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Title: Die Brüder Wright
Author: Hildebrandt, Alfred
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Die Brüder Wright" ***


DIE BRÜDER WRIGHT

Eine Studie über die Entwicklung der
Flugmaschine von Lilienthal bis Wright

Von Hauptmann a.D. A. Hildebrandt

Vormals Lehrer im Königlich
Preussischen Luftschiffer-Bataillon

Mit 44 Abbildungen

BERLIN 1909



Vorrede.


Der Prophet gilt nichts im Vaterlande! Dieses alte Sprichwort will
andeuten, dass infolge der Unvollkommenheit der menschlichen Natur das
Verdienst hervorragender Männer oft nicht so gewürdigt wird, wie es
seiner Bedeutung nach sein müsste. Die meisten Menschen können sich eben
nicht über das Alltägliche erheben und dem Gedankenfluge
weitausschauender Zeitgenossen folgen. Neid und Missgunst stellen sich
den Grossen dieser Erde entgegen, und die Rivalität der Konkurrenten,
die alles verkleinern und herabziehen. Im Kampfe um die Eroberung der
Luft haben wir zwei hervorragende Fälle dafür gehabt, wie sich die
Bahnbrecher nur mühselig zu Anerkennung durchzuringen vermögen. Wir
haben aber hier gleichzeitig ein seltenes Beispiel, wie zwei Männer noch
bei Lebzeiten die grösste Anerkennung ihrer Zeitgenossen gefunden haben.
Der Gedanke an die Eroberung der Luft ist so bestechend, dass er in den
weitesten Schichten der Völker ganz aussergewöhnlichen Anteil findet.
Bislang beherrschte der Mensch nur zwei Dimensionen. Jetzt hat er auch
begonnen, sich die dritte Dimension, die Luft, zu erobern. Zeppelin und
Wright sind die Könige der Luft. Ihnen beiden ist es zu danken, dass wir
anfangen, die Luft sowohl mit Fahrzeugen, "leichter als die Luft", als
auch mit solchen, die "schwerer als die Luft" sind, zu beherrschen.
Beide haben lange arbeiten müssen, bis sie der Welt die Richtigkeit
ihres Gedankenfluges beweisen konnten. Beide sind sie viel geschmäht und
mit Schmutz beworfen worden. Der Name Zeppelin ist heute nicht nur dem
deutschen Volke bekannt, er hat überall ausgezeichneten Klang. Ueberall
widmet man dem greisen Forscher eine Verehrung, wie man sie den grössten
Helden aller Zeiten kaum entgegengebracht hat. Auch an Wright haben wir
Europäer viel gesündigt. Man ging sogar soweit, die beiden Brüder, die
bereits im Jahre 1905 die grössten Erfolge erzielt hatten, in Umprägung
des Wortes "die fliegenden Brüder"--"die lügenden Brüder" zu nennen.
Erst im Jahre 1908 konnten sie, die auch bei ihren Landsleuten in
Amerika wenig Glauben gefunden hatten, beweisen, welch gewaltigen
Fortschritt sie in ernster Arbeit gemacht hatten. Verfasser folgt der
Anregung, eine allgemein verständliche Abhandlung über die Gebrüder
Wright zu schreiben, mit um so grösserer Freude, als er ziemlich der
einzige war, der unentwegt die beiden genialen Erfinder in Wort und
Schrift verteidigt und niemals an dem Wert ihrer Mitteilungen gezweifelt
hat. Bei der Abfassung der kleinen Schrift kommt es dem Verfasser sehr
zu statten, dass er bei einem Besuch in Amerika sowohl den Lehrer der
Brüder Wright, den jetzt 77 Jahre alten hervorragenden Ingenieur
Chanute, und dessen Assistenten Herring, wie die Stätten, an denen die
Flugmaschine geboren wurde, kennen lernte. Besonders zu Dank
verpflichtet ist er dem in Gross-Lichterfelde lebenden Baumeister Gustav
Lilienthal, der ihm in früheren Jahren authentisches Material über
seinen Bruder Otto Lilienthal, den Altmeister der Fliegekunst
übermittelt hat, ferner dem in New York lebenden Ingenieur Herring,
sowie auch Ingenieur Chanute in Chicago, der umfangreiches Material der
ersten Flugversuche in Amerika zur Verfügung gestellt hat; endlich dem
Bischof Milton Wright zu Dayton in Ohio, der sowohl beim Besuch des
Verfassers eingehende mündliche Angaben gemacht hat, als auch jetzt in
bereitwilligster Weise altes Material über seine Familie und seine Söhne
zur Verfügung stellte. Orville Wright ist nun nach Berlin gekommen, wo
er auf Veranlassung des "Lokal-Anzeigers" sein bis jetzt unübertroffenes
Können vorführen will. Noch sind wir erst im Anfangsstadium des Kampfes
um die Eroberung der Luft, und viel Arbeit ist nötig, ehe wir
einigermassen sicher die Luft beherrschen. Mögen die Vorführungen von
Wright für unsere deutschen Erfinder und namentlich für diejenigen, die
sie finanziell unterstützen wollen und müssen, ein Ansporn zur weiteren
Förderung sein.

_Berlin_, August 1909.

A. Hildebrandt.

       *       *       *       *       *



Die Familie Wright.


Die Wrights führen ihren Stammbaum bis in das 14. Jahrhundert zurück.
Viele hervorragende Leute, deren Namen auch in der Geschichte verewigt
sind, haben der Familie angehört. Von grossmütterlicher Seite stammen
sie aus Holland, wo die ersten Aufzeichnungen bei Lord Afferden Ende des
14. Jahrhunderts beginnen und bis in die heutige Zeit vollständig
fortgeführt sind. Die Nachkommen des Lords wanderten später nach Amerika
aus und siedelten sich um das Jahr 1650 in Long Island an. Die
Grossmutter Katherine Reeder war verwandt mit dem Gouverneur Andrew H.
Reeder, der in Kansas im Jahre 1854 die Zügel der Regierung inne hatte.
Väterlicherseits können die Vorfahren zurückgeführt werden bis zu John
Wright, der im Jahre 1538 das Gut Kelvedon Hall im Kreise Essex in
England erwarb. Sein und seiner Frau Olive Nachkomme im vierten Grade,
Samuel Wright, wanderte im Jahre 1630 nach Amerika aus und siedelte sich
6 Jahre später als Farmer in Springfield in Massachusetts an. Hier wurde
er bald zum Diakon der ersten puritanischen Kirche und später zum
Pfarrer der Gemeinde erwählt. Nach segensreichem Wirken entschlief er
sanft im Jahre 1665 zu Northampton. Seine Nachkommen blieben in
Neu-England und manche berühmten Leute sind aus ihnen hervorgegangen. Zu
nennen sind Edmond Freeman, Reverend Joshua Moody, Reverend John
Russell, John Otis und John Porter in Windsor. Durch den letzten sind
die Wrights verwandt geworden mit dem berühmten amerikanischen General
Ulysses S. Grant und mit dem Präsidenten Grover Cleveland; ferner mit
dem bekannten General Joseph Warren in Bunkerhill. Der Grossvater
Wrights, Silas Wright, war Senator der Stadt New York und später
Gouverneur des Staates New York. Er besass umfangreiche Güter, um deren
Bewirtschaftung er sich selbst kümmerte. Seine Kinder wurden gleichfalls
zu Landleuten erzogen. Er starb in New York im Jahre 1847.

[Illustration: *John G. Körner*
    der aus Deutschland stammende Grossvater Wrights im 80. Lebensjahr]

[Illustration: *Frau Susan C. Wright*
    die Mutter der Wrights im 40. Lebensjahr]

[Illustration: *Bischof Milton Wright*
    Vater der Wrights, geboren am 17. November 1828]

Wir Deutschen haben den Ruhm, den ersten fliegenden Menschen, der mit
einer Flugmaschine ohne Motor die Luft durchsegelte, unsern Landsmann
nennen zu dürfen. Uns verbindet aber auch ferner Verwandtschaft mit den
Königen der Fliegekunst, mit Wrights. Der Grossvater mütterlicherseits,
John G. Koerner, war geboren in einer kleinen Ortschaft in der Nähe von
Schleiz im Fürstentum Reuss jüngerer Linie. Die Frau dieses im 86.
Lebensjahre verstorbenen Koerner, eine geborene Fry, war Amerikanerin,
aus Landen deutschen Sprachgebiets, wahrscheinlich der Schweiz,
stammend; nähere Angaben fehlen. Ihre Tochter wurde am 30. April 1831 in
Hillsborough in Virginia geboren. Im Jahre 1859 vermählte sie sich, die
inzwischen mit ihrer Familie auf eine Farm zu Union County in Indiana
verzogen war, als jüngstes von 5 Kindern mit Milton Wright, dem Vater
der beiden Luftschiffer. Dieser ist am 17. November 1828 in Rush County
in Indiana geboren. Er folgte dem Berufe seiner ältesten Vorfahren und
hielt mit 22 Jahren seine erste Predigt am 17. November 1850. Infolge
einer ausgezeichneten Erziehung, die ihm sein Vater hatte zuteil werden
lassen, brachte er es bald im geistlichen Stande zu hohen Würden. Er
wurde reisender Minister der lutherischen Brüdergemeinde, Präsident des
Kirchenrats, und amtiert bereits seit 24 Jahren als Bischof. Die
Erfüllung seines Berufes brachte es mit sich, dass er viele und grosse
Reisen zur Inspektion der verschiedenen ihm unterstellten
Kirchengemeinden ausführte; hat er doch nicht weniger als 200 000 Meilen
in amtlicher Eigenschaft auf der Eisenbahn durchmessen. Auf seinen
Reisen erwarb er sich einen praktischen Blick und grosses Verständnis
für die verschiedensten Lebensstellungen; seinen Kindern liess er eine
ausgezeichnete Erziehung und Schulbildung zuteil werden. Leider starb
seine Frau bereits am 4. Juli 1889 zu Dayton in Ohio. Der Tod hatte sie
von einem langen und schweren Leiden erlöst. Besonders Wilbur Wright
hatte sich bemüht, seiner Mutter die letzten Lebensjahre zu erleichtern,
so dass ihm deswegen auch eine besondere Anerkennung seines Vaters
zuteil geworden ist.

[Illustration: *Wilbur Wright*
    geboren am 16. April 1867]

[Illustration: *Orville Wright*
    geboren 19. August 1871]

Milton Wright hatte sieben Kinder, von denen gegenwärtig noch fünf am
Leben sind. Wilbur, am 16. April 1867 in Henry County geboren, ist der
dritte Sohn. Ihm folgten am 19. August 1871 Orville und am 19. August
1874 Katherine, die beide in Dayton geboren wurden.

Eigenartig ist die Angabe des alten Bischofs, dass gerade die Erfinder
keine so gute Erziehung genossen haben wie seine anderen Kinder. Keiner
von beiden besuchte eine Hochschule, beide haben sich durch ihre eigene
Intelligenz in der Technik zu bedeutender Stellung emporgearbeitet.
Wilbur berechtigte anscheinend in seiner Jugend zunächst nicht zu
grossen Hoffnungen, obgleich er sehr intelligent war und eine rasche
Auffassungsgabe besass.

Das erste Interesse für die Flugtechnik wurde bei den Brüdern im Sommer
1878 geweckt, als ihr Vater eines Tages nach Hause kam und plötzlich aus
seinen Händen ein Spielzeug in die Luft fliegen liess, das auch heute
noch unter dem Namen Helicoptere--Schraubeflieger--bekannt ist. Dieses
kleine Ding war aus einem Rahmenwerk von Kork und leichtem Bambus
gefertigt und mit Papier überklebt. Die Schrauben wurden durch ein
starkes Band von Kautschukschnüren in Bewegung gesetzt, das eng
zusammengedreht wurde. Nur kurze Zeit blieb das zerbrechliche Spielzeug
in den Händen der Knaben erhalten; aber die Erinnerung an diese ersten
Flugversuche haftete fest im Gedächtnis beider. Einige Jahre später
begannen sie selbst ihr altes Spielzeug nachzubilden, wobei sie das eine
immer grösser als das andere fertigten. Aber sie machten die
eigentümliche Erfahrung, dass die grösseren Maschinen immer schlechter
flogen. Schliesslich wurden sie in ihren weiteren Experimenten entmutigt
und wandten ihr Interesse dem Drachensteigen zu, ein Sport, der in
Amerika durch die Franklinschen Drachenaufstiege zum Studium
elektrischer Erscheinungen besonders weite Verbreitung gefunden hat. Als
sie älter wurden, gaben sie auch diesen Sport auf, der, wie sie selbst
sagten, nicht mehr für Jungen in ihrem Alter passte.

Erst die Versuche Lilienthals und besonders das Nachdenken über seinen
tragischen Tod weckten in ihnen die alte Passion zur Flugtechnik wieder.
Sie studierten mit grossem Interesse die Werke von Chanute, Marcy,
Langley, Mouillard und anderen über die Fortschritte und Untersuchungen
des flugtechnischen Problems, und bald gingen sie zu praktischen
Versuchen über.

Die Mitbürger von Dayton, die irgendwie in nähere Berührung mit Wilbur
und Orville Wright gekommen sind, haben seinerzeit dem Verfasser
gegenüber das äusserst bescheidene Wesen der beiden gerühmt. Besonders
auch hoben sie hervor, wie sich die Erfinder aus einfachen Verhältnissen
emporgearbeitet hätten und mit grossem Fleiss ihrer Fahrradfabrik einen
Ruf weit über ihre Heimatstadt hinaus gesichert hätten. Ihre vielseitige
Bildung wurde ebenfalls anerkannt, und man konnte sich in ihrer
Gesellschaft davon überzeugen, wie gut sie beschlagen waren in der
Literatur, in der Musik, Kunst und selbst in der Malerei. Sie sind nicht
einseitige fanatische Flugtechniker, sondern verfolgen alle Fortschritte
der Luftschiffahrt und brechen keineswegs etwa den Stab über die
Konkurrenten, die auf dem Gebiete der aerostatischen Luftschiffahrt
tätig sind.

Sie haben in ihrer eigenen Fabrik auch wie gewöhnliche Arbeiter gelernt,
und die Franzosen waren überrascht, als sie sahen, wie Wilbur Wright in
Le Mans eigenhändig und ohne jede fremde Hilfe im Arbeiterkittel seine
Maschine zusammensetzte. Allerdings besass er ein gewisses Misstrauen,
das sich auf mancherlei schlechte Erfahrungen stützte. So zum Beispiel
wollte er als Klaviersaitendraht nur das Material verwenden, das er sich
aus Amerika mitgebracht hatte. Er war sich eben auch bewusst, dass es
bei einer so heiklen Maschine, wie es ein Drachenflieger ist, auch auf
das Unwesentlichste ankommt, wenn man Erfolg erzielen will.

Die Pünktlichkeit der Brüder ist ebenfalls ganz hervorragend. Allen
Verabredungen folgen sie zur Minute, und nie braucht ein bestellter
Arbeiter auch nur eine Sekunde auf ihr Erscheinen zu warten.

In den Einöden bei Kill Devil hatten sie gelernt, ein äusserst einfaches
Feldleben zu führen. In Le Mans schlief Wilbur Wright in einem
einfachen Bett, eigentlich nur in einer grossen Kiste, die bei Tage
mittels einer Leine an die Decke gezogen wurde und bei Nacht auf dem
Fussboden neben seinem Flieger Platz fand. Dabei bestand der
Fliegerschuppen nur aus roh zusammengezimmerten Brettern, und der Raum
war keineswegs behaglich, da der Wind über die Ebene des Schiessplatzes
zu Auvours mit ungeschwächter Kraft dahinbrausen kann. In Pau bewohnten
sie allerdings schon ein komfortableres Quartier, jedoch immer noch
gegen das einfachste Zimmer eines einfachen Hotels bescheiden zu nennen.

Beide Brüder sind von grosser Zurückhaltung; sobald sie jedoch jemand
bei näherer Bekanntschaft schätzen gelernt haben, so tauen sie etwas
mehr auf. Man hat das Gefühl, dass man Leute vor sich hat, auf die man
sich in jeder Beziehung und in allen Lagen des Lebens verlassen kann.
Ihre Schweigsamkeit ist ja genügend bekannt geworden. Ihre Physiognomie
ist meistens sehr ernst; aber bei näherem Verkehr hellt sich das
freundliche Auge Wilbur Wrights lebhaft auf. Ihre Ruhe verlieren sie
nie. Ob auf den Feldern Tausende von Zuschauern auf einen Flug warteten,
ob Prinzen oder Geschäftsleute, die ihre Patente zu erwerben gedachten,
sich unter ihnen befanden, nie liessen sie sich zu etwas drängen, das
sie nicht wollten; nie liessen sie sich verleiten, einen Flug-Versuch zu
wagen in einem Wetter, das ihnen ungünstig war. Die Statur der beiden
ist mittelgross. Wilbur ist mit 1,80 Meter etwas grösser als sein Bruder
Orville. Beide sind sehr schlank und zeigen nur Muskeln und Sehnen. Man
sieht ihnen an, dass sie sich ihr ganzes Leben lang mit einem Sport
beschäftigt haben, bei dem es hauptsächlich auf ein sicheres Auge und
grosse Geistesgegenwart ankommt. In ihrer Lebensweise sind sie stets
überaus nüchtern und enthaltsam gewesen. Auch bei den feierlichsten
Anlässen waren sie nicht zu bewegen, Alkohol zu sich zu nehmen. Sie sind
fromm, nicht äusserlich vor den Augen der Leute, sondern aus innerem
Gefühl. Dies ist leicht verständlich, wenn man an den alten Bischof
Wright, der als Priester höchstes Ansehen geniesst, denkt. So haben sie,
die heute doch nicht mehr jung sind, in ihrem Leben noch nie eine
Andachtsstunde versäumt und es als selbstverständlich erachtet, die
Sonntage von jeder Art Arbeit freizuhalten.



Die Entwickelung des Gleitfluges.


Zum näheren Verständnis der ersten praktischen Arbeiten der Brüder
Wright ist es erforderlich, die Entwickelung der Flugtechnik in
Deutschland ins Auge zu fassen. Hier war es dem Ingenieur Otto
Lilienthal gelungen, als erster Mensch die Luft mehrere 100 Meter weit
zu durchfliegen. Weiteren technischen Kreisen ist er auch bekannt
geworden als Erfinder eines ausgezeichneten Kleinmotors, der seinerzeit
für Luftschiffahrtszwecke besonders geeignet erschien, leider jedoch
nicht in der richtigen Weise gewürdigt wurde. Auf die Arbeiten dieses
hervorragenden Mannes müssen wir deshalb im folgenden etwas näher
eingehen.

Otto Lilienthal wurde am 24. Mai 1848 zu Anklam in Pommern geboren.
Schon als Junge von 13 Jahren hat er im Verein mit seinem noch jetzt in
Gross-Lichterfelde bei Berlin lebenden Bruder Gustav das Fliegen mit den
primitivsten Mitteln versucht. Die ersten Flügel, die sich die Brüder
bauten, bestanden aus Klappen, welche an die Arme gebunden wurden. Die
Versuche wurden meist bei Nacht ausgeführt, weil die Knaben den Spott
ihrer Schulgenossen fürchteten. Sie versuchten, schwebend in die Luft zu
gelangen, indem sie mit ihren Klappen einen Hügel herabliefen. Lange
Jahre wurden dann die Fliegeversuche aufgegeben. Während des Studiums
an der Berliner Gewerbe-Akademie fertigte sich Otto Lilienthal in den
Jahren 1867/68 seinen komplizierten Apparat an, der vier kleine und zwei
grosse Flügel besass, die abwechselnd auf- und niederschlugen. Es gelang
ihm bei den Experimenten durch seine Beinbewegung ein Gewicht von 40
Kilogramm zu heben.

[Illustration: *Otto Lilienthal*
    der Altmeister der Fliegekunst, tödlich verunglückt am 6. August
    1896 bei Berlin]

Durch einige Studiengenossen hatte der Mathematik-Professor von den
Arbeiten Lilienthals gehört und unterliess nicht, ihm sagen zu lassen,
es könne ja nicht schaden, wenn er sich mit flugtechnischen Berechnungen
die Zeit vertriebe, er möge aber um himmelswillen nicht Geld für solche
Sachen ausgeben! Damals war von Staats wegen durch eine besondere
Gelehrten-Kommission gerade festgestellt worden, dass der Mensch ein
für allemal nicht fliegen könne; es war daher sehr begreiflich, dass man
diejenigen, welche sich mit dem Flugproblem beschäftigten, direkt für
Narren hielt.

Nach dem Kriege 1870/71, in dem Otto Lilienthal als
Einjährig-Freiwilliger des Garde-Füsilier-Regiments--Maikäfer
genannt--die Belagerung von Paris mitmachte, wurden die Flugversuche mit
besseren technischen Hilfsmitteln nach den eingehendsten Experimenten
und Studien wieder aufgenommen, wobei sein Bruder Gustav ihn
tatkräftigst unterstützte. Die Maschinen bestanden aus ganz einfachen
gewölbten Segelapparaten, die den ausgebreiteten Fittichen eines
schwebenden Vogels glichen. Als Gestell diente Weidenholz, als Bezug mit
Wachs getränkter Schirting. Festgehalten und gehandhabt wurde der
Apparat dadurch, dass man beide Unterarme in entsprechende Polsterungen
des Gestelles legte und zwei Handgriffe anfasste. Die Flügelflächen
waren anfangs 10, später 8 Quadratmeter gross bei einer Klafterung von 7
Metern und 2 Metern grösster Tiefe. Auch 14 Quadratmeter grosse Flügel
kamen gelegentlich zur Verwendung; ihr Gewicht betrug 20 Kilogramm, dazu
kam das Gewicht von Lilienthal mit 80 Kilogramm, so dass also insgesamt
100 Kilogramm zum Schweben gebracht werden mussten.

[Illustration: *Der Lilienthalsche Gleitflieger*
    im Fluge von hinten gesehen]

Den einfachen Segelflächen fügte Lilienthal später Steuerflächen hinzu,
um eine bessere Einstellung gegen den Wind zu erreichen. Die ganze
Bauart der Flugsegel glich in allen Teilen einem Sprengwerk, dessen
einzelne Glieder nur auf Zug und Druck beansprucht wurden. Grösste
Festigkeit wurde hierdurch mit grösster Leichtigkeit verbunden. Oft
stürzte er sich mit diesen Segeln von beliebigen Höhen in die Luft und
erreichte stets sicher wieder den Boden.

Um den Transport des Apparates zu erleichtern und ihn vor einem
eventuell eintretenden Unwetter zu sichern, wurde die Maschine so
eingerichtet, dass sie in einer halben Minute zusammengeklappt werden
konnte. Das Auseinanderlegen dauerte ebenfalls nur zwei Minuten. Unter
den ausgebreiteten Flügeln konnte man sogar Schutz vor dem Regen finden;
20 Personen hatten unter der schützenden Hülle Platz.

Eingeleitet wurde das Fliegen durch Abschweben gegen den Wind von einem
erhöhten Standpunkt. Bei den ersten Sprüngen betrug die Höhe des
Sprungbrettes einen, später zwei Meter. Sechs bis sieben Meter weite
Sprünge von fünf Metern Höhe wurden mit Anlauf erzielt. Das Landen
vollzog sich schon ausserordentlich leicht. Der Gleit- und Segelflug,
der auch in neuester Zeit in den Mitgliedern des Schlesischen
Flugsportklubs wieder eifrige Anhänger gefunden hat, muss nach den
Angaben Lilienthals, wie folgt, ausgeführt werden:

"Man läuft mit gesenkten Flügeln dem Winde bergab entgegen, richtet im
geeigneten Augenblick die Tragefläche um Weniges auf, so dass sie
annähernd horizontal zu liegen kommt, und sucht, nun in der Luft
dahinschwebend, durch die Schwerpunktslage dem Apparat eine solche
Stellung zu geben, dass er schnell dahin schiesst und sich möglichst
wenig senkt. Anfänger werden gut tun, eine Berglehne zu wählen, über
welcher sie in geringer Höhe dahingleiten. Die erste Regel ist, die
Beine nach vorn ausgestreckt zu halten und sich beim Landen mit dem
Oberkörper hintenüber zu werfen, so dass der Apparat sich aufrichtet und
die Bewegung verlangsamt. Das Auffliegen und das Niedersteigen muss
stets genau gegen den Wind gerichtet sein. Das vertikale feststehende
Steuer sorgt schon dafür, dass in der Ruhe sich der Apparat genau gegen
den Wind einstellt. Die liegende Steuerfläche verhindert, wie man dieses
an jeder sich setzenden Krähe sehen kann, dass der Apparat nach vorn
sich überschlägt, was gewölbte Flächen sonst gern tun. Beim Landen aber
darf das liegende Steuer das schnelle Aufrichten des Apparates nicht
hindern, es muss sich durch den von unten kommenden Luftdruck um seine
Vorderkante drehend aufrichten können, darf also nur eine Hubbegrenzung
nach unten haben.

"Besonders zu warnen ist vor folgendem Fehler: Der Uebende schwebt in
der Luft und fühlt sich plötzlich vom Winde angehoben, wie gewöhnlich
ungleichmässig; beispielsweise der linke Flügel mehr als der rechte. Die
schiefe Lage treibt ihn nach rechts hinüber. Unwillkürlich streckt der
Neuling nach rechts auch seine Beine aus, weil er den Anprall zur Erde
nach rechts voraussieht. Die Folge ist, dass der schon tiefer liegende
rechte Flügel noch mehr belastet wird, und der Flug schnell nach rechts
sich senkt, bis die rechten Flügelspitzen im Erdreich sitzen und
zerknicken. Für Leib und Leben ist weniger Gefahr vorhanden, denn der
Apparat bildet nach allen Seiten ein wirkungsvolles Prellwerk, welches
die Wucht des Stosses abfängt."

Abweichungen von der geraden Richtung werden durch Verlegen des
Schwerpunktes nach der einen oder andern Seite durch Ausstrecken der
Beine bewirkt, wodurch die Flugrichtung abgelenkt wird.

Mehrfach gelang es Lilienthal auf diese Weise sogar, eine vollkommene
Drehung auszuführen, so dass er wieder auf seinen Abflugspunkt zuflog.
Der Einfluss des Windes zeigte sich bei den Fliegeversuchen frappant.
Sobald ein etwas lebhafterer Wind kam, schwebte er hoch über den Köpfen
einer staunenden Menge fort, unter Umständen sogar momentan in der Luft
auf einer Stelle schweben bleibend.

Sehr unangenehm empfand Lilienthal bei seinen Flügen stärkere,
plötzlich auftretende Windstösse, weil bei ihnen die Gefahr vorlag, dass
sie--wenn auch nur einen Augenblick--den Apparat von oben treffen
könnten, wodurch er unfehlbar in die Tiefe gestürzt und zerschellt
worden wäre.

Bei den grössten Flächen--14 Quadratmeter--büsste Lilienthal die
Stabilität ein. Gleichzeitig wurde ihm auch die Landung bei stärkeren
Winden und grösseren Flächen sehr bedenklich. Wie er selbst sagt, hat er
oft in der Luft einen förmlichen Tanz aufführen müssen, um, vom Winde
hin und her geworfen, das Gleichgewicht zu behaupten; aber stets gelang
es ihm, glücklich zu landen. Er wurde hierdurch jedoch notgedrungen zu
den Versuchen geführt, die Lenkbarkeit und leichte Handhabung zu
verbessern.

Anfangs hatte er die Lenkung durch einfache Verlegung des Schwerpunktes
mit seinem Körper bewirkt, die um so günstiger vonstatten ging, je
kleiner die Flügelflächen wären. Da nun bei stärkerem Winde die
Anwendung kleinerer Flächen keinen besonderen Nutzen gewährte, vielmehr
sich die Notwendigkeit herausstellte, eine grössere Fläche zum Heben zu
gewinnen, so versuchte er zwei parallele Flächen übereinander
anzubringen. Es gelang dies überraschend gut. Der Doppelapparat hatte
nur 5-1/2 Meter Spannweite bei zwei Trageflächen von je 9 Quadratmetern,
deren obere etwas über der unteren lag.

Die erreichte Höhe wurde ganz bedeutend grösser, oft wurde der
Abfliegepunkt um ein erhebliches Stück überflogen, sobald die Winde bis
über 10 Meter in der Sekunde stark waren.

Beim Landen bei geringem Winde musste der Apparat vorn durch Zurücklegen
des Körpers gehoben und dann unmittelbar über dem Boden die Beine wie
beim Sprunge, schnell vorgeworfen werden, da sonst der Körper einen sehr
unangenehmen Stoss erhalten hätte. Bei etwas stärkerem Winde dagegen
senkte der Apparat sich sehr sanft zur Erde.

Bei den aufgeführten Uebungen hat Lilienthal stets die hebende Kraft des
Windes deutlich gespürt, und er sagt ausdrücklich, dass der Wind auch
eine Bewegung ähnlich dem Kreisen der Vögel hätte einleiten und den
Apparat nach links oder rechts drehen wollen; aber infolge der Nähe des
Berges, von dem er abgeflogen sei, hätte er sich nicht darauf einlassen
dürfen.

Als Uebungsplatz hatte sich Lilienthal 1891 einen günstigen Platz
zwischen Werder und Gross-Kreuz ausgesucht, wo sich auf grossen
freiliegenden Höhen ein Absprung von 5 bis 6 Metern erzielen liess. Hier
machte er seine Versuche gemeinschaftlich mit einem Techniker seiner
Maschinenfabrik, Hugo Eulitz. Der jetzige Professor im Meteorologischen
Institut zu Berlin, Dr. Kassner, hat seinerzeit zahlreiche vortreffliche
Aufnahmen Lilienthals und seines Assistenten angefertigt, die auf der
Frankfurter Luftschiffahrts-Ausstellung ausgestellt sind. Die Flugweite
wuchs hier auf 20-25 Meter. 1892 suchte er sodann die 10 Meter hohen
Abhänge bei Steglitz und Südende auf. Im Anfang des folgenden Jahres
baute er auf der Maihöhe bei Steglitz einen Schuppen, so dass er eine
Absprunghöhe von 10 Metern erzielte. Ende desselben Jahres zog er dann
fort nach den Rhinower Bergen zwischen Rathenow und der Dosse, wo sich
Hügelketten bis zu 60 Meter Höhe befinden. Auf dem Stöller Berge fand er
sogar eine Absprunghöhe von 80 Metern. Die Senkung der Hügel betrug etwa
10 bis zu 20 Grad.

Als Lilienthal zuerst hier übte, war er sehr ängstlich. Er sagte selbst:
"Als ich in diesem Jahre zum erstenmal an diesem Bergabhange mein
Flugzeug entfaltete, überkam mich freilich ein etwas ängstliches Gefühl,
als ich mir sagte: Von hier ab sollst du nun in das tief da unten
liegende, weit ausgedehnte Land hinaussegeln! Allein die ersten
vorsichtigen Sprünge gaben mir bald das Bewusstsein der Sicherheit
zurück, denn der Segelflug ging hier ungleich günstiger vonstatten, als
von meinem Fliegeturme. Der Wind bäumte hier nicht so auf wie vor dem
letzteren, wo ich jedesmal beim Passieren der Absprungkante einen
ungleichmässigen Windstoss von unten empfing, der mir oft verhängnisvoll
zu werden drohte."

Hier hat sich der einzige, allerdings glücklich verlaufene Unfall
ereignet, der bei den zahlreichen Flügen vorgekommen ist, sowie auch der
spätere Todessturz. Die erste Havarie fand auf dem Stöllen-Berge 1895
statt. Der dabei benutzte Apparat hatte ein genaues, mit der Kreislinie
fast zusammenfallendes Parabelprofil, bei dem der Pilot sich mit dem
Hinterkörper bedeutend hintenüber legen musste, um in der Luft mit dem
Apparat nicht vornüber zu schiessen. Lilienthal schildert seinen Unfall
in der "Zeitschrift für Luftschiffahrt" vom Jahre 1895, wie folgt: "Bei
einem von grosser Höhe ausgeführten Segelfluge gab dies--Hintenüberlegen
des Körpers--die Veranlassung, dass ich bei gestreckten Armen in eine
Körperlage geriet, bei welcher der Schwerpunkt zu weit nach hinten lag,
während es mir bei der bereits eingetretenen Ermüdung nicht möglich
war, die Oberarme wieder vorzuziehen. Als ich so in 20 Metern Höhe mit
etwa 15 Metern Geschwindigkeit dahinsegelte, richtete sich der hinten zu
sehr belastete Apparat immer mehr auf und schoss schliesslich durch
seine lebendige Kraft senkrecht in die Höhe. Ich hielt mich krampfhaft
fest, sah nichts als den blauen Himmel mit weissen Wölkchen über mir und
erwartete den Moment, wo der Apparat hintenüberschlagen würde, um meine
Segelversuche vielleicht für immer zu beenden. Plötzlich jedoch hielt
der Apparat im Ansteigen inne und ging rückwärts aus der Höhe wieder
herab, lenkte in kurzem Kreisbogen durch den schräg aufwärts gerichteten
Horizontalschweif mit dem Hinterteil wieder nach oben, stellte sich
hierbei auf den Kopf und sauste nun mit mir aus etwa 20 Meter Höhe
senkrecht zur Erde hinunter. Mit klarem Bewusstsein, die Arme und den
Kopf voran, den Apparat immer noch an den Handhaben festhaltend, stürzte
ich dem grünen Rasen zu.--Ein Stoss, ein Krach, und ich lag mit dem
Apparat auf der Erde. Eine Fleischwunde an der linken Seite des Kopfes,
mit dem ich auf das Apparatgestell geschlagen war, und das verstauchte
linke Handgelenk waren die einzigen schlimmen Folgen dieses Unfalles.
Der Apparat war, so wunderbar es klingt, ganz unversehrt. Ich selbst
sowohl wie mein Segelzeug waren gerettet worden, durch den elastischen
Prellbügel, den ich wie durch eine höhere Fügung gerade zum ersten Male
vorn am Apparat angebracht hatte. Der aus Weidenholz hergestellte
Prellbügel selbst war vollkommen zersplittert, seine einzelnen Teile
hatten sich fuss-tief in die Erde eingebohrt, so dass sie nur mit
Anstrengung herausgezogen werden konnten."

Dieser Unfall gab zu einigen Veränderungen Veranlassung: Der
Angriffspunkt der Hände wurde mehr nach hinten gerückt, und es wurde
dafür gesorgt, dass der Oberkörper nicht mehr ganz hintenüberfallen
konnte. Lilienthal schloss aus seinen früheren und späteren Versuchen,
dass man die Profilfläche, trotz ihrer vorzüglichen Tragewirkung bei
freien Segelflügen, nicht bis zu ein Zwölftel der Flügelbreite ausdehnen
dürfe, sondern nur bis zu ein Fünfzehntel oder ein Achtzehntel.

Um nicht mehr von der Windrichtung abhängig zu sein, errichtete er sich
schliesslich im Jahre 1894 in Gross-Lichterfelde eigens einen
kegelförmigen Hügeln von 15 Metern Höhe und 70 Metern Grundlinie, der
oben zur Aufnahme der Flugapparate ausgebaut war. Die Höhe dieses Hügels
wurde später auf 30 Meter vergrössert. Hier vermochte er nach allen
Himmelsrichtungen abzufliegen. Viele Hunderte von Flügen hat Lilienthal
mit grosser Sicherheit ausgeführt, so dass er schliesslich seine
Versuche über den Gleitflug als abgeschlossen betrachten konnte. Er
wollte nunmehr einen grossen Schritt weiter gehen und zum Bau einer
Motor-Flugmaschine schreiten, die ein Gewicht von 40 Kilogramm erhielt
bei einer Leistung von 2 1/2 Pferdestärke. Auf dem Stöllenberge bei
Rhinow hatte er am 9. August wieder einen Gleitflug ausgeführt und
dabei die Steuerung eines horizontalen Schweifes, der durch
Kopfbewegungen betätigt wurde, versucht. Bei einem zweiten Fluge, der
zunächst bis zur halben Länge in gerader Richtung vorwärts ging, neigte
sich nach den Angaben eines Augenzeugen der Apparat plötzlich nach vorn
und schoss pfeilschnell aus der Höhe von 15 Metern zur Erde, sich dabei
überschlagend. Mit gebrochenem Genick wurde Lilienthal aus den Trümmern
hervorgezogen, und am 10. August erlag er seinen schweren Verletzungen.

[Illustration: *Schematische Zeichnung des Lilienthalschen Abflughügels*
    Der Abflug erfolgt oben von dem zur Aufbewahrung der Maschinen in
    den Hügel eingebauten Schuppen. Die obere Linie zeigt einen
    Gleitflug, bei dem durch aufsteigende Luftströmungen der Flieger
    gelegentlich wieder gehoben wird.]

Dieser tragische Unglücksfall schreckte in Deutschland für die kommende
Zeit ab, weitere Flugversuche zu unternehmen. Auch der Bruder
Lilienthals befasste sich, von anderen Arbeiten in Anspruch genommen,
nicht mehr mit der Flugfrage. Erst jetzt hat er das Studium wieder
aufgenommen und ist im Begriff, einen Flugapparat zu erbauen.

Man vergass über den Todessturz vollkommen die begeisterte Schilderung,
die Lilienthal selbst 1894 von seinen Flugversuchen gegeben hat:

"Man braucht bei diesem Segeln keine Kraftleistung und hat nur durch die
Schwerpunktslage den Apparat zu steuern. Nebenbei ist es ein
grossartiges Vergnügen, von den Bergen und Hügeln weit in das Land
hinauszuschweben, so dass für die Laien wie für die Fachleute ein
solcher Fliegesport ebenso unterhaltend wie lehrreich als auch
kräftigend sich zeigt. Es ist keine einzige Belustigung im Freien
denkbar, welche mit soviel Uebung in der Gewandtheit des Körpers, mit so
viel Schärfung der Sinne und Förderung der Geistesgegenwart verbunden
wäre, als dieses schwungvolle Dahingleiten durch die Luft. Wir können
uns minutenlang in der Luft aufhalten, auf Strecken von mehreren hundert
Metern mit Kurierzuggeschwindigkeit die Luft durchschneiden und dennoch
sanft und gefahrlos uns wieder zur Erde niederlassen."



Nachfolger Lilienthals in England und Amerika.


In England und Amerika hatte man sich inzwischen eifrigst mit der
Verfolgung der Lilienthalschen Gedanken beschäftigt. In England war es
besonders der Marine-Ingenieur Percy Sinclair Pilcher, der bereits im
Jahre 1894 sich von Lilienthal einen Flugapparat kaufte, mit dem er
zahlreiche Versuche anstellte. Naturgemäss kam er hierbei auch zur
Entwickelung selbständiger Ideen, und er konstruierte sich, nachdem er
verschiedene Versuche mit dem amerikanischen Kastendrachen von Hargrave
angestellt hatte, mehrere eigene Apparate, die sich namentlich durch
grössere Stabilität auszeichnen sollten als ihr deutsches Vorbild. Die
Versuche mit Drachen führten Pilcher dazu, seine Apparate an einer
Schnur auszuprobieren. Er liess eine 300 Meter lange Leine an dem
Drachenflieger befestigen und durch galoppierende Pferde unter Benutzung
einer Flaschenzug-Uebertragung gegen den Wind anziehen. Sobald nun der
Flieger unter der Drachenwirkung hoch in der Luft schwebte, legte der
Luftschiffer seinen Körper langsam vor, schnitt die Halteleine durch, um
alsbald, in sanft absteigender Bahn gleitend, wieder zur Erde
niederzukommen. Auch eine mit einem 4 PS. Petroleummotor versehene
Flugmaschine hatte er gebaut. Am 30. September 1899 wurden zu
Stanfordpark bei Market Harborough verschiedene Angehörige des
englischen Aeroklubs, dessen Mitglied er 1907 geworden war, auch der
bekannte Flugtechniker Major Baden-Powell, zu Versuchen eingeladen. In
der geschilderten Weise liess er seinen Flugapparat durch die Pferde in
Bewegung setzen, die Leine wurde zerschnitten, und der Luftschiffer
glitt wie ein grosser Vogel in sanftem Gleitfluge zur Erde. Nachdem die
Startvorrichtung schnell wieder in Ordnung gebracht war, begann der
zweite Versuch. Der Flieger kam, durch Regen beschwert, erst langsam in
die erforderliche Geschwindigkeit und stieg dann bis auf eine Höhe von
10 Metern. Plötzlich brach das Schwanzruder mit lautem Krachen zusammen,
der Apparat kippte, ähnlich wie bei Lilienthal, nach vorn über und fiel,
sich überschlagend, zur Erde. Unter den Trümmern lag Pilcher bewusstlos
und wimmernd. Mit Mühe konnten ihn zufällig anwesende Aerzte aus dem
Trümmerhaufen herausziehen und nach Hause transportieren. Zwei Tage
darauf starb er jedoch, ohne vorher das Bewusstsein wiedererlangt zu
haben. Man vermutet, dass durch den Regen sich die Stricke verkürzten
und das Gerüst des Hintersteuers durch gleichzeitige starke
Beanspruchung brach. In England hat dann hauptsächlich Baden-Powell
weitere Versuche in der Flugtechnik angestellt, die namentlich dazu
führten, dass er für Kriegszwecke Drachen erbaute, mit Hilfe deren man
Menschen in die Luft zu heben vermochte.

[Illustration: *Octave Chanute*
    der erste amerikanische Flugtechniker, berühmter Ingenieur und
    früherer Präsident des Vereins amerikanischer Ingenieure, 18.
    Februar 1838 in Paris geboren]

In Amerika haben die Lilienthalschen Versuche besonders bei dem
Ingenieur Octave Chanute Verständnis geweckt. Am 18. Februar 1832 in
Paris geboren, kam er bereits als 6jähriges Kind nach Amerika. Chanute
hat sich in seiner neuen Heimat einen bedeutenden Namen als Ingenieur im
Eisenbahnwesen gemacht, wo er beim Bau von Bahnen eine sehr fruchtbare
Tätigkeit entwickelt hat; manche gute Erfindung verdankt ihm ihre
Existenz. Durch das Vertrauen seiner Landsleute wurde er seinerzeit zum
Präsidenten des Vereins amerikanischer Ingenieure erwählt. Sein
Interesse für die Luftschiffahrt ist auf die Jahre 1876 und 1878
zurückzuführen. Zu jener Zeit sammelte er alle Projekte über
Luftschiffahrt, deren er habhaft werden konnte. Da er aber durch seine
Berufstätigkeit ausserordentlich in Anspruch genommen war, steckte er
das neue Studium eines Tages wieder auf, band alle Schriftstücke zu
einem Bündel zusammen und legte sie beiseite.

[Illustration: *Chanute-Leiter-Drachen 1895*
    Diese erste Konstruktion ist aus mehreren Kastendrachen
    zusammengesetzt]

Erst 11 Jahre später gewann er wieder Zeit, sich mit seiner alten
Lieblingsidee zu beschäftigen. Er machte eine Studienreise nach Europa,
deren Ergebnis er nach seiner Rückkehr in verschiedenen Vorträgen und
Artikeln niederlegte. Damals schrieb Chanute das in Luftschifferkreisen
weltberühmte Buch: "Progress in Flying Machines"--Fortschritte auf dem
Gebiete der Flugmaschinen--, in dem er eine kritische Uebersicht aller
bis dahin gemachten Experimente gab. Er war zu der Ansicht gekommen,
dass namentlich der Gleichgewichtsmangel ein Haupthindernis aller
Fortschritte sei. Sein Streben ging deshalb dahin, diesen Mangel zu
beseitigen. Er machte unzählige Versuche mit den verschiedensten Formen
von Flächen und kam zu dem Resultat, dass sein Leiter-Drachen, bei dem
die Tragezellen durch ein Diagonal-Rahmenwerk in jeden beliebigen Winkel
zur Luftströmung eingestellt werden konnten, die besten Resultate ergab.
Der einer Trittleiter sehr ähnlich sehende, aus drei kastenförmigen
Hargrave-Drachen zusammengesetzte Flieger erwies sich als
ausserordentlich stabil. Chanute erbaute alsdann einen Gleitflieger in
einer solchen Grösse, dass ein Mann durch die Fläche getragen werden
konnte.

[Illustration: *Mehrdecker-Gleitflieger von Chanute* (sechste
    Konstruktion) *1896*]

In seinen Veröffentlichungen gab er damals der Ansicht Ausdruck, es sei
nötig, bei den Versuchen sehr vorsichtig zu Werke zu gehen, was dazu
führte, dass man mit leichtem Hohne ihm vorwarf, dieser Rat sei wohl
leicht zu geben, aber schwer zu befolgen. Nunmehr wollte er seine
Ratschläge in die Tat umsetzen und baute einen Vieldecker nach dem
Prinzip seines Leiter-Drachens, der am Mittelgestell mehrere Paar sich
um ihre Achse drehende Flügel besass, die durch Federkraft in Spannung
gehalten wurden. Hierin besteht ein wesentlicher Unterschied seiner
Konstruktion vor derjenigen Lilienthals. Während dieser das
Gleichgewicht durch die Bewegung seiner Beine halten musste, wurde bei
dem Chanuteschen Apparat das Gleichgewicht automatisch durch den Wind
gehalten, der die Flügel selbsttätig je nach seiner Kraft in eine
geringere oder grössere Neigung einstellte. Die neue Maschine erwies
sich als sehr stabil, als sie im freien Segelfluge nach Lilienthalscher
Art in Sanddünen am Michigansee, zirka 50 Kilometer von Chicago
entfernt, versucht wurde. Jedoch war der Neigungswinkel zu steil. Als
Uebelstand zeigte sich, dass die vorderen Flügel die Luft nach abwärts
führten und dadurch die Tragkraft der übrigen verminderten. Chanute
brachte nacheinander bis zu fünf Paar Flächen am vorderen Teile an, und
der Neigungswinkel wurde dadurch verringert, bis er etwa dieselbe
Neigung erhielt, wie bei den Lilienthalschen Gleitfliegern.

[Illustration: *Chanute-Doppeldecker im Fluge zu Dune-Park 1896*]

Im Dezember 1895 gewann sich Chanute die Hilfe des Ingenieurs Herring,
der sich schon mehrere Jahre mit aviatischen Versuchen beschäftigte und
einen seiner Lilienthalschen Flieger, die er schon in New York erprobt
hatte, für weitere Versuche umbaute.

Beim weiteren Ausbau seiner Apparate stellte Chanute zur Verminderung
des Luftwiderstandes einen Dreiflächenflieger her, aus dem sich
schliesslich der Doppeldecker entwickelt hat, der jetzt bei grosser
Haltbarkeit durch eine sinnreiche Brücken-Diagonal-Tragband-Konstruktion
nur ein Minimum von Material erfordert. An diesen Apparaten war ein sehr
praktischer selbstregulierender Mechanismus angebracht, den Herrings
erfunden hatte. Die praktischen Segelflugversuche wurden im Dune-Park im
Jahre 1896 ausgeführt. Im ganzen machten Chanute selbst sowie seine
Assistenten, Herring, Avery und Butusoff, etwa 2000 Gleitflüge ohne den
geringsten Unfall, wenn auch die Flugmaschine in einigen Fällen leicht
beschädigt wurde.

[Illustration: *Chanute-Doppeldecker zu Dune-Park 1896*]

Im Jahre 1902 baute Chanute einen dritten Typ, bei dem das Gleichgewicht
durch Vor- und Zurückschwingen der Flügel um ihre Achse gehalten wurde.
Dieser Dreidecker hatte ausgezeichnete Resultate und wurde den Brüdern
Wright zu Versuchen übergeben. 1904 stellte Chanute zu St. Louis einen
Apparat zum Vorwärtsziehen eines Gleitfliegers aus; er hatte dabei die
Experimente Pilchers vor Augen, der, wie schon erwähnt, seine
Flugmaschine durch Pferde in die Luft fierte. Chanute benutzte zum
Hochfieren seiner Apparate einen auf einen Wagen gesetzten Dynamo.

In der Folge gab er aber, als die Brüder Wright immer mehr hervortraten,
seine Experimente auf. Einerseits veranlasste ihn hierzu sein hohes
Alter--er ist gegenwärtig 77 Jahre alt--und anderseits war er zu den
Wrights in nähere Beziehungen getreten und hatte in ihnen Leute schätzen
gelernt, die mit grosser Energie und Sachkenntnis sich dem Flugproblem
widmeten. Ihre mechanischen Vorkenntnisse, ihre grosse Praxis in der
Kleinmechanik und ihre körperliche Behendigkeit befähigten die beiden
seiner Ansicht nach, das Werk zu einem durchschlagenden Erfolge zu
führen. Er hat ihnen deshalb nach Aufgabe seiner Versuche soviel wie
möglich geholfen; er ist ihnen mit dem reichen Schatz seiner Erfahrungen
beigesprungen und bei ihren Berechnungen behilflich geworden. Später,
als man den Mitteilungen über die Erfolge Wrights nirgends Glauben
schenken wollte, hat er sich durch Wort und Schrift bemüht, ihnen die
verdiente Anerkennung zu verschaffen. Wenn in der Geschichte der
Luftschiffahrt das Wirken der Wrights gewürdigt wird, so darf man
keinesfalls den Namen Chanute dabei vergessen, der in selbstloser Weise
im Interesse der Flugtechnik gewirkt hat.

[Illustration: *Chanute-Gleitflieger*
    beim Beginn des Starts von vorn gesehen. 1904]

       *       *       *       *       *



Die Gleitflugversuche der Brüder Wright.


Wilbur Wright schildert seinen und seines Bruders aeronautischen
Werdegang eingehend in der Zeitschrift des Vereins der westamerikanischen
Ingenieure vom Dezember 1901 unter dem Titel: Einige aeronautische
Versuche (Some Aeronautical Experiments). Das in der Jugend schon
bezeigte Interesse an Flugversuchen wurde bei Wilbur Wright zuerst wieder
im Jahre 1896 neu geweckt, als der Telegraph die Nachricht nach Amerika
brachte, dass der deutsche Flugtechniker Lilienthal bei seinen
aufsehenerregenden Experimenten abgestürzt und umgekommen sei. Er begann
darüber nachzudenken, wodurch wohl der Sturz dieses Mannes hervorgerufen
worden sei, der doch schon eine grosse Anzahl von Flügen glücklich
ausgeführt hatte. Zunächst studierte er die modernen Bücher, die sich
namentlich mit dem Vogelflug beschäftigten, so besonders das Werk von
Professor Marey. Als bald darauf auch sein Bruder Orville sich für das
Flugproblem zu interessieren begann, beschlossen beide, praktische
Versuche zu unternehmen. Die meisten Misserfolge hatten nach ihrer
Ueberzeugung ihren Hauptgrund in ungenügender praktischer Uebung der
Fliegekunst. Sie rechneten sich aus, dass Lilienthal während 5 Jahren im
ganzen nur ungefähr 5 Stunden im freien Fluge zugebracht habe. Als
Fachleute in der Fahrradtechnik verglichen sie diese Studienzeit mit den
Vorübungen eines Radfahrers, der doch auf keinen Fall in lebhaften
Strassen fahren könne, wenn er nur 5 Stunden lang Fahrversuche angestellt
hätte. Freilich, Lilienthal hatte--das mussten sie anerkennen--bei seiner
geringen Uebungszeit ausserordentlich viel gelernt und eine Steigerung
der Dauer eines ununterbrochenen Fluges auf 10 Sekunden musste man schon
als gewaltigen Fortschritt betrachten.

[Illustration: *Wright-Gleitflieger 1901*
    Der Lenker schmiegt sich nach dem durch Anlaufen gegen den Wind
    erfolgten Start aus der hängenden Stellung in die wagerechte Lage]

Sie beschlossen, eine Maschine zu erbauen und sie bei einer Windstärke
von etwa 28 Kilometer Geschwindigkeit pro Stunde zu erproben. Von
vornherein sollten die Proben zunächst an einer Schnur wie bei einem
Drachen, vorgenommen werden. Der anfänglich grösser geplante
Gleitflieger wurde etwa 18 Quadratmeter gross gemacht. Die Maschine war
ein Doppeldecker mit zwei grossen Trageflächen nach dem System Chanutes.
Doch hatten die Brüder schon ganz wesentliche Aenderungen an ihrer
Maschine vorgenommen. Der sonst übliche "Schwanz" war fortgelassen und
durch eine kleinere Tragfläche ersetzt, die sich vor den Hauptflächen
befand. Hierdurch gedachten sie ein Kippen des Apparates zu verhindern,
indem der Winddruck durch die Wirkung auf die kleine Fläche als
Gegenlast zu den grossen diente. Eine weitere grundsätzliche Aenderung
bestand darin, dass der Pilot nicht, wie es bisher immer geschehen war,
sich in aufrechter, sondern in liegender Stellung befand.

Ueber die Vorteile der horizontalen Lage des Luftschiffers im
Gleitflieger hat sich Wilbur Wright wiederholt geäussert. Hauptsächlich
betont er, dass der Widerstand eines Körpers gegen die Luft in
aufrechter Stellung fast dreimal so gross ist als in waagerechter
Haltung. Während Lilienthal und seine Nachfolger Chanute, Herrings und
Pilcher annahmen, dass pendelnde Bewegungen der Beine nach vorn,
rückwärts und nach den Seiten wesentlich zur Sicherheit des Fluges und
zur Erhaltung des Gleichgewichts beitrügen, sind die Wrights durch ihre
jahrelangen Versuche zur Erkenntnis gekommen, dass gerade ihre Lage beim
Fliegen bedeutende Vorzüge biete. Vor allen Dingen finden wir bei ihnen
das Bestreben, sich möglichst eins mit der Maschine zu fühlen. Sie gehen
dabei von der ganz richtigen Annahme aus, dass sie dadurch die kleinsten
Gleichgewichtsstörungen leichter bemerken und ihnen durch geringe
Verschiebungen in der Lage ihres Körpers entgegenwirken können. Auch die
Lenkbarkeit ist in dieser Stellung grösser. Wenn der Wind plötzlich
einen grösseren Druck auf die Tragflächen ausübt, wird die
Schrägstellung viel leichter bewirkt, wenn der Aviatiker nur mit den
Armen in der Maschine hängt, als wenn er darin liegt, denn der pendelnde
Körperteil des Menschen wird bei solchen Veränderungen der
Tragflächenlage nicht mitbetroffen, weswegen der Widerstand gegen
derartige Gleichgewichtsstörungen in diesem Falle viel geringer ist. Nur
bei der Abfahrt und beim Landen bietet die hängende Lage Vorteile, weil
der Pilot keiner fremden Hilfe bedarf und allein gegen den Wind anlaufen
kann. Die Wrights nun mussten entweder, wie sie zuerst taten, mit ihrem
Apparat gegen den Wind anlaufen und sich, sobald der Flieger ins
Schweben kam, turnend in liegende Stellung bringen, oder aber, wie sie
es zuletzt taten, durch zwei Leute in die Luft fieren lassen. Ebenso
konnten sie bei der Landung durch ihre Beine leichter den Stoss federnd
auffangen. Für längere Gleitflüge nun ist die hängende Lage
ausserordentlich ermüdend. Auch die ausgleichenden Bewegungen gegen die
Gleichgewichtsstörungen erfordern einen unverhältnismässig grossen
Kraftaufwand, der lange Flüge überhaupt ausschliessen würde. In
horizontaler Lage fallen diese Kraftanstrengungen überhaupt fort, da die
Maschine schon infolge grösserer Trägheit schwerer die Tendenz der
Stabilität verlieren wird. Dass die Art dieser Gleitflüge nur auf
weichem Boden ausführbar wäre, sei allerdings der Nachteil, immerhin
aber sei die Gefahr, sich beim Landen zu verletzen, weit geringer, als
man annähme. Die Brüder haben Landungen nach beiden Methoden versucht
und sich bei keiner verletzt. Das seitliche Gleichgewicht und die
Steuerung, die bei Lilienthal und Chanute durch die Bewegung des
Luftschiffers hervorgerufen wurde, sollte schon bei dem ersten
Wrightschen Apparat durch eine Krümmung der Haupttragefläche bewirkt
werden, auf deren nähere Beschreibung wir weiter unten zurückkommen
wollen.

[Illustration: *Wright Gleitflieger im Segelfluge 1902*]

Ein hervorragend geeignetes Flugfeld wurde in Kitty Hawk in Nordkarolina
gefunden, einem kleinen Orte auf der Landzunge, die Albe-Marle-Sund vom
Atlantischen Ozean scheidet. Zunächst liessen die Brüder Wright den
Gleitflieger wie einen Drachen bei einer Luftströmungsgeschwindigkeit
von 40-50 km in der Stunde steigen, wobei die Flächen sich unter einem
Winkel von etwa 3 Grad einstellten. Sobald aber der Flieger mit einer
Person belastet wurde und bei einem Wind von 40 km aufstieg, stellten
sie sich auf 20 Grad. Es ergab sich nun aber bald, dass an schönen Tagen
Winde von 50 km in der Stunde, die eine bedeutend grössere Hubkraft
zeigten, seltener waren, und dass es deshalb unmöglich war, Tag für Tag
und Stunde für Stunde zu üben. Durch die Versuche erkannte man auch
schon, dass die seitliche Stabilität weit besser gehalten werden konnte,
wenn man die Trageflächen durch Hebel drehte, als wenn der Luftschiffer
durch Körperbewegungen Gleichgewichtsstörungen entgegen wirken wollte.
Bei den Versuchen an einer Schnur wurden die Steuerhebel von unten aus
durch Leinen bewegt.

[Illustration: *Wright-Gleitflieger*
    in den Sanddünen zu Kill Devil Hill am Atlantischen Ozean 1902]

Die Zeit, in der praktische Uebungen mit dem bemannten Flieger nicht
angestellt werden konnten, wurde dazu benutzt, Messungen von Hub und Zug
bei verschiedenen Belastungen und mit verschiedenen Krümmungsgrössen der
Flächen zu unternehmen. Hierbei stellte es sich heraus, dass das
Krümmungsverhältnis von 1:22--Krümmung zur Tiefe der Tragfläche--das sie
bei ihrer ersten Konstruktion angewandt hatten, einen nicht so guten Hub
ergab, als das Verhältnis 1:12.

Die Gleitflugversuche wurden 6 km südlich von Kitty Hawk von dem
Kill-Devil-Sandhügel unternommen, der bei einer Neigung von 9,5 Grad
eine Höhe von 35 m hat. Die Brüder wagten jedoch erst dann vom Boden in
die Luft zu springen, wenn der Wind etwa eine Stundengeschwindigkeit von
über 20 km besass. Zunächst rannte der Experimentator von einer Stelle
etwas unterhalb des Gipfels gegen den Wind vorwärts, schwang sich in die
Luft und turnte dann schnell in die liegende Stellung. Da dies immer die
Stabilität sehr störte, wurden die Gleitflüge bald mit Hilfe zweier an
den Seiten der Flächen stehenden Leute eingeleitet, welche die Maschine
führten und mit ihr eine Strecke vorwärts liefen. Die Landung erfolgte
wider Erwarten ausserordentlich leicht. Wenn auch die Geschwindigkeit
des Fluges 35 km in der Stunde betrug, so nahm doch weder der Flieger
noch der Fahrer irgendwelchen Schaden. Die Maschine gehorchte
ausserordentlich leicht auch den leisesten Bewegungen der vorn
angebrachten Steuerflächen.

Nachdem die Gleitflugversuche des Jahres 1900 beendet waren, fassten die
Wrights die gewonnenen Resultate zusammen und stellten folgende Sätze
auf:

1. Praxis ist der Schlüssel des Fluggeheimnisses.

2. Der Luftschiffer soll sich in horizontaler Lage befinden.

3. Eine schmale Tragfläche, die eine umgekehrte Neigung hat als die
Haupttrageflächen, ist zur Steuerung erforderlich.

4. Die Steuerung muss bewirkt werden können, ohne dass der Pilot seine
Stellung verändert, und endlich

5. die seitliche Stabilität wird weit besser durch Verwinden der
Trageflächen gewährleistet, als durch Körperbewegungen.

Im Jahre 1901 vergrösserten die Wrights ihre Maschine auf 35
Quadratmeter und gaben den Trageflächen eine Wölbung von 1:12. Somit
waren sie, was Grösse der Trageflächen und ihre Wölbung anbelangt, auf
dieselben Grössen gekommen, wie sie von Lilienthal anfänglich
konstruiert waren. Dieser hatte zwar eine geringere Wölbung 1:15 bzw.
1:18 zuletzt angewendet, aber er hatte festgestellt, dass die grösste
Hubkraft bei einer Krümmungsflache von 1:12 vorhanden war, jedoch
gleichzeitig auch erfahren, dass das Gleichgewicht hierbei schwerer zu
halten war. Am 27. Juli begannen im Beisein Chanutes die neuen Versuche,
die bald zu einer Verringerung der Krümmung führten. Nach kurzer Zeit
schon gelang es ihnen wieder die alte Praxis zu erwerben und 100 Meter
weit zu gleiten; nach mehreren Tagen bereits konnten sie schon in einem
kräftigeren Winde von 25 bis zu 45 km Geschwindigkeit durch die Luft
segeln. Die Erfolge bewirkten, dass die Wrights, die ursprünglich das
Fliegen nur als Sport betrachteten, nunmehr wissenschaftlich die
einschlägigen Fragen zu lösen versuchten. Sie bauten sich mehrere
Modellmaschinen für Winddruckmessungen und machten eine grosse Reihe von
Versuchen mit den verschiedensten Oberflächen, die unter einem Winkel
von 0-45° in Intervallen von 2-1/2 Grad eingestellt waren.

So theoretisch wohl vorbereitet nahmen sie im August 1902 auf dem alten
Felde bei Kitty Hawk ihre Versuche wieder auf. Im Jahre 1900 hatte die
Breite ihres Fliegers 5,64 Meter betragen, die Tiefe 1,52 Meter, die
gesamte Oberfläche mit Steuer 15,6 Quadratmeter und das Gewicht 21,8
Kilogramm. 1901 wurden die Grössenverhältnisse auf folgende Zahlen
gebracht: Breite 6,7 Meter, Tiefe 2,13 Meter, Oberfläche 21,0
Quadratmeter, Gewicht 45,5 Kilogramm; 1902 auf 9,75 Meter, 1,52 Meter,
28,4 Quadratmeter und 53,0 Kilogramm.

Der Abstand der in Etagen angeordneten Haupttrageflächen betrug etwa
1,40 Meter. Das vertikale Horizontalsteuer wurde verdoppelt und mit
seiner 1,3 Quadratmeter grossen Fläche wie ein zweiteiliger Schwanz an
der hinteren Seite angebracht. Das Gestell, bestand aus Fichtenholz, das
mit Stahldrähten in Brückenkonstruktion zusammengehalten wurde. Das
Verspannen der Drähte war auf geniale Weise durchgeführt in der Weise,
dass man beliebig später die Drähte anziehen oder lösen konnte. Als
Material war Klaviersaitendraht benutzt worden. Die Bespannung der
Flächen war mit Ballonstoff erfolgt, der eine geringe oder fast gar
keine Durchlässigkeit für die Luft besitzt. Die erste Konstruktion aus
durchlässigem Stoff hatte sich als ungeeignet erwiesen.

[Illustration: *Wrights Gleitflieger 10. Oktober 1902*
    Der Start erfolgt mit Hilfe zweier Personen, die mit dem Flieger
    gegen den Wind einen Sandhügel hinab laufen. Der Lenker befindet
    sich hierbei in wagerechter Lage.]

Wieder wurden die Versuche zunächst an einer Fesselleine ohne Bemannung
begonnen, und erst, als die Stabilität der neuen Maschinen unzweifelhaft
feststand, begannen die Brüder mit den Gleitversuohen. Beide erlangten
alsbald eine ausserordentliche grosse Uebung und lernten vor allen
Dingen den Einfluss des mit wechselnder Richtung und Kraft blasenden
Windes kennen. Natürlich blieben den beiden auch Unfälle nicht erspart,
und gelegentlich erlitt auch ihre Maschine einige Havarien. Doch im
allgemeinen sind diese Zwischenfälle nur gering zu nennen gegen die
grosse Anzahl der Flüge. Insbesondere ist es bemerkenswert, dass die
Landungen normalerweise immer sehr sanft vor sich gingen. Der
Flugmaschine hat man bekanntlich gerade vorgeworfen, dass die Landungen
meist mit sehr heftigem Stosse von statten gehen müssten, weil die Hilfe
des Gasauftriebes fehle. Der Vergleich, den man hierbei mit der Landung
eines Freiballons gezogen hat, hat sich als genau so unzutreffend
erwiesen, wie bei den Landungen mit schweren Motorballons, deren
Niedergehen auf die Erde man sich ohne heftigen Stoss gar nicht
vorstellen konnte. Vorzüglich bewährte sich gerade bei den Landungen das
vordere Höhensteuer, das, im letzten Moment etwas gehoben, die Landung
besonders sanft gestaltete.

[Illustration: *Wilbur Wright*
    in wagerechter Lage in seinem Gleitflieger von unten gesehen (1902)]

Die Gleitversuche gelangen schliesslich in diesem Jahre auch bei
Windgeschwindigkeiten bis zu 16,7 Metern in der Sekunde. Die Flugdauer
betrug im allgemeinen bis zu 15 Sekunden, doch wurde sie schliesslich
schon bis zu 26 Sekunden gesteigert. Im ganzen wurden im Jahre 1902 etwa
1000 Flüge unternommen, deren längster bei einer Flugdauer von 26
Sekunden eine Strecke von 622,5 Metern betrug.

[Illustration: *Die Maschine mit der Startvorrichtung, von oben gesehen*
    Rechts der Turm mit dem auf der Erde liegenden Fallgewicht, vom Turm
    aus führt die Leine zur Startschiene]

Nunmehr fassten die Brüder den Plan, einen Motor in ihre Maschine
einzubauen; sie nahmen deswegen zunächst eingehende Messungen vor über
die Hubkraft ihres Apparates und stellten fest, welche Motorkraft zum
Heben ihrer Maschinen bei den verschiedenen Windgeschwindigkeiten
erforderlich war. Das Gewicht der Maschine von 1902 betrug 53,0
Kilogramm, dazu kamen die Gewichte der beiden Piloten: Wilbur Wright
61,4 Kilogramm und Orville Wright 65,2 Kilogramm, so dass also im ganzen
entweder 114,4 Kilogramm oder 118,2 Kilogramm zu heben waren. Es stellte
sich heraus, dass bei 25 km Windgeschwindigkeit die Hubkraft etwa 1-1/2
PS betrug, bei 40 km Geschwindigkeit 2 PS. Die Landung ging meist in
einem Winkel vor sich, der zwischen 6 Grad 10 Min. und 7 Grad 20 Min.
schwankte. Durch diesen geringen Winkel wurde die Landung ebenfalls sehr
erleichtert. Anfangs des Jahres 1903 wurden diese Versuche noch weiter
fortgesetzt, und gelegentlich, bei starkem Winde vermochte Wilbur
Wright 72 Sekunden in der Luft zu bleiben, wobei er durch den Wind
zeitweise über derselben Stelle am Boden in der Luft gehalten oder
zurückgetrieben wurde. Die zurückgelegte Strecke betrug bei diesem
Rekordflug nicht mehr als 30 Meter. Der geplante Motorflieger war für
ein Gewicht von 300 kg berechnet und sollte 8 PS besitzen. Die Schrauben
waren sehr einfach konstruiert und den in der Schiffahrt angewandten
nachgeahmt. Bei den Motorproben veränderten sie jedoch die Form ihrer
Schrauben und gelangten zu der Form, die noch heute ihre Maschine
besitzt. Der Nutzeffekt betrug ursprünglich 66 Proz., demnach ein
Drittel mehr als bei den Schrauben, welche die Flugtechniker Maxim und
Langley angewandt hatten; heute soll er über 70 Proz. betragen. Ende
1903 begannen sodann die Flugversuche mit dem Motorflieger.

[Illustration: *Vorbereitungen zum Start*
    Mehrere Personen ziehen an Seilen das Fallgewicht in die Höhe. Das
    aus eisernen Ringen bestehende Gewicht befindet sich in dem Turm
    gerade in Mannshöhe. Deutlich ist die Verbindung des Seiles, das vom
    Gewicht die Erde entlang zum Flieger führt, zu sehen]



Der Motorflieger der Wrights.


Bei der Arbeit hatte die Flugmaschine verschiedene Veränderungen
erfahren. Der Motor erhielt 16 PS und wog, Vergaser und Schwungrad
eingeschlossen, 62,7 Kilogramm. Es wurden zwei Propeller unmittelbar
hinter den Haupttrageflächen angebracht, die sich in verschieden
gerichtetem Sinne mit 1200 Touren in der Minute drehten. Der Motor,
Viertakt-Benzinmotor mit 4 Zylindern, war in der Fabrik der Wrights
gebaut. In einer Stunde wurden 4,5 Kilogramm Benzin verbraucht.

Die Trageflächen hatten eine Breite von 12,25 Metern, eine Tiefe von
6,12 Metern und eine Oberfläche von 48 Quadratmetern. Am 17. Dezember
1903 wurden an einem kalten und windigen Tage zu Kill Devil bei Kitty
Hawk in Gegenwart von nur 5 Personen die ersten Flugversuche mit dem
Motorflieger unternommen. _Dieser Tag ist demnach als Geburtstag der
ersten freifliegenden mit eigener Kraft vorwärts getriebenen
Flugmaschine anzusehen_. Allerdings hatte bereits im Jahre 1898 der
schon erwähnte Flugtechniker Herring am Michigansee einen 9 Sekunden
langen Flug mit einem Flieger ausgeführt, aber die Wiederholung gelang
nicht; es war eben nur ein Sprung unter günstigen Verhältnissen gewesen.

[Illustration: *Der Flieger beim Start am Ende seiner Ablaufschiene*
    Von einem Militärballon bei Rom aufgenommen. In der Mitte des Bildes
    steht ein Offizier, rechts sitzen einige Soldaten]

Der Anflug erfolgte von einem 60 m hohen Hügel, die
Windgeschwindigkeit, die mit einem Anemometer gemessen wurde, betrug
9,72 m in der Sekunde zur selben Zeit, als der Windmesser der
meteorologischen Station zu Kitty Hawk etwa 12 m in der Sekunde
registrierte. Die Anfahrt wurde genau gegen den Wind gerichtet. Der auf
Schlittenkufen montierte Apparat glitt mittels eines nur 20 cm hohen
Rades auf einer Holzschiene zunächst etwa 10,25 m vorwärts und erhob
sich bei Einstellung des Steuers in schräger Richtung bis zu einer Höhe
von etwa 3 Metern, in welcher er in gerader Linie weiterflog. Der erste
Flug dauerte 12 Sekunden. Dies ist zwar eine bescheidene Leistung, war
jedoch von allerhöchster Bedeutung, da nunmehr die Konstrukteure sicher
waren, dass ihr Flieger mit Motor genau so stabil in der Luft war, wie
früher ihr Gleitflieger. Ein zweiter und dritter Versuch dauerte schon
etwas länger, und endlich bei dem vierten Versuch wurde eine Strecke von
260 Metern in 59 Sekunden zurückgelegt. Die letzte Landung ging nur
deshalb so früh vor sich, weil der Führer das Steuer eine Kleinigkeit zu
stark gedreht hatte. Die Maschine folgte sofort diesem leisen Druck und
kam zum Boden herab, ehe der Pilot das Steuer wieder umzustellen
vermochte. Die Geschwindigkeit über dem Erdboden betrug 14,47 Meter in
der Sekunde, in der Luft bis zu 15,65 Meter.

[Illustration: *Der Drachenflieger 6 m über dem Felde*
    von vorn seitwärts gesehen. Aufnahme aus einem Militärballon bei
    Rom. Im Hintergrunde sieht man aus der Vogelperspektive Fussgänger,
    Reiter und Fahrzeuge an der sich hell abhebenden Strasse]

Als jedoch nach der Landung Wrights mit ihren Gästen die Resultate
dieses bedeutsamen Tages besprachen, achteten sie in begreiflicher
Erregung nicht genügend auf ihre Maschine. Ein plötzlicher Windstoss hob
den Apparat empor, und obgleich einer der Zuschauer, ein Mann von
herkulischer Gestalt, hinzusprang und ihn noch an den Trageflächen zu
halten versuchte, wurde er umgerissen, der Flieger vom Winde
emporgehoben und mit solcher Gewalt auf die Erde geworfen, dass er
schwere Beschädigungen erlitt. [Footnote: The Wright Brother's Aeroplane
of Orville und Wilbur Wright,--The Century Magazine, September 1908.]

[Illustration: *Die erste Flugschule der Welt*
    Wilbur Wright erklärt seinen Schülern Tissandier, Kapitän Lucas
    Gerardville und Graf Lambert die Flugmaschine. Orville Wright steht
    neben seinem Bruder. Rechts ist deutlich die gekreuzte Kette
    sichtbar, welche die Bewegung vom Motor auf die linke Schraube
    überträgt.]

Hierdurch erfuhren die Versuche eine Unterbrechung, und da gleichzeitig
der Winter zu weit vorgeschritten war, begaben sich die Brüder mit den
Resten ihrer Maschine in ihre Heimat zurück. Hier machten sie sich
sofort an die Wiederherstellung bzw. an den Neubau ihres Fliegers. Als
wesentliche Aenderung ist hierbei der Einbau eines Motors von 25 PS zu
bemerken. Nunmehr wurden die Versuche auf der Huffmann-Prärie bei
Simms-Station, 17 Kilometer östlich von Dayton in Ohio, fortgesetzt.
Bankdirektor Huffmann, der Besitzer dieses Landes, stellte den Brüdern
ein geeignetes Terrain zur Verfügung. Die Versuche begannen im August
1904. Die Fortschritte waren anfangs nur gering, weil das schlechte
Wetter und heftige Regengüsse die Experimente sehr störten. Ausserdem
machte ihnen die Erhaltung des Gleichgewichtes noch viele
Schwierigkeiten; sie sahen ein, dass sie von der Lösung dieser wichtigen
Frage noch weit entfernt waren. Wir sehen sie deshalb fleissig weiter
üben bis zu Ende des Jahres. Nur im Juli werden die Flüge zeitweise
ausgesetzt. Am 15. September bereits konnten sie 800 Meter mit einer
Kurve zurücklegen, und am 26. September wird ein vollkommener Kreisflug
zustande gebracht, bei dem nach den Messungen eines Richardschen
Anemometers 1630 Meter in der Luft und 1400 Meter über dem Boden
zurückgelegt wurden. Die Angaben des Windmessers hatten bei ruhiger Luft
stets mit der gemessenen Distanz übereingestimmt. Die längsten Flüge
fanden am 9. November und am 1. Dezember statt. An diesem Tage wurden
4-1/2 Kilometer mit einer Geschwindigkeit von 51 Kilometer in der Stunde
zurückgelegt. Am 9. November war der mit einem Passagier bemannte
Flieger noch mit fünfzig Pfund, am 1. Dezember sogar mit 70 Pfund
Eisenstangen belastet worden. Die Geschwindigkeit betrug 60 Kilometer in
der Luft und 75 Kilometer über dem Boden. Am 9. November erreichte die
Flugdauer 5 Minuten 4 Sekunden, am 1. Dezember 4 Minuten 52 Sekunden. Im
ganzen wurden im Jahre 1904 105 Landungen ausgeführt. Im Frühjahr 1905,
bei Beginn der besseren Jahreszeit, wurden die Versuche fortgesetzt,
aber erst am 6. September gelang es, durch Zurücklegung von 4,5
Kilometer den Rekord des Vorjahres zu schlagen. Am 26. September legten
sie eine Strecke von 17,961 Kilometern--10 englische Meilen--in 18
Minuten 9 Sekunden zurück. Das Benzinreservoir reichte damals für 20
Minuten, jedoch gingen immer einige Minuten bei dem Ingangsetzen des
Motors verloren. Am 29. September wurden sogar 19,57 Kilometer in 19
Minuten und 55 Sekunden durchmessen.

[Illustration: *Wilbur Wright macht eine Fahrt mit Frau Hart O'Berg*
    deren Kleider unten durch eine Schnur zusammengehalten werden.]

[Illustration: *Hölzerne Startschiene*
    im Hintergrunde der Turm mit dem Fallgewicht]

Bei allen diesen Versuchen führten die Wrights schon Wendungen aus, bei
denen sie häufig über den Köpfen der Zuschauer mehrfach hin und her
flogen und fast immer zu ihrem Landungsort zurückkehrten. Schnell
steigerte sich nun die Flugdauer, nachdem die Erfinder ein grösseres
Benzinreservoir eingefügt hatten. Am 3. Oktober betrug die zurückgelegte
Strecke bereits 24,5 Kilometer, die in 25 Minuten und 5 Sekunden
durchflogen wurden, am 4. Oktober 33,45 Kilometer in 33 Minuten und 17
Sekunden, und am 5. Oktober deckten die Piloten eine Strecke von 38,956
Kilometern in 38 Minuten und 3 Sekunden. Dies war der Rekord, den sie in
der Nähe von Dayton erreichten.

Natürlicherweise erlitten sie auch mehrfach Pannen. Gelegentlich
erhitzte sich ein Lager oder der Motor wurde warm, das Oel ging
vorzeitig aus und was der Kinderkrankheiten noch mehr sind. In der Folge
wohnten viele Einwohner von Dayton ihren Flügen bei, aber man sprach
sich in den Zeitungen sehr wenig anerkennend darüber aus. Es wurde über
die kurze Dauer der Flüge gespottet, was darin seinen Grund hatte, dass
man von den langen Flügen der europäischen Lenkballons gelesen hatte und
einen Unterschied zwischen dem Flug eines aerostatischen und eines
aerodynamischen Luftschiffes nicht zu machen vermochte. Die Leute
hielten beides für dasselbe und würdigten deshalb die hervorragenden
Leistungen ihrer Landsleute absolut nicht. In den absprechenden
Zeitungsnachrichten liegt auch der Grund, dass man in Europa den Angaben
der Wrights keinen Glauben schenkte. Man versteifte sich darauf, wenn
wirklich die beiden Brüder solche langen Flüge ausgeführt hätten, so
würden die Amerikaner in weit höherem Masse Reklame für sie gemacht
haben. Man würde ihnen im Handumdrehen genügend Geld zur praktischen
Verwertung ihrer Maschine gegeben haben.



Das Ringen der Wrights um Anerkennung.


Sobald die Nachricht von den Erfolgen des Jahres 1905 nach Europa
gelangt war, nahm sich der rühmlichst bekannte französische
Flugtechniker Artilleriehauptmann Ferber des Gegenstandes an und schrieb
zunächst an den ihm persönlich bekannten Chanute in Chicago, der ihm die
Angaben der Wrights bestätigte. Im Oktober 1905 richteten alsdann die
beiden Wrights einen Brief an Ferber, der folgenden Wortlaut hatte:

    Dayton, 9. Oktober 1905.

    Geehrter Herr!

    Als wir Ihren letzten Brief erhielten, fassten wir gerade die
    Ergebnisse unserer Versuche zusammen und glaubten, auf Ihre Frage
    über den praktischen Wert unseres Fliegers bald antworten zu können.
    Wir haben länger mit der Antwort warten müssen, als wir dachten. Wir
    wollten erst längere Flüge, als die in der letzten Saison abwarten,
    die nur fünf Minuten dauerten; heute können wir kühn behaupten, dass
    unser Flieger für künftige praktische Verwendung geeignet ist.

    Unsere Versuche im vergangenen Monat haben uns gezeigt, dass wir
    jetzt Maschinen bauen können, die wirklich für verschiedene Zwecke,
    militärische usw., brauchbar sind. Am 3. Oktober haben wir einen
    Flug von 24,535 Kilometer in 25 Minuten 5 Sekunden gemacht. Dieser
    Flug wurde dadurch beendet, dass sich ein Lager aus Mangel an Oel
    heisslief. Am 4. Oktober haben wir eine Entfernung von 33,456
    Kilometern in 33 Minuten 17 Sekunden erreicht. Wieder lief die
    Transmission warm, aber wir konnten zum Abflugsplatz zurückkehren,
    ohne landen zu müssen. Am 5. Oktober dauerte unser Flug 38 Minuten 3
    Sekunden und bedeckte eine Distanz von 39 Kilometern. Die Landung
    wurde durch Benzinmangel erzwungen. Ein Oeler hatte der Ursache
    abgeholfen, welche die früheren Flüge verkürzt hatte. Die Zuschauer
    dieser Flüge begeisterten sich so, dass sie ihre Zunge nicht mehr
    hüten konnten. Da unsere Versuche bekannt zu werden anfingen,
    entschlossen wir uns, sie einzustellen, bis wir einen einsameren
    Platz gefunden hätten.

    Wir haben die letzten Jahre vollständig damit verbracht, unsern
    Flieger zu vollenden, und wir haben wenig darüber nachgedacht, was
    wir damit machen würden, wenn er fertig wäre. Aber unsere jetzige
    Absicht ist, ihn zuerst den Regierungen zu Kriegszwecken anzubieten,
    und wenn Sie glauben, dass Ihre Regierung dafür interessiert werden
    könnte, so würden wir gern deshalb mit ihr in Verbindung treten.

    Wir sind bereit, Maschinen nach Vertrag zu liefern, abnehmbar erst
    nach einem Versuch über 40 Kilometer, wobei die Maschine einen
    Lenker und einen Benzinvorrat für mehr als 100 Kilometer tragen
    soll. Wir könnten auch einen Kontrakt machen, in dem die Strecke des
    Versuchsfluges grösser als 40 Kilometer ist, aber dann wäre der
    Preis der Maschine höher.

    Wir könnten diese Maschinen auch für mehr als eine Person Belastung
    bauen.

    Ergebenst
      (gez.) W. und O. Wright.


Um sich von der Richtigkeit dieser Angaben zu überzeugen, richtete
Hauptmann Ferber an den ihm persönlich bekannten Ingenieur Chanute ein
Schreiben, in dem er ihn bat, ihm über die Leistungen der Wrights
Auskunft zu geben. Er erhielt darauf folgenden Bescheid:


    Chicago, 9. November 1905.

    Lieber Hauptmann Ferber!

    Soeben habe ich Ihren Brief vom 26. Oktober erhalten. Meiner Meinung
    nach können Sie in die Angaben, die Ihnen die Brüder Wright über
    ihre Versuche gemacht haben, vollstes Vertrauen setzen. Ich selbst
    hatte nur Gelegenheit, einem kleinen Fluge über einen halben
    Kilometer beizuwohnen, dagegen haben mir die Brüder wöchentlich
    Nachricht über ihre Versuche zukommen lassen, und Freunde, die
    selbst Zeugen der Experimente waren, haben mir diese Angaben
    bestätigt, als ich, um einem geplanten Fluge von 60 Kilometer in der
    Stunde beizuwohnen, vorige Woche in Dayton war. Leider konnte
    dieser Flug infolge zu grossen Sturmes nicht stattfinden. Die
    Wrights haben sich Frankreich, das die Fortschritte auf dem Gebiete
    der Lenkballons seit dem Jahre 1885 geheimgehalten hat, zum Beispiel
    genommen. Auf ihre Bitte haben die Zeitungen in Dayton über die
    Versuche Schweigen bewahrt. Es ist wohl eine Indiskretion begangen
    worden. Es wurde ein

    Artikel veröffentlicht, der aber bereits zurückgezogen ist. Die
    Wrights wollten Ihnen übrigens am 4. November selbst schreiben.


    Mit vorzüglicher Hochachtung
      C. Chanute.

Am 4. November war inzwischen auch von den Wrights selbst nachfolgendes
Schreiben an Hauptmann Ferber eingetroffen:

    Dayton, 4. November 1905.

    Geehrter Herr!

    Wir haben Ihren Brief vom 20. Oktober erhalten und machen Ihnen
    unser Kompliment. Niemand in der Welt kann mehr als wir Ihre
    Leistung anerkennen. Es ist aber ein grosser Sprung vom Aeroplan
    ohne Motor, mit seiner leichten Kontrolle, zur Entdeckung
    ausreichender und wirksamer Methoden, um Herr des so ungelehrigen
    Aeroplans mit Motor zu werden. Nach den Experimenten so fähiger
    Leute wie Langley, Maxim und Ader, die Millionen ausgegeben und
    Jahre ohne Resultat daran gewandt haben, hätten wir es nicht für
    möglich gehalten, vor fünf oder zehn Jahren eingeholt zu werden.
    Frankreich ist eben günstig gestellt. Aber wir glauben nicht, dass
    das den Wert unserer Erfindung vermindern könnte. Denn, wenn es
    bekannt wird, dass man in Frankreich Experimente mit Motorfliegern
    gemacht hat, werden die anderen Nationen gezwungen sein, Zuflucht zu
    unserm Wissen und unserer Praxis zu nehmen. Russland und Oesterreich
    von Unruhen heimgesucht, ein Weltbrand kann jeden Augenblick
    ausbrechen. Keine Regierung wird mit einer Flugmaschine im
    Hintertreffen stehen wollen. Um ein Jahr früher als die andern
    fertig zu sein, wird man den Betrag, den wir für unsere Erfindung
    fordern, gering finden.

    Obwohl Sie in Frankreich voran sein mögen, werden Sie wünschen,
    unsere Erfindung zu kaufen, zum Teil, um die Kosten eigener Versuche
    zu vermeiden, zum Teil, um sich über den Stand unserer Kunst bei den
    Nationen zu unterrichten, die dabei sind, uns die Geheimnisse
    unserer Maschine abzukaufen.

    Aus diesen Gründen würden wir darein willigen, unsern Preis für die
    französische Regierung auf eine Million Francs herabzusetzen,
    zahlbar, nachdem der Wert unserer Erfindung in Gegenwart offizieller
    Persönlichkeiten durch einen Flug von 50 Kilometer in weniger als
    einer Stunde festgestellt ist. Der Preis schliesst eine vollständige
    Maschine ein, Instruktion über die Grundlagen unserer Kunst, Formeln
    für den Bau unserer Maschine, Schnelligkeit, Oberfläche usw.,
    Instruktion von Personal für den Gebrauch der Maschine. Diese
    Instruktion würde natürlich in der gewünschten Form gegeben werden.

    Ihre ergebenen
      (gez.) W. und O. Wright.

Hauptmann Ferber antwortete den beiden Brüdern, dass es unmöglich wäre,
auch nur die geringste Unterstützung von der französischen Regierung zu
erhalten, wenn nicht zuvor eine aus französischen und amerikanischen
Gelehrten bestehende Kommission die Maschine geprüft hätte. Die Wrights
wollten aber das Geheimnis ihrer Erfindung sicher gewahrt wissen, und
hatten anderseits eine heilige Scheu vor dem Gutachten der am grünen
Tisch arbeitenden Gelehrten, die ja schon häufiger ein grosser Hemmschuh
für die Entwickelung der Luftschiffahrt gewesen waren; sie erklärten
deshalb, von ihren Bedingungen nicht abgehen zu können. Eine ganze Reihe
von Veröffentlichungen finden in der Folge noch statt, und selbst der
Aeroklub von Amerika, der eine Reihe Zeugnisse angesehener Mitbürger von
Wright veröffentlicht, vermochte niemand von der Wahrheit der Angaben
über die geheimnisvollen Flieger zu überzeugen, und überall belegte man
in Europa die Wrights mit dem wenig schönen Ausdruck "die lügenden
Brüder". Verfasser, der die flugtechnischen Arbeiten seit langen Jahren
aufs genaueste verfolgt hatte, beschloss der Bedeutung der Sache wegen
keine Aufwendungen zu scheuen und selbst an Ort und Stelle in Dayton in
Ohio Nachforschungen anzustellen. Er reiste deshalb im Oktober 1907 dahin
und besuchte dort am 4. Oktober den alten Bischof Wright. Ausserdem
wurden eine Anzahl der angesehensten Bürger der Stadt Dayton, die etwa
85000 Einwohner zählt, eingehend befragt. Ein dem "Berliner
Lokalanzeiger" zur Verfügung gestellter Bericht hierüber sei im folgenden
unter Weglassung der hier schon angegebenen Konstruktionseinzelheiten
wiedergegeben.

[Illustration: *Messen der Windgeschwindigkeit*
    Wilbur Wright misst mit einem kleinen Anemometer--Windmesser, der
    durch die sich im Winde drehenden Flügel angibt, wieviel Meter in
    der Sekunde die Luft vorwärtsströmt--die Geschwindigkeit des Windes]

[Illustration: *Flieger-Werkstätte*
    im Hangar bei Pau. Eine gewölbte Tragefläche ist rechts in ihrer
    ganzen Ausdehnung zu sehen.]

Lokalanzeiger Nr. 588 vom 18. November 1907.
Die Flugmaschine der Gebrüder Wright.
Dayton (Ohio), Ende Oktober.

    "'Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt, schwankt sein
    Charakterbild in der Geschichte', so kann man auch von dem
    Drachenflieger der Gebrüder Wright sagen! Dass die beiden eine
    Flugmaschine gebaut haben, weiss jeder Fachmann; auch glaubt man es
    meist, dass sie mit dieser frei in der Luft geflogen sind; dass sie
    aber längere Strecken mit grosser Geschwindigkeit zurückgelegt haben
    und dabei wieder an die Abfahrtsstelle zurückgekehrt sind, das wird
    heute noch von den meisten Luftschiffern bestritten! Um die Sache zu
    klären, habe ich hier an Ort und Stelle bei zehn Augenzeugen
    eingehende Nachforschungen angestellt, auf Grund deren ich zu der
    Ueberzeugung gelangt bin, dass alle Angaben über diese Flugmaschine
    auf voller Wahrheit beruhen."

Es folgen nun einige Angaben über die ersten Versuche, alsdann fährt
der Artikel wie folgt fort:

    "Grosses Aufsehen erregten nun die am 12. März 1906 von den
    Erfindern veröffentlichten Daten über die mit dem Motorluftschiff
    erzielten Erfolge. Danach sollte schliesslich als beste Leistung am
    5. Oktober 1905 ein Flug von 38,956 Kilometern in 38 Minuten 3
    Sekunden vollendet worden sein. Wenn diese Angaben den Tatsachen
    entsprachen, so war damit das Zeitalter des ballonlosen lenkbaren
    Luftschiffes angebrochen! Die Fachwelt verhielt sich zunächst
    abwartend und dann ablehnend. Hierzu war auch aller Grund vorhanden.
    Erst hiess es, die amerikanische Regierung habe die Flugmaschine für
    eine Million Dollars angekauft; dann plötzlich wurde dies
    dementiert und man hörte, Wrights versuchten in Frankreich ihre
    Erfindung los zu werden. Die Verhandlungen zerschlugen sich aber,
    weil die Konstrukteure die Forderung stellten, man solle ihnen ihr
    Luftschiff unbesehen für eine Million Dollars abnehmen; allerdings
    verpflichteten sie sich, nach Inkrafttreten des Vertrages den
    Flieger in einem 50 Kilometer langen Fluge vorzuführen. Auf solche
    Abmachungen wollte aber niemand eingehen. Demnächst hörte man nichts
    mehr von den Wrights, bis der Aeroklub von Amerika erklärte, auf
    Grund seiner Untersuchungen sei er zu der Ueberzeugung gekommen,
    dass die Angaben der Brüder auf Wahrheit beruhten. Aus Interesse zur
    Sache beschloss ich, an Ort und Stelle selbst Nachforschungen
    anzustellen und die Angelegenheit zu klären. Zunächst nahm ich
    Fühlung mit den beiden Konkurrenten der Wrights, Herring in New York
    und Chanute in Chicago. Jener erklärte mir, dass er nach Rücksprache
    mit Augenzeugen die gemachten Angaben nicht mehr bezweifeln könne;
    die Sache sei so einfach, dass er hoffe, mit Hilfe eines von ihm
    erprobten leichten Motors, der nur 1 Pfund (etwa 3/4 deutsche Pfund)
    pro Pferdekraft wöge, die Leistungen bei weitem zu übertreffen.
    Chanute dagegen hatte selbst einen Flug von 3/4 Meile (1,2
    Kilometer) gesehen und erkannte rückhaltlos an, dass Wrights das
    Flugproblem in tadelloser Weise gelöst hätten. Die Maschine sei
    äusserst einfach, und der Flug habe sich in überraschend sicherer
    Weise vollzogen. Er, Chanute, sei zu der Einsicht gekommen, dass die
    Brüder auf dem richtigen Wege seien, und er habe deshalb schweren
    Herzens seine langjährigen Versuche eingestellt, weil er mit ihnen
    nicht mehr konkurrieren könne. [Footnote: Siehe auch Seite 24 unten
    und Seite 25.][Note: Dies ist der letzte Paragraph im Kapitel:
    Nachfolger Lilienthals in England und Amerika] Auf meinen Wunsch
    machte er mir einige Zeugen der Flüge namhaft.

[Illustration: *Wilbur Wright*
    zeigt dem König von Spanien, wie er bei Beginn des Starts mit der
    rechten Hand den Sperrhebel löst, der die durch das Fallgewicht im
    Zug befindliche Flugmaschine frei gibt.]

    "Demnächst begab ich mich mit einem berufenen Aeronauten, dem seit
    15 Jahren in New York lebenden deutschen Ingenieur Karl Dienstbach,
    nach Dayton in Ohio und besuchte hier den Vater den Brüder, den
    alten anglo-amerikanischen Bischof Milton Wright. Der etwa 70jährige
    Greis bestätigte mir mit einfachen Worten, dass er dem längsten
    Fluge beigewohnt hätte. Er sei zufällig dazu gekommen; von ständiger
    Sorge um das Schicksal seiner Söhne gequält, die sich so
    wagehalsigen Flugübungen hingegeben hätten, sei er häufig auf das
    Versuchsfeld gegangen und so Zeuge verschiedener Aufstiege geworden.
    Ueber nähere Einzelheiten wollte er sich nicht äussern. Hätte ich
    nach den Unterredungen mit den beiden Konkurrenten der Wrights noch
    irgend welche Zweifel gehabt, sie wären nach dem Besuche des Vaters
    zerstreut worden. Ich meine, es kann nur wenige misstrauische Leute
    geben, die diesem alten, ehrwürdigen Priester nicht Glauben
    schenken. Doch das persönliche Gefühl sollte bei dieser wichtigen
    Sache kein bestimmendes Wort mitsprechen; es galt daher, auch
    gänzlich unparteiische Leute aufzusuchen.

    "Wir 'verhörten' des weiteren Mister C.S. Billmann, Sekretär eines
    Bankinstituts. In lebhafter Weise rief er aus: 'Well, sie fliegt!'
    Dann schilderte er, wie überwältigend es ausgesehen habe, als die
    Flugmaschine vom Boden emporgestiegen und in leicht wellenförmiger
    Bahn etwa in Baumhöhe über die Felder dahingeflogen sei; wie leicht
    sie dem Steuer gehorcht hätte und zur Landung gekommen sei; 'wie
    eine Ente' habe sie sich auf den Boden niedergelassen. Auf nähere
    Einzelheiten über die Konstruktion liess er sich jedoch auch nicht
    ein. Er schloss mit den Worten, den Brüdern sei auch bester
    pekuniärer Erfolg zu wünschen, sie seien feingebildete Leute, die in
    harter Arbeit gross geworden wären.

    "Weit mitteilsamer war ein junger Apotheker, namens Reubens
    Schindler, der als ungebetener Gast seinerzeit einem längeren Fluge
    beigewohnt hatte. Er sei an einem Tage, an dem er einen Probeflug
    vermutet habe, dem Vater Wright von weitem gefolgt und so Zeuge
    einer tadellosen Fahrt geworden. Zufällig kam in die Apotheke auch
    ein Arbeiter, der ebenfalls als Zaungast bei einem Flugversuch
    zugegen gewesen war und uns unter breiter Darstellung auch der
    nebensächlichsten Umstände die Angaben des Herrn Schindler
    bestätigte.

    "Von hier aus lenkten wir unsere Schritte zu einem alten
    Spenglermeister, Henry Webbert, der die Flugmaschine häufig in der
    Werkstatt seines Sohnes gesehen hatte. Dieser biedere
    Handwerksmeister behandelte uns mit grosser Zurückhaltung, machte
    uns aber doch höchst interessante Angaben über den Flug selbst und
    über die Landung. Das Luftschiff sei so sanft auf den Boden
    heruntergekommen, 'wie ein Truthahn, der vom Baume herabfliegt'. In
    bezug auf die Geschwindigkeit übertrieb der alte Herr allerdings
    etwas mit der Behauptung, 50 Meilen (80 Kilometer) seien in einer
    Stunde zurückgelegt.

    "Sehr viele Einzelheiten über die Konstruktion des Flugapparates
    erfuhren wir sodann von einem deutschen Eisenwarenhändler, namens
    Frank Hamburger, der sehr scharf beobachtet hatte und seine
    Schilderungen durch einige Skizzen anschaulicher zu machen suchte.
    Auch der Apotheker William Foots zeigte für Technik grösseres
    Verständnis und gab uns einzelne wertvolle Aufschlüsse, während der
    Ingenieur Laurenz Wright zwar die Tatsache der Flüge bestätigte, im
    übrigen aber jegliche Auskunft über Aussehen der Maschine
    verweigerte.

[Illustration: *Wilbur Wright erklärt dem neben ihm sitzenden König von
    Spanien seine Flugmaschine*.]

    "Zum Schluss gelang es uns, noch zwei höchst wichtige Leute zu
    sprechen: C.V. Ellis, höheren Justizbeamten, und Torrence Huffmann,
    Präsident der grössten Bank der Stadt. Die Unterredung mit diesen
    angesehenen Leuten war uns ganz besonders deshalb wertvoll, weil wir
    von ihnen Aufschluss erhielten über die Gründe dafür, dass in
    Amerika nicht mehr Wesens von den bedeutenden Erfolgen der Wrights
    gemacht worden ist. Nach den ersten wohlgelungenen Flügen hätten die
    Brüder eine grosse Anzahl Bürger zur Besichtigung eingeladen; beim
    Herausbringen aus dem Schuppen sei aber das Luftschiff beschädigt
    worden, und deshalb wären die Versuche aufgegeben worden. Das
    enttäuschte Publikum habe von da an der Sache ein grosses Misstrauen
    entgegengebracht; die Wrights dagegen hätten seitdem niemand mehr
    eingeladen und den Zeitpunkt weiterer praktischer Versuche
    geheimgehalten. Der Bankpräsident meinte ausserdem, er sehe den
    praktischen Wert der Maschine nicht ein; vor allem erscheine es ihm
    als ein grosser Fehler, dass sie nur von einem langen Schienengleise
    auffliegen könne."

Es folgen sodann wieder einige Konstruktionseinzelheiten, und dann
schliesst der Bericht:

    "Die Versuche haben auf einer rechteckigen, von Bäumen und einem
    Schuppen umgebenen Wiese stattgefunden, die einen Umfang von etwa
    einer Meile (1,6 Kilometer) hat. Beim längsten Flug ist dieses Feld
    etwa 30 Mal umflogen worden. Die Flüge sind sowohl bei ruhigem
    Wetter als auch bei starkem Winde ausgeführt worden.

[Illustration: *Das hinten befindliche Horizontalsteuer*
    ist bei der Landung beschädigt. Man sieht oben rechts eine
    gebrochene Holzstrebe herausragen.]

    "Ich glaube, die Tatsache des Vorhandenseins der ersten praktisch
    erprobten Flugmaschine kann wohl niemand mehr ernstlich bestreiten;
    es ist unmöglich, dass sich so viele angesehene Leute der
    verschiedensten Berufsklassen und des verschiedensten Alters
    verabredet haben sollten, einem Erfinder zuliebe das Blaue vorn
    Himmel herunterzulügen. Bei einem so langen 'Verhör', das nach
    vorher genau festgesetztem Programm angestellt worden ist, hätten
    sie sich in einzelne Widersprüche verwickeln müssen. Es sei im
    übrigen bemerkt, dass ich aus Zeitmangel nur 10 Leute aufgesucht
    habe; fast jeder einzelne hatte mir noch weitere Zeugen namhaft
    gemacht. Warum nun aber weigern sich die Gebrüder Wright, ihren
    Flieger eventuellen Käufern vor Abschluss des Vertrages in freiem
    Fluge vorzuführen? Wenn sie wirklich so grosse Erfolge erzielt
    haben, hätten sie doch das Tageslicht nicht zu scheuen gehabt!

    "Auch hierfür glaube ich eine plausible Antwort gefunden zu haben.
    Der Flieger ist eben so einfach, dass sie fürchten, der Käufer
    wendet nach Besichtigung keine so hohe Summe, wie eine Million
    Dollars, an. Ausserdem glaube ich, dass eine sehr grosse Uebung dazu
    gehört, die Flugmaschine zu führen.

    "Es wird nicht jeder Luftschiffer imstande sein, sofort damit
    loszufahren, sondern es gehört grosse Geschicklichkeit dazu, die
    sich die Brüder Wright durch ihre zahlreichen Gleitflüge vorher
    erworben hatten.

    "Ich bin nun der Ansicht, dass wir jetzt, nachdem es erwiesen ist,
    dass man auch mit Luftschiffen, deren Gewicht nicht durch Gasballon
    getragen wird, fliegen kann, uns ernstlich der Konstruktion von
    Flugapparaten zuwenden müssen. Dagegen bin ich der festen
    Ueberzeugung, dass es nicht der hohen Summe von vier Millionen Mark
    bedarf, wenn wir deutsche Ingenieure und Flugtechniker--ich nenne z.
    B. Regierungsrat Hofmann in Berlin--mit dieser Aufgabe betrauen. Wir
    werden dann sicher nicht den amerikanischen Erfindern nachstehen.

    "Hauptmann a.D. Hildebrandt."

[Illustration: *Wright erteilt seinem Schüler Tissandier Unterricht*
    Der Flieger steht mit seinen Schlittenkufen etwas über dem Erdboden.
    Die linke Schraube mit Welle und gekreuzter Kettenübertragung ist
    deutlich sichtbar.]

Diese Veröffentlichung fand auch auszugsweise Platz in verschiedenen
deutschen, amerikanischen, englischen und französischen Zeitungen. Aber
nur wenige Leute waren auch durch diese Darstellung überzeugt, im
Gegenteil, mancher hervorragende deutsche Fachmann warf Verfasser noch
bis zum Juni 1908 vor, er habe sich arg düpieren lassen. Nunmehr kam
aber am 10. Februar 1908 aus New York die Nachricht, dass die
amerikanische Regierung 3 Aeroplane bestellt habe, einen bei den
Gebrüdern Wright für 25000 Dollar, den zweiten bei dem hier schon
genannten Herring für 20000 Dollar und den dritten bei einem
Flugtechniker Skott in Chicago für 1000 Dollar. Die Bedingungen, unter
denen die Regierung die Abnahme der Flieger vollziehen wollte, waren
folgende: "Die Abnahmeversuche finden statt unter Aufsicht des
Signalkorps in Fort Myers in Virginia. Die verlangten Leistungen sind
folgende: 1. eine Schnelligkeitsprüfung über eine Strecke von 16
Kilometer 900 Meter auf einer Fahrt hin und zurück; 2. ein Flug von
einstündiger Dauer über eine Strecke von 64,30 Kilometer--40
Meilen--ohne Zwischenlandung. Der Aeroplan muss mit zwei Personen
bemannt sein. Jede Maschine kann drei Abnahmefahrten unternehmen." Wenn
ein Apparat weniger als 40 Meilen in der Stunde zurücklegt, so wird der
Kaufpreis vermindert. Bei einer geringeren Geschwindigkeit als 36 Meilen
in der Stunde wird die Maschine nicht abgenommen; wird dagegen eine
grössere Geschwindigkeit erreicht, so wird der Kaufpreis erhöht. Bei
einer Geschwindigkeit von 60 Meilen in der Stunde wird er sogar fast
verdoppelt. Sobald irgend ein Punkt des Programms nicht genau
eingehalten werden sollte, wird 10 Proz. der gestellten Kaution
zurückbehalten. Die Wrights hatten 2500 Dollar Kaution zu stellen. Im
Mai 1908 begaben sich nun die beiden Brüder in ihre alte Einöde zu Kill
Devil bei Kitty Hawk, wo sie, weit entfernt von den wenig Anerkennung
zeigenden Mitbürgern ihrer Heimatstadt, ungestört arbeiten konnten.

[Illustration: *König Eduard von England begibt sich auf dem Felde Pont
    Long bei Pau zum Startplatz des Fliegers*

    Rechts neben dem König Lord Cunraven, hinter diesem Ingenieur
    Rozendaal.]

[Illustration: *Minister Barthou im Aeroplan*

    Rechts beginnt ein Gehilfe die Schraube anzuwerfen. Wright gibt
    Zündung. Der lange Zylinder enthält Benzin. Zwischen Wright und
    Barthou ist der Wasserbehälter sichtbar.]

Ihre Versuche hatten den Zweck, die während der fast dreijährigen Pause
verlorene Uebung wieder zu erreichen. Es wurden eine Anzahl von Flügen
in der Zeit vom 14. bis 16. Mai ausgeführt, die zunächst in gerader
Linie gegen den Wind gingen und alsdann mit dem Ausfahren von Kreisen
endeten. Der längste Flug dauerte 7 Minuten 29 Sekunden, und führte bei
einer Windgeschwindigkeit von 8 Metern in der Sekunde über eine Strecke
von 8,03 Kilometern. Rekordflüge waren nicht beabsichtigt; die Flüge
wurden meistenteils nur von einem ausgeführt.

Schon am 10. April hatte sich in Frankreich infolge der Bemühungen des
erst kürzlich von der französischen Regierung für seine Verdienste um
die Flugtechnik mit dem Kreuze der Ehrenlegion ausgezeichneten Herrn
Hart O'Berg unter Leitung von Lazare Weiller eine Gesellschaft gebildet,
die für die Summe von 500000 Francs die französischen Patente der
Wrights ankaufen wollte. Am 1. Juni traf Wilbur Wright in Paris ein, um
dort mit Hilfe seines Bevollmächtigten Hart O'Berg die Bedingungen zu
erfüllen.

[Illustration: *Die mit 2 Personen bemannte Flugmaschine*
    schwebt auf dem Felde bei Pau über ihrem Hangar. In der Mitte sieht
    man vor dem Zaune eine der kleinen, einrädigen Plattformen, auf
    denen der Flieger vor dem Start mit den Seiten ruht]

Orville Wright blieb einstweilen in Amerika, wo er in Fort Myers am 3.
September mit den Abnahmefahrten begann. Als erster Passagier wurde in
dem Aeroplan der Leutnant Frank P. Lahm mitgenommen, der seinerzeit im
ersten Gordon-Bennett-Wettfliegen von Paris aus Sieger geblieben war.
Als zweiter Passagier wurde Major Squir vom Signalkorps mitgenommen, und
als dritter nahm am 17. September der Leutnant Selfridge an der Seite
Orvilles Platz. An jenem Tage war der Durchmesser der Schrauben um 3
Zentimeter vergrössert. In 30 Meter Höhe riss plötzlich einer der
Steuerdrähte; dadurch geriet der korrespondierende Draht, nunmehr
schlaff geworden, in die Schraube, der Flieger geriet ins Schwanken und
senkte sich aus 30 Meter etwas herab, überschlug sich sodann und stürzte
mit einem heftigen Stoss auf den Boden. Orville Wright hatte einen
komplizierten Schenkelbruch, eine Stirnwunde und verschiedene
Kontusionen erlitten. Leutnant Selfridge stöhnte noch etwas und hauchte
bald sein Leben aus. Die Versuche in Amerika wurden nunmehr ausgesetzt,
da Orville Wright längere Zeit zu seiner Wiederherstellung bedurfte. Er
hatte bereits sehr schöne Resultate erzielt und einen Weltrekord
geschaffen. Am 12. September 1908 hatte er einen Flug von einer Stunde
15 Minuten und 20 Sekunden in einer Höhe von etwa 60 Metern
zurückgelegt.

[Illustration: *Der Flieger im Fluge, von vorn gesehen*
    Aufnahme aus einem Militärballon bei Rom.]

Wilbur Wright hatte sich inzwischen mit Hart O'Berg nach Le Mans
begeben, wo er auf dem Rennplatze von Hunaudiere am 8. August seine
Versuche begann. Anfangs gelangen die Versuche nicht so gut, namentlich
deshalb nicht, weil Wright in der Betätigung der Steuerhebel unsicher
geworden war. Die Maschine war für zwei Personen eingerichtet. Seine
ersten Versuche unternahm er allein; er musste sich also wieder an die
Steuerung allein gewöhnen. Da der Rennplatz zu klein war, siedelte er
bald nach dem Schiessplatz Auvours über, wo er sich einen kleinen
Schuppen bauen liess, in dem er seinen Aeroplan unterbrachte und auch
sich selbst einquartierte. Auf dem Rennplatz war der längste Flug am 13.
August mit 8 Minuten 13 Sekunden ausgeführt worden. Die Versuche wurden
am 21. August auf dem Schiessplatze Auvours fortgesetzt. Den Dauerrekord
mit einem Passagier stellte er am 3. Oktober mit einem Fluge von 55
Minuten 37,2 Sekunden mit Franz Reichel vom "Figaro" auf. Am 18.
November schuf er mit 110 Metern Höhe seinen Weltrekord, und am 21.
September schlug dann Wilbur Wright auch den Rekord seines Bruders,
indem er 1 Stunde 31 Minuten und 25 Sekunden in der Luft blieb und 66,6
Kilometer zurücklegte. Am 16. September hatte er zum ersten Male einen
Passagier, den französischen Luftschiffer Ernest Zens, mitgenommen.

Am 7. Oktober bestieg als erste Dame den Führersitz Frau Hart O'Berg. In
der Folge sind dann eine grosse Anzahl von Flügen mit den
verschiedensten Passagieren an Bord durchgeführt worden, und am 31.
Dezember stellte Wilbur Wright mit einem Fluge von 2 Stunden 20 Minuten
und 23 Sekunden den Dauerweltrekord auf. 124,7 Kilometer betrug die
hierbei zurückgelegte Strecke. Er gewann damit den grossen Preis, der
von Michelin gestiftet war und 20000 Francs betrug.

[Illustration: *Orville, Katherine, Wilbur Wright*]

Die französischen Patente wurden nunmehr von der Weiller-Gesellschaft
unter der Bedingung übernommen, dass Wilbur Wright drei Schüler, die ihm
von der Gesellschaft bezeichnet würden, im Lenken seines Aeroplans
ausbilde. Er verlegte sein Versuchsfeld am 3. Januar nach Pau in
Südfrankreich, wo ihm die Stadt bei Pontlong ein grosses Aerodrom erbaut
hatte. Seine ersten Schüler waren Paul Tissandier, Graf Lambert und der
Hauptmann der französischen Genietruppen Lucas Gerardville. Bereits am
6. Januar führte er hier seine ersten Flüge aus und errang sich am 8.
durch einen Flug von 112 Kilometern den Preis von Triaca. Am 15. Februar
fuhr Wilburs Schwester Katherine zum erstenmal im Aeroplan mit dem
Bruder. Am 17. Februar liess sich König Eduard in Pau den Apparat
vorführen und wohnte einem Aufstiege bei, der eine halbe Stunde dauerte.
Fünf Tage später besichtigte König Alfons von Spanien, der eigens von
San Sebastian gekommen war, die Flugmaschine. Am 6. März wurden die
Brüder durch den Titel eines "Doktor-Ingenieurs", den ihnen die
Technische Hochschule in München verliehen, ausgezeichnet. Am 8. April
machte Wright mit seinen Schülern den letzten Aufstieg in Pau, erklärte
ihre Ausbildung für beendet und begab sich nach Rom, um seinen Aeroplan
dort der italienischen Regierung vorzuführen und einen Schüler
auszubilden. Unmittelbar nach seiner Abreise von Pau wurde der dort
benutzte, ziemlich stark mitgenommene Apparat im Auftrage der
französischen Regierung nach Paris geschafft, um dort im Konservatorium
der Künste und des Handwerks Aufstellung zu finden. Auch in Rom gelang
es Wilbur, ganz Italien durch seine hervorragenden Leistungen von seinem
grossen Können zu überzeugen. Am 24. April führte er seinen Apparat dem
Könige von Italien vor, und bereits am 28. April konnte sein Schüler,
der Genieleutnant Calderara, trotz starken Regens selbständig einen Flug
von 35 Minuten Dauer vollführen. Durch Aussetzen des Motors stürzte der
Apparat damals aus einer Höhe von drei Metern zur Erde herab, der
Lenker blieb unverletzt, während das Steuer brach und die
Schraubenachse verbogen wurde. In kurzer Zeit konnten die Schäden an der
Maschine aber beseitigt werden, und am 6. Mai sehen wir Calderara einen
neuerlichen Flug unternehmen, der aber infolge eines Ohnmachtsanfalles
des Aviatikers ein tragisches Ende nehmen sollte. In einer Höhe von 40
Metern kippte der Aeroplan um, die Maschine stürzte zu Boden und begrub
den Lenker unter ihren Trümmern. Die beiden Steuer waren gebrochen, die
Tragflächen und die Spanndrähte verbogen und zerrissen. Calderara hatte
mehrere Brüche und eine Gehirnerschütterung erlitten und wurde nach Rom
ins Spital gebracht. Bereits nach Monatsfrist war er geheilt. Auch die
Maschine war wiederhergestellt worden, so dass der Offizier am 19. Juli
abermals einen kurzen Flug unternahm. Später wurde von seinem
behandelnden Arzte festgestellt, dass er zu Ohnmachtsanfällen neige,
weshalb er das Lenken von Aeroplanen endgültig aufgeben musste.

[Illustration: *Katherine und Orville Wright*
    machen in Pau unter der Führung des Franzosen Ernest Zens (links im
    Korbe) ihre erste Freiballonfahrt]



Die Beschreibung der Wrightschen Flugmaschine.


Der Wrightsche Flieger ist ein Doppeldecker, der seinen Ursprung in den
Konstruktionen von Chanute hat. Zwei parallele, auf 1/20 ihrer Tiefe
gekrümmte, 12,5 Meter klafternde Flächen haben 1,8 Meter Abstand
voneinander. Die Tiefe der Trageflächen beträgt 2 Meter. Das aus Holz
bestehende Gerippe der Flächen ist mit Baumwollstoff bespannt; ihre
Oberfläche beträgt 50 Quadratmeter. Die konkave Seite ist nach unten
gerichtet. Die Krümmung nimmt nach vorne hin zu, wo die vorderen Kanten
einige Zentimeter dick sind. Die Verspannung erfolgt in
Gitterkonstruktion durch Holz und Klaviersaitendraht. Das Material ist
amerikanisches Tannenholz, dass sich sowohl im Luftschiffbau, als auch
früher schon im Bootsbau infolge grosser Festigkeit und geringen
Gewichts bewährt hat. Drei Meter vor den Hauptflächen befindet sich das
Höhensteuer, das aus zwei spindelförmigen Flächen besteht von 5,25
Zentimeter Breite und 0,80 Meter Tiefe. Zwischen den Höhensteuern
befinden sich noch zwei halbmondförmige vertikal angeordnete Flächen.
Das Steuer für die Horizontale befindet sich 2,7 Meter entfernt hinter
den Trageflächen. Es besteht aus zwei langen vertikalen Flächen, die 1/2
Meter auseinanderstehen. Das Steuer kann auch in vertikaler Richtung
bewegt werden, um Beschädigungen durch Aufstossen bei der Landung zu
vermeiden. Der Sitz für den Führer und einen Begleiter befindet sich auf
der vorderen unteren Tragefläche, wo sich hinter ihm der Motor und
rechts von ihm der Kühler befindet. Der Motor ist ein Viertaktmotor
mit 4 Zylindern, er entwickelt 25 PS und wiegt in betriebsfähigem
Zustande 90 Kilogramm, so dass also 3,6 Kilogramm auf eine Pferdestärke
kommt. Er ist nach den ureigensten Ideen der Wrights gebaut, und macht
etwa 1400 Touren. Der Motor treibt zwei aus Holz gefertigte, mit Tuch
überklebte Schrauben von 2,80 Meter Durchmesser. Der Antrieb erfolgt
durch Ketten, die in Röhren geschützt laufen. Die Schrauben drehen sich
mit 450 Touren.

[Illustration: *Flug um den Michelin-Preis*
    bei Sonnenuntergang am 31. Dezember 1908 auf dem Schiessplatz
    Auvours bei Le Mans.]

[Illustration: Blick zwischen die Tragflächen mit ihren Holzstreben.
    Wilbur auf dem Führersitz, links steht der König von Spanien.]

Die Tourenzahl des Motors kann weder durch Gasdrosselung, noch durch
Verstellen des Zündpunktes verändert werden. Die Verminderung der
Fluggeschwindigkeit wird lediglich durch Aufrichten des Fliegers mittels
des Höhensteuers bewirkt. Die Maschine ist auf Schlittenkufen montiert.
Die Steuerung erfolgt durch Betätigung zweier rechts und links vom
Führersitz befindlichen Hebel; die Vorwärts- oder Rückwärtsbewegung des
linken Hebels hat Fallen oder Steigen des Fliegers zur Folge. Mit dem
rechten Hebel wird das Horizontalsteuer und gleichzeitig auch die
Verwindung der Tragflächen bewirkt. Gerade das letzte bedeutet eine
Haupteigenschaft des Wrightschen Fliegers.

[Illustration: *Hart O'Berg*
    der Bevollmächtigte von Wilbur und Orville Wright in seinem
    Arbeitszimmer]

Durch die Verwindung wird die Stabilität des Fliegers in unsteten
Luftströmen gehalten. Wenn beispielsweise ein Windstoss von links den
Apparat nach rechts kippen will, so vermehrt man auf der rechten Seite
den Luftwiderstand durch Vergrösserung der Wölbung, also durch Verwinden
der Fläche nach unten. Gleichzeitig wird der Luftwiderstand links, wo
der seitliche plötzliche Luftstrom auftrifft, vermindert durch
Verminderung der Wölbung, das heisst durch Verwinden der hinteren Fläche
nach oben. In gleicher Weise, wie eben geschildert, muss verfahren
werden, wenn der Apparat eine Wendung nach rechts fahren soll. Alsdann
beschreibt die rechte Kante des Fliegers, die sich auf der inneren Seite
der Kurve befindet, einen kleineren Weg, als die linke Kante, die sich
auf der äusseren Seite der Kurve befindet. Demnach legt die rechte Kante
einen kleineren Weg zurück, als die linke, und man muss die
Geschwindigkeit rechts etwas einschränken. Durch Verwinden der rechten
Fläche nach unten erhöht man den Luftwiderstand, vermindert also die
Schnelligkeit; durch Verwinden der linken Fläche nach oben vermindert
man den Luftwiderstand und erhöht demnach die Geschwindigkeit. Nach den
Mitteilungen Wrights kommt es dabei darauf an, anfangs zwar bei einer
Wendung das Steuer für die betreffende Richtung einzustellen, aber
möglichst bald wieder umzulegen, um ein Kippen zu vermeiden. Beim
Balancehalten ist es erforderlich, genau das Gegenteil von dem zu tun,
was ein Radfahrer tut. Dieser legt sich nach innen in die Kurve und
bringt den Schwerpunkt nach innen. Bei der Flugmaschine muss man den
Schwerpunkt nach aussen halten, weil sonst der Apparat ins Kippen kommt.

Das Ausführen von Wendungen und das hierbei zur Erhaltung der seitlichen
Stabilität erforderliche Verwinden geschieht in der Weise, dass
beispielsweise der rechte Hebel nach vorwärts gezogen wird, wodurch die
Steuerdrehung nach rechts erfolgt. Gleichzeitig drückt man aber diesen
Hebel auch nach links, wodurch die Verwindung in der Weise eintritt,
dass die Kanten der rechten Trageflächen nach unten und die der linken
nach oben gerichtet werden.

Kürzlich haben die Wrights ein neues Patent eingereicht, in dem sie zwei
kleine vertikale Flächen beschreiben, die noch durch einen dritten
ergänzenden Hebel betätigt werden. Diese vertikal stehenden kleinen
Flächen sollen das Gauchissement, wie man die Verwindung im
Französischen nennt, verstärken und das Gegengewicht in der Balance
halten. Der Start der Wrightschen Flugmaschine erfolgt durch eine
besondere Vorrichtung, Pylon genannt. Wie schon erwähnt, ruht die
Maschine in der Mitte mit den dort befindlichen Querverbindungen auf
einer Holzschiene. An den beiden Seiten wird sie durch je eine mit einem
kleinen Rad versehene Plattform im Gleichgewicht erhalten. Die Schiene
wird meist genau gegen den Wind gerichtet. Einige Meter hinter dem
Schienenanfang, genau in der Mitte hinter dem Flugapparat, wird ein 8
Meter hoher pyramidenförmiger Turm aufgestellt, in dessen Mitte ein 700
Kilogramm schweres Gewicht sich befindet, das durch ein Seil, wie es die
Figur auf Seite 62[Note: Siehe unten] zeigt, mit dem Aeroplan in
Verbindung steht. Vor Beginn des Anfluges wird das Gewicht in dem Turm
hochgezogen und alsdann der Flugapparat durch eine Sperrklinke an der
Schiene befestigt. Sobald nun die Schrauben angeworfen sind und der
Motor seine volle Geschwindigkeit entwickelt hat, löst der Führer die
Sperrklinke und alsbald zieht das fallende Gewicht den Aeroplan mit
allwachsender Geschwindigkeit nach vorwärts. Das Höhensteuer hat hierbei
eine Neigung nach unten, so dass durch den Winddruck der Apparat fest
gegen die Schiene gedrückt wird. Gegen Ende der Schiene fällt das Ende
des Seils von selbst von dem Haken des Fliegers ab, der Führer stellt
eine Kleinigkeit das Höhensteuer ein und die Flugmaschine beginnt zu
schweben. Es kommt nun darauf an, in der Luft die Balance durch
fortwährende Betätigung des linken Steuerhebels zu halten, wobei die
Bewegungen jedoch äusserst gering sein müssen, weil der Flieger auf die
leiseste Anstellung der Flächen reagiert.

[Illustration: *Schematische Zeichnung der Betätigung der
    Verwindungsvorrichtung*

    Beim Seitwärtsschieben des Hebels A gehen die Schnüre in der
    Pfeilrichtung von B nach A, von C und D nach B. Hierdurch werden die
    Holzstreben CE und DP in der Pfeilrichtung nach unten gedrückt und
    damit die Kanten der oberen und unteren Trageflächen ebenfalls nach
    unten bewegt. Die Holzstreben nehmen nunmehr die Stellung HG und KI
    ein. Die Verwindung der rechten Flächen ist erreicht.

    Von E und F führen Schnüre nach L. Diese werden folgegemäss
    ebenfalls in der Pfeilrichtung nach unten bewegt und übertragen die
    Bewegung über L und M nach N und O. Die Holzstreben NP und OQ werden
    nach oben gezogen und nehmen die Stellung RS und TU ein. Damit hat
    der Führer die Verwindung der linken Trageflächen bewirkt.]

[Illustration: *Startpylon für die Flugmaschine*

    Das Gewicht G hängt an einem Tau, das über die Rolle A zu der fast
    am Ende der Holzschiene angebrachten Rolle B läuft. Von hier geht
    das Tau zur Maschine, wo es bei C an einem Haken befestigt ist.
    Zwischen B und C befindet sich noch ein Flaschenzug, welcher der
    besseren Uebersichtlichkeit halber auf der Zeichnung fortgelassen
    ist.]



Rückkehr der Wrights nach Amerika und Besuch Berlins.


Am 5. Mai haben sich Wilbur und Orville Wright mit ihrer Schwester
Katharina zunächst nach England begeben, wo ihnen der dortige
Luftschifferklub eine goldene Medaille in feierlicher Sitzung übergab
und die beiden Brüder zu Ehrenmitgliedern der Gesellschaft ernannte.
Alsdann reisten sie mit einem Schiff des Norddeutschen Lloyds nach New
York und wurden hier mit allen Ehren von den Mitgliedern des
amerikanischen Luftschifferklubs und einer zahlreichen Menschenmenge mit
grossem Jubel empfangen. Sie begaben sich von da in ihre Heimatstadt.
Als sie zur Mittagsstunde in Dayton ankamen, empfingen sie unter
Glockengeläut und Kanonendonner mehr als tausend Menschen. Man brachte
die beiden Brüder in einem Wagen nach Hause, der von vier Schimmeln
gezogen wurde; in diesem Wagen hatte auch ihr Vater mit zwei
Lieblingsenkelkindern Platz genommen. Ein ganzer Zug von Wagen
begleitete sie sodann in feierlichem Zuge nach Hause. Am Abend bewegten
sich in der kleinen Strasse, wo sich das Haus des alten Bischofs
befindet, weit über 10000 Menschen, alte Freunde, Nachbarn und Mitbürger
der Stadt, um sie zu begrüssen. Die Stadtverwaltung hatte alle
öffentlichen Gebäude dekoriert und beflaggt, und die drei grösseren
Plätze von Dayton herrlich illuminiert. Auch die Einwohner waren in
Beflaggung und Illumination nicht sparsam gewesen, so dass Dayton ein
prächtiges Bild gab, wie man es noch nie zuvor gesehen hatte.

[Illustration: *Schematische Ansicht der Trageflächen nach der
    Verbindung*]

Am 17. und 18. Juni hatte die Stadt eine grosse Feierlichkeit
veranstaltet, bei der drei goldene Medaillen den Brüdern überreicht
wurden: eine von der Nation, eine vom Staate Ohio und eine von der Stadt
Dayton. Doch die Mission der beiden Brüder war noch nicht erfüllt;
alsbald begaben sie sich nach Washington, wo Orville Wright die
Abnahmefahrten für die amerikanische Regierung begann. Nach anfänglich
kleinen Havarien, die bei neuen Apparaten fast immer vorkommen, jedoch
in zwei, drei Fahrten bald beseitigt sind, zeigte der Flieger wieder,
was er leisten konnte, und schon am 20. Juli blieb Wright 80 Minuten in
der Luft und legte dabei in der Stunde 45 Meilen zurück. Damit waren die
Bedingungen, welche die amerikanische Regierung gestellt hatte, erfüllt
und nunmehr konnte sich Orville nach Europa begeben, um Berlin sein
Können zu zeigen und Piloten auszubilden für die deutsche Gesellschaft
"Flugmaschine Wright", die aus der Motorluftschiff-Studiengesellschaft
und der Luftfahrzeug-Gesellschaft hervorgegangen ist, um Flieger nach
der Bauart der Brüder Wright und anderer Erfinder herzustellen. Damit
dürften wir auch in Deutschland bald so weit sein, dass der Flugsport
allgemeine Verbreitung findet.

      *      *      *      *      *



Anhang: Korrespondenz von A. Hildebrandt.


A. Hildebrandt
Hauptmann a.D.
Berlin W. 30
Martin Luther-Straße 10.

Berlin W. 30, den 21. April 1909

Mr.
Bishop Wright, Esqu.
Dayton (Ohio).

Dear Sir,

Relating to the acquaintance which to make of you I had the Honour at
the end of October in 1907 during my visit at Dayton I beg to adress to
you with a demand to day. I am going to write a book about your
celebrated sons. I should be very thankful to you for willing send me
some material. I should like to have any dates of the youth of your
sons, of the first experiences and also of you and the lated Madame
Wright; perhaps do you write me also of your feeling, having had during
the bold experiences of your sons. If You could let me have portraits of
you and the lated Madame Wright, of your children and your house at
Dayton, I should very obliged to you. Please, will you have then the
kindness, to get reproduce such pictures an my account and to send me
the wished materiel as soon as possible, as I have to make haste, for
being the book ready still before the visit of your sonns in
Germany.

Hoping, that you will accomplish my wishes and thanking you beforehand,
I remain, Dear Sir,

Yours very most obedient

[Signature: Capt. A. Hildebrandt.]


A. Hildebrandt
Hauptmann a. D.
Berlin W. 30
Martin Luther-Straße 10.

Berlin W. 30. den 22. Mai 1909.

Bishop Milton Wright, Esquire,
Dayton (Ohio)

Dear Sir,

With best thanks I confirm you the receipt of your kind letter of the
11th inst. Your family-history has interested me very much. I shall
make use of them soon. But about something I am not clear. You write:
"This brings us in line with general United States Grant and
Grover-Cleveland." I do not know, if you mean two persons, the same
general Grant and general Grover from Cleveland? Also I thank you for
your photograph. It is of moment to me, also to have still photographs
of the late Madame Wright and her father, Mr. John Koerner, whom Germany
the native has been of. I should like to get still other photographs of
your children Wilbur and Orville, presenting them in young years and
also of Miss Katherine and if you have still a photograph presenting
your whole family joined. At last you would oblige me much for sending
me pictures also of your present house, the flight-square near Dayton
and the whole sight of Dayton. As being immodest of me, to pronounce so
many wishes to you, I propose and beg you, to give order to anybody, to
procure me all the wished photographs and pictures on my account. With
great interest I am awaiting your further informations, promised me in
your letter, about the youth of your sons and the matter, how these are
gotten to the intention to make experiences with a flying mashine.
[Hand-written note: I cannot found(?) Schleits in Saxony?]

Thanking you once more for the material, which to send me, you have had
the kindness, I remain, Dear Sir,

Yours most obedient

[Signature: Hildebrandt]

[Hand-written note: PS. The pictures are not ready, I have to have them
copied. M.W.]

      *      *      *      *      *

Dayton, Ohio, June 5, 1909.

Capt. A. Hildebrant,
Berlin, Germany.

Dear Sir:

You did not quite understand my letter. It was General Ulysses S. Grant
that I wrote of, and President Grover Cleveland, of whom I spoke. They
were two presidents of our country, decended like myself from John
Porter of Windsor (16_37) from whom I am also descended. Hence they are
distant cousins of ours, and of each other.

My wife's father was a regular German in his looks. He was born six
miles west of Scleitz in Saxony, the southwest part, as you will see on
any large map of Saxony. The family, of whom we never had any group
picture, is as follows:

Milton Wright, born November 17, 1828, in Rush County, Indiana.

Susan Catharine (Koerner) Wright, born near Hillsboro, Virginia, April
30, 1831.

Reuchlin Wright, born in Grant County, Indiana, March 17, 1861.

Lorin Wright, born in Fayette County, Indiana, November 18, 1862.
  (These two older brothers are still living, are married, and have lovely
  children--Reuchlin three, Lorin four, Reuchlin's oldest married).

Wilbur Wright, born, in Henry county, Indiana, April 16, 1867.

Otis Wright and Ida Wright (twins) born April 24, 1870, in Dayton, Ohio.
  (Without sickness or pain, they died at 13 and 18 days of age).

Orville Wright, born August 19, in Dayton, Ohio, 1871.

Katharine Wright, born in Dayton, Ohio, August 19, 1874.

They were all good children. And they are all of unimpeachable morals
yet. Reuchlin is a deacon on the Congregational Church, in Tonganoxie,
Kan. They are about equal in intellect, the others having had better
education than the inventors. Katharine graduated in the Classical
Course in Oberlin College, and teaches in Dayton High School. I am a
traveling minister in the United Brethren in Christ, served several
years as pastor, ten as presiding elder, eight as editor of our Church
paper, and twenty-four as bishop. As bishop and editor I was elected by
General Conference every four years, those offices being filled every
four years by a ballot election. In filling my duties, I have visited
all the states west of the River, and territories; and all states east
of the Mississipi, except the six New England states and five others. In
all I have traveled by rail, over two hundred thousand miles. My change
of residence every two years must account for my three older children
being born in three different counties in Indiana. Mrs. Wright, the
sweetest spirit earth ever knew, died twenty years ago, in Dayton, July
4, 1889. From that on I raised the children, left to my care. All the
children sprang to help their mother, but Wilbur cared for her,
prolonged her life, and I gave him five hundred dollars for his
incomparable care for her. [Hand-written note: He had no promise of
reward.]

Their first interest in the art of flying, they date back to about the
year 1879, when I brought home to them a Heliocoptere, a toy which could
fly. Later on they began to watch Lilienthal, and followed him to his
death, in the art of gliding. Their first active work began in the year
1900, when as a vacation, they built a gliding machine on the coast of
North Carolina, and each year in the fall of the year, spent a few weeks
there till in 1903, they attached a gasoline motor to it and flew,
December 17th, four short flights. They flew against the wind and made
at the longest only about a half mile, counting the velocity of the
wind. In actual measurment considerably less than a half mile. The
place of flight was on the sandy plain near Kill Devil Mills, in Dare
County, four miles from Kitty Hawk in Cerrituck County. The following
two summers and falls, they experimented at Simson's(?) Station (a
mere stopping place, on the Dayton and Springfield traction railroad, a
perfectly level meadow ground) where they made a few miles flight, but
in 1905, September, they flew as much as twenty-four miles, at one
flight. They flew no more for part of two years, but began negotiations
for the sale of their invention. In 1908, they engaged to a Company in
France, to sell their rights, and sold to the United states government a
single machine at twenty-five thousand dollars, they in each case, to
perform certain exploits with the machine. Time crowding on them to meet
engagements, they separated in June 1908, Wilbur going to France, and
Orville remaining to complete at Ft. Myer (near Washington) the United
States contract. Of Wilbur's scalding his arm in regulating his machine,
and his successful trial, before his arm was well, all have read. But
Orville having his machine ready at Ft. Myer, went far ahead of Wilbur,
but an easily avoided defect in his machine, having under strain caused
friction between the propeller of his machine and a wire, and--far worst
of all broke the management of the _tail_ of his machine, a most
important part--he was on a machine in the air over one hundred feet
high, with his control of the machine rendered useless, and after
sinking to about seventy-five feet, his machine descended vertically, to
the death of Lieutenant Selfridge, two hours later, and a tremendous
jolt to himself and the breaking of a thigh bone (left leg, one third
way down toward the knee) which confined him in the hospital for
several weeks, and from which he will entirely recover. But Wilbur
learning of Orvilles disaster, and reproached as far behind him, rose to
the situation, and in a few days, was ahead of anything Orville had
done, to the great joy of his brother. The rest you know. Wilbur in
France and Rome earned his conracts, and came home with Orville and
their Sister Katharine, and they were hailed at the depot of his city,
with the ringing of bells, the firing of cannon, and by over a thousand
people, and the same at home, at the noon hour, and at night more than
ten thousand people came out as old friends and neighbors to see them,
the most splendid illumination of the street, and decoration of the
buildings for three squares, being the order of the occasion. The city
brought them on their arrival, home in a train of coaches, thier
carriage being drawn with four white horses, in which rode with them
their father and two favorite grandchildren, Leontine and Horace Wright.

The boys were natural workmen in wood or metal. Their father's family,
their mother's family (and the mother herself) were inventive and
ingenius. The father at eighteen years invented a type-writer, having
never heard. It is useless to develop inheritance in their invention.

The city (Dayton) has decreed them two days (Jne 17 and 18), on which,
besides innumerable ceremonies, they will be given three gold medals;
One voted by the nation, one by the State, and another by the City.

Yours truly,

[Signature: Milton Wright]


A. Hildebrandt
Hauptmann a.D.
Berlin W. 30
Martin-Luther-Straße 10.

Berlin W. 30, den 28. Huni 1909.

Bishop
Milton Wright, Esquire,
Dayton (Ohio).

Dear Sir,

For the two letters, you had the kindness to send me in last time, be
thanked very much. With great interess I am awaiting the pictures, which
you advised me of. I shall try now, to discover the native place of Mr.
John G. Koerner, the father of the late Madame Wright.

Now still once more many thanks for the pains, you have had!

I am with great estime
ever Yours very truly

[Signature: A. Hildebrandt.]


Berliner Lokal-Anzeiger
Redaktion.
Berlin SW 68,
Zimmerstrasse 37-41.

9. Juli 1909

Dear Sir,

I wired to you: "Bishop Wright, Dayton. Book must be stamped. Please
send photographs."

The biography of your sons shall be published of possible as book
already in 14 days. Therefore I should lik to recives instantly the
photographs requested from you. If it were not possible to you to send
me all photographs by retourn of mail, please send later the rest, for.
I should use the other pictures for german papers.

I thank you for your endeavaurs and hope, shortly to see in Berlin your
souns and Mis Katherine.

With best regards
yours

[Signature: gez. Captain Hildebrandt]


A. Hildebrandt
Hauptmann a.D.
Berlin W. 30
Martin-Luther-Straße 10.

Berlin W. 30, den 18. Juli 1909.

Bishop Milton Wright, Esquire,
Dayton (Ohio).

Dear Sir!

With many thanks I confirm you the receipt of the two pictures and your
letter of the 3rd inst., by which you have made me great pleasure. I
shall make use of the pictures as soon as possible.

Thanking you once more for your kindness and being always at your
service, I remain, Dear Sir

ever Yours truly

[Signature: A. Hildebrandt.]
he receipt of the two pictures and your
letter of the 3rd inst., by which you have made me great pleasure. I
shall make use of the pictures as soon as possible.

Thanking you once more for your kindness and being always at your
service, I remain, Dear Sir

ever Yours truly

[Signature: A. Hildebrandt.]





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