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Title: Die epiphytische Vegetation Amerikas
Author: Schimper, Andreas Franz Wilhelm, 1856-1901
Language: German
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                         Botanische Mittheilungen

                              aus den Tropen

                              herausgegeben
                                   von

                         *Dr. A. F. W. Schimper,*

           a.O. Professor der Botanik an der Universität Bonn.

                            ------------------

                                 Heft 2.

                   Die epiphytische Vegetation Amerikas

                                   von

                           *A. F. W. Schimper*

        Mit 4 Tafeln in Lichtdruck und 2 lithographischen Tafeln.

                  -------------------------------------

                                  Jena,

                                  1888.



INHALTSÜBERSICHT.


                 *Verzeichniss der benutzten Litteratur.*

                              *Einleitung.*

Der Urwald im temperirten nördlichen, im tropischen und im antarktischen
Amerika 6.

   *I. Die systematische Zusammensetzung der Epiphytengenossenschaft in
                                Amerika.*

_Verzeichniss der Gattungen:_

Lycopodiaceae, Filices, Liliaceae, Amaryllidaceae 11; Bromeliaceae,
Cyclanthaceae, Araceae 12; Zingiberaceae, Orchidaceae 13; Urticaceae,
Piperaceae, Clusiaceae, Bombaceae 16; Celastraceae, Aquifoliaceae,
Araliaceae, Cornaceae, Saxifragaceae, Cactaceae, Melastomaceae,
Onagraceae, Rosaceae 17; Ericaceae, Myrsinaceae, Loganiaceae,
Asclepiadaceae, Solanaceae, Scrophulariaceae, Lentibulariaceae 18;
Gesneraceae, Bignoniaceae, Verbenaceae, Rubiaceae, Compositae 19.

_Gleichartigkeit der systematischen Zusammensetzung der epiphytischen
Genossenschaft in der östlichen und der westlichen Hemisphäre_ 20.

_Die systematische Zusammensetzung durch die Structur der Samen und
Früchte bedingt_ 20.

           *II. Die Anpassungen der Epiphyten an den Standort.*

_I. Allgemeines._

Entstehung der Epiphytengenossenschaft; Ursachen und Wirkungen
epiphytischer Lebensweise 28.

Geschlechtliche und ungeschlechtliche Fortpflanzung 30.

Allgemeine Anpassungen der Vegetationsorgane 32.

Eintheilung der Epiphyten nach dem Modus der Ernährung in vier Gruppen 34.

_II. Erste Gruppe._

Nicht angepasste Epiphyten 35.

Grosse Austrocknungsfähigkeit gewisser Epiphyten 35.

Wasseraufspeicherung bei den Epiphyten: alternde Blätter als
Wasserspeicher bei den Peperomien und Gesneraceen 37; Knollen: Gesnera;
Rubiaceen, Vaccinieen, Melastomaceen, Utricularia. 38;
Wasseraufspeicherung in Intercellulargängen: Philodendron cannifolium 41;
Wasseraufspeicherung bei den Orchideen 42.

Luftwurzeln der Orchideen und Araceen 46; Fehlen des Velamen bei
Stenoptera, Vorkommen desselben bei terrestrischen Epidendrum-Arten 47;
assimilirende Wurzeln 47.

Zusammenfassung 50.

_III. Zweite Gruppe._

Zufälliges Eindringen gewisser Epiphyenluftwurzeln in den Boden 51.

Das Eindringen der Wurzeln in den Boden zur constanten Eigenschaft
geworden 52; Differenzirung in Nähr- und Haftwurzeln 52.

Carludovica 54; Araceen 55; Clusia rosea 56; Ficus 60.

_IV. Dritte Gruppe._

Erste Andeutung schwammartiger Wurzelgeflechte 61.

Complicirte Wurzelgeflechte mit Nähr- und Haftwurzeln 61.

Oncidium altissimum 63; Cyrtopodium 63; Anthurium Hügelii 63; Polypodium
Phyllitidis und Asplenium serratum 65.

Javanische Farne mit zweierlei Blättern; Dischidia Rafflesiana 66.

_V. Vierte Gruppe._

Schwache Entwickelung des Wurzelsystems; Aufspeicherung von Humus und
Wasser in den Rosetten epiphytischer Bromeliaceen 67.

Versuche über die Wasseraufnahme durch die Blätter 67. -- Fehlen der
Wurzeln bei gewissen Tillandsia-Arten 68. -- Versuche über die Bedeutung
der Schildhaare 69. -- Structur der Schildhaare 71.

Einfluss der Wasseraufnahme durch die Blätter auf die Structur der
Pflanze: terrestrische und epiphytische Bromeliaceen 73; Eintheilung in
rosettenbildende, rasenbildende und langstengelige epiphytische Formen 73;
Schutz der äusseren Wasserreservoirs (Cisternen) rosettenbildender
Bromeliaceen: Catopsis, Ortgiesia. tillandsioides, Tillandsia flexuosa,
Tillandsia bulbosa 74; Unterschied von Spitze und Basis an den Blättern
wasseraufspeichernder Rosetten 76; rasenbildende und langstengelige
epiphytische Bromeliaceen 73; Reduction der Wasserleitungsbahnen bei den
epiphytischen Bromeliaceen 79; die Bromeliaceen des botanischen Gartens zu
Lüttich 80.

Erste Anfänge der Anpassungen an Wasseraufnahme durch die Blätter:
Pitcairnia 80. Die Wasseraufnahme durch die Blätter eine Ursache, nicht
eine Wirkung der epiphytischen Lebensweise 81. Infolge der epiphytischen
Lebensweise entstandene Anpassungen 82.

_VI. Schlussbetrachtungen._

Die vor der Annahme epiphytischer Lebensweise existirenden nützlichen
Eigenschaften durch natürliche Züchtung vervollkommnet 83.

Die Wurzeln der Epiphyten 85.

Die Blätter der Epiphyten 86.

Vergleich der Orchideenluftwurzeln und Bromeliaceenblätter 86. --
Tillandsia usneoides und Aëranthus 87.

Extreme Anpassungen durch alle Uebergünge mit den einfachsten
verbunden 87.

  *III. Ueber die Vertheilung der epiphytischen Pflanzenarten innerhalb
                       ihrer Verbreitungsbezirke.*

_Einfluss von Licht und Feuchtigkeit:_ Urwald- und Savannenepiphyten 90;
Vorkommen der letzteren auf dem Gipfel der Urwaldbäume 91. -- Etagenartige
Gliederung der epiphytischen Vegetation des Urwalds 91.

_Einfluss der Beschaffenheit der Rinde_ 92; die Bromeliaceen als erste
Ansiedler 92; ungenügsame Epiphyten 94.

Epiphyten der Calebassenbäume 95; der beschuppten Palmen 95; der
Baumfarne 97.

_Einfluss der Laubdichte_ 98.

_Beziehungen der epiphytischen Vegetation zu derjenigen anderer
Standorte_: Bodenvegetation des Urwalds 99; Aehnlichkeit der epiphytischen
Flora und der Felsenflora 100; Unterschiede derselben 100. --
Charakteristische Bestandtheile der Epiphytengenossenschaft 104.

   *IV. Ueber die geographische Verbreitung der Epiphyten in Amerika.*

_Ursache der grossen Areale vieler epiphytischen Pflanzenarten_ 106.

_Charakter der epiphytischen Vegetation im tropisch-amerikanischen
Urwalde:_ seine Gleichmässigkeit 107; Trinidad und benachbarter
südamerikanischer Küstenstreifen 110; Dominica 111; Blumenau 111.

_Epiphyten der Savannengebiete:_ Llanos Venezuelas 114; Catingas
Brasiliens 114; Umgebung von Pernambuco 115; Campos von Minas Geraes 115;
trockene Küstenstriche Mexicos 115; Nord-Chile und Peru 116; St. Croix und
die Jungferninseln 116.

_Entstehung der epiphytischen Vegetation der Savannen aus derjenigen des
Urwalds:_ Beweise dafür 117; Entwickelung xerophiler Epiphyten im Urwalde,
ihre Wanderungen 119.

_Die epiphytische Vegetation in Gebirgen:_ Ihre massenhafte Entwickelung
in der Wolkenregion 121; xerophiler Charakter der epiphytischen Flora
hoher Regionen 122; Verschwinden der Epiphyten unter der Baumgrenze 122.
-- Brasilianische Küstengebirge 122; Anden Mexicos 123. -- Epiphytische
Vegetation des Himalaya: sie besteht in den tiefen Regionen aus
tropischen, in den oberen aus temperirten Pflanzenformen 124; klimatische
Verhältnisse 125. -- Nilgerries 126.

_Epiphyten der südlichen Vereinigten Staaten:_ Zusammensetzung der
epiphytischen Flora 127; ihr tropischer Ursprung 129; Ursache des Fehlens
autochthoner Elemente 130; Rolle der Epiphyten in der nordamerikanischen
Vegetation 131.

_Epiphyten Argentiniens:_ Zusammensetzung der epiphytischen Flora 133; ihr
tropischer Ursprung 135; klimatische Analogie zwischen Argentinien und den
südlichen Vereinigten Staaten 136; Rolle der Epiphyten in der
argentinischen Vegetation 137.

_Der indo-malayische Epiphytenherd_ 139; Wanderung seiner Bestandtheile
nach Japan 139; nach Australien 139.

_Die antarktischen Epiphytenherde:_ Zusammensetzung der Epiphytenflora des
antarktischen Waldgebiets 142; ihr autochthoner Charakter 143. --
Epiphyten Neu-Seelands 146. -- Ursachen der Armuth der epiphytischen
Vegetation im antarktischen Amerika und in Neu-Seeland 146. -- Entstehung
autochthoner Epiphyten in hohen Breiten 146.

_Die klimatischen Bedingungen epiphytischer Vegetation_ 147.

_Schlussbetrachtungen:_ Zusammensetzung der Ergebnisse über die
Entwickelung und Wanderung der Epiphyten 151.

                                *Schluss.*

Bedeutung der Biologie für die Pflanzengeographie 155; Ursache der
physiognomischen Unterschiede der drei amerikanischen Waldgebiete 158.



VERZEICHNISS DER BENUTZTEN LITTERATUR.


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EINLEITUNG.


Amerika war vor dem Einfluss der Kultur theilweise von dichten Wäldern,
theilweise von Savannen mit dünnen Holzbeständen, theilweise, aber in
geringem Grade, von Wüsten bedeckt. Die dicht bewaldeten Gebiete gehören
theils den beiden temperirten Zonen, theils der tropischen an, und zwar
besitzt der Urwald in jeder derselben eine charakteristische Physiognomie.

Der nordamerikanische Wald trägt, namentlich im Osten, wesentlich die Züge
des europäischen. Er zeigt ebenfalls eine scharfe Differenzirung in Laub-
und Nadelholzbestände, von welchen die ersteren im Osten, die letzteren im
Westen vorherrschen. Die Baumarten sind allerdings im nordamerikanischen
Walde weit zahlreicher als im europäischen; sie gehören aber zum grössten
Theile denselben Gattungen an und weichen habituell nicht hinreichend von
unseren Waldbäumen ab, um einen wesentlichen physiognomischen Unterschied
zu bedingen. Aehnliches gilt von der nur wenig mehr entwickelten
Schattenvegetation. von den Schlingpflanzen, die ebenfalls sehr
zurücktreten, und von den Epiphyten, die, ausser in den südlichen Staaten,
alle zu den Moosen und Flechten gehören.

Der tropische Urwald nimmt den grössten Theil des äquatorialen Amerika
ein. Nach Norden erstreckt er sich nur bis zum Wendekreis, während er sich
in Form eines schmalen Streifens längs der Ostküste bis zum 30° s. B.
fortsetzt. Sein physiognomischer Charakter ist, abgesehen von
topographischen Unterschieden, die sich in ähnlicher Weise in den
verschiedenen Zonen wiederholen, beinahe in seiner ganzen Ausdehnung sehr
gleichartig und von denjenigen des nordamerikanischen Urwalds durchaus
verschieden. Der physiognomische Unterschied zwischen dem tropischen und
dem nordamerikanischen Urwald ist theilweise durch die systematische
Zusammensetzung, noch mehr aber durch Eigenthümlichkeiten der Structur und
Lebensweise bedingt, die sich bei Pflanzen aus verschiedenen Familien
wiederholen und demnach als Anpassungen an die äusseren Bedingungen
aufzufassen sind.

Die Physiognomie des tropischen Urwalds ist in erster Linie durch den
Kampf um das Licht bedingt, dessen Einfluss in allen Pflanzenformen des
Urwalds zur Geltung kommt, in der ungeheuren Entwicklung des Laubs, in der
oft schirmartigen Verzweigung der Baume, in den tauartigen Lianen,
namentlich aber in den Epiphyten, die, den Boden ganz verlassend, auf dem
Gipfel der Bäume sich ansiedeln. Wahrend der Boden zwischen den
Baumstämmen, den Lianen und Luftwurzeln oft beinahe keine Pflanzen tragt,
prangt über dem Laubdache eine üppige und artenreiche Vegetation, die sich
der Bäume als Stütze bedient hat, um an das Licht zu gelangen. Kein
Baumzweig wird versuchen, sein Laub im Lichte auszubreiten, ohne mit
seinen epiphytischen Bewohnern in Conflikt zu gerathen. Umsonst erheben
sich die Aeste übereinander, streben immer mehr nach oben; sie werden bald
von Bromeliaceen, Araceen, Orchideen überwuchert oder gar von dem grauen
Schleier der Tillandsia usneoides ganz umhüllt. Nicht selten erliegt der
Wirthbaum, wenn seine Blätter durch die Hülle der Tillandsia usneoides
nicht durchzudringen vermögen oder seine Aeste durch die sie wie eiserne
Ringe umklammernden Luftwurzeln gleichsam erwürgt werden. Er stirbt und
vermodert, fällt aber selten auf den Boden, indem die Luftwurzeln gewisser
seiner Gaste (Clusia, Feigenbäume etc.) um seinen Stamm einen vielfach
durchgitterten, aber festen Hohlcylinder bilden, der ihn aufrecht hält und
den Epiphyten die gleichen Vortheile gewährt, wie der Stamm selbst.

Den antarktischen Urwald, der sich an der Westküste vom 36° s. B. bis nach
Feuerland zieht, kenne ich aus eigener Anschauung nicht. Er nähert sich in
seiner systematischen Zusammensetzung mehr dem nordamerikanischen als dem
tropischen Walde, trägt aber nicht viel weniger als der letztere das
Gepräge des Kampfes ums Licht. Lianen und Epiphyten bilden auch im
antarktischen Urwald einen hervortretenden Zug, ohne jedoch bei weitem
dieselbe Mannigfaltigkeit, wie im tropischen, zu erreichen.

Die Vegetation aller Wälder leidet unter der gegenseitigen Beschattung;
der Kampf ums Licht waltet im nordamerikanischen Walde ebenso, wie im
tropischen, und doch hat er nur in letzterem auffallende Anpassungen
hervorgerufen, sodass diese den physiognomischen Unterschied beider Wälder
hauptsächlich bedingen. Eine Naturgeschichte des tropischen Urwalds wird
sich daher in erster Linie mit diesen Anpassungen zu beschäftigen haben.
Bei keiner der biologischen Pflanzengruppen oder Genossenschaften, in
welche die Vegetation des Urwalds eingetheilt werden kann, ist der
Einfluss des Kampfes ums Licht so ausgeprägt, wie bei den Epiphyten. Diese
erscheinen daher besonders geeignet, uns in die Eigenthümlichkeiten der
Vegetation des tropischen Urwaldes und die Existenzbedingungen in
demselben einzuführen, die Entwickelung seiner Bestandtheile, die Ursachen
seiner gegenwärtigen Physiognomie unserem Verständniss näher zu bringen.
Es kommen zwar einige phanerogamischen Epiphyten im südlichen Theil des
nordamerikanischen Waldgebiets vor. Dieselben sind aber im Gegensatz zu
den Gewächsen, auf oder über welchen sie leben, sämmtlich tropische
Colonisten und daher eher geeignet, die Kluft zwischen dem tropischen und
dem nordamerikanischen Urwald zu vertiefen, als dieselbe auszufüllen.

Meine erste Bekanntschaft mit den Epiphyten rührt von einer nur
zweiwöchentlichen Excursion nach Florida im Frühjahr *1881*. Später habe
ich sie in Westindien und Venezuela (*1881*, *1883*), zuletzt in Brasilien
(*1885*) einem genaueren Studium unterworfen. Die auf meinen ersten Reisen
gewonnenen Ergebnisse wurden *1884* im Botanischen Centralblatt (Bau und
Lebensweise der Epiphyten Westindiens) veröffentlicht; ich hatte damals
wesentlich die Anpassungen untersucht, durch welche die Epiphyten auf
Baumästen Wasser und Mineralstoffe erhalten. Diese Fragen bilden wiederum
einen Theil der vorliegenden Arbeit, wurden aber durch neue Beobachtungen
wesentlich erweitert.

Wenn ich in dieser Arbeit eine relative Vollständigkeit erreichen konnte,
so habe ich es vor Allem der vielseitigen Unterstützung durch Fachgenossen
und Freunde zu verdanken. Ganz besonders möchte ich meinen Dank
aussprechen dem früheren General-Forstinspektor in Britisch-Indien, Dr.
D. BRANDIS, der mir aus seinen reichen Erfahrungen sehr wichtige
Mittheilungen über das Vorkommen und die Lebensweise der Epiphyten in
Ostindien machte und ausserdem mir sein grosses Herbarium und seine an
sonst schwer zugänglichen Werken reiche Bibliothek zur freien Verfügung
stellte; Frau Dr. BRANDIS hatte die Güte, mir das von ihr nach der Natur
gemalte schöne Bild, welches auf unserer ersten Tafel reproducirt ist, zur
Verfügung zu stellen. Sehr wesentliche Unterstützung erhielt ich auch von
den Herren GAMBLE, Conservator of forests in Madras, der mir sehr
werthvolle Mittheilungen über die Epiphyten Ostindiens machte, Prof. Dr.
HIERONYMUS, der mich in liberalster Weise mit Büchern und Material
unterstützte, Prof. Dr. GRAVIS, Prof. OLIVER und Prof. Dr. WITTMACK. Auch
diesen Herren spreche ich hiermit meinen herzlichsten Dank aus.

                            ------------------



I. DIE SYSTEMATISCHE ZUSAMMENSETZUNG DER EPIPHYTENGENOSSENSCHAFT IN
AMERIKA.


1. Ein einigermassen vollständiges Verzeichniss der Pflanzenarten, die in
Amerika epiphytisch wachsen, kann zur Zeit nicht aufgestellt werden; dazu
sind die Standortsangaben in Herbarien und Floren zu unvollständig. Um
jedoch ein ungefähres Bild der systematischen Zusammensetzung der
Epiphytengenossenschaft in Amerika zu geben, habe ich die Gattungen
zusammengestellt, die nach meinen eigenen Beobachtungen oder Angaben in
der Litteratur epiphytische Arten enthalten. Obwohl dieses Verzeichniss
unzweifelhaft nicht ganz vollständig ist, dürfte es seinen Zweck
erreichen, indem die Lücken wesentlich die Orchideen und andere Familien
mit zahlreichen epiphytischen Vertretern, oder Formen von äusserst
beschränkter Ausdehnung treffen werden.

Es schien mir von Interesse, das Verzeichniss nicht auf die amerikanischen
Epiphyten zu beschränken, sondern die übrigen Welttheile mit zu
berücksichtigen; letzteres geschah jedoch nicht für die Farne und
Orchideen. Die nicht amerikanischen Epiphyten stehen zwischen Klammern;
ihr Verzeichniss ist, trotz meiner Bemühungen, jedenfalls weit weniger
vollständig geblieben als dasjenige der amerikanischen.

                             *Pteridophyta.*

                             *Lycopodiaceae.*

  Lycopodium. — Trop. Am. (Ubiquit. Tropen.)
  Psilotum. — Trop. Am., Florida. (Ubiquit. Trop.)
  (Tmesipteris. — Austral., Neu-Seeland.)

                                *Filices.*

  Ophioglossum. — Florida, Westindien.
  Trichomanes. — Trop. u. temp. N.- u. S.-A.
  Hymenophyllum. — Trop. u. temp. N.- u. S.-A.
  Adiantum pumilum. — W.-Ind.
  Taenitis. — Trop. Am.
  Vittaria. — Trop. u. subtrop. N.- u. S.-Am.
  Antrophyum. — Trop. Am.
  Pleurogramme. — "  "
  Stenochlaena. — "  "
  Rhipidopteris. — "  "
  Acrostichum. — "  "
  Polybotrya. — "  "
  Anetium. — "  "
  Asplenium. — Trop. u. antarkt. Am.
  Aspidium (incl. Nephrolepis). — Trop. Am.
  Polypodium. — Trop. u. temp. N.- u. S.-Am.
  Grammitis. — Trop. Am.
  Xiphopteris. — "  "

                             *Monocotyleae.*

                               *Liliaceae.*

  Luzuriaga. — Süd-Chile.
  (Astelia. — Neu-Seeland)

                            *Amaryllidaceae.*

  Hippeastrum (u. a. Gatt.?). — Brasil.

                           *Bromeliaceae.*(*1*)

  Nidularium. — Trop. Am.
  Rhodostachys. — Chile.
  Billbergia. — Trop. Am.
  Aechmea. — "  "
  Ortgiesia. — "  "
  Pothuava. — S.-Brasil.
  Lamprococcus. — Trop. Am.
  Chevaliera. — "  "
  Echinostachys. — N.-Brasil.
  Macrochordium. — Trop. Am.
  Canistrum. — "  "
  Brocchinia. — W.-Ind. (B. Plumieri.)
  Sodiroa. — Columbien, Aequator.
  Caraguata. — Columbien, W.-Ind.
  Guzmannia. — Peru bis W.-Ind.
  Tillandsia. — Trop. und subtrop. Am.
  Vriesea. — "  "
  Catopsis. — Trop. Am.

                             *Cyclanthaceae.*

  Carludovica. — Trop. Am.

                                *Araceae.*

  Philodendron. — Trop. Am.
  (? Anadendrum. — Mal. Arch.)
  (? Rhaphidophora. — Trop. As., Austr., Polynes., Afr.)
  (Pothos. — Trop. O.-As.)
  Anthurium. — Trop. Am.

Die Zahl der Epiphyten führenden Gattungen ist wahrscheinlich eine weit
grössere; es lässt sich jedoch aus der Literatur nichts Bestimmtes darüber
entnehmen und meine eigenen Beobachtungen erstrecken sich nur auf
Philodendron und Anthurium.

                             *Zingiberaceae.*

  Hedychium simile. — Java.

                              *Orchidaceae.*

                            _I. Epidendreae._

  Pleurothallis. — Trop. Am.
  Stelis. — "  "
  Physosiphon. — "  "
  Lepanthes. — Anden.
  Restrepia. — Trop. Am.
  Masdevellia. — Trop. Am., vorw. v. Peru nach Mexico.
  Arpophyllum. — Mexico u. C.-Am.
  Octomeria. — Bras., Guiana, W.-Ind.
  Meiracyllium. — Mex., C.-Am.
  Bulbophyllum. — Trop. Am.
  Coelia. — W.-Ind., Mex., C.-A.
  Bletia. — Trop. Am.
  Elleanthus. — Trop. Am.
  Lanium. — Bras., Surinam.
  Amblostoma. — Bras., Peru, Bol.
  Seraphyta. — W.-Ind.
  Diothonea. — And. Columb. u. Peru.
  Stenoglossum. — Trop. And.
  Hormidium. — Trop. Am.
  Hexisea. — "  "
  Scaphyglossis. — "  "
  Hexadesmia. — "  "
  Octedesmia. — W.-Ind.
  Alamania. — Mexico.
  Pleuranthus. — Trop.
  Diacrium. — Gui., C.-Am., Mexico.
  Isochilus. — Trop. Am.
  Ponera. — Mex., C.-Am., O.-Bras.
  Pinelia. — Brasilien.
  Hartwegia. — Mex., C.-Am.
  Epidendrum. — Trop. u. subtrop. Am.
  Broughtonia. — W.-Ind.
  Cattleya. — Trop. Am.
  Laeliopsis. — W.-Ind.
  Tetramicra. — Trop. Am.
  Brassavola. — "  "
  Laelia. — "  "
  Schomburgkia. — "  "
  Sophronitis. — Brasilien.

                              _II. Vandeae._

  Galeandra. — Trop. Am.
  Polystachya. — "  "
  Cyrtopodium. — "  "
  Zygopetalum. — "  "
  Grobya. — Brasil.
  Cheiradenia. — Guiana.
  Aganisia. — Trop. Am.
  Acacallis. — Brasilien.
  Eriopsis. — Nördl. S.-Am.
  Lycomormium. — Columb., C.-Am.
  Batemannia. — Guiana.
  Bifrenaria. -— Brasil., Col., Guiana.
  Xylobium. — Trop. Am.
  Lacaena. — C.-Am.
  Lycaste. — Peru bis Mex. und W.-Ind.
  Anguloa. — And. Peru, Columb.
  Chondrorhyncha. — Columbien.
  Gongora. — Trop. Am.
  Coryanthes. — Trop. S.-Am.
  Stanhopea. — Trop. Am.
  Houlletia. — Bras., Columb.
  Peristeria. — Anden Columb.
  Acineta. — Col. bis Mex.
  Catasetum. — Trop. Am.
  Mormodes. — Columb. bis Mexico.
  Cycnoches. — Guiana bis Mexico.
  Chrysocycnis. — N.-Granada
  Polycycnis. — Guiana, C.-Am.
  Stenia. — Guiana, Columbien.
  Schlimmia. — And. Columbien.
  Clowesia. — Brasil.
  Mormolyce. — Mexico.
  Scuticaria. — Brasil., Guiana.
  Maxillaria. — Trop. Am.
  Camaridium. — Gui., Col., Peru.
  Dichaea. — Trop. Am.
  Ornithidium. — Trop. Am.
  Cryptocentrum. — Ecuador.
  Diadenia. — Para, Peru.
  Comparettia. — Trop. And.
  Scelochilus. — "  "
  Trichocentrum. — Bras., C.-Am.
  Rodriguezia. — "  "
  Trichopilia. — Trop. Am.
  Aspasia. — Bras., C.-Am.
  Cochlioda. — And. S.-Am.
  Dignathe. — Mexico.
  Saundersia. — Brasil.
  Brachtia. — Columbien.
  Odontoglossum. — Trop. And.
  Oncidium. — Trop. Am.
  Miltonia. — Peru, Bras.
  Brassia. — Trop. Am.
  Solenidium. — And. Col.
  Leiochilus. — C.-Am., Mexico, W.-Ind.
  Erycina. — Mexico.
  Gomeza. — Brasil.
  Abola. — And. Columbien.
  Neodryas. — Bol., Peru.
  Ada. — Amnd. Columbien.
  Sutrina. — Peru.
  Trigonidium. — Bras., C.-Am.
  Ornithidium. — Trop. Am.
  Jonopsis. —  "  "
  Cryptarrhena. — C.-Am., Guiana.
  Ornithocephalus. — Trop. Am.
  Zygostates. — Brasil.
  Phymatidium. — Brasil.
  Chytroglossa. — Brasil.
  Hofmeisterella. — And. Ecuador.
  Lockhartia. — Trop. Am.
  Pachyphyllum. — And. S.-Am.
  Dendrophylax. — W.·Ind.
  Campylocentron. — Trop. Am.
  Cirrhaea. — Trop. Am.
  Telipogon. — And. Columb., Peru.
  Trichoceros. — Columb., Peru.

                            _III. Neottieae._

  ? Vanilla. — Trop. Am.
  Stenoptera. — Bras., W.-Ind.

                           _IV. Cypripedieae._

  Cypripedium. — Brasil. (Ob anderswo epiph.?)



                              *Dicotyleae.*

                              *Urticaceae.*

  Ficus. — Trop. Am. (Ubiq. Trop.)
  Coussapoa. — Trop. S-Am.
  (Procris. — Trop. As., Afr., Polynes.)

                              *Piperaceae.*

  Peperomia. — Trop. u. subtrop. Am. (Ubiq. Trop. u. subtrop.)
  Wahrsch. auch Arten von Piper in Ostindien.

                              *Clusiaceae.*

  Clusia. — Trop. Am., Florida.
  Renggeria. — Trop. Am.
  Wohl auch die weniger verbreiteten Arten der Gattungen Rengifa, Havetia,
              Pilosperma, Havetiopsis etc.

                               *Bombaceae.*

  Ceiba Rivieri. — Süd-Brasil.

                             *Celastraceae.*

  (Evonymus echinatus. — Himalaya.)

                             *Aquifoliaceae.*

  (Ilex spicata. — Himalaya.)

                              *Araliaceae.*

  Sciadophyllum. — Trop. Am.
  (Wahrscheinlich Pentapanax und Heptapleurum in Ostind.)

                               *Cornaceae.*

  ? Griselinia. — Süd-Chile.

                             *Saxifragaceae.*

  (Ribes glaciale. — Himalaya.)

                               *Cactaceae.*

  Phyllocactus. — Trop. Am.
  Epiphyllum. — Brasilien.
  Rhipsalis. — Trop. u. subtrop. Am. (S.-Afr., Mauritius, Ceylon.)
  Cereus. — Trop. u. subtrop. Am.

                             *Melastomaceae.*

  Adelobotrys. — Brasil.
  (Kendrickia. — Ceylon.)
  (Dicellandra. — Fernando Po.)
  (Pogonanthera. — Ind. Arch.)
  (Medinilla. — Ubiq. Trop., Ost-Hem.)
  (Pachycentria. — Mal. Arch.)
  Clidemia. — Brasil.
  Pleiochiton. — "
  Blakea. — W.-Ind.
  ? Topobea. — Peru, Guiana, Mex. etc.

                              *Onagraceae.*

  Fuchsia minimiflora. — S.-Mexico.

                               *Rosaceae.*

  (Pyrus rhamnoides. — O.-Himalaya.)

                               *Ericaceae.*

                              _Vaccinieae._

  Psammisia. — Anden, Venez., Guiana.
  Findlaya. — Trinidad.
  Ceratostemma. — And. S.-Am.
  (Agapetes. — O.-Ind., Mal. Penins., Fiji.)
  (Pentapterygium. — Himalaya.)
  (Rijiolepis. — Borneo.)
  (Vaccinium sect. Epigynium. — Gebirge Trop. O.-As.)
  (Corallobotrys. — Himalaya.)
  Sphyrospermum. — Trop. And., Guiana.
  Sophoclesia. — And. S.-Am., Guiana, Trinidad.

                               _Rhodoreae._

  Gaultheria. — Epiph. in Am.? (O.-Ind. etc.)
  (Diplycosia. — Malacca, Ind. Arch.)
  (Rhododendron. — O.-Ind., Mal. Arch.)

                              *Myrsinaceae.*

  Grammadenia parasitica. — West-Indien.
  (Embelia. — Dekkan.)
  Cybianthus costaricanus. — Costa-Rica.

                              *Loganiaceae.*

  (Fagraea. — O.-Ind., Trop. Austr. etc.)

                            *Asclepiadaceae.*

  (Collyris. — Mal. Arch.)
  (Hoya. — Trop. O.-As. u. Austr.)
  (Dischidia. — O.-Ind., Mal. Arch., Trop. Austr.)

                              *Solanaceae.*

  Markea. — Trop. Am.
  Juanulloa. — Peru, Columb., C.-Am.
  Dyssochroma. — Brasil.
  Solandra. — W.-Ind. (Ob anderwärts epiph.?)
  (Solanum. — O.-Ind. nach Grisebach.)

                            *Scrophulariaceae*

  (Wightia gigantea. — Himal. or.)

                           *Lentibulariaceae.*

  Utricularia. — Trop. Am.

                              *Gesneraceae.*

  Gesnera. — Brasilien.
  Episcia. — "
  Drymonia. — Trop. Am.
  Alloplectus. — "  "
  Columnea. — "  "
  Nematanthus. — Brasilien.
  Hypocyrta. — Brasil., Costa-Rica.
  Codonanthe. — Brasil., Guiana.
  Asteranthera. — S.-Chile.
  (Fieldia. — Austral. extratrop.)
  Mitraria. — Süd-Chile.
  Sarmienta. — "
  (Aeschynanthus. — Trop. O.-As.)
  (Dichrotrichium. — Khasyan, Mal. Arch.)
  (Agalmyla. — Java.)
  (Lysionotus. — Himalaya, China.)

                             *Bignoniaceae.*

  Schlegelia. — Trop. Am.

                              *Verbenaceae.*

  (Premna. — O.-Ind.)

                               *Rubiaceae.*

  (Hymenopogon. — O.-Ind.)
  Hillia. — Trop. Am.
  Ravnia. — Costa-Rica.
  Cosmibuena. — Trop. Am.
  Schradera. — "  "
  (Acranthera tomentosa. — Bengal.)
  (Leucocodon. — Ceylon.)
  Xerococcus. — Costa-Rica.
  Ophryococcus. — "
  (Randia. — O.-Ind.)
  (Proscephalium. — O.-Ind., Java.)
  Psychotria. — (P. parasitica in W-Ind., ob and. Arten epiph.?)
  (Hydnophytum. — Mal. Arch., Trop. Austr., Fiji.)
  (Myrmecodia. — Mal. Arch., Trop. Austr.)

                              *Compositae.*

  Senecio parasiticus. — Mexico.

 Als erstes allgemeines Ergebniss dieses Verzeichnisses können wir den
Satz aufstellen, dass _die Zahl der in der Epiphytengenossenschaft
vertretenen Familien eine geringe ist, dass mehrere derselben aber im
Verhältniss zu ihrem Umfange eine auffallend grosse Zahl epiphytischer
Arten führen_, so die Farne, Orchideen, Bromeliaceen, Araceen, Gesneraceen
und Vacciniaceen. Mehrere der grössten Familien des tropischen Amerika
entbehren epiphytischer Arten gänzlich, so die Gräser, Palmen,
Euphorbiaceen, Rutaceen, Lauraceen, Leguminosen etc.

Als zweites bemerkenswerthes Ergebniss unserer Liste ist die _grosse
systematische Uebereinstimmung der Epiphytengenossenschaft in der alten
und der neuen Welt_, abgesehen natürlich von solchen Familien, die auf die
letztere ganz beschränkt sind (Bromeliaceen, Mangroviaceen).

2. Manche scharf ausgeprägte Pflanzengenossenschaften, z. B. diejenigen
der Wasserpflanzen, der Strandpflanzen, der Mangrovepflanzen, verhalten
sich denjenigen der Epiphyten insofern ganz analog, als sie sich ebenfalls
hauptsächlich aus bestimmten Familien recrutiren. Es braucht nur an die
Potameen und Nymphacaceen, die Combretaceen und Rhizophoreen, die
Plumbagineen, Cruciferen und Salsolaceen erinnert zu werden. _Während uns
aber in diesen Fällen die Ursache der Bevorzugung gewisser Familien, des
gänzlichen Fehlens anderer ganz unbekannt ist, können wir die
systematische Zusammensetzung der Epiphytengenossenschaft, theilweise
wenigstens, auf ihre Factoren zurückführen._

_Die erste Bedingung, damit eine Pflanze der epiphytischen Genossenschaft
gehören könne, ist, dass ihre Samen zur Verbreitung auf Baumästen geeignet
seien, was bekanntlich durchaus nicht von allen Samen __ gilt; ausserdem
müssen sie an dem Substrat hängen bleiben und auf demselben die zur
Keimung nöthige Wassermenge finden,_ -- zwei Bedingungen, die die Zahl der
tauglichen Samenarten wiederum sehr herabmindern.

_Die Samen epiphytischer Gewächse lassen sich in drei biologische
Categorien eintheilen, die alle drei den eben erwähnten Hauptbedingnngen
vollkommen entsprechen._

Die _erste Categorie_ umfasst diejenigen Samen, welche von einer saftigen
Hülle umgeben sind und daher von Vögeln, Affen und sonstigen
baumbewohnenden Thieren verbreitet werden; derartige Samen finden, falls
sie nicht zu gross sind, in den Excrementen einen genügenden Kitt und sind
gleichzeitig gegen das Austrocknen geschützt. Derartige Samen sind unter
den Epiphyten ausserordentlich verbreitet. Sie finden sich bei den
epiphytischen _Araceen_, _Liliaceen_ (Astelia, Luzuriaga.),
_Cyclanthaceen_, _Bromeliaceen_ e. p., _Zingiberaceen_ (Arillus bei
Hedychium), _Melastomaceen_ e. p. (Dicellandra, Medinilla, Pogonanthera,
Pachycentria, Blakea etc.), _Gesneraceen_ e. p. (Episcia, Columnea,
Drymonia, Alloplectus, Hypocyrta, Codonanthe, Fieldia, Mitraria,
Sarmienta), _Bignoniaceen_ (Schlegelia), _Vaccinieen_, _Onagraceen_
(Fuchsia), _Aquifoliaceen_, _Cornaceen_, _Myrsineen_, _Cactaceen_,
_Clusiaceen_, _Araliaceen_, _Solanaceen_, _Verbenaceen_ (Premna),
_Rubiaceen_ e. p. (Proscephalium, Psychotria parasit., Hydnophytum,
Ophryococcus, Schradera, Leucocodon, Xerococcus, Acranthera, Randia),
_Rosaceen_ (Pyrus sect. Sorbus), _Saxifragaceen_ (Ribes), _Celastraceen_
(Evonymus mit Arillus), _Urticaceen_, _Piperaceen_, _Marcgraviaceen_,
_Loganiaceen_, _Begoniaceen_ (afrikan. Arten).

Der _zweiten Categorie_ rechne ich die Samen (und Sporen) zu, die so
überaus leicht sind, dass sie von dem leisesten Luftzug fortgetragen
werden, und so klein, dass sie in die Risse der Rinde und in die
Moospolster dringen; sie bedürfen daher keiner besonderen Flug- und
Haftapparate und finden leicht die zu ihrer Keimung nöthige geringe
Feuchtigkeitsmenge (_Farne_, _Orchideen_).

Die _dritte Categorie_ umfasst diejenigen Samen, die, obwohl ebenfalls
sehr klein und leicht, doch etwas schwerer und grösser sind als in der
zweiten Categorie, und einen Flug- und Haftapparat besitzen. Während bei
Bodenpflanzen der Flug- und Haftapparat sehr verschiedenartig ist, lässt
sich derjenige der epiphytischen Gewächse auf zwei Typen zurückführen;
derselbe besteht nämlich entweder aus langen, meist sehr weichen Haaren,
oder aus einem schmalen, an beiden Enden oder nur an einem Ende in einen
spitzen Fortsatz sich fortsetzenden Flügel. Den ersteren Fall finden wir
bei manchen _Gesneraceen_ (Aeschynanthus (Taf. 6, Fig. 3), Dichrotrichium,
Agalmyla, Lysionotus), _Rubiaceen_ (Hillia (Taf. 6, Fig. 7)), den
_Asclepiadaceen_ (Taf. 6, Fig. 5. u. 6), _Bombaceen_, _Compositen_
(Senecio parasiticus) und namentlich bei den _Tillandsieen_ (Taf. 6,
Fig. 8 u. 9); die zweite Art der Ausbildung zeigt sich bei gewissen
_Rubiaceen_ (Hymenopogon (Taf. 6, Fig. 1), Cosmibuena (Fig. 2)), den
_Rhododendreen_ (Taf. 6, Fig. 4) und der _Scrophulariacee_ Wightia.

Die Samen dieser Categorie sind, wie erwähnt, alle sehr leicht, ohne
jedoch ein so geringes Gewicht, wie diejenigen epiphytischer Orchideen, zu
besitzen. So beträgt das Gewicht eines Samens von Rhododendron
verticillatum 0,000028 Gr., eines solchen von Aeschynanthus 0,00002, eines
solchen von Dendrobium aber nur 0,00000565(2), und die Gewichte der Samen
des genannten Rhododendron und von Aeschynanthus werden von denjenigen
anderer Arten dieser Categorie übertroffen.

Eine andere Eigenthümlichkeit dieser Samen ist, dass sie verschmälert
sind, wodurch sie offenbar leicht in enge Spalten und Interstitien
gelangen.

Man würde kaum glauben, dass die auf Taf. 6 dargestellten Samen, Pflanzen
zu den verschiedensten Familien gehören, und doch könnte die
Zusammenstellung weit vollständiger sein, ohne ihren gleichartigen
Charakter zu stören.

Ueber die Samen einiger wenigen Epiphyten habe ich nichts Bestimmtes
erfahren können (Echeveria, Sedum, Amaryllidee aus St. Catharina,
Utricularia).

Es geht aus dem Vorhergehenden hervor, dass Samen, die weder in
fleischigen Früchten enthalten sind noch staubartige Dimensionen besitzen,
wie bei den Orchideen und Farnen, eine ganz bestimmte Structur haben
müssen, um unter den Existenzbedingungen auf Baumästen sich weiter
entwickeln zu können.

_In den eben erwähnten Eigenschaften der Samen epiphytischer Gewächse
haben wir_, in der grossen Mehrzahl der Fälle wenigstens, _nicht eine
Anpassung an atmosphärische Lebensweise, sondern vielmehr eine
präexistirende Eigenschaft, durch welche letztere erst ermöglicht wurde,
zu erblicken_; wir finden in der That ganz ähnliche Samen, bezw. Früchte,
wie diejenigen der Epiphyten, bei verwandten Formen wieder, die theils aus
klimatischen, theils aus anderen Ursachen durchaus an terrestrische
Lebensweise gebunden geblieben sind.

Nachdem das Vorhergehende schon längst geschrieben war, habe ich eine
prägnante Illustration der Richtigkeit des eben aufgestellten Satzes
kennen gelernt. Die öffentlichen Promenaden in und bei Algier sind
vielfach mit Dattelbäumen bepflanzt, deren abgestorbene Blattbasen einige
Zeit unter der grünen Krone persistiren und Staub und Feuchtigkeit so
reichlich aufsammeln, dass sie beinahe stets Pflanzen ernähren, welche
ebenso üppig wie auf dem Boden gedeihen. _Diese Pflanzen sind sämmtlich
solche, deren Samen durch aufsteigende Luftströme leicht in die Höhe
gelangen können_, -- vorherrschend ist Sonchus oleraceus, den man in der
Stadt umsonst auf dem Boden suchen würde, während er auf der Place de la
République und hinter der Place de la Gouvernement, nach dem Lyceum zu, in
üppigen Exemplaren nahezu auf jeder Palme wächst; daneben zeigen sich
zuweilen andere Cichoriaceen (Crepis-Arten). Ausser den erwähnten Pflanzen
habe ich an den genannten Standorten, aber nur in vereinzelten Exemplaren,
Hyoscyamus niger, Plantago major und Linaria cymbalaria beobachtet, deren
Samen zwar der den Cichoriaceen zukommenden Flugapparate entbehren, aber
so winzige Dimensionen besitzen, dass es wohl begreiflich ist, wie der in
Algier so häufig mächtige Staubsäulen aufwirbelnde Wind sie in die Höhe
treiben konnte. Zuweilen, so z. B. im Jardin d’essai bei Algier, sieht man
Dattelstämme, die bis zur Basis beschuppt geblieben sind, -- in diesem
Falle findet man an der Basis der unteren Blattüberreste die
verschiedenartigsten Gewächse, die nur der Bau ihrer Samen hindert, höher
zu gelangen.

Eigentliche Epiphyten fehlen in Nord-Afrika, aus später zu besprechenden
klimatischen Gründen, gänzlich, und in seiner Heimath, der Sahara, geht
dem Dattelbaum jeder Epiphyt gänzlich ab. Da der Baum an der Küste nur
angepflanzt ist, konnten sich dort noch keine Pflanzen speciell an die
Lebensweise in seinen Blattbasen anpassen, während in tropischen Ländern,
wie wir später sehen werden, gewisse Pflanzen beinahe nur auf solchen
schuppigen Palmenstämmen vorkommen. So gewähren uns die Dattelbäume von
Algier, in sehr kleinem Maassstabe, das Bild der ersten Entstehung einer
epiphytischen Flora; wir begreifen, dass dieselbe sich keineswegs aus
beliebigen Elementen recrutiren konnte, sondern dass ein bestimmter Bau
des Samens oder der Frucht dazu erforderlich war.

Wir begreifen nun auch das Fehlen ganzer Familien in der
Epiphytengenossenschaft, z. B. dasjenige der Leguminosen und
Euphorbiaceen, deren stets relativ grosse Samen der Flugapparate entbehren
und nur selten mit fleischigen Hüllen versehen sind, dasjenige der
Acanthaceen im Gegensatz zu den ihnen verwandten Gesneraceen, die in so
hohem Grade zum Epiphytismus neigen, aber auch mit dazu so geeigneten
Früchten bzw. Samen ausgerüstet sind; wir verstehen, warum unter den
Liliaceen nur die Astelieen und Smilaceen epiphytische Lebensweise
annehmen konnten etc. Ebenso ist es uns wohl begreiflich, warum im
Gegentheil die Farne, Araceen, Orchideen, Bromeliaceen, Cactaceen,
Vaccinieen der epiphytischen Vegetation ein so mächtiges Contingent
geliefert haben; bei denselben haben die Früchte oder Samen stets, auch wo
die Lebensweise rein terrestrisch, die zum Uebergang zur epiphytischen
Lebensweise nöthigen Eigenschaften.

Innerhalb der Familien mit sehr verschiedenartigen Samen oder Früchten
zeigen sich die Epiphyten auf die Gruppen mit Gattungen beschränkt, wo die
genannten Organe den Anforderungen epiphytischer Lebensweise entsprechen,
ohne dass dabei von einer _Anpassung_ an die letztere die Rede sein könne;
so z. B. bei den Rubiaceen, Urticaceen, Melastomaceen, Solanaceen,
Gesneraceen etc. Unter den Lycopodiaceen sind nur die isosporen Gattungen
in der Epiphytengenossenschaft vertreten, diese aber sehr reichlich; die
theilweise doch so genügsamen Selaginellen blieben wegen des Gewichts
ihrer Macrosporen und der Wassermenge, die zu den Befruchtungsvorgängen
nöthig ist, nothwendig von derselben ausgeschlossen; aus ähnlichen Gründen
sind die Verbreitungsbezirke der Arten bei der Gattung Selaginella, im
Vergleich zu denjenigen der isosporen Lycopodiaceen, sehr klein.

Familien, die nur ganz vereinzelte Typen enthalten, deren Samenbau für
epiphytische Lebensweise geeignet ist, sind, wenn überhaupt, nur sehr
schwach in der Genossenschaft der Epiphyten vertreten. So besitzen die
Bignoniaceen meist Kapselfrüchte mit breitgeflügelten Samen, die Gattung
Schlegelia aber Beeren; letztere allein besitzt epiphytische Arten. Die
Loganiaceen besitzen sehr häufig fleischige Früchte; dieselben sind aber
stets mit sehr grossen Samen versehen, ausgenommen Fagraea, deren Arten
häufig als Epiphyten wachsen. Die Gattung Begonia hat meist trockene
Früchte; letztere sind aber bei einigen afrikanischen Arten, die
epiphytisch wachsen, mehr oder weniger fleischig und saftig. Andererseits
besitzt die sonst wesentlich aus Epiphyten bestehende Familie der
Bromeliaceen einige Gattungen (Dyckia, Puya, Hechtia), deren Samen wohl
mit Flugapparat versehen, aber der Haftvorrichtungen entbehren; diese
Typen sind daher der rein terrestrischen Lebensweise treu geblieben.

Der Bau der Früchte bezw. Samen ist es jedenfalls gewesen, der in erster
Reihe für die Möglichkeit, epiphytische Lebensweise zu führen,
entschieden, den Ausschluss bezw. die Beverzugung gewisser Gruppen
bestimmt, _somit den systematischen Charakter der epiphytischen
Genossenschaft hauptsächlich bedingt hat_. Wir können damit jedoch nicht
alle Eigenthümlichkeiten der letzteren erklären; es fällt uns auf, dass
gewisse Familien oder Gruppen, deren Samen doch z. Thl. mit den nöthigen
Requisiten versehen zu sein scheinen, keine oder doch nur wenige Arten
enthalten, die epiphytische Lebensweise, auch nur zufällig, führen würden,
so die Gramineen, die keine einzige, die Compositen, die nur eine
epiphytische Art enthalten.

Die Factoren, welche neben den Eigenschaften der Früchte und Samen die
systematische Zusammensetzung der Epiphytengenossenschaft beeinflusst
haben, können, theilweise wenigstens, vermuthet werden. So kann es keinem
Zweifel unterliegen, dass die vegetative Organisation für die Befähigung
einer Pflanze, auf Baumrinde zu gedeihen, von ganz wesentlicher Bedeutung
ist. Während wir aber keinen Einfluss der epiphytischen Lebensweise auf
Früchte und Samen zu erkennen vermochten, sind durch dieselbe Sprosse und
Wurzeln in vielen Fallen nachweisbar so modificirt worden, dass wir in der
Regel nicht im Stande sind, das Bild der bodenbewohnenden Stammpflanze in
ihren vegetativen Theilen zu reconstruiren. Diese Frage wird erst in dem
nächsten, den Anpassungen an epiphytisehe Lebensweise gewidmeten Kapitel
des Näheren discutirt werden. Es ist mir übrigens nicht wahrscheinlich,
dass die systematische Zusammensetzung der Epiphytengenossenschaft durch
die Eigenschaften der vegetativen Organe _wesentlich_ beeinflusst worden
sei.

Eine grössere Wichtigkeit in letzterer Hinsicht ist wohl dem Umstande zu
schenken, dass, wie nachher des Näheren gezeigt werden soll, sämmtliche
Epiphyten, auch solche, die in Savannen vorkommen, aus Pflanzen des
dichten Urwalds hervorgegangen sind. Dieses dürfte das Fehlen oder starke
Zurücktreten in der Epiphytengenossenschaft gewisser sehr fermenreicher
Familien mit anscheinend theilweise geeigneten Samen erklären, so der
Gräser und Compositen, die, wenn auch im Walde nicht fehlend, doch
hauptsächlich Bewohner der Savannen und offener Standorte überhaupt sind.

So wünschenswerth es erscheint, sämmtliche Factoren, welche die
systematische Zusammensetzung der Epiphytengenossenschaft beeinflusst
haben, kennen zu lernen, so können wir doch mit Sicherheit behaupten, dass
dieselbe in ihren hauptsächlichen Zügen durch die Eigenschaften der
Früchte und Samen bedingt worden ist.



II.
DIE ANPASSUNGEN DER EPIPHYTEN AN DEN STANDORT.



I. Allgemeines.


1. Wie überhaupt jede an eine bestimmte Lebensweise gebundene
Pflanzengenossenschaft, besitzt auch diejenige der Epiphyten eine von
ihrer systematischen Zusammensetzung unabhängige Physiognomie, in welcher
ihre Existenzbedingungen zum Ausdrucke kommen. Die charakteristischen Züge
derselben sind jedoch nicht sämmtlich als Anpassungen an den Standort
aufzufassen; manche Eigenthümlichkeit der Epiphytengenossenschaft ist
nicht im Kampfe gegen die ungünstigen Existenzbedingungen auf Baumrinde
oder gegen die trotzdem zahlreichen Mitbewerber um dieselbe entstanden,
sondern verdankt ihren Ursprung dem Umstande, dass der Uebergang aus der
terrestrischen zur epiphytischen Lebensweise nur bei Anwesenheit
bestimmter Eigenschaften möglich war. Sollte unser Klima wesentlich
feuchter werden, so würden, wie aus dem letzten Kapitel dieser Arbeit
hervorgeht, eine Anzahl Bürger unserer Flora, die bisher streng
terrestrisch waren, sich der Lebensweise auf Bäumen anbequemen, oder,
wenigstens zunächst, ihre Organisation zu ändern und ohne aufhören zu
müssen, auch auf dem Boden zu wachsen (z. B. Polypod. vulgare, Hedera).
Die in dieser Weise entstandene epiphytische Vegetation würde keineswegs
aus beliebig zusammengewürfelten Elementen bestehen, sondern, wenn auch in
sehr wenig ausgeprägtem Grade, bereits gewisse der charakteristischen Züge
der Physiognomie der typischen Epiphytengenossenschaft besitzen.

Ich zweifle nicht, dass in den Tropen eine Anzahl Gewächse, die sowohl auf
Bäumen, wie auf dem Boden wachsen, der epiphytischen Lebensweise
ebensowenig _angepasst_ seien, als unsere in Folge der klimatischen
Verhältnisse nur terrestrisch lebenden Pflanzen, und dennoch besitzen
diese mehr zufälligen Glieder der Genossenschaft meist einigermaassen die
epiphytische »Tracht«. _Aus derartigen Elementen, die, auf dem Boden
wachsend, zufällig und zu ganz anderen Zwecken die zur Lebensweise auf
Bäumen unbedingt nothwendigen Eigenschaften besassen, ist, dank den
klimatischen Bedingungen, die epiphytische Vegetation des tropischen
Amerika hervorgegangen; indem vielen dieser Pflanzen später nur ihre
Fähigkeit, epiphytisch zu leben, das Bestehen im Kampfe ums Dasein
sicherte, entwickelten sich, durch fernere Ausbildung der bereits
vorhandenen günstigen Eigenschaften, im geringeren Maasse auch durch das
Auftreten ganz neuer, die einseitigen Anpassungen, die der Genossenschaft
der Epiphyten ihre scharf ausgeprägte Physiognomie verleihen._

Wir finden begreiflicherweise jetzt noch unter den Epiphyten alle
möglichen Stufen zwischen gar nicht und im höchsten Grade an Lebensweise
auf Bäumen angepassten Arten, und die Entscheidung, ob eine bestimmte,
günstige Eigenschaft als Anpassung aufgetreten oder vielmehr die Ursache
des Uebergangs zum Epiphytismus gewesen, ist in manchen Fällen schwer oder
unmöglich. Wir werden jedoch für die wichtigsten Typen versuchen, die
Grenze zwischen dem ursprünglich vorhandenen und dem nachträglich
entstandenen ungefähr zu ziehen.

Es muss aber gleich betont werden, dass ähnlich, wie die Baumrinde, auch
die Oberfläche von Felsen, wie sie bei uns nur Flechten und Moose trägt,
im tropischen Urwald mit phanerogamischen und farnartigen Gewächsen
bedeckt ist, die, den sehr ähnlichen Existenzbedingungen entsprechend, zum
grossen Theile mit denjenigen, die auf den Bäumen wachsen, identisch sind.
Man kann in sehr vielen Fällen eine zur epiphytischen Lebensweise
geeignete Vorrichtung ebensogut als Anpassung an Lebensweise an Felswänden
auffassen. Dass man jedoch die Genossenschaft der Felspflanzen und
diejenige der Epiphyten nicht vereinigen darf, werde ich im nächsten
Kapitel zeigen. In diesem werde ich vielfach, der Kürze halber, von
Anpassungen an epiphytische Lebensweise sprechen, auch wo dieselben
ebensogut für diejenige an der Oberfläche von Felsen entstanden sein
könnten. Thatsächlich werden beide Standorte viele Pflanzen gleichzeitig,
in gleichem Sinne, beeinflusst haben; dass der Einfluss der epiphytischen
Lebensweise jedoch höchst wahrscheinlich bei weitem der grössere gewesen,
wird später gezeigt werden.

2. Zu den Eigenthümlichkeiten der Epiphytengenossenschaft, die nicht zu
den Anpassungen an atmosphärische Lebensweise zu rechnen sind, gehören die
vorhin besprochenen Eigenschaften ihrer Früchte und Samen, die zwar,
einzeln betrachtet, denjenigen einzelner terrestrischer Gewächse ganz
analog sind, in ihrer Gesammtheit aber einen sehr charakteristischen Zug
darstellen, an welchem, wenn auch nicht als Anpassung, die Eigenschaften
des Standorts in deutlicher Weise zum Ausdruck kommen. Ueberhaupt scheinen
die im Dienste der geschlechtlichen Reproduction stehenden Organe und
Vorgänge durch epiphytische Lebensweise nicht beeinflusst worden zu sein,
vielleicht mit Ausnahme der Keimung, die in dieser Hinsicht einer
besonderen Untersuchung werth wäre.

Kaum anders, als mit der geschlechtlichen, verhält es sich mit der
vegetativen Reproduction, die bei den Epiphyten im Ganzen eine weit
grössere Rolle spielt, als bei Bodenpflanzen, was wohl mit der grösseren
Unsicherheit der Vermehrung durch Samen und Sporen zusammenhängt. Ausser
der auch sonst verbreiteten Vermehrung durch Stolonenbildung(3), oder
dadurch, dass die Nebenäste eines Sprosssystems durch Absterben des
Hauptsprosses selbständig werden(4), gibt es doch wenigstens einen Fall
vegetativer Reproduction, der nur bei epiphytischer Lebensweise möglich
ist. Die von Baumästen herunterhängenden langen Schweife der Tillandsia
usneoides (Taf. 2) werden nämlich durch starken Wind oft derart zerfetzt,
dass ihre Fragmente den Boden bedecken, wo sie zu Grunde gehen; theilweise
jedoch fallen die abgerissenen Zweige auf andere Baumäste, wo sie sich
ungestört weiter entwickeln. Bei der Leichtigkeit der kleineren Zweige
dieser Pflanze, dem Widerstand, den ihre zahlreichen flügelartigen Haare
der Luft bieten, werden sie gewiss manchmal in dieser Weise auf grosse
Entfernungen getragen. Letzteres geschieht jedoch in weit höherem Grade
durch Vermittelung von Vögeln, die die Tillandsiasprosse als
Nestbaumaterial in ausgedehnter Weise verwenden, ohne dass die Pflanze in
ihrer Fortentwickelung gestört werde. Solche lebende Vogelnester habe ich
massenhaft in Venezuela gesehen, wo sie, in Form langhalsiger Flaschen von
dem Arendajo genannten Spottvogel hergestellt, oft in Colonien von hundert
und mehr von hohen Baumästen herabhängen. Ganz ähnlich verhalten sich die
Vögel und die Tillandsia in Argentinien (HIERONYMUS 4) und, wie mir Herr
AUG. MÜLLER mittheilte, in Sta. Catharina. Im Laufe der Zeit verwandelt
sich manches dieser Vogelnester in einen Tillandsiaschweif, der sich von
anderen in nichts unterscheidet. Wie ergiebig die vegetative Vermehrung
der Tillandsia usneoides sein muss, geht daraus hervor, dass diese
Pflanze, obwohl der gewöhnlichste und verbreitetste der phanerogamischen
Epiphyten Amerikas, nur selten blüht und nur wenige Samen in ihren
Früchten entwickelt. Ich habe auf meinen Reisen zwischen Virginien und
Süd-Brasilien beinahe auf jeder Excursion Tillandsia usneoides, häufig
wahre atmosphärische Wiesen bildend, gesehen, aber nie ein blühendes
Exemplar, nur zwei oder drei Exemplare mit Früchten und eine einzige
Keimpflanze (bei Caripe in Venezuela) gefunden, während die übrigen
Tillandsien sich, im Gegensatz zu vielen anderen Epiphyten, sehr ausgiebig
durch Samen vermehren, derart, dass beinahe ein jeder Baum, der eine
Tillandsia- oder Vriesea-Art trägt, junge Pflanzen derselben in allen
Entwickelungsstadien aufweist.

Einen eigenartigen Fall vegetativer Verbreitung stellt auch, nach EGGERS,
Oncidium Lemonianum. »Never giving fruit, but propagating itself by
producing young plants from buds in the axils of the sterile bracts below
the flowers, which remain in connection with the parent plant, and thus
often forming long colonies of plants from one tree to the other« (EGGERS,
p. 114).

Es erscheint mir nicht unmöglich, dass eine solche vegetative Vermehrung
von Baum zu Baum bei den Utricularien, die ich nie mit Samen gefunden,
vielleicht auch bei Peperomia, eintrete.

Weit größer und allgemeiner ist der Einfluss der epiphytischen Lebensweise
auf die Organe der Ernährung und Befestigung gewesen. Die Armuth des
Standorts an wässerigen Nährstoffen ist es vorwiegend, die in der
Physiognomie der Epiphytengenossenschaft zum Ausdruck kommt; in den
verschiedensten Anpassungen scheinen die Mittel, dem Wassermangel zu
entgehen, erschöpft worden zu sein. Theilweise sind die diesbezüglichen
Vorrichtungen sehr primitiv und unvollkommen, theilweise jedoch derart,
dass eine auf dem Gipfel eines Baumes an trockener Rinde befestigte
Pflanze über ein reiches, üppige Entwickelung gestattendes Nährsubstrat
verfügt.

Der Schutz des aufgenommenen Wassers gegen Verlust durch Transpiration
spricht sich ebenfalls in der Organisation der grossen Mehrzahl der
epiphytischen Gewächse aus.

Endlich haben auch die namentlich für grössere Pflanzen schwierigen
Verhältnisse der Befestigung am Substrat ihren deutlichen Einfluss auf die
Ausbildung der Epiphytengenossenschaft ausgeübt.

Die physiognomischen Eigenthümlichkeiten in den vegetativen Organen
epiphytischer Gewächse lassen sie sämmtlich auf die eben erwähnten
Eigenthümlichkeiten des Standorts, theilweise als Ursachen, theilweise als
Wirkungen der epiphytischen Lebensweise auffassen. Es ist uns leicht
begreiflich, warum die meisten Epiphyten im Verhältniss zu ihrer Höhe eine
sn mächtige flächenartige Ausbreitung besitzen, sei es, dass ihre Sprosse
auf der Rinde kriechen, wie bei vielen Farnen, Orchideen, Araceen, den
meisten Peperomien, Gesneraceen, Utricularien etc., oder, dass sie im
Verhältniss zu ihrer Grösse eine enorme Menge in Spalten und Löcher
dringender Wurzeln entwickeln; wir begreifen ebenfalls, warum sie bei
aufrechter (Clusia) oder (Orchideen z. B. Dichaea, Hexisea, Cactaceen,
manche Gesneraceen, Psychotria parasitica) hängender Lebensweise häufig
überall da Wurzeln treiben, wo sie mit einem Aste in Berührung kommen. Wir
erkennen darin das Betreben, einerseits die Nährquellen des Substrate
möglichst auszunutzen, andererseits sich an demselben möglichst
festzuhalten; der letztere Gesichtspunkt ist, wie wir später sehen werden,
in manchen Fällen (Araceen e. p., Cactaceen e. p., Clusia etc.) allein in
Betracht zu ziehen, wahrend dem Bedürfnisse der Ernährung in anderen die
grössere Wichtigkeit beizumessen sein dürfte (kleine Farne, Peperomien
etc.).

Wir begeifen ferner, warum die Epiphyten so häufig fleischige oder
lederige Blätter oder sonstige, später zu besprechende Schutzmittel gegen
Transpiration besitzen. Letztere sind in der Epiphytengenossenschaft in
grösster Mannigfaltigkeit vorhanden. Eines der bei Bodenpflanzen
häufigsten dieser Schutzmittel, die Reduction der transpirirenden
Oberfläche, ist jedoch meist schwach entwickelt; so fällt es namentlich
auf, dass die sonst an trockenen Standorten möglichst gedrungenen, häufig
kugeligen Sprosse der Cactaceen in der Epiphytengenossenschaft
Blattgestalt annehmen (Phyllocactus, Epiphyllum , Rhipsalis e. p.) oder
doch durch reichliche Verzweigung, bei geringer Dicke der Aeste, eine
Vergrösserung ihrer transpirirenden Oberfläche zu erstreben scheinen
(Rhips. Cassytha u. a. A.). Dieses ist darauf zurückzuführen, dass neben
dem Schutz gegen Transpiration die Bedürfnisse der Assimilation als
formbildende Factoren in Betracht kommen und bei den meist nur diffuses
Licht erhaltenden Epiphyten einer Verminderung der Oberfläche
entgegenwirken.

Die Anpassungen an epiphytische Lebensweise sind, obwohl sie alle auf die
gleichen Ursachen zurückzuführen sind und Aehnliches erreichen, nicht
überall gleichartig. Man muss vielmehr, welchen Gesichtspunkt man auch in
den Vordergrund stellt, mehrere Gruppen unterscheiden, die, obwohl zum
grössten Theil keineswegs aus systematisch verwandten Arten bestehend,
doch sehr ähnliche Merkmale zusammenfassen würden. Von den Einflüssen, die
sich der Physiognomie der Genossenschaft aufgeprägt haben, ist der Modus
der Wasseraufnahme derjenige, der in der Lebensweise, in der Gestalt der
Pflanze am auffallendsten und charakteristischsten zum Ausdrucke kommt,
sodass nach demselben aufgestellte Categorien oder Gruppen am meisten
habituell ähnliche Pflanzen vereinigen; wir haben uns daher für dieses
Eintheilungsprinzip entschlossen.

Ein epiphytisch auf einer anderen Pflanze gekeimtes Gewächs kann auf vier
verschiedene Wege in den Besitz der wässerigen Nährstoffe gelangen,
nämlich 1) entweder indem es sich begnügt, die an der Oberfläche der
Wirthpflanze befindlichen auszunutzen, oder 2) indem es Wurzeln bis in den
Boden treibt, oder 3) indem es sich durch Aufsammeln abfallender
Pflanzentheile, Thierexcremente und atmosphärischen Wassers ein
Nahrsubstrat bildet, oder 4) indem es Saugorgane in die Gewebe der
Wirthpflanze treibt. Die Pflanzen der vierten Categorie, die ächten
Parasiten, sind, obwohl man sie der epiphytischen Genossenschaft
vielleicht zurechnen könnte, in dieser Arbeit nicht berücksichtigt. Den
drei anderen Nährsubstraten könnte man eine Eintheilung in drei
Epiphytengruppen entgegenstellen; es erscheint mir jedoch rathsam,
diejenigen, die sich ein Nährsubstrat aufsammeln, in solche, die dasselbe
durch ihre Wurzeln, und solche, die es durch ihre Blätter ausnutzen,
einzutheilen, also zwei Gruppen zu unterscheiden.



II. Erste Gruppe.


1. Manche, wenn auch relativ wenige Vertreter der ersten Gruppe weichen in
ihrer Structur von den Pflanzen, die auf dem Boden am Fusse der Bäume
wachsen, nicht wesentlich ab. So verhalten sich viele Farne, namentlich
Hymenophyllaceen, Lycopodium-Arten, gewisse Anthurium-Arten, die zarten
Orchideen der Gattung Stenoptera, sämmtlich Bewohner der dunstreichen
unteren Region des Urwalds, wo sie nur auf der rissigen oder bemoosten
Rinde alter Bäume, oder noch mehr auf der Wurzelhülle der Baumfarnstämme
zu normaler Entwickelung gelangen.

In viel zahlreicheren Fällen kommt der Einfluss des Standorts in der
Organisation der Epiphyten zum Vorschein, manchmal allerdings blos in
Schutzmitteln einfachster Art gegen die Gefahren des Wassermangels, wie
sie allgemein die Bewohner trockener Standorte charakterisiren. Häufig
jedoch sind Vorrichtungen zur möglichsten Ausnutzung des Substrats
vorhanden, die mit der atmosphärischen Lebensweise in engerem Zusammenhang
stehen.

_2. Der Schutz gegen Absterben durch Vertrocknen kann einfach darin
bestehen, dass die Pflanze einen beträchtlichen Wasserverlust ohne Schaden
ertragen kann._ Hierher gehören in erster Linie viele Moose, Flechten und
Algen (Chroolepus), welche bekanntlich bei lange dauernder Trockenheit in
einen beinahe wasserfreien, ruhenden Zustand übergehen, aus welchem sie
beim ersten Regentropfen wieder zu activem Leben erwachen. Unter den
höheren Epiphyten, welche uns hier allein zu beschäftigen haben, sind es
nur wenige, die auf solche Weise der Trockenheit widerstehen.
Unzweifelhafte Fälle dieser Art haben wir aber an verschiedenen Farnen, so
an den kleinen Polypodium-Arten, die überall, wo Epiphyten überhaupt
vorkommen, an ganz offenen Standorten auf trockener Rinde wachsen.
Besonders auffallend verhält sich das in Westindien und im südlichen
Nordamerika weit verbreitete Polypodium incanum, welches, z. B. bei
Port-of-Spain auf Trinidad, an den Baumstämmen der Alleen unter den
glühenden Strahlen der Aequatorialsonne vollständig zusammenschrumpft, um
bei Regenwetter alsbald seine Segmente wieder flach anszubreiten. Diese
Pflanze sah ich eine mehrere Wochen lange, ganz regenlose Periode
unbeschadet überdauern, wobei sie ebenso vertrocknete, wie unter gleichen
Umständen Mouse oder Flechten. Aehnliches gilt auch, jedoch in weit
geringerem Grade, von einem bei Blumenau häufigen Polypodium, wohl auch
von P. serpens und vaccinifolium. Diese Pflanzen zeigen in anatomischer
Hinsicht kaum irgend welche Schutzvorrichtungen.

Die Fähigkeit, bei trockenem Wetter zu verwelken und sogar zu vergilben,
und in diesem Zustande längere Zeit, ohne abzusterben, zu verharren, ist
auch, wie Herr Dr. BRANDIS mittheilte, bei den indischen Farnen Polypodium
lineare, P. amoenum, Davallia pulchra und Trichomanes Filicula in hohem
Grade entwickelt; sobald sich Regen einstellt, werden sie wieder
turgescent und grün.

Grossen Wasserverlust, unter Annahme einer tiefrunzeligen Oberfläche,
verträgt, ähnlich wie andere Cacteen, Rhipsalis Cassytha. Immerhin ist
hier die Erscheinung weit weniger auffallend als bei genannten Farnen.

_3. In der grossen Mehrzahl der Fälle besteht die Schutzeinrichtung gegen
Austrocknen in der Anwesenheit von Wasserbehältern_, die sich bei
Regenwetter füllen und, sobald nöthig, zu Gunsten der zur Erhaltung der
Pflanze wichtigen Organe entleert werden.

Sehr häufig speichern die Blätter selbst das Wasser auf, indem sie mit
Wassergewebe, Speichertracheïden oder, selten, mit grossen, zu demselben
Zwecke dienenden Intercellularräumen versehen sind.

Das Wassergewebe bildet bei vielen Epiphyten, ähnlich wie bei den meisten
mit einem solchen versehenen Bodenpflanzen, eine zusammenhängende Schicht
an der Oberseite, zwischen dem grünen Gewebe und der Epidermis; Fälle
dieser Art bieten uns namentlich die Peperomien und Gesneraceen, welche,
mehr nach Individuen als nach Arten, einen so mächtigen Bestandtheil der
epiphytischen Vegetation an schattigen Standorten bilden.

Man nimmt wohl allgemein an, dass das Wassergewebe, gleichzeitig mit den
übrigen Theilen des Blatts, seine definitive Ausbildung erreicht. Dieses
mag in vielen Fällen zutreffen; bei den epiphytischen Peperomien und
Gesneraceen aber, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, _nimmt in
alternden Blättern das Wassergewebe durch Streckung seiner Zellen ganz
bedeutend an Mächtigkeit zu_. So betrug die Dicke der etwa 1--1½ cm
breiten, runden, ovalen Blätter einer in Süd-Brasilien sehr verbreiteten
Gesneracee (Codonanthe Devosii) in der Jugend und bei mittlerem Alter
durchschnittlich 2½ mm, während dieselbe bei alternden, theilweise schon
gelblichen Blättern durchschnittlich 5 mm erreichte; dieser enorme
Unterschied kam allein auf Rechnung des Wassergewebes, indem die grüne
Zelllage, welche nur einen Bruchtheil eines Millimeters dick ist, eine
merkliche Zunahme nicht erfuhr. Ganz Aehnliches gilt auch von den übrigen
beobachteten Gesneraceen und von den Peperomien.

Es lag der Gedanke nahe, dass die alternden, sehr wasserreichen Blätter
_als Wasserreservoirs für die jüngeren, in voller Thätigkeit befindlichen
dienen würden_. Bestätigt wurde diese Vermuthung durch folgendes
Experiment. Lose, alte Blätter und ganze Zweige wurden an einer hellen
Stelle in einem Zimmer unseres Hauses in Blumenau sich selbst überlassen.
Nach vier Wochen _waren die abgetrennten Blätter noch lebendig und nur
sehr wenig dünner geworden; die gleichalten Blätter an den Stengeln
dagegen schon nach kurzer Zeit zusammengeschrumpft, sodass sie kaum noch
1 mm dick waren, und trockneten dann völlig ein, während die jungen
Blätter zwar ebenfalls an Dicke abnahmen, aber bis zum Schluss des
Experiments lebendig blieben_; die Zweige fuhren währenddessen
ununterbrochen zu wachsen fort. Auf eine ähnliche Rolle dürfen wir wohl
auch für die vielen ähnlichen Fälle schliessen.

Sehr gewöhnlich ist bei anderen Epiphyten das Wasser nicht in den
Blattspreiten, sondern in anderen Blatttheilen oder auch in anderem
Pflanzenorganen aufgespeichert, aus welchen es den grünen Zellen bei
eintretendem Bedürfniss zugeführt wird. Sehr einfache hierher gehörige
Fälle liefern Gesnera-Arten, deren mächtige, auf der Baumrinde sich
erhebende Knollen sowohl zur Aufspeicherung von Wasser, wie zu derjenigen
von Stärke dienen, die grossen Zwiebeln der epiphytischen Amaryllideen und
in Indien viele knolligen Rubiaceen, Vaccinieen und Melastomaceen.

Zu den einfach gebauten und wenig vollkommen angepassten Epiphyten gehören
auch einige Utricularia-Arten, von welchen zwei, die mit prächtigen weißen
Blüthen geschmückte, stattliche U. montana JACQ. und die winzige U.
Schimperi SCHENCK, die bemooste Rinde alter Bäume auf den Bergen Dominicas
vielfach überwuchern(5).

Beide Pflanzen sind, wohl wie sämmtliche Arten des Genus, wurzellose
Gewächse mit zahlreichen, sehr langen Stolonen, die auf der Rinde
kriechend, in Moospolstern oder sonstigen feuchten Stellen neue Sprosse
erzeugen. In der Nähe der Basis der Inflorescenzorgane sind diese Stolonen
zum grossen Theile zu spindelförmigen Knollen angeschwollen, die geformter
Inhaltsbestandtheile ganz entbehren und schon von DARWIN, wohl mit Recht,
als Wasserbehälter aufgefasst wurden; indessen entbehrt diese Annahme bis
jetzt der experimentellen Begründung. Wie ihre europäischen Verwandten,
sind die epiphytischen Utricularien an ihren Stolonen mit zahlreichen
Blasen versehen, in welchen ich häufig in Zersetzung begriffene Würmer
fand.

Eines unverdienten Rufes erfreut sich die brasilianische Utricularia
nelumbifolia, welche, wenn die nach GARDNER verfasste Beschreibung
GRISEBACH’s (II, p. 407) richtig wäre, einen der wunderbarsten Fälle von
Anpassung darstellen würde. »Hier« (d. h. an den Orgelbergen bei Rio),
schreibt GRISEBACH, »haftet an den Felsen, 5000 Fuss über dem Meere, eine
grosse Tillandsia, die nach der Weise dieser Bromeliaceen im Grunde ihrer
Blattrosette eine Menge Wasser ansammelt. In diesen Behältern und nur hier
allein schwimmt eine ansehnliche Wasserpflanze mit purpurfarbenen Blumen,
deren kreisrundes Blatt mit dem der Seerose verglichen wird (Utricularia
nelumbifolia). Sie pflanzt sich dadurch fort, dass sie Ausläufer, wie
durch einen Instinkt getrieben, von einer Tillandsia zur anderen
entsendet, die, ihren zufälligen Standorten folgend, sobald sie einen
neuen Wasserbehälter erreicht haben, darin eintauchen und zu neuen
Schösslingen sich entwickeln.« Diese Angaben stützen sich auf eine Stelle
bei GARDNER, die zwar den richtigen Sachverhalt nicht enthält, aber
weniger von demselben abweicht als in der Wiedergabe GRISEBACH’s.

Die fragliche Stelle lautet im Original folgendermassen:

Like most of its congeners it is aquatic, but what is most curious, is
that it is only to be found growing in the water which collects in the
bottom of the leaves of a large Tillandsia, that inhabits abundantly an
arid rocky part of the mountain, at an elevation of about 5000 feet above
the level of the sea. Besides the ordinary method by seed, it propagates
itself by runners, which it throws out from the base of the flower stem;
this runner is always found directing itself towards the nearest
Tillandsia, when it inserts its point into the water, and gives origin to
a new plant, which in its turn, sends out another sheet; in this manner I
have seen not less than six plants united.« (p. 528.)

Die Sache verhält sich, wie mir Herr GLAZIOU, der die Pflanze an Ort und
Stelle beobachtet und derselben grössere Aufmerksamkeit geschenkt hat,
mittheilte, in Wirklichkeit weit einfacher. Die Pflanze lebt auf feuchtem,
moorigen Boden, wo sie, ähnlich wie U. montana, lange Stolonen bildet;
gelangen letztere in die Blattrosetten etwaiger in ihrer Nahe auf Felsen
wachsender Bromeliaceen, so erzeugen sie in dem daselbst angesammelten
feuchten Humus blühende Sprosse, ganz ähnlich wie die Stolonen von U.
montana in Moospolstern. U. nelumbifolia ist aber für ihre Existenz
keineswegs an die Bromeliaceen gebunden, sondern gedeiht überall da, wo
ihr ein feuchtes, humusreiches Substrat zur Verfügung steht.

Utricularia nelumbifolia verhält sich nach dem Gesagten ganz ähnlich wie
U. Humboldtii(6), welche ihr Entdecker, B. SCHOMBURGK, in Guiana sowohl
auf sumpfigen Boden, wie in den Blattrosetten von Tillandsia fand (l. c.
p. 440).

4. Mannigfachere und vollkommenere Vorrichtungen zeigen uns die
epiphytischen Orchideen und Araceen, bei welchen wir zwar auch Formen
finden, die sich von Bodenpflanzen in keinem Merkmal wesentlich
unterscheiden, während die complicirteren ausserhalb des Rahmens des
ersten Typus gehören.

Sehr einfach gebaute Araceen, an deren Habitus die epiphytische
Lebensweise kaum hatte errathen werden konnen, habe ich sowohl in
Brasilien wie in Westindien gesehen, hier Anthurium dominicense, da
mehrere nicht bestimmte, aber wohl in die Verwandtschaft von A. Harrisii
gehörige Arten desselben Genus. Es sind Pflanzen von mittlerer Grösse, die
nur auf bemooster oder sehr riesiger Rinde gedeihen, auch vielfach auf dem
Boden wachsen. Ihre unvollkommene Anpassung erlaubt ihnen nicht, wie
anderen Epiphyten, mit mehr unwirthlichen Standorten vorlieb zu nehmen.

Zu einer starken Entwickelung des Wassergewebes kommt es bei den mir
bekannten epiphytischen Aroideen nicht. Ein anderer höchst merkwürdiger
Modus der Wasseraufspeicherung zeigte sich dagegen bei zwei Arten der
Gattung Philodendron, von welcher ich eine, die auf Bäumen bei Blumenau
vielfach vorkommt, als Philod. cannifolium(7) bestimmt habe.

Philodendron cannifolium ist vielleicht der grösste unter den mir
bekannten Epiphyten der ersten Gruppe. Es stellt eine mächtige, bis 1 m
hohe Rosette dar, deren kurzer und dicker Stamm durch zahlreiche, starke
Wurzeln an den Aesten der Urwaldbäume befestigt ist. Die Blätter besitzen
zungenförmige, von einem dicken Mittelnerv durchzogene Spreiten und
_spindelförmig angeschwollene_ Stiele. Die Wurzel und der Stamm bieten in
ihrem inneren Bau nichts Bemerkenswerthes; dagegen war ich nicht wenig
erstaunt, als ich bei der Untersuchung der Blätter fand, dass dieselben
ein durch grosse _luftführende Intercellularräume bedingtes schwammiges
Gefüge besitzen_ (Taf. 3, Fig.1), wie es vielen Wasserpflanzen zukommt,
bei einem Epiphyt aber gewiss nicht zu erwarten war. Meine erste genauere
Bekanntschaft mit der Pflanze hatte bei trockener Witterung stattgefunden;
als ich dieselbe ein anderes Mal bei Regenwetter untersuchte, _zeigten
sich die grossen Intercellularen, bis auf kleine Luftblasen, von
schleimigem Wasser gefüllt_. Die Pflanze hatte sich, einem ungeheuren
Schwamme gleich, vollgesogen und besass dementsprechend auch ein
auffallend grösseres Gewicht als bei Trockenwetter. Die aufsaugende Kraft
beruht auf der Anwesenheit eines Schleimes in den Intercellularen, der bei
Wassermangel die Wände nur als sehr dünne, kaum sichtbare Schicht
überzieht.

Dass das im Blattstiel aufgespeicherte Wasser der Spreite zu Gute kommt,
liess sich experimentell leicht feststellen. Mehrere Blätter wurden an
ihrer Basis abgeschnitten und unversehrt gelassen, während bei anderen die
Spreite vom Stiel getrennt wurde. Im Anfang des Versuchs (26. Oktober)
waren überall Stiel und Mittelnerv prall mit Wasser gefüllt. Drei Tage
später waren die stiellosen Spreiten bereits welk, ihr vorher
wasserreicher, glatter Mittelnerv stark geschrumpft und seine
Intercellularen beinahe wasserfrei. Dagegen waren die noch mit ihren
Stielen versehenen Blätter, sowie die von der Spreite getrennten Stiele
äusserlich ganz unverändert. Am 11. November musste, wegen bevorstehender
Abreise, der Versuch abgeschlossen werden. Die Objekte waren straff und
frisch, mit Ausnahme der stiellosen Spreiten, die beinahe vertrocknet
waren. Das Aufschneiden der Stiele ergab, dass diejenigen, welche an
Spreiten geblieben waren, sehr grosse Luftblasen enthielten, während in
den losen Stielen solche wohl auch vorhanden, aber von viel geringeren
Dimensionen waren. In dem einen Stiel fehlten die Luftblasen sogar ganz.
Der Versuch stellte also die Bedeutung der Wasseraufspeicherung im Stiel
für die Deckung der Transpiration über jeden Zweifel.

5. Auch die epiphytischen Orchideen zeigen meist Einrichtungen zum
Aufsammeln des Wassers. Theils sind die Blätter mit einem mächtig
entwickelten und oft sehr eigenartigen wasserspeichernden Gewebe versehen,
theils findet die Aufspeicherung des Wassers in den Scheinknollen statt,
während die Blätter selbst dünn bleiben und ein specifisches Wassergewebe
entweder ganz entbehren oder nur schwach entwickelt besitzen. Demnach
besitzen Orchideen mit Scheinknollen meist dünne Blätter, z. B. Arten von
Maxillaria, Catasetum, Oncidium z. Th., Epidendrum z. Th., Arten ohne
Scheinknollen hingegen meist dicke Blätter, z. B. Pleurothallideen,
Oncidium z. Th., Epidendrum z. Th., Ornithocephalus etc. Mittelformen mit
mässig dicken Blättern und schwacher Scheinknollenbildung, die also
Uebergangsstufen zwischen den beiden Typen darstellen, habe ich nur in
geringer Anzahl gefunden (z. B. Epidendrum avicula, Ponera sp.).

Die fleischigen Blätter der knollenlosen epiphytischen Orchideen dienen
diesen, wie die Knollen, auch zur Aufspeicherung von Reservestärke und
zeigen eine, ihrer dreifachen Function der Assimilation, Wasser- und
Reservestärkebehälter entsprechende, oft hochgradig differenzirte
Structur. Die Wasser aufspeichernden Zellen sind, wie es P. KRÜGER zuerst
zeigte, häufig Tracheiden mit faserigen Verdickungen und, ähnlich wie die
Intercellularen des Philodendron cannifolium, je nach der Witterung luft-
oder wasserhaltig. Sie bilden entweder, ähnlich wie typisches
Wassergewebe, eine zusammenhängende Lage zwischen Assimilationsparenchym
und Epidermis oder sind regellos in ersterem zerstreut; häufig findet man
beides gleichzeitig, so bei Pleurothallis-Arten, welche mir die
mannigfachsten und interessantesten Beispiele solcher Blattstructur
lieferten, auf welche hier näher einzugehen doch zu weit führen würde. Die
Bedeutung der Speichertracheiden (HEINRICHER) geht aus den Untersuchungen
KRÜGER’s und dem, was wir über das Wassergewebe anderer Pflanzen wissen,
zur Genüge hervor.

Die Bedeutung der Scheinknollen der Orchideen als Wasserversorger der
Blätter liess sich in ähnlicher Weise, wie für Philodendron cannifolium,
einfach feststellen. Am 26. Oktober (*1886*) sammelte ich bei Blumenau
Exemplare von Oncidium flexuosum und von je einer, nicht näher bestimmten,
dünnblätterigen Art von Epidendrum und Maxillaria. Von je einer Knolle
wurden sämmtliche Blätter bis auf eines abgeschnitten, einzelne Knollen
wurden auch ihrer Blätter ganz beraubt; die Versuchsobjekte wurden an
einem hellen, jedoch nicht sonnigen Orte im Zimmer sich selbst überlassen.
Am 29. Oktober waren die abgetrennten Blätter alle ganz welk, während noch
am 11. November, beim Abschluss des Versuchs, die an Knollen befindlichen
ganz unverändert aussahen. Die Scheinknollen selber waren allerdings stark
geschrumpft, und zwar waren diejenigen, die noch ein Blatt besassen, viel
stärker gefurcht als diejenigen, die der Blätter ganz beraubt waren. Ich
würde den Versuch allerdings in Europa in etwas exakterer Weise ausgeführt
haben können; das Ergebniss war aber dennoch vollständig klar.

Ausser den Blättern und Scheinknollen können auch, obwohl jedenfalls nur
äusserst selten, die Wurzeln als hauptsächliches Speicherorgan für Wasser
dienen. Der einzige mir bekannte Fall dieser Art ist, ausser den nachher
zu besprechenden Aëranthus-Arten, Isochilus linearis, eine Laeliee, welche
ich in Westindien, Venezuela und Süd-Brasilien theils an schattigen,
theils an hellen Standorten hin und wieder fand. Die sehr langen, steifen
Sprosse sind dünn und mit ebenfalls dünnen, kleinen Blättern versehen;
Scheinknollen fehlen ganz, dagegen sind die Wurzeln auffallend dick und
saftig. Die mikroskopische Untersuchung der letzteren ergab, dass ihr
mächtiges Rindenparenchym, ganz ähnlich wie in so vielen Scheinknollen,
zahlreiche grosse Wasserzellen zwischen stärkeführenden enthielt. Versuche
habe ich allerdings, aus Mangel an Zeit, mit dieser Art nicht anstellen
können.

Ein stark entwickeltes Wassergewebe oder Speichertracheiden in den
Blättern oder Scheinknollen kommt bei weitem der grossen Mehrzahl der
epiphytischen Orchideen, die ich auf meinen tropischen Reisen zu sehen
bekam, zu. Derartige Schutzvorrichtungen gegen Wassernoth sind nicht, wie
es P. KRÜGER auf Grund der Literatur annehmen zu können glaubt, für die
Bewohner besonders trockener, sonniger Standorte charakteristisch, sondern
kommen ausnahmslos den zahlreichen Formen zu, die in feuchter Luft und
gedämpftem Lichte die oberen Aeste der Urwaldbäume überwuchern. Auch unter
solchen, im Uebrigen für epiphytisches Pflanzenleben günstigen Bedingungen
ist die Anwesenheit von Wasserbehältern bei der Beschaffenheit des
Substrats nothwendig; es wäre sogar ein Irrthum, zu glauben, dass solche
bei Arten sehr sonniger, trockener Standorte besonders entwickelt wären;
soweit erkennbar, bestehen die Schutzmittel in solchen Fällen vielmehr
hauptsächlich in Reduction der transpirirenden Oberfläche (Oncidium-,
Jonopsis-, Brassavola-, Cattleya-Arten etc.). Ich fand auf mächtigen,
übereinander gehäuften Felsblöcken bei Desterro Exemplare einer
Pleurothallis-Art, die theils der grössten Sonnengluth ausgesetzt, theils
in tiefen, schattigen, humusführenden Verstecken wuchsen; der Unterschied
in der Grösse der transpirirenden Oberfläche war sehr auffallend, während
die Ausbildung des Wassergewebes und der Cuticula ungefähr gleich war. Die
nur an den trockensten, sonnigsten Standorten vorkommende Cattleya bicolor
besitzt in ihren saftreichen, fleischigen Blättern und schwach
angeschwollenen Stengeln kein differenzirtes Wassergewebe.

Nach dem Vorhergehenden bilden sowohl die Orchideen, die in der Krone der
Urwaldbäume wachsen, als diejenigen, die sehr trockene und sonnige
Standorte bewohnen, Wasservorräthe. Der Einfluss der ungleichen
Existenzbedingungen zeigt sich aber darin, dass die an direktem
Sonnenlichte gedeihenden Formen knollenlos und dickblätterig sind, während
die dünnblatterigen, knollenbildenden Arten im Allgemeinen eine feuchtere
Luft beanspruchen. Ich habe von dieser Regel nur wenige Ausnahmen gesehen.

Epiphytische Orchideen, die in keinem ihrer Organe Wasser aufspeichern,
kommen nur im tiefen Schatten des Urwalds vor, wie einige Arten von
Zygopetalum, Stelis und der zierlichen Neottieengattung Stenoptera.

6. Wir finden bei den Formen dieser Gruppe nicht blos Schutzmittel _gegen_
Austrocknen, sondern _auch Vorrichtungen, durch welche die spärlichen
Nährstoffe des Subtrats dem Epiphyt möglichst zu Gute kommen_,
ausgebildet. Wir haben in dieser Hinsicht gelegentlich der die
epiphytische Vegetation überhaupt charakterisirenden Eigenthümlichkeiten
die flächenartige Ausbreitung hervorgehoben und ihre Bedeutung betont.
Letztere ist namentlich bei den Epiphyten, die nur die auf der Rinde
befindlichen Stoffe verwerthen, ausgebildet. Wir brauchen übrigens auf
diese Erscheinung nicht zurückzukommen. Die Luftwurzeln vieler dieser
Epiphyten weichen im Uebrigen in keinem wesentlichen Punkte von
Bodenwurzeln ab, so namentlich bei sämmtlichen Dicotyledonen; dagegen sind
beinahe sämmtliche epiphytischen Orchideen und mehrere Araceen mit Wurzeln
versehen, deren Bau ein möglichst schnelles Aufsaugen des Regen- und
Thauwassers gestattet, und zwar _auch an frei an der Oberfläche der Rinde
kriechenden Wurzeltheilen, während bei anderen Epiphyten solche exponirte
Stellen verkorkt und für Wasser kaum durchlässig sind_. Jeder Reisende in
den Tropen wird häufig an der Oberfläche dürrer Rinde oder auch auf kahlen
Felswänden dem direkten Sonnenlichte ausgesetzte, schneeweisse Luftwurzeln
gesehen haben (z. B. Cattleya bicolor auf der Insel Sta Catharina), deren
innere Gewebe stets saftig sind, während ihre luftführende weisse Hülle
jeden Wassertropfen gleich Löschpapier aufsaugt. Auf diese Weise können
solche Pflanzen, die ausschliesslich den Familien der Orchideen und
Araceen angehören, auch auf ganz glatter Oberfläche (z. B. auch auf
Blättern) fortkommen, während die genügsamsten der anderen Epiphyten
dieser Gruppe stets, wenn auch so enge Risse oder sonstige Verstecke für
ihre saugenden Wurzeln bedürfen.

Der Bau der Luftwurzeln epiphytischer Orchideen und der sich daran
schliessenden Araceen, die Eigenschaften des Wasser aufsaugenden Velamen,
der äusseren Endodermis sind, dank namentlich den ausgedehnten
Untersuchungen LEITGEB’s, zu genau und allgemein bekannt, um hier einer
eingehenden Behandlung zu bedürfen. Nur einige weniger bekannte oder für
unser Thema besonders wichtige Erscheinungen mögen etwas genauere
Berücksichtigung finden.

Es dürfte die Meinung wohl allgemein verbreitet sein, dass die Wurzeln der
epiphytischen und der terrestrischen Orchideen durchweg von einander
abweichen, indem erstere mit Velamen versehen sind, während letztere eines
solchen entbehren. _In Wirklichkeit __ jedoch gibt es, wenn auch sehr
selten, epiphytische Orchideen ohne Velamen und terrestrische mit
Velamen._

Wurzeln, die sich in keiner Weise von denjenigen terrestrischer Formen
unterscheiden, habe ich bei einer nicht näher bestimmten Art von
Stenoptera gefunden, vielleicht der einzigen epiphytischen
Neottieen-Gattung Amerikas, wo ihre wenigen Arten nach BENTHAM und HOOKER,
die ihnen eine terrestrische Lebensweise zuschreiben, Westindien, Bolivien
und Brasilien bewohnen. Das winzige Pflänzchen wächst im Schatten, auf
rissiger oder bemooster Rinde; ihre Wurzeln weichen in keinem wesentlichen
Punkte von denjenigen anderer terrestrischer Neottieen ab.

Bei den zahllosen epiphytischen Orchideen, die ich auf meinen tropischen
Reisen und in Gewächshäusern gesehen, war hingegen das Velamen stets
vorhanden. Ich war geneigt, dasselbe als Anpassung an die epiphytische
Lebensweise aufzufassen, und glaubte anfangs in der Stenoptera von
Blumenau eine Art aufgefunden zu haben, die im ursprünglichen Zustand
verblieben wäre. Spätere Befunde haben es mir jedoch nicht unmöglich
gemacht, dass die terrestrischen Voreltern der mit Velamen versehenen
Epiphyten schon ein solches besassen. Die nähere Untersuchung von
Epidendrum cinnabarinum zeigte mir nämlich, dass die Wurzeln dieser rein
terrestrischen Form sich in keinem wesentlichen Punkte von denjenigen der
zahlreichen epiphytischen Arten desselben Genus unterscheiden. Ausser den
Bodenwurzeln entwickeln die langen, dünnen Axen der Pflanze Büschel kurzer
Luftwurzeln, deren Nutzen mir völlig unklar geblieben ist. Epidendrun
cinnabarinum und das sich wohl ganz ähnlich verhaltende E. Schomburgkii
sind in dünnen, lichten Capoeirawäldern der Küste von Sta Catharina
überaus häufig, scheinen aber nie epiphytisch zu wachsen.

7. Die Luftwurzeln der Orchideen und der meisten epiphytischen Gewächse
sind chlorophyllhaltig und vermögen dementsprechend zu assimiliren;
letztere Function kommt meist jedoch auch hier wesentlich den Blättern zu,
da die Wurzeln in Folge ihres negativen Heliotropismus die dunkelsten
erreichbaren Stellen aufsuchen. Bei mehreren Arten der Gattung Aëranthus
jedoch spielen die Wurzeln bei der Assimilation eine weit wesentlichere
Rolle; bei einzelnen derselben bestehen _die vegetativen Theile beinahe
nur aus einem mächtigen, grünen Wurzelsystem, während die Laubblätter ganz
fehlen_ und der Stamm auf winzige Dimensionen reducirt ist. Diese
merkwürdigen Formen sind ohne Zweifel auf das Prinzip der Reduction der
transpirirenden Oberfläche zurückzuführen, welches so viele wunderbare
Pflanzengestalten hervorgerufen hat(8). Die Reduction der vegetativen
Theile auf ein assimilirendes Wurzelsystem hat aber für uns daher
besonderes Interesse, da dieselbe, ausser bei Wasserpflanzen, nur bei den
Epiphyten und den ihnen so ähnlichen Bewohnern kahler Felswände zur
Ausbildung kommen konnte.

Aus eigener Anschauung kenne ich nur zwei hierher gehörige Arten,
Aëranthus funalis, welchen ich zuerst cultivirt auf Trinidad, später in
Venezuela wild wachsend sah, und eine nicht bestimmte Art, von welcher ich
ein einziges kleines Exemplar in der Nähe von Blumenau fand.

Aëranthus funalis besteht aus einem mächtigen Büschel federkieldicker,
cylindrischer, zum grossen Theil frei hängender Wurzeln, die aus einem
ganz winzigen, von braunen Schuppen bedeckten Knöllchen entspringen. Ein-
oder zweimal im Jahre erhebt sich aus der Basis des Sprosses ein beinahe
nadeldünner, blattloser Seitentrieb mit grossen, gelblich-grünen Blüthen,
welcher nach der Fruchtreife oder, wenn keine Befruchtung stattgefunden,
nach dem Welken der Blüthen vertrocknet und abfällt. Die assimilirende
Thätigkeit der Sprosstheile ist ganz unbedeutend; die Pflanze ist vielmehr
für ihre Ernährung beinahe ganz auf das mächtige Wurzelsystem angewiesen,
welches vermöge seines Velamen das Wasser aufsaugt, die organische
Substanz aus dem anorganischen Rohmaterial erzeugt, den Ueberschuss des
Wassers und der organischen Produkte aufspeichert, in einem Worte
sämmtliche vegetative Functionen von Stamm, Wurzel und Blatt in sich
vereinigt.

Ihren mannigfacheren Functionen entsprechend, weicht die Wurzel von
Aëranthus funalis in manchen Punkten von derjenigen beblätterter Orchideen
ab; mit der Assimilation in Zusammenhang steht ihr weit grösserer
Reichthum an Chlorophyll, die geringere Dicke ihres Velamen, welches auch
im trockenen Zustand das grüne Gewebe durchschimmern lässt; den
Bedürfnissen der Wasserregulirung entsprechen Wasserzellen und
eigenthümliche Durchführgänge für Gase, welchen offenbar genau die gleiche
Bedeutung für die Transpiration, wie den Spaltöffnungen, zukommt und die
dem blossen Auge, namentlich nach Befeuchtung, _weisse Streifen_
darstellen(9), die für Wasser ganz undurchlässig sind, während Gase
dieselben ungehindert passiren. Die Aufspeicherung der Reservestärke
findet in den tiefen Zonen des Rindenparenchyms statt. Endlich sei noch
erwähnt, dass der unbedeutenden Entwicklung der Sprosstheile entsprechend
die Gefässbündel sehr reducirt sind, während den in Folge des freien,
hängenden Wachsthumsmodus der meisten Glieder des Wurzelsystems grösseren
Ansprüchen an Zug- und Biegungsfestigkeit durch starke Verdickung des
Velamen und der inneren Endodermis, sowie durch starke Sklerose des
Zwischengewebes im Gefässbündel genügt wird.

Noch weit mehr blattähnlich als bei Aë. funalis sind die Wurzeln des sonst
sehr ähnlichen Aë. fasciola aus Guatemala, die neuerdings von JANCZEWSKI
einer genauen Untersuchung unterworfen wurden, und welchem sich ein paar
brasilianische Arten, von welchen ich Alcoholmaterial meinem Freunde
H. SCHENCK verdanke, anschliessen. Bei diesen Arten sind die Wurzeln flach
und mit einer ganz ähnlichen Dorsiventralität, wie Laubblätter, versehen.
Die Unterseite, die von einer starken Mittelrippe durchzogen ist, trägt
das Velamen und die den Spaltöffnungen entsprechenden Pneumathoden; die
Oberseite ist flach, grün, entbehrt des Velamen und verrichtet vornehmlich
die Functionen der Kohlenstoffassimilation.

Die Dorsiventralität ist, nach JANCZEWSKI, bei Aë. fasciola ebenso
unabhängig von äusseren Umständen, wie bei Laubblättern. Die Wurzeln von
Aë. funalis dagegen sind im hängenden Zustande radial gebaut, während, im
Falle sie auf der Rinde kriechen, ihr Velamen an der Unterseite etwas
mächtiger und dünnwandiger wird. Eine ähnliche, durch das Licht bedingte
Dorsiventralität kommt nach den Untersuchungen JANCZEWSKI’s den
Luftwurzeln mehrerer, jedoch nicht aller epiphytischen Orchideen zu.

8. Die Mittel, welche den Epiphyten der ersten Gruppe das Gedeihen auf
Baumrinde ermöglichen, sind nach dem Gesagten zum grössten Theil solche,
die den meisten atmosphärischen Gewächsen zukommen: flächenartige
Ausbreitung, Aufspeicherung von Wasser, starke Ausbildung der Cuticula.
Diese Schutzmittel sind aber bei dieser Gruppe, mit Ausnahme der
ausgesprochenen Schattenfarne, vollkommener ausgebildet als bei der
Mehrzahl der nicht hierher gehörigen Epiphyten, die sich durch besondere
Vorrichtungen eine reichlichere Nährlösung verschaffen. Nur bei Vertretern
dieser Gruppe, allerdings blos bei wenigen, finden wir die Fähigkeit,
grossen Wasserverlust ohne Schaden zu ertragen. Ebenfalls finden wir nur
auf dieser niedersten Stufe des Epiphytismus hie und da, namentlich bei
Orchideen, starke Reduction der transpirirenden Oberfläche als
Schutzmittel ausgebildet, am eigenthümlichsten bei den unbelaubten
Aëranthus-Arten, welche uns die auffallendste Anpassung innerhalb der
ersten Gruppe liefern. Endlich sei hervorgehoben, dass bei weitem die
grosse Mehrzahl der epiphytischen Orchideen und die Araceen mit Velamen
ausschliesslich auf die Nährstoffe der Rinde angewiesen sind, sodass
letzteres beinahe als eine Eigenthümlichkeit der ersten Gruppe betrachtet
werden kann.

Im Ganzen ist, trotzdem die Schutzmittel meist miteinander combinirt sind,
sehr üppiges Pflanzenleben auf Kosten der im Humus der Rinde und im Moos
befindlichen Nährlösung nicht möglich; beinahe sämmtliche Arten der ersten
Gruppe sind Kräuter von geringer oder mittlerer Grösse, und die wenigen
Sträucher gedeihen nur im Schatten auf sehr rissiger oder bemooster Rinde.
Die stattlichste mir bekannte hierher gehörige Art ist das
südbrasilianische Philodendron cannifolium, das, dank der mächtigen
Ausbildung und dem schleimigen Inhalt seines Intercellularsystems, enorme
Mengen von Regen- und Thauwasser aufspeichert; die Dimensionen dieser
Pflanze sind aber unter den Epiphyten der anderen Gruppen nicht blos sehr
gewöhnlich, sondern werden vielfach weit übertroffen.



III. Zweite Gruppe.(10)


Das Wurzelsystem der Epiphyten besteht, nicht blos bei den Monocotylen,
sondern auch bei den Dicotylen, ausser während der Keimungsperiode,
ausschliesslich aus Adventivwurzeln -- eine unmittelbare Wirkung des
Substrats, ähnlich wie sie sich, auch in Europa, bei Bäumen zeigt, die auf
Mauern oder Felsen wachsen.

Wo die Adventivwurzeln der Epiphyten sehr lange werden, kann es geschehen,
dass sie, ohne merklich geotropisch zu sein, hin und wieder den Boden
erreichen, woraus jedenfalls ein Vortheil für die Pflanze erwächst;
solches Verhalten kann man z. B. bei grossen Cacteen, bei Symphysia
guadelupensis, Schlegelia parasitica beobachten.

Was bei den zuletzt erwähnten Epiphyten nur durch Zufall und keineswegs
immer geschieht, ist bei anderen constant, indem einzelne der Wurzeln
ausgesprochenen positiven Geotropismus besitzen; so verhält sich u. a. die
strauchartige Rubiacee Hillia parasitica, die jedoch, wie mir schien, erst
spät mit dem Boden verbunden wird. Dem Standorte etwas vollkommener
angepasst ist Blakea laurifolia NAUD., eine prächtige, strauch- bis
baumartige Melastomacee der kleinen Antillen, aus deren kurzem Stamm
Wurzeln entspringen, die theils ausgesprochen positiv geotropisch sind und
relativ schnell bis zum Boden wachsen, theils des Geotropismus scheinbar
ganz entbehren und ein feines, verworrenes Netz um den stützenden
Baumstamm bilden.

In den erwähnten Fällen wird trotz grossem Aufwand von Material noch
relativ wenig erreicht; die Verbindung des Epiphyten mit dem Boden ist
noch unvollkommen, und daher sehen wir die erwähnten Pflanzen nur auf
humusreichem Substrat, an feuchten Standorten gedeihen. Diese Gewächse
sind auf einer niederen Stufe der Anpassung verblieben und ihre Wurzeln
haben im Wesentlichen die Eigenschaften behalten, die ihren auf dem Boden
wachsenden Stammformen zukamen.

Bei anderen Pflanzen ist dagegen die Combination von epiphytischer und
terrestrischer Lebensweise, dank einer entsprechenden Differenzirung des
Wurzelsystems, eine viel vollkommenere geworden. Wie bei den zuletzt
erwähnten Arten sind gewisse Wurzeln durch positiven Geotropismus
ausgezeichnet, während die übrigen von der Schwerkraft nicht merklich
beeinflusst werden; die bereits bei Blakea angedeuteten sonstigen
Unterschiede sind aber weit schärfer ausgesprochen. _Die positiv
geotropischen Wurzeln wachsen ausserordentlich schnell, bis sie in den
Boden gelangen, und sind durch ihren histologischen __ Bau zur Leitung der
Nährlösung ausgezeichnet angepasst, während die nichtgeotropischen
rankenartige, ausserordentlich feste Haftorgane von weit geringerer Länge
darstellen._

Die erwähnte Differenzirung ist auf die Adventivwurzeln beschränkt; sie
fehlt ganz der Hauptwurzel und ihren Aesten, die übrigens früh zu Grunde
gehen oder sehr klein verbleiben. Haft- und Nährwurzeln sind durch keine
Uebergänge verbunden und die Ausbildung eines Gliedes des Wurzelsystems zu
der einen oder der anderen Form von äusseren Umständen ganz unabhängig; wo
eine Haftwurzel zufällig in ein humusreiches Substrat gelangt, entwickelt
sie zahlreiche Nebenwurzeln, ohne ihre charakteristischen Eigenschaften
aufzugeben. Beiderlei Wurzeln entstehen bei den Monocotylen aus dem Stamme
oder seinen Aesten, während bei den Clusiaceen die Seitenäste der
Nährwurzeln zuweilen den Charakter von Haftwurzeln besitzen.

Die _Haftwurzeln_ sind ausgesprochen negativ heliotropisch, dagegen nicht
merklich geotropisch. Sie besitzen ein langsames, beschränktes
Längenwachsthum, werden nur bei wenigen Pflanzen bis zwei Fuss lang und
sterben, ähnlich wie Ranken, ab, wenn sie nicht früh mit einem festen
Gegenstand in Berührung kommen. Haben sie eine Stütze erreicht, was bei
ihrem negativen Geotropismus und der Lebensweise der Epiphyten in der
Regel geschieht, so legen sie sich derselben dicht an und krümmen sich
rankenartig um dieselbe herum, manchmal zwei bis drei Windungen bildend,
wenn der erfasste Gegenstand dünn ist. Die Dicke der Haftwurzeln schwankt
zwischen derjenigen eines Federkiels (Aroideen) und eines starken Fingers
(Clusia).

Der Epiphyt hängt, wie eine Liane an ihren Ranken, an seinen Haftwurzeln,
die dementsprechend _einen festen Halt an der Unterlage_ und _bedeutende
Zugfestigkeit_ besitzen müssen. Erstere Bedingung ist dadurch erfüllt,
dass die Haftwurzeln den Unebenheiten der Rinde dicht angedrückt kriechen,
letzterer, in der Jugend wenigstens, durch Wurzelhaare angewachsen sind
und zum mindesten eine halbe Windung um den erfassten Gegenstand bilden;
die Zugfestigkeit wird ihnen dadurch verliehen, dass ihr axiles
Gefässbündel, resp. (Clusia) auch der secundare Zuwachs des Holzkörpers
wesentlich aus stark verholzten, dickwandigen Fasern bestehen, wahrend die
leitenden Elemente spärlich und dünn sind. Wie vollkommen die Befestigung
ist, zeigt sich, wenn man den Versuch macht, den Epiphyt von seiner
Unterlage abzureissen; derselbe gelingt bei den grösseren Formen dem
Einzelnen nicht, indem die Haftwurzeln sich nur sehr schwer strecken
lassen und beinahe unzerreissbar sind.

Die _Nährwurzeln_ sind bei einigen Arten, ähnlich wie die Haftwurzeln,
ausgesprochen negativ, bei anderen nicht heliotropisch; stets sind sie
ausgesprochen positiv geotropisch und besitzen ein unbeschränktes und
schnelles Längenwachsthum, sodass sie sogar einen über 100 Fuss über dem
Boden wachsenden Epiphyt mit letzterem verbinden können. In ihrem
oberirdischen Theil meist einfach, verzweigen sie sich reichlich in dem
Boden. Sie weichen in ihrem anatomischen Bau wesentlich von den
Haftwurzeln ab, indem bei ihnen die leitenden Elemente vorherrschend sind,
während die mechanischen stark zurücktreten und, bei Clusia namentlich,
relativ wenig verdickt sind. Ausserdem sei hervorgehoben dass, wenigstens
bei den Monocotylen, das Gefassbündel in den Nährwurzeln weit stärker
entwickelt ist im Verhältniss zur Rinde, als bei den Haftwurzeln.
Denjenigen Nährwurzeln, die frei in der Luft hängen, wird die nöthige
Biegungsfestigkeit durch einen peripherischen Sklerenchym- oder
Collenchymring verliehen (Clusia rosea, brasil. und westind.
Philodendron-Arten).

Die _monocotylen_ Glieder der zweiten Gruppe gehören, soweit meine
Beobachtungen reichen, alle den Gattungen Carludovica, Anthurium und
Philodendron.

_Carludovica Plumieri_ ist ein schlanker, oft mehrere Meter hoher Epiphyt,
der auf Dominica vielfach an den Stämmen der Urwaldbäume klettert. Seine
federkieldicken Nährwurzeln entspringen aus den Knoten und laufen
büschelweise, der Rinde angedrückt, senkrecht nach unten, während die
ebenfalls zahlreichen Haftwurzeln, die bis zwei Fuss Länge erreichen,
senkrecht zu dem Stamm von Carludovica wachsen und die Stütze fest
umklammern.

Das Querschnittsbild ist, wie die Fig. 2 und 3 (Taf. III) zeigen, bei
Nähr- und Haftwurzeln sehr ungleich. Das Gefässbündel der ersteren ist
sehr dick und besteht wesentlich aus sehr zahlreichen und weitlumigen
Gefäss- und Siebgruppen, die an der Peripherie die für Monocotylenwurzeln
typische Anordnung zeigen, während sie im Innern regellos durcheinander
liegen; das Zwischengewebe ist schwach entwickelt und besteht aus
faserförmigen, sklerotischen Zellen.

Ganz anders als bei Nährwurzeln sieht der Querschnitt der Haftwurzeln aus.
Das Gefässbündel ist dünn und besteht der Hauptsache nach aus sehr
dickwandigen, stark verholzten, faserförmigen Zellen, wahrend die Gefäss-
und Siebgruppen nur wenige, englumige Elemente besitzen und, innerhalb des
peripherischen, polyarchen Rings, ganz vereinzelt im massigen
Zwischengewebe liegen.

Ganz ähnlich wie Carludovica verhalten sich verschiedene westindische
Arten der Gattung Anthurium(11), mit dem für unsere Frage unwesentlichen
Unterschied, dass ihr Gefassbündel normale Structur besitzt; hierher
gehören das mit langem, kletterndem Stamme versehene Anth. palmatum und
eine kurzstämmige, nicht bestimmte Art (Taf. III, Fig. 4 u. 5) mit
riesiger Blattrosette, die auf Dominica häufig ist. Diese Wurzeln
entbehren des Velamen, im Gegensatz zu denjenigen einiger Anthurium-Arten
der ersten Gruppe.

Etwas abweichend verhält sich ein in den Wäldern Trinidads häufiges
Philodendron, mit mächtigem, knolligem Stamm, indem seine Nährwurzeln frei
herunterhängen. Zur selben Gattung gehört ferner wohl auch die
epiphytische Aroidee, deren ausserordentlich lange, ebenfalls frei in die
Luft wachsende Nährwurzeln in Sta Catharina unter dem Namen »cipó nero«
als Stricke und dergl. Verwendung finden. Die Wurzeln dieser Arten weichen
von denjenigen der Gattung Anthurium durch den Besitz von Oelgängen in der
Rinde und namentlich denjenigen einer peripherischen Faserlage ab, welche
ihnen die in Folge des frei hängenden Wachsthumsmodus nothwendige
Biegungsfestigkeit verleiht. Manche kletternden Araceen des
brasilianischen und westindischen Urwalds befinden sich auf der
Uebergangsstufe zum Epiphytismus, indem sie häufig im Boden keimen, ihr
Stamm aber später an der Basis abstirbt; so verhalten sich namentlich
Arten von Philodendron, Monstera deliciosa. Auf solcher Uebergangsstufe
befindet sich auch Vanilla planifolia, die aus ihren Knoten lange,
cylindrische, positiv geotropische Nährwurzeln und kurze, flache, nicht
geotropische Haftwurzeln erzeugt; anatomisch habe ich diese beiden
Wurzelformen nicht verglichen.

Die ausgezeichnetste zu der zweiten Gruppe gehörige dicotyle Pflanze ist
_Clusia rosea_, deren Lebensgeschichte ich auf den westindischen Inseln
einer genauen Untersuchung unterwerfen konnte.

Clusia rosea ist ein reich belaubter, bis mittelgrosser, epiphytischer
Baum, dessen frei wachsender Stamm sich nach unten in eine oft über
armsdicke, scheinbare Hauptwurzel fortsetzt, welche meist, wenn auch nicht
immer, der Rinde des Wirthbaumes dicht angedrückt, senkrecht bis in den
Boden geht. Der scheinbaren Hauptwurzel entspringen zahlreiche, dünnere
Nebenwurzeln, die sämmtlich auf der Rinde kriechen und theils ebenfalls
senkrecht oder schief bis in den Boden wachsen, zum grössten Theil jedoch
horizontal verlaufen und den stützenden Stamm fest umklammern. Anstatt
einer einzelnen durch ihre Dicke und Lange ausgezeichneten Wurzel sind
deren zuweilen mehrere, sämmtlich ausgesprochen positiv geotropisch.

Die eben besprochenen Wurzelgebilde stellen, namentlich bei älteren
Exemplaren, nur einen Theil des Wurzelsystems des Epiphyten dar. Aus den
belaubten Aesten entspringen zahlreiche Adventivwurzeln, die theilweise
als kurze, aber starke Haftorgane ausgebildet sind, theilweise dagegen
senkrecht nach unten bis zum Boden wachsen und eine oft ungeheure Länge
erreichen. Wir finden demnach unter diesen, den belaubten Aesten
entspringenden Wurzeln eine ganz ähnliche Differenzirung, wie bei
Carludovica und den vorhin erwähnten Aroideen, und werden dieselben
ebenfalls als Nährwurzeln und Haftwurzeln unterscheiden.

Die Haftwurzeln sind meist einfach, besitzen oft über Fingerdicke und
krümmen sich rankenartig um die Gegenstände, mit welchen sie in Contakt
kommen; sie umklammern in dieser Weise nicht nur die Aeste des Wirthbaums
und benachbarter Bäume, sondern auch diejenigen des Epiphyten selbst oder
andere Haftwurzeln, mit welchen sie verworrene Knäuel erzeugen. Die
Nährwurzeln sind in ihrem oberirdischen Theile einfach und besitzen in
dessen ganzer Länge gleiche Dicke; letztere beträgt vor dem Eindringen in
den Boden etwa 6--7 mm, nach der Bewurzelung oft mehrere Centimeter. Sie
gleichen im letzteren Falle starken Schiffstauen. Die Burserabäume der
Urwälder von Dominica sind oft von Hunderten solcher Taue, die die auf dem
Gipfel des Riesen befindlichen epiphytischen Clusien mit dem Boden
verbinden, umgeben; an einem einzigen Büschel noch frei hängender Wurzeln
fanden wir 107 Glieder.

  Die Lebensgeschichte der Clusia rosea ist in den Hauptzügen folgende.
  Der Same keimt in humusreichen, feuchten Spalten der Rinde; auf Dominica
  jedoch meist im Wurzelgeflecht einer mächtigen Bromeliacee, Brocchinia
  Plumieri, auf Trinidad vielfach in den persistirenden Blattbasen von
  Palmen. Die pfahlförmige Hauptwurzel dringt in das Substrat so tief als
  möglich ein und bildet zahlreiche, dünne Aeste, die den meist engen Raum
  möglichst durchwuchern und ausnutzen.

  Die Hauptwurzel und ihre Aeste bleiben sehr klein, genügen aber, um der
  jungen Pflanze im Anfang die nöthige Nahrung und Befestigung zu
  verschaffen. Bald nach der Keimung werden jedoch an der Basis des
  Stengels einige Adventivwurzeln erzeugt, die in das Substrat nur
  eindringen, wenn dasselbe eine grössere Ausdehnung besitzt,
  widrigenfalls, und zwar ist dies die Regel, sie an der Oberfläche des
  Wirthbaumes nach allen Richtungen kriechen und bald das
  Hauptwurzelsystem an Mächtigkeit weit übertreffen. Die Adventivwurzeln
  sind mit der Rinde des Wirthbaumes durch Haare verwachsen, dringen in
  Spalten, Moospolster, Luftwurzelgeflechte ein, wo sie reichliche
  Verästelungen erzeugen, während sie an trockenen Stellen einfach
  bleiben. Auch dieses Stadium ist provisorisch; der Mehrzahl dieser
  Wurzeln kommt nur vorübergehend eine wesentliche Bedeutung für die
  Ernährung des Epiphyten zu. Eine der Wurzeln -- selten eine Mehrzahl
  solcher -- zeichnet sich bald durch positiven Geotropismus und viel
  bedeutenderes Längenwachsthum vor den übrigen aus und erreicht früher
  oder später den Boden. Wo nur eine solche Wurzel vorhanden, stellt sie
  scheinbar die directe Fortsetzung des Stammes nach unten und ist demnach
  einer Hauptwurzel ähnlich. Diese Periode der Entwickelung ist bereits
  durch die Differenzirung des Wurzelsystems in Organe der Ernährung und
  der Befestigung ausgezeichnet, indem der scheinbaren Hauptwurzel und
  ihren verticalen Seitenästen wesentlich die erstere, den horizontal
  rings um den Stamm wachsenden Seitenästen die letztere Function zukommt.
  Das aus der Basis des jungen Stammes entspringende System von
  Adventivwurzeln will ich das _primäre_ nennen.

  Als secundäre Adventivwurzeln bezeichne ich diejenigen, welche, wie
  anfangs gezeigt wurde, aus den Zweigen entspringen. Diese Wurzeln werden
  weit später als die primären angelegt und unterscheiden sich in mancher
  Hinsicht von diesen. Sie werden ordnungslos erzeugt und bald zu
  Nährwurzeln, bald zu Haftwurzeln ausgebildet, ohne dass äussere Factoren
  die Bestimmung der Wurzel irgendwie beeinflussen könnten; oft werden
  vielmehr am selben Zweige, unter ganz gleichen äusseren Umständen,
  beiderlei Wurzeln gebildet. Die Haftwurzeln besitzen ein langsames,
  beschränktes Längenwachsthum und sehr starken, negativen Helietropismus,
  während die Nährwurzeln schnell eine bedeutende Länge erreichen und,
  ohne je heliotropische Krümmungen zu zeigen, vertical nach unten
  wachsen. Das endliche Resultat haben wir kennen gelernt: Die Haftwurzeln
  kommen in Folge ihres negativen Heliotropismus in der Regel mit einem
  Aste in Berührung und krümmen sich um denselben um, sterben aber ab,
  wenn sie eine gewisse Länge erreichen, ohne eine Stütze zu finden. Die
  Nährwurzeln hingegen wachsen bis zum Boden, treiben in denselben
  zahlreiche Seitenäste, wahrend ihr oberirdischer, bisher dünner Theil
  allmählich die Dicke eines Schifftaues erreicht.

Der ungleichen biologischen Bedeutung der beiden Wurzelformen entsprechen
ganz ähnliche anatomische Unterschiede, wie bei denjenigen der vorhin
beschriebenen Monccotylen. Das Holz besteht in den Nährwurzeln aus
zahlreichen, weitlumigen Tracheen und schwach verdickten Faserzellen,
während in den Haftwurzeln die Tracheen sehr spärlich und eng sind, das
zwischenliegende Faserparenchym sehr stark verdickte, sklerotische Wände
besitzt; auch die Elemente des Bastes, speciell die Siebröhren, sind in
den Nährwurzeln weitlumiger als in den Haftwurzeln.

Die Haftwurzeln besitzen stets, auch wenn sie nicht mit einer Stütze in
Berührung kommen, gleichen Bau. Die Nährwurzeln bestehen vor ihrer
Verbindung mit dem Boden beinahe nur aus zarten, unverholzten Zellen; das
secundäre Dickenwachsthum beginnt erst nach derselben. Die für die
freihängenden Wurzeln nöthige Biegungsfestigkeit wird erreicht durch
peripherische Gruppen stark verdickter, langgestreckter Zellen, die nach
der Bewurzelung obliterirt werden, indem ein Bedürfniss nach mechanischen
Vorrichtungen dann nicht mehr besteht.

  Die anatomischen Unterschiede zwischen Nähr- und Haftwurzeln zeigen
  sich, wenn auch in geringerem Grade, bei dem primären
  Adventivwurzelsystem. Die Haftwurzeln desselben stimmen ganz mit den
  secundären überein, während die Nährwurzeln anfangs allerdings ebenfalls
  wesentlich aus englumigen, stark verdickten Elementen bestehen, in
  welchen immerhin die Tracheen zahlreicher sind, in ihrem späteren
  Zuwachs aber den secundären Nährwurzeln weit ähnlicher werden, indem die
  Tracheen an Zahl und Weite bedeutend zunehmen. Der Uebergang des mehr
  mechanisch zu dem mehr ernährungs-physiologisch gebauten Theil ist
  schroff und für das blosse Auge sehr auffallend.

Der Clusia rosea schliessen sich die epiphytischen Feigenbäume an (Taf.
I), die auf ungleichen Stufen der Anpassung verblieben sind, was wohl auch
von Arten der Gattung Clusia gelten dürfte. Ich habe nie Gelegenheit
gehabt, epiphytische Feigenbäume viel zu studiren; nach dem, was ich in
Brasilien an solchen zu beobachten Gelegenheit hatte, sowie nach den
mündlichen Mittheilungen von Herrn Dr. BRANDIS über indische Feigenarten,
sind die ersten Entwicklungsstadien denjenigen von Clusia rosea sehr
ähnlich und führen zunächst zu einem primären System von Adventivwurzeln,
das den Stamm als vielfach anastomosirendes Geflecht umhüllt und mit
zahlreichen Aesten in den Boden dringt. Bei den von mir gesehenen Arten
und bei Coussapoa Schottii war, wie bei Clusia, die eine dieser Wurzeln
weit stärker als die andern und einer Hauptwurzel gleich. Manche, aber
nicht alle Ficus-Arten entwickeln aus ihren Aesten secundäre
Adventivwurzeln, die jedoch nicht, wie bei Clusia rosea, sich entweder zu
Haft- oder zu Nährwurzeln, sondern zu Stützwurzeln entwickeln, die
senkrecht nach unten wachsen und nach ihrem Eindringen in den Boden, in
Bezug auf Umfang und Festigkeit, stammähnlich werden. Allbekannt ist durch
die Abbildungen der Banyan (Ficus indica) mit seinen zahlreichen,
säulenartigen Stützwurzeln.



IV. Dritte Gruppe.(12)


Während die meisten Epiphyten sehr lange, gerade Wurzeln besitzen, die
sich nur an feuchten Stellen reichlich verzweigen, stellen die Wurzeln
einiger, zu sehr verschiedenen Familien gehörender, epiphytischer Gewächse
viel verzweigte Geflechte schwammartiger Structur dar, in und auf welchen
sich allmählich todte Blätter und andere humusbildende Stoffe anhäufen.
Zuweilen sind diese Geflechte noch niedrig und einfach, z. B. bei
Epidendrum ciliatum; bei mehreren Pflanzenarten jedoch sind sie zu
massigen, stark vorspringenden oder vogelnestartig in den Gabelungen der
Aeste befestigten Wurzelmassen ausgebildet, welche zu überaus reichen
Ablagerungsorten für Humus werden; mit der Zeit werden diese
Wurzelgeflechte häufig von Moosen und kleinen Farnen mehr oder weniger
überzogen.

Die Ernährung der Epiphyten ist durch diese Vorrichtung ebenso unabhängig
von der Baumrinde als bei den Arten der zweiten Gruppe. Der Humus, der
sich in und namentlich auf den Wurzelgeflechten ansammelt und von den
Blättern festgehalten wird, ist für den Epiphyten eine beinahe ebenso
reiche Nährquelle, wie der Boden selbst.

Ebenso wie in den vorher besprochenen Fällen, sind bei den zu dieser
Gruppe gehörenden Epiphyten die Functionen der Ernährung und der
Befestigung auf verschiedene Glieder des Wurzelsystems vertheilt, welche
dementsprechend mit ungleichen Eigenschaften ausgerüstet sind. Den
Haftwurzeln kommt jedoch auch eine wichtige Rolle bei der Stoffleitung zu,
und die Differenzirung ist überhaupt weniger ausgeprägt als bei der
zweiten Gruppe.

Die oft über einen Cubikfuss mächtige, ungefähr isodiametrische oder
kuchenartig ausgebreitete Wurzelmasse ist durch Haftwurzeln befestigt,
welche wiederum durch negativen Heliotropismus und grosse Zugfestigkeit
ihren Functionen angepasst sind. Die Nährwurzeln hingegen unterscheiden
sich in vieler Hinsicht von denjenigen der vorigen Gruppe. Es handelt sich
eben nicht mehr um eine Verbindung mit dem Boden, sondern im Gegentheil um
die Verwerthung eines namentlich _oberhalb_ des Wurzelkörpers befindlichen
Nährbodens und der ebenfalls von _oben_ kommenden Niederschläge.
Dementsprechend sind die Nährwurzeln dieser Epiphyten nicht mehr positiv,
sondern _negativ_(13) geotropisch. Da es sich bei diesen Wurzeln nicht
mehr um die Leitung von Nährlösungen auf weite Strecken handelt, so ist
auch ihr anatomischer Bau weniger auffallend verschieden von demjenigen
der Haftwurzeln, als etwa bei Clusia oder Carludovica. Bei Anthurium
Hügelii, einer der ausgezeichnetsten hierher gehörigen Pflanzen, kommt das
Vorherrschen der Leitelemente in den Nährwurzeln, des Sklerenchyms in den
Haftwurzeln sehr deutlich zum Vorschein; in den übrigen Fällen sind
dagegen die Unterschiede nur gering.

Die zuerst auftretenden Wurzeln haben stets wesentlich die Eigenschaften
von Haftwurzeln, dienen aber zugleich zur Ernährung der jungen Pflanze.
Die Nährwurzeln entstehen jedoch bald, theilweise oder (Orchideen)
ausschliesslich, als Nebenäste der Haftwurzeln. Es muss aber hervorgehoben
werden, dass in diesem Falle morphologisch gleichwerthige Seitenwurzeln,
auch bei gleichen äusseren Bedingungen, theils zu der einen, theils zu der
anderen Wurzelform werden, ohne dass hierin der Einfluss äusserer Umstände
zur Geltung komme.

Das oft kopfgrosse Wurzelgeflecht von _Oncidium altissimum_, einer in
Westindien häufigen epiphytischen Orchidee, ist entweder rundlich oder
mehr oder weniger flach ausgebreitet und stellt eine Art Korb dar, dessen
Wandung aus den verflochtenen, federkieldicken Haftwurzeln besteht,
während aus dem Inneren, neben den grünen Sprossen, Hunderte von
nadelformigen Nährwurzeln sich erheben. In diesem Korb sammeln sich von
den Baumästen abgefallene Pflanzentheile, die allmählich in Humus
übergehen.

Noch weit mächtiger entwickelt ist ein Cyrtopodium Sta. Catharinas, dessen
zahllose Nährwurzeln über stricknadellang werden.

Die eben erwähnten Orchideen stellen relativ noch einfache Fälle dar. Die
functionelle Differenzirung zwischen beiden Wurzelformen ist noch wenig
ausgesprochen, indem die Haftwurzeln nicht nur stets die Leitung der
Nährstoffe in die Pflanze übernehmen, sondern auch in nicht
unbeträchtlichem Grade an deren Aufnahme theilnehmen. Das erwähnte
Cyrtopodium lässt sich auf dem Boden cultiviren und wächst dabei sehr
üppig, obwohl es nur von unten also durch seine Haftwurzeln, ernährt wird.
Die Bedeutung der negativ geotropischen Wurzeln ist aber
nichtsdestoweniger in der Natur sehr gross, sogar da, wo das Substrat
relativ reich an Nährstoffen ist, namentlich aber da, wo die Rinde wenig
bietet; ich habe Oncidium flexuosum und sogar das riesige Cyrtopodium auf
hohen, kahlen Baumästen wachsen sehen, wo ihre Haftwurzeln beinahe nichts
aufnehmen konnten, während sich zwischen den Nährwurzeln verwesende
Pilanzentheile reichlich befanden.

_Anthurium Hügelii_ SCHOTT. (Anth. Hookeri KTH.)(14), ein mächtiger, in
den Wäldern Westindiens und Venezuelas häufiger Epiphyt, der trotz seiner
ungeheuren Dimensionen oft an den tauartigen Luftwurzeln von Clusia oder
den bandförmigen Stämmen der Bauhinien befestigt ist, steht auf einer
höheren Stufe der Anpassung als die eben beschriebenen Orchideen. Das oft
über einen Cubikfuss mächtige, rundliche oder etwas längliche
Wurzelgeflecht umgibt und überragt den kurzen Stamm und sendet zahlreiche
Verästelungen zwischen die beinahe sitzenden, steifen Blätter, _deren
mächtige Rosette einen Haufen von mehr oder weniger zersetzten, nach unten
in Humus übergehenden, pflanzlichen Fragmenten umgibt und festhält_.

Die Befestigung des Epiphyten geschieht durch starke, bis drei Fuss lange,
horizontale Haftwurzeln. Die Nährwurzeln, welche das mächtige,
schwammartige Geflecht der Hauptsache nach zusammensetzen, sind sehr
ungleich dick, reichlich verzweigt und dicht behaart. Sie sind an der
Basis des Wurzelschwammes durcheinander geflochten, wahrend im oberen
Theile ihre wachsenden, freien Enden sich zahllos theils in die Luft,
theils namentlich in den von den Blättern festgehaltenen Humushaufen
erheben. Am Ende der trockenen Jahreszeit sterben die peripherischen
Wurzelenden, sowie die äussersten Blätter sammt den in ihren Achseln
befindlichen langen Auszweigungen des Wurzelsystems ab. Im Juni oder Juli
aber dringen durch die Fetzen der abgestorbenen Blätter und Wurzeln wieder
zahlreiche, neue Wurzelspitzen hervor, die alle genau nach oben gerichtet
sind und deren nadeldünne, etwas grünlich gefärbte Enden rasenartig den
oberen Theil der Wurzelmasse bedecken. Die Haftwurzeln hingegen bleiben
während der trockenen Jahreszeit ganz unversehrt; sie unterscheiden sich
äusserlich von den Nährwurzeln dadurch, dass sie nicht ringsum, sondern
nur an der angewachsenen Seite behaart sind.

Bei der Keimung werden zunächst Haftwurzeln ausgebildet, die während
einiger Zeit auch die Functionen der Ernährung allein verrichten. Sehr
früh jedoch entstehen die ersten Nährwurzeln, zunächst als Seitenäste der
Haftwurzeln, nachher aber auch direkt aus dem Stamme, und übertreffen die
Haftwurzeln bald in Länge und Zahl. Haupt- und Nebenäste der Nährwurzeln
sind zuerst nach oben gerichtet; durch den Contakt entstehen jedoch
mannigfache Krümmungen, durch welche die Wurzelmasse zu einem
unentwirrbaren Gerüstwerk wird. Im Grossen und Ganzen bleibt aber das
Wachsthum der letzteren demjenigen des Stammes gleichsinnig, sodass freie
Wurzelenden nur im oberen Theile auftreten.

Anatomisch weichen die Wurzeln von Anth. Hügelii von denjenigen der Arten
der zweiten Gruppe durch den Besitz eines mächtigen Velamen ab, welches
jedoch, im Gegensatz zu demjenigen von A. lanceolatum (siehe 1. Gruppe),
glattwandige Zellen besitzt. Das Gefässbündel besteht in den Haftwurzeln
wesentlich aus sehr stark verdickten, sklerotischen Faserzellen und
enthält nur wenige englumige Gefäss- und Siebelemente; letztere sind in
den Nährwurzeln zahlreicher und weiter, während das Zwischengewebe nur an
der Peripherie sklerotisch ist. Immerhin ist aber der Unterschied nicht so
auffallend, als bei den Haft- und Nährwurzeln der zweiten Gruppe.

Einige grosse Farne des tropischen Amerika zeigen ein demjenigen von Anth.
Hügelii ähnliches Verhalten, so namentlich die westindischen Polypodium
Phyllitidis L. und Asplenium serratum L. Beide Arten besitzen steife,
schmal zungenförmige Blätter, die einen riesigen Trichter bilden, in
welchem sich, wie bei Anthurium Hügelii, abgestorbene Pflanzentheile
anhäufen und in Humus übergehen; das Wurzelsystem ist in ähnlicher Weise
für die Verwerthung dieser Nährquelle ausgebildet. Die Pflanze ist durch
zahlreiche, myceliumartig auf der Rinde wuchernde Haftwurzeln befestigt,
die ebenso wie bei den übrigen vorher beschriebenen Pflanzen negativ
heliotropisch sind, während die kurzen Nährwurzeln starken negativen
Geotropismus besitzen.

Ganz ähnliche Anpassungen an die Verwerthung von Humus kommen auch, wie es
bereits SOLMS-LAUBACH in einem Referat über meine Arbeit über die
Epiphyten Westindiens hervorhob, in Java vor. In neuester Zeit hat aber
GOEBEL daselbst bei verschiedenen Farnen Anpassungen nachgewiesen, welche
eine höhere Stufe darstellen. Während die Blätter von Anthurium Hügelii
und der sich ähnlich verhaltenden Farne gleichzeitig zum Festhalten des
Humus und zur Assimilation dienen, sind bei verschiedenen indischen Arten
der Gattung Polypodium und Platycerium beide Functionen auf ungleiche und
entsprechend ausgebildete Blätter vertheilt. Das in unseren Gewächshäusern
viel cultivirte Platycerium alcicorne ist ein ausgezeichnetes Beispiel
dieser merkwürdigen Vorrichtung, welche in GOEBEL’s citirter Arbeit des
näheren geschildert ist. Zu dieser Gruppe kann endlich auch Dischidia
Rafflesiana, mit ihren Wasser und Humus sammelnden Ascidien, gerechnet
werden (vgl. TREUB l. c.).



V. Vierte Gruppe.


1. Die Rinde eines von Epiphyten überwucherten Baumes zeigt sich, vielfach
bis zu seiner Basis, von einem dichten Wurzelgeflecht umhüllt, welches von
den verschiedenartigsten Pflanzen herrührt. Die Wurzeln der doch so oft
stattliche Dimensionen erreichenden und so zahlreichen Bromeliaceen sind
in diesem Gewirr nicht vertreten; noch ragen sie, wie bei Anthurium
Hügelii und den anderen Arten der dritten Gruppe, als mächtige,
schwammartige Polster hervor. Sie bedecken, rings um die Anheftungsstelle,
ein Areal, das bei den stattlichsten Arten die Oberfläche der Hand nicht
übertrifft, und doch sind sie weder dick noch zahlreich. Diese dünnen und
häufig an der Oberfläche ganz glatter Rinde befestigten Wurzeln erscheinen
von vornherein nicht im Stande, die Pflanze zu ernähren, um so mehr als
sie zum grössten Theile abgestorben sind. Dagegen sind sie so fest und der
Rinde derart angekittet, dass die epiphytischen Bromeliaceen sich nur sehr
schwer von ihrem Substrat abreissen lassen; die Function der Befestigung
am Substrat wird von diesen Wurzeln vollkommen verrichtet.

Während die Wurzeln, auch bei üppig wachsenden Bromeliaceen, häufig auf
ganz glatter und trockener Rinde kriechen, bilden in der Mehrzahl der
Fälle die Blätter, ähnlich wie bei Anthurium Hügelii und Asplenium
serratum, einen mächtigen Trichter, der nicht nur wie bei diesen, Humus,
sondern auch, indem er an der Basis dicht schliesst, Wasser reichlich
ansammelt. Dieses Wasser, dessen Menge ein Liter häufig übertrifft,
liefert keineswegs, wie es manchmal beschrieben worden ist, dem durstigen
Reisenden ein köstliches Getränk, sondern stellt eine schmutzige,
stinkende Flüssigkeit dar, in welcher allerlei Thierchen ihr Dasein
fristen -- theilweise Arten gehörend, die an anderen Standorten nicht
vorkommen(15)). Die trockeneren, oberen Theile des Humushaufens sind
dagegen häufig von Ameisen bewohnt.

Im Gegensatz zu Anthurium Hügelii wird dieser Humus nicht von Wurzeln
ausgebeutet; solche fehlen zwischen den Blättern gänzlich. Es erschien
daher wahrscheinlich, dass die Blätter, und nicht die Wurzeln, bei diesen
Bromeliaceen die Function der Wasseraufnahme verrichten, und dass es sich
in der That so verhält, habe ich bereits in meiner ersten Mittheilung
eingehend dargestellt. Die diesbezüglichen Versuche müssen jedoch hier,
des Zusammenhangs halber, wieder beschrieben werden.

2. Die Versuche wurden auf den westindischen Inseln Dominica und Trinidad
im Jahre 1883 ausgeführt. Zur Verwendung wurden Caraguata lingulata,
Brocchinia Plumieri und eine Vriesea des Urwalds gewählt, weil diese
Pflanzen viel leichter welken als die Aechmea-Arten und die grauen
Tillandsien, die wochenlang bei gänzlichem Wassermangel turgescent
bleiben. Die erwahnten Versuchspflanzen welkten sämmtlich nach wenigen
Tagen, wurden aber nach wiederholtem Befeuchten der Blattbasen, bei
vollständigem Trockenbleiben der Wurzeln, in höchstens 24 Stunden wieder
frisch und straff, mit Ausnahme der äussersten Blätter, die meistens
gänzlich vertrockneten.

Noch instructivere Resultate ergaben vergleichende Culturen, bei welchen
die Pflanzen (ausser den genannten noch die schwer welkende Till.
fasciculata) theilweise gar nicht, theilweise nur auf den Blättern
befeuchtet wurden; um jede Mitwirkung der Wurzeln auszuschliessen, waren
dieselben abgeschnitten und der ganze wurzeltragende Theil mit
Canadabalsam überzogen. Die nicht begossenen Exemplare starben, je nach
der Art, nach wenigen Tagen oder erst einigen Wochen ab, während die
begossenen während der ganzen Dauer der Versuche (10 Wochen, z. Th. 3
Monate) frisch blieben und sich weiter entwickelten.

Entsprechend modificirte Versuche wurden mit denselben Pflanzenarten
angestellt, um die Wurzeln auf ihre Bedeutung als Ernährungsorgane zu
prüfen. Welke Pflanzen (Brocchinia, Guzmannia tricolor) wurden nicht
wieder frisch, wenn ihre Wurzeln allein befeuchtet wurden, und Begiessung
des Wurzelsystems frischer Pflanzen bei Trockenbleiben der Blätter
hinderte nicht, dass Welken bald eintrat. Durchschnittlich jedoch, wenn
auch nicht immer, welkten die Pflanzen mit begossenen Wurzeln etwas
langsamer als die gar nicht begossenen, sodass eine schwache
Wasseraufnahme durch die Wurzeln stattzufinden scheint.

Aus diesen Versuchen geht zur Genüge hervor, dass das im Blatttrichter
aufgespeicherte Wasser nicht nur benutzt wird, sondern unentbehrlich ist.

Dass den Wurzeln bei den epiphytischen Bromeliaceen nur die Function von
Haftorganen, den Blättern dagegen sämmtliche Functionen der Stoffaufnahme
zukommen, geht in auffallendster Weise aus dem Umstande hervor, dass
_Bromeliaceen, die mit anderen Haftvorrichtungen versehen sind, der
Wurzeln entbehren_.

Die häufigste der wurzellosen Bromeliaceen ist Tillandsia usneoides, deren
graue Schweife in den kühleren Waldlandschaften des tropischen und
subtropischen Amerika beinahe nie fehlen und vielfach das Laub ganz
verdecken (Taf. II). Jeder dieser Schweife, deren Lange bis gegen 3 m
erreichen kann, besteht aus zahlreichen, fadenförmigen, zweizeilig
beblätterten Sprossen, die dadurch, dass sie an ihrer Basis den stützenden
Ast umwinden, den nöthigen Halt bekommen. Den ersten Ursprung eines
Schweifes bildet in der Regel ein einzelner, durch den Wind abgerissener
Zweig, der, auf einen anderen Ast gefallen, denselben umwindet und
zahlreiche Seitensprosse entwickelt, die sich theilweise wie der
Mutterspross verhalten, zum grössten Theile jedoch ganz frei in die Luft
hängen. Wie auch die Vögel an der Verbreitung der Pflanze theilnehmen,
wurde vorher beschrieben.

3. Die Aufnahme der wässerigen Lösung findet nicht durch die ganze
Oberfläche, sondern nur durch die bekannten Schuppenhaare statt, die bei
denjenigen Bromeliaceen, die mit einem aufsammelnden Blatttrichter
versehen sind, vorwiegend, oft beinahe ausschliesslich, an der Blattbasis
vorkommen, die sie dicht überziehen, während sie bei denjenigen Arten,
die, wie Tillandsia usneoides, eines äusseren Wasserreservoirs entbehren,
die ganze Pflanze gleichmässig bedecken.

Das Schuppenhaar (Taf. III, Fig. 12--17) besteht aus einem in das Gewebe
eingesenkten stiel- oder trichterförmigen Stücke, das ringsum mit den
umgebenden Zellen zusammenhängt, und einem der Blattoberfläche flach
aufliegenden oder manchmal in der Mitte eingesenkten Schilde. Ersteres
besteht aus drei flachen, durch sehr dünne Wände getrennten, plasmareichen
Zellen und sitzt einer drei- oder viergliedrigen Gruppe kleiner Zellen
auf. Das Schild ist bei den meisten Tillandsien aus einem peripherischen,
membranösen, radial gerippten (Fig. 12), seltener aus radial geordneten,
luftführenden Zellen (Fig. 13) bestehenden Flügel und einer mittleren
Zellgruppe gebildet, die bei nicht benetzten Blättern nur Luft zu
enthalten scheint. Bei den übrigen Bromeliaceen ist die Differenzirung in
Flügel und Mitteltheil nur sehr wenig ausgesprochen (Fig. 14).

Befeuchtet man eine dicht mit Schuppen besetzte Art, etwa Till. usneoides,
T. recurvata oder T. Gardneri, so geht sofort die bisherige silbergraue
Farbe der Pflanze in Reingrün über. Ein kleiner Wassertropfen, auf ein
solches Blatt gelegt, verhält sich ganz ähnlich, wie auf Fliesspapier; er
verschwindet in einigen Sekunden und hinterlässt einen dunklen Fleck.
Diese Erscheinung zeigt uns, dass die Epidermis sehr benetzbar ist, sodass
die Luft zwischen den Haaren schnell verdrängt wird, eine Eigenschaft,
welche sonst stark behaarten Blättern nicht zukommt und den doch ganz
ähnlich beschuppten Blättern vieler nicht epiphytischer Bromeliaceen
vollständig fehlt.

Die ferneren Vorgänge können nur mit Hülfe des Mikroskopes verfolgt
werden. _Da zeigt sich, dass die Zellen des Schildes sich mit Wasser
füllen_, indem ihr gasförmiger Inhalt auf eine immer kleinere Blase
reducirt wird und binnen einigen Sekunden bis einer Minute gänzlich
schwindet.

Diese Erscheinungen machen es uns schon höchst wahrscheinlich, dass die
Schuppe das Aufnahmeorgan für die wässerigen Nährstoffe darstelle.
Verschiedene Versuche haben mir in der That gezeigt, _dass wässerige
Lösungen überhaupt nur durch Vermittelung der Schuppenhaare in die Gewebe
eindringen_. Wird ein Tropfen Kalilösung auf die Epidermis gelegt und nach
wenigen Sekunden wieder abgewischt, so zeigt die Untersuchung der mit dem
Reagens in Berührung gekommenen Stelle, dass rings um jede Schuppe der
vorher farblose Inhalt der Epidermis schön goldgelb gefärbt ist, während
derselbe in grösserer, je nach der Dauer des Versuchs wechselnder
Entfernung unverändert geblieben ist. Hat die Einwirkung des Kali etwa
eine halbe Minute gedauert, so sind in der Regel schon alle
Epidermiszellen gefärbt. Die Eigenschaft, mit Kali gefärbt zu werden,
kommt den Parenchymzellen nicht zu. Bei der in unseren Gewächshäusern
häufig kultivirten Vriesea psittacina sind ganz gewöhnlich einzelne
Epidermiszellen mit rothem Safte versehen; legt man auf die Epidermis
einen Tropfen verdünntes Ammoniak, so sieht man die rothe Farbe zunächst
in Blau, dann in Grün übergehen, und zwar um so schneller, als die Zelle
einer Schuppe näher liegt. Die um die Schuppen befindlichen Zellen
besitzen schon grasgrüne Farbe, während die entfernteren kaum einen Stich
ins Violette zeigen. Setzt man auf das Blatt von Vriesea psittacina,
Guzmannia tricolor, Brocchinia Plumieri oder anderer grüner, epiphytischer
Bromeliaceen einen Tropfen sehr verdünnter Kochsalzlösung, so sieht man
die Contraktion des Zellplasma zuerst rings um die Basis der Schuppen im
Parenchym eintreten; dieser Versuch ist besonders wichtig, indem er uns
das Eindringen der Flüssigkeit ohne Tödtung der Zellen zeigt. Eine
Aufnahme von Anilinfarben in die lebenden Zellen wurde dagegen von mir,
trotz wiederholter Versuche, nicht erzielt, was leicht erklärlich ist, da
ich bei den untersuchten Bromeliaceenblättern Gerbstoff nicht gefunden
habe.

Der anatomische Bau der Schuppenhaare steht mit der soeben nachgewiesenen
Function völlig in Einklang. _Während die das Haar umgebenden Zellen der
Epidermis und subepidermalen Schichten häufig sehr stark verdickt und
stets cutinreich sind, sind sämmtliche Zellwände, die das Wasser, um in
die tieferen Gewebe zu gelangen, zu passiren hat, ganz cutinfrei und in
ihrer ganzen Ausdehnung entweder sehr dünn (__Taf. III__, Fig. 15), oder
die unterste Zellwand des Haargebildes ist wohl etwas verdickt, aber sehr
stark getüpfelt_ (Fig. 15), während die umgebenden Zellwände weit dicker
und viel weniger getüpfelt sind.

Der Bau der Schuppenhaare zeigt, nach den verschiedenen Arten, manche
instructiven Unterschiede. Bei den längsdurchschnittenen Schuppen Fig. 13
und 15 fällt uns sofort die sehr ungleiche Entwickelung der obersten
Zellwände, des Deckels, wie ich dieselben der Kürze halber bezeichnen
will, auf. Dieser Deckel ist bei Arten mit eingesenkten Schuppenhaaren
(z. B. Ortgiesia) und solchen, die feuchte, schattige Standorte bewohnen
(z. B. Vriesea psittacina), dünn, bei Arten mit über die Oberfläche
hervorragenden Haaren (z. B. T. usneoides, recurvata, Gardneri, stricta
etc.) von bedeutender Dicke. Die Bedeutung des dicken Deckels wird uns bei
Vergleichung luftführender mit wasserhaltigen Schuppen sofort klar; im
ersteren Falle sind die dünnen Zellwände unter dem Deckel ganz
eingeknickt, letzterer liegt daher dem lebenden Stieltheile beinahe
unmittelbar auf; wird das Haar befeuchtet, so dehnen sich die bisher
luftführenden Zellen aus und heben den Deckel in die Höhe. _Der dicke
Deckel dient als Schutzmittel gegen Wasserverlust durch die unverkorkten
Zellen der Durchgangsstelle, verhindert aber, dank dem eben erwähnten
Blasebalgspiel, das Eindringen des Wassers nicht._ Wie vollkommen der Bau
des Haars dieser Doppelfunction entspricht, lehrt ein Blick auf die
Fig. 13, die keines Commentars bedarf. Da, wo die Haare eingesenkt, oder
wo in Folge der Lebensweise an feuchten, schattigen Standorten ein Schutz
gegen Wasserverlust nicht zu befürchten, ist der Deckel entsprechend
dünner (Fig. 15).

Die soeben besprochene Doppelfunction dürfte den Schildhaaren
epiphytischer Bromeliaceen überhaupt, wenigstens bei den Arten trockener
Standorte, zukommen; auch die bei letzteren stets sehr ausgebildeten
Flügel dürften wesentlich dazu beitragen, die Transpiration
herabzudrücken. Damit in Einklang stände das Vorkommen der Haare an der
ganzen Oberfläche bei der grossen Mehrzahl der Arten, die sonnige
Standorte bewohnen, während sie bei den Schatten liebenden Arten, wo sie
wesentlich nur die eine Function der Wasseraufnahme und sehr schmale
Flügel besitzen, auf die Blattbasen beschränkt sind; ferner spricht dafür
der Umstand, dass viele nicht epiphytische Bromeliaceen an ihrer
Blattunterseite mit ganz ähnlichen, aber unbenetzbaren, sehr breit
geflügelten Haaren dicht besetzt sind, während die Oberseite zuweilen
(Pitcairnia-Arten) einzelne, ganz ähnliche, aber wasseraufnehmende Haare
trägt.

Während jedoch die aufsaugende Function der Haare exact nachgewiesen
werden konnte, erschien mir die schützende Function der Flügel einer
experimentellen Beantwortung nicht fähig, indem ihre Entfernung kaum
möglich sein dürfte. Es kann daher diese Function nicht als _definitiv_
festgestellt betrachtet werden, so wahrscheinlich sie auch erscheint.

4. Mit voller Sicherheit haben wir festgestellt, dass die epiphytischen
Bromeliaceen ihre wässerige Nahrung wesentlich nur durch die Blätter
aufnehmen und dass sie sich dadurch ganz wesentlich von beinahe allen
anderen Luftpflanzen unterscheiden. Es kann keinem Zweifel unterliegen,
dass sich die epiphytischen Arten aus normal sich ernährenden Pflanzen
entwickelt haben, wie sie unter den terrestrischen Vertretern der Familie
bei weitem vorwiegen. _Es wird sich fragen, inwiefern die Aufnahme des
Wassers durch die Blätter modificirend auf die Structur der Pflanze
gewirkt hat._

Unsere Betrachtungen können nicht an die Gesammtheit der epiphytischen
Bromeliaceen gleichzeitig geknüpft werden; es müssen vielmehr die
rosettenbildenden Arten, die rasenartigen und diejenigen mit langen
Sprossen gesondert zur Behandlung kommen.

_Rosetten_ bildende Bromeliaceen kommen sowohl unter den terrestrischen,
wie unter den epiphytischen Arten vor und gehören systematisch zu den
verschiedenartigsten Gruppen. Die zungenförmigen, bis vier Fuss langen
Blätter entspringen einem meist kurzen und dicken, einfachen oder
verzweigten Stamme. Die Blattbasen sind bei den Epiphyten an der Basis
verbreitert und löffelartig ausgebaucht und bilden einen unten und
seitlich, bis zu einer wechselnden Höhe, vollkommen dicht schliessenden
Trichter, in welchem Regen- und Thauwasser sich aufsammelt. _Die Rosetten
epiphytischer Bromeliaceen sind stets zu solchen Wasserreservoirs
ausgebildet, während bei den terrestrischen __ die Blätter meist, ähnlich
wie bei den Liliaceen, bis zur Basis schmal und durch Zwischenräume
getrennt sind (Dyckia, Pitcairnia, Puya, Karatas, Bromelia e. p. etc.).
Nur wenige terrestrische Formen, wie die Ananas, verhalten sich in dieser
Hinsicht den Epiphyten gleich; in diesen Fällen sind aber auch bei
terrestrischen Bromeliaceen die Blattbasen dicht mit absorbirenden
Schuppen gepflastert, während, wo jene nicht zu einem dichten Trichter
zusammenschliessen, die absorbirenden Schuppen ganz fehlen oder nur in
sehr geringer Anzahl und ohne Bevorzugung der Basis auftreten._

An sonnigen Standorten wachsende kleinere Arten laufen die Gefahr, ihren
Wasservorrath durch Verdunstung zu verlieren. Alle durch ihre Lebensweise
einer solchen Gefahr ausgesetzten Arten sind mit entsprechenden
Schutzmitteln versehen, die entweder darin bestehen, dass die »Cisterne«
verdeckt oder beinahe ganz verschlossen wird, ohne dass der Zutritt des
Wassers verhindert werde, oder darin, dass das Wasser vorwiegend im Innern
des Blattes in einem mächtigen, durch dicke und verkorkte äussere
Zellschichten gegen Verdunstung geschützten Wassergewebe aufgespeichert
wird.

Der Schutz der Cisterne, der uns zunächst allein beschäftigen soll,
besteht im einfachsten Falle darin, dass die löffelartig ausgebauchten
Blattbasen sich über derselben biegen und eine Art Dach bilden (Catopsis,
Ortgiesia tillandsioides). Bei Tillandsia flexuosa, einem Bewohner sehr
trockener, sonniger Standorte, sind die Blattspitzen über dem
Wasserreservoir genähert und schraubenartig umeinander gewunden, sodass
letzteres dem direkten Sonnenlichte ganz entzogen und doch durch die
langen, gewundenen Canäle dem Regen und Thau zugänglich ist. Die
vollkommensten Schutzvorrichtungen finden wir aber bei der ebenfalls an
sonnigen Standorten wachsenden Tillandsia bulbosa, die auf unserer Tafel
IV abgebildet ist.

Die Blätter sind bei Tillandsia bulbosa an der scheidenartigen Basis
löffelartig, während die Spreite cylindrisch ist, und zwar entweder
rinnenartig mit engem Spalte oder rohrartig, indem die Blattränder bald
einander dicht genähert sind, bald übereinander greifen. Die Spreite ist
stets mehr oder weniger stark zurückgebogen und um ihre Axe gedreht. Die
Scheiden bilden ein beinahe überall dicht schliessendes, zwiebelähnliches
Gebilde, welches, da dieselben stark löffelartig ausgebaucht sind und
einander nur mit den Rändern berühren, sehr grosse Hohlräume enthält, die
sich nach oben in die Höhlung der rohrartigen Spreite fortsetzen und nur
eine ganz enge Oeffnung nach aussen, an der Uebergangsstelle zwischen
Scheide und Spreite, besitzen. Die peripherische Hälfte der rohrartigen
Spreite besteht aus chlorophyllführendem Parenchym und einer sehr dünnen
Lage Wassergewebes; die Innenseite hingegen ist ganz farblos und von
äusserst zahlreichen, sehr grossen Schuppen, welche einer dicken Lage
Wassergewebes eingesenkt sind, austapeziert. Die Scheide ist in der
Jugend, soweit sie von den übrigen Blättern bedeckt ist, chlorophyllfrei,
dünn, beiderseits von Schuppen bedeckt, welche an Grösse diejenigen der
meisten anderen Arten übertreffen und so dicht gedrängt sind, dass die
Epidermis auf schmale Streifen reducirt ist.

Die Pflanze entbehrt ganz des sonst bei den Rosetten epiphytischer
Bromeliaceen sehr starken negativen Geotropismus. Sie kommt bald an der
Ober-, bald an der Unterseite von Zweigen vor oder an senkrechten Stämmen
und wächst in aufrechter, horizontaler oder verkehrter Richtung, ohne je
die Spur einer geotropischen Krümmung zu zeigen. Die Zwiebeln enthalten in
ihren inneren Hohlräumen stets Wasser, sowie erdige Stoffe und todte,
kleine Insekten, während die äussersten wasserfrei sind und Ameisen
beherbergen. Dass der wässerige Inhalt, auch bei verkehrter Lage, nicht
herausfällt, bedarf keiner Erklärung, indem jede Kammer, mit Ausnahme der
kleinen oberen Oeffnung, ringsum dicht schliesst; dagegen bedarf die Art
und Weise, wie derselbe hineinkommt, einer kurzen Erläuterung. Lässt man
Wassertropfen auf die Ränder der Spreite fallen, mögen dieselben nun
einander decken oder nur genähert sein, so werden dieselben durch
Capillarattraction gierig aufgesogen. Das Gleiche geschieht an den Randern
der Scheiden und an der engen Oeffnung an der Basis der Spreite. Man kann
auf diese Weise die Hohlräume in kurzer Zeit füllen, und das Gleiche
findet in der Natur bei Regen und Thau statt. Hervorzuheben für die
etwaige Wiederholung dieser Versuche sei, dass der erste Tropfen weniger
schnell aufgenommen wird, wenn die Pflanze längere Zeit unbefeuchtet
geblieben ist; die ältesten Blätter sind überhaupt schwer benetzbar und
nehmen nur wenig Wasser auf. Auch bei verkehrter Lage gelangt nicht bloss
durch direktes Befeuchten der Zwiebeln Wasser in dieselben hinein,
vielmehr vermögen die, wie unser Bild zeigt, stark zurückgebogenen und um
ihre Axe gedrehten Spreiten, bei jeder Lage Wasser aufzunehmen und
eventuell bis in die Reservoirs der Zwiebel zu leiten. Die erdigen Stoffe,
die sich stets im Wasser befinden, rühren von den geringen Mengen fester
Stoffe her, welche durch den Regen von den Blättern und Zweigen des
Wirthbaums abgewischt werden; ihren Stickstoffbedarf bezieht die Pflanze
wohl auch aus den Leichen der Ameisen, die sich nicht damit begnügen, die
trockenen peripherischen Hohlraume zu bewohnen, sondern auch, wie der
Befund zeigt, verhängnissvolle Excursionen in die wasserhaltigen Raume
ausführen. Als Eingangspforte dient den Ameisen natürlich die enge
Oeffnung an der Basis der Spreite.

_Die Blattbasen der rosettenbildenden epiphytischen Bromeliaceen haben für
dieselben die physiologische Bedeutung von Wurzeln, während die
Blattspitze die Rolle gewöhnlicher Laubblätter übernimmt; dieser
ungleichen Bedeutung von Spitze und Basis entspricht ein sehr ungleicher
anatomischer Bau._

Die Epidermis ist an der Spitze meist arm an Schildhaaren (ausgenommen bei
Bewohnern sehr trockener Standorte) und mit zahlreichen Spaltöffnungen
versehen, während die Blattbasis mit grossen Schildhaaren dicht
gepflastert ist und der Spaltöffnungen ganz entbehrt. Die Ursachen dieser
Unterschiede bedürfen keiner Erläuterung.

Die innere Wand der Epidermis und die Wände der subepidermalen
Zellschichten sind häufig unten weit stärker verdickt als oben, derart,
dass die Blattbasis hart und steif, die Spitze dagegen biegsam ist (Taf.
III, Fig. 10 und 11). Bei relativ geringer Dicke so steife Blätter sind
mir von anderen Pflanzen nicht bekannt und fehlen auch, soweit ich sie
kenne, den nicht durch die Blätter sich ernährenden Bromeliaceen. Ein
auffallender Gegensatz in dieser Hinsicht zwischen Basis und Spitze, zu
Gunsten der ersteren, scheint bei ungestielten Blättern sonst nicht
vorzukommen, sodass wir wohl _die grosse Steifheit der Blattbasen als
Anpassung an den Ernährungsmodus betrachten müssen_. Solche Steifheit ist
den Wasserreservoirs offenbar nöthig, um die oft grosse Menge Wasser und
Humus festzuhalten.

Unter den verdickten subepidermalen Schichten befindet sich beiderseits
oder nur an der ventralen Seite, sowohl unten wie oben, Wassergewebe; ich
werde auf dasselbe nachher zurückkommen.

Das Mesophyll ist in der Blattspitze mit normalem Chlorophyllgehalt
versehen, während es in der Basis des Chlorophylls beinahe ganz entbehrt
und nur ein wenig grobkornige Stärke enthält. Im Mesophyll verlaufen meist
längs des ganzen Blattes Stränge sehr lückenreichen Schwammparenchyms
(Fig. 8 u. 9), die im Basaltheile des Blattes weit stärker entwickelt als
oben sind. Ja, bei Hoplophytum Lindeni sind sie überhaupt nur im ersteren
vorhanden (Fig. 10 u. 11). Ein Unterschied in dieser Hinsicht ist bei
normal sich ernährenden Bromeliaceen nicht vorhanden und geht auch
denjenigen mit wasserabsorbirenden Blättern ab, die äusserer
Wasserspeicherung entbehren. _Wir müssen die starke Entwickelung der
Luftlücken in der Blattbasis auf die aquatische Lebensweise __ der
letzteren zurück führen._ Bei einigen Arten sind die
Schwammparenchymstränge durch grosse Intercellulargänge ersetzt (Till.
Gardneri, Taf. III, Fig. 6 u. 7).

Auf die Gefässbündel werde ich nachher zurückkommen. Die im Parenchym
verlaufenden Faserstränge bieten nichts Erwähnenswerthes.

Die _rasenbildenden Bromeliaceen_ sind namentlich durch Till. recurvata
und ihre Verwandten (Untergattung Diaphoranthema) vertreten; in
biologischer Beziehung bilden manche zu anderen Untergattungen gehörende
Tillandsien eine Mittelstufe zwischen diesen und den Arten mit
wassersammelnden Trichtern, nämlich schmalblätterige Arten wie T. stricta,
deren Rosetten nur wenig Wasser zurückhalten können. Alle diese Formen
unterscheiden sich von den vorher besprochenen wesentlich dadurch, dass
sie mit Schuppenhaaren ganz bedeckt sind und ihr Wasser in einem stark
entwickelten Wassergewebe aufspeichern. Es sind sämmtlich Bewohner
trockener oder doch sehr freier Standorte; die Schmalblätterigkeit, das
Aufsammeln des Wassers im Innern stehen mit letzterem Umstande in
offenbarem Zusammenhang. Der Modus der Wasseraufnahme hat aber die äussere
Gestalt dieser Pflanzen weniger modificirt als in den bisher besprochenen
Fällen.

Die _langstengeligen __Bromeliaceen_ schliessen sich den rasenbildenden in
Bezug auf die Vertheilung der Schuppen an, zeichnen sich vor denselben
jedoch theilweise durch das Fehlen der Wurzeln aus, die in der ersten
Jugend zu Grunde gehen.

Alle Arten ohne äusseres Wasserreservoir, oder bei welchen dasselbe
schwach entwickelt ist (Till. stricta, Gardneri, bicolor, geminata etc.),
sind im Inneren mit zahlreichen Wasserzellen versehen, die entweder
zerstreut zwischen den grünen Zellen liegen (T. usneoides Fig. 16, Taf.
III, recurvata etc.) oder ein mächtiges, zusammenhängendes Gewebe bilden
(T. stricta, Gardneri Fig. 6 u. 7 etc.), das unten meist stärker
entwickelt ist als oben. Die Blätter und Stengel solcher Arten zeigen eine
andere, mit dem Modus der Wasseraufnahme zusammenhängende
Eigenthümlichkeit in der auffallenden Reduction ihres Gefässsystems,
während letzteres sonst gerade bei den Bewohnern trockener Standorte stark
entwickelt ist. Am ausgeprägtesten ist die Reduction bei Till. usneoides,
was um so auffallender ist, als bei langen Stengeln sonst gerade eine
mächtige Entwickelung der wasserleitenden Elemente vorhanden ist; der frei
in der Luft hängende Epiphyt verhält sich in dieser Hinsicht ganz wie eine
Wasserpflanze.

Diejenigen epiphytischen Bromeliaceen, die Wasser in ihren Blattbasen
aufsammeln, besitzen mehr normale Gefässstränge, und diese unterscheiden
sich bei den terrestrischen Arten, die sich durch die Wurzeln ernähren, in
keiner Weise von denjenigen anderer Monocotyledonen.

_Es kann demnach keinem Zweifel unterliegen, dass die Wasseraufnahme durch
die Blätter eine Reduction der Wasserleitungsbahnen bedingt hat, und zwar
namentlich bei den Arten, deren Blätter und Stengel absorbirende Schuppen
gleichmässig an ihrer ganzen Oberfläche tragen._

Die Siebtheile ganz beschuppter Arten sind offenbar als ebenfalls reducirt
zu bezeichnen, obwohl weit weniger als die Gefässtheile, die sie an Dicke
übertreffen. Diese Reduction ist, bei der über die Functionen des
Siebtheils noch herrschenden Unsicherheit, biologisch schwer zu erklären;
sollte letzterer bei der Leitung des Eiweisses oder anderer Assimilate
betheiligt sein, so wird man wohl die Erscheinung auf die Herabsetzung des
Stoffwechsels an sehr trockenen Standorten zurückführen müssen. Es ist das
indessen nur eine vorläufige Hypothese.

Die Schuppenhaare kommen, wie schon erwähnt, nicht bloss bei Arten mit
wasseraufnehmenden Blättern, sondern auch manchmal bei solchen, die sich
in normaler Weise ernähren, vor. Bei diesen sind aber die Schuppen
unbenetzbar und nur an der Rückenseite als dichter Ueberzug vorhanden. Die
mikroskopische Untersuchung zeigt, dass alle Theile der Schuppen, die in
den Arten mit abnormer Ernährung zur Aufnahme und Leitung des Wassers
dienen, also das Mittelstück und der Basaltheil, bei den unbenetzbaren
Schuppen kaum ausgebildet sind, während der Flügel mächtig entwickelt zu
sein pflegt (Pitcairnia, Karatas etc.).

Die Gattung Pitcairnia ist dadurch von besonderem Interesse, dass sie den
Uebergang zwischen normaler und abnormer Wasseraufnahme in mehreren Stufen
darstellt. Manche Arten sind an der Unterseite mit unbenetzbaren Schuppen
bedeckt, an der Oberfläche aber ganz unbehaart (P. undulata); bei anderen
treten an der Oberfläche einzelne bis ziemlich zahlreiche absorbirende
Schuppen auf (P. lepidota). _Die Localisirung der Schuppen an den
Blattbasen tritt aber nur da auf, wo letztere zusammenschliessen oder doch
stark löffelartig ausgebaucht sind._

_Letztere Erscheinung, sowie das Auftreten absorbirender Schuppen sind als
erste Anpassungen an die Wasseraufnahme durch die Blätter zu betrachten,
welche im Laufe der Zeit die Eigenschaften der verschiedenen Zellen des
Haares mehr oder weniger tief modificirte_, sodass aus den ursprünglich
ganz kleinen mittleren Zellen der complicirte Absorptionsapparat einer
Tillandsia recurvata oder Gardneri entstand.

Es geht aus dem Vorhergehenden zur Genüge hervor, welche tiefgreifende
Veränderungen die Anpassungen vieler Bromeliaceen an Wasseraufnahme durch
die Blatter in der Structur und Lebensweise des ganzen vegetativen
Apparats der Pflanze hervorgerufen haben. Diese Unterschiede springen in
grossen Sammlungen lebender Bromeliaceen, wie derjenigen des botanischen
Gartens zu Lüttich, sofort in die Augen. Diejenigen Arten, die sich normal
ernähren, besitzen einen sehr mannigfachen Bau; ihre meist sehr grossen
Blätter erinnern bald an diejenigen der Agaven, bald an diejenigen von
Yucca, bald an solche von Hemerocallis (Pitcairnia e. p.) mit
verschmalerter Basis, oder bestehen aus einer grossen Spreite an dünnem
langem Stiele (Pitc. undulata, Disteganthos) oder sind wirtelartig um
einen hohen Stengel geordnet (Pepinia). Die stattlichen oder doch
grossblätterigen Bromeliaceen, die ihr Wasser durch die Blätter aufnehmen,
sind hingegen sämmtlich mit einer dichtschliessenden, trichterartigen
Rosette versehen, die ihnen, trotzdem sie zu den verschiedenartigsten
Gruppen gehoren, einen sehr gleichartigen Habitus verleiht; die Blattbasen
innerhalb der Trichter zeigen sich stets mit aufnehmenden Schuppen dicht
gepflastert.

Grössere habituelle Unterschiede zeigen sich unter den Epiphyten nur bei
den kleinen Arten ohne äusseres Wasserreservoir, die, ganz mit
absorbirenden Schuppen bedeckt, das aufgenommene Wasser im Innern ihrer
Gewebe aufspeichern, um es vor Verdunstung zu schützen. Von der
Nothwendigkeit, dicht schliessende Rosetten zu bilden, befreit, liessen
sie anderen gestaltenden Einflüssen freien Spielraum. Die einen bilden
einen dichten, grasartigen Rasen (Tillandsia, sect. Diaphoranthema),
andere besitzen langgestreckte Sprosse (Till., sect. Anoplophytum); die
rosettenbildende Till. Gardneri scheint, ähnlich wie T. bulbosa, aber aus
anderem Grunde, des Geotropismus zu entbehren, und in Till. usneoides
würde man kaum eine nahe Verwandte so vieler rosettenbildender Pflanzen
vermuthen.

Der gestaltbildende Einfluss der Wasseraufnahme ist nicht auf die
epiphytische Lebensweise allein zurückzuführen, indem wir, wie gesagt, bei
terrestrischen Bromeliaceen alle möglichen Stufen zwischen den ersten
Andeutungen dieser Eigenschaft und schon ziemlich vollkommenen
Vorrichtungen zum Aufsammeln und Verwerthen des Wassers durch die Blätter
finden. Allerdings scheint allein die Ananas in ihrer Structur und
Lebensweise den epiphytisch lebenden Bromeliaceen nahe zu kommen.

_5. Die Anpassungen an Wasseraufnahme durch die Blätter sind demnach als
eine Ursache des Uebergangs vieler Bromeliaceen in die Genossenschaft der
__ Epiphyten, nicht als eine Wirkung epiphytischer Lebensweise zu
betrachten._ Letztere hat aber diese so überaus zweckmässige, wenn auch
nicht zu dem Zwecke erworbene Eigenschaft weiter ausgebildet, aus
derselben die verschiedensten, den jeweiligen Existenzbedingungen
entsprechenden Anpassungen entwickelt.

Der Versuch, genau ausführen zu wollen, was von den im Vorhergehenden
beschriebenen Anpassungen erst in Folge der epiphytischen Lebensweise
aufgetreten ist, würde alsbald in reine Phantasie ausarten. Zudem ist in
Betracht zu ziehen, dass viele epiphytisch lebende Bromeliaceen sich auch
an der Oberfläche von Felsen befestigen, die ihnen sehr ähnliche
Existenzbedingungen, wie die Baumrinde, bieten, sodass beide Standorte
gleichzeitig die Weiterausbildung der für solche Lebensweise nützlichen
Eigenschaften beeinflussen konnten. Als ganz specielle Anpassungen an
epiphytische Lebensweise können wir dagegen sicher das Verschwinden der
Wurzeln bei Tillandsia usneoides, die grosse Reduction derselben bei Till.
circinalis, die Vorrichtungen, durch welche diese und andere Arten sich an
Baumzweigen befestigen, betrachten. Dass noch andere specielle Anpassungen
an epiphytische Lebensweise, die aufzudecken ich nicht im Stande war,
existiren, geht aus dem Umstande hervor, dass viele Arten, namentlich
unter den Tillandsieen, auf Felsen nicht, oder in abweichenden Varietäten
(Till. recurvata var. saxicola HIER.) wachsen.

Dass der Antheil der epiphytischen Standorte an der Entwickelung der
Anpassungen an Wasseraufsammeln grösser gewesen sei als derjenige der
felsigen, geht mit Wahrscheinlichkeit daraus hervor, dass solche
Vorrichtungen sich nur bei denjenigen Gattungen ausgebildet haben, deren
Früchte oder Samen die zum Eintritt in die Genossenschaft der Epiphyten
nöthigen Eigenschaften besassen, während die schon deshalb aus letzterer
ausgeschlossenen Gattungen wohl meist in Felsspalten wachsen, wie Dyckia,
Pitcairnia u. s. w., der Wasserreservoirs aber ganz entbehren und
absorbirende Schuppen, wenn überhaupt, nur in geringer Anzahl besitzen;
solche Arten sind aus diesem Grunde auch nicht, im Gegensatz zu so vielen
ihrer Verwandten, im Stande, an der Oberfläche der Felsen, aus deren
Spalten sie entspringen, zu wachsen, von welcher sie der Bau ihrer Früchte
und Samen doch nicht, wie von den Bäumen, ausschliessen würde.

Ein vorwiegender Einfluss der epiphytischen Lebensweise auf die
Entwickelungen der Anpassungen an Wasseraufnahme durch die Blätter
erscheint auch aus dem Grunde nicht unwahrscheinlich, weil die
eigentlichen felsigen und steinigen Gebiete Amerikas entweder viel zu
regenarm sind, um oberirdische offene Wasserreservoirs zu ernähren, oder
zu kalt, um den Bromeliaceen überhaupt die Existenz zu gestatten; letztere
sind dementsprechend in den trockenen, steinigen Gebieten der Westküste
beinahe sämmtlich Arten mit normaler Ernährung (Puya, Hechtia, Greigia,
Pitcairnia etc.), und die wenigen, bei welchen auch dort die Blätter die
Function von Wurzeln verrichten, sind besonders resistente Einwanderer der
Waldgebiete, ohne oder nur mit sehr schwach entwickeltem äusseren
Wasserreservoir, aber mit reichlichem Wassergewebe. Die äusseren
Wasserbehälter zeigen sich dagegen bei Hunderten von Arten der feuchten
Waldgebiete, wo Regen und Thau, auch in der trockenen Jahreszeit, stets
hinreichend vorhanden sind, um dieselben zu ernähren; in diesen
Waldgebieten ist aber das oberflächliche Felsenareal im Vergleich zu
demjenigen der Baumrinde verschwindend klein.



VI. Schlussbetrachtungen.


Die Epiphyten sind ganz besonders geeignet, als Illustration der
allmählichen Vervollkommnung von Anpassungen zu dienen. Auf manche
epiphytisch vorkommenden Gewächse hat die Lebensweise auf Bäumen keinen
Einfluss ausgeübt; hierher gehören ziemlich zahlreiche Arten, die im
Stande, sich auf dem Boden zu behaupten, nur deshalb auch gelegentlich auf
Bäumen vorkommen, weil zufällig ihre Eigenschaften den Anforderungen
epiphytischer Lebensweise genügen. Es sei nur an Polypodium vulgare
erinnert, dessen Sporen von dem Winde leicht auf die Bäume getragen
werden, dessen kriechendes Rhizom mit seinen zahlreichen Wurzeln zur
Ausnützung des Substrats vortrefflich geeignet ist und dessen Blätter ohne
Schaden einen ziemlich beträchtlichen Wasserverlust ertragen können. Dank
solchen günstigen Eigenschaften kommt dieser in den temperirten und
subtropischen Ländern der nördlichen Hemisphäre allgemein verbreitete und
überall häufige Farn in einigen Gebieten, wo die später zu besprechenden
klimatischen Bedingungen der epiphytischen Lebensweise sehr günstig sind,
auf Bäumen vor, jedoch nur im Schatten und auf rissiger Rinde.

Unsere erste Gruppe enthält eine Anzahl Pflanzen, die sich im selben Falle
befinden, wie Polyp. vulgare. Andere dagegen haben in Folge der
epiphytischen Lebensweise mehr oder weniger tiefgreifende
Structuränderungen erlitten, durch welche sie in den Stand gesetzt wurden,
das Substrat besser auszunutzen und den Gefahren des Austrocknens besser
zu trotzen. Manche dieser Anpassungen gleichen denjenigen, die wir bei
Bewohnern trockener Standorte überhaupt zu finden pflegen; andere sind
sehr eigenartig, so namentlich bei Orchideen und Araceen, unter welchen
sich die am vollkommensten angepassten Formen der ersten Gruppe befinden.

Das Streben nach mehr Nahrung, namentlich mehr Wasser, als auf der Rinde
vorhanden, hat an ursprünglich nur auf Kosten der Ueberzüge der Rinde sich
ernährenden Epiphyten zwei Reihen von Anpassungen hervorgerufen, deren
niederste Stufen das Gepräge des Zufälligen und Unvollkommenen, wenn auch
schon Vortheilhaften tragen, während die am meisten entwickelten
Vorrichtungen stattlichen Gewächsen das Gedeihen auf hohen Baumästen
gestatten. Als vollkommenste Vertreter der zweiten Gruppe sind die
Clusia-Arten zu nennen, mit ihren eisernen Ringen ähnlichen Haftwurzeln
und ungeheuer langen, grosslumigen Nährwurzeln, während die vollendetste
Ausbildung in der dritten Gruppe uns in Anthurium Hügelii mit seinem
humussammelnden Blatttrichter und seinen negativ geotropischen
Nährwurzeln, namentlich aber in den Farnen mit Nischenblättern
entgegentritt.

Die Epiphyten, welche wir zu unserer vierten Gruppe rechnen, knüpfen sich
nicht, wie diejenigen der zweiten und dritten, unmittelbar an die erste
Gruppe an, sondern sind direkt aus terrestrischen Gewächsen
hervorgegangen, deren Blätter in wenig ausgeprägtem Maasse bereits
Vorrichtungen zur Verwerthung der atmosphärischen Niederschläge besassen.
Auch diese Vorrichtungen haben durch die epiphytische Lebensweise eine
weitgehende Züchtung erfahren, welche endlich zu solchen extremen Formen,
wie Tillandsia circinalis, T. usneoides und T. bulbosa führte.

Dasjenige System von Organen, das bei den Epiphyten am meisten modificirt
wurde, ist begreiflicherweise dasjenige der Wurzeln. Die Wurzeln, welche
sich sonst, anderen Organen gegenüber, durch ihre Gleichartigkeit
auszeichnen, zeigen bei den Epiphyten die mannigfachsten Adaptationen. Sie
besitzen häufig (Orchideen, Aroideen) eigenartige, bei anderen Pflanzen
nicht existirende Vorrichtungen zur Verwerthung von Regen und Thau. Die
sonst in derselben Wurzel vereinigten Functionen der Befestigung am
Substrat und der Aufnahme der Nährstoffe sind oft auf verschiedene Glieder
des Wurzelsystems vertheilt, die dementsprechend, mit ganz verschiedenen
Eigenschaften versehen sind. Je nach Bedürfniss sind sie positiv oder
negativ oder gar nicht geotropisch, lang und einfach oder kurz und stark
verzweigt, mit beschränktem oder unbeschränktem Längenwachsthum versehen,
cylindrisch oder abgeplattet und blattartig. Sie übernehmen bei
Aëranthus-Arten sämmtliche vegetative Functionen, während sie bei
Tillandsia usneoides auf unbedeutende, früh verschwindende Anhängsel
reducirt werden.

Nächst den Wurzeln haben die Blätter die meisten Adaptationen aufzuweisen.
In den einfachsten Fällen beschränken sich diese auf Vorrichtungen, wie
wir sie bei Bewohnern trockener Standorte überhaupt finden; in anderen ist
der Einfluss der epiphytischen Lebensweise scharf ausgeprägt, so bei den
Nischenblättern vieler Farne, den Ascidien von Dischidia, namentlich aber
bei den Bromeliaceen, welche eine neue und augffallende Illustration des
Satzes bilden, dass morphologisch ungleichwerthige Organe, wenn sie
ähnliche Functionen unter ähnlichen äusseren Bedingungen verrichten, auch
ähnliche Eigenschaften annehmen.

Die Blätter der Bromeliaceen müssen nämlich, gleich den Luftwurzeln der
Orchideen und Araceen, im Stande sein, das auf sie fallende Wasser rasch
aufzunehmen, und doch gegen Wasserverlust geschützt sein, da sie nicht,
wie gewöhnliche Wurzeln, im Boden verborgen sind. Die Structurverhältnisse
sind bei den Blättern der Bromeliaceen und den Luftwurzeln der Orchideen,
soweit sie auf den Einfluss der äusseren Bedingungen zurückzuführen sind,
in der That ganz gleichartig. Die Oberfläche ist von bei trockenem Wetter
luftführenden Cellulosezellen eingenommen, die jeden auf sie fallenden
Wassertropfen gierig aufsaugen. Der einzige Unterschied ist, dass bei den
Luftwurzeln die Aufnahmezellen ein zusammenhängendes Gewebe darstellen,
während sie bei den Bromeliaceenblättern einen dichten Haarüberzug bilden.
Unter dem absorbirenden Mantel befindet sich eine stark cuticularisirte,
aber mit engen, nicht cuticularisirten Durchgangsstellen für das Wasser
versehene Zellschicht, die Endodermis bei den Orchideen-Luftwurzeln, die
Epidermis bei den Bromeliaceenblättern. Die nicht cuticularisirten Zellen
sind überall dünnwandig und plasmareich.

Die Functionen der Wasseraufnahme und der Kohlenstoffassimilation sind bei
den meisten epiphytischen Orchideen und Bromeliaceen noch in der
Hauptsache auf ungleiche Pflanzentheile vertheilt, wenn auch eine so
vollkommene Differenzirung, wie bei ihren terrestrischen Verwandten,
beinahe nirgends vorhanden ist. Bei den Orchideen zeigt sich vielfach die
Neigung, den Wurzeln auch die Function der Kohlenstoffassimilation zu
übertragen, während andererseits bei vielen Bromeliaceen die
Differenzirung des Blatts in einen wasseraufnehmenden und einen
laubartigen Theil nicht vorhanden ist. Dieses Streben nach Reduction und
Vereinfachung zeigt sich begreiflicherweise am meisten bei Arten
ausgeprägt, die sehr ungünstige Standorte bewohnen, und hat Extreme
hervorgebracht, welche zu den eigenartigsten Beweisen des vorhin erwähnten
Satzes zu rechnen sind, nämlich einerseits in gewissen Arten der Gattung
Aëranthus, namentlich A. funalis und A. filiformis, andererseits in
Tillandsia usneoides.

_Die erwähnten Aëranthus-Arten bestehen beinahe nur aus Wurzeln, die
Tillandsia entbehrt der Wurzeln gänzlich, und doch ist die Aehnlichkeit in
der Lebensweise, im Habitus, namentlich aber im inneren Bau eine ganz
auffallende._ Aëranthen und Tillandsia hängen von Baumästen herab, haben
eine grau-grüne Farbe, saugen wie Löschpapier jeden Wassertropfen auf. Sie
sind von einem Mantel von Aufnahmezellen bedeckt, zwischen welchen die
Pneumatoden (Spaltöffnungen bezw. »weisse Streifen«) sich befinden. Die
Epidermis bezw. Endodermis ist stark cuticularisirt und mit engen, nicht
cuticularisirten Durchgangsstellen versehen. Unter der schützenden Schicht
befindet sich grünes Gewebe, in welchem Wasserzellen zerstreut liegen. Die
Mitte ist, der hängenden Lebensweise entsprechend, von einem sehr festen
Strange von Sklerenchymfasern eingenommen, in welchem das äusserst
reducirte Leitgewebe eingeschlossen ist.

Wären nur solche Fälle extremer Anpassung, wie wir sie bei Aëranthus- und
Tillandsia-Arten kennen lernten, vorhanden, so würde es kaum möglich
erscheinen, dieselben auf allmähliche Veränderung ursprünglich normal
gestalteter und normal sich ernährender Bodengewächse zurückzuführen.
Thatsächlich sind aber alle Stufen der Anpassung noch vorhanden; die
spärlichen Absorptionsschuppen terrestrischer Pitcairnia-Arten, die kaum
angedeutete Velamenbildung bei vielen terrestrischen und epiphytischen
Araceen, stellen die Anfangsstufe dar; zwischen diesen und den
vollkommensten Anpassungen sind noch alle möglichen Uebergangsstufen
vorhanden, die sämmtlich den jeweiligen Existenzbedingungen entsprechen.

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III. UEBER DIE VERTHEILUNG DER EPIPHYTISEHEN PFLANZENARTEN INNERHALB IHRER
VERBREITUNGSBEZIRKE.


1. Aehnlich wie bei uns ein einziger Baum oft zahlreiche verschiedene
Arten von Moosen und Flechten trägt, sind auch die Bäume des
tropisch-amerikanischen Waldgebiets, wenn ihre Rinde als Substrat für
Epiphyten geeignet ist, gewöhnlich mit sehr mannigfachen Phanerogamen und
Farnen geschmückt. Welche Arten zusammenwachsen, ist nur bis zu einem
gewissen Grade durch den Zufall bedingt. Bei genauerem Bekanntwerden mit
der atmosphärischen Vegetation eines Gebiets wird man sich vielmehr bald
überzeugen, dass die Epiphyten, ganz ähnlich wie Bodenpflanzen,
verschiedene kleinere Gesellschaften bilden, die nach den jeweiligen
äusseren Bedingungen den Raum behaupten und wiederum zergliedert werden
können.

2. Die Factoren, welche in erster Linie für die Gliederung der
epiphytischen Vegetation in kleinere Gesellschaften maassgebend sind, sind
_das Licht und namentlich die Feuchtigkeit_. Der grosse Unterschied der
epiphytischen Vegetation im Urwaldsschatten einerseits, auf den Savannen
andererseits, ist nur durch Unterschiede in der Intensität der Beleuchtung
und des Wassergehalts der Luft bedingt. Licht, feuchte Luft, reichliche
Thaubildung, häufige Regengüsse stellen die wesentlichen Bedingungen eines
üppigen epiphytischen Pflanzenlebens dar, und wo sie sich in hohem Grade
vereinigt finden, wie in gelichteten Bergurwäldern, in den Galleriewäldern
grosser Flüsse, zeigt sich die epiphytische Vegetation in vollster Pracht
und grösstem Formenreichthum.

Das Lichtbedürfniss treibt im dichten Urwald die Epiphyten nach den
höheren Baumästen, sodass derselbe meist arm an diesen Gewächsen zu sein
scheint, während er in Wirklichkeit eine ausserordentlich üppige und
formenreiche atmosphärische Vegetation ernährt, die sich unten nur durch
tauartige Luftwurzeln, abgelöste Blüthen und Früchte oder unter der Last
der sie überwuchernden Pflanzen abgebrochene Baumzweige verräth. Die
Stämme und die unteren Aeste tragen nur wenige schattenliebende Arten,
namentlich Hymenophylleen und andere Farne, Lycopodien, zarte Peperomien,
grüne Bromeliaceen (Arten von Vriesea, Nidularium etc.) und knollenlose,
meist dünnblätterige Orchideen (Zygopetalum etc.). Daneben findet man
vielfach kümmerliche, nicht blühende Exemplare der auf den obersten Aesten
prangenden Arten. Sobald in Folge von Fällungen das Licht in die Tiefe des
Urwalds Zutritt erhält, breitet sich die bisher auf den oberen Aesten
angehäufte Vegetation auch auf den Stamm aus und bedeckt den Baum bis zu
seiner Basis mit einer blumenreichen Hülle der wunderbarsten und
mannigfachsten Pflanzenformen.

Die epiphytische Vegetation der Bäume der Savannenwälder und anderer
trockener Standorte ist meist weniger üppig und formenreich als diejenige
des Urwalds und bei oberflächlicher Betrachtung von letzterer durchaus
verschieden. Sie verdankt ihren eigenthümlichen Character den bis aufs
äusserste getriebenen Schutzmitteln gegen Austrocknen; dickblätterige,
wenig belaubte Orchideen, graue Bromeliaceen (Tillandsia), Rhipsalis
Cassytha und andere Cacteen, kleine lederartige Polypodium-Arten bilden
die wesentlichsten Elemente der Epiphytenflora der Savannen im ganzen
tropischen und subtropischen Amerika.

Man wird im Urwald lange vergeblich nach den Epiphytenarten der Savannen
suchen, und dennoch sind sie in demselben vorhanden, sogar theilweise sehr
gemein. Um sie zu finden, muss man allerdings nicht blos den Stamm und die
dickeren Aeste, sondern die ganze Krone des Baumes untersuchen können,
wozu ich in Blumenau in Waldschlägen, sog. Roça’s, häufig Gelegenheit
hatte.

Während der Stamm, soweit wenigstens, als er sich im Walddunkel befindet,
nur spärliche und wenig mannigfache Epiphyten trägt, sind seine Aeste mit
einem dichten Rasen von Bromeliaceen, Orchideen, Farnen, Aroideen,
Peperomien, Gesneraceen bedeckt, und darunter befinden sich zahlreiche
Arten, die wir im Waldschatten vergeblich suchen würden. Nähere
Betrachtung zeigt bald, dass auch innerhalb der Krone Unterschiede
vorhanden sind. Die Vegetation der dickeren Aeste, jedoch nicht der
untersten, ist die formenreichste und üppigste; hier wachsen die Riesen
unter den Epiphyten, sowie eine Fülle von meist mit Scheinknollen
versehenen Orchideen; neben diesen befinden sich, jedoch nur in geringer
Anzahl, _Formen, die auch auf Savannenbäumen vorkommen_. Dieser letztere,
zuerst untergeordnete Bestandtheil wird nach oben zu mit der Zunahme des
Lichtes vorherrschend, _und die Endzweige der Baumkrone sind von denselben
grauen Tillandsien, den dickblatterigen, meist knollenlosen Orchideen und
lederigen Polypodien wie Stamm und Aeste der Savannenbäume überwuchert_.

Die etagenmässige Gliederung der epiphytischen Vegetation des Urwalds ist
natürlich nicht in der Art schematisch aufzufassen, dass bei bestimmter
Höhe die reine Schattenflora in diejenige des Halbschattens und diese
wiederum in diejenige des direkten Sonnenlichtes übergehe. Eine solche
Regelmässigkeit existirt nicht. Baume mit sehr dichtem Laube entbehren der
Sonnenepiphyten beinahe gänzlich, wahrend letztere bei Bäumen, die ihr
Laub periodisch abwerfen, schon auf den dickeren Aesten vorherrschend sein
können. Besonders zahlreich sind die Sonnenepiphyten auf den Riesen des
Urwalds, deren Kronen die umgebenden Bäume »wie die Kuppeln und Dome das
übrige Gemäuer einer Stadt« überragen und daher wohl auch als
hauptsächliche Bildungsstätten derselben zu betrachten sind.

3. Licht und Feuchtigkeit sind für die Vertheilung der Bodenpflanzen von
kaum geringerer Wichtigkeit als für die Epiphyten und bedingen beinahe
ebenso grosse Unterschiede, als diejenigen, die wir für die Epiphytenflora
der Wälder und die der Savannen oder für die Etagen des Urwalds kennen
lernten. Ausser diesen beiden Factoren sind für die Gliederung der
Pflanzendecke innerhalb der Vegetationsgebiete die physikalische und die
chemische Beschaffenheit des Bodens von grosser Wichtigkeit. Dieselben
kommen für die Epiphyten natürlich nicht in Betracht; dagegen ist ihnen
_der Einfluss vergleichbar, den die physikalische (und chemische?)
Beschaffenheit der Rinde ausübt_. Während aber die Eigenschaften des
Bodens vielfach für grössere Landstriche wesentlich gleich bleiben,
besitzen die tropisch-amerikanischen Wälder eine so bunte Zusammensetzung,
dass die Epiphytengesellschaften mit jedem Schritt wechseln würden, wenn
die Existenzbedingungen nicht bei vielen der Baumarten wesentlich die
gleichen wären.

Zunächst ist es klar, dass für die meisten Epiphyten eine rissige Rinde
ein besseres Substrat bilden wird als eine glatte. Die Ansprüche, welche
die verschiedenen Epiphyten in dieser Hinsicht stellen, sind sehr
ungleich. Am genügsamsten sind die Bromeliaceen, welche auch auf
spiegelglatter Oberfläche üppig zu gedeihen vermögen, indem sie sich durch
Ausscheidung eines resistenten Kitts überall befestigen und bei ihrem
Ernährungsmodus für die Aufnahme des Wassers und der Nährsalze von ihrem
Substrat ganz unabhängig sind. Als Beispiele für das erstaunliche
Accommodationsvermögen dieser Pflanzen seien einige der von mir
beobachteten Standorte derselben erwähnt. Sie wachsen z. B. häufig auf
mastähnlichen Palmstämmen (Oreodoxa regia, Euterpe etc.), auf den
gleichsam glasirten Endzweigen von Bambusa; ich fand sie auch auf den
Stacheln einer Palme (Acrocomia lasiospatha), auf der Epidermis der
jüngsten Zweige von Cereus-Arten, auf den Blättern anderer Bromeliaceen.
Kleinere Pflanzen habe ich auch auf den dünnen, krautigen Zweigen von
Rhipsalis Cassytha, auf den Luftwurzeln von Vanilla und, häufig, in den
aufgesprungenen Kapseln der Mutterpflanzen beobachtet. Auch die Orchideen
vermögen auf völlig glatter Oberfläche, sogar auf Blättern zu leben; sie
bringen es aber dabei, da sie, mit Ausnahme derjenigen der dritten Gruppe,
von den Nährstoffen der Rinde abhängig sind, die sich nur in Rissen und im
Moose etwas reichlich anhäufen, nie zu üppigem Wachsthum.

Die ausserordentliche Anpassung der Bromeliaceen an epiphytische
Lebensweise verleiht ihnen die gleiche Bedeutung, wie bei uns den
Flechten, als Vorläufern der Vegetation. Sie sind die zuerst erscheinenden
Epiphyten und bereiten das Substrat für solche Pflanzen, die erst bei
etwas grösseren Mengen von Nährstoffen und Feuchtigkeit gedeihen können.
Ihr Wurzelsystem ist dazu vortrefflich geeignet; die Glieder desselben
sterben zwar frühzeitig ab, sind aber nichtsdestoweniger äusserst fest und
dauerhaft, mit Ausnahme der Aussenrinde, aus welcher, sowie aus den
allmählich durch Wind, Regen und Insekten und von der faulenden
Sprossbasis herunterfallenden geringen Mengen fremder Stoffe in den
Interstitien des Wurzelsystems ein Substrat bereitet wird, auf welchem
andere Epiphyten üppig zu gedeihen vermögen.

Die Wurzelkörper und Stammbasen grösserer Bromeliaceen (z. B. Brocchinia
Plumieri auf Dominica, Aechmea-Arten) sind vielfach von einer Menge der
verschiedensten Epiphyten überwuchert. Auf Dominica scheint Clusia rosea
beinahe nur in diesen Wurzelgeflechten ihren Ursprung zu nehmen; sogar an
schon baumartig gewordenen Exemplaren derselben kann man vielfach noch die
Ueberreste der Brocchinia erkennen, zwischen deren Wurzeln der Same
gekeimt ist. Eine sehr auffallende Erscheinung bilden zuweilen
mastähnliche Palmstämme, an welchen eine Gruppe verschiedenartiger
Epiphyten befestigt ist, aus deren Mitte sich die Bromeliacee erhebt, die
ihnen das Gedeihen ermöglicht. Auch in ihren Blattbasen ernähren die
Bromeliaceen nicht selten verschiedenartige Pflanzen, welche allerdings,
wohl in Folge zu grosser Feuchtigkeit, meist früh zu Grunde gehen; wir
haben aber in der Utricularia nelumbifolia der Orgelgebirge eine Art
kennen gelernt, welche in denselben zu üppiger Entwickelung gelangt.

Die meisten Epiphyten vermögen nicht auf so glatter Rinde, wie die
Bromeliaceen, zu gedeihen. Zu den sehr genügsamen gehören kleine Farne und
Peperomien, deren haardünne Wurzeln in kaum sichtbare Risse eindringen.
Andere Arten hingegen bewohnen nur die tief zerklüftete, bemooste Borke
alter Bäume, z. B. manche grössere Farnarten (in Westindien Polypodium
aureum, P. neriifolium, Asplenium exaltatum etc.), die meisten
Dicotyledonen und diejenigen Araceen, die auf niederer Stufe der Anpassung
verblieben sind, wie Anthurium dominicense und viele andere Arten
derselben Gattung. Manche dieser Pflanzen (z. B. Columnea scandens,
Vittaria lineata, Psychotria parasitica) bewohnen gerne die Luftwurzeln
anderer Epiphyten, sei es diejenigen der Bromeliaceen, oder von Anthurium
Hügelii, Oncidium altissimum etc. Die epiphytischen Utricularien
Westindiens gedeihen nur in Moospolstern, Psilotum triquetrum in den
Gabelungen alter Bäume.

Baumarten mit sehr rissiger Borke bieten einer grösseren Anzahl
verschiedener Epiphyten ein geeignetes Substrat, als solche mit glatter
Oberfläche. Am meisten verschont verbleiben jedoch diejenigen Bäume, deren
Borke, ähnlich wie bei den Platanen, schuppenförmig abfällt, z. B. im
süd-brasilianischen Urwald viele Myrtaceen (wohl Eugenia- und Myrcia-
Arten); nur ein Farn (Nephrolepis sp.) zeigte sich unter solchen Umständen
fähig, den Raum zu behaupten, indem seine äusserst dünnen und langen
Stolone den Stamm spinngewebsartig umgeben und so stets einige feste
Haftpunkte behalten.

In manchen Fällen ist die Ursache der grossen Bevorzugung oder
Verschmähung gewisser Bäume ziemlich unklar. So nehmen die Calebassenbäume
(Crescentia Cujete) unter allen anderen mir bekannten Bäumen des
tropischen Amerika, in Bezug auf den Reichthum ihrer epiphytischen
Vegetation, sowohl was die Zahl der Arten als der Individuen betrifft, bei
weitem den ersten Rang ein. Dieselben sind, namentlich in der Nähe des
Waldes, in der Regel von einer Fülle der verschiedenartigsten Epiphyten
bedeckt, namentlich von Orchideen; aber auch, wo die äusseren Bedingungen
für epiphytisches Pflanzenleben sonst wenig günstig und andere Bäume
völlig verschont sind, wird man oft auf den Calebassenbäumen die
verschiedenartigsten Pflanzen in üppigen Exemplaren finden und nach der
Untersuchung derselben sich gewöhnlich den Besuch der umgebenden Bäume
ersparen können, indem die ganze atmosphärische Flora der Nachbarschaft
auf ihren Aesten vertreten ist und manche Orchideen, z. B. Aëranthus
funalis, Epidendrum non chinense etc., sich beinahe nur da befinden. Die
Ursache dieser Bevorzugung der Crescentien scheint theilweise in der
Beschaffenheit des Korks zu liegen, der sich durch grosse Weichheit und
Dicke, sowie schwammartige Beschaffenheit auszeichnet, sodass die
Wurzelhaare leicht in denselben dringen können. Diese Eigenschaft ist den
westindischen Gartenfreunden wohl bekannt, und dieselben gebrauchen daher
vielfach Calebassenzweige als Substrat für epiphytische Culturen(16).

Während der Calebassenbaum die verschiedenartigsten Gewächse trägt,
zeichnet sich eine auf Trinidad und in Venezuela häufige Palme (Manicaria
sp.?) aus durch die Constanz und Eigenartigkeit der nur aus wenigen Arten
bestehenden Genossenschaft von Epiphyten, die sie in ihren persistirenden
Blattbasen ernährt. Neben einem nicht epiphytischen, kletternden
Philodendron, dessen Adventivwurzeln das reiche Substrat durchwuchern,
wachsen auf dieser Palme beinahe stets mehrere Farne, namentlich
Polypodium aureum und Aspidium (Nephrolepis) sesquipedale, sehr häufig
auch Aspidium nodosum und Vittaria lineata. Aspidium sesquipedale kommt
auf Trinidad und dem von mir besuchten Theil von Venezuela, soweit meine
Beobachtungen reichen, nur in den Blattbasen von Palmen vor; auf grossen
Strecken (z. B. in dem dünnen Wald zwischen Arima und Aripo auf Trinidad)
wird man kaum einen Stamm genannter Palme sehen, der nicht mit den
schlanken, einfach gefiederten Wedeln des Farnes geschmückt wäre; letztere
entspringen in Rosetten aus dünnen Stolonen, welche von einer Blattbase
zur anderen kriechen und nur in dem feuchten Humus derselben Sprosse und
Wurzeln erzeugen. Auf Dominica wächst Aspidium sesquipedale in den
Lichtungen feuchter Bergwälder auf allen möglichen bemoosten Bäumen, auf
faulenden Stämmen und auf dem Boden.

Durch persistirende Blattbasen beschuppte Palmen sind überhaupt, im
tropischen und subtropischen Amerika, vielfach von grossen epiphytischen
Farnen bedeckt. Anetium citrifolium scheint auf Jamaica nur solche zu
bewohnen. In Ost-Florida fand ich Sabal Palmetto häufig, wie Manicaria auf
Trinidad, mit Polypodium aureum und Vittaria lineata geschmückt, und in
Süd-Florida scheint das merkwürdige Ophioglossum palmatum nur da zu
wachsen. Aehnliches sah ich vielfach bei Blumenau, wo der am
gewöhnlichsten auf Palmen wachsende Farn eine der auf den Palmen Trinidads
wachsenden sehr ähnliche Nephrolepis ist.

Die Palmen mit persistirenden Blattbasen tragen nach dem Gesagten eine
sehr eigenartige, durch das Vorherrschen grosser Farne ausgezeichnete
Vegetation; zwei der letzteren, Aspidium sesquipedale und A. nodosum, sind
sogar auf Trinidad auf Palmen beschränkt, während auf Dominica die erstere
auch sonst epiphytisch und als Bodenpflanze vorkommt, und die zweite, nach
GRISEBACH, auf Jamaica faulende Stämme bewohnt. Die Ursache dieses
ungleichen Verhaltens auf verschiedenen Inseln dürfte, für A. sesquipedale
wenigstens, in klimatischen Unterschieden zu suchen sein; genannter Farn
dürfte auf dem eine ziemlich trockene Jahreszeit besitzenden Trinidad wohl
nur in den Blattstielbasen von Palmen das tiefe und feuchte, humusreiche
Substrat finden, dessen er neben viel Licht bedarf, während auf den Bergen
von Dominica, wo es beinahe täglich regnet, die zu seinem Gedeihen
nöthigen Bedingungen auch an anderen Standorten verwirklicht sind.

Eine noch mehr charakteristische, obwohl wiederum wesentlich aus Farnen
bestehende epiphytische Flora zeichnet, im ganzen tropischen Amerika, die
_Baumfarne_ aus. Vorwiegend sind auf denselben die Hymenophyllaceen, von
welchen wenigstens eine Art nur auf Baumfarnen vorkommt, nämlich
Trichomanes sinuosum, das ich in Süd-Brasilien und auf den Bergen von
Trinidad in Westindien, wo es überaus häufig ist, nie anderswo gefunden
habe; ich habe sogar in den Wäldern des Mt. Tocuche auf Trinidad den
schlingenden Stamm eines lianenartigen Farns von dem Epiphyten bedeckt
gesehen, während der stützende Baum desselben ganz entbehrte. Auch auf
Jamaica wächst Trichomanes sinuosum und, wie es scheint, Tr. trichoideum
nur auf Farnen. In Sta. Catharina fehlte Trichom. sinuosum selten auf den
Baumfarnen feuchter Schluchten; mit ihm wuchs sehr gewöhnlich das zarte
Trichomanes tenerum, das manchmal, wenn auch seltener, auf anderen Bäumen
wächst, und zwei Asplenien, von welchen das eine, ein überaus zierlicher,
hängender Farn, auf der rissigen Rinde noch anderer Waldbäume verbreitet
war. Endlich wächst, wie mir Herr Dr. FRITZ MÜLLER mittheilte, ein schönes
Zygopetalum auch ausschliesslich nur auf diesen Stämmen.

Die genannten Epiphyten der Baumfarne bewohnen vornehmlich die
Luftwurzelmassen, welche den Stamm der letzteren bekanntlich theilweise
oder ganz umhüllen und sehr häufig als Substrat für epiphytische Culturen
Verwendung finden. Wie zu erwarten, ist diese Eigenschaft der Baumfarne,
von gewissen Epiphyten sehr bevorzugt zu werden oder ihnen sogar als
einziger Standort zu dienen, nicht auf Amerika beschränkt. So gibt HOOKER
die Stämme von Baumfarnen als Standort des Hymenophyllum rarum in
Neu-Seeland an, wo auch Tmesipteris Forsteri dieselben bevorzugt.

Eine so ausgeprägte Anpassung an eine bestimmte Baumart, wie wir sie
soeben für einige Epiphyten der Baumfarne kennen lernten, scheint sonst
nicht vorzukommen, da auch Epidendrum conopseum AIT., die einzige
epiphytische Orchidee nördlich von Florida, nicht bloss, wie es vielfach
behauptet wird, auf Magnolien, sondern auch zuweilen auf anderen Bäumen
vorkommt. Die Ursache der Bevorzugung der Magnolien ist nicht ermittelt.

Ausser der Beschaffenheit der Rinde wirkt auch die Belaubung auf Reichthum
und Zusammensetzung der epiphytischen Flora der einzelnen Baumarten, indem
dieselbe mehr oder weniger dicht, immergrün oder nur periodisch vorhanden
sein kann. Wir kommen hiermit auf den schon vorher geschilderten Einfluss
des Lichtes zurück. Begreiflicherweise entbehren auf Savannen dicht
belaubte Bäume der Epiphyten beinahe gänzlich, da die in schattigen
Wäldern gedeihenden Arten hohe Ansprüche an Luftfeuchtigkeit stellen. So
sah ich auf den westindischen Inseln den Mangobaum, dessen dunkles Laub
dasjenige aller unserer europäischen Baume an Dichtigkeit übertrifft und
sogar von Vögeln vermieden wird, von Epiphyten ganz verschont, während er
bei Rio de Janeiro, wo er nur unvollkommen gedeiht und dünner belaubt ist,
solche vielfach reichlich trägt. Vermieden sah ich auch Terminalia
Catappa, den Brodbaum (Artocarpus incisa), die Tamarinde etc. Viel von
Epiphyten bewohnt sind, ausser den schon erwähnten Calebassenbäumen, die
dank der schlanken Gestalt ihrer Zweige auch möglichst günstige
Beleuchtung bieten und eine reichere Flora als irgend welche anderen Baume
tragen, namentlich Caesalpinieen mit flach-schirmförmiger Krone und sehr
durchsichtigem Laube (Caesalpinia¿ und Cassia-Arten), die sogenannten
Immortellbäume (Erythrina umbrosa), die auf Trinidad zum Schutz der
Cacao-Pflanzungen cultivirt werden, die riesigen Feigenbäume
Süd-Brasiliens, letztere nicht bloss weil sie über die benachbarten Bäume
wachsen, sondern auch weil sie ihr Laub im Winter ganz verlieren, endlich
Cedrela-Arten, deren durchsichtiges Laub ebenfalls einem periodischen
Wechsel unterliegt, ohne dass allerdings vollständige Kahlheit je
eintrete.

4. Die die epiphytische Genossenschaft bildenden Gewächse gehören
theilweise derselben ausschliesslich an, theilweise können sie auch an
anderen Standorten auftreten. Immer jedoch ist die epiphytische Vegetation
von der Umgebung scharf abgegrenzt.

Der Unterschied zwischen epiphytischer und terrestrischer Vegetation ist
am grössten in den Savannen, wo beiden gemeinsame Arten vollständig
fehlen; er ist weniger ausgesprochen im Urwald und doch auch da so gross,
dass man sich erst bei genauerem Studium von der Anwesenheit einer Anzahl
gleichzeitig terrestrisch und epiphytisch wachsender Arten überzeugt.
Farne des Bodens zeigen sich im Walde vielfach auch auf den Stämmen;
Carludovica Plumieri, die in den dunkelen Urwäldern der kleinen Antillen
so häufig an den Bäumen klettert, keimt bald im Boden, bald auf der Rinde.
Aehnliches gilt von verschiedenen kletternden Arten von Anthurium (z. B.
Anth. palmatum) und Philodendron, während andere Arten derselben Gattungen
nie auf dem Boden des Urwalds wachsen; andererseits aber sind viele zur
ersten Gruppe gehörige Anthurium-Arten mehr Bodenpflanzen als Epiphyten
und gedeihen nur bei reichem Substrat auf Bäumen. Dasselbe gilt von
verschiedenen Sträuchern und Bäumen. _Die gemeinsamen Arten sind aber
ausschliesslich solche, die die tiefste oder ausnahmsweise auch die
mittlere der drei Etagen, die wir in der epiphytischen Vegetation des
Urwalds unterschieden haben, bewohnen. Die Epiphyten der oberen Aeste
kommen nie als terrestrische Pflanzen __ vor, und umgekehrt wachsen nie
Bodenpflanzen des Urwalds auf den Gipfeln der Bäume._

Mehr verwischt ist der Unterschied zwischen terrestrischer und
epiphytischer Vegetation in den dünnen Wäldern hoher Gebirgsregionen; auf
dem Kamm der Serra Gerál in Sta. Catharina, auf der Serra do Picú (in der
Serra de Mantiqueira) fand ich die gleichen, wenig zahlreichen
Bromeliaceenarten auf dem Boden und den Baumästen. Die merkwürdige
Erscheinung hätte ein eingehenderes Studium verdient, das ich ihr, aus
Mangel an Zeit, nicht widmen konnte.

Eine weit grössere Aehnlichkeit als zwischen der epiphytischen und der
terrestrischen Vegetation besteht, wie es bereits früher hervorgehoben
wurde, zwischen ersterer und derjenigen der Felsen, die in den Tropen
nicht bloss, wie bei uns, in ihren tiefen, Erde gefüllten Spalten, sondern
auch an ihrer Oberfläche mit phanerogamischen und farnartigen Pflanzen
geschmückt sind und daher ein ganz anderes Aussehen bieten, als unsere nur
Moos und Flechten tragenden Felsen.

Eine grosse Anzahl Pflanzenarten, die sehr häufig als Epiphyten vorkommen,
sind ebenso gewöhnliche Bewohner der Felsen, auf welchen sie sich in
ähnlicher Weise befestigen und ernähren, ähnliche Ansprüche an Licht und
Feuchtigkeit erheben, wie auf Baumrinde. Hierher gehören Vertreter der
verschiedensten Familien, Farne, Bromeliaceen (namentlich Arten von
Aechmea), Orchideen, Araceen, Cactaceen etc. Trotz dieser auf ähnlichen
Existenzbedingungen beruhenden Uebereinstimmung der rupestren und der
epiphytischen Genossenschaft können beide doch durchaus nicht vereinigt
werden, da jede hinreichend zahlreiche eigenthümliche Elemente enthält, um
ihr charakteristisches Gepräge zu besitzen.

Die wichtigste Charakterpflanze der epiphytischen Genossenschaft ist
zweifellos Tillandsia usneoides, deren Lebensweise mit anderen
Existenzbedingungen ganz unvereinbar erscheint und die ich in der That nur
auf Bäumen gesehen habe. Jedermann, der das tropische oder subtropische
Amerika je besucht hat, kennt dieses wunderbare, bartflechtenähnliche
Gewächs, dessen zuweilen über sechs Fuss lange Schweife an den Spitzen der
Baumzweige aufgehängt sind und in kühleren Gegenden oft einen grauen
Schleier um die Krone bilden, der nur an wenigen Stellen vom grünen Laube
durchbrochen ist (Taf. II). Aehnliche höchst charakteristische, aber viel
weniger verbreitete Epiphyten sind Tillandsia circinalis und myosuroides,
atmosphärische Kletterpflanzen Argentiniens, deren Blattspitzen sich um
dünne Baumäste einrollen und auf diese Weise den langen Sprossen den
nöthigen Halt geben (Taf. V).

Noch andere, wenn auch nicht alle Bromeliaceen der Epiphytengenossenschaft
sind für letztere charakteristisch, so die Mehrzahl der Tillandsien der
kleinen Antillen und Venezuelas. Es ist keine Rinde so glatt, dass eine
Colonie von Tillandsia-Arten (z. B. T. utriculata, flexuosa, recurvata,
pulchella) auf derselben nicht gedeihen könnte, sogar in trockener,
sonniger Lage, während diese Gewächse auf Felsen oder überhaupt auf nicht
pflanzlicher Unterlage sehr selten oder gar nicht vorkommen. In
auffallendster Weise zeigte sich mir einerseits die erstaunliche
Genügsamkeit der Tillandsieen, andererseits ihre einseitige Anpassung in
den Llanos, am Fuss der Küsten-Cordillere von Venezuela(17). Der Weg ging
viele Meilen lang durch dünne Wälder von Caesalpinieen und Mimoseen, die,
da es die trockene Jahreszeit war, beinahe oder ganz des Laubes entbehrten
und von einem säulenartigen Cereus untermischt waren; das Gras unter den
Bäumen war vertrocknet, auf den Baumästen dagegen prangte eine üppige
Vegetation von Savannenepiphyten, die ganz frisch erschienen und
theilweise in Blüthe waren, so namentlich Tillandsia flexuosa,
T. compressa, T. pulchella, T. recurvata (auf Bergabhängen vorherrschend),
stellenweise T. usneoides, Aechmea-Arten und untergeordnet Oncidium
Cebolleta, Jonopsis utricularioides (eine Orchidee mit fleischigen
Blättern und äusserst zarten, lilafarbigen Blüthen), Cereus triangularis,
seltener Macrochordium melananthum. Der Boden war häufig felsig oder
steinig und trug dann häufig einige der auf den Bäumen gedeihenden Arten:
Cereus triangularis, Macrochordium melananthum und das Oncidium. Nur ein
einziges Mal dagegen, in einer Felsspalte, fand ich ausser den erwähnten
Gewächsen einige Exemplare einer Tillandsia; dieselben waren höchstens
2 cm hoch und ganz vertrocknet, sodass sie in meinen Fingern zu Staub
zerfielen. Alle Bäume schienen dagegen den Tillandsien gut zu sein; ja
sogar die Cereus-Säulen und die ganz glatten Zweige des epiphytischen
Cereus triangularis wurden von ihnen nicht verschmäht.

Es sind nicht alle Bromeliaceen so exclusive Epiphyten als die genannten,
welchen sich noch andere Arten, z. B. Caraguata lingulata, Guzmannia
tricolor, Brocchinia Plumieri anzuschliessen scheinen. Die Aechmea-Arten,
welche einer Unterfamilie angehören, die viele exclusive Bodenbewohner
zählt, sind vielfach ebenso häufig auf Felsen, wie auf Bäumen, z. B. in
Sta. Catharina. Aehnliches gilt aber auch von gewissen Tillandsien, z. B.
der glänzend weissen Till. Gardneri, die auf der Insel Sta. Catharina
gleichzeitig zu den häufigsten Gliedern der Epiphyten- und der
Felsengenossenschaft gehört.

Sehr auffallende und charakteristische Glieder der Epiphytengenossenschaft
sind ferner Anthurium Hügelii und die Mehrzahl der Baumwürger (scotch
attorney, span. matapalo, portug. matapáo).

Die Felsenflora nimmt in den tieferen, von Urwald bedeckten Regionen
tropischer Gegenden ein weit geringeres Areal ein, als die epiphytische,
sodass ein genauerer Vergleich beider häufig schwierig ist. Jedenfalls
zeigt sie im Schatten und an der Sonne ähnliche Unterschiede wie die
letztere. An Felswänden im Walde findet man namentlich Farne (vorzugsweise
Hymenophylleen), Lycopodien. Gesneraceen, Peperomien, grüne Bromeliaceen,
die theils der rupestren Vegetation eigen, theils derselben mit der
epiphytischen gemeinsam sind. Begonien kommen in Westindien und Brasilien
häufig auf Felsen, aber nie als Epiphyten vor; ich spreche natürlich nicht
von den kletternden Arten, die, im Boden bewurzelt, häufig an Bäumen
heranwachsen. Unter den charakteristischen und häufigen Felsbewohnern
Westindiens und Brasiliens seien u. a. Pitcairnia angustifolia und andere
Arten derselben Gattung, Isoloma hirsutum und zahlreiche andere
Gesneraceen, Selaginellen, Pilea microphylla erwähnt. Die Flora sonniger,
trockener Felsen habe ich nur in Brasilien kennen gelernt, z. B. auf der
Insel Sta. Catharina. Starre Bromeliaceen (namentlich Aechmea-Arten),
Cactaceen (u. a. Rhipsalis Cassytha) und einige wenige dickblätterige
Orchideen (namentlich Cattleya bicolor) verleihen der Vegetation dieser
Felsen eine grosse Aehnlichkeit mit derjenigen der benachbarten Bäume, auf
welchen, neben ausschliesslichen Epiphyten, wie Tillandsia usneoides und
recurvata, die gleichen Arten wie auf den Felsen wuchsen.

Der Unterschied zwischen der epiphytischen und der rupestren Vegetation in
Amerika beruht indessen nicht bloss auf der Anwesenheit charakteristischer
Pflanzenarten in jeder derselben. Die Epiphytengenossenschaft ist nicht
bloss reicher an letzteren als die rupestre, sie ist auch viel schärfer
gegen andere Genossenschaften abgegrenzt und trägt daher ein viel
eigenartigeres Gepräge.

Die Ursachen dieses Unterschieds sind theilweise nicht schwer zu errathen;
sie gehen aus einem genaueren Vergleich der nicht epiphytisch vorkommenden
Felsenbewohner mit den Epiphyten hervor. Wir haben gesehen, dass
Pitcairnia- und Dyckia-Arten ganz gewöhnlich auf Felsen, aber nie auf
Bäumen, selbst nicht in humusreicheren Spalten der Rinde, vorkommen. Es
wäre in der That schwer für diese Pflanzen, auf Bäume überzugehen, indem
die Samen von Pitcairnia einen nur unvollkommenen Flugapparat besitzen,
diejenigen von Dyckia dagegen allerdings mit einem breiten Flügel versehen
sind, der jedoch nur zum Flug, aber nicht zur Befestigung an der Rinde
geeignet ist. Diejenigen Gesneraceen, die auf Felsen, aber nicht
epiphytisch wachsen, befinden sich in ähnlicher Lage; ihre Samen entbehren
jeder Mittel, auf die Bäume zu gelangen, während diejenigen der
epiphytischen Arten entweder in Beeren enthalten sind oder geeignete Flug-
und Haftapparate besitzen. Aehnliches gilt von den auf Felsen so häufigen
Selaginellen, Begonien, Pilea etc.

Auf solche Weise lässt sich sowohl das Fehlen vieler Felsenpflanzen auf
Bäumen, als auch die grössere Uebereinstimmung zwischen der Flora der
Felsen und derjenigen gewöhnlichen Bodens als zwischen der letzteren und
der epiphytischen, zum grossen Theile erklären. Der epiphytischen
Genossenschaft fehlt ein wichtiger Verbreitungsmodus der Samen, das
Wasser; ihre Samen sind in dieser Hinsicht ganz auf Vögel und Wind
angewiesen und müssen zudem noch in ganz bestimmter Weise beschaffen sein,
um auf der Rinde gedeihen zu können. Diese Schwierigkeiten gehen den
Felsen ganz ab. Das Wasser rieselt über ihre Oberfläche, in ihre Spalten,
alle möglichen Samen terrestrischer und epiphytischer Gewächse mit sich
schleppend, die zur Entwickelung gelangen, wo sie nur ein passendes
Substrat finden; ein ebenfalls buntes Samengemisch wird den Felsen durch
den Wind und die Thiere zugeführt. Auf diese Weise kommt es, dass in
tiefen Felsspalten ganz dieselben Pflanzen, wie auf gewöhnlichem Boden,
gedeihen, während sich sonst epiphytisch wachsende Gewächse an der
Steinoberfläche, ganz ähnlich wie an der Baumrinde, ansiedeln; die Flora
der Felsen würde in den Tropen ein Mittelding zwischen der epiphytischen
und der terrestrischen darstellen, wenn sie nicht ausser diesen
Bestandtheilen noch eine Anzahl Arten enthielte, die durch den Kampf ums
Dasein von fruchtbareren Standorten ausgeschlossen werden, und denen der
Bau ihrer Samen und Früchte auf Bäume überzugehen nicht gestattet.

5. Die in diesem und den vorigen Kapiteln über die Eigenthümlichkeit der
Epiphyten, über die Beziehungen der Flora der Baumrinde zu derjenigen
anderer Substrate, berechtigen uns wohl unzweifelhaft, die Genossenschaft
der Epiphyten als eine der am besten charakterisirten zu bezeichnen. Die
Existenzbedingungen sind denjenigen, die auf Felsen herrschen, ähnlich,
daher manche Uebereinstimmung in den Anpassungen und mancher gegenseitige
Austausch. Die epiphytische Genossenschaft hat aber ein weit
eigenartigeres Gepräge als die rupestre, bedingt theils durch das starke
Zurücktreten auf gewöhnlichem Boden wachsender Arten, theils durch die
Ausbildung extremer, in auffallendster Weise an den eigenthümlichen
Lebensmodus angepasster Formen, wie z. B. Clusia rosea mit ihren
Greifwurzeln und Anthurium Hügelii mit den eigenthümlichen Vorrichtungen
zum Aufsammeln und Verwerthen der von der Baumkrone herabfallenden
Nährstoffe, Tillandsia circinalis mit ihren Greifblättern, namentlich aber
Tillandsia usneoides, dieser im wahren Sinne des Wortes atmosphärischen
Pflanze, die sich von den atmosphärischen Niederschlägen ernährt und deren
Zweige, durch den Wind oder Vögel von Baum zu Baum getragen, ohne
Unterbrechung ihre luftige Existenz fortsetzen. Es dürfte allerdings
vorkommen, dass die eine oder die andere dieser Charakterpflanzen unter
günstigen Bedingungen auf dem Boden keime und sich weiter entwickele; für
Clusia rosea habe ich es selber constatirt. Die Anwesenheit von
Eigenthümlichkeiten, die in engstem Zusammenhang mit der atmosphärischen
Lebensweise zusammenhängen, zeigt jedoch zur Genüge, dass man es in
solchen Fällen nur mit Flüchtlingen aus der Epiphytengenossenschaft zu
thun hat; so sieht die erwähnte Clusia, wenn sie selbständig auf dem Boden
wächst, geradezu hülflos aus mit ihren frei in der Luft wachsenden oder
gar die eigenen Aeste erwürgenden Haftwurzeln.



IV. UEBER DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DER EPIPHYTEN IN AMERIKA.


1. Durchschnittlich haben die Glieder der epiphytischen Genossenschaft
grössere Areale als terrestrische Pflanzenarten, ohne jedoch im
Allgemeinen so ausgedehnte Verbreitungsbezirke, wie Wasser- und
Strandpflanzen, aufzuweisen. Die bedeutende Grösse der Areale vieler
epiphytischer Gewächse ist keineswegs durch ihre Lebensweise bedingt
worden, die im Gegentheil, wie in diesem Kapitel gezeigt werden soll, viel
eher hemmend als fördernd auf die Verbreitung wirkt. Dass so viele
epiphytische Gewächse weit entlegene Gebiete gleichzeitig bewohnen, beruht
ausschliesslich darauf, dass ihre Samen an Verbreitung durch Wind und
Vögel ausgezeichnet angepasst sind, worin, wie wir es im ersten Kapitel
zeigten, nicht eine Wirkung, sondern eine der Ursachen der epiphytischen
Lebensweise zu erblicken ist.

Die Epiphyten, die gleichzeitig die westliche und die östliche Hemisphäre
bewohnen, sind relativ zahlreich, so namentlich unter den Farnen
(verschiedene Hymenophylleen, Vittaria lineata, Polypodium incanum etc.),
Lycopodiaceen (Lycopod. Phlegmaria, Psilotrum triquetrum etc.), aber, in
einzelnen Fallen, auch bei Familien, deren Arten gewöhnlich enger
begrenzte Areale besitzen. So wächst Bolbophyllum recurvum in Sierra Leone
und Brasilien(18), Rhipsalis Cassytha als einzige Cactee auch in der
östlichen tropischen Zone (in Süd-Afrika, auf Mauritius und Ceylon, nach
BENTH. und HOOKER).

Sehr gross ist die Anzahl der epiphytischen Pflanzenarten, die den
tropisch-amerikanischen Urwald in seiner ganzen Ausdehnung bewohnen, und
manche Arten überschreiten gleichzeitig nach Norden und Süden die
tropische Zone (incl. Süd-Brasilien), so Tillandsia usneoides, die von
Virginien (35° N. Br.) bis Argentinien und Chile verbreitet ist, Till.
recurvata (von Florida bis Argentinien) etc.

Es soll aber keineswegs verschwiegen werden, dass auch unter den Epiphyten
endemische Arten nicht fehlen. Solche findet man namentlich bei den
Orchideen, wo jedoch der Endemismus bei den terrestrischen Arten noch weit
mehr ausgesprochen ist, als bei den epiphytischen, von welchen viele
Arten, wie Isochilus linearis, Dichaea echinocarpa etc., sehr verbreitet
sind. Die auffallendsten mir bekannten Fälle von Endemismus ausserhalb der
Orchideen sind die monotypische Vaccinieengattung Findlaya auf Trinidad,
wo ich sie übrigens umsonst suchte, die ebenfalls monotypischen
Rubiaceengattungen Ravnia, Xerococcus und Ophryococcus in Costa-Rica und
die kleine Utricularia Schimperi auf Dominica. Da die Epiphyten vielfach
nur auf den Gipfeln hoher Bäume vorkommen, dürfte bei denselben mehr als
bei Bodenpflanzen der Endemismus späteren Forschungen weichen.

2. Trotz der bedeutenden Grösse der Areale vieler derselben sind die
Pflanzenarten, die die atmosphärische Vegetation zusammensetzen, in den
verschiedenen Gebieten des tropisch-amerikanischen Waldes zum Theil nicht
die gleichen. Dennoch haben wir die verschiedenartigen Anpassungen der
Epiphyten an ihre Lebensweise, sogar die Gliederung der atmosphärischen
Pllanzenwelt in kleinere Gemeinschaften ohne jede Rücksicht auf
geographische Verbreitung behandelt; nur hier und da wurde kurz auf eine
Localität hingewiesen, wo die eine oder die andere Erscheinung in
besonders auffallender Weise zum Vorschein kommt. Diese Vernachlässigung
geographischer Daten geschah absichtlich, _indem die epiphytische Flora im
ganzen Umfange des tropisch-amerikanischen Urwalds, trotz der
Artenunterschiede, doch einen sehr gleichmässigen systematischen und
physiognomischen Charakter trägt_. Ihre hauptsächlichsten Bestandtheile
sind überall Bromeliaceen, vorwiegend Tillandsieen, deren grüne Arten
beinahe, wenn auch nicht ganz, ausschliesslich schattige Standorte
bewohnen, während die stark beschuppten und daher grau oder weiss
erscheinenden sich auf den höchsten Aesten der Urwaldbäume im vollen
Lichte entwickeln oder die dünnen Wälder der Savannen schmücken. Nach den
Tillandsieen sind die Aechmea-Arten, trotz der geringen Anzahl ihrer Arten
(nach der WITTMACK’schen Begrenzung), wohl die gewöhnlichsten und mit die
autfallendsten unter den Epiphyten. Dank ihren mächtigen, in verschiedenen
Farben leuchtenden Inflorescenzen, ihren farbigen Früchten, bilden sie die
grösste Zierde der amerikanischen Epiphytengenossenschaft. Die übrigen
Bromeliaceengattungen sind weniger allgemein verbreitet. Die in unseren
Gewächshäusern so viel cultivirte Gattung Bilbergia ist mir nur zweimal
begegnet, Nidularium kenne ich nur aus Brasilien, die Arten von Bromelia
sind meist, diejenigen von Ananas, Dyckia, Puya, Hechtia u. a. m. stets
terrestrisch.

Araceen, Orchideen, Farne liefern, nach den Bromeliaceen, das Contingent
der Epiphytengenossenschaft. Erstere sind formenreich, auf zwei Gattungen
(Philodendron und Anthurium) beschränkt; ihre Arten sind aber theilweise
sehr gemein und durch mächtige Dimensionen ausgezeichnet.

Die epiphytischen Orchideen übertreffen an Artenzahl nicht bloss die
Araceen, sondern auch die Bromeliaceen bei weitem; sie sind aber meist
klein und unscheinbar. Vorherrschend sind unter ihnen Arten der
ungeheuren, nur amerikanischen Gattung Pleurothallis, deren beschriebene
Formen 400 übertreffen, und der noch grösseren, ebenfalls rein
amerikanischen Gattung Epidendrum, erstere sehr gleichförmig und meist auf
hohen Aesten rasenbildend, letztere habituell sehr mannigfach, aber, wie
die Pleurothallis-Arten, meist mit unscheinbaren Blüthen; die gross- oder
schönblüthigen Formen sind entweder selten oder treten nur vereinzelt auf,
oder haben eine kurze Blüthezeit. An Farbenpracht treten die Orchideen vor
den Bromeliaceen sehr zurück(19).

Auffallender und habituell mannigfacher als die Orchideen sind die Farne.
Man findet sie überall; die Wäldbäume sind meist von unten nach oben mit
ihren zahlreichen Formen geziert. Die im tiefen Schatten verborgene Basis
des Stamms ist von einer leichten Krause von Hymenophylleen umhüllt, die
an Durchsichtigkeit, an feiner Zertheilung ihres Laubs zuweilen den
zartesten Moosen gleichkommen (z. B. Trichom. tenerum, trichoideum). Höher
am Stamme wachsen oft sehr zierliche Asplenien, dickblätterige, einfache
Acrostichen, schmalblätterige Vittarien, auch mächtige Formen, wie die
trichterförmigen Rosetten des Asplenium serratum; von den Aesten hängen
die oft über 6 Fuss langen, tief gezackten Bändern ähnlichen Fronden von
Nephrolepis-Arten herunter. Der dichte Rasen auf den Aesten verbirgt eine
Menge grösserer und kleinerer Polypodien, und die obersten Zweige haben
ihre eigenen Formen, kleine, kriechende, zungenblätterige
Polypodium-Arten, die auch auf den Savannenbäumen häufig sind
(P. vaccinioides, serpens etc.). Nächst den genannten Familien nehmen
kleine, meist kriechende Peperomien, verschiedene Gesneraceen (Columnea,
Codonanthe etc.), Cactaceen (Rhipsalis Cassytha u. a. Rhipsalideen,
verschiedene Cereus-Arten) den grössten Antheil an der atmosphärischen
Flora. Bei der Untersuchung eines grösseren Waldbaums wird man nur ganz
ausnahmsweise Vertreter der genannten Familien vermissen.

Die übrigen Epiphyten, namentlich die dicotylen Sträucher und Bäume,
treten mit Ausnahme von Clusia und den Feigenbäumen zurück und
beeinflussen daher in der Regel nicht wesentlich die Physiognomie der
epiphytischen Vegetation.

  Aehnlichkeiten und Unterschiede der atmosphärischen Flora des
  tropisch-amerikanischen Urwalds werden am besten aus einer kurzen
  Schilderung der diesbezüglichen Verhältnisse an einigen weit voneinander
  gelegenen Punkten hervorgehen.

  Zunächst sei die epiphytische Vegetation der Umgebung von Port-of-Spain
  auf Trinidad (11° N. B.) als Beispiel eines ungefähr äquatorial
  gelegenen Punktes gewählt. Die Flora der Insel stimmt mit derjenigen des
  benachbarten Guyana beinahe ganz überein. Dichte Urwälder bedeckten sie
  früher, die im Westen zum grossen Theil der Zuckerrohrcultur geopfert
  worden sind. Auf den Bergen sind es dunkele, feuchte Wälder, deren
  Unterholz schwach entwickelt ist und wesentlich aus Baumfarnen besteht;
  in der Ebene ist das Unterholz sehr dicht und durch die stacheligen
  Stämme einer rotangartigen Palme (Desmoncus major) bis zu gänzlicher
  Undurchdringlichkeit verwoben. In den Bergurwäldern erscheint, dem
  tiefen Schatten entsprechend, die epiphytische Vegetation sehr arm, da
  die Baumgipfel, auf welchen die atmosphärischen Gewächse angehäuft sind,
  sich im undurchdringlichen Laubgewölbe dem Blicke entziehen; die Stämme
  tragen doch einige stattliche Formen, so die kletternde Carludovica
  Plumieri, das riesige Anthurium Hügelii und das ihm im Wuchs ähnliche
  Asplenium serratum, die beide die von oben in ihre Blatttrichter
  fallenden todten Blätter und Zweige aufsammeln. Hier und da wachsen
  grüne Tillandsieen (Vriesea, Caraguata), Farne, namentlich
  Hymenophylleen, kriechen auf der Rinde mit zarten Peperomien. Zwischen
  den Stämmen hängen zahlreiche Luftwurzeln, die sich bei genauerem
  Untersuchen theils als zu Clusia (Cl. rosea), theils als zu Aroideen
  (Philodendron-, Anthurium-Arten) gehörig zu erkennen geben, deren
  Ursprung aber im Laubdach verborgen ist. Zuweilen zeugt auch ein
  kleiner, abgefallener Baumzweig mit grauen Tillandsien oder
  dickblätterigen Orchideen von der Anwesenheit einer ganz abweichenden
  Epiphytenflora hoch oben am Lichte.

  Treten wir aus dem Wald in eine Cacaopflanzung, so stellen sich
  Epiphyten sofort in weit grösserer Menge ein, jedoch nicht so sehr auf
  den Cacaobäumen selbst, als auf den weit höheren Erythrinen, die zu
  ihrem Schutz gepflanzt worden sind. Diese Bäume sind von den
  mannigfachsten Epiphyten bedeckt. Philodendron, theils kurzstämmig mit
  riesiger Blattrosette, theils kletternd, Clusia rosea, verschiedene
  grosse Aechmea-Arten, Marcgraviaceen (Norantea), Gesneraceen, Rhipsalis
  Cassytha und andere Cactaceen, zuweilen das prächtige Oncidium Papilio
  sind am Stamme und den dicken Aesten befestigt; Tillandsien, kleine
  Farne und Orchideen (Pleurothallis, Epidendrum) umhüllen die dünnen
  Aeste, an deren Spitzen vielfach die dünnen Bärte von Tillandsia
  usneoides aufgehängt sind. Nähern wir uns der Stadt durch die Allee,
  welche durch die sogenannte Savanne zum botanischen Garten und nach
  St. Anns führt, so finden wir, namentlich auf den schirmartigen
  Caesalpinien und dem knorrigen Haematoxylon campechianum, zahlreiche
  Vertreter der Savannenflora, graue Tillandsien (T. utriculata, flexuosa,
  compressa), einige Cacteen, spärliche dickblätterige Orchideen (Oncidium
  Cebolleta, einige Epidendren), kleine, kriechende Farne, namentlich das
  braun geschuppte Polypod. incanum, das bei trockenem Wetter ganz
  zusammenschrumpft, um sich beim ersten Regen wieder auszubreiten.

  An Trinidad scheint sich, soweit meine Beobachtungen reichen, der
  Waldstreifen der benachbarten Küste des Continents durchaus
  anzuschliessen; ich fand daselbst genau die gleichen Arten. Vergleichen
  wir damit hingegen die zum westindischen Vegetationsgebiet gehörige
  Insel Dominica (16° N. B.), so zeigen sich, jedoch erst bei genauerer
  Betrachtung, einige Unterschiede. Eine Anzahl Arten sind wohl die
  gleichen, die Gattungen sind es zum grössten Theil, der Gesammtcharakter
  daher derselbe; es fehlen aber einzelne der häufigsten südamerikanischen
  Formen, so Rhipsalis Cassytha, während ein paar neue dicotyledonische
  Sträucher und Bäume auftreten (Psychotria parasitica, Blakea laurifolia,
  Symphysia guadelupensis, Marcgravia spiciflora etc.).

  Versetzen wir uns endlich nach dem anderen Ende des
  tropisch-amerikanischen Urwalds, nach Blumenau (27° S. B.), so finden
  wir, 43° südlich von Dominica, doch die gleichen Typen wieder.
  Wesentlich neue Formen treten uns nur in geringer Zahl entgegen und sind
  meist vereinzelt. Die Orchideen sind wohl etwas zahlreicher, die Araceen
  etwas weniger häufig als in Westindien; der Gesammtcharakter ist aber
  doch nahezu der gleiche. Das Laubgewölbe des südbrasilianischen
  Küstenwaldes ist weniger gleichmässig dicht als dasjenige der
  Bergurwälder von Trinidad und namentlich Dominica, das Unterholz daher
  massig entwickelt, die Epiphyten zeigen sich an den Stämmen, da, wo sich
  diese frei aus dem Unterholz hervorheben, in etwas grösserer Zahl und
  Mannigfaltigkeit. Wie auf den Antillen, gehören grüne Bromeliaceen zu
  den häufigeren Vertretern der Schattenflora; die häufigste unter ihnen
  ist eine Vriesea, aus deren lebhaft rothen, zweizeiligen Bracteen nur
  eine einzige gelbe Blüthe auf einmal hervorbricht, um am folgenden Tage
  wieder zu welken; in trockenen, hellen Wäldern ist diese Vriesea durch
  die kleinere, in Europa viel cultivirte V. psittacina ersetzt. Die
  erwähnte Vriesea ist beinahe stets von anderen Bromeliaceen begleitet,
  namentlich von dem gelbblühenden Macrochordium luteum, dem Nidularium
  Innocentii, dessen feuerrothe Bracteen feuchten Detritus umgeben, aus
  welchem weisse Blüthen sich erheben, wenn sie nicht in der Knospe
  verderben. Von den dickeren Aesten hängen die schmalen Blätter einer
  Varietät des genannten Nidularium, dessen Blüthen noch häufiger als bei
  der typischen Art in dem von den Bracteen aufgesammelten Unrath zu
  Grunde gehen. Die epiphytische Schattenflora enthält neben den
  Bromeliaceen noch manche andere häufige Form. Die Basen der Stämme sind
  von einem Rasen von Hymenophyllaceen umhüllt; nach oben zeigen sich
  andere Farne, kleine Asplenien, Acrostichen. Zarte Peperomien kriechen
  auf der Rinde, vielfach begleitet von einer gelbblüthigen Octomeria mit
  cylindrischen Blättern, einer zierlichen, kleinen Stelis, einer
  weissblüthigen, dickblätterigen Gesneracee (Codonanthe Devosii), den
  langen, hängenden Sprossen einer nadelblätterigen Hexisea und einer
  einem riesigen Lebermoos gleichenden Dichaea (D. echinocarpe), die nur
  an der Basis durch einige Wurzeln befestigt sind. Dicken Drähten gleich
  ziehen senkrecht durch die Luft die Nährwurzeln hoch auf den Aesten
  nistender Philodendren, während diejenigen der Baumwürger (Ceiba
  Rivieri, verschiedene Feigenbäume und Coussapoa Schottii) oft über
  Armsdicke besitzen und dem Wirthbaum dicht angeschmiegt und durch
  horizontale Haftwurzeln befestigt sind oder, sich vom Stamme trennend,
  dicke Stelzen darstellen. Zur Zeit meiner Ankunft (September) war der
  Boden unter den Bäumen, die die Ceiba trugen, von den rothen Blüthen des
  Baumwürgers bestreut. Ein weit grösserer Reichthum an Epiphyten
  überwuchert die dickeren Aeste; mit Ausnahme der grossen Blätter von
  Philodendron cannifolium, der leuchtenden Inflorescenzen der
  Aechmea-Arten und eines mächtigen, nicht sehr gemeinen Cyrtopodium sind
  die Arten erst nach Fällen des Baumes erkennbar und zeigen dann in
  endloser Mannigfaltigkeit Tillandsien und andere Bromeliaceen, mit
  Knollen versehene Orchideen (namentlich Oncidium altissimum,
  Maxillarien, Epidendren), Rhipsalis, theils flach, theils kantig, Farne,
  Gesneraceen, Araceen, Lycopedium dichotomum. Die mächtigen Rosetten von
  Tillandsia tessellata sind nur auf den obersten Zweigen sichtbar,
  begleitet von grauen Tillandsien (T. stricta, geminata, Gardneri etc.),
  Ortgiesia tillandsioides, einem dichten Rasen von Pleurothallis,
  Epidendren (E. avicula, latilabre etc.), Cattleya bicolor, Farnen etc.
  An der Spitze hängen vielfach noch die Schweife der Tillandsia
  usneoides.

  Nicht alle Bäume tragen eine solche Fülle von Epiphyten. Einige
  entbehren derselben sogar beinahe ganz, wie die Cecropien und die
  Myrtaceen, erstere aus mir nicht bekannten Gründen, letztere, weil sie
  ihre Borke, ähnlich wie die Platanen, abwerfen (vgl. p. 94). Reich von
  Epiphyten bedeckt sind die Cedros (Cedrela sp.), deren durchsichtiges,
  gefiedertes Laub alljährlich erneuert wird, die riesigen Figueiras
  (Urostigma-Arten), die sich kuppelartig über das Laubdach erheben. Die
  dünnen Masten der Oelpalme (Euterpe sp.) tragen vielfach eine
  Bromeliacee, in deren Wurzelgeflecht verschiedene kleine Epiphyten sich
  befestigt haben, während die rauhen, braunen Stämme der Baumfarne von
  einem zarten Rasen von Hymenophylleen und kleinen Asplenien umhüllt
  sind. Die Sträucher und kleinen Bäume des Unterholzes tragen nur
  Flechten und Moose, und solche, namentlich ein kleines, aromatisches
  Lebermoos, wachsen vielfach auch auf den grossen Blättern der Heliconien
  und Myrcien.

  Verlassen wir den Urwald, so finden wir in der Capoeira, auf den
  vereinzelten Bäumen in den Pflanzungen und Weiden eine ganz ähnliche
  Savannenflora, wie in Westindien. Die Gattungen sind meist die gleichen,
  die Arten dagegen allerdings beinahe alle verschieden. Hier wie dort
  herrschen graue Tillandsien vor (Till. stricta, geminata etc.), daneben
  aber auch die grosse, scheckige, aber, ausser an den löffelartigen
  Blattbasen, kaum beschuppte Vriesea tessellata und eine stattliche,
  grünblätterige, nicht bestimmte Art derselben Gattung, Orchideen mit
  fleischigen Blättern, meist ohne Scheinknollen (Epidendrum latilabre,
  avicula u. a. A., Cattleya bicolor, Phymatidium delicatulum, Jonopsis
  sp. etc.), Rhipsalis Cassytha, kleine, meist kriechende Farne, hie und
  da kümmerliche Exemplare der Urwaldformen (Peperomien, Gesneraceen,
  Vriesea psittacina).

3. Die atmosphärischen Gewächse fehlen nicht ganz in jenen ungeheuren
Savannengebieten, die unter dem Namen von Llanos, Catingas, Campos
u. s. w. das Innere des tropischen Süd-Amerika bedecken. Diese Savannen
stellen bekanntlich nicht ein ununterbrochenes Wiesenland dar, sondern
bestehen stellenweise oder vorwiegend (Catingas) aus lichten Gebüschen und
Wäldern mit periodisch abwerfendem Laube, die an den Flussrändern recht
üppig werden können.

Man findet in diesen Wäldern nur ausnahmsweise einen so grossen Reichthum
an epiphytischen Bromeliaceen und Orchideen, wie ich ihn für gewisse
Savannenwälder am Fusse der Küstencordillere in Venezuela im vorigen
Kapitel beschrieb. Auch in letzterem Lande habe ich grosse Wald- und
Gebüschstrecken gesehen, wo, obwohl an grossen Bäumen kein Mangel war, die
Epiphyten sehr spärlich an Arten und Individuen auftraten. So wuchsen in
der Umgebung von Maturin nur ein paar Tillandsien, ausser an den Ufern des
Flusses (R. Guarapiche), wo, wie überhaupt an allen Gewässern,
zahlreichere und mannigfachere Epiphyten auftraten -- offenbar allein eine
Wirkung der wässerigen Dünste, die in kühler Temperatur der Nacht als
flüssige Tropfen ausgeschieden werden, welche in die Trichter der Vriesea-
und Aechmea-Arten, auf die gierig saugenden Blätter grauer Tillandsien und
auf Orchideen-Luftwurzeln fallen und den Verlust des Tages ersetzen.

Ganz ähnlich, wie in den dünnen Wäldern der Llanos, tritt in
brasilianischen Catingas der Epiphytismus stark zurück. GARDNER, dem wir
die botanische Erforschung der letzteren in erster Linie zu verdanken
haben, fand die erste epiphytische Orchidee erst nach langen Wanderungen
in der Provinz Ceará, und die atmosphärische Vegetation trat überhaupt nur
da in grösserer Ueppigkeit zum Vorschein, wo an den feuchten Abhängen von
Bergen die Bäume zu dichterem Urwaldwuchs zusammentraten.

Ganz ähnlich verhält es sich in den südbrasilianischen Campos, in den
Savannengebieten Mexicos und Central-Amerikas und auf denjenigen der
Antillen, die in Folge ihres relativ trockenen Klima eines
tropisch-dichten Waldwuchses entbehren. Ueberall aber zeigt sich mit dem
Eintritt grösserer Feuchtigkeit die Epiphytengenossenschaft in grösserem
Reichthum der Formen und Individuen.

  Auf einer Excursion in der Umgebung von Pernambuco im Dezember 1886 habe
  ich einen Blick in die dortige epiphytische Vegetation werfen können,
  die mit derjenigen der Catingas grosse Aehnlichkeit zu haben scheint;
  allerdings sind die dortigen Wälder durch den Einfluss des Menschen mehr
  verändert als im Inneren des Landes. Immerhin entsprach, was ich sah,
  vollkommen den Beschreibungen GARDNER’s. Den meist niederen Sträuchern
  waren dicht hinter dem kleinen Orte Beberibe grosse Bäume nur spärlich
  beigemengt; als wir aber in grössere Entfernung gelangt waren, nahm das
  Gebüsch mehr den Charakter eines Waldes an, namentlich an den Ufern der
  kleinen Wasserläufe, die von einer Gallerie schöner Bäume, unter anderen
  einer auch von GARDNER viel erwähnten, prächtig blühenden Vochysiacee,
  eingefasst waren. In einem feuchteren Gebiet wären diese Bäume reichlich
  mit Epiphyten versehen gewesen. Hier waren wohl schöne Loranthaceen
  vorhanden, eigentliche Epiphyten fehlten aber gänzlich, ausser in der
  Nähe des Wassers, wo sich Stämme und Aeste mit einigen Bromeliaceen
  (Vriesea-, Bilbergia-, Aechmea-Arten, sämmtlich damals nicht blühend)
  schmückten. Ein in einer Waldhütte lebender Brasilianer, der, wie die
  Einwohner des tropischen Amerika überhaupt, über die »parasitas« wohl
  Bescheid wusste, sagte mir, dass solche ausschliesslich in feuchten
  Schluchten zu finden wären, und führte mich zum Beleg in eine solche, wo
  die Bromeliaceen in der That etwas reichlicher auftraten, aber von
  anderen Epiphyten nicht begleitet waren.

  Auf den einzelnen knorrigen Bäumen und in den dünnen Gebüschen der
  Campos von Minas Geraës sind die Epiphyten, wie mir Dr. SCHENCK
  mittheilte, ebenfalls Ȋusserst sparsam, ja fehlen stellenweise
  gänzlich. Nur einige Polypodien, Pleurothallideen und wenige
  Bromeliaceen trifft man hier und da vereinzelt an.« (Brief aus Congonhas
  do Campo, ca. 48 km südwestl. von Ouro Preto.) In den Urwaldbeständen
  auf Bergabhängen treten dagegen die Epiphyten begreiflicherweise
  reichlich auf.

  An den trockenen Küstenstrichen Mexicos, bei Vera Cruz u. s. w., fand
  GALEOTTI nur in feuchten Schluchten einige Orchideen, beinahe
  ausschliesslich Oncidien mit cylindrischen, fleischigen Blättern. Erst
  in den Urwäldern an den Abhängen der Cordillere zeigen sich die
  mannigfaltigen Formen, durch welche Mexico berühmt ist.

  Die trockenen Küstengebiete Nord-Chiles und Perus scheinen der Epiphyten
  beinahe ganz zu entbehren; nur einige graue, xerophile Tillandsia-Arten
  schmücken in ersterem die spärlichen Bäume und Cereus-Säulen. POEPPIG
  erwähnt Epiphyten für die Küstenzone Perus nicht.

  In Westindien besitzen die nach dem Antillenmeer zugekehrten
  Küstenstriche der grösseren Inseln ein trockeneres Klima als nach der
  atlantischen Seite, und ein solches kommt gewissen der kleineren Inseln
  in ihrer ganzen Ausdehnung zu. Unter diesen letzteren befindet sich
  St. Croix und der kleine Archipel der Jungferninseln, deren
  Pflanzengeographie und Floristik von EGGERS behandelt worden sind. Der
  Einfluss des trockeneren Klima tritt in dem xerophilen Charakter und der
  Armuth der Epiphytenformation in instructiver Weise zum Vorschein; graue
  Tillandsien und einige wenige Orchideen (Epidendrum- und Oncidium~Arten,
  Polystachya luteola) sind, mit Cereus triangularis, Feigenbäumen
  (F. populnea, pedunculata) und Clusien ihre einzigen phanerogamischen
  Bestandtheile; die Farne sind zahlreicher, wie überall da, wo ihnen
  genügend Schatten zur Verfügung steht. Die Arten sind beinahe sämmtlich
  auf den Inseln mit feuchtem Klima häufig.

_Vollständig_ fehlt, nach dem Gesagten, die atmosphärische Vegetation auch
in den trockeneren Gebieten des tropischen Amerika beinahe nirgendwo auf
grösseren Strecken. Stets ist dieselbe aber, wo die Feuchtigkeit spärlich,
arm an Arten und Individuen; fleischige Orchideen und Cactaeeen, graue
Tillandsien, lederige Polypodien sind die einzigen Formen, die den
ungünstigen Existenzbedingungen in den Savannen- und Catingasgebieten zu
trotzen vermögen. Sobald aber der Wald dichter oder auch, wo an den Ufern
von Wasserläufen die Luft reicher an Feuchtigkeit wird, stellen sich die
Epiphyten in grösserer Ueppigkeit und Formenreichthum ein.

Wir haben im vorigen Kapitel gesehen, dass die epiphytische Vegetation der
natürlichen Savannen, sowie der durch Ausrottung des Urwalds entstandenen
Culturgebiete mit derjenigen, die auf dem Laubdache des Waldes unmittelbar
das Sonnenlicht geniesst, übereinstimmt. Es ist allerdings nicht unmöglich
-- wenn auch noch unerwiesen -- dass der eine oder der andere der
Savannenepiphyten im Urwalde fehlt; dieselben gehören aber stets Gattungen
an, die auch im letzteren, und zwar meist durch viel zahlreichere Arten,
vertreten sind.

_Diese Uebereinstimmung kann entweder darauf beruhen, dass die xerophilen
Gipfelepiphyten des Urwalds aus den Savannen eingewandert sind, oder dass
dieselben umgekehrt vom Urwalde aus die Savannen colonisirt haben. Die
verschiedensten Erscheinungen zeigen aufs bestimmteste, dass die letztere
Annahme der Wirklichkeit entspricht._

Zunächst ist ein Auswandern der Epiphyten aus dem Urwalde direkt
nachweisbar. Wo, auch fern von den Savannen, der Urwald gefällt und der
Boden mit Nutzbäumen bepflanzt wird, werden letztere bald durch die
Epiphyten des benachbarten Urwalds colonisirt, und zwar scheinbar
ausschliesslich von den xerophilen Arten, die in letzterem die obersten
Zweige bewohnen. Bei genauerem Suchen wird man jedoch hier und da
kümmerliche, nicht blühende Exemplare der hygrophilen Arten finden, und
diese treten in grösserer Ueppigkeit auf, sobald die Feuchtigkeit eine
grössere wird.

Die grosse Ungleichheit in den Existenzbedingungen der einen und denselben
Baum, aber in ungleicher Höhe, bewohnenden Epiphyten zeigt sich in
auffallender Weise, wo, wie es häufig geschieht, bei der Fällung des
Urwalds einzelne Bäume verschont geblieben sind. In solchen Fällen sehen
wir die hygrophilen Epiphyten des Stammes und der dickeren Aeste
absterben, wahrend die xerophilen des Gipfels sich stammabwärts bewegen.
Zuerst, schon nach wenigen Tagen, gehen die zarten Hymenophylleen der
Stammbasis zu Grunde, die übrigen hygrophilen Epiphyten resistiren länger,
nehmen aber eine gelbliche, krankhafte Färbung an und verschwinden
schliesslich ganz, während die bisher auf den Gipfel localisirten grauen
Tillandsieen, fleischblätterigen Orchideen und lederartigen, kleinen
Polypodien den Baum, oft bis zu seiner Basis, überwuchern. Die
Uebereinstimmung zwischen der Epiphytenflora der Savannen und denjenigen
des Laubdaches des Urwalds ist uns, nach diesen Erscheinungen, sehr
begreiflich.

Dafür, dass die xerophilen Epiphyten der Baumgipfel des Urwalds in diesem
selbst entstanden sind, spricht auch der Umstand, dass sie in letzterem,
oder besser _auf_ letzterem, weit üppiger wachsen, weit reicher sind,
nicht bloss an Individuen, sondern auch an Arten, als in den
Savannengebieten, wo sie nur im dampfreichen Gallerienwalde der Flüsse
zahlreicher werden, da sogar manchmal eine Beimischung hygrophiler Formen
erhalten.

Mit grösster Sicherheit ergibt sich jedoch der silvane Ursprung der
aerophilen Epiphyten daraus, dass in Savannen die terrestrische und
epiphytische Vegetation ganz schroff geschieden bleiben, während im Urwald
ein allmahlicher Uebergang von der einen in die andere und von den unteren
Schichten der Epiphytenvegetation in die oberen sich zeigt. Der Urwald
zeigt uns die Entwickelung der Genossenschaft in allen ihren Phasen.

Manche Pflanzen des tropischen Urwalds wachsen, wie bereits erwähnt wurde,
sowohl auf dem Boden, als auch auf Bäumen, ohne irgend welche eigentliche
Anpassungen an epiphytische Lebensweise zu besitzen; sie vermochten sich
im Kampfe ums Dasein sowohl als terrestrische Gewachse, wie auch als
Epiphyten zu behaupten (Melastomaceen e. p., Solanaceen u. a.
Dicotyledonen, Farne e. p.). Andere Formen verdankten hingegen nur dem
Umstande, dass sie als Epiphyten gedeihen konnten, ihre Fortexistenz, und
bei diesen wurden natürlich alle Eigenschaften gezüchtet, welche für
Lebensweise auf Bäumen geeignet waren; sie wurden an letztere _angepasst_,
oft jedoch, ohne die Fähigkeit, auch in gewöhnlichem Boden zu leben, zu
verlieren, wenn es die Concurrenz mit anderen Gewächsen nicht verhinderte;
so gedeihen sie ganz allgemein als Topfpflanzen, und man findet sie
zuweilen, obwohl relativ sehr selten, auch in der Natur als terrestrische
Gewächse. Unbehindert können sie sich ausserdem kahler Felswande
bemächtigen, wenn ihre Eigenschaften ihnen das Leben auf solchen
gestatten.

_Jede neue Eigenschaft, die einen Epiphyten in den Stand setzte, sich
aufwärts, dem Lichte zu, zu bewegen, wurde im Kampfe ums Dasein gezüchtet.
So entspricht die etagenmässige Gliederung der epiphytischen
Urwaldvegetation einer steigenden Vervollkommnung der Anpassungen. Damit
ging aber die Fähigkeit, sich auch auf dem Boden zu behaupten, immer mehr
verloren._ Die hygrophilen Epiphyten sind zum Theil indifferent, die
xerophilen dagegen können nur, und das auch blos theilweise, auch an
kahlen Felswanden gedeihen; als im Boden wurzelnde Pflanzen kommen sie in
der Natur nicht vor.

Allmähliche Uebergange verbinden die terrestrischen und epiphytischen
Pflanzengemeinschaften des Urwalds; die Gattungen sind zum Theil
dieselben, und manche Art des höchsten Niveau dringt in einigen Individuen
in ein tieferes, wahrend ausgesprochen hygrophile Epiphyten sich in
kümmerlichen Exemplaren auf dem Laubdache zeigen können. Die Vegetation
des Gipfels und diejenige des Stammes vermischen sich aber nicht, während
letztere manche Art mit dem Boden gemein hat. Das Ganze trägt das Gepräge
eines allmählichen Strebens nach dem Lichte.

Ganz anders in den Savannenwäldern; hier ist von einem Austausch der im
Boden bewurzelten Vegetation und derjenigen, die sich an der Oberfläche
der Rinde befestigt hat, keine Rede. Nur auf der Oberfläche von
Felsblöcken sieht man einen Theil der Arten der Epiphytengenossenschaft.
Die einseitige Anpassung an Lebensweise auf harter Unterlage gestattet
ihnen das Leben auf gewöhnlichem Boden entweder gar nicht mehr (Till.
usneoides, circinalis, Aëranthus funalis u. a. m.), oder sie sind doch
nicht mehr im Stande, mit den an terrestrische Lebensweise angepassten
Arten zu concurriren. Die einzigen sonst epiphytisch wachsenden Pflanzen,
die man gelegentlich, in vereinzelten Exemplaren, als Bodenbewohner in der
Savanne trifft, sind baumartige Arten, die im Urwalde auf anderen Bäumen
wachsen, auf den Savannen aber wegen Mangels an hinreichender
atmosphärischer Feuchtigkeit von der epiphytischen Genossenschaft
ausgeschlossen bleiben (Clusia, Ficus).

Wir werden in diesem Kapitel sehen, warum die Savanne autochtone Epiphyten
nicht erzeugte -- ausser vielleicht solche Arten, die aus bereits
epiphytischen Colonisten des Urwalds durch weitere Anpassung entstanden.
Unserer Erklärung muss eine grössere Anzahl beweiskräftiger Thatsachen
vorausgeschickt werden. Wir wollen einstweilen nur an der Thatsache
festhalten, _dass die epiphytische Flora der Savannengebiete einer
Einwanderung aus dem Urwalde ihren Ursprung verdankt_.

4. Man stellt sich vielfach vor, dass das Vorkommen von Epiphyten an
grosse Hitze gebunden sei, obwohl der vermuthete räthselhafte Zusammenhang
zwischen Lebensweise auf Bäumen und Temperatur, aus guten Gründen, nie den
Gegenstand eines Erklärungsversuchs gebildet hat. Es wachsen allerdings
sehr viele Epiphyten in den mächtigen Wäldern der Flussgebiete
Süd-Amerikas, wo die grosse Wärme starke Ausdünstung des Wassers bedingt,
das die nächtliche Abkühlung wieder als Thau niederschlägt(20). _Die
reichste Entwickelung der Epiphytengenossenschaft zeigt sich jedoch in der
Regel an Bergabhängen, und zwar nicht bloss in den heissen tieferen
Regionen, sondern auch in denjenigen mit temperirtem Klima. Die Epiphyten
erreichen jedoch nicht oder nur in geringer Anzahl die Baumgrenze._

Es kann zwar eine bestimmte Region angegeben werden, in welcher überall
zwischen den Tropen und in benachbarten Gebieten die
Epiphytengenossenschaft ihre reichlichste Entwickelung besitzt, jedoch
nicht eine bestimmte Höhe, welche dieselbe nicht erreicht. Letztere ist
vielmehr sehr wechselnd, _da sie in erster Linie von der Spannung der
Luft, ihrer Sättigung mit Wasserdampf, der Häufigkeit der Niederschläge
abhängen_ -- Verhältnisse, die auf Gebirgen, den Luftdruck ausgenommen,
klimatischen und topographischen Einflüssen unterworfen sind. Am reichsten
an Epiphyten ist überall die meist zwischen 1300 und 1600 m gelegene
Wolkenregion, in welcher die Luft beinahe stets mit Wasserdampf vollkommen
gesättigt ist(21), reichliche Thaubildung und Regen die Wurzeln der
Epiphyten und ihr Substrat stets feucht halten.

Oberhalb der Wolkenregion nimmt die Menge der Epiphyten ab, bald
schneller, bald langsamer, aber keineswegs in Folge der Abnahme der
Temperatur, sondern, wie es sich namentlich aus dem Vergleich der
brasilianischen Gebirge mit dem Himalaya ergeben wird, weil die
Luftfeuchtigkeit, relativ und absolut, mit der Höhe abnimmt(22).
Vollkommene Sättigung der Luft mit Wasserdampf kommt zwar auch auf
Berggipfeln manchmal vor; bei hellem Wetter sinkt aber der Dampfdruck auf
ein ganz geringes Maass herab. Zudem kommt der gleichsinnig wirkende
Umstand ganz besonders in Betracht, dass bei gleichem Sättigungsgrad der
Luft mit Wasserdampf und gleicher Temperatur die Verdunstung auf hohen
Gebirgen, in Folge des geringeren Luftdrucks, eine weit grössere ist als
in der Ebene(23) In Folge dieser Verhältnisse sehen wir auf tropischen,
sonst sehr feuchten Gebirgen, manchmal schon in Regionen, wo der Frost
unbekannt ist, wie in der brasilianischen Serra de Mantiqueira, den
Baumwuchs schwinden und die Stauden und Sträucher Schutzmittel gegen
Transpiration erhalten, ganz ähnlich wie in den heissen Savannen der
Ebenen.

Noch weit mehr als die Bodenpflanzen hängen die Epiphyten von dem
Sättigungsgrade der Luft an Wasserdampf und von der Grösse der Verdunstung
ab, indem ihre Organe meist sämmtlich oberflächlich sind, ihr Substrat
leicht eintrocknet und für seinen Wasservorrath direkt von den
atmosphärischen Niederschlägen abhängt. Es ist uns daher auch leicht
begreiflich, dass die Epiphyten sich auf Gebirgen weniger hoch erheben als
andere Gewächse, und dass die obersten derselben in hohem Grade xerophilen
Charakter tragen. So fand LIEBMANN auf den Bäumen des Coniferenwaldes bei
der 10000′ hoch gelegenen Jacqueria del Jacal am Orizaba nur graue
Tillandsien, eine fleischige Echweria, eine ebenfalls sehr dickblätterige
Peperomia und eine jener zungenblätterigen Polypodium-Arten, wie sie an
trockenen Standorten so häufig sind. Die erwähnten Pflanzen erhoben sich
wenig höher, während die obere Grenze des Coniferenwaldes bei 11000′
liegt.

Im brasilianischen Küstengebirge stellen sich die Coniferenregion
(Araucaria) und die baumlose Region (Campos elevatos) bei weit geringerer
Höhe ein als auf den Anden, was, wie GRISEBACH angibt, darauf beruht, dass
die steilen Gipfel dem Passatwinde zu wenig Masse darbieten, um die für
die volle Ueppigkeit des Tropenwaldes erforderliche Intensität der
Niederschläge zu erzeugen. Auf der Serra do Picú, zwischen den Provinzen
Rio de Janeiro und Minas Geraes, fand ich die letzten Epiphyten, Peperomia
reflexa und ein steriles Farn, im Laubwalde bei ca. 1600 m; der auf diesen
Laubwald folgende Araucariengürtel und die knorrigen Stämme einer Eugenia,
die eine Art Krummholzregion über den Araucarien bildete, entbehrten der
Epiphyten gänzlich; dagegen wuchsen auf der Savanne von ausgesprochen
xerophilem Charakter, die den Gipfel einnahm (Campos elevatos), eine
terrestrische Bromeliacee (Dyckia princeps) und ein Anthurium. Im Thale am
Fusse des Gipfels fand ich zahlreiche epiphytische Bromeliaceen (Arten von
Vriesea, Nidularium, Aechmea) und Farne, dagegen nur ein einziges steriles
Exemplar einer epiphytischen Orchidee.

  Entsprechend der hohen Breite, stellt sich in der Serra Gerál von
  Sta. Catharina die temperirte Region noch weit tiefer ein als zwischen
  den Tropen. Bei 8--900 m werden jenseits des Hauptkamms, der einen sehr
  grossen Theil der Feuchtigkeit zurückhält, nur noch die Culturpflanzen
  temperirter Länder gezogen. Eine Excursion auf diesen Gebirgen, von
  Joinville nach São Bento, ergab manche interessanten Aufschlüsse über
  die Lebensbedingungen epiphytischer Gewächse. Bis wir den nur ungefähr
  1000 m hohen Kamm erreicht hatten, war der Wald, wenn auch nicht überall
  hoch, doch meist dicht und reich an den meisten epiphytischen Pflanzen,
  die wir früher als in den Wäldern Sta. Catharinas vorkommend erwähnt
  haben, zu welchen einige andere Arten hinzukamen. In den flachen
  Hochthälern, welche wir nachher durchkreuzten, trugen die Wälder ein
  wesentlich anderes Gepräge. Theils waren es Laubwälder, in welchen die
  vorherrschenden Bäume Mimosen, Vernonien, Croton, von geringerer Grösse
  auch Solanum-Arten waren, manchmal von vereinzelten hohen Araucarien
  überragt; solche Wälder enthielten einige epiphytische Orchideen
  (Pleurothallideen, Epidendrum) von sehr geringen Dimensionen,
  Tillandsieen, kleine Farne, Peperomia reflexa, sämmtlich Pflanzen mit
  hoch entwickelten Schutzvorrichtungen gegen Transpiration, wie wir sie
  sonst nur bei Sonnenepiphyten finden, obwohl dieselben am Stamme im
  Schatten wuchsen. Streckenweise gingen wir durch Araucarienwälder, wo
  die Epiphyten vollständig zu fehlen schienen, obwohl solche auch auf
  Araucarien vorkommen, wenn diese vereinzelt im dichten Laubwalde
  wachsen. In dem von dünnem Araucarienwalde und Savannen bedeckten Thale,
  wo das kleine Dorf Campo alegre liegt, hatte ich keine Epiphyten
  gesehen, bis ich zu einer von hohen Felsen umgebenen Schlucht kam, wo
  ein Wasserfall brauste. Ueber dem Wasser beugten sich kleine Bäume, von
  deren Endzweigen mächtige Schweife von Tillandsia usneoides hingen,
  während ihre Stämme und dickeren Aeste von zahlreichen
  Tillandsia-Rosetten, Peperomia reflexa, kleinen Orchideen und Farnen
  bedeckt war. Es war also offenbar nicht die zu niedrige Temperatur,
  welche das Fehlen der Epiphyten im Thal bedingte, sondern der Mangel an
  hinreichender Feuchtigkeit, obwohl das Klima von Campo alegre nach
  europäischen Begriffen nicht gerade als trocken zu bezeichnen wäre.

  Eingehende Angaben über die Vertheilung der epiphytischen Orchideen auf
  der mexikanischen Cordillere verdanken wir RICHARD und GALEOTTI; es ist
  zu bedauern, dass nicht die anderen Epiphyten gleichzeitig
  Berücksichtigung gefunden haben, da aus der Betrachtung einer einzigen
  Familie Schlüsse auf die Existenzbedingungen der Formationen, in welchen
  sie auftritt, nur mit grosser Vorsicht entnommen werden können.

  Auf den der epiphytischen Orchideen beinahe ganz entbehrenden
  atlantischen Küstenstrich folgt mit eintretender Neigung eine feuchtere,
  noch heisse Region, in welcher die bewaldeten Schluchten viele
  epiphytische Orchideen (bis 900 m) zeigten. Weit reicher an den
  letzteren ist indessen die darauf folgende temperirte Region (tierra
  templada, 900 oder 1000 bis 1800--2000 m); hier herrscht ewige
  Feuchtigkeit bei einer mittleren, noch wenig schwankenden Temperatur von
  18--19° C. Baumfarne sind in dieser Region massenhaft entwickelt. In
  gleicher Höhe sind die nach dem Centralplateau gerichteten wasserarmen
  Abhänge sehr arm an epiphytischen Orchideen. Solche treten dagegen nach
  der zum atlantischen Ocean gerichteten Abdachung noch in grosser Menge
  in der ebenfalls sehr feuchten kälteren Region (terra fria) auf. Sie
  nehmen jedoch allmählich nach oben ab und wenige erheben sich über
  2800 m. Odontoglossum nebulosum und Cattleya citrina allein erheben sich
  bis 3200 m, während terrestrische Formen bis gegen 3900 m hinaufgehen.

Eine ausserordentlich üppige epiphytische Vegetation bedeckt die feuchten
südlichen Abhänge des östlichen Himalaya (von Nepaul bis Bhotan) und die
Gebirge von Birma; dieselbe steigt bis nahe an die Baumgrenze und zeigt je
nach der Höhe, bedeutende Unterschiede. Die epiphytischen Orchideen sind,
wie mir Herr Dr. BRANDIS mittheilte, zwischen 2000 und 5000 Fuss am
zahlreichsten; »dies ist auch in der Regel eine Zone sehr grosser
Feuchtigkeit«. Demselben Niveau scheint auch im östlichen Himalaya das
Maximum der Entwickelung vieler anderer tropischer Epiphyten, wie
Gesneraceen, Rubiaceen, Melastomaceen, Ficus, zu entsprechen(24). Mehr
oder weniger zahlreiche dieser tropischen Typen erheben sich jedoch weit
höher; die oberste Grenze ist für die epiphytischen Orchideen bei 9400′
(Coelogyne Wallichii), für die epiphytischen Gesneraceen (Aeschynanthus
maculata, bracteata) und die Rubiaceen (Hymenopogon parasiticus) ca.
8000′.

Ungefähr von 4000′ an treten im östlichen Himalaya, der in ihrem Charakter
noch vorwiegend tropischen Epiphytenformation, entsprechend der in der
Bodenvegetation eintretenden Veränderung, _Typen der nördlichen
temperirten Zone bei, die mit der Höhe zunehmen und über 6000′ weit über
die tropischen Arten vorherrschen_. Da wachsen als Epiphyten verschiedene
Arten von Rhododendron (Rh. Dalhousiae, vaccinioides, pendulum etc.), von
Vaccinium (V. retusum etc.), Hedera Helix, Vogelbeerbäume (Pyrus foliolosa
u. P. rhamnoides), ein Ribes (R. glaciale), ein Evonymus (E. echinatus)
etc. Manche dieser Arten erreichen über 10000′. _Die
Epiphytengenossenschaft setzt sich demnach in der temperirten Region des
Himalaya ausser aus Einwanderern der tropischen Region auch aus
Pflanzentypen der nördlichen temperirten Zone zusammen. Diese sind demnach
ebenso gut im Stande, wie tropische Pflanzen, epiphytische Lebensweise
anzunehmen._

Ueber die klimatischen Bedingungen, unter welchen die epiphytische
Vegetation in den hohen Regionen des östlichen Himalaya gedeiht, kann ich,
dank den freundlichen Mittheilungen von Herrn Dr. BRANDIS, genauere
Angaben machen, die für die Frage nach den Existenzbedingungen der
Epiphyten überhaupt von Wichtigkeit sind. Dieselben beziehen sich auf
_Darjeeling_, einen bei 7421’ = 2262 m über dem Meere gelegenen
Luftkurorte in Sikkim (Bengalen), dessen Umgebung sehr reich an den
verschiedenartigsten Epiphyten ist(25).

  Temperatur: Jahresmittel: 51°,8 F= 11° C., Juli: 60°,9 F. = 6° C.,
  Januar: 39°,5 = 4°,1 C.

  Regenfall: Jahresm.: 120″,33 = 310 cm; Mai--Oktober 112″,06 =285 cm.

  Mittlere relative Feuchtigkeit: Jahr: 84 %; Oktober--April: 73--81 %;
  Mai--September: 95 %(26).

Von Herrn GAMBLE (vgl. Anm.) wurden bei Darjeeling 42 Arten epiphytischer
Orchideen über 6000′ gesammelt, von welchen jedoch die grosse Mehrzahl
sich nicht über 7000′ erhebt. Bolbophyllum reptans und Coelogyne humilis
erreichen 8000′, Liparis paradoxa und Coelogyne Hookeriana 9000′. Die
Epiphytengenossenschaft besitzt einen wesentlich temperirten Charakter und
setzt sich aus den vorher für die temperirte Region angegebenen Arten
zusammen, welche zum grössten Theile, vielleicht sämmtlich, auch als
Bodenpflanzen vorkommen; ausgesprochene Anpassungen an epiphytische
Lebensweise sind in der temperirten Region nicht eingetreten.

  Die Nilgherries sind trotz ihres tropischen Klimas ärmer an
  epiphytischen Orchideen und, soweit ich es aus HOOKER’s _Flora of B. I._
  und _Genera plantarum_ entnehmen kann, auch an anderen Epiphyten als das
  östliche Himalaya und Birma. Die Sammlungen von Herrn GAMBLE (Wellington
  6200′; Jahresm. 61° F., Mai 65°,7, Januar 55°,2, mittlerer Regenfall auf
  dem Plateau 45--103″ enthalten nur fünf über 6000′ gesammelte
  epiphytische Orchideen. Während der trockenen Jahreszeit wird der
  Dampfgehalt der Luft wohl sehr gering sein.

_Es geht aus dem Vorhergehenden mit Sicherheit hervor, dass die
epiphytische Lebensweise keineswegs an tropische Hitze gebunden ist,
sondern da eintritt, wo der Dampfgehalt der Luft und die Regenmenge gross
genug sind, um terrestrischen Gewächsen das Gedeihen auf Bäumen zu
gestatten._

_5. Die Epiphyten sind in Amerika nicht streng auf die tropische Zone_
(incl. Süd-Brasilien) _beschränkt. Mehrere Arten kommen vielmehr in den
temperirten Zonen der nördlichen und namentlich der südlichen Hemisphäre
vor_ und bieten in der Art ihres Vorkommens manches, das den Zusammenhang
zwischen den Lebensbedingungen epiphytischer Gewächse und ihrer
geographischen Verbreitung beleuchtet.

Die Nordgrenze des tropischen Urwalds ist auch diejenige einer reichen
atmosphärischen Flora und fällt ungefähr mit dem Wendekreise zusammen. Der
von dem tropischen durch ausgedehnte Savannengebiete und Wüsten getrennte
nordamerikanische Wald weicht von ersterem in seiner systematischen
Zusammensetzung, in seiner biologischen Physiognomie wesentlich ab, sogar
in den subtropischen südlichen Staaten, welche doch zahlreiche Pflanzen
der tropischen Zone aufgenommen haben. Im Gegensatz zu Europa fehlen
jedoch im nordamerikanischen Walde die Epiphyten nicht ganz und bieten für
die uns gegenwärtig beschäftigenden Fragen hervorragendes Interesse.

Ausgesprochene Anklänge an die Flora des benachbarten Westindiens zeigen
sich namentlich im warmen Süd-Florida, wo die Strandvegetation noch
wesentlich die gleiche ist, wie auf Cuba und den Bahamas; Hippomane
Mancinella, Coccoloba uvifera wachsen im Sande, während die Lagunen von
Mangroven umrahmt sind (Rhizophora, Laguncularia racem). Auch der Wald
enthält manche tropische Bäume, wie Oreodoxa regia, Canella, Swietenia
Mahagony, Zamia integrifolia, Eugenia-Arten, Burseraceen, Turneraceen,
Chrysobalaneen, Büttneriaceen, Myrsineen etc. Kein Wunder, dass die
Einwanderung tropischer Bodenpflanzen von einer solchen epiphytischer
Gewächse begleitet gewesen ist. Die atmosphärische Vegetation Süd-Floridas
ist aber, im Vergleich zu derjenigen des doch ganz benachbarten
Westindien, sehr arm an Arten und namentlich an Gattungen. Die daran
theilnehmenden Familien sind nur die Farne, Bromeliaceen, Orchideen und
Clusiaceen, letztere mit einer einzigen Art. Die auf den benachbarten
westindischen Inseln in der atmosphärischen Flora so reichlich vertretenen
Araceen, Piperaceen, Gesneraceen, Lycopodium etc. fehlen gänzlich.

Die epiphytische Vegetation Floridas und der südlichen Vereinigten Staaten
überhaupt setzt sich, soweit ich sie mit Hülfe eigener Beobachtungen und
der Angaben in CHAPMAN’s Flora zusammenstellen konnte, aus folgenden Arten
zusammen:

              *Epiphyten der südlichen Vereinigten Staaten.*

                               *Clusiaceae.*

  Clusia flava. — (Trop. Am.)

                              *Bromeliaceae.*

  Tillandsia utriculata. — (Trop. Am.)
  — bracteata.
  — bulbosa. — (Trop. Am.)
  — tenuifolia (incl. Bartramii, caespitosa, juncea). — (Trop. Am.)
  — recurvata. — (Trop. Am.)
  — usneoides. — (Trop. Am.)
  — Houzeavi.
  — flexuosa. — (Trop. Am.)
  Catopsis nutans. — (Trop. Am.)

                                *Orchideae.*

  Dendrophylax Lindenii.
  Polystachya luteola. — (West-Indien.)
  Epidendrum conopseum.
  — venosum.
  — cochleatum. — (Trop. Am.)
  — umbellatum. — (Trop. Am.)
  — nocturnum. — (Trop. Am.)

                                 *Filices.*

  Polypodium incanum. — (Trop. Am.)
  — Phyllitidis. — (Trop. Am.)
  Polypodium aureum. — (Trop. Am.)
  Vittaria lineata. — (Trop. Am.)
  Aspidium (Neprolep.) exaltatum. — (Trop. Am.)
  Ophioglossum palmatum. — (Trop. Am.)
  Psilotum triquetrum. — (Trop. Am.)

_Die atmosphärische Vegetation Floridas und der Vereinigten Staaten
überhaupt besteht demnach ausschliesslich aus Formen des tropischen
Urwalds, speciell Westindiens._

Demjenigen, der die soeben aufgezählten Gewächse kennt, wird es auffallen,
dass _es beinahe sämmtlich Arten sind, die, in hohem Grade mit
Schutzmitteln gegen Trockenheit ausgerüstet, zwischen den Wendekreisen nur
auf den Gipfeln der Urwaldbäume und in Savannen vorkommen_. Polypodium
aureum bildet nur scheinbar eine Ausnahme, indem dasselbe in Florida,
soweit meine Beobachtungen reichen, bloss in den persistirenden Basen der
Blätter von Sabal Palmetto als Epiphyt gedeiht, wo ihm eine reiche und
feuchte Compostmasse als Substrat dient, welche ihm manchmal von
Bodengewächsen streitig gemacht wird; dasselbe gilt auch von dem seltenen
Ophioglossum palmatum.

Ganz besonders ausgeprägt sind die Schutzmittel gegen Transpiration bei
den drei einzigen epiphytischen Gefässpflanzen, die über Floridas Grenzen
nach Norden dringen, Epidendrum conopseum, Tillandsia usneoides und
Polypodium incanum. Das Epidendrum, dessen Nordgrenze in Nord-Carolina
liegt, ist eine jener derbblätterigen xerophilen Arten, wie wir sie in der
Tropenzone nur auf den höchsten Baumästen des Urwalds oder in dünnen
Savannengebüschen treffen. Tillandsia usneoides, die etwas nördlicher,
nämlich bis zum 38.° in Virginien dringt, lässt sich kaum trocknen, und
was Polypodium incanum betrifft, das von allen nordamerikanischen
epiphytischen Gefässpflanzen die höchste Breite erreicht (Illinois), so
ist es auch diejenige, die das höchste Maass von Trockenheit unbeschadet
verträgt. Es wäre indessen ein grosser Irrthum, zu glauben, dass diese in
so hohem Grade gegen Transpiration geschützten Pflanzen in den Vereinigten
Staaten trockene Standorte aufsuchen; man findet sie meist an den feuchten
Ufern der Flüsse und Seen.

_Die Erscheinung, dass nur solche Epiphyten, die in besonders hohem Grade
gegen die Gefahren der Trockenheit geschützt sind, die Gebiete tropischen
Regens nach Norden überschreiten, ebenso wie das Fehlen nordamerikanischer
Elemente in der epiphytischen Flora Nordamerikas lassen sich nur durch den
Mangel an hinreichender Feuchtigkeit im nordamerikanischen Waldgebiet
erklären._

Man wird vielleicht einwenden, dass, da das Klima Nordamerikas für das
Gedeihen verschiedener tropischer Epiphyten nicht zu trocken ist, obwohl
dieselben ihren Ursprung im feuchten tropischen Urwald genommen haben,
dasselbe erst recht das Bestehen einer autochthonen epiphytischen
Vegetation zulassen müsste. Vergegenwärtigt man sich jedoch, unter welchen
Bedingungen die atmosphärische Vegetation des Tropenwalds sich entwickelt
hat, so wird man das Räthsel unschwer lösen. Die Epiphyten stammen von
terrestrischen Gewächsen ab, die dank der grossen Feuchtigkeit des
tropischen Urwalds auch auf der bemoosten Stammrinde gedeihen konnten; auf
solche Uebergangsstadien zum Epiphytismus, die noch vorkommen, habe ich
früher mehrmals aufmerksam gemacht. Allmähliche Anpassung erlaubte einem
Theil dieser Epiphyten, aus dem Schatten in das volle Licht zu treten, wo
sie der Trockenheit der Luft entsprechende Schutzmittel erhielten; dadurch
wurden sie aber in den Stand gesetzt, sich ausserhalb der Grenzen des
tropischen Urwalds zu verbreiten, während die gegen Trockenheit weniger
resistenten Formen des Schattens und Halbschattens an denselben gebunden
blieben. Wir haben denn in der That gesehen, wie diese xerophil gewordenen
Epiphyten die dünnen Wälder und einzeln stehenden Bäume der
Savannengebiete colonisirt haben. Ihrer allgemeinen Verbreitung ausserhalb
der tropischen Zone stand die Temperatur entgegen; ähnlich aber, wie
manche tropische Bodenpflanzen, vermögen auch gewisse tropische Epiphyten
niedere Temperaturgrade zu ertragen und sind dementsprechend mehr oder
weniger in die extratropischen Gebiete eingedrungen. Diese Auswanderung
ist aber wegen der geringeren Feuchtigkeit der temperirten Zonen auf die
xerophilen Epiphyten beschränkt geblieben.

_In den nordamerikanischen Wäldern würden die Schattenpflanzen des Bodens
aus Mangel an Feuchtigkeit nicht auf der Baumrinde gedeihen können._

So steigt das so gemeine Polypodium vulgare in Nordamerika ebensowenig auf
die Bäume, wie in Mittel- und Nord-Europa, während es in den Wäldern
gewisser sehr feuchter Gebiete, z. B. in Portugal, auf den canarischen
Inseln, oft massenhaft die Stämme und Aeste umhüllt. Der erste Schritt zu
einem autochthonen Epiphytismus war unmöglich -- letzterer musste daher
ganz ausbleiben, während für die xerophil gewordenen Epiphyten der Tropen
die Feuchtigkeit in Nordamerika gross genug war. So erklärt sich in
einfacher Weise die beim ersten Blicke so befremdende Erscheinung, dass
die epiphytische Vegetation Nord-Amerikas ausschliesslich tropischen
Ursprungs sei.

  Ueber den Antheil, den die epiphytischen Gewächse an dem Charakter der
  Vegetation in den südlichen Vereinigten Staaten nehmen, ist in den
  Floren nichts enthalten. Einige Beobachtungen darüber habe ich auf einer
  raschen Excursion, die ich im Anfang des Frühjahrs *1881* von Baltimore
  aus unternahm, anstellen können. Tillandsia usneoides sah ich von der
  Eisenbahn aus schon in Nord-Carolina, also wenig südlich von ihrer
  Nordgrenze. Von Süd-Carolina an war sie überaus häufig, und Bäume, wie
  der auf unserer Tafel I abgebildete, waren in diesem Staat sowohl als in
  Georgien und Florida sehr gewöhnliche Erscheinungen. Die Eichen
  (Q. virens) der Promenaden bei Jacksonville in Nord-Florida sind
  sämmtlich von einem dichten grauen Tillandsia-Schleier umhüllt und
  gewähren einen der wunderbarsten Anblicke, die mir die Pflanzenwelt in
  Amerika geboten hat; auch auf den Waldbäumen sind Tillandsiabärte eine
  gewöhnliche Erscheinung. Eine reichere epiphytische Vegetation sah ich
  erst am oberen St. Johns, so bei Palatka und Enterprise im mittleren
  Ost-Florida, wo beschuppte Stämme von Sabal Palmetto vielfach von den
  Wedeln des Polypodium aureum und den Rasen von Vittaria lineata
  geschmückt waren, während nackte Palmstämme Tillandsia recurvata, die
  Bäume im Walde grosse Rosetten von Tillandsia bracteata (?) trugen und
  Polypodium incanum sich überall, besonders reichlich jedoch, wie
  überhaupt die Epiphyten, in der Nähe des Flusses und der Seen zeigte.

6. Die maassgebende Bedeutung der atmosphärischen Feuchtigkeit für die
Entwickelung und Verbreitung von Pflanzen epiphytischer Lebensweise kommt
im temperirten Südamerika noch weit deutlicher zum Vorschein als in
Nordamerika. Die Erscheinungen sind in Argentinien einerseits, in
Süd-Chile andererseits sehr ungleichartig und verlangen daher eine
getrennte Behandlung.

Während die Wälder des temperirten Nordamerika von den
tropisch-mexikanischen durch ein Steppengebiet getrennt sind, setzt sich
der brasilianische Urwald nach Süden an den östlichen Abhängen der Anden
und der Küstengebirge (Serra Gerál), sowie längs der Ufer des Paraná und
Paraguay bis weit über den Wendekreis hinaus fort und verliert nur ganz
allmählich seinen tropischen Charakter. Letzterer ist in den Küstenwäldern
Süd-Brasiliens noch unverändert, und diese sind sehr reich an Epiphyten,
während in dem schmalen Streifen dichten Urwalds, der auf gleicher Breite
und in gleicher Richtung längs der Anden zieht, und noch mehr in den
ebenfalls dichten Galleriewäldern der Ufer des Paraná und Uruguay die
atmosphärische Vegetation schon formenarm ist. Die Savannenwälder und
Gebüsche des inneren und südlichen Argentiniens (Gran Chacó, Monte und
Pampas) sind noch weit ärmer an Epiphyten als die ihnen entsprechenden
Catingas und Carrascos des inneren Brasiliens und die ähnlichen Bildungen
der Llanos Venezuelas und Guianas. Die Gebüsche des östlichen Patagoniens
enthalten nur noch einige, wenige Tillandsia-Arten.

Während die Floren und Reiseberichte über das tropische Amerika die
Standortsverhältnisse der Pflanzen meist arg vernachlässigen, sind
dieselben in den für die Pflanzengeographie Südamerikas höchst werthvollen
Arbeiten LORENTZ’ und HIERONYMUS’ sorgfältig erwähnt, sodass ich auf Grund
der letzteren und derjenigen einiger anderer Autoren (GRISEBACH,
NIEDERLEIN, BAKER) folgendes Verzeichniss der Epiphyten Argentiniens
aufstellen konnte, das, wenn auch gewiss nicht ganz vollständig, von dem
Charakter der dortigen atmosphärischen Vegetation doch ein hinreichendes
Bild geben wird. Der Uebersichtlichkeit halber sind die Arten, die wohl in
den subtropischen Wäldern der Anden und Flussufer, aber nicht in den
Savannen vorkommen, mit einem # versehen.

                        *Epiphyten Argentiniens.*

_Abkürzungen_: E. = Entrerios, C. = Cordoba und Santiago del Estero, Ct. =
Catamarca, T. = Tucuman, S. = Salta, J. = Jujuy, O. = Oran nebst Tarijá,
Corr. = Corrientes u. Missiones, Men. = Mendoza, B.-A. = Buenos Ayres. †
Pflanzen, von welchen ich nur aus Analogie vermuthe, dass sie epiphytisch
wachsen.

                                *Cactaceae.*

  Rhipsalis #sarmentacea OTTO. — T., S. (Bonar.)
  — #pentaptera PFF. — O., Ct., T. (Brasil.)
  — #Lorentziana GR. — O.
  — #monacantha GR. — O.
  — sp. — E.
  Cereus Donkelairi SALM. DYCK. — E. (Brasil.)

                               *Araliaceae.*

  #Nicht näher bez. Art. (NIEDERLEIN.) — Corr.

                               *Piperaceae.*

  Peperomia #hispidula. — S. (Trop. Am.)
  — #inaequalifolia R. ET P. — S. (Peru, Venez., Boliv.)
  — #polystachya Miq. — T. (Trop. Am.)
  — #reflexa A. DIETR. (var. valantioides u. var. filiformis) — T., S.,
              J., O. (Trop. Am.)

                                 *Araceae.*

  Anthurium #coriaceum ENDL. — O. (S. Brasil.)
  #Philodendron sp.? (NIEDERLEIN.) — Corr.

                              *Bromeliaceae.*

  Chevalliera grandiceps GR. — O., T., S., J.
  Tillandsia macrocnemis GR. — C.
  — #purpurea R. ET P. — O. (Peru.)
  — circinalis GR. — E., C., O.
  — (Vriesea) #rubra R. ET P. T., S., J., O. (Peru.)
  — globosa. — E. (Brasil.)
  — dianthoidea TEN. — E., Corr. (Uruguay, Guiana.)
  — ixioides GR. — E., Corr.
  — #bicolor BRGT. — Ct., T., O. (Brasil. austr.)
  — unca GR. — C., O.
  — myosura GR. — C., O. (Bolivia.)
  — Nappii LTZ. ET NIED. — C.
  — — var. Darwinii id. — (Südl. Argent., Patag.)
  — retorta GR. — C.
  — recurvata L. — C., T., B.-A. (Am. trop. et temp.)
  — capillaris R. ET P. — J. (Peru, Boliv.)
  — bryoides GR. — C., T., O. (Brasil. austr.)
  — erecta GILLIES. — Men.
  — propinqua GAY. — C. (Boliv., Chile bor.)
  — rectangula BAK. — C.
  — pusilla GILLIES — Men.
  — Gilliesii BAK. — Men.
  — cordobensis HIER. (recurvata e. p. BAK.) — C.
  — usneoides L. — Ct., T., E., C. (Am. trop. et temp.)

                                *Orchideae.*

  Stigmatostalix #brachycion G. RCHB. — S.
  Epidendrum #sp. — O.
  Isochilus #linearis. — O. (Trop. Am.)
  Aëranthus #filiformis. — O. (Trop. Am.)
  Oncidium #Batemannianum. — Ct., T. (Brasil. aust.)
  — #bifolium SIMS. — E., T.
  — #viperinum LINDL. — Urug., T. (Parag.)

                                 *Filices.*

  †Hymenophyllum Wilsoni HOOK. — C. S. (ubiq.)
  †Trichomanes #sinuosum RICH. — T. (Trop. Am.)
  †Acrostichum viscosum SW. — C., S. (Trop. Am.)
  Asplenium #furcatum THUNB. — T. (Ubiq. Trop.)
  Polypodium #areolatum KTH. — T. (Trop. Am.)
  — #incanum SW. — E., T. (Am. trop. et temp.)
  — vaccinifolium LANGED. ET FISCH. — E., T., S., B-A. (Trop. Am.)
  — #PhyIlitidis L. var. repens. — T. (Trop. Am.)
  — macrocarpum PRL. — B.-A., C., T. etc. (And. trop.)
  — #lycopodioides. — T. (Trop. Am. et Afr.)

Die vorhergehende Liste ist in mancher Hinsicht sehr lehrreich. Zunächst
fallt es auf, dass die beiden am weitesten in die nördliche Zone
eindringenden Epiphyten, Till. usneoides und Polypodium incanum, auch in
Argentinien zu denjenigen gehören, die sich am weitesten vom Wendekreis
entfernen. Hierin werden dieselben jedoch noch von Tillandsia recurvata,
die auch in Florida vorkommt, und einigen endemisch argentinischen Arten
aus der Verwandtschaft der letzteren übertroffen; es ist bekannt, dass
Pflanzentypen an der Grenze ihres Verbreitungsbezirks sehr grosse Neigung
zum Ausarten und Variiren besitzen, und diesem Umstand scheint der reiche
argentinische Formenkreis von Till. recurvata (Untergatt. Diaphoranthema)
seinen Ursprung zu verdanken. Die beiden einzigen Epiphyten, die in die
patagonische Region übertreten, sind Till. bryoides und Till. Nappii,
beide auch in ganz Argentinien verbreitet, letztere jedoch in Patagonien
eine besondere Varietät, Darwinii LOR. ET NIEDERL., bildend. Wie die
genannten Tillandsia-Arten, sind auch die übrigen argentinischen Epiphyten
entweder mit tropischen Arten identisch oder mit solchen nahe verwandt;
nicht tropische Elemente sind unter denselben nicht vertreten.

_Die atmosphärische Vegetation Argentiniens besteht demnach, ähnlich wie
die nordamerikanische, ausschliesslich aus tropischen Einwanderern_, die
zum grösseren Theil unverändert blieben, zum kleineren sich vom
ursprünglichen Typus etwas entfernten.

Die atmosphärische Vegetation Argentiniens zeigt noch darin eine andere
bedeutsame Analogie mit derjenigen der Vereinigten Staaten, dass _die
dieselbe zusammensetzenden Arten beinahe sämmtlich solche sind, die
ausgeprägte Schutzmittel gegen Transpiration besitzen_ und im tropischen
Urwald nur auf den höchsten Baumgipfeln gedeihen, während sie in den doch
dichten Urwäldern der argentinischen Provinz Tucuman auf den Stämmen und
dicken Aesten der Bäume wachsen. Tillandsia recurvata, die mit ihren
Verwandten die ärmliche atmosphärische Flora der argentinischen
Savannenwälder wesentlich bildet, gedeiht in den tropischen Savannen an
den trockensten, sonnigsten Standorten, wo andere Tillandsien gar nicht
mehr vorkommen, und Aehnliches gilt von den diese Tillandsien begleitenden
kleinen Polypodium-Arten. Die an grössere Feuchtigkeit gebundenen
Epiphyten des tropisch-amerikanischen Urwalds, wie dünnblätterige
Orchideen mit und ohne Scheinknollen, grüne Bromeliaceen, Gesneriaceen,
grössere oder zartere Fame, epiphytische Holzpflanzen, gehen der
argentinischen atmosphärischen Vegetation, ähnlich wie der
nord-amerikanischen, beinahe gänzlich ab; die einzigen hierher gehörigen
Arten sind die wenigen Peperomien, mit Ausschluss der reflexa, Trichomanes
sinuosum und Vriesea rubra, sämmtlich Bewohner der feuchten, dichten,
subtropischen Wälder am Fusse der Anden.

_Die grosse Analogie, z. Thl. Uebereinstimmung der atmosphärischen Flora
in den südlichen Vereinigten Staaten und Argentinien hängt mit der
klimatischen Analogie dieser Länder zusammen. Mangel an hinreichender
Feuchtigkeit hinderte in beiden Ländern das Uebergehen der
Schattenpflanzen des Waldbodens auf die Baumstämme und hiermit die
Entstehung einer autochthonen epiphytischen __ Vegetation, aber nicht das
Eindringen tropischer Epiphyten, die im heimathlichen Urwald, auf ihrem
Wege aus der feuchten Tiefe nach der sonnigen Oberfläche des Laubdaches,
die nöthigen Anpassungen allmählich erworben hatten._

  Die Arbeiten von LORENTZ und HIERONYMUS enthalten zahlreiche Angaben
  über die atmosphärische Vegetation der verschiedensten Gebiete
  Argentiniens, die uns theils die Physiognomie derselben an ihrer
  süd-östlichen Grenze vor Augen bringen, theils für die Anschauungen,
  welche wir uns über die Lebensbedingungen derselben gebildet haben, neue
  Belege bringen und daher an dieser Stelle nähere Berücksichtigung finden
  sollen.

  Den grössten Reichthum an Arten und Individuen zeigt die epiphytische
  Genossenschaft in den subtropischen Wäldern des Nord-Westens
  (23--28° S. B.), »diese Region ist bedingt durch die hohen Felsenstirnen
  der Cordilleren und ihrer Ausläufer (zu denen auch der Aconquija-Stock
  gehört), welche sich dem mit Dünsten beladenen, vom Atlantischen Ocean
  kommenden Winde entgegenstemmen und ihm seine Feuchtigkeit entziehen.«
  (LORENTZ 1, p. 39.) Der subtropische Hochwald »bekleidet den unteren
  Theil der Berghänge; … auf ihn folgt nach oben, jedoch nicht überall,
  die Pino-Region (Podocarpus angustifolia), auf diese die Aliso-Region
  (Alnus ferruginea var. Aliso); darauf die Queñoa-Region (Polylepis
  racemosa), endlich die alpine Region (Wiesen).« Diese Regionen sind
  nicht streng parallel, sondern zeigen mancherlei Unregelmässigkeiten,
  auf welche hier nicht eingegangen zu werden braucht.

  Der subtropische Hochwald besteht aus sehr ungleich hohen, zum Theil
  mächtigen Bäumen, deren Zwischenräume von Lianen und ziemlich dichtem
  Unterholz eingenommen sind, während Farne oder, an helleren Stellen,
  Gräser und verschiedene Kräuter den Boden überziehen. Die Elemente des
  Waldes zeigen noch viele Anklänge an Brasilien (Nectandra, Eugenia,
  Tecoma, Cedrela brasiliensis var. australis, Croton, Acalypha,
  Boehmeria, Abutilon, Malpighiaceen, Sapindaceen, Passifloren etc.); von
  den auffallenderen Bestandtheilen des brasilianischen Küstenwalds
  gleicher Breite fehlen z. B. die Palmen, Cecropien, Feigenbäume,
  Baumfarne, epiphytische und kletternde Araceen etc. (Näheres über diese
  Wälder namentlich bei HIERONYMUS 2.) An den Stämmen sieht man in grosser
  Menge gelb blühende Oncidium-Arten (O. Botemanni, viperinum), stattliche
  Bromeliaceen (Chevaliera grandiceps, Vriesea rubra) neben kleinen
  Tillandsien, wie T. recurvata, Rhipsalis-Arten (namentlich
  R. sarmentacea), einige Peperomien (namentlich P. polystachya und
  P. reflexa) und sehr verschiedene, beinahe sämmtlich zu Polypodium
  gehörende Farne (P. areolatum, incanum, macrocarpum, Phyllitidis,
  lycopodioides, Asplenium furcatum), neben einer Fülle von Moosen,
  Flechten etc.; von den Zweigspitzen hängt Till. usneoides. Die anderen
  für die subtropischen Wälder angegebenen Epiphyten sind weit weniger
  verbreitet.

  In der Pino- und namentlich der Aliso-Region (3500--7000′) sind die
  epiphytischen Bromeliaceen und Farne weniger mannigfach, die Orchideen
  seltener geworden, die Rhipsalis verschwunden; von den Peperomien ist
  nur P. reflexa verblieben, diejenige Art, die wir auch auf der Serra de
  Picú in Brasilien am höchsten trafen und die, wie ihr häufiges Vorkommen
  in Savannen zeigt, neben niederer Temperatur auch Trockenheit gut
  verträgt. Tillandsia usneoides ist in dieser Region häufiger als in der
  subtropischen.

  Auf den zu lockeren Gebüschen vereinigten oder einzeln stehenden
  Queñoa-Bäumchen, die in der nach ihnen genannten Region den Baumwuchs
  allein noch darstellen, wächst die Tillandsia usneoides weit reichlicher
  als in den tieferen Regionen, während die übrigen Epiphyten beinahe ganz
  fehlen.

  Der subtropische Uferwald am Uruguay und Paraná, der, längs der
  Nebenflüsse des letzteren sich fortsetzend, mit dem Andenwald
  zusammenhängt, setzt sich zum grossen Theil aus den gleichen Elementen
  wie dieser zusammen. Die Epiphyten sind jedoch, wenigstens in der
  südlichen Provinz Entre-Rios, spärlicher als im Andenwald und enthalten
  nur ein charakteristisches, dem letzteren fehlendes Element, Oncidium
  bifolium; im Uebrigen finden wir in demselben nur xerophile Tillandsien
  (T. dianthoides, ixina, unca, usneoides) und kleine Polypodien
  (P. incanum, vaccinifolium). Der ganze Charakter der atmosphärischen
  Vegetation deutet auf grössere Trockenheit als im Andenwald.

  In den weniger dichten Wäldern der Gran Chaco-, Monte- und Pampas-Region
  ist die epiphytische Vegetation noch mehr ausgesprochen xerophil und auf
  einige graue Tillandsien aus den Untergattungen Anoplophytum und
  Diaphoranthema, sowie kleine Polypodium-Arten (P. macrocarpum,
  vaccinifolium), ein Cereus (C. Donkelairii), sämmtlich Arten, die ein
  sehr hohes Maass von Trockenheit vertragen, reducirt. Till. recurvata
  kommt in einer Zwergform auf den Cacteenhecken bei Buenos-Ayres vor
  (BAKER 1, p. 239).

7. Dem tropisch-amerikanischen Urwalde entspricht vollkommen, in Bezug auf
die Ueppigkeit und Reichhaltigkeit seiner Epiphyten, der
indisch-malayische; auch in diesem finden wir solche Gewächse nur da
reichlich vorhanden, wo ihnen grosse Feuchtigkeit zur Verfügung steht, und
diejenigen Formen, die auf Savannenbäumen vorkommen, dürften, ähnlich wie
in Amerika, als Flüchtlinge aus dem Urwald zu betrachten sein. Es liegt
nicht in meiner Absicht, einen genauen Vergleich zwischen den Epiphyten
der westlichen und der östlichen Hälfte des Tropengürtels auszuführen;
abgesehen davon, dass derselbe dem schon Gesagten wahrscheinlich nichts
sehr Wesentliches hinzufügen würde, fehlt es mir für einen solchen
Vergleich an eigenen Beobachtungen. Von Interesse ist es dagegen, und auf
Grund der vorliegenden Litteratur durchführbar, zu untersuchen, inwiefern
die extratropischen Wälder der östlichen Hemisphäre, ähnlich wie die der
westlichen, Colonisten aus der indo-malayischen Epiphytenformation
erhalten haben. Die südlichen atlantischen Staaten Nordamerikas,
namentlich Louisiana, Alabama und Florida, haben ein klimatisches
Aequivalent in den südlichen Inseln Japans, die, ungefähr auf derselben
Breite wie jene gelegen, ihnen auch in Bezug auf Temperatur und
Feuchtigkeit vollständig vergleichbar sind(27), während Mittel- und
Nordjapan feuchter sind als die atlantischen Staaten gleicher Breite. _Die
epiphytische Genossenschaft im südlichen und mittleren Japan_ -- im Norden
scheint sie zu fehlen -- _ist derjenigen des genannten amerikanischen
Gebiets ebenfalls durchaus vergleichbar, indem sie sehr arm ist und sich
beinahe ausschliesslich aus Einwanderern aus dem indo-malayischen Gebiete
zusammensetzt._ Ihre Bestandtheile sind einige wenig häufige Orchideen
(Malaxis japonica, Dendrobium moniliferum, Luisia teres, Sarcochilus
japonicus), die entweder im indo-malayischen Gebiet vorkommen oder doch zu
Gattungen des letzteren gehören, und ziemlich zahlreiche, theilweise sehr
häufige Farngewächse (Polypodium-Arten, Vittaria lineata, Davallia
bullata, Asplenium Nidus, Hymenophylleen, Psilotum triquetrum, Lycopodium
Sieboldii).

Bemerkenswerth ist, dass die epiphytische Genossenschaft Japans zwei Arten
mit Florida gemeinsam hat, Vittaria lineata (auf Kiusiu) und Psilotum
triquetrum; beide Arten sind übrigens tropische Ubiquitären.

Das Verhalten der Epiphyten im extratropischen Australien ist demjenigen
derselben in Argentinien vergleichbar. Die tropischen Urwälder von
Nord-Australien und Queensland, die von DRUDE zum indischen Florenreich
gerechnet werden, sind offenbar in Folge ihres weniger gleichmässig
feuchten Klima etwas armer an Epiphyten als die benachbarten malayischen
Inseln. Im extratropischen Australien bleibt die epiphytische
Genossenschaft streng an die feuchtere Ostküste gebunden; sie ist in
N.-S.-Wales noch ziemlich artenreich, obwohl nur aus Orchideen und Farnen
zusammengesetzt, fehlt dagegen im trockenen West-Australien gänzlich. Ihre
Bestandtheile sind ausschliesslich indo-malayisch, mit Ausnahme einiger
wenigen antarktischen Farne.

Während die Süd-Staaten Nordamerikas und Argentiniens keine autochthonen,
sondern nur tropische, epiphytische Gefässpflanzen enthalten, kommen in
Australien und in Japan ein paar Farne vor, die an Ort und Stelle die
epiphytische Lebensweise angenommen haben; es sind überhaupt die Farne,
die sich unter allen Gefässpflanzen der letzteren am leichtesten
anbequemen. _Bei weitem der Hauptsache nach besteht aber die epiphytische
Genossenschaft im extratropischen Australien und in Japan, wie im
extratropischen Amerika, aus tropischen Colonisten;_ auch hier war das
Klima feucht genug für Pflanzenformen, die sich bereits an epiphytische
Lebensweise angepasst hatten, aber nicht hinreichend feucht, um, abgesehen
von wenigen Farnen, den autochthonen Elementen der Flora den Uebergang des
Bodens auf die Baumäste zu gestatten.

8. Nach den Ergebnissen, zu welchen wir in Bezug auf das temperirte
Nord-Amerika und Argentinien gelangt sind, könnte man geneigt sein,
anzunehmen, dass das extratropische Amerika seine epiphytische Vegetation,
mit Ausnahme der Moose und Flechten, ausschliesslich aus dem tropischen
erhalten habe. Die Sache verhält sich jedoch anders. _Neben dem tropischen
gibt es in Amerika einen zweiten, weit kleineren Bildungsherd
epiphytischer Gewächse, das antarktische Waldgebiet,_ »wo die
Niederschläge so massenhaft fallen und die Tage des Regens und umwölkten
Himmels so häufig auftreten, wie es ausserhalb der Tropenzone sonst nur an
wenig vereinzelten Orten vorkommt«(28). Die Küste ist von ca. 30° S. B.
bis zur äussersten Spitze von Fuegia von dichten Wäldern bedeckt, die in
ihrem nördlichen Theil noch aus einem sehr verschiedenartigen Baumschlag
bestehen, während nach Süden Buchen (F. antarctica und F. betuloides) sie
beinahe allein zusammensetzen. Diese Wälder enthalten eine sehr üppige
und, wenn auch nicht formenreiche, so doch sehr eigenartige, von
derjenigen des tropischen Amerika durchaus abweichende epiphytische
Vegetation(29).

Ich habe versucht, die Epiphyten des antarktischen Waldgebiets nach der
Litteratur zusammenzustellen. Die Liste ist, trotz meiner Bemühungen,
jedenfalls, namentlich was die Farne betrifft, unvollständig geblieben.

     *Epiphyten des antarktischen Waldgebiets, speciell Süd-Chiles.*

  Die mit einem # versehenen Arten sind in HOOKER’s _Flora antarctica_
  enthalten und gehen somit am weitesten südlich.

                                 *Filices.*

  Hymenophyllum #rarum.
  — aeruginosum.
  — #pectinatum.
  — #cruentum.
  — #chiloense u. a. A.
  Asplenium #magellanicum.
  — trapezoideum.
  Polypodium australe.
  Grammitis repanda.
  — #australis.

                                *Liliaceae.*

  Luzuriaga erecta.
  — radicans.

                              *Bromeliaceae.*

  Rhodostachys bicolor. (Südl. Grenze 42° n. OCHSENIUS.)

                               *Piperaceae.*

  Peperomia australia.

                               *Gesneraceae.*

  Sarmienta repens.
  #Mitraria coccinea.
  Asteranthera ovata.

                                *Cornaceae.*

  ?Griselinia sp.

Der merkwürdigste Bestandtheil der Epiphytengenossenschaft Süd-Chiles ist
die einer ganz antarktischen Smilaceengruppe gehörende Gattung Luzuriaga,
von welcher die eine Art einen strauchigen, die andere einen kletternden
Epiphyten darstellt.

Wenn es sich bestätigt, dass die Gattung Griselinia in Süd-Chile
epiphytisch wächst, was, nach BALL, wahrscheinlich ist, so würde dieselbe
ebenfalls zu den eigenartigsten Gliedern der Genossenschaft zu rechnen
sein, da die Familie der Cornaceen, soweit meine Erfahrungen reichen,
sonst nur terrestrische Pflanzen enthält.

Dass das antarktische Waldgebiet eine von derjenigen des tropischen
Amerika wesentlich abweichend zusammengesetzte Epiphytengenossenschaft
besitzt, kann uns bei seiner niederen Temperatur und seiner Trennung vom
tropischen Waldgebiete durch ausgedehnte Länder, welche, wegen Mangels an
Feuchtigkeit, der Durchwanderung tropischer Typen grosse Schwierigkeiten
entgegensetzen, nicht wundern. Die Flora des antarktischen Waldgebiets
besitzt, in Folge dieser Umstände, überhaupt mehr den Charakter einer
Inselflora als denjenigen des Theils eines Continents.

Bei der grossen Verbreitungsfähigkeit der Epiphytengenossenschaft könnte
man vielleicht denken, dass letztere im antarktischen Amerika doch nicht
autochthon sei, sondern sich aus Emigranten des östlichen Theils der
Tropenzone recrutirt habe, und zwar durch Vermittelung der temperirten
Süd-Seegebiete, die in ihrer Vegetation so viel Aehnlichkeit mit dem
antarktischen Waldgebiet besitzen, dass ENGLER letzteres mit Neu-Seeland,
Süd-Australien, Tasmanien, den antarktischen Inselgruppen und dem Cap der
guten Hoffnung in ein Florenreich, das altoceanische, vereinigt.

Diese verschiedenen Gebiete des altoceanischen Florenreichs enthalten
theilweise allerdings einige Epiphyten, die tropischen Gattungen,
theilweise sogar Arten der östlichen Hemisphäre angehören. _Solche
gerontogäische tropische Elemente fehlen hingegen im antarktischen
Waldgebiet, mit Ausnahme einiger Hymenophyllen, gänzlich; die epiphytische
__ Vegetation des letzteren ist wesentlich eine autochthone._

Der antarktische Wald ist übrigens nicht das einzige extratropische
Gebiet, wo die einheimischen Gewächse sich der Lebensweise auf Bäumen
anbequemten. Das auf derselben Breite gelegene und klimatisch mit
Süd-Chile sehr ähnliche Neu-Seeland hat vielmehr ebenfalls, ausser einigen
tropischen Einwanderern, eine Anzahl autochthoner Epiphyten aufzuweisen.

                        *Epiphyten Neu-Seelands.*

                              *Lycopodiaceae.*

  Lycopodium varium.
  — Billardieri.
  Tmesipteris Forsteri.
  Psilotum triquetrum.

                                 *Filices.*

  Hymenophyllum rarum.
  — tunbridgense.
  — unilaterale.
  — minimum.
  — pulcherrimum.
  — flabellatum.
  — aeruginosum.
  — Lyallii.
  Trichomanes humile.
  — Colensoi.
  — venosum.
  Asplenium bulbiferum.
  Polypodium australe.
  — Grammitidis.
  — pustulatum.
  — Cunninghami u. a. A.?

                                *Liliaceae.*

  Astelia Curminghami.
  — Solandri.
  — Banksii.
  — u. a. A.?
  ?Luxuriaga sp.

                                *Orchideae.*

  Earina mucronata.
  — autumnalis.
  Dendrobium Cunninghami.
  Bolbophyllum pygmaeum.
  Sarcochilus adversus.

                               *Piperaceae.*

  Peperomia Urvilleana.

Die epiphytische Genossenschaft ist in Neu-Seeland reicher an tropischen
Typen als in Süd-Chile, und unter denselben befindet sich Psilotum, das im
tropischen und subtropischen Amerika, wie auch in den feucht-warmen
Gebieten der alten Welt weit verbreitet, das antarktische Waldgebiet nicht
erreicht. Der eigenartigste Bestandtheil der Epiphytengenossenschaft Neu-
Seelands und, neben Farnen, der gewöhnlichste ist, ähnlich wie in
Süd-Chile, eine ziemlich formenreiche Liliacee, Astelia, die sich in ihrer
Lebensweise an die Bromeliaceen anzuschliessen scheint.

Die Uebereinstimmung zwischen der Zusammensetzung der
Epiphytengenossenschaft in Neu-Seeland und Süd-Chile ist geringer, als man
sie bei der scheinbar grossen klimatischen Aehnlichkeit beider Gebiete
erwartet haben dürfte; sie beschränkt sich auf drei Farne, Hymenophyllum
rarum, H. aeruginosum und Polypodium australe, die in der südlichen
temperirten Zone überhaupt, das erstere auch auf Ceylon etc., sehr
verbreitet sind. Die Ursache davon scheint jedoch eher in klimatischen
Einflüssen als in dem Mangel an Verbreitungsmitteln zu liegen, indem jedes
der Gebiete den eigenartigsten der Typen, aus welchen die epiphytische
Genossenschaft des anderen sich recrutirt hat, besitzt. Eine nicht
epiphytische Astelia wächst nämlich an der Magellanstrasse, während eine
(epiphytische?) Luzuriaga neuerdings, als grosse Seltenheit, auf
Neu-Seeland gefunden worden ist.

Süd-Chile und Neu-Seeland besitzen nur wenige epiphytische Arten, die
Wälder beider Gebiete stehen in dieser Hinsicht weit hinter denjenigen des
tropischen Amerika und des indo-malayischen Florenreichs zurück. Die
Ursache dieser Armuth ist nicht schwer zu errathen. Süd-Chile und
Neu-Seeland besitzen überhaupt eine wenig formenreiche Flora und konnten
daher nur wenige autochthone epiphytische Arten erzeugen, indem die
Fähigkeit, die terrestrische Lebensweise gegen die epiphytische zu
vertauschen, wie wir es gesehen, eine Constellation von Eigenschaften
voraussetzt, die sich nur bei relativ wenigen Pflanzen befindet.
Andererseits standen der Einwanderung von Epiphyten aus den Tropen, dem
Austausch zwischen Neu-Seeland und Süd-Chile klimatische und
topographische Hindernisse entgegen, welche die Bereicherung auf solchem
Wege sehr einschränkten. Ganz anders in den tropischen Waldgebieten der
neuen und der alten Welt. Hier auch müssen wir annehmen, dass eine neue
Form, welche die zur epiphytischen Lebensweise nöthigen Eigenschaften
vereinigte, relativ nur selten entstand; war sie aber einmal gebildet, so
trugen Wind und Vögel ihre Samen in kurzer Zeit von einem Ende des Waldes
zum anderen, wo bei der Gleichmässigkeit der klimatischen Bedingungen der
Kampf gegen die Mitbewerber allein über ihr Fortbestehen entschied. Bei
der ungeheuren Ausdehnung der tropischen Wälder, dem Formenreichthum ihrer
Flora musste die epiphytische Genossenschaft eine reichere werden als in
den kleinen, abgeschlossenen Gebieten der australen temperirten Zone; der
Endemismus musste sich in derselben aber noch weit schwächer erhalten als
in der Bodenvegetation.

Das wesentlichste allgemeine Resultat, zu welchem uns die Betrachtung der
epiphytischen Flora im antarktischen Amerika und in Neu-Seeland führt,
ist, dass, ähnlich wie in den hohen Regionen tropischer Gebirge, _auch in
hohen Breiten autochthone __ Pflanzenformen die epiphytische Lebensweise
annehmen, wenn die atmosphärische Feuchtigkeit hinreichend gross ist_.

9. Dass Feuchtigkeit der maassgebende Factor für das Auftreten
atmosphärischer Gewächse ist, ergibt sich überall in deutlichster Weise
aus den vorhandenen meteorologischen Angaben. HANN’s meteorologischer
Atlas enthält eine allerdings nur provisorische und noch unvollkommene
Karte der jährlichen Regenmenge auf der ganzen Erde und eine solche der
zeitlichen Regenvertheilung. Die Betrachtung Amerikas auf diesen Karten
zeigt uns, dass die Gebiete, deren jährliche Regenmenge 200 cm übertrifft,
allein autochthone Epiphyten aufzuweisen haben. Diesen Bedingungen
entsprechen nämlich, zwischen den Wendekreisen, die Ostküste
Centralamerikas, die Ostseite der grossen Antillen, die kleinen Antillen,
das Orinoco-Delta, ein Theil Guianas, die brasilianische Küste. Eine nur
scheinbare Ausnahme bildet die Hylaea, die nach der Karte 130--200 cm
Regen erhalten soll. Einmal ist die Regenmenge am oberen Amazonas weit
grösser (z. B. 284 cm in Iquitos(30), dann tritt in den Galleriewäldern,
wie an den Ufern aller grossen Flüsse, reichlich Nebel- und Thaubildung
auf. »Diese Nebel tränken die Pflanzen in der trockenen Zeit und gestatten
für die Flussufer eine abweichende und üppige Vegetation« (HANN). Wie
gross die Thaubildung auf dem Amazonenstrom ist, geht u. a. aus folgender
Stelle bei POEPPIG(31) hervor: »Kühl ist dann (d. h. am Morgen) die Luft,
und das Blätterdach des schwimmenden Hauses träuft von dem Thaue der
nächtlichen Fahrt, als sei soeben ein heftiger Platzregen gefallen.«

Ausserhalb der Wendekreise haben in Amerika nur wenige Gebiete sehr
beschränkter Ausdehnung über 200 cm Regen; es sind in Süd-Amerika die
extratropische süd-brasilianische Küste (S. Paulo bis S. Catharina) und
die Westküste Chiles und Feuerlands(32), Gebiete, deren Reichthum an
Epiphyten hervorgehoben wurde. Im extratropischen Nord-Amerika gehört zu
diesen feuchtesten Gebieten nur die dicht bewaldete nordwestliche Küste,
ungefähr vom 46.° bis 60.° N. B. Ueber das Vorkommen oder Fehlen von
Epiphyten in diesen Wäldern ist mir nichts bekannt; dasselbe dürfte aber,
da letztere aus Nadelhölzern bestehen, die wenig transpiriren und die
atmosphärischen Dünste leicht durchlassen, unwahrscheinlich sein.

Die ausgedehntesten Gebiete grosser atmosphärischer Feuchtigkeit befinden
sich in der östlichen Hemisphäre wiederum zwischen den Wendekreisen, und
zwar vorwiegend im nordöstlichen Indien (Sikkim etc.), auf der Malayischen
Halbinsel, dem Malayischen Archipel, den Philippinen und Süd-China. In
Afrika sind die Gebiete, wo die jährliche Regenmenge 200 ccm übersteigt,
von viel geringerer Ausdehnung; daraus dürfte sich zur Genüge die vielfach
angestaunte Armuth der Epiphytengenossenschaft in Afrika erklären.

_Ausserhalb der Tropen besitzt auf der östlichen Hemisphäre Neu-Seeland,
nach der __HANN__’schen Karte, allein über 200 cm jährlichen Regens_,
sodass diese Hauptbedingung für die Entstehung autochthoner Epiphyten
ähnlich erfüllt war wie in den tropischen Waldgebieten und in Süd-Chile.

Neu-Seeland und Süd-Chile sind denn auch die einzigen extratropischen
Gebiete, die autochthone phanerogamische Epiphyten aufzuweisen haben. In
feuchteren Gebirgsgegenden der temperirten Gebiete sieht man zuweilen die
Farne des Bodens auch auf den Bäumen wachsen, so an der atlantischen Küste
Europas Davallia canariensis, Asplenium Hemionitis und das in den feuchten
Gebieten der ganzen Welt verbreitete Hymenophyllum tunbridgense.

In den feuchten Anlagen von Cintra bei Lissabon habe ich Polypodium
vulgare auf vielen Bäumen gesehen, und die gleiche Farnart, allerdings in
einer etwas abweichenden Varietät (var. Teneriffae) bildet mit Davallia
canariensis und Asplenium Hemionitis eine ziemlich üppige atmosphärische
Vegetation in den feuchten Wäldern der Nebelregion auf Teneriffa (CHRIST);
die Davallia ist auch sonst auf der Insel verbreitet und steigt, »ob
Matanzas an der vom Wind bestrichenen feuchten N.O.-Seite der Palmenstämme
bis in deren Wipfel empor« (CHRIST, p. 473). Einige Farne bilden auch, wie
wir es früher gesehen, die einzigen autochthonen Bestandtheile der sonst
aus tropischen Einwanderern bestehenden epiphytischen Genossenschaft
Japans. Die Farne sind demnach weit eher im Stande als die Phanerogamen,
schon bei relativ geringer Feuchtigkeit epiphytische Lebensweise
anzunehmen, und nähern sich in dieser Hinsicht den noch weit mehr
genügsamen Moosen.

In den Gebieten mit geringerer Regenmenge finden wir autochthone Epiphyten
nicht, wohl aber stellenweise xerophile Auswanderer aus den feuchten
Gebieten, z. B. in den Llanos Venezuelas, den Campos und Catingas
Brasiliens zwischen den Wendekreisen; in den südlichen Staaten
Nord-Amerikas und in Argentinien ausserhalb derselben. Das Fehlen der
Epiphyten ist unzweifelhaft auf die geringe Menge und ungleichmässige
Vertheilung der Niederschläge während der Vegetationsperiode
zurückzuführen.

Gänzlich fehlen die epiphytischen Gefasspflanzen in den Gebieten, deren
Temperatur das Gedeihen tropischer Einwanderer nicht mehr erlaubt und
deren Feuchtigkeitsverhältnisse diesen Uebergang terrestrischer Gewächse
auf die Baumrinde nicht gestatten, wie in Nord-Amerika nördlich vom 38.°,
oder wo bei anscheinend günstigen klimatischen Bedingungen, die das
Gedeihen xerophiler Colonisten der tropischen epiphytischen Floren
ermöglichen würden, einer Einwanderung solcher unüberwindliche Hindernisse
entgegenstehen, wie in den Mediterranländern, die durch beinahe baumlose,
für jede atmosphärische Vegetation viel zu trockene Steppen und Wüsten von
den tropischen Waldgebieten getrennt sind. Wir haben gesehen, dass die in
und bei der Stadt Algier gepflanzten Dattelbäume in den Basen ihrer
abgestorbenen Blätter, wo sich reichlich Erde ansammelt, vielfach eine
üppige Vegetation ernähren; auch für diese niederste Stufe des
Epiphytismus ist in den Oasen der Sahara die Regenmenge zu gering; ich
habe auf den zahllosen Dattelbäumen der Oasen von Biskra (jährliche
Regenmenge 3 cm) nie eine Pflanze wachsen sehen, obwohl der Wind
unzweifelhaft, neben Staub, die Samen der an hohe Trockenheit angepassten
Pflanzen der Wüste oft genug in die Basen der abgestorbenen Blätter
bringt.

_Nicht bloss die Regenmenge, sondern der derselben proportionale
Wasserdampf der Luft und der Thau sind als maassgebende Factoren für die
epiphytische Vegetation zu betrachten_, wie daraus hervorgeht, dass in den
Savannengebieten die die Flüsse einfassenden Galleriewälder eine viel
üppigere und formenreichere epiphytische Vegetation ernähren, als der
benachbarte dünne Savannenwald. Autochthone Epiphyten finden wir nur in
Gebieten, in welchen während der feuchten Jahreszeit die Lüft stets nahezu
mit Wasserdampf gesättigt und wo in der trockenen die Thaubildung noch
reichlich ist, wie ich aus dem Vorkommen von Wasser in den Blatttrichtern
der Bromeliaceen während der trockenen Jahreszeit in Venezuela und
Trinidad constatiren konnte.

Dass hygrophile und überhaupt autochthone Epiphyten in Gebieten mit
mehrmonatlicher, nahezu regenloser trockener Jahreszeit vorkommen, ist mir
mehr denn zweifelhaft; so fehlen solche in der Provinz Ceara, die grossen
Dürren(33)ausgesetzt ist, ganz und gar.

An epiphytische Lebensweise angepasste Pflanzenarten sind, nach dem
Vorhergehenden, in Amerika ausschliesslich im tropischen und im
antarktischen Walde entstanden. In beiden beruht der Ursprung der
Epiphytengenossenschaft auf der Thätigkeit des Windes und der Thiere, die
die Samen der Bodenpflanzen auf die Bäume trugen, auf der atmosphärischen
Feuchtigkeit, welche die normale Entwickelung der Pflanzen aus diesen
Samen ermöglichte. Manche Pflanzenarten vermochten sich ebensowohl auf dem
Boden, wie auf den Bäumen zu behaupten, und erhielten daher keine
Anpassungen an epiphytische Lebensweise, während andere nur dem Umstande,
dass sie auf Bäumen (und theilweise auf kahlen Felswänden) gedeihen
konnten, ihr Fortbestehen im Kampfe ums Licht verdankten. Solche Pflanzen
passten sich der epiphytischen Lebensweise mehr oder weniger vollkommen
an, zum Theile jedoch ohne die Fähigkeit einzubüssen, unter günstigen
äusseren Verhältnissen auch als Bodenpflanzen zu leben; die Anpassungen
sind nämlich vielfach nicht derart, dass sie terrestrische Lebensweise
ausschliessen; letzteres ist jedoch häufig, am auffallendsten bei der
wurzellosen Tillandsia usneoides, bei Aëranthus-Arten mit assimilirenden
Wurzeln etc. der Fall.

Von den durch den Kampf ums Licht wesentlich auf epiphytische Lebensweise
angewiesenen Arten verblieben die einen im Schatten und Halbschatten,
während vollkommenere Anpassung eine grosse Zahl anderer in den Stand
setzte, an der Oberfläche des Laubdaches das direkte Sonnenlicht zu
geniessen. Während die ersteren ausgesprochen hygrophil verblieben und den
feuchten Urwald nicht verliessen, waren die Sonnenepiphyten relativ
xerophil geworden und konnten daher auch ausserhalb des Urwalds leben. In
der That haben sich diese xerophilen Elemente der Epiphytengenossenschaft
weit über die Grenzen des Urwalds hinaus verbreitet; sie haben die
Savannenwälder des inneren tropischen Amerika colonisirt und die
Wendekreise nach Norden und Süden bedeutend überschritten.

Der zweite amerikanische Bildungsherd epiphytischer Gewächse, der
antarktische Wald, hat eine weit weniger reiche epiphytische Vegetation
als der tropische aufzuweisen, was auf seine kleine Ausdehnung und die
Gleichartigkeit seines Klimas zurückzuführen ist. Auch die antarktische
Epiphytengenossenschaft hat tropische Colonisten erhalten, jedoch nur in
sehr geringer Zahl, eine Folge der niederen Temperatur und der gleichsam
insularen Lage des antarktischen Waldes, der von dem tropischen durch
Wüsten und Pampas, wo das epiphytische Leben so gut wie ganz fehlt,
getrennt ist.

Von den drei Waldgebieten Amerikas haben, nach dem Gesagten, nur zwei
autochthone Epiphyten aufzuweisen. Epiphyten fehlen im
pacifisch-nordamerikanischen Walde gänzlich und im atlantischen nur durch
tropische Colonisten vertreten. Als die Ursache des Fehlens autochthoner
Epiphyten in den nord-amerikanischen Wäldern haben wir die unzureichende
Menge der atmosphärischen Niederschläge und den zu geringen Dampfgehalt
der Luft erkannt. Während im feuchten tropischen und antarktischen Walde
viele Pflanzen des Bodens auf den Bäumen gedeihen und dann, durch
allmähliche Anpassung, relativ xerophil werden konnten, war in den weniger
feuchten nordamerikanischen Wäldern der erste Schritt, der Uebergang der
terrestrischen Gewächse auf die Bäume, unmöglich und hiermit die
Entstehung einer autochthonen Epiphytengenossenschaft von vornherein
ausgeschlossen. Dagegen ist die Feuchtigkeit in einem grossen Theile des
nord-amerikanischen Waldgebiets für die xerophil gewordenen Epiphyten der
Tropen hinreichend gross, und wir sehen diese daher überall nach Norden
dringen, wo Sommerregen herrschen. So kam die eigenthümliche Erscheinung
zu Stande, dass der temperirte nord-amerikanische Wald eine
ausschliesslich tropische atmosphärische Vegetation trägt. Ganz das
gleiche, wie in Nordamerika, wiederholt sich in den Wäldern Argentiniens,
wo das Klima für die Entstehung einer autochthonen Epiphytenflora
ebenfalls zu trocken war, aber zahlreiche tropische Einwanderer auf den
Stämmen und Aesten der Bäume wachsen, während, weiter nach Süden, im
feuchten Süd-Chile, mit der plötzlichen Zunahme der Feuchtigkeit auf
einmal eine neue autochthone Epiphytengenossenschaft zum Vorschein kommt.



SCHLUSS.


                            ------------------

1. Pflanzengeographische Untersuchungen sind bis jetzt beinahe stets in
Zusammenhang mit der Systematik ausgeführt worden. Zur Charakteristik der
Vegetation der einzelnen Gebiete bringt man die Aufzählung der
Bestandtheile ihrer Flora, und die Grenzen derselben werden nach den
Arealen bestimmter Pflanzengruppen bestimmt; wo die Physiognomie der Flora
in Betracht gezogen wird, benutzt man zu ihrer Charakteristik die
sogenannten Vegetationsformen, durch welche bloss ein vager Begriff des
landschaftlichen Eindrucks, aber kein Einblick in die diese Physiognomie
bewirkenden Ursachen gewonnen wird.

Dass die Verknüpfung von Systematik und Pflanzengeographie durchaus
berechtigt ist, geht aus dem bis jetzt auf diesem Gebiete Geleisteten mit
Sicherheit hervor und bedarf hier keiner weiteren Ausführung. In der
vorliegenden Arbeit habe ich jedoch eine andere Richtung in der
Pflanzengeographie eingeschlagen, die, von der Systematik ganz absehend,
von den Wechselbeziehungen zwischen der Pflanze und ihrer Umgebung
ausgeht, um zunächst die verschiedenartige Physiognomie der Floren unserem
Verständniss näher zu bringen, und einst vielleicht, in Verbindung mit der
systematischen Pflanzengeographie und der Paläontologie, uns einen
Einblick in die Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt und die
Betheiligung äusserer Einflüsse an derselben gewähren wird. Es sei
ausdrücklich bemerkt, dass ich, mit WEISMANN, diese äusseren Factoren
nicht als direkte Veranlassung erblicher Merkmale, also auch der
Anpassungen betrachte; ihre Rolle ist auf die Auslese der jeweilig
geeignetsten Variationen beschränkt; diese aber verdanken inneren Ursachen
ihre Entstehung(34).

Neu ist die biologische Pflanzengeographie übrigens nicht, indem sich in
DARWIN’s Werken, in GRISEBACH’s _Vegetation der Erde_, in meiner ersten
Arbeit über Epiphyten und derjenigen über Ameisenpflanzen, in SCHENCK’s
_Wasserpflanzen_ und VOLCKEN’s _Wüstenflora_ hierher gehörige Anschauungen
befinden.

Die von der Systematik unterschiedenen Gruppen, an deren Natürlichkeit ich
keine Veranlassung habe zu zweifeln, beruhen auf Merkmalen, die in keinem
erkennbaren Zusammenhang mit den Lebensbedingungen stehen. Die
systematische Pflanzengeographie verzichtet daher von vornherein auf jede
Erklärung; sie lehrt aber die Centren kennen, aus welchen ein neuer Typus
sich verbreitet hat, und zeichnet die von ihm eingenommene Area. Die
biologische Pflanzengeographie verfolgt diesen neuen Typus in seinen
Wechselwirkungen mit der Umgebung, versucht die äusseren Einflüsse
festzustellen, welche die Variationen in bestimmte Bahnen lenkten,
diejenigen, welche die Ausbreitung neuer Formen begünstigten oder hemmten.
Zur Lösung solcher Fragen müssen wir aber, im Gegensatz zu den
systematischen Pflanzengeographen, von denjenigen Merkmalen ausgehen,
deren Beziehungen zu der Umgebung am klarsten sind, und, da wir aus
vereinzelten Erscheinungen keine sicheren Schlüsse ziehen können, die
Pflanzen, ohne Rücksicht auf ihre Verwandtschaft, nach der Natur ihrer
Anpassungen gruppiren.

In dieser Arbeit haben wir die epiphytisch lebenden Gewächse zu einer
solchen Gruppe vereinigt. Wir wussten, dass, während in den Wäldern der
meisten temperirten Gebiete im Kampf ums Licht nur niedere Kryptogamen
eine Zuflucht auf den Bäumen gefunden haben, in den Urwäldern der Tropen
und einiger weniger extratropischer Gegenden die Stämme und Aeste his zu
ihrer Spitze von einer üppigen Vegetation phanerogamischer und farnartiger
Gewächse bedeckt sind. Die Ursache dieses Unterschieds haben wir in der
Ungleichheit der atmosphärischen Niederschläge und des Wassergehalts der
Luft nachgewiesen; nur reichliche Bewässerung und dampfreiche Luft stellen
höhere Pflanzen in den Stand, als Epiphyten zu gedeihen. Dank der grossen
Feuchtigkeit entstand die in der Physiognomie der tropischen
Waldlandschaften einen so hervortretenden Zug darstellende Genossenschaft
der Epiphyten, deren Eigenartigkeit und Ueppigkeit jedoch auf die in Folge
der Lebensweise auf Bäumen entstandenen Anpassungen zurückzuführen sind.
In diesen Anpassungen haben wir das Streben nach möglichst reichlichem
Lichtgenuss mit möglichst reichlicher Wasserzufuhr erkannt. Das Streben
nach Licht treibt die Pflanzen nach den Baumgipfeln, sodass die
epiphytische Vegetation das Gepräge allmählicher Vervollkommnung von unten
nach oben ganz ungestört zeigen würde, wenn ihr Gewicht nicht gewisse hoch
angepasste, aber grosse Epiphyten hinderte, sich auf den Astspitzen
anzusiedeln. Mit dieser Wanderung nach oben war nothwendig eine Zunahme
der Schutzmittel gegen Transpiration, ein Uebergang der Hygrophilie zu
einer relativen Xerophilie verbunden. Die hygrophilen Epiphyten blieben
auf den Urwald beschränkt und besitzen im Allgemeinen relativ kleine
Verbreitungsbezirke. Die xerophil gewordenen Formen dagegen colonisirten
die Savannen und drangen sogar theilweise weit über die Wendekreise, nach
den Vereinigten Staaten und Argentinien, wo das Klima nicht feucht genug
war, um die Entstehung autochthoner Epiphyten zu ermöglichen; so entstand
die eigenthümliche Erscheinung einer tropischen atmosphärischen Vegetation
im Walde.

Aufgabe der biologischen Pflanzengeographie ist es auch, zu untersuchen,
warum die Pflanzendecke in Standortsfloren oder Genossenschaften
gegliedert ist, warum gewisse Pflanzen gleichzeitig an mehreren Standorten
vorkommen, während andere an ein ganz bestimmtes Substrat geknüpft sind.
Die Epiphyten bieten uns an den verschiedensten Beispielen die
Beantwortung solcher Fragen, indem wir an manchen derselben die Ursache
der ausschliesslich epiphytischen Lebensweise erkennen, während andere
Arten uns Eigenschaften zeigen, die mit verschiedenartigen Substraten
verträglich erscheinen. Die Epiphyten zeigen uns auch die Entstehung einer
solchen Genossenschaft aus der Vegetation eines anderen Standorts, des
Waldbodens, in allen ihren Stadien, und wir konnten sogar die Ursache des
Vorherrschens bestimmter Typen, das Fehlen anderer, die auf dem Boden sehr
gemein sind, theilweise erkennen und hiermit den systematischen Charakter
der Genossenschaft aufklären. Wir haben nämlich die maassgebende Bedeutung
des Baues der Früchte und Samen für den Uebergang zur epiphytischen
Lebensweise nachgewiesen; da Früchte und Samen innerhalb ganzer Gruppen
und Familien sehr constant sind, so konnten gewisse der letzteren an der
Bildung der epiphytischen Genossenschaft theilnehmen, während andere von
derselben nothwendig ausgeschlossen blieben.

Die Untersuchung der Standortsfloren ist aber nicht für sich allein von
Interesse; die Existenzbedingungen haben vielfach nachweisbar einen
wesentlichen Einfluss auf die Grösse der Verbreitungsgebiete, und eine
genaue Kenntniss derselben wird daher die an die Wanderungen der Gewächse
sich knüpfenden Probleme lösen helfen.

2. Bei der Darstellung der Flora einer Gegend oder einer Familie in ihren
Wechselbeziehungen mit der Umgebung tritt meist eine grosse Unbestimmtheit
zum Vorschein, indem zwischen den einzelnen Factoren nicht scharf genug
unterschieden wird. Dieses ist auch begreiflich, da die systematische
Pflanzengeographie von Gruppen ausgeht, deren charakteristische Merkmale
keine nachweisbaren Anpassungen an äussere Einflüsse zeigen. Dadurch, dass
die biologische Pflanzengeographie die nach den Lebensbedingungen am
meisten wechselnden Eigenschaften ihren Gruppen zu Grunde legt, kann sie
weit besser die einzelnen Einflüsse auseinanderhalten, ihre Bedeutung für
die Artenbildung, für die Pflanzenwanderung u. s. w. präzisiren.

Hat man denjenigen Factor festgestellt, dem eine Gruppe gleichartiger
Modificationen ihre Entstehung verdankt, so ist zu untersuchen, in wiefern
er auch dem Reste der Vegetation derselben Gegend seinen Stempel
aufgedruckt haben wird. So werden die atmosphärischen Niederschläge und
der Wasserdampf der Luft, die wir als klimatische Factoren bei der
Entstehung der Epiphyten kennen lernten, wahrscheinlich die Structur und
Lebensweise auch der übrigen Urwaldgewächse wesentlich beeinflusst haben.

In der That glaube ich die physiognomischen Eigenthümlichkeiten des
tropischen Urwalds beinahe sämmtlich auf die grosse Feuchtigkeit des
Klimas zurückführen zu können, da die Wälder der trockeneren
Savannengebiete ein ganz anderes Gepräge besitzen. Die Bäume des
Savannenwalds sind, der grossen Mehrzahl nach, nur einen Theil des Jahres
belaubt und zeigen nie die Frondosität, die Mannigfaltigkeit der
Blattformen des Urwalds; im letzteren erfordern die geringe Beleuchtung
und die Transpiration eine möglichst grosse Laubfläche, die Formbildung
der Blätter aber ist durch keine äusseren Einflüsse in Schranken gehalten,
während im Savannenwalde die grössere Transpiration eine Reduction des
Laubs, eine Bevorzugung gewisser Blatttypen bedingte. Die Bäume mit
flügelförmigen Holzplatten an ihrer Basis, die sich in allen Urwäldern
wiederfinden, fehlen ebenfalls in Folge der grösseren Transpiration; im
Urwalde nämlich kann sich der Baum mit einem schmalen Transpirationsstrom
begnügen und lässt daher die in der Pflanzenwelt überall zum Vorschein
tretende Sparsamkeit, in der Stammbildung zur Geltung kommen; der Stamm
wird im Verhältniss zur Krone dünn und durch Strebepfeiler aufrecht
gehalten, während in der Savanne, wie in unseren Wäldern, der
Transpirationsstrom einen dicken Stamm erfordert. Epiphyten und Lianen
sind im Savannenwald spärlich oder fehlen ganz. Erstere sind, wie wir es
gesehen, xerophile Auswanderer des Urwalds; letztere sind überall treue
Begleiter der Epiphyten, denen sie in ihrem Wasserbedarf nur wenig
nachstehen, was bei ihrem ungeheuer langen und im Verhältniss zur Krone
dünnen Stämme wohl begreiflich ist. So gleicht der Wald in tropischen
Savannen mehr einem solchen in Nord-Amerika oder Europa als dem viel näher
gelegenen feuchten Urwalde. Andererseits aber finden wir stellenweise in
der temperirten Zone Wälder, die in der Massenhaftigkeit ihrer
Holzgewächse, ihrem Reichthum an Lianen und Epiphyten den tropischen
ähneln, so in gewissen sehr feuchten Waldgebieten Japans nach REIN,
namentlich aber im Feuerland, wo sich DARWIN nach dem brasilianischen
Urwald versetzt glaubte.

Die Ursache dieser Aehnlichkeit des antarktischen mit dem brasilianischen
Urwalde ist in dem überaus nassen Klima zu suchen, über welches der grosse
Forscher so sehr klagt. Die ungleiche Feuchtigkeit ist demnach die
klimatische Ursache der ungleichen Physiognomie des nordamerikanischen
Urwalds einerseits, des tropischen und antarktischen andererseits. Sie
erklärt uns, warum der Kampf ums Licht in Gestalt und Lebensweise der
Gewächse in den beiden letzteren Wäldern so viel mehr zum Ausdruck kommt
als in dem ersteren. Die Entwickelung der Vegetation aller Wälder ist
durch zwei in entgegengesetzter Richtung wirkende Factoren beherrscht, dem
Lichtbedürfniss und demjenigen nach Feuchtigkeit. Das erstere treibt die
Gewächse in die Höhe, das letztere zieht sie nach unten; das erstere
begünstigt die Ausdehnung des Laubs, das letztere schränkt sie ein. Wo
Feuchtigkeit in Boden und Luft überreichlich vorhanden, da kann die
Vegetation ihrem Triebe nach dem Lichte beinahe unbehindert folgen, die
Stämme der Holzgewächse werden schlank und dünn, die Kronen locker, oft
schirmformig, Kräuter und Sträucher, sogar Bäume verlassen den Boden, um
sich auf dem Laubdache oder auf kahlen Felsen im vollen Lichte zu
entwickeln. Wo die Feuchtigkeit gering, werden die Gestalten der
Holzgewächse massiv, ihre Laubkronen gedrungen, die Laubblätter erhalten
kleine Dimensionen und sämmtliche Gewachse, ausser Moosen und Flechten,
bleiben an den Boden gebunden.

_Bonn_, im Mai *1888*.



NACHTRAG.


Nach Abschluss der Correctur der letzten Bogen wurde mir von Herrn Dr.
BRANDIS die soeben erschienene _Synopsis of Tillandsieae_ von J. G. BAKER
(S.-A. aus Journal of Botany *1887--88*) geliehen. Unser Verzeichniss der
Gattung Tillandsia, das wir nach CHAPMAN’s _Flora of the Southern United
States_ und dem Berliner Herbarium entworfen hatten, erfährt demnach
folgende Modificationen:

Tillandsia bracteata ist die in Mexico und Westindien sehr verbreitete und
längst bekannte T. fasciculata SWARTZ. Tillandsia tenuifolia, Bartramii
und juncea sind, wie ich es bereits nach dem Berliner Herbarium annahm,
identisch; anstatt des älteren Namens T. tenuifolia L. zieht B. denjenigen
von T. setacea SWARTZ vor, weil LINNÉ unter jenem Namen ganz verschiedene
Arten vereinigt hatte. Till. caespitosa gehört nicht, wie ich es auf Grund
des Berliner Herbarium angab, zu T. tenuifolia, sondern ist eine etwas
robustere Form von T. recurvata.



ERRATA.


  S. 18, Z. 13 v. o. anstatt Rhodoreae lese: _Rhodoreae_.
  S. 27, Z. 1 v. o. anstatt _systematische_ lese: systematische.
  S. 101, Z. 6 v. o. anstatt Taf. I lese: Taf. II.
  S. 112, Z. 6 v. o. nach _erwähnte_ setze: Vriesea.



ERKLÄRUNG DER TAFELN.


[Illustration: Tafel I.]

  Epiphytischer Feigenbaum mit den Stamm des Wirthbaums umgebender
  Wurzelröhre und stelzenartigen Stützwurzeln. Auf der Wurzelröhre zwei
  junge epiphytische Bäume. Sikkim-Himalaya. Nach der Natur gemalt von
  Frau Generalforstinspektor Dr. BRANDIS.



[Illustration: Tafel II.]

  Eiche (Quercus virens) mit Tillandsia usneoides. Florida. Nach einer
  Photographie gemalt von W. ROSE.



[Illustration: Tafel III.]

  1. Querschnitt durch die Mittelrippe des Blatts von Philodendron
              cannifolium (zehnfach vergrössert).
  2. Nährwurzel von Carludovica Plumieri (id.).
  3. Haftwurzel derselben (id.).
  4. Nährwurzel von Anthurium sp. (id.).
  5. Haftwurzel desselben (id.).
  6. Querschnitt durch das Blatt von Tillandsia Gardneri. Basis (Vergröss.
              70).
  7. Id. Spitze (id.).
  8. Querschnitt durch das Blatt von Vriesea tessellata. Basis (id.).
  9. Id. Spitze (id.).
  10. Querschnitt durch das Blatt von Hoplophytum Lindeni. Basis (id.).
  11. Id. Spitze (id.).
  12. Schuppe von Tillandsia recurvata (Vergr. 240).
  13. Querschnitt durch dieselbe (Vergr. 500).
  14. Schuppe von Ortgiesia tillandsioides (id.).
  15. Querschnitt durch dieselbe (id.).
  16. Querschnitt durch das Blatt von Tillandsia usneoides (Vergr. 70).
  17. Schuppe einer Urwald-Vriesea (Vergr. 340).



[Illustration: Tafel IV.]

  Tillandsia bulbosa. Natürl. Grösse. Mit Benutzung einer Tafel des
  Botanical Magazine nach der Natur gemalt von W. ROSE.



[Illustration: Tafel V.]

  Tillandsia circinalis. Natürl. Grösse. Nach der Natur gemalt von W.
  ROSE.



[Illustration: Tafel VI.]

                            Samen von Epiphyten.

  1. Hymenopogon brasiliensis.
  2. Cosmibuena sp.
  3. Hillia sp. aff. brasiliensis.
  4. Rhododendron pendulum.
  5. Dischidia imbricata.
  6. Dischidia Rafflesiana.
  7. Aeschynanthus leucalatus var. sikkimensis.
  8. Catopsis sp.? (Blumenau).
  9. Tillandsia vestita.



*Fussnoten*

    1 Ich habe nur die Gattungen aufgenommen, von welchen ich epiphytische
      Arten selbst beobachtet, oder in der Literatur erwähnt fand. In
      Begrenzung und Reihenfolge der Gattungen folge ich WITTMACK in
      _Natürl. Pflanzenfam._, Bd. II, p. 32 sqq.

    2 ENGLER, _Entwickelungsgesch._, II, p. 128.

    3 Versch. Farne (Nephrolepis), Orchideen (selten), Utricularia.

    4 Viele Araceen, Bromeliaceen, Carludovica, Peperomia etc.

    5 Vergl. über diese Pflanzen SCHENCK l. c.

    6 Vgl. darüber auch das 1. Heft des 1. Bandes der in Demerara
      erscheinenden Zeitschrift »_Timehri_«.

    7 Die Blattstiele sind an schattigen, feuchten Standorten, so auch in
      unseren Gewächshäusern, länger und bedeutend dünner als an der
      Sonne.

    8 Die erste anatomische Untersuchung einer solchen Pflanze habe ich in
      meinen _Epiphyten Westindiens_ gegeben; sehr werthvolle Angaben über
      andere Arten bei JANCZEWSKI l. c.

    9 Vgl. über die Structur dieser Durchführgänge SCHIMPER, _Bot.
      Centralbl._, *1884*, p. 255; JANCZEWSKI, l. c. p. 118.

   10 Ausser einigen Zusätzen und Modificationen aus meiner Arbeit von
      1884 (_Bot. Centralbl._, Bd. XVII) entnommen.

   11 Dass LIERAU eine Differenzirung in Nähr- und Haftwurzeln bei
      Anthurium vermisst hat, beruht nicht, wie er es glaubt, auf dem
      Einfluss der Cultur, sondern ist einfach darauf zurückzuführen, dass
      geeignete Arten ihm nicht zur Verfügung standen; die grosse Mehrzahl
      der Anthurium-Arten gehört zur ersten Gruppe. Die Gewächshäuser von
      Kew sind die einzigen, wo ich Anthurium-Arten des zweiten Typus
      beobachtet habe. Monstera deliciosa, wo nach Lierau in so
      ausgezeichneter Weise die Differenzirung zwischen Nähr- und
      Haftwurzeln zum Vorschein kommt, ist eine im Boden keimende
      Kletterpflanze, deren Stamm allerdings später von hinten abstirbt.

   12 Ausser einigen Zusätzen und Modificationen meiner Arbeit von 1884
      entnommen.

   13 Obwohl ich an Ort und Stelle aus Mangel an Apparaten und hier aus
      Mangel an Material keine Versuche machen konnte, unterliegt es doch
      keinem Zweifel, dass die Wachsthumsrichtung der Wurzeln durch
      negativen Geotropismus bedingt ist. Die Stellung der Pflanze sei,
      welche sie möge, ihre Wurzeln stehen stets nach oben, und zwar
      bilden dieselben die verschiedenartigsten Winkel, um sich in den
      Erdradius zu stellen; kein anderer Tropismus kann die Ursache der
      Erscheinung sein, wie es Jedermann in reichen Orchideenhäusern
      constatiren kann.

   14 Die Pflanze wird in europäischen Gewächshäusern in Töpfen cultivirt,
      wobei natürlich die Eigenthümlichkeiten des Wurzelsystems beinahe
      nicht mehr erkennbar sind. Ich habe jedoch häufig (z. B. in Kew,
      Lüttich) die negativ geotropischen, aber wegen Mangels an Humus kurz
      bleibenden Nährwurzeln sich zwischen den Blättern erheben sehen.

   15 Wie mir Dr. FRITZ MÜLLER mittheilte.

   16 ANDRÉ hebt den Reichthum der Bromeliaceen auf Calebassenbäumen in
      Neu-Granada hervor.

   17 Auf einer Reise von Maturin über Aragua, San Felice, Gunna-Guana,
      den Cuchilla·Pass, Socorro nach der Guacharro-Höhle bei Caripe. Vgl.
      HUMBOLDT, _Reise in die Aequinoctial-Gegenden_, Bd. I, p. 345 u. f.

   18 Vgl. HOOKER, V, p. 529.

   19 Vgl. darüber auch ANDRÉ, l. c.

   20 Vgl. z. B. POEPPIG, Bd. II, p. 406.

   21 Vgl. PESCHEL, Bd. II, p. 271; HANN, Handb. etc., p. 176.

   22 Vgl. HANN, l. c., p. 177.

   23 Vgl. HANN, l. c., p. 178.

   24 Nach HOOKER’s _Flora of British India_.

   25 Vgl. darüber das citirte Werk von GAMBLE; von diesem Autor stand mir
      auch eine Liste der Orchideen von Darjeeling zur Verfügung, welche
      derselbe auf Grund seines reichhaltigen Herbariums, auf freundliche
      Veranlassung von Herrn Dr. BRANDIS, zusammengestellt und letzterem
      mitgetheilt hatte.

   26 Vgl. darüber auch GRISEBACH, IV, p. 425.

   27 There are but few districts in the world which compare with Japan as
      regards the quantity and distribution of the yearly rainfalls. This
      would chiefly be the case with the Gulf States of North-Amerika,
      where likewise the summer is the rainiest season of the year, and
      the quantity of rain equals that in Japan. Thus Mobile has a fall of
      1,626 mm, Bâton Rouge of 1,528, New-Orleans of 1,295, St. Augustin
      of 1,092. (REIN, l. c., engl. Ausgabe; p. 121.)

   28 GRISEBACH, I, Bd. II, p. 482. Vergl. darüber namentlich HANN,
      Handb., p. 681 ff., und DARWIN, _Naturw. Reisen_, II. Theil,
      p. 26--66.

   29 R. A. PHILIPPI, l. c.

   30 HANN, Handb., p. 372.

   31 Bd. II, p. 406.

   32 Vgl. über das eigenthümliche Klima der Südwestküste Amerikas HANN,
      Handb., p. 681 ff.

   33 Vgl. darüber HANN, I, p. 351, und über die Epiphyten ob. p. 114.

   34 Aus diesem Grunde wird man auch nie von einer physiologischen
      Pflanzengeographie sprechen können, während eine physiologische
      Morphologie natürlich wohl denkbar ist, obwohl sie auch in ihren
      Uranfängen noch nicht besteht.



ANMERKUNGEN DER KORREKTURLESER


Vom Korrekturleser wurden mehrere Änderungen am Originaltext vorgenommen.

Es folgen paarweise Textzeilen im Original und in der vorliegenden
geänderten Fassung.



Samen, Pflanzen aus den verschiedensten Familien gehören, und doch
Samen, Pflanzen zu den verschiedensten Familien gehören, und doch

Clusea rosea ist ein reich belaubter, bis mittelgrosser, epiphytischer
Clusia rosea ist ein reich belaubter, bis mittelgrosser, epiphytischer

Wurzeln formen ist noch wenig
Wurzelformen ist noch wenig

Die langstengeligen Bromeliacen
Die langstengeligen Bromeliaceen

Cereus triangularis, seltener Macrochordum melananthum. Der
Cereus triangularis, seltener Macrochordium melananthum. Der

Cereus triangularis, Macrochordum melananthum und das Oncidium.
Cereus triangularis, Macrochordium melananthum und das Oncidium.

eines tropich-dichten Waldwuchses entbehren. Ueberall aber zeigt
eines tropisch-dichten Waldwuchses entbehren. Ueberall aber zeigt

und hiermit den systematischen Charakter der Genosssenschaft
und hiermit den systematischen Charakter der Genossenschaft

Berliner Herbarium annahm, indentisch;
Berliner Herbarium annahm, identisch;

Temperatur: Jahresmittel: 51°,8 F= 11 C., Juli: 60°,9 F. = 6° C.,
Temperatur: Jahresmittel: 51°,8 F= 11° C., Juli: 60°,9 F. = 6° C.,

oder doch Gattungen des letzteren gehören, und ziemlich
oder doch zu Gattungen des letzteren gehören, und ziemlich

in wiefern auch dem Reste der Vegetation derselben
in wiefern er auch dem Reste der Vegetation derselben





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