis die Wände, ihrer Stützen beraubt, von oben
niederbrechen und mächtige Felsblöcke, denen man zur Unterhaltung
der Fremden allerhand unpassende Namen gegeben hat, auf den Talgrund
stürzen, wo die sieghafte Natur auch diese starren Massen mit dichten
Moospolstern und Farnkraut überzieht oder sogar Nahrung für den Anflug
von Tannensamen schafft, der sich zu stattlichen Bäumen entwickelt und
wieder einen grotesken Schmuck des Grundes bildet. Denn in den Gründen
ist es immer feucht, auch wenn fließendes Wasser fehlt, und statt der
genügsamen Kiefer auf den Felsenhöhen siedelte sich im Tal gern die
kräftigere hochstrebende Fichte an.

[Illustration: Abb. 81. +Herrnskretschen. Talsiedelung.+

Nach einer Aufnahme von _Dr._ Trenkler & Co. in Leipzig. (Zu Seite
80.)]

[Sidenote: Der Teufelsgrund.]

Weiter aufwärts verengt sich der Grund und die Felswände treten so
nahe aneinander heran, daß nur ein Felsenspalt statt eines Tales
übrigbleibt. Von oben hereingestürzte Blöcke haben den Talboden nicht
erreichen können, sondern sind eingeklemmt so hoch in dem Spalte
befestigt, daß man ungehindert durch dieses natürliche Felsentor
hindurch und weiter talauf wandern kann. Die Seitenschluchten des
Uttewalder Grundes, die alle auf der gleichen Hochfläche ihren Anfang
nehmen, müssen bei kürzerem Verlauf auch stärkeres Gefälle haben und
daher in verstärktem Maße auch die Erscheinungen kräftiger Talstufen
und eingestürzter Felsmassen zeigen. So vor allem der Teufelsgrund,
der in seinem oberen Teile eine ganz enge Felsschlucht bildet, die von
hineingestürzten Felsblöcken dermaßen erfüllt ist, daß man künstlich
einen Durchgang schaffen mußte, um unter und zwischen den Blöcken halb
kriechend, halb steigend die Höhe gewinnen zu können.

[Sidenote: Der Zscherregrund.]

Einen ganz anderen Charakter trägt die Seitenschlucht, die etwa der
Teufelsschlucht gegenüber von Nordosten her in den Hauptgrund mündet
und Zscherregrund (Abb. 91) genannt wird. Hier fehlt das Gewirre von
Blöcken, ein bequemer breiter Fußpfad führt in ihm bergan und bildet
den nächsten Zugang zur Bastei. Steile, wenn auch nicht sehr hohe aber
mehrfach überhängende Felswände begrenzen ihn. Die Felswände sind kahl,
der reiche Pflanzenwuchs des Uttewalder Grundes fehlt, das Gestein
sieht düster aus, erscheint an manchen Stellen wie geglättet, ob von
Wasser oder Eis bleibe unentschieden, eigentliche Talstufen fehlen,
denn der Weg steigt stetig aber allmählich an. Indes ist unverkennbar
hier besonders am Fuß der Felswände zu sehen, daß ehemals ein kräftiger
Bach den Grund durchflutet und Sand und Stein mit sich fortgeführt
haben muß. Als Zeugen dafür dienen nicht bloß die geglätteten und
unterwaschenen Wände, sondern auch das Vorhandensein eines noch
teilweise wohlerhaltenen Riesentopfes, einer kesselartigen runden
Vertiefung mit senkrechten Wänden, eingegraben in das feste Gestein.
Derartige Riesentöpfe, wie sie namentlich im Hochgebirge gefunden
werden und in viel größerem Umfange besonders im Gletschergarten
bei Luzern weltbekannt sind, werden der Wirkung wirbelnden Wassers
zugeschrieben, das in einer flachen Schale oder Mulde des Gesteins
einen größeren Stein unaufhörlich im Kreise herumwälzt, bis dieser
Mahlstein durch die beständige Reibung unter sich eine rundliche
Vertiefung ausarbeitet, die sich immer mehr eingräbt, solange das
Wasser mit gleicher Kraft auf den Stein und in die Vertiefung stürzt.
Ob dazu immer ein senkrechter Strahl, ein Wasserfall erforderlich
ist, kann fraglich erscheinen; denn auch in einem Bache, der in
Stromschnellen stufenweise abwärts stürzt, können ähnliche Wirkungen
erzielt werden. Es sei dabei an die merkwürdigen Erscheinungen bei den
Katarakten des Rieslochbaches am Arber im Böhmerwalde hingewiesen,
wo aus dem schäumenden Bache plötzlich fontänenartig mächtige
Wasserstrahlen emporgeschleudert werden, die sich nur dadurch erklären
lassen, daß im Felsbache des Bachbettes rundliche Vertiefungen
entstanden sind, in die das Wasser stürzt und wieder herausgeschleudert
wird.

Jedenfalls sind zur Bildung von Riesentöpfen beträchtliche Wassermassen
erforderlich. Und daher erklärt sich wohl, daß auch der Riesentopf
im Zscherregrunde auf einen früheren Wasserfall zurückgeführt wird.
Allein dafür ist an dieser Stelle keine Möglichkeit vorhanden, da die
Felsbänke über dem Riesentopfe überhängen, also das von ihnen etwa
herabfließende Wasser gar nicht die Öffnung der runden Vertiefung
treffen könnte. Andererseits muß aber, nachdem der Kessel schon
ausgehöhlt war, noch lange Zeit hindurch der Bach des Zscherregrundes
über den Riesentopf hinweggeströmt sein, denn er hat durch langsame
Erosion den oberen Teil des Kessels wieder abgeschliffen und zwar,
weil er sich immer mehr an die Felswand herangedrängt hat, in ganz
schräger Richtung. Der obere Topfrand ist also in einem starken Winkel
abgeschliffen. Wir würden uns mit dieser Frage nicht so eingehend
beschäftigt haben, wenn auch jetzt noch ein Bach durch den Grund
flösse, also auch heute noch die Hochflächen nach der Bastei zu,
von denen das Wasser abfließen müßte, wasserreich wären. Allein das
Gegenteil ist der Fall! Gerade das ganze Gebirge in der Umgebung der
Bastei mit seinen wild zersplitterten Felsmassen, -Wänden und -Türmen
(Abb. 92, 93 u. 95) gehört zu den wasserärmsten Gebieten des ganzen
Sandsteingebirges. Auch kann der Grüne Bach, der den Amselfall (Abb.
96) bildet, nicht als Ausnahme herangezogen werden, denn er hat seine
Quellen nördlich von Rathewalde im Granit.

[Illustration: Abb. 82. +Die Obere Schleuse.+

Nach eigener Aufnahme der Verlagshandlung. (Zu Seite 82.)]

[Sidenote: Wasserarmut im Gebirge.]

Es bleibt also keine andere Erklärung für den ehemals größeren
Wasserreichtum und seine noch jetzt sichtbaren Spuren, als daß die
Höhen um die Bastei vergletschert waren, und daß das Wasser mit dem
Verschwinden des Eises nach den niedriger gelegenen, zuerst eisfrei
gewordenen Gegenden abfließen konnte. Es wird dies um so eher
verständlich, wenn man die weite Verbreitung des Inlandeises ins Auge
faßt. „Es verbreitete sich (nach Penck) über das ganze sächsische
Mittelgebirge und reichte bis zum erzgebirgischen Becken, es legte
sich auf die Höhen der Sächsischen Schweiz und verhüllte fast gänzlich
die Lausitzer Platte; es stieg so hoch am Saume des Lausitzer Gebirges
an, daß es die an 500 _m_ heraufreichenden Pässe desselben
überschreiten konnte.“

Alle typischen Formen von Schluchten sind somit im Uttewalder Grunde
mit seinen Nebentälern vertreten; aber die Wasserwirkungen sind
seit sehr langer Zeit auf gelegentliches Auftreten beschränkt. Die
ungeheuere Zersprengung der Felsen des Basteigebietes muß daher anderen
Ursachen zugeschrieben werden. -- Nun herrscht aber auch um den
Winterberg in dem weiten Gebiet zwischen Kamnitz und Kirnitzsch der
gleiche Wassermangel. Abgesehen von einigen Quellen auf dem Basaltboden
des Großen Winterberges ist hier so wenig Feuchtigkeit in den Gründen
anzutreffen, daß diese wenigen Stellen sofort in der Namengebung als
„nasser Grund“, „nasse Schlüchte“ zu erkennen sind. In der Zerklüftung
des Gesteins gleicht das Winterberggebiet vollkommen dem an der Bastei.

[Illustration: Abb. 83. +Partie aus dem Kirnitzschtal bei
Hinter-Hermsdorf.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 82.)]

[Sidenote: Der Große Zschand.]

Für die geringe Tätigkeit des rinnenden Wassers, abgesehen von
einzelnen starken Sommerregen, oder im Frühjahre bei Schneeschmelze,
kommt endlich noch in Betracht, daß die Sandsteinbänke rechts von
der Elbe fast vollkommen wagerecht liegen, daß also der Ablauf des
Regenwassers, soweit es nicht im lockeren Sande versickert, durch
eine natürliche Neigung des Bodens nach keiner bestimmten Richtung
vorgeschrieben ist, daß also ein Gefälle des Wassers eigentlich
nicht vorhanden ist. Kleine Unebenheiten auf der Oberfläche der
Ebenheiten sind dann die Veranlassung zu den ersten Anfängen der
Erosion und zur Entstehung von Schluchten. Die langsame Entwässerung
der Sandsteinmassen ostwärts von den Schrammsteinen, die sich kaum
oberirdisch vollzieht, zeigt eine unendliche Zersplitterung in kleine
Tälchen nach allen Richtungen; nur um den Großen Zschand gruppieren
sich zahlreiche Schluchten, die von rechts und links, aber ohne
Wasser, einmünden. Es ist ein Flußsystem ohne Flüsse, das einzige in
seiner Art, das ganz dem Sandstein angehört. Der Talboden im Großen
Zschand ist scheinbar ziemlich wagerecht, aber er steigt doch gegen
Süden von der Kirnitzsch bis zur Wasserscheide um 150 _m_ an.

[Illustration: Abb. 84. +Die Buschmühle im Kirnitzschtal.+

Liebhaberaufnahme von H. Engert in Dresden. (Zu Seite 82.)]

[Sidenote: Der Große Dom.]

Von der Wasserarmut in diesem Gebiet noch ein bemerkenswertes Beispiel.
Westlich vom Kleinen Winterberge liegt der Große Dom, ein Felsenkessel,
der von hohen Sandsteinklippen und -Türmen (Abb. 97) auf drei Seiten
umschlossen ist. Die Talseite ist außerdem noch durch riesig große
Blöcke, die von den Seiten hineingestürzt sind, dergestalt abgesperrt,
daß ein innerer, rundlicher Platz entsteht, auf dem mächtig hohe
alte Tannen emporsteigen. An der Westseite kann man auf einer Flucht
von kühn angelegten Stein- und Holzstufen zur Höhe des Felsengrundes
gelangen und bemerkt nun, daß man sich in einem Hochtale befindet,
das in der Mitte die natürliche Tiefenlinie eines Rinnsals hat und
auf den Seiten wieder von einer Reihe niedriger Klippen eingefaßt
ist. Der Dom bildet also den mittleren Teil eines Erosionstales, aber
liegt um 80 _m_ niedriger als das obere Hochtal. Nun wird uns
erst verständlich, woher im Dom an der hinteren Felswand aus einer
Spalte der dünne Wasserfaden rinnt, um unter Moos und Steinen bald zu
versickern. Bei der Seltenheit des Wassers in der ganzen Umgebung hat
man diesen Quell zu fassen vermocht, daß er auf einer dünnen Holzrinne
aus dem Felsen abfließt und in feuchteren Jahren von den Besuchern
des Domes als eine Erfrischung aufgesucht wird, während in trockenen
Jahren das Wasser völlig versiegt. Ob gegenwärtig dieser Wasserfaden
noch im Boden sich eingraben kann und überhaupt auf die Bodengestalt
eine und sei es auch die geringste Wirkung ausüben kann, möchte ich
bezweifeln. Übrigens können in engen Schluchten und Grotten, wohin kein
Sonnenstrahl dringen kann, die Sickerwässer im Winter gelegentlich
märchenhaft schimmernde Eisgebilde schaffen, wie in der Eishöhle in der
Weberschlüchte (Abb. 98).

[Illustration: Abb. 85. +Lichtenhainer Wasserfall.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 82.)]

[Sidenote: Die Biela.]

Das Sandsteingebiet auf der linken Seite der Elbe ist bedeutend
wasserreicher, daher hier die Bodengestalt eine andere. Die Ursache
des größeren Quellenreichtums ist, wie schon mehrfach ausgesprochen,
in der zu Tage tretenden Plänerschicht zu suchen, auf der fast
sämtliche Quellen ihren Ursprung haben. Dazu gehören in erster Linie
die Quellen, die nach allen Seiten aus der Umgebung des Schneeberges
abfließen und größere Bäche bilden, vor allem die Biela mit dem
Cunnersdorfer Bache und der Krippenbach. Ferner müssen, wie von Gutbier
hervorhebt, die prächtigen Quellen erwähnt werden, die in der Umgebung
der Schweizermühle (Abb. 99) hervortreten und zur Begründung der
dortigen Wasserheilanstalt Veranlassung gaben. Sodann die Quellen in
der Umgebung von Hermsdorf und diejenigen, die das versumpfte Terrain
am Dorfe Leupoldishain bilden; sie entspringen jedenfalls auf den
Plänerlagen. Dann die reichen Quellen der Wasserheilanstalt Königsbrunn
im Hüttental, ein am südlichen Abhange der Festung Königstein
vorbrechender starker Quell, ein eisenhaltiger Brunnen im Städtchen
Königstein am Fuße des Pfaffenberges, die Quellen bei Naundorf und
Kleinstruppen, die Quellen bei Pirna, aus denen die Stadt mit Wasser
versorgt wird.

Die erwähnten Bäche dieses Gebietes führen beständig Wasser und haben
einen drei- bis viermal so langen Lauf als die sandgeborenen Bächlein
östlich von der Elbe. Der längste Bach, die Biela, die oberhalb
Eiland entspringt, hat eine Länge von 17 _km_. Von Eiland, wo
der Talboden noch 440,6 _m_ hoch liegt, bis zur Mündung in
Königstein (118,8 _m_ über Meer) sinkt der Bachspiegel um mehr
als 300 _m_ und daher beträgt das Gefälle 1 : 53, ist also noch
einmal so bedeutend als bei der Kirnitzsch und Polenz. Betrachtet
man das Quellental der Biela oberhalb Eiland, wie es mit einemmale
tief zwischen Felsen eingesenkt erscheint, so möchte man meinen, es
fehle das eigentliche Quellgebiet, das wir auf der Hochebene suchen
müßten. Dazu zeigt die gleiche Richtung des Oberlaufes der Biela, des
Cunnersdorfer- und Krippenbaches, daß dieselbe durch die Bodengestalt
vorgeschrieben ist. Zugleich erinnern wir uns, daß die Sandsteinbänke
dieser Seite bei der Hebung des Erzgebirges mit gehoben sind und sich
nach Nordnordost senken. Größerer Wasserreichtum und schräggeneigter
Boden mußten die Erosion kräftiger gestalten und das nachfließende
Wasser mußte die Kraft haben, einen Teil des verwitterten und
aufgelösten Gesteins mit fortzuführen. Daher mußte auf dieser Seite
die Zerstörung des Gebirges viel weiter vorgeschritten sein; es mußten
vor allem die der Dürre zugeschriebenen Cañons der rechten Elbseite
wenn auch nicht ganz fehlen, aber doch viel seltener erhalten sein:
kurz das Wildgroteske der Landschaft östlich von der Elbe mußte hier
zurücktreten, folglich mußte aber diese Seite weniger besuchenswert
erscheinen. Und so kann es uns nicht mehr befremden, zu sehen, daß der
Begriff der Sächsischen Schweiz ursprünglich nur dem östlichen Teile
des Sandsteingebietes galt, wo wilde, klippenreiche, enge Gründe,
Felsenkessel und Felstürme häufiger anzutreffen waren. Westlich der
Elbe sind statt der Klippenreihen nur einzelne Felsmassen als „Steine“,
die aus den Hochflächen hervorragen, erhalten geblieben; und dies trotz
alledem, daß links der Elbe, dank der Hebung des Erzgebirges, die
Sandsteinbänke höher emporgehoben, also auch die höchsten Punkte des
Gebirges, den Hohen Schneeberg und Großen Zschirnstein umfassen.

[Illustration: Abb. 86. +Der Hockstein.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 84.)]

[Sidenote: Gottleuba.]

[Sidenote: Langenhennersdorfer Tal.]

Wie die Wesnitz am rechten Elbufer, so berührt auch die Gottleuba
auf dem linken Ufer auf nur kurzer Strecke das Sandsteingebiet.
Ihre Quellen liegen schon im Erzgebirge. Aber beider Bäche Umgebung
zeigt auch darin eine Ähnlichkeit, daß wir den ehemals berühmteren
Liebethaler Steinbrüchen die gegenwärtig noch bedeutenderen Brüche
von Rottwerndorf gegenüberstellen können, die aber, obwohl auch sehr
sehenswert, doch nie das Ziel bewundernder Naturfreunde geworden
sind. Nur eine Merkwürdigkeit muß noch im Gottleubatal Erwähnung
finden, nämlich der Langenhennersdorfer Wasserfall, der einzige
natürliche Wasserfall in der ganzen Sächsischen Schweiz, der also
nicht bloß, wie alle anderen, durch Stauwasser gebildet wird. Der
Langenhennersdorfer Bach entspringt im Sandsteingebiet, fließt durch
das langgestreckte Dorf, das ihm den Namen gegeben und stürzt sich dann
über die Sandsteinbank unmittelbar in den Gottleuber Grund. Dieser
Grund gehörte noch vor vierzig Jahren zu den besuchtesten Partien des
Gebirges. Die wasserreiche Gottleuba schäumte in einem von riesigen
Edeltannen bestandenen Grunde, durch den ein wenig gepflegter Fußpfad
zwischen Felsblöcken und üppigem Gebüsch aufwärts führte, zwischen
bemoosten Steinmassen talabwärts und nahm den zeitweilig wasserreichen
Hennersdorfer Bach in einer einsamen, aber höchst malerischen Umgebung
in sich auf.

[Illustration: Abb. 87. +Hohnstein und das Polenztal.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 84.)]

Jetzt zieht die Eisenbahn durch den engen Grund, Hotels und
Fabrikanlagen sind entstanden, das Bachbett ist zwischen Steinmauern
gefesselt und der unnützen Felsblöcke entledigt, der hohe Tannenwald
ist gefällt, das Wasser des Baches ist wie verschwunden. Daher sagt
O. Lehmann mit Recht: „Der Besuch des Falls ist selbst nach starkem
Regen kaum noch lohnend, da der Fall infolge des Straßenbaues und der
Entwaldung die früher schöne Umgebung gänzlich verloren hat.“ Wer
aber diese Landschaft noch in ihrer ganzen Pracht gesehen hat, denkt
nur noch mit Wehmut an die verschwundene Herrlichkeit und wünscht, es
möchten solche Meisterstücke der Natur ebenso wie die Denkmäler alter
Kunst von seiten des Staates vor der Vernichtung geschützt werden
können.

[Illustration: Abb. 88. +Die Königskiefer über dem Polenzgrunde.+

Liebhaberaufnahme von W. Thiel in Dresden. (Zu Seite 84.)]

Doch ist glücklicherweise das Tal der Gottleuba nicht das einzig
sehenswerte auf dieser Seite der Elbe gewesen. Das obere Bielatal,
namentlich südlich und in der Nähe der herrlich gelegenen
Wasserheilanstalt Schweizermühle, ist reich an grotesken Felsbildungen
(Abb. 100), die in ihren abenteuerlichen Formen leider nur zu leicht
die Veranlassung wurden, daß diesen Felstürmen oder Säulen allerhand
zum Teil recht abgeschmackte Namen erteilt worden sind. Aber damit
sind die romantischen Talbildungen auch erschöpft, denn alle übrigen
Täler sind an den Seiten von dichtem Wald bekleidet, aus dem selten
noch ein Felsen oder eine Steinwand aufragt; dagegen ist diese Seite
des Gebirges reicher an ausgedehntem Hochwald, und Freunde einer
stillen Waldespracht durchstreifen gern diese Einsamkeiten, in denen
nur selten, wie etwa am Krippenbache, eine einsame Mühle steht, wie die
Forstmühle oder die uralte Rölligsmühle, die seit mehr als dreihundert
Jahren im Besitz derselben Familie Röllig sich erhalten hat.

[Illustration: Abb. 89. +Der Eingang in den Liebethaler Grund.+
Stich von Ludwig Richter.

Aus „Dreißig An- und Aussichten zu dem Taschenbuch für den Besuch der
Sächsischen Schweiz“. (Zu Seite 85.)]



VII.

Klüfte und Verwitterung.

    „Der hervorstechende Charakter dieser Berge und der zunächst
    daranstoßenden Gründe ist Verwüstung und Untergang im großen und
    kleinen.“

    _M._ +Chr. Weiß.+


[Sidenote: Klüfte und Verwitterungen.]

Aus unseren bisherigen Betrachtungen hat sich ergeben, daß zur Bildung
der Oberflächengestalt der Sächsischen Schweiz das fließende Wasser,
namentlich der Elbe, sehr viel beigetragen hat und daß auch ihre
Nebenflüsse mitgewirkt haben, daß aber der Betrag ihrer Leistungen
mit der geringeren Wassermenge, über die sie verfügen, abnimmt. Die
Erosionsarbeit an den Nebenflüssen ist größer als bei deren Zuflüssen.

[Illustration: Abb. 90. +Schloß Lohmen.+

Nach eigener Aufnahme der Verlagshandlung. (Zu Seite 86.)]

Bei der Elbe ist die Durchsägung des Gebirges vollendet, bei den
Nebenflüssen noch nicht; bei deren Zuflüssen hat sie kaum begonnen.
Mit Abnahme der überhaupt vorhandenen Wassermengen hat die Tätigkeit
der Nebenflüsse mit der des Hauptstromes nicht gleichen Schritt
halten können. Das ist am klarsten bei der Größe des Gefälles zu
erkennen. Wenn hier wenigstens noch ein Verhältnis von 1 zu mehr als
100 festgestellt werden konnte, so beträgt das Gefälle in manchen
Seitenschluchten gar 1 : 6 oder 1 : 4.

[Illustration: Abb. 91. +Der Zscherregrund.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 90.)]

Die Möglichkeit einer noch weiterhin wirkenden Erosion und damit einer
weiteren Modellierung des Reliefs ist damit gegeben. Die Abtragung und
Umgestaltung des Sandsteingebirges wird also seinen stetigen, wenn auch
sehr langsamen Fortgang haben.

Aber es treten auch noch andere Kräfte und andere Ursachen hinzu,
die eine allmähliche Vernichtung der Gebirgsgestalt herbeiführen und
zwar schneller als in den benachbarten Gebirgen, in der Lausitz und
im Erzgebirge, in denen weit festere, widerstandsfähigere Gesteine
vorherrschen als in der Sächsischen Schweiz.

[Illustration:

    Königstein

Abb. 92. +Die Basteibrücke, vom Ferdinandstein gesehen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 90.)]

[Sidenote: Der Quadersandstein.]

[Sidenote: Die Entstehung der Klüfte.]

Von dem allergrößten Einfluß ist hier die uranfängliche Schichtung des
Gesteins in wagerechte Bänke und die sehr frühzeitig hinzugetretene
Zerklüftung der Bänke durch meist senkrechte Spalten. Diese
zahlreichen senkrechten Klüfte, die in Verbindung mit den wagerechten
Schichtenfugen die Sandsteinbänke in Quader zerlegen, wonach dieser
Kreidesandstein als Quadersandstein bezeichnet und das Gebirge auch
wohl ein Quadergebirge genannt wird, sind nirgends mit Verschiebungen
verknüpft, dürfen also nicht, wie es noch durch Gutbier geschah,
einfach dadurch erklärt werden, daß die Meeresablagerungen, sobald
sie aus dem Wasser auftauchten und allmählich austrockneten und sich
daher zusammenzogen, Risse bekommen hätten, die wir nun als Klüfte
bezeichnen. Denn unter solchen Umständen wäre die große Regelmäßigkeit
der Kluftrichtungen durchaus nicht zu erklären. Vielmehr müssen zur
Erklärung die geologischen Kräfte herangezogen werden, durch die
überhaupt die Sandablagerungen aus dem Wasser gehoben wurden.

Wenn wir nun sahen, daß die erzgebirgische Hebung in der Richtung
von Westsüdwest nach Ostnordost erfolgte, und daß die eine
Hauptkluftrichtung im Sandstein genau dieselbe ist, so suchen wir dafür
die einfache Erklärung, daß beide Erscheinungen, Gebirgserhebung und
Kluftrichtung, auf diese Ursache zurückführen.

Nun erfolgte aber die Überschiebung des Lausitzer Granits in der
Richtung von Südost nach Nordwest, und in derselben Richtung sehen
wir eine zweite Hauptrichtung der Klüfte im Sandstein verbreitet. Wir
können auch diese beiden Erscheinungen wieder in denselben Zusammenhang
bringen und erkennen zugleich, daß die Entstehung der Klüfte in die
Tertiärzeit zurückreicht, daß also damals, als die Elbe über den noch
viel niedrigeren Ebenheiten ihre erodierende Arbeit begann, sie bereits
ein stark zertrümmertes Gestein vorfand, das sie mit ihren Wasserfluten
bewältigen und fortführen konnte. In die entstandenen Klüfte ist damals
auch an vielen Stellen der Basalt von unten her eingedrungen, hat aber
nur selten die Oberfläche des Sandsteins erreicht.

[Illustration: Abb. 93. +Die Schwedenlöcher.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 90.)]

Da die Hauptrichtungen der Klüfte sich fast rechtwinkelig
durchschneiden, so können dadurch merkwürdige Bildungen der Felswände
entstehen.

[Sidenote: Der Gorisch.]

Die beste Vorstellung von der Gruppierung der Klüfte gewinnt man aus
der Betrachtung eines Grundrisses, wie ihn von Gutbier vom Gorisch
entworfen hat (Geographische Skizzen S. 31, vergl. Abb. 94). Zur
Erläuterung fügen wir seine eigenen Worte hier an. „Um auf hinreichend
großem Raum das gegenseitige Verhalten jener Absonderungen (Klüfte)
zu beobachten, war der Gorischstein, welcher gegen eintausend
Quadratruten (fast zwei Hektar) Felsoberfläche bietet und nur mit
niedrigem Strauchwerk, Heidelbeergestrüpp und Heidekraut bewachsen
ist, am besten geeignet. Der Gorisch verdient besondere Beachtung
wegen der Wildheit, welche ihm die größte Unebenheit seiner Platte und
die zahlreichen weiten und tiefen Klüfte verleihen, zugleich wegen
der Regelmäßigkeit, welche dennoch in dessen Absonderungen herrscht.
Die durch diese Beschaffenheit wesentlich erschwerte Aufnahme dieses
Felsens wurde mit Meßtisch und Kette in großem Maßstabe ausgeführt und
dann reduziert.“

[Illustration: Abb. 94. +Grundriß der Felsplatte des Gorisch+
(nach v. Gutbier).

_Z_ Zugang; _G_ Gipfel; _B_ vorstehende Blöcke;
_L_ Längenabsonderung, auf den Königstein treffend; _Q_
Querabsonderung; _F_ Fallrichtung der Schichten. (Zu Seite 102.)]

„Die eine Absonderung streicht aus Nordwest in Südost, die andere
aus Nordost in Südwest. Diese Klüfte aus Nordost in Südwest sind am
häufigsten, aber die anderen von Südost in Nordwest wichtiger, denn
in dieser Richtung ist der Felsen in zwei Teile getrennt und hat in
ebenderselben seine längste Erstreckung.“

An diese allgemeinen Beobachtungen fügt von Gutbier dann noch die
beachtenswerte Bemerkung: „Es bewährt sich hierbei wieder die alte
Regel der das Gebirge am besten kennenden Forstmänner: Die Klüfte,
welche an einer Seite der Felsen den Aufweg möglich machen, gestatten
gewöhnlich auf der anderen Seite das Herabsteigen.“

Man darf aber nicht meinen, die Beobachtung dieser Erscheinungen
komme in der Landschaft nicht zum Ausdruck. Wir wollen gleich das
auffälligste Beispiel voranstellen. Man kann sich wohl vorstellen,
daß, wenn wie am Gorisch die Klüfte sich fast rechtwinkelig schneiden
und diese Klüfte an den aufragenden Felsen und „Steinen“ bis auf
den Schuttkegel heruntergehen, dann solche eigentlich von der
Hauptmasse des Felsens schon abgelöste Quadertürme niederbrechen und
die rechtwinkeligen Lücken als ihren ehemaligen Standort noch lange
Jahre erhalten. Das zeigt sich nun auf der Südseite der Felswände am
Königstein, die geradezu im Zickzack verlaufen, was man besonders bei
abendlicher Beleuchtung vom Pfaffenstein aus beobachten kann, wo die
Felswände in gleichen Abteilungen beleuchtet sind oder im Schatten
liegen. An anderen Orten treten aus den Felsmassen einzelne sich
immer mehr verjüngende Pfeiler vor; so etwa am Heringsgrunde oberhalb
Schmilka, in der Richtung nach der Heiligen Stiege. Es kann schließlich
auch alles Gestein neben dem vordersten Pfeiler niedergebrochen sein;
dann bleibt ein einzelner Turm stehen und „zeugt von verschwundener
Pracht“. Dafür bietet der Felsenturm auf der senkrecht zerklüfteten
Wand rechts vom Eingange in den Großen Dom ein schönes Beispiel oder
die Barbarine am Pfaffenstein (Abb. 101) oder der Felsenturm an der
Heiligen Stiege (Abb. 102) oder am Wildschützensteige (Abb. 103), den
die Gebirgsvereinssektion Postelwitz am Fuße der Schrammsteine angelegt
hat, oder der Bloßstock (Abb. 104), d. h. der alleinstehende Fels an
den Klippenausläufern des Kleinen Winterberges, oder der Zuckerhut am
Gabrielensteige (Abb. 105) im Prebischgrunde.

Wenn nun auch in der Regel die Klüftung von oben nach unten senkrecht
verläuft, so ist gleichwohl doch nicht im entferntesten an eine
Gleichmäßigkeit zu denken oder daß die Klüfte in annähernd gleichen
Abständen niedergehen. Sie sind vielmehr häufig gesellig, dicht
nebeneinander mehrere, und dann erst wieder in weiterer Entfernung. Wo
sie nun gesellig auftreten, wird natürlich das Gestein der Felswand
am meisten in kleinere Quadern zerlegt und diese verlieren, da die
Verwitterung leichter in die wagerechten Schichten eindringen kann,
leicht ihren Halt und brechen heraus. Da unten am Boden bei größerer
Feuchtigkeit die Auflösung des Gesteins rascher fortschreitet, brechen
am ehesten unten einzelne Quadern aus ihrem Zusammenhange und bilden
so, bei fortschreitender Zerstörung, den Anfang einer Schlucht.

[Illustration: Abb. 95. +Die Kleine Gans.+

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
90.)]

[Sidenote: Das Uttewalder Tor.]

Oben können Blöcke eingeklemmt bleiben und erreichen, wenn sie auch
niederbrechen, doch nicht den Boden, sondern zeigen uns das Bild des
Uttewalder Tores (Abb. 106), das nicht einzig in seiner Art dasteht und
sich mehrfach, wenn auch in bescheideneren Verhältnissen, wiederholt.

Auf dem genannten Bilde sind die wagerechten Bänke mit der an den
Schichtenfugen deutlich sichtbaren Verwitterung durch gesellige Klüfte
von oben nach unten gespalten, aber die dadurch entstandenen kleineren
Quader in den vorderen Lagen bereits niedergebrochen. Es ist also der
Anfang einer Schlucht gemacht.

[Illustration: Abb. 96. +Der Amselfall.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 90.)]

[Sidenote: Kluftrichtung im Zscherregrunde.]

[Sidenote: Zusammengebrochene Wände.]

Die Klüfte brauchen aber nicht, wie auf dem Grundriß, immer
rechtwinklig gleichsam in die Felswände einzudringen. Die vorliegende
Erscheinung ist durch die Richtung des Uttewalder Tales bedingt. Wo die
Gründe in anderer Richtung streichen, wie im Zscherregrunde, kann die
Klüftung parallel der dem Grunde zugekehrten Wandfläche erfolgen und
dann löst sich eine große Tafel dermaßen von dem dahinter liegenden
Bergmassiv ab, daß man hinter der Tafel durchschlüpfen kann, besonders
wenn die Tafel sich noch etwas nach vorn geneigt hat infolge des
ehemals den Grund unterwaschenden Baches. Dieses schöne Beispiel im
Zscherregrunde hat leider den geistlosen Namen „Die Schiefertafel“
erhalten. Viel häufiger aber kommt es vor, daß geneigte Felspfeiler
niederbrechen, aber ihren Zusammenhang behalten und unten am Boden sich
schräg an die unerschütterlich feststehende Felswand anlehnen, oder
daß mehrere Felsmassen bei ihrem Sturze schräg gegeneinander geneigt
bleiben und unechte Höhlen bilden, wie es dergleichen viele in der
Sächsischen Schweiz gibt. Dieses schräge Anlehnen größerer Felsmassen
und Gegeneinanderfallen von Steinwänden ist nirgends so häufig und so
dicht nebeneinander eingetreten als bei Tyssa (Abb. 107); man möchte
sagen, eine ganze Felsenwelt sei hier zusammengebrochen und habe so
ein Labyrinth von Felsen, Wänden und Steintürmen geschaffen, daß man
sich in diesen Höhlen und Felsengen nur mit dem Kompaß zurecht finden
kann. Ähnlich liegen auch im „Labyrinth“ bei Hermsdorf, ebenfalls
in der Nähe des Bielatales, die Felsmassen durch- und übereinander,
daß man unter und zwischen ihnen hindurchschlüpfen kann und sich
nur mittels der zahlreich an den Felswänden angebrachten Wegemarken
aus diesem Wirrsal wieder heraus zu finden vermag. Auch die Kamine,
Spalten und Pfeiler am Pfaffenstein zeigen ähnliche Bildungen. Die
Schwedenlöcher an der Bastei und der Teufelsgrund bei Wehlen gehören
auch hierher. Ein historisch noch besonders merkwürdiges Beispiel
bildet die Götzinger-Höhle (Diebeskeller, Abb. 108) am Abhange
des Kleinen Bärensteins. Hier ist durch das Zusammenstürzen oder
Gegeneinanderfallen der Wände eine größere, in der Mitte höher gewölbte
Höhle gebildet, in der der Gebirgsverein eine Gedenktafel mit folgender
Inschrift hat anbringen lassen: „Dem Andenken | Wilhelm Leberecht
Götzingers | der hier die erste Anregung empfing | zur Erforschung
| der Naturschönheit der sächs. Schweiz | weihte diesen Ort |am 12.
Sept. 1886 | der Gebirgsverein für die sächs.-böhm. Schweiz.“ -- Der
Tag wurde gewählt, weil hundert Jahre vorher Götzinger die Vorrede zu
seinem ersten Werke, in dem er die Schönheiten des Gebirges pries, am
12. September unterschrieben hatte und der Ort für besonders geeignet
gefunden, für Götzinger eine ehrende Gedächtnistafel anzubringen,
weil in seinem Werke „Schandau“ gerade der Besuch dieser Höhle als
die besondere Veranlassung bezeichnet ist, wodurch vor allem in
Götzinger die Bewunderung und Liebe für sein schönes Heimatland
erregt wurde. Er schreibt darüber: „Einige zusammengestürzte, sehr
große Felsenbänke bilden hier eine große hohe Höhle, durch welche man
ganz hindurch gehen kann und welche so geräumig ist, daß sie oft zum
Notstall der Thürmsdorfer Schäferei gebraucht wird... Die Außenseite
der anlehnenden Wand zeigt ganz besondere eingefressene Figuren
(Auswitterungen), welche auf der einen Seite viele Ähnlichkeit mit
einem großen Wespenneste haben, und auf der anderen Seite wie die in
Holz eingefressenen Fahrten des Holzwurmes aussehen, die in Menge
übereinander laufen und welche inwendig viel weiter sind als ihre
Öffnungen ...“

[Illustration: Abb. 97. +Der Talwächter am Großen Dom.+

Liebhaberaufnahme von Marine-Oberstabsarzt _Dr._ Ruge in Kiel. (Zu
Seite 93.)]

[Illustration: Abb. 98. +Eisgrotte in der Weberschlüchte.+

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
93.)]

[Sidenote: Die Götzinger-Höhle.]

„Ich verlasse diese Höhle aber nicht ohne frohes -- innig dankbares
Andenken an die Jahre meiner Kindheit. -- Bilder der Erinnerung
meiner frühesten Lebensjahre, ihr steht vor mir, so oft ich dieser
Höhle und seiner Umgebungen gedenke! -- In dem benachbarten Dorfe
Struppen geboren und acht Jahre darin erzogen, hörte ich schon als
Kind von dieser Höhle sprechen, und da ich von einem Vater meine erste
Geistesbildung erhielt, der selbst ein so warmer Freund der Natur war
und so gern und so oft unter ihren Schönheiten wandelte, so hielt
es nicht schwer, die Erlaubnis zu einer kleinen Reise nach dieser
Höhle zu erhalten. -- Es war meine +erste+ Naturreise, denen so
viele gefolgt sind. -- Wie ich mit stummem Erstaunen vor ihr und in
ihr stand, und es gar nicht begreifen konnte, wie man so etwas habe
bauen können; und wie ich in der Folge diese Höhle und diese Felsen
mit meinen Gespielen mehrmals besuchte; wie gerade diese Höhle mich
auf die Natur und auf die sonderbaren Gestalten immer aufmerksamer
machte, die sie in der Gegend umhergestellt hat; wie dadurch der
Geschmack an den Freuden der Natur und die Liebe zu ihr in mir erweckt,
erwärmt und immer mehr gebildet ward; wie ich da so oft auf hohen
Standpunkten dieser Gegend und besonders vom Königstein herunter, in
dem Anschauen ihrer nahen und fernen Reize versunken war; -- das alles
kommt mit den Erinnerungen an diese Höhle und ihre Umgebungen lebhaft
in mein Gedächtnis und geht in den innigsten Dank gegen den Urheber
meines Daseins über, das gerade in dieser die Aufmerksamkeit so sehr
aufreizenden Gegend seinen Anfang nehmen mußte. -- Die Anhänglichkeit
an die Schönheiten der Natur hat so viele reuelose Freuden über mein
Leben verbreitet, so viel Aufheiterung und Erquickung in mein oft
gebeugtes Herz gegossen und selbst zur Bildung meines Geistes und
Herzens so vieles beigetragen, als daß ich an der Stelle, bei welcher
der erste Grund dazu gelegt ward, nicht ihrer dankbar erwähnen sollte.
-- Jeder gute, jeder wahre Freund der Natur und ihres Schöpfers wird
mir es daher gewiß gern verzeihen, wenn ich mit diesen Rückblicken auf
mich und meine frühesten Jahre die Beschreibung unterbreche. Er wird
mich verstehen.“

       *       *       *       *       *

[Sidenote: Schräge Klüfte.]

Bisher sind eigentlich nur die Erscheinungen und Wirkungen der
senkrechten Klüftungen geschildert; aber es kommen auch zahlreiche
schräge Klüftungen vor, die aber gegen das Gesamtbild der Steinwände
nur als Ausnahmefälle gelten können. Nur wo an größeren Steinmassen,
wie z. B. am Großen Bärenstein (Abb. 109), die schräge Richtung jedem
Beschauer in die Augen fallen sollte, ist sie wohl beobachtet worden.
Die meisten Wanderer gehen achtlos daran vorüber. Nun hat zwar Gutbier
(Abb. 19, S. 35) eine Zeichnung von der Südwestseite des Naundorfer
Großen Bärensteins gegeben, auf der die schräge Zerklüftung neben
der senkrechten in auffälliger Weise zur Anschauung gebracht ist,
allein das Bild ist nicht getreu und gibt eine falsche Vorstellung,
fast als ob die schrägen Wände eben noch im Fallen begriffen wären.
In Wirklichkeit erscheint, von derselben Seite aufgenommen, die
Felsenwand des Bärensteins doch anders. Und hier sieht man namentlich
auf der rechten Seite des Bildes die senkrechten und schrägen Klüfte in
merkwürdiger Weise wechseln. Die Ursache dieser Erscheinung harrt noch
der Erklärung.

[Illustration: Abb. 99. +Bad Schweizermühle.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 94.)]

[Sidenote: Die Verwitterung.]

Eine sehr merkwürdige Vereinigung der verschieden gerichteten
Schichtung trifft man im Hochtal oberhalb des Großen Domes (Abb.
110). Unten erblicken wir in der Mitte des Bildes die wagerechten
Bänke der Sandsteinablagerungen, durch Verwitterung unterhöhlt,
weil Wasser aus dem Gestein sickert. Darüber die etwa unter einem
Winkel von 45° aufsteigende schräge Kluftbildung und linker Hand die
Anfänge von Schluchtenbildung bei senkrechter Zerklüftung der hier
wieder wagerecht liegenden Bänke. Gerade die Mannigfaltigkeit dieser
verschiedenen Kluftbildungen mußte zur Zerstörung größerer Steinmassen
wesentlich beitragen und dadurch die unglaubliche Abwechselung in der
Gestaltung der erhaltenen Trümmer erzeugen, die immer von neuem die
Aufmerksamkeit auf sich ziehen und die Menschen reizte, je nach der
Leistungsfähigkeit ihrer Phantasie, den abenteuerlichen Steingebilden
passende und unpassende Namen zu erteilen, die einmal gegeben, von Mund
zu Mund weiter gingen und sich einbürgerten. Hier könnten vor allem
die Verfasser von Führern und Wegweisern durch die Sächsische Schweiz
zur Beseitigung zunächst der ganz unpassenden oder zwecklosen Namen
beitragen, indem sie dieselben grundsätzlich nicht mehr erwähnen.

Die Zerklüftung und Schichtung schafft eckige Formen, die Verwitterung
in der Regel rundliche.

[Illustration: Abb. 100. +Die Herkulessäulen bei Bad
Schweizermühle.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 98.)]

Die Verwitterung greift die Steilwände zuerst und zwar von oben her
an. Die Abrundung der Felsmassen geht von oben nach unten vor sich.
Eingedrungener Regen, Schnee, Frost und Wiederauftauen des Eises
in den Klüften arbeiten beständig an der Erweiterung der Spalten;
auch eingedrungene Baumwurzeln können dazu beitragen; aber dieser
Zerstörungsprozeß geht sehr langsam vor sich. Vor allem aber fällt
ins Gewicht, daß das tonige Bindemittel, das den Sand der alten
Meerablagerung zu festen Steinbänken verkittet hat, sehr leicht durch
Wasser aufgeweicht wird und damit das Gefüge gelockert wird. Dagegen
widersteht das kieselig tonige Bindemittel, wie es in den meisten
feinkörnigen Sandsteinen vorhanden ist, weit besser der Zerstörung.
Wie stark diese Auflockerung und Auflösung des Gesteins gewesen ist,
sieht man an allen den unzähligen senkrechten Wänden. Wenn nicht am Fuß
derselben ein Rinnsal oder gelegentlich ein Bächlein entlang fließt
und den herabgefallenen Sand mitnimmt und fortspült, findet man überall
an den Felsenwänden einen Schuttkegel von Sand und Blöcken mit einer
bedeutenden Böschung aufgehäuft, die namentlich an den alleinstehenden
Steinmassen auffällt und eine typische Erscheinung aller „Steine“
bildet. Die Verwitterung greift vor allem die Schichtenfugen und die
Klüfte an. An kahlen Felstürmen verwittern die Gipfel dermaßen zu
rundlichen Köpfen, daß man ihnen Namen gegeben hat, wie Mehlsäcke und
die Hafersäcke am „Brand“. Derartig abgeschliffene Formen finden sich
auch in den Schrammsteinen und am Großen Zschand (Abb. 111, 112, 113).
Wenn aber vollends die oberen Bänke aus besonders weichem Gestein
bestehen und sich daher völlig in Schutt und Sand auflösen, der auf
den unteren festeren Schichten zum Teil liegen bleibt, dann entstehen
großartige Felsterrassen wie am Teichstein in der Nähe des Zeughauses
oder an den Wänden nordöstlich vom Prebischtor. Hier erscheinen die
Steilwände der unteren Bänke schon fast ganz in dem Schuttkegel
begraben.

[Illustration: Abb. 101. +Die Barbarine beim Pfaffenstein.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 103.)]

[Sidenote: Felsformen am Gorisch.]

Nur wo das Gestein der Verwitterung trotzt, zeigen auch die Felsplatten
und Felstürme wunderlich eckige oder höckerige Oberflächen (Abb. 114),
auf denen der Fuß nur schwierig einen festen Stand gewinnen kann;
oder es zeigen die Felstürme nicht eine abgerundete, abgeschliffene
Kopfform, wie sie bei den Mehlsäcken beschrieben sind, sondern es
bleiben Zacken, Widerhaken und abenteuerliche Spitzen stehen. Für
diese Gestaltung ist vor allem der Gorisch charakteristisch. „Die
Oberfläche der Felsenpfeiler ist nach Theiles Beschreibung in Über
Berg und Tal, 1887, S. 157, meist sehr uneben, an vielen Stellen mit
kegelförmig zugespitzten Höckern versehen oder zeigt Nachbildungen
von ganzen Gebirgslandschaften.“ Eine höchst seltsame, wohl einzig
in der Sächsischen Schweiz dastehende Bildung zeigt ein isolierter
Steinkegel (unterhalb der eigentlichen Tafel des Berges) in der Nähe
des westlichen Endes. Dieser Turm läuft oben in eine stumpfe Spitze
aus, die mit allerhand wunderlichen Felszacken und Spitzen besetzt ist.

[Illustration: Abb. 102. +Felsenturm an der Heiligen Stiege.+

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
104.)]

[Sidenote: Auswitterungen und Höhlen.]

Die letzte Form dieser Art von Zerstörung der Felsmassen könnte man
schon als Auswitterung bezeichnen; allein im engeren Sinne soll
darunter der Angriff der Atmosphärilien auf die senkrechten Wände und
einzelne Steinblöcke bezeichnet werden, die durch raschen Wechsel der
Temperatur, durch anschlagenden Regen, durch einfressenden Nebel,
vielleicht auch durch anhaftende Moospolster verursacht werden können.
Es entstehen Aushöhlungen am Gestein, die bei weiterem Fortschritt zu
wirklichen Höhlen sich auswachsen können.

[Sidenote: Das Prebischtor.]

Vor allem sind die Schichtungsfugen der wagerechten Bänke den Angriffen
der Luft ausgesetzt. Reihenweise erscheinen die Aushöhlungen dann
nebeneinander, meistens in den höheren Teilen der Wände. Klein,
rundlich und von wenigen Centimetern Tiefe und Breite stehen sie da mit
gewölbter Decke und wagerechter Sohle, von der nächsten Höhlung oft nur
durch zierliche Pfeiler getrennt, die in ihrer Gestalt an Sanduhren
erinnern. Auch übereinander treten sie auf (Abb. 115). Wenn die
Pfeiler dann auch gefallen oder verwittert sind, vereinigen sich die
benachbarten Vertiefungen schon zu größeren Höhlungen. Beispiele dafür
bietet das Bild einer Felswand am Gorisch, rechts vom Aufstieg zur
Tafel des Berges; aber hier finden sich die Höhlungen ziemlich niedrig
an der Felswand. Weiter fortgeschritten sieht man solche Bildungen
auch am Quirl und hier namentlich die große Höhle des Diebeskellers,
die 29 _m_ tief in den Felsen eindringt. Und schließlich
können, wenn schmalere hochaufragende Felswände oder Felsmassen von
zwei entgegengesetzten Seiten in dieser Art von der Auswitterung
angegriffen werden, große Höhlen und Tore, wie der Kuhstall (Abb. 116)
und das Prebischtor entstehen, die als die berühmtesten ihrer Art
kleinen Nachbildungen wieder ihren Namen verliehen haben wie Kleines
Prebischtor, Großer und Kleiner Kuhstall auf dem Pfaffensteine,
wenn diese auch nicht auf dieselbe Art entstanden sind. Auch die
Kleinsteinhöhle (Abb. 117) gehört hierher. Man ist früher der Ansicht
gewesen, diese großen Höhlen seien durch Meeresbrandung ausgewaschen
und hat auch die schrägliegenden und gestürzten Sandsteinbänke an den
Nikelsdorfer Wänden mit den von der Brandung angegriffenen Klippen
an der See verglichen oder auf die Stufenabsätze am Teichstein und
am Prebischtor hingewiesen; allein wirkliche Spuren eines hier
vorhandenen Meeres in der Diluvialzeit sind nicht nachzuweisen und es
müßten, wenn die Höhlen durch Wellen und Brandung geschaffen wären,
dieselben doch in annähernd gleicher Meereshöhe liegen. Das ist aber
nicht der Fall. Das Prebischtor liegt 420 _m_, der Kuhstall 309
_m_, die Kleinsteinhöhle 325 _m_ überm Meer. Allerdings muß
zugegeben werden, daß das Prebischtor, statt durch Auswitterung, auch
durch Ausbrechen der lockeren inneren Quadern entstanden sein kann.
Jedenfalls bleibt dies Tor die merkwürdigste und sehenswerteste Bildung
im ganzen Sandsteingebiet und wird außerdem noch wegen seiner einzig
schönen Aussicht geschätzt.

[Illustration: Abb. 103. +Am Wildschützensteige.+

Nach einer Aufnahme von _Dr._ Trenkler & Co. in Leipzig. (Zu Seite
105.)]

Endlich gibt es noch eine Art von Auswitterung, die den Fels nur auf
der Oberfläche angreift, ohne ihn völlig umzugestalten. Es entstehen
dadurch an den Wänden schmale vortretende Simse oder wagerecht
verlaufende Leisten. Oder es bilden sich auf den höchsten Steinplatten
beckenförmige Vertiefungen, gleichsam rundliche Steinwannen, die eine
allzu geschäftige Phantasie für Opferbecken aus der Heidenzeit erklärt
hat, weil man an der Gestalt dieser Becken glaubte, die Arbeit von
Menschenhand zu erkennen. Häufig findet sich Wasser in diesen Becken,
wie auf dem Großen Zschirnstein, wo man diese Wanne das Rabenbad
genannt hat; auch auf dem Lilienstein findet man ein solches Becken,
das über 1 _m_ lang und 40 _cm_ tief ist.

[Sidenote: Die Auswitterung.]

Eine wirkliche Kleinarbeit trifft man aber an einzelnen Felsen
namentlich in höheren Lagen, wo die Oberfläche so zierlich durchlöchert
ist, daß man diese Auswitterungen mit Honigwaben oder mit einem Schwamm
verglichen hat. Häufig ist hier der Sandstein von einem eisenschüssigen
Bindemittel durchsetzt und rostbraun gefärbt, und wenn hier das Eisen
nicht den ganzen Stein durchdringt, sondern nur eine Oberflächenschicht
erfüllt, dann wird, da das Eisen sich am schnellsten zersetzt, nur
der Überzug durchlöchert, wie bei einer Filigranarbeit, und diese
fällt, wenn sich nach innen der Zusammenhang mit der Hauptmasse des
Steines verloren hat, ab und sinkt zu Boden oder kann sehr leicht
abgeschlagen werden. Als Beispiel für diese Art der Auswitterung geben
wir zwei Ansichten, erstens von einem Felsblock unmittelbar am Eingange
zur Götzinger-Höhle (Abb. 118). Hier ist die Oberfläche rostfarben
von Eisen durchsetzt und die Oberflächenschicht an manchen Stellen
schon abgefallen, so daß man den glatteren Fels sieht. Die zweite
Ansicht zeigt einen grauweißlichen Sandstein, die untere Felsbank am
Schuttkegel im Hochtal oberhalb des Großen Domes (Abb. 119). Hier wird
nicht bloß die Oberflächenschicht angegriffen, sondern die Auswitterung
dringt tiefer, die ausgewitterten Höhlungen sind verhältnismäßig größer.

[Illustration: Abb. 104. +Der Bloßstock, fälschlich Blaustock;
alleinstehender Felsen.+

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
103.)]

Die Ursache dieser Art von Aushöhlungen ist noch nicht mit Sicherheit
gefunden. Gutbier schreibt dem Nebel die Ursache zu, und seine
Begründung hat viel für sich. Nach seinen Beobachtungen werden diese
Auswitterungen hauptsächlich am Fuß der Felsen angetroffen. „Diese Zone
ist unabhängig von der Höhe über dem Meere, unabhängig von gewissen
Schichten des Sandsteines, sie steht dagegen in genauester Beziehung
zu den sogenannten Fichtendickichten, zu der Höhe, in welcher junge
Nadelhölzer am dichtesten zusammengewachsen sind, tiefen Schatten
verursachen und jeden Luftzug verhindern.[2] In dieser Zone schlagen
sich an vielen Tagen im Jahre die Nebel nieder und können nicht
entweichen. Die Feuchtigkeit hängt sich in Tropfen an das Gestein und
wird zum großen Teile von demselben aufgenommen. Ein kieselig toniges
Bindemittel, wie in den meisten feinkörnigen Sandsteinen vorhanden,
widersteht am besten der Zerstörung; waltet aber der Ton vor, so
nimmt er begierig das Wasser auf, welches ihn mechanisch aufweicht
und ausführt; kalkiges Bindemittel wird durch die Kohlensäure im
Wasser zersetzt, ebenso wird der vorhandene Eisenocker ausgelaugt
und zur Zerstörung und Umbildung des Gesteines benutzt... Während
der Wintermonate verstärkt der Frost den Verwitterungsprozeß, indem
die kleinen Eiskristalle der eingedrungenen Feuchtigkeit das Gestein
auseinander treiben und zum Zerfallen bringen. Wie schwer außerhalb
der Nebelzone die ersten Anfänge der Verwitterung auf Felswände mit
frischem Bruch einwirken, zeigt eine hohe Wand an der Nordseite des
Pfaffensteines, welche sich durch helle Färbung vor ihren Nachbarn
heraushebt. Am 3. Oktober 1838 fand nämlich hier ein Felsensturz statt,
und die seit fast zwanzig Jahren bloßgelegte Wand hat ihre Farbe bis
jetzt (1857) noch nicht im mindesten verändert. Sie ist aber auch der
Wirkung aller Stürme bloßgestellt. Die architektonischen Verzierungen
an der Spitze des Höckerigen Turmes zu Meißen, welche gegen 500 Jahre
der Witterung ausgesetzt waren, haben kaum einen Zoll Stärke von außen
herein eingebüßt. Welche Zeiten werden nötig gewesen sein, um die
Felsensäule des Bieler Grundes aus dem Zusammenhange ihrer Schichten zu
bringen! Je mehr sie aus der ursprünglichen Verbindung heraustraten,
desto mehr wurden sie der Nebelzone, die überall in den Klüften
herrscht, entrückt, desto langsamer ging in den letzten Jahrtausenden
ihre Zerstörung von statten.“

[Illustration: Abb. 105. +Zuckerhut am Gabrielensteig im
Prebischgrunde.+

Nach einer Aufnahme von _Dr._ Trenkler & Co. in Leipzig. (Zu Seite
103.)]


    [2] Daß aber in allen Gegenden unseres Gebirgslandes seit
        Jahrtausenden viele Generationen der Nadelhölzer heranwuchsen,
        mithin jeweilig überall am Fuße der Felsen Dickichte bildeten,
        darüber wird niemand im Zweifel sein. --



VIII.

Die Steine und Felsenhöhen.


[Sidenote: Die Steine und Felsenhöhen.]

[Sidenote: Vergleich der Felsenhöhen rechts und links der Elbe.]

Was den spülenden Wassern der Elbe und ihren Zuflüssen, und was den
zersetzenden Einwirkungen der Luft auf dem Boden der Sandablagerungen
widerstand und im ganzen Gebirge durch seine auffälligen Gestalten und
seine Höhe vor allen den Blick auf sich zieht, sind die Felsenhöhen,
die nackten und zerrissenen Klippenreihen und die einzeln aufragenden
Steine. Ihre Höhe nimmt nach Norden ab; eine durch ihre Gipfelpunkte
oder Bergplatten gezogene Linie würde die allmähliche Neigung nach
Norden deutlich zum Ausdruck bringen. Aber es besteht doch ein
Unterschied zwischen den Bergen und Felsen rechts und links der Elbe;
ähnlich wie uns die Lagerung der Sandsteinbänke rechts der Elbe
wagerecht, links vom Strome nach Norden geneigt erscheint. Links
von der Elbe liegen die höchsten bewaldeten Bergplatten und einzeln
aufragende Steine, rechts die höchsten Basaltkuppen und zahlreiche
Felsenkessel und Klippenzüge. Wir wollen die höchsten und bekanntesten
Höhen hier einander gegenüberstellen.

           Links der Elbe:                   Rechts der Elbe:

    Schneeberg              721 _m_      Rosenberg             620 _m_
    Großer Zschirnstein     561 _m_      Großer Winterberg     551 _m_
    Kleiner Zschirnstein    471 _m_      Kleiner Winterberg    500 _m_
    Papststein              452 _m_      Rudolfstein           486 _m_
    Pfaffenstein            428 _m_      Lilienstein           411 _m_
    Königstein              360 _m_      Basteifelsen          305 _m_

Über den Ebenheiten oder über den Fuß des Berges erheben sich diese
Höhenpunkte durchschnittlich etwa 200 _m_, mit Schwankungen von
120-270 _m_. Es sind das natürlich nur annähernd zutreffende
Zahlen, weil sich bei manchen dieser Berge der Fuß nicht sicher angeben
läßt. Die angesetzten Zahlen sollen nur eine allgemeine Vorstellung
davon geben, wie hoch sich über der umgebenden Landschaft die einzelnen
Felsenberge mit ihren Steilwänden erheben und welchen Einfluß diese
kühnen Formen auf das Landschaftsbild ausüben müssen, so daß sich die
Sächsische Schweiz dadurch schon in weiter Ferne von den Umrissen der
Lausitzer oder Erzgebirgischen Höhen durchaus unterscheidet.

[Illustration: Abb. 106. +Felsentor im Uttewalder Grund.+ (Zu
Seite 104.)]

[Sidenote: Der Hohe Schneeberg.]

Wir beginnen mit der Beschreibung der wichtigsten Berge auf dem linken
Elbufer. Der Hohe Schneeberg (Abb. 120) stellt eine von Südwest nach
Nordost gestreckte Bergplatte von fast 2 _km_ Länge und 700
_m_ Breite dar. Die Sandsteintafel, die ganz mit Wald, auch an den
Abhängen, bedeckt ist, neigt sich in der Richtung der Längserstreckung
und fällt vom höchsten Punkte im Süden, 721 _m_, auf 628 _m_
im Nordosten. Der Berg bricht allenthalben in Steilwänden in den ihn
rings umgebenden Wald ab, namentlich aber nach der Südseite, wo der
rasche kurze Abfall ins Tal des Eulaer Baches einen Höhenunterschied
von 500 _m_ ausmacht, während auf der Nordseite der Unterschied
höchstens 200 _m_ beträgt. Der Abfall nach Süden ist aber nicht,
wie bei den meisten „Steinen“, durch eine einzige senkrechte Felswand
erfolgt, sondern in mehreren Absätzen und es sind hier infolge der
großen Verwerfungsspalte am ganzen Südrande des Erzgebirges die
etwa 10 _m_ starken Sandsteinbänke unter einem Winkel von
fünf Graden nach Süden eingefallen. Im Jahre 1824 wurde auf der
höchsten Stelle des Berges ein Steinwürfel gesetzt mit der Inschrift:
_Monumentum astronomico-geometricum_. Er bildete also einen
wichtigen Knotenpunkt für die Landesvermessung von Böhmen. Östlich von
dem Denkstein erhebt sich seit dem Jahre 1864 ein hoher steinerner
Aussichtsturm, von dem aus man die schönste und umfassendste Aussicht
im ganzen Sandsteingebirge genießt; denn man hat von hier aus nicht
bloß das landschaftlich schönste Bild namentlich gegen das Böhmische
Mittelgebirge vor sich, sondern auch die belehrendste Rundsicht,
insofern man vier verschieden gestaltete Gebirge: Erzgebirge,
Mittelgebirge, Sandsteingebirge und Lausitzer Gebirge um sich erblickt.
Der südliche Abhang des Schneeberges ist an der tektonischen Bruchlinie
mit einem ausgedehnten Felsenmeere von mächtigen Sandsteinblöcken
überdeckt.

[Illustration: Abb. 107. +Tyssaer Wände nach Franzens Aussicht.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 105.)]

[Sidenote: Die Zschirnsteine.]

In einer Entfernung von 8 _km_ Luftlinie beginnt nun im Norden
vom Hohen Schneeberg die Zone der „Steine“. Die Zone erstreckt sich
von Südost nach Nordwest, hat eine Länge von etwa 16 _km_ und
eine Breite von 6 _km_ und liegt mit Ausnahme der von der Elbe
umflossenen Halbinsel des Liliensteins ganz auf dem linken Ufer
des Stromes. Meistens liegen diese Steine paarweise, wie der Große
und Kleine Zschirnstein, der Zirkelstein und die Kaiserkrone,
der Katzstein und der Müllerstein, Koppelsberg und Kohlbornstein,
Papststein mit Gorisch und Kleinhennersdorfer Stein (hier liegen
drei Steine zu einer Gruppe vereinigt), Pfaffenstein und Quirl,
Bernhardstein und Nickolsdorfer Stein, Große und Kleine Bärenstein.
Diese Steinpaare liegen stets nordsüdlich zueinander. Dabei ist der
südliche Stein höher als der nördliche, wenn auch in einzelnen Fällen
nur um einige Meter.

Getrennt voneinander durch das tiefe Elbtal und einsam liegen die
beiden Stromwächter Königstein und Lilienstein.

[Illustration: Abb. 108. +Eingang zur Götzinger-Höhle (Diebeskeller)
am Bärenstein.+

Liebhaberaufnahme von Marine-Oberstabsarzt _Dr._ Ruge in Kiel. (Zu
Seite 106.)]

Der Große Zschirnstein (561 _m_), der höchste Sandsteingipfel in
Sachsen, bildet fast eine rhombische Gestalt mit der Längsachse von
Südost nach Nordwest und erhebt sich von allen Seiten in steilen, zum
Teil überhängenden Wänden. Die Bergplatte ist etwa 1 _km_ lang
und im Norden etwa 40 _m_ niedriger als im Süden. Der Buchenwald
auf der Höhe deutet auf das Vorkommen von basaltischem Gestein. Es
ist Dolerit, ein Feldspatdolerit, der gelegentlich in Feldspatbasalt
übergeht, aber sich nicht in Säulen absondert. Der Sandstein ist
grobkörnig und arm an Versteinerungen. Die Aussicht von seiner Höhe
gehört durch die prächtige Gruppierung der ihn umgebenden Berge und
Felsenhöhen zu den reichsten und reizendsten in der Sächsischen
Schweiz, daher manche sie auch jener vom Großen Winterberge, der nur
10 _m_ niedriger ist, vorziehen. Der Kleine Zschirnstein (471
_m_) fällt nur gegen Norden in steilen Wänden ab. Nordöstlich
vom Zschirnstein liegen, in der Luftlinie nur einen Kilometer von der
Elbe entfernt, der Zirkelstein (385 _m_) und die Kaiserkrone (358
_m_), beide nur noch Trümmer ehemaliger Tafelberge, aber weil von
offenen, etwa 270 _m_ hohen Ebenheiten umgeben, weithin sichtbar
und immer eine charakteristische Erscheinung in der Landschaft. Der
Zirkelstein ist nur noch ein bewaldeter Felsturm, der in zwei Absätzen
aufgebaut ist, so daß man auf der unteren Stufe ganz um den Felsen
herumgehen kann, der sich als oberer Absatz noch 42 _m_ hoch als
steile Wand erhebt und in einer Schlucht erstiegen wird. Von Odeleben
meinte, der so einzig und sonderbar gestaltete Zirkelstein könnte dem
Mathematiker und Geometer als Symbol dienen.

[Sidenote: Kaiserkrone, Papststein und Gorisch.]

Die Kaiserkrone ist bis auf drei einzelne Felsspitzen zertrümmert,
die in der Ferne eine gewisse Ähnlichkeit mit einer einfachen Krone,
aber nicht mit einer Kaiserkrone haben mögen. Früher hieß der
Felsen Galitzstein, ein Name, der erst im neunzehnten Jahrhundert
verdrängt wurde. Beide Felsen bestehen aus grobkörnigem Gestein, ihre
Zertrümmerung muß dem ehemaligen Elblauf, dessen Spuren wir weiter
westlich noch im Cunnersdorfer Tal finden, zugeschrieben werden.

Nordwestlich von ihnen erheben sich die drei Steine: Papststein (452
_m_), Gorisch (448 _m_, Abb. 121 u. 122) und Kleinhennersdorfer Stein
(395 _m_). Von ihnen sind die beiden ersten einer kurzen Beachtung
wert. Die Paßhöhe der Straße, die zwischen diesen Bergen hindurchführt,
beträgt 350 _m_, die „Steine“ an beiden Seiten ragen also nur 100 _m_
darüber hinaus und sind daher in einer Viertelstunde von der Straße aus
bequem zu ersteigen. Die Felsbildungen auf dem Papststein bieten nichts
Eigentümliches; aber der Berg wird vornehmlich seiner Aussicht wegen
besucht; er trägt seinen Namen nach dem nahegelegenen Orte Papstdorf
und wurde, seitdem der sächsische Prinz und Mitregent, später König
Friedrich August, ein großer Naturfreund, 1830 oben gewesen war, bequem
zugänglich gemacht und erhielt 1852 einen Aussichtsturm. Die Ausblicke
sind durch den Vordergrund bewaldeter Felsberge in der Nähe malerischer
als vom Gorisch oder Pfaffenstein. Man könnte den Papststein ein Idyll
nennen, lieblicher, traulicher als die anderen Felsennachbarn. Die
Rundsicht dagegen vom Turme aus umfaßt zwar den ganzen Gesichtskreis,
ist dadurch lehrreich, aber eigentlich nicht schön.

Einen ganz anderen Charakter zeigt der Gorisch, der sich südlich vom
Dorfe Gorisch erhebt. Er hat im Grundriß fast dreieckige Gestalt
und wird durch eine von Nordwest nach Südost gehende Kluft in zwei
Teile getrennt, von denen der nördliche mehr als doppelt so groß
als der südliche ist. Außerdem ist früher (S. 103) schon darauf
aufmerksam gemacht, daß der ganze Felsberg auch noch durch zahlreiche
Spalten in der Richtung von Südwest nach Nordost zerschnitten ist.
Die Sandsteinmasse hat der Verwitterung gegenüber einen ungleichen
Widerstand geleistet. Es ist auf den oberen Bänken nur wenig Humus
gebildet worden, meist sind die höckerigen und seltsam ausgewitterten
Platten der Oberfläche ohne Pflanzenwuchs und so rauh und uneben, daß
man nicht darüber hingehen kann. Die wunderlichen Felsgebilde haben
ebenso wunderliche Namen, wie Schildkröten, Hundsköpfe, ruhende Löwen,
Vögel, Drachen u. s. w. veranlaßt. Nach dem Westende zu sieht man auf
einer Felsplatte, die wie mit lauter kleinen Pyramiden besetzt zu sein
scheint, auch die Riesenmaske eines menschlichen Gesichts (natürlich
etwas verzerrt) liegen. Besonders schön ist der Berg an seiner
Ostseite; tief unten an den Felswänden finden sich jene zierlichen
Höhlenbildungen, wie man sie auch an der Nordseite des Königsteins
antrifft. Der Basalt tritt an der Ostseite des Schuttkegels zu Tage,
und hier findet man auch die Nachbildung der Basaltsäulen von Sandstein
geformt. -- Die Zerrissenheit der ganzen Felsmasse, die wildrauhen
Verwitterungsflächen und die Schwierigkeit, einen bequemen Platz zum
Umschauen zu gewinnen, haben lange Zeit von einem Besuch des Berges
abgehalten, bis er im Jahre 1886 bequem zugänglich gemacht wurde, so
daß er nun gerade wegen seiner von anderen Felsbergen abweichenden
Erscheinung, seinen seltsamen Verwitterungen und einzelnen fesselnden
Landschaftsbildern häufiger besucht wird.

[Illustration: Abb. 109. +Der Naundorfer Bärenstein mit schräger
Klüftung, rechts schräge und senkrechte Klüftung wechselnd.+

Liebhaberaufnahme von Marine-Oberstabsarzt _Dr._ Ruge in Kiel. (Zu
Seite 108.)]

[Illustration: Abb. 110. +Im Tal oberhalb des Großen Domes.+ Unten
+horizontale+ Bänke, darüber in der Mitte +schräge+ Klüftung,
links davon +senkrechte+ Klüfte.

Liebhaberaufnahme von Marine-Oberstabsarzt _Dr._ Ruge in Kiel. (Zu
Seite 109.)]

[Sidenote: Der Pfaffenstein.]

Das Gegenstück zum Gorisch bildet in vieler Beziehung der Pfaffenstein
(Abb. 123). Er ist in seiner Weise ebenso originell wie der Gorisch,
wird aber weit mehr besucht, weil er bei weiter fortgeschrittener
Zerklüftung und Verwitterung bereits die mannigfachsten Formen
zusammengebrochener Wände und dadurch entstandener Höhlen und einzelne
stehengebliebene Felstürme zeigt. Die Oberfläche der Felstafel ist
bedeutend umfänglicher als die des Gorisch und bietet viel eher
Gelegenheit zur Errichtung von Hütten und Häusern, und doch ist
auch der Pfaffenstein erst in der zweiten Hälfte des neunzehnten
Jahrhunderts mehr besucht, seitdem sich oben eine Bergwirtschaft, jetzt
ein stattliches Gasthaus, befindet. Man hat auch in der Sächsischen
Schweiz die alte Erfahrung gemacht, daß, so gering auch die relativen
Erhebungen der Felsberge über den Ebenheiten sind, doch jene Berge
wenig besucht werden, auf denen dem „erschöpften“ Wanderer nicht eine
leibliche Erfrischung in Aussicht steht. Die gegenwärtige Gestalt
des Pfaffensteins mit seinen zahlreichen Klüften, durch die man sich
hindurchzwängen mag, mit seinen Felsenengen und Toren, durch die
man kriechen kann und dazu dem überraschend reichen Pflanzenwuchs
ist vor allem der sehr starken Verwitterung zuzuschreiben. Infolge
stärkerer Tonbeimischung ist der Pfaffenstein stärker +ver+wittert
als +aus+gewittert. Daher sind die Klüfte wesentlich weiter,
vielfach auch bequem zu durchwandeln. Häufig sind die Klüfte zu
förmlichen Felsenkesseln erweitert. Blöcke sind hineingestürzt, oder
die Gesteinsschichten sind schief gestellt. Die so entstandenen
grotesken Höhlen bilden natürlich einen „Kuhstall“. Anderswo sind die
Schichtfugen der Bänke durch den Einfluß der Verwitterung dermaßen
erweitert und damit der Verband der Steinlager gelockert, daß die
mächtigen Felsmauern der Außenseite zusammengebrochen sind und die
Riesenblöcke nun über den Schuttkegel des Pfaffensteins zerstreut
liegen. Die größten dieser Blöcke, größer als am Gorisch oder
Papststein, liegen an der Westseite, an der Wetterseite des Berges.
Die starke Verwitterung auf der Hochfläche des Steines hat oben den
tiefsten, zum Teil moorigen Boden geschaffen, den wir nur auf den
Bergplatten des Sandsteingebirges antreffen. Auf diesem tiefgründigen
Boden hat sich eine üppige Pflanzenwelt angesiedelt: Eichen, Buchen,
Birken, Ebereschen, Tannen, Fichten, Föhren und darunter üppiges
Heidekraut. Der gute Boden hier oben muß schon in ältester Zeit
Ansiedler angelockt haben, denn nur hier allein sind die deutlichen
Spuren von Ansiedelungen in der jüngeren Steinzeit gefunden. Seiner
Natur nach hätte man ähnliches auch auf dem Königstein erwarten können;
allein auf seiner seit Jahrhunderten bewohnten Hochfläche sind die
ältesten Spuren längst unkenntlich geworden. -- So bietet also der
Pfaffenstein in seiner jetzigen, allenthalb bequem zugänglich gemachten
Natur wiederum etwas durchaus Eigenartiges, das sich auf den anderen
Steinen nicht findet.

[Illustration: Abb. 111. +Aussicht von den Schrammsteinen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 110.)]

[Sidenote: Der Königstein.]

Für sich allein steht der Königstein (360 _m_); er liegt der
großen Schleife, die die Elbe um den Lilienstein macht, gegenüber
und ist zum Beherrscher des Flusses wie kein anderer Fels geschaffen
(Abb. 124). Daher erscheint der Berg auch schon früh im Mittelalter
auserlesen, als Grenzwächter zu dienen. Bis ins fünfzehnte Jahrhundert
war aber das Gebiet der Sächsischen Schweiz von Böhmen abhängig, nur
in Böhmen gab es seit 1198 Könige, aber nicht in Sachsen. Die ersten
Befestigungen müssen also von den Herrschern in Böhmen ausgegangen
sein. Der Name Königstein wird nun in der lateinischen Form _lapis
regis_ zuerst 1241 in einer Urkunde genannt, die der König Wenzel
am 7. Mai auf dem Königstein vollzog und in der er die Grenze zwischen
Böhmen und der Lausitz genau festsetzte. Das Jahr und die Ursache,
weshalb der König die neue Festung besuchte, sind merkwürdig genug, um
noch länger dabei zu verweilen.

Es war im Frühling des Jahres 1241, gerade während des heftigen
Streites zwischen Kaiser und Papst, als der große Mongolensturm von
Asien her über Westeuropa hereinbrach und auch Deutschland zu verwüsten
drohte, wie schon Rußland und Polen verheert waren. Von den Ufern
des Kaspischen Meeres wälzte sich die Mongolenflut mit ihren wilden
Reiterscharen erst über Rußland. Die moskowitischen Zaren wurden von
dem Chan der Goldenen Horde „zum Dienste seines Bartes und seines
Bügels“ erniedrigt. Der Polenkönig suchte Schutz in Ungarn, seine
Hauptstadt Krakau ging in Flammen auf. Der König Wenzel von Böhmen
sah den Sturm kommen. Er ermahnte schriftlich feine Nachbarn, den
Herzog Otto von Bayern und den Landgrafen Heinrich von Thüringen,
zu schleunigster Hilfeleistung. Im Lande selbst ließ er alle nur
irgend haltbaren Städte und Burgen so eilig befestigen, daß selbst
Geistliche und Mönche mit Hand anlegen mußten. Dann bereiste er die
Grenzen, um überall in den Böhmen umgebenden Waldgebirgen die Pässe
durch Verhaue zu sperren, damit die asiatischen Reiterscharen nicht
eindringen könnten. Bei dieser Gelegenheit wird auch der Felsen an der
Elbe als sehr geeignet gefunden sein, um als Grenzwächter zu dienen
und hat dabei höchst wahrscheinlich seinen Namen bekommen; denn der
„Stein“ wird zwar schon vorher genannt, aber noch nicht als Königstein
bezeichnet. Nach Beendigung dieser Schutzarbeiten brach Wenzel mit
einem Teile seines Heeres von Nordböhmen auf und zog über Zittau nach
Schlesien, um seinem Schwager, dem Herzog Heinrich von Schlesien,
Hilfe zu bringen, der sich bei Liegnitz mit seinen Panzerreitern
den Mongolen entgegengestellt hatte. Leider kam Wenzel zu spät. Die
heldenmütige Schlacht war schon am 9. April 1241 geschlagen, Heinrich
selbst fand im Kampfe den Tod; aber die Verluste der Asiaten waren so
groß gewesen, daß sie von einem Weitervordringen nach Westen absahen
und vor Wenzel zurückwichen, um auf einem anderen Wege in Böhmen
einzubrechen. Allein es gelang ihnen nicht, und Wenzel kehrte auf dem
Wege über Zittau zurück. Die Ostgrenze glaubte er genug gesichert zu
haben; aber wenn die Mongolen eine Kriegslist gebrauchten, war es
nicht undenkbar, daß sie von Norden her, von der Lausitz, in Böhmen
einzudringen versuchten. Daher verweilte im Mai 1241 Wenzel noch
länger an den nördlichen Grenzen seines Reiches, und hier war es, wo
er am 7. Mai die erwähnte Urkunde auf dem Königsteine ausstellte. Es
besteht demnach die größte Wahrscheinlichkeit, daß von dem wiederholten
Aufenthalte des Königs der Königstein seinen Namen erhielt und daß
die Benennung eine geschichtliche Beziehung zu dem Mongolensturme
hat. Unter böhmischer Oberhoheit saßen dann Burggrafen auf der Feste,
die im fünfzehnten Jahrhundert an Sachsen kam. Nachdem im sechzehnten
Jahrhundert nur für kurze Zeit die Felsenhöhe als Kloster gedient
hatte, wurde unter den Kurfürsten August und Christian die Festung in
umfassender Weise ausgebaut, daß sie dann als uneinnehmbar galt und in
unruhigen Zeiten eine sichere Zuflucht für die kurfürstliche Familie
bot. Kurfürst August ließ auch den 152 _m_ tiefen Brunnen anlegen,
der keineswegs bis zum Elbspiegel hinunter reicht, aber wahrscheinlich
sein Wasser aus einem Lehmlager erhält, das in einer Tiefe von 139
_m_ im Quadersandstein eingebettet liegt. Der Pläner liegt hier
viel tiefer, also stammt das Brunnenwasser weder aus dem Pläner, noch
aus dem noch tiefer liegenden Urgestein.

Der Königstein bildete seit dem ausgehenden siebzehnten Jahrhundert
das einzige Ziel fremder Reisenden, zu einer Zeit als man die
Naturschönheiten der Sächsischen Schweiz noch wenig beachtete. Den
modernen Schußwaffen gegenüber hat der Königstein seine frühere
Bedeutung nicht behaupten können und gilt nur noch als Sperrfort. Aber
die durch hohe Mauern gesicherte und mit mancherlei Gebäuden besetzte
Felsenhöhe zieht inmitten der Schar der „Steine“ den Blick beständig
auf sich und von dem Elbgestade her ist die Ansicht der Feste imposant.

[Sidenote: Die Bärensteine.]

Nördlich vom Königstein erheben sich die Bärensteine, die man, nicht
nach der Höhe, sondern nach der Flächenausdehnung, den Großen und den
Kleinen Bärenstein nennt; jener im Norden, dieser im Süden, jener 328
_m_, dieser 338 _m_ hoch, also ist der Kleine Bärenstein 10
_m_ höher als der Große und wird seiner hübschen Aussicht wegen
und weil er von der Eisenbahnstation Pötscha aus auf angenehmen Wegen
leicht zu erreichen ist, viel besucht, um so mehr als sich auch ein
Bergwirtshaus oben befindet. Zum Kleinen Bärenstein kann man auch die
Götzinger-Höhle rechnen. Die eigentümlichen Formen oberflächlicher
Verwitterungen sind schon erwähnt, ebenso auch die beachtenswerte
schräge Schichtung am Großen Bärensteine.

[Illustration: Abb. 112. +Aussicht vom Hohen Torstein über die
Schrammsteine, Ostertürme, Schrammtürme und Dreifingerturm.+

Nach einer Aufnahme von _Dr._ Trenkler & Co. in Leipzig. (Zu Seite
110.)]

[Sidenote: Der Rosenberg und die Dittersbacher Felsen.]

Die Berg- und Felsformen auf dem rechten Elbufer weichen, wie schon
kurz angedeutet ist, wesentlich von denen auf der anderen Seite des
Stromes ab. Wir haben das Gebiet der „Steine“ fast völlig verlassen,
wenigstens herrschen diesen einzelstehenden Steinmassen, die man mit
abgesonderten Individuen vergleichen könnte, keineswegs mehr vor. Auf
der rechten Elbseite stehen die Berge und Bergmassen mehr miteinander
in Zusammenhang, und von diesen Massen strahlen nach verschiedenen
Seiten wildzerklüftete Klippenreihen (Abb. 125) fast wie unheimliche
Fangarme aus. Diese Klippentürme und Klippenwände fassen zwischen
sich enge Schluchten oder rundliche Felskessel. Die so geartete
Felsenwelt gruppiert sich um die beiden Winterberge und erstreckt sich
nach Südosten weit über Sachsens Grenzen hinaus bis in die Gegend des
romantisch gelegenen Dorfes Dittersbach. Südlich von dieser Klippenzone
erhebt sich nur ein einsamer und zugleich der höchste Berg dieser
Seite, der Rosenberg, während nördlich von dem Winterberggebiete sich
eine Reihe einzelner Steine von geringem Umfange erhebt, von denen
aber keiner als Aussichtspunkt berühmt ist. Abgesehen von den höchsten
Gipfeln, die von ihren Türmen aus eine umfassende Rundsicht bieten,
stellen die besuchtesten Aussichtspunkte nördlich vom Winterberge
sich nicht als einzelne aufragende Felsen, sondern als auf dem Rande
einer langhingezogenen Felsenwand gelegen dar, so daß diese Plätze
sich in der Silhouette der Landschaft gar nicht hervorheben. Dahin
sind Prebischtor, Brand und selbst die Bastei zu rechnen. Nur ein
„Stein“ tritt, die ganze Landschaft beherrschend, kräftig hervor, der
Lilienstein, der aber eigentlich zu der Zone von Steinen auf dem linken
Elbufer gehört. Sonst ist das ganze Gebiet, namentlich in dem oberen
Teile, vielmehr durch unzählige Gründe und Schluchten zerschnitten
und zerspalten, darum treten hier viel zahlreicher die ausgedehnten
Felswände auf. Darum hat sich dies Gebiet auch sehr verkehrsfeindlich
bewiesen. Arm an Quellen und fruchtbarem Boden, daher arm an Dörfern,
aber voll von Schluchten und Felsspalten, reich an Schlupfwinkeln und
Zufluchtstätten auf unzugänglichen Felshöhen ist die ganze Gegend
südlich von der Kirnitzsch, das böhmische Grenzland, so lange ein
Tummelplatz für Wegelagerer und ritterliche Strolche gewesen, deren
Raubnester noch gezeigt werden, bis die Kurfürsten von Sachsen, einer
solchen Nachbarschaft unfroh, mit eiserner Hand zugriffen und das
räuberische Herrengeschlecht der Birken von der Duba durch erzwungenen
Gutstausch vertrieben und unschädlich machten. Später konnten dieselben
Zufluchtsstätten und Schlupfwinkel friedliche Bauern mit ihrer Habe in
den bösen Zeiten des Dreißigjährigen Krieges, einzelne Flüchtlinge wohl
gar noch im Nordischen Kriege aufnehmen.

Unsere Wanderung geht auch auf dieser Seite der Elbe im allgemeinen
von Süden nach Norden, entsprechend der Höhe der Berggipfel. Der
Rosenberg (620 _m_), ein schön geformter Kegelberg, nach seiner
Gestalt einzigartig im Sandsteingebiet, weil seine Kuppe ganz aus
Basalt besteht, erhebt sich ganz frei aus der ziemlich einförmigen
Ebenheit um fast 300 _m_; er wird daher von allen Seiten gesehen
und beherrscht das Landschaftsbild vollständig. Aus den Tälern und
den flachen Mulden der Ebenheit lenkt er stets den Blick auf sich
und bestimmt das landschaftliche Motiv; allein die Aussicht von
seiner Höhe, wo sich seit 1893 ein Aussichtsturm erhebt, entspricht
den Erwartungen nicht vollständig, weil die nächste Umgebung in
einem Umkreis von 8-10 _km_ Radius ganz flach erscheint und die
malerischen und grotesken Felsbildungen namentlich der Steilwände in
der Umgebung des Prebischtores schon zu fern liegen, um eine malerische
Wirkung hervorzubringen. Das Gesichtsfeld ist groß, aber es fehlt ihm
der Vordergrund. Schön ist dagegen auf dem Basaltboden des Gipfels der
herrliche Ahorn- und Buchenwald und die üppige Pflanzenwelt auf diesem
Boden. Der Basalt sondert sich in Säulen von ansehnlichem Durchmesser
und diesem Gestein verdankt der Berg auch nahe unter dem Gipfel eine
gute Quelle.

[Illustration: Abb. 113. +Das Pechofenhorn am Zeughauswege.+

Nach einer Aufnahme von _Dr._ Trenkler & Co. in Leipzig. (Zu Seite
110.)]

Östlich vom Rosenberg zieht die Kamnitz von Windisch-Kamnitz über
Kamnitzleiten und Stimmersdorf eine immer tiefer eingeschnittene
Erosionsfurche in einem mächtigen Bogen durch das Gelände bis
nach Herrnskretschen; breite, wellige Hochflächen, hie und da
von basaltischen Kegeln überragt, begrenzen das tiefe Flußtal.
Aber jenseits desselben, im Nordosten, erheben sich in einer
durchschnittlichen Entfernung von 2 _km_ von der Kamnitz die
Steilwände des Sandsteingebirges, nordöstlich vom Rosenberge, um
den malerisch gelegenen böhmischen Ort Dittersbach (Abb. 126) ein
förmliches Amphitheater von grotesken Felshörnern, Kuppen und Wänden
bildend. Unter ihnen ragen besonders der Rudolfstein (486 _m_)
und der Marienfelsen (422 _m_), beide nach dem Fürsten und
der Fürstin Kinsky benannt, als aussichtsreiche Punkte hervor. Der
Rudolfstein, 1824 zugänglich gemacht, ragt zwar nur etwa 50 _m_
über die umgebenden Felsenhöhen hinaus, aber er gewährt doch die
schönste Aussicht in der ganzen Umgebung von Dittersbach. Er bietet
(nach Schiffner) eine lehrreiche Übersicht über die Felsenzüge
und wildschönen Waldgründe der hinteren Schweiz, sowie herrliche
Fernsichten nach dem Kreibitzer Gebirge, nach dem Rosenberge und
besonders ins sächsische Land hinab, wo er dagegen wenig bemerkt wird.
Der Marienfelsen erhebt seine schlanke Turmgestalt noch näher bei
Dittersbach, etwa 200 _m_ über dem Tal; man steigt zu seiner von
einem Pavillon gekrönten Höhe auf 240 Stufen hinan. Der Marienfelsen
bietet wohl die abenteuerlichste Gestalt im ganzen Sandsteingebirge.

[Illustration: Abb. 114. +Verwitterungen des Sandsteins auf dem
Gorisch.+

Liebhaberaufnahme von Marine-Oberstabsarzt _Dr._ Ruge in Kiel. (Zu
Seite 110.)]

[Sidenote: Das Prebischtor.]

Weiter westlich und näher dem Großen Winterberge findet sich auf den
schroff abbrechenden Felswänden des großen Amphitheaters auch das
vielbewunderte Prebischtor (438 _m_), das sich in einer schmalen
und kurzen Felsenmauer, in den obersten Bänken des wagerecht gelagerten
Sandsteines über 20 _m_ hoch auswölbt (Abb. 127), nach oben einen
schön geschwungenen Bogen zeigt und auf dem unteren Boden sonst eine
hohe Kiefer nährte, deren Gipfel das obere Gewölbe nicht erreichte.
Allein schon die Größe dieses natürlichen Tores bringt eine mächtige
Wirkung auf den Beschauer hervor. Es ist eine in ihrer Art einzig
dastehende Felsbildung. Der mächtige Eindruck wird aber noch wesentlich
erhöht durch die Aussicht, die man von der oberen Platte des Tores
aus gegen Süden hat. Es ist die reizendste Mischung der Böhmischen
Mittelgebirgslandschaften mit den wilden Felsmassen des Sandsteines.
Daher kein Wunder, daß das Prebischtor zu den wichtigsten Reisezielen
im Gebirge gehört.

[Sidenote: Die hintere Sächsische Schweiz.]

Nördlich von diesen berühmten Aussichtspunkten breitet sich zwischen
den Elbzuflüssen Kamnitz und Kirnitzsch eine fast gänzlich unbewohnte
Felsen- und Waldwildnis aus von über 100 _qkm_ Fläche, ohne Dörfer
und Ackerfluren. Diese Wüstenei wird im Westen durch die Elbe begrenzt,
im Süden etwa durch eine Linie, die die Dörfer Herrnskretschen,
Stimmersdorf und Hohenleipa berührt und nach Osten bis Kreibitz reicht.
Die Ostgrenze läuft von Niederkreibitz durch Daubitz, Khaa nach Zeidler
und die Nordgrenze von hier über Hemmhübel und Hinterhermsdorf ins
Kirnitzschtal nach Schandau. Die Nordgrenze trifft ungefähr mit der
des Lausitzer Granits zusammen. Das Ganze bildet ein Schluchtengewirr
ohne Wasser, und doch scheinen sich diese Gründe und Schluchten zu
förmlichen Flußsystemen mit Haupt- und Nebenflüssen zu ordnen, die
sich alle nach Norden zum Kirnitzschtale senken und öffnen; denn die
Wasserscheide dieses Gebietes liegt hart an der südlichen Grenze.
Nur zwei Straßen durchschneiden diese Wildnis: die Zschandstraße
von der Neumannsmühle an der Kirnitzsch über den Ziegenrücken nach
Reinwiese, und die Böhmer Straße von der Kirnitzschschänke nach
Dittersbach, diese aber noch nicht völlig fahrbar. Die beste Aussicht
in die Waldeinsamkeit der hinteren Sächsischen Schweiz genießt man
vom Königsplatz (434 _m_) aus, der südlich von Hinterhermsdorf
liegt. Die Wald- und Felsenstufen bringen in das Bild des unermeßlichen
Waldes, in dem keine menschliche Wohnung sichtbar wird, eine
Abwechslung, die das Auge fesselt und den Sinn beruhigt.

[Illustration: Abb. 115. +Höhlenartige Auswitterungen am Fuße des
Gorisch.+

Liebhaberaufnahme von Marine-Oberstabsarzt _Dr._ Ruge in Kiel. (Zu
Seite 111.)]

Durch die beiden genannten, von Nordwesten nach Südosten ziehenden
Straßen wird die ganze Felsen- und Waldzone in drei Teile zerlegt.
Es mag dabei noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß auch die
Elbe, an der Westgrenze dieses Gebietes von Herrnskretschen an eine
nordwestliche Richtung einschlägt. Der östliche Abschnitt, östlich von
der Böhmer Straße, ist ziemlich eintönig, ohne besondere Felsbildungen,
ohne hervorragende Gipfel; der mittlere Teil bis zur Zschandstraße
macht in den Torwalderwänden östlich vom Zschand den Anfang jener
zersprengten und verwitterten Wände und Felsmassen, wie sie in dem
westlichen Stücke so hervorragend ausgebildet sind. Gegen Norden lösen
sich auch die Torwalderwände bereits in einzelne Steine auf, die auch
als kurze, in der Richtung des Erzgebirges streichende Felsketten
bezeichnet werden könnten: der Teichstein, Kanstein und Heulenberg (mit
Basalt). Zwischen dem Zschand und der Elbe erstreckt sich von Südosten
nach Nordwesten das Gebiet des Großen Winterberges, das bedeutendste
und eigenartigste Gebirgsstück östlich von der Elbe. An der Außenseite
seiner grotesken Schluchten, Wände und Felsentürme liegen im Süden das
Prebischtor und der Prebischkegel, im Norden der Winterstein (Hinteres
Raubschloß), Affenstein, die Schrammsteine mit dem Falkenstein und im
Westen der Rauschenstein (Abb. 128). Zu Füßen dieser wilden Felsen und
Klippen schmiegt sich in eine nach der Elbe rasch abstürzenden Schlucht
das kleine malerische Dörfchen Schmilka (Abb. 129), von wo auch ein
vielbegangener Weg zum Großen Winterberge hinanführt.

[Illustration: Abb. 116. +Der Kuhstall.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 111.)]

[Sidenote: Der Große Winterberg.]

Der Große Winterberg erhebt sich so recht in der Mitte des Gebietes
bis zu 551 _m_ Höhe und überragt mit seiner Basaltkuppe die
Umgebung noch um mehr als 100 _m_. Der Basaltkamm, richtiger
noch als Basaltkuppe, streicht von Südwesten nach Nordosten in der
Hauptkluftrichtung des Sandsteines. Daß der Cottaer Spitzberg und der
Sattelberg im Erzgebirge dieselbe Richtung einschlagen, hat schon
Gutbier bemerkt. Das Winterberggebiet kam erst 1492 von Böhmen an
Sachsen; richtiger wäre damals schon, auch nach historischem Recht,
die Grenze an die Kamnitz gelegt. Die erste genaue Vermessung erfolgte
1782 durch Offiziere des sächsischen Ingenieurkorps. Eigentümliche
Beobachtungen machte Odeleben 1825 bei seinen Vermessungen. Er kam
erst am sechsundachtzigsten Tage seiner Arbeiten auf den Großen
Winterberg und schreibt in seinem Kommentar: „Wie gut war es, daß ich
die Arbeit nicht von diesem Gipfel begonnen hatte, denn dies würde zu
den schwierigsten Rätseln geführt haben. Sollte man es glauben, daß
die Magnetnadel auf dem Basaltknopfe neben dem kleinen Häuschen für
Besuchende, wo der Meßtisch aufgestellt ward, mehr als 37 Grad von der,
zuvor sorgfältig geprüften und auf den anderen Punkten größtenteils
genau übereinstimmenden Richtung abwich.... Die Abweichung blieb sich,
wie späterhin bemerkt wurde, nicht gleich. Zwei, drei Schritt von
jenem Standpunkte war sie minder bedeutend. Sie schien selbst durch
die Witterung zu variieren ... Dieses Schwanken läßt sich wohl nicht
anders erklären, als durch die Anhäufung von Magneteisenstein.“ Der 100
_m_ mächtige Basaltgang besteht nach den neueren Untersuchungen
aus Nephelinbasalt mit zahlreichen Olivinkristallen. Die Aussicht vom
Winterberge ist umfassend, großartig durch den Reichtum an Gestaltungen
der Erdoberfläche in der nächsten Umgebung, besonders fesselnd durch
den Blick auf die Elbe. Die Aussicht reicht vom Kollmberge bei
Oschatz bis zur Tafelfichte. Einer der ersten Reisenden, Magister
Christian Weiß, der seine Wanderung 1796 zu Fuß und größtenteils
allein unternahm, meint: „Es war mir am interessantesten, den Lauf der
Elbe aus Böhmen nach Sachsen zu übersehen.“ Der jugendliche Dichter
Theodor Körner äußerte sich 1810 über die Aussicht so: „Der Blick, den
der Winterberg gewährt, ist weniger weit umfassend, aber malerischer
als viele bedeutend höhere Berge ihn gewähren.“ Dieser Ausspruch ist
insofern berechtigt, als Körner die Aussicht vom Gipfel mit der von
noch höheren Bergen vergleicht und sie in dieser Beziehung malerischer
nennt; denn je höher der Standpunkt ist, um so weniger malerisch wirkt
die Ansicht der Landschaft. Bei der Bedeutung und Höhe des Berges
ist es auch erklärlich, daß er in die Hauptwanderlinie einbezogen
ist, die von Schandau über den Kuhstall, Winterberg, Prebischtor nach
Herrnskretschen führt. Sehr bezeichnend heißt der Teil des Weges
zwischen Kuhstall und Winterberg „der Fremdenweg“.

[Illustration: Abb. 117. +Der Kleinstein.+

Nach einem älteren kolorierten Kupferstich von C. A. Richter. (Zu Seite
111.)]

[Illustration: Abb. 118. +Rostfarbige Auswitterungen am Thürmsdorfer
Diebeskeller (Götzinger-Höhle).+

Liebhaberaufnahme von Marine-Oberstabsarzt _Dr._ Ruge in Kiel. (Zu
Seite 113.)]

[Sidenote: Die Lichtenhainer Steinfelsen.]

Eine ganz andere Landschaft umgibt uns, sowie wir aus dem menschenarmen
Felsenlande den ersten Schritt über die Kirnitzsch nach Norden tun.
Parallel mit der Kirnitzsch fließt die Sebnitz. Beide fließen nach
Westen und biegen erst im unteren Laufe nach Süden um, wo sie bei
Schandau und Wendischfähre die Elbe erreichen. Dieser Landstrich
bildet bei einer durchschnittlichen Breite von 1 _km_ einen
breitgewölbten Rücken, der nach Osten allmählich um 100 _m_
ansteigt, ohne der Anlegung einer Hochstraße, die sich der Länge nach
über den Rücken hinanzieht, Schwierigkeiten zu bereiten. Übrigens
ist die Straße wieder ein Beleg für die Warnung, Gebirgsstraßen
nicht in den Tälern zu suchen und auf diese Lehrmeinung allerhand
hübsche Schlüsse zu bauen. Vor allem ist auffällig, daß das ganze
Land unter der Wirkung des Pfluges licht und grün aussieht und daß
vier ansehnliche Dörfer: Lichtenhain (880 Ew.), Mittelndorf (440
Ew.), Altendorf (500 Ew.) und Rathmannsdorf (1050 Ew.) in ziemlich
gleicher Entfernung voneinander sich auf dem Landrücken ausbreiten.
Von wilden Klippenzügen und tiefen Felsgründen keine Spur, denn
der ganze Rücken bis nahe an Rathmannsdorf gehört dem Lausitzer
Granit. Hier ist also tatsächlich die Sächsische Schweiz in ihrem
Zusammenhange unterbrochen, eine Lücke trennt die obere und die
untere Gebirgslandschaft, und aus dieser Beobachtung heraus wird uns
auch die alte Benennung der Sächsischen Schweiz als „die Heide über
Schandau“, womit also namentlich das Winterberggebiet gemeint ist,
verständlich und erscheint durchaus berechtigt. Bei alledem bleibt
es merkwürdig, daß eine der ältesten Erwähnungen der wunderbaren
Felsgebirge in der Sächsischen Schweiz 1743 betitelt ist: „Nachricht
von denen Lichtenhaynischen Steinfelsen.“ Es heißt da: „Lichtenhayn
ist um und um mit Bergen, Felsen und Wäldern umgeben. Und zwar so sind
die aus denen hohen Bergen von Natur gewachsene Felsen sehr weit zu
observieren: Sie präsentieren von ferne den Prospekt derer zierlichst
mit Türmen, Mauern und Spitzen erbauten Bergschlösser, weshalben sie
auch weit und breit bekannt und berühmt und von vielen Fremden mit
Vergnügen besucht und mit Verwunderung betrachtet werden. Weil sich nun
in diesen Steinklüften vor alten Zeiten entweder viel Räuberrotten,
oder die in der Gegend wohnende Leute in Verfolgung sicher aufgehalten,
so nennt man solche in genere Raubschlösser, z. B. Rabstein (Hinteres
Raubschloß), Spögenhörner (Speichenhörner = Vorderes Raubschloß), der
Große und Kleine Winterberg, der Hausberg (Wildenstein = Kuhstall)
u. s. w. Dasjenige Raubschloß, welches man den Hausberg nennt, ist das
erste von Lichtenhayn, mitten im Walde... Dieser Felsen hat unten eine
große und sehr lichte Höle von Natur, als wie die Tore einer Stadt
gewölbt, in welchen verschiedene Klippen, gleich denen Feuerherden,
Tischen und Bänken zu finden.... Man nennt diese Höle den Kuhstall“
u. s. w. -- Aus der ganzen Darstellung geht hervor, daß der Verfasser
dieses etwas altfränkisch anmutenden Berichtes, aus dem hier nur eine
Probe gegeben ist, den Blick nur nach Süden, also in die Heide über
Schandau gerichtet hat, daß unter allen Merkwürdigkeiten der Kuhstall
am ausführlichsten beschrieben wird; und wenn wir hinzufügen, daß
von allen Dörfern jener Gegend Lichtenhain dem Kuhstall am nächsten
liegt, so leuchtet ein, daß der Titel „Lichtenhainer Steinfelsen“
eine gewisse Berechtigung hat. Von Lichtenhain nordwärts gab’s weder
merkwürdige Felsen noch unheimliche Raubschlösser.

[Illustration: Abb. 119. +Schwammartige Auswitterungen oberhalb des
Großen Domes.+

Liebhaberaufnahme von Marine-Oberstabsarzt _Dr._ Ruge in Kiel. (Zu
Seite 113.)]

[Sidenote: Der Lilienstein.]

Erst jenseits, westlich des Tiefen Grundes und der Lachsbach gelangen
wir wieder in den Sandsteinboden. Und hier bildet die Elbe die
große Schlangenwindung, wodurch zwei Flußhalbinseln entstehen, auf
deren oberer der Lilienstein, und auf deren unterer die Bärensteine
hervorragen. Die Landschaft um den Lilienstein mutet uns ganz
westelbisch an: Eine fruchtbare Ebenheit mit darüber aufsteigender
Felsmasse. So hat der Lilienstein eine ganz eigenartige Lage und
gewährt, inmitten des Sandsteingebietes liegend, die schönste Umsicht
unter allen Felshöhen, wobei besonders der Blick aufwärts den Elblauf
bis über Schandau und zum Winterberg immer von neuem fesselt. Der
Lilienstein, über 400 _m_ lang und in der Mitte 120 _m_
breit, erstreckt sich ziemlich in der Richtung des Elbtales von
Schandau abwärts und erhebt sich 411 _m_ ü. M., überragt also den
gegenüberliegenden Königstein um 50 _m_. Sein Name, in Urkunden
gelegentlich Ylgenstein geschrieben, hat nichts mit dem Namen Aegidius
zu tun, wie mehrfach behauptet ist; vielmehr ist Ilge mundartlich die
Lilie. Die Felsmasse, gerade in der Stromrichtung der Elbe gelegen,
hat gewaltig unter der Wirkung der abspülenden Gewässer gelitten und
darum viel an Flächenraum verloren. Jedenfalls hat auch die starke
Zerklüftung dazu beigetragen, daß die Felsmasse den unterspülenden
Fluten wenig Widerstand entgegensetzen konnte. Im Südosten und
Nordosten läuft der Stein in ganz schmale, schon halb zertrümmerte
Felsgrate aus. Eine Kluft trennt das Westende vollständig von der
übrigen Felsmasse und dieser abgetrennte Teil ist wieder durch neue
Klüfte in einzelne Felsenpfeiler zerteilt. Am Ostende erhebt sich ein
kleiner Obelisk zur Erinnerung an die Besteigung des Felsens durch
August den Starken. An dieser Stelle hat man die schönste Aussicht;
später hat der Kurfürst Friedrich August 1771 den Besuch wiederholt und
bei diesen Gelegenheiten wurde der Lilienstein von der Südseite her
bequemer zugänglich gemacht. Ruinen von Mauerwerk zeigen aber nebst
einer Zisterne, daß schon in früheren Zeiten der Felsen zugänglich
war und vielleicht dauernd bewohnt war, weil gelegentlich in Urkunden
ein Fortalitium, also eine Befestigung erwähnt wird, wobei aber nicht
gleich an eine Burg gedacht zu werden braucht. Ein Raubnest, wie
in der Heide über Schandau noch manche nachzuweisen sind, war der
Lilienstein jedenfalls nicht. Im Jahre 1902 ist auch von der Nordseite
her der Felsen zugänglich gemacht; auf dieser Seite wurden 1813 von den
Franzosen Schanzen angelegt. Die Ebenheit am Fuße des Liliensteines hat
dadurch eine traurige Berühmtheit erlangt, daß hier die sächsischen
Truppen am 15. Oktober 1756 vor Friedrich dem Großen die Waffen
strecken mußten.

[Illustration: Abb. 120. +Auf dem Hohen Schneeberg.+ (Zu Seite
115.)]

[Sidenote: Der Brand und die Bastei.]

Es bleibt uns nur noch übrig, zwei vielbesuchte Aussichtspunkte zu
erwähnen, die sich nicht auf einem einzeln hervorragenden Gipfel
darbieten, sondern am Rande einer steilen Felswand; es sind dies der
Brand und die Bastei. Der Brand (323 _m_) liegt auf dem linken
Ufer der Polenz und bietet, obwohl nur nach Süden und Westen, infolge
der für den Beschauer höchst glücklichen Gruppierung der Berge,
bebauten Hochflächen und Wälder das anmutigste Landschaftsbild in
der ganzen Sächsischen Schweiz. Die Bastei (305 _m_) ist ein
Felsenvorsprung, der sich von einer zwischen dem Wehlgrunde und der
Elbe aufsteigenden Felsenkette abtrennt und gerade gegen die Elbe
vortritt, so daß der Basteifelsen etwa 200 _m_ senkrecht über
der Elbe emporzusteigen scheint (Abb. 130 u. 131). So nahe tritt kein
anderer Aussichtspunkt an den Strom vor; darin liegt seine Eigenart und
darin liegt auch der mächtige Eindruck, den der Besucher der Bastei
empfängt, wenn er auf der ziemlich wagerecht über die Hochfläche der
bewaldeten Wehle verlaufenden großen Fahrstraße, an den Gasthäusern
vorbei sich dem Platze nähert und nun auf die durch Eisengitter
gesicherte, senkrecht abstürzende Felsplatte tritt. Der Blick hinab in
die Elbe ist einzig in ihrer Art, auch die Aussicht auf Lilienstein und
Königstein, sowie elbaufwärts gegen den Winterberg ist recht schön,
aber keineswegs die schönste in dem ganzen Gebirge. Einheitlicher,
geschlossener und nur die wilde Gebirgsnatur zeigend, bietet sich ganz
in der Nähe die Aussicht in den Wehlgrund: zwei Aussichten von ganz
verschiedenem Charakter. Aber daß von der Bastei im weiteren Sinne
beide Landschaftsbilder in ihren gewaltigen Gegensätzen sich darbieten,
erhöht den Genuß. Nimmt man dazu, daß der Aufstieg von Wehlen und dem
Uttewalder Grunde aus ebenso reich an landschaftlichen Bildern ist, wie
der Abstieg über die kunstvolle Steinbrücke und das Felsentor hinab
nach Rathen (Abb. 132) wiederum eine Fülle von grotesken Felsgebilden
und Ausblicke in die umgebenden und tief unter uns liegenden
Landschaften vorführt, so wird daraus erklärlich, warum die Bastei der
besuchteste Punkt in der Sächsischen Schweiz ist, und, obwohl unter
allen die niedrigste Aussichtshöhe, doch gleichsam in der Außenwelt die
ganze Sächsische Schweiz vertritt, daß beide Begriffe sich zu decken
scheinen.

[Illustration: Abb. 121. +Der Gorisch.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 118.)]

Jedenfalls gehört die Sächsische Schweiz zu den besuchtesten
Gebirgslandschaften, und dieser Besuch ist in fortwährendem Wachsen
begriffen, ein Beweis, daß ein durch falsche Kunsttheorien noch nicht
verdorbener Geschmack und offener Natursinn hier, namentlich in den
einsameren Teilen, noch immer volles Genüge und reichen Genuß finden
wird. Und wenn neuerdings sogar behauptet ist, die Sächsische Schweiz
liege von dem modernen Landschaftsideal weit abseits, so möchte man
wohl eher den Maler als die Sächsische Schweiz bedauern, denn wer
hier Studien machen will, muß nicht bloß, wie Lessing sagt, Farben
verquisten, sondern auch zeichnen können, was die „Moderne“ vielfach
nicht mehr kann.

[Illustration:

    Königstein                                               Lilienstein

Abb. 122. +Auf dem Gipfel des Gorisch.+

Nach einer Aufnahme von Paul Heine in Dresden. (Zu Seite 118.)]



IX.

Volksverteilung und Städte.


[Sidenote: Volksverteilung und Städte.]

Die Bevölkerung der Sächsischen Schweiz ist desselben Stammes und
derselben Herkunft wie im Elbtalkessel. Es sind Franken, Thüringer und
Niedersachsen, in einzelnen Fällen auch Friesen, die nach der Eroberung
im Mittelalter von den Herren des Landes zur Kolonisation herbeigerufen
wurden. Da aber das Gebirgsland bis nach Pirna lange zwischen Böhmen
und Meißen streitig war, so hat die Besiedelung nicht so rasch
erfolgen können; außerdem trat auch der vielfach schlechte Boden und
die Unsicherheit des Landes hemmend dazwischen. So sehen wir denn,
ähnlich wie im Elbtalkessel die Siedelungen, so hier die slavischen
Ortsnamen vor allem an der Stromrinne haften. Herrnskretschen (d. h.
Grenzwirtshaus), Schmilka, Schandau, Krippen, Prossen, Rathen, Pötscha,
Wehlen, Poste, Copitz, Pirna sind keine deutschen Namen. Gelegentlich
sind aber die Slaven auch auf die Höhe gestiegen, wie die Namen
Gorisch, Weißig, Dorf Wehlen, Krietzschwitz und Struppen beweisen.
Die untere Ebenheit rechts der Elbe, von Wehlen abwärts, weist fast
nur slavische Namen auf: Lohmen, Doberzeit, Daube und Zatzschka. Ja
selbst die deutsch klingenden Namen Mockethal und Liebethal möchten
kaum aus deutscher Wurzel stammen, um so mehr, wenn man sieht, daß der
Vorort von Dresden Löbtau urkundlich Liubitawa heißt und auf einer
alten handschriftlichen Karte des sechzehnten Jahrhunderts sogar
Liebethal geschrieben ist. Dazu muß man erwägen, daß das Liebethal
in der Sächsischen Schweiz nicht im Tal der Wesnitz, sondern oben,
über dem Grunde, auf der Ebenheit liegt. An der Elbe liegen nur
drei unzweifelhaft deutsch benannte Orte: Wendischfähre, Königstein
und Vogelgesang. Die deutschen Dörfer im Gebirge endigen, ziemlich
eintönig, fast alle auf -dorf, wie Naundorf, Hennersdorf, Hermsdorf
etc.; außerdem sind noch die Bestimmungswörter -walde, -hain und
-hübel verwendet; verhältnismäßig junge Bezeichnungen für spät
erfolgte Besiedelung. Auch im böhmischen Gebiet herrscht das „Dorf“ in
den Ortsnamen vor, daneben erscheint auch -bach. Dagegen fällt auf,
daß die deutschen und slavischen Namen scheinbar planlos gemischt sind.

[Illustration: Abb. 123. +Der Pfaffenstein.+ Gesamtansicht von
Südwesten gesehen.

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
118.)]

[Sidenote: Die Volksdichte.]

Die Volksdichte, die im Elbtalkessel, nach Schätzung, unterhalb
Dresdens 1000 Menschen auf einem Quadratkilometer beträgt, und oberhalb
Dresdens immer noch 750 Einwohner zeigt, sinkt in der Sächsischen
Schweiz auf 120, und steigt im böhmischen Sandsteingebirge wieder
auf 200 Einwohner. Die mittlere Dichte im Deutschen Reiche beträgt
104, so daß also selbst in der Sächsischen Schweiz die Ziffer noch
höher steht. Ausschlaggebend mag dafür gewesen sein, daß die am Rande
des Sandsteins gelegenen Städte Sebnitz, Pirna und Berggießhübel mit
einbezogen sind. Wenn auf der böhmischen Seite, wo ebenfalls die
Randstädte Bodenbach-Tetschen, Kamnitz und Kreibitz in der Rechnung mit
aufgenommen sind, die Volksdichte noch ansehnlich höher steht als in
Sachsen, so liegt der Grund vor allem in der stärkeren Industrie auf
böhmischer Seite. Die Zahl 200 ist eine zuverlässig genaue, da in dem
statistischen österreichischen Werke glücklicherweise die Bodenfläche
jeder Gemeinde ganz genau angegeben ist, was leider bei dem sächsischen
Ortsverzeichnisse noch vermißt wird. Überdies muß für die Gegenwart
die Zahl von 200 Einwohnern auf einem Quadratkilometer schon als nicht
mehr zutreffend bezeichnet werden, da sie sich auf die Zählung von
1890 bezieht. Die Ergebnisse der neuesten Volkszählung von 1900 sind in
dieser Beziehung noch nicht veröffentlicht.

[Sidenote: Der Verkehr auf der Elbe.]

Die von Natur gebotenen Beschäftigungen sind Ackerbau und
Viehzucht, Waldwirtschaft und die damit zusammenhängenden
Gewerbe der Holzflößerei, Sägewerke und Holzhandel, endlich das
Steinbrechergewerbe. Ackerbau (Abb. 133) beschäftigt die Bewohner der
Ebenheiten, die Elbanwohner besitzen mit sehr wenigen Ausnahmen bei
Prossen und Rathen kein Ackerland auf dem Talboden; sie sind namentlich
auf den Elbverkehr, Flößerei, Schiffahrt angewiesen. Außerdem verdient
noch die blühende Industrie in künstlichen Blumen erwähnt zu werden.
Das ganze Verkehrsleben zieht sich aber nach der Elbe hin. Wir wenden
daher unsere Aufmerksamkeit zuerst der Elbe, der Pulsader des Gebirges,
zu. Die Elbe hat von Tetschen bis Meißen eine Länge von 93 _km_.
Das Gefälle des Flusses ist, wie früher schon erwähnt ist, sehr gering,
die Schiffahrt dadurch also nirgends gehemmt. Durch Uferdämme ist die
Tiefe des Fahrwassers auf durchschnittlich 1¾ _m_ erhöht, und
es hat sich daher ein sehr lebhafter Verkehr, namentlich stromabwärts,
entwickelt, der besonders Braunkohlen, Obst und Holz aus Böhmen, und
Bausteine aus der Sächsischen Schweiz abwärts führt. Dieser Verkehr
erleidet auch durch die in neuerer Zeit zahlreich gebauten Brücken kein
Hemmnis. Schwierigkeiten und Gefahren bereitet eigentlich nur die Alte
oder Augustusbrücke in Dresden. Aus dem Mittelalter stammen überhaupt
nur zwei Brücken, die genannte Augustusbrücke und die Meißener Brücke,
beide in der nächsten Nähe fürstlicher Residenzen angelegt. Erst in der
zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts traten die Eisenbahnbrücken
bei Mittelgrund, Schandau, Dresden, Niederwartha und Meißen hinzu,
außerdem die steinernen Brücken bei Pirna, die Albert-, Carola- und
Marienbrücke in Dresden.

[Illustration: Abb. 124. +Stadt und Festung Königstein.+

Nach einem Aquarell von Adrian Zingg. (Zu Seite 121.)]

[Illustration: Abb. 125. +Die Schrammsteine.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 122.)]

[Illustration:

    Rudolfstein      Marienfelsen

Abb. 126. +Dittersbach.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 124.)]

[Illustration:

    Rosenberg

Abb. 127. +Das Prebischtor und der Rosenberg.+

Nach einer Aufnahme von Stengel & Co. in Dresden. (Zu Seite 126.)]

[Sidenote: Dampf- und Segelschiffahrt.]

[Sidenote: Güterverkehr. Elbflößerei.]

[Sidenote: Das Steinbrechergewerbe.]

Die Dampfschiffahrt begann durch die Sächsisch-böhmische
Dampfschiffahrtsgesellschaft für öffentliche Benutzung am 25.
August 1837. Die erste Fahrt wurde von Dresden nach Meißen
gemacht. Gegenwärtig wird durch die Dampfer dieser Gesellschaft der
Strom von Leitmeritz bis Mühlberg befahren. Später traten für den
Frachtverkehr noch drei andere Schiffahrtsgesellschaften, die schon
bei Dresden genannt sind, hinzu. Am Schluß des Jahres 1901 waren
bei den sächsischen Elbstromämtern registriert 80 Personendampfer
und zwar 35 große und 5 kleine Raddampfer, 40 Schrauben- und
sonstige Maschinenschiffe, 8 Güterdampfer, 46 Radschleppdampfer, 31
Kettenschleppdampfer und 492 Segel- und Schleppschiffe mit zusammen
186641 Tonnen Tragfähigkeit. Die Häfen befinden sich in Postelwitz,
Königstein, namentlich aber in Dresden, der Alberthafen im Großen
Gehege, und in Riesa. Die Verbesserung des Fahrwassers durch Uferbauten
begann 1861. Wie sehr seit dieser Zeit die Schiffahrt sich gehoben hat
und die Tragfähigkeit der Elbkähne gesteigert werden konnte, wird aus
folgendem Vergleiche ersichtlich: Um 1852 trugen die größten Kähne
3000 Zentner, 1886: 15000 Zentner oder 750 Tonnen. Verglichen mit dem
Raumgehalt der neuesten großen Seedampfer erscheint die Zahl von 750
Tonnen gering; anders erscheint die Größe, wenn man zum Vergleiche
in ältere Zeit zurückgeht. Man wird erstaunen, wenn man hört, daß
die aus fünf Seeschiffen bestehende Flotte Magalhães’ bei der ersten
Weltumsegelung 1519-1521 zusammen nur 500 Tonnen Gehalt hatte, also an
Tragfähigkeit bedeutend gegen einen einzigen großen Elbkahn zurücktrat.
Ehe die Schleppdampfschiffahrt ins Leben trat, machten die Segelkähne
gewöhnlich drei Reisen nach Hamburg in einem Sommer, später aber und
jetzt kann die Zahl auf sieben und gar auf zehn Reisen gesteigert
werden. Die Segelschiffahrt ist daher fast völlig verschwunden und das
durch die weißen, hohen Segel belebte Strombild, wenn die Schiffe mit
günstigem Fahrwinde elbaufwärts flogen, gehört ebenso der Vergangenheit
an, wie die zahlreichen Schiffsmühlen auf der Elbe, die hart am Ufer in
mancher malerischen Stromecke, aber auch an Stellen sich angesiedelt
hatten, die der lebhafter werdenden Schiffahrt unbequem waren. Auch
die Schiffzieher, die Bomätschen, sonst eine volkstümliche Erscheinung
auf den Leinpfaden am Wasser, sind ausgestorben. Über die Größe des
Güterverkehrs auf der Elbe beim Zollamt in Schandau sei folgendes
erwähnt. Es betrug dieser Verkehr im Jahre 1900: 2735000 Tonnen. Einen
noch größeren Verkehr zeigen die vier Rheinhäfen Mannheim (4¼ Mill.
T.), Duisburg (3½ Mill. T.), Ruhrort (über 5 Mill. T.) und Emmerich
an der niederländischen Grenze (10 Mill. T.), und ferner die zwei Häfen
im Elbgebiet Berlin (4¾ Mill. T.) und Hamburg (5⅓ Mill. T.).
Schandau steht also unter den deutschen Flußhäfen an siebenter Stelle.
Die Frachten gehen meistens flußabwärts. Befördert wurden 1698000 T.
Braunkohlen, 369000 T. Holz, 309000 T. Zucker, 80000 T. Steine (nur
von den Brüchen oberhalb Schandau), 72000 T. Gerste und 14000 T. Obst.
Flußaufwärts gingen namentlich Düngmittel (81000 T.), Roheisen und Erze
(je 51000 T.). Was die Beförderung von Floßholz betrifft, so weisen
die Häfen an der Memel (Memel) und Weichsel (Thorn) eine noch höhere
Zahl von Tonnen auf, nämlich Thorn 722000 T. und Memel 647000 Tonnen.
Hier steht Schandau an dritter Stelle. Die Elbflößerei hat darum eine
besondere Bedeutung. Das Holz kommt aus den böhmischen Herrschaften,
vor allem von der oberen Moldau. In Böhmen haben die Prager Juden
diesen Handelszweig in der Hand. Die größten Holzniederlagen sind in
Niedergrund und Herrnskretschen. Von hier gehen die großen Prahmen
oder Flöße nach Magdeburg als dem Haupthandelsplatz an der mittleren
Elbe; jedes Floß ist bis 110 _m_ lang und hat vorn und hinten
Ruder, acht Stämme liegen nebeneinander. Eine solche Magdeburger
Prahme hat 14 Mann zur Bedienung für die 14 Ruder, je sieben vorn und
hinten. Die Flöße dürfen nach dem Reichsgesetz von 1894 nicht länger
als 130 _m_ und 12,6 _m_ breit sein. Sie dürfen auf der Elbe
auch nicht nebeneinander, sondern nur, und zwar in einem Abstande von
400 _m_, hintereinander fahren. In der Regel dauert eine Fahrt
bis Magdeburg acht Tage. Wenn die Flöße die Elbbrücken passieren,
sammeln sich immer Zuschauer, um dem Steuern dieser schlangenartig
sich bewegenden Fahrzeuge zuzusehen. Seit 1878 wird ein Zoll von dem
böhmischen Holze erhoben, der dem Deutschen Reiche etwa ¾ Mill.
Mark abwirft. Seitdem kommen nicht mehr verarbeitetes Holz, Bretter
und dergleichen herein, sondern nur Rundholz und es haben sich auf
deutschem Gebiet große Schneidemühlen an der Elbe in Schandau,
Königstein, Laubegast, Dresden und Riesa entwickelt. Die Flößer stammen
meistens aus den böhmischen Elbdörfern Herrnskretschen, Johnsdorf,
Rosendorf, Arnsdorf, Elbleiten, Kamnitzleiten und Stimmersdorf, die
sich, von Haus aus Handwerker und Bauern, ein Nebengewerbe aus der
Flößerei gemacht haben.

[Illustration: Abb. 128. +Am Rauschentor bei Schmilka.+

Liebhaberaufnahme von W. Thiel in Dresden. (Zu Seite 128.)]

[Illustration: Abb. 129. +Schmilka.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 128.)]

Ein anderes nur am Sandstein haftendes Gewerbe ist das
Steinbrechergewerbe (Abb. 134, 135 u. 136). Glücklicherweise ist
die Zahl der in diesem Beruf beschäftigten Arbeiter nicht groß (sie
betrug nur 3 vom Hundert der Bevölkerung), denn diese Arbeit ist
sehr ungesund und rafft die Leute in ihren besten Jahren hin. Am
gefährlichsten ist die Arbeit der Hohlmacher. Der Sandstein wird nicht
von oben abgesprengt, sondern die wagerechten Klüfte oder Schichten,
wodurch die Bänke voneinander geschieden sind, werden von unten her
erweitert, bis der Arbeiter wohl 12 _m_ tief unter der hohen
Wand vordringen kann. Dieses Hohlmachen der Wand gestattet aber nur,
daß der Mann, auf dem Rücken liegend, sich weiter vorschiebt, wobei
er, nach oben arbeitend, immer den feinen Sandstaub einatmet. So
entsteht durch Erkältung infolge der Lage auf dem nackten Steine die
sogenannte Steinbrecherkrankheit, die bei wachsendem Siechtum oft
schon mit 30 Jahren den Steinbrecher „bergfertig“ macht und ihn mit 40
Jahren dem Tode zuführt. Daher die große Zahl der Witwen und Waisen.
Im Jahre 1881 gab’s allein in dem sächsischen Dorfe Schöna 35 junge
Steinbrecherwitwen. Aber der höhere Lohn lockt die jungen Leute immer
wieder an, sich dem Gewerbe zu opfern. Im Jahre 1897 waren beschäftigt
139 Bruchmeister, 68 Hohlmacher, 1391 Steinbrecher, 418 Steinmetzen,
1274 Räumer, 241 Räumerinnen, und es wurden in 387 Brüchen 177000
_cbm_ Steine gewonnen. Der Arbeitslohn betrug bei den Männern
für jede Stunde im niedrigsten Satz 22-25 Pfennige, im höchsten 40
bis 50 Pfennige; bei den Frauen dagegen nur 12-18 Pfennige. Im Jahre
1892 waren nur 334 Brüche mit 3300 Arbeitern im Betrieb, aber die
Ausbeute betrug 187000 _cbm_. Die Ursache liegt wohl darin, daß
oft jahrelang an dem Hohlmachen einer Wand gearbeitet werden muß, daß
aber, wenn sie glücklich gefällt ist, auch ebenso lange Zeit wieder zur
Aufarbeitung gebraucht wird. Die großen Stücke bis zu 500 Zentner nennt
man Hamburger Ware. Die kleineren behauenen Werkstücke werden auf zwei
aneinander befestigten hölzernen Schlitten „heruntergehuscht“ an den
Strand und dort auf die Kähne verladen.

[Illustration: Abb. 130. +Das Felsentor auf dem Neurathen.+ Stich
von Ludwig Richter.

Aus: Dreißig malerische An- und Aussichten von Dresden und der nächsten
Umgebung. (Zu Seite 132.)]

[Sidenote: Das Fällen einer Wand.]

Eine sehr interessante Beschreibung von der Art und Weise, wie eine
Wand hohlgemacht und gefällt wird und welches wunderbare Schauspiel
das Stürzen einer Wand gewährt, hat ein tüchtiger Fachmann in der
Zeitschrift: „Über Berg und Tal“ 1887 veröffentlicht. Danach darf eine
Wand nur mit behördlicher Genehmigung zu Fall gebracht werden, wenn
der königliche Steinbruchsaufseher und der königliche Kommissar die
Wand vorher besichtigt haben und wenn nachgewiesen ist, daß durch den
Fall kein Nachbar geschädigt, kein öffentlicher Weg gefährdet wird.
Namentlich unterliegen die Brüche an der Eisenbahn der schärfsten
Kontrolle. Es war früher doch vorgekommen, daß Blöcke bis in die Elbe
stürzten und der Schiffahrt hinderlich wurden. Dann erst erfolgt nach
genauer Prüfung die Genehmigung zum Hohlmachen; vielleicht muß auch
sogar eine namhafte Kaution gestellt werden.

[Illustration: Abb. 131. +Bastei von der Elbseite.+

Nach einer Aufnahme von F. & O. Brockmanns Nachfolger R. Tamme in
Dresden. (Zu Seite 132.)]

[Sidenote: Das Stürzen einer Wand.]

Zuerst wird mit einer kurzgestielten Hacke, deren flachgebogenes
Eisen in der Mitte durchlocht ist und nach jeder Seite in eine Spitze
ausläuft, hohlgemacht. Bei weiterem Vordringen unter der Wand wird
auch mit Pulver, seltener mit Dynamit gesprengt, das Unterhöhlen muß
an der Seite der Wand beginnen, wohin diese fallen soll. Ist nun die
Verlosung (Kluftbildung) normal, dann ist die Arbeit leicht; ist aber
die Wand mit der daranstoßenden verwachsen, dann löst sie sich nicht
in gewöhnlicher Weise, sondern muß abbrechen und das geschieht oft
unerwartet und wird gefährlich, weil die gewöhnlichen Warnungszeichen,
die dem Fallen der Wand vorausgehen, nicht Zeit lassen zu fliehen.
So ging am 18. Oktober 1887 eine regelrecht unterhöhlte Wand bei Posta
unerwartet nieder und drückte einem noch unter derselben befindlichen
Hohlmacher die Brust ein, so daß er nach wenigen Stunden starb. Ein
großes Aufsehen erregte am 25. Januar 1862 die Kunde, daß bei Wehlen
21 Steinbrecher von einer fallenden Wand verschüttet seien; aber noch
größere Verwunderung und Freude sprach sich aus, als man vernahm, daß
sämtliche Arbeiter nach 30stündiger ununterbrochener Anstrengung aus
ihrem steinernen Grabe unversehrt wieder ans Tageslicht gebracht werden
konnten. Die fallende Wand hatte sich, wie wir es bei Höhlenbildungen,
z. B. beim Eingang der Götzinger-Höhle, gesehen haben, schräg angelehnt
und so den Verschütteten Raum und Luft genug gelassen, um 30 Stunden
auszuharren.

Die zu fällende Wand in den Teichsteinbrüchen oberhalb Schöna, von
der unser Gewährsmann spricht, war 45 _m_ hoch, 40 _m_ lang und
unten 20 _m_, oben 15 _m_ breit. Die Höhe der Unterhöhlung wurde, im
Verlauf der Arbeit, immer niedriger, so daß die Hohlmacher zuletzt
liegend „schroten“ (hohlmachen) mußten. Dann wurden die Steifen
aufgestellt. Das sind Hölzer, Stützen von kerngesundem Holz in der
Stärke von 30-45 _cm_ und 2½-4 _m_ Höhe. Es wurden 24 solcher Steifen
unter die schwebende Wand gesetzt, wobei jeder, auch der geringste
Zwischenraum, zwischen der Steife und dem Stein durch harte Holzkeile
fest ausgeschlagen wird. Nur an einer kleinen Stelle wird so viel
leerer Raum gelassen, um ein kleines Glasfläschchen anzubringen,
dessen Zerspringen den geringsten Druck der Wand von oben anzeigt.
Diese Steifen werden nur ganz vorn, höchstens 1-2 _m_ zurück gestellt.
Unter diesen Verhältnissen war die Wand bis 30 _m_ hinein unterhöhlt.
Die Gläser waren gesprungen, die Steifen zum Teil geborsten, loses
Gestein fiel aus der Verlosung ab: alles Anzeichen, daß man nun durch
Wegschießen der Steifen die Wand zu Falle bringen könne.

Allein vergebens. Die Wand fiel trotzdem nicht, und man mußte nicht
nur neue Steifen setzen, sondern auch mit dem Hohlmachen noch weiter
vordringen. Nur drei Arbeiter wagten es für einen Lohn von 5-6 Mark
weiter zu schroten. Nun endlich, aber erst nach 14 Tagen, fiel
die Wand. Aus ihrem Innern kamen starke, dumpfe Schläge wie von
verhallenden Kanonenschüssen, zuerst in tagelangen Pausen, dann aber am
Tage vor dem Fall stärker und häufiger. Dann begann die Bewegung der
Wand. Loses Gestein rollte aus der Verlosung nach außen, dazu ertönte
im Inneren lautes Krachen. Das dauerte noch vier Stunden. Dann neigte
sich die kolossale, weit über eine Million Zentner enthaltende Wand
langsam unter donnerähnlichem Getöse, begleitet von hellen Flammen,
die durch die riesige Reibung abgleitender Teile entstanden, und fiel.
Große, dicke Staubwolken verhüllten minutenlang vorerst jeden Ausblick;
dann sah man den günstigen Ausgang, daß das Material für mehrere Jahre
genügte, um die weitestgehenden Ansprüche zu befriedigen. Den Schluß
bildete natürlich ein heiteres Arbeiterfest mit Bier, Zigarren und
schönen Reden.

[Illustration: Abb. 132. +Rathen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 133.)]

Aus diesen Teichsteinbrüchen stammen unter anderen die zwölf
Säulen zu dem neuen Gebäude der Kunstakademie auf der Terrasse,
jede dieser Säulen hat eine Höhe von 8 _m_. Zu dem Neubau
am Königlichen Schlosse zu Dresden wurden aus denselben Brüchen
auch zwei Blöcke geliefert, die jeder 638 Zentner wogen. Aus den
Postelwitzer Steinbrüchen stammt der weiße Stein zu den Schillingschen
Figurengruppen an der Terrassentreppe. Überhaupt sind alle monumentalen
Bauten in Dresden: die Augustusbrücke, die Frauenkirche, katholische
Hofkirche und Kreuzkirche, nicht minder der Zwinger und das Hoftheater
aus Sandstein gebaut. Der Stein von Cotta eignet sich wegen seiner
Feinheit und Weiche besonders zu größeren Luxusbauten und hat daher
ein Absatzgebiet, das weit über Deutschlands Grenzen hinausgeht. So
wurde 1738-1742 auch das königliche Schloß in Kopenhagen aus solchem
Sandstein errichtet. Der Cottaer Bildhauersandstein, mit gleichmäßig
feinem Korn, läßt sich leichter bearbeiten, ist aber auch leicht
zerstörbar. Im Gottleubatal von Goës bis Klein-Cotta und Dohna werden
in Steinsägewerken die Blöcke in Platten und Säulen zerschnitten und
finden ihren Absatz über ganz Norddeutschland bis Schleswig-Holstein
und Ostpreußen. Ihre Abfuhr erleichtern die beiden in Pirna
einmündenden Zweigbahnen von Berggießhübel und Groß-Cotta. Der Poster
Stein und der Teichstein werden wegen ihrer großen Härte und ihrer
Widerstandsfähigkeit besonders zu Wasser- und Bahnbauten geschätzt.
Härteres Material, gröberes Korn und größere Tragfähigkeit rühmt man
an dem Liebethaler Stein, er wird daher zu Mühlsteinen verwandt. Der
Stein aus den Kirchleiten bei Königstein ist dagegen wegen seiner
großen Dichte zu Trögen in den chemischen Fabriken beliebt. So sieht
man auch an der verschiedenen Verwendung des Quadersandsteines, wie
verschiedenartig das Gestein in den einzelnen Teilen des Gebirges ist.

[Illustration: Abb. 133. +Ernte bei Weißig.+

Liebhaberaufnahme von H. Engert in Dresden. (Zu Seite 136.)]

[Sidenote: Fabrikation künstlicher Blumen.]

Es bleibt nur noch kurz zu erwähnen übrig, daß sich in Sebnitz und
Umgegend und bis nach Schandau hinab die Herstellung künstlicher
Blumen zu einem blühenden Erwerbszweig entwickelt hat. In Schandau ist
sogar eine Fachschule für Blumenarbeiter gegründet. Die Ausfuhr dieser
Erzeugnisse nach Nordamerika belief sich 1895 schon auf mehr als 750000
Mark.

So haben wenigstens die beiden größten Städte der Sächsischen Schweiz,
Pirna und Sebnitz, eine Industrie, die ihren Namen über die Grenzen des
deutschen Landes hinaus bekannt gemacht hat. Denn aller Sandstein, der
versandt wird, heißt in der Fremde Pirnischer Sandstein. Und Sebnitz
hat neben älteren Gewerbszweigen durch die Herstellung künstlicher
Blumen einen erhöhten Handelsverkehr gewonnen. Übrigens sind die Städte
in unserem Gebiete nur als klein zu bezeichnen, denn keine erreicht
eine Bevölkerung von 20000 Seelen. Die meisten sind in ihrer Lage im
engen Elbtal oder in einem tiefen Seitental oder auf einer Felsenanhöhe
dermaßen beschränkt, daß an eine bedeutendere Ausdehnung nicht zu
denken ist. Einzig und allein Pirna ist einer größeren Ausdehnung
fähig. Daher kommt es, daß auch jetzt schon Pirna fast ebenso volkreich
ist, als die anderen Städte zusammen, nämlich 18300 Einwohner gegen
18900 Einwohner.

Zunächst mögen diese Städte hier der Größe nach aufgeführt und zugleich
ihre Volkszahl vor 100 Jahren in Klammern dahinter gesetzt werden.

Pirna zählte 1900: 18300 Einwohner (3660 im Jahre 1801), Sebnitz 8650
Einwohner (2320), Königstein 4270 Einwohner (1080), Schandau 3260
Einwohner (950), Wehlen 1400 Einwohner (670), Hohnstein 1320 Einwohner
(600).

Man sieht daraus, daß Pirnas Bevölkerung in 100 Jahren um mehr als das
fünffache, die von Sebnitz fast um das vierfache, Königstein um das
vierfache, Schandau um mehr als das dreifache gestiegen ist und Wehlen
und Hohnstein sich nur verdoppelt haben.

[Sidenote: Pirna.]

Pirna (Abb. 137) hat zweifellos die günstigste Lage, es lehnt sich
an das Sandsteingebirge, genießt aber auch alle Vorteile des offenen
Elbtalbeckens. Pirna hat schon im Mittelalter eine größere Bedeutung.
Wir haben schon bei der Schilderung Dresdens auf den alten Straßenzug
durch das Pirnische Tor und die Pirnische Straße hingewiesen. Gedeckt
war die Stadt im Mittelalter durch die über Pirna auf der ersten
Sandsteinhöhe thronende Feste Sonnenstein, die seit 1811 in eine
Irrenanstalt umgewandelt ist. Die Stadt hat eine lebhafte Industrie,
günstige Handelsverbindungen, da es im Knotenpunkt mehrerer Bahnen
liegt und ist in erfreulicher Blüte begriffen. Erst seit 1404 gehört
Pirna dauernd zur Markgrafschaft Meißen.

[Illustration: Abb. 134. +Steinbruch in der alten Posta.+

Gesprengte Wand, die aber nicht fiel, sondern sich nur gesetzt hat.

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
141.)]

[Sidenote: Sebnitz.]

Sebnitz (Abb. 138), die zweite und ebenso gewerbreiche Stadt, liegt
gleichfalls am Rande der Sächsischen Schweiz. Trotz ungünstiger Lage
und schwieriger Verkehrsverbindungen, weil die Stadt nach allen Seiten
von hohen Bergen und Landrücken umgeben ist, hat Sebnitz doch immer
eine lebhafte Industrie entwickelt und für seine Erzeugnisse auch
Absatz gefunden. Ursprünglich herrschte hier wie weiter im Osten in der
ganzen Lausitz und in Nordböhmen die Weberei vor. Schon vor hundert
Jahren bezeichnete Götzinger den Ort von damals nur 2300 Einwohnern
als eine bedeutende Manufakturstadt Sachsens, wo besonders leinene
und halbseidene Waren verfertigt wurden und verschiedene von diesen
Artikeln unter dem Namen Sebnitzer Zeuge bekannt waren und wohl gar
im Auslande für französische Zeuge verkauft wurden; jetzt scheint nur
Leinwandweberei und Druckerei noch zu bestehen. Man hat sich einem
anderen Zweige der Industrie zugewandt, der Verfertigung künstlicher
Blumen, wofür sich Sebnitz dermaßen emporgeschwungen, daß es der erste
Platz dafür in Sachsen geworden ist. Daneben sind noch die Herstellung
von Papier und Knöpfen zu nennen.

[Illustration: Abb. 135. +Steinbruch in der alten Posta.+
Gefallene Wand.

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
141.)]

[Illustration: Abb. 136. +Steinbruch in der alten Posta bei Pirna.+

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
141.)]

[Sidenote: Königstein.]

Königstein verdankt seine Entstehung dem Schutze der die Stadt
überragenden Festung; die Stadt ist also jedenfalls jünger als
Sebnitz. In seiner Lage im engen Bielatal und am schmalen Elbstrande
hin für weitere Entwickelung beschränkt, war eine Ausdehnung nur in
bescheidenem Maße gestattet. Trotzdem hat sich diese Stadt weiter
entwickelt und bei wachsender Volkszahl auch neue Industriezweige
entfaltet. Wenn Götzinger zu seiner Zeit als Hauptnahrung Brennerei
und Viehmast, Schiffahrt und Steinbrechen nennt und darauf hinweist,
daß das im siebzehnten Jahrhundert so berühmte Königsteiner Bier kaum
noch gebraut werde, so finden wir statt dessen gegenwärtig bedeutende
Holzsägewerke und Schiffbau, Papier- und Zellulosefabrikation und
verschiedene Gewerbe, die sich mit der Verarbeitung und Verwendung
des Holzes beschäftigen. Der Erfinder der Holzschleiferei und des
Holzstoffes, Friedrich Gottlob Keller (1816 bis 1895), starb in
Krippen, wo ihm auf dem Kirchhofe ein Denkmal gesetzt wurde. Die
Inschrift auf dem Grabsteine Kellers lautet: „Hier ruht Friedrich
Gottlob Keller, geb. den 27. Juni 1816 zu Hainichen, gest. den 8.
September 1895 zu Krippen. Dem Erfinder des Holzschliffes in dankbarer
Anerkennung gewidmet von Mitgliedern des Sächsischen Verbandes
deutscher Holzschleifer und des Vereins Sächsischer Papierfabrikanten.“
Das Städtchen Königstein führte im Volksmunde auch den Spottnamen
Quirlequitsch. Derartige Hänseleien und auch Spottverse, womit die
„getreuen Nachbaren“ einander zu necken pflegten, waren auch an
der Elbe beliebt. Da hieß es von Schandau: „Meißnische Ehre und
Redlichkeit haben in Schandau ein Ende;“ und der Antiquarius des
Elbstroms fügt 1741 in biederer Gesinnung hinzu, damit man sich nicht
für die böse Seite des doppelsinnigen Ausspruches entscheide, daß das
Meißner Land bei Schandau zu Ende gehe und daß man daher unrecht tue,
wenn man diesen Ort zum Leitmeritzer Kreise und nach Böhmen rechne. --
Von der Armut der Hohnsteiner lautete der Denkspruch: „Wer sich will
in Hohnstein nähren, muß essen Schwämme, Pilze und Heidelbeeren.“ Die
Städte Stolpen, Neustadt und Sebnitz wurden summarisch abgetan mit den
Reimen:

    Von Stolpen weht der Wind,
    Zu Neustadt haben sie’n Bock geschindt,
    Zu Sebnitz henkt man’s eigne Kind.

Auch Pirna blieb nicht ungeneckt, doch gehört der Spottvers erst
der neueren Zeit an, da die darin ausgesprochene Gleichstellung der
Insassen von Pirna und von der Irrenanstalt auf dem Sonnenstein erst
nach Errichtung dieser Anstalt 1811 entstehen konnte.

Am meisten hat aber wohl stets der Name Quirlequitsch für Königstein
heitere Zustimmung erfahren, auch wenn man sich die Entstehung des
Namens nicht klar gemacht hat. Ist man doch in satirischer Laune
sogar geneigt gewesen, das Wort aus dem Lateinischen „_querularum
quies_“ zu deuten. Das mag wohl auch den Satiriker Rabener veranlaßt
haben einen „Auszug aus der Chronike des Dörfleins Querlequitsch,
an der Elbe gelegen“, zu schreiben, der zuerst in den Belustigungen
des Verstandes und Witzes, 1742, erschien. Dieser Aufsatz enthält
keinerlei Beziehungen auf Zustände in der Stadt Königstein, sondern
soll nur, wie schon der Pfarrer Süßen in seiner Historie des Städtchens
Königstein 1755 vermutet, durch eine inventierte angenehme Erzählung
die Schwachheiten mancher Geistlichen kritisieren, welche diese bei
Abfassung von Chroniken an den Tag legen, wenn sie zuweilen mitten
in der Chronik anfangen zu predigen, oder sich sonst bei Erzählung
geringfügiger und fabulöser Dinge aufhalten, aber dabei wichtigere
Mitteilungen versäumen.

[Illustration: Abb. 137. +Pirna und der Sonnenstein.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 147.)]

[Sidenote: Geschichte Klettenbergs.]

Sonst muß man leider bekennen, daß das Städtchen nie Gegenstand
besonderer Beachtung in der beschreibenden Literatur gewesen ist. Ganz
anders stand die Festung Königstein da (Abb. 139 u. 140). Sie wurde
schon eines Besuchs für wert gehalten, ehe noch die Schönheiten der
Sächsischen Schweiz erkannt worden waren und man scheute auch die
beschwerlichen Wege nicht, die von Dresden her auf die unbezwingliche
Burg hinaufführten. Es gab außer den eigentlichen Festungsanlagen
und der kriegerischen Ausrüstung noch mancherlei staunenswerte
Werke zu besichtigen; namentlich den tiefen Brunnen und das große
Weinfaß. Auch erfuhr man mancherlei über die bemerkenswertesten
Gefangenen, die hier, sei es mit Recht oder Unrecht, in den Kerkern
geschmachtet hatten. Unter diesen Gefangenen waren mehrere, die durch
ihre einflußreiche Stellung im Leben entweder eine beachtenswerte
Rolle auf der Bühne der Weltgeschichte gespielt hatten oder durch
Schwindeleien und Betrug ihre Freiheit und wohl gar das Leben
verwirkt hatten. Zu jenen zuerst genannten gehörte der unglückliche
Kanzler Nikolaus Crell, der nach zehnjähriger Gefangenschaft 1601 vom
religiösen Fanatismus dem Blutgericht überliefert wurde, und ferner
der livländische Edelmann Johann Reinhard von Patkul, der während des
Nordischen Krieges eine Zeitlang eine Vertrauensstellung bei August
dem Starken innegehabt hatte, aber im Altranstädter Frieden 1706
auf besonderes Verlangen Karls XII. an Schweden ausgeliefert und im
folgenden Jahre in Polen gerädert wurde. Zu der zweiten Gruppe gehören
der Abenteurer Johann Hektor von Klettenberg und der Geheimsekretär
Menzel. Klettenberg war in Frankfurt 1680 geboren, studierte auf
mehreren Universitäten und wurde, da er in einem leichtfertig
veranlaßten Zweikampf seinen Gegner erstochen hatte, in Frankfurt
zum Tode verurteilt, fand aber, indem er seine Wächter mit Opium
betäubte, Gelegenheit zu entfliehen und führte nun von 1710-1720 ein
Abenteurerleben, das ihn in vielen Städten des alten deutschen Reiches
bekannt machte, wo er sich für einen Adepten ausgab. Im Herbst 1713
trat er mit August dem Starken in Verbindung, den er bald durch seine
frechen Behauptungen, er verstehe die Kunst, unedle Stoffe in Gold
zu verwandeln, derart zu gewinnen und zu bestricken wußte, daß er
mit dem damals ungeheueren Gehalte von 1000 Talern monatlich in des
Königs Dienste genommen wurde, um durch seine geheime Kunst reichliche
Mittel zu schaffen für die mannigfachen kostspieligen Unternehmungen
und Feste des prachtliebenden Fürsten. Anfangs „arbeitete“ Klettenberg
in Dresden selbst, aber schon 1715 verlegte er sein Laboratorium nach
Senftenberg, wo er ganz ungestört sein Wesen treiben konnte. Er kam nur
gelegentlich noch nach Dresden. In Senftenberg, wo er sich Exzellenz
nennen ließ, wie er früher sich auch schon ganz unberechtigter Weise
den Rang und Titel eines russischen Oberst zugelegt hatte, ging
nun eine tolle Wirtschaft los. Von den Amtsuntertanen schrieb er
eigenmächtig Lieferungen aller Art aus: Schlachtvieh, Hühner, Eier,
Fische, Stroh und Holz verlangte er nach ganz geringen, in einer alten
Amtstaxe enthaltenen Preisen, die er nicht einmal bezahlte. Die
Klagen der bedrückten Untertanen, schreibt von Weber (a. a. O. X.
139), verhallten ungehört. Aus Senftenberg und Umgegend versammelte
Klettenberg einen zahlreichen Kreis um sich zu täglichen Schmausereien,
bei denen unmäßig getrunken wurde. Wüste Szenen spielten sich an
Buß- und Feiertagen auf offener Straße ab, widerliche Unflätereien
wurden öffentlich betrieben. Dabei entblödete sich Klettenberg nicht,
trotz seines hohen Gehaltes noch Geld zu unterschlagen und Schulden
zu machen. Das brach ihm den Hals. Im Januar 1718 wurde er wegen
Wechselschulden (18000 Taler) verhaftet. Den König hatte er immer
wieder mit Ausflüchten und leeren Versprechungen hingehalten, nachdem
für die Goldmacherei bereits 60000 Taler verausgabt waren. Nun kam
das Strafgericht. Klettenberg kam in Untersuchungshaft. Sein Gehalt
wurde monatlich von 1000 Taler zuerst auf 50 und dann auf 25 Taler
herabgesetzt und im Februar 1719 seine Abführung nach dem Königstein
befohlen.

[Illustration: Abb. 138. +Sebnitz.+ (Zu Seite 147.)]

[Illustration:

    Nach einer alten Handzeichnung auf ¼ verkleinert.

Abb. 139. +Topographischer Plan der Festung Königstein.+ (Zu Seite
150.)]

Der Kommandant vom Königstein war Kyau, ein Mann, der durch seine
jovialen Einfälle sich eines gewissen Rufes erfreute, kam aber dem
Befehle, den Adepten sorgfältig bewachen zu lassen, nicht in vollem
Umfange nach und so konnte denn Klettenberg am 30. April einen
Fluchtversuch ausführen, wurde aber schon am nächsten Orte, Gorisch,
wieder eingefangen und weil er später einen zweiten Versuch wagte, sich
zu befreien, am 1. März 1720 hingerichtet.

Der zweite Sträfling, der sich die langjährige Gefangenschaft auf dem
Königstein durch seinen Verrat von Staatsgeheimnissen zugezogen hatte,
war der Geheimsekretär Friedrich Wilhelm Menzel, der die Abschriften
der Verträge zwischen Rußland und Sachsen und des Briefwechsels, den
Graf Brühl mit Rußland und Österreich unterhalten hatte, an Friedrich
den Großen in den Jahren kurz vor dem Siebenjährigen Kriege auslieferte
und dem preußischen Könige damit die Beweismittel in die Hand gab von
dem Vorhandensein eines geheimen gegen ihn gerichteten Bündnisses.
Friedrich der Große rechtfertigte seinen Einbruch in Sachsen 1756
damit, daß er diese Schriften veröffentlichte. Der Verräter wurde aber
später entdeckt und büßte seine Tat durch eine dreiunddreißigjährige
Gefangenschaft von 1763-1796.

[Sidenote: Der Brunnen und das große Weinfaß auf Königstein.]

Unter den Sehenswürdigkeiten auf dem Königstein verdiente natürlich der
unter Kurfürst August vollendete tiefe, wasserreiche Brunnen, von dem
schon berichtet ist, vor allem einen Besuch. Man zeigte den staunenden
Fremden aber nicht bloß die Tiefe dadurch, daß man von oben Wasser
hineingoß und darauf aufmerksam machte, wie viel Zeit vergehe, ehe das
Wasser den Spiegel unten im Grunde erreiche, aufschlage und der Schall
des Geräusches wieder herauftöne, sondern man ließ auch Lichter an
der Brunnenkette hinab, um an dem Immerkleinerwerden der Lichter die
ungeheuere Tiefe sehen zu können. Zu einer weiteren Ergötzlichkeit war
aber auch ein Gedicht verfaßt, das als eine Anrede des Brunnengeistes
an den Besucher gedacht war.

Vergänglicher als dieser für eine Festung unentbehrliche Wasserspender
war das andere Bauwunder der Felsenfeste, das große Weinfaß. Es
ist merkwürdig, wie seit dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts
zwei Kurfürsten des heiligen römischen Reiches sich wetteifernd zu
überbieten suchten, wer das größte Weinfaß zu bauen im stande sei, und
doch war keiner von beiden des Reiches Mundschenk. Es waren dies die
Fürsten von der Pfalz und von Sachsen. Der Pfälzer begann und ließ
im Schloß zu Heidelberg 1586 ein Weinfaß bauen, das 1185 Hektoliter
faßte. Darauf entstand 1624 auf dem Königstein ein solcher Weinhälter
für 1450 Hektoliter. Das neue Heidelberger Faß von 1664 war auf 1651
Hektoliter berechnet; aber das neue Königsteiner vom Jahre 1680 faßte
2235 Hektoliter und kostete 20000 Mark zu bauen. Da aber dieses bald
baufällig wurde, so mußte der berühmte Erbauer des Zwingers in Dresden,
Daniel Pöppelmann, auf Befehl Augusts des Starken den Entwurf zu einem
noch größeren Weinfasse anfertigen, das dann 1725 fertig gestellt
wurde, 23000 Mark Baukosten verursachte und 2428 Hektoliter faßte.
Dieses neue Riesenfaß verlangte aber auch ein neues Haus und so belief
sich der Gesamtaufwand für diese Spielerei auf 40000 Mark. Im Jahre
1819 beschloß dieses Weingebäude sein fast hundertjähriges Leben und
wurde wegen Baufälligkeit abgetragen; auch sollten die Räumlichkeiten
der Magdalenenburg, in der sich das Faß befand, zu einem bombenfesten
Provianthause umgebaut werden.

Von der ganzen Herrlichkeit sind nur die Schnitzwerke, ein riesiger
Bacchus und allerhand Embleme und Zierat, übriggeblieben, die noch
gezeigt werden. Der Königstein hatte durch die wachsende Größe seiner
Fässer mehremal über Heidelberg gesiegt; aber der dichterische Ruhm
ist am Rhein geblieben. Das Heidelberger Faß wird in lustigen und
durstigen Liedern verherrlicht, vom Königsteiner „meldet kein Lied,
kein Heldenbuch“. Die Sänger sahen gewiß mehr auf den Inhalt als die
Form des Behälters.

[Illustration: Abb. 140. +Stadt und Festung Königstein.+

Nach einer Aufnahme von F. & O. Brockmanns Nachfolger R. Tamme in
Dresden. (Zu Seite 150.)]

Daß aber die Besichtigung aller Herrlichkeiten auf dem Königsteine
in früheren Zeiten kein billiges Vergnügen war, das hat uns Carl
Julius Weber, der bekannte Verfasser des immer noch gern gelesenen
„Demokrit“ verraten und zwar in seinen „Briefen eines in Deutschland
reisenden Deutschen“ (Stuttgart 1834, 2. Auflage. III. 68-70). Er
nennt den Königstein das Wunder Sachsens und meint: „Es gibt hier
allerlei Merkwürdigkeiten -- sehr unmerkwürdige Merkwürdigkeiten um
des Trinkgeldes willen -- höchst interessant aber bleibt die Runde um
den Felsen, in Begleitung eines Invaliden, wie der meinige, der mit im
Lager von Pirna war (1756) und Friedrich (dem Großen) ins Auge gesehen
haben wollte.“ (Weber hat zweimal die Festung besucht: 1802 und 1823 --
hier kann natürlich nur der erste Besuch gemeint sein.)

„Recht gern,“ erzählt unser Reisender weiter, „gab ich ihm den
verdienten sächsischen Konventions-Taler -- aber nun begannen
beispiellose Prellereien! Der Kerl muß geglaubt haben, meine
Achtgroschenstückchen seien Steinchen, die ich in der Sächsischen
Schweiz aufgelesen hätte. Ich mußte das Zeughaus sehen, ob ich gleich
versichert, daß ich von Berlin käme, und gab 8 gr. ‚Ja Herr! unter 16
gr. nicht!‘ Stolz gab ich noch zwei Achtgroschenstücke. ‚Nun haben
Sie einen Taler, und mehr kostet mich das Berliner Zeughaus nicht.‘
Am Brunnen wurde mir ein Glas Wasser gereicht -- 4 gr. Das große Faß
mußte ich auch sehen -- 4 gr. Ich mußte in die neuen Kasematten, und
da man hier nichts forderte, so glaubte ich, sie gehörten in das
Departement meines Führers, irrte mich aber sehr. Wir kamen an einen
Opferstock: ‚Legen Sie doch einen Groschen ein!‘ Gut! Wir kamen zu
einigen Arbeitern: ‚Geben Sie einige Groschen, wenn Sie nicht geschnürt
sein wollen!‘ Gut. Aber bin ich nicht schon genug geschnürt? Ein
Soldat, der den Schlüssel geholt hatte, erwartete seine 4 gr. -- Die
Wache, die meinen Namen hinaufgerufen, auf- und zugeschlossen und das
‚Kann passieren!‘ gerufen hatte, erwartete Gleiches. Aber nun kam mein
Meister Prellhans mit einer Nachforderung, als ich ihm ohne Dank den
Konventions-Taler in die Hand drückte. ‚Für die Kasematten, mein Herr!‘
Wie? Nun, hier sind noch 4 gr. ‚Wenigstens 8 gr., mein Herr.‘“

„So unverschämt geplündert, wie nirgendwo vor und nach, eilte ich vom
Königstein hinab und kam schneller als es sonst geschehen wäre, nach
Pirna -- kaum, daß mich die schöne Natur mit der Menschheit versöhnte!“
--

Derartige Szenen, wie sie Weber auf der Feste erlebt haben will,
gehören gegenwärtig natürlich der „guten alten Zeit“ an. Aber man darf
nicht vergessen, daß der Besuch derartiger Merkwürdigkeit, ebenso
wie der Besuch einer jeden Kunstsammlung in Dresden ähnliche Kosten
verursachte. In jedem Museum zahlte man dem Leiter der Sammlung, mochte
es ein Hofrat oder ein Professor sein, einen Dukaten und dem Aufwärter
einen Gulden. Der Begriff der Öffentlichkeit fehlte noch und die
Liberalität, die bereits in Paris oder Wien geübt wurde, war in Sachsen
noch nicht eingeführt.

[Sidenote: Schandau.]

Schandau (Abb. 141), in ähnlicher Lage wie Königstein an der Mündung
eines Nebenflusses und auf der schmalen Elbaue gelagert, hat zwar
noch mehr Raum als Königstein zu weiterer Ausdehnung; allein die Lage
der Aue ist so tief, daß der Ort mehr als alle anderen Städte den
Überschwemmungen und Hochfluten ausgesetzt ist. Magister Christian
Weiß bezeichnete Schandau im Jahre 1796 als eine kleine, aber sehr
schön gelegene und meist von Schiffern, Webern und Handwerkern
bewohnte Stadt. Die sehr schöne Lage ist der Stadt als natürliche
Mitgift geblieben und hat vor allem nach diesem Mittelpunkte der
Sächsischen Schweiz die Fremden hingezogen. Die ansehnliche Reihe
großer stattlicher Gasthäuser, die sich an der Elbe erheben, verleiht
der Stadt einen großstädtischen Anstrich. Kein anderer Ort kann sich in
dieser Beziehung mit Schandau messen, es ist auch für vornehme Gäste
nirgends in der Sächsischen Schweiz besser gesorgt als hier, sei es
zu kürzerem Besuch oder zu längerem Aufenthalt. Auch der Stadtteil im
Kirnitzschtal mit seinen Landhäusern und Gärten bis zu dem ehemals
mehr als jetzt besuchten Bade macht einen anmutigeren, freundlicheren
Eindruck als sonst eine Stadt an der Elbe. So ist Schandau die Stadt
des lebhaftesten Fremdenverkehrs geworden, dem keine andere den Rang
streitig machen kann. Wie bedeutend der Elbverkehr hier ist, an dem
sich die Stadt auch beteiligt, ist bereits erwähnt worden.

[Illustration: Abb. 141. +Schandau.+

Nach einer Aufnahme von F. & O. Brockmanns Nachfolger R. Tamme in
Dresden. (Zu Seite 156.)]

[Sidenote: Wehlen.]

Wehlen, früher Wehlstädtel genannt, auf einer Vorstufe oder einem
höheren festen Ufer unter einem mäßig hohen, alleinstehenden Burgfelsen
gelegen, verdankt wohl seine Entstehung der ehemaligen Burg, von der
gegenwärtig nur noch die unteren Mauern des Burghügels erhalten sind
(Abb. 142 u. 143). Erst 1364 wird Wehlen als Städtchen (_oppidum_)
bezeichnet. Die Burg war älter; aber, wenn auch slavischen Namens, wohl
schwerlich schon im frühesten Mittelalter eine slavische Burg. Erwähnt
wird sie erst in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts,
wo Heinrich der Erlauchte (1222-1288), Markgraf von Sachsen in der
Zeit von 1269-1272, hier mehrfach Urkunden unterzeichnet hat, woraus
geschlossen werden darf, daß er hier längere Zeit residiert hat.
Ist dies der Fall, dann würde sich damit auch erklären, daß unter
allen Burgen in der Sächsischen Schweiz Wehlen den stattlichsten,
man möchte sagen einen fürstlichen Bau zeigte, der, wenn auch
vernachlässigt, verfallen und mancher Schmuckteile beraubt, bis zum
Ende des achtzehnten Jahrhunderts noch eine sehenswerte, malerische
Ruine vorstellte, die von den Künstlern jener Zeit vielfach gezeichnet
und gemalt worden ist. Noch im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts
erinnerten die beträchtlichen und ehrwürdigen Ruinen des Schlosses, die
aus hohen, sehr starken Mauern, Rundungen und Wänden von Türmen und
Basteien bestanden, an den ehemaligen großen Umfang desselben. Auch
aus den Trümmern konnte man noch erkennen, daß der Bau frühestens dem
zwölften Jahrhundert angehört hatte. Aber die immer morscher werdenden
Mauern bedrohten durch Einsturz mehrfach die darunterliegenden Häuser
im Städtchen, infolgedessen dann die Burg bis auf die Grundmauern
abgetragen werden mußte, wodurch die ganze Landschaft leider einen
herrlichen, romantischen Schmuck einbüßte. Das Städtchen ist auf
einen kleinen Raum am Ausgange des Uttewalder Grundes beschränkt und
hat daher nicht in demselben Maße wachsen können, wie die anderen
Elbstädte. Auch hier herrscht ein lebhafter Fremdenverkehr, denn die
Stadt bildet, nach Beginn des Dampfschiff- und Eisenbahnverkehrs, recht
eigentlich das Eingangstor zur Sächsischen Schweiz.

[Illustration: Abb. 142. +Die alte Burg Wehlen um 1755.+

Nach der gleichzeitigen Radierung von Grundmann. (Zu Seite 158.)]

[Sidenote: Hohnstein.]

Hohnstein, die kleinste unter den Städten des Gebirges, die nicht an
der Elbe liegt, ist ähnlich wie Sebnitz am Außenrande, aber doch noch
+auf+ dem Sandstein gelegen (Abb. 144 u. 145). Das Städtchen,
in einer flachen Senkung der Sandsteinkette, auf deren Ende die alte
Burg thront, hat eine überaus romantische Lage, von tiefen Gründen
auf mehreren Seiten begrenzt. Es gehört nebst seiner grotesken
Umgebung zu den beliebtesten Wanderzielen; aber der Ort lag bis vor
wenig Jahren, wo er eine Eisenbahnverbindung mit Schandau erhielt,
wie aus allem Verkehr weggesetzt. Er ist auch nur gleichsam als ein
Anhang zur Burg entstanden, denn diese bildete den Mittelpunkt einer
ausgedehnten Herrschaft, die bis ins vierzehnte Jahrhundert ebenfalls
dem böhmischen Geschlechte der Birken von der Duba gehörte. Nach Böhmen
zu hatte der Ort noch eine leidliche Verbindung, gegen Sachsen erschien
er vom tief eingeschnittenen Polenztal aus wie eine unbezwingliche
Burg. Unter sächsischer Herrschaft seit 1444, war Hohnstein der Sitz
eines Amtes, und hier wurde 1765 durch den damaligen Kurfürsten die
erste Merinostammschäferei begründet. Sonnenstein, Hohnstein und
Königstein dienten in früheren Jahrhunderten oft auch als Gefängnis,
namentlich Hohnstein und Königstein, die am sichersten galten, weil
ein Entkommen von den steilen Felsenhöhen für unmöglich galt. Daher
der leidige Trost für die Sträflinge auf dem Hohnstein: „Wer da
kommt nach dem Hohenstein, der kommt selten wieder heim,“ oder „Den
Gefangenen frißt im Turm kein Wolf und sticht keine Fliege“ (in den
dunkeln, feuchten, fast lichtlosen Kerkern). Hohnstein hat im Lauf
der Jahre Fürsten, Grafen, Edele und gemeine Verbrecher beherbergt.
Wir sehen darunter die Grafen von Mansfeld und Stollberg, die Herren
Reuß von Plauen; auch viel fahrendes Volk. Mehreren von diesen ist es
sogar gelungen, auf abenteuerliche und verschmitzte Weise auszubrechen
und zu entkommen. Aber noch verwunderlicher erscheint es, daß auch
„ehrliche“ Diebe eingebrochen und, da sie nur Staatsgelder zu stehlen
für erlaubt hielten, die aus Versehen mitgenommenen Privatgelder wieder
zurückerstatteten. Der Fall ist jedenfalls in der Gaunerpraxis ein
Unikum und verdient daher, näher beleuchtet zu werden. Wir folgen hier
der auf Akten des Hauptarchivs zu Dresden beruhenden Darstellung Karl
von Webers („Aus vier Jahrhunderten“ II. 366), wenn er schreibt:

[Illustration: Abb. 143. +Wehlen.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 158.)]

An einem Dezembermorgen des Jahres 1693 ward der Amtmann zu Hohnstein
mit der Schreckensbotschaft geweckt, daß Diebe in der Nacht das
Schloß erstiegen (!!), die Kasse erbrochen und eine bedeutende Summe,
die darin verwahrt gewesen, entwendet hätten. Wie der Augenschein
lehrte, waren die Spitzbuben durch ein sehr hoch gelegenes Fenster,
das nur mit äußerster Lebensgefahr vermittels einer langen Leiter zu
erreichen war, nach Ausbrechung eines eisernen Gitters in die Amtsstube
eingedrungen, hatten dort Licht angebrannt und einen festen Schrank,
in dem sich die Steuergelder und Depositen befanden, aufgebrochen. --
Sechs Wochen waren in vergeblichen Bemühungen, die Täter zu erforschen,
vergangen; keine Spur war zu entdecken. Da fand man am 14. Januar 1694
an der Tür der Pfarrwohnung zu Hohnstein eine Schrift angeklebt des
Inhalts, der Herr Magister möge sich mit dem Schulmeister und einem
Kirchenvater in die Sakristei der Kirche begeben, da werde er auf dem
Boden unterm Fenster etwas finden. Eine ähnliche Aufforderung fand
auch der Kirchenvater Jakob Röllich an seiner Haustür angeheftet.
Beide begaben sich samt dem Lehrer in die Kirche. Ein enges,
wohlverwahrtes Fenster der Sakristei war erbrochen; aber die Täter
hatten diesmal nichts geraubt, sondern etwas gebracht, nämlich in
zwei versiegelten Säcken 312 Taler. Die Diebe erklärten zugleich,
das seien Depositengelder, die sie „aus Ungefähr“ aus der „Hunstner“
(Hohnsteiner) Amtsstube mitgenommen, da sie doch nur kurfürstliche
Gelder und Amtmannsgeld zu holen beabsichtigt, aber nicht so blutarmen
Leuten, wie den Deponenten, das Ihrige hätten nehmen wollen. Das Wort
„stehlen“ war in dem Schreiben vorsichtig umgangen und umschrieben.
Auch wurde der Pfarrer dringend gebeten, das Geld nicht wieder ins Amt
zu liefern, sondern den Geschädigten selbst wieder zu geben, damit es
in die rechten Hände gelange. Diesem Wunsche konnte nun allerdings der
Herr Magister nicht entsprechen; er übergab die ganze Summe wieder
dem Amtmann zu Hohnstein. Von den großmütigen Dieben fehlt bis heute
jede Spur. Aber wem fällt dabei nicht der sarkastische Ausspruch
des zweiten Mörders in Shakespeares Richard III. (1. 4) ein: „Das
Gewissen hat mich einmal dahin gebracht, einen Beutel voll Gold wieder
herzugeben, den ich von ungefähr gefunden hatte; es macht jeden zum
Bettler, der es hegt.“



X.

Die ländliche Bevölkerung.


[Sidenote: Die ländliche Bevölkerung.]

Die ländlichen Wohnungen tragen im allgemeinen denselben Charakter und
Baustil zur Schau wie im Elbtalkessel. Zu Grunde liegt der Plan des
fränkischen Bauernhauses. Die so anheimelnden Strohdächer verschwinden,
weil feuergefährlich und mehrfach ungesund, immer mehr (Abb. 146 u.
147). Neue Häuser dürfen nicht mehr mit Stroh gedeckt werden. Neben den
bäuerlichen Wohnungen treten aber immer häufiger Bauten im städtischen
Charakter und im Villenstil auf; denn in manchen Orten des Gebirges
haben sich gesuchte und beliebte Sommerfrischen entwickelt, so daß,
wie z. B. in Gorisch, das ehemalige Dorf zwischen den Neubauten fast
verschwindet. Andere besuchte Orte sind Cunnersdorf bei Königstein und
Hinterhermsdorf.

Die Volkstrachten sind leider nicht bloß im Elbtalkessel und in
der Umgebung der Großstadt, sondern auch im Gebirge fast völlig
verschwunden (Abb. 148 u. 149). Das Zeitalter der Eisenbahnen hat ihnen
den Garaus gemacht. Aber noch im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts
waren derartige Trachten noch bis nahe an Dresden lebendig. Jetzt
erinnern uns hier noch Bilder an diese Vergangenheit. Da sehen wir
eine Mutter im Sonntagsstaat mit dem Gebetbuche in der Hand und einer
Pelzmütze auf dem Haargeflecht, daneben ein Mädchen mit buntgestreiftem
Kopftuch nebst langer und breiter Schürze. Die Männer trugen Kniehosen,
dazu eine frackartige Jacke mit ganz kurzen Schößen. Die Erwachsenen
trugen einen Hut, die Knaben eine Mütze mit zwei roten Streifen, was
an die Uniformmütze unserer Postboten erinnert. Wie nun alle solche
Trachten sich aufs Land verbreiten, wenn sie in der Stadt aus der
Mode gekommen sind, in der Nähe einflußreicher Städte aber die Tracht
auf dem Lande noch etwas moderner, manchmal allerdings auch hundert
Jahre jünger ist, als in abgelegeneren Orten, so ist es auch in den
Dörfern der Sächsischen Schweiz gewesen. Man trug lange Kittel von
ungebleichter Leinwand mit farbigen Aufschlägen und Kragen. In den
Waldgegenden wurden Jacken und Beinkleider von ungebleichter Leinwand
getragen und im Sommer sehr oft hohe und schwarze Pelzmützen. Diese
Tracht erstreckte sich westwärts bis ins Erzgebirge, wo man im
Weißeritztal um Schmiedeberg schon die erzgebirgische Tracht beginnen
sah.

[Sidenote: Alte Sitten und Gebräuche.]

Von Sitten und Gebräuchen hat sich hie und da wohl noch einzelnes
erhalten, anderes ist von unverständigem Eifer beseitigt, wohl gar von
„polizeiwegen“; anderes hat man neu zu beleben gesucht. Allein man muß
befürchten, daß auf dem Naturboden des Volkstums künstliche Blumenzucht
nicht gedeihen kann.

Viele dieser Sitten schließen sich oder schlossen sich an den Gang des
christlichen Jahres an; allein gleich der erste Brauch scheint durchaus
vom Heidentum her überliefert zu sein, wenn um Wintersonnenwende die
sogenannte lange Nacht mit Spiel und Gesang und Tanz wie ein altes
Julfest gefeiert wurde. Übrigens bergen sich bekanntlich unter manchen
Gebräuchen an hohen Festtagen uralte Gepflogenheiten, die unter
christlichem Schutz einen Unterschlupf finden und ihr schwaches Leben
fristen.

[Illustration: Abb. 144. +Stadt und Schloß Hohnstein, vom
Hockstein.+ Stich von Ludwig Richter.

Aus: Dreißig An- und Aussichten zu dem Taschenbuch für den Besuch der
Sächsischen Schweiz. 1823. (Zu Seite 159.)]

Das Weihnachtsfest bietet nichts Besonderes, Abweichendes; die Poesie,
mit der die Bewohner des Erzgebirges dieses Fest umwoben haben,
hat hier keinen Anklang, keine Verbreitung gefunden. Dagegen wurde
das Fastenbeten früher den drei hohen Kirchfesten gleichgestellt.
M. Martin erzählt darüber: „Als bei einer Kircheninspektion der
Herr Superintendent einen Jungen nach den drei hohen Festen
fragte, gab dieser die klassische Antwort: Fastenbeten, Lobetanz
und Schweineschlachten.“ Das Fastenbeten besteht in einem kleinen
Abendgottesdienst in der Schule und daran anschließender freier
Tanzmusik. Vor fünfzig Jahren wurde die Feierlichkeit des Morgens
abgehalten und für das gute Hersagen des sogenannten Beteliedes wurden
Fastenbrezeln verabreicht.

[Sidenote: Schifferfastnacht.]

Darauf folgte die Schifferfastnacht, ein, wie es scheint, nur in den
Dörfern an der Elbe verbreitetes echtes Volksfest, namentlich für
die Jugend. Ursprünglich nur zu Ehren des löblichen Schiffergewerbes
entstanden, dessen wir bereits ausführlicher gedacht haben, wurde
dieses Fest im Winter, vor der eigentlichen Fastnacht gefeiert, ehe
die Elbe eisfrei wird und die Schiffahrt wieder beginnen kann. Den
Mittelpunkt des Festes bildete ein von Haus zu Haus durchs ganze
Dorf führender Masken- oder Kostümaufzug. Die Teilnehmer des Zuges
bestanden aus den sogenannten Schwarzen und Weißen. Zu den Weißen
gehörten der Schiffsdoktor und seine Frau, der Kapitän und seine Frau,
zwei Hanswürste und die Jungen, die das Festschiff tragen, einen
Dreimaster mit vielen bunten Bändern und Wimpeln geschmückt, die von
den jungen Frauen im Dorfe verehrt werden. Ein solches Ehrenschiff
wird alle Jahre wieder hervorgeholt und dient oft hundert Jahre
lang. Die zweite Abteilung bilden die Schwarzen, das sind die jungen
Burschen in oft komischer und abenteuerlicher Tracht als Förster,
Nachtwächter, Briefträger und Handwerker aller Art. So zieht man unter
Vorantritt eines Musikchors durchs Dorf. Nach dem Umzuge beginnt
dann der Tanz oder werden auch Schauspiele, am liebsten verwegene
Ritterschauspiele, zur Aufführung gebracht. Von den Zuschauern werden
kleine Geldbeiträge eingesammelt, die dann am zweiten Tage von den
Mitspielern, die als Dorfkünstler mit dem Namen „die Narren“ (ganz nach
der Bezeichnung des alten Mummenschanzes) beehrt, in einer heiteren
Nachfeier verspeist oder vertrunken werden. In Postelwitz dauerte
sonst die Schifferfastnacht vier Tage, zwei für die Erwachsenen und
zwei für die Jugend. Seitdem aber die Polizei die Larven und die
Vermummung bei Umzügen, wahrscheinlich als groben Unfug, verboten hat
und auch sonst dergleichen Festlichkeiten strenger überwacht, hat diese
Schifferfastnacht viel von ihrer Urwüchsigkeit verloren. In Schandau
wurde sie 1869 abgeschafft, neuerdings, seit 1893, hat man sie wieder
zu beleben gesucht.

[Illustration: Abb. 145. +Hohnstein.+

Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 159.)]

[Sidenote: Das Todaustreiben.]

Ein anderes Fest galt der Wiederkehr des Frühlings, auf den allerdings
auch der Fastnachtsscherz schon anspielen soll. Mit der Wiederkehr des
Frühlings und der Sonne verknüpfte sich dann weiter der volkstümliche
Glaube, daß damit auch die Krankheiten wieder zunehmen und sich als
böse Geister oder Dämonen einzuschleichen suchen. Man darf sie nicht
ins Land lassen und muß namentlich im Frühling auf seiner Hut sein,
sonst bleiben sie das ganze Jahr und plagen die Menschen, namentlich
wenn sie mit der Feldarbeit beschäftigt sind, die vor Ostern beginnen
soll. Daher wird am Lätarefest der Dämon der Krankheit und des Todes
in Gestalt einer Strohpuppe erst durchs Dorf unter alten Volksversen
getragen und dann ins Wasser geworfen. Dieser aus Franken und Thüringen
eingewanderte Brauch hat überall eine besondere örtliche Färbung
angenommen und wird das „Todaustreiben“ genannt.

Möglicherweise stammt der Brauch noch weiter her aus
Südwestdeutschland, wo die Kinder im schwäbischen Saulgau schon zu
Fastnacht durch den Ort rufen: „Dåraus, dåraus, Dôt naus, Dôt naus!“

In Süd- und Westdeutschland scheint mit diesem Maskenspiel
hauptsächlich der Gedanke verknüpft zu sein, den Sieg des Sommers
über den Winter zu feiern. „Das lebendige Naturgefühl der Germanen,“
schreibt Felix Dahn in der „Bavaria“ (Oberbayern, S. 369), „hat
den poesievollen Kampf und Wechsel der Jahreszeiten mit innigster
Empfindung erfaßt, und wie so viele ‚Mythen‘ ihres Götterglaubens auf
diesen Sieg der holden Zeit, des freudigen Lebens und Lichtes über Tod
und Finsternis zurückweisen, so hat sich auch in christlicher Zeit noch
der Jubel über die Wiederkehr des „milden Mayen“ in den verschiedensten
Formen ausgeprägt erhalten... Hie und da kommt noch der Umzug der
beiden Figuren des Sommers und des Winters vor... Endlich wird nach
kurzem Gefecht der Winter vom Sommer besiegt und nun entweder in dem
Dorfbrunnen ersäuft oder unter Jubel und Lachen zum Dorfe hinaus in den
finstern Wald gejagt, wohin er auf lange Zeit verbannt ist.“

Ähnlich ist’s auch an der Haardt in der Rheinpfalz, wo noch das Lied
dazu gesungen wird: Ri--ra--ro, der Summerdak isch do! Es ist der
gleiche Anfang wie in dem weitverbreiteten Kinderliede: Tra--ri--ra,
der Sommer, der ist da.

[Illustration: Abb. 146. +Altes Häuschen im Dorfe Wehlen.+

Liebhaberaufnahme von H. Engert in Dresden. (Zu Seite 160.)]

Eine andere Färbung erhält das Spiel in manchen Seitentälern der
Rednitz in Mittelfranken, z. B. im Aisch- und Zenngrunde. Da
verfertigen die Burschen eine Strohpuppe, die den Tod vorstellt,
durchs Dorf geschleppt und schließlich verbrannt wird. Winter und Tod
erscheinen fast identisch. Um ein fruchtbares und gesegnetes Jahr
zu erzielen, wird der Tod den Wellen übergeben; aber es verknüpft
sich zugleich der Gedanke damit, daß die Pest und der jähe Tod wie
jene Strohpuppe ersäuft werden mögen. Und dieser spätere Nebengedanke
scheint im Mittelalter mit den fränkischen Kolonisten auch nach Sachsen
gekommen und an einzelnen Orten zum Ausdruck gebracht worden zu sein.

In Postelwitz und dem Dorfe Ostrau oberhalb Schandau trieben drei
Wochen vor Ostern, also am Lätaresonntage, drei Jungen den Tod aus.
Jeder trug eine an einen Stock gespießte Strohpuppe, die unter
Begleitung der ganzen Jugend erst durchs Dorf getragen und dann in den
Bach geworfen wurde. Wer von den dreien mit seiner Puppe zuerst ans
Wasser kam, durfte nachmittags darauf den Todbaum tragen, während der
zweite den Geldbeutel und der dritte einen Korb bekam. Damit begann
wieder ein neuer Umzug durchs Dorf, wobei allerlei Gaben eingesammelt
wurden. Der Todbaum war ein Tannenbaum, den man mit buntem Papier und
Ketten von durchfädeltem Stroh behängt hatte. Vor jedem Hause wurde
dann der altüberlieferte Vers, dessen Wortlaut in den einzelnen Dörfern
voneinander abwich, gesungen:

      Jetzt treiben wir den Tod aus,
    Den alten Mann im Seehaus;
    Und hätten wir heuer nicht ausgetrieben,
    So wär’ er zu Jahre hinne geblieben
    In unsres Vaters Lande.
    Das wäre uns eine Schande.
    Wir haben getrieben, wir haben gejagt
    Zu Magdeburg (Hamburg) über die große Stadt,
    Zu Magdeburg über die Brücke,
    Gott gebe uns besseres Gelücke.
    Wenn uns die Frau Wirtin eine Gabe gibt,
    So soll’s mit ihrem Willen geschehen,
    Wir woll’n auch fleißig danken,
    Wir haben noch weiter zu wanken.

[Illustration: Abb. 147. +Altes Haus im Dorfe Wehlen.+

Liebhaberaufnahme von Hofgoldschmied P. Eckert in Dresden. (Zu Seite
160.)]

Hatte man ein Geschenk erhalten, dann lautete der Abgesang:

      Hab Dank, hab Dank, Frau Wirtin mein,
    Das Himmelreich soll Euer sein
    Und auch die himmelsche Krone;
    Gott wird Euch belohne.

Darauf zog man vors Dorf und verkaufte den Todbaum für sechs bis
acht Groschen. Und wer ihn erstand, nagelte ihn ans Haus. Er sollte
vermutlich dann ein Schutzmittel gegen Krankheit und Tod abgeben und
das Haus sollte samt seinen Bewohnern vor dem bleichen Gaste gefeit
sein. Den Beschluß machte dann des Abends das Absingen von beliebten
Gesangbuchliedern; dieses Singen wurde bis Ostern noch an mehreren
Abenden wiederholt.

Diakonus Glootz in Schandau, dessen Schilderung (Über Berg und Tal, Bd.
_VI_ 291) wir diese Mitteilungen entlehnten, erzählt weiter, daß
man in Postelwitz die zu dem Todaustreiben verwendeten Kinderpuppen
von den jungen Frauen, die seit dem letzten Todaustreiben verheiratet
waren, zu erwerben suchte. Die Puppen hießen Brauttode. Die größeren
Schulknaben bemühten sich nun, solche Puppen zu bekommen. Diese wurden
gern gegeben, die jungen Frauen gaben wohl gar außer der Puppe dem
Bittsteller noch ein Geschenk von acht bis zehn Groschen drauf. Dieser
alte Brauch nahm 1844 ein jähes Ende und zwar infolge der Anzeige
eines Gensdarms an das Amt in Hohnstein. Es hatte jedenfalls seine
religiöse Empfindung unangenehm berührt, daß die größere Jugend das
Todaustreiben während des Gottesdienstes begann -- „ein alter Brauch
aus dem Heidentum“ --, wie der Polizist mit Recht bemerkt; „was ich
jedoch durch Wegnahme der Karikatur vereitelte“. Der Tod wurde also
arretiert und der Gensdarm berichtete weiter: „In Postelwitz zogen fast
die ganzen Schulkinder in einer versammelten Schar im Dorfe umher und
waren hierbei eine größere Anzahl Schulknaben ebenfalls mit auf Stangen
gespießten Karikaturen versehen. Diese, sowie die übrigen nicht mit
dergleichen Puppen versehenen Kinder zogen unter heftigem Wüten und
Toben im Dorfe umher, und sind dieselben gemeint, auf diese Weise den
Wintertod auszutreiben, worüber deren Eltern ihre Freude bezeigen. Bei
diesem lärmenden Umherziehen üben diese Kinder eine feine Bettelei aus,
indem sie die diese Gaukelei liebenden Einwohner um Gaben ansprechen.
Auf dieses Todaustreiben folgt nun in den nachfolgenden Tagen bis
auf Ostern abends das sogenannte Ostersingen, welches dann mit dem
Osterschießen beendigt wird. Bei allen diesen Gelegenheiten findet
der größte Unfug statt, indem am Ostersingen das ledige Personal teil
nimmt. Da nun von einigen Einwohnern dieser Ortschaften Beschwerde über
diese Übelstände geführt worden ist“ u. s. w.

Auf diese Anzeige hin erhielt der Pastor in Schandau den Auftrag, den
angezeigten Unfug der Schuljugend auf geeignete Weise abzustellen, was
dann auch geschah.

[Illustration: Abb. 148. +Bauer aus Weißig.+

Liebhaberaufnahme von H. Engert in Dresden. (Zu Seite 160.)]

In Schöna und Reinhardtsdorf wird noch jetzt der Todbaum, eine
aufgeputzte Birke, unter Gesang durchs Dorf getragen. Die Kinder selbst
ziehen mit grünen Maien hinterher. Fällt Lätare zu zeitig, daß das
Laub noch nicht heraus ist, dann legt man vorher die Birkenreiser ins
Wasser, um die Knospen zu treiben. Dieser Zweig wurde dann später
bei Aufgang der Sonne in fließendes Wasser geworfen, um den Tod zu
ersäufen. Während des Umzuges durchs Dorf erklang das Lied:

      Den Tod, den Tod haben wir ausgetrieben,
    Den lieben Sommer bringen wir wieder.
    Die Mädchen und die Maien;
    Da wachsen Blümlein und Feigeln,
    Wir haben getrieben, wir haben gejagt
    Durch Hamburg, durch die große Stadt,
    Durch Magdeburg über die Brücke.
    Gott gebe Euch Gelücke!

An den Todbaum werden die erhaltenen Geschenke gehängt. In
Rathmannsdorf bei Schandau hat sich noch ein letzter Rest dieses alten
Brauches insofern erhalten, als zu Ostern mit bunten Papierstreifen,
Eierschalen u. s. w. aufgeputzte Birken als Osterbäume vor den Häusern
aufgestellt werden. Doch ist ein Umzug oder ein Gesang nicht mehr damit
verbunden.

Geographische Erinnerungen an die Ersäufung der Todpuppe finden sich
in mehreren Benennungen, z. B. der Todhübel bei Ostrau, ein Waldsteig
bei Kleinhennersdorf heißt der Todweg, ebenso der Todweg nördlich von
Cunnersdorf.

[Sidenote: Lobedanz.]

Dieser Brauch des Todaustreibens war im Gebirge wohl am originellsten
ausgebildet. Die anderen sogenannten Feste haben dergleichen Eigenarten
nicht aufzuweisen. Nur ein ursprünglich wohl lokal ganz beschränktes
Fest mag noch etwas näher betrachtet werden. Daß es schon aus recht
alter Zeit stammt, mag wohl schon der seltsame, in seiner jetzigen
Gestalt unverständlich gewordene Name „Lobedanz“ beweisen. Allerdings
wird auf diesem Feste, wie ursprünglich wohl bei allen, auch getanzt;
aber daraufhin darf man das Wort „danz“ nicht deuten. Vielmehr soll
es Lob- und Dankfest heißen und ist ein kirchliches Fest, das 14 Tage
nach Pfingsten -- nach unsicherer Vermutung und Überlieferung --
wohl entstanden ist, als die Orte Schöna und Reinhardsdorf von einer
schweren Pest heimgesucht und dann davon befreit wurden oder überhaupt
verschont geblieben waren. Nach der kirchlichen Feier folgt am Abend
ein freier Tanz und dabei, jedenfalls mit besonderer Beziehung zu der
Veranlassung des Festes, der „Blumentanz“. Blumen und Laubschmuck
bleiben aber zur Erinnerung noch erhalten, bis vier Wochen darauf der
„Rascheltanz“ damit aufräumt.

[Sidenote: Mundart in der Sächsischen Schweiz.]

Die in der Sächsischen Schweiz vom Volk gesprochene Mundart ist
die obersächsische. Diese Mundart herrscht im größten Teile des
nordwestlichen Sachsen und noch in die Provinz Sachsen hinein; ihre
Südgrenze findet sich am höheren Erzgebirge, im Osten endigt sie an der
Lausitzer Grenze. Der besondere Zweig dieser Mundart, der namentlich im
Elbtal und in dem Sandsteingebirge verbreitet wird, ist die meißnische
Mundart. Im Erzgebirge und im Lausitzer Gebirge haben sich besondere
Mundarten entwickelt, in der Sächsischen Schweiz nicht. Trotzdem findet
ein geübtes Ohr bald den Unterschied in der Sprache eines Talbewohners
unterhalb Dresdens und eines Gebirgsbewohners aus den Dörfern oberhalb
Königsteins heraus.

K. Franke gibt in der Sächsischen Volkskunde von Wuttke eine ganze
Reihe von Wörtern, von denen er meint, sie kehrten in den meisten
obersächsischen Mundarten wieder, z. B. apblatn (einzelne Blätter von
den Kräutern nehmen), aptofln (ausschelten), ärpern (Kartoffeln),
bärladsch (Filzschuh), bemme (ein flachgeschnittenes Stück Brot),
betäpperd (verblüfft), blaudse (Brust), breedn (fertig bringen),
tattrich (Zittern), debs (Lärm), tembrn (die Zeit vertrödeln), titsche
(Sauce, Verlegenheit), towrich (schwül), tutch (dumm), eschrn (sich
abmühen). Diese wenigen genügen hier, um den eigentümlichen Wortschatz
dieser Mundart zu kennzeichnen. Es wird hier vielleicht noch besser
am Platze sein, zum Schluß unserer ganzen Darstellung eine Probe der
meißnischen Mundart und ganz besonders aus der Sächsischen Schweiz
selbst zu geben. Wir entnehmen diese Probe einem älteren, immer noch
sehr geschätzten Werke von K. Preusker (Blicke in die Vaterländische
Vorzeit, Leipzig 1843, II. 56); und wenn auch die Schreibweise
nicht mehr den neuen Anforderungen einer schärfer unterscheidenden
Sprachwissenschaft genügt, so scheint uns doch eine Umschmelzung für
unsere Darstellung nicht am Platze, namentlich da die Zeit der ersten
Niederschrift Preuskers schon um 60 Jahre zurückliegt.

[Illustration: Abb. 149. +Hochzeitszug bei Naundorf.+

Liebhaberaufnahme von H. Engert in Dresden. (Zu Seite 160.)]


Mundart der Elbgegend um Hohnstein und Wehlen.

Ein Steinbrecher bietet sich einer von der Bastei herabkommenden
Gesellschaft als Führer an und erklärt nun das Bemerkenswerteste nach
seiner Weise: „Wenn Se hier fremde sein duhn un nich wissen, wo der
Wahk giht, su will ich Se führen, wenn Se wunn. Sähn Se hier ungen leit
Roaden (Rathen) un doa uben leit eene oale Burg, weil Se oaber schune
runger sein, doa wären Se nich erscht roan steign; man sieht nischt
wedder als en oaln Durm, un drunger ees e Kaller. In oalen Zeiden han
eemoal oale Ridder druben gewohnt, ich weeß oaber nischt darvunn,
un’s gibt wull lange keene raichten me, wenn oach manche so duhn, als
wärn’s welche. Uff dr linken Seite ees de Elbe; se hat wedder uben viäl
Strum, doa missen se Ucksen firspann, wenn sie ni furt kinn. Ooch’s
oale Dampfschiff (das zuerst erbaute) ees schund uft liegen gebliebn.
’s ies en schund raicht, weil se unsern Schiffleiden viäl Abbruch dhun.
Jetzt sein mer bale unger der Bastei. Do iber uns is a Fels, der heeßt
de Steenschloider, do haben de Raiber sonst Steene bis uff de Schiffe
in der Elbe geschmissen, die se han beroben wunn; ’s is aber nicht
wohr; ’s is gar weit nibber, un wenn mer von dort uben en Steen nider
werfen dhut, kommt er nur e klee Stückel her un dhut gleich an Felsen
runger fallen. Sähn Se, hier han mir Steenbrecher eene Wand gefällt,
e Sticke dervund leit in der Elbe. ’s ees duch immer besser, als
wenn’s uffn Steenbrechern liegen dhäte. Se globen mersch wuhl nich? Vor
dreizen Jahren, ’s war grade na Fingsten, kamen eemoal dreizen unger
eene sicke Wand, ochte waren glei dut geschmissen, oaber finfe wurden
erschtn sechsten Toag rausgesoh’n. Ich hoa sälber mit gereimt. Un wie
se raus kummen dhaten, doa kunnten se nich giähn, se läbten oaber
noch, un weil se so hungrich gewiäßt waren, doa hatten se vun en duten
Kammeraden e Stickel abgeschniden un gegässen. ’s is och in en Bichel
gedruckt wurrn. Hier müßmer fix giähn, denn weil eene Doafel doa stiht
(zur Warnung wegen sich lösender Sandsteinwände), doa werd wieder eene
Wand fallen. Hernachens kummer uff eene Wiese, doa giht’s bässer, die
ees ä Sticke geflastert (nämlich wegen darauf gefallener Sandsteine).
Durt sähmer schund Willstädtel (Wehlen, Wehlstädel). Ich hoa oach eene
Schwester durt, die hatte en Schiffmann, er dhate oaber in der Elbe
ersaufen. De Kerche ees oach racht schihn, eegentlich summer nachen
Kinsten (Königstein) giähn, oaber doas es zu weit, de Kinder mißmer
oaber durt doafen lassen. Un durt uben, übern Stadtel, is oach en oales
Schluß gewiäsen. Da hoat sich in e oales Gemeier vun de oalen Riddern
ä Schuster eigebaut un dhut sich stulz druf. -- Ich muß abber nu furt,
denn weil ich kee Schild hoaben dhue, doa derf ich kennen urdentlichen
Führer machen. Bis Berne (Pirna) ees es nuch anderthalb Stunden.
Schloafen Se wuhl. ’s giht nu grade aus.“

Dergleichen Unterhaltungen und Belehrungen konnte man in früheren
Zeiten auch von den privilegierten Führern hören. Gerade darum ist
dieses Beispiel der Mundart hier am Platze, wo es sich nicht bloß um
die richtige Erkenntnis der Natur, sondern auch um Mitteilungen aus der
Volkskunde handelt. Das Führerwesen selbst wird aber auch wohl bald
der Vergangenheit angehören. Denn wo eine Berglandschaft so bequem
zugänglich gemacht ist und überall genügende Wegweiser hat, wo die
bekanntesten Wege so viel begangen werden, und manche Teile parkartige
Szenerien bieten: da ist der Naturfreund nicht mehr auf fremde Führung
angewiesen und nimmt allein und ungestört die mannigfachen Schönheiten
der Sächsischen Schweiz tiefer in sich auf denn sonst.

[Illustration]



Literatur.


    =A. von Gutbier=, Geognostische Skizze aus der sächsischen
    Schweiz. Leipzig 1858.

    =Hettner=, Gebirgsbau und Oberflächengestaltung der
    sächsischen Schweiz. 1887. -- (Forschungen zur deutschen Landes-
    und Volkskunde. Band 2.)

    =C. Gurlitt=, Das Schloß zu Meißen. Dresden 1881.

    =Deichmüller=, Sachsens vorgeschichtliche Zeit. (Wuttkes
    sächsische Volkskunde. 2. Aufl. Dresden 1901.)

    =R. Beck=, Geologischer Wegweiser. Dresdner Elbtalgebiet.
    Berlin 1897.

    =Erläuterungen zur geologischen Karte von Sachsen.=

    =R. Beck=, Die sächsische Schweiz und der Elbdurchbruch
    zwischen Tetschen und Pirna. (Himmel und Erde II. 4. S. 182.
    Berlin 1890.)

    =O. Schulze=, Kolonisation und Germanisierung des Gebiets
    zwischen Saale und Elbe. Leipzig 1896.

    =M. Wießner=, Die Akademie der bildenden Künste zu Dresden.
    Dresden 1864.

    =Über Berg und Tal=, Organ des Gebirgsvereins für die
    sächsische Schweiz. Seit 1878. (Aufsätze von Martin Teile, Meiche,
    Lehmann u. a.)

    =O. Lehmann=, Dresden, sächsische Schweiz und Lausitzer
    Gebirge. 5. Aufl. Leipzig und Wien 1900. (Meyers Reisebücher.)

    =A. Penck=, Das deutsche Reich (A. Kirchhoff, Länderkunde von
    Europa. Prag und Leipzig 1885).

    =Nikolai=, Wegweiser durch die sächsische Schweiz. Pirna 1901.

    =Götzinger=, Schandau und seine Umgebung -- oder Beschreibung
    der sogen. sächsischen Schweiz. Bautzen 1804.

    =A. Schiffner=, Beschreibung der gesamten sächsisch-böhmischen
    Schweiz in ihrer neusten Gestalt. Meißen o. J. (1835).

    =C. J. Weber=, Deutschland oder Briefe eines in Deutschland
    reisenden Deutschen. Band 3. Stuttgart 1834.

    =_M._ Chr. Weiß=, Wanderungen in Sachsen, Schlesien,
    Glatz und Böhmen. 2. Aufl. 2 Teile. Leipzig 1796/7.

    =Joh. Christ. Heik=, Beschreibung des pirnischen
    Sandsteingebirges. (Hamburger Magazin VI. 213 bis 219.
    Hamburg 1750.)

    =O. v. Odeleben=, Die topographische Aufnahme der sächsischen
    Schweiz. Ein Kommentar zu der Karte der Gegend von Hohnstein und
    Schandau. Dresden 1830.

    =M. Martin=, Die Elbflößerei. (Beilage der A. Z. 1896. Nr. 273
    u. 274.)

    =K. Berling=, Das Meißner Porzellan und seine Geschichte.
    Leipzig 1900.

    =G. Lehnert=, Das Porzellan. Bielefeld und Leipzig 1902.

    =W. Schäfer=, Die königl. Gemäldegalerie. Dresden 1860.

    =K. v. Weber=, Aus vier Jahrhunderten. 2 Bände. Leipzig 1857.



Verzeichnis der Abbildungen.


    Abb.                                                           Seite

    1. Der Liebethaler Grund. Lochmühle                                2

    2. Dresden von der Marienbrücke gesehen                            3

    3. Altes Landhaus bei der Bahnwiese. Oberlößnitz                   4

    4. Groß-Sedlitz bei Pirna. Schloßgarten                            5

    5. Die Begerburg im Plauischen Grunde                              6

    6. Schloß Scharfenberg bei Meißen                                  7

    7. Dohna                                                           8

    8. Schloß Weesenstein                                              9

    9. Weesenstein vom Belvedere aus                                  11

    10. Die Albrechtsburg in Meißen                                   13

    11. Kötzschenbroda-Niederlößnitz                                  14

    12. Hosterwitz bei Pillnitz                                       15

    13. Keppmühle im Keppgrunde bei Hosterwitz                        17

    14. Loschwitz                                                     18

    15. Loschwitz                                                     19

    16. Pavillon auf Körners Weinberg in Loschwitz, wo Schiller
    wohnte                                                            20

    17. Talsiedelungen und Felsformen. Lößnitzgrund                   21

    18. Jagdschloß Moritzburg                                         22

    19. Partie aus Brießnitz                                          23

    20. Meißen                                                        25

    21. Der Dom und die Albrechtsburg in Meißen                       26

    22. Die große Appellationsstube in der Albrechtsburg zu
    Meißen                                                            27

    23. Die Königl. Porzellan-Manufaktur in Meißen                    28

    24. Drehen, Formen und Gießen in der Königlichen
    Porzellan-Manufaktur zu Meißen                                    29

    25. Malersaal der Königl. Porzellan-Manufaktur zu Meißen          30

    26. Porzellanbrennofen der Königl. Porzellan-Manufaktur
    zu Meißen                                                         31

    27. Meißener Gefäße in Scharffeuerfarben                          32

    28. Das Mädchen aus der Fremde. Erzeugnis der Königl.
    Porzellan-Manufaktur zu Meißen                                    33

    29. Der Große Markt in Meißen                                     34

    30. Rote Stufen in Meißen                                         35

    31. Dresden von der Bärbastei. 1820                               36

    32. Hof im Königl. Schlosse zu Dresden                            37

    33. Der Altmarkt mit dem Rathause zu Dresden                      38

    34. Pirnaischer Platz in Dresden                                  39

    35. Neustädter Markt in Dresden                                   40

    36. Großer Ballsaal im Königl. Schlosse zu Dresden                41

    37. Gobelinzimmer im Königl. Schlosse zu Dresden                  42

    38. Arbeitszimmer des Königs von Sachsen                          43

    39. Palais und Teich im Großen Garten zu Dresden                  44

    40. Der Zwinger in Dresden. Gesamtansicht                         45

    41. Der Zwinger in Dresden                                        46

    42. Äußere Ansicht des Zwingers                                   47

    43. Der Zwingerteich in Dresden                                   48

    44. Die Frauenkirche in Dresden                                   49

    45. Ansicht von Dresden mit der Alten Brücke                      51

    46. Belvedere und Landeplatz der Dampfschiffe in Dresden          52

    47. Treppe zur Brühlschen Terrasse in Dresden                     53

    48. Die katholische Hofkirche und das Königl. Schloß in
     Dresden                                                          54

    49. Die heilige Nacht. Gemälde von Correggio in der
    Dresdener Galerie                                                 55

    50. Die Madonna mit dem heiligen Georg. Gemälde von
    Correggio in der Dresdener Galerie                                56

    51. Der Zinsgroschen. Gemälde von Tizian in der
    Dresdener Galerie                                                 57

    52. Die Sixtinische Madonna. Gemälde von Raffael in der
    Dresdener Galerie                                                 58

    53. Maria mit dem Jesusknaben. Gemälde von Murillo in der
    Dresdener Galerie                                                 59

    54. Der Galeriehof des Königl. Schlosses zu Dresden               60

    55. Die Gemäldegalerie in Dresden. Fassade nach dem
    Theaterplatz                                                      61

    56. Die Königl. Kunstakademie in Dresden, von der Neustadt
    gesehen                                                           62

    57. Die Königl. Kunstakademie in Dresden. Ausstellungsbau         63

    58. Das Hofopernhaus in Dresden                                   64

    59. Das Königliche Schloß und die Wettinsäule in Dresden          65

    60. Weber-Denkmal in Dresden                                      66

    61. Das Japanische Palais in Dresden                              67

    62. Die Kreuzschule und das Körner-Denkmal in Dresden             68

    63. Der Hauptbahnhof in Dresden                                   69

    64. An der Elbe bei Königstein. Zeichnung von Adrian
    Zingg. 1766                                                       70

    65. Schandau. Nach einem kolorierten Stich von Adrian
    Zingg                                                             71

    66. Ausblick von der Bastei elbaufwärts                           73

    67. Der Lilienstein                                               74

    68. Bodenbach und die Schäferwand                                 75

    69. Tetschen und Obergrund                                        76

    70. Schloß zu Tetschen                                            77

    71. Der Schreckenstein                                            78

    72. Die Elbe bei Niedergrund                                      79

    73. Die Elbe bei Wehlen, flußaufwärts gesehen                     80

    74. Gasthaus an der Dürrkamnitz                                   81

    75. Die Grundmühle                                                82

    76. Die Wilde Klamm                                               83

    77. Wilde Klamm. Dreyfußfelsen                                    84

    78. Im Edmundsgrunde. Winterstimmung                              85

    79. Die Edmundsklamm                                              86

    80. Herrnskretschen, von der Elbe gesehen                         87

    81. Herrnskretschen. Talsiedelung                                 89

    82. Die Obere Schleuse                                            91

    83. Partie aus dem Kirnitzschtal bei Hinter-Hermsdorf             92

    84. Die Buschmühle im Kirnitzschtal                               93

    85. Lichtenhainer Wasserfall                                      94

    86. Der Hockstein                                                 95

    87. Hohnstein und das Polenztal                                   96

    88. Die Königskiefer über dem Polenzgrunde                        97

    89. Der Eingang in den Liebethaler Grund                          98

    90. Schloß Lohmen                                                 99

    91. Der Zscherregrund                                            100

    92. Die Basteibrücke, vom Ferdinandstein gesehen                 101

    93. Die Schwedenlöcher                                           102

    94. Grundriß der Felsplatte des Gorisch                          103

    95. Die Kleine Gans                                              104

    96. Der Amselfall                                                105

    97. Der Talwächter am Großen Dom                                 106

    98. Eisgrotte in der Weberschlüchte                              107

    99. Bad Schweizermühle                                           108

    100. Die Herkulessäulen bei Bad Schweizermühle                   109

    101. Die Barbarine beim Pfaffenstein                             110

    102. Felsenturm an der Heiligen Stiege                           111

    103. Am Wildschützensteige                                       112

    104. Der Bloßstock, fälschlich Blaustock; alleinstehender
    Felsen                                                           113

    105. Zuckerhut am Gabrielensteig im Prebischgrunde               114

    106. Felsentor im Uttewalder Grund                               115

    107. Tyssaer Wände nach Franzens Aussicht                        116

    108. Eingang zur Götzinger-Höhle (Diebeskeller) am
    Bärenstein                                                       117

    109. Der Naundorfer Bärenstein mit schräger Klüftung,
    rechts schräge und senkrechte Klüftung wechselnd                 119

    110. Im Tal oberhalb des Großen Domes                            120

    111. Aussicht von den Schrammsteinen                             121

    112. Aussicht vom Hohen Torstein über die Schrammsteine,
    Ostertürme, Schrammtürme und Dreifingerturm                      123

    113. Das Pechofenhorn am Zeughauswege                            125

    114. Verwitterung des Sandsteins auf dem Gorisch                 126

    115. Höhlenartige Auswitterungen am Fuße
    des Gorisch                                                      127

    116. Der Kuhstall                                                128

    117. Der Kleinstein                                              129

    118. Rostfarbene  Auswitterungen am Thürmsdorfer
    Diebeskeller (Götzinger-Höhle)                                   130

    119. Schwammartige Auswitterungen oberhalb des Großen
    Domes                                                            131

    120. Auf dem Hohen Schneeberg                                    132

    121. Der Gorisch                                                 133

    122. Auf dem Gipfel des Gorisch                                  134

    123. Der Pfaffenstein. Gesamtansicht von Südwesten gesehen       135

    124. Stadt und Festung Königstein                                136

    125. Die Schrammsteine                                           137

    126. Dittersbach                                                 138

    127. Das Prebischtor und der Rosenberg                           139

    128. Am Rauschentor bei Schmilka                                 140

    129. Schmilka                                                    141

    130. Das Felsentor auf dem Neurathen                             142

    131. Bastei von der Elbseite                                     143

    132. Rathen                                                      145

    133. Ernte bei Weißig                                            146

    134. Steinbruch in der alten Posta                               147

    135. Steinbruch in der alten Posta                               148

    136. Steinbruch in der alten Posta                               149

    137. Pirna und der Sonnenstein                                   151

    138. Sebnitz                                                     152

    139. Topographischer Plan der Festung Königstein                 153

    140. Stadt und Festung Königstein                                155

    141. Schandau                                                    157

    142. Die alte Burg Wehlen um 1755                                158

    143. Wehlen                                                      159

    144. Stadt und Schloß Hohnstein, vom  Hockstein                  161

    145. Hohnstein                                                   162

    146. Altes Häuschen im Dorfe Wehlen                              163

    147. Altes Haus im Dorfe Wehlen                                  164

    148. Bauer aus Weißig                                            165

    149. Hochzeitszug bei Naundorf                                   167



Register.


    Affenstein 128.

    Alberthafen 138.

    Alberthöhe 10.

    Albertitz 24.

    Albrechtsburg (Meißen) 13 (Abb. 10). 26 (Abb. 21). 27 (Abb. 22). 33.

    Altendorf 129.

    Altzelle 28. 38.

    Amselfall 90. 105 (Abb. 96).

    Arkynnen 3.

    Auswitterung 111. 130 (Abb. 118). 131 (Abb. 119).


    Babisnauer Pappel 8.

    Bahnwiese, Landhaus 4 (Abb. 3).

    Barbarine 103. 110 (Abb. 101).

    Bärenstein, Großer 108. 117. 119 (Abb. 109). 122. 131.

    Bärenstein, Kleiner 106. 117. 122. 131.

    Bärreute 85.

    Basaltberge 74.

    Bastei 67. 85. 88. 90. 115. 124. 132. 133. 143 (Abb. 131);
      Ausblick elbaufwärts 73 (Abb. 66).

    Basteibrücke 101 (Abb. 92).

    Bauernhaus 160.

    Begerburg 6 (Abb. 5).

    Bergbau 10.

    Bergwerk (Ort) 10.

    Bernhardstein 117.

    Berntitz 24.

    Besiedelungsgeschichte 22 ff.

    Bevölkerung 22 ff.;
      ländliche 160 ff.;
      Sitten 161.

    Biela 94.

    Bieler Grund 114.

    Birkwitz 16.

    Birkwitzer See 21.

    Blasewitz 23.

    Bloßstock (Blaustock) 103. 113 (Abb. 104).

    Blumenfabrikation 146. 148.

    Bodenbach 70. 75 (Abb. 78).

    Böhmer Straße 127.

    Böhmerwald 62.

    Böhmisch-Kamnitz 79.

    Bomätschen 138.

    Bonnewitz 14.

    Boritz 37.

    Boxdorf 20.

    Brand 84. 110. 124. 132.

    Brießnitz 8. 23 (Abb. 19). 26. 35.

    Bühlau 28.

    Burkhardtswalde 8. 10.

    Buschmühle 82. 93 (Abb. 84).


    Cölln 22. 31.

    Conradesdorf 24.

    Conratiz 24.

    Cossebaude 10. 14.

    Cotta 57. 144.

    Cottaer Spitzberg 76. 128.

    Cunnersbach 72.

    Cunnersdorf 72.

    Cunnersdorfer Bach 94.


    Daube 86.

    Daubitz 126.

    Diebeskeller 106. 111. 117 (Abb. 108).

    Dittersbach 79. 124. 126. 127. 138 (Abb. 126).

    Dohna 8 (Abb. 7). 10. 26. 144.

    Döltzschen 10.

    Dom, Großer 93. 120 (Abb. 110). 131 (Abb. 119).

    Dreifingerturm 123 (Abb. 112).

    Dresden 23. 24. 35 ff. 36 bis 40 (Abb. 31-35). 51 (Abb. 45). 138.
    141;
      von der Marienbrücke gesehen 3 (Abb. 2);
      Augustusbrücke 43;
      Bevölkerung 57;
      Belvedere 52 (Abb. 46);
      Bibliothek 58;
      Brühlsche Terrasse 45. 53 (Abb. 47);
      Frauenkirche 36. 42. 49 (Abb. 44);
      Gemäldegalerie 48 ff. 55-59 (Abb. 49-53). 61 (Abb. 55);
      Georgenschloß 40;
      Großer Garten 41. 44 (Abb. 39);
      Hauptbahnhof 69 (Abb. 63);
      Hochschulen 58;
      Japanisches Palais 58. 67 (Abb. 61);
      Königl. Schloß 41-43 (Abb. 36-38). 54 (Abb. 48). 60 (Abb. 54). 65
      (Abb. 59);
      Körner-Denkmal 68 (Abb. 62);
      Kreuzkirche 38;
      Kreuzschule 68 (Abb. 62);
      Kunstakademie 56. 62 (Abb. 56). 63 (Abb. 57);
      Museum 56;
      Opernhaus 56. 64 (Abb. 58);
      Schulen 58;
      Taschenberg 37;
      Weber-Denkmal 66 (Abb. 60);
      Wettinsäule 65 (Abb. 59);
      Zwinger 39 ff. 45-48 (Abb. 40-43).

    Dresdener Heide 16.

    Dresdener Talbecken 5 ff.

    Dreyfußfelsen 84 (Abb. 77).

    Dürrkamnitzbach 79;
      Gasthaus am 81 (Abb. 74).


    Ebenheiten 68.

    Edmundsklamm (Edmundsgrund) 80. 85. 86 (Abb. 79).

    Eiland 94.

    Eisenbahnverkehr 59.

    Eishöhle (Eisgrotte) 93. 107 (Abb. 98).

    Eiszeit 10. 72. 74.

    Elbe 21. 67. 70 (Abb. 64). 77 ff. 79 (Abb. 72). 80 (Abb. 73). 87.
    98. 136;
      Brücken 136;
      Dampfschiffahrt 136;
      Flößerei 140;
      Güterverkehr 140;
      Häfen 138;
      Schiffahrt 59;
      Segelschiffahrt 138.

    Elbsandsteingebirge, Aufbau 67 ff.

    Elbtalgebirge 7.

    Eulaer Bach 116.


    Falkenstein 128.

    Fastenbeten 161.

    Ferdinandsklamm 79.

    Forstmühle 98.

    Franzens Aussicht 116.

    Freiberg 29.

    Fremdenweg 129.

    Friedensburg 14 (Abb. 11). 15. 20.

    Friedrichsgrund 16.


    Gabrielensteig 103. 114 (Abb. 105).

    Galitzstein 118.

    Gamighügel 9.

    Gans, Kleine 104 (Abb. 95).

    Gauernitz 10.

    Goës 144.

    Goldene Höhe 8.

    Goppeln 38.

    Gorisch 74. 102. 103 (Abb. 94). 110. 111. 117. 118. 126 (Abb. 114).
    127 (Abb. 115). 133 (Abb. 121). 134 (Abb. 122). 160.

    Gottleuba 95.

    Gottleuber Grund 96.

    Götzinger-Höhle 106. 113. 117 (Abb. 108). 130 (Abb. 118).

    Großer Bärenstein 108. 117. 122.

    Großer Dom 93. 103. 109. 113. 120 (Abb. 110). 131 (Abb. 119).

    Großer Winterberg 74. 115. 128. 130.

    Großer Zschand 92. 93. 110.

    Großer Zschirnstein 74. 112. 115. 116. 117.

    Groß-Sedlitz 7;
      Schloßgarten 5 (Abb. 4).

    Gruben (Ort) 10.

    Gruna 57.

    Grundmühle 79. 80. 82 (Abb. 75). 85. 86.

    Grüner Bach 90.


    Hafersäcke 110.

    Häselichtmühle 85.

    Hausbau 29. 30.

    Hausberg 130.

    Heidenau 16.

    Heide über Schandau 63. 130.

    Heilige Stiege 103. 111 (Abb. 102).

    Helfenberger Grund 16.

    Heller 18.

    Hemmhübel 126.

    Hennersdorfer Bach 96.

    Heringsgrund 103.

    Herkulessäulen 109 (Abb. 100).

    Hercynischer Wald 3.

    Herrnskretschen 80. 87 (Abb. 80). 89 (Abb. 81). 124. 126. 140. 141.

    Heulenberg 127.

    Himmelsbusch 20.

    Hinterdaubitz 81.

    Hinterdittersbach 82.

    Hinteres Raubschloß 128. 130.

    Hinterhermsdorf 14. 126. 127.

    Hochzeitszug 167 (Abb. 149).

    Hockstein 84. 95 (Abb. 86).

    Hohe Liebe 72.

    Hohenleipa 126.

    Hoher Schneeberg 115. 116. 132 (Abb. 120).

    Hoher Stein 9.

    Hohnstein 14. 70. 83. 84. 85. 96 (Abb. 87). 147. 150. 158. 159. 161
    (Abb. 144). 162 (Abb. 145).

    Hosterwitz 15 (Abb. 12). 16.

    Hüttental 94.


    Kaditz 21. 57.

    Kaiserkrone 117. 118.

    Kalte Ruhe 8.

    Kamnitz 124. 126.

    Kamnitzbach 78. 79. 87. 92.

    Kamnitzleiten 124.

    Kanitzberg 8.

    Kanstein 127.

    Katzstein 117.

    Keppgrund und Keppmühle 16. 17 (Abb. 13).

    Khaa 126.

    Kirchleiten 146.

    Kirnitzsch 78. 81. 82. 87. 92 (Abb. 83). 93 (Abb. 84). 126.

    Kirnitzschschänke 127.

    Klein-Cotta 144.

    Kleine Gans 104 (Abb. 95).

    Kleiner Bärenstein 106. 117. 122.

    Kleiner Winterberg 103. 115. 130.

    Kleiner Zschirnstein 115. 117.

    Kleines Prebischtor 111.

    Kleinhennersdorfer Stein 117. 118.

    Klein-Sedlitz 7.

    Kleinstein 129 (Abb. 117).

    Kleinsteinhöhle 111.

    Kleinstruppen 94.

    Klotzsche 16.

    Klüfte 98 ff.

    Kohlbornstein 117.

    Kohlmühle 83.

    Königsbrunn 94.

    Königskiefer 84. 97 (Abb. 88).

    Königsplatz 127.

    Königstein 68. 77. 94. 103. 115. 117. 121. 122. 136 (Abb. 124).
    138. 141. 147. 148. 150;
      Festung 150 ff. 153 (Abb. 139). 154 (Abb. 140).

    Kopitz 31. 72.

    Koppelsberg 117.

    Koschütz 10. 24.

    Koswig 18.

    Kötzschenbroda 14 (Abb. 11).

    Kreibitzbach 79.

    Kreibitzer Gebirge 126.

    Kreischa 12.

    Krippen 148.

    Krippenbach 72. 94. 98.

    Kuhstall 111. 112. 120. 128 (Abb. 116). 130.


    Labyrinth 106.

    Lachsbach 78. 83. 131.

    Langebrück 16.

    Langenhennersdorfer Wasserfall 95.

    Laubegast 21. 59.

    Lausitzer Hochland 15. 16.

    Letzter Heller 15. 17.

    Leubnitz 38.

    Leupoldishain 94.

    Lichtenhain 129.

    Lichtenhainer Wasserfall 82.

    Lichtenhainische Steinfelsen 130.

    Liebenecke 10.

    Liebethal 85. 86.

    Liebethaler Grund 2 (Abb. 1). 85. 86. 98 (Abb. 89);
      Steinbrüche 85.

    Lilienstein 68. 74 (Abb. 67). 112. 115. 124. 131. 134 (Abb. 122).

    Lobedanz 166.

    Löbtau 23. 57.

    Lochmühle 2 (Abb. 1). 85.

    Lockwitzbach 12.

    Lohmen 85. 86;
      Schloß 86. 99 (Abb. 90).

    Lommatzscher Pflege 10.

    Loschwitz 18 (Abb. 14). 19 (Abb. 15). 20 (Abb. 16). 59.

    Loschwitzgrund 16.

    Lößnitz 18.

    Lößnitzberge 18.

    Lößnitzgrund 18. 21 (Abb. 17).


    Marienfelsen 124. 126. 138 (Abb. 126).

    Mehlsäcke 110.

    Meißen 10. 12. 13 (Abb. 10). 25-32 (Abb. 20-27). 26. 31 ff. 34
    (Abb. 29). 35 (Abb. 30);
      Dom 32;
      Fürstenschule 33;
      Porzellanfabrik 28 ff.

    Mickten 57.

    Miriquidi 3.

    Misni 24.

    Mittelndorf 129.

    _Monumentum astronomico-geometricum_ 116.

    Moritzburg 20. 22 (Abb. 18).

    Mügeln 16.

    Müglitztal 10. 12.

    Mühlsdorf 86.

    Müllerstein 117.

    Mundart 29. 166 ff.


    Naundorf 24. 94. 167 (Abb. 149).

    Naundorfer Bärenstein 119 (Abb. 109).

    Naußlitz 57.

    Neumannsmühle 127.

    Neurathen, Felsentor  142 (Abb. 130).

    Neustadt 150.

    Nikelsdorfer Wände 111.

    Nickolsdorfer Stein 117.

    Niederau 22. 24.

    Niedergrund 79 (Abb. 72). 140.

    Niederkreibitz 126.

    Niederlößnitz 14 (Abb. 11). 18.

    Niederpoyritz 16.


    Oberau 14. 15.

    Obere Schleuse 82. 91 (Abb. 82).

    Obergrund 76 (Abb. 69).

    Oberlößnitz 4 (Abb. 3). 18.

    Obersächsische Mundart 29.

    Ortsnamen 24. 134 ff.

    Osterberg 10. 18.

    Ostertürme 123 (Abb. 112).

    Ostrau 72.

    Ostrauer Scheibe 72.


    Papstdorf 118.

    Papststein 115. 117. 118.

    Paradies 20.

    Parkschenke 10.

    Paulinengrund 79.

    Pechofenhorn 125 (Abb. 113).

    Pechsteine 10.

    Pesterwitz 26.

    Pfaffenberg 94.

    Pfaffenstein 23. 103. 106. 111. 114. 115. 117. 118. 120. 135
    (Abb. 123).

    Pfeifer 20.

    Pieschen 57.

    Pillnitz 14. 15. 85.

    Pillnitzer Tännicht 6. 16.

    Pirna 7. 72. 77. 146. 147. 150. 151 (Abb. 137).

    Plauen 57.

    Plauischer Grund 6 (Abb. 5). 9. 12.

    Polenz 78. 83. 84. 87.

    Polenztal 70. 96 (Abb. 87). 97 (Abb. 88).

    Porsberg 15.

    Porzellanerde 10.

    Porzellan-Manufaktur, Kgl., in Meißen 28-33 (Abb. 23 bis 28). 34.

    Posta 144. 146. 147 (Abb. 134). 148 (Abb. 135). 149 (Abb. 136).

    Postelwitz 138. 144.

    Pötscha 122.

    Potschappel 12.

    Pratzschwitz 16.

    Prebischgrund 103. 114. (Abb. 105).

    Prebischkegel 128.

    Prebischtor 111. 112. 124. 128. 139 (Abb. 127).

    Prießnitzgrund 17.

    Prinzenhöhe 8.


    Quirl 111. 117.

    Quirlequitsch 148. 150.


    Rabenbad 112.

    Rabstein 130.

    Räcknitz 57.

    Radebeul 18.

    Rampitz 24.

    Rampoltitz 24.

    Rathen 133. 145 (Abb. 132).

    Rathewalde 90.

    Rathmannsdorf 72. 129.

    Raubschloß, Hinteres 128. 130.

    Raubschloß, Vorderes 130.

    Rauschenstein 128.

    Rauschentor 140 (Abb. 128).

    Reinwiese 127.

    Riesa 138.

    Riesentopf 90.

    Rölligsmühle 98.

    Rosenberg 74. 115. 117. 124. 139 (Abb. 127).

    Rosenkamm 67. 77.

    Rottwerndorf 95.

    Rudolfstein 115. 124. 138 (Abb. 126).

    Rundlinge 23.


    Sächsische Schweiz 61 ff.;
      Ausdehnung 61;
      Bevölkerung 136;
      Ackerbau 136;
      geologische Bildung 69 ff.;
      Namen 62 ff.

    Sandberg 8.

    Sattelberg 128.

    Saupsdorf 72.

    Schäferwand 70. 75 (Abb. 68).

    Schandau 71 (Abb. 65). 85. 126. 129. 140. 141. 147. 150. 156. 157
    (Abb. 141).

    Scharfenberg 7 (Abb. 6). 10.

    Schiefertafel 105.

    Schifferfastnacht 161. 162.

    Schmilka 128. 141 (Abb. 129).

    Schneeberg, Hoher 74. 115. 132 (Abb. 120).

    Schöna 144.

    Schrammsteine 103. 110. 121 (Abb. 111). 123 (Abb. 112). 128. 137
    (Abb. 125).

    Schrammtürme 123 (Abb. 112).

    Schreckenstein 77. 78 (Abb. 71).

    Schwedenlöcher 102 (Abb. 93). 106.

    Schweizermühle 94. 98. 108 (Abb. 99).

    Sebnitz 78. 83. 84. 87. 129. 146. 147. 148. 150. 152 (Abb. 138).

    Seidnitz 57.

    Serkowitz 21.

    Siebeneichen 10.

    Slaven 23 ff.

    Söbrigen 16.

    Sonnenstein 147. 151 (Abb. 137).

    Sörnewitz 21.

    Spaargebirge 21.

    Speichenhörner 130.

    Spitzberg, Cottaer 20. 76. 128.

    Spitzhaus 20.

    Spögenhörner 130.

    Städte 30 ff. 134 ff.

    Steinbrechergewerbe 141 ff.

    Steinbrüche 147-149 (Abb. 134-136).

    Steine 114 ff.

    Stetzsch 23.

    Stimmersdorf 124. 126.

    Stolpen 76. 150.

    Straßendörfer 23.

    Strehlen 23. 57.

    Striesen 57.


    Teichstein 110. 111.

    Teichsteinbrüche 144. 146.

    Tetschen 76 (Abb. 69). 77 (Abb. 70).

    Teufelsgrund 89. 106.

    Tharandter Wald 12.

    Tiefer Grund 84. 131.

    Todaustreiben 163 ff.

    Torna 9.

    Torwalderwände 127.

    Trachau 57.

    Trachenberg 16.

    Triebenberg 15.

    Triebischtal 12.

    Thürmsdorfer Diebeskeller 130 (Abb. 118).

    Tyssa 105.

    Tyssaer Wände 116.


    Übigau 23. 57.

    Uttewalder Grund 88. 115. 133.

    Uttewalder Tor 104.


    Verwerfungsspalte, lausitzer 14;
      nordböhmische 4.

    Verwitterung 109 ff.

    Volksdichte 135.

    Volkstrachten 160. 165 (Abb. 148).

    Volksverteilung 134 ff.

    Vorderes Raubschloß 130.

    Vordermühle 86.


    Wachwitz 16.

    Waitzdorfer Berg 84.

    Waltersdorfer Mühle 84.

    Wasserfall, Amselfall 90. 105 (Abb. 96);
      Langenhennersdorfer 95;
      Lichtenhainer 82.

    Weberschlüchte 93. 107 (Abb. 98).

    Weesenstein 9 (Abb. 8). 11 (Abb. 9). 12.

    Wehle 132.

    Wehlen 80 (Abb. 73). 88. 106. 133. 144. 147. 158 (Abb. 142). 159
    (Abb. 143). 163 (Abb. 146). 164 (Abb. 147).

    Wehlener Grund 88.

    Weinbau 18.

    Weinbergshäuser 20.

    Weinböhla 14.

    Weistrupp 26.

    Weißer Hirsch 16.

    Weißeritz 12.

    Weißig 72. 146 (Abb. 133).

    Wenden 23 ff.

    Wendischfähre 129.

    Wesnitz 21. 78. 85. 86.

    Wilde Klamm 80. 83 (Abb. 76). 84 (Abb. 77).

    Wildenstein 130.

    Wildschützensteig 103. 112 (Abb. 103).

    Wilhelmsburg 20.

    Wilschdorf 20.

    Windberg 12.

    Windisch-Kamnitz 79. 124.

    Winterberg 92; Großer 74. 115. 128. 130;
      Kleiner 115. 130.

    Winterstein 128.

    Witgendorf 8.

    Wohnhaus 29.

    Wölfnitz 57.

    Woz 26.


    Ylgenstein 131.


    Zaukerode 12.

    Zeidler 126.

    Zerklüftung 100 ff.

    Zeschendorf 21. 24.

    Zeughausweg 125 (Abb. 113).

    Ziegenrücken 8. 127.

    Zirkelstein 117.

    Zschachwitz 21.

    Zschand, Großer 92. 93. 110.

    Zschandstraße 127.

    Zscherregrund 90. 100 (Abb. 91). 105.

    Zschertnitz 57.

    Zschirnstein, Großer 74. 112. 115. 116. 117.

    Zschirnstein, Kleiner 115. 117.

    Zschonergrund 10.

    Zuckerhut 103. 114 (Abb. 105).

    Zur kalten Ruhe 8.





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