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Title: Handbuch der Geschichte der Buchdruckerkunst - Zweiter Teil. Wiedererwachen und neue Blüte der Kunst. 1751-1882.
Author: Lorck, Carl B.
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Handbuch der Geschichte der Buchdruckerkunst - Zweiter Teil. Wiedererwachen und neue Blüte der Kunst. 1751-1882." ***


                        HANDBUCH DER GESCHICHTE

                                  DER

                            BUCHDRUCKERKUNST

                                  VON

                             CARL B. LORCK.


                              ZWEITER TEIL

                WIEDERERWACHEN UND NEUE BLÜTE DER KUNST

                               1751-1882.

                             [Illustration]

                                LEIPZIG

                         VERLAG VON J. J. WEBER

                             MDCCCLXXXIII.



[Illustration]

                             _VORBEMERKUNG_

                         _zu dem zweiten Teil._


_Indem ich den Schlussteil meines Handbuches der Geschichte der
Buchdruckerkunst etwas später und nicht unwesentlich umfangreicher,
als es in der ursprünglichen Absicht lag, der Öffentlichkeit übergebe,
geschieht es, trotz der wohlwollenden Aufnahme, welche dem ersten Bande
sowohl seitens der Presse als des Publikums zuteil wurde, nur mit
vermehrter Zaghaftigkeit._

_Seite für Seite nähert sich die Darstellung einer Periode, in welcher
jeder dem Fach angehörende Leser nicht nur zu den Zuschauenden, sondern,
durch längere oder kürzere Zeit, in mehr oder weniger hervorragender
Weise zu den Mitwirkenden gehört. Von den Leistungen dieser Periode
wird er sich selbst ein Bild gemacht haben und eine fertige Meinung
mitbringen. Über Einzelheiten wird derselbe nicht selten genauer
unterrichtet sein, als der Verfasser des Buches, und wird deshalb leicht
geneigt sein, streng über letzteren zu Gericht zu sitzen, der genötigt
war, die Leistungen der verschiedenen Völker auf dem typographischen
Gebiete als Gesamtmasse und in ihrem Verhältnis zu einander auf einem
mässigen Raume in gedrängter Übersicht vorzuführen und dem deshalb
manches weniger bedeutend erscheinen könnte, was vielleicht dem Leser
von einem nationalen, lokalen oder persönlichen Standpunkte von
grösserer Bedeutung vorkommt. So kann es leicht geschehen, dass der
Betreffende sein Ideal oder seinen Lieblings-»Meister« nicht oder nur
mit wenigen Worten erwähnt findet oder dass über einen Gegenstand,
welchen die Fachjournale die Pflicht hatten, ausführlich zu erörtern,
nur eine kurze Notiz gegeben ist. Diesen Lesern muss ich zu bedenken
geben, einerseits, dass der vorliegende Band einen Zeitraum von fast
anderthalb Jahrhunderten des mächtigsten Fortschreitens der Kunst in der
alten und neuen Welt umfasst, andererseits, dass ein geschichtliches
Handbuch weder ein technisches Lehrbuch noch ein geschäftliches
Adressbuch oder ein empfehlender Preiscourant für Fabrikanten sein kann
und darf._

_In der Innehaltung der richtigen Grenze des zu Besprechenden liegt eben
die Hauptschwierigkeit eines geschichtlichen Handbuches, welches bis auf
den heutigen Tag heranreicht. Dass indes diese Grenze überall richtig
getroffen sein sollte, darf ich nicht behaupten. Missgriffe und Fehler,
sowohl hinsichtlich des Weggelassenen als des Besprochenen, können bei
der grossen Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit des Stoffes und bei der
Unmöglichkeit, überall gleichmässig orientiert zu sein, wohl vorkommen,
nur hoffe ich, dass man ein tendenziöses Hervorheben oder Weglassen mir
nirgends wird nachsagen können._

_Über die in diesem Bande befolgte Gruppeneinteilung habe ich mich
bereits in dem Vorwort zum ersten Bande ausgesprochen. Wenn ich auch
bestrebt gewesen bin, jedem der maassgebenden Hauptländer sein Recht
werden zu lassen, so ist es doch selbstverständlich, dass Deutschland
den Anspruch auf eine etwas detailliertere Behandlung als England
und Frankreich hatte, doch hoffe ich, das erlaubte Maass zugunsten
Deutschlands nicht überschritten zu haben._

_Obwohl die Bedeutung einer Offizin für die Geschichte sich keineswegs
immer nach Zahl der Pressen oder der beschäftigten Arbeiter messen
lässt -- die berühmte Kunstdruckerei von H. Reiss in Wien arbeitete mit
»einer« Handpresse und »einem« Drucker --, so schien es doch geboten,
zur Vervollständigung eines Gesamtbildes des grossartigen Wirkens der
heutigen Presse den Umfang der grösseren Offizinen anzudeuten, obwohl
bei der Aufzählung einer Reihe von Firmen Monotonie nicht ganz zu
umgehen war. Dasselbe gilt von den statistischen Angaben über ganze
Länder oder einzelne Städte. Sie sind hauptsächlich auf Mitteilungen aus
den Jahren 1880-1882 begründet, ohne sich durchweg an ein und dasselbe
Jahr zu halten, was für den Zweck einer allgemeinen Übersicht ohne
Bedeutung war._

_Hätte ich die Gewissheit, das mir gesteckte Ziel, über welches
ebenfalls im Vorworte zum ersten Bande näheres gesagt wurde, erreicht
zu haben: »mit dem enormen aufgespeicherten Material aufzuräumen,
das Nutzlose zu beseitigen und in das zurückbleibende Wertvolle
einigermassen Ordnung und Übersichtlichkeit zu bringen«, so würde ich
mit grosser Befriedigung die Feder nach vollbrachter, jahrelanger
mühsamer Arbeit weglegen; jetzt kann ich es nur mit dem Bewusstsein
thun, dass ich ehrlich bemüht gewesen, nicht gar zu weit hinter der
Aufgabe zurückzubleiben._

    _Leipzig, den 24. Oktober 1883._

                                                       _Carl B. Lorck._



[Illustration]

                          INHALTS-VERZEICHNIS.

                                                                    Seite
                              EINLEITUNG.

         DAS LICHT UND DIE CHEMIE ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE.

  Wiederbelebung der Buchdruckerkunst. Das geistige und das
    physische Licht. Photographie, Lithographie, Chemigraphie.
    -- Alois Senefelder und der chemische Druck, Musiknoten-,
    Landkarten-, Ölbild- und Aquarelldruck, anastatischer Druck.
    Die Daguerreotypie. Die Silberphotographie, die Photographie
    und die Druckkunst, das Woodbury-Verfahren, der Lichtdruck,
    die Alberttypie, der photographische Lichtdruck, die
    Photolithographie. -- Verschiedene Hochdruckversuche: die
    Chemitypie, die Zinkhochätzung, ihre Vorzüge und Mängel, ihre
    Zukunftsstellung                                                3-20


                          ERSTES BUCH.

                 DIE ANGLO-AMERIKANISCHE GRUPPE.

              EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH (23-28).

                           I. KAPITEL.

  SCHRIFTGIESSEREI UND SETZMASCHINEN DER ANGLO-AMERIKANISCHEN GRUPPE.

  DIE SCHRIFTGIESSEREI: W. Caslon II., J. Jackson, D. Bruce,
    Mac Kellar Smiths & Jordan u. a. Die Holztypen. Der
    Blindendruck. Lord Stanhopes Stereotypie. DIE GIESSMASCHINE:
    Nicholson, Elihu White, D. & G. Bruce, Johnson und
    Atkinson, Westcotts Giessmaschine. DIE SETZMASCHINE, frühere
    Versuche: T. Alden, W. Mitchell, A. Fraser u. a. Hattersley,
    Kastenbein, Mackie. Der _Matrix compositor_ und ähnliche
    Apparate                                                       29-48

                          II. KAPITEL.

  DIE DRUCK- UND HÜLFSMASCHINEN DER ANGLO-AMERIKANISCHEN GRUPPE.

  DIE HANDPRESSE. Lord Stanhope und seine Nachfolger:
    Cogger, Clymer u. a. Die Auftragmaschine. Die Glätt-
    und Prägmaschine: Bramah. DIE SCHNELLPRESSE: Friedrich
    König in England, Bensley, John Walter, der 29. November
    1814, Kränkungen Königs, seine Abreise von London,
    Walters Eintreten für ihn. Die Nachfolger Königs:
    Napier, Applegath & Cowper, Hoe u. a. Die Endlosen: W.
    Bullock, die Walter-Maschine u. a. Die Mehrfarbe-Endlose.
    Die Tretmaschine. Die Ausleger, die Anleger. DIE
    SATINIERMASCHINE. DIE FEUCHTAPPARATE. DIE BRONCIERMASCHINE.
    DIE FALZMASCHINE. DIVERSE HÜLFSMASCHINEN. WALZEN UND FARBE.
    DIE MATERIALIENHANDLUNGEN                                      49-72

                          III. KAPITEL.

          DIE TYPOGRAPHIE UND DAS BUCHGEWERBE ENGLANDS.

  ENGLAND. AUFBLÜHEN DER TYPOGRAPHIE: J. Baskerville, Bowyer
    Vater und Sohn, J. Nichols, Miller-Ritchie, W. Bulmer, Th.
    Bensley, Hansard Vater und Sohn. DIE XYLOGRAPHIE: Thom.
    Bewick. DER FARBENDRUCK: G. Baxter, W. Savage, W. Congreve.
    Oxford, Cambridge, Edinburgh u. a. DIE ZEITUNGSPRESSE: Die
    _Times_ und die Familie Walter; Stempel; telegraphischer
    Verkehr; Inseratenwesen; Statistisches. DER ACCIDENZDRUCK.
    DER BUCHHANDEL: Die illustrierten Blätter, Ch. Knight. Der
    Bibeldruck. Die Bibliophilie: Lord Spencer, T. F. Dibdin. DIE
    BUCHBINDERKUNST.
  ASIEN: Indien, China, Japan, der Indische Archipel. --
    AUSTRALIEN, die Südseeinseln. -- AFRIKA                        73-114

                          IV. KAPITEL.

        DIE TYPOGRAPHIE UND DAS BUCHGEWERBE NORDAMERIKAS.

  WACHSTUM DER PRESSE. DIE ZEITUNGEN: Statistisches, der
    _Herald_, Horace Greeley und die _Tribune_, G. Childs
    und der _Ledger_, die Familie Harper, Frank Leslie und
    die illustrierte Presse. Die Holzschneidekunst. DIE
    BUCHDRUCKEREI UND DER BUCHHANDEL: Die Staatsdruckerei und der
    Accidenzdruck, Organisation des Buchhandels. Grosse Druck-
    und Verlagsfirmen: Appleton, Lippincott, Houghton u. a.,
    Einfluss des deutschen Elements, Nachdruck deutscher Werke,
    deutsche Buchhandlungen und Zeitungen. DAS PAPIER             115-136


                          ZWEITES BUCH.

                     DIE ROMANISCHE GRUPPE.

            EINFÜHRUNG IN DAS ZWEITE BUCH (139-144).

                           V. KAPITEL.

      DIE SCHRIFTGIESSEREI UND DIE MASCHINEN IN FRANKREICH.

  DIE SCHRIFTGIESSEREI: Das Schriftsystem Didots, seine
    Anglaise, Molé. Orientalia. Notendruck, E. Duverger, Charles
    Derriey und das typographische Ornament. HOLZSCHNITT und
    Hochätzung. DIE STEREOTYPIE: Daulé, Gaveaux, Jannin. DIE
    MASCHINEN: Marinoni, Alauzet, Dutartre u. a. Die Utensilien.
    Farbe. Papierfabrikation. DIE BUCHBINDEKUNST                  145-162

                          VI. KAPITEL.

  DER STAAT UND DIE PRESSE In FRANKREICH. DIE SCHÖPFER DER NEUERN
                          TYPOGRAPHIE.

  DER STAAT UND DIE PRESSE unter Ludwig XVI., der Revolution,
    Napoleon I., der Restauration, dem Bürgerkönigtum, Napoleon
    III. DIE ÄLTEREN BUCHDRUCKEREIEN: Die Staatsdruckerei und
    die Didot in ihrem Einflusse auf die Typographie, die
    Familien Panckoucke, Barbou, Lottin, Treuttel & Würtz,
    Berger-Levrault, Dentu, Crapelet                              163-190

                          VII. KAPITEL.

    DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS UND DAS BUCHGEWERBE.

  DAS AUFLEBEN DES BUCHGEWERBES. Die Prachtwerke. Neue
    Bahnen. Der _Cercle de la Librairie_. Die Fachlitteratur.
    Statistisches. Die Journallitteratur. DIE MODERNE
    TYPOGRAPHIE: A. Mame & Co., H. Fournier, P. Dupont, J.
    Claye, N. Chaix, H. Plon u. a. DER ILLUSTRIERTE VERLAG: Ch.
    Furne, J. Dubochet, J. Paulin. DIE LUXUSBÜCHER: L. Curmer,
    G. Silbermann, Engelmann Vater & Sohn. DIE VERSCHIEDENEN
    RICHTUNGEN DES BUCHHANDELS: Baillère, Masson, Hachette &
    Co. u. a. DER ARCHAÏSTISCHE DRUCK: L. Perrin, D. Jouaust.
    DIE BIBLIOGRAPHIE: Die Buchhandlungen für das Ausland.
    Statistisches                                                 191-224

                         VIII. KAPITEL.

               DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GRUPPE.

  DIE NIEDERLANDE: Zurückgehen der Kunst. Der Nachdruck. Die
    neuere Typographie Hollands und Belgiens. -- ITALIEN: G.
    Bodoni. Langsame Fortschritte. Venedig, die Mechitaristen.
    Panfilo Castaldi. Der Buchhandel, die Familie Pomba. Rom, die
    Druckerei der Propaganda. Erfreuliche Aussichten. -- SPANIEN:
    J. Ibarra. Madrid. Barcelona. PORTUGAL: Die Staatsdruckerei.
    SÜDAMERIKA: Buenos Aires, Rio de Janeiro, Lima, Cuba, Mexiko.
    -- NORDAFRIKA: Algier, Ägypten. TÜRKEI: Aufblühen und Verfall
    der Kunst. Jetzige Lage                                       225-252


                          DRITTES BUCH.

                     DIE GERMANISCHE GRUPPE.

            EINFÜHRUNG IN DAS DRITTE BUCH (253-260).

                          IX. KAPITEL.

      ALLGEMEINER ÜBERBLICK ÜBER DAS DEUTSCHE PRESSGEWERBE.

  Gedrückter Zustand des Pressgewerbes. Nachdruck und
    Presspolizei. Die kaiserl. Bücherkommission. Die Presse in
    den einzelnen Bundesstaaten. Die nationale Litteratur. Reform
    des Buchhandels. Der Börsenverein. Die Bücherproduktion. Der
    Buchdrucker-Verband und der Prinzipal-Verein. Statistisches.
    Die Papierfabrikation. Die Buchbinderkunst, der Masseneinband
    und die Handarbeit                                            261-280

                           X. KAPITEL.

   DIE SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION IN DEUTSCHLAND-ÖSTERREICH.

  Aufschwung der Schriftgiesserei. Ed. Hänel. Die deutsche
    Druckschrift. Walbaum Vater und Sohn. Hamburg, Berlin,
    Leipzig, Frankfurt a. M. Österreich. G. Haase, C. Faulmann.
    Die Stereotypie, die Galvanoplastik, die Dynamo-Elektrik.
    Die Giessmaschine. DIE ILLUSTRATION: Verfall im XVIII.
    Jahrhundert, Wiedererwachen des Holzschnittes. Die Unger,
    Gubitz, Unzelmann, Kretzschmar u. a. Österreich: Prestel,
    Höfel, Knöfler u. a. Die Planotypie. Die Stigmatypie: Carl
    Fasol                                                         281-304

                          XI. KAPITEL.

          DIE TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN IN DEUTSCHLAND.

  Fr. König und die Schnellpresse. Die Bedeutung derselben.
    Jugendgeschichte Königs. Seine Rückkehr aus England.
    Etablissement König & Bauer in Oberzell. Kampf und Sieg.
    Die Zweifarbenmaschine. Die Endlose. Die Maschinenfabrik
    Augsburg und andere Fabriken Deutschlands. Helbig & Müller in
    Wien und andere Fabrikanten Österreichs. Die lithographische
    und die zinkographische Schnellpresse. Die Handpressen. Die
    Satinier-Schnellpresse. Die Farbenfabrikation                 305-320

                          XII. KAPITEL.

              DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.

  J. G. I. Breitkopf, seine Reformen, der Musiknotendruck
    vor Breitkopf und dessen Verbesserungen, Breitkopf &
    Härtel. G. J. Göschen. Friedr. Arnold Brockhaus und seine
    Nachfolger. B. G. Teubner. Karl Tauchnitz. Fr. Nies und
    seine Nachfolger. B. Tauchnitz. Das Jubelfest 1840. Giesecke
    & Devrient. Das Bibliographische Institut. Verschiedene
    Offizinen Leipzigs. -- Dresden: Meinhold & Söhne u. a.
    Halle: Waisenhausdruckerei, Schwetschke & Sohn. -- Weimar:
    Hofbuchdruckerei. -- Gotha: Just. Perthes. -- Braunschweig:
    Vieweg & Sohn, G. Westermann, Dr. Heinrich Meyer und das
    Journal für Buchdruckerkunst                                  321-356

                         XIII. KAPITEL.

               DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.

  BERLIN: Wachsende Bedeutung. Die Familie Decker, Unger
    Vater und Sohn, Gebr. Unger, Familie Spener, Reimer,
    Mittler u. a. Ed. Hänel-Gronau. Die Zeitungsdruckereien.
    Die Accidenzdruckereien. Die lithographischen und sonstigen
    Kunstanstalten. Breslau. Frankfurt a. O. Posen. Königsberg.
    Danzig. Stettin. Lübeck. Hamburg. Bremen. Hannover. Köln: Die
    Offizin der »Kölnischen Zeitung«                              357-382

                          XIV. KAPITEL.

               DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.

  Emporwachsen Stuttgarts: Die Familie Cotta. J. B. Metzler.
    Die illustrierte Litteratur. Ed. Hallberger, Gebr. Kröner u.
    a. Die Xylographie. Der Buchhandel. Statistisches. Tübingen.
    München: Aufschwung aller graphischen Künste: Kasp. Braun,
    Fr. Hanfstängl, J. Albert, Fr. Bruckmann u. a. Nürnberg.
    Regensburg. Augsburg. Rheinische Städte. Frankfurt a. M.
    Mainz und das Einweihungsfest. Freiburg i. Br. Dornach: Ad.
    Braun. Strassburg: Das Gutenbergdenkmal, die Bibliothek.
  DIE SCHWEIZ. Lokale Schwierigkeiten. Basel: Die Familie Haas.
    Zürich: Orell Füssli & Co., Kartographie. St. Gallen: Chr.
    Zollikofer. Einsiedeln: Gebr. Benziger. Bern                  383-412

                          XV. KAPITEL.

               DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.

  Presszustände in Österreich. J. T. Trattner. J. G. Trassler.
    J. v. Kurzbeck. A. Schmid. Familie Gerold. J. V. Degen. A.
    Auer. Die Hof- und Staatsdruckerei. W. v. Braumüller. Das
    Museum und die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst.
    Der Buchdrucker-Verein. Neuere Buchdruckereien Wiens. Die
    Druckereien in den Provinzen. UNGARN. Druckereien in Budapest
    und an anderen Orten. Statistisches aus Österreich-Ungarn     413-440

                          XVI. KAPITEL.

               DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.

  DÄNEMARK. Fortschritte der Typographie: B. Luno, Gebr.
    Thiele, C. Ferslew & Co. u. a. Die Chemitypie: C. Piil. Die
    Giessmaschine: L. Brandt. Die Setzmaschine: C. Sörensen.
    Die Schreibkugel: Malling Hansen. Island. Grönland.
    NORWEGEN. Geistiges Leben. SCHWEDEN. Norstedt & Söner,
    Central-Tryckeriet u. a. FINNLAND. RUSSLAND und POLEN. Die
    Staatsdruckerei und andere Offizinen. Das Zeitungswesen.
    DIE DONAULÄNDER: Serbien, Rumänien, Bulgarien. GRIECHENLAND   441-464


                            REGISTER.

  A. Namen- und Sachregister                                      465-487

  B. Nachweis der angeführten Quellenschriften                    488-493

                    *       *       *       *       *



                               EINLEITUNG.

                             [Illustration]

                        DAS LICHT UND DIE CHEMIE
                      ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE

[Illustration]

         DAS LICHT UND DIE CHEMIE ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE.

Wiederbelebung der Buchdruckerkunst. Das geistige und das physische
  Licht. Photographie, Lithographie, Chemigraphie. -- Alois
  Senefelder und der chemische Druck, Musiknoten-, Landkarten-,
  Ölbild- und Aquarelldruck, anastatischer Druck. Die Daguerreotypie.
  Die Silberphotographie, die Photographie und die Druckkunst,
  das Woodbury-Verfahren, der Lichtdruck, die Alberttypie, der
  photographische Farbendruck, die Photolithographie. -- Verschiedene
  Hochdruckversuche: die Chemitypie, die Zinkhochätzung, ihre Vorzüge
  und Mängel, ihre Zukunftsstellung.

[Sidenote: Wiederbelebung der Buchdruckerkunst.]

Als die Grenze des allmählichen Rückganges, teilweise der Erniedrigung
der Buchdruckerkunst, von welcher der Leser in dem ersten Teil der
Geschichte bereits Kenntnis nahm, zugleich als der Ausgangspunkt einer
neuen Entwickelung zum Besseren kann das dritte Jubeljahr der Erfindung
bezeichnet werden. Nicht lange nach diesem Zeitpunkt beginnt eine, fast
durch mehr als ein Jahrhundert sich erstreckende ununterbrochene Kette
von Verbesserungen und neuen Erfindungen auf dem Gebiete der Druckkunst,
so dass diese um die Zeit der vierten Jubelfeier, begünstigt von dem
überall aufblühenden, frischeren geistigen, politischen und gewerblichen
Leben, ihre zweite Glanzperiode antritt, inmitten welcher wir uns jetzt
noch befinden, von der festen Zuversicht durchdrungen, dass unsere
Nachkommen von einem abermaligen Herabsteigen von der erklommenen Höhe
nicht zu berichten haben werden.

In der letzten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts knüpften die
Verbesserungen und Erfindungen noch behutsam an das Bestehende an; von
dem Beginn unseres Jahrhunderts an ging es aber mit Sturmschritten auf
neuen Bahnen unaufhaltsam vorwärts.

[Sidenote: Die Maschinen.]

»Meister Blutlos« hatte das Scepter in die Hand genommen und je mehr wir
uns unseren Tagen nähern, um so uneingeschränkter wurde die Herrschaft
dieses Meisters, »der aus dem Gedanken des Menschen Leben trank und
Nahrung zog, die seinen eisernen Gliedmassen Kräfte verlieh, welche der
Mensch selbst nicht besitzt«.

Doch nicht genug hiermit. Der graphischen Kunst entstanden neue mächtige
Bundesgenossen in der alles belebenden Sonne und in den geheimen Kräften
der Natur, in deren nimmer rastende Werkstätte die Chemie uns einen
belehrenden Einblick eröffnet hatte.

[Sidenote: Das Licht.]

Indem Gutenbergs Kunst der Menschheit zu dem geistigen Licht der
Kenntnisse verhalf, durch welche es ihr gelang, sich die Kräfte des
physischen Lichts dienstbar zu machen, erreichte sie zugleich, dass
das letztere nunmehr seinerseits eines der wichtigsten Mittel zur
Verbreitung der geistigen Erleuchtung wurde: die Sonne selbst zeigte
sich als eine direkte Förderin der Druckkunst, wennauch zugleich als
eine gefährliche Konkurrentin, deren Macht zu weichen jedoch selbst
unserm Altmeister nicht zur Unehre gereichen würde, denn in der
Photographie mit den vielen in ihr wurzelnden Reproduktionsverfahren
liegen Kräfte, welche denen des Hercules in der Wiege gleichen. Sie
zeigen sich jetzt schon als ganz ausserordentliche, obwohl sie sich noch
in den ersten Stadien ihrer Entwickelung befinden und erst ahnen lassen,
welche Umwälzung sie der Druckkunst in der Zukunft bereiten können.

[Sidenote: Lithographie.]

[Sidenote: Chemigraphie.]

Eine junge, als Förderin der graphischen Kunst jedoch ältere Kraft denn
die ewige Sonne, wuchs in der LITHOGRAPHIE empor. Wennauch diese Kunst
heute bereits aufgehört hat, den hervorragenden Platz zu behaupten, den
sie eine zeitlang als Produzentin künstlerischer Schwarzdrucke einnahm,
so macht sie sich um so mehr im Farben- und Lichtdruck um Wissenschaft
und Kunst, Industrie und Gewerbe verdient; hat jedoch schon eine neue,
nach mehreren Richtungen hin glückliche Mitbewerberin um die Gunst des
Publikums in der CHEMIGRAPHIE gefunden, welcher, wie es scheint, eine
grosse Zukunft bevorsteht.

[Sidenote: Die typographischen Institute.]

So sehen wir heute eine Reihe von graphischen Verfahren mit der
Typographie zur Herstellung der mannigfachsten Druckwerke je nach ihrer
Eigenart einträchtig zusammen wirken. Jedes dieser Verfahren kann seine
eigentümlichen Vorzüge geltend machen und zugleich die Kräfte der
anderen benutzen. Deshalb pflegen auch die grösseren typographischen
Institute von heute gewöhnlich gleichzeitig mehrere Verfahren,
wodurch sie imstande sind, Arbeiten für die verschiedensten Zwecke
der Wissenschaft, der Bildung, des Handels, des bürgerlichen und des
staatlichen Lebens in einer Vollendung zu liefern, wie sie durch eine
einzelne dieser Künste nicht zu erreichen gewesen wäre.

[Sidenote: Zurücktreten der Person.]

Jedoch, je mächtiger die Technik vorwärts schritt, je allgemeiner
der Dampf, das Licht und die Chemie das Übergewicht erlangten,
um so mehr musste die Biographie aufhören, als Mittelpunkt der
Geschichtschreibung zu dienen, während sich in den früheren Perioden die
Teilnahme vorzugsweise auf hervorragende Männer richtete, die mit dem
historischen, zumteil auch mythischen Nimbus umgeben waren und deren
Stellung in der Geschichte der Typographie von der öffentlichen Meinung
längst bestimmt war.

Heutzutage, wo die Buchdruckerei hauptsächlich, wennauch im besten
Sinne, eine auf Grossbetrieb angelegte Fabrik geworden, ist die Maschine
und das Fabrikat in den Vordergrund getreten. Der Besitzer einer
vortrefflichen Buchdruckerei ist jetzt nicht immer ein vortrefflicher
Buchdrucker, dessen Name in der Geschichte fortleben wird, sondern oft
nur ein gut rechnender Kaufmann, der imstande war, das beste Material
anzuschaffen, und klug genug, um durch einen tüchtigen Dirigenten
und tüchtige Arbeiter das zu ersetzen, was ihm selbst fehlt. Das
Individuum tritt somit gegen die Gesamtsumme der Tüchtigkeit und
des Unternehmungsgeistes eines ganzen Volkes und -- das müssen wir
allerdings hinzusetzen -- gegen die Summe von dessen Kapital zurück.

[Sidenote: Der internationale Verkehr.]

Doch auch ganze Völker verlieren nach und nach viele ihrer
Eigentümlichkeiten und selbstverständlich sind es namentlich die
kleineren unter denselben, oder die in der Kultur zurückgebliebenen, die
sich von der Anziehungskraft der grossen Zentren beeinflusst fühlen.
Wie in der Politik, der Litteratur, der Kunst und dem Handel der
Kirchturmsausblick dem kosmopolitischen Fernblick Platz machte, so auch
in der Typographie. Je leichter der Verkehr zwischen den Nachbarländern
sich gestaltet, um so leichter und schneller eignet sich ein Volk die
Vorzüge und Erfindungen des anderen an. Diese Leichtigkeit geht so weit,
dass es, obgleich es sich oft um eine uns nahe liegende Vergangenheit
handelt, nicht mehr zu konstatieren ist, wem oder welchem Lande diese
oder jene Erfindung gehört. Der Eine wirft einen Gedanken hin; der
Andere nimmt ihn auf und arbeitet ihn weiter aus; der Dritte macht einen
unpraktischen Versuch damit; dem Vierten erst gelingt die Durchführung.
Oft geschieht diese Aneignung unwillkürlich, oft entsteht ein Gedanke
gleichzeitig bei Mehreren; die Luft ist sozusagen mit Erfindungsstoffen
geschwängert.

Unter solchen Verhältnissen wird es, je mehr wir uns der Jetztzeit
nähern, desto schwieriger, eine streng gesonderte Behandlung der
typographischen Geschichte jedes einzelnen Volkes, jeder Stadt, jeder
Firma beizubehalten, denn Eigentümlichkeiten machen sich hauptsächlich
nur in den grösseren Gruppen bemerkbar.

[Sidenote: Die Gruppenbildung.]

Von solchen bildeten sich im Laufe der Zeit drei: die
ANGLO-AMERIKANISCHE, die ROMANISCHE und die GERMANISCHE. Nicht immer
war die nationale und sprachliche Verwandtschaft der Völker für
die Gruppierung allein massgebend; öfters wirkten auch politische,
merkantile und technische Verhältnisse sehr stark mit. So sehen wir,
wie den germanischen nahe verwandte Länder, wie die Niederlande, mehr
der romanischen Gruppe in der Typographie sich zuneigen, während die,
dem Germanentum nichts weniger als freundlich gesinnten slawischen
und magyarischen Völker sich in gewerblich-technischer Hinsicht der
germanischen Gruppe anreihen. Der ferne Osten Asiens und Australien
unterliegen der Wucht der Beherrscherin des Ozeans, während der Einfluss
Frankreichs sich in den Umländern des Mittelmeeres, in den europäischen
sowohl wie in den afrikanischen und asiatischen, geltend macht.

Es wird unsere Aufgabe sein, in den folgenden Abschnitten die
eigentümliche Entwickelung, welche jede dieser Gruppen, trotz der
Amalgamierung der Völker im allgemeinen, genommen hat, zu verfolgen.
Warum wir mit der Anglo-Amerikanischen Gruppe anfangen, daran die
Romanische reihen, und mit der Germanischen schliessen, ergiebt sich aus
der Geschichte.

Bevor wir jedoch an diese Gruppen herantreten, um die Leistungen
der einzelnen zu überschauen, ist es nötig, auf das Entstehen und
Fortschreiten der erwähnten neuen Schwesterkünste der Typographie, des
STEINDRUCKS, des LICHTDRUCKS und des ZINKDRUCKS, in ihrem Zusammenhang
unter einander und mit der Typographie, einen Blick zu werfen[1], der
sich allerdings innerhalb der engsten Grenzen zu halten haben wird. Die
Reihe eröffnet dem Altersrang gemäss:

  [1] Die wichtigeren Erscheinungen der einschlägigen reichen Litteratur
      sind am Schlusse des Bandes zu finden.


                           DIE LITHOGRAPHIE.

[Sidenote: Alois Senefelder.]

»Ich wünsche, dass die Steindruckerei bald auf der ganzen Erde
verbreitet, der Menschheit durch viele vortreffliche Erzeugnisse
vielfältigen Nutzen bringen und zu ihrer grösseren Veredlung gereiche,
niemals aber zu einem bösen Zweck missbraucht werden möge. Dies gebe der
Allmächtige; dann sei gesegnet die Stunde, in der ich sie erfand.«

So spricht -- nicht unähnlich seinem grossen Vorgänger Gutenberg in
der Nachschrift zu dem Katholikon (I, S. 33) -- der Erfinder der
Lithographie ALOIS SENEFELDER in seinem berühmten Werke[2], voll des
Dankes gegen die Vorsehung, welche ihn als Werkzeug benutzt hatte, um
die Menschheit einer grossen Wohlthat teilhaft werden zu lassen.

  [2] A. SENEFELDER, Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerey. Mit einer
      Vorrede von Fr. v. Schlichtegroll. München 1818.

Sollte nun auch die Lithographie so wenig, wie die Typographie, von
jedem unedlen Missbrauch verschont bleiben, so wiegen trotzdem bei
beiden der »vielfältige Nutzen« und die erzielte »Veredlung der
Menschheit« so schwer, dass der Erfinder wohl ohne Bedenken die Stunde
der Erfindung segnen mochte. Jeder Deutsche kann aber ausserdem mit
Stolz dieser Stunde gedenken, denn er zählt den Erfinder auch dieser,
nach der Typographie wichtigsten der lichtbringenden Künste zu den
Seinigen.

Dass Senefelder die Ehre nicht streitig gemacht werden konnte, wie
es mit Gutenberg geschah, dafür hatte der letztere gesorgt, so dass
ersterer selbst in der Lage war, durch sein Werk über seine Kunst uns
zu teilnehmenden Begleitern durch sein wechselvolles Leben und alle
Phasen seiner Kunst zu machen. Er konnte selbst unwidersprechliches
Zeugnis ablegen, dass es kein Verfahren in der Lithographie giebt,
welches von ihm ungeahnt, ja unversucht geblieben wäre.

Durch diese lange Reihe von Versuchen dem Erfinder zu folgen, ist hier
nicht möglich; es sei nur erwähnt, dass Alois Senefelder am 6. November
1771 zu Prag geboren wurde, sich der Jurisprudenz widmen sollte, jedoch,
von unwiderstehlichem Drang geleitet, in München dem Theater als Dichter
und Darsteller zugeführt wurde; dass er, zu arm, um seine Theaterstücke
drucken zu lassen, nach vielen Experimenten, um eine billigere
Herstellung zu finden, schliesslich durch Zufall auf die Entdeckung der
Lithographie geführt wurde.

[Sidenote: Wesen der Lithographie.]

Das Gravieren in Stein, selbst das Ätzen eines solchen, so dass eine
Zeichnung auf demselben erhaben zurückblieb, war nichts Neues, und
dass die Chinesen ein lithographisches Druckverfahren hatten, wurde
bereits (I, S. 4 und 282) erwähnt. Das Charakteristische der neuen
Erfindung lag in der Entdeckung, dass eine mit fetter Kreide oder
fetter Tinte auf einem Stein von besonderer Art gemachte Zeichnung
von über ihn gegossenem Scheidewasser nicht angegriffen wird, dass
ferner die auf den Stein aufgetragene fette Farbe nur auf der
Zeichnung haften bleibt, von den geätzten, gummierten und gefeuchteten
Steinflächen jedoch abgestossen wird, schliesslich, dass es möglich
war, einen Abdruck mechanisch auf einen andern Stein zu übertragen
und, wie in der Typographie durch die Stereotypie, durch Wiederholung
hiervon neue Druckplatten in unbegrenzter Zahl herzustellen, wodurch
es der Lithographie, namentlich seit Erfindung der lithographischen
Schnellpresse, möglich geworden, der Typographie auf einzelnen Gebieten
erfolgreiche Konkurrenz zu machen.

[Sidenote: Nützlichkeit der Lithographie.]

Durch die neue Kunst konnte eine massenhafte Verbreitung von
Nachbildungen älterer und neuerer Kunstwerke in einer Schnelligkeit und
Billigkeit stattfinden, wie sie durch den Grabstichel nicht zu erreichen
war, was ausserordentlich zur Popularisierung der Kunst beitrug.
Wissenschaftliche und technische Werke liessen sich durch Beigabe
lithographischer Tafeln verständlicher machen; Nachbildungen gaben
die Miniaturen des Mittelalters in prachtvollem Gold- und Farbendruck
wieder; die Verkäuflichkeit der Zeitschriften und der Lieferungswerke
fand durch schwarze, kolorierte, später durch bunt gedruckte Bilder
einen gewaltigen Vorschub.

[Sidenote: Der Notendruck.]

Vor allem bemächtigte sich die Lithographie des musikalischen
Notendruckes. Es war dies der erste Zweig, der von Senefelder selbst
mit Erfolg betrieben wurde und ein vorteilhaftes Übereinkommen mit
dem bekannten Musikalienhändler André in Offenbach herbeiführte, das
jedoch später von Senefelder selbst, wohl ohne hinreichenden Grund,
aufgehoben wurde. Der musikalische Typendruck konnte sich von jetzt
ab nur dann bewähren, wenn der Text einen überwiegenden Teil bildete,
namentlich also bei theoretischen Werken, oder wenn die Auflage, was bei
musikalischen Werken nur selten vorkam, eine sehr grosse war. Ausserdem
liess die Lithographie eine zum Kaufen anlockende Ausschmückung zu und
jeder Walzer oder jedes sentimentale Lied erhielt ein Titelblatt mit
schwungvoll verzierten Schriften, wenn nicht gar mit einer bildlichen
Darstellung, als Helferin beim Absatz.

[Sidenote: Der Landkartendruck.]

Ein Feld, welches vom Beginn ab ebenfalls der Lithographie zufiel, war
die Herstellung von Landkarten und Plänen. Dieser Zweig nahm nach und
nach einen ausserordentlichen Aufschwung. Die Methode, durch Anwendung
verschiedener Schraffierungen und Ätzungen mit wenigen Farbensteinen
eine grosse Zahl von Farbenabstufungen hervorzubringen, ist zu hoher
Vollkommenheit gediehen. Die Schichtlegung ist viel methodischer
geworden und es gelang, ein naturgetreues, fast plastisches Bild zu
geben.

Wer es mit der Xylographie gut meinte, konnte sich nur freuen, dass
sie von einem Feld abgedrängt ward, welches sie nie mit Erfolg und
nur notgedrungen bebaut hatte. Als jedoch die Lithographie mit ihrer
leichten Herstellungsweise Miene machte, sich des ganzen Accidenzfaches
zu bemächtigen, welches die Typographie so lange mit Glück betrieben
hatte, da erhob sich ein heftiger Widerstand, der Veranlassung zu ganz
wesentlichen Fortschritten der Typographie gab. So kämpften altes und
neues Verfahren mit einander, jenes um den bis jetzt innegehabten Platz
zu behaupten, dieses um dem Gegner neues Terrain abzugewinnen, bis,
wie es so oft geschieht, wenn tüchtige Gegner ihre Kräfte gemessen und
schätzen gelernt haben, zum beiderseitigen Vorteil aus den Feinden
Verbündete wurden.

[Sidenote: Der Ölbild- und Aquarelldruck.]

Eine besonders eifrig gepflegte Art des lithographischen Verfahrens ist
der Farbendruck in den beiden Abzweigungen ÖLBILD- und AQUARELLDRUCK.

[Sidenote: Die Technik des Bilderdrucks.]

Das Verfahren bei der Herstellung beider ist in der Hauptsache dasselbe.
Zuerst wird eine Pauszeichnung gemacht, auf Stein übertragen und so oft
abgezogen als Farbensteine notwendig sind. Auf jedem der Steine werden
nun die Partien eingezeichnet, die mit gleicher Farbe gedruckt werden.
Für manche Platten genügt es, sie mit einer Asphaltlage zu überziehen,
auf der man durch Schaben und Schleifen Töne in so gleichmässiger
Abstufung erzielen kann, als wären sie mit dem Pinsel gemacht. Die
allgemeinen, leichten Töne des Bildes werden zuerst eingedruckt,
dann folgen die Steine mit den Lokalfarben und den Formendetails,
schliesslich wird das Bild mit neutralen Tönen abgestimmt. Da eine neue
Farbe die vorherige nicht verbirgt, sondern mit ihr Mischung eingeht,
so ist es klar, einerseits, dass grosses Verständnis, grosse Erfahrung
und ein feines künstlerisches Gefühl dazu gehört, die richtige Tiefe der
Töne zu treffen, andererseits, dass Nüancierungen, die nach hunderten
zählen, durch die Verschiedenheit der über einander gedruckten Farben
und die detailliertere oder leichtere Ausführung der Zeichnungen sich
erzielen lassen.

[Sidenote: Die Torchonplatte.]

Um den Eindruck des pastosen Pinselauftrags und der rauhen Malerleinwand
oder bei den Aquarellen des rauhen Papieres, dessen man sich für die
Aquarell-Zeichnungen bedient, hervorzubringen, werden die Pinselstriche
oder Unebenheiten in einen Stein graviert oder geätzt und das fertige
Bild mit diesem Stein, selbstverständlich ohne Farbenauftrag, durch die
Presse gezogen, so dass die vertieften Stellen in dem Stein nunmehr als
Erhabenheiten auf dem Bilde erscheinen.

[Sidenote: Farbensteine.]

Da zu einem gut ausgeführten Bild 20 bis 30 Farbensteine gehören, so
sind die Kosten sehr hoch und nur die grossen Auflagen, welche durch
die Schnellpresse sehr erleichtert sind, machen Preise möglich, die
wenigstens fünfundzwanzigmal geringer sind, als die für eine oft
mittelmässige Kopie. Wie weit die Chromographie es gebracht hat, beweist
die Thatsache, dass die artistischen Anstalten es auf Ausstellungen
wagen konnten, Original und Druck neben einander aufzuhängen, um zu
beweisen, dass ein Blick des Kenners dazu gehört, das Original vom Druck
zu unterscheiden, ja, dass sogar für diesen bei dem Aquarelldruck eine
Täuschung möglich war. Vortreffliche Dienste leistet der lithographische
Farbendruck bei Herstellung der Bilder für den, jetzt auf einer hohen
Stufe stehenden Anschauungsunterricht.

[Sidenote: Der anastatische Druck.]

Nicht ohne Wichtigkeit ist der ANASTATISCHE DRUCK (von dem griechischen
[Greek: anastasis], Auferstehung), namentlich um von älteren Drucken
vollkommene Facsimiles herzustellen.

Nachdem der alte Druck mit verdünnter Salpetersäure getränkt worden ist,
presst man ihn an einen Stein oder eine Metallplatte. Die Säure ätzt die
Platte mit Ausnahme der mit Schrift, die nun ein wenig erhaben dasteht,
bedeckten Stellen. Hat jedoch der alte Druck nicht mehr Fettigkeit
genug, um die Säure abzustossen, so kann man erstern erneuern, indem man
das Blatt in Weinsteinsäure legt. Hierdurch werden alle unbedruckten
Papierstellen mit kleinen Weinsteinsäure-Krystallen überzogen, welche,
wenn man mit den Schwärzewalzen über das Papier fährt, die Schwärze
abstossen, die nur von der alten Schrift angenommen wird. Das Experiment
ist jedoch, da die Möglichkeit der Vernichtung des Originals vorhanden
ist, immer bedenklich, wenn letzteres wertvoll oder gar unersetzlich ist.

Das Verfahren wurde von einem Schlesier Rud. Appel erfunden und von
Faraday nutzbar gemacht. Da eine Verfälschung von Wertpapieren durch
dasselbe leicht möglich war, stellten Appel & Glyne ein Patentpapier
her, dessen Zusätze die Benutzung zum Umdruck aus chemischen Gründen
unmöglich machten.

[Sidenote: Lithographiesteine.]

Eine Kalamität für die Lithographie ist der beginnende Mangel an gutem
Steinmaterial. Die Steine bester Qualität sind nur in den Solnhofener
Brüchen in Bayern zu finden; alle anderen Steine haben sich für bessere
Arbeiten bis jetzt nicht bewährt, obwohl kein Jahr vergeht, ohne dass
die Nachricht durch die Blätter läuft, jetzt seien wirklich gute Steine,
bald in Polen, bald in Algier, dann in Canada, dann bei Marseille,
aufgefunden. Ebensowenig haben die Versuche, die Steine durch eine
künstliche Masse zu ersetzen, Erfolg gehabt. Unter diesen Verhältnissen
steht dem Zink, welches die eigentümlichen Eigenschaften des
lithographischen Steines besitzt, dabei billig ist, sich leicht aufheben
und auf einem Cylinder zum Druck anbringen lässt, ganz abgesehen von
seiner Verwendung in der Hochätzung, eine bedeutende Zukunft in Aussicht.


                           DIE PHOTOGRAPHIE.

[Sidenote: _Camera obscura._]

Es war sehr erklärlich, dass die _Camera obscura_, welche das Bild der
Umgebung im kleinen auf das getreueste wiedergiebt, den Gedanken, ein
solches Bild durch Lichtwirkung zu fixieren, weckte. Bereits im Jahre
1802 hatte der bekannte englische Steingutfabrikant WEDGWOOD im Verein
mit dem Chemiker DAVY Experimente zur Herstellung von Lichtbildern auf
einem mit Höllenstein überstrichenen Papier gemacht und FOX TALBOT
verbesserte das Verfahren. In Paris hatte NICÉPHORE NIÈPCE die grosse
Lichtempfindlichkeit des Asphalt (Judenpech) entdeckt. Dieses Erdharz
hat die merkwürdige Eigenschaft, dass es, obwohl für gewöhnlich sehr
leicht löslich, dem Lichte ausgesetzt unlöslich wird. Überzieht man
nun eine Kupferplatte damit und belichtet sie unter einer Zeichnung
auf Papier, so wird der Asphalt auf allen Schattenstellen des Bildes
löslich, und zwar nur dort; wischt man nun die löslichen Stellen weg
und übergiesst die Platte mit Ätzsäure, so werden nur die blossgelegten
Stellen angegriffen und es entsteht somit eine druckbare Platte. Man
hatte es also bereits eigentlich mit der Heliographie zu thun, die, wie
aus Nièpces Hinterlassenschaft hervorgeht, von ihm erkannt, jedoch nicht
praktisch geübt worden war.

[Sidenote: L. Daguerre * 1787, [+] 12. Juli 1851.]

LOUIS DAGUERRE in Paris hatte mit Nièpce langezeit Versuche gemacht, um
auf Silberplatten, die den Dämpfen des schwarzen, leichtflüssigen Jods
ausgesetzt wurden, durch kurze Belichtung Bilder hervorzubringen; es
wollte dies jedoch nicht recht gelingen. Da führte ein reiner Zufall
zu der Entdeckung, dass die auf der Platte hervorgebrachten äusserst
schwachen Bilder in dunklem Verschluss durch Quecksilberdämpfe sich
kräftig entwickeln. Hiermit war die DAGUERREOTYPIE erfunden und wurde
dieses Wunder am 19. August 1839 in einer Sitzung der Akademie der
Wissenschaften in Paris der Welt verkündet.

Daguerres Verbesserungen ermöglichten es, die Aufnahmezeit von
zwanzig Minuten auf eine bis zwei zu verkürzen. Durch die von
Professor Petzval in Wien erfundenen und von Voigtländer ausgeführten
Portrait-Doppelobjektive wurde die Zeit auf einige Sekunden reduziert,
damit kam die Portraitaufnahme in hohen Flor und die Erfindung machte
schnell ihre Weltreise.

[Sidenote: Die Papierphotographie.]

Ein Übelstand war der Spiegelglanz der Platten, welcher den
Totaleindruck sehr beeinträchtigte. Die gar zu grosse Treue, mit
welcher jede Runzel, jeder Fleck und alles Nebensächliche in voller
Stärke wiedergegeben wurde, wirkte ebenfalls störend und eine Retouche
war unmöglich. Auch verlangte jedes Exemplar eine neue Sitzung. Die
Versuche von Talbot und NIÈPCE DE ST. VICTOR führten nun dazu, erst ein
Negativbild auf lichtempfindlichem Papier herzustellen, welches sich
leicht fixieren liess, und dann von diesem durch Lichtwirkung wieder ein
positives Bild hervorzubringen, welches in einer beliebigen Anzahl von
Exemplaren wiederholt und retouchiert werden konnte. Statt des Papieres
wurde für den Negativprozess später Glas genommen, welches mit einer
mit Jodkalium versetzten Firnislösung überzogen war, bis diese durch
Kollodium ersetzt wurde. Hiermit gelangte die Portraitphotographie
zu einer enormen Verbreitung. Auch Landschaftsbilder wurden in
überraschender Vorzüglichkeit geliefert.

Mit ihren immer grossartigeren Erfolgen dient die Photographie nicht
allein der Kunst durch getreueste Wiedergabe ihrer Erzeugnisse, sondern
auch den meisten Wissenschaften: der Feldmesskunst, der Astronomie, den
Naturwissenschaften und der Medizin; selbst das gerichtliche Verfahren
zieht von ihr Nutzen. Viele Zweige der Industrie und des Kunstgewerbes,
wie z. B. die Porzellan- und die Glasmanufaktur, haben in ihr eine
grosse Förderin.

[Sidenote: Photographie und Druckkunst.]

Was uns jedoch hier am meisten interessiert und am nächsten liegt,
ist die Ausführung des Gedankens, die Photographie in die Reihe der
eigentlichen vervielfältigenden Künste einzuführen. Das Verfahren: ein
negatives Bild in ein positives umzuändern, nimmt Zeit in Anspruch, und
die Silberkopie, deren Haltbarkeit immerhin auch zweifelhaft bleibt, ist
zu teuer, wenn es sich um Massenproduktion handelt. Man suchte deswegen
nach Auswegen, die in verschiedener Weise gefunden wurden.

[Sidenote: Tiefdruckplatten.]

FOX TALBOT entdeckte im Jahre 1852, dass der, durch eine chromsaure
Kali-Leimlösung auf einer Stahlplatte gebildete Überzug im trockenen
Zustande eine Schicht bildet, die, vom Lichte getroffen, unlöslich,
jedoch, im Dunkeln aufbewahrt, mit Wasser sich auflösen lässt. Er
belichtete nun eine solche Schicht unter einer Zeichnung oder einem
positiven Glasbilde. Hierdurch wurden die vom Licht getroffenen Stellen
der Schicht unlöslich, die durch die dunklen Partien der übergelegten
Zeichnung oder Platte geschützten Stellen behielten jedoch ihre
Auflöslichkeit. Wurden nun letztere im Dunkeln abgewaschen, so blieben
erstere als eine Zeichnung auf bräunlichem Grunde zurück. Diese wurde
nun geätzt und so entstand ein vertieftes Bild, wie es für den Stahl-
oder Kupferdruck erforderlich ist. Ein anderes Verfahren übte G.
SCAMONI, ein Deutscher aus Würzburg und Angestellter der Staatsdruckerei
in St. Petersburg, aus. Er hatte bemerkt, dass ein photographisches
Negativ ein, wennauch sehr schwaches Relief bildet, in welchem die
durchsichtigen Stellen (also die Schatten) tief erscheinen, während
die undurchsichtigen (die Lichter) hoch sind. Dieses Relief liess sich
mittels chemischer Einwirkung durch Niederschläge erhöhen. Hierdurch
gewann man ein Relief, fast so hoch, wie eine Kupferdruckplatte
tief ist. Über dieses Relief wurde galvanisch eine Tiefplatte
niedergeschlagen und man hatte somit eine druckbare Kupferplatte. Durch
die Photographie waren beliebige Vergrösserungen oder Verkleinerungen
möglich und Scamoni schaffte namentlich in letzterer Weise kleine
Wunderwerke, die bei der Wertpapier-Fabrikation unschätzbar sind.

[Sidenote: Hochdruckplatten.]

Für die Typographie musste jedoch die Herstellung von HOCHDRUCKPLATTEN
durch die Photographie noch von unendlich grösserem Werte sein. Gelang
es, dieses Problem in wirklich praktischer Weise zu lösen, so war ein
unendliches Feld für die Typographie erworben.

[Sidenote: Paul Pretzsch.]

In dieser Richtung ist namentlich PAUL PRETZSCH, ein Österreicher, von
hoher Bedeutung. Durch Belichtung der mit salpetersaurem Silber, Jodkali
und doppeltchromsaurem Kali überzogenen Platte wird in bereits erwähnter
Weise das erhabene Bild hergestellt. Nachdem es die genügende Festigkeit
erlangt hat, wird eine Guttapercha-Mater darüber gepresst und nun ist
es möglich, jenachdem das Bild ein negatives oder positives war, eine
Platte für Tief- oder Hochdruck zu bilden. Während indes die vertieften
Platten ihren Zweck vollständig erfüllten, waren die Resultate der
Hochplatten nicht vollkommen genügend. Die Vertiefungen waren, und das
ist die Klippe für alle bisher gemachten Versuche in dieser Richtung,
nicht genügend, um zu verhindern, dass die Schwärze in diese drang
und den Druck schädigte. Eine Hauptschwierigkeit ist namentlich das
Hervorbringen der Halbtöne.

[Sidenote: Das Woodbury-Verfahren.]

Ein vortreffliches Verfahren zur Herstellung von Tiefdruckplatten
ist der nach dem Erfinder genannte WOODBURYDRUCK. Nachdem man durch
Belichtung in bereits geschilderter Weise ein Gelatinerelief nach einem
Negativ auf einer Stahlplatte gebildet hat, wird es mit einer Platte
von einem weichen Metall bedeckt. Beide Platten werden dann in einer
hydraulischen Presse einem starken Druck ausgesetzt. Hierdurch gewinnt
man eine druckbare Platte wie bei dem Naturselbstdruck. Der Drucker
arbeitet an einem rotierenden Tisch, auf welchem sechs kleine Pressen,
in der Art der Kopierpressen, stehen. Er tröpfelt eine warmgemachte,
halb durchsichtige Gelatineschwärze auf die Platte, bedeckt diese mit
dem Papier und bringt sie unter die Presse. Bis er mit allen sechs
Pressen durch ist, hat sich die Farbe in der ersten zu einem schwachen
Relief erhärtet, das in den dünnen Lagen weniger dunkel erscheint, als
in den dicken. Bei den in der Dicke abnehmenden Stellen der Platte
entsteht ein Übergang vom Dunkleren zum Helleren, gleich den Halbtönen
in der Photographie, und somit ein der letzteren in der Wirkung ganz
ebenbürtiges, dazu vollständig unveränderliches Bild.

In London übte die _Relief Printing Company_ das Verfahren. In
Frankreich wurde es durch Goupil & Co. in Asnières bei Paris und in
Deutschland durch Fr. Bruckmann in München zu hoher Vollkommenheit
gebracht. Da auch die Herstellung des Bildes auf Glas möglich ist,
so lassen sich prächtige Transparentbilder schaffen; auch ist die
Verwendung für die Stereoskopie und die _Laterna magica_ von Bedeutung.

[Sidenote: Der Lichtdruck.]

[Sidenote: Die Alberttypie.]

Verschieden von diesem Verfahren ist der eigentliche LICHTDRUCK. Die
Leimchromatschicht hat die Eigenschaft, dass sie in ihren belichteten
Stellen für die fette Farbe empfänglich wird. Überfährt man nun mit
einem nassen Schwamm einen belichteten Leimchromatbogen, so saugt er
das Wasser nur an den nicht belichteten Stellen auf. Färbt man ihn
dann mit fetter Schwärze ein, so bleibt diese nur an den belichteten
Stellen haften, und legt man das Papier darauf, so erhält man einen
Abdruck in unveränderlicher fetter Farbe. Dieses von POITEVIN entdeckte
Verfahren ist namentlich von J. ALBERT in München für die Praxis zur
Vollkommenheit gebracht. Albert brachte die Gelatinelösung auf Glas
und setzte die Rückseite für einige Augenblicke der Belichtung aus,
wodurch die Masse auf das festeste mit dem Glas verbunden wurde. Von der
Vorderseite wird die Schicht mit einem Negativ bedeckt und hierdurch die
Platte in schon bekannter Weise hergestellt. Zum Druck bedient man sich
der Walzen, und eine gut behandelte Platte hält bis zu 1000 Abdrücke aus.

[Sidenote: Der photographische Farbendruck.]

Die ebenfalls von Albert geübte FARBENPHOTOGRAPHIE wird durch drei
Aufnahmen, die eine durch rotes, die zweite durch blaues, die
dritte durch gelbes Glas, auf mit verschiedentlichen Substanzen
behandelten Platten erzielt. Alle übrigen Farben erhält Albert durch
Übereinanderdrucken dieser drei Platten mit drei Lasurfarben, deren Wahl
den reinen Tönen des Sonnenspektrums genau entsprechen muss.

Nächst Albert hat sich besonders OBERNETTER in München um den Lichtdruck
verdient gemacht. Ganz besonders eignet sich dieser für die Wiedergabe
von Bleistift- und Kreidezeichnungen. Will man den Lichtdruck an Glanz
der Silberphotographie ähnlich machen, so wird er mit Lack überzogen.
Mit einander verglichen, hat der Woodburydruck den Vorzug in der
Wiedergabe der dunkleren Partien, der Lichtdruck in derjenigen der
helleren.

[Sidenote: Die Photolithographie.]

Die PHOTOLITHOGRAPHIE, welche ebenfalls Poitevin ihre Existenz verdankt,
hat mit dem Lichtdruck manches gemeinsame, aber auch von diesem
wesentliche Verschiedenheiten. Poitevin überzog einen Stein mit der
bekannten Lösung und stellte nach dem Negativ ein Chromobild her, das
nur in den vom Licht getroffenen Stellen die Farbe annahm. Anfänglich
fehlte es an den Halbtönen, die beim Waschen verlorengingen. Asser
und Osborne versuchten es mit einem Umdruckverfahren von auf Papier
erzeugten Bildern; die Abdrücke blieben jedoch auf Grund der körnigen
Beschaffenheit des Steines sehr hinter der Photographie zurück,
namentlich in den Mitteltönen, und das Verfahren eignete sich deshalb
nicht ganz für die Wiedergabe von Kunstblättern. Die PHOTOZINKOGRAPHIE
bietet, da die Zinkplatte dieselben Eigenschaften besitzt wie der
lithographische Stein, nichts Eigentümliches.

[Sidenote: Kartographie.]

Für die KARTOGRAPHIE hat die Photolithographie eine ganz besondere
Wichtigkeit auf Grund der Schnelligkeit in der Herstellung und der
Leichtigkeit, die Originale zu vergrössern oder zu verkleinern.
Eine nützliche Bereicherung der Kartographie wurde ebenfalls durch
die Photolithographie möglich, indem man erst Reliefkarten in Gips
herstellte und diese photographierte resp. photolithographierte. Die in
dieser Weise hergestellten Karten wirkten wie Reliefs.


                           DIE ZINKOGRAPHIE.

[Sidenote: Die ersten Hochdruckplatten.]

So höchst wertvoll alle diese Verfahren für das Buchgewerbe waren, so
war damit doch die Hauptaufgabe, Hochdruckplatten zu gewinnen, die sich
auf der Buchdruckpresse mit Text zusammen leicht drucken lassen, noch
nicht ganz erreicht. Es sollte dies in anderer Weise gelingen.

Wenn der lithographische Stein geätzt wird, so ist das darauf
zurückbleibende Bild in gewisser Beziehung ein erhabenes, jedoch ist
diese Erhabenheit nicht genügend für den Druck auf der Buchdruckerpresse
und da in dieser das Feuchten des Steines ausserdem nicht thunlich,
würde der Stein sich vollschmieren. Es wurden deshalb viele Versuche
gemacht, durch weitere, stärkere Ätzung dem Bilde die genügende Höhe zu
geben. Bereits Senefelder hatte solche angestellt. Schon vor Ablauf des
XVIII. Jahrhunderts brachten DUPLAT und SUSEMIHL aus Darmstadt in Paris
recht gelungene Hochätzungen in Stein sowohl, als in Metall zustande.
Duplat gab in dieser Weise 1812 Lafontaines Fabeln und Gessners Idyllen
heraus. 1826 druckte der Kupferstecher W. ERHARD eine Broschüre über
die Hochätzung; 1827 nahmen DIDOT und MOTTE ein Patent, ihr Verfahren
kam jedoch nicht zur Ausführung. 1832 hatte BAUCKELLER Hochätzungen
geliefert. 1834 wurde der Metallhochschnitt von A. DEMBOUR in Metz
geübt, der 1835 sein Verfahren, EKTYPOGRAPHIE, in einer Broschüre
schilderte. Dasselbe war schon in Deutschland bekannt und in einem
Werke, »Das Thierreich« von Dr. J. J. KAUPP, verwendet. Lithographischen
Hochdruck brachte JUL. BAUMGÄRTNER in Leipzig zur Ausführung und nannte
ihn seine Erfindung, worüber sich ein heftiger Federkrieg entspann,
denn die Kunst war schon vor mehreren Jahren von GIRARDET in Paris
geübt, der damit einen Preis von 2000 Franken gewann. Es scheint jedoch,
als habe Baumgärtner in gutem Glauben gehandelt. Alle diese Versuche,
sowie die bereits oben erwähnten von Pretzsch und anderen mit erhabenen
Kupferplatten, hatten jedoch keinen rechten Erfolg und die Praxis ergab
so viele Misstände, dass dem grossen Betrieb nicht mit dem Verfahren
geholfen war.

Schliesslich wurden in der CHEMITYPIE und der ZINKHOCHÄTZUNG zwei
Verfahren erfunden, die, wenn sie auch in vielen Fällen den Holzschnitt
nicht ersetzen können, in anderen wieder vor letzterem Vorzüge und neben
demselben jedenfalls eine grosse Zukunft haben.

[Sidenote: Die Chemitypie.]

Die beiden Verfahren werden oft als identisch betrachtet, sie sind es
jedoch nicht. Bei der Chemitypie, von dem Dänen C. PIIL erfunden und
in Leipzig zur Ausführung gebracht, wird eine Zinkplatte zuerst mit
Deckgrund überzogen und dann die Zeichnung mit der Nadel gemacht und
tiefergeätzt. Die vertiefte Zeichnung wird mit einem leicht flüssigen
Metall ausgegossen und mit der Oberfläche der Zinkplatte, von welcher
der Deckgrund entfernt wurde, gleichgeschabt oder -geschliffen.
Hierauf wird die ganze Platte einer Ätzung unterworfen, welche nur den
blossliegenden Zink angreift, aber nicht das hineingegossene Metall,
so dass das Bild nach der Ätzung erhaben dasteht und nun eine für die
Buchdruckerpresse verwendbare Platte bildet. Dieses Verfahren hat
namentlich für die Kartographie eine ganz ausserordentliche Bedeutung
und ermöglicht, unter Zuhülfenahme der Mehrfarbenmaschine, geographische
Kartenwerke zu unglaublich billigen Preisen zu liefern.

[Sidenote: Die Zinkhochätzung.]

Die Zinkhochätzung eignet sich mehr für Feder- und Kreidezeichnungen.
Auf die Zinkplatte lässt sich, wie auf lithographischen Stein, mit
präparierter Kreide oder fetter Tusche leicht zeichnen oder malen.
Bringt man nun eine solche Zeichnung auf eine Zinkplatte oder überträgt
man den mit fetter Farbe gemachten Abzug einer bereits vorhandenen
Zeichnung, eines Holzschnittes, einer Lithographie oder eines
Kupferstiches u. dgl. und ätzt die Platte, so wird nur die blossliegende
Oberfläche des Metalls angegriffen und die Zeichnung bleibt, wie bei
der Lithographie, stehen und tritt bei fortgesetzter Ätzung so weit
hervor, dass sie sich auf der Buchdruckerpresse drucken lässt.

[Sidenote: Vorzüge und Mängel der Hochätzung.]

[Sidenote: Vergleich mit dem Holzschnitt.]

Als das Hochätzungsverfahren aufkam, gab es Enthusiasten genug,
welche meinten, dass es von nun ab mit dem Holzschnitt vorbei sei.
Andererseits fehlte es nicht an warnenden Stimmen prinzipieller
Gegner des Verfahrens, die von demselben nichts wissen wollten, weil
es weder den Kupferstich, noch die Radierung oder den Holzschnitt
vollständig ersetzen könne. Wäre die Rede davon, zwischen Xylographie
und Hochätzung wählen und eine davon ganz fallenlassen zu müssen, so
würde die Entscheidung kaum eine schwierige sein. Jedoch eine solche
Entscheidung ist ja nicht zu treffen. Fehlt auch der Hochätzung der
volle, satte Ton und die weiche Modulation des Holzschnittdruckes, so
bleibt doch für sie ein sehr reiches Feld der Illustration übrig, auf
welches der Holzschnitt zumteil gar nicht folgen kann. Wo es sich in
erster Linie um das nützliche handelt, in Mustervorlagen aller Art, in
Schriftarbeiten, Karten, in technischen und mathematischen Figuren,
selbst in solchen künstlerischen Nachbildungen, die in Umrissen oder
ohne bedeutende Tonabstufungen gehalten sind, wird die Hochätzung
auf Grund der Billigkeit und der Schnelligkeit sehr oft den Vorzug
verdienen. Aber kein Verfahren wird der durch vier Jahrhunderte
bewährten Xylographie den Vorrang im allgemeinen streitig machen
können. Neben den leichten, rasch verschwindenden Arbeiten werden die
Schöpfungen der xylographischen Künstler und die Prachtwerke bleiben.
Kein anderes Verfahren giebt dasselbe Kolorit, die Klarheit und
Mannigfaltigkeit in der Abstufung der Töne, die Milde mit Kraft gepaart,
wie der Holzschnitt. Kein Verfahren ist imstande, bei guter Ausführung
die Zeichnung des Meisters in seinem Charakter so treu wiederzugeben;
keins hat die Fähigkeit, den Mängeln einer weniger guten Zeichnung
so geschickt abzuhelfen. So wenig die Zahl der Bücher sich durch die
Zeitungen vermindert, so wenig werden die xylographischen Kunstwerke
durch Zeitungsillustrationen in den Hintergrund gedrängt werden. Wenn
Zeit und Kosten nicht zu scheuen sind, wird man immer zum Holzschnitt
greifen.

[Sidenote: Die Hochätzung und die Tagespresse.]

In einer Beziehung wird aber die Hochätzung die Illustrationsmethode
der Zukunft werden, nämlich, sobald die Frage der illustrierten
Tagesblätter ernstlich auf die Tagesordnung gestellt wird. Da schlagen
die Schnelligkeit der Hochätzung und ihre Billigkeit, wenn sie
inzwischen nicht durch neue Erfindungen verdrängt wird, durch. Eine in
geeigneter Weise vom Zeichner behandelte Skizze, die z. B. zeitig am
Nachmittage der Offizin einer illustrierten Zeitung übergeben wird, kann
noch abends umgezeichnet und in eine druckbare Platte verwandelt gegen
Mitternacht in der Presse sein, um dann, mit einer Schnelligkeit von
10-12000 Exemplaren in der Stunde auf der Rotationsmaschine gedruckt,
in den Frühstunden in den Händen des Publikums zu sein. Zugegeben auch,
dass augenblicklich eine Stunde oder zwei noch zugelegt werden müssten,
so ist das Erwähnte im grossen und ganzen kein Phantasiebild und die
Möglichkeit vorhanden, innerhalb der kürzesten Zeit eine Illustration
für ein Tageblatt herzustellen. Allerdings müssen dann die Zeichnungen
auch der Reproduktionsweise angepasst sein, es muss sozusagen eine
Art Stenographie der zeichnenden Kunst entstehen. Eine besondere
Ausbildung wird notwendig dazu sein, Zeichner für ein Tageblatt zu
werden. Die Akademiker werden vielleicht die Nase rümpfen über einen
solchen »Spezial-Artisten«, wie der Gelehrte über »unsern eignen
Korrespondenten«. Die Kunst wird für diese Richtung ein Kunstgewerbe
werden. Aber es entstehen wichtige, lohnende und ehrenvolle Stellungen
für talentvolle Jünglinge, von denen viele als Akademiker verkümmern
würden. Das wirkliche Genie wird jedoch durch dieses künstlerische
Reportertum ebensowenig zugrunde gehen, wie z. B. Charles Dickens durch
seine Reporterwirksamkeit verhindert wurde, ein Dichter ersten Ranges zu
werden.

Die Reproduktionsweisen sind da, es darf den Künstlern nicht nachgesagt
werden, dass die Räder der Presse ihnen zu schnell gehen, dass die
Chemie und die Sonnenstrahlen sich zu zeitig zu ihrer Disposition
gestellt hätten.

[Illustration]



                              ERSTES BUCH.

                    DIE ANGLO-AMERIKANISCHE GRUPPE.

[Illustration]

                     EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH.


[Sidenote: Die englische Presse.]

Wenn die Presse in dem Zeitabschnitt von der dritten bis zur vierten
Jubelfeier der Buchdruckerkunst einen derartigen Aufschwung nahm,
dass man ihr einen Platz unter den Grossmächten einräumte, so hat man
dies ganz besonders ENGLAND zu verdanken. Nirgends hat man, nachdem
schon frühzeitig der schwere, jedoch erfolgreiche Befreiungskampf der
Presse gegen ihre Feinde geführt war, es in gleichem Masse verstanden,
die Unabhängigkeit derselben von aller Despotie von oben und unten
zu schützen, wie dort. Nirgends ist der Einfluss der Presse auf die
öffentliche Meinung ein grösserer und wohlthätigerer gewesen; nirgends
ist sie in gleicher Weise von dem Vertrauen des Publikums getragen
worden, und nirgends hat sie sich eines solchen Vertrauens durch ihre
Festigkeit und ihr Fernhalten von unreinen Tendenzen würdiger gezeigt,
als in England. Kein Volk war so, wie das englische, von dem Bewusstsein
durchdrungen, welch ein Palladium es in seiner freien Presse besass,
ein Bewusstsein, welchem der bekannte Staatsmann und Dichter Sheridan
in den stolzen Worten Ausdruck verlieh: »Gebt mir meinetwegen einen
Tyrannen zum König, ein widerhaariges Oberhaus und ein demoralisiertes
Unterhaus, lasst mir aber die Presse und ich will sie alle über den
Haufen werfen«.

[Sidenote: Verdienste der Engländer.]

Kein Wunder, dass die Engländer, als einmal dies Bewusstsein von
der Wichtigkeit der Presse bei ihnen Wurzel gefasst hatte, nun
auch vor allen anderen Völkern es sich angelegen sein liessen,
der Buchdruckerkunst ihre Teilnahme zu bekunden und sie derartig
auszubilden, dass sie die ihr zu teil gewordene grosse Aufgabe auch
vollständig zu erfüllen imstande war. Während in dem XVI. Jahrhundert
druckende und zeichnende Kunst in so glänzender Weise auf dem Kontinente
sich verbunden hatten, leisteten die Engländer auch nicht annähernd
das, was Deutschland, Italien, Frankreich oder selbst die Niederlande
schafften. Als jedoch mit dem XIX. Jahrhundert die Aufgaben der Presse
für das politische und praktische Leben immer grössere Dimensionen
annahmen, da waren es die Engländer, die mit dem ihnen innewohnenden
praktischen Sinn, verbunden mit ihrer Energie, allen anderen voran ihr
Augenmerk auf die technische Vervollkommnung der Kunst richteten, so
dass von nun an der Schwerpunkt der typographischen Geschichte mehr in
der Geschichte der mechanischen Erfindungen als in der der ausübenden
Buchdrucker liegt.

Und da werden wir sehen, wie fast alle Verbesserungen und weitgehenden
Reformen in der Technik der Druckkunst, der Schriftgiesserei, der
Xylographie, der Farbenfabrikation, der Stereotypie und des Pressenbaues
aus England stammen. Ja, selbst die rasche Einführung der deutschen,
alle anderen weit hinter sich lassenden Erfindung der Schnellpresse
haben wir, nach des Erfinders eigenen Worten, nur England zu verdanken,
nicht minder die Dienstbarmachung des Dampfes für die Zwecke der
Typographie.

[Sidenote: Nordamerika.]

NORDAMERIKA gebührt der Ruhm, neben dem Mutterlande sehr vieles zur
Vervollkommnung des typographischen Apparats beigetragen zu haben.
Hinsichtlich des Pressenbaues, der Stereotypie und der Schriftgiesserei
zahlte es seine typographische Schuld mit Zins vom Zins an das
Mutterland redlich zurück, und nicht selten hatten die Erfindungen,
welche in letzterem geschäftlich ausgebeutet wurden, ihre Heimat jenseit
des Ozeans, nicht selten wurden auch wieder englische Erfindungen dort
der Vollkommenheit nähergebracht.

Somit ist die typographische Geschichte Amerikas mit derjenigen Englands
so eng verknüpft, dass beide sich nicht von einander trennen lassen,
und wollen wir nicht Gefahr laufen, in der Erzählung vorzugreifen und
Anachronismen zu begehen, so müssen wir den neuesten Abschnitt der
Geschichte mit der anglo-amerikanischen Gruppe beginnen; lässt es sich
doch nicht einmal umgehen, die Anfänge der Erfindung Fr. Königs in dem
dieser Gruppe gewidmeten Kapitel zu behandeln.

[Sidenote: Die Typographie Englands.]

Betrachten wir die Erscheinungen der Typographie der
Anglo-amerikanischen Gruppe und zunächst die ENGLANDS genauer, so
finden wir, dass diese denselben Charakter der Solidität an sich
tragen, der überhaupt den englischen Fabrikaten eigen ist. Kein Land
hat in der Typographie der Mode geringere Konzessionen gemacht, als
England. Es behielt seine breiten, etwas plumpen, aber sehr leserlichen
Schriften bei und war selbst im Accidenzfache mit der Verwendung aller
der unzähligen Zierschriften, die man gemeiniglich in Deutschland für
nötig hielt, äusserst sparsam. Kann man auch nicht behaupten, dass
sich in allen englischen Arbeiten ein geläuterter Geschmack kundgiebt,
so bringen doch, selbst wo dieser fehlen sollte, in der Regel die
Vorzüglichkeit des Materials, die Einfachheit, die Sauberkeit und die
Korrektheit einen so befriedigenden Gesamteindruck hervor, dass man
nicht zum Reflektieren über einen etwaigen Verstoss gegen den feinen
Geschmack kommt.

Dass England in INDIEN, OST-ASIEN und AUSTRALIEN seinen typographischen
Einfluss geltend gemacht hat, versteht sich von selbst, ebenso, dass wir
nicht berechtigt sind, aus diesen Erdteilen jetzt schon Erzeugnisse,
die einen ganz besonderen typographischen Wert besitzen, zu verlangen,
überall zeigt sich jedoch ein sehr rüstiges Vorwärtsschreiten, an
welchem selbst der äusserste Vorposten der Kultur, JAPAN, sich eifrigst
beteiligt.

[Sidenote: Die Typographie Amerikas.]

Die Typographie NORDAMERIKAS kann keineswegs als blosser Abklatsch
von derjenigen Englands betrachtet werden; sie hat sich vielmehr ihre
eigenen Wege gebahnt.

In der Mannigfaltigkeit der Schriften wetteifert Amerika mit
Deutschland, und es findet auch ein reger Verkehr der deutschen und
amerikanischen Schriftgiessereien statt, der sich hauptsächlich auf
Tausch von Matrizen gründet. Überhaupt geht ein gewisser germanischer
Duktus durch die amerikanische Typographie; man liebt nicht die
presbyterianische Einfachheit des englischen Werkdruckes, und ein in
Deutschland mit Antiquaschrift gedrucktes Buch ähnelt viel mehr einem
amerikanischen, als einem englischen oder französischen Presserzeugnis.

[Sidenote: Xylographie.]

Fassen wir auch die englische Xylographie, welche in dieser Periode
einen enormen Aufschwung nahm, ins Auge[3].

  [3] J. JACKSONS und W. A. CHATTOS: _A treatise on wood engraving_
      enthält in der zweiten Ausgabe von 1839 ein Zusatz-Kapitel:
      _Artists and engravers on wood of the present day_ von HENRY
      G. BOHN. Dasselbe giebt eine grosse Auswahl von Proben der
      Kunst neuerer englischer Zeichner und Holzschneider, jedoch
      ohne Charakteristik derselben und ohne kritische Würdigung der
      Leistungen.

Wie das gedruckte Wort den Gedanken eines Autors nicht in allgemeinen
Grundzügen, sondern Wort für Wort, Buchstabe für Buchstabe, wie
er niedergeschrieben wurde, wiedergeben soll, so ist es auch die
eigentliche Aufgabe des Holzschneiders, jeden Strich wiederzugeben,
wie der Zeichner ihn auf dem Holze gezeichnet hat. Eine andere Aufgabe
hat der Kupferstecher. Ihm liegt ein in Farben ausgeführtes Bild oder
eine Zeichnung vor, die in einer ganz anderen Manier behandelt ist,
als die, in welcher er seinen Stich zu geben hat. Der Stecher hat
seine ganz selbständige Technik. Ist er auch nicht mit dem Autor eines
Dichterwerkes zu vergleichen, so doch mit einem poetisch begabten
Übersetzer, dem es nicht gelingen würde, das Gedicht im Geist des
Originals wiederzugeben, wenn er nicht selbst von dem Geiste beider
Sprachen, der des Originals sowohl als der der Übersetzung, durchdrungen
ist. Wenn deshalb der Stecher mit wenigen Ausnahmen auch dem Urheber des
Bildes nachsteht, so steht er, wenn er ein Meister seiner Kunst ist,
doch auf einer höheren Kunststufe als der Holzschneider, dessen erste
Eigenschaft grösste Gewissenhaftigkeit ist.

[Sidenote: Eigentümlichkeiten der engl. Schule.]

So sollte es immer sein; in der Praxis stellt sich jedoch die Sache
nicht selten anders. Denn wie es Autoren giebt, deren Gedanken wohl
korrekt und verständlich sind, die aber dennoch keinen schönen Stil
besitzen, so geht es oft mit dem Zeichner, der für den Holzschnitt
arbeitet. Manchmal würde der Holzschneider dem Zeichner keinen Gefallen
erweisen, wenn er genau so schneiden würde, wie letzterer zeichnete. Oft
begnügt sich der Zeichner sogar mit einer estompierten Skizze, wo dann
dem Holzschneider die gleiche Aufgabe obliegt, wie sie dem Kupferstecher
zufällt, wenn dieser die Zeichnung in die Stichmanier zu übertragen
hat. Und hiermit kommen wir auf die nationalen Eigentümlichkeiten
der englischen Holzschnitte. In diesen ist der Tonschnitt ganz
vorherrschend; für den englischen Holzschneider existieren kaum
Konturen, viel weniger innere Linien. Nachdem er sich den Ton roh
vorgeschnitten hat, verfährt er ganz selbständig. Ton wird auf Ton
gelegt, ohne Scheidung durch Konturen. Er gewinnt in dem Technischen
eine grosse Fertigkeit und kann unter Umständen, wenn er seine Sache
versteht, aus einer schlechten Zeichnung einen anziehenden Schnitt
zuwege bringen; er kann aber auch auf das gründlichste eine schöne
Zeichnung verderben, die vom Künstler darauf berechnet war, in jedem
Strich ihre Geltung zu behalten. Zeichnungen nun nach einer Richtung,
wie die Jos. Führichs, oder, nach einer entgegengesetzten, wie die Ad.
Menzels würden, auf englische Manier behandelt, vollständig charakterlos
werden.

Im Landschaftlichen, wo alles auf die Farbe und den Ton ankommt, wird
der Engländer Meister sein; in Figuren, überhaupt überall, wo das
Hauptgewicht auf die charakteristische Linie und den individuellen
Ausdruck des Künstlers fällt, wird er in der Regel zurückbleiben. Das
alles ist bei der Beurteilung der englischen xylographischen Werke ins
Auge zu fassen.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Quellen.]

Zusammenhängende Darstellungen der neueren Geschichte der
Buchdruckerkunst, die als Stützpunkte für die folgende Schilderung
sowohl der anglo-amerikanischen Gruppe als der beiden anderen Gruppen
dienen könnten, besitzen wir nicht. Selbst die Werke bekannter Autoren,
als Falkenstein, Didot, Dupont u. a., die sich als Geschichten der
Buchdruckerkunst im allgemeinen betiteln, begnügen sich, was die
bei ihrem Erscheinen »Neue« Geschichte betrifft, hauptsächlich mit
Aufzählen einer Reihe von Namen, auch ist eine lange Zeit seit ihrer
Veröffentlichung verflossen. Somit waren wir hauptsächlich auf ein
Zusammensuchen der, sich oft vollständig widersprechenden Nachrichten
aus technischen und anderen Zeitschriften; auf die nicht selten
sehr stark gefärbten und übertreibenden Ausstellungsberichte; auf
die technischen Lehrbücher einzelner Branchen oder Memoiren über
einzelne Erfindungen; auf Nekrologe, Denkschriften u. dgl. und
schliesslich auf die eigenen Wahrnehmungen angewiesen. Zwar ist die
Fachzeitschriften-Litteratur eine ausnehmend reiche, sie hat jedoch
mit der einzigen Ausnahme des »Journals für Buchdruckerkunst« erst
seit den siebenziger Jahren eine eigentliche Bedeutung[4]. Diejenigen,
welche für die Geschichtschreibung im allgemeinen die grösste Ausbeute
geben, finden erst am Schluss des Bandes Erwähnung, um sie nicht bei
jedem Abschnitt zu wiederholen. Dasselbe ist der Fall mit der grossen
Anzahl von offiziellen Berichten, zu welchen die Weltausstellungen in
London 1851 und 1862; in Paris 1855, 1867, 1878; in Wien 1873, und in
Philadelphia 1876 Veranlassung gaben.

  [4] L. MOHR in Strassburg, der sich um die typographische Litteratur
      und die Bereicherung der Bibliothek des deutschen
      Buchhändler-Vereins vielfach verdient gemacht hat, lieferte,
      unterstützt von W. BLADES in London, CHR. HUBER in Paris und JOHN
      FAEHR in Cincinnati, in den »Annalen der Typographie«, IX. Bd. Nr.
      432 und 433, ein Verzeichnis der Erscheinungen der periodischen
      Fachpresse älterer und neuerer Zeit. Ein Separat-Abdruck erschien
      1879 in Strassburg.

Die Quellen für spezielle Fälle sind, wie im ersten Teil, jedesmal an
der betreffenden Stelle angegeben.

[Illustration]


[Illustration]

                              I. KAPITEL.

                   SCHRIFTGIESSEREI UND SETZMASCHINEN

                    DER ANGLO-AMERIKANISCHEN GRUPPE.

  Die SCHRIFTGIESSEREI: W. Caslon II., J. Jackson, D. Bruce, Mac Kellar,
    Smiths & Jordan u. a. Die Holztypen. Der Blindendruck. Lord Stanhopes
    Stereotypie. Die GIESSMASCHINE: Nicholson, Elihu White, D. & G.
    Bruce, Johnson und Atkinson, Westcotts Giessmaschine. Die
    SETZMASCHINE, frühere Versuche: T. Alden, W. Mitchell, A. Fraser u.
    a. Hattersley, Kastenbein, Mackie. Der _Matrix compositor_ und
    ähnliche Apparate.

[Sidenote: W. Caslon II. [+] 17. Aug. 1778.]

William Caslon dem ältern, dem Begründer der Selbständigkeit der
englischen SCHRIFTGIESSEREI, folgte in rühmlicher Weise der schon 1742
als Teilnehmer in das väterliche Geschäft aufgenommene Sohn WILLIAM
CASLON II. Dieser hinterliess als Witwe ELISABETH CARTLICH und zwei
Söhne WILLIAM III. und HEINRICH I., welcher letztere 1788 starb, während
William 1793 aus dem Geschäft trat. Die Frau Heinrichs, ELISABETH ROW,
führte für ihren und ihres Sohnes HEINRICH II. Anteil das Geschäft bis
1795 in Verbindung mit ihrer Schwiegermutter fort, nach deren Tode
allein. Trotz ihrer schwachen Gesundheit entwickelte sie eine grosse
Umsicht. Als sie jedoch merkte, dass trotz aller Anstrengungen das
Renommé des Hauses etwas hinter dem jüngerer Firmen zurückblieb, liess
sie, unter Mitwirkung eines tüchtigen Künstlers, JOHN ISAACK DRURY,
sämtliche Schriften neu schneiden und nahm NATHANAEL CATHERWOOD zum
Associé, der auch allen von ihm gehegten Erwartungen entsprach. Später
associierte sich Heinrich Caslon zuerst mit JACOB JAMES CATHERWOOD, seit
1821 mit MARTIN WILLIAM LIVERMORE. Sie führten eine neue Schreibschrift
ein nach dem System des Franzosen Boileau.

[Sidenote: Jos. Jackson * 4. Septbr. 1733, [+] 14. Jan. 1792.]

Bei William Caslon II. hatte JOSEPH JACKSON gelernt. Das Verfahren
bei der Herstellung der Stempel wurde sehr geheimgehalten und Caslon
verschloss letztere mit grosser Vorsicht, wenn er nicht daran arbeitete.
Jackson bohrte nun, um die Arbeit Caslons zu beobachten, ein Loch durch
die Wand und sein Vorhaben gelang ihm auch auf diese Weise, von deren
nicht ehrenhafter Natur er wohl kaum das volle Verständnis hatte, denn
mit grossem Stolz zeigte er dem Meister seine Arbeit, erhielt jedoch
eine sehr strenge Zurechtweisung. Seine Mutter kaufte ihm nun das nötige
Handwerkzeug und er benutzte jeden freien Augenblick, um zuhause zu
arbeiten. Nach vollendeter Lehrzeit blieb er bei Caslon, bis er, weil
Teilnehmer an einer Lohnbewegung, zugleich mit seinem Freunde THOMAS
COTTERELL den Abschied erhielt. Jackson ging zur See und arbeitete
dann bei Cotterell, der ein tüchtiger Schriftgiesser geworden war, und
versuchte später selbst sein Glück. 1790 wurde seine Giesserei durch
Feuer zerstört, ein Schlag, von dem er sich körperlich und geistig
nicht erholen konnte. Unter seinen vielen vortrefflichen Schriften sind
besonders hervorzuheben die Facsimile-Type der Schrift des _Doomsday
Book_, seine alexandrinisch-griechische Schrift, sowie die Schrift zu
der von Th. Bensley ausgeführten berühmten Bibel von Maclin, die jedoch
in einer späteren Ausgabe durch Schriften von V. Figgins ersetzt wurde.

[Sidenote: W. Caslon III.]

Bei Jacksons Tode kaufte der aus dem väterlichen Geschäft ausgetretene
WILLIAM CASLON III. dessen Schriften. Die Giesserei wurde sehr erweitert
und namentlich mit schönen Ornamenten vervollständigt. Das Probebuch
von 1785 war das schönste aller bis jetzt erschienenen. Caslon übergab,
nachdem er noch glücklich von einer längere Zeit andauernden Blindheit
geheilt war, das Geschäft an seinen Sohn WILLIAM IV., der es 1819 an
BLAKE, GARNETT & CO. (jetzt Blake, Stephenson & Co.) verkaufte.

[Sidenote: V. Figgins.]

Von Bedeutung war der eben erwähnte VINCENT FIGGINS. Er hatte bei
Jackson gelernt und blieb bei ihm bis zu dessen Tode. So gern er es
gewollt, konnte er doch nicht mit Caslon beim Ankauf des Geschäftes
konkurrieren. Von Joh. Nichols kräftig unterstützt ward es ihm jedoch
möglich, sich selbständig zu machen. Er schnitt manche schöne, zumteil
seltene Schriften. Das Geschäft besteht noch unter der Firma V. & J.
FIGGINS und arbeitet mit 70 durch Dampf getriebenen Giessmaschinen. Dass
die Offizin imstande war, einer am Sonnabend vollständig abgebrannten
Zeitungsdruckerei am folgenden Dienstag das Weiterarbeiten mit 40
Setzern möglich zu machen, mag als Probe der Leistungsfähigkeit einer
modernen Schriftgiesserei dienen. Auch WILLIAM MARTIN, der von Bulmer
gestützt wurde, lieferte Vorzügliches.

[Sidenote: A. Wilson * 1714.]

Als Schöpfer der schottischen Schriftgiesserei wurde bereits ALEXANDER
WILSON erwähnt (I, S. 266). Er war in St. Andrews geboren, hatte viel
Sinn für Mechanik und Astronomie, kam jedoch 1737 nach London in eine
Droguenhandlung. Durch Zufall sah er eine Schriftgiesserei und fasste
sofort den Gedanken, die Herstellung der Schriften in einfacherer Weise
als bisher herbeizuführen. Zu diesem Zwecke verband er sich mit seinem
Freunde BAINE. Der Aufenthalt in London wurde ihnen jedoch zu teuer
und sie zogen nach St. Andrews. Mit der Erfindung kam es nicht recht
vorwärts, deshalb schritten die Besitzer, ohne dass sie die eigentlichen
Kenntnisse dazu besassen, 1742 zur Einrichtung einer Schriftgiesserei
in üblicher Weise. Die schottischen Buchdrucker, die hauptsächlich in
Edinburgh etabliert waren, sahen gern die neue Giesserei entstehen, und
unterstützten sie, da die Verbindung mit London noch schwierig war. Als
Wilson & Baine, um mit dem grossen Verkehr, namentlich mit Amerika und
Irland, leichtere Fühlung zu behalten, nach dem Dorfe CAMLACHIE bei
Glasgow gezogen waren, beschlossen sie 1747, dass einer von ihnen nach
Irland gehen sollte; wer? das sollte durchs Los entschieden werden.
Dieses traf Baine. Zwei Jahre später wurde die Verbindung ganz gelöst.

Wilson stand in engem Verkehr mit der Universität Glasgow und
schnitt für diese in uneigennütziger Weise griechische Schriften,
für welche er grosses Lob erntete. 1760 wurde er von der Universität
mit dem Professorat in der praktischen Astronomie beehrt und die
Schriftgiesserei nun von seinen beiden ältesten Söhnen fortgesetzt.
Auf Grund der billigeren Löhne und Materialien konnten sie sogar in
London mit den dortigen Giessereien konkurrieren. Ein anderer tüchtiger
schottischer Giesser war MILLAR in Edinburgh.

[Sidenote: Ph. Rusher.]

Ungefähr gleichzeitig mit Lord Stanhopes Auftreten erhielt (1802)
PHILIPP RUSHER in Banbury, Oxfordshire, ein Patent für verschiedene
Veränderungen und Verbesserungen in der Form der Typen, welche die
Kosten und die Arbeit beim Setzen verringern und die Schönheit und
Gleichmässigkeit des Satzes vermehren sollten. Rusher druckte mit diesen
Typen den _Rasselas_, lieferte jedoch damit alles eher, als den Beweis
für die obengenannten Eigenschaften der neuen Schrift.

[Sidenote: Millar, Besley u. a.]

Von englischen Schriftgiessern sind ferner zu erwähnen: ROB. BESLEY &
CO. (später REED & FOX), MÜLLER & RICHARD u. a.[5]. Durch orientalische
Schriften sind bekannt: EDM. FRY, W. M. WATTS, GILBERT & RIVINGTON und
die Giesserei der _Clarendon-Press_ in Oxford. Grossen Beifall gewannen
die von THOROWGOOD in London eingeführten Schreibschriften. Sie konnten
wegen der Leichtigkeit des Setzens, da jeder der 190 Charaktere wie
in der Cursivschrift selbständig ist, sich neben den kunstvolleren,
aber schwer zu behandelnden Schreibschriften Didots behaupten. Als die
Renaissanceschriften in Frankreich aufkamen, den Spruch bewahrheitend:
_Il n'y a de nouveau en ce monde, que ce qui est vieux_, veranstaltete
der Buchdrucker Whittingham bei Caslon einen Neuschnitt der 1716
hergestellten Elzevier-Antiqua, jedoch mit etwas breiteren und runderen
Buchstaben. Diese _Mediæval_ gefiel ganz ausserordentlich und hiermit
war der Weg für die Renaissance eröffnet, die selbstverständlich
in England starke Verbreitung fand; jedoch hielt man sich von
Übertreibungen, so wie auch von Ausschreitungen in den Titel- und
Zierschriften ziemlich frei[6].

  [5] J. M. POWELL gab 1875: _Select specimens of the best faces of the
      british Founders_.

  [6] Wie würde es wohl Th. C. Hansard bei dem Anblick der heutigen
      Extravaganzen fast aller Länder zumute geworden sein, wenn er
      sich schon bei den damaligen zaghaften Überschreitungen zu dem
      folgenden Ausbruch veranlasst fühlte: »O, ihr geheiligten Schatten
      von Moxon und van Dyck, von Baskerville und Bodoni, was würdet
      ihr wohl zu den typographischen Monstruositäten heutiger Mode
      gesagt haben? Und die, welche uns nach ebensovielen Jahren folgen
      werden, als jene uns vorangegangen sind, in welches Zeitalter
      werden sie die Erzeugnisse, die uns hier vorliegen, versetzen?
      Solchen Ungeheuerlichkeiten gegenüber wird die Nachwelt sich
      manche sonderbare Vorstellung machen. Es ist keineswegs unmöglich,
      dass die jetzt in der _City_ von London gedruckten Erzeugnisse in
      späterer Zeit dem Meistbietenden als echt ägyptische Seltenheiten
      antediluvianischen Ursprungs zugeschlagen und den ausgesuchtesten
      Teil der Schätze von Sammlungen der Kenner bilden werden«.

[Sidenote: Schriftgiesserei in Amerika.]

In AMERIKA lagen die Verhältnisse anders als in England. Man hatte
mit keiner Tradition, mit keinem bereits ausgeprägten Geschmack oder
früherer Gewohnheit zu rechnen, man nahm das Gute, wo es sich darbot,
und erfand nach Herzenslust, wo etwas fehlte. In Ermangelung einer
nationalen Litteratur hatte die Werkdruckerei noch keine grosse
Bedeutung, man war auf billige Nachdrucke englischer Werke angewiesen.
Die Anstrengungen der amerikanischen Giessereien richteten sich deshalb
vornehmlich auf die Befriedigung der Bedürfnisse der Zeitungs- und
Accidenzdruckereien. Um vielen Stoff in den Zeitungen zu häufen, und
viele Zeilen auf die Spalte zu bringen, war es notwendig, möglichst
kleine Schriftkegel zu wählen, dafür jedoch das Bild der Buchstaben so
gross, wie es der Kegel nur zuliess, zu schneiden, wozu es erforderlich
war, die herauf- und heruntersteigenden Buchstaben und die Versalien
möglichst kurz zu halten. In solchen Schriften wurde Vorzügliches
geschnitten und in vortrefflichem Metall gegossen.

In jüngster Zeit erreichte die Zahl der Accidenzschriften eine
beträchtliche Höhe. Ausgezeichnet sind namentlich die Schreibschriften.
In Titelschriften wurde vieles Gute unter vielem Unnützen
produziert[7]. Einfassungen in allen möglichen Geschmacks- oder
Ungeschmacks-Richtungen, sogar in japanischem oder chinesischem Stil,
vertragen sich brüderlich mit den Antik- und Renaissance-Ornamenten.

  [7] _Specimen Book_ von: G. BRUCES SON & CO.; FARMER, LITTLE & CO.;
      JAMES CONNERS SONS; MAC KELLAR, SMITHS & JORDAN.

Trotz der sehr bedeutenden Produktion ist die Zahl der massgebenden
Giessereien eine beschränkte (32). Die grossen Schriftgiessereien
liessen die kleineren mit Originalproduktionen nicht aufkommen,
gewährten ihnen dagegen einen so hohen Rabatt, dass die Kleineren
ihren Vorteil dabei fanden, die Schriften der Grossen in ihre Proben
aufzunehmen und als eigene Arbeit zu verkaufen. Dem typographischen
Publikum entgingen zwar hierdurch die aus einer lebhaften Konkurrenz
entstehenden Vorteile, es stand sich jedoch nicht schlecht dabei, indem
die grossen Giessereien, um ihren Platz auszufüllen, sehr bedeutende
Anstrengungen machten.

Um das Jahr 1800 existierte in den Vereinigten Staaten nur die eine
Giesserei von BINNEY & ROLANDSON in Philadelphia, die durch Franklins
Unterstützung gute Giessinstrumente aus Frankreich erhielt und diese
noch verbesserte.

[Sidenote: David Bruce * 12. Novb. 1770, [+] 15. März 1857.]

Eine der ältesten und bedeutendsten Giessereien ist die von DAVID
BRUCE, einem Schottländer, gegründete. Nachdem dieser in Edinburgh die
Buchdruckerei gelernt hatte, siedelte er 1793 nach Amerika über und
begann 1806 im Verein mit seinem jüngeren Bruder GEORGE BRUCE (geb.
1781) eine Buchdruckerei. Die Wichtigkeit der Stereotypie hatte er ganz
begriffen und ging deshalb 1812 nach London, um unter den Auspicien
des Lord Stanhope die Stereotypie aus dem Fundament zu erlernen.
Das Vorhaben gelang jedoch nicht ganz, so dass er noch den Weg der
eigenen Erfahrungen einschlagen musste. Er lieferte die erste in
Amerika stereotypierte Bibel und widmete sich nun ausschliesslich der
Schriftgiesserei und der Stereotypie. Im Jahre 1822 zog er sich aus dem
Geschäft zurück, welches sein Sohn DAVID II. sehr in die Höhe brachte.
Die grosse Schriftprobe des letzteren aus dem Jahre 1869, bis auf den
heutigen Tag durch achtzehn Supplemente vervollständigt, bietet eine
unermessliche Auswahl von Schriften jeder Art[8].

  [8] Als ein guter Einfall Bruces muss es betrachtet werden, dass er
      zur Vorführung seiner Schriften sich nicht sinnlos
      zusammengestellter Wörter bedient, sondern mit jeder
      neuen Schrift den Titel eines Werkes der typographischen
      Litteratur wiedergiebt. Um einen Buchdrucker sattelfest in der
      typographischen Bibliographie zu machen, giebt es kaum ein
      besseres mnemotechnisches Mittel. Wenn die Schriftgiesser statt
      des _Quousque tandem_ etc. Sätze wählten, die für den Buchdrucker
      ein Interesse darbieten, so würden die Proben gewiss manchmal
      aufmerksamer ins Auge gefasst werden und die Schriften sich
      mehr dem Gedächtnis einprägen. Schliesslich gab Bruce noch als
      Beilage zu seinen Proben eine Geschichte der Buchdruckerei, 164
      Seiten 4, mit zahlreichen Abbildungen, mit seinen verschiedenen
      Werkschriften gedruckt.

[Sidenote: James Conner * 22. Aug. 1798, [+] 10. Mai 1861.]

[Sidenote: Th. Mac Kellar.]

Als Schriftgiesser waren ebenfalls bedeutend JAMES CONNER, dessen Sohn
gleichen Namens zuerst galvanische Matern lieferte, und MAC KELLAR,
SMITHS & JORDAN. Der Teilhaber letzterer Firma, THOMAS MAC KELLAR, war
Verfasser eines sehr guten Handbuches der Typographie: _The American
Printer_ und Herausgeber des _Typographical Advertiser_, ein Blatt,
welches zwar zunächst den Interessen der Firma dient, jedoch manches
allgemein Beachtenswerte bringt. Ähnliche Blätter werden von fast
allen grossen amerikanischen Giessereien herausgegeben, sie verbreiten
zugleich mit den Proben der neuen Leistungen ihrer Geschäfte mancherlei
nützliche Kenntnisse[9].

  [9] Die Firma Schelter & Giesecke in Leipzig führte diese Sitte in
      Deutschland ein (vgl. IX. Kap.).

[Sidenote: George Guess.]

Eine merkwürdige Erscheinung des amerikanischen Schriftenwesens ist das
Cherokee-Alphabet des Indianers SEQUOYAH oder GEORGE GUESS. Durch Umgang
mit Weissen kam er erst auf eine Bilder-, dann auf eine Silbenschrift
mit 68 Schriftzeichen, für welche er sich zumteil der Formen der
lateinischen Buchstaben bediente, ohne jedoch von dem sprachlichen Wert
derselben eine Vorstellung zu haben. Er vollendete seine Arbeit, für
welche ihn die Cherokesen-Häuptlinge durch die Prägung einer Medaille
ehrten, im Jahre 1821.

[Sidenote: Die Holztypen.]

Der Plakatdruck mit seinen grossen Schriften führte auf die
geschäftsmässige Fabrikation der Holztypen. In Amerika begann diese
im grösseren Massstab um das Jahr 1830 durch WANDERBURGH WILLS & CO.
und durch EDW. ALLEN, der sich später mit der Firma W. H. PAGE & CO.
verband. Zur Verwendung kommt fast nur Ahorn, mitunter Mahagoni oder
Buchsbaum. Die Klötze werden erst in Querschnitte gesägt, mit Dampf
behandelt und zwei Jahre lang aufgespeichert. Die Oberfläche poliert,
man wiederholt mit Schellack und Sandpapier und teilt die Querschnitte
in die benötigten Grössen. Die Buchstabenbilder werden vermittelst
Maschinerie hergestellt[10].

  [10] _History and Manufacture of Wood Type. Typographical Messenger
       1869, Nr. 4._

[Sidenote: Blindendruck.]

Der in Frankreich zuerst geübte BLINDENDRUCK wurde in England wie auch
Amerika in durchgreifender Weise verbessert. JAMES GOLL in Edinburgh
wandte 1827 eckige Zeichen an; der Amerikaner Dr. HOWE in Boston gab den
gemeinen Buchstaben der Antiqua ebenfalls eckige Formen; ein ähnliches
Alphabet von FRY in London erhielt 1857 von der dortigen _Society of
arts_ einen Preis. Das in England am meisten verbreitete und unter
den willkürlichen eines der zweckmässigsten Alphabete ist das von T.
M. LUCAS in Bristol 1845 erfundene Chiffre-Alphabet, bestehend aus
einem Zirkel und einem Halbzirkel in zwei Grössen, einer grösseren und
einer kleineren Linie und einem Punkt. Hiermit liessen sich vierzig
zweckmässige Zeichen kombinieren. -- Der, selbst blinde, Vorsteher
der Blinden-Anstalt in Brighton, Moon, erfand ein Chiffre-Alphabet von
zehn Zeichen aus gebogenem Draht, die auf Zinkplatten gelötet wurden,
ein Verfahren, das bereits 1839 von FRÈRE geübt war. Nach Moons System
wurden heilige Schriften in achtzig Sprachen gedruckt. Ausser den
erwähnten bestehen jedoch noch viele Systeme.

Ausserordentlich zu bedauern bleibt es, dass man sich nicht über ein
einheitliches System der Blindenschrift hat einigen können; nirgends
wäre wohl eine Einheitlichkeit für den Lernenden sowohl als für den
Lehrer nützlicher, und wie wäre die Bildung von Blindenbibliotheken
hiermit befördert worden! Aus vielen Gründen dürfte eine Einigkeit, wenn
sie überhaupt möglich ist, nur auf Grundlage des Antiqua-Alphabetes
stattfinden können.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Stereotypie.]

Die praktische Durchführung des vielfach versuchten Verfahrens der
STEREOTYPIE hat man, wie so manche andere Verbesserungen im Druckwesen,
dem edlen CHARLES MAHON, Lord STANHOPE zu verdanken. Derselbe war
erst in Eton College, später unter des bekannten Le Sages Anleitung
sorgfältigst erzogen. Mit besonderer Vorliebe wendete er seine
Aufmerksamkeit der Typographie und der Schriftgiesserei zu, und fast zu
gleicher Zeit traten sein Stereotypverfahren und seine eiserne Presse in
Wirksamkeit.

W. Ged hatte seine Versuche nicht fortsetzen können (I, S. 266), Müller
und van der Mey (I, S. 251) waren ganz in Vergessenheit geraten.
Die Wichtigkeit der Stereotypie leuchtete aber mit der Zunahme
der schwierigen Arbeiten und der grossen Auflagen immer mehr ein.
Fast 50 Jahre nach Ged machte Dr. TILLOCH in Glasgow, ohne dessen
Erfindung zu kennen, eine ähnliche und übte diese in Verbindung mit
dem Universitätsbuchdrucker FOULIS. Sie brachten auch einige Bände
fertig, gaben jedoch später ihre Arbeiten auf. Lord Stanhope liess
sich von Tilloch und Foulis unterrichten und brachte es in Verbindung
mit einem bekannten Londoner Buchdrucker, WILSON, nach zweijähriger
Arbeit zur Vollkommenheit in dem Verfahren. 1804 konnte letzterer
unter Lord Stanhopes Zustimmung beantragen, die Bibeln und Gebetbücher
der Universität Cambridge mittels des neuen Verfahrens herstellen zu
lassen. Es fand allgemeine Anerkennung und schleunige Verbreitung,
denn Lord Stanhope litt durchaus nicht, dass diese, noch eine andere
seiner Erfindungen Gegenstand eines Patentschutzes wurde; im Gegenteil,
er liess jedesmal ein _Caveat_ in dem _Patent-Office_ einregistrieren,
damit kein Unbefugter sich der Erfindungen bemächtigen und für sich
patentieren lassen konnte.

[Sidenote: Stanhopes Stereotypie.]

Der Stanhopesche Prozess[11] ist folgender: Feiner, möglichst frischer
Gips wird mit Boluswasser zu einem flüssigen Brei angerührt und die
Schriftform oder die Holzschnittplatte, welche man stereotypieren will,
mit der Masse erst eingepinselt, dann übergossen. Nachdem der Gips
fest geworden, lässt er sich leicht von der Form abtrennen und man hat
nun eine genaue vertiefte Kopie (Matrize) des zu stereotypierenden
Gegenstandes. Diese wird mit grosser Vorsicht langsam in einem dazu
eingerichteten Ofen getrocknet, dann, mit der Bildseite nach unten,
in eine Pfanne gelegt, die in einen Kessel mit flüssigem Schriftzeug
gesenkt wird. Letzterer dringt durch Öffnungen der Pfanne und füllt
selbst die kleinsten Vertiefungen der Matrize aus. Nachdem die Pfanne
aus dem Kessel herausgenommen und die Masse erkaltet ist, lässt sich
die Mater von der Platte ablösen, erstere geht jedoch dabei verloren,
dafür hat man das getreue Abbild des stereotypierten Gegenstandes in
Schriftmasse[12].

  [11] THOMAS HODGSON, _An essay on stereotype printing_. Newcastle 1820.
       -- J. F. WILSON, _Stereotyping and electrotyping_. London. -- H.
       MEYER, Handbuch der Stereotypie. Braunschweig 1838.

  [12] Über die früheren Versuche und die neueren Methoden der Franzosen
       vgl. Kap. V.

[Sidenote: Das Schriftmetall.]

Doch nicht alle Druckarbeiten, bei welchen das Verfahren zweckmässig
gewesen wäre, konnten stereotypiert werden, namentlich war dasselbe
bei Zeitungen zu langsam, man musste deshalb die Aufmerksamkeit auf
Verbesserung des Schriftzeuges richten. Während der drei ersten
Jahrhunderte der Kunst war eine grosse Auflage eine Seltenheit gewesen
und die Schriften hielten sich oft mehrere Generationen hindurch
brauchbar, ausserdem nahm man es damals nicht so genau wie heute mit
der Schärfe des Druckes. Als nun die vielen Abzüge die Abnutzung, also
auch den Bedarf vermehrten, musste ein härteres Schriftmetall beschafft
werden. Der Prozess des Schmelzens und die Mischung der Metalle geschah
nicht mehr nach Gutdünken, sondern nach wissenschaftlichen Regeln,
auch nicht in der Giesspfanne, sondern in grösseren Quantitäten in
zweckmässigen Schmelzöfen. J. R. JOHNSON lieferte den Zeug so hart,
dass man seine Typen als Stempel in gewöhnlichen Schriftzeug eintreiben
konnte. Auch wurden Matern durch Prägung mittels hydraulischer Pressen
in Stahl, anstatt durch Einschlagen in Kupfer, produziert, und
Versuche gemacht, Typen aus Kupferstangen zu pressen oder die Schrift
zu vernickeln und zu verkupfern. Zu diesem Zweck wurde die _Newton
Coppertype Company_ in New-York etabliert, welche die Schriften für
etwa 18-20 Prozent des Schriftwertes verkupferte. Ausschluss wurde von
Messing, Zink und Vulcanit herzustellen versucht.

Allein die Verbesserung des Stoffes genügte noch nicht, man musste auch
auf Schnelligkeit und Billigkeit in der Produktion sehen, und hier
konnte nur die Maschine Hülfe schaffen.

[Sidenote: Die Schriftgiessmaschine.]

Über den ersten Ursprung der SCHRIFTGIESSMASCHINE verlautet nur, dass
dem WILL. NICHOLSON in London im Jahre 1790 ein Patent auf eine solche
für »konisch« gebildete Typen erteilt wurde. Eine konische Form mit
einer grösseren Bild- und einer kleineren Grundfläche hielt Nicholson
für nötig, weil er die Schriften um den Cylinder einer Schnellpresse
anbringen wollte, welch letztere er sich ebenfalls patentieren liess.
Er hatte das, später von Didot in Paris versuchte, polyamatype
Giessverfahren vor Augen, nach welchem viele Buchstaben auf einmal
gegossen werden sollten. Es blieb, wie mit den übrigen Erfindungen
Nicholsons, bei dem Patentnehmen.

Die praktische Durchführung der Giessmaschine gehört Amerika an. Die
ersten Patente dort wurden 1805 und 1807 dem ELIHU WHITE und dem
WILLIAM WING in Hartford erteilt. Auch hier hatte man zuerst das
polyamatype Verfahren im Auge, ja man wollte sogar ganze Alphabete auf
einmal giessen. WHITE experimentierte zehn Jahre lang, ohne zu einem
nennenswerten Resultate zu kommen. Die Schriftgiesser BINNEY & ROLANDSON
hatten ebenfalls viele Versuche gemacht und schienen dem Ziele näher
als White gerückt zu sein, hielten jedoch ihre Resultate sehr geheim.
White schmuggelte in wenig ehrenhafter Weise einen seiner Arbeiter bei
Binney ein, damit er hinter die Geheimnisse komme, reussierte jedoch
dessenungeachtet und trotz seiner Verbindung mit dem Mechaniker Will. M.
Johnson nicht.

Einen wirklichen Erfolg hatte erst DAVID BRUCE 1838. Es entspann sich
jedoch ein bitterer Streit darüber, ob BRUCE, wie er selbst auf das
bestimmteste behauptete, oder einer seiner Arbeiter, der dänische
Schlossergeselle Lauritz Brandt (s. Kap. IX), der eigentliche Erfinder
sei. Bruces Maschine wurde von WILL. M. JOHNSON verbessert.

[Sidenote: Schleifmaschinen.]

Seit 1840 sind SCHLEIFMASCHINEN im Gang, haben jedoch nicht in demselben
Umfange, wie die Giessmaschinen, Eingang gefunden. Selbst in Amerika, wo
man doch sicherlich etwas von Arbeitsteilung und rationeller Ausnutzung
der Maschinen versteht, wird Schleifen mittels Handarbeit jetzt noch
vielfach geübt. Die Arbeiter haben sich eine solche manuelle Fertigkeit
erworben, dass sie fast als Maschinen betrachtet werden können. In
London wurden die Schleifapparate namentlich von FIGGINS gebaut.

[Sidenote: Johnson und Atkinson.]

Eine der interessantesten Maschinen ist die kombinierte automatische
Giess-, Schleif- und Fertigmach-Maschine von JOHNSON & ATKINSON,
die ohne menschliche Beihülfe die Buchstaben gegossen, geschliffen,
bestossen, gehobelt und in Reihen aufgestellt liefert[13]. Eine
allgemeine Verbreitung hat diese Maschine, die in Deutschland durch
Flinsch, Genzsch & Heyse und Meyer & Schleicher eingeführt wurde,
jedoch nicht gefunden; es gehören verschiedene Vorbedingungen dazu,
wenn ihre Arbeit genügend nutzbringend sein soll. Das Patent von 1862
ging auf die _Patent Type Foundry_ über, die eine Reihe von Jahren von
P. M. SHANK geleitet wurde und dann in dessen Besitz überging. Sein
Mitarbeiter J. M. HEPBURN änderte die Maschine vollständig um, so dass
sie bei vereinfachter Konstruktion nur die Hälfte des Raumes der älteren
einnimmt und die Typen direkt in die Setzkästen oder in die für die
Setzmaschine bestimmten Röhren legt. In letzterer Weise erhalten die
_Times_ alltäglich die neue Schrift für die Nummer des kommenden Tages
und der Satz der vorigen wandert in die Giessmaschine; denn abgelegt
wird nicht.

  [13] Journ. f. B. 1872, Nr. 42. -- Print. Reg. 1881, Okt. -- Ann. d.
       Typ. B. IV, Nr. 183.

[Sidenote: Westcott.]

Noch weiter ging die amerikanische kombinierte Schriftgiess-, Schleif-,
Bestoss- und Setzmaschine von WESTCOTT. Ein Setzer spielt, wie bei
der Setzmaschine, von der unten die Rede sein wird, sein Manuskript
auf einer Klaviatur ab; durch Berührung einer Tangente rückt die
gewünschte Mater vor die Öffnung des Schriftgiessinstrumentes und die
Buchstaben werden gegossen, geschliffen, bestossen und gesetzt, nicht
aber abgelegt, denn die Schrift wird nach Ausführung des Druckes in die
Giesspfanne geworfen. Diese Maschine arbeitete auf der Ausstellung in
Philadelphia vollkommen korrekt, aber sehr langsam und vermochte nur
2000 Buchstaben in der Stunde zu giessen und zu setzen[14].

  [14] Oest. B.-Ztg 1876, Nr. 33.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Setzmaschine.]

Es konnte nicht anders sein, als dass die grosse Errungenschaft der
Druckmaschine die Gedanken der Techniker darauf leiten musste, ob es
nicht möglich sei, die verhältnismässig langsam vorwärtsschreitende
Arbeit des Setzens durch Mechanismus überflüssig zu machen oder
wenigstens zu erleichtern. Einmal ausgesprochen, wird auch ein solcher
Gedanke selten _ad acta_ gelegt, und so ist es, trotz der unüberwindlich
scheinenden Schwierigkeiten, gelungen, die SETZMASCHINE[15], wennauch
nicht in der ausgedehnten Weise wie die Schnellpresse, in das praktische
Leben einzuführen. Wie gross der damit zu erzielende Vorteil sein
wird, lässt sich noch nicht genau übersehen. Fraglich erscheint es
namentlich, ob die Schnelligkeit in der Herstellung der Zeitungen
wesentlich gefördert werden wird. Gerade bei dem Zeitungssatz handelt
es sich um die angestrengteste Ausnutzung der Zeit von dem Augenblicke
ab, wo das letzte Manuskript in die Hände der Druckerei gelangt, und
gerade da wirken viele, gleichzeitig arbeitende, tüchtige und möglichst
selbständige Kräfte sicherer und rascher, als die Setzmaschine. Dass
diese nichtsdestoweniger eine Zukunft haben wird, kann nicht in Abrede
gestellt werden, es liegt aber in der Natur der Sache, dass die
Thätigkeit des denkenden Setzers nicht ohne weiteres ersetzt werden
kann. Die Maschine kann ihm zwar einen Teil der leichteren Arbeit
abnehmen, ihn aber nicht entbehrlich machen. Soll die Setzmaschine für
das Setzen dieselbe Bedeutung erlangen, wie die Schnellpresse für das
Drucken, müssten wir alle typographischen Errungenschaften von vier
Jahrhunderten über Bord werfen, die Typen müssten auf gleich grosse
Körper (Gevierte oder Halbgevierte) gebracht werden und entweder die
Versal- oder die gemeinen Buchstaben wegfallen, dann müsste man das
Recht haben, eine Zeile ohne Rücksicht auf Silbenteilung zu brechen
und selbst das würde nicht ganz genügen, denn jede Auszeichnung wäre
in Wegfall zu bringen. So weit rückwärts wird sich wohl die Phantasie
selbst des grössten Bewunderers der Setzmaschine kaum versteigen. Nehmen
wir diese für jetzt für das, was sie ist, eine höchst beachtenswerte
Hülfsmaschine, nicht aber für einen, das ganze Geschäft umgestaltenden
Apparat, wie die Schnellpresse. Wenn bei der Setzmaschine zumeist
weibliche Kräfte in Anspruch genommen werden, so sind allerdings die
Billigkeit und die Fingerfertigkeit der Frauen mitbestimmend gewesen,
Schuld tragen jedoch auch die Setzer selbst daran durch die feindliche
Haltung, welche sie, wie seinerzeit die Drucker zu der Schnellpresse,
der neuen Erfindung gegenüber einnahmen.

  [15] TH. GOEBEL, Die Setzmaschinen geschichtlich und technisch. Wiecks
       Illustr. Gewerbe-Ztg. 1877.

[Sidenote: Ältere Versuche mit der Setzmaschine.]

Von wem der Gedanke zuerst ausgesprochen wurde, ist schwer zu
entscheiden. Friedrich König hat bereits im Jahre 1811 oder 1812
erfahren, dass ein junger Mann in Birmingham sich mit der Absicht trug,
eine Setzmaschine zu bauen. König & Bauer selbst hatten ihre Gedanken
auf eine solche gerichtet, liessen ihn jedoch fallen. Thatsache ist,
dass ihn Dr. CHURCH in Birmingham im Jahre 1822 dargelegt hat. Die
Zahl der Versuche ist Legion; in England allein wurden in den Jahren
1822-1860 57 Patente erteilt. Mit dem Jahre 1840 gewinnen die Versuche
zwar einen realeren Boden, doch gehören auch sie alle jetzt als
Überlebtes der Geschichte an oder sind der Vergessenheit anheimgefallen.
In dem erwähnten Jahre bildete sich in Pressburg eine Gesellschaft,
um eine von JOSEPH V. KLIEGEL erfundene Setz- und Ablegemaschine zu
erbauen, wozu der Franzose ETIENNE ROBERT GAUBERT eine Ablegemaschine
lieferte. In demselben Jahre erhielten der Engländer JOHN CLAY in
Cottingham und der Schwede FR. ROSENBORG Patente, im Jahre 1841 JAMES
HADDEN YOUNG, Spinnereibesitzer, und ADRIEN DELCAMBRE, Fabrikbesitzer,
beide in Lille. Zu ihrer 1844 ausgestellten Maschine, welche nur auf das
Setzen eingerichtet war, baute A. N. CHAIX eine Ablegemaschine; beide
fanden keinen Eingang. In Wien experimentierte, durch AUER unterstützt,
L. TSCHULIK. Er lehnte sich zunächst an Rosenborg an, während J. X.
WURM viele Verbesserungen an seiner Maschine anbrachte. Der eigentliche
Schöpfer der lebensfähigen Setzmaschine war der Däne CHR. SÖRENSEN im
Jahre 1851[16].

  [16] Vgl. Kap. XIII.

[Sidenote: Tim. Alden * 14. Juni 1819, [+] 4. Dez. 1858.]

Unter den älteren englischen und amerikanischen Setzmaschinen war die
von TIMOTHEUS ALDEN die bedeutendste. Von 1835-1846 arbeitete Alden als
Setzer und sprach bereits in seinem neunzehnten Jahre, 1838, die Absicht
aus, eine Setzmaschine zu bauen. Obwohl vielfach ausgelacht, ging er
mit aller Energie daran und konnte 1856 die letzte Hand an sein Werk
legen. Er hatte sich jedoch dabei geistig und körperlich aufgerieben.
Bei seinem Tode 1858 hinterliess er seinem Vetter HENRY W. ALDEN, der
ihm treu geholfen hatte, sein Werk. Die Aldensche Maschine war sehr
kompliziert und demnach kostspielig. Henry Alden vereinfachte sie und
übergab einer Gesellschaft die Erfindung zur Ausbeutung, sie fand jedoch
keine grosse Verbreitung und die Gesellschaft löste sich 1874 auf[17].

Eine Maschine von WILLIAM H. MITCHELL in New-York war schon 1861 in
Wirksamkeit bei dem Satz von Appletons _Encyclopaedia_. ALEXANDER
FRASER, Teilhaber der Firma NEILL & CO. in Edinburgh, wollte erst
nur eine Ablegemaschine für Hattersleys Setzmaschine konstruieren,
lieferte jedoch 1862 eine brauchbare Setz- und Ablegemaschine, für
fünf Schriftgrade benutzbar[17]. Ein anderer Apparat von HENRY A.
BURR[18], von welchem acht Stück in der Offizin der _New-York Tribune_
arbeiten, ähnelt Kastenbeins System[19]; der Ablegeapparat erfordert
Typen mit vielfachen Einschnitten. Von einer von Adie in London nach
dem Fraserschen System in der _Behring Manufacturing Company_ gebauten
Maschine arbeitet eine grössere Zahl in verschiedenen Offizinen. FELTS'
1861 gebaute Maschine versprach vieles, ob sie es gehalten, haben wir
nicht erfahren. Die von Clowes' Druckerei eingeführte und nach dem
Besitzer die »Clowes-Maschine« genannte Erfindung des Setzers JOHN
HOOKER[20], war 1874 in London ausgestellt, sie fand jedoch keine
weitere Verbreitung. Es wird bei derselben die elektro-magnetische
Kraft zur Anwendung gebracht. Anstatt Tasten finden sich kleine
Kupferplättchen vor, mit leitenden Drähten an deren Rückseiten,
die in Verbindung mit einem Elektromagnete stehen. Lässt nun der
Setzer den mit einem Holzgriff umgebenen, mit dem negativen Pol der
Batterie verbundenen Leitdraht eine Kupferplatte berühren, so wird
die galvanische Kette geschlossen und ein Hebel in Bewegung gesetzt,
der den begehrten Buchstaben vorschiebt. Das Ablegen muss durch
Handarbeit besorgt werden. Ein diesem ähnliches Prinzip lag dem 1876
in Philadelphia ausgestellten Apparat von G. P. DRUMMOND aus Canada
zugrunde.

  [17] Journ. f. B. 1866, Nr. 15, 17, 19, 24.

  [18] Print. Reg. 1880.

  [19] Journ. f. B. 1876, Nr. 38.

  [20] Print. Reg. 1877, Nov.

Die in der Caxton-Ausstellung 1877 zur Anschauung gebrachte Setzmaschine
des in London lebenden Deutschen M. L. MÜLLER[21] war für viele
Schriftarten bestimmt und mit 200 Tangenten in sechs Reihen über
einander versehen. J. ROB. WINDER[22] in Bolton behauptet als Vorzüge
für sein Fabrikat die gleichzeitige Beförderung mehrerer Buchstaben.
Die in gewissen Verbindungen sehr oft vorkommenden Buchstaben sind
demgemäss in mehreren, verschieden gelegenen Rinnen untergebracht. WICK,
der Besitzer der _Glasgow News_, suchte nach ähnlichen Prinzipien den
Vorteil in kombinierten Griffen, und seine Klaviatur hat sogar eine
Anzahl von Tangenten für Logotypen der üblichsten Silben-Verbindungen
der englischen Sprache[23].

  [21] Journ. f. B. 1875, Nr. 7.

  [22] Print. Reg. 1880, Dez.

  [23] Journ. f. B. 1880, Nr. 13. Print. Reg. 1880, März.

Eine der neuesten Setz- und Ablege-Maschinen ist die 1880 in Düsseldorf
ausgestellt gewesene von A. VON LANGEN und C. G. FISCHER, die, was
den Setz-Apparat betrifft, der Kastenbeinschen Maschine ähnelt, deren
Ablege-Apparat jedoch den des letztgenannten an Brauchbarkeit bedeutend
übertreffen soll.

Die Doppelmaschine Westcotts für Guss und Satz wurde bereits (S. 40)
erwähnt; als Halbmaschinen lassen sich die von Millar und Porter
bezeichnen. MILLARS 1870 ausgestellte Maschine verwendet nur die
gemeinen Buchstaben, die Ausschliessungen und einige der am häufigsten
vorkommenden Versalien; die anderen Schriftzeichen müssen aus einem
Kasten durch die Hand des Setzers hinzugefügt werden. Wenn nicht
vollkommen, ist der Apparat wenigstens sehr billig. T. J. PORTERS
Apparat[24] führt auf mechanischem Wege dem Setzer die Typen zu, welche
er sonst aus den Fächern des Setzkastens nehmen musste, das eigentliche
Setzen jedoch wird mit der Hand vollzogen.

  [24] Print. Reg. 1880, Juni.

Es wäre zwecklos, der obigen Reihe von Erfindern noch einige Dutzend
Namen anzuhängen. Das hier bereits Angeführte mag hinreichend dafür
sprechen, dass schwerwiegende Hindernisse, die oben schon angedeutet
wurden, einem vollkommenen Setzapparat im Wege liegen. Es bleibt nur
noch übrig, die drei Männer zu erwähnen, deren Erfindungen am meisten
in die Praxis gedrungen sind: Hattersley, Mackie und Kastenbein, welch
letzterer nach der augenblicklichen Sachlage die grösste Aussicht für
die Zukunft zu haben scheint.

ROBERT HATTERSLEY in Manchester erhielt 1857 ein Patent auf
Verbesserungen an den Setz- und Ablegemaschinen. Die seinigen wurden
zuerst 1859 in der Buchdruckerei von Bradbury & Evans in London
verwendet. Über eine Klaviatur, deren Tasten nach dem Masse des
Vorkommens der mit ihnen korrespondierenden Typen geordnet sind,
befindet sich ein etwa 1-1/2 Meter hoher Aufsatz von Eisen, an welchem
sich zwei eiserne horizontale Tafeln befinden, auf welchen die Typen
in Rinnen gereiht stehen. Wird eine Taste angeschlagen, so drückt
ein, je über dem letzten Buchstaben einer Rinne befindliches Stäbchen
diesen heraus, worauf letzteres in die frühere Lage durch ein sich
zusammenziehendes Gummischnürchen zurückgeschnellt wird. Das Nachrücken
der Buchstaben in der Rinne geschieht ebenfalls durch Zusammenziehen
einer Gummischnur, welche mit einem Metallstück, das von hinten auf die
Reihe drückt, verbunden ist, über diese sich hinzieht und vorn nach oben
festgemacht ist. So befindet sich stets ein Buchstabe am vordern Rande
der Rinne.

Die herausgestossenen Buchstaben gleiten durch Rinnen, die sich in einem
vertikalen herzförmigen Behälter befinden, dem einzigen Mundstück an der
unteren Spitze des Behälters zu und stellen sich einer neben dem andern
in den Winkelhaken auf. Ist eine Zeile voll, wird eine Setzlinie auf den
Satz gelegt und dieser in das unter dem Winkelhaken befindliche Schiff
heruntergeschoben. In letztem wird nunmehr der Satz Zeile für Zeile
ausgeschlossen.

Theoretisch ist die Leistungsfähigkeit 7-8000 Buchstaben pro Stunde,
in der Praxis 4-5000. Eine Zeitlang schien es, als würde die
Hattersley-Maschine einen Platz behaupten. Zwei Exemplare wurden 1874
in der Offizin der »Neuen Freien Presse« in Wien aufgestellt; seitdem
ist es jedoch still darüber geworden. Ein grosser Übelstand ist die
Abhängigkeit von den durch die Witterung und Abnutzung beeinflussten
Gummischnüren, mit denen keine bestimmte Rechnung sich machen lässt.
Die Leistungsfähigkeit der Ablegemaschine ist ungefähr die Hälfte der
Setzmaschine.

C. KASTENBEIN, wohnhaft in Brüssel, baute 1871 in Paris die erste
Maschine für die _Times_-Druckerei in London. 1872 arbeiteten dort 5
Setzmaschinen und 8 Ablegemaschinen. Die Typen liegen in Rinnen eines
hochaufsteigenden Behälters. Durch Niederdrücken einer Tangente wird
ein Hebel in Bewegung gesetzt, der dem Buchstaben an der Fussfläche
einen Stoss nach vorn giebt, wodurch er in horizontaler Lage aus
der Rinne herausgestossen, jedoch durch den Bau der Rinne während
des Heruntergleitens in vertikale Lage gebracht wird. Wie bei der
Hattersley-Maschine befinden sich die Gleitrinnen in einem herz-
oder birnenförmigen Behälter und endigen in einem gemeinschaftlichen
Mundstück. Ein Glasverschluss gestattet dem Setzenden, jede in den
Rinnen vorkommende Unregelmässigkeit zu bemerken. Die Rinnen für
die schwersten Typen mit der grössten Fallgeschwindigkeit sind so
angebracht, dass diese Typen den weitesten Weg zurücklegen, wodurch die
erforderliche gleiche Beförderungszeit der verschiedenen Typen erzielt
wird. Die in einem langen Winkelhaken sich aufreihenden Buchstaben
werden nun dem Setzschiff zugeführt, das seitwärts auf einem schrägen
Pult-Gestell ruht, an welchem der mit dem Umbrechen der Zeilen Betraute,
das Gesicht dem Setzenden zugewendet, sitzt, und den Satz in Empfang
nimmt, davon so viel für eine Zeile notwendig ist auf das Schiff schiebt
und ausschliesst. Durch Treten eines Pedals senkt sich darauf das Schiff
um so viel als notwendig ist, damit eine neue Zeile hinübergeschoben
werden kann. Die Leistungsfähigkeit ist in der Praxis 3-4000 Buchstaben;
in der Ausstellung zu Paris 1878 wurde sie jedoch probeweise bis zu
10200 gesteigert. Die Maschine ist, ausser in England, in Nordamerika,
Dänemark, Italien vielfach verwendet. Die Reichsdruckerei in Berlin
schaffte sie 1879 an.

Seinen ersten Ablegeapparat verwarf Kastenbein selbst als zu
kompliziert; bei dem zweiten werden die Buchstaben förmlich in einen
mit Löchern versehenen Kasten, wie sonst in die Fächer des Setzkastens
mit der Hand, abgelegt. Durch Treten, oder durch Drehen eines Rades,
wird ein Mechanismus in Bewegung gesetzt, welcher Stösser treibt, die
die Buchstaben in die für sie bestimmten Reihen der Rinnen treiben.
Man sieht, dass auch dieser Apparat nicht vollkommen und nur teilweise
automatisch ist. Zu zwei Setzmaschinen gehören etwa drei Ablegemaschinen.

Ein von allen anderen abweichender Weg wurde von Dr. ALEXANDER
MACKIE[25], einem praktischen Buchdrucker in Warrington, eingeschlagen.
Das Städtchen liegt halbwegs zwischen Manchester und Liverpool, ziemlich
im Zentrum eines Kreises kleinerer aufblühender Städte. MACKIE fasste
den Plan, für jede derselben eine eigene Zeitung zu gründen, die den
leitenden und politischen Teil mit den anderen gemeinschaftlich, dabei
jedoch einen lokalen selbständigen Teil besitzen sollte. So entstand
eine ganze Familie von _Guardians_, sieben an der Zahl, die mit dem
_Manchester Guardian_ 1853 anfing. Um nun den gemeinschaftlichen Teil
schnell für jedes der Lokalblätter herstellen zu können, kam Mackie
auf eine Kombination von drei verschiedenen Maschinen, von welchen
die eine, wenn man so sagen darf, die Manuskriptmaschine, die andere
die Setz-, die dritte die Ablegemaschine bildete. Durch die ersten
wird beim Anschlagen einer Taste ein Loch in einen Papierstreifen
gebohrt. Die Löcher sind so rangiert, dass, wenn ein perforierter
Streifen der Setzmaschine übergeben wird und ein Loch in diesem ein
Loch in einer Walze, über welche der Streifen geführt wird, gerade
deckt, ein Stift hineinfällt, der bis dahin einen Behälter, worin die
benötigten Buchstaben sich befinden, zugeschlossen hielt. Aus dem
nunmehr geöffneten Behälter fällt die Type auf eine schnell rotierende
Gleitschiene und wird dem Winkelhaken zugeführt. Selbstverständlich
beruht alles auf der richtigen Lage der, durch die mit den Tasten
verbundenen Stifte in den Streifen gebohrten Löcher. Es ähnelt diese
Manipulation dem Wirken der Stifte auf der Walze einer Spieldose,
welche zur rechten Zeit die, den richtigen Ton angebende Metallfeder
treffen müssen. Im Prinzip hat Mackies Maschine grosse Vorzüge. Sie ist,
was die eigentliche Setzmaschine betrifft, vollständig automatisch.
Das perforierte Manuskript kann gleichzeitig in mehreren Exemplaren
hergestellt werden und somit behufs des Setzens durch eine Maschine
nach verschiedenen Orten gesandt werden. Von einer grossen Verbreitung
des Apparates verlautet indes nichts, dagegen wird berichtet, dass
Mackie sich fortwährend mit Verbesserungen an demselben, namentlich am
perforierenden Teil, beschäftigt, so dass anzunehmen ist, dass ihn die
Leistungen noch nicht ganz befriedigen, obwohl er jetzt schon 350000
Buchstaben pro Woche garantiert.

  [25] Print. Reg. 1877, Okt. Ann. d. Typ. I, Nr. 24. III, Nr. 109.

Dr. Mackie ist ein so eigentümlicher und bedeutender Repräsentant
moderner Arbeitsweise, dass es wohl geboten ist, seine Wirksamkeit
etwas näher zu betrachten. Nachdem er Erfolge erzielt hatte, ging er
noch weiter und errichtete im Jahre 1877 in einer kleinen Stadt CREWE,
gelegen an einem Knotenpunkte der Londoner Nord-West-Bahn, mit 25000
Einwohnern, von denen ein bedeutender Teil in den umfangreichen dortigen
Werkstätten der Eisenbahngesellschaft beschäftigt ist, eine grossartige
Druckoffizin. In gothischem Stile erbaut, bildet sie eine mächtige
Halle von 150 Fuss Länge und 30 Fuss Breite, in welcher 14 Mackiesche
Setzmaschinen mit den nötigen Hülfsmaschinen, zwei Atkinsonsche
Giessmaschinen und die erforderlichen Schnellpressen arbeiten. Unter
den nahe an 150 Beschäftigten sind nur etwa 30 Männer. Indem Mackie die
Offizin nach Crewe legte, rechnete er darauf, dass er unter den vielen
Töchtern der dortigen Arbeiter sehr leicht tüchtige Hülfskräfte finden
würde. Er, oder vielmehr die Kommandit-Gesellschaft MACKIE, BREWTHAL
& CO., druckt dort verschiedene Zeitschriften und viele Werke für
Buchhändler in London[26].

  [26] Eines der frühesten umfangreicheren Bücher, deren Satz mittels
       der Setzmaschine fertiggestellt wurde, ist: _Italy and France.
       An Editors Holiday by Alex. Manckie._ London 1874. xvi und 415
       Seiten. Der Verfasser schildert darin die Eindrücke einer im
       Fluge unternommenen Ferienreise. Leider hält er sich nicht so
       lange bei der Schilderung der typographischen Etablissements Roms
       und Paris auf, als dem Leser gewiss lieb gewesen wäre.

Mit dieser Anstalt hat Mackie in jüngster Zeit auch ein
Ausbildungs-Institut für werdende Berichterstatter, Unterredakteure
und Zeitungsbesitzer vereinigt. Der Betreffende erhält Unterweisung:
1) im praktischen Setzen, um später richtig disponieren, Manuskript
berechnen und die für das Setzen nötige Zeit beurteilen zu können; 2)
im Korrekturenlesen, unter Berücksichtigung, wie bei der Korrektur die
Zeit des Arbeiters geschont werden kann; 3) im Berichterstatten und
der Art, das Manuskript für den Satz praktisch und korrekt abzufassen;
4) in der Buchführung für Journalunternehmungen. Es unterliegt wohl
keinem Zweifel, dass ein solches Institut, seitdem die journalistische
Thätigkeit ein wirklicher Lebensberuf so Vieler geworden ist, einen
grossen Wert hat und wohl Nachahmung verdient.

Zu diesem und seinen übrigen Instituten fügte er noch im Jahre 1880 eine
neue grossartige Offizin in Warrington. Das prächtige Gebäude von 200
Fuss Länge und 100 Fuss Breite im gothischen Stil hat wie das in Crewe
nur ein Stockwerk. Der grosse Arbeitssaal von 126 Fuss Länge und 96 Fuss
Breite wird durch zwei Reihen von eisernen Säulen in drei Längenschiffe
geteilt.

Das Prinzip der Setzmaschinen: durch eine Tastatur Buchstaben in
Bewegung zu setzen, führte zu den Versuchen mit dem sogenannten _Matrix
compositor_ (Matrizen-Setzer) des JOHN E. SWEET & DAUL (Paris 1867)
und deren vielen Nachfolger als: D. TIMIRIAZEFF (London 1872), JOS.
LIWTSCHACK in Wilna (1876), PETERSON in Wien, G. HAMBRUCH in Elbing u.
a. Sweets Gedanke war theoretisch ein sehr hübscher. Er wollte, indem er
die Stempel durch die Tastatur in eine weiche Masse drückte, Matrizen
auf dem Setzwege direkt herstellen. Dieselben Schwierigkeiten jedoch,
die hinderlich waren, um einen korrekt ausgeschlossenen Satz durch die
Setzmaschine zu liefern, stehen auch diesem Verfahren, und zwar in einem
noch höheren Grade, entgegen. Sweets verschiedene Ausstellungsproben
-- und über diese hinaus scheint er nicht gekommen zu sein -- waren
äusserst wenig empfehlend.

[Illustration]


[Illustration]

                              II. KAPITEL.

                     DIE DRUCK- UND HÜLFSMASCHINEN

                    DER ANGLO-AMERIKANISCHEN GRUPPE.

  DIE HANDPRESSE. Lord Stanhope und seine Nachfolger: Cogger, Clymer
    u. a. Die Auftragmaschine. Die Glätt- und Prägmaschine: Bramah. DIE
    SCHNELLPRESSE: Friedr. König in England, Bensley, John Walter, der
    29. November 1814, Kränkungen Königs, seine Abreise von London,
    Walters Eintreten für ihn. Die Nachfolger Königs: Napier, Applegath &
    Cowper, Hoe u. a. Die Endlosen: W. Bullock, die Walter-Maschine u. a.
    Die Mehrfarbe-Endlose. Die Tretmaschinen. Die Ausleger, die Anleger.
    DIE SATINIERMASCHINE. DIE FEUCHTAPPARATE. DIE BRONCIERMASCHINE. DIE
    FALZMASCHINE. DIVERSE HÜLFSMASCHINEN. WALZEN UND FARBE. DIE
    MATERIALIENHANDLUNGEN.

[Sidenote: Druckpresse.]

Seit dreihundertundfünfzig Jahren hatte man sich zur Herstellung selbst
der vorzüglichsten Druckwerke noch immer der alten hölzernen Presse
bedient. Nach den Verbesserungen an dieser in den ersten fünfzig Jahren
der Kunst waren im ganzen genommen keine, das eigentliche Wesen der
Presse weiter ändernden eingetreten, namentlich blieb der zweimalige
Zug, einer für jede Hälfte der Druckform. Erst gegen das Ende des XVIII.
Jahrhunderts gelangten ernsthafte Verbesserungsversuche zur Ausführung,
um den Druck grösserer Formate mit einmaligem Zuge zu bewerkstelligen.
Besonders hierfür thätig waren W. HAAS in Basel (Kap. XIV) und F. DIDOT
in Paris (Kap. V).

[Sidenote: Lord Stanhopes Presse.]

Den eigentlichen Umschwung kennzeichnet erst die eiserne Presse Lord
STANHOPES. Nach vielen kostspieligen Versuchen brachte er, mit Hülfe
des tüchtigen Mechanikers WALKER, diese zustande und das erste Exemplar
wurde in der Offizin Will. Bulmers aufgestellt und beim Druck der
grossen Prachtausgabe von Shakespeares Werken verwendet[27].

  [27] Die Sitte in England, manchmal eine Offizin als _Press_ zu
       bezeichnen, hat in Deutschland öfters zu Missverständnissen
       Anlass gegeben. So stand in einem deutschen Fachblatt,
       dass Lord Stanhopes eiserne Presse unter der Bezeichnung
       _Shakespeare-Press_ verbreitet sei, während diese Bezeichnung
       die Firma für Bulmers Offizin war, wo die Stanhope-Presse zuerst
       arbeitete.

Wände, Krone, Ober- und Unterbalken der hölzernen Presse wurden jetzt
durch ein Stück Gusseisen ersetzt. An Stelle der Schraube mit dem
Bengel trat ein zusammengesetzter Hebel, der es möglich machte, in dem
Augenblick des Druckes eine fast unbegrenzte Kraft zu entwickeln. Die
Arbeiter, die früher mit Aufgebot aller Gewalt den Bengel an sich ziehen
mussten, indem sie mit zurückgebogenem Körper den Fuss an den Antritt
stemmten, konnten gar nicht begreifen, dass ein gelindes Anziehen im
letzten Augenblick genügend sei, um einen kräftigen Abdruck zu erzielen.
Das Zurückgehen des Tiegels wurde durch ein Gegengewicht bewerkstelligt.
Nur der Fuss blieb anfänglich noch Holz, doch auch hiervon kam man bald
ab und baute auch diesen Teil aus Eisen[28].

  [28] Journ. f. B. 1834, Nr. 10; 1835, Nr. 24.

[Sidenote: Die Druckwalze.]

Die grossen Handpressen erforderten auch eine raschere Art der
Einfärbung. Den Gedanken, die Ballen durch Walzen zu ersetzen,
hatte schon früher der französische Holzschneider PAPILLON gehabt.
Lord STANHOPE liess viele Versuche machen, um einen zweckmässigeren
Überzug derselben fertig zu bringen, gelangte aber nicht zum Ziel.
Ein geschickter Drucker in Weybridge, FORSTER, kam, angeregt durch
die Verwendung der Leimmasse in einer Töpferei in Staffordshire, auf
den Gedanken, eine Masse von Leim und Syrup auf grobes Segeltuch zu
giessen und, nach der Erkaltung, die Ballen damit zu überziehen. Erst
später wurden hölzerne Walzengestelle mit Masse umgossen. Hiermit war
ein wesentlicher Gewinn an Arbeit und Zeit erreicht, der namentlich der
Schnellpresse zugutekommen sollte.

[Sidenote: Fortwährende Verbesserungen.]

Als einmal das Feld für den Pressenbau eröffnet war, entstanden eine
Menge von Pressen, von welchen jede besondere Vorzüge haben sollte.
Neben manchem Unwesentlichen kamen auch wirkliche Verbesserungen vor.
Doch wie die hölzerne Presse schon jetzt ein Gegenstand ist, den
mancher tüchtige Buchdrucker der Gegenwart nur von Hörensagen kennt,
so wird es einst mit der eisernen Handpresse gehen, die jetzt schon
fast der Vergangenheit angehört, so dass manche grosse Druckerei nur
noch zum Abziehen der Korrekturen eine invalide Presse, von einem
Drucker-Invaliden bedient, besitzt.

[Sidenote: J. Cogger.]

Die COGGERSCHE Presse entwickelte eine noch grössere Kraft, als die
Stanhopesche. Säulen von Schmiedeeisen bildeten die Presswände. Ein
querarmiger zusammengesetzter Hebel gab die Kraft, die dicht unter
dem Oberbalken in ausgedehnter Weise wirkte. Durch Federn wurde das
Zurückgehen des Tiegels bewerkstelligt[29].

  [29] Beschrieben und abgebildet Journ. f. B. 1834, S. 62.

[Sidenote: J. Clymer.]

Einen hohen Ruf durch die ganze Welt erwarb sich die »Columbia-Presse«
JOHN CLYMERS. Dieser stammte aus einer Schweizerfamilie, die nach
Amerika ausgewandert war. Im Alter von sechzehn Jahren erfand der junge
Clymer bereits einen neuen Pflug mit so besonderen Vorzügen, dass er die
Aufmerksamkeit der Männer der Wissenschaft auf sich zog. Der Zustand
der Druckerpresse erweckte seine Erfinderlust und bereits im Jahre
1797 begann er seine Verbesserungen an der Holzpresse, später an der
eisernen, bis er seine berühmte »Columbia-Presse« zustande brachte, die
er 1818 in England einführte, wo sie allgemeine Verbreitung fand. In
den dreissiger Jahren beherrschte sie fast alle Druckoffizinen, auch
die des Kontinents. In dieser Presse wurde durch eine Kombination von
Hebeln bei grosser Gleichmässigkeit des Druckes eine ausserordentliche
Kraft geübt, und der Abdruck erschien, bei wesentlicher Schonung der
Schrift, in grösster Schärfe. Das Zurückgehen des Tiegels geschah durch
ein, auf einem langen Hebel angebrachtes, schweres Gewicht, meist in der
Gestalt des auffliegenden amerikanischen Adlers. Die Presse hatte etwas
Imposantes und konnte für sehr grosses Format gebaut werden[30].

  [30] Über die von J. Clymer erfundene Patent-Columbiapresse.
       Braunschweig 1828. -- Journ. f. B. 1834, S. 95.

[Sidenote: W. Hagar.]

Eine weite Verbreitung fanden ebenso diejenigen Pressen, welche bei
geringer Kraftanwendung und bei elastischem Zug durch einen Kniehebel
einen starken Druck ausübten. Der Tiegel wurde durch Spiralfedern
getragen, das Einstellen für die verschiedenen Schrifthöhen geschah
sehr leicht. Diese Pressen wurden zuerst von dem Amerikaner HAGAR
gebaut[31]. Das Prinzip des Kniehebels war bereits, jedoch nicht
in glücklicher Weise, in der sehr komplizierten »Strebepresse« von
HAWKIN[32] angewendet und wurde später bei mehreren englischen Pressen
benutzt. Sehr verbreitet war die »Albionpresse« von HOPKINSON[33] und
die »Imperialpresse« von J. COPE[34].

  [31] Journ. f. B. 1836, Nr. 42.

  [32] Journ. f. B. 1835, Nr. 33.

  [33] Journ. f. B. 1838, Nr. 33.

  [34] Journ. f. B. 1835, Nr. 81.

[Sidenote: J. Ruthven.]

[Sidenote: D. Treadwell.]

[Sidenote: J. Saxton.]

Alle die Abarten der Handpresse, die keine grosse Rolle gespielt haben,
hier zu beschreiben, wäre eine unfruchtbare Arbeit; es seien nur noch
einige, die sich durch Originelles in der Konstruktion auszeichneten,
kurz erwähnt. Bei der von JOHN RUTHVEN in Edinburgh 1813 erbauten
»Schottischen Presse« blieb das Fundament, welches mit Deckel, Rähmchen
und Punkturen versehen ist, unbeweglich, während der Tiegel in Schienen
hin und her ging und das Fundament durch einen unter demselben
angebrachten Mechanismus kräftig angezogen wurde[35]. Sehr originell
war die Konstruktion der 1820 in England patentierten »Tretpresse«
des Amerikaners DANIEL TREADWELL. Das Fundament war, wie bei der
Ruthven-Presse, fest. Sie arbeitete leicht, nahm aber einen grossen Raum
ein und sah sehr hässlich aus, fand auch nicht Eingang[36]. Nicht besser
ging es der »Hydrostatischen Presse« JOS. SAXTONS, in welcher der Tiegel
an das Fundament gedrückt wurde durch die Kraft des Wassers, das sich in
einem hohlen, elastischen, in der Art der Ziehharmonika geformten und
mit dem Tiegel zusammenhängenden Behälter befand, während beim Abfluss
des Wassers aus demselben der Tiegel sich wieder hob.

  [35] Journ. f. B. 1835, Nr. 4.

  [36] J. f. B. 1834, Nr. 62.

[Sidenote: Die Auftragmaschine.]

Der Gedanke, die Farbe auf mechanischem Wege aufzutragen, lag ziemlich
nahe und ist auch verschiedentlich, jedoch nie in ganz befriedigender
Weise, bei der Handpresse zur Ausführung gebracht. Die ersten Versuche
geschahen 1820 durch THOMAS PARKIN. Sein Apparat nahm jedoch einen sehr
grossen Platz ein und die Drucker leisteten gegen denselben passiven
Widerstand, damit nicht der eine der bisher nötigen zwei Drucker ausser
Brot kam.

In Amerika erfand 1833 FAIRLAMB in Boston, der sich mit einem erfahrenen
Buchdrucker und Mechaniker Namens GILPIN vereinigte, einen solchen
Apparat, von welchem viele hunderte gebaut wurden. Das Farbewerk
stand mit der Kurbel in Verbindung und die Walzen gingen zweimal über
die Form weg. Nach der Verbreitung der Schnellpresse verlor jedoch
diese Erfindung fast ihren ganzen Wert, da Auflagen, wo Schnelligkeit
notwendig war, nicht mehr auf der Handpresse gedruckt wurden.

[Sidenote: Bramahs Glätte- und Prägpresse.]

Dem Bedürfnis nach einer guten Glätte half namentlich BRAMAHS
»Hydraulische Presse« ab, die im Vergleich mit der Schraubenpresse den
grossen Vorteil hat, dass die Reibung nicht mit der Zunahme des Druckes
wächst, der in dem letzten Augenblick eine enorme Steigerung erreichen
kann.

Weitere Verdienste erwarb sich Bramah durch seine Präg- und
Numeriermaschinen, von welchen eine der frühesten 1809 bei dem Druck
der Noten der englischen Bank Verwendung fand. Vor dieser Zeit mussten
die Nummern und das Datum mit der Hand eingeschrieben werden. Es
dauerte nicht lange, so verwendete die englische Bank 40 Bramahsche
Maschinen[37].

  [37] Journ. f. B. 1835, Nr. 55; 1836, Nr. 122.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Schnellpresse.]

So wichtig nun auch alle die erwähnten Verbesserungen und Erfindungen
waren, so verschwanden sie doch gegen die grosse, am 28. November 1814
der Welt als vollzogen angekündigte That, »dass die _Times_ auf einer
durch Dampf betriebenen, ohne Beihülfe von Menschenhänden arbeitenden
Schnellpresse gedruckt sei«.

[Sidenote: Fr. König.]

Mit besonderem Stolz blickt Deutschland auf dieses Ereignis, denn der
Name des deutschen Erfinders FRIEDRICH KÖNIG wird neben dem Gutenbergs
auf ewige Zeit mit Anerkennung und Dankbarkeit genannt werden. Ganz
ohne Bitterkeit bleibt die Freude hierüber allerdings nicht, denn die
Verhältnisse lagen damals für Deutschland so schlimm, dass es, wie König
selbst sagt, nicht möglich gewesen wäre, ohne die Beihülfe Englands die
Erfindung für das praktische Leben nutzbar zu machen. Für uns erwächst
hieraus die Notwendigkeit, die Anfänge der Geschichte der deutschen
Erfindung der Schnellpresse in Verbindung mit der typographischen
Geschichte Englands zu behandeln[38].

  [38] KÖNIG & BAUER, Die ersten Druckmaschinen erbaut in London bis
       zu dem Jahre 1818. Mit Abbildungen. Leipzig 1851. -- S. SMILES,
       _Frederick König, Inventor of the steam printing machine_.
       MacMillans Magazine, Dzbr. 1869. -- TH. GOEBEL, Fr. König und
       die Erfindung der Schnellpresse. Braunschweig 1875. -- Königs
       Jugendgeschichte und die spätere Geschichte des Etablissements
       König & Bauer in Kloster Oberzell ist in Kap. X behandelt.

[Sidenote: Th. Bensley.]

[Sidenote: Andr. Fr. Bauer.]

[Sidenote: John Walter.]

Nachdem Königs Hoffnungen in Deutschland, Österreich und Russland
vollständig gescheitert waren, kam er 1806 nach England und fand in
dem folgenden Jahre in dem tüchtigen Buchdrucker THOMAS BENSLEY einen
Mann, der die nötigen Geldmittel zur Erlangung eines Patentes und zur
gemeinschaftlichen Ausbeutung desselben herzugeben bereit war. Der neue
Gutenberg war hierdurch, wie der Urvater der Typographie, ebenfalls
an einen klug-berechnenden und eigensüchtigen Fust gefesselt, hatte
jedoch das Glück, in seinem Peter Schöffer -- ANDREAS FRIEDRICH BAUER
-- nicht nur einen technisch tüchtigen Mitarbeiter, sondern auch einen
treuen Freund für das Leben zu besitzen, und in seinem Conrad Humery --
JOHN WALTER -- nicht nur den wohlwollenden und vermögenden Beschützer,
sondern den mächtigen direkten Förderer seiner Pläne zu finden.

[Sidenote: R. Taylor und G. Woodfall.]

[Sidenote: Das erste Patent.]

Zu König und Bensley traten noch RICHARD TAYLOR und G. WOODFALL,
bekannte Buchdrucker und rechtliche Männer. Es wurden nach und nach vier
Patente für verschiedene Arten von Druckmaschinen in England genommen.
Das erste Patent: »Für eine Methode mittels Maschinen zu drucken«,
wurde Fr. König am 10. März 1810 erteilt; die Spezifikation ist am 27.
September eingetragen. Alle Verrichtungen waren auf eine wiederkehrende
Bewegung zurückgeführt, so dass Betrieb durch Dampf möglich war und die
Arbeiter weiter nichts zu thun hatten, als die Bogen auf dem Deckel
anzulegen und nach dem Druck abzunehmen. Deckel und Rähmchen waren
ungefähr wie bei der Handpresse, nur mit dem Unterschied, dass das
Rähmchen am unteren, statt am oberen Ende des Deckels angebracht war.
Beide schlossen und öffneten sich durch einen einfachen Mechanismus.
Die Druckfarbe wurde aus einem Behälter ausgepresst. Die Zerteilung
der Farbe geschah durch rotierende, zugleich in der Längsrichtung
sich bewegende Cylinder, das Auftragen durch Walzen, welche mit
egalisiertem Ballenleder überzogen waren. 1811 im April war diese erste
Tiegeldruck-Schnellpresse fertig und der erste Bogen, der darauf in
der Bensleyschen Druckerei gedruckt wurde, war der Bogen H des _Annual
Register for 1810_ in einer Auflage von 3000 Exemplaren.

[Sidenote: Zweites Patent.]

Das zweite Patent »für weitere Verbesserungen der Methode mit Maschinen
zu drucken« datiert vom 30. Oktober 1811, die Spezifikation vom 29.
April 1812. In diesem Patent wird das Prinzip fast aller folgenden
Schnellpressen ausgesprochen. Es enthält eine ausführliche Beschreibung
und Abbildung der einfachen Cylinder-Druckmaschine, zugleich wird jedoch
erwähnt, dass durch eine Kombination einer grösseren Anzahl derselben
Teile oder Prinzipien die Wirkung verdoppelt und vervierfacht werden
könne und dass überhaupt von einer Form eine grosse Anzahl von Abzügen
in kürzester Zeit zu erhalten sei. Dies alles wurde durch Zeichnungen
erläutert. Das dritte Patent, vom 23. Juli 1813, mit der Spezifikation
vom 22. Juli 1814, bezieht sich »auf additionelle Verbesserungen der
Methode mit Maschinen zu drucken, namentlich was den Farbenapparat, die
endlose Bänderleitung, die Horn- und Segmenträder und die Verbindung des
Druckcylinders mit dem Karren betrifft«.

[Sidenote: Drittes Patent.]

Die nach dem zweiten Patent zuerst gebaute einfache Cylindermaschine
wurde im Dezember 1812 vollendet. Die ersten Leistungen dieser ganz
cylindrischen Presse waren die Bogen G und X von _Clarkson, Life of
W. Penn. Vol._ I. Die Maschine druckte 800 in der Stunde. Als der
Eigentümer der _Times_, J. WALTER, die Leistung gesehen, war er in
wenigen Minuten entschlossen, zwei Doppelmaschinen zu bestellen. Diese
Maschinen mit doppeltem, vorwärts und rückwärts wirkendem Druckcylinder
lieferten in der Stunde 1100 Abdrücke in einer weit besseren Ausführung,
als man bei Zeitungen gewohnt war. Am 29. November 1814 ging die erste
Nummer der _Times_, mit diesen Maschinen gedruckt, aus der Offizin
im _Printinghouse-Square_ hervor. John Walter selbst machte dies dem
Publikum in einem leitenden Artikel bekannt, an dessen Schluss es heisst:

Ȇber die Person des Erfinders haben wir wenig hinzuzusetzen. Sir
Christophe Wrens[39] edelstes Denkmal ist das Gebäude, welches er
errichtete; ebenso ist die beste Lobpreisung, welche wir dem Erfinder
der Druckmaschine darbringen können, diese selbst, deren Macht und
Nützlichkeit wir in schwachen Worten zu schildern versucht haben. Es mag
genügen, zu sagen, dass der Erfinder von Geburt ein Sachse ist, dass er
FRIEDRICH KÖNIG heisst und dass die Erfindung unter der Leitung seines
Freundes und Landsmannes Bauer zur Ausführung gebracht wurde.«

  [39] Erbauer der Paulskirche in London.

[Sidenote: Viertes Patent.]

Das vierte Patent Königs »für weitere Verbesserungen an der
Schnellpresse« wurde am 24. Dezember 1814, die Spezifikation am 22.
Juni 1816 registriert. Aus den Grundsätzen derselben gingen die Schön-
und Widerdruckmaschine, die verbesserte einfache Druckmaschine und die
verbesserte Doppelmaschine hervor. Die erste Komplettmaschine wurde im
Februar 1816 in der Druckerei von Bensley & Son aufgestellt und lieferte
stündlich 900-1000 auf beiden Seiten bedruckte Bogen. Die _Literary
Gazette_ war das erste Wochenblatt, welches von 1818 ab dort auf der
Schnellpresse gedruckt wurde. In den Nummern vom 3. und 10. Januar
äusserte sich Bensley selbst auf das günstigste über die Leistungen der
Maschine. Eine verbesserte Doppelmaschine, welche 1500-2000 Exemplare
pro Stunde lieferte, wurde in der _Times_-Offizin aufgestellt und der
Eigentümer sprach sich am 3. Dezember 1824 in günstigster Weise über sie
aus.

Aus den Patent-Akten geht also hervor, dass schon damals alle
Hauptklassen von Maschinen nicht allein von König spezifiziert,
sondern mit Ausnahme der achtfachen auch ausgeführt wurden: die
einfache Maschine mit Tiegeldruck, die einfache Cylindermaschine, die
Doppelmaschine mit abwechselnd stillstehendem Cylinder, die vielfache
Maschine, die Schön- und Widerdruckmaschine, die verbesserte einfache
Cylinderpresse, die verbesserte Doppelmaschine. Zur Ausführung der
achtfachen Maschine wurde König und Bauer die Gelegenheit nicht gegeben.
So lange sie in England verweilten, war die Notwendigkeit einer solchen
noch nicht eingetreten, und als sie das Land verlassen hatten, war
es natürlich, dass John Walter lieber mit den dortigen Mechanikern
verkehrte, so dass die achtfache Maschine mit vertikalen Cylindern,
welche man bis 1860 als ein Wunderwerk in der _Times_-Druckerei
anstaunte, nach Applegaths Konstruktion ausgeführt wurde.

[Sidenote: Umtriebe gegen König.]

Nach diesen praktischen Resultaten und nach den Zeugnissen Walters und
Bensleys wäre wohl zu erwarten gewesen, dass über die Erfindung der
Schnellpresse kein Zweifel mehr obwalten konnte, und dass dem Erfinder
auch der volle materielle Lohn geworden wäre. Das war jedoch nicht der
Fall. Th. Bensley zeigte sich als ein egoistischer Teilhaber, der in der
Sozietät das Übergewicht geltend machte. Ihm war es mehr darum zu thun,
die Erfindung zur Hebung der eigenen Offizin zu benutzen, als darum,
Bestellungen von seinen Konkurrenten zu erzielen. Statt den Vertrieb
zu fördern, erschwerte er denselben und leitete, wie es scheint, die
Unterhandlungen in einer der Sache wenig förderlichen Weise. Selbst die
Ergebnisse der bereits abgeschlossenen Geschäfte suchte er sowohl Fr.
König als auch dem anderen Teilhaber Taylor zu verkümmern. Ja sogar die
Ehre der Erfindung sollte nicht unangetastet bleiben.

[Sidenote: Will. Nicholson.]

WILLIAM NICHOLSON, ein heller Kopf und redlicher Mann, hatte sich früher
mit der Idee einer Druckmaschine umgetragen und bereits am 29. April
1790 ein Patent genommen »auf eine Maschine oder ein Instrument, um
auf Papier, Leinwand, Kattun, Wollenzeug und andere Stoffe in einer
netteren, wohlfeileren und genaueren Manier zu drucken, als durch die
jetzt gebräuchlichen Instrumente möglich ist«[40]. Seine Zeichnungen
und Erklärungen sind sehr skizzenhaft. Es wird mehr angegeben, was
Nicholson will, als »wie« er es zu machen gedenkt. Nicholson hat seine
Ideen nie ausgeführt; sie waren von ihm selbst längst beiseitegelegt und
vergessen, als König und Bensley aus des Genannten eigenem Munde davon
hörten, als sie ihn in ihrer Patentangelegenheit konsultierten; denn
Nicholson übte die Vermittelung in solchen Geschäften als Erwerb. Bei
dieser Gelegenheit äusserte derselbe, »er habe die Sache vor 17 Jahren
versucht, sie gehe aber nicht«. Auch hat er, selbst als König öffentlich
mit seiner Erfindung auftrat, sich ganz still verhalten.

  [40] _Repertory of arts vol. 1_, 1796. -- SAVAGE, _Dictionary of the
       art of printing_. 1841.

[Sidenote: E. Cowper.]

Dagegen tauchten andere auf, die es sich mit dem Fortbauen auf den
gemachten Erfahrungen bequem machten. Wäre hierzu nur Nicholsons
geistige Hinterlassenschaft benutzt, so hätten König und Bauer
keine Veranlassung sich zu beschweren gehabt; es wurden aber
ihre Ideen vollständig, z. B. von E. COWPER in seiner Schön- und
Widerdruckmaschine, ausgebeutet. Rechtsgelehrte erklärten, dass ein
Einschreiten seitens Königs von Erfolg sein würde, aber Bensley stimmte
gegen ein solches und die Klage musste demnach unterbleiben. Ja, es
scheint sogar, dass Bensley in Übereinstimmung mit Cowper gehandelt
habe. »Denn letzterer offerierte« -- so, sagt Savage, sei ihm berichtet
worden -- »als einen Akt der Gerechtigkeit und in Betracht der grossen
Kosten von mindestens 16000 Pfd. Sterl., welche für Bensley bei der
Durchführung der Erfindung der Druckmaschine entstanden waren, diesem
einen Anteil an seinem Patent[41], was von Bensley angenommen wurde.«
Die Freundschaft der beiden scheint jedoch nicht von langer Dauer
gewesen zu sein, denn später liess Bensley König ersuchen, gegen Cowper
einzuschreiten, was jetzt jedoch König seinerseits ablehnte. Wie es
Cowper machte, so thaten es auch andere; man nahm von Nicholson und
König, was passte, und fügte einiges Neue hinzu.

  [41] Cowpers Maschine ist in _Monthly Magazine_ vom 1. Jan. 1819
       beschrieben und abgebildet.

[Sidenote: König geht nach Deutschland.]

Ermüdet von allen diesen Verdriesslichkeiten beschlossen König und Bauer
im Jahre 1817, England zu verlassen und in das Vaterland zurückzukehren,
dem sie fortan mit Ruhm und Erfolg angehören sollten. Das Verlassen
Englands unter den obwaltenden Umständen war selbstverständlich gleich
einem Aufgeben der Patentrechte und der daran geknüpften Aussichten. Die
englische Presse vergass schnell den Namen König. Wenn von der Erfindung
und Verbesserung der Schnellpresse die Rede war, so wurden Nicholson,
Cowper, Applegath und andere genannt; König existierte nicht. Nur die
_Times_ fuhr fort, eine rühmliche Ausnahme zu machen, und stellte noch
am 3. Dezember 1824 König das ehrendste Zeugnis aus. Es dürfte, wenn
auch König keiner Ehrenrettung bedarf, eine Pflicht gegen die deutsche
Erfindung sein, die hauptsächlichsten Stellen daraus wiederzugeben:

[Sidenote: John Walter über König.]

»Bei der ersten Einführung der Druckmaschinen erregte diese Erfindung
grosse Teilnahme, und ihre Originalität wurde nicht bestritten, indem
niemand einen Beweis für die frühere Anwendung derselben Grundsätze
anführen konnte. Schon damals waren wir bemüht, den Ansprüchen des
Erfinders, Herrn König, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, der einige
Jahre später in sein Vaterland Deutschland zurückkehrte, jedoch --
fürchten wir -- ohne den Lohn empfangen zu haben, der seinem Verdienste
für seine wunderbare Erfindung und deren Ausübung in England zukam.« Es
wird nun der ungerechten Versuche von anderer Seite, sich die Erfindung
anzueignen und die Verdienste Königs entweder ganz zu ignorieren oder
auf ein Minimum zu reduzieren, gedacht und dann fortgefahren: »Es ist
ein so seltener Fall, dass ein Ausländer in England eine Erfindung zur
Ausführung bringt; es giebt hier so viele eingeborene Talente in den
mechanischen Künsten, und England steht in dieser Beziehung so hoch;
dass es wohl ausländischem Verdienste Gerechtigkeit widerfahren lassen
kann.« Dies thut nun das Blatt, indem es die Ansprüche des Herrn Bensley
auf null, die des Herrn Nicholson auf eine fallengelassene Idee und die
der Nachfolger Königs auf das _facile est inventis addere_ zurückführt.
»Wir können zum Schluss nicht umhin, zu bezeugen, dass wir in Herrn
König nicht nur einen Mann von hoher Bildung und feurigem Geiste,
sondern auch von grösster Ehrenhaftigkeit und lauterster Rechtlichkeit
gefunden haben. In dem kritischen und prüfungsreichen Zeitraum, wo seine
Erfindung in unserer Offizin zur Ausführung gebracht wurde, standen wir
in täglichem Verkehr mit ihm, so dass wir volle Kenntnis von seiner Art
und Weise und von seinem Charakter erlangten; die Folge ist gewesen,
dass wir für ihn innige Freundschaft und hohe Achtung für immer hegen.«

Ein Zeugnis, ehrend für König, ehrend für Walter!

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Verbesserer der Schnellpresse.]

Sehen wir von dem gegen König geübten Unrecht ab, so können wir den
englischen Erbauern von Schnellpressen unmöglich die Anerkennung
versagen, diese so wesentlich verbessert zu haben, dass die Leistungen
der ersten Schnellpressen gegen die heutigen Rotationsmaschinen sich
fast eben so verhalten, wie die Leistungen der Handpressen zu denen der
ersten Schnellpressen. Nur diese Fortschritte haben es der englischen
und amerikanischen Journalistik möglich gemacht, ihren hohen Rang zu
erkämpfen und zu behaupten.

[Sidenote: Napier.]

[Sidenote: Applegath & Cowper.]

Unter den Verbesserern der Schnellpresse sind besonders zu erwähnen:
Edw. Cowper, Aug. Applegath, D. Napier, Isaac Adam, R. Hoe & Co. Noch
viele andere könnten genannt werden. NAPIER führte zuerst Greifer ein
und baute Maschinen mit einem sehr grossen Druckcylinder, der sich in
fortwährender Bewegung befand und von welchem nur etwa der dritte Teil
als Druckcylinder benutzt wurde. Bekannt sind die von APPLEGATH & COWPER
im Jahre 1827 für die _Times_-Druckerei erbauten viercylindrischen
Maschinen mit einer Leistungsfähigkeit von 4-5000 Exemplaren[42]. Noch
renommierter wurde jedoch Applegaths Rotationsmaschine mit vertikalen
Satz- und Druckcylindern. Der Satz war auf einem Teil des mittleren
grossen Cylinders angebracht, dessen übriger, grösserer Teil als
Farbentisch zum Verreiben der Farbe diente. Acht vertikale Druckcylinder
von je 40 englischen Zoll Durchmesser waren derart um den Satzcylinder
gruppiert, dass alle bei einmaliger Umdrehung des letzteren mit dem
Satz in Berührung kamen, so dass also acht Bogen einseitig gedruckt
waren. Durch keilförmige Spaltlinien und eben solche Kolumnenstege wurde
fester Anschluss der Typen erzielt, die wie Mauersteine beim Bauen eines
Bogens zusammenhielten. Jeder der Anleger führte alle vier Sekunden
der Maschine einen Bogen zu, während acht Abnehmer die gedruckten
Bogen in Empfang nahmen. Die Hauptschwierigkeit in der Konstruktion
lag in dem Bändersystem, welches die in horizontaler Lage zugeführten
Papierbogen in die für den Druck notwendige vertikale Lage zu bringen
hatte. Die allergeringste Zögerung seitens eines Anlegers machte den
Bogen zu Makulatur. Ein Vorzug der vertikalen Cylinder war, dass der
abgehende Papierstaub nicht auf die Satzform, sondern zur Erde fiel. Die
Maschine lieferte über 7000 Exemplare[43]. Applegath erfand auch eine
solche, um zu gleicher Zeit mit sechs Farben zu drucken. Für sein System
unnachahmlicher Banknoten zahlte ihm die englische Bank 18000 £ Sterl.
Er starb in Dartford im Jahre 1871 in einem Alter von 84 Jahren.

  [42] _A description of A. Applegaths & Cowpers horizontal machine and
       of Applegaths vertical machine for printing the Times._ London
       1851.

  [43] Wenn in dem Folgenden von Leistungen der Maschinen ohne eine
       Zeitbestimmung gesprochen wird, ist stets damit in einer Stunde
       gemeint.

[Sidenote: C. A. Holm.]

Ein Schwede, C. A. HOLM, nahm 1840 in London Patent auf seine,
»Skandinavia-Presse« genannte Tiegeldruckmaschine. Trotz ihres schweren
Ganges und ihrer geringen Leistungsfähigkeit von 5-600 Exemplaren
war sie doch in England sehr verbreitet und beliebt, namentlich zum
Druck illustrierter Werke, die man damals noch nicht in heutiger
Vollkommenheit auf der Cylindermaschine lieferte[44].

  [44] In Deutschland arbeitet unseres Wissens nur ein Exemplar in der
       Viewegschen Buchdruckerei in Braunschweig.

[Sidenote: Rob. Hoe * 1784, [+] 1833.]

[Sidenote: Hoe & Co.]

Die Wundermaschine Applegaths wurde durch die von Hoe übertroffen,
die 1860 in der _Times_-Offizin Aufstellung fand. ROBERT HOE war der
Begründer der berühmten Anstalt für die Fabrikation aller Arten von
typographischen Maschinen in New-York. Er war als Sohn eines Pächters
in Leicestershire in England geboren und lernte als Zimmermann. Im
Jahre 1803 ging er nach Amerika und heiratete dort, erst zwanzig Jahre
alt. Zwei seiner Schwäger, MATTHIAS und PETER SMITH, letzterer Erfinder
einer renommierten Handpresse, hatten ein Geschäft errichtet, welches
nach dem Tode der Inhaber von Hoe 1823 übernommen wurde. Es war damals
noch klein, hatte aber, als Robert Hoe 1832 aus demselben trat, einen
bedeutenden Umfang erreicht. Sein ältester Sohn RICHARD M. HOE und
dessen Vetter MATTHIAS SMITH, welche seit 1823 Teilhaber des Geschäfts
gewesen waren, übernahmen es nun ganz für sich. Smith, ein Mann von
ungewöhnlichen Fähigkeiten, starb 1842 und ROBERT HOE JUN. und PETER
SMITH HOE nahmen seine Stelle ein.

[Sidenote: Die Blitzpresse.]

Im Jahre 1846 wurde die epochemachende Maschine mit rotierendem
Cylinder: _The type revolving printing_ oder _Lightning Press_
(Blitzmaschine) gebaut. Die Schriftform ist auf einem grossen
horizontalen Cylinder angebracht, um den sich 4-10 Druckcylinder
bewegen, deren Anordnung je nach der Zahl derselben sich richtet. Bei
der zehnfachen Maschine, wie sie in den Offizinen der _Times_ und der
_Daily News_ arbeiteten, sassen die Anleger vier Etagen über einander.
Die Bänderleitung war weniger kompliziert, als bei den Applegathschen
Maschinen, weil die horizontal eingelegten Bogen in dieser Lage
verblieben. Der grosse Cylinder hatte einen Durchmesser von 4-1/2 Fuss
englisch. Die Länge der Maschine war 35 Fuss, die Breite 12 Fuss und
die Höhe 18 Fuss. Die Leistungsfähigkeit betrug gegen 25000 Exemplare.
Der Anblick in der Offizin der _Daily News_, wo zwei solche Maschinen
gleichzeitig arbeiteten, war wahrhaft sinnverwirrend, wenn die zwanzig
grossen Bogen auf einmal in der Luft herumschwirrten[45].

  [45] Journ. f. B. 1860, Nr. 30.

[Sidenote: Isaak Adam.]

Der Beifall, welchen diese und andere ihrer Maschinen erhielten, spornte
Hoe & Co. zu noch grösseren Anstrengungen an. Nicht zufrieden mit den
eigenen Erfindungen kauften sie auch noch von ISAAK ADAM aus Boston
dessen mehr als fünfzig Patente für Hand- und Schnellpressen. Dieser war
der älteste Pressenbauer Amerikas, der 1830 die Tiegeldruck-Maschine
gebaut hatte, welche in Amerika noch viele Freunde besitzt. 1861
eröffneten Hoe & Co. auch ein Etablissement in London, namentlich
um dort bequemer die Reparaturen und Verbesserungen an ihren vielen
in England verbreiteten Maschinen ausführen zu können. Ein zweites
Etablissement in New-York wurde 1870 eingerichtet und Hoes beschäftigten
damals bereits 1000 Arbeiter. Ihr Katalog beweist den enormen Umfang
ihrer Fabrikation, unter welchen die Billet- und Nummeriermaschinen für
mehrfarbigen Druck einen hohen Rang einnahmen[46].

  [46] R. Hoe & Co., _The typographical Messenger_, 1869.

[Sidenote: Die »Endlosen«.]

Doch auch die Wundermaschinen Hoes gehören der Vergangenheit an und
wurden durch die eigenen späteren Leistungen, zuerst aber durch die
Rotationsmaschine für endloses Papier des Amerikaners Bullock in
Schatten gestellt. Es wäre zwar anzunehmen gewesen, dass man bei
der erreichten Arbeitsschnelligkeit Beruhigung gefasst habe. Jedoch
weit gefehlt, denn man betrachtete das Geleistete nur als eine
Abschlagszahlung. Die mit der Handhabung der grossen Schriftformen
verbundene Gefahr war noch eine bedeutende und es gehörten immer
noch zur Bedienung einer grossen Hoeschen Maschine 18 Personen. Die
Arbeiterbewegungen hatten aber gezeigt, wie wünschenswert es sei,
bei Unternehmungen, wo Viertelstunden entscheiden, von menschlicher
Beihülfe oder Missgeschick der Arbeiter unabhängig zu sein. Die
Aufmerksamkeit richtete sich deshalb auf möglichste Selbstthätigkeit
der Maschine, die schliesslich in der »Endlosen«[47] in Verbindung mit
der Segment-Papierstereotypie das Ideal erreichte. Zwanzig Minuten
nach Fertigstellung der letzten Satzform einer Zeitung sind die
segmentförmigen Stereotypplatten auf dem Satzcylinder befestigt. Mit
einer Schnelligkeit, welche die Lieferung von 200 fertigen Nummern
in der Minute ermöglicht, wird das endlose Papier von der Rolle
abgewickelt, erst durch die Feuchtwalzen, dann zwischen die Satz- und
Druckcylinder geführt, durch den Schneideapparat von der Rolle in
einzelnen Bogen abgetrennt, dem Falzapparat übergeben und zum Versenden
gefalzt; thatsächlich ohne eine weitere menschliche Beihülfe als die der
Burschen, welche die zum Versand fertigen Haufen wegzuschaffen haben.

  [47] Diese Bezeichnung wurde halb im Scherz von den »Annalen
       der Typographie« gebraucht und dann von Anderen acceptiert.
       »Rotationsmaschine« ohne nähere Bezeichnung deckt den Begriff der
       »Endlosen« nicht genau.

Bedenkt man nun, dass eine Endlose, wie sie in der _Times_-Offizin
gebaut wird, in einer Stunde eine Papierlänge von zwei deutschen Meilen
auf zwei Seiten druckt, faktisch also 4 Meilen Gedrucktes in der Stunde
liefert, man demnach mit zwei solchen Maschinen und einem doppelten
Exemplare von Stereotypen in wenigen Stunden 100000 Exemplare von einer
grossen Zeitung beschaffen kann, so sollte man meinen, ein _non plus
ultra_ erreicht zu haben; doch selbst diese Schnelligkeit ist bereits
übertroffen worden.

[Sidenote: Ursprünge der Endlosen.]

[Sidenote: Rowland Hill * 3. Dezbr. 1795, [+] 27. Aug. 1879.]

Wer zuerst eine mehr als allgemeine Idee der Endlosen gefasst hat,
ist schwer zu sagen. Den Gedanken deutet schon der Erfinder der
Schnellpresse selbst an. In England hat man früher die Priorität der
Erfindung für die Firma NELSON & SONS in Edinburgh in Anspruch genommen,
ein Modell ihrer projektierten Maschine befand sich auf der Londoner
ersten Weltausstellung 1851. Auf der Caxton-Ausstellung 1877 waren
jedoch Überreste eines Modells zu sehen, welches der berühmte englische
General-Postmeister Sir ROWLAND HILL 1835 hatte anfertigen lassen. Seine
Maschine war darauf eingerichtet, dass keilförmige Typen oder gebogene
Clichés auf einem Cylinder angebracht wurden und dass ein endloser
Bogen zwischen den Schrift- und den Druckcylinder geführt wurde, wie
bei den jetzigen Rotationsmaschinen. Die Maschine ward patentiert, in
_Chancery-Lane_ aufgestellt und von kompetenten Richtern sehr günstig
beurteilt. Die Regierung gestattete jedoch nicht den Druck des damals
noch bestehenden Stempels bei dem Durchgang des Bogens mit vorzunehmen,
und die Sache unterblieb; ob allein aus diesem Grunde, wird wohl jetzt
schwer zu entscheiden sein. Was die endlosen Pressen Auers betrifft,
so verhielten sie sich zu den jetzigen wie chinesischer Tafeldruck zur
Typographie Gutenbergs (vgl. Kap. XIV). Die Amerikaner behaupten, dass
schon um das Jahr 1840 J. B. WILKINSON eine Endlose erfunden habe.

[Sidenote: Will. Bullock * 1813, [+] 1867.]

Auch wenn dies nicht wäre, gebührt jedenfalls doch einem Amerikaner
WILLIAM BULLOCK die Ehre, dem Gedanken zuerst eine praktische Lösung
gegeben zu haben.

Derselbe war zu Greenville geboren. In Philadelphia lernte er als
Eisengiesser und Maschinenbauer. 1849 gründete er dort eine Zeitung und
baute 1853 für den eigenen Bedarf eine Holzpresse mit einem mechanischen
Zubringer des Papiers. Schrittweise wurde er nun zu seiner Erfindung
geführt, auf welche er am 14. April 1863 Patent erhielt. Seine Maschine
ist in Amerika sehr geschätzt, hat aber in England keinen besonderen
Beifall gefunden und ist auf dem Kontinent gar nicht eingeführt. Er
verunglückte bei Prüfung einer seiner Maschinen.

[Sidenote: _Times_-Presse.]

Die eigentliche Aera der Endlosen datiert von der Erbauung der
»Walter-Maschine«. Es war eine Wiederholung der Scene von 1814.
Bereits lange zirkulierten mysteriöse Gerüchte von einer neuen
Wundermaschine, die in der _Times_-Offizin gebaut werde. Aber es
gelang niemand, durch den dichten Schleier zu dringen, mit welchem die
Vorbereitungen bedeckt waren. Nicht einmal die ältesten Maschinenmeister
oder die Vertrauensmänner im Geschäft bekamen Erlaubnis, den
streng verschlossenen Raum zu betreten, in welchem das neue Wunder
zusammengesetzt wurde, bis der Tag anbrach, an welchem es seine Pflicht
zum erstenmal erfüllte. Der Constructeur war der erste Ingenieur der
Offizin J. C. MACDONALD, im Verein mit J. CALVERLEY. Die Presse erhielt,
dem Besitzer zu Ehren, den Namen »Walter-Presse«[48].

  [48] Eine Reihe von Artikeln, welche die englischen und amerikanischen
       Endlosen beschreiben und abbilden, sind separat erschienen
       als: J. F. WILSON, _Typographic Printing Machine and Machine
       Printing_. London 1871.

[Sidenote: Prinzip der »Endlosen«.]

Wenn auch die Lage der Cylinder und die Reihenfolge der Funktionen
bei den verschiedenen Systemen eine verschiedene ist, so bleibt doch
das Prinzip dasselbe. Das Papier wird von der Fabrik auf eine Rolle
gewickelt geliefert; die Zapfen der Rolle drehen sich leicht in den
Lagern, in welche sie eingelegt werden, so dass das Papier, wenn einmal
den Cylindern zugeführt, durch den Zug der sich drehenden Cylinder von
der Rolle abgewickelt wird. Der Streifen passiert (wenn das Papier
nicht durch eine besondere Vorrichtung im voraus gefeuchtet wurde)
einen Feuchtapparat, wird erst auf der einen Seite gedruckt und dann
durch eine S-förmige Bewegung auf den Widerdruckscylinder geführt.
Während des ferneren Passierens des Papiers zwischen den Schneidewalzen
hindurch wird es derartig perforiert, dass die Löcher sich dicht an
einander reihen, so dass das Stück, welches einen Bogen bildet, durch
den Ruck, welchen Leitbänder, die mit ungleicher Schnelligkeit sich
bewegen, hervorbringen, von der Rolle abgetrennt wird. Der fächerartige
Selbstausleger legt nun die Bogen entweder einzeln oder mehrere zusammen
auf einen Haufen, oder sie werden, wenn eine Falzmaschine, wie es
gewöhnlich der Fall ist, zugleich mit der Druckmaschine verbunden ist,
dieser zugeführt und fallen, wie Stroh aus der Dreschmaschine, fertig
zum Versenden in einen Behälter. Dabei nimmt eine solche Maschine sehr
wenig Raum ein; eine Walter-Maschine erfordert 14 engl. Fuss Länge, 5
Fuss Breite.

[Sidenote: Segmentförmige Clichés.]

Selbstverständlich gehören zu dieser Maschine segmentförmige Clichés.
Boden und Decke des hierzu erforderlichen Giessinstrumentes liegen
wie in den für flache Stereotypen bestimmten, parallel, jedoch nicht
in der Ebene, sondern in einer Bogenform. Die biegsamen Papiermatern
schmiegen sich an den Boden des gerundeten Giessinstrumentes an, der
Deckel wird zugemacht und die Platte in üblicher Weise gegossen, voll,
oder, wenn der Deckel des Giessinstrumentes darauf eingerichtet ist, nur
auf Rippen ruhend. Um den nötigen Druck beim Eingiessen des flüssigen
Schriftmetalls auszuüben, ist ein starker Anguss notwendig, dessen
Beseitigung durch eine Kreissäge jedoch nur Sache eines Augenblicks
ist. Die Justierung des Clichés geschieht ebenfalls in einer Minute
oder weniger durch eine Hobelmaschine und die Platte ist zum Einsetzen
in die schwalbenschwanzförmigen Halter des Schriftcylinders fertig. Ein
Nachteil bei der Papier-Stereotypie ist, dass die Typen beim Trocknen
der Matern heiss werden und zusammenbacken. RYLES & SON in Bradford
haben nun eine Methode erfunden, die Mater, welche im feuchten Zustande
von der Schrift abgehoben wird, in einem besonders konstruirten Rahmen
festzuhalten und für sich ohne die Schrift zu trocknen.

[Sidenote: Verschiedene »Endlose«.]

Der Walterpresse folgte die »Victoriapresse«[49] von DUNCAN & WILSON in
Liverpool. Diese, namentlich in der Provinz beliebte Maschine war die
erste, die mit Falzapparat arbeitete; dann kam die »_Prestonian_« der
Herren BOND & FORSTER, welche sowohl für Platten- als für Schriftdruck
eingerichtet ist; die »_Northumbrian_« von DONNISON & SON in Newcastle
u. T.; die »_Whitefriars_« des JOS. PARDOE, gebaut von A. H. PAYNE, die
sowohl für Papier in Bogen als für endloses sich benutzen lässt und
namentlich für illustrierte Blätter bestimmt ist.

  [49] Ann. d. Typ. 1. Bd. Nr. 32; V. Bd. Nr. 235.

In Amerika folgten HOE & CO. und überboten an Leistungsfähigkeit ihrer
Maschinen die Engländer. Die Fabrikate von ANDR. CAMPBELL sind neueren
Datums und noch nicht recht in die Praxis gedrungen.

»Man möchte glauben, dass die äusserste Grenze erreicht sei, wenn die
Erfahrung nicht den Menschen belehrte, nie das Wagnis zu unternehmen,
der Vervollkommnung eines Menschenwerkes und den unerforschlichen
Absichten der Vorsehung eine Grenze im voraus zu bestimmen«, so schrieb
Ambr. Firmin-Didot, als er 1851 die Leistungen der Applegathschen
_Times_-Maschine angesehen hatte. Wie sehr er Recht gehabt, zeigen die
enormen Leistungen in der Druckerkunst, die wir seit jener Zeit erlebt
haben. Jedoch trotz diesen, wer würde es heute wagen, zu sagen: »Nun ist
die Grenze wirklich erreicht«.

[Sidenote: Endlose für Illustrationsdruck.]

Die Verwendung der Endlosen für Illustrationsdruck gelang bis jetzt
in England nicht so gut wie in Deutschland. Die von THOMAS MIDDLETON
& CO. 1874 für die Offizin der _Illustrated London News_ gebaute, und
dem Gründer des Blattes zu Ehren genannte »Ingram-Maschine« wird zum
Druck eines kleinen Blattes _The Penny Paper_ benutzt. Die Konstruktion
der Cylinder ist eine eigentümliche. Der vordere, für die Bilderform
bestimmte hat einen grossen Umfang und nimmt drei Exemplare der
Platten auf, man hat damit erzielen wollen, dass die Clichés nur wenig
gebogen werden, damit nicht Verzerrungen in den Bildern entstehen. Der
kleinere _Cylinder_ für die Schriftform ist nur mit zwei Exemplaren
des Textes belegt, infolge dessen muss sich dieser Cylinder mit ein
Drittel grösserer Schnelligkeit bewegen, als der grosse. Diese Maschine
lieferte 7000 Exemplare und ist, da die Zurichtung von fünf Formen
selbstverständlich viel Zeit kostet, nur bei sehr grossen Auflagen
zweckentsprechend.

Für FARBENDRUCK bauten CONISBEE & SON in London eine Endlose, die
dreifarbigen Druck in 3000 Exemplaren liefert, ebenso D. F. POWELL. In
Chicago fabrizierten SUITTERLIN CLAUSSEN & CO., in Philadelphia T. O.
FERREE Vielfarbemaschinen[50].

  [50] FR. NOBLE, _The principles and practice of colour printing_.
       London 1881.

[Sidenote: Die Tretpresse.]

Wie die Extreme sich so oft berühren, so geschah es auch in dem
Druckpressenbau, denn neben den ganz grossen Zeitungsmaschinen waren es
namentlich die ganz kleinen, welche durch Treten in Bewegung gesetzt
werden können und nur einen Arbeiter, in der Regel einen Burschen, zur
Bedienung verlangen, welche die Aufmerksamkeit der Maschinenbauer in
Anspruch nahmen.

Es war ganz natürlich, dass man besonders in den Ländern, wo der
Spruch »Zeit ist Geld« seine volle Gültigkeit hatte, und wo die Zahl
der kleineren Accidenzarbeiten sich ins Kolossale steigerte und
viele Druckereien sich ausnahmslos nur mit solchen »_Job_-Arbeiten«
beschäftigten -- also in Amerika und England --, an diese kleinen
Maschinen dachte. Man hatte nicht, wie in Deutschland, Zeit abzuwarten,
bis ein Drucker an der Handpresse mit seinen langwierigen Vorbereitungen
fertig war, um hundert Visitenkarten zu drucken, auch nicht Lust,
deshalb eine 5000 Mark oder mehr kostende Maschine, deren Karren einen
weiten Weg hin und zurück zu machen hatte, in Bewegung zu setzen. So
entstand in England und Amerika eine Legion solcher Tretpressen unter
verführerischen Namen, als: _Universal_, _Nonpareille_, _Minerva_,
_Non plus ultra_, _Franklin_, _Excelsior_, _Progress_, _Lilliput_,
_Favorit_, _Star_ etc. etc. Die Bahn hatten zwei Deutsche, DEGENER &
WEILER, in New-York mit ihrer _Liberty-Press_ gebrochen. Die auf dem
Kontinent verbreitetsten Tretpressen dürften jetzt neben den Degener &
Weilerschen die »Gordon-Pressen« sein. Trotz einiger, diesen kleinen
Maschinen anhaftenden Mängel haben sie doch in zweckmässigster Weise
eine bedeutende Lücke im Druckgewerbe ausgefüllt. Ein Kabinettstück
unter den kleinsten Maschinen ist MAUSEL BAYLYS Kombinationspresse.
Der Umstand, dass diese kleinen Pressen, welche ganz die Handpressen
verdrängt haben, zum Nachteil des geregelten Druckgeschäfts in die Hände
der sogenannten Trittmüller -- kleine Papierhändler, Buchbinder und
andere Nichtbuchdrucker -- gefallen sind, hat sie in einen unverdienten
üblen Ruf gebracht. Das Prinzip der Endlosen ist in geistreicher Weise
durch Tiegeldruck auf diese kleinen Maschinen in der _Kidder-Press_ mit
feststehendem Tiegel und hin- und hergehender Schriftform zur Anwendung
gebracht.

Die beim Druck von Wertpapieren so notwendigen Numeriermaschinen wurden
von BODEL so konstruiert, dass sie die Nummern erhaben pressen und von
beiden Seiten verschiedenartig färben.

[Sidenote: Ausleger und Anleger.]

Eine wesentliche Verbesserung bei den gewöhnlichen Schnellpressen waren
die rechenförmigen MECHANISCHEN AUSLEGER, die mit ihren, sich zwischen
den Leitbändern auf- und niederbewegenden Rechen die Bogen von den
Leitbändern wegnehmen und auf den Auslegetisch niederdrücken. Diese
Verbesserung hat allgemeinste Verbreitung gefunden, was dagegen weniger
mit den MECHANISCHEN ANLEGERN der Fall ist. Die Schnelligkeit der Hand
des Anlegenden hat eine Grenze, die sich nicht überschreiten lässt. Man
suchte deshalb nach dem Mittel, die Hand entbehrlich zu machen, und kam
auf den Gedanken, durch luftleer gemachte, in schwingender Bewegung sich
befindende Saugröhren einen Bogen von dem Haufen ansaugen zu lassen,
den man dann, wenn die Röhren bei ihrer Bewegung sich in der richtigen
Lage über dem Anlegetisch befinden, durch Einführung von Luft zum
Niederfallen bringt. Um zu verhindern, dass die Saugröhren zu gleicher
Zeit zwei an einander anklebende Bogen von dem Haufen aufheben, wird
durch einen zweiten Apparat Luft zwischen den obersten und den darauf
folgenden Bogen eingelassen. Der erste Erfinder war J. F. ASHLEY in
New-York.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Satiniermaschine.]

Bei jedem Maschinenpapier ist die Seite, welche mit dem Drahtgewebe, auf
welches der Lumpenbrei ausfliesst, in Berührung gewesen, rauher, als die
obere, was schon bei jeder Druckarbeit eine Unannehmlichkeit war. Noch
nachteiliger wirkten jedoch die Unebenheiten und Unreinlichkeiten im
Papier auf die feineren Schriften, namentlich aber auf die Holzschnitte.
Um nun dem Papier eine vollkommen glatte Oberfläche zu geben, kam man
frühzeitig auf den Gedanken, nach dem Feuchten, aber vor dem Druck,
jeden Bogen einzeln zwischen Zinkplatten zu legen und diese dann, 10-20
übereinandergelegt, unter starkem Druck zwischen zwei Hartgusswalzen
durchzudrehen. Diese Manipulation mit der SATINIERMASCHINE war
langwierig und teuer, namentlich weil die Zinkplatten (Satinierbleche)
sich leicht abnutzten und Nachlässigkeit der Arbeiter leicht das Papier
verdarb. Die Versuche jedoch, die Bogen einzeln zwischen die sich
drehenden Cylinder zu führen, gelangen erst in letzter Zeit (vgl.
Kap. X).

Um nach dem Druck ein stärkeres Glätten als durch die übliche
Glättpresse möglich war, zugleich um ein schnelles Trocknen der feuchten
Bogen zu erzielen, bauten FURNIVAL & CO. in Manchester nach GILLS Patent
eine Presse, die den Bogen zwischen zwei, mittels Dampfes erhitzte
Stahlcylinder führt. Die Gefahr, welche durch das Abschmutzen der frisch
gedruckten Bogen auf die Walzen droht, wird durch einen vorzüglichen
Reinigungsapparat beseitigt. Die Ein- und Ausfuhr der Bogen geschieht
auf endlosen Bändern.

[Sidenote: Das heisse Glätten.]

Das heisse Glätten des Papieres soll vor neunzig Jahren durch THOMAS
TURNBULL erfunden sein, der an einer Presse beschäftigt war, in welcher
Tuch durch heisse Cylinder gepresst wurde. Als nach dem Tode des
Prinzipals die Witwe ein Zirkular an die Kundschaft druckte, missfiel
die Rauheit des Druckes Turnbull und er glättete die Bogen, indem er
sie zwischen glatte Pappen legte und durch die Tuchwalzen gehen liess.
Die Resultate waren so befriedigend, dass er in London ein Geschäft
eröffnete, um für die Buchdruckereien die Arbeiten zu glätten. Die
Frage, ob das heisse Glätten im ganzen von Vorteil ist, kann noch nicht
als entschieden betrachtet werden; ein Nachteil ist jedenfalls, dass
jede kleinste Unreinlichkeit in dem Papier durch den starken Druck
breitgequetscht und das Papier leicht verunstaltet wird.

Eine Trocken- und Glättpresse von J. W. JONES in Harrisburg
(Pennsylvanien) trocknet, glättet und falzt von der Schnellpresse weg
6000 Bogen in der Stunde.

Die gewöhnliche Glättpresse erhielt durch BOOMER & BORCHERT in London
eine wesentliche Verbesserung. Ihre Presse ist sehr leicht zu handhaben
und soll an Wirkung noch die hydraulische Presse übertreffen.

[Sidenote: Feuchtapparate.]

Das Feuchten des Papiers mit der Hand war bei den grossen Zeitungsbogen
und den grossen Auflagen fast eine Unmöglichkeit geworden. Grössere
Druckereien schafften deshalb MECHANISCHE FEUCHTAPPARATE (Hoe & Co.,
Harrild & Sons) an, die das Papier entweder zwischen nassen, mit Filz
überzogenen Walzen hindurchgehen liessen oder durch einen Sprühregen
benetzten. Für feinere Arbeiten bleibt das Handfeuchten vorzuziehen,
da man es, je nach der Beschaffenheit des Papiers und den sonstigen
Verhältnissen, mehr in seiner Macht behält, das Feuchten rationeller zu
betreiben. In Amerika wird sehr viel auf ungefeuchtetes Papier gedruckt,
was für diejenigen, welche einen Spiegelglanz des Papieres lieben, als
ein Vorteil erscheinen mag.

[Sidenote: Die Bronciermaschine.]

Bei einer grossen Anzahl von feinen Accidenzarbeiten kommt bekanntlich
das Broncieren in Anwendung. BRONCIERMASCHINEN erleichtern diese
Arbeit nicht allein, sondern sie verhindern auch das der Gesundheit so
nachteilige, mitunter sogar tödlich wirkende Einatmen des Broncestaubes.
Das Prinzip ist, die ganze Arbeit in einem verschlossenen Behälter
durch ein System von Bürsten und Wischern vollziehen zu lassen, so dass
die Arbeit vollständig fertig aus dem Behälter herauskommt[51]. Eine
ähnliche Maschine von E. A. CLOWES & JOHN BALEY verrichtet das der
Gesundheit ebenfalls sehr nachteilige Einbürsten der zu galvanisierenden
Matern mit Graphitstaub.

  [51] Tapley. Leming Ray & Lynede in Manchester. L. Poirier & G. Legrand
       in Paris. A. Fichtner (für Haufler & Schmuterer) in Wien.

[Sidenote: Die Falzmaschine.]

Die bei der Schnellproduktion so wichtigen FALZMASCHINEN fanden
namentlich in Amerika Beachtung. Sie wurden dort von CYRUS CHAMBER
eingeführt, der, im Verein mit seinem Bruder Edwin, 1856 eine Fabrik
in Philadelphia unter der Firma _Chambers Brothers & Co._ errichtete.
Nach vielen Versuchen gelangten sie zu guten Resultaten und bauten im
Jahre 1870 nach etwa 40 verschiedenen Systemen. Eine Maschine z. B.
falzt einen und einen halben Bogen in einander, kleistert, heftet und
beschneidet sie. Sehr verbreitet ist seit 1863 die Zeitungsfalzmaschine
von S. C. FORSAITH & CO. in Manchester in den Vereinigten Staaten, die
sich für verschiedene Formate stellen lässt.

[Sidenote: Verschiedene Hülfsmaschinen.]

Weitere Erleichterungen gewähren die BUCHHEFTMASCHINEN (WHEELER &
WILSON) und die ZUSAMMENTRAGEMASCHINE (HOWE). Letztere ist in der Art
der Kinder-Karussels gebaut. Auf einem sich drehenden Tisch, vor dem der
Komplettierer steht, liegen die Bogenhaufen der Reihe nach und werden
im Vorbeipassieren einer nach dem andern von dem Komplettierer ergriffen.

Von den unendlich vielen Hülfsmaschinen seien nur noch erwähnt die
COUVERTMASCHINE (G. TIDCOMBE & SON, J. WILKINSON; C. GODALL & SON) und
die SCHNEIDEMASCHINE. Spezialisten für letztere sind FURNIVAL & CO. in
Manchester, die sie in grosser Vollkommenheit bauen. Das Ingangsetzen
des Messers, der Schnitt eines Ries Papiers und das Zurückgehen des
Messers in seine erste Lage dauert nur vier Sekunden. Überhaupt ist
die Fabrik Furnival berühmt wegen der Vortrefflichkeit aller ihrer
Hülfsmaschinen, deren Fabrikation in ausgedehntester und rationellster
Weise betrieben wird.

[Sidenote: Die Utensilien.]

Wie aus dem obigen hervorgeht, fehlt es an erleichternden Mitteln
nicht, und doch war es nur möglich, das Hauptsächlichste zu erwähnen.
Sowohl Hülfsmaschinen als Utensilien werden jährlich vermehrt und
verbessert. Nicht wenig erleichtert ist die Anschaffung derselben durch
die UTENSILIEN-GESCHÄFTE, welche alle notwendigen Gegenstände von der
Ahle ab und bis zu der grössten Schnellpresse liefern, ja selbst die
Einrichtung vollständiger Druckereien übernehmen, so dass der Besteller
nur unter Angabe der besonderen Orts- und Geschäfts-Verhältnisse den
Preis bestimmt, alles andere dem Lieferanten überlassend[52].

  [52] Wer die unendlich vielen Gegenstände, welche ein solches Geschäft
       verhandelt, näher durch Beschreibung und Abbildungen kennen
       lernen will, dem ist eine Reihe von Artikeln im Journ. f. B.
       1867, Nr. 31, 32, 36, 37 zu empfehlen. Nicht weniger Interesse
       bieten die grossen illustrierten Kataloge, die fast alle
       bedeutenden Utensilienhandlungen herausgeben.

                   *       *       *       *       *

So bedeutend auch der Fortschritt von dem Ballen und der Lederwalze
zu der Massenwalze war, so litt die letztere doch unter wesentlichen
Mängeln, namentlich war ihre Brauchbarkeit sehr von der Temperatur
und der Witterung beeinflusst. Zu Zeiten schwanden die Walzen, dann
wurden sie hart wie Stein, bald nahmen sie, wenn sie zu feucht waren,
die Farbe nicht an, bald wurden sie so weich, dass sich die Form mit
Walzenmasse vollschmierte, bald mussten sie am Ofen oder mittels
brennender Fidibusse erwärmt, bald mit Sägespänen abgerieben, geschabt,
gewaschen, schliesslich, unter Ersatz der klumpig gewordenen Masse
durch neue, umgegossen werden. Waren die lokalen Verhältnisse nicht
besonders günstig, so konnte man wohl rechnen, dass der zehnte Teil der
Arbeitszeit durch Pflege der Walzen verlorenging.

[Sidenote: Englische Walzenmasse.]

Diesen Übelständen ist durch die ENGLISCHE WALZENMASSE, die
hauptsächlich aus Gelatine und Glycerin besteht, abgeholfen. Jede
Fabrik solcher behauptet, im Besitz von geheimen Rezepten zu sein;
das hauptsächlichste Geheimnis besteht wohl darin, das vorzüglichste
Material zu nehmen und alle wässerigen Teile daraus zu scheiden. Ohne
solche Walzen würden der vollen Ausnutzung der Rotationsmaschinen
bei der starken Reibung und dem schnellen Gang immer noch grosse
Schwierigkeiten erwachsen.

Eine weitere Verbesserung sind die LANHAM-Walzen. Waren sie anfänglich
nur für lithographische Schnellpressen bestimmt, so liefert der
Erfinder jetzt auch ein Fabrikat für typographische Maschinen, das
sich vorzüglich bewährt. In der Offizin des _Daily Telegraph_ druckt
jede Hoesche Maschine stündlich 1000 Exemplare mehr seit Verwendung
der Lanham-Walzen. Der Hauptbestandteil derselben ist vulkanisierter
Kautschuk, der wieder mit einem in besonderer Weise präparierten
Kautschuk-Überzug versehen ist.

[Sidenote: Die Farbenfabrikation.]

Nachdem die Druckereien aufgehört hatten, ihre FARBE selbst zu
fabrizieren, entstanden Etablissements, die sich ausschliesslich mit
dieser Fabrikation beschäftigten, deshalb auch imstande waren, rationell
zu fabrizieren und gute Farben billig zu liefern. Auch hier standen die
englischen Fabrikate obenan, und es gab eine Zeit, bis um das Jahr 1840,
wo in Deutschland kein illustriertes, oder selbst ein in der Ausstattung
nur einigermassen hervorragendes Werk mit anderer Farbe als der von
PARSON oder LAWSON gedruckt werden durfte. Ist die englische Farbe auch
jetzt ziemlich vom Kontinent verdrängt, so behauptet sie doch ihren
guten Ruf. Sie zeichnet sich durch ihren tiefen, etwas ins Bläuliche
spielenden Ton aus, der ausserordentlich schön ist, den Illustrationen
jedoch etwas Kaltes giebt. Die bedeutendsten Fabrikanten sind PARSONS,
FLETCHER & CO. in London und A. B. FLEMING & CO. in Leith, wohl die
grösste Farbenfabrik der Welt.


[Illustration]

                             III. KAPITEL.

             DIE TYPOGRAPHIE UND DAS BUCHGEWERBE ENGLANDS.

  ENGLAND. AUFBLÜHEN DER TYPOGRAPHIE: J. Baskerville, Bowyer Vater und
    Sohn, J. Nichols, Miller-Ritchie, W. Bulmer, Th. Bensley, Hansard
    Vater und Sohn. DIE XYLOGRAPHIE: Thom. Bewick. DER FARBENDRUCK: G.
    Baxter, W. Savage, W. Congreve. Oxford, Cambridge, Edinburgh u. a.
    DIE ZEITUNGSPRESSE: Die _Times_ und die Familie Walter; Stempel;
    Telegraphischer Verkehr; Inseratenwesen; Statistisches. DER
    ACCIDENZDRUCK. DER BUCHHANDEL: die illustrierten Blätter, Ch. Knight.
    Der Bibeldruck. Die Bibliophilie: Lord Spencer, T. F. Dibdin. DIE
    BUCHBINDERKUNST.

  ASIEN: Indien, China, Japan, der Indische Archipel. -- AUSTRALIEN, die
    Südseeinseln. -- AFRIKA.

[Sidenote: John Baskerville * 1706, [+] 8. Jan. 1775.]

Als der eigentliche Schöpfer der neueren englischen Typographie gilt
JOHN BASKERVILLE, 1706 in Wolverley in Worcestershire geboren. Im Jahre
1726 leitete er eine Schreibschule in Birmingham; 1745 übernahm er ein
Lackiergeschäft, durch welches er viel Geld verdiente. Seine Neigung
war jedoch der Buchdruckerei zugewandt. Von der Universität Cambridge
erhielt er die Erlaubnis, eine Bibel in Folio und zwei Ausgaben des
_Common Prayer Book_ zu drucken, gegen Zahlung einer Abgabe an die
Universität von 20 resp 12 £ Sterl. für je 1000 Exemplare und an die
_Stationers Company_ weitere 12 £ Sterl. für die Erlaubnis, seinen
Ausgaben die Psalmen anzufügen. Zu seinen berühmtesten Druckwerken
gehören die Ausgaben des Virgil in 4° und in 12°, sowie sein Horaz
von 1762. Baskerville wendete seinen Arbeiten eine unausgesetzte
Aufmerksamkeit zu. Er bereitete selbst seine Farben und baute selbst
seine Pressen. Namentlich waren seine schönen Buchschriften, ganz
besonders seine Cursivschriften, berühmt. Auch dem Papier und dessen
Behandlung widmete er die grösste Sorgfalt, die gedruckten Bogen wurden
einzeln zwischen zwei erwärmten Kupferplatten gepresst. Jetzt ist jedoch
das Aussehen seiner Drucke keineswegs schön, mutmasslich hat unrichtige
Behandlung bei der warmen Pressung nachteiligen Einfluss auf das Papier
geübt.

Trotz aller Liebe zur Kunst wurde doch Baskerville derselben müde
und erklärte, er bereue es bitter, je ihre Ausübung angefangen zu
haben. Seinem letzten Willen gemäss wurde er in seinem Grundstück in
ungeweihter Erde unter einer Windmühle begraben.

Nachkommen hinterliess Baskerville nicht. Seine Witwe hörte schon 1775
zu drucken auf, setzte aber die Schriftgiesserei noch bis 1777 fort. So
viele Vorzüge auch Baskervilles Schriften besassen, so fanden sie doch
nicht allgemeinen Beifall bei dem englischen Publikum, das den Schriften
Caslons und Jacksons den Vorzug gab. Sie lagen nun als tote Masse da,
bis der bekannte Beaumarchais in Paris sie im Jahre 1779 um den Preis
von 3700 £ Sterl. kaufte; die Universität Cambridge hatte die angebotene
Erwerbung abgelehnt.

[Sidenote: W. Bowyer d. ä. * 1663, [+] 1737.]

Ein grosses Ansehen als einer der gelehrtesten, tüchtigsten und bravsten
Buchdrucker erwarb sich William Bowyer d. j. Bereits sein Vater WILL.
BOWYER D. Ä. besass einen höchst geachteten Namen. Er hatte 1686 ein
Verlagsgeschäft, 1699 eine Buchdruckerei begründet. Wie gross die
Achtung war, die er genoss, zeigte sich, als sein Geschäft in der Nacht
vom 29. zum 30. Januar 1712 vollständig durch Feuer zerstört wurde.
Durch rasche Subskription deckten Freunde und Konkurrenten mehr als die
Hälfte des ihm entstandenen Schadens von 5000 £ Sterl.

[Sidenote: W. Bowyer d. j. * 19. Dez. 1699, [+] 18. Nov. 1777.]

Der Sohn WILLIAM BOWYER D. J. studierte in Cambridge, wo er von
1716-1722 mit litterarischen Arbeiten und Korrekturen wissenschaftlicher
Werke beschäftigt war. Dann trat er in das Geschäft des Vaters und fuhr
fort, den mehr litterarischen Teil desselben zu besorgen, worin ihn
seine zweite Frau, Elizabeth Bill, vortrefflich unterstützte. 1729
wurden Bowyer die Arbeiten des Unterhauses übertragen, die er fast 50
Jahre lang lieferte[53].

  [53] _Anecdotes biographical and literary of W. Bowyer._ London 1778.

[Sidenote: John Nichols * 15. Juli 1779, [+] 26. Mai 1826.]

Im Jahre 1766 hatte Bowyer JOHN NICHOLS zum Teilhaber genommen. Dieser
hatte bei Bowyer gelernt und sich so gut betragen, dass Bowyer die
Hälfte des Lehrgeldes an den Vater Nichols' zurückzahlte. Aus dem
Lehrherrn und dem Lehrling wurden Freunde und Associés. Nach Bowyers
Tod behielt Nichols das Geschäft allein. Er war nicht nur Erbe der
Tüchtigkeit und Gelehrsamkeit seiner Vorgänger, sondern auch von deren
Unglück, denn am 8. Februar 1808 war wieder das Feuer Verheerer alles
dessen, was seit fast hundert Jahren, seit dem ersten Brande, an Verlag,
seltenen Büchern, Druckmaterial u. s. w. gesammelt war. Nichols war
jedoch nicht der Mann, den Mut zu verlieren. Mit seinem Sohne und
Associé, der den Zunamen Bowyer angenommen hatte, richtete er alles aufs
neue ein. 1804 war er Vorsteher der _Stationers Company_ geworden und
hatte damit das Ziel seines geschäftlichen Ehrgeizes erreicht. Seit 1806
beschäftigte er sich zumeist mit litterarischen Arbeiten.

[Sidenote: Will. Strahan * 1715.]

[Sidenote: Andr. Strahan [+] 1831.]

[Sidenote: Thom. Spilbury.]

WILLIAM STRAHAN kaufte einen Teil des Patentes eines königlichen
Buchdruckers, erwarb für so hohe Honorare, wie sie selten bezahlt
worden waren, die Verlagsrechte von Arbeiten der hervorragendsten
Autoren seiner Zeit und ward 1774 Vorsitzender der _Stationers Company_.
Er stand zu einer Reihe von bedeutenden Persönlichkeiten in naher
Beziehung, unter anderen zu Franklin, mit dem er in London zusammen
gearbeitet hatte. Noch in einem seiner letzten Briefe an Strahan
bespricht Franklin in von der Buchdruckerkunst entlehnten Allegorien
und Ausdrücken scherzhaft die Politik. Der Sohn ANDREW STRAHAN trat in
die Fussstapfen des Vaters und fand in THOMAS SPILBURY einen würdigen
Nachfolger, der französische Klassiker mit solcher Korrektheit druckte,
dass sie selbst in Frankreich den französischen Ausgaben vorgezogen
wurden.

[Sidenote: Miller Ritchie [+] 28. Nov. 1828.]

Die Vervollkommnung des Werkdruckes, in welchem die Engländer so
bedeutendes geleistet haben, hat man wesentlich MILLER RITCHIE, einem
geborenen Schottländer, zu verdanken. Er begann seine Laufbahn 1785
mit einer Royal-Oktav-Ausgabe der englischen Klassiker, für welche
zum erstenmale das gelblich gerippte Papier Whatmans benutzt wurde.
Eine Quartbibel in zwei Bänden folgte. Wie Baskerville hatte er schwer
mit dem alten Schlendrian der Arbeiter zu kämpfen und oft musste er
zu den Druckerballen greifen, wenn er einen ihn befriedigenden Druck
haben wollte[54]. Er fand jedoch zwei mächtige Bundesgenossen für seine
Bestrebungen in dem Papierfabrikanten Whatman und dem Farbefabrikanten
Blackwell, wie überhaupt das vortreffliche Papier und die gute englische
Farbe ausserordentlich viel zu dem Übergewicht englischer Werkdrucke
beigetragen haben. Trotz seiner Tüchtigkeit, oder vielleicht eben weil
er die Vorzüglichkeit der Arbeit höher stellte als den Gewinn, konnte
Miller Ritchie keine unabhängige Stellung behaupten.

  [54] Der bekannte Thom. Curson Hansard behauptet in seiner
       _Typographia_, dass, wenn die besten Prachtwerke Englands nicht
       ganz die besten der Franzosen und Bodonis erreichen sollten,
       dies in der schwierigeren Behandlung der Farben liege, deren
       Konsistenz in der wechselnden Temperatur Englands nicht ganz
       gleichmässig erhalten werden könne.

[Sidenote: Will. Bulmer * 1754, [+] 1830.]

Als ein würdiger, zugleich glücklicherer Nachfolger in denselben
Bestrebungen muss WILLIAM BULMER genannt werden, dessen Name mit dem
Schönsten und Korrektesten verbunden ist, was die Buchdruckerkunst
Englands, die durch ihn auf die höchste Stufe der Vollendung gebracht
wurde, aufzuweisen hat. Bulmer, in Newcastle geboren, wurde während
seiner Lehre dort mit dem später so berühmten Holzschneider Thomas
Bewick, für den er die Probedrucke besorgte, bekannt und brachte ihn
auf den Gedanken, die Holzschnitte abzuflachen, so dass die leichteren
und verschwindenden Stellen tiefer zu liegen kamen, wodurch der
Abdruck eines Holzschnittes, selbst ohne jede Zurichtung, sich in
den richtigen Abstufungen der Farbentöne zeigt. Durch einen Zufall
kam er in Verbindung mit dem Buchhändler George Nicol, der eine
grosse Prachtausgabe von Shakespeares Werken vorbereitete, die in
artistisch-typographischer Hinsicht alles übertreffen sollte, was
bis dahin geliefert war. Das Werk, 9 Bände Folio und ein Band Kupfer
(1794-1801), wurde in Bulmers Offizin, genannt _Shakespeare-Press_,
gedruckt mit Schriften, die von William Martin in Birmingham geschnitten
waren. Der Druck des Werkes, das im Jahre 1794 begonnen wurde und
allein wohl mehr Bogen enthielt, als alle Bodonischen Prachtausgaben
zusammen, ist von unübertroffener Gleichmässigkeit; der letzte Bogen
sieht genau aus wie der erste. Neben diesem Werk ist die grosse Ausgabe
von Milton, 3 Bände Folio, zu erwähnen, die typographisch vielleicht
noch höher als die von Shakespeare steht; dann die Ausgabe von Goldsmith
und Parnell. 1798-1803 wurde das prachtvolle _Museum Worsleyanum_,
zwei Bände Folio, gedruckt, auf welches Richard Worsley 27000 £
Sterl. verausgabte und das nie in den Handel kam. Aus der Reihe der
grossartigen Druckwerke Bulmers nennen wir noch Dibdins _Typographical
Antiquities_ und die _Bibliotheca Spenceriana_, wohl das brillanteste
bibliographische Werk, das existiert. Ein Meisterstück der Bulmerschen
Pressen ist ferner Dibdins _Bibliographical Decameron_ mit einer
grossen Anzahl von Vignetten. Er druckte auch 1808 Wilkins _Sanskrit
Grammar_, ein Quartband von 662 Seiten in prachtvoller Ausstattung.
1819 zog er sich ganz vom Geschäft zurück, das auf WILL. NICOL, den
Sohn seines Freundes, überging. Auch Bulmer wurde vortrefflich durch
Whatman und ausserdem durch den Holzschneider Bewick unterstützt.
Als der bedeutendste Drucker und Mitarbeiter Bulmers wird DANIEL
GRIMSSHAW genannt. Ein Hauptstreben Bulmers war auf eine vorzügliche
Farbe gerichtet. Diese lieferte erst Rob. Martin in Newcastle; bei der
Unmöglichkeit für diesen, Bulmers Bedarf zu decken, fand letzterer
sich veranlasst, selbst die nötigen Einrichtungen zur Gewinnung eines
zufriedenstellenden Fabrikates zu treffen.

[Sidenote: Th. Bensley und andere.]

Ein Rival Bulmers, dessen Verhältnis zu König und Bauer schon erwähnt
wurde, war THOMAS BENSLEY. Als jener seinen Shakespeare druckte, folgte
Bensley mit seiner prachtvollen Bibel von Maclin in sieben Bänden in
Quarto. Ganz vorzüglich war auch die Ausgabe von Thomsons Jahreszeiten.

[Sidenote: Ch. Whitaker.]

Schöne Drucke lieferte im Beginn dieses Jahrhunderts auch CHARLES
WHITAKER. Seine Ausgabe der _Magna Charta_, ganz in Golddruck von
hervorragender Schönheit mit illuminierten Initialen, ist eine grosse
Seltenheit. Seinen Golddruck behandelte er als Geheimnis und schlug das
Anerbieten der Gesellschaft zur Förderung der Kunst ab, das Verfahren
gegen eine öffentliche Belohnung bekannt zu geben.

Zu den schönsten englischen Presserzeugnissen gehört das Gedicht _The
Press_, von dem Buchdrucker JOHN M'CREERY im Jahre 1803 gedichtet und
gedruckt, und von Holl illustriert.

[Sidenote: Ch. Whittingham * 16. Juni 1767.]

[Sidenote: Whittingham II. * 30. Okt. 1795.]

CHARLES WHITTINGHAM war in Calledon bei Coventry geboren. Im Jahre
1792 etablierte er sich in London, wo er bis 1811 viele schöne Werke
für Londoner Verleger druckte. Er war einer der ersten, welche die
Zurichtung der Holzschnitte zur Vollkommenheit brachten. Im Jahre
1811 überliess er seinem Teilnehmer Rowland die Leitung des Londoner
Geschäfts und zog nach Chiswick. Aus seiner _Chiswick-Press_ ging unter
anderen bedeutenden Werken in den Jahren 1819-1822 eine vortreffliche,
nur in 500 Exemplaren gedruckte und auf einmal herausgegebene
Oktav-Ausgabe der englischen Dichter in 100 Bänden hervor. Das Geschäft
ging auf den Neffen CHARLES WHITTINGHAM über, der jedoch daneben
eine von ihm selbst begründete Offizin in London hatte, wo er, mit
Peels Werken beginnend, eine Reihe von schönen Ausgaben für Will.
Pickering bis zu dessen 1854 erfolgtem Tode druckte. Sein Sohn CH. JOHN
WHITTINGHAM starb am 21. April 1876.

[Sidenote: Luke Hansard * 5. Juli 1752, [+] 28. Okt. 1828.]

Berühmt wurden auch Hansard Vater und Sohn. Ersterer, LUKE HANSARD, ist
namentlich als Parlamentsdrucker bekannt. Er lernte in seiner Vaterstadt
Norwich und arbeitete später in dem Geschäft des Parlamentsdruckers John
Hughs. Hansard wurde erst Dirigent der Buchdruckerei, dann Teilhaber und
im Jahre 1800 Alleinbesitzer. Sein Ruf wurde durch die ungewöhnliche
Promptheit, mit welcher er stets die Regierungsarbeiten ausführte,
fest begründet. Freilich war es auch lohnend, für die Regierung zu
arbeiten. Die Rechnungen Hansards d. j. betrugen 1829 125772 £ Sterl.;
in dem Jahre 1830 wurde für 86217 £ Sterl. gedruckt. 1831 machten die
Parlamentsakten 120 Foliobände aus[55]. Luke Hansard starb, 77 Jahre
alt, im Besitz des allgemein verbreiteten Rufes, ein seltener Mensch
gewesen zu sein[56].

  [55] 1879 rechnete man, dass jedes Parlamentsmitglied während der Dauer
       des letzten Parlaments 20 Zentner an Drucksachen empfangen habe.

  [56] _Biographical Memoir of Luke Hansard._ London 1829.

[Sidenote: Th. C. Hansard * 6. Nov. 1776, [+] 14. Mai 1833.]

THOMAS CURSON HANSARD, der Sohn und Nachfolger Lukes, ist namentlich
bekannt als Verfasser der _Typographia_, des renommiertesten englischen
Handbuches der Geschichte und Technik der Buchdruckerkunst, welches
eine Menge schätzbares Material enthält, dessen bessere Sichtung und
Durcharbeitung jedoch sehr zu wünschen gewesen wäre.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Xylographie.]

Gleichzeitig mit der Wiedergeburt der Typographie erhob sich auch
die Xylographie aus dem Elend, in welches sie versunken war, eine
Renaissance, die wir ebenfalls einem Engländer verdanken, was um so mehr
überrascht, als England zu einer Zeit, wo diese Kunst in Deutschland,
Frankreich und Italien blühte, noch gar keine Holzschneidekünstler
aufzuweisen gehabt hatte. Auf welcher Stufe der Unbedeutendheit die
Xylographie sich befand, geht daraus hervor, dass zu Anfang des XIX.
Jahrhunderts London nur zwölf Holzschneider zählte. Man kann sonach,
was England betrifft, fast richtiger von einer Geburt als von der
Wiedergeburt der Kunst durch THOMAS BEWICK reden.

[Sidenote: Th. Bewick * 12. Aug. 1753, [+] 8. März 1828.]

Die ersten Übungen seines Zeichnertalentes bestanden in dem mit Kreide
Bemalen fast aller Häuser in Cherry-Burn, seinem Geburtsorte. Mit dem
14. Jahre kam er in die Lehre bei einem tüchtigen Graveur in Newcastle:
Ralph Beilby.

Als ein Gelehrter, Dr. Hutton, ein grosses Werk über die Messkunst
herausgab, riet ihm Beilby, statt Kupferplatten Holzschnitte für die
Illustrationen zu wählen. Hutton ging auf diesen Gedanken ein und die
Ausführung der Holzschnitte wurde Bewick anvertraut, der sich seiner
Aufgabe so geschickt entledigte, dass ihn Beilby aufmunterte, seine
gesamten Kräfte dieser vernachlässigten Kunst zu widmen. Nachdem er sich
eine zeitlang in London und in Schottland aufgehalten hatte, kehrte
er nach Newcastle zurück und wurde in dem Geschäft seines Lehrers
Teilhaber. Er bildete nun auch seinen Bruder John für die Kunst aus.
Eine Ausgabe von Gays Fabeln gab den Brüdern Gelegenheit, ihr Talent in
einer höheren Kunstrichtung zu zeigen. Ein Holzschnitt »Der alte Hund«
erhielt im Jahre 1775 die von der Gesellschaft der Kunst ausgesetzte
Prämie für den besten Holzschnitt. Die »Geschichte der Vierfüssler«
erschien 1790; das berühmte Werk »Die Geschichte der englischen Vögel«
folgte 1797. Kühnheit der Zeichnung, Lebendigkeit und Naturtreue
in den Stellungen, Korrektheit und Unterscheidung des Charakters,
der Lebensweise und der Bewegung in allen Figuren sind Vorzüge der
Holzschnitte Bewicks. Der Bruder John starb bereits am 21. Oktober 1795
in seinem 25. Jahre. Er kam seinem Bruder an Talent gleich, lebte aber
nicht lange genug, um einen solchen Ruf wie dieser zu erlangen. Die
Holzschnitte des Thomas Bewick sind zum grossen Teil in einem im Jahre
1870 erschienenen Album vereinigt[57].

  [57] THOM. LANDSEER, _Life and letters of W. Bewick_. 2 Bde. London
       1870. -- J. G. BELL, _A descriptive and critical Catalogue of
       works illustrated by T. and J. Bewick_. -- TH. HUGO, _The Bewick
       Collector_, London 1866. Supplement 1868. -- _Bewicks wood cuts,
       ed. by Th. Hugo._ London 1870.

Seit Bewicks Zeit hat England eine sehr grosse Zahl tüchtiger
Xylographen aufzuweisen, und es gab eine Zeit, wo die englischen
Holzschneider auch auf dem Kontinent massgebend waren.

[Sidenote: Der Farbendruck. W. Savage.]

[Sidenote: George Baxter.]

Wie England sich in der neueren Xylographie als bahnbrechend zeigte, so
auch in dem FARBENDRUCK. Zuerst ist WILLIAM SAVAGE zu nennen, geboren
zu Houdon in Yorkshire, wo er sich auch mit seinem Bruder James 1790
als Drucker und Buchhändler etablierte. William ging 1797 nach London,
und wurde dort vorzüglicher Drucker und Verfasser der epochemachenden:
_Hints on decorative Printing_ in zwei Teilen (1819-1832). 1840 folgte
sein bekanntes Werk _Dictionary of the Art of Printing_. Übertroffen
wurde er von GEORGE BAXTER, der seine ersten Versuche 1835 machte und
Patent auf den Druck von Bildern mit Ölfarben nahm. Baxter druckte den
Untergrund und die Umrisse mit Stahlplatten, dann die einzelnen Farben
von Holzstöcken, deren Zahl mitunter zwanzig überstieg. Seine besten
Arbeiten finden sich in seinem _Pictorial-Album_, das 1837 bei Chapman
& Hall erschien. In Landschaften ist er nicht übertroffen worden. Von
einem kleinen Blatt »Die Dreieinigkeit« nach Rafael wurden über 700000
Exemplare verkauft.

[Sidenote: Will. Congreve * 1772.]

Eine weitere Art des Farbendruckes, welche eine zeitlang eine bedeutende
Rolle spielte, ist diejenige von dem, auch durch seine Tod und Verderben
schleudernden Raketen bekannten Sir WILLIAM CONGREVE erfundene. Congreve
war Zeuge von dem mühsamen zweifarbigen Druck in der Applegathschen
Buchdruckerei gewesen, und da die englische Regierung einen Preis auf
die Herstellung unnachahmlicher Banknoten gesetzt hatte, richtete er
alle seine Gedanken auf diesen Punkt. Er erhielt ein vierzehnjähriges
Patent auf eine von Donkin für ihn gebaute Maschine. Das Prinzip des
Congreveschen Druckes beruht darauf, die verschiedenen Teile einer
Metallplatte, insoweit diese mit einer und derselben Farbe gedruckt
werden sollen, knapp aus der Platte herauszusägen, so dass sie, wieder
in einander gefügt, ein Ganzes bilden. Nach einander werden die Teile,
welche eine und dieselbe Farbe bekommen sollen, durch Unterlagen
hochgestellt und eingefärbt, bis schliesslich das Ganze, welches nach
Entfernung aller Unterlagen eine glatte Oberfläche bildet, mit einem
Zug des Bengels abgedruckt werden kann. Im Verein mit einem Buchdrucker
WHITING legte Congreve eine Buchdruckerei an, die sich hauptsächlich mit
Druck von Etiquetten u. dgl. beschäftigte. Durch die Fortschritte der
Lithographie und die Erfindung der Mehrfarbenmaschinen ist Congreves
Methode so gut wie verdrängt. Die Engländer nennen sie _Compound
Printing_, die Bezeichnung »Congreve-Druck« rührt von Ed. Hänel her, der
das Verfahren nach Deutschland brachte.

                   *       *       *       *       *

Ausser London haben als Druckorte in England nur Oxford und Cambridge,
in Schottland Edinburgh eine grössere Bedeutung.

[Sidenote: Oxford.]

Von den Buchdruckereien der beiden englischen Universitäten nimmt
die in OXFORD den bei weitem wichtigeren Platz ein. Nachdem sie von
1669-1713 in dem _Sheldonian Theater_ installiert gewesen war, wurde
sie in den Clarendonbau übergeführt und blieb dort, bis sie 1830 die
schöne und geräumige Lokalität bezog, die sie jetzt noch innehat. Bei
der Abgesondertheit von dem grossen Verkehr war es notwendig, alle
Branchen, sogar Farbe- und Walzenfabrikation, zu vereinigen. Gebunden
wurden die Bücher in der Universitätsbuchbinderei in London. Das Papier
lieferte eine der Universität gehörende Fabrik in Wolvercote. Eine
besonders gepflegte Spezialität war neben dem Bibeldruck die Herstellung
orientalischer Werke. Die Druckerei erhielt seit der Clarendonschen
Stiftung noch öfters wertvolle Dotationen, so z. B. 1785 eine von Lord
Godolphin im Betrag von 5000 £ Sterl.

[Sidenote: Cambridge.]

Die Universitätsdruckerei in CAMBRIDGE, _Pitt-Press_ genannt, befindet
sich seit 1834, gerade drei Jahrhunderte nach ihrer Begründung, in
einem neuen, im Stil des XV. Jahrhunderts, erbauten kirchenähnlichen
Gebäude, das 1860 erweitert wurde. Die Kosten wurden zumteil aus den
Überschüssen des zu einem Denkmal für William Pitt gesammelten Fonds
bestritten. Die Offizin kann sich an Bedeutung für die Wissenschaft zwar
nicht mit der _Clarendon-Press_ in Oxford messen, hat jedoch in neuerer
Zeit einen raschen Aufschwung genommen, welcher namentlich C. J. Clay,
seit 1856 Direktor und Teilnehmer sowohl des Cambridger als des Londoner
Geschäfts der Universität, zuzuschreiben ist.

[Sidenote: Edinburgh.]

In EDINBURGH, dem »Neuen Athen«, herrschte zu Beginn des
laufenden Jahrhunderts ein sehr bewegtes litterarisches und
typographisch-bibliopolisches Leben.

[Sidenote: James Balantyne * 1772, [+] 16. Juni 1821]

Der bekannteste Buchdrucker war dort JAMES BALANTYNE[58]. Nachdem er
der Jurisprudenz, seinem vorherigen Berufe, Lebewohl gesagt hatte,
etablierte er in seiner Vaterstadt KELSO eine Buchdruckerei. Ein
Zufall brachte ihn auf einer Reise mit seinem früheren Schulkameraden
Walter Scott zusammen, woraus eine, für beide erst glänzende, dann
verhängnisvolle Geschäfts-Verbindung entstand. Die von Balantyne
gedruckte Ausgabe der Balladen Walter Scotts erregte durch ihre schöne
Ausstattung solche Aufmerksamkeit, dass man Balantyne veranlasste, nach
Edinburgh überzusiedeln. Seine Offizin nannte er _The Border-Press_,
nach dem Werke Scotts _Minstrelsy of the Scottish Border_. Bis 1826
druckte er nun alle Werke Walter Scotts, der Teilhaber der Druckerei
und des wöchentlich erscheinenden _Edinburgh Journal_ wurde. Walter
Scott sowohl als sein Drucker erlitten -- wie es kam, ist nicht ganz
aufgeklärt -- einen gemeinschaftlichen finanziellen Ruin. Thatsache ist,
dass ihre Freundschaft diesen überlebte. Balantyne war auch ein von
Walter Scott gern gehörter Kritiker, der mit grosser Sorgfalt und vielem
Verständnis die manchmal flüchtigen Manuskripte des Dichters verbesserte.

  [58] _History of the Balantyne Press._ Edinburgh 1871.

Die letzte Veranlassung zu der erwähnten Katastrophe gab der plötzliche
Fall des Verlegers Walter Scotts ARCHIBALD CONSTABLE, der zugleich
Verleger der _Encyclopaedia Britannica_ geworden und 1802 das _Edinburgh
Review_ begründet hatte, welche Werke später alle auf A. CH. BLACK
übergingen.

[Sidenote: A. Black * 1784.]

Der Begründer dieser Firma war ADAM BLACK im Verein mit seinem
Neffen CHARLES BLACK. Das _Edinburgh Review_ erwarben sie 1826
gemeinschaftlich mit Th. N. Longman, allein kauften sie die
_Encyclopaedia Britannica_, die eine glänzende Aufnahme fand. Die Kosten
der 1842 beendigten siebenten Auflage, 21 Bände in Quarto, betrugen über
2-1/2 Millionen Mark; 1851 wurden Blacks Besitzer des Verlagsrechtes auf
Scotts Romane.

Ebenfalls einen bedeutenden Ruf hatten die Firmen W. Blackwood & Sons
und R. & W. Chambers.

[Sidenote: Blackwood d. ä. * 20. Dez. 1776, [+] 16. Sept. 1834.]

[Sidenote: Blackwood d. j. * 7. Dez. 1818, [+] 29. Okt. 1879.]

Erstere wurde von WILLIAM BLACKWOOD 1804 begründet. Blackwood trieb erst
Antiquariatsgeschäfte; 1811 fing er an zu verlegen. Das 1817 begonnene
_Edinburgh Monthly Magazine_ wollte nicht »ziehen«. Nach sechs Nummern
erschien als Nr. 7 _Blackwoods Magazine_, das sofort Beifall fand. 1827
wurde die _Edinburgh Cyclopaedia_ in 18 Bänden vollendet. Der Sohn WILL.
BLACKWOOD, der von 1840-1845 das Londoner Geschäft der Firma verwaltet
hatte, dann aber nach Edinburgh gezogen war, redigierte das Magazin bis
zu seinem Tode mit der äussersten Sorgfalt[59].

  [59] R. Lindau setzte dem Verstorbenen ein ehrendes Denkmal in der
       »Gegenwart«, abgedruckt im Börsenbl. f. d. d. B. 1879, Nr. 293.

[Sidenote: W. Chambers * 1800.]

[Sidenote: Rob. Chambers * 4. Febr. 1802, [+] 17. Mai 1871.]

Vor etwa sechzig Jahren gründeten die Brüder WILLIAM und ROBERT CHAMBERS
erst eine Buchhandlung und dann eine Buchdruckerei mit einem Kapital von
3 £ Sterl., einem halben Zentner Schrift und einer elenden Holzpresse in
der Absicht, gute und billige Bücher zu drucken. Tüchtigkeit und Energie
brachten das Geschäft rasch in die Höhe. Am 4. Februar 1832 wurde das
heute noch blühende _Chambers Edinburgh Journal_, das sofort 50000
Abnehmer fand, und 1845 deren 90000 zählte, gegründet. Dieses Journal,
das vier Wochen vor dem _Penny Magazine_ begann, hat sehr viel zu der
Bildung des englischen Publikums beigetragen. 1844 begann Rob. Chambers
ein höchst verdienstliches Werk: _Cyclopaedia of English Litterature_,
enthaltend Biographien und kritische Charakteristiken von 832 Autoren
nebst Proben ihrer Werke. 130000 Exemplare davon wurden in England
verbreitet, eine nicht geringere Anzahl in Amerika[60].

  [60] _Autobiography and Memoir of R. & W. Chambers._ Philadelphia 1872.

[Sidenote: Buchdrucker in der Provinz.]

Von den bedeutenden Buchdruckern Edinburghs in neuester Zeit nennen wir
NELSON & CO. mit ihrer grossen, sehr praktisch eingerichteten Offizin
und W. C. BLACKIE & CO., namentlich in Accidenzien bedeutend. Unter den
Buchdruckern der Provinz zeichnet sich STEPHAN AUSTIN in HEREFORD durch
seine schönen orientalischen Drucke aus. JOHN HEYWOOD in Manchester
besitzt vier Etablissements von grösster Ausdehnung, namentlich für
die _Stationery_. Durch ein kleines Werkchen: _The bona fide Pocket
Dictionary_ hat sich JOHN BELLOW in Gloucester einen Namen unter den
Meistern aller Zeiten erworben. Die zu dem Büchlein verwendete Schrift,
nur 3-3/8 typographische Punkte gross, schnitten MILLAR & RICHARD in
Edinburgh und London.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Zeitungspresse.]

Am staunenswertesten ist die Entwickelung, welche die Zeitungspresse
trotz des erschwerenden Zeitungsstempels nahm. 1761 wurde letzterer auf
einen Penny, 1776 auf anderthalb, 1789 auf zwei Pence festgestellt; 1794
musste der ganze Bogen drittehalb, 1799 viertehalb, schliesslich gar
vier Pence zahlen. Im Jahre 1833 brachte diese Steuer dem Staate gegen
10-1/2 Millionen Mark ein, zu welchen die _Times_ allein zeitweilig über
zwei beizutragen hatten. Für jedes Inserat musste 3 _sh_ 6 _d_ Abgabe
gezahlt werden, infolge dessen die kleinste Bekanntmachung mit 7 _sh_
berechnet wurde. Jede Zeitungsnummer kostete gewöhnlich 7 Pence.

[Sidenote: Die _Times_.]

Es ist nicht hier die Aufgabe, die Entwickelung des Zeitungswesens
Schritt für Schritt zu verfolgen, geboten scheint es jedoch, in
einem Handbuch der Buchdruckerkunst wenigstens der historisch
gewordenen Offizin der _Times_, welche für alle folgenden grossartigen
Zeitungsoffizinen als Muster galt, einige Worte zu widmen, um so mehr,
als die Besitzer immer voran waren, wenn es galt, neue Erfindungen zu
benutzen oder selbst die Initiative zu solchen zu ergreifen.

[Sidenote: John Walter d. ä.]

Der Begründer der _Times_, JOHN WALTER D. Ä., war ein bedeutender
Kohlenhändler. Als er sich vom Geschäft zurückgezogen hatte, verlor er
als Beteiligter bei Schiffsassekuranzen sein ganzes Vermögen, nicht
aber den Ruf eines braven und redlichen Mannes. Zum Glück für den
Journalismus wurde durch einen Ministerwechsel seine Hoffnung auf eine
Staatsanstellung zunichte. Damals führte ihn der Zufall mit einem Setzer
HENRY JOHNSON, einem Schwärmer für ein ihm patentiertes Logotypsystem,
zusammen. Walter erwarb dessen Patent, modifizierte das System jedoch so
wesentlich, dass man es wohl als »System Walter« bezeichnen kann. Die
Typen wurden wie andere, jedoch etwas niedriger als üblich, gegossen,
durch Untergiessen von Metall verbunden und auf die richtige Höhe
gebracht. Walter etablierte sich nun als _Logographic Printer_ und wurde
von Benjamin Franklin und Sir Josuah Banks, Präsident der Gesellschaft
der Wissenschaften, aufgemuntert. Er selbst nährte die ausschweifendsten
Hoffnungen in betreff der Erfolge und teilte die Menschheit in zwei
Klassen, Freunde und Feinde der Logotypen. In jedem, der Zweifel an
seinem System hegte, erblickte er einen persönlichen Feind, so in dem
bisher mit ihm eng befreundeten Schriftgiesser Caslon und dem berühmten
Buchdrucker John Nicol. Der gekränkte Walter wollte, nachdem er es
bereits mit einem Büchlein: _Gabriel, the Outcast_, versucht hatte,
nun auch der Welt zeigen, dass man Zeitungen mit Logotypen zweckmässig
herstellen könne. Am 1. Januar 1785 erschien Nr. 1 des _Daily Universal
Register_. Es fand jedoch keinen grossen Beifall und mit dem 1. Januar
1788 wurde der Titel in _Times_ umgeändert, deren erste Nummer jedoch in
der angefangenen Reihenfolge weiter als Nr. 940 erschien.

So war der Anfang der _Times_, die später zwar den Besitzern reichen
Segen, anfänglich jedoch schwere Sorgen brachten. Das Logotypsystem
wurde von Walter selbst als unpraktisch über Bord geworfen.

[Sidenote: John Walter II.]

Dem alten Walter folgte der Sohn JOHN WALTER II. Denselben klaren Blick,
welcher ihn sofort sich der Erfindung Friedr. Königs bemächtigen liess,
zeigte er auch in allen anderen Verhältnissen. Es giebt Zeitungen mit
einer weit grösseren Auflage, als die _Times_ sie je gehabt, aber kein
Blatt hat je eine bedeutsamere Stellung eingenommen. Sie wurden eine
förmliche Macht, auf deren Stimmabgabe Behörden, Richter, die Vertreter
des Handels und der Industrie spannten und mit der Regierungen wie mit
einer gleichberechtigten unterhandelten. Jeder Engländer betrachtete
dieses Institut wie einen Teil seines eigenen Ichs und eine Schädigung
desselben wie eine ihm selbst zugefügte. Kein Fremder, der nach London
kam, vergass, wenn er die Erlaubnis zu einem Besuch in der Offizin im
_Printinghouse-Square_ erhielt, einen solchen abzustatten.

[Sidenote: Die neue _Times_-Druckerei.]

Doch diese historisch berühmten Räume wurden dem Blatt nach und nach
zu eng und mussten durch Neubauten ersetzt werden. Die Hauptfaçade
derselben, in einer Länge von 100 englischen Fuss und einer Höhe von 60
Fuss, die für den breiten Giebelteil auf 80 Fuss steigt, liegt nach der
Victoriastrasse. Das Kellergeschoss bildet einen grossen, 16 Fuss hohen
Raum und ist ausschliesslich dem Bau der »Waltermaschine« gewidmet. Das
Gebäude, von roten und gelben polierten Ziegeln aufgeführt, enthält
ausserdem noch ein Parterre und vier Stockwerke; jede Etage hat neun
halbbogenförmige Fenster. Der Eingang, architektonisch reich geschmückt,
in gehauenen Steinen ausgeführt und mit Bogen, die auf polierten
Granitsäulen ruhen, befindet sich an dem westlichen Ende. Ein vier Fuss
hoher Karnies aus gehauenen Steinen wird durch den Giebelbau, der fast
zweidrittel der Länge einnimmt, unterbrochen. Als Ausschmückung sind auf
diesem drei grosse offene Bücher, von reichem Eichenlaub mit Eicheln
umgeben, angebracht. Auf dem mittelsten derselben ist mit grossen
schwarzen Buchstaben zu lesen: _Times_; auf dem links: _Past Times_; auf
dem rechts: _Future_.

Die _Times_ haben direkte Drähte von Wien, Berlin und Paris. Mit den
Sälen der Parlamentshäuser stehen sie durch telephonische Leitung in
Verbindung. Das Endstück in der Offizin ist mit zwei Tuben versehen,
welche an den Ohren des an der Kastenbeinschen Setzmaschine arbeitenden
Setzers angebracht sind. Der Reporter spricht ihm die Verhandlungen
zu, der Setzer spielt sie auf seinem Klavier ab, und der Satz ist
fertig. Man hat dabei alle die Vorteile des mündlichen Verkehrs, um
Nichtverstandenes zu wiederholen und Missverstandenes aufzuklären. Gegen
die bisherige telegraphische Verständigung bietet die telephonische
den Vorteil, dass die Wiedergabe der Berichte über die in der Nacht
stattfindenden Parlaments-Debatten fast um eine Stunde weiter reichen
kann, als früher der Fall war.

[Sidenote: John Delane.]

Von 1841-1879 leitete JOHN THADDEUS DELANE das Blatt als Hauptredacteur
mit grossem Geschick und feinem Takt, ohne jedoch bei der Herausgabe
litterarisch thätig einzugreifen. Wenn man die _Times_ so oft als das
»leitende Blatt« bezeichnet, so ist dies insofern vielleicht nicht ganz
korrekt, als sie nicht den Anspruch erheben, die öffentliche Meinung
zu »machen«. Ihr Hauptverdienst ist, rasch und sicher zu fühlen, was
die öffentliche Meinung will, und dies dann bestimmt auszusprechen,
oft ehe sich das Publikum selbst darüber recht klar geworden ist. Ihre
Ansichten gegen den Strom durchsetzen wollen die _Times_ nicht, und
deshalb sind oft Vorwürfe gegen dieselben erhoben worden, als hätten
sie einen nachteiligen Einfluss auf den englischen Volksgeist und
die englische Politik geübt. Damit haben wir es jedoch hier nicht zu
thun; als Institution des Buchgewerbes muss den _Times_ unbedingte
Bewunderung ausgesprochen werden und es mögen die von Sir Ed. Lytton
Bulwer im Parlament gesprochenen Worte noch hier stehen: »Wenn ich in
der Lage wäre, ein Denkmal unserer Civilisation der späteren Nachwelt
hinterlassen zu müssen, so würde ich nicht in erster Reihe unsere
Docks, unsere Eisenbahnen, nicht unsere öffentlichen Gebäude, selbst
nicht den Prachtbau, in welchem wir tagen; ich würde einen Band der
_Times_ wählen«. John Walter II. speziell muss jeder Deutsche seine
Achtung zollen wegen der Art und Weise, wie er für Friedr. König
eintrat. Ohne den festen Rückhalt, den letzterer an Walter fand, wäre
er wahrscheinlich, als ein zweiter Gutenberg, in den Händen kleinlicher
Geldmenschen, verkümmert.

[Sidenote: Das Fallen der Stempelsteuer.]

Das Sinken der fesselnden Steuer auf Zeitungen ging rascher als
das Steigen. 1851 war sie ganz abgeschafft, 1861 die Papiersteuer.
Jetzt stand der Entwickelung einer wohlfeileren Zeitungspresse, dem
sogenannten Monopol der _Times_ gegenüber, nichts im Wege, und man
verfehlte nicht, rasch von der Lage Gebrauch zu machen. Zwar fehlte es
nicht an ängstlichen Gemütern, welche gerade in den Erleichterungen
einen Ruin der »guten Presse« und ein Heraufbeschwören der bösen Geister
erblickten. Diese Stimmen sind durch die mit den _Times_ um den Einfluss
kämpfenden Penny-Blätter zum Schweigen gebracht und noch jetzt gelten
die Worte Macaulays: »Während eines Zeitraums von 170 Jahren ist die
Freiheit unserer Presse immer vollständiger geworden und während dieser
170 Jahre ist die Beschränkung, welche das allgemeine Urteil der Leser
den Schriftstellern auferlegt, immer strenger geworden. Noch heutzutage
sind Fremde vollständig ausser Stande, zu begreifen, wie es geschehen
kann, dass die freieste Presse in Europa zugleich die rücksichtsvollste
ist.«

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Statistik der Zeitungspresse.]

Was die Zahl der Organe betrifft, steht die englische Zeitungspresse
nicht nur weit hinter Amerika, sondern selbst gegen Deutschland und
Frankreich zurück, ihre Macht ist jedoch nicht in der Zahl, sondern
in dem Umfang, der Reichhaltigkeit und der starken Verbreitung der
Zeitungen zu suchen[61].

  [61] C. MITCHELL & CO., _The newspaper press directory 1881_. London.
       36. Jahrg. -- F. L. MAY & CO., _Press-guide_. -- A. ANDREWS,
       _The history of british journalism to 1855_. 2 Bde. London 1859.
       -- JAMES GRANT, _The newspaper Press_. 3 Bde. London 1871. --
       JUL. DUBOC, Geschichte der englischen Presse. Hannover 1873. --
       R. R. MADDEN, _The history of Irish periodical Litterature_.
       London 1867. -- Zur Charakteristik des Journalismus in England.
       Deutsche Vierteljahrsschrift 1853. -- H. SAMPSON, _A history of
       Advertising_. London 1874.

Im Jahre 1881 hatte Grossbritannien 1986 Zeitschriften, von welchen 378
in London, 1087 in der Provinz, 66 in Wales, 181 in Schottland, 181
in Irland und 20 auf den Kanalinseln erschienen. Unter diesen waren
nur 153 Tagesblätter, von welchen 18 London, 94 der Provinz, 3 Wales,
21 Schottland, 16 Irland, 1 den Kanalinseln gehörten. 69 derselben
kosteten nur 1/2 Penny, 70 1 Penny, die übrigen waren im Preise
verschieden bis zu 3 Pence. Die Post allein versandte im Jahre 1880 131
Millionen Zeitungsblätter, was jedoch nur einen Bruchteil des Konsums,
namentlich der Wochenblätter, repräsentiert. Der _Daily Telegraph_
druckte eine amtlich beglaubigte Auflage von täglich 242215 Exemplaren
im Durchschnitt; der _Standard_ versandte 209555 Exemplare. Das macht
für die zwei Blätter jährlich 135531000 Nummern, während die Gesamtzahl
aller Tageszeitungen im Jahre 1851 nur 18 Millionen erreichte, zu
welchen die _Times_ allein etwa zweidrittel beitrugen. 1821 brachten
es alle Zeitungen und Zeitschriften zusammen auf gegen 25 Millionen
Nummern, heute beträgt die Jahressumme Einer Wochenschrift: _Lloyds
Weekly_, bei einer Durchschnitts-Auflage von 612902 Exemplaren, 32
Millionen.

Und dabei, welchen Umfang haben die jetzigen Zeitungen! An einem aufs
Geratewohl gewählten Tage, dem 13. Mai 1880, wiesen _Times_ 120 ihrer
Riesenspalten auf, davon 80 mit Anzeigen. _Daily Telegraph_ hatte 96
Spalten, von welchen die Inserate 62 in Anspruch nahmen. _Daily News_
und _Standard_ brachten je 64 Spalten, erstere 36 Anzeigenspalten,
letzterer 28. Eine Nummer eines Provinzialblattes, _The Scottsman_ in
Edinburgh, bestand aus 112 Spalten in Folio mit 33000 Zeilen und über 2
Millionen Buchstaben, etwa doppelt so viel, als ein dreibändiger Roman
enthält.

Das Anzeigewesen ist sehr praktisch eingerichtet und man kennt in
England nicht das Übermass von Accidenzschriften, Abbildungen u. dgl.,
von welchem der Inseratenteil der deutschen Zeitungen strotzt. Der Preis
einer Inseratzeile ist gewöhnlich 1 _sh._

[Sidenote: Der telegraphische Verkehr.]

Von enormer Bedeutung ist der telegraphische Verkehr der Zeitungen. Es
gab eine Zeit, wo die Tagespresse sich rühmte, jetzt nur fünf Monate für
die Herbeischaffung von Nachrichten aus Gegenden zu gebrauchen, wozu
früher dreizehn Monate gehört hatten. Am 1. Oktober 1880 war 23 Minuten
nach der Eröffnung der Welt-Ausstellung in Melbourne die Nachricht davon
bereits von Reuters Bureau in London gedruckt ausgegeben, obwohl die
Depesche fast durch ein Dutzend Linien hatte gehen müssen.

Im Jahre 1880 wurden 313500000 Wörter für die Zeitungen in England
telegraphiert. In einer Nacht beförderte das Hauptamt in London oft
100000 Wörter, wobei der bedeutende Verkehr der Privatleitungen der
Zeitungen nicht gerechnet ist.

Grosse Summen werden von englischen Blättern auch auf die
Spezialkorrespondenten verwendet, die ebenfalls mit Telegrammen nicht
sparsam sind. So erzählt man von einem Korrespondenten in Paris, dass
er, um für eine zu erwartende wichtige Nachricht sich die Benutzung
des Drahtes vorher zu sichern, stundenlang ganze Kapitel aus der Bibel
telegraphiert habe.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Statistik der Buchdruckerei.]

Die Anzahl der Buchdruckereien in Grossbritannien wird auf 4000
geschätzt. England besitzt eine verhältnismässig kleinere Zahl
von Schnellpressen, was sich durch die grosse Leistungsfähigkeit
der neuen Rotationsmaschinen erklärt. Rechnet man die graphischen
Nebengeschäfte mit, so ist die Zahl der direkt und indirekt dem
Pressgewerbe angehörenden eine enorme. London allein zählte im
Jahre 1881 871 Druckereien, 60 Schriftgiessereien, Stereotyp- und
galvanische Anstalten, 74 Maschinen- und Utensilien-Fabriken,
32 Farbe- und Walzenfabriken, 231 lithographische Anstalten, 80
Kupferdruckereien, gegen 2000 Papierhandlungen, 400 Buchbindereien,
850 Sortimentshandlungen, 460 Buch- und Musikalienverleger, 950
Zeitungshandlungen, 130 Inseratagenturen.

Da viele Geschäfte 300-1000 Personen beschäftigen, so ist das Heer der
Arbeiter ein mächtiges. Im Jahr 1882 betrug die Zahl der Mitglieder
des Londoner Setzer-Vereins 4960; die Einnahme war 10000 £ Sterl., das
Einkommen der verschiedenen Gehülfen-Organisationen bezifferte sich im
ganzen auf 257439 £ Sterl., die Fonds betrugen 272413 £ Sterl.

[Sidenote: Die Frauen als Setzerinnen.]

Die Versuche, Frauen als Setzerinnen auszubilden, haben keine
bedeutenden Erfolge gehabt. Miss EMILY FAITHFULL, die Gründerin der seit
1858 bestehenden »Victoria-Druckerei«, gab 1880 ihren Posten auf. Nur
bei den Setzmaschinen finden Frauen in grösserer Zahl Beschäftigung.

[Sidenote: Arbeitsweise.]

In den grossen Buchdruckereien werden die Arbeiten in fabelhaft kurzen
Fristen ausgeführt und das vorhandene Material ist ein enormes.
Umfangreiche Werke in mehreren Bänden bleiben oft in Formen geschlossen
stehen, bis über einen etwaigen Neudruck entschieden wird. Solche
Arbeiten müssen selbstverständlich den Anforderungen entsprechend
bezahlt werden, während gewöhnliche, die mit Musse betrieben werden
können, billig zu haben sind. Hierbei zeigt sich so recht der
geschäftliche Vorteil, der darin liegt, erstens nur eine Druckschrift
nötig zu haben, und dann nicht von dem individuellen Geschmack eines
jeden Bestellers abhängig zu sein, wie es in Deutschland der Fall ist,
wo, abgesehen von Fraktur oder Antiqua, bald eine breite, dann eine
schmale, bald eine runde, dann eine eckige Schrift verlangt wird, stets
natürlich zugleich eine neue.

Für seine wirkliche Arbeit wird der englische Setzer gut bezahlt, den
»Speck« der deutschen Buchdruckereien kennt er nicht. Die Setzer teilen
sich in _Establishment hands_ (oder _Stabhands_), die den festen Stamm
bilden und im festen Gelde arbeiten; _Full framers_, die nach Stück
bezahlt werden und in der Regel auch tüchtige Arbeiter sind; _Suppers_,
die nur volle Arbeit haben, wenn das Geschäft flott geht, denen jedoch
ein Minimum garantiert wird; und _Grasscutters_, die täglich nachfragen,
ob augenblicklich Arbeit vorhanden ist.

Die Lokale sind in der Regel nicht besonders bequem eingerichtet, weil
der Raum ein sehr kostspieliger, so dass in dem von einer deutschen
Buchdruckerei in Anspruch genommenen eine englische Druckerei des
doppelten Umfanges Platz finden würde.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Accidenzarbeiten.]

Eine enorme Quantität von Arbeiten zu einem Betrage von jährlich
etwa 10 Mill. Mark absorbiert der Staat. Als Beispiel übernahm eine
Firma, MCCORQUODALE & CO., eine Lieferung von 2610 verschiedenen
Regierungsaccidenzen, in Auflagen, die von 10 bis zu 300000 Exemplaren
variierten, ausserdem eine von 40 Millionen Briefcouverts. Die Firma
beschäftigte in sechs enormen Offizinen an verschiedenen Orten gegen
2000 Personen und etwa 550 Maschinen aller Art fast nur mit Regierungs-
und Eisenbahn-Arbeiten. Eine andere Firma, HARRISON & CO., erhielt
auf einmal eine Bestellung auf 137 Millionen Telegrammformulare.
Grosse Summen setzt jedesmal eine Parlamentswahl in Umlauf. Die beiden
Parlamentshäuser beanspruchen für ihre jährlichen Druckarbeiten etwa
1500000 Mark. Die Bank von England druckte im Laufe eines Jahres
15000000 Noten zu einem Geldwert von 338 Millionen £ Sterl. Die
Druckarbeiten der Bank mehren sich bedeutend dadurch, dass sie eine an
sie zurückgekehrte Banknote, und wenn sie nur eine Stunde in Zirkulation
gewesen, nie wieder ausgiebt. Eine solche wird ungiltig gemacht und
fünf Jahre aufgehoben. In dieser Weise liegen bis gegen 100 Millionen
Noten in einer Weise geordnet, dass eine etwa zur Stelle gewünschte im
Augenblick zu finden ist.

[Sidenote: Ansehen des Pressgewerbes.]

In welcher hohen Achtung das Pressgewerbe in England steht, zeigte unter
anderem die imposante Caxtonfeier in London im Jahre 1877 mit ihrer
interessanten Ausstellung[62]. In Ermangelung eines Portraits von Caxton
beschloss man, von einer Statue zu seiner Erinnerung abzusehen, und
stiftete in der Margarethenkirche in Westminster, nahe dem Schauplatz
seiner Thätigkeit, ein gemaltes Fenster. Als ein fernerer Beweis von
der bedeutenden Stellung der Pressgewerbe muss auch betrachtet werden,
dass schnell hintereinander drei Ausüber derselben: der Schriftgiesser
BESLEY, der Buchdrucker SIDNEY WATERLOW und der Drucker und _Stationer_
FRANCIS TRUSCOTT das angesehenste bürgerliche Ehrenamt der Welt, das
eines Lord Mayors von London, bekleidet haben; es spricht zugleich
für den Flor des Geschäfts, denn es ist ein mit grossen Ausgaben
verbundenes Amt. Den Kostenanteil für »seinen Tag« muss der Lord Mayor
auf 50000 Mark anschlagen, und es heisst, Sir Truscott habe für die
Zeit seiner Amtsführung eine Summe von 10000 Mark wöchentlich als
Repräsentationskosten ausgeworfen.

  [62] G. BULLEN, _Caxton Celebration_. London 1877. -- _Catalogue of the
       Loan Collection etc._ London 1877.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Der Buchhandel.]

Der BUCHHANDEL, ohne welchen die Buchdruckerei nicht die eigentliche
Blüte erreichen kann, nahm in England, besonders in London, mächtige
Dimensionen an und weist eine Reihe der intelligentesten und
bedeutendsten Verleger auf. Im allgemeinen ist der Buchhandel weit
einfacher organisiert, als in Deutschland. Der Verlagsbuchhändler
beschäftigt sich selten mit Buchdruckerei und anderen Nebengeschäften
und zersplittert nicht seine Kräfte, behält damit den freien Blick und
kann jede Konjunktur rasch benutzen. Kommissions- und Halbpartgeschäfte
kommen oft vor, während berühmte Autoren grossartige Honorare beziehen.
Der Absatz eines Buches ist rasch durch die mit einem splendiden Diner
verbundenen Verlagsauktionen und die Subskriptionen der Zwischenhändler
und grossen Leihbibliotheken entschieden. Eine der letzteren, die von
Muddie, welche die grösste ist, nimmt nicht selten 1-2000 Exemplare
von einem hervorragenden Werke. Durch das Alleinrecht des Verkaufs
auf allen Eisenbahnstationen spinnt die grosse Zeitungsanstalt und
Buchhandlung von SMITH & SON ihre Fäden über das ganze Land. Mit einer
Abonnementskarte von ihnen versehen, kann man überall auf den Stationen
Bücher leihen und sie wieder auf jeder beliebigen Station abgeben.
Die sogenannten _Wholesale-booksellers_, unter welchen MARSHAL & CO.
die bedeutendsten sind, versehen die eigentlichen Sortimentshändler
(_Retaillers_), welche in der Regel ihren Bedarf nur aus einer Hand
beziehen. Bedeutenden Anteil an dem Absatz haben die _Stationers_
(Schreibmaterialienhändler) und die vielen _Secondhand-Booksellers_. Das
deutsche System mit seinen Kommissionssendungen kennt man nicht, weshalb
auch die Buchläden in den kleineren Städten nicht so gut assortiert
sind, wie dies in Deutschland der Fall ist.

Im Laufe eines Jahres erscheinen zwischen 5-6000 Werke (1881, neue
Auflagen ungerechnet, 5406), darunter eine bedeutende Zahl der schönsten
illustrierten Reisewerke, Prachtausgaben der englischen Klassiker,
philologischen, theologischen und Geschichtswerke und eine grosse Menge
von Romanen. Die Zahl ist, wie bei den Zeitungen, eine viel kleinere,
als in Deutschland; aber man muss, wie bei diesen, nicht bloss zählen,
sondern auch wägen, sowohl was Umfang, als was Auflage betrifft.

[Sidenote: Die _Stationers Company_.]

Gegen Nachdruck schützt die Eintragung in die Rolle der _Stationers
Company_ und die Abgabe von 5 Pflichtexemplaren. Der Schutz gilt für
42 Jahre -- jedenfalls bis zum Tode des Verfassers und 7 Jahre nach
demselben. Vor dem Jahre 1709 ist es nicht zu ermitteln, wie viel
Bücher jährlich in die Rolle der _Stationers Hall_ eingetragen wurden.
Von 1709-1766 betrug die Durchschnittszahl ungefähr 50; im Jahre 1732
war die Zahl auf die tiefste Stufe, 17, gefallen. Beim Beginn dieses
Jahrhunderts hatte sie sich wieder auf 3-400 gehoben; 1814 auf 541; 1815
auf 1244; von da ab und bis 1826 blieb die Durchschnittszahl etwa 1000.

[Sidenote: Ausfuhr.]

Der Absatz des Buchhandels nach dem Ausland übersteigt 20 Millionen
Mark, der der _Stationary_-Artikel wird auf etwa 14 Millionen, des
Papiers auf etwa 16 Millionen gerechnet. Fügt man noch den Umsatz in
Druckfarbe und Druckmaschinen hinzu, so wird die Gesamtausfuhr von allen
zu dem Druckgewerbe gehörenden Gegenständen die Summe von 60 Millionen
Mark nicht unbedeutend übersteigen.

[Sidenote: Die Fachpresse.]

[Sidenote: J. M. Powell * 2. Juni 1822, [+] 17. Sept. 1874.]

Unter den Blättern der Fachpresse, die sich zunächst mit der Typographie
beschäftigen, nehmen namentlich zwei eine bedeutende Stellung ein.
JOSEPH MARTIN POWELL gab seit dem Jahre 1863, unter dem Titel _Printers
Register_, ein Fachblatt heraus, welches viele Verdienste, namentlich um
die Förderung der Maschinen-Fabrikation, hat und oft die Maschinenbauer
zu Erfindungen anregte. Das Blatt wird jetzt von Powells ältestem
Sohne ARTHUR geleitet. Eine mehr ideelle und theoretische Richtung
verfolgt _The Printer and the Lithographer_, welches Blatt die Firma
WYMAN & SON verlegt und mit vielem Geschick und Geschmack redigiert.
Es bringt hauptsächlich sehr ausführliche belehrende Artikel, aus
welchen, zu besonderen Lehrbüchern gesammelt, bereits manches tüchtige
Werk entstanden ist. Auch das _Printers Register_ lieferte solche
Artikelreihen. Ein Vorzug der englischen Pressorgane ist, dass sie
sich hauptsächlich nur mit dem Technischen abgeben, und die sozialen
Verhältnisse und die darin einschlagenden Kontroversen nur leise
berühren und alles vermeiden, was zu einem gehässigen Federkrieg
Veranlassung geben könnte.

Im Interesse des Buchhandels erscheinen das vierzehntägige _Publishers
Circular_ (gegründet 1837) und der monatliche _The Bookseller_
(gegründet 1838), seit 1860 mit dem, 1802 begonnenen, _Bents
Literary Advertiser_ vereinigt. Der von Whitaker herausgegebene
_Reference-Catalogue of current Literature_ giebt in der Form von
Verlagskatalogen eine Übersicht der gangbarsten litterarischen
Erscheinungen Englands.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Annuals.]

[Sidenote: R. Ackermann * 30. April 1764, [+] 26. März 1834.]

Eine Episode in dem englischen Buchhandel bildet die Herausgabe der
illustrierten _Annuals_, hervorgerufen 1822 durch den Kunsthändler
RUDOLPH ACKERMANN. Geboren zu Stollberg, kam er als einfacher
Sattlergehülfe nach London. Erst erwarb er durch seine Zeichnungen
Aufmerksamkeit, dann wurde er Kunsthändler und Verleger bedeutender
Prachtwerke. Die später so beliebten Taschenbücher wurden von diesem
»Vater der Almanache« mit dem _Forget me not_ zuerst in Scene gesetzt
und eine Reihe von Jahren hindurch von den besten künstlerischen Kräften
Englands unterstützt[63]. Mit _Heaths Book of Beauty_ wurde 1833 eine
Reihe von poetischen Werken von Klassikern und neueren Schriftstellern
mit Illustrationen sowohl in Stahlstich wie in Holzschnitt begonnen,
denen eine grosse Anzahl von illustrierten geographischen und
ethnographischen Werken folgte. Als Drucker und Herausgeber solcher
machte sich namentlich HENRY FISCHER bekannt.

  [63] Börsenbl. f. d. d. B. 1834, Nr. 17, 18.

Gereicht schon die Herstellung schöner Luxuswerke den englischen
Buchhändlern und Buchdruckern zur Ehre, so gebührt ihnen eine noch
grössere Anerkennung, weil sie allen anderen Nationen vorangegangen
sind, als es sich darum handelte, die Verbindung der Xylographie mit
der Typographie zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse und allgemeiner
Bildung selbst in Kreisen der nicht mit Glücksgütern Gesegneten zu
benutzen. Das _Penny Magazine_, später die _Illustrated London News_,
sind massgebend geworden für die ähnlichen Erscheinungen aller anderen
Länder.

[Sidenote: Das _Penny Magazine_.]

Das epochemachende Ereignis des Erscheinens der ersten _Penny
Magazine_-Nummer fand am 1. April 1832 statt. CHARLES KNIGHT[64], der
bekannte Buchhändler und Schriftsteller, war der geistige Urheber des
Unternehmens, welches von der _Society for the diffusion of usefull
knowledge_ ausging; gedruckt wurde das Blatt bei Clowes. Von den Nummern
1-106 fanden 20 Millionen Exemplare Verbreitung. Die gewöhnliche
Auflage war 200000. Im Jahre 1780 schätzte Edm. Burke die Gesamtzahl
der Leser in England auf 80000; 1833 zählte das _Penny Magazine_ allein
jedoch deren mehr als eine Million[65]. Zwei Applegath- und Cowpersche
Maschinen verrichteten in zehn Tagen die Arbeit, zu welcher zwei
Drucker an der Handpresse ein halbes Jahr nötig gehabt haben würden,
in Clowes' Buchdruckerei, die mit 18 Schnellpressen und 15 Handpressen
und einem wöchentlichen Papierverbrauch von 2000 Ries, neben der
_Times_-Druckerei, geradezu ein Weltwunder war.

  [64] Ch. Knight, _The old Printer and the modern Press_.

  [65] Merkwürdigerweise war das »Börsenblatt für den deutschen
       Buchhandel« der heftigste Antagonist der ganzen Richtung
       und wurde nicht müde, das Pfennig-Magazin auf das heftigste
       anzugreifen.

[Sidenote: Ch. Knight.]

Ganz abgesehen von dem durch das _Penny Magazine_ geübten Einfluss
erwarb sich Charles Knight grosse Verdienste durch eine Reihe von ihm
veröffentlichter, zumteil von ihm geschriebener oder herausgegebener
populärer illustrierter Unternehmungen, unter welchen _The Library of
Entertaining Knowledge_, 43 Bde.; _The Penny Cyclopaedia_, 1833-1858, 30
Bde.; die _Shillings Volumes_, 186 Bde.; _The English Cyclopaedia_, 23
Bde.; _Popular History of England_, 8 Bde.; _Pictorial Bible_, 4 Bde.,
u. a. m. hervorzuheben sind.

[Sidenote: Die illustrierten Zeitungen.]

Waren die Herausgeber des _Penny Magazine_ und ähnlicher Blätter
hauptsächlich bemüht, allgemein nützliche Kenntnisse unter dem Volke zu
verbreiten, so versuchten als Bahnbrecher die _Illustrated London News_,
begründet von COOK & INGRAM, die Tagesgeschichte in den Bereich der
Illustration zu ziehen. Mit ihrer ersten Nummer vom 14. Mai 1842 beginnt
eine illustrierte Geschichte der Gegenwart von grossem Wert, der mit den
Jahren noch steigt. Die gewöhnliche Auflage ist etwa 100000 Exemplare.
Viele Versuche wurden gemacht, dem Blatte Konkurrenz zu machen, jedoch
nur _The Graphic_ gelang es auf die Dauer, sich neben der älteren
Schwester in der Gunst des Publikums zu halten. Die Weihnachtsnummern
beider Zeitschriften werden mit einem Kostenaufwande von je 300000
Mark in etwa 400000 Exemplaren gedruckt. Grosse Verbreitung erreichten
auch die vielen illustrierten technischen und Modeblätter. In der
humoristischen Zeitungspresse trug der Holzschnitt den Sieg über die
Radierung, deren hauptsächlichster Vertreter GEORGE CRUIKSHANK (geb.
1792, gest. 1878) war, davon; der _Punch_, begründet 1841, behielt seine
Popularität bis auf den heutigen Tag.

                   *       *       *       *       *

Den hauptsächlichsten Schauplatz des pressgewerblichen Lebens und
Treibens in London bildeten von der ältesten Zeit bis auf heute
_Fleet-Street_, _St. Pauls Church-Yard_, _Farringdon-Street_,
_Printinghouse-Square_ und _Paternoster-Row_. Letztere wird bereits
1367 genannt, kam aber namentlich nach dem grossen Brande im Jahre 1666
in Aufnahme und wurde in der letzten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts
besonders _fashionable_ als Sitz der grossen Verlagshandlungen, während
_Fleet-Street_ vorzugsweise dem Journalismus und den Buchdruckereien
Obdach bot. Hier reihen sich als Glieder einer ununterbrochenen Kette
an einander Druckoffizinen, Zeitungsbüreaus, Telegraphenstationen,
Inseratagenturen, Associationen der Presse, Sortiments-, Zeitungs-,
Stationers-Laden und andere Geschäfte, die mehr oder weniger mit
der Typographie in Verbindung stehen. Hier hat auch der Londoner
Setzer-Verein sein Büreau, und je nach dem grossen oder kleinen
Belagerungszustand, in welchem die Zugänge zu diesem sich befinden, kann
man mit Sicherheit auf den Gang des Londoner Geschäfts schliessen.

[Sidenote: J. Cassell * 23. Jan. 1817, [+] 1. Apr. 1865.]

Es würde, ohne die gesteckten Grenzen zu sehr zu überschreiten, nicht
möglich sein, alle grossen Druck- und Verlagsfirmen aufzuführen[66].
Ausser den bereits an anderen Orten genannten seien nur einige
erwähnt. Eine mächtige Zahl von Zeitschriften drucken SPOTTISWOODE &
CO.; Accidenzien SPOTTISWOODE & EYRE, HARRISON & CO. Als Hersteller
von Wertpapieren und kaufmännischen Arbeiten sind bedeutend
WILKINSON & CO., WATERLOW & SONS[67] und BLADES, EAST und BLADES.
Der Senior dieser Firma WILLIAM BLADES ist namentlich durch seine
typographisch-litterarischen Arbeiten bekannt, vorzugsweise durch
seine klassische Biographie Caxtons, zu dessen Popularität in England
Blades viel beigetragen hat. Sein neuestes Werk ist eine _Medallic
History of Printing_ mit vielen Abbildungen[68], das zuerst in den
_Printing-Times_ erschien. Eine der jüngeren Offizinen, die in kurzer
Zeit riesenhafte Dimensionen angenommen hat, ist die von CASSELL, PETTER
& CO. Der Gründer JOHN CASSELL war erst Zimmermann und lernte in den
Werkstätten die geistigen Bedürfnisse der Arbeiter kennen. Als _The
Total Abstinance_-Bewegung 1833 entstand, war er erst ein begeisterter
Reise-Apostel derselben, entschloss sich aber dann in wirksamster
Weise durch die Presse der Mässigkeits-Sache zu dienen. Zur Herausgabe
angemessener Schriften vereinigte er sich mit den Besitzern einer bis
dahin nicht bedeutenden Druckerei, PETTER & GALPIN. Bald ging man
aber weiter und gab illustrierte Lieferungswerke heraus. Das Geschäft
erhielt eine solche Ausdehnung, dass es 1880 34 illustrierte Werke in
Lieferungen auf einmal in der Presse hatte. Das bedeutendste Verlagswerk
war die _Family-Bible_, die, mit einem Aufwand von 2 Millionen Mark
hergestellt, innerhalb sechs Jahren einen Absatz von 350000 Exemplaren
erzielte. Bei John Cassells Tod hatte das Personal bereits die Zahl von
500 erreicht, jetzt ist diese auf 1000 gestiegen.

  [66] KELLY, _Directory of Stationers, Printers etc. of England_.
       3. Ausg. London 1880. -- WHITAKER, _Reference Catalogue of
       current Litterature_ (periodisch). -- H. CURVEN, _A history
       of booksellers_. London 1874. Ein kritikloses, aber viele
       interessante Details enthaltendes Buch.

  [67] Diese grossartige Offizin wurde ausführlich von TH. GOEBEL im
       Journ. f. B. 1875, Nr. 40 u. f. beschrieben.

  [68] Deutsch bearbeitet von L. MOHR in Strassburg (in Waldows Archiv),
       französisch von LÉON DEGEORGE.

SAM. BAGSTER & SONS liefern namentlich polyglotte Werke, GILBERT &
RIVINGTON orientalische. In letzterer Richtung hat jedoch Deutschland
ein Übergewicht und viele orientalische Werke werden für englische
Rechnung in Deutschland gedruckt.

Von den grossen Verlagsfirmen haben besonders Longman, Green & Co. und
John Murray Weltruf erlangt.

[Sidenote: Th. Longman * 1699, [+] 10. Juni 1755.]

[Sidenote: Th. Norton Longman * 1771, [+] 28. Aug. 1824.]

Der Begründer ersterer Firma THOMAS LONGMAN erwarb 1724 den Verlag von
WILL. TAYLOR und damit zugleich zwei Häuser: »Der schwarze Schwan« und
»Das Schiff« in _Paternoster-Row_. Er ward Mitbesitzer von Ephraim
Chambers _Cyclopaedia_, das Vorbild der vielen in und ausserhalb
Englands erscheinenden Encyklopädien, ausserdem auch von Johnsons
_Dictionary of the English Language_. Noch folgten in drei Generationen
Thomas Longmans, von welchen THOMAS NORTON LONGMAN der bedeutendste war.
Welche Grösse das Geschäft erreicht hatte, sieht man daraus, dass der
Genannte ein Vermögen von 200000 £ Sterl. hinterliess, ein Teilhaber
GREEN ebensoviel, während ein dritter Teilhaber BROWN 100000 £ Sterl. in
Legaten aussetzen konnte.

Obwohl Longmans Verlag ein universeller ist und auch die Namen der
berühmtesten Dichter Englands (den Verlag von Byrons Schriften hatten
sie abgelehnt) ihren Katalog schmücken, so haben sie doch namentlich
ihren vielen encyklopädischen Verlags-Artikeln, und vor allem Macaulays
Geschichte ihren Ruhm und ihre Stellung zu verdanken. Von der ersten
Auflage des III. und IV. Teils des letztern Werkes waren 25000 Exemplare
gedruckt. Diese waren jedoch bereits am Tage der Veröffentlichung, 17.
Dezember 1855, verkauft und 11000 Bestellungen mussten unexpediert
bleiben. Von den amerikanischen Ausgaben soll ein Buchhändler in zehn
Tagen 73000 Bände verkauft haben. Innerhalb vier Wochen sollen überhaupt
mehr als 180000 Exemplare verbreitet worden sein.

[Sidenote: John McMurray * 1745, [+] 6. Nov. 1793.]

[Sidenote: John Murray II. * 1778, [+] 27. Juni 1843.]

JOHN MCMURRAY gründete 1768 ein Geschäft und erzielte damit gute
Erfolge. Sein Sohn JOHN MURRAY ist namentlich als Verleger und Freund
Byrons (1807-1823) bekannt und wurde bei seinem Tode wieder von einem
Sohn JOHN gefolgt. Grosse Verbreitung fand die billige _Home and
Colonial Library_ und die vielen bedeutenden illustrierten Reise- und
naturwissenschaftlichen Werke. Murrays rote Reisebücher sind jedem
bekannt, und wir können uns kaum einen reisenden Engländer ohne ein
solches in der Hand oder unterm Arm denken.

[Sidenote: H. Colburn [+] 16. Aug. 1855.]

[Sidenote: R. Bentley [+] 1871.]

Unter den Verlegern der schönen Litteratur in Prosa sind Colburn und
Bentley die bekanntesten. HENRY COLBURN verlegte eine Unzahl von
Romanen, von James allein 225 Bände, einer wie der andere in drei, in
Leinwand gebundenen, Bänden, jeder ziemlich genau 300 Seiten stark
und einer wie der andere zum Preise von anderthalb Guineen (31 Mark
50 Pf.). Im Jahre 1819 gründete er _Colburns Monthly_; 1817 ward die
_Literary Gazette_ begonnen. 1832 verkaufte er sein Geschäft an RICHARD
BENTLEY, der früher sein hauptsächlichster Buchdrucker und kurze Zeit
sein Associé gewesen war. Colburn verpflichtete sich, unter bedeutender
Konventionalstrafe, kein Geschäft innerhalb 20 englischer Meilen
Entfernung von London zu eröffnen. Der »Verlagsteufel« liess ihn jedoch
nicht auf seinen Lorbeern ruhen. Erst etablierte er sich in Windsor,
dann zahlte er die Konventionalstrafe und zog wieder nach London.
Bentley gründete 1837 _Bentleys Miscellany_, dessen erster Herausgeber
Charles Dickens war.

Als Verleger von Shillings-Ausgaben erwarben ROUTLEDGE & SONS einen Ruf.
Die Verbreitung solcher Ausgaben war eine so grosse, dass die Verleger
an Bulwer für die Erlaubnis, billige Ausgaben seiner Werke während zehn
Jahren drucken zu dürfen, 200000 Mark Honorar zahlten und dabei einen
sehr guten Erfolg für sich erzielten.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Der Bibeldruck.]

Eine wesentliche Bedeutung für das Druckgewerbe hat der Bibel- und
Gebetbuchdruck, der, was die autorisierten Ausgaben betrifft, noch ein
Privilegium der Universitätspressen von Oxford und Cambridge ist. Eine
grosse Bewegung rief die neue autorisierte Ausgabe der heiligen Schrift
hervor, welche viele Jahre hindurch mit grossem Aufwand theologischer
Arbeit vorbereitet war und am 17. Mai 1881 in sechs Ausgaben dem
Publikum übergeben wurde. In Oxford allein wurden sofort zwei Millionen
Exemplare bestellt, Amerika verlangte 300000, druckte jedoch, unter den
enormsten Anstrengungen der Konkurrenten, sich gegenseitig den Vorsprung
abzugewinnen, die Ausgabe nach. Ein typographisches Kunststück ist eine
Oxforder Miniatur-Ausgabe für Lehrer, die mit dem Einbande nur 90 Gramm
wiegt und auf 1416 Seiten 2430400 Buchstaben enthält.

Eine grosse Wirksamkeit zeigte _The British and Foreign Bible Society_,
welche mit dem Jahre 1804 unter den Auspicien des Herrn GRANVILLE SHARPE
begann. Bis 1881 hatte die Gesellschaft mit einem Aufwande von etwa
175 Millionen Mark nicht weniger als 93953000 Exemplare der heiligen
Schrift gedruckt. 1881 wurden allein 2938000 Exemplare verbreitet. _The
Religious Tract Society_ verwendete in einem Jahre 2-1/2 Millionen Mark
auf Bücherdruck.

[Sidenote: N. Trübner * 1817.]

Unter den Verlegern in der theologischen und philologischen Richtung ist
die Firma Rivington hervorragend. Der Stammvater dieser ältesten der
noch bestehenden Verlagsfirmen Englands, CHARLES RIVINGTON, gründete
1711 sein Geschäft in der _Paternoster-Row_ in der »Bibel und Krone«,
welche Insignia noch heute die Rivingtonschen Verlagswerke schmücken.
Bedeutenden Ruf haben ferner die beiden, mit der Oxforder resp.
Cambridger Universitätsbuchdruckerei eng verbundenen Familien PARKER,
dann JAMES NISBET. Ganz hervorragende Verdienste um die linguistische
Litteratur erwarb sieh ein Deutscher, NIKOLAUS TRÜBNER aus Heidelberg.
Durch Zufall mit Longman bekannt geworden, ging er 1843 als Commis
in das Longmansche Geschäft nach London. 1852 etablierte er dort
ein eigenes Geschäft mit der Absicht, in der Weltstadt einen bisher
fehlenden Zentralpunkt für die litterarischen Erzeugnisse Amerikas und
Asiens zu schaffen. Er gab einen vortrefflichen _Bibliographical Guide
to American Literature_ 1817-1857 heraus und gründete, um seine Zwecke
zu fördern, das Monatsblatt _Trübners American and Oriental Literary
Record_ und eine Anzahl von Agenturen in den fernsten Weltteilen.
Durch das Heranziehen der bisher schwer zugänglichen Länder mit
ihren litterarischen Produkten hat Trübner sich nicht allein um die
Wissenschaft hochverdient gemacht, sondern auch sowohl direkt durch
seinen grossen linguistischen Verlag, als noch mehr indirekt durch
die Belebung dieses Verlagszweiges dem graphischen Gewerbe Vorschub
geleistet.

Steht auch das ANTIQUARIATSGESCHÄFT den eigentlichen Zweigen des
Buchgewerbes, die uns hier beschäftigen, etwas ferner, so hat dasselbe
doch in England eine solche Weltbedeutung gewonnen und wirkt auch durch
Verbreitung der Liebe zu Büchern auf das ganze Pressgewerbe vielfach
so belebend ein, dass es am Platze sein dürfte, wenigstens die zwei
hervorragendsten Vertreter des Antiquariats zu erwähnen, was um so
lieber geschieht, als der eine, jetzt noch wirkende ebenfalls, wie
Trübner, ein Deutscher ist.

[Sidenote: H. G. Bohn * 4. Jan. 1796.]

Der Bahnbrecher für den grossartigen Betrieb des Antiquariats war HENRY
GEORGE BOHN aus Richmond. Sein 1841 erschienener _Guinea-Catalogue_ war
die imposanteste Ankündigung eines Bücherlagers, welche man bis dahin
kannte. Derselbe hatte einen Umfang von 1448 Seiten und verursachte
einen Kostenaufwand von 40000 Mark. Bohn wirkte auch als Schriftsteller
und Verleger; seine nach damaligen englischen Vorstellungen
ausserordentlich billigen _Standard Volumes_ zu 5 _sh._ 6 _d._ waren
allgemein beliebt.

[Sidenote: B. Quaritch * 23. April 1819.]

BERNHARD QUARITCH aus Worbis, jetzt ohne Widerspruch der bedeutendste
Antiquar der Welt, lernte in Nordhausen und ging 1842 nach London. 1849
gründete er dort mit einem Kapital von 200 Mark ein eigenes Geschäft
zunächst für _Penny_-Litteratur. Durch Gewandtheit, Fleiss und Ausdauer
brachte er bald seinen Handel in die Höhe, so dass er 1860 noch ein
zweites, grösseres Lokal in Piccadilly mieten konnte. Hier sammelte
er nun einen wahren Schatz sowohl von bedeutenden wissenschaftlichen
Werken, als von ausgesuchten Seltenheiten für Bücherliebhaber. Neben
seinen Spezial-Katalogen gab er ab und zu einen General-Katalog
heraus. Unter den letzteren übertrifft der von 1880 noch Bohns
_Guinea-Catalogue_, kostet aber auch 2 Guineen. Der Band ist 6-1/2
Zoll stark und enthält auf 2166 Seiten die Titel resp. Beschreibungen
von 28009 Werken. Ein Index von 228 Seiten giebt etwa 55000 Nachweise.
Quaritchs eigener bedeutender Verlag besteht sowohl aus Werken, wozu
er selbst die Initiative ergriffen, als auch aus solchen, die er von
anderen Verlegern an sich gebracht hat[69].

  [69] A. ULM, Bernh. Quaritch, N. Anz. f. Bibliogr.; ebenfalls Börsenbl.
       f. d. Buchh. 1880, Nr. 21.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Bibliophilie.]

Ein mächtiger Hebel für die Entwickelung der Buchdruckerei war
es, dass hochgestellte und reiche Männer sich nicht nur, wie Lord
Stanhope, für die technischen Fortschritte interessierten, sondern
auch eine Ehre darein setzten, das Schönste, Beste und Seltenste in
ihren Büchersammlungen zu vereinigen. Als Liebhaber ersten Ranges ist
JOHN HERZOG von ROXBURGH zu nennen. Seine Bibliothek brachte bei der
Versteigerung, welche in den Monaten Mai und Juni 1812 stattfand, einen
Erlös von mehr als einer halben Million Mark. Die Nummer 6292 des
Katalogs, das einzige bekannte vollständige Exemplar von _Il Decamerone
di Boccaccio_, in Folio, von Christoph Waldarfer in Venedig im Jahre
1471 gedruckt, wurde dem Marquis von Blandford für die Summe von über
45000 Mark zugeschlagen, der höchste Preis, der je für ein Buch bezahlt
worden ist. Zur Erinnerung an dieses bibliophilische Ereignis wurde von
31 der bedeutendsten Büchersammler Englands, unter dem Präsidium von
Lord Spencer, der _Roxburgh-Club_ gegründet. Zu keiner Zeit hatte die
Bibliomanie eine solche Höhe erreicht und sie sollte auch nicht lange
auf derselben bleiben, so dass Lord Spencer wenige Jahre später den
Waldarfer für 18000 Mark kaufen konnte, also für fast nur den dritten
Teil des in der Roxburgh-Auktion gezahlten Preises.

[Sidenote: Lord Spencer.]

Noch grössere Bedeutung in der Geschichte der Bibliophilie als der
Herzog von Roxburgh hat GEORGE JOHN, Lord SPENCER auf Althorpe. Er war
am 1. September 1758 geboren und folgte 1783 seinem Vater im Besitz
von dessen Titeln und fürstlichem Vermögen. Es war sein Stolz, die
Notabilitäten der Wissenschaft und der Litteratur um sich zu versammeln,
und wo er konnte, stand er deren Bestrebungen in liberalster Weise
bei. Von gleicher Gesinnung war sein Sohn beseelt, was sich durch die
Caxton-Ausstellung 1877 deutlich zeigte, zu welcher Lord Spencer eine
ganze Sammlung der seltensten Inkunabeln und Prachtwerke geliefert
hatte. In seiner in der _Stationary-Company_ gehaltenen Rede sprach
er es auch aus, eine wie grosse Freude es ihm gewähren würde, seine
Bibliothek recht oft von Fachmännern besucht zu sehen.

[Sidenote: T. F. Dibdin.]

Ein wesentlicher Förderer des Sammeleifers sowohl des Lord Spencer als
auch anderer war THOMAS FROGNALL DIBDIN. Derselbe stammt aus Calcutta,
erhielt jedoch, nachdem seine Eltern dort gestorben waren, in England
eine sorgfältige Erziehung und wählte den geistlichen Beruf. Von Lord
Spencer wurde er als Pfarrer nach Althorpe berufen, zugleich um als
Bibliothekar des Lords zu fungieren. In den Jahren 1814-1815 erschien
die Beschreibung der Sammlung als: _Bibliotheca Spenceriana_; von
1810-1819 _Typographical Antiquities_; 1817 _Bibliographical Decameron_;
1821 _A bibliographical, antiquarian and picturesque tour in France
and Germany_ (2. Ausgabe 1827), in welchem Werk der Verfasser eine in
Begleitung des Zeichners George Lewis im Interesse der Spencerschen
Bibliothek unternommene Reise schildert. 1838 folgte _A bibliographical,
antiquarian and picturesque tour in the northern countries of England
and Scottland_.

[Sidenote: Lord Brougham.]

In praktischer Weise interessierten sich andere Edle für die Presse.
HENRY Lord BROUGHAM war die Seele der schon erwähnten _Society for the
Diffusion of usefull Knowledge_. FRANCIS EGERTON, Lord BRIDGEWATER
bestimmte vor seinem Tode im April 1829 gegen 120000 Mark als Honorar
für den Verfasser eines Werkes, welches die Weisheit, Macht und Güte
Gottes, wie sie sich in der Schöpfung offenbaren, zum Gegenstand haben
sollte. Dies gab Veranlassung zu den sogenannten Bridgewater-Büchern,
die der populärwissenschaftlichen Litteratur einen mächtigen Anstoss
gaben.

[Sidenote: Lord Arundel.]

THOMAS HOWARD, Lord ARUNDEL wirkte wieder auf andere Weise. Als
eifriger Bewunderer der alten christlichen Kunst gab er Veranlassung
zur Begründung der _Arundel Society_ (1848), deren Hauptziel es ist,
die leichtvergänglichen, dem Verderben besonders ausgesetzten älteren,
namentlich vorrafaelischen Werke der Kunst wenigstens in vorzüglichen
Farbendrucken der Nachwelt zu erhalten. Die Reproduktion geschieht
hauptsächlich unter Beihülfe von den besten Anstalten des Auslandes,
besonders der von Storch & Kramer in Berlin, Hangard-Maugé und Engelmann
& Graf in Paris.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Buchbinderkunst.]

Dass die Bücherliebhaberei auf die BUCHBINDERKUNST ungemein fördernd
einwirken musste, ist leicht begreiflich. Es entstanden für die reichen
Privatsammlungen Meisterstücke, die zu hohen Preisen verkauft wurden.
Dieselbe Eigenschaft, die den englischen Bücherdruck auszeichnet: die
Verwendung der vollendeten Technik auf dem vorzüglichsten Material,
findet sich in der englischen Buchbindung wieder. Die Behandlung des
Leders, der Pappen, des Schnittes, des, das gute Aufschlagen des
Buches bedingenden Rückens, kurz des ganzen Körpers des Buches ist
eine so überaus sorgfältige, dass man leicht eine mitunter nicht ganz
kunstgerechte Komposition der Ornamentierung übersieht.

[Sidenote: Berühmte Buchbinder.]

Merkwürdig genug ist der Umstand, dass ganz besonders Deutsche zu den
ausgezeichnetsten Meistern in England gehören. Unter den Eingeborenen
war einer der berühmtesten Buchbinder ROGER PAYNE (gestorben 1797),
ein eben so talentvoller, wie in seinem Leben unordentlicher Mann[70].
Als sein Meisterwerk gilt ein Aeschylos im Besitz des Lord Spencer. In
seinen Ornamenten, die er selbst fertigte, wird er mitunter bizarr,
seine Technik bleibt jedoch immer unvergleichlich. Schöne Bände von ihm
wurden mit 400 Mark und mehr bezahlt. Ein Einband von dem Boydellschen
Shakespeare in neun Bänden kostete über 2500 Mark. Eine zeitlang
arbeitete er zusammen mit RICHARD WIER, auch ein höchst geschickter
Mann, aber eben so unordentlich wie Payne. Die Verbindung artete in
einen oft mit den Fäusten ausgekämpften innern Krieg aus. Wiers Frau
war bekannt als unübertroffen in der Restauration alter Bücher. Nächst
Payne wurde CHARLES LEWIS, aus Hannover stammend, gelobt. Seine durch
Harmonie und Eleganz sich auszeichnenden Bände werden als die grössten
Zierden der Bibliotheken reicher Sammler betrachtet.

  [70] J. A. Arnett, _Bibliopegia_. London 1835.

Der Buchbinder KALTHÖFER hatte einen solchen Ruf erlangt, dass die
Kaiserin von Russland einen besonderen Abgeordneten sandte, um ihn zu
bewegen, nach Russland zu kommen, was er jedoch, trotz der glänzenden
Bedingungen, ablehnte. In neuester Zeit gilt als erster Meister nicht
nur in England JOSEPH W. ZÄHNSDORF, ein Böhme von Geburt, der auch durch
Herausgabe von _The Art of Bookbinding_ theoretisch wirkte, ohne damit
ganz den Erwartungen zu entsprechen, die man hegen durfte, wenn ein so
eminenter Praktiker seine Erfahrungen zu Papier bringt.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: _Stationary._]

Die _Stationary_-Artikel, die teils auf typographischem, teils auf
chromolithographischem Wege hergestellt werden, veranlassen ein sehr
bedeutendes Geschäft. Die Zahl der Neujahrskarten allein berechnet
man auf mehr als 12 Millionen Stück. Welchen Wert man auf solche
Kleinigkeiten legt, geht daraus hervor, dass ein Fabrikant 14 Prämien,
zusammen von 10000 Mark, für die besten Zeichnungen bestimmte. Von den
in London von Weihnachten bis Neujahr versandten 8-9 Millionen Couverts
wird bei weitem die grössere Zahl eine Neujahrskarte mit enthalten.
Ebenfalls bedeutend ist der Verkehr in Osterkarten und _Valentines_,
schöne, manchmal kostbar ausgestattete Huldigungskarten für das zarte
Geschlecht, die am St. Valentinstag, den 14. Februar, in grosser Zahl
anonym versandt werden. In der Regel ist der Preis einer solchen Karte
6 Pence bis zu 1 Shilling, es kommen aber auch nicht selten solche vor,
die 10 bis 20 Guineen und mehr kosten.

Da jährlich 1200 Millionen Briefe versandt werden, so erfordern diese
allein eine enorme Anzahl von Couverts. Diese Fabrikations-Branche
beschäftigt gegen 3000 Menschen.

Wie bedeutend der Kalenderdruck in England ist, kann man daraus
beurteilen, dass ein Kalenderdrucker, A. COOKE in Leeds, allein bei
einer einzigen Holzhandlung 1700000 Stäbe als Halter für Kalender in
Bogen bestellte.

Von Spielkarten-Fabriken hat England 18, die etwa 1200000 Pack liefern.

Unter den Firmen, die besonders für die _Stationers_ arbeiten, sind:
MARCUS WARD, der mit 60 Schnellpressen namentlich Weihnachtskarten und
_Valentines_ nebst illustrierten Kinderbüchern druckt; DE LA RUE & CO.,
die in ähnlicher und Spielkarten-Fabrikation, so wie mit Herstellung von
Luxuspapieren 1000 Personen beschäftigen; CH. GOODALL & SONS, die in
ihren _Camden-works_ mehr als 600 Sorten Spielkarten liefern.

Eins der bedeutendsten _Stationery_-Geschäfte in London ist das der
Regierung, von welchem etwa 250 öffentliche Institute ihren Bedarf
beziehen. Der jährliche Umsatz beträgt etwa 13 Millionen Mark, von
welchen gegen 4 Millionen auf Indien kommen. Dass dabei auch Makulatur
vorkommt, ergiebt der jährliche Verkauf von solcher zu einem Betrag von
ungefähr 320000 Mark, die einen ursprünglichen Wert von etwa 1600000
Mark repräsentieren.

[Sidenote: Das Papier.]

Da der Konsum von PAPIER ein ausserordentlich grosser ist und billige
Preise verlangt werden, so konnte es nicht anders sein, als dass die
Stoffmischungen der Neuzeit in der Papierfabrikation, welche für die
Zukunft der Bücher im höchsten Grade gefahrdrohend geworden, auch in
England nicht ohne Verwendung blieben, jedoch wird dort immer noch
am meisten auf ein gutes Papier selbst bei gewöhnlichen Arbeiten
gehalten[71]. Die Fabrikation des Maschinenpapiers ist zwar keine
englische Erfindung (vgl. Kap. V), aber, wie die Schnellpresse, kam
auch die Papiermaschine erst in England zur praktischen Geltung,
namentlich durch die Bestrebungen DONKINS. Der Name WHATMAN ist typisch
geworden für das vorzügliche Büttenpapier, welches bei den Ausgaben
für Liebhaber verwendet wird. Whatman selbst zog sich vom Geschäft
zurück aus Verdruss, weil er seinen Arbeitern nicht denselben Sinn für
Erreichung der höchsten Ziele einflössen konnte, der ihn selbst beseelte.

  [71] Einen sehr hübschen Überblick sowohl über die zu feineren
       Accidenzarbeiten zur Verwendung kommenden, in Qualität und
       Färbung oft ganz vorzüglichen Papiere, als auch über die
       englische Art, Accidenzien zu behandeln, giebt das bei Field &
       Tuer in London jährlich (1882 zum drittenmale) erscheinende _The
       printers international Specimen Exchange in connection with the
       Paper and Printing-Trades-Journal_. Es beruht das Unternehmen,
       das nicht in den Handel kommt, auf einem eigentümlichen
       internationalen Umtausch von Accidenzien. Wer eine solche
       in angegebener Weise ausgestattete in der nötigen Zahl von
       Exemplaren liefert, erhält ein Exemplar des Buches gegen eine
       mässige Vergütung für den Einband. Die Ausführung ist $meistens$
       technisch gut und zeugt von dem Streben, etwas mit dem Material
       zu machen. Ob Hansard (vgl. S. 16) sich freuen würde: _that is
       the question_!


                   ASIEN, AUSTRALIEN UND SÜD-AFRIKA.

An die typographische Geschichte Englands schliesst sich eng diejenige
ASIENS, AUSTRALIENS und SÜD-AFRIKAS.

In ihren Anfängen lernten wir bereits die Presse in Asien kennen (I, S.
282), sie sollte rasch an Bedeutung gewinnen.

[Sidenote: Indien, Calcutta.]

CALCUTTA, die Hauptstadt Indiens und der wichtigste Sitz des dortigen
Pressgewerbes, erhielt erst im Jahre 1778 durch CHARLES WILKINS,
einen berühmten Sanskritforscher, eine Buchdruckerei mit einer
Schriftgiesserei. Hier wurden neben den Missionsschriften eine Menge
wissenschaftliche und belehrende Schriften in den Landesidiomen,
ausserdem auch englische Bücher und Zeitschriften gedruckt. In dem
naheliegenden SERAMPUR, dem wichtigsten Platz der Baptisten-Mission,
besass Dr. CAREY zu Anfang des Jahrhunderts eine Presse, auf welcher
er 1801 das Neue und bald nachher das Alte Testament druckte. Eine
Schriftgiesserei und eine Papiermühle liessen nicht lange auf sich
warten und eine lebhafte Thätigkeit entwickelte sich, um die heiligen
Schriften in verschiedenen Sprachen der Eingeborenen zu veröffentlichen.
Die Offizin brannte zwar 1811 vollständig nieder, da jedoch
glücklicherweise alle Matern gerettet waren, konnte man bereits nach
Verlauf von kaum einem Jahre wieder heilige Schriften in 18 Sprachen
herausgeben. Ein 1818 gedrucktes Probebuch enthält das Vaterunser mit 51
verschiedenen Sorten einheimischer Typen gesetzt.

[Sidenote: Benares.]

[Sidenote: Madras.]

BENARES, die heilige Stadt der Hindus am Ganges, wo sich eine
englisch-indische Hochschule zur Ausbildung der Hindus befand, besass
eine, später sehr thätige, Offizin. In NEGAPATNAM hatte der aufgeklärte
Rajah von Tanjore eine von Europäern bediente Presse im Gang. Die
Britische Bibelgesellschaft gründete dort ebenfalls eine Buchdruckerei.
Auch MADRAS, die zweitwichtigste Stadt an der Ostküste, entwickelte seit
1772 eine rege Thätigkeit.

[Sidenote: Bombay.]

Aus dem Hauptorte der Westküste, BOMBAY, finden sich Bücher mit der
Jahreszahl 1792; der Aufschwung der dortigen Presse datiert jedoch erst
von 1813. In COTYM, auf der Malabarküste, versuchte der Missionär BENJ.
BALEY Typen der Landesschrift selbst zu schneiden und zu giessen, um
damit heilige Schriften zu drucken; 1820 kam ihm die Bibelgesellschaft
in Calcutta mit einer ordentlich eingerichteten Buchdruckerei zuhülfe.

Am 18. Mai 1818 erschien die erste Zeitung in einheimischer Sprache
»Spiegel von Serampur« durch den Missionär MARSHMAN. In demselben Jahre
erhielt Bombay seine Zeitung in der Gujurati-Sprache.

[Sidenote: Die einheimische Presse.]

Der Generalgouverneur von Indien, Marquis Wellesley (1798 bis 1805),
späterer Lord Wellington, war der Presse nicht sehr zugethan; selbst
englische Bücher sah er nicht gern entstehen und gestattete nicht die
Anlegung von Buchdruckereien ausserhalb Calcuttas. Ein grösserer Freund
der Kunst war Wellesleys Nachfolger, der Marquis Hastings, welcher
den »Spiegel von Serampur« zu einem halbamtlichen Blatte erhob. Auch
Lord Amherst trat der Presse nicht feindlich entgegen, doch verblieb
sie unter sehr strenger Aufsicht. Zur Errichtung einer Buchdruckerei
bedurfte es einer Konzession und zur Begründung einer Zeitung Stellung
von Kaution. Erst im Jahre 1835 erhielt Indien, hauptsächlich durch
die Anstrengungen des Lord Th. Macaulay, den Genuss der Pressfreiheit,
die nun mit Jugendfeuer benutzt wurde. Man griff die Massregeln der
Regierung, namentlich die gegen die Weiberverbrennung gerichteten,
rücksichtslos an.

Die Zahl der Blätter nahm jedoch nicht in dem Masse zu, wie man hätte
vermuten sollen, und steigerte sich wesentlich erst nach der Verbreitung
der Lithographie, welche sich mit weit grösserer Leichtigkeit dem
Geschmack des Publikums anschmiegen konnte, als die Typographie. Da
viele des Lesens unkundig sind, so wird das Vorlesen für grössere
Kreise sehr geübt und auf mündlichem Wege verbreiten sich dann die
neuen Nachrichten schnell. Die Thätigkeit im Buchhandel ist eine sehr
bedeutende und Sanskrit-Werke finden unschwer Verleger.

Nach dem Sipahi-Aufstande 1857 wurden die englischen Behörden zur
Unterdrückung jeder Buchdruckerei ermächtigt und viele der letzteren bei
dieser Gelegenheit auch geschlossen. Noch bis vor kurzem befand sich die
einheimische Presse in strengen Ausnahmezuständen, jetzt ist jedoch eine
Änderung eingetreten und der Wunsch der Regierung in London, allen ihren
Unterthanen gleiche Rechte zu gewähren, erfüllt. Eine Presskommission
hat alle Verhältnisse der Presse mit der Regierung zu regulieren.

[Sidenote: Die Presse Indiens.]

Von Zeitschriften erscheinen gegen 700, davon der dritte Teil (230) in
Landessprachen. Die Auflagen sind durchweg klein, gewöhnlich 350, die
höchste Auflage ist noch nicht 2000. Die Versendung geschieht unter
Kreuzband. Der Abonnementspreis für Tagesblätter beträgt etwa 40 Mark,
für Wochenblätter etwa 4 Mark. Die Einfuhr von Papier ist für das
Mutterland ein wichtiger Gegenstand und erreichte 1879 einen Wert von
über 2-1/2 Millionen Mark.

In Bengalen haben die einheimischen Blätter einen schweren Stand gegen
die englischen. Mehrere der letzteren sind jedoch in Besitz und unter
geschickter Leitung von Eingeborenen. In den nordwestlichen Distrikten,
zwischen Lucknow und Lahore, erscheinen in der Hindustani- und
Urdusprache gegen einhundert, zumteil sehr gut redigierte Zeitschriften.
Ziemlich eine ähnliche Zahl, in der Maharati- und Gujurati-Sprache
geschrieben, werden in Bombay gedruckt. Die tamulische und Telegupresse
in Madras ist nicht von Belang.

Die Bücherproduktion, unter der Führung Bengalens, ist eine sehr
bedeutende und erreicht an Zahl fast die Englands. Im Jahre 1878
erschienen 4193 Bücher, davon 576 in europäischen, 3148 in einheimischen
Sprachen, 673 in dem klassischen Idiom Indiens. 2495 Schriften waren
originale Neuheiten, 340 Übersetzungen, die übrigen Bücher neue
Auflagen. Die Theologie erschien mit 1502 Nummern; die Technik mit 961,
die Linguistik mit 612; Biographie, Länder- und Völkerkunde, Politik
waren nur äusserst spärlich vertreten.

[Sidenote: Ceylon.]

Auf CEYLON gingen aus der bereits vom Freiherrn VON IMHOF gegründeten
Druckerei (I, S. 288) im Jahre 1771 das Neue Testament in cingalesischer
Sprache und später manche, zumteil vorzüglich ausgestattete
wissenschaftliche Werke hervor. Die Pressthätigkeit in der Hauptstadt
COLOMBO ist jetzt eine bedeutende und die sehr gut geleitete
Regierungsdruckerei beschäftigt über 150 Personen, unter welchen sich
nur zwei Europäer befinden. Sie disponiert über 5 Schnellpressen, 10
Handpressen, 1 Eisenbahn-Billetdruck-Maschine und 5 Liniiermaschinen.

[Sidenote: Hinterindien.]

Nach RANGUHN in Hinterindien, der Hauptstadt von Birma, war bereits
1808 eine Presse gekommen. 1814 erhielt Dr. Carey in Serampur von dem
Kaiser von Birma den Auftrag, in AVA eine Druckerei zu errichten, und
bereits 1822 war das Neue Testament in 29 Sprachen und die ganze Bibel
in 6 Sprachen gedruckt, darunter eine mit beweglichen Typen gesetzte
chinesische Bibel. Noch viele wissenschaftliche Werke entsprangen der
thätigen Presse.

In MALACCA druckte der Missionär MILNE anfänglich nach chinesischer Art.
Später traf eine europäische Druckeinrichtung ein. Das dort errichtete
englisch-chinesische Kollegium, das für Religion und Wissenschaft gute
Früchte getragen hatte, ward später nach Singapur verlegt.

[Sidenote: Die Inseln.]

Von den Inseln des Indischen Archipels erhielt JAVA eine, 1823 von
dem Missionär MEDHURST in BATAVIA eingerichtete Offizin, aus welcher
im Jahre 1835 des Genannten Wörterbuch der chinesischen, japanischen
und der Korea-Sprache hervorging. Auf SUMATRA befanden sich um 1820 in
BENKULEN und dem benachbarten FORT MARLBOROUGH Missionspressen.

[Sidenote: China.]

In CHINA war einer der wichtigsten Druckorte MACAO bei Canton.
Dort machte im Jahre 1810 MORRISON Versuche, das Neue Testament
von Holztafeln zu drucken. 1814 wurde ihm von der Ostindischen
Handelsgesellschaft eine vollständige Druckerei unter der Leitung von
P. THOMS übersandt, doch gelang es erst 1822, das englisch-chinesische
Wörterbuch in 6 Quartbänden zu vollenden. In diesem Jahre erschien auch
die erste Nummer einer portugiesischen Zeitschrift »Die chinesische
Biene«. Medhursts »_Dictionary of the Hok-Kien dialect of the Chinese
language, containing 12000 characters_« konnte erst 1832 ausgegeben
werden. In CANTON selbst wurde ebenfalls sehr viel gedruckt. Die grösste
Buchdruckerei ist die der presbyterianischen Mission in SHANGHAI, mit
der eine Schriftgiesserei verbunden ist. Im Jahre 1868 wurden dort 25
Millionen Seiten gedruckt, 1869 ein illustriertes Neues Testament
und verschiedene Andachtsbücher mit dort angefertigten Abbildungen
in vortrefflichen Galvanos. Hier erschien auch das grosse japanische
Lexikon des Dr. Hepburn in Yokohama. In hohem Grade hemmend ist bei
der Anwendung der europäischen Druckmethode die enorme Zahl der Fächer
(gegen 6000) in den Setzkästen; jeder Setzer befindet sich förmlich
inmitten eines Amphitheaters von Kästen.

In PEKING erscheint die offizielle Zeitung _King-Pao_, welche die
kaiserlichen Dekrete bringt und deren Geschichte bis an die Dynastie
Tang, d. h. bis an das siebente bis zehnte Jahrhundert n. Chr., reicht.
Jede Nummer bildet ein Heft von 20, wohl auch von 40 Seiten in gelbem
Umschlag. Die Ausstattung ist eine klägliche, der jährliche Preis
beträgt 27 Mark. Die Offizin befindet sich in dem kaiserlichen Palast.
Seit mehreren Jahren erscheint eine Quintessenz aus der Zeitung in
englischer Übersetzung. In HONGKONG wurde die erste gedruckte Zeitung
vor etwa 25 Jahren gegründet. In SHANGHAI werden zwei grosse chinesische
Zeitungen nach europäischem Zuschnitt gedruckt, die nicht allein den
Inhalt der kaiserlichen Zeitung reproduzieren, sondern auch Belehrendes
und Ankündigungen bringen. Die eine, »_Shénpao_«, vertritt europäische
Interessen, die andere, »_Sinpao_«, ist Organ europafeindlicher
Mandarinen. Die Blätter sind gern gelesen und das eine hat gegen 10000
Abnehmer. Überhaupt ist das Publikum sehr wissenslustig und man findet
in Shanghai fast an jeder Thüre eifrige Leser.

Eine besondere Bestimmung über das litterarische Eigentum giebt es in
China nicht, es ist ein Eigentum wie jedes andere und Nachdruck wird mit
100 Stockschlägen und Deportation bestraft.

[Sidenote: Japan.]

In der Hauptstadt von JAPAN, YEDDO (TOKIO), wurde seit 1785 in
europäischer Weise gedruckt und entwickelt sich dort eine rege
Thätigkeit. Jedenfalls ist Japan, dieser ferne Kulturposten im Osten,
bestimmt, einen hervorragenden Platz in der Geschichte der Civilisation
einzunehmen. Das Tick-Tack der Typen und das Klappern der Pressen haben
jedenfalls dort grössere Eroberungen gemacht, als alle Flotten der
alten und der neuen Welt mit ihren Kanonen und Soldaten fertiggebracht
haben würden. Die japanische Druckindustrie ist in fortwährender
Steigerung begriffen und die Ausüber sind fast alle Eingeborene. Noch
vor 15 Jahren hatte Japan kein Journal in einheimischer Sprache,
jetzt zählen die Journale nach hunderten, unter welchen weder Mode-,
Witz- noch illustrierte und photographische Blätter fehlen. Das
verbreitetste Blatt ist _Yomiri Schimbun_ mit 20000 Exemplaren. Nach
einzelnen Zeitungsnummern gerechnet, erreichte die Produktion jährlich
33 Millionen, von welchen ungefähr der dritte Teil durch die Post
befördert wurde. Die Redaktion einer Zeitung ist keine ganz gefahrlose
Beschäftigung, denn ein der Regierung missliebiger Artikel hat Haft und
Geldstrafe zur Folge.

Die Produktion von Büchern ist eine ausserordentlich starke. Namentlich
werden englische, deutsche und italienische Wörterbücher, Grammatiken,
Parleure, Übersetzungen von astronomischen, nationalökonomischen und
namentlich auch medizinischen Werken gedruckt[72]. Der Buchhandel steht
unter der Aufsicht der Regierung, geniesst jedoch Abgabenfreiheit. Der
Verkauf der Verlagsartikel findet durch Versteigerungen dreimal im Jahre
statt, zu denen die Sortimentshändler oder vielmehr die Bücherverleiher
-- denn das Verleihen ist ein Hauptgeschäft -- zuströmen, um die Lücken
ihres Vorrates auszufüllen. Es giebt Leihbibliotheken mit 25000 und mehr
Bänden. Die Romane, die sehr gern gelesen werden, sind sehr bändereich.
Eine deutsche Buchhandlung besteht seit 1870 und viele deutsche
Unterrichtsschriften werden nach dort versandt.

  [72] Der Buchhändler Herr W. v. Braumüller in Wien erhielt vom Kaiser
       von Japan als Gegengeschenk für eine, der deutschen medizinischen
       Schule in Tokio übersandte Sammlung der hervorragendsten Artikel
       seines wissenschaftlichen Verlages eine Auswahl von 144 von den
       besten und seltensten japanischen Werken in 1408 Bänden. Herr v.
       Braumüller liess ein Verzeichnis davon als _Bibliotheca Japonica_
       drucken. Die Titel sind mit deutscher Übersetzung versehen und
       gewähren einen belehrenden Einblick in die Bücherproduktion
       Japans.

Früher liess Japan sein Papiergeld bei Naumann und Dondorf in
Frankfurt a. M. drucken; jetzt besitzt es in Tokio eine Staats- und
Geldpapier-Fabrik. Die Gebäulichkeiten, von einem französischen
Architekten in Backsteinen aufgeführt, bestehen in einem grossen
Vordergebäude mit zwei Flügeln und in mehreren Hintergebäuden. Das
Institut ist mit dem vorzüglichsten Material und vortrefflichen
Maschinen, grösstenteils von König & Bauer, ausgerüstet und arbeitet mit
einem fast ausschliesslich einheimischen Personal, von Männern sowohl
als von Frauen.

Die erste mechanische Papierfabrik nach europäischer Art wurde 1875
in Tokio eingerichtet. Das Gebäude ist aus Ziegelsteinen aufgeführt,
misst 225 englische Fuss in der Länge, 106 Fuss in der Breite. Der
Maschinensaal ist 130 Fuss lang, 32 Fuss breit, die Maschine selbst
nach dem System Fourdrinier hat eine Länge von 76 Fuss. Durch zwei
Zentrifugalpumpen können pro Minute bis zu 1600 Gallonen Wasser auf
einen Turm von 26 Fuss Höhe, wo die Wasserreservoirs der Fabrik sich
befinden, hinaufgepumpt werden. Die Beleuchtung geschieht durch
selbstfabriziertes Gas. Es werden seitens der japanesischen Regierung
grosse Anstrengungen gemacht, um den Verkauf des Fabrikats am Londoner
Markt zu fördern, doch findet man es dort zu teuer.

[Sidenote: Australien.]

AUSTRALIEN hat den Engländern die Bekanntschaft mit der Kunst Gutenbergs
zu verdanken. In SIDNEY entstand 1802 die erste Presse, deren Begründer
ein Creole, GEORGE HOWE, war. Der Durst nach politischen Nachrichten
und öffentlichen Mitteilungen rief 1803 die erste Zeitung hervor,
der bald andere folgten. Die Zügellosigkeit der Presse veranlasste
ein sehr strenges Pressgesetz von 1827, das jedoch später aufgehoben
wurde. HOBARTTOWN auf VANDIEMENSLAND (Tasmanien) erhielt 1818 eine
Druckwerkstätte.

Seit der Zeit haben sich die Verhältnisse sehr günstig für die Kunst
in Australien gestaltet. In dem jungen aufblühenden Lande mit einer
energischen, vorwärtsstrebenden Bevölkerung eröffneten sich für die
Zeitungspresse die schönsten Aussichten. Sie ist denn auch in Australien
in einem gewaltigen Vorwärtsschreiten begriffen und Zeitungen wie
_The South Australian Register_ in Adelaide, _Argus_ und _Age_ in
Melbourne, _Morning-Herald_ in Sidney nehmen es mit grossen englischen
und amerikanischen Zeitungen auf, selbst in Bezug auf den Umfang der
telegraphischen Korrespondenz. Jede kleine Stadt besitzt eine Zeitung
oder doch ein Wochenblatt. Bei einer Bevölkerung von nur 2500000
Menschen hatte Australien 478 Zeitungen, davon in der Kolonie Victoria
151, in Neu-Süd-Wales 118, in Süd-Australien 46, in Queensland 48, auf
Neu-Seeland 114, auf Tasmanien 12, in Westaustralien 3. Sie sind fast
alle in englischer Sprache; die deutsche ist fast gar nicht vertreten.
Die Ausstattung der Druckereien daselbst ist eine entsprechende. Die
Setzer sind vorzugsweise Europäer, das Lehrlingswesen liegt im Argen.

Die Fabrikation für die Typographie ist noch in der Kindheit und das
Mutterland hat in Australien einen sehr guten Kunden. Melbourne allein
zahlt für Typen, Papier und _Stationary_-Artikel jährlich mehr als
6 Millionen Mark an England, doch schafft jetzt die amerikanische
Konkurrenz, welche fast alle Accidenzschriften liefert, diesem einen
schweren Stand.

[Sidenote: Die Inseln der Südsee.]

Nach den GESELLSCHAFTS-INSELN brachten die Missionäre 1818 die Kunst.
Von einer auf der Missionspresse gedruckten Bibel wurden 3000 Exemplare
in wenigen Tagen verkauft. Der Preis für ein Exemplar war ein Quantum
von etwa zehn Kannen Kokosöl.

Auf den SANDWICHS-INSELN wird in der Hauptstadt HONOLULU seit 1821
gedruckt und 1835 erschien eine Zeitung. Der König gab dazu seine
Erlaubnis mit den folgenden Worten: »Ich gebe meine Einwilligung, denn
es freut mich, die Werke anderer Länder kennen zu lernen, sowie Dinge zu
hören, die neu sind und die ich gern sehen möchte, wenn ich dort wäre.
Ich habe zu dem Minister gesagt: »»Mache Druckerpressen««. Mein Gedanke
ist zu Ende. König Kanegeaguli«. Auch der König Kalakaua war Redacteur
und fleissiger Leitartikelschreiber. -- Die FIDSCHI-INSELN haben vier
Druckereien.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Afrika.]

Der Norden AFRIKAS wird weiter unten (Romanische Gruppe) Erwähnung
finden.

Über die frühzeitige Verbreitung der Buchdruckerkunst durch die
Portugiesen in Abessinien und auf der Westküste von Afrika liegen keine
begründeten historischen Nachrichten vor. Erwiesen ist nur, dass im
Jahre 1583 auf der Insel TERCEIRA gedruckt und zwar sehr gut gedruckt
wurde.

In FREETOWN auf der Westküste gründeten Missionäre Schulen und
Druckereien. Die Insel ST. HELENA erhielt aus Veranlassung der
Gefangenschaft Napoleons eine Buchdruckerei.

In der seit 1806 den Engländern gehörenden Kapkolonie blühte die Presse
bald empor. Die erste eigentliche Zeitung erschien 1824. Seit 1830
werden auch im Innern des Landes Zeitungen gedruckt. Der Zeitungsstempel
wurde 1848 abgeschafft. 1854 wurde die erste mit Dampf betriebene
Schnellpresse aufgestellt und 1860 hatte die Kolonie 29 periodische
Schriften. Bereits damals beschäftigte die vorzügliche Druckerei von
SAUL SALOMON & CO. über 100 Arbeiter und zwei Dampfschnellpressen
und lieferte auch eine grosse Zahl von Accidenzarbeiten in bester
Ausführung. 1880 war die Zahl der Zeitungen 52, von denen 43 in
englischer, 6 in holländischer Sprache, 3 in beiden Sprachen zugleich
erschienen.

Recht fröhlich gedieh die Kunst auf MADAGASCAR. König Radáma I.
(gestorben 1828) war ein aufgeklärter Mann und Freund des Christentums
und der Presse, welche von Missionären in den zwanziger Jahren
eingeführt wurde. Diese brachten erst die Sprache der Eingeborenen
in ein orthographisches System, um dieselbe geschrieben und gedruckt
wiedergeben zu können. In der Hauptstadt ANTANANARIVO wurden sechs
periodische Schriften herausgegeben, darunter die Monatshefte »Gute
Worte« in einer Auflage von 3000 Exemplaren und das halbmonatlich
erscheinende Blatt »Reis mit Honig gemischt«.

[Illustration]


[Illustration]

                              IV. KAPITEL.

           DIE TYPOGRAPHIE UND DAS BUCHGEWERBE NORDAMERIKAS.

  WACHSTUM DER PRESSE. DIE ZEITUNGEN: Statistisches, der _Herald_, Horace
    Greeley und die _Tribune_, G. Childs und der _Ledger_, die Familie
    Harper, Frank Leslie und die illustrierte Presse. Die
    Holzschneidekunst. DIE BUCHDRUCKEREI UND DER BUCHHANDEL: die
    Staatsdruckerei und der Accidenzdruck, Organisation des Buchhandels.
    Grosse Druck- und Verlagsfirmen: Appleton, Lippincott, Houghton u.
    a., Einfluss des deutschen Elements, Nachdruck deutscher Werke,
    deutsche Buchhandlungen und Zeitungen. DAS PAPIER.

[Sidenote: Steigende Macht der Presse.]

Nachdem Amerika seine Unabhängigkeit erkämpft hatte, stieg die Macht
seiner Presse in rapider Weise. Es war natürlich, dass von einem
Zustand gemütreicher litterarischer Beschaulichkeit noch keine Rede
sein konnte und dass sich die geistigen Kräfte der Besten des Volkes
fast ausschliesslich dem praktischen und dem politischen Leben zuwenden
mussten. Die litterarischen Bedürfnisse liessen sich leicht und
billig durch den Nachdruck der geistigen Erzeugnisse des Mutterlandes
befriedigen und der Nachdruck war ja nicht verboten, also eine ehrliche,
ja lobenswerte Sache.

[Sidenote: Die Zeitungen.]

Vor allem hatte man ZEITUNGEN nötig; auf diese konzentrierten sich
deshalb die Gedanken und Pläne der Verleger, der Buchdrucker, der
Schriftgiesser und der Maschinenbauer und bald zeigte sich ein an das
Wunderbare grenzender Aufschwung dieses Zweiges des Buchgewerbes.

Im Jahre 1776 hatte New-York nur 4 Zeitungen, Massachusetts 7,
Pennsylvanien gar keine aufzuweisen. Zur Zeit der _Centennial_-Feier
und der Weltausstellung zu Philadelphia im Jahre 1876 erschienen in
New-York 1088, in Massachusetts 346, in Pennsylvanien 738 Zeitschriften.
Heute beträgt die Gesamtzahl der periodischen Schriften Nordamerikas
11418, darunter täglich erscheinende Blätter 982, Wochenblätter 8725.
Von der Gesamtzahl liefert New-York 1412, Illinois 1032, Missouri
531. Illustrierte Blätter giebt es 512, Zeitschriften religiösen
Inhalts 572. In englischer Sprache wurden 10619 Blätter gedruckt, 605
in deutscher, 35 in französischer, 37 in schwedischer und dänischer
Sprache. Beschäftigung finden bei der Herstellung 72000 Menschen mit
einem Lohnaufwande von 115 Millionen Mark. Der Brutto-Ertrag wird auf
370 Millionen Mark geschätzt. Die tägliche Zirkulation der Tagesblätter
ist auf 3637000 Nummern -- dieselbe ungefähr, die England mit seinen
135 Blättern erzielt -- berechnet, die einmalige der Wochenblätter auf
19450000, die Gesamtsumme aller Zeitungen und Zeitschriften jährlich auf
2077650675 Nummern[73].

  [73] E. STEIGER, _The periodical litterature of the United States_.
       New-York 1873. -- G. P. ROWELL, _The man who advertise_. New-York
       1870. -- A. MAVERIK, _H. J. Raymond and the New-York Press_.
       Hartford, U. S., 1870. -- M. CUCHEVAL-CLAVIGNY, _Histoire de
       la Presse en Angleterre et aux États Unis_. Paris 1857. -- Die
       Angaben über den heutigen Bestand sind von einem erfahrenen
       Verleger Amerikas, M. North.

Es hat sich jemand die Mühe gegeben, auszurechnen, dass mit einem
Gürtel an einander gereihter Bogen eines Jahrganges der amerikanischen
Zeitungen die Erde sich 47mal umwickeln lasse und dass der
Papierstreifen fünf Meilen länger sein würde, als die Entfernung
der Erde von dem Monde. Ein anderer giebt an, dass zu einer Nummer
sämtlicher Zeitschriften Nordamerikas 5000000 Pfund Schriften oder etwa
3 Milliarden Typen gehören. Kontrolliert haben wir die Rechnungen nicht.

Befinden sich unter den Zeitungen auch manche unbedeutende, die nur
dazu dienen, die Zahl auszufüllen, so begegnen uns andererseits viele
riesenhafte Unternehmungen, mit denen in Europa ausser den _Times_ nur
noch einige wenige sich messen können. Das New-Yorker Zeitungsviertel
umschliesst die Prachtgebäude der Journale: New-Yorker Staatszeitung,
_Daily News_, _Star_, _Sun_, _Tribune_, _Times_, _Observer_, _World_,
_Evening Mail_, _Evening Telegraph_, _Herald_, dazu den grossartigen
Bau des Zentral-Telegraphenamtes, die kolossalen Offizinen von _Harper
Brothers_ u. a. Mit diesem bibliopolisch-typographischen Viertel kann
sich selbst _Fleet-Street_, _Paternoster-Row_ und Umgebung in London
nicht messen.

[Sidenote: _Der Herald._]

Das grossartigste Zeitungs-Institut ist wohl das des _New-York
Herald_. Die Herausgeber haben sich die Mühe gegeben, eine Nummer des
_Herald_ mit der korrespondierenden Nummer der englischen _Times_
zusammenzustellen. Jede enthält 120 Spalten; unter diesen hatte der
_Herald_ 80 Inseratenspalten mit 3061 Anzeigen, _Times_ 73 Spalten mit
1846 Annoncen. Dem Stoff nach enthält die _Herald_-Nummer auf 31350
Zeilen mit etwa 2800000 Typenstücken den ungefähren Stoff von fünf
gewöhnlichen Romanbänden. Die Ausgaben für einzelne Telegramme sind
enorm und waren es früher noch mehr, als zehn Wörter 400 Mark kosteten.
Während des englisch-abessinischen Krieges musste die englische
Regierung ihre Nachrichten aus dem Privatbureau des _Herald_ holen, denn
dieser empfing seine Telegramme so zeitig, dass die englischen Blätter
die aus New-York zurücktelegraphierten Nachrichten als ihre neuesten
Nachrichten bringen mussten. Zur Zeit des deutsch-französischen Krieges
hatte die _Tribune_ den _Herald_ überholt. Erstere brachte mit einem
Kostenaufwand von 3000 Dollars das erste, spaltenlange Telegramm über
den Kampf bei Gravelotte, das schon Tage lang in New-York gelesen war,
als man in Berlin sich noch immer mit dem bekannten kurzen Telegramm
aus dem Hauptquartier begnügen musste. Das machte die _Tribune_ während
des Krieges sehr populär. Als Trumpf hiergegen spielte nun der _Herald_
die sehr kostspielige afrikanische Expedition Stanleys zum Aufsuchen
Livingstones aus.

[Sidenote: H. Greeley * 3. Febr. 1811, [+] 29. Nov. 1872.]

Überhaupt erreichte die von HORACE GREELEY im Verein mit gleichgesinnten
Mitarbeitern 1841 gegründete _Tribune_[74] eine hohe Bedeutung. Horace
Greeley war Sohn eines armen Bauers in Amhorst. Er half seinem Vater
beim Holzfällen; jedoch seine Liebe zu den Büchern erweckte den Wunsch
in ihm, Setzer zu werden. Er kam auch in die Lehre nach Pultney, was
er jedoch dort lernen konnte, war bald gelernt. Nach verschiedenen
bösen Erfahrungen kam er am 18. August 1831 nach New-York mit zehn
Dollars in der Tasche. Trotz seiner Tüchtigkeit ward es ihm sehr
schwer, eine Stelle zu finden. Man traute ihm nichts ordentliches zu,
namentlich weil er gar zu wenig auf sein Äusseres gab. Endlich fand er
in einer Druckerei Stellung. Es wurde ihm die schwerste Aufgabe, der
Satz eines polyglotten Neuen Testaments, aufgetragen. Die Arbeit fiel
vortrefflich aus und Greeley war bei derselben mit solchem Fleiss, dass
er in Misskredit bei seinen von ihm ausgestochenen Kollegen kam. Ein
Dr. Steppard, ein Mann mit vielen Kenntnissen, aber ganz ohne Vermögen,
wünschte Teilnehmer für ein Blatt, die »Morgenpost«, und veranlasste
Greeley und den Faktor der Druckerei, Story, solche zu werden. Das
Blatt schlug fehl, jedoch die angefangene Druckerei kam vorwärts; Story
starb und Greeley nahm einen anderen Associé, Winchester. Auch eine
zweite Zeitschrift, der »New-Yorker«, an dem Greeley gearbeitet hatte,
ging ein. Dieser, der demnach Schriftsteller geworden war, gründete nun
selbst 1841 die _Tribune_. Die Anfänge waren klein. Greeley war die
Seele des Ganzen, bald am Redaktionstisch schreibend, bald am Setzkasten
zugreifend, dann, wenn nötig, bei der Presse Hand anlegend. Das Blatt
gewann rasch einen grossen Aufschwung und die etwa zwanzig Gründer, die
mit ihrer Arbeit -- denn über ein anderes Kapital hatten sie nicht zu
verfügen gehabt -- beteiligt waren, wurden wohlhabende Leute. Ausser der
Tagesausgabe druckte man eine halbwöchentliche und eine wöchentliche,
zusammen in ungefähr 100000 Exemplaren. Horace Greeley schlug standhaft
die Übernahme der ehrenvollsten, selbst Gesandten-Posten, aus und
meinte, wenn ein Journalist auf seinem Posten ist, dann kann er in
einem Lande mit einer freien Presse mehr leisten, als alle Gesandte
zusammen[75]. Die Setzer der Vereinigten Staaten wollten ihm zuerst ein
aus Typen gegossenes Monument setzen, errichteten ihm jedoch später auf
dem Greenwood-Friedhofe in Brooklyn ein Denkmal, bestehend in einer
Bronce-Kolossalbüste. Die vier Seiten des Sockels sind mit Reliefs
geschmückt.

  [74] Die Offizin ist abgebildet im Journ. f. B. 1876, Nr. 6.

  [75] JAMES PARTON, _The life of Horace Greeley_. New-York 1855.

[Sidenote: G. W. Childs.]

Bedeutenden Einfluss übte auch _The Public Ledger_ GEORGE W. CHILDS'.
Dieser, in Baltimore geboren, kam als vierzehnjähriger Bursche nach
New-York in eine kleine Buchhandlung, erwarb sich durch grössten Fleiss,
verbunden mit Sparsamkeit, einige hundert Dollars und fing mit diesen
in einem Winkel des Gebäudes des _Public Ledger_ ein kleines Geschäft
an, jedoch mit dem Vorsatz: »das muss alles einmal mir gehören«. Childs
wurde Teilhaber einer respektablen Buchhändlerfirma R. E. Peterson &
Co., in der, unter seiner Beteiligung, viele bedeutende Werke erschienen.

Inzwischen war es mit dem angesehenen _Ledger_ rückwärtsgegangen. Es
bestand als _Penny_-Blatt seit dem Jahre 1816 und die Unternehmer hatten
nicht den Mut, diesen Preis zu erhöhen, obwohl er unter den indes
eingetretenen Valuta-Verhältnissen ein völlig unhaltbarer geworden war.
Trotz der grossen Verbreitung und der massenhaften Inserate verlor
man, wovon das Publikum jedoch keine Ahnung hatte, jährlich an 150000
Dollars. Unter diesen Verhältnissen kaufte Childs das Blatt für eine
Summe, welche die eines Jahresausfalles wenig überschritt, stellte
den Preis auf zwei Pence und erhöhte entsprechend den Inseratenpreis.
Anfänglich grosser Krach in der Zahl der Abonnenten, dann aber das
Gefühl bei denselben, den alten bewährten Freund nicht entbehren zu
können, und die Sache ging wieder vorwärts. Nun war Childs ein gemachter
Mann und der _Ledger_[76] eine grosse Macht, von der jedoch der Besitzer
immer nur den edelsten Gebrauch gemacht hat. Er begriff, dass der Mann,
welcher eine Druckerpresse besitzt und die Feder führt, ebensowenig das
Recht hat, Schmähnachrichten zu verbreiten oder die Ehre eines anderen
anzutasten, als derjenige, der eine Uniform und ein Schwert trägt,
befugt ist, nach Belieben zu tödten oder zu verwunden, um seinen Launen
oder boshaften Gesinnungen zu fröhnen. Sogar über die Anzeigen wachte
er und hatte den Mut, von dem Prinzip abzugehen, wonach der Herausgeber
eines Blattes nicht die Verantwortlichkeit, wennauch nur die moralische,
für die Anzeigen zu tragen habe. Dass er mit diesem Prinzip zugleich
auf grosse Einnahmen verzichtete, ist leicht zu begreifen. Childs
sorgte auch stets in grossartigster Weise für die Gesundheit und das
Wohlbefinden seiner Mitarbeiter.

  [76] EUGEN MUNDAY, _Historical sketch of the public Ledger_.
       Philadelphia 1870. -- JAMES PARTON, George W. Childs.
       Philadelphia 1870. -- Die Offizin ist abgebildet im Journ. f. B.
       1876, Nr. 4.

Es ist nicht möglich, die bedeutenden Zeitungsanstalten alle näher
zu charakterisieren und ihre Offizinen ausführlich zu beschreiben,
die auch im Westen grossartige Dimensionen angenommen haben, so z. B.
die Offizin der _Chicago Times_, die in einem aus weissen Sandsteinen
erbauten, palastähnlichen Eckgebäude mit zwei Fronten von je 80 Fuss
ein Erdgeschoss und fünf Stockwerke einnimmt. Überhaupt würden solche
Äusserlichkeiten an und für sich keine Bedeutung für die Geschichte der
Buchdruckerkunst haben, wenn sie nicht mit als Beweis dienten, welche
kolossale Ausdehnung und hohe Macht die Zeitungspresse besitzt, die doch
immer nur ein Teil der Gesamtpresse ist.

Auch unter den Wochenblättern erheben einige stolz ihre Häupter über
das Gewöhnliche. Unter den Verlegern und Druckern, die sich um diese
Litteratur, doch nicht nur um diese, verdient gemacht haben, steht die
Familie HARPER obenan[77].

  [77] JAC. ABOTT, _The Harper Establishment_. New-York 1855.

[Sidenote: John Harper * 22. Jan. 1797, [+] 22. April 1875.]

Der Gründer derselben, JOHN HARPER, stammt aus Newtown (Rhode Island).
Sein Bruder JAMES und er waren in New-York in einer Buchdruckerei
beschäftigt und zählten mit zu den tüchtigsten Arbeitern, James als
Drucker, John als Setzer. Im Jahre 1817 gründeten die Brüder eine kleine
Buchdruckerei unter der Firma J. & J. HARPER. Durch Promptheit erwarben
sie sich einen guten Ruf und ihre eigenen Verlagsunternehmungen wurden
mit Vertrauen empfangen. 1833 gesellten sich noch zwei Brüder, JOSEPH
WESLEY HARPER und FLETCHER HARPER, als Teilnehmer dazu und die Firma
wurde _Harper Brothers_. Die vier Brüder waren alle sehr verschiedenen
Charakters, ergänzten sich jedoch ganz vortrefflich. Frug man: wer ist
Harper? und wer sind die Brüder? so konnte man nur antworten: »irgend
einer derselben ist Mr. Harper und die anderen sind die Brüder«. Gerade
in diesem innigen Zusammenwirken lag das Geheimnis ihrer Erfolge. Im
Jahre 1850 begannen sie _Harpers Monthly_, dessen Aufnahme eine so
ausserordentlich günstige war, dass sie 1857 _Harpers Weekly_ und 1867
_Harpers Bazar_ folgen liessen.

[Sidenote: Harpers neues Etablissement.]

Jeder der Brüder hatte sein besonderes Departement, welches er
selbständig leitete. Das der Finanzen gehörte John, zugleich die
Besorgung der Erwerbungen an Material und Maschinen. Er war ein
Mann von bestimmtem Charakter, rasch im Entschliessen, fest in der
Durchführung der Entschlüsse, in allen Verhältnissen ein Gentleman, bei
aller Lebhaftigkeit stets ruhig und besonnen, nie in Unruhe oder Hast.

[Sidenote: Brand des Etablissements.]

Als das grosse Harpersche Etablissement in _Franklin-square_ 1853 ein
Raub der Flammen wurde, stand John mit seinen Brüdern ruhig unter
der aufgeregten Menschenmasse und beobachtete das Fortschreiten des
verheerenden Elements. Seine Uhr aus der Tasche ziehend bemerkte er
gegen die Brüder, dass es jetzt Essenszeit sei; es wäre wohl das beste,
man käme nach dem Essen zu ihm, dort könne man ruhig überlegen, was
zu thun! Die Brüder fanden sich ein und sassen schweigend in Gedanken
vertieft. Da ergriff John das Wort: »Unser Geschäft ist zu wertvoll, um
es fallen zu lassen oder um es in andere Hände zu geben. Wir haben alle
Söhne; sie haben uns geholfen und sind nun bald imstande, unsere Plätze
einzunehmen. Wir wollen ihnen das Geschäft weiter führen und ihnen
zeigen, dass wir noch keine alten Schlafmützen sind«.

Und so wards beschlossen. Noch an demselben Abend begann John die
Pläne für den Neubau zu entwerfen. Die Zeichnungen von allen den
inneren Räumlichkeiten und Einrichtungen wurden unter Berücksichtigung
der mannigfachen Bedürfnisse des Geschäfts in allen Details von John
gemacht und dann dem Architekten übergeben, dem es überlassen wurde,
das Äussere dem Innern anzupassen. Durch Schaden klug geworden,
liess man alles aus Stein oder Eisen aufführen. Jedes Stockwerk ist
für sich ganz abgeschlossen und die Kommunikation mit den beiden
Geschäftshäusern nur durch die, in einem freistehenden Turm, von welchem
aus Verbindungsbrücken nach jedem Stocke der beiden Geschäftsgebäude
führen, befindliche Treppe unterhalten. Es dürfte dieses Etablissement
jetzt eines der eigentümlichsten, zugleich eine der am besten gegen
Feuersgefahr gesicherten Druckereien der Welt sein. Ein eigentümlicher
Zug von John Harper war es, dass er, obwohl er täglich von 9-3 Uhr im
Comptoir arbeitete, die nach seiner eigenen Angabe gebauten Lokalitäten,
mit Ausnahme des Maschinenraumes, nie betrat. Was in sein Departement
nicht gehörte, überliess er ganz und gar seinen Brüdern, Söhnen und
Neffen. Der Bruder James starb 1869, Wesley 1870, John selbst 1875 am
22. April, nur sein Bruder Fletcher überlebte ihn. Bis zum Jahre 1878
hatten Harpers 3291 Werke in über 4000 Bänden herausgegeben.

[Sidenote: K. Scribner.]

Wennauch _Harpers Monthly_ die grösste Auflage von allen Monatsschriften
hat -- 160000 Exemplare --, so kommt ihm doch das von KARL SCRIBNER
gegründete _Scribners Monthly_, das jetzt den Titel _The Century_
angenommen hat, nahe. Der materielle Wert eines solchen Unternehmens
ist ein sehr bedeutender; so erhielten die Söhne Scribners für ihren
40prozentigen Anteil die Summe von mehr als 1100000 Mark, wonach also
das ganze Unternehmen den Wert von gegen 3 Millionen Mark repräsentierte.

[Sidenote: Frank Leslie * 1821, [+] 1. Jan. 1880.]

Unter den Herausgebern illustrierter Blätter ist FRANK LESLIE besonders
zu erwähnen. Sein eigentlicher Name war Henry Carter. Erst Holzschneider
und Vorsteher der xylographischen Anstalt der _Illustrated London
News_, ging er im Jahre 1848 nach Amerika und unternahm die _Gazette
of Fashion_, dann den _Chimney Corner_ und das _Ladys Magazine_. Am
14. Dezember 1855 erschien _Frank Leslies Illustrated Newspaper_. Zwar
erwarb er sich damit ein sehr grosses Vermögen; bei seiner excessiven
Freigebigkeit überstiegen jedoch seine Ausgaben die Einnahmen und er
musste 1877 sein Geschäft an J. W. ENGLAND abtreten, wirkte aber für
dasselbe fort. Leslie war der erste, welcher die grossen Holzplatten mit
den darauf sich befindenden Zeichnungen in viele Stücke zersägen liess,
um sie nach Vollendung des Schnittes, der nun gleichzeitig von einer
grossen Zahl von Holzschneidern, also sehr schnell, gearbeitet werden
konnte, wieder zusammen zu leimen oder durch Rahmen zusammen zu pressen.

[Sidenote: Georg Putnam * 21. Febr. 1814, [+] 20. Dez. 1872.]

Auch GEORG PALMER PUTNAM erwarb sich einen bedeutenden Namen als
Journal-Herausgeber. 1840 gründete er die Firma WILEY & PUTNAM. In
London legte er eine Filiale an, weilte dort sieben Jahre und gab von
1843 ab _The American Bookseller_ heraus. Putnam war der erste, der
regelmässig Bücher nach England exportierte und umgekehrt von dort
importierte. Nach seiner Rückkehr nach New-York wurde 1852 _Putnams
Magazine_ gegründet, welches damals in Nordamerika einzig in seiner Art
dastand.

[Sidenote: The Daily Graphic.]

Amerika hat auch zu einer täglich erscheinenden illustrierten Zeitung
den ersten Anlauf genommen. Seit 1873 erscheint in New-York _The
Daily Graphic_; jede Nummer mit etwa zwanzig grösseren oder kleineren
Illustrationen. Bei einem äusserst mässigen Preis sind Druck und Papier
sehr gut. Da jedoch die Bilder -- Hochätzungen von verschiedenem Wert
-- in der Mehrzahl den unterhaltenden Teil illustrieren, also im voraus
fertiggestellt werden können, so ist das Problem einer wirklichen
illustrierten Tageszeitung noch nicht als voll gelöst zu betrachten.

Die Summe, welche die Inserierenden an die Zeitungs-Herausgeber zu
zahlen haben, wird auf 120 Millionen Mark geschätzt. Von _The Sun_
wurde neulich eine der 350 Aktien »billig« für 18000 Mark verkauft, das
gäbe nahe an sechs und eine halbe Million Mark. Der Redakteur A. Dana
bezieht als Salair und Tantième jährlich etwa 300000 Mark. Hiernach kann
man sich eine Vorstellung machen von dem enormen pekuniären Wert der
amerikanischen Zeitungen.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Xylographie.]

[Sidenote: Alex. Anderson * 21. April 1775, [+] 17. Jan. 1870.]

Der Schöpfer der amerikanischen HOLZSCHNEIDEKUNST war ALEXANDER
ANDERSON. Bereits als Schulknabe schnitt er mit einem Handmesser kleine
Vignetten in Schriftmetall und verkaufte sie an Zeitungs-Herausgeber.
Später wählte er die Medizin als Brotstudium; jedoch die Liebe zur Kunst
behielt die Oberhand bei ihm, und als er erfuhr, dass Bewick in London
in Buchsbaum schnitt, hing er die Medizin an den Nagel und wurde der
erste Holzschneider in Amerika. Seine letzte Arbeit in Metall war »das
Abendmahl« nach Holbein für eine Bibel in Quart. Bis in sein 94. Jahr
arbeitete er unverdrossen. Während Amerika 1840 nur etwa 40 Xylographen
hatte, betrug die Zahl bei Andersons Tod bereits über 400.

[Sidenote: J. Adams.]

Um den Druck der Holzschnitte, zugleich um diese selbst und die
galvanische Vervielfältigung derselben hat J. ADAMS wesentliche
Verdienste. Nach vielen vergeblichen Versuchen gelang es ihm, mit
Harpers ein Übereinkommen betreffs des Verlages und Druckes einer
illustrierten Bibel abzuschliessen, wobei er die Bedingung gestellt
hatte, dass der Druck vollständig nach seiner Angabe geschehe. Mit
unermüdlicher Sorgfalt wendete er das noch nicht bekannte Verfahren
des Unterlegens an und nach vierzehntägiger Arbeit an der Adamsschen
Tiegeldruckpresse, während deren er vieles von den über ihn spottenden
Druckern und der Bedenklichkeit der Verleger zu leiden hatte, leistete
er zum Staunen der ersteren und zur Genugthuung der letzteren mit dem
ersten Bogen einen Druck, wie man ihn noch nicht kannte. Das Publikum
lohnte der Verleger Opferwilligkeit durch Abnahme von 50000 Exemplaren.

[Sidenote: Die Regierungsdruckerei.]

Unter den Druckanstalten Amerikas sowohl als unter den Staatsdruckereien
anderer Länder nimmt die REGIERUNGSDRUCKEREI[78] der Vereinigten Staaten
einen achtunggebietenden Standpunkt ein.

  [78] Journ. f. B. 1881, Nr. 22. -- Ann. d. Typ. II, Nr. 92.

Zuerst wurden die Staatsarbeiten an die, von beiden Häusern gewählten
Privatdruckereien vergeben, mit denen man auf Grund bestimmter Preise
kontrahierte. Später beliebte man den Zuschlag an den Mindestfordernden,
dann wurde zu einer Anstalt geschritten, deren Direktor der Präsident
erwählt. Die 1861 bezogenen Räumlichkeiten sind später bedeutend
erweitert worden.

Vor der Rebellion der Südstaaten genügten 23, grösstenteils Adamssche,
Schnellpressen. Durch 4 Accidenzpressen und einige Liniiermaschinen
wurden die kleineren Arbeiten erledigt. Während des Aufstandes nötigte
jedoch der Bedarf des Kriegs- und Marinedepartements zur Verstärkung der
Kräfte. Obwohl von Liniiermaschinen allein 16 fortwährend beschäftigt
waren, mussten manche Arbeiten Privaten übertragen werden. Nachdem
jedoch der Kongress bestimmt hatte, dass alle Regierungsarbeiten in
der Staatsdruckerei besorgt werden sollten, waren grosse Erweiterungen
vorzunehmen.

Das Druckhaus ist ein vierstöckiges, nicht besonders schönes, jedoch
gut belichtetes und zweckmässig eingerichtetes Gebäude von 300 Fuss
Länge und 60-70 Fuss Breite. Der Druckersaal nimmt die ganze Tiefe und
270 Fuss Länge ein. Die Zahl der Schnellpressen beträgt 63, die der
Arbeiter 1200. Die Jahresausgabe für Löhne und Material wird auf etwa 9
Millionen Mark veranschlagt. Die Arbeiten sind in drei Klassen geteilt:
Staatsakten, gerichtliche und laufende Arbeiten. Die in der Anstalt
gedruckten Werke haben oft einen grossen Umfang, so umfasst das Werk
über den Secessionskrieg 96 Bände in Grossoktav. Oft ist rasende Eile
notwendig; so wurden die Berichte der Halifax-Fischerei-Kommission 480
Seiten in Oktav in 48 Stunden gesetzt, korrigiert, gedruckt, gebunden
und dem Kongress übergeben. Der jährliche landwirtschaftliche Bericht
ist ein Band von 800 Oktavseiten und wird in 225000 Exemplaren gedruckt.

[Sidenote: Banknotendruck.]

Der BANKNOTENDRUCK unterlag durch JAKOB PERKINS, der die Herstellung von
Stahlplatten einführte, einer bedeutenden Umänderung und Verbesserung.
1818 ging Perkins nach London und arbeitete dort mit dem vorzüglichen
Graveur Heath zusammen. Mehrere Sicherheitsmassregeln wurden erfunden,
namentlich das Hineinarbeiten von Fäden oder Haaren in das Papier.
Die Noten sind, dem Geschmack der Amerikaner gemäss, recht bunt und
enthalten vollständige Bilder, ja sogar Schlachtenscenen, in Stahlstich.
Sie werden in dem _Bureau of Engraving and Printing_, einer Abteilung
des Schatzamtes, und bei der _American Banknote Company_ ausgeführt.

Die Postkarten liefert laut Vertrag die _American Phototype Company_
in Holyoke. Der Bogen enthält 40 Postkarten. Die Pressen sind mit
verschlossenen Zählapparaten versehen, zu welchen nur Regierungsbeamte
den Schlüssel haben. Zirkularschneidemaschinen teilen den Bogen viermal
der Länge nach, die Längenschnitte werden wieder zehnmal der Quere nach
geschnitten. Täglich wird durchschnittlich 1 Million Stück geliefert,
die Produktion kann aber auf 1700000 gesteigert werden.

Dass die Versendung von Drucksachen durch die Post eine sehr grosse ist,
begreift sich leicht; sie beträgt neben 1100-1200 Millionen Briefen
jährlich gegen 750 Millionen Zeitungsnummern und mehr als 300 Millionen
andere Drucksachen.

[Sidenote: Accidenzdruck.]

[Sidenote: O. H. Harpel * 8. Juni 1828, [+] 20. Nov. 1881.]

Der ACCIDENZDRUCK setzt in einem Geschäftslande, wie es Amerika ist,
enorme Summen in Zirkulation. Nach Einführung der Tretmaschinen ist ein
grosser Teil der Arbeiten in die Hände der _Stationer_ (Trittmüller)
übergegangen. Bei der Sucht, auffällig zu sein, laufen allerdings manche
sonderbare Erzeugnisse unter den Accidenzen mit unter, aber vieles ist
auch ausserordentlich schön. Unter den Accidenzdruckern, speziell unter
den Farbendruckern, steht W. J. KELLY in hohem Ansehen. Als Herausgeber
einer Fachzeitschrift, _The Model Printer_, macht er zugleich seine
Arbeiten der Allgemeinheit der Buchdrucker nutzbar. Einen würdigen
Konkurrenten hat er in J. F. EARHART in Columbus. Auch OSCAR H. HARPEL
in Cincinnati, der den glücklichen Gedanken hatte, etwa 700 von ihm in
der Praxis ausgeführte Accidenzen in einem Band _Harpels Typograph_ zu
sammeln, genoss eines verdienten Ansehens. Ausser seinem praktischen
Musterbuch gab er ein mit grossen Kosten verbundenes Werk heraus: _Poets
and Poetry of Printerdom_. Harpel war eine der ideal angelegten Naturen,
die in ihrem Streben nach Vollkommenheit nicht genug das Praktische
berücksichtigen, und er erzielte deshalb nicht die Vorteile, die ihm
auf Grund seiner Tüchtigkeit und Liebe zur Kunst sehr zu gönnen gewesen
wären.

Als Beispiel, welche Summen auf Accidenzarbeiten verwendet werden, sei
angeführt, dass ein Kurzwaren-Geschäft in New-Haven für 2000 Exemplare
eines Muster-Katalogs gegen 350000 Mark verausgabte. Der Folioband von
290 Seiten mit etwa 700 in der wirklichen Grösse und in den natürlichen
Farben ausgeführten Abbildungen kostet allein zu binden 65 Mark für
jedes Exemplar. Dabei übersandten die Besteller nach Vollendung des
Bandes dem Drucker mit einem sehr verbindlichen Schreiben ein äusserst
kostbares Chronometer, ein Zeichen der Anerkennung, wie sie im
Geschäftsleben wohl nicht gar zu oft vorkommt.

Die Durchschnittsqualität des Buchdruckes ist eine gute. Man fabriziert
in Amerika weniger für besondere Klassen von Lesern, es fehlt deshalb
in der Regel einerseits das höchste Raffinement, andererseits ein
ungeniertes Sichgehenlassen. Die Schulbücher sind, was nicht genug
gelobt werden kann, fast ausnahmslos vortrefflich ausgestattet. Druckt
man einmal wirkliche Prachtwerke, so können sie auch den Vergleich
mit den besten Erzeugnissen der alten Welt aushalten, z. B. Appletons
_Picturesque America und Picturesque Europe_.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Der Buchhandel.]

Über die Ausdehnung des BUCHHÄNDLERISCHEN GESCHÄFTS[79] ist es nicht
leicht, eine ganz bestimmte Übersicht zu gewinnen, da keinerlei
Kontrolle ausgeübt wird. Die Zahl der eigentlichen Buchhändler wird auf
etwa 3000 angegeben, darunter sind gegen 800 Verleger. Neun Zehnteile
des Verlagsgeschäftes sind jedoch auf höchstens 50 Firmen verteilt.
Buchhändler, welche nicht ein ausschliessliches Geschäft aus dem Handel
mit Büchern machen, giebt es über 10000.

  [79] _Catalogue of the Collectiv Exhibit of the American Book Trade._
       Paris 1878. -- Der amerikanische Buchhandel. Ausland 1862, Nr. 19.

[Sidenote: Bücherproduktion.]

Hat die BÜCHERPRODUKTION auch nicht eine so immense Steigerung
aufzuweisen wie die Zeitungsproduktion, so ist sie doch eine sehr
bedeutende. Die amerikanische Originallitteratur bietet schon jetzt
einen bedeutenden Stoff, daneben werden mit einer, bei lohnenden
Aussichten staunenswerten, einer besseren Sache zur grössten Ehre
gereichenden Energie die besten Erzeugnisse des Mutterlandes
nachgedruckt. Ein internationaler Vertrag mit England lässt immer noch
auf sich warten, und obwohl selbst in Amerika gewichtige Stimmen für den
Schutz gegen Nachdruck sich erheben, ist doch kaum anzunehmen, dass der
»praktische« Amerikaner sich dem Zwange sobald fügen wird, es wäre denn,
dass die Zunge der Interessenwage sich zu seinen Gunsten neigen würde.

[Sidenote: Organisation des Buchhandels.]

Der eigentliche Ursprung des organisierten Buchhandels in Amerika rührt
von der Begründung der Amerikanischen Buchhandlungs-Gesellschaft im
Jahre 1801 her. Sie errichtete Comptoire in New-York, Philadelphia und
Boston, stellte feste Bedingungen für den Betrieb und war bemüht, durch
Preisausschreiben die Fabrikation des Papiers und der Druckerschwärze zu
fördern. Doch blieben die Fortschritte des Buchhandels immer noch klein.
Die Auflagen wurden selten höher als 5-600 gemacht.

Mit dem Jahre 1830 hatte sich dies schon sehr geändert und später
erreichten Werke selbst von grösserem Umfang und hohem Preis grosse
Verbreitung. Agassiz' Naturgeschichte Nordamerikas, die über 600 Mark
kostete, hatte über 2500 Subskribenten; von Kanes Reise nach den
arktischen Regionen wurden 60000 Exemplare abgesetzt, von Murrays
geographischer Encyklopädie 50000, von Chambers _Encyclopædia of
Literature_ über 100000. 1860 gab es bereits 400 Verleger und der Wert
der produzierten Bücher -- nicht Zeitungen --, der 1820 10 Millionen
Mark betrug, hatte 1860 70 Millionen Mark überschritten. Die Zahl der
Buchdruckereien war 1860 bis auf 4000 gestiegen, nachdem sie 1776 40,
1812 400 betragen hatte.

Die Organisation des Buchhandels ist nicht so geschlossen, wie in
Deutschland, doch hat die _American Book Trade Association_ einige
Ähnlichkeit mit dem Börsen-Verein der deutschen Buchhändler. Die
Buchhändler teilen sich in _Publishers_ (Verleger), _Jobbers_
(Kommissionäre) und _Retailers_ (Sortimentshändler), doch sind diese
drei Branchen oft in einer Hand vereinigt. Eine besondere Klasse der
Verleger bilden die sogenannten _Subscription Publishers_, welche ihren
Verlag nur durch Vermittelung von Agenten vertreiben, von welchen
jedem ein gewisses Territorium überlassen bleibt, innerhalb dessen
Grenzen er allein den Vertrieb hat. Der _Jobber_ dient als Mittelsmann
für diejenigen Sortimenter, die nicht mit den einzelnen Verlegern
in Rechnung stehen können oder wollen, und vorziehen, ihren ganzen
Bücherbedarf aus einer Hand zu nehmen. Sie kaufen oft tausende von
Exemplaren von den Verlegern und verkaufen mit einem mässigen Nutzen.

Einmal im Herbst und einmal im Frühjahr findet eine grosse Bücherauktion
statt, in welcher der Sortimentshändler sein Lager versorgt. Die
Produktion des Jahres 1877 betrug 4476 Werke, also ungefähr dieselbe
Quantität, die England produzierte. Nur einige grosse Firmen schlagen
eine universelle Richtung ein, gewöhnlich beschränkt sich eine Firma auf
einen Zweig.

Eine für Amerika eigentümliche Institution ist die _American News
Company_. Diese Gesellschaft konzentriert in ihren Händen fast den
ganzen Betrieb der periodischen Unternehmungen; ihre Interessen
vertritt _The American Bookseller_. Es ist eine Anstalt, mit der die
Journal-Verleger rechnen müssen, die jedoch ihre Macht in loyaler Weise
gebraucht.

[Sidenote: Fr. Leupoldt.]

Um die Förderung der buchhändlerischen Organisation und des
Büchervertriebes hat sich der Deutsche FRIEDR. LEUPOLDT aus Stuttgart
besonders verdient gemacht. Wie in früherer Zeit Deutsche die
Buchdruckerkunst durch alle Länder verbreiteten, so sind es in späterer
Zeit fast überall Deutsche, die sich um die rationelle Einrichtung
der buchhändlerischen Institutionen verdient gemacht und, durch die
mühsamen Arbeiten der Inventarisierung, System in den Vertrieb gebracht
haben. Die von Leupoldt ins Leben gerufene _Publishers Weekly_ ist die
beste bibliographische Zeitschrift Amerikas. Ebenfalls vortrefflich
ist sein seit 1876 erscheinendes _American Library Journal_ und sein
jüngstes Werk _Catalogue and Finding List of all American Books
in Print and for Sale_. 1881. Eine grosse Erleichterung für den
Vertrieb bildet schliesslich die, ebenfalls von Leupoldt in Scene
gesetzte, _Uniform Trade List Annual_, eine in gleichförmigem Äussern
durchgeführte Sammlung der Kataloge der Mehrzahl der Verlagshändler,
eine Idee, welche in Europa sofort Nachahmung fand, auch den Anstoss
zu dem idealern, aber vielleicht weniger praktischen Russellschen
»Gesamt-Verlagskatalog des Deutschen Buchhandels« gegeben hat.

[Sidenote: Sower, Potter & Co.]

Einige der massgebenden und bahnbrechenden Verleger und Drucker wurden
bereits genannt; es mögen zur Charakterisierung noch einige wenige
angeführt werden und zwar zuerst das älteste Druckgeschäft Amerikas,
dessen Geschichte noch weiter zurückgeht, als die der Vereinigten
Staaten selbst und welches zugleich deutschen Ursprungs ist. Ein
Teilhaber der angesehenen Firma SOWER, POTTER & CO. in Philadelphia
ist der direkte Nachkomme in fünfter Generation von Christoph Saur
(I, S. 274). Wie bereits in ihren ersten Anfängen beschäftigt sich
die Firma noch heute hauptsächlich mit dem Druck von Erziehungs- und
Erbauungsschriften.

[Sidenote: Der Bibeldruck.]

Letzterer Zweig ist überhaupt von sehr grosser Bedeutung, namentlich
entwickeln die Bibel- und Missionsgesellschaften eine ausserordentliche
Thätigkeit. Die 1816 gestiftete AMERIKANISCHE BIBELGESELLSCHAFT, deren
Jahres-Einnahme jetzt etwa zwei und eine halbe Million Mark beträgt,
druckte während der ersten sechzig Jahre ihres Bestehens über 33
Millionen Bibeln in 20 verschiedenen Ausgaben mit einem Aufwande von
75 Millionen Mark. Die Druckerei der Gesellschaft arbeitet mit 12
Rotationsmaschinen; die Zahl ihrer Stereotypplatten beträgt 65000. Im
Jahre 1868 verbreitete _The American Tract Society_ 807000 Bände und
9493000 Flugblätter. Der VEREIN FÜR PRESBYTERIANISCHEN VERLAG weist
über 2000 Artikel auf. Eine ähnliche Zahl sind aus den Pressen der,
etwa 500 Personen und 30 Schnellpressen beschäftigenden Druckerei der
GESELLSCHAFT DER METHODISTEN, die über ein Kapital von ungefähr 3500000
Mark disponiert, hervorgegangen. Über hundert Ausgaben der Bibel
druckte die Firma JOHN E. POTTER & CO., unter deren zahlreichen anderen
Verlagsartikeln sich die _Bible Encyclopædia_ mit ihren 10000 Artikeln
und über 3000 Abbildungen befindet. In einer ähnlichen Richtung wie
die obigen Anstalten wirken _The American Sunday School Union_, _The
Evangelical Knowledge Society_, der NATIONALE MÄSSIGKEITS-VEREIN, sowie
die Firma A. J. HOLMAN & CO. und noch viele Gesellschaften und Verleger.
Für die Bedürfnisse der Katholiken sorgt unter anderen die GESELLSCHAFT
ZUR VERBREITUNG DER KATHOLISCHEN LITTERATUR. Auch die bekannte Firma
GEBRÜDER BENZIGER in Einsiedeln unterhält zu diesem Zwecke eine Filiale
in New-York.

[Sidenote: Appleton & Co.]

Das Geschäft, welches die vielseitigste Thätigkeit entwickelt, ist
D. APPLETON & CO. in New-York, gegründet 1831. Wie bei Brockhaus in
Leipzig das Konversations-Lexikon, so bildet bei Appletons _The American
Encyclopaedia_ mit 4000 Holzschnitten und vielen Karten den Mittelpunkt
des Verlages. Das schönste illustrierte Buch in Amerika dürfte ihr
_Picturesque America_ mit 850 Holzschnitten und 48 Stahlstichen
sein, dem eine _Picturesque Europe_ folgte. Ein wichtiger Teil des
Verlages ist der den Bildungszwecken gewidmete. Auch die Anregung zu
den _International Scientifiques Series_, die gleichzeitig auch in
Deutschland, England, Frankreich, Italien und Russland erscheinen,
ging von Appletons aus. Ihr _North American Review_ steht in grossem
Ansehen. Die Offizinen der Firma nehmen einen Raum von über 60000 engl.
Quadratfuss ein. Mit der Buchdruckerei von etwa 50 Schnellpressen sind
die verschiedenartigsten graphischen Anstalten verbunden.

[Sidenote: J. B. Lippincott & Co.]

Die Werkstätten von J. B. LIPPINCOTT & CO. in Philadelphia zählen zu
den grossartigsten. Ihr Katalog führte 1879 weit über 2500 Werke auf,
darunter Worcesters _Dictionary of the English Language_, das mit dem
Websterschen um den Vorrang kämpft und einen mächtigen Band von 1854
Quartseiten mit 1000 Illustrationen bildet.

[Sidenote: Houghton & Co.]

Die Firma HOUGHTON, OSGOOD & CO. besitzt ausser ihrem Geschäft in Boston
ein bedeutendes Drucketablissement _The riverside Press_ in Cambridge
in unmittelbarer Nähe der Harvard-Universität. Sie vereinigen in ihrem
Verlagskataloge die bedeutendsten Dichter und Romanschriftsteller
Amerikas und Englands.

[Sidenote: Blakeman & Co.]

IVISON BLAKEMAN, TAYLOR & CO. in New-York und Chicago, gegründet
1828, widmen sich ausschliesslich dem Verlage von Schulbüchern und
verbreiteten bereits gegen 100 Millionen Bände. Wie bedeutend der
Umfang der Geschäfte in Amerika ist, sieht man daraus, dass eine
Sortimentshandlung in Chicago an einem Tage 186600 Bände aus dem
Verlage der Genannten bestellte. Der tägliche Vertrieb ist gewöhnlich
15000 Bände. Von den vielen Lesebüchern von Sander werden jährlich
etwa zwei Millionen Bände verbreitet. Bei dieser Firma erschien auch
das Webstersche Wörterbuch, ein Quartband von 1840 Seiten mit 3000
Abbildungen.

[Sidenote: Woods & Co.]

Für die medizinische Litteratur haben WILL. WOODS & CO. in New-York
grosse Bedeutung. In ihrem Verlage erschien u. a. Ziemssens Encyklopädie
der praktischen Medizin, 17 Bände. Die _Orange Judd Company_ pflegt mit
grossem Nachdruck die Landwirtschaft und die Architektur; BOERICKE &
TAFEL sind speziell Verleger homöopathischer Werke.

[Sidenote: L. Prang * 12. März 1827.]

Es war natürlich, dass in einem Lande mit einem grossen, noch nicht
auf der höchsten Stufe der Bildung stehenden Publikum der Bilderdruck
ein gutes Feld finden musste und Amerika wurde der stärkste Konsument
der einschlägigen deutschen Produkte. Amerika selbst besitzt eine
hervorragende chromolithographische Anstalt, die von L. Prang & Co. in
Boston. LUDWIG PRANG ist ein Deutscher und wurde in Breslau geboren,
wo sein Vater als Formenschneider in einer Kattundruckerei arbeitete.
Dieser war ein in vielen Sachen unterrichteter Mann und schwang sich
zum Teilnehmer der Fabrik empor. Unter seiner Anleitung erhielt der
Sohn die ersten künstlerischen Anregungen. Nach fünf wechselvollen
Ausbildungsjahren wurde Prang von dem Strudel der deutschen Revolution
mit fortgerissen, musste nach der Schweiz flüchten und ging von
dort nach Nordamerika, wo er sich in verschiedenen Geschäften ohne
Glück versuchte. Schliesslich warf er sich mit aller Energie auf die
Holzschneidekunst und wurde bald einer der tüchtigsten Xylographen
Amerikas, ruinierte jedoch seine Gesundheit, so dass er einen andern
Beruf wählen musste.

Prang wendete sich nun der Lithographie zu und etablierte sich mit
einem tüchtigen Freunde, der aber ebensowenig, wie er selbst, Vermögen
besass. Sie setzten jedoch ihr Vorhaben, eine Anstalt für Farbendruck zu
errichten, durch und debutierten mit einem Rosenbouquet in vier Farben,
das, obwohl keineswegs vollendet, doch sehr gefiel. Die Assoziation
löste sich 1860. Durch den Sezessionskrieg wurde Prang vielfach von
seinen Plänen abgelenkt, gewann aber durch Kartenarbeiten Mittel, um auf
jene zurückzukommen. Im Jahre 1865 erschienen die ersten Nachbildungen
von Gemälden, zwei amerikanische Landschaften nach Beiker. Der Erfolg
war jedoch kein ermutigender und Prangs Freunde rieten ihm, sein
Vorhaben aufzugeben. Jedoch ein kleines Bild -- eben aus den Eiern
ausgekrochene Küchlein -- von Tait gab den Ausschlag. Es wurde nicht
nur in enormen Massen verkauft, sondern riss auch die liegengebliebenen
Landschaften mit fort, und öffnete die Wege für die Millionen von
Chromos -- diese Bezeichnung führte Prang ein --, welche in Amerika
gedruckt oder von Europa importiert wurden. Prangs Erzeugnisse machten
dagegen die Rundreise in Europa und fanden allgemeine Anerkennung.

In Verbindung mit John S. Clark, von der Firma Osgood & Co., führte
Prang eine Reihe von Unternehmungen, zu Unterrichts- und künstlerischen
Ausbildungszwecken bestimmt, durch und leistete hierin vorzügliches.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Das deutsche Element.]

Den EINFLUSS DES DEUTSCHEN ELEMENTS AUF DAS BUCHGEWERBE in Nordamerika
zu verfolgen ist von ganz besonderem Interesse[80]. In dem Aufschwung
desselben, welcher sich in der vorigen Periode (I, S. 273) kundgab,
sollte bald ein Rückschlag eintreten. Zur Zeit der Befreiungskämpfe
Amerikas, sowie später der französischen Revolutionskriege und
der Gewaltherrschaft Napoleons, 1775 bis 1815, hatte die deutsche
Einwanderung fast aufgehört, und als sie wieder anfing, bestand der
Zufluss fast nur aus Leuten, die des fehlenden täglichen Brotes wegen
die Heimat verlassen und keiner geistigen Nahrung bedurften, viel
weniger selbstthätig das geistige Element kräftigen konnten. Die wenigen
begabten Männer unter ihnen schlossen sich mehr dem englischen Element
an.

  [80] FR. KAPP, Der deutsch-amerikanische Buchhandel. Deutsche Rundschau
       1878, 4. Heft. -- FR. KAPP, Der deutsch-amerikanische Buchdruck
       und Buchhandel im vorigen Jahrhundert. Archiv d. B.-V, I. Leipzig
       1878. -- E. STEIGER, Der Nachdruck in Nordamerika. New-York 1866.
       -- Die deutsch-amerikanische Presse. Ausland 1863, Nr. 6.

[Sidenote: Erste Druckthätigkeit der Deutschen.]

Unter solchen Verhältnissen beschränkte sich die deutsche
Druckthätigkeit auf die Herstellung einiger deutscher Schul- und
Gebetbücher, sowie Kalender, welche man immer noch hauptsächlich den
wenigen deutschen Pressen Philadelphias verdankte. Dies änderte sich
erst mit dem politischen Aufschwung in Deutschland in den dreissiger
Jahren und mit der darauf folgenden Sturm- und Drangperiode von 1848
nebst der Zeit der Nachwehen der Reaktion. Unter den von 1830-1870
aus Deutschland eingewanderten zwei und eine halbe Millionen befand
sich eine nicht geringe Zahl von Männern, die den gebildeten Ständen
angehörten, welche geistige Bedürfnisse hatten, zumteil in der Lage
waren, diejenigen anderer zu befriedigen. Hiermit begann die eigentliche
Entwickelung des deutschen Buchhandels und Druckgewerbes in dem Emporium
New-York.

Der erste, der dort geschäftlich kräftig eingriff, war der
Deutsch-Amerikaner HEINRICH LUDWIG (geb. 1804). Er etablierte sich 1832,
importierte anfänglich hauptsächlich Schul- und Erbauungsbücher und fing
1834 selbst zu drucken an. Er lebte bis 1877, hochgeachtet wennauch
geschäftlich längst durch neuere Etablissements überflügelt.

[Sidenote: New-Yorker Staatszeitung.]

Bereits 1835 wurde die deutsche NEW-YORKER STAATSZEITUNG unter sehr
bescheidenen Verhältnissen ins Leben gerufen, sie sollte sich aber
bald zu einer der bedeutendsten Zeitungen Amerikas hinaufarbeiten.
Keine Zeitung Deutschlands und kaum eine Nordamerikas dürfte
fürstlicher untergebracht sein, als die Staatszeitung in ihrem 1873
im _Printinghouse-Square_ in New-York bezogenen Palast. Derselbe ist
mit einem Kostenaufwand von zwei Millionen Mark, nicht gerechnet eine
Million für Grund und Boden, in Renaissancestil aufgeführt. Der Unterbau
und der erste Stock sind aus schwarzem Granit, die übrigen Stockwerke
aus hellem Granit. Ein Mansardendach von entsprechender Höhe krönt das
ganze. Die eisernen Dachbalken sind mit eisernen Platten bedeckt; die
Scheidewände sind ebenfalls aus Eisenplatten. Die Comptoirlokalitäten in
Renaissancestil sind reich mit Schnitzwerk geschmückt und die Eleganz
der Beleuchtungsapparate, der Marmortische und der Mosaikfussböden
entspricht dem übrigen. Allerdings Äusserlichkeiten, aber welche Macht
hat eine solche Zeitung erlangt, um sich derartige Äusserlichkeiten
schaffen zu können.

Nach und nach entstanden viele deutsche Blätter, welche, obwohl
anfänglich schwach, an Mängeln aller Art leidend und sich christlich
von Raub nährend, doch den Boden für die weitere Pflege der deutschen
Litteratur bearbeiteten. Im Verlauf der letzten 30 Jahre hat jedoch die
deutsche Zeitungspresse, die über 500 Organe zählt, sehr an Bedeutung
zugenommen und nicht wenige der Blätter können sich mit den besten
deutschen Zeitungen messen.

[Sidenote: Verschiedene deutsche Buchhändler.]

Einen wesentlichen Einfluss auf die Verbreitung der deutschen
Litteratur übte der Berliner WILHELM RADDE (geb. 1800), der 1834
eine deutsche Buchhandlung in New-York gründete, viele Werke für die
Bedürfnisse der Gelehrten einführte und sich daneben auch in billigen
Nachdrucks-Ausgaben der Klassiker versuchte. Jedoch waren diese noch
verfrüht und wollten damals noch nicht »ziehen«. Ein Buchhändler schrieb
an Radde: »Ich gebrauche umgehend folgende »echte« Klassiker gegen
bar: 100 Schinderhannes, 100 heilige Genoveva, 100 bayrische Hiesel,
100 Eulenspiegel. Grössere Bestellungen werden nachfolgen«. Radde
liess sich dies nicht zweimal sagen, er veranlasste jedoch 1853 die
Cottasche Buchhandlung, namentlich um den Nachdrucken des W. Thomas
entgegenzutreten, von ihren »unechten« Klassikern sehr gute und billige
Konkurrenz-Ausgaben zu veranstalten; selbst Werke wie Humboldts »Kosmos«
und dessen »Ansichten der Natur« erschienen in solchen. Andere Verleger
wollten von dieser Konkurrenz gegen sich selbst nichts wissen und
Campe in Hamburg sah z. B. ruhig zu, wie eine Ausgabe von Heine nach
der andern dort gedruckt wurde. In dieser Weise drangen viele tausend
Bände der besten Werke selbst in die unter bescheidenen Verhältnissen
lebenden deutschen Familien und stärkten die geistige Verbindung mit dem
Mutterlande.

Im Jahre 1845 hatten deutsche Verleger sich mit dem Plane beschäftigt,
auf Aktien eine bedeutende deutsche Buchhandlung in Amerika zu
errichten. RUDOLPH GARRIGUES, ein junger gebildeter Buchhändler aus
Kopenhagen, wurde nach Amerika entsendet, um das Terrain zu sondieren.
Garrigues' klarer Bericht fand allgemeinen Beifall, als es indes zum
Zeichnen der Aktien kam, schreckte der deutsche Buchhandel vor einem
mässigen Kapital von 30000 Thalern zurück. Sonderinteressen machten
sich, wie gewöhnlich, geltend, und die Sache verlief im Sande. Garrigues
etablierte sich nun selbst mit einem tüchtigen deutschen Buchhändler,
F. W. CHRISTERN. Später folgten JUL. HELMICH, L. W. SCHMIDT, G. & B.
(jetzt W. & C.) WESTERMANN _Brothers_; das BIBLIOGRAPHISCHE INSTITUT in
Hildburghausen legte eine Filiale in New-York an; FR. GERHARD druckte
ein sehr gutes deutsch-amerikanisches Konversations-Lexikon; SCHÄFER
& KORADI in Philadelphia wurden bedeutend als Sortimenter wie als
Verleger. Leupoldts Verdienste sind schon erwähnt.

[Sidenote: E. Steiger.]

Gross ist die Wirksamkeit ERNST STEIGERS in New-York, als Sortimenter
sowohl, wie als Verleger und Drucker, gewesen. Steiger, aus Oschatz
in Sachsen gebürtig, bildete sich als Buchhändler in Leipzig aus und
arbeitete elf Jahre bei Westermann in New-York. Er erwarb eine kleine
deutsche Buchhandlung mit Zeitungsgeschäft und fing dann Buchdruckerei
und Verlag von Schulbüchern an, allerdings zuerst in Nachdrucken.
Durch ungemeines Verbreiten seiner zumteil sehr umfangreichen Kataloge
wirkte er sowohl im eigenen Interesse, wie in dem der deutschen
Verleger. Eine verdienstliche bibliographische Leistung ist Steigers
_The Periodical Literature of the United States of America with Index
and Appendices._ 1873. Auch erwarb sich Steiger das Verdienst, für die
Wiener Weltausstellung 1873 eine Probe-Kollektion von je einer Nummer
von 6209 amerikanischen Zeitungen in 119 Foliobänden fertiggestellt zu
haben, die er nachher der Wiener Hof- und Staatsbibliothek zum Geschenk
machte. Von der Bedeutung, welche der Absatz in Amerika für das deutsche
Druckgewerbe hat, kann als Beispiel dienen, dass allein Steiger von der
»Gartenlaube« 12000, von der »Illustrirten Zeitung« 3800, von »Über Land
und Meer« 4000, von der »Romanzeitung« 3500, von »Daheim« 3000 und vom
»Bazar« 2500 Exemplare im Jahre 1871 verbreitete. Auch im Westen und
Süden der Vereinigten Staaten entstanden deutsche Buchhandlungen, so
THEOBALD & THEUERKAUF in Cincinnati, L. C. WITTER in St. Louis.

[Sidenote: Der Nachdruck.]

Jetzt, wo die deutschen Klassiker zu fabelhaft billigen Preisen aus
Deutschland eingeführt werden können, lohnt der Nachdruck derselben
nicht mehr und dieser beschränkt sich fast nur auf Benutzung der
Erzeugnisse neuerer Belletristen für die Feuilletons. Konkurrenz und
Sitte haben jedoch zur Folge gehabt, dass jetzt hierfür öfters Honorare
gezahlt werden. Es ist vieles über den Nachteil und das Unmoralische
des amerikanischen Nachdrucks geschrieben worden, jedoch alle mit
den dortigen Verhältnissen näher bekannten Sachverständigen sind
der Ansicht, dass »seinerzeit« der Nachdruck eine nötige Stütze des
deutschen Elements und ein Mittel für die jetzige Verbreitung deutscher
Originaldrucke war. »Es ist«, so sagt z. B. Friedrich Kapp, »eine
mehr als naive Erwartung, dass eine Bevölkerung, die von der Heimat
geschieden ist, noch jenseit des Ozeans Gesetze beobachten soll, welche
den Bildungsinteressen der Ausgewanderten hemmend in den Weg treten.
Sich hier dem Monopole deutscher Buchhändler unterwerfen, hiesse,
die Mittel der geistigen Fortbildung und Entwickelung mutwillig von
sich schleudern.« Als der deutsche Buchhandel in Amerika infolge der
Bildungslust festen Fuss gewann und die Bücher gleich zu haben waren,
kaufte man lieber die schöneren und korrekteren Originalausgaben als die
Nachdrucke, die vor allem der Ungeneigtheit deutscher Verleger, billige
Ausgaben für den amerikanischen Markt zu drucken und der Unmöglichkeit,
die Originale schnell zu erhalten, ihr Dasein verdankten.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Papierfabrikation.]

Dass unter den geschilderten Druckverhältnissen der Papierverbrauch ein
kolossaler sein muss, leuchtet ein. Die Fabrikation[81] reicht bis auf
das Jahr 1680 hinauf. Die eigentlichen Fortschritte datieren jedoch
erst aus diesem Jahrhundert. Zur Verwendung kommt fast nur Baumwolle.
1860 hatte Amerika etwa 700 Fabriken, welche gegen 300 Millionen Pfund
zu einem Werte von etwa 200 Millionen Mark produzierten. Die Zahl der
Fabriken beträgt jetzt über 1000. Während im Jahre 1869 der Wert der
Einfuhr 527465 Dollars, der der Ausfuhr nur 3777 Dollars betrug, hat
sich das Blatt in zehn Jahren vollständig gewendet und Amerika führte
1880 für 1018318 Dollars aus und nur für 135487 Dollars ein.

Die Einfuhr aller zum Pressgewerbe gehörenden Materialien und Maschinen
ist überhaupt eine durch die Zölle so schwer belastete, dass sie nicht
von Belang sein kann, während sich die Ausfuhr nach Europa sowohl als
auch nach Asien und Australien in einer Weise vermehrt, welche der
englischen Konkurrenz Bedenken einflösst. Der Wert der nach Amerika
eingeführten deutschen Bücher und Kunstsachen beträgt etwa vier
Millionen Mark jährlich.

  [81] _Directory of the paper manufactures in the United States and
       Canada._ 6. Aufl. New-York 1880.

[Illustration]



                              ZWEITES BUCH

                         DIE ROMANISCHE GRUPPE.

[Illustration]

                     EINFÜHRUNG IN DAS ZWEITE BUCH.


DIE ROMANISCHE GRUPPE, an deren Spitze FRANKREICH, hat, wie die
Anglo-Amerikanische, vor der Germanischen den grossen Vorsprung der
einheitlichen Druckschrift voraus. Hat dieser Umstand auch mitunter eine
gewisse Monotonie in seinem Gefolge, so wirkt die Einfachheit und die
Ruhe, die über die Druckwerke verbreitet ist, doch ungemein wohlthuend
und gewährt in dem praktischen Geschäftsbetrieb und in der Ausbildung
eines festen Geschmackes grosse Vorteile.

Trotz aller Beweglichkeit des französischen Charakters und dem ewigen
Wechsel der in Frankreich geschaffenen Moden hat seine Typographie
einen weit konservativeren Charakter als die deutsche. Der durch die
Nationaldruckerei und die Didots hervorgerufene Typenduktus ist noch
immer und mit Recht der herrschende geblieben. Namentlich haben die
Didotschen Schriften von ihrem ersten Auftreten ab durch die strenge,
jedoch anmutige Zeichnung, den regelmässigen und scharfen Schnitt, die
bewundernswürdig berechnete Zurichtung in der Weite ihr Übergewicht
behauptet.

Zwar hat das Streben nach vorwärts und der berechtigte Wunsch eines
jeden befähigten Schriftschneiders und Schriftgiessers, den Reichtum
zu vermehren, eine Anzahl von Varianten zur Folge gehabt; von allen
diesen, bald mehr, bald weniger glücklichen Neuerungen kann jedoch
keine ihren Ursprung verleugnen und der ältere Duktus ist geblieben.
Die erwähnten zwei Druckereien, des Staates und der Didots, sind
in der That für das Druckgewerbe dermassen bestimmend gewesen, wie
ähnliches in keinem anderen Lande in der neueren Periode der Druckkunst
vorkommt, ausgenommen allenfalls in Österreich, wo die Herrschaft der
Staatsdruckerei zwar eine mächtige, jedoch nicht langdauernde war.

Neben der Einheitlichkeit der Schrift war für die französische
Typographie auch die Einheitlichkeit des Schriftsystems ein förderndes
Moment, deren Wichtigkeit kein Fachmann, der unter der Systemlosigkeit
in Deutschland gelitten hat, unterschätzen wird.

Schliesslich ist die Betreibung von Spezialitäten sowohl in der
Schriftgiesserei wie in der Typographie ein gewaltiger geschäftlicher
Vorsprung der Franzosen. Diese Teilung der Arbeit geht in der
Schriftgiesserei so weit, dass es Geschäfte in Paris giebt, die sich nur
mit Giessen von Ausschluss und Durchschuss abgeben. Auch verlangt man
dort nicht, wie in Deutschland, dass jeder Buchdrucker Virtuos in allen
Branchen sein solle, auch nicht, dass jede Druckerei auf alle Arbeiten
gleichmässig eingerichtet sei, auch ist keine Rede von dem Erschwernis
einer deutschen Buchdruckerei, dass sie in zweierlei Schriftarten
gleichmässig gut assortiert sein müsse.

Das gesagte gilt ebenso für die Buchbinderei. Nicht nur, dass die
verschiedenen Arten des Einbandes selten in einer und derselben Offizin
geübt werden; es ist nicht einmal üblich, alle zu einer Art von Einband
gehörenden Arbeiten in einer Werkstätte zu vollbringen, sondern es giebt
besondere Schnittvergolder, Handvergolder, Marmorierer etc., denen man
die Einzelarbeiten zuweist.

Unter solchen Arbeitsverhältnissen ist es selbstverständlich viel
leichter, in Frankreich in einem einzelnen Zweig Virtuos zu werden und
praktische Erfolge zu erzielen. Dieses darf nicht übersehen werden, wenn
man das Mass der Tüchtigkeit und Intelligenz vergleichend beurteilen
will, welches in Frankreich und Deutschland in den graphischen Künsten
Verwendung findet.

Trotzdem kann Frankreich weder, was Werk- und Accidenzdruck, noch
weniger was Zeitungsdruck betrifft, im allgemeinen ein Übergewicht
über Deutschland eingeräumt werden. Es wird im Gegenteil vieles dort so
schlecht gedruckt, wie es in Deutschland nicht geschieht, man möchte
fast sagen, nicht mehr geschehen kann. Eine Überlegenheit zeigt die
französische Typographie erst dann, wenn es sich um die Verbindung von
Geschmack, Eleganz und Geschick zur Herstellung von etwas wirklich
Hervorragendem handelt. Da fehlt es eben an nichts, dann arbeiten sich
alle Beteiligten der verschiedenen graphischen Gewerbe einmütig in die
Hände, ohne Jalousie und ohne die Prätensionen des Virtuosentums, das
sich auf Kosten der Gesamtwirkung hervorzuthun strebt. »Alle Mitwirkende
fühlen sich dann als Glieder einer Kette, wie sie auch wirklich in
dem _Cercle de la Librairie_ zu einer solchen vereinigt sind. Gerade
in dieser Vereinigung »Aller«, durch welche sich »Jeder« als Teil des
Ganzen fühlt, aber auch »nur als Teil«, über dem das Ganze steht, liegt
sicherlich ein wesentlicher Grund zu den Erfolgen, welche der Buchhandel
und die Typographie Frankreichs erzielen, sobald sie geschlossen
auftreten[82].«

  [82] Die obigen Worte sind der von dem Verfasser dieses Handbuches
       als Mitglied der Internationalen Jury für die Gruppe XII der
       Wiener Ausstellung, im Jahre 1873 und Berichterstatter derselben
       abgefassten Motivierung des Antrages der Jury entnommen: dem
       _Cercle de la Librairie_ die goldene Ehrenmedaille zu erteilen.
       Überhaupt kommen in dem Versuch der Charakterisierung der
       modernen Typographie in den verschiedenen Gruppen öfters
       Anführungen vor aus der im Auftrag der Kaiserlich Deutschen
       Ausstellungs-Kommission abgefassten Schrift: »Die graphischen
       Künste auf der Weltausstellung zu Wien. Offizieller Bericht von
       Carl B. Lorck. Braunschweig 1874«. Diese Entlehnung aus eigener
       Arbeit wird wohl niemand als Plagiat betrachten.

Noch ein, und zwar ein sehr wesentlicher Faktor wirkt zugunsten der
französischen Buchdrucker und Buchhändler mit: »das Publikum«. Ob
die »Bildung« und »die Leselust« in Deutschland nicht grösser sind,
als in Frankreich, mag hier unerörtert bleiben, unzweifelhaft ist es
jedoch, dass die »Kauflust« und die »Kauffähigkeit« in dem letzteren
Lande überwiegen. Hierdurch wird die Herstellung der schönsten
Ausgaben zu verhältnismässig sehr billigen Preisen, welche sehr grosse
Auflagen voraussetzen, möglich. -- Schliesslich kommt auch die grosse
Konzentration der wissenschaftlichen und technischen Kapazitäten in
Paris dem dortigen und damit fast dem ganzen französischen Buchgewerbe
ausserordentlich zustatten.

Wie die französische Typographie mitten zwischen der englischen und der
deutschen steht und in ihren besten Erzeugnissen in gewisser Beziehung
die guten Eigenschaften beider vereinigt, so auch die Xylographie.
Der französische Holzschneider ist im allgemeinen weniger ängstlich
in der Wahrung der Eigentümlichkeiten des Zeichners als der deutsche,
andererseits nicht so ungebunden in der technischen Behandlung wie der
englische und zeigt fast immer Grazie und Anmut in der Behandlung. Er
ist bestimmter in der Umgrenzung als der englische, zarter in den Formen
als der deutsche. Aber oft geht doch dem französischen Holzschneider die
frappierende Wirkung über die innerliche Wahrheit und die ruhige Kraft.

Was den »Druck« der Illustrationswerke betrifft, so kann der deutsche
sich vollständig mit dem französischen messen, doch lässt es sich nicht
leugnen, dass die französischen Prachtwerke trotzdem in der Regel einen
vornehmeren und harmonischeren Gesamteindruck hervorbringen; die Ursache
liegt in dem schon oben Angedeuteten.

Im Accidenzfache haben die Franzosen seit ihrem weltberühmten
Derriey keine Fortschritte gemacht. Sie legen überhaupt nicht auf
die minutiöseste Ausführung der Accidenzen so viel Gewicht wie die
Deutschen, die eher geneigt sind, des Guten zu viel zu thun.

In der Erfindung von Druckmaschinen umwälzender Art haben die Franzosen
keine hervorragenden Verdienste. Dagegen verstanden sie es vortrefflich,
mit der ihnen angeborenen Findigkeit und unter Berücksichtigung ihrer
besonderen Bedürfnisse, das Dargebrachte in geschicktester Weise zu
verbessern, für den Betrieb nützlicher, für das Ansehen wohlgefälliger
und in der Anschaffung billiger herzustellen. Von ausländischen
Maschinen wurden nur wenige in Frankreich eingeführt und die Fabrikation
deckte nicht nur den heimischen Bedarf, sondern versorgte auch fast den
ganzen ausserdeutschen Kontinent, bis es Deutschland gelang, mit in die
Konkurrenz zu treten.

Der Vorwurf, der öfters den französischen Maschinenbauern gemacht
wird, dass sie die Eleganz auf Kosten der Solidität fördern, dürfte
in der Allgemeinheit nicht richtig sein. Man geht in Frankreich von
dem Grundsatz aus, dass die gewerblich-technischen Fortschritte
in zehn Jahren bereits so enorm sein werden, dass man klüger thut,
billige Maschinen zu bauen, um ohne zu grosse Kosten schneller neue
Anschaffungen machen zu können, als mit für die Ewigkeit gebauten
Maschinen festzusitzen. Die Billigkeit wird übrigens auch dadurch
gefördert, dass man fast ausschliesslich dem Prinzip der Tischfärbung
und der Eisenbahnbewegung statt der kostspieligen Cylinderfärbung und
Kreisbewegung huldigt[83].

  [83] Nachdem dieser Abschnitt bereits gesetzt war, geht uns ein
       Artikel des bekannten Fachjournals _L'Imprimerie_ zu, in welchem
       einer der tüchtigsten Typographen Frankreichs, Motteroz, nicht
       allein das obengesagte zugiebt, sondern noch viel weiter geht und
       eine Überlegenheit Deutschlands nicht nur in der Typographie und
       der Schriftgiesserei, sondern auch in der Xylographie und der
       Papierfabrikation anerkennt und für die Franzosen nur den Vorzug
       in der Maschinenfabrikation beansprucht. Im Gegensatz zu einer
       öfters vorkommenden Überhebung seiner Landsleute scheint Motteroz
       fast in eine Kleinmütigkeit zu verfallen, die doch wohl zu weit
       geht, wenn er schliesst: »Noch wäre es vielleicht Zeit, sich
       aufzuraffen, besitzen wir aber hierzu die nötige geistige Kraft?«

Bezeichnend ist in Frankreich der grosse Einfluss, welchen die Regierung
in doppelter Richtung, teils in fördernder, teils in hemmender Weise,
übte. Was sie mit der einen Hand gab, nahm sie mit der andern. Alle
Regierungen dort unterstützten die Fortschritte der »Typographie« in
ihrer Unmündigkeitsperiode, suchten jedoch die vormundschaftliche
Autorität über diese hinaus auszudehnen, und hemmten von Beginn ab die
ruhige und freie Entwicklung der »Presse«. Hierin bildete Frankreich
einen vollständigen Kontrast zu England, wo Typographie und Presse, sich
selbst überlassen, eine mächtige Entwicklung nahmen, und teilweise zu
Deutschland, wo man die fördernde Teilnahme von oben nie, um so öfter
jedoch die hemmende, kennen lernte.

Die Dependenzen der französischen Typographie stehen dieser nicht gleich.

BELGIEN liefert zwar manches gute, jedoch nicht viel hervorragendes. Es
giebt sich in seiner Typographie eine gewisse Schwerfälligkeit kund.
Die Schrift ist zwar französisch, aber die leichte Eleganz der besseren
französischen Presserzeugnisse wird selten erreicht. Das Material ist
das gleiche, aber die in der Ausführung damit hervorgebrachte Wirkung
eine andere.

In ITALIEN, SPANIEN und PORTUGAL stehen die Leistungen im ganzen
genommen auf einer und derselben Stufe, der des Mittelguten,
mitunter auch des Mittelmässigen. In Bezug auf die Erzeugnisse der
Schriftgiesserei und des Pressenbaues befinden sich die genannten Länder
fast vollständig im Abhängigkeitsverhältnis zu Frankreich. Erst in
neuester Zeit hat Deutschland hie und da mit zu konkurrieren begonnen.
Politische Verhältnisse, fortwährende Unruhen und Fremdherrschaft in
stetem Wechsel haben eine freie Entwicklung auf lange Zeit gehemmt. Es
werden aber jetzt ernste Anstrengungen gemacht, um lange Versäumtes
nachzuholen.

Der ORIENT steht zu Frankreich fast in demselben Verhältnis, wie
Ostasien zu England und wie die slawischen und Donauländer zu
Deutschland-Österreich. NORDAFRIKA unterliegt selbstverständlich ganz
Frankreichs Einfluss. Die TÜRKEI und ÄGYPTEN liefern einiges gute, doch
darf dies weniger als nationale Leistung betrachtet werden, denn die
Hersteller sind meistenteils Franzosen, die mit französischem Material
arbeiten.

[Illustration]


[Illustration]

                              V. KAPITEL.

                 DIE SCHRIFTGIESSEREI UND DIE MASCHINEN

                             IN FRANKREICH.

  DIE SCHRIFTGIESSEREI: Das Schriftsystem Didots, seine Anglaise,
    Molé. Orientalia. Notendruck, E. Duverger, Charles Derriey und das
    typographische Ornament. HOLZSCHNITT und Hochätzung. DIE STEREOTYPIE:
    Daulé, Gaveaux, Jannin. DIE MASCHINEN: Marinoni, Alauzet, Dutartre u.
    a. Die Utensilien. Farbe. Papierfabrikation. Die Buchbindekunst.

FOURNIER LE JEUNE hatte mit seinen Bemühungen für die Einführung einer
gleichmässigen Einteilung der Schriftgrössen (I, S. 214) kein rechtes
Glück gehabt. Erst AMBROISE FRANÇOIS DIDOT war es beschieden, ein von
Fourniers Grundsätzen etwas abweichendes System zur rechten Geltung zu
bringen, und hiermit nicht der Typographie seines Vaterlandes allein
einen unermesslichen Dienst zu erweisen, dessen Wert allerdings dem
Nichtfachmann weniger als die äussere Schönheit seiner Typen und seiner
Drucke oder der innere Gehalt seiner Verlagswerke in die Augen springt.

In seiner Einteilung ging Didot von dem damals in Frankreich geltenden
Massstab, dem _Pied du Roi_, aus. Eine Linie desselben teilte er in
sechs typographische Punkte und bestimmte nach solchen die regelmässige
Abstufung der Schriftgrade. Hieraus erwuchs indes eine Differenz mit dem
Fournierschen System, indem 11 Didotsche Punkte gleich 12 Fournierschen
sind.

Sicherlich stände das Didotsche System widerspruchslos da, hätte
nicht das erst später in Frankreich und anderen Ländern gesetzlich
eingeführte, wissenschaftlich allein stichhaltige Metermass mit
Dezimaleinteilung wieder einen Riss hineingebracht, indem das Didotsche
System sich nicht vollständig rationell auf das neue Mass übertragen
lässt. Die Frage des einheitlichen Welt-Schriftkegels kann demnach erst
in der Zukunft ihre volle Lösung finden[84].

  [84] H. SMALIAN, Praktisches Handbuch für Buchdrucker im Verkehr mit
       Schriftgiessereien. 2. Aufl. Leipzig 1877.

[Sidenote: Didotsche Schreibschriften.]

Eine Didotsche Erfindung ist ebenfalls die berühmte Schreibschrift
_Anglaise_. Die bisherigen Schreibschriften waren eigentlich nur
Cursivschriften; jeder Buchstabe stand für sich, ohne Verbindung mit
seinen Nachbarbuchstaben. Didot führte die der Schriftlage folgende
schräge Typenbildung ein, welche die Verbindung der Schriftzüge unter
einander erleichterte. Um die vollständige Freiheit der mit der Hand
hergestellten Schrift zu erreichen, waren jedoch grosse technische
Schwierigkeiten zu überwinden. Jenachdem ein Buchstabe zu Anfang, zu
Ende oder in der Mitte eines Wortes stand, oder die Nachbarbuchstaben
herauf- oder heruntergehende waren u. dergl., war eine Variation der
Verbindungsstriche und somit eine grosse Vermehrung der Typen notwendig.
Manche derselben enthielten nicht einmal einen vollständigen Buchstaben,
sondern dieser musste aus mehreren Teilen zusammengesetzt werden.
Hierin und in der Wahl der richtigen Ansätze liegen die Schwierigkeiten
und nicht jeder Setzer wird diese zu überwinden verstehen. Ausserdem
erfordert der Druck infolge der Zartheit der Haarstriche eine ganz
besondere Aufmerksamkeit, denn die schöne und teure Schrift kann
durch Ungeschicktheit des Druckers schon bei dem erstmaligen Gebrauch
verdorben werden. Damit die schrägen Typenstücke fester an einander
schliessen, sind sie an der einen Seite mit einer halbrunden Vertiefung,
auf der andern mit einer ebensolchen Erhöhung versehen, die in einander
greifen. Dreiseitige Schlussstücke stellen die für die Festigkeit der
sonst schrägstehenden Zeile notwendige rechtseitige Gestalt her.

[Sidenote: Joseph Molé.]

Einer der bedeutendsten Schriftgiesser Frankreichs war JOSEPH MOLÉ.
Bereits als Kind befasste er sich mit Gravieren und als Achtzehnjähriger
hatte er schon manchen Stempel geliefert. Während seines geschäftlichen
Wirkens schnitt er eigenhändig über 200 komplette Schriften. Ihm
verdankt man auch die Einführung der so praktischen Hohlstege.

[Sidenote: Orientalische und chinesische Schrift.]

Auf fremdländische resp. orientalische Schriften wurde im ganzen
genommen von den Schriftgiessereien und Buchdruckereien nicht grosses
Gewicht gelegt. Eine Ausnahme machte jedoch die, während eines
Jahrhunderts siebzehnmal den Namen wechselnde, jedoch ihrem Charakter
treu bleibende Staatsdruckerei. Mit besonderer Vorliebe und grosser
Ausdauer wurden dort nicht weniger als sechs Versuche gemacht, den
Chimborasso der Typographie, die Herstellung chinesischer Schrift, zu
überschreiten.

Die erste, für Fourmonts Grammatik benutzte Schrift hatte ein
vollständig barbarisches Aussehen. Auch die 14000 Typen für Desguignes
Lexikon waren noch viel zu gross und hässlich. Spätere 12000 Typen von
Deshauterais wurden nie benutzt. Rémusat liess 2000 Zeichen schneiden,
deren er sich für seine Grammatik bediente. Die von M. H. Klaproth
veranlassten Typen machten grosse Ansprüche, elegant zu sein, es wurden
mit denselben jedoch nur wenige Seiten gesetzt. 1836 machte der Direktor
der Staatsdruckerei, Marcellin le Grand, unter Leitung des Orientalisten
Pauthier einen neuen Versuch. Als Grundlage diente das Wörterbuch von
Kanghi, welches 43496 Charaktere enthält, die auf gegen 30000 reduziert
und in zwei Klassen geteilt wurden, die der nicht zerlegbaren (3581) und
die der zerlegbaren (26295) Zeichen, welche sich mittels 4267 Stempel
herstellen liessen[85].

  [85] Über die französische Schriftgiesserei vergleiche noch die
       Abschnitte »Didot« und »Staatsdruckerei«.

[Sidenote: Der Notendruck.]

[Sidenote: Fournier und Gando.]

In dem Lande der Franzosen, die nicht in dem Grade ein singendes und
spielendes Volk sind, wie die Deutschen, war auch die typographische
Herstellung von Noten nicht von der Wichtigkeit, wie in Deutschland;
doch hatten, abgesehen von den älteren Versuchen, FOURNIER LE JEUNE und
GANDO Noten geliefert, die freilich keinen Anspruch auf Originalität
machen konnten (s. Kap. XII). Die Genannten bekämpften sich gegenseitig;
Gando warf Fournier vor, er habe Breitkopfs Noten kopiert; Fournier
behauptete, Gando hätte überhaupt keinen Stempel schneiden können, also
auch keine Noten.

[Sidenote: Duvergers und Derrieys Systeme.]

Der Wunsch, den Übelstand der Breitkopfschen Noten: dass die
Linienstücke an jeder Note hängen, also trotz des vorzüglichsten Gusses
die Sichtbarkeit der Zusammenfügungen kaum zu vermeiden ist, musste zu
Versuchen führen, Linien und Noten unabhängig von einander herzustellen.
Doppelter Druck, der der Linien für sich und der der Noten für sich,
ist jetzt noch, war aber namentlich mit den damaligen Druckapparaten
ein schwieriges Unternehmen und der Satz der Noten allein ohne System
auch ein sehr beschwerlicher. EUGEN DUVERGER suchte diese Übelstände zu
überwinden. Mussten die Noten auch bei seiner Methode für sich gesetzt
werden, so war der Satz doch durch ganz zarte Andeutungen der Linien
erleichtert, welche an die Type angegossen waren und als Richtschnur bei
dem Setzen dienten. Über den Notensatz wurde eine Gipsmater geformt und
in diese das Liniensystem mittels einer Maschine durch kleine Rollmesser
hineingeschnitten. Da die Systemlinien kräftiger waren als die an den
Typen befindlichen schwachen Linienandeutungen, so wurden letztere durch
erstere vollständig gedeckt. Um die Zahl der notwendigen 417 Stempel in
der Praxis zu vermindern, wurden erst die komplizierteren geschnitten
und von diesen die Matern angefertigt, dann durch Wegschneiden einzelner
Teile die einfacheren Stempel gebildet. Aus diesem Verfahren erwuchs
jedoch der Nachteil, dass man sofort von den komplizierteren Stempeln so
viele Matern abschlagen musste, als man überhaupt für alle Zukunft haben
wollte. Die Schleifungen wurden durch schwache Kupferblättchen erzielt,
deren Anfang in den Typensatz eingelassen wurde, während der übrige Teil
sich nach Belieben biegen und abschneiden liess[86]. Duverger stellte
auch Karten her durch ein System kleiner Kupferlinien, welche in eine
Bleiplatte eingefügt wurden, ebenso wurde es mit den Schriften gehalten.

  [86] E. DUVERGER, _Album typographique_. Paris 1840. Ein Prachtwerk,
       welches Duverger anlässlich der Jubelfeier erscheinen liess.

DERRIEYS Notensatz bestand in einem System aus fünf ganzen
Messinglinien, an deren oberen und unteren Seiten die aus zwei
Teilen bestehenden Notenköpfe angesetzt wurden. Die Köpfe waren so
unterschnitten, dass der Anschluss an die Linie ein vollkommener war.
So sinnreich auch sowohl seine als Duvergers Methode waren, so springt
es doch dem Fachmann leicht in die Augen, dass für die Praxis mancher
Mangel mit beiden, mit der Derrieyschen noch der besondere Übelstand
der Verwendung von Messinglinien zusammen mit Noten von Schriftzeug,
verbunden war.

[Sidenote: Pyrostereotypie.]

Die Anwendung der PYROSTEREOTYPIE (Planotypie, vgl. Kap. IX) wurde in
Frankreich von WALS eingeführt und von CARBONNIER verbessert; zuerst war
sie 1840 in Irland benutzt worden.

[Sidenote: Ornamente und Einfassungen.]

[Sidenote: Charles Derriey * 17. Aug. 1808, [+] 11. Febr. 1877.]

Was die Erzeugnisse der Schriftgiesserei für dekorative Zwecke
anbelangt, hat Frankreich einen bis jetzt nicht übertroffenen Meister
in dem erwähnten CHARLES DERRIEY aufzuweisen. Sein Schicksal entschied
sich nicht schnell. In einem Alter von 18 Jahren verliess er die Offizin
Gauthier in Besançon, wo er sich etwas mit allem, was zur graphischen
Kunst gehört, beschäftigt hatte. Er trat nun in das Haus Didot ein, wo
er nacheinander als Setzer, Drucker, Stereotypeur, Schriftgiesser und
Zeichner arbeitete und schliesslich in seinem 27. Jahre die Gravierkunst
lernte. Da er mit angeborenem Kunstsinn und ernster Willenskraft viele
praktische Kenntnisse verband, trug er kein Bedenken, sich selbständig
zu machen. Wollte man ihm von Stufe zu Stufe in seinem Schaffen folgen,
so müsste man sein berühmtes Probebuch[87], einen Folianten von gegen
200 grösstenteils in Farben und Gold ausgeführten Seiten, Blatt für
Blatt beschreiben. Vignetten, verzierte Schriften, Züge, Eckstücke,
Linien, Einfassungen u. dgl. finden sich darin in grosser Vollkommenheit
und reicher Abwechselung. Seine Phantasie-Einfassungen übertreffen durch
Neuheit, Eleganz, Genialität, Akkuratesse der Arbeit und ihre endlosen
Kombinationen alles Dagewesene. Derriey mutet der Schriftgiesserei und
der Typographie nicht wenig zu, kennt jedoch genau die Grenze, bis wohin
er sie führen darf. Er zeichnete und schnitt nicht allein, sondern
setzte und kombinierte in der geschicktesten Weise. Jedes Stück steht
an seinem rechten Platz; Licht und Schatten versteht er meisterhaft in
effektvollster Weise wechseln zu lassen.

  [87] J. C. DERRIEY, _Spécimen Album_. Fol. Paris 1862.

Auch als Mechaniker hatte Derriey grosse Bedeutung. Seine Giess-
und Linieninstrumente sind Erfindungen von hohem Werte. Ein kleines
Wunderwerk bleibt namentlich seine Numeriermaschine für Banknoten.

Derrieys Erzeugnisse fanden nicht weniger Anerkennung im Auslande
als in seinem Vaterlande. Leider muss hinzugefügt werden, dass er
durch galvanische Nachbildungen in arger Weise um die Vorteile seines
geistigen Eigentums gebracht wurde. Seine Giesserei mit allem Zubehör
ging nach seinem Tode auf A. TURLOT (Gebr. Virey) über.

In Derrieys Atelier arbeiteten auch zwei der berühmtesten Kunstsetzer
in Paris SIXTE ALBERT und L. MOULINET. Beide lieferten im Figuren-
und Porträtsatz mittels Linienstücke Unglaubliches; Albert eine viel
angestaunte Laokoon-Gruppe, Moulinet ([+] 1874) einen Béranger in ganzer
Figur und eine Amor und Psyche-Gruppe.

[Sidenote: Dechamps und Petibon.]

[Sidenote: Laurent & Deberny.]

[Sidenote: _Fonderie générale_ u. a.]

Von anderen Künstlern in der Richtung der ornamentierenden
Schriftgiesserei sind zu nennen DECHAMPS und der sehr fruchtbare
PETIBON, der die Kaleidoskop-Einfassungen einführte, die zwar sehr
hübsch waren, jedoch zumeist für den Buchdrucker ein totes Kapital
blieben, weil die Setzer das Material nicht zu behandeln verstanden.
LAURENT & DEBERNY lieferten schöne Züge, Initialen und Plakatschriften.
Ihre Polytypen beliefen sich auf mehr als 6000, mit denen sie alle
Länder der Romanischen Gruppe reich versorgten. Eine bedeutende Anstalt
entstand unter der Firma _Fonderie générale_ LABOULAYE & CO., später
RÉNÉ & CO., aus der Vereinigung der Firmen DIDOT, MOLÉ, CROSMER, EVÉRAT,
TARBÉ & CO., welche letztere sich durch ihre systematischen Hohlstege
und Stereotyp-Unterlagen bekannt gemacht haben. Auch LOMBARDOT,
BATENBERG & MAJEUR lieferten viele Einfassungen, sowie Phantasie- und
Titelschriften. RENAULT & ROBCIS zeichneten sich in der Spezialität der
Messinglinien, der Hohlstege und des Durchschusses aus. In neuester Zeit
machte sich HENRY J. TUCKER, Filiale der Londoner Giesserei Caslon,
sowohl durch die Leistungen des von ihm vertretenen Instituts, als durch
die vorzüglich geleitete Fachzeitschrift _Typologie Tucker_ einen Namen.

[Sidenote: Metallverbesserung.]

Um das Jahr 1840 führte COLSON eine Zeugmischung von Eisen und
Schriftmetall ein, welche die Haltbarkeit des gewöhnlichen Zeuges
verdreifachte. Die Versuche PETYTS, Typen aus Kupferstangen durch
Pressung in eine Stahlmater zu erzielen, erreichten ebensowenig
ein praktisches Resultat, wie CARDONS Erfindung, ein kupfernes
Buchstabenbild auf einen Typenstiel von Schriftmetall anzubringen. Die
Herstellung der Typen aus Glas blieb ebenfalls ohne wirkliche Erfolge.

[Sidenote: Die Stereotypie.]

Verdankte man auch die erste praktische Methode der Schriftstereotypie
und der Anfertigung von Clichés England, so hatten die Franzosen sich
doch schon lange mit der STEREOTYPIE beschäftigt[88] und durch ihre
späteren Verfahren das Stanhopesche überflügelt; ja es scheint fast,
als wären sie auf dem Wege, selbst die Verwendung der Jacobischen
Galvanoplastik für die Typographie durch die Celluloïd-Clichés zu
verdrängen.

  [88] A. G. CAMUS, _Mémoire sur l'hist. etc. du polytypage et de la
       stéréotypie_. Paris 1802. -- DE PORVY, _Précis sur la
       stéréotypie_. Paris 1822. -- H. MEYER, Handbuch der Stereotypie.
       Braunschweig 1838.

[Sidenote: Gabr. Valleyre.]

Bereits vor Beginn des XVIII. Jahrhunderts lieferte ein Pariser
Gelehrter und Buchdrucker GABR. VALLEYRE einen Kalender in
Messingplatten, die in Matern aus Thon oder diesem ähnlicher Masse
gegossen waren. Da aber diese Matrizen nicht vollständig gleichmässig
vertieft und die Platten ausserdem auf der Rückseite nicht ganz glatt
waren, so fiel der Druck nicht gleichmässig aus.

[Sidenote: Ign. Hoffmann.]

Der Akademiker Darcet hatte 1773 seine Erfahrungen über das Legieren
leicht schmelzbarer Metalle veröffentlicht. Ein Elsässer FRANZ IGNAZ
JOSEPH HOFFMANN wurde wahrscheinlich hierdurch veranlasst, Matern aus
fetter, mit Gips vermischter Erde, welcher Syrup und Kleister zugesetzt
wurden, zu bilden und diese in erhitztem Zustande in eine Legierung von
Wismuth, Blei und Zinn in dem Augenblick der Erstarrung der Metalle
einzudrücken. Die so erhaltene Platte wurde auf Nussbaumholz mit feinen
Nägeln festgemacht.

Mit solchen Platten druckte Hoffmann 1787 ein dreibändiges Werk
_Recherches historiques sur les Maures par de Chemin père_. Hoffmann
musste seine Druckerei in andere Hände geben und ersann nun ein
anderes Verfahren. Er liess 360 Stempel, teils einzelne Buchstaben,
teils Logotypen, anfertigen. Durch mechanische Vorrichtungen wurden
diese Stempel senkrecht in die oben beschriebene Metallmasse gesenkt.
Die gewonnene Matrize ward in einer Presse, wie ein Petschaft in der
Stempelpresse, angebracht und durch einen Balancier in die dem Erstarren
nahe Schriftmasse mit einem kräftigen Schlage eingetrieben. Von einer
praktischen Verwendung dieses aus vielen Gründen unzweckmässigen
Verfahrens verlautet nichts. Ebensowenig wie von Hoffmanns Logotypen,
für welche er 1792 ein Patent für 15 Jahre erhielt.

[Sidenote: J. Carez.]

Hoffmanns erste Proben hatten viele Nachahmungen hervorgerufen, unter
denen die von JOSEPH CAREZ, Buchdrucker in Toul, besondere Beachtung
verdienen. Seine Matrizen litten aber sehr durch die Hitze und das
Zusammenbacken mit der Schrift. Bei einem befreundeten Münzsammler
hatte er jedoch gesehen, wie dieser durch einen kurzen trockenen Schlag
Abdrücke in Zinn von seinen Münzen nahm. Carez bediente sich nunmehr
eines Fallklotzes, um eine Schriftseite in die halbflüssige Masse
einzuprägen und so eine brauchbare Mater zu erhalten. 1786 lieferte er
ein Kirchengesangbuch in zwei Grossoktav-Bänden, jeder von 1000 Seiten,
in dieser Weise hergestellt und später viele Werke, darunter eine
Nonpareille-Bibel.

[Sidenote: Gengembre und Heran.]

Als der Assignatendruck eine rasche Vervielfältigung der kleinen
Platten notwendig machte, um viele solche auf einmal drucken zu können,
verbesserten GENGEMBRE und HERAN das Verfahren mit dem Fallklotz,
welcher in Fugen vertikal und parallel stehender Säulen, wie in einem
Rammbocke, eingelassen wurde. Die Tischplatte, auf welcher der Behälter
mit der Schriftmasse stand, übte durch starke Federn einen elastischen
Gegendruck aus und man erhielt in dieser Weise Platten in scharfer
Prägung, deren Rückseiten durch Hobeln egalisiert wurden.

[Sidenote: Peter Didot und Heran.]

Die von Didot 1795 herausgegebenen Logarithmen werden gewöhnlich als
Stereotypen bezeichnet, sie sind jedoch nur von zusammengeschmolzenen
Schriftkolumnen gedruckt. 1798 vereinigte sich jedoch PETER FIRMIN
DIDOT, der auch ein Patent besass, mit HERAN[89] zu dem Zweck,
Stereotyp-Ausgaben zu veranstalten, um nicht nur die gedruckten
Exemplare, sondern auch die Platten zu verkaufen. Das erste nach ihrem
Verfahren hergestellte Buch war ein Virgil in 18^{mo} von etwa 400
Seiten. Ein Exemplar kostete nur 15 Sous, eine Platte drei Franken.

  [89] So schreibt ihn Didot, nicht, wie üblich, Heran.

Heran wollte noch reformieren und liess von Stahlstempeln Matrizen
in typenförmige Kupferstückchen treiben, die in einem Winkelhaken
aufgesetzt wurden. Jedoch musste der Setzer mit dem letzten Worte einer
Zeile und dem letzten Buchstaben eines Wortes anfangen oder, was etwas
leichter war, wie gewöhnlich von links nach rechts setzen und dann den
Satz der Zeile Buchstabe für Buchstabe umstellen. Spatien und Quadraten
mussten höher sein als die Typen, nicht wie sonst niedriger, weil die
Zwischenräume in der Platte tiefer liegen mussten. Schön in der Theorie
aussehend, war das Verfahren in der Praxis unzweckmässig und teuer,
Korrektur-Abzüge konnten vor dem Guss nicht gemacht werden, so dass alle
Änderungen erst in den Platten vorgenommen werden mussten.

[Sidenote: Daulé.]

Das bis dahin einzig praktische Stereotyp-Verfahren, das Stanhopesche,
fand natürlich auch in Frankreich Eingang. Eine namentlich für das
Giessen von Clichés weit bequemere Methode erfand der Franzose DAULÉ,
der nicht die Matrize in die flüssige Schriftmasse versenkte, sondern
sie zwischen zwei eiserne Platten mit erhöhten Rändern einlegte, die
einen flachen Giesskasten bildeten, in welchen der Zeug mittels des
Giesslöffels eingegossen wurde.

[Sidenote: Genous Papierstereotypie.]

Eine sehr grosse Bedeutung gewann die PAPIERSTEREOTYPIE des Setzers
GENOU. Anfänglich mit Misstrauen empfangen, hat sie sich später
besonders für Schriftstereotypie vortrefflich bewährt und ist für die
Einführung der Rotationsmaschinen ein unbedingtes Erfordernis geworden.

Die Mater wird aus einer Anzahl von Blättern, teils Seiden-, teils
stärkeren Papiers, gebildet, die einzeln, mit einer breiartigen
Klebemasse angestrichen, aufeinandergelegt werden, bis sie die
Stärke eines festen Kartons erreicht haben. Durch Klopfen mit einer
langstieligen Bürste wird die Schriftkolumne in die weiche Papiermasse
eingeprägt und die Mater dann unter mässigem Druck und bei gelinder
Wärme in der Trockenpresse getrocknet. Der Guss geschieht in einem
Apparat wie der Daulésche.

Der Vorteil bei diesem Verfahren liegt nicht allein in der Billigkeit
und der Leichtigkeit der Herstellung, sondern gründet sich auch darauf,
dass eine und dieselbe Mater für den Guss mehrerer Platten benutzt
werden kann und dass man die Matern nach dem Guss, oder ohne überhaupt
einen solchen vorzunehmen, für den späteren Gebrauch mit Leichtigkeit
aufheben kann. Auch ist ein hoher Ausschluss nicht notwendig. Der
ganze Apparat ist ein so einfacher, dass selbst eine kleine Druckerei
mit Vorteil einen solchen anschaffen kann. In neuester Zeit ist noch
ein Verfahren eingeführt, um die Matern rasch und ohne Ofenwärme zu
trocknen, was für die Schonung der Schrift, mehr noch für die der
Holzschnitte, von Bedeutung ist.

[Sidenote: Jannins Celluloïd-Cliché.]

Von einschneidender Wichtigkeit scheint die Erfindung der
CELLULOÏD-CLICHÉS zu werden; doch ist die Methode noch zu neu, um ein
bestimmtes Urteil, namentlich über die Tragweite des Nachteils der
leichten Entzündbarkeit, dieser Clichés zu fällen.

Der Bildhauer JANNIN in Paris war auf den Gedanken gekommen, das
Celluloïd, eine durch chemische Behandlung von Faserstoff hergestellte
Masse von ausserordentlicher Härte, ausserdem, nach erfolgter Erwärmung,
von grosser Biegsamkeit, ausser zu verschiedenen plastischen Arbeiten zu
Clichés für typographische Zwecke zu benutzen.

Um dieses zu können, war es jedoch notwendig, eine entsprechende
Masse für die Mater zu schaffen, die den bei der Herstellung des
Celluloïd-Clichés notwendigen Druck unter Erhitzung vertragen konnte.
Eine solche Masse wurde in einem aus Bleiglätte und Glycerin bestehenden
Knetstoff gefunden. Derselbe wird in halbflüssigem Zustande über den zu
clichierenden Gegenstand sorgsam gestrichen, in derselben Weise, wie
der Gips bei der gewöhnlichen Stereotypie, und die Lage bis zu einer
Dicke von 3-5 mm verstärkt. Ist die Mater unter einem mässigen Druck
erhärtet, was bei Holzschnitten in 15-20 Minuten, bei Metall-Originalen,
wo Erwärmung anwendbar ist, in drei bis vier Minuten der Fall ist,
kann sie sofort zur Herstellung eines Clichés verwendet werden, zu
welchem Behuf sie in eine hydraulische Presse gelegt und mit einer durch
Erwärmung schmiegsam gemachten Celluloïd-Platte bedeckt wird. Unter
Erhitzung der Presse, der Mater und der Platte bis auf 120°C. wird ein
Druck von 120-130 Atmosphären ausgeübt, darauf das ganze durch einen
Strom von kaltem Wasser abgekühlt. Nach vollständiger Erkaltung der
Platte löst sich selbe, ohne vorhergegangene Einreibung des Originals
mit Graphit oder Öl, mit Leichtigkeit ab und kann sofort zum Druck
aufgenagelt werden. Fehler können, wie bei Stereotyp-Platten, durch
Einsetzung eines Pflocks von Celluloïd und Nacharbeiten desselben mit
dem Stichel ausgebessert werden. Da die Platte durch keine Säuren oder
Farbenzusammensetzungen angegriffen wird, so ist sie ganz besonders zum
Druck von bunten Farben geeignet.

[Sidenote: V. Haye und der Blindendruck.]

Um den DRUCK FÜR BLINDE machte sich VALENTIN HAYE zuerst verdient. Zu
seinen Versuchen wurde er durch den Verkehr mit einer blinden deutschen
Dame, Fräulein von Paradies, veranlasst. Er liess hoch geschnittene
scharfe Typen anfertigen, die in die Rückseite eines starken Papiers
eingeprägt wurden, so dass für die Finger bemerkbare Erhabenheiten auf
der Vorderseite entstanden. Mit verschiedenen Modifikationen fand das
Verfahren fast in allen anderen Ländern Eingang[90].

  [90] Vergl. Kap. I und XV.

Den Versuchen, den Holzschnitt durch andere Illustrationsverfahren
zu verdrängen, wurde namentlich in Frankreich Vorschub geleistet. A.
DEMBOUR in Metz (1814) stellte durch Ätzung Platten in Kupfer für die
Buchdruckerpresse her. Die Zeichnung wurde mittels Pinsels oder Feder
auf Metall gemacht und die nicht bezeichneten Stellen weggeätzt. Dem
ähnlich ist die Acrographie.

[Sidenote: Zinkhochätzung.]

Grosse Bedeutung hat die ZINKHOCHÄTZUNG. Dieses Verfahren ist in
Frankreich ein sehr beliebtes geworden, weil ganz besonders für die
leichten Skizzen geeignet, mit welcher die vielen Witz-, leider auch
vielen Schmutzblätter illustriert werden, zu welchen früher die
lithographischen Kreide- und Federzeichnungen verwendet wurden. Doch
auch in der ernsten Zeitungspresse fand die Methode Eingang, und es
werden oft Blätter geliefert, die nichts zu wünschen übrig lassen. Eine
grosse Virtuosität entwickelte namentlich FIRMIN GILLOT, der 1850 Patent
auf sein Verfahren nahm, welches er PANICONOGRAPHIE, die Franzosen
jedoch, welche Gillot als Erfinder der Hochätzung betrachteten,
_Gillotage_ nannten. Eine mehr der Chemitypie sich nähernde Methode ist
die von DULOS. Er macht die Zeichnung mit lithographischer Kreide auf
eine Kupferplatte und lässt diese mit einem schwachen Silberniederschlag
überziehen, der nur auf den nicht bezeichneten Stellen haftet. Hierauf
wird ein mit Quecksilber vermischtes, leichtflüssiges Metall heiss auf
die Platte gegossen. Das Metall verbindet sich fest mit den versilberten
Teilen der Platte, während die Zeichnung nun so vertieft liegt, dass man
sie als Mater für ein galvanisches Hochdruck-Cliché benutzen kann. Ein
drittes, sehr rasches Verfahren ist das von COMTE, welches besonders für
die Abbildungen in _l'Art pour tous_ verwendet wird. LEHMANN & LOURDEL
und YVES & BARROT u. a. haben es darin weit gebracht.

[Sidenote: Neue Holzschnittmethode.]

Ein ganz eigentümliches Verfahren, um, wie der Erfinder glaubte,
Holzschnitte billiger und besser herzustellen als bisher, wendeten Mame
& Co. in Tours an.

Bekanntlich sind die Kreuzschraffierungen dem Holzschneider stets ein
Dorn im Auge gewesen, denn das Umschneiden einer Linie an allen vier
Seiten ist eine zeitraubende und Tüchtigkeit erfordernde, folglich
teure Arbeit. Der Erfinder der neuen Methode, GUSMAN, lässt nun zwei
Holzblöcke bezeichnen, auf dem einen alle von rechts nach links gehenden
Linien, auf den andern die diese von links nach rechts kreuzenden.
Werden diese Platten nach einander auf einem Bogen gedruckt, so zeigt
der Abdruck die kompliziertesten Kreuzschraffierungen, die sich an
Kühnheit mit denen des Kupferstiches messen können. So sagt die
Theorie, die Praxis hat aber viel hineinzureden. Abgesehen davon, dass
zwei Holzstöcke, zwei Zeichnungen, zwei Schnitte und doppelter Druck
notwendig sind, die Ersparnisse also mehr als problematisch werden, so
ist die Wirkung im voraus seitens des Zeichners kaum zu berechnen. Die
beiden sich kreuzenden Linien vereinigen sich nämlich nicht wie in der
Radierung, sondern die eine Lage liegt sichtbar »über« der andern und
bringt dadurch oft eine falsche Wirkung hervor[91]. So interessant diese
Versuche sind, so verlautet doch von den praktischen Erfolgen nichts.

  [91] Auf einem grossen Blatt: »Die Grablegung Christi« nach Tizian
       sieht z. B. das nackte Bein eines der Knieenden ganz so aus, als
       wäre es mit einem Strumpf bekleidet.

Das beginnende Fehlen des Buxbaumholzes hat zu vielen Versuchen
geleitet, dieses zu ersetzen. 1876 nahm BERTIN BADOUREAU ein Patent auf
komprimierte Birnbaumplatten. Durch Kochen, Pressen, Gelatinieren wird
das Holz unempfindlich für die Einwirkung von Temperatur und Witterung
und fast auf die Hälfte des ursprünglichen Umfanges reduziert.

[Sidenote: H. Marinoni * 1823.]

Was der Name König & Bauer für Deutschland, ist derjenige HIPPOLYTE
MARINONIS für Frankreich. Dieser ward in Paris geboren, arbeitete bei
Gaveaux und baute später im Verein mit diesem seine ersten Maschinen.
Die Pressen, mit welchen Marinoni seinen grössten Ruhm erwarb und mit
denen er der Journalistik in Frankreich einen sehr bedeutenden Vorschub
leistete, waren seine Maschinen _à Réaction_, in welchen -- im Gegensatz
zu den Maschinen _à Retiration_ mit mehreren Cylindern -- Druck und
Widerdruck durch einen und denselben Cylinder geübt wird, indem ihm
der das erste mal gedruckte Bogen über Rollen weg nochmals behufs des
Widerdrucks zugeführt wird. Der Nachteil bei diesen die Schnelligkeit
sehr fördernden Maschinen ist, dass auf dem Cylinder keine Zurichtung
stattfinden kann. Während nun möglicherweise der Schöndruck aus einer
kompressen Form besteht, bietet der Widerdruck vielleicht eine mit
grossen Anzeige-Schriften oder dgl. gefüllte, die eine ganz andere
Behandlung im Unterlegen verlangt. Da lässt sich nur durch primitive
Unterlegung unter der Schriftform etwas nachhelfen; alles andere
muss, wie bei den alten Holzpressen ehe man die Zurichtung im Deckel
kannte, durch einen sehr starken, oft zu erneuernden Filzüberzug des
Cylinders erzwungen werden. Hiervon rührt zumteil eine Ausführung der
französischen Zeitungen her, welche sehr zu ihren Ungunsten nicht allein
gegen die der englischen, sondern auch gegen die der deutschen Zeitungen
absticht, obwohl letztere nicht gerade stolz auf ihr äusseres Gewand
sein dürfen. Jedoch der Billigkeit und der Schnelligkeit wurde genügt;
die französischen Abendblätter, welche erst nach Schluss der Börse, um
vier Uhr, fertiggestellt werden konnten, wurden schon um fünf Uhr durch
ganz Paris verkauft.

Bereits 1847 hatte Marinoni seine berühmte vierfache Maschine für _La
Presse_, der später die sechsfache folgte, geliefert. Im Jahre 1867
baute er für _Le Petit Journal_ eine Maschine, welche stündlich 36000
des in mehreren Exemplaren clichierten Blattes fertigstellte, so dass
die damalige Auflage von 350000 Exemplaren durch fünf Maschinen in
zwei Stunden beschafft werden konnte. Derartige Druckapparate, in
Verbindung mit dem verhältnismässig geringen Umfang der französischen
Blätter, der typographischen Genügsamkeit des Zeitungspublikums und
der Unsicherheit der Presszustände verursachte, dass die mächtigen und
kostspieligen Rotationsmaschinen bei weitem nicht die Bedeutung für
Frankreich wie für England und Amerika hatten. Dass Marinoni jedoch den
Bau derselben nicht unterlassen würde, verstand sich von selbst, und er
besitzt bereits siebzehn Patente auf solche. Seine Rotationsmaschinen
unterscheiden sich von den anderen hauptsächlich durch die Lage der
Satz- und Druckcylinder, die über einander angebracht sind[92]. Von
seinen kleineren Maschinen sind namentlich die _Universelle_ (1850) und
die _Indispensable_ (1853) weit verbreitet. Bis zum Jahre 1880 hatte er
6539 Maschinen für typographische Zwecke und 410 Dampfmaschinen gebaut.
In Deutschland ist Marinoni bald hoch belobt, bald sehr getadelt worden;
Thatsache ist wohl, dass er einer der genialsten Constructeure der
Jetztzeit ist.

  [92] Journ. f. B. 1878, Nr. 75. -- Ann. d. Typ. IV. B. 1873, Nr. 189.

[Sidenote: P. Alauzet * 15. Juni 1816, [+] 22. Jan. 1881.]

Als an Tüchtigkeit Marinoni gleichkommend, in Eleganz und Nettigkeit
selbst in den unwesentlichen Teilen der Arbeit ihn übertreffend
ist PIERRE ALAUZET zu nennen. In Rodez geboren, war er bis zu
seinem achtzehnten Jahre Landarbeiter und kam ohne die geringsten
mechanischen Kenntnisse bei dem Pariser Pressenfabrikant Normand in
Arbeit. Nach vollendetem Tagewerk besuchte er die Schule und holte
das ihm Fehlende so gut nach, dass er sich 1846 etablieren konnte.
Bekannt sind namentlich seine Schön- und Widerdruckmaschinen für feine
Werk- und Illustrationsarbeiten, die auch in dem Süden Deutschlands
Eingang fanden. Dem Abschmutzen des Schöndruckes beim Übergang auf den
Widerdruckscylinder wird mittels Durchlassens von Schmutzbogen begegnet.

Von seinen 2500 Schnellpressen ist fast nicht eine ganz wie die andere
gebaut, da er unermüdlich bestrebt war, Verbesserungen anzubringen. Für
die _Petite République Française_ lieferte er eine Rotationsmaschine
für zwei Meter breites Papier, welche stündlich 70-80000 Exemplare des
Blattes druckt; mit der für Illustrationsdruck bestimmten hat er erst
nach vielen Versuchen befriedigende Resultate erzielt.

[Sidenote: A. B. Dutartre u. a.]

A. B. DUTARTRE und andere lieferten Maschinen mit _mouvement varié_,
deren Druckcylinder während der Zeit, in welcher er den Druck übt, sich
langsamer bewegt und solche, deren Druckcylinder so langezeit ruht,
wie das Fundament gebraucht, um zum zweitenmal unter dem Farbenwerk
hin- und zurückzugehen, damit die Einfärbung verstärkt werde. Seine
Zweifarben-Maschinen gewannen allgemeine Anerkennung.

Für vier Farben bauten PRUDON & CO. eine Presse, bei welcher die Formen
hinter einander liegen; hierdurch wurde eine Länge von sieben Metern
erforderlich, die den Eingang dieser Maschinen hinderte.

[Sidenote: Lithographische u. Kupferdruckmaschinen.]

Als Verfertiger lithographischer Maschinen erwarb TH. DUPUY Ruf.
Marinoni baute ebenfalls solche, die zugleich für typographischen Druck
zu verwenden waren. Sie arbeiteten zwar sehr gut, die Umänderung von
einer Druckweise zur andern erforderte jedoch viel Zeit und diejenigen
Offizinen, welche Lithographie mit Typographie verbanden, waren in der
Regel auch in der Lage, besondere Maschinen für die verschiedenen Zwecke
anzuschaffen.

JULES DERRIEY, der Bruder des genialen Schriftgiessers Charles, erwarb
sich Verdienste durch seine Zeitungsmaschinen von sehr einfacher
Konstruktion mit Cylinderfärbung nach deutscher Art und baute auch
Rotationsmaschinen[93]. Bekannt sind weiter für Zeitungsmaschinen A.
Y. GAVEAUX, für einfache Schnellpressen H. VOIRIN und MAULDE & VIBART.
Auf Laien machte auf allen Ausstellungen die kleine, sehr niedliche
Visitenkartenpresse von G. LEBOYER grossen Eindruck[94].

  [93] Journ. f. B. 1876, Nr. 24.

  [94] Journ. f. B. 1878, Nr. 36 u. 37.

Noch sei eine eigentümliche Kupferdruckpresse erwähnt, welche AUG.
GODCHAUX zum Druck seiner kalligraphischen Vorlagen benutzt. Sie ist
in der Art der Kattundruckpresse eingerichtet und druckt von endlosem
Papier 2-3000 Exemplare. Nach vollzogenem Druck wird der Bogen durch
Mechanismus von der Papierrolle abgetrennt. Ein Apparat, gleich dem
Messer eines Farbewerks der Schnellpresse, hält die Kupferplatte rein.
Für den Druck von Kunstblättern genügt die Maschine nicht.

Die Schriftgiessmaschine wurde von BAUDOIN, LAVAL, FOUCHER u. a. sehr
verbessert. Beifall fanden die Maschinen von SERIÈRE & BAUSA, welche mit
zwei Giessinstrumenten und zwei Pfannen, die mit Einem Feuer erhitzt
werden, versehen und von Einem Arbeiter bedient, täglich gegen 50000
Buchstaben lieferten.

[Sidenote: Hülfsmaschinen und Apparate.]

Von Arbeitserleichterungsmaschinen sind L. POIRIERS und L. LEGRANDS
Bronciermaschinen, TOLMERS Feuchtapparate und P. RAGUENEAUS
autographische Pressen beachtenswert. Als Motor ist die Gasmaschine
LENOIRS sehr beliebt.

Die allgemeinste Verbreitung und Nachahmung fanden die MECHANISCHEN
SCHLIESSSTEGE von MARINONI & CHAUDRÉ, die in einfach-praktischer Weise
einen vortrefflichen Ersatz der Schraubenrahmen bildeten. Eiserne
Stege, an denen die dem Rahmen zugekehrte Seite schräg geformt und
gezahnt ist, werden durch kleine, zwischen Steg und Rahmen einzufügende
Rädchen, in deren Einschnitte die Zähne des Steges eingreifen, mittels
eines Schraubenschlüssels unter sehr geringer Kraftanwendung angezogen
und so die Form ganz fest geschlossen. ALCAN LÉVY & LAVATER traten
mit zerlegbarem Schliessrahmen auf, VALÉT & CO. in Marseille mit
galvanischen Hohlstegen.

[Sidenote: Utensilienlager.]

Die Anschaffung des Materials erleichterte namentlich das grosse
Utensilien-Geschäft von J. E. BOIELDIEU & FILS, denen auch manche
Verbesserung zu verdanken ist. Namentlich sind ihre Stereotyp-Apparate
vortrefflich. Die von ihnen gebaute grosse Plakatpresse besteht in
einem mit Zahnstangen versehenen Fundament, in welchem ein Cylinder mit
Zähnen, ähnlich wie in den Korrekturpressen, sich bewegt. Das Durchsehen
des reichhaltigen illustrierten Katalogs[95] der Firma belehrt in
leichter Weise über die Unterschiede des deutschen und des französischen
Materials. Ein zweites sehr umfangreiches Utensilien-Geschäft sind
die, durch Fusion der Firmen CH. BONNET & CO. aus Genf und CHEVALIER &
DREYFUS in Paris entstandenen _Usines Gutenberg_.

  [95] _Outilage Typographique Boieldieu._ Paris.

Die französische Druckfarbe ist in den feineren Qualitäten vorzüglich.
Als Fabrikanten stehen obenan CH. LORILLEUX[96], denen LE FRANC & CO.,
PRUDON & CO., CAUDERON & CO. für bunte Farben folgen. LEMERCIER & CO.
liefern vorzügliche lithographische Farben[97].

  [96] _Ch. Lorilleux sur la Fabrication des encres d'Imprimerie._
       Paris 1867. Lorilleux giebt jährlich einen Abreiss-Kalender mit
       geschichtlichen oder technischen Notizen heraus. Der Jahrgang
       1882 enthält eine typographische Bibliographie der in Frankreich
       erschienenen Fachwerke. Jänecke & Schneemann in Hannover folgten
       dem Beispiel.

  [97] Didot behauptet, dass die Erfindung der Kompositionswalze einem
       französischen Leimfabrikanten GARMAL gehöre (vgl. dagegen S. 34).

[Sidenote: Das Papier.]

Das französische Papier hat einen verdienten Ruf erworben und Frankreich
gehört die Ehre der Erfindung der Papiermaschine. Auf Anregung
Didots liess PIERRE MONTGOLFIER das erste ungerippte Velinpapier
anfertigen und adoptierte das holländische System der Zerfaserung
der Lumpen durch Schneidecylinder statt durch Stampfen. Die erste
Idee des Papiers ohne Ende hatte der Werkführer LOUIS ROBERT in der
Papiermühle Didot-Saint-Légers in Essonnes gefasst. Letzterer erwarb
die Rechte Roberts und erhielt von der Regierung 8000 Livres zu seinen
Versuchen. Infolge der Revolution begab sich Didot nach London, wo die
Papiermaschine durch die Talente des Ingenieurs DONKIN und die Kühnheit
der Papierfabrikanten Gebr. FOUDRINER ihre Vervollkommnung erhielt. Als
Didot 1814 nach Frankreich zurückgekehrt war, wurde nach seinen Angaben
die erste Maschine von Berthe in Sorel gebaut, es folgten solche in
Saint Jean-d'Heures und in Mesnil. Zu gleicher Zeit wurde sie durch
Canson in Annonay errichtet.

An Papierfabriken besitzt Frankreich 524 mit 28656 Arbeitern und mit
einer Betriebskraft von 21000 Pferden. Sie produzieren jährlich Ware zu
einem Werte von 104 Millionen Franken. Die wichtigsten Produktionsorte
sind Annonay, Angoulème und das Departement Isère. Die Papiersteuer
brachte 16439000 Franken.

[Sidenote: Die Buchbinderkunst.]

In der Kunst des Buchbindens steht Frankreich obenan. Von dem
Bücherleinen hat es sich im ganzen genommen freigehalten. Fast alle
neuen Bücher werden im broschierten Zustand in den Handel gebracht.
Ausgenommen davon ist die Litteratur der Andachtsbücher, in deren
Herstellung zu fabelhaft billigen Preisen bei reicher Ausstattung MAME &
CO. in Tours Bedeutendes leisten. Neben diesen billigen Einbänden kommen
jedoch auch die kostbarsten aus Seide, Sammet, Leder und Elfenbein mit
echten Spangen und Beschlägen vor, die sich in die höchsten Preise
versteigen. Die Handarbeit, unterstützt durch Reichtum und Geschmack
einer bedeutenden Zahl von Bücherfreunden, hat in Frankreich noch einen
grossen Spielraum. Sie übertrifft an Geschmack die englische, muss aber
dieser den Vorzug in der Behandlung des Leders einräumen. Verwendet
werden gewöhnlich Chagrin und Corduan. Die Mosaikarbeiten der Franzosen
sind nicht eigentlich eingelegte Arbeiten, sondern die betreffenden
Stellen werden ganz dünn geschabt, das andere farbige Leder darauf
gelegt und die Ränder mit Goldverzierungen bedruckt.

Auf die strenge Einteilung der Arbeit in der Buchbinderei wurde schon
hingewiesen. In den einzelnen Offizinen sind wieder die einzelnen
Beschäftigungen gruppenweise verteilt. Viele der Arbeiter, die in ihrer
Spezialität Vorzügliches leisten, würden nicht imstande sein, allein ein
Buch leidlich zu binden. Dieses System mag allerdings der allgemeinen
Ausbildung des einzelnen Individuums hinderlich sein, das Publikum
erhält jedoch durch dasselbe billigere und bessere Bände.

Neben der Anlehnung an die goldene Zeit hat sich eine selbständige
moderne Dekorationsweise ausgebildet, die vieles Hübsche liefert. Die
Führerschaft dürfte LORTIC zukommen, der sich ganz besonders durch die
Wissenschaftlichkeit seiner Arbeiten auszeichnet. Jeder Einband ist in
dem Geist der Zeit, welcher das Werk angehört, streng durchgeführt; für
die jetzige Zeit hat er sich einen eigenen Stil des XIX. Jahrhunderts
gebildet. Bände von ihm werden bis mit 3000 Franken bezahlt.

[Illustration]


[Illustration]

                              VI. KAPITEL.

                DER STAAT UND DIE PRESSE IN FRANKREICH.

                  DIE SCHÖPFER DER NEUERN TYPOGRAPHIE.

  DER STAAT UND DIE PRESSE unter Ludwig XVI., der Revolution,
    Napoleon I., der Restauration, dem Bürgerkönigtum, Napoleon III. DIE
    ÄLTEREN BUCHDRUCKEREIEN: Die Staatsdruckerei und die Didot in ihrem
    Einflusse auf die Typographie, die Familien Panckoucke, Barbou,
    Lottin, Treuttel & Würtz, Berger-Levrault, Dentu, Crapelet.

[Sidenote: Die Presse unter Ludwig XVI.]

Hätte die Liebe eines Königs für die Buchdruckerkunst genügt, um
diese in dessen Lande zum grössten Flor zu bringen, so müsste sie in
Frankreich unter Ludwig XVI. goldene Tage gehabt haben[98]. Ludwig war
noch als Kind durch Martin Lottin in der Kunst unterrichtet worden und
druckte als Dauphin, kaum zwölf Jahre alt, 1766 einen kleinen Band:
_Maximes tirées de Télémaque_. Auch Karl v. Artois, später Karl X.,
besass Vorliebe für die Kunst und liess 1780-1784 bei dem älteren Didot
eine Sammlung von französischen Schriftstellern in 64 Bänden in 18. für
sich drucken, während Ludwig XVI. später die Sammlung _ad usum delphini_
(zum Gebrauch für den Dauphin) ausführen liess. Mehr als in irgend einem
andern Lande hatten die Aristokraten Frankreichs sich es angelegen sein
lassen, Privatdruckereien zu errichten. Bereits während der Regierung
Heinrichs IV. besass der Kardinal Duperron eine Druckerei in Bagnolet
bei Paris, ebenso später Kardinal Richelieu auf Schloss Richelieu in
der Touraine. Der Kanzler d'Auguesseau; die Marquise von Pompadour; die
Dauphine Marie Josephe, Mutter Ludwigs XVI.; der Herzog von Burgund,
Bruder Ludwigs XVI., und manche andere Grossen waren Besitzer von
Privat-Offizinen.

  [98] P. DUPONT, _Histoire de l'Imprimerie, vol._ I. Paris 1854.
       -- A. F. DIDOT, _Histoire de la Typographie_. Paris 1882.
       (Abdruck aus der _Encyclopédie moderne_.) -- EDM. WERDET, _De la
       Librairie Française_. Paris 1860. -- F. A. DUPRAT, _Histoire de
       l'Imprimerie Impériale_. Paris 1861. -- ED. WERDET, _Histoire du
       Livre en France_. 4 Bde. Paris 1861-62.

[Sidenote: Die Revolutionszeit.]

Im Jahre 1777 erliess Ludwig XVI. ein Gesetz zur Regelung des
litterarischen Eigentumsrechts, nach welchem jedoch alles auf
Privilegien beruhte, die, wenn einmal den Autoren erteilt, auch auf
die Erben derselben übergingen, jedoch, wenn in Buchhändlerhänden
befindlich, mit dem Tode des Verfassers erloschen. Wie alle Privilegien
fielen auch diese durch Beschluss der konstituierenden Versammlung vom
4. August 1789, nach welcher Zeit nun auch jeder, der einige Zentner
Schriften kaufte oder borgte und ein Patent zahlte, Buchdrucker werden
konnte. Selbst diese letzte Bedingung hörte 1793 auf, und die Zahl der
Buchdruckereien wuchs von den früheren 36 privilegierten auf 700. Die
Pressfreiheit war bereits durch die Verfassung vom 14. September 1791
garantiert, nach welcher jeder das Recht erlangte, seine Gedanken ohne
vorherige Zensur schreiben, drucken und veröffentlichen zu können. Unter
dem Direktorium wurde wenigstens festgestellt, dass der Buchdrucker
seinen Namen auf alles, was er druckte, setzen, auch auf Aufforderung
den Namen des Verlegers nennen musste.

Broschüren auf rötlich-grauem Papier mit Typen gedruckt, die mitunter
geradezu unleserlich waren, sind die hauptsächlichsten Produkte der
Revolutionszeit. Eins der lohnendsten Geschäfte war der Druck von
Assignaten, deren erste Emission im Betrage von 1200 Millionen am 19.
Dezember 1789 dekretiert wurde. Der Direktor der Königlichen Druckerei,
Anisson-Duperon, wurde mit der Ausführung betraut. Die späteren
Emissionen beschäftigten Tag und Nacht eine grosse Anzahl von Pressen.
Ende 1794 wurden auf einmal 40 Milliarden in Auftrag gegeben.

[Sidenote: Das Konsulat.]

Unter den Konsuln wurde 1797 die politische Tagespresse auf ein
Jahr unter Aufsicht der Polizei gestellt und später diese Anordnung
prolongiert. 1800 behielten sich die Konsuln das Recht der
Repressivmassregeln gegen diejenige Zeitungspresse vor, die sich etwa
gegen die Gesellschaft, die Regierung oder die Souveränität des Volkes
versündigte. Durch ein weiteres Dekret vom Jahre 1803 wurde bestimmt,
dass ein Exemplar jedes Buches dem Revisionsamte zur Durchsicht
übergeben werden sollte »zum Schutze der Freiheit der Presse« (!).

Die Zeit war der letzteren nicht günstig. Die Zahl der Zeitschriften
verminderte sich und die 1790 vorhandenen 700 Buchdruckereien waren
auf 340 zusammengeschmolzen. Dafür begannen nun die älteren, gut
eingerichteten Offizinen an die alten Traditionen wieder anzuknüpfen.

[Sidenote: Das Kaisertum.]

Nach Begründung des Kaisertums beschäftigte sich Napoleon sehr mit
der Organisation des Buchhandels und der Buchdruckerei. Ein bekannter
Schriftsteller, Fievée, wurde mit dem Plane betraut. »Die Buchdruckerei«
-- so argumentierte Napoleon -- »ist ein mit gefährlichen Waffen
gefülltes Zeughaus, das man ungern in den Händen des ersten besten
lässt. Die Buchdruckerei ist kein Handelszweig; es genügen deshalb
einfache Privilegien, um sie zu organisieren. Es handelt sich um einen
Stand, an dessen Gedeihen der Staat ein Interesse hat, letzterer muss
deshalb die Entscheidung in den Angelegenheiten dieses Standes haben.
Der Buchdrucker kann ein geschickter, selbst ein gelehrter Mann sein, er
ist aber kein Kaufmann und kein Fabrikant. Eben weil der Erfolg nicht
von ihm selbst, sondern von der Spekulation anderer abhängt, kann nur
eine gewisse Zahl von Buchdruckern existieren. Beschränkt der Staat
nicht die Zahl und leidet infolge davon der Buchdrucker Not, so kann
man nicht auf dessen rechtlichen Charakter zählen und die Druckkunst
ist eine zu furchtbare Waffe, um sie in den Händen von Notleidenden zu
lassen. Gut situierte Bürger sind weniger geneigt, gegen die Gesetze zu
handeln; es ist deshalb ebenso human als politisch richtig, die Zahl der
Buchdruckereien zu beschränken und aus demselben Grunde die Zahl der
Lehrlinge zu normieren.«

[Sidenote: Direktion der Buchdruckerei.]

Am 5. Februar 1810 erschien das Dekret, welches eine Direktion
der Buchdruckerei und des Buchhandels einrichtete. Die Zahl der
Buchdruckereien wurde in Paris auf 60 festgestellt, die unter den 3-400
bestehenden gewählt werden sollten. Die bleibenden hatten die andern zu
entschädigen und waren verpflichtet, das Material der zu löschenden
Firmen anzukaufen. 4000 Franken, für die eine mehr, für die andere
weniger, wurden als Durchschnittsentschädigung bestimmt. Das _Brevet_
war eine einfache Autorisation und schloss nicht, wie dies bis zum
XVIII. Jahrhundert der Fall gewesen war, die Garantie der geschäftlichen
Befähigung des Inhabers in sich. Strenge Massregeln in betreff der zu
führenden Geschäftsbücher wurden getroffen.

[Sidenote: Privilegien.]

Ein weiteres Dekret vom 11. Februar 1811 erhöhte die Zahl der
Buchdruckereien auf 80, das litterarische Eigentumsrecht wurde geregelt
und die Zensur in _optima forma_ eingeführt. Ein dem Ministerium der
Polizei beigegebenes _Bureau de l'esprit public_ sollte für Verbreitung
der Regierungsansichten und die Bearbeitung der öffentlichen Meinung
wirken. Jedes Departement durfte nur ein Journal haben, für jeden
Zeitungsbogen zahlte man 1 Centime Stempelgebühren.

Im Jahre 1812 wurden die Privilegien auch für den Buchhandel eingeführt,
jedoch die Zahl der Buchhandlungen nicht beschränkt. Zensierte Werke
konnten nachträglich konfisziert werden, jedoch mussten die Druckkosten
ersetzt werden. Diese Bestimmung kam nur in einem einzigen Fall zur
Anwendung und zwar anlässlich des Werkes _De l'Allemagne_ der Frau von
Staël.

[Sidenote: Napoleons Interesse für die Typographie.]

Dass der Buchhandel und die Buchdruckerei sich unter der Regierung
Napoleons trotz des äusseren Glanzes nicht recht entwickeln konnten,
wird jeder verstehen. Unter den von der Regierung selbst hervorgerufenen
Werken steht obenan die _Description de l'Égypte_, das Resultat der
Thätigkeit der gelehrten Kolonie, welche Bonaparte mit nach Ägypten
geführt hatte.

Hätte überhaupt die Typographie keine andere Aufgabe gehabt, als der
Wissenschaft zu dienen, so würde sie in Napoleon gewiss den grössten
Freund gefunden haben, denn ein Geist wie der seinige konnte den Verkehr
mit der Presse nicht entbehren. Selbst im ärgsten Kriegslärm mochte er
die Wissenschaft und die Litteratur nicht missen.

[Sidenote: Beabsichtigte Feldbibliothek.]

Bereits 1798 hatte er daran gedacht, eine Feldbibliothek herstellen
zu lassen, die ihm auf seinen Feldzügen folgen sollte, und 1808 den
Plan wieder in Bayonne aufgenommen. Als er bei seinem Aufenthalt in
Schönbrunn die Werke, die er mitzuführen gewünscht hatte, die aber
wegen des äusseren Umfangs zurückgeblieben waren, sehr vermisste, kehrte
er ernstlich zu der Idee einer Feldbibliothek zurück und diktierte am
12. Juni 1809 den Plan zu einer solchen, der seinem Bibliothekar Barbier
als Richtschnur unterbreitet werden sollte.

Napoleon wollte eine Sammlung schön gedruckter und gut gebundener Werke
in kleinem Format mit kleinem Rand. »Er sei reich genug, um sich diesen
Wunsch erfüllen zu können.« Vorläufig wollte er 3000 Bände von je 4-500
Seiten, hauptsächlich geschichtlichen Inhalts, die Bibel dürfe nicht
fehlen; wären diese 3000 Bände fertig, so könnten weitere 3000: Reisen,
Naturgeschichtliches, Unterhaltendes, folgen. Eine Anzahl gewiegter
Männer der Wissenschaft sollte die Redaktion besorgen und allen unnützen
Ballast über Bord werfen.

Im November 1809 stattete Barbier seinen Bericht ab. Die Kosten für
die 3000 Bände waren bei einer Auflage von fünfzig Exemplaren auf vier
und eine halbe Million Franken berechnet. Würden jedoch 300 Exemplare
gedruckt und verkaufte man den Band zu fünf Franken, so entstände eine
Einnahme von etwa drei Millionen Franken. Man glaubte, täglich einen und
einen halben Band oder jährlich gegen 500 Bände liefern zu können. Die
Proben wurden gemacht -- und hierbei blieb es.

[Sidenote: Kunstleistungen der Kaiserlichen Druckerei.]

Ein seltenes Pracht- und Kunststück führte die Kaiserliche Druckerei
aus, als Papst Pius VII. anlässlich der Kaiserkrönung 1805 sich in Paris
aufhielt und die erwähnte Anstalt besuchte. Während dieses Besuches
druckten 150 Pressen die _L'oraison dominicale_ (das Vater unser)
in 150 Sprachen und der Direktor Marcel überreichte dem Papste das
Widmungsexemplar.

Bei Gelegenheit der Geburt des Königs von Rom beschloss Napoleon den
Druck einer Sammlung in der Art der Ausgaben _ad usum delphini_. Mit der
Aufstellung des Katalogs war jedoch auch diese Sache zuende.

Sozusagen beim Bivouac-Feuer entwarf Napoleon den Plan zu einer
Fortsetzung der _Histoire de France_ von Velly, durch den Abbé Halma,
den Bibliothekar der Kaiserin. Schliesslich darf nicht das wichtigste
Werk der ganzen Zeitperiode, das dem Kaiser so viel zu verdanken hatte,
der _Code Napoléon_, vergessen werden.

Als das Unglück über den Kaiser hereinbrach, konnte es nicht fehlen,
dass die Presse im geheimen stark gegen ihn arbeitete und dass die
Massregeln gegen dieselbe noch verschärft wurden. Während der Hundert
Tage, als er die Presse brauchte, wollte er die von Ludwig XVIII.
bereits zugesagte Pressfreiheit gewähren und ein Dekret vom 24. März
1815 hob die Zensur auf. Waterloo machte das Dekret zu einem toten
Buchstaben.

[Sidenote: Die Restauration.]

Das erste Kaiserreich hatte dem Buchgewerbe die goldene Zeit nicht
gebracht. Günstiger waren die Auspizien bei Beginn der Restauration. Der
Artikel VIII der Charte sicherte allgemeine Pressfreiheit zu. Es dauerte
jedoch kaum einen Monat, als die Repressionsmassregeln wieder begannen.
Unter anderem konnten die Zeitschriften nur mit Autorisation des Königs
erscheinen. Bei Übertretungen der Gesetze stand das Zurückziehen des
Brevets in Aussicht.

[Sidenote: Julirevolution.]

Wir können nicht der Geschichte der Massregelungen gegen die Presse
durch alle ihre Phasen Schritt für Schritt folgen. Zensur, Kautionen,
Suspensionen, eine etwas grössere oder kleinere Portion Pressfreiheit
folgten in schnellem Wechsel unter der Herrschaft Ludwigs XVIII. Die
Regierung Carls X. fing für die Presse etwas milder an, aber das
projektierte Pressgesetz vom 29. Dezember 1826 übertraf an Schärfe
alles bisherige, wurde jedoch von der Pairskammer abgelehnt, die sich
diesmal liberaler als die Deputiertenkammer zeigte. Nichtsdestoweniger
wurde gegen Buchdrucker, Buchhändler und Journalisten mit grosser
Strenge verfahren. Die Prozesse häuften sich; nicht allein wirkliche
Pressvergehen, sondern selbst unbedeutende Formfehler wurden
unnachsichtlich und schwer bestraft. Die Massregeln schlossen mit den
berüchtigten Ordonnanzen Polignacs vom 25. Juli 1830, die das Ende
der Regierung Carls X. herbeiführten. Trotz der Verfolgungen gegen
die Presse behielt doch der letzte der Bourbonen seine Liebe für die
Druckkunst bei und zeichnete öfters die Vertreter derselben persönlich
aus, liess auch manche grosse Unternehmungen durch Subskription der
Ministerien unterstützen.

Leider vergingen die blutigen Julitage nicht ohne grobe Unordnungen
seitens der typographischen Arbeiter, welche in mehreren Druckereien die
Schnellpressen zerstörten. Jedoch die Masse der Arbeiter trat gegen die
Unruhestifter auf und eine Proklamation Firmin Didots an die Arbeiter
trug sehr viel zur Beruhigung derselben bei.

[Sidenote: Das Bürgerkönigtum.]

Die neue Charte vom 14. August 1830 brachte wieder Pressfreiheit und
»ewige« Aufhebung der Zensur. Die Lage der Buchdrucker und Buchhändler
ward durch die allgemeine Krisis eine sehr schwierige und die Folgen
der Überproduktion zeigten sich in trauriger Weise. Die Regierung that,
was sie konnte, um die Kalamität zu mildern und gewährte Anleihen.
Benj. Constants Antrag auf Freigebung der Buchdruckerei und des
Buchhandel-Gewerbes scheiterte zwar, die gesetzlichen Bestimmungen
wurden jedoch vielfach umgangen, indem man Zessionen an Nichtfachleute
zuliess und die Gründung von _Succursales_ gestattete, die unter
Verantwortlichkeit von Brevetinhabern von anderen betrieben wurden. Auch
entstanden in der nächsten Umgebung von Paris Druckereien, die recht
wohl mit den brevetierten konkurrieren konnten. Mehrere Druckereien
änderten sich in Aktienunternehmungen um und nahmen kolossale
Dimensionen an.

Die Lage der Journale war sehr erleichtert; man benutzte aber keineswegs
die Freiheit mit der notwendigen Mässigung, so dass ein beschränkendes
Gesetz am 9. September 1835 erlassen wurde, das von der Regierung jedoch
mit Schonung gehandhabt wurde.

Ludwig Philipp selbst war, wie die Bourbonen es gewesen, ein Freund der
Buchdruckerkunst. Mag er auch sonst als recht sparsam gegolten haben, in
Bezug auf die Erzeugnisse der Presse zeigte er sich freigebig und liess
mehrere grosse Unternehmungen auf seine Kosten drucken. Die Korrekturen
las er dann selbst und las sie sehr gut.

[Sidenote: Die Revolution von 1848.]

[Sidenote: Das zweite Kaiserreich.]

Bekanntlich nahm das Bürgerkönigtum am 24. Februar 1848 ein jähes Ende.
Die provisorische Regierung zählte mehrere Männer der Wissenschaft und
der Presse unter ihren Mitgliedern. Ihre Freunde fanden Anstellung
in der Administration; es war also natürlich, dass die Presse mit
Wohlwollen behandelt wurde. Der Zeitungsstempel, die Kautionen und
das strenge Pressgesetz vom 9. September 1835 wurden aufgehoben. Eine
Unmasse von Journalen entstand, die Vorteile aus dem Druck fielen jedoch
nur einigen wenigen grossen Zeitungsdruckereien zu, die eigentlichen
Werk- und Accidenzdruckereien litten Not und fast der dritte Teil
der Arbeiter war brotlos. Während der Zeit der am 10. November 1848
begonnenen Präsidentschaft Louis Napoleons und des Kaiserreichs
Napoleons III. hob sich das Druckgeschäft wieder, aber es traten
selbstverständlich strengere Überwachungsmassregeln ein. Im Jahre 1852
wurde die _Direction générale de l'Imprimerie et de la Librairie_
ins Leben gerufen, welche Massregel im allgemeinen mit Befriedigung
aufgenommen wurde.

Das neue Pressgesetz vom 17. Februar 1852 gab der am 2. Dezember 1852
eingesetzten kaiserlichen Regierung eine furchtbare Waffe in die Hände,
denn es hing alles von der Art der Ausführung des Gesetzes ab. Napoleon
III. liebte die Buchdruckerkunst gleich seinen Vorgängern, und er selbst
suchte, wie bekannt, schriftstellerischen Ruhm. Für den äusseren Glanz
der Typographie namentlich durch die Weltausstellungen, auf welchen das
französische Buchgewerbe stets in würdigster Weise vertreten war, war er
eifrigst besorgt.

Jetzt ist die Republik im Besitz des liberalen Pressgesetzes vom 29.
Juli 1881[99].

  [99] _Loi sur la liberté de la Presse, 29. Juli 1881._ -- A. FAIVRE,
       _Code manuel de la Presse 1881._ Paris. -- _Loi de 1881 sur la
       Presse avec observations par H. Celliez et Ch. le Senne._ Paris
       1881.

                   *       *       *       *       *

Wie die französischen Regierungen, mögen sie Namen geführt haben
wie sie wollten, fortdauernd und mehr als gut war sich mit der
Stellung der Presse zum Staate beschäftigten, so setzten sie auch
ihre direkte Beeinflussung der technisch-gewerblichen Verhältnisse
der Buchdruckerkunst durch die Staatsdruckerei fort, welche jedoch
mehr und mehr sich von ihrem schönen Ziel, der Veredelung der Kunst,
entfernte, um in die Reihe der brotsuchenden Anstalten zu treten und den
Privatdruckereien Konkurrenz zu machen.

[Sidenote: Staatsdruckerei.]

Die STAATSDRUCKEREI[100] stand seit dem 1723 erfolgten Rücktritt Claude
Rigauds 71 Jahre lang unter der Direktion von Mitgliedern der Familie
Anisson. Die Ernennung des letzten derselben, ÉTIENNE ALEX. JACQ.
ANISSON DUPERON, zum Direktor geschah 1789.

  [100] Vergl. I, S. 208-211. In dem Folgenden ist, bei dem
        fortwährenden Wechsel der offiziellen Benennung je nach dem
        Wechsel der Regierungsform, die Bezeichnung »Staatsdruckerei«
        angenommen. -- Ausser DUPRATS Werk (S. 163) vgl. A. J. BERNARD,
        _Notice historique sur l'Imprimerie nationale_. Paris 1848.
        -- V. GOUPY, _L'Imprimerie nationale et sa Collection de
        Types orientales_. Paris 1874. -- A. BERNARD, _Histoire de
        l'Imprimerie Royale du Louvre_. Paris 1867.

[Sidenote: Erwerbungen unter Ludwig XV.]

[Sidenote: L. Luce [+] 1773.]

Bedeutend waren die Fortschritte während der Regierungszeit Ludwigs
XV. nicht. Für die Summe von 100000 Livres erfolgte 1773 die Erwerbung
der aus 15 Graden bestehenden neuen Antiqua und Cursiv, welche der
königliche Graveur LOUIS LUCE in den Jahren 1740-1770 geschnitten
hatte, zugleich seiner gothischen und Schreibschriften, sowie seiner
zahlreichen Vignetten und Ornamente. Diese neuen Schriften Luces waren
ganz anders gehalten als die von Ludwig XIV. veranlassten. Luce wollte,
wie er selbst sagte, etwas von dem Vorhandenen ganz Verschiedenes
schaffen, was ihm auch, jedoch nicht zum Vorteil der Sache, gelang. Die
Schriften sind sehr schmal gehalten, es fehlen ihnen die besonderen
Kennzeichen (I, S. 210) der Schriften der Staatsdruckerei. Sein
Nachfolger als königlicher Graveur war Fagnion.

Eine weitere Acquisition bestand in einer Sammlung der Vignetten Jean
Papillons (I, S. 200). Sie hat, wie die Sammlungen von Luce, zwar den
Wert des historischen Museums der Anstalt sehr erhöht; für die Praxis
waren diese Vermehrungen bei den Fortschritten der Kunst ohne Interesse.

[Sidenote: Einfluss Ludwigs XVI.]

Ludwig XVI. begünstigte ebenfalls die Staatsdruckerei und liess die
kleinen Offizinen in den Tuilerien und in Versailles unter die Direktion
derselben stellen. Das Verhältnis des Direktors zu der Anstalt war ein
ziemlich kompliziertes. Er war nicht ein einfacher, fest salarierter
Beamter, sondern zu einem wesentlichen Teil gingen die Arbeiten für
Rechnung des Direktors, wurden nach der Taxe bezahlt und mit einem dem
Direktor selbst gehörenden Material ausgeführt. Wie bedeutend dieses
war, geht aus der später zu erwähnenden Auseinandersetzung mit der Witwe
Anisson hervor, wobei es sich um eine Summe von einer halben Million
Livr. handelte. Staatseigentum waren hauptsächlich nur die Stempel und
Matern der Schriften, ausserdem vielleicht 10000 Pfund Schrift und etwa
ein Dutzend Pressen.

[Sidenote: Zustande während der Revolution.]

Nach dem Ausbruch der Revolution begann eine unerfreuliche Periode für
die Staatsdruckerei. Die wissenschaftlichen und die administrativen
Arbeiten traten in den Hintergrund, die Hauptbeschäftigung war der
Druck der vielen Gesetze und Dekrete, der ebenfalls auf Rechnung des
Direktors ging, welcher die Zahl der Pressen fast auf 100 vermehren und
bei der Unzulänglichkeit der Lokalitäten im Louvre zwei _Succursales_
errichten musste.

[Sidenote: Der Assignaten-Druck.]

[Sidenote: E. A. J. Anisson [+] 1794.]

Zu diesen Arbeiten kam noch die Ausführung von 1200000 Stück
Assignaten[101]. Doch dies war nur ein Tropfen ins Meer. Bereits am 30.
Sept. 1790 wurde eine neue Emission von 800 Millionen Livres, bestehend
in 3060000 Stück, beschlossen. Anisson verlangte für die Ausführung
100000 Livres; Didot erklärte sich bereit, die Lieferung für 22000
Livres zu übernehmen. Dies verursachte grosse Misstimmung gegen Anisson.
Indes sprach manches zu dessen Rechtfertigung, da die Ausführung, welche
von Didot verlangt wurde, eine weit einfachere als die frühere und Didot
inzwischen in Besitz der Stereotypie gelangt war (S. 152). Doch kam es
noch nicht zum Bruch und man bewilligte ihm auf seine Vorstellungen
sogar einen höheren Tarif als den bisherigen für seine Arbeiten. Es
war jedoch nicht angenehm, Männer wie Marat und Pétion zu persönlichen
Feinden zu haben. Auf Antrag des letzteren ward Anisson am 8. Oktober
1792 verhaftet, wozu der, angeblich gegen seine Instruktion erfolgte
Druck eines Dekrets als plausibler Vorwand dienen musste. Aus seinem
Gefängnis schlägt er dem Sicherheits-Ausschuss vor, seine Direktorstelle
aufzugeben und der Öffentlichkeit sein auf 499036 Livres taxiertes
Material käuflich zu überlassen. Dieser Vorschlag wurde jedoch nicht
angenommen. Anisson starb 1794 auf dem Schafott. Sein Eigentum ward mit
Sequester belegt und erst nach langen Verhandlungen fand ein Vergleich
mit der Witwe statt.

  [101] Die 300-Livres-Noten tragen als Jahreszahl 1090 statt 1790, man
        ging jedoch darüber hinweg.

[Sidenote: Die Druckerei in Ägypten.]

Als ein denkwürdiges Ereignis in der Geschichte der Staatsdruckerei
während der Republik ist die bereits oben kurz erwähnte Einführung der
Druckerei in Ägypten zu verzeichnen. Bereits nach der Eroberung Italiens
hatte Bonaparte die Errichtung zweier Druckereien, einer griechischen
und einer arabischen, auf den Ionischen Inseln verlangt und, als er nach
Ägypten gezogen war, die Einrichtung einer umfangreicheren Buchdruckerei
dort gefordert. Der damalige Direktor der Staatsdruckerei DUBOY-LAVERNE
beauftragte den Orientalisten Langlès mit der Ausführung. Die Sache
ging aber Bonaparte nicht rasch genug und er beschuldigte die Genannten
der mutwilligen Verzögerung. Er verlangte Erlass einer Ordre, »die
griechischen Schriften, mit welchen der Xenophon gedruckt werde, sofort
zu verpacken. Xenophon könne ohne Schaden drei Monate warten, bis wieder
neue Schriften fertig wären«.

[Sidenote: J. J. Marcel.]

An die Spitze der ägyptischen Druckerei wurde ein tüchtiger Arabist J.
J. MARCEL, später Direktor der Staatsdruckerei, gestellt. Die Offizin
wurde in dem Hause des griechischen Konsuls in Alexandrien eingerichtet,
dann nach Kairo und Gizeh gebracht. Ausser den dienstlichen Arbeiten
druckte die Anstalt _Le Courrier de l'Égypte_ und etwa ein Dutzend
belehrende Schriften in arabischer Sprache. Auch in Pondichery auf der
Küste Koromandel in Ostindien wurde eine französisch-persische Druckerei
durch Vermittelung der Staatsdruckerei angelegt.

Nach Rückkehr der Franzosen aus Ägypten wurde beschlossen, die
Arbeiten der, zugleich mit der Armee entsendeten wissenschaftlichen
Expedition herauszugeben. Eine Kommission von acht angesehenen Gelehrten
wurde ernannt, um die Redaktion zu besorgen, und es entstand in der
Staatsdruckerei eines der hervorragendsten Druckwerke aller Zeiten, die
_Description de l'Égypte_ in neun Foliobänden mit Text und vierzehn
mit Kupfern und Karten, das erst 1809 vollendet wurde. Von bedeutenden
Werken der Staatsdruckerei aus der Zeit der Republik sind noch die
umfangreichen Reisewerke von La Pérouse, Marchand, Vancouver, Millins
_Monumens antiques_ u. a. zu nennen.

Im Jahre 1800 war der Beschluss gefasst worden, dass von den in der
Staatsdruckerei ausgeführten Werken 200 Exemplare dem Ministerium des
Innern zur Disposition gestellt werden sollten, damit dieses sie im
Interesse der Wissenschaft und der Aufklärung zweckmässig verteile.

[Sidenote: Orientalische Schriften.]

Die orientalischen Schriften waren in Ordnung gebracht, mehrere neue
geschnitten und der Raub der Schriften der Propaganda in Rom hatte
diesen Zweig der Typographie ausserordentlich bereichert. Das Lokal war
nach dem Hôtel Penthièvre verlegt worden.

Man sieht aus dem obigen, dass die Zeit der Republik in Waffen doch
keine ganz verderbliche für die Staatsdruckerei gewesen war, die vieles
dem 1801 verstorbenen Direktor Duboy-Laverne zu verdanken hat.

[Sidenote: Umzug.]

Der Kaiser widmete der Anstalt noch mehr Aufmerksamkeit als der Konsul.
Die Administration wurde geordnet, Pensionskassen eingerichtet und die
Arbeiten nach Tarifen reguliert. Ein Umzug fand 1809 nach dem _Hôtel
Soubise_ mit dessen Annex _Palais Cardinal_ (Rohan) statt. 1811 wurden
die orientalischen Schriften, allerdings wieder durch Raub, mit den
Stempeln und Matern der Druckerei der Medici in Florenz vermehrt. In
demselben Jahre erhielt Didot den Auftrag, das Schriftensystem nach
dem inzwischen eingeführten Metermass umzuändern und neue Schriften zu
schneiden, doch wurde dieses Vorhaben wegen der Kostspieligkeit nicht
zuendegeführt. Ein grosses Prachtwerk _Rélation des cérémonies du sacre
et du couronnement, etc. de Napoléon_ wurde 1812 angefangen und erst
während der Hundert Tage vollendet, 1813 erteilte der berühmte Gelehrte
Silvestre de Sacy den Eleven der Anstalt Unterricht in orientalischen
Sprachen, um tüchtige Setzer zu bilden.

Ausser den erwähnten sind noch unter den bedeutenden Erscheinungen der
Staatsdruckerei zu nennen die _Statistique de la France_, Fol., 1804;
_Recherches asiatiques_ 1805 und de Guignes _Dictionnaire chinois_,
Fol., 1813.

[Sidenote: Die Zeit der Restauration.]

Mit alledem waren die Kriegszeiten doch im ganzen keine glücklichen für
die Entwickelung der Staatsdruckerei. Am 15. April 1814 verschwand der
kaiserliche Adler als Insigne und mit diesem auch verschiedene Schätze
der Anstalt, da, nach den Bestimmungen des Pariser Friedens, die den
Offizinen der Propaganda und der Medici geraubten Stempel zurückzugeben
waren. Doch geschah dies nicht vollständig, und von den Stempeln behielt
man Abschläge zurück, sodass die Vollständigkeit der Anstalt eigentlich
nicht litt.

[Sidenote: Reorganisation Anisson-Duperon.]

Ludwig XVIII. bestimmte durch ein Dekret vom 28. Dezember 1814, dass
vom 1. Januar 1815 ab die Arbeiten für Rechnung des Staates mit ganz
wenigen Ausnahmen aufhören sollten und dass es den verschiedenen
Ministerien zu überlassen sei, ihre Arbeiten nach bestem Ermessen auch
an Privatdruckereien zu vergeben. Das Inventar sollte dem Direktor zur
Disposition gestellt werden, Schriften und Abschläge konnte er unter
festgesetzten Bedingungen verkaufen. Marcel wurde in Ruhestand versetzt
und der Sohn des hingerichteten Direktors ANISSON, vielleicht als
Ersatz für die seiner Familie zugefügte Unbill, zum Vorstand gewählt.
Da kamen die Ereignisse vom 20. März 1815 und das Kaiserreich der
Hundert Tage warf alles über den Haufen, damit es nach drei Monaten
wieder eingeführt werde. Anisson liess von JACQUEMIN neue Schriften
nach englischen Mustern schneiden. Dies missfiel der Regierung und da
überhaupt die neue Einrichtung sich wenig zuträglich zeigte, versuchte
eine Ordonnanz vom 23. Juli 1823 den ungefähren Standpunkt des
kaiserlichen Dekrets von 1809 wiederherzustellen.

[Sidenote: Villebois.]

Zum Chef des Instituts wurde E. DE VILLEBOIS ernannt. Er führte wieder
Präzision in der Administration ein und liess von MARCELIN LEGRAND 16
Grade Antiqua und Cursiv mit einem Aufwande von 39200 Franken schneiden.
Eine gelehrte Kommission sollte die Ausführung der Schriften überwachen,
hatte aber, wie es mit Kommissionen gewöhnlich der Fall ist, mehr
hemmend als fördernd gewirkt. Das erste Werk, welches mit den neuen
Typen gedruckt wurde, war Raoul-Rochettes _Monumens inédits d'antiquité
figurée_ in gross Folio 1828.

[Sidenote: Orientalische Sammlung.]

[Sidenote: Neuerungen.]

Bereits 1824 hatte Ludwig XVIII. die Herausgabe der seit lange
beabsichtigten Sammlung orientalischer Werke angeordnet, die Anfänge
konnten jedoch erst 1832 nach der Julirevolution gemacht werden. 1828
fasste man auch das Herz, Schnellpressen einzuführen, wogegen man sich
lange gesträubt hatte. Zumteil beruhte diese Zögerung wohl in humanen
Gründen, da man keinem Arbeiter den Abschied geben wollte; teils
lag vielleicht auch ein gewisser Stolz zugrunde; man wollte, wie es
scheint, die Maschine nicht als der Handpresse ebenbürtig anerkennen.
Die verschiedenen Ministerien beschwerten sich über die teueren Preise,
man entschloss sich deshalb, zuerst die Preise nur so zu berechnen, als
wären die Arbeiten auf Maschinen gedruckt. Doch es half nichts, man
musste sich den Forderungen der Zeit fügen und im Jahre 1829 wurden
96000 Franken zur Anschaffung von Schnellpressen angewiesen, die jedoch
während der Revolutionstage 1830 von eindringenden Arbeitern teilweise
demoliert wurden.

Villebois hatte das Schicksal seines Gönners, des Ministers de
Peyronnet, und wurde entlassen. Unter den Werken aus der Zeit der
Restauration sind noch zu nennen: Caillauds _Voyage à l'oasis de
Thèbes_, Folio, 1821; Silvestre de Sacy, _Les Séances de Hariri_, 1822;
Freycinet, _Voyage autour du Monde_, 4°, 1826, und das vorzügliche
_Album typographique de l'Imprimerie Royale_, 1830.

[Sidenote: Pierre Lebrun.]

Am 15. September 1831 wurde der Posten Villebois' definitiv dem
Akademiker PIERRE LEBRUN übertragen, nachdem diese Stellung, wie man
sagt, erst Béranger[102], dann bestimmt Ambroise Firmin Didot angeboten
worden war. Letzterer erklärte sich bereit, die Stelle anzunehmen,
wenn allein diejenigen Arbeiten, deren Ausführung durch den Staat
sicherheitshalber notwendig war, von der Staatsdruckerei übernommen,
alle anderen jedoch der Privatkonkurrenz überlassen würden; wenn man die
seltenen Schriften an Buchdrucker zu billigen Preisen ablassen wollte,
und schliesslich, wenn es nicht nötig sei, dass er Gehalt annähme. Die
Gründe, weshalb man darauf nicht eingehen konnte, lagen klar am Tage
und es war wohl auch Didot mehr darum zu thun, die Grundsätze laut
auszusprechen, die er für die von einer Staatsanstalt einzig richtigen
hielt, als den Direktorposten anzunehmen.

  [102] Pierre Jean de Béranger (* 1780, [+] 1857) lernte die
        Buchdruckerei bei Laisnez in Péronne und arbeitete dort zwei
        Jahre. Während dieser erschienen seine ersten Gedichte, die mit
        solchem Beifall aufgenommen wurden, dass er den Winkelhaken
        beiseitelegen konnte.

Wennauch kein Fachkundiger, suchte Lebrun doch mit Eifer sich die
nötigen Kenntnisse zu erwerben und der Anstalt nützlich zu sein. Von
der erwähnten orientalischen Kollektion wurden drei Werke in Angriff
genommen: Raschid-Eddins Geschichte der Mongolen in Persien, _Bhâgavata
Pûrana_ und Firdusis Buch der Könige. Die Werke wurden streng im
orientalischen Stil mit Ornamenten in Gold- und Farbendruck ausgeführt.
Neue orientalische Schriften wurden von Marcelin Legrand, Delafond, Ramé
_père_, Loeulliet unter Aufsicht berühmter Orientalisten geschnitten und
die Didotschen Schreibschriften erworben. Auch bauliche und technische
Verbesserungen wurden vorgenommen und die Lithographie eingeführt, durch
die namentlich vorzügliche geologische Karten geliefert wurden.

[Sidenote: Die Februar-Revolution.]

Die Februarrevolution hatte manche Unordnungen zur Folge, welche Lebrun
veranlassten, seine Stelle niederzulegen, die im Jahre 1850 definitiv
SAINT-GEORGES übertragen wurde. Dieser behauptete die Ehre der Anstalt
auf verschiedenen Weltausstellungen. Für die in Paris 1855 abgehaltene
wurde mit allen Raffinements der graphischen Künste eine Prachtausgabe
der Nachfolge Christi lateinisch mit der poetischen Paraphrase
Corneilles gedruckt.

[Sidenote: Angriffe gegen die Staatsdruckerei.]

Die Staatsdruckerei ist zwar bereits seit der ersten Revolution
fortwährend Gegenstand der Angriffe gewesen, es haben diese jedoch in
jüngster Zeit an Heftigkeit zugenommen. Man hält die Konkurrenz der
Anstalt mit der Privatindustrie nicht allein für unnötig, sondern für
sehr schädigend. Zur Hebung der Kunst sind solche Anstalten nicht mehr
nötig. Was Didot aussprach, denkt gewiss Jeder: Eine Staatsanstalt soll
nicht den Steuerzahlenden unnötige Konkurrenz machen. Die Typographie
ist mündig geworden und bedarf keines öffentlichen Mentors.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Familie Didot.]

Noch in einem höheren Grade als das Wirken der Staatsdruckerei war in
dem ganzen Abschnitt der Buchdrucker-Geschichte Frankreichs von 1750 bis
auf den heutigen Tag das Vorgehen der Familie Didot massgebend[103].
Während die Buchdruckerei als Kunst und der höhere Buchhandel in der
Revolutionszeit gänzlich darnieder lagen, waren die Didot fast die
einzigen, die unentwegt und unbekümmert um den ringsum tosenden Sturm
die Flagge Gutenbergs stolz vom hohen Mast wehen liessen.

  [103] G. BRUNET, _Firmin Didot et sa Famille_. Paris 1870. -- E. PITOU,
        _La Famille Didot_. 1856. -- E. WERDET, _Études
        bibliographiques_ 1713-1864. -- A. F. DIDOT, _Histoire de la
        Typographie_. Paris 1882.

Das ganze Sein dieser Familie ist von einem so edlen Geist durchdrungen;
alles, was sie geschaffen hat, trägt so sehr den Stempel der
Gediegenheit, dass der Name Didot noch langezeit als Stern erster Grösse
glänzen wird.

Zudem besitzen alle Unternehmungen dieser Firma neben den Vorzügen
des französischen Charakters auch das Gepräge einer echt germanischen
Wissenschaftlichkeit und Gründlichkeit, wie auch manche der
hervorragendsten Werke ihrer Pressen unter Mitwirkung deutscher
Gelehrten durchgeführt wurden. Schliesslich ist die Verbindung dieses
Hauses mit Deutschland seit langen Jahren eine weit innigere, als
es sonst seitens französischer Firmen der Fall zu sein pflegt. Das
alles macht, dass der deutsche Gewerbsgenosse sich dieser Familie
näher stehend fühlt als den übrigen hervorragenden Repräsentanten der
graphischen Gewerbe in Frankreich.

[Sidenote: François Didot * 1689, [+] 2. Novbr. 1757.]

Der Stammvater des Hauses war FRANÇOIS DIDOT aus Paris (1713). Schon
er machte sich bekannt durch seine vielen wichtigen Unternehmungen,
darunter die _Histoire générale des Voyages_ von Abbé Prevost in 20
Quartbänden mit einer grossen Anzahl von Kupfern und Karten. François
Didot hatte elf Kinder, von welchen François Ambroise und Pierre
François den Beruf des Vaters ergriffen. Zwei seiner Töchter waren an
berühmte Buchhändler, Guillaume de Bure und Jacques Barrois in Paris,
verheiratet. Als Druckerzeichen nahm er die goldene Bibel an und sie ist
es auch bis auf heute geblieben.

[Sidenote: Ambr. F. Didot * 7. Jan. 1730, [+] 10. Juli 1804.]

Dem AMBROISE FRANÇOIS verdankt Frankreich die Einheitlichkeit
seines Schriftsystems (S. 145), die Freiheit und Eleganz seines
Schriftschnittes, daneben die Vervollkommnung des Velinpapieres und
die Einführung der Druckerpresse mit nur einem Zuge. Unter seinen
Druckwerken sind hervorzuheben die früher schon erwähnte _Collection
d'Artois_, eine Sammlung von Romanen in 64 Bänden, ferner die Sammlungen
von französischen Klassikern in 18°, 8° und 4°, welche, wie ebenfalls
erwähnt wurde, im Auftrage des Königs Ludwig XVI. zum Unterrichtszwecke
für den Dauphin gedruckt wurden.

[Sidenote: Pierre F. Didot * 9. Juli 1732, [+] 7. Dezb. 1793.]

Der Bruder PIERRE FRANÇOIS leistete bedeutendes als Buchdrucker,
Buchhändler, Papierfabrikant und Schriftgiesser, führte viele
Verbesserungen in der letzteren Branche ein und legte die berühmte
Papierfabrik in Essonnes an.

[Sidenote: Pierre Didot * 21. Jan. 1760, [+] 31. Dez. 1853.]

PIERRE, der älteste Sohn Ambr. François', übernahm 1789 die Druckerei
des Vaters und zeichnete sich so aus, dass seine Offizin im Louvre
installiert wurde. Hier druckte er mit Schriften, die sein Bruder
Firmin geschnitten hatte, die prachtvollen sog. LOUVRE-Ausgaben: den
Virgil in Folio mit 23 Kupfern (1798); den Horaz in Folio (1799); den
Racine, drei Bände in Folio mit 57 Stichen (1801-5), die Fabeln des
La Fontaine. Die Jury der damaligen Ausstellung in Paris erklärte den
Racine für das vollkommenste typographische Erzeugnis aller Zeiten.
Noch manche andere grossartige Werke, z. B. Viscontis griechische und
römische Iconographie; Denons Reise in Ägypten; Nodiers malerische Reise
im alten Frankreich, und die berühmte Oktav-Ausgabe der französischen
Klassiker »für Freunde der Typographie«, die dieser Bezeichnung
vollständig würdig war, gingen aus seinen Pressen hervor.

[Sidenote: Jules Didot * 5. Aug. 1794 [+] 18. Mai 1871.]

Sein Sohn JULES spielte eine zeitlang eine glänzende Rolle, die jedoch
keinen Bestand hatte. Mit grossen Kosten hatte er eine bedeutende
Offizin in Brüssel gegründet, die nicht gedeihen wollte und von der
Regierung als Grundlage einer Staatsdruckerei erworben wurde. Nach Paris
zurückgekehrt, errichtete Jules Didot ein ausgedehntes Etablissement, in
welchem er eine grosse Zahl vorzüglich schöner Ausgaben alter und neuer
Schriftsteller für verschiedene Pariser Verleger druckte. Im Jahre 1823
erhielt er auf Grund einer Prachtausgabe von Phädrus' Fabeln, in Folio
auf Seide gedruckt, und anderer schöner Arbeiten die goldene Medaille.
Geschäftliche Misserfolge zerstörten jedoch vollständig seine bereits
geschwächten Geisteskräfte.

[Sidenote: Firmin Didot * 14. April 1764, [+] 24. April 1836.]

FIRMIN DIDOT, der zweite Sohn Ambroise François', hielt als Buchdrucker
und namentlich als Schriftgiesser und Schriftschneider den berühmten
Namen des Vaters in Ehren. Seine Schreibschriften (1806) liessen alles
Dagewesene weit hinter sich, und seine Antiquaschriften, mit welchen
sein Bruder Pierre die erwähnten Louvre-Ausgaben druckte, gelten
als die musterhaftesten. Er verbesserte (1795) ganz wesentlich die
Stereotypie und stereotypierte fast alle französischen, italienischen
und englischen Klassiker in 18°-Ausgaben, die durch ihre Korrektheit
und Billigkeit bekannt wurden. Der Virgil, fehlerfrei und mit
Vignetten illustriert, kostete 15 Sous. Später acceptierte er die
vorzügliche Stanhopesche Methode. Ausserdem druckte er eine grosse
Anzahl Prachtausgaben, darunter (1817) die Lusiaden und die Henriade.
Er ward Mitglied der Akademie und des Instituts und 1834 königlicher
Buchdrucker. Das Geschäft Didots war ein Sammelplatz von Notabilitäten
Frankreichs und des Auslandes. Im Jahre 1814 besuchte Kaiser Alexander
seine Offizin und liess zwei junge Russen zurück, um bei ihm zu
lernen. Sein Haus war überhaupt eine Bildungsschule der Typographie,
aus welcher Renouard, Paul Dupont, Claye, Rignoux, Brun und andere,
später berühmte französische Buchdrucker hervorgingen, ebenso die drei
ersten Buchdrucker Griechenlands: Coromilas, Dobras, Apostolidès, sowie
viele Missionsbuchdrucker. Um sich ganz dem öffentlichen Leben zu
widmen, überliess er im Jahre 1827 seinen Söhnen das Geschäft. Auch als
tüchtiger Schriftsteller war Firmin Didot bekannt.

Eine der Töchter Pierre François' heiratete Bernardin de Saint-Pierre,
welcher eine zeitlang bei der Papierfabrik in Essonnes beteiligt war, wo
er _Paul et Virginie_ schrieb. Von seinen drei Söhnen sind namentlich
Henry und Didot Saint-Léger zu erwähnen.

[Sidenote: Henry Didot * 15. Juli 1765, [+] 1852.]

HENRY DIDOT that sich als Schriftschneider, Schriftgiesser und
Mechaniker rühmlichst hervor. Noch in einem Alter von 66 Jahren schnitt
er für seine »mikroskopischen« Ausgaben, z. B. von Horaz, Rochefoucauld
u. a., seine _nec plus ultra_-Schrift. Um dieselbe giessen zu können,
musste ein neues Giessinstrument erfunden werden, welches Henry Didot
_polyamatype_ nannte, in welchem 160 Buchstaben auf einmal gegossen
wurden.

[Sidenote: Didot St.-Léger.]

Der Bruder Henrys, bekannt unter dem Namen DIDOT SAINT-LÉGER, dirigierte
die Papierfabrik in Essonnes. Seiner Verdienste um die Papierfabrikation
wurde bereits (S. 161) gedacht.

Firmin Didot hatte drei Söhne: Ambroise Firmin, Hyacinthe und Firmin
Frédéric (gest. 1836).

[Sidenote: Ambr. F. Didot * 20. Dez. 1790, [+] 24. Febr. 1876.]

AMBROISE FIRMIN genoss eine ausgezeichnete Erziehung und legte sich
mit besonderem Eifer auf griechische Sprache und Litteratur. Er machte
Reisen in Kleinasien, Syrien, Palästina und Ägypten und war eine
zeitlang Attaché bei der französischen Gesandtschaft in Konstantinopel.
Nach der Erhebung Griechenlands zeichnete er sich als einer der
eifrigsten Förderer der griechischen Sache aus. Er schenkte unter
anderem Griechenland die erste Buchdruckerei. Die Bürgerschaft von Athen
hat in dankbarer Erinnerung der Verdienste Didots noch in letzter Zeit
einer Strasse in Athen den Namen Didot-Strasse beigelegt.

[Sidenote: Ambr. F. Didot.]

Im Verein mit seinem Bruder HYACINTHE druckte und verlegte er eine
Reihe bedeutender Werke, z. B. die Reisen Champollions d. j. in
Ägypten, dessen Ägyptische Grammatik und Wörterbuch; Texiers Reisen in
Kleinasien und Armenien, fünf Bände, Folio; das _Glossarium mediae et
infimae latinitatis_ von Du Cange; in sechster Auflage das Wörterbuch
der Akademie, 1835, welches in erster Auflage bereits 1694 erschienen
war, und eine grosse Anzahl anderer Wörterbücher; die _Encyclopédie
moderne_, 39 Bände mit einem Atlas in fünf Bänden; das _Dictionnaire
de la conversation_, 21 Bände; die _Encyclopédie d'histoire naturelle_,
22 Bände mit neun Bänden Atlas; die _Nouvelle Biographie générale_, 46
Bde.; die _Biographie universelle des musiciens_ von Fétis, acht Bände;
J. C. Brunets: _Manuel de la librairie_; die _Bibliothèque grecque_ in
mehr als 60 Bänden; die _Bibliothèque latine-française_, 27 Bände; die
_Bibliothèque française_; das _Univers pittoresque_, 67 Bände mit 4000
Stahlstichen. Wenn die Bändezahl dieser Kollektionen schon imponiert,
so ist noch zu erwägen, dass es sich hierbei grösstenteils um Bände
in grossem Oktav, in gespaltenem Satz mit kleiner Schrift gedruckt,
handelt, so dass in der Regel ein Band den Stoff von sechs bis acht
gewöhnlichen Oktavbänden enthält.

Als ein Hauptwerk Didots, zugleich für Deutschland doppelt
interessant, weil es hauptsächlich durch gelehrte Kräfte Deutschlands
durchgeführt wurde, ist der _Thesaurus graecæ linguæ_ zu nennen. Diese
unerschöpfliche, von Heinrich Stephanus stammende (I, S. 207) Fundgrube
griechischer Lexikographie wurde unter Zusammenwirken einer grossen
Anzahl Gelehrter Frankreichs und Deutschlands nach 300 Jahren neu
herausgegeben und damit der Wissenschaft ein Denkmal hergestellt, das
seinesgleichen sucht. Die Redaktion übernahmen die Professoren Hase,
Wilhelm und Ludwig Dindorf. Das Werk bildet neun Bände in Folio.

In jüngerer Zeit haben Didots sich auch mit Vorliebe den neueren
Illustrationsmethoden zugewendet. Racinets _L'ornement polychrome_
und Mantz' _Les chefs-d'[oe]uvre de la peinture italienne_ mit den
Chromolithographien Kellerhovens müssen als Prachtwerke erster Klasse
genannt werden. Höchst anziehend ist auch eine Reihe von reich mit
Holzschnitten und Chromolithographien geschmückter Werke, welche
namentlich Leben, Sitte und Kunst früherer Jahrhunderte illustriert und
sich trotz der musterhaftesten Ausstattung durch einen sehr billigen
Preis auszeichnet. Fast als ein Saulus unter den Propheten erschien 1860
in dem Didotschen Verlage nach dem Muster des »Bazar« das Journal _La
Mode illustrée_, welches an 100000 Abonnenten zählte.

Ein anstaunenswertes Unternehmen bleibt in seiner Art auch:
_Annuaire-Almanach du Commerce_, von welchem mehr als 80 Jahrgänge
vorliegen. Das Unternehmen ist jetzt in den Händen einer Gesellschaft,
die es mit einem Kapital von 7-1/2 Millionen Franken ausbeutet.

Mit Obigem haben wir nur einen Teil der grossartigen Wirksamkeit der
Weltfirma andeuten können. Der bescheiden ausgestattete Verlagskatalog
lässt kaum auf den hohen Wert der verzeichneten Unternehmungen
schliessen, der schwerlich von dem irgend eines Verlagskataloges
übertroffen werden dürfte.

Wenn wir noch sehen, welche bedeutende litterarische Thätigkeit Ambroise
Firmin mit seiner geschäftlichen zu verbinden wusste, so muss unsere
Achtung und Bewunderung für diesen Mann sich noch steigern.

Seine Mitwirkung bei dem _Thesaurus_ wie bei vielen der encyklopädischen
Unternehmungen des Hauses zeugen schon von seiner gelehrten und
wissenschaftlichen Bedeutung, jedoch lieferte er ausserdem noch eine
Reihe selbständiger Schriften. Wir können hier nur die bedeutendsten
derjenigen erwähnen, die sich auf das graphische Gewerbe beziehen. Als
Mitglied der Ausstellungs-Jury schrieb er _L'imprimerie, la librairie,
la papeterie à l'exposition 1851 à Londres_ (2. Auflage 1854). Sein 1863
erschienener _Essai typographique et bibliographique sur l'histoire de
la gravure sur bois_ ist ein vortreffliches Werk, das nur den einen
Fehler hat, dass es mit ganz ausserordentlich kleiner Schrift gedruckt
ist[104]. Sein letztes umfangreiches Buch ist das 1875 erschienene
_Alde Manuce et l'hellénisme à Venise_. Über die Frage der Orthographie
und des litterarischen Eigentumsrechtes gab er verschiedene wertvolle
Schriften heraus. Unter seinen Monographien erwähnen wir: _Étude sur
les [oe]uvres de Jean Sire de Joinville_, zwei Bände, fünfte Auflage,
1870; _Missel de Juvénal des Ursins_, ein kostbares Manuskript, welches
Didot für 23000 Franken erworben, jedoch der Bibliothek des _Hôtel de
Ville_ cediert hatte, bei dessen Brande es vernichtet wurde; _Étude
sur Jean Cousin_, 1872. Didot besass eine Bibliothek typographischer
Seltenheiten ersten Ranges, die nach Millionen von Franken geschätzt
wurde und auch bei der Versteigerung nach Didots Tode wirklich enorme
Summen einbrachte. Diese Sammlung hatte Didot Veranlassung zu dem Werke:
_Catalogue raisonné des livres de la Bibliothèque de A. F. Didot,
I. 1: Livres à figures sur bois, Solennités, Romans de chevalerie_,
392 zweispaltige Seiten, gegeben. Als Supplemente hierzu erschienen:
_Les apocalypses figurées_ und _Essai de classification des Romans de
chevalerie_. Sein Bibliothekzimmer war Didots liebster Aufenthalt,
und hier musste oft sein Diener den in die Arbeit Vertieften an die
vorgerückte Nachtstunde erinnern.

  [104] Seine 1882 in einem zweiten, unveränderten Abdruck erschienene
        _Histoire de la Typographie_ entspricht nicht dem, was man nach
        dem Titel erwarten könnte. Es ist ein Abdruck eines grossen,
        vor langen Jahren erschienenen Artikels in der _Encyclopédie
        moderne_ und enthält nur chronologisch an einander gereihte
        Notizen, fast ausnahmslos über französische Buchdrucker,
        namentlich über Mitglieder der Familie Didot, und schliesst mit
        dem Jahre 1851.

[Sidenote: Hyacinthe Didot * 1794, [+] 7. Aug. 1881.]

[Sidenote: Th. Lefèvre * 17. Sept. 1798.]

Das Geschäft beschränkte sich nicht allein auf
bibliopolisch-typographische Unternehmungen, sondern umfasste auch die
bedeutende Papierfabrikation in Mesnil und Sorel. Dagegen sah sich Didot
veranlasst, die Schriftgiesserei als selbständiges Geschäft aufzugeben;
sie wurde der grossen Gesellschaft _Fonderie générale_ einverleibt.
Als die Einrichtung der Papiermaschinen viele bei der Fabrikation
beschäftigt gewesene Mädchen in Mesnil arbeitslos machte, richtete
Didot eine bedeutende Druckerei für Frauen ein, sorgte für tüchtige
Anleitung und etablierte Schulen. Diese Anstalt war namentlich ein Werk
HYACINTHE DIDOTS, des treuen Mitarbeiters des Ambroise durch eine lange
Reihe von Jahren. Sie stand unter der Leitung des THÉOTISTE LEFÈVRE,
und wurde nachträglich noch durch eine Abteilung für taubstumme Mädchen
erweitert. Der jetzt 84jährige Th. Lefèvre, bekannt durch sein Handbuch
für Setzer[105], arbeitet seit 46 Jahren in dem Hause Didots.

  [105] _Guide pratique du compositeur d'imprimerie._ Paris 1855.
        Vol. II. 1872.

Dass es Ambroise Firmin Didot an äusseren Ehren der verschiedensten
Art nicht fehlte, ist begreiflich. In den letzten Jahren seines Lebens
genoss er noch die Auszeichnung, Mitglied des Instituts von Frankreich
zu werden. Die höchste Ehre war es ihm jedoch, die unbegrenzte Achtung
und Liebe seiner Mitbürger und Untergebenen zu besitzen und der Vater
seiner Arbeiter zu sein, was er im vollen Sinne des Wortes war, bis ihn
der Tod ihnen raubte.

[Sidenote: Alfred und Paul Didot.]

Das Haus Didot steht jetzt unter der Leitung des Sohnes des Ambroise
ALFRED FIRMIN DIDOT (geboren 1828) und des Sohnes des Hyacinthe PAUL
FIRMIN DIDOT (geboren 1826). Die Druckerei in Paris ging in den Besitz
von G. Chamerot über.

Trotzdem dass die Firma, wie auch aus dem Obigen hervorgeht, in mancher
Hinsicht ihre Thätigkeit beschränkte, wird sie sicherlich noch lange den
berühmten Namen mit Ehren behaupten. Für Frankreichs Typographie hat
die Familie Didot eine Bedeutung, welche die der Familie Stephanus noch
überragt.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Andere ältere Familien.]

Neben dem Geschlecht der Didot besass Frankreich noch eine Anzahl
bedeutender Druckerfamilien, die, aus dem XVIII. in das XIX. Jahrhundert
herüberreichend, die verbindenden Glieder in der grossen Kette bilden,
in welcher sich die modernen vortrefflichen Typographen an die alten
Meister anreihen.

Unter diesen Familien nahm die der Panckoucke, wennauch nur auf kürzere
Zeit, eine sehr glänzende Stellung ein.

[Sidenote: J. Panckoucke * 1736, [+] 1799.]

[Sidenote: P. Beaumarchais [+] 19. Mai 1799.]

JOSEPH PANCKOUCKE, geboren zu Lille, war ein tüchtiger Mathematiker
und bereitete sich für den Beruf eines Dozenten vor, etablierte sich
jedoch zuerst als Buchhändler, dann 1774 als Buchdrucker. Eine der
ersten seiner Unternehmungen sollte eine Gesamtausgabe von Voltaires
Werken sein, für deren Durchsicht und Emendation er den berühmten
Verfasser selbst gewonnen hatte. Die Kaiserin von Russland war ersucht
worden, die Widmung anzunehmen, da jedoch nach Ablauf von sieben Monaten
die Erlaubnis zur Dedikation noch nicht eingegangen war, betrachtete
Panckoucke die Sache als gescheitert und verkaufte seine Rechte an den
bekannten Schriftsteller P. BEAUMARCHAIS, der die Absicht hatte, etwas
noch nicht Dagewesenes von einer Prachtausgabe zu liefern. Am Tage nach
dem Abschluss kam -- zu spät! -- die Erlaubnis der Kaiserin, begleitet
von einer Anweisung auf 150000 Livres.

Beaumarchais liess in Kehl, Strassburg gegenüber, eine Offizin errichten
und Arbeiter aus Deutschland und der Schweiz kommen. Seine Abgesandten
nach Holland studierten die dortige Papierfabrikation und errichteten
danach Fabriken in den Vogesen. Die Stempel und Matern Baskervilles
wurden erworben (S. 74). Der Hauptherausgeber war Condorcet; die
typographische Redaktion besorgten Decroix und Letellier. In fünf Jahren
(1784-89) verausgabte man mehr als drei Millionen auf eine Oktavausgabe
in 70 Bänden und eine Duodezausgabe in 92 Bänden. Um allen Ansprüchen
gerecht zu werden, wurden von beiden Ausgaben Exemplare auf fünf
Sorten Papier gedruckt in einer Gesamtauflage von 28000 Exemplaren.
Zu dem grossen Aufwand stimmte nicht recht die nachlässige Korrektur.
Pekuniär war das Unternehmen ein vollständiger Misserfolg und kostete
Beaumarchais für seinen Anteil eine Million.

[Sidenote: Der _Moniteur_.]

Von Panckoucke stammt auch der Gedanke des _Moniteur_. Nachdem er in
England den Wert und die Macht der periodischen Presse kennen gelernt
hatte, wollte er ein solches Institut, das auch äusserlich mit einem der
grossen englischen wetteifern konnte, in Frankreich gründen. Der erste
Redacteur war Maret, später Herzog von Bassano. Das Blatt erreichte die
damals ganz ausserordentliche Auflage von 15000 Exemplaren und wurde ein
Quellenwerk für die Geschichte, das an Interesse wenige Konkurrenten hat.

Als Verleger war Panckoucke äusserst splendid und bei Hofe sehr
angesehen. Er druckte Buffons sämtliche Werke; die erste grosse
Sammlung von Reisewerken und begann auch die _Encyclopédie méthodique_,
welche 166 Bände in Quart und 51 Teile mit 6429 Kupfertafeln umfasste,
deren Herstellung ein halbes Jahrhundert in Anspruch nahm. Der Erfolg
war anfänglich ein ganz ausserordentlicher. Ein einziger Madrider
Buchhändler, Sancha, hatte Subskriptionen bis zu einem Betrage von
anderthalb Millionen Livres gesammelt. Die lange Reihe von Jahren,
welche das Unternehmen bis zu seiner Vollendung erforderte, schmälerte
jedoch sehr den Ertrag, da wenige Unterzeichner das Ende des Werkes
erlebten.

Panckoucke selbst war als Schriftsteller sehr thätig und lieferte ausser
selbständigen Werken und Übersetzungen noch zahlreiche Artikel zu den
periodischen und encyklopädischen Werken seines Verlages.

[Sidenote: C. L. Panckoucke * 25. Dez. 1780, [+] 11. Juli 1844.]

Sein Sohn CHARLES LOUIS PANCKOUCKE vertauschte die als Beruf ergriffene
Rechtswissenschaft mit der Buchdruckerei und dem Buchhandel. Er
vollendete die _Encyclopédie_ und druckte unter Mitwirkung der besten
wissenschaftlichen Kräfte das _Dictionnaire des sciences médicales_, die
_Flore médicale_, die _Biographie médicale_. Während des Rückganges des
nationalen Glanzes in den Jahren 1814-15 begann er die Herausgabe der
_Victoires et Conquêtes_, welche einen ausserordentlichen Erfolg hatten.
Weiter veranstaltete er eine neue Ausgabe der _Expédition d'Égypte_.
Auch er war als Schriftsteller mehrseitig thätig. Sein Sohn CHARLES
LOUIS ERNEST (geboren 1806) verliess den Buchhandel, behielt jedoch die
Buchdruckerei und den Druck des Moniteurs.

[Sidenote: Familie Barbou.]

Der Ursprung der Familie BARBOU ist in Lyon um die Mitte des XVI.
Jahrhunderts zu suchen. Eins der Mitglieder derselben, JEAN JOSEPH
BARBOU, etablierte sich 1717 als Buchhändler, 1723 als Buchdrucker
in Paris. Der Sohn JOSEPH GÉRARD BARBOU machte sich einen übeln
Namen durch die Art und Weise, wie er einberufene deutsche Arbeiter
behandelte. Sein Neffe JOSEPH GÉRARD D. J. begann eine schöne Kollektion
lateinischer Klassiker in 76 Bänden mit Vignetten, die 1808 auf J. A.
DELALAIN überging, der das Geschäft erst allein, seit 1836 mit seinem
Sohne A. H. J. DELALAIN führte. Diese Firma druckte mehrere tausend
Klassiker-Ausgaben und Unterrichtswerke; derselben verdankt man auch das
_Annuaire de la librairie et de l'imprimerie_ und mehrere Fachschriften.
Die Familie gehört zu den geachtetsten ihres Faches in Frankreich.

[Sidenote: P. N. Lottin [+] 1751.]

PHILIPP NICOLAS LOTTIN etablierte 1724 eine Druckerei. Sein Sohn AUG.
MARTIN war der typographische Lehrmeister Ludwigs XVI., der damals,
ein glücklicher Knabe von zwölf Jahren, mit der Presse spielen konnte,
die ihn später aufs Schafott bringen sollte. Lottin ist der Verfasser
eines jetzt sehr selten gewordenen Werkes: _Catalogue chronologique des
libraires et imprimeurs de Paris depuis 1470-1789_.

[Sidenote: J. G. Treuttel * 1744, [+] 1826.]

[Sidenote: J. G. Würtz * 1768, [+] 1841.]

Das Geschäft TREUTTEL & WÜRTZ wurde 1770 in Strassburg, 1795 in Paris,
1817 in London errichtet. J. G. TREUTTEL war in Strassburg geboren,
ebenso sein Schwiegersohn J. G. WÜRTZ; ein zweiter Schwiegersohn E.
JUNG trat nach Treuttels Tod als Teilhaber in das noch in der Familie
unter der Firma JUNG-TREUTTEL fortwirkende Geschäft. Unter den vielen
bedeutenden Arbeiten desselben nennen wir nur einige: d'Agincourts
_L'histoire de l'art par les monumens_; die Werke der Frau von Staël, 17
Bände; _Les archives des découvertes_, 31 Bände; die bedeutendsten Werke
Sismondis; die Bipontiner (Zweibrücker) Ausgaben der Klassiker in 115
Bänden; die _Encyclopédie des gens du monde_.

[Sidenote: Familie Berger-Levrault.]

[Sidenote: Fr. Schmuck * 1678.]

[Sidenote: Wilh. Schmuck * 1682, [+] 1751.]

[Sidenote: J. R. Christmann [+] 1661.]

[Sidenote: F. R. Christmann * 1728.]

[Sidenote: F. L. X. Levrault * 1762, [+] 17. Mai 1821.]

[Sidenote: Witwe Levrault [+] 1850.]

[Sidenote: Witwe Berger-Levrault [+] 28. Mai 1879.]

Eines der bekanntesten Häuser Frankreichs ist das Strassburg ebenfalls
angehörende BERGER-LEVRAULT, welches seit mehr als 200 Jahren in einer
Familie fortgeführt wurde[106]. Der Gründer desselben war FRIEDR.
WILH. SCHMUCK um 1675; die Druckerei entstand 1685. Der Sohn FRIEDRICH
SCHMUCK und dann sein Bruder WILH. SCHMUCK folgten, letzterer wurde
Buchdrucker des Königs und der Universität. Nach Fr. Schmucks Tode
ging das Geschäft auf seinen Schwiegersohn JOH. ROB. CHRISTMANN aus
Kempten und dann auf dessen ältesten Sohn FRANZ ROBERT ADRIAN über, der
als Teilnehmer seinen Schwager FRANZ GEORG LEVRAULT aufnahm, worauf
die Firma CHRISTMANN & LEVRAULT, dann nach Christmanns Tode GEORG
LEVRAULT wurde und bis 1858 fortbestand. Von den vier Söhnen Georgs,
die sich alle der Druckerei widmeten, wurde der älteste FRANZ LAURENT
XAVIER, welcher in der Schreckenszeit auf Grund seiner royalistischen
Gesinnungen hatte fliehen müssen, Chef des Hauses. Unter ihm fand ein
bedeutender Aufschwung des Geschäfts statt. Ein grosser Teil des Exports
französischer Bücher nach Deutschland und Russland ging durch seine
Hände und seine Pressen brachten zahlreiche Verlagsartikel hervor. Eine
Spezialität des Hauses bildete die Lieferung von Militärformularen, die
sogar der grossen Armee nach Russland nachgesendet wurden. Levrault
war ein Mann von ungewöhnlicher geistiger Begabung und Arbeitskraft,
die er nicht nur dem Geschäfte, sondern auch seinen Mitbürgern, unter
denen er im höchsten Ansehen stand, widmete. Eine treue und tüchtige
Gehülfin hatte er in seiner Frau, welche, als Überanstrengungen 1821
seinen Tod herbeiführten, sich beherzt an die Spitze des Hauses stellte
und während 29 Jahren das Erbe der Familie mit sicherer Hand erhielt
und förderte. Von 1825 bis 1837 wurde sie durch einen Schwiegersohn
FRIEDR. BERGER kräftig unterstützt, ein anderer Schwiegersohn C. PITRIS
leitete das in Paris gegründete Haus. Nach Bergers Tode übernahm
dessen Witwe die Führung der Druckerei, während die Witwe Levrault
bis zu ihrem Tode der Buchhandlung vorstand. Die Witwe Berger nahm
nun ihren Sohn OSCAR BERGER-LEVRAULT zum Teilnehmer, wodurch die
Firma sich in BERGER-LEVRAULT SOHN änderte. Unter der Leitung Jul.
Norbergs nahmen die Geschäfte einen immer grösseren Umfang an. Mit
gewaltigen Anstrengungen siegte man in dem Kampf gegen Konkurrenten um
Behauptung der administrativen Arbeiten. Bedeutende Erfolge belohnten
die Thätigkeit und ein grossartiges Geschäftshaus wurde erbaut. Kaum
war der Umzug bewerkstelligt, da brach der Krieg aus. Die Schwierigkeit
resp. Unmöglichkeit, während desselben und der darauf folgenden
Friedensverhandlungen die administrativen Arbeiten auszuführen, waren
ausserordentlich; nach der Abtretung des Elsass an Deutschland musste
das Haus mit diesen Arbeiten nach Frankreich auswandern und 1873 fand
die Übersiedelung nach Nancy statt. Bereits am 20. Mai 1876 ward das
dortige äusserst zweckmässig eingerichtete Etablissement ein Raub der
Flammen, es wurde jedoch mit einer fabelhaften Energie und mit noch
besseren Einrichtungen als vorher neu aufgeführt.

  [106] L. MOHR, Das Haus Berger-Levrault. Strassburg 1876. --
        _L'Imprimerie de Berger-Levrault & Co._ Nancy 1878. -- Ann. d.
        Typ. B. VIII. 1876, Nr. 352.

Das Strassburger Etablissement, welches jetzt nach 200 Jahren wieder zu
den deutschen zählt, besteht unter alleiniger Leitung des Herrn RUD.
SCHULTZ als Kommandit-Gesellschaft unter der Firma R. SCHULTZ & CO.
(BERGER-LEVRAULT NACHFOLGER).

[Sidenote: J. G. Dentu * 1770, [+] 1840.]

[Sidenote: G. Dentu d. j. * 1796, [+] 1849.]

Der Gründer der Firma Dentu, JEAN GABRIEL DENTU, etablierte um 1795
eine Buchdruckerei und später eine Buchhandlung in Paris. Sein _Journal
des Dames_ hatte einen ausserordentlichen Erfolg. Er gab eine grosse
Reihe von Reisewerken sowie Schriften naturwissenschaftlichen Inhalts
heraus und druckte und verlegte nach der zweiten Restauration fast
alle legitimistischen Broschüren. Der Sohn GABRIEL DENTU, der 1826
das Geschäft übernahm, blieb den politischen Traditionen der Firma
treu, wurde dadurch nach der Julirevolution 1830 in 27 Pressprozesse
verwickelt und musste ausser zahlreichen Geldstrafen neun Monat
Gefängnis aushalten. Einer seiner Söhne ED. DENTU folgte ihm als
Buchhändler; die Buchdruckerei wurde verkauft.

[Sidenote: H. M. Cazin [+] 5. Okt. 1795.]

Als Verleger einer Reihe reizender und koketter Ausgaben in 18° mit
schönen Illustrationen und allerliebsten Ornamenten der besten Künstler
ist HUBERT MARTIN CAZIN bekannt.

Mit grosser und wohlbegründeter Pietät nennen die französischen
Fachgenossen den Namen Crapelet.

[Sidenote: Charles Crapelet * 13. Nov. 1762, [+] 9. Okt. 1809.]

CHARLES CRAPELET war in Bourmont geboren. Seine Erziehung war sehr
vernachlässigt, er versuchte jedoch durch unermüdliche Arbeit das
Fehlende zu ersetzen. Erst 17 Jahre alt übernahm er die Leitung des
bedeutenden Geschäfts des Buchdruckers Stoupe. Er beteiligte sich auf
das lebhafteste bei den Bestrebungen, die Typographie durch Geschmack
und Eleganz zu heben, und war zugleich einer der vorzüglichsten
Korrektoren. Als Beweis seines Pflichteifers wird erzählt, wie er sich
von dem Festschmause am Abend seines Hochzeitstages gegen Mitternacht
heimlich entfernte. Als er nicht wiederkam, geriet die Gesellschaft
in Verlegenheit, die junge Frau in die grösste Unruhe. Nachdem der
anwesende Prinzipal Stoupe sich eine zeitlang an dieser Situation
ergötzt hatte, machte er schliesslich dem Entsetzen ein Ende durch die
Erklärung, Crapelet sei in die Druckerei gegangen, um die Korrektur
einiger Bogen zu erledigen, die man morgen drucken müsse. Der Vermisste
erschien dann endlich auch früh gegen drei Uhr.

Im Jahre 1789 wurde er der Nachfolger Stoupes. Nach dem Beispiele
Baskervilles suchte er Einfachheit mit Eleganz zu verbinden und übertraf
sein Vorbild durch die Gleichmässigkeit und die grosse Korrektheit
seiner Drucke. Seine Ausgaben werden von allen Bücherfreunden in Ehren
gehalten und seine Pergamentdrucke und die Golddruck-Exemplare von
Audiberts _Histoire des colibris_ sind typographische Seltenheiten.

Vom Glück war Crapelet nicht begünstigt und Missbrauch seines Vertrauens
brachte ihm ausserdem schwere Verluste. Um diese zu ersetzen,
arbeitete er über seine Kräfte. Ein Druckfehler in dem ersten Bogen
seiner Ausgaben des _Télémaque_, wo, statt _Pénèlope_, _Pélènope_
gedruckt war, versetzte ihn in eine solche Aufregung, dass nur die
ernsthaftesten Vorstellungen seiner Freunde ihn von seinem Entschluss,
die Buchdruckerei aufzugeben, abzubringen vermochten. Leider zu
seinem Schaden, denn er starb, erst 49 Jahre alt, durch geistige und
körperliche Anstrengungen aufgerieben, als Märtyrer seines Berufs. Unter
den vielen Werken aus seinen Pressen seien die schönen Ausgaben der
französischen Klassiker und Audiberts _Histoire naturelle des oiseaux
chantans_, Folio, 1805, genannt.

[Sidenote: G. A. Crapelet * 1789, [+] 1842.]

Notgedrungen musste der Sohn GEORG AUGUST CRAPELET, kaum 20 Jahre
alt, das Geschäft übernehmen. In seinen Leistungen übertraf er noch
den Vater, war ausserdem ein bedeutender Fachschriftsteller und
Archäolog. Seine Ausgaben französischer Klassiker sind berühmt und die
Grosspapier-Exemplare davon sind als Prachtdrucke gesucht. Crapelet
der Sohn gehörte, wie der Vater, zu denjenigen Buchdruckern, die mehr
zur Ehre der Kunst als zum eigenen Vorteil den alten Traditionen treu
blieben. Seine Fachwerke sind sehr geschätzt. Von den _Études pratiques
et littéraires sur la typographie_, Paris 1837, wurde leider nur der
erste Teil veröffentlicht, den Abschluss des Werkes verhinderte des
Verfassers Tod. 1840 erschien _De la profession d'un imprimeur_.

[Sidenote: De Bure.]

Den Grund zu den bedeutenden bibliographischen Arbeiten Frankreichs
legte WILHELM FRANZ DE BURE, einer bereits seit 1660 bestehenden
Buchhändler-Familie angehörend. Er verfasste 1753 das _Museum
typographicum_ und 1785 seine _Bibliographie instructive_, sowie mehrere
von den Bibliographen sehr geschätzte Kataloge, unter andern die über
die Bibliothek des Herzogs von la Vallière, in damaliger Zeit die
bedeutendste Privatbibliothek Frankreichs.

[Illustration]


[Illustration]

                             VII. KAPITEL.

        DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS UND DAS BUCHGEWERBE.

  DAS AUFLEBEN DES BUCHGEWERBES. Die Prachtwerke. Neue Bahnen. Der
    _Cercle de la Librairie_. Die Fachlitteratur. Statistisches. Die
    Journallitteratur. DIE MODERNE TYPOGRAPHIE: A. Mame & Co., H.
    Fournier, P. Dupont, J. Claye, N. Chaix, H. Plon u. a. DER
    ILLUSTRIERTE VERLAG: Ch. Furne, J. Dubochet, J. Paulin. DIE
    LUXUSBÜCHER: L. Curmer, G. Silbermann, Engelmann Vater & Sohn. DIE
    VERSCHIEDENEN RICHTUNGEN DES BUCHHANDELS: Baillère, Masson, Hachette
    & Co. u. a. DER ARCHAÏSTISCHE DRUCK: L. Perrin, D. Jouaust. DIE
    BIBLIOGRAPHIE: Die Buchhandlungen für das Ausland.

[Sidenote: Aufatmen des Buchhandels.]

Schwere Zeiten hatten in der Sturmperiode Frankreichs auf der
Buchdruckerei und dem Buchhandel gelastet und nur wenigen Auserwählten
der alten Garde war es, wie wir gesehen, vergönnt gewesen, aus der
Krisis ungeschädigt hervorzugehen. Als nun das Buchgewerbe wieder
aufzuatmen begann, war es, da die neue Litteraturperiode noch nicht
angebrochen war, natürlich, dass die Schaffenslust sich zuerst der
Herstellung von schönen Ausgaben der vorhandenen Schriftsteller, die zu
den französischen Klassikern gezählt wurden, zuwendete.

[Sidenote: Th. Desoër.]

[Sidenote: J. J. Lefèvre.]

THEODOR DESOËR war der erste, der eine solche Prachtausgabe: einen
zwölfbändigen Voltaire, herausgab, die alle Welt in Erstaunen versetzte,
welche die Frage lebhaft diskutierte, ob der Verleger bald ein reicher
oder ein bankerotter Mann werden würde. JEAN JACQUES LEFÈVRE wollte
Ausgaben bringen, die selbst die Didotschen übertreffen sollten. In den
Jahren 1826-1829 gab er zuerst in 73 Bänden in Oktav die französischen
Klassiker mit reichhaltigen Kommentaren heraus, dann die ohne Rivalen
gebliebenen Sammlungen älterer und neuerer Klassiker aller Länder in
32°. Gleichzeitig veröffentlichte L. JANET seine luxuriösen Ausgaben der
geistlichen Schriftsteller.

[Sidenote: Prachtausgaben.]

Eine Prachtausgabe jagte nun die andere. Von Voltaire allein erschienen
nicht weniger als vierzig Ausgaben in den verschiedensten Formaten und
zu den verschiedenartigsten Preisen. In ununterbrochener Reihe folgten
Buffon, Madame de Sévigné, Boileau, Bossuet und viele andere ältere
Schriftsteller mit prachtvollen Stichen, unter Mitwirkung von Künstlern
wie Desenne, Deveéia, Henriquel-Dupont, Calamatta, Lecomte, Girardet,
Lorichon u. a. Daneben behaupteten jedoch auch die älteren Ausgaben
ihren Wert bei den vielen Bücherliebhabern. Zu zahlreichen Werken mit
und ohne Illustrationen gaben die Thaten Napoleons und der grossen Armee
Anlass. Die arbeitenden 1500 Pressen, davon 800 in Paris, reichten
öfters nicht aus, um dem Andrängen der Verleger zu genügen. Im Jahre
1811 erreichten die gedruckten Bogen die Zahl von neunzehn Millionen,
1826 war sie auf 145 Millionen gestiegen, nicht gerechnet die enorme
Zahl der politischen Broschüren, der Zeitungen und der Revues.

[Sidenote: C. Ladvocat.]

Trotz der Schönheit der Klassiker-Ausgaben traten diese mit der
Zunahme der modernen Schriftsteller von Bedeutung wie Benj. Constant,
Chateaubriand, Lamartine, Cas. Delavigne und viele andere in den
Hintergrund. Was Lefèvre für die alten Verfasser gewesen, wollte nun
CHARLES LADVOCAT für die lebenden sein. Er war der richtige Typus eines
modernen Buchhändlers, kühn, unermüdlich, freigebig, von Liebe zu seinem
Geschäft beseelt. Er verstand jedoch nicht, dabei klug haushälterisch zu
sein. Er gab zwar der Litteratur einen mächtigen Stoss nach vorwärts,
sollte aber so wenig wie Lefèvre die Früchte des regen Schaffens
geniessen, und beide starben arm.

[Sidenote: Der Roman.]

Dem Roman war es beschieden, einen mächtigen Einfluss auf das
Druckgewerbe zu üben. Am Tage der Herausgabe eines neuen Romans von
Victor Hugo, Jules Janin, Ch. Nodier, H. de Balzac, Paul Lacroix, Léon
Gozlan, Eug. Sue, Alf. Karr u. a. waren die Buchhandlungen förmlich
belagert. Die höchsten Honorare wurden bezahlt, oft für Bücher, von
denen noch keine Zeile geschrieben war.

[Sidenote: Das Feuilleton.]

Doch hiermit sollte es nicht genug sein. Emil Girardin öffnete dem
Roman noch neue Bahnen. Er hatte den Gedanken gefasst, ein Journal von
dem Umfange der grossen Blätter, aber nur zu vierzig statt zu achtzig
Franken, herauszugeben. Das wirkte in der Journalistik gleich einer
Revolution im Staate. Im Jahre 1835 erschien Girardins _La Presse_; _Le
Siècle_ war die erste Konkurrenz. Das Publikum sollte namentlich durch
das Feuilleton angelockt werden und es entstand eine wahre Hetzjagd nach
Romanen für dasselbe und selbst die ernsthaftesten Journale mussten
dem Strom folgen. Souliés _Mémoires du diable_ und Sues _Mystères de
Paris_ in dem _Journal des Débats_ wurden geradezu verschlungen. Die
Männer des Romans genügten nicht und es entstand eine ganze Legion von
romanliefernden Blaustrümpfen. War der Roman im Feuilleton beendigt, so
kam eine Nachlese für Autor, Verleger und Drucker durch Herausgabe als
Buch.

Die Kunst des Zeilenmachens[107] wurde im grossen Stil geübt, als
besonderer Virtuos zeigte sich hierin Victor Hugo. Da nach den Zeilen
bezahlt wurde, so waren Zeilen wie »Ja« -- »Nein« -- »Er ging« -- »Sie
lächelte« etc. sehr profitabel.

  [107] EUG. DE MIRECOURT, _Fabrique de romans_. Paris 1845.

Doch das Romanfieber liess nach und es machte sich nun, unterstützt
durch die Fortschritte der Holzschneidekunst und das vortreffliche
Material an Schrift, Papier und Pressen, die Sucht geltend, alles mit
Holzschnitten zu illustrieren.

[Sidenote: Der Holzschnitt.]

[Sidenote: Die illustrierten Klassiker.]

So prachtvoll die Stahlstiche auch gewesen, man sehnte sich doch nach
einfacherer Kost. Der Holzschneider Porret war einer der ersten, der
auf Antrieb Achille Devérias zur Reorganisation der Xylographie die
Initiative ergriff. Die talentvollen Zeichner eigneten sich mit Eifer
die Methode für den Holzschnitt zu zeichnen an. Desenne, Devéria, Alfr.
und Tony Johannot, Jul. David, Raffet, Charlet, J. J. Grandville, Horace
Vernet, Vict. Adam, Ary Scheffer, Gavarni und andere Künstler ersten
Ranges erschienen auf dem Kampfplatz. Da gab es ein lustiges Turnier.
Alle Klassiker, fremde und einheimische, wurden mit Holzschnitten
illustriert; geschichtliche, ethnographische und naturwissenschaftliche
Werke folgten in bunter Reihe, daneben die illustrierten Blätter.
Schliesslich kamen die illustrierten Romane zu 20 Cent. für die
Lieferung an die Reihe und auch die Jugendschriften nahmen ein anderes
Gesicht an. Der Sieg des Holzschnittes über den Stahlstich war ein
vollständiger.

Gegen das Ende des Bürgerkönigtums hatte das Geschäft wenigstens
anscheinend eine hohe Blüte erlangt. In der Zeit von 1830-1848
betrug die Zahl der erschienenen Werke 105000 und sie hat sich mit
stellenweisen Unterbrechungen durch die politischen Wandlungen auf einer
hohen Stufe erhalten.

[Sidenote: Der _Cercle de la librairie_.]

Zu dem Ansehen des französischen Pressgewerbes hat, wie bereits in
der »Einführung« angedeutet wurde, der _Cercle de la librairie, de
l'imprimerie, de la musique et des estampes_[108] vieles beigetragen.
Aus dem angeführten Titel geht schon hervor, dass der _Cercle_ als
Sammelplatz für alle die mannigfachen Kräfte dient, welche bei den
graphischen Künsten im weitesten Sinne beschäftigt sind. Nicht nur in
allen Verhältnissen der Regierung gegenüber, sondern auch bei allen
Weltausstellungen hat der _Cercle_ die Interessen des Buchgewerbes mit
Energie, Geschick und Glück vertreten. Er wacht mit Eifersucht dem
Auslande gegenüber, jedoch ohne Eifersüchtelei unter den Mitgliedern
des Vereins, über die Behauptung der hervorragenden Stellung des
französischen Druckgewerbes, wenn dieses auf dem Weltmarkt sich zeigt.

  [108] _Le Cercle de la librairie. Notice hist._ Paris 1881. -- J. B.
        BAILLÈRE, _Le Cercle, etc._

Der am 5. Mai 1847 unter dem Vorsitz von Ambr.-Firmin Didot gegründete,
1853 reorganisierte Verein erwarb 1856 das Eigentumsrecht auf die seit
dem Jahre 1811, damals im Besitz der Familie Pillet, erscheinende
_Bibliographie de la France_. Das 1858 unternommene _L'Annuaire de la
librairie_ wird nicht regelmässig fortgesetzt und hat für den Buchhandel
Frankreichs nicht die Bedeutung wie in Deutschland O. A. Schulz'
Adressbuch. 1863 wurde das _Comité judiciaire des Cercle_ eingerichtet.
Am 12. Juni 1878 wurde der Grundstein zu einem prachtvollen
Versammlungshaus, Ecke der _Rue Grégoire-de-Tours_ und des _Boulevard
St.-Germain_, gelegt und dasselbe am 4. Dezember 1879 feierlich
eingeweiht. Es werden seit der Zeit höchst interessante Ausstellungen
dort abgehalten. Im Jahre 1880 war die Zahl der wirklichen Mitglieder
317, darunter 119 Buchhändler, 40 Buchdrucker, 26 Lithographen, 55
Papierfabrikanten, 11 Buchbinder, 8 Maschinenfabrikanten etc. Ausserdem
hatte der _Cercle_ 21 Ehrenmitglieder und 145 korrespondierende
Mitglieder. Das Vereinsvermögen betrug 350000 Franken.

[Sidenote: Fachlitteratur. Gabr. Charavay [+] 22. Mai 1878.]

Als Organ der Typographie besteht seit 1864 das durch GABR. CHARAVAY
geleitete _L'Imprimerie, journal de la typographie et de la
lithographie_. Es beschäftigt sich namentlich mit den Verhältnissen
der Buchdrucker zum Staate und mit den gewerblichen Interessen, ist in
technischer Beziehung jedoch nicht so reichhaltig wie die leitenden
englischen Journale. Letzteren nachzukommen ist das seit 1873 begonnene
Journal _La Typologie Tucker_ mit Glück bemüht. Es bringt wertvolle
Artikel, so wurden z. B. die bekannten _Lettres d'un bibliophile_ von
R. R. Madden zuerst hier mitgeteilt. Von den übrigen Fachjournalen sei
noch erwähnt das durch Fusion von drei typographischen Blättern 1882
entstandene _Bulletin de l'imprimerie et de la librairie_, redigiert von
LÉON DEGEORGE. Was von den englischen Fachjournalen gesagt wurde, dass
sie sich von allen persönlichen Gehässigkeiten und Reibungen freihalten,
gilt auch von den französischen, obwohl sie zum grossen Teil direkt im
Interesse einzelner grossen Fabrikanten herausgegeben werden.

                   *       *       *       *       *

Nachdem wir in dem vorhergehenden Kapitel die Wirksamkeit und Bedeutung
der Bahnbrecher der neueren Periode haben kennen lernen, wenden wir uns
den bedeutenderen der modernen Anstalten zu, welche dazu beigetragen,
Frankreichs typographischen Ruhm in neuester Zeit zu fördern.

Es könnte anscheinend ein Widerspruch darin gefunden werden, dass die
Reihe mit einem Institut angefangen wird, welches bereits zuende des
vorigen Jahrhunderts gegründet wurde. Dasselbe ist jedoch seiner ganzen
Organisation und Arbeitsweise nach so innig mit der neuen Zeit verknüpft
und übt auf diese seinen Einfluss in einer so hervorragenden Weise, dass
es wohl nicht mit Unrecht gerade hier an der Spitze steht, als Prototyp
einer im besten Sinne modernen Buchdruckerei: es ist das Druckinstitut
von A. MAME & CO. in Tours.

[Sidenote: Alfred Mame * 1811.]

Der Gründer desselben war (1798) ARMAND MAME, ein junger und energischer
Mann. 1830 assoziierte er sich mit seinem Schwiegersohne und Neffen
ERNEST MAME. 1833 traten seine zwei Söhne ALFRED HENRI ARMAND und ERNEST
als Teilnehmer ein. Nach dem Tode des Vaters übernahm Alfred Mame
das Geschäft allein und von da ab datiert sich der enorme Aufschwung
desselben. Die Ateliers wurden den Forderungen der Zeit entsprechend
eingerichtet und Neubauten vorgenommen. Auch der Buchbinderei widmete
Mame besondere Sorgfalt. Seit 1859 ist der Sohn PAUL Teilhaber. Schon
damals beschäftigte das Institut über 1000 Leute und produzierte täglich
gegen 15000 Bände. Der Verlag besteht hauptsächlich in Schriften
pädagogischen und religiösen Inhalts, welche, mit einem Preise von
60 Cent. für ein schön gebundenes Bändchen beginnend, bis zu den
höchsten Preisen geliefert werden. Mames grösster Vorzug ist eine
für alle Arbeiten, die billigsten ebensogut wie die teuersten, sich
gleichbleibende Sorgfalt. Seine glänzenden typographischen Siege errang
er hauptsächlich durch seinen Schwarzdruck; bunte Farben, Gold und die
Hülfsmittel der Schwesterkünste der Buchdruckerkunst wurden von ihm nur
als notwendige Konzessionen an den Geschmack des Publikums betrachtet.
Er ist ein echter Schwarzkünstler.

Unter seinen Prachtwerken sind ausser seinem herrlichen _Missale_
in Folio, das mit allem Raffinement ausgestattet ist, besonders zu
erwähnen die illustrierten Prachtwerke _La Touraine_ mit Zeichnungen
von Français, K. Girardet und Catenacci, das schon 1855 von der Jury
der Weltausstellung als ein Meisterwerk ersten Ranges anerkannt wurde,
und die Bibel mit den epochemachenden Illustrationen Gustav Dorés,
die mittels Clichés Eigentum fast aller Länder geworden sind. Zu den
neueren Prachtwerken, bei welchen Künstler wie Foulquier, Giacomelli
und Hallez mitwirken, gehören die _Chefs-d'[oe]uvre de la langue
française_. Von allen von ihm herausgegebenen Werken lässt Mame ein
Exemplar auf Pergament drucken, eine typographische Sammlung von
grossem Wert. Auf allen Weltausstellungen erreichte Mame das höchste
Mass der Auszeichnungen und es ist wohl kaum eine Stimme dagegen laut
geworden[109].

  [109] Behufs Verteilung bei Ausstellungen gab Mame einen illustrierten
        Bericht über sein Etablissement heraus. In dem Jahrgang 1865 des
        Journ. f. B. Nr. 6 ff. findet sich eine deutsche Bearbeitung
        mit den Abbildungen des Originals. Bei späteren Ausstellungen
        erschienen neue Auflagen des Berichts.

[Sidenote: H. Fournier * 1795.]

Die Leitung der Mameschen Buchdruckerei lag in den Händen HENRI
FOURNIERS. Derselbe arbeitete 1812 bei Didot, wo er für den tüchtigsten
Setzer galt. 1824 gründete er selbst in Paris eine Buchdruckerei, die
später durch Kauf in die Hände Jules Clayes überging. Fournier druckte
und verlegte eine Anzahl kompakter Ausgaben der französischen Klassiker
und verschiedene illustrierte Werke: _Les petits Misères de la vie
humaine_, _La Chine ouverte_, die von einem feinen Geschmack und grosser
Tüchtigkeit zeugten. Er zog nach dem Verkauf seines Geschäfts wieder
nach seiner Vaterstadt Tours. Auf Grund der typographischen Ausführung
von _La Touraine_ wurde er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.
Allgemein bekannt auch in Deutschland ist Fournier durch seinen _Traité
de la typographie_, das einzige die Kunst des Setzers mit Geschmack
behandelnde Lehrbuch.

[Sidenote: P. Dupont * 1796, [+] 12. Dec. 1880.]

Für den Accidenzdruck haben PAUL DUPONT und seine _Imprimerie
administrative et des chemins de fer_ Bedeutung[110]. Seinem
ganzen Wesen nach ist das Institut eins der modernsten und
umfasst Buchdruckerei und lithographische Anstalt mit mehr als 50
Schnellpressen, 25 Handpressen und 1200 Arbeitern. Ein merkwürdiges
Unternehmen Duponts sind die _Archives parlementaires_ der verschiedenen
Repräsentationen Frankreichs von 1787-1860: Generalstaaten, Direktorium,
Konsulat, Kaiserreich, Restauration, Hundert Tage, zweite Restauration,
Juli-Regierung, zweite Republik, zweites Kaiserreich; kann man eine
grössere Abwechselung verlangen? Dupont hat sich Ruf durch seine
praktischen Beiträge zur Lösung der Arbeiterfrage durch Beteiligung der
Arbeiter erworben und hat in seinen Bestrebungen unter den französischen
Industriellen viele Gleichgesinnte und Nachfolger gefunden, z. B.
Laurent & Deberny, Schriftgiesserei, seit 1848, Chaix & Co. und Godchaux
& Co. seit 1871, Mame und Masson seit 1877.

  [110] _Notice sur les établissements de P. D._ 1867. -- _P. D. et ses
        ouvriers assoc._ -- Journ. f. B. 1865, Nr. 35-37. -- P. DUPONT,
        _Une Imprimerie en 1867_. Paris 1867.

Anlässlich der Pariser Ausstellung 1867 gab Dupont ein Prachtwerk
heraus, enthaltend eine für den Laien interessante Schilderung seiner
Anstalt; freilich nicht ohne eine gewisse Ostentation und kräftige
Hervorhebung der Lichtseiten. Ferner schrieb er eine _Histoire de
l'imprimerie_, zwei Bände, 1854, jedoch mehr eine Sammlung von
Material als eine durchgearbeitete Geschichte[111] und, abgesehen von
der Erfindungsgeschichte, fast ausschliesslich sich mit Frankreich
beschäftigend.

  [111] Die 1881 erschienene neue Ausgabe ist die alte mit einem neuen
        Titel.

Von den vielen grossen Offizinen nennen wir nur diejenigen, die irgend
eine charakteristische Seite aufzuweisen haben.

[Sidenote: Jules Claye.]

JULES CLAYE (ursprünglich H. Fournier) ist eine bedeutende
Buchdruckerei, aus welcher eine grosse Anzahl von Prachtwerken Pariser
Verleger hervorging, darunter die grossartigste Erscheinung der jüngeren
Typographie, Hachettes _Les Évangiles_. Wenn wir gleich daneben ein
kleines Kunststückchen Clayes, seinen Katalog der Ausstellung des
_Cercle de la librairie_ in Wien 1873 nennen, so geschieht es nur,
weil das Büchlein zu den Gegenständen gehört, bei deren Betrachtung
man sich sagen muss, es giebt ein gewisses Etwas in der französischen
Typographie, in welchem man ihr nicht nachkommt, nicht weil man es
technisch nicht ebenso gut machen könnte, nachdem es einmal vorliegt,
sondern weil man einfach nicht auf den Gedanken kommt, es so zu
machen. Clayes Nachfolger im Geschäft ist A. Quantin. Aus der Schule
Mames hervorgegangen, gilt dieser als einer der vorzüglichsten und
geschmackreichsten Drucker. Die _Histoire de Joseph_ wird als ein
würdiges Seitenstück zu _Les Évangiles_ bei Hachette betrachtet.

[Sidenote: A. Chaix.]

Zu Claye steht A. CHAIX & CO. ungefähr in demselben Verhältnis wie
Dupont zu Mame. Die Firma, jetzt wie die Duponts in den Händen einer
Kommandit-Gesellschaft, ist _Imprimerie et librairie centrales des
chemins de fer_[112]. Wie schon aus der Bezeichnung hervorgeht, legte
sich Chaix besonders auf Arbeiten für Eisenbahnen und zwar zu einer
Zeit, als viele Eisenbahnbauten in Angriff genommen wurden. Ausserdem
druckte er viele Wertpapiere. Selbst das für so manchen ruinöse
Jahr 1848 brachte Chaix' Etablissement Vorteil durch die vielen
dort ausgeführten Zeitungen und politischen Broschüren, denn seine
Druckerei war der Sammelplatz der neuen politischen Grössen, wo auch
der nachmalige Kaiser fast täglich verkehrte. 1878 beschäftigte er
48 Schnellpressen und gegen 700 Personen. Das Lokal gewährt das Bild
einer grossen Eisenbahnhalle, mit Oberlicht versehen und von Galerien
umgeben. In der Mitte arbeiten die Setzer; ringsherum stehen die
Maschinen. Jeden Monat wird ein neuer Orientierungsplan ausgegeben,
um die Hersteller der verschiedenen Arbeiten leicht auffinden zu
können. Das grosse Tarifbuch im stehenden Satz enthält 36 Millionen
Nonpareil-Typen. Für die mehrfarbigen Plakate, öfters von mehr als zwei
Meter Höhe und anderthalb Meter Breite, sind die schon oben erwähnten
besonderen Maschinen in Gang. Die Buchhandlung beschäftigt sich fast
ausschliesslich mit Eisenbahnlitteratur. Chaix sorgt sowohl durch
Beteiligungssystem und Kassen, die jetzt über ein Kapital von 300000
Franken verfügen, als durch zweckmässige Einrichtungen in dem Lokal
und eine billige Arbeiterküche für das Wohl der Gehülfen. Für die
Ausbildung der Lehrlinge errichtete er eine Schule mit vier Klassen
unter Berücksichtigung der vier Lehrjahre der Zöglinge. Nicht allein,
dass der Unterricht frei ist, sondern den Lehrlingen werden Marken
verabreicht, die sie beim Beginn der Stunden abzugeben haben. Für jede
Marke, die also als Zeichen der Anwesenheit in der Schule gilt, wird dem
Lehrling ein kleiner Geldbetrag gutgeschrieben. Für die Schüler schrieb
Chaix selbst ein Handbuch der Buchdruckerkunst, gab auch anlässlich der
Ausstellung 1878 einen 338 Seiten starken Bericht über seine Anstalt
heraus.

  [112] _Histoire de l'imprimerie centrale, etc._ Paris 1878.

[Sidenote: _Agence Havas._]

Ist Chaix' Druckerei als typisch für eine Druckerei des Augenblicks
zu betrachten, so kann die am _Place de la bourse_ gelegene Offizin
der _Agence Havas_, der politischen Korrespondenz Frankreichs, als das
Bild einer Zukunftsdruckerei gelten. Es werden hier nur Setzmaschinen
verwendet, und zwar Kastenbeinsche, die durchweg von Frauen bedient
werden. Diese Druckerei liefert für die Provinzblätter stereotypierte
Satzspalten, die, in Stücke zersägt, sich mit dem eigenen Satz der
Blätter zusammen verwenden lassen.

[Sidenote: P. H. Plon * 1805.]

Einen bedeutenden Namen als Werkdrucker erwarb PH. H. PLON[113]. Er
war Setzer in der Offizin Béthunes, bei dem das _Dictionnaire de la
conversation_ in 52 Bänden erschien. Bei der Herausgabe zeigte Plon
eine grosse Thätigkeit und wurde Teilnehmer des Geschäfts. Als auf
Grund entstandener Verlegenheiten Béthune sich zurückzog, übernahm
Plon allein das Geschäft, welches sich äusserst rasch hob und Luxus-
und Farbendrucke von Bedeutung lieferte, besonders aber gute
Werkdrucke. 1854 wurde Plon Buchdrucker Napoleons III. und druckte und
verlegte dessen Leben Caesars. Sein wissenschaftlich und künstlerisch
ausgebildeter Sohn übernahm nach dem Tode des Vaters das Geschäft.

  [113] _Quelques mots sur la maison Henri Plon._ -- Henri Plon.
        Paris 1873.

Den Farbendruck hat die Firma so gut wie fallen lassen. Ohne gerade als
Meisterstücke hervortreten zu wollen, zeichnen sich, wie die älteren,
so auch die neueren Verlagserzeugnisse Plons, als: _Collection des
classiques français_ in 32°; _Les Chartes et les archives nationales_
in 4°; die _Bibliothèque historique_ in mehr als 300 Bänden in 8°; die
_Bibliothèque des voyages_ und die _Bibliothèque des romans_ durch
Tüchtigkeit in der Ausführung aus.

[Sidenote: Lacrampe.]

Die Firma LACRAMPE & CO. wurde 1837 als Assoziationsdruckerei
von 19 Arbeitern, alles tüchtige, arbeitsame und für ihren Beruf
enthusiasmierte Männer, begründet. Sie wählten ihren Chef und
wirtschafteten gemeinschaftlich. Das Resultat war trotz der
redlichsten Anstrengungen und zahlreichen Aufträge kein günstiges.
Nicht besser ging es der unter der Firma François & Co. gegründeten
Assoziationsbuchdruckerei, gewöhnlich »die Zehn« genannt.

[Sidenote: Crété fils.]

CRÉTÉ FILS ist zwar in Corbeil ansässig, gehört jedoch thatsächlich
zu den Pariser Buchdruckereien, da das kolossale Etablissement nur
für Pariser Verleger beschäftigt ist; Crété konkurriert würdig mit
Claye in der Herstellung illustrierter Werke, namentlich für Hachettes
Verlag, und wird hinsichtlich einer sich stets gleichbleibenden Güte und
Gleichmässigkeit des Schriftdrucks kaum übertroffen.

[Sidenote: Gauthier-Villars.]

[Sidenote: Bailleul [+] 30. Mai 1875.]

GAUTHIER-VILLARS macht eine Spezialität aus solchen Arbeiten, die
andere am liebsten von sich weisen möchten; bei ihm heisst es aber, je
schwieriger, desto besser. Seine für die wissenschaftlichen Institute
und Akademieen gelieferten Tabellen-, arithmetischen und mathematischen
Arbeiten, unter welchen sich die Werke des de Laplace und Lagrange
befinden, sind mit grossem Fleisse und mit typographischem Verständnis
ausgeführt, würden jedoch in Deutschland nicht für so epochemachend
gehalten werden, wie es in Frankreich der Fall war. Als Schöpfer des
modernen mathematischen Satzes muss der bis in sein 78. Jahr bei
Gauthier-Villars arbeitende Setzer BAILLEUL betrachtet werden, der
zuerst bei Crapelet ausgebildet war und bei dem Schriftgiesser Ch.
Laboulaye in seinen Bemühungen Unterstützung fand. Er wurde zum Ritter
der Ehrenlegion ernannt. Es sei dies als Zeichen eines anerkennenswerten
Vorgehens der französischen Regierung angeführt, dass sie den
hochverdienten Arbeiter ganz in derselben Weise wie den ersten Bürger
ehrt, und andererseits ist es von den französischen Buchdruckern zu
loben, dass sie neidlos die Verdienste ihrer Kollegen und Gehülfen in
ein helles Licht zu setzen suchen, damit die Regierung sie kennen und
schätzen lernt.

[Sidenote: Verschiedene Pariser Offizinen.]

Unter den tüchtigen Firmen seien noch wenigstens kurz erwähnt: C.
MOTTEROZ, der sich auch schriftstellerisch durch sein Werk über die
chemischen Illustrations-Verfahren[114] verdient gemacht hat und
unter Zuhülfenahme aller graphischen Künste viele Accidenzarbeiten
für die grossen Magazine in Paris ausführt; EMILE MARTINET, bekannt
durch sein seit 1872 bestehendes Internat für Setzerinnen in Puteaux;
GEORGES CHAMEROT, Nachfolger von Firmin Didot, der schöne illustrierte
Ausgaben lieferte; WITTERSHEIM & CO., deren Zeitungsdruckerei von der
Regierung angekauft wurde; LAHURE, der mit 40 Schnellpressen und 18
Handpressen viele illustrierte Werke druckt; DUMAINE, der die Arbeiten
des Kriegs- und des Marineministeriums liefert und selbst einen grossen
Verlag von _Militaria_, Rang-, Quartierlisten etc. hat; die _Société
de publications périodiques_, welche, von Panckoucke unter der Firma
_Société du Moniteur et de l'Encyclopédie méthodique_ gegründet, unter
der Direktion von PAUL DALLOZ einen bedeutenden Aufschwung genommen hat
und eine grosse Zahl von Zeitungen druckt.

  [114] _Essai sur les gravures chimiques._ Paris 1871. 2. Aufl.
        Paris 1879.

[Sidenote: Offizinen der Provinz.]

Unter den Offizinen ausserhalb Paris finden sich, abgesehen von den
schon erwähnten von Mame und Berger-Levrault, noch manche von Bedeutung.
Ganz besonders hervorzuheben sind die Firmen L. DANEL in LILLE und F.
C. OBERTHUR in RENNES. Erstere, seit dem Ende des XVII. Jahrhunderts
bestehend, arbeitet mit 33 Maschinen, 26 Handpressen und 450 Arbeitern,
alle graphischen Nebengewerbe in ihren Räumen vereinigend, die, nach
einem totalen Brand 1871, höchst zweckmässig neu aufgeführt wurden. Der
Hauptzweig ist Congrevedruck und die Firma liefert für den Handel und
die Fabrikation eine enorme Zahl von Accidenzien. Um seine Tüchtigkeit
im chromographischen Druck zu zeigen, hatte Danel zur Ausstellung 1878
ein Werk _Voyage dans un grenier_ geliefert. Oberthurs Offizin hat
ungefähr dieselbe Ausdehnung wie die Danels und ist 1874 neu aufgebaut;
sie versorgt Frankreich namentlich mit Agenden, Kalendern und ähnlichem.

Zu erwähnen sind unter anderen noch OUDIN FRÈRES in POITIERS mit
umfangreichen Verlagswerken als: _Historiens des Gaules_ und _Les
Châteaux historiques de France_ mit in den Text gedruckten Radierungen;
ALLIER PÈRE & FILS in GRENOBLE mit dem _Armorial et nobiliaire de
l'ancien duché de Savoie_; CAPOULAUD FRÈRES (seit 1607) in LIMOGES,
welche kleinere Stadt in der Bücherproduktion mit 466 Werken in einem
Jahre gleich nach Paris mit 2286 kommt, während das einst graphisch so
bedeutende LYON nur 134 Werke, BORDEAUX nur 49 aufwies. In TOULOUSE sind
J. M. SIRVEN und P. PRIVAT, in CAEN F. LEBLANC-HARDEL, in MANS MONNOYER
bemerkenswert.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Drucker und Verleger illustrierter Werke.]

Unter den Herstellern der ausserordentlich zahlreichen illustrierten
Werke, die in Paris erschienen sind, Verlegern sowohl als Buchdruckern,
befinden sich hervorragende Männer. Wie das Pressgewerbe sich gestaltet
hat, ist es oft schwer zu sagen, wem der Ruhm für die schöne Ausstattung
am meisten gebührt, dem Verleger, der die Herstellung in allen Details
mit Sachkenntnis und Geschmack anordnet, oder demjenigen, der den
Druck übernimmt. Nicht selten sind die Fälle, dass der Verleger erst
den Ruf eines Druckers macht, der anfänglich nur unwillig sich von dem
Schlendrian und dem Alltäglichen abbringen lässt, vielleicht gar den
Verleger verwünscht, der ihn zwingt, ein guter Drucker zu werden. Oft
teilen sich beide, Verleger und Drucker, in die Ehre, und so sollte es
immer sein, wenn nicht Verleger und Drucker in einer Person vereinigt
sind.

[Sidenote: Ch. Furne.]

Noch produktiver als der obenerwähnte Fournier war CHARLES FURNE, erst
Angestellter im Zollfach, dann seiner Leidenschaft für schöne Bücher
nachgebend, ein unternehmender Bücherproduzent. Den Text zu dem von
ihm verlegten Don Quixote hatte er selbst übersetzt. Wie es in Paris
so oft der Fall war, ging das Geschäft 1836 in eine Aktiengesellschaft
über, deren Direktor Furne wurde. Eine der vorzüglichsten Leistungen
der jetzigen Firma FURNE, JOUVET & CO. ist Michauds _Histoire des
Croisades_, illustriert von G. Doré, in Folio.

[Sidenote: E. Bourdin.]

E. BOURDIN brachte J. Janins _L'Ane mort_, Sternes _Voyage
sentimentale_, _La Normandie et la Bretagne_, _Mémorial de Saint-Hélène_
von Las-Cases, illustriert von Charlet, das grosse Reisewerk des Fürsten
Demidoff und andere Prachtwerke.

[Sidenote: J. Hetzel.]

JULES HETZEL, selbst ein geachteter Schriftsteller (Pseudonym P. J.
Stahl), lieferte Grandvilles _Scènes de la vie publique et privée des
animaux_ und dessen _Les Animaux peints par eux-mêmes_. H. DELLOYE
veröffentlichte Balzacs _La Peau de chagrin_, _La France pittoresque_,
_La France monumentale_, _La France militaire_. Ein grossartiges,
jedoch nicht illustriertes Verlagswerk war Nap. Landais' _Dictionnaire
de la langue française_. Durch politische Verhältnisse gezwungen
siedelte Hetzel 1851 nach Brüssel über, kehrte jedoch 1859 nach Erlass
der Amnestie zurück und gründete die _Librairie d'éducation et de
récréation_. 1864 begann er das _Magasin illustré d'éducation et de
récréation_, eine Sammlung tüchtiger Werke für die Jugend.

[Sidenote: J. J. Dubochet.]

[Sidenote: J. Paulin * 1793.]

Epoche machte die bei J. J. DUBOCHET erschienene _Histoire de Napoléon_,
illustriert von Horace Vernet. Ein allerliebstes Werk war Töpffers
_Voyage en zigzag_. Von Dubochets nichtillustrierten Werken sind zu
erwähnen eine vortreffliche Kollektion von älteren Klassikern in
Übersetzungen von Nisard, 27 Bände Oktav, und die _Million de faits_.
Mit ihm gleichzeitig wirkte J. B. A. PAULIN, erst Mann der Wissenschaft
und Advokat, dann Verleger, der zusammen mit Dubochet _L'Illustration_
(1843) gründete. Diese Zeitschrift ging später in die Hände von A. MARC
& CO. über. Sie nimmt einen ehrenwerten Platz unter den illustrierten
Blättern ein, ohne jedoch ihr Vorbild, die _Illustrated London News_, zu
erreichen, hat auch nur eine Verbreitung von 18000 Exemplaren. Paulin
gab auch eine prachtvolle Ausgabe von Thiers' _Histoire du Consulat et
de l'Empire_ in 17 Bänden heraus. Das frühere Werk _L'Histoire de la
Révolution française_ von dem damals unbekannten Advokaten erschien
bei LECOINTE & PUGIN und auf dem Titel wurde der Name Félix Bodin als
Deckung vor den Namen Ad. Thiers eingeschmuggelt. Der Erfolg war ein
solcher, dass Thiers ferner keine schützende Flagge für seinen Namen und
seine Werke gebrauchte.

[Sidenote: _Magasin pittoresque._]

Unter den illustrierten kleineren Blättern, die in Nachahmung des _Penny
Magazine_ erschienen, ist das _Magasin pittoresque_ das hervorragendste
und das am schönsten ausgeführte nicht allein in Frankreich. Ein
Phänomen ist es, dass nicht allein der Redacteur CHARTON und die
Xylographie von ANDREW BEST & LELOIR, sondern auch die Direktion
der Setzer und Drucker von 1833 bis auf die jüngste Zeit dieselben
geblieben sind. Der Unternehmer hiess LACHEVARDIÈRE; die Ehre gebührt
jedoch Charton und Best ([+] 2. Oktober 1879), MARTINET lieferte den
vortrefflichen Druck. Zu demselben wurde die erste Schnellpresse in
Frankreich eingeführt, die von Applegath & Cowper in London gebaut war.
Neben dem genannten Blatt nahm namentlich _Le Musée des familles_ einen
respektablen Platz ein. BOURDILLAT, der auch die _[Oe]euvres de Gavarni_
herausgab, gründete _Le Monde illustré_, Hachette das sehr verbreitete
_Journal pour tous_. Ein xylographischer Künstler von grossem Ruf war L.
H. BREVIÈRE[115].

  [115] J. ADELINE, L. H. Brevière. Rouen 1876.

[Sidenote: L. Curmer * 17. Dezbr. 1801.]

Der Bahnbrecher für die eigentlichen Luxusbücher, die unter Benutzung
der Chromoxylographie und der Chromolithographie entstanden, war LÉON
CURMER (1834). Er gehörte einer alten irländischen Adelsfamilie an,
war aber in Paris geboren. Wenige Verleger haben in dem Grade ihre
Zeit begriffen, wie er sie verstand, und wenige haben in gleicher
Weise, wie er es that, auf die Ausbildung des Kunstdrucks gewirkt ohne
selbst die Kunst zu üben. Stets wusste er eine Anregung, eine neue
Idee zu bringen. Wie reich er an Initiative war zeigt jeder seiner
Verlagsartikel. Er verstand es, sich mit Künstlern zu umgeben, die ganz
auf seine Intentionen eingingen, und so entstanden seine Werke aus einem
Gusse. Eine seiner bewunderten Unternehmungen war _Paul et Virginie_,
illustriert mit Holzschnitten von Tony Johannot und Meissonier, und auf
das vortrefflichste von Evérat gedruckt. Es folgten dann _Le Jardin
des plantes_, _La Grèce pittoresque_, _L'Irlande pittoresque_, _Les
Anglais_ und _Les Français peints par eux-mêmes_, _Les Beaux-Arts_, _Les
Contes des fées_ von Perrault und andere Werke. Prachtvoll waren seine
religiösen Bücher mit Randleisten in Farbendruck und anderem Schmuck.
Alle überragt _L'Imitation de Jésu-Christ_ mit einer grossen Anzahl
Nachbildungen von Miniaturen und Einfassungen in Farben und Golddruck,
ebenso _Le Livre d'heures de la Reine Anne de Bretagne_.

Sowohl in dem chromoxylographischen als in dem chromolithographischen
Druck besass Frankreich Meister ersten Ranges, so für ersteren G.
Silbermann und E. Meyer, für letzteren Engelmann Vater und Sohn.

[Sidenote: G. Silbermann * 1801, [+] 23. Juni 1876.]

Kaum giebt es unter den neueren Typographen einen Namen, ausser dem
Didotschen, der überall einen so guten Klang hat wie der GUSTAV
SILBERMANNS in Strassburg[116]. Die Anfänge des Hauses sind in einer
dortigen kleinen Buchdruckerei des Andreas Ulrich zu suchen, welche
die Grossmutter Silbermanns 1798 ankaufte. Letzterer lernte bei Didot
und ging dann zu seiner Ausbildung nach England und Deutschland. Als
1840 Engelmann, ebenfalls ein Elsässer, mit seinen Chromolithographien
die allgemeine Aufmerksamkeit erregte, gründete Silbermann 1846 ein
Etablissement in Paris, zur Herstellung chromoxylographischer Drucke,
gab dies jedoch bald in die Hände seines Mitarbeiters, Ernst Meyer,
der trotz seiner Tüchtigkeit nicht recht prosperierte und 1863 das
Etablissement an Marc verkaufte. Silbermann war nach Strassburg
zurückgekehrt und vervollkommnete fortwährend den Buntdruck. Eine seiner
ersten Arbeiten dort war eine Ausgabe von Pfeffels Fabeln mit bunten
Einfassungen. Für die englischen Modezeitungen lieferte Silbermann in
grossen Auflagen farbige Stickmuster. Einer seiner bedeutendsten Drucke
ist die Nachbildung des Banners der Stadt Strassburg, ein Blatt von
60 × 50 Centimeter. Da das Banner selbst 1793, das Bild, nach welchem
es angefertigt war, 1870 zugrunde ging, so hat das Blatt einen um so
grösseren Wert. Als eifriger französischer Patriot verliess Silbermann
nach dem Kriege Strassburg und verkaufte sein Geschäft an M. Schauenburg
in Lahr, erwarb es jedoch 1872 wieder, um es in die Hände seines
früheren Schülers und durch 35 Jahre treuen Mitarbeiters Fischbach zu
geben[117].

  [116] Ann. d. Typ. Nr. 361. VIII. Band.

  [117] 1840 erschien anlässlich der Einweihung der Gutenbergstatue in
        Strassburg ein _Album typographique_ von Silbermann, um die
        Fortschritte der Kunst zu veranschaulichen. 1872 sammelte er
        unter dem Titel _Album d'impressions typographiques en couleur_
        eine Anzahl Blätter seiner Drucke, die von seinen Leistungen
        eine, wennauch nicht ganz genügende, Vorstellung geben.

[Sidenote: G. Engelmann * 17. Aug. 1788, [+] 25. April 1839.]

War auch die lithographische Kunst dem Worte nach durch den Grafen
Lasteyrie 1814 nach Frankreich gebracht worden, so ist dem Sinne nach
GOTTFRIED ENGELMANN[118] aus Mülhausen der eigentliche Einführer. Im
Jahre 1816 etablierte Engelmann ein Atelier in Paris, 1820 brachte er
die Lithographie nach Spanien, 1826 gründete er ein Haus in London. Er
muss als der bedeutendste Förderer der Kunst Senefelders bezeichnet
werden und steht zu dieser etwa in dem Verhältnis wie Schöffer zu
der Erfindung Gutenbergs. Engelmann ist der eigentliche Schöpfer der
Chromolithographie. 1837 ward ihm für seine Erfindungen ein zehnjähriges
Patent erteilt und 1838 erhielt er den Preis der Gesellschaft zur
Aufmunterung der Künste.

  [118] Ann. d. Typ. VII. Bd. 1875, Nr. 329.

[Sidenote: Joh. Engelmann [+] 25. Juli 1875.]

Den Ruhm des Vaters behauptete der Sohn JOHANN ENGELMANN. Seine im
Verein mit AUG. GRAF betriebene Chromolithographie blieb lange die
einzige in Paris. Ganz besonders widmete sich diese der Reproduktion
von Glasgemälden und Miniaturen älterer Manuskripte. Das erste _Livre
d'heures_ in Chromolithographie ging nach dreijähriger Arbeit aus dem
Atelier hervor. Ein Meisterwerk sind auch die _Statuts de l'ordre du
Saint-Esprit_ 1853.

Ganz vorzüglich sind die sogenannten Diaphanie-Bilder von Engelmann
und Graf, welche in transparenter Chromolithographie die Glasmalerei
täuschend nachahmen. Mit acht bis höchstens neun Farben, -- mehr dürfen
der Durchsichtigkeit wegen nicht verwendet werden, -- brachten sie,
nachdem die Bilder mit Firnis getränkt waren, die vortrefflichsten
Effekte hervor.

[Sidenote: Lemercier.]

[Sidenote: A. Racinet.]

Ein bedeutender Künstler in jeder Branche der Lithographie ist A.
LEMERCIER. In den polychromen Unternehmungen fast aller Pariser Verleger
finden sich die Erzeugnisse seiner Thätigkeit vor. Sein grosses
Musterbuch ist eine so lehrreiche Geschichte der Lithographie, wie man
sie nur wünschen kann. Auch die Anstalt von Didot unter des verdienten
A. RACINETS künstlerischer Leitung nimmt in dem Chromodruck eine
höchst bedeutende Stellung ein. Weltruf hat des letzteren _L'Ornement
polychrome_ erworben.

[Sidenote: Lithographischer Buntdruck.]

Im Bilderdruck leistete Frankreich im Verhältnis zu Deutschland wenig;
die besten Leistungen sind die von JEHENNE, HANGARD-MAUGÉ, J. F. DUPUY,
OMER-HENRY. Dagegen ist es Deutschland quantitativ und qualitativ
voraus in der Verwendung des Farbendruckes zu illustrativen Zwecken.
Es entstand in dieser Weise eine Reihe unvergleichlich schöner Werke,
namentlich über Architektur, Kunstindustrie, Kulturgeschichte, ja selbst
über Kochkunst, welche Meisterstücke sind sowohl hinsichtlich der
korrekten Zeichnung als auch der technischen Durchführung und Naturtreue
des Kolorits und dabei zu ungewöhnlich billigen Preisen geliefert
werden. Auch in der Verwendung des Farbendruckes für die unzähligen
Gegenstände der Papeterie behaupteten die Franzosen lange Zeit den
Vorsprung. In dieser Branche zeichneten sich Testu & Massin (jetzt
Champenois & Co.) und F. A. Appel aus. Letzterer lieferte Vorzügliches
im Miniaturdruck und ist zugleich Spezialist im Plakatdruck auf Zink,
dessen eigentlicher Erfinder MAX CREMNITZ ist. Ebenfalls im Plakatdruck
erzielt J. CHÉVET grossen Effekt mit wenigen Farben; für Arbeiten zu
wissenschaftlichen Zwecken ist BEQUET & FILS bekannt. Etikettendruck
betreiben in grossem Umfang PICHOT & CO. Als ein seltener Fall ist noch
das gute Gelingen der Assoziations-Anstalt unter der Firma ROMANET &
CO. zu erwähnen. Im Zinkdruck steht Monroq obenan. Die hervorragendste
Erscheinung in der Photochromie ist VIDAL und seine _Trésor artistique
de la France_ und _Histoire générale de la tapisserie_ sind nicht
übertroffen; doch dürfte seine Methode, als zu teuer und umständlich,
nicht rasch in die Praxis dringen.

Als Kunstdrucker für Stiche ist CHARDON hervorragend. Im Stichverlage
dürfte wohl GOUPIL mit den Filialen in London, New-York, Brüssel,
Haag, Berlin und Wien die erste Weltfirma sein. In ihren grossartigen
Ateliers in ASNIÈRES bei Paris, unter der künstlerischen Leitung von
ROUSSELON, wird der photographische Lichtdruck, hauptsächlich jedoch
der Woodburydruck und die heliographischen Methoden in vortrefflichster
Weise geübt.

[Sidenote: E. Schieble * 1823, [+] 23. Okt. 1880.]

Im Kartendruck erwarb sich ERHARD SCHIEBLE (gen. ERHARD) aus Forchheim
in Baden einen bedeutenden Namen. Er verwendete alle Erfindungen der
Neuzeit und brachte durch pastosen Auftrag der Farben vortreffliche
reliefartige Wirkungen hervor. Die schönsten Karten der Regierung sowohl
als der privaten Verleger stammen aus seiner Offizin.

[Sidenote: A. Collas.]

Erwähnt sei hier noch die von ACHILL COLLAS geübte Methode, erhabene
Medaillons u. dgl. mittels des Storchschnabels zu gravieren
(Glypthotik), in welcher die mehr oder weniger anschwellenden
Linien vollständig den Eindruck von Reliefs gewähren. _Le Trésor de
numismatique_ in dieser Weise durchgeführt giebt einen glänzenden Beleg
für den Wert der Glypthotik. Die ersten Versuche dieser Kunst hatte
schon ein Deutscher CHRIST. GOBRECHT in Philadelphia 1817 gemacht. 1819
kam die Maschine nach London und wurde von TURREL & SAXTON verbessert.
Für die Bank zu London konstruierte 1829 BATE eine die früheren weit
übertreffende Maschine, die jedoch immer noch gegen die von Collas sehr
zurückstand.

[Sidenote: J. Gavard.]

JOSEPH GAVARD lieferte mittels des von ihm erfundenen Diagraphen,
unterstützt von Calamatta und Mercuri, in drei verschiedenen
Ausgaben die _Galerie historique de Versailles_ in 13 Bänden mit 3
Supplementbänden (1837-1847) mit 1550 Stahlstichen.

Von den Werken der Kupferstichkunst sei noch als eines der bedeutendsten
das _Musée français_ von Robillard-Péronville mit 344 Kupfertafeln der
bedeutendsten Stecher Frankreichs erwähnt, während die Lithographie
zur Ausschmückung des grossartigen Werkes _Voyages de la commission
scientifique du Nord_, 29 Bände, mit 762 Tafeln in gr. Folio, in
hervorragender Weise diente.

[Sidenote: Morel & Co.]

Was Curmer für die Luxusbücher war, ist die Firma VEUVE A. MOREL & CO.
in Benutzung des Chromodruckes für die Zwecke des praktischen Lebens. Im
Fache der Architektur ist sie unerreicht und die Zahl der Prachtwerke
in dieser Richtung, die mit Aufgebot allen Raffinements in der
künstlerischsten Ausführung von dieser Firma geliefert wurde, ist eine
so grosse, dass es kaum möglich ist besondere Gründe zu finden, um eins
oder das andere aus der Reihe hervorzuheben. Bei Morel (jetziger Inhaber
der Graf des Fosez) erscheint auch das weitverbreitete Journal _L'Art
pour tous_.

[Sidenote: J. Baudry.]

In ähnlicher Richtung wirkten mit Umsicht und Erfolg, ohne jedoch den
Höhepunkt Morels in der Ausstattung zu erreichen, DUCHER & CO., DUNOD
und J. BAUDRY. Des letzteren, 1834 gegründete, _Librairie polytechnique_
in Paris und Lüttich legte sich seit 1863 ganz besonders auf die Fächer
der Berg- und Hüttenwissenschaft, der Eisenbahn und Wegebautechnik und
förderte eine bedeutende Anzahl grosser Tafelwerke an das Licht. Auch
DUNOD kultiviert diese Spezialität. Unter den Prachtwerken von DUCHER
& CO. befinden sich: _Architecture privée an XIX siècle_; _Le nouvel
Opéra_ von Charles Garnier.

[Sidenote: Roret.]

Für die Popularisierung der technischen und naturwissenschaftlichen
Litteratur wirkte RORET durch seine, 1824 begonnene _Encyclopédie des
sciences et des arts_, besser bekannt unter dem Namen _Manuels Roret_.
Er brachte auch eine neue vollständige Ausgabe von den Werken Buffons
mit den _Suites de Buffon_, gegen 100 Bände mit unzähligen Abbildungen.

Für die Medizin und die Naturwissenschaften sind die leitenden Firmen
J. B. Baillère, Germer-Baillère, V. Masson und V^{ve} A. Delahaye & Co.
Die Kataloge dieser Firmen sind getreue Zeugen der wissenschaftlichen
Bewegung nicht nur in Frankreich, sondern auch in England und
Deutschland, denn es erschien im Ausland kaum ein einschlägiges Werk,
das nicht von einer dieser Verlagshandlungen in tüchtigster Bearbeitung
herausgegeben wurde.

[Sidenote: J. B. Baillère * 1798.]

J. B. BAILLÈRE[119] (seit 1818) machte grosse Unternehmungen, darunter
Cruveilher, _Anatomie pathologique_ 1830-42; Hippokrates' Werke,
griechisch und französisch, 1839-50; _Iconographie ophthalmologique_
1852. Im Jahre 1840 wurde eine Filiale in London, 1848 eine in New-York
errichtet und heute sind die Seitenzweige dieser Familie über alle
Erdteile, Australien nicht ausgenommen, verbreitet. GERMER-BAILLÈRE
druckt ausser naturwissenschaftlichen auch viele philosophische Werke
und mehrere Journale.

  [119] J. B. BAILLÈRE, _La cinquantaine d'un libraire_. Paris 1862.

[Sidenote: Victor Masson * 1807, [+] 13. Mai 1879.]

[Sidenote: G. Masson.]

VICTOR MASSON, einer der hervorragendsten Buchhändler, geb. zu Beaume,
trat 1838 als Teilhaber in das Geschäft Chrochard, das 1846 in Massons
alleinigen Besitz überging. 1847 wurde die _Bibliothèque polytechnique_
angefangen, der eine grosse Anzahl von technischen, medizinischen
und naturwissenschaftlichen Werken folgte, darunter _Cuvier_, _Le
Règne animal_; _Bonamy et Beau_, _Atlas d'anatomie_[120]; der grosse
_Dictionnaire encyclopédique des sciences médicales_ u. v. a. Nach
35jähriger rastloser Thätigkeit überliess Masson seinem Sohne GEORGES
das Geschäft, das dieser in derselben grossartigen, französische und
deutsche Vorzüge vereinigenden Weise glänzend fortführt. Die Firma
verlegt nicht weniger als 17 periodische Fachzeitschriften und ist
die Buchhandlung für die bedeutendsten Akademieen und Gesellschaften.
Trotz des vorwiegend wissenschaftlichen Charakters des Verlags ist der
Verleger bestrebt, demselben auch eine anziehende äussere Form zu geben.
Als Vorsitzender des _Cercle_ hat Masson sich bedeutende Verdienste um
das Ausstellungswesen desselben, namentlich bei der Weltausstellung in
Wien 1873, erworben.

  [120] V. MASSON, _Notice nécrologique_. Paris 1879. -- Börsenbl. f. d.
        d. B. 1879. Nr. 130.

DELAHAYE hält sich streng an Medizin und Chirurgie und verlegt mehrere
Journale und viele bedeutende Werke, unter welchen der _Traité
d'Anatomie descriptive_ von Sappey als ein hervorragendes Monument gilt.

Spezialfirmen sind für Landwirtschaft J. A. BIXIO; für Mathematik A. L.
J. BACHELIER; für Militärwissenschaft J. DUMAINE und CORRÉARD JEUNE;
für Geschichte und Staatswissenschaften G. GUILLAUMIN, P. F. AMYOT, A.
BAUDOUIN; für Kalenderverlag PAGNERRE.

[Sidenote: Ch. Hingray * 1796.]

CHARLES HINGRAY, erst Militär, dann Buchhändler, wurde durch seinen
juristischen und sprachlichen Verlag bekannt, in Deutschland namentlich
durch das vortreffliche Wörterbuch von Schuster und Régnier. Das Werk
eines enormen Fleisses ist der _Dictionnaire de la langue française_ von
Littré. Das Manuskript umfasste 415636 Blätter. Der Satz dauerte, mit
einer durch den Krieg 1870 herbeigeführten Unterbrechung, 13 Jahre. In
einer Spalte gesetzt würde das Buch eine Länge von 37525 Meter haben.

[Sidenote: Maisonneuve.]

Der Druck orientalischer Werke ist keine Lieblingsaufgabe der
französischen Buchdrucker. Als Verlagshandlung in dieser Richtung
haben Maisonneuve & Co. den Vorrang. Im Jahre 1851 kaufte Maisonneuve,
früher Associé von Cormon & Blanc in Lyon, von Théophile Barrois eine
Anzahl orientalischer Verlagswerke, die er später mit vielen neuen
vermehrte. Der Verlag enthält eine grosse Anzahl grammatikalischer
und lexikalischer Werke der orientalischen Sprachen und die Namen der
bedeutendsten Orientalisten als Eug. und Emile Burnouf, Eichhoff,
Abbé Favre, G. de Tassy, Stan. Julien, J. Oppert, Abel Rémusat, L.
de Rosny u. a. sind mit der Firma Maisonneuve & Co. verknüpft. --
Unter den wenigen Buchdruckern in der Provinz, die in der Herstellung
orientalischer Werke etwas leisten, ist DEJUSSIEU in CHÂLONS zu nennen.

[Sidenote: J. P. Migne * 1800.]

Eine merkwürdige Erscheinung ist der Abbé J. P. MIGNE. Er wurde 1824
Priester, nahm jedoch anlässlich einer Differenz mit dem Erzbischof
seiner Diözese seine Entlassung und ging nach Paris, wo er das Journal
_L'Univers_ gründete, welches er 1836 verkaufte. In _Petit-Montrouge_
vor den Thoren von Paris gründete er eine Buchdruckerei, um katholische
Werke zu drucken. Die Anstalt gewann eine grosse Ausdehnung und
umschloss vom Schriftsteller ab bis zum Buchbinder alle Persönlichkeiten
und alle technischen Apparate, die zur Herstellung des Verlags des
Instituts notwendig waren. Die Sammlungen der Kirchenväter- und anderer
älterer theologischen Schriftsteller zählen nach hunderten von Bänden.

In ähnlicher Richtung wie Migne wirkten GAUME FRÈRES.

[Sidenote: Eug. Belin.]

Im Unterrichtsfache weist der Buchdrucker und Verleger EUGÈNE BELIN
mehr als 1000 Werke auf. ARMAND COLLIN & CO., eine Firma neueren
Datums (1870), liefert Schulatlanten in Farbendruck zu sehr billigen
Preisen. CH. DELAGRAVE hat, unter Mitwirkung bedeutender Fachmänner, das
_Institut géographique de Paris_ gegründet, aus welchem Brues _Atlas
universel_, von E. Levasseur revidiert, hervorging. Er verlegte ferner
viele biographische und technische, reich illustrierte Dictionnaire,
grosse Wand- und Reliefkarten, Globen etc.

P. DUCROQ (1836) war einer der ersten, die für Bildungswerke die
Illustration mittels Stahlstichs im Verein mit Holzschnitten einführten.
Seine _Bibliothèque des familles_ in Bänden zu 2 Franken ist sehr
beliebt. DELARUE giebt gute Klassiker-Ausgaben zu billigen Preisen
heraus.

Eine Spezialität aus liturgischen und archäologischen Werken macht die
_Société générale de librairie catholique_ und sie sucht die belgische
Produktion nach dieser Richtung hin aus dem Felde zu schlagen. In
ihrem Verlag erscheint auch eine Ausgabe der _Acta sanctorum_ der
Bollandisten; ferner der _Recueil des historiens des Gaules et de la
France_; die, 1626 begonnene, _Gallia christiana_, auch Werke im alten
Stil mit kunstreichen Einfassungen, als: _Notre-Dame de Lourdes_ und
_Christoph Colombe_, werden dort gedruckt.

Unter den grossen Nachschlagewerken müssen genannt werden: Die
_Biographie universelle_ (1811) von J. und L. G. Michaud, 84 Bände;
W. Ducketts _Dictionnaire de la conversation_, 68 Bände (1812-1814);
ein ähnliches Werk erschien in 52 Bänden bei BELIN-MANDAR. Als ein
seltenes Beispiel der grossen Verbreitung eines gelehrten Werkes steht
die bei diesem Verleger (1838) erschienene Konkordanz von Dutripont da,
lateinisch geschrieben, ein in 28000 Expl. verkaufter Quartband von 200
Bogen in dreispaltigem Satz.

Ein Sammelwerk von grossem Umfang war _Collection Baudry_, zahllose
deutsche, italienische, spanische und andere schönwissenschaftliche
Werke, leider allerdings lauter Nachdrucke, enthaltend. Als die
Franzosen so heftig über die Brüsseler Nachdrucker herfielen, hätten
sie nicht vergessen sollen, dass sie es selbst nicht besser gemacht
haben. Dass die grossen Ausgaben der deutschen Klassiker, die bei TETOT
erschienen, keinen Erfolg hatten, beweist nicht den Mangel an gutem
Willen zu schädigen.

[Sidenote: G. Charpentier * 1805.]

Durch den Buchdrucker HENRI DELLOYE unternahm G. CHARPENTIER eine
Sammlung französischer Werke in dem nach ihm benannten und oft zur
Verwendung gekommenen hübschen Format in 18°. Diese elegant und kompakt
gedruckten Bände, von denen in wenigen Jahren über 400 erschienen,
fanden durch ihre Eleganz und den damals wohlfeilen Preis von 3-1/2
Franken grossen Beifall.

Unter den Herausgebern von Werken der schönen Litteratur ist CH. A.
PERROTIN, der Verleger Bérangers, zu nennen. Er erwarb des letzteren
Gedichte gegen Zahlung einer Jahresrente, die er freiwillig bedeutend
erhöhte, und blieb Bérangers Freund bis an dessen Ende und nachher
sein Testamentsvollstrecker. POURRAT Frères druckten eine sehr schöne
Ausgabe von Chateaubriands Werken in 36 Bänden. Bekannt waren auch
GUSTAVE BARBA, Vater und Sohn, welche den Roman in Heften zu 20 Cent.
einführten. Mit immensem Erfolg lieferte CHARLES GOSSELIN die Werke W.
Scotts, Coopers, Lamartines u. a.

Die bedeutendsten Romanverleger waren jedoch MICHEL LÉVY FRÈRES (1836),
jetzt CALMAN LÉVY, deren jährliche Produktion etwa 1-3/4 Millionen Bände
beträgt, in etwa 200 neuen Werken und 650 neuen Abdrücken. Sie gaben
eine grosse Zahl der Werke Scribes, Dumas' u. v. a. heraus und führten
die billigen Ausgaben in Bänden zu 1 Frank (jetzt 1 Frank 25 Cent.) ein,
deren Zahl mehr als 1500 beträgt, während die Zahl der Theaterstücke an
6000 heranreicht. Sie gründeten auch _L'Univers illustré_.

Wir wenden uns jetzt einer Firma zu, welche sich in keine Klasse
einordnen lässt, fast einzig in ihrer Art dasteht und, obwohl zu den
jüngeren gehörend, alle anderen überflügelt hat: L. HACHETTE & CO.

[Sidenote: L. Hachette & Co.]

[Sidenote: _Les Évangiles._]

»Sollte jemand dem Verleger die Eigenschaft als Produzent streitig
machen, und ihn zu einem einfachen Händler stempeln wollen, der nichts
zu thun hat, als das Manuskript in die Druckerei zu tragen und dann
das zurückempfangene Druckwerk einfach zu verkaufen, so möchten wir
ihm die Leistungen der Firma Hachette entgegensetzen«[121], sagt ein
Bericht über die Wiener Ausstellung 1873 und diese Worte müssen sich
unwillkürlich dem aufdrängen, welcher das Entstehen und das Wachstum
dieses Hauses[122] ins Auge fasst. Sein Begründer LOUIS HACHETTE,
geboren in Rethel, lag erst den Studien ob und begründete dann, 1836,
eine pädagogische Buchhandlung unter der Devise: _Sic quoque docebo_.
1837 erhielt er auch Brevet als Buchdrucker, die Firma übte jedoch
dies Geschäft nicht. Im Jahre 1859 traten seine Schwiegersöhne L.
Breton und A. Templier dem damals bereits bedeutenden Geschäfte als
Teilhaber bei. Unverrückt wurde von der Begründung ab die Thätigkeit
auf alles gewendet, was für die Erziehung des Kindes, die Belehrung
und Veredlung des Jünglings oder der Jungfrau, die Fortbildung des
Mannes oder der Frau dient, und mit Stolz kann die Firma auf ihren,
eine ganze und grosse Bibliothek bildenden Verlag zurückblicken und
mit dem Bewusstsein, nie die edelste der Künste anders als in würdiger
Weise verwendet zu haben. Und dies bezieht sich nicht allein auf das
Innere der Bücher, sondern auch äusserlich ist alles in der besten
Ausstattung hergestellt, manchmal zu erstaunlich billigen Preisen.
Dieses konsequente, nie nachlassende Streben hat auch seinen äusseren
Lohn gefunden und das Haus Hachette steht durch seine Grösse und
die vortreffliche Organisation wohl unübertroffen da. Die mit 300
Angestellten arbeitende Anstalt unter Leitung der Teilhaber G. HACHETTE,
BRETON, E. und A. TEMPLIER und R. FOURET versendet monatlich gegen 18000
Kolli und hat einen jährlichen Umsatz von etwa 15 Millionen Franken.
Wie Mame widmen sie dem billigsten Buche dieselbe Sorgfalt wie dem
teuersten, und was dies sagen will begreift sich, da die Verlagswerke
der Zahl 5000 nahekommen. Aus dieser Masse Einzelnes herauszugreifen
hat seine Schwierigkeiten, es seien nur kurz erwähnt die bändereichen
Kollektionen _Bibliothèque variée_; _Bibliothèque des chemins de fer_;
die _Guides-itinéraires_; die _Bibliothèque rose illustrée_; der
_Dictionnaire des contemporains_ von G. Vaperau; das in mehr als 150000
Exemplaren gedruckte illustrierte _Journal pour tous_, schliesslich ein
monumentales Druckwerk für Jahrhunderte: die Prachtausgabe der vier
Evangelien, zwei Bände im grössten Folioformat. Bida lieferte hierzu im
Format des Werkes 128 Zeichnungen, die von fünfzehn der besten Künstler
radiert wurden. Die Zeichnung zu der von der _fonderie générale_
geschnittenen Schrift rührt von Ch. Rossigneux her, der ebenso 290
Zeichnungen zu den in Stahl gestochenen Anfangs- und Schlussvignetten,
sowie zu den Initialen, unter Vermeidung der Anwendung jeder
menschlichen Figur, komponierte. Jules Claye führte den typographischen
Druck aus. Rote, quer über das ganze Format gehende Linien umgeben
den Text. Die Anwendung der verschiedenen Druckweisen, Kupfer- und
Bücherdruck, und der rote Druck, verlangten, dass jeder Bogen 32 mal
durch die Hände der Arbeiter ging, ehe er als fertig bezeichnet werden
konnte. Elf Jahre wurden unausgesetzt auf die Arbeit verwendet.

  [121] G. MASSON, _Rapport sur les arts graphiques, Vienne 1873_.
        Paris 1873.

  [122] _Notice sur la vie de L. Hachette._ Paris 1864.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Bibliophilie.]

Wie Frankreichs Fürsten ausnahmslos die Typographie liebten, wenn sie
auch die Presse hassten, so erhielt sich im Volke fortwährend eine Liebe
für schöne Bücher, und der Wunsch, solche zu besitzen. Es war weniger
eine Bibliophilie oder Bibliomanie im Sinne der englischen Sammler, die
enorme Summen für ein mangelhaftes Produkt zahlten, nur weil es alt und
selten war; man fand in Frankreich Lust an dem Besitz »schöner« Ausgaben
auf Extra-Papier und in feinen und kostbaren Einbänden mit Stichen in
ersten Abdrücken. Es wurden, um dieser Liebhaberei zu genügen, sehr
viele Bücher in Frankreich gedruckt und gekauft nur der Ausstattung
halber, und ein Bücherliebhaber erwarb unter Umständen zehn Exemplare
eines und desselben Werkes, wenn es in zehn schönen Ausgaben zu haben
war.

[Sidenote: Die archaïstische Druckrichtung.]

[Sidenote: L. Perrin * 12. Mai 1799.]

Natürlich war es demnach auch, dass das Zurückgreifen auf die
Renaissance vornehmlich von Frankreich ausging und dort Nahrung fand.
Unter den französischen Buchdruckern dieser Richtung zeichnen sich
besonders zwei aus, Louis Perrin und D. Jouaust. LOUIS BENEDICT PERRIN,
in Lyon geboren, war mit bedeutendem Sinn für Kunst begabt. 23 Jahre
alt etablierte er sich mit Durand. Perrin war von dem Gedanken beseelt,
die Druckerei zu regenerieren. Das Mechanische sei zwar vollendeter
geworden, jedoch die Kunst in der Schriftgiesserei fehle. Ein tüchtiger
Maler Pierre Revoil bestärkte Perrin in seinen Ansichten, dass man zu
den Formen zurückkehren müsse, deren sich Vascosan, de Tournes und
andere bedient hatten. Perrin war nicht in der Lage, seine Ideen ohne
Rücksicht auf die Kosten durchsetzen zu können, und in Frankreich war es
einem Provinzialbuchdrucker doppelt schwierig, durchzudringen. Gegen das
Jahr 1846 liess er eine Sammlung von schönen Kapitalschriften aus der
Zeit des Kaisers Augustus schneiden. Die damit gedruckten _Inscriptions
antiques de Lyon_ 1854, ein grosser Quartband mit über 400 Inschriften,
machte grosses Aufsehen und Didot erklärte das Buch für ein Meisterwerk
ersten Ranges. 1854 konnte Perrin das erste Werk mit der von ihm nach
Mustern des XVI. Jahrhunderts veranlassten Antiqua und Cursiv drucken:
Luigi Cibarios _Delle Artiglerie_, welches er auch mit Vignetten im
Renaissancestil schmücken liess.

In seinen Bestrebungen war ihm auch der Zufall günstig. Beim Durchsuchen
der Nachlassenschaft des alten Hauses Rey in Lyon fand er eine
vollständige Sammlung von Matern aus dem Ende des XVI. Jahrhunderts oder
aus dem Anfang des XVII. Jahrhunderts, so dass er imstande war, eine
Ausgabe von Rabelais mit denselben Typen zu drucken, die seinerzeit
François Just und Etienne Dolet verwendeten. Unter seinen Drucken
gelten für besonders schön _Le Théâtre du Molière_ mit Vignetten von
Hillemacher; die _Généalogie de la maison de Savoye_; _Parfums, chants
et couleurs_. Der Sohn setzte das Geschäft mit MARINET fort.

[Sidenote: D. Jouaust.]

Als sein Rival ist D. JOUAUST[123] zu nennen, welcher namentlich die
Werke der _Académie des bibliophiles_, den Verlag des Herausgebers
der _Bibliothèque Elzévirienne_, P. Janet, später Paul Daffis', sowie
des A. Lemerre druckte. Seine Ausgabe des Dichters Régnier gilt als
eine Musterleistung. Der Druck solcher Ausgaben erfordert je nach der
Verschiedenheit des Papiers eine andere Behandlung und bedingt eine
fortwährende Aufmerksamkeit. Das _Papier Whatman_, von einer feinen,
festen und durchsichtigen Masse, zeichnet sich durch eine blendende
Weisse aus, welche nicht das Resultat irgend eines chemischen Prozesses
ist, sondern nur von der Vorzüglichkeit des verwendeten Materials
herrührt. Das chinesische Papier, in welches die Schwärze leichter
eindringt, giebt einen Druck von milderer und gleichmässigerer Färbung
und ist namentlich für Bücher mit Vignetten geeignet. Das Pergament
zeigt sich dagegen widerspenstig in der Annahme der Farbe und verlangt
die allergrösste Sorgfalt in der Behandlung.

  [123] _Imprimerie Jouaust. Catalogue descriptif et raisonné._ Paris
        1867.-- Ann. d. Typogr. II. Bd. 1870, Nr. 66. -- VII. Bd. 1875,
        Nr. 304.

Derjenige Verleger, der sich am meisten um die Verbreitung der
Ausgaben für Bücherliebhaber und die archaïstische Richtung in der
Druckerei bemüht hat, ist PIERRE JANET, aus Bordeaux gebürtig. Seine
Elzevierbibliothek alter und klassischer französischer Autoren des XVI.
und XVII. Jahrhunderts umfasst mehr als 100 Bände und wurde von Paul
Daffis fortgesetzt. Daneben beschäftigte sich Janet eifrigst mit der
Verbesserung der Zeichen für die chinesische Sprache, welche er sich
selbst zu eigen gemacht hatte.

Unterstützung fanden solche Bestrebungen nicht minder bei
BACHELIN-DEFLORENNE durch dessen _Bibliophile français illustré_; _Album
de Relieures_; _Armorial du Bibliophile_ und seine _Collection des
bibliophiles français_. LÉON TÉCHENER FILS ist Herausgeber von _Bulletin
du bibliophile_ und _Bulletin universel de la Bibliographie_.

[Sidenote: Fortschritt oder Rückschritt?]

Liegt nun der Reiz der Renaissance-Schriften nur in dem Alter oder
haben sie wirkliche Vorzüge? Letzteres muss unbedingt bejaht werden.
Dass grosse Fortschritte in der Schriftschneiderei gemacht sind, setzt
keineswegs voraus, dass alle älteren Schriften geringer oder weniger
geschmackvoll gewesen sind als die heutigen, auch nicht, dass solche
Schriften älteren Datums nur in Rücksicht auf die Zeit ihres Entstehens
Anerkennung verdienen. Würde es jemand einfallen, ein bedeutendes
Kunstwerk der Glanzzeit der Malerei oder ein bewundernswertes Hausgerät
aus der besten Periode der Renaissance nur in Anbetracht seines Alters
erträglich zu finden? Nicht besser ist es aber, wenn man in Bezug auf
die Meisterwerke aus der Blütezeit der Typographie Stimmen hört, wie:
»Es ist zwar alles mögliche, wenn man bedenkt, wie alt die Bücher sind!«
Als ob nicht diese Schriften an und für sich mustergiltig wären und
uns als Vorbilder dienen könnten. Sie bedürfen nicht einer schonenden
Beurteilung »des Alters wegen«; letzteres sagt uns aber, dass sie zu
einer Zeit entstanden sind, in der die Liebe zur typographischen Kunst,
der individuelle Charakter, der geläuterte Geschmack und das ästhetische
Gefühl sich weit stärker geltend machten, als es jetzt der Fall ist, wo
die meisten fertig zu sein glauben, wenn sie nur neue Schriften, feines
Papier und teure Schwärze zur Verwendung bringen, dagegen um Stil und
Charakter eines Druckwerkes sich gar nicht bekümmern.

Es dürfte sehr fraglich sein, ob die Schriften neueren Schnittes mit
den grossen Unterschieden zwischen Grund- und Haarstrichen, welche
letztere wegen ihrer Feinheit oft kaum zu bemerken sind, eine wirkliche
Verbesserung seien und ob der Leser verpflichtet ist, jedes Produkt der
Laune des Schriftgiessers, mit welchem er seinen Konkurrenten den Rang
abzugewinnen sucht, schön zu finden, oder ob wirklich ein Mensch alles
guten Geschmackes bar ist, weil ihm die Renaissance-Schriften mit ihrer
dem Auge so wohlthuenden Ruhe sympathisch sind.

Schliesslich sei noch bemerkt, dass die Bezeichnung Elzevier-Schriften
eine ungerechtfertigte ist, denn die Originale bestanden schon ein
Jahrhundert vor den Elzevieren, zutreffender wenigstens ist die
Bezeichnung Aldinsche Schriften.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Bibliographie.]

Unter den Männern, die, waren sie auch nicht selbst ausübende
Typographen, doch einen ehrenvollen Platz in der Geschichte der
Typographie verdienen wegen ihres Einflusses auf das Buchgewerbe, sind
namentlich Brunet und Renouard zu nennen.

[Sidenote: J. Ch. Brunet * 2. Nov. 1780.]

JACQUES-CHARLES BRUNET, Sohn eines kleinen Buchhändlers in Paris,
widmete sich dem Beruf des Vaters. Er war der eigentliche Gründer des
antiquarischen Buchhandels in Frankreich; seine Berühmtheit verdankt er
aber seinem Werke _Manuel du libraire_, von dem 1810 die erste, 1865
die fünfte Auflage erschien. Die Vervollkommnung dieses Werkes war
seine Lebensaufgabe. Er nahm keinen Titel auf, wenn er das Werk nicht
selbst in den Händen gehabt hatte. Von Firmin Didot Frères & Co. für die
Abtretung des Eigentumsrechtes an das _Manuel_ eine Leibrente geniessend
verbrachte er sein Leben still und rüstig arbeitend.

[Sidenote: A. A. Renouard [+] 1853.]

ANTOINE-AUGUSTIN RENOUARD, der in hervorragender Weise die Eigenschaften
des Buchhändlers, Sammlers und Schriftstellers in sich vereinigte,
wurde 1765 in Paris geboren. Schon frühzeitig ward er von Bewunderung
für die Familie des Aldus Manutius in Venedig erfüllt und von dem
Wunsche beseelt, ihre Geschichte zu schreiben. Dazu sammelte er erst die
Ausgaben dieser berühmten Drucker in einer an Vollständigkeit grenzenden
Weise und schrieb nun seine _Annales de l'imprimerie des Aldes_ 1803. 2
Bde. Die 3. Auflage, welche das letzte Wort der Bibliographie in Bezug
auf die Aldi spricht, erschien 1834. Kaum mit diesem Werke fertig,
lenkte er seine Studien auf die Familie Stephanus und 1837 erschienen
seine _Annales de l'imprimerie des Étienne_, von welchen 1843 die zweite
Auflage folgte. Das Werk hat ebenfalls seine bedeutenden Verdienste,
wenn es auch nicht die Arbeit über die Aldi erreicht. Von seiner
eigenen vorzüglichen Bibliothek liess er 1818 den _Catalogue de la
bibliothèque d'un amateur_ in 4 Bänden erscheinen, in welchem ein Schatz
von interessanten Notizen niedergelegt ist. Sein Sohn Jules Renouard im
Verein mit JULES TARDIEU lieferte viele tüchtige Verlagswerke, darunter
_Galerie des peintres_.

[Sidenote: L. C. Silvestre * 1762.]

An den obigen schliesst sich nicht unwürdig an LOUIS CATHERIN SILVESTRE,
dessen Auktionsinstitut Weltberühmtheit erlangte. Eine Spezialität von
ihm waren die Buchdruckermarken und er liess, als Fortsetzung der Werke
Roth-Scholtz', seine _Marques typographiques_ mit 1237 Abbildungen
von Druckerzeichen erscheinen. Silvestre hatte in Pierre Janet einen
würdigen Nachfolger.

Die neuere französische Bibliographie ist in den besten Händen und zwar
in denen zweier Deutschen: C. REINWALD & CO., welche den _Catalogue
annuel de la librairie française_ herausgiebt und O. LORENZ, der den
_Catalogue de la librairie française_ seit 1840 erscheinen lässt.

[Sidenote: M. Bossange * 1766.]

[Sidenote: H. Bossange.]

Für die Verbreitung der Erzeugnisse der französischen Litteratur im
Auslande hatten MARTIN BOSSANGE PÈRE[124] und dessen Sohn HECTOR
BOSSANGE grosse Verdienste. Nach dem Frieden mit England etablierte
Bossange ein grosses Haus in London, später auch in Leipzig. Der Sohn
HECTOR BOSSANGE setzte das Werk des Vaters fort, gründete Buchhandlungen
in Montréal in Canada, in Quebeck, New-York, Rio de Janeiro, Odessa.
Sein grosser Katalog vom Jahre 1845 von gegen 31000 Werken galt als ein
Musterkatalog.

  [124] J. M. QUERARD, _Quelques mots sur M. Bossange père_. Paris 1863.

                   *       *       *       *       *

Die französische Bücherproduktion hält ungefähr mit der deutschen
Schritt. An Drucksachen erschienen im Jahre 1879: Bücher und Broschüren:
14122, Musikstücke 2424, Kupferstiche, Lithographien etc. 4661.

So bedeutend die Bücherausfuhr aus Frankreich sich gestaltet, so wenig
konkurrieren die französischen Buchdrucker mit dem Auslande, während
Belgien, England und Deutschland in der Lage sind, Druckarbeiten für das
Ausland zu übernehmen. Mehr als die Arbeitsverhältnisse trägt wohl dazu
bei, dass die französischen Buchdruckereien nicht so gut auf schwierige
Arbeiten eingerichtet sind, wie namentlich die deutschen.

In Paris absorbiert die Journalistik fast alle tüchtigen Setzerkräfte,
trotzdem ist es auf Grund der Eigentümlichkeiten der französischen
typographischen Art und Weise dem fremden Arbeiter schwer, in Paris
fortzukommen[125]. Viele Bücher, bei welchen übertriebene Schnelligkeit
nicht notwendig ist, werden jetzt ausserhalb Paris gedruckt; besonders
gilt dies von Neudrucken älterer Werke, sodass den grossen Pariser
Werkdruckereien namentlich diejenigen Werke verbleiben, bei welchen,
zudem unter gedrückten Preisen, grosse Ansprüche an Material und
Schnelligkeit gestellt werden. Unter solchen Verhältnissen verlieren
diese die Lust an der Lohndruckerei und legen sich selbst auf das
Verlegen. Die Typographie in Paris steht auf einem Vulkan; selbst kurz
vor der Weltausstellung 1878, wo es galt, alle Kräfte zusammenzunehmen,
trug die _Société typographique_ kein Bedenken, einen sehr kostspieligen
und wenig erfolgreichen Strike in Scene zu setzen. Die Lokale der
eigentlichen Werkdruckereien liegen meist zwischen Häusermassen
eingeklemmt und haben sich erst nach und nach mit dem wachsenden
Geschäft erweitert, sodass ihnen meist die ersten Erfordernisse:
Raum, Licht und Luft, fehlen. Alle diese Verhältnisse fangen an, den
Provinzdruckereien zugute zu kommen. Dringen auch die Fortschritte etwas
langsamer in diese ein, so haben sie dafür ein festeres, anhänglicheres
und gut geschultes Personal. Zweckmässige Lokaleinrichtungen sind
weniger kostspielig als in Paris und manche Provinzdruckerei kann
sich schon mit tüchtigen Pariser Offizinen messen. Einen wesentlichen
Vorschub leisten die vielen lokalen Gesellschaften für Kunst und
Wissenschaft, namentlich Archäologie, welche viele Werke mit Aufwand
hinsichtlich Ausstattung, Illustration und Beigabe von Kunstblättern
für ihre Rechnung drucken. Auch fangen die Provinzbuchdrucker an,
selbst zu verlegen und Depots in Paris zu errichten. Kurz, wenn auch
die Zentralisation noch eine bedeutende ist, so bereitet sich offenbar
eine Dezentralisation im Sinne des deutschen Buchgewerbes vor und man
fängt mit Versuchen an, sich von dem allmählich überwältigend gewordenen
Einfluss des Pariser Geschäfts zu emanzipieren.

  [125] Auf Sitte und Arbeitsweise der Pariser Setzer wirft ein
        Werkchen Eugène Boutmys: _Les typographes parisiens, suivi d'un
        petit dictionnaire de la langue verte typographique_, Paris
        1874, interessante Schlaglichter.

Mit Ausnahme der administrativen Arbeiten, welche in grosser Zahl und
mit grossem Geschick ausgeführt werden, haben die Accidenzien weder in
Quantität noch Qualität eine solche Bedeutung, wie in Deutschland. Im
allgemeinen werden, und wohl nicht ganz mit Unrecht, dort nicht eine
solche Sorgfalt und solche Kosten wie hier auf diese sehr schnell dem
Papierkorb verfallenden Drucksachen verwendet; diese lässt man lieber
den Werken selbst zukommen.

Ein ziemlich klares Bild von dem Zustand des Accidenzdruckes in
Frankreich, soweit dieser dem Buchgewerbe dienstbar ist, liefern die
Kataloge zu den Fachausstellungen, die in dem Hause des _Cercle_
in den letzten Jahren abgehalten wurden. Diese Kataloge sind durch
die vereinten Kräfte einer Anzahl der bedeutendsten Buchdruckereien
hergestellt, von welchen jede einen halben oder einen ganzen Bogen
geliefert hat, ohne dass eine andere Grenze auferlegt war, als die
Innehaltung des Papierformats. Man darf also annehmen, dass das
möglichst Beste geliefert wurde. Es geht aus diesen Katalogen hervor,
dass man seit dem vortrefflichen Derriey fast stehen geblieben ist.

Die Zeitungslitteratur hatte in Frankreich mit manchen Hindernissen
zu kämpfen, die nun durch das Pressgesetz von 1881 beseitigt sind.
Die grossen Journale haben fast alle denselben äusseren Umfang, vier
Seiten in gross Folio. Die Franzosen, im ganzen mässig, mögen auch nicht
täglich eine solche Masse von geistiger Kost geniessen, wie sie ein
englischer Lesermagen verträgt. Versuche mit Blättern nach letzterem
Mass eingerichtet sind vollständig fehlgeschlagen. Durch ihre, den
nationalen Eigentümlichkeiten ganz Rechnung tragende Organisation
darauf berechnet, das, worauf es ankommt, mit Leichtigkeit ins Fleisch
und Blut dringen zu lassen, üben jedoch die französischen Journale
einen ausserordentlichen Einfluss auf die Partei, deren Interessen sie
verfechten. Des grossen Anlagekapitals, wie ein solches in England
notwendig ist, bedarf ein neues französisches Journal nicht; es genügt
eine mässige Summe, wenn sich mit dieser die genügende Intelligenz und
journalistische Routine des wirklichen Leiters verbindet. Ist dieser ein
beliebter Schriftsteller oder eine politische Grösse, so stellt sich das
Publikum rasch ein.

Die kleinen Zeitungen erscheinen gewöhnlich in einem Format, halb
so gross, als das ihrer grossen Schwestern, ihr Einfluss und ihre
Verbreitung sind jedoch bedeutend. Das _Petit Journal_[126] wurde Ende
1880 in 598309 Exemplaren gedruckt und ergab einen Gewinn von drei
Millionen Franken. _La petite république_ hatte eine Auflage von 196372,
die _Lanterne_ von 150531, _Le petit moniteur_ von 100476 Exemplaren.
Die tägliche Gesamtproduktion der Journalnummern erreichte die Ziffer
1984521, von welcher dreiviertel auf die republikanische Presse kam.

  [126] F. MAILLARD, _Le petit Journal_ 1850-1860.

Zum Beginn des Jahres 1869 erschienen[127] in Frankreich 2110 Journale
aller Art, jetzt 3135. Von diesen kamen im Jahre 1869 auf Paris 816,
auf die Provinz 1294; jetzt resp. 1355 und 1780. In Paris fand demnach
ein Wachstum von 539 Journalen statt, in der Provinz von 425. Letzteres
trifft namentlich die kleineren Städte, besonders solche, die früher
kein Journal aufzuweisen hatten, während die grösseren Städte stabiler
geblieben. Unter den Pariser Blättern waren 75 politische Tagesblätter,
168 Journale politischen Inhaltes.

  [127] ED. TEXIER, _Hist. des journaux_. Paris 1851. -- E. HATIN, _Hist.
        du Journal en France_ 1631-1853. -- F. MAILLARD, _Hist.
        anecdotique et critique de 150 journaux_ und dessen _Hist. de la
        presse parisienne_. Paris 1859. -- ALFR. SIRVEN, _Journaux et
        Journalistes_. Paris 1865. -- A. GAGNÈRE, _Hist. de la presse
        sous la Commune_. Paris 1881.

Am 10. September 1870 waren die gesetzlichen Bestimmungen, welche
hemmend auf die Errichtung graphischer Etablissements wirkten, gefallen
und der erste Paragraph des Pressgesetzes von 1881 bestätigt dieses
durch die Bestimmung: »Die Buchdruckerei und der Buchhandel sind frei«.
Vergleicht man den Stand der graphischen Gewerbe vor dem Kriege mit dem
heutigen, so begegnet einem selbstverständlich besonders eine grosse
Vermehrung der Buchdruckereien in Paris, wo die Zahl der Brevets früher
auf 80 beschränkt war. Doch muss man diese Zahl nicht ganz buchstäblich
nehmen, sie betrug thatsächlich wenigstens 150, indem manche Buchdrucker
auf Brevets von Kollegen arbeiteten.

Für den Buchhandel hatte die erlangte Freiheit nicht die Bedeutung wie
für die Buchdruckerei, denn wenn ein Brevet auch für den Buchhändler
erforderlich war, so hielt es doch, da die Zahl nicht beschränkt war,
nicht schwer, ein solches zu erlangen. Es fand sogar in dieser Branche
ein Rückgang statt. In den übrigen graphischen Gewerben zeigt sich,
wenn man die Jahre 1868 und 1882 mit einander vergleicht, einigermassen
ein Stillstand. Doch dürfen, wenn man daraufhin Schlüsse ziehen will,
die schweren Jahre für das Land und auch der Umstand nicht übersehen
werden, dass durch die Abtretung von Elsass-Lothringen sich der
Bestand plötzlich um 259 Buchhandlungen, 35 Buchdruckereien und 59
lithographische Anstalten, sowie um drei Städte von 50000 Einwohnern
verminderte, die bei einem Vergleich mit dem Wachsen der graphischen
Anstalten in Deutschland dann doppelt wirken[128].

  [128] Da ein solcher Vergleich der graphischen Machtstellung
        Frankreichs und des Deutschen Reiches, welche jetzt an Umfang
        und Einwohnerzahl sich ziemlich gleichstehen und nicht unter
        so grundverschiedenen Verhältnissen, wie sie sich bei einem
        Vergleich mit England oder Amerika darbieten, arbeiten, nicht
        nur von Interesse, sondern auch von Wichtigkeit ist, so
        bedarf es wohl kaum einer Entschuldigung, wenn die Statistik
        Frankreichs und des Deutschen Reiches in diesem Handbuche etwas
        ausführlicher behandelt wird, als die der anderen Länder. Als
        Grundlage für die Notizen über Frankreich dienten namentlich die
        Angaben des _Annuaire de la librairie_ von 1868 und 1882. Vergl.
        auch CHAIX, _Statistique de l'imprimerie en France_. Paris 1874.

Die beifolgende Tabelle zeigt den Stand der verschiedenen Pressgewerbe
in den Jahren 1868 und 1882.

      -----+-----------------------------------------------+------
      1868 |               Frankreich zählte:              | 1882
      -----+-----------------------------------------------+------
      1094 | Buchdruckereien                               | 1722
      1549 | Lithographische Anstalten                     | 1692
       244 | Kupfer- und Stahldruckereien                  |  169
      6001 | Buchhandlungen                                | 6134
       423 | Musikalienhandlungen                          |  536
       245 | Kunsthandlungen                               |  288
           |                                               |
           |         Von diesen kommen auf Paris:          |
           |                                               |
        83 | Buchdruckereien                               |  244
       436 | Lithographische Anstalten                     |  495
       160 | Kupfer- und Stahldruckereien                  |   92
      1649 | Buchhandlungen                                | 1072
       119 | Musikalienhandlungen                          |  105
       126 | Kunsthandlungen                               |   98
           |                                               |
           | Ausserdem in Paris andere graphische Gewerbe: |
           |                                               |
        42 | Schriftgiessereien und Stempelschneidereien   |   52
        15 | Stereotypien und galvanoplastische Anstalten  |   17
       167 | Gravieranstalten für Metall und Stein         |  156
        64 | Xylographische Anstalten                      |  102
        25 | Buchdruckerei-Utensilienhandlungen            |   44
        43 | Maschinen- und Pressenfabrikanten             |   56
        20 | Farbefabriken                                 |   29
        87 | Papierhandlungen _en gros_                    |   74
       992 | Papierhandlungen _en détail_                  |  906
       348 | Buchbindereien und Broschieranstalten         |  343
        40 | Kolorier- und Vergolder-Anstalten             |   49
        42 | Inseraten-Bureaus                             |   35
           |                                               |
           |   Ausserhalb Paris stellen sich die Zahlen:   |
           |                                               |
      1011 | Buchdruckereien                               | 1478
      1197 | Lithographische Anstalten                     | 1274
      4352 | Buchhandlungen                                | 5062
       413 | Musikalien- und Kunsthandlungen               |  621

Die pressgewerblichen Verhältnisse der Städte aufwärts von 50000
Einwohnern (die Hunderte in abgerundeten Zahlen) sind folgende:

    --------------+-----------+---------+----------+-------+---------
        Städte    | Einwohner-|  Buch-  | Lithogr. | Buch- |  Zeit-
                  |   zahl    | drucker.|Anstalten | handl.|schriften
    --------------+-----------+---------+----------+-------+---------
    Lyon          |  324000   |    32   |    52    |  100  |    67
    Marseille     |  300000   |    36   |    33    |   45  |    66
    Bordeaux      |  197500   |    31   |    71    |   91  |    54
    Lille         |  178000   |    32   |    40    |   66  |    34
    Toulouse      |  127000   |    19   |    28    |   56  |    51
    Nantes        |  122500   |    10   |    13    |   49  |    29
    Saint-Étienne |  111000   |    13   |    21    |   16  |    13
    Rouen         |  102500   |    10   |    13    |   35  |    20
    Havre         |  100000   |    19   |     9    |   35  |    13
    Roubaix       |   84000   |     6   |     5    |   15  |     5
    Reims         |   82000   |     8   |    12    |   30  |    12
    Toulon        |   77000   |     6   |     4    |   11  |    19
    Nancy         |   72000   |    10   |     9    |   37  |    28
    Brest         |   67000   |     3   |     4    |   15  |     4
    Amiens        |   61000   |     9   |     6    |   23  |    13
    Besançon      |   60000   |     9   |     9    |   13  |    23
    Limoges       |   60000   |    10   |     8    |   23  |     8
    Nimes         |   60000   |     7   |     8    |   21  |    21
    Angers        |   58500   |     9   |     7    |   23  |    20
    Montpellier   |   55500   |    19   |    10    |   26  |    16
    Nizza         |   53500   |    10   |     4    |   23  |    22
    Grenoble      |   51000   |     8   |     7    |   29  |    16
    Le Mans       |   50000   |     8   |     3    |   25  |    15
    Orléans       |   50000   |     7   |     4    |   49  |    29
    Rennes        |   50000   |     7   |     7    |   20  |    17
    Versailles    |   50000   |     5   |     3    |   32  |    25

[Illustration]


[Illustration]

                             VIII. KAPITEL.

                   DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GRUPPE.

  DIE NIEDERLANDE: Zurückgehen der Kunst. Der Nachdruck. Die neuere
    Typographie Hollands und Belgiens. -- ITALIEN: G. Bodoni. Langsame
    Fortschritte. Venedig, die Mechitaristen. Panfilo Castaldi. Der
    Buchhandel, die Familie Pomba. Rom, die Druckerei der Propaganda.
    Erfreuliche Aussichten. -- SPANIEN: J. Ibarra. Madrid. Barcelona.
    PORTUGAL: Die Staatsdruckerei. SÜDAMERIKA: Buenos Aires, Rio de
    Janeiro, Lima, Cuba, Mexiko. -- NORDAFRIKA: Algier, Ägypten. TÜRKEI:
    Aufblühen und Verfall der Kunst. Jetzige Lage.


                            DIE NIEDERLANDE.

Die typographische Glanzperiode der Niederlande war dahin. Auf die Zeit
der blutigen Knechtschaft durch Spanien folgte im Süden die Periode der
österreichischen Herrschaft. Darf auch letztere mit der ersteren kaum in
einem Atemzuge genannt werden, so war sie doch nicht geeignet, eine neue
Blüte der Typographie hervorzurufen, noch weniger war eine solche nach
der Einverleibung in Frankreich zu erwarten.

[Sidenote: Holland.]

Auch der Norden lernte erst seit 1795 als Batavische Republik unter
Frankreichs »Schutz«, dann von 1806 ab als Königreich unter einem
Napoleoniden, bis auch dieser Selbständigkeitsschein 1810 aufhörte, die
Segnungen französischer Presszustände kennen.

Der Pariser Friede 1814 löste die Länder aus der eisernen Umarmung
Frankreichs, um sie zu einem Königreiche der Niederlande zu vereinigen.
Diese, dem Zusammengiessen von Essig und Öl nicht unähnliche
Verschmelzung des protestantischen, germanischen Nordens mit dem
katholischen, zum grossen Teil französischen Süden wurde durch die
Revolution in Brüssel 1830 faktisch, durch den Frieden 1839 definitiv
und rechtlich aufgelöst.

Seit dieser Zeit entwickelte sich ein freieres geistiges Leben
in Belgien sowohl als in Holland. Zwar ist der alte Ruhm des
niederländischen Pressgewerbes nicht wieder erreicht, jedoch steht
dasselbe auf einem achtbaren Standpunkte und lässt weitere Fortschritte
erwarten.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Freiere Pressverhältnisse.]

In HOLLAND verursachten die freieren Pressverhältnisse vor dem Ausbruch
der französischen Revolution, dass viele französische Autoren und
Verleger ihre Artikel dort, namentlich in Amsterdam und dem Haag,
drucken liessen. Hierin liegt wohl zumteil der Keim zu dem später
gewerbsmässig betriebenen holländisch-belgischen Nachdruck, welcher
jedoch anfänglich keine grosse Bedeutung hatte und von selbst aufhörte,
solange die Niederlande der französischen Herrschaft unterlagen.

[Sidenote: Holländische Typographie.]

Die holländische Typographie hält fest an dem einmal angenommenen
Typenduktus mit seinen langen, schmalen und eng zugerichteten Schriften,
die insofern praktisch sind, als mit ihnen sich viel Stoff auf einen
kleinen Raum, allerdings auf Kosten eines gefälligen Eindrucks,
zusammendrängen lässt. Unter den Formaten ist ein Gross-Median-Oktav das
beliebteste und selbst Romane und Gedichte werden in demselben gedruckt.

Durch seine Kolonien in Hinterindien und auf den Inseln des indischen
Ozeans ist die Schriftgiesserei Hollands auf die Pflege der Schriften
der dortigen Eingeborenen angewiesen. Unter Aufsicht von T. Roorda
wurden von J. ENSCHEDÉ & ZOONEN in Haarlem javanische Lettern
angefertigt. Ein bedeutendes Renommé in dieser Richtung erwarb sich N.
TETTERODE in Rotterdam, welcher Mandalingisch, Batakisch, Manarisch
und Boeginesisch lieferte. Unter der Direktion von J. Hoffmann liess
die holländische Regierung auch chinesische Typen schneiden, die
später in den Besitz von E. J. BRILL in Leyden übergingen[129]. Als
Schriftgiesser wirkten ferner in Gröningen OMKENS, VAN BASKENES und
DAMSTE.

  [129] J. HOFFMANN, _Catalogus van chinesische Matrijzen en drukletters_
        1860, 1864, 1876.

[Sidenote: Statistisches.]

Im Jahre 1882 hatte Holland in 128 Städten 428 Buchdruckereien (1840
besass es nur 146), 183 lithographische Anstalten, 700 Buchhandlungen.
Die Buchdruckereien arbeiteten mit 740 Schnellpressen und 650
Handpressen. Die Zahl der lithographischen Schnellpressen war 125,
die der Handpressen 700. Die zur Verwendung kommenden Maschinen
verschiedener Art stammen namentlich aus französischen Fabriken. An
Tageblättern gab es 29, an Wochenblättern und an anderen periodischen
Schriften 397.

In AMSTERDAM liefert die KÖNIGLICHE BUCHDRUCKEREI Accidenzien für den
Staat. Eine bedeutende Anstalt ist die von ROELOFFZEN & HÜBNER in
Amsterdam mit drei Rotations- und sieben gewöhnlichen Schnellpressen;
sie druckt die in 20000 Exemplaren täglich in einem Umfange von 8-16
Seiten erscheinende _Het News van den Dag_ mit ihrem Sonntagsblatt. C.
A. SPINN & ZOON bringen sehr kunstreiche Accidenzarbeiten. Zu erwähnen
sind ebenfalls J. VAN OOSTERZEE, G. L. A. AMAND, METZLER & BARTING und
GEBR. BINGER.

In HAARLEM blüht noch das Geschlecht der ENSCHEDÉ (I, S. 251) und zeigt,
dass es nicht auf seinen Lorbeern auszuruhen gedenkt. Das Geschäft
arbeitet mit 11 Handpressen, 11 Schnellpressen und 25 Giessöfen und
zeichnet sich durch Druck von Reproduktionen, Bibeln und Wertpapieren
aus. VAN ASPERN VAN DER VELDE liefert namentlich Illustrationsdruck.

[Sidenote: Buchhandel.]

Die Interessen des holländischen Buchgewerbes werden seit 1816 von
der _Vereenigung ter Bevordering van de Belangen des Boekhandels_
vertreten[130]. Dieselbe hatte im Jahre 1881 in der Art des Pariser
_Cercle_ eine Ausstellung von den Erzeugnissen der Hülfsgewerbe
des Buchhandels veranstaltet und auch in derselben Weise wie der
_Cercle_ einen reichen Katalog erscheinen lassen[131], zu welchem 28
Buchdruckerfirmen jede eine Abteilung und verschiedene Papierfabrikanten
Papier geliefert haben. Dieser Katalog zeigt, dass die holländischen
Accidenzbuchdrucker bemüht sind, ihren Kollegen in anderen Ländern
nachzukommen. Die Arbeiten sind sauber und akkurat, wenn auch von einer
Einschlagung neuer Bahnen keine Rede ist.

  [130] _Reglement over de vereenigung ter bevordering etc._ Amsterdam
        1841. -- _Bepalingen omtrent den boekhandel._ -- L. D. PETIT,
        _Proeve einer Geschiedenis der Vereenigung etc._ Amsterdam 1875.
        -- OTTO MÜHLBRECHT, Der holländische Buchhandel seit Coster.
        Leipzig 1867. -- GUNNE, Flüchtige Gedanken über den Buchhandel
        in Holland. -- C. L. BRINKMANN, _Alphab. Naamlijst van boeken
        1850-1875_. -- F. L. HOFFMANN, _Ouvrages conc. l'histoire de
        l'imprimerie en Belgique et en Hollande_. Brüssel 1859.

  [131] _Tentoonstelling van hulpmiddelen voor den Boekhandel._ Amsterdam
        1881.

Als lithographische Farbendrucker haben TRESLING & CO. in Amsterdam
und EMRIK & BINGER in Haarlem Verdienste. Das TOPOGRAPHISCHE INSTITUT
liefert nach dem Ecksteinschen Verfahren der Schichtlegung durch die
verschiedenartige Behandlung der Schraffierungen und die dadurch
entstehende Abstufung der Töne vortreffliche Karten in Farbendruck.

Das holländische Papier ist seit alters her berühmt und von bester
Qualität. Weltruf hat das Büttenpapier von VAN GELDER & ZOONEN in
Amsterdam. Um die Farbefabrikation machte sich seinerzeit der Major
E. W. J. BAGELAER (1817) verdient; jetzt wird der Markt ganz von dem
Pariser Fabrikat beherrscht.

Die litterarische Produktion ist eine bedeutende und jährlich erscheint
eine stattliche Reihe von wertvollen Werken auf allen Gebieten, mit
Ausnahme dessen der Phantasie. An poetischen und illustrierten Werken
ist die Ausbeute keine grosse und die Lese- und Schaulust des Publikums
wird namentlich durch Übersetzungen und Bearbeitungen deutscher
Schöpfungen befriedigt.

Unter den holländischen Verlegern seien erwähnt: KEMINK & ZOON, P. W.
VAN DE WEYER in Utrecht, J. B. WOLTERS in Gröningen, A. W. SYTHOFF und
E. J. BRILL in Leyden, welche beide letzteren einen reichen Verlag
orientalischer Werke haben. Das japanisch-holländisch-englische
Wörterbuch in Brills Verlag ist eine bedeutende Leistung. Überhaupt
ist LEYDEN ein wichtiger Verlagsplatz, namentlich für medizinische
und naturwissenschaftliche Litteratur, während UTRECHT die Fächer der
Philologie und Geschichte kultiviert. Bedeutende Druckplätze sind noch
HAAG und ROTTERDAM; am letzteren Orte sind J. WÜRTHEIM & ZOON, welche
namentlich Artikel für den Export liefern, bedeutend.

[Sidenote: Fr. Müller * 22. Juli 1817.]

Einen hochangesehenen Namen in der Geschichte des holländischen
Buchhandels der neueren Zeit erwarb FREDERIK MÜLLER auf Grund seiner
Bestrebungen, System in den Betrieb des Handels und in die holländische
Bibliographie zu bringen. Müller hatte eine vorzügliche Ausbildung in
dem Etablissement von Johannes Müller, welches aus dem Geschäft von
Friedr. Arnold Brockhaus entstanden war (s. Kap. XII), erhalten. Im
Jahre 1843 etablierte er sich in Amsterdam auf dem Rockin in einem
Keller, der bald ein Sammelpunkt der angesehensten Gelehrten wurde. Eine
mit grossem Geschick ausgeführte Bücherbestellung des Vorstandes der
Sternwarte zu Pulkowa bei St. Petersburg brachte ihn in eine wichtige
Verbindung mit der St. Petersburger kaiserlichen Bibliothek und gab
Veranlassung zu der Herausgabe einer _Bibliographie néerlandorusse_
1859, welcher verschiedene bibliographische Arbeiten folgten.

Der Nachdruck hatte in Müller, trotz dem Widerstande seiner Kollegen,
den eifrigsten Bekämpfer, überhaupt nahm er den lebhaftesten Anteil
an allen den Buchhandel betreffenden Fragen. Zwei Aufgaben seines
Lebens musste er unvollendet lassen: die Abfassung einer allgemeinen
niederländischen Bibliographie und die Geschichte des niederländischen
Buchhandels, zu welcher das Material zum grössten Teil in der Bibliothek
des niederländischen Buchhändler-Vereins deponiert wurde[132].

  [132] OTTO HARRASSOWITZ, Fr. Müller. Börsenbl. f. d. d. B. 1881, Nr. 5.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Belgien.]

Der Name BELGIENS ist in der Geschichte der neueren Typographie von dem
Pariser Frieden ab und bis zu dem Vertrage mit Frankreich vom 1. Mai
1861 hauptsächlich durch die masslose Ausübung des zwar damals nicht
verbotenen, doch wenig ehrenvollen Geschäfts des Nachdruckes bekannt.

[Sidenote: Der Nachdruck.]

Da in den belgischen Provinzen die französische Gesetzgebung
auch nach der Trennung von Frankreich massgebend blieb, so waren
es selbstverständlich zuerst die besten Werke der französischen
Jurisprudenz, welche, da der Vorteil ein sicherer war, den Nachdruckern
anheimfielen. Ein Fortschritt der belgischen Typographie war dabei nicht
bemerkbar; Papier und Druck blieben mangelhaft und im Jahre 1818 hatte
Brüssel erst 18 Druckerpressen.

Der König Wilhelm, der wohl einsah, dass aus dem Druckgewerbe nur
dann ein eigentlicher Vorteil für das Land zu erwarten sei, wenn
die Erzeugnisse technisch besser ausgeführt würden, unterstützte
die Papierfabrikanten und Buchdrucker und förderte die Einberufung
französischer Arbeiter. Schon mit dem Jahre 1820 trat eine Besserung
in der Produktion ein, doch blieb der Umfang des Druckgewerbes noch
bis zur Revolution ein mässiger; der Nachdruck beschränkte sich damals
hauptsächlich auf Werke für den inländischen Bedarf und nahm erst nach
dem Jahre 1830 grossartigere Dimensionen an.

[Sidenote: Produktion.]

Während im Jahre 1815 die litterarische Produktion nur fünf Millionen
Bogen betrug, war sie 1838 auf über 32 Millionen Bogen gestiegen. 1815
war die Zahl der Buchdruckereien in den belgischen Provinzen 20 mit 27
Pressen, 1838 aber 53 mit 429 Pressen oder, wenn man die vorhandenen
Schnellpressen der üblichen Leistungsfähigkeit nach auf Handpressen
überträgt, 519 Handpressen.

[Sidenote: Grosser Umfang des Nachdrucks.]

Von der Gesamtproduktion kamen etwa acht Millionen Bogen, hauptsächlich
in Duodezformat, welches Quantum 6-700000 der damals üblichen
Romanbände gleichkam, auf die französischen Nachdrucke, deren Umsatz
sich auf etwa 3-1/2 Millionen Franken belief. Die bedeutendsten
Nachdruckerfirmen WAHLEN & CO., LOUIS HAUMANN & CO., MELINE CANS &
CO. gingen an Aktien-Gesellschaften über, die mit einem Kapital von
insgesamt etwa fünf Millionen Franken arbeiteten. Diese Gesellschaften
machten jedoch keine guten Geschäfte, da der kostspielige und
komplizierte Administrations-Apparat den Vorteil absorbierte, zudem die
kleineren Nachdrucker mit ihrem einfachen Geschäftsbetrieb die Preise
ausserordentlich gedrückt hatten.

Von der Bedeutung des Nachdrucks mögen einige Thatsachen sprechen:
Bérangers Gedichte wurden in etwa 30000 Exemplaren gedruckt; Thiers'
Revolution in 15000; Lamennais' _Paroles d'un croyant_ in 60000
Exemplaren. Die kostbarsten Werke, z. B. die mit grossen Opfern
durch Didot ins Leben gerufene neue Bearbeitung des _Dictionnaire
de l'Académie_, fielen den Nachdruckern anheim, ja selbst mit den
besten Zeitschriften als der _Revue des deux mondes_ und der _Revue
britannique_ war es der Fall. Es kam sogar so weit, dass man eine eigene
Zeitschrift _Revue des Revues_ gründete, welche eine Quintessenz
der verschiedensten periodischen Schriften von Wert brachte, während
die politischen Zeitungen Belgiens den Romanhunger des Publikums
mit Nachdrucken französischer Feuilletons stillten. Die Brüsseler
Buchhandlungen unterhielten Comptoire in London, Leipzig und anderen
Orten; in vielen Grenzorten Frankreichs errichteten sie Depots behufs
des Schmuggels, ja selbst in Algier existierte ein solches, um die
heimliche Einfuhr nach Frankreich zu betreiben.

[Sidenote: Aufhören des Nachdrucks.]

Diesem Unfug wurde, zum wahren Vorteil Belgiens, durch den Vertrag
mit Frankreich ein Ende gemacht und Belgien war nun genötigt und
auch mit Erfolg bemüht, sich auf dem Litteraturmarkt selbständig
geltend zu machen. Auch das Druckgewerbe hatte von der Änderung einen
Vorteil; denn, waren auch die Nachdrucke meist sauber ausgestattet, so
hielten sich doch alle Erscheinungen auf demselben Niveau des einfach
mittelguten Werkdrucks und von einem höheren Aufschwung der Kunst war
keine Rede[133].

  [133] _Mémoire sur la situation actuelle de la contrefaçon en
        Belgique._ Paris 1841. -- C. MUQUARDT, _De la contrefaçon_.
        Brüssel 1844. -- _Over den Nadruk in Belgien._ AUG. SCHNEE,
        _Trente ans de la littérature belge 1830-1860_. Brüssel 1861.

Der Import an Büchern aus Frankreich ist jetzt begreiflicherweise ein
bedeutenderer geworden und beträgt etwa drei Millionen Franken an Wert,
während der Export nach Frankreich nur etwa eine halbe Million Franken
erreicht.

[Sidenote: Verschiedene Buchdrucker.]

[Sidenote: E. Vanderhaegen [+] 1881.]

Ein Zweig des Pressgewerbes von grosser Bedeutung ist der Druck
liturgischer und überhaupt Andachtsbücher. Selbst die französischen
Pressen haben in dieser Richtung schwer mit der belgischen Konkurrenz
zu kämpfen. Unter denjenigen Offizinen, die sich in dieser Produktion
auszeichnen und eine grosse Ausfuhr nach allen Weltteilen haben, sind M.
H. DESSAIN und HANIQ in MECHELN, mit welchen WESMAEL-CHARLIER, LEGROS
in NAMUR und GREUSE in BRÜSSEL, welch letzterer auch die umfangreiche
venetianische Ausgabe der Bolandisten fortsetzt, konkurrieren.
Hebräische und chaldäische Werke liefern VAN LINHOUT und VAN DER ZANDE
in LÖWEN. J. S. VAN DOOSELAERE in GENT[134] ist ein, seinem Fache mit
grosser Liebe zugethaner Jünger Gutenbergs. Ein von ihm gedruckter
_Recueil descriptif des antiquités_ ist ein typographisches Kunststück,
indem der Text die äussere Form der beschriebenen kunstgewerblichen
Gegenstände nachbildet. E. VANDERHAEGEN, ebenfalls in Gent, machte sich
durch seine _Bibliographie gantoise_, 7 Bände, 1858-1869, einen Namen.
HENRI CASTERMANN & CO. in TOURNAI vereinigen mit der Buchdruckerei
auch die verwandten Geschäftszweige und den Verlagshandel. Allen ihren
Arbeiten sind Nettigkeit und Eleganz nachzurühmen.

  [134] J. S. VAN DOOSELAERE, _Aperçu_. London 1851.

In BRÜSSEL zeichnet sich AD. MERTENS durch gute Illustrationsdrucke und
Luxusarbeiten aus. F. GUYOT FRÈRES[135] sind bedeutend im Accidenzfache
und liefern viele Wertpapiere und Regierungsarbeiten, in welchen auch
F. HAYEZ Beachtenswertes produziert. BRUYLANT-CHRISTOPHE zeigt im Werk-
und Buntdruck technische Tüchtigkeit. ADOLF WAHLEN veranstaltete mit A.
Delpierres Leben der Maria von Burgund ein vorzügliches Druckwerk. Ein
glücklicher Zufall hatte ein auf das feinste verziertes, nachweislich
von der eigenen Hand der kunstsinnigen Prinzessin Marie herrührendes
Alphabet Initiale vor dem Untergange bewahrt, welches nun mit grösster
Sorgfalt für das erwähnte Werk nachgebildet wurde. Auch auf den Satz
verwendete man die grösste Mühe, so dass in dem ganzen Werk kein
geteiltes Wort vorkommt, ohne dass deshalb die Regelmässigkeit des
Ausschlusses irgendwie gestört wäre.

  [135] _Imprimerie E. Guyot._ Brüssel 1880.

Der Schatz, welchen Antwerpen in dem Plantin-Museum besitzt, durch
welches diese Stadt ein typographisches Mekka geworden, ist bereits (I,
S. 225) ausführlicher besprochen[136].

  [136] Wer nicht Gelegenheit oder Lust hat, die I, S. 225 zitierten
        Werke einzusehen, findet in Westermanns Monatsheften 1883, Heft
        319 eine ausführliche Beschreibung des Plantin-Museums.

[Sidenote: Statistisches.]

Die Zahl der Buchdruckereien in Belgien beträgt 639; davon kommen auf
Brüssel 101, Antwerpen 51, Lüttich 37, Gent 34, Brügge 21. Unter den
Schriftgiessereien zeichnen sich VANDERBORGHT und MELINE CANS & CO.
aus. Die Zeitungspresse[137] Belgiens teilt sich in zwei, einander
gegenüberstehende Lager, das katholische und das liberale. Im Jahre 1840
hatte Belgien nur 75 Journale, darunter 39 vlämische. 1880 war die Zahl
auf 388 gestiegen, darunter 143 in vlämischer Sprache. 54 Zeitungen
erscheinen täglich. Die älteste derselben ist das 1764 gegründete
_Journal de Liège_. Unter den Fachblättern sind zu nennen die _Annales
de l'imprimerie_.

  [137] J. MALLOU, _Notice statistique sur les journaux Belges_.
        Brüssel 1843.


                                ITALIEN.

[Sidenote: Italien.]

ITALIEN seufzte in der vorliegenden Periode unter dem Druck der
Fremdherrschaft bald österreichischer, bald spanischer und französischer
Machthaber. Jede freiere Geistesregung war verschwunden und infolge
davon vegetierte auch die einst so blühende Typographie nur in
kümmerlichster Weise fort. Der kleinen Stadt PARMA allein war es
beschieden, durch den einzigen bedeutenden Meister dieser Zeit einen
grossen, jedoch nur kurz andauernden Ruf zu gewinnen.

[Sidenote: J. B. Bodoni * 16. Febr. 1740, [+] 30. Nov. 1813.]

Dieser Meister, JOHANN BAPTIST BODONI[138], ward in Saluzzo von
einfachen aber respektablen Eltern geboren. Die Anfänge der Kunst
lernte er bei dem Vater und bereits frühzeitig entwickelte er ein nicht
gewöhnliches Zeichentalent und schnitt in seinen Freistunden Vignetten
in Holz, die später, nachdem der unbekannte Holzschneider ein berühmter
Buchdrucker geworden war, von Sammlern sehr gesucht wurden.

  [138] LAMA, _Vita del cavaliere G. Bodoni_, 1816, 2 Bde., von welchen
        der letztere ein analytisches Verzeichnis seiner Druckwerke
        enthält. -- J. BERNARDI, _Vita di G. Bodoni_. Saluzzo 1872.

[Sidenote: Bodoni in der Propaganda.]

Achtzehn Jahre alt begab er sich mit einem Freunde nach Rom, wo der
letztere einen Onkel hatte, von welchem die Wanderer Unterstützung
erwarteten. Die kleine Barschaft war unterwegs bald aufgezehrt, da
half Bodoni durch Verkauf von Holzschnittvignetten an Buchdrucker. Den
nach Rom Gekommenen erklärte der Onkel nicht helfen zu können. Bodoni
war zur Rückkehr entschlossen, wollte jedoch wenigstens der berühmten
Offizin der Propaganda einen Besuch abstatten. Bei diesem erregte die
Lebhaftigkeit und das gefällige Wesen Bodonis die Aufmerksamkeit des
Direktors, Abbé Ruggieri, und er wurde engagiert. Auf Veranlassung der
obersten Spitze der Anstalt, des Kardinals Spinelli, der Bodonis Streben
wohlgefällig bemerkte, nahm dieser an einem Kursus der orientalischen
Sprachen Anteil und lernte auch Arabisch und Hebräisch lesen. Mit der
typographischen Ausführung eines arabisch-koptischen _Missale_ und des
_Alphabeticum Tibetanum_ des Paters Georgi betraut, entledigte er sich
der Aufgaben in so befriedigender Weise, dass Ruggieri dem Schlusse des
Werkes den Vermerk: »_Roma, excudebat J. B. Bodoni, Salutiensis 1762_«
aufdrucken liess.

Bei der Ordnung der orientalischen Schriftenvorräte der Anstalt war die
Lust bei Bodoni entstanden, selbst Schriftschneider zu werden und er
griff diesen Gedanken mit einem solchen Eifer auf, dass er in kurzer
Zeit ein sehr tüchtiger Stempelschneider wurde. Wahrscheinlicherweise
wäre sein Schicksal für stets mit der Propaganda verknüpft geblieben,
wenn nicht der freiwillige Tod seines Gönners Ruggieri ihm den dortigen
Aufenthalt verleidet hätte. Er nahm einen Ruf nach England an, wollte
jedoch vor seiner Abreise nochmals seine Eltern in Saluzzo sehen. Dort
erkrankte er in so bedenklicher Weise, dass seine Abreise verschoben
werden musste, und als der Marquis Telino ihm das Anerbieten machte,
an die Spitze einer, der Königlichen Buchdruckerei in Paris ähnlichen
Anstalt, die man in Parma errichten wollte, zu treten, gab Bodoni das
Engagement nach England ganz auf und siedelte nach Parma über.

[Sidenote: Buchdrucker in Parma.]

Hier begann nun für ihn eine Zeit des strengsten Arbeitens, auch war er
anfänglich keineswegs pekuniär günstig gestellt. Im Jahre 1771 legte er
durch seine _Saggio tipographico di fregi et majuscola_ Proben seiner
Kunst als Stempelschneider ab. 1774 folgten _Iscrizioni esotiche_ von de
Rossi und 1775 bei Gelegenheit der Vermählung des Fürsten von Piemont
mit der Prinzessin Clotilde von Frankreich, die in 25 verschiedenen
Sprachen, orientalischen und europäischen, gedruckten _Epithalamia
exoticis linguis reddita_. Das letztere Werk richtete die allgemeine
Aufmerksamkeit auf Bodoni. Kein Reisender von Bedeutung unterliess es,
dessen Druckanstalt zu besuchen. Karl III. von Spanien ernannte ihn zu
seinem Hofbuchdrucker; Gustav III. von Schweden und Ferdinand IV. von
Neapel erteilten ihm Auszeichnungen. Alle waren einig, dass Bodonis
Erzeugnisse in Bezug auf Eleganz und Gleichförmigkeit nicht übertroffen
seien.

Im Jahre 1788 wurde ihm von dem Ritter d'Azara, dem spanischen Gesandten
in Rom, das Anerbieten gemacht, in dessen Palast eine Druckerei
für die Herausgabe griechischer, lateinischer und italienischer
Klassiker einzurichten. Unwillig darüber, dass jemand ihm eine solche
typographische Kapazität rauben wolle, gestattete der Herzog von Parma,
dass Bodoni eine ähnliche Offizin, wie die in Rom beabsichtigte, in dem
herzoglichen Schlosse einrichtete, aus welcher dann einige der schönsten
Klassiker-Ausgaben, darunter der Virgil von 1793 und Tassos _Gerusalemme
liberata_ in drei Foliobänden (1794), hervorgingen.

[Sidenote: Prachtwerke.]

Die kostbarste aller seiner Prachtausgaben war jedoch der Homer
(1808), den er dem Kaiser Napoleon dedizierte, von welchem er in der
Zeit der Franzosenherrschaft in jeder Weise begünstigt wurde. Bei der
Überreichung des Dedikationsexemplares erhielt Bodoni eine Pension von
3000 Franken. Der Vizekönig von Italien, Eugen Beauharnais, wollte ihn
gern nach Mailand, Murat nach Neapel ziehen. Bodoni wünschte jedoch
nicht Parma zu verlassen und schützte Alter und Kränklichkeit vor. Er
hasste überhaupt das Franzosentum, verstand es aber ganz wohl, sich in
die Verhältnisse zu schicken und diese sich nutzbar zu machen.

Im Jahre 1811 wurde er von Murat dekoriert. Letzterer hatte die Absicht,
für den jungen Murat eine Reihe von Klassikern drucken zu lassen. Der
Anfang wurde 1812 mit _Télémaque_ gemacht, dem 1813 Racine folgte; erst
1814, nach Bodonis Tod, erschienen Lafontaine und Boileau. Auf Grund
dieser französischen Klassiker-Ausgaben erteilte Napoleon dem Bodoni
kurz vor dessen Tode das Kreuz der Ehrenlegion in Begleitung eines
Ehrengeschenkes von 18000 Franken.

Unter Bodonis Arbeiten müssen noch zwei erwähnt werden, die für den
Typographen von Fach ein ganz besonderes Interesse haben: seine _Oratio
dominica_ und sein _Manuale tipographico_.

[Sidenote: _Oratio dominica._]

Als der Papst Pius VII. im Jahre 1805 auf seiner Rückreise von Paris, wo
ihm in der Staatsdruckerei die _Oratio dominica_ durch Marcel überreicht
worden war, durch Parma kam, forderte er Bodoni auf, zu zeigen, dass
Italien ein ähnliches Werk liefern könne. Bodoni wollte nun die Pariser
Ausgabe noch übertreffen und lieferte auch, und zwar in sehr kurzer
Zeit, die seinige in 155 Sprachen; 51 asiatischen, 82 europäischen,
12 afrikanischen und 20 amerikanischen, allerdings nur, indem die
Propaganda ihn mit ihren Vorräten unterstützte.

[Sidenote: _Manuale tipographico._]

Das _Manuale tipographico del Cavaliere Giambattista Bodoni_, zwei Bände
in kleinem Folio, wurde erst 1818 von seiner Witwe herausgegeben. Es
enthält auf 87 Seiten eine Einleitung der Witwe und 267 Seiten Proben.
Die erste Serie bringt auf 144 Blatt die _Caratteri latini tondi e
corsivi_, eine Sammlung von Antiqua- und Cursivschriften, wie sie in
solcher Vollständigkeit, Vollendung und einheitlichen Durchführung sonst
wohl selten oder nie gefunden wird. Bodoni schnitt folgende 22 Grade:
_Parmigianina_, _Nonpariglia_, _Mignona_, _Testino_, _Garamoncino_,
_Garamone_, _Filosofia_, _Lettura_, _Silvio_, _Soprasilvio_, _Testo_,
_Parangone_, _Ascendonica_, _Palestina_, _Canoncino_, _Sopracanon_,
_Canone_, _Corale_, _Ducale_, _Reale_, _Imperiale_, _Papale_. Darauf
folgen 85 Blatt Versalien, Antiqua-, Cursiv- und Schreibschriften.
Der zweite Band enthält 59 Blätter Griechisch, 33 Blätter Orientalia,
darauf, zwischen Malabarisch und Russisch, zwei Blätter _Caratteri
tedeschi_, in einer Ausführung, die allerdings nahe ans Malabarische
grenzt. Die russischen Schriften sind auf 82 Blättern sehr reich und
schön vertreten. Den Schluss machen 91 Blatt _Fregi_ (Einfassungen),
Linien und Diverse, die ohne Bedeutung sind.

Das Ganze bildet ein Druckwerk ersten Ranges. Der tiefschwarze und doch
mit wenig Farbe erzielte Druck, die Schärfe der Schrift, die Einfachheit
und das Ebenmass des Ganzen, das schöne milchweisse Velinpapier, ohne
den schädigenden Glanz der Satinage, haben ein Kunstwerk zuwegegebracht,
welches das Studium jedes Gutenberg-Jüngers verdient.

Bodonis Schriften wurden nicht allein in Italien überall verbreitet,
sondern fanden auch Eingang in Berlin durch Decker und Unger, in Leipzig
durch Breitkopf, in der Schweiz durch Gessner, in London durch Nicholls,
in Kopenhagen und an andern Orten.

[Sidenote: Krankheit und Tod.]

Bodoni war von der Natur kräftig, schadete sich aber durch übermässiges
Arbeiten. Er bezeichnete sich selbst als einen Galeerensklaven und war
in der That an die Druckerei wie angeschmiedet. Seit Jahren an Podagra
leidend, liess er sich durch Schmerz und Ungeduld verleiten, als Kur
innerhalb je 12 Stunden 36 Pfund heisses Wasser zu trinken, und er würde
dies noch weitergetrieben haben, wäre er nicht durch Ohnmachten daran
gehindert worden. Die Folge war eine Schwächung des Magens, die nicht
wieder gehoben werden konnte. Am 30. November 1813 unterlag er, und am
2. Dezember rief die grosse Glocke des Domes die Bürger Parmas zu der
feierlichen Beerdigung ihres hochverdienten Mitbürgers.

Bodonis Denkmal in Saluzzo wurde am 20. Oktober 1872 eingeweiht. Es
stellt ihn in ganzer Figur vor, umgeben von den Werkzeugen seiner Kunst.

[Sidenote: Verdienste.]

Bodoni leistete vieles ganz ausserordentlich Schöne, doch entstanden
die Produkte seiner Pressen zumteil mehr aus typographischem Ehrgeiz
als aus dem Wunsch, höheren, veredelnden Zwecken zu dienen, wie dies
in der Vergangenheit das Ziel seines grossen Landsmannes Aldus gewesen
oder in seiner Zeit das der Didots war. Er huldigte öfters zu sehr dem
Luxusdruck ohne eigentlichen Zweck. Sein Wirken erhellte deshalb zwar
eine zeitlang den typographischen Himmel Italiens, es war jedoch nicht
mit dem erwärmenden, fruchtbringenden Licht der Sonne zu vergleichen,
sondern mehr mit der prachtvollen, die Augen entzückenden Erscheinung
eines glänzenden Meteors, welches ebenso unvermutet zum Vorschein kommt,
als es rasch verschwindet.

[Sidenote: Die Typographie in Italien.]

So finden wir bis um die Mitte unseres Jahrhunderts die Typographie
und das Buchgewerbe Italiens in einem wenig erfreulichen Zustande. Die
Zensur war eine ausserordentlich strenge und die Bücher, die in einem
Teil des Landes gedruckt waren, konnten nicht unbehindert in einem
anderen vertrieben werden. In Neapel existierten Zölle, die gleich einem
Verbot wirkten; dabei florierte der Nachdruck und der Verkehr mit dem
Auslande bot die grössten Schwierigkeiten.

[Sidenote: Statistisches.]

Im Jahre 1833 gab es 464 Buchdruckereien und Buchhandlungen; 1835
wurden 2819 Werke in 4295 Bänden herausgegeben. 1836 zählte man,
einschliesslich der offiziellen Zeitungen der verschiedenen Staaten, nur
185 Zeitschriften, davon 26 in Neapel, 19 in Mailand, je 10 in Rom und
Turin, je 8 in Palermo und Florenz.

Die 1848 in Piemont eingeführte Pressfreiheit trug zwar bald Früchte,
jedoch datiert der eigentliche Fortschritt erst von der Einigung
Italiens. 1859 gab es gegen 600 Buchdruckereien mit etwa 2000 Pressen.
Turin hatte 780 Setzer, 164 Handpressen und 47 Schnellpressen, bei
deren Einführung man nicht darauf drucken wollte, bevor die Macht
des Satans über sie durch Besprengung derselben mit geweihtem Wasser
seitens eines Geistlichen beseitigt war. 1872 bestanden bereits 911
Buchdruckereien, in welchen 745 Schnellpressen, 2691 Handpressen und
nahe an 11000 Personen beschäftigt wurden. Unter den 1083 Buchhandlungen
verdienten allerdings eine ziemliche Anzahl kaum diesen Namen. Viele,
selbst bekannte Schriftsteller mussten ihre Werke auf eigene Kosten
drucken lassen.

Die buchhändlerische Produktion, welche 1863 4243 Werke betragen hatte,
war 1872 auf 6798 neue Werke gestiegen. 6509 Fortsetzungen waren noch im
Gange, wozu noch 2666 Gesetze, Statuten etc. kamen, so dass die ganze
Produktion 15973 Nummern betrug[139].

  [139] Diese Angaben sind G. OTTINOS, _La stampa periodica, il commercio
        dei libri e la tipografia in Italia_, Mailand 1875, entnommen.
        Das Buch enthält eine sehr sorgfältige Zusammenstellung
        der periodischen Presse, die zuerst anlässlich der Wiener
        Ausstellung 1873 ausgearbeitet war, und muss zugleich als eine
        ganz vorzügliche typographische Leistung gelten. Vergl. auch
        »Zur Geschichte der Presse in Italien«, Prutz' Museum, Leipzig;
        PAOLO LIOY, »Über die geistige Nahrung des italienischen Volkes«
        in C. Hillebrands _Italia_, Bd. III, S. 90.

Im Jahre 1869 war die Zahl der Zeitschriften auf 450 angewachsen. Damals
zeigte sich die grösste journalistische Thätigkeit in dem Norden, dem
eigentlichen Herde der Freiheit Italiens. Turin zählte derzeit über 100
Zeitschriften, Mailand 80, Florenz 51, Genua 37. Zwei Drittel derselben
waren politischen Inhalts; 75 erschienen täglich, 65 zwei- bis dreimal,
179 einmal wöchentlich. 1872 war die Zahl schon 723. Obenan stand damals
Florenz mit 101, während Turin auf 75 gesunken war. Im Jahre 1873, mit
1126 Zeitschriften, hatte Mailand mit seinen 137 den Vorsprung über
Florenz und Turin gewonnen, Rom zählte 109; ihm folgte Florenz mit 107
auf dem Fusse, dann Turin mit 85, Neapel mit 81, Genua mit 51, Palermo
mit 48, Venedig mit 38, Bologna mit 36. Die Gesamtauflage einer Nummer
aller Zeitschriften betrug 1-3/4 Millionen Stück. Die Post versandte
jährlich gegen 100 Millionen einzelne Nummern. Zeitungen mit einer
allgemeinen grossen Verbreitung gab es in Italien nicht; jedes Städtchen
hängt an seinem Lokalblättchen.

Wie rasch Italien sich unter seinen neuen Verhältnissen entwickelt, geht
schon daraus hervor, dass 1881 die Zeitschriften auf 1854 gestiegen
waren, unter welchen 159 Tageszeitungen.

Werfen wir noch einen Blick auf die Pressthätigkeit der einzelnen Städte.

[Sidenote: Venedig.]

[Sidenote: Mechitaristen.]

VENEDIGS hoher typographischer Ruhm war wie sein politischer zu Grabe
getragen, wennauch einzelne bedeutendere Erscheinungen sich sporadisch
zeigten, zu welchen Alvisopolis vortreffliches Prachtwerk _Le fabbriche
più cospicue di Venezia_, zwei Bände in Folio, gehörte. Aus alter Zeit
hat sich nur die armenische Offizin der Mechitaristen auf der Insel
S. Lazaro (I, S. 186) erhalten. Das Kloster entging auf Grund seiner
wissenschaftlichen Bestrebungen der Aufhebung unter napoleonischer
Herrschaft und wurde zu einer armenischen Akademie erhoben, die noch
existiert und für welche die Offizin eine Monatsschrift _Pasmaveb_ (der
Polyhistor) druckt, von welcher dreissig Bände erschienen. Die Akademie
erwählte auch auswärtige Mitglieder, zu welchen Lord Byron zählte, der
oft und gern dort verkehrte und armenische Studien trieb. Zu ihren
bedeutenderen Leistungen aus neuerer Periode gehören der _Thesaurus
linguae armenicae_ und die Chronik des Eusebius in armenischer,
lateinischer und griechischer Sprache, sowie das _Dizionario
armeno-letterale_. Als Probe ihrer Produktionsfähigkeit liessen die
Brüder-Typographen 1837 die _Preces sancti Nercetis_ in 24 Sprachen
erscheinen[140].

  [140] _Printers Register_ 1874, Dezbr. -- Das Journ. f. B. 1880 enthält
        in Nr. 2 und 3 die Schilderung eines Besuches Th. Goebels in
        dieser Druckerei.

In UDINE erschien bei den Brüdern MATTIUZZI eine schöne Ausgabe von
_Vitruvii Pollionis Architectura_, vier Bände in Quart, 1825.

[Sidenote: Panfilo Castaldi.]

Ein sonderbares Schauspiel vollzog sich am 25. September 1868 in dem
Städtchen FELTRE, an welchem Tage unter grossen Festlichkeiten ein
Monument des Erfinders der Buchdruckerkunst -- selbstverständlich nicht
Gutenbergs, sondern des Italieners PANFILO CASTALDI -- enthüllt wurde.

Der Prätor Antonio Cambruzzi schrieb um 1556 in seiner Geschichte
der Stadt Feltre: »Um diese Zeit (1456) lebte Pamfilio Castaldio,
Doktor der Rechte und Dichter, in Feltre, der die Erfindung (!) der
Buchdruckerkunst entdeckte (!!). Der Burggraf Faust lernte von ihm diese
Kunst, als er in seinem Hause zu Feltre wohnte, um die italienische
Sprache zu studieren. Er führte die Druckkunst nach Deutschland,
übte sie in Mainz und bekam nachher von Einigen den Titel des ersten
Erfinders. Andere haben diese Erfindung einem Deutschen namens
Cuttembergo aus der Stadt Strassburg zugeschrieben, allein der erste
Erfinder ist, »»wie aus den Chroniken von Feltre erhellt««, Pamfilio
Castaldio gewesen«.

Recht schade ist es, dass diese »erhellenden Chroniken« nicht
existieren. Indes dies geniert die »späteren Zeugen«, die auf Cambruzzi
fussen und ihn sogar fälschen, nicht, wie es auch Gutenbergs Manen nicht
genieren wird, dass seinen Konkurrenten in Feltre und Haarlem Statuen
errichtet wurden. Fast möchte man aber glauben, dass es Italien besser
angestanden hätte, der Zierde der italienischen Typographie, dem Aldus
Manutius, ein würdiges Monument zu setzen, statt einer mythischen Person
zu huldigen, zu einer Zeit, wo der Nebel, welcher die Geschichte der
Erfindung bisher umhüllte, wenigstens so weit zerstreut ist, dass man
nicht Erfindern à la Castaldi und Coster Denkmäler errichten sollte.

In jüngster Zeit hat der Vorsteher des Staatsarchives zu Mailand, Cesar
Cantu, zwei Urkunden entdeckt, nach welchen sich ergiebt, dass Castaldi
im Jahre 1472 in seinem 74. Lebensjahre als Lehrer der Buchdruckerkunst
von dem Herzog Galeazzo Maria Sforza in Mailand nach dort berufen und
dass ihm das Recht erteilt wurde, eine Druckerei zu eröffnen. Wie damit
eine Erfindung seitens des Castaldi bewiesen werden soll, ist nicht
leicht ersichtlich[141].

  [141] A. BERNHARDI-ZINGHELLINI ET A VALSECCHI, _Intorno à P. Castaldi_.
        Mailand 1866. -- A. DEL COMO, _Mem. della citta di Feltre_.
        Venedig 1710. -- A. V. D. LINDE, Gutenberg. Stuttgart 1878.

[Sidenote: Padua.]

PADUA beansprucht den etwas zweifelhaften Ruhm, in seinem sogenannten
_Dantino_ das mit der kleinsten Schrift gedruckte Buch hervorgebracht zu
haben. Im Jahre 1834 hatte bereits Antonio Farina eine Schrift, die er
_Occhio di mosca_ (Fliegenauge) nannte, geschnitten. In demselben Jahre
trat Claudio Wilmant mit einer noch kleineren, _Milanina_, hervor. Nach
vielem Herumirren derselben schloss der letzte Besitzer dieser Schrift,
Giovanni Gnocchi, 1873 einen Vertrag mit den Gebrüdern SALMIN in Padua
über den Druck einer Ausgabe von Dantes göttlicher Komödie ab und nach
fünf Jahren erschien dieselbe.

[Sidenote: Mailand.]

MAILAND trug durch P. E. GIUSTIS Ausgabe der _Famiglie celebri di
Italia_ des Grafen Pompeo Litta zur Ehre der Kunst bei. Dort wirkt die
Anstalt von ED. SONZOGNO (gegr. 1861) mit 30 Schnellpressen und 500
Personen für die Herstellung des eigenen Verlags der Firma, darunter
15 Zeitschriften. CIVELLI (1840) hat Druckereien in Mailand, Turin,
Verona, Ancona und Rom, ausserdem zwei Papierfabriken und verlegt fünf
Zeitschriften. Er druckt fast alle Arbeiten für die italienischen
Eisenbahnen. Ein Riesenwerk ist das _Vocabulario universale della lingua
italiana_, acht Bände in Quart.

Was den lithographischen Bilderdruck betrifft, hat Mailand zwei
vortreffliche Repräsentanten aufzuweisen, ULYSSES BORZINO und seine
Frau, die beide selbst tüchtige Künstler sind.

[Sidenote: Familie Pomba.]

Was Bodoni für die Typographie Italiens gewesen, war die Familie POMBA
in Turin für den Verlagshandel. Die von derselben 1818 begonnene
_Collezione dei classici Latini_ in 108 Bänden wurde 1835 beendigt.
Ihre _Biblioteca populare di classici autori_, 100 Bände, in 16.
(1829) gab den ersten Impuls in Italien zur Verbreitung guter Bücher
zu den billigsten Preisen. Nach dem Vorbilde der _Penny Cyclopaedia_
wurde 1842-1849 die _Encyclopedia populare_, zwölf Bände in Quart,
herausgegeben. Glänzenden Erfolg erzielte Cesar Cantus _Storia
universale_, die in sehr kurzer Zeit zwei teuere Auflagen und eine
billige erlebte. Die Firma POMBA & CO. unternahm die _Biblioteca
dell' Economista_, 26 Bände, und ein kolossales Werk, _Istituzioni di
agricoltura_.

[Sidenote: Luigi Pomba [+] 1872.]

Am 1. Februar 1855 ging das Pombasche Geschäft mit noch einigen anderen,
kleineren Geschäften in den Besitz der _Unione tipografico-editrice_
über, die unter der Direktion LUIGI POMBAS eine grosse Wirksamkeit,
namentlich in encyklopädischer Richtung, entwickelte und Filialen in
Rom, Neapel und Pisa gründete. Neue grossartige Werke der Firma waren
das Wörterbuch von Nic. Tommaseo, acht Bände in Quart; die _Encyclopedia
di chimica_, zehn Bände in Quart, und die Prachtausgabe von A. Palladios
_Fabbriche etc._, fünf Bände in Fol., ferner die italienischen
illustrierten Ausgaben der Werke Brehms, Darwins u. a.

Ausser durch die eigene Verlagsthätigkeit zeichnete sich Joh. Pomba
durch seine allerdings ohne Erfolg gebliebenen Bestrebungen, den
italienischen Buchhandel nach Art des deutschen zu organisieren, aus.
Um sich näher mit dem Betrieb des letzteren bekannt zu machen, besuchte
Pomba die Leipziger Messe und liess 1869 eine Broschüre _Informazione
della fiera di Lipsia_ erscheinen.

Grosse Anstrengungen machte die königliche Druckerei in Turin in den
Händen der Firma PARAVIA (Vigliardi), die auch Filialen in Mailand,
Florenz und Rom errichtete. Schöne Arbeiten lieferten in Turin ebenfalls
Bona, sowie CHIRIO & MINA. Unter den Arbeiten der letzteren ragt die
Geschichte des Klosters _Alta Comba_ in Folio mit Einfassungen in
Golddruck im Geschmack des XV. Jahrhunderts hervor.

[Sidenote: Florenz.]

In FLORENZ, das durch Verbindung vieler Eigenschaften (geographische
Lage, allgemeine Bildung, Reinheit der Sprache, Tüchtigkeit der Setzer)
geeignet wäre, ein Leipzig Italiens zu werden, lieferte 1825 MOLINI
eines der schönsten Druckwerke Italiens, die vom Grossherzog von Toscana
veranstaltete Prachtausgabe der _Opere di Lorenzo de' Medici_, vier
Bände in Gross-Quart. MAREINGH, erst in Florenz, dann in Triest, zeigte
in TASSOS _Gerusalemme liberata_, zwei Bände in Gross-Folio, 1820, und
in den _Monumens sépulcraux de Toscane_, 1821, feinen Geschmack und
grosses Geschick. Eines der bedeutendsten Werke der letzten Zeit ist
das in der TIPOGRAFIA CENNINIANA auf 1648 zweispaltige Seiten gedruckte
_Vocabulario Italiano_ von P. Fanfani, Rigutini und F. Corridi. Als
Drucker und Verleger bedeutend ist G. BARBERA; er ist durch seine
Diamant-Ausgaben italienischer Klassiker bekannt.

Florenz hat einen _Cercolo tipografico_, in dem Prinzipale und Gehülfen
zwanglos verkehren. Hier erscheint auch seit 1869 das in würdiger Weise
von SALV. LANDI geleitete und typographisch sehr gut ausgestattete
Journal _L'Arte della stampa_. Als Organ der Gehülfen dient _Il
tipografo_ (Turin). _Senefelder_ ist der Titel einer in Turin in
italienischer und französischer Sprache erscheinenden lithographischen
Monatsschrift.

[Sidenote: Rom.]

ROM hatte zwar nie einen ersten Platz in der typographischen Geschichte
eingenommen, sank jedoch in der Periode von 1750 ab tiefer als man
hätte erwarten sollen. Das einzige Institut von einiger Bedeutung war
die Druckerei der Propaganda (I, S. 186)[142]. Ihren Flor verdankt
sie dem gelehrten Prälaten Leo Allacci (Allatius), den Kardinälen
Antonelli, Ruggieri, Spinelli, Consalvi und Zurla, sowie den Monsignoren
Ricci, Amaducci und Borgia. Eine solche Stellung jedoch, wie dies
Institut hätte einnehmen können und sollen, wurde nicht erreicht. Nicht
nur andere Staatsanstalten, sondern auch Privatdruckereien anderer
Länder überflügelten weit die Propaganda. 1812 ward sie zeitweilig
ganz unterdrückt, hob sich jedoch später wieder. Die von Napoleon
geraubten Schriften kamen wieder nach Rom zurück. Besonders der Papst
Pius IX. nahm sich der Anstalt an und ernannte 1865 den verdienten
Ritter MARIETTI zum Direktor, der 1872 seine Stelle niederlegte und
von FEDERIGO MELANDRI gefolgt wurde. Unter den seit 1865 entstandenen
Werken der Offizin sind zu erwähnen der _Bibliorum Sacrorum Codex
Vaticanus_, mit den Typen des Tischendorfschen _Codex Sinaiticus_
gedruckt, und eine _Oratio dominica_ in 250 Sprachen, die trotz der
Schriftenmannigfaltigkeit zeigt, dass die Anstalt nicht auf der Höhe der
Jetztzeit steht[143].

  [142] _Propaganda, Specimen characterum._ Rom 1843. -- _Cat. librorum
        qui ex typogr. S. Congr. etc. prodierunt._ Rom 1773.

  [143] A. MACKIE'S _Italy and France_ bringt in dem _Letter_ XXXVI und
        dem _Appendix_ A die Schilderung eines Besuchs des bekannten
        englischen Zeitungsdruckers in der Propaganda. Eine Äusserung
        von ihm wird in Deutschland interessieren: »Ich bemerkte nicht
        eine einzige Maschine englischen Ursprungs. Bereits in England
        war mir gesagt worden, dass die englischen Maschinen überflügelt
        seien. Deutschland hatte hier alles geliefert, selbst eine
        kleine Falzmaschine«.

Eine Hofbuchdruckerei _Stamperia camerale_ wurde 1834 sehr hübsch
in dem Palast Cornaro eingerichtet. Im Jahre 1881 gab es in Rom 53
Buchdruckereien mit 172 Schnellpressen und 129 Handpressen. Die
Zahl der Gehülfen war 722, der Lehrlinge 268. Die grösste Zahl
der Schnellpressen, 31, und ebenso viele Handpressen beschäftigte
die »Aktienbuchdruckerei«. Bedeutend sind ferner: CIVELLI, BOTTAS
Nachfolger, mit 11 Schnellpressen und 81 Setzer; die Druckerei der
Nationalbank mit 8 Schnellpressen und 11 Handpressen; MOLINA mit 16
resp. 8.

[Sidenote: Neapel.]

[Sidenote: J. P. Piranesi [+] 1778.]

NEAPEL[144] sucht in seinen Leistungen nicht zurückzubleiben. ANGELI &
SOHN liefern viele Accidenzien. Dort gelangte eines der prachtvollsten
Stichwerke der Neuzeit zur Ausführung, das von Piranesi Vater und Sohn
herausgegebene: Antike Denkmäler Roms. In der Kunst, die Monumente und
Ruinen darzustellen, sind die beiden Meister nicht übertroffen. Der
Vater JOH. BAPTIST PIRANESI aus Venedig lieferte die ersten 16 Bände
und der Sohn FRANZ PIRANESI setzte das Werk fort. Nach verschiedenen
Schicksalen liess sich letzterer in Paris nieder. Napoleon begünstigte
ihn sehr und es wurde der Beschluss gefasst, von Staatswegen das Werk
für 300000 Franken und ein Jahresgehalt an Piranesi von 12000 Franken
zu erwerben. Das Unglück in Moskau verhinderte die Vollziehung des
betreffenden Dekretes, jedoch erwarben die Didots das grossartige
Unternehmen von 29 Bänden mit über 2000 Kupferstichen im grössten
Atlanten-Format.

  [144] GIUSTINIANI, _Saggio sulla tipografia del regno di Napoli_.
        Neapel 1791.


                     SPANIEN. PORTUGAL. SÜDAMERIKA.

[Sidenote: Spanien.]

SPANIEN hat wie Italien in der Periode von 1750 ab einen einzigen
hervorragenden Namen aufzuweisen, während seine typographische
Geschichte wenig von Bedeutung verzeichnen kann[145].

  [145] F. MENDEZ, _Tipografia Española_. Madrid 1861. --
        J. E. EQUIZABAL, _Hist. de la legislation española 1480-1873_.
        Madrid 1879. -- _Annuario del comercio._ Madrid 1882.

[Sidenote: J. Ibarra.]

Der Kammerdrucker des Königs, JOACHIM IBARRA aus Saragossa, war der
Mann, der die Buchdruckerkunst in Spanien zu einer dort noch nicht
gekannten Höhe erhob und einen Wetteifer der Buchdrucker hervorrief, der
sie weiter trieb, als 20O Jahre es vermocht hatten. Ibarras Prachtwerke
zeichnen sich gleich sehr durch die Schönheit des Druckes, der Typen und
der Illustrationen, sowie durch die Glätte des Papiers, und durch die
Korrektheit aus.

Unter seinen Druckwerken sind besonders zu nennen die spanische
Übersetzung des Sallust durch den Infanten Don Gabriel, mit
Illustrationen, Folio, 1772; eine Dissertation des Fr. Perez Bayer über
die phönizische Sprache, Folio, 1772; die Prachtausgabe des Don Quixote,
vier reich illustrierte Bände in Quart, 1780; Marianas Geschichte
Spaniens, zwei Bände, Folio, 1780. Ibarras Witwe setzte das Geschäft
in rühmlichster Weise fort; eine vorzügliche Leistung von ihr ist das
_Diccionario de la lengua Castellana_, Folio, 1803.

Für die Achtung, welche die Spanier ihrem grossen Dichter Cervantes
zollen, spricht der Umstand, dass eine Facsimile-Reproduktion der ersten
Ausgabe der Werke desselben (I, S. 190), von FRANCISCO QUIJANO in 1500
Exemplaren veranstaltet, sofort vergriffen war.

[Sidenote: Madrid.]

[Sidenote: J. Aguado [+] 22. März 1878.]

Unter den neueren Druckern MADRIDS werden mit Ruhm genannt: GASPAR &
ROIX, CALLEJA MILLADO, MAN. RIVADANEIRA (jetzt ABELARDO DE CARLOS und
Sohn), JUAN AGUADO, DUCAZAL, JOACHIM FONTANET, GABRIEL ALBAMRA u. a.
Im Jahre 1881 hatte die Stadt 104 Buchdruckereien, 110 Buchhandlungen,
64 lithographische Anstalten. Die Schriftgiessereien sind schwach
vertreten, die bedeutendste darunter ist die von JUAN AGUADO, der auch
die Fachzeitschrift _Bulletin tipografico_ herausgiebt. Ein zweites
Fachblatt ist die _Cronica de la imprenta_. Von Zeitschriften erschienen
206 (darunter 60 politische, von welchen die _Correspondencia_ die
grösste Auflage [über 50000] hat). Die spanische illustrierte Zeitung
ist eine tüchtige Leistung A. de Carlos' und enthält viele gute
Original-Illustrationen, ebenso _El museo universal_.

[Sidenote: Barcelona.]

Nächst Madrid ist BARCELONA der bedeutendste Druckort. Die dort
bestehende Banknotendruckerei unter Direktion von ZARAGOZANO & JAIME
ist ganz mit französischem Material ausgerüstet und beschäftigt über 60
Personen. Früher wurde das spanische Papiergeld in England gedruckt. In
Barcelona erscheint auch ein Fachblatt _El correo tipolitografico_ von
CEPHERINO GORCHS. Die Stadt besass 1881 42 Buchdruckereien, davon 6 mit
Dampf- und 10 mit Gasbetrieb. 919 Personen, 95 Schnellpressen (darunter
81 französische), 60 Handpressen (darunter nur zwei deutsche) waren
beschäftigt. Ausserdem zählte man dort 51 lithographische Anstalten, 57
Buchhandlungen und 63 Journale.

[Sidenote: Valencia.]

Das in VALENCIA erschienene _Bayeri opus de nummis Hebrae-Samarithanis_,
zwei Bände in Quart, 1781 und 1790, ist ein Werk, welches eine
Vorstellung giebt von dem, was die Buchdruckerkunst in Spanien hätte
werden können, wenn sie genügende Unterstützung gefunden hätte und
nicht zugleich mit der Entwickelung der allgemeinen Bildung unter
unglücklichen inneren Verhältnissen so sehr gehemmt worden wäre.

[Sidenote: Portugal.]

[Sidenote: _Imprenza Nacional._]

Wennauch die Typographie in PORTUGAL[146], gleichwie in Spanien, im
allgemeinen keine besonders hohe Stufe erklommen hat, so besitzt das
Land doch eine Anstalt, die, vortrefflich geleitet, ganz Vorzügliches
leistet: die _Imprenza Nacional_. Sie ist durch Marquis Pombal, den
bekannten Staatsreformator Portugals unter der Regierung Josephs I., ins
Leben gerufen, mit der Absicht, eine Anstalt wie die Pariser königliche
Druckerei zu schaffen, welche eine Pflanzstätte der Kunst werden,
zugleich auch billige Unterrichtsbücher drucken sollte.

  [146] J. KUGELMANN, _Histoire de l'Imprimerie en Portugal_. Paris 1867.

[Sidenote: M. da Costá.]

Das Dekret, welches die _Imprenza Regia_ anordnete, datiert vom 24.
Dezember 1768. Ein Regierungspalast wurde ihr eingeräumt und bereits in
den ersten Tagen des Jahres 1769 konnte sie zu arbeiten beginnen. Die
Leitung ward MIGUEL MANESCAL DA COSTÁ übertragen, einem vorzüglichen
Typographen, dessen Buchdruckerei, sowie die Schriftgiesserei des JOÃO
DE VILLENEUVE als Grundlagen für die Staatsanstalt angekauft waren.
Einer damit verbundenen Gravierschule stand der geschickte JOAQUIM
CARNEIRO DA SILVA vor. Eine Spielkartenfabrik war die Melkkuh des
Instituts.

Von 1769-1801 wurden unter da Costás Direktion 1230 Bände gedruckt,
unter welchen viele bedeutende Erscheinungen. Nach dessen Tode wurde
eine _Junta administrativa_ ernannt, mit dem gewöhnlichen Erfolg
kollegialischer Behandlung technischer Geschäfte. Im Jahre 1810 schritt
man zur Ernennung eines General-Administrators in der Person JOAQUIM
DA COSTÁS, der mit einer kurzen Unterbrechung die Leitung der Anstalt
bis 1833 behielt. Mit dem Sturze der Regierung Dom Miguels wurde die
Staatsdruckerei dem Ministerium des Innern direkt untergeordnet.

[Sidenote: J. P. Marcécos.]

[Sidenote: F. A. Marcécos.]

Mit der 1838 erfolgten Wahl des JOSÉ FREDERICO PEREIRA MARCÉCOS zum
Administrator begann die Glanzzeit der Anstalt. Marcécos bereiste
England, Frankreich und Belgien und brachte die Erzeugnisse der
neuesten Erfindungen mit nach Hause. Nach seinem frühen Tode, 1844,
wurde die Stelle seinem Bruder FIRMO AUGUSTO MARCÉCOS anvertraut,
welcher fortfuhr, alle Verbesserungen der Neuzeit einzuführen,
daneben Lehrlingsschulen, Hülfskassen u. dgl. errichtete. Vom Staate
erhält die Anstalt keinen Zuschuss, sie hatte im Gegenteil bis
zum Jahre 1873 an diesen drei Millionen Franken abgeliefert und
beschäftigte in dem genannten Jahre über 300 Personen. Zwei Deutsche
haben viel zur Hebung der Anstalt beigetragen: JOSEPH LEIPOLD, der
Direktor der galvanoplastischen Abteilung, und IGNAZ LAUER, Leiter
der Schriftgiesserei. Seit 1878 ist der Vorsteher Dr. VENANCIO
DESLANDES[147].

  [147] Bericht über die Nationaldruckerei in Lissabon. 1873. Deutsch und
        Französisch. -- A. M. ABRANCHES DE RIEGO, _Catalogo des obras
        impr. de J. A. de Macedo_. Lissabon 1849. -- _Caracteres de la
        imprenza Real en 1793._

Die zur Weltausstellung in Wien 1873 gesandten portugiesischen,
spanischen und englischen Wörterbücher, die rot und schwarz gedruckten
_Missale_ und _Breviarum Romanum_, die _Carta constitutional_, die Werke
Camoens' in sechs Bänden, vorzugsweise eine in zwölf Sprachen gedruckte
Episode daraus, _Inez de Castro_, waren alle in dem besten Stil und
vortrefflich gedruckt.

Auch die Wertpapiere verdienten alles Lob, jedoch ergreift die Anstalt
nicht, wie die St. Petersburger, die Initiative, sondern benutzt nur
geschickt das Vorhandene, namentlich die Erzeugnisse Derrieys.

[Sidenote: Gebr. Lallemant.]

Nicht ganz auf derselben Stufe stehen die Gebrüder LALLEMANT[148], sie
liefern aber sehr beachtenswerte Arbeiten, ebenso die Gebrüder JOSÉ DE
CASTRO.

  [148] INIGO, _Lallemant frères_.

Im Jahre 1878 hatte Portugal 118 Zeitungen, darunter 66 politischen
Inhalts; die älteste, _Revuluçao de September_, existiert 33 Jahre. Die
Journale sind nicht von grosser Bedeutung und nicht geeignet, grosse
Erwartungen von dem Standpunkte der Typographie dort zu erwecken. Seit
1882 erscheint _El Gutenberg_.

LISSABON hatte 1881 23 Buchdruckereien, 26 Buchhandlungen, 56
Zeitschriften; COIMBRA 10 Buchdruckereien; OPORTO 56 Journale.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Südamerika.]

SÜDAMERIKA. Ein grösserer typographischer Kontrast als zwischen Nord-
und Südamerika ist kaum denkbar. Fortwährende Revolutionen und Kriege,
der Einfluss einer unwissenden Geistlichkeit und die Indolenz der Völker
haben ein intellektuelles Leben, infolge davon auch ein Gedeihen der
Buchdruckerkunst nicht aufkommen lassen.

[Sidenote: Buenos Aires.]

BUENOS AIRES, welches 53 Buchdruckereien, 59 Buchhandlungen, 24
lithographische Anstalten und 27 Zeitschriften aufweist, feierte am 9.
Juli 1876 die hundertjährige Betreibung der Buchdruckerkunst. Es wurde
beschlossen, Gutenberg und dem Einführer seiner Kunst Don JUAN JOSÉ
VERTIZ ein Denkmal, in einem Obelisk bestehend, zu errichten und einen
Preis für die beste Bearbeitung der Geschichte der Buchdruckerkunst in
der Argentinischen Republik auszustellen. 1872 erhielt Buenos Aires eine
illustrierte Zeitung: _El Plata illustrado_[149].

  [149] J. M. GUITIEMEZ, _Bibliogr. de la prim. imprenta de Buenos
        Aires_. 1866.

[Sidenote: Rio de Janeiro.]

In RIO DE JANEIRO wurde ebenfalls das hundertjährige Jubelfest am 9.
Juli 1880 abgehalten. Ausser in Rio sind nicht viele Buchdruckereien in
Brasilien in Thätigkeit. Manche der Arbeiter, die im ganzen genommen
schlecht bezahlt werden und für Extraarbeit keine Entschädigung
erhalten, sind Sklaven. Schlaffheit herrscht von oben bis herab auf den
Laufburschen. Die Zahl der Zeitungen war 1878 297. Südamerika hat im
ganzen 17 deutsche Zeitungen, von welchen 11 auf Brasilien, 4 auf die
argentinische Republik, je eine auf Uruguay und Chile kommen.

LIMA besitzt 21 Buchdruckereien, 11 Buchhandlungen, 11 lithographische
Anstalten und 13 Zeitschriften. ST. JAGO DI CHILE hat 11
Buchdruckereien, VALPARAISO 7.

Auf CUBA befanden sich 52 Offizinen, 50 Buchhandlungen, 10
lithographische Anstalten und 47 Zeitschriften erschienen dort. MEXICO
hat zwischen 50-60 Offizinen, davon 23 in der Stadt Mexico, daneben
11 lithographische Anstalten, 16 Buchhandlungen. PUEBLA weist 8
Buchdruckereien auf.


                        NORDAFRIKA. DER ORIENT.

[Sidenote: Nordafrika.]

NORDAFRIKA hatte bereits während des ägyptischen Feldzugs Bonapartes
eine typographische Werkstätte (S. 172) und durch die Besitzergreifung
von ALGERIEN ist diese Provinz eine Pflanzstätte der Kultur in Afrika
geworden. Es besitzt heute schon 29 Buchdruckereien, 18 lithographische
Anstalten und 54 Buchhandlungen, davon sind in der Stadt ALGIER 9
Buchdruckereien, 8 lithographische Anstalten, 10 Buchhandlungen; in
CONSTANTINE resp. 3, 2, 5; in ORAN resp. 3, 3, 10. Von Zeitschriften
erscheinen 35 in 12 Städten, davon in Algier 18, unter welchen das
offizielle Journal _Mobacher_ in arabischer und französischer Sprache.
Der Buchhändler BASTIDE hat sehr zur Verbreitung der Litteratur
beigetragen.

[Sidenote: Ägypten.]

In ÄGYPTEN wurde von Mehemed Ali eine Buchdruckerei in Boulak errichtet,
man hatte aber sehr mit der Abneigung der Muselmänner gegen gedruckte
Bücher zu kämpfen. In den letzten 50 Jahren sind etwa 250 Werke aus
den dortigen Pressen hervorgegangen. Von Privatpressen entstanden
verschiedene, unter welchen die von MUSTAPHA WAHABI nennenswert ist.

Die Lithographie wurde 1834 eingeführt. Da die verschiedenen graphischen
Anstalten in den Händen von Franzosen sind und die Arbeiten durch
Franzosen ausgeführt werden, so kann die mitunter sehr hübsche
Produktion eigentlich nicht von nationaler Bedeutung sein.

Von Zeitungen erscheinen etwa 25 in arabischer, französischer,
griechischer, italienischer und englischer Sprache. Sie stehen unter
Zensur und nach erfolgter Warnung kann Unterdrückung stattfinden.

Im Jahre 1878 hatte der Bei von Tunis eine Druckerei errichtet und der
Kaiser von Marokko beabsichtigte ebenfalls in Fez eine solche anzulegen.
Von zwei wöchentlichen Zeitungen erscheint eine in Ceuta, eine in Tanger.

[Sidenote: Buchhandel.]

Der Buchhandel in Kairo ist ziemlich lebhaft. Die Buchhändler sind
meist Gelehrte und nicht so fanatisch, wie z. B. in Damaskus, wo sie
nur ungern Bücher an Christen verkaufen. Es ist dies namentlich mit
den Koran-Ausgaben der Fall, welche abgesondert oder unter besonderem
Verschluss aufbewahrt sind. Die Bücher liegen übereinandergeschichtet.
Der Einband ist von Leder oder gewöhnlicher Pappe, der Titel wird
auf den Schnitt oder auf ein auf den Umschlag geklebtes Blatt
geschrieben. Zwischen alten und neuen Exemplaren wird nicht der strenge
Unterschied gemacht, wie in dem europäischen Buchhandel. Einige
Buchhändler debitieren nur die von ihnen verlegten Bücher, andere
sind Sortimentshändler nach unseren Begriffen. Ein fester Ladenpreis
existiert nicht und die Schwankungen sind oft bedeutend.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Europäische Türkei.]

EUROPÄISCHE TÜRKEI. Die nach dem Tode des verdienten Förderers der
Typographie IBRAHIM EFFENDI (I, S. 281) in der Entwickelung derselben
eingetretene Stockung fand erst unter der Regierung Abdul Hamids eine
Unterbrechung. Reschid Effendi, der Schatzkanzler, und Achmed Wassif
Effendi, der Reichshistoriograph, erhielten Auftrag, nach dem Verbleib
der in Stillstand geratenen Buchdruckerei Said Effendis Untersuchungen
anstellen zu lassen. Der grösste Teil derselben wurde auch glücklich
aufgefunden, restauriert und dann die Pressen in Skutari wieder in Gang
gesetzt. Zu Direktoren dieser neu entstandenen Reichsdruckerei ernannte
der Sultan Mustafa und Adam Effendi, ersterer Rechtsgelehrter, letzterer
Geistlicher. Beide nahmen sich ihres Amtes mit Eifer an und viele Werke,
die sich durch gute Ausstattung auszeichneten, gingen aus der Anstalt
hervor. Eines der schönsten Erzeugnisse der orientalischen Druckkunst
ist Makkisada Mustafa Effendis Kommentar zur Burda, einem Lobgedicht auf
den Propheten, in einem Quartband von 621 Seiten. Eine weitere lange
Liste fremdartiger Titel hier folgen zu lassen dürfte keinen Zweck haben.

[Sidenote: Rückgang und neuer Aufschwung.]

Nach einer kurzen Blüte folgte wieder Stillstand unter der Regierung
Selims III. und während des Anfangs der Regierung Mahmuds des Grossen.
Nachdem jedoch durch Ausrottung der Janitscharen Ruhe im Innern
hergestellt war und Mahmud sich den Werken des Friedens widmen konnte,
kam die Reihe auch bald an die Staatsdruckerei. Im Jahre 1831 wurde
dieselbe von Skutari wieder nach Stambul übergeführt und erhielt
dort eine grosse Lokalität. Neue Pressen wurden aus London, neue
Typen aus Venedig eingeführt und Arbeiter namentlich aus Deutschland
herbeigeschafft.

Ein rascher Aufschwung machte sich bemerkbar. Die überall versteckten
Schätze der türkischen Litteratur wurden gesammelt, um in guten
und billigen Ausgaben dem Volke zugänglich gemacht zu werden. Man
veröffentlichte die Werke der Reichsgeschichtsschreiber und liess viele
tüchtige Fachwerke, namentlich militärische und medizinische, aus
europäischen Sprachen übersetzen.

Nach einer Glanzperiode von etwa zwanzig Jahren trat unter Abdul Aziz
und unter unglücklichen politischen und finanziellen Konjunkturen ein
Rückgang ein, der erst unter Abdul Medschid aufhörte.

[Sidenote: Jetziger Zustand.]

KONSTANTINOPEL besitzt vier kaiserliche Druckereien, zwei unter
Leitung des Ministeriums des Innern, von welchen die eine sich mit
der Herstellung von allen offiziellen Aktenstücken, die andere sich
mit Bücherdruck beschäftigt. Die dritte, unter das Kriegsministerium
ressortierende Druckerei dient nur militärischen Zwecken; die vierte,
mit welcher eine lithographische Anstalt für die Arbeiten des
Generalstabes verbunden ist, befindet sich in dem Palast Dolma-Bagdsche
und steht unter der unmittelbaren Leitung des Palastmarschalls. Die
Ausführung der öffentlichen Arbeiten ist eine durchweg gute.

Von Privatdruckereien waren 1880 etwa 25 vorhanden, unter welchen sich
die Offizinen des armenischen und des griechischen Patriarchen, sowie
die des Gross-Rabbi befinden. Von lithographischen Anstalten gab es
ebensoviele. Die Zahl der Schnellpressen war gegen 70, der Tret- und
Handpressen 120, beschäftigt waren gegen 500 Personen. In den nationalen
Sprachen erschienen etwa 200 Werke.

[Sidenote: Zeitungswesen.]

Das Zeitungswesen entstand erst spät. Im Jahre 1852 erschien in Smyrna
der _Spectateur de l'Orient_; 1831 wurde der _Moniteur ottoman_
(_Wekaje_) gegründet, der später auch türkisch gedruckt wurde. Nach den
offiziellen Angaben aus dem Jahre 1878 erschienen in Konstantinopel
72 Zeitungen und Zeitschriften, unter welchen 30 Tagesblätter. Von
den Zeitschriften sind 16 in türkischer, 20 in französischer, 12
in griechischer, 13 in armenischer Sprache. Eine Verordnung von
1879 verbot, vor 6 Uhr türkischer Tageseinteilung (ungefähr unsere
Mittagsstunde) die Zeitungen auszugeben, was für diese, deren Verteilung
sonst um 6 Uhr früh stattfand, ein grosser Schlag war. Eine illustrierte
Zeitung _Mussaveri Turkestan_ (Illustrierte Türkei), herausgegeben von
der Gesellschaft der Freunde des Vaterlandes, erscheint wöchentlich.

[Sidenote: Asiat. Türkei.]

In SMYRNA gehörten die ersten Pressen (seit 1658) den Juden; dann
folgten die Christen und schliesslich die Türken. Eine erfolgreiche
Thätigkeit entwickelte mit sehr geringen Mitteln das Kloster MAR-HANNA
auf einem steilen Abhange des Berges Kesroan gelegen. Die dortige
Druckerei ist 1732 von dem Priester Abdallah Ben Zacher gegründet,
welcher selbst das nötige Handwerkszeug fertigte, Typen schnitt und
goss, dann abwechselnd als Setzer und Drucker arbeitete. Noch vor dem
Jahre 1794 erschienen dort gegen 40 Werke. In SAFAD, am westlichen
Ufer des Sees Tiberias, war eine hohe Schule für arabische und
hebräische Gelehrsamkeit, welche eine Druckerei besass, die jedoch
im Jahre 1759 durch ein Erdbeben zerstört wurde. Berühmt durch ihre
vortrefflichen arabischen Drucke ist die Offizin der amerikanischen
Missionsgesellschaft in BEIRUT.

[Sidenote: Cypern.]

Auf der Insel CYPERN erscheinen jetzt drei englische und zwei
griechische Zeitschriften.

[Sidenote: Persien.]

Nach PERSIEN kam die Buchdruckerkunst 1820 und zwar nach TEHERAN und
TABRIS. Über die weiteren Fortschritte verlautet so gut wie nichts. Bei
seiner Anwesenheit in Wien anlässlich der Ausstellung 1873 beabsichtigte
der Schah Nasser-Eddin die erste Schnellpresse zu bestellen. Seit 1872
erscheint in Teheran eine Zeitung für Persien, zu welcher der Schah
selbst Beiträge liefert, zumeist Schilderungen seiner Jagdabenteuer.

Eine grosse Schwierigkeit für die Verbreitung der Typographie in Persien
bildet das hohe Ansehen, in welchem die Schönschreibekunst steht, und
der hohe Grad von Vollkommenheit, welchen sie erreicht hat. Wird einmal
zur mechanischen Vervielfältigung gegriffen, so ist die Lithographie
viel leichter als die Typographie imstande, die wunderbaren, mit Gold
und Farben geschmückten Schriftzüge wiederzugeben. Auf eine schnelle
Verbreitung von Gutenbergs Kunst in Persien ist deshalb nicht zu rechnen.

[Illustration]



                             DRITTES BUCH.

                        DIE GERMANISCHE GRUPPE.

[Illustration]

                     EINFÜHRUNG IN DAS DRITTE BUCH.


Zu der GERMANISCHEN GRUPPE, mit welcher dieser geschichtliche
Überblick schliesst, gehören in erster Reihe die zu einer
bibliopolisch-typographischen Einheit verbundenen zwei Kaiserstaaten
DEUTSCHLAND und ÖSTERREICH-UNGARN, sowie die SCHWEIZ; in zweiter Linie
die stammverwandten skandinavischen Reiche: DÄNEMARK, SCHWEDEN und
NORWEGEN. An obige schliessen sich in dritter Reihe die, wennauch der
Gruppe national fremd, zumteil sogar feindlich gegenüber stehenden
SLAWISCHEN und MAGYARISCHEN LÄNDER, welche nicht nur ihr typographisches
Material, sondern auch die arbeitenden Kräfte hauptsächlich Deutschland
entnehmen oder wenigstens bis vor kurzem entnahmen.

Eine Eigentümlichkeit dieser Gruppe, soweit ihre Angehörigen
germanischen Ursprungs sind, ist die Verwendung der von den zwei anderen
Gruppen fast ganz ausgeschlossenen Frakturschrift. Trotzdem ist diese,
wie bekannt, nicht die alleinherrschende geblieben. Von der Fraktur
»will«, von der Antiqua »kann« man nicht lassen. So hat sich ein
geschäftlicher Usus eingebürgert, demzufolge den beiden Schriften in
dem eigentlichen Bücherdruck fast ähnliche Stellungen zugewiesen werden,
wie sie im Altertum die hieratischen und demotischen Schriften Ägyptens
innehatten, sodass die Antiqua mehr die Schrift der Eingeweihten
blieb, während die Fraktur mehr die Volksschrift wurde. Zu den Werken
der strengeren Wissenschaften und zu Prachtausgaben verwendet man
vorzugsweise die aristokratischere Antiqua, zu den Erscheinungen der
schönwissenschaftlichen und populären Litteratur, zu Unterrichts- und
Andachtsbüchern dient hauptsächlich die populärere Fraktur[150].

  [150] Zwei wertvolle neuere Einlagen in der Streitfrage »Antiqua
        oder Fraktur« sind: F. SOENNECKEN, Das deutsche Schriftwesen
        und die Notwendigkeit seiner Reform, Bonn 1881, und Dr. JOHANN
        KELLE, Die deutsche und die lateinische Schrift, Separatabdruck
        aus der Rundschau 1882.

Die Accidenzien fallen in ganz überwiegender Weise der Antiqua zu,
dagegen die Zeitungen fast ausnahmslos der Fraktur. Und so wird es
wahrscheinlich noch lange Zeit bleiben[151].

  [151] Um zu einiger Klarheit über das Verhältnis der Antiqua zu der
        Fraktur in der deutschen Typographie zu kommen, hat der
        Verfasser dieses Buches eine Zählung der litterarischen
        Erzeugnisse des Jahres 1881 nach dem Hinrichsschen Katalog
        unternommen. Von 14320 Nummern sind 8894 mit Fraktur, 5426
        mit Antiqua gedruckt (gleich 62 zu 38 Proz.). In zwei grosse
        Gruppen nach den obigen Andeutungen der praktischen Verwendung
        geteilt, giebt die »wissenschaftliche Gruppe« 7142 Werke, davon
        2896 mit Fraktur, 4246 mit Antiqua (gleich 40 zu 60 Proz.);
        die zweite Gruppe, die »populäre Litteratur«, weist 7178 Werke
        auf, davon 5998 mit Fraktur, 1180 mit Antiqua (gleich 83-1/2 zu
        16-1/2 Proz.). Zeitungen sind hierbei nicht mitgezählt, wohl
        aber Wochen- und Monatsschriften. Wie überwiegend die Antiqua
        in dem Accidenzfache verwendet wird, zeigt z. B. eine genaue
        Aufstellung der C. G. Naumannschen Accidenzdruckerei in Leipzig,
        nach welcher von 9447 Aufträgen in dem Jahre 1878 nur 161 in
        Frakturschrift bestellt waren.

Diese Doppelheit in der Schrift trägt allerdings eine grössere
Vielseitigkeit zur Schau, hat jedoch für die deutschen Buchdruckereien
den Nachteil gehabt, dass diese gleichmässig reich mit Antiqua- und
Frakturschriften ausgestattet sein müssen. Somit schliesst jede Offizin
eigentlich zwei Druckereien in sich: eine für Arbeiten in Fraktur,
eine zweite für die in Antiqua, so dass bei einem gleichen Quantum von
Schrift eine französische oder englische Offizin, weil nur nach einer
Richtung hin ausgestattet, quantitativ fast eine doppelt so grosse
Leistungsfähigkeit als eine deutsche besitzt.

Was den deutschen Arbeiter betrifft, so vereinigt er in sich vielleicht
mehr als der irgend eines anderen Landes die mancherlei Eigenschaften,
die dem Typographen eigen sein müssen. Er ist selbständiger im Arbeiten
und leistet aus eigenem Antrieb in der Regel mehr, als ein anderer,
weshalb man auch fast nie »schlechte« Arbeiten aus Deutschland
sieht. Seine Fähigkeiten sind vielseitiger; er bringt es aber selten
zur Virtuosität in einem einzelnen Fach und es ist schwer, ihn zur
Überschreitung der Grenzen des ihm »Gut genug« scheinenden zu bringen.
Das mag wohl auch darin liegen, dass es in vielen Fällen nicht anders
mit den Prinzipalen, den Verlegern, den zeichnenden Künstlern und den
sonst Beteiligten steht. So selten das wirklich Schlechte ist, dem man
in der französischen Typographie täglich begegnet, so selten trifft man
auf vollendete, stilvoll durchgeführte Leistungen in Deutschland. Viel
Schuld dabei trägt die Verwendung der Antiqua und der Fraktur nicht nur
»neben«, sondern geradezu »unter« einander. Die richtige Behandlung
der beiden Schriftarten beruht jedoch auf abweichenden Grundsätzen; es
kommt deshalb trotz sonstiger Vorzüge der Arbeiter selten zu einem fest
ausgebildeten Geschmacke.

Was in Bezug auf Deutschland gesagt wurde, gilt auch von ÖSTERREICH,
welches namentlich im Accidenzfache hinter Deutschland nicht
zurücksteht, in dem xylographischen Farbendruck es sogar übertroffen
hat. Auch UNGARN nimmt an den Bestrebungen teil. Die SCHWEIZ und die
SKANDINAVISCHEN LÄNDER, die, was Material, Schriften u. dgl. betrifft,
hauptsächlich von Deutschland abhängig waren, schlossen sich ganz der
deutschen Schule an und liefern jetzt, wennauch nicht gerade viel
Hervorragendes, so doch sehr viel Beachtenswertes. Die SLAWISCHEN LÄNDER
machten wesentliche Fortschritte und leisten zumteil Gutes, jedoch
stehen im allgemeinen die Erzeugnisse dieser Länder etwas zurück und es
wird wohl aus leicht begreiflichen Gründen auch noch einige Zeit darüber
vergehen, ehe sie eine, derjenigen der grossen Kulturländer ebenbürtige
Stellung einnehmen werden.

Die Pressverhältnisse, die Technik und die Industrie in Deutschland
waren zur Zeit des allgemeinen Aufblühens der Typographie zu Beginn
des XIX. Jahrhunderts nicht derart, dass die Notwendigkeit des
Maschinenbetriebes so wie in England und Amerika sich von selbst
aufgedrängt hätte. Es kann deshalb Deutschland nicht so sehr zur Last
fallen, dass es die erste Ausbeutung der, die Typographie umgestaltenden
deutschen Erfindung der Schnellpresse, sowie die ersten Verbesserungen
und die spätere Vervollkommnung derselben dem Auslande überliess, so
dass die Erfindung sozusagen erst wieder aus dem Auslande importiert
werden musste. Sobald die Verhältnisse sich jedoch einigermassen besser
gestalteten, hat es gezeigt, dass es in der Technik und Mechanik nicht
allein nicht zurückgeblieben, sondern auf dem besten Wege ist, sich den
Weltmarkt zu erobern.

Wie in der Typographie macht sich auch in der XYLOGRAPHIE eine doppelte
Strömung geltend. Der echte deutsche Holzschnitt der Gegenwart lehnt
sich an die Arbeiten der Meister aus der Renaissancezeit an und seine
Technik ist geradezu ein Gegenstück zu dem englischen. Der »tüchtige«
deutsche Xylograph unterordnet sich vollständig dem Zeichner und entsagt
dem Ruhm, auf Kosten des Urhebers der Zeichnung ein schaffender Künstler
zu sein. Er ist bestrebt, jeden Strich genau so wiederzugeben, wie er
in der Zeichnung dasteht. Er lässt nichts weg, setzt nichts hinzu. Der
deutsche Holzschnitt steht deshalb öfters gegen den englischen in der
glänzenden Technik zurück, aber er hat den Vorzug, die Zeichnung in
ihrem eigentümlichen Charakter wiederzugeben und er verdient deshalb die
lebhafteste Unterstützung der Künstler.

                   *       *       *       *       *

Während die Geschichte der Buchdruckerkunst in Frankreich und England
ziemlich mit der Schilderung der typographischen Wirksamkeit der beiden
Metropolen Paris und London zusammenfiel, lagen die Verhältnisse in
Deutschland etwas anders.

Zwar besitzt das deutsche bibliopolisch-typographische Reich in
LEIPZIG einen Mittelpunkt des Verkehrs, der in mehrfacher Hinsicht
einzig in seiner Art dasteht; zwar haben sich in Leipzig, einer
Provinzialstadt mittleren Umfanges, durch die eigene Kraft und
Thätigkeit bei kluger Benutzung günstiger Umstände nicht allein der
ganze Kommissionsbuchhandel, sondern auch eine grossartige Verlags- und
typographische Wirksamkeit entwickelt, und die Stadt gilt noch heute
mit Recht als das Zentrum der bibliopolisch-graphischen Thätigkeit
Deutschland-Österreichs. Es war jedoch in den Verhältnissen begründet,
dass BERLIN mit der zunehmenden Wichtigkeit der Machtstellung Preussens
mehr und mehr ein Sammelpunkt wissenschaftlicher, künstlerischer und
journalistischer Kräfte werden und damit für den Buchhandel und die
Typographie eine hohe, sich namentlich über den Norden erstreckende
Bedeutung gewinnen musste. Dass dies in einem noch weit höheren Masse
von der jetzigen Reichshaupt- und Millionenstadt gilt, bedarf kaum der
Erwähnung.

Andererseits entwickelte sich in dem Süden ein in mancher Beziehung
schon aus religiösen Gründen von dem nordisch-protestantischen
abweichendes Geistesleben, das in seiner Sonderrichtung zumteil von
divergierenden politischen Neigungen genährt wurde. München, das durch
seine Stellung in Kunst und Wissenschaft und durch seine Bedeutung als
Hauptstadt des zweitgrössten Staates Deutschlands zur Führung des Südens
berechtigt war, wusste nicht diese Berechtigung geltend zu machen. Wie
im Zentrum, so gelang es auch im Süden einer Mittelstadt durch günstige
Verhältnisse, Rührigkeit und Intelligenz den ersten Platz einzunehmen
und es wurde STUTTGART möglich, wennauch nicht Leipzigs Bedeutung
für das Ganze, so doch eine bevorzugte Stellung für den süddeutschen
Buchhandel zu erreichen und letzterem eine gewisse Selbständigkeit in
dem deutschen bibliopolisch-typographischen Reich zu erwerben.

Eine ausschliessliche Konzentration fand mit alledem nicht in den drei
erwähnten Emporien statt. In Nürnberg, Augsburg und Frankfurt a. M.
lebten die alten Traditionen noch lange fort; die freien Hansastädte
waren nicht Provinzialstädte im englisch-französischen Sinne geworden,
und in mancher der kleinen Residenzen spross öfters ein unabhängiges
reiches Kulturleben hervor. Während in Frankreich z. B. ein in Nantes
oder Bordeaux, in England ein in Liverpool oder Manchester erschienenes
Verlagswerk, welches sich Geltung zu verschaffen wusste, ein Phänomen
blieb, war es, um in Deutschland mit einem Werke durchzudringen, nicht
notwendig, dies in Leipzig, Berlin oder Stuttgart erscheinen zu lassen,
wenn dies auch seine geschäftlichen Vorteile hatte. Ein Verleger in
Braunschweig, Gotha, Altenburg oder in jeder anderen kleinen Druckstadt
konnte, wenn er der rechte Mann und seine Artikel gute waren,
diese zur Geltung bringen. Infolge davon verbreiteten sich auch die
typographischen Anstalten gleichmässiger über das ganze Reich.

Dies war der Segen der eigentümlichen Organisation des deutschen
Buchhandels, der in der Zeit der nationalen Drangsale Deutschlands
fast das einzige Band war, welches das politisch zersplitterte Reich
zusammenhielt.

Solange der politische Druck auf Österreich und seiner Hauptstadt
lastete, war es mit dem Press- und Buchgewerbe dort nur kümmerlich
bestellt. Es konnte jedoch nicht fehlen, dass mit dem Fallen der
Fesseln dies anders werden musste. Es war nicht denkbar, dass WIEN,
damals im Range die dritte der Weltstädte, sich einer Provinzialstadt
Mitteldeutschlands bibliopolisch und typographisch unterordnen
sollte. In rapider Weise entwickelte sich dort der Verlag und die
Buchdruckerkunst und um die Kaiserstadt herum gruppierten sich nun
wieder die Provinzialstädte des Reiches, die früher vollständig isoliert
gestanden hatten.

So sehen wir nunmehr das deutsche Pressgewerbe, unter Beibehaltung
seines eigentümlichen Wesens, namentlich in vier Emporien repräsentiert:
LEIPZIG im Zentrum, BERLIN im Norden, STUTTGART im Süden, WIEN im
Osten, während die übrigen Teile und Städte Deutschland-Österreichs
sowohl als der von diesem geschäftlich abhängigen Umländer, je nach
Lage, Sympathien oder nach der politischen oder geschäftlichen
Attraktionskraft der Mittelpunkte, sich um diese gruppieren.

Von einer scharfen Abgrenzung kann dabei selbstverständlich nicht die
Rede sein. Da es jedoch die Übersicht sehr erleichtert, den massenhaften
Stoff nach den natürlichen Kreisen zu scheiden, so ist diese Vierteilung
für die folgenden Kapitel beibehalten, jedoch unter Voranstellung
einer Gesamt-Übersicht der Schriftgiesserei, der Xylographie, der
Maschinenfabrikation und sonstiger für die Gesamtheit gleichen
Verhältnisse.

[Illustration]


[Illustration]

                              IX. KAPITEL.

                         ALLGEMEINER ÜBERBLICK

                    ÜBER DAS DEUTSCHE PRESSGEWERBE.

  Gedrückter Zustand des Pressgewerbes. Nachdruck und Presspolizei. Die
    kaiserl. Bücherkommission. Die Presse in den einzelnen Bundesstaaten.
    Die nationale Litteratur. Reform des Buchhandels. Der Börsenverein.
    Die Bücherproduktion. Der Buchdrucker-Verband und der
    Prinzipal-Verein. Statistisches. Die Papierfabrikation. Die
    Buchbinderkunst, der Masseneinband und die Handarbeit.

[Sidenote: Gedrückter Zustand des Pressgewerbes.]

[Sidenote: Der Nachdruck.]

Der gedrückte Zustand, in welchem wir das deutsche Pressgewerbe zum
Schluss der früheren Periode verliessen (I, S. 168), sollte sich
noch weit über den Schluss des achtzehnten Jahrhunderts ausdehnen.
Der siebenjährige Krieg, die Revolutionskriege, die Zwingherrschaft
Napoleons, die verkümmerten national-ökonomischen Verhältnisse lasteten
schwer auf dem ganzen Volk und auf allen gewerblichen Verhältnissen,
begreiflicherweise nicht in letzter Reihe auf Buchhandel und
Bücherdruck. Diese hatten, ausser mit den allgemeinen, noch mit ihren
besonderen Plagen, Nachdruck und Presspolizei, zu kämpfen. Ersterer
erhob in schamlosester Weise sein Haupt und brachte den Verlagshandel
um die Früchte seiner Opfer und seiner Thätigkeit. Unter solchen
Verhältnissen konnten keine angemessenen Honorare gewährt werden und
die schlecht bezahlten Autoren versuchten zumteil ihr Heil in dem
Selbstverlage ihrer Werke auf Subskription oder durch Vereinigungen zu
den sogenannten »gelehrten Buchhandlungen«, die gewöhnlich ein trübes
Ende nahmen und den Verlagsbuchhandel noch mehr diskreditierten.

[Sidenote: Die Polizeiwillkür.]

Doch nicht allein die Nachdrucker, sondern auch die Polizeiwillkür
betrachtete ein Presserzeugnis als ein herrenloses Gut und die Erzeuger
als ausserhalb des Schutzes der Gesetze stehend. Es ist nicht gerade
notwendig, den extremsten Fall, die Erschiessung Palms in Braunau am
26. August 1806 durch Napoleon, heraufzubeschwören, das Dasein der der
Presse Dienenden war ein Zustand von Hangen und Bangen, der, wennauch
nicht das Leben, so doch oft Opfer an Gut und Freiheit kostete.

[Sidenote: Die kaiserliche Bücherkommission und die Zensur.]

Mit der Verlegung des Schwerpunktes der Pressgewerbe nach Leipzig
war rechtlich keine Änderung in den presspolizeilichen Verhältnissen
eingetreten. Ein kaiserliches Edikt vom 10. Februar 1746 beschäftigte
sich sehr eingehend mit der Bücherzensur im heiligen römischen
Reich und spricht »seine sonderbare Befremdung« über die bisherige
Nichtachtung der Reichsgesetze aus. Über alle Einzelheiten im Buchhandel
und Buchdruck, selbst über Papier und Schriften wurden Bestimmungen
getroffen. Dieser Standpunkt wiederholt sich in den Wahlkapitulationen
bis 1792. Wie die Reichsregierung jedoch selbst klagt, es blieb
meist bei den leeren Worten und die kaiserliche Bücherkommission war
faktisch seit Verlegung der Messe nach Leipzig so gut wie von der Bühne
verschwunden. Sie wusste, dass sie keinen Gehorsam finden würde und
hielt sich deshalb möglichst hinter den Kulissen. Somit war die Presse
fast lediglich von der Gesetzgebung der einzelnen Staaten und deren
Politik abhängig; von einer Einheitlichkeit der Pressgesetzgebung, der
Zensur und der Presspolizei war keine Rede[152].

  [152] LUD. HOFFMANN, Geschichte der Bücherzensur. Berlin 1879. -- Die
        Preussische Pressgesetzgebung unter Friedr. Wilhelm III. Leipzig
        1881. -- FR. KAPP, Aktenstücke zur Gesch. der Preuss. Zensur
        etc. (Archiv d. B.-B.-V. IV). Leipzig 1879. -- R. E. PRUTZ, Zur
        Geschichte d. Presse in Preussen (Deutsch. Mus. 1857, 11).

[Sidenote: Pressverhältnisse der einzelnen Bundesstaaten. Preussen.]

Preussen genoss schon vor Friedrich dem Grossen eine gewisse Freiheit
und letzterer gewährte den Zeitungen einen noch grösseren Spielraum
und bediente sich sogar derselben, um seine Massregeln vorzubereiten
oder zu verteidigen. »Die Gazetten, wenn sie interessant sein sollen,
müssen nicht geniert werden.« Doch darf man dieses Wort nicht zu genau
nach dem Buchstaben nehmen. Über Angriffe auf seine Person dachte der
König allerdings sehr liberal, dagegen konnte er bei Einmischung in
seine Verwaltung unduldsam werden. Die Zensur der Schriften, welche das
öffentliche Recht behandelten, übertrug er dem Kabinettsministerium. Im
Jahre 1747 wurde die Berliner Akademie mit der Zensur aller Schriften
betraut. 1749 erschien ein etwas verschärftes Zensuredikt, welches bis
zum Tode Friedrichs in Kraft blieb, jedoch mild gehandhabt wurde, wie
der König überhaupt die Presse mit mehr Achtung behandelte, als man
damals gewohnt war.

Nach dem Tode Friedrichs nahm die Lage in Preussen eine andere Gestalt
an. In dem Jahre 1788 erschienen das berüchtigte Religionsedikt und das
diesem geistesverwandte Zensuredikt vom 19. Dezember desselben Jahres.
Natürlich »wollte man den Unterthanen alle erlaubte Freiheit gern
akkordieren« -- aber »zugleich Ordnung im Lande haben«.

Die französische Revolution und Napoleons eiserner Druck auf
Deutschland hemmten den Fortschritt gewaltig, wennauch sein Dekret vom
5. Februar 1810, durch welches die Angelegenheiten der Presse, des
Buchhandels und der Buchdruckerei geordnet werden sollten, auf Grund
der Schwerfälligkeit des gesamten Apparates in seinen Folgen nicht so
schlimm wurde, als man hätte befürchten müssen[153].

  [153] K. BIEDERMANN, Deutschland im XVIII. Jahrhundert. 1. Bd. 2. Aufl.
        Leipzig 1880. -- Friedr. Perthes' Leben. 6. Aufl. Gotha 1872.

[Sidenote: Bayern.]

[Sidenote: Württemberg.]

In den nichtpreussischen Teilen des deutschen Reiches sah es bald
besser, bald schlimmer aus, je nach dem Vorgehen der Einzelregierungen,
denn die Reichsgesetze hatte man entweder im stillen beseitigt oder sie
waren gar, wie in Holstein, wo die dänische Pressfreiheit eingeführt
war, offiziell abgeschafft. Auch in Mecklenburg, Braunschweig, Weimar,
Hessen-Darmstadt, Nassau bestand faktisch Pressfreiheit, ohne dass sie
rechtlich garantiert war. In Hannover waren wenigstens die Werke der
Professoren der Universität Göttingen zensurfrei. In Baden, Dessau und
den freien Reichsstädten, namentlich in Hamburg, fand die Tagespresse in
der Regel eine sichere Zufluchtsstätte. Am traurigsten sah es in Bayern
aus. Nach einem kurzen Lichtblick unter der Regierung des Kurfürsten
Maximilian III. Joseph war ein ganz massloser Druck eingetreten, und
auch in Württemberg wurde grosse Härte und Willkür geübt. Es kam dort
zu Vorgängen -- wie gegen den Dichter Schubart --, die sich denen der
Säbelherrschaft Napoleons nicht unwürdig anreihen.

[Sidenote: Die geistlichen Staaten.]

In den geistlichen Staaten unterlagen die Presserzeugnisse neben
der weltlichen Zensur auch noch der des römischen Stuhles und es
kamen öfters Fälle vor, dass Schriften auf Befehl Roms nachträglich
konfisziert wurden, nachdem sie bereits die Landeszensur passiert hatten.

[Sidenote: Sachsen.]

Sachsen, obwohl der Hauptsitz des Buchhandels, war nicht, wie man es
wohl hätte erwarten können, geneigt, zu freisinnigen Pressinstitutionen
die Initiative zu ergreifen, um damit Leipzig auch zum Zentrum der
wissenschaftlichen Bewegung und der Tagespresse zu machen, wie es der
Mittelpunkt des bibliopolischen Verkehrs geworden war. Es fehlte sowohl
bei der Regierung wie bei dem Volke der eigentliche Schwung. Schon die
Religionsverschiedenheit der Herrscher und des Volkes legte der freien
Behandlung religiöser Fragen Hindernisse in den Weg. War man jedoch auch
nicht freisinnig in der Gesetzgebung, so war man doch in der Praxis
mild und suchte den Buchhandel auf Grund von Leipzigs Stellung zu
demselben möglichst zu schonen[154]. Die Bücherkommission, zu welcher
die Regierung Mitglieder der Universität, des Rats und später des
Buchhandels ernannte, verfuhr mit grösster Schonung, nur über einen, den
strengen Zensor Bel, war man sehr missgestimmt; ja es kam so weit, dass
man von dem Wegbleiben der Auswärtigen von der Messe sprach.

  [154] C. B. LORCK, Geschichte des Vereins der Buchhändler zu Leipzig.
        Leipzig 1883.

[Sidenote: Die nationale Litteratur.]

[Sidenote: Zeitschriften.]

[Sidenote: Der Buchhandel.]

Mit dem Beginn der vorliegenden Periode beginnt auch das Aufblühen der
nationalen Litteratur, die zu Ende des XVIII. und zu Beginn des XIX.
Jahrhunderts ihre schönsten Blüten trieb. Zu der Zeitungslitteratur,
welche sich mit Besprechung oder Kritik der öffentlichen Zustände
beschäftigte, gab erst A. L. v. Schlözer in Göttingen, dem K. F. v.
Moser nacheiferte, den Anstoss. Schlözers Staatsanzeigen 1782-1793
hatten zurzeit 4000 Abnehmer und waren selbst in den höchsten Kreisen
beachtet. Von da ab wurden alle Verhältnisse in den Wochen- und
namentlich in den Monatsschriften erörtert und um 1785 gab es 400-500
Zeitschriften. Die politische Tagesschriftstellerei war damals noch
nicht ein förmliches Gewerbe, die Unternehmer waren meist Professoren
und Gelehrte, die Bücherkäufer bestanden hauptsächlich nur aus
Gelehrten, Bibliotheken und Beamten, deren begrenzte Mittel sie jedoch
gewöhnlich zwangen, sich auf das Nötigste zu beschränken. Das übrige
Publikum begnügte sich nicht selten mit fader Unterhaltungslitteratur.
Ein direktes Eingreifen des Buchhandels, um neue litterarische
Erscheinungen hervorzurufen, war nur selten bemerkbar, der
buchhändlerische Unternehmungsgeist war noch nicht erwacht.

Erst mit FRIEDR. ARNOLD BROCKHAUS beginnt das eigentliche tendenziöse
Eingreifen der Verleger, welche die Verbreitung wirklicher allgemeiner
und politischer Bildung ins Auge fassten. Aber welche Quelle der Sorgen
und Plagen sollten ihm und seinen Gesinnungsgenossen aus solchem
Beginnen erwachsen[155]!

  [155] H. E. BROCKHAUS, Friedrich Arnold Brockhaus. Sein Leben und
        Wirken. 3 Bde. Leipzig 1872.

[Sidenote: Reform des Buchhandels.]

Eine Reform des buchhändlerischen Geschäftsbetriebes war schon in der
letzten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts versucht worden, namentlich
richteten sich die Bestrebungen auf die Unterdrückung des Nachdrucks
und auf Gleichmässigkeit und Ordnung in den Rechnungsverhältnissen.
PH. E. REICH in Leipzig gelang es 1765, den ersten Buchhändler-Verein
zustande zu bringen, doch war die Wirksamkeit desselben keine grosse
und er verschwand bald ganz. 1792 versuchte P. G. KUMMER in Leipzig
wieder einen solchen zu begründen, jedoch erst der durch C. C.
HORVATH aus Potsdam hervorgerufene Börsenverein[156] war von Dauer
und aus ihm entstand 1824 erst der wirkliche, jetzt noch bestehende
Börsenverein der Deutschen Buchhändler, dem es namentlich durch die
unermüdlichen Anstrengungen des 1833 am 25. Februar gegründeten
Leipziger Buchhändler-Vereins und durch die liberale Unterstützung
der Sächsischen Regierung gelang, am 1. Mai 1836 sich in dem eigenen
stattlichen Börsengebäude versammeln zu können.

  [156] FR. FROMMANN, Geschichte des Börsenvereins. -- Der Börsenbau
        (Kap. II in LORCKS Gesch. d. Vereins d. Buchh. zu Leipzig). --
        Statut des Börsenvereins vom 25. April 1880.

[Sidenote: Börsenverein.]

Seit der Zeit ist der Verein ruhig fortgeschritten und zählte
1882 1480 Mitglieder. Sein Haus besitzt er seit 1869 vollständig
schuldenfrei; ausserdem eine höchst wertvolle, in ihrer Art einzig
dastehende Fachbibliothek und reiche Sammlungen für die Geschichte der
graphischen Künste[157], einen Verlag fachgeschichtlicher Schriften, ein
wohlgeordnetes Finanzwesen und ein Vermögen von nahe an 400000 Mark.

  [157] Katalog der Bibl. des Börsen-Vereins. Leipzig 1869.
        Nachtrag 1870.

Ein wesentlicher Einfluss auf die Gesetzgebung über das litterarische
Eigentumsrecht und auf die Ordnung der Verhältnisse der Presse ist dem
Verein durch das Vertrauen der Regierungen zugefallen. Einige in letzter
Zeit in seinem Schosse entstandene Differenzen, die aus den Versuchen
entsprangen, dem Verein Machtbefugnisse beizulegen, die ihn berechtigt
haben würden, in geschäftliche Verhältnisse des Einzelnen einzugreifen,
waren nicht derart, um für den so fest begründeten nützlichen Verein
Gefahren zu bereiten.

Das Vereinsorgan ist das 1834 gegründete, seit 1867 täglich erscheinende
»Börsenblatt für den deutschen Buchhandel«[158]; dieses im Verein
mit dem »Naumburgschen Wahlzettel«, »Schulz' Adressbuch für den
deutschen Buchhandel« und dem »Hinrichsschen Bücherverzeichnisse«
sind geschäftliche Hülfsmittel von grossem Werte, wie sie in dieser
Ausdehnung keine andere buchhändlerische Organisation besitzt[159].

  [158] Ein Jahrgang des Börsenblattes bildet jetzt vier Quartbände,
        zusammen in einem Umfange von gegen 6000 Seiten. Seit 1856 wurde
        es von Jul. Krauss redigiert.

  [159] E. BERGER, Die Anfänge der period. Litteratur des Buchhandels
        (Publ. d. B.-B.-V. 11). Leipzig 1875.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Aufschwung der Pressgewerbe.]

Fast gleichzeitig mit der Gründung des Börsenvereins und des Leipziger
Buchhändler-Vereins war die grosse politische Bewegung infolge
der Julirevolution in Paris 1830 und die bedeutenden technischen
Verbesserungen der Typographie eingetreten. Die Produktion kam nun rasch
in Fluss und trat in mancher Beziehung in andere Bahnen ein. War der
Buchhändler früher weniger ein Spekulant gewesen, so wurde er jetzt
vielfach ein Bücherfabrikant und unterlag als solcher mehr als sonst den
Schwankungen der Zeitverhältnisse[160].

  [160] O. A. SCHULZ, Der Buchhandel (Schiebes Handelslexikon). -- A.
        SCHÜRMANN, Der Buchhandel (Pierers Universallexikon). -- K.
        BUCHNER, Schriftsteller und Verleger vor 100 Jahren. -- Dr.
        A. KIRCHHOFF, Litteratur und Buchhandel am Schluss des XVIII.
        Jahrh. -- J. H. MEYER, Die genossenschaftlichen Buchhandlungen
        des XVIII. Jahrh. (Archiv d. D. B.-B.-V. 11). Leipzig 1879. --
        A. PRINZ, Der Buchhandel von 1815 bis zum Jahre 1863. 7 Teile.
        Altona 1855-1863. -- E. BERGER, Aus dem Buchhandel vor 50 Jahren
        (Publ. d. B.-B.-V. 11). Leipzig 1875. -- Derselbe, Der deutsche
        Buchhandel in d. J. 1815-1867 (Arch. d. B.-B.-V. 11). Leipzig
        1879. -- K. BUCHNER, Beiträge zur Gesch. d. Buchhandels.

[Sidenote: Die illustrierten Blätter.]

Die ZEITSCHRIFTEN, selbst die belletristischen, schlugen unter Führung
des jungen Deutschlands mehr oder weniger eine tendenziös-politische
Richtung ein. Daneben wucherte die Broschürenlitteratur in üppigster
Fülle.

Geradezu umwälzend wirkte 1832 das Erscheinen des _Penny magazine_
(S. 94) auf die deutsche Journallitteratur. Es entstanden
die verschiedensten Nachahmungen und selbst die Verleger der
nichtillustrierten Blätter waren wenigstens bemüht, diese durch
Bilderprämien, zuerst Stahlstiche und schwarze Lithographien, später
Chromolithographien, unter Zuhülfenahme der Colportage »bis in die
Hütten« zu verbreiten. Den Pfennigblättern folgte 1843 die »Illustrierte
Zeitung«. Auch der Humor machte unter Vortritt der »Fliegenden Blätter«
(1845) seine Rechte in einer Reihe von periodischen Schriften geltend,
in welchen hauptsächlich die lithographische Federzeichnung, bei welcher
der Künstler ohne die Dazwischenkunft eines Anderen seiner Laune die
Zügel schiessen lassen konnte, Verwendung fand.

[Sidenote: Die Kalenderlitteratur.]

Im Gefolge der illustrierten Blätter und unterstützt durch die grossen
Fortschritte der Holzschneidekunst stellten sich die zahlreichen
VOLKSKALENDER ein, von denen der von Fr. W. Gubitz (1833) herausgegebene
der reichste an Inhalt sowie an Illustrationen, zugleich der am
weitesten verbreitete war. Leider wurde dieser volkstümlichsten und bei
ehrlichem Streben sehr beachtenswerten Gattung von Presserzeugnissen
nicht allein durch die Höhe der daraufgelegten Stempelsteuer, sondern
noch mehr durch die mit der Erhebung derselben in der Zeit der
Vielstaaterei und der ausgebildetsten Zollplackerei verbundenen
Schwierigkeiten sehr gehemmt und den Verlegern eine Quelle des
fortwährenden Verdrusses und Nachteils eröffnet.

[Sidenote: Die illustrierten Heftwerke.]

Die Illustration bemächtigte sich jedoch nicht nur der
Journallitteratur, sondern es entstanden auch illustrierte
Lieferungswerke in grosser Zahl, welche bei der Erscheinungsweise in
Heften zu 2-1/2, 5 oder höchstens 10 Groschen leicht Eingang fanden,
bis Missbrauch der Geduld und der Kasse des Publikums sie in Misskredit
brachte.

Den Reigen begannen Werke mit lithographischen, zumteil kolorierten
Bildern, dann folgten solche mit Stahlstichen, Holzschnitten und
Chromolithographien. Leipzig und Stuttgart gaben den Ton an. Österreich
blieb in der Produktion zurück, bildete aber das vorzüglichste
Absatzgebiet. Für Holzschnittwerke wurden zuerst namentlich französische
Clichés benutzt; bald aber konnte Deutschland Originale genug liefern
und gab bereits im Jahre der Jubelfeier von Gutenbergs Kunst vollgültige
Beweise seines selbständigen Schaffens. Die Stahlstichwerke wurden
hauptsächlich mit englischen Produkten illustriert; dann wagte man sich
daran, unter Beihülfe englischer Künstler, von denen viele sich in
Deutschland etablierten, die Stiche selbst zu liefern.

An die Stelle der Taschenbücher in bescheidenem Format traten nach
englischen Mustern die GROSSEN ALBUMS und JAHRBÜCHER, die sich
jedoch eben so wenig in Deutschland wie in England hielten und den
illustrierten Dichterwerken Platz machten.

[Sidenote: Die Klassiker-Ausgaben.]

Ebenfalls eine andere von England nach Deutschland verpflanzte, jedoch
sehr schnell verschwindende Mode war die der KLASSIKER-AUSGABEN in einem
Bande grossen Formats mit gespaltenen Kolumnen. Dahingegen fanden die
sogenannten SCHILLER-AUSGABEN (von 1845 ab) in einem kleinen breiten
Sedez eine grosse Verbreitung und andauernden Beifall. Jeder Verleger
spürte in seinem Verlagskataloge eifrigst nach, ob er nicht einen von
ihm übersehenen »Klassiker« im Verlage habe und mancher wunderbare
Klassiker-Heilige zeigte sich mit der Schillerkutte angethan. Selbst
umfangreichere wissenschaftliche Werke fielen der Schillerformat-Manie
anheim. Für die epochemachende _Tauchnitz-Collection_ war dies Format
bereits 1842 angenommen.

[Sidenote: Konversationslexika.]

Die Bedürfnisse nach allgemeinen encyklopädischen Kenntnissen fanden
reiche Nahrung durch die grosse Zahl von KONVERSATIONSLEXIKA mit oder
ohne Illustrationen, die alle mehr oder weniger in Brockhaus' Kielwasser
mit einer von ihm in billigster Weise entlehnten Ladung segelten. Sogar
die Damen erhielten ein solches Lexikon und es fehlte auch nicht einmal
eins für Kinder.

[Sidenote: Die politische Poesie.]

Die Zensurplackereien in den Jahren 1830-1848 überschritten alle
Grenzen. Zwar waren Schriften über 20 Bogen zensurfrei geworden, jedoch
musste 24 Stunden vor der Herausgabe ein Exemplar der Polizei überreicht
werden, und diese Zeit genügte für die provisorische Beschlagnahme,
die in ihren Wirkungen für den Verleger einer definitiven ziemlich
gleichkam. Für die POLITISCHE POESIE und den politischen und sozialen
Roman lag hierin ein Vorschub, da diesen Erzeugnissen nicht so leicht
beizukommen war als denjenigen eines klar ausgesprochenen politischen
Inhalts. Der Unterdrückte wird durch strenge Massregeln seiner
Überwacher nur erfinderischer in der Auswahl seiner Mittel, diese zu
umgehen, und die erwähnten Litteraturzweige blühten.

[Sidenote: Pressfreiheit.]

So hatte es lange unter der Asche geglimmt, bevor der Brand infolge
der Pariser Februar-Revolution 1848 in Deutschland in hellen Flammen
sich Luft machte. Eine Folge war die endliche Gewährung der seit mehr
als 30 Jahren verheissenen Pressfreiheit und die unbehelligte Einfuhr
der Bücher in Österreich, bei welcher jedoch der Buchhandel pekuniär
vorläufig wenig gewann, da der Reiz des Besitzes des Verbotenen nunmehr
aufhörte.

[Sidenote: Die Zeitungen und Broschüren.]

Für die erste Zeit nahmen ZEITUNGEN und BROSCHÜREN[161] die
Aufmerksamkeit des Publikums ausschliesslich in Anspruch. Viele
Kontinuationswerke kamen ins Stocken; der Kredit des Buchhandels wurde
beschnitten. Nur in der Zeitungslitteratur herrschte frisches Leben,
aber auch eine grosse Zersplitterung der Kräfte, unter welcher die
Erzielung grosser Resultate sehr schwer war. Jede Parteischattierung,
jede Stadt, jedes Städtchen wollte ein Blatt oder Blättchen für sich
haben.

  [161] R. E. PRUTZ, Geschichte des deutschen Journalismus. Hannover
        1845. -- Derselbe, Fortschritte der Zeitungspresse (Deutsch.
        Museum 1858 Nvbr.). -- J. KURANDA, Deutsche Zeitungen und
        Zeitschriften. -- H. WUTTKE, Die deutschen Zeitschriften. 2.
        Aufl. Leipzig 1875. -- Einen Einblick in die Herstellung einer
        Zeitung gewährt: J. H. WEHLE, Die Zeitung. 2. Aufl. Wien 1883.

Während die politischen Zeitungen mit ihren reichhaltigen
litterarischen und schönwissenschaftlichen Feuilletons die eigentliche
Unterhaltungslitteratur und auch die litterarischen Blätter ganz
zurückdrängten, gediehen die illustrierten, halb unterhaltenden,
halb belehrenden Wochenblätter, für welche die »Gartenlaube« die
Bahnbrecherin gewesen war, vortrefflich.

[Sidenote: Modezeitungen.]

Als ein bedeutendes Element trat die MODE hinzu. Die grossen Muster- und
Modezeitungen, welchen zurseite die Frauen standen, die zum Schrecken
der Männer alles Mögliche und Unmögliche behäkelten oder bestickten
und in »Schnitten« das Unglaublichste leisteten, fanden eine mitunter
kolossale Verbreitung und wurden selbst in Paris massgebend.

Auch die politisch-soziale SATIRE hatte ihren Tummelplatz, auf welchem
der »Kladderadatsch« sich als Vorturner auszeichnete.

[Sidenote: Die Reaktion.]

[Sidenote: Die Kollektiv-Unternehmen.]

Nachdem die Regierungen nach der Sturmperiode sich von ihrem Schrecken
erholt und wieder festeren Boden unter sich fühlten, begann die Reaktion
erst im stillen, dann offen ihr Spiel zu treiben und die Verfolgungen
gegen Schriftsteller, Verleger und Drucker gehörten zur Tagesordnung.
Von allen Seiten trat die Politikmüdigkeit ein, dagegen stieg die Lust
an Büchern in demselben Verhältnis wie die Unlust an Zeitungen. Die
Konkurrenz im Buchhandel erhob sich wieder mächtig. Sprach jemand einen
Gedanken aus, so fiel gleich ein halbes oder ganzes Dutzend Verleger
über denselben her und zeigte sich bereit, an der Abhülfe eines längst
gefühlten Bedürfnisses mitzuwirken. Die KOLLEKTIV-UNTERNEHMUNGEN aller
Art schossen wie Pilze aus der Erde und fanden guten Absatz, mit
Ausnahme der Romansammlungen, denn trotz der Billigkeit und der zumteil
guten Auswahl derselben zog das Publikum doch vor, sich mit der schönen
Litteratur durch die Zahlung von fünf Pfennigen oder einem Groschen
Leihgebühren pro Band abzufinden.

Durch die Eisenbahnen war die Welt in eine fortwährende Bewegung
gekommen. Es musste also auch für die Bedürfnisse des reisenden
Publikums gesorgt werden, was in ergiebigster Weise durch
Reisehandbücher und Reiseatlanten, Parleurs etc. geschah.

[Sidenote: Der 9. November 1867.]

Ein Tag von grosser Bedeutung in der Geschichte des Buchgewerbes war
der 9. November 1867, an welchem die Verlagsrechte an die Werke der
seit 30 Jahren oder länger verstorbenen Autoren Gemeingut wurden.
Merkwürdigerweise hatten die hauptsächlichsten Verleger der Werke,
die von der Bestimmung getroffen wurden, nicht versucht, der Gefahr
beizeiten energisch zu begegnen, und überliessen den Konkurrierenden
eine zeitlang das Feld. Diese hatten aber um so vorsorglicher gehandelt
und sich zumteil vor Ablauf des Termins mit einigen Verlegern
geeinigt, sodass sie noch vor dem 9. November ihre Kollektionen zu den
wohlfeilsten Preisen beginnen konnten. Fast noch einschneidender als im
Buchhandel wirkte dieser Tag in dem Musikalienhandel.

[Sidenote: Der Colportage-Roman.]

Neben den besseren Erzeugnissen der Unterhaltungs-Litteratur florierte
die Schmarotzer-Pflanze des COLPORTAGE-ROMANS und tötete teilweise
den Sinn für ernstere Lektüre, brachte auch nebenbei durch Beigabe
grösstenteils mittelmässiger Prämienbilder die jugendlich frisch
aufblühende Kunst des Farbendruckes in Misskredit.

[Sidenote: Die Pracht-Albums.]

Die grossen Fortschritte der Typographie, der Xylographie und der
Chromolithographie in Verbindung mit der Photographie und den
verschiedenen Lichtdruckverfahren hatten den Geschmack für schöne Bücher
mächtig gefördert und riefen ARCHITEKTONISCHE und TECHNISCHE WERKE
von grossem Werte, sowie MUSTERSAMMLUNGEN der besseren Erzeugnisse
alter, mittlerer und neuerer Zeit hervor. Es folgten prachtvolle
ethnographische Werke. Schliesslich entstand eine wahre Sintflut von
ALBUMS, hauptsächlich mit photographischen Illustrationen zu Gedichten,
Romanen, Opern u. dgl.

[Sidenote: Die »Mark-Bibliotheken«.]

Als jüngste Phase des Buchhandels, deren Resultate noch nicht vorliegen
können, müssen die MARK-BIBLIOTHEKEN bezeichnet werden, in welchen ein
hübsch gebundener Band für eine Mark geliefert wird. Diese Kollektionen
beschränken sich nicht auf die Unterhaltungs-Litteratur, sondern dehnen
sich auch auf die wissenschaftliche aus.

[Sidenote: Die Landkarten-Produktion.]

Zum Schluss sei noch die LANDKARTEN-PRODUKTION erwähnt. Diese
erhielt durch Hülfe der Chemitypie und der Zinkographie, sowie der
Vielfarben-Druckmaschine eine gewaltige Ausdehnung und die Billigkeit
der Erzeugnisse bei schöner Ausführung grenzt an das Wunderbare. Da
diese Branche der Aufklärung ohne jeden bitteren Beigeschmack dient, so
kann die Freude hierüber eine ungetrübte sein.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Buchdrucker-Gehülfen-Verband.]

Unter den Errungenschaften des Jahres 1848 war auch das
Associationsrecht. Es war selbstverständlich, dass die
Buchdrucker-gehülfen dasselbe benutzten, um sich in Vereine zu sammeln
behufs Vertretung ihrer Interessen mit gemeinsamen Kräften. Dass sie
mässiger in der Benutzung ihrer Freiheiten hätten sein sollen als alle
anderen Klassen, war nicht zu verlangen. Die alte »patriarchalische«
Zeit hatte ihnen durch willkürliche Berechnungs- und unregelmässige
Zahlungsweise manche Unbill gebracht, für welche sie jetzt Revanche
nahmen, dabei die Berechnung der Zinsen nicht vergessend.

Eine erste allgemeine Versammlung der Gehülfen aus ganz Deutschland
fand in den Tagen vom 11. bis 14. Juni 1848 in Mainz statt. Die
dort gefassten Beschlüsse hatten zwar einen Protest von gegen 200
Prinzipalen zur Folge, dabei blieb es jedoch und man liess den Verband
der Buchdrucker- und Schriftgiesser-Gehülfen, welcher die lebhafteste
Beteiligung fand, ruhig gewähren.

[Sidenote: Der Prinzipal-Verein.]

Erst nachdem der Verband fast unumschränkter Herr in den Druckereien
geworden, dachten die Prinzipale daran, sich auch an einander zu
schliessen und versammelten sich am 15. August 1869 ebenfalls in
Mainz. Der dort konstituierte Verein wollte nicht nur Front gegen den
Gehülfen-Verein machen und die persönlichen Beziehungen fördern und
kräftigen, sondern auch in der Art des Börsenvereins der deutschen
Buchhändler die Interessen des Geschäfts in allen Lagen vertreten. Zum
Vorort wurde Leipzig bestimmt und ein Vorstand von neun Mitgliedern
gewählt. 1872 zählte der Prinzipal-Verein mehr als 700 Mitglieder; der
Gehülfen-Verband das Zehnfache (7295). Die Gesamtzahl der Gehülfen
mochte gegen 11000 betragen. Von den etwa 4000 Nichtverbandsmitgliedern
hielt sich eine ziemliche Anzahl nur als »Schlaumeier« von den
Verbandsbestrebungen zurück; im Herzen gönnten sie selbstverständlich,
wenn sie auch nicht immer das Vorgehen des Verbandes im einzelnen
billigten, wohl so ziemlich alle dem Verband die grösstmöglichsten
Vorteile, denn auch sie genossen ja in ihrer gedeckten Position die
errungenen Vorteile mit.

[Sidenote: Differenzen zwischen Prinzipalität und Gehülfenschaft.]

Nach einer langen Reihe von Differenzen und nach zahlreichen Übergriffen
seitens des Verbandes fand zu Anfang des Jahres 1873 eine allgemeine
Kündigung der Gehülfen seitens der Prinzipale statt. Da jedoch nicht
alle Druckereien dem Verein angehörten, denn auch unter den Prinzipalen
gab es viele »Schlaumeier«, und ein grosser Teil der Mitglieder den
gefassten Beschlüssen nicht treu blieb, kam es nach vielen Verhandlungen
zwischen den beiden Vereinen am 12. Januar 1874 zu einem Abkommen,
das mit einem allgemein einzuführenden Tarif und dem Einsetzen eines
Einigungsamtes in Differenzfällen endigte.

Der Prinzipal-Verein hat seinen Zweck bis jetzt nur im beschränkten
Masse erreicht, weil er zu viel in einer zu kurzen Zeit erreichen wollte
und weil manche seiner Mitglieder direkte Hülfe in ihren besonderen
Angelegenheiten vom Verein erwarteten, während dieser nur für eine
Anbahnung besserer Zustände im allgemeinen wirksam sein konnte. Jetzt,
wo er seiner Thätigkeit engere Grenzen gesteckt hat, ist auch zu
erwarten, dass er, wennauch nur Schritt für Schritt, zum Ziel gelangen
wird, um so mehr, als die Gehülfen ihre prinzipielle Opposition gegen
ihn aufgegeben haben[162].

  [162] Die Geschichte des Deutschen Buchdrucker-Vereins von 1869-1876
        ist in den Annalen der Typographie 1870, Nr. 341-390 im
        Zusammenhang ausführlich behandelt. Die »Annalen« waren von
        der Begründung des Vereins bis 1876 Organ desselben und
        wurden von dessen Sekretär Carl B. Lorck herausgegeben. Jetzt
        giebt der Verein selbst in unregelmässigen Zwischenräumen die
        »Mitteilungen aus dem Deutschen Buchdrucker-Verein« heraus.

Die offenbar zu grossen Einräumungen der Prinzipale im Jahre 1874 sind
durch die Praxis gemildert, denn auch die Gehülfen haben einsehen
gelernt, dass es im Geschäft gewisse Grenzen giebt, die man ohne sich
selbst zu schädigen nicht überschreiten kann.

[Sidenote: Ruhigere Verhältnisse.]

So hat die beste Lehrmeisterin, die Erfahrung, am meisten dazu
beigetragen, das Verhältnis im allgemeinen befriedigender zu gestalten.
Die Versuche der Gehülfen, kooperative Druckereien zu begründen, haben
aus den jedem Geschäftsmann leicht erklärlichen Gründen fast nur
Misserfolge gehabt. Diese Thatsache hat ebenfalls gedient, die Gehülfen
darüber aufzuklären, dass auch im Geschäft nicht alles Gold ist, was
glänzt, und sie mit dem Los der Abhängigkeit zu versöhnen. Somit steht
zu hoffen, dass künftig ein innigeres Zusammenwirken von Prinzipalität
und Gehülfenschaft dazu beitragen wird, Gutenbergs Kunst stets mehr und
mehr zu Ehren zu bringen.

[Sidenote: Die Organe der Gehülfenschaft.]

Das bedeutendste Organ der Gehülfenschaft ist der, jetzt dreimal
wöchentlich erscheinende, 1862 gegründete »Correspondent für
Deutschlands Buchdrucker und Schriftgiesser«. Früher fast nur und oft in
massloser Weise polemisch wirkend, ist das Blatt mit den Verhältnissen
auch ruhiger geworden, bringt jetzt manche technische und belehrende
Artikel und hat namentlich um statistische Aufnahmen Verdienste. Der
Leiter ist seit einer langen Reihe von Jahren RICHARD HÄRTEL, der,
früher zugleich Präsident des Verbandes, mit Klugheit und Geschick die
Interessen desselben wahrgenommen hat. Das Organ der österreichischen
Gehülfen ist »Vorwärts« in Wien.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Statistisches.]

Es erübrigt noch, einen kurzen Überblick über die Kräfte, welche bei der
graphischen Produktion in Deutschland wirken, und über die Produktion
selbst zu geben.

[Sidenote: Buch- u. Steindruckereien.]

Das Deutsche Reich hatte 1881 in 1471 Städten 3389 Buchdruckereien
und 1994 Steindruckereien[163]. In diesen Offizinen sind 96
Rotationsmaschinen, 5811 typographische, 1369 lithographische
Schnellpressen, 244 Tretmaschinen, 2463 typographische und 6687
lithographische Handpressen vorhanden. Jedoch darf nicht übersehen
werden, dass der grösste Teil der typographischen Handpressen entweder
nur als Korrekturpressen dienen oder auch ein vollständiges Stillleben
führen. Beschäftigung fanden (1875) 52000 männliche, 11600 weibliche
Mitarbeiter und 8400 Lehrlinge, in Summa also 71000 Arbeiter.

  [163] Die etwa 700 Offizinen, welche Buchdruckerei und Steindruckerei
        vereinigen, sind doppelt angeführt.

        Das Deutsche Reich, Österreich und die Schweiz als graphische
        Einheit betrachtet ergiebt die Zahl von 6993 graphischen
        Anstalten mit 9378 Schnellpressen und etwa 13500 Tret- und
        Handpressen. Die Details über Österreich und die Schweiz finden
        sich S. 406 und S. 436.

Von Schriftgiessereien waren 342 mit 2588 Arbeitern, von
Schriftschneidereien und xylographischen Anstalten 371 mit 2353 Personen
vorhanden. Von 66 Spielkartenfabriken wurden jährlich gegen 4500000
Pakete geliefert, auf denen Abgaben von etwa 1200000 Mark ruhten.

[Sidenote: Buch- u. Kunsthandlungen.]

Von Buch- und Kunsthandlungen gab es in 987 Städten 4376 mit 10590
Mitarbeitern. 11251 Buchbindereien beschäftigten 31624 Personen
(darunter 7055 weibliche). Leihbibliotheken gab es 455, Zeitungs- und
Annoncen-Expeditionen 326, Öldruck- und Globen-Anstalten 342.

[Sidenote: Zeitschriften.]

Im Jahre 1882 lieferten 1432 Städte 4998 Zeitschriften, von denen 76 in
nichtdeutscher Sprache. Unter diesen vielen Zeitungen wurzeln bloss 9 in
dem XVII., 89 in dem XVIII. Jahrhundert. Über 4000 entstanden seit 1830,
von denen wieder über 2000 in den letzten zehn Jahren verschwanden, um
wieder anderen Raum zu gewähren. Von den Zeitschriften kamen 2435 auf
Preussen, 515 auf Bayern, 504 auf Sachsen, 216 auf Württemberg. Der
Hauptvertrieb fällt der Post zu. Die Versendung betrug im Jahre 1880
gegen 300 Millionen Nummern.

[Sidenote: Die Bücherproduktion.]

Die BÜCHERPRODUKTION des gesamten deutschen Buchhandels (also nicht nur
des Deutschen Reiches) betrug 1879 14179 Nummern, 1880 14941 Nummern,
1881 15191 Nummern, und findet in ähnlicher Weise seit langer Zeit eine
fortwährende Steigerung statt. In betreff der Ausfuhr deutscher Bücher
ist Nordamerika für diese der bedeutendste Markt, auf welchem jährlich
etwa für zwei Millionen Mark abgesetzt wird.

Zum Vergleich mit dem (S. 224) gegebenen Verzeichnis, aus welchem
hervorgeht, dass 26 Städte Frankreichs von mehr als je 50000 Einwohnern
zusammen eine Bevölkerung von 2594100 Seelen, 343 Buchdruckereien, 390
lithographische Anstalten, 908 Buchhandlungen und 640 Zeitschriften
haben, folgt umstehend eine ähnliche Aufstellung aus dem Deutschen
Reiche.

Das Deutsche Reich hat demnach in 42 Städten mit über je 50000
Einwohnern und einer Gesamteinwohnerzahl von 4176000 Seelen 966
Buchdruckereien, 888 lithographische Anstalten, 1737 Buchhandlungen,
1153 Zeitschriften. Nehmen wir zu einem näheren Vergleich die 26 ersten
Städte des Deutschen Reichs (von Berlin abgesehen) und stellen sie
gegen die 26 Städte Frankreichs, so finden wir, dass erstere 3286000
Einwohner, 769 Buchdruckereien, 730 lithographische Anstalten, 1478
Buchhandlungen, 961 Zeitschriften haben; also gegen letztere ein Mehr
von 692000 Einwohnern, 426 Buchdruckereien, 340 lithographischen
Anstalten, 470 Buchhandlungen, 321 Zeitschriften aufweisen[164].

  ---------------+-----------+---------+---------+----------+-----------
  Städte         | Einwohner-|  Buch-  |Lithogr. |Buchhandl.|   Zeit-
                 |    zahl   | drucker |Anstalten|          | schriften
  ---------------+-----------+---------+---------+----------+-----------
  Hamburg        |   290000  |   100   |   114   |   125    |     59
  Breslau        |   273000  |    31   |    30   |    53    |     33
  München        |   230000  |    49   |    38   |    95    |     71
  Dresden        |   220000  |    43   |    52   |   126    |     61
  Leipzig        |   149000  |    92   |    69   |   400    |    248
  Köln           |   145000  |    43   |    32   |    47    |     27
  Königsberg     |   141000  |    14   |    12   |    25    |     25
  Frankfurt a. M.|   137000  |    58   |    45   |    71    |     59
  Hannover       |   123000  |    32   |    19   |    48    |     38
  Stuttgart      |   117000  |    38   |    30   |   107    |     98
  Bremen         |   113000  |    22   |    30   |    26    |     19
  Danzig         |   109000  |    11   |     8   |    21    |     21
  Strassburg     |   105000  |    15   |    16   |    26    |     32
  Nürnberg       |   100000  |    26   |    45   |    40    |     26
  Magdeburg      |    98000  |    30   |    18   |    38    |     19
  Barmen         |    96000  |    10   |    31   |    12    |      9
  Düsseldorf     |    95500  |    20   |    15   |    30    |     11
  Chemnitz       |    95000  |    14   |    10   |    33    |     10
  Elberfeld      |    93500  |    16   |    19   |    18    |      7
  Stettin        |    92000  |    22   |    20   |    18    |     17
  Altona         |    91000  |    17   |    16   |    14    |      5
  Aachen         |    85500  |    14   |    13   |    17    |     15
  Braunschweig   |    75000  |    16   |    12   |    31    |     18
  Krefeld        |    74000  |    11   |    21   |    10    |      4
  Halle          |    71500  |    15   |    10   |    35    |     17
  Dortmund       |    67000  |    10   |     5   |    12    |     12
  Posen          |    65000  |    12   |     8   |    20    |     15
  Mühlhausen     |    64000  |     7   |    12   |     4    |      4
  Augsburg       |    61500  |    13   |     7   |    23    |     19
  Mainz          |    61000  |    22   |    25   |    24    |     17
  Kassel         |    58500  |    19   |    14   |    25    |     14
  Essen          |    57000  |     9   |     5   |     9    |      6
  Erfurt         |    53500  |     6   |     9   |    12    |     14
  Metz           |    53000  |     8   |     7   |    15    |      9
  Mannheim       |    53000  |    11   |     7   |     8    |     11
  Würzburg       |    51000  |    13   |     7   |    14    |     13
  Lübeck         |    51000  |    11   |     9   |    10    |      6
  Frankfurt a. O.|    51000  |     2   |     5   |     8    |      4
  Wiesbaden      |    50500  |    16   |     9   |    27    |     22
  Görlitz        |    50500  |    11   |     4   |    13    |      8
  Karlsruhe      |    50000  |    17   |    14   |    21    |     15
  Darmstadt      |    50000  |    20   |    16   |    26    |     15
  ---------------+-----------+---------+---------+----------+-----------
  Summa[164]     |  4176500  |   966   |   888   |  1737    |   1153

Die Bedeutung von Paris für die graphischen Gewerbe Frankreichs ist
bekanntlich eine weit tiefer eingreifende als die der Reichshauptstadt
für Deutschland. Sollte der graphische Vergleich auf die Metropole
ausgedehnt werden, so müsste man, der Deutschland eigentümlichen
Organisation gemäss, Berlin und Leipzig zusammen Paris gegenüberstellen,
um einigermassen zu einem richtigen Resultat zu gelangen. In diesem
Falle würde dann Leipzig ausfallen und Posen als 26. Stadt einrücken und
damit das $Mehr$ der 22 deutschen Städte wesentlich beschränkt werden,
nämlich auf: 618000 Einwohner, 346 Buchdruckereien, 279 lithographische
Anstalten, 190 Buchhandlungen und 88 Zeitschriften.

  [164] Die Angaben hier können zwar keinen Anspruch auf absolute
        Genauigkeit erheben, kommen jedoch der Wahrheit so nahe, dass
        sie genügen, um sich ein richtiges Bild zu machen. Für die
        Angaben der Bevölkerung wurde Neumanns »Geographisches Lexikon«,
        Leipzig 1883, mit Abrundung der Einwohnerzahl auf 500 benutzt;
        für die der Buchdruckereien und der lithographischen Anstalten
        »Klimsch' Adressbuch der Buch- und Steindruckereien«, Frankfurt
        a. M. 1880; für die Buchhandlungen »Schulz' Adressbuch für den
        deutschen Buchhandel«, Leipzig 1882, für die Zeitschriften
        R. Mosses »Zeitungskatalog«, 1882; die in diesem fehlenden
        Zeitschriften sind ohne Einfluss auf das Gewerbe.

[Sidenote: Die Papierfabrikation.]

Die PAPIERFABRIKATION Deutschlands ist eine sehr bedeutende und
beträgt nahe an 250 Millionen Kilogramm. Zur Herstellung sind
785 Papiermaschinen und 185 Bütten und die Arbeit von etwa 80000
Menschen notwendig. Ausserdem wirkten noch 260 Holzschleifereien, 45
Rohstofffabriken und 20 Cellulosefabriken, zusammen mit etwa 7500
Arbeitern. Rechnet man hinzu etwa 40000 Menschen, die mit Hadernsammeln
und Nebenarbeiten beschäftigt sind, so giebt das ein Arbeiterkontingent
von rund 128000 Köpfen. Um den Umfang dieser einen Branche richtig
zu beurteilen, wären noch alle diejenigen mitzuzählen, die sich mit
dem Papierhandel und der Fabrikation von Brief- und Luxuspapieren,
Pergamentpapier, Couverts, Tapeten, Handlungsbüchern, Papierwäsche etc.
etc. beschäftigen[165].

  [165] J. CHR. SCHÄFER, Sämtliche Papierversuche. Regensburg 1772. --
        L. MÜLLER, Die Fabrikation des Papiers. 4. Aufl. Berlin 1877. --
        LENORMAND, Handbuch der gesamten Papierfabrikationen. 3. Aufl.
        Weimar 1881.

                   *       *       *       *       *

Die BUCHBINDERKUNST[166] stand, als nach der Mitte unseres Jahrhunderts
die Buchdruckerkunst auf ihrem Höhepunkt angelangt war, noch
beträchtlich zurück und es dauerte auch noch eine zeitlang, ehe sie
einen frischen Anlauf nahm.

  [166] R. STECHE, Zur Geschichte des Bucheinbandes (Archiv d.
        D. B.-B.-V. Bd. I). Leipzig 1878. -- G. FRITZSCHE, Moderne
        Bucheinbände. Leipzig 1878. -- C. BAUER, Handbuch der
        Buchbinderei. Weimar 1881. -- L. BRADE, Illustriertes
        Buchbinderbuch. Halle 1881.

[Sidenote: Der Leinwandband.]

Der Leinwand-»Einband« dominierte vollständig. Man begnügte sich nicht
wie in England mit diesem als einer provisorischen Hülle, sondern
die Leinwanddecke war in Deutschland das definitive Kleid des Buches
für Jahrhunderte (?). In der Verzierung solcher Bände ging man noch
weiter als in England und verwendete neben den Goldverzierungen oft
die Hochprägung, bei welcher Medaillon-Porträts, Büsten, allegorische
Figuren, Lyras, Palmenzweige, sogar Landkarten zur Verwendung kamen.
Die Hautreliefs wurden bald flach gedrückt. Man gewöhnte sich, den
Einbanddeckel als etwas zu betrachten, was er nicht ist und nicht sein
soll: ein illustrierter Titel oder ein Frontispice, um den Inhalt des
Buches zu erläutern.

[Sidenote: Die Massenbände.]

Der Betrieb des deutschen Buchhandels und die deutschen Verhältnisse
waren dieser Verwendung des Leinwandbandes günstig. Die Verleger liessen
ganze Auflagen in Leinwand binden und unter dem Publikum verbreiten.
Ausser den Verlegern waren es noch die »Grosssortimenter«, welche dem
Leinwandband Vorschub leisteten. Die Genannten kaufen von den Verlegern
grosse Partien gangbarer Bücher, lassen dazu »stilvolle« Platten
anfertigen und verkaufen nun die gebundenen Bücher an die eigentlichen
Sortimentshändler zu Bedingungen, die es den letzteren noch möglich
machen, dem Publikum so wohlfeile Preise zu stellen, wie sie ein
einzelner Privatbesteller beim Buchbinder auch nicht annähernd erzielen
kann.

Im Prinzip ist diese Einrichtung gewiss eine höchst praktische, aber
die Preise werden der Konkurrenz halber dem Buchbinder gegenüber so
heruntergedrückt, dass Pfennige den Ausschlag geben, wodurch es dem
Buchbinder fast unmöglich wird, auf Falzen, Heften und auf die Zuthaten
an Pappe, Vorsetzblättern u. dgl. die nötige Sorgfalt und Ausgabe zu
wenden.

[Sidenote: Fortschritte im Geschmack.]

Hinsichtlich der Dekoration des Leinwandbandes sind in jüngster Zeit
ganz wesentliche Fortschritte gemacht worden. Die schreienden Farben
der Leinwand haben den zarteren Modefarben und der Pergament-Imitation
Platz machen müssen[167]. Das »Bemalen« oder »Ausmeisseln« der Bände
durch Figurales, Landschaftliches etc. hat mehr und mehr aufgehört und
wird durch Flachornamente ersetzt, für welche man die vielen trefflichen
Vorbilder früherer Zeit benutzt oder tüchtige Künstler gewinnt. Ein
Fehler ist noch ziemlich verbreitet: der übergrosse Reichtum der
Ornamentierung und Überladung mit Silber, Gold und Mosaik imitierenden
Farben. Je mehr man sich gewöhnen wird, die körnige Chagrin-Imitation
und einfache Ornamentierung zu verwenden, um so mehr wird das
Leder-Surrogat, welches wir nun einmal nicht werden entbehren können,
seinen Platz in zweckmässiger Weise ausfüllen.

  [167] Im Deutschen Reiche giebt es nur eine Fabrik »englischer Leinen«,
        die von Schultze & Niemann in Eutritzsch bei Leipzig.

[Sidenote: Die Handarbeit.]

Die Handarbeit, namentlich den Halbfranz, lernt man in der letzten Zeit
in Deutschland wieder schätzen und es sind hierin tüchtige Fortschritte
gemacht worden. Von Lederbänden wird nicht viel die Rede sein können,
solange die Kreise der wohlhabenden Kaufleute und Fabrikanten, sogar
Magnaten keine gewählte Bibliothek besitzen. Die Sammler sind meist
unter den Gelehrten, Beamten, selbst unter den weniger gut dotierten
Landgeistlichen zu suchen. Deshalb haben die Buchbinder, falls es ihnen
wirklich um die Förderung ihrer Kunst Ernst ist, sich vor der Klippe
zu hüten, als Revanche für den Druck, den sie durch die Verleger und
Grosssortimenter zu erleiden hatten, das Publikum zu überteuern und zu
glauben, dass jeder, der gern ein Buch hübsch binden lassen will, ein
reicher Büchernarr sei, dem man jeden Preis abverlangen könne. Begnügt
sich der Buchbinder bei reeller Bedienung mit einem mässigen Vorteil, so
wird er immer noch in Deutschland ein kaufendes Publikum finden.

[Sidenote: Die Buchbinderkunst in Österreich.]

In Bezug auf ein solches ist der Buchbinder in Österreich schon besser
situiert und die Buchbindung hat demzufolge auch schon beträchtliche
Fortschritte gemacht. Doch betreffen diese im allgemeinen noch mehr die
Album- und Portefeuille-Fabrikation als die eigentliche Buchbinderei.
Eine mächtige Einwirkung auf den Geschmack hat das Kunstgewerbe-Museum
in Wien geübt. Man schliesst sich mehr der Art der Franzosen an und
übertrifft diese in der Ledermosaik, die eine wirklich eingelegte Arbeit
ist.

[Sidenote: Die Vorteile der Maschinen.]

Was den Betrieb der Buchbinderei betrifft, so hat dieser einen sehr
wichtigen Anteil an den Vorteilen gehabt, welche das Maschinenwesen
jedem Geschäft gebracht hat (vgl. Kap. XI). Die Maschinen besorgen das
Falzen der Bogen, das Walzen des gefalzten Bogens, das Heften desselben
mit Faden oder Draht, das Beschneiden und Pressen des Buches, das
Abrunden des Rückens, das Einfassen, die Anbringung der Kapitäle, das
Schneiden und Abschrägen der Pappen, das Pressen und Vergolden der
Deckel. Für die sonstigen Arbeiten der Buchbinder sind die Couvert- und
Klebemaschinen, Liniier- und noch viele andere Maschinen da.

[Illustration]


[Illustration]

                              X. KAPITEL.

                    DIE SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION

                       IN DEUTSCHLAND-ÖSTERREICH.

  Aufschwung der Schriftgiesserei. Ed. Hänel. Die deutsche Druckschrift.
    Walbaum Vater und Sohn. Hamburg, Berlin, Leipzig, Frankfurt a. M.
    Österreich. G. Haase, C. Faulmann. Die Stereotypie, die
    Galvanoplastik, die Dynamo-Elektrik. Die Giessmaschine. DIE
    ILLUSTRATION: Verfall im XVIII. Jahrhundert, Wiedererwachen des
    Holzschnitts. Die Unger, Gubitz, Unzelmann, Kretzschmar u. a.
    Österreich: Prestel, Höfel, Knöfler u. a. Die Planotypie. Die
    Stigmatypie: Carl Fasol.

[Sidenote: Aufschwung der Schriftgiesserei. Ed. Hänel]

Langsamer als in England und Frankreich entwickelte sich die
Schriftgiesserei in Deutschland. Erst aus den dreissiger Jahren datiert
der eigentliche Aufschwung des reineren Geschmacks in den Produktionen
derselben und an Einfluss in dieser Richtung kam niemand EDUARD
HÄNEL gleich. Er führte die neuesten und schönsten französischen und
englischen Antiquaschriften ein, liess die geradestehende griechische,
Kanzlei, fette und halbfette, gothische und andere Zier- und
Auszeichnungsschriften schneiden oder erwarb aus dem Auslande die besten
Matern zu denselben.

Im Accidenzdruck brachte Hänel eine vollständige Umwälzung hervor
und aus seiner Magdeburger Offizin, und nach dem Brande derselben
im Jahre 1838 aus seinem Berliner Institut gingen vorzügliche
Druckarbeiten hervor. Er war der erste, der den _Compound_-Druck (S.
80), den er Congreve-Druck nannte, nach Deutschland brachte. Mit seinen
Guillochen- und Unterdruckplatten, namentlich seinen Spitzenmustern
enthusiasmierte er das deutsche Publikum. Fast kein Umschlag, ja kaum
ein Rechnungsformular konnte damals ohne Guillochen und Buntdruck
hergestellt werden. Bereits 1837 hatten seine Zierstücke die Zahl von
2813 erreicht.

Der Kampf mit der Lithographie ward damals mutig von den Buchdruckern
aufgenommen. Viele der letzteren warfen sich mit Eifer auf das
Accidenzfach und andere Schriftgiesser folgten dem Beispiel Hänels. Es
war eine Zeit des regsten, lustigsten Schaffens, vom Guten, Halbguten
und Geschmacklosen, vom Praktischen und Unpraktischen unter einander.

[Sidenote: F. W. Gubitz. W. Pfnorr.]

Noch vor Hänel hatten F. W. GUBITZ in Berlin und der
Kammergerichtsassessor W. PFNORR in Darmstadt manche Beiträge im
Ornamentfache geliefert, unter welchen die Einfassungen mit Säulen,
umwunden von Epheu- und Blumenguirlanden oder mit vollständigen schweren
architektonischen Aufbauten einen wichtigen Platz einnehmen. Auch
viele Polytypen stammen von Gubitz, der im Jahre 1836 bereits 1668
solcher geschnitten hatte. Nach Hänels Vorangehen trat nun auch ein
besserer Geschmack in den Einfassungen und eine grössere Leichtigkeit
in der Ausführung ein. Vielen Beifall fanden die sogenannten
Kaleidoskop-Einfassungen, aus sehr kleinen systematischen Stückchen
bestehend, die sich in die mannigfaltigsten Formen zusammenfügen liessen
und congreveartig in verschiedenen Farben gedruckt manchmal eine
recht hübsche Wirkung hervorbringen konnten. Auch zu Kapitel-Anfangs-
und -Schlussvignetten wurden sie zusammengesetzt, in Gestalt von
Schmetterlingen, Vasen, Kronen etc. Man näherte sich jedoch damit
den zeitraubenden, wenig wahre Befriedigung erzielenden Arbeiten der
Stigmatypie (S. 304) und sie verschwanden bald von der typographischen
Bühne.

[Sidenote: Die deutsche Druckschrift.]

Die deutsche Druckschrift, die sogenannte Fraktur, nahm um die Mitte
des XVIII. Jahrhunderts eine sehr niedrige Stufe ein. Die männliche
Kraft und das Urwüchsige der gothischen Schrift, Eigenschaften, welche
die Schwabacher Schrift wenigstens noch teilweise besass, waren ganz
verloren gegangen, ohne dass die Fraktur durch Eleganz das ersetzte,
was ihr an Kraft gebrach. Nachdem J. G. J. Breitkopf, wie es scheint,
lange geschwankt hatte, ob er nicht seine reformatorischen Absichten der
Verbesserung der Antiqua zuwenden sollte, folgte er schliesslich doch
der Tradition und versuchte der Fraktur eine kunstgerechtere Haltung zu
geben (S. 365). Etwas Mustergültiges vermochte jedoch auch Breitkopf
nicht zu schaffen, noch weniger J. F. UNGER in Berlin.

[Sidenote: Erich Walbaum. Th. Walbaum [+] 12. Juli 1830.]

Erst ERICH WALBAUM in Weimar und namentlich seinem Sohne THEODOR
WALBAUM gelang es, eine Frakturschrift herzustellen, die auf längere
Zeit und allgemein sich Geltung erwarb. Der Vater war anfänglich
Konditor, zeigte jedoch einen solchen Geschmack im Ornamentieren, dass
er von Sachverständigen veranlasst wurde, sich der Stempelschneiderei
zu widmen. Der Sohn Theodor arbeitete erst als Gewehrgraveur wie der
berühmte englische Schriftgiesser Caslon (I, S. 268), wurde jedoch
später von seinem Vater als Stempelschneider ausgebildet.

Die Vorzüge der Walbaumschen Frakturschriften liegen namentlich in dem
Ebenmass aller Buchstaben durch alle Grade hindurch von dem kleinsten
bis zu dem grössten. Form und Zurichtung sind gleich gut; die Stärke
ist gerade die rechte; Leserlichkeit geht mit Dauerhaftigkeit Hand in
Hand. In der Fraktur nimmt die Walbaumsche Schrift fast die Stelle
ein, wie in der Antiqua die Didotsche, und würde noch heute, neu mit
den Hülfsmitteln der neuesten Technik zweckmässig durchgeführt, immer
eine klassische Fraktur bleiben, wenn wir diese Bezeichnung überhaupt
für eine Schrift modernen Ursprungs und, man sage für ihre nationale
Berechtigung und ihre Zweckmässigkeit für das Volk was man will,
nicht in dem Besitz derjenigen Schönheit, welche wir von dem, was wir
klassisch nennen, verlangen, gebrauchen dürften.

Theodor Walbaum starb, als Künstler und Mensch gleich geachtet, in
dem Bade Berka bei Weimar und wurde von seinem Vater überlebt. Das
Walbaumsche Geschäft erwarb F. A. Brockhaus in Leipzig, welcher es im
Jahre 1843 nach dort verlegte.

[Sidenote: Die neueren Frakturschriften.]

Seit Walbaum hat Deutschland eine grosse Zahl von Frakturschriften
aufzuweisen, bald magerere, bald fettere; bald eckigere, bald rundere;
vielen derselben ist die Korrektheit nachzurühmen. Oft sind sie sich
selbstverständlich so ähnlich, dass nur ein sehr geübtes Auge einen
Unterschied bemerkt. Leider haben sehr viele Druckereien die üble
Gewohnheit, einzelne Grade aus den Garnituren verschiedener Giessereien
untereinander anzuschaffen, indem sie bald den Launen der Besteller
nachgeben, bald nur dem eigenen Antrieb folgen, nicht berechnend,
dass selbst die weniger schönen Schriften konsequent durch alle Grade
durchgeführt ein weit gelungeneres Ganzes hervorbringen, als Schriften
sogar des schönsten Schnittes, wenn sie unter einander gemengt sind.

Im Jahre 1838 hatten Deutschland, Österreich und die Schweiz bereits
gegen 100 Giessereien, die beständigen Zuwachs erhielten.

[Sidenote: J. D. Trennert. Genzsch & Heyse.]

[Sidenote: J. A. Genzsch * 14. Sept. 1800, [+] 29. Juni 1869.]

Im Norden Deutschlands waren die bedeutendsten derselben J. D. TRENNERT
in ALTONA und GENZSCH & HEYSE in HAMBURG, welche hauptsächlich die
Bedürfnisse des skandinavischen Nordens und Russlands deckten. Der
Gründer der letztgenannten Firma, J. A. GENZSCH aus Audigast in Sachsen,
ward 1827 erster Faktor bei Fr. Dresler & Rost-Fingerlin, als diese
in Frankfurt a. M. eine Schriftgiesserei etablierten. Im Jahre 1833
assoziierten sich Genzsch und J. G. HEYSE aus Bremen und führten die
Thorowgoodschen Schreibschriften in Deutschland ein. Die Firma, seit
1866 im Besitz von EMIL JULIUS GENZSCH, dem Sohne des Gründers, erwarb
sich besondere Verdienste um die Einführung der Renaissance-Antiqua
mit entsprechenden Kopfleisten, Vignetten und Initialen, sowie um die
Umgestaltung der Schwabacher Schriften. Da man für letztere nicht so
wie für die Antiqua ältere mustergültige Vorbilder hatte, weil die
Stempelschneiderei Deutschlands zur Zeit der Einführung der Schwabacher
(I, S. 41) auf keiner hohen Stufe stand, so musste der Versuch gemacht
werden, etwas Neues zu schaffen, und es ist in der That Genzsch & Heyse
gelungen, sehr ansprechende moderne Schwabacher Schriften in allen
Grössen herzustellen. In jüngster Zeit etablierten Genzsch & Heyse eine
Schriftgiesserei in München durch Ankauf zweier dortigen Firmen[168].

  [168] Zu dem 50jährigen Jubiläum am 28. Februar 1883 erschien »Chronik
        der Schriftgiesserei Genzsch & Heyse«.

[Sidenote: Fr. Vieweg & Sohn.]

In BRAUNSCHWEIG wirkten als Schriftgiesser namentlich FR. VIEWEG &
SOHN, allerdings nur für den eigenen Bedarf schaffend, aber sehr für
Verbreitung des guten Geschmacks wirkend.

[Sidenote: Berlin. Hänel-Gronau.]

[Sidenote: J. H. F. Bachmann * 8. Juli 1821, [+] 27. Juli 1876.]

Die HÄNELSCHE Offizin in BERLIN ging nach verschiedenem Wechsel in
die Hände W. GRONAUS über und behauptete sich unter dessen kräftiger
und einsichtsvoller Leitung als eine der vorzüglichsten Anstalten
Deutschlands. Im Hänelschen Geiste wurden Ornamente, Zier- und
Brotschriften in reicher Fülle geschaffen, zugleich der Schnitt
griechischer und russischer Schriften gepflegt. Auch als Druckerei
behielt die Offizin einen ehrenvollen Platz. Hier wirkte als Faktor
J. H. F. BACHMANN aus Stralsund. Acht Jahre verbrachte dieser in
Kiew als Leiter erst der Universitätsbuchdruckerei, später der
Regierungsdruckerei. Nach Deutschland zurückgekehrt, weilte er 1850-1860
bei J. H. Meyer in Braunschweig, wo er den Grund zu seiner ziemlich
umfangreichen fachschriftstellerischen Thätigkeit legte. Sein letztes
Werk war das 1875 in Weimar erschienene ausführliche »Handbuch der
Buchdruckerkunst«.

[Sidenote: Trowitzsch & Sohn.]

[Sidenote: v. Decker.]

[Sidenote: Beyerhauss.]

[Sidenote: F. Theinhardt.]

Eine bedeutende Thätigkeit entwickelten TROWITZSCH & SOHN, auch als
Kalenderverleger bekannt. Die VON DECKERSCHE Giesserei schaffte
in erster Richtung hauptsächlich für den eigenen Bedarf. Ihre
Frakturschriften von einer etwas eigentümlichen Form sind korrekt und
tüchtig durchgeführt, konnten jedoch nicht allgemein gefallen. Es hat
fast den Anschein, als wäre die Absicht vorhanden gewesen, nach dem
Beispiel der Nationaldruckerei in Paris etwas Absonderliches für sich
allein zu haben, ohne Rücksicht darauf, ob es zugleich etwas Schönes
sei. Im Jahre 1873 zur Zeit der Wiener Ausstellung betrug die Zahl der
Stempel und Matrizen über 100000. Deckers lieferten auch orientalische
Schriften, die unter der Aufsicht der Akademie der Wissenschaften
geschnitten wurden, welche letztere sich überhaupt um diesen Zweig
der Schriftgiesserei verdient machte. Als Stempelschneider in dieser
Richtung erwarb sich BEYERHAUSS einen Ruf. Unter anderem lieferte er
für die amerikanische Mission in New-York 4000 chinesische Stempel,
mit welchen 22000 der am häufigsten vorkommenden Kombinationen
herzustellen waren. F. THEINHARDT lieferte Hieroglyphen nach der
Anleitung des Professors C. R. Lepsius, die sich von den Niesschen
dadurch unterscheiden, dass sie kein schwarzes Typenbild, sondern nur
wie mit der Feder gezeichnete Umrisse bilden. Die Zahl der geschnittenen
Charaktere beläuft sich auf über 1300. Auch Theinhardts sonstige
fremdländische Schriften und andere Leistungen sind vorzüglich[169].

  [169] C. R. LEPSIUS, Standard-Alphabet. II. Ed. London 1863. --
        FR. BALLHORN, Alphabete orientalischer und occidentalischer
        Sprachen. 12. Aufl. Nürnberg 1880. -- F. THEINHARDT, Liste
        hieroglyphischer Typen. Berlin 1875. -- H. BRUGSCH, _Mémoire sur
        la réproduction imprimée des caractères démotiques_. Berlin 1868.

[Sidenote: H. Ehlert.]

[Sidenote: W. Woellmer.]

Treffliche Einfassungen und Ornamente lieferte HEINR. EHLERT. Rastlos
schaffte im Accidenzfach WILH. WOELLMER, und namentlich erwarben
sich seine Züge, Einfassungen und Schreibschriften, besonders die
Rundschriften[170], grosse Beliebtheit, wozu seine von W. Büxenstein in
Berlin genial arrangierten und meisterhaft gedruckten Proben das ihrige
beitrugen.

  [170] F. SOENNECKEN, Das deutsche Schriftwesen. Bonn 1881. --
        H. SMALIAN, Praktisches Handbuch für Buchdrucker im Verkehr mit
        Schriftgiessereien. 2. Aufl. Leipzig 1877. -- J. H. BACHMANN,
        Die Schriftgiesserei. Leipzig 1868.

[Sidenote: H. Berthold.]

Je grössere Dimensionen das Geschäft im allgemeinen annahm, um so
vorteilhafter war es, wenn sich Spezialitäten vom Stamm abzweigten
und besondere Geschäfte bildeten. Als eine solche Spezialität, welche
eine ganz besondere Pflege nötig hatte, ist die Fabrikation von
Messinglinien, galvanoplastischen Arbeiten u. dgl. zu bezeichnen. In der
Fabrikation der ersteren hat es H. BERTHOLD in Berlin zu einer grossen
Virtuosität gebracht. Besonderen Dank seitens seiner Berufsgenossen
erwarb er sich durch seine Bemühungen für die Einheitlichkeit des
Schriftkegels und die Herstellung eines Normaltypometers. Unter Beihülfe
wissenschaftlicher Kräfte ersten Ranges, darunter des Direktors des
Observatoriums in Berlin, Professor Dr. Forster, stellte er nach
achtzehnmonatlicher Arbeit ein solches Typometer in einer Länge von 30
cm = 133 Nonpareil = 798 Punkte her[171]. Leider ist auch bei diesem
neuen verdienstlichen Versuche nicht das Metermass nach seinen Einheiten
genau zugrundegelegt. Man sieht hier, wie bei den orthographischen
Verbesserungsplänen, wie schwer es ist, eine wissenschaftliche Reform
durchzusetzen, wenn nicht ein Gebot des Staates dahintersteht. Bei dem
enormen vorhandenen Setzmaterial und den übergrossen Schwierigkeiten,
dieses schrittweise nach einem neuen System zu vervollständigen oder
umzumodeln, ist auch nicht abzusehen, wann eine Einheitlichkeit
durchgeführt sein kann, denn solche Radikalkuren anzuwenden, wie die
Reichsdruckerei es that, indem sie ihre gesamten Schriftenvorräte ins
Zeug warf und umgoss, sind nicht jedermanns Sache.

  [171] Journ. f. B. 1879, Nr. 29.

[Sidenote: C. Hanemann.]

In JENA schnitt C. HANEMANN nach Angaben des Professors W. Lagus eine
arabische Schrift für die Frenckellsche Offizin in Helsingfors.

[Sidenote: Leipziger Schriftgiesser.]

[Sidenote: J. G. Schelter & Giesecke.]

LEIPZIG nahm in der Schriftgiesserei nicht eine so bedeutende Stelle
ein, wie man es hätte vermuten sollen. F. A. Brockhaus, Breitkopf &
Härtel, Karl Tauchnitz, F. Nies und dessen Nachfolger C. B. Lorck und
W. Drugulin u. a., welche hauptsächlich nur im Interesse der eigenen
Druckoffizinen arbeiteten, finden Erwähnung bei der Besprechung der
Wirksamkeit dieser (Kap. XII). GUSTAV SCHELTER zeichnete sich namentlich
durch seine Musiknoten aus. Der talentvolle, leider zu früh aus dem
Leben geschiedene ERNST OTTO war ganz besonders um die Verbesserung
des Schriftmetalls bemüht. Die einzige bedeutende Schriftgiesserei war
langezeit hindurch die von J. G. SCHELTER & GIESECKE, die einen ganz
besonders regen Verkehr mit dem Norden unterhielt und eine Filiale in
Wien (jetzt Meyer & Schleicher) errichtete. Die Leipziger Anstalt ist in
jüngster Zeit ganz nach amerikanischen Grundsätzen umgebildet und gehört
durch ihren Umfang und die ausgedehnteste Anwendung von Hülfsmaschinen,
welche sie selbst baut, zu den bedeutendsten Schriftgiessereien der
Jetztzeit, liefert zugleich kleine Druckmaschinen und alles, was zum
Arbeitsmaterial gehört. In jüngster Zeit haben Schelter & Giesecke sich
besonders um das Schaffen schöner Ornamente und Einfassungen verdient
gemacht[172].

  [172] Die in zwanglosen Zwischenräumen erscheinenden »Typographischen
        Mitteilungen von J. G. Schelter & Giesecke« dienen ihrem
        Geschäft als Organ, enthalten aber auch Nachrichten und
        Belehrungen von allgemeinem Interesse.

[Sidenote: J. Klinkhardt.]

Die als Schriftgiesserei noch junge Firma JULIUS KLINKHARDT, früher
schon als Verlagshandlung und Buchdruckerei bekannt, entwickelt eine
grosse Thätigkeit. Der Gründer der Firma, JULIUS KLINKHARDT, kaufte
1864 die gut eingerichtete Buchdruckerei von Lüders & Umlauf, 1871 die
bekannte lithographische Anstalt von J. G. Bach und die Schriftgiesserei
von Gust. Schelter. Unter der Beteiligung der Söhne ROBERT und BRUNO
KLINKHARDT nahm das Geschäft einen ungemein raschen Aufschwung; in
Wien wurde 1877 eine Filiale errichtet. Die Anstalt machte namentlich
in betreff der Musiknoten und der dekorativen Typographie bedeutende
Anstrengungen[173].

  [173] Das »Probenalbum der Buchdruckerei Julius Klinkhardt« 1882
        ist eine Musterleistung moderner Ausstattung, namentlich neuerer
        Ornamentierung.

[Sidenote: Galvanoplastiker und Graveure.]

Als Galvanoplastiker erwarb sich in Leipzig C. A. KLOBERG, als
Graveur R. GERHOLD Ruf. In Magdeburg zeichnete sich in diesem Fache
FEODOR SCHMITT (früher FALCKENBERG & CO.) aus, dessen Spezialitäten
Numerierwerke und alle Messingarbeiten für Buchbinder sind.

[Sidenote: Frankfurt a. M.]

[Sidenote: J. Andreae.]

FRANKFURT A. M. behielt, mit dem benachbarten OFFENBACH, selbst nachdem
der Hauptsitz der Typographie und des Buchhandels nach Leipzig verlegt
war, die Superiorität als Sitz der Schriftgiesserei. Ein verdientes
Ansehen genoss dort schon lange die Schriftgiesserei von J. ANDREAE (I,
S. 131), die einen wesentlichen Einfluss auf die Ausbildung des guten
Geschmacks geübt hat. Sie verbesserte das Konkordanzsystem und war
eifrig für die Einführung des einheitlichen Kegel- und Höhesystems (I,
S. 160) thätig. Im Jahre 1838 ging das Geschäft auf BENJ. KREBS über,
der auch die ersten guten deutschen Schreibschriften lieferte, deren
Zeichen zwar, wie die der _Anglaise_, auf schrägem Kegel geschnitten,
jedoch nicht wie die letztere aus verschiedenen Stücken zusammengesetzt
werden mussten. Jedes Typenstück ist zugleich ein vollständiger
Buchstabe, nur existieren, wie in der _Ronde_, von manchen Buchstaben
Varianten (bis zu fünf) unter Berücksichtigung der Anschlüsse an die
Nachbarbuchstaben. Krebs hat auch durch sein für die damalige Zeit
(1827) vortreffliches und heute noch nicht übertroffenes »Handbuch der
Buchdruckerkunst« sehr wohlthätig gewirkt. Die Firma lieferte auch
vorzügliche hebräische, und in jüngerer Zeit auch Frakturschriften, die
zu den besten gehören; seit 1870 ist H. POPPELBAUM alleiniger Besitzer
der Firma.

[Sidenote: F. Dresler.]

[Sidenote: C. Meyer.]

[Sidenote: H. Flinsch.]

Im Jahre 1827 gründete FRIEDR. DRESLER mit ROST-FINGERLIN in Frankfurt
eine Schriftgiesserei, die bald einen weiten Ruf erlangte. Die
Dreslerschen gothischen Schriften wurden allgemein nachgeahmt und seine
Fraktur fand sogar Eingang in die Nationaldruckerei in Paris. Dresler
schnitt auch Musiknoten ohne Linienansätze, welche für sich gesetzt
und dann einer, die Linien enthaltende Druckform aufgedruckt wurden.
Doch hat dieses Verfahren trotz des durch die Zweifarbenmaschine
erleichterten Doppeldruckes sich nie einbürgern können. Die Verwendung
von zweierlei Metall, Messing für die Linien und Schriftzeug für die
Noten, bietet schon wesentliche Nachteile, da die Abnutzung eine
verschiedene ist, der Druck demnach nie ein recht gleichmässiger sein
wird. Dreslers tüchtiger Nachfolger CARL MEYER verfolgte, unterstützt
von FERD. MICHAEL, die begonnenen Pläne weiter und H. FLINSCH, in dessen
Besitz das Geschäft 1859 überging, vollendete sie.

Unter Flinsch ist die Anstalt zu der grössten Deutschlands, zu einer
der grössten der Welt herangewachsen. Im Jahre 1882 waren vorhanden:
92 Giessmaschinen, welche täglich ca. 2 Millionen Typen liefern
können, ausserdem 26 Schleif- und viele Hülfsmaschinen. Die Zahl der
Arbeiter betrug über 200. An Stempeln besass die Offizin 106000,
an Matrizen 198200. Flinsch war der erste in Deutschland, der die
Johnson-Atkinsonsche Giessmaschine einführte und Matrizen von Stahl
und Neusilber verwendete, auch für die Güte und Härte des Zeugs wurden
grosse Anstrengungen gemacht.

[Sidenote: J. C. Bauer * 1802, [+] 1867.]

Als Schriftschneider erwarb sich JOH. CHR. BAUER aus Hanau ein grosses
Ansehen. Nachdem er sich in England ausgebildet hatte, begann er 1828
seine schönen Frakturschriften auszuführen, von welchen die ersten
1852 erschienen. Nach und nach folgten andere und Bauer schnitt über
10000 Stempel. Seine Nachfolger wirken in gleicher Richtung. Sie haben
das Patent auf die Hepburnsche Giessmaschine erworben (S. 295), deren
Erfinder seine Thätigkeit dem Frankfurter Hause widmet.

[Sidenote: C. D. May.]

COSMAN DAMIAN MAY gehört halb Frankfurt, halb London an. Geboren in
ersterer Stadt, ging er 1828 nach England und war bis 1845 Teilnehmer
der Schriftgiesserei Miller & Richard. 1852 kam er wieder nach
Frankfurt; kehrte jedoch 1865 abermals nach London zurück. Er schnitt
Frakturschriften sowohl in einer abgerundeteren Form (Midoline), als
auch in der üblichen eckigen. Bekannter sind seine Antiquaschriften
geworden, deren treffliche Ausführung alles Lob verdient.

[Sidenote: J. Ch. D. Nies. J. H. Rust. C. J. Ludwig.]

Die Firma J. CH. D. NIES wurde 1834 gegründet. C. J. LUDWIG, aus der
Flinschschen Schule hervorgegangen, hat sich seit 1876 für seine junge
Firma bereits einen guten Ruf erworben. In dem benachbarten Offenbach
zeichnete sich J. M. HUCK & CO. und J. H. RUST, letzterer namentlich
durch seine eleganten Ornamente und Einfassungen, aus.

STUTTGART hat in der Schriftgiesserei keine grosse Bedeutung gehabt. In
neuester Zeit machte sich OTTO WEISERT durch seine Zierstücke, STOFFLER
& BACKÉ durch Holzschriften bemerkbar. Solche fabrizierten namentlich
SACHS & SCHUMACHER in Mannheim, NACHTIGALL & DOHLE in Aachen.

[Sidenote: Österreich.]

[Sidenote: Andr. Haase * 30. Aug. 1804, [+] 25. Juni 1864.]

In ÖSTERREICH stand die Schriftgiesserei lange auf einem ziemlich
untergeordneten Standpunkte. Eine Änderung hat man erst GOTTLIEB HAASE
in Prag zu verdanken, der in Österreich ungefähr dieselbe Stellung
einnahm, wie Hänel in Deutschland.

Der Begründer der Firma war 1798 nach Prag eingewandert. Sein rasch
aufgeblühtes Geschäft arbeitete mit 18 Pressen und war mit einer
Schriftgiesserei verbunden. Der Sohn ANDREAS widmete sich nach einer
sorgfältigen Erziehung der Buchdruckerkunst und übernahm, kaum zwanzig
Jahre alt, nach dem Tode des Vaters im Verein mit seinen beiden
jüngeren Brüdern GOTTLIEB und RUDOLPH das Geschäft, das bald eins der
bedeutendsten in Österreich wurde. Im Jahre 1836 disponierte es bereits
über eine Doppelmaschine, drei einfache Schnellpressen, zwölf Stanhope-
und vierzehn ältere Handpressen, nebst zwei hydraulischen Glättpressen.
Die Schriftgiesserei zählte 45 Arbeiter und versah ganz Österreich und
die Donauländer. Eine Maschinenfabrik wurde in Wran angelegt. Nach dem
Tode Andreas' übernahm Gottlieb als Chef die Leitung der Buchdruckerei.
Ihm zur Seite stand als Dirigent der Schriftgiesserei sein Neffe GUIDO;
Rudolph leitete die Buchhandlung. Im Jahre 1871 ging das Geschäft in
die Aktiengesellschaft Bohemia auf, bis es Andreas Haase später wieder
übernahm.

[Sidenote: Schriftgiesserei in Wien.]

Der sehr bedeutende Aufschwung, welchen die Wiener Schriftgiesserei
in neuester Zeit genommen hat, entstammt zumteil den Bestrebungen
Auers, zumteil den bei der günstigen Wendung der Pressverhältnisse
nach Wien eingewanderten deutschen Geschäften. Die jetzt bedeutendste
Schriftgiesserei MEYER & SCHLEICHER, welche ihre Verbindungen selbst
bis Japan ausdehnt, wurde, wie bereits erwähnt, als Filiale von
Schelter & Giesecke in Leipzig gegründet. Sie führte die Atkinsonsche
Giessmaschine in Wien ein. J. H. RUST aus Offenbach etablierte 1856 ein
Geschäft. Aus einer Filiale von KREBS in Frankfurt a. M. ward die Firma
POPPELBAUM & BOSSOW, jetzt POPPELBAUM. In jüngster Zeit folgte JUL.
KLINKHARDT aus Leipzig.

Ausser der Staatsdruckerei verbanden auch andere Druckanstalten mit
ihren Druckoffizinen Schriftgiessereien, so V. WALDHEIM, ZAMARSKI,
FROMME. Letzterer verkaufte jedoch die Giesserei an BRENDLER & G.
HARLER. CARL BRENDLER schnitt vortreffliche orientalische Schriften und
die stenographischen Typen für Faulmann.

[Sidenote: C. Faulmann und die Stenographie.]

CARL FAULMANN, erst Setzer, dann Stenograph und Linguist, Verfasser
mehrerer Werke über Schrifttum und Typographie[174], hat sich ganz
besondere Verdienste in betreff der Lösung der schwierigen Aufgabe,
die STENOGRAPHIE in die Typographie einzuordnen, erworben. Die
ersten Versuche hatte bereits 1854 GUSTAV SCHELTER mit Typen nach
Gabelsbergers System gemacht, sie fielen jedoch nicht genügend aus.
Die Staatsdruckerei liess von JOSEPH LEIPOLD und CHRISTIAN PLESSE
Typen nach Stolzes System herstellen, die 1854 in München ausgestellt,
für den praktischen Gebrauch jedoch zu gross befunden wurden.
1859 zeichnete Faulmann für die Staatsdruckerei neue Typen nach
Gabelsbergers System, die, von Leipold geschnitten, sich als zweckmässig
bewährten. 1864 erschienen wieder neue Typen von Faulmann, die er auf
seine Rechnung von Brendler schneiden liess und die später von der
Staatsdruckerei angekauft wurden. Diese neuesten Typen reihen sich ohne
Verbindungsstücke an einander an, wie gewöhnliche Typen. Allerdings ist
die Zahl derselben, trotz einer grossen Reduktion der früheren 1300
Stücke, noch eine bedeutende, 800, so dass ein Kasten sie nicht alle
fassen kann, auch laufen die überhängenden Buchstaben beim Drucken
leicht Gefahr, beschädigt zu werden. Liegt es nun auch in der Natur der
Sache, dass die Geschwindschrift nie Gegenstand eines Geschwindsatzes
werden kann, so ist doch das Problem des stenographischen Satzes als
glücklich durch Faulmann gelöst zu betrachten[175].

  [174] Illustrierte Geschichte der Schrift. Wien 1880. -- Das Buch der
        Schrift. Wien 1878. -- Illustrierte Geschichte der
        Buchdruckerkunst. Wien 1882. -- Illustrierte Kulturgeschichte.
        Wien. -- Stenographische Unterrichtsbriefe. Wien.

  [175] Österr. Buchdr.-Ztg. 1873, Nr. 29. -- Journ. f. B. 1874, Nr. 16
        u. 18.

[Sidenote: Reichtum an Schriften.]

Betrachten wir den grossen Reichtum an Material, welchen die
Schriftgiessereien für Einfassungen, Ornamente, Titel-, Schreibschriften
u. dgl. den Setzern in die Hände liefern, so können letztere nicht
darüber klagen, dass es ihnen an Mitteln gebricht, ihre Kunstfertigkeit
zu zeigen. Eher verleitet sie der Reichtum zur Verschwendung und unter
den hunderten von Schriften wird mehr gewühlt als gewählt und sinnlose
Zusammenstellungen gemacht. Erfreulich ist es zu sehen, wie jetzt das
Ausland, das fast nur von den Derrieyschen Einfassungen zehrte, jetzt
die deutschen Produkte vielfach benutzt, die selbst in Frankreich
Eingang fanden.

Übersättigung führt zur Einfachheit und so haben in den letzten Jahren
die einfache typographische Linie und der Punkt (S. 304) eine bedeutende
Rolle gespielt und oft werden mit diesen kleinen Mitteln wirkliche
Meisterstücke ausgeführt, in welchen namentlich W. BÜXENSTEIN in Berlin,
JUL. KLINKHARDT in Leipzig und die PIERERSCHE Hofbuchdruckerei in
Altenburg excellieren, der in letzterer arbeitende taubstumme WATZULIK
ist ein ausserordentliches Setzer-Genie[176].

  [176] Eine »Anleitung zum Accidenzsatz« von HEINR. FISCHER. Leipzig
        1877, versucht ein System für den titelförmigen Satz aufzustellen.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Stereotypie.]

Das STEREOTYP-VERFAHREN[177] wird in ausgedehnter Weise in Deutschland
geübt, ohne dass dieses selbst bedeutende eigene Verdienste um dasselbe
erworben hätte, wenn sich auch Spuren älterer Versuche zeigen.

  [177] H. MEYER, Handbuch der Stereotypie. Braunschweig 1838.

[Sidenote: Ältere Versuche.]

Ein Steingutfabrikant, Schmidt in Durlach, fand auf einem Schutthaufen
seiner Fabrik das Bruchstück einer Schriftplatte in Porzellan, welche
den Schluss einer Dedikation oder eines Gesuches an den Grossherzog Karl
von Baden seitens eines Müller d. ä., datiert Paris den 1. August 1787,
enthält, des Inhalts:

»Diese Erfindung ist in Teutschland schlechterdings unbekannt. Sie
gehört dem Amtmann Hoffmann, welcher aus einer alten Familie aus den
Markgräflich-Badenschen Landen herstammt. Ich werde mich glücklich
schätzen, wenn sie unter der Protektion Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht,
durch mich, durch Errichtung einer Polytypie eingeführt, und alle
Kirchen- und Schulbücher meines gnädigsten Privilegii, zuerst in
Teutschland polytypiert, von mir können abgedruckt werden. Ein
Unternehmen, das der glorreichen Regierung meines gnädigsten Fürsten
ein ewiges Denkmal stiften und den wärmsten Dank aller edlen Seelen
verdienen wird; denn das Werk ist eines Fürsten würdig.

                  Ich ersterbe ehrfurchtsvoll
                      Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht
                           unterthänigster treu-gehorsamer Knecht
                                          Müller älter.«

[Sidenote: V. v. Pallhausen.]

Im Jahre 1805 machte Vincenz VON PALLHAUSEN in München, unterstützt
von dem Xylographen TH. NEUER, einen Versuch zu stereotypieren. Ehe
dieser einigermassen gelang, verunglückten verschiedene Platten. Von den
hiervon noch übrig gebliebenen, deren Inhalt ein Gedicht auf Gutenberg
bildet, veranstaltete Prögel in München 1836 einen Abdruck in einem
Büchlein: »Denkmal in Stereotypen den Manen Gutenbergs 1805 gewidmet von
Vincenz von Pallhausen«.

Polytypen, Plakat- und grössere Titelschriften waren längst mit der
Hand clichiert worden. Die Clichiermaschine von Pfnorr in Darmstadt
erleichterte sehr das Verfahren[178].

  [178] Journ. f. B. 1835, Nr. 5; 1838, Nr. 1.

[Sidenote: Stanhopes Stereotypie.]

Die ersten, welche das Stanhopesche Verfahren in Deutschland erwarben
und ausbeuteten, waren v. Decker und K. Tauchnitz; 1819 kam es nach
Österreich. Die Stereotypendrehbank[179] vereinfachte die Arbeit. Eine
grosse Förderung gewährte die Papierstereotypie (S. 153). In Deutschland
war GEORG JAQUET in München der erste, der das Verfahren 1834 erwarb.
Für die weitere Verbreitung wirkten namentlich TH. ARCHIMOWITZ und J.
ISERMANN in Hamburg[180].

  [179] Journ. f. B. 1837, Nr. 5.

  [180] TH. ARCHIMOWITZ, Die Papierstereotypie. Karlsruhe 1862. -- A. VON
        FLAMMENSTERN, Stereotypie in Österreich. Wien 1822.

[Sidenote: Stereotypie in Eisen.]

Versuche mit Stereotypen in Eisen wurden schon 1805 auf Veranlassung des
Buchhändlers GÄDICKE in Berlin gemacht. Auf den Rübeländer Eisenwerken
im Harz brachte ZIEGLER nach jahrelangem Arbeiten eine vollständige
Bibel in dieser Weise zustande.

So vorteilhaft die Stereotypie ist, namentlich zur Herstellung der
Clichés von Abbildungen, ohne welche die illustrierte Litteratur nie
eine so enorme Ausdehnung hätte erreichen können, so wurde sie doch
bedeutend durch die Herstellung von Clichés auf galvanoplastischem Wege
übertroffen.

[Sidenote: Galvanoplastik.]

[Sidenote: H. Jacobi * 21. Sept. 1801, [+] 10. März 1874.]

Die Galvanoplastik[181] ist eine Erfindung des Deutschen MORITZ HERMANN
JACOBI aus Potsdam. 1835 erhielt dieser einen Ruf nach Dorpat, 1837
nach St. Petersburg. Bereits in diesem Jahre erfand er das Verfahren,
auf chemischem Wege Kupfer abzulagern, und, abgesehen von den sonstigen
hochwichtigen Verwendungen, druckbare Kupferplatten sowohl für den
Tiefdruck auf der Kupferdruckpresse als für den Hochdruck auf der
Buchdruckpresse, je nach dem Original, zu erzielen. Das Verfahren
kaufte die russische Regierung, die mit einer höchst anerkennenswerten
Liberalität es der Allgemeinheit preisgab. Die erste Veröffentlichung
geschah in dem Bulletin der Akademie zu St. Petersburg vom 5. Oktober
1838.

  [181] A. HERING, Die Galvanoplastik und ihre Anwendung in der
        Buchdruckerkunst. 7. Ausg. -- F. VON ROSELEUR, Handbuch der
        Galvanoplastik. Deutsche Übers. Stuttgart. -- Dr. G. SEELHORST,
        Katechismus der Galvanoplastik. 2. Aufl. Leipzig.

[Sidenote: Missbrauch der Galvanoplastik.]

Die Galvanoplastik ward jedoch für das Geschäft zu einer zweischneidigen
Waffe. Die Möglichkeit, durch ihre Hülfe von einem Cliché oder einer
Type eine getreue Mater herzustellen, somit ohne Kosten und Mühe sich
die Arbeit des Stempelschneiders oder Holzschneiders anzueignen, wurde
stark gemissbraucht. Nicht nur über die Produkte des Auslands fiel man
her, sondern auch die Kollegen im Inlande wurden nicht geschont und
ein Gesetz verbot diese kollegialische Beraubung nicht. Hier konnte
nur Selbsthülfe wirken und am 15. Mai 1857 konstituierte sich auch
ein deutscher Schriftgiesser-Verein, jedoch erstens waren nicht alle
Schriftgiessereien Mitglieder des Vereins und zweitens konnte dieser
weiter keine Strafe diktieren, als öffentliche Bekanntmachung von
Kontraventionen, und diese genügte nicht immer. Erst der Erlass des
Reichsgesetzes zum Schutze der Muster vom 1. Juli 1873 konnte dem Übel
steuern.

[Sidenote: Die dynamo-elektrische Maschine.]

Ein grosser Fortschritt in der Galvanoplastik ist die Gewinnung von
Clichés durch die dynamo-elektrische Maschine, welche als Ersatz für
die galvanischen Elemente eintritt und einen kräftigen elektrischen
Strom durch Verbindung eines mit Kupferdraht umwickelten, sich rasch
drehenden Eisenringes und eines Elektromagneten hervorbringt, welcher
stark genug ist, um damit in wenigen Stunden ein Cliché zu erzielen.
Diese, namentlich von SIGM. SCHUCKERT in Nürnberg und SIEMENS & HALSKE
in Berlin erbauten Maschinen sind, wo Dampfbetrieb einmal vorhanden ist,
mit einem geringen Kostenaufwande zweckmässigst zu benutzen[182].

  [182] Journ. f. B. 1877, Nr. 38.

[Sidenote: Vernickelung.]

Zu erwähnen bleibt noch die Vernickelung der Typen, eine Erfindung des
Prof. Bötticher in Frankfurt a. M., die jedoch, da sie in Deutschland
keinen Anklang fand, nach Amerika auswanderte, um dann von dort als
Neuheit nach Deutschland importiert zu werden.

[Sidenote: Die Schriftgiessmaschine.]

Die GIESSMASCHINE ist keine deutsche Erfindung, sie gelangte aber in
Deutschland zur grossen Verwendung. E. Hänel war der erste, der sie hier
baute, nachdem er das Patent LAURITZ BRANDTS (Kap. XVI) erworben hatte.
Ein Schüler Brandts, CORFITZ MÖLLER aus Kopenhagen, baute Giessmaschinen
bei F. A. BROCKHAUS in Leipzig, GURSCH & KLEMM und C. KISCH in Berlin,
STEINER in München und ROB. KÜHNAU in Leipzig waren bestrebt, sie zu
verbessern. Grosse Verbreitung fanden die amerikanischen Apparate.
Auf die neue Hepburnsche Maschine (S. 39) hat, wie schon erwähnt, die
Bauersche Giesserei in Frankfurt das Patentrecht.

Das anfängliche Misstrauen gegen die Giessmaschinen, hervorgerufen
durch die, wegen der eingeschlossenen Luft verursachten Hohlheiten im
Guss sowie die Unmöglichkeit der Verwendung von Hartmetall, ist nach
Beseitigung dieser Übelstände durch verbesserte Konstruktion verstummt
und die Giessmaschine steht jetzt in der Schriftgiesserei ebenbürtig der
Schnellpresse in der Buchdruckerei zur Seite.

[Sidenote: Die Setzmaschine.]

Die SETZMASCHINE[183] (S. 40) bahnt sich in Deutschland langsam den
Weg und hat auch hier wenige praktische Verbesserungen gefunden.
Erst in neuester Zeit nehmen die Erfindungen von PRASCH in Wien, von
A. V. LANGEN in Düsseldorf im Verein mit C. G. FISCHER auf Schloss
Holte in Westfalen[184], sowie von E. W. BRACKELSBERG in Hagen[185]
die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch, namentlich wird die
Ablegemaschine der letzteren allgemein gelobt, jedoch sind diese
Erfindungen noch zu neu, um ihnen in der Geschichte der Typographie
jetzt schon einen bestimmten Platz anweisen zu können.

  [183] Litteratur der Setzmaschine s. S. 40 u. ff.

  [184] Journ. f. B. 1881, Nr. 33 u. 34.

  [185] Österr. B.-Ztg. 1882, Nr. 34; 1883, Nr. 2.


                           DIE ILLUSTRATION.

[Sidenote: Die Illustration im XVIII. Jahrh.]

Die grosse Ausdehnung der Illustration in dem XVI. Jahrhundert lernten
wir bereits kennen (I, S. 105). Die Holzschnitte und Stiche Dürers
hatten überall Eingang gefunden. Die Gegenstände aus dem profanen Leben
waren jedem verständlich und auch die Darstellungen aus der heiligen
Schrift in ihrer Naivetät ganz dem Fassungsvermögen des Publikums
angemessen. Nicht so rasch gestaltete sich die Verallgemeinerung
der Renaissance. Es fehlte dem grösseren Publikum der Sinn für die
Schöpfungen derselben, der Zusammenhang mit dem Altertum war nicht wie
in Italien vorhanden, und unter den Leiden des dreissigjährigen Krieges
ging vollends der Geschmack an edleren Genüssen verloren. Die später
eindringende französische Malerei diente namentlich zur Verherrlichung
der Machthaber und stand dem Volke fern. Das Bedürfnis nach Schmuck im
kleinen war aber doch nicht untergegangen und zeigte sich auch in der
zweiten Hälfte durch einen Aufschwung in der Bücher-Ornamentierung und
der Illustration.

[Sidenote: D. Chodowiecki * 16. Okt. 1726, [+] 7. Febr. 1801.]

Die Holzschneidekunst war inzwischen so gut wie abhandengekommen und
man nahm deshalb Zuflucht zu dem Kupfer. Kaum ein Buch erschien,
welches nicht wenigstens eine Titelvignette, einige Kapitel-Anfangs-
und Schlussvignetten aufwies. Von dem Ornament ging man zur wirklichen
Illustration über und diesmal kam der Anstoss von Frankreich, wo die
Illustration jedoch einen mehr aristokratischen Anflug hatte, während
sie in Deutschland, wie in früherer Zeit, den volkstümlichen Charakter
annahm und namentlich eine Begleiterin der vielverbreiteten Kalender
wurde.

Einer der grössten Meister in dieser illustrierenden Kleinkunst war
DANIEL CHODOWIECKI, geboren in dem damals noch zu Polen gehörenden
Danzig. Da der Vater frühzeitig starb, musste Daniel ein Handwerk
ergreifen, später konnte er jedoch seiner Neigung folgen und bildete
sich unter der Leitung des Malers Haid mit Erfolg für die Kunst aus.
Mit dem Jahre 1764 traten seine Arbeiten mit der Radiernadel in den
Vordergrund; 1769 lieferte er die ersten zwölf Blätter Illustrationen
zu Lessings »Minna von Barnhelm«. Von nun an häuften sich die Aufträge
der Buchhändler derart, dass seine ganze Arbeitskraft dazu gehörte, um
sie zu bewältigen, und es giebt kaum einen bedeutenden Schriftsteller
damaliger Zeit, dessen Werke er nicht illustriert hätte.

[Sidenote: Der Holzschnitt.]

Der Holzschnitt trat jedoch nicht gleich die Erbschaft an und es dauerte
noch eine Zeit, ehe man an diesem wieder Geschmack fand; wesentlichen
Anteil an der Erweckung desselben haben die beiden Unger, Vater und
Sohn[186].

  [186] MAX SCHASLER, Die Schule der Holzschneidekunst. Leipzig 1866.

[Sidenote: J. G. Unger d. ä. * 1715, [+] 1788.]

JOHANN GEORG UNGER, der Vater, stammt aus Pirna bei Dresden. Erst
Schriftsetzer, widmete er sich seit 1757 ganz dem Holzschnitt. Zu seinen
besten Arbeiten gehören »Fünf geschnittene Figuren, gezeichnet von O.
Meil«.

[Sidenote: J. F. Unger d. j. * 1750.]

JOH. FRIEDR. UNGER, der Sohn, war in Berlin geboren. Auch er begann als
Buchdrucker, erwarb jedoch als Holzschneider einen noch grösseren Ruf
als sein Vater. Bekannt sind seine »Sechs Figuren für Liebhaber der
schönen Künste« (1779) und von Vignetten lieferte er eine grosse Zahl.
Als Schriftsteller versuchte er durch mehrere Fachbroschüren zu wirken;
seine Bemühungen für die Verbesserung der Frakturschrift hatten keinen
Erfolg. Im Jahre 1800 wurde er Professor der Holzschneidekunst.

[Sidenote: F. W. Gubitz * 27. Febr. 1786, [+] 5. Juni 1870.]

Derjenige Holzschneider neuerer Zeit, der zunächst als der geistige Erbe
Chodowieckis angesehen werden kann und am meisten dazu beigetragen hat,
den Holzschnitt aufs neue populär zu machen, ist FRIEDR. WILH. GUBITZ.
Im Alter von 15 Jahren stellte er auf der Berliner Kunstausstellung
sieben Vignetten aus, die ihm Ehre und Geld einbrachten. 1812 wurde er
Professor der Holzschneidekunst. 1835 begann er seinen Volkskalender,
der mit seinen zahlreichen Illustrationen rasch eine grosse Popularität
erlangte. Für Buchdrucker lieferte er eine enorme Anzahl von Polytypen,
darunter auch eine Serie für Didot in Paris. Sein in Farben gedruckter
Heiland nach Lucas Cranach, das Bildnis der Gräfin Voss, seine Blätter
in Tuschmanier gehören zu den besten Arbeiten ihrer Art. Gubitz
gehörte noch ganz der alten Schule an, welche in dem Holzschnitt mit
dem Kupferstich konkurrieren wollte. Er schnitt immer noch in Langholz.
Eine eigentliche Schule bildete er nicht und sein talentvollster Schüler
Unzelmann war in der Manier das gerade Gegenstück zu Gubitz.

[Sidenote: Ritschl v. Hartenbach * 1797.]

[Sidenote: W. Pfnorr.]

[Sidenote: Dan. Vogel d. ä.]

Zu nennen sind noch J. RITSCHL VON HARTENBACH, der sich jedoch nicht bis
zur Meisterschaft erhob; der Kammersekretär WILH. PFNORR in Darmstadt,
ein Dilettant, der aber Tüchtiges namentlich in ornamentalem Schmuck
lieferte, und DANIEL VOGEL, der Vater, in Berlin.

[Sidenote: Fr. Unzelmann * 1793, [+] 1855.]

Der erste bedeutende Repräsentant der neuen Richtung der
Holzschneidekunst ist FRIEDRICH UNZELMANN aus Berlin. Seine
künstlerische Ausbildung erhielt er auf der königlichen Akademie. Bis
1827 arbeitete er für Gubitz. Nach seiner Trennung von diesem zeigte
er sofort eine freiere Handhabung der Technik. Bis jetzt hatte er, wie
Gubitz, nur mit dem Messer in Langholz gearbeitet, jetzt griff er zum
Stichel und zu dem Hirnholze.

Unzelmann stellte sich die Aufgabe, die ja auch die einzig wahre
des Holzschneiders ist, wenn eine für den Holzschnitt korrekt
gezeichnete Vorlage vorhanden ist, die Zeichnung vollständig facsimile
wiederzugeben. Er lieferte viele Blätter zu den damals erscheinenden
illustrierten Werken, namentlich A. Menzels »Friedrich der Grosse«,
und zu den auf Rechnung des Königs von Preussen herausgegebenen
Werken seines grossen Vorfahren. Ein Jubelblatt aus dem Jahre 1840,
Gutenberg und Fust an der ersten Presse, ist in dem Archiv des Berliner
Kupferstichkabinetts deponiert, um 1940 aufs neue gedruckt zu werden. Im
Jahre 1843 wurde Unzelmann Mitglied der Akademie, 1844 Professor.

[Sidenote: Ed. Kretzschmar * 21. März 1807, [+] 1858.]

Der bedeutendste Schüler Unzelmanns, vielleicht an Genialität ihm nicht
ganz gleichkommend, aber von noch grösserem Einfluss auf die Förderung
der deutschen Xylographie, war EDUARD KRETZSCHMAR, aus Oschatz gebürtig.

Schon frühzeitig äusserte sich seine Neigung für die zeichnenden
Künste; Armut zwang ihn jedoch, als Laufbursche in der Brockhausschen
Buchdruckerei zu dienen. Später wurde er Konditorlehrling, übte
dieses Geschäft elf Jahre und zeigte sein plastisches Talent, indem
er Formen für Kuchenverzierungen schnitt. Als im Jahre 1833 das
Pfennigmagazin erschien, wagte er sich an einen Holzschnitt, den er mit
einem Federmesser in Birnbaumholz ausführte. 1836 ging er nach Berlin
und arbeitete unter Unzelmanns Leitung. Die erwähnte illustrierte
»Geschichte Friedrichs des Grossen« von Menzel war das erste Werk, durch
das Kretzschmar eigentlich Gelegenheit bekam, sein Talent zu entfalten
und das zugleich ihm Veranlassung wurde, ein xylographisches Institut
in Leipzig zu gründen, um genügend tüchtige Kräfte heranzubilden,
welche selbst die Anforderungen eines Menzel, dieses Schreckbildes der
Holzschneider, befriedigen sollten, ein Vorhaben, das dem mit allen
Eigenschaften eines guten Lehrers Ausgerüsteten auch vortrefflich gelang.

Als 1843 die »Illustrirte Zeitung« erschien, waren die zu überwindenden
Schwierigkeiten gross. Anfänglich musste natürlich das Ausland zum
wesentlichen Teil mit Clichés aushelfen, doch dauerte diese Abhängigkeit
nicht lange. Kretzschmar erweiterte sein Atelier und richtete es fast
ganz auf die Bedürfnisse der »Illustrirten Zeitung« ein. Bei seinem Tode
ging es in die Hände der Expedition der »Illustrirten Zeitung« über. Die
von Kretzschmar meist zum Experimentieren angelegte vortreffliche kleine
Kunstdruckerei erwarb PH. GRUMBACH.

[Sidenote: Alb. Vogel * 1814.]

[Sidenote: Otto Vogel * 1816.]

Die Brüder ALBERT und OTTO VOGEL in Berlin traten ganz in Unzelmanns
Fussstapfen. Beide konnten auf Grund ihrer Verhältnisse nicht ihrer
Neigung folgen, die Albert zum Kupferstechen und zur Malerei, Otto zur
Skulptur hinzog. Beide lieferten Vortreffliches, doch ist Otto der
bedeutendste und seine Schnitte nach Menzels Zeichnungen sind wahre
Meisterstücke.

[Sidenote: Caspar Braun * 1807, [+] 1877.]

Eine besondere Bedeutung hat CASPAR BRAUN aus Aschaffenburg[187], der
den Holzschnitt in München heimisch machte und durch die »Fliegenden
Blätter« einen weitverbreiteten Namen erwarb. Erst ging er nach München,
um sich in der Malerei auszubilden, und dann nach Paris, wo er zwei
Jahre bei Brevière arbeitete. Nach seiner Rückkehr gründete er mit
v. Dessauer ein Holzschneideatelier und arbeitete namentlich für die
Cottaschen illustrierten Ausgaben, bis er sich mit Friedr. Schneider zur
Herausgabe der »Fliegenden Blätter« verband.

  [187] Ann. d. Typ. 1877, Nr. 425.

[Sidenote: Hugo Bürckner * 1819.]

[Sidenote: Gaber.]

HUGO BÜRCKNER aus Dessau war erst Bereiter, wandte sich aber bald
dem Zeichnen und Malen zu und ging 1837 nach Düsseldorf. Ein Zufall
veranlasste ihn, sich für die Holzschneidekunst als Beruf zu
entscheiden. Im Jahre 1840 folgte er dem nach Dresden übergesiedelten
Maler Hübner, nachdem er erst einen kurzen Unterricht bei Unzelmann
genossen hatte. Seine Thätigkeit widmete er namentlich den im strengeren
künstlerischen Stil gehaltenen buchhändlerischen Unternehmungen G.
Wigands und T. O. Weigels. In ähnlicher Richtung zeichnete sich GABER in
Dresden aus.

[Sidenote: Heinr. Lödel * 1798.]

Von Bedeutung sowohl als Kupferstecher wie als Holzschneider ist HEINR.
LÖDEL aus Hameln. Er lernte die Buchbinderei, ging nach Göttingen und
versuchte sich dort im Schneiden von Vergoldestempeln und Vignetten,
schliesslich im Kupferstechen. Durch einen Holbeinschen Totentanz
erwachte seine Neigung für den Holzschnitt, in welchem er sich besonders
durch getreue Reproduktionen älterer Meisterwerke auszeichnete.

[Sidenote: J. G. Flegel [+] 20. Dez. 1881.]

Die Bestrebungen J. G. FLEGELS in Leipzig waren stets auf
Vervollkommnung seiner Kunst gerichtet. Seine mikroskopischen,
naturwissenschaftlichen und anatomischen Arbeiten sind nicht übertroffen
und nur durch Betrachtung durch die Lupe ganz zu würdigen. Vorzüglich
sind auch seine Nachbildungen Rembrandtscher Radierungen. Viele seiner
besten Arbeiten finden sich in den Verlagswerken Wilh. Engelmanns
verstreut. Besonders in technischen Illustrationen zeichnen sich
KLITZSCH & ROCHLITZER aus.

In neuerer Zeit hat Stuttgart sich in der Xylographie namentlich
durch das Institut von AD. CLOSS ein hohes Ansehen erworben. Es wird
Gelegenheit sein, hierauf in dem folgenden zurückzukommen (Kap. XIV).
Eine hervorragende Stufe nimmt die Anstalt von R. BREND'AMOUR & CO.
in Düsseldorf mit Zweiganstalten in Düsseldorf, Berlin, Leipzig und
Stuttgart ein.

[Sidenote: J. G. Prestel * 1739, [+] 1808.]

Österreich hat in der Xylographie, ganz besonders in dem _Clairobscur_-
und dem Polychromdruck, bedeutende Namen aufzuweisen. Unter den wenigen
Leistungen aus der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts sind die
_Clairobscur_-Blätter von JOH. GOTTL. PRESTEL rühmlichst zu erwähnen,
namentlich eine Kreuzabnahme nach Raphael. Auch KARL FRIEDR. HOLTZMANN
(1740-1811) lieferte Tüchtiges in dieser Richtung. Die vorzüglichsten
seiner Arbeiten erschienen gesammelt als »Abdrücke in Helldunkel nach
verschiedenen Meistern«. Er wandte, wie schon ältere Künstler es gethan
hatten, Kupferstich in Verbindung mit Holzschnitt an und druckte mit
zwei bis zu sechs Platten. Auch von Karl Ruprecht (1799-1831) existieren
gute _Clairobscur_-Blätter.

[Sidenote: B. Höfel * 27. Mai 1792, [+] 17. Sept. 1863.]

In seiner Arbeitsweise mit Gubitz verwandt, jedoch als Künstler weit
bedeutender ist BLASIUS HÖFEL. Er war in Wien geboren und zeigte
frühzeitig ein ungewöhnliches Zeichentalent. Nach vielen Schwierigkeiten
gelang es ihm, einen Platz in der Akademie der bildenden Künste zu
erlangen. Um dort am Tage studieren und arbeiten zu können, musste er
in den Nachtstunden seinen ärmlichen Lebensunterhalt durch Illuminieren
von Bildern erwerben. Anfangs widmete er sich mit Erfolg der Malerei,
ging jedoch bald zum Kupferstich über und lieferte eine grosse Anzahl
von Blättern, allein 120 Porträts für Artaria. Im Jahre 1820 erhielt
Höfel die Professur des freien Handzeichnens an der Militär-Akademie in
Wiener-Neustadt.

Auf einer Reise in Deutschland im Jahre 1829 lernte er Gubitz
und Unzelmann kennen und sofort die Wichtigkeit der neuerwachten
Holzschneidekunst begreifend, warf er sich mit Eifer auf dieses
Verfahren. Eine seiner ersten Arbeiten: »Betende Alte« nach Waldmüller
wurde in 127000 Exemplaren verkauft. Die Aufmerksamkeit des Fürsten
Metternich ward auf Höfel gelenkt, auf dessen Anregung erfasste er die
von Collas erfundene Reliefmanier und lieferte treffliche Platten zu dem
»Ehrentempel Österreichs«. Eben im Begriff nach Paris zu gehen, verlor
Höfel Haus und Habe durch einen grossen Brand, welcher 633 Häuser in
Wiener-Neustadt am 8. September 1834 in Asche legte, und er musste nun
von neuem anfangen. Eine Verbindung mit der Nationalbank führte nicht
zu einer dauernden Anstellung und infolge einer Reorganisation der
Militär-Akademie in Neustadt wurde Höfel pensioniert. Er verband sich
nun, um seine Erfindungen auszubeuten, mit dem Buchdrucker Sollinger.
Letzterer erhielt bei der Industrie-Ausstellung in Berlin 1840 die
goldene Medaille. Höfel ging leer aus. Bei seinem nun folgenden Versuch
mit einer eigenen Buchdruckerei geriet er in Konflikt mit dem Gremium
der Buchdrucker und Buchhändler, woraus ihm viel Verdruss und viele
Verluste entstanden.

Im Jahre 1845 stellte er eine Anzahl der schönsten Farbendrucke aus,
darunter eine Madonna nach Führich in 25 Platten auf Goldgrund. Die
Verhältnisse des Jahres 1848 zwangen Höfel, sein Geschäft um jeden Preis
zu verkaufen. Er ging nun nach Salzburg und baute sich in dem am Fusse
des Gaisberges reizend gelegenen Dorfe Aigen einen Meierhof, wo er den
Rest seiner Tage, mit der Ausführung verschiedener grosser Stahlplatten
beschäftigt, verbrachte.

Auf Aufforderung von G. Haase Söhne lieferte er für die Ausstellung in
München einen lebensgrossen Christuskopf nach Hübner in der Baxterschen
Manier, 22 Platten Farbe auf Farbe ohne Konturen gedruckt. Das Bild
erschien in vier Auflagen. Trotz seines schweren Kampfes mit dem Leben
behielt Höfel noch im Greisenalter seine jugendliche Geistesfrische und
seinen Unternehmungsgeist, bis eine Lungenlähmung seinem vielbewegten
Leben ein Ende machte.

[Sidenote: F. v. Exter * 7. März 1820, [+] 27. Juni 1860.]

FRIEDRICH VON EXTER, ein Schüler Höfels und einer der geschicktesten
Holzschneider der Anstalt von Braun & Schneider in München, wurde 1846
von Auer als Leiter der xylographischen Abteilung der Staatsdruckerei
nach Wien berufen. Zu seinen besten Leistungen gehören »Kaiser Joseph
an der Buchdruckerpresse« und »Karl V. im Kloster St. Just«. Zu den
_Peintures de Polygnote à Delphe_ der Gebr. Riepenhausen lieferte Exter
die ersten zwölf Tafeln in Chromoxylographie, die späteren Platten
wurden lithographisch ausgeführt.

[Sidenote: H. Knöfler * 1824.]

HEINRICH KNÖFLER aus Schmölln im Altenburgischen brachte es von einem
einfachen Tischlergesellen zu einem hervorragenden xylographischen
Künstler und Kunstdrucker. Prof. von Berger in Wien war der erste,
welcher auf sein ausserordentliches Talent aufmerksam wurde.
Den Unterricht in der Xylographie erhielt er von Bader, der von
Stuttgart nach Wien übergesiedelt war. Ein Holzschnitt Knöflers, »Der
Stephansturm«, wurde sehr bewundert und verschaffte ihm eine Anstellung
in der Staatsdruckerei, welche er später mit einer solchen bei Zamarski
vertauschte, bei dem er sich viel mit dem Chromodruck beschäftigte.

Seinen hauptsächlichsten Ruf erwarb sich Knöfler durch seine Miniaturen
zu dem bei Reiss erscheinenden _Missale_ und durch seine Illustrationen
zu den liturgischen Werken Pustets in Regensburg. Eine ihm von Didot
angebotene ehrenvolle und vorteilhafte Stellung lehnte er ab. Knöfler
ist namentlich ein Meister in der Behandlung der Köpfe seiner kleinen
Figuren. Eine seiner bedeutendsten Leistungen ist die Nachbildung des
Marienfensters des Prof. Trenkwald in der Votivkirche zu Wien. Ferner
sind die Illustrationen zu dem »Ägyptischen Joseph« und zu Führichs
»Geistliche Rose« zu nennen.

Ein ehemaliger Schüler und Mitarbeiter Knöflers, HERMANN PAAR, arbeitete
mit BIBERHOFER zusammen. Die Aufmerksamkeit wurde auf ihn durch den
Druck der von Bader geschnittenen Trachtenbilder Albr. Dürers gelenkt.
Sein Bildnis eines Unbekannten nach Jan van Eyck ist eine vollendete
Leistung, ebenso sein Kegelschieber nach Ostade. Ein Xylograph ersten
Ranges ist der mehrerwähnte BADER. Sein Panorama von Wien im Jahre 1873
hat bei einer Höhe von 77 cm eine Länge von 122 cm.

                   *       *       *       *       *

In Verbindung mit der Xylographie müssen wir noch zwei Verfahren nennen,
die, wennauch ihr praktischer Wert kein ausserordentlicher ist, doch dem
Fachmann von Interesse sind.

[Sidenote: Die Planotypie.]

Die erste ist die PLANOTYPIE[188]. Eine Zeichnung in Linien wird auf
Lindenholz getragen. Mittels einer durch eine Stichflamme glühend
gemachten Stanze wird die Zeichnung Strich für Strich in das Holz
vertieft eingebrannt und so eine Matrize gebildet, in welche eine leicht
flüssige Metalllegierung gegossen wird. So wird ein erhabenes Cliché
erzielt, mit welchem man, nachdem die Oberfläche vollständig egalisiert
worden ist, drucken kann. Das Verfahren wurde zuerst von LEPEL, früher
in Berlin, dann in Dresden, verwendet, namentlich für die sehr grossen
Musterbogen der Modenzeitungen, auf welchen die verschiedenen Muster für
das Zuschneiden auf einer Platte sich kreuzen.

  [188] H. KLEMM, Die Planotypie. Dresden 1871.

Mit vielem Geschick ist diese Methode zur Illustrierung eines
umfangreichen Werkes »Trachten der Völker in Bild und Schnitt« (Dresden,
bei Müller, Klemm und Schmidt) verwendet. Über 1000 Figurenbilder sind
in dieser Weise in Umrissen wirksam und charakteristisch hergestellt.

[Sidenote: Stigmatypie von Fasol.]

Ein anderes Verfahren oder vielmehr eine besondere Verwendung der
einfachsten typographischen Figur, des Punktes, zur malerischen
Typographie, die STIGMATYPIE, fand besonders in Wien durch CARL FASOL
Pflege.

Mit fünf Graden von Punkten liefert derselbe nicht allein die
kompliziertesten Ornamente, sondern auch förmliche bildliche
Darstellungen: Porträts, Architektonisches, Landschaftliches, Blumen-
und Fruchtstücke mit Licht- und Schatteneffekten, die, wenn man des
benutzten Materials eingedenk bleibt, geradezu wunderbar sind. Die
Zeichnung wird auf karriertes Papier übertragen und zur Erleichterung
beim Setzen die Stärke der zu wählenden Punkte durch Farbennuancierungen
kenntlich gemacht. Um die unendliche Mühe einer solchen stigmatypischen
Arbeit zu beurteilen, mag die Erwähnung des Umstandes genügen, dass
zu einem Fruchtstück in der Grösse von 11×13 Zoll etwa 80000 Punkte
gehörten. Man muss dem bedeutenden Talent und der grenzenlosen Ausdauer
des Künstlers seine Achtung zollen, jedoch nicht ohne eine herbe
Beimischung von Bedauern, dass doch nur bedingungsweise Gelungenes
zustande gebracht werden kann, was man mit weniger Mühe und Aufwand in
anderer Weise besser und leichter hätte erzielen können. Doch bleiben
diese stigmatypischen Arbeiten eine Anspornung für den Typographen,
sein Material gut zu benutzen, wenn er sieht, mit wie wenigen Mitteln
sich etwas Hübsches schaffen lässt und deshalb verdienen die von Fasol
herausgegebenen Proben (»Album der Buchdruckerkunst«, fünf Hefte in
Folio, 1868-1881) einen Platz in jeder grösseren Druckanstalt und in
jeder typographischen Gesellschaft.

[Illustration]


[Illustration]

                              XI. KAPITEL.

             DIE TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN IN DEUTSCHLAND.

  Fr. König und die Schnellpresse. Die Bedeutung derselben.
    Jugendgeschichte Königs. Seine Rückkehr aus England. Etablissement
    König & Bauer in Oberzell. Kampf und Sieg. Die Zweifarbenmaschine.
    Die Endlose. Die Maschinenfabrik Augsburg und andere Fabriken
    Deutschlands. Helbig & Müller in Wien und andere Fabrikanten
    Österreichs. Die lithographische und die zinkographische
    Schnellpresse. Die Handpressen. Die Satinier-Schnellpresse. Die
    Farbenfabrikation.

[Sidenote: Fr. König und die Schnellpresse.]

Am 17. April 1874 waren hundert Jahre vergangen seit dem Tage, an
welchem FRIEDRICH KÖNIG, der Erfinder der Schnellpresse, in Eisleben
das Licht der Welt erblickt hatte[189]. »Eine kleine Stadt war sein
Geburtsort, aber ihr Name hatte Weltruf erlangt, denn in Eisleben stand
die Wiege des grossen Reformators, Luther, den hunderte, über das
ganze Erdenrund verbreitete Millionen als den Befreier von dem auf dem
Geiste lastenden Druck verehren; dessen Name jeder gebildete Deutsche,
der Genuss und Belehrung in den Werken sucht, welche die Heroen der
deutschen Litteratur und Wissenschaft schufen, als den des Reformators
der Muttersprache hoch hält, selbst wenn er dem Träger desselben auch
nicht als Reformator in Glaubenssachen huldigt.«

  [189] Die folgenden Zeilen sind einem Glückwunschschreiben entnommen,
        welches der Herausgeber dieses Buches als Sekretär des Deutschen
        Buchdrucker-Vereins an die Söhne Friedrich Königs zum 17. April
        1875 abzufassen hatte (vgl. Annalen d. Typ. Nr. 301). Dieses
        Schreiben sowohl wie der Jubelartikel in dem Journ. f. B. 1875,
        Nr. 15 ff. kamen jedoch, wie nach späterer Feststellung des
        Geburtsjahres Königs hervorgeht, um ein Jahr zu spät.

[Sidenote: Kulturhistor. Bedeutung der Erfindung.]

»Wie wäre jedoch die weltbewegende Wirksamkeit Luthers gehemmt gewesen,
wenn er nur auf das gesprochene Wort und auf die Verbreitung desselben
durch Niederschrift angewiesen gewesen wäre, wenn ihm nicht die
thätigen Pressen Wittenbergs und Leipzigs fördernd zur Seite gestanden
hätten. Glücklich müssen wir uns preisen, dass die deutsche Erfindung
Gutenbergs es ihm möglich machte, seine zündenden Blitze nach überall
hinzuschleudern.«

»Und doch, wie unvollkommen und langsam war die damalige Hülfe der
Presse, wenn wir sie mit derjenigen vergleichen, welche sie uns heute
leistet. Vergegenwärtigen wir uns, wie viel durchgreifender und wie
unendlich schneller die Erfolge der reformatorischen Thätigkeit Luthers
hätten sein müssen, wenn man derzeit über diejenigen mechanischen
Hülfsmittel zu verfügen gehabt hätte, die uns jetzt zu Gebote stehen;
wenn die $Schnellpresse$ damals dienend zur Seite gestanden hätte; wenn
diejenige Reform im Druckwesen, welche die _Times_ vom 29. November
1814 den staunenden Lesern verkündete, gleichzeitig mit der Reform des
Glaubens und der deutschen Sprache ins Leben getreten wäre.«

»Doch verlieren wir uns nicht in Phantasien über das, was hätte werden
können, und halten wir uns an die grosse Errungenschaft, wie wir sie
wirklich jetzt besitzen. Die $Schnellpresse$ gehört unserer Zeit. Sie
ist ein Kind des XIX. Jahrhunderts und hat wieder so unendlich viel
dazu beigetragen, dieses zu einem der denkwürdigsten in der Geschichte
der Entwickelung der Menschheit zu machen. $Sie$ hat die Presse zu der
sechsten, oder wenn wir wollen, zu der ersten Grossmacht herangebildet,
$sie$ hat der öffentlichen Meinung, verkörpert in dem Journalismus, eine
Macht verliehen, vor der sich selbst die Mächtigsten der Erde beugen,
$sie$ trägt die Bildung bis in die Hütte und macht es dem Ärmsten
möglich, an den geistigen Genüssen, welche gottbegabte Männer uns
bereiteten, teilzunehmen, $sie$ hat, wie die Grabschrift des Erfinders
sagt, »der Presse Flügel verliehen, ohne welche sie ihr zehnfaches
Tagewerk nicht genügend würde erfüllen können.«

[Sidenote: Königs Jugendgeschichte.]

Der Vater Königs war ein schlichter Ackerbauer, die Mutter eine
vortreffliche Frau, die für einen guten Unterricht des Sohnes Sorge
trug. Zu Johanni 1790 kam Friedrich in die Buchdruckerlehre bei J.
G. J. Breitkopf und wurde Michaeli 1794 losgesprochen. Jede freie
Stunde verwendet er auf seine Ausbildung, hörte später Vorlesungen
und beschäftigte sich wahrscheinlich schon frühzeitig mit Plänen zur
Verbesserung der Holzpresse und mit dem Gedanken, Stempel in Platten
einzudrücken, um in letztere Stereotypplatten zu giessen. In betreff der
Konstruktion einer Tiegeldruck-Schnellpresse[190] war er schon im Jahre
1805 mit sich ins Reine gekommen, denn in diesem Jahre wendete er sich
von Wien aus an den Kaiser von Russland und bietet ihm die Erfindung an.
Die Pläne wurden nach St. Petersburg gesandt; er selbst folgte am 12.
Mai 1806. Anfänglich gestalteten sich die Aussichten vortrefflich und
König schrieb an seine Mutter, mit der er auch später sich schriftlich
in kindlicher Liebe unterhält, Berichte voll der schönsten Hoffnungen.
Bald sollten jedoch diese vernichtet werden und noch in dem erwähnten
Jahre ist König in London, um dort seine Pläne durchzusetzen.

  [190] TH. GOEBEL, Friedrich König und die Erfindung der Schnellpresse.
        Braunschweig 1875. Eine von demselben verfasste umfangreiche
        Geschichte der Erfindung, zugleich der Firma König & Bauer, war
        bei dem Satz dieser Bogen und bei dem bereits erfolgten Druck
        der Bogen 4 und 5 noch nicht ausgegeben, konnte demnach nicht
        für die Darstellung hier benutzt werden. -- J. H. BACHMANN, »Die
        ersten Schnellpressen in Deutschland«; eine Reihe von Artikeln
        in dem Journ. f. B. 1868, Nr. 38-48, 1869, Nr. 2-17 enthält die
        ausführliche Geschichte des Baues von vier Schnellpressen für
        Spener und Decker in Berlin.

[Sidenote: König & Bauer.]

Wie dies geschah ist bereits erzählt (S. 53). König kehrte Ende August
1817 nach Deutschland zurück, wo es ihm gelungen war, das reizend
gelegene frühere Benediktiner-Kloster OBERZELL, eine halbe Meile von
Würzburg, zu erwerben. Erst später, im Mai 1818, kam der treue Freund
Bauer nach Oberzell. Dieser, 1783 in Stuttgart geboren, war ein sehr
tüchtiger Mechaniker und hatte durch sieben Jahre treu alle Arbeiten
und Sorgen mit König geteilt, ohne dass ein festes Geschäfts-Verhältnis
zwischen beiden stattgefunden hatte. Erst wenige Tage vor Königs Abreise
von London wurde, am 9. August 1817, der erste Vertrag zwischen beiden
abgeschlossen. Nach demselben sollte König als Erfinder und als Ersatz
für seine bisherigen Opfer zwei Anteile am Gewinn haben, während ein
Anteil Bauer zufallen sollte; auch würde Oberzell Königs Eigentum
bleiben. Im Jahre 1821 wurde der Vertrag dahin abgeändert, dass eine
gleichmässige Teilung des Gewinns stattfand.

[Sidenote: König über Bauer.]

Über Bauers Anteil an der Erfindung und an der Fortbildung derselben
thun wir am besten, uns an Königs eigene Worte zu halten, welche in
wenigen Zeilen das Verhältnis so trefflich und schön charakterisieren:
»Wenn zwei Männer gemeinschaftlich und im höchsten Vertrauen zu
einander einen Zweck verfolgen, so dürfte es schwer sein, den Anteil zu
bestimmen, den ein Freund gehabt hat, der bei allem zu Rate gezogen, mit
dem jede Angelegenheit des Geschäfts überlegt worden ist und wir haben
uns selbst nie Rechenschaft darüber abgelegt oder abgefordert«.

Man hatte nun nicht nur ein Dach über dem Kopfe, sondern war, was
Lokalität anbetrifft, eingerichtet, wie es nicht besser sein konnte,
aber es galt jetzt, alles aus nichts zu schaffen, nicht nur Werkzeug
und Hülfsmaschinen, sondern auch Arbeiter, denn die Verhältnisse lagen
nicht wie in England; aus rohen Bauern waren erst tüchtige Gehülfen
auszubilden.

[Sidenote: Erste Bestellung.]

Dann mussten Bestellungen herbeigeführt werden. Cotta, an den man sich
zuerst wandte, konnte »Staatsgeschäfte halber« vorläufig sich nicht
mit dem Maschinenwesen befassen. Dagegen fanden Königs Vorstellungen
offene Ohren bei Georg Jacob Decker in Berlin und dessen Schwager K.
Spener. Bereits während Königs Aufenthalt in England waren nähere
Unterhandlungen mit Decker angeknüpft, die jedoch durch Königs Absicht,
England zu verlassen, unterbrochen wurden. Am 15. Oktober 1817 kam es
mit den Genannten zu dem Abschluss eines Kontraktes über die Lieferung
von zwei Schnellpressen, die innerhalb zwei und einem halben Jahre
fertig zu stellen waren. Die Abnehmer sollten 7000 Thaler zahlen,
ausserdem alle Spesen tragen und, anstatt der von König anfänglich
geforderten jährlichen Abgabe, ein für allemal ein Prämium von 10000
Thalern gewähren. Man sieht aus dem obigen, dass es den Bestellern nicht
an Opferfreudigkeit und Zutrauen zu den Ideen Königs fehlte.

[Sidenote: Schwierigkeiten aller Art.]

Die Ausführung gestaltete sich für beide Teile zu einer langen
Leidensgeschichte. Nicht nur die oben erwähnten Schwierigkeiten der
Arbeiterverhältnisse, sondern auch der Mangel an Fonds machten sich
in quälender Weise für König & Bauer geltend. Zwar erhielten sie ein
zinsfreies Darlehen von 20000 fl., jedoch zunächst um eine Papierfabrik
in Gang zu bringen. Die ersten 10000 fl. waren bereits absorbiert,
ohne dass die Arbeiten, an welche die Auszahlung der zweiten 10000 fl.
geknüpft waren, ihr Ende erreicht hatten. John Walter, für welchen König
noch Arbeiten auszuführen hatte, ward unwillig, weil er sich unmöglich
die Jämmerlichkeit der deutschen Arbeiterverhältnisse vorstellen konnte.
Das langsame Vorwärtsschreiten machte Decker und Spener ärgerlich,
trotzdem unterliessen sie nicht, der Fabrik allen möglichen Vorschub
zu leisten. Erst im Juli 1822 konnte der erste Probedruck in Oberzell
gemacht werden. Am 15. November 1822, also erst fünf Jahre nach der
Bestellung, waren die durch Nachbestellung auf vier vermehrten Maschinen
zum Versand fertig. Im Januar 1823 befanden sie sich zwar im Gange
und das erste Produkt war die Nr. 11 der Spenerschen Zeitung vom 25.
Januar 1823; es dauerte jedoch fast ein Jahr, bevor die Leistungen
zufriedenstellend ausfielen. Mit allen dazu gehörigen Einrichtungen
kamen die Kosten für die Besteller auf etwa 30000 Thaler zu stehen, dazu
im Jahre 1827 noch 5500 Thaler für Umbau.

[Sidenote: Vielfache Pläne.]

Es war eine schwere und aufreibende Zeit gewesen. Mit der Papierfabrik
wollte es nicht vorwärts. Im Herbst 1823 musste König selbst nach
London gehen, um von den neuesten Erfindungen und Verbesserungen
der Papierfabrikation Kenntnis zu nehmen. Die Geldsorgen endigten
vorläufig durch den Beitritt Cottas zu diesem Geschäft; 1831 übernahmen
jedoch König & Bauer dessen Anteil wieder. Obwohl das Unternehmen
somit schliesslich festen Boden gewann, so war die Zersplitterung der
Kräfte doch kaum als ein Glück für das Schnellpressen-Etablissement zu
betrachten, dessen rasche Förderung noch nicht gelingen wollte, sie
gewährte aber eine fortwährende Beschäftigung für Königs regen Geist. Er
brachte an den _Times_-Maschinen Verbesserungen an, beschäftigte sich
mit dem Gedanken einer _Roundabout_-Presse mit zehn Druckcylindern,
welche stündlich 5000 Exemplare liefern sollte, und mit dem bereits
erwähnten Verfahren, geschlagene Matern herzustellen. Selbst die
Setzmaschine spielte eine Rolle in seinen damaligen Plänen.

[Sidenote: Verbreitung der Schnellpresse.]

Am 12. Juli 1824 erhielt Cotta eine Schnellpresse für die Allgemeine
Zeitung in Augsburg. König selbst leitete die Aufstellung im Verein
mit seinem Neffen Fritz Reichenbach, der bei Decker gelernt hatte und
den König von Berlin mitgenommen hatte, um ihn als Maschinenbauer
auszubilden; ein zweiter Neffe, Friedrich Helbig, zeichnete sich später
in Wien aus.

Um die Anbringung der Maschinen zu erleichtern, wollte König solche auf
eigenes Risiko bauen und sie auf Gewinn-Anteil ausleihen. König litt
jedoch unter demselben Mangel an Betriebskapital, der die Buchdrucker
selbst drückte, und der Plan liess sich nicht durchführen. Er musste
nun darauf bedacht sein, kleinere und billigere Maschinen zu bauen, die
sich durch Menschenhände bewegen liessen und von denen er gleichzeitig
mehrere Exemplare bauen könnte, wodurch die Herstellung wesentlich
billiger zu stehen kommen würde. Der Erfolg bewies, dass die Rechnung
eine richtige gewesen. 1826 wurden elf Maschinen fertiggestellt,
darunter die ersten für Stuttgart (J. B. Metzler) und Leipzig (F.
A. Brockhaus). Schon Fr. Arn. Brockhaus hatte an Anschaffung einer
Schnellpresse gedacht, schreibt jedoch 1819 an König, dass ihm der Mut
fehle (Kap. XII). Nach Paris wurde die erste Maschine an A. Guyot &
Scribe, die zweite an E. Pochard geliefert; für Enchedé & Sohn in Harlem
waren bereits zwei solche abgesandt.

[Sidenote: Rückgang und dann neue Erfolge.]

Somit schien alles im besten Gange zu sein, da kam die Julirevolution.
Die Drucker zerschlugen die Schnellpressen, die Bestellungen sowohl
aus Frankreich wie aus Deutschland blieben aus; niemand hatte Lust,
Kapitalien in Maschinen, welche der Zerstörung ausgesetzt waren,
anzulegen, und als Ruhe und Vertrauen wiederkehrten, konnte Frankreich
seinen Bedarf selbst decken. Die Fabrik in Oberzell, die über hundert
Arbeiter beschäftigt hatte, behalf sich jetzt mit vierzehn. Die
Teilhaber verloren jedoch den Mut nicht und machten alle Anstrengungen,
um die Buchdrucker für die Maschinen zu interessieren. In einem
diesbezüglichen Zirkular finden sich merkwürdige Äusserungen. Die
Firma erklärt, vierfache Maschinen bauen zu können, die wenigstens
4000 Exemplare in der Stunde liefern, glaubt jedoch, »dass es nirgends
Verhältnisse giebt, in welchen eine so grosse Geschwindigkeit besondere
Vorteile gewähren würde«, und fährt dann fort: »Wir halten noch andere
seltsamere Kombinationen -- mit endlosem Papier -- nicht nur für
möglich, sondern auch für leicht ausführbar. Allein, obgleich man damit
ein ungeheures Resultat erhalten würde, so treten doch, nach unserer
Meinung, so viel praktische Hindernisse, die in der Beschränktheit des
Bedarfs und den bestehenden Formen und Gewohnheiten ihren Grund haben,
ein, dass wir uns nie zu einem Versuche entschliessen könnten, wiewohl
wir dazu alle Mittel zur Hand haben. Zum $wohlfeilen$ und $schnellen$
Druck ist genug geschehen, zum $besseren$ Druck bleibt noch viel zu thun
übrig«.

[Sidenote: Königs Verheiratung und Tod.]

[Sidenote: Königs Nachfolger.]

Im Jahre 1825 heiratete der 50jährige König eine 18jährige junge
Dame aus Suhl. Sie schenkte König drei Kinder, zwei Söhne und eine
Tochter. König fühlte sich sehr glücklich, sollte jedoch leider nicht
lange sein Glück geniessen. Die Entbehrungen in den jüngeren Jahren,
die fortwährenden Anstrengungen und aufreibenden Sorgen hatten seine
Gesundheit untergraben. Er starb nach einem Schlaganfall am 17. Januar
1833. Seine treue Gefährtin lebte bis zum 1. April 1882. Sein Freund
Bauer überlebte ihn fast 30 Jahre und ruht seit 1860 an seiner Seite.
Die Söhne Wilhelm (geb. am 9. Dezember 1826) und Friedrich (geb. am 29.
Januar 1829) übernahmen das Geschäft. König und Bauer, aus einem ganz
verschiedenen Stoff gebildet, ergänzten sich vortrefflich. Der erste
hochstrebend, weitblickend, rasch schaffend; Bauer bedächtig überlegend,
minutiös im Arbeiten und genau rechnend. Nur einmal in dem schweren
Jahre 1824 trat eine vorübergehende Missstimmung zwischen Beiden ein,
die sich jedoch schnell ausglich.

[Sidenote: Wachstum des Etablissements.]

Bei Königs Tod waren im ganzen etwa 60 Schnellpressen ausgeführt. Es
ging aber nun so rasch vorwärts, dass im Jahre 1865 die tausendste, am
6. September 1873 die zweitausendste Maschine fertiggestellt wurde, bei
welcher Gelegenheit die beiden Brüder den Orden des heiligen Michael
erhielten und damit in den Adelstand erhoben wurden. Für das erste 1000
waren 50 Jahre nötig gewesen, während das zweite 1000 nur acht Jahre
brauchte. Von den 2000 Maschinen blieben 1243 in Deutschland. Leipzig
erhielt davon 265, Stuttgart 117; 392 gingen nach Russland (208 nach
St. Petersburg). Die stärksten Abnehmer waren Brockhaus und Teubner in
Leipzig, die Staatsdruckerei in St. Petersburg mit je 33 Stück, Cotta
mit 32[191]. Das dritte Tausend wurde 1882 voll.

  [191] KÖNIG & BAUER, Verzeichnis der ersten 2000 Schnellpressen. 1873.

[Sidenote: Verbreitung der Königschen Schnellpressen.]

Die Schnellpressen König & Bauers zeichneten sich stets durch die grosse
Akkuratesse der Arbeit und durch Solidität aus. Die mit Kreisbewegung
und Cylinderfärbung versehenen Maschinen erwarben in Deutschland
wegen ihres ruhigen Ganges und der Vorzüglichkeit des Farbewerkes
ihre Beliebtheit, obwohl sie schwerer zu bewegen und teurer sind,
als die mit Eisenbahnbewegung und Tischfärbung. Welches Ansehen die
Schnellpressen König & Bauers genossen, beweisen z. B. Bestellungen
von 24 Stück auf einmal, darunter acht Zweifarbe-Maschinen, zum
Banknotendruck nach Rom und von 20 Stück für die Bank von Frankreich.
Die Banknotendruckerei von St. Petersburg beschäftigt vorzugsweise König
& Bauerschen Tiegeldruckmaschinen, welche für die feinsten Arbeiten
allen anderen vorgezogen werden, obgleich sie einen sehr grossen Raum
einnehmen, langsam arbeiten und sehr teuer sind. Eine Eigentümlichkeit
der Tiegeldruckmaschine sind die zwei Fundamente, von welchen man nach
Belieben beide oder nur eins von beiden benutzen kann. Die Färbung, eine
Kombination von Cylinder- und Tischfärbung, ist eine höchst vollkommene.

[Sidenote: Die Zweifarbenmaschine.]

Vorzüglich sind ebenfalls die Zweifarbe-Maschinen König & Bauers. Wenn
sie auch nicht dieselben in die Praxis zuerst einführten, so gebührt
ihnen der Ruhm, sie zuerst zur Vollkommenheit gebracht zu haben. Diese
Maschinen müssen als eine besonders wertvolle Bereicherung des Materials
der modernen Typographie betrachtet werden und fanden rasch eine grosse
Verbreitung. Durch sie hat die ebenfalls neue Erfindung der Hochätzung
erst ihren vollen Wert erhalten, indem es durch sie möglich geworden
ist, farbige Landkarten zu einem solchen Preis zu liefern, dass sie
überall Eingang finden können. Auch für die Accidenzarbeiten ist der
Nutzen ein hervorragender und die harte Not des richtigen Registers beim
Doppeldruck hat nun in manchen Fällen aufgehört.

In neuester Zeit bauten König & Bauer nach dem ursprünglichen Patent von
A. H. Payne in Leipzig eine Dreifarben-Maschine, welche jedoch nach der
Erwerbung seitens der Fabrik in Oberzell umkonstruiert worden ist. Die
gebogenen Galvanos werden auf einem grossen Cylinder angebracht, der den
dreimaligen Umfang eines der Druckcylinder hat. Die Maschine liefert in
der Stunde sieben bis achthundert Drucke in drei Farben, lässt sich
auch für eine grössere Anzahl von Farben bauen und wurde bereits für
fünf nach Frankreich angefertigt[192].

  [192] Journ. f. B. 1881, Nr. 32.

[Sidenote: Königs Endlose.]

Als die »Endlosen« aufkamen, verhielten König & Bauer sich eine
ziemlich lange Zeit abwartend und liessen der Fabrik »Augsburg« den
Vorsprung. Erst als sie, ohne ihre Anstalt wesentlich zu schädigen,
nicht zurückbleiben konnten, gingen sie ans Werk, dann aber auch mit der
hergebrachten Energie. Sie hielten sich zunächst an die Konstruktion
der _Victory-Press_, deren Cylinder alle in der Ebene liegen. Ihre
derartigen Maschinen für die Kölnische Zeitung wurden nach den Angaben
des Obermaschinenmeisters E. Bragard hergestellt[193].

  [193] Journ. f. B. 1880. Nr. 17.

[Sidenote: Maschinenfabrik Augsburg.]

[Sidenote: Fr. Reichenbach [+] Juni 1883.]

Nach der Anstalt von König & Bauer hat die Maschinenfabrik Augsburg die
grösste Ausdehnung für den Schnellpressenbau in Deutschland gewonnen.
Sie wurde von dem erwähnten Neffen Fr. Königs, Fritz Reichenbach,
gegründet und ging dann später in die Hände einer Aktiengesellschaft
über. Die Anstalt baute namentlich Maschinen mit Eisenbahnbewegung;
grosse Verbreitung fanden ihre Zweifarben-Maschinen; sie war auch die
erste, welche in Deutschland die Rotationsmaschine für endloses Papier
baute und nahm sich namentlich die Walter-Presse als Vorbild. Das erste
Exemplar wurde in der Spaarmannschen Offizin in Oberhausen aufgestellt.
Bis 1880 hatte die Augsburger Fabrik 65 Rotationsmaschinen in 38
Formaten und nach 21 verschiedenen Konstruktionen gebaut, von denen 46
im eigentlichen Deutschland, 14 in Österreich-Ungarn blieben, eine nach
Batavia ging. Ihr gelang es auch (1879) zuerst in zufriedenstellender
Weise diese Maschinen für den Illustrationsdruck herzustellen. Auf
dreien derselben, welche je 4000 Exemplare stündlich liefern, werden
die Hallbergerschen illustrierten Blätter mit bestem technischen Erfolg
gedruckt. Die Rotationsmaschine hat im allgemeinen in Deutschland
eine viel schwierigere Aufgabe als in England. Teils ist das deutsche
Papier für gewöhnlich geringer und schwächer, als das englische, reisst
daher leichter und legt sich schwerer aus, dann aber vertragen die
abwechselnden Schriften, namentlich die vielen Auszeichnungsschriften
untermischt mit Illustrationen, welche die Inseratenseiten deutscher
Blätter füllen, viel weniger den Mangel an Zurichtung als die
englischen und amerikanischen Zeitungen mit ihren kompakten, den Kegel
fast füllenden Antiquaschriften.

[Sidenote: Die Endlose in Wien.]

Bereits im Jahre 1859 war mit »Endlosen« in Wien durch Auer
experimentiert worden, doch können diese Versuche nicht als gelungen
bezeichnet werden (vgl. Kap. XV). Nach Wien kamen die ersten zwei
englischen Walterschen Rotationsmaschinen, durch Ludw. Lott, den
Direktor der Druckerei der »Presse«, eingeführt, zunächst um den
Ausstellungskatalog 1873 zu drucken. Ebenfalls zur Ausstellung
liess die Druckerei der »Neuen Freien Presse« eine ihrer grossen
Marinoni-Maschinen nach des Direktors Reisser Angaben zu einer Endlosen
umarbeiten, die in dem Pavillon der »Neuen Freien Presse« in dem
Prater die Ausstellungszeitung druckte und täglich, wenn das grosse
Geräusch den Anfang der Arbeit verriet, eine grosse Masse Wissbegieriger
sammelte, um von ihrem Wirken Zeugen zu sein. Die Presse konnte nicht
mit den englischen Maschinen hinsichtlich der Leistungsfähigkeit
konkurrieren. Überhaupt hat Wien mit dem Bau der »Endlosen« bis jetzt
kein grosses Glück gehabt.

[Sidenote: Andere Rotationsmaschinen.]

Auch C. HUMMEL in Berlin baute »Endlose« und will das Patent von G.
A. Horn auf eine Doppelrotationsmaschine mit zwei von einander ganz
unabhängigen Systemen ausbeuten[194]. Jeder der Schriftcylinder wird von
seinem Papierzubringer gespeist und ist mit zwei Farbewerken versehen.
Stellt man eins der Drucksysteme ab und arbeitet nur mit dem andern,
so wird dies von vier Farbewerken bedient, und eignet sich dann um
so besser für die Lieferung feinerer Arbeiten. Die Bogen werden nach
beiden Seiten der Maschine ausgeführt. Es muss sich ergeben, ob die
Praxis hier mit der Theorie Hand in Hand gehen wird. Die bekanntesten
Maschinen Hummels waren die nach den Angaben des Obermaschinenmeisters
Eugen Bragard für den Druck der Kölnischen Zeitung mit Vor- und
Rückwärtsbewegung gebauten, die stündlich 6000 Exemplare druckten.

  [194] Abgebildet und beschrieben im Journ. f. B. 1879, Nr. 36.

[Sidenote: Verschiedene Fabriken.]

[Sidenote: J. Forst [+] 14. Febr. 1879.]

Von anderen Maschinenbauanstalten sind zu nennen: G. SIGL in Berlin, der
schon 1865 etwa 1000 Schnellpressen geliefert hatte; AICHELE & BACHMANN
in Berlin. Die Firma KLEIN, FORST & BOHN in Johannisberg a. Rh.,
begründet 1846 von Johannes Forst und Joh. Klein, hatte am 30. Januar
1875 die 1000. Maschine vollendet. Sie liefert auch Schnellpressen mit
dem von E. C. BRUNN in Münster konstruierten Querlinien-Druckapparat.
ALBERT & HAMM in Frankenthal hatten 1879 300 Maschinen in die Welt
gesandt. In Würzburg arbeitet die Firma BOHN, FASSBENDER & HERBER,
in Worms die MASCHINENFABRIK WORMS. In Leipzig sind die bekanntesten
Firmen PH. SWIDERSKI, dessen kleine Maschine »Lipsia« vielen Beifall
findet; SCHMIERS, WERNER & STEIN, die viele grosse Maschinen bauen.
Tretmaschinen fabrizieren A. HOGENFORST und SCHELTER & GIESECKE. Eine
Fünffarben-Rotationsmaschine konstruierte A. H. SCHUMANN in Leipzig,
welche in zehn Stunden 8000 fertige Bogen, also 40000 Druck, liefern
soll. Zurichtung ist nur unter den Platten möglich[195].

  [195] Journ. f. B. 1879, Nr. 8.

[Sidenote: Fr. Helbig * 1800, [+] 1842.]

[Sidenote: Leo Müller * 1800, [+] 1843.]

In Österreich waren HELBIG & MÜLLER die ersten
Schnellpressenfabrikanten. FR. HELBIG, ein Sohn aus erster Ehe der
Schwester Fr. Königs, Marie Rosine, mit einem Bergmann Helbig in
Eisleben, hatte bei König gelernt. LEO MÜLLER war in Rieglern in dem
Vorarlbergschen Walserthale geboren. Sein Vater war dort Bauer und der
Sohn genoss nur den dürftigen Unterricht der Dorfschule. Seine Lust
an Mechanik trieb ihn, 18 Jahre alt, das Handwerk eines Schreiners
zu ergreifen und als solcher kam er nach Oberzell zu König & Bauer
und wurde bald Leiter der Modellabteilung. Sein Wunsch, Teilhaber der
Anstalt zu werden, konnte nicht erfüllt werden, weshalb er nun nach
Österreich zurückging und seinen ersten Versuch im Schnellpressenbau
in Imbach im Innthale für Rechnung von Rauch & Wagner in Innsbruck
machte. Er führte viele Verbesserungen bei der Schnellpresse ein, zu
denen namentlich der Doppel-Excenter behufs Erzielung des Stillstandes
des Druckcylinders beim Rückgange der Form gehört, der Cylinder wurde
freier gelegt, die Bänder beseitigt und durch Greifer ersetzt, auch
verwendete er zuerst die Eisenbahnbewegung. Gerade eine Differenz mit
Helbig in Patentangelegenheiten gab Veranlassung zu einer Verbindung
beider (um 1836). Sie bauten nun sowohl einfache wie doppelte Maschinen
und auch solche für zwei Farben; die Idee der letzteren war jedoch
keine neue und König & Bauer hatten sich schon 1826 Erhard in Stuttgart
gegenüber erboten, solche anzufertigen, was wegen der Kosten jedoch
unterblieb[196].

  [196] Österr. Buchdr.-Ztg. 1880.

[Sidenote: Andere Fabrikanten in Österreich.]

Als tüchtige Maschinenbauer sind SIGL, LUDW. KAISER und J. ANGER
bekannt. Als Fabrikant von kleinen typographischen Maschinen hat G.
BERNHARDT Ruf und er baute bereits mehrere hundert solcher, deren System
sehr gelobt wird. Auch die Tretmaschinen von O. O. FUCHS und JEANRENAUD
& CO. finden Beifall.

[Sidenote: Lithographische Schnellpressen.]

Die Lithographie hat durch die Erfindung der lithographischen
Schnellpresse eine enorme Ausdehnung erreicht und der Buchdruckerei
ein bedeutendes Feld abgewonnen. Es gab dabei manche Schwierigkeit
mehr als bei der typographischen Schnellpresse zu überwinden. Die
lithographischen Steine haben nicht, wie die Schrift, eine gleiche Höhe,
die Maschinen mussten deshalb jedesmal nach der Stärke des Steines
eingerichtet werden. Der Druck musste ein sehr kräftiger, zugleich
ein sehr elastischer sein, wenn der Stein nicht springen sollte. Neu
hinzuzufügen war der Anfeuchteapparat, durch welchen der Stein bei dem
jedesmaligen Druck abgewischt und angefeuchtet wurde. Massenwalzen
konnten nicht verwendet werden, man musste deshalb Walzen von feinem
Leder benutzen, bis es in England gelang brauchbare Kompositionswalzen
herzustellen. Die erste lithographische Schnellpresse wurde im Jahre
1850 in der Maschinenfabrik von G. Sigl in Wien durch Hoppes für
H. Engels Institut gebaut[197]. 1855 erschien die lithographische
Schnellpresse auf der Pariser Weltausstellung. In Frankreich begann
Marinoni 1864 den Bau und führte wesentliche Verbesserungen ein. Die
Pariser Ausstellung von 1867 brachte eine Menge von Varianten durch
Marinoni, Dupuy, Moulde & Vibart, Voirin, Alauzet u. a. In Deutschland
bauen sie namentlich G. Sigl in Wien und Berlin; König & Bauer;
Swiderski; Schmiers, Werner & Stein; Klein, Forst & Bohn.

  [197] Österr. Buchdr.-Ztg. 1880, Nr. 2.

[Sidenote: Ferd. Schlotke. Zinkdruckpresse.]

Für den zinkographischen Druck hat FERDINAND SCHLOTKE in Hamburg eine
Maschine erfunden, durch welche mittels zweier je um eine Stahlwalze
gelegter Platten der Bogen auf zwei Seiten gleichzeitig bedruckt wird,
und zwar mit der Schnelligkeit von 1000 Exemplaren in der Stunde[198].

  [198] Journ. f. B. 1882. Nr. 32.

[Sidenote: Verbesserungen der Handpresse.]

Die eiserne Handpresse wurde in Deutschland vielfach nachgebaut und
auch verbessert. Die Stanhopepresse lieferte namentlich CHR. DINGLER in
Zweibrücken. Die Columbiapresse wurde von FR. VIEWEG eingeführt und im
Jahre 1825 in dem Hüttenwerk Zorge am Harz gebaut. Ein Nachteil bei
diesen Pressen war das öftere Springen der Seitenwände. C. HOFFMANN
in Leipzig baute die Coggersche Presse nach, und seine Konstruktion
wurde von Vielen der der Originalpressen vorgezogen, weil das Heben des
Tiegels durch Kugelgewichte auf langen Hebeln und nicht durch Federn
geschah. Die Presse von Koch in Magdeburg fand, weil sehr billig und
leicht, vielen Beifall; auch war sie insofern sehr zweckmässig, als
sie über den Tiegel hinaus keinen Oberbau hatte, so dass die Form
voll belichtet war. Sehr verbreitet waren die Hagar-Pressen, die in
vorzüglicher Qualität von Chr. Dingler in Zweibrücken fabriziert
wurden. Dingler verstärkte noch die Kraft und die Sicherheit der
Original-Konstruktion, indem er statt Hagars einfachen Kniehebels vier
schrägstehende Knieteile verwendete, die, wenn der Tiegel sich in der
Höhe befindet, die Form eines Andreaskreuzes bilden, während sie, wenn
er angezogen ist, zu zwei und zwei senkrecht aufeinander, wie Säulen,
stehen[199]. Die Pressen sind jetzt fast die einzigen im Gebrauch
befindlichen, wenn man eine Anzahl unverwüstlicher Stanhopepressen nicht
rechnet, die noch das Gnadenbrot als Korrekturpressen geniessen[200].

  [199] Journ. f. B. 1866, Nr. 21 u. 22.

  [200] Fast alle hier erwähnten Handpressen sind in dem Journ. f. B.
        1834-36 abgebildet und beschrieben. Näheres vergl. S. 51-53.

[Sidenote: Farbeauftrag-Maschinen.]

Mit einer Farbeauftrag-Maschine hatten schon B. STRAUSS in Wien,
HERMSDORF in Mannheim und SCHUHMACHER in Hamburg experimentiert. GEORGI
in Bonn, im Verein mit dem Faktor der Brönnerschen Offizin in Frankfurt
a. M., R. GERHARD, führte eine solche in brauchbarer Weise aus. Eine
kombinierte Buch-, Stein- und Kupferdruckpresse baute GEORG JONTZEN in
Bremen. Ein Mittelding zwischen Schnell- und Handpresse war die von
SELLIGUÉ. Tiegel und Fundament stehen fest, nur das Rähmchen mit dem
Papierbogen ist beweglich. Während ein Drucker von der einen Seite
den Bogen einlegt, hebt ihn ein zweiter von der andern Seite ab. Für
Brockhaus in Leipzig baute der Schlosser KALLMEYER in Osterode einen
ähnlichen Apparat.

[Sidenote: Diverse Maschinen.]

Von kleineren Maschinen sind zu erwähnen die Falzmaschinen von
SULZBERGER & GRAF in Frauenfeld in der Schweiz, später von König &
Bauer, ISERMANNS Hobelmaschine, BROCKHAUS' Zifferndruckmaschine und
Farbereibmaschine, H. ZIMMERMANNS und F. G. WAGNERS und B. AUERBACHS
Numeriermaschine, A. FOMMS und KARL KRAUSES Schneidemaschinen, BRENDLER
& HARLERS Perforiermaschine, HANSENS mechanischer Ausleger u. v. a.
J. F. KLEIN in München liefert eine Kontrolle-Billetmaschine, die
von endlosen Streifen 150 Stück in der Minute druckt und numeriert.
Eisenbahnbilletmaschinen lieferten ferner KARIG in Wien und G. GÖBEL
in Darmstadt. Solche Maschinen schneiden das Papier, drucken den Text,
die laufende Nummer, zählen die Exemplare und drucken schliesslich das
Datum darauf. ALBERT & CO. in Frankenthal bauten Signiermaschinen,
A. FICHTNER in Wien Bronciermaschinen, A. MEYER & SCHLEICHER
Graphiteinreibungsmaschinen, B. DONDORF in Frankfurt a. M., FR. HEIM &
CO. in Offenbach und noch viele andere stellten Liniiermaschinen etc.
her.

[Sidenote: Die Satiniermaschine.]

Die SATINIERMASCHINE mit zwei Stahlwalzen, zwischen welche Zinkplatten
mit je einem zwischen zwei Platten gelegten Bogen unter starkem Druck
gezogen wurden, hielt sich trotz aller Inkonvenienzen lange. Erst in
letzterer Zeit wurde sie durch Satinierwerke mit zwei Hartgusswalzen
und zwei äusserst harten und sehr glatt gedrehten Papiermassewalzen,
welche durch den stärksten hydraulischen Druck eine völlig harte Masse
geworden, abgelöst. Das Papier geht einen S-förmigen Weg und kommt somit
von beiden Seiten mit den Stahlwalzen in Berührung. Schaber und Wischer
halten die Walzen rein und stählerne Abstreifer verhindern das Ankleben
des Bogens an die Walzen. Zuerst wurden sie nur mit einer Stahl- und
einer Papierwalze gebaut, da jedoch die Seite des Papiers, welche mit
der Papierwalze in Berührung kam, weniger glatt wurde, so musste das
Papier zweimal umschlagen und nochmals eingelegt werden; was nun durch
das doppelte Walzenpaar unnötig geworden ist.

Obwohl die Papierwalzen ausserordentlich hart sind, so hinterlassen
doch die kleinen Knoten und Unreinheiten des Papiers nach und nach
Eindrücke, die von Zeit zu Zeit durch Leerlaufenlassen der Massenwalze
an die Stahlwalze oder durch Abdrehen beseitigt werden müssen. Diese
Satinierwerke werden namentlich von W. F. HEIM & CO. in Offenbach[201]
und C. G. HAUBOLD in Chemnitz gebaut; KARL KRAUSE in Leipzig liefert
sie auch mit sechs Cylindern, zwei von Stahl und vier von Papier.
Auch F. SCHLOTKE machte sich durch Anfertigung von Satiniermaschinen
bekannt. W. SCHROEDER & CO. in Leipzig fertigen Satinierwerke, bei
welchen die Massenwalzen mit einem Stahlblech umzogen werden, wodurch
die vollkommene Glattheit der Stahlwalze sich mit der Elastizität der
Massenwalze verbindet[202]. Die Werke von W. R. SCHÜRMANN in Düsseldorf
haben zwei Hartgusswalzen, die nicht ganz cylindrisch geschliffen sind,
damit der ausgeübte Druck sich ganz gleichmässig verteilt[203].

  [201] Journ. f. B. 1877, Nr. 13.

  [202] Journ. f. B. 1881, Nr. 3.

  [203] Journ. f. B. 1881, Nr. 45.

Für das heisse Satinieren nach dem Drucke lieferten C. G. HAUBOLD JUN.
in Chemnitz und W. F. HEIM in Offenbach Werke, die mit günstigem Erfolg
1000-1600 Exemplare in der Stunde satinieren und nur zwei Personen zur
Bedienung gebrauchen[204].

  [204] Journ. f. B. 1879, Nr. 19.

Unter den Utensilienfabrikanten nehmen SCHELTER & GIESECKE, A.
HOGENFORST und ALEX. WALDOW in Leipzig einen bedeutenden Platz ein.
KLIMSCH & CO. in Frankfurt a. M. haben durch ihr »Adressbuch für
Buch- und Steindruckereien« und durch ihren »Allgemeinen Anzeiger
für Druckereien« Verdienste um die Erleichterung des Verkehrs
und berücksichtigen mit ihrem Utensilien-Geschäft namentlich
Steindruckereien, ebenso G. E. BAUMANN in Berlin; GURSCH & KLEMM in
Berlin liefern Giesserei-Werkzeuge. In Stuttgart wirken STOFFLER & BACKÉ.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Die Farbefabrikation.]

Nachdem die Buchdruckereien aufgehört hatten, selbst ihre Farbe zu
bereiten, und grössere Anforderungen an den Druck gestellt wurden,
war Deutschland, was die feinere, namentlich die Illustrationsfarbe
betraf, dem Ausland, vorzüglich England, tributpflichtig geworden, und
noch bis in die vierziger Jahre hinein waren Parson, Lawson u. a. die
Hauptlieferanten für den deutschen Markt. Um diese Zeit fingen jedoch
namentlich JUL. HOSTMANN in Celle und GEBR. JÄNECKE & FRIEDR. SCHNEEMANN
in Hannover an, ihre Fabrikation durch rationellen Betrieb in die Höhe
zu bringen. Kostete es anfänglich auch grosse Mühe, durchzudringen, so
kam es doch so weit, dass der deutsche Fabrikant nicht allein auf dem
deutschen Markte siegreich blieb, sondern auch im Auslande sich geltend
machte. Nicht ohne grosse Bedeutung ist es, dass auf der Weltausstellung
in Melbourne die letztgenannte deutsche Fabrik die goldene Medaille
erhielt, während der berühmten Firma A. B. Fleming & Co. in Leith (S.
72) nur der dritte Preis zufiel.

[Sidenote: Teigfarben.]

Von älteren und jüngeren Fabriken sind zu nennen: FISCHER, NAUMANN & CO.
in Ilmenau, J. BRÖNNER in Frankfurt a. M., KAST & EHINGER in Feuerbach
bei Stuttgart, ROBERT GYSAE in Oberlössnitz bei Dresden, J. E. BREIDT in
Hammerling in Nieder-Österreich, FRIEDR. WÜSTE in Pfaffenstetten, FREY &
SENING in Leipzig. Letztere brachten auch die sogenannten Teigfarben in
Aufnahme, die sich jahrelang geschmeidig erhalten und vor der Verwendung
nur eines leichten Anreibens unter Zusatz der nötigen Quantität von
Firnis bedürfen; es ist dies eine sehr beachtenswerte Neuerung für
Buchdruckereien, die nicht regelmässig mit bunten Farben arbeiten.

[Sidenote: Die Kopierfarbe.]

Nicht unwichtig war die Einführung der Kopierfarbe, denn diese macht
es möglich, die mit solcher Farbe vorgedruckten Blanketts zusammen mit
dem mittels Kopiertinte Hineingeschriebenen später zu kopieren, was
besonders in dem ganzen Frachtverkehr von grossem Werte ist.

[Sidenote: Surrogate.]

Versuche, Farbe aus billigeren Stoffen, z. B. aus dem Saturationsschlamm
der Zuckerfabriken, aus den tanninschwarzhaltigen Lederabfällen zu
bereiten, sowie, eine abwischbare Farbe herzustellen, so dass Makulatur
wieder in weisses Papier umzuändern wäre, haben alle für die Praxis
keinen Wert gehabt. Mit der Farbefabrikation ist öfters die der
sogenannten englischen Walzenmasse (S. 71) verbunden.

[Illustration]


[Illustration]

                             XII. KAPITEL.

                  DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.

  J. G. I. Breitkopf, seine Reformen, der Musiknotendruck vor Breitkopf
    und dessen Verbesserungen, Breitkopf & Härtel. G. J. Göschen. Friedr.
    Arnold Brockhaus und seine Nachfolger. B. G. Teubner. Karl Tauchnitz.
    Fr. Nies und seine Nachfolger. B. Tauchnitz. Das Jubelfest 1840.
    Giesecke & Devrient. Das Bibliographische Institut. Verschiedene
    Offizinen Leipzigs. -- Dresden: Meinhold & Söhne u. a. -- Halle:
    Waisenhausdruckerei, Schwetschke & Sohn. -- Weimar: Hofbuchdruckerei.
    -- Gotha: Just. Perthes. -- Braunschweig: Vieweg & Sohn, G.
    Westermann, Dr. Heinrich Meyer und das Journal für Buchdruckerkunst.

[Sidenote: J. G. I. Breitkopf.]

Ziemlich gleichzeitig mit dem Begründer der nationalen Grösse
Deutschlands, Friedrich II., und mit den Bahnbrechern des nationalen
Kultur- und Kunstlebens: Lessing, Klopstock, Gellert, Kant, Just. Möser
und Winckelmann wurde der Reformator der deutschen Typographie JOHANN
GOTTLOB IMMANUEL BREITKOPF am 23. November 1719 in Leipzig geboren,
welches nunmehr unter der Führung Breitkopfs und anderer tüchtiger
Gesinnungsgenossen die Stellung als Vorort der deutschen Typographie
behaupten sollte[205].

  [205] K. G. HAUSIUS, Biographie J. G. I. Breitkopfs. Leipzig 1794. --
        Dr. O. HASE, Breitkopf & Härtel, 1883.

Breitkopf war ein Sohn des rühmlichst bekannten Bernh. Christoph
Breitkopf (I, S. 149). Von Natur sehr aufgeweckt und geistig begabt,
hatte er keine Neigung, dem Wunsche des Vaters gemäss, sich der
Buchdruckerei zu widmen, dagegen zog es ihn unwiderstehlich zu den
Studien hin. Der Kampf zwischen dem Vater und dem Sohne schloss mit
einem Kompromiss, wozu beide, und Gutenbergs Kunst dazu, sich nur Glück
wünschen konnten: Johann Immanuel sollte sich sowohl den Studien, als
dem Geschäft widmen.

[Sidenote: Seine Ausbildung.]

[Sidenote: Breitkopf und die Fraktur.]

Er legte sich nun mit grossem Eifer auf die Wissenschaften und versuchte
sich auch schriftstellerisch. Grossen Einfluss auf seine Ausbildung
übte Gottsched. Erst in späterer Jugend machte sich die Lust an der
Mathematik, der er später einen grossen Teil seines Ruhmes verdanken
sollte, bei ihm geltend. Das Werk Albrecht Dürers »Unterweysung
der Messung mit dem Zirkel u. s. w.« fiel ihm in die Hände. Die
mathematische Berechnung der Schriftverhältnisse interessierte ihn, und
nun war er für die Typographie gewonnen. Er ging an das Vergleichen mit
den alten Drucken und fand, wie die sich immer mehr verschlechternde
Form mit dem Verfall der Schönschreiberei in Verbindung stand. Mit
grossem Eifer fing er an die Buchstaben mathematisch zu berechnen. Er
sammelte emsig alle Musterschriften und Werke über Schriftenkunde und
begann nun seine Reformen, namentlich arbeitete er unablässig für die
Verbesserung und Verschönerung der Frakturschrift. Die Gründe, die ihn
bewogen an dieser festzuhalten und seine Anstrengungen der Regeneration
derselben zu widmen, hat er später in einer Schrift: »Über Bibliographie
und Bibliophilie« (1793) entwickelt. Seiner Ansicht nach wäre die
deutsche Schrift der lateinischen unbedingt vorzuziehen; sie eigne
sich selbst für Transkription fremdländischer Werke, als hebräischer
und arabischer, besser als die Antiqua. Nur die Verachtung, welche
die Gelehrten der deutschen Schrift bewiesen, trage die Schuld, dass
dieselbe nicht eben so verbessert und verschönert worden sei, wie die
allgemein beliebte lateinische. Es bedürfe aber nur der Aufmunterung,
um die Künstler zu veranlassen, unter Zugrundelegung der Schöfferschen
Muster, oder der Theuerdank-Type eine Frakturschrift zu schaffen, welche
der schönsten Antiquaschrift die Wage halte.

So lautete der Ausspruch Breitkopfs und er ging nun auch daran, seiner
Ansicht praktische Geltung durch eine verbesserte Frakturschrift zu
verschaffen, welche zuerst in: »Einige Lieder für Lebensfreuden«
angewendet wurde, während die neue Antiqua zuerst in Forbigers Ausgabe
des »Catull« zum Abdruck gelangte.

Wäre Breitkopf der Fraktur abhold und ein eifriger Freund der
Antiqua gewesen und hätte er letztere zu einer Zeit, wo man anfing
sich nach schön gedruckten Büchern zu sehnen, zum Gegenstand seiner
reformatorischen Pläne gemacht, so hätte möglicherweise die Frage:
»Antiqua oder Fraktur« unter seiner Autorität längst eine Entscheidung
im Sinne der Vertreter der Antiqua gefunden. Denn damals lag die
Angelegenheit weit einfacher als heute, wo sie bei der Mehrzahl der
Gegner der Antiqua weit eher eine nationale Gefühlssache als eine Frage
der Zweckmässigkeit und der Schönheit geworden ist.

[Sidenote: Der Musiknotendruck.]

Einen ganz wesentlichen Anteil an dem Weltruhm Breitkopfs haben seine
Verbesserungen des typographischen Musiknotendrucks. Der Umstand,
dass die Buchdruckerkunst gleich bei ihren ersten Erzeugnissen auf
die Bedürfnisse der Kirche geführt wurde, musste die Gedanken auf
den Notendruck richten; doch war die Technik damals nicht so weit
vorgeschritten, dass man an die Überwindung der durch die Verbindung
des Druckes der horizontalen Linien und der vertikalen Notenzeichen
entstehenden Schwierigkeiten denken konnte. Man musste deshalb beim
Drucken des Textes Raum lassen, für die nachträglich einzuschreibenden
Noten. Später wurden Linien und Text rot gedruckt, die Choralnotenköpfe
eingezeichnet, teilweise auch mit der Hand durch Stempel einzeln
aufgedruckt oder das Ganze in Holz geschnitten. Das erste mit
Holzschnitt-Choralnoten gedruckte Buch ist das bei Hans Froschauer in
Augsburg erschienene _Lilium Musicae planae_ des Michael Kiensbeck aus
dem Jahre 1473. Die ersten Proben von Figuralmusik in Holzschnitt kommen
in einem Werke des Nic. Burtius vor, gedruckt von Hugo de Rugeriis in
Bologna 1487.

[Sidenote: Noten in Holzschnitt.]

Solche in Holz geschnittene Noten wurden noch benutzt, nachdem das
Verfahren mittels beweglicher Choralnotentypen zu drucken erfunden
war, z. B. in den Liederbüchern Luthers. Wann und wo der Versuch mit
letzteren zuerst geschah ist nicht zu ermitteln, denn das Verfahren
wurde ziemlich gleichzeitig an vielen voneinander sehr entfernten Orten,
z. B. um das Jahr 1488 in Basel, geübt.

[Sidenote: Oct. dei Petrucci.]

Hat es nun auch Choralnotentypen vor der Erfindung des typographischen
Druckes der Figuralmusik gegeben, so ist es doch unzweifelhaft, dass
letzterer eine Erfindung des OCTAVIANO DEI PETRUCCI aus Fossombrone
war[206]. Dieser, von edlen jedoch armen Eltern geboren, kam als
Buchdrucker nach Venedig. Im Jahre 1498 erhielt er seitens des Senates
ein Patent auf Druck von mehrstimmiger Musik für »Gesang und Laute«,
dem später ein ähnliches des Papstes Leo X., datiert 1513, folgte. Sein
erster Notendruck war _harmonice musices Odhecaton_ 1501. Er entwickelte
eine so grosse Thätigkeit, dass er bereits in den Jahren 1501-1507
zwanzig verschiedene Werke gedruckt hatte. Unvermögenheit veranlasste
ihn den Betrieb seiner Druckerei den thätigen Buchhändlern Amad. Scotti
und Nic. da Raphael zu überlassen.

  [206] FR. CHRYSANDER, Abriss einer Geschichte des Musikdruckes von XV.
        bis zum XIX. Jahrhundert. In der Allg. Musik. Ztg., 1879, No. 11
        u. ff. -- ANT. SCHMID, Ottaviano dei Petrucci da Fossombrone.
        Wien, 1845.

[Sidenote: Petruccis System.]

Petruccis System war auf Doppeldruck gegründet. Die Linien bestanden
aus Stücken in der Grösse der Formatbreite. Die Noten wurden für sich
gesetzt und auf die Linien gedruckt. Die Genauigkeit der Typen ist eine
grosse und der Druck, besonders der Linien, ein vorzüglicher. In allen
Ausgaben Petruccis sowie seiner Nachfolger für lange Zeit wurden die
einzelnen Stimmen für sich meist nebeneinander gedruckt, für den Druck
von Partitur-Ausgaben war man damals technisch noch nicht weit genug
fortgeschritten.

[Sidenote: Andere Notendrucker.]

Den Druck mit Typen, in welchen jedes der Notenzeichen zugleich mit
einem Stück des Liniensystems verbunden war, so dass nur ein Druck
notwendig und die Schwierigkeit des Passens der Formen umgangen ward,
führte ERHARD OEGLIN in Augsburg zum erstenmale vor in: _Melopoiae
sive Harmoniae tetracenticae_ 1507. Peter Schöffer in Mainz übte das
Verfahren 1511.

[Sidenote: Pierre Hutin.]

In Frankreich schnitt der Graveur und Drucker PIERRE HUTIN 1527 die
ersten derartigen Noten, mit welchen PIERRE ATTAIGNANT in Paris und
TYLMAN SUSATO in Antwerpen druckten. Bei allen diesen Versuchen waren
die Notenköpfe noch eckig. Von diesen wurde zum erstenmale in den
Werken des päpstlichen Kapellmeisters ELEAZAR GENET genannt CARPENTRAS
abgewichen. Als der genannte in seinen alten Tagen in Avignon seine
Kompositionen drucken lassen wollte, veranlasste er STEPHAN BRIARD aus
Bar-le-duc, Typen, welche die Handschrift nachahmte, zu schneiden.
JEAN DE CHANNAY in Avignon druckte damit 1532 das erste _Liber primus
Missarum Carpentras_. Die Neuerung fand jedoch keine Folge.

Venedig blieb lange Zeit das Zentrum für den Musiknotendruck und den
Musikalienverlag. Die bedeutendste Firma war die der Familie GARDANO,
die von 1536 ab bis tief in das XVIII. Jahrhundert blühte und die Werke
Palästrinas verlegte.

[Sidenote: Notendruck in Deutschland.]

In Deutschland wurden nicht nur Originale gedruckt, sondern auch alles
»Gangbare« des Auslandes nachgedruckt. HIERONYMUS FORMSCHNEIDER schnitt
gute Notentypen. Der bedeutendste Notendrucker des XVI. Jahrh. war ADAM
BERG in München, Verleger der Werke Orlando Lassos. Fast alle seine
Drucke, bei denen er die Unterstützung des musikliebenden Herzogs von
Bayern genoss, sind Prachtausgaben in Folio. Sein Hauptwerk ist das:
_Patrocinium musices_ aus 1573. Als das bedeutendste Werk aus dem XVI.
Jahrhundert muss das von NIC. HEINRICH in München gedruckte _Magnum opus
musicum_ genannt werden. In dem XVII. Jahrhundert war namentlich GIMEL
BERGEN in Dresden thätig.

[Sidenote: Frankreich.]

In Frankreich lieferte GUILLAUME LE BÉE um 1550 vollkommenere Noten als
die Hutins, deren sich ROB. BALLARD und dessen Schwager ADRIAN LE ROY
bedienten. Die Familie Ballard, welche die Noten le Bées für die hohe
Summe von 50000 Livres erwarb, war die bedeutendste Musikfirma nicht nur
in Frankreich und erwarb sich namentlich durch die Herausgabe der Werke
Lullys Weltruf. Sie druckte die Partituren fast aller französischen
Opern und hielt sich beinahe 200 Jahre in Ansehen.

Englands Anteil an dem Musiktypendruck war kein bedeutender. JOHN DAY
wandte um 1560 die verbesserte Methode an. THOMAS ESTE (um 1600) brachte
sehr elegante Drucke.

[Sidenote: Verfall des Notendruckes.]

Um 1725 war der musikalische Typendruck, dessen Wesen überhaupt seit
Petrucci wenig fortgeschritten war, ganz in Verfall geraten und der
Kupferdruck hatte dessen Platz eingenommen. Als letzte bedeutende
Erscheinung können die in Venedig bei DOMENICO LOVISA in acht, mit
allem, damals zugebote stehenden Luxus ausgeführten Foliobänden
gedruckten Fünfzig Psalmen von Benedetto Marcello bezeichnet werden. --

Aus dem Gesagten geht hervor, dass es unrichtig ist, wenn Breitkopf,
wie es gewöhnlich geschieht, als Erfinder des typographischen
Notendruckes genannt wird, dagegen bleibt ihm, was ihm wieder von
verschiedenen Seiten streitig gemacht worden ist, die Ehre, dem
typographischen Notendruck eine solche Gestaltung gegeben zu haben,
wie er sie noch heute hat. Die Bedeutung dieser That würde eine noch
grössere Tragweite haben, wenn nicht die Erfindung der Lithographie
und der lithographischen Schnellpresse in dem Notendruck und dem
Musikalienverlag eine gewaltige Umwälzung zur Folge gehabt hätte.

Am allertiefsten fast stand vor Breitkopf der Notendruck in Leipzig;
selbst die Arbeiten sonst verdienter Männer als WOLFG. STÖCKEL und ABR.
LAMBERG sind äusserst mangelhaft. Die Kolumnen sahen mit ihren unendlich
vielen, jämmerlich zusammengesetzten Linienstücken vollständig gequirlt
aus.

[Sidenote: Breitkopfs Noten.]

Da erschien im Jahre 1755 bei Breitkopf »Sonnet auf das Pastorell _Il
trionfo della fedelta_«, ein Versuch, der bereits wenig zu wünschen
übrig liess, doch ist die umfangreiche (283 S. in qu. fol. umfassende)
Tondichtung der Kurfürstin Marie Antonie von Sachsen _Il trionfo della
fedelta_ selbst noch geeigneter, die Vorzüge von Breitkopfs Leistungen
ins helle Licht zu setzen. In der Schlussschrift heisst es: »_Stampato
in Lipsia; nella stamperia di Giov. Gottlob Immanuel Breitkopf,
Inventore di questa nuova maniera di stampar la Musica con Carratteri
separabili e mutabili. E questo Dramma Pastorale la prima opera stampata
di questa nuova guisa; comminciata nel Mese di Luglio 1755, e terminata
nel mese d'Aprile 1756_[207]«.

  [207] Über diesen sowie über die sonstigen Musikdrucke Breitkopfs
        vergl. LORCK, »Der Buchhandel und die graphischen Künste auf der
        Kunstgewerbe-Ausstellung zu Leipzig 1879«. Sep. Abdr. aus dem
        Börsenbl. f. d. d. B.

Der bewegliche Geist Breitkopfs liess ihn jedoch nicht bei solchem Siege
Beruhigung fassen, sondern trieb ihn ein Feld zu bebauen, wobei man zwar
volle Gelegenheit hat, seine Fähigkeiten zu bewundern, jedoch nicht ohne
eine Beimischung des Bedauerns, dass dieselbe so unfruchtbaren Arbeiten
zugewendet wurden.

[Sidenote: Landkartensatz.]

Zuerst wollte er die Herstellung der Landkarten der Buchdruckerei
zuweisen. Die Berechnung aller der wellenförmigen Linien der
verschiedensten Art für Terrainzeichnung; die Notwendigkeit, die
Schrift kreuz und quer nach allen Richtungen hin zu setzen; kurz,
alle die Schwierigkeiten, die eine Kartenzeichnung darbietet, machen
die typographische Ausführung, wennauch nicht geradezu unmöglich,
doch so schwer, dass die Kosten sich nicht in der Praxis erschwingen
lassen. Dies fühlte wohl Breitkopf bald selbst, wie aus seiner 1777
herausgegebenen Broschüre: »Über den Druck der geographischen Karten«
hervorgeht, und die darin enthaltenen Proben würden überhaupt kaum an
das Tageslicht getreten sein, wenn er sich nicht von dem sein Ehrgefühl
verletzenden Verdacht hätte reinigen wollen, dass er mit seiner
Erfindung später als Haas in Basel mit der seinigen gekommen sei.

[Sidenote: Satz figürlicher Gegenstände.]

Diesem Verdacht tritt er mit Entrüstung entgegen und kritisiert
streng den Haasschen Versuch, den er »mehr ein _opus musivum_ als
_typographicum_« nennt, »mit Thon und gekautem Papier nachgeholfen, wie
man dergleichen schon längst in der Druckerei kennt« (vgl. Kap. XIV). In
demselben Jahre folgte noch »Die Beschreibung des Reichs der Liebe« mit
einer Karte; 1799 »Der Quell der Wünsche« ebenfalls mit einer Karte, die
beide als eine glückliche Lösung seiner Aufgabe nicht betrachtet werden
können. Immerhin ist Breitkopfs typographischer Scharfsinn doch sehr zu
bewundern, und seine kartographischen Versuche bleiben typographische
Reliquien von hohem Wert. Der Satz, der noch heute erhalten ist,
beseitigt jeden Verdacht, als sei durch Feile, Messer, unregelmässigen
Ausschluss oder in anderer Weise nachgeholfen; alle Stücke sind streng
systematisch und einfach, wie in jedem anderen Satz, an einander gereiht.

[Sidenote: Chinesische Schrift.]

Obgleich Breitkopfs klarer Verstand ihm sagte, dass er auf diesem Wege
keine grossen praktischen Erfolge erzielen würde, so veranlasste ihn
doch sein etwas hartnäckiger Charakter, sogar noch weiter zu gehen: er
wollte es noch möglich machen, Porträts mit Typen herzustellen. Die
Strichlagen des Kupferstechers liessen ihn glauben, durch parallel
laufende Linienstücke das Ziel erreichen zu können. Seine Proben hat
er nicht veröffentlicht, wer aber die neuesten Arbeiten Moulinets und
anderer Meister in diesem Genre kennt, kann sich leicht von dem, was
erreicht werden konnte, ein ungefähres Bild machen. Zwar gehören alle
solche Versuche den Gebieten des an und für sich Unpraktischen an, wir
können sie dennoch so wenig wie die späteren Stigmatypien Fasols als
wertlos für die Fortbildung der Typographie bezeichnen.

Die Beschaffung des chinesischen Satzes mit beweglichen Lettern war
eine der Aufgaben, die sich die Typographie gestellt hatte. Sowohl die
französische als die päpstliche Regierung hatten darauf viel Geld unnütz
verwendet. Die grosse Anzahl der Schriftzeichen machte die Anfertigung
der Typen kostspielig und die Ähnlichkeit der Charaktere unter einander
den Satz zu einem äusserst schwierigen. Indes, Breitkopf löste seine
Aufgabe und sandte sofort eine allerdings nicht sehr ansprechende, im
J. 1789 der Öffentlichkeit übergebene Probe an den Papst, der ihm durch
den Kardinal Borgia in sehr schmeichelhaften Ausdrücken danken liess.
Aber auch bei dieser Erfindung unterblieb die praktische Ausbeutung. Ein
holländischer Verleger unterhandelte zwar mit Breitkopf über das Setzen
eines chinesischen Textes in Leipzig, die Verhandlungen führten aber
nicht zu einem Resultate.

[Sidenote: Typographische Ornamentik.]

Nun wollte Breitkopf auch mathematische Figuren mit beweglichen Typen
setzen, ein Gedanke, der bei der Billigkeit des einfachen Holzschnittes
keine grossen Erfolge in Aussicht stellen konnte und auch nicht zur
Verwendung kam.

[Sidenote: Schriftgiesserei.]

Schliesslich wendete er seine Aufmerksamkeit darauf, die Verzierungen,
die nach und nach den höchsten Grad von Ungeschmack erreicht hatten,
durch geschmackvollere zu ersetzen. Zu diesem Zweck liess er gute ältere
Vorbilder nachahmen und in Holz schneiden.

Auch das Giessen und das Drucken haben ihm Verbesserungen zu verdanken.
Seine Giesserei war wegen der Vortrefflichkeit der Metall-Legierung
berühmt. Einen Beweis für die Güte liefert die Reinheit der Abdrücke,
die nach Verlauf von hundert Jahren von dem vorhandenen Landkartensatze
gemacht wurden. Die Giesserei arbeitete mit vierzig Leuten und zwölf
Öfen und sandte ihre Schriften nach allen Ländern der Welt. Dagegen
misslangen eine von ihm angefangene Spielkartenfabrik und eine
Tapetenfabrik, obwohl die Muster von dem besten Geschmack zeugen.
Breitkopf war eben ein Erfinder, nicht aber in gleichem Masse für die
pekuniäre Ausbeutung der Erfindungen geschaffen.

[Sidenote: Sittliche Reformen.]

Einem so feingebildeten Mann wie Breitkopf konnten die handwerksmässigen
Roheiten, die mit der Lossprechung eines Lehrlings verbunden waren
(I, 165), selbstverständlich nicht zusagen. Er schaffte deshalb die
bei solchen Gelegenheiten üblichen scenischen Aufführungen ab und
beschränkte sich darauf, den symbolischen Sinn der Marterwerkzeuge
erklären zu lassen und in einer sinnigen Rede den Losgesprochenen
über seine Rechte und Pflichten zu belehren. Solche Änderungen
und Neuerungen, die auf das Beschränken der Völlerei und des
Feierabendmachens abgesehen waren, fanden jedoch begreiflicherweise
keine Gnade bei den Gehülfen, und man ging anfänglich so weit, die bei
Breitkopf Ausgelernten nicht für voll anerkennen zu wollen, doch bahnten
sich Vernunft und Sitte schliesslich ihren Weg.

[Sidenote: Schriftstellerische Arbeiten.]

Wie viele seiner technischen Pläne und Experimente, so blieben auch
manche seiner schriftstellerischen Arbeiten nur Entwürfe. Um seinen
Hauptplan, eine grossartig angelegte Geschichte der Buchdruckerei
gründlich durchführen zu können, hatte er mit vieler Sorgfalt und
mit grossen Kosten eine Bibliothek von Werken über Buchdruckerkunst
und Proben von den Leistungen derselben gesammelt. Durch eine Reihe
von Jahren legte er Kollektaneen an, hatte auch einige Partien des
Werkes ausführlicher ausgearbeitet. 1779 erschien seine Broschüre
»Über die Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst«, welche den
breit angelegten Plan seines Werkes entwickelte. Es folgte dann 1784
einer der durchgearbeiteten Abschnitte: »Versuch über den Ursprung
der Spielkarten«. Erster Teil. Der zweite Teil wurde nach Breitkopfs
Tode von J. C. F. Roch 1801 herausgegeben, welcher in der Vorrede
darüber klagt, dass die hinterlassenen Notizen Breitkopfs nicht
derart beschaffen seien, dass eine grössere Ausbeute daraus erwachse.
Breitkopfs reger Geist führte ihn während der Arbeit immer weiter; die
Noten überwuchern den Text. Er wollte alles, was ihn interessierte,
auch ausführlicher bearbeiten, und so haben wir zu bedauern, dass wir
nur einige, wenn auch sehr wertvolle Bruchstücke erhielten, statt
einer vollständigen, noch heute nicht vorhandenen Geschichte der
Buchdruckerkunst, die zu schreiben er, wie kaum ein zweiter, fähig
gewesen wäre, wenn er nur die Kunst, sich zu beschränken, besser
verstanden hätte.

[Sidenote: Breitkopfs Tod.]

[Sidenote: Breitkopf & Härtel.]

[Sidenote: R. Härtel]

[Sidenote: Dr. H. Härtel [+] 5. Aug. 1875.]

Breitkopf starb am 28. Jan. 1794 und hinterliess seine Buchdruckerei
als eine der am reichsten ausgestatteten wenn nicht gar als die
reichste der Welt. Sie besass gegen 400 verschiedene Schriftgattungen,
16 Sorten Noten, einen grossen Vorrat von Vignetten und beschäftigte
120 Arbeiter. Das Geschäft wurde von dem Sohne CHRISTOPH GOTTLOB
fortgeführt, der sich im Jahre 1796 mit GOTTFRIED CHRISTOPH HÄRTEL
assoziierte. Die jetzige Firma BREITKOPF & HÄRTEL datiert aus dem
Jahre 1798. Härtel war zwar kein gelernter Buchdrucker, stand jedoch
dem Geschäft in vortrefflichster Weise vor. Er liess durch Schelter
griechische Typen nach Bodoni und Antiquaschriften nach Levrault
schneiden und gründete auch eine Steindruckerei (1805). Nach dem Tode
Härtels (am 25. Juli 1827) trat zuerst der jüngere Sohn RAYMUND HÄRTEL,
später (1835) der ältere Dr. jur. HERMANN HÄRTEL in das Geschäft.
Sie brachten dasselbe, das während ihrer Minderjährigkeit etwas
zurückgegangen war, bald wieder zur alten Blüte.

Der etwas altersgrau gewordene »goldene Bär« wurde 1867 verlassen und
ein neues immenses Geschäftshaus bezogen, wo es jedoch auch bald zu
eng geworden wäre, hätte die Firma nicht ihre Pianofortefabrikation
aufgegeben. Am 27. Januar 1869 beging das verjüngte Geschäft die
Feier seines 150jährigen ruhmvollen Bestehens. Es arbeitet mit 30
typographischen und lithographischen Schnellpressen, 18 Handpressen und
gegen 400 Arbeitern.

Als Musikverleger hält das Haus den alten Ruhm aufrecht. Das bis Ende
1878 ergänzte Musikverzeichnis umfasst in mehr als 15000 Werken das
gesamte Gebiet der Musik, wie auch deren Litteratur und Pädagogik nach
allen Seiten hin vertreten ist. Nach dem Ausscheiden Raymund Härtels im
Jahre 1879 sind seine Neffen W. VOLKMANN und Dr. O. HASE die Chefs des
Hauses.

[Sidenote: G. J. Göschen * 1752.]

Auf der Grenze des XVIII. und XIX. Jahrhunderts wirkte GEORG JOACHIM
GÖSCHEN[208], aus Bremen gebürtig. Seine Jugend verbrachte er in
ärmlichen Verhältnissen. Drei Jahre lebte er in einer Pension bei einem
Schullehrer in Arbergen, einem Dorfe bei Bremen, wo der Vater des
bekannten Gelehrten Heinr. Ludw. Heeren Pastor war und Göschen zugleich
mit seinem eigenen Sohne Unterricht erteilte. Nach überstandener Lehre
erhielt er eine Stelle in Leipzig in der Crusiusschen Buchhandlung, die
er 13 Jahre mit Erfolg bekleidete. Dann ging er nach Dessau, wo in ihm
der Entschluss reifte, sich in Leipzig zu etablieren. Das Glück war dem
strebsamen Manne hold, er trat nach und nach in Verbindung mit den
besten Autoren und verschaffte sich rasch einen angesehenen Namen.

  [208] CHR. G. LORENZ, Zur Erinnerung an G. J. Göschen. 4. Grimma 1861.

Um eine Prachtausgabe von Wielands Werken mit lateinischen Lettern
zu drucken, fasste Göschen den Plan, selbst eine Buchdruckerei zu
errichten, da die vorhandenen Druckereien seine Forderungen nicht
erfüllen konnten. Das war aber in der damaligen Blüte des Innungswesens
keine leichte Sache, da Göschen nicht gelernter Buchdrucker war. Er
musste in seinem Konzessionsgesuche, welches am 4. Mai 1793 bewilligt
wurde, geltend machen, dass er nur »mit lateinischen Lettern nach Didot«
drucken wolle, dass jedoch diese in Leipzig nicht vorhanden wären, und
dass seine Typen noch schöner seien als die von Unger in Berlin, wodurch
Leipzigs Buchdruckerruhm steigen würde; ausserdem wolle er nur für sich
drucken und sogar nur solche Artikel seines Verlages, die Andere nicht
ausführen könnten. Nichtsdestoweniger wurde von seiten der Innung mit
allen Kräften gegen ihn gearbeitet; man hatte wohl das Gefühl, dass ein
Mann von Göschens Geist, wenn er einmal sich der Typographie gewidmet
hatte, nicht bei den »lateinischen Typen nach Didot« stehen bleiben
würde.

[Sidenote: Prachtausgaben.]

Er schritt nun an sein grosses Vorhaben, eine Gesamtausgabe von
Wielands Werken zu liefern, die etwas noch nicht dagewesenes sein und
in vier Gestalten erscheinen sollte. Von der Prachtausgabe in 42 Bänden
in 4°, mit Antiqua gedruckt und mit 36 Kupfern geschmückt, kostete
ein Exemplar 250 Thlr. Den 1794 in Leipzig anwesenden Wieland liess
Göschen unter festlichem Gepränge den ersten Band von jungen, Genien
vorstellenden Damen überreichen, während die Muse Wielands Haupt mit
einem Lorbeerkranze schmückte. Auch von Klopstocks Werken wollte Göschen
eine ähnliche Ausgabe veranstalten; sie blieb jedoch unvollendet.
Bedeutende Leistungen seiner Buchdruckerei sind die, ebenfalls nicht
vollständig gewordenen Prachtausgaben des Wolfschen Homer, sowie die
Griesbachsche Ausgabe des Neuen Testamentes. Die Ausstattung aller
dieser Werke ist die prachtvollste und sorgfältigste, ohne jedoch einen
recht befriedigenden Eindruck zu machen. Die Antiquaschriften trafen den
Geschmack des Publikums nicht und auch die griechischen Schriften sind
charakterlos, der Satz des Homer ausserdem unschön weitläufig.

Um den erwähnten Beschränkungen in seinem Geschäftsbetrieb zu entgehen,
hatte Göschen seine Buchdruckerei nach Grimma verlegt, in dessen Nähe
er das Gut Hohnstädt besass, auf welchem er, 75 Jahre alt, am 5. April
1828 starb. Er hatte bis in sein hohes Alter seine volle Geistesfrische
erhalten und sie durch seine grosse Wirksamkeit als Verleger bethätigt.

[Sidenote: Fr. A. Brockhaus * 4. Mai 1772, [+] 20. Aug. 1823.]

Von hervorragender Bedeutung für das Buchgewerbe im allgemeinen, wenn
auch weniger für die Typographie war FRIEDRICH ARNOLD BROCKHAUS.

[Sidenote: Etablissement in Amsterdam.]

Sohn eines Kaufmanns in Dortmund, lernte er die Handlung in dem
väterlichen Geschäfte und lag später den Studien ein Jahr lang in
Leipzig ob. Im Jahre 1798 eröffnete er in Verbindung mit zwei Genossen
ein englisches Manufakturwarengeschäft in Dortmund, welches er nach
Trennung von seinen Teilhabern, von welchen der eine einen traurigen
Einfluss auf die ganze Zukunft Brockhaus' üben sollte, 1802 nach
Amsterdam verlegte und 1805 aufgab, um sich einem buchhändlerischen
Geschäft unter der Firma Rohloff & Co. zu widmen, welche Firma 1810 in
Kunst- und Industrie-Comptoir geändert wurde und erst 1814 in F. A.
Brockhaus überging.

Bei einem Besuche der Leipziger Michaelismesse im Jahre 1808 erwarb
er das begonnene aber ins Stocken geratene Konversations-Lexikon, ein
Unternehmen, welches bestimmend für seine ganze geschäftliche Zukunft
werden sollte.

[Sidenote: Altenburg und Leipzig.]

Veranlasst durch den Tod seiner geliebten Frau und durch die
Franzosenherrschaft in Holland siedelte Brockhaus im Jahre 1810 nach
Altenburg über und verkaufte 1811 das Amsterdamer Geschäft an Johannes
Müller. In Altenburg weilte er bis 1817, um dann, nachdem er zwischen
Dresden und Leipzig geschwankt hatte, am letzteren Orte sich bleibend
niederzulassen und das in Altenburg bereits nach grossen Dimensionen
betriebene Verlagsgeschäft in noch grössere Bahnen zu lenken.

[Sidenote: Das Konversations-Lexikon.]

Seinen Scharfblick für die Bedürfnisse der Zeit, verbunden mit einer
thatkräftigen patriotischen Gesinnung bekundete er durch viele
Unternehmungen. Der Eckstein des ganzen grossen Gebäudes blieb jedoch
das Konversations-Lexikon. Der Anfang hierzu war bereits um das Jahr
1793 von Dr. Renatus Gotthelf Löbel gemacht. Dieser verband sich
mit einem Advokaten Chr. Wilh. Franke zu der Herausgabe; für die
buchhändlerische Durchführung wurde Aug. Leupold ausersehen. Das Werk
hatte jedoch keinen grossen Erfolg und die Unternehmer verkauften es
an Leupold. Nach vielen Schicksalen kam es noch vor dem Erscheinen des
sechsten (Schluss-) Bandes an Brockhaus, der nun mit seiner gewohnten
Energie an die Vollendung und Umarbeitung ging[209].

  [209] HERM. FRANCKE, Das Konversations-Lexikon und seine Gründer.
        Börsenbl. f. d. d. B. 1873. No. 23.

[Sidenote: Druckerei.]

Mehr und mehr fühlte Brockhaus das Bedürfnis über eine eigene Druckerei
disponieren zu können und hatte zuerst den Gedanken, diese in
Altenburg zu errichten, wovon er jedoch zurückkam. Anfang des Jahres
1818 eröffnete er nun eine Offizin mit drei hölzernen Pressen, zu
welchen bald noch weitere vier kamen. Die Innung legte Protest ein,
weil Brockhaus kein gelernter Buchdrucker sei. Da musste sein Freund
Teubner aushelfen und durch Verkauf, Rückkaufsvertrag etc. etc. wurde
es Brockhaus möglich, faktisch seinen Willen durch die Errichtung
einer »zweiten Teubnerschen Buchdruckerei« durchzusetzen, bis der Sohn
Friedrich, der bei Vieweg in Braunschweig gelernt hatte, am 21. Okt.
1820 die Konzession als Buchdrucker erhielt.

[Sidenote: Die Schnellpresse.]

Merkwürdig genug, dass ein Mann, begabt mit dem weiten Blick Brockhaus'
und so gewohnt, pekuniäre Schwierigkeiten zu überwinden, sich die
Ehre nehmen liess, als erster die Schnellpresse in Deutschland zur
Anwendung zu bringen; dies um so mehr, als er die Sache scharf ins
Auge genommen hatte und die Wichtigkeit der Schnellpresse vollständig
erfasst hatte, wie aus einer Korrespondenz zwischen ihm und König
& Bauer, die auch ein interessantes Streiflicht auf Königs weiten
Geschäftsblick wirft, hervorgeht[210]. Bereits am 7. November 1818
wandte er sich an König & Bauer, um Näheres über die Leistungsfähigkeit
der Schnellpresse zu erfahren, indem er betonte, dass 25 Handpressen
nicht imstande gewesen, die Hälfte des Lexikons, fünf Bände in 12000
Auflage, innerhalb fast eines Jahres zu liefern, und dass die Arbeiter
bei der Einförmigkeit der Arbeit ermüdeten und zuletzthin nur schlechte
Arbeit lieferten. König & Bauer beleuchten in ihrer Antwort, dass 2-3
Schnellpressen genügen würden, um 25 Handpressen zu ersetzen, und dass
trotz des Anlagekapitals von 15000 Gulden für jede Schnellpresse
grosse Ersparnisse eintreten müssten. Sie machten dabei Brockhaus
einen eigentümlichen Vorschlag, dass er seine Druckerei nach Oberzell
verlegen sollte. Sie hätten noch Raum genug für eine Druckerei von 70
bis 80 Setzern und die nötigen Maschinen, welche durch Wasser betrieben
werden könnten, auch enorme Trockenböden ständen zur Disposition. Da
das Papier aus Bayern und Franken bezogen werden würde, könnten die
Transportkosten demnach zum grossen Teil gespart werden, ja, sie selbst
gingen mit der Idee um, eine englische Papiermaschine zu bauen, um
gutes Papier zu liefern, »das deutsche Papier«, heisst es, »ist doch
ein Schandartikel, womit kein englischer Buchhändler vor das Publikum
zu kommen sich unterstehen dürfte«. Der Brief schliesst: »Was sagen Sie
zu dieser seltenen Vereinigung von Mitteln für grosse litterarische
Unternehmungen, in einen kleinen Raum zusammengedrängt? Vielleicht
liesse sich zwischen unseren und Ihren Plänen, unseren und Ihren Mitteln
eine Verbindung ausmitteln, die beiden Parteien vorteilhaft wäre«.

  [210] H. E. BROCKHAUS, Friedrich Arnold Brockhaus. Leipzig 1872. II. B.
        VI. K.

Hätte dieser Vorschlag einige Jahre früher gemacht werden können, wer
weiss wozu das geführt haben würde. Jetzt antwortete Brockhaus und zwar
erst nach einem halben Jahre, ablehnend, er wollte die Ausführung seiner
Gedanken die Schnellpresse anzuschaffen seinem Sohne überlassen.

König liess trotzdem die Sache nicht fallen und machte im Juni 1819 den
Vorschlag, »zu dessen Annehmen offenbar viel weniger Mut gehört, als
Sie Ihren übrigen Unternehmungen nach zu urteilen besitzen«, auf ihre
Kosten zwei Schnellpressen in Leipzig zu Brockhaus' ausschliesslichem
Gebrauch aufzustellen, in Betrieb zu halten und nach 10 Jahren an
Brockhaus unentgeltlich zu überlassen, wenn er auf 10 Jahre hinlängliche
Beschäftigung garantieren wollte und zwar gegen um 25% wohlfeilere
Druckpreise, als sie ihm in seiner eigenen Druckerei zu stehen kämen.
Aber auch diesen Antrag lehnte Brockhaus ab, obwohl er nach seiner
Angabe über fünfzig eigene und fremde Pressen beschäftigte. So kam es
denn, dass Brockhaus' Offizin und Leipzig überhaupt erst 1826, drei
Jahre nach Friedrich Arnolds Tod, in Besitz einer Schnellpresse kam,
welche von den Arbeitern mit Demolierung bedroht wurde, die in Leipzig,
wie anderswo, noch nicht einsehen gelernt hatten, dass sie hiermit nur
gegen ihr eigenes Fleisch und Blut wüteten.

[Sidenote: Der Verlag.]

Neben dem Konversations-Lexikon pflegte Brockhaus mit besonderer
Vorliebe den journalistischen Verlag, repräsentiert durch Okens »Isis«,
»Zeitgenossen«, »Leipziger Kunstblatt«, »Hermes« und »Litterarisches
Wochenblatt«, die alle, mit Ausnahme des letzteren, welches noch als
»Blätter für litterarische Unterhaltung« besteht, kein langes Leben
hatten. Auf seinen reichhaltigen sonstigen Verlag kann hier nicht näher
eingegangen werden.

[Sidenote: Tod Fr. Arn. Brockhaus'.]

Die angestrengteste Geschäftsthätigkeit, die damit verbundenen
Sorgen, zu welchen sich der bereits angedeutete ärgerliche, immer
wieder auftauchende Streit von Dortmund her kam; seine fortwährenden
Zensurkämpfe namentlich mit der preussischen Regierung; verdriessliche
litterarische Händel, die durch sein heftiges Temperament genährt
wurden; die Not, welche ihm Konkurrenz und Nachdruck des Lexikons
verursachten, rieben seine Kräfte vor der Zeit auf, und brachten ihn um
den ruhigen Genuss seines unermüdlichen Schaffens. Seine Gesundheit war
untergraben. Obwohl im November 1822 dem Tode nahe und bereits allgemein
totgesagt, erholte er sich wieder, unterlag jedoch einem neuen Anfall am
20. Aug. 1823[211].

  [211] Sein Enkel Dr. Ed. Brockhaus setzte ihm in dem Werke »Friedrich
        Arnold Brockhaus, sein Leben und Wirken«. 3 Bde. Leipzig
        1872-1881 ein würdiges Denkmal. Neben der interessanten
        und lehrreichen Darstellung hat das Buch das, bei einem so
        entstandenen Werke gewiss seltene Verdienst der grössten
        Offenheit und einer fast bis zum Äussersten gehenden
        Unparteilichkeit, die auch nicht den geringsten Versuch zulässt,
        die Schwächen und Fehler des bedeutenden Mannes zu bemänteln.

[Sidenote: Fr. Brockhaus [+] 15. Aug. 1865.]

Das umfangreiche verwickelte Geschäft wurde von den jungen Söhnen
FRIEDRICH und HEINRICH BROCKHAUS fortgesetzt. Friedrich hatte, wie
schon erwähnt, die Leitung der Buchdruckerei übernommen, welche 1823
10 Holzpressen beschäftigte. Im Jahre 1833 wurde eine Stereotypie
eingerichtet, 1836 die Walbaumsche Schriftgiesserei erworben (S. 283).
Friedrich war eifrig bemüht, der Buchdruckerei die Superiorität in dem
in den vierziger Jahren aufblühenden Illustrationsdruck zu sichern,
und scheute keine Opfer, um den Vergleich mit dem Auslande aushalten
zu können. Die ersten epochemachenden illustrierten Werke: Vernets
»Napoleon«, Menzels »Friedrich der Grosse«, die »Illustrirte Zeitung«
wurden unter der Leitung Friedr. Brockhaus' gedruckt, der sich am 1.
Januar 1850 von dem Geschäft zurückzog.

[Sidenote: H. Brockhaus * 4. Febr. 1804, [+] 15. Novbr. 1874.]

HEINRICH BROCKHAUS leitete die Buchhandlung. Er war ein mit einer
ausserordentlichen Arbeitskraft und grossem Organisationstalent
begabter Mann von unabhängiger Gesinnung. Am 4. Mai 1872 konnte er
mit Genugthuung den hundertjährigen Geburtstag des Gründers begehen,
denn das Etablissement war in seiner Art eines der vielseitigsten der
Welt und in Wahrheit ein Universalgeschäft geworden, das mehr als 600
Personen beschäftigte. Der mit grösster Sorgfalt von Heinrich Brockhaus
herausgegebene, 1148 Seiten starke Verlagskatalog verzeichnete damals
bereits 2552 Artikel in 5851 Bänden. Als Teilnehmer waren die Söhne
Heinrichs, Dr. EDUARD und RUDOLF BROCKHAUS, eingetreten. Heinrich
Brockhaus, von der Universität Jena zum Ehrendoktor, von der Stadt
Leipzig zum Ehrenbürger ernannt, starb am 15. November 1874[212].

  [212] Seine Erlebnisse auf einer grossen Reise in den Jahren 1867-1868
        schilderte Brockhaus in der ihn charakterisierenden schlichten
        Weise in seinem »Reisetagebuch«. 2 Bde. 1873.

Das Konversations-Lexikon bildet immer noch den Mittelpunkt des grossen
Verlags und der Einfluss, welchen dieses jetzt in der 13. Auflage
erschienene Werk auf die allgemeine Bildung geübt hat, ist ein grosser.
Der Bilderatlas zum Konversations-Lexikon, 2. Aufl., ist ein Werk, wie
es nur in einem Universalgeschäft, das über alle Arten der technischen
Herstellungsmethoden gebietet, in solcher Weise durchgeführt werden
konnte.

[Sidenote: B. G. Teubner * 16. Juni 1784, [+] 21. Jan. 1856.]

BENEDICTUS GOTTHELF TEUBNER, zu Grosskraussnigk in der Niederlausitz
geboren, hatte noch vor Brockhaus sein später so bedeutendes
Etablissement 1811 mit zwei Holzpressen angefangen. Bereits 1823
verband er mit seiner Buchdruckerei eine Buchhandlung, die sich durch
ihren philologischen Verlag und korrekte Klassiker-Ausgaben einen
grossen Ruf erwarb. Teubner war eifrigst für einen sorgsamen Druck
bemüht, und hat in dieser Hinsicht wesentliche Verdienste um die
Kunst, auch richtete er sein Streben auf eine, für damalige Zeit nicht
gerade übliche, Eleganz in allen Accidenzarbeiten unter Verwendung des
Guilloche- und Farbendruckes. Die von ihm herausgegebene Jubelschrift
des Dr. K. Falkenstein zeigt, was das Geschäft auf den verschiedenen
Feldern des graphischen Gebietes zu leisten vermochte. Sind diese
Leistungen auch durch die der jüngeren Zeit überflügelt, so waren
sie doch damals bedeutend und die Buchdruckerei Teubners gehörte mit
zu den in der neuern Richtung tonangebenden. Bei seinem Tode waren
sieben Schnellpressen in Gang, auch hatte er in Dresden eine Filiale
gegründet. Die Nachfolger, seine Schwiegersöhne AD. ROSSBACH und
ALBIN ACKERMANN, verliessen die früher eingeschlagene Kultivierung
des Accidenzdruckes und zeichneten sich durch ihren vortrefflichen
Werk- und namentlich durch ihren Zeitungs-Illustrationsdruck aus.
Der grossartige philologische Verlag, aus gegen 2000 Werken in über
3000 Bänden bestehend, wurde unter besonderer Leitung des jetzigen
Geschäftsteilhabers Dr. Aug. Schmitt in kräftigster Weise fortgeführt.
Ohne irgend eine typographische Prätension zu erheben sind unter diesen
Werken unübertroffene und unübertreffliche Drucke, um einen unter
vielen als Beispiel zu nennen _Herodiani reliquiae_ in geradstehender
griechischer Schrift. Die Offizin ist eine der am besten eingerichteten
und grössten Deutschlands, sie arbeitet mit 35 Schnellpressen und gegen
400 Arbeitern, und druckt 18 Zeitschriften.

[Sidenote: Karl Tauchnitz * 29. Okt. 1761, [+] 14. Jan. 1836.]

In die Reihe derjenigen verdienten Männer, die als Bahnbrecher der
deutschen Typographie zu bezeichnen sind, gehört als einer der ersten
KARL CHRISTOPH TRAUGOTT TAUCHNITZ.

Tauchnitz war in Grossbardau bei Grimma geboren. Da er seiner Armut
wegen nicht studieren konnte, ward er 1777 Buchdruckerlehrling und
arbeitete später bei Unger in Berlin. 1792 kehrte er nach Leipzig
zurück. Im Jahre 1797 gelang ihm der Ankauf einer kleinen Buchdruckerei.
Das Geschäft gewann durch Tauchnitz' Fleiss und Akkuratesse an
Ausdehnung. Bereits 1800 konnte er eine Schriftgiesserei und eine
Buchhandlung mit der Buchdruckerei vereinigen. Seine Wirksamkeit muss
namentlich von dem Standpunkte der Verbindung dieser Geschäfte zu einem
ganz bestimmten Ziel beurteilt werden. Dies Ziel war die Herausgabe der
griechischen und römischen Klassiker in guter Ausstattung, grösster
Korrektheit und zu den billigsten Preisen.

[Sidenote: Die Klassiker.]

Im Jahre 1808 machte er damit den Anfang. Jedoch ohne das von Lord
Stanhope eingeführte Stereotypverfahren, welches er durch den Engländer
Watts gelernt hatte, wären die oben erwähnten Erfordernisse der
Kollektion schwer zu erreichen gewesen.

In seinen Bemühungen um die Verbesserung der Antiqua, der griechischen
und der orientalischen Schriften wurde er durch die Schriftgiesser J. G.
Schelter und Matthes unterstützt.

[Sidenote: Prachtwerke.]

Seine Leistungen beschränkten sich jedoch nicht auf brauchbare
billige Ausgaben; er lieferte auch Prachtdrucke ersten Ranges und
wissenschaftliche Werke bedeutenden Umfanges. Zu den ersteren gehören
sein Theokrit in Folio (1821); das _Carmen Arabicum Szanicddini
Helensis_ (1816), dessen Originaltext im orientalischen Stil in Gold
und bunten Farben gedruckt ist; die Kuhnsche Hymne an König Friedr.
August von Sachsen. Zu seinen bedeutendsten typographischen Leistungen
zählen noch die arabische Ausgabe des Korans durch Flügel; die Fürstsche
Bearbeitung der Buxtorffschen »Concordanz«, die stereotypierten
hebräischen Bibeln von Hahn u. a.

[Sidenote: K. Ch. Tauchnitz.]

Mitten unter Plänen zu neuen wichtigen Unternehmungen rief ihn der Tod
plötzlich ab. Sein Sohn KARL CHRISTIAN PHILIPP, der eine ausgezeichnete
Bildung genossen hatte, setzte das Geschäft, ohne demselben mit der
vollen Neigung des Vaters zugethan zu sein, doch ganz im Sinne des
Verstorbenen fort. Auf Veranlassung der Amerikanischen Mission in Syrien
wurde eine neue arabische Schrift geschnitten, die sich dem Geschmack
der Orientalen gut anpasst, jedoch im Satz grössere Schwierigkeiten
bietet, als die ältere, mit welcher der Koran gedruckt wurde. Die Firma
erlosch durch Verkauf der verschiedenen Geschäftsbranchen.

[Sidenote: Fr. Nies * 6. Aug. 1804, [+] 16. Juni 1870.]

[Sidenote: W. Drugulin * 20. Aug. 1821, [+] 20. April 1879.]

In dem Streben für die Herstellung orientalischer Werke war FR. NIES
aus Offenbach mit Karl Tauchnitz verwandt, wenn auch der letztere
von wissenschaftlichem sowohl als typographischem Standpunkte aus
Idealeres anstrebte. Angeregt namentlich durch den genialen Verleger
W. A. Barth, den Professor M. G. Schwartze und den Paläographen E. F.
F. Beer, später auch durch Professor Seyfarth unterstützt, unternahm
Nies das Wagnis, hieroglyphische Typen in seiner, 1831 angelegten
Schriftgiesserei herzustellen. Die hieroglyphische Schrift bestand aus
etwa 1500 Stücken. Diese in verschiedenen Grössenabstufungen sowohl
nach links als nach rechts gewendet ausgeführten, oft einander sehr
ähnlichen Figuren in ein richtiges Typensystem zu bringen war für damals
wirklich eine That; sie gelang und viele Werke, darunter das Riesenwerk
des Dr. M. G. Schwartze »Das alte Ägypten«[213], zeigen, dass die
Offizin nach damaligen Verhältnissen Bedeutendes leistete. Nies konnte
mit seinen selbstgegossenen Schriften in gegen 300 Sprachen drucken,
vermochte jedoch nicht, sich mit dem Gedanken zu befreunden, heute das
rückhaltlos zu verwerfen, was gestern gut gewesen war, und ermüdete
deshalb unter den erhöhten Ansprüchen der fortschreitenden Wissenschaft
und Technik in seinen Anstrengungen. Das sonst so blühende Geschäft
verödete nach und nach. Im Jahre 1856 übernahm es CARL B. LORCK, der
erst sich mit J. J. Weber zur Ausführung der unter dieser Firma in den
Jahren 1837-1845 erschienenen grösstenteils illustrierten Werke und
Zeitschriften vereinigt hatte. Die Druckerei und Schriftgiesserei wurde
zeitgemäss reorganisiert und vervollständigt. Eine bedeutende Zahl von
orientalischen Werken, besonders für das Ausland gedruckt, verliess in
den Jahren 1856 bis 1868 die Pressen der Offizin. In letzterem Jahre
übernahm sie W. DRUGULIN, welcher die bis dahin fortgeführte Firma Fr.
Niessche Buchdruckerei in W. Drugulin änderte. Lorck gab die »Annalen
der Typographie« (1869-1877) und mehrere Fachschriften heraus[214].
Drugulin setzte das begonnene Werk im bisherigen Sinne fort. Hatte die
Jury der Pariser Weltausstellung von 1867 bereits erklärt, dass in
Frankreich nur die kaiserliche Druckerei ähnliches prästieren könne,
wie diese Privatoffizin in Leipzig, so wurde nun in der That durch
Drugulins Erwerbungen, unter welchen sämtliche Stempel und Matern der
früheren Karl Tauchnitzschen orientalischen, älteren Renaissance- und
holländisch gothischen Schriften sich befanden, ein Komplex geschaffen,
wie er ausser in den Staatsanstalten zu Wien und Paris sich nicht wieder
vorfindet. Drugulins aussergewöhnlichen Kunst- und antiquarischen
Kenntnisse kamen ihm bei seinen vielen Reproduktionen und Imitationen
von Drucken älteren Stils vortrefflich zu statten. Namentlich ist das
grossartige Werk: »Die Chronik des Sächsischen Königshauses und seiner
Residenzstadt«, ein Geschenk der Stadt Dresden zur Feier der silbernen
Hochzeit des Königs Albert und der Königin Carola, ein Meisterstück
dieser Gattung. Es war jedoch Drugulin nicht beschieden, den Schluss des
Werkes zu erleben.

  [213] Den Satz dieses Werkes von gegen 2200 Seiten in Quart übernahmen,
        nachdem verschiedenen Setzern die Geduld ausgegangen war,
        ohne vorher ein orientalisches Wort gesetzt zu haben, zwei
        Setzerlehrlinge F. Essigke und H. Kauxdorf, deren der Verfasser,
        ein gewiss seltener Fall, in der Vorrede in der ehrendsten Weise
        gedenkt.

  [214] Als: Die Herstellung der Druckwerke. 4. Aufl. 1883. -- Die
        graphischen Künste auf der Wiener Ausstellung 1873; amtlicher
        Bericht. -- Die Druckkunst und der Buchhandel in Leipzig.
        1879. -- Geschichte des Vereins der Buchhändler in Leipzig;
        Jubelschrift. 1883.

[Sidenote: Hieroglyphendruck.]

Die von Nies eingeführten hieroglyphischen Typen wurden zumteil durch
die früher erwähnten eleganteren und kleineren Typen in Umrissen
verdrängt (S. 285), teils hat es in jüngster Zeit den Anschein, als
wollte die Lithographie und speziell die Autographie der Typographie
das Terrain der Ägyptologie streitig machen. Der bedeutende Verlag der
J. C. Hinrichsschen Buchhandlung in Leipzig auf diesem Felde ist fast
durchweg in Autographie hergestellt, z. B. das hieroglyphisch-demotische
Wörterbuch von H. Brugsch-Bey, das 1728 Seiten in kl. Folio umfasst.
Vorausgesetzt, dass der Verfasser es versteht, hieroglyphische Umrisse
korrekt wiederzugeben und sonst leicht leserlich schreibt, ist die
autographische Wiedergabe eine ganz zweckmässige. Wenn mit Typen
gesetzt, würden die Kosten für ein Werk wie das genannte, dessen Absatz
begreiflicherweise nur ein beschränkter sein kann, allerdings kaum
erschwinglich sein; im Interesse der Wissenschaft muss man deshalb die
Besiegung der Typographie durch die Lithographie auf diesem Gebiete mit
Ruhe hinnehmen.

[Sidenote: B. Tauchnitz.]

Die Offizin des Neffen des K. Tauchnitz, BERNHARD TAUCHNITZ, erneute den
Weltruf des Namens ebenfalls hauptsächlich durch die konsequente und
grossartige Durchführung eines einzigen Unternehmens, bei welchem jedoch
weniger die typographische als die bibliopolische Bedeutung hervortritt.
Wer kennt nicht die _Tauchnitz Collection_, die Sammlung von Werken
englischer und amerikanischer Autoren, deren Bändezahl jetzt 2000
übersteigt, die in über 600000 Stereotypplatten vorhanden sind? Wie die
Karl Tauchnitzsche Kollektion auf die altklassische Bildung, so hat das
B. Tauchnitzsche Unternehmen ganz ausserordentlich zur Verbreitung der
englischen Litteratur und Sprache auf dem Kontinent, daneben auch zur
Mehrung des Ansehens des deutschen Buchhandels in England beigetragen.
Der Umstand, dass der Unternehmer den Autoren resp. den Verlegern
zu einer Zeit Honorar zahlte, wo dies noch nicht durch gesetzliche
Bestimmungen geboten war, erwarb ihm sofort die Gunst der genannten, die
er sich zu erhalten verstanden hat.

Ausser der Sammlung lieferte die Offizin für den Verlag des Besitzers
-- für Andere arbeitet sie nicht -- eine Reihe von ebenso gut
ausgestatteten wie durch ihre Korrektheit bekannten bedeutenden Werke,
besonders in juristischer und linguistischer Richtung, unter welchen
beispielsweise die fehlerfreien Logarithmen von Köhler genannt sein
mögen.

[Sidenote: Andere Firmen.]

Ausser B. G. Teubner hatten bereits G. H. MARET, WILH. HAACK und
namentlich C. L. HIRSCHFELD in allen Accidenzarbeiten einen sehr guten
Geschmack gezeigt. Letzterer, durch einen längeren Aufenthalt in Paris
tüchtig ausgebildet, verband Stereotypie und Gravieranstalt mit seiner
Buchdruckerei. Im Bunt- und Golddruck leistete er Bedeutendes und das
von ihm 1840 herausgegebene Tableau in etwa zwanzig Farbenplatten,
_Typographia jubilans_, ist eins der bedeutendsten Erzeugnisse der
Jubelpresse.

[Sidenote: Das Jubelfest 1840.]

Es dürfte hier, ehe wir zur jüngsten Gestaltung des graphischen
Geschäfts in Leipzig übergehen, der Ort sein, mit einigen Worten des
Jubelfestes 1840 zu gedenken, das sich nicht zu einer Lokalfeier,
sondern zu einem grossen nationalen Feste gestaltete, welches in der
Geschichte der Buchdruckerkunst einen Platz verdient.

Während im Jahre 1640 fünf Buchdruckereibesitzer mit 14 Gehülfen, im
Jahre 1740 achtzehn Offizinen mit 138 Gehülfen dem Feste beiwohnten,
zeigt die Liste der Beteiligten im Jahre 1840 24 Buchdruckereien mit
232 Handpressen, 11 Schnellpressen und 672 Gehülfen, dazu noch 7
Schriftgiessereien mit 62 Gehülfen, schliesslich 108 Buchhandlungen mit
121 Gehülfen. Das Kontingent, welches allein das Brockhaussche Geschäft
stellte, betrug mehr als die Gesamtzahl der das Fest von 1740 Feiernden.

Die Sammlungen der Buchdrucker zu einem Festfond begannen bereits
1837. Die Buchhändler traten 1839 hinzu und die Stadt bewilligte 3000
Thaler. Das unter den günstigsten Auspizien vorbereitete Fest nahm den
würdigsten Verlauf.

Bereits am Nachmittag des 23. Juni hatte die ganze Stadt sich festlich
geschmückt. Die Häuser waren mit Guirlanden und Kränzen behängt, Fahnen
wehten und Triumphbogen waren errichtet.

Früh am 24. durchzog eine grosse Reveille die Stadt. Um 8 Uhr
versammelten sich die anwesenden Kammermitglieder, die königlichen und
städtischen Behörden, die Konsuln, das Offiziercorps, die Geistlichkeit,
die Schulrektoren, die Spitzen der Universität und die Professoren,
die Handlungsabgeordneten, die Obermeister und Beisitzer der Innungen,
schliesslich die Festgeber: Buchdrucker, Schriftgiesser und Buchhändler,
an verschiedenen Orten. Von Deputierten des Festcomités geleitet
begaben sich die einzelnen Züge nach der Thomaskirche zu dem, vom
Superintendenten Dr. Grossmann abgehaltenen Festgottesdienste. Als Text
war gewählt: »Es ward ein Mann von Gott gesandt, der hiess Johannes;
derselbe kam und zeugte von dem Licht«.

Um 10 Uhr begann der grosse Festzug von dem Gewandhause aus nach
der Buchhändlerbörse, wo die von den Frauen gestiftete Fahne den
Buchdruckern übergeben wurde. Von da ab ging der Zug nach dem
Marktplatze, dessen dritten Teil die amphitheatralische Zuschauer-
und Musiker-Tribüne einnahm. Nach Absingung der von Felix
Mendelssohn-Bartholdy komponierten Festkantate hielt Raymund Härtel eine
begeisterte und zündende Festrede, die mit den Worten schloss:

»Du Allmächtiger, der du jedem Volke seine Bestimmung zugeteilt hast,
lass unser Jubelfest der Buchdruckerkunst dir ein Dankfest sein für die
hohe Gabe und hilf du selber, dass sie forthin durch menschliche Willkür
weder gemissbraucht, noch verkümmert werde. Ein Jubelfest ist auch ein
Ausruhen von hundertjähriger Arbeit, und das ernste Geschäft des Lebens
verklärt sich zum heiteren Festspiele: Darum öffne sich die Werkstatt
und der alte Meister erscheine mitten unter seinem Feste!« Als dann die
Hülle sank, welche bis jetzt die im Mittelpunkte des Marktes befindliche
Festoffizin mit den arbeitenden Giessern, Setzern und Druckern, weit
überragt von dem kolossalen Gipsabguss der Mainzer Gutenberg-Statue
Thorwaldsens, den Blicken der Menge entzogen hatte, entstand ein
unbeschreiblicher Jubel. Es war ein unvergesslicher Augenblick, der, im
jugendlichen Alter erlebt; noch dem Greise in späten Jahren so lebhaft
in der Erinnerung vorschwebt, als handle es sich um ein Ereignis von
gestern, und den miterlebt zu haben als eine Gunst des Schicksals
betrachtet werden muss.

Um 3 Uhr fand in der Halle am Augustusplatze ein Festessen statt, an
welchem etwa 3000 Personen teilnahmen. Bei Eintritt der Dunkelheit
bekundete eine glänzende Erleuchtung der Stadt die allgemeine Teilnahme
aller Behörden und Bürger an dem Feste.

Am 25. vormittags fand eine Versammlung fremder und einheimischer
Gelehrter, Künstler und Buchhändler in der Festhalle statt. Gleichzeitig
wurde in der Buchhändlerbörse eine interessante Ausstellung älterer und
neuerer Druckwerke, Xylographien u. a. eröffnet. Um 3 Uhr füllte die
Aufführung des von Mendelssohn für das Fest komponierten Lobgesanges,
die unter Leitung des Komponisten und unter Beihülfe von über 500
Sängern und Musikern stattfand, die Thomaskirche. Abends war grosser
Ball von über 4000 Personen in der Festhalle. Die Familien der Beamten,
Professoren, Prinzipale und Gehülfen verkehrten im fröhlichsten
Durcheinander und selbst der eindringende Gewitterregen musste dazu
beitragen, die Heiterkeit zu erhöhen.

Am 26. vormittags war eine interessante Festvorstellung im
Schauspielhause veranstaltet: Theaterschau von der Erfindung der
Buchdruckerkunst bis auf die neueste Zeit. Um 1 Uhr begannen die
Festzüge der Innungen, sich nach dem Exerzierplatz am Rosenthal, wo
ein echtes Volksfest abgehalten werden sollte, in Bewegung zu setzen.
Der mit Zelten in grosser Zahl, Fahnen, Buden, Caroussels, Tribünen
etc. geschmückte, dicht an den Wald sich lehnende Platz bot mit den
etwa 60000 Anwesenden ein höchst belebtes und anmutiges Bild. Am Abend
ward noch ein glänzendes Feuerwerk abgebrannt. Dann zogen die Innungen
nach und nach wieder mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen nach
der Stadt. Den Beschluss machte der grosse Zug der Festgeber mit 1000
Fackeln, die unter Gesang und Jubel auf dem Marktplatze zusammengeworfen
wurden.

Nicht $ein$ Misston hatte das herrliche Fest gestört, welches Leipzig
mit dankbaren und stolzen Gefühlen hatte begehen können, denn es war
zugleich ein Huldigungsfest Leipzigs als Führerin auf dem Gebiete der
Buchdruckerei und des Buchhandels im Vaterlande Gutenbergs geworden.
Dass Leipzig willens ist, seine ehrenvolle Stellung zu behaupten, wird
ein Blick auf die jüngste Vergangenheit und auf den Augenblick zeigen.

[Sidenote: Giesecke & Devrient.]

Eine eigentliche Umgestaltung des Geschmacks für das Accidenzfach, das
heutzutage einen so wichtigen Platz einnimmt, ging erst von der Firma
GIESECKE & DEVRIENT aus. Diese, jung an Jahren, reich an Ehren, zeigte,
dass eine Staatsdruckerei nicht notwendig ist, um das zu leisten, was
man von Staatsanstalten verlangt und mit Recht verlangen kann, weil
diese in erster Reihe zu Ehren der Kunst und nicht um eine Existenz zu
begründen arbeiten.

Die Firma wurde von HERMANN GIESECKE und ALPHONSE DEVRIENT am 1. Juni
1852 begründet, zu einer Zeit, wo der typographische Geschmack und
der Sinn für schöne Accidenzarbeiten namentlich durch Hänel einen
wesentlichen Aufschwung genommen hatte (S. 281). Die genannten waren
Männer, wie sie die Zeit eben verlangte, um dem Geschmack eine bestimmte
Richtung zu geben. Sie haben hierin bedeutende Verdienste und waren
stets redlich bemüht, das Halbgute durch das wirklich Gute zu ersetzen.

Nach und nach entstand in ihrem Hause eine Reihe von graphischen
Spezialanstalten, die namentlich zur Herstellung der unendlich vielen
Wertzeichen nötig waren, mit deren Anfertigung die Firma nicht nur
von den verschiedenen Regierungen und Geldinstituten Deutschlands
betraut wurde, sondern die ihnen auch aus der Schweiz, Italien,
Holland, Schweden, Finnland, Rumänien und Amerika zuflossen. Es war die
glänzendste Zeit der Gründungen, des Aktien- und Papiergelddruckes,
welcher erst der Krach, dann die Gründung der Reichsbank eine Grenze
setzte.

[Sidenote: _Codex Sinaiticus._]

Aber der Ruhm der Firma war nicht allein von diesem höheren
Accidenzdruck abhängig, sondern wurde noch durch hervorragende
Werkdrucke gesteigert. Unter diesen muss einer erwähnt werden,
welcher, wenn auch von kaiserlicher Munifizenz getragen, als eine
der hervorragendsten Leistungen intelligenter Typographen dasteht:
die Reproduktion des von Const. Tischendorf entdeckten _Codex
Bibliorum Sinaiticus_, welche für Rechnung der Besitzerin dieses
Schatzes, der russischen Regierung, ausgeführt wurde. Zuerst wurden
photographische Facsimiles derjenigen unter den einzelnen Buchstaben,
welche dem Herausgeber den Charakter der Handschrift am besten
auszudrücken schienen, veranstaltet, und hiervon zwei Gattungen,
eine grössere für den Text und eine für die Noten, dazu später noch
eine dritte geschnitten. Als es sich jedoch ergab, dass die Abstände
zwischen den einzelnen Buchstaben in dem Original manchmal in einem
anderen Verhältnis zu einander standen als in dem Satz, mussten
verschiedenartige Güsse gemacht oder durch Unterschneiden der einzelnen
Buchstaben nachgeholfen werden. Der Raum der einzelnen Buchstaben
wurde durch Tischendorf nach Millimetern ausgerechnet und die Zahl
solcher an jeder einzelnen Stelle im Manuskript verzeichnet. Nachdem
Tischendorf ferner entdeckt hatte, dass vier verschiedene Kalligraphen
bei dem Codex thätig gewesen waren, mussten eine Menge Ergänzungstypen
geschaffen werden, um die Eigentümlichkeiten der verschiedenen Schreiber
wiederzugeben. So hatte z. B. das Omega sieben Varianten. Auch die
getreue Wiedergabe der Zusätze zwischen den Zeilen des Manuskripts
musste statthaben, ja selbst die Abweichungen der alten Kalligraphen von
der üblichen Regel waren getreulich nachzuahmen. So entstand ein Werk
ohne Rivalen.

[Sidenote: _Papyros Ebers._]

Ebenfalls als eine höchst gelungene Facsimile-Ausgabe ist der durch
Lithographie im Verein mit der Typographie hergestellte _Papyros
Ebers_ (bei Wilh. Engelmann in Leipzig) zu bezeichnen. Die Nachahmung
der Färbung der Schrift und der Pflanzentextur des Papyrus ist so
vollkommen gelungen, dass man auf Carton aufgezogene Papyrosblätter vor
sich zu haben glaubt. Während die lithographische Nachbildung aus der
Offizin von Giesecke & Devrient stammt, ist der textliche Teil mit den
hieroglyphischen Typen des F. Theinhardt von Breitkopf & Härtel gedruckt.

[Sidenote: Alph. Devrient * 21. Jan. 1821, [+] 1878.]

ALPHONSE DEVRIENT, der berühmten Künstlerfamilie Devrient angehörend,
starb frühzeitig auf einer Erholungsreise nach Berlin am Ostermorgen
1878. Er hatte bei Fr. Nies gelernt und arbeitete vier Jahre in der
_Imprimerie royale_ in Paris in der sogenannten _Chambre arabe_ unter
der strengen, jedoch wohlwollenden Leitung Lud. Rousseaus und des
gelehrten Orientalisten Jul. Mohl und ging dann nach England. Er war
einer der tüchtigsten Typographen seiner Zeit. Der überlebende Chef
HERM. GIESECKE entstammt dem bekannten Hause Schelter & Giesecke, als
Sohn des C. F. Giesecke.

[Sidenote: Bibliographisches Institut.]

Eine aus kleinen Anfängen rasch zu einem Weltgeschäft angewachsene
Druck- und Verlagsanstalt ist das BIBLIOGRAPHISCHE INSTITUT.

[Sidenote: Jos. Meyer * 9. Mai 1796, [+] 27. Juni 1856.]

Im Jahre 1826 gründete JOSEPH MEYER in seiner Vaterstadt Gotha das
Institut, welches 1828 nach Hildburghausen verlegt wurde. Das mit
Stahlstichen illustrierte »Universum« erreichte eine für damalige Zeit
ganz enorme Auflage von 80000 Exemplaren. Es folgten verschiedene
Klassiker-Bibliotheken, deren Rechtmässigkeit bestritten wurde, die
aber durch eine bisher ungekannte Billigkeit die Kauf- und Leselust
anregten und eine weite Verbreitung fanden. Dann kam das grosse
Konversations-Lexikon in 52 starken Bänden. J. Meyer war ein Mann von
ausgebreiteten Kenntnissen mit einer staunenswerten Arbeitskraft,
die er jedoch über alles Mass anstrengte, indem er neben der
bibliopolisch-typographischen Wirksamkeit noch grossartige industrielle
Pläne verfolgte.

[Sidenote: H. J. Meyer.]

Sein Sohn HERMANN JULIUS MEYER zog mit dem Institut 1874 nach
Leipzig[215]. Jetzt steht dasselbe als eines der grossartigsten und
am besten geleiteten nicht nur in Deutschland da. So imponierend auch
schon die äusseren Einrichtungen wirken, so ist es doch namentlich
die innere Organisation dieser mit zwei Rotationsmaschinen und 31
Schnellpressen arbeitenden Anstalt, welche Bewunderung erregt. Das
Geschäft sucht und findet seine Kraft in der Konzentration und in der
Erreichung möglichster Vollkommenheit innerhalb der selbstgesteckten
Grenzen für seine Wirksamkeit. Von der dritten Auflage des grossen
Konversations-Lexikons wurden über 100000 Exemplare abgesetzt, daneben
erlangte das kleine Lexikon in zwei Bänden eine grosse Popularität. Ein
Werk von hohem Wert ist A. E. Brehms »Tierleben« in zehn prachtvoll
illustrierten Bänden.

  [215] Das Etablissement, durch Pläne illustriert, ist im Journ. f. B.
        1876, Nr. 27 ausführlich beschrieben.

[Sidenote: J. Klinkhardt.]

Ein Geschäft, welches ebenfalls in verhältnismässig kurzer Zeit
eine grosse Entwickelung und Ausdehnung gewann, ist das bereits (S.
287) erwähnte von J. KLINKHARDT, welches mit 21 Schnellpressen, 22
Handpressen und 35 Giessmaschinen über 400 Personen beschäftigt und
vortreffliche Arbeiten im modernen Stil liefert.

[Sidenote: Verschiedene Druckereien.]

Dass diese und die sonst genannten Offizinen dem Illustrationsdruck
alle erdenkliche Sorgfalt widmen, ist selbstverständlich, ausser
denselben besitzt Leipzig jedoch noch eine Reihe von Druckereien, die
sich vorzugsweise mit Illustrationsdruck beschäftigen. Des von ED.
KRETZSCHMAR begründeten Geschäfts (jetzt C. GRUMBACH) wurde bereits
(S. 298) gedacht. Vieles zur Bildung einer tüchtigen Schule von
Holzschnittdruckern trug Kretzschmars erster Gehülfe JOH. CHR. BENEDICT
bei. A. H. PAYNE druckt mit Rotationsmaschine und 18 Schnellpressen
für den eigenen Verlag eine grosse Anzahl von illustrierten Blättern
und Werken. ALEX. EDELMANN und OTTO DÜRR wirkten erst zusammen, dann
getrennt und lieferten mehrere der grossen Berliner Modezeitungen
und viele Prachtwerke für Alf. Dürr, während A. HUNDERTSTUND & A.
PRIES namentlich den Seemannschen Kunstverlag druckten. ALEX. WIEDE
beschäftigt 18 Schnellpressen fast nur mit der Herstellung der
»Gartenlaube«. Aus den Pressen der Firma FISCHER & WITTIG stammen sehr
viele der schönsten illustrierten Prachtwerke neuerer Zeit sowohl aus
dem Verlag von Leipziger als auswärtigen Buchhändlern.

Mit wissenschaftlichen Werken beschäftigten sich vorzugsweise METZGER &
WITTIG, A. TH. ENGELHARDT, C. HIRSCHFELD, OTTO WIGAND und BÄR & HERMANN,
welche letztere den Druck russischer Werke als Spezialität pflegen;
PH. RECLAM JUN. liefert mit 22 Schnellpressen fast ausschliesslich
Zwanzigpfennigbände seiner Universalbibliothek; OTTO SPAMER druckt seine
zahlreichen illustrierten Jugendschriften und populären Werke; C. G.
NAUMANN hat seine umfangreiche Offizin nur für Accidenzien eingerichtet;
ALEX. WALDOW verwendet die seinige nur für den Druck des »Archiv der
Buchdruckerkunst« und anderer in seinem Verlage erscheinender, zumteil
von ihm verfasster typographischer Fachschriften[216].

  [216] Darunter: Die Buchdruckerkunst in ihrem technischen und
        kaufmännischen Betriebe. 2 Bde. 4. 1874-1877. -- Illustrierte
        Encyklopädie der graphischen Künste. 1880-1883.

An Tagesblättern ist Leipzig geradezu arm und manche Provinzialstädte
Deutschlands von 30-50000 Einwohnern haben eine weit reichere
Zeitungslitteratur aufzuweisen. Das umfänglichste Journal, namentlich
zur Zeit der Messen, ist das »Leipziger Tageblatt«. Der Verleger E.
POLZ beschäftigt für den Druck desselben und ausserdem hauptsächlich
für den des C. F. Winterschen Verlags drei Rotationsmaschinen und elf
Schnellpressen.

Nicht alle graphischen Firmen Leipzigs, die tüchtiges liefern, können
wir hier aufzählen. Die Zahl der Buchdruckereien Leipzigs (incl. der
Vororte) beträgt 92 mit 7 Rotationsmaschinen, 437 Schnellpressen und 292
Tret- und Handpressen. Die 69 lithographischen Anstalten beschäftigen
146 Schnellpressen, 517 Handpressen. In beiden Branchen sind gegen 6200
Personen thätig.

[Sidenote: C. G. Röder.]

Den enormen Aufschwung, welchen das Musikaliengeschäft in Leipzig nahm,
veranlasste ein Institut für Notendruck, das seinesgleichen sucht. C.
G. RÖDER gründete mit kleinsten Mitteln 1846 seine Notendruckanstalt,
welche jetzt mit 34 Schnellpressen, 25 Handpressen und einem Personale
von 400 Köpfen arbeitet und namentlich die äusserst umfangreiche
_Édition Peters_ im Verlage des _Bureau de musique_ druckt. An
eigentlichen lithographischen Kunstinstituten hat Leipzig keinen
Überfluss, dagegen ist die Anstalt für Phantasieartikel und Luxuspapiere
von MEISSNER & BUCH, die mit 15 Schnellpressen, 30 Handpressen und 46
Präg- und anderen Maschinen arbeitet, von grosser Bedeutung; auch die
Offizin von WETZEL & NAUMANN hat einen enormen Aufschwung genommen
und arbeitet hauptsächlich für den Export mit 32 Schnellpressen, 27
Handpressen und 450 Arbeitern. H. WAGNER & E. DEBES beschäftigen sich
ausschliesslich mit kartographischen Arbeiten. Als Lichtdrucker leisten
A. NAUMANN & SCHRÖDER vorzügliches. Die Zahl der xylographischen und
chemigraphischen Anstalten ist eine beträchtliche.

[Sidenote: Die die Typographie fördernden Verleger.]

Es würde zu weit führen, alle die Verleger aufzuzählen, die, ohne
eigene Druckereien zu besitzen, doch auf die Typographie einen grossen
Einfluss übten. Den Buchdruck für wissenschaftliche Zwecke förderten u.
a. namentlich J. A. BARTH, W. ENGELMANN, SAL. HIRZEL, L. VOSS, die J. C.
HINRICHSSCHE Buchhandlung, F. C. W. VOGEL[217], T. O. WEIGEL (I, S. 6),
RUD. WEIGEL (I, S. 103), O. WIGAND und C. F. WINTERS Verlag.

  [217] Früher hatte diese Firma eine 1811 eingerichtete, namentlich mit
        orientalischen Schriften gut ausgestattete Druckerei, die 1858
        auf G. Kreysing überging.

Für den illustrierten Verlag waren J. J. Weber und Georg Wigand in
den dreissiger Jahren bahnbrechend. J. J. WEBER führte 1832 das
»Pfennig-Magazin« und 1843 die »Illustrirte Zeitung« ein. Die von Ad.
Menzel illustrierte Geschichte Friedrichs des Grossen wurde noch während
der Zeit der ersten Neuentwickelung des Holzschnittes in Deutschland
(S. 297) unternommen, überhaupt wirkte geschmackvolle Ausstattung aller
Weberschen Artikel sehr anregend sowohl auf die Buchdruckereien wie auf
die Verleger.

Gleichzeitig mit Weber wirkte GEORG WIGAND, dessen im Verein mit seinem
Bruder Otto Wigand 1840 unternommene Ausgabe von dem Nibelungenlied,
illustriert von Hübner und Bendemann, eine schöne Jubelerinnerung
bildet. Sowohl durch eigene Neigung als namentlich durch seine innige
Verbindung mit Loda, Richter und Schnorr von Carolsfeld wurde er auf
die mehr ursprüngliche echt deutsche Art des Holzschnitts geführt, von
welchem Schnorrs Bibel in Bildern ein monumentales Denkmal bleibt.

In neuerer Zeit waren es namentlich E. A. SEEMANN und ALF. DÜRR, welche
den illustrierten Verlag förderten. Seemann lieferte eine grosse Reihe
von Werken über die verschiedenen Zweige der Kunst und der Kunstgewerbe,
Alf. Dürr pflegte namentlich die strengere Richtung der illustrierenden
Kunst in den Werken von J. Führich, Preller u. a., daneben lieferte er
eine Reihe von Jugendschriften in höchst anziehender Weise durch Osc.
Pletsch illustriert. Auch FR. BRANDSTETTER, J. A. BAUMGÄRTNER, E. KEIL,
VELHAGEN & KLASING, K. BÄDEKER, SCHMIDT & GÜNTHER u. a. leisteten durch
ihren Verlag den Illustrationsdruckern grossen Vorschub.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Dresden.]

[Sidenote: Familie Meinhold.]

[Sidenote: C. I. Meinhold * 1784. [+] 1861.]

Unter den sonstigen Städten des Königreichs Sachsen hat die
Residenzstadt DRESDEN allein einen bedeutenden Platz und unter den
47 Buchdruckereien und 54 lithographischen Anstalten, die mit 209
Schnellpressen und 251 Tret- und Handpressen arbeiten, nimmt wieder
die Firma C. C. MEINHOLD & SÖHNE die hervorragendste Stellung ein. Der
Begründer derselben, CARL CHRISTIAN MEINHOLD, Sohn eines Bergmannes
aus Marienberg, erwarb die Hofbuchdruckerei, welche ihren Ursprung dem
Herzog Georg dem Bärtigen verdankt, der 1524 den Buchdrucker WOLFG.
STÖCKEL aus Leipzig nach Dresden berief, um reformatorische Schriften zu
drucken. Stöckels Geschäft kam 1590 an die Familie BERGEN, in welcher
es blieb, bis Meinhold es 1778 übernahm und bald zu einer grösseren
Blüte brachte. Er druckte die sächsischen und polnischen Kassenbillets
und Staatspapiere und machte auch glückliche Verlagsspekulationen. Im
Jahre 1816 übergab er die Geschäftsleitung seinen Söhnen, von welchen
CHRISTIAN IMMANUEL MEINHOLD es nach dem Tode des Vaters allein übernahm.
Zu der Buchdruckerei fügte er Schrift- und Stereotypengiesserei. Seine
Söhne JULIUS und THEODOR wurden 1855 Teilnehmer und von 1875 führte
Julius das Geschäft allein fort und feierte am 28. Januar 1878 das
hundertjährige Jubiläum der Firma.

[Sidenote: Andere Offizinen.]

Zu erwähnen sind noch namentlich B. G. TEUBNERS Filiale des Leipziger
Geschäfts (6 Schp.), E. BLOCHMANN & SOHN (2 Rotm., 5 Schp.), der von
Leipzig übersiedelte W. BAENSCH (8 Schp.), R. H. DIETRICH (8 Schp.),
GLEISSNER (Rotm. und 7 Schp.), C. HEINRICH (12 Schp.), H. G. MÜNCHMEYER
(9 Schp.), LIEPSCH & REICHHARDT (Rotm., 4 Schp.), J. PÄSSLER (7
Schp.), AD. WOLF (7 Schp.). Von den lithographischen Anstalten waren
früher besonders angesehen: H. HANFSTÄNGL und FÜRSTENAU, ersterer
auf Grund seines Galeriewerkes, letzterer wegen seiner brillanten
Accidenzarbeiten; jetzt sind die grössten Institute W. BRÜCKNER & CO. (8
Schp., 6 Hdp.), R. BÜRGER (6 Schp., 5 Hdp.), R. FRIEDLÄNDER (7 Schp., 7
Hdp.). Als Lichtdrucker haben RÖMMLER & JONAS (7 Schp.) bereits lange
einen Namen. W. HOFFMANN arbeitet mit 8 Lichtdruckschnellpressen.
Als Verlagsort hat Dresden Bedeutung durch seine Kunstverleger, als:
E. ARNOLD, A. GUTBIER, HANFSTÄNGL, F. & O. BROCKMANN NACHFOLGER, G.
GILBERS, H. KRONE u. a.

In der Fabrikstadt CHEMNITZ beschäftigen sich die Buchdruckereien
wesentlich nur mit Zeitungs- und Accidenzdruck. Einen ungewöhnlichen
Umfang erreichte das Geschäft von PICKENHAHN & SOHN (1 Rotm., 20 Schp.
und 150 Arb.). Unter den lithographischen Anstalten ist R. OSCHATZ (8
Schp., 16 Hdp.) die grösste. BAUTZEN hat eine sehr leistungsfähige
Steindruckerei und Luxuspapierfabrik, GEBR. WEIGANG (23 Schp., 12 Hdp.);
in dem Fabrikort BUCHHOLZ liefert G. ADLER tüchtige Accidenzarbeiten für
seine eigene bedeutende Cartonnagenfabrik. In PLAUEN wirkt ebenfalls
für den Bedarf der Fabriken MOR. WIEPRECHT (6 Schp.), in MEISSEN C. E.
KLINKICHT & SOHN (4 Schp.).

Durch die Eisenbahnverbindung kann ALTENBURG fast als eine Vorstadt
des typographischen Leipzig betrachtet werden. Wohlfeilere
Lebensverhältnisse setzten in der tariflosen Zeit die dortigen
Buchdrucker in den Stand, vorteilhaft mit den Leipzigern konkurrieren zu
können. Diese Verhältnisse verstanden erst H. A. PIERER, welcher 1832
das von dem Vater JOH. PIERER erworbene Druckgeschäft übernommen hatte,
und dann dessen Söhne EUGEN und ALFRED mit Geschick zu benutzen, so dass
das gut und mit genügenden Mitteln geleitete Geschäft den Leipziger
Druckereien öfters eine schwer zu bestehende Konkurrenz bereitete. Das
in Pierers Verlag erschienene »Universal-Lexikon« besass neben dem
Brockhausschen Konversations-Lexikon ein grosses Ansehen, wenn auch die
Verbreitung sich innerhalb mässiger Grenzen hielt[218].

  [218] Über Pierers Verhältnis zu Brockhaus und dessen
        Konversations-Lexikon, sowie über das Entstehen des
        Universal-Lexikons enthält das bereits erwähnte Werk des Dr. Ed.
        Brockhaus sehr interessante Details.

Am 1. Januar 1872 ging die Druckerei in die Hände eines Leipziger
Konsortiums über, unter Leitung des Mitbesitzers STEPH. GEIBEL. Die
Offizin wuchs rasch (19 Schp.) und hat sich namentlich einen Ruf durch
ihre Accidenzarbeiten erworben (S. 292).

Thüringen hat viele gut eingerichtete aber keine besonders
hervorragenden Druckanstalten aufzuweisen. In GERA lieferte ISSLEIB
& RIETSCHELS Hofbuchdruckerei (6 Schp.) Beachtenswertes, namentlich
im chemigraphischen Landkartendruck. HILDBURGHAUSEN hatte früher
durch das Bibliographische Institut (S. 346) Bedeutung; eine tüchtige
Druckanstalt daselbst ist noch die von GADOW & SOHN (5 Schp.). Die
HOFBUCHDRUCKEREI in WEIMAR datiert aus dem Jahre 1624, als der an allen
Kulturbestrebungen regen Anteil nehmende Herzog Friedrich Wilhelm von
Sachsen in seinem Schloss eine Offizin errichten liess, in welcher er
selbst und seine Gemahlin an dem Satz Lutherscher Werke arbeiteten. Die
Hauptstücke der christlichen Lehre fasste er als Enchiridion für den
Unterricht seiner beiden Töchter zusammen.

Nach manchen Wandlungen durch zwei Jahrhunderte kam die Offizin in den
Besitz HERMANN BÖHLHAUS[219], in welchem sie sowohl durch Arbeiten für
den eigenen Verlag, wie für fremde Rechnung einen raschen Aufschwung
genommen hat.

  [219] H. BÖHLAU, Zur Geschichte der Hofbuchdruckerei in Weimar.
        Einleitung zu seinem Verlagskatalog.

Eine rastlose Thätigkeit entwickelte die Weimarer Druck- und
Verlagsfirma B. F. VOIGT. Verfolgt sie auch keine idealen Zwecke, so
hat sie doch durch ihren grossen technischen Verlag (gegen 1500 Artikel
und 20 Zeitschriften), namentlich durch ihren »Schauplatz der Künste
und Handwerke« in etwa 300 Werken, von welchen mehr als die Hälfte neue
Auflagen (öfters sechs bis acht) erlebten, vieles zur Verallgemeinerung
technischer Kenntnisse beigetragen. Die Natur des Verlages lässt keine
Prachtwerke zu, doch sorgt die Firma für gute Ausführung der Werke
sowohl als der vielen lithographischen Beilagen.

[Sidenote: Justus Perthes * Septbr. 1785. [+] 1. Mai 1816.]

[Sidenote: Bernh. Perthes * 27. Okt. 1857.]

In GOTHA gehört die ENGELHARD-RHEYERSCHE Hofbuchdruckerei zu den besten
Anstalten Deutschlands. Der Besitzer Fr. Engelhard hat sich ausserdem
um die Organisation der Krankenkassen der Gehülfen sehr verdient
gemacht. Einen Weltruf hat das geographische Institut von JUSTUS PERTHES
erlangt. Der Gründer war JOH. GEORG JUSTUS PERTHES aus Rudolstadt; die
ausschliesslich geographische Richtung erhielt das Geschäft erst durch
den Sohn WILH. PERTHES, der auch den Gothaischen Hofkalender und den
_Almanach de Gotha_ erwarb. Stielers Handatlas eröffnete die Reihe
des bedeutenden kartographischen Verlags, bei welchem H. Berghaus, v.
Stülpnagel, v. Spruner u. a. mitwirkten. Die grösste Blüte erlangte die
Anstalt unter der Direktion des BERNHARD PERTHES, die noch während der
Lebenszeit des Vaters begann, leider aber bereits vier Jahre nach des
letzteren Tod ihre Endschaft erreichte.

[Sidenote: Aug. Petermann »Mitteilungen«.]

Unter der wissenschaftlichen Leitung des Dr. AUGUST PETERMANN
bildete sich das Geschäft, unterstützt durch die seit 1855 monatlich
erscheinenden »Mitteilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt«,
zu einem Mittel- und Einigungspunkte der Bestrebungen für die gesamte
Erdkunde aus.

Perthes' Absichten in technischer Beziehung gingen nicht darauf,
alle graphischen Künste in ein äusserlich grosses Etablissement zu
vereinigen, sondern er verteilte die Arbeiten auf etwa dreissig
selbständige Unternehmer, welche nahe an 400 Arbeitern den Unterhalt
brachten.

In ERFURT geben die vielen Gärtnereien und die Eisenbahndirektion
zu einem lebhaften Accidenzgeschäft Veranlassung. Die bedeutenderen
Offizinen sind die von OHLENROTH (6 Schp.), FR. BARTHOLOMÄUS und G. A.
KÖNIG. H. C. BESTEHORN in ASCHERSLEBEN beschäftigt 8 Schnellpressen und
viele Arbeiter mit Luxuspapierfabrikation. TH. MÜLLER in NORDHAUSEN
liefert mit 8 Schnellpressen Etiquetten, Geschäftspapiere u. dgl.

[Sidenote: Die Cansteinsche Bibelanstalt.]

In HALLE befindet sich die altehrwürdige Waisenhausbuchhandlung und
Buchdruckerei nebst der damit verbundenen V. CANSTEINSCHEN BIBELANSTALT.
Die erstere wurde 1697 durch den Pfarrer HEINR. JUL. ELERS als Teil
der Franckeschen philanthropischen Stiftungen begründet[220]. Für eine
Buchdruckerei wurde wenige Jahre nachher ein Privilegium erteilt. Die
Cansteinsche Bibelanstalt ist durch die Anstrengungen des Barons CARL
HILDEBRANDT VON CANSTEIN durch gesammelte Beiträge gegründet. Bereits
1712 konnte das Neue Testament, 1713 die ganze Bibel gedruckt werden. v.
Canstein starb am 19. Juli 1719, worauf Francke die Anstalt übernahm,
die im Jahre 1713 ebenfalls eine eigene Buchdruckerei erhielt.

  [220] OSW. BERTRAM, Geschichte der Cansteinschen Bibelanstalt in Halle.
        1863. -- Die Stiftungen A. H. FRANCKES. Halle 1863. -- G.
        KRAMER, A. H. FRANCKE. Halle 1880. -- Ann. d. Typ. 1873, Nr. 204
        u. 205.

[Sidenote: O. Bertram [+] 10. April 1876.]

Eine neue Epoche für dieselbe begann mit der Gründung der Britischen
Bibelanstalt 1804 (S. 99) und der deutschen Hauptbibelgesellschaft.
Im Jahre 1830 konnte die erste Schnellpresse aufgestellt und 1839
eine Stereotypie eingerichtet werden. Die Zahl der von 1712-1872
gedruckten Bibeln und Neuen Testamente betrug nahe an sechs Millionen.
Seit dem Jahre 1860 sind die beiden Druckereien der Franckeschen
Stiftungen im Betrieb vereinigt (12 Schp.) unter der sicheren Leitung
des tüchtigen Buchdruckers C. BOBARD. Einen besonderen Aufschwung nahm
die Buchhandlung seit 1858 unter der umsichtigen Direktion von OSW.
BERTRAM, der sich auch um den Deutschen Buchdrucker-Verein sehr verdient
gemacht hat. Sein Nachfolger ist der durch seine höchst verdienstlichen
bibliopolischen Schriften bekannte AUG. SCHÜRMANN[221].

  [221] Die Usancen des deutschen Buchhandels. 2. Aufl. Leipzig 1867. --
        Magazin für den deutschen Buchhandel 1874-1876 u. a.

[Sidenote: Carl August Schwetschke * 29. Sept. 1756.]

[Sidenote: Dr. Carl Gust. Schwetschke * 5. April 1805, [+] 5. Okt. 1881.]

Ein angesehenes Geschäft ist das Gebauer-Schwetschkesche. CARL AUGUST
SCHWETSCHKE aus Glauchau kam 1783 als Faktor in die Buchhandlung der
Witwe HEMMERDE, welche ihn 1788 als Mitbesitzer aufnahm. Die Firma wurde
nun Hemmerde & Schwetschke und, als des letzteren Sohn CARL FERDINAND
im Jahre 1828 eintrat, SCHWETSCHKE & SOHN. Im Jahre 1820 war ihm die
Gebauersche Buchhandlung und Buchdruckerei zugefallen, die er als
besonderes Geschäft seit 1828 mit seinem jüngeren Sohne Dr. CARL GUSTAV
SCHWETSCHKE fortführte.

Bereits am 30. September 1878 konnte die Familie eine dreifache
Jubelfeier begehen, die des hundertjährigen Bestehens des Geschäfts,
die fünfzigjährige der geschäftlichen Wirksamkeit Dr. Gustavs und
die fünfundzwanzigjährige derjenigen seines Sohnes Carl Ferdinand.
Zu den bedeutenden Unternehmungen der Firma gehören: _Suidae Lexicon
graece et latine_ und _Freytagii Lexicon arabico latinum_. Dr. G.
Schwetschke erwarb sich einen bekannten und beliebten Namen durch seine
litterarischen Arbeiten[222].

  [222] Vorakademische Buchdruckergeschichte von Halle. 1840. -- _Codex
        nundinarius Germaniae literatae bisecularis_ 1850. -- In
        weiteren Kreisen fanden grossen Beifall seine prosaischen und
        poetischen Schriften in korrumpiertem Latein, darunter _Novae
        epistolae obscurorum virorum_.

Die frühere Bedeutung MAGDEBURGS als Druckplatz ging bald verloren.
Erst durch ED. HÄNEL (S. 281), dessen Etablissement noch heute
besteht, gewann es wieder einen Namen. Zu nennen sind besonders
das Etablissement von E. BAENSCH JUN. (10 Schp.) und die Druckerei
der Brüder ALEXANDER und ROBERT FABER, welche die in ihrem Verlage
erscheinende »Magdeburgische Zeitung«, die eine einflussreiche Stellung
und eine grosse Verbreitung erreicht hat, mit 3 Rotationsmaschinen und 5
Schnellpressen druckt.

[Sidenote: Fr. Vieweg [+] 25. Dez. 1835.]

[Sidenote: Ed. Vieweg * 15. Juli 1797, [+] 1. Dez. 1869.]

BRAUNSCHWEIG hat, obwohl nicht durch besondere örtliche Verhältnisse
begünstigt, eine ziemlich bedeutende Rolle in der deutschen Typographie
gespielt. Hier wirkte die Firma VIEWEG & SOHN, welche durch ihr Beispiel
grossen Einfluss auf die Fortschritte in der deutschen Bücherausstattung
geübt hat. Der Begründer des Geschäfts war FR. VIEWEG (1799), den
Höhepunkt erreichte dasselbe nach dem Beitritt des Sohnes HANS HEINRICH
EDUARD VIEWEG im Jahre 1825. Er war zu Berlin geboren und hatte sich für
seinen Beruf in Frankreich ausgebildet. In Paris schloss er eine für
das Leben dauernde Freundschaft mit dem berühmten Chemiker Justus v.
Liebig, die für Viewegs geschäftliche Wirksamkeit von grösstem Einfluss
wurde. Aus England brachte er die erste Columbiapresse nach Deutschland
und unternahm es, auf der Zorger Eisenhütte im Harz dergleichen Pressen
bauen zu lassen (S. 316).

[Sidenote: Einfluss Viewegs.]

Vieweg wurde ein Bahnbrecher für den guten typographischen Geschmack.
Durch die Verwendung des instruktiven Holzschnittes in einem Maasse, wie
früher nicht gekannt war, hat er ganz ausserordentlich zu der wahren
Popularisierung der Wissenschaft, welche nicht mit dem oberflächlichen
Naschen durch Hülfe zusammengeschriebener, sogenannter populärer
Litteratur verwechselt werden darf, beigetragen. Seine Druckwerke,
zu denen die eigenen Werkstätten die Schriften, die Holzschnitte
und das Papier lieferten, waren ein Spiegelbild seiner eigenen
Persönlichkeit. Alles durch und durch _gentlemanlike_: gediegenes
Innere in einfach nobler Hülle. Das ganze Viewegsche Institut erinnert
an die besten Werkstätten der früheren Blütezeit der Typographie mit
ihren begeisterten, nach einem festen Ziele strebenden Leitern. Für das
allgemeine Interesse des Buchgewerbes trat Vieweg stets mit Energie ein.
Er unterlag in seinem 73. Jahre langen und schweren Leiden. Das Geschäft
blüht fort und beschäftigt 14 Schnellpressen und 10 Handpressen.

[Sidenote: G. Westermann * 23. Febr. 1810, [+] 7. Sept. 1869.]

In ähnlicher Weise wie Vieweg wirkte GEORGE WESTERMANN, welcher mit
seiner 1838 gegründeten Buchhandlung 1845 eine Buchdruckerei vereinigte.
Beide Geschäftszweige gelangten zur vollen Blüte und die Westermannschen
Leistungen sind ebenso vorzüglich wie seine Offizin (15 Schp.) eine
schön eingerichtete ist. Unter seinen Verlagsunternehmungen sind am
bekanntesten seine nach amerikanischem Muster angelegten illustrierten
»Westermanns Monatshefte« (seit 1856). Durch E. Gäbler errichtete er
in Leipzig eine chemitypische Anstalt, in welcher er seine äusserst
billigen Kartenwerke herstellte. Von Langes Schulatlas ist bereits mehr
als eine Million Exemplare verbreitet.

Unter den Druckanstalten Braunschweigs nimmt auch die von JULIUS KRAMPE
(1 Rotm., 8 Schp.) einen angesehenen Platz ein. Die lithographische
Anstalt der Firma H. LITOLFF (8 Schp., 5 Hdp.) druckt den bedeutenden
Musikalien-Verlag der Firma.

[Sidenote: Dr. H. Meyer.]

An Braunschweig und die Firma JOH. HEINR. MEYER knüpft sich noch die
Erinnerung an einen Mann, der von den deutschen Typographen stets hoch
in Ehren gehalten zu werden verdient. Wie Vieweg auf dem praktischen
Wege bahnbrechend wirkte, so Dr. HEINRICH MEYER auf dem theoretischen
durch sein »Journal für Buchdruckerkunst«. Dasselbe wurde 1834
begründet, zu einer Zeit des regsten Schaffens auf allen graphischen
Gebieten. Kaum eine Woche verging, welche nicht eine Verbesserung,
eine neue Schrift, eine neue Maschine u. dgl. brachte. Das Verdienst,
alle diese Neuheiten nicht nur gewissenhaft registriert, beschrieben
und abgebildet, sondern auch ihrem wahren Werte nach unparteiisch und
nüchtern beurteilt zu haben, gehört Meyer. Fast immer war sein Urteil
zutreffend und die Zukunft lehrte gewöhnlich, wie recht er gehabt
hatte. In seiner Selbstlosigkeit war ihm die Sache alles; nie liess
er sich von persönlichen Sympathien bestechen oder von Antipathien
zu Ungerechtigkeiten hinreissen; sein Blatt blieb frei von allem
Koteriewesen. In seinem Urteil war er mild, konnte jedoch auch, wenn es
sein musste, gegen anmassende Dummheit derb, jedoch nie gehässig werden.

Dr. Meyer starb am 4. November 1863, schwerlich Feinde hinterlassend,
wohl aber viele Freunde, die seinen Hingang als einen schweren Verlust
für die deutsche Typographie betrauerten.

Nach seinem Tode litt das Blatt unter einem langen Schwanken in den
redaktionellen Verhältnissen, bis im Herbst 1872 THEODOR GOEBEL, an
Kenntnissen und Sammelfleiss Meyer ebenbürtig, die Redaktion antrat und
bis zum Herbst 1879 fortführte. Namentlich seine vielen ausführlichen
und sachkundigen Ausstellungsberichte bieten wichtige Beiträge zur Kunde
der Fortschritte auf allen graphischen Gebieten. Nach Goebels Rücktritt
folgte wieder eine Periode der Unsicherheit, bis das Blatt im Herbst
1881 in den Verlag und in die Redaktion von FERD. SCHLOTKE in Hamburg
überging.

Das »Journal für Buchdruckerkunst« wird bald sein fünfzigjähriges
Bestehen feiern können. Es bleibt die wichtigste Quelle für die
Geschichte der typographischen Entwickelung in dem letzten halben
Säkulum, in dessen Gewirr es einer späteren Generation schwer werden
würde, sich ohne seine Hülfe zurechtzufinden.


[Illustration]

                             XIII. KAPITEL.

                  DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.

  BERLIN: wachsende Bedeutung. Die Familie Decker, Unger Vater und Sohn,
    Gebr. Unger, Familie Spener, Reimer, Mittler u. a. Ed. Hänel-Gronau.
    Die Zeitungsdruckereien. Die Accidenzdruckereien. Die
    lithographischen und sonstigen Kunstanstalten. Breslau. Frankfurt a.
    O. Posen. Königsberg. Danzig. Stettin. Lübeck. Hamburg. Bremen.
    Hannover. Köln: Die Offizin der »Kölnischen Zeitung«.

[Sidenote: Allmähliche Fortschritte.]

Berlin hatte, als die neue Periode der Buchdruckerkunst anfing, noch
keine Bedeutung als Druckstadt; dieselbe zeigte sich erst nach und
nach unter der Regierung des grossen Königs, hielt jedoch immer noch
nicht Schritt mit der zunehmenden Bedeutung der Residenz eines mächtig
emporblühenden Landes.

[Sidenote: Die Hofbuchdrucker.]

Im Jahre 1757 wurde CHRIST. FRIEDR. HENNING zum zweiten deutschen
Hofbuchdrucker ernannt mit der Aussicht, die Stelle des ersten, CHR.
ALB. GÄBERTS, nach dessen Tode zu erhalten. Neben den »deutschen
Hofbuchdruckern« gab es auch »französische«. Den Titel eines solchen
hatte bereits 1696 ROBERT ROGER aus Amsterdam. In dem Jahre 1718 ging
Rogers Offizin in die Hände J. G. MICHAELIS über. Er sowohl als Henning
waren sehr tüchtige Buchdrucker, die einen wesentlichen Anteil an der
Hebung des typographischen Geschmacks in Berlin hatten.

[Sidenote: Die Familie Decker.]

Die berühmtesten Hofbuchdrucker gehörten jedoch der Familie DECKER an,
der eine so glänzende Rolle zufiel, wie wenigen in Deutschland[223].

  [223] AUG. POTTHAST, Die Abstammung der Familie Decker. Berlin 1863. --
        Börsenbl. f. d. d. B. Januar 1877. -- Ann. d. Typ. 1877, Nr. 388.

[Sidenote: Joh. Jac. I Decker * 1635.]

Die Familie stammt aus Eisfeld im Thüringschen. Der am 23. April
1596 geborne Georg Decker siedelte nach Basel über und erwarb 1635
durch Heirat mit der Witwe des Buchdruckers Johann Schröter dessen
Offizin, die er so rasch zur Blüte brachte, dass er bereits 1636 zum
Universitätsbuchdrucker ernannt wurde. Sein Sohn und Nachfolger JOHANN
JACOB I zog 1680 mit einem Teile der Druckerei nach Neu-Breisach, um
Drucker des dortigen französischen Gerichtshofes zu werden.

[Sidenote: Joh. Jac. II Decker * 1666, [+] 1726.]

[Sidenote: J. Heinr. I Decker * 18. März 1679, [+] 29. Dez. 1741.]

Von dessen beiden Söhnen JOHANN JACOB II und HEINRICH I führte der
erste, als der Vater nach Breisach übersiedelte, das Geschäft in Basel
fort und behielt nach dessen Tode im Interesse der Familie die Leitung,
erwarb jedoch ausserdem die dortige Ludinsche, früher Henric Petrische
Offizin. Der Bruder Joh. Heinrich I gründete in Colmar, welches durch
den Ryswicker Frieden 1697 französisch geworden war, eine Offizin, um
Regierungsarbeiten zu drucken.

[Sidenote: Joh. Heinr. II Decker.]

Der kinderlose JOH. JACOB II vermachte sein Geschäft dem JOH. HEINRICH
II, Sohn des Heinrich I, welcher ausserdem mit Erfolg das Colmarer
Geschäft fortsetzte. Leider wurde er durch einen Verwandten zur Gründung
einer Papierfabrik veranlasst, welche ihn in Verlegenheiten und
Verdriesslichkeiten verwickelte, die ihn so erschütterten, dass er in
einen Zustand von Geistesschwäche verfiel, unter welchem das Geschäft
fast zugrundeging.

[Sidenote: G. Jac. I Decker * 12. Febr. 1732, [+] 17. Nov. 1799.]

Johann Heinrich II hatte zwölf Kinder, unter diesen GEORG JACOB I.
Derselbe lernte die Buchdruckerei, studierte dann in Strassburg, wo
er im Hause seines Oheims, des bekannten Geschichtschreibers der
Typographie, Joh. Schöpflin, gute Aufnahme und Nahrung für seine Liebe
zur Typographie fand. Im Jahre 1750 ging Georg Jacob auf Reisen und kam,
nachdem er vergeblich Aufnahme in der Breitkopfschen Offizin in Leipzig
gesucht hatte, nach Berlin, wo er sechs Monate in der Henningschen
Druckerei arbeitete.

[Sidenote: Joh. Grynäus.]

Ein französischer Emigrant ARNOLD DUSSARRAT hatte 1713 Konzession für
eine französische Buchdruckerei erhalten, welche sich 1721 in den Händen
des JOHANN GRYNÄUS aus Basel befand. Letzterer kam, obwohl ein tüchtiger
Mann, nicht vorwärts, und die Druckerei befand sich bei seinem Tode 1740
in misslicher Lage. Als Helfer trat nun Georg Jacob heran, der mit der
Tochter des Grynäus, Louise Dorothea, einen Bund des Herzens geschlossen
hatte. Nachdem er erst Ordnung in die verwickelten Angelegenheiten
des väterlichen Geschäfts in Basel gebracht hatte, infolge welcher
das Colmarer Haus auf den Bruder Johann Heinrich III überging, dessen
Nachkommen noch in Besitz des dortigen angesehenen Geschäfts sind,
übernahm Georg Jacob die alleinige Leitung der Grynäusschen Offizin
und wurde 1756 Mitbesitzer, wodurch sich die Firma in GRYNÄUS & DECKER
änderte.

[Sidenote: Grynäus & Decker.]

Der nun folgende rasche Aufschwung konnte nicht einmal durch
den siebenjährigen Krieg gehemmt werden, da die grosse Zahl von
Flugschriften und Neuigkeitsblättern eine lebendige geschäftliche
Bewegung veranlasste. Nach dem Einzug der Russen in Berlin hielt
der verschiedentlich kompromittierte Decker es jedoch für geraten,
zeitweilig die Stadt zu verlassen.

Im Jahre 1763 wurde er alleiniger Inhaber des Geschäfts und von nun war
sein Glück in stetem Wachsen. Er erhielt das Direktoriat der für das
Lotto errichteten königlichen Druckerei mit einem Gehalt von 300 Thalern
und nach erfolgtem günstigen Urteil der Akademie der Wissenschaften den
Titel eines Hofbuchdruckers mit der Anwartschaft auf die klingenden
Vorteile eines solchen. Die Versuche Deckers, diese Stellung sich
erblich zu sichern, strandeten damals, ohne dass er deshalb den Gedanken
daran aufgab.

[Sidenote: Schriftgiesserei in Berlin.]

[Sidenote: Decker erblicher Hofbuchdrucker.]

Mit der Schriftgiesserei in Preussen war es noch schlecht bestellt.
Seit Thurneyssers Anlauf (I, S. 152) war Berlin bis 1743 ohne
Schriftgiesserei, und spätere Versuche waren nicht günstig abgelaufen.
Das war für Decker ein günstiger Moment. Er kaufte die besten
Baskervilleschen und Fournierschen Matern und liess einen gut geschulten
Faktor kommen, versprach auf seine Kosten eine tüchtige Schriftgiesserei
einzurichten und »alle französischen Bücher von Wert nachzudrucken,
wodurch viel Geld dem Lande erhalten werden würde«. Dies schlug bei
dem König, dem der _nervus rerum_ stets wichtig war, durch, und am 4.
Januar 1769 erhielt Decker die erbliche Würde eines Hofbuchdruckers,
ausserdem ein Privilegium für die nachzudruckenden Bücher. Der König
blieb Decker stets gewogen und gehörte als Schriftsteller zu dessen
Kunden; eine solche war auch die Königin Elisabeth Christine, die sich
mit der Herausgabe frommer Bücher beschäftigte.

[Sidenote: Aufblühen des Verlagsgeschäfts.]

Das frischere geistige Leben, welches seit dem Hubertusburger Frieden
1763 in Berlin pulsierte, unterliess nicht, seinen Einfluss auf das
Deckersche Geschäft zu üben. Georg Jacob trat in Verbindung mit den
vielen schriftstellerischen Berühmtheiten und fing nun 1769 selbst an
zu verlegen, und zwar mit einem solchen Eifer, dass die Zahl seiner
Verlagsartikel bald an 400 betrug. Damals begann auch allgemein eine
bessere Ausstattung der Bücher; selten erschien ein solches ohne Zuthat
bildlichen Schmuckes namentlich unter der Mitwirkung Chodowieckis.
Die Druckerei war hierdurch und durch fremde Arbeiten so stark
beschäftigt, dass Decker viele Aufträge auswärts ausführen lassen
musste. Als Verleger ging er jährlich zweimal zur Messe nach Leipzig,
wo er in freundschaftlichem, zugleich geschäftlichem Verkehr mit
Bernhard Breitkopf, später mit dessen Sohn Immanuel, stand. Das Baseler
Geschäft wurde von ihm und dem Bruder in Colmar der Direktion eines
Geschäftsführers überlassen.

[Sidenote: Gunst Friedrich Wilhelms II.]

Nach dem Tode Friedrichs II. 1786 bestätigte der König Friedrich Wilhelm
II. nicht allein die Privilegien Deckers, sondern er hatte ausserdem
Decker und der Vossschen Buchhandlung das Recht gewährt, französische
und ins Deutsche übersetzte Werke Friedrich des Grossen zu drucken unter
der Bedingung, dass sie in einer besonderen, im königlichen Schlosse zu
Potsdam dazu angewiesenen Lokalität hergestellt wurden. Decker stellte
schleunigst zehn und dann noch weitere zehn Pressen auf und schon im
Frühjahr 1789 waren die 25 Bände der Werke gedruckt. Der König war mit
der raschen Ausführung so zufrieden, dass er Decker, als besonderen
Beweis seiner Gnade, für sich und seine Erben für alle Zeiten zum
Geheimen Ober-Hofbuchdrucker ernannte. Die Ausgabe genügte jedoch nicht
in derselben Weise den Anforderungen der Kritik. Die Redaktion war
eine des grossen Autors ganz unwürdige. Hierdurch und auf Grund von
Nachdrucken wurde das Unternehmen für die Verleger ein verfehltes.

[Sidenote: Letzte Jahre G. Jacobs I.]

Das Ziel von Deckers Ehrgeiz war erreicht. Das Glück hatte ihn im
Geschäft und in der Familie begünstigt. Vier Töchter verheirateten sich
mit Männern von Fach, den Brüdern Christ. Spener und Joh. Carl Spener,
dem Buchhändler H. A. Rottmann und dem berühmten Schriftgiesser Wilh.
Haas d. ä. in Basel. Der Mann der fünften Tochter, Ph. Rosenstiel, war
zwar Oberfinanzrat, spielte jedoch auch in der geschäftlichen Geschichte
der Familie eine Rolle.

Beim Eintritt in sein 60. Jahr am 25. Juni 1792 überliess Georg Jacob I
seinem Sohne GEORG JACOB II sein Geschäft käuflich und führte im Kreise
der Seinigen sowie von Künstlern und Männern der Wissenschaft ein,
wennauch mit körperlichen Leiden verbundenes so doch heiteres Leben, bis
der Tod den Achtundsechzigjährigen am 17. November 1799 abrief.

[Sidenote: Georg Jacob II * 9. Novbr. 1765, [+] 26. Aug. 1819.]

Der Sohn Georg Jacob II hatte die Buchdruckerei im väterlichen Hause
und bei H. G. Effenbart in Stettin, den Buchhandel bei Treuttel & Würtz
in Strassburg gelernt und sich auf längeren Reisen weiter ausgebildet.
Teilhaber des Geschäfts war er bereits 1788 geworden.

[Sidenote: Zensurschwierigkeiten.]

Ihm sollte das Leben nicht ohne schwere Sorgen und harte Prüfungen
verlaufen. Ein Hemmnis für die Verlagsthätigkeit Deckers wie für den
ganzen Buchhandel wurden die schon im Jahre seines Eintritts in das
Geschäft 1788 erfolgenden Edikte des Ministers Wöllner, die besonders
empfindlich die Zeitungen trafen, von welchen eine nach der andern
einging. Die Verlagshandlung wurde von der Druckerei getrennt und in
die Hände Rottmanns, unter dessen Firma, gelegt, dafür wurde aller
Fleiss und jede Mühe auf die Verbesserung der Buchdruckerei und der
Schriftgiesserei seitens Georg Jacob d. j. verwendet. Er schaffte Matern
von Bodoni, W. Haas und Didot an, sowie das beste Material für die Typen
und die Farbe.

[Sidenote: Das Posener Geschäft.]

Die Regierung wünschte in dem durch die zweite Teilung Polens ihm
zugefallenen Posen die Anlage einer Druckerei. Decker kam den
vertraulichen Aufforderungen nach. Das Unternehmen machte ihm jedoch
viele Sorgen und ging 1819 in die Hände des Schwagers Deckers,
Rosenstiel, für dessen Sohn über.

[Sidenote: Kalamitäten des Baseler Geschäfts.]

Noch grössere Sorgen sollte ihm das Baseler Geschäft bereiten. In
dieses hatte er einen sehr talentvollen, jedoch extravaganten Mann,
Maximilian Schoell, erst als Disponent, dann als Teilhaber aufgenommen,
der, nicht zufrieden mit der buchhändlerischen Wirksamkeit, Decker
in Banquierunternehmungen verwickelte und ihn in ein seine Existenz
bedrohendes Meer von Sorgen stürzte, so dass dieser noch froh sein
musste, das Baseler Geschäft mit einem Verlust von 180000 Livres an den
dortigen Buchdrucker und Verleger Thurneisen übergeben zu können.

[Sidenote: Die Notjahre Preussens.]

Auch in Berlin sollten schwere Schläge nicht ausbleiben. Die
fortwährende Ausdehnung des dortigen Geschäfts hatte den Erwerb eines
schönen Grundstückes in der Wilhelmstrasse veranlasst. Die Notjahre
Preussens konnten jedoch nicht spurlos an Decker vorübergehen. Keine
Schwierigkeiten vermochten indessen seine Energie und Anstrengungen
für die technischen Fortschritte in der Druckerei zu schwächen. So
war er der erste in Berlin, der die grossen Erfindungen der Neuzeit,
die Lithographie, die eiserne Presse, die Stereotypie einführte, mit
seinem Schwager Spener der erste in Deutschland, der eine Schnellpresse
erwarb. Die Freude, letztere in Gang zu sehen, als Lohn für seine dabei
bewiesene Opferwilligkeit, war ihm nicht beschieden.

[Sidenote: Tod G. Jacob II Deckers.]

So überstand Decker rüstig und mutvoll kämpfend die schweren Jahre,
obwohl er während der französischen Okkupation an 80000 Thaler Lasten
und Verluste zu tragen hatte. Vom Jahre 1813 aber trat wieder eine so
starke Beschäftigung ein, dass er sich für die gehabte Not reichlich
entschädigt sah. Nach langen Leiden entschlief er am 26. August 1819.

Über acht Jahre lang wurde das Geschäft unter Vormundschaft vortrefflich
weiter geleitet, bis am 31. Januar 1828 der jüngste Sohn Rudolf Ludwig
nach erreichter Volljährigkeit mit dem älteren Bruder CARL GUSTAV (der
älteste der Brüder war bereits gestorben) das Geschäft übernahm, welches
nach dem bereits 1829 erfolgenden Tode Carl Gustavs dem Rudolf allein
zufiel.

[Sidenote: Rudolf Decker * 8. Jan. 1804, [+] 12. Jan. 1877.]

RUDOLF DECKER war durch eine vorzügliche technische und
wissenschaftliche Ausbildung auf das beste für seinen Beruf vorbereitet
und widmete sich mit vollem Eifer demselben. Durch ihn erreichte der Ruf
des Hauses seinen Höhepunkt.

Seine Aufmerksamkeit war namentlich der Schriftgiesserei gewidmet, in
welcher er sich sowohl im väterlichen Hause, wie in der Schriftgiesserei
Molé in Paris tüchtige Kenntnisse erworben hatte. Mit besonderer
Vorliebe pflegte er die Fraktur (S. 285). Die Bestrebungen der
Schriftgiesserei fanden Ausdruck in der grossen für die erste
Londoner Ausstellung 1851 angefertigten und später vervollständigten
Schriftprobe. Die Akademie der Wissenschaften in Berlin übertrug
Decker den Schnitt ihrer koptischen, arabischen, Sanskrit- und anderen
orientalischen Schriften, die in fast allen Universitätsbuchdruckereien
eingeführt wurden. Für diese Arbeiten wirkten die Schriftschneider
Beyerhauss, J. Schilling, Wotze, Schultz, Krumwiede u. a.

[Sidenote: Prachtwerke.]

[Sidenote: _[Oe]uvres de Frédéric le Grand._]

Die Druckerei blieb nicht zurück, und lieferte Werke, die für alle
Zeiten ihren Rang behaupten werden. Anlässlich der Gutenbergfeier
1840 wurde das Prachtwerk »Zwanzig alte Lieder von den Nibelungen«
herausgegeben von Prof. Carl Lachmann mit eigens dazu in Annäherung
an die gothische Schrift geschnittenen Typen gedruckt. Eine wahre
Zierde der deutschen Druckkunst und Xylographie ist die Jubelausgabe
der _[Oe]uvres de Frédéric le Grand_, 30 Bände Quart, durch welche
die redaktionellen Fehler der ersten Ausgabe in gelungenster Weise
gutgemacht wurden. Die Redaktion leitete auf Veranlassung des Königs
Friedrich Wilhelm IV. Professor Preuss. Das Werk, mit den trefflichsten
Holzschnitten von Unzelmann und den Brüdern Vogel nach den genialen
Zeichnungen Menzels geschmückt, wurde in 200 Exemplaren gedruckt, die
nur zum Verschenken bestimmt waren. Nichts wurde an Arbeit, Material und
Kosten verabsäumt, um ein wahres Meisterwerk zu schaffen, welches, 1844
begonnen, erst nach dem Tode des königlichen Förderers 1860 vollendet
wurde[224].

  [224] Durch eine mit allerhöchster Erlaubnis dem Buchhändler Rud.
        Wagner in Berlin gestattete Ausgabe der Holzschnitte, welche ganz
        vorzüglich in der Staatsdruckerei ausgeführt wurde, sind diese
        glänzenden Schöpfungen Menzels dem Publikum seit dem Jahre 1882
        zugänglicher geworden.

[Sidenote: Das Neue Testament.]

[Sidenote: Das Krönungswerk.]

Ein Druckwerk ersten Ranges ist ebenfalls das nur in 80 Exemplaren
für die Londoner Ausstellung ausgeführte »Neue Testament« nach Luther
in gr. Folio mit bildlichem Schmuck von Cornelius und Kaulbach. Als
eine »grosse« Leistung in den verschiedenen Bedeutungen des Wortes
ist die Krönung I. M. des Königs Wilhelm und der Königin Augusta am
18. Oktober 1861 zu nennen. Das Buch hat eine Höhe von 74 cm und eine
Breite von 53 cm; aufgeschlagen bedeckt es eine Tischfläche von 7844
[Quadrat]cm. Die 135 Blätter des Buches sind einzeln gedruckt und auf
Falz geklebt. Typographisch konnte das Werk nicht besser ausgeführt
sein, als geschehen. Die edle Einfachheit verdient volles Lob. Von den
genealogischen Tafeln misst die eine in der Länge 416 cm. Kopf- und
Schlussvignetten sind dem einfachen Stil des Werkes angepasst. Das Buch
hat eine besonders interessante Geschichte. Zweimal wurde der Druck
durch Kriege unterbrochen und als es im Sommer 1872 erschien, konnte der
Bericht über die Krönung des preussischen Königs Wilhelm dem deutschen
Kaiser Wilhelm dediziert werden.

[Sidenote: Lieder des Mirza Schaffy.]

Rudolf von Deckers -- denn er war anlässlich des hundertjährigen
Bestehens des Hauses in den Adelsstand erhoben -- letzte typographische
That war die Jubelausgabe der »Lieder des Mirza Schaffy«, ein
Prachtwerk, in welchem die Leistungen der Typographie und der
Chromolithographie sich den Rang streitig machen.

Doch nicht nur die Prachtwerke, sondern jede auch die gewöhnlichste
Arbeit wurde mit der grössten Sorgfalt behandelt. So waren das Coursbuch
und nicht minder die demselben beigegebene typographisch ausgeführte
Eisenbahnkarte, eine Arbeit des späteren Frankfurter Buchdruckers A.
Mahlau, ganz vorzügliche Leistungen. Zu dem umfangreichen Geschäft
erwarb R. Decker im Jahre 1852 noch die Papierfabrik Eichberg in
Schlesien.

Wennauch das Verhältnis zu der Regierung dem Deckerschen Geschäft
ausserordentliche Vorteile brachte, so lässt es sich andererseits nicht
in Abrede stellen, dass die Reihe der Besitzer ernstlich bemüht war,
ihre Anstalt auf eine Stufe, die einer solchen bevorzugten Stellung
entsprach, zu bringen und auf einer solchen zu erhalten[225].

  [225] Die letzte Wandlung der Anstalt wird weiter unten zu behandeln
        sein.

[Sidenote: J. G. Unger * 26. Okt. 1715, [+] 15. Aug. 1788.]

[Sidenote: J. F. Unger * 1753, [+] 26. Dezb. 1804.]

Unter den älteren Buchdruckereien Berlins aus dieser Periode werden
mit besonderer Achtung Unger Vater und Sohn genannt. Ersterer, JOHANN
GEORG UNGER, bei Pirna geboren, kam 1740 als Drucker nach Berlin. Er
etablierte sich hier als Formenschneider und starb als angesehener
Künstler[226]. Der Sohn JOHANN FRIEDRICH UNGER erfreute sich ebenfalls
eines guten Rufes als Formenschneider, erwarb 1780 eine Buchdruckerei
und legte 1791 eine Schriftgiesserei an, namentlich um die Didotschen
Schriften allgemein einzuführen, welche damals so sehr beliebt waren,
dass die Fraktur Gefahr lief, von ihnen verdrängt zu werden (S. 283).
Später wendete sich jedoch Unger, wie früher Breitkopf, der Fraktur zu,
suchte aber das Heil für diese auf einem Irrwege durch Annäherung ihrer
Formen an die runde Antiqua. In dieser Weise schuf er die sogenannten
Ungerschen Lettern und liess diese durch Joh. Chr. Gubitz, den er aus
der Breitkopfschen Offizin in Leipzig engagiert hatte, schneiden, welche
Schriften sich jedoch nicht einbürgern wollten[227]. Im Jahre 1800 wurde
Unger zum Professor ernannt. Nach seinem Tode konnte die Witwe trotz
all ihrer Tüchtigkeit und Arbeitsamkeit doch nicht das weitverzweigte
Geschäft in dem bisherigen Schwung erhalten. Während der Drangsale der
Kriegsjahre verfiel es nach und nach und gelangte 1821 zum grossen Teil
in den Besitz von TROWITZSCH & SOHN, die den grössten Kalenderverlag
haben und mit der umfangreichen Buchdruckerei (9 Schp.) eine bedeutende
Schriftgiesserei verbinden.

  [226] J. FR. UNGER, Denkmal eines Berlinischen Künstlers und braven
        Mannes, von seinem Sohne. Berlin 1789.

  [227] J. FR. UNGER, Probe einer neuen Art deutscher Lettern. Berlin
        1793. -- Die zweite Probe erschien unter der Form: »Die neue
        Cäcilia«, 1794. Unger schrieb ferner: »Etwas über die Holz- und
        Formschneidekunst«.

[Sidenote: Gebr. Unger.]

Mit der genannten Familie Unger stehen die Gründer der Firma GEBR.
UNGER in keiner verwandtschaftlichen Beziehung. OTTO LUDWIG UNGER[228]
und JUL. FERD. UNGER erwarben 1824 die von F. W. MAAS gegründete
Buchdruckerei. Der Sohn des Julius, CARL JOH. FRIEDR. UNGER, ward 1856
Hofbuchdrucker. Die an orientalischen Schriften reiche Offizin lieferte
viele vorzügliche Werkdrucke.

  [228] Schrieb flüchtige Blicke auf die letzten 40 Jahre der
        Buchdruckerkunst. Berlin 1840.

Die von CHR. S. SPENER 1773 erworbene Buchdruckerei ging bei dessen Tod
1813 auf seinen Bruder J. K. PH. SPENER über, der mit derselben 1815
die, 1785 gegründete, vorzügliche Offizin von G. H. WEGNER vereinigte.
Wie erwähnt, führte er zugleich mit Decker die Schnellpresse in Berlin
ein (S. 308). 1826 gingen das Geschäft und die »Berlinischen Nachrichten
von Staats- und gelehrten Sachen« in den Besitz des Bibliothekars Dr. S.
H. SPIKER über.

[Sidenote: G. A. Reimer * 27. Aug. 1776, [+] 26. April 1842.]

[Sidenote: C. Reimer [+] 29. Juli 1859.]

G. A. REIMER aus Greifswalde war eine der Zierden des deutschen
Buchhandels, ebenso bekannt durch seine patriotische Gesinnung als seine
geschäftliche Tüchtigkeit. Im Jahre 1817 legte er eine Buchdruckerei für
seinen eigenen Bedarf an. Zu seinem bedeutenden Verlag erwarb er noch
die Weidmannsche Buchhandlung in Leipzig und gehörte somit sowohl Berlin
als Leipzig an. Der Weidmannsche Verlag ging 1830 auf den ältesten Sohn
CARL REIMER über, der ihn, zuerst im Verein mit seinem Schwager Salomon
Hirzel, dann allein fortsetzte. Im Jahre 1855 verlegte C. Reimer das
Geschäft nach Berlin.

[Sidenote: E. S. Mittler * 26. Jan. 1785.]

E. S. MITTLER aus Halle war einer der tüchtigsten und beliebtesten der
deutschen Buchhändler. Im Jahre 1816 übernahm er, erst als Leiter, dann
als Besitzer, die Buchdruckerei seines Schwiegervaters WILHELM DIETERICI
und druckte seinen eigenen meist aus Militaria bestehenden Verlag. Im
Jahre 1862 nahm er seinen Enkel Dr. TH. TÖCHE als Teilnehmer auf, der
nach Mittlers Tode das Geschäft mit aller Energie fortsetzt.

Die DRUCKEREI DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (jetzt unter Leitung
von G. VOGT) ist an Umfang nicht bedeutend, jedoch reich an seltenen
Schriften, mit welchen die Werke der Akademie gedruckt wurden, darunter
Schotts chinesische Grammatik.

[Sidenote: Ed. Hänel * 1804, [+] 16. Aug. 1856.]

Auf die Verdienste ED. HÄNELS ist bereits oben (S. 281) hingewiesen.
Er war in Magdeburg geboren, wo sein Vater C. J. HÄNEL königl.
Hofbuchdrucker war, hatte sich in England tüchtig ausgebildet und
ging später nach Paris und Belgien. 1835 druckte er die preussischen
Kassenanweisungen, zu welchem Zweck er eine Zweiganstalt in Berlin
etablierte. Nachdem das Magdeburger Geschäft durch Feuer verheert
worden war, zog er ganz nach Berlin und überliess seinem Bruder ALBERT
das Magdeburger Etablissement. Das Berliner Geschäft, welches er 1852
an CARL DAVID verkauft hatte, kam nach einigen Wandlungen 1864 in die
festen Hände WILH. GRONAUS, der es im Hänelschen Geiste fortführt und
namentlich der Schriftgiesserei seine Thätigkeit zuwendet.

[Sidenote: J. Sittenfeld * 1801.]

[Sidenote: Carl Schultze * 30. Juli 1821.]

Im Jahre 1835 kaufte JUL. SITTENFELD eine kleine Buchdruckerei, die er
schnell in die Höhe brachte. Die Offizin war im Hebräischen besonders
leistungsfähig; unter anderen druckte er den Talmud in acht Foliobänden.
Der jetzige Besitzer (Dr. O. LÖWENSTEIN) hat das Geschäft bedeutend
erweitert (15 Schp., 200 Arb.). Die Buchdruckerei von C. F. AMELANG
ging durch Kauf auf CARL SCHULTZE über. Er richtete dieselbe besonders
auf den Druck schwieriger wissenschaftlicher, namentlich orientalischer
Schriften ein.

[Sidenote: Der Zeitungsdruck.]

Ein sehr bedeutender Teil der Druckkräfte Berlins wird durch das
Zeitungsgeschäft in Anspruch genommen, indessen haben die einzelnen
Blätter nicht solchen Umfang und Verbreitung, dass man dort
Zeitungsdruckereien wie in England und Amerika aufweisen könnte, selbst
Blätter von dem Umfang und dem Einfluss wie die »Kölnische Zeitung« und
die »Neue Freie Presse« besitzt Berlin nicht. Im allgemeinen lassen
Druck, Papier und Korrektheit der Zeitungen viel zu wünschen übrig.
Das verbreitetste Blatt war 1880 das »Berliner Tageblatt« mit 70000
Abnehmern. Diesem kamen am nächsten »Berliner Zeitung«, »Volkszeitung«,
»Vossische Zeitung« mit zwischen 20-30000 Exemplaren; dann folgten
»Staatsbürger-Zeitung«, »Berliner Börsenzeitung«, »National-Zeitung« in
15-20000 Auflage. Von Rotationsmaschinen besitzt Berlin 19. Die Zahl
der Journale beträgt etwa 478, darunter 43 amtliche, 66 politische. Der
Zeitungsdebit durch die Post bezifferte sich 1880 auf etwa 80 Millionen
Nummern.

Zu den bedeutendsten Zeitungsdruckereien gehört die von LESSING
(»Vossische Zeitung«) mit 2 Rotations-, 4 Doppelmaschinen, nebst
5 Stereotyp-Apparaten; ED. KRAUSE (15 Schp. »Nationalzeitung«,
»Bank- und Handelszeitung«, »Kladderadatsch«, »Wolffs Depeschen«
u. a.); NORDDEUTSCHE BUCHDRUCKEREI UND VERLAGS-ANSTALT (12 Schp.
»Norddeutsche Allgemeine Zeitung«, »Reichsanzeiger« u. a.); R. MOSSE
(18 Schp. »Berliner Tageblatt« etc.); BÜXENSTEIN (3 Rotm. und 21 Schp.
»Börsen-Courier«, »Gerichtszeitung«, »Neue Volkszeitung«); ADAM WILH.
HAYNS ERBEN (9 Schp. »Berliner Intelligenzblatt«); die Buchdruckerei der
»Berliner Börsenzeitung« (10 Schp.).

Der Illustrationsdruck war bis jetzt nicht die starke Seite der
Berliner Offizinen, doch dürfte bei dem Umstand, dass mehrere der
grossen Berliner illustrierten Blätter in Leipzig gedruckt werden,
neben dem guten Druck noch andere geschäftliche Verhältnisse mitreden.
Die verbreitetsten sind: der von L. Schaefer gegründete »Bazar«, jetzt
im Besitz einer Aktiengesellschaft; F. Lipperheides »Modenwelt«;
»Das Berliner Modenblatt«, die »Illustrierte Frauenzeitung«. Von
den politischen Witzblättern fand der »Kladderadatsch« eine grosse
Verbreitung.

[Sidenote: Der Accidenzdruck.]

Auch das Accidenzfach war bis vor nicht langer Zeit in Berlin etwas
vernachlässigt und ausser Hänels Druckerei hatte keine einen besonderen
Ruf auf Grund von Accidenzarbeiten. In jüngster Zeit ist dies vielfach
anders geworden. Ein grosses Ansehen geniesst W. BÜXENSTEIN (S. 286),
dessen neu eingerichtete mit Lithographie verbundene Buchdruckerei
vorzügliches im Accidenz- und Illustrationsdruck liefert. In letzterer
Richtung erwarb sich W. MÖSER (13 Schp.) einen sehr guten Namen.
Auch GEBR. GRUNERT lieferten höchst beachtenswertes im Accidenz- und
Luxusdruck. Ein eigentümliches Accidenzgeschäft ist das der GEBR.
LITFASS, welches sich namentlich dem Plakatdruck widmet und das Monopol
der Anschlagesäulen besitzt. Während der Kriegszeit 1870 befand sich das
»Depeschenhaus« im andauernden Belagerungszustand, denn von Litfass'
Offizin aus gingen die lakonischen aber inhaltsschweren Telegramme »aus
dem Hauptquartier« in das Publikum.

[Sidenote: Der Letteverein.]

Wollten wir alle grösseren Druckereien Berlins nennen, würden wir
Seiten damit füllen, hier sei nur noch erwähnt die Aktiengesellschaft
LETTEVEREIN, welche unter der Direktion von C. Janke dessen frühere
Offizin als Frauendruckerei seit 1875 im Gang erhält; sie beschäftigt 45
weibliche, 20 männliche Arbeiter und 7 Schnellpressen.

Zuletzt ist noch die im Range erste Druckerei Deutschlands zu erwähnen.

[Sidenote: Die Preussische Staatsdruckerei und die Reichsdruckerei.]

Seit dem 1. April 1879 ist das Reich im Besitz einer REICHSDRUCKEREI,
entstanden aus einer Verschmelzung der Deckerschen geheimen
Oberhofbuchdruckerei mit der königlich preussischen Staatsdruckerei.

[Sidenote: Kgl. Preuss. Staatsdruckerei.]

Letztere, verhältnismässig junge Druckanstalt hatte sich einen sehr
guten Ruf erworben. Früher wurden die preussischen Banknoten und
Kassascheine, wie erwähnt, bei Ed. Hänel und auch in der Deckerschen
Offizin ausgeführt. Eine Zentralisation der Regierungsarbeiten wurde
jedoch als notwendig erachtet und durch Kabinettsordre vom 30. August
1851 die KÖNIGLICHE STAATSDRUCKEREI für Anfertigung von Wertpapieren ins
Leben gerufen. Nach Auflösung des Königlichen Lithographischen Instituts
fiel der Staatsdruckerei auch die Herstellung der Generalstabskarten zu.

[Sidenote: Reichsdruckerei.]

Im Jahre 1877 am 1. Juli wurden die Deckerschen Grundstücke und
die Oberhofbuchdruckerei für die Summe von 6780000 Mark vom Reich
angekauft. Von dieser Summe kamen auf die letztere 1780000 Mark.
1879 am 1. April beschloss der Reichstag, die Königlich Preussische
Staatsdruckerei für die Summe von 3573000 Mark für das Reich zu
erwerben und mit der Deckerschen Offizin zu einer Reichsdruckerei zu
vereinigen. Die Lokalitäten der Staatsdruckerei in der Oranienstrasse
wurden in zweckmässiger, auch äusserlich imponierender Weise umgebaut
und beide Druckereien im eigentlichen Sinne des Wortes verschmolzen,
denn die ganzen Schriftenvorräte von 333000 Kilo wurden ins Zeug
geworfen und umgegossen, weil die Systeme der beiden Offizinen nicht
mit einander stimmten, zugleich wohl auch, weil vieles veraltet war.
Auch neue Maschinen wurden angeschafft, so dass die Reichsdruckerei
augenblicklich mit einem Werte von etwa sieben Millionen Mark angesetzt
wird. Ob, wenn einmal das Reich eine eigene Druckerei haben musste,
eine solche nicht von neuem viel zweckmässiger und viel billiger hätte
hergestellt werden können, ist nunmehr allerdings eine müssige Frage.
Jetzt bleibt mehr zu wünschen, als zu hoffen, dass diese Anstalt sich
streng auf diejenigen Arbeiten beschränken werde, welche wirklich
nur die Bedürfnisse der Reichsregierung befriedigen. Nach manchen
Zeichen zu urteilen, beabsichtigt man jedoch, aus der Reichsdruckerei
eine Art von Vorbild für die deutsche Typographie zu schaffen, wie es
seinerzeit die Wiener Staatsdruckerei für Österreich war, wobei man
jedoch vollständig vergisst, dass erstere seit lange mündig geworden.
Selbst die Herstellung der schwierigsten orientalischen Werke, diese
Ausstellungs-Paradepferde der Staatsanstalten, mit Ausnahme der
vortrefflichen St. Petersburger Wertpapierdruckerei, hat sich in den
Privatdruckereien Deutschlands in einer Weise ausgebildet, dass es
nur als eine Schädigung der ohnehin durch die starke gegenseitige
Konkurrenz bedrohten Privatinteressen betrachtet werden müsste, wenn der
Staat ihnen Konkurrenz bereiten sollte.

Die Anstalt beschäftigt 700 Personen, besitzt 55 Schnellpressen, 18
Handpressen und über 200 Hülfsmaschinen. In runder Summe werden jährlich
100 Millionen Bogen gedruckt und über 800 Millionen Poststempel und
andere Wertzeichen zu einer Gesamtsumme von etwa 123 Millionen Mark,
ferner etwa 3-1/2 Millionen Stück Reichsbanknoten, Kassenscheine und
andere Papiere, die einen Wert von nahe an einer Milliarde für die
Besitzer repräsentieren.

Das Budget von 1881-82 ergab eine Einnahme von 3240000 Mark, eine
Ausgabe von 2221980 Mark, doch da hiervon über 700000 Mark Zinsen
und Abschreibungen abgehen und die Stellung der Preise bei Mangel
an Konkurrenz keine geschäftliche Bedeutung hat, so ist es schwer
zu sagen, wie es mit der Rentabilität, wenn mit den Leistungen von
Privatdruckereien verglichen, sich verhält.

Die Reichsanstalt ist unter der bisherigen vorzüglichen Leitung der
Königlich Preussischen Staatsdruckerei geblieben, die Direktion hat
somit Herr Geheimrat BUSSE, die technische Führung Herr E. RINGER. Die
neuesten, künstlerisch wenig befriedigenden Produktionen, die Fünfzig-,
Zwanzig- und Fünfmarkscheine, sind auf Papier gedruckt, in dessen Masse,
nach dem in Amerika angewendeten Verfahren, farbige Fasern strichweise
hineingearbeitet sind. Das Papier wurde unter Aufsicht von Beamten
der Reichsdruckerei von Gebr. Ebart in Spechthausen bei Eberswalde
angefertigt. Über die Untrüglichkeit des Systems wird gestritten.

[Sidenote: Lithographie.]

Berlin ist der Hauptsitz für den lithographischen Farbendruck geworden
in seinen verschiedenen Zweigen, welche sowohl der Herstellung von
Öldruckbildern als der Zeitschriften- und Bücher-Illustrationen, sowie
den vielen Bedürfnissen des Papeteriegeschäfts dienen. Die eigentliche
Bedeutung erhielt der lithographische Farbendruck durch die Bemühungen
Schinkels und Beuths, unterstützt durch das Wohlwollen, welches der
nachmalige König Friedrich Wilhelm IV. schon als Kronprinz dem neuen
Kunstzweig entgegentrug. Den Wert desselben bezeugte in glänzender Weise
das grosse Werk Prof. Zahns über pompejanische Altertümer.

[Sidenote: Kunstanstalten.]

Guten Ruf erlangte die Anstalt J. WINCKELMANNS, der zuerst 1816 in
Verbindung mit Heinr. Arnz das bekannte Institut ARNZ & CO. in
Düsseldorf begründet hatte. Die Leitung desselben lag eine zeitlang in
den Händen von J. STORCH, der später sich mit C. KRAMER verband und
tüchtiges im Landschaftsfache lieferte. Ganz vortrefflich sind Storch &
Kramers für die _Arundel-Society_ in London ausgeführte Reproduktionen
der Freskogemälde altitalienischer Maler (S. 103). Als Meister im
architektonischen und landschaftlichen Aquarelldruck zeichneten sich
LOEILLOT Und R. STEINBOCK aus, bekannt sind unter anderen Hildebrandts
»Reise um die Welt« und Köhlers polychrome Meisterwerke. Mit dem
eigentlichen Ölbilderdruck beschäftigten sich mit mehr oder weniger
Glück eine nicht kleine Anzahl von Firmen und es bleibt nur zu
bedauern, dass neben dem Guten so vieles Geschmacklose, zumteil elendes
Machwerk hervorgebracht wurde, welches eine Kunst für den Augenblick
in Misskredit gebracht hat, die ein besseres Schicksal verdient hatte,
und nun neue Wege suchen muss, um sich die verscherzte Gunst wieder
zu erwerben. Unter den Firmen, die ausser den erwähnten tüchtiges
leisteten, sind zu nennen CARL GEROLD, OTTO TROITZSCH, BÖHME & FRÄNKEL.

Einen bedeutenden Einfluss auf die Verwendung des Farbendruckes
übten die GROPIUSsche Buchhandlung (später ERNST & KORN) durch ihre
grossartigen architektonischen Unternehmungen, RUD. WAGNER durch die
erwähnte Hildebrandts »Reise um die Welt« und ähnliche Aquarell-Albums,
ALEX. DUNCKER durch eine Reihe von Prachtwerken aus.

In neuerer Zeit hat die Verwendung der Chromolithographie zu
gewerblichen Zwecken eine enorme Ausdehnung gewonnen. Die Anführung
einiger der bedeutendsten Firmen wird einen Begriff von dem Umfang
solcher Etablissements geben.

W. HAGELBERG beschäftigt 38 Schnellpressen, 29 Handpressen, 94
Hülfsmaschinen und 700 Arbeiter; CARL HELLRIEGEL 9 Schnellpressen, 42
Handpressen, 450 Arbeiter; SCHÄFER & SCHEIBE, deren hauptsächlichste
Produktion in Neujahrs- und Gratulationskarten besteht, 9
Schnellpressen, 50 Handpressen, 350 Arbeiter; A. KAUFMANN & CO. 23
Schnellpressen, 16 Handpressen und 250 Arbeiter. Umfangreich sind ferner
ALBRECHT & MEISTER, die BERLINER LUXUS-PAPIERFABRIK, KUTZNER & BERGER
und noch manche andere. Man findet hierin die Bestätigung, wie sehr in
dem Druckgewerbe der Zeitungs- und der Accidenzdruck dem eigentlichen
Bücherdruck über den Kopf wächst.

Als Verleger von Karten und Globen wurden namentlich DIETRICH REIMER, E.
SCHOTTE & CO. und das BERLINER LITHOGRAPHISCHE INSTITUT massgebend.

Als Herausgeber von Werken unter Zuhülfenahme des Lichtdruckes
entwickelte E. WASSMUTH eine enorme Thätigkeit, auch PAUL BETTE war in
dieser Richtung sehr rührig. Die PHOTOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT besitzt
einen ausserordentlich grossen Fond von photographischen Blättern,
auch G. SCHAUER lieferte viele Blätter und Albums. Den eigentlichen
Kunstverlag pflegten E. H. SCHRÖDER (R. SCHUSTER), SACHSE & CO., AMSLER
& RUTHARDT, GOUPIL & CO. (Filiale von Paris). Unter den Verlegern,
die einen besonderen Einfluss auf das Druckgewerbe übten, sind noch
zu nennen: G. GROTE, DUNCKER & HUMBLOT, VEIT & CO. (beide jetzt in
Leipzig), JUL. SPRINGER, GEBR. PAETEL, P. PAREY, DÜMMLERS Verlag, A.
HIRSCHWALD, G. LANGENSCHEIDT (selbst Buchdrucker), A. ASHER & CO.,
WIEGANDT & GRIEBEN.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Breslau.]

In der drittgrössten Stadt des Deutschen Reiches BRESLAU[229] hat die
Druckerei im Verhältnis zur Grösse der Stadt keine Rolle gespielt, so
wenig wie in den anderen grossen Städten des Nordens Königsberg, Danzig,
Hamburg, Magdeburg und Köln.

  [229] Geschichte der seit 300 Jahren in Breslau befindlichen
        Stadtbuchdruckerei. 1804.

[Sidenote: Grass, Barth & Co.]

Im Jahre 1748 übernahm CARL WILH. GRASS die Stadtbuchdruckerei in
Breslau von den Baumannschen Erben (I, S. 145), dem sein Bruder
FRIEDR. SIGM. GRASS folgte. Nach dessen Tode erwarb JOH. AUG. BARTH
das Geschäft und vermehrte es durch die Druckerei der katholischen
Landes-Universität. Ein schönes Denkmal der Leistungsfähigkeit der
Offizin ist das 1818 erschienene _Pacis annis 1814 et 1815 foederatis
armis restitutae monumentum_ in Gross-Folio, welches Jubelgedichte in 42
grösstenteils fremdländischen europäischen und orientalischen Sprachen
enthält. Die Firma wurde GRASS, BARTH & CO., sie verbindet jetzt
Typographie mit Lithographie und arbeitet mit 14 Schnellpressen.

[Sidenote: W. G. Korn.]

Einen grossen Umfang erreichte die Verlagshandlung und Buchdruckerei von
W. G. KORN, welche am 13. Januar 1882 ihr 150jähriges Jubiläum beging.
JOH. JOS. KORN eröffnete an diesem Tage 1732 sein Geschäft und erhielt
1741 Privilegium zur Herausgabe der »Schlesischen Zeitung«. Sein Sohn
JOH. GOTTLIEB KORN trat 1828 die Buchhandlung, 1836 die »Schlesische
Zeitung« an seine beiden Söhne ab. Im Jahre 1851 übernahm HEINR. KORN
das Etablissement. Anlässlich des Jubiläums errichtete er, abgesehen
von manchen anderen Schenkungen, für seine Mitarbeiter eine Stiftung
mit einem Kapital von 100000 Mark und wurde in den Adelsstand erhoben.
Das Geschäft arbeitet mit 15 grossen Maschinen und etwa 150 Arbeitern,
besitzt auch bedeutende Papierfabriken.

S. SCHOTTLÄNDER hat einen reichhaltigen Verlag und arbeitet mit 15
Schnellpressen. Von grossen Verlagshandlungen sind noch zu nennen MAX &
CO., FERD. HIRT und E. TREWENDT.

[Sidenote: C. Flemming * 10. Mai 1806, [+] 1. Nov. 1878.]

Einen bedeutenden Umfang erreichte das Geschäft von CARL FLEMMING in
GLOGAU, welches sich namentlich der Produktion von Landkarten widmet und
damit 11 typographische und lithographische Schnellpressen beschäftigt.

[Sidenote: Posen.]

In POSEN wurde, wie erwähnt, von G. J. Decker ein Etablissement
errichtet, das jetzt als W. DECKER & CO. typographisch und
lithographisch mit 7 Schnellpressen arbeitet. FRANKFURT A. O., die erste
Stadt Preussens, in welcher die Druckerei eingeführt wurde, hat so wenig
wie andere Städte des östlichen Preussens eine besondere Stellung in der
Typographie erworben. Die bedeutendste Druckanstalt dort ist TROWITZSCH
& SOHN (gegr. 1779) mit 6 Schnellpressen.

[Sidenote: Königsberg.]

Selbst die Königs- und Universitätsstadt KÖNIGSBERG misst sich kaum
mit mancher Stadt von 20-30000 Einwohnern hinsichtlich graphischer
Produktion. Erst 1523 war die Druckerei dort durch HANS WEYNREICH
eingeführt, dessen Offizin nach vielen Wandlungen zur Zeit des dritten
Jubelfestes in den Händen JOH. FR. REUSSNERS war.

[Sidenote: J. H Hartung * 17. Aug. 1699, [+] 5. Mai 1756.]

Das bedeutendste Geschäft ist das von JOH. HEINR. HARTUNG, durch
Übernahme der J. STELTESCHEN Buchdruckerei 1732 gegründet. Durch Umsicht
und Unermüdlichkeit erwarb sich Hartung allgemeines Ansehen. Die
Stände von Livland und Kurland übertrugen ihm den Druck der lettischen
Bibel und der cyrillischen Postille; für erstere erhielt er 7000
Thaler. Neben seiner Buchdruckerei trieb er bedeutenden Verlags- und
Sortimentshandel und sein 1746 erschienener Sortimentskatalog war über
400 Seiten stark. In Leipzig hatte er während der Messe offenes Gewölbe.
Zu seinem grossen Geschäft erwarb er noch die erwähnte Reussnersche Hof-
und akademische Buchdruckerei. Er verschied in Leipzig 1756 während der
Ostermesse.

[Sidenote: Gottl. Hartung * 12. Aug. 1747, [+] 19. Nov. 1797.]

Nachdem sein ältester Sohn bereits 1759 gestorben war, übernahm 1763
der jüngere GOTTLIEB LEBERECHT HARTUNG das Geschäft, nach dessen Tode
dirigierte es seine Witwe SOPHIE CHARLOTTE mit Mut und Ausdauer, bis
sie es 1817 ihrem Sohne GEORG FRIEDRICH HARTUNG übertragen konnte. Die
von Hartung herausgegebene »Königsberger Zeitung« ist eine der ältesten
Deutschlands und ihre Geschichte lässt sich bis auf das Jahr 1640
verfolgen. Vom 6. Februar 1758 bis 1. Juli 1762 und dann vom 19. Juli
bis 10. August 1762 musste der ihre Kopfzeile schmückende preussische
Adler mit dem russischen vertauscht werden. In den Jahren 1807 und 1808
hatte die Zeitung eine grössere Bedeutung erreicht, da der Krieg in der
Nähe um Königsberg geführt wurde, wodurch indes Hartung verschiedenen
Gefahren ausgesetzt wurde.

Wie wenig bedeutend der Umfang des Druckgewerbes in Königsberg war, geht
aus den Aufzeichnungen über die vierte Jubelfeier hervor. Dieselben
weisen nur 7 Druckereien mit 45 Gehülfen und 28 Lehrlingen auf; da die
Hartungsche Druckerei 20 Gehülfen und 7 Lehrlinge beschäftigte, so
kommen auf sechs Druckereien 25 Gehülfen und 21 Lehrlinge[230]. Jetzt
arbeitet die Hartungsche Buchdruckerei mit sechs Schnellpressen und etwa
100 Personen.

  [230] Geschichte der Buchdruckerkunst in Königsberg. 1840.

[Sidenote: Marienwerder.]

[Sidenote: Danzig.]

[Sidenote: Stettin.]

Von Königsberg aus wurde, als Friedrich der Grosse bei der ersten
Teilung Polens Westpreussen erhielt, der Buchdrucker R. KANTER nach
MARIENWERDER als Hofbuchdrucker berufen, um die königlichen Arbeiten
zu liefern; die Offizin besteht noch heute mit 5 Schnellpressen. In
DANZIG sind die bedeutendsten Druckanstalten die von JUL. SAUER und von
A. W. KAFEMANN, letztere ist zugleich mit Schriftgiesserei verbunden.
STETTIN hat nur Bedeutung im Accidenz- und Zeitungsdruck; die dortige
Firma H. G. EFFENBART beging 1879 ihr 300jähriges Jubiläum. Noch um zwei
Jahre älter ist die, jetzt mit 8 Schnellpressen arbeitende, Firma H.
HESSENLAND. R. GRASSMANN, zugleich Schriftgiesserei, beschäftigt elf
Schnellpressen und gegen 100 Arbeiter.

[Sidenote: Mecklenburg.]

In ROSTOCK besteht die Offizin von ADLERS ERBEN (6 Schp.) seit 1635.
Ausser in Rostock hat D. C. HINSTORFF, bekannt als der Verleger und
Drucker von Fritz Reuters Werken, noch Geschäfte in WISMAR (5 Schp.) und
LUDWIGSLUST. Die grösste Druckerei SCHWERINS ist die von W. SANDMEYER (8
Schp.).

NEURUPPIN kann Armeen aus der Presse stampfen. Die Firma GUSTAV KÜHN
arbeitet mit Rotationsmaschine, 11 Schnellpressen und einer grossen
Zahl von Hülfsmaschinen, welche von gegen 400 Arbeitern bedient werden.
OEHMIGKE & RIEMSCHNEIDER beschäftigen 6 Schnellpressen und 200 Arbeiter
hauptsächlich mit den bekannten Bilderbogen.

[Sidenote: Lübeck. Hamburg.]

LÜBECK verlor seine Bedeutung, die es in der früheren Periode eine
zeitlang hatte, und auch HAMBURG nimmt nicht eine solche Stellung ein,
wie man es von dem ersten Handelsplatze und der, der Bevölkerung nach,
zweiten Stadt des Reiches erwarten könnte. Vielleicht wären seinerzeit
die Bemühungen des FRIEDR. ANDREAS PERTHES, Hamburg zu einem Emporium
des buchhändlerischen Verkehrs mit dem Auslande zu erheben, gelungen,
wenn nicht die schwere Zeit des Napoleonischen Druckes auf Deutschland
im allgemeinen und Hamburg im besonderen hemmend gelastet hätte[231].
Nur für den Zeitungsverlag hatte Hamburg einige Bedeutung und erst in
neuerer Zeit ist es Sitz einiger grösserer Verlagshandlungen geworden.

  [231] CLEMENS TH. PERTHES, Friedr. Perthes' Leben. 6. Aufl. Gotha 1872.

Selbst der Accidenzdruck hat keinen rechten Aufschwung genommen. Der
solide Hamburger Kaufmannssinn giebt wenig auf Eleganz der Druckarbeiten.

[Sidenote: Lessing als Buchdrucker.]

Inzwischen sollte doch das wenig poetische Hamburg einen grossen Dichter
Deutschlands unter seinen Buchdruckern zählen. Eine zeitlang war nämlich
Lessing Associé des Buchdruckereibesitzers JOH. JOACH. CHRIST. BODE.
Ostern 1767 hatte letzterer auf dem Holzdamm eine Buchdruckerei angelegt
und LESSING trat gleich nach seiner Ankunft in Hamburg als Sozius
ein. Die »Hamburgische Dramaturgie«, die »Antiquarischen Briefe« und
die Abhandlung »Wie die Alten den Tod gebildet« sind von den eigenen
Pressen Lessings gedruckt, und das Projekt, die Werke der bedeutendsten
Gelehrten mit lohnenderem Ertrage für Verfasser und Verleger zu
veröffentlichen, erregte in den beteiligten Kreisen so grosse
Aufmerksamkeit, dass Klopstock schon im Sommer 1767 versprach, für das
geplante »Deutsche Museum« seine »Hermanns Schlacht« und Gerstenbergs
»Ugolino« herzugeben. Die Publikationen dieser Druckerei und
Verlagsfirma erhielten ein seltsames Kleinquart-Format; zum Druck wurde
ein fein gestreiftes resp. geripptes italienisches Papier verwendet, so
dass der eigentümliche Geschmack Bodes und Lessings vielfach Spottreden
hervorrief. Die junge Firma wurde schon 1768 unter bedeutenden Verlusten
für Lessing aufgelöst, dessen finanzielle Bedrängnisse, welche seinen
Abgang von Hamburg bis zum Jahre 1770 verzögerten, jedenfalls zum
grössten Teil diesem Misserfolg zuzuschreiben sind.

[Sidenote: Hamburger Offizinen.]

Das grösste der heutigen Etablissements ist das von J. F. RICHTER (2
Rotm., 14 Schp., 15 Hdp., 150 Arb.). Als Zeitungsdruckereien sind zu
nennen die Aktiengesellschaft NEUE BÖRSENHALLE, welche die »Börsenhalle«
und den »Correspondent« druckt, HERMANNS ERBEN (1 Rotm., 6 Schp.),
DIEDERICH & Co. (1 Rotm., 5 Schp.). C. ADLER verbindet mit Buchdruckerei
und lithographischer Anstalt (9 Schp., 8 Hdp.) ein ausgedehntes Geschäft
mit Lehrmitteln. F. SCHLOTKE wurde schon in dem Kapitel über Maschinen
erwähnt, ist ausserdem durch seine litterarische Wirksamkeit bekannt und
jetzt Besitzer, Redacteur und Drucker des »Journal für Buchdruckerkunst«
(S. 356).

Das holsteinische Städtchen ITZEHOE besitzt die bedeutende Buchdruckerei
von G. J. PFINGSTEN, dessen weitverbreitete »Itzehoer Nachrichten«
namentlich vor und während der dänischen Kriege einen grossen Einfluss
übten.

[Sidenote: Wandsbeck.]

[Sidenote: G. W. Seitz * 6. Febr. 1826.]

In dem als eine Vorstadt von Hamburg zu betrachtenden WANDSBECK hat
die bedeutendste chromolithographische Anstalt Deutschlands ihren Sitz
aufgeschlagen. GUSTAV W. SEITZ lernte erst als Setzer, versuchte sich
dann ohne jedwede Anleitung als Holzschneider, bis er später in München
seine weitere Ausbildung erhielt. Dann wagte er sich in Hamburg an
den Verlag. Durch Zufall mit dem lithographischen Farbendruck bekannt
geworden, erblickte er in diesem die Illustrationsmethode der Zukunft.
Nach Überwindung unendlicher Schwierigkeiten gelang es Seitz, zwanzig
Handpressen zu beschäftigen, bis der Krieg 1866 wieder Stockungen
brachte. Trotzdem beschloss er, sich ein Domizil zu bauen und zwar in
dem äussersten Ende von Wandsbeck. Ein kleines humoristisches Bild von
Süs, »Der erste Gedanke«, wurde in 18000 Exemplaren verkauft. Trotz
der Abmahnungen des Künstlers selbst wagte er sich nun an Carl Werners
Nilbilder in Aquarelldruck und errang einen vollständigen Sieg. Unter
seinen vielen Blättern ist der grosse Aquarelldruck »Auroras Triumphzug«
nach Guido Reni eine ausserordentlich gelungene Leistung.

Besondere Verdienste hat Seitz durch die Vervollkommnung des
Reduktionsapparates. Schon im Jahre 1860 tauchte die englische Erfindung
auf, ein Bild auf eine Gummihaut, die in einem Rahmen von vier durch
Schrauben verstellbaren Stäben angebracht war, durch stärkere Anspannung
resp. durch Lockerung der Spannung der Haut zu vergrössern oder zu
verkleinern. In dieser veränderten Gestalt wurde dann das Bild auf
einen Stein übertragen, so dass man Kopien in verschiedenen Grössen
ohne eine neue Zeichnung erhalten konnte. Alles kommt natürlich auf
die ganz verhältnismässig richtige Vergrösserung oder Verkleinerung
nach Höhe und Breite an. Seitz ist es gelungen, die Apparate so fein
zu vervollkommnen, dass Bilder von zwanzig und mehr Farben, zu welchen
ebenso viele Steine gehören, im vollkommensten Passen der Umränderungen
hergestellt werden können.

[Sidenote: Stenochromie.]

In Wandsbeck übte um 1875 OTTO RADDE (durch MÜHLMEISTER & JOHLER dort,
später in Hamburg) ein eigentümliches Verfahren, um Öldruckbilder
herzustellen. In der Art, wie die einzelnen Glas- oder Steinstückchen zu
einem Mosaikbild gefügt werden, setzte Radde die aus festen Teichfarben
mittels Blechschablonen in die nötigen Formen gebildeten Blöcke in
einem Rahmen zu einer Bilderform zusammen. Wurde nun ein mit Terpentin
gefeuchteter Bogen darauf gelegt und Form und Bogen in einer Presse
einem gelinden Druck ausgesetzt, so erhielt man ein Öldruckbild,
das jedoch nur als eine Untermalung zu betrachten war, welche erst
durch Aufdruck mehrerer lithographischer Farbenplatten Ausdruck und
Schattierung erhielt. Das Verfahren war nicht neu. Bereits Senefelder
hatte in seinem Werke daran gedacht und der Maler LIEPMANN in Berlin
lieferte 1842 einige recht hübsche Bilder in dieser Weise. 1873 zeigte
sich Jul. Greth aus Charlottenburg damit auf der Wiener Weltausstellung.
Auch ein Engländer, J. M. JOHNSON, hatte es geübt, um Landkarten zu
illuminieren, sowie um Tapeten und andere Arbeiten herzustellen, wo die
Farben sich bestimmt abgrenzen und nicht in einander übergehen müssen.
Von dem mit grossem Eclat in Scene gesetzten Verfahren (Stenochromie)
ist es ganz still geworden.

[Sidenote: Bremen.]

Die Handelsstadt BREMEN ist so wenig wie Hamburg ein bedeutender
Verlagsplatz geworden, deshalb beschränkten sich die Buchdruckereien
hauptsächlich auf Zeitungs- und Accidenzarbeiten. Die grössten Offizinen
sind die von C. SCHÜNEMANN (9 Schp., 120 Arb.), welche die »Bremer
Nachrichten« und die »Weser-Zeitung« druckt, und GEBR. HAUSCHILD, die
hauptsächlich Accidenzarbeiten liefern.

[Sidenote: Oldenburg.]

In OLDENBURG sind G. STALLING und die SCHULZESCHE HOFBUCHDRUCKEREI,
je mit 4 Schnellpressen, thätig. In dem kleinen DETMOLD besteht seit
1570 die MEYERSCHE HOFBUCHDRUCKEREI, welche, jetzt mit Steindruckerei
verbunden, 8 Schnellpressen und 9 Handpressen in Gang hält.

[Sidenote: Hannover.]

In HANNOVER findet eine rege Druckthätigkeit hauptsächlich für Zeitungs-
und Accidenzdruck statt; namentlich ist dasselbe ein Hauptplatz für
die Herstellung von Handlungsbüchern geworden. Obenan in letzterer
Richtung stehen J. C. KÖNIG & EBHARDT mit 29 Schnellpressen, darunter
14 für mehrere Farben, 16 Liniiermaschinen, 30 Buchbinderpressen, 12
Papierschneidemaschinen nebst zahlreichen sonstigen Hülfsmaschinen und
einem Personal von 350 Köpfen. Auch EDLER & KRISCHE (10 Schp., 200
Pers.) und die HANNOVERSCHE GESCHÄFTSBÜCHERFABRIK arbeiten in ähnlicher
Richtung, während R. LEUNIS & CHAPMAN die Handeltreibenden mit Tüten und
ähnlichem versorgen und damit ein grosses Personal beschäftigen.

Die GEBR. JÄNECKE (als Farbenfabrik JÄNECKE & SCHNEEMANN S. 319)
gaben ihrem Druckgeschäft eine grosse Ausdehnung (10 Schp., 11 Hdp.),
sowohl als Zeitungsdruckerei (»Hannöverscher Courier«) wie als
Werk- und Accidenzdruckerei. Von Bedeutung sind ferner KLINDWORTHS
Hofbuchdruckerei (10 Schp., 9 Hdp.) und die SCHLÜTERSCHE Buchdruckerei
(2 Rotm., 7 Schp.). In der Zeit der Privilegien hatte die HAHNsche
Hofbuchhandlung fast den ganzen Sortimentshandel des Königreichs in
den Händen. Ihr bedeutender Verlag hat seinen Sitz in Leipzig. -- Die
Universitätsstadt GÖTTINGEN hat als Druckplatz nie eine grosse Bedeutung
gehabt.

[Sidenote: Westfalen und Rheinland.]

MÜNSTER, in der Zeit der Humanisten ein so wichtiger Platz (I, S. 51),
macht sich wie PADERBORN und TRIER (FR. LINTZ, 7 Schp.) hauptsächlich
nur durch seinen streng katholischen Verlag bemerkbar. OBERHAUSEN
verdient Erwähnung als der erste Platz in Deutschland, wo die
Rotationsmaschine (durch A. SPAARMANN) eingeführt und zum Bücherdruck
verwandt wurde. In MINDEN liefert E. C. BRUNN (6 Schp.) namentlich Post-
und merkantile Arbeiten.

[Sidenote: Verschiedene Städte.]

G. D. BÄDEKER in ESSEN beschäftigt 150 Arbeiter und zehn Schnellpressen,
die BÄDEKERsche Buchdruckerei in ELBERFELD 6 Schnellpressen namentlich
mit Eisenbahnarbeiten; daselbst drucken auch S. LUCAS mit 14, R. L.
FRIDERICHS mit 10 Schnellpressen.

L. SCHWANN übersiedelte von Neuss nach DÜSSELDORF und errichtete dort
eine grosse Offizin (10 Schp., 120 Arb.), welche namentlich bedeutende
Accidenzien in Chromoxylographie liefert. Dass Düsseldorf als Sitz
der berühmten Kunstschule sich auch im Kunstverlag auszeichnet,
ist fast selbstverständlich. Als Kunstdruckerei hat L. BAUMANN,
früher ARNZ & CO., einen Ruf; die »Düsseldorfer Monatshefte« waren
weltbekannt. A. BAGEL, früher in Wesel, hat eine sehr bedeutende
typographisch-lithographische Anstalt (21 Schp., 150 Pers.,
Papierfabrik) und liefert namentlich Arbeiten für Schulen, Bilderbücher
u. dgl.

BONN gehört zu denjenigen Universitätsstädten, wo namentlich der
orientalische Druck gepflegt wird, besonders durch die Druckerei von C.
H. GEORGI.

[Sidenote: Köln.]

KÖLN, im frühen Mittelalter die berühmte hohe Schule der Wissenschaft
und der Typographie, von wo aus das Licht Gutenbergs über die
Niederlande und den Norden ausgegangen war, lieferte später nur
ultramontane Schriften und musste sogar seinen berühmten Namen zur
Einschmuggelung verbotener oder gar schmutziger Bücher hergeben, die
überall hin mit der Firma »Peter Hammer« oder »_Pierre Marteau_« und
Druckort Köln verbreitet wurden.

Von den Offizinen hat die der Verlagshandlung J. P. BACHEM in der
katholischen Welt eine grosse Bedeutung und druckt mit ihren 9
Schnellpressen mehrere Zeitschriften und Zeitungen mit katholischer
Richtung. Die LANGENsche Buchdruckerei beschäftigt 16 Schnellpressen,
die von W. HASSEL 10.

Am öftesten wird jedoch in der neuern typographischen Geschichte Köln
auf Grund der Offizin der KÖLNISCHEN ZEITUNG genannt, mit der auf dem
Kontinent nur die der Wiener »Neuen Freien Presse« in den technischen
und redaktionellen Einrichtungen wetteifern kann.

[Sidenote: Du Mont-Schauberg und die »Köln. Zeitung«.]

Bereits 1651 gab es zu Köln eine Zeitung, die als Stammmutter der
jetzigen »Kölnischen Zeitung« zu betrachten ist: die im Besitz von Franz
Köntgen erscheinende »Postamts-Zeitung«, welcher er den Namen »Kölnische
Zeitung« gab. Sie wurde bei Schaubergs Erben gedruckt, eine Offizin,
die von GEREON ARNOLD SCHAUBERG bereits anfangs des XVIII. Jahrhunderts
gegründet war[232].

  [232] Geschichte der »Kölnischen Zeitung« und ihrer Druckerei. Diese
        wahrhaft prächtige Gelegenheitsschrift erschien anlässlich der
        Gewerbe-Ausstellung in Düsseldorf 1880, wo M. Du Mont-Schauberg
        eine komplette Zeitungsdruckerei mit Rotationsmaschine
        ausgestellt hatte. Das Werk enthält höchst interessante Beiträge
        zur Geschichte der Zeitungen, zeichnet sich daneben durch eine
        fast beklagenswerte Abwesenheit alles und jeden Hervorhebens der
        leitenden Persönlichkeiten aus.

Als Schauberg das Blatt von Köntgen erwarb, hatte es eine Auflage von
250 Exemplaren. Der frühere Besitzer erhielt eine Rente von monatlich
zwei Kronenthalern; stiege die Zahl der Abonnenten auf 400, so sollte
monatlich ein halber Thaler zugelegt werden.

Am 10. Juni 1805 gingen sowohl die Schaubergsche Offizin als die
»Kölnische Zeitung« auf MARCUS DU MONT über, welcher sich in demselben
Jahre mit Catharine Schauberg verheiratete. Köln schmachtete damals
wie das ganze linke Rheinufer unter der Herrschaft Napoleons und da in
jedem Departement nur ein Regierungsblatt geduldet wurde, so musste die
»Kölnische Zeitung« 1809 einfach zu erscheinen aufhören. Der Kaiser
entschädigte jedoch den Verleger durch eine Jahresrente von 4000
Franken. 1814 ist das Jahr der Wiedergeburt des Blattes und 1822, wo der
Zeitungsstempel in Preussen eingeführt wurde, hatte es bereits über 2000
Abonnenten. Die Ereignisse von 1830, 1848 und namentlich die Kriegsjahre
1866 und 1870 trugen wesentlich zur Hebung und Verbreitung des Journals
bei. Riesig waren die Opfer, welche dasselbe durch Errichtung eigener
Telegraphenlinien, und Entsendung eigener Korrespondenten brachte,
allein diese Aussaat ist auf guten Boden gefallen, die »Kölnische
Zeitung« ist heute ein Weltblatt und druckt täglich eine Auflage von 30
bis 40 tausend Exemplaren.

Unter solchen Verhältnissen wurden die Lokalitäten mehrmals zu enge und
im Jahre 1846 entstand mit einem Aufwande von über 300000 Mark in der
Breitenstrasse ein höchst zweckmässiger Neubau, der am 26. September
1847 bezogen und im Jahre 1871 durch Neubauten vergrössert wurde. Das
erste Telegramm der Zeitung erschien am 5. Oktober 1849. Am 1. Januar
1858 nahm sie das Format an, in welchem sie noch heute erscheint.

Am 1. Januar 1845 hatten bereits die Brüder JOSEPH und MICHAEL DU
MONT das Geschäft im alleinigen Besitz und zwar übernahm Michael die
Buchhandlung, Joseph behielt die Zeitung. Leider starb dieser bereits
am 3. März 1861 und hinterliess seiner Witwe und seinen vier Kindern
sowie seinem treuen Freunde und Associé WILHELM FERDINAND SCHULTZE aus
Magdeburg, welcher 1844 in das Geschäft getreten war, das umfangreiche
Institut. Am 31. Juli 1874 erhielt sie ihre eigene Drahtleitung von
Berlin, nachdem bereits früher der Telegraph in grossartiger Weise
benutzt worden war. In den Prozessen Kullmann und Graf Arnim betrugen
die Kosten für Telegramme 25000 M. und öfters wurden mehr als 20000
Worte hintereinander depeschiert. Eine Wochenausgabe der Zeitung hatte
bereits im Jahre 1866 am 5. Oktober begonnen.

Nachdem die »Kölnische Zeitung« mehrmals ihre Pressen durch neue
verbesserter Konstruktion ersetzt hatte, wurden 1877 Rotationsmaschinen,
und zwar von König & Bauer gebaute, angeschafft. Die drei vorhandenen
Exemplare liefern stündlich je 16200 komplette Bogen. Als Motoren
für diese und noch für 10 Schnellpressen dienen vier Gasmaschinen.
1880 betrug die Zahl der Angestellten 155, ausserdem waren 78 Knaben
beschäftigt. Reich dotierte Kranken- und Unterstützungskassen sind mit
der Offizin verbunden.

Kurz nach dem Tode Ludwigs, des ältesten Sohnes Josephs, starb am 30.
November 1881 der mit den reichsten Gaben des Verstandes und des Herzens
ausgerüstete W. F. SCHULTZE, der ausserordentlich viel dazu beigetragen
hat, dass die Zeitung heute eine so hohe Stufe einnimmt, dabei war er
von einer so grossen Bescheidenheit, dass nicht einmal sein Name in der
erwähnten aus seiner Feder stammenden Festschrift genannt wird.

Es ist begreiflich, dass kaum ein Reisender, der die Aufgabe der Presse
zu würdigen versteht, bei einem Aufenthalt in Köln die Offizin der
»Kölnischen Zeitung« unbesucht lässt. So erschien eines Nachmittags
im Herbst 1877 der Feldmarschall Graf Moltke. Rasch entwarf einer der
Redacteure, Hermann Grieben, einige begrüssende Zeilen, die, in wenigen
Minuten gesetzt und in der Presse abgezogen, dem berühmten Besucher
überreicht wurden; sie mögen hier einen Platz finden:

  Heil und Dank Dir, Schlachtenleiter, dass Du auch bei uns erschienst,
  Und auch unsre wackren Streiter inspizierst in ihrem Dienst.
  Ja die kleinen Bleisoldaten sind, verhunderttausendfacht,
  Wohlgeführt und wohlberaten eine respektable Macht.
  Täglich rückt ihr Kriegsgeschwader tapfer aus zum Geisterstreit,
  Ihre grossen Hinterlader schiessen tausend Meilen weit. --
  Sieh im Kasten hier die Letter! Einzeln ist sie nur ein Zwerg,
  Doch im Chor ein Siegsgeschmetter: »Freiheit, Licht und Gutenberg«.

[Illustration]


[Illustration]

                             XIV. KAPITEL.

                   DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.

  Emporwachsen Stuttgarts: Die Familie Cotta. J. B. Metzler. Die
    illustrierte Litteratur. Ed. Hallberger, Gebr. Kröner u. a. Die
    Xylographie. Der Buchhandel. Statistisches. Tübingen. München:
    Aufschwung aller graphischen Künste, Kasp. Braun, Fr. Hanfstängl, J.
    Albert, Fr. Bruckmann u. a. Nürnberg. Regensburg. Augsburg.
    Rheinische Städte. Frankfurt a. M. Mainz und das Einweihungsfest.
    Freiburg i. Br. Dornach: Ad. Braun. Strassburg: Das Gutenbergdenkmal,
    die Bibliothek.

  DIE SCHWEIZ. Lokale Schwierigkeiten. Basel: Die Familie Haas. Zürich:
    Orell Füssli & Co., Kartographie. St. Gallen: Chr. Zollikofer.
    Einsiedeln: Gebr. Benziger. Bern.

[Sidenote: Sinken der Bedeutung des Südens.]

Noch vor Ablauf der vergangenen Periode hatten der Westen und der
Süden Deutschlands ihr typographisches Übergewicht verloren. Die
blühenden Hauptsitze der Buchdruckerei und des Buchhandels, Nürnberg
und Augsburg, waren von ihrer Höhe zurückgegangen und wurden zu
Anfang unseres Jahrhunderts bayrische Provinzialstädte, während die
Hauptstadt Bayerns keine Anstrengungen machte, um ein Emporium des
Bücherverkehrs in Süddeutschland zu werden, wie es wohl möglich gewesen,
wenn Gutenbergs Kunst von oben dieselbe Unterstützung und Förderung
gefunden hätte, wie die bildende Kunst. Der hohe Glanz Basels war
hinfällig geworden; es blieb zwar eine sehr respektable schweizerische
Universität, der europäische Ruf war jedoch dahin. Strassburg zählte
seit seiner Überrumpelung durch die Franzosen im Jahre 1681 nicht mehr
zu Deutschland und galt in jüngster Zeit mehr als Festung denn als Sitz
der Wissenschaft und Kunst. Frankfurt am Main hatte als Bücheremporium
längst Leipzig den Platz räumen müssen, war auch nicht bestrebt,
wenigstens als Verlagsort, ein bedeutendes Gewicht in die Wagschale zu
legen, und die Heimat der Druckkunst, Mainz, hatte es nie versucht, die
günstigen Antezedentien zu benutzen und die Erbschaft Gutenbergs im
Geiste des Erfinders anzutreten.

[Sidenote: Emporblühen Stuttgarts.]

Unter diesen Verhältnissen gelang es einer bis 1750 in der Geschichte
der Typographie kaum genannten Stadt, die noch tief in unser Jahrhundert
herein hauptsächlich nur als Sitz der Cottaschen Verlagshandlung und
des Nachdruckes in der graphischen Welt bekannt war, in der Zeit von
knapp einem Menschenalter sich zum dritten typographisch-bibliopolischen
Hauptplatz des Deutschen Reiches emporzuschwingen, und zwar
hauptsächlich nur durch die Energie der Gewerbtreibenden selbst,
verbunden mit Tüchtigkeit, kaufmännischer Klugheit und dem nötigen Mut
»ins Zeug zu gehen« gepaart.

[Sidenote: Joh. Fr. Cotta * 27. April 1764, [+] 29. Dez. 1832.]

Seinen ersten Ruhm verdankt STUTTGART, wie erwähnt, der Familie Cotta.
JOHANN FRIEDRICH COTTA, ein Urenkel des Begründers des Cottaschen
Geschäfts in Tübingen (I, S. 134), Enkel des Kanzlers der Universität,
war in Stuttgart geboren. Sein Vater hatte im österreichischen
Reiterdienst gestanden und auch er fühlte Neigung für den Militärdienst
und widmete sich namentlich dem Studium der Mathematik, ergriff jedoch
als Brotstudium die Rechtswissenschaft und trat 1785 in Tübingen als
Hofgerichtspraktikant ein. Die seinem Onkel gehörende Buchhandlung in
Tübingen war in Verfall geraten und Johann Friedrich musste, um sie der
Familie zu erhalten, sich entschliessen, die buchhändlerische Carrière
zu ergreifen. Er trat am 1. Dezember 1787 unter unendlichen Sorgen und
Mühen in Besitz des Tübinger Geschäfts und verband sich zuerst mit einem
redlichen, aber für den Buchhandel nicht geeigneten Mann, Dr. Zahn.
Dieses Geschäftsverhältnis wurde jedoch nach wenigen Jahren gelöst.

[Sidenote: Cottas Verbindung mit Schiller und Goethe.]

[Sidenote: Allgem. Zeitung.]

Bekannt ist Cotta namentlich durch sein intimes Verhältnis zu Goethe und
Schiller, ein Verhältnis so schön, wie es zwischen Autor und Verleger
nur gedacht werden kann. Cotta hatte den Plan zu einer deutschen Zeitung
gefasst, die von Schiller redigiert werden sollte, jedoch Goethes
Pläne führten zur Herausgabe der Horen (1795). Nun verständigte sich
Cotta mit Dr. Posselt über die Herausgabe der »Allgemeinen Weltkunde«,
aus der dann die »Allgemeine Zeitung« entstand. Posselt erkannte
jedoch selbst, dass er sich zur Herausgabe einer Tageszeitung nicht
eigne. Nach mehrmaligem Redactionswechsel wurde die Zeitung 1798 nach
Augsburg verlegt und ging nunmehr gewöhnlich unter der Bezeichnung »die
Augsburgerin«.

[Sidenote: Übersiedelung nach Stuttgart.]

Cotta siedelte 1810 nach Stuttgart über; der alte Adel wurde wieder
aufgenommen und Cotta Freiherr von Cottendorf.

[Sidenote: Thätigkeit Cottas.]

Es gelang Cottas Thätigkeit, Umsicht und Liberalität, nach und nach
alle deutschen Dichter von Bedeutung und viele andere hervorragende
Schriftsteller an seinen Verlag zu fesseln. Für ein aufkommendes
Talent wog der Umstand, sein Werk im Cottaschen Verlag erscheinen zu
sehen, mehr als alle sonstigen Empfehlungen. Bezeichnend für Cotta und
seine Handlungsweise sind seine Worte an Schiller: »Ich wünsche, Sie
bestimmten das Honorar für die Sammlung Ihrer theatralischen Schriften.
Sie werden dabei finden, dass Sie es mit einem Manne zu thun haben, der
neben der Überzeugung, dass bei Schriftstellern, wie Sie, das Honorar
nie ein Äquivalent für die Arbeit sein könne, und dass mithin ein Akkord
nie die Verbindlichkeiten des Buchhändlers in einem solchen Falle
erschöpfe, sobald der Erfolg ihm noch mehr zu thun erlaubt, auch Ihre
Freundschaft zu schätzen weiss«.

[Sidenote: Münchener Unternehmungen.]

Im Jahre 1815 ging Cotta im Auftrag mehrerer der geachtetsten
Buchhändler Deutschlands nach Wien, um bei dem Kongress die Interessen
des Buchhandels zu wahren. Eine seiner erfolgreichen Unternehmungen
aus damaliger Zeit war Dinglers »Polytechnisches Journal«. Von seiner
Liebe zur Kunst geleitet gründete er in München eine grossartige Anstalt
für Kupferstecherei und Lithographie, verbunden mit einer Kunst- und
Landkarten-Handlung. Dort erfolgte nun die Herausgabe vieler grösserer
die Kunst fördernder Werke: Gaus' Prachtwerk über »Nubien«; Platners
topographisches Werk über »Rom«, das jedoch nicht zur Vollendung
gelangte; Bröndsteds »Reise in Griechenland«; die Werke von Moritz
Retzsch, Eugen Neureuther, Weitbrecht u. a.

Johann Friedrich starb am 29. Dezember 1832. Seine Thätigkeit im Dienste
des Vaterlandes und seine Vorzüge als Landwirt gehen über den Rahmen
dieses Handbuches hinaus.

[Sidenote: G. v. Cotta * 19. Juli 1796, [+] 1. Febr. 1863.]

Sein Sohn GEORG VON COTTA fand ein zwar hochberühmtes, aber auch auf
Grund der Vielseitigkeit der Unternehmungen stark belastetes Geschäft
vor. Es gelang ihm aber durch seine grosse Energie, alle Schwierigkeiten
zu beseitigen, dabei doch vollständig im Geiste des Vaters fortwirkend.
Im Jahre 1839 erwarb er das Göschensche Geschäft in Leipzig, wodurch
er so ziemlich der Alleinverleger der deutschen Klassiker wurde. Im
Jahre 1845 kaufte er noch die Vogelsche Verlagshandlung in München und
brachte die litterarisch-artistische Anstalt dort in lebhaften Schwung.
Er veranstaltete zahlreiche neue Ausgaben der Klassiker. Gegen die
Autoren war er äusserst liberal, weniger gegen den Sortimentshandel,
auch wurde nicht immer die nötige Sorgfalt auf die Korrektheit und
gute Ausstattung der Ausgaben verwendet. Unter den von ihm ins Leben
gerufenen Zeitschriften hat die »Deutsche Vierteljahrsschrift« besondere
Bedeutung.

Cotta war, der politischen Gesinnung nach, ein ausgeprägter
Grossdeutscher und in diesem Sinne wurde auch die »Augsburger
Allgemeine« geleitet, bis die Ereignisse auch dieser einen anderen
Stempel aufdrückten (S. 398). Im Jahre 1882 siedelte die Zeitung nach
München über.

[Sidenote: Änderungen im Geschäft.]

Mit dem Tode Georg Cottas 1863 ging das Geschäft in den
gemeinschaftlichen Besitz der Familie über. Die Firma Cotta war
selbstverständlich diejenige, welche die grösste Einbusse durch den
Bundesbeschluss: vom 6. November 1867 ab alle Privilegien zu gunsten des
Schutzes der Schriften einzelner Autoren nicht zu erneuern, erlitt. Im
Jahre 1869 wurde die Literar.-Artistische Anstalt in München verkauft.

1879 übergaben Cottas ihre Buchdruckerei für zehn Jahre in Pacht an
Gebrüder Kröner. So ganz ausserordentlich gross die Verdienste der
Firma um die Litteratur sind, so lässt es sich nicht leugnen, dass
die Typographie nicht in derselben Weise von ihr begünstigt wurde.
Erst in späterer Zeit schloss sich die Cottasche Druckerei den
besten Deutschlands an und lieferte Prachtwerke von Bedeutung, z. B.
Goethes Faust, illustriert von G. Seibertz; Reineke Fuchs in Goethes
Übersetzung, illustriert von W. v. Kaulbach; Herders Cid, illustriert
von E. Neureuther; die Jubelausgabe von Schillers Gedichten u. a.

Ihre früheren, selbst die Prachtausgaben der deutschen Klassiker leiden
an wesentlichen Mängeln. So sehr auch ihre sogenannten Schillerausgaben
zur weitesten Verbreitung der besten Werke noch vor Ablauf der diesen
gewährten Schutzfrist beigetragen haben, so wenig dienten sie, den
Geschmack für hübsche Buchausstattung zu wecken. Dagegen muss in die
Wagschale gelegt werden, dass nie ein Buch aus ihren Pressen hervorging,
bei welchem die Spekulation über die Ehre der Litteratur ging.

[Sidenote: J. B. Metzler.]

Eine alte ehrenwerte Firma Stuttgarts ist die 1681 gegründete J. B.
METZLERsche, die, was ein seltener Fall ist, sich in letzter Zeit
vollständig verjüngt hat und kühn den Kampf mit den jungen frisch
aufblühenden Firmen aufnehmen konnte. Im Jahre 1876 trennten sich die
Besitzer AD. BONZ und L. WERLITZ. Letzterer setzte das Stammgeschäft
fort, welches 1881 sein zweihundertjähriges Jubelfest feiern konnte.

[Sidenote: A. Bonz * 1824, [+] 1878.]

ADOLF BONZ ist als der eigentliche Stifter des Deutschen
Buchdrucker-Vereins zu betrachten. Schon jahrelang vor dem Entstehen
desselben hatte er für das Zustandekommen gewirkt. Seine grosse
geschäftliche Erfahrung, sein reiches positives Wissen als studierter
Mann und Jurist, verbunden mit einer grossen Klarheit und einer
unerschütterlichen Ruhe, befähigten ihn ganz besonders zur Leitung
grösserer Versammlungen, und er hatte gute Gelegenheit, dieses Talent
bei zwei der schwierigsten Verhandlungen in dem Vereinsleben, dem
Eisenacher Buchdruckertage am 10. März 1872 und der ausserordentlichen
Generalversammlung zur Statuten-Revision in Frankfurt am Main am 14.
und 15. September 1874, zu bewähren. Er war bei dem schweren Kampfe,
um Stuttgart dem Vereine treu zu erhalten, stets das vermittelnde und
versöhnende Prinzip[233].

  [233] Annalen d. Typ. 1872, Nr. 172, und 1874, Nr. 273. 274.

Für den Aufschwung der Metzlerschen Buchdruckerei interessierte er
sich lebhaft und es entstanden unter seiner Leitung mehrere schöne
Illustrationswerke, als Scheffels »Trompeter von Säkkingen«; Scheffels
»Bergpsalmen« sowie dessen »Gaudeamus« und »Juniperus«. Die nach
dem Tode von A. Bonz entstandene neue Firma A. BONZ ERBEN strebt in
ähnlicher Richtung und gehört zu denen, die allen ihren Druckwerken
grosse Sorgfalt widmen und diese auf die ganze Einrichtung und die
Behandlung des Formats ausdehnen.

[Sidenote: Gebr. Kröner.]

Eine ebenfalls auf eine lange Vergangenheit zurückschauende
Buchdruckerfirma ist die der GEBRÜDER MÄNTLER, jetzt GEBRÜDER KRÖNER.
Durch ihre Illustrationsdrucke glänzt diese Firma als ein Stern
erster Grösse, und kein Jahr vergeht, in welchem nicht Prachtwerke
von Bedeutung, teils dem eigenen Verlage zugehörend, teils für fremde
Rechnung gedruckt, ihre Pressen verlassen. Es seien darunter einige
aus dem eigenen Verlage Kröners genannt: »Unser Vaterland« in den
verschiedenen Abteilungen: das bayrische Gebirge, Tirol, Steiermark,
Nord- und Ostsee, Rheinfahrt; Jägers Wanderungen durch die Tierwelt.
Eines der weniger bekannten und umfangreichen, »Hugdietrichs
Brautfahrt«, dürfte in konsequenter und korrekter Durchführung als eine
typographische Musterleistung bezeichnet werden.

Im Jahre 1879 nahmen Kröners die Cottasche Offizin mit 27 Schnellpressen
auf zehn Jahre in Pacht. Nachdem die ehemalige Mäntlersche Buchdruckerei
in das Cottasche Lokal übergesiedelt war, bietet sich das für den
Typographen interessante Schauspiel zweier, nach verschiedenen Systemen
eingerichteter und vollständig getrennt in einem Raum arbeitender
Druckereien; doch wird wohl auch die Zeit kommen, wo diese beiden
Druckereien wie die Preussische Staatsdruckerei und die Geheime
Oberhofbuchdruckerei v. Deckers in eine »zusammengeschmolzen« werden.

[Sidenote: Beginn des illustrierten Druckes.]

[Sidenote: F. G. Franckh.]

Doch die genannten Firmen sind nur einige der Anstalten, die dazu
beigetragen haben, Stuttgarts Ruhm als Verlags- und Druckort
zu begründen. Derselbe datiert von dem Ende der dreissiger und
dem Beginn der vierziger Jahre. Als in Paris um diese Zeit die
illustrierten Unternehmungen sich geradezu überstürzten, erwachte
auch der Unternehmungsgeist in Stuttgart und die rührigen Verleger
und Drucker dort fanden, ganz im Gegensatz zu den Verhältnissen in
Leipzig, bereitwillige Unterstützung bei den dortigen Geldmännern.
Unter denjenigen, welche die Mittel in Bewegung zu setzen wussten,
stand obenan F. G. FRANCKH. Unter der Firma »Verlag der Klassiker« in
Pforzheim, der 1839 in den Besitz von DENNIG, FINCK & CO. überging und
nach Stuttgart übersiedelte, erschien eine Reihe von Unternehmungen, die
hauptsächlich mit französischen Clichés illustriert wurden. Doch wagte
man sich bald daran, Eigenes zu produzieren. So waren die Illustrationen
zu »1001 Nacht« deutsche Originale, dienten jedoch zur Ausschmückung
einer französischen Ausgabe. J. SCHEIBLE brachte ein kleines
»Universum«, C. KRABBE die Übersetzung von Swifts »Gullivers Reisen« u.
s. w.

[Sidenote: Ed. Hallberger * 22. März 1822, [+] 29. Aug. 1880.]

Derjenige, welcher die grössten und andauerndsten Erfolge in dieser
Stuttgart charakterisierenden Richtung erringen sollte, war EDUARD
HALLBERGER, eine der bedeutendsten Erscheinungen des modernen
Buchhandels und der neuen Typographie.

[Sidenote: »Über Land und Meer.«]

Hallberger trat zuerst in das väterliche Geschäft, gründete jedoch
1848 eine eigene Firma und übernahm 1850 die mit drei Schnellpressen
arbeitende Buchdruckerei des Vaters. 1853 gründete er die Zeitschrift
»Illustrierte Welt«; 1858 fasste er den Plan zu einem grossen
illustrierten Unterhaltungsblatt »Über Land und Meer«[234]. Hackländers
Name als Redacteur war ein tüchtiges Zugmittel; 1862 wagte Hallberger
den Sprung von acht Thalern auf vier Thaler Abonnementspreis und hiermit
war sein Erfolg entschieden. Holzschnitte und Zeichnungen sind durchweg
vortrefflich und haben einen grossen Einfluss auf die Xylographie in
Stuttgart geübt.

  [234] Die Nummer 1000 von »Über Land und Meer« ist Nr. 12 des
        Jahrg. 1878.

[Sidenote: Dorés Bibel.]

[Sidenote: »Ebers' Ägypten«.]

[Sidenote: »Palästina«.]

Unter den Druckwerken Hallbergers nimmt die Heilige Schrift, illustriert
von Gustav Doré, in zwei Ausgaben, für Lutheraner und Katholiken, einen
hohen Platz ein. Sein Meisterstück ist jedoch »Ägypten in Wort und
Bild« mit mehr als 700 Illustrationen und mit Text von Georg Ebers.
Alles ist hier deutschen Ursprungs und bildet ein hervorragendes
Monument der graphischen Künste Deutschlands im XIX. Jahrhundert. Würdig
schliesst sich an dieses an, wenn es dasselbe auch nicht ganz erreicht:
»Palästina«, zu welchem Werk England einen Teil des künstlerischen
Schmuckes lieferte. Auch die grossen Ausgaben von Shakespeare, Goethe
und Schiller zusammen mit gegen 2400 Holzschnitt-Illustrationen sind
bedeutende Erscheinungen, die von vielen geringeren Umfanges gefolgt
wurden. Ein wichtiges Werk sind die »Klassiker der Musik«, herausgegeben
von J. Moscheles. Der Romanverlag, dessen Perlen die ägyptischen Romane
von G. Ebers sind, ist daneben ein sehr ausgedehnter.

[Sidenote: Hallbergers Offizin.]

Hallbergers Druckerei kann als eine Musteranstalt betrachtet
werden. Früher wurden seine illustrierten Blätter auf Alauzetschen
Komplettmaschinen vorzüglich gedruckt, jetzt verrichten drei
Rotationsmaschinen der Augsburger Fabrik die Arbeit und Hallberger
selbst hat wesentlichen Anteil an der glücklichen Durchführung
der Aufgabe dieser Maschinen; ausserdem sind 27 Schnellpressen in
Thätigkeit. Die Zahl der Arbeiter war etwa 400, dazu beschäftigt
die Buchbinderei jetzt 24 Maschinen und etwa 400 Personen; grosse
Papierfabriken gehören der Anstalt.

Allgemein betrauert starb Hallberger auf seinem schönen Landsitz Tutzing
am Starnberger See[235]. Er besass eine grosse und ideal angelegte
Natur, die sich in seinen Unternehmungen ausprägt, weshalb diese auch
sympathisch wirken. Dasselbe gilt auch von seinen Bestrebungen zur
Gründung einer allgemeinen deutschen Pensions- und Invalidenkasse für
Typographen, die vielleicht von Hallbergers Seite zu viel Idealismus
enthielten und an dem zu wenig dieser Eigenschaft bei seinen Kollegen
strandeten. Für seine eigenen Arbeiter hat er in mehrfacher Hinsicht
vortrefflich gesorgt. In seinen Arbeiten wurde er treu von seinem Bruder
KARL HALLBERGER unterstützt.

  [235] Biographische Skizzen lieferte Paul Lindau in der »Gegenwart«,
        Theod. Göbel in dem »Journ. f. Buchdrk.«, 1880, Nr. 36.

Aus dem Geschäft wurde eine Aktiengesellschaft DEUTSCHE VERLAGS-ANSTALT
unter Karl Hallbergers Direktion. Eine Expedition in Leipzig war bereits
1871 gegründet.

[Sidenote: Verschiedene Druckereien.]

Eine umfangreiche Druckanstalt ist die von H. SCHÖNLEIN (24 Schp.), in
welcher dessen weit verbreitete illustrierte Blätter gedruckt werden.

Von Druckereien seien noch erwähnt: GREINER & PFEIFFER, die (mit 14
Schp.) namentlich Accidenzien und illustrierte Werke drucken. Die von
Gehülfen gegründete VEREINSDRUCKEREI liefert sehr gute Accidenz-,
besonders Farbendrucke. J. F. STEINKOPF druckt vorwiegend die religiösen
Werke seines Verlags; C. GRÜNINGER ist der einzige Buchdrucker
Stuttgarts, der sich auf orientalische Druckarbeiten legt und namentlich
russische Bücher liefert. C. HOFFMANN druckt mit 7 Schnellpressen
hauptsächlich die Verlagsartikel von K. THIENEMANN.

[Sidenote: Xylographie.]

Die Stuttgarter Xylographie hat begreiflicher Weise eine hohe Bedeutung.
Die Anstalt von A. CLOSS ist eine so vorzügliche, wie wenige, und ist
fast ausnahmslos in jedem Stuttgarter Prachtdrucke vertreten. Die
Stuttgarter Holzschnitte verbinden so sehr französische Eleganz mit den
deutschen Vorzügen, dass vor dem Kriege viele Holzschnitte nach Paris
geliefert wurden.

[Sidenote: Lichtdruck.]

Ausser der Xylographie hat auch der Lichtdruck eine grosse Verbreitung.
Die Anstalt von MARTIN ROMMEL & CO. liefert vortreffliches und finden
ihre Erzeugnisse namentlich ihren Platz in den Prachtwerken von Paul
Neff. Auch in der Chromolithographie hat Stuttgart Tüchtiges aufzuweisen
durch die Anstalten von EMIL HOCHDANZ, MAX SEEGER, GUSTAV WEISE. Die
Leistungen finden hauptsächlich Verwendung in den Jugendschriften von W.
NITZSCHKE, SCHMIDT & SPRING, LEVY & MÜLLER, F. LOEWE, K. THIENEMANN und
GUSTAV WEISE. Eine Spezialität des letzteren sind die, in grossen Massen
verbreiteten »Bilder für Jung und Alt«. K. Thienemann lieferte auch eine
Reihe naturwissenschaftlicher illustrierter Werke.

[Sidenote: Schriftgiesserei.]

Die SCHRIFTGIESSEREI hat erst in neuester Zeit begonnen, einen
Aufschwung in Stuttgart zu nehmen (S. 290). Der Verlagsrichtung gemäss
findet vorzugsweise die Produktion zu dekorativen Zwecken Beachtung und
ist in dieser Richtung namentlich OTTO WEISERT thätig. Im Jahre 1882
siedelte der bekannte Schriftschneider BAUER SEN. von Frankfurt nach
Stuttgart über. Als Farbenfabrikanten sind KAST & EHINGER von Bedeutung,
namentlich in bunten Farben.

[Sidenote: Kunststellung Stuttgarts.]

»Das eigenste, was Stuttgart besitzt, gehört nicht der schaffenden
idealen Kunst, sondern der schmückenden, dekorierenden, vorab dem
Kunstgewerbe. Wer die Kunst beobachten will, der begebe sich vor
allem in die Werkstätte der Holzschneider, Lithographen, Zeichner,
Buchbinder, der Holz- und Metallarbeiter, der Bauhandwerker. Die
schwäbisch-industrielle Regsamkeit hat sich da mit einem Geschmack
verbunden, der in Stuttgart, als einer Hauptstadt der deutschen
Litteratur und des Buchhandels, von den verschiedensten Seiten angeregt
wurde. Hierbei ist der unmittelbare Einfluss der Bücher-Illustration auf
die Stuttgarter Kunstgewerbe durchaus nicht zu unterschätzen[236].«

  [236] RIEHL, Deutsche Kunststädte. Augsb. Allg. Ztg. 1870.

[Sidenote: Stuttgarter Verleger.]

Unter den Werken, die einen ganz wesentlichen Einfluss in der
angedeuteten Richtung geübt haben, steht obenan die »Gewerbehalle«
von J. ENGELHORN. Die ersten Künstler und die besten Schriftsteller
unterstützen diese, 1863 begonnene Zeitschrift. Ausser der stark
verbreiteten deutschen Ausgabe existieren Ausgaben in Amerika, England,
Italien, Frankreich, Böhmen, Spanien und Holland. Die »Gewerbehalle«
kann demnach als ein Weltblatt bezeichnet werden.

Ausserdem liess Engelhorn eine Anzahl der vorzüglichsten illustrierten
Werke erscheinen: »Italien« mit etwa 400 Illustrationen, das
»Schweizerland« von Kaden mit 450 Illustrationen, die »Kunstschätze
Italiens« von Karl v. Lützow, »Unser Jahrhundert« von Otto von Leixner.

EBNER & SEUBERT gaben eine Reihe von wertvollen, prachtvoll geschmückten
Werken über Kunst von Lübke, Burckhardt, Weiss, Schnaase, Kugler heraus.
C. WITWER wendete seine Thätigkeit den Werken der Architektur zu.

PAUL NEFF benutzt für seinen grossartigen Verlag vorzugsweise den
Lichtdruck als Illustrationsmittel. Obenan stehen »Die goldene Bibel«
und die »Klassiker der Malerei«. Sowohl hinsichtlich der Ausdehnung als
was Ausführung betrifft, höchst bedeutende Werke sind: Ludw. Weisers
»Bilderatlas zur Weltgeschichte«, welcher auf 146 Grossfolio-Tafeln
über 5000 Darstellungen bringt; die »Denkmäler der Kunst« mit gegen
200 Tafeln in Stahlstich; M. v. Schwinds »Die schöne Melusine« und
»Die sieben Raben«; A. Racinets »Das polychrome Ornament«, 100 Tafeln
in Gold- und Farbendruck; »Die Kunst für alle« von Gutekunst: das sind
einige der Publikationen von Neff; alle anzuführen würde zu weit gehen.

[Sidenote: W. Spemann.]

Eine der jüngsten und jetzt bereits eine der umfangreichsten
Verlagshandlungen ist die, 1873 von W. SPEMANN gegründete. Grossen
Erfolg hatte Johannes Scherrs »Germania«; Jakob von Falkes »Hellas
und Rom«; Bruno Buchers »Geschichte der technischen Künste«; die
illustrierten Werke von Friedrich v. Hellwald u. a. Die »Kollektion
Spemann« eröffnete den Reigen der Mark-Kollektionen und in Kürschners
»Deutscher National-Litteratur« unterbot der Verleger sich selbst durch
Lieferungen zu 50 Pf. Die Monatsschrift »Vom Fels zum Meer« hat eine
sehr bedeutende Verbreitung. Um das typographische Publikum machte
sich Spemann verdient durch die Herausgabe des epochemachenden Werkes
»Gutenberg« von Dr. A. v. d. Linde in Wiesbaden.

Die übrigen Verleger Stuttgarts, die weniger Einfluss auf die
graphischen Gewerbe übten, müssen hier unerwähnt bleiben.

[Sidenote: Tübingen.]

TÜBINGEN verlor sehr an Bedeutung durch Übersiedelung Cottas nach
Stuttgart. In ESSLINGEN liefert J. F. SCHREIBER (6 Schp., 8 Hdp.)
Bilderbücher und Vorlagen. In ULM druckt J. EBNER (9 Schp.).

[Sidenote: Reutlingen und der Nachdruck.]

Einen üblen Ruf erwarb sich REUTLINGEN als hauptsächlichster Sitz der
grössten Nachdruckfirmen: Mäcken, Ensslin und Fleischhauer, welche ihr
böses Handwerk natürlich nur im »Interesse der Litteratur« mit aller
Kraft betrieben und schliesslich gar als Wohlthäter der Menschheit
womöglich ein Ehrendenkmal verdient zu haben glaubten.

Württemberg besitzt im ganzen 173 Buchdruckereien und 71 lithographische
Anstalten mit 398 Schnell-, 350 Tret- und Handpressen. Die Druckereien
verteilen sich auf 76 Städte; Stuttgart allein hat 68 Buchdruckereien
mit 191 Schnellpressen und 32 lithographische Anstalten mit 43 Schnell-
und 104 Handpressen. Im Jahre 1840 besass Stuttgart zwar bereits 24
Buchdruckereien, diese hatten jedoch zusammen nur 30 Schnellpressen,
also nicht mehr als eine der grossen jetzigen Druckanstalten, ganz
abgesehen von der Leistungsfähigkeit der Maschinen von heute gegen die
damaligen. 1882 betrug die Bücherausfuhr Württembergs 3110301 Kilo zu
einem Werte von wenigstens 6 Millionen Mark.

[Sidenote: München.]

[Sidenote: Der Schulbücher-Verlag.]

MÜNCHEN erlangte, wie bereits erwähnt wurde, bei weitem nicht die
Bedeutung für den Buchhandel und die Buchdruckerei wie für die Kunst,
doch ist es in jüngster Zeit eifrig bemüht das Versäumte nachzuholen.
Der wissenschaftliche Verlag hatte keine grosse Ausdehnung und die
wichtige Branche der Unterrichtslitteratur befand sich ganz in den
Händen der Regierung, welche durch den sogen. »Schulbücher-Verlag« dafür
sorgte, »dass kein Gift der Jugend verabreicht wurde«. Durch Reskript
vom 12. Oktober 1785 wurde das Privilegium, welches der Buchbinder G.
Ruprecht und dann J. B. Oettl auf planmässige Schulbücher innegehabt
hatten, zu gunsten des »Deutschen Schulfonds« erneuert und letzterem
der Verlag »aller verlegender Schulbücher auch anderer zur Erziehung
dienlicher Schriften« vorbehalten.

Durch spätere Reskripte wurde dieses Privilegium noch erweitert. Die
verschiedentlichen Remonstrationen der Buchhändler blieben, trotz der
ihnen zur Seite stehenden Rechts- und Vernunftgründe, unbeachtet. Dass
die allgemeine Bildung und der Verlagshandel darunter leiden mussten,
ist begreiflich; aber auch der Sortimentshandel wurde geschädigt, da
der Schulfond, unter Umgehung der Sortimenter, den Vertrieb durch
eigene Zwischenhändler und durch Lehrer besorgen liess, die billiger
verkauften, als die Buchhändler einkaufen konnten[237].

  [237] C. WOLFF, Über den gegenwärtigen Zustand des Buchhandels in
        Bayern. München 1827.

[Sidenote: E. Mühlthaler.]

E. MÜHLTHALER (seit 1867) war der erste in München, der sich im
illustrierten Prachtdruck versuchte, und zwar mit den im Bruckmannschen
Verlag erscheinenden »Die Schweiz« von Gsell-Fels und »Rhododendron«.
Bei unverkennbarer Tüchtigkeit und anerkennenswertester Sorgfalt
erreichten diese Ausgaben doch nicht ähnliche Stuttgarter Leistungen.
Seit 1875 druckt Mühlthaler die Münchener »Fliegende Blätter« und
entwickelt auch seine Intelligenz in merkantilen Accidenzarbeiten. Er
beschäftigt bereits 15 Schnellpressen.

[Sidenote: Knorr & Hirth.]

[Sidenote: M. Huttler.]

Eine der angesehensten Firmen ist die von KNORR & HIRTH, die mit
zwei Rotationsmaschinen, zwei vierfachen und verschiedenen einfachen
Schnellpressen arbeitet. Dr. Hirth ist bekannt durch seine Bestrebungen
zur Erweckung des Sinnes für die Renaissance, worauf namentlich die
in seinem Verlag erscheinenden Werke: Formenschatz der Renaissance;
Butsch, Bücherornamente u. a. hinzielen. Nebenbei liefert die Offizin
hübsche Accidenzarbeiten und druckt die »Münchener Nachrichten« in
33000 Exemplaren. Noch weiter als Knorr & Hirth greift in seiner
Geschmacksrichtung in der Zeit zurück Dr. M. HUTTLER aus Augsburg,
welcher eine Filiale in München errichtet hat. Seinen Verlag von
Erbauungsbüchern druckt er in gothischer oder Schwabacher Schrift in
streng durchgeführter Imitation älterer Drucke.

[Sidenote: F. Straub.]

[Sidenote: J. G. Weiss.]

Die »Akademische Buchdruckerei« von F. STRAUB beschränkt sich
namentlich auf gelehrte Arbeiten und amtliche Drucke, ebenso die
Universitätsbuchdruckerei von J. G. WEISS.

[Sidenote: R. Oldenbourg.]

Unter den neueren Offizinen zeichnet sich die von R. OLDENBOURG (13
Schp.) sowohl durch ihre vortrefflichen Einrichtungen als durch
ihre Arbeiten aus. Im Jahre 1874 übernahm Oldenbourg von Pustet in
Regensburg den Zentral-Schulbücherverlag, ausserdem erscheinen bei ihm
sechs Zeitschriften; dagegen werden Accidenzarbeiten weniger gepflegt.

[Sidenote: Verschiedene Druckereien.]

Zu erwähnen sind noch folgende Offizinen: C. WOLFF & SOHN (8 Schp.);
F. WILD (7 Schp.); J. DESCHLER (8 Schp.); E. HUBER (6 Schp.), dessen
Spezialität hebräische Bücher sind; W. WEIFENBACH, welcher feine
Accidenzarbeiten liefert. Die COTTAsche Buchhandlung verlegte die
Druckerei der »Allgemeinen Zeitung« nach München (1 Rotm. und 4 Schp.).

[Sidenote: Die Xylographie.]

[Sidenote: Kasp. Braun * 13. Aug. 1807, [+] 29. Oktb. 1877.]

[Sidenote: Fr. Schneider * 1815, [+] 9. April 1864.]

Unter den Münchener xylographischen Anstalten erwarb sich die von Braun
& Schneider einen weit verbreiteten Ruf. KASPAR BRAUN aus Aschaffenburg
hatte sich als Künstler in mehreren Techniken versucht; durch den
Anblick von Grandvilles Illustrationen zu Lafontaines Fabeln wurde
der Gedanke in ihm fest, den Holzschnitt in Deutschland zu dem alten
Ansehen zu bringen. Rasch führte er den Entschluss aus nach Paris zu
gehen, um sich, unter des trefflichen Brevière Anleitung, im Holzschnitt
auszubilden. Das beste Zeugnis für Braun dürfte es sein, dass Brevière
seinerseits später seinen Sohn in die Lehre zu Braun gab. Zuerst
gründete er mit V. DESSAUER eine xylographische Anstalt, dann vereinigte
er sich mit FRIEDRICH SCHNEIDER aus Leipzig zu einem ebenso innigen als
erfolgreichen Zusammenwirken. Die »Fliegende Blätter« behaupten sich
bis auf den heutigen Tag in der unveränderten Gunst des Publikums und
kaum wird eine ähnliche Sammlung von Gaben des köstlichen Humors sich
zusammenfinden, wie in den 2000 Nummern dieses Blattes, aus welchem
wieder die »Münchener Bilderbogen« entstanden. Brauns typische Figuren
als: Eisele und Beisele, Wühlhuber, Heulmeier sind jedem bekannt. Durch
Schneiders Tod erlitt Braun und sein Humor einen nicht zu verwindenden
Stoss. Sein 70. Geburtstag brachte ihm noch Ehren und Freude, dann
folgte er seinem vorausgegangenen Freunde.

In jüngster Zeit haben die grossen Verlagsunternehmungen von FRIEDR.
BRUCKMANN und TH. STROEFER einen bedeutenden Einfluss auf die Münchener
Xylographie geübt, einen besonderen Namen erwarben sich: HECHT, TH.
KNESING, J. WALLE u. a.

[Sidenote: Jubiläum.]

Als München am 28. Juni 1882 das 400jährige Jubiläum der Einführung
der Buchdruckerkunst feierte, hatte dasselbe 49 Buchdruckereien,
38 lithographische Anstalten mit 5 Rotationsmaschinen, 148
Schnellpressen und 229 Tret- und Handpressen. Zu Ehren des Einführers
der Buchdruckerkunst, HANS SCHAUER, dessen ersten Druck _mirabilia
urbis Romae_ man in dem Kloster Tegernsee aufgefunden hat, wurde eine
Denktafel an seinem Druckhause in der Rosenstrasse Nr. 10 angebracht.
Die älteste der noch existierenden Druckereien Münchens ist die aus dem
Jahre 1769 stammende F. S. HÜBSCHMANNsche.

[Sidenote: Die Lithographie.]

Dass die lithographische Kunst sich in München, der Wiege derselben
(S. 7), weiter entwickelte und in den dortigen reichen Sammlungen
Stoff zu Vervielfältigungen fand zu einer Zeit, wo die Lithographie
den Kunstsammlungen gegenüber fast die Stellung einnahm, wie jetzt die
Photographie, ist natürlich.

[Sidenote: Fr. Hanfstängl * 1. März 1804, [+] 18. April 1877.]

In beiden Kunstzweigen erwarb sich FRANZ HANFSTÄNGL grossen Ruhm. Er
war, als Sohn wenig bemittelter Bauern, in Tölz geboren. Obwohl für die
Laufbahn eines Malers bestimmt, machte der Zufall es, dass er sich der
Lithographie widmete. Gleich gewandt als Zeichner und als Lithograph,
etablierte er 1830 eine lithographische Anstalt, ging jedoch 1834 nach
Paris, um sich bei Lemercier noch mehr auszubilden. Schnell erwarb er
sich neben STRIXNER, PILOTY und BODMER einen Namen, besonders durch
seine genialen Portraitaufnahmen. Als die kgl. sächsische Regierung
den Plan gefasst hatte, die Meisterwerke der Dresdner Galerie durch
Steindruck zu veröffentlichen, ward Hanfstängl ausersehen, die
Ausführung zu übernehmen; ihm gefiel jedoch die Abhängigkeit nicht und
das Unternehmen geschah auf seine Kosten. Seine Wirksamkeit in Dresden
war an Ehren reich. Inzwischen hatte die Photographie Boden gewonnen.
Hanfstängl fühlte die Wichtigkeit der neuen Kunst sofort heraus und
warf sich mit aller Kraft auf dieselbe. Als es sich um Herausgabe der
bedeutendsten Bilder der alten Pinakothek handelte, blieb er unter 22
Konkurrenten Sieger, und lieferte eine Sammlung, die in ihrer Art ebenso
hervorragend ist wie die in Dresden veranstaltete.

[Sidenote: J. Albert.]

[Sidenote: Die Autotypie.]

Einen bedeutenden Namen erwarb sich gleichfalls JOS. ALBERT, besonders
durch seine Lichtdrucke (Albertotypie) und seine Photographien in
Farben. Als der eigentliche Erfinder des Lichtdruckes, der jedoch das
Verfahren nicht zuerst praktisch in Anwendung brachte, gilt J. B.
OBERNETTER. Die Arbeiten desselben stehen in hohem Ansehen, darunter
die Facsimile-Ausgabe der »Meister von 1440-1694«; die »Kunstschätze
aus dem bayrischen Nationalmuseum« u. s. w. Ein Portrait des Kaisers
wurde in einer Auflage von einer Million gedruckt. Auch JUL. ALLGEYER
und C. BOLHOEVENER zeichneten sich in ihrem photochemischen Verfahren
aus. In neuester Zeit erregte die Autotypie des Ingenieurs G. MEISENBACH
Aufsehen. Ein Mangel bei der Zinkhochätzung war die Notwendigkeit, eine
Vorlage in scharfen Linien oder mit lithographischem Korn versehen zu
haben; eine getuschte Zeichnung, sowie eine Aufnahme nach der Natur oder
einem Ölgemälde war nicht zu benutzen. Dem will die Autotypie abhelfen.
Die Aufnahme des Bildes für die Hochätzung findet durch ein System
von Linien statt, wodurch der notwendige Halt für die Reproduktion in
Zinkographie geschaffen wird.

[Sidenote: Fr. Bruckmann.]

Die berühmte Bruckmannsche Kunstanstalt, jetzt eine Aktiengesellschaft,
wurde 1865 gegründet. Im Jahre 1869 erwarb FRIEDR. BRUCKMANN das durch
Patent geschützte Woodbury-Verfahren; 1875 nahm er den Lichtdruck
auf; 1882 die Photogravüre, die sich namentlich zur Reproduktion von
Ölgemälden eignet[238]. Bruckmann lieferte eine grosse Anzahl Galerien
zu den vielen deutschen Dichtern und unter Zuhilfenahme der Xylographie
grossartige Prachtwerke, z. B. Krelings »Faust« und die »Geschichte der
Hohenzollern«, die zu den bedeutendsten Erzeugnissen der neuen Zeit
gehören.

  [238] Ein sehr interessantes Probenbuch der Firma aus dem Jahre 1882
        giebt eine Übersicht der vielen verschiedenen photographischen
        Verfahren.

[Sidenote: Der Farbendruck.]

Die Chromolithographie wird in ziemlichem Umfange in München betrieben.
Bekannt sind die Anstalten von GEBR. OBPACHER, LEHMANN & WENTZEL,
W. FORNDRAN, F. GYPEN, TH. KÖNIG, MEY & WIDMAYER, sie arbeiten
hauptsächlich für das Papeteriegeschäft oder beschäftigen sich mit
der Herstellung religiöser Bilder. Als Kunstverleger sind thätig A.
ACKERMANN, F. FINSTERLIN, E. A. FLEISCHMANN, G. FRANZ, P. KAESER u. a.

[Sidenote: Nürnberg.]

NÜRNBERG erhielt in neuerer Zeit wieder eine erhöhte Bedeutung durch
das Germanische Museum und seine Kunstgewerbeschule, welche beide
direkt und indirekt, auch durch Ausstellungen, auf das graphische
Gewerbe fördernd wirken. Die Stadt ist auch der Sitz verschiedener
Fabrikationen, die mit den graphischen Gewerben in naher Verbindung
stehen, z. B. Bronce, Farbe, Zeichenmaterial. Auch die Zahl der
eigentlichen graphischen Anstalten ist noch eine bedeutende, namentlich
für den lithographischen sowie für den Kupfer- und Stahldruck. Die Zahl
der Buchdruckereien ist 26 mit 49 Schnellpressen, darunter G. B. J.
BIELING (5 Schp.), U. E. SEBALD (7 Schp.). Die älteste Druckerei ist
die von W. TÜMMEL, seit Ende des XVI. Jahrhunderts bestehend, welche
mit 2 Rotationsmaschinen den »Fränkischen Kurier« druckt. Unter den 46
lithographischen und Kupferdruck-Anstalten, welche mit 79 Schnellpressen
und gegen 300 Handpressen arbeiten, sind zu nennen: G. BRUNNER,
hauptsächlich Phantasieartikel liefernd (15 Schp., 24 Hdp.); KARL MAYER
für Farbendruck, Luxuspapier und Kupferdruck (5 Schp., 30 Hdp.); C. A.
POCHER (16 Schp., 35 Hdp.); C. SCHIMPF (5 Schp., 18 Hdp.); FRANZ SCHEMM;
H. SERZ & CO.; J. G. MARTIN (4 Schp., 22 Hdp.); E. NISLER (12 Schp., 14
Hdp.). Man sieht aus diesen Angaben, dass der Export Nürnbergs immer
noch ein bedeutender ist. In dem benachbarten FÜRTH arbeiten J. HESSE (5
Schp., 15 Hdp.) und G. LÖWENSOHN (5 Schp., 5 Hdp.).

[Sidenote: Regensburg. Fr. Pustet.]

[Sidenote: J. G. Manz.]

[Sidenote: Kempten.]

REGENSBURG ist berühmt durch die liturgischen Druck- und Verlagswerke
von FR. PUSTET (17 Schp.) und J. G. MANZ (9 Schp.). Einzelne mit
Aquarellen geschmückte Bände erreichen einen Preis von 1000 fl.
und mehr. Viele der Ausgaben sind mit vortrefflichen Miniaturen in
xylographischem Farbendruck von Knöfler in Wien geschmückt. Von den
Pustetschen Drucken seien erwähnt: das _Missale_ in Gross-Folio von
1863; das _Graduale_ in zwei mächtigen Folianten; die _musica sacra_
des Kanonikus C. Proske, 6 Bände in Quart; das _Missale Romanum_
mit Einfassungen und Illustrationen von Prof. Klein in Wien. Dass
neben dem wirklich Schönen auch mancher Flitterstaat vorkommt, lässt
sich bei Werken dieser Art kaum vermeiden. Manz wendet in seinem
Verlag mehr den Stahlstich an, hat ausserdem noch einen bedeutenden
katholisch-wissenschaftlichen Verlag. In KEMPTEN verfolgt JOS. KÖSEL
ebenfalls den liturgischen Verlag, ohne sich mit dem Regensburger messen
zu können. Dort wirkt auch TOB. DANNHEIMER.

[Sidenote: Augsburg.]

AUGSBURG wurde oft genannt als Druckort der »Allgemeinen Zeitung«.
Eine lange Reihe von Jahren war diese das einflussreichste Journal
Deutschlands, namentlich auf Grund der besonderen Freiheiten, welche
das Blatt in Österreich genoss, und ihrer intimen Beziehungen in
den höchsten Wiener Regionen. Berühmt waren ihre wissenschaftlichen
Beilagen, welche, dank den weitverzweigten litterarischen Verbindungen
der Firma Cotta, die vortrefflichsten Artikel in Bezug auf Kultur-,
Litteratur- und Kunstzustände enthielten. Von den 13 Druckereien
Augsburgs sind noch anzuführen J. P. HIMMER (7 Schp.) und GEBR. REICHEL
(7 Schp.). Des Dr. HUTTLER wurde bereits gedacht (S. 394). Dasselbe ist
der Fall mit der grossen Maschinenfabrik Augsburg (S. 313).

[Sidenote: Würzburg u. a. Städte.]

Von anderen Städten Bayerns sind zu erwähnen: WÜRZBURG mit der B.
STAHELschen (4 Schp.), der BONITAS-BAUERschen (5 Schp.) und THEINschen
Offizin (6 Schp.), sowie mit der Maschinenbauanstalt von KÖNIG & BAUER
im Kloster Oberzell; LANDSHUT mit der J. THOMANNschen Buchdruckerei
(6 Schp.); ANSBACH, wo C. BRÜGEL & SOHN (6 Schp.) drucken. Auf Grund
seiner vortrefflichen Accidenzarbeiten verdient J. B. DORN in KAUFBEUREN
genannt zu werden.

[Sidenote: Frankfurt a. M.]

[Sidenote: Accidenzdruckereien.]

Hatte FRANKFURT A. M. auch seine frühere Bedeutung als Emporium
des Buchhandels verloren, so behauptete es wenigstens, wie schon
früher erwähnt, seine Suprematie in der Stempelschneiderei und der
Schriftgiesserei, zeichnete sich daneben auch in der Verwendung der
verschiedenen graphischen Künste für den Accidenzdruck aus. Ganz
besonders traten hervor die Firmen C. NAUMANN (14 Schp., 23 Hdp.)
und B. DONDORF (9 Schp., 12 Hdp.), mit Bunt- und Congrevedruck,
pantographischen Arbeiten, Reliefdruck und dergleichen, sowohl jeder
für sich, als wenn sie zu einzelnen Zwecken zusammentraten. Bedeutendes
in technischer und quantitativer Hinsicht wurde von ihnen bei der
Anfertigung des italienischen und japanischen Papiergeldes geleistet,
bis auch diese Länder soweit fortgeschritten waren, dass sie ihren
»Bedarf« in diesem wichtigen Artikel selbst decken konnten.

[Sidenote: Verschiedene Druckanstalten.]

In neuester Zeit hat A. OSTERRIETH sein Geschäft zu einem, alle
graphischen Zweige umfassenden (18 Schp., 12 Hdp., 150 Arb.)
ausgebildet. ALBERT MAHLAU, Inhaber der Firma Mahlau & Waldschmidt,
wurde bereits (S. 364) erwähnt. Bedeutend ist die Steindruckerei E. G.
MAY SÖHNE (10 Schp., 12 Hdp.). Die C. KNATZsche Anstalt liefert in
Etiquetten und dergleichen mannigfach Gutes. K. KLIMSCH verbindet Buch-
und Steindruckerei (S. 319)[239].

  [239] Klimsch' »Adressbuch der Buch- und Steindruckereien« ist eine
        grosse Zahl von statistischen Einzelheiten zu verdanken. Das
        Buch will für das Druckgewerbe das werden, was O. A. Schulz'
        »Adressbuch« bereits lange für den Buchhandel ist. Da die
        Angaben von den Buchdruckerei-Besitzern selbst herrühren, kann
        der Herausgeber des Adressbuches nicht für die Richtigkeit jeder
        Zahl verantwortlich gemacht werden; der auf die Zusammenstellung
        verwendete Fleiss ist ein ausserordentlicher.

Auf dem Rossmarkte steht das Gutenberg-Monument (I, S. 36); hätten doch
im Leben Gutenberg, Fust und Schöffer so fest zu einander gestanden wie
hier auf dem Bildwerke des Freiherrn v. d. Launitz.

[Sidenote: Darmstadt.]

In DARMSTADT, das auch durch die Firmen JONGHAUS & VENATOR, F.
LANGE und W. LESKE für den Kunsthandel eine gewisse Bedeutung
hatte, drucken C. F. WINTER und L. C. WITTICH; in WIESBADEN die L.
SCHELLENBERGsche Hofbuchdruckerei; in CASSEL GEBR. GOTTHELFT und
die HOF- UND WAISENHAUSBUCHDRUCKEREI, je mit 5 Schnellpressen. In
letzterer Stadt liefert TH. FISCHER zu seiner _Palaeontographica_ (ein
Exemplar kostet über 2000 Mark) und anderen Werken tüchtige Abbildungen
in lithographischem Farbendruck. Noch sei das Städtchen ALLENDORF
A. D. WERRA genannt, mit der Offizin BODENHEIM & CO., die mit 10
Schnellpressen und 150 Arbeitern hauptsächlich Schreibhefte, Kapseln und
dergleichen liefert.

[Sidenote: Mainz.]

[Sidenote: Das Einweihungsfest des Monuments.]

Kein Jünger Gutenbergs hört den Namen MAINZ nennen ohne den Gedanken
an dessen frühere Herrlichkeit für die Buchdruckerkunst. Dass die
Erfindung in Mainz geschah, war in Zufälligkeiten begründet und für
die Entwickelung einer Kunst oder eines Gewerbes sind Verhältnisse
mitwirkend, die zu regeln und zu ändern nicht in der Macht des
Einzelnen liegt. Deshalb lässt sich, wenn das goldene Mainz nicht
eine Gutenbergsche Hochschule geworden, darüber mit den Mainzern
nicht rechten, wohl aber dürfte sie der Vorwurf treffen, dass sie
nicht beizeiten an die Gründung eines Gutenberg-Museums gedacht
und dass sie noch leichteren Kaufes, als die, allerdings sehr
ungünstigen, Verhältnisse es notwendig machten, ihre typographischen
Schätze dahingegeben haben, die jetzt hauptsächlich Zierden der
Nationalbibliothek in Paris sind. Trotzdem wird Mainz ein Wallfahrtsort
der Jünger Gutenbergs bleiben, um wenigstens das Standbild des Meisters
zu schauen, das seit dem 14. August 1837 den Gutenbergsplatz schmückt.
Die Einweihung desselben gestaltete sich zu einem glänzenden Feste. Ein
grossartiger Festzug von den aus allen Gauen Deutschlands, ja selbst
aus fremden Ländern zusammengeströmten Gästen begab sich erst nach dem
Dom, wo der Bischof einen feierlichen Gottesdienst abhielt und wo ein
_Te Deum_ von Sigm. Neukomm gesungen wurde. Von dort bewegte sich der
Zug nach dem Festplatze, wo der Vorsitzende des Gutenberg-Vereins die
Übergabe-Rede hielt, worauf die Enthüllung der Statue Thorwaldsens
vollzogen wurde. Am zweiten Tag ward ein Volksfest, auf dem Rhein ein
Fischerstechen, abends ein glänzender Fackelzug und im Schauspielhause
ein Ball abgehalten. Am dritten Festtage fand eine Versammlung der
Fachgenossen statt, um über die Säkularfeier zu beraten, deren Abhaltung
für den 24. Juni 1840 endgültig bestimmt wurde. Thorwaldsen ward
zum Ehrenbürger der Stadt erwählt und ihm ein kunstvolles Diplom in
silberner Decke übersandt[240].

  [240] Teil I, S. 36 ist durch einen Schreibfehler der erste Festtag als
        der 17. August statt 14. August angegeben.

[Sidenote: Offenbach a. M.]

[Sidenote: Mannheim.]

[Sidenote: Karlsruhe.]

[Sidenote: F. W. Hasper * 31. Juli 1796, [+] 21. Juni 1871.]

OFFENBACH A. M. hat eine Bedeutung in der Geschichte der Lithographie
durch die Verbindung Senefelders mit JOH. ANDRÉ, der die Erfindung
erwarb, um sie für die Herstellung seines Musikalienverlags nutzbar
zu machen. MANNHEIM hat 12 Buchdruckereien, darunter M. HAHN & CO.
(7 Schp.) und die MANNHEIMER VEREINSBUCHDRUCKEREI (5 Schp.). In dem
gegenüberliegenden LUDWIGSHAFEN befindet sich die BAURsche Buchdruckerei
(4 Schp.). In KARLSRUHE mit 17 Offizinen ist die grösste die CH. F.
MÜLLERsche Hofbuchdruckerei und lithographische Anstalt (8 Schp., 11
Hdp.). Tüchtiges liefern die G. BRAUNsche Hofbuchdruckerei und C. &
G. MACKLOT. Hier wirkte auch FRIEDR. WILHELM HASPER, bekannt durch
sein »Handbuch der Buchdruckerkunst« 1835, das jedoch nicht ganz
den gehegten Erwartungen entsprach. Karlsruhe hatte zu der Zeit, wo
die Stahlstich-Illustration florierte, eine ziemliche Anzahl von
Kunstinstituten aufzuweisen, als W. CREUZBAUER, F. GUTSCH, T. B. VEIT,
J. VELTEN. Obwohl Universitätsstadt hat HEIDELBERG keinen bedeutenden
Platz in der Geschichte der Buchdruckerkunst; A. EMMERLING & SOHN
beschäftigen 4 Schnellpressen.

[Sidenote: Freiburg i. Br.]

Nach erfolgter Einführung nahm die Buchdruckerkunst in FREIBURG einen
ziemlichen Aufschwung, verfiel jedoch unter der österreichischen
Zensur und Jesuitenherrschaft. Erst mit Maria Theresia und Joseph II.
begannen freundlichere Tage für die Presse. 1840 zählte Freiburg 7
Buchdruckereien und 6 Kupfer- und Steindruckereien. Besondere Bedeutung
hat die HERDERsche, 1801 gegründete Anstalt. HERDER war der erste,
der einen Bilderatlas zu dem Konversations-Lexikon, unter der Leitung
des Geographen Heck, versuchte. Seine geographischen Verlagsartikel,
namentlich die grossen Arbeiten Wörls; Kausslers »Schlachtenatlas«; J.
Löwenbergs »Historisch-geographischer Atlas« sind von Wichtigkeit. Auch
Rottecks Weltgeschichte, die seinerzeit eine sehr grosse Verbreitung
fand, erschien bei Herder, der ausserdem den katholischen Verlag sehr
pflegte.

In LAHR hatte seit 1800 J. H. GEIGER, jetzt M. SCHAUENBURG, ein
umfangreiches Etablissement (19 Schp., 11 Hdp., 150 Arb.). Allgemein
bekannt ist der »Lahrer hinkende Bote«.

[Sidenote: Elsass-Lothringen.]

[Sidenote: Ad. Braun.]

METZ besitzt neun Buchdruckereien und sieben lithographische Anstalten;
die bedeutendste Offizin (5 Schp.) ist die nach dem Kriege von GEBR.
LANG begründete. In MÜLHAUSEN arbeiteten für die dortigen Fabriken
sieben Buchdruckereien und zwölf lithographische Anstalten, darunter W.
BAADER & CO. (6 Schp., 12 Hdp.). Das Strassburg gegenüber liegende KEHL
war für eine kurze Zeit bekannt durch die BEAUMARCHAISsche Druckerei
(S. 184). Weltberühmt ist die von AD. BRAUN 1858 in DORNACH gegründete
photographische Anstalt. Braun begann seine Laufbahn als Musterzeichner
in einer Kattundruckerei. Berühmt wurden seine Schweizer Landschaften;
auch liess er später ganz Mitteleuropa bereisen, um Aufnahmen zu
machen, welche 1862 bereits die Zahl 15000 erreicht hatten. Seit 1866
trieb er den Pigmentdruck im grossen Stil. Sämtliche Museen Europas
wurden bereist und eine grosse Zahl der berühmtesten Handzeichnungen
grosser Meister als treue Facsimiles reproduziert, ebenso die
interessantesten Gemälde fast aller Galerien. Die Anstalt, welche in
eine Aktiengesellschaft umgestaltet wurde, besass bei Brauns Tod 1877
mehr als 60000 Negativplatten. In COLMAR besteht noch das von Decker
gegründete Geschäft unter der Firma C. DECKER WITWE (S. 358).

[Sidenote: Strassburg.]

Mit hoher Befriedigung wird jeder Deutsche in STRASSBURG, der »ersten
Wiege« der Druckkunst, welche _injuria temporum_ Deutschland, wie es
fast den Anschein hatte für immer, verloren gegangen war, einkehren,
da er jetzt nicht nötig hat, deshalb die Grenzen des Reichs zu
überschreiten. Wird auch der Politiker und Kriegsführer Metz mit
derselben Freude als deutsch begrüssen, das Herz des Volkes und der
Fachgenossen besonders hängt doch mehr an Strassburg.

[Sidenote: Gutenbergdenkmal.]

Mag das Denkmal Gutenbergs (I, S. 36) von Franzosen errichtet sein,
mag das Buch, welches der Meister in der Hand hält, immerhin die
französische Inschrift _Et la lumière fût_ tragen, hoffentlich wird nie
der, in einem Augenblicke hoher Aufregung ausgesprochene, Gedanke, das
Monument, oder wenigstens die Inschrift, zu entfernen, wieder entstehen.
Ist doch die Huldigung, dem deutschen Manne von einem grossen Volke
dargebracht, keine Schande für ihn, der für alle Völker segensreich
gewirkt hat, wie es auch das Relief des Denkmals versinnlicht, wo sich
Repräsentanten aller Völker sammeln, um dem Meister enthusiastische
Huldigung darzubringen. Das Denkmal steht, wo es hingehört, auf
deutschem Grund und Boden, da mag es mit französischer Aufschrift stehen.

[Sidenote: Strassburg unter Frankreich.]

Mit dem Übergang Strassburgs in die Hände der Franzosen erlosch nach
und nach das frische deutsche Kultur- und Kunstleben, das nicht
durch eine französische Akademie ersetzt werden konnte. Doch hatte
Strassburg in der Geschichte der graphischen Künste gute Namen zu
verzeichnen: BERGER-LEVRAULT (S. 187), TREUTTEL & WÜRTZ (S. 186),
GUSTAV SILBERMANN (S. 205), zu denen ENGELMANN Vater und Sohn
aus Mülhausen sich gesellen (S. 206). Jetzt zählt Strassburg 15
Buchdruckereien und 16 lithographische Anstalten mit 64 Schnellpressen
und 98 Tret- und Handpressen. Die hervorragendste Druckanstalt
bleibt die wennauch geteilte Offizin Berger-Levrault (S. 186), jetzt
eine Kommanditgesellschaft unter der Firma R. SCHULTZ & CO. mit
22 Schnellpressen, 18 Handpressen und 250 Arbeitern. Die berühmte
Silbermannsche Anstalt ging erst auf M. Schauenburg in Lahr, dann auf
Silbermanns früheren Geschäftsführer R. FISCHBACH über (9 Schp., 7
Hdp.), ausserdem ist die Universitätsbuchdruckerei von J. H. E. HEITZ (4
Schp.) zu nennen.

[Sidenote: J. D. Schöpflin * 8. Sept. 1694, [+] 6. Aug. 1771.]

[Sidenote: Die Bibliothek.]

Einen gewichtigen Namen in der Geschichte der typographischen und
geistigen Interessen Strassburgs hat der gelehrte JOH. DAN. SCHÖPFLIN.
Er schrieb die bekannten _Vindiciae typographicae_ (1760) und überliess
1765 der Stadt gegen eine mässige Leibrente seine historischen
Sammlungen und seine bedeutende Bibliothek, fuhr jedoch fort, diese
auch nach der Abtretung zu vermehren. Durch die Einziehung der Klöster
und durch jährliche Erwerbungen war die Sammlung auf gegen 12000
Handschriften und gegen 180000 gedruckte Bücher angewachsen, darunter
gegen 2000 Inkunabeln zumteil der seltensten Art. Als ein Kleinod
der Sammlung galt das Manuskript der Äbtissin Herrade von Landsberg,
_Hortus deliciarum_, aus dem XII. Jahrhundert, in Gross-Folio, mit
den kostbarsten Miniaturen fast auf jedem Blatt. Auch eines der
wichtigsten Dokumente aus der Erfindungsgeschichte der Buchdruckerei,
die Zeugenaussage in dem Prozess zwischen Gutenberg und den Brüdern
des Andr. Dritzehn aus dem Jahre 1439 (I, S. 25), befand sich unter
den Schätzen, welche seit dem Jahre 1805 in die neue evangelische
Kirche verlegt wurden, wo bereits eine andere wichtige Sammlung, die
Universitätsbibliothek, untergebracht war.

Einige leider zu gut gezielte Bomben haben das alles vernichtet und
die Opferfreudigkeit, mit welcher die Strassburger Bibliothek neu
und grossartig errichtet wurde, konnte den unersetzlichen Teil nicht
wiederschaffen[241].

  [241] Die »Annalen der Typographie«, welche, nebenbei gesagt, die
        erste öffentliche Aufforderung zur Wiedererrichtung der
        Strassburger Bibliothek bereits in ihrer Nr. 65 vom 8.
        Oktober 1870 enthielten, sagen in Nr. 62 desselben Jahres bei
        Gelegenheit eines Rückblickes auf die Geschichte der Bibliothek,
        deren endliches Schicksal damals noch nicht genau bekannt war:

        »Eine solche Sammlung von Schätzen sollte rettungslos verloren
        gegangen sein!? Das glauben wir nun und nimmermehr auf die
        vagen Äusserungen (des Bibliothekars Zeller in Paris) hin. Die
        brennende Bibliothek hat ja nicht urplötzlich die Einwohner aus
        tiefem Schlafe geweckt. Wochenlang war vorauszusehen, was kommen
        würde. Und da sollte nicht ein verdienstvoller Bibliothekar, der
        über seine Bücherschätze ängstlich wacht, wie der Vater über
        seine Kinder, nicht ein um das Eigentum der Stadt besorgter
        Beamter daran gedacht haben, wenigstens das Unersetzlichste in
        Sicherheit zu bringen? Die Wechselfälle, denen eine belagerte
        Stadt ausgesetzt ist, sind doch nicht unbekannt, selbst wenn
        die Belagerer nicht aus »Attilas Horden« beständen. Da sollte
        nicht Zeit gefunden worden sein, ein halbes Dutzend Kisten mit
        den grössten Seltenheiten beiseite zu schaffen? Das halten wir
        trotz aller Kopflosigkeit, trotz aller Zuversicht der Franzosen
        zu den eigenen Waffen und der souveränen Verachtung gegen den
        »Landsturm« nicht für möglich.« -- Noch heute muss es jedem
        unbegreiflich erscheinen, wenn nichts gerettet sein sollte.
        Dann wäre die Barbarei Deutschlands, »das seine Gelehrsamkeit
        nur im Verwüsten zeigt«, wie der Bibliothekar Zeller sagt, doch
        durch die passive Barbarei des der Verwüstung ruhig Zusehenden
        übertroffen.

Hoffen wir, dass materielle und nationale Wunden mit der Zeit vernarben,
dass das alte Strassburg wieder als eine der hauptsächlichsten deutschen
Kulturstätten erstehe und neuen typographischen Ruhm erwerbe, dass zum
nächsten Jubelfeste die Angehörigen der verschiedenen Nationalitäten
sich um das Abbild des Meisters brüderlich die Hand reichen. Gutenbergs
Kunst kann zwar schwere Wunden schlagen, aber sie heilt auch solche!


                              DIE SCHWEIZ.

[Sidenote: Örtliche Schwierigkeiten.]

Als einige Geistliche in CELLARINA im Ober-Engadin den Gedanken gefasst
hatten, eine Druckerei anzulegen, liessen sie einen Setzer und einen
Drucker aus Bergamo kommen, welche die kleine Letternanschaffung in
ihrem Ranzen auf dem Rücken trugen. Eine abgenutzte Holzpresse wurde
auf einen Esel gepackt, weil noch kein Fahrweg vorhanden war. Ein
Zimmermann schlug auf dem Boden eines Heustalles Regale auf und zimmerte
Setzkasten. Als Gespan des Druckers fungierte ein Bauernbursche, welcher
auch die Abwartung des im unteren Stock einlogierten Esels zu besorgen
hatte. Wenn der Winter herannahte, ging das Personal nach Bergamo heim
und kam mit dem Frühjahr wieder zurück. Durch dessen Arbeit entstand
eine Sammlung geistlicher Lieder, welche noch nach dem Jahre 1840 das
allgemeine Kirchengesangbuch des Engadin bildete.

[Sidenote: Erfreuliches Emporblühen.]

Wenn nun auch dieses kleine typographische Genrebild, selbst in der
Schweiz, wohl nicht viele Pendants hat, so kann es doch als eine
hübsche wennauch drastische Illustration der Schwierigkeiten dienen,
welche der raschen Verbreitung der Typographie in einem Berglande
mit zerstreuter Bevölkerung, kleinen Städten und einem schwierigen
Verkehr entgegenstanden. Diese Verhältnisse müssen die Achtung für
die Schweizer Typographen steigern, die, obwohl die Litteraturen des
mehrsprachigen Landes sich denen der grossen Nachbarvölker anschliessen
müssen, gewusst haben, ihre gewerbliche Selbständigkeit zu wahren und,
allerdings kräftigst durch eine wennauch kleine so doch hochgebildete
und hochpatriotische Bevölkerung unterstützt, eine bedeutende Produktion
zu erzielen.

So bildet die schweizerische Typographie das Bild einer allmählichen,
ruhigen, den Verhältnissen angemessenen Fortentwickelung. Man ist
eifrig bemüht gewesen, nicht zurückzubleiben, strebt aber andererseits
nicht danach, eine der Sachlage nicht angemessene blendende Stellung
einzunehmen.

[Sidenote: Statistisches.]

Die Schweiz besitzt in 164 Städten, Städtchen, Flecken und Dörfern
325 Buchdruckereien und 184 lithographische Anstalten mit zusammen
534 Schnellpressen und 812 Tret- und Handpressen, von welchen die
Tretpressen verhältnismässig sehr stark repräsentiert sind. In dem
Druckgewerbe werden überhaupt gegen 5000 männliche und 1000 weibliche
Arbeiter beschäftigt.

[Sidenote: Zeitschriften-Litteratur.]

Wenn die Schweiz vorzugsweise reich an Zeitschriften ist -- es giebt
eine solche auf je fünfhundert Einwohner --, so liegt dies an der
Zersplitterung der Interessen durch die kantonale und kommunale
Kleinregierung, an den verschiedenen Nationalitäten und an der örtlichen
Lage. Deshalb hat die Schweiz keine Blätter von grosser Verbreitung
und allgemeiner Bedeutung und die Auflagen sind oft winzig klein. Die
Zahl der in 158 Druckorten erscheinenden Journale politischen oder
lokalen Inhalts beträgt 307, darunter 60 täglich, 161 zwei- oder dreimal
wöchentlich erscheinende; 222 davon in deutscher, 75 in französischer,
7 in italienischer, 2 in romanischer, 1 in englischer Sprache. Von
nichtpolitischen Zeitungen giebt es 253; darunter 166 deutsche, 78
französische, 7 italienische und 2 romanische. Bei weitem die meisten
dieser Blätter sind sauber gedruckt. Die Zahl der jährlich erscheinenden
Bücher beträgt etwa 1200.

[Sidenote: Basel.]

BASEL mit seinen grossen Traditionen war nicht in der Lage, unter
veränderten Verhältnissen seinen hohen typographischen Ruhm aufrecht zu
erhalten. Doch hat es zum Beginne der neuen Periode eine Druckerfamilie
von europäischer Bedeutung aufzuweisen[242].

  [242] P. W(EGELIN), Die Familie Haas (im Baseler Taschenbuch 1855). --
        W. HAAS, Beschreibung und Abriss einer neuen Buchdruckerpresse,
        erfunden in Basel 1772. 1790. -- A. G. PREUSCHEN, Grundriss der
        typometrischen Geschichte. Basel 1778.

[Sidenote: Die Familie Haas.]

[Sidenote: W. Haas d. ä. * 23. Aug. 1741, [+] 8. Juni 1800.]

[Sidenote: Seine Typen.]

WILHELM HAAS war in mancher Beziehung ein ebenbürtiger Zeitgenosse J.
G. I. Breitkopfs. Sein Vater war ein geschickter Schriftschneider und
Schriftgiesser aus Nürnberg, der das Bürgerrecht in Basel erworben
hatte. Der Sohn Wilhelm Haas zeigte schon in seiner Jugend ein
entschiedenes Talent für den Beruf des Vaters und wurde gründlich
von Daniel Bernoulli in Mathematik und Mechanik unterrichtet. Er
übernahm das Geschäft des Vaters und brachte es bald dahin, dass seine
Schriftgiesserei als eine der vorzüglichsten Deutschlands angesehen
wurde. Die Frakturschriften betrachtete man in Bezug auf Regelmässigkeit
und Klarheit als mustergültig. Für seine Antiqua nahm er Baskerville zum
Vorbild; sie ist z. B. in der bei Thurneysen erschienenen Ausgabe von
Voltaires Werken verwendet, auch schnitt er eine nicht unbeträchtliche
Zahl von orientalischen Schriften. Zu seinen Verbesserungen gehört
sein System der Spatien und der Stücklinien, worüber er sich in einer
besonderen Schrift (1772) aussprach.

[Sidenote: Verbesserte Handpresse.]

Sein Hauptaugenmerk galt jedoch der Verbesserung der Druckpresse, die
seit dem Jahre 1500 so ziemlich ungeändert geblieben war. Haas lebte
aber noch in der Blütezeit des Innungszopfes. Er war kein kunstgemäss
gelernter Buchdrucker und seine freundlichst gesinnte Kollegenschaft
brachte es glücklich so weit, dass er nicht mit der von ihm
konstruierten Presse arbeiten durfte, die er deshalb an Schweighauser
verkaufte. Er selbst musste sich mit der Herausgabe einer deutschen und
einer französischen Beschreibung begnügen. Die Hauptbestandteile seiner
Presse waren aus Eisen und ruhten auf einem Steinblock; der Tiegel hatte
die Grösse des Fundaments, so dass für den Druck einer Form nunmehr
nicht zwei Züge notwendig waren. Der Bengel wurde an dem Kopfende der
Spindel angebracht und der Hebel mit einer Schwingkugel versehen.

[Sidenote: Landkartensatz.]

[Sidenote: A. G. Preuschen.]

In das Jahr 1775 fallen Haas' Versuche, Landkarten und Musiknoten mit
Typen herzustellen. Den ersten Gedanken zu dem Landkartensatz fasste
der Hofdiakon A. G. PREUSCHEN in Karlsruhe, der sich an Haas mit dem
Vorschlag wandte, mit ihm in eine Association für diese neue Kunst,
die »Typometrie«, zu treten. Haas ging mit Energie und Überzeugung auf
den Gedanken ein. Als erstes Probestückchen erschien zu Anfang des
Jahres 1776 in Basel ein Blättchen mit einer Waldung und dem Lauf eines
Flusses; das zweite griff schon weiter und wurde der Kaiserl. Akademie
zu St. Petersburg und dem berühmten Geographen Büsching vorgelegt, der
Feuer und Flamme für die Erfindung wurde.

Nun trat Breitkopf hervor und erklärte, er habe sich schon zwölf Jahre
mit denselben Versuchen beschäftigt, und versandte seine Proben. Im
Oktober 1776 gab Haas eine Karte des Kantons Basel in Quart heraus, von
welcher 1777 eine neue Ausgabe im üblichen Landkartenformat erschien,
der eine Nachbildung der Karte von Sicilien von Hubert Jaillot aus
dem Jahre 1736 folgte. Sie wurde dem König Ferdinand IV. von Neapel
dediziert und erschien auch in einer französischen Ausgabe. Wilh. Haas
gab noch etwa ein Dutzend solcher Karten heraus. Nach den neueren
Erfindungen hat die Typometrie jedes praktische Interesse verloren, das
nie ein nennenswertes gewesen, und nur das historische ist geblieben.

[Sidenote: Haas und Thurneysen.]

Im Jahre 1780 errichtete Haas im Verein mit dem talentvollen Buchdrucker
und Buchhändler JOH. JAK. THURNEYSEN ein Geschäft, das sehr elegante
Arbeiten lieferte. Die Verbindung hörte jedoch nach sechs Jahren auf und
Haas der Sohn übernahm die Leitung der Buchdruckerei und führte sie nach
dem Tode seines Vaters, der zugleich Brigade-Chef und General-Inspektor
der helvetischen Artillerie war und auf einer artilleristischen
Inspektionsreise zum allgemeinen Bedauern starb, fort.

[Sidenote: W. Haas d. j. * 15. Januar 1766, [+] 22. Mai 1838.]

W. HAAS D. J. hatte eine sehr sorgfältige Erziehung genossen und
zeigte frühzeitig ein entschiedenes Talent für die Typographie. Als
achtjähriger Knabe setzte er ein Frag- und Antwortspiel aus Nonpareil
mit einer Einfassung und druckte es in zwei Farben. Als sechzehnjähriger
Gehülfe stellte er, unter Benutzung der systematischen Stücklinien des
Vaters, die grosse Karte der Weltgeschichte von F. K. Fulda (Augsburg,
Stagesche Buchhandlung) fertig, die aus zwölf grossen Formen besteht,
welche zusammen ein Tableau von 5 Fuss Höhe und 6 Fuss Breite bilden.

[Sidenote: Weitere Reformen.]

Nach der oben erwähnten Übernahme des Geschäfts im Jahre 1786, welches
die Firma WILHELM HAAS DER SOHN annahm, heiratete er 1788 die Tochter
Georg Jacob Deckers (S. 361). An der Druckpresse brachte er noch
weitere Verbesserungen an und vervollkommnete den Satz der Landkarten,
von welchen viele Blätter bei ihm erschienen. Nach dem Beispiel
Baskervilles fertigte er nach seiner eigenen und des Vaters Idee eine
Satiniermaschine, die er jedoch, als er die von Bodoni konstruierte
gesehen hatte, verwarf. Seine Musiknoten sind elegant. Er druckte auch
verschiedene hebräische Werke, darunter eine Bibel in vier Bänden,
Grossoktav. Auch den Accidenzarbeiten wurde grosse Sorgfalt gewidmet.

[Sidenote: Wilhelm und Eduard Haas.]

Zu der im Jahre 1830 in Basel stattgehabten Kunst- und
Industrie-Ausstellung hatte Haas »Das Gebet des Herrn« in hundert
Sprachen, wie er bemerkt: die vierzigste derartige Sammlung,
ausgestellt. Das Geschäft überliess er seinen Söhnen WILHELM und EDUARD,
von denen letzterer sich bei Didot als Stempelschneider ausgebildet
hatte, und erlebte in Zurückgezogenheit noch sein 77. Jahr. Das Geschäft
besteht noch heute als geachtete Schriftgiesserei.

Eine bekannte Baseler Druckerfamilie war die THURNEYSENsche, die ihre
Aufmerksamkeit namentlich dem Bibeldruck zuwendete. In jüngster Zeit hat
die SCHWEIGHAUSERsche Offizin durch BENNO SCHWABE mehrere vorzügliche
Arbeiten, namentlich im Renaissancestil, geliefert, welche den besten
aus der Glanzzeit Basels ebenbürtig sind.

[Sidenote: Zürich.]

[Sidenote: Orell Füssli & Co.]

Wenn Bern auch die Hauptstadt der Schweiz ist, so bleibt doch ZÜRICH,
sowohl was Einwohnerzahl betrifft, als auch in Beziehung auf Kultur,
Litteratur und Druckgewerbe, die erste Stadt der Schweiz. Sie besitzt 22
Buchdruckereien und 18 lithographische Anstalten, die 55 Schnellpressen,
136 Tret- und Handpressen beschäftigen. Der Kanton Zürich hat 40
Buchdruckereien, 30 lithographische Anstalten mit 97 Schnellpressen,
190 Handpressen und 800 Arbeitern und überragt weit jeden anderen der
Kantone. Berühmt war Zürich schon in der älteren Druckgeschichte als
Sitz des Geschäfts Christ. Froschauers, als dessen würdige Nachfolgerin
die Firma ORELL FÜSSLI & CO. noch heute sich zeigt (I, S. 140). Die
Offizin würde auch in Deutschland zu den bedeutenderen zählen (10 Schp.,
15 Hdp.); sie vereinigt alle Branchen der graphischen Künste und liefert
in allen Vorzügliches. Das am 25. August 1881 bezogene neue Haus »Zum
Bären« ist ein höchst stattlicher Bau. Einen eigentümlichen äusseren
Schmuck desselben bildet ein, eine ganze Wand des vierstöckigen Hauses
einnehmender, Bär. Die frühere Lokalität war durch 105 Jahre von der
Firma benutzt gewesen. Ein grosses Geschäft ist die Firma ZÜRCHER &
FURRER (6 Schp.).

[Sidenote: Kartographie.]

Zürich besitzt mehrere bedeutende lithographische Anstalten. Die
LITHOGRAPHISCHE GENOSSENSCHAFT (4 Schp., 7 Hdp.), ebenso J. J. HOFER
& A. BURGER liefern sehr gute Chromodrucke. Berühmt ist die Anstalt
von WURSTER, RANDEGGER & CO. durch ihre kartographischen Arbeiten, in
welcher Richtung H. MÜHLHAUPT & SOHN sowie R. LEUZINGER in BERN und
H. FURRER in NEUENBURG sich ebenfalls einen Namen erwarben. Überhaupt
geniesst die Schweiz hinsichtlich ihrer kartographischen Arbeiten eines
grossen Rufes. Die geringe Ausdehnung des Landes bei den interessanten
Bodenformationen und den komplizierten hydrographischen Verhältnissen
luden ganz besonders zur Anfertigung detaillierter, malerisch
ausgeführter Terrainkarten ein. Den mächtigsten Anstoss gab der General
Dufour, dessen Generalkarte der Schweiz noch heute als das bedeutendste
Meisterwerk kartographischer Darstellungskunst gilt.

[Sidenote: Winterthur.]

In WINTERTHUR befindet sich die ziemlich bedeutende Offizin von BLEULER,
HAUSHEER & CO. (4 Schp.). J. WESTPHELING liefert sehr gute Arbeiten und
introduzierte sich in sehr empfehlender Weise in grösseren Kreisen durch
seinen Schweizer-Ausstellungs-Katalog (Wien 1873), der denselben Beifall
fand, wie die ganze Kollektiv-Ausstellung der Schweiz.

[Sidenote: St. Gallen.]

[Sidenote: Joh. Zollikofer.]

[Sidenote: Chr. Zollikofer.]

[Sidenote: Emil Zollikofer.]

ST. GALLEN umschliesst eine der besten Offizinen der Schweiz. Dieselbe
wurde von JOH. ZOLLIKOFER, aus einer alten, vom Kaiser Rudolf 1578
geadelten Familie stammend, im Jahre 1789 gegründet. Durch Ankauf
erwarb er 1792 noch eine zweite kleine Buchdruckerei und blieb bis 1802
der alleinige Buchdrucker in St. Gallen. Im Jahre 1834 wurde der Sohn
CHRISTOPH Associé. Durch Eintritt C. P. SCHEITLINS ward die Firma in
Scheitlin & Zollikofer umgeändert und ein bedeutender Verlag gegründet,
der später auf den Schwager Christoph Zollikofers, IWAN V. TSCHUDI,
überging, während der erstgenannte die Druckerei behielt. Der Sohn EMIL
ZOLLIKOFER wurde 1867 Teilnehmer. Durch längeren Aufenthalt im Auslande
ausgebildet, reformierte er die Buchdruckerei übereinstimmend mit den
Forderungen der Zeit. Ein neuer stattlicher Bau ward 1868 ausgeführt,
fiel jedoch bereits am 17. Juli 1880 den Flammen zum Opfer. Ein zweiter
Neubau wurde mit fabelhafter Energie betrieben und vier Monate nach dem
Brande stand ein Prachtbau, hauptsächlich aus Glas und Eisen, fertig da.
Christoph Zollikofer war, von seinen Mitbürgern hochangesehen, bereits
Anfang September 1870 verstorben.

[Sidenote: Gebr. Benziger.]

Unter den schweizerischen graphischen Anstalten giebt es nur eine,
die für den Weltmarkt arbeitet und auch einen Weltruf sich erworben
hat. Der Bergflecken EINSIEDELN mit 7000 Einwohnern, berühmt durch
sein Benediktiner-Kloster mit dem wunderthätigen Muttergottesbilde
und deshalb jährlich von hunderttausenden von Wallfahrern besucht,
ist in der typographischen Geschichte durch die grossartige Anstalt
der GEBR. BENZIGER merkwürdig geworden. Das Geschäft, welches nur auf
die Bedürfnisse strenggläubiger Katholiken berechnet ist, wurde von
dem Landamman JOSEF KARL BENZIGER 1805 gegründet und ging von ihm auf
seine Söhne KARL und NIKOLAUS (letzterer vom Papst in den Grafenstand
erhoben) über. In allen Erzeugnissen der Anstalt, auch den billigsten,
ist das Streben sichtbar, nur Gutes zu liefern. Die Erzeugnisse der
Phototypie sowohl in Vergrösserungen als Verkleinerungen gehören
zu den besten Leistungen in dieser Richtung. Die Anstalt verfügt
über 27 Schnellpressen und eine grosse Anzahl von Buchbinderei- und
anderen Maschinen und soll 700-1000 Menschen, Erwachsene und Kinder,
beschäftigen. In New-York, Cincinnati und St. Louis besitzt die Firma
Filialen[243].

  [243] Phototypie Benziger, Reproduktionen von Holzschnitten,
        Lithographien, Stahlstichen, Handzeichnungen, auf Metallplatten,
        hochgeätzt für Buchdruck.

Um den Leistungen dieser Anstalt vollkommen gerecht zu sein, muss man
der örtlichen Lage derselben eingedenk bleiben. Dieselbe machte die
Fürsorge für die Arbeiter durch Kosthäuser, Kassen und andere humanitäre
Einrichtungen, die nach vielen verschiedenen Richtungen hin vorhanden
sind, noch notwendiger, als bei gewöhnlichen Verhältnissen.

[Sidenote: Bern.]

Die Hauptstadt BERN zählt, was Bevölkerung betrifft, erst als die
fünfte Stadt der Schweiz und bietet in graphischer Hinsicht nichts
Bemerkenswertes dar. Die bedeutendsten Offizinen sind die STÄMPFLIsche
mit 7 Schnellpressen, RIEDER & SIMMEN, JENT & REINERT, K. J. WYSS und B.
F. HALLER. Dieser war der erste, der eine eiserne Presse in der Schweiz
einführte; die erste Schnellpresse erhielten Orell Füssli & Co. im Jahre
1832.

[Sidenote: Genf.]

In der französischen Schweiz ist GENF durch das rege wissenschaftliche
und litterarische Leben bekannt. Die Stadt hat 18 Buchdruckereien
und 17 lithographische Anstalten, doch kein Geschäft von bedeutendem
Umfang. Die grössten derselben sind CHR. SCHUCHARDT und J. LANG mit je 4
Schnellpressen. Auch in LAUSANNE ist ein regeres geschäftliches Leben.
Unter den 17 typographischen und lithographischen Anstalten daselbst ist
zu nennen die von G. BRIDEL (4 Schp.), die gute Werk- und Accidenzdrucke
liefert.

[Illustration]


[Illustration]

                              XV. KAPITEL.

                   DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.

  Presszustände in Österreich. J. T. Trattner. J. G. Trassler. J. v.
    Kurzbeck. A. Schmid. Familie Gerold. J. V. Degen. A. Auer. Die Hof-
    und Staatsdruckerei. W. v. Braumüller. Das Museum und die
    Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. Der Buchdrucker-Verein.
    Neuere Buchdruckereien Wiens. Die Druckereien in den Provinzen.
    UNGARN. Druckereien in Budapest und an anderen Orten. Statistisches
    aus Österreich-Ungarn.

[Sidenote: Gedrückte Zustände der Presse.]

Zu derselben Zeit, wo die Presse in Preussen beinahe einer
uneingeschränkten Freiheit sich erfreute, hatte sie in Österreich
mit dem schwersten Druck zu kämpfen. Unter dem Kaiser Karl VI. wurde
noch glimpflich verfahren, unter Maria Theresia trat jedoch grössere
Strenge ein. Ein Patent vom 12. Juli 1752 befahl den Unterthanen, alle
geistlichen Bücher ihren Seelsorgern zur Prüfung zu übergeben, diese
hatten die irrlehrigen an sich zu nehmen, die unverdächtigen, nachdem
sie mit Siegel versehen waren, zurückzustellen. Selbst die Buchbinder
waren verpflichtet, die ihnen zum Binden übergebenen Bücher den
Geistlichen vorzulegen. Politische und staatswissenschaftliche Schriften
wurden mit ähnlichem Argwohn behandelt und die Jesuiten hatten sich ganz
der Zensur bemächtigt. In Ermangelung von gedruckten Zeitungen wurden
geschriebene »Gassenblätter« regelmässig versandt. Zeitungsschreibern,
welche falsche Nachrichten verbreiteten, wurde mit Auspeitschung und
Landesverweisung gedroht und Angebern 100 Dukaten Belohnung zugesagt.
Die einzige in Wien erscheinende Zeitung, das im Jahre 1703 gegründete
»Diarium«, durfte nur solche inländische Nachrichten verbreiten, die ihr
von der Hofstelle zukamen. Ausländische privilegierte Zeitungen konnten
eingeführt werden, sie unterlagen jedoch einer Revision und wurden nur
durch die kaiserlichen Postämter vertrieben. Damals entstanden auch die
verschiedenen Stufen des Verbotes und der Zulassung. 1765 erschien das
erste Verzeichnis der verbotenen Bücher, welches schliesslich selbst
verboten wurde, damit man nicht die Titel der »schlechten« Bücher kennen
lernte.

[Sidenote: Freiere Bewegung unter Joseph II.]

Dem unhaltbaren Zustand setzte die Thronbesteigung Josephs II. (1780)
eine Grenze. Er hob die geistliche Zensur ganz auf und bildete
eine Zensurkommission aus aufgeklärten und unabhängigen Männern.
Das Pressgesetz von 1781 war in seinen Grundlagen nach den eigenen
Bestimmungen des Kaisers entworfen. Das Verzeichnis der verbotenen
Bücher wurde revidiert und mehr als 2500 derselben wieder erlaubt. Nur
gegen schmutzige Bücher wurde mit aller Strenge verfahren. Im Jahre
1787 wurde es gestattet, anstatt der Manuskripte die bereits gedruckten
Werke der Zensurbehörde vorzulegen. Es ward dem Kaiser nicht leicht, bei
diesen Reformen den passiven Widerstand der Beamten zu überwinden. In
der letzten Zeit seiner Regierung ward er auch selbst weniger freisinnig
und die zuletzt erwähnte Massregel wenige Wochen vor seinem Tode durch
eine Verordnung vom 21. Januar 1790 zurückgenommen.

[Sidenote: Neue Beschränkungen.]

[Sidenote: Patent vom Nov. 1810.]

[Sidenote: Abstufung der Bücherverbote.]

Kaiser Leopold II., eingeschüchtert durch die französische Revolution,
ergriff strengere Massregeln gegen die Presse, und sein Nachfolger,
Franz II., verschärfte diese noch mehr. 1801 ward die Zensur der
Polizeihofstelle übergeben; 1803 begann eine Rezensurkommission ihre
Thätigkeit und setzte wieder tausende von früher freigegebenen Büchern
auf den Index. Während der Besitznahme Wiens durch Napoleon fand 1809
eine temporäre Erleichterung statt und die Druckereien waren nicht
imstande, alle ihnen angebotenen Aufträge auszuführen. Dieser Zustand
nahm jedoch mit dem Patente vom 1. November 1810 zur Regelung der
Pressverhältnisse ein schnelles Ende. »Kein Lichtstrahl, er komme, woher
er wolle, soll künftig unbeachtet oder unbekannt in der Monarchie
bleiben«, so hiess es und die Geschichte lehrt die Wahrheit dieser Worte
des Programms kennen, wennauch nicht in der vermuteten Auslegung; es
blieb in der That kein Lichtstrahl unbeachtet -- seitens der Polizei.
Übertretungen der Zensurmassregeln wurden streng geahndet. Das Recht,
Buchhandel und Buchdruckerei zu betreiben, beruhte natürlicherweise
auf Privilegien. Die Abstufungen der Zulässigkeit der Werke wurden
genau reguliert. Professoren und Gelehrten von Fach sollte nur in
besonderen Ausnahmefällen ein Buch verweigert werden. Einige Bücher
erhielten _admittitur_, d. h. sie waren ganz freigegeben; andere,
denen das _transeat_ zu teil geworden, durften verkauft, jedoch nicht
öffentlich angekündigt werden. Um andere beziehen zu können war wieder
eine besondere Erlaubnis notwendig (_erga Schedam_). Inländische
Verlagsartikel erhielten das _imprimatur_ entweder ohne Beschränkung
oder nach Weglassungen resp. Änderungen, andere fielen dem _damnatur_
anheim. Es ist bekannt genug, wie die Bestimmungen über die Einfuhr
der Bücher vielfach umgangen wurden und wie wöchentlich ganze Ballen
nichterlaubter Bücher von Leipzig nach Wien gesandt wurden. Dort waren
Bestechungen selbstverständlich an der Tagesordnung; das Geschäft wurde
demoralisiert, aber im Sortimentshandel viel Geld verdient, während der
Verlagshandel und die Buchdruckerei darnieder lagen. Kein Autor von
Bedeutung mochte sein Werk in Österreich verlegt oder gedruckt sehen und
ein in Österreich gedrucktes Buch war fast gleichbedeutend mit einem
schlecht gedruckten.

[Sidenote: Zustand der graphischen Gewerbe.]

Der Festredner bei dem vierhundertjährigen Jubelfest (1882) der
Einführung der Buchdruckerkunst in Wien Karl v. Scherzer, im Jahre 1846
noch ein enthusiastischer Jünger Gutenbergs, schrieb damals: »Es ist in
dem Volke noch nicht das Bedürfnis zu $lesen$ erwacht; es begnügt sich,
die 'Wiener Zeitung' durchzublicken und alle Jahre die renommiertesten
französischen Schauerromane in deutscher Übersetzung durchzublättern.
Es fehlt uns hier auch an nichts weniger als an $allem$, um selbst
die $geringste litterarische$ Unternehmung mit Ehren ins Leben rufen
zu können. Kein genialer Zeichner, kein fähiger Holzschneider, kein
tüchtiger Drucker und so fort bis zum Farbenjungen. Während das Ausland
seit Jahren uns mit illustrierten Ausgaben überflutet, haben wir hier
kaum den Mut gefasst, ein einziges grosses Werk mit Holzschnitten zu
verzieren; selbst die 'Theaterzeitung' hat ihr illustriertes Gewand
seit dem neuen Jahre wieder abgelegt und noch bei dem $neuesten$
illustrierten Werk 'Erzherzog Karl von Österreich' mussten, durch
unübersteigbare Hindernisse dazu gezwungen, die beabsichtigten
Holzschnitt-Illustrationen den in den Text gedruckten Lithographien
weichen«[244].

  [244] Journ. f. B. 1846.

Mit den Accidenzien ging es nicht besser, als mit dem Werkdruck.
Die Privilegien der »Wiener Zeitung« verursachten ausserdem, dass
Accidenzien im Interesse des Handels und der Gewerbe fast gar nicht
vorkamen.

[Sidenote: Zeitungslitteratur.]

Mit der Zeitungslitteratur war es gar schlecht bestellt; nur die
verflachenden, witzelnden und pikanten Theater-, Kunst-, Litteratur-
und Modeblätter erfreuten sich eines bedeutenden Absatzes. Alle
Zeitungen, mit Ausnahme der »Wiener Zeitung« und des »Österreichischen
Beobachters«, unterlagen einer Vorzensur und kamen dann erst in die
Hände des bekannten Grafen v. Sedlnitzky und erfolgten aus diesen
gewöhnlich in einem Zustande zurück, von dem man sich heute schwer eine
Vorstellung wird machen können. Die willkürlichsten Änderungen wurden
getroffen, die sich nicht bloss auf Politik und ernstere Interessen
bezogen; es konnte auch einem Theaterkritiker, welcher erzählt hatte,
wie sehr Fräulein X. $miss$fallen, passieren, dass er in seiner Zeitung
las, wie ausnehmend sie $ge$fallen. Adlige Bösewichte gab es in Romanen
und Theaterstücken gar nicht; sie mussten vorher ins Bürgerliche
übersetzt werden.

[Sidenote: J. T. Trattner * 1717, [+] 1798.]

Unter solchen Verhältnissen ist es immer noch zu verwundern, dass Wien
einige bedeutende Männer unter den Ausübern der Druckkunst aufzuweisen
hat. Die populärste Erscheinung aus dieser Periode des Rückgangs
ist JOHANN THOMAS TRATTNER. Er gehört nicht zu denjenigen Koryphäen
der Druckkunst, zu denen wir mit Ehrerbietung emporblicken. Seine
Hauptthätigkeit war eine, welche der Staat zwar zuliess, die öffentliche
Meinung und das Rechtsbewusstsein aber verurteilten: Trattner war ein
Nachdrucker ersten Ranges[245].

  [245] J. T. v. Trattner, Der gerechtfertigte Nachdrucker. Wien 1778.

Er war als Sohn eines armen Pulvermüllers zu Jahrmannsdorf unweit Güns
geboren und frühzeitig verwaist. In seinem 18. Jahre kam er in die
Lehre. Als Drucker erwarb er sich in der Offizin Johann von Gehlens
(I., S. 144) etwas Geld und einige vermögende Gönner, die bereit
waren, den jungen strebsamen Mann zu unterstützen. Seine Bemühungen,
eine Konzession sich zu verschaffen, blieben jedoch vergeblich. Da
fasste er den kühnen Entschluss, sich persönlich an die Kaiserin Maria
Theresia zu wenden, die ihn gnädig beschied. Nun kaufte Trattner am 12.
März 1748 die im Laufe der Zeit sehr herabgekommene Buchdruckerei der
Frau Eva Schelgin. Den Ertrag seiner ersten Arbeit, ein vom Abte des
Stiftes Mölk verfasstes Gebet, widmete er den Armen, wodurch er sich
das Wohlwollen der Jesuiten erwarb, die nun alle ihre Arbeiten bei ihm
drucken liessen, so dass er zeitweilig sechzehn Pressen beschäftigen
konnte; sie aber regelmässig im Gange zu halten war eine schwere
Aufgabe. Trattner legte sich deshalb auf das Nachdrucken der Werke der
besten deutschen Autoren und machte sich hiermit eben so verhasst in
Deutschland wie beliebt in Österreich, wo man den Nutzen der guten und
billigen Bücher hatte. Es ging ganz wie in neuerer Zeit in Nordamerika:
der durch den Nachdruck gebildete Geschmack des Publikums kam wenigstens
später den einheimischen Autoren und Verlegern zu gute, welche den Boden
vorbereitet fanden.

[Sidenote: Der Trattnerhof.]

Eine grosse Erweiterung seines Geschäfts (bis auf 34 Pressen) entstand,
als ihm bei der Studienregelung im Jahre 1752 der Druck der sämtlichen
Schul- und Lehrbücher übertragen wurde. Er legte Filialen seiner
Druckerei in Pest, Triest, Innsbruck, Linz und Agram an, erwarb
zwei Papierfabriken, gründete eine Schriftgiesserei, alle Arten von
artistischen Anstalten und unterhielt 23 Bücherlager. Am »Graben«
erbaute er den schönen Trattnerhof, welcher seinen Wahlspruch »_Labore
et favore_« trug. Seine Bücher stattete er mit grosser Sorgfalt aus, so
dass es von einem guten Druck hiess: »Der ist wie von Trattnern«. Bis
in sein 78. Jahr war er der alleinige Leiter des Geschäfts und erlebte
1798 noch sein goldenes Jubiläum. Von zwei Frauen hatte er 21 Kinder,
von denen jedoch nur zwei am Leben blieben. Vom Kaiser Franz war er 1764
in den Adelstand erhoben. Das Geschäft wurde nach Trattners Tod geteilt
und ging auf verschiedene Personen über.

[Sidenote: J. G. Trassler [+] 1816.]

Neben Trattner nahm JOSEF GEORG TRASSLER aus Wien eine bedeutende Stelle
ein. Im Jahre 1779 erwarb er eine Buchdruckerei in Troppau, die bereits
1785 mit 25 Pressen arbeitete. Eine zweite Buchdruckerei errichtete er
1786 in Brünn; diese beschäftigte bis 60 Pressen. Eine dritte Offizin
etablierte er 1795 in Krakau, die jedoch 1809 von den Polen demoliert
wurde. Ausserdem hatte er noch verschiedene graphische Geschäfte und
eine Buchhandlung.

Seine Erfolge verdankte er zum nicht geringen Teil den Freimaurern
und den mit diesen in Verbindung stehenden Gesellschaften, welche
letztere zur Bildung des Volkes unzählige Nachdrucke mit der
Bezeichnung »Gedruckt bei Josef Georg Trassler und im Verlage der
Compagnie« verbreiteten. Ausserdem besass Trassler selbst einen grossen
Verlag zumteil bedeutender Werke, darunter A. F. Büschings grosse
Erdbeschreibung in 30 Bänden; die 34 Bände starke Sammlung der besten
Reisebeschreibungen; die »Allgemeine Weltgeschichte«, 88 Bände; Krünitz'
»Encyklopädie«, 129 Bände. Die bedeutendste Leistung war jedoch J. C.
Adelungs berühmtes Wörterbuch in vier starken Bänden in Grossquart von
zusammen 7587 Seiten[246].

  [246] Während Trassler noch als Faktor bei Trattner arbeitete, hatte
        letzterer für den nachmaligen Kaiser Josef II. eine kleine
        Buchdruckerei eingerichtet. Ein grosser vortrefflicher
        Holzschnitt von F. v. Exter (S. 302) hat eine Szene aus dieser
        Druckerei verewigt, wo der Prinz an dem Bengel zieht, Trassler
        die Ballen einschwärzt und Trattner gute Lehren erteilt.
        Die Presse selbst befindet sich in dem Museum der K. K.
        Staatsdruckerei.

Obwohl der Verlag nach Trasslers Tod noch vermehrt wurde, ging das
Geschäft in den Händen der Kinder doch zurück. Der zweite Sohn, Adolf,
zog mit dem übrig gebliebenen Teile desselben nach Troppau, wo es wieder
emporblühte und seit 1879 im Besitz Alfreds, des Sohnes von Adolf,
gedieh.

[Sidenote: Josef v. Kurzbeck * 21. Nov. 1736.]

Ein sehr verdienter Buchdrucker war JOSEF KURZBECK. Nach vollendeten
Studien widmete er sich der Buchdruckerei und übernahm die väterliche,
nur mit zwei Pressen arbeitende Offizin, die nunmehr bald 15 Pressen
beschäftigte. Im Jahre 1770 richtete er sich für den Druck des
Illyrischen, Walachischen und Russischen ein, später schaffte er noch
verschiedene orientalische Schriften an. Da es sehr an Setzern für
fremdländische Sprachen fehlte und es schwierig war, solche in dem
Geschäft selbst auszubilden, ersuchte Kurzbeck den Kaiser Joseph II.,
die Ausbildung einiger seiner Zöglinge an der K. K. Orientalischen
Akademie zu gestatten, was auch gewährt wurde. Hierzu wurden die
späteren Buchdruckereibesitzer Anton Schmid, Josef della Torre und
M. Santner bestimmt. Kurzbeck liess die als Mannsfeldsche bekannten
Schriften schneiden, verschaffte sich die besten Amsterdamer Matern und
druckte dann mehrere umfangreiche hebräische Werke, als den Talmud,
Mischnajoth und Machsorim, welche allgemeine Anerkennung fanden. In
Kurzbecks Offizin erschien auch 1775 das von Kaiser Maximilian I.
1514 beabsichtigt gewesene Prachtwerk »Weisskunig« (I, S. III) von
Treitzsauer v. Erentreitz mit 237 grossen Holzschnitten von Hans
Burgkmair. Durch den Tod des Kaisers geriet dieses Werk wie mehrere
von seinen litterarisch-artistischen Unternehmungen ins Stocken, die
Holzschnitte waren jedoch in Graz glücklicherweise erhalten geblieben.
Als der Druck Kurzbecks veranstaltet wurde, hatte man leider kein
Verständnis für die Reproduktion eines Werkes älteren Stils, so dass die
Ausführung nicht eine würdige wurde (S. 429).

Kurzbeck erzielte durch sein Wirken sowohl Gewinn als Ehre; im Jahre
1773 verlieh ihm die Kaiserin Maria Theresia eine goldene Kette und
erhob ihn in den Adelsstand.

[Sidenote: Anton v. Schmid * 1765, [+] 26. Juni 1855.]

Unter den Schülern Kurzbecks befand sich, wie erwähnt, ANTON SCHMID,
später der hebräische Schmid genannt. Der Abt des Klosters der
Zisterzienser zu Zwetl, wo Schmid geboren war, liess ihn im Lateinischen
unterrichten. Seine an der Universität begonnenen Studien musste er
auf Grund seiner Armut unterbrechen und trat in seinem zwanzigsten
Jahre bei Kurzbeck in die Lehre, wo er später die Leitung des Druckes
der hebräischen Bücher übertragen erhielt. Er bewog den kränklichen
Kurzbeck, der keine rechte Freude mehr am Geschäft fand, ihm seine
hebräischen Schriften zu überlassen, um damit ein selbständiges Geschäft
zu beginnen. Kurzbeck ging auf den Gedanken ein, Schmid wurde jedoch
mit seinem Konzessions-Gesuch abgewiesen, bis der Kaiser direkt zu
seinen Gunsten einschritt. Nun ging er mit aller Kraft auf sein Ziel
los. Seine Offizin wurde reich mit syrischen, persischen und arabischen
Schriften ausgestattet und alle Lehrbücher in diesen Sprachen für die
theologischen Anstalten wurden bei Schmid gedruckt. Seine Bücher waren
vorzüglich ausgestattet und sein Ruf drang in fremde Länder.

1839 übergab Anton Schmid, der 1825 in den Adelsstand erhoben war,
seinem Sohne FRANZ EDLEN VON SCHMID sein Geschäft. Ein der Hofbibliothek
geschenktes Exemplar der Schmidschen orientalischen Druckwerke umfasst
148 Werke im Gesamtumfange von 12447 Bogen. Vor allen zu nennen ist die
1795 in mehreren, rasch aufeinanderfolgenden, Ausgaben veranstaltete
vollständige hebräische Bibel mit Übersetzung von Mendelssohn und einem
Kommentar in hebräischer Sprache, an welchem eine Reihe der berühmtesten
Gelehrten mitgewirkt hat. Die Druckerei ging auf ADALBERT DELLA TORRE
über.

[Sidenote: Familie Gerold.]

[Sidenote: Karl Gerold [+] 23. Sept. 1854.]

Unter den älteren Buchdruckereien Wiens, die bis auf den heutigen Tag
ihre Bedeutung behalten haben, ist diejenige, welche JOSEF GEROLD 1775
von J. Kalliwoda erwarb. Der erstgenannte sowohl wie sein Sohn KARL
GEROLD erweiterten das Geschäft bedeutend. Durch den Druck mehrerer
mathematischer und technischer Werke für das unter Prechtls Direktion
gestellte Polytechnische Institut erwarb Gerold sich einen so guten Ruf,
dass Cotta ihm den Druck der 20 Bände starken Prechtlschen Encyklopädie
übertrug. Die gedrückten Pressverhältnisse veranlassten Gerold, sich
weniger dem Verlag als dem Sortiment zu widmen. Aus den 1848 geänderten
Zuständen zog jedoch auch die Geroldsche Offizin Nutzen und das Geschäft
erweiterte sich in dem Besitz der in den Adelsstand erhobenen Söhne
Karls: FRIEDRICH und MORIZ VON GEROLD ausserordentlich[247].

  [247] Annalen d. Typ. 1875, Nr. 327. -- »Zur hundertjährigen
        Gründungsfeier« etc. Wien 1815.

[Sidenote: Pichlersche Buchdruckerei.]

Die PICHLERsche Buchdruckerei wurde durch den Druck der Werke Karoline
Pichlers in Fachkreisen bekannt, jedoch mehr durch den Druck der 1838
in vier Blättern dreifarbig ausgeführten, in Typen gesetzten Post- und
Reisekarte der österreichischen Monarchie von F. Raffelsberger[248]. Die
Arbeiten derselben stehen weit über denen von Breitkopf und Haas, sind
jedoch, wie diese, mehr auf Grund der mühsamen Arbeit bewundernswert als
für die Praxis nutzbringend.

  [248] FRANZ RAFFELSBERGER, Proben der ersten graphischen Typen.
        Wien 1838.

[Sidenote: Anton Strauss.]

[Sidenote: L. Sommer.]

Ein tüchtiger Buchdrucker war ANTON STRAUSS, der aus geringen Anfängen
die Zahl seiner Pressen auf 20 brachte. Nach seinem Tode ging das
Geschäft auf LEOPOLD SOMMER über, der grossen Schwung hineinbrachte und
1848 an Zeitungen und Zeitschriften allein zwanzig druckte. Er war auch
der erste, der in Österreich eine politische Zeitung gründete, welche
wirklich diesen Namen verdiente, die unter E. v. Schwarzers Leitung
unternommene »Österreichische Zeitung«.

[Sidenote: M. Salzer * 1799, [+] 4. Jan. 1878.]

MATTHÄUS SALZER, Sohn des Kaspar Salzer, der zu den Zeiten Josephs
II. Buchhändler und Buchdrucker war, lernte erst als Sattler, trat
aber bald in das Papiergeschäft seines Bruders Franz und wurde später
Leiter der Papierhandlung seines verstorbenen zweiten Bruders Jakob,
dann durch Verheiratung mit dessen Witwe Besitzer des Geschäfts. Nach
und nach erwarb er die Papiermühlen in Wiener-Neustadt, Ebenfurth
und Stettersdorf. 1866 kaufte er die ÜBERREUTHERsche Buchdruckerei
und beschäftigte 11 Schnellpressen und 150 Arbeiter, namentlich mit
Aufträgen seitens der Eisenbahnen und ähnlicher Anstalten. Im Jahre 1874
feierte Salzer sein goldenes Geschäftsjubiläum.

[Sidenote: J. V. Degen * 11. März 1763, [+] 5. Okt. 1827.]

Als ein Stern in der langen Nacht der österreichischen Typographie
leuchtet JOSEF VINCENZ DEGEN aus Graz. Er studierte dort und in
Wien, widmete sich dann dem Buchhandel, kaufte 1800 die vorzüglich
eingerichtete ALBERTIsche Buchdruckerei und errichtete zugleich eine
Schriftgiesserei. Durch die Tüchtigkeit seiner Leistungen erwarb er sich
bald ein bedeutendes Renommé. Im Jahre 1804 richtete er die K. K. Hof-
und Staats-Aërial-Druckerei ein und brachte sie auf einen blühenden
Stand. Vertragsmässig arbeitete diese Anstalt nur für Behörden. Eigentum
des Staates wurde sie erst im Jahre 1814. Degen, der in den Adelsstand
als Edler von Elsenau erhoben worden war, wurde zum Direktor der
nunmehrigen STAATSDRUCKEREI ernannt, die sich durch ihre Arbeiten in
vorteilhaftester Weise auszeichnete.

[Sidenote: Staatsdruckerei.]

Anders ward es nach Degens Tod unter der Direktion J. A. VON WOHLFAHRTS.
Aus übertriebener Sparsamkeit liess man die Anstalt verfallen und als
Wohlfarth 1840 in den Ruhestand versetzt wurde, war es so weit gekommen,
dass die Staatsbehörden sich mit ihren Aufträgen an Privatdruckereien
wandten.

Wie es in der Staatsdruckerei aussah, so war es auch in den anderen
Offizinen mit Ausnahme der einzelnen erwähnten und vielleicht noch
einiger weniger anderen.

[Sidenote: Der Buchhandel.]

Der BUCHHANDEL, der sich unter Maria Theresia sehr entwickelt hatte,
verfiel unter Joseph II. trotz der milden Zensur. Man zersplitterte
die Kräfte meist in Broschürenlitteratur, durch welche sich eine
Reihe von Winkeldruckereien, die jedoch wieder mit dem Tode des
Kaisers verschwanden, nährte. Von den bedeutendsten Werken dieser
Periode seien noch erwähnt: Jacquins _Historia stirpium americanarum_;
_Hortus Vindebonensis_; _Observationes botanicæ_ mit 150 Kupfern;
_Icones plantarum rariorum_ mit 649 Kupfern; _Flora austriaca_ mit 500
kolorierten Kupfern, Herrgotts _Monumenta Aug. Austriacæ_ in Grossfolio
mit vielen Tafeln, die von den Geistlichen des Stiftes St. Blasien
gedruckt wurden; Maninskys grossartiges »Orientalisches Wörterbuch« u. a.

Als der Regenerator der österreichischen Buchdruckerei, die in der
jüngeren Zeit so enorme Fortschritte gemacht hat, muss Auer betrachtet
werden.

[Sidenote: Al. Auer * 11. Mai 1813, [+] 10. Juli 1869.]

ALOIS AUER war zu Wels in Österreich als der Sohn eines armen
Traunflössers am 11. Mai 1813 geboren. Da es ihm unmöglich war, seinem
Drang zum Studieren nachzugehen, trat er im Beginn des Jahres 1825 als
Setzer in die Lehre bei dem Buchdrucker Michael Haas in Wels. Nach
vollendeter Tagesarbeit benutzte er die späten Abendstunden, um sich
gründliche Kenntnisse der Muttersprache anzueignen. Nach Beendigung
seiner fünfjährigen Lehrzeit begann er mit Energie die Sprachkunde zu
treiben, da er eingesehen hatte, von wie grossem Nutzen dieselbe für den
Typographen ist. Seine Mussestunden benutzte er nun zur Erlernung der
französischen, italienischen, englischen, spanischen und portugiesischen
Sprache, so dass er sich schon im Oktober 1835 einer Prüfung in der
französischen und englischen, im Mai 1836 einer in der italienischen
Sprache an der Universität zu Wien mit günstigem Resultat unterwerfen
konnte. Gleichzeitig bestand er die Prüfung in der Erziehungskunde. Sein
guter Ruf verschaffte ihm bald eine öffentliche Anstellung in Linz als
Lehrer der italienischen Sprache. Auer begann nun eine Schriften- und
Vaterunser-Sammlung anzulegen, die hinsichtlich ihrer Vollständigkeit
fast allen Ansprüchen genügte, und benutzte diese Sammlung, um die
Raumverhältnisse aller Schriftarten genau zu berechnen[249]. Auf diese
Art entstand sein »typometrisches System«, über dessen praktischen Wert
sich allerdings nicht viel sagen lässt.

  [249] A. AUER, Über das Raumverhältniss der Buchstaben. Wien 1848.

[Sidenote: Metternich und Auer.]

Danach machte er sich an die Ausarbeitung verschiedener Sprachlehren,
zunächst der französischen und italienischen Sprache, und indem er nach
gleicher Methode alle Sprachen der Erde darzustellen beabsichtigte,
keimte in ihm die Idee auf, einen Sprachen-Atlas zu entwerfen. Eine
solche Aufgabe zu lösen reichten aber die Kräfte eines einzigen Menschen
nicht aus. Es gelang ihm indes den zu jener Zeit in Österreich noch
allmächtigen Fürsten Metternich für seine Sache zu gewinnen.

Nach Verlauf von einem Monat überreichte ihm Auer in Wien einen Plan
zur Gründung eines Polygraphischen Instituts als Vorbereitung einer
»Zentral-Verlagsstätte Deutschlands in Wien«. Während dieser Plan die
verschiedenen Staatsbehörden durchwanderte, bereiste Auer 1839 England,
Frankreich und die Schweiz, um die typographischen Anstalten des
Auslandes kennen zu lernen, fand jedoch nirgends ein Institut, wie es
seiner Phantasie vorschwebte.

Im Jahre 1841 wurde nun Auer zum Leiter der Staatsdruckerei
ernannt. Mit jugendlicher Kraft ging er an sein reformatorisches
Werk zur Verwirklichung seiner Lieblingsidee. Vorerst mussten die
Personalverhältnisse und der Geschäftsgang der Anstalt geregelt
werden; die alten Schriften wurden eingeschmolzen und andere nach
dem neuen typometrischen System gegossen, veraltete Pressen durch
zweckmässigere ersetzt. Dann wurde eine Stempelschneide-Anstalt
eingerichtet, fremde Schriften geschnitten, Matrizen geschlagen und
Lettern gegossen, und um der Staatsdruckerei in der That den Charakter
einer polygraphischen Anstalt zu geben, wurden in ihr Offizinen für
Lithographie, Stereotypengiesserei, Kupferdruck, Galvanoplastik,
Photographie, Chemitypie und später für Naturselbstdruck errichtet.
Die Anstalt selbst wurde mit einer Dampfmaschine zur Bewegung der
Schnellpressen und zur Heizung sämtlicher Lokale, mit Gasbeleuchtung
und mit anderen Verbesserungen der Neuzeit versehen. Ferner gründete
Auer unter dem Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse, ordnete
das Lehrlingswesen und führte einen Unterricht für die Zöglinge in
den Abendstunden ein, so dass diese Technik, Sprachen (Lateinisch,
Griechisch, Französisch, Englisch, Italienisch, Sanskrit, Persisch),
Geographie, Geschichte, Stil u. s. w. unentgeltlich lernen konnten.

Schnell mehrten sich die Arbeiten der neuorganisierten Anstalt. 1860
beschäftigte sie schon über 1000 Arbeiter und besass 48 Schnellpressen,
50 Handpressen, 30 lithographische, 24 Kupferdruckpressen, 21000
Stahlstempel, 80000 Matrizen, 6000 Zentner Lettern. Die Ausstellungen
von London und Paris[250] verbreiteten den Ruhm der Anstalt, welche der
höchsten Auszeichnungen teilhaftig wurde. Aber auch Auer ging nicht leer
aus. Er wurde in den Adelsstand als Ritter Auer von Welsbach erhoben
und 24 Orden zeugen dafür, dass er die Kunst, sich Anerkennung zu
verschaffen, nicht übel verstanden hat.

  [250] A. AUER, Geschichte und Beschreibung der K. K. Hof- und
        Staatsdruckerei. 1851. -- Der polygraphische Apparat, 1851. --
        Album der K. K. Hof- und Staatsdruckerei. 1853. -- Die K. K.
        Hof- und Staatsdruckerei auf der Pariser Ausstellung. 1855.

[Sidenote: Die Erfindungen Auers.]

Mit seinen vielbesprochenen Erfindungen, die öfters, und wohl nicht mit
Unrecht, ihm nicht für voll angerechnet wurden, hatte er in der Praxis
kein rechtes Glück. Diejenige, die am meisten von sich reden machte,
war der Naturselbstdruck (Auto-Typographie). Dieser bestand darin,
von einer Pflanze, einem Gewebe u. dgl. nach dem Einlegen zwischen
einer Stahlplatte und einer anderen von weichem Metall durch eine
starke hydraulische Pressung eine vertiefte Druckplatte zu gewinnen,
die mittels Galvanisierung in eine Hochdruckplatte verwandelt werden
konnte. Ein grossartiges, von Konstantin v. Ettinghausen herausgegebenes
Werk, _Physiotypia plantarum_, wurde in Angriff genommen und auf
den Ausstellungen sehr bewundert[251]. Das Verfahren wurde durch
kaiserlichen Beschluss der Allgemeinheit preisgegeben, hat jedoch für
die Praxis keinen grossen Wert.

  [251] A. AUER, Die Entdeckung des Naturselbstdruckes. 1853. --
        K. V. ETTINGHAUSEN und A. POKORNY, Die wissenschaftliche
        Anwendung des Naturselbstdruckes. Wien 1856.

[Sidenote: Die »Endlose«.]

Eine zweite »Erfindung« war der Druck vom endlosen Papier. Der Gedanke,
den Papierbrei der Papiermaschine an dessen oberen Ende zuzuführen und
von dem anderen Ende in die Schnellpresse zu leiten, so dass er aus
dieser als gedruckter Bogen herauskam, musste für einen so elastischen
Geist wie Auer grosse Anziehungskraft haben. Er brachte ihn auch in
seiner Weise, d. h. blendend, zur Ausführung; für die Praxis war der
Nutzen ein geringer. Das Papier wurde in eine gewöhnliche Schnellpresse
geführt, nach dem Schöndruck durch Mechanismus zerschnitten und die
Bogen durch den Hansenschen Ausleger ausgeführt. Der staunende Beschauer
ahnte in den seltensten Fällen, dass der Widerdruck auf gewöhnliche
Weise, auf einer anderen Schnellpresse besorgt werden musste, und konnte
nicht wissen, dass der Lohn eines Anlegers oder einer Anlegerin das
einzige war, was hätte gespart werden können, wenn nicht dieser Gewinn
durch die Kosten des ganzen Apparates weit überwogen worden wäre.

[Sidenote: Maispapier.]

Ebensowenig Glück sollte Auer mit seiner Maispapierfabrikation
haben[252]. Er brachte zwar eine Ausstellung zustande, in welcher nicht
allein verschiedene Sorten Papier, sondern auch manche der Gegenstände
zu sehen waren, welche Chinesen und Japanesen aus Papierstoff
fabrizieren. Damit blieb aber auch diese Sache ruhen.

  [252] J. ARENSTEIN, Österreich auf der internationalen Ausstellung
        1862.

Selbst mit dem orientalischen Druckapparat, dem Stolz der
Staatsdruckerei, hatte es mitunter einen Haken. Viele Schriften
figurierten in den prachtvollen Proben; in der Wirklichkeit sah es mit
deren Bestand öfters schwach genug aus.

Auers Hauptfehler war, sich nicht mit dem Schaffen von Tüchtigem zu
begnügen, sondern auch blenden zu wollen, und dafür war ihm kein Preis
-- auf Kosten des Staates -- zu hoch. Seine Eitelkeit war noch grösser
als seine Tüchtigkeit.

[Sidenote: Auers Feinde.]

Es konnte an Angriffen -- begründeten, unbegründeten, durch Neid
hervorgerufenen u. a. -- nicht fehlen. v. Plener, des genialen Bruck
Nachfolger als Finanzminister, war nicht so geneigt wie letzterer,
über die Finanzfrage leicht hinwegzugehen. Auer wurde am 2. März 1866,
nach verschiedenen Misshelligkeiten, in Anerkennung seines 25jährigen
verdienstlichen Wirkens mit seinem vollen Gehalt definitiv in den
Ruhestand versetzt.

[Sidenote: Auers Tod.]

Auer war nicht geschaffen, männlich den Schlag, die mit diesem
verbundene Unthätigkeit und das Vergessensein zu überwinden. Sein
Gemütszustand wurde ein immer reizbarerer und die Kräfte aufreibender;
er starb bereits am 10. Juli 1869 in Hietzing.

[Sidenote: Auers Einfluss auf die deutsche Typographie.]

Hat nun Auer auch dem Glanze zu viel geopfert und nach Alchymistenart
öfters Thaler zu Groschen destilliert, so muss sein Einfluss auf die
Typographie im allgemeinen und auf die österreichische insbesondere
doch sehr hoch angeschlagen werden. Vor seiner Zeit war, wie erwähnt,
ein in Österreich gedrucktes Buch ziemlich gleichbedeutend mit einem
schlecht gedruckten; dass dies so ganz anders geworden ist, dazu hat
Auer direkt und indirekt wesentlich beigetragen; selbst »draussen im
Reich« wurde sein Einfluss gespürt. Die ganze deutsche Typographie hat
aus der Weltberühmtheit der Wiener Staatsdruckerei ihren Teil an Ehre
und Vorteil gehabt; sie ist verpflichtet, Auers Namen in Ehren zu halten.

[Sidenote: Staatsdruckerei unter Beck.]

Seit Auers Tod steht die Staatsdruckerei unter der Direktion eines
nicht fachmännischen Staatsbeamten, Hofrat Dr. BECK, der sie in
angemessenster Weise auf einer achtunggebietenden Stufe erhält, während
nicht prätendiert wird, die Führung der jetzt mündig gewordenen
österreichischen Typographie fortzusetzen. Ein Hindernis für die rechte
Entfaltung der Anstalt ist die vollständig ungenügende Räumlichkeit.

[Sidenote: Blindendruck.]

Neben dem Geld- und Wertpapierendruck wird unter Mitwirkung des
Direktors der Blindenanstalt in Ober-Döbling, FR. ENTLICHER, in
anerkennenswerter Weise besonderes Gewicht auf den Druck für Blinde
gelegt. Bei diesem Druck wird der Pressendeckel mit einem Überzug
von Gutta-Percha versehen und darin ein scharfer Abzug von den Typen
gemacht. Ist der Gutta-Percha-Überzug vollständig erhärtet, in
welchem Zustand er 2-3000 Abzüge aushält, so wird die Schrift mit dem
Papierbogen bedeckt, welcher, um eine grössere Zähigkeit zu erzielen,
in einem mit Glycerin und Alaun versetzten Wasserbade gefeuchtet ist,
in die vertiefte Gutta-Percha-Masse geprägt. Unter den verschiedenen
Leistungen im Blindendruck befinden sich auch hebräische Lesebücher und
durch erhabene Figuren illustrierte naturgeschichtliche Lehrbücher[253].

  [253] JOS. TRENTSENSKY, Erzeugung von Schriften _en haut-relief_ für
        Blinde. Wien 1836. -- FREISAUFF V. NEUDEGG, Die Ektypographie
        für Blinde. Wien 1837.

Auch die Chromolithographie wird mit Glück von der Staatsdruckerei
geübt. Eine ausgezeichnete Leistung ist z. B. das Prachtwerk über die
Votivkirche in Wien 1879. Die Reproduktion des Marienfensters (S. 303)
übertrifft bei weitem ähnliche Arbeiten Silbermanns.

[Sidenote: Budget.]

Das Budget der Staatsdruckerei zeigt bei einer Einnahme von etwa
zwei Millionen Mark einen Überschuss von etwa 200000 Mark, bei
Staatsanstalten ohne Konkurrenz Ziffern ohne grosse Bedeutung. Die
Schriftenmasse beträgt 500000 Kilo in etwa 1500 verschiedenen Arten
von Typen, darunter gegen 350 fremdländische[254]. Die Zahl der
Schnellpressen beträgt 57, der Handpressen 54, ausserdem sind etwa
80 Hülfsmaschinen vorhanden. Die Schriftgiesserei arbeitet mit 14
Giessmaschinen und besitzt etwa 30000 Stempel und 200000 Matern. Die
Gesamtzahl der Arbeiter ist gegen 900.

  [254] 1876 erschien die zweite Auflage der Alphabete des gesamten
        Erdkreises.

[Sidenote: W. v. Braumüller.]

Haben wir die Verdienste Auers und der Staatsdruckerei gebührend
anerkannt, so ist es Pflicht, einen Mann zu erwähnen, der, obwohl nicht
Buchdrucker, einen ganz eminenten Einfluss auf die Buchdruckerkunst
in Österreich gehabt hat; es ist der Buchhändler WILHELM Ritter VON
BRAUMÜLLER. Früher bekannt als einer der bedeutendsten Sortimenter
Wiens, die mit ihren vollen Börsen oder Portefeuilles und ihrem jovialen
Wesen vorzugsweise gern gesehene Gäste zur Leipziger Messe waren,
widmete sich Braumüller erst seit dem Jahre 1840 dem Verlag und zwar mit
ebenso grossem Geschick und Energie als Glück.

»Von dem Streben geleitet, die wissenschaftliche Litteratur Österreichs
dem Auslande gegenüber zur vollen Geltung und Anerkennung zu bringen,
hat meine Handlung einen Verlag geschaffen, welcher sowohl nach seinem
Werte als der Ausdehnung und Ausstattung nach den ersten Rang einnimmt,
und welcher dadurch noch eine ganz besondere Bedeutung gewinnt, dass,
hauptsächlich durch die geschmackvolle typographische Ausstattung
angezogen, eine grosse Zahl litterarischer Notabilitäten fremder
Universitäten durch gediegene Werke dabei vertreten ist. Vor allen ragt
quantitativ und qualitativ die Medizin hervor, und die dominierende
Stellung, welche Österreich durch seine medizinischen Celebritäten in
der wissenschaftlichen Welt Deutschlands einnimmt, spiegelt sich auch
in diesem Verlagszweige wieder. Eine Reihe veterinärwissenschaftlicher
Werke, durch die Professoren des K. K. Tierarznei-Institutes
würdig repräsentiert, schliesst sich demselben an. Die land- und
forstwirtschaftliche Litteratur, bis dahin in Österreich gar nicht
gepflegt, ist jetzt ausschliesslich in meinem Verlage vereinigt,
und durch die Werke der Professoren an den berühmten Fachschulen in
Mariabrunn, Ung.-Altenburg, Eulenberg, Hohenheim, Eisenach etc. würdig
repräsentiert. Die vortreffliche Ausstattung, welche ich allen Werken
mit der grössten Sorgfalt gewidmet, hat ohne Zweifel wesentlich zu einer
allgemeinen besseren und würdigeren Ausstattung der litterarischen
Erzeugnisse in Österreich beigetragen und auf die Entwickelung
anderer Industriezweige, die Papier-Fabrikation, Buchdruckerei,
Holzschneidekunst, welchen die obenangeführten Summen zugeflossen, einen
nicht zu unterschätzenden Einfluss geübt[255].«

  [255] Die obigen nicht wenig zuversichtlichen Worte gehören dem Herrn
        v. Braumüller selbst und sind dem Vorwort zu seinem Jubelkatalog
        entnommen. Es ist eine eigene Sache, in einem geschichtlichen
        Buch jemand sein eigenes Lob aussprechen zu lassen; wenn man
        jedoch mit gutem Gewissen jedes Wort unterschreiben kann,
        weshalb dann nicht? -- C. BEYER, Wilh. v. Braumüller und Heinr.
        v. Cotta.

[Sidenote: Museum für Kunst.]

[Sidenote: Gesellschaft für vervielf. Kunst.]

Äusserte sich der Einfluss von Braumüller zunächst auf den Werkdruck
zu wissenschaftlichen Zwecken, so hat Wien das Glück, zwei ebenso
bedeutende Förderer der Verbindung der graphischen illustrierenden
Künste mit der Typographie zu besitzen: das MUSEUM FÜR KUNST UND
INDUSTRIE und die GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST. Wenn es in
Wien möglich geworden ist, Werke zu schaffen, in welchen Radierung,
Xylographie, Hochätzung, Farben- und Lichtdruck in glücklichster Weise
zusammenwirken und öfters nahe an die Vollkommenheit reichen, so
haben die beiden erwähnten Anstalten durch die von ihnen ausgehenden
Anregungen und Druckwerke den Vorwärts-Bestrebungen Wiens einen
mächtigen Vorschub geleistet[256].

  [256] EITELBERGER, Die Kunstbewegung in Österreich. 1878.

[Sidenote: Prachtwerke.]

Unter den Erscheinungen des Museums behaupten Teirichs »Blätter
für Kunstgewerbe« einen hervorragenden Platz. Die Gesellschaft für
vervielfältigende Kunst brachte eine Reihe brillanter Publikationen; den
grössten Einfluss übt sie jedoch durch ihre Zeitschrift »Die graphischen
Künste«, welche nicht nur durch ihren Inhalt, sondern auch durch ihre
vorzügliche technisch-artistische Ausführung belehrend und fördernd
wirkt.

Unter der Ägide des Vorstandes der K. K. Kämmerei, des kunstsinnigen
Grafen v. Crenneville, erschien ebenfalls eine Anzahl der schönsten
Prachtwerke. »Die Kunstwerke der Schatzkammer des österreichischen
Kaiserhauses« (1870-1873), »Schloss Schönbrunn« (1875), »Der kaiserliche
Thiergarten« (1876), »Laxenburg« (1877). In neuester Zeit kommt zu
diesen Erscheinungen das »Jahrbuch der künstlerischen Sammlungen des
allerhöchsten Kaiserhauses«, zu welchem als Beilagen der »Frydal«, der
»Theuerdank«, der »Weisskunig«, der »Triumph«, die »Ehrenpforte«, die
»Heiligen aus der Familie des Kaisers« gegeben werden, alles Werke,
die von dem Kaiser Maximilian veranlasst oder vorbereitet waren und
zu welchen die Originale der grossen Zeichenkünstler von damals noch
vorhanden sind.

[Sidenote: Buchdrucker-Verein.]

Aber auch die Buchdrucker selbst haben als Korporation die Hände nicht
in den Schoss gelegt. Der unter vielen Opfern im Jahre 1874 gegründete
Buchdrucker-Verein hatte zwar zunächst die materiellen und sozialen
Verhältnisse des Geschäfts vor Augen, liess jedoch die Fachzeitschrift
»Österreichische Buchdrucker-Zeitung« erscheinen, die bestrebt war,
nicht nur für die obgedachten Interessen, sondern auch für die
technische Bildung zu wirken. Der Verein löste sich zwar im Jahre 1880
wieder auf, die Zeitung besteht jedoch fort im Besitz des »Graphischen
Klubs«, der ausserdem durch Vorträge, Ausstellungen und technische
Diskussionen anzuregen sucht. Auch das Gehülfenblatt »Vorwärts« folgt
dem Beispiel des »Correspondent« und widmet seine Aufmerksamkeit jetzt
nicht nur den sozialen Interessen, sondern auch der Technik und der
Geschichte.

[Sidenote: G. Gistel * 16. Okt. 1825, [+] 10. Mai 1883.]

Durch die Bemühungen des Vereins ist auch seit 1874 eine Fachschule
errichtet, von der gute Erfolge zu erwarten sind. Die Seele
dieser Vereinsbestrebungen ist namentlich G. GISTEL gewesen. Auch
um den Unterstützungs-Verein der Buchdrucker und Schriftgiesser
Niederösterreichs und die Pensionskasse für Faktoren und deren Witwen
hatte Gistel grosse Verdienste, war auch bei allen Tarifverhandlungen,
bei der Säkularfeier, kurz bei jeder Gelegenheit, wo die Buchdrucker
vereinigt auftraten, bereit, seine Kräfte dem Allgemeinen rückhaltslos
zu opfern.

[Sidenote: L. C. Zamarski.]

An Bedeutung der Staatsdruckerei am nächsten stehend ist die Offizin L.
C. ZAMARSKI (früher H. ENGEL & SOHN und L. C. Zamarski), die namentlich
in der Gründerperiode eine erstaunliche Masse von Wertpapieren
druckte. Die Anstalt, welche unter der Leitung von A. PIETZSCH sich
vortrefflich bewährt hat, wurde 1881 an die Papierfabrik STEYERMÜHL
um 800000 Gulden verkauft und mit einem Kapital von 3700000 Gulden in
eine Aktiengesellschaft umgeformt. Es werden in der Anstalt die »Neue
Illustrirte Zeitung«, das »Wiener Tageblatt«, die »Vorstadt-Zeitung« und
die »Deutsche Zeitung« gedruckt. Vorzüglich sind ihre, unter Leitung
von A. Frantz hergestellten Heliographien. Die Offizin arbeitet mit 28
Schnellpressen und beschäftigt gegen 350 Personen. ENGELS ERBEN befassen
sich namentlich mit lithographischen Arbeiten; sie lieferten u. a. die
japanischen Postmarken.

[Sidenote: R. v. Waldheim.]

Ein vielseitiges, grosses Institut ist ebenfalls die Verlagsbuchhandlung
und Artistische Anstalt von R. V. WALDHEIM (22 Schp., 25 Hdp. und
gegen 250 Arbeiter), die eine bedeutende Zahl von illustrierten Werken
namentlich technischen Inhalts herausgiebt und vielen technischen,
kriegswissenschaftlichen oder in das Eisenbahnwesen einschlagenden
Zeitschriften, wir nennen nur Teirichs »Blätter für das Kunstgewerbe«
und die »Allgemeine Bauzeitung«, druckt, verlegt oder debitiert, auch
viele Accidenzien liefert.

[Sidenote: C. Fromme.]

CARL FROMME zeichnet sich besonders durch seine geschmackvollen und
korrekten Accidenzarbeiten aus. Eine Spezialität, die er mit Virtuosität
betreibt, ist der Kalenderdruck. Typographische Kraftstücke Frommes
sind die Bilderreihe der Regenten Österreichs und die Stammtafel der
Zisterzienser-Klöster. Diese zehn Meter lange Tafel besteht aus 108
Formen, in zwei Farben ausgeführt. Der Druck und die Zurichtung sind so
vorzüglich, dass die Zusammensetzung dem Auge vollständig unbemerkbar
ist.

[Sidenote: Rollinger & Mössner.]

[Sidenote: A. Holzhausen.]

[Sidenote: G. Gistel.]

[Sidenote: Fr. Jasper.]

Die Arbeiten von ROLLINGER & MÖSSNER sowohl im Accidenz- als im
Werkdruck gehören mit zu den vollendetsten der neueren Typographie. Die
Genannten zählen unter die nicht zu zahlreichen Buchdrucker, welche
nichts für unbedeutend halten und eben deshalb Mustergiltiges liefern,
z. B. die »Geschichtsquellen der Stadt Wien«. Zu derselben Klasse,
jedoch meist in anderer Richtung arbeitend, gehört ADOLF HOLZHAUSEN,
dessen Offizin an orientalischen Schriften sehr reich ist und dessen
Drucke denen der Staatsdruckerei vollkommen ebenbürtig sind. Er lieferte
den Druck des oben erwähnten Jahrbuchs der kaiserlichen Sammlungen
und Albrecht Dürer würde gewiss den »Ansichten aus der Presse« von
seinen und der gleichzeitigen Meister Arbeiten sein _imprimatur_
nicht verweigert haben. Zu den strebsamen Buchdruckern der jüngsten
Zeit gehören der erwähnte G. GISTEL und FR. JASPER. Letzterer druckte
die Festgabe zu dem 400jährigen Jubiläum, und liefert sehr gute
Illustrationsdrucke.

[Sidenote: H. Reiss * 28. Aug. 1799.]

Einen ganz besonderen Ruf hat sich Wien durch seinen xylographischen
Farbendruck erworben. Der erste, der sich durch diesen auszeichnete, war
HEINRICH REISS, aus einer Familie, die von altersher eine Buchdruckerei
besass, welche er, nachdem er erst verschiedene Reisen gemacht hatte,
1828 übernahm. 1850 folgte er jedoch einem Rufe der Staatsdruckerei,
leitete später die Buchdruckerei von Zamarski und gab sich seit 1857
ganz der Kunstdruckerei hin. Seine Hauptarbeit, an der er 23 Jahre lang
gearbeitet hatte, ist das _Missale Romanum_ mit etwa 90 Miniaturen von
H. Knöfler. Zu der Herstellung eines Bildes wurden bis zu 15 Platten
verwendet. Vorzüglich sind die zwei grossen Titelblätter, das Abendmahl
und Christus am Kreuze. Der Text bildet einen Folioband von mehr als
700 zweispaltigen Seiten. Die Grundschrift ist eine fette Gothisch, zu
der besondere Initialen geschnitten wurden. Das Papier, ein geripptes
Büttenpapier, ist jedoch, wie auch der Textdruck, von sehr ungleicher,
mitunter sogar geringer Qualität. Aus diesem Grunde fehlt, trotz der
ausserordentlichen Aufopferung seitens Reiss' und der Vorzüglichkeit des
Bilderdruckes, dem Werk, als Ganzes betrachtet, doch gar vieles, um als
ein typographisches Denkmal ersten Ranges zu gelten. Derartige Werke
dürfen nicht Not leiden und müssen in Händen eines Herausgebers sein,
dem es möglich ist, bis ans Ende ruhig auszuhalten. Deshalb aber nicht
weniger Ehre dem Andenken eines echten Jüngers Gutenbergs. Sein Geschäft
übernahm LUDW. LOTT, vorher als technischer Leiter der »Alten Presse«
und als Einführer der »Endlosen« auf dem Kontinent bekannt. Er wirkte im
Geiste seines Vorgängers fort und seine Arbeiten fanden in England und
Amerika allgemeine Bewunderung. Seine Drucke auf Blech sind ebenfalls
vortrefflich.

[Sidenote: Prag.]

Eine ziemlich bedeutende Thätigkeit entwickeln in PRAG 33
Buchdruckereien und 30 lithographische Anstalten mit ihren 114
typographischen und 25 lithographischen Schnellpressen. Die bedeutendste
Offizin ist die von A. HAASE (S. 290) mit 21 Schnellpressen und 18
Handpressen. IGN. FUCHS (11 Schp., 19 Tr.- u. Hdp.) liefert sehr gute
lithographische Arbeiten, auch J. FARSKY bringt Tüchtiges in dieser
Richtung. DR. ED. GRÉGRS Offizin arbeitet mit Rotationsmaschine und
5 Schnellpressen. H. MERCY (9 Schp.) druckt namentlich Werke. Die
BUCHDRUCKEREI DER K. K. STATTHALTEREI beschäftigt 7, die BUCHDRUCKEREI
FÜR POLITIK 8, J. OTTO 7, B. STYBLO 6, C. BELLMANN 7 Schnellpressen.

[Sidenote: Reichenberg.]

[Sidenote: Tetschen.]

[Sidenote: Teschen.]

Die Fabrikstadt REICHENBERG besitzt eine grossartige graphische Anstalt,
die der GEBR. STIEPEL, welche durch 13 Schnellpressen und 20 Tret- und
Handpressen die zahlreichen Fabriken mit Etiketten, Geschäftskarten,
Rechnungsformularen etc. versieht. Das kleine TETSCHEN an der Elbe hat
auch eine bedeutende Druckanstalt aufzuweisen, die von F. W. STOPP,
welche (mit 7 Schp., 7 Hdp.) hauptsächlich für lithographische Arbeiten
eingerichtet ist. In TESCHEN in Österr. Schlesien befindet sich die
Offizin von K. PROCHASKA (10 Schp.), eine der besten Provinzdruckereien
Österreichs. Sie wurde 1806 von THOMAS PROCHASKA gegründet.

[Sidenote: Brünn.]

[Sidenote: Lemberg.]

In BRÜNN arbeiten hauptsächlich für Lokalbedürfnisse W. BURKART (7
Schp.), BUSCHAK & IRRGANG (4 Schp.), CARL WINIKER (5 Schp.), R. M.
ROHRER (6 Schp.). GALIZIEN bietet nur wenig von Interesse. In KRAKAU,
einst von Bedeutung in der typographischen Geschichte, druckt die
Offizin des CZAS (5 Schp.) und die Buchdruckerei der Akademie der
Wissenschaften H. LISICKI & CO., in LEMBERG E. WINIARZ (4 Schp.).

[Sidenote: Graz.]

[Sidenote: Triest.]

Unter den Offizinen des südlichen Österreichs ist die Aktiendruckerei
LEYKAM-JOSEFSTHAL (15 Schp., 16 Tr.- u. Hdp.) in GRAZ eine weit
verzweigte graphische Anstalt, die manches Gute geliefert hat. Die
Grazer »Post« wurde 1882 an eine zweite Gesellschaft Leykam für gegen
1100000 M. verkauft. Die Gesellschaft STYRIA und die GUTENBERG-DRUCKEREI
in Graz beschäftigen je 5 Schnellpressen. In INNSBRUCK verfolgt die
WAGNERsche Buchdruckerei eine wissenschaftliche Richtung. In LINZ
wirken A. EURICH und J. WIMMER. Die älteste Druckerei Österreichs
besitzt KLAGENFURT. Hier etablierte sich FERD. V. KLEINMAYR 1548.
Sein Nachfolger gründete 1777 die »Klagenfurter Zeitung«. In LAIBACH
feierte die Offizin von J. V. KLEINMAYR & F. BAMBERG (4 Schp.) 1882
ihr 100jähriges Jubiläum. In TRIEST hat sich die Buchdruckerei des
ÖSTERR.-UNGAR. LLOYD als eine tüchtige Vertreterin der Kunst bewiesen
und wirkte auch früher als bedeutende Verlegerin illustrierter Werke.

[Sidenote: Paul Pretzsch * 1808, [+] 28. Aug. 1873.]

Von der Holzschneidekunst in Wien und den Meistern, welche diese
förderten J. G. PRESTEL, BLASIUS HÖFEL, FRIEDR. V. EXTER, H. KNÖFLER
u. a., wurde bereits (S. 300) berichtet, auch fanden die wichtigen
Erfindungen von PAUL PRETZSCH (S. 14) Erwähnung. Je weniger das
verdienstvolle Wirken dieses Mannes vom Glück begünstigt war und je
öfter der Versuch gemacht wurde, seine Erfinderehre zu schädigen,
namentlich seitens englischer Erfinder, um so mehr gebietet es die
Pflicht, hier seiner mit einigen Worten noch zu gedenken.

Pretzsch war als Sohn eines Goldarbeiters in Wien geboren, lernte dort
die Buchdruckerkunst und trat nach längerem Aufenthalt im Auslande
in den Dienst der K. K. Hof- und Staatsdruckerei, welche er 1851 auf
der Londoner Weltausstellung vertrat. Dort erhielt er auf Grund der
von ihm ausgestellten Photographien eine Prämie und nun entstand
in ihm der Gedanke, Photographien druckbar zu machen, weshalb er
sein Engagement bei der Staatsdruckerei aufgab, 1854 wieder nach
London ging und dort neun Jahre blieb, um seine Pläne zur Ausführung
zu bringen. Seine Erfindung, Tiefdruckplatten von Photographien
herzustellen, nannte er PHOTOGALVANOGRAPHIE und sie wurde einer
_Patent-Photo-Galvanographic-Society_ zur Ausbeutung übergeben, welche
1856 fünf Hefte eines Werkes in Grossfolio unter dem Titel _Photographic
Art Treasures_ herausgab. Nach etwa zweijährigem Bestehen löste sich
jedoch die Gesellschaft auf und Pretzsch war wieder auf sich selbst
angewiesen, während Fox Talbot, der die Erfindung gemacht hatte, durch
Ätzung Photographien druckbar zu machen, ihn auf Grund seines Patentes
verfolgte, wennauch ohne Resultat, da Pretzschs Verfahren sich nicht auf
Ätzen gründete.

Nach der Weltausstellung 1862 kehrte Pretzsch nach Wien zurück und war
längere Zeit schwer leidend, so dass er erst 1864 seine Thätigkeit
wieder aufnehmen konnte. Diese richtete sich nun vornehmlich auf
Herstellung von Hochdruckplatten und nach mannigfachen, mühsamen und
kostspieligen Versuchen gelang ihm auch die Fertigstellung solcher, von
welchen Proben 1873 in Wien ausgestellt waren.

Hiermit war das wichtigste Problem der Illustration der Zukunft zwar
Wirklichkeit geworden, jedoch noch nicht in zufriedenstellender Weise;
denn die Platten besassen nicht Tiefe genug, um mit Leichtigkeit in
der Buchdruckerpresse behandelt zu werden. In Berücksichtigung der
hohen Bedeutung, welche die Erfindung möglicherweise würde erreichen
können, erhielt Pretzsch eine Staatsunterstützung, um seine Versuche
weiterzuführen, und noch wenige Stunden vor seinem Tode war er mit
diesen beschäftigt.

In der Zeit der Blüte der Schwarzlithographie erreichte KRIEHUBER
im Porträtfache eine bis dahin unbekannte Meisterschaft. Die
Chromolithographie fand einen günstigen Boden, der zuerst von der
K. K. Staatsdruckerei bebaut wurde. Das erste Werk von Bedeutung
waren die Aquarellbilder nach niederösterreichischen Bauwerken
von CONR. GREFE, welcher Künstler überhaupt besondere Verdienste
um den Buntdruck hat. ED. HÖLZEL lieferte namentlich viele gute
Landschaftsbilder; sein bestes Blatt und eines der besten der
Öldruckbilder überhaupt dürfte »Die beiden Brüder«, nach v. Defregger
sein. Seine instruktiven, geographischen und naturwissenschaftlichen
Blätter und die architektonischen Bilder nach J. Langl, in Sepiamanier
gedruckt, sind höchst wertvolle Erscheinungen. REIFENSTEIN und RÖSCH
(jetzt G. REIFENSTEIN), HAUPT & CZEIGER, A. HARTINGER & SOHN, FR.
PATERNO lieferten gutes, die ersteren beiden Firmen im figürlichen,
die beiden letzteren im naturwissenschaftlichen und geschichtlichen
Unterrichtsfache.

[Sidenote: Ed. Sieger * 12. Dezbr. 1810. [+] 21. Jan. 1876.]

Im lithographischen Accidenzfache zeichnete sich ED. SIEGER aus. Seine
Riesenplakate wurden angestaunt und seine Erfindung des Ivoirit, einer
täuschenden Imitation des Elfenbeins, brachte, in Bücherbänden oder in
Ebenholz-Kassetten und Möbeln eingelegt, eine frappante Wirkung hervor.

Die Zinkhochätzung fand tüchtige Vertreter, unter welchen C. ANGERER
& GÖSCHL ihr Verfahren zur ganz besonderen Vollkommenheit brachten.
Auch C. HAACK erwarb sich einen Namen, MORITZ und MAX JAFFÉ traten mit
der Jaffétypie auf. Die Kupferstecherkunst, welche sehr zurückgegangen
war und wesentlich nur in den Prämienblättern und den Nieten der
Kunstlotterien fortvegetierte, trat durch die Ernennung LOUIS JACOBYS
(jetzt in Berlin) zum Professor dieser Kunst in ein neues Stadium des
Fortschrittes. Die Radierung kam besonders durch W. UNGER zu Ehren. Die
Photographie, namentlich die Porträtphotographie, wurde mit viel Glück
in Wien geübt.

In der Verwendung aller graphischen Kunstzweige, namentlich der
in der Photographie wurzelnden, ist das MILITÄR-GEOGRAPHISCHE
INSTITUT berühmt geworden. Es entstand 1839 durch Vereinigung der
topographisch-lithographischen Anstalt des K. K. Generalstabes in Wien
mit dem zu Mailand bestandenen _Deposito della Guerra_. Die Anstalt
kultiviert die Kartographie in ausgedehntester Weise unter Verwendung
aller neueren Verfahren. Unternehmungen wie die Karte der Umgebungen
Wiens in 48 Blättern; die Spezialkarte der Österreich-Ungarischen
Monarchie in 720 Blättern, die Generalkarte von Zentral-Europa in 192
Blättern, und viele andere gehören zu den Meisterwerken der Kartographie.

Die Buchbinderkunst steht in Wien schon seit langer Zeit im Ansehen,
wird jedoch noch mehr in den sogenannten Galanterie-Arbeiten als in der
eigentlichen Buchbindung geübt. Vortrefflich sind in letzterer Richtung
die Mosaikbände mit wirklichen Ledereinlagen, nicht nach französischer
Art mit nur aufgelegtem dünn geschabten Leder. Namen wie A. KLEIN, LEOP.
GRONER, CONR. BERG u. a. haben den besten Klang.

Unter solchen Verhältnissen wie den obengeschilderten konnte Wien, wo
die Zustände im Jahre 1840 den Gedanken an ein fröhliches Gutenbergfest,
wie das in Leipzig, nicht aufkommen liessen, sich mit Befriedigung zur
Begehung des vierhundertjährigen Festes der Einführung der Kunst in
Wien (I, S. 49) rüsten. Schon Jahre vorher waren die Vorbereitungen
getroffen, namentlich für die Herausgabe einer bedeutenden Festschrift,
einer Geschichte der Kunst in Wien seit vier Jahrhunderten, welche
zugleich Proben der Leistungsfähigkeit der graphischen Anstalten
vorführen sollte[257]. Das Fest fand am 24.-25. Juni 1882 statt und
wurde durch einen Aktus, verbunden mit einer durch v. Eitelberger
arrangierten historischen Ausstellung, eröffnet. Die eigentliche
Festrede hielt der österreichische Generalkonsul in Leipzig, Karl
v. Scherzer, wie bereits erwähnt ein früherer Gutenbergsjünger. Ein
allgemeines Fest fand am 25. Juni in Hietzing in der »Neuen Welt« statt,
wo gegen 14000 Festgenossen sich versammelt hatten und wo Karl Höger als
Festredner auftrat.

  [257] Das Werk gewann einen grösseren Umfang, als anfänglich vorgesehen
        war. Bis jetzt erschien der erste Band, gedruckt bei Fr. Jasper,
        mit vielen Beilagen.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Ungarn. Buda-Pest.]

In UNGARN steht die Buchdruckerei im allgemeinen nicht auf einem sehr
hohen Standpunkte. BUDA-PEST ist selbstverständlich der Sammelpunkt
der bedeutendsten Offizinen. Im Jahre 1851 waren dort 8 Druckereien
vorhanden mit 22 Schnellpressen; 1870 bereits 50 mit 140 Schnellpressen;
1882 48 Buchdruckereien und 23 lithographische Anstalten mit 130
Schnellpressen und 200 Tret- und Handpressen.

[Sidenote: Staatsdruckerei.]

Die STAATSDRUCKEREI Ungarns besteht in ihrem jetzigen Umfange (16 Schp.,
18 Hdp., 250 Arbeiter) erst seit der Trennung der Verwaltung Ungarns
und Österreichs und befand sich früher in Temesvar als Filiale der
Staatsdruckerei in Wien. Sie liefert sehr viele Accidenzarbeiten und
Wertpapiere, die nicht auf der Höhe der Vollkommenheit stehen. Neben
Gutem findet sich unter ihren Arbeiten manches Mittelgute. Die, unter
ausgedehnter Anwendung der Galvanoplastik, gelieferten Kartenwerke haben
einen grossen Umfang.

[Sidenote: Druckereien in Buda-Pest.]

Einen bedeutenden Aufschwung hat die PESTER
BUCHDRUCKEREI-AKTIEN-GESELLSCHAFT, geleitet von SIEGM. V. FALK,
genommen; sie arbeitet in gedeihlicher Weise mit 15 Schnellpressen, 8
Handpressen und 200 Personen. Die Aktiengesellschaft ATHENÄUM (12 Schp.,
12 Giessm., 250 Arb.) druckt nicht weniger als zwanzig periodische
Schriften. Die Offizin der Aktiengesellschaft FRANKLIN-VEREIN (Rotm.,
11 Schp., über 200 Arb.) hat sowohl als Werk- wie als Accidenzdruckerei
einen guten Ruf. Im Jahre 1873 erwarb der Verein den bedeutenden Verlag
von GUSTAV HECKENAST, der einen wesentlichen Anteil an dem Aufblühen
des Buchhandels in Ungarn gehabt hat. Er kam als Apotheker nach Pest,
übernahm aber, als der dort etablierte Otto Wigand aus Göttingen auf
Grund politischer Verhältnisse Ungarn schleunigst verlassen musste,
dessen Geschäft und verband sich 1840 mit dem Buchdrucker Landerer. Mit
seinen nationalen Verlagsunternehmungen hatte Heckenast viel Glück,
namentlich mit dem von Kossuth redigierten _Pesti Hirlap_. Später gab er
die illustrierte »Sonntags-Zeitung« heraus.

Die von der Gesellschaft HUNGARIA 1869 gegründete, schön
eingerichtete, Buchdruckerei (verbunden mit Verlagsgeschäft) druckt
mit Rotationsmaschine das »Neue Pester Journal« und das »Volksblatt«
und beschäftigt 170 Arbeiter. Das grosse Geschäft von GEBR. LÉGRÁDÝ
liefert namentlich zahlreiche Jugendschriften, VICTOR HORNYÁNSKY viele
sehr gut gedruckte Bibeln in verschiedenen Sprachen. Ausserdem sind zu
erwähnen die UNIVERSITÄTS-BUCHDRUCKEREI (7 Schp.) und die bedeutenden
Zeitungsdruckereien: KHÓR & WEIN, welche das »Illustrirte Tageblatt«
auf Augsburger Rotationsmaschine drucken, PH. WODIANER, M. DEUTSCH (10
Schp.). Vortreffliche Arbeiten im kaufmännischen Accidenzfach gehen aus
den Pressen der typo-lithographischen Anstalt von C. L. POSNER (7 Schp.,
11 Hdp.) hervor.

MOR. RÁTH gab als Verleger zwar eine Reihe von vorzüglich ausgestatteten
Prachtwerken heraus, da er jedoch die Mehrzahl in Wien drucken liess, so
kann man aus denselben sich kein Bild der Leistungsfähigkeit der Pester
Typographie machen.

Hervorragende Druckanstalten besitzt Transleithanien sonst nicht. In
AGRAM befindet sich die wohleingerichtete Druckerei und lithographische
Anstalt von C. ALBRECHT mit 6 Schnellpressen und die der Landesregierung
gehörende Offizin des _Narodne Noviny_ (4 Schp.). Gutes leisten in RAAB
SANDOR CZÉH; in TEMESVAR GEBR. MAGYAR; in SZEGEDIN BURGER & CO.; in
NEUSATZ befindet sich die Druckerei des SERBISCHEN NATIONAL-VEREINS. Das
»okkupierte« Bosnien hat eine nach neuestem Zuschnitt gut eingerichtete
K. K. LANDESBUCHDRUCKEREI in SERAJEWO.

                   *       *       *       *       *

Während in dem Jahre 1856 der österreichische Gesamtstaat (die
italienischen Provinzen nicht mitgerechnet) kaum 200 Druckoffizinen
aufwies, besassen die cis- und transleithanischen Länder 1882 in
372 Städten 756 Buchdruckereien, 345 lithographische Anstalten, 29
Schriftgiessereien und 1183 Buchhandlungen. Die Zahl der vorhandenen
Schnellpressen betrug 1568, die der Hand- und Tretpressen 2250.
Beschäftigung fanden gegen 15000 männliche, 3500 weibliche Arbeiter und
2000 Lehrlinge. 38 Gehülfen-Vereine hatten 4162 Mitglieder und, darin
eingerechnet das Vermögen des Wiener Unterstützungs-Vereins von etwa
300000 Mark, ein Gesamtkapital von über einer Million Mark.

Vergleichen wir die Österreichisch-Ungarische Monarchie mit dem
Deutschen Reiche, so geht hervor, dass erstere bei einem Umfange von
11300 Meilen und einer Bevölkerung von etwa 37500000 Menschen in der
graphischen Produktion sehr gegen letzteres zurückbleibt. Scheiden wir
die österreichische Monarchie in vier graphische Gruppen, so erhalten
wir als Resultat folgende Zahlen:

  ---------------------------+--------+---------+----------+--------
                             | Buch-  | Lithogr.|  Typogr. | Litho-
                             |        |         |          | graph.
                             | druck. |Anstalten|Schnellpr.| Schp.
  ---------------------------+--------+---------+----------+--------
    I. DIE NÖRDLICHE GRUPPE: |        |         |          |
       Schlesien, Böhmen,    |        |         |          |
       Mähren, Galizien,     |        |         |          |
       Bukowina              |  251   |   148   |   442    |  75
                             |        |         |          |
   II. DIE MITTLERE GRUPPE:  |        |         |          |
       Nieder- und           |        |         |          |
       Oberösterreich,       |        |         |          |
       Salzburg              |  190   |   111   |   450    |  79
                             |        |         |          |
  III. DIE SÜDLICHE GRUPPE:  |        |         |          |
       Tirol, Steiermark,    |        |         |          |
       Kärnthen, Krain,      |        |         |          |
       die Küstenländer      |   73   |    31   |   133    |  34
                             |        |         |          |
   IV. DIE ÖSTLICHE GRUPPE:  |        |         |          |
       Ungarn, Siebenbürgen, |        |         |          |
       Slawonien, Kroatien,  |        |         |          |
       Bosnien               |  242   |    55   |   344    |  11
                   ----------+--------+---------+----------+--------
                             |  756   |   345   |  1369    | 199

Die rein deutsche Gruppe II, mit der Kaiserstadt, in welcher fast alle
bedeutenden graphischen Anstalten ihren Sitz haben, und in der über eine
Million Menschen lebt, ist mehr als anderthalbmal so gross an Umfang
als das Königreich Sachsen und zählt nur etwa 200000 Einwohner mehr.
Nichtsdestoweniger beträgt in Sachsen die Zahl der Buchdruckereien 136,
der lithographischen Anstalten 101 und der Schnellpressen 663 mehr als
in der österreichischen Gruppe II.

Das Deutsche Reich, einen Umfang von etwa 2000 [Quadrat]Meilen
weniger als Österreich-Ungarn besitzend und etwas über 5 Millionen
Einwohner mehr zählend, hat 2633 Buchdruckereien, 1649 lithographische
Anstalten, 5708 Schnellpressen und etwa 3000 Buchhandlungen mehr.
Bei einer solchen Zusammenstellung darf jedoch nicht übersehen
werden, dass in den cis- und transleithanischen Ländern die Zahl der
Deutschsprechenden nicht viel mehr als den vierten Teil der Einwohner
beträgt.

Ebenso ungünstig stellt sich das Verhältnis, wenn wir die
österreichisch-ungarischen Städte mit 50000 Einwohnern und mehr mit den
deutschen (S. 276) zusammenstellen. Es giebt in Österreich deren nur
zehn, nämlich:

  ----------+-------------+----------+--------+----------+-------------
    Städte  |Einwohnerzahl|Buchdruck.|Lithogr.|Buchhandl.|Zeitschriften
            |             |          | Anst.  |          |
  ----------+-------------+----------+--------+----------+-------------
  Buda-Pest |   365000    |    49    |   24   |    57    |     83
  Prag      |   190000    |    33    |   30   |    83    |     84
  Triest    |   124000    |    10    |    4   |    12    |      6
  Lemberg   |   104000    |    15    |    4   |    22    |     33
  Graz      |    94000    |     7    |    9   |    26    |     17
  Brünn     |    82000    |    12    |    6   |    15    |     24
  Szegedin  |    76000    |     4    |    1   |     4    |      2
  Krakau    |    61000    |     6    |    2   |    15    |      8
  Debreczin |    52000    |     3    |    1   |     2    |      2
  Pressburg |    50000    |     6    |    3   |     4    |      2

                   *       *       *       *       *

Die Bücherproduktion Österreichs lässt sich nicht wohl aus der des
ganzen deutschen Litteraturgebietes ausscheiden. Die Büchereinfuhr in
Österreich betrug 27620 Meterzentner, die Ausfuhr 9378; da von letzterer
jedoch die Remittenden der in Kommission versandten Artikel abgehen,
so kann die wirkliche Ausfuhr kaum auf 4000 Meterzentner geschätzt
werden. Merkwürdigerweise stellt sich das Verhältnis bei Musikalien noch
ungünstiger, da bei einer Einfuhr von 937 Meterzentner nur 66 Zentner
ausgeführt wurden. Trotz der geringen Ziffern hat sich die Einfuhr seit
1860 zwei und einhalbmal, die Ausfuhr einmal erhöht.

Die Zahl der Journale war zum Beginne des Jahres 1880 in den im
Reichsrate vertretenen Kronländern 1074, darunter 340 politische Tages-
und Wochenblätter. Von der Gesamtzahl erschienen 79 täglich, 80 mehrmals
wöchentlich, 310 wöchentlich, 211 vierzehntägig, 226 monatlich. 728
Journale waren in deutscher, 73 in polnischer, 131 in tschechischer
Sprache. Wien beteiligte sich mit 483 Zeitschriften. 1872 hatte ein
Rückgang in der politischen Zeitungspresse stattgefunden und es
erschienen 19 Tagesblätter weniger als 1871.

UNGARN lieferte damals 558 Zeitungen, davon 356 in magyarischer, 120
in deutscher, 56 in slawischer und 21 in rumänischer Sprache. Die
Zahl der magyarischen Blätter hat seit der Zeit um 70 zugenommen, in
Buda-Pest erschienen 168; in den übrigen Sprachen ist die Zahl ziemlich
unverändert geblieben.

[Illustration]


[Illustration]

                             XVI. KAPITEL.

                  DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.

  DÄNEMARK. Fortschritte der Typographie: B. Luno, Gebr. Thiele, C.
    Ferslew & Co. u. a. Die Chemitypie: C. Piil. Die Giessmaschine: L.
    Brandt. Die Setzmaschine: C. Sörensen. Die Schreibkugel: Malling
    Hansen. Island, Grönland. NORWEGEN. Geistiges Leben. SCHWEDEN.
    Norstedt & Söner, Central-Tryckeriet u. a. FINNLAND. RUSSLAND und
    POLEN. Die Staatsdruckerei und andere Offizinen. Das Zeitungswesen.
    DIE DONAULÄNDER: Serbien, Rumänien, Bulgarien. GRIECHENLAND.


                         DÄNEMARK UND NORWEGEN.

[Sidenote: Die Presse in Dänemark.]

Gegen das Ende des XVIII. Jahrhunderts ergriff die politische und
geistige Gährung auch DÄNEMARK und übte ihre Wirkung auf die Presse
aus. Unter dem allmächtigen Ministerium Struensee wurde 1770 am 14.
September die schrankenloseste Pressfreiheit eingeführt, was nicht ohne
gröbliche Ausartungen abging. Wie gewöhnlich trat dann als Gegensatz
eine weit über das Ziel schiessende Reaktion ein, deren Schlussstein die
Verordnung vom 27. September 1799 war, durch welche die Zensur wieder
eingeführt wurde und die Verfolgungen gegen die Presse ihren freien
Lauf nahmen. Ausserdem begann das XIX. Jahrhundert sehr unglücklich für
Dänemark, welches die damals herrschende Politik mit dem Bombardement
von Kopenhagen, dem Verlust seiner glänzenden Flotte und der Abtretung
Norwegens bezahlen musste[258].

  [258] CAM. NYROP, _Bidrag til den danske Boghandels Historie_. 2 Teile.
        Kopenhagen 1870. -- KLEIN, _Adressebog for den danske norske og
        svenske Boghandel_. -- NYEROP in _Læsendes Aarbog for 1801_.

Unter diesen Verhältnissen konnte die Typographie Dänemarks in der
ersten Hälfte der Periode und noch länger keine grossen Fortschritte
machen. Es herrschte kein guter Geschmack und die Produktionen gingen
nur selten über das Mittelgute hinaus. Als bedeutendere Erscheinungen
sind zu nennen: _Den danske Vitruvius_, 2 Bände, Folio; Langebecks
_Scriptores rerum danicarum_, 8 Bände, Folio; _Beskrivelse over
danske Mönter og Medailler_, 3 Bände, Folio; _Flora Danica_, ein sehr
bedeutendes und umfangreiches Werk.

[Sidenote: Die Typographie in Kopenhagen.]

Die Buchdruckereien in KOPENHAGEN beherrschten, durch
Innungsverhältnisse begünstigt, die Buchdruckereien der Provinz. Die
Autoren suchten, da der Buchhandel nicht gut organisiert war, zumteil
Verleger im Auslande.

[Sidenote: E. H. Berling * 1689, [+] 1759.]

CARL HEINRICH BERLING, Sohn des eingewanderten E. H. BERLING (I, S.
156), erwarb das Privilegium der _Posttidender_, welche den Titel
_Statstidende_, später _Berlingske Tidende_ annahm, unter welchem Namen
sie noch heute besteht. Viele Jahre hindurch waren dieses und ein
anderes, ungefähr auf derselben Stufe der Mittelmässigkeit stehendes
Blatt, _Dagen_, die einzigen Quellen tagesgeschichtlicher Weisheit.

Das Volk verfiel in ein durch Geistesspielereien gewürztes weichliches
Wohlleben, aus welchem der Nationalgeist erst durch die Dichtungen Adam
Oehlenschlägers erwachen sollte. Allmählich fielen die Schranken der
Presse wieder und es erblühte ein überaus reges geistiges Leben, das
ebenfalls die Entwickelung der Buchdruckerei und des Buchhandels im
Gefolge hatte.

[Sidenote: Bianco Luno * 27. Juni 1795, [+] 12. Aug. 1852.]

Im Jahre 1825 kam die erste Schnellpresse nach Dänemark. Der eigentliche
Schöpfer des guten Geschmacks und der Typographie im Sinne der Neuzeit
war BIANCO LUNO[259], der sich, nach vielfachen Wanderungen in Italien,
Ungarn und Deutschland, 1831 in Kopenhagen etablierte. Die Ausstattung
und Ordnung seiner Druckerei war eine noch nicht in Dänemark bekannte
und würde selbst im Auslande als eine mustergültige gegolten haben. Er
lieferte namentlich in Werk- und tabellarischen Arbeiten vortreffliches.
Die Druckerei arbeitet jetzt mit 9 in Kopenhagen von Eickhoff gebauten
Schnellpressen.

  [259] C. NYROP, _Bianco Luno og den danske Bogtrykkerkonst_.
        Kopenhagen 1881.

[Sidenote: Gebr. Thiele.]

[Sidenote: J. R. Thiele [+] 1876.]

In feineren Accidenz- und illustrierten Drucken sind die Brüder JUST
und ANDREAS THIELE, Nachkommen eines 1770 aus Lemgo eingewanderten
Buchdruckers JOH. RUD. THIELE, in Dänemark unübertroffen. Sie erhielten
ihre Ausbildung in der Brockhausschen Offizin in Leipzig und können sich
mit den besten Illustrationsdruckern Deutschlands messen. Als Beispiele
ihrer Leistungen seien erwähnt: _Illustreret Tidende_, _The old northern
Runic monuments_ und _Queen Dagmars Cross_ in Farbendruck. Die Offizin
ist die grösste in Dänemark und arbeitet mit 17 König & Bauerschen
Schnellpressen. Die Gebrüder Thiele drucken auch die Noten der Bank, die
Postmarken und fast alle dänischen Wertpapiere.

[Sidenote: C. Ferslew.]

Als Zeitungsdruckerei steht die Offizin C. FERSLEW & CO. obenan. Sie
verbindet Typographie mit Lithographie und Papierfabrikation. Ferslew
druckte zuerst mit einer »Victoria-Endlosen«. Drei grosse Tageszeitungen
werden in der Offizin hergestellt, in welcher 9 Kastenbeinsche
Setzmaschinen und 11 Ablegemaschinen arbeiten, wohl mehr als für den
Augenblick im ganzen Deutschen Reich. Bei der Bedienung sind mehr als
dreissig Mädchen unter Leitung einer Directrice beschäftigt. Um den Satz
zu beschleunigen, werden schlecht geschriebene Manuskripte erst mittels
der Malling Hansenschen Schreibkugel (S. 446) umgeschrieben und dann dem
Setzer übergeben, wodurch es möglich wird, den Hauptteil einer grossen
Zeitung in zwei Stunden herzustellen. Die als eine Neuheit von Beschke
in Deutschland eingeführten Wetterkarten werden schon seit fünf Jahren
bei Ferslew hergestellt.

Das Beispiel Lunos und Thieles hat sehr befruchtend gewirkt und der
dänische Druck nimmt im ganzen eine sehr respektable Stellung ein. Die
Offizin von BERLING, welche jetzt nur die _Berlingske Tidende_ mit
Rotationsmaschine aus der Fabrik Eickhoff in Kopenhagen druckt, hat
sich durch Einführung der technischen Verbesserungen und Erfindungen
des Auslandes verdient gemacht. Der letzte männliche Besitzer der
Firma CARL BERLING spielte als Kammerherr, Reisemarschall und
Günstling des Königs Friedrich VII. eine Rolle. Er starb auf einer
Reise in Ägypten am 30. März 1871. Geachtete Namen erwarben sich
unter anderen ANDREAS SEIDELIN und die von J. F. SCHULTZ begründete
Hofbuchdruckerei, jetzige Universitätsbuchdruckerei von J. H. SCHULTZ,
welche mit 12 Schnellpressen namentlich Regierungs-, Universitäts- und
Kommunalarbeiten liefert. In der Provinz ist zu nennen die über 110
Jahre bestehende FYENS STIFTS-BUCHDRUCKEREI in ODENSE, wo die Wiege der
dänischen Buchdruckerei stand (I, S. 74).

[Sidenote: Statistisches.]

Zur Zeit hat Dänemark 175 Buchdruckereien (davon 71 in Kopenhagen) mit
einem Arbeitspersonal von 1438 Köpfen, darunter 746 Setzergehülfen,
354 Setzerlehrlinge; 69 Setzerinnen, namentlich bei den Setzmaschinen
thätig; 176 Drucker, 82 Druckerlehrlinge. Die Zahl der Schnellpressen
ist 294, der Tretpressen 36 (davon in Kopenhagen 151 Schnellpressen,
35 Tretpressen). 90 Handpressen werden wohl, wie überall, fast nur als
Korrekturpressen dienen[260].

  [260] M. TRUELSEN, _Statistisk Oversigt over Typographien i Danmark_.
        Kopenh. 1881.

Die litterarische Produktion ist nicht so genau wie in Deutschland
anzugeben, da die einzige Kontrolle in der angeordneten Ablieferung
eines Exemplars jeden Druckwerkes an die königliche Bibliothek besteht.
Eingereicht wurden im Jahre 1880 349 Zeitschriften, 1806 Bücher und
Broschüren. In Kopenhagen erscheinen 14 Tageblätter zumeist im Format
der grossen Pariser Zeitungen; in den Provinzen 50. Kopenhagen hat 14
illustrierte Wochenblätter, unter welchen die humoristischen eine grosse
Verbreitung haben.

[Sidenote: Xylographie und Chemitypie.]

Die Xylographie, früher hauptsächlich durch Deutsche geübt, leistet
sehr anerkennenswertes; die bedeutendsten Anstalten sind die der
_Illustreret Tidende_, H. P. HANSEN, F. HENDRIKSON und J. J. ROSENSTAND.
Die Chemitypie verdankt dem Dänen CHR. PIIL[261] ihr Dasein und ist in
Dänemark sehr beliebt geworden. Öfters wird sie mit der Zinkhochätzung
verwechselt, jedoch beruht sie auf anderen Grundsätzen (S. 18). Piil
brachte seine Erfindung nach Leipzig und übte sie dort in Verbindung mit
dem Buchhändler H. Friedlein. Auch die Zinkographie fand sehr geschickte
Ausüber in Dänemark.

  [261] C. PIIL, Die Chemitypie. Leipzig 1846.

[Sidenote: Schriftgiesserei.]

Auf Grund des kleinen Geschäftsgebietes konnte die SCHRIFTGIESSEREI
nicht mit der deutschen Schritt halten. Schriften wurden hauptsächlich
von Trennert in Altona und Genzsch & Heyse in Hamburg, dann auch von
Berlin und Leipzig bezogen. Gute Arbeiten liefert H. A. F. FRIES in
Kopenhagen.

[Sidenote: Die Schriftgiessmaschine.]

[Sidenote: L. Brandt * 6. Sept. 1807.]

In Deutschland gilt (S. 295) der Däne LAURITZ BRANDT allgemein als
Erfinder der Schriftgiessmaschine. Er stammte aus Faaborg auf der
Insel Fühnen. Als Schlossergeselle ging er nach St. Petersburg, wo er
allerlei mechanische Instrumente anfertigte, reiste kreuz und quer durch
Deutschland, verheiratete sich dort und segelte dann nach Amerika. Hier
führte er den Gedanken, die Giessmaschine zu konstruieren, aus und
baute diese in dem Hause der bekannten Schriftgiesserei David Bruce
jun. in New-York. 1844 ging er nach Deutschland und verkaufte sein
Patent an Eduard Hänel in Berlin. Brandt erntete hieraus weder grosse
pekuniäre Vorteile noch Ehre, denn Hänel verschwieg seinen Namen, sodass
bald dieser selbst, bald Steiner in München als Erfinder galt. Brandt
verliess Deutschland und ging nach Dänemark, wo er mehrere Maschinen
für die Schriftgiesserei Fries baute, die noch heute in Wirksamkeit
sind. In Schweden erwarb L. Hierta das Patent, welches später auf die
Firma Norstedt & Söner überging. Nach einem etwa vierjährigen Aufenthalt
in Europa ging Brandt nach New-York zurück und gründete dort ein
Etablissement, aus dem eine grosse Anzahl Maschinen hervorging. 1859
zog er sich ins Privatleben zurück und übergab sein Etablissement an N.
Erlandsen, der, ebenfalls ein Däne, als armer Junge von seinen Eltern
aufgenommen worden war. Gegen Brandts Ansprüche machte David Bruce sein
Erfindungsrecht geltend (S. 39).

[Sidenote: Die Setzmaschine.]

[Sidenote: Chr. Sörensen * 7. Mai 1818, [+] 30. Jan. 1861.]

Wennauch mit Setzmaschinen verschiedentlich experimentiert worden war,
so muss doch CHRISTIAN SÖRENSEN[262] in Kopenhagen als der Erfinder
betrachtet werden, denn er war der erste, der eine wirklich lebensfähige
Maschine herstellte, die auf den Prinzipien beruhte, welche von allen
späteren Erfindern, mit Ausnahme von Mackie, angenommen wurde.

  [262] C. NYROP, Christian Sörensen. _Et Industribillede._ Kopenhagen
        1869.

Sörensen war von ganz armen Eltern geboren und musste schon als Kind zum
Verdienst mit beitragen durch Arbeit bei einem Leineweber, und konnte
nur in den Abendstunden einen notdürftigen Unterricht geniessen. Durch
einen Zufall kam er später in Setzerlehre.

Er war ein mechanisches Genie. In seinem zwanzigsten Jahre entstand
bei ihm der Gedanke, eine Setzmaschine zu schaffen. Von den vor ihm
gemachten Versuchen hatte er keine Ahnung. Am 29. April 1846 erhielt er
ein Patent für eine Setz- und Ablegemaschine und eine Unterstützung zur
Ausführung eines Modells. Während Sörensen hiermit noch beschäftigt war,
ergingen die Einladungen zur ersten Weltausstellung in London. Gelang
es, dort mit der Setzmaschine zu erscheinen, so war das Ziel erreicht!
Das Erscheinen gelang ihm zwar, aber -- die Maschine erhielt nicht
einmal eine ehrenvolle Erwähnung.

[Sidenote: Erfolge in Paris.]

Das war ein harter Schlag für Sörensen, und seine Gönner fingen nun
an, sich von ihm zurückzuziehen. Da erschien als Retter in der Not der
Publizist J. F. Gjödwad, Herausgeber der Zeitung _Fädrelandet_, und
bestellte eine Maschine und, als sie gut ausfiel, noch eine zweite. Ehe
diese zur Vollendung kam, trat die Pariser Ausstellung von 1855 ins
Leben. Der Besteller war liberal genug, zu gestatten, dass sie erst
in Paris ausgestellt würde. Hier erregte sie allgemeines Staunen und
wurde einstimmig von dem Jury-Kollegium der höchsten Belohnung würdig
befunden, welche für diejenigen Männer bestimmt war, »die sich um die
Gesellschaft besonders verdient gemacht« hatten.

Die Maschine war eine doppelte, eine Setz- und eine Ablegemaschine,
und wurde erst durch eine Giessmaschine vervollständigt, die auch sehr
schwieriger Natur war, da viele (bis auf 6) komplizierte Signaturen
notwendig waren; doch gelang alles nach Wunsch.

[Sidenote: Not, Sorge und Tod.]

Der pekuniäre Vorteil des Pariser Erfolges blieb jedoch für Sörensen
aus. Er fiel in Paris Schwindlern in die Hände und nach vielen
vergeblichen Anstrengungen für die Einführung der Maschine in
Frankreich, Deutschland und Österreich kehrte er krank und gebeugt
nach Dänemark zurück. Hier fand er wieder Beistand und Aufmunterung
bei seinem alten Gönner Gjödwad. Zwar geschahen auch von anderer Seite
Schritte, die Sörensens Zukunft wenigstens sorgenfreier gestalteten,
aber Kummer und frühere Nahrungssorgen hatten seinen Lebensfaden
durchschnitten und er erlag seinen Leiden am 30. Januar 1861.

[Sidenote: Die Schreibkugel.]

[Sidenote: R. Malling Hansen.]

Mit der Setzmaschine verwandt ist die Schreibmaschine oder SCHREIBKUGEL.
Der erste, der mit einer solchen wirkliche Erfolge erzielte, war der
Direktor der königlichen Taubstummenanstalt in Kopenhagen, R. MALLING
HANSEN. Durch sein Nachsinnen über die Mittel zu einer leichteren
Verständigung zwischen Taubstummen und Blinden kam er auf den erwähnten
Apparat, den er nach und nach sehr vervollkommnet hat.

Durch die Oberfläche einer hohlen metallenen Halbkugel geht eine Anzahl
von Stahlstiften, die wie Radien eines Kreises nach dem Mittelpunkte
zusammenlaufen, was durch künstliches Unterschneiden der Stifte
ermöglicht wird. Auf dem unteren Ende eines jeden derselben ist ein
Antiqua-Versalbuchstabe erhaben geschnitten, wie jeder Typenstempel.
Unter dem Mittelpunkte, wo alle Buchstaben zusammentreffen, liegt das
Schreibpapier mit einem Farbepapier bedeckt. Durch den Druck mit dem
Finger auf den Knopf eines Stempels wird dieser nach dem Zentrum geführt
und übt einen Druck auf das Farbepapier, wodurch der Buchstabe auf das
weisse Papier abgefärbt wird. Nach jedem Druck bewegt sich das Papier
soweit seitwärts zurück, dass der nächste Buchstabe in die richtige
Entfernung von dem vorhergehenden zu stehen kommt. Ist die Zeile voll,
schiebt sich das Papier so weit nach oben, dass es in die richtige
Lage kommt, um die folgende Zeile aufzunehmen. Eine Schnelligkeit von
20000 Buchstaben in der Stunde ist noch keine übertriebene. Durch
Übereinanderlegen von bis zu zehn Schreib- und Farbeblättern ist es
möglich, eine ebenso grosse Anzahl Drucke gleichzeitig zu schaffen, die
wieder durch elektrische Verbindung mehrerer Apparate nach Belieben
gesteigert werden kann.

[Sidenote: Die Maschinenfabrikation.]

[Sidenote: J. G. A. Eickhoff * 4. März 1809, [+] 30. Mai 1875.]

Die erste eiserne Handpresse in Dänemark wurde 1836 von HÜTTEMEYER,
die erste Schnellpresse 1847 von J. G. A. EICKHOFF aus Wittenförden
in Mecklenburg-Schwerin nach dem System König & Bauer hergestellt.
Seine 200. Maschine folgte 1874. Über 125 davon gingen nach dem
Auslande, namentlich nach Schweden und Russland. Eickhoff baut auch
Rotationsmaschinen.

Die Papierfabrikation ist besonders durch die Familie DREWSEN in die
Höhe gebracht. Das dänische Fabrikat ist in den Mittelsorten ein sehr
brauchbares. Die Buchbinderei nahm stets einen respektablen, wennauch
keinen hervorragenden Platz ein.

[Sidenote: Lithographie.]

Die LITHOGRAPHIE wurde durch C. C. LOSE von einem Deutschen HEINRICH
WENZLER 1811 eingeführt und hauptsächlich für den Notendruck benutzt.
Der Kunstsinn, welcher, durch die von Thorwaldsen gegebene Anregung
in allen Schichten der Bevölkerung geweckt, einen mächtigen Einfluss
auf das Kunstgewerbe geübt hat, wirkte auch auf die Lithographie. Es
entstanden nicht nur vorzügliche Kartenarbeiten, sondern auch wirkliche
Kunstblätter, letztere namentlich durch EMIL BÄRENTZEN & CO., jetzt
HOFFENSBERG & TRAP, welche auch vorzügliche Chromos liefern. Neben
diesen verdienen J. W. TEGNER & KITTENDORF genannt zu werden.

Der Buchhandel in Dänemark ist nach deutschem System gut organisiert.
Das offizielle Organ des skandinavischen Buchhandels ist das seit 30
Jahren von O. H. DELBANCO herausgegebene _Nordisk Boghandlertidende_.

[Sidenote: Island.]

[Sidenote: Grönland.]

Auf der Insel ISLAND blieb stets der Sinn für die Litteratur herrschend.
Es bestehen dort 5 Druckereien mit 7 Pressen und 4 Journale erscheinen
daselbst. Die Offizinen von EINAR THORDARSON und BJÖRN JÓNSSON besitzen
je eine Schnellpresse. Im Jahre 1799 kam die Isländische Litterarische
Gesellschaft[263] in den Besitz einer kleinen Druckerei, in der bereits
1840 über 100 Werke gedruckt waren. Auch die FÄRINSELN besitzen eine
Offizin und ein Blatt. Selbst GRÖNLAND ist nicht zurückgeblieben. Unter
den in den dänischen Kolonien wohnenden 12000 Eingeborenen ist die
Fertigkeit im Lesen und Schreiben so verbreitet, wie irgend in Europa.
In den Jahren 1857-61 machte der Inspektor von Süd-Grönland, nachdem ihm
auf Rechnung der Grönländischen Handelsdirektion eine Buchdruckpresse
gesendet war, einen Versuch, einen Eingeborenen, LARS MÖLLER, im Setzen
und Drucken und einen andern im Holzschneiden zu unterrichten. 1861-62
hielt sich ersterer in Kopenhagen auf und wurde dort ordentlich im
Buch- und Steindruck unterrichtet. Nach seiner Rückkehr liess der
Inspektor ein kleines Gebäude aufführen und als Buch- und Steindruckerei
einrichten. Ausser einigen kleinen erzählenden Schriften gingen zwei
periodische Unternehmungen aus dieser Offizin hervor: _Atuagagdliutit_
(Unterhaltungslektüre), worin auch Beiträge von Eingeborenen und viele
Abbildungen enthalten sind; das andere enthält die Jahresberichte der
Ortsvorsteher mit lithographierten Tafeln. In der Kolonie GODTHAAB
(Gute Hoffnung) befindet sich eine zweite Herrnhutische Missionspresse,
aus der eine Anzahl von Erbauungs- und Unterrichtsbüchern hervorgingen.
Das erste dort gedruckte Buch war eine Legendensammlung _Kalladtit
Okalluktua alliaït_ mit zwölf von Eingeborenen gezeichneten und
geschnittenen Holzstöcken und acht Liedern mit Musiknoten.

  [263] _Det islandske Literaire Selskabs Love._ Kopenhagen 1851. --
        NYEROP, _Læsendes Aarbog for 1801_.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Norwegen.]

In NORWEGEN[264] kann man, sieht man von der altehrwürdigen Litteratur
der Eddas und des reichen Sagenschatzes in der _Norröna_-Zunge ab (I, S.
156), eigentlich erst seit etwa 70 Jahren von einer Nationallitteratur
reden.

  [264] PAUL BOTTEN-HANSEN, _La Norvège littéraire_. Christiania 1868. --
        _Beretning om Säcularfesten i Christiania 1840._

[Sidenote: Christiania.]

In CHRISTIANIA wurde die zweite Druckerei erst im Jahre 1807 angelegt.
Nachdem die politische und die damit verbundene Pressfreiheit im
Jahre 1814 urplötzlich und in einem Maasse, wie es in der Geschichte
nicht oft vorkommt, errungen war, begann auch eine grosse Regsamkeit
in der Litteratur. Man machte bedeutende, mitunter etwas krampfhafte
Anstrengungen, um eine nationale norwegische Litteratur zu schaffen,
und damit fing auch die Buchdruckerkunst an, einen bedeutenderen Platz
einzunehmen.

[Sidenote: Zeitungswesen.]

In einem Lande, wo die grosse räumliche Ausdehnung, die kleine,
weit zerstreute Bevölkerung und die Naturschwierigkeiten einen
schnellen Paketverkehr notwendig machten, war die Journalpresse von
grosser Wichtigkeit und oft die einzige Quelle der Belehrung und
Unterhaltung. Die Spuren derselben reichen bis auf das Jahr 1760
zurück. Die erste eigentliche Zeitung waren die 1763 begonnenen _Norske
Intelligenzsedler_. Die Zeitungen unterlagen, wie in Dänemark, der
Zensur und zwar einer sehr strengen. Zur Empfangnahme von Zeitungen
durch die Post gehörte eine besondere Erlaubnis. Im Jahre 1814 war
die Zahl der periodischen Schriften nur fünf. 1815 wurde das erste
täglich erscheinende _Morgenbladet_ gegründet. Die wissenschaftliche
Journalistik ist nicht ohne Wichtigkeit. Unter den 85 Journalen
Norwegens befinden sich auch mehrere illustrierte.

[Sidenote: Bücherproduktion.]

[Sidenote: Statistisches.]

Auch die Bücherproduktion wurde eine regere. Im Jahre 1868 konnten
bereits 650 Autoren bezeichnet werden. Zum Betrieb des Buchhandels nach
deutschem Zuschnitt gab der Däne JOHANN DAHL den Anstoss und Norwegen
hat seitdem eine Reihe von tüchtigen Buchhändlern und Buchdruckern
aufzuweisen. 1840 zählte man dort schon 33 Buchdruckereien, von welchen
Christiania 15 mit 35 Pressen und 95 Arbeitern aufwies. 1879 war die
Zahl der Buchdruckereien auf 126 gestiegen, davon 29 in Christiania
mit 72 Schnellpressen und 483 Personen. Die GRÖNDAHLsche Buchdruckerei
dort hat das Verdienst, 1830 die erste eiserne Presse, 1840 die erste
Schnellpresse, 1854 den Dampfbetrieb eingeführt zu haben. Von ihr stammt
auch die Annahme des Didotschen Kegelsystems. Bis vor kurzem hatte die
Fraktur entschieden das Übergewicht, sie weicht aber Schritt für Schritt
der Antiqua. Bergen hatte 8 Offizinen und 9 Schnellpressen.

Zur Papierfabrikation trägt Norwegen indirekt durch eine starke Ausfuhr
von Holzstoff bei, deren Wert 1879 nahe an 1-1/2 Millionen Mark betrug.


                         SCHWEDEN UND FINNLAND.

[Sidenote: Schweden.]

In SCHWEDEN, dessen Einwohner so oft die Franzosen des Nordens genannt
werden, zeigte sich eine besondere Vorliebe für französische Litteratur
und französisches Wesen. Vielleicht hat dies mit dazu beigetragen, dass
die Schweden rascher und allgemeiner als die Dänen und Norweger die
Antiquaschrift als übliche Buch- und Zeitungsschrift annahmen, so dass
thatsächlich die Fraktur nur für kirchliche oder wirklich nur für das
Volk bestimmte Litteratur beibehalten wurde. Es dürften überhaupt in den
drei skandinavischen Ländern die Tage der Fraktur gezählt sein.

In betreff des Bezuges von Schriften, Druckmaterial und Utensilien ist
Schweden noch mehr als Dänemark auf das Ausland, namentlich Deutschland,
angewiesen, und stand auch im allgemeinen etwas hinter Dänemark in der
Typographie zurück.

[Sidenote: Typographen.]

Einer der bedeutendsten Buchdrucker war PETER MOMMA ([+] 1772), ein
Rechtsgelehrter, der auf seinen Reisen die Buchdruckerei in Holland
lernte. Er war auch der erste, der eine Schriftgiesserei in Schweden
errichtete. J. S. EKMANSSON führte 1796 die Didotschen Schriften ein.
In LUND erwarb der Däne C. GUSTAV BERLING 1745 eine Offizin, welche
Bedeutung erlangte und mit der eine, hauptsächlich den akademischen
Bedürfnissen gewidmete Schriftgiesserei verbunden wurde. Sie blüht noch
in den Händen der Familie Berling.

[Sidenote: P. A. Norstedt.]

Den bedeutendsten Platz unter den typographischen Anstalten Schwedens
nimmt die von P. A. NORSTEDT in Stockholm gegründete ein. Er kaufte
1821 die Offizin von J. P. LINDH, nahm seine beiden Söhne ADOLF und
CARL zu Teilnehmern und firmierte seit 1823 P. A. Norstedt & Söner. Im
Jahre 1862 ging das Geschäft auf die Verwandten Norstedts GUSTAV LAURIN
und ALBERT LAURIN über, beide starben jedoch zum allgemeinen Bedauern
zeitig. Das jetzt noch blühende Geschäft hat Werke geliefert, welche mit
den besten des Auslandes konkurrieren können. 1869 begannen Norstedts
die _Nordisk Bogtryckertidende_, welche leider 1875 wieder zu erscheinen
aufhörte[265].

  [265] Einer der neuesten Verlagsartikel der Firma ist J. G. Nordins
        _Handbok i Boktryckare konsten_, ein so vorzügliches, nebenbei
        gesagt typographisch so vortrefflich ausgestattetes Lehrbuch
        der Kunst, wie es Deutschland nicht besitzt. Am 1. April 1883
        begann ein neues Fachjournal: _Nordisk Typograf-Tidning_. Am
        1. Juli 1883 und den folgenden Tagen feierte Schweden die
        400jährige Einführung der Kunst, bei welcher Gelegenheit eine
        Festschrift des erwähnten J. G. Nordin im Verein mit dem um die
        Bibliographie Schwedens verdienten Bibliothekar G. E. Klemming:
        _Svensk Bogtryckeri-Historia 1483-1883_, 1. Teil, erschien.
        Der Teil reicht leider nur bis zu dem erwähnten Momma (etwa
        bis 1770). Aus demselben geht jedoch hervor, dass nunmehr die
        Thatsache feststeht, dass gleichzeitig mit Joh. Snell (I, S. 75)
        ein zweiter deutscher Buchdrucker, Nic. Gothan, der früher schon
        in Magdeburg eine Offizin hatte, 1483 in Stockholm ein Buch,
        _Vita St. Katherine_, druckte.

Im Jahre 1874 gründete eine Aktiengesellschaft ein grosses graphisches
Institut, _Central-Tryckeriet_, unter der Direktion von HANS FORSELL,
welches im Jahre 1875 15 periodische Schriften, darunter 11 illustrierte
Blätter, druckte. In der Nacht vom 20. zum 21. Dezember desselben Jahres
brannte die Anstalt teilweise ab, bei welcher Gelegenheit der verdiente
Dirigent der lithographischen Abteilung, der Deutsche A. SEEDORF, einen
jämmerlichen Tod in den Flammen fand.

Selbst die Hauptstadt des schwedischen Lapplands, HAPARANDA, dicht an
der Grenze des russischen Finnlands, hat eine Druckerei und zwar mit
einem adeligen Besitzer, G. C. VON KLERCKER, und ein Wochenblatt _Nyaste
Riksgränsen_.

[Sidenote: Zeitungen.]

Die periodische Litteratur weist 321 Nummern auf. 91 Journale erscheinen
in Stockholm, 18 in Gothenburg, 10 in Malmö, 7 in Lund. 14 Blätter
erscheinen täglich, davon 4 in doppelten Ausgaben; Stockholm hat deren
6, Gothenburg, Helsingborg, Malmö je zwei.

Durch die Bestrebungen der eingewanderten Dänen C. W. GLEERUP in Lund
und AD. BONNIER in Stockholm ist der schwedische Buchhandel ganz in der
Art des deutschen organisiert. Die Zahl der Buchhandlungen beträgt 261.

Der Schwede liebt das Bunte und neben einer grossen Anzahl von
geschichtlichen Werken und Romanen werden auch viele illustrierte,
namentlich ethnographische Prachtwerke mit Chromolithographien gedruckt,
doch werden sie auch zumteil in Deutschland ausgeführt. Die Lithographie
kam 1818 nach Schweden. Eine Anstalt von Bedeutung ist _Lithographiska
Aktie Bolaget i Norrköping_, welche namentlich vortreffliche Landkarten
geliefert hat.

[Sidenote: Die Papierfabrikation.]

Die Papierfabrikation Schwedens hat eine grosse Bedeutung und die Zahl
der Fabriken beträgt etwa 60. Es wird sehr gutes Papier fabriziert,
wennauch für gewöhnlich ein recht mittelmässiges Fabrikat zur Verwendung
kommt. Schweden mit seinem grossen Reichtum an Holz und Wasserkraft hat
die Fabrikation des Holzstoffes mit Eifer ergriffen und führt bedeutende
Quantitäten aus. Seine erste Farbenfabrik erhielt es erst vor wenigen
Jahren durch O. MARIN in Söderköping.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Finnland.]

FINNLAND, politisch mit Russland vereinigt, im Besitz seiner nationalen
Sprache und einer, wennauch nicht bedeutenden, nationalen Litteratur,
in dem höheren litterarischen Verkehr sich der schwedischen Sprache
bedienend, ist in betreff des Buchgewerbes mehr zu Schweden als zu
Russland gehörend zu betrachten.

[Sidenote: Typographen.]

Die bedeutendste typographische Familie ist die Frenckellsche. Statt
der nach Stockholm verlegten Druckerei (I, S. 158) erhielt ÅBO 1772
eine neue Offizin, die im Jahre 1750 in die Hände von J. C. FRENCKELL
kam, welcher 1755 zum akademischen Buchdrucker ernannt wurde, und 1802
noch eine Druckerei in HELSINGFORS, wohin 1829 die Universität von Åbo
verlegt wurde, gründete, die noch kräftig blüht.

[Sidenote: Zeitungen.]

Im Jahre 1771 erschien die erste schwedische Zeitung in Åbo; 1776 die
erste in finnischer Sprache. Unter der strengen Zensur konnte die
Zeitungslitteratur nur einen sehr langsamen Fortgang nehmen, erst
in den sechziger Jahren unseres Jahrhunderts trat ein erheblicher
Umschwung ein, so dass im Jahre 1878 24 Zeitungen in schwedischer, 30 in
finnischer Sprache erschienen. 1871 hatte Finnland 20 Buchdruckereien,
die sich auf 12 Städte verteilten, davon kamen 7 auf Helsingfors. Die
Zahl der Gehülfen betrug 118, der Lehrlinge 99. Schnellpressen gab es
12, Handpressen 45. Jetzt hat Finnland 40 Buchdruckereien.

Die von TILGMANN aus Helsingfors erfundene Tiegeldruck-»Endlose«
_Mia_ hat wohl nicht den in Deutschland gehegten Erwartungen ganz
entsprochen[266].

  [266] Journ. f. B. 1878, Nr. 7.


                          RUSSLAND UND POLEN.

[Sidenote: Langsame Entwickelung der Typographie.]

Dass die Typographie in Russland und Polen nicht in der Weise blühen
konnte, wie in Ländern, wo die politische Freiheit eine frische
litterarische Bewegung und eine lebhafte Wechselwirkung mit den
bedeutendsten Kulturvölkern hervorrief, ist selbstverständlich. Hierzu
kommt noch als erschwerendes Moment die grosse räumliche Ausdehnung des
Reiches. Wie (S. 257) bereits erwähnt wurde, erhielt Russland nicht nur
sein typographisches Material aus Deutschland, sondern auch die Ausüber
der Buchdruckerkunst sowohl als des Buchhandels waren grösstenteils
Deutsche. Diese haben erst Ordnung und System in das graphische Geschäft
gebracht. Der national-russische Buchhandel war noch 1840 in einem
desolaten Zustande. SMIRDIN in St. Petersburg und SIMIN in Moskau
gehörten zu den wenigen, welche das Geschäft kaufmännisch regelrecht
betrieben.

Die Buchdruckereien verbreiteten sich langsam; 1874 war die Zahl
derselben in St. Petersburg 107, die der lithographischen Anstalten
105, der Schriftgiessereien 11, der Buchhandlungen mit offenem Laden
77. Den Bemühungen eines Deutschen, R. SCHNEIDER, ist die Errichtung
einer typographischen Lehrlingsschule zu verdanken. Derselbe gab auch
1867-1869 ein typographisches Journal in russischer und deutscher,
später nur in russischer Sprache heraus, das auf Ed. Hoppe überging.
Schneider verliess 1882 Russland und ging nach der Schweiz.

[Sidenote: Die Staatsdruckerei.]

Eine eben so eigentümliche wie vortreffliche Anstalt ist die kaiserliche
STAATSDRUCKEREI oder, wie die offizielle Bezeichnung lautet: »die
Kaiserlich Russische Expedition zur Anfertigung der Staatspapiere«,
ein Institut, das jedes, selbst das in den graphischen Künsten am
weitesten fortgeschrittene Land mit Stolz das seinige nennen würde.
Durch ihre wahrhaft eminenten Leistungen in photographischen Hoch- und
Tiefdruckplatten, durch die geistreiche Kombination von Heliographie
und Galvanoplastik und durch die vielfachen wichtigen Anwendungen
der verschiedenen graphischen Künste zur Herstellung von Staats- und
Wertpapieren hat sie tief eingreifende Erfolge erzielt. Die Fabrikation
von Papier mit Wasserzeichen in unvergleichlicher Klarheit und Zartheit,
sowie von geschöpftem Handpapier mit allen den Eigenschaften, die
man von einem für Wertzeichen bestimmten Papier verlangt, wird in
grossartigem Maassstabe betrieben. Die Festigkeit ist namentlich dem
vorzüglichen russischen Hanf zuzuschreiben. Die Kontrolle beginnt mit
der Feststellung des Gewichts des abgelieferten Papiers und lässt sich
für jeden Bogen auf seiner Wanderung durch die Anstalt verfolgen. Die
Fabrik arbeitet mit sechs grossen Maschinen und vierzehn Bütten[267].

  [267] Das Journ. f. B. 1872 bringt eine sehr detaillierte Beschreibung
        des Instituts, von TH. GOEBEL.

Stempel und Matrizen, Clichés in Kupfer und namentlich in Eisen,
eine Spezialität der Anstalt, die gerade für die Herstellung des
farbigen Druckes in grossen Auflagen sowohl der Dauerhaftigkeit, als
der Unangreifbarkeit durch Farben wegen von wesentlich praktischem
Werte sind, werden in vorzüglichster Qualität geliefert. Buch- und
Holzschnittdruck, Kupferdruck, Lithographie, Autographie, Chromographie,
Photogalvanographie, Heliographie, Elektrotransformatypie, ein Verfahren
zur Herstellung einer Platte mit Bildstellung beliebig nach rechts
und links, kurz, jeder nennbare graphische Prozess wird dort zur
Vollkommenheit gebracht. Ebenfalls vorzüglich sind die durch Georg v.
Scamoni photographisch erzielten mikroskopischen Schriften. Derselbe,
aus Würzburg gebürtig, hat einen grossen Anteil an den Erfolgen der
Anstalt in allen heliographischen Verfahrungsweisen[268].

  [268] Seine Erfahrungen hat er in seinem »Handbuch der Heliographie«
        mit Atlas, Berlin 1872, niedergelegt.

Die Anstalt wurde 1818 unter Leitung von THEOD. SCHNEIDER aus Mannheim
gegründet und besteht seit 1866 als selbständiges Geschäft, das seine
Überschüsse an die Staatskasse abliefert. Der Chef ist seit 1861 der
Staatsrath THEOD. VON WINBERG. Bereits im Jahre 1873 hatte die Anstalt
17 Dampfmaschinen mit 362 Pferdekraft zur Disposition. Die Druckerei
arbeitete mit 58 Schnellpressen, darunter 35 aus der Fabrik von König &
Bauer, 60 Handpressen, eine ausserordentliche Zahl von Hülfsmaschinen
und beschäftigte im Hause 1400-1800, ausser dem Hause 300-1200 Arbeiter.

Eine eigentümliche Einrichtung ist die Beteiligung des ganzen Personals
bis zum jüngsten Arbeiter herunter an dem Gewinn der Anstalt, der ein
bedeutender, zwischen 3-400000 Rubel jährlich, sein soll. Die eine
Hälfte derselben fliesst in die Staatskasse, die andere wird unter das
Personal in der Weise verteilt, dass jeder Arbeiter mindestens einen
Monatslohn als Anteil empfängt.

Die baulichen Anlagen der Anstalt, welche in dem südlichen, nicht sehr
bebauten Stadtteil sich befinden, bedecken einen grossen, an drei Seiten
von Strassen begrenzten Flächenraum, auf welchem ausser der eigentlichen
Druckerei auch die Papierfabrik und die Wohnungen der Beamten sich
befinden.

Zum Schutze der Anstalt hält eine Wache von 36 Mann die verschiedenen
Zugänge bei Tag und Nacht besetzt. Die Gebäude sind durchweg massiv und
feuersicher, fast nur von Stein und Eisen. An der Spitze der Anstalt,
welche dem Finanzministerium unterstellt ist, steht ein technisch
gebildeter Direktor. Als Vorsteher der einzelnen Abteilungen, sowie
zur Wahrnehmung der Kassen- und Rechnungsgeschäfte und der Kontrolle
sind 160 Beamte und 280 Meister und Meistergehülfen angestellt. Sehr zu
loben ist, dass die mächtige Anstalt nur auf die Bedürfnisse des Staats
beschränkt bleibt, obwohl es in Russland eher als in anderen Ländern zu
entschuldigen wäre, wenn sie Privaten Konkurrenz machte.

[Sidenote: Verschiedene Firmen.]

Die UNIVERSITÄTSBUCHDRUCKEREI wurde 1755 gegründet. 1871 beschäftigte
sie 16 Schnell- und viele Handpressen und ist reich mit orientalischen
Schriften versehen; das Vaterunser konnte in 325 Sprachen gesetzt
werden. Eine zweite orientalische Buchdruckerei, namentlich für
armenischen Druck bestimmt, errichtete 1836 JOACHIM LAZAREFF. Unter den
älteren Buchdruckereien nimmt die von J. J. GLASANOW (Oberbürgermeister,
wirklicher Staatsrat, Excellenz), welche bereits ihr hundertjähriges
Bestehen feierte, einen bedeutenden Platz ein, während unter den
jüngeren die von B. M. WOLFF hervorragend ist. Der kürzlich verstorbene
Wolff verband Verlagshandel mit Buchdruckerei und hat Verdienste
um die Verschönerung der russischen Schrift und der Anpassung der
Renaissance-Antiqua an diese. Eine bedeutende Accidenzdruckerei ist die
von GOLOWIN. ALEX. BENCKE liefert ebenfalls viele Accidenzarbeiten und
beschäftigt nur Nationalrussen. HERMANN HOPPE giebt das illustrierte
Journal, von ED. HOPPE gedruckt, heraus. Die Gesellschaft ALLGEMEINER
NUTZEN ist ein ausgedehntes Etablissement, besonders für Herausgabe
illustrierter Blätter. Bedeutende Schriftgiessereien sind die Filiale
von FLINSCH in Frankfurt a. M. (Franz Mark), REVILLON & CO. und O.
J. LEHMANN. Die lithographische Anstalt von A. ILJIN liefert gute
Landkarten.

[Sidenote: Die Provinzen.]

In MOSKAU wird die graphische Kunst in ziemlich umfangreicher Weise
geübt. Im Jahre 1881 bestanden 237 Offizinen, in welchen mit 202
Buchdruck-, 147 Steindruck-Schnellpressen und 712 Tret- und Handpressen
gearbeitet wurde. Die Schriftgiessereien, unter welchen SELIWANOWSKI
bedeutend ist, arbeiteten mit 47 Giessmaschinen. Die bekannte
SYNODALBUCHDRUCKEREI (I, S. 279) erhielt eine neue und zweckmässige
Einrichtung. MOR. NEUBINGER druckt namentlich Wertpapiere.

DORPAT hatte schon 1624 eine Offizin, MITAU 1774, ODESSA 1825. CHARKOW
mit seiner 1804 gegründeten Universität erhielt 1820 eine Druckerei.
In WARSCHAU sind namentlich H. & M. ORGELBRAND durch ihre hebräischen
Drucke bekannt.

In den baltischen Provinzen erschienen 1871 22 deutsche, 7 esthnische
und 6 litauische Zeitungen und nur eine russische.

Die armenische Typographie wurde namentlich in dem berühmten Kloster
ETZSCHMIAZIN bei Eriwan, der Hauptstadt Armeniens, gepflegt. Ein
zweiter Druckort ist NACHITSCHEWAN, wo 1794 unter anderem eine
Übersetzung von Fénelons _Télémaque_ erschien. TIFLIS hat mehrere
Offizinen. In der Herrnhuter-Kolonie SAREPTA befand sich seit dem Jahre
1763 eine unbedeutende Missionsdruckerei. ASTRACHAN erhielt zu Anfang
des Jahrhunderts, KASAN 1815 Offizinen.

In den Gouvernementsstädten SIBIRIENS finden sich zwar Buchdruckereien,
jedoch primitivster Einrichtung, nur JEKATERINENBURG und IRKUTSK haben
gut versehene Offizinen. Die einzige offizielle Zeitung Sibiriens,
welche in Irkutsk erschien, wurde 1880 verboten. In SELENGINSK wurde auf
Veranlassung der Londoner Missionsgesellschaft die ganze Bibel 1834 in
mongolischer Sprache gedruckt.

Die russischen Papierfabrikanten beschweren sich sehr über Mangel
an Lumpen, die namentlich nach England ausgeführt werden. Die
Kartenfabrikation ist ein Monopol der Regierung; die einzige Fabrik
liefert jährlich etwa sieben Millionen Spiele.

[Sidenote: Statistisches.]

Im Jahre 1874 hatte Russland 322 Buchhandlungen und die Zahl der
erschienenen Bücher betrug 2589. 1870 war der Wert der Büchereinfuhr
1153082 Rubel, von welcher Summe die Million auf Deutschland fiel, die
Ausfuhr bezifferte sich auf 83714 Rubel.

Die Zahl der Zeitschriften ist eine verhältnismässig sehr geringe und
betrug 1881 nur 776, davon 80 in polnischer, 43 in finnischer, 39 in
schwedischer, 36 in deutscher, 13 in lettischer, 10 in esthnischer
Sprache und 26 in verschiedenen Idiomen. Es erscheinen von diesen
Zeitschriften 197 in St. Petersburg, 75 in Moskau, 79 in Warschau, 36 in
Helsingfors, 23 in Riga, 21 in Tiflis, 20 in Kiew, 19 in Odessa.

[Sidenote: Zeitungswesen.]

Die verbreitetste Zeitung (71000 Auflage) war der »Golos« (die
Stimme)[269], sie hatte so wenig wie die _Times_ eine bestimmte Tendenz,
aber ein ebenso feines Gehör für das, was kommen würde. »Die neue
Zeit«, ein chauvinistisches Slawenblatt (30000 Auflage) hatte etwas
an Verbreitung eingebüsst. Im Hetzen gegen Deutschland hatte es fast
den Sieg über die russische St. Petersburger Zeitung davongetragen,
wogegen die »Russische Wahrheit« einen gebildeten Ton anschlug. Auch
das »Gerücht« hielt sich von Chauvinismus frei. Die »Moskauer Zeitung«
hatte namentlich in Moskau selbst und in dem Lande südlich und östlich
von Moskau Geltung.

  [269] Die folgenden Angaben beziehen sich $auf das Jahr$ 1879. »Golos«
        ist seitdem eingegangen.

Die Regierung besass nur ein offizielles Organ, »Der Regierungsbote«.
Als offiziös konnten das _Journal de St. Pétersbourg_ und die _Agence
générale russe_ und im Auslande der Brüsseler _Le Nord_, allenfalls auch
der »Russische Invalide« gerechnet werden. Neben der russischen St.
Petersburger Zeitung existiert auch eine deutsche; beide gehören der
Akademie der Wissenschaften, welche sie verpachtet, und haben bereits
1877 ihr 150jähriges Jubiläum gefeiert.

Die grossen Petersburger Zeitungen stehen zwar nicht unter
Präventiv-Zensur, müssen aber 5000 Rubel Kaution stellen. Sobald sie
ausschreiten, werden sie verwarnt und nochmaliges Verwarnen zieht
zeitweiliges oder auch vollständiges Verbot nach sich. In ausländischen
Angelegenheiten haben die grossen Blätter ziemlich freien Spielraum, und
sind selbst hinsichtlich der inneren bei weitem nicht so beengt, wie
man gewöhnlich annimmt. Der Ton gegen Deutschland ist bekanntlich im
allgemeinen voller Hass und zur Schau getragener Verachtung.

Manche Städte von 10000 und mehr Einwohnern haben keine Zeitung, so dass
oft ein grosser Kreis oder ein Gouvernement ohne Organ ist. Mit welchen
Schwierigkeiten ein Zeitungsherausgeber oft zu kämpfen hat, mag daraus
erhellen, dass z. B. aus Neu-Tscherkask erst das Manuskript, dann die
Korrektur eines Blattes nach Moskau gesendet werden muss, womit zehn
Tage verloren gehen, dazu noch die Zeit für Satz und Druck.


                            DIE DONAULÄNDER.

[Sidenote: Die jüngsten Staaten.]

Wir wenden uns jetzt den jüngsten selbständig gewordenen Mitgliedern
des europäischen Staatenbundes zu, deren Bedeutung für die Presse
erst der Zukunft gehört. Mit der Erlangung des politischen
Selbstbestimmungsrechtes eines Volkes ist ja auch stets das Aufblühen
des geistigen Lebens verbunden gewesen, und ist die erste Gährung
überstanden, so ist es bei der Bildungsfähigkeit der betreffenden Völker
auch zu erwarten, dass sie eine angemessene Stellung auf dem Gebiete der
Presse einnehmen werden. Zu hoffen und zu wünschen bleibt, dass es nicht
deutschfeindlichen Einflüssen gelingen möge, nationale und geistige
Antipathien gegen germanische Kultur zu erregen, wodurch die Völker
selbst am meisten gegen ihre Unabhängigkeit und ihr geistiges Interesse
handeln würden.

[Sidenote: Serbien.]

SERBIEN[270]. Als die neue Ära in unserem Jahrhundert für Serbien
begann, standen das Volk, welches belehrt werden musste, und die
Geistlichkeit, welche belehren sollte, ziemlich auf derselben Stufe des
Wissens oder vielmehr der Unwissenheit.

  [270] F. KANITZ, Serbien. Leipzig 1868.

Das erste Buch, welches in Serbien erschien, ist eine von dem
Woiwoden von Celat, Georg Cernojevi['c], 1493-1495 veranstaltete, mit
cyrillischen Lettern gedruckte Ausgabe des Psalters, welche Schafarik
den schönsten slawischen Druck nennt, wie überhaupt die Erzeugnisse der
südslawischen Pressen an innerem und äusserem Wert die ihnen um einige
Jahre vorausgegangenen Krakauer cyrillischen Drucke übertrafen.

Doch dauerte dieser Glanz nicht lange und erlosch bereits im XVI.
Jahrhundert in den Kämpfen mit dem Halbmond. Von da ab versorgte
Russland die südslawischen Länder mit Kirchenbüchern, bis die eigene
Staatsdruckerei die Lieferung derselben übernehmen konnte. Ferner that
die englische Bibelgesellschaft manches für die Verbreitung des Neuen
Testaments, welches sie von dem bekannten Gelehrten Vuk übersetzen und
mit cyrillischen Lettern drucken liess. Auch andere Werke, namentlich
Übersetzungen, wurden in Österreich und Deutschland gedruckt.

[Sidenote: Die Staatsdruckerei.]

Die Grundlage zu der Staatsdruckerei war durch ein Geschenk des
Kaisers Nikolaus, bestehend in zwei Druckerpressen, 1830 gelegt.
Dieselben wurden zuerst in KRAGUJEVAC aufgestellt, um unter der Leitung
BERRMANNS aus Wien erst nur liturgische Bücher mit russischen Lettern
zu drucken. Im Jahre 1831 wurde die Druckerei vom Fürsten Milosch
nach BELGRAD verlegt und mit noch drei Handpressen, später mit zwei
König & Bauerschen Schnellpressen ausgestattet. Die Schriftgiesserei
wurde von dem Stuttgarter OCKENFUSS eingerichtet. Um den Typenschnitt
machten sich zwei andere Deutsche, SCHRÖPEL ([+] 1864) und dessen
Faktor WALTER aus Frankfurt, verdient. Nach 1864 traten zwei junge
in Deutschland ausgebildete Serben an die Spitze der Anstalt. Die
alt- und neuslawischen Typengattungen sind gut vertreten, auch
Musiknoten sind vorhanden und xylographische, galvanoplastische und
Stereotypie-Anstalten wurden eingerichtet. Im Jahre 1870 waren mehr
als 50 Setzer und Lehrlinge beschäftigt und zahlreiche Arbeiten
wurden sowohl für den Staat wie für Private ausgeführt, ausserdem die
Landeszeitung und mehrere andere Journale dort gedruckt.

Um 1850 wurde auch die LITHOGRAPHIE durch einen Deutschen, BRAUMANN,
eingeführt. Karten, Pläne und andere chromographische Arbeiten wurden in
guter Ausstattung geliefert, auch die serbischen Postmarken sind sehr
gut gedruckt.

[Sidenote: Die serbische Sprache.]

Die serbische Sprache, die auch seit 1830 von den Kroaten als
Schriftsprache adoptiert wurde, wird von Kennern als reich, kurz,
energisch und melodiös geschildert. Der Linguist Vuk führt in seinem
Wörterbuch mehr als 62000 Wörter auf. Bis jetzt beschäftigte sich
die serbische Presse meist mit dem Druck von Lehrbüchern und mit
Übersetzungen, doch hat die Originallitteratur schon bedeutende Anfänge
aufzuweisen. Das 1838 vom Fürsten Milosch gegründete Lyceum wurde 1863
Universität. 1841 gründete Fürst Michael die »Gesellschaft für serbische
Litteratur«, die ein Mittelpunkt der geistigen Bestrebungen wurde und
durch ihr Jahrbuch (Glasnik) viel wirkte.

[Sidenote: Zeitungen.]

Als Gründer der politischen Presse im europäischen Stil ist MILO[VS]
POPOVI['C] zu betrachten, der von 1841-1861 fast ununterbrochen die
offizielle Zeitung redigierte und dann im Verein mit Dr. Rosen eine
quasi offiziöse Zeitung gründete. Da diese die gelesenste von allen war
und trotzdem nur in 750 Exemplaren gedruckt wurde, so lässt sich ein
Schluss auf die Grösse des Lesepublikums der übrigen im Jahre 1866 in
Belgrad erschienenen Blätter ziehen. Mit dem Buchhandel ist es auch noch
nicht sonderlich bestellt.

[Sidenote: Graphische Künste.]

Auf dem Gebiete der vervielfältigenden Künste haben sich einige
Persönlichkeiten vorteilhaft bekannt gemacht. NATAL, BONIFACIJ und
MARTIN ROTA-KOLUNI['C] wirkten als Kupferstecher bereits im XVI.
Jahrhundert in Rom. Unter den zahlreichen Stichen des letzteren ist
namentlich »Das jüngste Gericht« bekannt. Zu Anfang unseres Jahrhunderts
gab JOSEPH MILOWUK Bildnisse berühmter Serben in Kupferstich heraus.
Sein Sohn machte einen Versuch mit einer illustrierten Zeitung in
Belgrad und suchte somit für den Holzschnitt in Serbien Bahn zu brechen;
doch war der Erfolg kein bedeutender.

Um die Lithographie und die Photographie in Serbien erwarb sich die
meisten Verdienste NASTAS JOVANOVI['C]. Vom Fürsten Milosch nach Wien
gesandt, um dort die Kupferstecherkunst zu lernen, gründete er später
einen nationalen Kunstverlag, in welchem sich zahlreiche Blätter mit
historischen Vorwürfen befanden. In seinen Unternehmungen ward er von
Wiener Künstlern, namentlich von Vincenz Katzler, unterstützt.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Rumänien.]

RUMÄNIEN. Das Rumänische ist die Muttersprache von über zehn Millionen
Menschen, hat also für die Typographie der Zukunft eine nicht geringe
Bedeutung. Es wird nicht allein in Rumänien gesprochen, sondern ist
auch in den östlichen Teilen Ungarns, im Banat und in Siebenbürgen,
in Bessarabien, Podolien und in der Bukowina verbreitet. Von manchem
wird die rumänische Sprache irrtümlich für eine slawische gehalten;
sie stammt jedoch aus dem Lateinischen und schliesst sich ziemlich
eng an das Italienische an, erscheint deshalb auch den Bewohnern der
eigentlichen Kulturländer Europas nicht so fremdartig als die slawischen
Idiome.

Die dortige Typographie befindet sich schon im raschen Aufblühen.
Bereits in der Mitte der siebenziger Jahre unseres Jahrhunderts
befanden sich in Rumänien in zwölf Städten verteilt 34 Buchdruckereien
mit 217 Gehülfen und 117 Lehrlingen. Von diesen kamen auf Bukarest
zwölf Druckereien mit 138 Gehülfen, 108 Lehrlingen, 27 Maschinen
und 11 Handpressen. Die Regierung ist sehr um die Einführung der
Papierfabrikation bemüht. Für das Interesse, welches in diesem jungen,
der Kultur zugeführten Staat für die Typographie herrscht, spricht das
Erscheinen zweier Fachzeitschriften.

                   *       *       *       *       *

[Sidenote: Bulgarien.]

BULGARIEN. Diese jüngste Staatenschöpfung in Europa hat
begreiflicherweise noch zu sehr mit den notwendigen Existenzfragen
zu kämpfen, um auf dem Gebiete der Presse schon wesentliches leisten
zu können. Erst kommen, wie überall, die Zeitschriften und die
Unterrichtsbücher. Seit 1824 liessen bulgarische Emigranten zahlreiche
Schul- und kirchliche Bücher im Auslande drucken und Druckereien wurden
1870 in Salonik und Smyrna zu diesem Zwecke begründet. Ein Journal
_Ljuboslovic_ erschien bereits in den Jahren 1844-1846 in Smyrna. Die
erste in Bulgarien in der Landessprache erschienene Zeitung war 1849
_Czarigradskij Vestnik_, sie fand jedoch keine grosse Verbreitung
und ging 1861 ein. Ein in Odessa herausgegebenes Blatt _Mirozrenie_
wurde, obwohl politisch ganz harmlos, verboten. 1879 erschienen in
Konstantinopel und Rumänien 14 bulgarische Zeitschriften.

SOFIA hat jetzt sechs Zeitungen aufzuweisen, unter welchen das
wöchentlich erscheinende Regierungsblatt. Die in deutscher Sprache
erscheinende »Bulgarische Korrespondenz« ist zur Aufklärung des
Auslandes bestimmt. Unter den Zeitungen befindet sich auch eine
illustrierte, _Bolgarskaya Illywstratsiya_. RUSTSCHUCK hat zwei
Journale, unter welchen das oppositionelle _Bolgarin_ die stärkste
Verbreitung hat. In SISTOWA, TIRNOWA, PHILIPPOPEL und SLIWNIA giebt es
je eine Zeitung.


                             GRIECHENLAND.

[Sidenote: Griechenland.]

Griechenland war eines der letzten Länder, nicht nur in Europa, in
welchem die Buchdruckerkunst ein festes Heim fand.

Unter der Herrschaft der Türken hatte sich nur ab und zu eine wandernde
Druckerei eingefunden, um rasch wieder zu verschwinden, eine bleibende
Stätte für die Typographie gab es nicht. Die notwendigsten liturgischen,
daneben einige wenige Unterrichtsbücher wurden bei NIKOLAS GLYKY in
Venedig, einige auch in Wien und Paris gedruckt.

Der Errichtung zweier Offizinen auf den jonischen Inseln durch General
Bonaparte wurde bereits (S. 172) gedacht. Zu Anfang des Jahrhunderts
fanden schwache Versuche zur Gründung griechischer Zeitungen in
Konstantinopel, Smyrna und Bukarest statt. Auszüge aus der heiligen
Schrift in neugriechischer Sprache liess 1817 der Missionär Wilson
auf Corfu drucken. 1818 folgte dort eine politische Zeitschrift in
italienischer und neugriechischer Sprache. Bereits früher hatte der
Missionär Lowndes eine albanesische Bibel, wahrscheinlich das erste
gedruckte Buch in albanesischer Sprache, dort ausführen lassen.

[Sidenote: Der Freiheitskampf.]

Als 1821 der Freiheitskampf der Griechen überall in Europa die
grösste Teilnahme erweckte, und die Bildung der philhellenischen
Vereine veranlasste, fassten letztere auch die Beschaffung einer
griechischen Druckoffizin ins Auge. Firmin Ambroise Didot, ein
eifriger Griechenfreund, schenkte Griechenland eine vollständige
Druckerei-Einrichtung (S. 180), die in NAUPLIA ihre Stätte fand.
MISSOLUNGHI erhielt eine Offizin durch Lord Byron, und Lord Stanhope
brachte eine solche nach ATHEN; ausserdem erhielten KORINTH, PATRAS,
HYDRA, CHIOS und AEGINA Pressen. Auf Aegina erschien während der
Präsidentschaft des Grafen Capo d'Istria das Regierungsblatt
»Ephemeriden«; auf Hydra »Der Freund des Gesetzes«, in Missolunghi die
»Hellenische Chronik«, in Korinth die »Trompete von Hellas«.

[Sidenote: Regierung König Ottos.]

Als König Otto 1833 nach Griechenland kam, war der Zustand der
Druckereien, zu denen inzwischen noch einige lithographische Anstalten
gekommen waren, ein so kläglicher, dass es nicht einmal möglich war,
die notwendigsten Regierungsarbeiten alle im Lande auszuführen. Unter
den mit dem Könige angekommenen bayrischen Soldaten befanden sich 11
Buchdrucker, 7 Lithographen und 13 Papiermacher, die nun bessere Dienste
leisten konnten, als die Muskete tragen; von G. Jacquet in München
war auch noch eine Druckerei-Einrichtung gesandt worden. In Athen
wurde das, noch 1870 dreimal wöchentlich erscheinende »Jahrhundert«
gegründet. »Der Erlöser« erschien zweimal wöchentlich in italienischer
und neugriechischer Sprache. 1834 gründete die Amerikanisch-Englische
Gesellschaft zur Verbreitung religiöser Ansichten eine gut eingerichtete
Buchdruckerei, die viele Schulbücher, an welchen Griechenland noch sehr
arm war, lieferte[271].

Ein organisierter Buchhandel[271] existierte natürlich noch nicht. Auch
hier waren es, wie an so manchen Orten, Deutsche, denen die Aufgabe
zufiel, in diesen Ordnung zu bringen, in welcher Hinsicht der am 27.
Juli 1882 verstorbene Buchhändler und deutsche Konsul KARL WILBERG durch
seine seit 1827 bestehende, vortrefflich organisierte Buchhandlung
sich besondere Verdienste erwarb. Die deutsche wissenschaftliche
Litteratur hat Wilberg viel zu verdanken, denn er trug nicht allein zur
Verbreitung ihrer Erzeugnisse ausserordentlich bei, sondern stand auch
den in Griechenland reisenden Forschern mit Rat und That zur Seite.

  [271] COROMILAS, DEM., _Catalogue des livres publiés en Grèce.
        L'Exposition Vienne 1873._

[Sidenote: Aufblühen der Presse.]

Bis 1837 gab es kein Pressgesetz. 1843 wurde durch die Verfassung
vollkommene Pressfreiheit garantiert, diese jedoch trotzdem 1850 sehr
beschränkt, bis die Presse nach der Thronbesteigung König Georgs 1863
wieder ganz frei wurde. 1873 erschienen 152 Journale, davon 74 in Athen,
und das litterarische Leben ist in raschem Aufblühen begriffen. Eine
illustrierte griechische Zeitung _Hesperos_, herausgegeben von Dr. J.
Pervanoglou, wird in Leipzig (bei W. Drugulin) gedruckt.

Bevor in Griechenland das Licht der Kultur, welches einst über dessen
glückliche Gefilde so herrlich leuchtete, vollständig erlosch, um einer
tiefen, wie es schien ewigen, Finsternis Platz zu machen, hatte es
jedoch den »Barbaren« seine unvergleichlichen Geisteswerke hinterlassen,
die so vieles dazu beitrugen, bei letzteren die Aufklärung zu verbreiten
und der Buchdruckerkunst den Weg zu ebnen.

Der »Barbar« Gutenberg glich die Rechnung mit Griechenland aus,
indem er ihm seine äusserlich unscheinbare, aber in ihren Wirkungen
unvergängliche und unvergleichliche Erfindung als Entgelt brachte. Mit
dieser erhielt Griechenland, wie jedes Land des Erdkreises, für immer
die Gewähr, dass es nicht zum zweitenmal der geistigen Verkümmerung und
Finsternis anheimfallen könne. Und so mögen die folgenden, dem Denkmal
im Hofe »Zum Gutenberg« entlehnten Zeilen hier statt eines Kolophons
stehen.

  _Was einst Pallas Athene dem griechischen Forscher verhüllte,
     Fand der denkende Fleiss deines Gebornen, o Mainz!
   Völker sprechen zu Völkern, sie tauschen die Schätze des Wissens;
     Mütterlich sorgsam bewahrt, mehrt sie die göttliche Kunst;
   Sterblich war einst der Ruhm; SIE gab ihm unendliche Dauer,
     Trägt ihn von Pol zu Pole, lockend durch Thaten zur That;
   Nimmer verdunkelt der Trug die ewige Sonne der Wahrheit,
     Schirmend schwebt ihr die Kunst, Wolken verscheuchend, voran.
   Wandrer, hier segne den Edlen, dem so viel Grosses gelungen,
     Jedes nützliche Werk ist ihm ein Denkmal des Ruhms._

[Illustration]

                   *       *       *       *       *

[Illustration]

                      A. NAMEN- UND SACHREGISTER.

  Åbo S. 452.
  Accidenzdruck in Amerika 125.
  -- in Berlin 368.
  -- in England 91. 105.
  Ackermann, A., 337.
  Ackermann, Rud., 94.
  Adam, Isaak, 62.
  Adams, Jos., 123.
  Adelaide 112.
  Adler, C., 376.
  Adler, G., 350.
  Adlers Erben 375.
  Adrian, F. R., 187.
  Ägina 463.
  Ägypten, das alte, 339.
  »Ägypten« von Ebers 389.
  Ägypten, Felddruckerei in, 172.
  Ägyptologie, die, 340.
  Afrika 113.
  _Age_ 112.
  _Agence Havas_ 199.
  d'Agincourt, _L'hist. de l'art_ 186.
  Agram 437.
  Aguado, Juan, 245.
  Aichele & Bachmann 314.
  Akademische Buchdr., Berlin 366.
  Akadem. Buchdr. in München 394.
  Alauzet, P., 158.
  Albamra, G., 245.
  Albert, J., 396.
  Albert & Hamm 316.
  Albertotypie, die, 16. 396.
  Albrecht, C., 437.
  Albrecht & Meister 371.
  _Album typogr. de l'impr. Royale_ 176.
  Alden, Thim., und H. W., 42.
  Algier 248.
  Allen, Ed., 35.
  Allendorf a. d. Werra 400.
  »Allgemeiner Nutzen« 456.
  Allgeyer, Jul., 397.
  Allier Père & fils 202.
  _Alphabeticum Tibetanum_ 234.
  Altenburg in S.-A. 350.
  Amand, G. L. A., 227.
  Amelang, C. F., 367.
  Amherst, Lord, 107.
  Amsler & Ruthardt 372.
  Amsterdam 227.
  Amyot, P. F., 210.
  Anastatischer Druck 11.
  Anderson, Alex., 123.
  Andreæ, J., 288.
  André, Joh., 401.
  Andrew Best & Leloir 204.
  Angeli und Sohn 243.
  Anger, J., 316.
  Angerer & Göschl 434.
  _Anglaise_ 146.
  Anisson-Duperon, E. A. J., 171. 172.
  Anleger, mechanischer, 68.
  _Annual Register_ 55.
  _Annuaire-Almanach du Comm._ 181.
  Ansbach 399.
  Antananarivo 113.
  Antiqua u. Fraktur i. Deutschl. 255.
  -- in Skandinavien 450.
  Antiquariatsgeschäft i. London 100.
  Antwerpen 232.
  Appel, F. A., 207.
  Appel, R., 11.
  Applegath & Cowper 60.
  Appleton, D., & Co., 130.
  Aquarelldruck 10.
  Arbeitsweise, deutsche, 257.
  -- englische, 90.
  -- französische, 140.
  Archimowitz, Th., 293.
  _Archives des découvertes_ 186.
  _Argus_ 112.
  Arnold, E., 350.
  Arnz & Co. 379.
  _L'art pour tous_ 156. 208.
  Arundel, Lord Th. H., 103.
  _Arundel Society_ 371.
  Aschersleben 353.
  Asher & Co. 372.
  Ashley, J. F., 68.
  Asnières 207.
  Aspern van der Velde 227.
  Asser 16.
  Assignatendruck in Frankreich 172.
  Astrachan 457.
  Athen 463.
  Athenäum 436.
  Attaignant, P., 324.
  Auer, Alois, 422.
  Auers »Endlose« 424.
  Augsburg 398.
  Augsb. »Allgemeine Zeitung« 398.
  »Augsburg«, Maschinenfabrik, 313.
  Auroras Triumphzug 377.
  Ausleger, mechanischer, 68.
  Austin, Stephan, 84.
  _Australian Register_ 112.
  Australien 112.
  Autotypie 397.
  Ava 109.

  Baader & Co. 402.
  Bachelin-Deflorenne 216.
  Bachelier, A. L. J., 210.
  Bachem, J. P., 380.
  Bachmann, J. H. F., 285.
  Badoureau, B., 156.
  Bädeker, Familie, 329. 379.
  Baensch jun., E., 354.
  Bär & Hermann 347.
  Bärentzen & Co. 448.
  Bagel, A., 329.
  Bagelaer, E. W. J., 228.
  Bagster, Sam, & Sons 97.
  Baillère, J. B., 209.
  Bailleul 200.
  Baily, M., 67.
  Balantyne, John, 82.
  Baley, Benj., 107.
  Ballard, Rob., 325.
  Banknotendruck in Amerika 125.
  -- Deutschland 370.
  -- England 91.
  -- Russland 454.
  Barba, G., 212.
  Barbera, G., 242.
  Barbou, Familie, 186.
  Barcelona 245.
  Barth, J. Aug., 372.
  Barth, Joh. Ambr., 348.
  Barth, W. A., 338.
  Bartholomäus, Fr., 353.
  Basel 406.
  Baskerville, John, 73.
  Bastide 249.
  Batavia 109.
  Bate 208.
  Batenberg & Majeur 150.
  Baudoin, A., 210.
  Baudoin 159.
  Baudry, J., 208.
  Baudry _Collection_, 212.
  Bauer, A. F., 54. 308.
  Bauer, Bonitas-, 399.
  Bauer, J. C., 289.
  Baumann, G. E., 319.
  Baumann, L., 379.
  Baumgärtner, J., 17. 349.
  Baurkeller 17.
  Bautzen 350.
  Baxter, George, 80.
  Beaumarchais, P., 74. 184. 402.
  Beck, Hofrat, 426.
  _Behring Manufacturing Comp._ 42.
  Belgrad 459.
  Belin, Eug., 211.
  Belin-Mandar 212.
  Bellmann, C., 432.
  Bellow, John, 84.
  Benares 106.
  Bencke, Alex., 456.
  Benedict, J. C., 347.
  Benkulen 109.
  Bensley, Th., 54. 77.
  Bentley, Richard, 98.
  _Bents Advertiser_ 94.
  Benziger, Gebr., 130. 411.
  Bequet & fils 207.
  Béranger, P. J., 176.
  Berg, Adam, 325.
  Bergen, G., 349.
  Berger-Levrault, Familie, 186. 403.
  Berlin 357.
  Berling, C. G., 450.
  Berling, Familie, 443.
  Bern 411.
  Bernhardt, G., 316.
  Berrmann 459.
  Berthold, H., 286.
  Bertram, O., 353.
  Besley, R., & Co., 32. 91.
  Bestehorn, H. B., 353.
  Bette, Paul, 372.
  Bewick, Th. und J., 79.
  Beyerhauss 285.
  _Bhâgavata Pûrana_ 176.
  Bibeldruck in Amerika 129.
  -- in England 99.
  -- in Halle 353.
  _Bible Encyclopædia_ 129.
  _Bible pictorial_ 95.
  _Bibliographie de la France_ 194.
  Bibliophilie 101. 214.
  _Bibliotheca Japonica_ 111.
  _Bibliothèque Elzévirienne_ 216.
  _Bibliothèque grecque_ 181.
  _Bibliothèque latine-française_ 181.
  Bieling, G., 398.
  Binger, Gebr., 227.
  Binney & Rolandson 33. 38.
  _Biographie générale_ 181.
  _Biographie médicale_ 185.
  Bixio, J. A., 210.
  Black, Familie, 82.
  Blackie, W. C., & Co. 83.
  Blackwood, Familie, 83.
  _Blackwood-Magazine_ 83.
  Blades, William, 97.
  Blades, East & Blades 97.
  Blätter, Fliegende, 299.
  Blätter, illustrierte, in Deutschl. 267.
  Blake, Stephenson & Co. 30.
  Bleuler, Hausheer & Co. 410.
  Blindendruck 155. 426.
  Blochmann, E., & Sohn 350.
  Bobard, C., 353.
  Bode, J. J. C., 375.
  Bodenheim & Co. 400.
  Bodmer 396.
  Bodoni, J. B., 233.
  Bodoni, _Manuale tipographico_ 236.
  Bodoni, Schriften 236.
  Böhlau, H., 351.
  Böhme & Fränkel 371.
  Börsenhalle, Neue, 376.
  Börsenverein 266.
  _Bohemia_ 290.
  Bohn, H. G., 100.
  Bohns _Guinea-Catalogue_ 100.
  Bohn, Fassbender & Herber 315.
  Boieldieu & Fils 160.
  Bolhövener, C., 397.
  Bombay 107.
  Bona 242.
  _Bona fide Dictionary_ 84.
  Bond & Forster 66.
  Bonifacij, N., 460.
  Bonn 379.
  Bonnet & Co., 160.
  Bonnier, Ad., 452.
  Bonz, Ad., 387.
  _Bookseller, American_, 122.
  _Book Trade Association, Americ._, 127.
  Boomer & Borchert 69.
  _Border-Press_ 82.
  Borzino, Ulysses, 241.
  Bosnien 437.
  Bossange, Familie, 218.
  Botta Nachfolger 243.
  Bourdillat 204.
  Bourdin, E., 203.
  Bowyer, Vater und Sohn 74.
  Brackelsberg, E. W., 295.
  Bramahs Hydr. Presse 53.
  Brandt, L., 39. 295.
  Braumüller, W. v., 111.
  Braun, Ad., 402.
  Braun, Kaspar, 299. 395.
  Braunsche Hofbuchdr. 401.
  Braun & Schneider 395.
  Braunschweig 354.
  Breidt, J. E., 320.
  Breitkopf, J. G. I.
    Geburt 321.
    Breitkopf und die Fraktur 322.
    Der Musiknotendruck 323.
    Landkartendruck 326.
    Satz figürl. Gegenstände 327.
    Chinesische Schrift 327.
    Schriftgiesserei 328.
    Sittliche Reformen 328.
    Schriftstellerische Arbeiten 329.
    Tod 329.
  Breitkopf & Härtel 330.
  Bremen 378.
  Brend'amour, R., 300.
  Brendler & Harler 291.
  Breslau 372.
  Breton, E., 213.
  Brevière 204.
  Briard, St., 324.
  Bridel, G., 412.
  Bridgewater, Lord F. E., 102.
  Brill, E. J., Leyden 226. 228.
  _British and foreign Bible Society_ 99.
  Brockhaus, Familie.
    Fr. Arn. Brockhaus 332.
    Etablissement in Holland 332.
    Altenburg 332.
    Konversations-Lexikon 332.
    Druckerei 333.
    Die Schnellpresse 333.
    Verlag 335.
    Tod 335.
  Brockhaus, Fr., 335.
  -- Heinr., 335.
  Brockhaus, Eduard u. Rudolf, 336.
  Brockmann, F. O., 350.
  Bronciermaschine 70.
  Brougham, Lord Henry, 102.
  Bruce, Familie, 34. 39.
  Bruckmann, Fr., 15. 397.
  Brückner, W., & Co. 350.
  Brügel & Sohn 399.
  Brüssel 232.
  Brunet, Jacq. Charles, 217.
  Brunn, E. C., 314. 379.
  Brünn 432.
  Brunner, G., 398.
  Bruylant-Christophe 232.
  Buchbinderkunst, Deutschl. 278.
  -- in England 103.
  -- in Frankreich 161.
  Buchdruckerei für Politik 432.
  Buchdrucker-Organe i. Dtschl. 274.
  Buchdrucker-Verein, Deutsch., 272.
  Buchdrucker-Verein in Wien 429
  Bücher-Kommission, Kaiserl., 262.
  Bücherproduktion in Amerika 127.
  -- in Belgien 230.
  -- in Deutschland 275.
  -- in England 92.
  -- in Frankreich 219.
  -- in Japan 111.
  -- in Indien 108.
  Bücherverbote in Österreich 414.
  Buchhandel in Amerika 126.
  -- in Deutschld. um 1750 265.
  -- in England 92.
  -- in Berlin 370.
  Buchheftmaschine 70.
  Buchholz 350.
  Buda-Pest 436.
  Buenos Aires 248.
  _Bureau of engraving_ 125.
  Bürckner, Hugo, 300.
  Bürger, R., 350.
  Büxenstein, W., 292. 367. 368.
  Bulgarien, Zeitungswesen 462.
  Bulmer, William, 76.
  Bullock, Will., 64.
  Bure, Fr. de, 190.
  Burger, G. & Co., 437.
  Burkart, W., 432.
  Burr, H. A., 42.
  Buschak & Irrgang 432.
  Busse 370.

  Caën 202.
  Caillaud, _Voyage à Thèbes_, 176.
  Calcutta 106.
  Calverley, J., 64.
  Cambridge 81.
  _Camera obscura_ 12.
  Camlachie 31.
  Campbell, Andr., 66.
  Canstein, C. H. v., 353.
  Canton 109.
  Capkolonie 113.
  Capoulaud frères 202.
  Cardon 150.
  Carey, Dr., 106.
  Carey, J., 412.
  Carez, J., 152.
  Carlos, A. de, 245.
  _Carmen Arabicum_ 338.
  Cartlich, Elisabeth, 29.
  Caslon, Familie, 29.
  Cassel 400.
  Cassell, Petter & Co. 97.
  Castaldi, Panfilo, 239.
  Castermann, H., & Co. 232.
  Catherwood, J. J., 30.
  Catherwood, N., 29.
  Cauderon & Co. 160.
  Caxtonfeier 91.
  Cazin, Martin, 188.
  Cellarina 405.
  Celluloïd-Clichés 154.
  _Cenniniana, Typografia_ 242.
  Central-Buchdr. in Stockholm 451.
  Central-Schulb.-Verl. München, 19.
  _Cercle de la librairie_ 141. 194. 220.
  Ceylon 108.
  Chaix, A. N., 41. 198.
  Chambers Brothers & Co. 70.
  Chambers, W. und R., 83.
  _Chambers Journal_ 83.
  Chamerot, G., 183. 201.
  Channay, J. de, 324.
  Chardon 207.
  Charkow 456.
  Charpentier, G., 212.
  Charton 204.
  Chemitypie 18. 444.
  Chemnitz 350.
  Cherokesen-Schrift 35.
  Chevalier & Dreyfus 160.
  Chévet, J., 207.
  _Chicago Times_ 120.
  Child, G. W., 118.
  China 109.
  Chinesische Schrift 327.
  Chios 463.
  Chirio & Mina 242.
  _Chiswick-Press_ 78.
  Christern, F. W., 134.
  Christiania 449.
  Chodowiecki, D., 296.
  Christmann, J. R., 187.
  Chromolithographie i. Amerika 132.
  -- in Berlin 370.
  -- in Frankreich 206.
  -- in Hamburg-Wandsb. 376.
  -- in München 397.
  -- in Wien 434.
  »Chronik d. sächs. Königsh.« 340.
  Church 41.
  Civelli 241. 243.
  _Clarendon-Press_ 32. 81.
  _Clarkson Life of W. Penn_ 55.
  Clay, C. J., 82.
  Clay, John, 41.
  Claye, Jul., 198.
  Clichés, segmentförmige, 65.
  Closs, Ad., 300. 390.
  Clowes 95.
  Clowes, E. A., & John Baley, 70.
  Clymer, John, 51.
  _Codex Bibliorum Sinaiticus_ 345.
  Cogger, J., 51.
  Colburn, Henry, 98.
  Collas, Achille, 208.
  _Collection d'Artois_ 178.
  _Collection of British Authors_ 92.
  Collin, A., & Co. 211.
  Colmar 358. 402.
  Colombo 109.
  Colportageromane 271.
  _Common Prayer Book_ 73.
  _Compound Printing_ 80.
  Concordanz v. Fürst 338.
  Congreve, Will., 80.
  Congrevedruck 80.
  Conner, J. 34.
  Cook & Ingram 95.
  Conisbee & Son 67.
  Constable, Arch. 82.
  Constantinopel 250.
  Cope, J. 52.
  Copier-Farbe 320.
  Corréard jeune 210.
  McCorquodale & Co. 91.
  Costá, da, Familie 246.
  Cotta, Familie.
    Joh. Fr. Cotta 384.
    Übersiedlung n. Stuttgart 385.
    Cottas Thätigkeit 385.
    Lit. Art. Anst. in München 386.
    Georg von Cotta 386.
    Änderungen im Geschäft 386.
    Prachtausgaben 387.
    Cotta-Kröner-Druckerei 388.
    Cotta-Druckerei i. München 391.
  Cotterell, T., 30.
  Cotym 107.
  _Courrier de l'Égypte_ 173.
  Couvertmaschine 71.
  Cowper, E., 57.
  Crapelet, Charles 188.
  Crapelet, G. A., 189.
  Chemnitz, M. 207.
  Crété fils 200.
  Creuzbauer, W., 401.
  Crewe 47.
  Crosmer 150.
  Cruikshank, George, 96.
  Cuba 248.
  Curmer, Léon, 204.
  _Cyclopædia, the Penny_ 95.
  -- _of English litterature_ 83.
  Cypern 251.
  _Czas_-Offizin 432.
  Czéh, S., 437.

  Daguerre, Louis, 12.
  Daguerreotypie 12.
  Dahl, Johann, 449.
  _Daily Graphic_ 123.
  _Daily-News_-Offizin 61.
  _Daily Universal Register_ 85.
  Dalloz, P., 201.
  Danel, L., 201.
  Dannheimer, Tob., 398.
  _Dantino_ 240.
  Danzig 374.
  Darmstadt 400.
  Daulé 153.
  David, C., 366.
  Davy 12.
  Dechamps 150.
  Decker, Familie.
    Joh. Jakob I. Decker 358.
    Heinrich I. Decker 358.
    Joh. Jakob II. Decker 358.
    Heinrich II. Decker, 358.
    Georg Jakob I. Decker 358.
    Georg Jakob II. Decker 361.
    Carl Gustav Decker 362.
    Rudolf Decker 362.
    Schriftgiesserei 285.
    Einführung d. Schnellpresse 308.
    Die Reichsdruckerei 369.
    Decker, V., in Posen. 361.
    Decker, Witwe, in Colmar 402.
  Degen, J. V., 421.
  Degener & Weiler 67.
  Dejussieu 210.
  Delafond 176.
  Delagrave, Ch., 211.
  Delahaye, L., 210.
  Delalain, J. A. u. A. H., 186.
  Delane, J. A., 86.
  Delbanco, O. H., 448.
  Delcambre, A., 41.
  Delloye, H., 203.
  Dembour, A., 17. 155.
  Dennig, Fink & Co. 388.
  _Denons Voyage en Égypte_ 178.
  Dentu, J. G. und G., 188.
  Derriey, Charles, 148.
  Derriey, J., 159.
  Deschler, J., 395.
  _Description de l'Égypte_ 173.
  Deslandes, V., 247.
  Desoër, Th., 191.
  Dessain, M. H., 231.
  Dessauer, v., 395.
  Detmold 378.
  Deutsch, M., 437.
  Deutsches Element in Amerika 132.
  Devrient, Alfonse, 346.
  Dibdin, Thom. Frognall, 102.
  Dibdins Prachtwerke 77.
  _Dictionn. de la conversation_ 181.
  _Dictionn. des sciences médicales_ 185.
  Didot, Familie.
    François Didot 178.
    Ambr. François Didot 178.
    Pierre François Didot 178.
    Pierre Didot 152. 178.
    Jules Didot 179.
    Firmin Didot 152. 179.
    Henry Didot 180.
    Didot Saint-Léger 180.
    Ambroise Firmin Didot 145. 180.
    Hyacinthe Didot 180.
    Alfred Firmin Didot 183.
    Paul Firmin Didot 183.
  Didots polyamatype Giesserei 180.
  Diederich & Co. 376.
  Dietrich, R. H., 350.
  Dingler, Chr., 316.
  Direkt. d. Buchdr. i. Frankreich 165.
  Dondorf, B., 399.
  Donnison & Son 66.
  _Doomsday Book_ 32.
  Dooselaere, I. S. van, 231.
  Doré, Gustav, Die Bibel 196.
  Dorn, J. B., 399.
  Dornach 402.
  Dorpat 456.
  Dresden 349.
  »Dresdner Galerie« 396.
  Dresler & Rostfingerlin 288.
  Drewsen, Familie, 447.
  Druckerviertel, das, in London 96.
  Drugulin, W., 339.
  Drury, J. J., 29.
  Dubochet, J. J., 203.
  Duboy-Laverne 172.
  Ducher & Co. 208.
  Duckett, W., _Dict. de la convers._ 211.
  Ducroq, P., 211.
  Dufours Generalk. d. Schweiz 410.
  Dulos 155.
  Dumaine 201. 210.
  Dümmlers Verlag 372.
  Du Mont-Schauberg, Familie, 380.
  Dürr, Alf., 349.
  Dürr, O., 347.
  Düsseldorf 379.
  Duncan & Wilson 65.
  Duncker, Alex., 371.
  Duncker & Humblot 372.
  Dunod 208.
  Dupont, Paul, 197.
  Dupuy, J. F., 207.
  Dupuy, Th., 159.
  Dussarrat, A., 359.
  Dutartre, A. B., 158.
  Duverger, Eugen, 148.

  Earhart, J. F., 125.
  Ebner, J., 393.
  Ebner & Seubert 392.
  Eckmansson, J. S., 450.
  Edelmann, Alex., 347.
  Edinburgh 82.
  _Edinburgh Cyclopædia_ 83.
  _Edition Peters_ 348.
  Edler & Krische 378.
  Effenbart, H. G., 374.
  Ehlert, H., 286.
  Eickhoff, J. G. A., 447.
  Einsiedeln 411.
  Eisenbahnbuchhandlung 92.
  Ektypographie 17.
  Elberfeld 379.
  Elers, H. J., 353.
  A. Emmerling & Sohn 401.
  _Encyclopædia Americana_ 130.
  _Encyclopædia Britannica_ 82.
  _Encyclopédie des gens du monde_ 186.
  _Encyclop. hist. naturelle_ 181.
  _Encyclopédie méthodique_ 185.
  _Encyclopédie moderne_ 180.
  »Endlose«
    Wer ist der Erfinder? 63.
    Bullock, W., 64.
    Walter 64.
    Victoria 65.
    Prestonian 66.
    Northumbrian 66.
    Whitefriars 66.
    Campbell 66.
    Ingram 66.
    Farbendruck 67.
    König & Bauer 313.
    Augsburg 313.
    Hummel 314.
    Auersche Versuche 424.
  Engel, H., & Sohn 429.
  Engelhardt, A. Th., 347.
  Engelhard-Rheyer 352.
  Engelhorn, J., 391.
  Engelmann, G. und J., 206.
  Engelmann, W., 348.
  England, I. W., 122.
  Enschedé, I., & Zoonen 226. 227.
  Entlicher, Fr., 426.
  _Epithalamia exot. linguis redd._ 234.
  Erfurt 353.
  Erhard, W., 17.
  Erhard (Schieble) 207.
  Ernst & Korn 371.
  Essen 379.
  Esslingen 393.
  Ettinghausen, _Physiotyp. plant._ 424.
  Etzschmiazin 456.
  Eurich, A., 433.
  _Evang. Knowledge Society_ 129.
  _Évangiles, les_ (Hachette) 214.
  Evérat 150. 204.
  _Expédition en Égypte_ 186.
  Exter, Fr. v., 302.

  Faber, Gebr., 354.
  Färinseln 448.
  Fairlamb 53.
  Faithfull, Emily, 90.
  Falk, S. v., 436.
  Falkenberg & Co. 288.
  Falzmaschinen 70.
  Farbeauftragmaschinen 317.
  Farbendruck, photographischer 16.
  Farbenfabrikation in England 72.
  -- in Frankreich 160.
  -- in Deutschland 319.
  Farbensteine 10.
  Farbensurrogate 320.
  Farsky, J., 432.
  Fasol, C., 304.
  Faulmann, Carl, 291.
  Feldbibliothek Napoleons 165.
  Felt 42.
  Feltre 239.
  Ferslew & Co. 443.
  Fétis, _Biogr. univ. des musiciens_ 181.
  Feuchtapparate, mechanische 70.
  Fidschi-Inseln 113.
  Figins, V., Familie 30. 31.
  Firdusi, _livre des rois_ 176.
  Fischbach, G., 403.
  Fischer, C. G., 43. 295.
  Fischer, Th., 400.
  Fischer, Naumann & Co. 320.
  Fischer & Wittig 347.
  Fisher, Henry, 94.
  Flegel, J. G., 300.
  Fleming & Co. 72.
  Flemming, C., 373.
  Flinsch, H. 289.
  _Flore médicale_ 185.
  Florenz 242.
  _Fonderie générale_ 150. 183.
  Fontanet, J., 245.
  _Forget me not_ 94.
  Forsaith, S. C., & Co. 70.
  Forster 50.
  Foucher 159.
  Fouret, R., 213.
  Fournier le jeune 147.
  Fournier, Henri, 197.
  Fraktur u. Antiqua 282. 283. 322.
  Franckh, F. G., 388.
  Frankfurt a. M. 399.
  Frankfurt a. d. O. 373.
  Franklin-Gesellschaft 436.
  Fraser, A., 42.
  Frauenarbeit 90. 368.
  Freetown 113.
  Freiburg i. Br. 402.
  Frenckell, J. C., 452.
  Frey & Sening 320.
  Freycinet, _Voyage_ 176.
  Friderichs, R. L., 379.
  Friedländer, R., 350.
  Fries, H. A. F., 445.
  Fromme, C., 430.
  Fry, Edm., 32.
  Fuchs, O. O., 316.
  Fuchs, Ign., 432.
  Furne, Ch., 202.
  Furnival & Co. 69. 71.
  Furrer, H., 410.
  Fürstenau 350.
  Fürth 398.
  Fyens Stiftsbuchdruckerei 444.

  Gaber 300.
  _Gabriel, the Outcast_ 85.
  Gadow & Sohn 351.
  Gädicke 293.
  _Galerie historique de Versailles_ 208.
  St. Gallen 410.
  Galvanoplastik 294.
  Gando 147.
  Gardano, Familie, 325.
  Garrigues, R., 134.
  Gaspar & Roy 245.
  Gavard, J., 208.
  Gaubert, E. R., 41.
  Gaume frères 211.
  Gauthier-Villars 200.
  Gaveaux, A. Y., 159.
  Gebauersche Buchdr. 354.
  Gehülfen-Verein 273.
  Geibel, Steph., 351.
  Geiger, J. H., 402.
  Gelder, van, & Zoonen 228.
  Genet, E., 324.
  Genf 412.
  Gengembre 152.
  Genossenschaft, Lith., 410.
  Genou 153.
  Genzsch & Heyse 284.
  Georgi, C. H., 379.
  Gera 351.
  Gerhard, Fr., 134.
  Gerhard, R., 317.
  Gerold, Familie, 420.
  Gerold, Carl, 371.
  Gesellschaft f. vervielf. Kunst 428.
  -- photographische, 372.
  Gesellschaftsinseln 113.
  Gewerbehalle, die, 392.
  Giesecke & Devrient.
    Wachsen des Etablissements 344.
    _Codex Sinaiticus_ 344.
    Giesecke, Hermann, 344.
    _Papyros Ebers_ 345.
    A. Devrients Tod 345.
  Gilbers, G., 350.
  Gilbert & Rivington 32.
  Gills Patent 69.
  Gillot, F., 155.
  Gillotage 155.
  Girardet 18.
  Gisch, K., 295.
  Gistel, G., 429.
  Glätten, heisses, 69.
  Glasanow 456.
  Gleerup, C. W., 452.
  Gleissner 350.
  Glogau 373.
  Gloucester 84.
  Glycky, Nik., 462.
  Gobrecht, Chr., 208.
  Godchaux, Aug., 159.
  Godolphin, Lord, 81.
  Godthaab 448.
  Goebel, Th., 356.
  Göschen, J. G., 330.
  Göttingen 379.
  Golowin 456.
  Goodall & Sons 71. 105.
  Gordon 67.
  Gosselin, Ch., 212.
  Goupil & Co. 15. 207. 372.
  Gotha 352.
  Gotthelft, Gebr., 410.
  _Graphic, The_, 95.
  Grass, Familie, 372.
  Grass, Barth & Co. 372.
  Grassmann, R., 375.
  Graz 432.
  Greeley, Horace, 117.
  Grefe, C., 434.
  Gregr, Ed., 432.
  Greiner & Pfeiffer 300.
  Grenoble 202.
  Greth, Jul., 378.
  Griechenland Einführung 462.
  Griechenland Presse 463.
  Grimsshaw, D., 77.
  Gröndahl 450.
  Grönland 448.
  Gronau, W., 285.
  Gropius' Buchhdlg. 371.
  Grote, G., 372.
  Grüninger, C., 390.
  Grumbach, E. C. V., 347.
  Grunert, Gebr., 368.
  Gruppen, typographische, 6.
  Grynäus, J., 359.
  Gubitz, F. W., 282. 297.
  Guess, G., 35.
  de Guignes, _Dictionn. Chinois_ 174.
  Guillaumin, G., 210.
  Gursch & Klemm 295.
  Gusmans neue Xylographie 156.
  Gutbier, A., 350.
  »Gute Worte« 113.
  Gutenbergsdenkmal in
    Frankfurt a. M. 400.
    Mainz 400.
    Strassburg 403.
  Gutsch, F., 401.
  Guyot, F., _frères_ 232.
  Gysae, Rob., 320.

  Haack, C., 434.
  Haack, W., 441.
  Haarlem 227.
  Haas, Familie, 407.
  Haase, A., 432.
  Haase, Gottl. & Söhne 290.
  Hachette, L. & Co., 213.
  Hagelberg, W., 371.
  Hagar 52.
  Hahn & Co. 401.
  Hahns Hofb. 379.
  Hallberger, Ed., 389.
  Hallberger, Carl, 390.
  Halle 353.
  Haller, B. F., 411.
  Hambruch, G., 48.
  Hamburg 375.
  Hammer, Peter, 380.
  Handpressen in Deutschland 316.
  -- von Haas 407.
  Handpresse siehe Presse.
  Hänel, C. J., 366.
  Hänel, Ed., 281. 285.
  Hanemann, C., 287.
  Hanfstängl, Franz, 396.
  Hanfstängl, H., 350.
  Hangard-Maugé 207.
  Haniq 231.
  Hannöv. Geschäftsbücherfabr. 378.
  Hannover 378.
  Hansard, Familie, 78.
  Haparanda 451.
  Harpel, O. H., 125.
  Harper, Familie, 120.
  Harrild & Sons 70.
  Harrison & Co. 91. 96.
  Härtel, G. C., 330.
  Härtel, H., 330.
  Härtel, R., 330.
  Hartenbach, J. Ritschl v., 298.
  Hartinger & Sohn 434.
  Hartung, Familie, 373.
  Hase, O., 330.
  Hasper, W., 401.
  Hassel, W., 380.
  Hastings, Marquis, 107.
  Hattersley, R., 44.
  Haubold, C. G., 318.
  Haumann, L., & Co. 230.
  Haupt & Czeiger 434.
  Hauschild, Gebr., 378.
  Hawkin 52.
  Haye, V., 155.
  Hayez, F., 232.
  Hayn, A. W., 367.
  _Heaths Book of Beauty_ 94.
  Hecht 395.
  Heckenast, G., 436.
  Heftwerke, illust., in Deutschl. 268.
  Heidelberg 401.
  Heim, F. W., & Co. 318.
  Heinrich, C., 350.
  Heinrich, N., 325.
  Heitz, J. H. J., 403.
  Helbig & Müller 315.
  St. Helena 113.
  Hellriegel, C., 371.
  Helmich, Jul., 134.
  Helsingfors 452.
  Henning, C. F., 357.
  Hepburn, J. M., 39.
  Hepburn, Dr., 110.
  _Herald, New-York_, 117.
  Heran 152.
  Herder 402.
  Hereford 84.
  Hermanns Erben 376.
  Hermsdorf 317.
  _Herodiani reliquiae_ 337.
  Hesse, J., 398.
  Hessenland, H., 375.
  Hetzel, Jul., 203.
  Heywood, John, 84.
  Hildburghausen 351.
  Hill, Rowland, 63.
  Himmer, J. P., 399.
  Hingray, Ch., 210.
  Hinrichs, J. C., 348.
  Hinstorff, D. C., 375.
  _Hints on decorative Printing_ 80.
  Hirschfeld, C. L., 341.
  Hirschfeld, C., 347.
  Hirschwald, A., 372.
  Hirt, F., 373.
  Hirths Werke 394.
  Hirzel, Sal., 348.
  _Histoire des colibris_ 189.
  _Hist. nat. des oiseaux chantantes_ 189.
  Hobarttown 112.
  Hochdanz, E., 391.
  Hochdruckplatten, lithograph. 17.
  Hochlithographie 17.
  Hoë, Familie, 61. 70.
  Höfel, Blasius, 301.
  Hölzel 434.
  Hofbuchdruckerei in Cassel 400.
  Hofbuchdruckerei in Weimar 317.
  Hofer & Burger 410.
  Hoffenberg & Trap 448.
  Hoffmann, C., 317.
  Hoffmann, C., 390.
  Hoffmann, Fr. J. Ignaz, 151.
  Hoffmann, W., 350.
  Hogenforst, A., 319.
  Holland, Pressverhältnisse in, 226.
  Holm, C. A., 60.
  Holtzmann, K. F., 300.
  Holyoke 125.
  Holzhausen, A., 430.
  Holztypen in Amerika 35.
  Hongkong 110.
  Honolulu 113.
  Hooker, J., 42.
  Hopkinson 52.
  Hoppe, H. und E., 454. 456.
  Horaz (Baskerville) 74.
  Horn, G. A., 314.
  Hornyánsky, V., 437.
  Hostmann, J., 319.
  Houghton, Osgood, & Co. 130.
  Howe 70.
  Huber, E., 395.
  Huck & Co. 290.
  Hübschmann, F. S., 396.
  Hüttemeyer 447.
  Hummel, C., 314.
  Hundertstund & Pries 347.
  Hungaria 427.
  Hutin, P., 324.
  Huttler, M., 394. 399.
  Hydra 463.

  Ibarra 244.
  Ibrahim Effendi 250.
  Iljin, A., 456.
  _Illustrated London News_ 95.
  _L'Illustration_ 203.
  »Illustrirte Zeitung« 348.
  Illustrationsdruck
  -- in Amerika 122.
  -- in Berlin 367.
  -- in Deutschland 296.
  -- in England 79.
  -- in Frankreich 142. 193.
  -- in Leipzig 346.
  -- in Wien 428.
  Institut, milit.-geogr., in Wien 435.
  Imhof, Freiherr von, 108.
  _Imprenza Nacional_ 246.
  Innsbruck 432.
  Institut, Bibliographisches, 345.
  Institut, topogr., Amsterdam, 228.
  Irkutsk 457.
  _Iscrizioni esotiche_ 234.
  Isermann, A., 293.
  Island 448.
  Issleib & Rietschel 351.
  Itzehoe 376.
  Ivison, Blakeman, Taylor & Co. 130.

  Jacobi, M. H., 294.
  Jacoby, L., 434.
  Jackson, J., 30.
  Jaffé, M. & M., 434.
  Jänecke, Gebr., 378.
  Jänecke & Schneemann 319. 378.
  Janet, P., 215.
  Jannin 154.
  Japan 110.
  Jasper, Fr., 431.
  Java 109.
  Jeanrenaud & Co. 316.
  Jeddo (Tokio) 110.
  Jehenne 206.
  Jekaterinenburg 457.
  Jent & Reinert 411.
  Johnson, W. M., 39.
  Johnson & Atkinson 39.
  Johnsons _Dictionary_ 97.
  Johnson, Henry, 84.
  Johnson, J. M., 378.
  Jones, J. W., 69.
  Jonghaus & Venator 400.
  Jonische Inseln 462.
  Jónsson, B., 448.
  Jontzen, G., 317.
  Joseph II. als Buchdrucker 418.
  Jouaust, D., 215.
  »Journ. f. Buchdruckerkunst« 356.
  _Journal, le petit_, 221.
  _Journal pour tous_ 204.
  Jubelfest 1840 in Leipzig 341.
  Jubiläum 1883 in München 396.
  -- in Wien 435.
  Jung, E., 186.

  Kafemann A. W., 374.
  Kairo 249.
  Kaiser, Ludw. 316.
  Kalakaua, König 113.
  Kalenderlitter. in Deutschland 267.
  Kalenderdruck in England 104.
  Kallmeyer 317.
  Kalthöfer 104.
  Kanegeaguli, König, 113.
  Kanter, R., 374.
  Karlsruhe 401.
  Kartographie 17.
  Kartographie i. d. Schweiz 410.
  Kasan 457.
  Kastenbein, C., 45.
  Kast & Ehinger 320. 391.
  Kaufbeuren 399.
  Kaufmann, A., & Co. 371.
  Kaupp, »Das Thierreich« 17.
  Kegel, französischer, 145.
  Kehl 402.
  Kelly, W. J., 125.
  Kelso 82.
  Kempten 398.
  Khór & Wein 437.
  _Kidder-Press_ 68.
  _King-Pao_ 110.
  Klagenfurt 432.
  Klassikerausgaben 268.
  Klein, Forst & Bohn 314.
  Kleinmayr, F. v., 432.
  Kleinmayr & Bamberger 433.
  Klercker, G. C. v., 451.
  Klimsch & Co. 319. 400.
  Klindworthsche Hofbuchdr. 378.
  Klinkhardt, Jul., 287. 291. 346.
  Kloberg, C. A., 288.
  Klopstocks Werke, Prachtausg. 331.
  Knatz, C., 399.
  Knesing, Th., 395.
  Knight, Charles, 95.
  Knöfler, Heinr., 302.
  Knorr & Hirth 394.
  Köln 379.
  Kölnische Zeitung 380.
  König, Friedrich.
    König in England 54.
    Königs verschiedene Patente 55.
    J. Walter über F. König 58.
    Rückkehr nach Deutschland 58.
    Jugendgeschichte 305.
    König & Bauer in Oberzell 307.
    Erste Bestellungen 308.
    Verbreitung d. Schnellpresse 310.
    Königs Tod 311.
    König & Bauer 307.
  König, G. A., 353.
  König & Ebhardt 378.
  Königsberg 373.
  »Königsberger Zeitung« 374.
  Köntgen, Franz, 380.
  Kösel, Jos., 398.
  Kollektivunternehmungen 270.
  Koluni['c], M. R., 460.
  Kombinationspresse 67.
  Konische Typen 38.
  Konversations-Lexika 269.
  Konversations-Lex., Brockh. 332.
  Kopenhagen 442.
  Koran, der, 338.
  Korinth 463.
  Korn, Familie, 373.
  Krabbe, A., 389.
  Kragujevac 459.
  Krakau 432.
  Kramer, C., 371.
  Krampe, J., 355.
  Krause, Ed., 367.
  Krause, K., 318.
  Kretzschmar, Ed., 298. 347.
  Kriehuber 434.
  Kröner, Gebr., 388.
  Krönungswerk Wilhelms I. 363.
  Krone, H., 350.
  Kühn, G., 375.
  Kühnau, R., 295.
  Kurzbeck, J. v., 418.
  Kutzner & Beger 371.

  Laboulaye & Co. 150.
  Lachevardière 204.
  Lacrampe & Co., 200.
  Ladovat, Ch., 192.
  Lahr 402.
  »Lahrer hinkender Bote« 402.
  Laibach 432.
  Lallemant, Gebr., 247.
  Landesbuchdr. in Serajewo 437.
  Landi, Salv., 242.
  Landkartendruck 9. 271. 326. 407.
  Landshut 399.
  Lang, J., 412.
  Lang, Gebr., 402.
  Lange, F., 400.
  Langensche Buchdruckerei 380.
  Langen, A. v., 43. 295.
  Langenscheidt, G., 372.
  _Laterna magica_ 15.
  Lauer, J., 247.
  Laurent & Deberny 150.
  Laurin, G. und A., 451.
  Lausanne 412.
  Laval 159.
  Lawson 72.
  Lazareff, J., 456.
  Leblanc-Hardel 202.
  Lebrun, Pierre, 176.
  _Ledger, The public_, 118.
  Lefèvre, J. J., 192.
  Lefèvre, Théotiste, 183.
  Lefmann & Lourdel 156.
  Lefranc & Co. 160.
  Légrádý, Gebr., 437.
  Legrand, L., 159.
  Legros 231.
  Lehmann, O. J., 456.
  Lehmann & Wentzel 397.
  Leipold, J., 247. 291.
  Lemberg 432.
  Lemercier & Co. 160. 206.
  Lemerre, A., 216.
  Leske, W., 400.
  Leslie, Frank, 122.
  _Leslies illustrated Newspaper_ 122.
  Lessing 367.
  Lessing, G. E., 375.
  Letteverein 368.
  Leunis & Chapman 378.
  Leupoldt, Friedr., 128.
  Leuzinger, R., 410.
  Levrault, Familie, 187.
  Lévy, M., frères 212.
  Levy & Lavater 160.
  Levy & Müller 391.
  Lewis, Charles, 104.
  Leykam-Josefsthal 432.
  _Liberty-Press_ 67.
  Lichtdruck, der, 15.
  Liepsch & Reichardt 350.
  _Lightning Press_ 61.
  Lille 201.
  _l'Imitation de Jésu Christ_ 204.
  Limoges 202.
  Lindh, J. P., 451.
  Linhout, van, 231.
  Lintz, Fr., 379.
  Linz 432.
  Lippincott, J. B., & Co. 130.
  Lisicki & Co. 432.
  Lissabon 246.
  Litfass, Gebr., 368.
  Lithographie, die 7. 396.
  _Lithogr. Aktie Bolaget_ 452.
  Lithogr. Genossensch. i. Zürich 410.
  Lith. Institut, Berliner, 372.
  Lithographiesteine 11.
  Litolff, H., 355.
  Littré, Dictionnaire 210.
  Livermore, M. W., 30.
  _Livre d'heures de la reine Anna_ 205.
  Liwtschack, J., 48.
  Lloyd, Oesterr., 433.
  Lödel, H., 300.
  Loewe, F., 391.
  Löwensohn, G., 398.
  Löwenstein, Ó., 367.
  Loeillot 371.
  Loeulliet 176.
  _Logographic printer_ 84.
  Logotypsystem 84.
  Lombardot 150.
  Longman, Familie, 97.
  Lorck, C. B., 338.
  Lord Mayor 91.
  Lorenz, O., 218.
  Lorilleux & Co. 160.
  Lortic 162.
  Lose, C. C., 447.
  Lottin, Familie, 186.
  Lott, Ludw., 314.
  Lovisa, Dom., 325.
  Louvre-Ausgaben 178.
  Lucas, S., 379.
  Lucas, T. M., 35.
  Luce, Louis, 171.
  Ludwig XVI. als Buchdr. 163.
  Ludwig, H., 133.
  Ludwig, C. J., 289.
  Ludwigshafen 401.
  Ludwigslust 375.
  Lübeck 375.
  Luno, Bianco, 442.
  Luxuspapierfabrik, Berliner, 371.

  Maas, F. W., 365.
  Macao 109.
  Macaulays Geschichte 98. 107.
  Macdonald, J. C., 64.
  MacKellar, Th., 34.
  MacKellar, Smiths & Jordan 34.
  Mackie, Dr. A., 46.
  Mackie, Brewthal & Co. 47.
  Macklot, C. & G., 401.
  Maclins Bibel 77.
  Madagascar 113
  Madras 106.
  Madrid 245.
  Mäntler, Gebr., 388.
  Mässigkeits-Verein, Nationaler 129.
  _Magasin pittoresque_ 204.
  Magdeburg 354.
  _Magna Charta_ 77.
  Magyar, Gebr., 437.
  Mahlau, A., 399.
  Mailand 241.
  Mainz 400.
  Maisonneuve, C. A., & Co. 210.
  Malacca 109.
  Malling Hansen, R., 447.
  Mame, Familie, 161. 195.
  Mannheim 401.
  Mannheimer Vereinsbuchdr. 401.
  Manchester 84.
  _Manchester Guardian_ 46.
  Mantz, _Peinture italienne_ 181.
  Manz, G. J., 398.
  Marc, A., & Co. 203.
  Marcécos, Familie, 246.
  Marcel, J. J., 173.
  Marcelin Legrand, 175.
  Mareingh 242.
  Maret, G. H., 341.
  Mar-Hanna 251.
  Marinoni, H., 156.
  Marinoni & Chaudré 160.
  Mans 202.
  Marienwerder 374.
  Marietti 243.
  Mark, Franz, 456.
  Marlborough, Fort, 109.
  Marshal & Co. 92.
  Martin, J. G., 398.
  Martin, W., 31.
  Martinet, Em., 201.
  Masson, G. u. V., 209.
  _Matrix compositor_ 48.
  Maulde & Vibart 159.
  Max & Co. 373.
  May, C. D., 289.
  May, E. G., & Söhne 399.
  Mayer, Carl, 398.
  M'Creery 78.
  Mechitaristen-Buchdruckerei 239.
  Medhurst 109.
  Mediæval 32.
  Mehrfarben-Maschine 312.
  Meinhold, C. C., & Söhne 349.
  Meisenbach, G., 397.
  Meissner & Buch 348.
  »Meister von 1440-1694« 397.
  Melandri, Federigo, 243.
  Meline Cans & Co. 230. 232.
  Mercy, H., 432.
  Metallhochätzung 17. 155.
  Metz 402.
  Metzger & Wittig 347.
  Metzler, J. B., 387.
  Metzler & Barting 227.
  Mexiko 248.
  Meyer, Carl, 289.
  Meyer, Dr. Heinr., 356.
  Meyer, J. H., 356.
  Meyer, J. u. K. J., 346.
  Meyersche Hofbdr., Detmold 378.
  Michaud, _Biogr. universelle_ 211.
  Middleton, Th., & Co. 66.
  Migne, J. P., 211.
  Millado, C., 245.
  Millar 31. 43.
  Miller-Ritchie 75.
  Millin, _monuments antiques_ 173.
  Milne 109.
  »Milton« (Bulmer) 77
  Minden 379.
  _Mirabilia urbis Romae_ 396.
  Mirza Schaffy, Lieder 364.
  Missionspresse in Grönland 448.
  Missolunghi 463.
  Mitau 456.
  Mitchell, W. H., 42.
  Mittler, E. S., 366.
  _La Mode illustrée_ 181.
  Modezeitungen 270.
  Möller, Korf., 295.
  Möller, Lars, 448.
  Möser, W., 368.
  Molé, Joseph, 146.
  Molini 242.
  Momma, P., 450.
  _Le Monde illustré_ 204.
  _Moniteur_ 185.
  Monnoyer 202.
  Monroq 207.
  _Monuments d'antiquité_ 175.
  Morel, A., & Co. 208.
  Morisson 109.
  _Morning-Herald_ 112.
  Moskau 456.
  Motteroz, C., 201.
  Moulinet, L., 150.
  Muddies' Leihbibliothek 92.
  Mühlhaupt & Sohn 410.
  Mühlmann & Johler 377.
  Mühlthaler, E., 394.
  Mülhausen in E. 402.
  Müller, Ch. Fr., 401.
  Müller, Fr., 229.
  Müller, Leo, 315.
  Müller, M. L., 43.
  Müller, Th., 353.
  Müller & Richard 32.
  München 393.
  »Münchener Bilderbogen« 395.
  -- Fliegende Blätter 395.
  Münchmeyer, H. G., 350.
  Münster 379.
  Murray, Familie, 98.
  Museum f. Kunst in Wien 428.
  Musiknotendruck 147. 323.
  _Musée français_ 208.
  _Musée des familles_ 204.

  Nachdruck in Amerika 135.
  -- in Belgien 229.
  -- in Deutschland 261.
  -- in Reutlingen 393.
  Nachitschewan 457.
  »Nacht, 1001,« 389.
  Nachtigall & Dohle 288.
  Napier, D., 59.
  Narodne Noviny 437.
  Nastas Jovanovi['c] 461.
  »Nationalmuseum, bayrisches« 397.
  National-Verein, serbischer 460.
  Naturselbstdruck 424.
  Naumann, C., 399.
  Naumann, C. G., 347.
  Naumann & Schröder 348.
  Nauplia 463.
  Neapel 243.
  Neff, Paul, 392.
  Negapatnam 106.
  Neill & Co. 42.
  Nelson & Sons 63.
  Neubinger, M., 456.
  Neuenburg 410.
  Neuer, Th., 293.
  Neujahrskarten in England 104.
  Neuruppin 375.
  Neusatz 437.
  _News Company, American_, 128.
  »New-Yorker Staatszeitung« 133.
  Nicol, G. und W., 76.
  Nichols, John, 75.
  Nicholson, W., 38. 57.
  Nièpce, Nicéphore, 12.
  Nièpce de St. Victor 13.
  Nies, Fr., 338.
  Nies, J. Ch. D., 289.
  Nisbet, James, 100.
  Nisler, E., 397.
  Nitzschke, W., 391.
  Norberg, Jul., 187.
  Norddeutsche Buchdr. 367.
  Nordhausen 353.
  Norrköping 452.
  Norstedt, P. A., & Söner 451.
  Notendruck, lithographischer, 9.
  Nürnberg 397.
  Numerierpresse 53.

  Oberhausen 379.
  Obernetter 16. 397.
  Oberthur, F. C., 201.
  Oberzell, Kloster, 307.
  _Occhio di mosca_ 240.
  Ockenfuss 459.
  Odense 444.
  Odessa 456.
  Oeglin, E., 324.
  Oehmigke & Riemschneider 375.
  Ölbilderdruck 10.
  Offenbach a. M. 30.
  Ohlenroth 353.
  Oldenbourg, R., 394.
  Oldenburg 378.
  Omer-Henry 207.
  _Orange Judd Company_ 131.
  _Oratio dominica_ 235.
  Orell Füssli & Co. 409.
  Orientalia in Frankreich 147.
  Orgelbrand, H., & Co. 456.
  Osborne 16.
  Oschatz, R., 350.
  Osterrieth, A., 399.
  Osterzee, J. van, 227.
  Otto, J., 432.
  Oudin frères 202.
  _[Oe]uvres de Frédéric le Grand_ 363.
  Oxford 81.

  Paar, H., 303.
  _Pacis monumentum_ 372.
  Paderborn 379.
  Padua 239.
  Paetel, Gebr., 372.
  Page, W. H., & Co. 35.
  »Palästina« 389.
  Pallhausen, V. v., 293.
  Panckoucke, Familie, 184.
  Paniconographie 155.
  Papierfabrikation in Amerika 136.
  -- in Deutschland 278.
  -- in England 105.
  -- in Frankreich 161.
  -- in Japan 112.
  -- in Schweden 452.
  Papiergeld in Japan 111.
  Papierphotographie 13.
  Papierstereotypie 153.
  Papillon 50.
  »Papyros Ebers« 345.
  Paravia 242.
  Pardoe, Jos., 66.
  Parker, Familie, 100.
  Parkin, Th., 52.
  Parma 233.
  Parey, S., 372.
  Parsons, Fletcher & Co. 72.
  _Patent Type Foundry_ 39.
  Paterno, Fr., 434.
  Patras 463.
  _Paul et Virginie_ 204.
  Paulin, J. B. A., 203.
  Payne, A. H., 312. 347.
  Payne, Roger, 103.
  Perthes, F. A., 375.
  Perthes, Familie, 352.
  Peking 110.
  _Penny Magazine_ 94.
  _Penny-paper, the_, 66.
  Perrin, L. B., 215.
  Perrotin, Ch. A., 212.
  Pester Buchdr.-Akt.-Gesellsch. 436.
  _Pesti Hirlap_ 437.
  Petermann, A., 352.
  St. Petersburg 453.
  Peterson 48.
  Petibon 150.
  Petrucci, Oct. dei, 323.
  Petyt 150.
  Petzval 13.
  Pfingsten, G. J., 376.
  Pfnorr, W., 288. 298.
  Pforzheim 388.
  Photographie, die, 12. 31.
  Photogr. Hochdruckplatten 14. 433.
  Photolithographie 16.
  Photogr. Tiefdruckplatten 14. 433.
  Phototypie 397.
  Photogr. Gesellschaft in Berlin 372.
  _Phototype Company, American_, 125.
  Philippopel 462.
  Pichlersche Buchdruckerei 420.
  Pichot & Co. 207.
  Pickenhahn & Sohn 350.
  _Picturesque America_ 126.
  -- _Europe_ 126.
  _Pied du roi_ 145.
  Pierer, H. A., 351.
  Pierersche Buchdruckerei 292. 351.
  Pietsch, A., 430.
  Piil, C., 18. 444.
  Piloty 396.
  »Pinakothek, die alte«, 396.
  Piranesi, Vater und Sohn, 244.
  Pitris, C., 187.
  _Pitt-Press_ 81.
  Planotypie 303.
  Plauen 350.
  Plesse, Chr., 291.
  Plon, H., 199.
  Pocher, C. A., 398.
  Poiriers, L., 159.
  Poitiers 202.
  Pomba, Familie, 241.
  Polz, E., 347.
  Poppelbaum, H., 288.
  Poppelbaum & Bossow, 291.
  Porter, T. J., 43.
  Posen 373.
  Posner, C. L., 437.
  »Postamts-Zeitung« 380.
  Potter, E., & Co. 129.
  Pourrat frères 212.
  Powell, D. F., 67.
  Powell, Jos. Martin, 93.
  Prachtwerke in Dänemark 442.
  -- Deckers 363.
  -- in Deutschland 271.
  -- in England 95.
  -- in Frankreich 197. 204.
  -- liturgische, 398.
  -- in München 397.
  -- in Stuttgart 391.
  -- in Wien 422.
  Prägpresse 53.
  Prag 431.
  Prang, Ludw., 131.
  Prasch 295.
  Preuschen, A. G., 407.
  _Press, the_, 78.
  _Presse, la_, 193.
  Presse, Die Drucker-,
  -- Haassche, 49. 407.
  -- eiserne, 49.
  -- Stanhopesche, 50.
  -- Coggersche, 51.
  -- Columbia-, 51.
  -- Kniehebel-, 52.
  -- Strebe-, 52.
  -- Schottische, 52.
  -- Tret-, 52.
  -- Hydrostatische, 52.
  -- mit Farbeauftrag, 52.
  -- Hydraulische, 53.
  Pretzsch, P., 14. 433.
  Pressverhältnisse in Österreich 413.
  Prestel, J. G., 300.
  Prevost, _Hist. génér. des Voyages_ 178.
  _Printinghouse-Square_ 55.
  Privat, P., 202.
  Privilegien in Frankreich 166.
  Prochaska, Familie, 432.
  Propaganda, die, 233.
  Prudon & Co. 159.
  _Publishers Circular_ 94.
  Pustet, Fr., 398.
  Putnam, G. P., 122.
  Pyrostereotypie 149.

  Quaritch, Bernh., 100.
  Quijano, F., 245.

  Raab 437.
  Racinet, _L'ornement polychrome_ 181.
  Radáma 1., König, 113.
  Radde, O., 377.
  Radde, W., 133.
  Raffelsberg, J., 420.
  Raguenau, P., 160.
  Ramé père 176.
  Ranguhn 109.
  Raschid-Eddin, _Hist. d. Mongol._ 176.
  _Rasselas_ 32.
  Ráth, Mor., 437.
  _Recherches asiatiques_ 174.
  Reclam jun., Ph., 347.
  Reduktionsapparat 377.
  Reed & Fox 32.
  Regensburg 398.
  Reichel, Gebr., 399.
  Reichenberg 432.
  Reichsdruckerei 368.
  Reifenstein, G., 438.
  Reimer, C., 366.
  Reimer, G. A., 366.
  Reinwald, C., & Co. 218.
  »Reis mit Honig« 113.
  Reisner, D., 372.
  Reiss, H., 431.
  _Relief printing Company_ 15.
  _Religious Tract Society_ 99.
  Renaissanceschriften i. England 32.
  Renault & Robcis 150.
  Réné & Co. 150.
  Rennes 201.
  Renouard, A. A., 218.
  Reussner, J. F., 373.
  Revillon & Co. 456.
  Reutlingen 393.
  Richter, J. F., 376.
  Rieder & Simmer 411.
  Ringer, E., 370.
  Rio de Janeiro 248.
  Rivadaneira, M., 245.
  _Riverside-Press_ 130.
  Rivington, Charles, 99.
  Röder, C. G., 348.
  Roeloffzen & Hübner 227.
  Römmler & Jonas 350.
  Rohrer, R. M., 432.
  Rollinger & Mössmer 430.
  Rom 242.
  Roman. Gruppe, Charakter., 140.
  Romanet & Co. 207.
  Rommel, M., & Co. 391.
  Roorda, T., 226.
  Roret, E., 209.
  Rosenborg, Fr., 41.
  Rossbach, A., 337.
  Rostock 375.
  Rotterdam 228.
  Routledge & Sons 99.
  Row, Elisabeth, 29.
  Roxburgh-Club 101.
  Roxburgh, John Herzog v., 101.
  Roy, Adr. le, 325.
  Rue, de la, & Co. 105.
  Ruprecht, K., 301.
  Rusher, P., 32.
  Rust, I. H., 291.
  Ruthven, J., 52.
  Rustschuck 462.
  Ryles & Son 65.

  Sachse & Co. 370.
  _Sacre et couronnem. de Napoléon_ 174.
  Sacy, S. de, _Les séances de Hariri_ 176.
  _Saggio tip. di fregi et majuscola_ 234.
  Salzer, Familie, 421.
  Sandmeyer, W., 375.
  Sandwichsinseln 113.
  Sarepta 457.
  Satiniermaschine 60. 318.
  Savage, Will., 80.
  Saxton, J., 52.
  Scamoni, G. v., 14. 454.
  Schäfer & Korradi 134.
  Schäfer & Scheibe 371.
  Schauberg, G. A., 380.
  Schauenburg, M., 402.
  Schauer, G., 372.
  Schauer, Hans, 395.
  Scheible, J., 389.
  Scheitlin, C. P., 410.
  Schellenberg, L., 400.
  Schelter & Giesecke 287. 315. 319.
  Schemm, Franz, 398.
  Schimpf, C., 398.
  Schleifmaschinen 39.
  Schlotke, Ferd., 316. 319. 376.
  Schlütersche Buchdr. 378.
  Schmid, Ant., 419.
  Schmidt, L. W., 134.
  Schmidt & Spring 391.
  Schmiers, Werner & Stein 315.
  Schneider, Friedr., 395.
  Schneider, R., 453.
  Schneider, Th., 455.
  Schneidemaschine 71.
  Schnellpressen 306. 333.
  Schnellpressen, lithograph., 316.
  Schnuck, Familie, 187.
  Schönlein, H., 390.
  Schöpflin, Joh. D., 404.
  Schotte & Co. 372.
  Schottländer, S., 373.
  Schreibkugel 446.
  Schreibschriften, franz., 146.
  Schriftgiesserei in Amerika 33.
  -- in Berlin 359.
  -- in Dänemark 444.
  -- in England 29.
  -- in Frankreich 156.
  -- in Stuttgart 391.
  Schriftgiessmasch. 38. 159. 295. 445.
  Schröder, E. H., 372.
  Schröder, W., & Co. 319.
  Schröpel 459.
  Schuchardt, Chr., 412.
  Schuckert, Sigm., 295.
  Schünemann, C., 378.
  Schürmann, W. R., 319.
  Schürmann, A., 353.
  Schultz, J. H., 444.
  Schultz, R., & Co. 187.
  Schultze, C., 367.
  Schultze, W. F., 381.
  Schulzsche Hofbdr. 378.
  Schumacher 317.
  Schumann, A. H., 315.
  Schuster, R., 372.
  Schwabe, B., 378.
  Schwann, L., 379.
  Schweighausersche Buchdr. 408.
  Schwerin 375.
  Schwetschke, Familie, 354.
  Scribners Zeitschriften 122.
  Scott, Sir Walter, 82.
  Sebald, U. E., 398.
  Seeger, Max, 391.
  Seemann, E. A., 349.
  Seidelin, A., 444.
  Seitz, G. W., 376.
  Seliwanowski 456.
  Selligué 317.
  Senefelder, A., 7. 396.
  Serajewo 437.
  Serbien, Einführung, 459.
  Serbischer National-Verein 437.
  Sequoyah 35.
  Serampur 106.
  _Series, Scientifiques_, 130.
  Serriere & Bausa 159.
  Serz & Co. 398.
  Setzmaschine in Amerika u. Engl. 40.
  -- in Deutschland 295.
  -- in Dänemark 445.
  _Shakspeare-Press_ 50.
  Shakspeare Prachtausgabe 76.
  Shanghai 109.
  Shank, P. M., 39.
  Sharpe, Granville, 99.
  _Sheldonian Theater_ 81.
  _Shinpao_ 110.
  Sidney 112.
  _Siècle, le_, 193.
  Sieger, Ed., 434.
  Siemens & Halske 295.
  Silbermann, G., 205.
  Silva, J. C. da, 246.
  Silvestre, L. C., 218.
  Simin 453.
  Sirven, J. M., 202.
  Sistowa 462.
  Sittenfeld, J., 367.
  Skandinavia-Presse 60.
  Sliwna 462.
  Smirdin 453.
  Smith, P. und M., 61.
  Smith & Son 92.
  Smyrna 251.
  _Society for usefull Knowledge_ 95.
  _Soc. gén. de libr. catholique_ 211.
  Sörensen, Chr., 41. 424.
  Sofia 462.
  Solnhofen 11.
  Sommer, L., 421.
  Sonzogno, Ed., 241.
  _Soubise, Hôtel_, 174.
  Sower, Potter & Co. 129.
  Spaarmann, A., 379.
  Spamer, Otto, 347.
  Spemann, W., 392.
  Spencer, Lord, 102.
  Spener, Familie, 308. 365.
  »Spiegel vom Serampur« 107.
  Spielkartenfabrikation in Engl. 105.
  Spilbury, Th., 75.
  Spinn, C. A., & Zoon 227.
  Spottiswoode & Eyre 96.
  Springer, Jul., 372.
  Staatsdruckerei in Belgrad 459.
  -- in Berlin 368.
  -- in Paris 170.
  -- in Pest 436.
  -- in St. Petersburg 454.
  -- in Washington 124.
  -- in Wien 421.
  Stahel, B., 399.
  _Stamperia camerale_ 243.
  Stalling, G., 378.
  Stanhope, Lord, 36. 49.
  _Stationary_-Artikel 93. 104.
  _Stationers Company_ u. _Hall_ 93.
  Statistisches, Belgien 232.
  -- Dänemark 444.
  -- Deutschland 274.
  -- England 89.
  -- Frankreich 222.
  -- Holland 227.
  -- Italien 237.
  -- Norwegen 449.
  -- Österreich 437.
  -- Rumänien 461.
  -- Russland 453. 457.
  -- Ungarn 437.
  -- Württemberg 393.
  _Statistique de la France_ 174.
  Statthalterei-Buchdr. in Prag 432.
  _Statut de l'ordre de St.-Esprit_ 206.
  Steinbock, R., 371.
  Steiger, E., 135.
  Steiner 295.
  Steinkopf, J. F., 390.
  Stenochromie 377.
  Stenographischer Satz 291.
  Stereotypie, die, 36. 151. 192.
  Stettin 374.
  Stiepel, Gebr., 432.
  Stigmatypie 304.
  Stöckel, W., 349.
  Stoffler & Backé 290. 319.
  Stopp, F. W., 432.
  Storch & Kramer 371.
  Strahan, Will. and Andr., 75.
  Strassburg 403.
  Strassburger Stadtbibliothek 404.
  Straub, F., 394.
  Strauss, A., 421.
  Strauss, B., 317.
  Strixner 396.
  Stroefer, Th., 395.
  Stuttgart 384.
  Styblo, B., 432.
  Styria 432.
  Suitterlin, Claussen, & Co. 67.
  Sumatra 109.
  »Sun« 123.
  _Sunday School Union_ 129.
  Susato, T., 324.
  Susemihl 17.
  Swett, E., & Daul 48.
  Swiderski, Ph., 315.
  Synodalbuchdruckerei 456.
  Sythoff, A. W., 228.
  Szegedin 437.

  Talbot, Fox, 12.
  Tarbé & Co. 150.
  Tauchnitz, Bernh., 340.
  Tauchnitz, K., 337.
  Tauchnitz, K. Chr., 338.
  Taylor, R., 54.
  Téchener, L., Fils 216.
  Teheran 251.
  Teirichs »Bl. f. Kunstgew.« 430.
  Templier, A., 213.
  Temeswar 437.
  Terceira 113.
  Teschen 432.
  Testu & Massin 207.
  Tetot 212.
  Tetschen 432.
  Teubner, B. G., 337. 350.
  Theinhardt, F., 285.
  _Thesaurus graecæ linguæ_ 181.
  Thiele, Gebr., 443.
  Thienemann, K., 391.
  Thiers, _Hist. de la Révolution_ 203.
  Thomann, J., 399.
  Thoms, P., 109.
  Thordarson, Einar, 448.
  Thorowgood 32.
  Thurneysen, J. J., 409.
  Tidcombe, G., & Son 71.
  Tiegeldr.-Tretmasch., versch., 67.
  Tiflis 457.
  Tilloch 36.
  _Times_-Offizin 84.
  _Times_ 55.
  Timiriazeff, D., 48.
  Tirnowa 462.
  Töche, Th., 366.
  Tokio (Jeddo) 110.
  Tolmer 159.
  Torchonplatte 10.
  Torre, A. de la, 420.
  Toulouse 202.
  _Touraine, la_, 196.
  _Tract Society, American_, 129.
  Trassler, J. G., 418.
  Trattner, J. T., 416.
  Treadwell, D., 52.
  Trennert, J. D., 284.
  Tresling & Co. 228.
  _Trésor artistique de la France_ 207.
  _Trésor de numismatique_ 208.
  Treuttel & Würtz 186.
  Trewendt, E., 370.
  _Tribune, New York_, 117.
  Trier 379.
  Triest 433.
  _Trionfo della fidelta_ 326.
  Trittmüller 67.
  Troitzsch, O., 371.
  Troppau 418.
  Trowitzsch & Sohn 285. 373.
  Trübner, Nikolaus, 100.
  Truscott, Francis, 91.
  Tümmel, W., 398.
  Turnbull, Thomas, 69.
  Tschudi, Iwan v., 410.
  Tschulik, L., 41.
  Tucker, Henry, 150.
  Tübingen 393.
  Turrel & Saxton 208.
  Turin 241.
  _Typographia jubilans_ 341.
  Typometrie 407.

  Über Land und Meer 389.
  Ungarn 436.
  Unger, J. G. und J. F., 297.
  Unger, Gebr., 365.
  _Univers pittoresque_ 181.
  Universitätsbuchdr. i. München 394.
  -- in Pest 437.
  -- in St. Petersburg 456.
  Utensilien-Geschäfte 71.
  Unzelmann, Fr., 298.

  Valencia 245.
  _Valentines_ 104.
  Valét & Co. 160.
  Valleyre, Gabr., 151.
  Vanderborght 232.
  Vanderhaegen, E., 232.
  Vandiemensland 112.
  Veit, J. B., 401.
  Veit & Co. 372.
  Velten, J., 401.
  Venedig 239.
  _Vereenigung des Boekhandels_ 227.
  Vereinigungen in Deutschland 272.
  Vereinsbuchdr. in Mannheim 401.
  -- in Stuttgart 390.
  Verlag der Klassiker 388.
  Verlags-Anstalt, Deutsche, 390.
  Vertiz, J. J., 248.
  _Victoires et Conquêtes_ 185.
  Victoria-Druckerei 90.
  Vidal 207.
  Vieweg, Fr., 284. 316. 354.
  Vieweg & Sohn 354.
  Villebois, E. de, 175.
  Villeneuve, J. de, 246.
  »Virgil« (Baskerville) 74.
  Visconti, _Iconographia_ 178.
  Vogel, Daniel, 298.
  Vogel, F. C. W., 348.
  Vogel, Otto und Albert, 299.
  Vogt, G., 366.
  Voigt, B. F., 352.
  Voirin, H., 159.
  Volkmann, W., 330.
  Voss, L., 348.

  Wagner, Rud., 371.
  Wagnersche Buchdruckerei 433.
  Wahabi, Mustapha, 249.
  Wahlen & Co. 230. 232.
  Waisenhausbuchdr. in Halle 353.
  Walbaum, Erich und Th., 283.
  Waldheim, R. v., 430.
  Waldow, Alex., 319. 347.
  Walker 50.
  Walle, J., 395.
  Wals 149.
  Walter, J., I u. II, 54. 55. 58. 84. 85.
  Walze, Die, 50.
  Walzenmasse, englische, 71.
  Wanderburgh, Wills & Co., 35.
  Wandsbeck 376.
  Ward, Marcus, 105.
  Warrington 46.
  Warschau 456.
  Wasmuth, E., 372.
  Waterlow, Sir Sidney, 91. 96.
  Watts, W. M., 32.
  Watzulik 292.
  Weber, J. J., 348.
  Wedgwood 12.
  Weifenbach, W., 395.
  Weigang, Gebr., 350.
  Weigel, T. O., 348.
  Weigel, R., 348.
  Weimar 351.
  Weise, Gustav, 391.
  Weisert, Otto, 290.
  Weiss, J. G., 394.
  Weisskunig, der, 419.
  Wellesley, Marquis, 107.
  Wenzler, H., 446.
  Werlitz, L., 387.
  Wesmael-Charlier 231.
  Westcott 39.
  Westermann, G., 355.
  Westermann Brothers 134.
  Westpheling, J., 410.
  Weyer, P. W. van der, 228.
  Weynreich, H., 373.
  Wezel & Naumann 348.
  Wheeler & Wilson 70.
  Whitaker, Ch., 77.
  Wick 43.
  Wiede, Alex., 347.
  Wiegandt & Grieben 372.
  Wielands Werke, Prachtausg., 331.
  Wieprecht, M., 350.
  Wier, Richard, 103.
  Wiesbaden 400.
  Wiesing, W., 347.
  Wigand, G., 349.
  Wigand, Otto, 347. 348.
  Wilberg, Karl, 463.
  Wild, F., 395.
  Wiley & Putnam 122.
  Wilkins, Charles, 106.
  Wilkinson, J. B., 63.
  Wilkinson & Co. 96.
  Wilson, A., 31.
  Winberg, T. v., 455.
  Winckelmann, J., 370.
  Winder, J. R., 43.
  Wing, W., 38.
  Winiarz, E., 432.
  Winiker, C., 432.
  Winter, C. F., in L. 348.
  Winter, C. F., in D. 400.
  Winterthur 410.
  Wismar 375.
  Wittersheim & Co. 201.
  Whittingham, Familie, 78.
  Wittich, L. C., 400.
  Witwer, C., 392.
  Wodianer, Ph., 437.
  Wolvercote 81.
  Woodburydruck 14.
  Woodfall, G., 54.
  Woods, W., & Co. 131.
  Wöllmer, W., 286.
  Wohlfarth, J. A. v., 421.
  Wolff, B. M., 456.
  Wolff & Sohn 395.
  Worcester, _Dictionary_ 130.
  Worms, Maschinenfabrik, 315.
  _Worsleyanum_ 77.
  Würtheim, J., & Zoon 228.
  Würzburg 399.
  Würtz, J. G., 186.
  Wüste, Fr., 320.
  Wurm, J. X., 41.
  Wurster, Randegger & Co. 410.
  Wyman & Son 93.
  Wyss, K. J., 411.

  Xylographie in Amerika 123.
  -- in Dänemark 444.
  -- in Deutschland 258. 296.
  -- in England 26. 79.
  -- in Frankreich 142. 156.
  -- in München 395.
  -- in Stuttgart 390.
  -- in Wien 433.

  _Yomiri Schimbun_ 111.
  Young, J. H., 41.
  Yves & Barrot 156.

  Zähnsdorf, J. W., 104.
  Zamarski, C. A., 429.
  Zande, van der, 231.
  Zaragozano & Jaime 245.
  Zeitungswesen in Algerien 248.
  -- in Australien 112.
  -- in Berlin 367.
  -- in der Kapkolonie 113.
  -- in China 110.
  -- in Deutschland 269.
  -- in England 84. 87. 88.
  -- in Finnland 453.
  -- in Griechenland 464.
  -- in Indien 107.
  -- in Italien 238.
  -- in Japan 110.
  -- in Nordamerika 115.
  -- in Norwegen 449.
  -- in Paris 219. 221.
  -- in Portugal 247.
  -- in Russland 457.
  -- in Schweden 452.
  -- in der Schweiz 406.
  -- in Serbien 460.
  -- in der Türkei 251.
  -- in Südamerika 248.
  Zinkhochätzung 17. 155.
  Zollikofer, Familie, 410.
  Zürcher & Furrer 410.
  Zürich 409.
  Zweifarbenmaschine 312.


             B. $NACHWEIS$ DER ANGEFÜHRTEN QUELLENSCHRIFTEN.

  (Bei Zeitschriften, Adressbüchern, Ausstellungsberichten u. dgl., die
         öfters zitiert werden, ist ein Hinweis nicht gegeben.)

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[Illustration]

                     LEIPZIG, DRUCK VON W. DRUGULIN.

[Illustration]

                    *       *       *       *       *

Anmerkungen zur Transkription:

Rechtschreibung und Zeichensetzung des Originaltextes wurden übernommen,
und offensichtliche Druck- und Setzfehler wurden korrigiert.

Der Schmutztitel wurde entfernt.

Kursiver Text wurde mit Unterstrich (_Text_) und gesperrter Text mit
Dollarzeichen ($Text$) markiert.

Die Ligatur oe wurde als [oe] dargestellt.

Das Acut über dem Buchstaben c wurde als ['c] und der Hatschek über dem
Buchstaben S als [VS] dargestellt.

Das geometrische Zeichen Quadrat wurde als [Quadrat] und das gestorben
Zeichen als [+] dargestellt.

Die Tabellen auf Seite 276 und 277 wurden zusammengefasst.





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