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Title: Soldan's Geschichte der Hexenprozesse - Zweiter Band
Author: Soldan, Wilhelm Gottlieb
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Soldan's Geschichte der Hexenprozesse - Zweiter Band" ***


  Anmerkungen zur Transkription:

  Passagen, die im Originaltext in griechischer Schrift
  gehalten sind, werden im vorliegenden Text in lateinischen
  Buchstaben, eingeschlossen in "#", wiedergegeben.

  Im Original kursiv gedruckter Text ist hier mit "_",
  im Original gesperrt gedruckter Text mit "=" gekennzeichnet.

  Schreibweise und Zeichensetzung des Originaltextes wurden beibehalten,
  nur offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. Die korrigierten
  Stellen sind am Ende des Textes aufgeführt.



                          SOLDAN'S GESCHICHTE

                                 DER

                            HEXENPROZESSE.


                            NEU BEARBEITET

                                 VON

                          DR. HEINRICH HEPPE.


                             ZWEITER BAND.


                              STUTTGART.

              VERLAG DER J. G. COTTA'SCHEN BUCHHANDLUNG.

                                 1880.


              Druck von =Gebrüder Kröner= in Stuttgart.



                              INHALT.


                                                                      Seite

  Neunzehntes Kapitel: Cornelius Agrippa von Nettesheim. Johann Weier
      und der durch ihn angeregte Streit. Bodin. Reginald
      Scot. Binsfeld. Cornelius Loos. Flade. Remigius. Jakob I.
      Delrio u. A.                                                        1

  Zwanzigstes Kapitel: Die Hexenprozesse in der zweiten Hälfte des
      sechszehnten und in der ersten Hälfte des siebenzehnten
      Jahrhunderts in den geistlichen Fürstenthümern Deutschlands        32

  Einundzwanzigstes Kapitel: Die Hexenprozesse von der zweiten Hälfte
      des sechszehnten bis zum Ende des siebenzehnten Jahrhunderts
      in den weltlichen Territorien Deutschlands                         87

  Zweiundzwanzigstes Kapitel: Die Hexenprozesse von der zweiten Hälfte
      des sechszehnten bis zum Ende des siebenzehnten Jahrhunderts
      ausserhalb Deutschlands                                           133

  Dreiundzwanzigstes Kapitel: Bekämpfung und Vertheidigung des Glaubens
      an Hexerei und der Hexenverfolgung während des siebenzehnten
      Jahrhunderts in Deutschland                                       180

  Vierundzwanzigstes Kapitel: Allmähliche Abnahme der Prozesse --
      Balthasar Bekker                                                  223

  Fünfundzwanzigstes Kapitel: Christian Thomasius                       245

  Sechsundzwanzigstes Kapitel: Hexenprozesse des achtzehnten
      Jahrhunderts. Aufhören der gerichtlichen Verfolgungen             266

  Siebenundzwanzigstes Kapitel: Hexerei und Hexenverfolgung im
      neunzehnten Jahrhundert. -- Die neuesten Vertreter des Glaubens
      an Hexerei                                                        330

  Achtundzwanzigstes Kapitel: Schluss                                   352



  NEUNZEHNTES KAPITEL.

  Cornelius Agrippa von Nettesheim. Johann Weier und der durch ihn
  angeregte Streit. Bodin. Reginald Scot. Binsfeld. Cornelius
  Loos. Flade. Remigius. Jakob I. Delrio u. A.


Der erste kühne Held, der es wagte gegen den Dämon, welcher am Marke der
Menschheit nagte, seine Stimme zu erheben, war =Cornelius Agrippa von
Nettesheim=, Generaladvokat zu Metz[1]. In seiner Jugend hatte sich
derselbe viel mit den auf die Magie bezüglichen Schriften beschäftigt, und
war bald zu dem Schlusse gekommen, dass dieselbe entweder auf Betrug oder
auf einer besonderen Kenntniss der Natur beruhen müsse. Aus diesen Gedanken
ging seine erste Hauptschrift »de incertitudine et vanitate scientiarum«
hervor, die eine Satire auf den damaligen Zustand der Wissenschaften
enthält. Von hier aus gelang es ihm auch allmählich sich zu einer von dem
Aberglauben der Zeit unabhängigen Beurtheilung des Hexenglaubens und der
Hexenverfolgung zu erheben. Gegen beide richtete er seine Schrift »de
occulta philosophia« (Paris 1531, Köln 1533). Diese Schrift jedoch sowie
seine geschickte Vertheidigung einer Bäuerin, welche der Inquisitor Savin
verbrennen wollte, machte ihn suspect. Man sagte ihm nach, dass er selbst
mit dem Teufel im Bunde stehe und Magie treibe, und wegen der letzteren
angeklagt, musste er ein Jahr lang zu Brüssel im Gefängniss schmachten.
Nach seinem Tode erzählte man, er habe auf seinem Sterbebette einen
schwarzen Hund aus seinem Nacken gezogen, der ein Dämon war, und habe dabei
gerufen: der sei die Ursache seines Verderbens. Es lag ein furchtbarer Hass
auf dem freisinnigen und muthigen Manne. Doch war sein Auftreten nicht
erfolglos geblieben, indem er wenigstens Einen Schüler hinterliess, der auf
den Wegen des Lehrers weiter zu gehen wagte. Es war dieses der Leibarzt des
Herzogs Wilhelm von Cleve, =Johann Weier=[2] (in seinen lateinischen
Schriften =Wierus=, auch =Piscinarius= genannt). -- Zu Grave an der Maas
(nicht weit von Cleve) 1515 geboren, hatte sich Weier als vierzehnjähriger
Schüler in Antwerpen an Agrippa von Nettesheim angeschlossen, dem er auch
1530 nach Bonn gefolgt war, worauf er seine Studien in Paris fortgesetzt,
dann 1537 in Orleans die medizinische Doktorwürde erlangt und hernach zur
Erweiterung seiner Weltkenntniss Aegypten und andere Theile des Orients,
sowie auch die griechischen Inseln, namentlich Kandia bereist hatte. Im
Jahr 1545 in die Heimath zurückgekehrt, hatte er sich in Arnheim als Arzt
niedergelassen, wo er wegen der ungewöhnlichen Vielseitigkeit seiner
Bildung die besondere Aufmerksamkeit =Konrad von Heresbach's= auf sich zog,
der 1550 seine Berufung auf die Stelle eines fürstlichen Leibarztes an dem
Hofe zu Düsseldorf bewirkte. Mit grosser Freude nahm nun Weier wahr, wie
sein Fürst mit den Unglücklichen, die der Zauberei angeklagt waren, weit
vorsichtiger und milder verfuhr, als man anderwärts that, und nur dann zu
scharfer Strafe griff, wenn er sich überzeugte, dass eigentliche
Giftmischerei im Spiele war. Die Hoffnung, auch andern Ländern ein
wohlthätiges Licht anzünden zu können, bestimmte den wackeren Arzt im Jahr
1563 zur Herausgabe seiner fünf Bücher De praestigiis daemonum et
incantationibus ac veneficiis, -- eines Werkes, welches rasch (1564, 1566,
1568) eine Reihe von Auflagen, 1583 zu Basel die sechste, erlebte und
welches ausserdem auch in deutscher und französischer Uebersetzung weithin
Verbreitung fand[3]. Weier war nach Agrippa von Nettesheim (dessen Andenken
er in dem Buche mit rührender Pietät vertheidigt,) der erste, der gegen
Alles was zum Hexenwahn gehörte und gegen die ganze Tollheit, Rohheit und
Niederträchtigkeit der Hexenverfolgung mit offenem Visir und mit solcher
Entschiedenheit zu Felde zog, dass alle nachfolgenden Schriftsteller, die
diesen Gegenstand berührten, in ihm entweder einen Bundesgenossen, oder
einen Gegner ersten Rangs erkannten[4]. Zwar hat auch er über die Begriffe
seiner Zeit hinsichtlich der Macht des Teufels sich nicht ganz erhoben, und
es bleibt auch für ihn noch eine Magie, die durch den Beistand des bösen
Geistes wirkt[5]; aber sein Verdienst ist es, dass er die grobsinnlichen
Vorstellungen von den sichtbaren Erscheinungen desselben und seinem
persönlichen Verkehr mit den Menschen bekämpft und Vieles aus natürlichen
Gründen erklärt, was man bisher dem Teufel zugeschrieben hatte. Seine
auctoritätsgläubigen Zeitgenossen suchte er auf eine bessere Bahn zu
lenken, indem er ihnen nachwies, wie das neuere Hexenwesen nur auf der
Einbildung beruhe und derjenigen Zauberei gänzlich fremd sei, welche die
Bibel und das römische Recht mit der Todesstrafe bedrohen. Dabei lag seinem
literarischen Auftreten gegen die Hexenverfolgung ein ganz bestimmtes
religiöses Interesse zum Grunde. Es war ihm Herzenssache, dem Reiche
Gottes, dem Interesse des Glaubens zu dienen. Das wesentlichste Hinderniss
des Glaubens sah er aber im Aberglauben, in welchem er eine eigentliche
Epidemie seiner Zeit erkannte. =Darum= entwarf er 1562 bei einer grossen
Jagd, die Herzog Wilhelm hielt, im Schlosse Hambach sein Buch »von den
Blendwerken der Dämonen, von Zauberei und Hexerei«, das er im folgenden
Jahre wie eine Brandfackel in die Nacht seiner Zeit hinauswarf[6]. Geist
und Charakter des Buches, so wie der Zeit selbst, welcher es zum Heilmittel
bestimmt war, werden durch Hervorhebung einzelner Stellen sich am treuesten
kund geben[7].

»Als aber dieser Gräuel, -- heisst es in der Zueignung an Wilhelm von
Cleve, -- jetzund von etwas Jahren her ein wenig gestillet, und ich derhalb
gute Hoffnung gefasst hatte, es würde ohn Zweifel der liebe Gott verleihen
sein Gnad und Kraft, dass er durch die Predigt der gesunden Lehr gar
abgeschafft und aufgehebt würde, so sehe ich doch wohl von Tag zu Tag je
länger je mehr, dass ihn der leidige Teufel wiederum viel stärker, weder
(als) von je Zeiten her auf die Bahn gebracht hat und täglich bringt. --
Dieweil dann zu solchem gottlosen Wesen der Mehrtheil Theologi schweigen
und durch die Finger sehen; die verkehrten Meinungen von Ursprung der
Krankheiten, auch gottloser abergläubischer Ableinung derselben die Medici
leiden und gestatten, auch überdas die Erfahrenen der Rechten, angesehen,
dass es ein alt Herkommen und derhalb ein ausgesprochene Sach ist, fürüber
passieren lassen, und zu dem Allem Niemand, der aus Erbarmniss zu den armen
Leutlin diesen verworrenen, schädlichen Handel zu offenbaren oder zum
wenigsten zu verbessern sich unterwinden wölle, gehört wird: so hat mich,
Gnädiger Fürst und Herr, für nützlich und nothwendig angesehen, die Hand,
wie man spricht, an Pflug zu legen, und ob ich gleich meines Vorhabens
nicht in alleweg gewährt, jedoch Andern, so in Verstand und Urtheil solcher
Sachen mir den Stein weit vorstossen, ein Anlass, ja (wie man pflegt zu
sprechen) die Sporn, diesem Handel fleissiger nachzutrachten und ihre
Meinungen auch zu fällen, zu geben.«

In der dem Werke vorgedruckten Supplik an Kaiser und Reich[8] wird mit eben
so viel Bescheidenheit, als Freimüthigkeit gesagt: »Bitte demnach fürs
Andere Ew. Majestäten, Durchleuchtigkeiten und Gnaden nicht weniger dann
zuvor aufs Allerdemüthigste, Ew. Majestäten, Durchl. und Gnaden wöllen sich
nicht irr machen lassen den alten und von vielen Jahren her eingewurzelten
Wahn, sondern vielmehr, wann etwa in Ew. Majest. und Durchl. Herrschaft,
Landen und Gebiet sich zuträgt, dass über solche teufelische Sachen
berathschlagt, Gericht besessen und Urtheil gefällt soll werden, dass
alsdann gedachtem Rath, so in diesen Büchern gezeigt, nachgesetzt und
gefolgt soll werden: zuvorderst aber und am allermeisten, wann es zu thun
ist um Hexen oder Unholden, mit welchen man's bisher unrichtig und
verworren genug gehalten hat. Auf solche Weis zweifelt mir gar nicht,
werden alle rechtgeschaffenen Christen des leidigen Satans Betrug und
Täuscherei desto besser merken, und dass er so viel nicht vermöge, wie
bisher dafür gehalten worden, wohl erkennen können. Auch wird hinfürder
desto weniger unschuldiges Blut vergossen werden, nach welchem sonst den
leidigen Teufel, als der ein Mörder von Anbeginn an gewest, ohn Unterlass
hüngert und dürstet. Dessgleichen wird auch gemeiner Landfried, welchem er
als der Stifter alles Lärmens zum Bittersten feind, so leichtlich nicht
zerstöret werden können. So werden sich auch die Regenten und Obrigkeiten
für dem nagenden Wurm des Gewissens desto weniger zu fürchten haben; und
wird endlichen so des Teufels Gewalt und Reich von Tag zu Tag je länger je
mehr abnehmen, fallen und brechen, dagegen aber das Reich unsers Herrn
Christi je länger je weiter sich ausbreiten.«

Buch II. Kap. 1. »Also ist nun gewiss und offenbar, dass vielerlei
Schwarzkünstler, auch für dieselben in hebräischer, griechischer und
lateinischer Zungen mancherlei Namen sind. Aber unsere Teutschen nennen den
Handel kurz und geben ihnen allensammen den einzigen Titel Zäuberer. Daher
kommt es auch, dass alsbald man die Hexen und Hexenmeister zu Red wird, den
allernächsten die Zäuberer des ägyptischen Königs Pharaonis, deren
Hanthierung aber weit ist vom Hexenwerk gewesen, anzeucht und auf die Bahn
bringt. Derhalben nehm ich kein Blatt für das Maul, sondern sag's gut rund,
dass alle teutschen Scribenten, welche ich noch gesehen und gelesen hab, in
diesem Argument, wiewohl sie es vornen her mit herrlichen Titeln schön
aufmutzen und allein auf die heilige Schrift sich berufen, hören lassen,
jedoch alle sammt und sonders des rechten Zwecks verfehlt und an einen
Stock gefahren sind. Und das um so viel mehr, dieweil ich sehe, dass sie
den elenden, arbeitseligen Zaubervetteln, das Ungewitter und
Leibsverletzungen betreffend, gar zu viel zumessen und sie hiedurch ohn
alles Urtheil, Unterschied und Erbärmde dem Henker an die Hand geben und im
Rauch gen Himmel schicken.« Weier will nun unter denen, welche man bisher
in =eine= Kategorie zusammenwarf, drei Klassen unterschieden haben:

1) »Des Teufels Eidgeschworene, die Magi infames, d. i. Zäuberer und
Schwarzkünstler, welche wissentlich und willentlich mit Hülf und Beistand
der bösen Geister allerlei Verblendung und eitel vorschwebende Phantaseien
unseren Augen entgegenwerfen, auch durch ihr Wahrsagen und Versegnen ihren
Nächsten hinters Licht führen und das edel Studium der Medicin mit ihren
teuflischen Betrügereien beflecken.« Zwischen Magie und Theurgie will er
keinen Unterschied gelten lassen: »es sind zwei Paar Hosen eines Tuchs.«

2) »Hexen sind Weibsbilder, mehrtheils schwache Geschirr, betagtes Alters,
ihrer Sinnen auch nicht aller Dinge bei ihnen selber, in welcher
arbeitseliger elenden Vetteln Phantasei und Einbildung, wann sie mit einer
Melancholei beladen oder sonst etwa zaghaft sein, der Teufel sich als ganz
subtiler Geist einschleicht und verkreucht, und bildet ihnen durch seine
Verblendung und Täuschereien allerlei Unglück, Schaden und Verderben
anderer Leut so stark ein, dass sie nicht anders meinen, dann sie haben's
gethan, da sie doch der Sachen allerdings unschuldig sein.« Anderwärts sagt
er: »Lamiam heisse ich ein solches Weib, welches mit dem Teufel ein
schändliches, grausames oder imaginirtes Verbündniss aus freiem Willen,
oder durch des Teufels Anreizung, Zwang, Treiben, heftiges Anhalten um
seine Hülf, etzliche böse Ding durch Gedanken, unheilsames Wünschen, zu
begehen und zu vollbringen vermeint, als dass sie die Luft mit
ungewöhnlichem Donner, Blitz oder Hagel bewegen, ungeheuer Ungewitter
erwecken, die Früchte auf dem Felde verderben oder anderswohin bringen,
unnatürliche Krankheiten der Menschen oder Viehe zufügen, solche wiederumb
heilen und abwenden, in wenig Stund in fremde Land weit umherschweifen, mit
den bösen Geistern tanzen, sich mit ihnen vermischen, die Menschen in
Thiere verwandeln und sonsten tausenderlei närrische Dinge zeigen und zu
Werk bringen können, wie dann die Poeten viel Lügen hiervon erdichtet und
geschrieben, dem Sprichwort nach: Pictoribus atque poëtis quidlibet audendi
semper fuit aequa potestas.«

3) »Veneficae, welche mit angeboten, angestrichen oder an Ort und End, da
es mit dem Athem angezogen mag werden, hingelegten Gift beide die Menschen
und das Vieh härtiglich beschädigen und verletzen. -- Zwischen den
Zäuberern, Hexen und Giftbereitern, welche doch bisher in ein Zunft und
Gesellschaft gerechnet, ist ein langer, breiter und dicker Unterscheid.«

Die Schwarzkünstler und Giftmischer nun will Weier mit dem Tode bestraft
haben; auf die sogenannten Hexen aber seien die im Pentateuch und im
römischen Recht enthaltenen Strafandrohungen mit Unrecht bezogen worden.
Der Kanon Episcopi breche sogar dem ganzen Hexenglauben den Stab, indem er
denselben für das Erzeugniss einer kranken Phantasie erkläre. Die
Hexenbrände seien desshalb eine Ungerechtigkeit. »Die wahnwitzigen, vom
bösen Geist gefatzten Mütterlinen, welchen der Dachstuhl verrückt ist, so
doch keine sonderbare Missethat begangen, hat man ohn alles Erbarmen in
tiefe, finstere Thürn geworfen, für Gericht gestellt, zum Tod verdammt und
endlich in dem Rauch gen Himmel geschickt, aus Ursach, dass man allein auf
ihr blosse Bekanntniss und Bericht aushin führe, auch nicht genugsam, was
zwischen einer Unholden und einer Giftköcherin Unterschieds sei, erwäge.«
»Von der Art der Prozesse kommt es, dass solche arme, geplagte Leut viel
lieber einmal im Feuer sterben wollen, denn so unmenschlicher Weise so
vielmal aus einander gestreckt und unverschuldter Weise geplagt und
gemartert zu werden. Noch wollen's etwan die unbarmherzigen Leute und
Peiniger nicht erkennen, dass oftmals unschuldig Blut vergossen und durch
die grosse Pein hingerichtet worden. Denn wenn die Armen, wie oftmals
geschieht, von der schweren Tortur ihre leiblichen Kräfte verlieren und in
dem Gefängniss ihr Leben enden, alsdann wollen die Richter in diesem ihre
Entschuldigung fürwenden, dass sie sagen, die armen gefolterten Leute haben
sich selbst im Gefängniss umbracht, seyen verzweifelt und der Teufel habe
ihnen den Hals gebrochen, damit sie zu öffentlicher Straf nicht seyen
geführet worden.«

Unwissende Aerzte und intriguante Kleriker sind die Hauptbeförderer des
Hexenglaubens[9]. »Die Münche rühmen sich der Arznei, deren sie sich aber
eben wie ein Kuh Sackpfeifens verstehen. Sie überreden die unverständigen
Leute, dass eine Krankheit von Zauberern komme. Hierdurch hängen sie
mancher unschuldigen, gottesfürchtigen Matronen ein solch Schlötterlein an,
das weder ihr, noch ihren Nachkommen der Rhein zu ewigen Zeiten nimmermehr
abwäscht. Denn sie je vermeinen, der Sach sey nicht genug geschehen, wenn
sie allein in Anzeigung und Entdeckung der Krankheiten Ursprung und
Herkommen ein Puppen schiessen, sondern sie müssen auch die Unschuldigen
verleumden und Verdacht machen, bei leichtgläubigen Leuten untödtlichen und
nimmer ablöschlichen Neid und Hass anzünden, mit Zank und Hader ganze
Nachbarschaften erfüllen, Freundschaften zertrennen, das Band der
Blutsverwandtschaft auflösen, zu Scharmutz und Streit, also zu reden,
Lärmen schlagen, Kerker und Gefängnisse zurüsten und aufs allerletzt
Todschläg und Blutvergiessen auf mancherlei Weise anstiften, nicht allein
der unschuldigen, falsch angegebenen und verdachten Weiber, sondern auch
derer, so sich ihren mit einem Wörtlein annehmen und sie zu vertheidigen
unterwinden dürfen. Dass der Sach aber in Wahrheit also sey, darf ich
eigentlich, kein Blatt für das Maul genommen, bezeugen, und wenn ihnen
schon der Kopf zu tausend Stücken zerspringen sollt. Denn es erfährt's und
rühmt's ihr Prinzipal Beelzebub, dass diese fleischlichen, oder geistlichen
sollt ich sagen, Personen, so zu seinem Fürnehmen treffliche gute Werkzeug
sind, mehrertheils unter dem Deckmantel der Geistlichkeit ihren Dienst ihm
treulich und unverdrossen leisten: welche entweder von Gelds oder Ehrgeiz
wegen ihre eigenen und auch anderer Leute Seelen dem Teufel so schändlich
auf den Schwanz binden und hieneben die uralte fast nützliche, ja
nothwendige Kunst der Medicin mit solchem falschen Wahn des Verhexens in
natürlichen Krankheiten beflecken und besudeln.«

Von der Art, wie zu Weier's Zeit sich manche Priester bei der Heilung von
Zauberschäden benahmen, zwei Beispiele.

»Es hat einer aus dieser beschorenen Rott kürzlich ein erdichtet, erlogen
Gespräch in Druck verfertigt, doch allein in deutscher Zungen (denn
vielleicht das Latein um das liebe Herrlein ziemlich theuer ist gewesen):
es sey nämlich vor etlich Jahren einem Weibe das Bäuchlein dermaassen
aufgegangen, dass Jedermann, sie gehe schwanger, gänzlich vermeinet habe.
Und dieweil sie guter Hoffnung, sie würde noch vor Fastnacht des Kinds
genesen, und aber solches wider ihre Hoffnung nicht beschehen, habe sie bei
ihm Rath und Hülf gesucht, da habe er ihr einen Trank eingegeben, dadurch
er bei seinem geschworenen Eid zwo Kannen Kirschenstein, die zum Theil
schon angefangen grünen, zum Theil aber eines Fingers lang aufgeschossen,
von ihr getrieben habe. Es wird dieser Kauz die Anatomica etwan nicht wohl
gestudirt haben; denn dass es eine lange, breite, dicke Lügen sey, mag ein
Jeder dabei wohl leichtlich abnehmen«[10].

»Eben dieser Gaukler hat in einer berühmten Stadt in Geldern, da ich vor
Zeiten Stadtarzt gewesen, ein Klosterfräulein, so mit etwas Krankheit
beladen, gänzlich überredet, sie sey veruntreuet worden, es sey ihr auch
durch kein ander Mittel zu helfen, es werde ihr denn das Amt der heiligen
Mess auf dem Bauch gehalten. Welches als es ihm zugelassen und vergönnt,
ist ihre Sache zehnfältig böser geworden, denn sie vor nahem nicht mehr
denn von einer natürlichen Krankheit beschwert, hat aber nachmals nicht
anders, denn als ob sie verzaubert wäre, angefangen zu wüthen, dass es ihm
von der Aebtissin oder Priorin oft verwiesen und unter die Nasen gestossen
worden. Aber es seyn doch diese Zoten wie lahm sie immer wollen, so hat
doch dieser spöttliche Brillenreisser und Merlinschreiber seine Kunden, die
ihm anhangen und ihn, vielleicht dass sie mehr Geistlichkeit und Andacht,
als aber ist, hinter ihm suchen (denn er Amts halben ein Pfarrherr ist) gar
hoch achten.«

Das achtzehnte Kapitel des zweiten Buchs zieht gegen die unwissenden
Aerzte, besonders die anmassenden Jünger des Paracelsus, zu Felde. Die
Chemie aber will Weier nicht verachten.

»Darzwischen aber bin ich nicht darwider, dass es aller ungeschickter
Knöpfen, die sich der Arznei unverschämt und betrüglich rühmen, einige und
allgemeine Zuflucht sei, wenn sie einer Krankheit Ursach und noch viel
minder mit was Mittel ihr zu begegnen sey, nicht wissen und desshalb aus
ihrer Unwissenheit, wie ein Blinder von der Farben ein Urtheil fällen
müssen, dass sie denn allernächsten, es sey der Mensch verzäubert oder
veruntreuet, fürwenden, wöllen also mit diesem Deckmäntelein ihre
Unwissenheit und Unerfahrniss in Sachen dieser theuren Kunst verstreichen
und verdecken, die Händ wäschen, nach dem Sprichwort, aufstehen und von
dannen gehen, nicht anderst denn wie das ungehöbelt Geschwärm der Chirurgen
oder Wundärzten, ich hätte schier gesagt der Kälberärzten, auch thun,
welche dem allernächsten, so sie Gangrenam, Sphacelum, Phagedenam oder
andere zornige unheilsame Geschwer nicht heilen können, S. Quirino, Antonio
und andern Heiligen sie zuschreiben. Welche doch Anfangs so bös nicht
gewesen, sondern durch ihr Salben und Schmieren, so sie aus keinen gewissen
Gründen wissen, sondern allein aus wenig ungewissen Erfahrnissen muthmassen
und auf des Schleifers Lebkuchen und gerad wohl hin brauchen, erst so bös
worden sind. Aber damit die Schälk nicht müssen Nachred besorgen, oder
etwan, dass man mit ihnen gar für die Schmitten fahre, gewärtig seyn,
wissen sie sich nit besser denn mit solcher Ausred zu beschönen und aus der
Sach zu schleichen.«

Die Facta in Betreff der fremdartigen Gegenstände, die sich zuweilen im
menschlichen Körper finden sollen, wie Haarknäuel, Eisenstücke, Steine,
Nadeln, Sand u. dgl. im Magen und Darmkanal, leugnet Weier nicht, erklärt
sie aber durch diabolische Besessenheit, nicht durch Behexung.

Mit Beifall verweilt er bei dem weisen Verfahren seines Herrn, des Herzogs
von Cleve, in Zaubersachen. Ein Bauer, dessen Kühen die Milch ausblieb,
hatte einen Wahrsager befragt, und dieser des Maiers junge Tochter als Hexe
angegeben. Das Mädchen ward ergriffen, gestand, was man wollte, und
bezeichnete noch sechszehn Weiber als Mitschuldige. Als nun der Herzog um
die Genehmigung weiterer Schritte angegangen wurde, befahl er, den
Wahrsager zu verhaften, das Mädchen in einen guten Religionsunterricht zu
geben, die sechszehn Weiber aber ungekränkt zu lassen. »Wollte Gott« --
fährt Weier fort, »dass alle Obrigkeiten diesem Exempel nachkämen, so würde
nicht so viel unschuldiges Blut dem Teufel zu gefallen vergossen werden.
Aber es ist fürwahr hoch zu bedauern, dass oftmals der Fürsten Räth, auch
andere Fürgesetzten und Amtleute so ungeschickte Schlingel seyn (-- die es
nicht antrifft, verzeihen mir --), dass sie weder in dieser, noch in
einigen andern zweifelhaftigen Sachen ein recht satt Urtheil fällen können,
und derhalben nirgends anders wohin, denn dass es Blut koste, sehen und
sich richten können.«

Das Aufsehen, welches Weier's Buch machte, war daher ungemein, seine
wohlthätigen Wirkungen freilich nur von allzukurzer Dauer. Binnen vierzehn
Jahren erschienen fünf Auflagen, und 1586 besorgte Fuglinus eine deutsche
Uebersetzung[11]. Viele Gelehrte, besonders Aerzte, gaben einen lauten
Beifall zu erkennen, der edle =Cujacius= schätzte das Werk[12], und =Johann
Brentz=, Probst zu Stuttgart, trat in einen Briefwechsel mit dem
Verfasser, worin er bei grosser Hochachtung vor dessen humanen Bestrebungen
das Ansehen der Strafgesetze dadurch zu retten suchte, dass er den Hexen,
deren Unvermögen Hagel zu machen er selbst in früheren Predigten behauptet
hatte, wenigstens einen strafbaren =Conat= beimass. Vom Pfalzgrafen
=Friedrich=, dessen theologische Fakultät Anfangs noch scharf hinter den
Hexen her gewesen war[13], rühmt Weier selbst, dass er bald der Stimme der
Vernunft Gehör gegeben habe; Aehnliches sagt er von der clevischen
Regierung und vom Grafen von Nieuwenar. Letzterer begnügte sich, eine
geständige Angeklagte des Landes zu verweisen, hauptsächlich aus Rücksicht
auf ihre eigene Sicherheit. Dieses Beispiel fand bald in Worms und
anderwärts Nachahmung. Nehmen wir hierzu noch, dass man auch in Württemberg
um dieselbe Zeit wenigstens zu grösserer Vorsicht im Verfahren sich
bequemte, eine gründlichere Generalinquisition und deutlichere Indizien
verlangte und, -- was als etwas Besonderes hervorgehoben wird, -- zur
Folterung niemals anders als auf gerichtliches Erkenntniss schritt[14]: so
bleibt kein Zweifel daran übrig, dass Weier's Buch dem Hexenprozesse im
deutschen Reiche einen harten Stoss gegeben hat. Er selbst spricht in
seinen späteren Schriften mit Befriedigung über die Erfolge seines Kampfes;
=Crespet= klagt über die Rückwirkungen desselben auf Frankreich; das
glänzendste Zeugniss aber hat ihm, ohne es zu wollen, der fanatische
=Bartholomäus de Spina= ausgestellt. »Die Pest des Hexenwesens«, sagt der
Magister sacri palatii, -- »ist gegenwärtig so arg, dass neulich in einer
Versammlung Satan, der, wie einige der vom Inquisitor Verhafteten ausgesagt
haben, in Gestalt eines Fürsten erschien, zu den Hexen sprach: Seid alle
getrost; denn es werden nicht viele Jahre vergehen, so triumphirt ihr über
alle Christen, weil es mit dem Teufel vortrefflich steht durch die
Bemühungen Weier's und seiner Jünger, die sich gegen die Inquisitoren mit
der Behauptung aufwerfen, dass diess alles nur thörichte Einbildung sei,
und so diese gottlosen Apostaten begünstigen und in ihren Ketzereien
indirekt bestärken. Denn sähen sich nicht die Väter Inquisitoren gehemmt
durch die Bedenklichkeiten dieser Leute, auf deren Aussprüche oft die
Fürsten wie auf die Worte der Weisen horchen und der Inquisition die
schuldige Hülfe entziehen, so wäre durch den glühenden Eifer besagter
Inquisitoren diese Sekte bereits gänzlich ausgerottet, oder wenigstens aus
dem Gebiete der Christenheit verjagt«[15].

Satan hatte diessmal auf Weier's Wirksamkeit allzu kühne Hoffnungen für die
Ungestörtheit seiner Verbündeten gebaut. Der Theorie und der Praxis war von
dem muthigen Arzte allzu derb auf den Fuss getreten worden, als dass sich
nicht beide zum Bunde gegen ihn hätten die Hand reichen sollen. Kaum hatte
man sich daher von der ersten Ueberraschung etwas erholt, so eröffneten
Gesetzgeber, Richter und Gelehrte aus den vier akademischen Fakultäten
gegen ihn einen dreissigjährigen Krieg, in welchem nur wenige, obwohl
achtungswerthe, Bundesgenossen ihm zur Seite standen, und an dessen Ende
das von ihm vertheidigte Gebiet der Vernunft ein erobertes Land war, in
welchem die Barbarei für mehr als ein ganzes Jahrhundert ihr blutiges
Panier aufpflanzen durfte.

Zuerst begannen ein angeblicher Fürst =della Scala= und der pseudonyme =Leo
Suavius= (eigentlich =Johannes Campanus=), ein französischer Paracelsist,
das Geplänkel; Weier schrieb gegen sie eine Apologie[16] und wies sie mit
siegender Derbheit zurück. Dann trat die schon oben erwähnte =kursächsische
Kriminalordnung= hervor (1572) und verkündete mit Ueberbietung der Carolina
folgende Strafbestimmung: »So jemands in Vergessung seines christlichen
Glaubens mit dem Teufel ein Verbündniss aufrichtet, umgehet, oder zu
schaffen hat, dass dieselbige Person, ob sie gleich mit Zauberey niemands
Schaden zugefüget, mit dem Feuer vom Leben zum Tode gerichtet und gestraft
werden soll.« Man sieht, wie in dem protestantischen Lande der Fürst als
summus episcopus auch das geistliche Moment vertrat, während die Carolina
vom Umgang mit dem Teufel schweigt und nur eine äussere Rechtsverletzung
mit dem Scheiterhaufen bedroht. In den Motiven zu dieser Kriminalordnung
wird Weier vornehm abgefertigt; er sei Arzt, nicht Jurist.

Zunächst trat dann eine theologische Auctorität für den Hexenglauben und
die Hexenverfolgung in die Schranken, indem der berühmte =Lambert
Danäus= -- der eigentliche Vater der reformirten Moraltheologie, als
selbstständiger theologischen Disciplin -- 1575 zu Köln seinen Dialog De
veneficis, quos olim sortilegos, nunc autem vulgo sortiarios vocant,
herausgab, worin die im Hexenhammer vorgeschriebene Auffassung und
Verfolgung der Hexerei (z. B. auch das Abscheeren der Haare vor der Tortur)
vom theologischen Standpunkte aus vollständig gerechtfertigt ward. Des
heidelberger Arztes =Thomas Erastus= Buch de lamiis et strigibus (1577), in
dialogischer Form, angefüllt mit dem seit dem Malleus längst Gewohnten und
ohne polemische Taktik, machte jedoch mehr eine Demonstration, als einen
wirklichen Angriff[17].

Zwei oder drei Jahre später trat der in Frankreich hoch gefeierte Philosoph
=Jean Bodin= (1530, [+]1596), Heinrich's III. Günstling, und bereits durch
seine staatsphilosophischen Träumereien bekannt, mit seinem Traité de la
démonomanie des sorciers (Paris, 1580, 4^o.) hervor[18]. Bodin hatte bei
einigen Hexenprozessen als Richter den Vorsitz geführt und mit
unglaublichem Eifer sich in die auf Zauberei und Hexenwesen bezügliche
Literatur vertieft. Dadurch war es ihm klar geworden, dass im Volksglauben
aller Völker und aller Zeiten die Realität des Hexenwesens verbürgt sei. Er
wusste auch über zahllose Hexenprozesse und über die Motive der
Verurtheilung einer Legion von Hexen zu berichten, wesshalb in seinen Augen
das Auftreten Weier's nichts anderes als eine auf der lächerlichsten
Selbstüberschätzung beruhende Missachtung einer jedem vernünftigen Menschen
von selbst einleuchtenden Auctorität und zugleich Gottlosigkeit war. Nicht
zwecklos ist das Buch dem Präsidenten des seit langer Zeit besonneneren
pariser Parlaments in äusserst schmeichelnden Ausdrücken gewidmet. Ueberall
ist man dem Verfasser zu lau, obgleich er anerkennt, dass unter Heinrich
weit mehr zur Vertilgung der Hexen geschehe, als unter der vorigen
Regierung. Er fordert die Richter auf, aus eigenem Antriebe einzuschreiten
und nicht erst die Schritte des königlichen Prokurators abzuwarten; ja er
will nach Mailänder Sitte Kasten mit Deckelspalten in den Kirchen
eingeführt wissen, um die Denunciationen zu erleichtern. Er zählt fünfzehn
einzelne Verbrechen auf, aus welchen die Zauberei sich zusammensetze, und
beweist daraus eine fünfzehnfache Todeswürdigkeit. Dem Werke hängte Bodin
eine ausführliche Widerlegung Weier's an, um, wie er sagt, die durch diesen
angegriffene Ehre Gottes zu schirmen. Diese Vertheidigung nun beruht,
ausser der Wiederholung der alten Fabeln und der Berufung auf die
Ergebnisse der neueren Praxis, hauptsächlich auf der boshaften Taktik,
Weier mit dem Doktor Edelin auf gleiche Stufe zu stellen und zu insinuiren,
dass er des verdächtigen Agrippa Schüler war. Ohne Zweifel hätte es der
französische Philosoph gerne gesehen, wenn sein Gegner auch Edelin's
Ausgang genommen hätte[19]. Bodin ist indessen eine Auctorität geworden,
und selbst im Auslande hat man sich oft auf ihn bezogen[20].

Wenige Jahre nach Bodin begegnet uns der deutsche, protestantische
Philosoph =Wilhelm Adolph Scribonius=, Professor zu Marburg, als
Parteigänger in dem grossen Kampfe. Seine zufällige Anwesenheit zu Lemgo,
als man gerade mit einem Weibe die kalte Wasserprobe vornahm, veranlasste
es, dass die Herren vom Rathe, selbst noch ungewiss über die
Rechtmässigkeit des Geschehenen, den damals viel geltenden Gelehrten um ein
nachträgliches Gutachten baten. Dieser entwarf in Folge dessen im Jahr 1583
gegen Weier's Einwendungen ein so seichtes Sendschreiben zur Rechtfertigung
des Hexenbades[21] und verwickelte sich in eine so unhaltbare Deduktion
über die spezifische Schwere der Dämonen und ihrer Gehülfen, dass er sich
alsbald von einigen in der Physik festeren Aerzten nachdrücklichst befehdet
sah und dass selbst bei manchen erklärten Hexenverfolgern jene Probe in
Misskredit brachte[22].

Einen wuchtigen Schlag führte damals in England ein Laie, =Reginald Skot=,
der als Privatmann zu Smeeth lebte und 1599 starb, durch Veröffentlichung
seiner Schrift =Discovery of witchcraft= aus[23]. Skot deckte in seinem
Buche den Trug des Hexenglaubens mit einer Kühnheit auf, die vor ihm noch
kein Schriftsteller gewagt hatte. Unerschrockenen Muthes legte er es in
beredtester Sprache dar, mit welcher Grausamkeit die Geständnisse erpresst
und mit welcher Lüderlichkeit die Indizien beschafft würden. Er zeigte,
dass die Gaukeleien, welche man dem Teufel und den Hexen zuschreibe, nichts
als Absurditäten und Gemeinheiten wären, die auf gar nichts beruhten. Dabei
legte Skot nicht nur an den gesunden Menschenverstand, sondern auch (sehr
geschickt) an das protestantische Bewusstsein seiner Landsleute Berufung
ein, um ihnen ein von der katholischen Inquisition aufgestelltes
Verfolgungssystem gehässig erscheinen zu lassen.

Was die Hexenfeinde des strikten Glaubens am meisten verdross, war, dass
sie in ihrem eigenen Lager eine Spaltung entstehen sahen. Denn Viele, die
an der Befähigung der Hexen zum Schadenstiften und an der Strafbarkeit
derselben im Allgemeinen festhielten, wollten doch wenigstens den Luftflug,
den Sabbath und den Concubitus nicht mehr als wirklich gelten lassen. Der
gelehrte Frankfurter Jurist =Joh. Fichard= gestand in seinen »Consilien«
(z. B. Tom. II. Cons. 113 vom Jahr 1564), dass er die nächtlichen
Teufelstänze und Mahle und die Vermischung des Teufels mit Frauen für
nichts Anderes als für Träumereien und Täuschungen halte, wegen deren man
nicht auf Feuertodesstrafe erkennen dürfe (wobei er freilich im Uebrigen
ganz vom Hexenglauben befangen erschien, und auf den Feuertod erkannte,
wenn Hexen gestanden, dass sie durch Erregung von Gewittern oder in anderer
Weise Schaden verursacht hätten). -- Noch entschiedener als Fichard trat
der mecklenburgische Jurist =Joh. Georg Godelmann= auf[24]. In Vorlesungen,
die er im Jahr 1584 in Rostock über die Carolina gehalten hatte, und die er
später erweitert unter dem Titel herausgab: Tractatus de magis veneficis et
lamiis deque his recte cognoscendis et puniendis, sagt er unter Anderem
(Lib. III. cap. 11): »Die Hexen gestehen entweder Mögliches, nämlich dass
sie Menschen und Vieh durch ihre magische Kunst und Zauberei getödtet
haben, und wenn sich dieses so erfindet, so sind sie nach Art. 109 der
Carolina zu verbrennen; oder sie gestehen =Unmögliches=, z. B. dass sie
durch einen engen Schornstein in die Luft geflogen seien, in Thiere sich
verwandelt, mit dem Teufel sich vermischt haben, und =dann= sind sie nicht
zu strafen, sondern vielmehr mit Gottes Wort besser zu unterrichten; oder
endlich gestehen sie einen Vertrag mit dem Teufel, in welchem Falle sie mit
einer ausserordentlichen Strafe, z. B. Staupenschlag, Verbannung oder
Geldstrafe (wenn sie reuig sind,) belegt werden können. -- Diese Strafe
soll ihrem Leichtsinn gelten, weil sie den teuflischen Einflüsterungen
nicht standhaft genug widerstanden, ja sogar denselben zustimmten.« -- In
einem anderen, dem Lib. III. jenes Werkes vorgedruckten Gutachten von 1587
sagt =Godelmann=: »Was das Reiten und Fahren der Hexen auf Böcken, Besen,
Gabeln nach dem Blocksberg oder Heuberg zum Wohlleben und zum Tanz,
desgleichen auch die fleischlichen Vermischungen, so die bösen Geister mit
solchen Weibern vollbringen sollen, anbelangt, achte ich nach meiner
Einfalt dafür, dass es ein lauter Teufelsgespinst, Trügerei und Phantasie
ist. Dergleichen Phantasie ist auch, dass Etliche glauben, dass die Hexen
und Zauberer in Katzen, Hunde und Wölfe können verwandelt werden. Denn dass
solche Veränderung unmöglich sei, ist bereits in einem alten Concilio, so
zu Ancyra gehalten (Kanon Episcopi!), geschlossen worden. -- Endlich wird
auch den Hexen vorgeworfen, dass sie böse Wetter machen können, so doch
Wettermachen Gottes und keines Menschen Werk ist. -- Derentwegen kann kein
Richter Jemanden auf solche Punkte peinigen, viel weniger tödten, weil
derselbigen mit keinem Wort in der Peinlichen Halsgerichtsordnung gedacht
wird.«

In demselben Sinne veröffentlichte damals =Augustin Lercheimerus= 1585 zu
Heidelberg ein »Bedenken von der Zauberey«, welches 1593 auch zu Basel,
1597 zu Speier neu edirt ward. Lercheimer sagt: »Die Hexen werden in ihrem
Sinn betrogen in Buhlschaft mit dem Satan. Ist kein natürlich Werk, noch
wahre natürliche Lust dabei, wie sie selbst bekennen. -- Denn was kann ein
Geist und ein Leib miteinander schaffen? -- Und dass es zu mehrmalen eine
Fantasey und eine Einbildung sei, zeigen die Hexen damit an, dass sie
bekennen, sie seien vom Geiste beschlafen, da sie bei ihrem Manne im Bette
gelegen und er habs nicht empfunden.« -- Selbst der strenge Ketzerrichter
=Hard. a Dassell= (Verf. des oben erwähnten Responsum von 1597,) war der
Meinung, dass sehr oft die Aussagen von Frauen über ihre Hexenfahrten,
ihre Buhlerei mit dem Teufel etc. auf Einbildung und Träumerei beruhten.

Inzwischen begann in Frankreich eine Denkweise durchzubrechen, welche sich
vor Allem dadurch kennzeichnete, dass sie von jeder Auctorität und
Tradition unabhängig, principiell Alles, was nur auf dieser Grundlage
ruhte, in Zweifel zog. Der »Philosoph«, der mit dieser Anschauungsweise
zuerst (1588) hervortrat, war der originelle =Michel de Montaigne=, ein
Gelehrter, der seinen Ruhm weit weniger der Tiefe seines Geistes als der
Kühnheit seiner Skepsis verdankt. Seiner Meinung nach war von dem, was man
über die Hexen und deren Treiben sagte, gar nichts verbürgt; vielmehr sei
anzunehmen, dass es theilweise mit ganz natürlichen Dingen zugehe,
theilweise auf Sinnentäuschung, beziehungsweise auf Lüge beruhe. Er meint,
es sei weit wahrscheinlicher, dass unsere Sinne uns täuschen, als dass ein
altes Weib auf einem Besenstiel im Schornstein hinauffahre; und es müsse
weit weniger befremden, wenn Zungen lügen, als wenn Hexen die angeblichen
Thaten ausführten. Darum möge man den Weibern, wenn sie ihre Nachtfahrten
u. dgl. eingestehen wollten, lieber Niesswurz als Schierling zuerkennen.
C'est mettre, sagt er, ses conjectures à bien haut prix, que d'en faire
cuire un homme tout vif!

Was nun =Montaigne= in der Form eines Zweifels ausgesprochen, das wurde von
dem gleichzeitigen Skeptiker, dem Grossvikar =Pierre Charron= zu Paris
([+]1603) geradezu geleugnet und bekämpft, und es begann jetzt in
Frankreich eine Weltanschauung herrschend zu werden, die alles Wunderbare
mit Widerwillen betrachtete, die Alles aus einem natürlichen Zusammenhange
erfassen wollte, und daher in dem Hexenglauben nichts anderes als Wahn und
Trug erkannte.

Um gegen solche Freigeistereien wenigstens die Hauptbasis des
Hexenprozesses, die Glaubwürdigkeit der Bekenntnisse, zu retten, schrieb
der trierische Suffraganbischof =Peter Binsfeld= 1589 seinen Traktat de
confessionibus maleficorum et sagarum und gab denselben zwei Jahre darauf,
besonders zum Gebrauch der baierischen Gerichte, wo er Beifall gefunden
hatte, neu bearbeitet heraus[25]. Die Realität des Pactums wird darin gegen
Weier aus der Versuchungsgeschichte Jesu dargethan; die Auctorität des
Kanons Episcopi aber, als einer von ganz andern Dingen redenden Stelle,
abgewiesen. Kirchenväter, Scholastiker und die Bekenntnisse der damals im
Trierischen stark verfolgten Hexen liefern die Beweise für die Wahrheit
eben dieser Bekenntnisse. Binsfeld's Schrift hat in der Praxis Ansehen
erlangt, er selbst aber den traurigen Ruhm, an dem Sturze zweier
Ehrenmänner, die dem blutigen Treiben entgegentraten, mitgewirkt zu haben.

=Cornelius Callidius Loos= (=Loseus=), um 1546 zu Gouda in Holland geboren
(in seinen Schriften sich auch Cornelius Callidius und Finius nennend),
Canonicus in seiner Vaterstadt, war zwar ein erklärter Gegner des
Protestantismus, der ihn bei Einführung der Reformation von seiner Stelle
vertrieben hatte, aber einer der wenigen Aufgeklärten des Jahrhunderts, die
in der ganzen Hexerei und ihren Wirkungen nur Trug und Einbildung und in
der Hexenverfolgung eine »neue Alchymie« erkannten, nach welcher man »aus
Menschenblut Gold und Silber mache«[26]. Im Trierischen, wohin er sich
geflüchtet, fand er unter dem schwachen Johann VI. alle Gräuel des
Hexenprozesses vor. Schon früher durch einige gelehrte Streitschriften
bekannt, schien er gerade der Mann zu sein, von dem man eine siegende
Widerlegung Weiers erwarten durfte. Als er jedoch nach einiger Zeit eine
Schrift, de vera et falsa magia betitelt, zu Köln in Druck geben wollte,
fand es sich, dass er darin die Unwissenheit, Tyrannei und Habsucht der
Hexenverfolger aufs Rücksichtsloseste gezüchtigt hatte. Das Manuscript ward
confiscirt, er selbst auf Befehl des päpstlichen Nuntius im Kloster
St. Maximin bei Trier eingekerkert und zum schimpflichsten Widerruf
gezwungen, den er am 15. März 1592 vor dem Generalvikar der Diözese Trier,
Peter Binsfeld, und dem Abt des Klosters ablesen und unterzeichnen musste.
Die Anführung einiger Artikel dieses (sechszehn Artikel umfassenden)
Widerrufs wird den Geist seines Wirkens und die Grösse der ihm angethanen
Schmach darthun[27].

»=Art.= I. Erstens widerrufe, verdamme, verwerfe und missbillige ich, was
ich oft schriftlich und mündlich vor vielen Personen behauptet und als den
Hauptgrundsatz meines Traktats aufgestellt habe, dass nur Einbildung,
leerer Aberglaube und Erdichtung sei, was man von der körperlichen Ausfahrt
der Hexen schreibt; sowohl weil diess ganz und gar nach ketzerischer
Bosheit riecht, als auch weil diese Meinung mit dem Aufruhr Hand in Hand
geht und darum nach dem Verbrechen der beleidigten Majestät schmeckt.

»=Art.= II. Denn (was ich zweitens widerrufe) ich habe durch heimlich an
gewisse Personen abgesandte Briefe gegen die Obrigkeit hartnäckig und ohne
haltbaren Grund ausgesprengt, dass die Hexenfahrt unwahr und eingebildet
sei, mit der weiteren Behauptung, dass die armen Weiber durch die
Bitterkeit der Tortur gezwungen werden, zu gestehen, was sie niemals gethan
haben, dass durch hartherzige Schlächterei unschuldiges Blut vergossen und
dass mittelst einer neuen Alchymie aus Menschenblut Gold und Silber
hervorgelockt werde.

»=Art.= III. Durch dieses und Aehnliches, theils durch Privatunterredungen,
theils durch verschiedene Briefe an beide Obrigkeiten, habe ich die Oberen
und Richter bei den Untergebenen der Tyrannei beschuldigt.

»=Art.= IV. Und folglich, da der hochwürdigste und durchlauchtigste
Erzbischof und Kurfürst von Trier nicht nur gestattet, dass in seiner
Diözese die Zauberer und Hexen zur verdienten Strafe gezogen werden,
sondern auch eine Verordnung wegen des Verfahrens und der Gerichtskosten in
Hexensachen erlassen hat, habe ich in unüberlegter Verwegenheit besagten
Kurfürsten stillschweigend der Tyrannei bezichtigt.

»=Art.= V. Ausserdem widerrufe und verdamme ich folgende meine Sätze: dass
es keine Zauberer gebe, die Gott absagen, dem Teufel einen Kult erweisen,
mit Hülfe desselben Wetter machen und Aehnliches ausführen, sondern dass
diess alles Träume seien.« U. s. w.

Am Schlusse dieser vor Binsfeld protokollirten Palinodie erkannte sich
Loos, wenn er rückfällig werden sollte, jeder willkürlichen Bestrafung
würdig und wurde sodann aus dem Lande gejagt. In Brüssel fand er nach
einigem Umherirren eine Freistätte und Anstellung als Vicarius an einer
Kirche. Bald trat er mit seinen Sätzen von Neuem hervor und büsste dafür
als Rückfälliger lange Zeit im Kerker. Aus demselben entlassen, betrat er
nochmals den alten Weg. Es drohte ihm eben die dritte Anklage, als der Tod
am 3. März 1593 zu Brüssel (nach anderer Angabe zu Mainz) ihn aller
Verfolgung entzog.

Rascher war es mit dem andern Opfer zu Ende gegangen. Der Doctor =Dietrich
Flade=, kurfürstlicher Rath und Schultheiss zu Trier, einst auch Rektor der
Universität, war vielleicht eine von jenen obrigkeitlichen Personen, an
welche Loos sich schriftlich und mündlich gewandt hatte[28]. Wenigstens
suchte auch er in seinem praktischen Kreise dem Unwesen Einhalt zu thun,
indem er Alles aufbot, um die gesammte Hexerei als Chimäre hinzustellen.
Doch mochte er noch so nachdrücklich auf den Kanon Episcopi sich berufen,
gerade dieses machte man zum Indicium gegen ihn selbst. Wer die Hexen
vertheidigte, der war ja selbst der Hexerei verdächtig. »Ihm trat, sagt
Delrio, Peter Binsfeld tapfer mit einer gelehrten Widerlegung entgegen und
gab seinen Traktat über die Bekenntnisse der Hexen heraus. Flade wurde
verhaftet, gestand endlich sein Verbrechen und seinen Betrug, wie Edelin,
und wurde lebendig verbrannt. Das gegen ihn geltend gemachte Indizium
gründet sich auf eine offenbare Rechtsvermuthung u. s. w.« Mit ihm fielen
zwei Bürgermeister, einige Rathsherren und Schöffen und mehrere Priester.
Die Hinrichtung geschah im Jahre 1589. Flade war ein reicher Mann gewesen.
Eine Summe von 4000 fl., die er bei der Stadt Trier stehen hatte, wurde auf
Befehl des Kurfürsten an die Pfarrkirchen zu frommen Zwecken vertheilt. In
späteren Prozessen wird sein Name mehrfach unter den Mitschuldigen beim
Hexentanze auf der hetzeroder Haide genannt[29].

Gleichzeitig mit Binsfeld wirkte in dem Nachbarlande Lothringen =Nikolaus
Remigius=, herzoglich lothringischer Geheimerrath und Oberrichter. Aus dem
reichen Schatze seiner Amtserfahrungen stellte er seine Dämonolatrie
zusammen, die zuerst lateinisch und gleich darauf, ihrer Gemeinnützigkeit
halber, auch deutsch erschien[30]. Sie ist dem Richter ein wahres Arsenal
in jeder Verlegenheit und führt ihn auf den scheinbar verschiedensten Wegen
zu demselben Ziele; es gibt nicht leicht einen Punkt, für welchen der
Verfasser nicht aus irgend einem nach Namen und Tag bezeichneten
Prozessfall einen Beleg beibrächte. So verficht er zwar die =leibliche=
Ausfahrt der Hexen, lässt aber daneben auch eine =eingebildete=, obgleich
eben so verdammliche bestehen. Die Salbe der Hexen ist zugleich giftig und
unschädlich: =giftig=, sobald sie die Hexe selbst auch nur in der
geringsten Quantität aufstreicht; =unschädlich=, sobald sie in die Hände
des Gerichts fällt, und wären es ganze Töpfe voll. Das Weib, dem man
ankommen will, ist verdächtig, wenn es =oft=, und wenn es =nie= in die
Kirche geht, wenn sein Leib =warm=, und wenn er =kalt= ist. Während der
sechszehn Jahre, dass Remigius dem Halsgerichte beiwohnte, sind, seiner
eigenen Angabe zufolge, in Lothringen nicht weniger als =achthundert=
Zauberer zum Tode verurtheilt worden, eben so viele waren entweder
entwichen, oder hatten durch die Tortur nicht überführt werden können.
Remigius sieht im Ganzen mit Zufriedenheit auf sein Wirken zurück; doch hat
er sich =eine= Schwachheitssünde vorzuwerfen. Einst hatte er nämlich, dem
Mitleiden seiner Collegen nachgebend, siebenjährige Kinder, die beim
Hexentanze gewesen waren, nur dadurch bestraft, dass er sie, nackt
ausgezogen, dreimal um den Platz, wo ihre Eltern den Feuertod erlitten
hatten, mit Ruthen herumhauen liess. Seine richterliche Ueberzeugung sagte
ihm, dass auch sie den Tod verdient hatten; denn »ein heylsamer Eyffer ist
allezeit dem schedlichen eusserlichen Schein der Begnadigung
vorzuziehen«[31]. In Würzburg und Bamberg hat man später diesen heilsamen
Eifer zu wahren gewusst.

Mit dem Minister Remigius wetteiferte bald ein königlicher Schriftsteller
um den Preis in der Bekämpfung des satanischen Reiches, kein geringerer als
=Jakob= I. von Schottland und England, jener Fürst, der so stolz war auf
seine Theologie und sein Lateinsprechen. Noch bevor er den englischen Thron
bestieg, hatte er seine =Dämonologie= geschrieben und den Grundsätzen
derselben in seinem schottischen Reiche Geltung verschafft[32]. Ein wahres
Wort hat er in der Vorrede gesprochen, indem er von Bodin's Dämonomanie
versichert, sie sei »majore collecta studio, quam scripta judicio«; aber
die Nachwelt muss von der königlichen Dämonologie leider dasselbe
sagen. -- Jakob unterscheidet zwischen der Magie (auch necromantia) und dem
Veneficium (auch incantatio oder Hexerei). Die Venefici sind =Sklaven=, die
Nekromanten =Gebieter= des Teufels. Zwar gebieten sie nicht absolut,
sondern bedingt, nicht kraft ihrer Kunst, sondern vermöge eines Vertrags.
Denn um ihnen Leib und Seele abzugewinnen, macht sich der Teufel
verbindlich, in einigen untergeordneten Dingen ihrem Befehle zu gehorchen.
Die kindischen Beschwörungen zur Heilung, das Nestelknüpfen, die Astrologie
und das Horoskopstellen sind nur das ABC des Teufels, wodurch er, da diese
Dinge ziemlich unschuldig erscheinen, die Neugierigen in sein Netz lockt.
Der hierdurch verführte gelehrte Magier schreitet bald zum mündlichen oder
schriftlichen Pactum. Der Teufel ist der Affe Gottes; der Kuss wird ihm auf
die Hinterseite gegeben, weil Moses den Herrn auch nur von hinten sehen
konnte. Zwei Arten der Hexenfahrt müssen angenommen werden: 1) eine
leibliche, wenn die Hexen an nahegelegene Orte theils zu Fuss oder Pferd,
theils mit des Teufels Hülfe durch die Luft kommen; 2) eine im Geiste, wenn
der Ort so entfernt ist, dass die in einem Moment zu vollendende Reise
vermöge ihrer Schnelligkeit die Unmöglichkeit des Athemholens voraussetzen
würde. Den Coitus mit den Incuben und Succuben räumt der König ein, nicht
aber die Erzeugung von Ungeheuern und wirklichen Kindern. Die Magier
sowohl, als die Hexen sollen mit dem Tode bestraft werden. In einem andern,
der Ausbildung seines Sohns zum Regenten gewidmeten Werke[33] stellt Jakob
unter denjenigen Verbrechen, wo die königliche Begnadigung Sünde wäre, die
Zauberei oben an.

Oft liegt dem König die Wahrheit so nahe vor den Füssen, dass er gleichsam
darüber stolpert, aber sein dämonenaufspürendes Auge bleibt stets nach den
Wolken gerichtet. So antwortet er auf die Frage: warum in Lappland,
Finnland, den Orkaden und shetländischen Inseln der dämonische Concubitus
häufiger sei, als anderwärts: »Wo die Unwissenheit der Menschen am dicksten
ist, da ist auch die Unverschämtheit des Teufels am gröbsten.« Da, wo er
die Wahrnehmung abhandelt, dass es früher mehr Gespenster gegeben habe,
jetzt mehr Hexen, heisst es: »So ist's uns auch in England gegangen; denn
während der papistischen Finsterniss sah man mehr Gespenster und Geister,
als mit Worten auszudrücken möglich ist; jetzt sind sie so selten, dass man
in einem ganzen Jahrhundert kaum von einem einzigen Falle hört. Aber damals
waren die Hexereien nicht so häufig als jetzt, wo dieselben sich allerdings
im höchsten Grade vervielfacht haben.« Freilich hatte England in den Zeiten
des Papismus noch keinen Jakob I., der die Kunst besass, überall Hexereien
zu entdecken. Bei näherer Prüfung würde der König gefunden haben, dass er,
anstatt zu Gunsten des Papismus Zeugniss zu geben, der bekanntermaassen
sowohl vor, als nach der Reformation auf dem Continent in der
Hexenverfolgung sich überschwänglich zeigte, sich selbst anzuklagen hatte,
indem er dieses Erbstück des Papismus, ohne es als solches zu erkennen,
blindlings durch Schrift und Gesetze in alle Adern seiner Völker
verbreitete.

Endlich trat der gewaltigste Verfechter des Hexenprozesses, =Martin del
Rio= (=Delrio=) hervor, um den Angriffen auf denselben ein für allemal ein
Ende zu machen. Delrio war 1551 zu Antwerpen von spanischen Eltern geboren,
hatte zu Paris, Douai und Löwen Philosophie und die Rechte studirt und in
der letzteren Wissenschaft zu Salamanca den Doktorgrad erlangt[34]. In
Brabant wurde er dann in rascher Folge zum Rathe des höchsten Conseils, zum
Intendanten der Armee, zum Vicekanzler und Procureur-Général ernannt.
Während der Bürgerkriege verliess er die Niederlande und ward Jesuit in
Valladolid, kehrte aber bald zurück und lehrte an verschiedenen
Universitäten Philosophie und Theologie. Er starb 1608 zu Löwen.

Im Jahre 1599 erschienen seine berühmten Disquisitiones magicae in sechs
Büchern[35]. Sie sollten dasjenige leisten, was man von Loos vergeblich
erwartet hatte. Unter allen Hexenverfolgern ist Delrio unstreitig der
gelehrteste und schlaueste. Stellenweise zeigt er sogar eine gewisse
Aufklärung, Liberalität und Billigkeit. Verschiedene Arten abergläubischer
Heilungen werden von ihm gründlich bekämpft, um andern, nicht weniger
abergläubischen, Platz zu machen. Charaktere, Sigille, Bilder, Zahlen und
Worte haben ihm zufolge keine natürliche oder magische Fähigkeit,
Krankheiten oder andere Schäden zu entfernen; Amulette besitzen nur
insofern Kraft, als dieselbe etwa in ihrem Stoffe liegt. Alle Theurgie oder
weisse Magie ist unwirklich; die Dämonen lassen sich vom Menschen nicht
zwingen. Diess alles aber bahnt nur den Weg zu dem Grundsatze, dass jene
Charaktere, Sigille u. s. w. nur willkürlich verabredete Zeichen seien,
unter welchen der Teufel =allerdings wirke=, nicht gezwungen, sondern in
Folge =eines Vertrages=. Das Pactum mit dem Teufel, in welchem die
Abschwörung des Christenthums inbegriffen ist, bildet die Grundlage aller
Zauberei; die dämonische Magie zu leugnen, ist ketzerisch. Sie ist der
Inbegriff alles Diabolischen und des Todes würdig; gegen sie, wie gegen
alle andern Uebel, schützen nur die Heilmittel der katholischen Kirche, wie
Segen, Exorcismen, Kreuze, Reliquien, Agnus Dei u. s. w., deren Verdienst
gepriesen und durch erbauliche Geschichten beglaubigt wird. Niemand kann in
diesen Dingen abergläubischer sein, als Delrio. In der Lehre von den
Zaubergräueln folgt er ganz seinen Vorgängern, die er nur an Kenntnissen
und dialektischer Gewandtheit übertrifft. Der Kanon Episcopi wird in einer
weitläuftigen Abhandlung aller Bedeutung beraubt: er handle weder von den
Hexen der neueren Zeit, noch würde er, selbst wenn diess wäre, denselben
irgendwie nützen, da er auch diejenigen Weiber, welche die Luftfahrt nur in
der Einbildung machen, als Ungläubige (infideles) bezeichne. Die Hexen aber
sollen, auch wenn sie Niemanden beschädigt haben, schon blos um ihres
Teufelsbundes willen getödtet werden. Auch im Prozesse weiss Delrio sich
das Ansehen der Besonnenheit zu geben, indem er unwesentliche Einzelheiten,
die gleichwohl grossen Anstoss gegeben hatten, wie das Hexenbad und die
Nadelprobe, missbilligt, auch mit schönen Worten zum Maasshalten in der
Tortur räth; dabei bleibt ihm aber, wie allen Uebrigen, die Zauberei ein
crimen exceptum, wo Alles vom Ermessen des Richters abhängt, und aus dem
den Inquisiten von ihm umgeworfenen Netze ist kein Entkommen möglich.
Völlige Lossprechung, obgleich rechtlich denkbar, widerräth er; der Richter
soll nur von der Instanz entbinden.

Wo Gelehrsamkeit und Sophismen nicht mehr ausreichen wollen, da wird durch
vornehmes Naserümpfen, durch Verdächtigen und Schrecken gewirkt. Die
früheren Gegner seines Systems oder einzelner Sätze desselben, einen
Melanchthon, Alciatus, Agrippa, Weier, Montaigne u. A. macht er
lächerlich. Ketzer, einseitige Literatoren, Legisten und Rabulisten müssen
schweigen, wo der Jesuit redet, und dürfen sich weder auf den Kanon
Episcopi, noch auf den gesunden Menschenverstand berufen; wer keine Hexen
glaubt, ist kein Katholik. Seinen künftigen Gegnern aber hält er erst die
Katastrophe eines Edelin, Loos und Flade vor, und dann fordert er sie auf,
seine Lehre von der Wirklichkeit der Hexenfahrten entweder zu widerlegen,
oder anzunehmen. Dieses geschieht in eben demselben Kapitel, in welchem das
=Läugnen= der Hexengräuel als Indizium der Zauberei aufgestellt wird. In
der That, von solchem Geschütz vertheidigt, ist Delrio's Werk ein Bollwerk
des Hexenprozesses geworden, und mehrere Menschenalter sind vergangen, ehe
der erste wirksame Angriff auf dasselbe gewagt wurde. Kaum dass einzelne
Stimmen über das Tumultuarische und die unmässige Barbarei der
Prozessbehandlung sich vernehmlich zu machen wagten; die Hauptsache blieb
unangefochten.

Kurz nach Delrio schrieb sein Landsmann =Torreblanca= eine Dämonologie in
vier Büchern[36]. Sie ist dem Papste Paul V. gewidmet und hat die
Approbation des heiligen Officiums. Hieraus folgt von selbst der Schluss,
dass sie sich von dem bereits bekannten System nicht entferne[37].


FUSSNOTEN:

[1] _W. E. Hartpole Lecky_, Gesch. des Ursprungs und Einflusses der
Aufklärung in Europa; übers. von Jolowicz, B. I. S. 69.

[2] Vgl. über ihn _Sprengel_, Gesch. der Arzneikunde, III. S. 275 ff.,
v. d. Aa.

[3] Zu der Ausgabe von 1577 fügte _Weier_ als =sechstes= Buch seiner
Schrift noch eine Abhandlung de lamiis sowie einen seltsamen Excurs über
Pseudomonarchia Daemonum hinzu. Die innere Einrichtung der Hölle schildernd
führt er die Namen von 572 Fürsten derselben auf, deren Unterthanen er auf
7 405 926 Dämonen schätzt. Es bleibt dahingestellt, wieviel davon er
wirklich geglaubt hat.

[4] _Jakob Vallick_, Pfarrer zu Groessen im Clevischen, wird von Scheltema
(Geschiedenis p. 150) als ein Mann genannt, der schon =vor= Weier den
Aberglauben bekämpft habe. Wer Vallick's Traktat »von Zauberern, Hexen und
Unholden« (im Theatrum de veneficis S. 54 ff.) kennt, wird den Verfasser
weit eher unter die =Beförderer=, als unter die =Bestreiter= des
Hexenglaubens zählen. Seine Geschichtchen, wie seine Gegenmittelchen sind
gleich abergläubischer Natur.

[5] Roger Baco und ähnliche Männer jener Zeit sind in Weier's Augen
eigentliche Zauberer und der strengsten Bestrafung werth.

[6] Vgl. _A. Wolters_, Konrad v. Heresbach, S. 149 ff.

[7] Nach der deutschen Uebersetzung von _Fuglinus_, Frankf. 1587. Die
schroffsten Eigenthümlichkeiten der Orthographie haben wir etwas
abgeglättet.

[8] Wohlweisslich hatte _Weier_ seine Schrift, bevor er sie unter die
Presse gab, dem Kaiser Ferdinand überreicht, um ein Privilegium gegen den
»Nachdruck« (contra =aemulorum= fraudes!) zu gewinnen, und dieses war auch
wirklich, und zwar mit dem Bemerken ertheilt worden, »dass das rühmliche
Vorhaben nicht nur gebilligt und gelobt, sondern auch gefördert zu werden
verdiene«.

[9] Buch II. Cap. 17.

[10] Der Geistliche, von welchem hier die Rede ist, war kein anderer, als
jener Jakob Vallick, welchen Scheltema unverdienter Weise unter den
Aufklärern genannt hat. Vallick erzählt dieselbe Geschichte in seinem oben
angeführten Traktat von Zäuberern, Hexen und Unholden.

[11] Die Veröffentlichung des Buches brachte Weier viele böse Tage ein. Als
nämlich Herzog Wilhelm IV. in Trübsinn verfallen war, wurde Weier
teuflischer Zauberkünste angeklagt, durch welche er den Geist des Fürsten
umnachtet hätte. Um sich daher dem schlimmsten Schicksal zu entziehen, floh
er von Düsseldorf. Doch fand er bei dem Grafen von Bentheim in Tecklenburg
Aufnahme und Schutz, und lebte daher hier von 1564 bis zu seinem Tode 1588,
als Arzt und Schriftsteller unablässig thätig.

[12] _Kaspar Borcholt_ empfiehlt das Buch dem lüneburgischen Rathe
_Bartolus Richius_ und sagt unter anderm: -- -- -- »Habe ich Euch das Buch
des hochgelahrten Mannes Wieri, welches er vor etlichen Jahren de
praestigiis daemonum, von Zauberei und Vergiftung, so artig und kunstreich,
dass es auch von allen hochgelahrten Leuten in ganzem Burgundia und Belgico
wie ein Heiligthum gehalten wird, geschrieben, zu übersenden verheissen. So
oft als ich meines Praeceptoris, des hochgelahrten ICti Jacobi Cujacii
eingedenk bin, welches dann zu dem oftermal von mir geschieht, muss ich
wahrlich mit ihm bekennen, dass ich kein Buch mit grösserem Lusten, als
eben dieses, gelesen und so viel befunden, wenn unsere der Gesetze
Glossatores, wenn sie gegen diesem Buche verglichen werden, da sie nichts,
so oft sie von dieser Sache zu handeln angefangen, denn Fabelwerk
verlassen.«

[13] Bei _Fichard_ Consil. Vol. III. p. 60 findet sich ein Consilium
derselben, in welchem der Malleus als Auctorität gilt. Dasselbe treibt sich
blindlings mit dem »die Zauberer sollst du nicht leben lassen« und
Constantin's Gesetzen herum und will =alle= Zauberer verbrannt wissen.
Weier wird citirt, aber nicht beachtet, oder nicht verstanden. In ähnlichem
Sinne hatte sich die heidelberger Juristenfakultät geäussert; die Zauberei
erschien ihr als ein ärgeres Verbrechen, als der Fall der Engel und der
Sündenfall. (_Fichard_ ibid.)

[14] _Fichard_ Consil. Vol. III. p. 80. In Baden war diess bis dahin noch
nicht gebräuchlich.

[15] _Delrio_ Lib. V. sect. 16.

[16] Sie ist der deutschen Uebersetzung der Schr. de praestigiis daemonum
von 1586 beigegeben. Der lateinische Titel lautet: Apologia adversus
quendam Paulum Scalichium, qui se principem de Scala vocitat.

[17] Das Werk liegt uns in einem Druck vor, welcher den Titel führt:
Repetitio disputationis de lamiis seu strigibus, in qua plene, solide et
perspicue de arte earum, potestate itemque poena disceptatur. Basil. (ohne
Jahresangabe). Das Vorwort ist vom April 1578 datirt. -- Auch in Jaquier's
Flagellum haeret. fascinariorum (Frankf., 1581) findet sich die Schrift
abgedruckt.

[18] Wir gebrauchten die lateinische Ausgabe des Werks, welche den Titel
führt: De magorum daemonomania seu detestando lamiarum ac magorum cum
Satana commercio libri IV. Accessit ejusdem opinionum Joannis Wieri
confutatio non minus docta, quam pia. Francofurti 1603.

[19] _Bodin_ hebt schliesslich hervor, dass es durchaus nicht in der
Befugniss der Obrigkeit liege, Diejenigen zu begnadigen, die Gottes Gesetz
zum Tode verurtheile. Ein Fürst, der sich einer solchen Ausschreitung
schuldig mache, beleidige die Majestät Gottes, indem er in der That und
Wahrheit das Gesetz Gottes verwerfe, wodurch er dann Hunger und Seuchen
über sein Land bringe. Ein abschreckendes Beispiel habe Gott an König
Karl IX. statuirt. Derselbe habe den grossen Zauberer Trois-Echelles unter
der Bedingung, dass er seine Mitschuldigen angebe, begnadigt. Darum habe
aber den König ein früher Tod ereilt. Denn das Wort Gottes sage ganz
bestimmt, dass Jeder, der einen des Todes Schuldigen entrinnen lasse, die
Strafe auf sich selbst bringe; wie der Prophet zum König Ahab gesagt habe:
er müsse sterben, weil er einen Mann begnadigt habe, der des Todes schuldig
sei. Darum habe man auch noch nie gehört, dass ein Zauberer begnadigt
worden sei etc.

[20] So wird er z. B. in buseckischen Prozessen häufig citirt und in einer
Deductionsschrift des Fiscals sogar einmal mit folgenden Worten
apostrophirt: Mi _Bodine_, si jam adesses et audires tam execrabilia
exempla hujus veneficae, nonne eam condemnares ad rogum constructissimum?
Akten von 1673.

[21] De Sagarum natura et potestate deque his recte cognoscendis et
puniendis, deque purgatione earum per aquam frigidam epistola.
Lemgov. 1583. Marp. 1588.

[22] Gegen Scribonius erschien 1589 zu Frankf.: Examen Epistolae et partis
Physiologiae de examine Sagarum per aquam frigidam a. G. A. Scribonio in
lucem editarum. Accedit in fine Scribonii Epistola, wodurch, da Scribonius
sich vertheidigte, ein Schriftenwechsel hervorgerufen ward, der sich bis in
das Jahr 1591 hinzog.

[23] Die Schrift erschien zu London zuerst unter dem angegebenen Titel
1584; später wurde sie öfter unter dem erweiterten Titel: Discovery of
witchcraft proving the common opinions of witches contreating with Devils,
Spirits etc. verlegt.

[24] _v. Wächter_, Beitr. zur deutschen Geschichte, S. 294-295.

[25] Das Buch war unter dem Titel veröffentlicht: »Tractatus de
confessionibus maleficorum et sagarum, an et quanta fides iis adhibenta
sit«, und führte das Motto (die Parole der Hexenrichter!): Exod. XXII.:
Maleficos non patieris vivere. Eine spätere Ausgabe (in 8^o. 795) erschien
zu Trier 1596. -- Ausserdem erschienen im sechszehnten Jahrhundert noch
eine Reihe kleinerer Traktate, welche zur Hexenverfolgung weitere Anregung
und Anleitung geben sollten, indem sie namentlich die den Unglücklichen
abgefolterten »Geständnisse« zu Markte brachten. Eine Anzahl derselben
stellte namentlich der Jurist _Abraham Sawr_ in einer Sammlung zusammen,
die er mit sonstigem Zubehör unter dem Titel veröffentlichte: »Theatrum de
veneficis d. i. von Teufelsgespenst, Zauberern und Giftbereitern,
Schwarzkünstlern, Hexen und Unholden etc.« Frankf. a. M. 1586 (396 S. in
Fol.).

[26] Ueber Loos s. _Hauber_ Bibl. mag. Bd. I. S. 74 ff. _Gesta Trevirorum_
Vol. III. p. 38. _Bayle_ Réponse aux questions d'un provincial,
Chap. 3. -- _Scheltema_, Geschiedenis, Aanteekeningen, S. 37 ff. --
_v. d. Aa_, Biographisch Woordenboek der Nederlande, Tom. VIII. s. v.

[27] _Delrio_ Lib. V. Append. p. 858 ff. Das Instrument selbst ist
lateinisch abgefasst; wir geben es in deutscher Uebersetzung.

[28] Ueber ihn s. _Reiffenberg's_ Historia Societatis Jesu ad Rhenum
inferiorem. Colon. Agripp. 1764, I. p. 241 ff. _Gesta Trevirorum_, Animadv.
ad Vol. III. p. 18. _Delrio_ Lib. V. sect. 3. _Hauber_, Bibl. mag. Bd. II.
S. 583 ff. _Flade_ wird der Name in den Gestis Trevir. und in Akten
geschrieben; bei manchen Schriftstellern findet sich »Flaet« und
»Vlaetius«.

[29] In einem trierischen Prozesse, der von 1591 bis 1594 dauerte,
mitgetheilt von _Liel_ im Archiv für Rheinische Geschichte von Reisach und
Linde, Th. I. S. 47 ff.

[30] Daemonolatriae Libri III., Lugd. 1595 (394 S.). Auf dem Titel ist
angegeben, dass zur Ausarbeitung des Buches die gerichtlichen Aussagen von
ungefähr neunhundert wegen Zauberei innerhalb fünfzehn Jahren in Lothringen
Hingerichteten benützt seien. Dem Buche ist das Motto vorgesetzt:
Levit. XX.: Vir sive mulier, in quibus pythonicus vel divinationis fuerit
spiritus, morte moriatur. Auch erschien dasselbe 1596 und 1598 deutsch
unter dem Titel: Daemonolatria d. i. von Unholden und Zauber Geistern, dess
Edlen, Ehrnvesten und Hochgelarten Herrn _Nicolai Remigii_, des durchl.
Hertzogen in Lothringen Geheimen Raths und Peinlicher Sachen Cognitoris
publici. -- Aus dem Latein in hoch Teutsch übersetzt durch _Teucridem
Annaeum Privatum_. Franckfurt bei Cratandro Palthenio 1598.

[31] Daemonolatr. Th. II. Cap. 2.

[32] _Jacobi I._ Daemonologia in den Opp. ed. Montague. Francof. 1689. Auch
einzeln.

[33] #Basilikôn dôrôn# lib. II.

[34] Ueber Delrio's Lebensschicksale s. _Hauber_, Bibl. mag. Bd. I.
S. 123 ff. _Bayle_ Réponse aux questions d'un provincial, Chap. 16. Ohne
Zweifel war Martin Delrio der jüngere Bruder desjenigen Ludwig Delrio, der
in Alba's Blutrathe eine Hauptrolle spielte.

[35] Dieses Buch, in den folgenden Auflagen (1600, 1606) von dem Verf.
selbst vermehrt, ist sehr häufig (z. B. noch 1679 zu Köln in 4^o.) gedruckt
worden. Die späteren Ausgaben sind indessen fast durchgängig durch zahllose
Druckfehler entstellt. -- Delrio wurde selbst von =deutschen= Behörden als
Auctorität für =deutsche Rechtsgewohnheiten= citirt, wie in dem Berichte
des Magistrats zu Coesfeld an das münster'sche Ministerium. _Niesert_
S. 91.

[36] Erste Ausgabe 1615, dann Mainz 1623.

[37] Von der gelehrt juristischen Darstellungsweise des Verfassers folgende
Probe: Contractus innominati formula, _Do ut facias_, de quo in _l. Labeo
scribit, l. Juris gentium, D. de pact._ apud magos passim recepta, quibus
diabolus permittit, _Si te mihi addixeris, ulciscar te, ditabo te etc._ ut
tradit _Petr. Binsfeld. in confess. malef. praelud. 6_. [+]. Ex quibus
praescriptis verbis nascitur obligatio pura, _l. obligatio l. naturalis, §.
sed si facio, D. de praescript. verbis cum aliis per Loriot. de apicib.
Jur. tract. 10 ex n. 15_. Adversus hominem videlicet, non tamen adversus
daemonem; nam etsi contractus arithmetica constent proportione et ultro
citroque obligationem producant, _l. Labeo, D. de verb. signif._ in
daemonem tamen cadere non potest obligatio, neque civilis, neque naturalis,
quia non est pura creatura anima et corpore constans, ut tradunt _D.
Thom. 2. 2. q^u. 95, concivis meus Card. Toledo in summa lib. IV. cap. 15_.
Neque ex eo homo queri potest; nam qui contrahit, vel est, vel debet esse
non ignarus conditionis ejus, cum quo contrahit, _l. pen. D. ad Macedo. l.
qui cum alio, D. de reg. jur. cum vulgatis, etc._



  ZWANZIGSTES KAPITEL.

  Die Hexenprozesse in der zweiten Hälfte des sechszehnten und in
  der ersten Hälfte des siebenzehnten Jahrhunderts in den
  geistlichen Fürstenthümern Deutschlands.


In der Zeit, welche unmittelbar auf den Passauer und Augsburger
Religionsfrieden des Reichs folgte, finden wir alle geistlichen Stiftslande
desselben von dem Protestantismus so durchdrungen, dass in vielen derselben
das evangelische Bekenntniss geradezu herrschend geworden war. In der Mitte
der zweiten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts beginnt aber in allen
geistlichen Fürstenthümern Deutschlands die hierarchische Reaktion
einzutreten. Die Werkzeuge derselben waren die damals in alle unter
geistlicher Herrschaft stehenden Lande hereingerufenen Jesuiten -- oder die
»spanischen Priester«, wie das Volk die Fremdlinge nannte, -- die zunächst
durch Errichtung von Volksschulen, durch gelegentliche Besitzergreifung von
Pfarreien und durch die mannigfachen Mittel der inneren Mission ihrem
Ziele, der Ausrottung des Protestantismus, immer näher zu kommen suchten.
Doch genügten diese friedlichen Mittel zur Erreichung des Zweckes nicht; es
musste auch mit Gewalt vorgegangen und durchgegriffen, es musste die
Ketzerei durch Ausrottung der Ketzer aus dem Lande geschafft werden, und
das hierbei sich am meisten empfehlende und den besten Erfolg
versprechende Verfahren war das der Identifizirung oder Vermengung der
Ketzerei mit der Hexerei.

Wir fassen daher, um uns diese Vorgänge klar zu machen, diejenigen
geistlichen Fürstenthümer ins Auge, über welche uns Nachrichten bezüglich
der Hexenverfolgung vorliegen.

Im geistlichen Kurfürstenthum =Trier= war einst der Kurfürst-Bischof
=Johann= (v. Baden), des Trithemius Freund, von Innozenz VIII. wiederholt
zum Beginne der Hexenverfolgung aufgefordert und gedrängt worden. Johann
hatte jedoch dieses Ansinnen mit der Erklärung zurückgewiesen, dass es in
seinem Lande keine Hexen gebe, wesshalb, so lange er lebte, im
Kurfürstenthum Trier keinerlei Hexenverfolgung vorkam. Hernach drang auch
hier die reformatorische Bewegung ein. Trarbach bekannte sich 1558 ganz
entschieden zur Augsburgischen Confession, und mit Berufung auf ihre
angebliche Reichsfreiheit erklärte sich auch die Stadt Trier für dieselbe.
=Kaspar Olevian=, ein geborener Trierer (der einige Jahre später [1563] mit
Zacharias Ursinus den Heidelberger Katechismus verfasste), predigte in der
Hospitalskirche zu Trier die evangelische Lehre, und die Rathsherrn und
Zünfte hielten fast sämmtlich zu ihm[38]. Kurfürst =Johann= V.
(=v. d. Leyen=), der die Reichsfreiheit der Stadt nicht anerkannte und
dieselbe infolge des Anschlusses der Bürgerschaft an die Reformation
verlassen hatte, musste daher seine Rückkehr in dieselbe mit Gewalt
erzwingen. Wieder im Besitz der Regierungsgewalt begann nun der Kurfürst
dieselbe alsbald in der wüstesten Weise zu gebrauchen. Der protestantische
Gottesdienst ward ein für allemal untersagt, Todesurtheile und
Landesverweisungen machten bald die Führer der evangelischen Bewegung für
immer unschädlich, und den Jesuiten, welche der Kurfürst 1560 nach Trier
berief, wurde das Weitere überlassen. Mit reichlichster Dotation wurden
dieselben von vornherein bedacht, -- um sie in Trier recht heimisch zu
machen[39]. Indessen steigerte sich dadurch nur die Unzufriedenheit und das
Misstrauen[40]. Politische Streitfragen kamen hinzu; es drohte ein
Aufstand. Koblenz, welches ebenfalls für sich Reichsunmittelbarkeit in
Anspruch nahm, musste 1561 mit Gewalt zum Gehorsam gebracht werden, und
noch war der Kurfürst mit der Pacifizirung seiner gegen ihn aufgebrachten
Stände beschäftigt, als er 1567 eines plötzlichen Todes starb. Sein
Nachfolger =Jakob= III. (=v. Elz=) führte gegen die Stadt den sogenannten
Bohnenkrieg, der nur durch kaiserliches Gebot geendigt wurde. Vor dem
nunmehr ernannten Schiedsgerichte führte die Sache der Stadt der Doktor
Kyriander, den die trierischen Geschichtschreiber als einen schlauen Ketzer
bezeichnen, der unter der Maske einer historischen Deduction die
Geistlichen, Erzbischöfe und Päpste verspottet und verleumdet habe. Kaiser
Rudolph II. unterwarf endlich Trier der Landeshoheit des Kurfürsten. Als
dieser einzog, ritt an der Spitze des Zuges ein Koch, einen Schaumlöffel
von der Länge eines Spiesses in der Hand haltend. Dreimal umkreiste er den
Marktbrunnen, schäumte denselben ab und spritzte das Wasser oder den Schaum
auf die umstehende Menge, um symbolisch anzudeuten, dass die Stadt
abgeschäumt werden müsse. »Doch, -- bemerkt der trierische Historiograph,
hat man geglaubt, dass diess ohne Genehmigung des Kurfürsten von Andern
angestellt gewesen sei«. Wie dem auch sein mag, -- zum Abschäumen hatte
Jakob weder Zeit noch Gelegenheit; er sah sich bis zu völliger Erledigung
der Angelegenheit einen kaiserlichen Commissär zur Seite gestellt und
starb wenige Monate nach seinem Einzuge. Es folgte Johann VI. (1581). Die
Gesta Trevirorum rühmen ihn als einen klugen, frommen und demüthigen Mann,
dessen Aeusseres eher einen Pfarrer, als einen Kurfürsten verrathen habe.
Als die um der Religion willen zerfallenen Fürsten ihn zum ersten Male auf
dem Reichstage sahen, sollen sie, entzückt von seinem Benehmen, gesagt
haben: »Wenn alle geistlichen Fürsten wären, wie dieser, so könnten wir uns
bei ihrem Rathe beruhigen.« Von diesem sanften und demüthigen Manne erzählt
nun der Geschichtschreiber weiter: »In der Stadt Trier wucherte noch das
von Kaspar Olevianus und Andern gesäete Unkraut der Ketzerei, wovon wir
oben im Leben Johann's V. erzählt haben; es war durch den Krieg genährt
worden, und Jakob hatte es in den wenigen Monaten, die zwischen dem Kriege
und seinem Tode lagen, nicht ausrotten können. Um nun dasselbe zu
vertilgen, ächtete Johann VI. durch ein Edikt alle diejenigen, welche nicht
binnen einer bestimmten Anzahl von Wochen zur orthodoxen Lehre zurückkehren
würden (doctrinam sanam non admitterent). Manche bekehrten sich. Johannes
Biener, Goldschmiedmeister, und etliche Andere dagegen wurden aus der Stadt
vertrieben; unter diesen auch des Kaspar Olevianus Mutter, welche die den
Frauen nöthige Heilkunst verstand, Johannes Steus und Lorenz Streichart,
die beiden Drommeten des Bürgerkriegs, und Mehrere vom gemeinen Volk. Die
Leichname von Coppenstein und Prück durften nicht innerhalb der Mauern
begraben werden; -- und so wurde die Stadt gereinigt. Durch gleiches Edikt
und gleichen Eifer säuberte er auch Koblenz von der Ketzerei. Dessgleichen
verbannte er auf eine ziemlich harte Weise (duro satis modo) die Juden aus
der trierischen Erzdiöcese.«

Diess geschah in den Jahren 1583 und 1584, und wir finden nach dieser Zeit
im Trierischen allerdings keine =Edikte= gegen die Protestanten mehr. Wer
aber will es glauben, dass durch einige Verweisungen der bis dahin so
hartnäckige Protestantismus mit Stumpf und Stiel ausgerottet worden sei?
Zumal in einem Lande, dessen Fürst durch die Steuern, die er den verarmten,
von Freund und Feind ausgesogenen Unterthanen auferlegte, sich verhasst
machte[41] und die Jesuiten im Uebermaasse beschenkte[42]. Den letzteren
flossen vom Volke nur sparsame Almosen zu[43]; sie hatten aber den Bau
einer prachtvollen Kirche begonnen. Was half es, die heimlichen
Protestanten aufzuspüren, zu überführen und zu verbannen? Ihr Vermögen
blieb dann gesetzlich den Erben. Das Haus des Kaspar Olevianus musste der
Kurfürst, als er es zum Amthause machen wollte, käuflich an sich
bringen[44]; dagegen zog er wenige Jahre später das Vermögen des wegen
Zauberei verurtheilten Schultheissen Flade ein und schenkte es an die
Kirchen. Die Inquisiten mussten bekennen, dass ihr Zauberwesen sich von dem
Einfalle des protestantischen Albrecht von Brandenburg herschreibe[45].
Gerade seit jener Zeit waren protestantische Regungen bemerklich gewesen.
Denjenigen, welche gegen die Hexenprozesse sprachen oder schrieben, traten
die Jesuiten entgegen, welche die Reformation und die Zauberei in so enge
Wechselbeziehung, wie wir oben bei Delrio gesehen haben, zu bringen
verstanden. Zweifeln wir noch, dass die grosse Hexenverfolgung zu Trier,
die im Jahr 1586 ausbrach, zum Theil nur Fortsetzung der Verfolgung des
Protestantismus und eines von jenen Mitteln war, welche der Scharfsinn der
Jesuiten ergründet hatte, um die Aufgabe zu lösen, wesshalb sie ins Land
gerufen waren?

Von Lothar, dem Nachfolger Johann's, sagt der Geschichtschreiber: »Das
Erzbisthum fand er bei seinem Regierungsantritt in geistlicher Hinsicht
ruhig, von keiner Ketzerei zerrissen, in zeitlicher aber erschöpft, was der
Unfruchtbarkeit der vorhergehenden Jahre zuzuschreiben ist.« Woher diese
Unfruchtbarkeit rührte, wissen wir bereits von Linden.

Die Bemühungen des (uns schon bekannten) Ketzerrichters Binsfeld hatten es
dahin gebracht, dass das Land einer Wüste glich, und das Vermögen der
Begüterten in die Hände der Gerichtspersonen und des Nachrichters überging.
Es sind daselbst nicht bloss gemeine Leute, sondern auch Doktoren,
Bürgermeister, Kanoniker und andere Geistliche verbrannt worden. Laut
amtlicher Nachrichten bestiegen aus etwa zwanzig Dörfern in der nächsten
Umgegend der Hauptstadt in kaum sieben Jahren (1587 bis 1593)
dreihundertachtundsechzig Personen den Scheiterhaufen, von Hinrichtungen in
der Stadt selbst ist hierbei keine Rede[46].

Die Geschichte anderer katholischer Stifte lässt uns im Wesentlichen
denselben Verlauf der Dinge erkennen, wie in Trier.

Auch im Fürstbisthum =Bamberg= hatte die evangelische Lehre fast in allen
Gemeinden Boden gefunden[47]. Weissenohe, Michelfeld und viele andere
Klöster nahmen die neue Lehre an; der Abt des reichen Klosters Banz ward
mit seinen Benediktinern evangelisch und verheirathete sich. Schon Bischof
=Wigand= (1522-56) musste der neuen Bewegung nachgeben und sich zu
Unterhandlungen verstehen. Neidhard von Thungen (1591-98) fand bei seinem
Regierungsantritte nur noch zwei katholische Rathsmitglieder in seiner
Hauptstadt, auf dem Lande oft nicht ein einziges mehr. Fast der ganze Adel
war evangelisch, die Bürgerschaft in Bamberg grösstentheils. Die Domherren
waren lau und sahen durch die Finger, weil ihre nächsten Verwandten sich
offen zur Gegenpartei bekannten. Aber =Neidhard= war fest entschlossen, den
alten Glauben wieder herzustellen. Er gebot die Landesverweisung der
»Lutheraner« und bedrohte Alle, welche sich diesem Befehle widersetzen
würden, mit der Confiscation ihrer Güter. Daher wanderten Viele, ihre
Kapitalien mit sich nehmend, aus dem Lande; andere blieben in der Heimath
und verbargen ihre Gesinnungen. Um der Vertreibungen willen gerieth aber
der Bischof in Streitigkeiten mit Pfalz, Brandenburg, der fränkischen
Ritterschaft, dem Magistrat von Bamberg und seinem eigenen Domkapitel. Ein
Aufruhr schien zu drohen. Etwas ruhigere Zeiten folgten unter dem
mildthätigen =Johann Philipp von Gebsattel= (1598 bis 1609). Der
Protestantismus war immer noch nicht erstickt. Darum führte =Gottfried von
Aschhausen= (1609-22) die =Jesuiten= ein und setzte das unvollendete Werk
fort, um es eben so unvollendet seinem Nachfolger zu hinterlassen. Die
protestantischen Fürsten hatten sich bereits im dritten Jahre seiner
Regierung über seine gewaltsame Reaktion beschwert und Repressalien
gedroht. Gegen das Ende seines Lebens begann der Bischof seine
Aufmerksamkeit den Hexen zuzuwenden. =Johann Georg= II. (=Fuchs von
Dornheim=, von 1622-33) fand das Lutherthum noch sehr ausgebreitet und
machte sogleich Anstalten zur Ausrottung desselben. Aber er war nicht
glücklicher als sein Vorgänger. Seine siebenundzwanzig Anfrageartikel, die
er desshalb 1624 an die Pfarrer ergehen liess, blieben sogar an vielen
Orten unbeantwortet. »Der 1625 erneuerte Krieg machte auch jede weitere
Anstalt zur Wiedergeburt des allgemeinen Katholicismus unwirksam«, -- sagt
Jäck in seiner bambergischen Geschichte (Th. II. S. 120). -- War es nun
eine jener weiteren Anstalten, oder war es ein neues Feld, auf welchem sich
die Thätigkeit des Bischofs Raum suchte, -- genug, genau im Jahre 1625
beginnt unter Johann Georg jene lange Reihe von Hexenprozessen, welche die
bambergischen Annalen schändet. Des Bischofs rechte Hand war hierbei
=Friedrich Forner=, Suffragan von Bamberg, ein unbedingter Jesuitenanhänger
und Todfeind der Ketzer und Zauberer, gegen welche er auch als
Schriftsteller aufgetreten ist[48].

=G. von Lamberg=, welcher aus aktenmässigen Quellen geschöpft hat[49],
bestimmt die Anzahl der von 1625 bis 1630 allein in den beiden
Landgerichten Bamberg und Zeil anhängig gewesenen Prozesse auf mehr als
neunhundert; und eine im Jahr 1659 mit bischöflicher Genehmigung zu Bamberg
selbst gedruckte Broschüre[50] meldet, dass der Bischof im Ganzen
=sechshundert= habe verbrennen lassen[51]. -- Heben wir Einiges aus der
letzteren aus:

»Darauf der Cantzler und Doctor Horn, des Cantzlers Sohn, sein Weib und zwo
Töchter, auch viele vornehme Herrn und Rathspersonen, die mit dem Bischof
über der Tafel gesessen, sind alle gerichtet und zu Asche verbrandt worden.

»Und haben bekennet, dass sich ihrer über die eintausendzweihundert mit
einander verbunden haben, und wenn ihre Teuffels-Kunst und Zauberei nicht
an den Tag kommen, wollen sie gemacht haben, dass in vier Jahren kein Wein
noch Getreydig im gantzen Lande gerathen wäre und dadurch viel Menschen und
Viehe Hungers sterben und ein Mensch das ander fressen müssen.

»Es sind auch etliche katholische Pfaffen darunter gewesen, die so grosse
Zauberei und Teuffels-Kunst getrieben, dass sie nicht alles zu beschreiben
ist, wie sie in ihrer Pein bekannt, dass sie viel Kinder in Teuffels Nahmen
getaufft haben.

»Der eine Bürgermeister in der Langen-Gassen und der ander Bürgermeister
Stephan Bawer, die haben bekannt, dass sie viel schreckliche Wetter und
grosse Wunder gemacht, viel Häuser und Gebäu eingeworffen, und viel Bäum im
Wald und Felde aus der Erde gerissen und nicht anders vermeint, sie wollten
das Wetter und den Wind so arg machen, dass es den Thurm zu Bamberg übern
Hauffen werffen solt.

»Die Becken auf dem Markt haben bekannt, wie sie viel Menschen haben
gesterbet, die Wecke mit ihrer teuffelischen Salbe geschmieret, dass viel
Leute haben müssen verdorren. Die Bürgermeisterin Lambrech und die dicke
Metzgerin haben bekannt, dass sie den Zaubern die Salbe gemacht haben, und
von einer jeden Hexen wöchentlich zwey Pfennig bekommen, hat ein Jahr
sechshundert Gülden gemacht.

»Der Bürgermeister Neidecker hat mit seiner teuffelischen Gesellschaft
bekannt, wie sie die Brunn vergifftet haben. Wer davon getrunken, hat
alsbald die Beul oder Pestilentz bekommen, und viel Menschen dadurch
gesterbet.

»Es haben auch die Zauberin bekannt, wie ihrer 3000 die Walpurgis-Nacht bei
Würtzburg auf dem Kreydeberg auf dem Tanz gewesen, hat ein jeder dem
Spielmann einen Kreutzer geben, darmit der Spielmann 40 Gülden zu Lohn
bekommen, und haben auf demselben Tanz sieben Fuder Wein dem Bischof zu
Würtzburg aus dem Keller gestohlen.

»Es sind etliche Mägdlein von sieben, acht, neun und zehn Jahren unter
diesen Zauberin gewesen, deren zwey und zwanzig sind hingericht und
verbrannt worden, wie sie denn auch Zetter über die Mütter geschrien, die
sie solche Teuffels-Kunst gelehrt haben, und seynd in dem Stifft Bamberg
über die 600 Zauberin verbrannt worden, deren noch täglich viel eingelegt
und verbrannt werden.«

Das Verfahren in diesen zum Theil von eignen Commissarien geleiteten
Prozessen war höchst formlos und grausam; in der Untersuchung und
Aburtheilung strotzte es von Nichtigkeiten. Gewöhnlich wurde die ganze
Handlung =in ein einziges, unabgesetztes Protokoll zusammmengefasst=, und
wenn mehrere Personen zugleich verurtheilt wurden, so waren sie nicht mit
ihren Namen, sondern mit Nummern bezeichnet. Z. B.

»Auff Clag, Antwortt, auch alles Gerichtliches vorunndt anbringen und
nottürftiger erfahrung unndt sowohl güet alls peinlich selbst aigene
bekhandtnus unndt aussag, So desshalb alles nach laut dess Hochwürdigen
Unssers Gnedigen Fürsten unndt Herrns von Bamberg etc. rechtmessigen
reformation geschehen, Ist endtlich zu recht erkhandt, dass nachfolgende 8
Personen, deren extrahirte aussag mit Nris 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8
angehöret worden, wegen mit der Hexerey verübten Uebelthaten, indem Sie
erstlichen Gott den Allmechtigen und dem ganzen Himmlischen Heer
erschröckhlich und unchristlich abgesagt dem Laidigen Sathan sich mit Laib
unndt Seel ergeben, Auch anders Uebel und Unheil mehr gestifftet,
Sonderlich Nro. 1, 2, 4 unndt 5 wegen ihrer Uebelthaten, so Sie mit der
heiligen Hostien verübt, andern zur abscheü, so offt sie diesselbe
dishonorirt, soviel Zwickh mit glüenden Zangen gegeben. Nro. 4, weilen sie
ihr aigen Kindt umbbracht, die rechte Handt abgehieben, wie auch Nro. 2,
weilen sie die h. Hostie so vielmahls verunehrt unndt Nro. 5 in solche
Hostie zweymahl gestochen, dass das Bluet herauss gangen, Jeder auch zuvor
die rechte Hand abgehieben werden,

Allssdann neben den andern mit feüer lebendig zum todt hingericht werden
sollen. Actum Bamberg den 12: Octobris anno 1629.

                              Richter unndt ganzer Schöpffenstuhl
                                        daselbsten«[52].

Die Beichtväter, gewöhnlich Jesuiten, erstatteten nach der Exekution dem
Commissär Bericht, ob der Verurtheilte früher gethane Complicenangaben im
Momente des Todes zurückgenommen oder verändert hatte. War dieses nicht, so
schloss der Commissär, dass diesen Angaben um so mehr Glauben beizumessen
sei[53]. Eine Verletzung des Beichtgeheimnisses, die eine direkte
Denunciation enthielt, berichtet v. Lamberg S. 25.

Die Gelderpressungen waren so arg, dass selbst die Hinterbliebenen
herangezogen wurden. Man raubte, so lange noch etwas da war; als aber die
Verarmung durch Krieg, Misswachs und Hexenprozess allgemein geworden war,
rieth sogar das bischöfliche Kabinet zur Einschränkung des letzteren, weil
man nicht mehr wisse, woher die Unkosten zu bestreiten[54]. Zwischendurch
hatte sich auch Kaiser Ferdinand II. durch eingelaufene Beschwerden zum
Einschreiten bewogen gefunden. Es liegen von ihm Schreiben an den Bischof
vor, worin er sich selbst die Ernennung des Oberrichters vorbehält, das
Anfangen des Prozesses mit Captur und Folter rügt und ganz besonders die
Güterconfiskation nachdrücklich verbietet. »Was aber die höchst schmutzige
Confiskation in diesem Crimine anbelangt, können wir diese Dero Andacht
durchaus nicht und unter keinerlei Vorwand mehr gestatten«[55]. Aus einer
jener Beschwerden ergibt sich, dass man das Vermögen der Inculpaten
unmittelbar nach deren Verhaftung zu consigniren und dem Fiscus und den
Inquirenten pro rata zuzuschreiben pflegte[56].

Im Stifte =Würzburg= hatte die Reformation ebenfalls grosse Fortschritte
gemacht[57]. Als Bischof =Julius= (von Mespelbrunn) 1575 zur Regierung kam,
fand er den Katholizismus fast in der Minorität. »Wie es dann dahin fast
kommen gewesen, -- heisst es in dieser Beziehung bei =Gropp=[58], -- dass
nicht allein in dem Lande, sondern auch bei der Kanzlei die Katholischen
von den Unkatholischen überstimmt und eingethan, die eingekommenen Klagen,
so die katholische Religion betroffen, supprimirt oder verzucket, denen so
widriger Religion, die Stangen gehalten, -- und den Beamten auf dem Land,
auch den bürgerlichen Magistraten und Unterthanen, so sich noch zur
katholischen Religion bekenneten und hielten, deren gleichwohl wenig, -- --
sehr verächtlich begegnet wurde.« Julius begann, nachdem er der Bildung der
Theologen durch die Stiftung der Universität einen Halt gegeben hatte,
1585 eine wirksame Gegenreformation; er selbst zog predigend im Lande umher
und soll in zwei Jahren hunderttausend Seelen zur katholischen Confession
zurückgeführt haben. Hundertundzwanzig evangelische Prädikanten wurden
vertrieben und die hartnäckigen Laien ebenfalls zur Auswanderung gezwungen.
Viele von den Reichen, -- denn gerade diese waren fast alle
protestantisch[59], -- zogen hinweg. Dem Lande wurden hierdurch bedeutende
Summen entzogen und der Bischof überdiess in Verdriesslichkeiten mit den
evangelischen Fürsten verwickelt.

Mit dem Protestantismus gedachte aber Julius zugleich auch sein Land von
der Hexerei zu säubern, wesshalb er überall die eifrigste Hexenverfolgung
eintreten liess[60]. In dem kleinen Orte Gerolzhofen wurden allein im Jahr
1616 neunundneunzig Hexen verbrannt.

Julius starb am 13. September 1617, als das begonnene Werk der Reinigung
des Landes noch unvollendet war, wesshalb sein Nachfolger, der bisherige
Fürstbischof von Bamberg, =Johann Gottfried von Aschhausen= (1617-1623)
dasselbe rüstig fortsetzte. Schon im ersten Jahre seiner Regierung liess
er in dem neu erbauten Gefängnisse in der Münze zu Würzburg acht Kammern
und zwei Stuben für Hexen und Unholde einrichten, damit sie nicht mehr
über die Strasse zu den Verhören geschleppt werden müssten[61]. Die
grausigste Thätigkeit entfaltete aber in der Verfolgung der Hexen wie
der Evangelischen sein Nachfolger =Philipp Adolph von Ehrenberg=
(1623-1631). Seinem gegen den Protestantismus gerichteten
Bekehrungseifer stellte sich freilich gleich Anfangs die fränkische
Ritterschaft entgegen, und als er nicht nachliess, verklagte sie ihn
beim Kaiser wegen Verletzung des Religionsfriedens. Der Kaiser gab dem
Bischof Inhibition (1628) und wiederholte dieselbe im folgenden Jahre,
als die Beschwerden fortwährten[62]. Ehe es indessen zu diesem letzten
kaiserlichen Worte kam, hatte =Philipp Adolph= seinem Verfolgungseifer
eine Richtung gegeben, deren Rechtmässigkeit weder vom Kaiser, noch von
den Protestanten angefochten wurde. Er betrat 1627 den Weg, den ihm sein
Nachbar zu Bamberg vorgezeichnet hatte, und betrieb die Hexenverfolgung
im Grossen[63]. Personen jeden Alters, Standes und Geschlechts,
Einheimische und Fremde, Geistliche, Rathsherren und Söhne des
fränkischen Adels, Matronen, Jungfrauen und unmündige Kinder sind in
rasch auf einander folgenden »Bränden« zum Tode geführt worden, und das
Vermögen der Reichen, die auf diese Weise endeten, ist nicht mehr in's
Ausland gegangen[64]. Noch haben wir ein Verzeichniss der Hinrichtungen,
die bis zum Februar 1629 vollzogen wurden. Dasselbe reicht bis zum
neunundzwanzigsten Brande und macht hundertsiebenundfünfzig Personen aus
dieser kurzen Periode namhaft; in seiner Fortsetzung bis zum
zweiundvierzigsten Brande kannte es der Biograph des Bischofs bei Gropp,
wo sich die Zahl der Opfer auf zweihundertundneunzehn stellte. Hiermit
sind aber ohne Zweifel nur die in der Stadt Würzburg selbst zum Tode
Geführten gemeint; die Gesammtzahl der Hinrichtungen im Stift unter
Philipp Adolph belief sich laut einer mit bambergischer Censur
gedruckten Nachricht auf =neunhundert=. Die anschaulichste Widerlegung
der nicht ungewöhnlichen Meinung, als hätte die Verfolgungswuth in
Deutschland der Regel nach nur arme, alte Weiber zu erreichen gewusst,
wird sich aus der wörtlichen Mittheilung der erwähnten Liste ergeben.
Sie reicht von 1627 bis zum Anfange von 1629.

=»Verzeichniss der Hexen-Leut, so zu Würzburg mit dem Schwert gerichtet und
hernacher verbrannt worden[65].=

  =Im ersten Brandt vier Personen.=

  Die Lieblerin.
  Die alte Anckers Wittwe.
  Die Gutbrodtin.
  Die dicke Höckerin.


  =Im andern Brandt vier Personen.=

  Die alte Beutlerin.
  Zwey fremde Weiber.
  Die alte Schenckin.


  =Im dritten Brandt fünf Personen.=

  Der Tungersleber, ein Spielmann.
  Die Kulerin.
  Die Stierin, eine Prokuratorin.
  Die Bürsten-Binderin.
  Die Goldschmidtin.


  =Im vierdten Brandt fünf Personen.=

  Die Siegmund Glaserin, eine Burgemeisterin.
  Die Brickmannin.
  Die Schickelte Amfrau [Hebamme]. NB. von der kommt das ganze Unwesen her.
  Die alte Rumin.
  Ein fremder Mann.


  =Im fünften Brandt acht Personen.=

  Der Lutz, ein vornehmer Kramer.
  Der Rutscher, ein Kramer.
  Des Herrn Dom-Propst Vögtin.
  Die alte Hof-Seilerin.
  Des Jo. Steinbachs Vögtin.
  Die Baunachin, eines Raths-Herrn Frau.
  Die Znickel Babel.
  Ein alt Weib.


  =Im sechsten Brandt sechs Personen.=

  Der Rath-Vogt, Gering genannt.
  Die alte Canzlerin.
  Die dicke Schneiderin.
  Des Herrn Mengerdörfers Köchin.
  Ein fremder Mann.
  Ein fremd Weib.


  =Im siebenden Brandt sieben Personen.=

  Ein fremd Mägdlein von zwölf Jahren.
  Ein fremder Mann.
  Ein fremd Weib.
  Ein fremder Schultheiss.
  Drey fremde Weiber.
  NB. Damahls ist ein Wächter, so theils Herrn ausgelassen, auf dem Markt
    gerichtet worden.


  =Im achten Brandt sieben Personen.=

  Der Baunach, ein Raths-Herr, und der dickste Bürger in Würtzburg.
  Des Herrn Dom-Propst Vogt.
  Ein fremder Mann.
  Der Schleipner.
  Die Visirerin.
  Zwei fremde Weiber.


  =Im neundten Brandt fünf Personen.=

  Der Wagner Wunth.
  Ein fremder Mann.
  Der Bentzen Tochter.
  Die Bentzin selbst.
  Die Eyeringin.


  =Im zehnten Brandt drey Personen.=

  Der Steinacher, ein gar reicher Mann.
  Ein fremd Weib.
  Ein fremder Mann.


  =Im eilften Brandt vier Personen.=

  Der Schwerdt, Vicarius am Dom.
  Die Vögtin von Rensacker.
  Die Stiecherin.
  Der Silberhans, ein Spielmann.


  =Im zwölften Brandt zwey Personen.=

  Zwey fremde Weiber.


  =Im dreyzehenden Brandt vier Personen.=

  Der alte Hof-Schmidt.
  Ein alt Weib.
  Ein klein Mägdlein von neun oder zehn Jahren.
  Ein geringeres, ihr Schwesterlein.


  =Im vierzehenden Brandt zwey Personen.=

  Der erstgemeldten zwey Mägdlein Mutter.
  Der Lieblerin Tochter von 24 Jahren.


  =Im fünfzehenden Brandt zwey Personen.=

  Ein Knab von 12 Jahren, in der ersten Schule.
  Eine Metzgerin.


  =Im sechzehenden Brandt sechs Personen.=

  Ein Edelknab von Ratzenstein, ist Morgens um 6 Uhr auf dem Cantzley-Hof
    gerichtet worden und den ganzen Tag auf der Pahr stehen blieben, dann
    hernacher den andern Tag mit den hierbeygeschriebenen verbrannt worden.
  Ein Knab von zehn Jahren.
  Des obgedachten Raths-Vogt zwo Töchter und seine Magd.
  Die dicke Seilerin.


  =Im siebenzehenden Brandt vier Personen.=

  Der Wirth zum Baumgarten.
  Ein Knab von eilf Jahren.
  Eine Apotheckerin zum Hirsch, und ihre Tochter.
  NB. Eine Harfnerin hat sich selbst erhenket.


  =Im achtzehenden Brandt sechs Personen.=

  Der Batsch, ein Rothgerber.
  Ein Knab von zwölf Jahren, noch
  Ein Knab von zwölf Jahren.
  Des D. Jungen Tochter.
  Ein Mägdlein von funfzehn Jahren.
  Ein fremd Weib.


  =Im neunzehenden Brandt sechs Personen.=

  Ein Edelknab von Rotenhan, ist um 6 Uhr auf dem Cantzley-Hof gerichtet
    und den andern Tag verbrannt worden.
  Die Secretärin Schellharin, noch
  Ein Weib.
  Ein Knab von zehn Jahren.
  Noch ein Knab von zwölf Jahren.
  Die Brüglerin, eine Beckin, ist lebendig verbrannt worden.


  =Im zwanzigsten Brandt sechs Personen.=

  Das Göbel Babelin, die schönste Jungfrau in Würtzburg.
  Ein Student in der fünften Schule, so viel Sprachen gekont, und ein
    vortreflicher Musikus vocaliter und instrumentaliter.
  Zwey Knaben aus dem neuen Münster von zwölf Jahren.
  Der Steppers Babel Tochter.
  Die Hüterin auf der Brücken.


  =Im einundzwanzigsten Brandt sechs Personen.=

  Der Spitalmeister im Dietricher Spital, ein sehr gelehrter Mann.
  Der Stoffel Holtzmann.
  Ein Knab von vierzehn Jahren.
  Des Stolzenbergers Rathsherrn Söhnlein.
  Zween Alumni.


  =Im zweiundzwanzigsten Brandt sechs Personen.=

  Der Stürmer, ein reicher Büttner.
  Ein fremder Knab.
  Des Stolzenbergers Raths-Herrn grosse Tochter.
  Die Stolzenbergerin selbst.
  Die Wäscherin im neuen Bau.
  Ein fremd Weib.


  =Im dreiundzwanzigsten Brandt neun Personen.=

  Des David Croten Knab von 12 Jahren, in der andern Schule.
  Des Fürsten Kochs zwey Söhnlein, einer von 14 Jahren, der ander von zehn
    Jahr aus der ersten Schule.
  Der Melchior Hammelmann, Vicarius zu Hach.
  Der Nicodemus Hirsch, Chor-Herr im neuen Münster.
  Der Christophorus Berger, Vicarius im neuen Münster.
  Ein Alumnus.
  NB. Der Vogt im Brennerbacher Hof und ein Alumnus sind lebendig verbrannt
    worden.


  =Im vierundzwanzigsten Brandt sieben Personen.=

  Zween Knaben im Spital.
  Ein reicher Bütner.
  Der Lorenz Stüber, Vicarius im neuen Münster.
  Der Betz, Vicarius im neuen Münster.
  Der Lorenz Roth, Vicarius im neuen Münster.
  Die Rossleins Martin.


  =Im fünfundzwanzigsten Brandt sechs Personen.=

  Der Friedrich Basser, Vicarius im Dom Stift.
  Der Stab, Vicarius zu Hach.
  Der Lambrecht, Chor-Herr im neuen Münster.
  Des Gallus Hausen Weib.
  Ein fremder Knab.
  Die Schelmerey Krämerin.


  =Im sechsundzwanzigsten Brandt sieben Personen.=

  Der David Hans, Chor-Herr im neuen Münster.
  Der Weydenbusch, ein Raths-Herr.
  Die Wirthin zum Baumgarten.
  Ein alt Weib.
  Des Valkenbergers Töchterlein ist heimlich gerichtet und mit der Laden
    verbrannt worden.
  Des Raths-Vogt klein Söhnlein.
  Der Herr Wagner, Vicarius im Dom-Stift, ist lebendig verbrannt worden.


  =Im siebenundzwanzigsten Brandt sieben Personen.=

  Ein Metzger, Kilian Hans genannt.
  Der Hüter auf der Brücken.
  Ein fremder Knab.
  Ein fremd Weib.
  Der Hafnerin Sohn, Vicarius zu Hach.
  Der Michel Wagner, Vicarius zu Hach.
  Der Knor, Vicarius zu Hach.


  =Im achtundzwanzigsten Brandt, nach Lichtmess= anno 1629
    =sechs Personen.=

  Die Knertzin, eine Metzgerin.
  Der D. Schützen Babel.
  Ein blind Mägdlein. NB.
  Der Schwartz, Chor-Herr zu Hach.
  Der Ehling, Vicarius.
  Der Bernhard Mark, Vicarius am Dom-Stift, ist lebendig verbrannt worden.


  =Im neunundzwanzigsten Brandt sieben Personen.=

  Der Viertel Beck.
  Der Klingen Wirth.
  Der Vogt zu Mergelsheim.
  Die Beckin bei dem Ochsenthor.
  Die dicke Edelfrau.
  NB. Ein geistlicher Doctor, Meyer genannt, zu Hach, und
  Ein Chorherr ist früh um 5 Uhr gerichtet und mit der Bar verbrannt
    worden.
  Ein guter vom Adel, Junker Fleischbaum genannt.
  Ein Chor-Herr zum Hach ist auch mit dem Doctor eben um die Stunde
    heimlich gerichtet und mit der Bar verbrannt worden.
  Paulus Vaecker zum Breiten Huet.
  Seithero sind noch zwei Brändte gethan worden.

    Datum, den 16. Febr. 1629.

Bisher aber noch viel unterschiedliche Brände gethan worden.«

Unter den Opfern dieser Gräuelzeit war auch ein Blutsverwandter des
Bischofs. Wir entnehmen die Erzählung von dem Ende desselben dem
salbungsreichen Berichte desjenigen Jesuiten, der als Aufseher, Beichtvater
und -- fast als Scherge eine Hauptrolle in der Begebenheit gespielt hat,
und der durch alle Umstände seiner eignen Erzählung uns die Alternative
stellt, in ihm entweder den hirnlosesten Kopf seines Ordens, oder einen
vollendeten Schurken zu erkennen. Jedenfalls zeigt die Geschichte, wie weit
die an die Spitze der würzburgischen Studienanstalt gestellten Jesuiten
davon entfernt waren, dem Hexenglauben selbst nur in seinen allergröbsten
Verirrungen entgegen zu treten[66].

=Ernst von Ehrenberg=, Page und Verwandter des Bischofs, der Letzte seines
Namens, war ein schöner, talentvoller, fleissiger und frommer Knabe. (Flere
lubet, quoties recordor, quam multi innocentes angeli in pessimos lurcones
sint commutati. Tam formosum, tam cautum juvenem nullus socius perversus,
nulla procax puella potuit seducere, potuit autem stygius insidiator
praecipitare!) Eine alte, vornehme Base, die er zuweilen besuchte,
verführte ihn. Ernst spielte eine Zeitlang den Heuchler, dann liess er
seine Studien liegen, vernachlässigte den Gottesdienst und beschwerte sich
über dessen Langweiligkeit, spielte und ging den Mädchen nach. Die
Hexenrichter erfuhren endlich von gefolterten Inquisiten den Grund dieses
Benehmens. Ernst hatte sich, gelockt durch die Ränke seiner Base, dem
Teufel ergeben, besuchte die Hexentänze, bezauberte seine Feinde und
verführte seine Freunde. Der Bischof beschloss, seinen Verwandten der
Zucht der Mönche zu übergeben. Man stellte dem Beschuldigten vor, dass der
Fürst trotz der vorliegenden Beweise gnädig sein und ihn nicht am Leben
strafen wolle, wenn er gestünde und sich bussfertig zeigte. Der Knabe
gestand erschrocken, was man forderte, versprach Besserung und wurde den
Jesuiten anvertraut. Diese nahmen ihn in ihr Haus, bewaffneten ihn gegen
die Angriffe des bösen Feindes mit heiligen Amuleten, Agnus Dei, Wachs,
Reliquien und Weihwasser, unterwarfen ihn angestrengten geistlichen
Uebungen und bewachten ihn Tag und Nacht. Anfangs zeigte sich der
Pflegebefohlene willfährig, aber bald machten die Väter der Gesellschaft
Jesu die Entdeckung, dass kein Laster in der Welt schwieriger zu heilen
sei, als das der Zauberei. Ernst legte nämlich in der Nacht zuweilen die
Heiligthümer, mit welchen man ihn ausgerüstet hatte, ab, und dann kam der
Teufel und holte ihn zu den Hexentänzen. Morgens um vier Uhr, wenn die
Väter aufstanden war er gewöhnlich wieder zurück; doch fanden diese auch
zuweilen sein Bette leer und vernahmen ein sonderbares, verworrenes
Getöse. -- Auf Befragen erzählte der Knabe die erlebten Wunderdinge,
gelobte weinend Besserung und liess es doch immer beim Alten. Die Jesuiten
gewannen die Ueberzeugung, dass Ernst stets zwischen Gott und dem Teufel
schwanke (Id toties factum est, ut nulla vera emendatio, sed ludus et
alternatio videretur, qua dies ad Deum, nox ad diabolum spectabat). Sie
verzweifelten daher an allem Erfolg ihrer pädagogischen Kunst, und da es
den Franziskanern, die einen letzten Versuch machten, nicht besser ging, so
erklärte man dem Bischofe, dass an dem jungen Sünder Hopfen und Malz
verloren sei (Eapropter significatum est Principi, viros religiosos et
doctos existimare, in adolescente hoc oleum et operam perdi). Jetzt liess
der Bischof vom Gerichte das Todesurtheil sprechen. Die Jesuiten sollten
den Verurtheilten zum Tode bereiten. Am bestimmten Tage traten diese, --
der Erzähler war unter ihnen, -- bei dem Knaben, der nichts ahnte, ein,
redeten ihm in zweideutigen Ausdrücken von einem besseren Leben, dem er
jetzt entgegen gehe, und lockten ihn dann auf das Schloss. Hier erinnerte
er sich in argloser Freude aller Plätzchen, die ihm durch seine
Kinderspiele theuer geworden waren, -- der Jesuit beschreibt es sehr
rührend, -- und merkte noch immer nicht, zu welchem Gange er abgeholt war.
Erst als die Pädagogen ihn in ein schwarz behangenes Gemach führten, wo ein
Schaffot errichtet war, gingen ihm die Augen auf, und als nun der
Scharfrichter Hand an ihn zu legen begann, erhob er ein Jammergeschrei,
dass selbst die Richter erweicht wurden und beim Bischofe Fürbitte
einlegten. Der Fürst macht einen letzten Versuch und verheisst durch einen
Abgesandten Verzeihung, wenn Ernst sich aufrichtig bessern will. Aber der
Abgesandte meldet zurück: Alles sei vergebens, weil der Teufel den Jüngling
verhärtet habe, so dass dieser so frech gewesen zu erklären, er wolle
bleiben, wie er wäre, und wäre er nicht schon so, so würde er's werden
wollen. Da wird der Fürst grimmig und befiehlt, dass das Recht seinen Lauf
habe. Von Neuem schleppt man den Jüngling in das schwarze Zimmer, zwei
Jesuiten zur Seite, die zur Busse mahnen; er aber bleibt dabei, dass er
keiner Busse bedürfe, jammert um sein Leben, sucht sich den Händen der
Schergen zu entwinden und gibt den fortgesetzten Vermahnungen der Priester
kein Gehör. Endlich nimmt der Scharfrichter den günstigen Augenblick wahr
und schlägt dem ermatteten Schlachtopfer den Kopf ab. »Er fiel, -- sagt der
Jesuit, der diese Begebenheit überliefert hat, -- ohne ein Zeichen des
Schmerzes oder eine andere Aeusserung der Frömmigkeit zu Boden. Wollte
Gott, dass er nicht auch in's ewige Feuer gefallen wäre!«

Gropp hat eine dramatisirte Darstellung dieser Geschichte aufbewahrt, wie
sie einst bei einem Schulactus in Heidelberg aufgeführt worden sein
soll[67].

Wäre =Philipp Adolph= nicht Landesherr gewesen, er selbst hätte ohne
Zweifel bald darauf denselben Weg gehen müssen, den er seinen einzigen
Verwandten gehen hiess. Denn es kam zuletzt dahin, dass die Angeklagten den
Bischof selbst und seinen Kanzler als Mitschuldige angaben. Jetzt erst
gingen dem Betrogenen die Augen auf. Er sistirte die Prozesse und stiftete
ein wöchentliches, vierteljährliches und jährliches feierliches Gedächtniss
für die Hingerichteten bei den Augustinern zu Würzburg[68].

Auch im geistlichen Fürstenthum =Fulda= ging die Ausrottung der Hexen mit
der des Protestantismus Hand in Hand. Der Fürstabt =Balthasar von Dernbach=
musste allerdings darüber einen Aufstand seiner evangelischen Stände
erleben, infolge dessen das Land unter kaiserliche Administration kam[69].
Kaum aber waren ihm 1579 von Kaiser Rudolf II. die Einkünfte des Amtes
Bieberstein zum Unterhalte zugewiesen, als er auch einen seiner Diener,
=Balthasar Nuss= (»Balzer Noss«) zum Zentgrafen und Malefizmeister des
Amtes ernannte. Als er dann im Dezember 1602 vom Kaiser die Regierung des
Fürstenthums wieder übertragen erhielt, bestellte er den Nuss 1603 zum
Zentgrafen und Malefizmeister des ganzen Landes. Alsbald trat nun in dem
(noch immer vorherrschend evangelischen) Lande Fulda eine Hexenverfolgung
ein, welche in dem Zeitraum von nur drei Jahren gegen dritthalbhundert
Unglücklichen das Leben kostete[70]. Das Gericht, welches der Abt mit der
Ausrottung der Hexen betraut hatte, war das Stadtgericht zu Fulda, die
»Müntz« genannt. Dasselbe bestand aus dem Zentgrafen Nuss, einigen
Beisitzern und den Schöffen; in Wahrheit aber hatte Nuss die
Hexenverfolgung ganz allein in der Hand, bei welcher sich derselbe über
alle Schranken hinwegsetzte. War ihm eine Person als Hexe oder Zauberer
angezeigt worden, so liess er sie ohne Vorwissen der Schöffen durch den
Stadt- oder Landknecht in ihrem Hause, oder wo er sie gerade fand, in Haft
nehmen und dem Henker zur Tortur überliefern. Den Hans Werner von Ditges,
einen Mann von 70 Jahren, griff er selbst ohne Anzeige und ohne allen Grund
auf offenem Wege auf, brachte ihn nach Fulda und liess ihn foltern. Des
Steub Hennes Ehefrau zu Neuhof liess er aus dem Wochenbett hinweg nach
Fulda ins Gefängniss schaffen, peinigen und verbrennen, was auch den Tod
ihres eben geborenen Kindes zur Folge hatte. Dabei wurde die Tortur von
Nuss in der denkbar unmenschlichsten Weise zur Anwendung gebracht. Viele
Gefolterte starben während der Tortur oder unmittelbar nach derselben. Töll
Glübs Weib von Neuhof wurde zweimal Nachts verhaftet, das eine Mal alsbald
aufgezogen, und mit einem scharfen, schneidenden Holz, mit brennenden
Fackeln und anderen »bisher unerhörten Tormenten« so furchtbar gepeinigt,
dass Nuss selbst ihrem Manne hundert Thaler versprach, wenn er von diesen
Torturen Niemandem etwas sagen würde. Viele Verhaftete machten im Kerker
aus Verzweiflung ihrem Leben selbst ein Ende, und schliesslich wurden die
Gräuel, die Nuss an seinen Opfern beging, sogar den Schöffen selbst so arg,
dass sie ihn wiederholt vor deren Fortsetzung warnten und sich von der
Hexenverfolgung zurückzuziehen suchten[71]. Nuss aber suchte nur um so
mehr durch summarisches, ganz formloses Verfahren -- seine Prozesse
dauerten von der Verhaftung bis zur Verbrennung oft nur acht bis vierzehn
Tage --, durch Ermarterung von Denunciationen[72] -- welche aus jedem
Hexenprozess eine ganze Reihe anderer erwachsen liess, -- um so rascher zu
dem zu gelangen, worauf er es mit seiner ganzen Hexenverfolgung abgesehen
hatte, -- nämlich zu -- Geld, indem ihm für jede Verurtheilung wie für jede
Freisprechung ganz beträchtliche Summen gezahlt werden mussten. So mussten
z. B. Sebastian Orth zu Fulda für sein Weib 31 Gulden, Hans Herget daselbst
für sein Weib 42 Gulden, Joh. Keller daselbst für seine Mutter 50 Gulden,
Hans Döler zu Hammelburg für seine Schwiegermutter 80 Gulden, die Erben der
Heinfurterin 80 Gulden und Blasius Bien zu Fulda für sein Weib, welches
zweimal eingezogen, das erste Mal freigesprochen, das zweite Mal aber
verbrannt war, 91 1/2 Gulden 5 Batzen bezahlen, -- wobei die Hauptbeträge
die für Holz, Reisig und Stroh (zum Scheiterhaufen) und für den
vertrunkenen Wein verrechneten Gelder waren.

So hauste Nuss im Fulder Lande drei volle, schreckliche Jahre lang.
Ueberall loderten die Feuer der Scheiterhaufen auf, und nicht selten liess
er auf Einem Scheiterhaufen eine ganze Anzahl von Frauen und Mädchen
sterben. So wurden im Jahre 1604 am 22. Juni =neun=, am 14. Juli =neun=, am
11. August =neun=, am 9. September =elf=, am 29. September =zwölf=, am
17. Oktober =zehn=, am 12. Dezember =acht=, im Jahre 1605 am 21. Mai
=dreizehn=, am 27. Juni =zwölf=, am 13. Juli =zwölf=, am 22. August
=zwölf=, am 25. Oktober =zehn=, am 14. November =elf=, und im Jahre 1606 am
13. März =sieben= Personen hingerichtet. -- In einem Bericht über die bei
den Hexenprozessen gehabten Einnahmen und Ausgaben führte Nuss selbst
205 Personen namentlich auf, die er in den Jahren 1603-1605 justifizirt
habe, -- fast lauter Frauen und Mädchen (nur einzelne wenige Männer) aus
den geringeren Ständen. Dabei waren aber nicht wenige Hingerichtete
(namentlich alle Hammelburger) unerwähnt geblieben.

Glücklicher Weise starb der Abt Balthasar, Nussens Gönner, am 15. März
1606. Bei seinem Nachfolger Johann Friedrich von Schwalbach liefen alsbald
über die Vergewaltigungen und Schändlichkeiten, die der Zentgraf sich
erlaubt habe, so gravirende Anzeigen und Beschwerden ein[73], dass dieser
nicht umhin konnte, die sofortige Verhaftung desselben anzuordnen. In den
nun eingeleiteten Untersuchungen kamen die grössten Betrügereien zu Tage.
Nuss suchte sich zu reinigen; allein darüber musste er 13 Jahre in
schrecklicher Haft verbringen und schliesslich wurde er (1618) öffentlich
enthauptet.

Von besonderem Interesse sind die auf die Hexenverfolgung bezüglichen
Vorkommnisse im Fürstbisthum =Münster=, indem aus denselben mit besonderer
Klarheit zu ersehen ist, wie sich das Gespenst des Hexenwahns und der
Hexenverfolgung, anfangs noch von Niemandem gesehen und fast unbekannt, von
der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts an allmählich hier und da zeigte
und anfangs nur in vereinzelten Fällen und fast zaghaft, hernach aber durch
das ganze Land hin, seiner Schreckensherrschaft gewiss, ohne Scheu seine
Blutgeissel schwang und das Mark des Volkes verzehrte[74].

Hier regierte damals der Fürstbischof =Bernhard von Ransfeld=, dem ebenso
wie seinen Beamten der Gedanke der Hexenverfolgung fast ganz fremd war. Der
erste Hexenprozess, über welchen wir Nachricht haben, datirt aus dem Jahre
1565, beziehungsweise 1563. Der Amtsschreiber zu Stromberg berichtete
nämlich unter dem 19. Juli 1565 an den Fürstbischof, dass mehrere Personen
wegen Zauberei anrüchig wären, dieselben wären schon 1563 deshalb
gerichtlich eingezogen und peinlich verhört worden. Sie stellten Alles was
man ihnen zur Last lege, beharrlich in Abrede, allein er »habe ihnen nicht
gestattet sich durch einen Eid zu reinigen«. (Man sieht, dass das alte
Beweisverfahren noch nicht geradezu absolut geworden war!) Hernach
berichtet er an den Landesherrn, dass er von Malefizien, die die
Angeschuldigten Anderen zugefügt haben sollten, durchaus nichts habe
ermitteln können. Andererseits geben die »weltlichen Räte« des
Fürstbischofs dem Amtsschreiber bezüglich der Geständnisse der
Angeschuldigten (unter dem 9. November 1565) den Bescheid: »Weil solche und
dergleichen Dinge gewöhnlich aus einem Afterglauben zu fliessen pflegen, so
habt Ihr den Prädikanten einige Male zu ihnen zu schicken, dass er sie mit
der H. Schrift von solcher teuflischen Phantasie abzustehen ermahne« (!).
Auch der Fürstbischof bewies dabei, dass ihm der Glaube der späteren Zeit
an die Malefizien der Hexen noch ganz fremd war, und dass er darum auch
nicht im Entferntesten an eine Verfolgung der Hexen, wie sie nach seinem
Ableben im Lande zu grassiren begann, dachte. Das durch die Folter
erpresste Geständniss der Angeklagten genügte ihm darum nicht zur
gerichtlichen Feststellung ihrer Schuld, indem er vielmehr den Nachweis der
Schuld durch äussere Beweisgründe oder durch rechtsgiltige Zeugen
verlangte. Zur Einbringung eines Strafantrags von Seiten des fiscalischen
Anwalts forderte er ferner den Nachweis, dass die Angeklagten durch ihre
Zauberkünste Anderen Schaden zugefügt hatten; und als dieser Nachweis nicht
erbracht werden konnte, befahl er die Angeklagten trotz ihres Geständnisses
zu entlassen und sie nur der besonderen Obhut ihres Ortspfarrers zu
empfehlen. Ja schliesslich erhielten der Vogt und der Untersuchungsrichter
sogar (unter dem 25. November 1565) den landesherrlichen Bescheid, in
Zukunft nicht wieder »solche Leute auf blosse Vermuthung in Haft zu nehmen,
es wäre denn, sie suchten sich davon zu machen und unterständen sich zu
entfliehen«.

Das Alles wurde aber nach dem Ableben des Fürstbischofs Bernhard anders. Im
Jahre 1585 wurde Herzog =Ernst von Baiern= zum Fürstbischof von Münster
erwählt, und als dieser 1611 die Regierung niederlegte, trat statt seiner
und nach seinem Tode sein Neffe =Ferdinand von Baiern= (von 1612-1650) in
dieselbe ein. Beide (zugleich Inhaber vieler anderen bischöflichen Stühle)
hatten ihre kirchliche Bildung von den Jesuiten zu Ingolstadt und ihre
politische Richtung an dem Hofe zu München erhalten. Beide betrachteten die
Ausrottung des Protestantismus in ihren Diöcesen, von welchem damals der
Fortbestand der katholischen Kirche in denselben bedroht erschien, als ihre
primärste Aufgabe, wozu sie mit Recht vor Allem die Wiedereinführung
katholischer Ordensgesellschaften für erforderlich hielten. Daher wurden
1588 die Jesuiten, 1612 die Kapuziner, 1613 die Franziskaner und Claristen,
1626 die Minoriten, 1642 die Dominikaner in Münster domiciliirt. Mit Hülfe
dieser Orden und aller sonstigen geistlichen und weltlichen Gewaltmittel,
welche der geistlichen Landesherrschaft zu Gebote standen, ward nun die
Reinigung des Landes von der Ketzerei -- die der Teufel ins Land gebracht
hatte, -- eifrigst betrieben. Wie die Ketzerei der Protestanten so war aber
auch die Zauberei der Hexen das Werk des Teufels, weshalb derselbe Eifer,
der die protestantischen Prediger verjagte und deren Gemeinden gewaltsam
zum Katholizismus zurückführte[75], sich auch auf die Aufspürung und
Verfolgung der Hexen warf. Bald wurde es geradezu zur Manie in jedem
besonders auffallenden Vergehen einen Zusammenhang mit Zauberei zu
vermuthen, und die Folter und das neue Beweisverfahren, welches auf
Erpressung des Geständnisses durch die Folter beruhte, gab die Mittel zur
Entdeckung der Zauberei an die Hand.

Ein Prozess aus dem Jahre 1596 lässt es deutlich erkennen, wie eben damals
im Fürstenthum Münster der Umschwung erfolgte, aus dem der eigentliche
Hexenprozess und die epidemische Hexenverfolgung hervorging[76].

Es gab damals nicht Wenige im Lande, welche sich rühmten im Besitze von
Exorcismen zu sein, mittelst deren sie in allerlei Kräuter eine besondere
Heilkraft hineinbringen könnten, welche diese Kräuter und sonstige
angebliche Geheimmittel verkauften und sich und die Ihrigen damit
ernährten. Einer dieser »Exorcisten« war ein gewisser Schneider Hermann
Schwechmann, Eigenhöriger des Gutsbesitzers Rudolf Münnich zu Eickhafen im
Amte Vechta. Derselbe wurde wegen Zauberei anrüchig und wurde daher in Haft
genommen, obschon der Droste zu Vechta in seinem Bericht an die
»weltlichen Räthe« zu Münster ihm nichts anderes zur Last legen konnte als
dass er »den Leuten allerlei Briefe für Zauberei und sonstige Dinge
gegeben, durch die er sie von Gott und seinem Worte ablenkt und sie ihres
Geldes beraubt und entblösst«. Dabei bemerkte der Drost, dass »dieser
Handel hier im Amte viel im Schwange ist«. Nun nahm sich allerdings der
Gutsherr des Angeklagten in mehrfachen Gnadengesuchen desselben sehr
energisch an, indem er betheuerte, dass Schwechmann niemals Zauberei
getrieben, Niemandem etwas Böses gethan, sondern in seiner Armuth sich der
Exorcismen, gegen die bisher kein Verbot ergangen sei, bediene um sich und
die Seinigen zu ernähren. Allein diese Gnadengesuche verfehlten ihren
Zweck, indem die Untersuchung unter der Hand eine ganz andere und für den
Angeklagten höchst bedrohliche Richtung angenommen hatte. Die Regierung zu
Münster wollte dem weit verbreiteten Handel mit Exorcismen, geweihten
Kräutern und Kerzen ein Ende machen, was am sichersten dadurch geschah,
dass man denselben für Teufelswerk erklärte. Da nun der vorliegende Fall
dazu ganz geeignet zu sein schien, die Exorcisten und deren geheime Formeln
und Mittel an den Tag zu bringen, so erkannten die »weltlichen Räthe« am
28. März 1596 gegen den Verhafteten auf peinliches Verhör durch Anwendung
der Folter. Alsbald richtete daher der Gutsherr, der von diesem Befehle
Kunde erhielt, am Charfreitag 1596 ein neues Gnadengesuch an die Regierung,
worin er hervorhob, dass Schwechmann durchaus nichts Anderes verbrochen
habe, als was tagtäglich auch von vielen anderen Personen, und zwar
geistlichen und weltlichen Standes im Stifte geschehe. Ich höre, stellt er
den Räthen vor, »dass gegen alles Erwarten etliche Ankläger meinem
Eigenhörigen H. Schwechmann nach dem Leben trachten, indem sie über ihn
berichten, er sei von der katholischen Religion, in welcher die Exorcismen
doch bis jetzt nicht verboten, sondern vielmehr angenommen und in gewissen
Fällen sogar befohlen sind, abgefallen. -- Ich mache mir (aber) die
ungezweifelte Hoffnung, dass er, wenn er auch zu der Herren Wohlgefallen
auf die eine oder andere Weise examinirt und verhört werden sollte, dennoch
für seine Person als ein frommer christlicher Mensch befunden werden wird,
da er nichts als Gottes Wort und unschädliche consecrirte Kräuter gegen
Verwünschungen zu gebrauchen pflegt und hiermit auch schon Vielen, denen es
der allmächtige Gott vergönnte, geholfen hat. -- Sofern Ew. Gestrengen --
diese Handlungen nicht für christlich erachten, so können sie dem armen
Menschen bei höchster Strafe verboten werden, und er muss sich dann
derselben für die Zukunft enthalten. Da aber dieses Werk -- von vielen
Personen geistlichen und weltlichen Standes in diesem Stifte noch heutiges
Tages fortgeübt und gebraucht wird, derowegen will ich zu Gott nicht
hoffen, dass zuerst mit meinem Manne das Recht soll gestärkt werden«.

Allein diese Eingabe des Gutsherrn lief in Münster ein, als der Verhaftete
bereits gefoltert war -- und sein »Geständnis« abgelegt hatte. Aus dem
Protokoll ist deutlich zu ersehen, an welchen Stellen das »Geständnis«
durch Suggestivfragen ermartert ist. Nachdem er nämlich zunächst wegen ganz
anderer Vergehen, die man ihm zur Last gelegt hatte, vernommen war, heisst
es plötzlich:

»Weiteres gefragt, wer ihn =sothane Künste= (NB. von denen vorher gar keine
Rede war) gelehrt, sagt er: Zu Holte im Gerichte zu Haselünne wohne Einer,
der heisse Morer Johann, der habe ihm die Bücher gegeben und ihn solche
Künste gelehrt.«

Sodann heisst es weiter:

»Sagt, er könne den Teufel zwingen mit Gottes Wort, da er Schaden thue,
dass er allda abweichen müsse.«

»Sagt demnächst, Johann Hagestede sei zu ihm gekommen, als ihm drei Pferde
krank gewesen und habe ihn um Rat gefragt. Er habe demselben geantwortet:
Er besitze natürliche Kräuter, darüber wolle er Gottes Wort lesen und sie
dann den Pferden eingeben. Werde es gut oder wiederum besser, so solle er
ihm, dem Verstrickten, einen Reichsthaler und ein Brot geben; wofern aber
nicht, solle er ihm einen Ortsthaler und ein Brot für die Kräuter und
Arbeit geben. Es sei aber darnach mit den Pferden besser geworden.«

»Haverkamp Buschelmann, dem Meier zu Molen, dem Schulten Johann zum
Ossendorp habe er auch mit solchen Künsten und Kräutern geholfen, nemlich
ihren Thieren, und zwar habe er gebraucht Hugelicia, Repuntia, Rhabarbara
und Hohlwurzeln. Es würden nachfolgende Worte darüber gesprochen: Exufilus
te Deus Pater, exufilus te Deus Filius, exufilus te Deus Spiritus Sanctus;
Benedicat te Deus, qui coelum creavit. Ipse vos benedicat in nomine Patris
et Filii et Spiritus Sancti. Amen.« --

»Sagt, der Teufel werde auch bei Gott und seinen fünf Wunden, Leiden und
Sterben abzuweichen beschworen, wie er von seinem obgemeldten Meister
verstanden und selber auch versucht und erfahren hätte.«

»Auch sagt, der Teufel komme vor ihm in Gestalt einer Drossel; auch müsse
er kommen in jeder Gestalt, so ihm befohlen oder geboten werde. Er könne
sprechen, wie er selbst erfahren.«

»Auch sagt, die =so hoch in der Kunst= seien, dass =ihnen der Teufel=
allhier auf Erden =zu dienen gelobt=, die müssten ihm wiederum nach ihrem
Absterben mit ihren Seelen =dienen=. Das habe er auch gelobt (das letztere
die offenbarste Suggestion!).«

»Diese Nachbeschriebenen sollen auch diese Kunst gebrauchen und damit
umgehen: Der Pastor zu Bostrup« u. s. w. u. s. w.

Zum Schlusse des Protokolls heisst es sodann:

»Letzlich bekennt er nochmals zum Ueberfluss, dass er sothanen =Vertrag mit
dem Teufel=, wie obgemeldet, geschlossen, und bekennt Alles, was er
gesetzter Massen bekannt, also wahr zu sein. Er will darauf leben und
sterben und bittet um Gottes willen um Gnade, mit Erbietung und Angelobung,
dass er sothane Künste hinferner nicht mehr gebrauchen will.«

Hier war also dem Unglücklichen das Geständnis eines Vertrags mit dem
Teufel suggerirt, wie es den Hexenprozessen zum Grunde lag, während
derselbe doch gestanden hatte, dass er seine Mittel =gegen= den Teufel
gebrauche! Auch was derselbe ausserdem über den Teufel gesagt hatte, passte
mit dem Begriff eines Bundes mit dem Teufel wenig zusammen.

Die Herrn zu Münster gingen aber auf der einmal eingeschlagenen Bahn ruhig
weiter. Schon am Tage nach dem Empfange des Protokolls machten sich
dieselben in der Sache schlüssig. Die Exorcismen und Weisungen Schwechmanns
wurden von ihnen kurzer Hand als »=teuflische Handlungen=« hingestellt und
die Amtleute zu Vechta wurden angewiesen mit demselben -- Anderen zum
abscheulichen Exempel -- nach dem Rechte zu verfahren. Zugleich wurden
diese Amtleute aufgefordert, die in der Nachbarschaft gesessenen Personen
geistlichen und weltlichen Standes, welche nach dem Geständniss
Schwechmanns ebenfalls der Zauberei ergeben wären, in Untersuchung zu
ziehen und, wenn sich die Angabe desselben bewahrheiten sollte, in gleicher
Weise zu bestrafen.

Hier war also ganz allmählich eine Untersuchung wegen Wunderdoktorei
künstlich so geführt und gedreht worden, dass sie schliesslich die
Unterlagen eines Hexenprozesses zu Tage zu fördern schien und mit dem
grausigen Ende eines solchen abschloss. Wie sehr es aber bereits zur Manie
geworden war, jede ungewöhnliche Untersuchung durch das Medium der Folter
in einen Hexenprozess umzuwandeln, ist aus einem Prozess zu ersehen, der
1615 in der Münsterischen Stadt Ahlen vorkam[77].

Hier lebte ein gewisser Peter Kleikamp, der, dem Trunke ergeben und wegen
eines ihm schuldgegebenen Diebstahls (obschon in der dessfalls angestellten
Untersuchung nichts auf ihn gebracht war) flüchtig geworden, später nach
Ahlen wieder zurückgekehrt war, wo er plötzlich des Versuchs der
Sodomiterei und anderer Dinge angeklagt wurde. Von Zauberei war dabei keine
Rede. Der Angeklagte wurde vernommen, die ihm nachgesagten Vergehen
konnten jedoch nicht erwiesen werden und Kleikamp hätte somit wieder in
Freiheit gesetzt werden müssen, wenn es nicht irgendwie möglich war ihn auf
die Folter und dadurch zu Geständnissen zu bringen. Da fiel es dem
Untersuchungsrichter ein, dass Kleikamp einst von Ahlen geflohen war, und
sofort wurde gesagt, er habe sich durch die Flucht der Untersuchung
entziehen wollen. Da man nun ausserdem ohne Mühe nachweisen konnte, dass er
mit verdächtigen Personen Umgang gepflogen habe, so hatte man zwei Gründe,
welche zur Anwendung der Folter berechtigten. Allerdings wurde nun ein
rechtskundiger Vertheidiger des Angeklagten zugelassen, der die gegen
denselben aufgestellte Anklageschrift für neidisches Strassengewäsch und
Geplärr erklärte und namentlich die mangelhafte Glaubwürdigkeit des
Hauptzeugen hervorhob. Allein nichtsdestoweniger wurde von dem Gerichtshof
die peinliche Verfolgung der Sache in Münster beantragt, infolge dessen am
16. Juni 1615 die Tortur statt fand.

Das Protokoll der Tortur fehlt. Kleikamp hatte sich aber standhaft gehalten
und kein »Geständniss« abgelegt, wesshalb er »wieder hingesetzt und, damit
er während der Nacht nicht vom bösen Feind gestochen werde, durch die dazu
bestellten Diener bewacht wurde«.

Was man nun während der Nacht mit ihm anfing, darüber schweigen die Akten.
Am anderen Morgen aber wurde dem Richtercollegium angezeigt, dass Kleikamp
zum Geständniss willig gemacht sei.

Von sodomitischen Sünden, um die es sich im Anfange der Untersuchung
gehandelt hatte, ist in dem über das Geständniss aufgenommenen Protokoll
keine Rede. Vielmehr heisst es Eingangs desselben so:

»Am folgenden Tage (17. Juni) haben wir -- dem Angeklagten gütlich
zugesprochen, um von ihm zu erfahren, wie es denn mit ihm wäre, ob er ein
Zauberer und welchergestalt er damit umgegangen und von wem er das Zaubern
gelernt.«

»Darauf er =gütlich= ausgesagt: Er sei seines Alters 44 Jahre. Gestern habe
ihn der Teufel unter dem linken Arm gestochen und nicht haben wollen, dass
er bekennen sollte. Er habe ihn gekniffen bunt und blutig, welches auch an
ihm zu sehen war. =Er sei ein Zauberer.= -- Seine verstorbene Frau -- habe
ihn vor ungefähr sechszehn Jahren das Zaubern gelehrt. Auf der Broickhauser
Haide, im Kirchspiel Walstedde, da habe er Gott und seinen Heiligen
entsagt, dem Teufel Glauben, Treue und Huld gelobt. Bei dieser Verleugnung
Gottes sei er dreimal rückwärts gesprungen. Darauf wäre der Teufel in der
Gestalt eines schwarzen Hundes zu ihm gekrochen. Der Hund wäre bald wieder
verschwunden; statt seiner aber habe sich ein Weib neben ihn gestellt. Auch
ein Mann sei erschienen, der Buhle seiner verstorbenen Frau. Derselbe sei
mit seiner Frau auf die Seite gegangen, um mit derselben zu buhlen.«

»=Vor zehn Jahren sei er ein Werwolf geworden.= Sein Gehülfe sei damals
gewesen der verstorbene Johann Ossenkamp. (Hier folgt die Angabe
verschiedener Leute, deren Kälber, Ochsen und Schafe er und Ossenkamp
gebissen). -- Später, vor fünf Jahren, sei =Christian zum Loe= sein Gehülfe
geworden. (Nun folgt wieder die Angabe einer ganzen Reihe von Leuten, deren
Vieh sie beide gebissen; dann heisst es weiter:) -- Meine Frau ist auch
eine Zaubersche, gehört aber zu einer anderen Rotte. (Nun folgt die Angabe
zahlreicher Genossen.) Wir bildeten zwei Rotten. In meine Rotte gehörte
Heinrich Hoyemann zu Broickhausen. Unser Hauptmann war Cort Busch; derselbe
hatte einen rothen Kopf. Zu jeder Rotte gehören sieben, und zwar gehören zu
meiner Rotte Grethe Cloeths, Anna Grone, Anna Jaspers, Toniess zu Kellings
Frau, Christian zum Loe etc. -- Ich war ihr =Trommelschläger=. Unseren Tanz
hielten wir auf der Kampfarte. Wir tanzten auf einer Leine, welche an der
Pforte und an der Mauer befestigt war. Beim Trommelschlagen sass ich auf
der Mauer. Die Trommel wird mit einem Fuchsschwanz geschlagen und geht:
Tup, Tup, Tup, Tup, Tup.« --

»Weiterhin bekannte er: Auf der Kampstrasse in Schellings Hause =hätten sie
sich geschmiert, darauf wären sie aufgeflogen nach der Mark=, in den Weg
nach Mecheln zu, in Suidtholdts Kamp an der Lohelinde und nach anderen
Orten hin. Hier hätten ihnen ihre Buhlen Kräuter behändigt, welche sie zum
Vergiften gebrauchen sollten. Mit den seinigen habe er nichts ausgerichtet.
Nur im Anfange seiner Lehre habe er von seiner Buhle Kraut empfangen, mit
welchem er einen Hahn, eine Henne und sich selber ein Schwein vergiftet.
=Sie wären aufgeflogen als schwarze Raben.= -- In die andere Rotte gehörten
die Mutter Lomgensche etc.«

Von den Richtern befragt, woher er diese Rotte und deren Angehörige kenne,
antwortete er: dieselben wären in Vorsthovels Hause gewesen, als er das
bekannte Kopfstück fortgenommen. (NB. Er meint hier den Diebstahl, wegen
dessen er 1614 angeklagt war); auch habe er solches von seiner Buhle und
von seiner Frau erfahren.

Nach solchen Angaben musste natürlich von dem Untersuchungsrichter vor
Allem die Richtigkeit derselben genauer ermittelt und festgestellt werden.
Auch wandte sich das Gericht noch an demselben Tage (17. Juni 1615) an das
benachbarte Gericht von Heessen, in dessen Bezirk der Angeklagte einen
Theil seiner Malefizien verübt haben wollte, mit dem Ersuchen um genauere
Auskunft darüber, ob die bezeichneten Stücke Vieh zu der von dem
Angeklagten angegebenen Zeit und an den von ihm bezeichneten Orten, so wie
er es angegeben, umgekommen wären. Die in Ahlen wohnenden Personen, denen
Kleikamp Schaden an Vieh zugefügt haben wollte, wurden daher für die
folgenden Tage zur Zeugenaussage nach Ahlen vorgeladen. Nun hatten
allerdings die Zeugen gar Vieles über mannigfache Schädigungen zu klagen,
die ihnen seit Jahren von Hexen und Zauberern zugefügt wären, aber nur ganz
wenige gaben diese Unglücksfälle oder Vergehen ungefähr so an, dass die
Zeugenaussagen mit Kleikamps »Geständnissen« in Uebereinstimmung gebracht
werden konnten.

Das Zeugenverhör begann am 22. Juni. Zuerst erschien der von dem
Angeklagten genannte Roer aus dem alten Kirchspiel Ahlen. Demselben wollte
Kleikamp mit seinem Gefährten vor fünf Jahren ein schwarzbuntes Kalb todt
gebissen haben und zwar so, dass er selbst ihm die Kehle ausgerissen habe.
Roer aber wusste nur zu sagen, dass ihm vor etwa =drei= Jahren in seinem
Gehölz ein rothes Huhn und ein braunes mit weissen Füssen abhanden gekommen
sei. Ausserdem sei eins seiner Rinder, schwarz von Farbe, zuerst an den
Füssen lahm geworden und bald darauf gefallen und gestorben. Und dennoch
urtheilten die Richter, dass dieser Fall mit der Aussage des Angeklagten
ganz wohl übereinstimme.

Aber noch weniger stimmte die Aussage eines andern Zeugen, Recker, mit dem
was der Angeklagte erzählt hatte, überein. In den Kampe desselben wollte
Kleikamp mit Christian zum Loe, wie ihre Buhlen ihnen befohlen hätten, ein
schwarzbuntes Rind in einen trockenen Graben gedrängt und darin umgebracht
haben. Recker aber erklärte ganz bestimmt: Vor und nach wäre ihm
unzweifelhaft von Hexen viel Schaden zugefügt worden. So sei ihm im
verflossenen Jahre sein bestes Pferd, ein Ochs und eine Kuh krepirt. Sie
alle hätten das Unglück zuerst in den Beinen gehabt und wären dann stracks
niedergefallen und verendet. Eine schwarz-bunte Kuh aber sei im
letztverflossenen Jahre nicht ihm, sondern dem Roer in einen Graben
gefallen, die sie indessen =lebendig= wieder herausgezogen hätten.

Der Zeuge Brune in der Broickhauser Haide, dem der Angeklagte als Werwolf
ein Schaf gebissen haben wollte, hatte bis dahin Schafe gar nicht besessen;
und der Zeuge Frie zu Broickhausen wusste sich nicht zu erinnern, dass ihm
oder seinen Vorfahren an einem Kalbe zugefügt sei, wesshalb er die Aussage
des Angeklagten nicht zu bewahrheiten vermochte.

Diese Widersprüche zwischen der Selbstanklage Kleikamps und den
Zeugenaussagen machten aber die Richter nicht im Entferntesten irre,
vielmehr gaben dieselben dem Richterkollegium nur Veranlassung durch
künstliche Wendungen und Auslegungen der beiderseitigen Aussagen eine
scheinbare Uebereinstimmung zwischen denselben herzustellen, um so die
Selbstanklage des Verhafteten als erwiesen ansehen und im Prozesse weiter
fortfahren zu können.

Dieser aber erlitt plötzlich eine Störung durch das Auftreten der von
Kleikamp genannten Mitschuldigen. Derselbe hatte die angeblichen
Angehörigen der beiden Rotten genannt, die mit ihm und seiner Frau an den
nächtlichen Hexentänzen und an der Teufelsbuhlschaft Theil genommen haben
sollten. Diese gehörten nun theilweise den angesehensten Familien in Ahlen
an. Als sich daher in dem durch diesen Prozess in die grösste Aufregung
versetzten Städtchen -- in welchem jetzt Kleikamp von Jedermann als der
entdeckte Urheber alles Unglücks der letzten Jahre angesehen ward, -- die
Kunde von diesen Anschuldigungen verbreitete, säumten die nächsten
Angehörigen der Beschuldigten nicht, dem Gericht alsbald einen
entschiedenen Protest gegen die Depositionen Kleikamps zu überreichen und
nochmalige Vernehmung desselben zu beantragen. Ausserdem erschien auch
Christian zum Loe vor Gericht und erklärte zu Protokoll, dass er mit
Kleikamp confrontirt zu werden begehre. Daher verfügte das Gericht
nochmaliges Verhör des Angeklagten und Confrontation desselben mit
Christian zum Loe.

In diesem neuen Verhör wurde dem ersteren sein »Bekenntniss« vorgelesen und
er dabei befragt, ob er etwas hinzuzusetzen oder zu widerrufen habe. -- Der
Unglückliche wusste, dass ein gänzlicher Widerruf nur eine abermalige
Folterqual zur Folge haben würde; aber es peinigte ihn der Gedanke, dass er
mit dem schwersten Verbrechen, welches er an seiner Frau begangen, aus der
Welt scheiden sollte. Daher entschloss er sich, seine bezüglich dieser
gethanen Aussagen zu widerrufen; was er auch that. Er sprach seine Reue
darüber aus, dass er seiner Frau Unrecht gethan, denn dieselbe sei keine
Hexe und habe sich nie mit Zauberei befasst. »Was er aber sonst am 17. Juni
ausgesagt, sei der Wahrheit gemäss, insbesondere auch, soweit es =Christian
zum Loe= betreffe, und er habe es ungezwungen und aus freien Stücken
gesagt. Er verbleibe darum bei seinem Bekenntniss und =er wolle es vor dem
strengen Gerichte Gottes, bei Verlust seiner ewigen Seligkeit also
verantworten=« (!!!).

Nachdem nun Kleikamp das von ihm aus Verzweiflung -- um Genossen seines
Verderbens zu haben, -- zusammengebrachte Lügengewebe abermals anerkannt
und sich selbst so in dasselbe verstrickt hatte, dass er sich nicht mehr
drehen und wenden konnte, ohne vor den Richtern als der niederträchtigste
Lügner und Verleumder zu erscheinen, fand seine Confrontation mit dem am
meisten von ihm angeschuldigten Christian zum Loe statt, -- eine grausige
Scene! »Du bist ein Werwolf, gerade so wie ich,« rief ihm Kleikamp entgegen
und hielt ihm nun die ganze, lange Reihe von Malefizien vor, die er
gemeinschaftlich mit ihm verübt haben wollte. Der alte Christian zum Loe --
ein Eingehöriger des Jobst van der Recke auf dem benachbarten Gute
Heessen -- war wie niedergedonnert, denn er sah, wie das Gespenst des
Hexenprozesses bereits auch nach ihm seine Krallen ausstreckte, um auch ihn
zu verderben. Er betheuerte seine Unschuld; aber Kleikamp blieb bei seiner
Aussage.

Der Prozess ging zu Ende. Die Prozessakten wurden abschriftlich einem
auswärtigen Rechtsgelehrten zur Begutachtung übersandt, worauf das Verdikt
erfolgte, welches dahin lautete, dass Kleikamp »wegen geständiger Zauberei,
dabei verübter Vergiftung und anderer Unthaten mit der gesetzlichen Strafe
des Feuers vom Leben zum Tode hingerichtet und zu Asche verbrannt« werden
sollte. Schliesslich machte der Vertheidiger noch einen Versuch, wenigstens
die Qual des Feuertodes von dem Verurtheilten abzuwenden. Es stellte dem
Gericht daher vor, dass der Verurtheilte »sich für einen armen Sünder
erkenne, der gegen Gott und Gottes Gebot gehandelt habe. Er trage dessen
Reue und Leid,« und bitte daher, dass er zur Hinrichtung mit dem Schwerte
möge begnadigt werden. Allein »Richter und Schöffen« erklärten, die Bitte
des Verurtheilten nur insofern berücksichtigen zu können, »dass sie die
Ausführung des ausgesprochenen Urtheils möglichst beschleunigten.« -- Daher
ward Kleikamp schon in den nächstfolgenden Tagen zu Asche verbrannt.

Das war das Ergebniss der Anklage eines Einzigen, die gar nicht auf das
Vergehen der Zauberei sondern auf das der Sodomiterei gerichtet gewesen
war.

Aber eine Drachensaat war es, die aus der Asche des Gemordeten aufging, --
was vor Allem der alte =Christian zum Loe= erfahren musste[78]. Wie
besinnungslos war derselbe von der Confrontation mit Kleikamp nach Hause
zurückgekehrt. Von Verzweiflung getrieben eilte er nach Lembeck, um sich
dort der Wasserprobe zu unterwerfen und seinen Leumund wieder herzustellen.
Allein die Wasserprobe misslang. Seine Frau schlich sich in Erwartung der
Dinge, die da kommen würden, heimlich von ihm fort. Er selbst hielt sich
aus Furcht vor einer Verhaftung eine Zeit lang in den benachbarten Gehölzen
auf; allein es war Alles vergebens. Schon unter dem 13. August 1615 lief
bei den Beamten zu Wollbeck ein Bericht des Gografen zu Ahlen ein, dessen
Eingang lautete: »Ew. Gestrengen -- mag ich dienstlich nicht vorenthalten,
wasmassen =ein Zauberer, Peter Kleikamp genannt, welcher unlängst Anderen
zum abscheulichen Exempel ist hingerichtet worden=, nach der scharfen Frage
unterschiedliche, vornehmlich aber Einen mit Namen =Christian zum Loe= --
des gräulichen Lasters der Zauberei, und dass derselbe zugleich mit ihm ein
Werwolf sein solle beschuldigt, und dabei angegeben hat, dass derselbe
etliche Thiere mit ihm gebissen habe, wie man solches an den bezeichneten
Orten geschehen zu sein mehreren Theils erfahren.« Die Behörden begannen
nun über ihn zu verhandeln und auf ihn zu fahnden, bis endlich am
26. Februar 1616 seine Verhaftung erfolgte. Im Kerker befiel den
Unglücklichen der Wahnsinn, wesshalb die Räthe zu Münster am 18. April 1616
die alsbaldige Folterung desselben befahlen. Doch erlöste ihn der Tod aus
den Händen seiner Peiniger, indem er noch am Abend des 18. April starb.
Das Gutachten des Scharfrichters über das Ableben des Verhafteten lautete:
Der Hals des Verstorbenen sei ganz schwarz und lasse sich umdrehen; die
Brust und die Beine wären zerkratzt. Er sei schon bei mehreren derartigen
Fällen zur Stelle gewesen und halte dafür, dass der zum Loe dieses sich
nicht selbst gethan, sondern dass ihm der Teufel dabei geholfen habe.

Seitdem loderten die Scheiterhaufen, auf denen man Hexen zu Asche
verbrannte, aller Orten im Münsterlande auf. Denn in allen Städten, in
allen Untergerichten wurden angebliche Hexen massenweise aufgespürt oder
zur Anzeige gebracht und nur in den seltensten Fällen endete ein
Hexenprozess mit (relativer) Freisprechung der Angeklagten.

Im Kurfürstenthum =Mainz= hatte man zwar schon vom Ende des fünfzehnten
Jahrhunderts an Hexen und Zauberer fleissig verbrannt, indessen liegen doch
bis über das Jahr 1570 hinaus nur über ganz vereinzelt vorgekommene
Hexenprozesse Berichte vor, und aus dem dabei angewandten prozessualischen
Verfahren ersieht man, dass die Hexenverfolgung der nächstfolgenden Zeit
damals noch nicht im Gange war[79].

Im Jahre 1570 wurde Elisabeth, Hans Schmidten Ehefrau, in dem Orte Altheim
der Hexerei verdächtig. Ihre Nachbarn richteten daher eine Supplik an den
Oberamtmann zu Amorbach, worin sie baten, »wegen dieser Zaubereien sie
gnädig zu bedenken«, infolge dessen die Angeklagte in den Thurm zu Buchen
geworfen und hier an eine Kette angeschmiedet, in strenger Haft gehalten
wurde. Die Zeugen, welche man am 12. Juni 1570 über sie vernahm, sagten
aus: In jeder Walpurgisnacht sei die Schmidtin, welche eine Geis geführt,
bei dem Vieh auf dem Felde gewesen und habe mit einer schwarz-weissen Gerte
auf verschiedenes Vieh geschlagen, welches hernach erkrankt und zu Grunde
gegangen sei. Sie habe ferner, als ein schweres Unwetter entstanden,
gesagt: ihretwegen möge das Wetter Alles erschlagen; sie habe den ganzen
Winter hindurch auch nur Hotzele und Dürrrüben zu essen gehabt.
-- Insbesondere sagte noch der Kuhhirte aus: als das Gewitter sich
entladen, seien ihm die Kühe davon gelaufen, was seiner Ueberzeugung nach
nur durch die anwesende Schmidt verursacht sei. -- Ihrem Bericht über diese
Depositionen fügten Schultheiss und Schöffen noch bei: Dem Dorfschulzen sei
durch die Zauberei der Schmidtin inzwischen eine Kuh krepirt, auch seien
»den Leuten, so die Schmidtin angezeigt, die Kühe und vier Schweine schwach
und krank geworden«. Auch habe zur grossen Verlegenheit der Gemeinde der
Kuhhirt abgedankt, weil er mit solchen verhexten Kühen nichts mehr zu
schaffen haben wollte, -- »ihm überdies drei zauberische Hasen begegnet
seien, von denen einer einen Bauch gehabt wie eine Geis, und denen kein
Hund habe nachlaufen können«.

Am 12. Juli befahlen hierauf die »weltlichen Räthe« des Kurfürsten, man
solle die Schmidtin unaufgezogen (d. h. ohne Anwendung der Folter)
examiniren. Dieses geschah, die Angeklagte betheuerte aber natürlich ihre
Unschuld.

Nun blieb die Untersuchung (während die Unglückliche im Kerker schmachtete)
beruhen, bis das Raths-Kollegium am 12. Juli 1571 verfügte, man solle sie
entlassen, ihr aber einschärfen, dass sie sich in Zukunft fromm und ehrlich
zu halten habe. -- Aber dennoch liess der Schultheiss auf des Amtmanns
Befehl, wie es in den Akten heisst, den mit Reverenz zu vermeldenden
Wasenmeister aus Miltenberg kommen, die Schmidt auf die Folter legen und
dergestalt peinigen, dass ihr Leib zerdehnt, zerrissen, ihre Hände und Arme
verrenkt und zerbrochen wurden. Sie hielt aber aus, ohne das geforderte
Geständniss abzulegen, und der Prozess endete, nachdem die gemarterte
Schmidtin entlassen war, damit, dass deren Ehemann gegen die Ankläger
seiner Frau bei dem Zentgerichte auf Entschädigung klagte, -- was freilich
keinen Erfolg hatte.

Im letzten Dezennium des Jahrhunderts nahm aber die eigentliche
Hexenverfolgung ihren Anfang, indem nicht mehr Einzelne, sondern ganze
Massen von Angeklagten mit der peinlichen Frage in Untersuchung genommen
wurden. Namentlich scheint von 1593 an im ganzen Mainzischen Odenwalde
überall auf Hexen und Zauberer Jagd gemacht worden zu sein.

Furcht und Schrecken herrschte damals unter der Bevölkerung, weil die
unsinnigste Klage hinreichte, um Jemanden auf die Folter und auf den
Scheiterhaufen zu bringen. In den Untersuchungsakten finden sich
umfangreiche Verzeichnisse von Verdächtigen, Eingezogenen, Entflohenen etc.
Selbst alters- und geistesschwache Personen finden sich unter den
Eingezogenen vor. Eine grosse Zahl schwangerer Frauen wurde ihren Männern
nur gegen schwere Kaution auf so lange zurückgegeben, »bis sie ihrer
weiblichen Bürde entledigt« seien. Auf der Folter wurden nun die tollsten
Geständnisse zu Wege gebracht. Die Frau eines Peter Müller gestand, »sie
sei mit Zauberei behaftet, von dem allmächtigen Gott ab- und dem Teufel
zugefallen«. Eine Katharine Lengenfelder von Reisenbach schrie auf der
Folter, »sie sei des Teufels und wolle sein bleiben«, riss sich dann von
der Folter los, machte einen rasenden Angriff auf den Scharfrichter, und
stürzte todt nieder, worauf die Leiche verbrannt wurde.

Dabei befahlen die weltlichen Räthe noch, »man solle nicht so viele
Umstände machen, und vor Allem das Vermögen einziehen«.

Eine Margarethe Habeckerin aus Galmbach war entflohen. Man zog nun ihre
Mutter ein, und diese bekannte, ihre Tochter an einen Teufel verheirathet
zu haben. -- Zu Amorbach gab ein Bauer seiner eigenen Mutter vor Gericht
schuld, dass sie das teuflische Hexenwerk treibe.

Gegen das mörderische Treiben der mainzischen Beamten reichten damals zwei
Edelleute eine Beschwerdeschrift bei dem Kurfürsten Wolfgang zu Mainz ein,
worin sie klagten, dass die Beamten des Kurfürsten Nachts in
ritterschaftliche Gebiete eingefallen, fremde Unterthanen hinweggeschleppt,
unschuldige Personen schändlich gemartert und selbst den Nachlass der
hingerichteten Weiber confiszirt hätten. -- Dagegen richtete die
Gesammtbürgerschaft der Stadt Buchen an den Kurfürsten eine Eingabe, in
welcher der Aberglaube der Zeit in wahrhaft schreckhafter Weise sich kund
gab: In der Nacht vom 4. auf den 5. Juli habe der Thorwart Veit Meffert
zwischen 11 und 12 Uhr ein Rumoren von Pfeifen, Trommeln, umhersprengenden
Reitern und ungeschmierten Kutschen gehört, dass er vor Schrecken ins Horn
gestossen; doch habe er Niemanden von der Bürgerschaft aufwecken können.
Dessgleichen habe der Thorwart in der Vorstadt ein Springen, Tanzen und
Getümmel vernommen, wie wenn alle Häfen zerschmissen würden, worauf um den
Thorthurm herum ein gräuliches Wetter sammt Platzregen erfolgt, wie aus
Fässern, dessengleichen noch Niemand gesehen. Ein Bürger, der aus dem
Wirthshaus des Hanns Feierabend gekommen, habe Alles um sich herumtanzen
sehen, und habe eine merkliche Anzahl teuflischen Zaubergesindels in
Menschengestalt, schwarz angethan, auf der Gasse umher tanzen und springen
bemerkt, das sei vom leidigen Satan wider alles Verbot geistlicher und
weltlicher Obrigkeit mit seinen untergebenen teuflischen Instrumenten zu
keinem anderen Ende gerichtet, denn um sein Reich durch solche verdammliche
Freude zu erheben. Daher »wolle die liebe, von Gott eingesetzte, und von
Gott mit dem scharfen Verstande wohl begabte Obrigkeit eine heilsame Strafe
gegen die dem leidigen Satan fürsichtig ergebenen Zauberer verordnen«.

Alsbald wurden nun wieder, -- trotz der Einsprache des Amtskellers zu
Buchen, welcher behauptete, der Bürger, der die Teufelsgestalten gesehen,
müsse offenbar zum Narren gehalten worden sein, -- eine Menge von Zauberern
und Hexen eingezogen, zum Theil unter den unsinnigsten und lächerlichsten
Anschuldigungen. So wurde z. B. eine Frau beschuldigt, in eine Kuh einen
Fiedelbogen hineingezaubert zu haben. Eine andere Frau, die im Frohndienst
Heu machen musste und ermüdet mit der Arbeit einhielt, sprach zu andern
Weibern: »wenn nur der Teufel das Heu holte!« Da sich nun
unglücklicherweise unmittelbar darauf ein Sturmwind erhob, der das Heu von
der Wiese hinwegtrieb, so war die Frau als wettermachende Hexe erwiesen und
wurde zur peinlichen Frage eingezogen.

Es war vergeblich, dass die Unglücklichen bei Gott und allen Heiligen ihre
Unschuld betheuerten. Sie wurden gefoltert, wobei stets in den Akten
bemerkt wird, dass sie sich zwar am Kopfe »gekrauet«, dass aber bei ihnen
keine Thränen geflossen seien. Nicht wenige der Gefolterten überstanden
auch alle Qualen, ohne sich eine Geständniss abmartern zu lassen. Ueber
diesen teuflischen Trotz des Hexengeschmeisses aufs Höchste erbittert,
verfügten daher die Mainzischen Räthe: »Gegen diejenigen, so in puris
negativis ohne sonderlichen Schmerz beständen und mit der Sprache nicht
losschlagen wollten, solle mit den Schrauben und Daumeisen angefangen und
dann mit den anderen Instrumentis fortgefahren werden. Sintemalen aber
diese Leute allem Ansehen nach unsichtbare Geister bei sich hätten und vom
bösen Feinde angereizt seien, sollen geistlicher Leute Mittel gegen diese
teuflischen Verführungen gebraucht werden.« --

Ueber das Schicksal der einzelnen Angeschuldigten erfährt man aus den Akten
nur selten etwas Bestimmtes. Zuweilen wird von dieser und jener
Unglücklichen auf der Aussenseite des betreffenden Aktenheftes ausdrücklich
bemerkt, dass dieselbe hingerichtet worden sei. Im Allgemeinen fand man
jedoch diese Notirung unnöthig, da ein Hexenprozess nur selten anders als
auf dem Scheiterhaufen oder überhaupt unter der Hand des Scharfrichters
endigte. Ein anderes Mal zeigt der Oberamtmann an, er habe wieder fünf
Hexen verbrennen lassen, (deren Namen nicht einmal genannt werden,) wofür
er von den kurfürstlichen Räthen belobt wird.

Während der ganzen ersten Hälfte des siebenzehnten Jahrhunderts war in
Kurmainz die Hexenverfolgung im fortwährenden Steigen. Kurfürst =Johann
Schweikart= (1604-1626) brachte in dieselbe zuerst System, indem er,
nachdem er sich von der theologischen und der juristischen Fakultät seiner
Hochschule umständlichst über das fluchwürdige Wesen und Treiben der Hexen
hatte belehren lassen, eine Untersuchungsordnung für Hexenprozesse mit
achtzehn General- und achtundneunzig Spezialfragen aufsetzen und allen
Gerichten im Lande zuschicken liess. Die schrecklichste Zeit nahm jedoch
mit dem Regierungsantritt seines Nachfolgers, des Kurfürsten =Georg
Friedrich (v. Greiffenklau)= 1626 ihren Anfang. Als sich derselbe im
genannten Jahre zu Dieburg huldigen liess, erschien vor ihm eine Deputation
der Zentmannschaft und bat ihn inständig und um Gottes Willen, dass er doch
zur Ausrottung des überhandnehmenden Lasters der Zauberei die nöthigen
peinlichen Untersuchungen befehlen möchte. Dieselbe Bitte wurde ihm, da es
dem Kurfürsten mit der schärferen Verfolgung der Hexen doch nicht so eilig
war, unter dem 6. Februar 1627 auch schriftlich vorgetragen. In =Dieburg=
stand nämlich damals eine ganze Menge von Personen im Geruch der Zauberei,
und die Masse des Volks war gegen dieselben mit solcher Wuth erfüllt, dass
selbst die Beamten, welche nicht sofort alle Verdächtigten in Haft nahmen,
sich bedroht sahen. Daher musste zur Beruhigung der Bürgerschaft endlich
wieder ein Hexenprozess in Scene gesetzt werden. Aus der Menge der zur
Anzeige gebrachten wählte man hierzu eine Frau, nämlich Martin Padts Witwe,
aus, »weil deren Mutter vor zwanzig Jahren als Hexe verbrannt worden sei«.
Am 26. Juni 1627 begann das Verhör, und am 7. Juli wurde die Verhaftete
hingerichtet. Die Padtin hatte aber im Verhör, in welchem sie wiederholt
gefoltert worden war, eine ganze Anzahl von Mitschuldigen genannt; daher
gestaltete sich aus dieser Einen Inquisition sofort eine ganze Anzahl
anderer Prozesse, von denen jeder einzelne wieder zu neuen Verfolgungen in
=Dieburg=, =Seligenstadt=[80], =Aschaffenburg= u. s. w. Anlass gab. Aus
den massenhaft angestellten Verhören traten nun auch hier die gewöhnlichen
Angaben der wegen Hexerei Verhafteten hervor. Als Versammlungsstätten der
Hexen wurden der Eichwasen bei Dieburg, der Humesbühl, der grosse Formel
u. s. w. bezeichnet. Bei der Generalversammlung, die zu Walpurgis auf dem
Eichwasen stattfand, fanden sich oft Tausende, darunter auch vornehme
Leute, aus Darmstadt, Aschaffenburg, Umstadt, Münster u. s. w. zusammen.
Bei den Gelagen waren die Tische und Stühle gemalt, die Trinkgeschirre, dem
Anschein nach von Gold und Silber, waren eigentlich Rossköpfe und
Schelmenbeine, und was sich als Krammetsvögel ansah, war in Wirklichkeit
eine Schüssel voll Kröten. Das Brod, welches man auftischte, musste an
einem Sonntag gebacken sein; Salz dagegen kam bei keiner Gasterei vor. Die
Hexen erzählten auch, sie hätten sich zwar mit den genossenen Speisen
gesättigt, allein, wenn sie nach Hause gekommen, hätten sie sich hungrig
und äusserst matt gefühlt u. s. w. -- Alle diese und ähnliche Geständnisse
waren den Verhafteten durch eine bestialische Anwendung der Folter
erpresst[81]. Einer der Verhafteten, Philipp Krämer aus Dieburg, that im
Verhör die unerhörte Aeusserung, dass die gegen ihn abgelegten
Zeugenaussagen falsch seien und dass das ganze Hexenwerk nichts als
Aberglauben sei. »Wenn dergleichen Belialszeugnisse auch tausend wären,«
rief er, »so könnten sie doch alle tausend falsch sein. Denn das wären
Leute, so in ihrer Pein und Marter verzweifelten. Da müsse er sehen, dass
unter Tausenden nicht Einem Recht geschehe. Es nehme ihn Wunder, dass man
solche abergläubische Sachen glaube. Das seien doch lauter unmögliche
Dinge, und es könne aus keiner Schrift bewiesen werden, dass es zu glauben
sei. Der Teufel verblende die Leute und nehme frommer Leute Gestalt an.« --
Er wurde dafür am 6. September 1627 mit dem Schwerte hingerichtet und sein
Leichnam verbrannt. So wurden in Dieburg nach den vorliegenden Akten im
Jahr 1627 überhaupt sechsunddreissig, -- nach einer Aufzeichnung des
Pfarrers Laubenheimer sogar fünfundachtzig -- Personen hingerichtet. Im
November 1629 begann hierauf eine neue Untersuchung gegen einundzwanzig
Dieburger Leute. Ganze Familien sind in jenen Jahren zu Dieburg fast
ausgerottet worden. An andern Orten ging es noch grausiger her. In
=Grosskrotzenburg= und =Bürgel= wurden auf Betreiben des fanatischen
Dechanten zu St. Peter in Mainz gegen dreihundert Personen wegen Hexerei
hingerichtet, in Folge dessen der Kapitularpräsenzkammer zu Mainz bei
tausend Morgen confiszirter Ländereien zufielen. Das aber war dem
Kurfürsten =Johann Philipp= (von Schönborn, 1647 bis 1673) doch zu arg,
wesshalb derselbe das im Lande herrschend gewordene ganz formlose Verfahren
in der Hexenverfolgung untersagte und daselbe regelte und einschränkte[82].

Im Jahr 1657 wurde von der Bürgerschaft der kurmainzischen Stadt =Amorbach=
ein Projekt zur Verbrennung aller Hexen, welche Fröste gemacht und die
Weinernte zu Grunde gerichtet hätten, entworfen. Zu diesem Behufe waren
nicht allein die Einwohner von Amorbach sondern auch die der angrenzenden
Aemter aufgeboten, und der Oberamtmann =Daniel von Frankenstein= wurde in
geradezu stürmischer Weise zu einem gerichtlichen Einschreiten gegen die
Hexerei gedrängt. Allein der Kurfürst =Johann Schönborn= zu Mainz befahl,
man sollte die bereits Verhafteten ohne Weiteres zu ihren Familien
zurückkehren lassen[83].

In der Erzdiözese =Köln= (wo der Protestantismus so tiefe Wurzeln
geschlagen hatte) griff die Hexenverfolgung in der zweiten Hälfte des
sechszehnten Jahrhunderts wie ein rasender Dämon in alle Schichten der
Gesellschaft ein. Kinder und Greise, Geistliche und Laien, Frauen und
Mädchen massenhaft erfassend und zerreissend[84]. Man vergleiche folgende
aus dem Salm'schen Archive (leider ohne Datum) abgedruckten Akten! Der
Pfarrer Duren zu Alfter berichtet an den Grafen Werner von Salm: »dass ich
vorlängst nicht geschrieben, ist daher kommen, dass mir nichts Sonderliches
vorgekommen, allein dass man zu Bonn stark zu brennen anfange. Jetzo sitzet
eine Reiche (Frau), deren Mann vormals Schöffe zu Bonn gewesen, Namens
Kurzrock, dem die Herberge »zur Blume« eigenthümlich zuständig gewesen. Ob
er Ihre Gnaden bekannt gewesen, weiss ich nicht. Dem sei wie ihm wolle; sie
ist eine Hexe und täglich vermeint man, dass sie justifizirt werden solle,
=welcher ohne Zweifel noch etliche Dickköpfe= (d. h. lutherisch Gesinnte)
=folgen müssen=.« -- Aus einem späteren Briefe desselben Pfarrers an den
Grafen ziehen wir folgende Stelle aus: »Solche (Opfer des Scheiterhaufens)
sind aber mehrertheils Hexenmeister dieser Art. =Es geht gewiss die halbe
Stadt drauf.= Denn allhier sind schon Professores, Candidati juris,
Pastores, Canonici und Vicarii, Religiosi eingelegt und verbrannt. Ihre
Fürstliche Gnaden haben =siebzig Alumnos= (des Priesterseminars), welche
folgends Pastores werden sollten, von welchen quidam insignis musicus,
gestern eingelegt; =zwei andere hat man aufgesucht, sind aber ausgerissen=.
Der Kanzler sammt der Kanzlerin und des geheimen Secretarii Hausfrau sind
schon fort und gerichtet. Am Abend unserer lieben Frauen (7. September) ist
eine Tochter allhier, so den Namen gehabt, dass sie die schönste und
züchtigste gewesen von der ganzen Stadt, von neunzehn Jahren, hingerichtet,
welche von dem Bischofe selbst von Kind an auferzogen. Einen Domherrn mit
Namen Rotensahe habe ich sehen enthaupten und folgends verbrennen sehen,
Kinder von drei bis vier Jahren haben ihren Buhlen (Buhlteufel). Studenten
und Edelknaben von neun, von zehn, von elf, zwölf, dreizehn, vierzehn
Jahren sind hier verbrannt. Summa, es ist ein solcher Jammer, dass man
nicht weiss, mit was Leuten man conversiren und umgehen soll.«

Der Vogt zu Hülchrode, Andreas Heffele, berichtet unter dem 22. Dezember
1590 an den Amtmann Wilhelm v. Ladolf in dem Salm'schen Städtchen Dyck:
»Nächst dienstnachbarlicher Ehrerbietung thue Ew. Liebden ich hiermit zu
wissen, wie dass Zeiger dieses, der armen gefangenen Frauen Eidam, genannt
Gort, -- bei mir gewesen und gebeten wegen seiner selbst und seinen
Geschwägern, dass man doch ihre Mutter mit dem Schwerte richten und in die
Erde begraben möchte, dagegen sie unserem gnädigen Herrn 40 Thaler Kölnisch
zu unterthänigster Verehrung geben wollten. -- Die allhier Sitzenden habe
ich examiniren, peinigen und aufs Wasser versuchen lassen, deren zwei ihre
Unthaten umständlich bekannt, die dritte aber halsstarrig geleugnet, jedoch
dieselbe wie die anderen Zwei auf dem Wasser geschwommen.«

Unter den zahllosen Hexenprozessen, welche damals und im Anfange des
folgenden Jahrhunderts im Kölner Land und in den unter der geistlichen
Jurisdiction Köln stehenden Territorien geführt wurden, möge es genügen,
Einen hervorzuheben.

In Köln lebte im Jahr 1627 eine junge schöne Dame =Katharine von
Henoth=[85], Tochter eines kaiserlichen Postmeisters. Dieselbe leitete das
Hauswesen ihres Bruders, des Propstes und Domherrn Hürtger von Henoth, und
war in den vornehmen Kreisen, die sich mit dem Hause des Bruders berührten,
hoch angesehen. Da geschah es, dass einige angeblich behexte und vom Teufel
besessene Professschwestern des Klosters zu St. Clara sie als Hexe
verschrieen, infolge dessen sie unter Beihülfe eines städtischen
Ruthenträgers und Gewaltrichters mit Gewalt aus dem Hause ihres Bruders
geholt und ins Gefängniss geschleppt wurde. Alsbald wurden über sie die
erbärmlichsten Gerüchte in Umlauf gesetzt. In den Gärten, welche um ihre
Wohnung lagen, hatte sich eine auffallende Menge von Raupen gezeigt, welche
Obst und Gemüse verdarben. Auch bekannten zwei Pfarrer, dass sie an den
geheimsten Theilen ihrer Leiber litten, dass eine Hexe es ihnen angethan
haben müsse, und dass ihnen die Hexe im Traume wie im wachenden Zustand
fortwährend erscheine. Dass diese Hexe Fräulein v. Henoth sei, stand sehr
bald fest. Sie wurde daher dreimal durch alle Grade hin gefoltert, »dass
die Sonne sie durchscheinen konnte«. Die grässlichsten Schmerzen waren
jedoch nicht im Stande, der mit zerrissenen Gliedern auf der Folter
daliegenden standhaften jungen Dame das Geständniss zu erpressen, welches
die Richter haben wollten. Sie blieb bei der Betheuerung ihrer Unschuld.
Beinahe wäre auch ihr Bruder in den Prozess hereingezogen worden. Er hatte
alle Ursache, sich glücklich zu schätzen, dass man ihn unbehelligt liess,
als man die Schwester auf einen Karren lud und hinaus vor die Stadt zum
Scheiterhaufen führte. Die Unglückliche hatte freilich Freunde, welche auch
in der äussersten Noth nicht von ihr liessen, wesshalb dieselben einen
kaiserlichen Notar gewannen, der sich bereit erklärte, einen Protest gegen
das schreckliche Verfahren aufzusetzen. An einer Strassenkreuzung der
Stadt, wo altem Herkommen gemäss der Zug nach dem Richtplatze zu halten
pflegte, standen die Freunde, stand der Notar. Die Verwahrungsurkunde wurde
auf den Wagen gereicht, und der Unglücklichen eine Feder in die Hand
gedrückt, damit sie unterzeichne. »Seht ihr Leute,« riefen alsbald die
Jesuiten, welche den Karren zum Richtplatz geleiteten, zu dem Volke, in
welchem sich das Gefühl des Mitleids zu regen begann, »seht ihr, dass sie
eine Hexe ist, denn sie schreibt mit der linken Hand.« Wirklich hatte
Katharine mit der Linken die Urkunde unterzeichnet. Jetzt aber, als sie die
Rechtsverwahrung in die Hand des Notars zurückgegeben, riss sie mit der
linken Hand den Verband von der Rechten, zeigte, wie diese in der Folter zu
einer blutigen Masse verstümmelt war und brach in die Worte aus: »Ja, ich
schreibe mit der Linken, weil die Henkersknechte die Rechte mir verdarben
und zerschmetterten, um mich Unschuldige zum Geständniss zu zwingen!« --
Grausen und Entsetzen ergriff das Volk; Entrüstung zeigte sich in der
Menge, in welcher bereits harte Worte gegen die Hexenrichter laut wurden.
Da winkten die Jesuiten, stimmten einen Psalm an und geleiteten den Karren,
der sich wieder in Bewegung setzte, durch die Stadt zum Scheiterhaufen.

Dieses geschah in Köln. An anderen geistlichen Orten ging es nicht besser.

Zu =Ellingen= (in Franken), einer Landkomthurei des deutschen Ordens,
wurden 1590 in nur acht Monaten fünfundsechszig Personen wegen Hexerei
hingerichtet. -- In dem reichsunmittelbaren Frauenstift =Quedlinburg=
wurden 1589 an Einem Tage hundertdreiunddreissig Hexen verbrannt.

In dem Stiftslande =Zuckmantel=, dem Bischof von Breslau gehörig, wurden
schon 1551 nicht weniger als acht Henker gehalten, welche, wie das Theatrum
Europaeum (VII. S. 148) erzählt, vollauf zu thun hatten. In den Jahren 1639
wurden nachweisbar zu Zuckmantel, Freiwaldau, Niklasdorf, Ziegenhals und
Neisse zweihundertzweiundvierzig Personen wegen Hexerei hingerichtet, und
im Jahr 1654 starben hier hundertundzwei Personen den Feuertod, darunter
auch zwei Kinder, deren Vater der Teufel gewesen sein sollte[86].

In dem Erzstift =Salzburg= kam die Hexenverfolgung namentlich seit dem
Beginn der Protestantenhetze (1588 unter Wolfgang Dietrich) in Gang. Im
Jahr 1679 wurden hier siebenundneunzig Zauberer und Hexen verbrannt. Einem
damals erschienenen Berichte zufolge sollten die Salzburger Hexen das
einstimmige Bekenntniss abgelegt haben, dass sie ausser anderen Vergehen
allen Heiligen abgesagt und sich verpflichtet hätten, keine guten Werke in
oder ausser der Kirche zu thun, zum Abendmahl ohne vorgängige Ohrenbeichte
zu gehen und die Hostie zu verunehren. Sie sollten auch gestanden haben,
dass sie oft die Hostie durchstochen hätten, und dabei aus derselben Blut
hervorzutreten pflege[87].

Im Stift =Paderborn=, wo die Scheiterhaufen schon (seit 1585 unter der
Regierung des Fürstbischofs Theodor v. Fürstenberg) lange gelodert
hatten[88], rief 1656 ein Jesuit =Löper=, der den Teufel durch Exorcisirung
der von ihm Besessenen bekämpfen wollte, eine Bewegung ganz eigener Art
hervor. Die Besessenen, etwa hundert an der Zahl, liefen in den Strassen
der Stadt umher und schrieen Zeter über den Bürgermeister, über die
Kapuziner, die Hexen und Hexenvertheidiger. Auf Betreiben des
Kapuziner-Guardians wurde der Jesuit ausgewiesen, aber der Unfug war nun
einmal im Gange. »Aus mehr als dreissig besessenen Leuten,« sagt das
Theatrum Europaeum (Th. VII. S. 1023) »zu Paderborn und Brackel riefen die
Teufel unaufhörlich über Trinike Morings als über eine Zauberin, welche die
Teufel durch Branntwein, Kuchen, Aepfel, Bier, Fleisch und andere mehr
Sachen hätte in die Menschen getrieben. Ja die Teufel haben auch öffentlich
auf den Gassen über Etliche als Hexenvertheidiger geschrieen; und was die
Teufel schrieen, das bekannten dann die Hexen gerichtlich vor den Herrn
Commissarien, nämlich dass die bösen Geister durch Hexerei in so viele
Menschen wären eingetrieben worden.«

Die einmal in Gang gekommene Bewegung liess sich jedoch nicht so leicht
bewältigen, vielmehr drang dieselbe bald über ihre anfänglichen Grenzen
hinaus.

Die ungeheuere Erregung der Gemüther, welche die Hexenverfolgung
hervorgerufen, die grässlichen öffentlichen »Brände« und die dem Volke
dadurch eingeimpfte Furcht vor der Hexerei, bewirkte es, dass die Seuche
nicht nur das ganze paderborner Land, sondern auch die Grafschaft Rietberg
und andere westphälische Bezirke erfasste, indem ganze Schaaren von Frauen
und Mädchen das Land durchzogen, sich für vom Teufel besessen erklärten,
die seltsamsten convulsivischen Geberden zeigten, eine Menge von Personen
als Hexen und Hexenmeister verschrieen und überall Furcht und Schrecken
verbreiteten. Da hierdurch an vielen Orten tumultuarische Auftritte
hervorgerufen wurden, so schritten die Behörden natürlich gegen die
Unruhestifter ein. Viele wurden ausgepeitscht oder gebrandmarkt und des
Landes verwiesen, einzelne auch am Leben gestraft. In den zahllosen
Verhören, welche darüber angestellt wurden, gestanden es nicht Wenige, dass
sie von bestimmten Personen zur Simulirung der Besessenheit verführt und in
dem dazu erforderlichen Geberdenspiel unterwiesen worden wären[89]. Ihre
Bedeutung hatte aber die ganze Erscheinung darin, dass der Betrug im Volke
massenhaft die bereitwilligsten Werkzeuge finden konnte.


FUSSNOTEN:

[38] Vgl. _Heppe_, Urkundliche Beiträge zur Geschichte der Reformation in
Trier im Jahr 1599 in Niedners Zeitschr. für die Kirchengeschichte 1849,
S. 417-444.

[39] Hac occassione Joannes Archiepiscopus accersit Treviros Patres
Societatis Jesu, qui se haeresibus opponerent, idque ex consilio reverendi
domini Faë. Gest. Trev. III. p. 20, not. c.

[40] Haec cum Archiepiscopus sollicite ageret (es ist von der Einführung
der Jesuiten die Rede), Trevirenses licentia gliscentis haeresis in
deteriora prolapsi, omnia suspecta habere, libertatem quaerere, gravamina
praetendere, et seditionibus plebem praeparare pergebant. Gest. Tr. III.
p. 22.

[41] Sed exhausta mansit patria, terra nihil proferente et latrone quidquid
reliqui erat depraedante. Nihilominus licet ex praecipuis pro se ipsis
indigerent, tamen in sumtus Archiepiscopi pro ejusdem sustentatione et
camerae suae levamine, quasi in annos singulos, aliquid tributi conferre
coacti sunt. Quae toties repetita necessitas conferendi faciebat
praestationem duram et principem invisum, nulla sui culpa, cum tamen octo
vel decem millium florenorum facile contentaretur. Gest. Tr. III. 51.

[42] Fuit patribus Societatis Jesu mire addictus. -- Patribus collegium sat
splendidum construxit in sua paupertate et reditus amplos coëmit. Gest.
Trev. III. 51. -- Tandem plenus dierum et bonarum cogitationum, largitione
patribus Societatis Jesu profuse facta. -- -- -- -- Deo spiritum reddidit
Confluentiae. Ibid. p. 56. In Koblenz hatte er die Cisterciensernonnen und
die regulirten Chorherren zu Niederwerth gezwungen, ihre bisherigen
Klostergebäude zu verlassen, um den Jesuiten Platz zu machen.

[43] Gest. Trev. III. 51.

[44] Ibid. pag. 52.

[45] _Delrio_, Proloqu. 9.

[46] Man lese die kernhafte Darstellung _Linden's_ in den Gest.
Trevir. III. 53 f. Vix aliquis eorum, qui accusati sunt, supplicium
evasit. -- Supplicio affectorum liberi exulabant, bona publicabantur.
Deficiebat arator et vinitor; hinc sterilitas. Vix putatur saevior pestis
aut atrocior hostis peragrasse Trevirensium fines, quam hic immodicae
inquisitionis et persecutionis modus. Plurima apparebant argumenta, non
omnes fuisse noxios. -- Durabat haec persecutio plures annos, et nonnulli,
qui justitiae praeerant, gloriabantur in pluralitate palorum, ad quorum
singulos singula humana corpora Vulcano tradita.

[47] _Jäck_, Gesch. der Provinz Bamberg, 3 Theile, 1809.

[48] Man hat von ihm: Panoplia armaturae Dei. Conciones contra omnes
superstitiones et praestigias diaboli. Ingolstad. 1626. Er starb 1630. S.
_Gropp_. Tom. III. p. VIII.

[49] Kriminalverfahren vorzüglich bei Hexenprozessen im ehemaligen Bisthum
Bamberg während der Jahre 1624 bis 1630. Aus aktenmässigen Urkunden gezogen
von _G. v. Lamberg_. Nürnberg bei Riegel und Wiessner. Ohne Jahrzahl.
(1838?)

[50] Kurtzer und wahrhafftiger Bericht und erschreckliche Zeitung von
sechshundert Hexen, Zauberern und Teufels-Bannern, welche der Bischoff von
Bamberg hat verbrennen lassen, was sie in gütlicher und peinlicher Frage
bekannt. Auch hat der Bischoff im Stifft Würtzburg über die neunhundert
verbrennen lassen. -- Und haben etliche hundert Menschen durch ihre
Teuffels-Kunst um das Leben gebracht, auch die lieben Früchte auf dem Feld
durch Reiffen und Frost verderbt, darunter nicht alleine gemeine Personen,
sondern etliche der vornehme Herren, Doctor und Doctors-Weiber, auch
etliche Rathspersonen, alle hingericht und verbrannt worden; welche
schreckliche Thaten bekannt, dass nicht alles zu beschreiben ist, die sie
mit ihrer Zauberey getrieben haben, werdet ihr hierinnen allen Bericht
finden. -- Mit Bewilligung des Bischoffs und ganzen Thum-Capitels in Druck
gegeben. Gedruckt zu Bamberg bei Augustin Czinchium, im Jahr 1659. --
(Abgedruckt bei Hauber Bibl. mag. Bd. III. S. 441 ff.)

[51] Durch die Jahrzahl der angeführten Broschüre haben sich _Meiners_
(Histor. Vergleichung der Sitten des Mittelalters T. III. S. 392), _Henke_
(Grundr. einer Gesch. des deutschen peinl. Rechts Th. II. S. 255) und
Andere verleiten lassen, die fraglichen sechshundert Hinrichtungen in das
sechste Jahrzehnt des siebenzehnten Jahrhunderts zu setzen. Dass dieselben
unter Johann Georg II. gehören, ergibt sich aus einer Vergleichung der
Broschüre mit Lamberg's Schriftchen; in beiden sind Personen angeführt,
deren Identität sich nicht bezweifeln lässt. Ueberdiess regierte in dem auf
dem Titel mitgenannten Würzburg zwischen 1650 u. 1660 Philipp von
Schönborn, von welchem bekannt ist, dass er die Hexenprozesse einstellte.

[52] _v. Lamberg_, Beilage Lit. S.

[53] _v. Lamberg_, S. 24.

[54] _v. Lamberg_, S. 15.

[55] Ebendas. S. 20.

[56] Ebendas. S. 17.

[57] Vgl. _Heppe_, die Restauration des Katholizismus in Fulda, auf dem
Eichsfelde und in Würzburg, (Marb. 1850), S. 161 ff.

[58] Collect. script. et rer. Wirceburg. Th. III. S. 325.

[59] _Gropp_, Th. III. S. 334.

[60] Vgl. _Buchinger_, Julius Echter von Mespelbrunn, S. 170 ff. u.
S. 232 ff.

[61] _Baldi_, die Hexenprozesse in Deutschland, S. 13.

[62] _Gropp_. Th. III. S. 402. _Ussermann_, Episc. Wirceb. p. 152.

[63] _Gropp_. Th. III. S. 402.

[64] Ueber das dortige Confiskationsverfahren (bald 1/5, bald 1/2 des
Vermögens, bald das ganze) s. die von Dr. _Scharold_ mitgetheilte
Instruktion, im Archiv des hist. Vereins f. Unterfranken, VI. 1. S. 128.

[65] _Hauber_, Bibl. mag.

[66] Historia tragica adolescentis praenobilis Ernesti ab Ernberg,
perniciosa familiaritate seducti et obstinati in magia, supplicio affecti.
Bei _Gropp_ Collect. Tom. II. p. 287 ff. Die Geschichte des unglücklichen
Knaben erschien wieder in einem würzburgischen Universitätsprogramm 1700
unter dem Titel: Aucupium innocentiae a stygio aucupe in pietatis et
literarum palaestris versanti juventuti periculose structum et experientia
duce ac magistra veritate detectum.

[67] _Gropp_. Tom. II. p. 291. Der Titel ist: Ernestus veneficus in carcere
et catenis, declamatione scholastica in Universitate Heidelbergensi
exhibitus. Die Personen sind: Ernestus, Diabolus, Cognatus, Confessarius.

[68] Anpreisung Sr. Majestät allergnädigsten Landesverordnung, wie es mit
dem Hexenprozesse zu halten sei. 1766. S. 142.

[69] Vgl. _Heppe_, »Die Restauration des Katholizismus etc.« S. 134 ff. und
»Das evangel. Hammelburg und dessen Untergang durch das Papstthum«
Wiesbaden, 1862.

[70] Eine sehr genaue aktenmässige Darstellung des Treibens dieses
Malefizmeisters im Lande Fulda hat der Domkapitular _Malkmus_ in der
Schrift: »Fuldaer Anekdotenbüchlein« (Fulda, 1875) S. 101-151 geliefert.
Nach derselben wir hier berichtet.

[71] In den Wetzlar'schen Beiträgen zu den Hexenprozessen (von 1847) wird
ein Mandat des Reichskammergerichts vom 27. Juli 1603 gegen den Zentgrafen
und die Schöffen des peinlichen Gerichts in Fulda, welches auf Anrufen
eines verhafteten Weibes verfasst war, mitgetheilt, woraus das
Prozessverfahren des Fuldischen Hexenrichters dargestellt ist. Es heisst
nämlich daselbst: die klagende Hausfrau habe sich von Jugend auf als eine
fromme, unbescholtene, redliche und tugendhafte Person betragen, auch im
besten Rufe gestanden etc. »Das Alles hintangesetzt habt Ihr, Zentgraf,
Schöffen und Richter, sie ohne einigen Grund für eine Hexe -- blos unter
dem Vorwande erklärt, weil drei derselben Unthat beschuldigte Weiber sie
dafür angesehen haben sollen; und ohne fernere Erkundigung habt Ihr sie
gewaltthätig angreifen, in ein abscheuliches Gefängniss, in einen
Hundestall am Backhause des Fuldaer Schlosses, einsperren, in grausamer
Weise an Händen und Füssen fesseln lassen und sie genöthigt, durch ein
niedriges Loch auf allen Vieren wie ein Hund zu kriechen, worin sie dann
gekrümmt und gebückt, elendiglich hockend, sich weder regen, bewegen,
aufrecht stehen, noch des leidigen Ungeziefers erwehren kann. -- Obwohl nun
ausser dem Zeugnisse der drei heillosen Weiber -- nicht die geringsten
Indicia der Zauberei gegen sie vorliegen, und desswegen ihr Ehewirth ihre
Unschuld in Rechten darzuthun, auch eine Caution zu stellen sich erboten
und um Erleichterung der Haft dieser ehrbaren, vermuthlich schwangeren
Person und um Zeit zur Defension gebeten, so habt ihr ihm diese Bitte nicht
gewährt, und die Klägerin hat hiernach nichts Gewisseres zu erwarten, als
dass Ihr zu unerträglicher Tortur forteilen und ihr demnächst einen
schmählichen Tod unzweifelhaft anthun werdet.« Das Kammergericht erliess
hierauf den strengen Befehl, »bei Pön von 10 Mark löthigen Goldes sofort
der Klägerin ein mildes, leidliches Gefängnis zu geben, ohne erhebliche, in
Rechten zugelassene Indizien sie nicht zu torquiren und den zu ihrer
Defension und Verantwortung erforderlichen Zutritt zu gestatten. Auch habe
sich das Gericht über die zur Klage gebrachten Nullitäten zu verantworten.«

[72] Regelmässig pflegte Nuss, wenn er aus einer Unglücklichen ein
Geständniss herausgepresst hatte, noch zu fragen: »Besinne Dich, ob in der
und der Gasse nicht noch Etliche wohnen, die Zauberei treiben. Zeige mir
sie an und schone sie nicht. Andere haben dich auch nicht geschont. Die
Reichen tanzen so gerne wie die Armen« u. s. w.

[73] Die Kläger beschwerten sich nicht über ungerechte Hinrichtung der
Ihrigen, sondern über das Prozessverfahren und über die Kosten. -- _Nuss_
hatte von den Prozessen in den drei Jahren im Ganzen 5393 Gulden
eingenommen.

[74] Ueber diese Vorgänge berichten wir hier nach der interessanten Schrift
des Dr. _B. Niehues_ »Zur Geschichte des Hexenglaubens und der
Hexenprozesse, vornehmlich im ehemaligen Fürstbisthum Münster.« (Münster,
1875.)

[75] Vgl. _Niehues_, »Zur Gesch. der Gegenreformation im ehemaligen
Fürstenthum Münster« in der Zeitschr. für preuss. Gesch. und
Alterthumskunde, 1874, Monat November.

[76] _Niehues_, S. 60-77.

[77] _Niehues_, S. 81-97.

[78] _Niehues_, S. 96-109.

[79] Das Nachfolgende wird nach _Huffschmids_ Aufsatz »Zur
Criminalstatistik des Odenwalds im sechszehnten und siebenzehnten Jahrh.«
(in der »Zeitschr. für deutsche Kulturgesch.« 1878, S. 423-433)
mitgetheilt.

[80] Ueber die Anfänge der Hexenverfolgung in Seligenstadt (1600) s.
_Steiner's_ Gesch. der Stadt u. ehemaligen Abtei Seligenstadt
(Aschaffenburg, 1820) S. 283 ff.

[81] Man lese z. B. folgendes Torturprotokoll vom 2. Oktober 1627 (bei
Steiner S. 94): »Weil dieselbe (Verhaftete) nichts gestehen wollte, sondern
auf dem Leugnen halsstarrig bestand, als ist sie auf dem einen Schenkel mit
dem Krebs beschraubt worden. Sie hat aber immerdar gerufen, es geschehe ihr
Unrecht etc. und sich erzeigt, gleichsam sie einigen Schmerz nicht
empfinde. Und ob der Meister auf ein Holz schraubte, auch mit aufgesperrtem
Mund in einen Schlaf gerathen. Und als man ihr Weihwasser in den Mund
geschüttet, hat sie dasselbe jedesmal wieder ausgespieen und abscheuliche
Geberden im Gesicht von sich gegeben. Derentwegen, nachdem sie wieder zu
sich selbst gekommen, dieselbige ausgezogen, geschoren, mit dem Folterhemd
angelegt und auf dem anderen Hemd auch beschraubt worden, wobei sie sich
mit Entschuldigen, Rufen, Schreien, Schlafen wieder wie zuvor geberdet,
auch das Weihwasser abermals ausgespieen. Auf welche beharrliche
Halsstarrigkeit und Verleugnen sie ungefähr ein zwei Vaterunser lang
aufgezogen, und mit ihr ein grosser Stein an beide grosse Zehen gehängt
worden. Sie hat aber wie zuvor einig empfindliches Zeichen nicht von sich
gegeben, sondern gleichsam sie todt wäre, =sich gestellt=, desshalben man
sie herabgelassen, und zur vorigen Custodie, nachdem sie sich wieder
erholt, hinführen lassen.«

[82] Nach _Steiner_, Gesch. der Stadt Dieburg, Darmstadt 1829. S. 68-100.

[83] _Huffschmid_, in der »Zeitschr. für deutsche Kulturgesch.« 1858,
S. 432.

[84] Die Mittheilungen hierüber entlehnen wir der (zu dem Sammelwerke
_Virchow's_ und _v. Holtzendorf's_ gehörigen) Abhandlung _W. von
Waldbrühls_: »Naturforschung und Hexenglaube.«

[85] Ueber das Geschick derselben berichtet ausser _v. Waldbrühl_(S. 33 bis
34) auch ein Aufsatz der Kölnischen Zeitung vom 3. Januar 1875, I: »Melaten
und der Galgenberg.«

[86] _Roskoff_, B. II. S. 312.

[87] S. des Salzburger Advokaten _Kofler_ Observationes magicae bei
_Hauber_, Bibl. mag. Th. III., S. 306 und ausserdem _Horst_, Dämonomagie,
Th. II. Anhang, S. 349 ff. und _Mezger_, Histor. Salisburg. Lib. V.
cap. 54.

[88] _G. J. Bessen_, Gesch. des Bisthums Paderborn, C. II. S. 88, 98 ff.

[89] Vgl. den Aufsatz »Ein Criminalprozess gegen ein besessenes Mädchen« in
Hitzig's und Schletter's Annalen der Criminalrechtspflege, Leipz. 1854,
S. 267 ff.



  EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL.

  Die Hexenprozesse von der zweiten Hälfte des sechszehnten bis
  zum Ende des siebenzehnten Jahrhunderts in den weltlichen
  Territorien Deutschlands.


Wir haben früher gesehen, dass fast in allen Landen die Zeit vom Ende des
fünfzehnten bis in die zweite Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts die Zeit
des eigentlichen Entstehens der Hexenprozesse war. Denn bis zum Ende des
sechszehnten Jahrhunderts kamen dieselben zumeist -- von einzelnen,
namentlich romanischen, Territorien abgesehen, nur vereinzelt vor. Das
Resultat dieser verhältnissmässig noch sehr moderaten Hexenverfolgung war
aber, dass durch dieselbe 1) die im Hexenhammer enthaltene Doctrin von der
Hexerei dem Volke eingeimpft war, und dass 2) die Obrigkeiten, die
Gerichte, die Geistlichen, indem sie den Hexenhammer zur Anwendung
brachten, sich mit ihrem Denken selbst in diese Lehre von der Hexerei
einlebten, und, durch ihre ganze Weltanschauung ohnehin für dieselbe
disponirt, sie in ihre Gedankenwelt aufnahmen und sich an die Verfolgung
der Hexerei als des furchtbarsten Verbrechens, das der Christ begehen
könne, gewöhnten. -- Etwa von der Mitte der zweiten Hälfte des sechszehnten
Jahrhunderts an bis gegen das Ende des siebenzehnten Jahrhunderts sehen wir
daher die Hexenverfolgung auf ihrer höchsten Höhe, die Drachensaat des
heidnischen Dämonismus, welche Papst =Innozenz= VIII. aus vollen Händen
unter den Völkern des Abendlandes ausgestreut hatte, war bis zum Anfange
jener Periode aller Orten in üppigster Weise aufgeschossen, und es begann
nun eine Zeit des Schreckens, wie sie die Christenheit bis dahin noch nie
erlebt hatte.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Herzogthümer
=Braunschweig-Lüneburg= und =Braunschweig-Wolfenbüttel=[90]. Schon zum
Jahre 1561 heisst es in der Göttinger Chronik (Th. I. S. 163), der
Magistrat von =Göttingen= sei so sehr mit Hexenprozessen beschäftigt
gewesen, dass fast kein altes Weib vor der peinlichen Frage und dem
Scheiterhaufen sicher war. Herzog Heinrich von Wolfenbüttel liess 1565 an
Einem Tage bei Salzgitter zehn und bei Lichtenberg sieben Hexen verbrennen,
und in den Jahren 1572 und 1573 kam selbst die Herzogin =Sidonie=, die
Gemahlin des (katholisch gewordenen) Herzogs Erich II. von
Braunschweig-Calenberg (der man Schuld gab, im Bunde mit dem Teufel und
durch Gift die Beseitigung ihres Gemahls versucht zu haben,) in solche
Bedrängniss, dass sie es für gut fand, zu ihrem Bruder, dem Kurfürsten
August von Sachsen, zu flüchten. Allerdings wurde noch Herzog =Julius=
([+]1589) von der Frage beunruhigt, ob denn die Hexen wirklich die Dinge
verrichten könnten, welche sie nach ihren mit der Folter erpressten
Aussagen gethan haben wollten[91]. Allein unter seinem Sohn und Nachfolger
=Heinrich Julius= (der seit 1566 Bischof von Halberstadt war,) wurde seit
1590 die Hexenverfolgung so arg, dass bei Wolfenbüttel oft an Einem Tage
zehn bis zwölf Hexen verbrannt wurden, und dass, wie eine gleichzeitige
Chronik berichtet, die Exekutionsstätte, der Ort vor dem Lechenholze, von
wegen der Menge der daselbst aufgerichteten Brandpfähle wie ein kleiner
Wald anzusehen war.

In einer ungedruckten Chronik der Stadt =Hitzacker= im Fürstenthum
=Lüneburg= wird zum Jahr 1610 berichtet[92]: »Anno 1610 wurden etliche
Personen in Hitzacker und in der Nähe der Hexerei und Zauberei beschuldigt,
welche dann auf viele andere mehr bekannten, dass auf zehn Personen
incarcerirt und zum Feuer verdammt worden.« -- Der damalige =Pastor= zu
Hitzacker, Herr Simon Krüger, schreibt, dass ihm diese Affaire nicht allein
grosse Mühe und Arbeit gemacht, sondern auch tausend Sorgen und Thränen aus
dem Herzen gedrungen. -- Es ward geurtheilt, dass sehr viele dieser Leute
=unschuldig sterben= müssen, und dass der Scharfrichter bei der Wasserprobe
betrüglich gehandelt, damit er nur viel verdienen möchte. -- Die Pfähle,
daran dieselben verbrannt, waren a. 1670 noch häufig auf dem Galgenberge
zwischen Marwedel und Lwau zu sehen. -- Man erzählt, dass etliche von den
Pfählen wieder ausgegrünt, welches dann der Regierung einiges Nachdenken
verursacht von solchem Prozess abzustehen und eine Inquisition wider den
Scharfrichter vorzunehmen.

In =Kurbrandenburg= sehen wir die Hexenverfolgung bis zur Regierung des
grossen Kurfürsten ihren ungestörten Fortgang nehmen. Unter diesem
staatsklugen Fürsten tritt jedoch eine Wendung zum Besseren ein. Allerdings
dauerten die Prozesse noch immer fort. Aufsehen machte hier namentlich ein
Prozess, der drei Jahre lang gegen ein 1662 im Dorfe Jagow in der
Uckermarck verhaftetes Weib geführt wurde. Die ganze uckermärkische
Ritterschaft hatte auf den Prozess gedrungen. Endlich erkannte der
brandenburgische Schöffenstuhl auf Tortur. Das Weib überstand jedoch
dieselbe, ohne sich ein Geständniss abmartern zu lassen. Daher urtheilte
ein weiteres Erkenntniss des Schöffenstuhls, bei der Tortur müsse ihr der
Teufel Hülfe geleistet haben, und da sich inzwischen in Jagow allerlei
seltsame Dinge zugetragen hatten, so erging ein Endurtheil der
Juristenfakultät zu Frankfurt auf Landesverweisung, welches der Kurfürst
bestätigte. Das Weib musste Urphede schwören, und wurde dann durch den
Nachrichter unter Zuziehung des Uckermärkischen Hof- und Landrichters des
Landes verwiesen. Seitdem endeten die Hexenprozesse gewöhnlich mit
Verweisung in das Spinnhaus oder mit Verbannung aus dem Lande. Doch hatte
der einsichtsvolle Monarch viel mit den Vorurtheilen seiner
Patrimonialgerichtsherrn zu kämpfen, welche noch immer der Hexerei durch
Verbrennung der Hexen ein Ende machen zu müssen glaubten. Daher sah er sich
zum Oefteren genöthigt, gegen deren Verfahren Untersuchung einzuleiten oder
die Urtheile der Gerichte zu kassiren[93].

In =Oesterreich= hat, wie =Abraham a Sancta Clara= erzählt[94], »das werthe
Herzogthum =Steyer=« seit 1674 durch verruchtes Zaubergeschmeiss
unglaublichen Schaden erlitten, wie es die eigenen Aussagen der
Hingerichteten zu Feldbach, zu Radkersburg, zu Voitsberg, zu Grauwein und
an anderen Orten bezeugten. »Diess Jahr 1688, im Monat Juni,« fährt der
eifrige Prediger fort, »haben sie einen so grossen Schauer
heruntergeworfen, dass deren etliche Steine fünf Pfund schwer gewogen, und
hat man unweit der Hauptstadt Gräz gewisse grosse Vögel wahrgenommen,
welche in der Höhe vor diesem grausamen Schauerwetter geflogen und selbiges
hin und her geführt. Einige bekannten, so nachmals verdienter Massen im
Feuer aufgeopfert worden, wie sie das höchste Gut und die heiligsten
Hostien salva venia in den Sautrog geworfen, selbige mit einem hölzernen
Stössel nach Genügen zerquetscht, dass auch mehrmalen ihren Gedanken nach
das helle Blut hervorgequellt, dennoch ganz unmenschlich und unbeweglich in
ihrer Bosheit fortgefahren, gedachtes höchstes Geheimniss mit unfläthigem
Wasser begossen, und nachdem sie es mit einem alten Besenstiel gerührt, sei
alsobald der klare Himmel verfinstert worden und allerseits, wo es ihnen
gefällt, der häufige Schauer heruntergeprasselt.« Abraham a Sancta Clara
gibt auch noch andere Mittel an, durch welche die Hexen nach ihrer eigenen
Aussage allerlei Malefizien zu Wege gebracht hätten. Dabei gesteht er
allerdings, dass »sehr viele Ungewitter, Schauer, Platzregen kommen von
natürlichen Ursachen«, doch bekennt er es zugleich als seine »wohl
gesteifte Meinung«, dass dermalen durch den Teufel und dessen Hexengesinde
solches Uebel verursacht werde, und solches der gerechte Gott um unserer
Sünden halber zulasse, meistens aber, weil wir des Satans Namen öfters im
Maul und auf der Zunge haben als den Namen des wahren Gottes. »Ja hätte ich
so viele Groschen, als in diesem Jahrmarkt allhier zu Grätz, da ich solches
schreibe, nur 'der Teufel hole mich!' gehört wird, sodann wollte ich gar
leicht eine grosse Herrschaft einkaufen.«

Weiterhin erzählt Abraham a Sancta Clara, dass »wundersame Aussagen und
Erkenntnisse sind ergangen verwichene Jahre allhier in Steyermark von dem
Hexen- und Zaubergesinde, dass man davon könnte ein grosses Buch verfassen,
nur von Anno 1675 bis in das laufende Jahr 1688.« Eine Hexe bekannte, dass
sie mehr als achthundertmal zu ihrem Liebsten, dem Teufel gefahren, »der in
schwarzem Sammet aufgezogen und ausländerisch geredet«, und wohl gelebt
habe. -- Eine andere ist mit achtzehn Personen in Vogelgestalten als Raben
und Elstern ausgeflogen, und als die Braut, welche mit dabei war, vor
lauter Behagen beim Teufelsmahl ausgerufen: »Jesus Maria, so wohl habe ich
nie gelebt!« sassen sie plötzlich unweit einer Schinderhütte bei einem
verreckten Schimmel. -- Abraham referirt dann noch über die Geständnisse
anderer Hexen und Zauberer und schliesst mit den Worten: »Hundert und
hundert und über hundert dergleichen Begebenheiten könnten beigebracht
werden; wir jedoch geben uns mit diesen zufrieden.«

In =Tirol= fasste die Regierung zu Innsbruck im Anfange des September 1637
den Entschluss, gegen das Hexenwesen ernstlicher einzuschreiten. Indessen
war man sich doch über die Gesichtspunkte, von denen man dabei auszugehen,
und über die Grundsätze, nach denen man zu verfahren habe, nicht recht
klar, wesshalb die Innsbrucker Regierung damals den erzfürstlichen
Vormundschaftsrath und Kammerprokurator zu Innsbruck Dr. =Volpert Mozel=
aufforderte, ein Gutachten über das Zauberwesen und über die Frage zu
verfassen, wie es »mit Constituirung der in Kriminal- und Hexereisachen
gefangenen Personen und ihrer Complices gehalten werden solle.« Infolge
dessen arbeitete Mozel seine neun Abschnitte umfassende Schrift
»=Instruction und Conclusiones, mit was Umbstenden die Hexen-Persohnen
constituiert werden khinnen=« aus. Dieselbe bewegt sich allerdings ganz und
gar auf dem Boden des Hexenhammers, enthält aber dabei doch mancherlei,
wodurch sie sich von der bei den meisten Gerichten üblichen Praxis und von
den Anschauungen vieler Rechtslehrer zu ihrem Vortheil unterscheidet. Mozel
will z. B., dass der Untersuchungsrichter es nie versuchen soll, die
Angeklagten mit Vertröstung einer Begnadigung zum Geständniss zu bringen.
Haben Inquisiten die Tortur überstanden ohne ein Geständniss abzulegen, so
sind sie freizugeben. Die Tortur soll nicht zu lange, wenigstens nicht
leicht eine Stunde lang dauern, und Niemand soll öfter als dreimal
gemartert werden. Ferner soll der Untersuchungsrichter nur die =nach= der
Marter, nicht aber die auf der Folter gemachten Aussagen protokolliren.
Nach den Complices soll der Richter erst fragen, wenn der Inquisit ein
Geständniss abgelegt hat. Weil aber auf die Aussage einer der Hexerei
überführten Person wenig zu geben ist, so soll der Richter dieselbe nach
gemachter Denunciation noch mit einer »geringen Marter angreifen« und sie
dabei erinnern, dass sie durch falsche Angaben sich unzweifelhaft die ewige
Verdammniss zuziehen würden. Sollte dann die gefangene Person auf der
Folter ihre Aussage widerrufen, so habe man derselben keinen erheblichen
Werth beizulegen. Man sieht, dass =Mozel= doch einigermaassen bestrebt
gewesen ist, den Forderungen der Vernunft und Humanität wenigstens hin und
wieder zu ihrem Rechte zu verhelfen[95].

Nach Mozel's Instruktion wurde nun die Hexenverfolgung im ganzen Lande mit
frischem Muthe aufs Neue in Angriff genommen. Umständliche Hexenprozesse
kamen z. B. im Hochstift Brixen 1643-1644, im Primörthale 1647-1651
vor[96]. Unter den Tiroler Hexenprozessen aus der zweiten Hälfte ist der
von Ignaz =Pfaundler= in der »Neuen Zeitschrift des Ferdinandeums« 1843
veröffentlichte bekannt geworden. Dieser weitläufige Prozess wurde in den
Jahren 1679-1680 bei dem Gerichte Lienz im Pusterthale gegen eine gewisse
Emerenziana Pichlerin und deren vier unmündige Kinder geführt, und endigte
mit der Hinrichtung der Mutter (25. Septbr.) und der beiden ältesten Kinder
von vierzehn und zwölf Jahren (27. Septbr. 1680). Wie häufig aber solche
Prozesse damals in Tirol waren, ersieht man aus dem Tagebuche des
Benefiziaten Lorenz Paumgartner zu Meran (1664-1681), der in demselben
berichtet, dass er während der kurzen Zeit von fünf Vierteljahren
=dreizehn= wegen Hexerei vom Gericht zu Meran zum Tode Verurtheilte zur
Richtstätte begleitet habe[97].

Aus dem Archive der Stadt =Augsburg= liegen uns Nachrichten über die
Verfolgung der Hexen vom Jahr 1650 an vor. In grösster Monotonie lautet so
ziemlich ein Urtheil wie das andere. Wir wollen nur zwei derselben
mittheilen. Ein Erkenntniss vom 18. April 1654 lautet:

»Der verhassten Anna Schäfflerin von Erlingen sollen ihrer bekannten
Hexerei halber und dass sie nicht allein der allerheiligsten
Dreifaltigkeit, der Mutter Gottes Maria und allen lieben Heiligen abgesagt,
selbe geschändet, geschmäht und gelästert, wie nicht weniger das
hochheilige Sakrament des Altars zum zweiten Mal mit Füssen getreten und
grausamlich verunehrt, sondern auch mit dem bösen Geist Unzucht getrieben
und sich demselben mit Leib und Seele auf ewig ergeben, auch die
verstorbene Maria Pihlerin von Haustätten durch Gifteingebung gewaltthätig
ermordet und also selbe ums Leben gebracht, mit glühenden Zangen zween
Griffe in ihren Leib gegeben, folgens sie mit dem Schwert vom Leben zum Tod
gerichtet und der Körper zu Asche verbrannt werden soll. -- Am 15. April
1666 ward folgendes Urtheil gefällt: Anna Schwayhoferin, welche sich dem
bösen Feind, nachdem solcher auf dreimaliges Rufen in Mannsgestalt
erschienen, ganz und gar ergeben, ihn für ihren Herrn angenommen und auf
sein Begehren die hochheilige Dreifaltigkeit, die seligste Mutter Gottes
und das ganze himmlische Heer verleugnet, mehrmals der katholischen
Religion entgegen, ungebeichtet die heil. Communion empfangen und zu drei
unterschiedlichen Malen die heil. Hostie wiederum aus dem Munde genommen,
daheim in ihrer Stube auf den Boden geworfen, mit Füssen getreten und ganz
verrieben, auch die Stube darauf ausgefegt; nicht weniger mit Hülfe des
bösen Feinds und zauberischer Zusetzung ein Kind ums Leben gebracht, auch
sonst eine Person mit solchen Mitteln übel zugerichtet, soll solcher
verübten schwerer Verbrechen halber auf einen Wagen gesetzt, zur Richtstatt
ausgeführt, inzwischen aber an beiden Armen mit glühenden Zangen, und zwar
an jedem Arm mit Einem Griff gerissen. Darauf zwar aus Gnaden, weil sie
sich bussfertig erzeigt, mit dem Schwert und blutiger Hand vom Leben zum
Tod hingerichtet, der todte Körper aber nachmals zu Asche verbrannt
werden, -- welches Urtheil auf einkommende starke Fürbitte um willen ihrer
grossen Leibesschwachheit und hohen Alters noch weiter dahin aus Gnaden
gemildert worden, dass die zween Griffe mit glühenden Zangen vermieden
geblieben.« -- Das letzte Erkenntniss, welches wir kennen, ist vom 27. Juli
1694[98].

In der (damals freisingischen) =Grafschaft Wardenfels= (in Oberbaiern) war
in den Jahren 1589-1592 ein Hexenprozess anhängig, der damit endigte, dass
auf sieben Malefizrechtstagen achtundvierzig Frauen nach den grausamsten
Torturen zum Feuertode verurtheilt, und theils lebendig, theils nach
vorausgegangener Erwürgung verbrannt wurden. Wäre die Untersuchung mit dem
Eifer, mit dem sie begonnen war, auch fortgesetzt worden, so würden, wie
der Untersuchungsrichter in seinem Bericht vom 15. Januar 1592 sehr naiv
bemerkt, in der ganzen Grafschaft wenige Weiber der Tortur und der
Verbrennung entgangen sein. Die Hexenprozessakten bezeugen vielfältig, dass
die Peiniger sich im Angesichte ihrer Schlachtopfer Nichts abgehen liessen.
Ein besonderes Heft dieses ungeheuerlichen Prozesses hat die Aufschrift:
»Hierin lauter Expensregister, =was verfressen und versoffen worden=, als
die Weiber zu Wardenfels im Schlosse in Verhaft gelegen und hernach als
Hexen verbrannt wurden.« =Hormayr=, dem wir diese Mittheilung (S. 332 des
Jahrgangs 1831 seines Taschenbuchs für die vaterländische Geschichte)
verdanken, fügt noch hinzu: »Wie weit dieser Wahnsinn überhaupt in =Baiern=
gegangen sei, mögen auch die Consilia des berühmten Ingolstädter Lehrers
=Eberhard= bewähren, da sogar fürstliche und herzogliche Personen als
Zauberer und Hexen verdächtigt wurden, und die Frage wegen ihrer
Verhaftung, Tortur und Hinrichtung sehr ernsthaft berathen ward«[99].

Im =Breisgau=, wo (wie anderwärts) Hexenprozesse im sechszehnten
Jahrhundert nur selten vorgekommen waren, nahm die eigentliche
Hexenverfolgung erst während des dreissigjährigen Kriegs ihren Anfang. In
der Stadt =Offenburg= begann dieselbe am Ende des Jahres 1627, nachdem
kurz vorher mehrere Hexen in Ortenberg verbrannt waren, welche mehrere
Offenburgerinnen als Mitschuldige genannt hatten. Gegen diese schritt man
nun sofort mit der Tortur ein. Die dazu erforderlichen Werkzeuge schaffte
man grossentheils erst jetzt an, namentlich auch einen Hexenstuhl nach dem
Muster des Ortenbergers. Oft wurde die Tortur vier- bis sechsmal
angewendet, und dadurch beinahe immer ein Geständniss erpresst. Die
Exekution fand immer am dritten oder vierten Tage nach der Fällung des
Urtheils statt, und die Prozesse dauerten höchstens zwei bis drei Wochen.
Am 27. Juni 1628 wurden, um die Hexenprozesse noch mehr in Zug zu bringen
in Offenburg bekannt gemacht, dass Jeder, der eine Hexe einbringe, mit
einer »Fanggebühr« von zwei Schilling belohnt werden sollte; aber schon am
10. Juli sah man sich genöthigt, diese fluchbringende Einrichtung wieder
aufzuheben. -- In einem Zeitraum von nicht völlig vier Jahren wurden so in
Offenburg sechszig Personen als Hexen hingerichtet[100]. -- Der Blocksberg
des Breisgaus war der =Kandel=.

Eine furchtbare Hexenverfolgung erhob sich 1662 in =Württemberg= von
Esslingen, Möhringen und Vaihingen aus. Die Untersuchung begann hier im
Juni 1662 und gewann, da von jedem Angeklagten die Anzeige von
Mitschuldigen herausgemartert ward, bald eine kolossale Ausdehnung und
dauerte bis zum Jahr 1665 an. Zu Esslingen richtete man das damals
leerstehende Augustinerkloster zu einem grossartigen Hexengefängniss ein,
welches mit dem Folterthurm durch einen Gang verbunden, und zu dessen
strengster Beaufsichtigung zwanzig Thurmhüter in Eid und Pflicht genommen
waren. Zeugen wurden zu Hunderten vorgeladen, um sich darüber vernehmen zu
lassen, ob ihnen nicht vor so und so vielen Jahren ein Kind erkrankt oder
ein Stück Vieh gefallen sei etc., und der Schrecken, von dem das Land
erbebte, liess die Vorgeladenen Alles bejahen, was man sie fragte[101].

In =Elsass= werden in dem Malefizprotokoll des einen Amtes Ballbronn aus
den Jahren 1658-1663 dreiundzwanzig Hinrichtungen von Hexen
aufgeführt[102]. In der zur Stadt Strassburg gehörigen Herrschaft Barr
nahmen die Denunziationen wegen angeblicher Hexerei einen so
schreckenerregenden Umfang an, dass der Magistrat der Stadt sich 1630
veranlasst sah, ein »Mandat wider das Diffamiren wegen Hexerei« zu
erlassen[103], »weil bald kein ehrlicher Mensch mehr sicher sein mag.«

Aus der Landgrafschaft =Hessen-Darmstadt= liegt nur ein geringes
Aktenmaterial zur Geschichte der Hexenprozesse im siebenzehnten Jahrhundert
vor; aber aus dem Wenigen ist doch zu ersehen, dass die Hexenverfolgung in
allen Landestheilen von Zeit zu Zeit immer von Neuem ausbrach. In der
Niedergrafschaft Katzenellnbogen, welche 1629 unter darmstädtischer
Herrschaft stand, wurden in diesem Jahre sogar auf ausdrückliches Verlangen
der Gemeinden in den einzelnen Kirchspielen Ausschüsse gebildet, welche die
Hexen aufspüren sollten. Doch wurden hier die Hexenprozesse, soweit es der
herrschende Aberglaube zuliess, noch immer mit einer gewissen Vorsicht
geführt. Während nämlich in den benachbarten nassauischen Grafschaften die
Hexenrichter ohne Weiteres Urtheile fällten und die Urtheile vollstrecken
liessen, ohne dass eine höhere Instanz davon Notiz nahm, mussten in
Hessen-Darmstadt nicht nur die Akten des Prozesses der juristischen
Fakultät an der Landesuniversität (damals zu Marburg, nicht in Giessen) zur
gutachtlichen Aeusserung eingesandt, sondern es musste auch hernach noch
das gefällte Urtheil derselben Fakultät zur Prüfung vorgelegt werden, die
dann die Akten mit einer Urkunde zurückschickte, worin sie erklärte, dass
dieses Urtheil »den Rechten und uns zugeschickten Akten gemäss« befunden
oder nicht befunden. Das so unter der Controle der Juristenfakultät
gefällte Urtheil durfte aber nicht eher vollzogen werden, als bis dasselbe
landesherrlich bestätigt war[104]. -- Dadurch wurde natürlich die
Hexenverfolgung selbst einigermassen eingedämmt; grausige Hexenprozesse
kamen aber in den Jahren 1631-1633, 1650-1653 und 1661 in der (in der
Wetterau gelegenen) freien Reichsburg =Lindheim= vor, welche damals unter
der ganerbschaftlichen Regierung eines Hermann von Oynhausen, Landdrosten
in braunschweigisch-lüneburgischen Diensten, eines Hartmann von Rosenbach,
Domdechanten zu Würzburg und einiger anderer Edelleute stand. Besonders
schrecklich war die letzte Hexenverfolgung in den Jahren 1661-1664. Der
v. Oynhausische Justitiar =Geiss=, ein gemeiner und geldgieriger Mensch,
hatte dem schwachsinnigen Landdrosten v. Oynhausen im Jahr 1661
vorgestellt, dass es in Lindheim wieder von Hexen wimmele und dass man doch
nicht eher ruhen dürfe, bis das verfluchte Hexengeschmeiss zur Ehre der
heil. Dreifaltigkeit zu Lindheim und an allen anderen Orten vom Erdboden
vertilgt sei. Die Ganerben gaben zur Wiederaufnahme der Hexenverfolgung
ihre Zustimmung, Geiss, der sich selbst mehrere gleichgesinnte Bürger als
Blutschöffen erwählte, wurde zum Untersuchungsrichter ernannt, und alsbald
wurden mehrere Personen, die mit dem Teufel im Bunde stehen sollten, in die
Höhlen des (noch jetzt zu sehenden) Hexenthurms zu Lindheim geschleppt. Die
Verhafteten wurden hier, ohne dass man irgendwelche Vertheidigung zuliess,
durch den Scharfrichter und Schindersknecht auf die Folter gespannt und so
lange mit den ausgesuchtesten Martern gepeinigt, bis sie sich selbst als
Hexen und Zauberer bekannt hatten. Der Hebamme zu Lindheim wurde auf diese
Weise das Geständniss abgepresst, das Kind, welches die Ehefrau des
v. Rosenbachschen Müllers Schüler vor einem Jahre todt geboren, umgebracht
zu haben, obgleich die Schüler, darüber vernommen, keinem Menschen ein
Verschulden an ihrem Kinde beimass. Auf das Bekenntniss der Hebamme wurden
nun sechs Personen eingezogen, welche auf der Folter bekennen mussten: sie
hätten die Leiche des Kindes ausgegraben, in Stücke zerhauen, diese in
einem Topfe ausgekocht und daraus eine Hexensalbe bereitet. Obgleich nun
die Leiche des Kindes in Beisein des Vaters, des Ortspfarrers, des
Gevatters Schülers, des Rosenbachschen Verwalters und zweier Blutschöffen
ausgegraben und unversehrt gefunden wurde, so wurde dennoch beschlossen,
die sechs im Thurme eingesperrten Hexen, weil sie ihr Vergehen an dem Kinde
auf der Folter einmal bekannt hätten, zu verbrennen und der Müller Schüler
wurde unter Androhung schwerer Strafe bedeutet, von dem Befund der
Ausgrabung nichts zu sagen, bis die Justifizirung der sechs Hexen erfolgt
sei. Als nun die letzteren gebrannt waren, wurde eine andere Person, die
alte Becker-Margreth, eingezogen, zu welcher einer der Blutschöffen in den
Kerker ging und ihr zuredete, sie sollte sich nur des ihr zur Last Gelegten
schuldig bekennen, dann sollte sie auch kein Meister und Schindersknecht
angreifen, sondern sie sollte dann alsbald aufs Rathhaus geführt, und wenn
man sie hingethan (d. h. hingerichtet) haben werde, neben dem Kirchhof
beerdigt werden. Die Unglückliche sah, dass sie verloren war, und fügte
sich verzweiflungsvoll in ihr Geschick, gab nun aber noch vierzehn andere
Personen als Mitschuldige mit dem Bemerken an, diese sollten es auch
erfahren, wie das Hinthun und Brennen schmecke. Infolge dessen ward nun
auch Schülers Ehefrau als der Hexerei verdächtig eingezogen. Alsbald eilte
Schüler nach Würzburg, um dem Domdechanten von Rosenbach seine Noth zu
klagen und durch ihn das geliebte Weib zu retten. Bei seiner Rückkehr nach
Lindheim erfuhr er jedoch, dass dasselbe inzwischen in furchtbarster Weise
gefoltert worden sei, und nicht allein sich selbst der Zauberei schuldig
bekannt, sondern auch ihn selbst als Mitschuldigen genannt habe. Schüler
hatte kaum Zeit, sich von dem ersten Schrecken, mit dem ihn diese
Nachrichten befielen, zu erholen, als er sich selbst von dem Blutrichter
verhaftet und in den Hexenthurm geworfen sah, wo er in Ketten und Banden
gelegt ward. Am fünften Tage wurde er mit Werkzeugen, die ganz eigens für
ihn herbeigeschafft waren, gefoltert. Die unerträgliche Pein der Tortur
presste ihm das Geständniss seiner Schuld ab. Doch nahm er dasselbe alsbald
wieder zurück. Daher wurde er sofort aufs neue und noch schrecklicher
torquirt. Abermals trieb man ihn so zum Geständniss seiner Schuld, das er
jedoch hernach abermals zurücknahm; und schon wollte ihn Geiss zum
drittenmal auf die Folter spannen, als ein Tumult ausbrach, in welchem
Freunde es ihm möglich machten zu entfliehen. -- Während seiner Abwesenheit
wurde sein Weib am 23. Februar 1664 verbrannt.

Hiermit war aber auch der Anfang vom Ende der Schreckenstage Lindheims
erschienen. Mehrere Weiber flohen nach Speier und erfüllten die Stadt mit
ihrem Wehklagen; die ganze Gemeinde klagte bei den Ganerben wie bei dem
Reichskammergericht gegen den Justitiar, der gegen alles göttliche und
menschliche Recht lauter Unschuldige einthürmen, foltern, würgen und
brennen lasse, infolge dessen das Reichskammergericht dem Blutgericht
Einhalt gebot; die Juristenfakultät zu Giessen mahnte zur Mässigung und
Vorsicht. Als daher Matthias Horn einem der Blutschöffen, der seine Frau
zur Folter schleppen wollte, einen Arm entzweischlug und der Scharfrichter
mit seinem Gesindel vor der Wuth des Volkes sich eiligst durch die Flucht
retten musste, und Andreas Krieger, der verhassteste unter den
Blutschöffen, kaum noch in seinem Hause Sicherheit fand, sah sich Herr
v. Oynhausen endlich (1666) genöthigt, seinen Justitiar, den er nicht mehr
schützen konnte, zu entlassen. -- Nicht weit von Lindheim ist ein Graben,
den das Volk noch heute den Teufelsgraben nennt. Bei ihm soll der
Blutrichter, als er mit dem Pferde über denselben setzen wollte, vom Pferde
gestürzt sein und den Hals gebrochen haben.

Ein anderer Hexenprozess, der uns in den Originalakten vorliegt, kam 1672
in dem hessendarmstädtischen Orte =Burkhardsfelden= im Busecker Thal vor.

Im Jahre 1672 wurde nämlich Else Schmidt, genannt die Schul-Else, zu
Burkhardsfelden im Busecker-Thale, vor Gericht gestellt. Dem Anklagelibell
des Fiskals zufolge hatte sie Mäuse gezaubert, einen Knaben zur Hexerei
verführt und in Gegenwart des Teufels umgetauft, Hexentänze besucht, einen
Mann durch Branntwein und eine Frau durch Sauerkraut zu Tode behext, ein
Mädchen bezaubert, dass ihm die Haare ausfielen, auch Heilungen durch
Lorbeerabsud bewirkt, woraus der Schluss folgte, dass die behandelten
Krankheiten zuvor auch durch ihre Zauberei erzeugt waren. Mehrere Hexen
hatten auf die Schul-Else ausgesagt, und seit dem letzten Prozesse haftete
übler Ruf auf ihr. Da die Angeklagte leugnete, so wurde ein Zeugenverhör
angestellt und der Fiskal reichte eine Deductionsschrift ein, die mit
Citaten aus Bodin, Binsfeld und Delrio reichlich ausgestattet ist. In der
Refutationsschrift des Defensors wurden sowohl die Indizien, als die
Qualifikation der Zeugen[105] mit löblicher Klarheit bekämpft. Dennoch
verwarf, nachdem das Gericht die defensio pro avertenda tortura
abgeschlagen hatte, die Juristenfakultät zu Giessen die Einwendungen des
Defensors als unerheblich und erkannte auf die Folter. Die Angeklagte
überstand demgemäss eine zweistündige Marter, ohne das Mindeste zu
bekennen. Hierauf aber erschien der Fiskal mit neunundvierzig
Additionalartikeln, die im Wesentlichen auf Folgendes hinausliefen: Die
Schul-Else habe einst einer Frau in einem Wecke Zauberei beigebracht,
wodurch deren Knie so aufgeschwollen, dass der Pfarrer auf öffentlicher
Kanzel über solche Uebelthat gepredigt; die Thäterin habe dann einen
Aufschlag von zerriebenem Tabak und Bienhonig auf die kranke Stelle gelegt,
worauf sich die Geschwulst geöffnet und anderthalb Maass Materie und fünf
Arten von Ungeziefer, nämlich haarichte Raupen, Maueresel, Engerlinge,
Sommervögel und Schmeissfliegen, von sich gegeben habe. Auch wird
hervorgehoben, dass bei der neulichen Tortur keine Thräne zu bemerken
gewesen, dass aber der Scharfrichter an der rechten Seite der Angeklagten
ein Stigma entdeckt und beim Hineinstechen unempfindlich befunden habe. --
In der abermaligen Zeugenvernehmung bestätigte die angeblich Bezauberte und
Geheilte Alles, auch den Punkt von dem Ungeziefer; der Defensor verwarf sie
als Zeugin in eigener Sache und Todfeindin; die Angeklagte stellte die
neuen Anschuldigungen gleich den früheren in Abrede. In einer sehr
leidenschaftlich gehaltenen Schrift begehrte jetzt der Fiskal eine
geschärftere Tortur; er nannte die Beklagte einen Höllenbrand, einen
Teufelsbraten, der hundertmal den Scheiterhaufen verdient habe. Von der
Juristenfakultät erging unterdessen, wie der Defensor behauptet, ein
lossprechendes Urtheil puncto repetitionis torturae, von dessen Existenz
der Fiscal jedoch nichts zu wissen vorgab und von welchem auch das
Gerichtsprotokoll nichts erwähnt. Gewiss ist es, dass man vorerst zur
zweiten Tortur nicht schritt, sondern am 6. Mai 1674, also nach
anderthalbjähriger Gefangenschaft des Weibes, die Nadelprobe vornahm. Ein
von zwei Gerichtsschöffen unterschriebenes Protokoll bezeugt, dass man
unter der rechten Schulter das Stigma entdeckt, mit zwei Nadeln durchbohrt
und ohne Blut und Empfindung gefunden habe. Hierauf sandte man die Akten an
die =Mainzer= Juristen, welche unterm 15. Juni 1674 ein Responsum abgaben,
aus dem wir folgende wesentliche Punkte ausheben:

»Wir Senior und übrige Professores etc. befinden -- -- -- die Acta -- -- --
nicht also beschaffen, dass mit der vom Herrn Fiskal begehrten zweiten, und
zwar völligen Tortur gegen die peinlich Beklagtin prozedirt werden könne:
und hätte ihrer auch mit der ersten harten Tortur verschonet und dero
Defensional-Articuln keineswegs verworfen werden sollen, aus folgenden
Ursachen: [Folgen die Gründe]. -- Und thut im Uebrigen wenig zur Sach,
dass die löbl. Juristenfakultät zu Giessen die Beklagtin Elisabeth zu der
ersten Tortur condemnirt habe; dero rationes decidendi sind nicht apud
acta. Und ist daran Unrecht beschehen, dass dieses arme alte Weib nach
Ausweis des Protokolls -- zwo ganze Stund lang mit den Beinschrauben und an
der Folter so überaus hart gepeiniget worden. Noch unrechter aber ist darin
beschehen, dass der Herr Fiskal, ohnerachtet dass die verba finalia illius
protocolli so viel geben, dass sie Elisabeth nach ausgestandener solcher
erschröcklicher Tortur absolvirt worden seye (nimirum ab ulteriore
tortura), nichts desto weniger in seiner also intitulirten Confutation und
Gegensubmission-Schrift, wie auch endlichen Gegenschlussschrift die
reiterationem torturae contra istam miserrimam decrepitam mulierem so stark
urgirt hat, gleichsam dieses alte Weib propter suspicionem hominum quovis
modo hingerichtet und verbrennet werden müsste, sie seye gleich eine
Zauberin, oder nicht. -- -- -- Wie deme, so ist die Sach nunmehr in so
schlechtem Stand, dass sich ohne Bedrückung und Schaden eines oder des
andern Theils, oder gar beeder Theile kein Temperament ersinnen lässt. --
Gut wäre es, wenn die unschuldig beklagte Elisabeth durch glimpfliche
Mittel dahin bewogen werden könnte, dass sie den Ort ihrer jetzigen Wohnung
verändern und sich anders wohin begeben thäte, angesehen sie ohne
Aergerniss, Widerwillen und continuirliche Unruhe des Orts Unterthanen
nicht wird wohnen können. Dafern das von ihro, wie zu besorgen, in Güte
nicht zu erhalten, so ist nöthig, dass die Obrigkeit öffentlich verbiete,
dass Niemand bei Vermeidung wohlempfindlicher Geld- und andern Strafen sich
gelüsten lassen solle, sie Elisabeth und die Ihrigen an ihren Ehren mit
Worten oder Werken anzugreifen, oder auch von dem wider sie bishero
geführten peinlichen Hexenprozess mit andern Personen etwas zu reden. --
Und damit sie Elisabeth desto leichter bewogen werden möge, ihre gegen den
Herrn Fiskal habende schwere Actionem injuriarum, item ad expensas litis,
damna et interesse fallen und schwinden zu lassen, so ist rathsam, dass die
Obrigkeit sie Elisabeth alsbald ihrer Haften erlasse, mit der Vertröstung,
dass man den Herrn Fiskal zu Zahlung der Prozesskosten anhalten, auch an
allen Orten der Buseckischen Obrigkeit bei hohen Geld- und andern harten
Strafen ernstlich verbieten wolle, dass Niemand sie Elisabeth, oder auch
ihre Kinder an ihren Ehren angreifen solle. -- Im Fall nun die oftgenannte
Elisabeth mit diesem Temperament, wie zu vermuthen, sich befriedigen lassen
wird, so ist der Herr Fiskal einer grossen Gefahr überhoben, im Widrigen
aber secundum jura in periculo durae sententiae, der Ursachen halben wir
diesem unserm Responso keine sententiam beifügen. Und dass aller obiger
Inhalt den kaiserlichen Rechten gemäss seye, wird mit unserer Fakultät zu
End aufgedrucktem gewöhnlichen Insiegel beurkundet.«

Hält man dieses Responsum gegen diejenigen, welche gleichzeitig und später
in ähnlichen Sachlagen von andern katholischen Juristenfakultäten, und
selbst von den protestantischen zu Tübingen, Giessen, Helmstädt u. a. zu
ergehen pflegten, so muss den Mainzer Juristen die Ehre bleiben, dass sie
unter die ersten gehören, welche auf die Bahn der Humanität einzulenken
wussten.

In der Landgrafschaft =Hessen-Cassel= war im siebenzehnten Jahrhundert
derselbe Aberglaube heimisch, der damals alle Welt beherrschte. Ein
Bettelweib aus Bottendorf, welches wegen Abfalls von Gott und wegen
allerlei Zauberei (es hatte den Bauern das Vieh behext, Mäuse gemacht etc.)
1648 hingerichtet war, hatte einen zehnjährigen Knaben in ihre Zauberkünste
eingeweiht und mit dem Teufel persönlich bekannt gemacht, so dass nun auch
er, wie er selbst gestand, Mäuse machen, Vieh behexen und sonstiges
Teufelszeug verrichten konnte. Die Sache kam bei der Kanzlei zu Marburg zur
Anzeige, welche dem Pfarrer zu Bottendorf aufgab, des Knaben, der vom
Bettelvogt bereits mit Ruthen gestrichen sei, sich anzunehmen, ihn seinem
Vater zu übergeben und für seine Unterweisung im Katechismus zu sorgen,
damit er womöglich aus den Stricken des Satans wieder befreit werde. Der
Pfarrer berichtete jedoch hierauf an die Kanzlei, dass es unmöglich sei,
den Knaben in die Schule zu bringen, indem alle Leute des Orts erklärt
hätten, dass sie, wenn dieser Teufelsbube in die Schule käme, alle ihre
Kinder, um sie nicht ebenfalls in die Hände des Teufels gerathen zu lassen,
vom Besuche derselben zurückhalten würden.

Wie in anderen Orten so fürchtete man auch in Hessen-Cassel das geheime
Treiben und die Begegnung des Teufels. Im Jahr 1672 sagte in Marburg ein
Soldat, Joh. Scharff, vor Gericht aus: er habe von seiner Wirthin Sohn
einen Zirkel geborgt, und als er denselben aufgethan, sei aus ihm Wasser
herausgespritzt. Darauf habe er den Zirkel ins Wasser geworfen. Alsbald
aber sei ihm der böse Feind erschienen und habe ihn zwingen wollen, den
Zirkel wieder aus dem Wasser zu holen. Er habe es aber nicht gethan,
sondern sich Gott befohlen. Späterhin sei ihm der Teufel noch einmal
erschienen und habe ihn abhalten wollen, das heil. Abendmahl zu empfangen
etc.

Auch hat der Hexenwahn in Hessen ganz dieselbe Gestalt, dieselben Merkmale
wie anderwärts. Die bösen Weiber sagen sich von Gott mit den Worten los:
»Hier stehe ich auf dieser Mist, und verleugne den Herrn Jesum Christ.«
Alsdann kommt der Teufel, lässt das Weib sich ihm zusagen, tauft es unter
dreimaliger unsauberer Begiessung mit den Worten: »ich taufe dich im Namen
des Teufels« und fordert es auf, ihm zu Willen zu sein. Unzählige wüste und
einsame Plätze im Lande wurden als die Malstätten der Hexensabbathe
bezeichnet. Da erkieste sich der vorsitzende Teufel unter den erschienenen
Hexen eine als »Königin«, mit der er den Tanz eröffnete, die Musik dazu
machten Hexenpfeifer, die auf dem Hinteren von schwarzen Katzen bliesen,
Trommler u. s. w. Eine Anzahl von Hexen diente als »Leuchter« etc. Am
ärgsten scheint der Hexenwahn im Anfang der zweiten Hälfte des
siebenzehnten Jahrhunderts in Hessen-Cassel grassirt zu haben. Im Jahr 1669
kam das Gerücht in Umlauf, dass in dem oberhessischen Dorfe Wohra sich kaum
drei Menschen vorfänden, die nicht der Hexerei ergeben wären, wesshalb man
es in der Umgegend das »Hexendorf« nannte.

Natürlich war man unter solchen Umständen auch in Hessen in der Verfolgung
der Hexen nicht träge. Die Verdächtigten wurden eingezogen, »ad bancum
geführt«, wurden »in banco gefragt« und mussten »güt- und peinlich«
bekennen. Die Folter wurde zuweilen in entsetzlicher Weise angewendet.
Allein wenn schon die Hexenverfolgung in Hessen durch das ganze
siebenzehnte Jahrhundert hin dauerte[106], so kamen hier verhältnissmässig
doch bei Weitem nicht so viele Hexenverbrennungen vor als in anderen
Ländern. Auch war das Prozessverfahren immer ein streng geordnetes. Die
Prozessakten mussten von der juristischen Fakultät zu Marburg geprüft und
das Todesurtheil musste dem Landesherrn zur Bestätigung vorgelegt werden.

Hatte es sich im Prozess herausgestellt, dass die Verhörte sich wohl des
Lasters der Zauberei im höchsten Grade verdächtig gemacht, dass ihr
dasselbe aber doch nicht sicher erwiesen werden konnte, so wurde sie zwar
ab instantia entbunden, aber gewöhnlich mit Landesverweisung unschädlich
gemacht oder zu öffentlicher Arbeit verurtheilt, und so für eine Zeit unter
öffentliche Aufsicht gestellt und auch ein solches Urtheil musste von der
juristischen Fakultät geprüft und bestätigt sein, wenn es rechtskräftig
sein sollte[107]. Vor der Entlassung aus dem Kerker musste jedoch die
Inquisitin Urphede schwören und geloben, dass sie nicht allein die
aufgelaufenen Gerichtskosten bezahlen, sondern auch wegen der
ausgestandenen Haft und Tortur sich weder an der Landesherrschaft noch an
deren Beamten und Unterthanen rächen wollte.

Aber auch die Lage der Freigesprochenen war oft, ja sogar in der Regel,
eine überaus traurige. Man hielt sie im Kerker noch fest, bis die
Gerichtskosten bei Heller und Pfennig bezahlt waren. Die Mutter eines
Bürgers Fröhlich zu Felsberg z. B. war der Zauberei beschuldigt, zum
peinlichen Prozess condemnirt, zwei Jahre im Thurm »angeschlossen« in Haft
gehalten und gefoltert worden. Das Gericht selbst bezeugte, dass die Frau
die peinliche Frage zu grosser Verwunderung ausgestanden und nichts bekannt
habe. Daher war die Unglückliche von der Juristenfakultät zu Marburg 1664
freigesprochen worden. Die peinlichen Richter wollten sie aber nicht aus
ihrer Haft entlassen, bis ihr Sohn für die Zahlung der (62 Rth. 18 Albus,
d. h. nach dem jetzigen Geldwerth etwa 900 Mark) Bürgschaft geleistet
hätte, worüber der Sohn bei dem Landgrafen Beschwerde führte.

In der Volksmeinung war jedes Weib, das einmal in den Verdacht der Hexerei
gekommen war, unehrlich. Als 1695 (also ganz am Ende des siebenzehnten
Jahrhunderts) die Wittwe eines dasigen Schneidermeisters, die als der
Zauberei verdächtig lange Zeit auf dem Schlosse im Hexenthurm gesessen
hatte, vor der Beendigung des mit ihr angestellten Prozesses gestorben war,
musste die (anfangs sich weigernde) Schneiderzunft daselbst durch Drohungen
gezwungen werden, die Leiche der »Hexe« zu Grabe zu tragen. -- Wie aber in
der ersten Hälfte des Jahrhunderts ein Theil der Geistlichkeit in dieser
Beziehung dachte, ist aus einem Consistorialprotokoll vom 15. April 1664 zu
ersehen. Im Jahr 1663 war nämlich eine zu Eschwege lebende Wittwe
(Holzapfel) in den Verdacht der Hexerei gekommen. Darüber in Haft und
Untersuchung genommen, hatte sie die völlige Grundlosigkeit dieser
Beschuldigung dargethan und war freigesprochen worden. Aber gleichwohl
wollten der Superintendent Hütterodt und dessen beide Amtsbrüder zu
Eschwege die anrüchig Gewordene nicht zum Abendmahl zulassen. Die Wittwe
wendete sich daher beschwerdeführend an das Consistorium zu Cassel und
dieses gab Hütterodt auf, der Wittwe die Gemeinschaft des Sakraments nicht
zu versagen. Die drei Geistlichen aber beharrten hartnäckig bei ihrer
Weigerung, indem sie sogar erklärten, sie würden eher ihre Aemter
niederlegen, als der Holzapfel das Sakrament reichen. Da beschloss indessen
das Consistorium durchzugreifen, lud die Geistlichen vor seine Schranken
und zwang dieselben der Wittwe, »da sie des beschuldigten Lasters der
Hexerei nicht habe überführt werden können«, den Trost des
Sakramentsgenusses zu gewähren.

Seltsamer Weise kam in Hessen auch der Fall vor, -- wohl der einzige Fall
dieser Art, -- dass eine =Jüdin= als Hexe angesehen ward. Die Jüdin Golda
nämlich, des Kaiphas zu Kell im Amte Ulrichstein Tochter und des Juden
Rubens zu Treis a. d. Lumde Ehefrau, hatte im Jahr 1669 ihr Häuschen zu
Treis in der Absicht angesteckt, um dadurch das ganze Dorf in Asche zu
legen. Vor Gericht gezogen, gestand sie nicht nur diese ihre Absicht,
sondern auch, dass sie ihre Seele dem Teufel verschrieben, dass sie in
ihrer Jugend mit einem Bäckergesellen gebuhlt habe, dass sie von ihrer
Mutter schon im Mutterleibe verflucht worden sei, und dass sie darum diese
wieder verflucht habe. Sie erklärte, dass sie sich von Gott verstossen
wisse und nicht mehr beten könne, und bat darum um den Tod, womöglich mit
dem Schwerte. -- Sie ward nach Marburg in den Thurm gebracht, hier aber als
irrsinnig erkannt und bald entlassen. -- Von einer etwaigen
Teufelsbuhlschaft war in dem Prozess keine Rede.

Besonders schwunghaft wurde die Hexenverfolgung in der (seit 1647 zu
Hessen-Cassel gehörigen) Grafschaft =Schaumburg= betrieben. Hier hatte ein
Professor der Jurisprudenz zu Rinteln, =Hermann Göhausen= aus Brakel im
Lippeschen ([+]1632) im Jahr 1630 -- zu derselben Zeit wo in Rinteln (1631)
der menschenfreundliche =Friedrich Spee= seine Cautio criminalis (heimlich)
drucken liess -- seine Anweisung zur Führung des Hexenprozesses[108]
herausgegeben, =worin er vor unzeitigem Mitleiden warnte=. Nach diesem
Codex wurde nun in Rinteln gegen die Hexen verfahren. Im hessischen
Staatsarchiv liegen namentlich aus der Zeit von 1654 an zahlreiche
Hexenprozessakten vor, die mancherlei Eigenthümliches wahrnehmen lassen.
Die Verhaftung und Verhörung der Verdächtigen ging von Bürgermeister und
Rath aus, welche die Eingezogenen im Rathhaussaal zu Protokoll vernahmen.
Doch ist zu beachten, dass Bürgermeister und Rath in Hexensachen nichts
thaten, ohne die juristische Fakultät zu Rinteln zu befragen, so dass diese
der eigentliche Hexenrichter war. War das erste Protokoll, in welchem die
Angeklagten jede Schuld ableugneten, der Fakultät zugeschickt, so verfügte
diese, dass die Verdächtigen zur Folter geführt und hier nochmals zu einem
reuigen Geständniss ihrer Schuld ermahnt werden sollten. Gewöhnlich
appellirten dann dieselben an die Wasserprobe, welche an der Weser in der
Weise vorgenommen ward, dass man sie zweimal an Händen und Füssen
kreuzweise gebunden und einmal ungebunden ins Wasser liess. Regelmässig
schwammen aber dabei die Angeklagten oben auf, wesshalb nun die Fakultät
auf Anwendung der scharfen Frage erkannte. Am 21. Aug. 1660 wurde eine
Angeklagte auf der Folter =elfmal= aufgezogen und dabei noch »etliche Male
gewippt«. Gewöhnlich schrieb die Fakultät folgende generellen
»Inquisitionales« vor, über welche den Unglücklichen Geständnisse
abgefoltert werden sollten: 1) ob sie zaubern könnten; 2) von wem, zu
welcher Zeit und an welchem Orte sie es gelernt und was sonst dabei
vorgegangen; 3) ob sie Menschen und Vieh mit Bezauberung und Vergiftung
Schaden gethan; 4) wem, an welchem Ort, zu welcher Zeit und mit was für
Mittel; 5) ob sie andere Personen, Männer oder Weiber kennten und wüssten,
so neben ihnen zaubern könnten, und woher sie solches wüssten. -- War nun
bezüglich dieser und der übrigen Spezialfragen den Gefolterten das
gewünschte Geständniss abgepresst, so ordnete die Fakultät auf Grund des
ihr vorgelegten Torturprotokolls ein peinliches Halsgericht an, welches auf
dem Marktplatze gehalten ward, und von diesem ging es dann entweder direkt
oder nach nochmaliger Einkerkerung der Verurtheilten zum Scheiterhaufen.

So wüthete die Hyder der Hexenverfolgung Jahr aus Jahr ein in allen Gauen
Hessens, bis zum Jahr 1673, wo dieselbe nachzulassen begann.

Im Jahr 1672 war auf leeres Geschwätz hin die Katharine, Ehefrau des
Opfermanns Lips zu Betziesdorf in Oberhessen -- ein heldenhaftes Weib -- in
den Hexenthurm zu Marburg eingesperrt und in grässlicher Weise torquirt
worden[109]. Indessen hatte man ebensowenig aus derselben ein Geständniss
herausmartern als wirkliche Indizien herbeischaffen können. Sie wurde daher
von der Instanz entbunden und nach Ausstellung der Urphede (4. Mai 1672)
entlassen. Indessen behielt man die Frau fortwährend im Auge, und indem man
endlich die gewünschten Indizien gewonnen zu haben glaubte, so wurde sie im
folgenden Jahre wiederum verhaftet und am 4. November 1673 zu Marburg
nochmals und noch entsetzlicher gemartert. Sie wurde viermal aufgezogen,
sechzehnmal wurden die Schrauben so weit geschraubt als es nur möglich war,
und da sie wiederholt in Starrkrampf verfiel, so wurde ihr wiederholt mit
Werkzeugen der Mund aufgebrochen, damit sie bekennen sollte. Bald betete
sie, bald brüllte sie »wie ein Hund«. Aber grösser noch als die Bosheit
ihrer Peiniger war die Seelenstärke dieses Weibes, denn sie gestand nichts.
In dem Berichte an die Landgräfin Hedwig Sophie vom 4. November 1673, mit
welchem die fürstlichen Räthe zu Marburg die Einsendung der Akten
einschliesslich des Torturprotokolls begleiteten, bemerkten dieselben, dass
die Frau auf der Folter durch Zauberei sich müsse unempfindlich gemacht
haben, weil sie sonst die Tortur unmöglich in solcher Weise hätte ertragen
können. Da sah aber doch die Landgräfin ein, dass sie die Gerichte nicht
länger dürfe so fortwüthen lassen. Allerdings wurde die unglückliche Lips
zur Landesverweisung begnadigt; zugleich aber erliess die Landgräfin von
Kassel aus unter dem 15. November 1673 an die Kanzlei zu Marburg den
Befehl, »das Gericht ernstlich dahin anzuweisen, dass dasselbe in
dergleichen Hexenprozessen mit sonderbarer Circumspection und Behutsamkeit
verfahre, insonderheit auf blosse Denunziation und anderen geringen
Argwohn, wenn nicht das Corpus delicti notorie und andere starke und
triftige Umstände vorhanden, nicht so leicht Jemanden zu Haften bringe,
weniger denselben ohne vorhergehende Communikation mit den Räthen peinlich
vorstelle.«

Von da an verringerte sich die Zahl der jährlich vorkommenden
Hexenprozesse. Doch fand und verfolgte man hier und da in Hessen noch über
das Ende des siebenzehnten Jahrhunderts hinaus Hexen; allein man verfuhr
in der Einziehung und Inquisition vorsichtiger und brannte weniger. Der
letzte Hexenprozess, über welchen im hessischen Staatsarchiv Akten
vorliegen, fand in den Jahren 1710 und 1711 statt. Damals war nämlich die
Ehefrau Anna Elisabeth Ham zu Geismar allerlei zauberischer Tücken
beschuldigt worden. Man hatte sie daher in den Hexenthurm zu Marburg
gebracht, verhört und der Fiskal hatte, da sich die Verhörte keiner
Zauberei schuldig bekennen wollte, Tortur beantragt. Das Gericht ging
jedoch auf den Antrag nicht ein, sondern entband am 13. Mai 1711 die
Angeklagte von der Instanz. In dem Verhör hatte aber dieselbe auf Befragen
noch bekennen müssen, es sei »wahr und ausser allem Zweifel, dass es
wirkliche Hexen und Zauberer gebe, die nämlich Gott absagen, sich mit dem
Teufel verbinden, durch dessen Hülfe und Unterricht mit verborgenen Künsten
Menschen und Vieh Schaden zufügen, auch wohl Wunderthaten verrichten.« --
So ging die Hexen Verfolgung in Hessen zu Ende.

In =Nassau= wüthete die Hexenverfolgung namentlich seit 1628. Um hier mit
den Unholden recht gründlich aufzuräumen, bestellte die Landesherrschaft in
den Dörfern Ausschüsse, welche als öffentliche Ankläger alle wegen Hexerei
verdächtig werdenden Personen den im Lande umherziehenden Hexencommissären
zur Anzeige bringen sollten, woneben den Geistlichen auf einer
Landessynode, welche der Superintendent Weber am 3. November 1630 zu
Idstein hielt, aufgegeben ward, ihre Gemeinden von der Kanzel herab vor dem
gräulichen Laster der Zauberei zu warnen, -- was seitdem namentlich an
jedem St. Andreastage geschah. Und rasch füllten sich alle Kerker mit
Unglücklichen, die als Verbündete und Werkzeuge des Satans galten. Durch
die Folter erfuhr man von ihnen die Namen von gewissen Stätten, an denen
die Hexen und Zauberer ihre Versammlungen hielten, namentlich die Limburger
Haide zwischen Diez und Limburg, die Herrenwiese bei Dillenburg, die
Klippelshaide und die Altenburg bei Idstein, die Deissighafer Haide bei der
Eiche u. s. w. Dahin kamen die Hexen und Zauberer auf Ofen- und Mistgabeln
reitend, oder in einem von vier schwarzen Katzen gezogenen Wagen fahrend,
zusammen, tanzten nach der Querpfeife, der Trommel, der Trompete, assen und
tranken und buhlten miteinander. Die Seuche des Hexenwahns hatte bereits
alles Volk erfasst, so dass in der ungeheueren Erregung, welche die
Gemüther ergriff, Einzelne sich selbst für Hexen hielten. Ein Mädchen aus
Amdorf, Katharine Jung, bekannte sich selbst bei ihrem Vater als Hexe, der
sich infolge dessen in seinem Gewissen dazu gedrängt fühlte, am 1. Mai 1631
die eigene Tochter in Herborn zur Anzeige zu bringen, wo sie schon am
11. Mai hingerichtet wurde. Das Prozessverfahren war meist ein sehr
summarisches. Selten dauerte ein Prozess über vierzehn Tage, indem man mit
der Tortur Alles rasch fertig brachte. Nicht Wenige starben aber in den
Kerkerlöchern der Hexenrichter infolge der erlittenen Tortur oder machten
aus Verzweiflung ihrem Leben selbst ein Ende. Das Eine wie das Andere war
nach allgemein herrschender Annahme natürlich das Werk des Teufels. So fand
man in Herborn Hans Martin Stein's Wittwe, die wegen Hexerei in
Untersuchung stand und gefoltert war, Tags darauf todt im Gefängniss. Das
konnte aber nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Erinnerte man sich
doch, dass während der Tortur eine Speckmaus, so gross wie eine Taube, in
den Thurm geflogen war! Ja es legten selbst zwei berühmte Aerzte zu Herborn
bei drei Frauen, die nach überstandener Tortur entseelt im Kerker
vorgefunden waren, das visum repertum ab, dass die eine weder an den Folgen
der Tortur noch an einer Krankheit gestorben, sondern dass ihr der Hals
umgedreht sei, dass die zweite müsse Gift genommen haben, und dass sich bei
der dritten über die Todesursache nichts Sicheres sagen lasse. -- Eine Frau
von Langenaubach machte in der Nacht vor dem bereits bestimmten Tage ihrer
Exekution ihrem Leben dadurch ein Ende, dass sie das feuchte Stroh ihres
Schmerzenslagers anzündete, und sich in dem Rauche erstickte. Dabei aber
lebten die Hexenrichter herrlich und in Freuden. Der Amtskeller zu Camber
schrieb am 28. Nov. 1630, »dass wenn über die Zauberer Verhör gehalten
werde, Alles auf Kosten der Hexen gehe und man nichts fehlen lasse, Kost
und Wein würden bei dem Wirthe geholt.«

So ging es im Nassauer Lande vier Jahre lang, von 1629-1632, und in diesen
vier Jahren sah man in allen Theilen des Landes die Scheiterhaufen lodern.
Allein in Dillenburg wurden damals fünfunddreissig, in Driedorf dreissig,
in Herborn sogar neunzig Personen justifizirt. Schliesslich drohte die
Hexenverfolgung sogar Leute, die den hervorragenderen Ständen angehörten,
zu erfassen. So war der Geheimsekretär Dr. Hön zu Dillenburg, ein
Vertrauensmann des Grafen, der denselben zu den wichtigsten Missionen
gebrauchte, von einer wegen Hexerei in Untersuchung gezogenen Person zu
Eibach angezeigt worden, dass er als Hexenmeister am Hexensabbath Theil
genommen und daselbst die üblichen Gräuel begangen habe. Auf der Limburger
Haide sollten die Vornehmen beim Hexentanz sich oft haben sehen lassen; ja
man fand sogar einmal bei einer notorischen Hexe den silbernen Becher eines
vornehmen Herrn, mit welchem der Wein bei einem solchen Gelage kredenzt
worden sein sollte.

Vielleicht trug gerade diese Wendung, welche die Hexenverfolgung nahm, dazu
bei, dass dieselbe nach 1632 überall im Lande nachliess. Doch schon 1638
brach die Seuche aufs Neue aus, indem damals auf ausdrückliches Verlangen
der Gemeinden aufs Neue Ausschüsse zur Aufspürung der Hexerei ernannt
wurden, namentlich im Lande =Siegen=. Dem Schultheissen zu Freudenberg
wurde ein Verweis ertheilt, weil er die Denunziationen der öffentlichen
Ankläger unbeachtet gelassen hatte. Bald war daher keine Frau und kein
Mädchen im Lande vor den Fallstricken der Hexen-Inquisition mehr sicher und
die Landesherrschaft sah sich doch genöthigt, das Treiben derselben in
gewisse Schranken zu verweisen. Der Graf =Johann Ludwig= zu Hadamar erliess
daher unter dem 20. Juli 1639 an seine Räthe ein Reskript, worin er
erklärte, dass allerdings das Laster der Zauberei bestraft werden müsse, wo
es sich zeige, zugleich aber auch die Räthe ermahnte, darauf
hinzuarbeiten, »dass keinem Unschuldigen weder an Ehre, Leib und Seele zu
kurz oder mehr geschehe, wie man gemeiniglich zu thun pflege. Dabei sei
grosser Fleiss, Sorge und Fürsichtigkeit zu gebrauchen, und solches mit
gottesfürchtigen und gelehrten Theologen und Rechtsgelehrten zu
berathschlagen, auch unverdächtige, gottesfürchtige, verständige Leute zu
Commissären zu gebrauchen, damit die Bosheit gestraft und die Unschuld
beschützt werde.« Durch dieses Einschreiten des Grafen mag manches schon
bedrohte Leben gerettet worden sein; aber die in dem nassauischen
Staatsarchiv zu Idstein massenhaft aufbewahrten Akten von Hexenprozessen
beweisen, dass der Dämon der Hexenfurcht und der Hexenverfolgung im Lande
Nassau durch das ganze Jahrhundert hin wüthete[110]. Ein grosser
Hexenprozess fand 1676 zu Idstein statt, der insbesondere wegen des Standes
der angeklagten und verurtheilten »Hexe« besonderes Aufsehen machte. Der
Prozess betraf nämlich die Gattin des Pfarrers von Hefftrich bei Idstein,
Cäcilie, geb. Wicht. Das Gericht erkannte auf den Tod durch Feuer, und der
Graf Johann VI. von Nassau-Dillenburg bestätigte am 22. März 1676 das
gefällte Urtheil[111], welches alsbald vollzogen ward.

In =Hamburg= war im Jahre 1603 (oder 1605) die Aufstellung eines neuen
Stadtrechts erfolgt[112], in welchem es (IV. 2) hiess: »Die Zauberer und
Zauberinnen, die mit verbotenen Mitteln dem Menschen oder dem Vieh an Leib
und Leben Schaden zufügen, oder auch, die aus bösem Vorsatz von Gott und
seinem heil. Wort vergessentlich abtreten und mit dem bösen Feinde
sonderbare, hochärgerliche Verbündnisse machen, werden, nach Gelegenheit
ihrer beweislichen Bewirkung, mit Feuer oder mit dem Schwert am Leben
gestraft.« -- Das Gesetz unterscheidet also zweierlei Verbrechen, nämlich
das der Schädigung von Menschen und Vieh durch verbotene Zaubermittel und
das des aus bösem Vorsatz (also auch zum Zwecke der Schädigung)
eingegangenen Teufelsbündnisses. Die Zauberei an sich wird also nicht
ausdrücklich bedroht. Wichtiger aber ist, dass die im älteren Recht
ausgesprochene Ergreifung des Verbrechers auf frischer That nicht mehr als
Merkmal eines strafbaren Verbrechens hingestellt, sondern der
Kriminalbeweis gefordert wird, womit die Möglichkeit gegeben war, schon das
=Geständniss=, das =erpresste= Geständniss als Beweis geltend zu machen.
Daher kam die Hexenverfolgung in Hamburg jetzt erst recht in Zug. Doch
gelangte dieselbe hier niemals zu einer solchen Ausdehnung wie anderswo. Im
Jahr 1643 wurde eine »alte Hexe« Cillie Haubeis hingerichtet. Es wird von
ihr gesagt, dass sie ihren Mann ermordet habe, dass sie darum viermal mit
dem Rade gestossen und dass alsdann ihr Körper zu Asche verbrannt worden
sei. Dieses war die letzte nachweisbare Hexenverbrennung in Hamburg, die
sich noch damit entschuldigen lässt, dass hier ein Gattenmord zu sühnen
war[113].

In =Pommern= machte die Prozedur gegen eine adliche Dame, =Sidonie von
Borck=, besonders viel von sich reden. Dieselbe war allerdings eine
unerquickliche, rohe, ränkesüchtige und noch im siebenundfünfzigsten
Lebensjahre heirathslustige Person, die im Stift Marienfliess, in welchem
sie mit zweiundzwanzig anderen (meist jüngeren) Klosterschwestern
zusammenlebte, allgemein gehasst ward. Der Klosterhauptmann bezeichnete sie
amtlich als »Klosterteufel, unruhiges Mensch, Schlange.« Die allgemein
Gehasste war aber bald auch die von Allen Gefürchtete, indem sie sich =der
Kraft ihres Gebets zur Bestrafung ihrer Feinde= rühmte und dabei allerlei
Quacksalberei trieb und sympathetische Kuren machte. Als nun eine
umherziehende alte Wahrsagerin, die »dicke Wolte Albrechts«, die man als
der Hexerei verdächtig eingezogen hatte, auf der Folter sich der
Teufelsbuhlschaft schuldig und auf die Sidonie von Borck als ihre
Mitschuldige bekannt hatte, war das Geschick der letzteren bereits
entschieden. Die Wahrsagerin ward hingerichtet, die Urgicht derselben gegen
Sidonie stand somit unwiderruflich fest und diese ward als Teufelsbuhlin,
welche den Herzog Philipp II. von Pommern wegen Rechtsversagung aus Rache
»=zu Tode gebetet=« habe, aus dem Kloster nach Stettin in die damals schon
verödete Oderburg gebracht. In der nun mit ihr angestellten Inquisition
wurden gerichtsseitig die unsinnigsten Dinge zur Belastung der
Unglücklichen vorgebracht. Sie gestand, dass sie oft den Psalm 109 bete,
aber ohne dabei an bestimmte Personen im Bösen zu denken. Sie sollte aber
auch einen »Sachsenspiegel« haben, durch welchen sie mit Hülfe ihres
Buhlteufels, Chim genannt, alles erfahre. Sidonie wusste sich trefflich zu
vertheidigen, indem sie die gegen sie zusammengehäuften Anschuldigungen als
baaren Unsinn erwies; allein der Schöppenstuhl zu Magdeburg, dem man die
umfangreichen Untersuchungsakten zugeschickt hatte, erkannte auf Vornahme
der scharfen Frage, worauf die Greisin am 28. Juli 1620 in dem grossen
Saale der Oderburg im Beisein des Schlosshauptmanns, des Schultheissen und
einiger Gerichtspersonen von dem Scharfrichter entkleidet, auf die Folter
gespannt und so lange torquirt ward, bis sie die gewünschten Geständnisse
abgelegt hatte. Von der Folter herabgenommen erklärte sie, »sie begehre
nicht länger zu leben«, und bat, zum Sterben bereit, den Beistand des
Seelsorgers. Viele benachbarte Fürsten legten für die Verurtheilte Fürbitte
ein, jedoch ohne Erfolg. Am 19. August 1620 ward sie auf dem Rabenstein vor
Stettin erst enthauptet und dann zu Asche verbrannt[114].

In der Reichsstadt =Nordhausen= war frühzeitig ein milderes Verfahren gegen
Hexen heimisch geworden. Am 8. März 1644 waren zwei derselben mit
Ausweisung aus der Stadt bestraft worden[115], während in dem benachbarten
=Stolberg= noch am 30. Oktober 1656 eine Hexe enthauptet und verbrannt, und
1657 zwei Bürgerfrauen, die von jener angegeben waren, wegen Umgangs mit
dem Teufel etc. ebenfalls auf den Scheiterhaufen gebracht wurden[116].

Unter den Prozessen, welche die eigentliche Natur des Hexenprozesses recht
klar aber auch in herzbewegendster Weise erkennen lassen, verdient eine
Verhandlung hervorgehoben zu werden, die sich 1629 zu =Pfalz-Neuburg=
zutrug[117]. Dort lebte die ehrbare und fromme Hausfrau eines Wirthes
Käser, der ehedem die Wirthschaft auf der Trinkstube zu Eichstätt geführt
hatte und späterhin nach Rennertshofen übergesiedelt war. Die Frau, =Anna
Käserin=, mag an Schwermuth gelitten haben. Ihr Mann, der sie sehr lieb
hatte und während des Prozesses über sie vernommen wurde, erklärte nämlich
zu Protokoll: Er könne in Wahrheit wohl sagen, dass seine Frau seit sieben
Jahren nie recht fröhlich gewesen. Sie habe zu keiner Hochzeit oder
dergleichen Mahlzeiten und Fröhlichkeiten, auch wenn er es ihr befohlen,
gehen mögen. Sie habe immer gebetet, gefastet und geweint. Dabei habe sie
fleissig gesponnen und dem Hauswesen abgewartet. Zu Eichstätt habe sie alle
vierzehn Tage oder längstens alle vier Wochen gebeichtet und communizirt
und dann gewöhnlich einen halben Tag in der Kirche zugebracht. -- Auf diese
Frau hatten nun seit 1620 zwölf verhaftete Hexen und Zauberer bekannt, und
die meisten derselben (welche man verbrannt hatte) waren »auf sie
gestorben.« Infolge dessen ward sie im Frühling 1629 verhaftet und nach
Neuburg gebracht. Zugleich wurden auf Befehl des Pfalzgrafen alle Winkel
ihres Hauses zu Rennertshofen nach Büchsen, Gläsern und Ofengabeln
durchsucht; man fand aber nichts. Nun kam der weitere Befehl, die
Verhaftete an eine Kette zu legen und an der Wand fest zu machen. Auch
sollte zu ihrer Bewachung ihr ein Weib beigegeben werden. Der Mann der
Unglücklichen, der sich damals im tiefsten Jammer zu Neuburg aufhielt,
erhielt den Befehl, ein Bett für sie bringen zu lassen. Er schrieb daher an
seine gefangene Frau folgenden Brief:

»Ehrentugendsame, herzlieber Schatz! Weilen ich noch zu Neuburg und deiner
Person halber ein Lieg- und Deckbett und ein Kissen begehrt wird, also
bitte ich meinen Schatz, sie wölle mich mündlich wissen lassen, ob ichs
allhie oder von Rennertzhoven aus von dem Unsrigen verschaffen solle. Bitte
von Gott, er wolle dir Erkenntniss deiner Wissenheit geben. Bist du, o mein
Schatz, schuldig, bekenne es, bist du unschuldig, hast eine gnädige
Obrigkeit, derer wir, zuvörderst Gottes Huld, und unser kleine Kinder zu
getrösten. Seye mit deiner und meiner Geduld dem Schutz Gottes befohlen!«

  Neuburg den 19. März 1629.
                     Dein Getreuer, weil ich leb,
                           Georg Keser.

  »O mein Schatz, sage mit Wenigem,
  wie ich eine Zeitlang die Haushaltung
  anstellen solle; und in höchster Bekümmerniss
  diess.«

An demselben Tage wurde mit der Verhafteten das erste Verhör angestellt.
Daher wurde Meister Jacob, der Scharfrichter, nach Neuburg verschrieben und
ihr bei einem weiteren Verhör mit Androhung der Tortur an die Seite
gestellt. Als sie auch jetzt noch leugnete, wurde sie am 21. Mai abermals
verhört, an die Tortur gestellt und auf einen Stuhl gesetzt. Die
Marterwerkzeuge lagen vor ihren Augen ausgebreitet. Auch heute leugnete
sie, selbst als ihr der Daumenstock angeschraubt worden. Jetzt nahm aber
der Scharfrichter die schärfere Tortur vor, und nachdem sie dieselbe eine
halbe Viertelstunde ertragen, waren ihre Glieder und auch ihr Muth
gebrochen. Sie gestand nun den gewöhnlichen Unsinn. So gestand sie z. B.,
der Buhlteufel habe ihr am linken Fusse einen Griff angethan, aus welchem
alsbald Blut geflossen, mit dem sie sich ihm verschrieben habe. Auch fand
der Nachrichter alsbald den Griff vor, der, wie er sagte, bei Hexen ganz
gewöhnlich vorkomme. Sie sagte auch, dass sie, wenn sie an einem Erchtag
oder Samstag Nachts habe ausfahren wollen, dann habe sie mit der vom Bösen
erhaltenen Salbe ihres Mannes Rücken bestrichen, so dass dieser vor ihrer
Rückkehr nicht habe erwachen können u. s. w., und gab auch eine Anzahl
Mitschuldiger an. Fortgesetzte Folterungen, mit denen die Arme in
grässlichster Weise gepeinigt ward, schienen endlich Alles, was man wissen
wollte (auch das Geständniss von Mordthaten), aus ihr herausgepresst zu
haben, wesshalb das Gericht, um sie zum Tode vorzubereiten, am 13. Juni
zwei Geistliche zu ihr schickte. Diesen aber erklärte die Gemarterte
sofort, dass alle ihre Geständnisse ersonnen und ihr lediglich durch die
schreckliche Folterqual abgepresst wären. Namentlich wären alle die Leute,
die sie als Unholde angegeben, durchaus unschuldig. Zugleich bat sie die
Geistlichen (deren einer ein Jesuit war), dieses dem Gericht anzuzeigen.
Die Geistlichen thaten dieses, und nun ward die Frau alsbald wieder so
grausigen Martern unterworfen, dass sie nicht nur ihre früheren
»Geständnisse« wiederholte und bestätigte, sondern jetzt auch erklärte, sie
sei vor dem Teufel niedergekniet, habe ihn angebetet und gesagt: »Du bist
mein Gott und mein Herr!« -- Vor ihrem letzten Gange aber sprach sie vor
den Richtern die Bitte aus, man möchte doch sonst Niemanden verbrennen als
sie und man möchte überhaupt »hier im Lande nicht weiter brennen.« -- Am
20. September 1629 ward sodann die Anna Käserin öffentlich vor der Brücke
zu Neuburg enthauptet, ihr Leib dann bei dem Hochgerichte zu Asche
verbrannt und die Asche ins Wasser geworfen.

Die Erbärmlichkeit des üblichen Gerichtsverfahrens ist so ziemlich aus
jedem Hexenprozess zu ersehen, dessen Akten vollständig vorliegen. Den
jämmerlichsten Eindruck macht aber die Haltung des obersten Gerichtshofes
des heiligen Reichs, wenn dessen Hülfe angerufen ward. Zum Belege theilen
wir folgenden, aus den Originalakten entnommenen Fall mit[118].

Im Jahr 1603 hatte eine reiche Bürgersfrau zu =Offenburg=, Anna Maria
Hoffmann, bei der Hochzeitsfeier ihrer Tochter an die unbemittelten
Familien der Stadt Suppe, Fleisch und Wein ausgetheilt. Eine Wöchnerin, die
von diesen Speisen, wahrscheinlich unmässig, genossen hatte, war bald
nachher krank geworden und zehn Tage darauf gestorben. Da die Erkrankte
selbst ihr Unglück dem Genusse dieser Speisen beimass, so war schon damals
die Hoffmann in das Geschrei gekommen, mit der Suppe Zauberei getrieben zu
haben, und hatte es lediglich den klugen Schritten ihres Ehemannes zu
verdanken, dass der Magistrat den aufgekommenen Verdacht für grundlos
erklärte. Als jedoch fünf Jahre später Rudolph's II. Commissarien der Stadt
den Vorwurf allzugrosser Lassheit in der Hexenverfolgung machten, obgleich
man binnen neun Jahren auf dem kleinen Gebiete vierundzwanzig Personen
justifizirt hatte, kam die Rede auch wieder auf jenes Ereigniss. Mehrere
gefolterte Weiber thaten die Aussage und sollen darauf gestorben sein, dass
sie die Hoffmann und ihre Tochter oft bei Hexentänzen, Wettermachen,
Bocksfahrten u. dergl. zu Gefährtinnen gehabt hätten. Die Mutter rettete
sich durch eine schleunige Flucht nach Strassburg; die Tochter aber, an
Eberhard Bapst zu Offenburg verheiratetet, ward im Oktober 1608 verhaftet
und sogleich mit einem von jenen Weibern confrontirt. Glauben wir den
Rathsakten, so ward ihr hier von einem Weibe ins Gesicht gesagt, dass sie
beide an etlichen Orten zusammen auf dem Sabbath gewesen; nach einer später
protokollirten Versicherung der Bapst jedoch hatte der Stadtschreiber aus
einem Buche die zu bekennenden Ereignisse und Lokalitäten vorgelesen und
das bettlägerige, in Folge der Tortur kaum der Sprache mächtige Weib nur
zur Bestätigung des Vorgelesenen aufgefordert. Ohne eine Defension zu
gestatten, schritt man jetzt gegen die neu Verhaftete mit der Folter vor,
und als dieselbe nach dem ersten Grade, um weiterer Pein zu entgehen, sich
selbst als Hexe und die Mutter als ihre Lehrmeisterin angab, protokollirte
man diese Aussagen als =gütliche= Bekenntnisse. Eine Supplik der
entflohenen Mutter an das Kammergericht erwirkte indessen unterm
11. Oktober ein Pönalmandat an die Stadt Offenburg, welches die geschehenen
Schritte kassirte und dem Magistrate aufgab, hinfort nicht anders als nach
den Rechten zu verfahren. Hiergegen erklärte der Rath, jenes Mandat sei
durch falsche Vorstellungen erschlichen, sandte einige Protokolle ein, die,
obgleich sie den Stempel absoluter Nichtigkeit an sich tragen, doch die
Rechtmässigkeit jenes Verfahrens beweisen sollen, und fuhr in dem
angefangenen Prozesse fort. Ja er beklagte sich gegen das Kammergericht,
dass es ihn in dem vom Kaiser wiederholt gebotenen Wirken hindere:
»welchermassen die Röm. Kais. Majestät unser Allergnädigster Herr -- -- --
zu unterschiedlichen Malen durch derselben deputirte Hochansehnliche
Commissarios allergnädigst mandirt haben, dass -- -- -- bemeldte Stadt
Offenburg bei Höchstgedachter Röm. Kais. Majestät auch hin und wieder
verschreit worden, als sollte dieselbe gleichsam ein Asylum der
zauberischen Weibspersonen seyn.« Nach vielfachem Anrufen der Verwandten
erfolgte im Dezember 1609 abermals ein Befehl von Speyer, der Verhafteten
Abschrift der Indizien, Defension und Zutritt der Angehörigen zu gestatten.
Die Mittheilung der Indizien geschah endlich im Januar 1610; dieselben
bestehen, die Besagungen der hingerichteten Hexen ausgenommen, sämmtlich
aus Dingen, die sich erst =nach= der Verhaftung und =nach= der Tortur
während eines längst kassirten Verfahrens ergeben hatten, namentlich aus
den erfolterten und dann wieder zurückgenommenen Bekenntnissen der
Verhafteten selbst. Dennoch rechtfertigte in dem Schlussartikel die Logik
des Offenburger Magistrats aus =allen= diesen Indizien die geschehene
Verhaftung und Torquirung seiner Inquisitin. Obgleich nun das
Kammergericht diese aus nichtigem Verfahren gewonnenen Anzeigen verwarf, so
liess sich doch der Rath in seinem Gange nicht stören. Er schnitt der
Verhafteten willkürlich die wirksamsten Vertheidigungsmittel ab, setzte
ihren Mann wegen unehrerbietigen Widerspruchs ins Gefängniss, protestirte
gegen die Strafandrohungen des Kammergerichts und begehrte sogar die
Bestrafung des Gegenadvokaten als Injurianten, weil dieser mit einer
Klarheit, gegen welche keine Rechtfertigung aufkommen konnte, die
Nichtigkeit des ganzen Handels ans Licht gezogen hatte. Aus dem November
und Dezember 1610 liegen noch zwei dringende Suppliken wegen höchster
Lebensgefahr der Inquisitin bei den Akten; das Kammergericht gab einen
abermaligen Inhibitionsbefehl bei schwerer Strafe und lud den Rath zur
Verantwortung vor; doch ein Aktenstück vom 25. Febr. 1611 redet schon von
Anna Maria Bapst als einer =incinerirten= Hexe. Der Prozess spann sich nun
vor dem Kammergerichte fort, nicht wegen der Bestrafung des ungehorsamen
Magistrats, sondern wegen des Kostenpunkts. Ueber denselben ist noch vom
20. Januar 1612 ein mündlicher, nicht entscheidender Rezess verzeichnet;
dann schliesst das Protokoll ohne Bescheid folgendermassen:

  Anno 1613. nihil.
  Anno 1614. Visum 2. Decemb.
  Reliquis annis nihil.
  Anno 617.  14. Novemb. 617. Revisum.
      Expedit. raoe. praeambula.

In demselben Städtchen =Offenburg= wurden übrigens nicht lange nachher in
dem kurzen Zeitraum von 1627 bis 1631 nicht weniger als sechzig Personen
als Hexen hingemordet[119]. Noch Grösseres aber leisteten die Hexenrichter
in dem kleinen Ysenburgischen Städtchen =Büdingen=, wo in den Jahren 1633
und 1634 gerade hundertundvierzehn Personen wegen Hexerei sterben mussten.
-- In der Grafschaft =Henneberg= wurden 1612 zweiundzwanzig und überhaupt
in dem Zeitraum von 1597-1676 im Ganzen hundertsiebenundneunzig Hexen
verbrannt[120].

Aus dem Herzogthum =Sachsen-Gotha= liegt ein Hexenprozess vor[121], der
sich im Jahr 1660 abspielte. Das dabei zur Anwendung gebrachte Verfahren
war entsetzlicher Art. Die Inquisitin wurde, nachdem sie schon längere Zeit
in Haft gesessen, am 4. September Nachts zwei Uhr in die Torturstube auf
dem Erfurter Thurm gebracht. Hier wurden ihr nicht weniger als
dreihundertundein Frageartikel vorgelegt, die sie sämmtlich verneinend
beantwortete. Daher ward sie morgens um sieben Uhr von dem Gericht, welches
sich entfernte, dem Scharfrichter übergeben. Von diesem entkleidet und in
üblicher Weise untersucht, wurde sie dann auf die Folter gespannt und bis
Nachmittags zwei Uhr torquirt, ohne dass sie ein Geständniss ablegte. »Am
selbigen Nachmittage wurde daher mit der Tortur fortgefahren, und obschon
der Scharfrichter die Schnüre so scharf angezogen, dass er selbst eine
Narbe in die Hand bekam, so fühlte sie doch nichts davon. Als sie hierauf
an die Leiter gestellt und an den ihr an dem Rücken zusammengebundenen
Händen aufgezogen wurde, schrie sie das eine über das andere Mal, sie sei
eine unschuldige Frau, blöckte auch dem Scharfrichter so in die Ohren, dass
er vorgab, es werde ihm ganz schwindlig davon. Bald darauf aber stellte sie
sich, als ob sie ohnmächtig würde, sagte solches auch, redete ganz
schwächlich und schlief endlich gar ein. Als ihr aber der Scharfrichter nur
an die Beinschrauben, so er ihr an das rechte Schienbein gelegt, rührte,
konnte sie laut genug schreien. Wie sie nun etzliche Male so eingeschlafen,
sagte der Scharfrichter, er habe dieses bei gar argen Hexen auch observirt;
der böse Feind mache ihnen nur tiefen Schlaf, dass sie nichts fühlen
sollten.« -- Diese Angabe des Scharfrichters veranlasste nun eine neue
Untersuchung gegen die unglückliche Frau, infolge deren ihr abermals die
Folter zuerkannt wurde. Ihrem Vertheidiger gelang es indessen durch
rücksichtsloses Aufdecken des von dem Gerichte angewandten unwürdigen
Verfahrens, die Inquisitin vor einer abermaligen Tortur zu bewahren, indem
der Schöppenstuhl zu Jena sich selbst reformirte und die Inquisitin
absolvirte, jedoch aber »zur Vermeidung alles Aergernisses« die
»Amtsräumung« gegen sie erkannte, welche vonseiten der Regierung noch auf
einige andere Aemter ausgedehnt und aller Suppliken ihres Mannes unerachtet
streng exequirt wurde.

Gleichwohl zeichnete sich Sachsen-Gotha, welches unter der Regierung eines
=Ernst des Frommen= (1640-1675) und =Friedrich des Ersten= (1675-1691)
durch seine weisen und vortrefflichen Einrichtungen fast alle deutschen
Lande überragte und ihnen als ein Musterstaat vorleuchtete, auch in der
Hexenverfolgung wenigstens dadurch aus, dass nicht nur die Anzahl der
Hexenprozesse und der zum Tode verurtheilten Inquisiten weit geringer war
als in den Nachbarländern, sondern dass auch schon seit 1680 die
Verurtheilungen immer seltener wurden, indem man gar nicht mehr auf Tortur
erkannte, sondern nach geschehenem Verhör und Vernehmung der Zeugen die
Inquisiten ab instantia entband[122].

Nur in dem am Saum des Thüringer Waldes gelegenen Amte =Georgenthal= ging
es anders her. In diesem damals kaum viertausend Eingesessene zählenden
Amte wurden 1652-1700 vierundsechzig Hexenprozesse, und zwar in dem Jahre
1674 allein zwölf, und in den sechs Jahren 1670-1675 zusammen
achtunddreissig Prozesse geführt. Der Grund davon lag lediglich darin, dass
es sich der damalige Amtsschösser =Benedikt Leo= in den Kopf gesetzt hatte,
um jeden Preis den ganzen Amtsbezirk von allem Hexenwesen gänzlich zu
säubern.

Natürlich musste hierbei die Folter das Beste thun[123]. Wie man mittelst
derselben Geständnisse erpresste, ist insbesondere aus dem von dem
Amtskommissär Jacobs zu Gotha (dem wir überhaupt unsere Kunde von den
Georgenthaler Prozessen verdanken,)[124] mitgetheilten Prozess gegen die
achtzigjährige »Sachsen-Ursel« zu ersehen[125].

In =München= wurde 1666 ein siebenzigjähriger Greis mit glühenden Zangen
gezwickt und dann verbrannt. Es wird von ihm gemeldet, dass er ein
Ungewitter machte, indem er durch die Wolken fuhr, darüber aber nackt zur
Erde niederfiel, wo man sich seiner bemächtigte. Die Hostie hatte er
siebenmal getreten[126].

In =Neisse= hatte der Magistrat zum Verbrennen der Hexen einen eigenen Ofen
bauen lassen, in welchem im Jahr 1651 zweiundvierzig Frauen und Mädchen
gemordet wurden[127]. Im =Fürstenthum Neisse= sollen im Laufe von neun
Jahren über tausend Hexen hingerichtet worden sein, darunter Kinder von
zwei bis vier Jahren[128].

In =Lothringen= rühmte sich der Hexenrichter =Nicolaus Remy= im Jahr 1697,
dass er in diesem Lande binnen fünfzehn Jahren neunhundert Menschen wegen
Zauberei auf den Scheiterhaufen gebracht habe[129].

Wie es in dem Städtchen =Coesfeld= zuging, können wir aus einer von Niesert
mitgetheilten Deservitenrechnung des Scharfrichters entnehmen. Es heisst
darin unter andern[130]:

=Gertruth Niebers= viermal verhort worden baven uff den Süstern Tornt, =von
jeder Tortur= drey Rthlr. machet 12 Rthlr.

Den 16 Julii =Gertruth Niebers= des Morgens twischen 3 und 4 Slegen das
=Haupt abgeslagen=, davon mich zukumpt viff Rthlr. Darnach verbrandt
worden, daervon mich oech zukumpt viff Rthlr.

Den 18 Julij =Johan Specht=, anders Dotgrever, uff der Valkenbruggen porten
verhort, davon mich zukumpt drei Rthlr.

Den 19 Julij =Johan Specht= uff der Valkenbrugger porten verhort worden,
davon mich zukumpt drey Rthlr.

Demselbigen dito =Greite Pipers= uff dem Wachtorn verhort worden, davon
mich zukumpt drey Rthlr.

Den 23 Julij =Johan Specht= under im Süster Torn verhort, davon mich
zukumpt drey Rthlr.

Den 2. Augusti =Johan Specht= erstlich =gestrangulerth uff ein Ledder= (auf
einer Leiter) davon mich zukumpt viff Rthlr. Darnach =verbrandt= worden,
davon mich och zukumpt viff Rthlr. U. s. w.

Es ergibt sich, dass der Scharfrichter in der Regel von jedem Inquisiten
15 Rthlr. bezog. Die ganze Rechnung geht vom Julius bis zum Dezember 1631,
betrifft lauter Hexenprozesse zu Coesfeld und beträgt im Ganzen 169 Rthlr.

Besonders arg wurde in den zahllosen kleinen =Patrimonialgerichten=
gehaust. Ein katholisch gewordener Herr =Christoph von Rantzow= liess 1686
auf einem seiner Güter im Holsteinischen an Einem Tage achtzehn Hexen
verbrennen, -- wofür er freilich eine Geldstrafe von 2000 Rthlr. zahlen
musste[131].

So ging durch die Lande ein Wüthen und Morden der Hexenrichter, dem
gegenüber sich kein Mensch mehr seines Lebens sicher fühlte. Es war -- etwa
die Landesherrn ausgenommen -- Niemand, der sich nicht sagen musste, dass
auch er vielleicht schon am nächstfolgenden Tage von der Hexenverfolgung
erfasst und in den Abgrund eines Hexenprozesses hinabgestürzt würde.

Ein sächsischer Arzt =Veith Pratzel= hatte (um 1660) zum Oefteren beim
fröhlichen Trunk im Scherz davon gesprochen, dass er, was die Hexen thäten,
auch fertig zu bringen wisse, dass er in Passau sich habe »festmachen«
lassen[132] und hatte einst sogar vor den staunenden Augen der Anwesenden
zwanzig Mäuse (die er bei sich versteckt hatte) gemacht. Die Folge davon
war, dass er allgemein als Zauberer galt, eingezogen, durch die Folter zum
Geständniss gebracht und verbrannt wurde. Zum Schluss der Tragödie wurde
aber auch noch beschlossen, die beiden Kinder des Unglücklichen, welche
zweifelsohne schon in die Hexerei eingeweiht wären, in einer Badewanne sich
zu Tode bluten zu lassen. Das Gericht bezog sich dabei auf einen Ausspruch
des Bodinus, nach welchem alle, die mit dem Teufel einen Bund schlössen,
vor Allem die Pflicht übernähmen, dem Teufel ihre Kinder, sobald sie
geboren wären, zuzueignen. -- Als der unglückliche Vater vor dem Gange zum
Scheiterhaufen noch einmal die Kinder zu sehen wünschte, ward ihm vom
Scharfrichter eröffnet, dass sie bereits todt wären[133]. -- Der grosse
=Keppler=, der sich zu wissenschaftlichen Zwecken in Regensburg aufhielt,
musste eiligst nach Wyl im Württembergischen reisen, um seine Mutter zu
retten, die als Hexe hingerichtet werden sollte[134].

Ein grausiges inneres Erbeben erfüllte daher damals die Gemüther von
Millionen in Deutschland. Denn zu dem Schrecken, den die fortwährend jeden
Einzelnen bedrohende Hexenverfolgung hervorrief, kam noch die Angst und
Furcht vor dem geheimen Treiben der Hexen, die hin und wieder die
frappantesten epidemischen Erscheinungen hervorrief. Zu Calw im
Württembergischen wurde im Jahr 1673 namentlich die Jugend von einer
solchen Epidemie erfasst. Kinder von sieben bis zehn Jahren gaben vor,
nächtlicher Weile auf Gabeln, Böcken, Geisen, Hühnern, Katzen in
Hexenversammlungen entführt zu werden, wo sie die heil. Dreieinigkeit
verleugnen und mitessen und trinken müssten. »Die armen Kinder selbst sind
voll Schrecken und Angst, besonders in der nächtlichen Finsterniss und
Einsamkeit, beten selbst und flehen zum Theil bisweilen, man solle für sie
beten. Man hat aber durch fleissiges Bewachen und Hüten der Kinder in
vielen Nächten wahrgenommen, dass wahrhaftig ihr Leib nirgends
hinweggeführt wird, sondern im Bett oder auch im Schooss und in den Armen
der Eltern und wachender Anverwandten liegen bleibt, bei einem Schlaf, der
bei einigen ganz natürlich scheinet, dass man sie leicht erwecken kann, bei
anderen aber einer harten Erstarrung ähnlich ist, dabei auch etwa die
Glieder derselben erkalten.« -- Eine aus Juristen und Theologen
zusammengesetzte Commission untersuchte die Sache, und -- verurtheilte eine
alte Wittwe mit ihrem Stiefenkel zum Tode und verwies mehrere andere aus
der Stadt, wonach endlich wieder allmählich sich Alles beruhigte[135].


FUSSNOTEN:

[90] _L. T. Spittler_, Gesch. des Fürstenthums Hannover, (Hannov. 1798),
B. I. S. 304-307.

[91] _Spittler_, S. 304: -- num (sagae) ea praestare et efficere passent,
quae tormentis ad actae perpetrasse se fatentur.

[92] Neues vaterländisches Archiv des Königreichs Hannover von _G. H. G.
Spiel_ und E. Spangenberg, B. II, (Lüneb. 1822), S. 66.

[93] v. Raumer, märkische Forschungen, B. I. S. 257 ff.

[94] _Silberstein_, S. 218 ff.

[95] Vgl. _L. Rapp_, die Hexenprozesse und ihre Gegner aus Tirol
(Innsbruck, 1874) S. 18-24.

[96] In dem interessanten (von _Schönherr_ im »Tiroler Boten« 1873,
Nr. 181-190 dargestellten) Prozess gegen den Zauberer Matth. Niederjocher
von Schwaz vom Jahr 1650, welcher beschuldigt war, Erze und Bergwerke
»verthan« (d. h. verzaubert) zu haben, kamen auch ein paar »Glasteufel« vor
(in Glasgefässe eingeschlossene spiritus familiares oder Dämonen). Einer
davon wurde an zwei Bauern aus dem Zillerthale um hohen Preis verkauft.

[97] _Rapp._ S. 25 ff.

[98] _C. Haas_, »die Hexenprozesse« (Tüb., 1865) S. 102-108.

[99] _Bopp_ in Rotteck's und Welcker's Staatslexikon, B. VII. S. 6.

[100] _H. Schreiber_, die Hexenprozesse zu Freiburg im Breisgau, Offenburg
in der Ortenau und Bräunlingen auf dem Schwarzwald. (Freib. 1836) S. 16 ff.

[101] _Pfaff_, die Hexenprozesse zu Esslingen im sechszehnten und
siebenzehnten Jahrhundert, in der Zeitschr. für die Kulturgesch., 1856,
S. 347 ff.

[102] _R. Reuss_, La sorcellerie, S. 198-199.

[103] Das Mandat s. abgedruckt bei _Reuss_, S. 180-181.

[104] Nach Akten im Staatsarchiv von _Keller_ in der Schrift: »die
Drangsale des Nassauischen Volkes im dreissigjährigen Kriege«, S. 135
mitgetheilt.

[105] Sie waren meistens, wie der Defensor sagt: hujus criminis delatores,
accusatores et sparsores.

[106] Ein ziemlich vollständiges Referat über die Verhandlungen und
Vorgänge bei einem 1655 zu Marburg geführten Hexenprozess hat der bekannte
Philosoph _Tiedemann_ in den »Hessischen Beiträgen zur Gelehrsamkeit und
Kunst«, B. II. (Frankf. 1787), S. 577-605 geliefert.

[107] So lautet z. B. das Schlussactum eines Hexenprozesses zu Rotenburg in
Hessen von 1668 so:

                          »Urtheil.«

»In Sachen Fürstl. Hessisch-Rheinfelsischen Fiscalis, peinlichen
Amtsanklägers eines-, entgegen an Else Baldewins, peinliche Beklagte
anderen Theils, beschuldigte Hexerei in actis mit mehreren angezogen,
betreffend, wird von uns peinlichen Richtern und Schöffen des Fürstl.
Rheinfels. hohen Halsgerichts zu Rotenburg allem Vorbringen nach auf
vorgehabtem Rath der Rechtsgelehrten zu Recht erkannt: dass peinlich
Beklagte von der ordentlichen Strafe der Hexerei zwar zu absolviren, jedoch
aber wegen verübten Excessus ihr zur Strafe und den Anderen zum Exempel auf
ein Jahr lang ad opus publicum zu verdammen sei; wie wir dann dieselbe
dergestalt, als vorsteht, hiermit respective absolviren und verdammen, von
Rechtswegen.«

Hierauf folgt die Unterschrift der juristischen Fakultät zu Marburg:

»Dass dieses Urtheil den uns zugeschickten Akten und Rechten gemäss sei,
bezeugen wir Decanus und anderen Doctores der Juristenfakultät in der
Universität zu Marburg in Urkund unseres hierneben aufgedrückten
Fakultätsinsiegels.«

[108] Der Titel des Buches ist: »Processus juridicus contra sagas et
veneficos d. i. rechtlicher Prozess, wie man gegen Unholde und zauberische
Personen verfahren soll, mit erweglichen Exempeln und wunderbaren
Geschichten, welche sich durch Hexerei zugetragen, ausführlich erklärt.«

[109] Wir theilen das (im Staatsarchive zu Marburg aufbewahrte) Protokoll
dieser Tortur diplomatisch genau mit:

»Hieruff ist ihr nochmals das Urthel vorgelessen worden undt errindert
worden, die warheit zu sagen. Sie ist aber bestendig bey dem leugnen
blieben, hatt sich selber hertzhafft undt willig aussgezogen, worauff sie
der Scharffrichter mit den handen angeseilet, hatt wieder abgeseilet,
peinlich Beklagtin hatt geruffen: =O wehe! O wehe!= ist wieder angeseilet,
hatt lautt geruffen: =O wehe! O wehe! Herr im Himmel, komme zu Hülffe!= Die
Zähe sindt angeseilet worden, hatt umb rach geruffen, undt ihr arme brechen
ihr. Die Spanischen Stieffel sindt ihr uff gesetzet, die Schraube uffm
rechten Bein ist zugeschraubet, ihr ist zugeredet worden, die warheit zu
sagen. Sie hatt aber daruff nicht geundtwordtet. Die Schraube uffm lincken
Bein auch zugeschraubet. Sie hat geruffen, =sie kennte undt wüste nichts=,
hatt geruffen, =sie wüste nichts, hatt umbs jüngste gericht gebetten, sie
wüste ja nichts=, hatt sachte in sich geredet, sie wüste undt kennte
nichts. Die lincke Schraube gewendet, peinlich Beklagtin ist uffgezogen,
sie hatt geruffen! =Du lieber Herr Christ, komme mihr zu Hülffe!= sie
kennte und wüste nichts, wan man sie schon gantz todt arbeitete. Ist hoher
uffgezogen, ist stille worden undt hatt gesagt, sie wehre keine Hexe. Die
Schraube uffm rechten Bein zugeschraubet, woruff sie =O wehe!= geruffen. Es
ist ihr zugeredet worden, die warheit zu sagen. Sie ist aber dabey blieben,
das sie nichts wüste, ist wieder niedergesetzet worden, die Schrauben
seindt wieder zugeschraubet, hatt geschrien: =O wehe! O wehe!= wieder
zugeschraubet uffm rechten Bein, ist stille worden und hatt nichts
antwortten wollen, zugeschraubet, hatt laut geruffen, wieder stille worden
undt gesagt, sie kennte und wüste nichts, nochmahls uffgezogen, sie
geruffen: =O wehe! O wehe!= ist aber bald gantz stille worden, ist wieder
niedergesetzt undt gantz stille blieben, die Schrauben uffgeschraubet. Es
ist ihr vielfeltig zugeredet worden, sie ist dabey blieben, dass sie nichts
kennte oder wüste. Die Schrauben hoher undt zugeschraubet, sie lautt
geruffen undt geschrien, =ihre mutter unter der Erden solle ihr zu Hülff
kommen=, ist baldt gantz stille worden undt hatt nichts reden wollen.
Hartter zugeschraubet, woruff sie anfangen zu kreischen undt geruffen, sie
wüste nichts. An beyden Beinen die Schrauben hoher gesetzet, daran
geklopfet, sie geruffen: =Meine liebste mutter unter der Erden, o Jesu,
komme mihr zu Hülffe!= Am lincken Bein zugeschraubet, sie geruffen und
gesagt, sie wehre keine Hexe, das wüste der liebe Gott, es wehren lautter
Lügen, die von ihr geredet worden. Die Schraube am rechten Bein hartter
zugeschraubet, sie anfangen zu ruffen: aber stracks wieder gantz stille
worden. Hieruff ist sie hinausgeführet worden von dem Meister, umb ihr die
Haere vom Kopf zu machen. Daruff er, der Meister, kommen und referirt, dass
er das stigma funden, in welchem er eine nadel über gliedts tieff
gestochen, welches sie nicht gefühlet, auch kein Blut herausgangen. Nachdem
ihr die Haare abgeschoren, ist sie wieder angeseilet worden an handen und
fuessen, abermahls uffgezogen, da sie geklagt undt gesagt, sie müste nun
ihr liebes Brodt heischen, hatt laut geruffen, ist wieder gantz stille
worden, gleich als wan sie schlieffe. Indem fienge sie hartt wieder an zu
reden. Die Schraube am rechten Bein wieder zugeschraubet, da sie lautt
geruffen, die lincke Schraube auch zugeschraubet, wieder geruffen, undt
stracks gantz stille worden, undt ihr das maul zugangen. Am lincken Bein
zugeschraubet, woruff sie gesagt, =sie wüste von nichts, wan man sie schon
todt machete=. Besser zugeschraubet am rechten Bein, sie gekrischen,
endlich gesagt, sie könte nichts sagen, man solte sie uff die Erde legen
undt todt schlagen. Am lincken Bein zugeschraubet, uff die Schrauben
geklopfet, hartter zugeschraubet, nochmahls uffgezogen, endtlich gantz
wieder loes gelassen worden.

  (gez.) J. Jacob Blanckenheim. (gez.) Friderich Bauod.
        (gez.) J. Hirschfeld, (gez.) M. F. Rang.

Meister Christoffel, der Scharffrichter, berichtet, als sie peinlich
Beklagtin die Hare abgeschnitten, habe sie an seinen Sohn begehrt, das man
sie doch nieht so lange henken lassen mochte, wann sie uffgezogen wehre.«

[110] _E. F. Keller_, die Drangsale des Nassauischen Volkes und der
angrenzenden Nachbarländer in den Zeiten des dreissigjährigen Krieges;
Gotha, 1854, S. 132-139.

[111] Vgl. _Götze's_ Mittheilung in den Annalen für Nass. Alterthumskunde,
B. XIII. S. 327.

[112] _Trummer_, Vorträge etc. S. 123 ff.

[113] _Trummer_, ebendas. S. 144.

[114] _F. W. Barthold_, Gesch. von Rügen und Pommern, Theil 4, Band 2,
S. 485-500.

[115] _Förstemann_, Kleine Schriften zur Gesch. der Stadt Nordhausen, I.
S. 102.

[116] _Zeitfuchs_, Stolbergische K. u. R. Historie, S. 350.

[117] _J. Baader_ hat den Prozess in dem Anzeiger des Germanischen Museums,
1876, B. XXIII. S. 259 ff. veröffentlicht.

[118] Rubr. Hoffmännin contra Bürgermeister und Rath der Stadt Offenburg,
Mandati poenalis sine clausula de administranda justitia.

[119] _Schreiber_, die Hexenprozesse im Breisgau, S. 22.

[120] _Schlözer_, Staatsanzeiger, B. II, 1831, S. 150.

[121] In _Hitzig's_ Annalen, B. 26, S. 101 ff.

[122] _Hitzig's_ Annalen, B. XXV. S. 305-306.

[123] In Hitzigs Annalen, B. XXVI. wird S. 76 ff. ein von dem Schultheissen
zu Tambach 1674 geführter Hexenprozess mitgetheilt, der durch eine
Besessene veranlasst war, welche der Inquisitin Schuld gegeben hatte, ihr
in einem Stückchen Kuchen den Teufel beigebracht zu haben. Am 15. Januar
1674 begann der Prozess und am 30. März, frühmorgens ging man, zunächst mit
Vorzeigung der Folterwerkzeuge, zur scharfen Frage vor. Allein nach
Beendigung der ersten Tortur lautete die Erklärung der Inquisitin: »sie
wäre zwar eine arme Sünderin, aber keine Hexe«. Daher heisst es in dem
Torturprotokoll weiter: »Hierauf ist sie wieder auf die Leiter gestellt und
sind die Riemen angezogen, ihr auch die Beinschrauben angelegt worden; aber
hat Alles nichts gefruchtet, bis nach zehn Uhr, da sie den Kopf hängen
lassen, die Augen sperrweit aufgemacht, dieselbe verdreht, sich gebäumt,
das Maul verdreht, geschäumt und so abscheulich ausgesehen, dass man sich
nicht genug zu entsetzen und zu fürchten gehabt; worauf, wie sonst öfters
wechselsweise geschehen, der Nachrichter sie herunter gelassen, ihr
zugerufen und gebetet: »Christe du Lamm Gottes etc.« und andere liebe
Passionsgesänge: »O Lamm Gottes etc.«, ihr auch Wein in den Mund gegeben
und auf allerlei Weise gesucht sie zum Geständniss zu bringen, aber Alles
vergebens. Denn sie dagestanden wie ein Stock. Gegen elf Uhr, da sie ganz
wieder zurecht, ist nach treufleissiger Erinnerung wieder ein Versuch mit
ihr gemacht worden; da sie dann, ehe der Nachrichter sie recht angegriffen,
abermals die Augen verkehrt, das Maul gerümpft und sich so schrecklich
gestellt, dass man augenscheinlich spüren und merken müssen, es gehe mit
ihr von rechten Dingen nicht zu, sondern Satanas habe sein Werk in ihr. --
Weil man denn nun bei dieser ihrer Verzückung nicht anders gemeint, als
Satanas habe ihr, weil Kopf und Alles geschlottert, den Hals gebrochen,
oder was noch nicht geschehen, würde noch geschehen, als hat man sie aus
der Stube an ihren Ort gebracht, ob Gott auf andere Weise und Wege ihre
Bekehrung suchen werde, und also ist sie ohne Geständniss fernerer Tortur
entkommen.«

Unter diesem Protokoll steht geschrieben: Notitur. Als ungefähr eine Stunde
nach der Tortur ich mit der anderen Inquisitin zu thun gehabt im
Nebenstüblein, und man nicht anders gemeint, (als) Wiegandin thäte kein
Auge auf und läge gleichsam in ecstasi, hat sich auf Einmal in ihrem
Gefängniss ein gross Gepolter erregt. Da man nun zugelaufen, hat sich
befunden, dass sie von ihrem Ort, all wo sie ausgestreckt gelegen, hinweg
und ausserhalb dem Thürlein des Gatters, welches doch ziemlich niedrig und
schmahl, vorm Ofen auf einem Klumpen gelegen, da man sie dann mit vieler
Mühe wieder an ihren Ort bringen müssen; alsdann Jedermann davon gehalten,
es ginge von rechten Dingen nicht zu, der Satan müsse sie hinausgerissen,
und ihr seinen Dank, dass sie sich so wohl gehalten, gegeben haben.

                                         Joh. Benedikt Leo. (!!!)

[124] _Hitzig's_ Annalen, B. XXVI. S. 56 ff.

[125] Dieselbe wird mit Daumenstöcken, spanischen Stiefeln und Aufziehen an
der Leiter »ein baar Stunden« gefoltert, leugnet aber hartnäckig eine Hexe
zu sein. Man foltert daher in grässlicher Weise weiter und redet der
Gefolterten beweglich zu. »Hat sie endlich gewehklagt und gesagt: Der
Nachrichter soll sie doch herunter lassen, dem wir aber widersprachen und
begehrten, sie sollte zuvor sagen, wann, wie und wo sie zur Hexerei
gekommen. -- =Ad quod illa=: Man sollte sie herunter thun, sie wollte
sterben als eine Hexe und sich verbrennen lassen. -- =Nos=: ob sie denn
eine Hexe sei? -- =Illa=: Nein, so wahr als sie da stünde, wäre sie keine
Hexe. Sie wüsste nichts und könnte nichts; man möchte mit ihr machen, was
man wollte. -- =Nos=: Sie möchte sagen, was sie wollte, so wären so schwere
Anzeigen wider sie da, welche machten, dass man ihr sogleich nicht glauben
könnte. -- =Haec= begehrt nochmals, man möge sie herunterthun, die Arme
thäten ihr wehe, man sollte ihr zu trinken geben. -- =Nos=: Wenn sie gleich
zubekennte, so sollte sie gleich heruntergelassen und ihr, was sie begehre,
gegeben werden. Ob nicht wahr, dass sie eine Hexe sei? -- =Haec=: Sie
müsste etwa vom Teufel heimlich sein verführt worden. -- =Nos=: Ob sie denn
verführt worden? wann und wo? -- =Haec=: Ja nu, nu, »ich mich erst
besinnen.« Er müsste im Kohlholz zu ihr gekommen sein, da sie vielleicht
nicht gebetet oder sich Gott nicht befohlen haben würde. -- =Nos=: Wann es
geschehen? -- Haec: als ihr Mann noch gelebt, müsste Er (der Satan) etwa am
Nesselberge zu ihr gekommen sein, als der Amtsverweser noch da gewesen,
müsste er sie am Nesselberge mit Listen so bekommen und sie in Essen und
Trinken verführt haben. -- =Nos=: Es gelte und heisse hier nicht, »=es
müsste, es müsste= u. s. w.« sondern sie sollte pure antworten: entweder Ja
oder Nein. Sie sollte sagen: ob sie nicht das Hexen gelernt, wo, wie und
wann? -- Nota: Weil man an ihr gemerkt, dass sie auf gutem Wege sei, hat
man sie von der Leiter gelassen, sie von Allem ledig gemacht, sie auf einen
Stuhl niedergesetzt und sie zum Geständniss beweglich und umständlich
ermahnt. -- Haec: sie wolle es sagen, ja sie sei eine Hexe« u. s. w. (Hier
folgen nun ganz positive Angaben, wie sie in allen Hexenprozessen
vorkommen.) Die Unglückliche wurde verbrannt, doch vorher wahrscheinlich
strangulirt.

Die Kosten der Speisung und Ergetzung der bei der Exekution zugegen
gewesenen Amtspersonen betrugen 5 Mfl. 13 Gr. 3 Pf. (14 Mark 30 Pf.) Von
den dreizehn »Gästen« wurden nämlich 17 1/2 Maass Wein und 26 Kannen Bier
vertrunken. Zu der Exekution selbst wurden 3 Klafter Holz und 2 Schoss
Reissig verbraucht, welche inclusive der Anweisegebühr und des Fuhrlohns
4 Mfl. 8 Gr. kosteten.

[126] Theatrum Europ. Th. X. S. 447.

[127] Zeitschr. des Vereins für Gesch. und Alterthumskunde Schlesiens.
1856, I. S. 119.

[128] _Roskoff_, II. S. 311.

[129] _Roskoff_, II. S. 313.

[130] Merkw. Hexenpr. gegen den Kaufmann Köbbing, S. 100.

[131] _Horst_, Dämonomagie, S. 198.

[132] Das Festmachen gegen Hieb und Stich nannte man die »Passauische
Kunst.«

[133] Vgl. U -- hu -- hu! oder Hexen-, Gespenster-, Schatzgräber- und
Erscheinungsgeschichten, Erfurt, 1785-1792, B. 4, S. 26-84.

[134] Der Prozess dauerte von 1615-1621. Vgl. darüber _v. Breitschwert_, J.
Keppler's Leben und Wirken, Stuttg. 1831.

[135] _Schindler_, der Aberglaube des Mittelalters, theilt dieses S. 340
nach _Theophil. Spitzelius_, Gebrochene Nacht der Finsterniss, mit.



  ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL.

  Die Hexenprozesse von der zweiten Hälfte des sechszehnten bis
  zum Ende des siebenzehnten Jahrhunderts ausserhalb Deutschlands.


In =Ungarn= treten Hexenprozesse erst seit dem zweiten Jahrzehent des
siebenzehnten Jahrhunderts hervor[136]. Es wurde nämlich nach dem Zeugniss
des gleichzeitigen Kronstädter Stadtpfarrers Markus Fuchs in Ungarn um 1615
eine grosse Menge von Hexenmeistern und Hexen verbrannt, weil sie den
Willen gehabt haben sollten, durch ihre Teufelskünste ganz Ungarn und
Siebenbürgen mittelst Hagelschlags zu verderben. Ueber die Entdeckung des
Vorhabens wird Folgendes berichtet: Ein zehn- bis zwölfjähriges Mädchen
ging mit ihrem Vater in den Weinberg, und da er über die anhaltende Dürre
klagte, so sprach sie zu ihm, sie könnte, wenn er es wünschen sollte,
leicht Regen, ja auch Hagel machen. Als sie nun der Vater fragte, woher sie
dieses gelernt habe, nannte sie ihre eigene Mutter als ihre Lehrmeisterin
und liess auch augenblicklich ein schreckliches Unwetter über den
elterlichen Weinberg hereinbrechen, wobei nach dem Wunsche des Vaters die
Grundstücke der Nachbarn ganz verschont blieben. Der Vater aber zeigte die
Sache dem Gericht an, infolge dessen Mutter und Tochter in Haft genommen
und, nachdem sie eine Menge Mitschuldiger genannt hatten, justifizirt
wurden. »Die Sache war von höchster Gefährlichkeit,« setzt der
Berichterstatter hinzu, »weil, wenn man sie nicht entdeckt hätte, in kurzer
Zeit von den Früchten und Reben in Ungarn und Siebenbürgen nichts übrig
geblieben wäre.«

Um dieselbe Zeit waren die Hexenprozesse auch in =Siebenbürgen=, im
=Sachsenlande= in Gang gekommen. Im Allgemeinen war das Gerichtsverfahren
in Ungarn (wo die Hexen ihren Hauptversammlungsort auf dem St. Gerhardsberg
bei Ofen hatten) und in Siebenbürgen dasselbe wie in Deutschland; doch
fehlte es nicht an charakteristischen Eigenthümlichkeiten. -- In Ungarn
nannte man die Hexen (lateinisch): Ligantes, Albae mulieres, Xurguminae,
Bruxae, in Siebenbürgen: Tridler, Truden, Hundsart, zauberischer
Donnerschlag (welcher letzte Ausdruck auf den heidnischen Donar hinweist).
Sie versammelten sich in Siebenbürgen in einem wüsten Hof, auf einem Berg,
Wasen, im Pfefferland etc. An manchen Orten kamen verschiedene
Gesellschaften von Hexen (Compagnien, eigene Arten derselben) zusammen, mit
Trommel und Geige. Die letztere führt der »Trudengeiger«. Er sitzt, wie der
Spruch »trudegëger bûmstëger« beweist, auf einem Baum, auch wohl auf dem
Brunnenschwengel und bewahrt sein Instrument in einer Nussschale. -- Die
Hexen können den Menschen schädigen an Allem, was er hat. Doch ist in den
sächsischen Hexenprozessen selten der Beschädigte der Ankläger, sondern der
Verdächtige wird moralisch gezwungen, den Prozess selbst anhängig zu
machen. Fast alle Hexenprozesse sind hier in ihrer Entstehung
Injurienprozesse und gestalten sich erst im Verlaufe der Verhandlungen zu
einem peinlichen Rechtsstreit aus. Allgemein aber gilt noch der germanische
Rechtsgrundsatz: »wo kein Kläger, da kein Richter.« Der Hexenprozess ist im
Sachsenlande kein Inquisitionsprozess, sondern es herrscht hier noch im
ganzen siebenzehnten und achtzehnten Jahrhundert das alte Verfahren, so
dass hier auch von keinem Fiskal die Rede ist. -- Zur Klage selbst wurde
der Verdächtige gedrängt entweder durch die vom Pfarrer (wegen
ausgesprochenen Verdachts des Teufelsdienstes) verhängte Excommunikation
oder durch die Nachbarschaft. Hatte Jemand einen Anderen im Verdacht der
Zauberei, so redete er ihn desshalb vor Zeugen und öffentlich an (»du Trud!
du zauberischer Donnerschlag!«), oder er sandte zwei Nachbarn zu ihm, mit
der Aufforderung, den angerichteten Schaden wieder gut zu machen oder die
Kriminalklage zu gewärtigen. Diese Aufforderung durfte nicht
unberücksichtigt bleiben. Es musste entweder die Versöhnung erfolgen oder
der Beschimpfte musste sein »Recht suchen«. Geschah keins von beiden, so
schloss der Pfarrer den Betreffenden von der Communion und die
Nachbarschaft schloss ihn von Feuer und Wasser aus, womit ihm alle
bürgerliche Ehre und aller Glaube entzogen war. Scheiterte die Versöhnung
an der Hartnäckigkeit der einen oder andern Partei, so musste der
Beschimpfte vor dem »sitzenden Gericht«, vor Königs- und Stuhlrichter
erscheinen und gegen seinen Beleidiger einen Injurienprozess anhängig
machen. Dieses geschah an dem von dem Gericht anberaumten Tage anfangs nur
mündlich, im achtzehnten Jahrhundert auch schriftlich. Die Beschimpfung
wurde von dem Beklagten ganz gewöhnlich eingestanden und der Beweis
angeboten. Nach einer fünfzehntägigen Exmission wurden die Zeugen von dem
Angeklagten vorgeführt, und nur wenn die zuerst vorgeführten das Verbrechen
nur »scheinbar« gemacht hatten, wurde eine Frist zur Herbeiführung neuer
Zeugen gestattet. War das Verbrechen nicht scheinbar gemacht oder war es
erwiesen worden, so wurde alsbald das Urtheil gefällt. -- In der Regel
häuften die Zeugen allen Wust des allgemeinen Geredes und des Aberglaubens
auf den unglücklichen Kläger, der sich nun plötzlich als Angeklagten
dastehen sah. -- War dann durch das Verhör dem Verdacht »ein Schein
gemacht«, so war das Gericht in der Sache, weil sie »den Hals und Bauch
anging«, nicht mehr zur Fällung des Urtheils competent, wesshalb es das
ganze bis dahin geführte Protokoll »ad majorem causae dilucidationem et
discussionem« dem »Rath« als der mit dem Blutbann betrauten Behörde
übersandte, der dann sofort zur Verhaftung und Haussuchung schritt. Die
Gegenstände, die bei der letzteren als verdächtig auffielen (Scherben,
Töpfchen, in denen sich »Geschmier« nachweisen liess, ein Strohwisch im
Stall, ein Federwisch u. dgl.) wurden dem Rath übergeben. Da nun diese
Dinge einerseits ohne Weiteres »ein gewisses specimen Magicae artis«
ergaben und die Beklagten doch nicht eingestehen wollten, dass sie
dieselben zu Zaubereien gebraucht hätten, und da man andererseits in den
Hexenprozessen nur nach »gichtigem Mund« d. h. nach dem Geständniss des
Angeklagten verurtheilen konnte, so schritt man, um dieses zu erhalten,
gewöhnlich zu dem Gottesurtheil der Wasserprobe oder des Hexenbads, -- das
in Ungarn schon von den Zeiten des heil. Ladislaus her üblich war. Diese
Wasserprobe ist -- Dank der Geschicklichkeit der siebenbürgischen
Scharfrichter! -- allemal zum Nachtheil der Angeschuldigten ausgefallen.
Doch hat es zahlreiche Fälle gegeben, in denen die Probe -- gewöhnlich die
»Schwemmung« genannt -- nicht zum Geständniss führte. In diesem Falle
ging's mit der »geschwemmten« Person alsbald zur -- Folter. Hatte man mit
derselben das gewünschte Geständniss erpresst, dann wurde unter Mitwirkung
aller Glieder des Raths das Urtheil gefällt, und zwar -- da das sächsische
Statutarrecht keine speziell für Hexerei bestimmte Strafe enthielt -- nach
dem kaiserlichen Recht, das in diesen Fällen zur Ergänzung des Landrechts
verwendet ward. Im siebenzehnten Jahrhundert ward in der Regel auf
Feuerstrafe, später zum Oefteren auf Hinrichtung mit dem Schwerte erkannt.
Jetzt erst kam die Geistlichkeit mit dem Prozess in Berührung, indem ein
Geistlicher die Verurtheilten zur Richtstätte begleitete. Auf derselben
angekommen, forderte ein Beamter die Verurtheilten auf, nochmals die
Wahrhaftigkeit und Freiwilligkeit der gemachten Geständnisse zu bekennen
und die Mitschuldigen anzugeben. Auf diesem Wege wurde oft eine ganze Reihe
von Personen, die sich des besten Rufes erfreuten, der Hexerei verdächtig.
Zuweilen geschah es auch, dass wer bei der Wasserprobe oder bei der
Hinrichtung seine Theilnahme für die unglückliche Hexe etwas allzulaut
aussprach, dadurch selbst in Verdacht kam. So wurde, als man am
26. November 1650 zu Reps in Siebenbürgen zwei Männer schwemmte, auch ein
Dritter »auf Verdacht probiret.« Nun ging derselbe zwar im Wasser unter,
aber er wurde doch, »weil er zuvor viel unnützlich geredet« nur gegen
sichere Bürgschaft (von 80 fl.) freigegeben[137]. --

Im Umfange der heutigen =Schweiz= hatte sich im Jurisdictionsgebiet des
Bischofs von =Lausanne= der Hexenprozess aus dem Ketzerprozess so
entwickelt, dass hier die Versammlungen der Hexen durch das ganze
sechszehnte und siebenzehnte Jahrhundert hin ganz ebenso wie weiland die
der Ketzer allgemein mit dem Namen »Sekte« bezeichnet wurden. Doch liegen
über den Beginn der Hexenverfolgung erst von 1580 an Nachrichten vor.
Damals kam in dem Neuchateler Val-de-Travers ein Hexenprozess vor, dem in
den Jahren 1581, 1585 und 1586 andere Prozesse nachfolgten. Doch traten
dieselben bis zum Jahr 1607 immer nur vereinzelt hervor. Erst seit diesem
Jahre kam die Seuche der Hexenverfolgung, immer grausiger anwachsend, zum
Ausbruch[138]. Allein in der Grafschaft Valangin fanden in den Jahren
1607-1667 achtundvierzig Hexenprozesse statt. Allein im Jahr 1619 wurden in
Valangin zehn Hexen verbrannt. In einem der kleinsten der neun
Gerichtsbezirke des Neuchateler Landes, in Colombier, verbrannte man in den
beiden Jahren 1619 und 1620 dreizehn Hexen und Zauberer. Der Kastellan von
Thielle liess in seinem winzigen Gerichtsbezirk 1647 in zwei Monaten elf,
im November 1665 zehn Hexen verbrennen[139]. Am entsetzlichsten wüthete
hier die Hexenverfolgung im Jahr 1685[140]. Damals wurden in Thielle auf
Befehl des Kastellans am 13. Nov. zwei, am 18. Nov. drei, am 24. Nov. fünf
Zauberer und Hexen verbrannt. -- In anderen Landestheilen mag es indessen
nicht viel besser hergegangen sein.

Das Prozessverfahren war ein sehr summarisches. Vom Tage der Einziehung
einer Verdächtigten bis zur Vollstreckung des Urtheils dauerte es in der
Regel nur zehn bis zwölf Tage; dann war Alles vorbei. Die Tortur wurde, wie
es scheint, in der Regel in jedem Prozesse nur Einmal angewandt, wobei es
aber doch an Grausamkeiten aller Art nicht fehlte. In der Grafschaft
Valangin kam der Fall vor, dass ein Richter eine auch unter den
furchtbarsten Martern ihre Unschuld behauptende Inquisitin, über diese
»Hartnäckigkeit« aufgebracht, in ihrem Kerkerloch einmauern liess[141].

Das Urtheil des Gerichts, welches regelmässig auf lebendige Verbrennung
lautete, musste der obersten Landesbehörde zu Neuchatel zur Bestätigung
vorgelegt werden. Von dieser wurden die Verurtheilten gewöhnlich zur
Erwürgung auf oder neben dem Scheiterhaufen begnadigt. -- Die
Exekutionen -- welche in Neuchatel vor der Schlossterrasse stattfanden --
galten als Volksschauspiele, zu denen regelmässig viele Tausende
zusammenströmten. Den Schluss des ganzen Akts bildete regelmässig eine
solenne Schmauserei[142], an welcher das gesammte Gerichtspersonal und
Andere (z. B. auch der Schulmeister, welcher die Glocken geläutet hatte,)
Theil nahmen. Nur die Henkersknechte speisten an einem besonderen Tisch.

Im Kanton =Bern= hatte sich allmählich die Praxis herausgebildet, dass
gegen die »Hexen« ganz nach den Regeln des Hexenprozesses verfahren, das
über die schuldig Befundenen gefällte Urtheil jedoch von dem Berner Rath in
eine mildere Strafe umgewandelt wurde. So kamen z. B. im Jahr 1651 von
zweiundfünfzig Todesurtheilen nur drei zu strenger Vollziehung.

In dem genannten Jahre gaben indessen einige im Waadtlande vorgekommene
Fälle zu einer neuen, humaneren Regelung der Hexenprozesse Anlass[143]. Der
Kastellan von Molondin hatte vier Geschwister Petrognet auf einfache
Anzeige hin einkerkern, durch den Henker visitiren lassen und ihnen,
obgleich sich nichts wider sie ergab, die Kosten für beides abgefordert.
Die vier Geschwister führten darüber in Bern Beschwerde, infolge dessen der
Gerichtsbeamte selbst verhaftet, und da es sich herausstellte, dass sowohl
er als sein Gerichtsherr sich Ungebührliches erlaubt, beide zum Tragen der
Kosten und zur vollen Entschädigung der Misshandelten verurtheilt wurden.
Aehnlich erkannte der Berner Rath kurz nachher über Etienne und Françoise
Borbosa von Lonay, welche ihre Unschuld durch standhaftes Ertragen der
Folter erwiesen, die Freilassung und zwar so, dass die Gerichtspersonen
wegen ungebührlichen Gebrauchs der Folter die Kosten zu tragen hatten.
Dieser letztere Fall insbesondere veranlasste nun den Rath das bestehende
prozessualische Verfahren aufs Neue zum Gegenstande der ernstlichsten
Erwägung zu machen, wobei sich schliesslich zwei Fragen als die für das
ganze Prozessverfahren massgebenden Gesichtspunkte herausstellten, nämlich
1) ob auf das am Leibe einer Eingezogenen vorgefundene Stigma soweit zu
fussen wäre, dass auf Grund desselben alle Marter angewendet werden
möchten, und 2) ob eine Anzeige, dass zwei oder mehrere Personen an hellem
Tage über Hexensachen sich unterhalten und verabredet, zum Einschreiten
einen gültigen Grund abgeben könnte. Beide Fragen wurden alsbald den
verschiedensten wissenschaftlichen Auctoritäten, namentlich den
medizinischen Fakultäten zu Bern und Basel, der Juristenfakultät und dem
Convente der Stadtgeistlichen zu Bern zur gutachtlichen Aeusserung
vorgelegt. Die Antworten, welche der Rath auf seine Anfrage erhielt,
lauteten von allen Seiten her verneinend. Namentlich erklärte sich in
diesem Sinne auch der Convent der Stadtgeistlichen, dem insbesondere die
Weisung zugegangen war, die Fragen theologisch nach der h. Schrift zu
prüfen und sich darüber auszusprechen, »ob nicht auch in diesen beiden
Stücken die arglistige Einmischung und Verblendung des Satans mit
unterlaufen könnte.« Das Responsum der Berner Prediger repräsentirt einen
Höhegrad von Intelligenz und Freimüthigkeit, der damals -- im Jahr 1651 --
nur selten wahrzunehmen war. Die Prediger antworteten nämlich nicht allein
auf beide Fragen mit dem entschiedensten Nein, sondern suchten in ihrem
Gutachten auch die socialen und kirchlichen Uebelstände nachzuweisen, in
denen die Krankheit der Hexerei wurzele, und die Mittel, durch welche sie
geheilt werden müsse. Die Prediger klagten darüber, dass die Bestellung der
weltlichen Aemter mehr nach Gunst als nach Kunst geschehe, dass deren
Inhaber wohl an ihren Eigennutz aber nicht an die Bestrafung der Laster
dächten, und dass sie vorkommende Streitigkeiten, statt sie in Minne
abzuthun, lieber zu Hass und Rachgier erwachsen liessen, zu deren
Befriedigung dann oft Hülfe bei dem Satan gesucht würde. Nicht minder
schlecht stünde es um den Kirchendienst, da nicht selten Ein Prediger zwei
oder drei Gemeinden versehen und darob die Unterweisung der Jugend
verabsäumen müsste. Zudem wären die Prediger zum Theil ungelehrt,
untauglich, fahrlässig, mitunter sogar ärgerlich im Wandel, wodurch dem
Satan und dessen Geschworenen Thor und Thür geöffnet würde. Auch die
Schulen, vor Allem die Dorfschulen, befänden sich im übelsten Zustand. Bei
allem Eifer der Obrigkeit wären doch die Leute gegen die Schule zu karg,
die Eltern gegen ihre Kinder zu schwach, so dass viele Kinder nicht einmal
beten könnten. Dazu käme die ungetreue Verwaltung der Aemter und Güter, die
übergrosse Toleranz gegen Gaukler, Wahrsager, Versegner, Hausirer mit
Bildern, Kreuzen und geweihten Wurzeln, Quacksalber, Gespensterbanner und
Geisterbeschwörer, »deren nicht weit von der Stadt sind und geduldet
werden«, und viel anderes »loses Gesindlein, welches, wenn es nicht einen
Bund hat mit dem Teufel, so ist es doch nicht weit davon.« Endlich wird
noch als Grund und Anlass der Hexensünden hervorgehoben die Unwissenheit
des Volkes über Gott und Gottes Wort, der Unglaube, die Ungeduld unter dem
Kreuz, der Geiz, Neid, die Hoffart und andere Leidenschaften, der Umgang
mit schlechten Personen, die Ausschweifungen in der Jugend, das
gegenseitige Verfluchen und Verwünschen, und »dass man fleissiger in den
Zauberbüchern und anderen brotlosen Künsten liest als in der Bibel.« -- Als
wesentlichstes Heilmittel gegen das arge Unwesen der Hexerei wird
bezeichnet: die christliche Wachsamkeit. Dieselbe soll sich so bethätigen,
»dass die verdächtigen Personen und Beklagten mit mitleidigem Ernst
erforscht werden, nicht alsbald mit der peinlichen Tortur durch die
Scharfrichter, welche zu Zeiten blutdürstige Leute sind und mit Künsten
umgehen, dadurch sie einen Teufel mit dem anderen sich unterstehen zu
fahen; sondern durch gelehrte und erfahrene Männer, die aus Gottes Wort mit
ihnen nach einem eifrigen Gebet reden, ob sie zum freien Bekenntniss ihrer
Missethat und herzlicher Begierde, aus den Klauen des höllischen Löwen
erledigt und hingegen des himmlischen und seligen Lebens theilhaftig zu
werden mögen bewegt werden.« Ganz besonders aber dringen die Geistlichen
darauf, dass die Geständnisse der Angeschuldigten auf das sorgfältigste zu
prüfen seien, »ob nämlich das (von ihnen) Bekannte möglich oder unmöglich
den Unholden, oder ihrem Meister, -- item an denen Orten oder Personen oder
Gütern, die geschädigt worden seien, es (wirklich) geschehen sei oder
nicht.« Ausserdem wird auch verlangt, dass die Predigten sich nicht in
Dunkelheiten der Dogmatik oder Fragen der Polemik verlieren, sondern dass
in apostolischer Einfalt und der Fassungskraft der Zuhörer gemäss zu
denselben geredet werde, und dass ebenso der Schulunterricht in einer der
Jugend wirklich fruchtbringenden Weise ertheilt werde.

Dieses war das ernste und weise Wort, welches die Berner Geistlichkeit dem
Rathe übersandte. In demselben war allerdings ebenso wie in den Gutachten
der medizinischen und juristischen Fakultäten der Glaube an die Möglichkeit
des Teufelsbundes und der Hexerei festgehalten, aber der bisherige
=Hexenprozess= wurde doch in seinen Grundlagen erschüttert. Unmöglich
konnte es daher in der bisherigen Weise weiter fortgehen, was namentlich
der Berner Rath recht wohl einsah. Zur Berathung eines neuen
Prozessverfahrens wurde alsbald eine Commission niedergesetzt, welche
bedeutet ward, dass einerseits auf die Vorschläge der Geistlichkeit zur
Entfernung öffentlicher Missstände und zur religiös-sittlichen Hebung des
Volks Bedacht genommen, andrerseits über die Zeichen, ob sie zur Vornahme
der Tortur genugsam seien oder nicht, ein Vortrag abgefasst und die alte
Ordnung revidirt vorgelegt werde. In der Zwischenzeit gebot man den
welschen Amtleuten (14. November 1651) vorläufig bei Verhaftungen wegen
Hexerei keinerlei Tortur anwenden zu lassen, sondern in jedem Falle
umständlich einzuberichten und den Bescheid zu gewärtigen, auch auf die
Angebungen wegen gehaltener Gespräche u. dgl., es sei bei Tage oder bei
Nacht, als auf teuflische Illusion keine Rücksicht zu nehmen. Unter dem
29. Dezember 1651 wurde dann die durchgesehene und mannigfach verbesserte
=Prozessordnung= veröffentlicht. Nach derselben sollten vage Anzeigen von
Verhafteten, angebliche Abreden zum Bösen gar nicht mehr in Betracht
kommen. Nur in Fällen von besonderer Wahrscheinlichkeit soll eine
Voruntersuchung über die Umstände der gesprochenen Worte und den Leumund
des Betreffenden stattfinden, ein weiteres Vorgehen dagegen erst auf
obrigkeitlichen Befehl. Betrifft jedoch die übereinstimmende Anzeige zweier
Personen eine begangene Missethat, so sei mit Verhaftung, Confrontation und
Besichtigung einzuschreiten, zugleich aber die geschehene Thatsache der
Vergiftung von Menschen oder Thieren in sichere Erfahrung zu bringen. Erst
in dem Falle, wenn dieses sich wirklich ergebe, die Anzeiger überdies
beständig bleiben, der Leumund nachtheilig laute und der Beklagte
dessenungeachtet kein Bekenntniss ablege, dürfe man zur »ziemlichen« Folter
schreiten, über deren Ergebniss sodann wieder berichtet werden solle.
Dieselbe wird indessen auf das Anhängen eines Gewichts von höchstens
hundert Pfund mit nur dreimaligem Aufziehen beschränkt und dabei wird die
gebührliche Rücksichtnahme auf persönliche Umstände zur Pflicht gemacht.

Ausserdem übersandte der Berner Rath das Gutachten des Convents auch der
waadtländischen Geistlichkeit zur berichtlichen Aeusserung zu, die zwar
nicht die Unabhängigkeit und Freiheit des Urtheils besass, durch welche die
Berner hervorragten, dasselbe aber doch im Wesentlichen billigte.

Die Frucht aller dieser Verhandlungen trat bald in mancherlei Weise zu
Tage. Sogleich auf die letzte Verordnung der Regierung hin zeigt sich in
den Rathsmanualen eine auffallend grössere Sorgfalt bei der Prüfung der
eingehenden Prozessverhandlungen, die auch öfters als ungenau und
mangelhaft zurückgewiesen werden. Anstatt sofort zur Tortur zu schreiten,
wird es üblich, dass zwei Geistliche den stark Verdächtigen zum Bekenntniss
der Wahrheit zu bewegen trachten sollen. Mehrmals gibt man die Frage zu
bedenken, ob nicht Melancholie d. h. Geisteskrankheit überhaupt sich
annehmen lasse. Gerichte, die leichtfertig und willkürlich vorgingen,
erhielten scharfe Verweise, mussten die Gefangenen augenblicklich in
Freiheit setzen, und zwar, was wohl ihren allzu raschen Eifer in Etwas
dämpfen sollte, ohne Vergütung der Kosten. Der vorgekommene Fall, dass ein
Angeklagter auf das gefundene Stigma hin grausam gefoltert, nachher aber
kein Stigma mehr an ihm zu entdecken war, gab den warnenden Beweis, wie
leicht man sich in dieser Sache irren und Unschuldige misshandeln könne,
was zur Aufstellung einer Anzahl darauf bezüglicher Vorschriften führte.
Die Besichtigung sollte demnach durch Sachverständige am hellen Tage und an
einem hellen Orte geschehen, über das Ergebniss eidlich referirt, jedoch
nichts protokollirt werden, man habe denn das Zeichen zum dritten Male
geprüft[144]. So suchte man wenigstens im Einzelnen zu bessern, so lange
man noch nicht mit dem Ganzen aufzuräumen wagte.

Allerdings währten die Prozesse noch geraume Zeit fort; selbst die Frau des
Pfarrers Mader von Kappelen wurde zu Erlach als Hexe enthauptet, und im
Jahr 1665 kamen im Waadtland noch vierundzwanzig Hinrichtungen vor. Zu
Carouge wurde damals (16. März 1665) sogar ein eigener Hülfsgeistlicher zur
»Hintertreibung des Satans« angestellt. Allein mit dem Jahre 1680
verschwinden die =Todes=urtheile, mit denen man bisher die Hexerei bestraft
hatte, aus den Berner Rathsmanualen gänzlich. Die Hexenverfolgung dauerte
zwar noch eine Weile fort, allein man erkannte jetzt nur auf Geld- und
Freiheitsstrafen.

Im Kanton =Zürich= wurde zum ersten Mal eine Unholdin 1654 verbrannt,
worauf 1660 in Stein vier Hexen erst mit dem Schwerte hingerichtet und dann
verbrannt wurden, unter ihnen eine fünfundsiebenzigjährige Frau, die bis
dahin im Rufe grosser Frömmigkeit gestanden hatte. Aus dem Jahr 1666 wird
von einem Metzger Kramer aus Zürich berichtet, dass derselbe, als
teuflischer Künste verdächtig, zur Ermittelung etwaiger Hexenmale am ganzen
Leibe geschoren worden sei[145].

Unter den =englischen= Prozessen jener Zeit hat der von Warbois (1593)
einige Berühmtheit erlangt, weil er eine Stiftung veranlasste, nach welcher
jährlich ein Studiosus der Theologie im Collegium der Königin zu Cambridge
gegen eine Belohnung von vierzig Schillingen einen Vortrag über die Hexerei
zu halten hatte. Das Ganze war durch das Gerede von Kindern angegangen, die
halb aus thörichter Einbildung, halb aus Bosheit von den abgesandten
Geistern eines alten Weibes geplagt zu werden vorgaben. Die Alte ward
verhaftet, zum Geständniss gebracht und von den Geschworenen sammt ihrem
Ehemanne und ihrer Tochter, welche indessen jede Schuld standhaft
leugneten, in Huntingdon zum Tode verurtheilt[146].

=Schottland= erlebte seine Gräuelperiode unter Jakob VI[147]. Dieser König
schürte mit der reformirten Geistlichkeit das Feuer um die Wette[148]; er
selbst bildete sich ein, um seines Religionseifers willen vom Teufel
verfolgt zu werden, und sein Argwohn traf darum besonders die schottischen
Katholiken als dessen Werkzeuge. -- Bei seiner Rückkehr aus Dänemark (wo er
sich vermählt hatte) war Jakob von gewaltigen Seestürmen bedrängt worden,
die er den Zauberkünsten der Hexen zuschrieb. Daher ward dieser Sturm der
Anlass zu einer ganz entsetzlichen Hexenverfolgung. Der Argwohn des Königs
fiel hauptsächlich auf einen Dr. Fian, der den Sturm erregt haben sollte.
Derselbe gestand dieses auch auf der Folter, nahm aber hernach sein
Geständniss zurück. Daher wurde derselbe wiederholt allen nur irgend
erdenklichen Martern unterworfen. Die Knochen der Beine wurden ihm in den
spanischen Stiefeln in einzelne Stücke zerbrochen und schliesslich wurden
dem Unglücklichen (auf Geheiss des Königs) an allen Fingern die Nägel
gespalten, mit einer Kneipzange ausgerissen und an jeder wunden Stelle
wurde ihm ein eiserner Nagel bis zum Kopfende ins Fleisch eingetrieben.
Aber »der Teufel war so tief in sein Herz eingedrungen, dass er hartnäckig
leugnete, was er vorher eingestanden hatte«, wesshalb er ohne Geständniss
lebendig verbrannt wurde[149]. -- Wie in diesem Falle, so wohnte der König
auch sonst den Verhören persönlich bei, liess sich mitunter von den
Verhörten die Melodien vorspielen, mit welchen die Teufelsprozessionen
begleitet werden, freute sich, wenn der Teufel französisch von ihm gesagt
haben sollte: »Il est un homme de Dieu«, oder er sei der grösste Feind,
welchen Satan in der Welt habe, -- und bedrohte die Geschworenen mit einer
Anklage wegen vorsätzlichen Irrthums, wenn sie im Verurtheilen nicht eifrig
genug waren.

Mit Jakob's Ueberzug nach London änderte sich die Scene seines Wirkens;
jetzt kam das übersättigte Schottland etwas zu Athem, und in England
erschien sogleich ein Gesetz (1603), das die Zauberei ganz im Geiste der
königlichen Dämonologie auffasste und die Zauberer, als der Felonie
schuldig, jedes geistlichen Beistandes für unwürdig erklärte. Jetzt war
nicht mehr die Nachweisung eines durch Zaubermittel begangenen Verbrechens
nöthig; die Zauberei war nun an sich ein solches[150]. Berüchtigt sind die
beiden Prozesse der Lancashire-Hexen in den Jahren 1613 und 1634, wobei ein
boshafter Knabe von elf Jahren unter der Anleitung seines gewinnsüchtigen
Vaters die Denunziationen machte. Der Betrug wurde entdeckt, als siebenzehn
Weiber schon auf dem Punkte waren gehängt zu werden[151].

Unerhörte Dinge durchlebte =England= in der Zeit seines Bürgerkriegs. Ein
gemeiner Mensch, =Matthias Hopkins= aus Essex, der sich besonderer
Kenntnisse rühmte, durchzog unter dem Titel eines General-Hexenfinders
(Witch-Finder-general) von 1645 an die Grafschaften Essex, Sussex, Norfolk
und Huntingdon[152]. Wo ein Magistrat seine Hülfe, die er geschickt zu
empfehlen wusste, in Anspruch nahm, da suchte er gegen freien Unterhalt,
Vergütung der Reisekosten und bestimmte Diäten die Hexen des Bezirks auf.
Als Mittel hierzu dienten ihm besonders die Proben mit der Nadel und mit
dem kalten Wasser. So brachte er Hunderte von Unglücklichen zum Tode und
fanatisirte den Pöbel täglich mehr.

Unter Anderen fiel auch der Verdacht auf einen fast achtzigjährigen Greis,
einen anglikanischen Geistlichen, Namens =Lowes=, der fünfzig Jahre lang
seines Amtes in Ehren gewartet hatte. Derselbe wurde mehrere Tage und
Nächte hindurch mit der landesüblichen tortura insomnii gequält, bis er
ganz ohne Besinnung war und als Geisteskranker erschien. Schliesslich wurde
er ins Wasser geworfen, verurtheilt und gehängt. Die Einen behaupteten, er
habe standhaft bis ans Ende seine Unschuld betheuert, während Andere (unter
ihnen auch Baxter) erzählten, er habe bekannt, dass er zwei Teufel (imps)
besitze, von denen der eine ihn immer zum Bösen antreibe, und mit dessen
Hülfe er namentlich ein Segelschiff auf der See vor seinen Augen zum Sinken
gebracht habe[153]. -- Indessen dauerte das Treiben =Hopkins= nicht lange.
Derselbe hatte eben seinen Besuch der Stadt Houghton in Huntingdonshire
zugedacht, als ein Geistlicher daselbst, Mr. =Gaul=, gegen das Unwesen sich
erhob. Hopkins, der nun dem Landfrieden nicht mehr traute, schrieb, um die
Stimmung zu erforschen, an mehrere Magistrate des Orts folgenden Brief,
welcher ausser der Feigheit des Menschen auch beweist, dass selbst ein
ungelehrter Hexenverfolger, der niemals von Edelin und Loos gehört hat,
seine Verdächtigungspolitik versteht. Er schreibt: »Meinen Empfehl an Eure
Herrlichkeit. Ich erhielt heute einen Brief, der mich nach der Stadt Namens
Gross-Houghton beruft, um nach übelberüchtigten Personen zu forschen, die
man Hexen nennt (obwohl ich höre, dass Euer Pfarrer in Folge seiner
Unwissenheit arg gegen uns ist). Ich gedenke, geliebt es Gott, um so eher
zu kommen, damit ich dessen seltsame Meinung in Betreff solcher
Angelegenheiten vernehme. In Suffolk habe ich einen Priester gekannt, der
eben so sehr gegen diese Entdeckung von der Kanzel herab eiferte, jedoch
vom Parlament gezwungen wurde, an eben derselben Stelle zu widerrufen. Ich
wundere mich sehr, dass solche böse Menschen Verfechter, und noch dazu
unter den Geistlichen, finden, welche täglich Schrecken und Entsetzen
predigen sollten, um die Uebelthäter zu erschüttern. Ich gedenke Eurer
Stadt einen plötzlichen Besuch abzustatten. Diese Woche komme ich nach
Kimbolton, und es stehen Zehn gegen Eins zu wetten, dass ich zuerst mich
nach Eurer Stadt wende; doch möchte ich zuvor mit Zuverlässigkeit wissen,
ob Eure Stadt viele Parteinehmer für solches Gesindel zählt, oder ob sie
bereit ist, uns freundlichen Empfang und gute Bewirthung angedeihen zu
lassen, wie andere Orte thaten, in denen ich war. Wo nicht, so werde ich
Euren Bezirk meiden (nicht als wäre ich zunächst auf mich selbst bedacht),
und mich in solche Gegenden begeben, wo ich nicht nur ohne Controle handeln
und strafen möge, sondern auch Dank und Belohnung einernte. So verabschiede
ich mich ergebenst und will mich als Euren Diener empfohlen haben.

                                               Matthias Hopkins.«

Hopkins trieb sein Spiel, bis er sich in seinen eigenen Netzen fing. Das
entrüstete Volk nahm zuletzt mit ihm selbst die Wasserprobe vor, er
schwamm, ward schuldig erkannt und getödtet; ob mit gerichtlichen Formen,
oder nicht, bleibt zweifelhaft. Butler gedenkt seiner im sechsten Gesange
des Hudibras:

  Has not this present Parliament
  A ledger to the devil sent,
  Fully empovered to treat about
  Finding revolted witches out?
  And has not he within one year
  Hang'd threescore of them in a shire? --
  Who after proved himself a witch,
  And made a rod for his own breech.

Von einer ähnlichen Hexenjagd, die wenige Jahre später im nördlichen
England vorging, berichtet =Sykes= in den Local Records. »In den
Gemeinderaths-Akten von Newcastle wird eine Petition in Hexensachen vom
26. März 1649 erwähnt, welche ohne Zweifel von den Einwohnern
unterzeichnet war und deren Inhalt einen Prozess gegen alle verdächtigen
Personen veranlasste. In Folge derselben schickte die Obrigkeit zwei
Gerichtsdiener nach Schottland und bot einem Schotten, der sich auf die
Nadelprobe zu verstehen vorgab, wenn er nach Newcastle kommen und die ihm
Vorgeführten untersuchen wollte, ausser freier Her- und Rückreise zwanzig
Schillinge für jede Person, die als Hexe verurtheilt werden würde. Als die
Gerichtsdiener den Hexenfinder zu Pferde in die Stadt brachten, liess die
Obrigkeit durch die Schelle bekannt machen, wer gegen irgend ein Weib eine
Klage wegen Hexerei vorzubringen habe, der solle es thun; man wolle
dieselbe sogleich verhaften und untersuchen lassen. Dreissig Weiber wurden
in das Rathhaus gebracht, der Nadelprobe unterworfen und mehrentheils
schuldig befunden. Aus einem Auszuge aus dem Register der Pfarrkirche zu
St. Andrews in Schottland ersieht man, dass ein Mann und fünfzehn Weiber zu
Newcastle wegen Hexerei hingerichtet wurden. Als der Hexenfinder in dieser
Stadt mit seinem Geschäfte zu Ende war und seine Gebühren in der Tasche
hatte, begab er sich nach Northumberland, um Weiber zu untersuchen, und
erhielt drei Pfund für das Stück; aber =Henry Ogle= Esq. bemächtigte sich
seiner und forderte Rechenschaft. Der Mann entwischte nach Schottland, wo
er verhaftet, vor Gericht gestellt und wegen ähnlicher in diesem Lande
verübten Niederträchtigkeiten verurtheilt wurde. Er gestand am Galgen, dass
er über zweihundertundzwanzig Weiber in beiden Königreichen um den Lohn von
zwanzig Schillingen für den Kopf zum Tode geliefert habe«[154]. -- Ganz
England war damals von der unheimlichen Finsterniss des Hexenglaubens
umnachtet. Scenen, wie sie Shakespeare in seinem Macbeth vorführte, wurden
überall als der Wirklichkeit des Hexenwesens entsprechend
angesehen[155]. -- Der berühmte Verfasser der (etwa 1633 erschienenen und
den crassesten Aberglauben vertheidigenden) Religio medici, =Thomas
Browne=, der »Vater des Deismus« gab 1664 über zwei Weiber in Suffolk sein
Urtheil dahin ab, dass deren Krämpfe und sonstigen Zufälle zwar natürlich,
aber durch den ihnen einwohnenden Teufel gesteigert wären, was er durch
Berufung auf kurz vorher in Dänemark vorgekommene Fälle erwies. -- Die
beiden Unglücklichen waren mit dieser nichtssagenden Erklärung als Hexen
dargethan und wurden 1665 gehängt[156]. -- Im Jahr 1682 wurden in Exeter
drei Personen wegen Hexerei hingerichtet[157].

In =Schottland= hatten die Hexenprozesse namentlich seit 1603 ihren
ununterbrochenen Fortgang gehabt, und zwar unter der eifrigsten Mitwirkung
der reformirten Geistlichkeit, die freilich die hochverdiente Hüterin der
schottischen Volksfreiheit war, aber auch den Glauben an Teufelsspuk und
Zauberei sorgsam aufrecht hielt. Um zu Denunziationen zu ermuntern, waren
hier in den Kirchen Kasten mit Deckelspalten aufgestellt, in welche man die
Namen Verdächtiger werfen sollte. Entsetzlicher Art waren die
eigenthümlichen Torturmittel, die man in Schottland zur Anwendung
brachte[158]. Um eine hartnäckige Hexe zu wecken, band man ihr einen
eisernen Kappzaum oder Reif mit vier Zacken, die in den Mund eindrangen, um
das Gesicht, und dieser Kappzaum wurde hinten an der Mauer in einer solchen
Weise befestigt, dass die Unglückliche sich nicht niederlegen konnte. In
dieser Stellung musste dieselbe oft mehrere Tage und Nächte hindurch
verbleiben, während deren sie von Zeit zu Zeit zu Geständnissen
aufgefordert wurde. Gleichzeitig wurde an ihr mit der tief ins Fleisch
eindringenden Nadel zur Ermittelung des Hexenmales experimentirt[159].
Ausserdem wurde die Qual noch dadurch gesteigert, dass man die Gefolterte
den sich einstellenden Durst ertragen liess ohne ihr einen Schluck Wassers
zu gewähren. Es soll vorgekommen sein, dass Einzelne diese Marter --
einschliesslich der tortura insomniae -- fünf, sogar neun Tage und Nächte
hindurch ertragen mussten[160].

Ausserdem wurde aber ganz besonders »Verstockten«, welche auf diesem Wege
nicht zum Geständniss zu bringen waren, mit noch ganz anderen Torturmitteln
zu Leibe gegangen. Hören wir, was =Hartpole Lecky=[161] S. 101 über
dieselben berichtet: »Die drei vorzüglichsten, welche gewöhnlich zur
Anwendung kamen, waren die Pennywinkis, die spanischen Stiefeln und die
Caschielawis. Erstere war eine Art Daumenschraube, die zweite ein Gehäuse,
in welches das Bein eingesenkt und darin durch Keile zerquetscht wurde, die
man mit einem Hammer hineintrieb, die dritte eine eiserne Form, die von
Zeit zu Zeit über einer Kohlenpfanne erhitzt und um den Leib gelegt wurde.
Manchmal wurde der Körper des Opfers mit Schwefelfaden gebrannt. In einem
gleichzeitigen Aktenstücke lesen wir von einem Manne, der achtundvierzig
Stunden unter der scharfen Tortur in den Caschielawis gehalten wurde, und
von einem anderen, der in derselben schrecklichen Maschine elf Tage und
Nächte lang blieb, dem vierzehn Tage lang die Beine alltäglich in den
spanischen Stiefeln gebrochen und der so gegeisselt wurde, dass ihm die
ganze Haut vom Körper gerissen ward. -- Wie viele Geständnisse durch diese
Mittel erpresst wurden, lässt sich nicht mehr ermitteln. Zwar ist uns eine
grosse Anzahl von Zeugenaussagen und Geständnissen aufbewahrt, allein diese
stammen nur von einem einzigen Gerichte her. Wir wissen, dass (hier) 1662
mehr als hundertundfünfzig Personen der Hexerei angeklagt und dass in
diesem Jahre =vierzehn Untersuchungscommissionen= eingesetzt waren.« Es
kann also nicht auffallen, wenn ein Reisender gelegentlich bemerkt, dass er
habe 1664 in Leith neun Frauen zusammen verbrennen sehen oder wie 1678 an
einem einzigen Tage von einem und demselben Gericht neun Frauen verurtheilt
wurden. Ein Graf Mar erzählt, wie einst mehrere Weiber »mit gellendem
Geschrei schon halbverbrannt dem langsam sie verzehrenden Feuer sich
entwanden, einige Augenblicke mit verzweifelter Kraftanstrengung inmitten
der Zuschauer kämpften, aber bald unter lautem gotteslästerlichem
Angstgeschrei und wilden Unschuldsbetheuerungen in zuckendem Todeskampfe in
die Flammen niedersanken.«[162].

Gegen das Ende des siebenzehnten Jahrhunderts war die Pest des
Hexenglaubens auch nach =Nordamerika= von England her eingeschleppt.

Schon im Jahr 1645 waren im Staate =Massachusetts= vier Personen der
Hexerei angeklagt und hingerichtet worden. Doch hatte dieses Vorkommniss
kein sonderliches Aufsehen gemacht. Die berüchtigte =Hexenjagd von Salem=
nahm erst später, im unmittelbaren Anschluss an eine Quäkerverfolgung,
ihren Anfang. -- Es ist dabei zu bemerken, dass die Seele derselben zwei
hochangesehene reformirte Geistliche, Vater und Sohn waren, nämlich
=Increase Mather=, der zweiundsechszig Jahre als Seelsorger an der
Nordkirche zu Boston gewirkt hat und dem Neu-England den ersten Grundstein
seiner Unabhängigkeit verdankt, und vor Allem dessen Sohn =Cotton
Mather=, -- wie der Vater ein ernster, gelehrter und glaubenseifriger
Prediger, dessen Name in der englischen Literatur noch heute mit
Auszeichnung genannt wird, wesshalb seine Dämonomanie noch um so
räthselhafter erscheinen kann.

Ein anscheinend ganz unbedeutendes Ereigniss, welches sich 1688 zu
=Boston= zutrug, gab den ersten Anlass zu dem grausigen Drama.

Im Hause eines Maurers war Wäsche abhanden gekommen -- der Verdacht fiel
auf eine Waschfrau, welche in der Familie zeitweise Dienste leistete --
diese, empört über die Beschuldigung, liess sich derbe Aeusserungen gegen
ein Töchterchen der Familie entschlüpfen. Als das Kind nun den andern Tag
erkrankte und das Uebel sich auch seinen Geschwistern mittheilte, kam man
auf den Gedanken, die Waschfrau habe sie behext. Diese, eine Irländerin und
Papistin (keins von beiden sprach zu ihren Gunsten) wurde verhaftet,
verhört, und da sie unzusammenhängend und nur gebrochen englisch sprach,
schliesslich in der Verzweiflung auch selbst schuldig zu sein vorgab,
verurtheilt und hingerichtet. -- Natürlich hatte dieser Vorgang einen
tiefen Eindruck auf das Volk gemacht und die Verblendung nahm mehr und mehr
zu. =Cotton Mather= wurde als Zeuge zu den Kindern des Maurers gerufen.
Nicht zufrieden mit dem, was sich seinen Augen hier darbot, nahm er das am
meisten von Krämpfen und eigenthümlichen Zuständen befallene Kind mit nach
Hause, um es ungestört examiniren zu können. Es scheint, dass das kleine
Mädchen mancherlei von den Hexereien, welche in England und Schottland
vorgekommen sein sollten, gehört und seine Phantasie damit erfüllt hatte.
Die Kleine kam nämlich oft in Gegenwart vieler Personen in einen
eigenthümlichen Zustand, setzte sich rittlings auf einen Stuhl, trabte,
galoppirte u. s. w. Bald schien sie mit unsichtbaren Wesen zu sprechen,
bald diesen zuzuhören. Sie erzählte Cotton Mather von Versammlungen, welche
Hexen weit entfernt von ihrem Hause gehalten hätten und bezeichnete
Personen, welche sie daselbst gesehen haben wollte u. s. w. -- Der, gelind
gesagt, etwas einfältige Geistliche wurde jetzt durch Alles, was er von der
Patientin herausexaminirte, immer mehr von der Wahrheit der Hexerei
überzeugt und hat sogar über den beregten Fall ein Buch (»Memorable
Providences relating to Witchcraft and Possession.« Lond. 1689) der
Nachwelt hinterlassen.

Ein anderer Geistlicher, =Paris= aus Salem-Village, welcher seit mehreren
Jahren in Unfrieden mit seiner Gemeinde lebte, war nicht minder von der
Sache eingenommen. Im Februar 1692 wurden einige junge Leute seiner Familie
von eigenthümlichen Zuständen befallen; sie verkrochen sich unter den
Möbeln und in Ecken, sprachen sonderbar, verrenkten die Glieder und fielen
theilweise in Krämpfe. Der Arzt konnte die Art der Krankheit nicht erkennen
und sprach die Vermuthung aus, dass die Kranken behext wären. -- Nun hatte
Paris einen Indianer und dessen Frau als Dienstboten; -- durch diese liess
er (wie es in ihrem Stamm üblich war) einen verzauberten Kuchen backen und
derselbe, einem der Familie gehörenden Hunde gegeben, sollte es möglich
machen, dass die besessenen Personen erkennen könnten, wer sie behext
hätte[163]. Das Resultat war, dass sie die beiden Indianer für schuldig
erklärten und diese, dazu gedrängt, gestanden es auch ein und wurden ins
Gefängniss geworfen.

Von nun an mehrten sich die Anklagen und am 11. April wurde eine ganze
Anzahl der Hexerei beschuldigten Personen in Salem von einem Gericht,
welches aus sechs Richtern und einigen Geistlichen zusammengesetzt war, in
Untersuchung genommen.

Die wunderbarsten Geständnisse wurden aus dem Mund der Besessenen
herausgelockt. Sie erzählten von einem schwarzen Manne von übernatürlicher
Grösse, welcher sie verfolge und dränge, dass sie sich in ein von ihm
hingehaltenes Buch einzeichnen und ihre Seele verschreiben sollten, -- von
unheimlichen Zusammenkünften solcher Personen, die sich bereits dem Teufel
verschrieben hätten, welche mit dem Ausdruck von Hohn und Spott Brod und
Wein genössen und es ihr Sakrament nennten, u. s. w. Sie erzählten weiter,
dass sie auf einem Stock zu den Versammlungen ritten und dass sie die
Absicht hätten, das Reich Christi zu zerstören und das Reich des Teufels
aufzurichten und dass dann Alles gut sein würde. -- Die Tollheit ging bald
so weit, dass sogar ein vierjähriges Mädchen als der Hexerei dringend
verdächtig gefänglich eingezogen wurde. Man gab ihm schuld, dass es sich
zuweilen unsichtbar mache, und dass es denen, von welchen es angesehen
werde, durch seinen bösen Blick Unheil zufüge.

Als im Mai 1692 Sir =W. Phipps= als Gouverneur nach Neu-England kam,
erschien dieser keineswegs als Friedensherold, sondern machte durch seine
strengen Massregeln (er befahl u. A., dass die wegen Hexerei verklagten
Gefangenen in Ketten gelegt werden sollten) die Sache noch ärger. Immer
mehr Anklagen wurden laut und die Angeklagten glaubten sich oft nur dadurch
helfen zu können, dass sie wieder andere Personen beschuldigten, Hexen zu
sein. Hatte man im Anfange nur niedrige und in schlechtem Rufe stehende
Personen angeklagt, so ging man nun weiter und belastete auch
Höherstehende. Wagte Jemand zu ihren Gunsten zu sprechen, so wurde er
ebenfalls der Hexerei verdächtig. -- Am 31. Mai 1692 wurde ein Seekapitän
aus Boston nach Salem gebracht und vor Gericht gestellt. Er fragte ganz
erstaunt seine Ankläger, wie sie sich nur denken könnten, dass er nach
dieser Stadt kommen möge, um Personen zu schädigen, da er Salem noch nie
zuvor gesehen? Aber er wurde verurtheilt und ins Gefängniss geworfen; der
Beschliesser jedoch scheint ihm zur Flucht behülflich gewesen zu sein.

Die Gefängnisse füllten sich immer mehr und manches Todesurtheil wurde
vollstreckt. Die Besessenen nahmen massenhaft zu und ihre Aussagen, oft
ganz barock, wurden von dem Gericht für Wahrheit hingenommen. Die
Besessenen wollten Besuche von den Hexen erhalten haben, welche mitten in
der Nacht durch das geschlossene Fenster kamen, sie gleich einem Alp
stundenlang drückten, so dass sie kein Glied rühren und nicht athmen
konnten; sie wollten die Hexen sich bald in ein Schwein, bald in einen
Popanz, bald in andere Gestalt verwandeln gesehen haben. In den
gerichtlichen Verhören behaupteten sie den »schwarzen Mann« neben den
Angeklagten stehen zu sehen, um ihnen die Worte ihrer Vertheidigung ins Ohr
zu flüstern und die Richter waren dabei von der Schuld der Angeklagten so
fest überzeugt, dass sie ihnen sogar den einzigen ihnen gebliebenen Beweis
des Alibi nicht gestatteten.

Mehrere Hinrichtungen waren bereits vorgekommen, da standen am 5. August
wieder sechs Angeklagte vor Gericht, von welchen fünf am 19. August
hingerichtet wurden. Unter diesen befand sich ein Geistlicher, =Mr. Georg
Burroughs=, welcher seine Richter mit dem Ausspruche, dass es weder jemals
Hexen, welche einen Bund mit dem Teufel gemacht, gegeben hätte noch gebe,
sehr erzürnt hatte. Auf dem Richtplatze wendete er sich zu der umstehenden
Menge und sprach zu ihr mit so viel Gefühl, dass aus manchem Auge Thränen
flossen. Da aber riefen die Ankläger: »Der schwarze Mann steht neben ihm
und diktirt ihm was er sagen soll« und Dr. Cotton Mather, der zu Pferde
anwesend war, rief der Menge zu, es sei kein wirklicher Geistlicher,
sondern seine Frömmigkeit sei nur Verstellung und auch hier habe, wie so
manchmal, der Teufel die Gestalt eines Engels des Lichts angenommen.
-- Sofort war die Sympathie des Volkes verwischt und der Henker ging zu
seiner Amtsverrichtung über. -- Mit Burroughs wurde u. A. ein früherer
Gefängnissbeamter hingerichtet, welcher, um sein trauriges Geschäft nicht
länger betreiben zu müssen, entflohen, aber auf der Flucht ergriffen worden
war.

Ein Rechtsgelehrter, welcher sich geweigert, in einem Hexenprozess zu
fungiren, wurde zu Tod gepresst, die Zunge ihm aus dem Mund gerissen und
als er im Todeskampf lag, wieder mit einem Stock in den Mund
hineingedrückt.

Neunzehn Personen waren nun bereits gehängt worden, einschliesslich des zu
Tode Gequetschten -- und die Richter begannen denn doch, sich zu fragen,
wie sie ihr Verfahren rechtfertigen sollten, wesshalb =Cotton Mather= auf
dringenden Wunsch des Gouverneurs sieben Hexenprozesse durch die Presse
veröffentlichte und dieselben durch Hinweisung auf ähnliche in England
vorgekommene Fälle zu rechtfertigen suchte. »=More Wonders of the invisible
World=«, wurde im Oktober herausgegeben. Indessen war doch durch
verschiedene Vorkommnisse im Volk bereits ein Zweifel an der Wahrheit der
Sache entstanden und, nachdem man den Durst nach Menschenblut gestillt,
stieg man eine Stufe herunter und richtete seine Wuth auf Thiere. So wurde
z. B. ein Hund, den man für besessen und ein anderer, den man für einen
Zauberer hielt, gehängt.

Aber die Seuche ging von Salem nach anderen Orten über. In =Andover=
liessen Leute, deren Angehörige krank waren, von Salem Personen, welche das
»Gespenster-Gesicht« hatten, kommen, damit sie ihnen sagen sollten, wer die
Kranken behext habe. So begann denn hier dasselbe Schauspiel wie in Salem
und nachdem der Friedensrichter (=Dudley Bradstreet=) dreissig bis vierzig
Personen verhaften hatte lassen, fühlte er sich doch sehr in seinem Gemüthe
beunruhigt und weigerte sich, weitere Verhaftsbefehle auszustellen. Darauf
aber wurde er selbst als der Hexerei schuldig angeklagt und musste, als
einziges Mittel seiner Rettung, die Flucht ergreifen.

Bald darnach wurde ein angesehener Herr aus Boston angeklagt; dieser
jedoch, rasch entschlossen, wusste sich einen Verhaftsbefehl gegen seine
Ankläger zu verschaffen und berechnete seinen ihm durch Verleumdung
zugefügten Schaden auf tausend Pfund Sterling. -- Dieses kühne Vorgehen
richtete viel aus -- die Anklagen hörten plötzlich auf und kamen von dieser
Zeit an in Misskredit. Viele, welche bereits Geständnisse abgelegt hatten,
zogen dieselben wieder zurück und am 3. Januar 1693 wurden an dem obersten
Gerichtshof von Salem von sechsundfünfzig Anklageschriften dieser Art
dreissig einfach bei Seite gelegt, und von den übrigen sechsundzwanzig, als
sie zum Prozess kamen, nur drei für berechtigt und die betreffenden
Personen für schuldig befunden. Ende Januar wurden zehn gefangene Personen,
welche bereits verurtheilt waren, frei gelassen.

Im April desselben Jahres wurde der Gouverneur =Phipps= von seiner Stelle
in Neu-England abgerufen und vor seiner Abreise setzte er alle wegen
Hexerei verdächtigen Gefangenen in Freiheit. Es betrug die Zahl derselben
um diese Zeit hundertundfünfzig, von welchen fünfzig gestanden hatten,
wirklich Hexen zu sein. Weitere zweihundert waren angeklagt, aber noch
nicht gefänglich eingezogen. -- Das Volk befürchtete von dieser Massregel,
welche es für sehr verkehrte Mildthätigkeit hielt, die schlimmsten Folgen,
allein die Hexerei hörte von diesem Augenblick an auf. Die Leute begannen
nachzudenken, sahen ihren Irrthum ein und beklagten ihn. Vor Allem richtete
sich nun der Unmuth des Volkes auf den Pfarrer von Salem-Village, Paris,
welcher den ersten Anstoss zur Verfolgung von Hexen gegeben hatte. Obgleich
dieser nun selbst von seinem Unrecht überzeugt war, dieses eingestand und
bitter bereute, so liessen die Leute ihm doch keine Ruhe, bis er Stadt und
Land verliess.

So erstarb denn nach und nach der Hexenglaube, wenn auch einzelne Personen
nicht ganz davon lassen wollten. -- Einmal allerdings schien er wieder
aufleben zu wollen, indem ein junges Mädchen, =Margaret Bule= in Boston, in
Convulsionen fiel und von acht Gespenstern, die Personen ihrer
Bekanntschaft sein sollten, besucht sein wollte. =Cotton Mather= suchte sie
auf, glaubte sich von der Wahrheit ihrer Aussage zu überzeugen und leicht
hätte eine neue Flamme auflodern können, wäre ihr nicht von anderer Seite
entgegengearbeitet worden. Ein intelligenter Kaufmann, =Calef=, von Boston,
besuchte nämlich Margaret Bule ebenfalls und kam dabei zu einem der Ansicht
Cotton Mather's vollständig verschiedenen Resultat. Von dem Buche Calef's
»=More Wonders of the invisible World=« erhalten wir wohl die
allergenaueste Anschauung der damaligen Vorgänge in Salem und Andover.

Seit dieser Zeit hörte man in New-England nichts mehr von Hexen. Das Volk
schämte sich seiner Verirrung und bereute sie tief. Am 17. Dezember 1696
wurde in Salem ein grosses Fasten gehalten, wo Gott um Verzeihung gebeten
und angerufen wurde, solche Vorkommnisse nicht mehr gestatten zu wollen und
die Richter unterzeichneten eine Schrift, worin sie ihre Reue bekannten und
Gott baten, ihnen und den Ihrigen ihre Schuld nicht anzurechnen. -- Eine
tiefe Beschämung hatte sich der verirrten Seelen bemächtigt.

Schliesslich sei noch eine wörtliche Erklärung einiger der Hexerei
angeklagten Frauen beigefügt. Sie sagten aus: »Als die Frau von Joseph
Ballard in Andover krank war, liess dieser -- entweder aus eigenem Antrieb
oder durch Andere dazu veranlasst -- aus Salem-Village zwei von den
sogenannten besessenen Personen herüberholen und diess war die Ursache der
schrecklichen Trübsal, welche über uns in Andover kam. Die Augen wurden uns
verbunden und unsere Hände auf die besessenen Personen gelegt, welche, als
wir in ihre Nähe kamen, von ihren Krämpfen befallen wurden. Dann sagten
sie, wir wären schuldig an ihrem Ungemach, worauf wir infolge eines
Verhaftsbefehles gefangen genommen und nach Salem gebracht wurden. Obgleich
wir uns nun diesem Verbrechen gegenüber vollständig unschuldig wussten,
waren wir doch Alle über diese Anklage so überaus erstaunt, erschreckt und
verwirrt, dass wir fast den Verstand verloren. Unsere nächsten Verwandten,
welche uns in dieser schrecklichen Lage sahen und unsere grosse Gefahr
kannten, verleugneten alle Liebe und alles Mitleid und beschworen uns,
dasjenige zu beichten, was wir denn auch gebeichtet haben; und wahrhaftig,
dieses Bekenntniss war kein anderes, als das, was uns von einigen Herren
aufgenöthigt (suggested) wurde. Sie sagten uns, dass wir Hexen wären, dass
sie es wüssten und dass wir es wüssten und dass sie wüssten, wir wüssten
es -- diess Alles machte uns verwirrt, dass wir schliesslich dachten, wir
wären wirklich Hexen. Unser Verstand, unsere Vernunft, alle unsere
geistigen Fähigkeiten waren uns abhanden gekommen und wir waren unfähig,
unsern Zustand beurtheilen zu können, und da sie uns mit ihrer Härte über
die Massen unfähig gemacht hatten uns zu vertheidigen, so sagten wir Alles
und Alles was sie wünschten und das Meiste, was wir sagten, war in der That
eigentlich nur ein Zustimmen zu dem, was =sie= gesagt hatten.« -- So endete
die grausige =witchcraft-delusion von Salem=[164].

In =Frankreich= verliessen die Parlamente die Bahn der Besonnenheit, welche
ihnen das Lob eines Duarenus und den Tadel eines Bodin erworben hatte. Das
von Dôle verurtheilte z. B. 1573 Gilles Garnier aus Lyon, der angeklagt und
geständig war, als Wehrwolf mehrere Kinder in der Umgegend zerrissen zu
haben, zum Feuer[165]; das von Paris sprach 1578 ein gleiches Urtheil über
den Wehrwolf Jacques Rollet[166] und bestätigte 1582 das Todesurtheil einer
Hexe, welche einem jungen Mädchen den Teufel in den Leib geschickt
hatte[167]. Mit der Wirksamkeit der Gerichte unter =Heinrich= III. ist
Bodin überhaupt zufrieden; doch geschah der Ligue noch bei weitem nicht
genug. Dieser König liess einst einige angebliche Besessene durch eine
Commission untersuchen und dann als Betrüger einsperren. Man warf ihm darum
Begünstigung der Zauberei vor. Ein kurz vor Clement's That erschienenes
Pamphlet enthielt nicht nur den Vorwurf, dass Heinrich einige Verurtheilte
begnadigt habe, sondern machte ihn sogar selbst der Zauberei und eines
vertrauten Umgangs mit dem Hofteufel Terragon verdächtig. =Clement= soll
besonders hierdurch zu seinem Meuchelmord bestimmt worden sein[168]. Eine
Deputation der Sechszehner hatte vor dem goldenen Cruzifixe des Königs zwei
Candelaber aus getriebenem Silber mit Satyrfiguren bemerkt. Hierüber
berichtet ein damals verbreitetes Pamphlet Folgendes[169]: »On a trouvé
dernièrement, au bois de Vincennes, deux Satyres d'argent, de la hauteur de
quatre pieds. Ils étaient au-devant d'une croix d'or, au milieu de laquelle
il y avait enchâssé du bois de la vraie croix de notre Seigneur
Jésus-Christ. Les politiques disent, que c'étaient des chandeliers. Ce qui
fait croire le contraire, c'est que, dans ces vases, il n'y avait pas
d'aiguille qui passât pour y mettre un cierge ou une petite chandelle;
joint qu'ils tournaient le derrière à la dite vraie croix, et que deux
anges ou deux simples chandeliers y eussent été plus décens que ces
Satyres, estimés par les payens êtres des dieux des forêts, où l'on tient
que les mauvais esprits se trouvent plûtôt qu'en autres lieux. Ces monstres
diaboliques ont été vus par messieurs de la ville. -- Outre ces deux
figures on a trouvé une peau d'enfant, laquelle avait été corroyée; et sur
icelle y avait aussi plusieurs mots de sorcellerie et divers caractères. --
Tout ce qu'il (Henri III.) allait souvent au bois de Vincennes, n'était que
pour entendre à ses sorcelleries, et non pour prier Dieu.«

Auch mit den Zeiten =Heinrich's= IV. hätte Bodin's Eifer zufrieden sein
dürfen, wenn sein Buch so weit gereicht hätte. Dass im Hexenprozesse unter
diesem König eine Pause eingetreten sei, ist eine Unwahrheit; die Berichte
aus Poitou, die Register der Parlamente zu Bordeaux und Paris und das
Zeugniss des Convertiten und Jesuitenjüngers Florimond de Remond, der sich
seiner Mitwirkung rühmt, beweisen das Gegentheil. »Unsere Gefängnisse, --
sagt der letztere, -- sind voll von Zauberern; kein Tag vergeht, dass
unsere Gerichte sich nicht mit ihrem Blute färben und dass wir nicht
traurig in unsere Wohnungen zurückkehren, entsetzt über die abscheulichen,
schrecklichen Dinge, die sie bekennen. Und der Teufel ist ein so guter
Meister, dass wir nicht eine so grosse Anzahl derselben zum Feuer schicken
können, dass nicht aus ihrer Asche sich wiederum neue erzeugen«[170].
Garinet sucht den Grund, warum auch Heinrich IV. diese Prozesse geschehen
liess, hauptsächlich darin, dass er dadurch den seinem Vorgänger wegen
Begünstigung der Zauberer gemachten Vorwürfen habe entgehen wollen. Wie dem
auch sei, im Jahr 1609 stellten =Despagnet=, Präsident, und =De Lancre=,
Rath des Parlaments zu Bordeaux, in königlichem Auftrage eine grosse
Untersuchung unter den Basken von Labourd an[171]. Es wurden hier mehr als
sechshundert Personen verbrannt, und der abergläubische De Lancre stellte
aus seinen Erfahrungen zwei Traktate zusammen, die nach Form und Inhalt der
Dämonolatrie des Remigius nahe kommen[172].

Viele Verfolgte entflohen aus Labourd nach =Spanien= und veranlassten
daselbst die vor der Inquisition von Logroño verhandelten Prozesse, aus
deren Protokollen wir oben die Beschreibung des Hexensabbaths mitgetheilt
haben[173]. Am 7. und 8. November 1610 wurde zu Logroño ein feierliches
Auto da Fé gehalten. Unter zweiundfünfzig Personen, die bestraft wurden,
befanden sich neunundzwanzig Zauberer. Achtzehn von diesen wurden, weil sie
im Verhör sich zur Aussöhnung mit der Kirche willfährig gezeigt hatten,
frei gelassen, eilf aber, weil sie leugneten, zur Uebergabe an den
weltlichen Arm verurtheilt. Als Denunzianten hatte man hierbei verschiedene
Kinder gebraucht, die der Vikar von Vera bei sich schlafen liess und
exorzisirte, die aber dennoch, als der Exorzismus einst versäumt wurde, von
den Hexen auf den Sabbath entführt sein sollten. -- Dieser Prozess
veranlasste eine niemals in den Druck gekommene Eingabe des Humanisten
=Peter de Valencia=, eines Freundes von Arias Montanus, an den
Grossinquisitor. Es wird darin ausser andern Missständen des Hexenprozesses
besonders das Unrecht hervorgehoben, bei der Zweifelhaftigkeit des
Gegenstandes selbst =Leugnende= zu verurtheilen; eine genaue Instruktion
für die Inquisitoren müsse die Willkür abschneiden. Zwar liest man, dass
der Grossinquisitor diesen Aufsatz mit Verachtung bei Seite gelegt habe;
doch ist es gewiss, dass eine beschränkende Instruktion für die
Provinzialinquisitoren bald darauf erschien[174].

Unter =Ludwig's= XIII. Regierung erregten am meisten Aufsehen die beiden
Prozesse gegen die Geistlichen Gaufridy und Grandier. Der eine derselben
fällt in die Periode von Richelieu's Staatsverwaltung und verlief nicht
ohne Mitwirkung des Kardinals, der in diesem Punkte nicht über seiner Zeit
stand. Letzteres hatte er schon 1618 als Bischof beurkundet, als er den
Gläubigen seiner Diözese eine Schrift zusandte, die er 1626 wieder auflegen
liess, und in welcher sich unter andern folgende Stelle findet: »La _magie_
est un art de produire des effets par la puissance du diable; _sorcellerie_
ou _maléficie_ est un art de nuire aux hommes par la puissance du diable.
Il y a cette différence entre la magie et la sorcellerie, que la magie a
pour fin principale _l'ostentation_, se faire admirer; et la sorcellerie la
_nuisance_«[175].

=Louis Gaufridy=[176], Benefiziatpriester an der Kirche des Accoules zu
Marseille, galt, wie eine aus der Feder seiner Feinde geflossene
Geschichtserzählung sagt, für den frömmsten Mann auf Erden und sah seinen
Beichtstuhl besonders vom weiblichen Geschlechte umdrängt. Plötzlich hört
man von Exorzismen, die der Dominikaner Michael, Prior von St. Maximin, an
einigen Nonnen des Ursulinerinnenklosters vornimmt. Die Teufel Beelzebub,
Asmodeus, Leviathan u. a. reden aus ihnen, weissagen vom Antichrist und vom
jüngsten Tage und erzählen ganz besonders vom Priester Gaufridy
schreckliche Dinge. Derselbe, sagen sie, habe sich mit Leib und Seele dem
Teufel verschrieben, um Ansehen und Weibergunst zu erlangen: er sei König
der Zauberer in Hispanien, Frankreich, England, in der Türkei und in
Deutschland, und sein Hauch bezaubere die Frauen, wenn er dieselben
missbrauchen wolle, unwiderstehlich. So habe er die jüngste unter den
Nonnen, =Magdalene de la Palud=, verführt, zum Hexentanze mitgenommen und
zum Abfalle bewogen; als dieselbe aber reumüthig ins Kloster zurückgekehrt,
habe er ihr und ihren Gefährtinnen Plageteufel zugesandt, um sie zu
besitzen und zu martern. Nun war zwar in Marseille die allgemeine Stimme,
dass Gaufridy dessen unschuldig sei und nur aus Missgunst vom Pater Michael
verschrieen werde. Doch kam die Sache vor das Parlament von Aix, wo
Magdalene, nachdem der Präsident ihr das Leben zugesagt, ein umständliches
Bekenntniss über die zauberischen Schändlichkeiten Gaufridy's ablegte.
Dieser ward verhaftet, von einigen Amtsärzten in Gegenwart des
erzbischöflichen Vikars der Nadelprobe unterworfen und mit Magdalene, die
sich, bei fortdauernden unkeuschen Angriffen der Teufel, des geistlichen
Beistands der Dominikaner und Kapuziner erfreute, confrontirt. Gaufridy
schwur bei Gott und den Heiligen, dass er falsch angeklagt sei. Magdalene
bekam indessen neue, noch heftigere Anfälle, und die Teufel Beelzebub und
Verrine bezeugten aus der Besessenen, dass Gaufridy als Fürst der Zauberer
weit schlimmer gewesen sei, als der Teufel selbst. Hierin fand das
Parlament genugsamen Grund, dem Angeklagten das Leben abzusprechen; er
wurde, um Nennung seiner Complicen zu erpressen, die man als Hunde und
Eulen schaarenweise um das Gefängniss heulen hörte, gefoltert, dann
degradirt und am 30. April 1611 auf dem Dominikanerplatze zu Aix lebendig
verbrannt. Bald nach seinem Tode erschien eine umständliche Darstellung
dieser Teufelsgeschichten, wie man sie eher bei einem Cäsarius von
Heisterbach, als im Jahrhundert Ludwig's XIV. suchen würde. Auch liess man
ein angeblich von Gaufridy gethanes Geständniss drucken, welches der
Mercure Français von 1617 aufnahm. Dasselbe mag das Detaillirteste sein,
was wir aus französischen Prozessen besitzen, und ist nicht nur in allen
Hauptpunkten, sondern auch in den meisten Nebendingen denen der spanischen,
englischen, deutschen, italienischen und schwedischen Hexen vollkommen
gleich. Bemerkenswerth ist nur, dass im Pactum sowohl bei Gaufridy, als bei
Magdalene de la Palud noch die seltenere Form des Chirographums mit Blut
vorkommt[177].

Wenden wir uns noch zu einer zweiten Geschichte von Besessenen, die
ebenfalls in einem Ursulinerinnenkloster spielt[178]. Zu Loudun, in der
Diözese von Poitiers, lebte der Priester =Urbain Grandier= im Besitze
zweier Präbenden; er verdankte dieselben nicht Familienverbindungen in der
Stadt selbst, wo er fremd war, sondern der Protektion der Jesuiten zu
Bordeaux, in deren Schule er sich ausgezeichnet hatte. Grandier war schön,
kenntnissreich und gewandt, aber hochfahrend, sarkastisch und wegen seiner
Neigung zum weiblichen Geschlechte von Ehemännern und Vätern gefürchtet.
Darum fehlte es ihm nicht an Neidern und Feinden. Der königliche Prokurator
Trinquant, aufgebracht über die heimliche Niederkunft seiner Tochter, die
ein dumpfes Gerücht mit Grandier in Verbindung brachte, vereinigte sich mit
etlichen seiner Verwandten, Priestern und Beamten, die zum Theil schon
wegen verlorener Prozesse auf Grandier erbost waren, zum Sturze desselben.
Man beschuldigte ihn vor dem Bischofe der Gottlosigkeit, vielfacher
Unkeuschheit und sogar mitten in seiner Kirche verübter Nothzucht. Auf
öffentlicher Strasse kam es zu Zänkereien, und Grandier wurde in seinem
Priesterornate durchgeprügelt. Während er nun in Paris Genugthuung suchte,
verordnete der Bischof von Poitiers, der eines Dienstvergehens wegen in der
Hand des Complottes war, seine Verhaftung (22. Oktober 1629). Obwohl es an
allen Beweisen fehlte, so wurde Grandier dennoch vom Offizialate zur Busse
verurtheilt und der Ausübung geistlicher Funktionen zu Loudun auf immer für
unfähig erklärt. Er appellirte, und die Sache ward vor den königlichen
Gerichtshof zu Poitiers verwiesen. Es ergab sich, dass selbst falsche
Zeugnisse abgelegt worden waren; Grandier wurde daher freigesprochen und
vom Erzbischof von Bordeaux, Henri Escoubleau de Sourdis, in seine Aemter
wieder eingesetzt. Die Versetzung verschmähend, welche ihm der Erzbischof
zur Vermeidung weiterer Verdriesslichkeiten anbot, zog er jedoch mit einem
Lorbeerzweige in der Hand zu Loudun ein, erhob Entschädigungsklagen gegen
seine Feinde und reizte diese bei jeder Gelegenheit durch ungemessenen
Hohn.

In dieser Stadt war vor wenigen Jahren ein Ursulinerinnenkloster gestiftet
worden; die Nonnen desselben waren noch arm und wohnten in einem
gemietheten Hause, in welchem sie eine Pension hielten. Doch waren etliche
unter diesen Damen munterer Laune und hatten sich bereits mehrfach das
Vergnügen gemacht, ihre älteren leichtgläubigeren Schwestern durch
Gespenstererscheinungen zu necken. Jetzt verbreitete sich in der Stadt das
Gerücht, dass der Pater Mignon, Beichtvater des Klosters, der schon früher
gegen Grandier im Bunde gewesen war, etliche von bösen Geistern besessene
Nonnen fleissig exorzisire. Die Wahrheit war, dass er dieselben durch
mancherlei Vorspiegelungen vermocht hatte, sich zu einer höchst ruchlosen
Rolle abrichten zu lassen. Als sie die nöthige Fertigkeit erlangt hatten,
lud er einige Magistratspersonen unter der Anzeige, dass eine der Nonnen
von einem lateinischredenden Teufel besessen sei, zum Augenschein ein. Kaum
bemerkte die Oberin (Domina) die eingeführte Behörde, so sprang sie unter
Zuckungen auf, grunzte wie ein Schwein, kroch unter das Bett und geberdete
sich auf das Seltsamste. Mignon und seine Gehülfen, Mönche aus dem von
Grandier heftig befehdeten Carmeliterinnenkloster, ergriffen sie, und
ersterer richtete an den aufschürigen Teufel die Frage: Propter quam causam
ingressus es in corpus hujus virginis? Antwort: Causa animositatis. Frage:
Per quod pactum? Antwort: Per flores. Frage: Quales? Antwort: Rosas. Frage:
Quis misit? Antwort: Urbanus (dieser Name wurde zögernd und stockend
ausgesprochen). Frage: Dic cognomen! Antwort: Grandier. Frage: Dic
qualitatem! Antwort: Sacerdos. Frage: Cujus ecclesiae? Antwort: Sancti
Petri. Frage: Quae persona attulit flores? Antwort: Diabolica! -- Hierauf
kam die Nonne wieder zu sich selbst und betete. Mignon aber nahm die beiden
Magistratspersonen bei Seite und machte ihnen bemerklich, dieser Fall habe
viele Aehnlichkeit mit der Sache des zu Aix verbrannten Pfarrers Gaufridy.
Dergleichen Scenen wiederholten sich an den folgenden Tagen vor einer
Schaar von Neugierigen. In einer derselben entstand das Geschrei, eine
Katze sei durch den Schornstein herabgekommen; man suchte, fand eine Katze
auf dem Betthimmel, brachte sie auf das Bette der Oberin, und einer der
Exorzisten beschwor sie unter vielfacher Bekreuzung. Manche unter den
Umstehenden wollten indessen in dem Thiere nur eine der wohlbekannten
Klosterkatzen erkennen. Zuletzt verkündete man für den folgenden Tag die
definitive Austreibung der Teufel, und als das Gericht zur bestimmten
Stunde erschien, um ein Protokoll darüber aufzunehmen, ward es an der Thüre
mit der Nachricht empfangen, die Sache sei bereits zu Ende.

Mittlerweile hatte sich =Grandier= beim königlichen Baillif und beim
Bischof von Poitiers über Verleumdung beklagt; dieser jedoch gab ihm kein
Gehör, und als jener die Exorzismen durch die bisherigen Priester ohne die
Gegenwart des Gerichts verbot, gehorchten weder die Nonnen, noch die
Exorzisten, sondern beriefen sich auf den Bischof. Bald fing ein zweiter
Akt der Besessenheiten an, und obgleich sich die Teufel mit ihrem Latein
und Weissagen schmachvoll blamirten, so nannten sie doch Grandier's Namen
deutlich genug, um den Mann in immer ärgeres Geschrei zu bringen. Das
Schlimmste für diesen war, dass auch ein Offizier zu Loudun, der bei
Richelieu etwas vermochte, zu seinen Feinden hielt. Grandier's Klagen
wurden nirgends gehört. Dem plumpen Betruge arbeitete nur der Baillif
entgegen, der mehrmals die Nonnen so verwirrte, dass die Exorzisten mit
Schimpf bestanden. Doch predigten diese mit Salbung über den Unglauben, der
die Wunder Gottes und die Herrlichkeit der katholischen Kirche in dem
Geschehenen nicht erkennen wolle, und sie erhielten neuen Muth, als ihnen
der Bischof noch zwei Helfer sandte. Die Sache sollte eben von Neuem
angehen, als der Erzbischof bei einem zufälligen Besuche in der
Nachbarschaft seinen Arzt mit gemessenen Instruktionen zur Beobachtung nach
Loudun schickte. Jetzt hatten die Besessenheiten auf einmal ein Ende, und
der Prälat erliess auf Grandier's Bitte für den Fall der Wiederkehr
Bestimmungen hinsichtlich der Behandlung der Nonnen, welche vorerst weder
diesen, noch ihren bisherigen Seelenärzten angenehm sein konnten. (Anfang
1632.)

=Mignon= und die Nonnen lebten bereits in tiefer Verachtung, letztere auch,
weil die Kostgänger ausblieben, in Dürftigkeit, als der Staatsrath von
=Laubardemont=, eine Kreatur Richelieu's, in Loudun eintraf, um einem
königlichen Befehle zufolge die Schleifung des dasigen Schlosses zu leiten.
Dieser Mann war ein Verwandter der Domina und wurde bald in das Interesse
der Verschworenen gezogen. Man vereinigte sich, Grandier als den Verfasser
eines Pasquills[179], das kurz zuvor zu Gunsten der Königin Mutter gegen
Richelieu erschienen war, zu bezeichnen. Kaum war Laubardemont wieder in
Paris, so begannen die Besessenheiten in noch grösserem Style, als zuvor;
nicht nur sämmtliche Nonnen, sondern auch weltliche Jungfrauen in der Stadt
und Umgegend wurden heimgesucht, und man verbreitete unter dem Titel: =la
Démonomanie de Loudun= eine Schrift, worin die Einzelheiten der wunderbaren
Ereignisse dargestellt wurden. Da, gegen das Ende des Jahres, erschien
plötzlich Laubardemont als königlicher ausserordentlicher
Untersuchungs-Commissär für alle früheren und gegenwärtigen Vergehen
Grandier's; seine Vollmachten waren die ausgedehntesten und schnitten sogar
die Appellation ab. Er begann sein Geschäft mit Grandier's Verhaftung und
der Wegnahme seiner Papiere, unter welchen sich indessen nichts Anstössiges
fand, als eine Abhandlung über den Cölibat. Hiergegen appellirten die
Verwandten, und das pariser Parlament genehmigte die Appellation, ohne dass
darum Laubardemont in seinem Gange sich hemmen liess. Grandier's Feinde
hatten gewonnenes Spiel: sie waren seine Richter und Wächter, fungirten als
Exorzisten, Experten und Zeugen.

Die Zahl der beschwörenden Priester mehrte sich jetzt von Tag zu Tag. Die
Mönche Frankreichs, den Pater Joseph an der Spitze, verhandelten damals
stark den vom Kapuziner Tranquille aufgestellten Satz, dass der Teufel,
wenn er ordnungsmässig beschworen werde, =sich gezwungen sehe, die Wahrheit
zu sagen=. Dieser Satz war nicht nur für mancherlei Inquisitionszwecke,
sondern auch wegen seiner Anwendung in der Beweisführung für angefochtene
Kirchendogmen von praktischer Bedeutung. In der Hoffnung, durch die
Besessenen von Loudun die Frage zur Entscheidung zu bringen, strömten
Mönche verschiedener Orden dahin zusammen. Auch der Pater Joseph hatte
sich incognito eingefunden; da er aber die Sache allzu plump angelegt fand,
um nicht in der öffentlichen Meinung zu verunglücken, so zog er sich
frühzeitig zurück und überliess geringeren Geistern die Gefahr der Schande.
Diese konnte nicht ausbleiben, da viele der gleichsam in Programmen
vorherverkündigten Taschenspielerstücke gänzlich scheiterten. Einst war
angesagt, dass am folgenden Tage der Teufel während der Exorzismen dem
Herrn von Laubardemont den Hut vom Kopfe nehmen und so lange in der Luft
schweben lassen werde, als man ein Miserere singe. Die Exorzismen wurden
bis zum Abend verlängert, Laubardemont sass etwas abgesondert unter dem
Gewölbe; die angekündigte Scene konnte aber nicht aufgeführt werden, weil
etliche neugierige Zweifler unter das Kirchendach vorgedrungen waren und
daselbst einen Burschen ertappt hatten, der nur auf die Dämmerung wartete,
um mittelst eines Angelhakens, der an einem Faden durch ein Loch der Decke
hinabgelassen werden sollte, das diabolische Schweben des Hutes zu
bewerkstelligen. Vornehme Fremde, die gekommen waren, reisten jetzt murrend
und kopfschüttelnd ab. Da erschien der Bischof von Poitiers persönlich, um
gegen den Unglauben zu predigen, und die Exorzisten verkündigten, dass es
eine Beleidigung Gottes, des Königs und des Kardinals Richelieu sei, nicht
an die Wahrheit der Besessenheiten zu glauben. »Dieses ist es, -- schrieb
der Pater Tranquille, -- dass wir sagen können, dieses Unternehmen sei
Gottes Werk, weil es ein Werk des Königs.« Die überaus schamlosen Reden und
Geberden der Besessenen hatten beim Volke Unwillen erregt; auch =davon= zu
reden wurde durch öffentlichen Anschlag und durch Verkündigung von der
Kanzel verboten.

Mittlerweile war =Grandier= verhört, confrontirt und der Nadelprobe
unterworfen worden. Man hatte bei der letzteren da, wo nach der Aussage der
Nonnen das Stigma sein sollte, das =runde= Ende der Sonde angesetzt, an den
übrigen Körpertheilen dagegen die Spitze bis auf den Knochen eingebohrt,
um ihn zum Schreien zu bringen. Falsche Zeugen waren verhört worden, und
selbst der Protokollfälschung hatte man sich nicht geschämt. Grandier's
Dokumente aus den früheren Händeln befanden sich in Laubardemont's
Verwahrung; sein Bruder, ein Parlamentsadvokat, war durch Verhaftung
unschädlich gemacht, der wackere Baillif mit Frau und Kind selbst der
Zauberei beschuldigt. Was half es, dass jetzt einige der missbrauchten
Nonnen ihre Aussagen widerriefen und unter Thränen der Reue betheuerten,
dass sie nur Werkzeuge der niederträchtigsten Kabale gewesen? Die
Geistlichen versicherten, dass nur der Teufel aus ihnen rede, und zwar
diessmal nicht die Wahrheit. Eine zahlreiche Commission trat zusammen, das
Endurtheil zu sprechen, dessen Inhalt nicht zweifelhaft sein konnte. In
dieser Noth richtete die Bürgerschaft von Loudun eine Bittschrift
unmittelbar an den König, stellte ihm die Gefahr vor, die jeder Rechtliche
laufe, wenn das Prinzip durchginge, auf die angeblichen Aussagen des
Teufels ein peinliches Urtheil zu gründen, und bat um Ueberweisung der
Sache an das Parlament von Paris. Hierauf antwortete die Commission, nicht
der König, mit Cassirung der Supplik, die einer aufwieglerischen
Versammlung »der meisten Einwohner der Stadt, so der sogenannten
reformirten Religion zugethan, und anderer Handwerksleute« ihren Ursprung
verdanke, verordnete eine Untersuchung und verbot fernere Schritte der Art
bei schwerer Strafe.

=Grandier= sah sein Ende nahen. Er hatte in dem ganzen Prozesse nichts zu
bekennen gehabt, als die Autorschaft hinsichtlich des bei ihm gefundenen
Traktats gegen den Cölibat. Sein Benehmen war resignirt, aber die von ihm
eingereichte Vertheidigungsschrift strafte in unverhülltem Unwillen die
Ungerechtigkeit des gegen ihn gerichteten Verfahrens. Am 18. August 1634
sprach die Commission folgendes Urtheil: »Wir haben kund gethan und thun
kund, dass besagter Urbain Grandier gebührender Weise des Lasters der
Zauberei und Hexerei und der Besessenheit der Teufel, die durch sein
Verursachen einigen Ursulinerinnen aus dieser Stadt Loudun und einigen
weltlichen Personen begegnet, nebst andern hieraus hervorgegangenen
Uebelthaten und Lastern angeklagt und überführt sei. Zur Abbüssung
derselben haben wir diesen Grandier verdammt und verdammen ihn, mit
entblösstem Haupte, einen Strick um den Hals und eine brennende Fackel von
zwei Pfunden in der Hand, vor der Hauptthüre von St. Peter auf dem Markte
und vor der Kirche der heiligen Ursula Busse zu thun und daselbst auf den
Knieen Gott, den König und die Gerechtigkeit um Vergebung zu bitten. Und
wenn dieses geschehen ist, so soll er auf den Platz des heiligen Kreuzes
geführt werden und daselbst an einem Pfahl über einem Scheiterhaufen,
welchen man zu diesem Zwecke aufrichten wird, angebunden, auch sein Leib
lebendig nebst den Bündnissen und zauberischen Zeichen, die bei den Akten
aufgehoben sind, und nebst dem Buche, das er gegen das uneheliche Leben der
Geistlichen aufgesetzt hat, verbrannt und seine Asche in die Luft gestreut
werden. Wir haben auch kund gethan und thun hiermit kund, dass alle und
jede seine Güter dem König sollen heimgefallen und confiszirt sein, jedoch
so, dass davon die Summe von hundertundfünfzig Livres vorausgenommen werde,
damit man dafür eine kupferne Platte ankaufen möge, in welche der Inhalt
gegenwärtigen Urtheils eingegraben und dieselbe alsdann an einem erhabenen
Orte in besagter Ursulinerinnenkirche zu immerwährendem Gedächtniss
aufgehoben werde. Und bevor man zur Vollstreckung des gegenwärtigen
Urtheils schreite, verordnen wir, dass besagter Grandier wegen Nennung
seiner Mitschuldigen auf die ordentliche und ausserordentliche Tortur
gebracht werde.«

=Grandier= hörte diese Sentenz mit ruhiger Würde, überstand die Folter mit
Ausdauer, obgleich man ihm die Beine zwischen zwei Brettern in qualvollster
Weise zusammenkeilte, und erklärte, dass er sich nichts vorzuwerfen habe
als einige längst gebüsste Fleischesverirrungen, die besessenen Nonnen aber
in seinem Leben nicht gesehen habe. Nach der Folter war Laubardemont über
zwei Stunden bei ihm und suchte ihn zur Unterzeichnung einer ihm
vorgelegten Schrift zu überreden. Grandier schlug diess standhaft ab.
Wahrscheinlich war es ein solches Bekenntniss, wie dasjenige, welches wir
noch von Gaufridy besitzen, und einige Strafmilderung mochte der Preis der
Selbsterniedrigung sein. Am Abend desselben Tags wurde das Urtheil
vollstreckt, nur dass der Unglückliche wegen Zerschmetterung seiner Beine
nicht, wie der Buchstabe wollte, auf den Knieen, sondern auf dem Leibe
liegend seine Busse that. Auf dem Scheiterhaufen wollte er zum Volke reden;
die Exorzisten aber schütteten ihm eine Fluth von Weihwasser ins Gesicht,
und als die Wirkung desselben vorüber war, gaben sie ihm Judasküsse.
Grandier nannte sie selbst so. Wiederholt verlangten sie Bekenntnisse, und
als diese nicht erfolgten, geriethen sie in so heftigen Zorn, dass sie die
vom Propsteirichter zugestandene Erdrosselung vor dem Anzünden des
Holzstosses zu vereiteln suchten. Sie knüpften in die Schnur, die dem
Scharfrichter übergeben wurde, Knoten, dass sie nicht zulaufen konnte, und
der Pater Lactantius übernahm selbst das Amt des Henkerknechts, indem er
eiligst den Brand ins Holz warf. Grandier rief: »Deus meus, ad te vigilo,
miserere mei, Deus!« Seine Stimme wurde von den Kapuzinern unterdrückt, die
abermals den Inhalt ihrer Weihkessel auf sein Gesicht ausgossen.

Nach dem Tode des Unglücklichen hörten die Exorzismen noch immer nicht auf.
Wir gedenken indessen dieselben nicht weiter zu verfolgen. Nur verdient
noch bemerkt zu werden, dass einst die Abendmahlshostie in dem Munde einer
Besessenen blutig erschien und die Teufel, obgleich mit grossem
Widerstreben, für die Transsubstantiation Zeugniss ablegten. Laubardemont
nahm den Reformirten einen Kirchhof und ein Schulhaus ab, um beides an die
Ursulinerinnen zu schenken, die ausserdem durch die Geschenke der Gläubigen
sich eine sorgenfreie Existenz gesichert sahen. Der Pater =Lactantius=
starb in Verzweiflung und Raserei; an seiner Stelle übernahm der Jesuit
=Surin= die Exorzismen. Zahlreiche Schriften erschienen zur Erbauung des
Publikums. Der Gedanke, das Zeugniss des Teufels für dogmatische und
Inquisitionszwecke zu Ehren zu bringen, rief auch an andern Orten ganz
ähnliche Scenen hervor, unter welchen jedoch einige sogleich in der Geburt
erstickten. So war man eben im Begriff, die Teufel Beelzebub, Barrabas,
Carmin und Gilman aus dem Leibe eines Mädchens in der Wallfahrtskapelle
U. l. Frauen zu Roquefort, im Gebiet von Avignon, auszutreiben, als
Mazarin, damals päpstlicher Vizelegat, durch einfache Androhung weltlicher
Strafen die Teufel und ihre Beschwörer auf einmal zur tiefsten Ruhe
brachte. Eine Beschwörung zu Chinon endete mit öffentlichem Skandal, und
Richelieu, der schon bald nach Grandier's Tode den Exorzisten das bisher
bezogene Salar zurückbehalten hatte, fand es endlich an der Zeit, alle
weiteren Wunderthaten der frommen Väter ernstlich zu verbieten.

Im achtzehnten Jahrhundert schrieb =La Menardaye= zur Vertheidigung der
Exorzismen von Loudun und veröffentlichte eine Abschrift derjenigen
Urkunde, durch welche sich Grandier dem Teufel verschrieben haben
soll[180]. Das Original, sagt er, werde, mit dem Blute des Zauberers
unterschrieben, in der Hölle aufbewahrt. Neugierige finden ein Facsimile
desselben, so wie des vom Teufel zur Erwiederung ausgestellten Reverses als
Beilage im ersten Bande von Collin de Plancy's Dictionnaire infernal. Beide
Stücke sollen sich nach der Versicherung des Herausgebers vor der
Revolution in den Archiven von Poitiers befunden haben.

In der zweiten Hälfte des siebenzehnten Jahrhunderts legte der Doctor der
Theologie und Pfarrer zu Vibrai, =Jean Baptiste Thiers=, die Ueberzeugung
der gebildeten Stände Frankreichs von dem Hexenwesen in einem vierbändigen
Traité des superstitions, qui regardent les sacremens (Paris, 1679) dar,
welches Werk 1741 schon die vierte Auflage erlebte. Doch gehört nur der
erste Band des Werkes, in welchem der Verfasser alle kirchlichen Verbote
der Zauberei zusammenstellt, und die »schwarze Magie« zwar als nichtige
Thorheit aber auch als schwerstes Verbrechen zu erweisen sucht, hierher.
Die folgenden Bände enthalten unter dem Titel des »Aberglaubens« nichts
anderes, als eine Zusammenstellung derjenigen auf die sieben Sakramente der
katholischen Kirche bezüglichen Lehren, welche von dieser als Irrlehren
verworfen sind.

Von =Schweden= ist es nicht bekannt, dass es vor dem dreissigjährigen
Kriege oder während desselben Zauberer verbrannt habe; man weiss sogar,
dass Christina und ihre Generale solche Verfolgungen in den deutschen
Landen hemmten. Aber jetzt, ganz kurz vor der Krise des Uebels, war es, als
hätte das kalte, lutherische Volk dem Aberglauben den zurückbehaltenen
Tribut mit einem Male nachzahlen sollen. Der Prozess von Mora und Elfdale
im Jahr 1669 ist einer der furchtbarsten, welche die Geschichte kennt[181].
Kinder waren es, die in ihm die Hauptrolle spielten.

Bei mehreren Kindern der Kirchspiele Elfdale und Mora in Dalecarlien
zeigten sich auffallende Erscheinungen: sie fielen in Ohnmachten und
Krämpfe und erzählten bald im gewöhnlichen Zustande, bald in einer Art von
Paroxysmus von einem Orte, den sie Blakulla nannten und wohin sie von den
Hexen mitgenommen worden seien, um dem daselbst gefeierten Sabbath
beizuwohnen. Hierselbst behaupteten sie zuweilen vom Teufel Schläge
erhalten zu haben, und leiteten von denselben ihre Kränklichkeit ab. Ein
unmässiges Geschrei erhob sich jetzt in ganz Dalecarlien gegen die Hexen,
und vom Hofe ward eine Commission gesendet, um die Sache zu untersuchen.
Dieselbe verhaftete alsbald eine Menge von Weibern und verhörte an
dreihundert Kinder. Letztere gaben mit mehr oder weniger Uebereinstimmung
ein höchst tolles Bild von den Gräueln des Hexensabbaths und sagten den mit
ihnen confrontirten Weibern die seltsamsten Dinge ins Gesicht. Sie sagten
aus, wenn sie den Teufel anriefen, so erscheine derselbe in der Gestalt des
tollen Andreas im grauen Rocke mit roth und blau gewirkten Strümpfen, mit
einem rothen Barte und mit einem hohen Hute, der mit Schnüren von
mancherlei Farbe verziert sei. Dabei trage er Kniebänder von bedeutender
Länge. Er schmiere die Kinder mit einer Salbe ein, setze sie auf eins
seiner Thiere, und fahre mit ihnen fluggs gen Blakulla, wo ein Palast
stehe, in dessen Hofe die Thiere, von denen sie hingetragen wären,
weideten, und in dessen Gemächern die opulentesten Gastmähler und wildesten
Ausschweifungen stattfänden. Etliche der Kinder sprachen auch von einem
weissen Engel, der ihnen verboten habe das zu thun, wozu der Teufel sie
anreize, indem er hinzufüge, dass dieses teuflische Treiben keinen langen
Bestand haben werde. Dieser gute Engel stellte sich auch bisweilen an den
Eingang des Blakullahauses zwischen die Kinder und die Hexen, die letzteren
zurückweisend, damit die Kinder eintreten könnten. -- Von den Eltern erfuhr
die Commission, dass die Kinder Nachts in den Armen derselben und in den
Betten gelegen hätten, wenn sie am Morgen von ihren nächtlichen Fahrten
erzählten. -- Mittelst der Folter machte sich die Commission den ganzen
Sachverhalt klar. Nach ihrem Verdikt wurden vierundachtzig Erwachsene und
fünfzehn Kinder verbrannt, sechsunddreissig Kinder wurden während eines
Jahres allwöchentlich einmal an den Kirchthüren ausgepeitscht und zwanzig
der Kleinsten nur an drei aufeinander folgenden Tagen gezüchtigt und
siebenundvierzig andere Personen von der Instanz entbunden.

Das Bekenntniss der Verurtheilten gibt im Ganzen das Gewöhnliche von den
Hexentänzen, in einzelnen Zügen nur noch mehr ins Fratzenhafte gezerrt, als
anderwärts. Der Teufel erscheint in höchst bunter, bänderreicher Tracht,
führt die Hexen durch die Luft nach Blakulla und züchtigt sie, wenn sie
nicht wenigstens fünfzehn oder sechszehn Kinder mitbringen. Um den
letzteren einen bequemen Sitz zu bereiten, verlängern sie den Rücken ihres
Bockes durch eine in dessen Hintertheil gesteckte Stange. Zu Blakulla wird
in des Teufels Namen getauft, geschmaust, getanzt und gebuhlt. Der Teufel
prügelt oft Hexen und Kinder, zuweilen ist er gnädig, spielt auf der Harfe,
lässt sich, wenn er krank ist, von den Hexen schröpfen und ist sogar einmal
bei einem solchen Anfalle auf kurze Zeit gestorben. Er hat auch leibliche
Söhne und Töchter zu Blakulla verheirathet, die aber statt natürlicher
Kinder nur Schlangen, Eidechsen und Kröten erzeugen.

Dieses Alles protokollirten die Commissarien, sprachen das Urtheil und
kehrten, von dem Danke der Thalmänner begleitet, nach Hofe zurück. Im Lande
betete man sonntäglich in den Kirchen um ferneren Schutz gegen die Macht
des Teufels; König =Karl= XI. aber äusserte später gegen den Herzog von
Holstein: »seine Richter und Commissarien hätten auf vorgebrachten
eindringlichen Beweis mehrere Männer, Weiber und Kinder zum Feuertode
verurtheilt und hinrichten lassen; ob aber die eingestandenen und durch
Beweisgründe bestätigten Handlungen wirkliche Thatsachen oder nur die
Wirkung zügelloser Einbildungskraft gewesen, sei er bis jetzt nicht im
Stande zu entscheiden.«

Da uns ausser den allgemeinen Berichten bei =Glanvil=, =Bekker= und
=Hauber= keine Schriften über dieses merkwürdige Ereigniss zugänglich
gewesen sind, so müssen wir uns eines bestimmten Urtheils über den
eigentlichen Anfang und Verlauf der Sache begeben. Doch scheint Walter
Scott's Vermuthung, dass der ganze Blakulla-Lärm von der Verstellung
einiger boshaften Buben ausgegangen sei, für die Erklärung des Ganzen nicht
weniger unzulänglich, als die andere, nach welcher Alles auf Fieberträumen
kranker Kinder und der Leichtgläubigkeit ihrer Eltern beruht haben soll.
Dreihundert Kinder, zum Theil von sehr zartem Alter, können die
Gleichmässigkeit ihrer detaillirten Bekenntnisse weder aus boshaften
Collusionen, noch aus übereinstimmenden Delirien geschöpft und bewahrt
haben. Hier bleibt die Suggestion -- von wem sie auch gekommen sein mag --
die einzig mögliche Vermuthung und klagt die Richter und Commissarien
nicht weniger einer sträflichen Verletzung der Rechtsformen, wie einer über
alle Massen gewaltigen Geistesfinsterniss an.

Aus dem Munde eines reisenden Schweden, der mit zu Gericht gesessen hatte,
berichtet =Thomasius=, dass die Juristen Anfangs Anstand genommen hatten,
auf das Gerede unmündiger Kinder eine Untersuchung zu gründen; die
Geistlichen aber bestanden darauf, indem sie behaupteten, dass der heilige
Geist, der immer die Ehre Gottes gegen das Reich des Teufels vertheidige,
nicht zugeben würde, dass die Knaben lögen; denn es heisse im Psalm: »Aus
dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du dir deine Macht
zugerichtet, dass du vertilgest den Feind und die Rachgierigen.« Erst als
schon viele Unschuldige verbrannt waren, gelang es einem der weltlichen
Assessoren, den Theologen durch eine angestellte Probe den Beweis zu
führen, dass der heilige Geist nicht aus den Kindern redete. Er versprach
nämlich mit Vorwissen seiner Collegen einem unter den Knaben einen halben
Thaler und bestimmte ihn dadurch, seine Denunziation von einer ehrbaren
Person alsbald auf eine andere überzutragen[182].

Sollen wir fortfahren in unserer Rundreise? Noch könnte manche seltsame
Geschichte erzählt werden. Es liesse sich ausser vielem Andern berichten,
wie mit Mazarin's Billigung die Pförtnerin im Kloster zu Louviers
exorzisirt und dann als Buhlerin des Teufels eingemauert wurde[183]; wie
die Schweizer im Begriffe waren, einen Marionettenmann zum Tode zu führen;
wie eine Chambre de la tournelle zu Aix den Naturforscher Jean Pierre
d'Orenson zum Galgen verurtheilte, weil er ein Experiment über die
Harmonie der Töne an einem Skelet angestellt hatte; oder wie noch 1670 zu
Haye du Puis auf Anstehen des General-Prokurators an dem Pfarrer von
Coignies die Nadelprobe vorgenommen und das Hexenmal gefunden wurde. Wir
könnten dann weiter durchmustern, was sich in Dänemark, Preussen, Polen,
Ungarn und Italien, in Spanien und Portugal, ja in Goa und Mexiko begab;
aber wir würden nichts Neues sehen und vor Erreichung des Ziels ermüden an
dem überall wesentlich gleichen Grundcharakter in Glauben, Verfahren und
Strafe, bei unbedeutenden lokalen Modifikationen. Und diese ermüdende
Wanderung würde nicht einmal mit dem traurigen Troste enden, dass in jenem
Jahrhundert ausser England irgend eine Nation die unserige in der Anzahl
der Opfer eingeholt oder überboten hätte.

Wenden wir uns lieber zur Geschichte der allmählichen Abnahme und Heilung
der Seuche!


FUSSNOTEN:

[136] _Müller_, Gesch. des Hexenglaubens in Siebenbürgen, S. 32.

[137] _Müller_, S. 65-77.

[138] Les sorciers dans le pays de Neufchâtel au 15. 16. et 17. siècle
(Locle, 1862) und Les procédures de sorcellerie à Neufchâtel par _Charles
Lardy_ (Neufch. 1866).

[139] _Lardy_, S. 6-7.

[140] _Lardy_, S. 40.

[141] Les sorciers dans le pays de Neufchâtel, S. 21.

[142] _Lardy_, S. 36 ff.

[143] Das Nächstfolgende ist nach der Abhandlung des Prof. Dr. _Trechsel_
»das Hexenwesen im Kanton Bern« (in dem Berner Taschenbuch von 1870)
S. 215 ff. mitgetheilt.

[144] Erlass an alle waadtländischen Amtleute vom 3. Dezbr. 1652.

[145] _Zimmermann_, die Züricher Kirche von 1519-1819 (Zürich, 1878)
S. 205-206.

[146] _Hutchinson_, Cap. 7. _W. Scott_, Br. Th. II. S. 65.

[147] _W. Scott_, Br. üb. Däm. Th. II. S. 158 ff.

[148] »Die Priester stellten den Grundsatz auf, dass die
Römischkatholischen, als ihre Hauptfeinde, mit einander dem Teufel, der
Messe und den Hexen zugethan wären, welche ihrer Meinung nach alle drei zu
Unheilstiften vergesellschaftet und natürliche Verbündete sein müssten.«
_W. Scott._

[149] Vgl. _Pitcairn's_ Criminal Trials of Scotland, vol. I. P. II. S. 213,
223.

[150] _W. Scott_, Th. II. S. 76 ff.

[151] A trial etc. p. 25.

[152] Ueber Hopkins s. _Hutchinson_, Versuch v. d. Hexerei, Cap. IV.
_Walter Scott_, Br. üb. Dämonol. Th. II. S. 86 ff. und _Thomas Wright_,
Narratives of Sorcery, T. II. Cap. XXV.

[153] _Hartpole Lecky_, S. 83.

[154] A trial etc. S. 25.

[155] Ueber die Einwirkung des Hexenglaubens auf die dramatische Literatur
Englands in damaliger Zeit vgl. _Thomas Wright_, Narratives of Sorcery I.
S. 286 u. 296.

[156] Der Oberrichter Sir _Matthew Hale_ ging in seiner Verurtheilung der
beiden Unglücklichen von dem Satze aus, dass die Thatsächlichkeit des
Lasters der Hexerei nicht zu bezweifeln sei, denn dieselbe werde 1) durch
die heil. Schrift und 2) durch den Consensus gentium bestätigt, indem die
Weisheit alter Völker Gesetze gegen die Zauberei aufgestellt habe. Vgl. den
Bericht über den Prozess in A collection of rare and curious tracts
relating to witchcraft (Lond. 1838) und _Campbells_ Lives of the
chief-justices, I. S. 565-566.

[157] _Hutchinson_, Historical essay concerning witchcraft, 1720 S. 56-57.

[158] _Buckle_, Gesch. der Civilisation in England (übers. v. Ruge) II.
S. 253 ff.

[159] _Pitcairn_, Criminal trials of Scotland, vol I. P. II. S. 50.

[160] _Hartpole Lecky_, S. 101.

[161] Nach _Dalyell_, Darker Superstitions of Scotland, S. 645 ff.

[162] _Hartpole Lecky_, S. 102.

[163] Diese räthselhafte Erzählung ist in wörtlicher Uebersetzung aus Th.
Wright entlehnt.

[164] _Thomas Wright_, Narratives of sorcery and magic (Lond. 1851)
Vol. II. Cap. 31; _Bancroft_, History of the United States, Cap. 19,
_Hutchinson_, S. 95 bis 119 und _Upham_, Salem Witchcraft, Boston 1867,
vol. II. -- Nach _Upham_ glaubten die Leute in Salem und Umgegend, der
Teufel suche die Ausbreitung des Christenthums zu hindern, wesshalb durch
Bekämpfung des Teufels und der Hexen für das Christenthum und für das Reich
Gottes Bahn gebrochen werden müsse.

[165] _Garinet_ p. 129. _Bolo_, Notice sur l'arrêt du Parlement de Dôle du
18 janvier 1573 etc.

[166] _De Lancre_ Arrêts notables de Paris, p. 785.

[167] _Garinet_ pag. 139. Weitere Urtheile des pariser Parlaments bei _Le
Brun_ Hist. crit. des pratiques superstitienses, I. 306. _Collin de Plancy_
im Dict. infernal in verschiedenen Artikeln.

[168] _Garinet_ p. 153.

[169] Les sorcelleries de Henri de Valois, et les oblations, qu'il faisait
au diable dans le bois de Vincennes. Didier-Millot 1589. S. _Garinet_
p. 294. -- Von dem Buhlteufel Terragon wird gehandelt in: Remontrances à
Henri de Valois, sur les choses terribles, envoyées par un enfant de Paris.
28 janvier 1589. Jacques Grégoire. In-8vo.

[170] Diess bezieht sich auf das Jahr 1594. _Delrio_ Lib. V. Append.

[171] _Le Brun_, hist. crit. des prat. superst. Vol. I. p. 308.

[172] L'incrédulité et mécréance du sortilége pleinement convaincues Paris
1612, -- und Tableau de l'inconstance des mauvais anges et démons. Paris
1612. Beide sind jetzt selten. Eine deutsche Bearbeitung erschien 1630
unter dem Titel: Wunderbahrliche Geheimnussen der Zauberey etc., gezogen
aus einem weitleufftigen in Frantzösischer Spraach getrucktem Tractat Herrn
_Petri de Lancre_, Parlamentsherrn zu Bordeaux. (Ohne Druckort.)

[173] _De Lancre_ Cap. 13. _Llorente_, Gesch. d. span. Inquisition.
Th. III. Cap. 37.

[174] _Llorente_ Th. III. Cap. 37. Abschn. 2.

[175] _Garinet_, Hist. de la Magie en France. Pièces justificatives,
Nr. IX. pag. 308.

[176] _Garinet_, Hist. de la Magie en France, p. 180. Trauergeschichte von
der greulichen Zauberey Ludwig Goffredy u. s. w. in _Reichens_ fernerem
Unfug der Zauberey, Halle 1704. S. 553.

[177] Bei _Hauber_, Bibl. mag. Bd. I. S. 457 ff. und 469 ff. ist das
Bekenntniss Gaufridy's, so wie das Urtheil des Parlaments vollständig
abgedruckt.

[178] Geschichte der Teuffel zu Lodün, in _Joh. Reichens_ fernerem Unfug
der Zauberey. S. 273 ff. -- _Alexis Willibald_ hat dieses schreckliche
Vorkommniss in der Form eines historischen Romans bearbeitet: »Urban
Grandier oder die Besessenen von Loudun. 2 Bde. Berl. 1843.«

[179] Betitelt: La cordonnière de Loudun.

[180] _Garinet_ p. 236.

[181] _B. Bekker_, bez. Welt. Buch IV. Cap. 29. _Horst_ Z. B. Th. I.
S. 212 ff. _Hauber_, Bibl. mag. Bd. III. St. 30. _W. Scott_, Br. üb.
Dämonologie, Th. II. S. 34, und _Th. Wright_, Narratives of sorcery,
Chap. XXIX.

[182] _Thomasius_, Kurze Lehrsätze vom Laster der Zauberei, §. 46.

[183] 1643. In der bischöflichen Sentenz heisst es: pour avoir honteusement
prostitué son corps aux diables, aux sorciers et autres personnes, de la
copulation desquelles elle est devenue grosse, et pour avoir conspiré avec
sorciers et magiciens dans leurs assemblées et dans le sabbat au désordre
et ruine générale de tout le monastère, perdition des religieuses et de
leurs âmes. _Garinet_ p. 245.



  DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL.

  Bekämpfung und Vertheidigung des Glaubens an Hexerei und der
  Hexenverfolgung während des siebenzehnten Jahrhunderts in Deutschland.

  a) =Die drei Jesuiten Adam Tanner, Paul Leymann und Friedrich Spee.=


Welche Wüste, welche Mördergrube war aus Deutschland, war aus dem gesammten
christlichen Abendlande geworden! Ueberall, in allen Landen ertönte der
Schrei der Verzweiflung in den Folterkammern und aller Orten rauchten die
Scheiterhaufen, auf denen ein dämonischer Aberglaube seine Opfer
brachte, -- Jahr aus Jahr ein! Und immer von Neuem schleppten Gerichte und
juristische Fakultäten Opfer herbei, deren Glieder auf der Marterbank mit
dem Hexenhammer zerschlagen, deren Leiber zerrissen und in Flammen geworfen
wurden! -- War denn da Niemand, der die Gräuel des Wahnsinns erkannte und
seine Stimme gegen sie zu erheben wagte?

Allerdings gab es Einzelne, die es einsahen, dass ein scheusslicher
Molochsdienst in der Hexenverfolgung verübt ward, und die vor demselben
warnten; und diese Einzelnen fanden sich -- im =Jesuitenorden= vor! Allein
es war ein schreckliches Zeichen der Zeit, dass nachdem zwei Ordensmänner
an dem System der Hexenverfolgung zu rütteln gewagt hatten, der Dritte, vor
dessen Geistesauge sich die Unvernunft und Unmenschlichkeit derselben am
vollständigsten bloslegte, und der es darum nicht lassen konnte, seine
Stimme laut und vernehmlich gegen das frevelhafte Martern und Morden zu
erheben, die Nothwendigkeit einsah, dieses nur vom dichtesten Versteck aus
zu thun, in welchem kein Mensch ihn vermuthen konnte.

Der erste Jesuit, der sich der Unglücklichen annahm, war =Adam Tanner=
(=Thanner=), der 1572 zu Innsbruck geboren, 1617 in den Jesuitenorden
eintrat, vierzehn Jahre lang als Professor der Theologie an der Universität
zu Innsbruck fungirte und am 25. Mai 1632 starb[184]. Er hatte sich ein
ungewöhnlich reiches theologisches Wissen angeeignet, was ihn aber nicht
hinderte, sich auch um Naturwissenschaft und Anderes zu kümmern. Sein
Biograph, der Jesuit =Fr. X. Kropf=, sagt von ihm (Hist. Prov. Soc. Jesu
Germ. super, P. 5): »seine liebste Erholung war der Wald und der Gesang der
Vögel.« Sein Hauptwerk war die von ihm 1626 und 1627 zu Ingolstadt auf
Kosten des akademischen Senats in vier Foliobänden herausgegebene Schrift
»Universa Theologia scholastica, speculativa, practica«, und dieses Werk
ist es eben, welches hier in Betracht kommt.

In der fünften »Disputatio« des ersten Bandes spricht er nämlich von den
Engeln und Dämonen, wobei er allerlei »Dubia«, namentlich auch die Frage
erörtert, »was von der Versetzung der =Hexen= nach ihren Sammelplätzen zu
halten sei und ob sie wirklich getragen würden«. Indem er nun dieses für
ganz unmöglich erklärt, so äussert er seine Meinung dahin, dass die Angaben
der Weiber, welche durch den Teufel zu den Hexensabbathen gebracht sein
wollten, in der Regel auf Träumen und Sinnestäuschungen beruhten. Er
bemerkt auch, dass die meisten dieser Hexen verheirathet seien. Wie wäre es
nun möglich, dass sie so viele Nächte hindurch von ihren Männern entfernt
wären, ohne dass diese es merkten? Doch vielleicht glaube man, dass der
Teufel an die Stelle der Weiber irgend einen Scheinkörper lege; allein man
dürfe nicht annehmen, dass Gott so leicht und so häufig dem Teufel eine
solche Täuschung und Berückung unschuldiger Männer gestatte. Viele dieser
Weibspersonen, sowohl verheirathete als unverheirathete, seien auch in
ihren Wohnungen durch Thüren, Fensterbalken und Riegel so wohl verwahrt,
dass sie der Teufel ganz unmöglich entführen könne, ohne Lärm zu machen.
Auf die Geständnisse der Hexen sei nichts zu geben; denn deren Aussagen
ständen oft miteinander in Widerspruch, und wenn sie behaupteten, dass sie
in Gestalt einer Katze, einer Maus oder eines Vogels vom Satan
hinweggeführt worden seien, so könne dieses nur als Phantasterei angesehen
werden. Die Dämonen besässen auch nicht die Gewalt, aus sich selbst (ohne
göttliche Zulassung) und durch angebliche Zauberer Menschen und Thieren zu
schaden, ausgenommen den Fall, dass sie giftige Salben oder sonstige Mittel
anwendeten, welche den Menschen auf natürliche Weise schädlich wären.

Im dritten Bande seines Werks und zwar in der vierten Disputatio
(Quaestio 5) handelt Tanner eingehend von dem Prozesse gegen die crimina
excepta, insbesondere gegen das crimen veneficii. Er verlangt, dass in
denselben nach Vernunft und Billigkeit vorgegangen werde, wesshalb die
Richter vor Allem darauf achten sollen, dass nicht aus einem solchen
Prozesse auch für Unschuldige Gefahr erwachse. Denn »wie gross ist die
Schmach, wie gross sind die Qualen, denen Unschuldige ausgesetzt sein
können, wenn sie Jahre lang in Prozesse wegen angeblicher Hexerei
verwickelt sind! Wie gross ist der Schaden, der daraus für viele, manchmal
auch vornehme, Familien erwächst!«

Ferner müsse es als Grundsatz gelten, dass die wegen Verdachts der Hexerei
Eingezogenen nicht von vornherein als Schuldige angesehen und behandelt
werden dürften, wesshalb ihnen die Möglichkeit, sich von dem Verdachte zu
reinigen, nothwendig zu geben sei. Die auf der Tortur erpressten
Geständnisse seien ohne allen Werth und jeder auf dieselben sich gründende
Urtheilsspruch sei nichtig und an sich ungültig.

Hierauf wendet sich Tanner gegen die von vielen »Doctores« vertretene
Ansicht, dass, um zur peinlichen Frage schreiten zu können, die
Denunziation Eines oder mehrer Mitschuldigen genüge. Habe man keine
sicheren Indizien, so dürfe man auf blosse Denunziation hin, und wenn
dieselbe von noch so Vielen ausgehe, Personen, die sich sonst eines guten
Rufes erfreuten, weder martern noch verurtheilen. Diese Behauptung
widerspreche zwar der Ansicht vieler Rechtsgelehrten und der üblichen
Praxis der Gerichte, allein sie beruhe auf der Vernunft. Denn entweder
seien die Denunzianten wirklich, wie sie von sich selbst aussagen, Hexen
und Zauberer oder sie seien es nicht. Sind sie es nicht, so lügen sie,
indem sie dann »Mitschuldige« nicht haben können; sind sie aber wirklich,
wie angenommen wird, Hexen und Zauberer, so sind sie vermöge der Natur
dieses Verbrechens solche Personen, von denen man anzunehmen hat, dass sie
Allen, zumal unschuldigen Leuten, auf jede Weise, also auch durch eine
Verderben bringende falsche Aussage schaden wollen. Wie könnte also ihre
Aussage von solchem Gewicht sein, dass sie genüge, um sonst unbescholtene
Leute einzukerkern und mit den schrecklichsten Torturen zu peinigen!

Um zu beweisen, wie gefährlich und thöricht es sei, auf derlei
Denunziationen hin die peinliche Frage zu verhängen, erzählt =Tanner=, es
sei ihm von zwei sehr angesehenen und gelehrten Männern gesagt worden, dass
gewisse Personen, von deren =Unschuld= sie vollkommen überzeugt gewesen,
nur um der ihnen drohenden Tortur zu entgehen, absichtlich allerlei Dinge
ausgesagt hätten, weil sie geglaubt, dass sie nach denselben auf der Folter
befragt werden würden. Wie leichtfertig bisweilen die Untersuchung geführt
werde, beweise der Fall, der sich unlängst in einer Stadt am Rhein
zugetragen, dass nämlich, (wie in einem völlig zuverlässigen Bericht an die
juristische Fakultät zu Ingolstadt gemeldet werde) dort, als die
Geständnisse der wegen Hexerei Verurtheilten öffentlich vorgelesen und
unter anderen Verbrechen auch verschiedene Mordthaten und Verzauberungen,
die gewissen und mit Namen genannten Personen daselbst zugefügt worden
seien, aufgerufen wurden, jene Personen selbst, die gesund und wohlbehalten
zugegen waren, die Falschheit der vorgelesenen Geständnisse bezeugt haben.

Weiterhin weist =Tanner= (im strikten Gegensatz zu =Delrio=) nach, wie
nothwendig es sei, dass die Prozessführung in allen Punkten durch klare
Bestimmungen festgestellt und der Willkür der Richter entzogen werde. Auch
müsse man den wegen Hexerei Angeklagten, die oft ganz ungebildete,
einfältige Personen seien, ordentliche Vertheidiger geben (was freilich
Viele nicht zulassen wollten!) und bei der Anwendung der Tortur müsse man
das Mass beobachten und Alles vermeiden, wodurch das Schamgefühl verletzt
werde.

Den Geistlichen macht es Tanner zur Pflicht, wenn sie sich von der Unschuld
Angeklagter überzeugt zu haben glauben, dieses den Richtern mitzutheilen
und dieselben zu einer Revision der Akten zu veranlassen. Namentlich aber
haben dieselben jedem Verurtheilten einzuschärfen, dass er, wenn er etwa
eine unschuldige Person denunzirt hat, sub peccato mortali verpflichtet
ist, diese falsche Aussage zu widerrufen.

In den folgenden Abschnitten erörtert =Tanner= die Fragen, auf welche
Weise sich der Christ gegen Zaubereien zu schützen habe, und durch welche
Mittel dieselben zu bekämpfen und auszurotten seien. In ersterer Beziehung
empfiehlt er den Gebrauch =geistlicher= Mittel. Dämonen, Zauberer und
Hexen, sagt er, können ja nur wenn es »ob bonum finem«, mit göttlicher
Zulassung geschehe, nicht aber aus sich selbst heraus leiblichen Schaden
bringen. Weil darum die ganze Sache von der göttlichen Vorsehung abhängt,
sei das beste Mittel zur Abwehr zauberischer Anläufe fester Glaube an Gott,
Gebet, Fleiss in der Heiligung, Gebrauch der Sakramente, werkthätige Liebe.
Zur Unterdrückung und Ausrottung der Hexerei könne aber die Strenge des
Gerichtsverfahrens gar nichts beitragen. Vielmehr müsse man hierzu nach dem
Gesetze der Liebe Christi verfahren. Diejenigen, welche vor ihren
Seelsorgern wegen vorgekommener Ausübung der Zauberei ihre Reue erklärten,
sollte man darum gar nicht dem weltlichen Richter überantworten. Auch würde
es sich in vielen Fällen sehr empfehlen, bei schon Verurtheilten die
weltliche Strafe in öffentliche Kirchenbusse zu verwandeln. »Ich zweifle
nicht,« sagt Tanner, »dass durch solche Demüthigung der Teufel weit mehr
verwirrt und ohnmächtig gemacht werden wird als durch tausend
Todesurtheile.« Immer wieder kommt Tanner darauf zurück, dass hier nicht
mit leiblichen, sondern mit geistigen und geistlichen Waffen zu kämpfen
sei; und zu diesen geistigen Waffen rechnet er vor Allem eine gute
Erziehung der Jugend und eine sorgfältige Unterweisung derselben in den
Wahrheiten des Evangeliums.

Dieses war das ernste und geistesgewaltige Zeugniss, welches der fromme und
aufrichtige Jesuit =Tanner= gegen den Dämon des Hexenglaubens ablegte, von
dem die abendländische Christenheit unter der menschenmörderischen Faust
der Justiz über ein Jahrhundert lang zerfleischt wurde. Der ehrliche
=Tanner= hat darüber vielfache Verfolgung und grosses Herzeleid ertragen
müssen. Zwei Inquisitoren, welche seine Aeusserungen über die
Hexenverfolgung gelesen hatten, erklärten laut, sie würden diesen
Menschen, sobald sie ihn in ihre Gewalt bekämen, sofort auf die Folter
spannen. -- Als Tanner gestorben war, gab es wohl Wenige, die seine
Auslassungen über die Hexenprozesse nicht für Thorheit hielten.

Unter diesen Wenigen, die anders dachten, war wiederum ein Jesuit, =Paul
Laymann=, der (1575 zu Innsbruck geboren) in München und Dillingen
Professor des kanonischen Rechts war und am 13. November 1635 zu Konstanz
an der Pest starb[185]. Sein Hauptwerk, welches er hinterlassen hat, ist
seine zuerst 1625 in München herausgegebene Theologia moralis. In derselben
wirft er (Lib. III. de institia Tract. 6, cap. 5) die Frage auf: ob es
besser sei, gegen die Zauberer und Hexen =vorsichtig= und nur dann
einzuschreiten, wenn genügende Indizien vorhanden seien, oder ob es
gerathener sei, wegen der Schwere und Schädlichkeit dieses Verbrechens auch
in =zweifelhaften= Fällen den Prozess einzuleiten -- und entscheidet sich
für die Ansicht, dass man nicht leicht Denunziationen Glauben zu schenken
habe, wenn nicht die betreffende Person überhaupt verrufen oder der gegen
dieselbe rege gewordene Verdacht durch sichere Indizien begründet worden
sei. Allerdings stehe es geschrieben: Maleficos non patieris vivere, aber
ebenso fest stehe auch das Gesetz: Ne insontem occidas! Habe man daher
bezüglich eines Angeklagten zu befürchten, dass derselbe ein Zauberer sei,
und falls er nicht justifizirt werde, Gott und den Menschen Unbilden
zufüge, und habe man andererseits zu besorgen, dass ihm als einem
vielleicht fälschlich Angeklagten durch das Gefängniss und die Tortur
ungerechter Weise an Ehre, Leib und Leben Schaden zugefügt werde, so habe
man das kleinere Uebel zu ertragen, damit nicht ein grösseres entstehe,
welches durch ein höheres Gesetz verboten sei.

Indessen war die Zeit für die Mahnungen eines Tanner und Laymann taub. Man
marterte und mordete ruhig weiter, und es schien in Erfüllung gehen zu
sollen, worauf Laymann in seiner Theol. mor. (L. III. Tr. 6, P. 3)
hingewiesen hatte: »Es ist jetzt soweit gekommen, dass, wenn solche
Prozesse noch länger fortgesetzt werden, ganze Dörfer, Märkte und Städte
veröden, und dass Niemand mehr sicher sein wird, auch nicht einmal
Geistliche und Priester.«

Da wurde plötzlich eine neue Stimme laut, welche noch vernehmlicher, noch
gewaltiger als die bisherigen auf den Wahnsinn der Hexenverfolgung hinwies
und vor fernerer Vergiessung des Blutes Unschuldiger warnte.

Wir reden von der =Cautio criminalis=[186], welche 1631 zu Rinteln
erschien. Der Verfasser dieser Schrift war kein anderer, als der Jesuit
=Friedrich Spee=[187], der Sprosse des adeligen (jetzt gräflichen)
Geschlechts der =Spee von Langenfeld=. Im Jahre 1591 zu Kaiserswerth im
Kölnischen geboren, war er als neunzehnjähriger Jüngling bei den Jesuiten
zu Trier als Novize eingetreten, von wo er in das Ordenshaus zu Köln
übersiedelte. Hier 1621 unter die Väter der Gesellschaft aufgenommen, wurde
er wegen seiner ungewöhnlichen Gelehrsamkeit mit der Professur der
Philosophie und Moral betraut, 1624 aber in das Jesuitenkolleg zu Paderborn
versetzt, von wo aus er dem in die Gemeinden und namentlich in den Adel der
Diözese Paderborn eingedrungenen Protestantismus entgegenarbeiten sollte.
Durch seine Klugheit und sonstige Geschicklichkeit soll es ihm auch
gelungen sein, den grössten Theil des paderbörner Adels in die katholische
Kirche zurückzuführen. Die grossen Erfolge seiner Missionsarbeit in
Paderborn veranlassten es daher, dass ihn der Orden zu gleichem Zwecke 1627
nach Bamberg und Würzburg berief. Hier jedoch, wo eben damals die
grausigsten Hexenverfolgungen im Gange waren, sah sich derselbe alsbald in
einen ganz anderen Beruf hineingestellt, indem er beauftragt ward, als
Beichtvater der zum Tode verurtheilten Hexen zu fungiren. Diese neue
Berufsthätigkeit liess Spee tief in den Abgrund hineinsehen, der so viele
Tausende verschlang, und bald fiel es ihm wie Schuppen von dem Auge und es
trieb ihn zu kühner, männlicher That. Er schrieb seine =Cautio criminalis=,
eine Warnungsschrift, die er jedoch erst, nachdem er aus Franken in das
Paderbörner Land zurückgekehrt war, in einer protestantischen Stadt
(Rinteln) drucken zu lassen wagte, -- und zwar anonym. Alle Welt staunte,
als sie das für Jedermann überraschende Buch sah. Schon binnen wenigen
Monaten waren (wie der Verleger Gronäus zu Frankfurt a. M. im Vorwort der
zweiten Ausgabe bemerkt) alle Exemplare vergriffen. Niemand ahnte, wer der
Verfasser sei und sogar noch vierzehn Jahre nach Spee's Tode war selbst dem
Uebersetzer des Buches die Herkunft desselben noch unbekannt. Erst durch
=Leibnitz=, welcher Spee als Charakter und Schriftsteller mit Recht sehr
hochhielt[188], haben wir erfahren, dass derselbe der Verfasser
ist[189]. -- »Dieser grosse Mann -- sagt er von Spee -- verwaltete in
Franken das Amt eines Beichtvaters, als im Bambergischen und Würzburgischen
viele Personen wegen Zauberei verurtheilt und verbrannt wurden. =Johann
Philipp von Schönborn=, später Bischof von Würzburg und zuletzt Kurfürst
von Mainz, lebte damals in Würzburg als junger Kanonikus und hatte mit Spee
eine vertraute Freundschaft geschlossen. Als nun einst der junge Mann
fragte, warum wohl der ehrwürdige Vater ein graueres Haupt habe, als seinen
Jahren gemäss sei, antwortete dieser: das rühre von den Hexen her, die er
zum Scheiterhaufen begleitet habe. Hierüber wunderte sich Schönborn, und
Spee löste ihm das Räthsel folgendermassen: Er habe durch alle
Nachforschungen in seiner Stellung als Beichtvater bei keinem von
denjenigen, die er zum Tode bereitet, etwas gefunden, woraus er sich hätte
überzeugen können, dass ihnen das Verbrechen der Zauberei mit Recht wäre
zur Last gelegt worden. Einfältige Leute hätten sich auf seine
beichtväterlichen Fragen, aus Furcht vor wiederholter Tortur, anfänglich
allerdings für Hexen ausgegeben, bald aber, als sie sich überzeugten, dass
vom Beichtvater nichts zu besorgen sei, hätten sie Zutrauen gefasst und aus
ganz anderem Tone gesprochen. Unter Heulen und Schluchzen hätten Alle die
Unwissenheit oder Bosheit der Richter und ihr eigenes Elend bejammert und
noch in ihren letzten Augenblicken Gott zum Zeugen ihrer Unschuld
angerufen. Die häufige Wiederholung solcher Jammerscenen habe einen so
tiefen Eindruck auf ihn gemacht, =dass er vor der Zeit grau geworden=. Als
Schönborn mit Spee immer vertrauter geworden war, gestand ihm dieser, dass
er der Verfasser der Cautio criminalis sei. In der Folge wurde Schönborn
Bischof und Reichsfürst, und so oft eine Person der Zauberei bezüchtigt
wurde, zog er, eingedenk der Worte des ehrwürdigen Mannes, die Sache vor
seine eigene Prüfung und fand die von jenem ausgesprochenen Warnungen nur
allzu begründet. So hörten in jener Gegend die Menschenbrände auf«[190].

Aus dem Erwähnten ist leicht abzunehmen, was Spee mit seiner Schrift
bezweckte. Er hatte in der nächsten Nähe den Hexenprozess in seiner
furchtbarsten Uebertreibung kennen gelernt und wollte dem Unwesen
entgegentreten. Indessen ist es nicht das Prinzip selbst, was er bekämpft,
sondern die Praxis. Er räumt die Existenz der Hexerei und die
Nothwendigkeit eines Verfahrens gegen dieselbe ein; aber unter seinen
Händen schmilzt der Hexenglaube so sehr zusammen und erhält das Verfahren
eine so vollkommene Umgestaltung, dass bei gewissenhafter Durchführung
seiner Grundsätze Deutschland schwerlich wieder einen einzigen Hexenbrand
gesehen hätte. Seine scharfe Kritik ergiesst sich über den Aberglauben und
die Gehässigkeit des Pöbels, die Habsucht, Unwissenheit und geistige
Unselbstständigkeit der Richter, den Leichtsinn der Fürsten, die
Beschränktheit und den Fanatismus der Geistlichen, die Trüglichkeit der
sogenannten Indizien, die Ungewissheit und Fabelhaftigkeit der angeblichen,
theils abgefolterten, theils überlieferten Thatsachen, die Grausamkeit der
Tortur und überhaupt über die Unregelmässigkeit und Nichtigkeit des ganzen
Verfahrens. Die Hervorhebung einzelner Stellen wird auch diesen
Schriftsteller und seine Zeit am besten charakterisiren.

»=Erste Frage.= Ob auch in Wahrheit Zauberer, Hexen und Unholden seien?

Ja. Dann ob mir zwar nicht unbewusst, dass etliche, und darunter auch
einige katholische Gelehrte, die ich eben nicht nennen mag, dasselbige in
Zweifel gezogen; obs auch zwar etliche davor halten oder muthmassen wollen,
dass mans in der katholischen Kirchen nicht allzeit geglaubt habe, dass
die Hexen und Unholden ihre leiblichen Zusammenkünfte hielten; ob auch wohl
endlich ich selbst, als ich mit unterschiedlichen dieses Lasters
Schuldthätigen in ihren Gefängnissen viel und oft umgegangen und der Sachen
nicht allein fleissig und genau, sondern fast vorwitzig nachgeforschet,
mich nicht ein-, sondern etlichemal so betreten gefunden, dass ich fast
nicht gewusst, was ich diessfalls glauben sollte. Nichtsdestoweniger
nachdem ich meine hierbei sich ereignende zweifelhafte und verwirrte
Gedanken kürzlich zusammenfasse und erwäge, so halte ich's gänzlich davor,
dass in der Welt wahrhaftig etliche Zauberer und Unholden seien und dass
dasselbig von Niemandem ohne Leichtfertigkeit und groben Unverstand
geleugnet werden könne. -- -- Dass aber deren so viel, oder auch, dass die
alle mit einander, welche bisher unterm Prätext dieses Lasters in die Luft
geflogen, Zauberer oder Hexen seien oder gewesen sein sollen, das glaube
ich nicht, und glauben's auch andere gottesfürchtige Leute mit mir nicht.
Und wird mich auch Keiner, der nur nicht etwan auf des gemeinen Pöbels
Geschrei oder Ansehen der Personen zuplatzen, sondern dem Handel mit Witz
und Vernunft nachdenken wird, leichtlich überreden, dass ich dasselbige
glauben soll.« -- --

»=Die andere Frage.= Ob's in Deutschland mehr Zauberer, Hexen und Unholden
gebe, als anderswo?

Diese Frage trifft eine Sache an, so ich nicht weiss; ich will aber für die
Langeweile mit einem Worte dasjenige sagen, was mir vorkommt: =Man meinet
und hält's einmal davor=, dass in Deutschland mehr Zauberer seien, als
anderswo. Ursach ist diese: Es rauchet ja in Deutschland fast allenthalben.
=Wovon und warum?= Darum, weil man in Arbeit ist, die Zauberer und
Zauberinnen zu verbrennen und auszurotten; ist denn nicht hieraus klärlich
abzunehmen, dass diess Unheil in Deutschland weit eingerissen sei? Und zwar
diess Rösten, Sengen und Brennen ist eine Zeitlang in unserem lieben
Vaterlande so gross gewesen, dass wir die deutsche Ehre bei unsern
ausländischen Feinden nicht um ein Geringes verkleinert und unsern Geruch
bei Pharaone stinkend gemacht haben.« (Als Ursachen des Wahnes, dass es so
viele Zauberer geben solle, betrachtet Spee: 1) den Aberglauben des Volks,
das sich Hagel, Seuchen etc. nicht aus natürlichen Ursachen zu erklären
wisse, und 2) Missgunst und Bosheit des Pöbels, welcher Reichthum und
Ansehen Anderer gerne aus verbotenen Künsten herleite.)

=Aus der achten Frage.=

»Weil wir's in der That verspüren, dass, wann man den Hexenprozess einmal
angefangen hat, derselbe etliche Jahre währt und die Zahl derer, so
gestraft werden sollen, mehr und mehr zunehme, also dass man ganze Dörfer
ausbrennet und doch anders nichts ausgerichtet hat, als dass die Protocolla
mit deren Namen, so von den Hingerichteten denunziiret und besaget worden,
eben so voll seien, als auch vorhin, dermassen, dass es scheinet, wo man
also eifrig darin fortfahren wollte, des Brennens kein Ende sein würde, bis
das ganze Land verbrennet oder sonsten hingerichtet wäre: und gleichwie
noch niemals einiger Fürst oder Herr gefunden ist, der nicht gezwungen
worden, dem Hexenprozess ein Ende zu machen, also hat auch noch keiner das
Ende desselbigen, und wie er zum Aufhören kommen möchte, gefunden, sondern
hat dem Brennen ein Ende machen müssen. Weil nun dies ein schwer und weit
aussehendes Werk ist, sollte man dann nicht allermöglichsten Fleiss
anwenden, damit ja kein Irrthum dabei einschleichen und nicht die
Unschuldigen in diess Unwesen mit eingeflochten werden möchten?
Insonderheit, da es die Erfahrung bezeuget, dass, wenn nur eine Einzige
in's Spiel geräth, sobalden unzählige Andere mit eingezogen
werden.« -- -- --

=Neunte Frage.= §. 6.

»Dahero mir ohnlängst einer (ein Inquirent) sagte: 'Ich weiss wohl, dass in
diesem Wesen auch einige Unschuldige mit unterlaufen; aber desshalben mache
ich mir kein Gewissen, sintemal mein Fürst, der doch ein sehr vorsichtiger,
gewissenhafter Herr ist, mich treibt, dass ich in diesem Lande fortfahren
solle; der wird wohl wissen und sein Gewissen dabei in Acht nehmen, was er
befiehlt; mir gebührt, dass ich demselbigen nachkomme.' -- Ist das nicht
(Gott erbarm's!) eine lustige Sache? Fürsten und Herren legen alle Sorge
von sich ab und hängen dieselbe auf ihre Amtleute und Räthe und deroselben
Conscienz und Gewissen; diese thun dergleichen und werfen's auf ihrer
Herren Gewissen! Der Fürst sagt: Unsere Räthe mögen sehen, was sie zu thun
haben; die Räthe sagen: Der Fürst möge sehen, dass er's verantworte. Ist
das nicht ein schöner Circul? Welcher aber wird vor Gott verantworten
müssen? Dann weil es jener sehen soll und dieser soll's sehen, geschieht's,
dass es Niemand siehet oder achtet.«

Ein anschauliches Gesammtbild des damaligen Hexenprozesses gibt Spee in der

»=Einundfünfzigsten Frage=: Nun sage mir die Summa und kurzen Inhalt des
Prozesses im Zaubereilaster, wie derselbige zu dieser Zeit gemeiniglich
geführet wird.

§. 1. Das will ich thun. Du musst aber zum Eingange merken, dass bei uns
Teutschen, und insonderheit (dessen man sich billig schämen sollte) bei den
Katholischen, der Aberglaube, die Missgunst, Lästern, Afterreden, Schänden,
Schmähen und hinterlistiges Ohrenblasen unglaublich tief eingewurzelt sei,
welches weder von der Obrigkeit nach Gebühr gestraft, noch von der Kanzel
der Nothdurft nach widerlegt und die Leute davor gewarnt und abgemahnet
werden; und eben daher entstehet der erste Verdacht der Zauberei, daher
kommt's, dass alle Strafen Gottes, so er in seinem heiligen Worte den
Ungehorsamen gedrohet, von Zauberern und Hexen geschehen sein sollen, da
muss weder Gott oder die Natur etwas mehr gelten, sondern die Hexen müssen
alles gethan haben.

§. 2. Dahero erfolgt dann, dass Jedermann mit Unvernunft ruft und schreit:
die Obrigkeit soll auf die Zauberer und Hexen inquiriren (nämlich deren
sie mit ihren Zungen so viel gemacht haben). Hierauf befiehlt die hohe
Obrigkeit ihren Richtern und Räthen, dass sie gegen diese beschreite
lasterhafte Personen prozediren sollen. Dieselbigen wissen nun nicht, wo
und an wem sie anheben sollen, weil es ihnen an Anzeigungen und Beweisthum
ermangelt und ihnen gleichwohl ihr Gewissen sagt, dass man hierinnen nicht
unbedachtsam verfahren solle. Inmittelst kommt der zweite und dritte Befehl
von der Obrigkeit, dass sie fortfahren sollen, und darf sich Herr Omnes
vernehmen lassen, es müsse nicht klar mit den Beamten sein, dass sie nicht
wollten, und dessen dürfen auch wohl die Obrigkeiten selbst sich von Andern
überreden lassen. Sollte man nun der Obrigkeit hierinnen in etwas
widerstreben und nicht stracks zum Werke greifen, das würde vorab bei uns
Teutschen sehr übel gedeutet werden, angesehen, dass fast männiglich, auch
die Geistlichen, alles vor recht und gut halten, was den Fürsten und der
Herrschaft gefället, da sie, die Geistlichen, doch nicht wissen, von was
Leuten Fürsten und Herren (ob sie sonst wohl von Natur sehr gut seien) oft
angereizt werden. Also gehet dann der Herrschaft Wille vor, und macht man
den Anfang des Werkes auf Gerathewohl.

§. 3. Ziehet aber der Magistrat diese Sache als ein schwer und gefährlich
Werk weiter in Bedenken, so schickt die Obrigkeit einen Inquisitorem oder
Commissarium; ob dann gleich derselbige aus Unverstand oder erhitztem
Gemüthe der Sachen etwas zu viel thut, so muss dennoch dasselbige nicht
unrecht gethan heissen, sondern dem gibt man den Namen eines gottseligen
Eiferers zu der Gerechtigkeit, und derselbe gerechte Eifer wird durch die
Hoffnung des guten Genusses oder Salarii so viel mehr entzündet und
unterhalten, sonderlich wann der Commissarius bedürftig ist und ihm auf
jedes Haupt eine gewisse Summa von Thalern pro salario zugelegt wird und
ihm ausserdem noch frei stehet, von den Bauern ein und andere Steuer zu
fordern. Trägt sich's dann zu, dass etwa ein besessener oder wahnwitziger
Mensch von einer armen Gaja ein verdächtiges Wort geredet, oder das
heutige allzu gemeine lügenhaftige Gespräch auf sie fället, so ist der
Anfang gemacht und muss dieselbe herhalten.

§. 4. Damit es aber nicht scheine, als ob man auf diess blosse Geschrei und
ohne andere Indicia also prozedire, so ist alsbald ein unfehlbar Indicium
vorhanden, und das aus diesem Fallstrick: Entweder Gaja hat ein böses,
leichtfertiges, oder ein frommes, gottseliges Leben geführt. Ist =jenes=,
so ist's ein grosses Indicium, dann wer böse ist, kann leicht böser und je
länger je weiter verführet werden; ist =dieses=, so ist's kein geringer
Indicium, dann sagen sie: so pflegen sich die Hexen zu schmücken und wollen
allezeit gerne vor die Frömmsten gehalten sein. Da ist dann der Befehl,
dass man mit der Gaja zu Loch solle. Und ist stracks wieder ein neues
Indicium, abermals per dilemma: Entweder die Gaja gibt durch die Anlass,
Wort oder Werk zu verstehen, dass sie sich fürchte, oder gebärdet und
erzeigt sich unerschrocken. Spüret man dann einige Furcht oder Schrecken
bei ihr (dann wer wollte sich nicht entsetzen, der da weiss, wie jämmerlich
sie dero Orts gemartert werden?), so ist's abermal ein Indicium; dann
(sagen sie) das böse Gewissen macht sie bang. Fürchtet sie sich nicht,
sondern trauet ihrer Unschuld, so ist's wieder ein Indicium; dann (geben
sie vor) das pflegen die Hexen zu thun, dass sie die Unschuldigen sein
wollen, und der Teufel macht sie so muthig. Damit es aber an mehreren
Indizien nicht mangele, so hat der Inquisitor oder Commissarius seine
Jagdhunde zur Hand, oftmals gottlose, leichtfertige, beschreite Leute, die
müssen dann auf der armen Gaja ganzes Leben, Handel und Wandel inquiriren,
da es dann nicht wohl sein kann, dass man nicht etwas finden sollte,
welches argwöhnische Leute nicht auf's Aergste auslegen und auf Zauberei
deuten möchten. Sein dann auch vielleicht etliche, so der Gaja vorhin nicht
viel Gutes gegönnt haben, die thun sich alsdann herfür, bringen quid pro
quo, und ruft Jedermann: die Gaja hat gleichwohl schwere Indicia gegen
sich. Darum muss die Gaja auf die Folterbank (wofern sie anders nicht
selbigen Tages, da sie gefänglich angenommen, sobald ist gefoltert worden).

§. 5. Denn bei diesen Prozessen wird keinem Menschen ein Advocatus oder
auch einige Defension, wie aufrichtig sie auch immer sein möchte,
gestattet; dann da rufen sie, diess sei ein crimen exceptum, ein solch
Laster, das dem gerichtlichen Prozess nicht unterworfen sei; ja da einer
sich darinnen als Advocatus wollte gebrauchen lassen, oder der Herrschaft
einreden und erinnern, dass sie vorsichtig verfahren wollte, der ist schon
im Verdacht des Lasters und muss ein Patron und Schutzherr der Hexen
heissen, also dass Aller Mund verstummen und alle Schreibfedern stumpf
sein, dass man weder reden, noch schreiben darf. Insgemein haben gleichwohl
die Inquisitores den Brauch, damit ihnen nicht nachgesaget werde, als ob
sie der Gaja ihre Defension nicht zugelassen hätten, dass sie dieselbige
vorstellen und sie über die Indicia examiniren (soll man's anders
examiniren heissen). Ob dann gleich die Gaja die gegen sie vorhandenen
Indicia sammt und sonders genugsam ablehnet, so passet man doch darauf
nichts, ja man schreibt's auch wohl nicht einst an, sondern die Indicia
bleiben nichtsdestoweniger auf ihrem Valor und muss die obstinata Gaja
wieder zu Loch und sich besser bedenken; denn weil sie sich wohl
verantwortet, so ist's ein neu Indicium; dann, wann diese keine Hexe wäre
(sagen sie), so könnte sie so beredt nicht sein.

§. 6. Wann sie sich nun über Nacht also bedacht hat, stellet man sie des
folgenden Morgens wieder für, und da sie bei ihrer gestrigen Antwort
bleibet, so lieset man ihr das decretum torturae für, nicht anders, als ob
sie gestern nichts geantwortet, noch die Indicia im Geringsten widerleget
hätte. Ehe sie aber gefoltert wird, führet sie der Henker auf eine Seite
und besiehet sie allenthalben an ihrem blossen Leib, ob sie sich etwan
durch zaubersche Kunst unempfindlich gemacht hätte. Damit ja nichts
verborgen bleibe, schneiden und sengen sie ihr die Haare allenthalben, auch
an dem Orte, den man vor züchtigen Ohren nicht nennen darf, ab und begucken
Alles auf's Genaueste, haben doch bisher dergleichen noch wenig gefunden.
Und zwar, warum sollten sie solches den Weibern nicht thun, da sie doch der
geistlichen Priester hierinnen nicht schonen? Und zwar der geistlichen
Bischöfe und Prälaten Inquisitores sein in diesem Fall die besten Meister,
und achtet man die päpstliche Bullam Coenae, so Päpstl. Heiligkeit gegen
die ausgelassen, welche ohne Ihrer Heiligkeit Spezialbefehl gegen die
Geistlichen prozediren, vor Blitz ohne Donnerschläge, und damit ja fromme
Fürsten und Herren dasselbige nicht erfahren, und also dergleichen Prozess
einen Zaum anwerfen, wissen Inquisitores dasselbige fein zu verhehlen.

§. 7. Wann nun die Gaja also gesenget und enthäret ist, so wird sie
gefoltert, dass sie die Wahrheit sage, d. i. sich schlecht vor eine
Zauber'sche bekennen soll. Sie mag anders sagen, was sie wolle, so ist es
nicht wahr und kann nicht wahr sein. Man foltert sie aber erst auf die
schlechteste Manier, welches du also verstehen musst, als ob sie gleich zum
Schärfsten torquiret wird, so heissts doch die schlechteste Art in Respekt
und Erwägung deren, die nachfolgen sollen. Bekennet nun die Gaja auf solche
Manier, so geben sie vor, sie habe gutwillig und ohne Folter bekennet. Wie
kann denn ein Fürst oder Herre vorüber, dass er diejenige Person nicht vor
eine Hexin halten sollte, die so gutwillig und ohne Tortur bekennet hat,
dass sie eine sei? Und macht man sich demnach keine ferneren Gedanken oder
Beschwernung, sondern man führet sie zum Tode, wie man doch würde gethan
haben, wenn sie schon nichts bekennet hätte, sintemal, wenn der Anfang des
Folterns gemacht ist, so ist das Spiel gewonnen, sie muss bekennen, sie
muss sterben. Sie bekenne nun, oder bekenne nicht, so gilt's gleich.
Bekennet sie, so ist die Sache klar, und wird sie getödtet, denn Widerrufen
gilt hier nichts; bekennet sie nicht, so torquiret man sie zum zweiten,
dritten und vierten Mal, denn bei diesem Prozesse gilt, was nur dem
Commissario geliebt, da hat man in diesem excepto crimine nicht zu sehen,
wie lang, wie scharf, wie oftmalig die Folter gebraucht werde, hier meinet
Niemand, dass man etwas verbrechen könnte, darvon man hiernächst Rechnung
geben müsse. Verwendet nun etwa die Gaja in der Folter vor Schmerzen die
Augen, oder starrt mit offenen Augen, so sein's neue Indicia: denn
verwendet sie dieselbigen, so sprechen sie: Sehet, wie schauet sie sich
nach ihrem Buhlen um. Starret sie dann, so hat sie ihn ersehen; wird sie
denn härter gefoltert und will doch nicht bekennen, verstellet ihre
Gebärden wegen der grossen Marter, oder kommt gar in eine Ohnmacht, so
rufen sie: die lachet und schläft auf der Folter, die hat etwas gebraucht,
dass sie nicht schwatzen kann, die soll man lebendig verbrennen, wie denn
ohnlängsthin Etlichen widerfahren. Und da saget männiglich und auch die
Geistlichen und Beichtväter, die habe keine Reue gehabt, habe sich nicht
bekehret, noch ihren Buhlen verlassen, sondern demselben Glauben halten
wollen. Begibt sich's denn, dass Eine oder die Andere auf der Folter
stirbt, so sagt man, der Teufel habe ihr den Hals gebrochen. Derohalben so
ist dann Meister Hans Knüpfauf her, schleppt das Aas hinaus und begräbt's
unter den Galgen.

§. 8. Kommt aber die Gaja auf der Folter davon und ist etwan der Richter so
nachdenklich, dass er sie ohne neue Indicia nicht weiter torquiren, auch
nicht unbekennet hinrichten lassen darf, so lässt man sie dennoch nicht
los, sondern legt sie in ein härter Gefängniss, da sie denn wohl ein ganz
Jahr liegen und gleichsam einbeizen muss, bis sie mürbe werde. Denn hier
gilt kein Purgirens durch die ausgestandene Tortur, wie zwar die Rechte
wollen, sondern sie muss des Lasters einen Weg, wie den andern schuldig
bleiben; denn das wäre den Inquisitoren eine Schande, dass sie eine Person,
so sie einmal zur Haft gebracht hätten, loslassen sollten. Welchen sie
einmal in's Gefängniss gebracht, der muss schuldig sein, es geschehe mit
Recht oder Unrecht. Immittelst schickt man ungestüme Priester zu der
Gefangenen, welche ihr oft verdriesslicher sein, als der Henker selbst. Die
plagen denn das arme Mensch so lange und viel, bis sie bekennen muss, Gott
gebe, sie sei eine Hexe oder nicht, rufen und schreien, dass, wenn sie
nicht bekennen werde, so könne sie nicht selig oder der heil. Sakramente
theilhaftig werden. Und darum hüten sich die Herren Inquisitores mit allem
Fleiss, dass sie keine solchen Priester bei diesen Sachen und Prozess
gebrauchen, die etwas sittsam seien, Verstand im Herzen und Zähne im Munde
haben, wie ingleichen, damit ja Niemand bei das Gefängniss komme, der denen
Gefangenen guten Rath mittheile, oder den Fürsten von dem Handel
unterrichte. Denn ihnen ist vor nichts mehr bange, als dass etwan ihre
Unschuld auf eine oder andere Weise zu Tage kommen möchte.

§. 9. Mittlerweile also die Gaja im Stankloch sitzet und von denen, die sie
trösten sollten, gequälet wird, so haben hurtige und geschwinde Richter
schöne Griffe und Fundament, wie sie auf sie neue Indicia zu Wege bringen
und womit sie sie dermassen in's Gesicht überweisen (verstehe hinter sich),
dass sie auch durch der Juristen-Fakultäten Responsum lebendig verbrennet
zu werden schuldig erkennet werden muss. Etliche lassen die Gajam
beschwören und bannen und setzen sie demnach in ein ander Gefängniss und
lassen sie also noch eins torquiren, ob man auf solch Exorzisiren und
Veränderung des Orts den stummen Teufel (wie sie meinen) von ihr bringen
möchte. Bekennet sie alsdann noch nicht, so muss sie lebendig verbrennet
werden. Nun möchte ich (weiss Gott!) gerne wissen, weil sowohl die, so
nicht bekennet, als auch welche bekennet, Hexen sein und sterben müssen,
wie doch ein Mensch, er sei so unschuldig, wie er immer wolle, sich allhier
retten könne, oder wolle? O du elende Gaja! Worauf hast du doch gehofft?
Warum hast du nicht, sobald du das Gefängniss betreten, gesagt, du wärest
des Lasters schuldig? O du thörichtes Weib! Warum willst du so oft sterben,
da du Anfangs mit =einem= Tode hättest bezahlen können? Folge meinem Rath
und sage stracks zu, du seiest eine Hexe, und stirb; denn vergebens hoffest
du, los zu werden, solches lässet der Eifer der Gerechtigkeit bei uns
Teutschen nicht zu.

§ 10. So nun eine aus Unleidsamkeit der Marter fälschlich über sich
bekennet, so gehet das Elend erst an, sintemal hier ist insgemein kein
Mittel sich loszuwirken, sondern die Gaja muss Andere, ob sie schon von
ihnen nichts Böses weiss, anzeigen, und oftmals die, welche ihr von den
Inquisitoren oder Schergen in den Mund gegeben werden, oder wovon sie
wissen, dass sie vorhin ein böses Geschrei haben, oder vorhin besagt oder
im Gefängniss gewesen und dessen wiederum entlassen seien. Werden dann
diese auch gefoltert, so müssen sie wieder Andere besagen und die aber
Andere, und ist hier also kein Ende oder Aufhören. Und kommt's auf solche
Manier so weit, dass die Richter entweder den Prozess fallen lassen und
ihre Kunst begeben, oder aber die Ihrigen, ja sich selbst und alle Leute
verbrennen müssen. Denn da fehlet's nicht, die falschen Besagungen werden
sie endlich alle mit einander treffen, und werden sie auch, wann's nur zum
Foltern mit ihnen kommt, alle schuldig machen. Da kommen dann deren viele
mit in's Spiel, die Anfangs so hart gerufen und getrieben, dass man brennen
und brühen sollte, und haben die guten Herren im Anfang sich nicht besinnen
können, dass die Reihe auch an sie kommen würde, und die haben denn ihren
gerechten Lohn von Gott, weil sie uns mit ihren giftigen Zungen so viel
Zauberer gemacht und so viele unschuldige Menschen dem Feuer hingegeben
haben. Doch thun sich nunmehr etliche Verständigere und Gelehrtere hervor,
die, gleichsam aus dem tiefen Schlafe erwachend, ihre Augen aufthun, den
Sachen besser nachdenken und nicht so unbesonnen ins Tausendste
hineintoben.

§. 11. Und obwohl die Richter und Commissarii insgesammt leugnen, dass sie
nicht auf die blossen Besagungen gehen, so ist's doch nichts damit, und
ist's droben im Traktat erwiesen, dass sie damit nur ihren Fürsten und
Herren einen blauen Dunst für die Nase machen; dann die Fama oder das böse
Gerüchte, so sie gemeiniglich bei die Besagung ziehen, ist allezeit
unkräftig und nichtig, weil dieselbe nimmermehr zu Recht erwiesen wird, und
verwundert mich's, dass es noch von keinem Richter in Acht genommen
worden, dass dasjenige, was Viele von den zauberischen Zeichen plaudern,
gemeiniglich ein Betrug der Henker sei. Unterdessen aber und immittelst,
dass die Hexenprozesse noch mit Ernste fortgetrieben und diejenigen, welche
gefoltert werden, aus Unleidsamkeit der Pein auf Andere und diese wieder
auf Andere bekennen müssen, da kommt's stracks aus, dass diese oder jene
besagt seien (denn so heimlich pflegen's die zu halten, die bei der Folter
adhibiret und gebrauchet werden) und das nicht ohne ihren Vortheil; denn
daraus können sie stracks Indicia ergreifen. Und das abermals durch diese
zweifache Fallthür: denn diejenigen, welche es vernehmen, dass sie besagt
seien (wie es dann stracks ein offen Gerüchte wird), die nehmen entweder
die Flucht zur Hand, oder halten Fuss beim Male und warten des Ihrigen.
Fliehen sie, so hat sie ihr böses Gewissen fortgetrieben; bleiben sie aber,
so hält sie der Teufel, dass sie nicht können wegkommen. Gehet aber Einer
zu den Inquisitoren und fragt, ob's wahr sei, dass er beschwätzt sei, damit
er sich bei Zeiten mit seiner rechtmässigen Defension verantworten möge, so
ist's abermal ein Indicium; denn er weiss sich nicht sicher und fürchtet
sich für seinen eigenen Schatten. Er mache es nun, wie er wolle, so hat er
eine Klette davon, und lässt er dieses also stille hingehen, so ist's über
ein Jahr ein gemein Geschrei, welches alt und stark genug ist, wann nur
etliche Besagungen dazu kommen, dass man ihn desswegen zur Folter erkenne,
da doch diess Geschrei erst aus der neulichen Besagung entsprossen ist.

§. 12. Auf eben die Manier geht's denen, welche etwan von einem
leichtfertigen Buben oder einer leichtfertigen Pletzen vor einen Zauberer
oder Zauber'sche gescholten werden. Dann entweder er vertheidigt sich mit
Recht, oder lasst's anstehen. Vertheidigt er sich nicht, so ist er des
Lasters schuldig, sonst würde er nicht stille schweigen: vertheidigt er
sich mit Recht, so kommt die Sache je länger je mehr und weiter aus, und
kitzelt sich hie Einer, dort ein Anderer damit und trägt's also weiter
fort, bis es endlich allenthalben auskommen, und das ist denn ein böses
Gerüchte, das nimmermehr wieder ausgetilget werden kann. Und was ist denn
leichters, als diejenigen, welche hierzwischen torquiret und auf ihre
Complices gefragt werden, eben diese anzeigen? Folget demnach schliesslich
dieses (welches man billig mit rother Tinte anzeichnen sollte), dass, wenn
dieser Prozess bei jetziger Zeit fortgetrieben werden sollte, kein Mensch,
was Geschlechts, Vermögens, Stands, Amts und Würden er immer sein möge, von
diesem Laster oder Verdacht desselben sicher sein und bleiben würde, wenn
er nur so viel Feinds hat, der ihn in der Zauberei bezüchtigen oder ihn
davor schelten dürfte. Wannenhero ich, ich wende mich auch, wohin ich immer
wolle, einen armseligen Zustand um mich her sehe, wann diesem Wesen nicht
in andere Wege sollte vorgebauet werden. Ich hab's droben gesagt und sage
es nochmals mit einem Worte, dass dieses Uebel oder Laster der Zauberei mit
Feuer nicht, sondern auf eine andere Weise, ohne Blutvergiessen, ganz
kräftig ausgetilget werden könne. Aber wer ist's, der solches zu wissen
begehret? Ob ich zwar Willens gewesen, ein Mehreres hiervon zu schreiben
und die Summa oder Auszug aus dem Grunde auszuführen, so kann ich's vor
Herzeleid nicht thun; vielleicht möchten sich Andere finden, welche aus
Liebe des Vaterlandes solche Mühe auf sich nehmen. Dieses will ich endlich
alle und jede gelehrte, gottesfürchtige, verständige und billigmässige
Urtheiler und Richter (denn nach den andern frage ich nicht viel) um des
jüngsten Gerichts willen gebeten haben, dass sie dieses, was in diesem
Traktat geschrieben ist, mit sonderbarem Fleisse lesen und aber lesen und
wohl erwägen wollen. In Wahrheit, alle Obrigkeiten, Fürsten und Herren
stehen in grosser Gefahr ihrer Seligkeit, wofern sie nicht sehr fleissige
Aufsicht bei diesem Handel anwenden. Sie wollen sich auch nicht verwundern,
wenn ich hierinnen bisweilen etwas hitzig gewesen und mich bisweilen der
Kühnheit gebraucht, sie zu warnen: denn es gebühret mir nicht, unter
derjenigen Zahl gefunden zu werden, welche der Prophet verwirft, dass sie
stumme Hunde seien, so nicht bellen können. Sie mögen nun wohl Acht haben
auf sich und ihre Heerde, welche Gott der Allmächtige dermaleinst von ihrer
Hand wieder fordern wird.« --

Spee starb zu Trier vier Jahre nach dem Erscheinen seiner merkwürdigen
Schrift, im Jahre 1635. Er hatte sich aufgeopfert in der Verpflegung
verwundeter Franzosen; eine ansteckende Seuche raffte ihn hin[191].

Ehre dem redlichen Jesuiten! Aber nicht darum auch Ehre seinem =Orden=. Es
finden sich freilich Bewunderer der Loyoliten, welche die Verdienstkrone
des Einzelnen der ganzen Gesellschaft auf die Stirne drücken möchten.
=Jarcke= sagt z. B.: »Der Jesuitenorden (denn man kann füglich annehmen,
dass die Schriften von Tanner und Spee nicht ohne Veranlassung, oder
wenigstens nicht ohne ausdrückliche Genehmigung der Oberen erschienen sind)
erklärte sich zuerst gegen das blutige Unwesen und deckte schonungslos die
Gebrechen der damaligen Strafjustiz auf«[192]. Aber nichts ist unwahrer.
Jarcke's Behauptung zeugt von einer für einen Schriftsteller auf diesem
Felde wenig anständigen Unkunde, wenn nicht von etwas Schlimmerem. Gibt es
denn für Jarcke keinen Johann Weier, Reginald Scot und Cornelius Loos, die,
ohne Jesuiten zu sein, lange vor Spee die Fahne erhoben hatten? Und ist es
ihm unbekannt, dass dem Werke des Jesuiten Delrio, dem Orakel der
Hexenverfolger, die Approbatio Superiorum deutlich vorgedruckt ist,
ausgestellt vom Pater Manareus kraft der vom Ordensgeneral Aquaviva ihm
verliehenen Vollmacht? Spee aber, der Delrio's Fabeleien und Kniffe zum
grossen Theile bekämpft, liess sein Buch =anonym=[193] und an einem
protestantischen Druckorte erscheinen -- er mochte an Loos und Flade
denken, und beging auch bei dieser Anonymität immer noch ein
Wagestück[194] -- und erst Jahre lang nach seinem Tode ist es durch seine
vertrautesten Freunde, die =keine= Jesuiten waren, kund geworden, dass er
der Verfasser war. Und was haben die Jesuiten =nach= Spee gethan, das im
Geiste dieses Mannes gewesen wäre? Schwerlich wird man Surin's Exorzismen
zu Loudun, Löper's Treiben zu Paderborn, oder gar die Leichenpredigt
hierher rechnen mögen, die der Pater Gaar zu Würzburg 1749 der
hingerichteten Hexe Maria Renata hielt; und doch konnte solches öffentliche
Auftreten nicht ohne Genehmhaltung der Oberen geschehen. Doch genug von
Jarcke's unglücklichem Einfalle, die Gesellschaft Jesu unter die Vorkämpfer
der Aufklärung zu stellen. Aus Friedrich Spee hat der Mensch gesprochen,
nicht der Jesuit.

Dass man, vielleicht um die Priorität für die Protestanten zu retten, die
ihnen durch Weier ohnehin bleibt, auch den tübingischen Theologen =Theodor
Thummius= als wackeren Bekämpfer der Hexenprozesse gerühmt hat, ist
unrecht. Seine hierher gehörige Schrift[195] bezweckt allerdings zum Theil
eine mildere Behandlung der Angeklagten; aber sie ist so voll vom Glauben
an die Gewalt des Teufels, räumt den Hexenverfolgern im Wesentlichen so
viel ein und verliert sich in so viele scholastische Spitzfindigkeiten,
dass sie auch da, wo sie zum Guten redet, ihre Wirksamkeit durch klägliche
Befangenheit erstickt. Mit Spee's Sicherheit, Anschaulichkeit und Wärme
hält Thummius keine Vergleichung aus[196].

Mit grösserem Rechte ist dagegen den vorgenannten drei Jesuiten gegenüber
auf protestantischer Seite ein Prediger hervorzuheben, der zwar nicht
unmittelbar gegen die Hexenverfolgung, aber gegen dasjenige Institut
aufgetreten ist, mit dem dieselbe stehen und fallen musste, -- nämlich
gegen die Folter. Es war dieses der Prediger =Joh. Grevius= aus dem
Clevischen Orte Büderich gebürtig, der 1605 Pfarrer zu Arnheim geworden
war, aber als Schüler des Conrad Vorstius und Anhänger des Arminius die
Dogmatik der Dordrechter Synode nicht anerkennen wollte, wesshalb er seines
Amtes entsetzt und des Landes verwiesen wurde. Er begab sich daher nach
Emmerich, von wo aus er heimlich die Glaubensgenossen in Kampen zu besuchen
und zu erbauen pflegte. Darüber wurde er jedoch ertappt, in Emmerich
verhaftet und zuerst nach dem Haag, dann nach Amsterdam geführt, wo er
anderthalb Jahre lang in einem entsetzlichen Kerker schmachten musste. Die
Fürsprache treuer Freunde bewirkte endlich seine Freilassung. Während
seiner Kerkerhaft hatte aber Grevius sich fast ausschliesslich mit dem
Gedanken beschäftigt, dass eine der grössten Plagen, unter welchen die
Menschheit dermalen zu leiden habe, die Folter sei. Unmittelbar nach seiner
Freilassung (1621) arbeitete daher Grevius ein sehr ausführliches Werk aus,
worin er nachwies, dass die Folter dem deutschen Rechtsverfahren von Haus
aus fremd, dass sie mit dem Naturrecht und mit dem Gesetz der christlichen
Liebe durchaus unverträglich, dass sie (wie man namentlich an der
englischen Kriminaljustiz sehen könne) völlig unnütz und entbehrlich und
dass sie durchaus trügerisch und verderblich sei, indem ermarterten
Bekenntnissen kein Werth beigelegt werden könnte und auf Grund solcher
Geständnisse gar oft Unschuldige in grässlichster Weise gepeinigt,
verurtheilt und hingerichtet würden. Zur Begründung seiner Sätze theilt
Grevius eine ganze Anzahl von (theilweise angebliche Hexen betreffenden)
Prozessfällen mit. -- Im Jahr 1622 erschien die mit grossem Geschick und in
gewandter lateinischer Diktion ausgearbeitete Schrift im Druck, und machte
natürlich grosses Aufsehen; aber wirklichen Erfolg konnte dieselbe erst
nach Ablauf eines Jahrhunderts haben, wo sie aufs Neue publizirt
wurde[197].

Das erste Land übrigens, in welchem als Frucht der Bemühungen Spee's die
Einstellung der Hexenprozesse erfolgte, war das Kurfürstenthum =Mainz=
unter der Regierung Johann Philipps von Schönborn (1647-1673). Auch im
Bisthum =Bamberg= legte sich seit 1631 die Wuth der Hexenverfolgung.

Die =römische Curie= liess sich natürlich durch alle diese Vorkommnisse in
ihrer Stellung zur Hexenverfolgung anfangs nicht im Entferntesten
berücken. Noch unter dem 20. März 1623 verfügte =Gregor= XV.: Wer einen
Pakt mit dem Satan eingegangen habe, aus welchem Impotenz oder Schaden für
Thiere oder Feldfrüchte hervorgegangen sei, der solle von der Inquisition
lebenslänglich eingekerkert werden. Doch konnte schon in diesem Breve des
Papstes ein Einlenken auf andere Bahnen wahrgenommen werden. Noch
bemerkenswerther ist aber die neue Instruktion zur Führung der
Hexenprozesse, welche die römische Inquisition im Jahr 1657 erliess[198].
In derselben wurde geradezu das Geständniss abgelegt, dass seit langer Zeit
nicht ein einziger Prozess von den Inquisitoren in correkter Weise geführt
worden sei, dass die Hexenrichter sich durch übermässige Anwendung der
Folter und andere Unregelmässigkeiten arg vergangen hätten und dass noch
täglich sowohl von den Inquisitoren als von den anderen geistlichen
Gerichten die gefährlichsten Irrungen begangen und auf solche Weise
gefährliche Todesurtheile gefällt würden. Namentlich wurde vor der
Anwendung von Quetschmaschinen in der Tortur gewarnt.

Wenige Jahre vorher waren zu Rom einige Mönche zum Tode geführt worden,
weil sie den Papst durch zauberische Wachsbilder zu tödten versucht haben
sollten[199]. -- Eigentliche Hexenbrände scheinen indessen in Rom nicht
vorgekommen zu sein[200].


  b) =die Theologen und die Juristen und juristischen Fakultäten
  im siebenzehnten Jahrhundert.=

Dem Vorgange der erwähnten drei Jesuiten wagten oder vermochten im
siebenzehnten Jahrhundert nur wenige Theologen zu folgen. Allerdings
wirkten die Geistlichen oft im Geiste christlicher Humanität ermässigend
auf die Hexenverfolgung ein. Der evangelische Professor der Theologie
=Meyfart= zu Erfurt z. B. warnte in einer Schrift vor dem Missbrauche der
Tortur[201], allein der Glaube an die Wirklichkeit und an die Strafbarkeit
der Hexerei stand doch im Allgemeinen in dieser Zeit ebenso bei den
evangelischen wie bei den katholischen Geistlichen fest. Es war nichts
Unerhörtes, wenn ein evangelischer Prediger im Gottesdienst von der Kanzel
herab seine Gemeindeglieder vor dem greulichen Verbrechen der Hexerei
warnte[202]. Ausserdem suchten einzelne Prediger auch in besonderen mehr
oder weniger ausführlichen Schriften über das Wesen der Hexerei, das die
Seele aller diesem satanischen Treiben Ergebenen nothwendig der ewigen
Verdammniss zuführe, wissenschaftlich aufzuklären und zu belehren. Ein
derartiges Elaborat wurde z. B. im Jahr 1627 von dem katholischen Pfarrer
=Franz Agricola= zu Sittart im Fürstenthum Jülich unter dem Titel
veröffentlicht: »Gründlicher Bericht, ob Zauberei die ärgste vnd
grewlichste Sünd auff Erden sey; zum Andern, ob die Zauberer noch Bussthun
vnd selig werden mögen; zum Dritten, ob die hohe Obrigkeit die Zauberer vnd
Hexen am Leibe und Leben zu straffen schuldig. Mit Ableinung allerley
Einreden« (Würzburg 1627, S. 277 in 12^o.) -- Alle drei auf dem Titel
angegebenen Fragen werden natürlich auf das Entschiedenste verneint. An
die Spitze der ganzen Ausführung wird nämlich der im Hexenhammer
entwickelte Begriff der Hexe gestellt.

Derartige Auslassungen und Kundgebungen der Geistlichen waren insofern
recht vom Uebel, als sie den Glauben an das Hexenwesen im Volke immer mehr
befestigen halfen und dadurch indirekt das Ihrige zur Fortsetzung der
Hexenverfolgung beitrugen. Weit schlimmer und verderblicher wirkte jedoch
in letzterer Beziehung die Stellung, welche die Juristen und die
juristischen Fakultäten zur Hexereifrage einnahmen, indem diese durch ihre
Auctorität unmittelbar auf die Hexenverfolgung einwirkten und nicht allein
das Erlöschen derselben verhinderten, sondern auch deren Fortführung und
Steigerung veranlassten.

Unter den Juristen des siebenzehnten Jahrhunderts gibt es keinen, der
bezüglich aller Fragen des Criminalrechts dem Leipziger Professor =Benedikt
Carpzov= ([+]1666) an Auctorität auch nur annähernd gleichkäme. Die
Theologen kennen ihn ebensowohl wie die Juristen. Denn Carpzov war ein
frommer Christ im Stil der lutherischen Orthodoxie des siebenzehnten
Jahrhunderts. Er ging regelmässig an jedem Sonntag zur Kirche, allmonatlich
auch zur Beichte und zum Empfange des Leibes und Blutes Jesu Christi und
las daheim die Bibel mit unglaublichem Fleisse, so dass er am Abend seines
Lebens von sich rühmen konnte, dass er die heil. Schrift nunmehr
dreiundfünfzigmal durchgelesen habe. Auch war er ein sehr ernster, strenger
Jurist. Oldenburger rühmt von ihm, dass er zwanzigtausend Todesurtheile
unterzeichnet habe. Selbst im höchsten Grade auctoritätsgläubig, ist er mit
seiner »Practica nova rerum criminalium Imperialis, Saxonica in tres partes
divisa« (Viteberg. 1635) für die Juristen seiner und der nächstfolgenden
Zeit zu einer absoluten Auctorität des Criminalrechts geworden. Diese
Anerkennung verdankte er aber nicht etwa seiner geistigen Bedeutung.
Vielmehr verdankte er dieselbe lediglich dem Umstande, dass er es verstand,
gerade das Starrste im Positiven in wissenschaftlicher Form vorzuführen
und selbst längst bestehende Missbräuche durch Berufung auf die Meinung der
Rechtslehrer mit dem Scheine des Regelmässigen zu bekleiden. Durch ihn
gewannen Bestimmungen, die zunächst nur in der sächsischen Criminalordnung
fussen, allgemeinere Verbreitung, und dass namentlich im Punkte der Hexerei
das sächsische Recht engherziger, härter und unbarmherziger war, als die
Carolina, ist bereits oben erwähnt worden.

Was den Glauben an die Hexengreuel anbelangt, so bekennt sich Carpzov ganz
zur striktesten Observanz. Bodin, Remigius, Jakob I. und Delrio sind seine
Gewährsleute. Weier wird umständlich bekämpft; kaum dass neben der
regelmässigen körperlichen Hexenfahrt ausnahmsweise -- vermuthlich um
Luther und Melanchthon nicht geradezu des Irrthums zu zeihen -- auch eine
phantastische zugegeben wird. In den Strafbestimmungen hält Carpzov sich
natürlich an das sächsische Recht, dessen strengere Bestimmungen er gern in
die Carolina hineininterpretiren möchte[203].

Auch im Verfahren hat Carpzov nichts Neues aufgestellt; er suchte nur die
sächsische Praxis seiner Zeit durch Nachweisung ihrer Gesetzmässigkeit und,
wo dieses nicht ging, durch die Auctorität der Rechtslehrer zu schirmen.
Hierdurch bewirkte er freilich eine allgemeinere Anerkennung für Manches,
was bisher bestritten war, und =darin= besteht hauptsächlich seine
Bedeutung für die Fortbildung des peinlichen Rechts. Bei allen grösseren,
die öffentliche Ruhe störenden Verbrechen betrachtete er den
inquisitorischen Prozess als den ordentlichen[204] und fasste denselben als
ein summarisches Verfahren auf[205]. Durch ihn besonders fixirte sich in
der Wissenschaft der bisher schon im geistlichen Gerichtswesen und in der
weltlichen Praxis einheimische Grundsatz, dass bei schwerern und
verborgenen Verbrechen der Richter nicht verbunden sei, sich an den
strengen Gang des ordnungsmässigen Beweisverfahrens zu halten. Seit den
päpstlichen Formeln »simpliciter et de plano« und »absque strepitu et
figura judicii« war die Sache längst dagewesen; ohne sie hätte der
Hexenprozess niemals eine so furchtbare Ausbreitung gewinnen können. Kurz
vor Carpzov hatte besonders Torreblanca diese Lehre umständlich
vorgetragen. Die Behandlung der sogenannten crimina excepta war es gerade,
wogegen Spee seinen Hauptangriff gerichtet hatte, und nun bewies Carpzov
wieder, wie z. B. in der Zauberei das corpus delicti nur in der Vermuthung
vorzuliegen brauche und wie die leichtesten Indizien zur Tortur und
endlichen Verurtheilung ausreichen[206]. Carpzov schwamm also ganz mit dem
Strome, und darum trug ihn der Strom empor, während der widerstrebende Spee
unter den Wellen begraben und vergessen ward.

Für die Masse der Juristen war nun Carpzov das Orakel, von dem man eine
absolut sichere und gewisse Wahrheit empfangen hatte, wesshalb ihm alle
blindlings folgten. Als Zeugen dieser Thatsache wollen wir aus
Norddeutschland nur Einen Rechtslehrer anführen. In =Hitzig's= Annalen
(XXV. S. 309 ff.) wird nämlich ein Auszug aus des =Nicolaus v. Beckmann=
Schrift Idea iuris von 1688 mitgetheilt, worin sich derselbe S. 426 ff. so
ausspricht: »dass es =Hexen= gibt, und man von ihnen viele wunderliche
Sachen erfährt, ist aus folgenden Argumentis zu entnehmen: denn 1) ist's
wahr, wir verordneten Commissarii haben es in der That befunden, dass der
beschuldigten Hexen Herzen so sehr verstockt seien, dass sie keine Thränen
vergiessen können, ob sie auch noch so gern wollten. 2) Haben sie
insgesammt gar verwirrte und verdächtige Gesichter und stellen sich dabei
über die Massen unschuldig und sehr andächtig an. 3) Geben sie sich bei
allem halsstarrigen Verneinen doch in gewissen Fällen zum Theil selber
schuldig, wenn man sie etwas genauer examinirt, da eine solche selber vor
uns dubitative gesagt, es könnte wohl sein, dass sie mit in der teuflischen
Gesellschaft gewesen etc., allein sie wüsste es nicht. Wie wir dann auf
sothane verdächtige Rede das geweihte Wasser zu trinken gegeben, da hat sie
angefangen mit den Händen, Füssen und mit dem ganzen Leibe grausam zu
zittern, ist ganz bleich -- im Gesicht geworden und hat den Kopf mit beiden
Händen gehalten, laut rufend: Ach wie ist mir etc. -- Wie nun das heil.
Wasser so grosse und wunderbare Kraft und Wirkung wider den Teufel --
verrichtet hat, so hat die arme Person hierauf selber in Etwas vor uns
bekannt, es wäre ihr schon viel leichter; sie glaube, der Teufel habe ihr
das Maul verstopft gehabt u. s. w., hat dennoch wenig oder nichts bekennen
wollen, wesshalb wir sie von dem Freimann besichtigen lassen, der dann
freilich allsofort das Teufelszeichen in unserer Präsenz auf dem Rücken
gefunden, und eine grosse Nadel eines ganzen Fingers lang über die Hälfte
bis auf den Knochen in das Teufelszeichen hineingestochen, welches die
Inquisita nicht empfunden, ist auch kein Blut daraus gegangen, daher wir
billig bewogen worden, diese und andere mehr denunzirte Personen rebus sic
stantibus durch den Freimann zur Peinbank zu führen, wo sie dann sämmtlich
ihre delicta abominanda circumstantialissime in der Pein bekannt und
selbige hernach folgenden Tages confirmirt haben.« u. s. w. u. s. w.

Nicht lange hernach trat in Oesterreich unter den Juristen ein Gelehrter
auf, der Innsbrucker Professor =Joh. Christoph Frölich von
Frölichsburg=, den man fast den österreichischen Carpzov nennen könnte.
Im Jahr 1657 zu Innsbruck geboren, war Frölich nach Beendigung seiner
Studien Advokat, dann Landrichter zu Rattenberg geworden, worauf er 1695
die Professur der Institutionen, und 1698 die des bürgerlichen und
Lehenrechts an der Universität zu Innsbruck übertragen erhielt. Im Jahr
1706 wurde er zum wirklichen Rath bei der oberösterreichischen Regierung
und später zum Kanzler ernannt. Er starb im Mai 1729[207]. Frölich galt
als einer der gelehrtesten Juristen des Landes und seinen Schriften
wurde eine ungewöhnliche Auctorität beigelegt. Unter denselben gehört
hierher seine 1696 zu Innsbruck unter dem Titel »=Nemesis
Romano-Austriaco-Tyrolensis= d. i.« etc. herausgegebene Anweisung zur
Führung des Inquisitionsprozesses, welche 1714 in neuer Auflage unter
dem Titel erschien: »Joh. Chr. Frölichs de Frölichsburg, der Röm.
Kayserl. Majest. Ober-Oesterreichischer Regiments-Rath zu Innsprugg
etc. Commentarius in Kayser Carl des Fünfften und des H. Röm. Reichs
Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung« (zwei Bände in 4^o.). Im zweiten Theile
seines Werks (Buch I., Tit. 3) handelt der Verf. sehr weitläufig »von
dem Laster Sortilegii, Magiae oder der Zauberey«. Nach ihm sind Zauberer
oder Schwarzkünstler Diejenigen, welche »wissentlich mit dem Teufel ein
Pact begehen, den Teufel für ihren Gott halten, dessen Hülfe und Rath
ansuchen, und ihn mit unterschiedlichen bekannten und unbekannten
Worten, Brummeln, verwunderlichen Zeichen, Kreisen, auch Verfluchung,
aus dem Abgrund herauf fordern.« -- »Es gibt allerdings Schriftsteller,
welche der Hexen Ausfahrt und Buhlschaft bezweifeln und sich vermessen
zu behaupten, es sei dieses Alles nur eine Einbildung unglücklicher
Weiber«, welche desshalb nicht zum Scheiterhaufen zu verurtheilen seien.
Allein die »Hexenpatrone« sind »durch andere gelehrte Leute, sowohl
Theologos als Juristen fundamentaliter widerlegt«. -- Bei einer solchen
Auffassung der Hexerei begreift es sich, dass Frölich sich für das
strengste Verfahren gegen Hexen und Zauberer ausspricht. Da die Zauberei
»eine der erschröcklichsten Missethaten ist und billich unter die
delicta excepta gerechnet wird, sonderlich unter diejenigen, so einer
sehr schweren Beweisung seynd«, so sind sowohl zur Inquisition als zur
Tortur nur »geringere Anzeigungen« erforderlich. Insbesondere muss schon
das »gemeine Geschrei« zur Einleitung eines Prozesses genügen. Andere
Verdachtsgründe, welche zur Einziehung rechtfertigen, sind: wenn eine
Person von zauberischen Eltern geboren ist, wenn Jemand andere Leute
nicht »redlich« anschauen kann oder gewisse Zeichen am Körper trägt. Der
Untersuchungsrichter muss ausserhalb der Tortur auch durch allerlei
Vorspiegelungen (von Begnadigung etc.) die Wahrheit herauszubringen
suchen. Bezüglich der über Hexen und Zauberer zu verhängenden Strafen
lehrt Frölich Folgendes: 1) Jene, welche einen wirklichen Bund mit dem
Teufel aufgerichtet und sich demselben mit Leib und Leben ergeben haben,
sind einfach zu verbrennen, auch wenn von ihnen Menschen oder Vieh kein
Schaden zugefügt worden ist[208]. 2) Jene, welche ohne eigentliches
Bündniss mit dem Satan Menschen oder Vieh durch teuflische Zauberkünste
einen Schaden zufügen, sind mit dem Schwerte hinzurichten. Derselben
Strafe verfallen die »Segensprecher, Brunnengräber, Schatzgräber,
Wahrsager und Teufelsbeschwörer«. Die aber ohne dergleichen
Beschwörungen sich unterschiedlicher abergläubischer Possen bedienen,
sind nach Beschaffenheit der Sache in anderer Weise zu bestrafen, z. B.
mit Gefängniss, Ruthenstreichen, Landesverweisung und »beim einfältigen
Bauernvolk mit einer heilsamen =Geldbusse=, daran sie am längsten
denken«. -- Es steht in keines Richters Gewalt, einen Zauberer oder eine
Hexe, wenn sie überführt sind, von der Strafe des Feuers oder des
Schwertes zu befreien, mögen sie auch von Adel oder sonst von Stand und
Würden sein. Die Feuerstrafe kann jedoch in die Strafe der Hinrichtung
mit dem Schwerte umgewandelt werden, wenn ein Zauberer oder Hexe wahre
Reue und Busse beurkundet haben, bevor sie wegen ihrer Uebelthaten zur
Verantwortung gezogen wurden. Denn die nach der Einziehung sich zeigende
Reue ist ohne Werth und verdient keine Beachtung.

Die Einwendung, dass die tirolische Landesordnung solche harte Strafen
gegen Hexen und Zauberer =nicht= kennt, sucht Frölich durch die kühne
Behauptung zu entkräften, dass in der Polizeiordnung Ferdinands II. von
1573 bloss jene Zauberei gemeint sei, die nicht mit einem Teufelsbündniss
und Abfall vom christlichen Glauben in Zusammenhang stehe. Liege aber
wirklich ein Pakt mit dem Teufel vor, so trete eben dieselbe Strafe ein,
welche die Tiroler Landesordnung über die Verleugnung des christlichen
Glaubens verhänge, nämlich: der Tod durch Feuer und die Confiskation des
dritten Theiles alles Vermögens, welches der Verurtheilte hinterlasse.

So dachten und redeten die Koryphäen der Rechtswissenschaft im
siebenzehnten Jahrhundert über die Hexerei und über die Hexenverfolgung,
woraus sich leicht entnehmen lässt, dass damals die Jurisprudenz überhaupt
von dem Wahn der Hexerei vollständig befangen und geknechtet war. Bewiesen
wird dieses einerseits durch die Menge der Gutachten, welche im
siebenzehnten Jahrhundert in den Hexenprozesssachen von juristischen
Fakultäten abgegeben und andererseits durch die grosse Zahl von
Dissertationen, worauf hin von juristischen Fakultäten die juristische
Doctor- oder Licentiatenwürde ertheilt wurde.

Aus der grossen Menge der =juristischen Gutachten= greifen wir zunächst das
Responsum heraus, welches die juristische (hessen-darmstädtische) Fakultät
zu Marburg in einer Hexenprozesssache unter dem 19. Juli 1631 abgab. Aus
den Akten ersah die Fakultät, dass Angeklagter H. Sangen aus Biedenkopf
»sowohl in- als ausserhalb des Gerichts ohne einigen Zwang bekannt und
gestanden, dass er Gott abgesagt und sich dem Teufel ergeben, sich auch mit
demselbigen verbunden und in dessen Namen taufen und einen anderen Namen
geben lassen, auch mit dem Teufel zu verschiedenen Malen Sodomiam begangen,
dazu die hochwürdigen Sakramente schändlich gemissbraucht, und sonderlich,
welches schrecklich zu hören ist, im heil. Abendmahl das gesegnete Brot
iterato in des Teufels Namen empfangen, auch mit Füssen getreten, und den
gesegneten Wein durch Gebrauch einer süssen, ihm von dem Teufel gegebenen
Wurzel per vomitum von sich gegeben und ausgewürgt und also von Gott, den
er in vielen Wegen gelästert und geschmähet, allerdings abgefallen«. -- Es
könnte nun wohl gefragt werden, ob es nicht möglich sei, mit Verschiebung
der Strafe die Befreiung des Frevlers aus der Gewalt des Teufels zu
versuchen. Allein die Fakultät erklärt, dass sie dazu nicht rathen könne.
Denn die tägliche Erfahrung beweise es, »dass der Teufel denen, so er
einmal in seine Stricke gebracht, keine Rast noch Ruhe lässt, dass sie auch
lieber todt als lebendig sein wollen.« Daher schliesst die Fakultät ihr
Gutachten mit den Worten: »Es will bei diesen Dingen Ernst gebraucht sein,
dass Gottes Ehre gerettet und dem Teufel sein Reich zerstört
werde« u. s. w.

Ausserdem theilen wir aus den Akten der juristischen Fakultät bezüglich
eines im Jahr 1639 zu Arnum im Fürstenthum Calenberg vorgekommenen
Prozesses Folgendes mit[209]: Katharine Holenkamp, verwitwete Lükken, war
hier auf die vagsten Aussagen einiger unbeeidigten Zeugen hin verhaftet
worden. Der Juristenfakultät zu Helmstedt wurde von den Zeugenaussagen
Mittheilung gemacht, und diese erkannte ohne Weiteres auf Tortur, welche am
12. Sept. 1639 vollzogen ward. Höre man nun weiter! »Sobald (heisst es in
dem Bericht, welchen der Amtmann an die Juristenfakultät zu Helmstedt
einschickte,) der Scharfrichter ein wenig mit den Beinschrauben
angegriffen, hat sie zwar anfangs Schmerzen gefühlt, dennoch aber nichts
bekennen wollen, bald darauf ein schreckliches und abscheuliches Gesicht
gemacht, dem Gehör nach mit dreien verschiedenen Zungen, und sonderlich
hoch deutsch, geredet, alsbald eingeschlafen und nachgehends von der Tortur
nichts gefühlt, sich auch also dabei bezeigt, dass sie in Sorgen gestanden,
das Weib wäre gar todt. Dero Ursachen ich dem Nachrichter befohlen, das
Weib gänzlich zu lassen und auf die Erde niederzulegen. Etwa nach Ablauf
einer halben Stunde ist sie wiederum erwacht und in die Custodie gebracht
worden.«

Auf diesen Bericht rescribirt die Juristenfakultät zu Helmstedt unter dem
10. Oktober 1639 an den Amtmann: »Da Inquisitin sich bei der Tortur ganz
wunderlich und übernatürlich betragen, so solle er sie in ein anderes
Gefängniss bringen und durch den Scharfrichter fleissig besichtigen lassen,
ob etwas Verdächtiges bei ihr zu finden, dadurch sie ihr Bekenntniss
hinterhalten könnte. Auch habe er sie zu befragen, woher es komme, dass sie
wider alle Vernunft gleichsam mit dreien Zungen geredet, sich so
ungeberdig bezeigt und nichts bekennen wollen, ferner auch sie zu richtigem
Bekenntniss anzumahnen. Sollte sie aber also noch nicht richtig zugehen und
bei ihrem Leugnen verharren, dann diessfalls Beschaffenheit nach =die
scharfe peinliche Frage auch wohl mit anderen Instrumenten, als wie vorhin
gebraucht, ziemlicher Weise zu repetiren sei=.«

Nach dieser bestialen Weisung der Helmstedter Juristenfakultät wurde das
arme Weib am 26. Novbr. 1639 abermals auf die Folter gespannt. In dem
Torturprotokoll heisst es: »Verstriktin ist einen Weg wie den anderen bei
ihrem Verleugnen geblieben, und dass sie ein redlich Weib, auch von nichts
Anderem zu sagen wisse, als von dem lieben Gott; gestalt sie dann immer den
Namen des lieben Gottes im Munde führt, unterdessen aber ihrer vorigen Art
nach =in der Tortur eingeschlafen= (!), ungeachtet der Scharfrichter sie
aufgezogen und =mit lebendigem Schwefel beworfen und mit Ruthen gehauen=,
welches aber Verstriktin alles nicht geachtet und sich desswegen nicht
einmal bewegt (!), dass auch der Scharfrichter sich darüber verwundert und
gesagt: er hätte ein solch Weib noch nie vor sich gehabt. -- Etwa über eine
halbe Stunde hat der Scharfrichter mit den Beinschrauben abermals hart
angegriffen, da dieselbe dann überlaut gerufen, sie wäre eine Zauberin, als
aber Verstriktin erlassen und derselben ihre Aussage wieder vorgehalten,
hat sie Alles revociret, wäre unschuldig und ein ehrlich Weib.«

Auf diesen Bericht erkannte nun die Juristenfakultät zu Helmstedt unter dem
17. Decbr. 1639: »dass Verstriktin gestalten Sachen nach, da vermuthlich,
dass ihr muss vom Teufel sein angethan, dass durch die Pein und Marter zum
andern Mal nichts hat können gebracht werden, und man sich ihrethalben
weiter nichts zu befahren habe, auch andere Leute dieses Ort nicht ärgern
mögen, des Landes zu verweisen. Von Rechts Wegen.«

So war es der krasseste Aberglaube, der die juristischen Fakultäten ihre
Erkenntnisse abfassen liess, und mit diesem Aberglauben tritt oft
zugleich eine Rohheit der Gesinnung zu Tage, der die Fakultäten zu
geradezu rechtswidrigen Urtheilen verleitete. So erkannte z. B. die
Juristen-Fakultät zu Rinteln unter dem 20. Juni 1653 in einem Fall, wo
nichts als das einfältige Geschwätz eines Kindes, der Tod eines Hundes
und die Erblindung zweier Kühe vorlag, und wo die Zeugenaussagen ganz
verschieden lauteten, ohne Weiteres auf Anwendung der Tortur[210]! --
Innerhalb der juristischen Fakultät zu Helmstedt machte sich (wie
=Raumer= in den Märkischen Forschungen, I. S. 258 richtig sagt,) ein
erster »Fortschritt zum Vernünftigern« bemerklich, als dieselbe 1671
bezüglich einer auf Zauberei angeklagten armen Magd aus einem
brandenburgischen Dorfe erkannte, »dass man sie zuvor zur Beredung mit
einem Geistlichen verstatten solle. Beharre sie dann noch bei dem Bunde
mit dem Teufel, so sei sie am Leben zu strafen.«

Mit diesen Gutachten der juristischen Fakultäten stimmt bezüglich der
Auffassung des Hexereiglaubens eine Menge von Promotionsabhandlungen
überein, welche von juristischen Fakultäten approbirt wurden. Wir heben
unter denselben vier hervor: nämlich 1) die Dissertation des Tübinger
Doctors Christoph Dauer De denuntiatione sagarum von 1644; 2) das Examen
juridicum judicialis lamiarum confessionis, se ex nefando cum Satana coitu
prolem suscepisse humanam, welche Nicolaus Pütter 1698 vor der
Juristenfakultät zu Rostock vertheidigte; 3) die Disputatio inauguralis de
fallacibus indiciis magiae, quam praeside Domino H. Bodino -- die 22. Oct.
1701 -- -- eruditorum disquisitioni submittit Felix Martinus Braehm; 4) der
von einem gewissen Bechmann 1749 in Halle überreichte »Discursus juridicus
de crimine maleficii, von der Zauberei«[211].

Die erstgenannte Abhandlung enthält eine ziemlich allgemein gehaltene
Besprechung des Hexenprozesses. Das Wesen der Hexerei findet der Verfasser
in der abnegatio Dei et religionis, wesshalb sie verfolgt werden muss. Wer
überhaupt »mit verdächtigen Dingen, Geberden, Worten und Wesen umgeht«, ist
als der Zauberei verdächtig anzusehen. Zu den verdächtigen Dingen gehört
aber vor Allem der Umgang mit der Natur und die Kenntniss ihrer Kräfte,
welches eine »einem Christenmenschen nicht geziemliche Kenntniss« ist.

Ueber den Inhalt der zweiten Abhandlung lässt sich nicht gut etwas
mittheilen, weil in ihr sich nur die obscönsten Untersuchungen über das
Bündniss und den Coitus der Hexen mit dem Satan vorfinden. Gleichwohl ist
sie »Deo, patriae et parenti« dedizirt. Veranlasst war die Schrift
übrigens, wie der Verfasser sagt, durch ein vom Spruchkolleg der Rostocker
Fakultät im Oktober 1698 gefälltes Urtheil. Eine Weibsperson hatte sich das
Geständniss extorquiren lassen, dass sie mit dem Teufel, der in der Gestalt
eines feingekleideten Ritters mit Federbusch zu ihr gekommen, Unzucht
getrieben habe. Auf dieses Geständniss hatte die Fakultät erkannt, »die
Gefangene sei wegen solcher mit dem Teufel gehabten Gemeinschaft mit dem
Feuer vom Leben zum Tode zu führen.«

Der Verfasser der dritten Abhandlung, F. M. Brähm, welcher dieselbe am
22. Oktober 1701 unter dem Vorsitz des Professors der Jurisprudenz Heinrich
Bodin zu Halle vertheidigte, weist zwar die Unhaltbarkeit der meisten
bisher gültig gewesenen Indizien nach, aber sein Bekenntniss lautet
wörtlich: »Mit Einem Worte, =es gibt wahrhaftig Zauberer und Hexen, welche
wissentlich ein Bündniss mit dem Teufel machen und Anderen schaden thun=,
aber, wie ich dafür halte, nicht in so grosser Menge.«

Die vierte -- =in der Mitte des 18. Jahrhunderts erschienene= -- Abhandlung
gründet sich ganz und gar auf die Auctorität -- =Carpzovs=.

Unter den wenigen juristischen Fakultäten, deren Intelligenz und Urtheil
sich über den Aberglauben der Zeit erhob, ist insbesondere die
=Strassburger Fakultät= zu nennen[212].


FUSSNOTEN:

[184] Wir berichten hier nach der lehrreichen Schrift _L. Rapp's_, »Die
Hexenprozesse und ihre Gegner aus Tirol« S. 47-70. -- _Tanner_ hat im Leben
wegen seiner Antastung des Hexenglaubens viel leiden müssen, und wurde auch
noch im Tode von einem eigenen Geschick verfolgt. Er war auf der Reise in
dem kleinen Orte Unken gestorben. Nach seinem Tode entdeckten nun die
Bewohner des Hauses, in welchem er gestorben war, unter seinem Nachlass ein
Glas, in welchem sich ein grosser, dunkelfarbiger, haariger und mit Krallen
versehener -- Teufel zeigte. Der Verstorbene hatte also einen »Glasteufel«
mit sich geführt und war somit ein Zauberer gewesen, wesshalb die Leute
alsbald in grösster Bestürzung zum Pfarrer eilten, um die Beisetzung der
Leiche in geweihter Erde zu verhindern. Der Pfarrer, der sich infolge
dessen ins Sterbehaus begab, sah jedoch sofort, dass der »Glasteufel«
nichts anderes als ein Mikroskop war, in welches der Verstorbene eine Mücke
gelegt hatte. Der Pfarrer machte dieses den Leuten klar, indem er vor ihren
Augen das Insekt aus dem Mikroskop herausnahm und ein anderes, eben
eingefangenes hineinlegte, welches sich nun auch vergrössert darstellte.
Die Leute sahen nun ihren Irrthum ein und Tanner's Leiche wurde in der
Ortskirche neben dem Altar beigesetzt. S. _Rapp_, S. 50-51.

[185] _Rapp_, S. 69-70.

[186] Vollständiger Titel: =Cautio criminalis, seu de processibus contra
sagas liber= ad magistratus Germaniae hoc tempore necessarius; tum autem
consiliariis et confessariis principum, inquisitoribus, judicibus,
advocatis, confessariis reorum, concionatoribus ceterisque lectu
utilissimus. Auctore incerto Theologo orthodoxo. Rintelii, typis exscripsit
Petrus Lucius, typogr. Acad. MDCXXXI. -- Schon 1632 wurde das Buch von
_Gronäus_ in Frankfurt a. M. neu aufgelegt. Eine dritte Auflage erschien
1695 zu Sulzbach, die letzte wohl zu Augsburg, 1731. Eine deutsche
Uebersetzung im Auszug wurde 1647 unter dem Titel »Gewissensbuch von
Prozessen gegen die Hexen« von dem schwedischen Feldprediger _J. Seiffert_
zu Bremen edirt und 1649 und 1657 neu aufgelegt. Eine vollständige
Uebersetzung veranstaltete der Sekretär und Rath des Grafen Moritz zu
Nassau-Katzenellenbogen _Hermann Schmidt_. Doch wagte er erst 1648 das
schon 1642 abgeschlossene Manuskript (mit einer an den Grafen Moritz
gerichteten Dedikation) der Oeffentlichkeit zu übergeben, indem er in
diesem Jahre in seinem eigenen Herrn einen zuverlässigen Beschützer
gewonnen hatte. Die Uebersetzung erschien unter dem Titel:
»=Hochnotpeinliche Vorsichtsmassregel oder Warnungsschrift über die
Hexenprozesse=, gerichtet an alle Behörden Deutschlands, an die Fürsten und
ihre Räthe, an die Richter und Advokaten, Beichtiger, Redner und an das
ganze Volk.« Eine andere Uebersetzung gab _Reiche_ in seinen
»Unterschiedlichen Schriften vom Unfug des Hexenprozesses« (Halle 1703)
heraus. Eine französische Uebersetzung wurde zu Lyon 1660 veröffentlicht.

[187] Vgl. über ihn: _Alex. Baldi_, Die Hexenprozesse in Deutschland und
ihr hervorragendster Bekämpfer, Würzb. 1874; _Hölscher_, Friedrich Spee von
Langenfeld, (Düsseldorfer Realschulprogramm von 1871); _J. B. M. Diel_,
Friedrich v. Spee, eine biograph. und literar-historische Skizze; Freiburg
1872 und _F. J. Micus_, Friedrich Spee, in der Zeitschr. des Vereins für
Gesch. u. Alterthumskunde Westfalens, B. XIII. Münster 1852, S. 59-76.

[188] Unter den deutschen Schriften Spee's zeichnet Leibnitz das »güldene
Tugendbuch« besonders aus. -- Ueber Spee's Schriften s. _Hauber_, Bibl.
mag. B. III. S. 1 ff. u. S. 501 ff.

[189] _Theodicee_, Thl. I. §. 96 u. 97.

[190] Leibnitz erlebte freilich nicht das Jahr 1749, wo zu Würzburg die
Nonne Maria Renata den Scheiterhaufen bestieg.

[191] Hoc anno obiit eximius S. J. Presbyter in Collegio Trevir. Fridericus
Spee. Gallis, per Hispanorum irruptionem in urbem Trev., pluribus laesis
afflictisque tanto charitatis evangelicae praesidio adfuit, ut cum sibi non
parceret, contracta demum lue, aliorum vitae suam moriens impenderit, -- 7
Augusti. In crypta ecclesiae quondam S. J. tumulatus est cum hac
inscriptione simplici: _Hic jacet Fridericus Spee_. In omne tempus spiritum
vere evangelicum hujus viri, divinum, ut ita loquamur, ejus ingenium,
fecundum pectus, venustatem et dulcedinem suorum carminum quasi specimen et
exemplum memoret grata posteritas. _Intaminatis fulget honoribus_, dicimus
cum Horatio. Wyttenb. Gest. Trevir. III. p. 80.

[192] Beitr. z. Geschichte der Zauberei, in _Hitzig's_ Annalen der Crim.
Rechtspflege B. II. S. 182.

[193] _Leibnitz_ Theodicee I. Th. §. 96 u. 97.

[194] _Masenius_ (in Continuat. Metrop. Eccles. Trev.) sagt: Liber, quem
(Pater Spee) Cautionem criminalem inscripserat, cum per alienas manus,
nondum per _Societatem probatus_, lucem subiret, _non paucis suum autorem
periculis exposuit_. S. Animadvers. ad Gesta Trevir. cap. 101. -- Nach den
Statuten des Ordens hatte sich _Spee_, indem er sein Buch erscheinen liess,
ohne für dasselbe die Approbation der Ordensoberen eingeholt zu haben,
einer =Todsünde= schuldig gemacht.

[195] De sagarum impietate, nocendi imbecillitate et poenae gravitate,
zuerst Tübingen 1621, dann 1667.

[196] Die Cautio criminalis wurde so schnell vergriffen, dass schon im
folgenden Jahre eine zweite Auflage nöthig war. Der Herausgeber derselben,
Gronäus, bezieht sich für sein Unternehmen auf den ausdrücklichen Wunsch
einiger Glieder des Reichskammergerichts und des Reichshofraths. Späterhin
erschienen noch mehrere Abdrücke und verschiedene Uebersetzungen, und es
ist darum keinem Zweifel unterworfen, dass das Werk Aufsehen gemacht habe.
Um so wunderbarer ist's, dass wir dasselbe von den ersten Kriminalisten des
Jahrhunderts, einem _Carpzov_, _Berlich_ und _Brunnemann_, gar nicht
erwähnt finden, und dass auch _Thomasius_, als er sein erstes Schriftchen
über die Zauberei herausgab, in dem Wahne stand, die Cautio criminalis sei
ein ganz neues Buch, weil er nur von der letzten Ausgabe derselben
Kenntniss hatte. Hauber vermuthet, vielleicht nicht mit Unrecht, dass die
ersten Ausgaben von den an den Pranger gestellten Hexenrichtern möglichst
unterdrückt worden seien; wenigstens waren die Exemplare derselben schon zu
seiner Zeit sehr selten geworden. Bibl. mag. Th. III. S. 10 f. -- Zwei
ausländische Schriftsteller, die gegen die Tortur schrieben, _Daniel
Jonktys_ in Holland (um 1651) und _Augustin Nicolas_ in Frankreich (um
1682), kannten das Buch wohl.

[197] Dieses geschah im Jahr 1737, wo das Buch zu Wolfenbüttel unter dem
Titel erschien (unter welchem es uns vorliegt): =Tribunal reformatum=, in
quo sanioris et tutioris justitiae via judici christiano in processu
criminali commonstratur, =reiecta et fugata Tortura=, cuius iniquitatem,
multiplicem fallaciam atque illicitum inter Christianos usum libera et
necessaria dissertatione aperuit _Joh. Grevius_, Clivensis, quam captivus
scripsit in ergastulo Amsterdamensi: ob raritatem, elegantiam et varium
usum recusa, accurante _J. G. Pertsch_, JCto, Guelpherbyti. 1737
(560 Seiten in 8^o.)

[198] Instructio pro formandis processibus in caussis strigum, sortilegorum
et maleficorum. Rom. 1657. Dieselbe findet sich am correktesten bei
_Carena_, de offic. Inquis. im Anhange abgedruckt; ausserdem bei
_Pignatelli_ Consultat. noviss. I. S. 123.

[199] Theatr. Europ. III. S. 456.

[200] _Spedalieri_ in Analisi dell' esame critico del Signor Nic. Freret,
Cap. X. art. IX. §. 5: In Roma non si è mai bruciato alcuno per accusa di
stregoneria, come più volte è accaduto in Francia. -- Ebenso sagt _Bergier_
im Dict. theol. Art. Inquisition: L'on n'en connoit aucun exemple (einer
Hexenverbrennung) à Rome.

[201] _Tholuck_, das akademische Leben des siebenzehnten Jahrh., II. S. 32.

[202] Solche Predigten wurden auch gedruckt. Der lutherische Superintendent
_Samson_ zu Riga z. B. veröffentlichte 1626 einen starken Quartband
»auserlesener und wohlbegründeter Hexenpredigten.« Eine ähnliche Sammlung
ist von einem Frankfurter Prediger Dr. _Wagner_ vorhanden.

[203] _Jarcke_ sagt in seinem »Handbuch des Strafrechts« Th. II. S. 61,
_Carpzov_ behalte die Bestimmung der Carolina im Auge, dass die Zauberei,
um des Todes würdig zu sein, einen Schaden gestiftet haben müsse. Allein
schon _v. Wächter_ hat (Beitr. zur deutschen Gesch. S. 291) auf das
Verkehrte dieser Angabe hingewiesen. _Carpzov_ sagt nämlich in seiner
Practica rerum criminalium Quaest. 49, Nr. 23 bei der Auslegung des
Art. 109 der Peinlichen Gerichtsordnung: »=Dieselbe Strafe= (nämlich der
=Feuertod=) ist auch Denjenigen aufzuerlegen, welche mit dem Teufel ein
Pact schliessen, =sollten sie auch Niemandem geschadet=, sondern entweder
nur teuflischen Zusammenkünften auf dem Blocksberge beigewohnt oder irgend
einen Verkehr mit dem Teufel gehabt oder auch nur seiner Hülfe vertraut und
sonst gar nichts weiter gewirkt haben.« -- Carpzov geht dann noch weiter,
indem er Nr. 29 bemerkt, die Feuerstrafe sei auch den Zauberern und Hexen
zuzufügen, welche mit dem Teufel concumbirten, wenn sie auch nicht mit
ausdrücklichen Worten sich ihm ergeben oder einen bestimmten Vertrag mit
ihm eingegangen hätten. Zwar werde, fügt er hinzu, von Juristen und
Philosophen darüber gestritten, ob Zauberer und Hexen in Wahrheit und in
natürlicher Weise mit Dämonen, nämlich Männer cum succubis und Weiber cum
incubis Unzucht treiben und ob Hexen und Zauberinnen dadurch schwanger
werden könnten. Viele seien nämlich der Meinung, dass solche daemoniaci
concubitus nur träumerische Illusionen wären, welche auch bei ganz
gesitteten Frauen vorkämen, und sogar Jos. Fichardus sei dieser Ansicht.
Allein hier verwechsele man zwei ganz verschiedene Dinge, die wohl
auseinander gehalten werden müssten, nämlich die Frage, ob Dämonen sich
wirklich mit Menschen =vermischen= und die andere Frage, ob sie mit
denselben etwas =erzeugen= könnten. Hierauf verbreitet sich nun Carpzov
allen Ernstes über das semen Diaboli und über das semen alterius, quo
daemon forsan abutitur, und kommt zu dem Schluss, dass aus einem solchen
concubitus unmöglich etwas Rechtes hervorgehen könne, wobei er sich auf das
Geständniss vieler Hexen beruft, welche zugegeben hätten, dass sie aus der
Vermischung mit dem Teufel nur wurmartige Dinger, »Elben«, »böse Dinger«
geboren, sie dann Menschen in Arme, Beine oder sonstwohin gezaubert und
diesen dadurch Schaden zugefügt hätten! -- So stand der gefeierte Jurist
_Carpzov_ zur Sache! Welche Auctorität er -- der orthodoxe lutherische
Jurist -- dem =päpstlichen Hexenhammer= zuerkannte, ist in _Hitzig's und
Demme's_ Annalen, B. XXV. S. 363, Anmerk. 89 nachgewiesen.

[204] Part. III. Qu. 103. n. 50. Processus inquisitorius an hodie sit
remedium ordinarium. Vgl. Quaest. 107. n. 22.

[205] Inquisitorius vero est processus, quando nullo existente accusatore
judex per viam inquisitionis _summarie et sublato_ (quod dicitur) _velo,
absque longo litis sufflamine_ procedit etc. Part. III. Qu. 103. n. 18.

[206] Part. III. Quaest. 107. n. 72. wird als erstes Erforderniss des
Inquisitionsprozesses festgestellt, ut ante omnia de ipso facto constet.
Qu. 108. n. 4. 5. wird abermals auf Erhebung des Thatbestands gedrungen,
ehe die Spezialuntersuchung beginnen könne. Qu. 108. n. 26. ist der
Grundsatz aufgestellt: quod delinquenti confesso aut convicto poena mortis
irroganda non sit, antequam de corpore delicti et veritate criminis comissi
_liquide et certo per testes vel per evidentiam facti_ constet. Diess kommt
aber den Hexen nicht zu Gute; denn: limitatur haec regula .... in delictis
occultis et difficilis probationis, ut in haeresi, sortilegio etc., de
quorum corpore sufficit constare per _conjecturas_ et certa indicia; ....
quod enim in occultis delictis, et quae sunt difficilis probationis,
praesumtiva et conjecturata probatio habeatur pro plena et concludenti
probatione, generaliter et communiter receptum est. Qu. 108. n. 33. --
Weiter wird Bodin's Satz gebilligt: in hoc super alia omnia tam turpi, tam
horrendo et detestando crimine, in quo tam difficiles sunt probationes
tamque abdita scelera, ut e millenis vix unus merito supplicio affici
possit, =nil necesse esse, religiose quenquam haerere regulis procedendi,
sed extra ordinem oportere fieri illius judicium diversa a ceteris
criminibus ratione=. Quaest. 122. n. 60. -- Nach demselben Grundsatz
beantwortet dann _Carpzov_ auch die Frage nach der Anwendung der Tortur. Im
Allgemeinen meint er (Qu. 125, Nr. 50 ff.), habe der Richter über dieselbe
unter gewissenhafter Erwägung der Art des Verbrechens und der vorliegenden
Umstände ganz nach seinem Ermessen zu entscheiden. Dabei rechtfertigt er
aber die Bestimmung des sächsischen Rechts, dass bei den schwersten
Verbrechen die Tortur zum dritten Male wiederholt werden könne; durch den
Grundsatz, dass bei solchen Verbrechen eben wegen ihres enormen Charakters
schärfere Mittel zur Erfindung der Wahrheit anzuwenden seien, und mit der
scheusslichen Bemerkung: quippe cum et ob atrocitatem criminis quandoque
=iura transgredi liceat=. Dieses wendet er dann namentlich auf die Hexerei
an, bei welcher der Richter auch noch dazu eine =härtere= Tortur verhängen
könne, zumal da die Hexen durch alle möglichen Teufelsmittel sich gegen die
Qualen der Tortur zu schützen wüssten. -- Zur Verhängung der zweiten und
dritten Tortur sollten freilich neue Indizien ermittelt werden. Mit welcher
Leichtfertigkeit und Grausamkeit seines Denkens aber _Carpzov_ auch diese
Bestimmung zu umgehen und ein fortgesetztes Foltern der Angeklagten zu
rechtfertigen wusste, hat _v. Wächter_ in den Beitr. zur deutschen Gesch.
S. 299 nachgewiesen.

[207] Vgl. _de Luca_, Versuch einer Geschichte der k. k.
Leopold-Universität zu Innsbruck.

[208] Bekanntlich hatte die Constitution Gregors XV. vom 20. März 1623 in
diesem Falle die Anwendung der Todesstrafe untersagt.

[209] _G. E. v. Rüling_, Auszüge einiger merkwürdigen Hexenprozesse aus der
Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts im Fürstenthum Calenberg geführt.
Göttingen, 1786, S. 16 ff.

[210] _v. Rüling_, Auszüge, S. 63.

[211] Vgl. über die Abhandlungen 1, 2 und 4 den Aufsatz »Der Hexenglaube in
der Universitätsaula« in Robert Prutz' »Deutsches Museum«, 1857 S. 465 ff.

[212] Als z. B. eine Frau in dem württembergischen Orte Deizisau von einem
fremden Bettelweib der Bezauberung ihres Kindes angeklagt war, und, da sie
leugnete, die juristische Fakultät zu Strassburg um ihr Gutachten
angegangen wurde, erklärte dieselbe: Auf die Aussage des Bettelweibes hin
könne man die Frau nicht verhaften. Es wäre gut, wenn man die Leute
belehrte, dass nicht jede Krankheit ein Werk des Teufels sei. Ganz
ungereimt auch sei es, dass der Pöbel sie darum für eine Hexe halte, weil
sie in der Kirche beim Beten nicht wie andere Weiber die Lippen bewege.
Ueberdies erfreue sie sich ja eines guten Rufs, und wenn sie früher sich
eine Zeitlang wunderlich geberdet und gesagt habe, sie wolle sich das Leben
nehmen, so sei dieses aus Melancholie geschehen. Man solle sie daher in
Ruhe lassen etc. -- In einem dem Hofgerichte zu Marburg 1659 ertheilten
Gutachten empfiehlt es die Strassburger Juristenfakultät (was bisher
unerhört war), die Angeklagte zum Reinigungseid zuzulassen und von der
Tortur abzustehen.



  VIERUNDZWANZIGSTES KAPITEL.

  Allmähliche Abnahme der Prozesse -- Balthasar Bekker.


Noch wüthete der Hexenwahn und die Hexenverfolgung unter den Völkern des
Abendlandes und raffte jahraus jahrein Tausende von Opfern dahin, als doch
schon eine ganze Reihe von Erscheinungen zu Tage trat, welche es erkennen
liessen, dass es in der bisherigen Weise mit dem Brennen der Hexen nicht
lange mehr fortgehen könne. Einzelne Regenten, vorerst zwar noch selbst im
Glauben an Zauberei befangen, aber einsichtsvoll genug, um eine verheerende
Praxis zu verabscheuen, weisen dann den fessellosen Gerichtsgang in
gesetzliche Schranken, aboliren und begnadigen; ein freies Wort führt an
solchen Asylen fortan nicht mehr zum sicheren Tode; die fortschreitende
philosophische und naturwissenschaftliche Bildung umkreist jetzt in immer
engeren Parallelen die Bollwerke der Finsterniss, sprengt eine unterminirte
Schanze nach der andern, bis endlich die mündig gewordene Vernunft mit der
blanken Waffe der Wahrheit dem Teufel zu Leibe geht und ihn sammt seinen
Werken und Hexenprozessen, nicht ohne das Jammergeschrei und den Widerstand
derjenigen, die ohne den Teufel keinen Gott haben, aus seiner letzten Feste
jagt.

Wir sahen den bambergischen Prozess an der Verarmung des Landes und an der
Erschöpfung der fürstlichen Kasse sterben; dann that Schönborn aus
menschlicheren Motiven in Würzburg und Mainz der Hexenverfolgung Einhalt;
hierauf nahm sich ein schwedischer Offizier der Verfolgten in Osnabrück an,
und seine Königin liess in den neu erworbenen deutschen Landen die
Niederschlagung der anhängigen Prozesse ihre erste Regierungshandlung sein,
wodurch =zum ersten Male ein deutsches Land von der Pest der
Hexenverfolgung wieder befreit= wurde. Die Königin befahl nämlich durch
Reskript vom 16. Februar 1649 von Stockholm aus, »=dass alle fernere
Inquisition und Prozess in dem Hexenwesen aufzuhören habe, die diessfalls
allbereits Captivirten wieder relaxirt und in integrum zu restituiren
seien=, -- weil diese und dergleichen weitaussehende Prozesse allerlei
Gefährlichkeiten und schädliche Consequentien mit sich führen und aus denen
an anderen Orten fürgelaufenen Exempeln kundbar und am Tage ist, dass man
sich in dergleichen Sachen je länger je mehr vertiefet und in einen
inextricablen Labyrinth gesetzet«[213]. Freilich finden sich unter
Christina's Nachfolgern auch wieder Hinrichtungen im schwedischen
Pommern[214]. Aber es war von grosser Bedeutung, dass in =Mecklenburg= 1683
ein herzogliches Reskript erschien, in welchem es auf das Strengste
untersagt ward, »dass hinfüro in den peinlichen Gerichten bei angestelltem
scharfem Verhör der wegen Zauberei inhaftirten und der Tortur untergebenen
Delinquenten so wenig von den zu der peinlichen Befragung adhibirten
Richtern und Beisitzern gefragt werden sollte, ob reus oder rea auf dem
Blocksberg gewesen und daselbst gegessen, getrunken, getanzet oder anderes
teuflisches Gaukelwerk getrieben und diese oder jene Person mitgesehen und
erkannt habe, noch auch, so der Gepeinigte von selbst obiges Alles erzählen
und für Wahrheit berichten wollte, desselben Bekenntniss einigen Glauben
beilegen, noch zu Protokoll bringen und des Beklagten Namen verzeichnen
lassen sollen, zumalen alle dergleichen denuntiationes ex fonte malo
herfliessen und also billig zu abominiren und zu keinem Grunde
rechtschaffener Beweisung zu legen seien.«

Ziemlich gleichzeitig (am Ende des siebenzehnten Jahrhunderts) konnte es
die =Juristenfakultät zu Frankfurt= sogar wagen, dem herrschenden Wahne
soweit entgegenzutreten, dass sie einem Geistlichen, den eine alte Hexe
unter anderem tollen Zeug, das sie erzählte, als Zauberer angab, das Recht
zu einer Injurienklage gegen den Richter zusprach, weil er den Namen
desselben zu Protokoll genommen hatte[215].

Die durchschnittliche Stellung, welche gegen das Ende des siebenzehnten
Jahrhunderts wenigstens im protestantischen Deutschland die öffentliche
Meinung und die Rechtspflege zur Frage der Hexerei und Hexenverfolgung
einnahm, wird übrigens von der »=Anleitung zu vorsichtiger Anstellung des
Inquisitionsprozesses=« repräsentirt, welche der grosse Kurfürst =Friedrich
Wilhelm von Brandenburg= ([+]1688) durch den Professor =Joh. Brunnemann= zu
Frankfurt (lateinisch und deutsch) aufstellen liess. Allerdings wird der
überlieferte Hexenglaube und der Gedanke, dass die Zauberei ein Laster sei,
gegen welches nothwendig mit der Tortur vorgegangen werden müsse,
festgehalten; allein das Prozessverfahren wird im Interesse der Humanität
mannigfach geordnet und beschränkt, und zugleich bricht sich die
Ueberzeugung Bahn, dass gar Vielerlei, was man den Hexen nachsage, und was
diese auf der Folter sogar selbst von sich aussagten, auf Einbildung
beruhe.

In §. 15 wird es ausdrücklich als ein eingeschlichener und abzustellender
Missbrauch bezeichnet, »dass die Leute so lange torquirt werden, bis sie
etwas bekennen, welches absonderlich bei denen, so der Hexerei beschuldigt
worden, gebräuchlich ist.« -- Nach der hierauf mitgetheilten »Anweisung«
soll die Peinigung nicht über eine Stunde dauern, wesshalb der Richter eine
Sanduhr bei sich haben soll, die er bei dem Beginne der Tortur umzukehren
hat. Auch soll die Tortur wenigstens fünf oder sechs Stunden nach dem Essen
oder des Morgens ganz frühe, oder »was das Beste ist,« Nachts vorgenommen
werden, damit das Erbrechen während der Peinigung vermieden werde.
Insbesondere soll, wenn der Inquisit mit einem schweren Gebrechen behaftet
ist, die Tortur nicht an dem Tage, »da eine Mondverwechselung ist,«
angestellt werden, weil dann die Krankheiten heftiger hervorzutreten
pflegen. Auch sei es nöthig, dass dem Inquisiten vorher ein Präservativ von
einem verständigen Medico eingegeben und dergestalt dieses Uebel nach
Möglichkeit zurückgehalten werde. Die Richter sollen die bei der Tortur
gebrauchten Instrumente anmerken, damit diejenigen Rechtsgelehrten, an
welche hernach die Prozessakten zur gutachtlichen Aeusserung verschickt
werden, sicher zu erkennen vermögen, ob die Peinigung rechtmässig
vollzogen, oder ob ein »Exzess« dabei vorgekommen sei. Die Hexen sind
allerdings zu fragen, ob sie Menschen oder Vieh Schaden zugefügt haben,
aber man soll sie auch fragen, =woher sie denn wüssten, dass der
vorgekommene Schaden gerade durch sie bewirkt sei=. -- Wenn Hexen Andere
als Mitschuldige angeben, so soll nach Kap. 3, §. 12 nachgeforscht werden,
ob die Denunziation auf gutem Grunde beruht, oder ob es nur teuflische
Verblendung gewesen, dahin die Beschuldigung einer Zauberin gehöre, so die
Anderen auf dem Blocksberg gesehen haben wollte.

In =Frankreich= schlug Ludwig XIV. nicht ohne den Widerspruch des
Parlaments zu Rouen 1672 die Untersuchungen in der Normandie nieder und
setzte alle eingezogenen Hexen in Freiheit[216]; und obgleich er selbst
wieder in einem späteren Gesetze die Zauberei unter gewissen
Voraussetzungen mit der Todesstrafe bedrohte (1682), so zeigt sich doch
schon darin eine Veränderung des alten Gesichtspunkts, dass hauptsächlich
nur von Betrug und Missbrauch der Sakramente, nicht aber vom Teufelsbunde
und vom Sabbath ausdrücklich die Rede ist[217]. Seit 1682 stockten auch in
=England= die gerichtlichen Hinrichtungen[218]; dreissig Jahre früher hatte
auch =Genf= seinen letzten, wiewohl zum Abschiede noch sehr krassen Prozess
gesehen[219]. In Holland waren die Gerichte längst verständiger
geworden[220]. Hier, wo der gelehrte Arzt und Apotheker =Abraham Palingh=
zu Haarlem (ein Mitglied der Gemeinde der Mennoniten) 1658 mit einer
gelehrten historischen Beleuchtung des Hexenwesens hervorgetreten war[221],
um die Thorheit und Nichtigkeit desselben zu erweisen, suchte namentlich
der Gerichtshof von Flandern durch eine Verordnung vom 31. Juli 1660 den
Hexenpozess durch genauere Regelung des Prozessverfahrens einzuschränken,
wobei namentlich auch bestimmt ward, dass das Nachsuchen nach dem stigma
diabolicum bei angeklagten Frauen fernerhin nicht mehr durch Scharfrichter,
sondern von unverdächtigen Aerzten geschehen sollte.

Mittlerweile ging die allgemeine Geistesbildung ihren Weg. In der gesammten
Naturwissenschaft war kein Heil gewesen, so lange nicht Experiment und
Beobachtung an die Stelle der Auctorität und des Syllogismus getreten war.
Jetzt aber setzte sich die Erforschung der Materie in ihr Recht ein, um die
Emanzipation des Geistes aus der Gewalt des Dämonismus vorzubereiten. Was
=Kepler=, =Galilei=, =Gassendi=, =Harvey=, =Guericke=, =Huygens= u. A.
geleistet haben, ist nicht bloss den mathematisch-physikalischen
Wissenschaften, es ist auch der Philosophie und Humanität überhaupt dem
Kulturleben zu Gute gekommen. Die grossen Geister des Jahrhunderts,
=Hobbes=, =Bacon=, =des Cartes=, =Spinoza=, =Leibnitz= und =Newton=, hoben
die ganze alte Methode der Wissenschaft aus den Angeln und zündeten ein
Licht an, das freilich den blöden Augen gar mancher Zeitgenossen wehe that,
aber den dankbaren Nachkommen desto wohlthätiger vorgeleuchtet hat. Vor
diesem Lichte ist auch der Aberglauben erblichen. Auf die in jener Zeit
begründeten Fortschritte der Naturkunde und Philosophie stützt sich
wesentlich die spätere Umgestaltung des Strafrechts. Der empirischen, wie
der spekulativen Schule, so verschieden übrigens in Prinzipien, wie in
Resultaten, gebührt hier gleiches Lob; beide strebten nach
Selbstständigkeit. Sobald einmal der Satz von der Bewegung der Erde und von
der Existenz der Antipoden feststand, war ein wichtiges Prinzip
durchgefochten. Es musste nun auch ausserhalb der Bibel und der
Kirchenväter eine legitime Erkenntnissquelle für die Wahrheit geben. Die
Philosophie riss sich los von der Obervormundschaft der Theologie. Vor der
Erkenntniss des Naturgesetzes wich das Wunder des Aberglaubens und die
Teufelei, vor der eigenen Einsicht die traditionelle Auctorität, vor einer
geistigen Auffassung der Buchstabenkram; der starke, eifrige Gott der
Juden, der da straft bis ins vierte Glied, machte im Herzen des Theologen
demjenigen Platz, der seine Sonne aufgehen lässt über die Guten und die
Bösen, und der Jurist bat dem Höchsten die Lästerung ab, die er ihm
zugefügt, als er in der Bestrafung eingebildeter Verbrechen sich vermass,
zur Rache für die beleidigte göttliche Majestät das Schwert zu ziehen.

Aber wie sich zwischen Tag und Nacht die Dämmerung um so länger legt, je
schiefer sich eine Region der Sonne zukehrt, so durchdrang auch das
geistige Licht nur langsam und unter steten Kämpfen das mit altgewordenen
Verkehrtheiten überschüttete Europa.

Der gelehrte =Gabriel Naudé=[222], Oberbibliothekar der Mazarinschen
Büchersammlung, an deren Begründung er einen hervorragenden Antheil hatte,
bestritt zwar nicht in direkter Polemik das System des Zauberglaubens
seiner Zeit, aber er half die geschichtliche Grundlage desselben
untergraben, indem er auf dem Wege der historischen Kritik diejenigen
Männer der Vergangenheit, welche als Hauptzauberer verschrieen waren, gegen
diesen Vorwurf in Schutz nahm[223]. Er zeigte, wie dergleichen durch
alberne Nachbeterei stehend gewordene Anklagen ursprünglich auf sehr
unschuldigen Dingen, oder gar auf beneideten Verdiensten beruhten. Dichter,
Politiker, Philosophen, Mathematiker und Naturforscher seien Opfer solcher
Nachreden geworden. Seine Apologie verbreitet sich umständlich und mit
guten gelegentlichen Bemerkungen über Zoroaster, Orpheus, Pythagoras, Numa
Pompilius, Demokritus, Empedokles, Apollonius, Sokrates, Aristoteles,
Plotin, Jamblich, Geber, Raymund Lullius, Arnold von Villeneuve,
Paracelsus, Agrippa von Nettesheim, Roger Bacon, Trithemius, Albertus
Magnus, Sylvester II., Gregor VII., den König Salomon, Virgil u. A. --
Zufrieden mit der Ehrenrettung längst Verstorbener, überlässt =Naudé= der
Einsicht seiner Zeitgenossen die Anwendung der von ihm angebahnten
kritischen Methode auf die gegenwärtigen Verhältnisse.

Wenige Jahre vorher hatte der Hexenglaube einen ausserordentlich
geschickten Anwalt an einem jungen Geistlichen der anglikanischen Kirche,
=Joseph Glanvil= (1636 [+]1680) gefunden. -- Glanvil[224], ein unabhängiger
Denker, entschiedener Gegner des Aristotelismus und gewandter
Schriftsteller, wurde seiner Zeit von den Einen als Vertreter kirchlicher
Rechtgläubigkeit, von den Anderen als Organ des modernen Skeptizismus
angesehen, und ebenso verehrt wie gehasst. In Wahrheit gehörte er zu der
kleinen Zahl von Gelehrten des siebenzehnten Jahrhunderts, welche zwar an
der überlieferten Dogmatik festhielten, aber es doch einsahen, dass die
Zeit der Herrschaft der Auctorität abgelaufen sei, dass der Glaube sich mit
der Bildung der Zeit abfinden, auf die Einwendungen der Skeptiker eingehen
und sich über seine Wahrheit und Berechtigung wissenschaftlich ausweisen
müsse. Um diesem Bedürfnisse der Zeit zu entsprechen und die (von aller
Auctorität unabhängigen) wissenschaftlichen Grundlagen des Glaubens
nachzuweisen, gab Glanvil 1661 eine Schrift über »=die Nichtigkeit des
Dogmatisirens=« heraus[225].

Die Veröffentlichung dieses (viel Aufsehen machenden) Buches -- welches zur
Einführung der induktiven Philosophie in England wesentlich beitrug und
eine ganz neue Periode der Theologie zu begründen schien, -- hatte
zunächst für =Glanvil= den Erfolg, dass er zum ausserordentlichen Mitglied
der Königlichen Societät erwählt wurde, und die Aufmerksamkeit Vieler auf
sich zog. Zugleich kam aber Glanvil in eine wissenschaftliche Diskussion,
welche ihm die rationelle Begründung des Hexenglaubens als das
nächstliegende Interesse der neueren Theologie erscheinen liess. Sein
Gedanke war der: »Wer das Dasein von Hexen leugnet, der leugnet auch das
Dasein der Geister, und wer dieses thut, der leugnet auch das Dasein
Gottes. Da nun die Hexerei diejenige Erscheinungsform der supranaturalen
Welt ist, von welcher die Gegenwart, das Leben der christlichen Völker --
nach dem Urtheile jedes Unbefangenen -- am unmittelbarsten berührt wird, so
muss der Glaube an das Supranaturale überhaupt gerade durch rationelle
Begründung des Glaubens an die Hexerei neu befestigt werden.«

=Glanvil= war mit diesen Gedanken beschäftigt, als er mit Bestürzung
erfuhr, dass die Staatsregierung einem gewissen Mr. =Hunt=, der als
Friedensrichter in Sommerset mit einem wahrhaft wüthigen Eifer die
Aufspürung und Verfolgung der Hexen betrieb, Einhalt gebot. Er schrieb
daher eine Abhandlung zur Vertheidigung Hunt's und des Hexenprozesses
überhaupt[226]. Dieser folgte bald eine zweite, worin Glanvil eine um jene
Zeit vorgefallene Spukgeschichte von einem gespenstischen Trommler zu
Tedworth dem Publikum als neuen Beweis für seine dämonologischen Ansichten
vorlegte. Er nannte diese Schrift »=einen Streich gegen den heutigen
Sadducismus=«[227]. Aber der Sadducismus in England war unbescheiden genug,
in seinen Zweifeln zu beharren, und als Mr. Glanvil zu einem zweiten,
gewaltigeren Streiche ausholte, erschien sogar eine Druckschrift des
Arztes =Webster=[228], in welcher dieser in dem kecken Tone eines Weier
behauptete, Mr. Glanvil habe sich durch einen höchst plumpen Betrug
hintergehen lassen, und seine ganze Lehre von der Hexerei sei eine
Albernheit. Der Beleidigte wollte Anfangs hierauf nicht antworten; bald
jedoch entwarf er, durch seine Freunde bestimmt, den Plan zu einem
ausführlicheren Werke. Er sammelte hierzu bei seinem Freunde Hunt und
anderwärts die »glaubwürdigsten« Hexengeschichten, rückte aber so langsam
vor, dass er über der Arbeit starb. Seine Freunde stellten die gesammelten
Belege mit den früheren Abhandlungen und einigen eigenen Zuthaten zusammen
und nannten das Ganze =Sadducismus triumphans=[229]. Das Buch erschien
1681, ein Jahr nach Glanvil's Tode. Von seinen beiden Haupttheilen soll der
erste die Möglichkeit, der zweite die Wirklichkeit der Hexerei aus der
Schrift und Geschichte erweisen. Der =Sadducismus triumph.= war für Alle,
welche am Hexenglauben festhalten zu müssen glaubten und doch das Gewicht
der gegen denselben laut gewordenen Skepsis zu begreifen vermochten, ein
Trost, der sie aus grosser innerer Bedrängniss befreite. Denn derselbe war
scheinbar die geistvollste Vertheidigung des Hexenglaubens, die bis dahin
erschienen war, wesshalb nicht allein sehr bald neue Ausgaben des Buches
nöthig wurden, sondern auch eine ganze Reihe von Schriftstellern, (der
Philosoph =Henry More=, der Dekan von Canterbury, =Casaubonus=, der
berühmte Theolog =Cudworth=) öffentlich für dasselbe eintraten. -- Das Buch
Glanvil's wurde auch ins Deutsche übersetzt. Da diese deutsche Uebersetzung
gleichzeitig mit des Thomasius berühmten Thesen erschien, so nahmen sie die
Gegner des letzteren schon um des Titels willen mit grossem
Beifallsgeschrei auf, und es scheint das Buch in Deutschland fast
grösseres Aufsehen gemacht zu haben, als in seinem Vaterlande.

Dieses Aufsehen kam indessen bei weitem nicht demjenigen gleich, welches
=Balthasar Bekker's= »Bezauberte Welt« erregte[230]. Ein gründlicheres Werk
ist über diesen Gegenstand nie geschrieben worden. Bekker, reformirter
Pastor zu Amsterdam[231], ein Mann von philosophischem Scharfblicke, freiem
Geiste und theologischer Gelehrsamkeit, ist der Erste, der die Nichtigkeit
des Zauberglaubens in seiner Totalität erkannte und demzufolge nicht mehr
den einzelnen Erscheinungen desselben, sondern dem Prinzip selbst den Krieg
erklärte. Dieses Prinzip aber liegt in der Dämonologie, insbesondere in der
Lehre vom Teufel. Bekker führt uns zum ersten Mal die historische
Entwicklung, Verbreitung und Feststellung der dämonologischen Vorstellungen
unter den Christen vor Augen und stellt hiermit die heidnischen und
jüdischen Meinungen zusammen, welche auf diese Ausbildung eingewirkt haben
können. Im zweiten Buche zeigt er zuerst, wie eine gesunde Spekulation von
der herrschenden Dämonologie nichts wisse, und betritt dann den
exegetischen Weg, um dieselbe auf Grund der biblischen Schriften zu
prüfen. Es ergibt sich ihm hierbei, dass viele bisher auf den Teufel
gedeutete Stellen sich gar nicht auf denselben beziehen und somit die aus
denselben gezogenen Folgerungen für die Dämonologie wegfallen; andere
Stellen, die vom Satan und den Dämonen wirklich reden, erhalten theils
durch eine allegorische, nicht immer ungezwungene Interpretation, theils
durch die Annahme einer weisen Accommodation von Seiten Jesu und der
Apostel ihre Aussöhnung mit den philosophischen Begriffen der Zeit.
Hiernach kommt Bekker zu dem Ergebnisse, dass die Bibel nur sehr Weniges
und Unvollständiges über die Natur und Macht der Dämonen lehre, und dass
dieses Wenige die herrschenden Vorstellungen so wenig stütze, dass
dieselben mit der Bibellehre sogar in geradem Widerspruche stehen. Der
Teufel ist ihm nicht jener im Moralischen, wie im Physischen so mächtige
Fürst: der Finsterniss, wie er sich in der fast in Manichäismus
ausgearteten Orthodoxie[232] darstellte; er ist vielmehr ein gefallener,
zur Strafe in den Abgrund hinabgestossener und dort des Gerichts harrender
Geist, ohne Kenntniss des Verborgenen, unfähig einen Leib anzunehmen,
sinnlich wahrnehmbar zu erscheinen und auf das Leibliche einzuwirken. Seine
untergeordneten Geister sind gleichfalls verdammt und so ohnmächtig, als er
selbst. Vielleicht wird Bekker's Grundansicht aus Folgendem klar genug
hervortreten:

»Es streitet derhalben,« sagt er, »gegen alle Vernunft und Verstand, dass
der Teufel oder ein böser Geist, wer er auch möchte sein, sich selber oder
etwas anders in einem Leibe oder leiblichen Schein zeigen sollte, und es
streitet auch wider das Wesen eines Geistes, (wie oben gemeldet worden.)
Und so dieses vielleicht zu wenig wäre, so habe man bloss Acht auf diese
Ursachen. Kein Geist wirket anders, als mit seinem Willen, und der Wille
bloss durch Denken. Wie man es wendet oder kehret, so kann man es anders
nicht begreifen; es kommt allemal wieder darauf aus. Nun sagt mir eins, wie
euer eigener Geist, d. i. eure Seele, etwa das Geringste an eurem Leibe
thut, so es anders als mit Denken ist. Nachdem ihr wollet, so reget sich
Hand und Fuss, und wie ihr wollet. Aber thut das einmal an einem andern
Leibe, der nicht euer eigen ist, ohne Mittel eures eignen. Machet mit
Denken eins einen Leib, oder leibliches Gleichniss, oder Schatten auf der
Erden, wo es auch sein mag, oder in der Luft. Wie will denn das der Teufel
thun, der keinen eigenen Leib hat? Ein guter Engel ist ganz etwas anders;
denn der hat Gottes Gunst und Macht zur Hülfe, ihm einen Leib oder Leibes
Gleichniss in dem, was er aus Befehl der höchsten Majestät verrichten muss,
zu geben. Aber meinen wir, dass der höchste Richter den verfluchten Feind
aus dem Kerker loslassen und noch darüber allenthalben mit allem, was ihn
gelüstet, fügen wird, um nach seinem Belieben nichts als Wunder zu thun,
mit allemal etwas Neues zu schaffen und den einen oder andern Lumpenhandel
ins Werk zu setzen, welches er zur Unehre des Schöpfers und seines liebsten
Geschöpfes missbrauchen soll?

»Aber die Schrift, meint man, lehret uns, dass Gespenster seien? So das
wahr ist, so wird es in dem Lager der Syrer von Samarien gewesen sein, da
es so kräftig spukete, dass sie alle erschraken, in der Nacht wegliefen und
liessen alles stehen, da es stund. Aber dieses Gespenst war von dem Teufel
nicht, sondern der Herr hatte hören lassen die Syrer ein Geschrei von
Rossen, Wagen und grosser Heereskraft. Derhalben hatten sie sich aufgemacht
und flohen in der Frühe. II. Kön. VII. 6. 7. Die Apostel, Leute ohne
sonderliche Auferziehung aus dem geringsten Volk der Juden, die
insonderheit zu der Zeit zum Aberglauben geneigt waren, schienen im Anfang
nicht weiser zu sein, als die Uebrigen. Denn als sie Jesum um die vierte
Nachtwache auf dem Meere gehen sahen, erschraken sie und sprachen: Es ist
ein Gespenst, -- und schrieen für Furcht. Matth. XIV. 26. Da er sich seit
dem ersten Mal nach seinem Tod unvermuthet ihnen lebendig erzeigte, da
erschraken sie und furchten sich, meinten, sie sähen einen Geist. Luc.
XXIV. 37. Aber Christus, ohne zu erklären, ob die bösen Geister auch
erscheinen (welches in solchem Fall seine Weise nicht war ....), antwortet
auf die Sache, dass ein Geist nicht Fleisch und Bein habe, wie sie sähen,
dass er habe. Demnach weiss es Schottus besser, dass ein Geist kalt ist
anzurühren (I. Buch XX. v. 9.). So hätte Jesus nach dem Sagen des Jesuiten
besser geantwortet: Tastet mich an und fühlet mich, dass ich warm bin und
darum auch kein Geist.

»Was, will ich denn alle Spukerei leugnen? Beinahe. Von Engeln vermeine ich
nicht, wie gesagt ist, ob Jemand sagen möchte, dass dieselbigen noch nun
und dann erscheinen. Dass man aber so viel Spuks vom Spuken macht, bin ich
wohl geruhig, dass Niemand viel davon halten soll, dem es an dem Einen und
Andern nicht mangelt von dem, was ich als Ursache solches Aberglaubens in
meiner Untersuchung über die Kometen in dem XXV. und XXIX. Hauptstücke
angewiesen habe. -- -- -- -- Die Unachtsamkeit bei den Werken der Natur und
die Unwissenheit ihrer Kraft und Eigenschaften und das stete Hörensagen
machen, dass wir leichtlich auf eine andere Ursache denken, als die
Wahrheit lehret; und das Vorurtheil, das man von dem Teufel und den
Gespenstern hat, sowohl gelehrt als ungelehrt, bringet den Menschen alsbald
zum Gespenst. Die Auferziehung der Kinder stärket diesen Eindruck, dieweil
man sie von Jugend auf durch gemachte Gerüchte erschrecket, sie durch
eingebildete Furcht zu stillen und ferner mit allen solchen alten Mährlein
und altem Weibergeschwätz unterhält. Denn es kann nicht ausbleiben, oder es
gehet nach dem alten Sprichwort:

  Quo semel est imbuta recens, servabit odorem
  Testa diu ....

Daher begegnet ihnen das Geringste nicht, das sich im Anfang von ferne oder
im Dunkeln herfürthut, ohne dass man noch kann merken, was es ist, das man
nicht achtet ein Gespenst zu sein. Solches war zu sehen an den Aposteln,
welche, wie ich glaube, niemals ein Gespenst gesehen, aber viel von
Gespenst gehört hatten, als sie Jesum bei der Nacht auf dem Wasser gehen
sahen, den sie mannichfaltig und kurz zuvor gesehen hatten und von ihm so
manches Wunderwerk; dennoch, ohne eins an ihn zu denken, erschraken sie
sehr und sprachen: Es ist ein Gespenst, -- sonder Frage, sonder Zweifel, es
wär und müsste ein Gespenst sein. Matth. XIV. 26.[233]

»In Ansehung nun, dass in der ganzen Bibel nichts, das im Geringsten nach
keinem Königreich gleichet und darauf gedeutet wird, zu finden ist; so wird
es ausser Grund insgemein also gesagt, dass der Satan auch ein Reich auf
Erden habe, das eben so weit, als Gottes eigen Reich auf Erden sich
erstrecket, nicht allein ausser-, sondern auch innerhalb seiner Kirche,
welche das Himmelreich, das Reich Gottes und Christi genannt wird. Reich
gegen Reich, des Teufels Reich wider Gottes; und ob das noch zu wenig wäre,
Reich in dem Reich: Imperium in imperio, -- und das von feindlicher Macht.
Wie kann Gottes eigen, wie kann Christi Reich bestehen? Ich will beweisen,
dass der Teufel kein Reich, das gegen Gott, noch unter Gott angestellet,
noch wider das Christenthum, oder davon unterschieden, noch weniger
darinnen, weder in dem Meisten, noch in dem Geringsten hat, noch haben
kann.[234]

»Man darf sich auch nicht allzu sehr bekümmern, zu wissen, was der Teufel
zu thun vermag, wenn uns bedünket, dass etwas über die Natur geschieht;
denn so ist es gewiss, dass er es nicht kann thun. Ich sage, dass es,
allzumal sinnlos fürgegeben wird, wenn etwas Böses geschieht, das nach
unserem Verstande über die Kraft der Natur geht, dass es ein Werk des
Teufels sei. Denn welchen das dünket, der muss nothwendig glauben, dass der
Teufel etwas thun kann, das natürlicher Weise nicht kann geschehen. Siehet
Jemand diese Folge nicht, ich will's ihm alsofort sehen lassen. Alles, was
er denken könnte, das da ist, das muss entweder der Schöpfer selbst, oder
sein Geschöpfe sein. Was ist der Teufel nun? Ein verdorben Geschöpfe,
werdet ihr sagen müssen, diesemnach ein Theil und ein verdorben Theil der
erschaffenen Natur. Wie kann nun das, was ein Theil der Natur ist, über die
Natur sein? Wer ist über die Natur, denn Gott allein? Derhalben schliesse
ich alsofort schnurgerade wider die gemeine Meinung: Sobald als man mir
sagt, dass etwas über die Natur geschehen sei, so hat es denn der Teufel
nicht gethan; es ist Gottes eigen Werk. Ein Anderer sagt: Es ist doch kein
natürlich Werk; derhalben muss es Zauberei sein, -- und ein ungewaschener
Mund: Da spielet der Teufel mit; -- aber ich: So es kein natürlich Werk
ist, so ist es gewisslich auch keine Zauberei; denn =ist= Zauberei, die
muss, obschon betrüglich, dennoch ganz und gar natürlich sein, gleichwie
ich hoffe, in dem dritten Buch den Leser sehen zu lassen.[235]

»Dieses alles muss von beiden Enden in dem Mittelpunkt zusammenkommen, dass
der christliche Glaube mit der gemeinen Meinung, dawider ich hier
gestritten habe, nicht bestehen kann. Damit aber will ich dennoch nicht
sagen, dass die christliche Lehre bei denen, die in diesem irren, bis auf
den heutigen Tag nicht, oder nicht genug befestigt sei. Das Gegentheil
fasset den Zweck, dahin ich ziele; denn damit will ich die Wichtigkeit
dieser Streitigkeit zu erkennen geben, nämlich dass die festen Gründe des
Christenthums und zuvörderst in der protestantischen Kirche unvermerkt
durch diese Meinung unterminirt, und, so man sie von dieser Seite
angreifet, nicht zu erhalten ist. Also dass wir wohl an der einen Seite
bauen, aber dagegen von einer andern unüberwindliche Werke vor dem Feind
aufwerfen, aus welchen das ganze Gebäu muss zerstört werden, wo man nicht
Vorsehung thut. Ich rede vom Grund meines Herzens: Ein Atheist bedarf keine
anderen Waffen, denn diese Meinung, davon ich in diesem Buche rede, um das
ganze Christenthum bis auf den Grund niederzureissen, und welches wir ihm
selbst in die Hände geben, wenn wir von dem Teufel reden, wie man davon
redet. Dass man solches nicht gemerket hat, kommt meines Erachtens daher,
dass wir schlechthin die Lehre von dem Gottesdienst mit den Grundreden,
womit dieselbige bewiesen wird, annehmen, ohne sie zu untersuchen, wo die
Kraft des Beweises liegt«[236].

Im dritten Buche führt Bekker den Satz von der Unkörperlichkeit und
Machtlosigkeit des Teufels in seiner Anwendung auf die Zauberei und die
Besitzungen weiter aus. Es wird gezeigt, dass die Schrift keinen Bund mit
dem Teufel und eine daraus hervorgehende Zauberei kenne, dass vielmehr
Vernunft und Christenthum solchen gemeinschädlichen Irrthum verdamme; dass
die im mosaischen Gesetze bezeichneten Zauberer nicht übermenschliches
Wissen und Vermögen besitzen und nicht als Teufelsverbündete vertilgt
werden sollen, sondern als Betrüger, Götzendiener und Verführer des Volkes.
»Der Bund der Zauberer und der Zauberinnen mit dem Teufel ist nur ein
Gedichte, das in Gottes Wort nicht im Allergeringsten bekannt ist, ja
streitig wider Gottes Bund und Wort, allerdings unmöglich, das
allerungereimteste Geschwätz, das jemals von den heidnischen Poeten ist
erdacht worden, und dennoch von vielen vornehmen Lehrern in der
protestantischen Kirche vertheidigt, wo nur nicht auch zum Theil erdacht.
Denn ich finde schier keine Papisten, die von dem Teufel und den Zauberern
mehr Wunder schreiben, als Danaeus, Zanchius und ihres Gleichen thun.
Woraus man sehen mag den kläglichen Zustand der Kirche, in welcher ein so
hässliches, ungestaltes Ungeheuer von Meinungen nicht allein gelitten,
sondern auch geheget und unterhalten wird«[237].

Die einzelnen Arten des sich hieran knüpfenden Aberglaubens hat Bekker mit
einer Schärfe gegeisselt und ihre verderblichen Einwirkungen auf Religion,
Moral, Wissenschaft und Rechtspflege so dringend hervorgehoben, dass die
Intelligenz wie der Charakter des Mannes in gleich erfreulichem Lichte
erscheint. Derselbe Scharfblick bewährt sich auch im vierten Buche, wo
Bekker mehrere berühmte Zauber- und Spukgeschichten der nächsten
Vergangenheit einer Analyse unterwirft. Wir ziehen noch folgende Worte aus
dem Schlusse des Werkes an:

»Es ist demnach wohl zu sehen, dass frei viel Werks zu thun ist, da so viel
noch unterm Haufen liegt, die protestantische Christenheit zu reinigen und
nach der reinen Satzung des Wortes Gottes und den ersten Gründen der
erneuerten Kirchenbekenntniss zu säubern. Ich will die Ursache davon sagen,
warum diess billig sollte gethan werden, und welche hierzu am meisten
verpflichtet sind und das meiste Vermögen dazu haben. Solches zu thun
sollte allein genug sein, dass wir des Teufels Werk, oder vielmehr den
Glauben daran, nicht vonnöthen haben; denn wie reimt sich's jetzt, zu
glauben, und dennoch so stark zu treiben, dass der Glaube von der Seligkeit
keinen Nutz davon zieht, noch die Seligkeit die geringste Rechnung dabei
findet? Es wird aber noch stärker binden, wenn wir sehen, dass unser Glaube
und Gottseligkeit dabei Beschwerung leiden und denselbigen höchlichst zu
kurz geschieht. -- Dass wir die Meinung von der Zauberei, und was derselben
anklebet, gar wohl entbehren können, erscheint klärlich aus unserer eigenen
Erfahrung, weil sie nirgends mehr gefunden wird, als da man sie zu sein
glaubt. Glaubt sie denn nicht mehr, so wird sie nicht mehr sein. In dem
Papstthum hat man täglich Beschwörungen zu thun, hier nimmermehr. So viel
Besessene sind denn allda mehr, als hier. Denn sehet, sie sind selbst
nöthig, den Geistlichen Materie zu Miraculn zu geben und zu zeigen, welche
Kraft ihr okus bokus auf den Teufel habe; davon rauchet ihr Schornstein.
Bei uns erkennt man nicht leichtlich Jemand bezaubert, so da kein
Handgucker oder Wahrsager, noch sogenannte Teufelsjäger sein, gleichwie
der alte Claes und solch Volk. Alle, die allda kommen, sind
bezaubert, -- -- -- kommen aber dieselben zu Doctoren, die wissen von
keiner Zauberei. -- Also siehet man auch, dass bei uns (in Holland), da bei
keinem Richter mehr auf Zauberei Untersuchung gethan wird, auch Niemand
leichtlich der Zauberei halber wird beschuldigt. Man sieht hier niemals
weder Pferd, noch Kuh, noch Kalb, noch Schaf, in dem Stall, oder auf der
Weide, die von einem Wehrwolf todtgebissen sind. So das Gras oder Korn
nicht wohl stehet, gibt man niemals den Zauberern dessen Schuld. -- -- Aber
anderswo, da das Hexenbrennen Statt hat, wird kein Unglück sich begeben
haben, das man nicht der Zauberei zuschreibet. -- Man siehet nun klärlich,
dass ganz keine Zauberei sein würde, so man nicht glaubte, dass sie sei.
Derhalben ist es keine Atheisterei, dieselbe zu leugnen, weil Gott nicht
angehet, dass man von dem Teufel etwas leugnet. So es Atheisten sind, die
solche Teufelsdinge leugnen, so sind es die Heiden und nächst ihnen die
Papisten am wenigsten; am meisten aber dagegen die zum reinsten reformirt
sind und am wenigsten von der Zauberei wissen. So es unsern Glauben und
Gottesdienst hindert, wenn man keine Zauberei glaubet, und ist das Glauben
der Zauberei Gottesfurcht: warum denn länger hier verzogen? warum kehren
wir nicht mit dem Ersten zum Papstthum zurück? Allda spüket es täglich aus
der Hölle und dem Fegfeuer, ja selbst erscheinen allda wohl die Seelen aus
dem Himmel von Jesu und Maria, von den Aposteln und den Märtyrern. Wenn es
hier einmal spüket, so muss es allemal der Teufel thun, wie in dem ersten
Buche gezeigt ist, dass in solchen Zeiten und bei solchen Lehrern am
meisten von Zauberei, Besessenheit, Erscheinungen und Beschwörungen der
Geister die Rede ist, allda sie meist von dem heidnischen Aberglauben Statt
und Raum behalten hatte; also siehet man heute, dass, wo am meisten von dem
Papstthum übrig ist, da redet man auch am meisten von der Zauberei. -- Also
kann man denn die Wahrheit des christlichen Glaubens vertheidigen und
dennoch so viel weiter von dem Glauben der Zauberei ab sein, so kann man
Gott und Christum näher kennen, wenn man weniger von dem Teufel meint zu
wissen ausser dem, was uns die Schrift davon lehrt. Das nur zu wissen, ist
genug zu wissen, und alles, was darüber ist, ist nur Thorheit. Es sagen
fürnehme Gottesgelehrte selber, dass wir den ganzen Teufel sollten
entbehren können und nichts desto weniger vollkömmlich zur Seligkeit wohl
unterwiesen sein, so die Schrift uns nicht lehrete, dass so ein Teufel mit
seinen Engeln sei.«

Die durch Bekker's Werk veranlasste Bewegung war ausserordentlich. In zwei
Monaten waren viertausend Exemplare desselben verkauft, und fast in allen
Sprachen Europa's erschienen gute und schlechte Uebersetzungen. Aber die
Welt theilte sich zwischen Beifall und Hass. Ueber die Entbehrlichkeit des
Teufels dachte der grössere Theil der damaligen Theologen anders, als der
ehrliche Bekker. Eine Fluth von Streitschriften ward gegen ihn losgelassen;
Bayle behauptet, dass man dieselben nicht um hundert Gulden würde
anschaffen können. Bald ward ihm Cartesianismus, bald Missverstehung dieser
Philosophie, bald Misshandlung der Bibel durch gezwungene allegorische
Interpretation, bald gar atheistischer Irrthum vorgeworfen. Bald waren alle
Kirchenräthe -- den zu Amsterdam voran, Klassenconvente und Synoden
Hollands mit Bekker beschäftigt. Fast allgemein war die Bestreitung der
hergebrachten Teufelslehre als Leugnung des wahren Glaubens an Gott
angesehen, wesshalb ihn die Synode zu Alkmaar im August 1692 seines Amtes
entsetzte. An vielen Orten wurde ihm auch die Theilnahme an der
Abendmahlsfeier verweigert. Indessen vertrat Bekker seine Ueberzeugung mit
männlichem Muth, bis er am 11. Juli 1698 zu Amsterdam starb.

Hundert Jahre später hat es kaum noch einen namhaften protestantischen
Theologen gegeben, der in dämonologischen Dingen nicht an Bekker's
Resultaten festhielt; Bekker's Bedeutung für den Umschwung der Theologie
des achtzehnten Jahrhunderts muss daher dankbar erkannt werden. Zu
derjenigen freieren Kritik der biblischen Schriften selbst sich zu erheben,
welche das Vorhandensein gewisser, aus den Begriffen der Zeit geschöpfter
dämonologischen Vorstellungen in der Bibel anerkennt, ohne daraus eine
bindende Norm für den Glauben herzuleiten, -- diess war freilich erst einem
späteren Zeitalter vorbehalten. Bekker kannte, um seine sich ihm
aufdringende philosophische Ueberzeugung mit der Bibel zu versöhnen, keinen
andern Weg, als den der üblichen Exegese, und daher kommt es, dass diese
nicht überall eine ungezwungene ist.

Auch =Peter Bayle= muss unter den Bekämpfern des Aberglaubens genannt
werden. Schon in seinen Gedanken über die Kometen (1682) hatte er einige
hierher gehörige Fragen abgehandelt, und mehrere Kapitel in der Réponse aux
questions d'un provincial (1703) sind demselben Gegenstande gewidmet. Der
Hexenglaube war damals in Frankreich noch sehr mächtig. Mit gewohnter
Klarheit weiss Bayle zu entwickeln, wie z. B. den sogenannten
Besessenheiten entweder absichtlicher Betrug, oder Krankheit der Seele zu
Grunde liegt, oder wie die =Furcht= vor dem Nestelknüpfen (nouer
l'aiguillette) an dem abergläubischen Menschen wirklich diejenigen
Erscheinungen hervorbringen kann, welche man dem =Zauber selbst=
zuschreibt, und wie diese Erscheinung aufhört, sobald der Leidende zu dem
Glauben kommt, dass der Zauber gehoben sei.

Um so mehr setzen Bayle's Ansichten über die Strafwürdigkeit der Zauberei
in Verwunderung[238]. Ist es schon sonderbar, dass dieser Philosoph den
=wirklichen= Zauberern, wenn er gleich von deren Existenz nur hypothetisch
redet, die Todesstrafe zuerkennt, so fällt es noch mehr auf, wie er gleiche
Strafe begehrt für die =eingebildeten= Zauberer (sorciers imaginaires),
d. h. für diejenigen, welche zwar keinen Vertrag mit dem Teufel wirklich
gemacht haben, aber doch diess gethan zu haben, den Sabbath zu besuchen
und der Teufelsgesellschaft anzugehören =sich einbilden=. Bayle will in
ihnen den bösen Willen bestraft haben, vertheidigt in dieser Beziehung die
Hexenrichter gegen die Vorwürfe von Loos und Bekker und findet sogar von
Gaufridy's Verurtheilung ganz in der Ordnung. Er war in einem grossen
Irrthum befangen, indem er in den abgefolterten Bekenntnissen der
Angeklagten eine subjektive Wahrheit voraussetzte.

Uebrigens unterscheidet Bayle zwischen den beiden Fragen: ob die Zauberer
Strafe =verdienen=? und ob die Obrigkeit dieselben peinlich strafen
=solle=[239]? Letzteres will er, wie schon =Mallebranche= begehrt hatte,
eingeschränkt sehen, damit nicht der Aberglaube und der Reiz, sich in ein
imaginäres Hexenverhältniss einzulassen, gesteigert werde. So wenig sich
nun auch bei Bayle durch das Ganze ein festes Prinzip hindurchzieht, so ist
doch im Einzelnen viel Treffendes gesagt und insbesondere auch mancher
Missbrauch im Gerichtsverfahren angemessen gerügt. Was Deutschland
anbelangt, so begrüsste Bayle freudig die ersten wirksamen Lichtstrahlen,
welche damals von Halle aus sich durchzuarbeiten anfingen, und meinte, dass
für dasselbe im Punkte des Hexenglaubens eine Congregation de propaganda
incredulitate in hohem Grade vonnöthen sei.


FUSSNOTEN:

[213] _Hauber_, Bibl. mag. Th. III. S. 250.

[214] _Balth. Bekker_, bezauberte Welt, Buch IV. Cap. 30.

[215] _v. Wächter_, S. 301-02.

[216] Das Parlament suchte in seiner Remonstration dem König aus
theologischen und juristischen Gründen die Wirklichkeit der Hexerei und die
Nothwendigkeit der Todesstrafe zu beweisen. _Garinet_ p. 248 und 337.

[217] Louis, par la grâce de Dieu etc. -- -- -- savoir faisons,
que -- -- -- nous avons dit, déclaré, ordonné, disons, déclarons et
ordonnons par ces présentes, signées de notre main, ce qui s'ensuit: I. Que
toutes personnes se mêlant de deviner et se disant devins ou devineresses;
vuideront incessamment le royaume, après la publication de notre présente
déclaration, à peine de punition corporelle. II. Défendons toute pratique
superstitieuse de fait, par écrits ou par paroles, soit en abusant des
termes de l'écriture sainte, ou des prières de l'église; soit en disant ou
faisant des choses qui n'ont aucun rapport aux causes naturelles; voulons,
que ceux qui se trouveront les avoir enseignées, ensemble ceux qui les
auront mises en usage et qui s'en sont servis pour quelque fin que ce
puisse être, soient punis exemplairement et suivant l'exigence de cas.
III. Et s'il se trouveroit à l'avenir des personnes assez méchantes, pour
ajouter et joindre à la superstition l'impiété et le sacrilége, sous
prétexte d'opération de prétendue magie ou autre prétexte de pareille
qualité, nous voulons, que celles qui s'en trouveront convaincues, soient
_punies de mort_. Etc. -- Man kennt ein Urtheil des pariser Parlaments vom
18. Dez. 1691, worin mehrere Schäfer, welche beschuldigt waren, Viehsterben
herbeigeführt zu haben, bezeichnet sind als »convaincus de superstitions,
d'impiétés, sacriléges, profanations, empoisonnements et maléfices.« -- _Le
Brun_ I. p. 316.

[218] _Walter Scott_, Br. üb. Dämonologie, Th. II. S. 110.

[219] _Hauber_, Bibl. mag. St. XVII.

[220] Der letzte gerichtliche Fall in den vereinigten Niederlanden soll
nach _Scheltema_ (S. 262) im Jahr 1610 vorgekommen sein. Dass indessen
diese Angabe unrichtig ist, ist aus _Scheltema_ S. 238-239 selbst zu
ersehen.

[221] Der Titel der Schrift lautet: Het afgerukt momaangezicht der
Tooverye, daarin het bedrogh der gewaande toovery naakt ontdekt en met
gezonde redenen en exempelen dezer eeuwe aangewezen wordt. S. _Scheltema_,
S. 281 ff.

[222] _Bayle_, (Pensées diverses, §. 241) nennt ihn: l'homme de France, qui
avait le plus de lecture.

[223] Apologie pour tous les grands hommes qui ont été accusés de magie.
Paris 1669.

[224] Vgl. über ihn _Hauber_, Bibl. mag. B. II. S. 682 ff.

[225] Das Buch erschien unter dem Titel =The vanity of dogmatizing= zu
London 1661 und 1662. Mit Zusätzen vermehrt gab es der Verf. 1665 unter dem
Titel heraus: =Scepsis scientifica= or Confest ignorance the way to
science. Ein genaues Referat über den Inhalt des Buches s. in _Hallam's_
Hist. of Liter. V. III. S. 358-362.

[226] Some philosophical considerations touching the being of witches and
witchcraft. 1666.

[227] Die Schrift erschien nämlich unter dem Titel: =Blow at modern
Sadducism on Witches and Witchcraft= etc. 1666 (1667. 1688).

[228] =Display of supposed witchcraft=. 1673. -- Aus dem Englischen
übersetzt, mit einer Vorrede von Thomasius, Halle 1719.

[229] =Sadducismus triumphans= or a full and plain evidence concern.
Witches etc. by Dr. _Henry More_, 1681. -- Näheres über den Inhalt der
Schrift s. bei _Hartpole Lecky_, S. 89 ff.

[230] Das erste Buch der Schrift erschien unter dem Titel: =De betoverde
Wereld=, synde een groudig onderzoek van't gemeene, gevoelen, aangaande de
Geesten, derzelver aart, vermogen, bewind en bdrijf alsook hetgeen de
Menschen door derzelver kragt of gemeenschap doen, 1. boek Leeuw. 1691,
8^o. Die drei nachfolgenden Bücher erschienen bis 1693. Letzter Abdruck:
Deventer, 1739 in 4^o. In deutscher Uebersetzung wurde das Werk schon 1693
zu Leipzig verbreitet, ausserdem erschien es auch in französischer,
italienischer und spanischer Uebersetzung. -- Das Buch war ohne die
vorschriftsmässige kirchliche Censur erschienen, da _Bekker_ als Doctor der
Theologie an dieselbe nicht gebunden zu sein glaubte. Vgl. über Bekker die
Schriften: B. Bekker in Franeker, Gron. 1848; B. Bekker in Amsterdam, Gron.
1850; _v. d. Aa_, Biographisch Woordenboek, T. II. S. 88, und ausserdem die
interessanten Mittheilungen _Nippold's_ (S. 83-86) über die ganze
Literatur, welche durch Bekker's Auftreten veranlasst ist, und sich auf
dasselbe bezieht.

[231] Sein Vater, Prediger zu Metslawier in Friesland, war von deutscher
Abkunft. Bekker war in seiner Jugend öfters bei seinen Verwandten in
Bielefeld zu Besuch gewesen und hatte daselbst die Hexenverfolgungen in der
Nähe gesehen. _Scheltema_, S. 286.

[232] Vor dem Vorwurfe des Manichäismus schützte man sich indessen, wenn
man den Teufel auch das Ungemessenste wirken liess, durch die Clausel »mit
Gottes Zulassung.«

[233] Bez. Welt, Buch II. Cap. 32. §. 8. 9. 10.

[234] Ebendas. Cap. 34. §. 4.

[235] Buch II. Cap. 34, §. 17.

[236] Buch II. Cap. 35. §. 1.

[237] Buch III. Cap. 19. §. 1.

[238] Réponse aux questions d'un provincial, Chap. 35.

[239] Réponse, Chap. 39.



  FÜNFUNDZWANZIGSTES KAPITEL.

  Christian Thomasius.


Der letzte entscheidende Schriftenkampf war einem Manne vorbehalten, der
mit einem durchdringenden Verstande und einer nicht sowohl in die Tiefe des
Geistes, als aufs Praktische gehenden philosophischen Bildung ein für alles
Gute offenes Herz und einen unerschütterlichen Muth verband. =Christian
Thomasius=[240], 1655 in Leipzig geboren, ist in mannichfacher Beziehung
ein Reformator seiner Zeit geworden; hätte er aber auch nur das =eine=
Verdienst, wesentlich dazu mitgewirkt zu haben, dass, wie Friedrich II.
sagte, die Weiber fortan in Sicherheit alt werden und sterben könnten[241],
so würde schon darum sein Name unsterblich sein. Freilich stand er hierbei
auf den Schultern seiner Vorgänger und wirkte auf einem Boden, der schon
für die bessere Saat empfänglich war; aber wie stark der zu bekämpfende
Feind noch immer war, erhellt am deutlichsten aus dem eigenen Leben des
Mannes. Schon hatte Thomasius die Cartesianische Philosophie studirt, schon
eigene philosophische Vorträge gehalten, schon bei verschiedenen Händeln
die Partei des Fortschrittes verfochten, und noch immer war er an der
Rechtmässigkeit des Hexenprozesses so wenig irre geworden, dass er einst
als Referent in der Juristenfakultät auf die Torquirung einer Angeklagten
antrug. Es ward ihm die Beschämung, von seinen Collegen, die in diesem
konkreten Falle anders dachten, überstimmt zu werden, und diess gab ihm den
ersten Anstoss zu tieferer Prüfung des ganzen Gegenstandes und zur offenen
Bestreitung desselben, sobald die bessere Ueberzeugung gewonnen war. Hören
wir seinen eigenen Bericht über diese Sinnesänderung:

»Dieser gegenwärtige Casus, -- schreibt er über den zweiundzwanzigsten
seiner juristischen Händel, -- wurde auch Anno 1694 in unsere Fakultät
geschickt im Monat September, und war ich damals mit der gemeinen Meinung
von dem Hexenwesen so eingenommen, dass ich dafür geschworen hätte, die in
des Carpzovii Praxi criminali befindlichen Aussagen der armen gemarterten,
oder mit der Marter doch bedroheten Hexen bewiesen den mit den armen Leuten
pacta machenden und mit den Menschen buhlenden, auch mit den Hexen Elben
zeugenden und sie durch die Luft auf den Blockersberg führenden Teufel
überflüssig, und könnte kein vernünftiger Mensch an der Wahrheit dieses
Vorgebens zweifeln. Warum? Ich hatte es so gehöret und gelesen und der
Sache nicht ferner nachgedacht, auch keine grosse Gelegenheit gehabt, der
Sache weiter nachzudenken. Dieses waren die ersten Hexenakten, die mir
Zeitlebens waren unter die Hände gekommen, und also excerpirte ich
dieselben mit desto grösserem Fleiss und Attention.«

Es folgt hierauf ein Aktenauszug aus dem Prozesse einer in der ganz
gewöhnlichen, nichtssagenden Weise indizirten Angeklagten aus Cöslin; dann
fährt Thomasius fort:

»Nachdem ich den bisher erzählten Extrakt ex actis ad referendum
verfertigt, bemühte ich mich zu Ueberlegung und Abfassung meines voti, des
Carpzovii criminalia, ingleichen den Malleum maleficarum, Torreblancam,
Bodinum, Delrio, und was ich für Autores de magia mehr in meiner wenigen
Bibliothek antraf, zu consuliren, und da fiel nun freilich nach dieser
Männer ihren Lehren der Ausschlag dahin, dass die Inquisitin, wo nicht mit
der Schärfe, doch zum wenigsten mit mässiger Pein wegen der beschuldigten
Hexerei anzugreifen wäre. Und dachte ich dannenhero mit diesem meinem voto
in der Fakultät Ehre einzulegen. Aber meine Herren Collegen waren ganz
anderer Meinung, und musste ich dannenhero das Conclusum Facultatis auf
folgende Art entwerfen:

»Dass wider Barbaren Labarentzin in Ermangelung anderer Indizien ferner
nichts vorzunehmen, sondern sie ist nunmehro nach geleisteten Urpheden der
gefänglichen Haft zu erlassen, jedoch seynd diese Acta wohl zu verwahren,
und ist auf ihr Leben und Wandel fleissig Acht zu geben. Sie ist auch die
auf diesen Prozess ergangenen Unkosten nach vorhergegangener Liquidation
und richterlicher Ermässigung zu erstatten schuldig. V. R. W.

»Nun verdrosse es mich aber nicht wenig, dass bei diesem ersten mir unter
die Hände gerathenen Hexenprozess mein votum nicht hatte wollen attendiret
werden; aber dieser Verdruss war nicht sowohl gegen den damaligen Herrn
Ordinarium und meine übrigen Herren Collegen, als wider mich selbst
gerichtet. Denn da ich allbereit in der Ausarbeitung meiner deutschen Logik
gelehret hatte, dass ein weiser Mann die beiden Haupt-Praejudicia
menschlicher Auctorität und der Uebereilung meiden müsste, verdross es mich
auf mich selbst, dass mein votum auf nichts als die Auctorität obiger, und
zwar offenbar grösstentheils parteiischer, unvernünftiger Männer und auf
deren übereilte und unzulängliche rationes sich gründete, fürnehmlich
darauf, dass die justifizirte Hexe es der Inquisitin in die Augen gesagt,
dass sie von ihr hexen lernen und umgetauft worden, auch bei ihrer Aussage
bis in ihren Tod beständig verharret wäre. Ja, es verdross mich noch mehr
auf mich, dass ich, sobald ich die rationes contrarias meiner Herren
Collegen nur hörte, alsbald von deren Wichtigkeit convinciret wurde und
nichts darauf antworten konnte.«

Versetzen wir uns um sieben Jahre von dieser beschämenden Lektion weiter,
so erblicken wir den bekehrten =Thomasius= in vollem Kampfe mit den
Hexenverfolgern. Er hatte mittlerweile =Weier=, die =Cautio criminalis van
Dale= und =Balthasar Bekker= kennen gelernt, war darüber erstaunt, dass
solche Intelligenzen keinen besseren Erfolg errungen hatten, und gesellte
sich ihnen mit raschem Entschlusse als Bundesgenossen zu. Die »kurzen
Lehrsätze vom Laster der Zauberei«, durch deren Vertheidigung 1701 =Johann
Reiche= unter Thomasius' Präsidium die juristische Lizentiatenwürde
erlangte, sind eigentlich von Thomasius selbst verfasst und in der Folge
auch unter dessen eigenem Namen erschienen[242].

Thomasius wählte sich einen anderen Punkt des Angriffs, als seine
Vorgänger. Unter diesen hatte Weier die =Zauberei= zugegeben, aber die
=Hexerei= und das Teufelsbündniss, auf welches sich diese gründen soll,
geleugnet; Spee hatte die =Möglichkeit= der Hexerei eingeräumt, aber durch
seine prozessualischen Beschränkungen einen Weg abzumarken gesucht, auf
welchem man in den einzelnen Fällen niemals zur Ueberzeugung von der
=Wirklichkeit= derselben käme; Bekker hatte, wo nicht den Teufel selbst,
doch dessen Macht und Einfluss auf den Menschen in Frage gestellt. Weier
beging den Fehler der Inconsequenz, Spee's Buch litt an Prinziplosigkeit,
und Bekker kam mit seinem Prinzip zu frühe, um eine vollständige Wirkung zu
machen. Zwar ist es, wie Thomasius bemerkt, vollkommen wahr, dass das
Bekker'sche Prinzip bei den Anhängern der damals nicht wenig verbreiteten
Corpuscular- und mechanischen Philosophie vernünftiger Weise keinen
Anstoss erregen durfte; aber eben so gewiss ist die Thatsache, dass die
Orthodoxen den ehrlichen Becker und seine Anhänger, die eigentlich nur
=Adämonisten= waren, zu =Atheisten= machten und hiermit die Einwirkung
seiner Lehre auf die Abstellung des Hexenprozesses wesentlich lähmten.

Thomasius schlug einen Mittelweg ein. Er begriff, dass die Theologen den
Teufel nicht fallen lassen würden, ja er selbst glaubte an denselben,
schränkte aber die landläufigen Vorstellungen von dessen Wesen und
Wirksamkeit ein und wusste die Unhaltbarkeit der gangbaren Hexentheorien
vom Standpunkte der historischen Kritik einleuchtend zu machen. »Ich aber,
-- sagt er, -- der ich der uralten Geisterphilosophie (philosophiae
spirituali) ergeben bin, glaube nicht allein, sondern verstehe auch
einigermassen, dass der Teufel der Herr der Finsterniss und der Fürst der
Luft, d. i. ein geistliches (geistiges) oder unsichtbares Wesen sei,
welches auf eine geistliche oder unsichtbare Weise vermittelst der Luft
oder auch wässeriger und irdener Körperchen in den gottlosen Menschen seine
Wirkung hat.« (§. 7)[243]. »Ich leugne aber hinwiederum, dass Hexen und
Zauberer gewisse Verträge mit dem Teufel aufrichten sollten, und bin
vielmehr versichert, dass alles, was diessfalls geglaubet wird, nichts
anders als eine Fabel sei, so aus dem Juden-, Heiden- und Papstthum
zusammengelesen, durch höchst unbillige Hexenprozesse aber, die sogar bei
den Protestirenden eine Zeithero gebräuchlich gewesen, bestätigt worden.«
Hierauf werden die von Juristen und Theologen für die Existenz der Zauberei
vorgebrachten Gründe durchgemustert und ins Absurde geführt. Für jene muss
=Carpzov=, für diese =Spizelius= herhalten. Es wird nachgewiesen, wie die
Bibel und das römische Recht zwar Wahrsager, Sterndeuter, Giftmischer,
Gaukler, Götzendiener u. dergl. kennen und mit Strafen bedrohen, keineswegs
aber solche Verbrechen, die unter den Begriff der auf dem Teufelspaktum
beruhenden Zauberei oder Hexerei fallen. Die jüdisch-römischen
Strafbestimmungen habe man später auf die Hexerei angewendet, ohne für die
Wirklichkeit der letzteren und ihre Congruenz mit den dort bedroheten
Vergehen irgend einen haltbaren Grund beizubringen. Merkwürdig ist die
Schärfe, womit der blinde Auctoritätsglaube der Juristen gerügt wird.
»=Carpzovius= hätte sich schämen sollen, dass er in einer Sache, worauf das
Hauptwerk der ganzen Frage beruht, nichts anders vorbringt, als die
Zeugnisse der päpstlichen Scribenten (Bodinus, Remigius, Chirlandus u. a.),
die ihre Bücher theils mit alten Weiber-und Mönchsfratzen, theils mit
melancholischer Leute, theils mit ausgefolterten und ausgemarterten
Aussagungen anzufüllen pflegen, dadurch freilich die Leute alles dasjenige,
warum sie gefragt werden, gestehen müssen. Gewiss, hätten bisher unsere
Rechtsgelehrten Andere, und vornehmlich die Päpstler, nicht ohne Verstand
abgeschrieben, sondern ein jeder sowohl die natürlichen, als moralischen
Sachen, wovon die Gesetze disponiren, nach ihrer Natur und Beschaffenheit
fein nach seiner eigenen Vernunft untersucht, so würde unsere Jurisprudenz
auch vorlängst für eine Disziplin von den Gelehrten sein gehalten worden,
die auch zu der wahren Gelehrsamkeit gehöre. Da aber bis dato noch immer
einer den andern ohne Nachsinnen ausschreibet und sich noch darzu
einbildet, Wunder was er gefunden, wenn er diesen oder jenen casum, diese
oder jene Frage in terminis terminantibus angetroffen hat, so darf man es
denen Gelehrten nicht verargen, wenn sie bei Nennung eines Juristen sich
von demselben in terminis terminantibus keinen andern Concept machen, als
von einem Zungendrescher und Legulejo.« (§. 21.) =Spizelius=[244] aber, der
das Leugnen der Hexerei für Ketzerei und Atheismus erklärte und sich auf
Thomas Aquinas, Bonaventura und Torquemada berufen hatte, wird in folgender
Weise abgefertigt: »Wenn Thomas de Aquino, Bonaventura und Johannes de
Turrecremata noch am Leben wären, würden sie sich nicht auch der
lutherischen Lehre widersetzen? Vermuthlich aber würde Spizelius sich durch
derselben graues Ansehen nicht bewegen lassen, dass er ihnen Glauben
zustellte. Hierbei sehe ich auch nicht, wie die Meinung derjenigen, die das
Laster der Zauberei nicht für wahr halten, den Weg zur Atheisterei bahnen
solle. Vielmehr halte ich dafür, dass diejenigen Geistlichen und Prediger,
die anstatt der seligmachenden Lehre auf der Kanzel und in ihren Schriften
lauter alte Weiber-Lehren und abergläubische Mährlein erzählen, schuldig
sind, dass viele Leute, die noch ein wenig Verstand und etwas von ihren
fünf Sinnen übrig haben und sich gerne von dem Schandfleck des Aberglaubens
reinigen wollen, endlich in die äusserste Gefahr der Atheisterei
verfallen.« (§. 26.)

In dem Folgenden weist Thomasius nach, wie man im Christenthum dazu
gekommen sei, den Teufel, der doch niemals einen Leib angenommen habe und
einen solchen überhaupt nicht annehmen könne, sich in Körpergestalt und
körperlichen Funktionen vorzustellen. Die Kirchenväter, grossentheils dem
platonischen oder dem stoischen Systeme zugethan, hätten aus diesen und dem
Pharisäismus ihre dämonologischen Vorstellungen gezogen und dieselben in
die Bibel hineingetragen. So hätten sie die verführende Schlange im
Paradiese, die Verbindung der Kinder Gottes mit den Töchtern der Menschen,
den Fall des Luzifer, die Versuchungsgeschichte Jesu und Anderes auf ihren
persönlichen und körperlichen Teufel gedeutet; die Scholastiker, obgleich
Aristoteliker, hätten diess weiter ausgebildet, und so sei der Wahn von
Teufelspakten, Incuben und Succuben verbreitet worden und habe sich,
begünstigt vom Klerus, am Ende den Schein zu geben gewusst, als sei er
direkt aus der biblischen Lehre hervorgegangen. Weil nun aber die Juristen
unter theologischen Einflüssen aufgewachsen, so hätten sie auch in dem
justinianeischen Rechte, obgleich dasselbe von einem Teufelsbunde nichts
wisse, die Zaubervorstellungen ihrer Zeit wiederzufinden geglaubt:
Melanchthon's Einfluss auf die Wiederherstellung des Scholastizismus, das
Beispiel Augusts von Sachsen, der eine geschärfte Bestimmung in seinen
Strafcodex aufnahm, und die blinde Nachbeterei der Rechtslehrer hätten das
Uebel auch unter den Protestanten verbreitet. Uebrigens erkennt der
Verfasser an, dass die Hexenverfolgungen bereits abgenommen haben und auf
den Universitäten durch den Einfluss der Cartesianischen Philosophie, die
jedoch in der Lehre von den Geistern allzusehr in das andere Extrem
gefallen, eine dankenswerthe Verminderung des Aberglaubens herbeigeführt
sei, welche zu den besten Hoffnungen berechtige. Eine scharfsinnige Kritik
der in der Carolina angeführten Indizien der Zauberei schliesst das
Ganze. --

Auch gegen Thomasius brauste der Sturm los. Er hatte die Juristen in
Carpzov, die Theologen in Spizelius beleidigt und dem Teufel, was er ihm
mit der einen Hand gegeben, mit der andern wieder genommen. Schon das
hallische Weihnachtsprogramm von 1701, von =Buddeus= herausgegeben, suchte
die beiden Sätze zu schützen, dass Jesus vom Satan in leiblicher Gestalt
versucht worden, und dass die verführende Schlange im Paradiese der Teufel
gewesen sei. =Thomasius= wird zwar in dieser Schrift nicht genannt, auch
bezeigten nur Wenige Lust, in offenen Streitschriften seine Lehrsätze
direkt anzugreifen; desto häufiger aber waren die gelegentlichen Ausfälle
und die verketzernden Deklamationen.

»Als der berühmte Herr Thomasius, -- schreibt einer seiner Anhänger im Jahr
1703[245], -- sich dem protestantischen Papstthum und denen Pedanten
eifrigst widersetzet, so hat man ihn für den ärgsten Atheisten, Quaker,
Socinianer, und ich weiss nicht für was, in der ganzen Welt ausgeschrieen;
sogar dass die Meisten noch jetzo seine raisonnablen Lehren für
seelenschädliche Irrthümer auszugeben sich nicht scheuen. Sonderlich hat
die neulich unter ihm gehaltene Disputation wider das Laster der Zauberei
von neuem in das Wespennest gestöret, weil die Antistites regni tenebrarum
wohl gesehen, dass hiemit zugleich viele falsche Einbildungen vom Teufel
als ihrem Knecht Ruprecht vor die Hunde gehen würden. Wie sich aber bisher
Niemand unterfangen, ex professo wider diese Disputation zu schreiben, so
hat doch ein curieuses Membrum nicht nur etlichemal in seinen Unterredungen
von der magia, sondern auch in einer aparten Scharteke seine unparteiischen
Gedanken von des Herrn Thomasii Lehre in puncto der Zauberei ausgefertigt,
darinnen er die Unzulänglichkeit derselben zeigen wollen.«

Dergleichen »curieuse Membra«, deren bald noch mehrere auftraten[246], zu
widerlegen, überliess nun Thomasius hauptsächlich seinen Schülern; er
selbst antwortete nur gelegentlich[247]. Zudem gab =Johann Reiche=, um das
Publikum nach und nach auf den richtigen Standpunkt zu führen, seine
»=Unterschiedlichen Schriften vom Unfug des Hexenprozesses=« heraus. Man
findet darin unter Anderem einen Abdruck der Cautio criminalis, einen
Malleus judicum, eine Geschichte der Teufel zu Loudun, die Apologie des
Naudäus, einen Bericht über den Priester Gaufridy und verschiedene
Aktenabdrücke von Hexenprozessen, worin Betrügerei und Einfältigkeit die
erste Rolle spielen[248]. Später wurden auch unter Thomasius' Leitung
Uebersetzungen der Schriften von =Webster=[249], =Wagstaff=[250] und
=Hutchinson=[251] besorgt. Thomasius selbst nahm erst 1712 den Gegenstand
wieder auf, indem er unter seinem Präsidium die bekannte Abhandlung über
den Ursprung und Fortgang des Inquisitionsprozesses gegen die Hexen
öffentlich vertheidigen liess[252]. »Es soll hierin gezeigt werden, -- sagt
der Verfasser, -- dass die gemeine Meinung von dem Bunde des Teufels mit
denen Hexen und von desselben fleischlicher Vermischung, wie auch denen
Zusammenkünften derer Hexen etc. gar sehr neu, und der Teufel, welcher nach
dieser gemeinen Meinung ausdrückliche Bündnisse macht, kaum über anderthalb
hundert Jahre alt sei. -- Dass ich aber dieser Abhandlung den Titel von
Ursprung und Fortgang des Inquisitionsprozesses wider die Hexen gegeben,
ist dessfalls geschehen, damit ich unterschiedliche Dinge mit einmal abthun
könnte, das ist: erstlich will ich zeigen, dass die gemeine und öffentliche
Persuasion von obenerwähnten Thaten des Teufels mit denen Hexen nicht vor
dem Inquisitionsprozesse wider die Hexen rezipirt sei; den
Inquisitionsprozess wider die Hexen aber will ich darthun, dass er erst zu
Ende des =fünfzehnten= seculi seinen Anfang genommen habe. Nachmals will
ich beweisen, dass diese öffentliche Persuasion von denen Sachen, die der
Teufel mit den Hexen thun könne, noch viel neuer als der
Inquisitionsprozess wider die Hexen sei und erstlich wo nicht zu Ende,
dennoch nach der Mitte des sechszehnten seculi von denen Inquisitoribus
wider die zauberischen Laster vertheidiget und fortgepflanzet worden.«
(§. 1 u. 2.)

Obgleich in den obigen Sätzen, wie in dem weiteren Verlaufe der Abhandlung,
mancherlei Irrthümer enthalten sind und demgemäss auch die versprochene
Beweisführung nur ungenügend ausfallen konnte, so führte doch das
Schriftchen den im Ganzen richtigen Gedanken durch, dass der moderne
Hexenprozess sich im Schosse der Inquisition ausgebildet habe, und gab eine
Menge von Einzelheiten, welche die früheren Thesen vom Laster der Zauberei
trefflich erläuterten und stützten[253]. Auch über diese Schrift gab es
noch gelegentliches Murren und Schmähen, aber Niemand wagte mehr eine
förmliche Bestreitung[254].

Um Thomasius in der Würdigung seines Verdienstes nicht zu viel und nicht zu
wenig zu thun, müssen wir ihn in seiner Stellung zu seiner Zeit betrachten.
Als er auftrat, waren die Hexenbrände schon bei weitem seltener, als um die
Mitte des Jahrhunderts, das Tumultuarische des Verfahrens war einem an
festbestimmte Förmlichkeiten gebundenen Prozesse gewichen, eine Menge der
früher als unbezweifelt betrachteten Indizien war in Misskredit gerathen,
und manche der gröbsten Auswüchse des Hexenglaubens selbst, wie die
Leiblichkeit der Blocksbergfahrten, die Lykanthropie u. dergl. fanden unter
den Gebildetern, wie vor Gericht keinen rechten Glauben mehr. Insofern,
schien es, musste der Bekämpfer des Hexenprozesses leichteres Spiel haben.
Aber gerade die Beschränkung und förmlichere Gestaltung desselben war, weil
sie schon an sich als eine Art von Reformation erschien, der
durchgreifenden Abstellung des Ganzen für den Augenblick nicht günstig.
Hatte man doch den Verstand gehabt, gar vieles Unsinnige bei Seite zu
werfen; warum hätte man nicht von der Vernunftmässigkeit des Beibehaltenen
überzeugt sein sollen? Urtheile aus jener Zeit, z. B. Responsa der
Juristenfakultät zu Giessen aus dem Jahr 1700, beweisen, wie man förmlich
und gemässigt sein und dabei dennoch Hexen zum Scheiterhaufen verurtheilen
kann[255]. -- So flatterte die Aufklärung ohne Schwerpunkt zwischen Himmel
und Erde.

Hier durfte also nicht mehr gegen Einzelnes geplänkelt, sondern es musste
das Prinzip angegriffen werden. Aber der Kampf der fortschreitenden
Philosophie mit dem Dogmatismus der Juristen, theilweise auch der Theologen
war im Ganzen noch lange nicht seiner Entscheidung nahe. Derjenige
Prinzipienangriff also, der auf dem Boden des Hexenwesens geschah, konnte,
obgleich nur ein einzelner Theil der ganzen Bewegung, nicht von der
Operationsbasis eines bereits anerkannten allgemeinern Prinzips ausgehen,
sondern musste selbstständig sich Bahn brechen. =Bekker= und =Thomasius=
haben dieses versucht: jener mit gründlicher Kritik und Consequenz, eben
darum aber auch mehr zum Entsetzen, als zur augenblicklichen Ueberzeugung
des in der Macht der Auctoritäten befangenen Publikums; dieser dadurch,
dass er an allen wesentlichen Consequenzen des Bekker'schen Prinzips
festhielt, während er in der Aufstellung des Grundsatzes selbst der alten
Dämonologie noch Conzessionen machte. Durch die letzteren fand er sich mit
einem Theile der Theologen ab und milderte die Schroffheit des Uebergangs.
Bekker war ein schärferer Denker als Thomasius, dieser ein gewandterer
Kämpfer; jener bewaffnete das Angriffsheer, dieser wählte die einzelnen
Truppen aus und führte sie an. Bekker stellte sich dem ersten, frischen
Grimme der Altgläubigen bloss und unterlag demselben; Thomasius fand sein
Publikum schon vorbereiteter und wirkte unter einem König, der stolz darauf
war, seine neue Universität Halle im Vordertreffen des grossen Kampfs für
Licht und Recht zu erblicken.

=Bekker= und =Thomasius= waren die Organe des Geistes einer neuen Zeit,
welcher die Völker aus dem blindesten und blutigsten Auctoritätsglauben
aufschreckte. Ihre Stimme musste gehört werden, weil sie die Ergebnisse
einer fortgeschrittenen philosophischen und naturwissenschaftlichen Bildung
mit den Forderungen der Religion und Humanität in Einklang brachten. Aber
die Herrschaft über die Geister wusste der Aberglaube noch immer zu
behaupten.

Im Jahr 1713 kam ein Hexenprozess vor, in welchem die Tübinger
Juristenfakultät ein Gutachten ertheilte. Es ist ein krasser
Inquisitionsprozess mit allen Ingredienzien. Der junge Sohn eines alten
Generals war krank geworden und die Aerzte hatten seinen Zustand für nicht
natürlich erklärt; auch erinnerte sich der General, in seiner Jugend öfters
vom Alp gedrückt worden zu sein. Diess alles schrieb man einer alten, armen
Frau zu, die man auch sofort vor Gericht stellte. Die Akten zeigen, dass
man das alte System noch nicht verlernt hatte. Der Teufelsbund, die
Verschreibung mit Blut, die Unzucht, der Hexentanz, die Schändung der
Hostie, die Beschädigung von Menschen und Thieren -- diess alles findet
sich hier vor. =Michael Grass=, der Verfasser des Responsums, kennt
Thomasius' Schriften und missbilligt sie. Nach dem Spruche der Fakultät
wurde die Inquisitin zum Scheiterhaufen geführt[256].

Es dauerte aber lange, bis die Gedanken eines =Thomasius= bei den
Rechtsgelehrten und in der Gesetzgebung zur Geltung kamen. Der Professor
der Rechte =Augustin v. Leyser= (zu Helmstädt und Wittenberg, [+]1752)
theilt in seinem voluminösen Werk =Meditationes ad Pandectas spec.= 608,
Nr. 19 Folgendes mit: Das Collegium der Helmstädter Rechtsgelehrten hatte
im Monat Februar 1714 einen frechen und des Raubes beinahe überführten,
selbigen aber leugnenden Dieb zur Folter verurtheilt, welcher, auf diese
geworfen, kein Zeichen von Empfindung gab und endlich gar sanft
eingeschlafen war. Der so getäuschte Richter schickte die Akten nach
Helmstädt zurück und fragte an, was ferner zu thun sei. Wir beratheten uns
lange und zweifelten, was für ein Gutachten zu geben sei. Zwar war die
Sache nicht neu, sondern hatte sich oft vorher zugetragen und trägt sich
auch heute hier und da zu. =Schurigius= erzählt in der Spermatologie
Kap. VII. S. 327, dass ein Verbrecher Pillen verschluckt und nachher sogar
in dem sogenannten höchsten Grade der Tortur, obwohl einigemal selbigem
unterworfen, nichts gestanden habe. Auch lasen wir Verschiedenes, was
=Damhouderus=, =Carpzov=, =Brunnemann= u. A. an Mitteln angegeben haben,
und es erschien unter Allem das Abscheeren der Haare über dem ganzen Leibe
als das unschuldigste. Einer zwar von unseren Amtsgenossen war dagegen und
wendete ein, dass ein solches Gutachten, das keineswegs in der gesunden
Vernunft gegründet sei, nach dem Aberwitz alter Weiber schmecke, und der
guten Sitte sowie der Klugheit zuwider sein würde[257]. Die tägliche
Erfahrung lehrt jedoch, dass viele Dinge in Gebrauch sind, deren Ursache
nicht angegeben werden kann, und welche dennoch einen glücklichen Erfolg
haben. Diesem nach antworteten wir, wie folgt: »dass Inquisit zuförderst
durch Abnehmung der Haare und andere zulässige Mittel, =welche die
Scharfrichter angeben= werden (!) zur Empfindlichkeit zu bringen,
nachgehends die Tortur auf die im vorigen Urtheil vorgeschriebene Art an
ihm wieder von Neuem anzufangen und zu vollstrecken sei. Von Rechts Wegen.«

Wir hören hier also die Juristen-Fakultät zu Helmstädt im Jahr 1714 (mit
dem Gutachten der Tübinger Juristen-Fakultät von 1713 ganz übereinstimmend)
sich gutachtlich so aussprechen, dass sie dabei von dem alten Aberglauben
und von den juristischen Vertretern desselben aus früherer Zeit vollständig
abhängig und beherrscht erscheint. Daher kann es nicht allzusehr auffallen,
wenn ein Jahrzehent später der Professor der Rechte =Joh. Gottlieb
Heineccius= zu Halle ([+]1741) in seinen Elementa iuris civilis secundum
ordinum institutionum (Lib. IV. Tit. 18, §. 1358) schlankweg lehrt:
»Zauberer, welche durch Gemurmel und Zauberformeln Schaden angerichtet
haben, werden mit dem Schwerte hingerichtet, diejenigen aber, welche
ausdrücklich ein Bündniss mit dem Teufel eingegangen sind, werden lebendig
verbrannt.« Doch setzt er hinzu: »Der Richter muss aber, wenn in irgend
einer, so gewiss in dieser mit so vielen Irrthümern der Menge verflochtenen
Sache nicht zu leichtgläubig sein«[258]. Derartige Aeusserungen konnte man
aus dem Munde von Auctoritäten der Rechtswissenschaft sogar noch kurz vor
der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts hören, bis es endlich der Direktor
der Universität zu Frankfurt a. O. Jos. Sam. Friedr. =Böhmer= 1758 in
seinen Bemerkungen zu Carpzov's Schriften der Welt verkünden konnte, dass
das Licht der Vernunft obgesiegt habe und der Hexenglaube der Verachtung
preisgegeben sei[259].

Die Stellung der neueren evangelischen Theologie zu Teufels- und
Hexenglauben entschied sich damals in der lebhaften Diskussion, die über
die Dämonischen zur Zeit Christi geführt ward. Noch im achtzehnten
Jahrhundert erschien eine Reihe von Schriften (=Hermann=, de
#daimoniphomenois#, Wittenb. 1738; =Gronau=, de daemoniacis, Bremen 1743;
=Zeibich=, Beweis, dass die Besessenen nicht natürliche Kranke gewesen,
Schleitz, 1776 u. A.), in welchen der Versuch gemacht wurde, die
traditionelle Meinung, dass die Dämonischen wirklich von Teufeln und
Dämonen Besessene gewesen wären, neu zu stützen, bis =Semler= in Halle im
Jahr 1760 mit seiner epochemachenden Abhandlung =De Daemoniacis, quorum in
Nov. Test. fit mentio= hervortrat, der die Dämonischen als physisch
Leidende hinstellte, -- weil eine andere Auffassung derselben gar nicht
möglich sei -- worauf alsbald eine Reihe von Schriftstellern auftrat
(=Gruner=, de daemoniacis, Jena, 1775; =Farmar=, Versuch über die
Dämonischen, Bremen, 1776; =Cäsar=, Bedenken von den Besessenen, München,
1790; =Kirchner=, Dämonologie der Hebräer, Erlangen, 1798 =u. A=.), welche
den Dämonenglauben aus der Theologie der Zeit vollständig verscheuchten.

Die ersten erfreulichen Wirkungen seiner Thätigkeit sah Thomasius im
=preussischen Staate=. Friedrich I. zog schon 1701 einen märkischen
Gerichtsherrn wegen einer Hinrichtung zur Rechenschaft[260] und beschränkte
1706 die Hexenprozesse in Pommern[261].

=Sächsische= Behörden beschäftigten sich noch 1715 mit der Frage, ob der
unter besonderen Umständen erfolgte Tod zweier Bauern, die mit einem
Studenten einen Schatz heben wollten, dem Teufel zuzuschreiben sei oder
nicht. Die Akten wurden zuletzt nach Leipzig geschickt, wo die
theologische, die juristische und die medizinische Fakultät einstimmig
erklärten, dass der Tod auf natürliche Weise erfolgt sei[262].

In =Frankreich= hatte es der einsichtsvolle Oratorianer =Nicole
Malebranche= (1638 [+]1715) seinen Zeitgenossen von den Prinzipien der
Cartesianischen Philosophie aus klar gemacht, dass neben der Allwirksamkeit
Gottes ein teuflisches Hexenwerk gar nicht zu denken sei. Er hatte auch
darauf hingewiesen, dass seitdem einige Parlamente die Hexenverbrennungen
eingestellt, in deren Bezirken die Hexen seltener geworden wären, was ihm
Veranlassung gegeben in der allmählichen und allgemeinen Verbreitung des
Hexenglaubens, namentlich der Lykanthropie, die ansteckende Macht der
Einbildungskraft nachzuweisen. Späterhin fand die Stellung der öffentlichen
Meinung in Frankreich zu den Hexenprozessen in der spöttischen Bemerkung
=Voltaires= Ausdruck, dass, seitdem es in Frankreich Philosophen gebe, die
Hexen zu verschwinden beginnen. Im Jahr 1672 wies daher =Colbert= die
Magistrate an, Klagen auf Zauberei nicht mehr anzunehmen und verwandelte in
einer Anzahl von Fällen die Todesstrafe in Verbannung. Allerdings eiferten
die Klerikalen theilweise noch immer für die Ausrottung des
Teufelswerks[263] und selbst das Parlament zu Rouen stellte in einer an den
König gerichteten Adresse demselben vor, dass die den Unholden gewährte
Schonung gegen Gottes Wort und gegen alle Ueberlieferungen der Kirche
sei[264]. Allein die Verfolgung und Verbrennung der Hexen wurde doch immer
seltener.

=Schweden= -- welches im dreissigjährigen Kriege von Deutschland angesteckt
worden war, -- war bald nach dem Prozesse von Mora zur Besonnenheit
zurückgekehrt und hatte gesetzliche Beschränkungen der Hexenverfolgung
gegeben; die Todesstrafe hob es jedoch erst 1779 ausdrücklich auf, nachdem
sie längst nicht mehr zur Anwendung gekommen war[265].

=Holland= war von dem Hexenwahn längst frei; dass seine Stadtwage zu
Oudewater noch zuweilen gebraucht wurde, geschah nur in Folge einer
wohlthätigen Accommodation, welche den Angeklagten des Auslands zu Gute
kam.

In =England= hatte sich zuerst in den literarischen Arbeiten des Sir
=Thomas Browne= das Aufdämmern einer von dem traditionellen Aberglauben
sich abwendenden Zeit bemerklich gemacht. Derselbe Thomas Browne nämlich,
welcher um 1633 seine Apologie des Aberglaubens unter dem Titel einer
=Religio medici= geschrieben, hatte schon zwölf oder dreizehn Jahre später
eine Schrift über »=gemeine und weitverbreitete Irrthümer=«[266]
veröffentlicht, worin er (wenigstens indirekt) dem Hexenglauben geradezu
allen Boden entzog. Indessen willigte doch Browne selbst noch 1664 in die
Hinrichtung von Hexen ein, und noch im folgenden Jahrzehent erschien in
England das Volksbewusstsein von dem Glauben an Hexerei vollständig
umnachtet. Namentlich war dieses in =Schottland= der Fall. Es gab kein
protestantisches Volk, das in dieser Beziehung der katholischen Nation
Spaniens so ähnlich war als das schottische[267]. Aber rasch machte auch
hier die Aufklärung des folgenden Jahrhunderts der Herrschaft des
Aberglaubens ein Ende. Im Jahr 1690 übergab der gefeierte =Richard Baxter=
die von dem gelehrten und glaubenseifrigen Prediger =Cotton Mather=
([+]1728) verfasste Geschichte der ältesten Hexenprozesse in Massachusetts
dem englischen Publikum mit dem im Vorwort ausgesprochenen Bemerken, »der
Mensch müsse ein sehr verstockter Sadducäer sein, welcher ihr keinen
Glauben schenke«, und im folgenden Jahre 1691 stellte Baxter zur
Rechtfertigung des Glaubens an Zauberei in einer eigenen Schrift über »=die
Gewissheit der Geisterwelt=,« eine grandiose Zahl von Berichten über
entdeckte Zauberer und Hexen zusammen. Von da bis zum Jahre 1718 (wo
=Hutchinson= sein Buch schrieb,) erschienen in England nicht weniger als
fünfundzwanzig Schriften zur Vertheidigung des Hexenglaubens; aber dennoch
war derselbe im genannten Jahre vom Glauben fast aller Gebildeten in
England verlassen. -- Ein (letzter) Hexenprozess war gleichwohl noch 1712
gegen eine gewisse Johanna Wenham in Herfordshire vorgekommen. Allein aus
dem ganzen Verfahren war zu ersehen, dass man zur Hexenverfolgung nicht
mehr den früheren Muth hatte. Der Richter, der an die Hexerei nicht recht
glaubte, hielt sogar eine Ansprache an die Geschworenen, welche die
Entlastung der Angeklagten bezweckte, und behandelte den Ortspfarrer, der
auf seinen Eid erklärte, dass dieselbe eine Hexe sei, mit auffallender
Missachtung. Nun sprachen allerdings die Geschworenen über die Angeklagte
ihr »Schuldig« aus; allein der Richter setzte es doch durch, dass das
Urtheil gemildert ward. -- Dieses Vorkommniss hatte einen lebhaften
Schriftenwechsel zur Folge, in welchem die bei dem Prozesse betheiligt
gewesenen Geistlichen feierlichst erklärten, dass die Verurtheilte eine
Hexe sei und dass das Verfahren des Richters eine Rüge verdiene[268].
Allein die Zeit der Hexenprozesse war doch nunmehr abgelaufen. -- In
=Schottland= erfolgte die letzte Hinrichtung im Jahr 1722[269]. -- Kurz
nachher, 1736, wurde das Statut Jakobs I. durch eine Parlamentsakte
förmlich aufgehoben, nachdem kurz zuvor der Pöbel noch ein altes
Mütterchen in der Wasserprobe umgebracht hatte[270].

In =Polen= verbot der Reichstag von 1776 alle Prozesse auf Zauberei[271].

Im neunzehnten Jahrhundert war in Europa nur noch Ein Hexengesetz übrig,
nämlich das =irländische= Statut. Dieses ist erst im Jahr 1821 aufgehoben
worden[272].

Dem Beispiele =Preussens= ahmte auch das übrige protestantische Deutschland
mehr oder weniger bereitwillig nach. Wer von Bekker und Thomasius nicht
gleich Anfangs überzeugt worden war, der schrie eine Zeitlang, bis er
entweder zu ihrer Fahne überging, oder wenigstens der immer mächtiger
werdenden Stimme der Vernunft gegenüber verstummte. So starb die alte
Generation ab, mit ihr der Glaube und mit dem Glauben auch die Praxis des
Hexenprozesses, wenn gleich noch der Buchstabe im Strafcodex blieb. Bis auf
die jüngste Zeit herab hat dieser Buchstabe, als Artikel 109 der Carolina,
im gemeinen deutschen Strafrecht unschädlich fortgelebt, und man sollte
ihn, in Quadratklammern eingefasst, in die neuen Strafbücher mit
hinübernehmen, als ein Denkzeichen, dass für den Richter einer künftigen
Zeit die Aufgabe sich wiederholen könnte, die der Richter des achtzehnten
Jahrhunderts gelöst hat, nämlich da, wo der Gesetzgeber hinter dem Geist
der Zeit zurückbleibt, den Buchstaben stehen zu lassen und mit dem Genius
der Humanität fortzuschreiten.

Merkwürdig aber ist's, wie mit der Ausübung auch die Erinnerung so bald
verloren ging. Wo in der Folge ein gelehrter Jurist über die Zauberei
spricht, da kann man eines gesunden Urtheils, aber selten einer völlig
richtigen Auffassung des Historischen gewiss sein. Die Sache war schnell
zur halbbekannten Antiquität geworden. Schon =Böhmer=, welcher der Zeit
noch so nahe stand, irrt z. B. in der Behauptung, dass ein Concubitus des
Teufels mit einem =Manne= nirgends erwähnt werde[273]. =Meister=, der um
ein halbes Jahrhundert später schrieb, lässt unter den wesentlichen
Attributen der Zauberer den Tanz auf dem =Blocksberge= allzusehr
hervortreten, -- als wenn die alten Kriminalisten und Prozessakten nicht
noch tausend andere Lokalitäten kennten, -- und macht die Hexen zu Incuben
und Succuben, da sie doch nicht solche =sind=, sondern nur mit denselben
=zu thun haben=[274].


FUSSNOTEN:

[240] Vgl. _Karl Biedermann_, Deutschland im 18. Jahrh. Leipz. 1858, B. II.
S. 355-391 und _Dernburg_, Thomasius und die Stiftung der Universität
Halle; Halle, 1865.

[241] Oeuvres, Tom. I. p. 367.

[242] Theses inaugurales de crimine magiae, quas in Academia regia
Fridericiana praeside D. _Ch. Thomasio_ -- -- -- solemni eruditorum
disquisitioni submittit M. _Joannes Reiche_, 12. d. Novembr. 1701. Halae
Magdeb. -- Ueber die wahre Auctorschaft s. _Hauber_ Bibl. mag. Bd. II.
S. 308 f. -- 1704 gab Reiche selbst in seinem »Ferneren Unfug der Zauberei«
eine deutsche Uebersetzung dieser Thesen unter dem Titel: »Herrn D. _Chr.
Thomasii_ kurze Lehrsätze von dem Laster der Zauberei, nach dem wahren
Verstande des lateinischen Exemplars in's Teutsche übersetzet etc.« -- Eine
andere deutsche Uebersetzung erschien 1706 unter dem Titel: »_Christ.
Thomasii_, Kurtze Lehr-Sätze von dem Laster der Zauberey, aus dem
Lateinischen ins Deutche übersetzet und mit des Authoris Vertheidigung
vermehrt.«

[243] In diesem Sinne spricht sich Thomasius auch siebenzehn Jahre später
aus. S. seine Vorrede zur Uebersetzung des =Webster= S. 37.

[244] _Theophil Spizelius_, ein geborener Steyermärker, Senior des
geistlichen Ministeriums zu Augsburg, [+]1691.

[245] Gründliche Abfertigung der unpartheyischen Gedancken eines
ungenandten Auctoris, die er von der Lehre de crimine magiae des
hochberühmten Herrn D. Christiani Thomasii neulichst herausgegeben,
gestellet von _Hieronymo a Sancta Fide_. Frankf. 1703.

[246] Z. B. _Petri Goldschmidt's_ (Pastors zu Starup) Verworfener Hexen-
und Zauber-Advokat, d. i. wohlgegründete Vernichtung des thörichten
Vorhabens Herrn Christiani Thomasii, J. U. D. et Prof. Halens., und aller
derer, welche durch ihre superklugen Phantasiegrillen dem teufelischen
Hexengeschmeiss das Wort reden wollen, in dem gegen dieselben aus dem
unwidersprechlichen göttlichen Worte und der täglich lehrenden Erfahrung
das Gegentheil zur Genüge angewiesen und bestätigt wird, dass in der That
eine teufelische Hexerei und Zauberei sei und dannenhero eine christliche
Obrigkeit gehalten, diese abgesagten Feinde Gottes, schadenfrohe Menschen-
und Viehmörder aus der christlichen Gemeinde zu schaffen und dieselben zur
wohlverdienten Strafe zu ziehen. 1705.

[247] Z. B. in der Erinnerung wegen der künftigen Winterlektionen 1702.
Hier räumt er ein, dass es verborgene Mittel zur Beschädigung von Menschen
und Thieren, auch Krankheiten gebe, die muthmasslich vom Teufel herkommen,
bekämpft jedoch von neuem die sichtbaren Erscheinungen des Teufels und
dessen Verkehr mit den Menschen.

[248] Erster Band Halle 1703, zweiter B. 1704.

[249] S. oben. Halle 1719.

[250] _John Wagstaff_ gründlich ausgeführte Materie von der Hexerei.
Deutsch, Halle 1711.

[251] _Franz Hutchinson's_ historischer Versuch von der Hexerei etc.
Deutsch von _Th. Arnold_, mit einer Vorrede von Thomasius. Leipzig 1726. --
Das Buch hat in Beziehung auf Begebenheiten in England vieles Interessante,
sonst aber viele Ungenauigkeiten und chronologische Verstösse.

[252] =Disputatio juris canonici de origine et progressu processus
inquisitorii contra sagas=, quam .... praeside _Chr. Thomasio_ .... examini
subjicit _J. P. Ipsen_. Hal. 1712. In demselben Jahre besorgte die
Renger'sche Buchhandlung eine Uebersetzung. -- Auch von dieser Abhandlung
ist _Thomasius_ selbst der Verfasser. S. seine Vorrede zur Uebersetzung des
Webster, S. 18.

[253] Auch gegen den Gebrauch der Folter ist _Thomasius_ aufgetreten, indem
er einen seiner Schüler »über die Nothwendigkeit, die Folter aus den
christlichen Gerichtshöfen zu entfernen«, disputiren liess. Allein mit
Unrecht ist Thomasius als unbedingter Gegner der Folter bezeichnet worden.
_Biedermann_ macht in der Schrift »Deutschland im achtzehnten Jahrhundert«
B. II. S. 382 auf einen an eben diesen Schüler gerichteten und auf die
erwähnte Disputation bezüglichen Brief aufmerksam (abgedruckt in den
Programmata Thomas. p. 576), worin er zwar dessen Vorhaben nicht
missbilligt, aber doch das Bedenken äussert, dass es nicht rathsam sein
dürfte, den Lenkern christlicher Staaten die Nachahmung der Engländer und
anderer Völker in Abschaffung der Folter schlechthin anzuempfehlen, -- weil
es zweifelhaft sei, ob nicht, so lange es noch so viele andere Missstände
in der Rechtspflege gebe, die plötzliche Abschaffung der Folter grössere
Nachtheile haben möchte als ihre Beibehaltung.

[254] S. Vorrede zum Webster, S. 19.

[255] _Hertii_ Consilia et responsa. Francof. 1729.

[256] Consilia _Michaelis Grassi_, in den Consil. Juridicorum Tubingensium.
Tom. V. p. 705 f. ed. 1733.

[257] _J. A. Scholtz_, Ueber den Glauben an Zauberei in den
letztverflossenen vier Jahrhunderten (Breslau, 1830,) S. 115.

[258] _Scholtz_, S. 118.

[259] _Scholtz_, S. 119.

[260] Auf den Münchow'schen Gütern in der Uckermark war nämlich ein
fünfzehnjähriges Mädchen wegen fleischlicher Vermischung mit dem Teufel
enthauptet worden, und zwar =nach einem von der Universität Greifswald
eingeholten Erkenntnisse=. Eine Revision der Akten ergab, dass weder die
nöthigen Zeugen verhört, noch die Angeklagte ordnungsmässig vertheidigt
worden war. Nach dem Gutachten des Hoffiskals hätte diese, als eine mit
Melancholie behaftete Person, dem Arzte übergeben werden sollen. Die Sache
blieb übrigens auf sich beruhen, weil der Gutsherr sich damit
entschuldigte, dass er während des Falles gerade abwesend gewesen sei, auch
keine jura verstehe. Märk. Forschungen I, S. 261.

[261] Märkische Forschungen, I. S. 264.

[262] _Thomasius_ in der Vorrede zu Webster. S. 32.

[263] Siehe den folgenden Abschnitt.

[264] _Garinet_, S. 337. 344.

[265] _Horst_, Z. B. Bd. IV. S. 367.

[266] Inquiries into vulgar and common errors, 1646 (Works of Sir Th.
Browne, II. S. 163.)

[267] _Buckle_, Geschichte der Civilisation in England, II. S. 152 ff. und
357 ff.

[268] _Hartpole Lecky_, S. 93-95.

[269] So berichtet _Hugo Arnots_ Collection of criminal trials in Scotland
(Edinb. 1785), (auch _Hartpole Lecky_, S. 105), über den letzten
Hexenprozess in Schottland im Jahr 1722, doch wurde in ihm nicht auf den
Feuertod erkannt. Zum letzten Male waren hier 1697 (sieben) Hexen zum
Scheiterhaufen verurtheilt. Indessen wird nicht berichtet, ob das Urtheil
zur Vollziehung kam.

[270] _W. Scott_, Br. über Däm. Th. II. S. 112. Die Akte selbst ist
abgedruckt bei _Hauber_, Bibl. mag. Th. II. S. 3.

[271] _Wachsmuth_, Zeitalter der Revolution, I. S. 132.

[272] _Hartpole Lecky_, S. 36, Anmerk.

[273] Jus ecclesiasticum Protestantium. Hal. 1733. pag. 469.

[274] Principia juris criminalis Germaniae communis. Gotting. 1780. §. 467.



  SECHSUNDZWANZIGSTES KAPITEL.

  Hexenprozesse des achtzehnten Jahrhunderts. Aufhören der
  gerichtlichen Verfolgungen.


Derjenige deutsche Staat, der in der Person seines Monarchen sich zuerst
mit klarer Einsicht in die Tollheit des Glaubens an Hexerei erhob, um der
Hexenverfolgung ein Ende und die deutsche Nation von dem Fluche des
heidnischen Dämonismus, den einst das Papstthum über sie gebracht hatte,
wieder frei zu machen, war =Preussen=[275].

Kurz nach seiner Thronbesteigung erliess hier nämlich König =Friedrich
Wilhelm= I. unter dem 13. Dezember 1714 ein von dem Minister =v. Plotho=
ausgearbeitetes Mandat, welches das Ende der Hexenverfolgung zwar nicht
sofort herbeiführte, aber doch ankündigte. Der König erklärte in demselben,
dass unter den im Kriminalprozess überhaupt wahrnehmbaren Missständen einer
der gefährlichsten in den Hexenprozessen hervortrete, indem hier nicht
immer mit der nöthigen Vorsicht verfahren, sondern oft auf ganz unsichere
Indizien hin vorgegangen, darüber auch gar Mancher ganz unschuldig auf die
Folter, durch diese um Gesundheit und Leben und auf das Land eine grosse
Blutschuld gebracht werde. Er wolle daher die Prozesse in Hexensachen
verbessern und so einrichten lassen, dass dergleichen übele Folgen aus
denselben nicht entstehen könnten. Inzwischen aber, bis es dazu gekommen
sein würde, sollten alle Urtheile in Hexensachen, bei denen es sich um
Anwendung der scharfen Frage oder gar um Verhängung der Todesstrafe
handele, ihm selbst zur Confirmirung vorgelegt werden. Auch wünsche er,
dass ihm die Kriminalkollegien, Fakultäten und Schöffenstühle ihre Gedanken
wegen der Hexenprozesse überhaupt gutachtlich vorlegen möchten, wobei es
ihm zu besonderem, gnädigsten Gefallen gereichen werde, wenn Jemand zur
Verbesserung des bisherigen Verfahrens etwas beitrage. Schliesslich wurde
befohlen, alle noch vorhandenen Brandpfähle, an denen Hexen gebrannt worden
wären, sofort zu beseitigen.

Seitdem hörten zwar in Preussen die Hexenprozesse nicht sofort auf, aber es
konnte doch keine Hexe mehr verbrannt werden, und der König wollte, dass
von Hexen und Hexenverfolgung in seinem Lande nicht mehr die Rede sei. Die
beiden letzten Hexenprozesse kamen hier in den Jahren 1721 und 1728 vor. Im
erstgenannten Jahre wurde eine Schuhmachersfrau zu Nauen der Hexerei
beschuldigt, weil sie an eine andere Frau Butter verkauft hatte, die über
Nacht Kuhdreck geworden wäre, worauf der Magistrat zu Nauen einen Prozess
einleitete. Das Kriminalkollegium erkannte indessen, mit dem corpus delicti
habe es nicht seine volle Richtigkeit, weil es möglich sei, dass Jemand aus
Muthwillen Kuhdreck statt der Butter hingesetzt habe. Auch seien die nach
Art. 32 und 44 der Carolina zur Anklage auf Zauberei erforderlichen
Indizien nicht vorhanden, so dass also eine Inquisition nicht stattfinden
könne. -- Eigenhändig schrieb der König unter dieses Erkenntniss die Worte:
»=Soll abolirt sein.=« Zugleich wurde aber dem Magistrat zu Nauen dafür,
dass er den Prozess veranlasst habe, ein Verweis ertheilt, =weil der König
durchgehends alle Hexenprozesse verboten habe=.

Nichtsdestoweniger konnte es in Berlin noch im Jahr 1728 vorkommen, dass
ein geistesschwaches oder geisteskrankes Mädchen von zweiundzwanzig Jahren,
welches sich hatte erhängen wollen, nach Anleitung der in dem Malleus
maleficarum gegebenen Gesichtspunkte in Betrachtung genommen wurde.
Dieselbe hatte ausgesagt, dass sie einst am Wedding einem Herrn in blauem
Rock und gestickter Weste begegnet sei, der ihr damals Geld geschenkt habe.
Späterhin habe sie ihn an der langen Brücke wieder angetroffen, vonwo er
sie nach dem Wedding geführt habe. Hier habe ihr der unbekannte Herr
eröffnet, dass er der Teufel sei und habe an sie zugleich das Ansinnen
gestellt, dass sie ein mit drei Buchstaben beschriebenes Billet
unterzeichnen sollte. Hernach habe der Teufel ihr so in die Finger
gedrückt, dass das Blut hervorgetreten sei, und seitdem verfolge sie der
Teufel unablässig. Derselbe sei auch schuld daran, dass sie sich habe
erhängen wollen. Das mit drei rothen Buchstaben beschriebene Billet zu den
Akten gebend bemerkte sie, dass sie dem Teufel ein anderes, von ihr mit
ihrem eigenen Blute beschriebenes Billet ausgestellt habe. Bei dem
Schreiben habe ihr der Teufel die Hand geführt. Ein Geistlicher und ein
Arzt besuchten das Mädchen im Gefängniss, wo dasselbe im Gebet oft
entsetzliche Paroxismen bekam. In dem Erkenntniss des Kriminalkollegiums zu
Berlin vom 10. Dezember 1728 heisst es, es habe das Ansehen, als sei
Inquisitin wegen des Bündnisses mit dem Teufel mit dem Feuer oder doch mit
dem Schwert zu strafen, zumal sie (wie es heisst) darauf los gehurt habe.
Weil sie aber lange Zeit mit schwerer Noth und Melancholie behaftet
gewesen, so könne der Gedanke des Teufelsbunds möglicherweise auch Effekt
ihrer Schwermüthigkeit sein, zumal die desshalb von ihr erzählten Umstände
unwahrscheinlich, ja ungereimt seien, so dass man auf Verstandesverrückung
schliessen müsse. Daher könne Inquisitin nicht als eine Person, die sich
wirklich zu ihrer und anderer Leute Schaden dem Teufel ergeben habe,
angesehen und also auch nicht am Leben bestraft werden. Damit sie aber
durch ein liederliches Leben und versuchten Selbstmord nicht ferner in des
Satans Wegen sich verstricken könne, sei sie lebenslänglich in das
Spinnhaus zu Spandau zu bringen und zu leidlicher Arbeit anzuhalten, ihr
auch dort leibliche Arznei und geistlicher Zuspruch zu ertheilen, von
Rechtswegen. -- Der König bestätigte dieses Erkenntniss, =mit welchem die
Geschichte der Hexenprozesse in Preussen zu Ende ging=[276].

Das übrige =protestantische= Deutschland folgte dem Vorgange Preussens
alsbald nach, indem hier in den ersten Dezennien des Jahrhunderts die
Hexenprozesse gänzlich aufhörten, z. B. in Hessen-Kassel im Jahr 1711.

Anders aber war es im =katholischen= Deutschland.

In =Oesterreich= machte die Staatsregierung sogar noch im Jahr 1707 den
Versuch, der erlahmenden und absterbenden Hexenverfolgung noch einmal auf
dem Wege der Gesetzgebung neues Leben einzuhauchen. Die hierher gehörigen
Paragraphen der peinlichen Gerichtsordnung =Joseph's= I. für =Böhmen=,
=Mähren= und =Schlesien= athmen noch ganz den Geist des Hexenhammers[277].

»Art. XIX. §. 3. Die Zauberey (worunter auch Wahrsagen, Aberglauben,
Topfeingraben, Schlösser an Bäume verschliessen, solche in Brunnen oder
Wasser werfen, Schüssen, Knipfen etc. gezogen werden), ist eine mit
ausdrücklich oder heimlich bedungener Hülff des Teufels begangene Unthat.

»Auf wahrhaffte Zauberey, sie geschehe mit ausdrücklich- oder verstandener
Verbündnus gegen den bösen Feind, dardurch denen Leuten, Viehe oder
Früchten der Erde Schaden zugefüget wird, oder auf diejenige, welche neben
Verläugnung des christlichen Glaubens sich dem bösen Feind ergeben, mit
demselben umgangen, oder sich unzüchtig vermischet, wann sie auch sonsten
durch Zauberey niemand Schaden zugefüget hätten, gehört die Straff des
Feuers, obschon solche, aus erheblichen Ursachen, und wann Inquisitus oder
Inquisita dazu gekommen, jung an Jahren, einfältig, in der Wahrheit
bussfertig, oder der Schaden nicht so gross, mit vorhergehender Enthaubtung
gelindert, und nur der Cörper verbrennet werden kann; Hingegen

Die Wahrsager, aberglaubische Seegen-Sprecher und Bock-Reiter, welche, ohne
ausdrückliche Verbündnus mit dem bösen Feind, dieses verüben, mögen, nach
Erheblichkeit des Verbrechens zum Schwerdt, jedoch nicht ohne Unterscheid,
sondern nur wann solches durch des bösen Feindes Hülff wissentlich
beschehete, sondern aber zu einer Extra-Ordinari Straff verurtheilet, oder
wann der Schaden und Umstände nicht gar gross, nach abgelegtem Eyd und
öffentlicher Absagung, derley Unthaten nicht mehr zu verüben, mit einem
gantzen oder halben Schilling belegt, und zugleich des Lands auf ewig
verwiesen, oder, Falls sie unterthänig wären, oder andere wichtige Ursachen
solches erforderten, mit einem zwey auch drey jährigen opere publico und
eben also diejenigen, welche sich bey derley bösen und so bekandten Leuten
Raths erholen, bestraffet werden.

»Und obgleich in vollständiger Zauberey, wegen Grösse des Lasters kein
lindernder Umstand kan erfunden werden, so seynd doch genugsame Ursachen,
warum die Straffe zu verschärffen seye, besonders wofern zu der Zauberey
annoch eine Gotteslästerliche That, als Missbrauch heiliger Hostie, oder
anderer Gott geheiligten Sachen zugesetzet wird.«

Art. XIII. §. 4 werden als Indizien aufgeführt: »Aberglaubische
Gesundheitsmittel, Schaden, so allzeit in Gegenwart des Inquisiten
beschehen, und niemal in dessen Abwesenheit, bei ihm oder ihr gefundene
verdächtig- oder verbothene Bücher, Spiegel, Verbündnus mit dem bösen
Feinde, mit ungewöhnlichen Ziffern, oder Zeichen, mit oder ohne Blut
geschriebene Zettel, Todten-Bein, an des Inquisiten Leib unschmertzhafft
befundene Merck-Mahle, und sonsten zur Zauberey gebräuchliche Sachen,
gedrohter und erfolgter nicht allerdings natürlicher Schaden,
übernatürliche Wissenschafft zukünftiger oder unbegreiflicher Dinge, von
schlechten Leuten angemasste Wahrsagerey, etwas besonders vor anderen, zum
Gleichnuss: Wann ihre Felder grünen, deren andern dürren, ihr Vieh nutzbar,
anderer verdorben etc. etc. Wann die in Verdacht gekommene Person, andere
Leute die Zauberei zu lehren, sich anerbothen, Menschlich unbegreiffliche
Thaten würcket, in der Lufft herumfahret, u. s. w.«

In =einem= wichtigen Punkte hat indessen die Erfahrung den Gesetzgeber zur
Vorsicht bestimmt. Er will »auf die Aussagung der Complicum allein, sie
seye beschaffen, wie sie immer wolle, wegen so vielfältig unterloffenen
Betrugs, und durch List des Satans angespunnenen Unwahrheit, nicht
alsogleich weder die Tortur vorzunehmen, weder zur Straffe zu schreiten,
zulassen.« (Art. XIII. §. 29.)

In den Landen der österreichischen Monarchie hatte daher die
Hexenverfolgung einstweilen noch immer ihren Fortgang, nur dass die
Prozesse und Justifizirungen jetzt seltener vorkamen als früher. Auch wurde
jetzt häufiger auf Hinrichtung mit dem Schwert als auf lebendige
Verbrennung erkannt. So wurden in den Jahren 1716 und 1717 im Fürstenthum
Trient, nicht weit von Roveredo, zwei Personen, Maria Bertoletti und
Domenica Pedrotti als Hexen mit dem Schwert vom Leben zum Tod geführt, und
ihre Leiber wurden zu Asche verbrannt: Mehrere Andere würden dasselbe
Schicksal gehabt haben, wenn sie nicht im Kerker gestorben wären. Im Jahr
1728 starb in einem benachbarten Orte eine Frauensperson, Maddalena
Tedeschi, im Gefängniss, die wegen Hexerei zu lebenslänglicher Haft
verurtheilt worden war[278]. Indessen kamen damals auch noch Hexenprozesse
ganz in altüblicher Weise vor. Am 23. Juli 1728 wurden zu Szegedin sechs
Hexenmeister (unter denen auch der vorjährige Stadtrichter, ein Greis von
sechsundachtzig Jahren war,) und sieben Hexen, nach gemachter Wasserprobe
(in der sie wie »Pantoffelholz« geschwommen haben sollen) und nach
geschehener Wagprobe (in welcher ein grosses, dickes Weib nicht mehr als
anderthalb Loth wog,) auf drei Scheiterhaufen an der Theis lebendig
verbrannt. Nur Eine Frauensperson wurde vorher geköpft. Unter den
hingerichteten Weibern befand sich auch eine Hebamme, welche über
zweitausend Kinder in des Teufels Namen getauft haben sollte. Ein
Schusterjunge, der über Szegedins Weinberge »grausam starkes« Hagelwetter
gebracht hatte und durch einen anderen Jungen verrathen wurde, hatte die
Rotte angegeben[279]. Hernach, im Jahr 1730, wurde noch ein dicker
Stadtrichter verbrannt, unter dem Vorwande, dass er nur einige Quentlein
gewogen habe[280]. Im Jahr 1739 machte man mit Hexen um Arad die
Wasserprobe, und 1744 wurden in Karpfen drei Hexen verbrannt[281]. Auch
noch 1746 kam zu Mühlbach im Sachsenlande ein Hexenprozess vor, in welchem
drei Glieder Einer Familie verbrannt wurden. Seitdem hörte die
Hexenverfolgung hier auf. Ein schreckliches Drama spielte sich dagegen in
dem benachbarten =Maros Vasarheli= noch im Jahr 1752 ab. Eine alte Frau,
die Hebamme Farkas, welche der Magistratsdirektor des Orts der Hexerei
angeklagt hatte, wurde nämlich hier, noch ganz in altüblicher Weise der
Wasserprobe unterworfen, dann, weil man ihre Mitschuldigen erfahren wollte,
gefoltert, und schliesslich hingerichtet[282].

Erst unter =Maria Theresia= wurde die neue, peinliche Halsgerichtsordnung
von 1707 ausser Wirksamkeit gesetzt. Bis dahin galt jedoch in Oesterreich
und in anderen katholischen Landen Deutschlands der Glaube an die
Thatsächlichkeit der Hexerei ebenso als kirchlich-orthodox, wie die
Verfolgung der Hexerei als vollkommen zu Recht bestehend angesehen ward.
Allein indem man prinzipmässig das bisherige Verfahren gegen Zauberer und
Hexen aufrecht hielt, so zeigte es sich doch alsbald, dass die
Herzhaftigkeit, mit der die Gerichte und Obrigkeiten ehedem auf Tod durch
Feuer und Schwert u. dgl. erkannt hatten, dem jüngeren Geschlechte verloren
gegangen war. Es zeigte sich dieses insbesondere an dem letzten (oder einem
der letzten) Hexenprozesse, der im geistlichen Fürstenthum =Salzburg= im
Jahr 1717 vorkam[283]. Derselbe war durch folgendes Vorkommniss veranlasst:
In den Jahren 1715-1717 wurden im Pflegegerichte Moosham sehr viele Rinder,
Füllen, Schafe, Ziegen, Schweine, Hirsche und anderes Wild auf der Weide
und in den Wäldern von Wölfen niedergerissen. Zwar stellte man wiederholt
Jagden auf die Wölfe an, aber geschossen wurde keiner. Diess erregte den
Verdacht der durch die Wölfe geschädigten Gemeinden um so mehr, als gerade
damals der zu Moosham inhaftirte Bäckerlippl aus freiem Antriebe gestand,
dass ihn der mittlerweile verstorbene Betteltoni mit einer schwarzen Salbe
angeschmiert habe, wodurch er sofort zu einem Wolfe geworden sei. Als
solcher habe er mit Ruepp Gell, vulgo Perger genannt, und Anderen, die
ebenfalls zu Wölfen geworden, zu verschiedenen Malen Vieh niedergerissen.
Auf diese Angabe hin wurden Perger und dessen Mitschuldige verhaftet und in
die Fronfeste nach Salzburg abgeliefert.

=Perger= (mit dem allein wir uns hier beschäftigen) leugnete anfangs Alles.
Als er aber am 23. Sept. 1717 auf die Folter gebracht, ans Seil gebunden
und, an den Füssen mit einem fünfundzwanzigpfündigen Stein beschwert, in
die Höhe gezogen ward, da bekannte er, dass er wie seine Mitschuldigen sich
mit einer schwarzen Salbe angeschmiert, hierdurch zum Wolf geworden und als
solcher das Vieh hin und wieder niedergerissen habe. Diese Salbe habe er
vom bösen Feind auf der Haide bei Moosham erhalten. Der habe zu ihm und den
Anderen gesagt: »Was sollt ihr Hunger leiden? Hier habt ihr Salben, dass
ihr zu Wölfen werdet und euch satt fresset, so oft und wie ihr wollt!«
Darauf habe er sich dem Teufel mit Leib und Seele ergeben. In einem
späteren Verhöre nahm allerdings Perger sein Geständniss, welches ihm nur
durch die Qual der Tortur abgepresst sei, zurück. Allein kurzer Hand wurde
er vom Scharfrichter wieder auf den Folterstuhl niedergesetzt, ans Seil
gebunden, auf die Leiter gespannt und eine halbe Stunde lang gemartert, was
zur Folge hatte, dass er seine früheren Geständnisse bestätigte. Auch den
Kameraden Perger's wurden dieselben Geständnisse abgemartert. Das Urtheil
der Richter lautete nun allerdings auf Verbrennung der Malefikanten; doch
hielt man es für gut, dieselben der Gnade des Erzbischofs von Salzburg zu
empfehlen. Derselbe liess auch Gnade für Recht ergehen. Am 20. August 1718
erliess daher das Stadtgericht zu Salzburg an das Untergericht die Weisung:
»Demnach mit Ihrer hochfürstlichen Gnaden gnädigstem Vorwissen -- wir den
allhier in puncto =magiae= et =lycanthrophiae= inliegenden -- Perger auf
ewig, den vulgo Schweblhans aber auf acht Jahre lang ad triremes condemnirt
haben, also wird -- Euch hiermit anbefohlen, dass ihr diesen Delinquenten
gewisse Religiosen (damit sie in geistlichen Sachen bis zu deren
Auslieferung interim nothdürftig unterwiesen und =allenfalls a pacto
diaboli liberiret werden=,) zugeben sollet.« -- Am 12. Sept. 1718 musste
sodann Perger noch die übliche Urfehde schwören.

Erst durch die grosse Tochter Karls VI., die Kaiserin =Maria Theresia=
wurde in Oesterreich dem Unfuge der Hexenverfolgung ein Ende gemacht.
Schon unmittelbar nach ihrem Regierungsantritt im Jahr 1740 hob sie die
bestehende Prozessordnung auf, indem sie verfügte, dass zur Verhinderung
alles ferneren Unfuges sämmtliche Hexenprozesse in allen kaiserlichen
Erblanden ihr zur Einsicht und Entscheidung vorgelegt werden sollten. In
Art. 58 ihrer »peinlichen Gerichtsordnung« verbot sie auch die Wasserprobe
»nebst allen dergleichen nichtigen und abergläubischen Zaubergegenmitteln«
auf das Bestimmteste. Auch erliess sie eine Verordnung, aus der wir
ersehen, dass Träume von gewissen Personen gedeutet und dass aus den
Friedhöfen nicht selten Leichen, als mit der Magia posthuma behaftet,
ausgegraben und verbrannt wurden. Die Kaiserin sagt nämlich: »Wie zumalen
hierunter Aberglauben und Betrug stecken, wir dergleichen sündliche
Missbräuche nicht gestatten, sondern vielmehr mit den empfindlichsten
Strafen anzusehen gemeint sind: als ist unser gnädigster Befehl, dass
künftig in allen derlei Sachen ohne Konkurrenz der =Politici= nichts
vorgenommen, sondern allemal, wenn ein solcher Casus eines Gespenstes,
Hexerei, Schatzgräberei oder eines angeblich vom Teufel Besessenen
vorkommen sollte, derselbe der politischen Instanz sofort angezeigt, mithin
von dieser mit Beiziehung eines vernünftigen Physici die Sache untersucht
und eingesehen werden solle, und was für Betrug darunter verborgen und wie
sodann die Betrüger zu strafen sein werden.«

Durch diese weise Verordnung war in Oesterreich zum ersten Male gegen die
Hexenriecherei der Gerichte und gegen das wüste Dreinfahren derselben ein
fester Damm aufgerichtet, an dem sich die bisher immer noch im Gange
gebliebene Hexenverfolgung ein für allemal brach. Die Prozesse hörten bald
ganz auf. Doch wusste die Kaiserin recht wohl, dass bei dem in vielen
Volksschichten herrschenden Aberglauben dieselben leicht auch wieder
aufleben könnten, wenn nicht die Macht des Gesetzes sie niederhalte. Indem
sie daher den Strafprozess in Oesterreich überhaupt vollständig zu
reformiren beschloss, so trat auf ihren Befehl in Wien eine Hofkommission
unter dem Vorsitze des Vizepräsidenten der Obersten Justizstelle, Mich.
Joh. Graf =v. Althann= zusammen, welche die Aufstellung eines neuen
Strafgesetzbuches berathen sollte. Im zweiten Theile des neuen Codex sollte
auch ein Abschnitt de Magia eine Stelle finden. Nach längeren Verhandlungen
wurde ein desfallsiger Entwurf, in welchem man zwar nicht den Hexenglauben
aber das ganze bisherige Gerichtsverfahren gegen die Hexen über Bord warf,
vereinbart, und allerhöchsten Orts zur Prüfung vorgelegt. Dieser Entwurf
wurde nun von der Kaiserin (die sich in solchen Angelegenheiten gern von
ihrem berühmten Leibarzt =van Swieten= berathen liess) vollständig
genehmigt, und unter dem 5. November 1766 publizirt[284]. Alle
Gerichtsstellen und Obrigkeiten der Kaiserlichen Erblande wurden
angewiesen, das neue Statut bis zur Publikation des in Arbeit befindlichen
Strafgesetzbuchs als Gesetz zu beobachten.

In demselben erklärt die Kaiserin: »Wir haben gleich bei Anfang Unserer
Regierung auf Bemerkung, dass bei diesem sogenannten Zauber- oder
Hexenprozesse aus ungegründeten Vorurtheilen viel Unordentliches sich mit
einmenge, in Unseren Erblanden allgemein verordnet, dass solche vorkommende
Prozesse vor Kundmachung eines Urtheils zu Unserer höchsten Einsicht und
Entschliessung eingeschicket werden sollen; welch' Unsere höchste
Verordnung die heilsame Wirkung hervorgebracht, dass derlei Inquisitionen
mit sorgfältigster Behutsamkeit abgeführet und in Unserer Regierung bisher
kein wahrer Zauberer, Hexenmeister oder Hexe entdecket worden, sondern
derlei Prozesse allemal auf eine boshafte Betrügerei, oder eine Dummheit
und Wahnwitzigkeit des Inquisiten, oder auf ein anderes Laster
hinausgeloffen seien, und sich mit empfindlicher Bestrafung des Betrügers
oder sonstigen Uebelthäters, oder mit Einsperrung des Wahnwitzigen geendet
haben. Gleichwie Wir nun gerechtest beeifert seynd, die Ehre Gottes nach
allen Unseren Kräften aufrecht zu erhalten und dagegen Alles, was zu
derselben Abbruch gereichet, besonders aber die Unternehmung zauberischer
Handlungen auszurotten, so können Wir keinerdings gestatten, dass die
Anschuldigung dieses Lasters aus eitlem altem Wahne, blosser Besagung und
leeren Argwöhnigkeiten wider Unsere Unterthanen was Peinliches vorgenommen
werde; sondern Wir wollen, dass gegen Personen, die der Zauberei oder
Hexerei verdächtig werden, allemal aus rechtserheblichen Inzichten und
überhaupt mit Grunde und rechtlichem Beweise verfahren werden solle, und
hierinfalls hauptsächlich auf folgenden Unterscheid das Augenmerk zu halten
sei: ob die der bezichtigten Person zur Last gehenden den Anschein einer
Zauberei oder Hexerei und dergleichen auf sich habenden Anmassungen,
Handlungen und Unternehmungen entweder 1) aus einer falschen Verstellung
und Erdichtung und Betruge, oder 2) aus einer Melancholey, Verwirrung der
Sinnen und Wahnwitz, oder aus einer besonderen Krankheit herrühren, oder
3) ob eine Gottes und ihres Seelenheils vergessene Person solcher Sachen,
die auf eine Bündniss mit dem Teufel abzielen, sich zwar ihres Ortes
ernsthaft, jedoch ohne Erfolg und Wirkung unterzogen habe, oder ob
endlichen 4) untrügliche Kennzeichen eines wahren, zauberischen, von
teuflischer Zuthuung herkommen sollenden Unwesens vorhanden zu sein
erachtet werden.«

Die wahre Zauberei oder Hexerei soll nur da angenommen werden, »wo die
Vermuthung Statt hat, dass eine erwiesene Unthat, welche nach dem Laufe der
Natur von einem Menschen für sich selbst nicht hat bewerkstelligt werden
können, mit bedungener Zuthuung und Beistand des Satans aus Verhängniss
Gottes geschehen sei.«

Was die Bestrafung betrifft, so verfügt das Gesetz für den ersten der oben
bezeichneten Fälle angemessene Leibesstrafe und, sofern der gespielte
Betrug das Mittel zur Ausführung eines Verbrechens gewesen wäre, die auf
dasselbe gesetzte Strafe mit Schärfung; für den zweiten die Einweisung in
ein Irren- oder Krankenhaus; für den dritten, je nach den Umständen,
entweder die schärfste Leibesstrafe, oder, wenn bürgerliche Verbrechen oder
Blasphemie konkurriren, geschärfte Todesstrafe bis zum Scheiterhaufen.
»Wenn endlich viertens, -- sagt das Gesetz, -- aus einigen unbegreiflichen
übernatürlichen Umständen und Begebnissen ein wahrhaft teuflisches Zauber-
und Hexenwesen gemuthmasset werden müsste, so wollen Wir in einer so
ausserordentlichen Ereignisse Uns selbst den Entschluss über die Strafart
eines dergleichen Uebelthäters ausdrücklich vorbehalten haben; zu welchem
Ende obgeordnetermassen der ganze Prozess an Uns zu überreichen ist.«

Ausserdem verbietet die Verordnung dem Richter alle Nadel-, Wasser- und
andere Proben und bindet die Anwendung der Tortur an bestimmte Regeln. Der
Eingang enthält einige wohlgemeinte Belehrungen über die Unvernünftigkeit
des Hexenglaubens und leidet nur an dem historischen Irrthum, »dass die
Neigung des einfältig gemeinen =Pöbels= zu abergläubischen Dingen hierzu
den Grund gelegt habe«.

Wie König =Friedrich Wilhelm= I. das protestantische Preussen, so hat also
die Kaiserin =Maria Theresia= das katholische Oesterreich von dem Vampyr
der Hexenverfolgung erlöst. Man hätte nun erwarten können, dass damit dem
Wahn der Hexerei und der Dummheit des Hexenprozesses im ganzen heiligen,
römischen Reiche deutscher Nation ein Ende gemacht worden wäre. Indessen
war dieses doch in den katholischen Landen des Reichs nicht überall der
Fall.

In dem jetzigen Donaukreise des Königreichs Württemberg bestand das
(=Prämonstratenser=-) =Reichsstift Marchthal= (jetzt Standesherrschaft des
Fürsten von Thurn und Taxis). In diesem Stift kam vor dem Oberamt zu
Ober-Marchthal -- der Residenz des Fürstabts -- noch in der ersten Hälfte
des achtzehnten Jahrhunderts eine ganze Reihe von Hexenprozessen vor, in
denen auf das Entsetzlichste gefoltert worden ist. Wir besitzen genaue
Abschriften von Original-Prozessakten[285] aus den Jahren 1746 und 1747,
die sich auf die Hinrichtung von sechs angeblichen Hexen (von denen je zwei
Mutter und Tochter waren), die sämmtlich in dem Einen zum Stiftsgebiet
gehörigen (am Federsee gelegenen) Dorfe Alleshausen aufgegriffen waren,
bezogen; ausserdem erhellt aus diesen Akten, dass nicht lange vorher zwei
Schweizerinnen in Ober-Marchthal verbrannt worden waren. Alle acht
Unglückliche waren durch die Folter zum Geständniss gebracht worden. Diese
Geständnisse waren die gewöhnlichen, Lossagung von Gott, der Mutter Gottes
und allen Heiligen, Abschliessung eines Bundes mit dem Teufel, Besuch der
Hexensabbathe, Anbetung des Teufels, Verunehrung der bei der Kommunion
heimlich aus dem Munde genommenen Hostien, die beim Hexentanz zerstampft
wurden, fleischliche Vermischung mit dem Teufel, Verursachung von Unwetter,
Anstiftung von allerlei Malefizien u. s. w. Das Urtheil lautet auf
Strangulirung oder Hinrichtung mit dem Schwerte durch den Scharfrichter und
Verbrennung der Leichen zu Asche. -- Von besonderem Interesse ist die
Urgicht, welche einer Barbara Bingesserin von Alleshausen abgemartert war.
Aus derselben erhellt, dass diese siebenundfünfzigjährige Frau im Dorfe als
Hexe verschrieen worden war, dass man allerlei Schädigungen, von denen
einzelne Ortsangehörige betroffen worden waren, ihren Hexenkünsten
zugeschrieben und dass sie darum wiederholt das Oberamtsgericht
flehentlichst gebeten hatte, das ihr zur Last Gelegte zu untersuchen und
sie gegen fernere Verleumdung in Schutz zu nehmen. Statt jedoch diese Bitte
der Verunglimpften zu beachten, hatte das Gericht dieselbe verhaften und in
den Hexenthurm bringen lassen. Sie sollte sich nun der ihr zur Last
gelegten Malefizien schuldig bekennen. Die Aermste wusste nicht, wie ihr
geschah; aber das Gericht ging ihr alsbald mit der Verbal-Territion und da
diese erfolglos war, auch mit der Real-Territion zu Leibe. Doch war auch
hiermit nichts aus ihr herauszubringen. Daher wurde das Weib auf die Folter
gespannt und gemartert, -- einmal, zweimal, -- ohne dass sie zum
»Geständniss« zu bringen war, bis sie endlich den ihr im Kerker
beigegebenen Wächtern, von denen sie unablässig mit der Aufforderung ihre
Schuld zu bekennen gepeinigt ward, zuschrie, »dass sie ein schlimmes Weib
sei, dass sie eine schlimme Hand habe, und dass eben Jedermann, den sie nur
anrühre, einen Schmerz empfinde, krank und elend werde«. Nunmehr aber,
nachdem die Unglückliche so weit gebracht war, durfte man hoffen, mittelst
fortgesetzter Tortur alle noch wünschenswerthen Geständnisse aus ihr
herauszupressen, damit sie für den Scheiterhaufen reif werde. Daher heisst
es in der Akte weiter: »Endlich und nach mehrmaliger Tortur, Exorzismos und
Benedictiones hat der allmächtige Gott an dem heil. Weihnachtsabend ihr
steinhartes Herz berührt und erweicht, wo sie dann ohne ferneren geringsten
Zwang aussagt und bekennt u. s. w.« Nunmehr folgt dann in der Akte eine
Fülle von Geständnissen. Ihr Teufel, mit dem sie (auch noch im Hexenthurm)
gebuhlt hatte, wurde von ihr »der Tambur« genannt. Derselbe hatte, nachdem
er sie blutig gegriffen, sie als »Bärbel« in sein Buch eingetragen. Sie war
unzähligemal auf dem Hexentanz gewesen, und hatte daselbst lecker gegessen
und getrunken, war aber immer hungrig nach Hause zurückgekehrt. Der Teufel
hatte ihr zum Oeftern Geld gegeben, das wirkliches Geld war, mit dem sie
ihre Noth lindern konnte; dafür hatte sie aber vor Allem ihrem eigenen
Manne an seinen Kühen und Pferden fortwährend Schaden zufügen müssen. Sie
liess sich auch zu dem Geständniss treiben, dass sie ihre Tochter »Annele«
mit zum Hexentanz verführt, dass auch diese mit dem Teufel gebuhlt, die
Hostie zertreten und allerlei Schaden angerichtet habe, fügte aber hinzu:
»Sie habe ihr Kind mit auf diesen Schelmentanz und Weg genommen, und wolle
es nun auch mit sich in die Ewigkeit nehmen. Es sei ihr ein liebes Kind
gewesen und sei ihr noch lieb bis auf diese Stunde. Ja, wenn ihr das Kind
jetzo unter das Gesicht kommen würde, wollte sie ihm sagen: Annele, wir
haben einander allezeit lieb gehabt, jetzo wollen wir auch miteinander in
die Ewigkeit gehen und sehen, dass wir in den Himmel kommen.«

Natürlich wurde nun auch die Tochter von dem Gericht sofort gepackt und mit
der Mutter konfrontirt. Es mag eine herzzerreissende Begegnung gewesen
sein. Die Tochter wusste von dem Allem, womit die Mutter sie belastet hatte
oder belastet haben sollte, gar nichts und die Mutter -- nahm alle ihre
Geständnisse wieder zurück. Da musste die Tortur wiederum helfen und sie
half so, dass die Schuld der Mutter und der Tochter in den Augen des
Oberamtsgerichts nun ganz unzweifelhaft war. -- Schliesslich wurde die
Mutter vom Gericht befragt, »warum sie ihre so vielfältigen schweren Sünden
und verübten Missethaten, wegen welcher sie zum Theil überwiesen gewesen,
nicht gleich anfangs und in Güte einbekannt, sondern sich lieber so hart
habe strecken und schlagen lassen wollen.« Sie antwortete: »sie habe nicht
bekennen können, der böse Feind habe es ihr nicht zugelassen, habe ihr viel
versprochen aber nichts gehalten. Sie habe die Schläge und Streiche alle
gar wohl empfunden und sei derentwegen allerdings elend, krumm und lahm
geworden. Der böse Feind habe ihr nichts nützen oder helfen können, auch
sie an ihren vielen Wunden und Schmerzen nicht geheilt. Jetzo habe sie Gott
in ihrem Herzen und hoffe sammt ihrem Annele, mit dem man sie schon jetzo
heben und legen müsse, in den Himmel zu kommen.« --

Von diesen Prozessen hat man seiner Zeit keine besondere Notiz genommen;
ein anderer aber, der ebenfalls in einem geistlichen Fürstenthum
Deutschlands vorkam, hat mehr von sich reden gemacht.

Zu =Würzburg=, in der fürstbischöflichen Residenzstadt, spielte sich um die
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts ein Drama ab, -- die Hinrichtung der
hochbetagten Nonne =Maria Renata= im Jahr 1749, -- das den Zorn der
Kaiserin Maria Theresia erweckt hat, weil es zu den Schandflecken in der
Geschichte der deutschen Nation gehört. Man hat in Würzburg lange Zeit
Anstand genommen, dem Wunsche derer, welche im Interesse der
Geschichtswissenschaft die Prozessakten einzusehen wünschten, zu
entsprechen; und auch die aktenmässige Darstellung des Vorfalles, welche im
Laufe des Jahres 1878 veröffentlicht wurde, ist unvollständig[286]. Es muss
angenommen werden, dass die Folter, deren auch in dieser aktenmässigen
Berichterstattung keine Erwähnung geschieht, dennoch zur Anwendung gekommen
ist. Aber selbst wenn diese Annahme unbegründet sein sollte, ist das, was
im Uebrigen über den Vorfall nunmehr in glaubhaftester Weise bekannt
geworden ist, so beschaffen, dass die Hinrichtung der Nonne Maria Renata zu
Würzburg in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts als eines der
grausigsten und schandbarsten Ereignisse in der Geschichte der deutschen
Nation jener Zeit sich kennzeichnet.

Die Nonne =Maria Renata Sängerin= von Mohan gehörte seit fünfzig Jahren dem
Kloster Unterzell bei Würzburg an. Geistig nicht unbegabt, war sie in ihrem
neunzehnten Lebensjahr durch den Machtspruch der Eltern ins Kloster
verwiesen worden, wo sie allerdings späterhin zur Würde einer Subpriorin
erhoben ward, aber sich doch niemals recht heimisch fühlte, vielmehr in
sich gekehrt und abgeschlossen lebte und darum in dem Schwesternkreise
keine Sympathien fand. Sie war schon hochbetagt, als eine erkrankte alte
Nonne dem Probste des Klosters auf dem Sterbebette erklärte, das tödtliche
Uebel, an welchem sie leide, sei ihr angethan worden und zwar durch die
Subpriorin Maria Renata, die schon seit langer Zeit zum grossen Nachtheil
der Schwestern allerlei teuflische Praktiken treibe. Der Probst suchte der
Kranken diesen bösen Argwohn aus dem Sinne zu reden, jedoch ohne Erfolg.
Pflichtschuldigst machte er daher von der ihm gewordenen Mittheilung
Anzeige, infolge dessen ein Pater Siard und Genossen den Nonnen durch
Exorzismen zu helfen sich bemühten. Dabei ergab es sich denn allerdings,
dass einzelne Nonnen Teufel im Leibe hatten; und diese Teufel zeigten sich
sehr ungeberdig. Da schrie z. B. den Pater Siard aus dem Leibe einer Nonne
Maria Cäcilie, eines Edelfräuleins von Pistorini, ein Teufel mit den Worten
an: »Du verfluchter weisser Hund, wie plagst und quälst du mich!« Der
Exorzist kam aber nicht aus der Fassung und zwang den Dämon seinen Namen
anzugeben. »Ich heiss Navadonesah,« schrie der Teufel, jede Silbe deutlich
artikulirend, und als der Exorzist den Namen nicht gleich verstand und nach
demselben nochmals fragte, fistulirte der Unhold: »Du Ochsenkopf hast
gewiss Saublasen vor den Ohren; lass einen Sauschneider kommen, damit er
sie dir abnehme.« -- Gänzlich unfähig, den kirchlichen Beschwörungsformeln
zu widerstehen, mussten sich indessen die Dämonen dazu herbeilassen, aus
den besessenen Nonnen herauszubekennen, dass sie in diesen allerdings durch
die zauberischen Praktiken der Subpriorin Wohnung erhalten hätten.

Die Verdächtigte beging nun einen argen Fehler; sie behauptete nämlich, die
angeblich durch sie in diabolische Besessenheit gebrachten Schwestern
verstellten sich nur oder wären von unglücklicher Einbildung geplagt,
=indem es Besessene, Zauberer und Hexen gar nicht gebe=. Nach dem
Hexenhammer war die Unglückliche hiermit als Ketzerin erwiesen, d. h. als
eine Person, die recht wohl mit dem Teufel im Bunde sein konnte, wesshalb
die gegen sie erhobenen Anschuldigungen jetzt um so grösseres Gewicht
hatten. Die greise Subpriorin ward daher eines Tages, als sie gerade vom
Chor der Kirche zur Clausur gehen wollte, verhaftet. Hierüber bestürzt, bat
sie um die Erlaubniss, in ihr Zimmer gehen zu dürfen. Da sie diese Bitte
jedoch zweifelsohne nur in der Absicht aussprach, »ihr darin sich
befindliches Zauberwerk auf Seiten zu räumen,« so wurde darauf keine
Rücksicht genommen. Hernach, als man ihr Zimmer durchsuchte, fand man auch
»ihren Schmierhafen, ihre Zauberwurzel und Zauberkräuter, sodann auch einen
goldgelben Rock, in welchem sie zu ihrem gewöhnlichen Hexentanz auszufahren
pflegte.« Auf fürstbischöflichen Befehl wurde nun die Verhaftete des
geistlichen Habits entkleidet, auf dem Marienberg eingekerkert und vor eine
aus zwei geistlichen Räthen und zwei Jesuitenpatres zusammengesetzte
Inquisitionskommission gestellt. Die Prozedur begann und bald war Maria
Renata zur Ablegung eines Geständnisses gebracht. Auf welchem Wege dieses
erpresst worden ist, weiss man freilich auch jetzt noch nicht --
unzweifelhaft darum, weil es durch Anwendung der Folter geschehen ist.
Maria Renata gestand nämlich, dass sie schon als Kind von sechs bis sieben
Jahren durch ein altes Weib, einige Jahre später durch einen Reiter, und
wiederum im elften und im dreizehnten Jahre durch zwei Offiziere, »so aber
vermuthlich verstellte Teufel gewesen,« zur Hexerei und Buhlerei verführt
und angeleitet worden, und weil die Hölle den Namen Maria nicht dulden
könne, so habe man ihren Namen in Erna Renata umgewandelt. Zwölf Jahre alt,
war sie »schon so weit gekommen, dass sie unter dem unglücklichen
Zaubergesindel bei den Zusammenkünften als eine Ehrendame nahe bei dem
Throne des Fürsten der Finsterniss einen vornehmen Sitz erhielt.« Etwa
neunzehn Jahre alt wurde Maria Renata wider ihren Willen in das Kloster
Unterzell gebracht, wo sie zur Verdeckung ihrer Teufelei den Chordienst und
alle ihre sonstigen Obliegenheiten mit ausserordentlicher Pünktlichkeit
erfüllte. Sie gestand auch, dass sie, nachdem sie mit dem Teufel einen Pakt
gemacht und in das Hexenbuch eingetragen worden sei, von dem Teufel mehrere
Hexenzeichen an ihrem Leibe erhalten habe, dass sie vermittelst ihrer
Hexenschmiere und in einem gestärkten Röcklein öfters zu den
Hexenversammlungen ausgefahren sei, in denselben öfters Gott und die Maria
abgeschworen, mit dem Teufel wiederholt Unzucht getrieben; dass sie drei
Personen ausserhalb des Klosters das Hexen gelehrt, die Hexerei mit
Lebendigmachen von Mäusen und Unterhaltung einer redenden Katze selbst
getrieben, durch solche Hexerei nicht nur den Klosterprobst und den Abt von
Oberzell zu schädigen getrachtet, sondern auch sechs Personen im Kloster,
sowie anderen Leuten ausserhalb desselben mit Verursachung der Auszehrung,
heftiger Gliederschmerzen, Gicht und anderer Krankheiten wirklichen Schaden
zugefügt, ja sogar in sechs ihrer Mitschwestern den Teufel hineingehext,
den Pater Gregorium zu Kloster Ebrach und den Pater Nicolaum zu Kloster
Ilmstadt in ihrer Vernunft verwirrt und irrig gemacht, die in der heil.
Kommunion empfangenen heil. Hostien mehrmalen nicht hinuntergeschlungen,
sondern solche in den See, auch zu dreimalen in das geheime Ort, ja auch
einmal mit Nadelstichen in öffentlicher Hexenversammlung gottesräuberisch
misshandelt zu haben[287].

Auf dieses »Bekenntniss« hin dekretirten die Inquisitoren am 23. Mai 1749,
dass »Maria Renata um dieser schweren Verbrechen und Missethaten willen
aller christlichen Freiheiten und Privilegien verlustiget und dem
weltlichen Richter zu extradiren sei, von Rechtswegen,« jedoch mit dem
Ersuchen, dass man an der armen Sünderin keine besondere
»Gliederstümplings-Strafe« vornehmen möge. Das Gericht verurtheilte alsbald
die überführte und geständige Hexe zur Einäscherung bei lebendigem Leibe,
welches Urtheil der Bischof jedoch mit Rücksicht auf »die zarte Jugend, in
welcher Maria Renata zur Hexerei verführt worden,« dahin änderte, dass die
Hexe enthauptet und darauf ihr Leichnam verbrannt werden sollte.

Am 21. Juni 1749, früh Morgens zwischen acht und neun Uhr wurde demgemäss
die Exekution vollzogen. Nach der Aussage eines hexengläubigen und
teufelsfürchtigen Augenzeugen bezeigte »die Renata in ihrer Todesstunde in
Allem eine so vollkommene Gelassenheit, dass man hätte glauben sollen, es
könnten unmöglich solche Bosheiten von ihr verübt worden sein.« Nachdem
sich die arme Sünderin noch an einer Weinsuppe gelabt, trat sie von dem
Benediktiner Maurus als Beichtvater und von dem Domprediger und
Jesuitenpater Georg Gaar als »Galgenpater« begleitet, den Weg zum Schaffot
an, welches »in der mittleren Bastei (von Marienberg) gegen Höchberg zu«
aufgerichtet war. Zunächst wurde ihr von dem hochfürstlichen
Malefizsekretär im Beisein des Hofschultheissen und zweier
Stadtgerichtsschöffen im Kerker das Urtheil vorgelesen, dann wurde sie --
»angethan mit einem braun, schwarz getupften kattunenen Kontuschel, einem
langen Rock, weissem Nonnenschurz, weissem Halstuch, unten eine weisse
Nonnenhaube und oben eine schwarztaffente Matrazenhaube, in Summa eine alte
und arme Tetter-Hex,« auf einem eigens hierzu angefertigten Stuhle,
»weilens sie zu gehen unvermögend«[288] zum Richtplatz getragen, wo ihr
alsbald der Kopf abgeschlagen ward. -- Zuschauer wollten während der
Exekution in den Lüften einen Geier gesehen haben, der nur der verkappte
Teufel sein konnte! Der Leichnam der Hexe wurde sodann durch
»Nachtarbeiter« von der Festung herab und auf einen am Waldsaum gen
Büttelbrunn zu gelegenen Platz getragen, »wo vordem auch Hexen verbrannt
worden.« Bevor der daselbst aufgeschichtete Scheiterhaufen in Brand
gesteckt wurde, um den Leib der todten Hexe zu verzehren, hielt der
Galgenpater und Domprediger =Georg Gaar= von der Gesellschaft Jesu eine
salbungsreiche Rede an die versammelte Menge[289]. Er preist die weise
Strenge der Gesetze gegen die Zaubergreuel, erzählt Renatens Geschichte
aus den Verhörakten und knüpft erbauliche Betrachtungen daran, welche zum
Text die Worte hatten: »Maleficos non patieris vivere.« »Warum aber
Gott, -- heisst es unter andern, -- zu diesen unseren Zeiten das so lange
verborgene Uebel und getriebene Teufelshandwerk ans öffentliche Tageslicht
habe ausbrechen lassen, stehet mir zwar nicht zu, hierin die geheimen
göttlichen Rathschlüsse zu erforschen; jedoch bedünket es mich, es sei
geschehen aus folgenden Ursachen: Erstlich wegen denen Ungläubigen; denn es
gibt zu unsern Zeiten solche Leute, welche weder an Hexen, noch Zauberer,
noch an Teufel, noch an Gott selbsten glauben. Sie seind Atheisten und
vermeinen, es sei keine andere Substanz, als welche nur körperlich oder
leiblich ist, anzutreffen. Diese Ungläubige müssen aus dermaliger
Begebenheit (wann sie nicht völlig vernunftlos seyn wollen)
unwidersprechlich erkennen, dass auf der Welt sein Hexen und Zauberer,
mithin auch Teufel, von welchen sie ihre Künste erlernen. Gehet hin, ihr
Atheisten, nach Unterzell, um jene Ordenspersonen, welche Maria Renata
bezaubert, anzuhören: was gilt's, ihr werdet gestehen, dass in diesen
Menschen verborgen sei? Weilen aber das, was verborgen ist, man weder
sehen, noch fühlen oder mit Händen greifen, sondern nur aus denen Wirkungen
merken kann, so muss es nothwendig ein leibloses und geistliches Wesen
sein; folglich muss es Geister geben; und weilen die einheimischen Feinde
oder Geister in denen Besessenen auf die Kirchenbeschwörungen gedemüthiget,
endlich auch ausgetrieben, so müssen wir daraus schliessen, dass sie einem
weit mächtigeren Geiste, nämlich Gott, welchen die Kirche anruft,
unterworfen seien. Intelligite insipientes in populo, et stulti aliquando
sapite, Ps. 33. v. 8; merkt es doch, ihr Unweisen unter dem Volk, und
werdet einmal witzig, ihr Narren. -- Zweitens bedünkt es mich, Gott habe
die Zauberei Mariae Renatae lassen offenbar werden wegen denen Glaubigen,
damit sie reifer, als zeithero sich zu Gemüth führten, wie nothwendig es
uns allen sei, dass wir wider das zauberische Geschwader, welches grösser
ist, als wir uns etwan einbilden, täglich geistliche Waffen ergreifen: auch
was grosse Obsorg denen Eltern obliege für ihre Kinder, welche, wenn sie
allerhand Gesindel anvertraut, oder auch von ihren Eltern verfluchet und
verwünschet werden, leicht ins Teufels Hände und Stricke verfallen.
Drittens wegen jenen boshaften Christen, welche durch ihre Punktirkunst,
Zauberspiegel oder sonst aberglaubische Händel das, was von dem freien
Willen Gottes und derer Menschen allein abhängt, zu wissen beginnen. Die
sollen ihre Augen eröffnen, dann auch sie (obschon sie es nicht vermuthen)
unter die Teufelszunft gehören und nach aller Schärfe seind abzustrafen.
Viertens will Gott durch das gegenwärtige Spectacul alle Unlauterkeit,
welche (wie ich es aus vielen Geschichten erweisen könnte) zur Zauberei die
nächste Vorbereitung ist, denen Weltkindern verleiden.«

Dieser würzburger Hexenprozess, weniger merkwürdig an sich selbst als durch
die Zeit, in welche er fällt, veranlasste eine literarische Fehde über das
Hexenwesen, welche die Macht, die der Hexenglaube noch immer ausübte, noch
schreckhafter erkennen liess als dieser Prozess selbst.

Eben damals hatte sich nämlich in Tirol ein Mann als Gegner der
Hexenverfolgung erhoben, den man bisher nur als tüchtigen humanistischen
Gelehrten kennen gelernt hatte. -- =Girolamo Tartarotti=[290] (den wir
meinen) am 2. Januar 1702 zu Roveredo geboren, hatte in Padua und Verona
Theologie und alte Literatur studirt, war dann als Abbate nach Roveredo
zurückgekehrt, wo er späterhin, nachdem er längere Zeit in Innsbruck, Rom
und Venedig gelebt hatte, seinen bleibenden Aufenthalt nahm, und zur
Bekämpfung des Hexenglaubens und der Hexenverfolgung ein umfassendes Werk
über die angeblichen nächtlichen Versammlungen der Hexen
veröffentlichte[291]. Tartarotti suchte in seiner Schrift, nachdem er eine
ausführliche Abhandlung über die Geschichte des Aberglaubens
vorausgeschickt, in allerlei Weise die Nichtigkeit der Hexerei darzuthun.
Er sagt z. B. in Buch II.: »Man behauptet, die Hexen begeben sich mit
solcher Schnelligkeit durch die Lüfte zu ihren Sammelplätzen, dass kein
Vogel und kein Pfeil ihnen nachfolgen könnte. Sie seien im Stande, eine
Strecke von zweihundert Leucas (siebenhundert bis achthundert italienische
Meilen) in vier bis fünf Stunden zurückzulegen. Wie sollte dieses aber für
menschliche Lungen möglich sein, ohne sich der Gefahr des Erstickens
auszusetzen? Und wenn die Hexen wirklich, wie ebenfalls behauptet wird,
durch die kleinsten Ritze, Thürspalten u. s. w. ihren Ausgang zu nehmen
vermögen, warum benützen sie diese Fertigkeit nicht im Kerker zu ihrer
Befreiung? Alle ihre Aussagen über ihre nächtlichen Fahrten,
Zusammenkünfte, Tänze, Buhlschaften und Gastereien mit dem Teufel seien
nichts als Phantastereien, was auch aus den unsinnigen und lächerlichen
Umständen erhelle, unter denen diese Dinge vorkommen sollten, z. B. dass
die Hexen bei ihren Tänzen sich stets nach links bewegen, dass sie den
Teufel adoriren, indem sie ihm den Rücken zukehren, dass sie rückwärts
gekehrt sich demselben nahen, dass sie, indem sie ihn um etwas bitten, ihre
Hände rückwärts ausstrecken u. dgl. m. Auch könne nachgewiesen werden (was
wohl zu beachten sei), dass die angeblichen Hexen gerade dann am
zahlreichsten sich vermehrten, wenn sie am härtesten verfolgt würden. Man
möge von aller Verfolgung abstehen und diejenigen Personen, welche wirklich
als Hexen gelten wollten, als Irrsinnige behandeln; dann werde es bald
keinen Zauberer und keine Hexe mehr geben. Man habe wohl in der angeblichen
Uebereinstimmung der Aussagen der Gefolterten einen Beweis für die
Wirklichkeit des Hexenwesens finden wollen. Allein eine durchgehende
Uebereinstimmung liege gar nicht vor. Manche z. B. sagen, sie hätten den
Satan in Menschengestalt gesehen; die Maria Bertoletti, die 1716 bei
Roveredo als Hexe hingerichtet sei, beschreibe ihn als ein Ungeheuer mit
den Hörnern eines Bockes und dem Schweife einer Schlange. Uebrigens lasse
sich die Aehnlichkeit der Aussagen vieler Hexen leicht dadurch erklären,
dass ihnen die Richter die gleichen Fragen vorzulegen pflegten, deren
Beantwortung dann mittelst der Tortur ganz so, wie es die Richter
verlangten, erpresst werde.« -- Schliesslich spricht sich Tartarotti über
die Gründe aus, die ihn zu der Annahme berechtigen, dass der Hexenglaube
allmählich ganz aufhören und aus den Köpfen der Menschen für immer
verschwinden werde (»e dalla mente degli uomini prenda un perpetuo
esilio«).

Uebrigens unterschied =Tartarotti= zwischen Hexerei und Magie, welche
letztere er wirklich glaubte und deren Thatsächlichkeit er aus der Schrift
und Tradition zu erweisen suchte. Tartarotti stand also auf dem Standpunkt
Weiers, was dem greisen =Francesco Scipione Maffei= zu Verona (1675
[+]1755) Veranlassung gab, ihm in zwei Schriften[292] klar zu machen, dass
der Glaube an Magie ebenso widersinnig sei als der an Hexerei, und dass
jene mit dieser stehe und falle.

Nach dem Erscheinen des Buches, welches überall das grösste Aufsehen
machte, wurde =Tartarotti= von vielen Seiten her auf das Freudigste
begrüsst. Der greise Abbate =Ludovico Muratori= ([+]1750), Bibliothekar des
Herzogs von Modena, einer der intelligentesten Gelehrten Italiens im
achtzehnten Jahrhundert, schrieb an Tartarotti mit Beziehung auf den eben
erschienenen Congresso notturno: »Diese Frage (vom Hexenwesen) ist von Dir
mit solcher Klarheit behandelt worden, dass ich vollkommen überzeugt bin,
kein Anhänger des =Delrio= werde sich je wieder erheben, um gegen Dich auf
den Kampfplatz zu treten. Denn dem allgemeinen Gelächter würde Der sich
aussetzen, der es noch wagen sollte, die vulgäre Ansicht zu vertheidigen.«

=Tartarotti= mochte auch selbst glauben, dass es nunmehr mit der
Hexenverfolgung aus sei, als er zu seiner grössten Ueberraschung die
Predigt zu Gesicht bekam, welche der Jesuit =Georg Gaar= bei der
Verbrennung der Nonne Maria Renata zu halten sich nicht gescheut hatte. Da
war also der traditionelle Hexenglaube ganz unverhüllt aufs Neue
feierlichst verkündet worden. Sofort fertigte er daher eine italienische
Uebersetzung der Predigt Gaars an, und liess dieselbe, mit sehr scharfen
Glossen ausgestattet, in Verona drucken, -- womit eine sich durch viele
Jahre hinziehende Fehde ihren Anfang nahm. Der Pater zu Würzburg, für den
der Hexenglaube so fest stand wie das Evangelium, blieb natürlich die
Antwort nicht schuldig, sondern erwiderte die elf Glossen Tartarotti's mit
einer anscheinend grundgelehrten Replik, in deren Vorwort er bemerkt, »dass
ein bis jetzt in Deutschland ganz unbekannter Autor, er wisse nicht von
welchem Geiste getrieben, mit einer sehr lahmen Kritik seiner Predigt
hervorgetreten sei, und dadurch nicht nur diese Predigt, sondern auch
=alle= Tribunale Europa's sich nicht gescheut habe zu verlästern.« Nun fand
allerdings Tartarotti einen sehr geschickten Vertheidiger an seinem
talentvollen Schüler =Jos. Bapt. Graser=, Lehrer der Rhetorik am Gymnasium
zu Roveredo[293]; allein gleichzeitig sah auch derselbe eine ganze Reihe
blinder Fanatiker die Lanze zum Schutze des alten Hexenglaubens einlegen.
Unter denselben war der verbissenste und für jede Verständigung
unzugänglichste der Franziskaner-Provinzial und Generaldefinitor =Benedikt
Bonelli= ([+]1783 zu Trident), der 1751 gegen Tartarotti eine ausführliche
Schrift (Animaversioni critiche sopra il notturno congresso delle Lammie)
zu Venedig erscheinen liess, worin die Lehre eines =Delrio= in jeder
Beziehung vertreten und auf das hartnäckigste verfochten ward. Tartarotti
und Bonelli wechselten nun noch (bis zum Jahr 1758) eine ganze Anzahl von
Streitschriften; aber die letzte Schrift des verhassten Hexenfreundes wurde
auf Andringen seiner ergrimmten Gegner zu Trident öffentlich durch den
Henker verbrannt, während er selbst an schwerer Krankheit darnieder lag. --
Tartarotti starb am 16. Mai 1761. --

Das bisher Erzählte lässt uns einen Einblick in die Gedankenwelt, welche in
den katholisch-geistlichen Fürstenthümern herrschte, thun, der nicht
erfreulich ist; ebensowenig erfreulich ist aber, was sich zu derselben Zeit
in dem bedeutendsten weltlich-katholischen Fürstenthum Deutschlands,
nämlich im Kurfürstenthum =Baiern=, darbietet. Hier hatte Kurfürst
=Maximilian Joseph= (1745 bis 1777), von welchem das Volksschulwesen des
Landes eigentlich zuerst begründet, viele Klöster reformirt und Feiertage
abgeschafft worden waren, im Jahr 1759 die Akademie der Wissenschaften zu
München begründet, deren Druckschriften der Censur der Universität d. h.
der Jesuiten entzogen wurden, und deren Mitglieder es als ihre Aufgabe
betrachteten, dahin zu wirken, »dass die Wissenschaften von allen
Vorurtheilen gereinigt und zu jener Stufe der Vollkommenheit gebracht
werden möchten, wie sie dieselben in den benachbarten Staaten rühmlichst
blühen sahen.«

Daher hielt es im Jahr 1766 ein Mitglied der Akademie für ganz angemessen,
bei schicklicher Gelegenheit in derselben einen Vortrag über die
Nichtigkeit des Hexenwesens zu halten. Es war dieses der Theatinermönch Don
=Ferdinand Sterzinger=[294]. Am 24. Mai 1721 auf dem Schlosse Lichtwörth im
Unterinnthale, (welches seit längerer Zeit schon der adeligen Familie der
Sterzinger von Sigmundsried gehörte) geboren, war Sterzinger im neunzehnten
Jahre seines Lebens in den Theatinerorden eingetreten, hatte sich mit gutem
Erfolge namentlich dem Studium der Geschichte und des kanonischen Rechts
gewidmet, seit 1750 in seinem Orden anfangs zu Prag, dann zu München als
Lehrer der Moral und Philosophie gewirkt und war von dem Kurfürsten
Maximilian Joseph schon bei der Errichtung der Akademie der Wissenschaften
in dieselbe aufgenommen worden.

Im Jahr 1766 geschah es nun, dass er als Mitglied der baierischen Akademie
am 13. Oktober als am Namensfeste ihres fürstlichen Stifters eine Rede
hielt, worin er zu beweisen versuchte, »dass die Hexerei ein ebenso nichts
wirkendes als nichts thätiges Ding sei«[295]. Eine wirklich
wissenschaftliche Bedeutung hatte diese Rede freilich nicht, indem sie
nichts enthielt, was nicht schon von Maffei, dell Osa und anderen gesagt
war und am Schlusse dem vulgären Hexenglauben noch die bedenklichsten
Conzessionen machte. =Sterzinger= resümirte nämlich am Schlusse seiner
Rede: Was also von Vielen für Hexerei gehalten werde, das seien nichts
weiter als ganz natürliche Zufälle. Daher solle man nicht sogleich mit
Exorzismen und Benediktionen zufahren, sondern die Sache durch unbefangene
und urtheilsfähige Leute, namentlich durch Aerzte untersuchen lassen. --
Um nun aber nicht mit dem baierischen Strafrecht in Collision zu kommen,
fuhr der Redner fort: »Ich merke schon, dass einige meiner werthen Zuhörer
denken werden, wie es doch möglich wäre, dass so viele Hexen durch Feuer
und Schwert aus der Gesellschaft der Menschen seien vertilgt worden, wenn
sie weder die höllischen Geister in den menschlichen Leib bannen, weder
durch Teufelskünste dem Nächsten schaden, Donner und Hagel erregen, in der
Luft herumfahren oder einen Bund mit dem Satan machen können? =Allein
verdienen nicht Diejenigen den Tod=, welche den heiligsten Namen der
unendlichen Majestät Gottes lästern, den Teufel anrufen, ihn heidnisch
anbeten und von ihm Hülfe und Beistand verlangen? =Machen sich nicht
diejenigen des Bluturtheils schuldig=, welche, um ihren bösen Willen zu
erfüllen, unschuldige Kinder tödten, die Leichen der Todten ausgraben, dem
Nächsten gröblich zu schaden suchen und tausend andere Bosheiten ausüben,
wenn auch die Hexerei, wie wir unablässlich behaupten, in sich selbst ein
eitles und leeres Nichts, ein Vorurtheil und Hirngespinnst verrückter Köpfe
ist?« --

Ueber den unmittelbaren Eindruck dieses Vortrags berichtet der Graf =Joh.
Zech= in der Gedächtnissrede, die er als Mitglied der Akademie im
Sitzungssaale derselben zum Andenken an Sterzinger am 22. Februar 1787
hielt: »Kaum wurde diese Rede, wie gewöhnlich, abgelesen, so entstanden,
wie man in einem schattigen Walde das unversehene Sausen des Windes in den
Gipfeln belaubter Aeste vernimmt, schon während der Ablesung besondere
Gährungen in den Gemüthern der Zuhörer. Man lispelte sich sogleich stille,
wechselweise Entdeckungen ins Ohr, ja man glaubte kaum das Herabgelesene
verstanden zu haben. Man eilte nach Hause und spitzte die Federn zu
Widerlegungen etc.«

So stand es damals um die Intelligenz der Träger der Wissenschaft in
Baiern, wesshalb es nicht Wunder nehmen kann, dass, nachdem die Kunde von
dem Vortrage Sterzinger's wie ein Lauffeuer durch das ganze Land gegangen
war, dessen Name alsbald in allen Schichten der Gesellschaft mit Grimm und
Verachtung genannt ward. Er wurde überall als Frevler am Glauben
verschrieen. Auch traten, nachdem die Rede im Druck erschienen war, aller
Orten literärische Verfechter des Hexenglaubens auf. Zunächst erschien eine
Streitschrift unter dem Titel: »Urtheil ohne Vorurtheil über die wirkend-
und thätige Hexerey, abgefasset von einem Liebhaber der Wahrheit, 1766.
=Mit Erlaubnis der Oberen.=« Im Verlaufe des nun beginnenden Streites
zeigte es sich, dass der Verfasser ein Augustinermönch und Professor der
Theologie zu München, =Agnellus Merz= war. Derselbe entwickelte und
verfocht (also »mit Erlaubnis der Oberen«) in seinem Pamphlet folgende
Lehre: »Unter der heutigen und sogenannten Hexen- und Zauberkunst verstehen
wir nichts Anderes als ein ausdrückliches oder geheimes Bündniss mit dem
Teufel, kraft dessen man sich demselben gegen die von ihm versprochenen
Vortheile als eigen übergibt. Diese Vortheile vonseiten der Hexe oder
Unholde bestehen hauptsächlich in folgenden =Wundern=: dass sie an gewissen
Tagen, an bestimmten Orten in einer wollüstigen Zusammenkunft alle
Ergötzlichkeiten mit dem Satan geniessen, der sie auf Böcken, Besen, Gabeln
u. dergl. abzuholen pfleget oder verbunden ist, dass sie nach ihrem
Belieben zum Schaden eines Landes, einer Gemeinde, eines Bürgers schädliche
Stürme, Ungewitter, Hagel, Regengüsse in der Luft erregen dürfen; dass sie
endlich die erschreckliche Gewalt haben, des Nächsten Vieh, Kinder oder
andere Leute zu bezaubern oder zu lähmen, ja =ganze Legionen der Teufel in
den Leib der Unschuldigen hineinzusperren=, und was dergleichen mehr ist.
Der Vortheil hingegen vonseiten des Teufels ist der einzige =Seelenraub=.«
-- Also die Dämonenlehre Delrio's wurde noch im Jahr 1766 offiziell als
Lehre des Augustinerordens verkündet!

Ein zweiter Bestreiter der Rede Sterzinger's erhob sich in der Person des
Benediktiners =Angelus März= im baierischen Kloster Scheyern, der zu
Freysing gegen ihn eine »Kurze Vertheidigung der Hex- und Zauberey wider
eine dem heiligen Kreuz zu Scheyrn nachtheilig-akademische Rede, welche den
13. Oktober 1766 von P. Don Ferdinand Sterzinger abgelesen worden«,
erscheinen liess. Motive, Geist und Styl des ehrwürdigen Paters zeigen sich
am anschaulichsten im §. 7 seiner Abhandlung, den wir, weil er überdiess
einige interessante Nachrichten über den damaligen Stand des religiösen
Lebens in Baiern gibt, vollständig einrücken.

»Die akademische Rede ist nachtheilig dem H. Kreutz zu Scheyrn. Das ehemal
eines durchleuchtigsten, und dermal Glorwürdigst regierenden Churhauses
Bajern uralte Stammenschloss, dessen eigentlichen Erbauer, ich neulich
entdecket zu haben glaube, nunmehro aber Benediktiner-Kloster Scheyrn hat
allein vor andern Gotteshäusern Deutschlands die Ehre, sich mit dem
grössten und mit Blut besprengten Particul vom wahren Kreutz Christi zu
rühmen. Wie und auf was Art wir dieses erhalten, ist allen durch ein
gedrucktes Buch unter dem Titel: =Kreutz im Kreutz= schon bekannt. Nur
allein kommet hier zu erinnern vor, dass sich dessen Verehrung nicht nur
mit grossen Eifer angefangen, sondern auch immerdar mit noch grösseren
fortgesetzet worden. Wie denn ein unsterblicher Held, und Churfürst in
Bajern Maximilian der Zweite, ein Durchleuchtigster Karl Philipp Churfürst
in der Pfalz, ein Grosser Karl Albert nachmahl Römischer Kayser, Sr.
Durchleucht Eminenz Johann Theodor, und viele andere Durchleuchtigste
Häupter auch bei izigen Zeiten sich persönlich zu diesen begeben, und mit
tiefester Ehrfurcht angebettet haben. Die Andacht und Vertrauen kamme
endlich so weit, dass man um dessen Verehrern ein Genüge zu leisten, theils
von Messing, theils von Silber kleine gegossene Kreutzl an dem wahren
Partickel anrühren, und ihnen überlassen musste, welche auch bis auf izige
Stunde als ein, absonderlich wider Hex- und Zauberey, dienendes Mittel von
allen sind erkennet worden, wie aus einem gedrückten, und den Fremdlingen
zu gebenden Zettel erhellet, dessen Innhalt wir anhero setzen: Die an
solchem hochheiligen Partickel benedicirt, und anberührte Kreutzlein
(welche sogar die Unkatolischen an vielen Orten wegen ihrer grossen Kraft
hoch schätzen) dienen sonderbar wider die gefährliche Donner und
Schauer-Wetter, dann Zauber- und Hexereyen - - - -, demmet den bösen Feind
in den besessenen Personen, machet das krank- und bezauberte Vieh wieder
gesund u. s. f. -- Hochwürdiger Herr Akademicus! ist die Hex- und Zauberey
ein Fabelwerk, eine Blödsinnigkeit, ein Vorurtheil schlechtdenkender
Seelen, so sind wir Scheyerische Väter schändliche Betrüger, Wort- und
Maulmacher, wie man zu reden pflegt, gleich jenen Marktschreyern, welche
die hoche Berge, wo sich ein Kaiser Maximilian verirret hat, auf- und
abklettert. Die Folge ist zu klar, als dass sie einer weiteren Probe nöthig
ist. Da nun dieses nicht nur der Ehre der scheyerischen Religiosen sehr
nahe kommt; sondern auch dem dasigen Heil. Kreutzpartickel sehr nachtheilig
ist, wie darfen Sie sich wunderen, wenn da und dort eine Probe aus der
Feder geschlichen, der keinen Khylus, oder Milchsaft machen wird. Nicht nur
in Bajern, Schwaben, Böhmen, Oesterreich, Mähren und Ungarn, sondern auch
in Sachsen und Poln werden die Scheyerisch an dem wahren Partickel
anberührte Kreutzlein absonderlich wider Hex- und Zauberey, wider
gefährliche Schauer, und Donnerwetter theils andächtig verehret, theils
nützlich gebrauchet, also dass man bei 40,000 derselben nicht selten in
einem Jahre hat ausgetheilet. Wäre aber nichts anders, als leere
Einbildung, histerische Zustände, nächtliche Träume, kein anders, als nur
natürliches, und durch keine Hex- und Zauberey erregtes Ungewitter zu
förchten: wie würde inskünftig die Andacht und Vertrauen gegen dem Heil.
Kreutz bestehen können, und zwar bei Christen, von welchen man sagen kann:
Nisi signa et prodigia videritis, non creditis. Was lächerliche Andacht
wäre diese? was ungereimtes Vertrauen?« U. s. w.

Zur weiteren Beglaubigung legt der Pater =März= ein mit priesterlichem Eide
bekräftigtes, untersiegeltes und dreifach unterzeichnetes Instrument bei,
in welchem ein Karmeliter von Abensberg seine Heilung durch ein
scheyerisches Kreuz erzählt. Das Wunder erfolgte im Jahr 1719, das
Dokument ist von 1738. Der Karmeliter hatte sich, wie er sagt, plötzlich
von einem so starken Zauberwerk angesteckt gefühlt, dass er Stimme, Sprache
und Verstand verlor. Sein Beichtvater legte ihm ein »an dem wahren Partikel
berührtes Scheyrer Kreuz« auf das Haupt, gab ihm auch ein wenig mit diesem
Kreuze geweihtes Oel zu kosten, und der Patient fand sich bald wieder
hergestellt, nachdem er zuvor an drei Tagen nach einander verschiedene
Zauberstücke durch Erbrechen ausgeworfen hatte, nämlich:

           { 1) Einen Partickel eines haarichten Leders.
           {
           { 2) Einen Partickel eines versilberten Papiers,
           {    welches einen Engelskopf vorstellte.
           {
           { 3) Einen Flintenstein (dessen ziemliche Grösse
  »Am      {    annoch bei uns zu ersehen ist).
  ersten   {
  Tage.    { 4) Einen halben Kopf eines Hechtes.
           {
           { 5) Einen Hufnagel.
           {
           { 6) Einen kleinen Zwirn, dessen Farbe nicht zu
           {    erkennen.
           {
           { 7) Etwelche Partickel eines wächsernen Tachtes
           {    [Dochtes].


           { 1) Etwelche S. V. mit einem Faden zusammen
  Am       {    gebundene Schweinborste.
  zweiten  {
  Tage.    { 2) Zween Partickeln eines abgenutzten Tuches.«
           {    U. s. w.

Von den Argumenten des Paters =Angelus März= für das Dasein der Hexen
dürfen wir schweigen; es sind die längst bekannten[296], nur in der
eigenthümlichen Sprache dieses Schriftstellers vorgetragen. War aber der
Pater kein grosser Gelehrter, so war er doch ein ganz guter Taktiker. Auf
der Rückseite des Titels steht in schwabacher Schrift als Motto folgende
Stelle aus dem baierischen Strafcodex: »Böse Gemeinschaft mit dem Teufel,
durch desselben praemeditirt und geflissene Beschwörungen mit
aberglaubischen Ceremonien, oder da man durch zauberische Mittel jemand an
seinem Leben, Leibs- oder Gemüths-Gesundheit, Vieh, Früchten, Haab und
Guth, oder auf welcherley Weis es immer seyn mag, schaden thut, wird ohne
Unterscheide, ob der Schaden gering, oder gross, mit dem Schwerdt
bestrafft. Maximilianus Josephus utriusque Bavariae Dux etc. Codicis
criminal. Parte prima, Cap. 8. §. 7. n. 2.« -- In der Vorrede heisst es
dann weiter: »Die Critic, welche den Hochmuth zu einem Vater, und die
Begierde manchen =Halbkatholischen= zu gefallen für eine Mutter hat, ist
wohl ein schlimmes Kind. Der hocherleuchte Akademicus, will eben jenen, ob
schon ein Ordensmann, weis nicht warum? gefallen: da er andere entgegen als
schlechtdenkende Seelen verachtet, will er seinen erhabenen Geiste
beweisen.« Die Abhandlung selbst aber beginnt mit der Frage: Was von jenen
zu halten, welche keine wirkende und thätige Hexerei erkennen? Und hier
steht sogleich im Vordergrunde die Erzählung von Wilhelm Edelin, der den
Tod erlitten habe[297], weil er als Teufelsgenosse die Wirklichkeit der
Hexerei leugnete.

Ausser den Genannten traten noch verschiedene andere Kämpfer für den
Hexenglauben gegen Sterzinger auf, z. B. ein junger Jurist =Joh. Mich.
Model=, der in einer Broschüre die »Ausfahrt der Hexen wider den heutigen
Hexenstürmer P. Ferd. Sterzinger« vertheidigte; dann ein Benediktiner des
Klosters Niederaltrich, P. =Beda Schallhammer=, der einen dicken Quartband,
30 Bogen stark, in lateinischer Sprache (Dissertatio de Magia nigra
critico-historico-scripturistico-theologica, Straubing 1769) zur
Vertheidigung des Hexenglaubens gegen Sterzinger erscheinen liess. -- Doch
fand Sterzinger in diesem Kampfe auch Freunde und Vertreter. Unter
denselben befand sich auch sein jüngerer Halbbruder =Don Joseph
Sterzinger= ([+]1821 als Bibliothekar zu Palermo), der anonym die
satyrische Schrift »der Hexenprozess, ein Traum, erzählt von einer
unpartheiischen Feder im Jahr 1767« publizirte. Am eifrigsten nahm sich
jedoch des vielfach Angegriffenen ein pseudonymer Schriftsteller, der sich
»=F. N. Blocksberger=, Benefiziat zu T.« nannte, in mehreren Schriften an.
An den =P. Angelus= in Scheyern richtete er ein humoristisches
»Glückwunschschreiben« (gedruckt zu Straubing 1767), worin er ihn dazu
beglückwünschte, dass er mit so unvergleichlicher Geschicklichkeit die
Hexerei und die Hexenprozesse vertheidigt und dem bösen Don Sterzinger nach
Gebühr die Leviten gelesen habe, da er letzteren einen »Abgesandten des
Teufels«, einen »theologischen Marktschreier«, einen »Stiefeltheologen«
etc. hiess[298].

Sich selbst vertheidigte Sterzinger seinem =verkappten= Gegner, dem
Augustiner Merz, gegenüber in einer besonderen Schrift[299], und dem
=offenen= trat er vor dem Konsistorium in Freysing entgegen. Vor letzterem
erhielt er im Ganzen weder Recht, noch Unrecht. Zwar meldeten schon
triumphirende Briefe aus Baiern, die Rede des Akademikers sei zu Freysing
verdammt worden und werde nächstens in Rom als eine »oratio scandalosa und
haeretica ad valvas geschlagen werden«[300]. Indessen kam es in der That
nicht so weit. Der Kläger und der Beklagte erhielten die Auflage, »in
dieser Materie eine moderate Schrift herauszugeben«, und =Sterzinger=
leistete dieser Forderung Genüge, indem er in der dritten Auflage seiner
begierig gelesenen Rede seine frühere Behauptung, dass die Hexerei ein
Vorurtheil =schlecht= denkender Seelen sei, dahin abänderte, dass er
dieselbe nun zum Vorurtheil =seicht= denkender Seelen machte. Die beiden
Väter =Merz= und =März= sahen sich übrigens noch verschiedenen sehr derben
Abfertigungen von Anhängern Sterzinger's blossgestellt, und der Streit, in
welchem sich sehr wenig Neues und Gründliches[301], aber sehr viel
gutwillige Halbheit auf der einen und dummdreiste Anmassung auf der andern
Seite dargelegt hatte, war bald ganz vergessen.

Uebrigens begegnen wir eben damals in =Baiern= allerlei Vorkommnissen,
welche beweisen, dass der Dämonenglaube und die Hexenverfolgung hier von
jeher ganz besonders heimisch gewesen war. Denn nicht nur ward hier noch
1754 ein dreizehnjähriges Mädchen hingerichtet, und 1756 ein
vierzehnjähriges Mädchen, weil es mit dem Teufel Umgang gepflogen, Menschen
behext und Wetter gemacht habe, enthauptet[302], sondern es wurde bei den
kurbaierischen Landgerichten sogar noch im Jahr 1769 eine amtliche
Instruktion zum »=Malefiz-Inquisitions-Prozess=«[303] eingeführt, welche
ganz und gar dem Hexenhammer entsprach. In demselben werden den Richtern
zunächst die genauesten Belehrungen über das »Laster der Zauberei, Hexerei
oder Schwarzkunst« gegeben, wobei zwischen Schwarzkünstlern (magi),
eigentlichen Zauberern (praestigiatores), Segensprechern (incantatores oder
exorcistae), sowie necromanticis, Wahrsagern (haruspices, arioli),
Veneficis und eigentlichen Hexen (sagae, lamiae, striges) oder Unholden
sorgfältig unterschieden wird. -- Diese Letztgenannten, die
»Gabelfahrerinnen, Hexen und Hexenmeister thuen Ungewitter, Riesel, Donner
und Blitz in den Lüften erwecken, trachten nach Menschen und Viehs
Untergang, -- besuchen die Zusammenkünfte der Teufel und anderer Hexen und
reiten dahin auf Gabeln, Stecken und Besen, halten auch beiderlei
Geschlechts bei.«

»Die Schwarzkünstler, Hexen und Zauberer machen mit dem Teufel einen
ordentlichen Pakt, sie verleugnen die allerheiligste Dreifaltigkeit, den
christlichen Glauben, die seligste Mutter Gottes, die lieben Heiligen, alle
Kirchen-Sacramenta, treten deren Bildniss, das heilige Kreuz, mit Füssen,
lassen sich auf des obersten Teufels Namen und in aller anderen Teufel
Namen umtaufen, schwören denselben die Treue, beten ihn mit gebogenen
Knieen an, unterschreiben sich mit ihrem eigenen Blut, geloben (sich) ihm
an und gebrauchen ohne Unterlass seinen Beistand, werden auch von ihm an
unterschiedlichen Orten des Leibes mit verschiedenen Figuren gezeichnet,
allwo sie hernach keine Empfindlichkeit haben, küssen den Teufel von hinten
und vorn, treiben mit demselben (=wie ich darvor halte=) =ihrer
Einbildung=[304] nach Unzucht und fleischliche Vermischung, -- tragen
versteckter Weise die heil. Hostien mit sich auf die Hexentänze und
Convente, haben viele Jahre aufeinander ihre Teufel als Puller und legen
dergleichen, wenn sie von ihren Ehemännern aus dem Bett hinweggefahren,
statt ihrer unter menschlicher Gestalt zu dem Ehemann in das Bett an die
Seite.«

Hierauf wird bezüglich der »Anzeigen dieses allerabscheulichsten Lasters«
mit Berufung auf die Auctorität Carpzov's ausgeführt, dass es »in den
heimlichen und schwer zu probirenden Verbrechen =genug=« sei, dass
=Muthmassungen= vorhanden; denn »=eine muthmassliche und aus wichtigem
Argwohn entsprungene Probe ist diessfalls für vollkommen und entscheidend
zu achten=.« Daher hat man zunächst nur nach dem Rufe der Betreffenden zu
fragen und demgemäss gegen sie vorzugehen.

Bezüglich des Prozessverfahrens ist nun zwar von der Anwendung der Folter
nicht die Rede; dagegen wird eine Reihe der scheusslichsten Vorschriften
des Hexenhammers wiederholt. Zunächst heisst es nämlich: »Wenn dergleichen
Geschmeiss in Verhaft kommt, ist das Sicherste, der Oberbeamte befehle, man
solle ihnen =alle Haare abscheeren= und sie durchgehends glatt und eben
machen, auch wegen vielleicht habenden =Zeichen= visitiren, damit sie
nichts Zauberisches mögen bei sich führen oder versteckt behalten, wie dann
auch wohl geschicht, wenn man ihnen ein anderes =Malefizhemd= -- zuwirft.«

Aus den für den Prozess vorgeschriebenen »Fragestücken« ersieht man, dass
die Doktrin des Hexenhammers in Baiern im Jahr 1769 noch vollständig
aufrecht erhalten wurde, und dass die ganze Inquisition auf der
nichtswürdigsten Suggestion beruhte. Am empörendsten sind hierbei wohl die
zum Gebrauche bei Kindern vorgeschriebenen Fragen. Dieselben sollen
zunächst durch freundliche Fragen gefangen werden: »Wie sie heissen? Ob sie
ihre Eltern lieb haben? Ob sie schon zur Schule gehen? Was sie für
Kameraden haben? Was diese können? Was sie mit ihnen spielen?« u. s. w.
Dann folgen die Fragen: »Warum sie dermalen nicht zu Hause bei dem Vater
(Mutter), sondern hier im Amthaus sich befinden? Was sie neulich da und
dort mit diesen getrieben? In wem es bestanden? Was, wie er es gemacht? Wer
es ihm gelehrt? Wann, wo, wer dabei gewesen? Wie oft sie es gemacht? --
Wie lange das Wetter gedauert? Wem es vermeint gewesen und geschadet? Zu
wem sie die Mäuse geschickt? Warum? Wie er ausgeschaut? -- Wie oft sie auf
dem Tanz gewesen? Wer sie hingeführt und was sie noch alldort gethan? Was
ihnen dieser und jener, auch der Teufel versprochen?« u. s. w.

Bei Erwachsenen soll sofort gefragt werden: »Ob er diese oder jene Personen
kenne? Ob dieser ein Hexenmeister sei? Er müsse es wissen, weil er mit ihm
Umgang gepflogen. Was ihm von dem jüngst gewesenen Schauerwetter bekannt?
Wer dieses gemacht? Wo er um diese und jene Zeit gewesen? Von wem er das
Hexen und Zaubern gelernt? Wie lange er solches treibe? -- Was er für einen
Glauben habe? Wie er dieses sagen möge, zumal er sich ja durch seine
teuflischen Künste von Gott abgesondert? Was er zu seiner Kunst gebrauche?
Woher er die Sachen genommen? Was der Teufel von ihm verlangt? Solle die
Wahrheit sagen. Ob er sich demselben verschrieben? Auf wie lange und mit
was für Umständen? Ob er Gott verleugnet? Ob er anders getauft und mit was
für einem Namen? -- Ob er mit dem Teufel Beischlaf gehabt? Wie oft und auf
was für eine Weise? Wie dieser geheissen, wie er ausgesehen? Was sie
hierbei und nach der Hand verspürt[305]? Zu was Zeit und an welchem Orte er
auf dem Tanz gewesen? Was der Teufel geredet?« u. s. w. u. s. w. --
Besonders wird es dem Untersuchungsrichter noch zur Pflicht gemacht »auch
auf die Complices zu inquiriren«.

Diese (von =Schuegraf= im Archive zu Kelheim aufgefundene und zuerst
bekannt gemachte) Instruktion für die kurbaierischen Hexenrichter musste,
da sie nicht gedruckt ward[306], von jedem Landgericht abgeschrieben
werden. Schuegraf macht nun dabei die für die damaligen Kulturverhältnisse
Baierns ganz besonders frappante Mittheilung, dass man eben damals, gerade
um die Jahre 1760-1769 anfing, die baierischen Pfleggerichte der vier
Rentämter Straubing, Landshut, München und Burghausen zu klassifiziren,
indem man jene, die am meisten Hexen und andere Verbrecher durch Feuer,
Schwert etc. justifizirt hatten, die strengsten, jene aber, die in ihrer
Jahrespraxis eine geringere Zahl von Hinrichtungen aufzuweisen hatten, nur
=strenge Halsgerichte= zu nennen pflegte[307].

Grosse Bewegung rief damals in Baiern ein gewaltiger Teufelsbanner, der
Priester =Joh. Joseph Gassner= hervor[308]. Derselbe verkündete, dass die
Wirksamkeit des Teufels jetzt vorzugsweise in der Bewirkung von Krankheiten
hervortrete, wesshalb ein grosser Theil derselben nicht mit Arzneien,
sondern nur mit Beschwörungen und Exorzismen geheilt werden könnte. Einen
mächtigen Gönner fand Gassner an dem Bischof von Regensburg, Anton Ignaz
Grafen von Fugger, der ihn zu seinem Hofkaplan und geistlichen Rath
ernannte. Da der genannte Bischof zugleich Propst von Ellwangen war, so
begab sich Gassner dahin und begann hier an Besessenen und anderen Kranken
seine Exorzismen zu experimentiren. Der Zulauf, den er hier fand, war so
gross, dass im Dezember 1774 die Zahl der Hülfesuchenden über 2700 betrug.
Um seine Teufelsbannerei noch mehr in Schwung zu bringen, veröffentlichte
Gassner 1774 ein Schriftchen unter dem Titel: »Weise, fromm und gesund zu
leben, auch ruhig und gottselig zu sterben oder Nützlicher Unterricht wider
den Teufel zu streiten durch Beantwortung der Fragen: 1) Kann der Teufel
dem Leibe der Menschen schaden? 2) Welchen am meisten? 3) Wie ist zu
helfen?« (Kempten, 1774, 40 S.) Er meint in diesem Schriftchen, dass es
drei Klassen vom Teufel geplagter Menschen gebe, nämlich circumsessi
(angefochtene), obsessi oder maleficiati (verzauberte) und possessi
(besessene). Für alle diese Geplagten gibt Gassner die Mittel der Heilung
an. Vor Allem habe sich der Betroffene davor zu hüten, dass er die
teuflische Plage und Schädigung für ein natürliches Leiden halte, indem
Niemand die Wirklichkeit der dämonischen Zauberei leugnen könne, ohne sich
»de religione suspectus« zu machen. -- Im folgenden Jahre zog Gassner nach
Regensburg über und auch hier strömte viel Volks von allen Seiten (aus der
Pfalz, aus Böhmen, Oesterreich und aus anderen Landen) herbei, um sich
durch seine Bannsprüche von allerlei zauberischen Plagen, Besessenheit und
sonstiger Krankheit heilen zu lassen. Endlich aber ward ihm das Handwerk
gelegt. Der kaiserliche und der kurbaierische Hof, der Bischof von Costnitz
und die Erzbischöfe von Salzburg und Prag untersagten ihm die fernere
Ausübung seiner Teufelsbannerei. Auch in Rom wurde die Ostentation, mit der
er seine (theilweise von ihm selbst redigirten) Exorzismen betrieb,
gemissbilligt. Nebenbei wurde viel Staub durch Broschüren, die sich mit dem
Teufelsbanner und Wunderdoktor beschäftigten, aufgewirbelt[309].

In diesem Federkrieg sprach sich seltsamer Weise nicht nur der berühmte
=Lavater= zu Zürich einigermassen zu Gunsten Gassner's aus, indem er in
diesem zwar keinen Wunderthäter aber doch einen starken Glaubensmann
anerkannte, -- sondern auch der kaiserliche Leibarzt =Anton von Haen= (der
mit seinem Collegen, dem Freiherrn =van Swieten= als Hauptgegner des
Hexenglaubens galt, und der einst drei angebliche, schon gemarterte und zum
Scheiterhaufen verurtheilte Hexen gerettet hatte,) liess sich bestimmen, in
einer Broschüre[310] dem Hexenglauben gewisse Conzessionen zu machen. In
einer zweiten Broschüre[311] »über die Wunder« schloss freilich =Haen=
seine Untersuchung damit, dass, da sich die wesentlichen Kennzeichen des
Wunders bei den wunderbaren Heilungen Gassner's nicht vorfänden, dieser
dieselben wohl mit Hülfe des Teufels verrichtet haben müsste.

Auch unter der Regierung des Kurfürsten =Karl Theodor= (1777-1799) dauerte
die Herrschaft des Aberglaubens in Baiern ungestört fort. Fast jedes
Kloster hatte seinen sogenannten =Hexenpater=, bei welchem man sich Rath
und Schutzmittel zu holen pflegte, z. B. Agnus Dei und Lukaszettel. Eine
Bäuerin aus dem Gerichte Pfatter bei Straubing, deren Kühe keine Milch
gaben, fiel in die Schlingen eines solchen Hexenpaters, des Franziskaners
Benno, der sie im Kloster trunken machte, dann unter dem Vorwande der
Entzauberungszeremonien schändete und zuletzt zum Todtschlage an der
neunzigjährigen Grossmutter ihres Mannes veranlasste. Als das Gericht nach
langem Zögern die Verhaftung des Buben beschloss, musste es die
Auslieferung desselben durch militärische Exekution vom Kloster erzwingen,
und als derselbe endlich degradirt und zu lebenslanger Festungsarbeit
verurtheilt war, legte sich Rom ins Mittel und bewirkte Begnadigung, so
dass der Hexenpater mit zehnjähriger Suspension und eben so langem
Klosterarreste durchkam. -- »Seht, Leute! -- sagt der Berichterstatter, dem
wir diese Nachricht entnehmen, -- so geht's bei uns in Baiern zu; die
Pfaffen lachen über uns und mästen sich von unserm Schweiss. Wär's nicht
eine von den nothwendigsten Neuerungen, dass bei uns die Bettelmönche, so
wie die andern privilegirten Tagediebe aufgehoben, oder wenigstens ihr
Wirkungskreis beschränkt würde? Aber das ist so ein Wunsch, der keine
Erfüllung kennt, so lange wenigstens nicht kennen wird, als =Frank=
Gewissensrath unsers durchlauchtigsten Karl Theodor bleibt«[312].

Im Umfange des heutigen Königreichs Baiern sah man sogar noch im Jahr 1775
die Tragödie eines Hexenprozesses vor sich gehen. Dieser Hexenprozess
erfolgte im damaligen =Stift Kempten=, wo derselbe am 6. März 1775 begann
und am 11. April 1775 zu Ende ging. Ueber den Verlauf desselben berichten
wir wörtlich nach =C. Haas=, der denselben (in der Schrift »die
Hexenprozesse« S. 108 ff.) zum ersten Male (nach den Akten) mitgetheilt
hat.

Eine arme Söldners- und Tagwerkerstochter =Anna Maria Schwägelin= von
Lachen hatte frühe ihre Eltern verloren und musste sich ihr Brot mit Dienen
erwerben. Im Dienste eines protestantischen Hauses knüpft der Kutscher des
Herrn ein Verhältniss mit ihr an und verspricht ihr die Ehe unter der
Bedingung, dass sie den katholischen Glauben verlasse und lutherisch werde.
Dieses letztere vollzog die Schwägelin in Memmingen in einem Alter von etwa
30-36 Jahren (sie wusste im Verhör über ihr Alter nur zu sagen, dass sie in
die dreissig oder nahezu vierzig Jahre alt sei). Nichtsdestoweniger liess
sie der Kutscher sitzen und heirathete eine Wirthstochter von Berkheim.
Hierüber erregt und zugleich in ihrem Gewissen beunruhigt beichtete sie die
Sache einem Augustinermönche in Memmingen, der ihr gesagt haben soll: »es
sei nunmehr genug, dass sie es gebeichtet und dass sie eine wahre Reue
dagegen bezeuge, und sie habe nicht nöthig, dass sie wiederum neuerdings
ein Glaubensbekenntniss ablege, wenn sie nur bei ihrem Vorsatz beharre.«
Bei ihrer Conversion in der Martinskirche zu Memmingen habe sie die
Schwörfinger aufheben und sagen müssen, dass sie auf dem lutherischen
Glauben beharren wolle und dass die Mutter Gottes und die Heiligen ihr
nicht helfen können. Die Mutter Gottes sei nur eine Kindelwäscherin und als
ein anderes Weibsbild gewesen. Die Bilder von denen Heiligen seien nichts
als zum Gedächtniss, keineswegs aber, dass man diese verehren solle. Gott
allein könne ihr helfen, sonst Niemand. Da aber oben gemeldeter Augustiner
in Memmingen wenige Tage nach der Beichte der Schwägelin apostasirte, so
ward sie wieder unruhig und meinte, sie sei wohl von diesem Geistlichen
nicht richtig absolvirt. Sie will daher hierauf die Sache einem Kaplan
gebeichtet haben, der ihr jedoch die Absolution mit dem Bemerken
verweigerte, der Fall müsse nach Rom berichtet werden. Alsbald aber sei der
Kaplan auf einen anderen Dienst gekommen und die Sache sei liegen
geblieben.

Seitdem irrte die Schwägelin von Dienst zu Dienst, und wurde schliesslich
als vagirende und wahrscheinlich körperlich und geistig leidende Person in
das Kempten'sche Zuchtschloss Langenegg (zwischen Kempten und Immenstadt)
gebracht. Dort ward sie =einer notorisch geisteskranken Person=, Namens
Anna Maria Kuhstaller, für wöchentlich 42 Kr. in Pflege und Aufsicht
gegeben. Ihrer Aussage nach wurde sie von derselben sehr schlecht gehalten,
elend genährt, oft Tage lang gar nicht, und dabei vielfach geschlagen und
sonst misshandelt. Soviel steht wenigstens fest, dass sie schliesslich
nicht mehr stehen und gehen und keine Hand mehr erheben konnte. Die
Schwägelin gab dabei an, dass die Kuhstaller sie aus Eifersucht so arg
misshandelt habe, weil diese befürchtet, sie mache ihr den Zuchtmeister
abspännstig. Dagegen erklärte die Kuhstaller, sie habe der Schwägelin nur
zweimal mit einem Stricke etliche Hiebe gegeben, weil sie gelogen habe und
boshaft gewesen sei. Essen habe sie ihr richtig und genug gegeben, so gut
sie es habe auftreiben können, was der Zuchtmeister Klingensteiner als wahr
bezeugte.

In ihrem Unmuthe sagte einmal die Schwägelin, sie wollte lieber beim Teufel
als in solcher Pflege sein. Das benutzte die Kuhstaller, um alsbald bei
Gericht anzuzeigen: die Schwägelin habe ihr einbekannt, dass sie mit dem
Teufel Unzucht getrieben und Gott und allen Heiligen habe absagen und auf
jene Weise und Art sich verschwören müssen, wie es ihr der Teufel
vorgehalten habe. Auch habe sie die Schwägelin manchmal laut lachen und mit
Jemandem sprechen hören, während doch Niemand bei ihr gewesen sei.

=Diese Anzeige genügte=, weil der Zuchtmeister sie bestätigte, die
unglückliche, ganz gebrechliche Person »abholungsweise auf der sogen.
Bettelfuhr« am 20. Febr. 1775 nach Kempten ins Gefängniss schaffen zu
lassen. Von da bis zum 6. März wurde sie nun zunächst durch den
Eisenmeister Klingensteiner beobachtet, der auf Befragen über das Verhalten
der Angeklagten deponirte: In der dritten Nacht ihrer Anwesenheit im Kerker
habe man im Gefängnissofen ein Geräusch gehört, als ob etwas vom Ofen
herabgefallen wäre. Er selbst freilich habe es nicht gehört, sondern es sei
ihm von einem anderen Gefangenen erzählt worden. Aber er und seine
Schwester hätten gehört, wie ihre Enten im Stalle geschrieen und hätten
deren Unruhe gesehen, und zwar Nachts zwischen zwei und drei Uhr. Späterhin
habe man nichts mehr gehört. Er, der Eisenmeister, habe die Schwägelin
gefragt, ob sie wisse, warum sie ins Gefängniss gebracht worden sei. Darauf
habe sie geantwortet: Ja, sie habe gesagt, dass sie Gott und allen Heiligen
abgeschworen und mit dem Teufel Unzucht getrieben; allein das habe sie zur
Kuhstallerin nur aus Furcht gesagt, weil sie sonst von derselben geschlagen
worden sei. -- Diese wollte sie also als Hexe anklagen und hatte das
Geständniss erpresst!

Klingensteiner's Schwester Maria Anna deponirt: Der Vorgang mit den Enten
habe seine Richtigkeit, indem dieselben nie so geschrieen wie damals.
Uebrigens sei die Inquisitin »nicht nur an beiden Füssen so eingezogen,
dass diese nicht einmal auf einen Stuhl, sondern immer auf dem Boden liegen
müsse, wie denn auch ihre Hände ziemlich verdreht« wären.

Die Voruntersuchung war nun geschlossen und die Angeklagte ward am 6. März
vernommen. Die Personalien wurden protokollirt, dabei die Erzählung ihres
Abfalls vom katholischen Glauben, ihrer Behandlung seitens der Kuhstallerin
etc., wobei sie erzählte, sie habe der Kuhstallerin geklagt, dass die Maden
ihr die Fersen auffrässen, sie solle doch machen, dass man ihr diessmal ein
Mittel verschaffe, worauf diese geantwortet, dass ihr Hurenjäger (womit sie
den Zuchtmeister gemeint,) ihr schon etwas geben werde. Auf ihre Klage über
schlechte Kost habe sie von der Kuhstallerin Schläge bekommen unter
Vermelden, sie habe von der gnädigen Herrschaft Erlaubniss sie zu
züchtigen. Immer darüber berufen, dass sie es mit dem Teufel zu thun habe,
habe sie aus Furcht vor Schlagen und anderer Misshandlung solches zugegeben
und auf Andringen habe sie zuletzt auch dem Zuchtmeister erzählt, vor etwa
fünf oder sechs Jahren sei der Teufel in Gestalt eines Jägers ihr in der
Harth unweit Memmingen begegnet, mit dem sie sich damals versündigt habe.
Sonst wisse sie nichts anzugeben.

Am 8. März erfolgte nun das zweite Verhör. Inquisitin bleibt dabei, dass
sie nur aus Furcht und Angst der Kuhstallerin und dem Eisenmeister die
Geschichte mit dem Teufel erzählt habe, um Ruhe zu bekommen und weil
letzterer ihr versprochen, ihr dazu behülflich sein zu wollen, dass sie von
Langenegg fortkomme. Trotzdem wurde aber diese Aussage als Geständniss
angesehen und Inquisitin mit Fragen aller Art so bestürmt, dass sie
verwirrt endlich auf die Suggestionen selbst einging und die lächerliche
Aussage mehr und mehr ausspann, oder vielmehr sich ausspinnen liess, z. B.,
dass der Teufel ihr zuletzt gesagt habe, dass er der Teufel sei. -- Hierauf
geht das Verhör auf das Lutherischwerden u. s. w. über, und wird das
Abschwören in der Martinikirche zu Memmingen zum Abschwören vom Teufel. Zur
Unzucht mit dem Teufel, sagt die Angeklagte, sei es nicht gekommen, und sie
könne es nicht anders sagen, auch wenn sie sterben müsse. -- Auf die Frage,
was ihr denn der Teufel versprochen, antwortet sie: Der Teufel habe ihr
Zeug (allerlei Sachen) schenken wollen. -- Nun wird die Unglückliche immer
von Neuem dazu gedrängt, dass sie gestehen soll, sie habe mit dem Teufel
Unzucht getrieben; allein sie verneint es stets und bleibt dabei, dass sie
ihre Aussage gegen den Zuchtmeister nur aus Furcht und Angst gethan habe.

Am folgenden Tage (9. März) wird die Unglückliche wieder ins Verhör
genommen. Dasselbe beginnt wieder mit Fragen nach dem Lutherischwerden und
geht sodann zur Erörterung ihrer Behandlung in Langenegg über. Inquisitin
bleibt fest bei ihren früheren Aussagen. Auf Befragen zählt sie eine Reihe
von Diensten auf, in denen sie gestanden, wiederholt, da sie wiederum nach
ihrem Abfall vom Katholizismus und ihrer Unzucht mit dem Teufel befragt
wird, ihre früheren Aussagen, gesteht aber endlich zu, dass der Teufel mit
ihr Unzucht getrieben und sie mit Aufhebung von zwei Fingern habe schwören
lassen, dass sie alles dasjenige halten wolle, was sie ihm versprochen habe
(nämlich, dass sie ihm dienen wolle). Abermals wird sie nun aufgefordert zu
gestehen, dass sie mit dem Teufel vollkommene Unzucht getrieben habe, was
sie endlich mit Thränen im Auge und mit dem Bemerken, es werde sie ja das
Leben nicht kosten, abermals bekennt.

Nun beginnt ein so schamloses Inquiriren nach dem Detail der Unzucht, dass
die Unglückliche nicht weiss, was sie antworten soll. Sie wird nach
Scheusslichkeiten gefragt, von denen sie noch nie gehört hat; aber der
Verhörrichter ruht nicht, bis er aus ihr herausgepresst, was er in sie
(durch seine Suggestionen) hineingelegt hat. Die Kuhstallerin, welche
nachher verhöret wird, deponirt, dass sie die Schwägelin einmal habe zum
Teufel sagen hören: es komme Jemand, er solle in ihre Truhe fahren.

In dem am 10. März fortgesetzten Verhör versichert Inquisitin sich mit dem
Teufel nur Einmal, und zwar auf der Harth versündigt zu haben. Im Schlafe
sei es ihr zwei- oder dreimal nur so vorgekommen. Sie klagt, »es werde ihr
so wehe und sie könne schier nicht mehr schnaufen; heute Nacht habe sie
gemeint, sie müsse sterben, indem es ihr so schwer auf dem Herzen
gewesen.« Hierauf wird ihr erwidert: »ihr dermaliger Zustand, den sie dato
anzeige, werde wohl ja und allein daher rühren, dieweilen sie dem Anschein
nach bisher kein aufrichtiges Bekenntniss gethan habe. Sie solle daher ihre
Sache aufrichtig bekennen.«

Endlich dahin gebracht, dass sie bekennt, der Teufel habe in jeder Nacht
mit ihr Unzucht getrieben, geht sie nun auf alle Fragen, die sie vorher mit
innerem Erbeben gehört hatte, ein, -- so toll sie auch waren, -- und
beantwortet sie ganz nach Wunsch des Verhörrichters mit einfachem Ja.
Zumeist betrafen die Fragen schon früher verhandelte Dinge. Plötzlich aber
wird im Verhöre von etwas ganz Neuem, nämlich von einem =Pakte= mit dem
Teufel gesprochen, den die Angeklagte eingestandener Massen eingegangen
habe. Dieses geschah in der zweihunderteinundzwanzigsten Frage, in welcher
der Richter dabei auf Frage hundertsechsundsechzig Bezug nahm. Die Frage
hundertsechsundsechzig lautete aber: »Wie lange es angestanden, dass,
nachdem sie lutherisch geworden, sie hernach Gott und alle Heiligen
verleugnet und sich dem Teufel zugeeignet?« an welche nun die
Suggestivfrage zweihunderteinundzwanzig angeschlossen ward: »Sie habe ad
interrog. hundertsechsundsechzig gesagt, dass sie erst in zwei Jahren
danach, wie sie lutherisch geworden, diesen =Pakt mit dem Teufel= gemacht
habe.« Nun folgt noch eine lange Reihe von Fragen über die mit dem Teufel
getriebene Unzucht (wobei die Angeklagte auf Befragen angibt, dass derselbe
bald als Jäger bald als halberwachsener Bauersknecht zu ihr gekommen war,)
bis man endlich am 30. März 1775 das crimen laesae majestatis divinae als
constatirt ansehen und das Urtheil gefällt werden konnte, welches auf »Tod
durch das Schwert« lautete. Das Urtheil ist unterschrieben von
»=Treichlinger=, Hofrath und Landrichter« (der die Untersuchung geführt
hatte), »=Feiger=, Hofrath« und »=Hofrath Leiner=«. Die Bestätigung des
Urtheils ist mit den Worten beigeschrieben: »Fiat iustitia! =Honorius=,
Fürstbischof.« Ein nachgetragenes »Bey-Urthl« lautet: »Auch ist zu Recht
erkannt worden, dass wer der armen Sünderin Tod rächen oder hindern würde,
in dessen (?) Fusstapfen gestellt werden solle.«

So verlief der letzte Hexenprozess auf deutscher Erde -- im Jahr 1775!

Unter den =französischen= Gerichten war das Parlament von Bordeaux eines
der hartnäckigsten. Es verbrannte noch 1718 einen Menschen, den es für
überführt erklärte, einen vornehmen Herrn sammt dessen ganzem Hause durch
Nestelknüpfen bezaubert zu haben[313].

Im Jahr 1731 wurde vor dem Parlament zu Aix der berüchtigte Prozess
zwischen Katharine Cadière und dem Jesuiten Girard verhandelt. Letzterer
war angeklagt, dieses Mädchen, sein Beichtkind, zur Unzucht gemissbraucht,
entführt und ihre Leibesfrucht abgetrieben zu haben. Die Verführung und den
Abortus sollte der Jesuit durch Zauberkräfte bewirkt haben. Indessen
bewegte sich der ganze Handel auf einem allzu plattnatürlichen Boden, als
dass die Richter auf solches Beiwerk hätten Rücksicht nehmen mögen, und der
Prozess gehört nur der Rubrik der Anklage, nicht dem Charakter des ferneren
Verlaufes nach unter die Zauberprozesse. Es waren in dieser Sache mächtige
Interessen im Widerstreit. Der Procureur-General hatte den Antrag gestellt,
dass Katharine Cadière als ruchlose Betrügerin und falsche Anklägerin
gehängt werden sollte; die Majorität des Parlaments sprach jedoch dieselbe
frei und verurtheilte den Jesuiten zum Scheiterhaufen. Indessen vereinigte
man sich später dahin, ihn dem geistlichen Gerichte zu übergeben, und
dieses sprach ihn los. Als er sich durch eine Hinterthüre wegschlich,
erkannte ihn der Pöbel und überhäufte ihn mit Schmähungen[314].

=Spanien= endigte seine Hexenverbrennungen 1781 mit der Hinrichtung eines
Weibes zu Sevilla, das des Bundes und der Unzucht mit dem Teufel angeklagt
war. Sie hätte, sagt Llorente, dem Tode entgehen können, wenn sie selbst
sich des Verbrechens hätte schuldig erklären wollen[315]. -- Noch 1804
wurden verschiedene Personen wegen Liebeszauber und Wahrsagerei von der
Inquisition eingekerkert.

Die schrecklichsten Dinge trugen sich aber während des achtzehnten
Jahrhunderts in der katholischen Schweiz zu[316].

Hier war es am 9. August 1737 geschehen, dass ein siebenzehnjähriges
Mädchen, =Katharina Kalbacher=, in =Zug= vor dem Hexentribunale erschien,
um Geständnisse abzulegen. Diese von frühester Jugend an verwahrloste
Person hatte vorher eine Besprechung mit den =Jesuiten= in =Luzern= gehabt,
die in ihr eine Besessene erkannt, und deren Rektor ihr die Weisung
ertheilt hatte, zu thun, was er sie heissen werde, wenn sie von ihrem
Stande erledigt sein wollte. Sie gab nun den gewöhnlichen Unsinn zu
Protokoll, wollte schon als kleines Kind dem Teufel und der Zauberei
ergeben gewesen sein, nannte dabei aber sechs Personen als Mitschuldige, zu
denen sie späterhin, wahrscheinlich zur Fristung des eigenen Lebens, noch
drei andere Personen hinzufügte, obwohl diese drei Personen bis dahin in
allen peinlichen Verhören mit keiner Silbe erwähnt worden waren.

Die Angezeigten wurden nun alsbald vorgeladen und »in loco torturae« d. h.
in dem unter dem Namen Kaibenthurm bekannten scheusslichen Arrestlokal der
Hexen vernommen[317].

Im ersten Verhör wiesen dieselben sämmtlich jedes Wissen von Zauberkünsten
und jede Theilnahme an denselben einfach zurück, obschon ihnen von Anfang
an mit Drohungen sehr ernst zugesetzt wurde. Daher schritt man alsbald zum
=peinlichen= Verhör, zunächst mit der siebenzigjährigen Lisi Bossard. Diese
alte Person wurde also »gesetzt«, dann »gebunden« und mit dem »kleinsten
Stein aufgezogen«[318], gab aber hängend »unter erschrecklichem Geschrei
aber =ohne Zähren=« auf die Fragen: »ob es nichts mit dem Teufel gehabt, ob
es nichts verderbt, ob es nichts wissen wolle über das Schlüsselloch, ob es
kein Vieh verderbt«, ein beharrliches »Nein« zur Antwort, worauf zu
schärferen Torturen vorgegangen wurde, -- mit demselben Erfolg.

Doch wir sehen hier von der grässlichen Behandlung der übrigen Angeklagten
ab, um nur Eine derselben ins Auge zu fassen, deren Geschick uns darüber
belehren mag, wie Menschen wirklich Teufel sein können.

Die Ehefrau =Anna Gilli= war am 12. August 1737, vierzig Jahre alt, in der
vollen Kraft der Gesundheit und eines abgehärteten, starken Körpers vor
ihre Untersuchungsrichter gebracht worden; und am 29. Januar 1738 ward sie
zerschlagen, zerquetscht, zerfetzt und zerrissen an Fleisch und Knochen,
kaum noch ein menschliches Aussehen an sich tragend, in der Ecke eines der
Löcher im Kaibenthurm zusammengekauert, todt gefunden.

Das erste Verhör der Anna Gilli wurde damit eröffnet, dass man sie das
Zeichen des Kreuzes machen, fünf Vaterunser und Ave Maria sowie den Glauben
und die »offene Schuld« beten liess, worauf die erste Frage folgte: »ob sie
dem bösen Feinde widersage«, deren Bejahung sofort zu der Frage benutzt
wurde, »ob sie von demselben etwas angenommen habe«, womit die Quälerei
ihren Anfang nahm. Man hatte bei ihr im Stalle acht »Steckeln« gefunden,
von denen sie sagte, dass ihr Mann sie gemacht habe, um sie mit Knöpfen zu
versehen, mit Scheidewasser anzustreichen und zu verkaufen. Allein das
Gericht wollte in ihnen nun einmal die Besenstiele erkennen, mit denen sie
zum Hexensabbath fahre, wesshalb sie sich des Bundes und der Buhlerei mit
dem Teufel u. s. w. schuldig bekennen sollte. Da sie dieses nicht that, so
wurde alsbald zur Tortur geschritten. Sie wurde entblösst, mit einem
Hexenkleide angethan, »ist ihr dann unseres Erlösers Jesu
Christi ......[319] um den Leib gelegt und heilige und gesegnete Sachen an
den Hals gehängt worden, wie auch Salz, das an einem Sonntag gesegnet
war -- ist auch exorzisirt worden, hat aber hierauf keine Zähre vergossen.
Sind ihr hierauf im Weihwasser drei Tropfen von einer gesegneten Wachskerze
gegeben, ist ihr hierauf wieder lange Zeit geistlich zugesprochen
worden«, -- mit diesen Worten beginnt das Protokoll des dreizehnten
Verhörs, denn =zwölfmal= war sie bis zum 2. September, wo dieses Verhör
stattfand, bereits gepeinigt worden. Fast in jedem dieser Verhöre hatte man
sie stundenlang die Tortur auf der Folter mit Anhängung der schwersten
Steine ertragen lassen, und da dieses nichts fruchtete, so waren noch
andere Torturmittel zur Anwendung gebracht. Man hatte sie in die
»Geige«[320] gespannt, ihr den »eisernen Kranz« aufgelegt und schliesslich
war sie »im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit« nach Entblössung
ihres Körpers erst auf dem Rücken, dann auf den Fusssohlen mit Haselstöcken
zerhauen worden. Im vierzehnten Verhör (am 3. Septbr.) wurden ihr sogar
über dreihundert Ruthenstreiche beigebracht[321]. Aber die teuflisch
Gequälte blieb standhaft. Daher liess man sie jetzt bis zum 3. Oktober in
ihrem scheusslichen Behälter in Ruhe. Da aber nahm das Verhör und die
Tortur aufs Neue ihren Anfang. Man hatte nämlich in ihrem Hause ein
Bündelchen mit Habermehl und ein Büchschen mit einer Salbe vorgefunden und
die Kalbacherin hatte ausgesagt, dass das angebliche Habermehl Gift sei,
welches die Gilli zum Hagelmachen und Sterben des Viehes gebrauche. Ebenso
hatte sie angegeben, dass die Gilli mit der Salbe ihre »Steckle« zum
Ausfahren verwende. Allein obgleich die Gilli sich bereit erklärte, das
Habermehl sofort verzehren zu wollen, wenn man es ihr nur gebe, und
obgleich der »Meister Nachrichter«, den man beauftragt hatte, mit dem
angeblichen Habermehl an einem Hunde eine Probe zu machen, berichtete, er
habe eine Handvoll davon einem Hund in einem Stück Fleisch und in Bratwurst
beigebracht, dem es weder geholfen noch geschadet habe, so wurde die
Unglückliche doch nochmals auf die Folter gespannt, und zwar mit Anhängung
aller drei Steine an die Füsse. -- Nach dieser letzten Tortur wurde sie
nach Rathserkenntniss wieder in ihr kaltes Loch gesperrt, und bei etwas
Suppe zu Mittag und etwas Brot zur Nacht bis zum 23. Januar in Ruhe
gelassen. Da wurde sie plötzlich nochmals ins Verhör geführt. Die
zermarterte Frau konnte nicht mehr gehen. Sie wurde abermals aufgefordert,
sich als Hexe zu bekennen, gab aber keine Antwort, sondern brach lautlos
zusammen. Die Richter hatten dabei noch die Rohheit, sie zu fragen,
wesshalb sie nicht gerade stehen könnte. Als Antwort sprach sie die Bitte
aus, dass man ihr etwas Wasser geben möchte.

Am 29. Januar 1738 ward sie endlich todt im Gefängniss gefunden. Das
darüber aufgenommene Visum repertum theilt mit, »dass nachdem die Läufer
besagte Person todt angetroffen, der Meister Nachrichter bei näherem
Untersuch in einem der zwei hölzernen Gehäuse oder Keychen der obersten
contignatio dieselbe in einer Ecke auf der rechten Schulter liegend, Hände
und Füsse zusammengezogen und mit einem Skapulier und Rosenkränzchen am
Hals, -- auch ohne Merkmale eigenhändiger Gewaltthätigkeit gefunden; dass
hierauf die wohlweisen und gnädigen Herrn des Stadt- und Amtsraths
beschlossen, weil solche arme Person von den auf sie gewesenen Indizien
durch grosse und vielfältige Pein sich purgirt und nichts auf sie gebracht
werden können, wollen M. g. Herrn sie nun als todt nicht für eine Unholdin
erkennen noch traktiren, und um das so viel mehr, da sich aus dem Viso
reperto durchaus zeige, dass diese arme Person nicht eines gewaltthätigen
sich selbst angethanen Todes gestorben sei, sondern das Skapulier und
Rosenkranz am Halse gefunden worden. Desshalb soll solche heute Nacht ohne
Geläute und Lichter von den Läufern auf den Kirchhof getragen und in das
Bettlerloch herunter gelassen werden.«

Ganz ebenso wie mit diesem standhaften, willensstarken Weibe wurde nun auch
mit allen anderen Angeklagten verfahren. Bei allen dieselben Prozeduren und
dieselben Torturen! Nur mit einigen Worten wollen wir hier noch das
Schicksal des Marx Stadlin von Zug, seiner Frau und seiner Tochter Euphemia
berühren. Diese drei Unglücklichen waren die von der Kathri Kalbacher ganz
nachträglich am Tage vor ihrer beschlossenen Hinrichtung als Hexen
Denunzirten. Marx Stadlin erlitt unter unsäglichen Schmerzen alle die
Torturen, die wir bei der Gilli erwähnten, ohne sich ein Geständniss
abpressen zu lassen. Das schreckliche Ende mehrerer dieser sogenannten
Hexen auf dem Richtplatze, das er noch vor seiner Gefangennehmung
mitansehen konnte, mag nicht wenig zu dieser Standhaftigkeit beigetragen
haben. Ebenso ertrug auch seine Tochter Euphemia alle Martern. Dieses
heldenmüthige, kaum achtzehnjährige Mädchen hat durch seinen starken
Glauben an Gott, durch den Muth, mit dem sie lieber alle Martern erleiden
und das Leben verlieren wollte, als die Wahrheit verleugnen oder, wie sie
sagte, die Seele verlieren, ihr Leiden wie eine Märtyrerin getragen, und
selbst ihre Richter in einem Grade stutzig gemacht, dass »solche =unter der
Zeit= die h. Regierungshäupter um Rath fragen zu müssen glaubten, was
ferner in der Sache zu thun sei.« -- Beide wurden schliesslich
freigesprochen.

Weniger stark und fest war Stadlin's Frau, Anna Maria, geb. Petermann. »Sie
wolle lieber sagen, sie sei eine Hexe, als so gemartert werden, -- sie sei
jetzt schon halb todt.« Etwa sechsmal widerrief sie ihre Geständnisse, bis
sie schliesslich der fortgesetzten Tortur und Geisselung erlag und sich als
Hexe bekannte.

Zum Schlusse unserer Berichterstattung über diesen Prozess theilen wir noch
folgende in demselben vorgekommenen Erkenntnisse mit:

»Ueber die arme Sünderin =Elisabeth Bossard=, weilen diese vor vierzig
Jahren durch Ableugnung Gottes und seiner Heiligen, auch wegen begangenen
gottesschänderischen Verunehrung des Hochwürdigsten solche unmenschliche
Verderbungen, nicht minder auch mit Vermischung mit dem Teufel sich
entsetzlich verfehlet, dass diese arme Person vor dem Thurm hinter sich in
ein Karren gesetzt, dreimal mit feurigen Zangen gerissen, als zum erstenmal
allhier gleich nach Ablesung des Urtheils an der rechten Hand, das andere
Mal am rechten Fuss gleich vor der Stadt auf der Schanze, und das dritte
Mal gleich innerhalb des Schützenhauses an dem linken Fusse; hernach mit
einem Vierling Pulver am Hals lebendig verbrannt, und also vom Leben zum
Tode hingerichtet werde.«

»Ebenso soll das =Margareth= zweimal mit feurigen Zangen gerissen, ebenso
ausgeführt und mit einem Vierling Pulver am Hals an eine Leider gebunden
und ins Feuer gestossen werden.«

»Das arme Mensch =Theresia Bossard= soll gleich der anderen zur Stadt
hinaus auf den gewohnten Richtplatz geführt und alldort die rechte Hand
abgehauen und da sie den Strick am Hals und noch lebendig, die Zunge mit
einer feuerigen Zange aus dem Mund gerissen, auch mit einem Strick an einer
Stud erwürgt werden.«

»Ebenso soll das Anna Maria Bossard ausgeführt, mit feuerigen Zangen
gerissen und verbrannt werden. Dieselben alle vier sollen zu Pulver und
Asche verbrannt, nochmals die Asche unter das Hochgericht vergraben werden,
damit ferner Niemandem kein Schade geschehen könne.«

=Anna Maria Petermann= wurde an einem Pfahl erwürgt und vorher mit feurigen
Zangen gezwickt.

Weiter heisst es in den Erkenntnissen: »Die Kathri Kallbacherin soll aus
sonderer Gnad, weil solche sich ihrer zwar grossen Unthaten selbst zu
Handen einer hochweisen Obrigkeit angeklagt, auf dem Karren auf den
Richtplatz geführt und daselbst mit dem Schwerte hingerichtet werden.«

Noch enthält das Protokoll das Urtheil über sieben Personen, die auf eben
diese grausame Weise als Hexen hingerichtet wurden. --

So endete dieser entsetzliche Prozess, der -- was wohl zu beachten ist --
in Szene gesetzt wurde, nachdem es der alten aristokratischen Partei zwei
Jahre vorher (1735) gelungen war, das Regiment des edlen, gerechten und
freisinnigen Landamman Schuhmacher in Zug zu stürzen und diesen aus dem
Lande zu verbannen. Der Prozess war die Frucht der Coalition der
Aristokratie mit der Hierarchie und war die Siegesfeier derselben.

Uebrigens war er nicht der letzte Hexenprozess der Schweiz. In dem zum
Königreich Preussen gehörigen Lande Neufchatel wurde noch im Jahr 1743 --
also unter der Regierung Friedrichs d. G. -- von dem Kriminalgericht zu
Motiers ein Zauberer verurtheilt. Derselbe wurde erst gerädert und dann
lebendig verbrannt[322]. Das letzte gerichtliche Opfer des Hexenglaubens
während des achtzehnten Jahrhunderts fiel in der Schweiz im Jahr 1782 zu
=Glarus=[323]. =Anna Göldi=, Dienstmagd des Arztes Tschudi, wurde
enthauptet, weil sie das Kind ihres Herrn bezaubert haben sollte, so dass
es Stecknadeln, Nägel und Ziegelsteine vomirte. Dieses Erbrechen hatte
begonnen, als die Beschuldigte bereits seit drei Wochen ausserhalb Landes
gewesen war. Ihr angeblicher Mitschuldiger, ein angesehener Bürger,
erhängte sich voll Verzweiflung über den Schimpf, den man ihm anthat, im
Gefängnisse. Das in diesem Prozesse hervortretende Parteienspiel der
Patrizierfamilien, das Benehmen der Aerzte und Theologen, das Hinzuziehen
eines wahrsagenden Viehdoktors, die Entzauberungsprozedur durch die
Angeschuldigte und das von reformirten Richtern gefällte Todesurtheil
selbst geben einen traurigen Begriff von der damaligen Geistesbildung des
kleinen Freistaates. Die Vorstellungen, die von dem aufgeklärten Zürich
wohlmeinend herüberkamen, hatten kaum einen andern Erfolg, als dass die
glarner Richter einen Euphemismus erfanden. Sie redeten in ihrem Urtheil
von »ausserordentlicher und unbegreiflicher =Kunstkraft=« und von
»=Vergiftung=«, wo sie auf =Zauberei= erkannt haben würden, hätten sie
nicht aus Zürich erfahren, dass ein Hexenprozess ihnen vor aller Welt
Schande bringen müsste[324]. Das folgende Aktenstück wird den Charakter des
Ganzen hinlänglich in's Licht stellen[325]:

            »=Malefiz-Prozess und Urtheil=
  über die z. Schwert verurtheilte Anna Göldinn aus
  dem Sennwald, verurtheilt den 6/17 Junii 1782.

Die hier vorgeführte bereits 17 Wochen und 4 Tage im Arrest gesessene, die
meiste Zeit mit Eisen und Banden gefesselte arme Uebelthäterin mit Namen
Anna Göldinn aus dem Sennwald hat laut gütlich und peinlichem Untersuchen
bekennet, dass sie am Freytag vor der letzten Külbi allhier zwischen 3 und
4 Uhr Nachmittags aus des Herrn D. Tschudis Haus hinter den Häusern durch
und über den Giessen hinauf zu dem Schlosser Rudolf Steinmüller, welcher
letzthin in hochobrigkeitlichem Verhaft unglückhafter Weise sich selbst
entleibet hat, expresse gegangen sey, um von selbem zu begehren, dass er
ihr etwas zum Schaden des Herrn Doktors und Fünfer Richters Tschudi zweyt
ältestem Töchterli Anna Maria, dem sie übel an sey, geben möchte, in der
bekennten äusserst bösen Absicht das Kind elend zu machen, oder dass es
zuletzt vielleicht daran sterben müsste, weil sie vorhin von dem
unglücklichen Steinmüller vernommen gehabt habe, dass wann man mit den
Leuten uneins werde, er etwas zum Verderben der Leute geben könne. Auf
welches sie ein von dem unglücklichen Steinmüller zubereitetes und von ihm
am Sonntag darauf, als an der Kilbi selbst, überbrachtes verderbliches
Leckerli im Beyseyn des Steinmüllers auf Herrn D. Tschudis Mägdekammer
zwischen 3 u. 4 Uhr, als weder Herr D. Tschudi, noch dessen Frau, noch das
älteste Töchterli zu Hause war, unter boswichtigen Beredungen, dass solches
ein Leckerli sey, dem bemelten Töchterli Anna Maria beigebracht habe, wo
ihr der Steinmüller bey gleich unglücklichem Anlass noch auf der
Mägdekammer, zwaren da das Töchterlein das verderbliche Leckerli schon
genossen gehabt, eröffnet habe, dass solches würken werde, nämlich es werde
Guffen, Eisendrath, Häftli und dergleichen Zeugs von dem Kinde gehen,
welches auch leider zum Erstaunen auf eine unbegreifliche Weise geschehen,
wodurch das unschuldige Töchterlein fast 18 Wochen lang auf die
jammervollste Weise zugerichtet lag. Bey solchem unter der betrüglichen
Gestalt eines Leckerlis dem Töchterlein beigebrachten höchst verderblichen
Gezeug liess es die hier stehende Uebelthäterin nicht bewenden, sondern
erfrechte sich aus selbsteignem bösen Antrieb laut ebenfalls gütlich und
peinlich abgelegtem Geständniss neuerdings in der letzten Woche, da sie
noch bei Herrn D. Tschudi am Dienst stund, wo ihro nach ihrem Vorgeben
damals das Töchterli in der Küchen die Kappe abgezerret habe, diesem
Töchterli in sein mit Milch auf den Tisch gebrachtes Beckeli zu acht
unterschiedlichen malen und noch über erfolgtes Warnen hin, jedesmal eine
aus dem Brusttuch genommene Guffe, also zusammen 8 Guffen zu legen, in der
bekennten schändlichen Absicht, damit wann man die Guffen gewahr werde und
mit der Zeit Guffen vom Kind gehen möchten, man schliesse, dass das
Töchterlein solche aus eigner Unvorsichtigkeit geschluckt habe, und dadurch
die erste im Beyseyn des Steinmüllers verübte Uebelthat, wegen des
beygebrachten Leckerlis, verdeckt bleibe, von welchen Guffen zwaren das
Töchterli keine empfangen hat, sondern solche allemal auf dem Tisch
entdeckt worden sind.«

»Laut der unterm 13ten letzt abgewichenen Christmonat aufgenommenen
Besichtigung, da die Uebelthäterin der Justiz noch nicht eingebracht worden
war, ist das gedachte Töchterli elend, meistens ohne Verstand auf sein
Lager gelegen, die Glieder waren starr, so dass weder die Arme noch Füsse,
noch Kopf konnten gebogen werden, auch konnte es auf das linke Füsslein
nicht stehen, und hat in Gegenwart der zur Untersuchung verordneten
Ehren-Kommission öfters gichterische Anfälle bekommen.«

»Nach laut der neuerdings unterm 10. März dis Jahrs bei dem bemeldten
Töchterlein aufgenommenen Besichtigung, da damalen die arme Uebelthäterin
schon im Verhaft gelegen war, hatte das Töchterlein wiederum in Anwesenheit
der Ehren-Kommission öfters kaum 2 Minuten dauernde Anfälle von
gichterischen Verliehrungen der Sinne angewandelt, und das linke Füsslein
war unveränderlich mit gebogenem Knie ganz kontrakt gegen den Leib gezogen,
dergestalten, dass solches auch mit Gewalt nicht konnte ausgestreckt
werden, auch beim geringsten Berühren sich schmerzhaft zeigte. Was in so
langer Zeit das elende Töchterli seinen geliebten Eltern für Mühe, Kosten,
Kreuz und Kummer verursacht hat, ist zum Erstaunen gross, indem laut
eydlichen Zeugnuss der Eltern und anderer dabey gewesenen Ehrenleute in
etlichen Tagen über 100 Guffen von ungleicher Gattung, 3 Stückli krummen
Eisendrath, 2 gelbe Häftli und 2 Eisennägel aus dem Mund des Töchterleins
unbegreiflicher Weise gegangen sind. Nachdem dieser armen Uebelthäterin die
jammervollen Umstände des Töchterleins zu Gemüth geführet worden, hatte sie
sich endlich nach vorläufig dreymal auf dem Rathhause nächtlicher Zeit, als
den 11., 12. u. 14. März, vergeblich gewagten Versuchen erkläret, dass sie
das Kind an dem Ort, wo sie solches verderbt, wiederum bessern wolle; wo
also gleich, den 15. März, nächtlicher Zeit man bemeldte Uebelthäterin in
H. D. Tschudis Haus in die Küche, dahin sie zu gehen begehrte, führen
liess, welche durch ihr in dem Untersuch beschriebenes Betasten, Drucken
und Strecken an dem linken verkrümmten und kontrakten Füssli des Kinds,
welches einige Zoll kürzer, als das rechte Füssli war, und darauf es weder
gehen, noch stehen konnte, mit ihren blossen Händen so viel bewürkte, dass
das Töchterli in Zeit 10 Minuten wieder auf das verderbte Füssli stehen und
damit allein und auch mit Führen hin und hergehen konnte, wie dann diese
Uebelthäterin das Töchterli an denen noch nachgefolgten zwey Nächten
vermittelst ihrer auch im Untersuch ausführlich beschriebenen Bemühung
wiederum nach allen Theilen zum grössten Erstaunen auf eine unbegreifliche
Weise gesund hergestellt, so dass nach eydlichem Zeugnuss nach der Hand
2 Guffen nid sich von dem Töchterli gegangen sind, welches nun die
wesentliche Beschreibung des Verbrechens samt der Krankheit und Besserung
des Töchterleins ausmachet.«

»Wann nun hochgedachte M. G. H. und Obere vorbemeldtes schwere Verbrechen
nach seiner Wichtigkeit in sorgfältige Erwegung gezogen und betrachtet die
grosse Untreue und Bosheit, so die gegenwärtige Uebelthäterin als
Dienstmagd gegen ihres Herrn unschuldiges Töchterlein verübet, betrachtet
die fast 18 Wochen lang unbeschreiblich füchterliche unerhörte Krankheit
und vorbemeldt beschriebene elende Umstände, welche das Töchterli zu
allgemeinem grössten Erstaunen ausgestanden hat, nebst der von eben dieser
Uebelthäterin bezeigten ausserordentlichen und unbegreiflichen Kunstkraft
mit der einersmaligen zwar zum Besten des Töchterleins gelungenen
plötzlichen Curirung desselben, und auch betrachtet ihren vorhin geführten
üblen Lebenswandel, darüber zwaren sie, wegen eines in Unehren heimlich
geborenen und unter der Decke versteckten Kind schon in ihrem Heimat von
ihrer rechtmässigen Obrigkeit aus Gnaden durch die Hand des Scharfrichters
gezüchtigt worden, und hiemit solche in keine weitere Beurtheilung fallet,
wohl aber in traurige Beherzigung gezogen worden, wie dass anstatt diese
arme Delinquentin, wegen ihrer grossen Versündigung gegen ihr Fleisch und
Blut sich hätte bessern und bekehren sollen, sich wiederum eine solche
Greuelthat gegen das Töchterli des H. D. Tschudis ausgeübt hat; derowegen
von hochgemeldten M. G. H. auf ihren Eyd abgeurtheilet wurde: dass diese
arme Uebelthäterin als eine Vergifterin zu verdienter Bestrafung ihres
Verbrechens und Andern zum eindruckenden Exempel dem Scharfrichter
übergeben, auf die gewohnte Richtstatt geführt, durch das Schwerdt vom
Leben zum Tod hingerichtet und ihr Körper unter den Galgen begraben werde,
auch ihr in hier habendes Vermögen confiscirt seyn solle. Ob dann jemand
wäre, der jetzt oder hernach des armen Menschen Tod änzte, äferte oder zu
rächen unterstünde, und jemand darum bächte, hassete, oder schmähte, der
oder die solches thäten, sollen laut unserer Malefiz-Gericht-Ordnung in des
armen Menschen Urthel und Fussstapfen erkannt seyn, und gleichergestalten
über sie gerichtet werden. Actum den 6/17 Juni 1782.

                                            Landschreiber Kubli.«

In =Polen=, wo das Uebel arg gewüthet hatte, fand die preussische Regierung
bei der Besitznahme von Posen noch die Prozesse vor. =Scholtz= gibt
hierüber aus Nachrichten, die er selbst in Händen hatte, folgende
Mittheilung: »Im Jahre 1801 fielen einer Gerichtsperson bei Gelegenheit
einer Gränzkommission in der Nähe eines kleinen polnischen Städtchens die
Reste einiger abgebrannten, in der Erde steckenden Pfähle in die Augen. Auf
Befragen wurde von einem dicht anwohnenden glaubhaften Manne darüber zur
Auskunft gegeben: dass im Jahre 1793, als sich eine königliche Kommission
zur Besitznahme des ehemaligen Südpreussens für den neuen Landesherrn in
Posen befand, der polnische Magistrat jenes Städtchens auf erfolgte Anklage
zwei Weiber als Hexen zum Feuertode verurtheilt habe, weil sie rothe
entzündete Augen gehabt und das Vieh ihres Nachbars beständig krank gewesen
sei. Die Kommission in Posen habe auf erhaltene Kunde davon sofort ein
Verbot gegen die Vollstreckung des Urtheils erlassen. Selbiges sei aber zu
spät angelangt, indem die Weiber immittelst bereits verbrannt worden«[326].

Ohne Zweifel ist dieses der letzte gerichtliche Hexenbrand gewesen, den
Europa im achtzehnten Jahrhundert gesehen hat. Der Pöbel aber, unfähig zu
begreifen, wie das Recht auf einmal zum Unrecht werden sollte, sah fast
allerwärts nur mit Widerstreben die obrigkeitlichen Schritte gegen das
gefürchtete Hexenvolk aufhören und hat bis auf die neueste Zeit herab nicht
selten zur Selbsthülfe gegriffen. In =England= erstürmte 1731 eine wüthende
Volksmasse die Sakristei einer Kirche, wohin man ein altes, schwaches Weib
vor ihrer Verfolgung geflüchtet hatte, und schleifte die Unglückliche im
Wasser herum, bis sie den Geist aufgab. Als derjenige Mensch, der hierbei
sich am gewaltthätigsten benommen hatte, von der Obrigkeit ergriffen und
zum Hängen verurtheilt wurde, wollte der Pöbel der Exekution nicht
beiwohnen, sondern stellte sich in der Ferne auf und schimpfte auf
diejenigen, die einen ehrlichen Burschen zum Tode verdammten, weil er die
Gemeinde von einer Hexe befreit hätte[327].

In =Sicilien= kam 1724 die letzte Verbrennung von Ketzern und Hexen
vor. Der »Glaubensakt«, wie man das Autodafé zu Palermo nannte,
betraf eine Nonne und einen Ordensbruder, welche als Anhänger der
Molinistisch-quietistischen Ketzerei dem Feuer übergeben wurden.
Das Ganze war ein glänzender pomphafter Akt, an welchem mehrere
hundert Personen (die sämmtlich lucullisch bewirthet wurden) theils
amtlich theils als eingeladene Zuschauer theilnahmen. Bei diesem
Akte wurden nun noch sechsundzwanzig andere Personen gemassregelt
(»reconciliirt«). Unter diesen befanden sich zwölf Personen, die
man als Hexen (fattuchiere) und Hexenmeister in Untersuchung
gezogen hatte, sowie ein sechsundsechzigjähriger Greis, der schon
1721 »wegen Zauberei und Aberglauben« bestraft und jetzt als
rückfälliger Sünder abermals in die Hand der Inquisition gerathen
war. Der letztere wurde zu lebenslänglichem Gefängniss verurtheilt.
Alle sechsundzwanzig aber wurden verurtheilt »zur Schmach (mit
gelben Kleidern angethan und ausgelöschte gelbe Wachskerzen in der
Hand tragend) durch die Strassen der Stadt« geführt zu werden.
Ausserdem wurde ihnen temporäre Haft oder Verbannung und den Hexen
Peitschenstrafe zuerkannt. Eine Hexe sollte zweihundert Hiebe
erhalten. Diese Strafe wurde am 7. April, am Tage nach dem
Autodafé, vollstreckt[328].

Wir bemerken noch zum Schlusse des Kapitels ein erst kürzlich in Erfahrung
gebrachtes Curiosum aus =Oesterreich=. Dort wurden im Jahre 1739 neue
Kriegsartikel festgestellt, deren §. 25 lautete: »Das höllische Laster der
Hexerei wird mit dem Feuertode bestraft, sowie alle Diejenigen, die Nachts
unter dem Galgen vom Teufel verblendete Mahlzeiten und Tänze halten, oder
Ungewitter, Donner und Hagel, Würmer und anderes Ungeziefer machen;
worunter Mathematici, Astronomici und Astrologici nicht verstanden sind.«


FUSSNOTEN:

[275] _v. Raumer_, »Aktenmässige Nachrichten von Hexenprozessen in der Mark
Brandenburg« in den »Märkischen Forschungen« von 1841, S. 263-265 und
_Stenzel_, Gesch. von Preussen, B. III. S. 447.

[276] Allerdings scheint es hin und wieder den adelichen Gerichtsherrn
schwer geworden zu sein, sich der Hexenverfolgung ganz zu entwöhnen. Selbst
noch König _Friedrich Wilhelm II._ musste es erleben, dass ein Edelmann zu
Bütow in Pommern ihm eine Eingabe übersandte, worin der gestrenge Herr über
die Bosheit der Zauberer klagte und von einem Knechte erzählte, dem von
drei Weibern der Teufel eingegeben sei. Auch habe ihn ein Bauer bei einem
Hochzeitsmahle, zu welchem er von diesem eingeladen worden sei, mit einem
Spitzglase Branntwein behext, wesshalb er um die Erlaubniss bat, an diesem
wenigstens die Wasser-und Nadelprobe vornehmen zu dürfen. S. _Horst_,
Zauberbibl. Th. II. S. 403.

[277] Der Römischen Kayserl. etc. etc. Majestät Josephi des Ersten Neue
Peinliche Halsgerichts-Ordnung, vor das Königreich Böheim, Marggrafthumb
Mähren, und Hertzogthumb Schlesien. Freyburg 1711. (Publizirt den 16. Juli
1707.)

[278] _L. Rapp_, Die Hexenprozesse und ihre Gegner aus Tirol, S. 75.

[279] =Wiener Zeitung= von 1728, Nro. 68 und _F. Müller_ Beitr. zur Gesch.
des Hexenglaubens und Hexenprozesses in Siebenbürgen. Braunschw. 1854,
S. 12.

[280] _Keysler_, Neueste Reisen, Hannover 1751. S. 1284.

[281] _Schlözer_, Krit. Untersuchungen zur Gesch. der Deutschen in
Siebenbürgen. S. 297.

[282] _F. Müller_, Gesch. des Hexenglaubens in Siebenbürgen, S. 50-52.

[283] Vergl. den »Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Neue Folge.
Organ des germanischen Museums«. Band XXIII. Jahrg. 1876, S. 295 ff.

[284] »Sr. Kaiserl.-Königlich-Apostolischen Majestät allergnädigste
Landesordnung, wie es mit dem Hexenprozesse zu halten sei.« 1766.

[285] Wir verdanken die Einsicht in diese Akten der gütigen Mittheilung des
Herrn Prof. Dr. jur. _Fuchs_ zu Marburg, dem die Originale vorlagen.

[286] _Johannes Scherr_ hat in seiner neuesten Schrift »=Hammerschläge und
Historien=« (Zürich, 1878) unter dem Titel »=die letzte Reichshexe=« den
mit der unglücklichen Nonne Maria Renata angestellten Hexenprozess nach
»authentischen Abschriften« der Prozessakten mitgetheilt. Diese
Mittheilungen enthalten indessen über das, wodurch die alte Nonne zum
»Geständniss« gebracht wurde, gar nichts, und sind darum unvollständig. Zu
ihrer Ergänzung dient noch immer der von dem Abte _Oswald Loschert_ nach
den Akten angefertigte und an die Kaiserin Maria Theresia eingesandte
Bericht, der sich in Horst's Zauberbibliothek Th. III. S. 165 unter dem
Titel abgedruckt findet: »Wahrhafte und umständliche Nachricht von dem
Zufalle, so das jungfräuliche Kloster Unterzell, nächst Würzburg, des
Prämonstratenserordens, betroffen. Verfasset im Jahr 1749.« Wir folgen
übrigens hier vorzugsweise der Darstellung Scherr's.

[287] Wie viele Male mag man die Unglückliche gemartert haben, bis man
diese Geständnisse aus ihr herausgepresst hatte!

[288] Wahrscheinlich waren auch dieser Unglücklichen durch die Folter die
Glieder zerrissen worden.

[289] Christliche Anred nächst dem Scheiterhaufen, worauf der Leichnam
Mariae Renatae, einer durchs Schwert hingerichteten Zauberin, den 21. Jan.
A. 1749 ausser der Stadt Wirtzburg verbrennet worden, an ein zahlreich
versammeltes Volk gethan, und hernach aus gnädigstem Befehl einer hohen
Obrigkeit in offentlichen Druck gegeben, von P. _Georgio Gaar_, S. J. -- 4.
Wirtzburg in der Hofbuchdruckerei. S. _Horst_ Z. B. Th. II. S. 353 ff.

[290] Wir berichten über ihn nach _L. Rapp_, die Hexenprozesse und ihre
Gegner aus Tirol, S. 71-107.

[291] Der Titel lautet: Del congresso notturno delle lammie libri trè.
S'aggiungono due dissertazioni epistolari sopra l'arte magica. Venet. 1750
(460 S. in 4^o). -- Die Vorrede ist vom 25. Decbr. 1748 datirt. Doch konnte
das Buch erst 1750 erscheinen, weil die Bücherinquisition zu Venedig zwei
Jahre lang den Druck desselben aufhielt.

[292] Arte magica dileguata. Lettere del Signor Marchese _Maffeé_ al Padre
Jnnocente Ansaldi dell' ordine dei Predicatori. Seconda edizione in Verona
1750; und Arte magica annichilata. Libri trè. Verona 1754. Gegen die
erstgenannte Schrift richtete _Tartarotti_ seine Apologia del Congresso
notturno delle Lammie (Venez. 1751). Der Hauptinhalt der beiden Schriften
Maffei's ist einige Jahre später von dem deutschen Augustiner _Jordan
Simon_ (der sich _Ardoino Ubbidiente dell' Osa_ nannte,) in der Schrift
»=das grosse Weltbetrügende Nichts= oder die heutige Hexerei und
Zauberkunst« (Frankf. und Leipzig, 1761, 600 S.; Zweite Aufl. 1766)
wiedergegeben. -- Simon (oder Dell' Osa), aus dem Würzburgischen gebürtig,
starb 1776 zu Prag als Professor der Theologie und erzbischöflicher
Konsistorialrath, 57 Jahre alt.

[293] _Graser_ veröffentlichte eine Vertheidigung der kritischen Glossen
_Tartarotti's_ unter dem Titel: Propugnatio adnotationum criticarum in
sermonem de Maria Renata Saga adversus responsa P. Georgii Gaar J. T.
(Venet. 1752).

[294] Ausführlichere Mittheilungen über Sterzinger's Leben und Wirken s.
bei _Rapp_, die Hexenprozesse und ihre Gegner in Tirol, S. 108-140; doch
werden dieselben bezüglich des in Rede stehenden Punktes von uns mehrfach
ergänzt.

[295] Die Rede erschien im Druck unter dem Titel: »Akademische Rede von dem
gemeinen Vorurtheil der wirkenden und thätigen Hexerei, -- -- von P. Don
Ferdinand Sterzinger, regulirten Priester etc.« -- München, 1766.

[296] »Ist es doch nichts Neues, nachdeme alle Proben meines Gegners ein
erfahrner Delrio, ein berühmtester Carpzov Senior und Jurium Professor in
Leipzig samt noch andern schon im vorigen Jahrhundert gründlich
widerleget?« Vorrede.

[297] Bekanntlich wurde Edelin nur zum =Kerker= verurtheilt.

[298] Wegen dieser Grobheiten vom bischöflichen Konsistorium zu Freysing
zur Verantwortung gezogen, erklärte _März_: »Ich konnte anders nicht
schreiben, weil ich glaubte, ein grosser Thurm dürfe nicht einen kleinen
Knopf haben.«

[299] Betrügende Zauberkunst und träumende Hexerei, oder Vertheidigung der
akademischen Rede etc. Mit Erlaubniss der Oberen. München 1767. -- Gegen
diese Schrift publizirte P. Angelus alsbald seine »Vertheidigung wider die
geschwulstige Vertheidigung der betrügenden Zauberkunst und träumenden
Hexerei, verfasset von einem Liebhaber der Wahrheit« (1767, ohne Angabe des
Druckorts, 104 S.).

[300] S. Nichtige, ungegründete, eitle, kahle und lächerliche Verantwortung
des _H. P. Angelus März_ über die vom _P. Sterzinger_ bei dem
hochfürstlichen geistlichen Rath in Freysing gestellten Fragen. Vom
Moldaustrom 1767. S. 8.

[301] Das Geistreichste, was bei dieser Veranlassung geschrieben wurde,
ist: Zweifel eines Bayers über die wirkende Zauberkunst und Hexerei. An dem
Lechstrome 1768. Es werden darin sowohl Sterzinger's Inkonsequenzen, als
die Ungereimtheiten seiner Gegner in skeptischem Tone an's Licht
gezogen. -- Den Münchener Streitpunkt verbindet mit einem lobpreisenden
Kommentar der österreichischen Verordnung folgende Schrift: Anpreisung der
allergnädigsten Landesverordnung Ihrer k. k. a. Majestät, wie es mit dem
Hexenprozesse zu halten sei, nebst einer Vorrede, in welcher die kurze
Vertheidigung der Hex- und Zauberei, die Herr Pater Angelus März der akad.
Rede des Herrn P. Sterzinger entgegengesetzet, beantwortet wird von einem
Gottesgelehrten. München 1767. -- (Nach einer handschriftlichen Bemerkung
in dem der Hofbibliothek zu Darmstadt gehörigen Exemplare dieser Schrift
war der Verf. der Dr. _Jordan Simon_, Augustiner zu Erfurt, dann zu Prag.)

[302] _Rapp_, die Hexenprozesse. S. 112.

[303] Das interessante Schriftstück ist von dem Oberlieutenant _Schuegraf_
in Müller's und Falke's »Zeitschrift für deutsche Kulturgesch.«, 1858,
S. 767 ff. im Auszug veröffentlicht worden.

[304] Diese (scheinbare) Conzession an die Aufklärung der Zeit ist das
Einzige (ausgenommen die Nichterwähnung der Tortur), wodurch sich die
baierische Malefizordnung aus dem achtzehnten Jahrhundert vom alten
Hexenhammer unterscheidet.

[305] Hierbei ist dann auch in herkömmlicher Weise von dem membrum frigidum
und semen frigidum des Teufels die Rede!

[306] Wir wollen annehmen, dass man sich einer Veröffentlichung und
Verbreitung des scheusslichen Machwerks durch den Druck doch =schämte=.

[307] Furchtbar scheint das Feuer der Hexenverfolgung in =Kehlheim=
gelodert zu haben, indem es in Baiern üblich wurde, eine Hexe als
»Kehlheimer Basel« zu bezeichnen. Vgl. _Schmeller_, Baierisches Wörterbuch,
II. 289.

[308] Vgl. _L. Rapp_, die Hexenprozesse und ihre Gegner aus Tirol, S. 130
bis 133.

[309] Vgl. _Schröckh's_ Kirchengesch. seit der Reform. B. VII.
S. 330 ff. -- Gassner starb 1779 als Dekan zu Bendorf in der Diözese
Regensburg.

[310] De magia liber, Venetiis 1775.

[311] De miraculis liber, Ven. 1776.

[312] Neuester Hexenprozess aus dem aufgeklärten heutigen Jahrhundert,
oder: so dumm liegt mein baierisches Vaterland noch unter dem Joch der
Mönche und des Aberglaubens. Von A. v. M. 1786. -- Solche Hexenpatres waren
z. B. der Karmeliter Astery zu Straubing und der Pater Hugo zu Abensberg.
»Ich selbst, -- sagt der Verf., -- habe von Ersterem einen Zettel gesehen,
worauf er aus eigener Kraft dem Satan, den Hexen und allem Unheil befiehlt,
nie dieses Haus zu betreten u. s. w., -- und unterschreibt es noch dazu mit
den sehr merkwürdigen Worten: Ex hoc ego jubeo Fr. Astery de S. E. E. a M.
C. -- Wenige Häuser in und um Straubing auf sieben Stunden in der Nähe
sind, wo nicht so ein Zettel an jeder Thür angebracht ist, und dafür wird
bezahlt wenigstens ein Pfund Butter!!«

[313] _Garinet_, pag. 256.

[314] _Garinet_, pag. 257.

[315] _Llorente_, Gesch. der span. Inquisition. Th. IV. Cap. 46.

[316] Wir berichten hier zunächst nach der Schrift: »Der Hexenprozess und
die Blutschwitzer-Prozedur, zwei Fälle aus der Kriminal-Praxis des Kantons
Zug aus den Jahren 1737-1738 und 1849.« Zug, 1849.

[317] Ueber diesen noch jetzt vorhandenen =Kaibenthurm= zu Zug wird in der
vorerwähnten Schrift Folgendes berichtet:

»Durch einen verschlossenen Gang gelangt man von der Strasse in das Innere
des Lokales, und eine feuchte, moderige Luft, die Einem hier entgegenweht,
verkündet das Unheimliche des Ortes, an dem man sich befindet. Nachdem die
Lichter angezündet, wird man eine schwache Treppe hinauf zur eigentlichen
Folterstube geführt. Dieselbe ist mit doppelten Thüren geschlossen. =Aus
derselben dringt kein Laut, in dieselbe kein Licht.= In der Mitte derselben
ist eine Foltermaschine, die wir später beschreiben werden, links daneben
eine Vorrichtung zum spanischen Bock, vor derselben eine erhöhte Bank für
die Richter, rechts davon eine gleiche für die Kanzlei, hinter ihnen =das
Bild des Gekreuzigten= (!!!). An den Wänden links und rechts stehen Stühle
für die Läufer und Henkersknechte. Auch sieht man eine Art von Luftzug
angebracht, indem bei den Exekutionen Wachholderholz verbrannt ward.
Ueberbleibsel verschiedener Folterwerkzeuge, Haselruthen u. s. w. liegen
zerstreut umher. Zum Ueberfluss erzählt der begleitende »Läufer« Einem noch
die vehmenartige Form und Sprache, die bei Gebrauch der Folter üblich
waren. Ueber und unter diesem Lokale befinden sich je zwei Gefängnisse, die
in diesen dunkelen Räumen freistehend, von Eichenholz gebaut, so ziemlich
einem Schweinstalle ähnlich sehen. Licht fehlt ganz und Luft kann aus dem
äusseren dumpfen Raume nur durch einen einige Zoll breiten Einschnitt in
das eigentliche Gemach dringen. Von Geradestehen oder Geradeliegen kann
keine Rede sein.« -- Zu diesem Bericht wird die Bemerkung hinzugefügt:
»Diese Thürme bilden gegenwärtig noch einen Theil unserer (Zuger)
Staatsgefängnisse« (!!!).

[318] Dieses Binden und Aufziehen waren die ersten Grade der Folter. Die
Vorrichtungen hierzu sowie mehrere andere Folterwerkzeuge sind jetzt noch
im Folterhause zu sehen. Diese Vorrichtung bestand aus zwei schief
aufgestellten Balken, in deren Mitte ein Rad nach Art der jetzigen
Holzaufzüge angebracht war. Ueber derselben an der Decke ist eine Rolle,
über welche ein Seil auf das Rad herumlief, dessen anderes
herunterhängendes Ende mit einem Haken versehen war. Dem Inquisit wurden
nun die Hände verkehrt auf den Rücken gebunden und in dieselben der Haken
eingehängt. Es ist leicht einzusehen, dass durch das Gewicht des eigenen
Körpers die Gelenke des Arms bis an die Achsel beinahe auseinander zu
reissen drohten. -- Es war diess aber noch nicht genug. Je nach dem Grade
der Tortur wurden noch drei Steine angehängt, wovon der erste »=der
kleinste=«, der zweite »=der mittlere=« und der dritte »=der grösste=«
genannt wurde. Diese Steine sind noch da und der grösste wiegt circa zwei
Centner. Dieselben wurden übrigens in neuerer Zeit noch bei Gebrauch dieser
Folter niemals mehr gebraucht. Es war nicht selten, dass durch die
allgemeine Wirkung derselben der Gefolterte in einen todähnlichen Zustand
gebracht wurde, den die Prozedur das »Entschlafen« nennt.

[319] Das hier fehlende Wort ist in dem gedruckten Torturprotokoll nicht
angegeben.

[320] Ueber dieselbe wissen wir nichts zu berichten.

[321] »Zur Applizirung dieser Ruthenstreiche wurde (in Zug) der Inquisit
mittelst einer besonderen Vorrichtung (spanischer Bock genannt) auf dem
Boden der Folterkammer, und durch Stricke, die an den Daumen und Zehen
befestigt und angezogen wurden, auf das Aeusserste ausgestreckt. Jeder
dieser Ruthenhiebe auf diesen so gespannten Rücken warf eine schwarz und
blau unterlaufene Schramme auf, die nach und nach aufsprang und einen bis
auf die Knochen zerfetzten Rücken zurückliess. Man brauchte diese Folter
auch noch in neuerer Zeit; doch hat man nie gewagt, mehr als fünfzig bis
achtzig Streiche auf Einmal geben zu lassen.«

[322] Les procédures de sorcellerie à Neufchâtel par _Charles Lardy_
(Neufchâtel 1866 S. 42).

[323] S. Freundschaftliche und vertrauliche Briefe, den sogenannten sehr
berüchtigten Hexenhandel zu Glarus betreffend. Von _H. L. Lehmann_. Zürich
1783.

[324] Nach Obigem ist zu berichtigen, was _H. Schreiber_ (die Hexenprozesse
in Freiburg etc. S. 43) sagt: dass nämlich das letzte Beispiel von der
Hinrichtung einer Hexe 1780 zu Glarus in der =katholischen Schweiz= gegeben
worden sei. Die Katholiken zu Glarus hatten gar keinen Antheil an dem
Ereignisse.

[325] _Lehmann_ a. a. O. Heft II. S. 88 ff.

[326] _Scholtz_, über den Glauben an Zauberei in den letztverflossenen vier
Jahrhunderten. Breslau 1830. S. 120.

[327] _W. Scott_, Briefe üb. Däm. Th. II. S. 113.

[328] Eine offizielle Berichterstattung über den »Glaubensakt« erschien
unter dem Titel: =L'Atto publico di fede= solennemente celebrato nella
città di Palermo à 6. Aprile 1724 dal Tribunale del S. Uffizio di Sicilia.
Descritto dal D. D. _Antonino Mongitore_, Canonico etc. Palermo 1724. --
Vgl. _Reusch_, Theol. Literaturbl. 1873, Nr. 3.



  SIEBENUNDZWANZIGSTES KAPITEL.

  Hexerei und Hexenverfolgung im neunzehnten Jahrhundert. -- Die neuesten
  Vertreter des Glaubens an Hexerei.


Im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts sahen wir in allen europäischen
Staaten einen Prozess, einen kulturgeschichtlichen Verlauf vor sich gehen,
infolge dessen die Hexenverfolgung, die im Anfange des Jahrhunderts noch im
Gange war, am Ende desselben aufhörte. In diesem Vorgange stellte sich uns
die Thatsache dar, dass im Laufe des Jahrhunderts die Stellung der Männer
der Wissenschaft, vor Allem der Juristen und der Theologen, überhaupt der
gebildeteren Stände zum Hexenglauben allmählich eine andere geworden war
als ehedem, dass darum die Strafgesetzgebung sich änderte und dass
schliesslich vor dem Forum des Staates und der Rechtspflege die Hexerei nur
als eine Nichtigkeit galt. Die niederen Volksschichten waren jedoch von
dieser Aenderung, welche in der Stellung der Obrigkeiten und der Gebildeten
zum Hexenglauben eingetreten war, zunächst nur insofern berührt, als sie
von den Gerichten nicht mehr wegen Hexerei gequält wurden. Der Hexenwahn
selbst, den die Hexenverfolgung dem niederen Volke eingeimpft hatte, lebte
in demselben einstweilen noch unerschüttert und ungeschwächt fort, und erst
allmählich konnten die finsteren Gedanken des Zauberglaubens zurücktreten
und schwinden, als die Volksschule im Volksleben eine Macht zu werden und
infolge dessen es im Denken des Volkes licht zu werden begann.

Am längsten erhielt sich der Glaube an Hexerei sowie die Erinnerung an
Folter und Tortur in den katholischen Ländern[329]. In =Baiern= gibt man
noch immer alten Weibern die Schuld, wenn in ihrer Heimath ein Hagelwetter
entsteht, als hätten sie dasselbe durch das Kochen gewisser Kräuter etc.
verursacht; noch immer glauben die Bäuerinnen, wenn ihre Kühe keine Milch
mehr geben, sie seien behext, und bedienen sich des =Hexenrauches=, um die
Hexe vom heimlichen Besuche des Kuhstalles abzuhalten, und noch immer
führen umherziehende Kartenschlägerinnen sogen. =Hexenkarten= bei sich
(sechsunddreissig Blätter, welche verschiedene Figuren, Wirthshäuser,
Hanswurste und besonders auf Gabeln reitende Hexen darstellen)[330].

In =Tirol= gelten Wetter- und grosse Brandschäden noch jetzt vielfach als
Wirkungen von Dämonen oder als Tücken, die von Zauberinnen oder auch von
Verstorbenen aus Rache verübt werden. Sturmwolken wird, da man in denselben
einen Dämon vermuthet, die Monstranz entgegengehalten; entladen sie sich
doch, so muss das Volk sehr sündig sein[331]. -- In einem Theile von
=Frankreich= glauben noch heute die Landleute, dass in den Nächten von
Weihnachten bis Epiphanias der Jagdzug des Königs Herodes die Luft
durchzieht. Nähere sich aber hierbei ein Hund der Meute irgend einem
zufällig Vorübergehenden, so sei dieses für den letzteren ein untrügliches
Anzeichen seines binnen Jahresfrist erfolgenden Todes[332].

Uebrigens spukt der Hexenglaube auch in protestantischen Ländern noch in
den Köpfen Unzähliger, und ganz analoge Erscheinungen treten in
evangelischen wie in katholischen Bezirken hervor[333].

So findet noch jetzt in =Tirol= in der Walpurgisnacht ein =Ausbrennen der
Hexen= statt, d. h. Reissigbündel werden unter möglichst grossem Lärm auf
Stangen gesteckt und angezündet. Die Burschen laufen mit denselben durchs
Dorf und treiben so die Hexen aus. Ganz ebenso werden in der =Oberpfalz=
die Hexen =ausgepeitscht=, in =Franken ausgeblasen=. Man glaubt, dass
dadurch, dass die jungen Burschen des Dorfes nach Sonnenuntergang auf einer
benachbarten Anhöhe kreuzweise im Takt mit Peitschen knallen oder dass
Schalmeien geblasen werden, alle Hexen der Nachbarschaft unschädlich
gemacht würden. -- Kommen doch in =England= bei den Quartalsgerichten noch
häufig Bauern zum Verhör, weil sie alte Frauen, die ihnen an Vieh oder
Ernte geschadet haben sollten, misshandelten[334]!

Ueberhaupt sind in allen Landen die Fälle nicht selten, in denen das Volk
von der Schuld gewisser Personen, die als Hexen bezeichnet werden,
überzeugt, das von den Gerichten als antiquirt betrachtete Strafgesetz
selbst zur Anwendung zu bringen sucht.

In dem holländischen Orte Deldenerbroek, der in die reformirte Stadt Delden
eingepfarrt ist, kam im Jahr 1822 eine Kindbetterin, deren Genesung sich
verzögerte, auf den Gedanken, dass sie von einer Nachbarin behext worden
sei. Die Kranke sprach ihren Verdacht auch aus, und bald wurde es den
Kindern der Verdächtigten auf der Strasse nachgerufen, dass ihre Mutter
eine Hexe sei. Rasch entschloss sich nun die letztere, durch die
Wasserprobe ihre Unschuld in Beisein der beiderseitigen Verwandten zu
erweisen. Man ging auch auf das Anerbieten ein, und zur bestimmten Zeit und
am bestimmten Orte erschien die Angeschuldigte, die sich mit
Mannesbeinkleidern versehen hatte, liess sich entkleiden und mit einem
unter beiden Armen befestigten starken Strick vor den Augen der sie
Umstehenden in das Wasser einsenken, wo sie sofort untersank und somit die
Probe glänzend bestand. Dieses geschah in einer reformirten Gemeinde am
16. März 1823[335].

Im Jahr 1836 fand im Fischerdorfe Zeinova auf der Halbinsel Hela eine Art
Hexenprozesses statt. Ein Quacksalber hatte nämlich vorgegeben, dass er
einen gewissen Kranken darum nicht zu heilen vermöge, weil derselbe von
einer alten Frau behext sei. Daher wurde von den Dorfbewohnern sofort zu
der damals noch nicht vergessenen Wasserprobe geschritten. Die angebliche
Hexe wurde nun leider eine Zeit lang im Wasser von ihren Kleidern
emporgehalten, wesshalb sie in der Todesangst um Gnade schrie und den
Kranken am nächsten Mittag zu heilen versprach. Die versprochene Heilung
konnte sie aber doch nicht fertig bringen. Daher wurde sie nochmals ins
Wasser geworfen und, da sie auch diessmal nicht sofort untersank, mit
Rudern todtgeschlagen.

Im Ahrthale (Rheinprovinz) trug sich im Herbst 1866 Folgendes zu: Eine
junge Dame, welche eine Taube bei sich führte, war auf einem Ausfluge in
ein Haus eingetreten und hatte sich zur Erfrischung einen Teller voll
Trauben reichen lassen. Sie hatte die Trauben bezahlt und war dann im
schönen Ahrthale weiter gegangen. Während ihres Aufenthaltes im Hause hatte
sich aber ein Kalb im Stalle an dem Stricke, mit welchem es angebunden war,
erwürgt. Da sich nun die Bauern diesen Unglücksfall gar nicht erklären
konnten, so gaben sie denselben dem Mädchen schuld, das sich durch die
Taube als Hexe erwiesen habe. Schleunigst machten sie daher dem
Bürgermeister von ihrer Entdeckung Anzeige, der dem Mädchen auch sofort
nachsetzen und es verhaften liess. Damit aber freilich endete der
Fall[336].

Auffallend häufig sind derartige Gewaltthätigkeiten während dieses
Jahrhunderts in =Frankreich= vorgekommen. -- Im Jahr 1807 wurde von den
Einwohnern von Mayenne ein Bettler wegen Zauberei verbrannt. -- Im Juni
1825 wurde vor dem Assisengericht des Departements Lot und Garonne
folgender seltsame Prozess verhandelt: »Ein armes altes Weib in der
Gemeinde Bournel war nämlich von einigen Weibern aus derselben Gemeinde,
die in ihren Familien mehrere rasch aufeinander folgende Todesfälle erlebt
hatten oder sich selbst seit einiger Zeit krank fühlten, beschuldigt
worden, diese Unglücksfälle durch Zauberei bewirkt zu haben. Diese Weiber
hatten jene Unglückliche gegen Ende des vorigen Jahres an einem Sonntage
während der Messe in das Haus einer derselben geschleppt und von ihr
verlangt, den Zauber, mit dem sie ihre Nachbarn befangen, wieder
aufzuheben. So sehr die Unglückliche ihre Unschuld betheuert hatte, so war
dieselbe doch von jenen zum Feuer verurtheilt und wirklich in ein dazu
angezündetes Feuer geworfen worden. Ihr Angstgeheul hatte jedoch die
Wahnsinnigen bestimmt, ihr Opfer wieder loszulassen, das sich, mit Wunden
bedeckt und halb todt, nach Hause schleppte und erst nach zwei Monaten
wieder genas. Von den Verbrecherinnen sind die zwei schuldigsten zu
fünfjähriger Gefängnissstrafe verurtheilt worden«[337].

Ein schauerliches Drama spielte sich im Jahr 1850 ab. Das Civil-Tribunal
von Tarbos klagte das Ehepaar Soubervie an, dass es den Tod der Frau
Bedouret veranlasst habe. Die Ehegatten hatten geglaubt, dieselbe wäre eine
Hexe und erklärten, der Priester hätte ihnen gesagt, sie wäre die
Veranlasserin der schweren Krankheit der Soubervie. Darum schleppten sie
die Bedouret in ein Privatzimmer, hielten sie über brennendes Stroh und
legten ein rothglühendes Eisen über ihren Mund. Das unglückliche Weib starb
bald unter den furchtbarsten Schmerzen. Die Soubervies gestanden die That
und frohlockten darüber. In dem Prozesse erhielten sie die bestmöglichen
Zeugnisse. Es wurde dargethan, dass sie lediglich aus Aberglauben das
Verbrechen begangen, und zugleich wurde geltend gemacht, dass sie dabei den
höchsten geistlichen Vorgängern gefolgt wären. Von den Geschworenen der
Gnade empfohlen, wurden die Soubervies nur zur Zahlung von 25 Franken
jährlich an den Mann der Gemordeten und zu Gefängniss von vier Monaten
verurtheilt[338].

Eine nicht geringere Bestialität wie in den erwähnten Vorkommnissen zeigte
sich in einem Falle, der sich im April 1826 in einem Ort an der
französischen Grenze auf dem Gebiete des jetzigen Belgiens zutrug. Am
10. April hatte sich nämlich eine arme Frau zu dem Müller zu Mosa (einem
bei Huy gelegenen Dorfe) begeben, um Hanf, den man ihr zu spinnen gegeben
hatte, zurückzubringen. Unglücklicher Weise hatten es sich nun auf die
Behauptung einer Kartenschlägerin hin die Söhne vom Hause in den Kopf
gesetzt, dass diese arme Frau eine Hexe wäre. Dieselben packten daher die
Frau, stellten rasch aus Wellenholz ein grosses Feuer her und hingen sie
über demselben auf. Auch würden sie die Unglückliche sicherlich gänzlich
verbrannt haben, wenn nicht ihr Geschrei Nachbarn herbeigerufen hätte, die
sie aus den Händen der Bösewichte befreiten[339].

Aus =England= ist wenigstens Ein Fall bekannt geworden, der mit den
Vorerwähnten zusammenzustellen ist. Nach einem Bericht der Times vom
24. Sept. 1863 ist nämlich damals in der englischen Grafschaft Essex ein
alter Mann als Hexenmeister zu Tode gequält worden.

Neben diesen Gewaltthätigkeiten, welche sich Einzelne oder Pöbelmassen
gegen vermeintliche Hexen und Zauberer zu Schulden kommen liessen, sind
aber im neunzehnten Jahrhundert sogar gerichtsseitige Bestrafungen
derselben vorgekommen -- ja -- =es sind sogar die Hexenprozesse wieder
aufgelebt=.

Zu Bulkesch in =Ungarn= wurden (nach einer freilich nicht belegten Angabe)
im Jahr 1834 mehrere Zigeuner und Zigeunerinnen mit zweihundert Stock- oder
Ruthenstreichen bestraft, weil sie mit zauberischen Mitteln ein Kind
umgebracht haben sollten.

Das Land aber, in welchem das neunzehnte Jahrhundert -- seit dem Jahre
1860 -- die eigentlichen Hexenprozesse hat wieder aufblühen sehen, ist die
grosse katholische Republik =Mexiko=[340].

Zunächst wurde hier 1860, wie Tylor's »Anfänge der Kultur« und nach ihm
Peschel's Völkerkunde berichten, zu Comargo eine Hexe verbrannt. Genaueres
wissen wir aber über die Prozedur vom 7. Mai 1874 zu San Juan de Jacobo
(einer von Indianern und Mischlingen bevölkerten Stadt) im Staate Sinaloa,
wo Diega Lugo und ihr Sohn Geronimo Porres als Zauberer lebendig verbrannt
wurden. Der offizielle Bericht des Richters J. Moreno vom 10. Mai 1874
über die Exekution schliesst mit den Worten: »Der Fall war ein sehr
trauriger, Herr Präfekt, aber er war nothwendig, um den Bosheiten Einhalt
zu thun, die zu verschiedenen Zeiten hier vorkamen. Ja trotz der
Hinrichtung wurde mir gestern noch berichtet, dass der Angeklagte J. M.
Mendoza gesagt habe, wir würden früher oder später noch büssen, was wir
gethan. Sie sehen hieraus, wie wenig diese Leute eingeschüchtert sind; aber
ich versäume inzwischen keine Vorsicht. Die Angeklagten Mendoza haben aus
Furcht sich geflüchtet; -- warum fliehen sie, wenn sie sich nicht schuldig
wissen? Denn reine Wäsche bedarf keiner Seife!« Dann folgt die
republikanische Schluss- und Grussformel: Libertad e independencia!

Das interessante Aktenstück ist von =Friedrich von Hellwald= (in Overzier's
»Deutschen Blättern, Organ für allgemeine Volksbildung« Nr. 32, Köln,
8. August 1874) veröffentlicht worden. In der Tagespresse, die einem
Bericht des »New-York-Herald« aus Mexiko vom 18. Mai folgte, wurden neben
dem genannten Weibe und ihrem Sohne noch Jose Maria Bonilla und dessen Frau
Diega genannt als schon vor jenen um des gleichen Verbrechens willen in
Jacobo verhaftet, gerichtlich verhört und lebendig verbrannt, weil, wie es
in dem Bericht des dortigen Alcalde an den Präfekten des Bezirks hiess,
erwiesen worden wäre, dass sie einen gewissen Schneider Zacarias behext
hätten. Die Bundesregierung zu Mexiko schritt zwar dagegen ein, jedoch zu
spät. Ein weiterer Bericht hat das Gleiche von einem Mädchen gemeldet, das
Haare ausgebrochen hatte, das einem Strohkreuz aus dem Wege gegangen war
und alle Häuser vermieden hatte, an denen sich ein Hufeisen als Schloss
befand. Mit ihr wurde ihr kleiner Bruder verbrannt. -- Auch aus der Stadt
Concordia wurde dann ein ähnlicher Prozess konstatirt. Doch fehlen uns hier
offizielle Urkunden.

Das wären also von 1860 an wenigstens fünf mexikanische Hexenprozesse! Ein
sechster spielte sich am 20. August 1877 zu San Jacobo ab, an welchem Tage
daselbst =fünf= Hexen verbrannt wurden. Der Alcalde Ignacio Castello
berichtet darüber an den Distriktspräsidenten: »-- -- Der Unterzeichnete
hat in Uebereinstimmung mit der ganzen Bevölkerung befohlen, die Schuldigen
zu verhaften und zu verbrennen. Es lebe die Unabhängigkeit und Freiheit!«

Ueber einen Hexenprozess, der in ganz eigenen Formen auf einem entlegenen
Gebiete der alten Welt, nämlich in =Kaukasien= seit dem Jahre 1874 verlief,
brachten die öffentlichen Blätter im Anfange des Jahres 1878 Nachricht,
indem derselbe damals vor dem Geschworenengericht zu Jekaterinoda zur
Verhandlung gekommen war. Im Jahre 1874 entdeckte nämlich das Weib des
Aeltesten im Aul ihrer Freundin, der Tschass Mertekulow, dass ihr Mann
aufgehört habe, sie zu lieben, und bat dieselbe um Rath, auf welche Weise
sie die Liebe ihres Mannes wieder erwerben könnte. Die mitleidige Tschass
Mertekulow rieth ihrer Freundin, sich an die Chakalo Chagutschew zu wenden,
welche eine grosse Zauberin sei und auch ihr gewiss helfen würde. Das that
denn auch die Chodshigan Natyrbow -- so hiess die Frau des Aeltesten --,
und die Zauberin gab ihr ein Mittel mit der Anweisung, dasselbe unter die
Speisen ihres Mannes zu mischen. Die Chodshigan Natyrbow scheute sich
jedoch, dieses Mittel bei ihrem Mann anzuwenden, und entdeckte diesem, was
sie vorhabe. Der Aelteste war empört und erschreckt darüber, dass in seinem
Aul Hexen und Zauberinnen vorkommen, und beschloss, dieses Uebel
auszurotten. Zu diesem Zweck berief er die angesehensten Leute des Auls zu
einer Berathung, trug denselben die Angelegenheit vor und beantragte, die
Hexe einem strengen Gericht zu unterwerfen. Vor allen Dingen begaben sich
die Richter in die Hütte der Chakalo Chagutschew und forderten von
derselben die Herausgabe ihres Zauberkrauts. Als diese solchem Verlangen
nicht nachkommen konnte, wurde sie auf den Hof geführt, mit Ketten an einem
Pfahl befestigt und dann in so naher Entfernung von ihr ein Feuer
angemacht, dass sie Brandverletzungen davontrug. Da dieses Mittel aber
nicht fruchtete, so wurde die Unglückliche in einen Keller geschleppt und
dort bewacht. Ein Kosak befreite sie aus diesem Gefängniss nach einiger
Zeit. Das war jedoch nur der Anfang der Verfolgungen gegen alle die
Personen, welche durch irgend eine That den Verdacht erweckt hatten, dass
sie im Besitz übernatürlicher Kräfte seien. Die Personen wurden durch hoch
aufflammendes Feuer geführt, um ihre Zauberei unschädlich zu machen. Einen
unglücklichen Menschen, welcher als Zauberer bezeichnet war, hängte man so
auf, dass er mit den Fussspitzen den Erdboden berührte und geisselte ihn
dann mit Dornen. Zum Schluss zwang man ihn noch, zwischen zwei
Scheiterhaufen zu tanzen. Die meisten der Zauberei Verdächtigen wurden bis
zum Einschreiten der Behörden in dumpfen Kellern gefangen gehalten, und der
Untersuchungsrichter fand erschlagene Hunde, mit deren Lungen man die
Verhafteten gespeist hatte, angeblich, um sie ihrer Zauberkraft zu
berauben[341].

Zu dem Vorerwähnten könnten noch die zahlreichen Fälle von Besessenheiten
und viele andere Vorkommnisse, die namentlich in der katholischen Kirche
hervorgetreten sind, hinzugefügt werden, um zu zeigen, welche Macht der
Aberglaube in der katholischen Kirche noch heutigen Tages ist. Zum Oefteren
(z. B. in der Blutschwitzer-Prozedur zu Zug im Jahr 1849) hat die Polizei
von solchen die Massen erregenden und vom Klerus darum sehr begünstigten
Erscheinungen Notiz genommen und die Gerichte haben dann jedesmal die
dahinter steckende Betrügerei und Schwindelei aufgedeckt. Das schlimmste
aber ist, dass in der katholischen Kirche die Wissenschaft und das
Kirchenregiment den heidnischen Dämonismus und den Glauben an Hexerei auch
noch im neunzehnten Jahrhundert zu vertreten und zu lehren wagen können.

Der angesehenste und gefeiertste Dogmatiker in der katholischen Kirche der
Gegenwart -- einst das Orakel des Papstes Pius IX. -- ist der Professor zu
Rom =Johannes Perrone=, und der anerkannteste Moraltheologe ist der
Seminarprofessor =Johann Peter Gury=. Hören wir wie beide -- Jesuiten --
sich über den Hexenglauben aussprechen, wie sie amtlich lehren!

=Perrone= sagt im fünften Bande seiner Dogmatik[342], im cap. V. De
daemonum cum hominibus commercio, §. 77 (womit das Kapitel eröffnet wird):
Ad haec =daemonum cum hominibus commercium= revocamus =omnia eorundem
malorum spirituum molimina=, sive ad nocendum hominibus eosque vexandos
sive adeos ad extremum exitium perducendos; zu jenem gehören vorzugsweise
die Besessenheiten, corporum obsessiones, zu diesem gehören alle mala, ad
quae daemones solent homines impellere, sive id demum fiat =pacto=
qualicunque interpositivo sive non. Perrone bemerkt, dass allerdings die
Möglichkeit eines Pakts mit dem Satan von einzelnen Katholiken bestritten
werde; allein die communis sententia der Katholiken, welche nicht ohne
Verwegenheit bezweifelt werden könne (quae absque aliqua temenitatis nota
in dubium revocari nequent), sei die, dass es ein wirkliches commercium der
Bösen mit dem Satan gebe, welches sich auf ein pactum stütze, möge dieses
nun ein pactum expressum oder tacitum cum daemone gründen. -- Was nun
Perrone unmittelbar hierauf sagt, ist freilich sehr richtig: =Data semel
daemonum existentia eorumque malefica indole=, quid impedit, quominus ipsi,
Deo sic permittente, pacta ineant cum pessimis hominibus ad eorum
perniciem, ac minibilia operentur?

Nicht weniger klar spricht sich =Gury= aus, der auf die Sache sogar noch
genauer eingeht. In seinem dickleibigen Compendium theologiae moralis
(Regensburger Ausgabe von 1868, S. 120) theilt Gury einen besonderen
Paragraphen de magia et maleficio mit. Er unterscheidet hier zwischen
weisser und schwarzer Magie mit den Worten: =Magia late sumpta= seu magia
naturalis vel artificialis, quae magia alba vocatur, estars mira faciendi,
saltem apparenter, per caussas naturales aut hominis industriam absque ullo
daemonis ministerio. Die eigentliche oder schwarze Magie wird so definirt:
=Magia stricte dicta= est ars mira faciendi, quae licet non supernaturalia
sint, vires tamen hominis superant et proinde =ope solius daemonis=
explicite vel implicite =invocati= fieri possunt. -- Von der schwarzen
Magie im Allgemeinen unterscheidet sich nun wieder der engere Begriff der
Hexerei. Dieselbe wird mit den Worten definirt: =Maleficium= est ars
nocendi daemonis interventu. Die Hexerei ist aber eine doppelte, eine
Liebes- und eine Gifthexerei. Jene, das =maleficium amatorium s. philtrum=
ist eine ars diabolica, qua lubricus amor vel odium in aliqua persona erga
aliam vehementer excitatur; dagegen die Hexerei im eigentlichsten Sinne des
Wortes oder das =maleficium veneficum= ist die ars nocendi proximo variis
ope daemonis, v. g. morbis, hebetudine etc. Die Hexerei wird auch
=sortilegium= genannt, weil durch dieselbe =sors mala= (!) injiciatur iis,
contra quos vindicta operatione diabolica exercetur. Im kirchlichen
Sprachgebrauch bezeichnet man darum auch die Zauberer und Hexen als
=sortiarii= und =sortiariae=.

Dieses ist die in der katholischen Kirche der Gegenwart vorgetragene
Lehre vom Hexenwesen. Dass aber diese Lehre der in der römischen Kurie
heimischen und von derselben vertretenen Doktrin genau entspricht, wird
durch die der römischen Pönitentiarie (d. h. derjenigen päpstlichen
Behörde zu Rom, welche in allen Irregularitäten, in geheimen
Ehehindernissen, Gelübden u. dgl. Dispensationen und in den dem Papste
vorbehaltenen Sündenfällen Absolution ertheilt,) verliehenen Vollmachten
bewiesen. Unter den Absolutionsfakultäten dieser Behörde befindet sich
nämlich auch unter Anderem die Vollmacht[343], von Strafen frei zu
sprechen, welche verhängt worden sind »ob =Daemonis invocationem= cum
=pacto donandi animam= eique =praestitam idololatriam= ac superstitiones
haereticales exercitas, -- -- postquam pactum cum maledicto Daemone
initum expresse revocaverit, -- -- =tradita syngrapha forsan exarata=
aliisque mediis superstitionis ad omnia comburenda« (!).

Dieser von der katholischen Kirche der Gegenwart gehegten und gepflegten
Lehre vom Teufel und dessen Dämonen, von der Möglichkeit der Eingehung
eines Bundes mit dem Teufel und einer mit teuflischer Hülfe ausgeübten, die
Menschen an Leib und Seele schädigenden Hexerei entspricht nun die Magie,
welche die katholische Kirche selbst mittelst ihrer Exorzismen ausübt, um
die Werke des Fürsten der Finsterniss zu zerstören und die Menschen von
diabolischen Plagen zu befreien. In dieser Beziehung ist nämlich das
katholisch-kirchliche Bewusstsein von dem (unzähligemal ausgesprochenen)
Gedanken getragen: »Wenn das, was man in der Kirche von der Wirksamkeit des
Teufels und der Dämonen lehrt, nur auf Einbildung oder Täuschung beruhte,
so wäre ja die exorzistische Gewalt der Kirche und der von der Kirche
aufgestellte ordo exorcistarum ganz unnütz; =wozu wären dann also die
Exorzismen da=?« --

Fassen wir nur eine einzige in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts
erschienene Schrift, nämlich den »Modus invandi afflictos a daemone« von
=Andreas Gassner= ins Auge, um uns darüber zu unterrichten, wie
gegenwärtig die katholische Kirche mit ihrer exorzistischen Gewalt zu dem
überlieferten Dämonenglauben steht!

Diese Schrift[344] ist natürlich mit kirchlicher Autorisirung erschienen.
»Mit Gutheissung des hochwürdigen Ordensgenerals der minderen Brüder d. d.
Rom, 28. Januar 1851« (»=was hiermit ausdrücklich bemerkt sein will=« --
setzt Gassner hinzu) ist im Jahr 1851 in München von dem Definitor Prov.
Pater Franz Xaver =Lohbauer= das Rituale ecclesiasticum ad usum Clericorum
ord. S. Francisci ref. Prof. Antoniano =Bavaricae= herausgegeben. Aus
diesem Rituale hat Dr. =Andreas Gassner= zu Salzburg in seinem »Handbuch
der Pastoraltheologie« einen Auszug geliefert, und ein Separatabdruck eines
einzelnen Abschnittes dieses Handbuchs ist es, den Gassner in der kleinen
Schrift »Modus invandi afflictos a daemone«, 1869 im Selbstverlag bei Endl
und Penker in Salzburg erscheinen liess.

Das Büchlein zerfällt in zehn Abschnitte, von denen der letzte (S. 22-45),
der gerade die Hälfte der ganzen Schrift ausmacht, Vorschriften über die
Anwendung der Beschwörungsformeln enthält. Vorher werden im zweiten
Abschnitt die verschiedenen Gattungen der vom Teufel Angefallenen
zusammengestellt und beleuchtet. Gassner unterscheidet unter denselben drei
Gruppen: die maleficiati, obsessi und possessi. -- Die maleficiati sind
entweder an ihren Leibern oder an ihrem Eigenthum angezaubert und
geschädigt. In ersterer Beziehung ist zu beachten, dass oft »der Böse in
ihrem (der maleficiati) Körper an einem Gliede eindringt und sie an
gewissen Verrichtungen hindert oder ihnen Schmerzen verursacht.« Dabei wird
noch hinzugefügt: »Wurden vollends gewisse Gegenstände durch diabolischen
Einfluss in den Körper des diabolisch Geplagten geschafft, so nennt man
dieses maleficium oder veneficium, je nachdem es an sich unschädliche oder
schädliche Gegenstände, z. B. Glasscherben, Federn und dergl. sind.«

Repräsentiren die maleficiati den untersten und ersten Grad diabolischer
Anfechtung und Schädigung, so bilden die obsessi oder die »Umsessenen« den
zweiten Grad. Es sind »solche, in deren Leib ein böser Geist zwar noch
nicht vollends eingedrungen ist, deren Leib er nicht ganz in Besitz hat,
wozu er aber Anstrengungen gemacht, einem Feinde gleich, der eine Stadt
belagert.«

Der höchste Grad ist endlich der der »Besessenen«, der possessi oder auch
energumeni. So heissen »solche, in deren Leib ein böser Geist eingedrungen
ist und den er in allen oder doch den meisten Gliedern in Besitz hat, und
verschiedene eigenthümliche Verrichtungen, Bewegungen und Wirkungen
verursacht, oder den natürlichen Verrichtungen hinderlich
entgegentritt.« -- Unter Berufung auf allerlei übel ausgelegte Bibelstellen
werden dann die Besessenen noch als arreptitii, benatici und pythonici
unterschieden. Ausserdem werden aber auch noch Diejenigen hierher
gerechnet, »deren Häuser oder Gemächer von diabolischen Erscheinungen
geplagt sind«, sowie ferner (und zwar in lateinischer Diction) Diejenigen,
qui Daemoni se subscripserunt, vel eum in vitro aut alio vase inclusum
detinent, et ab eo, utut vellent, liberari nequeunt, item, =qui habent
spiritum _incubum_= vel =_succubum_= (!) -- Lateinisch führt nämlich der
Verf. gewöhnlich das an, was deutsch zu sagen er sich schämt.

Im dritten Abschnitt handelt =Gassner= »von den Zeichen und Mitteln, um zu
erkennen, ob Jemand von einem bösen Geiste geplagt sei oder nicht«. Hierbei
werden nun wieder fünf Klassen von maleficiatis unterschieden: Erwachsene,
Kinder, Verehelichte, Thiere und andere Gegenstände.

Bei Erwachsenen werden sechs »hinreichende Zeichen eines maleficii, um den
sogen. exorcismus probations vornehmen zu dürfen«, aufgezählt: 1) wenn der
Geplagte vor Speisen und Getränken, =welche heimlich benedizirt wurden=,
mehr Abscheu hat, als vor anderen; 2) wenn er =in Gegenwart des heil.
Sakraments und der heil. Reliquien= ungewöhnliche Furcht oder Schrecken
äussert, nicht hinblicken kann u. dgl.; 3) wenn er die Leute ohne
vorausgegangene Krankheit wie ein toller Hund anfällt, um sich schlägt, die
Heiligen lästert, den Teufel um Hülfe anruft; 4) =wenn er Nadeln, Nägel,
Glasscherben u. dergl. erbricht=; 5) wenn =aus seinem Munde höllischer
Gestank= oder Schwefel-, Pech-, Kohlen- und Russgeruch hervorgeht; 6) wenn
sich in seinem Leibe ganz ungewöhnliche Töne, z. B. =das Quaken eines
Frosches= vernehmen lassen.

Von den behexten Thieren (animalia maleficiata) heisst es, dass
hinsichtlich ihrer proportionaliter =eadem ferme signa= (!) serviunt; und
bei anderen Sachen ist es ein sicheres signum maleficii, si sine alia
caussa non habent suum effectum naturalem, z. B. si per plures horas flores
lactis non coagulantur in butyrum; -- also wenn der Schmand nicht zu Butter
werden will, dann ist die Milch behext!

Wir enthalten uns weiterer Mittheilungen aus dem Buche, in denen nichts
anderes als der abergläubische Dämonismus, wie er einst aus dem Heidenthum
in die christliche Kirche eingedrungen war, unter kirchlicher Approbation
und Auctorisirung auch noch im neunzehnten Jahrhundert der Kirche gelehrt
wird.

Mit diesen Worten hätten wir die vorstehende Auseinandersetzung
abschliessen können, wenn wir dieselbe vor dem Jahre 1870 geschrieben
hätten. Seitdem aber ist das Vatikanische Conzil versammelt gewesen,
welches das Dogma von der wesentlichen Infallibilität des Papstes, wenn
derselbe als Lehrer der Kirche in Sachen des christlichen Glaubens und
Lebens auftritt, verkündet hat, und damit hat der Glaube an das Hexenwesen
in der katholischen Kirche eine ganz neue Bedeutung gewonnen. Wenn es
nämlich irgend eine päpstliche Bulle gibt, die alle sicheren Zeichen einer
päpstlichen Lehrverkündigung an sich trägt, so ist es die Bulle
Innozenz' VIII. vom 5. Dezember 1484. Diese Bulle ist nämlich
veröffentlicht worden 1) als amtliche Antwort auf die Klagen der
Inquisitoren Sprenger und Institor, dass sie in Deutschland für ihre
Meinung von dem verderblichen Treiben der Hexen und für ihre Befugniss zur
Ausrottung desselben keinen Glauben und keine Anerkennung gefunden hätten;
und diese Antwort ist von dem Papste 2) mit Berufung auf seine apostolische
Auctorität, und zwar so ertheilt, dass er dabei 3) eine bestimmte Lehre als
apostolische Wahrheit verkündet.

Indem daher die Bulle vom 5. Dezember 1484 ganz unbestreitbar nach dem
Vatikanischen Conzil zu den infallibelen Kundgebungen des Papstthums
gehört, in denen dasselbe ex cathedra zur Kirche geredet hat, so ist
nunmehr als eigentliches Dogma der römisch-katholischen Kirche die Lehre
anzusehen: 1) Es gibt eine Hexerei, welche eine mit Hülfe des Teufels
bewirkte Zauberei zum Zwecke vielfacher entsetzlicher Schädigung der
Menschen ist; 2) diese Hexerei beruht auf einem mit dem Teufel
abgeschlossenen Bunde; und 3) dieser Bund beruht auf Abfall vom
christlichen Glauben, indem die Zauberer und Hexen sich von Gott los- und
sich dem Teufel zusagen und dadurch ihres ewigen Seelenheiles verlustig
gehen.

Somit ist jetzt das Wort des Hexenhammers, dass die Leugnung der Hexerei --
Ketzerei sei, in der katholischen Kirche zur vollen Geltung gekommen. --

In der evangelischen Kirche hat sich während des laufenden Jahrhunderts
(soviel wir wissen,) nur Eine Stimme von Bedeutung für den Glauben an die
Wirklichkeit der Hexerei erhoben, nämlich =August Vilmar= zu Marburg.

Als derselbe im Herbst des Jahres 1855 in das akademische Lehramt eintrat,
that er dieses in der festen Absicht, in Marburg und von da aus in der
hessischen Kirche eine Theologie zur Geltung zu bringen, in welcher mit
seiner wesentlich hierarchistischen Auffassung der Lehre vom geistlichen
Amt und von der Heilsvermittelung auch der Glaube an die Gewalt und
Wirksamkeit des =Teufels= die gebührende Anerkennung fänden. Als sein
Bekenntniss veröffentlichte er damals eine besondere Schrift unter dem
Titel: »=Die Theologie der Thatsachen= wider die Theologie der Rhetorik«
(Marb. 1856). In derselben wollte Vilmar zeigen, wie die Theologie
behandelt und vorgetragen werden müsse, damit durch das Studium derselben
wirklich tüchtige Seelsorger herangebildet werden könnten. Dabei spielt nun
die Lehre vom Teufel eine Hauptrolle. So lesen wir z. B. S. 39: »Es kommt
hier darauf an, wenn man recht lehren und die Seelen recht behüten will,
=des Teufels Zähnefletschen aus der Tiefe _gesehen_= (mit =leiblichen=
Augen gesehen; ich meine das ganz unfigürlich), und seine Kraft an einer
armen Seele empfunden, =sein Lästern=, insbesondere sein =Hohnlachen aus
dem Abgrund gehört zu haben=. Wer kann nun hiervon zeugen? Wer kann mit
einer solchen Erfahrung zugleich den Sieg des Gekreuzigten auf die Lippen
und in den Augen als rechter Lehrer an Christi Statt auftreten? Wer lehrt
mit dem Teufel kämpfen? Wer lehrt sich gegen ihn zu verwahren? ihn zu
überwinden? Davon schweigt die heutige Dogmatik, dieser Thatsachen gänzlich
entleert, durchaus. Und teuflische Versuchungen im Gebet -- wer kennt die
noch? Unsere heutige Dogmatik sowenig wie unsere heutige Ethik weiss mehr
etwas davon, und die künftigen Hirten gehen in diesem, für die Seelsorge
vor fast allen anderen Lehrpunkten der =Satanalogie= wichtigen und in der
Anwendung oft vorkommenden Erfahrungsstück ganz ununterwiesen =blank wie
Heiden=, von der Universität -- in das Amt.«

In diesem Sinne begann nun =Vilmar= alsbald in Marburg die Dogmatik und die
anderen Disziplinen der systematischen und der praktischen Theologie
vorzutragen. Seine Vorlesungen über die Dogmatik sind nach seinem Tode von
dem (inzwischen auch verstorbenen) Gymnasialdirektor Piderit zu Hanau
(1874) herausgegeben. In diesen Vorlesungen lehrt nun Vilmar B. I.
S. 312-324 unter dem Titel »Satanologie. Dämonologie.« Folgendes:

Es gibt einen Teufel. Allerdings hat der Rationalismus seit Semler diesen
Satz bestritten. »Es war dieses aber eine mehr als kindische Unwissenheit
in Beziehung auf die ersten Elemente der Kulturgeschichte, indem es bei
=allen= Völkern ohne einige Ausnahmen Dämonen, bei den meisten auch unter
einem Haupte gibt.« Dazu kommen die bestimmtesten Aussprüche der heil.
Schrift. »Neben diese göttliche Offenbarungen aber stellt sich, denselben
folgend, die christliche Erfahrung aller Zeiten, welche eine
übermenschliche Finsternissmacht aufweist, die in die Seelen
hineinzudringen und das Werk der Erlösung in denselben zu stören, die
Seelen mit Widerwillen und Hass gegen die Person Christi zu erfüllen sucht,
und in den Augenblicken, wo die Macht des Lichts dennoch hereinbricht, ein
unaussprechliches Entsetzen erzeugt, welche das Wort Gottes aus den Herzen
zu entfernen und besonders in der Todesstunde sich durch diesen Raub in den
Besitz der Seele zu setzen sucht.«[345]. -- Der Teufel ist »ein =kosmisches
geschaffenes Wesen=, welches mit seiner persönlichen Macht nicht allein die
ganze Menschenwelt, sondern auch die Erde selbst umspannt[346], zwar von
Gott verworfen ist, und dereinst definitiv verdammt werden wird, zur Zeit
aber noch in einem gewissen Verhältniss zur Himmelswelt steht.«

Der Teufel ist der Versucher der Menschen. »Die Möglichkeit dieser
Versuchung liegt für den Teufel ganz offenbar darin, dass er zwar nicht
etwa Allwissenheit besitzt, wohl aber =eine geistige Sündenatmosphäre um
sich hat=, in welcher er jede Bewegung merkt, sie sei wo sie in der
Menschenwelt immer sei: wo noch Sünde vorhanden ist, ist er sensibel für
dieselbe (=riecht er sie=), und ebenso ist er empfindlich für alle die
Stellen in der Menschenwelt, welche von der Sünde befreit sind, und durch
welche somit seine Atmosphäre verengert wird.« (S. 321.)

»Der Teufel hat aber auch =ein organisirtes Reich= -- gegenüber dem =Reiche
Gottes=; er hat zu seinen Diensten noch eine grosse Schaar ihm
affiliirter, verwandter Geister, #daimones#, in ihrer Eigenschaft als den
Menschen treibende, besitzende Geister #daimonia# genannt. -- Durch diese
wirkt der Teufel gleichfalls auf die Menschen, und zwar nach der
unangreifbaren Erzählung der Evangelien vorzugsweise durch =körperliche
Besitzung=, woher diese Personen auch Besessene heissen. -- In den meisten
Fällen ist diese (körperliche) Besessenheit zugleich eine =Besessenheit der
Seele=, schreitet, =wenn nicht Mittel angewendet werden, welche dem Teufel
zu widerstehen geeignet sind=, in den Gedankenkreis (#nous#) über und
bemächtigt sich zuletzt des #pneuma#, indem sie den Menschen in den
Irrsinn, in den Wahnsinn herabdrückt, so dass die geistigen Mittel alle
Anwendbarkeit verlieren und der Teufel die Seele sich gleichsam erobert
hat. Gänzliche Blindheit hat diese Zustände, welche noch jetzt überall
vorkommen, für Melancholie etc. -- gehalten; wer aber nur Einmal einen
Besessenen gesehen hat, ist nicht einen Augenblick in Zweifel über den
Grundunterschied, welcher zwischen Besessenen und Wahnsinnigen
stattfindet.« (S. 322-323.)

Hierauf geht nun Vilmar zur Besprechung der »=Symptome, welche die
Besessenheit mit Sicherheit anzeigen=« über. Er sagt hierüber (S. 323-324):
»das allgemeinste Zeichen ist beinahe durchgängig das, dass die Besessenen
wissen, es sei ein =fremder Geist= in ihnen. =In den letzten drei
Jahrhunderten= aber ist es besonders häufig, dass angeblich der Geist eines
verstorbenen (bösen) Menschen die Besitzung ausübe. Diess ist nichts als
Trug des Teufels[347], aber ungemein täuschend für Unerfahrene. Sodann ist
eins der gewissesten Zeichen das, dass sie irgend welches heilige Wort,
zumal den Namen Christi, nicht aussprechen, oder wenn sie an signum crucis
als alte Lutheraner oder Katholiken gewöhnt sind, das Kreuzschlagen
entweder nicht vertragen oder wenigstens nicht selbst vollziehen mögen.
Dasselbe gilt meistens schon vom Händefalten zum Gebet. Dazu kommen
=Verfluchungen der Gottesgaben= (der Frucht auf dem Felde) und heiliger
Gegenstände (und wären es nur die Kirchen=gebäude=), sodann =Lästerungen=.
Dazu gehören dann Blicke, Mienen und Töne (Lachen), welche gehört und
gesehen sein wollen, um sie von allen und jeden, auch den grässlichsten
Wahnsinnsäusserungen, zu unterscheiden, und sofort als Blicke, Züge und
Töne aus einer =Persönlichkeit der Finsterniss= herauskommend zu erkennen.
In vielen, aber bei weitem nicht in allen Fällen kommt hierzu das Sprechen
mit =doppeltem Sprachton= (den einen führe der Besessene, den anderen der
Besitzende), das Reden oder wenigstens das Verstehen fremder, nie gelernter
Sprachen, Fernwissen, wunderbare Beweglichkeit der Glieder und
Unabhängigkeit des Körpers von der natürlichen Schwerkraft«[348].

=Vilmar= fährt sodann (S. 324) fort: »Hiermit verwandt ist denn die
Einwirkung des Teufels auf die Natur zum Schaden des Menschen und =die
Fähigkeit solcher Menschen, welche sich von Gott lossagen und dem Teufel
sich ergeben, auf die Natur einzuwirken=, nämlich die =Zauberei=, welche
nach der Schrift wie nach der Erfahrung nicht in das Gebiet des
Wahnglaubens verwiesen werden darf.« --

So begründet =Vilmar= seine Lehre von der Wirklichkeit der auf Abfall von
Gott und auf einem Bunde mit dem Teufel beruhenden Hexerei mit seiner
monströsen, in der evangelischen Kirche ganz unerhörten Lehre vom Teufel.
Ueber das Wesen der Hexerei selbst spricht sich Vilmar ausserdem noch in
seiner Dogmatik, B. I. S. 266 bis 267 aus. Hier sagt nämlich derselbe im
Anschluss an seine Expositionen über die Vorsehung Gottes, über
Weissagungen und Wunder so: »Es gibt auch =falsche Wunder=, wenn auch in
einem verhältnissmässig engen Kreise, soweit nämlich dieselben der
Seligkeitswelt Gottes Dienste leisten sollen, doch immerhin Wunder, und
=der Mensch kann durch unbedingte Selbsthingabe an das Böse solche Wunder
verrichten=. Es ist das das finstere Gebiet der =Zauberei, welchem wir
volle Realität zusprechen müssen=. Von selbst erklärt es sich, dass diese
Art von Wundern wesentlich dahin gerichtet ist, die Welt der Seligkeit zu
stören und zu zerstören, Unruhe und Verwirrung der Geister anzurichten,
Furcht zu erregen und materiellen Schaden zu thun. Das Wesen jener
Hingebung beruht darin, dass die geistige Herrschaft über die Natur Gott --
abgetrotzt werden soll. Wir können die Richtung dieser infernalen Kraft
dahin formuliren bezw. beschreiben, dass alles das zur Zauberei gehört, was
darauf ausgeht 1) Gewalt über die Selbstbestimmung des Menschen (Gewalt
über die Geister) zu erlangen ohne Gottes Wort und ohne Gebet; 2) die
Naturkräfte aufzuregen; 3) die Ferne und die Zukunft zu erkennen, ohne den
Herrn der Zukunft; 4) materiellen Schaden zu thun ohne Anwendung
materieller Mittel. -- Die Annahme dieser Höllenkräfte streitet gegen
Gottes Weltregierung sowenig wie das Böse überhaupt gegen Gottes
Weltregierung streitet. Es ist nur die höhere Potenz des Bösen.«

Vilmar hat diese seine Lehren vom Herbst 1855 an bis zu seinem Tode (1868)
vor zahlreichen Zuhörern vorgetragen, die auf seine Worte schwuren, und
jetzt im Dienste der evangelischen Kirche Hessens stehen. Gleichwohl hat
dieselbe keine Früchte getragen, sie hat keine Hexenverfolgung zum Zwecke
der Reinigung der Kirche von den Werkzeugen des Satans herbeigeführt, --
weil für diesen Wahnsinn nicht mehr die Justiz und die Folter zur Verfügung
stehen.


FUSSNOTEN:

[329] Noch im Jahr 1809 lebte in Baiern ein alter Mann, der einst wegen
angeblicher Zauberei unschuldig torquirt worden war und alle Marter
glücklich überstanden hatte. Derselbe pflegte bei dem baierischen Rentamte
zu Mitterfels allmonatlich seinen Gnadengehalt in Empfang zu nehmen und
dabei sich noch in den beiden Kanzleien ein Almosen einzusammeln. Neu
angestellten Beamten, welche den Mann zum ersten Male sahen, musste er dann
die verschiedenen Arten der Folterung, die er erlitten, beschreiben, wobei
er an seinen ausgerenkten Händen und Füssen es sehen liess, bis zu welchem
Grade er gemartert worden war. -- _Schuegraf_, der damals als Schreiber bei
dem Amte fungirte, theilt dieses in der Zeitschr. für d. Kulturgesch. 1858,
S. 765 bis 766 mit.

[330] _Schuegraf_, S. 767.

[331] _Buchmann_, S. 324.

[332] _Lenormant_, S. 493.

[333] Siehe die zahlreichen Angaben bei _Wuttke_, »Der deutsche
Volksaberglaube der Gegenwart« und bezüglich der Schweiz in der Schrift des
Pfarrers _Thellung_ in Biel: »Der Aberglaube nach seinen verschiedenen
Erscheinungen« (Biel, 1867).

[334] _Schwalbe_, Ueber Wetteraberglauben (Berl. 1876 S. 5).

[335] Vgl. Oberyssel'sche Zeitung vom Dienstag, 25. März 1823 und
_Scheltema_, Beil. S. 99-101. -- _Schindler_ (»Der Aberglaube des
Mittelalters«, S. 305) sagt: »Noch im Jahr 1832 wurde in der Gegend von
Danzig eine Unglückliche hinausgefahren und auf grausame Art ertränkt; und
noch 1854 wurde in meiner Nähe eine alte Frau beerdigt, die im ganzen Dorfe
als Hexe galt, und =der man desshalb die Leichenbegleitung versagte=.«

[336] _Waldbrühl_, Naturforschung und Hexenglaube, S. 37-38 in Virchow's
und v. Holtzendorff's Vorträgen, Heft 46.

[337] _Horst_, Zauberbibl. B. VI. S. 368. -- Das Ereigniss, welches Horst
S. 373 desselben Bandes aus dem Mémorial Bordelais mittheilt, ist offenbar
nicht ein weiteres, sondern das bereits S. 368 erzählte Vorkommniss.

[338] _Cordier_, Légendes des Hautes Pyrénées, Lourdes, 1855, S. 79-88 und
_Hartpole Lecky_, I. S. 3-4.

[339] Dieselben hatten ihr bereits mit einem schneidenden Instrument über
der Brust einen langen Schnitt beigebracht. Die Maréchaussée bemächtigte
sich der Verbrecher. S. _Horst_, Zauberbibl. B. VI. S. 371.

[340] Die Nachrichten über die Hexenverfolgung in Mexiko bis zum Jahr 1874
sind -- da uns die Originalquellen nicht zu Gebote standen, aus _Nippold_
»Die gegenwärtige Wiederbelebung des Hexenglaubens« S. 11-12 wörtlich
entlehnt.

[341] Selbst in der =allerneuesten= Zeit liefert Russland noch derartigen,
fast unglaublichen Stoff. Zeitungen aus dem Februar des Jahres 1879 melden:
»In dem Dorfe Wratschewo des Nowgoroder Gouvernements ist ein Bauernweib
Namens Agrafena Ignatiewa von den Einwohnern des genannten Dorfes wegen
Verdachts der Hexerei lebendig verbrannt worden. Die Aeltesten des Dorfes
liessen Thür und Fenster des Hauses, in welchem die vermeintliche Hexe
wohnte, mit Brettern verschlagen, hierauf Stroh und Holz um das Haus legen
und schliesslich das Haus mit der »Hexe« verbrennen. Das unglückliche Opfer
der abergläubischen Bauern wurde im buchstäblichen Sinne des Wortes zu
=Asche= verbrannt. Ueber hundert Dorfbewohner, darunter der =Ortspope=,
wohnten diesem schrecklichen Schauspiele bei. So geschehen im Jahre
=1879=.«

[342] =Praelectiones theologicae=, quas in Coll. Rom. S. J. habebat. Wir
benutzen hier die erste Regensburger (überhaupt die einundzwanzigste)
Ausgabe des Werkes, welche 1854 erschien. Der von uns besprochene Abschnitt
de daemonum cum hominibus commercio findet sich daselbst vol. V. p. 31-54.

[343] Vgl. _Avanzini_, de constitutionibus apostolicae sedis, Romae, 1872.
S. 67.

[344] Wir berichten hier über dieses Buch nach den sehr ausführlichen
Excerpten, welche _F. Nippold_ seiner Schrift, »Die gegenwärtige
Wiederbelebung des Hexenglaubens« S. 18-35 aus demselben mitgetheilt hat.

[345] Das Alles wollte _Vilmar_ aus seiner »Erfahrung« wissen!

[346] Sonst wird dieses nur von =Gott= gelehrt!

[347] Es ist uns durchaus unerfindlich, woher Vilmar dieses weiss.

[348] Man denke an die Wasserprobe der Hexen!



  ACHTUNDZWANZIGSTES KAPITEL.

  Schluss.


Hat unsere Darstellung geleistet, was ihre Aufgabe war, so dürfen wir
hoffen, dem Leser das Wesentliche des Hexenprozesses nicht nur in seiner
äusseren Erscheinung, sondern auch in seiner Entwicklung und seinen Gründen
begreifbar vorgeführt zu haben. Unser Hauptaugenmerk war, um es wiederholt
auszusprechen, dem modernen Hexenwesen, wie es vom Mittelalter auf die neue
Zeit vererbt wurde, zugewendet, und unser Rückgreifen in das Alterthum
bestimmte sich vorzugsweise nach dem näheren oder entfernteren Grade der
Verwandtschaft, in welchem sich die einzelnen Elemente, wie die ganze
Auffassungsweise zu demselben ankündigen. Auf eine vollständige Darstellung
der antiken Zauberei hat daher diese Schrift keinen Anspruch.

Wir haben die neuere Zauberei in fast allen Ländern der Christenheit in
einer Gleichförmigkeit auftreten sehen, die sich bis auf die
überraschendsten Einzelheiten erstreckt. Sie hat fast nirgends nationale
Hauptunterschiede, ihr Charakter ist ein universeller. Was aber hat diese
Uebereinstimmung vermittelt? Dass die allgemeine psychologische Disposition
des Menschen zum Glauben an die Wirkung höherer Mächte hierauf nicht
ausreichende Antwort gebe, ist an sich klar; denn wo liegt die
psychologische Nothwendigkeit, dass der Zauberglaube überall nur in
diesen, zum Theil so höchst bizarren Formen sich habe entwickeln müssen? Es
muss also ein historischer Grund aufgesucht werden. Dieser aber wird nicht
weniger universell sein dürfen, als die Wirkung. Er liegt weder in der
deutschen, noch in der nordischen Mythologie, weder in der Vergangenheit
der Celten, noch in der Vorzeit der Slaven oder Muhammedaner. Alle diese
Völker haben ohne Zweifel ursprünglich ihren nationalen Zauberglauben
gehabt, der sich mit dem späteren allgemeinen verwebte und darin
verschwamm; ihr Glaube hat weder innerhalb der eigenen Landesgrenzen die
nationale Grundform bewahrt, noch die Vorstellungen der übrigen Völker zu
normiren vermocht. Ja, dieser Glaube der einzelnen Nationen ist in seiner
Urgestalt oft schwer zu erkennen, oder gänzlich zweifelhaft, weil der
Forscher theils aus späteren, möglicherweise schon modificirten
Erscheinungen rückwärts schliessen, theils zu schriftlichen Quellen seine
Zuflucht nehmen muss, bei welchen aussernationale Einflüsse theils zu
vermuthen stehen, theils wirklich erwiesen sind. So möchte Burkhard von
Worms für die deutsche, Saxo Grammaticus für die nordische Mythologie mit
grosser Vorsicht zu gebrauchen sein.

Von universeller Bedeutung, wie für Wissenschaft und Kunst, ist das
römisch-griechische Alterthum auch für den Aberglauben der Völker geworden;
nur trat hier noch ein Zweites hinzu, das Orientalisch-Christliche. Jenes
lieferte im Wesentlichen das Material, dieses die Auffassungsweise. Bei den
Kirchenvätern vermählte sich das Römer- und Griechenthum mit dem Dämonismus
des Morgenlands. Wohin durch den römischen Eroberer oder den wandernden
Germanen der römische Aberglaube nicht verschleppt worden war, dahin
brachte ihn der römische Kirchenlehrer und Heidenbekehrer, sei's durch die
Polemik dagegen, -- denn er setzte die Gegenstände desselben überall
voraus, -- oder durch die Praxis. Mit dem Christenthum kamen lateinische
Sprache und Literatur, Dämonologie, befangene aber auf den Bildungsgang
Einfluss übende Priester zu Celten, Germanen und Slaven. Was den Nationen
eigenthümlich gewesen sein mochte, assimilirte sich im Laufe der Zeit den
ihnen zugetragenen mächtigeren Elementen. Wunder- und Teufelsglaube
verschlang die in einigen Jahrhunderten des Mittelalters hervorkeimende
hellere Ansicht. Selbst das zeitweise erfreuliche Anstreben zur
Naturforschung ward unter diesen Gesichtspunkt gebracht. Die Dienerin
hierarchischer Zwecke, die Inquisition, um Popularität und Einkommen
verlegen, sah sich um nach einem Musterbilde aller Scheusslichkeit, die sie
ihren Opfern leihen könnte, und unter ihren Händen bildete sich aus lauter
bekannten Stoffen das Verbrechen der Hexerei. Den Teufel in der Gestalt,
wie sie ihn ausgebildet vorfand, in die Mitte stellend, eignete sie ihm auf
der einen Seite die traditionellen, mit jedem Jahrhundert gestiegenen
Ketzergreuel der christlichen Kirchengeschichte, auf der anderen aber die
Leib und Gut verletzenden, vom alten Gesetz verpönten Malefizien des
römischen Heidenthums, sammt allem aus den Dichtern bekannten Zauberspuk
desselben zu. Diess alles verband sich zur Hexerei als einem Ganzen,
während die frühere Zeit nur einzelne durch Zauberei verübte Künste oder
Verbrechen gekannt hatte. Eine blutige Praxis lieferte so schlagende und
zahlreiche Beweise zu der dämonischen Theorie, die man überdiess der Bibel
und dem römischen Rechte anzupassen wusste, so dass bald jeder Zweifel vor
der dreifachen Macht der Erfahrung, der Auctorität und der Furcht
verstummte und die auf jene Theorie gebauten Prozesse, begünstigt durch die
oben entwickelten Verhältnisse, bis nahe an unsere Zeit heranreichen
konnten. Ohne die römische Literatur, ohne die eben so eigenthümliche, als
weitgreifende Vermittlung der kirchlichen Auffassungsweise, ohne die
mannichfaltigen, stets sich erneuernden Nebeninteressen der an der Ausübung
Betheiligten wäre die Erscheinung jenes überall gleichförmigen, nicht mehr
nationalen, sondern europäischen oder vielmehr christenheitlichen
Aberglaubens eben so unbegreiflich, als sie vollkommen erklärlich wird,
sobald man sie als das Resultat jener vereinigten Potenzen betrachtet. Wir
finden wenigstens in der Hexerei nicht einen einzigen Hauptzug, der nicht
in einer der angedeuteten Beziehungen, oder in allen zusammen aufginge. Es
führt vielmehr überall ein sachlich, örtlich und zeitlich lückenloser Weg
vom Gewordenen zur Quelle zurück.

Allerdings ist es versucht worden, das Hexenwesen der letzten Jahrhunderte
in anderer Weise zu erklären. Einige dieser Versuche wollen das Ganze,
andere nur Einzelheiten erklären; sie wären vielleicht anders gestellt
worden, wenn ihre Urheber nicht zum Theil von irrigen Voraussetzungen in
Bezug auf Umfang, geographische Verbreitung und Bildungsepochen des
Hexenwesens ausgegangen wären.

=Jakob Grimm= hat in der Mythologie mit gewohnter Gelehrsamkeit und
Combinationsgabe eine treffliche Uebersicht des deutschen Hexenwesens und
scharfsinnige Forschungen über viele Einzelheiten desselben gegeben. Er
geht von den unbestreitbaren Sätzen aus, dass die alten Deutschen Zauber
und Zauberer kannten (S. 579), dass das Christenthum den Begriff
zauberübender Weiber als heidnischen vorfand, aber vielfach veränderte
(S. 587). Namentlich rechnet er unter diejenigen Vorstellungen, welche sich
unter den Deutschen =erst nach der Annahme des Christenthums= erzeugten,
den Glauben an die nächtlichen Hexenfahrten und die damit verbundenen
abscheulichen Begehungen (S. 594). Somit fällt das eigentliche Hexenwesen
gar nicht in das Gebiet der deutschen Mythologie, und die Aufgabe des
Mythologen hätte schon mit der Erörterung des =heidnisch=-deutschen
Zauberwesens ihre vollständige Lösung erhalten. Aber über dasselbe ist
wenig zu sagen, und wie Grimm überhaupt seinem Werke die dankenswerthe
Ausdehnung gegeben hat, dass er die Schicksale und Nachwirkungen des
Heidnischen weiter herab verfolgt, so hat er auch hier die einzelnen
Momente des germanischen Heidenthums nachzuweisen gesucht, welche in das
Hexenthum der christlichen Zeit auslaufen oder demselben Anhaltspunkte
geben mochten. Hierbei verkennt er nun keineswegs die Masse des
eingedrungenen Undeutschen, weist vielmehr häufig auf die zahlreichen
Analogien gleichzeitiger Erscheinungen des Auslands und die des klassischen
Alterthums hin; aber im Ganzen spricht er dem germanischen Wesen selbst
immer noch weit mehr Nachwirkungen zu, als wir einräumen zu dürfen glauben.
Dass solche Nachwirkungen, sowohl alter Zaubervorstellungen selbst, als
auch mancher Einrichtungen, die eine spätere Zeit auf Zauberei umdeuten
mochte, =im Allgemeinen möglich seien=, bestreiten wir nicht; aber die von
Grimm angegebenen sind wenigstens in der Ausdehnung, wie sie der verehrte
Forscher nimmt, nicht =wahrscheinlich=. Wir müssen etwas mehr ins Einzelne
gehen.

Grimm glaubt, dass, »bis auf die jüngste Zeit in dem ganzen Hexenwesen =ein
offenbarer Zusammenhang mit den Opfern, Volksversammlungen und der
Geisterwelt der alten Deutschen= zu erkennen sei.« (S. 587.) Um dieses
zuvörderst hinsichtlich der Opfer zu erläutern, verweist er auf jene Stelle
der lex Salica, wo, der gewöhnlichen Erklärung zufolge, von dem Hexenkessel
und dem Kochen der Hexen die Rede ist, erinnert hierauf an die
Heilighaltung des Salzflusses, um welchen sich die Chatten mit den
Hermunduren schlugen, und stellt dann die Vermuthung auf, dass das
Salzbereiten in Kesseln von Priesterinnen als heiliges Geschäft, vielleicht
mit Opfern und Volksversammlungen, betrieben worden sei. An dieses
Salzsieden nun habe sich die spätere Volksansicht von der Hexerei
angeschlossen. »An gewissen Festtagen stellen sich die Hexen in dem
heiligen Wald, auf dem Berge ein, wo das Salz sprudelt, Kochgeräthe, Löffel
und Gabeln mit sich führend; Nachts aber glüht ihre Salzpfanne.« Diesen
Vermuthungen soll zu Statten kommen ein Gedicht aus dem dreizehnten
Jahrhundert, dessen Verfasser ungläubig von den Hexen sagt:

  Daz ein wîp ein chalp rite,
  Daz wären wunderlîche site,
  ode rit ûf einer dehsen,
  ode ûf einem hûspesem
  =nâch salze ze Halle füere=;
  ob des al diu welt swüere,
  doch wolde ich sîn nimmer gejehen,
  ich enhet ez mit mînen ougen gesehen,
  wand =sô würde uns nimmer tiure
  daz salz von dem ungehiure=.

Wir möchten hiergegen Folgendes einwenden. Der Hexenkessel der späteren
Zeit ist nicht zu bezweifeln, der in der lex Salica aber ist eben so
problematisch, als die ganze Stelle zur Zeit noch kritisch und exegetisch
im Argen liegt. Das zitirte Gedicht, worin die Hexen nach Salz zu Halle
fahren, enthält unstreitig einen Zug des Volksglaubens, der von Interesse
ist, der aber so vereinzelt dasteht, dass wir ihm in dem gesammten
Hexenwesen nicht weiter begegnet sind. =Vielmehr sind die Hexen sonst
überall dem Salze so abgeneigt, dass es sogar bei ihren Festmahlzeiten
regelmässig fehlen muss.= Ich möchte daher hierin nur eine lokale Beziehung
auf die Heimath des Dichters, deren Aberglauben er bekämpft, erkennen. Wenn
nun die Salzbereitung durch die neueren Hexen im Allgemeinen eben so
entschieden in Abrede gestellt werden muss, als der Salzkessel der alten im
salischen Gesetze zweifelhaft ist, so scheint es, dass sich auch durch die
Annahme des Salzkochens durch altdeutsche Priesterinnen kein Zusammenhang
zwischen alter und neuer Hexerei herstellen lasse.

Weiter ist =Grimm= der Ansicht, »dass Zeit und Ort der Hexenfahrten sich
gar nicht anders erklären lassen, als durch Bezugnahme auf Opfer und
Volksversammlungen. Auf Walpurgis, Johannis und Bartholomäi, wo die Hexen
ihre Hauptfeste feiern, seien auch germanische Opferfeste und Gerichtstage
gewesen. Seine ehrliche Gerichtszeit hätte das Volk nicht den Hexen
eingeräumt, wären diese nicht in althergebrachtem Besitze gewesen.«
(S. 591.) -- Wir haben nirgends eine Spur davon gefunden, dass die
=heidnischen= Germanen Hexenfahrten an diese bestimmten Tage gebunden
hätten; den =christlichen= aber, welche diess thaten, musste eine Beziehung
der Sache auf ihre eigenen Verhältnisse näher liegen, als auf die
heidnische Vergangenheit. Ausser jenen drei Epochen finden sich, wie oben
nachgewiesen ist, auch Ostern, Pfingsten, Weihnachten und Jakobi. Wir haben
hier, Walpurgis ausgenommen, lauter hohe Kirchenfeste und ausgezeichnete
Heiligentage vor uns; wenn diese das christliche Volk den Hexen liess,
warum nicht noch weit eher seine Gerichtstage, auch ohne althergebrachten
Besitz? Es gehörte gerade zu den Grundvorstellungen von der Hexerei, wie
sie von den Inquisitoren ausgebildet wurde, dass sie gegen das Christenthum
=Opposition= machte und auf Nachäffung und Schändung seiner Feste und
Ceremonien ausging. Nur aus dem angenommenen Grundsatze, dass der Teufel
der Affe Gottes sei, glauben wir die Wahl jener Zeiten für die Hexenfahrten
erklären zu müssen, nicht aus den heidnisch-germanischen Volksgewohnheiten.
Ob das Maireiten überhaupt unter diese letzteren gehöre, scheint noch sehr
zweifelhaft; bei Grimm sind wenigstens keine sehr alten Belege dafür
beigebracht (S. 449, 450). Maifeste im Allgemeinen gab es auch schon im
Alterthum. Ausser den von Grimm hierüber angezogenen Stellen (S. 452)
dürfte hier gelegentlich noch die Majuma zu erwähnen sein (Cod. Justin,
lib. XI. Tit. 45), worin wir nach Suidas v. #Maioumas# eine Art von
Schifferstechen erkennen müssen, und welche mit dem von Olaus Magnus
beschriebenen Mairitte der Schweden wenigstens das gemein hat, dass
kämpfende Jünglinge in beiden das Volk belustigten.

»Noch deutlicher zu, -- fährt Grimm fort, -- trifft die Oertlichkeit. Die
Hexen fahren an =lauter= Plätze, wo vor Alters Gericht gehalten wurde oder
heilige Opfer geschahen. Ihre Versammlung findet Statt auf der =Wiese=, am
=Eichwasen=, =unter der Linde=, unter der =Eiche=, an dem =Birnbaum=, in
den Zweigen des Baums sitzt jener Spielmann, dessen Hülfe sie zum Tanz
bedürfen. Zuweilen tanzen sie auf dem =peinlichen Richtplatz=, unter dem
=Galgenbaum=. Meistens aber werden Berge als Orte ihrer Zusammenkunft
bezeichnet, Hügel (an den drei =Büheln=, an den drei =Köpchen=) oder die
höchsten Punkte der Gegend.« Es werden sodann viele solcher Berge
namentlich aufgeführt. Die Beziehung dieser Hexenlokalitäten auf Opfer und
Gerichtswesen erscheint uns, -- wir müssen es gestehen, -- so wenig als die
=einzig mögliche=, dass wir sie vielmehr für eine gezwungene halten müssen.
Wenn die späteren Dämonologen und Prozessakten berichten, dass die
nächtlichen Zusammenkünfte auf der Wiese, am Eichwasen, am Birnbaum, an den
drei Büheln, auf diesem oder jenem Berge Statt finden, was nöthigt hierbei
an die Opfer- und Gerichtsplätze der deutschen Vorzeit zu denken? Irgendwo,
wenn überhaupt, muss doch der Ort der Vereinigung sein, und die Richter
haben stets nach demselben gefragt. Da hat man bald auf ganz gleichgiltige
Lokalitäten der nächsten Umgegend, bald, was mehr im Charakter lag, auf
einsame oder schauerliche Oerter, Haiden, schwer zugängliche Berghöhen
u. s. w. bekannt. Zuweilen treiben auch, worin sich wieder das
christenfeindliche Element zeigt, die Hexen vor den Kirchen, ja =in=
denselben ihr gottloses Wesen. Berge, die ihre Gegend so beherrschen, wie
der Brocken das norddeutsche Flachland, kamen eben darum wohl auch in
ausgebreiteteren Ruf, als andere, die nicht so vereinzelt stehen.
Deutschland hat viele ausgezeichnete Hexenberge und ausserdem zahllose
untergeordnete, nur in der nächsten Nachbarschaft genannte Lokalitäten, von
welchen an der geeigneten Stelle bereits mehrere aufgeführt worden sind.
Deutschland unterscheidet sich auch hierin nicht vom Ausland; auch
anderwärts versammeln sich die Hexen auf Bergen und Haiden, Wiesen und
Feldern, unter Bäumen und heiligen Kreuzen.

Den Glauben an die =Hexenfahrten= endlich leitet Grimm ab aus einer
Missdeutung der gottesdienstlichen Zusammenkünfte, welche nach der
Einführung des Christenthums von heimlichen Anhängern der alten Religion
fortgesetzt worden seien. »Wenn auch, -- sagt er S. 593, -- der grosse
Haufen für die neue Lehre gewonnen war, einzelne Menschen blieben eine
Zeitlang dem alten Glauben treu, und verrichteten insgeheim ihre
heidnischen Gebräuche. Von solchen Heidinnin ging nun Kunde und
Ueberlieferung unter den Christen, die Dämonologie des Alterthums mischte
sich hinzu, und aus Wirklichkeit und Einbildung erzeugte sich die
Vorstellung =nächtlicher Hexenfahrten=, bei welchen alle Greuel der
Heidenschaft fortgeübt würden.« Es fragt sich hier, ob nicht auch
=unabhängig= von den genannten Zusammenkünften der Heidinnin die
Dämonologie des Alterthums gewirkt haben möge, und zwar ganz, was ihr hier
nur zur Hälfte zugewiesen wird. Nach Grimm wäre die Vorstellung von den
Hexenfahrten immerhin erst =unter den Christen erzeugt= worden, also ein
=Irrthum der Christen=; der Kanon Episcopi aber verdammt sie geradezu als
einen Rückfall in errorem _Paganorum_. Somit haben ihn in seiner damaligen
Gestalt, -- denn später bildete er sich wieder anders, -- die Christen nur
=übernommen=, nicht =erzeugt=. Aus welchem Heidenthum aber stammt er? Aus
dem =deutschen= gewiss nicht; dieses kennt keine Nachtfahrten in Masse (s.
Grimm Myth. S. 593). Also doch wohl aus dem =römischen=, wie wir oben
nachzuweisen versucht haben. Dass die deutschen Christen diesen Aberglauben
im eilften Jahrhundert bereits hatten[349], folgt weniger daraus, dass
=Burkhard= hierauf bezügliche Stellen überhaupt aufgenommen hat, -- er gibt
oft Ausländisches, -- als aus der deutschen Benennung, welche er in eine
angeblich aus den Beschlüssen des Conzils zu Agath (Agde in der Languedoc)
von 506 entnommenen Stelle einschiebt: Credidisti, ut aliqua femina sit,
quae hoc facere possit, quod quaedam a diabolo deceptae se affirmant
necessario et ex praecepto facere debere, id est cum daemonum turba in
similitudinem mulierum transformata, quam vulgaris superstitio _holdam_
(al. _unholdam_) vocat, certis noctibus equitare debere super quasdam
bestias, et in eorum se consortio annumeratam esse (_Burchard_. Decret.
lib. XIX. cap. 5). Ob übrigens gerade in dieser Stelle Grimm's Vermuthung,
dass eine =einzelne Gottheit= der alten Deutschen =Holda= geheissen habe,
in deren Gefolge man später die Nachtweiber verwiesen, eine Stütze finde
(S. 165. 594.), lassen wir, da es nicht weiter zur Sache gehört, an seinen
Ort gestellt sein. Ist der Text bei Burkhard unverderbt, so würde das Wort
holda (Substantiv oder Adjektiv?) auf die =ganze Schaar= der nachtfahrenden
Dämonen zu beziehen sein.

Wenn nun Grimm, dieser gründlichste Kenner des deutschen Alterthums, der
neueren Hexerei nur einen losen und meist indirekten Zusammenhang mit dem
Wesen unserer heidnischen Vorfahren zuerkennt, und dieser Zusammenhang,
unsern obigen Bemerkungen zufolge, nicht einmal in dem von diesem Gelehrten
angenommenen Masse erweislich scheint: so werden gewisse viel weiter
gehende Ansichten einiger anderen Gelehrten um so leichter als unhaltbar
hervortreten.

=Mone=[350] führt das Hexenwesen, und namentlich den =Sabbath=, auf Hekate
und =die alten Bacchanalien, die den Deutschen schon während ihres
Aufenthalts am schwarzen Meere bekannt geworden seien=, zurück. S. 268 sagt
er, »das Hexenthum feinde den christlichen Kult an, nicht als Christenthum,
sondern als bestehende Religion, so wie es =vor= dem Christenthum auch die
heidnische Volksreligion unserer Voreltern anfeindete.« Weiter führt er
S. 271 Folgendes als feststehende Sätze auf: »1) Das Hexenwesen war eine
für seinen Zweck =vollständig organisirte geheime Gesellschaft=. 2) Da der
Teufel an der Spitze desselben stand und ein Wesen ist, das in die Religion
gehört, so muss das Hexenwesen eine =religiöse Gesellschaft= gewesen sein.
3) Wir müssen das Hexenwesen, wie es in den Prozessen des siebenzehnten
Jahrhunderts erscheint, nicht als den Anfangs-, sondern als den
Ausgangspunkt betrachten und seinem Ursprung rückwärts nachspüren, soweit
sich geschichtliche Zeugnisse dafür vorfinden.«

Mone erkennt also, wenn wir ihn recht verstehen, in den sogenannten Hexen
eine wirkliche, bis ins siebenzehnte Jahrhundert fortbestehende
Gesellschaft, welche eine organisirte Opposition gegen die jedesmalige
Volksreligion bildete, für sich aber einen vom Pontus mitgebrachten Hekate-
und Bacchuskult bewahrt hatte. =Wo= aber, müssen wir fragen, hat denn Mone
irgend eine historische Spur davon aufgefunden, dass die heidnische
Religion der Deutschen von einer organisirten Gesellschaft von
Bacchusdienern angefeindet worden wäre? =Wo= ist im Mittelalter eine Spur
von derjenigen Continuität des fraglichen Geheimkults, welche vorausgesetzt
werden müsste, wenn die deutschen Hexen des sechszehnten und siebenzehnten
Jahrhunderts immer noch die Inhaberinnen des vom schwarzen Meere
mitgebrachten Systems gewesen wären? Was für eine räthselhafte Gesellschaft
ist das, welche die Religionen anfeindet, weil sie bestehende sind, aber
nichtsdestoweniger eine =religiöse= ist, weil der Teufel an ihrer Spitze
steht, der ein Wesen ist, welches in die Religion gehört? =Wo=durch mögen
die übrigen europäischen Völker, deren Hexenwesen dem deutschen so ganz
gleich ist, ohne dass ihre Väter am schwarzen Meere sassen, dieselbe
Gesellschaft in sich aufgenommen haben? -- Sicherlich ist Mone zu diesen
wunderlichen Ansichten grossentheils desshalb gekommen, weil er zwischen
dem Hexen=sabbath= und den alten Bacchanalien oder =Sabazien= nicht nur
eine Sach-, sondern auch eine Namensähnlichkeit fand und sich von dem
Gedanken nicht losreissen konnte, an dem von der Obrigkeit so ernstlich
verfolgten Hexenwesen müsse wenigstens so viel wahr gewesen sein, dass
gottlose Versammlungen Statt gefunden hätten. Darum sucht er das Licht in
den cimmerischen Finsternissen, wo die alten Deutschen den Sabazien
allerdings, wenn irgendwo, am nächsten gewesen sein müssen. =Hekate= ist
mit Recht hereingezogen, aber auf unrechtem Wege; die Vorstellungen von ihr
durchdrangen das antike Zauberwesen und modifizirten somit das neue. Die
behauptete Wirklichkeit der Versammlungen gründet sich auf die Bekenntnisse
der verhörten Hexen. Ueber die Glaubwürdigkeit solcher Geständnisse ist
bereits an der gehörigen Stelle geredet worden, und wir werden sie unten
nochmals berühren[351].

Abermals aus einem Gottesdienste, aber einem =slavischen=, finden wir das
Hexenthum hergeleitet in einer kleinen Schrift von =L. W. Schrader=,
Archivarius zu Wittgenstein[352]. Slaven bewohnen nach ihm in den
vorchristlichen Zeiten einen grossen Theil Deutschlands (auch die Mattiaker
sind solche), insbesondere die Harzgegend, wo sie den Melybog oder Czerny
Bog, d. h. schwarzen oder bösen Gott, oder Teufel, und die Frau Holle
verehren. Von den heidnischen Deutschen unterjocht und in ihrem Kultus
gestört, retten sie denselben auf den schwer zugänglichen Melbogsberg oder
Mlbogsberg, woraus der Deutsche den Namen Blocksberg bildete. Dort treiben
die Hexen, d. h. Priesterinnen der Holda oder Liebesgöttin, ihr Wesen
ungestört und geben auch den deutschen Jungfrauen, die der unerlaubten
Liebe mit den Slavenjünglingen nachgehen wollen, einen Zufluchtsort. Da man
nicht wusste, wie da auf natürliche Weise hinaufzukommen sei, so bildete
sich im Volke die Vorstellung von den Luftflügen, die später auf die
Christen überging u. s. w. Das Andenken der slavischen Hexen als
Holdapriesterinnen hat sich, dem Kundigen wohl erkennbar, in verschiedenen
Orts- und Ländernamen erhalten, z. B. in Hasserode, Hasselfelde und Hessen,
welches letztere namentlich um Gudensberg slavische Bewohner hatte. --
Diese Resultate gewinnt Herr Schrader durch eine Deduktion, die sich durch
so drollige historische und etymologische Luftsprünge[353] auszeichnet,
dass man seinem Schriftchen nicht mehr Ehre erzeigen kann, als wenn man es
für eine schalkhafte, jedoch zuweilen aus dem Tone fallende Persiflage
gewisser Verirrungen in der heutigen Geschichts- und Sprachforschung nimmt.

Zum dritten Male ein Kult der alten Deutschen wird von =Jarcke=
herangezogen[354]. Dieser sagt: »Wenn wir die Gesetze Karls d. G. zur
Ausrottung des heidnischen Glaubens unter den Sachsen, -- den indiculus
superstitionum, -- -- -- den gewöhnlichen Zusatz more paganorum etc.
betrachten, und damit in Verbindung bringen, was in den skandinavischen
Sagen über Zauberei und Gewalt des Menschen sogar über Wind und Wetter
gesagt wird: so dürfte die Behauptung nicht zu gewagt erscheinen, dass das
Zauberwesen und der Zauberglauben im Mittelalter =zunächst= eine Tradition
aus der =heidnisch-germanischen= Zeit, eine im Volke lebende heidnische
Naturkunde und =Naturreligion= gewesen sei, die auch ihre -- freilich
antichristlichen und, vom religiösen Standpunkt aus betrachtet,
dämonischen -- Ceremonien und Sakramente hatte. Die heidnische
Naturreligion wurde dann später im Kampfe mit christlichen Prinzipien und
nachdem die christliche Lehre vom Teufel in das Bewusstsein des Volks
übergegangen war, zu einer dem Christenthum und allem Göttlichen
feindlichen, und zu einem wahren Teufelsdienste, indem die alte
Naturwissenschaft selbst von denen, die ihre Geheimnisse kannten und
ausübten, als etwas vom Teufel Ausgehendes angesehen wurde. -- -- -- --
Daher die Erscheinung, dass eine Einweihung in jene Künste zuletzt wirklich
die äussere Form der Ergebung an den Teufel annahm.«

Wie Jarcke aus den gegebenen Prämissen die gezogenen Folgerungen
rechtfertigen will, vermögen wir nicht einzusehen. Es sind hier ganz
disparate Dinge zusammengebracht. -- Die fränkischen Kapitularien verbieten
an verschiedenen Stellen heidnischen Götzendienst im Allgemeinen und
Besondern, an andern wieder einzelne Arten des Zauberglaubens und darauf
sich beziehende Handlungen. Der Indiculus superstitionum insbesondere, der
dem Kapitulare von 743 angehängt ist, erwähnt in dreissig Rubriken, wozu
der Text fehlt, verschiedene Gegenstände, worüber Beschlüsse gefasst worden
zu sein scheinen. Etliche Artikel handeln vom Götzendienst[355], andere von
Sacrilegien[356], noch andere von verschiedenen Arten des Aberglaubens,
auch des =christlichen=[357], fünf Artikel endlich schlagen in's Gebiet des
Magischen ein[358]. Nirgends aber sind Zauberglaube und Zauberübungen in
Beziehung zu einer heidnisch-germanischen Naturreligion gesetzt; ja es ist
noch überhaupt die Frage, ob in =allen= diesen Punkten ausschliesslich und
ursprünglich Germanisches verboten sei. Mitten unter den Franken lebten ja
Romanen. Phylakterien, Incantationen, Augurien, Sortilegien, herzfressende
Weiber und Wettermacher (-- diess ist's, was wir im Wesentlichen in den
Kapitularien finden --) kannten schon die Römer; die christlichen Kaiser
und ausserdeutsche Conzilien hatten zum Theil längst verboten, was hier nur
wiederholt wird. Was nun die »heidnische Naturkunde« anbelangt, so tritt
diese hierin eben so wenig hervor; denn man wird doch nicht das
eingebildete Beherrschen von Wind und Wetter dahin rechnen wollen. Dass
Naturkundige zuweilen als Zauberer verschrieen worden sind, ist freilich
bekannt genug; man denke aus der heidnischen Zeit an Apulejus, aus der
christlichen an Gerbert, Constantinus Africanus, Roger Bacon, Raimund
Lullus und viele Andere! Doch diese alle schöpften nicht aus einer »im
Volke lebenden heidnischen Naturkunde,« sondern erhoben sich =über= das
Volk und waren nicht =Deutsche=. Aber Jarcke scheint, einer anderen Stelle
zufolge, geneigt, die Hexerei an »das dunkle Gebiet des thierischen
Magnetismus« anzuknüpfen (S. 431). Hiervon wird weiter unten die Rede sein.
Warum aber mag jene im Volke lebende, mit Ceremonien und Sakramenten
verbundene heidnische Naturkunde und Naturreligion im Kampfe mit dem
Christenthum zuletzt so sehr das Selbstbewusstsein verloren haben, dass
»die alte Naturwissenschaft selbst von denen, welche ihre Geheimnisse
kannten und ausübten, als etwas vom Teufel Ausgehendes angesehen wurde?«
Schlimm für jene Eingeweiheten, sie mochten Recht haben, oder irren! Ob man
überhaupt mit Jarcke annehmen will, »dass eine Einweihung in jene Künste
zuletzt =wirklich= die äussere Form der Ergebung an den Teufel angenommen
habe«, das wird zunächst von den Begriffen abhangen, die man sich vom
Teufel bildet, und dann von der Glaubwürdigkeit, welche man den Legenden
und Hexenakten beizumessen geneigt ist. In keinem Fall aber sind die
Teufelsbündnisse, weder die einseitig versuchten, noch die gegenseitig
vollzogenen, noch endlich die eingebildeten, auf deutschem Boden gewachsen.
Der Vicedominus Theophilus, von dem die älteste Teufelsergebung berichtet
wird, war weder Naturkundiger, noch der deutschen Naturreligion ergeben,
sondern ein Verehrer der Jungfrau Maria, die ihn rettete, weil er sie unter
allen zuerst wieder versöhnte, als er sich dem Bösen ergeben hatte. Sodann
nehmen die Teufelsergebungen durch Gerbert und die französischen Katharer
ihren Weg und langen erst mit dem Kusse, den die Stedinger dem bleichen
Manne darbringen, in Deutschland an. Die Teufelsergebung der französischen
=Hexen= wird erst gegen das Ende des dreizehnten Jahrhunderts, die der
deutschen noch später amtlich ermittelt.

In seinem »Handbuche des Strafrechts«, welches =Jarcke= seinen beiden
Abhandlungen über die Hexerei nachfolgen liess, lenkte freilich derselbe,
was das Resultat der Darstellung betrifft, zu einer richtigeren Auffassung
der Sache ein; aber auch hier bleibt Jarcke dabei, dass das Zauberwesen in
Deutschland (II. S. 54) »zuerst als eine heidnische Naturkunde und
Naturverehrung in einer geheimen Tradition das ganze Mittelalter hindurch
fortgelebt, nach und nach sich mit jüdischem und arabischem Aberglauben
vermischt und ausgebildet und dann gleichsam wie eine moralische Pest gegen
das Ende des Mittelalters, begünstigt durch die Hussitischen Unruhen, über
ganz Deutschland sich verbreitet zu haben scheine.« Ausserdem ist aber
gegen =Jarcke= noch dreierlei zu bemerken: 1) irrt derselbe, wenn er
Deutschland als den eigentlichen Sitz der massenhaften Hexenverfolgungen
ansieht; 2) setzt Jarcke den Anfang der Hexenverfolgungen, den er in das
Ende des sechszehnten Jahrhunderts verlegt, um ein ganzes Jahrhundert zu
spät; und 3) irrt Jarcke, wenn er das Zauberwesen als eine sich über ganz
Deutschland verbreitet habende Pest bezeichnet. Denn dieses, die Hexerei,
wurde ebenso vom Volke wie von der Geistlichkeit als Gottlosigkeit und
Frevel verdammt. Eine Sekte der Zauberer, welche einen Teufelskult ausgeübt
habe, ist nirgends nachweisbar. Was sich als eine »Pest« verbreitete, das
war nicht die Hexerei, sondern die =Verfolgung= derselben. Vgl.
=v. Wächter=, Beiträge zur deutschen Gesch. S. 303 ff.

Auch die Hypothese des verdienten Historikers =Heinrich Schreiber=, welche
derselbe unter dem Titel »Feen und Hexen« in dem »Taschenbuch für
Geschichte und Alterthum in Süddeutschland« (Freiburg im Br., 1846)
entwickelt, ist ganz unhaltbar. Schreiber sagt (S. 18-19): »Die dem
Hexenwesen zum Grunde liegenden religiösen und sozialen Vorstellungen
reichen sowohl der Ausdehnung nach über germanisches und romanisches Gebiet
hinaus, als sind sie dem Inhalte nach in dem romanischen Gebiete so
durchaus national und lebensfrisch, dass sie nur von der =ursprünglichen
Bevölkerung= herrühren konnten, in der ohnehin die nachmaligen Eroberer
sich dem Wesentlichen nach auflösten und untergingen. Mit Einem Worte: die
dem modernen Hexenwesen zum Grunde liegenden Vorstellungen weisen sich als
ursprünglich =keltische aus=. -- Die =Kelten= besassen dem männlichen
Institute der Druiden zur Seite das weibliche Institut der =Feen=, und zwar
dieses ebenso wie jenes =in zwei Umgestaltungen=.« Schreiber erkennt
nämlich die Feen schon im phönizischen Götterglauben, nimmt dann an, dass
dieselben in der Volksvorstellung der Kelten zu guten Geistern geworden und
dann in der Vorstellung der Germanen und Romanen zu Hexen umgewandelt
worden seien. Nur Schade, dass sich für diese Genealogie und die in ihr
vorkommenden Metamorphosen auch gar nichts Thatsächliches nachweisen lässt!

Ganz verfehlt ist die Art und Weise, in welcher =Wuttke= in der Schrift
»der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart« (2. Aufl. S. 144-145) das
Hexenwesen zu erklären versucht. Er sagt: »Erwägt man, dass wenn die
Volksmeinung jetzt noch an Hexen glaubt, sie ihre Anschuldigung nur sehr
selten gegen sittlich unbescholtene Personen richtet, sondern meist nur
gegen solche, von denen man sich ihrem ganzen sittlichen Rufe nach auch
schwerer Bosheit wohl versehen kann, ehemalige Buhldirnen, liederliche,
unordentliche, unverträgliche, unfromme, geheime Bosheit spinnende Weiber,
so darf man voraussetzen, dass =ein guter Theil= der damals angeschuldigten
Hexen auch wirklich sittlich-religiös verkommene, auf widergöttliches
Treiben ausgehende Personen waren, die vor Allem die düsteren Seiten des
heidnischen Aberglaubens mit Gier ergriffen und danach trachteten, bösen
Zauber auszuüben.« -- Es möchte schon schwer sein, die Prämisse, von
welcher Wuttke ausgeht, im Leben zu erweisen, namentlich in den Fällen, wo
einzelne Familien von Geschlecht zu Geschlecht im Verdachte der Hexerei
geblieben sind; und was die frühere Zeit betrifft, so enthalten die Akten
der Hexenprozesse nichts, was die Behauptung Wuttke's rechtfertigen
könnte. -- =Wuttke= sagt weiter: »Bei =allen= damaligen Hexengeschichten
ging der Hexenfahrt eine Einreibung mit einer Hexensalbe voraus und
mehrfach ist von einem Hexentrank die Rede. Die Zusammensetzung jener ist
leider nicht genau bekannt; Bilsenkraut wird dabei genannt, sehr
wahrscheinlich war aber auch Mandragora und Stechapfel dabei. Der
Stechapfel soll erst durch die Zigeuner, die ihn zu Zaubermitteln
gebrauchten und am Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts nach Deutschland
kamen, dahin gelangt sein. -- Von dieser Zeit an beginnt erst die Blüthe
des eigentlichen Hexenunwesens. Die Solaneengifte erzeugen das Gefühl des
Fliegens« etc. -- »Nehmen wir nun an, dass die in böser Magie
wohlerfahrenen Zigeunerweiber ihren deutschen Hexenschwestern ihre Zauberei
mitgetheilt haben, dass durch die heidnischen Zigeuner die Erinnerungen und
die Ueberreste des deutschen Heidenthums wieder mächtiger angeregt wurden,
und dass nicht nur eine nervenerregende Salbung mit jenen Giften stattfand,
sondern, =wie es bei den Hexensabbathen ja nicht zweifelhaft ist= (!), bei
frevelhaften Zusammenkünften zu Zauberzwecken auch Rauschmittel, denen
Bilsenkraut, Stechapfel u. dgl. beigemischt war, getrunken wurden, so würde
sich der =eigene= Glaube mancher Hexen an ihre Luftfahrten und ihre
Teufelsgemeinschaft leicht begreifen. Einzelne solcher selbstgeglaubten
Erscheinungen konnten nun leicht den Glauben an die Wirklichkeit derselben
erzeugen, zumal die heidnischen Ueberlieferungen sich damit verbanden.« Man
sieht, dass Wuttke in Hexenprozessakten sich niemals umgesehen hat. Dass
allen Hexenfahrten eine Einsalbung vorherging, ist eine ganz willkürliche
Behauptung, und so scharf auch die Angeklagten auf der Folter nach
Mitschuldigen und nach denen gefragt wurden, von welchen sie das Hexen
gelernt und ihre angeblichen Salben erhalten hätten, so werden doch von den
Gepeinigten ebensowenig Zigeunerweiber als Judenweiber genannt[359].

Manche haben als Grundlage der Hexerei und der Hexenverfolgung einen
wirklichen, aber falsch aufgefassten Thatbestand, ein eigentliches corpus
delicti, zu erkennen geglaubt, an welches dann abergläubische Meinungen
angeknüpft worden seien. Dahin gehört z. B. =Lamberg's=[360] Vermuthung,
dass die sogenannten Hexensabbathe in der Wirklichkeit nur Zusammenkünfte
=zur Befriedigung der Wollust= gewesen seien, in welchen Landstreicher,
Strassenräuber, Zigeuner, oder auch vornehmere Wüstlinge ihrer Sicherheit
wegen sich als Teufel vermummt und so ihren Opfern jede Denunziation vor
Gericht unmöglich gemacht hätten[361]. Diese Vermuthung wurzelt ohne
Zweifel in dem Bedürfnisse, dem regelmässig in den Akten wiederkehrenden
Bekenntniss einer teuflischen Buhlschaft irgend einen realen Grund
unterzulegen; aber sie hätte dennoch nicht von einem Gelehrten aufgestellt
werden sollen, der achthundert bambergische Prozesse durchgelesen hat.
Solche Bekenntnisse sind von Individuen, die als neunjährige Mädchen oder
greise Mütterchen die Begierde eines Wüstlings nicht leicht reizen mochten,
eben so gut abgelegt worden, als von reifen Dirnen; und bei den letzteren
hiesse es wenigstens eine unbegreifliche Dummheit und Widernatürlichkeit
voraussetzen, wenn sie massenweise in eine so plumpe Falle gegangen wären.
Wie reimt es sich ferner, dass hier der menschliche Verführer zur
=Teufelsmaske= greift, während, wenn wir die Akten hören, der Teufel in der
Regel wenigstens das erste Mal die Vorsicht gebraucht, als =schmucker
Kavalier= oder doch sonst in =menschlicher Gestalt= aufzutreten? Was die
Hexen über das Physiologische des teuflischen Concubitus aussagen, hätte
anders ausfallen müssen, wenn sie mit verkappten Männern zu thun gehabt
hätten; eben so das, was von den Folgen berichtet wird. Die Frucht eines
menschlichen Beischlafes wäre in den meisten Fällen wohl ein =Kind=
gewesen, wovon in der Regel nichts gemeldet wird, und nicht =Elben=,
=Eidechsen= und =Würmer=, von welchen die Akten voll sind. Und wenn man die
Incuben zu vermummten =Männern= macht, dann müssen folgerichtig auch die
Succuben oder Buhlteufelinnen maskirte =Weiber= gewesen sein; wäre es nun
nicht einfacher gewesen, wenn beide ohne Maske ihre Unzucht =unter
einander= getrieben hätten, als dass sie gegen dritte Personen die
unbequeme Rolle der Teufel spielten?

Ans Drollige streift =v. Lamberg's= weiterer Einfall, dass verkappte
=Getreidewucherer= den Zusammenkünften präsidirt haben möchten. Diess
bezieht sich nämlich auf die von den Hexen ausgeübten Feldverwüstungen.
Aber diese Verwüstungen sind, nach Inhalt der Akten, durch Gewitter- und
Frostmachen vollzogen worden. Welcher Wucherer hat solche Künste den Hexen
beigebracht?

Ferner hat man die sogenannten Bezauberungen von Menschen und Vieh durch
=eigentliche Giftmischerei= zu erklären gesucht. Wer will in Abrede
stellen, dass Substanzen, die dem thierischen Organismus schaden, der
Vergangenheit eben so gut bekannt und zugänglich waren, als der Gegenwart?
Aber das Strafrecht war sich auch eines Unterschieds zwischen Vergiftung
und Zauberei bewusst und setzte auf jene eine andere Strafe, als auf diese.
Wo darum wirkliche Vergiftung vorkam, ist zwar die Möglichkeit, aber nicht
die Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass der unverständige Richter sie für
Zauberei nahm; wo uns aber in den Hexenakten das Wort =Gift= begegnet, da
ist es in den wenigsten Fällen in der jetzt gebräuchlichen engeren
Bedeutung, sondern fast durchgängig (gleich dem lateinischen veneficium)
als =Zaubermittel= zu fassen. So kocht eine brandenburgische Hexe »Gift«
aus einer Kröte, etwas Graberde und Holz von einer Todtenbahre und schüttet
es in einen Thorweg, durch welchen Jemand kommen soll. Eine andere kocht
ein »Vorgift« aus Asche und giesst es vor die Thüre einer Edelfrau, damit
diese, wenn sie darüber schritte, kinderlos bliebe; eine dritte vergräbt
»Gift« im Hofe, um Pferde zu bezaubern; eine vierte verlähmt Kinder durch
einen »giftigen Guss«; eine fünfte richtet zur Tödtung einen »Gifttrank«
aus Schlangen zu; eine sechste macht durch ein »gegossenes Gift«, dass ihr
Feind verarmt u. s. w. Vorstehende Beispiele sind sämmtlich aus den von
Herrn v. Raumer mitgetheilten brandenburgischen Akten entnommen und könnten
aus andern Quellen vielfach vermehrt werden. Wenn nun zwischendurch
vorkommt, dass eine Inquisitin Jemanden »mit einem grossen Gift vom Leben
gebracht« oder ein Kind »mit Gift in einem Löffel voll Pappe vergeben
habe«, so sind dieses mindestens zweifelhafte Ausdrücke, die wegen ihrer
Zusammenstellung mit den übrigen eher auf Zauberei, als auf eigentliche
Vergiftung zu deuten sein möchten. Dass die Hexen im Rufe standen, durch
=gewöhnliche= Nahrungsmittel, die man ihnen abnahm, eine Krankheit bewirken
zu können, ist aus dem Früheren bekannt. Die als Gift bezeichneten Mittel
sind in der Regel mehr ekelhaft als schädlich; aber dessen ungeachtet
wirken sie, den Akten zufolge, auch wenn sie ausgegossen oder ausgestreut
werden, jedesmal nur auf bestimmte Personen und für bestimmte Zwecke
(=Remigius= Dämonolatrie Th. II. Cap. 8). Salben und Pulver spielen in dem
Hexenapparate eine grosse Rolle. Sie werden von den Inquisiten nach Farbe
und Bestandtheilen sehr abweichend, in der Wirkung aber übereinstimmend
beschrieben. Diese Wirksamkeit aber haben die Mittel nicht an sich, sondern
nur in der Hand der Hexe, wie Remigius, der in diesen Dingen
Vielerfahrene, bemerkt. Dieser Mangel an natürlichem Zusammenhang zwischen
Mittel und Wirkung sollte schon an sich auf den richtigen Gesichtspunkt
leiten. Man hat die Angeklagten erst gezwungen, zu gestehen, =dass= sie
gezaubert, und dann hat man, wozu der Art. 52 der Carolina verpflichtet,
gefragt, =womit= und =wie= sie gezaubert haben. Wollte man denselben Weg
einschlagen, es würde sich noch heute mittelst der Folter die Erfindsamkeit
der Hexen auf den Punkt steigern lassen, dass sie dem Richter Rezepte zu
Zaubermitteln vom Donnererregen herab bis zum Mäusemachen in Protokoll und
Urtheil lieferten, -- Mittel freilich, bei welchen die von Remigius
bemerkte Einschränkung gilt. Wie wenig wären wir nun in der Erklärung des
Ganzen gefördert, wenn sich, was nicht geradezu geleugnet werden kann,
erweisen lassen sollte, dass in einzelnen Fällen ein wirklicher Giftmord
als Zauberei behandelt worden wäre[362]! Im Allgemeinen muss von diesen
Hexengiften gelten, was Agobard von den Mitteln der beneventanischen
Zauberer sagt: Ante hos paucos annos disseminata est quaedam stultitia, cum
esset mortalitas boum, ut dicerent, Grimaldum Ducem Beneventorum
transmisisse homines cum pulveribus, quos spargerent per campos et montes,
prata et fontes, eo quod esset inimicus christianissimo Imperatori Carolo,
et de ipso sparso pulvere mori boves, propter quam causam multos
comprehensos audivimus et vidimus, et aliquos occisos, plerosque autem
affixos tabulis in flumen projectos et necatos. Et quod mirum valde est,
comprehensi ipsi adversum se dicebant testimonium, habere se talem pulverem
et spargere ...... et neque disciplina, neque tortura, neque ipsa mors
deterrebat illos, ut adversus ipsos falsum dicere non auderent. Hoc ita ab
omnibus credebatur, ut paene pauci essent, quibus absurdissimum videretur.
_Nec rationabiliter pensabant, unde fieri passet talis pulvis, de quo soli
boves morerentur, non cetera animalia[363]._ -- Es versteht sich von
selbst, dass, wenn wir auch die Giftmorde der Hexen in weitester Ausdehnung
zugeben wollten, damit immer nur ein sehr kleiner Theil des gesammten
Hexenthums erklärt wäre.

Um den Glauben an die =objektive Wahrheit= der von Hexen bekannten
Handlungen steht es also im Einzelnen, wie im Ganzen, sehr misslich. Darum
haben Manche jenen wunderbaren Erlebnissen nur eine =subjektive Existenz in
der Vorstellung der Hexen= einräumen zu müssen geglaubt. Die Hexen sollen
sich entweder durch Krankheit, oder durch künstliche Mittel in einem
Zustande höchster Exaltation befunden haben, in welchem sie das, was ihre
wüste Phantasie ihnen vorgaukelte, für Wirklichkeit nahmen und als solche,
oft sogar ohne Zwang, zu den Akten brachten. So meinen schon =Weier=[364]
und =Bacon von Verulam=[365] und neuerlich =Rudolf Reuss=[366], dass die
Hexen mittelst ihrer =Salbe= sich zu jener Thätigkeit der Einbildungskraft
steigern, vermöge deren sie zu fliegen, in Thiere verwandelt zu sein, oder
mit dem Teufel zu buhlen glauben. Ueber die Bestandtheile dieser Salbe
haben wir theils Nachrichten in den Akten selbst[367], theils neuere
Vermuthungen; jene, wie diese, gehen aus einander. Bei Weier z. B. finden
sich folgende Rezepte: Gesottenes Kinderfett, Eleoselinum, Aconitum,
Pappelzweige, Russ; oder: Sium. Acorum vulgare, Pentaphyllon,
Fledermausblut, Solanum somniferum, Oel. =Cardanus= gibt eine andere
Zusammensetzung an. =Eschenmaier= vermuthet, dass das tollmachende
Bilsenkraut eingemischt worden sei, diess gebe das Gefühl des
Fliegens[368]. Andere geben ausser dem Bilsenkraut noch Stechapfel,
Tollkirsche und Alraunwurzel als die Mittel an, mit denen sich die Hexen
narkotisirt hätten. Lassen wir die weitere Untersuchung der in den Akten
bezeichneten grünen, weissen, schwarzen, blauen und gelben Salben auf sich
beruhen, und räumen wir unbedenklich ein, dass es Substanzen gibt, welche
den Menschen zu betäuben oder in ekstatischen Zustand zu setzen vermögen.
Man löse uns aber folgende Räthsel: Was hat wohl Tausende von Weibern dazu
vermocht, freiwillig und mit der Aussicht auf Tortur, Scheiterhaufen und
ewige Verdammniss sich Visionen zu bereiten, in welchen, ihren eignen
Aussagen zufolge, weder Behagen, noch Reichthum, sondern nichts als
Schauder, Schmach und Schmerz zu finden war? Woher rührte die Einbildung
von dem =ersten= Zusammentreffen mit dem Teufel, das regelmässig dem
Sabbathsritte und folglich dem ersten angeblichen Gebrauch der Salbe
=vorausging=? Wenn gleich eine berauschende Substanz Ekstasen im
Allgemeinen erzeugen kann, gibt es eine solche, die bei allen Personen, die
sie anwenden, nothwendig ganz gleichmässige Visionen, und zwar immer nur
die der bekannten Hexengreuel, hervorbringt? Wenn ein Weib des
Blocksbergrittes sich schuldig bekannte und zwanzig andere als Complicen
angab, welche dann unter der Folter ebenfalls bekannten, Salben gebraucht
und beim Sabbath sich gegenseitig erkannt zu haben: sollen dann alle
einundzwanzig, oder nur jene erste in visionärem Zustande gewesen sein? In
=jenem= Falle hätten wir eine undenkbare Complicenschaft der Einbildung, in
=diesem= den Beweis, dass zwanzig Personen auch ohne gehabte Vision sich
schuldig erklären können, und dieser Umstand müsste zu der natürlichen
Frage führen, warum, was in zwanzig Fällen zugelassen wird, -- nämlich das
Geständniss gegen besseres Wissen, -- im einundzwanzigsten unstatthaft sein
solle.

Neuerdings hat die entgegengesetzte Ansicht einen ebenso geistreichen als
entschiedenen Vertreter in =Maximilian Perty= gefunden. Derselbe hat in
seinem (von grosser Belesenheit zeugenden) Buche »die mystischen
Erscheinungen der menschlichen Natur« (Leipzig und Heidelberg 1861) einen
besonderen Abschnitt (S. 367-389) der Erklärung der »Hexerei und des
Hexenprozesses« gewidmet. Er bestreitet es (S. 374), dass eine jede sogen.
Zauberhandlung entweder auf naturwissenschaftlichem Boden beruhe oder
absolut nicht sei, indem es noch ein Drittes gebe, welches das eigentlich
Wesentliche sei. Die Zauberei beruhe nämlich auf den magischen Kräften des
Menschen, die nicht der Natursphäre, sondern der geistigen Welt angehörten.
Die Hexerei hatte nach Perty ihre Realität in der Vision der Hexen.
Dieselben fanden nach ihm in diesen Visionen nicht bloss Schauder, Schmach
und Schmerz -- das Gegentheil behaupteten sie nur bei der Untersuchung, --
sondern sie fanden allerdings Vergnügen dabei, wie der Haschisch- und
Opiumesser, der Tabaksraucher, nur ein bedeutend roheres, mit wilden und
wüsten Phantasieen nach dem Geschmack der Zeit und der Bildung dieser
Leute. -- Dass die Aussagen über die gehabten Feste nach Zeit und Umständen
übereinstimmten, erklärt sich Perty dadurch, dass an den gleichen Abenden
und ohne Zweifel meist auf Verabredung und an seit Langem gewohnten Tagen
z. B. Walpurgis, Johannis und Bartolomäi, Viele sich durch die narkotische
Salbe in Ekstase versetzten und dass sie in einer wahrhaft magischen
Seelengemeinschaft zusammentrafen. »=Unzählige haben dieses gethan, und nur
ein Theil davon war so unglücklich, desshalb inquirirt zu
werden.= -- (S. 378:) Diese imaginären Zusammenkünfte waren ein
schlaff-wacher visionärer Zustand, in welchen sich die Betreffenden
versetzten und im Geiste mit anderen in gleichem Zustande befindlichen
sich begegneten. Sehr Geübte konnten sich durch den blossen Willen in den
Hexenschlaf versetzen, die Allermeisten mussten hierfür eine narkotische
Salbe unter den Armen und an den Geschlechtstheilen möglichst tief
einreiben.« -- Daher urtheilt =Perty= (S. 376): »Der =Hexenprozess= hatte
in der That eine, wenn auch nur beschränkte =Berechtigung=. Es mochten
viele von den Hexen und Zauberern Freude haben an böser Lust, und die
=Intention=, aus Eigennutz oder Rache Anderen zu schaden; den Wenigsten
wird dieses =gelungen= sein, und so waren die meisten Verbrechen
=imaginär=. Unendlich Grösseres haben ihre Richter verschuldet. -- Was in
der =Vision= und ihrer =inneren Welt= sich begeben, das nahmen die
=Richter= für =greifbare Realität=.«

Wir geben nun zu, dass wenn der Geist des Menschen fort und fort unter der
Macht und dem Eindrucke gewisser Vorstellungen steht (wie das siebenzehnte
Jahrhundert von der Vorstellung des Hexenwesens beherrscht war), diese
Vorstellungen zu Hallucinationen führen können, in denen er selbst das zu
erleben glaubt, was er sich vorher nur gedacht hat, -- namentlich wenn der
Mensch narkotische Mittel auf sich einwirken lässt[369]; und wir wollen
daher gern zugeben, dass unter den Millionen Hexen, welche justifizirt
worden sind, einzelne sich mit Salben narkotisirt und den Versuch gemacht
haben, Anderen mit dämonischer Hülfe zu schaden und dass sie darum auch
erlebt zu haben glaubten, was alle Welt den Hexen nachsagte[370]. Aber nur
als Ausnahme von der Regel kann dieses angenommen werden. Der Satz Perty's:
»=Unzählige= haben dieses gethan« etc. lässt sich aus den Akten der
Hexenprozesse nicht beweisen. Die Hexenprozesse bieten Eine Erscheinung
dar, welche man wohl gern in Perty's Weise erklären möchte, nämlich die so
häufig vorkommende Thatsache, dass Hexen bei der Confrontation mit Anderen,
die sie nur, um von der Folter zu kommen, lügenhafter Weise als
Mitschuldige bezeichnet hatten, mit dem Ausdrucke vollster subjektiver
Wahrhaftigkeit diesen ins Gesicht hinein ihre angeblichen Malefizien
vorhalten. Hier zeigt sich ein psychologisches Phänomen, welches durch die
Folterqual, durch die Seelenangst, durch die Verzweiflung erzeugt war. Aber
die Annahme, dass diese Unglücklichen im Hexenthurm narkotische Salben
gebraucht hätten, ist doch unzulässig. Die Akten der Hexenprozesse bieten
für Perty's Hypothese keinen Anhaltepunkt, indem dieselben fast durchweg
bei den Verhafteten das Bewusstsein ihrer Unschuld erkennen lassen und
ausserdem constatiren dieselben die Thatsache, dass sich die Hexenprozesse
überall, wo sie einmal Platz gegriffen hatten, aus sich selbst heraus
fortsetzten und mehrten.

Dasselbe ist auch gegen Diejenigen geltend zu machen, welche die Phantasmen
der Hexen aus =Geisteszerrüttung= herleiten wollen. =Ludwig Meyer=
(Direktor der Irrenheilanstalt zu Göttingen) sagt in einem überaus
interessanten Aufsatz über »die Beziehungen der Geisteskranken zu den
Besessenen und Hexen«[371]: »Es waren wieder (wie bei den Besessenen)
Geisteskrankheiten, welche den eigentlichen =Typus= der Hexen darstellten.
=Geisteskranke= bildeten den =Mittelpunkt= der Hexenprozesse wie der
Teufelaustreibungen, nur dass bei jenen unverhältnissmässig mehr geistig
Gesunde in den verderblichen Kreis hineingezogen wurden.« Wir können diesen
Satz in der Beschränkung zugeben, dass hier und da die Geisteskrankheit
Einzelner den ersten Anlass zum Beginne einer Hexenverfolgung gegeben hat;
wenn indessen dieser Satz zum eigentlichen Erklärungsprinzip des Hexenthums
erhoben werden soll, so zeigen sich alsbald unlösbare Schwierigkeiten. Oder
gibt es denn wirklich eine methodische Raserei, die in tausend Köpfen den
gleichen Weg durch tausend festbestimmte Einzelheiten nimmt? Gibt es einen
geistigen Rapport der Wahnsinnigen unter einander, so dass der eine vor
Gericht aussagen kann, =was= und =wann= der andere gerast hat[372]? Gibt es
eine Politik der Verrücktheit, welche oft viele Jahre lang den eigenen
Irrwahn schlau verbirgt und ableugnet, um ihn erst unter den Schmerzen der
Tortur für Wahrheit zu geben? Und warum hat dieser schlaue Irrwahn nur so
lange bestanden, als er zum Scheiterhaufen führte, während er den weit
gemächlicheren Tummelplatz in den heutigen Irrenhäusern verschmäht?

Der gelehrte Jurist =Rosshirt= hat in seiner Schrift: »Geschichte
und System des deutschen Strafrechts«, Th. III. (S. 150 ff.) den
Versuch gemacht, die Ausbreitung des Hexenglaubens hauptsächlich aus
dem (angeblichen) »Mangel eines geordneten =schriftlichen=
Kriminalverfahrens« und aus einem in jener Zeit ungewohnten Zustand
des Geschlechtsverhältnisses abzuleiten. In letzterer Beziehung
meint er nämlich: »Während im fünfzehnten und im Anfange des
sechszehnten Jahrhunderts ungestört dieser Trieb sich äusserte,
wollte man auf Einmal eine bessere Zucht, zugleich durch äussere
Macht und durch die Gewalt der Religion einführen. -- Die schnelle
Umänderung der Weltansicht in diesem Punkte, das ernste Verlangen
nach Moralität bei Protestanten und Katholiken, trug sichtbar dazu
bei, eine Katastrophe in der Geschichte zu erzeugen, die bis hierher
nicht hat in ihren inneren Gründen entwickelt werden können. Die
unterdrückte Wollust suchte einen geheimen Ausweg, der Teufel musste
helfen, und jede Hexerei war jetzt mit Buhlerei verbunden. Diese
eigene Art von Hexenwesen gehört dem sechszehnten und siebenzehnten
Jahrhundert an, war aber zur Zeit der Carolina noch keineswegs in
Blüthe; aber im Laufe der Zeiten war es der Umgang mit dem buhlenden
Teufel, welcher die Köpfe beider Geschlechter einnahm und als Abfall
von Gott sich darstellte. Die schändlichste Verführung von Männern
an Weibern und umgekehrt, die wilde Lust der Wüstlinge in
bacchanalischen Versammlungen, das Benützen der mit dem Teufel
einmal angefüllten Köpfe zu der Ueberzeugung, dass der Teufel
wirklich eine Rolle spiele, die Schandthaten aufgeregter alter
Weiber und Kupplerinnen, das feine Gespinnste einer vollkommenen
Hexentheorie, das Gefühl schnöder Lust bei den Angeklagten, welches
diesen die Kraft der Vertheidigung nahm, die vorgefasste Meinung
bornirter Richter, die Bestärkung der herrschenden Ansicht durch die
Geistlichkeit, die Verzweiflung, welche von vornweg Jeden ergriff,
der am richterlichen Drama eines Hexenprozesses theilnahm, vor Allem
aber, dass noch kein geordnetes schriftliches Verfahren bestand und
damit nicht die Pflicht des Richters, in perpetuam rei memoriam über
die Untersuchung aller in Betracht kommenden Umstände sich
auszuweisen, -- dieses Alles in einem labyrinthisch ineinander
führenden Zusammenhange machte es möglich, dass Tausende, wenn auch
schuldig einer schlechten Lust gefröhnt zu haben, doch von der
Justiz in der That gemordet starben.«

Was nun den von Rosshirt behaupteten angeblichen Mangel eines geordneten
schriftlichen Prozessverfahrens betrifft, so hebt =v. Wächter= (Beiträge
zur deutschen Geschichte, S. 92) dagegen hervor, dass doch zu Carpzov's
Zeit der schriftliche Prozess geordnet gewesen und dass Carpzov dennoch
ganze Massen von Hexen zum Scheiterhaufen verurtheilt habe, während in der
Zeit, in welcher gar keine schriftliche Prozessführung bestand, vor der
Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, am wenigsten Hexen verbrannt wurden,
obwohl damals schon der Hexenglaube bestand. Sodann bemerkt =v. Wächter=
(S. 312) sehr richtig Folgendes: »Ganz abgesehen davon, dass die Aufhebung
der =Frauenhäuser= (diess meint doch wohl Rosshirt) später ist als der
herrschende Wahn über die Buhlteufeleien, ferner davon, dass nach den
Geständnissen, die den Angeklagten erpresst wurden, der angebliche
Verführer, der sie am Ende zum Teufelsbündnisse brachte, bei der ersten
Verführung nicht als Teufel, sondern in menschlicher Gestalt als Junker,
Reitersmann, als stattlicher Bürger u. s. w. sich ihnen nahte, und sich
erst =nach= der Verführung als Teufel kund gab, also die Teufeleien nicht
das Mittel der Verführung sein konnten, und dass die Unglücklichen in
diesen Verführungen in der Regel nichts weniger als eine Befriedigung der
Wollust gefunden haben wollen: so finden wir meines Erinnerns bei keinem
einzigen der vielen Hexenprozesse, dass ein solcher angeblicher oder
maskirter Teufel je entdeckt worden wäre (worüber sich wirklich auch
=v. Lamberg= verwundert). Denn die hingerichteten Zauberer bekannten auf
der Folter nie, dass sie den Teufel gespielt haben, sondern nur wie die
Hexen, dass sie vom Teufel zum Bündnisse verleitet worden seien und sie dem
Teufel =gedient= haben.«

Endlich ist noch von den Aufschlüssen zu reden, welche durch die neueren
Entdeckungen im Gebiete des =thierischen Magnetismus= für die Auffassung
des Zauberwesens zu gewinnen seien. Hierauf weisen =Jarcke= und =v. Raumer=
in ihren oben berührten Mittheilungen über die Hexenprozesse hin. Wir
fürchten sehr, die Hereinziehung des Magnetismus werde statt neuen Lichts
nur alte Finsterniss verbreiten. Sie würde das jedenfalls thun, wenn die
Seherinnen fortfahren sollten, das dämonologische Kapitel der alten
Dogmatik wieder zu Ehren zu bringen. Haben wir den alten Teufel und die
Folter wieder, so ist auch die Hexerei erklärt, nämlich im Sinne des
Malleus. Doch diess beiläufig; die beiden genannten Gelehrten nehmen
natürlich die Sache nicht von dieser Seite. Aber in welchem Sinne man sie
auch fassen möge, die Ausbeute wird spärlich sein. Welche Erscheinungen des
Magnetismus sind es, die man mit dem Zauberwesen zusammenbringen will? Es
ist wahr, dem Magnetismus wird eine divinatorische Seite beigelegt und der
Magie ebenfalls. Aber der Somnambule hat sein Fernsehen in Raum und Zeit
unmittelbar durch das sogenannte Hellsehen oder den Allsinn, während die
divinatorische Magie nur mittelbar, mit dem gewöhnlichen Sinnorgan und aus
äusseren Objekten, als Sternen, Spiegeln, Loosen u. s. w. erkennt.
Ekstatische Weissagung wird nur von den Pythien und Sibyllen des
Alterthums, nicht von den Magiern der neueren Zeit, viel weniger von den
Hexen berichtet, in deren Zauberei überhaupt das divinatorische Element
hinter das apostatische und operative zurücktritt.

Ferner möchte man wohl in den sogenannten =magischen= Heilungen eigentlich
nur =magnetische= vermuthen wollen? Mag diess, wenn überhaupt etwas daran
ist, den Theurgen gelten, die sich immer höher gestellt haben; auf die
gemeine Zauberei, die dem Gesetze verfallen war, passt es nicht. Zwar heilt
auch die Hexe, aber nur selten und nothgedrungen, wenn sie den von ihr
selbst angethanen Schaden wieder abthun muss. Vom Magnetiseur wird indessen
eine ungewöhnliche, energische Glaubenskraft, vom Magnetisirten wenigstens
hingebendes Vertrauen begehrt; die Hexe aber ist vom Glauben abgefallen und
ihr Opfer ist ohne Sympathie für sie. Auch findet sich nirgends eine Spur
von magnetischem Schlafe solcher Personen, denen eine Hexerei abgethan
ward. Man prügelt die Hexe durch, oder droht ihr mit dem Gericht; sie
schliesst ein zugeschnapptes Schloss auf, löst die Knoten eines Bandes,
oder erscheint bei dem Kranken, reibt das leidende Glied, legt Aufschläge
auf u. s. w.

Wir brauchen nicht ausführlicher zu sein, da von den obigen Gelehrten der
Magnetismus nicht speziell auf diese Heilungen bezogen worden ist. Wohl
aber redet =v. Raumer= von einer krankhaften Exaltation, einem visionären
Zustande der Hexe selbst. Damit wäre also der sogenannte
=Idiosomnambulismus= gemeint, jene krankhafte Erregung der niederen
Seelenthätigkeiten, in welcher der Mensch das bunte Gewirre seiner
Phantasiebilder mit einer Lebhaftigkeit schaut, die ihm dasselbe für
wirkliche Erscheinungen gibt. Wir wissen nicht, ob neuere Erfahrungen
darthun, dass noch jetzt manche mit solchen Zuständen behaftete Menschen
einen Teufelsbund zu schliessen, mit dem Teufel Unzucht zu treiben,
Gewitter zu erregen, Menschen zu verderben und die übrigen Hexengreuel zu
üben glauben; aber wenn diess wäre, so hätten wir hier immer nur eine
eigenthümliche Art der Geisteskrankheiten, und es müsste von dieser in
Bezug auf das Historische des Hexenwesens dasselbe gelten, was oben vom
Irrwahne im Allgemeinen gesagt wurde. Ja es möchte dieses noch grössere
Schwierigkeiten haben; denn, wenn wir nicht irren, sollen solche
Somnambulen nach dem Erwachen sich des im Schlafe Erlebten nicht erinnern,
die Hexen aber haben, wenn sie einmal zum Gestehen gebracht waren, immer
sehr genaue Auskunft gegeben.

Wenn nun =v. Raumer= unter Voraussetzung der »Möglichkeit, einen jener
wunderbaren kranken Zustände mit einer Art von freiwilligem Entschlusse auf
Andere, ohnehin Disponirte, zu übertragen,« auch in diesem somnambülen
Hexentreiben etwas Strafbares erkennen und damit das alte Strafgesetz
entschuldigen will, so heisst das die eigentliche Frage ganz über die Hand
spielen. Dieses Uebertragen des eigenen somnambülen Zustands auf eine
andere Person, -- ob sie überhaupt möglich ist, mögen die Telluristen
entscheiden, -- würde nichts anders heissen, als dass eine Person, die
schon eine Hexe ist, eine andere, die es noch nicht ist, zur Hexe macht;
nun aber ist es nicht zunächst das =Verführen= zur Hexerei, was das Gesetz
bestrafte, sondern die Hexerei selbst und das =Verführtwerden= zu
derselben. -- Ob man auch die sogenannten zauberischen Teufelsbesitzungen
aus dem Somnambulismus erklären zu können meint, wissen wir nicht.
Dieselben sollen öfters durch die Bosheit der Zauberer verursacht worden
sein. Die Hexen, heisst es, haben der leidenden Person einen oder mehrere
Teufel auf den Hals oder in den Leib geschickt, um sie zu plagen. Wir haben
diess in den Prozessen der Oberin Renata und des Pfarrers Grandier kennen
gelernt. Dann müsste man aber annehmen, dass nicht die =bezaubernden=,
sondern die =besessenen= Personen im somnambülen Zustande gewesen seien.
Wer aber ausser dem Magnetiseur vermag, der Theorie der Telluristen
zufolge, einen somnambülen Zustand freiwillig in dem Andern zu erzeugen?
Waren Renata und Grandier Magnetiseurs?

Auch nachdem wir =Fischer's= Werk über den Somnambulismus gelesen
haben[373], ist uns die Heranziehung des letzteren für die Erklärung der
Zauberei ein Räthsel. Dieser Gelehrte eröffnet zwar einen eigenen, der
Hexerei gewidmeten Abschnitt mit der Ankündigung, dass erst jetzt mittelst
des neuen, aus der näheren Kenntniss des Somnambulismus gewonnenen Lichtes
ein Endurtheil über den Hexenprozess mit Grund und Sachkenntniss möglich
sei; in der Ausführung jedoch beschränken sich diese Aufschlüsse fast
lediglich darauf, dass die Hexenfahrten und der Umgang mit dem Teufel in
denjenigen Fällen, wo die Bekenntnisse als =freiwillige= anzusehen seien,
durch =Schlafvisionen= erklärt werden, aus welchen die Erinnerung in den
wachen Zustand hinüberreichte. Der »empfindungslose Hexenschlaf« ist mit
Gewalt hereingezogen; Starrkrämpfe auf der Folter sind bei Hexen nur
desshalb häufiger vorgekommen, als bei Märtyrern und andern Opfern, weil
die Zahl jener Unglücklichen weit grösser und ihre Pein weit ausgesuchter
und langwieriger war. Statt seinen Satz vom Somnambulismus auch nur an
einem einzigen Beispiele ins Klare zu stellen, gibt Fischer desto mehr
allgemeine Redensarten und bespricht zahlreiche Fälle, von welchen er am
Ende selbst eingesteht, dass sie mit jener Disposition nichts zu thun
haben. Auch er kommt auf fortgeerbtes germanisches und celtisches
Priesterthum, Unzucht treibende Muckergesellschaften und am Ende sogar,
-- was freilich das Natürlichste ist, -- auf den Aberglauben, die fixen
Ideen der Richter und die Macht der Folter zurück. Merkwürdiger Weise aber
sucht Fischer den Hauptgrund der neueren Hexenprozesse »in der mit dem
fünfzehnten Jahrhundert beginnenden =Nüchternheit der europäischen
Menschheit=, welche erst jüngst in dem Rationalismus und Liberalismus
unserer Tage ihren Culminationspunkt erreichte.« Diese nüchterne
Verständigkeit soll in ihrer ersten Entwicklungsstufe die Hexenprozesse
=gebracht=, in ihrer zweiten -- als Rationalismus -- den Prozess der Hexen
und Gespenster =niedergeschlagen= haben, und die Aufgabe einer dritten
Entwicklungsstufe wird es sein, das Ausserordentliche und Uebernatürliche,
welches der Rationalismus und Liberalismus schlechtweg leugnete, zu
=begreifen=. Wohlan, wenn der Somnambulismus in Zukunft einleuchtendere
Aufschlüsse bringt, als er bisher gethan, so werden sie willkommen sein;
bis dahin aber mag er es auch dem nüchternen »Rationalismus«, der den
Prozess der Hexen niederschlagen konnte, nicht verübeln, wenn er in seiner
nüchternen Weise zum Begreifen desselben vorerst lieber die Geschichte um
Rath fragt, als ein System, das sich bis jetzt weder über seine Haltbarkeit
in sich selbst, noch über seine Beziehung zu unserem Gegenstande
hinlänglich ausgewiesen hat.

Es ist auch versucht worden, die Hexenverfolgung und deren enorme zeitliche
und räumliche Ausdehnung lediglich als Erzeugniss der =Bosheit=, des
=Neides= und =Hasses= und der =Habgier= anzusehen und zu erklären. Nun
lässt sich allerdings aus unzähligen Prozessakten nachweisen, dass diese
Motive wirklich nur allzuoft die grausamsten Verfolgungen herbeigeführt
haben, -- namentlich die Habgier. Wurde doch das Vermögen der Verurtheilten
ganz gewöhnlich confiszirt und war doch die Hexenrichterei zu einem überaus
einträglichen Gewerbe geworden! Aber dennoch reichen jene Motive zur
Erklärung der Sache nicht aus. So wenig Bosheit und Habgier gegenwärtig
Hexenprozesse bewirken können, so wenig würden sie dieses in früheren
Jahrhunderten vermocht haben, wenn nicht die wirklichen Grundlagen der
Hexenverfolgung andere gewesen wären. Auch sind unzählige Unglückliche
(arme, heimathlose Leute, kleine Kinder etc.) wegen Hexerei hingerichtet
worden, an deren Hinrichtung weder die Habsucht noch der Neid ein Interesse
nehmen konnte.

Zwei andere Ansichten verdienen um des Gegensatzes willen, in welchem sie
zu einander stehen, hier hervorgehoben zu werden. =Carl Haas= äussert sich
nämlich (in der Schrift »die Hexenprozesse, ein kulturhistorischer Versuch
nebst Dokumenten«, Tübingen, 1865) dahin, dass die Hexerei die Frucht und
Folge der vorausgegangenen Ketzerei und daher auch ganz so wie diese
behandelt worden sei. Er sagt (S. 63), die Geschichte lasse nirgends Lücke
und Leeren, sondern überall nothwendige Uebergänge erkennen, »Varietäten,
aber aus einer und derselben Gattung«. »So entstand die Hexerei genannter
Periode aus der Ketzerei der ihr unmittelbar vorangehenden Zeit, und wie
die Ketzerei betrieben und behandelt ward, so ihre Base, wenn nicht
Tochter, die Hexerei. Beide entstehen aus Unglauben, Unklarheit, Hochmuth,
Ueberspannung, sind Wahngeschöpfe, misshandeln und werden misshandelt und
wachsen dabei, bis ihnen mit Kraft und Vernunft entgegengetreten wird.«
Indem nun =Haas= hervorhebt, dass anerkanntermassen Deutschland gerade im
dreizehnten Jahrhundert der Boden grober Ketzereien gewesen sei, so meint
er hiermit den »historischen Beweis« für die Richtigkeit seiner Hypothese
erbracht zu haben (S. 66:) »Ketzerei und Hexerei gingen nacheinander und
auseinander hervor, waren vor der Tortur da und gehören nicht unter jene
Erscheinung, die man Hysteronproteron nennt. Beide sind Exzesse: jene in
Beziehung auf die gottgeordneten Schranken höherer Auctorität, diese in
Beziehung auf die gottgeordneten Schranken der menschlichen Natur.« -- In
Wahrheit ist jedoch von =Haas= gar nichts bewiesen. Wohl aber muss es
räthselhaft erscheinen, dass derselbe die ganze Hexerei (S. 78) »in das
Gebiet des Wahns, des Irrthums und der Täuschung bei den sogenannten Hexen
wie bei deren Richtern und Zeitgenossen« verweist, und dabei doch (S. 67)
die Meinung äussert: »Es gab und wird stets Zauberkreise geben, welchen der
Mensch nicht ungestraft nahen darf, Geister, deren man sich bemächtigen
möchte und deren Herr man nicht werden kann, wie Goethe's
Zauberlehrling.« --

Während aber =Haas= die Hexerei und deren Verfolgung aus der Ketzerei und
aus dem Abfall vom Glauben der Kirche ableiten zu können wähnt, meint =C.
Trummer= dieselbe (Eingangs seiner Schrift[374]: »Abriss der Geschichte des
criminellen Zauberglaubens und insbesondere der Hexenverfolgungen«) aus
übereifrigem »Glaubensmuth« erklären zu müssen. Er sagt nämlich (S. 98):
»Es konnte bei der mittelalterlichen Auffassung des christlichen Glaubens,
der wir bei ihren Mängeln ihre bedeutenden Vorzüge nicht absprechen dürfen,
kaum fehlen, dass die Ueberzeugung von der diabolischen Gemeinschaft der
Zauberer und Hexen sich ihrer ebenso als der Gesetzgeber und Richter
bemächtigte, und es kann ebensowenig auffallen, dass bei diesen der Eifer,
sie zu verfolgen, um so grösser war, =je grösser ihr religiöser Eifer, ihr
Glaubensmuth selbst blieb. Das Glaubensleben bekam durch die Reformation
neue Nahrung, und so erklärt es sich auch hieraus, wie in Deutschland, dem
Vaterlande der Glaubensverbesserung, die meisten Hexenprozesse erst seit
dem Ende des sechszehnten Jahrhunderts, also nach der Reformation,
vorgekommen sind= und über ein Jahrhundert gedauert haben.« Die in diesen
Worten enthaltenen irrigen Angaben mögen auf sich beruhen; dagegen verdient
es hervorgehoben zu werden, dass Trummer, obschon er in der angegebenen
Weise sich die Ausbreitung der Hexenprozesse glaubt erklären zu können,
doch S. 99 fortfährt: »Es ist demnächst noch eine merkwürdige Erscheinung
Gegenstand historischer Prüfung gewesen, nämlich die, dass, nachdem die
Hexenprozesse aufgehört haben, selbst die Möglichkeit derselben ein Räthsel
geworden ist, und, wiewohl die Zeit noch nicht so sehr entfernt liegt, es
zu den Unbegreiflichkeiten gezählt wird, wie man darauf hat verfallen
können, Teufelsbündnisse zum Gegenstand der Strafgerechtigkeit zu
machen.« -- Man sieht, dass Trummer selbst nicht glaubt, eine haltbare
Erklärung der Sache gegeben zu haben. --

Schliesslich sei es uns gestattet, =August Vilmar's= Auffassung des
Hexenwesens mitzutheilen, indem dieselbe in der evangelischen Theologie
ganz einzigartig dasteht, den Mann selbst aber auf das Vollständigste --
namentlich bezüglich seiner Geschichtsschreibung -- kennzeichnet[375].

=Vilmar= theilt in B. III. seines Sammelwerkes »Zur neuesten
Kulturgeschichte Deutschlands« (Frankf. a. M. 1867) S. 146-187 eine
Abhandlung »vom Hexenwesen« mit, worin er für die Hexerei den Charakter
voller (nur im Laufe der Zeit mit allerlei Unwahrem versetzter)
Wirklichkeit in Anspruch nimmt, und es als eine Art von Fortsetzung des
germanischen Heidenthums erklärlich zu machen sucht. Seiner Meinung nach
(S. 151) wurde allgemein noch im dreizehnten Jahrhundert »das Salzkochen
als das eigentliche und einzige Geschäft der Hexen bei ihren unheimlichen,
nächtlichen Zusammenkünften angesehen.« Ueber diesen Gedanken ist schon
oben S. 356 das Nöthige bemerkt. Hören wir aber nun, wie sich Vilmar über
Ursprung, Wesen, Verbreitung und Erlöschen der Hexerei und der
Hexenverfolgung näher ausspricht!

Er sagt (S. 152 ff.): »So beruht also das Hexenwesen seinem Ursprunge nach
keineswegs auf leeren Einbildungen, thörichten Träumen und kindischen
Mährchen, sondern auf wirklichen Verhältnissen und handgreiflichen
Zuständen, welche wie die Versammlungstage und Versammlungsplätze noch in
der Gegenwart vollkommen deutlich erkennbar sind. Was die Vorfahren als
Heiden offen und treuherzig -- gethan hatten, das erschien den christlichen
Nachkommen in der Erinnerung als ein unheimliches, widergöttliches,
zauberisches, zuletzt teuflisches Treiben. Dazu kam aber, dass das nicht
blos und allein =Erinnerung= an vergangene Dinge, sondern zum Theil
fortdauernd =Wirklichkeit= war, indem immer noch Manche, wenn auch nur
Einzelne, neben ihrem unvollkommenen, unverstandenen oder unwahren
christlichen Bekenntniss her heimlich bei nächtlicher Weile die nächtlichen
Gebräuche auf den Waldbergen und in den ehemals heiligen Hainen
fortsetzten. Dazu kam ferner, dass gerade Diejenigen, welche diese
Gebräuche fortsetzten, auch manche aus dem alten Heidenthum ererbten
Naturkünste bewahrten, fortpflanzten und in Anwendung brachten, z. B. die
Kenntniss und den Gebrauch der Heil- und Giftmittel -- beides von jeher
vorzugsweise den Frauen eigen, -- und dass man also die Weiber, welche im
Besitze dieser Künste (zugleich auch im Besitze der uralten
Beschwörungsformeln) waren, um dieser ihrer Gefährlichkeit willen doppelt
scheute. Desshalb enthalten auch die ältesten deutschen Gesetze
vorzugsweise nur Strafgebote gegen die heidnischen Giftmischerinnen, nicht,
wie es später der Fall war, gegen jeden Zauber und gegen jede
Beschwörungsformel«.

»Der Kampf gegen das Hexenwesen und die Hexen ist daher kein anderer als
derselbe, welcher heute noch die Welt bewegt: der Streit zwischen dem
Glauben und dem Unglauben, zwischen dem Bekenntniss Christi und der
Verleugnung Christi, zwischen Liebe zu dem Heiland und Hass gegen den
Nazarener[376]. Jahrhunderte lang lag das Uebergewicht des Glaubens in der
Schale der sogen. höheren Stände; Jahrhunderte lang lag das Uebergewicht
des Unglaubens und der Verleugnung in der Schale des gemeinen Volkes, --
Jahrhunderte lang bis zu den Zeiten des dreissigjährigen Kriegs. Damit nahm
die Hexenverfolgung ein Ende; damit nimmt der Unglaube in dem niederen
Volke ein Ende, damit nimmt aber auch der Glaube und die Vertretung
desselben in den höheren Ständen ein Ende. Die eine Schale sinkt, die
andere steigt.«

Ganz folgerichtig sagt daher Vilmar (S. 158): »Ein auf die Spitze
getriebener =christlicher Staat=, in welchem das christliche Bekenntniss
eine rein äusserlich-politische Nothwendigkeit für die Existenz im Staate
bildet, =führt consequent= zum Köpfen der Gottesleugner und =zum Verbrennen
der Hexen=.« -- Nun aber kommt die eigentliche Erklärung des Ganzen
(S. 158-161): »Doch dauerte es ziemlich lange, ehe es mit dem =Abfall= der
Hexen, der Verleugnung Christi soweit kam. In den wild gewordenen Zeiten
des vierzehnten und besonders des fünfzehnten Jahrhunderts erscheint =der
unter dem Namen und der Form der Hexerei stattfindende Abfall vom
Christenthum= fast mit Einem Male häufiger oder wenigstens weit bemerkbarer
geworden zu sein als früher. Möglich, und sogar sehr wahrscheinlich ist es,
dass damals auch in dieser Beziehung eine der geistigen Seuchen geherrscht
hat. Es mag ein allgemeiner krankhafter Reiz entstanden sein und lange
bestanden haben, dem Christenthum sich zu widersetzen und mit einem
gewissen Trotz in das alte Heidenthum zurückzukehren, soviel von dem
letzteren noch vorhanden war. -- Die grösste Wahrscheinlichkeit gewinnt
diese Annahme einer Abfallskrankheit durch die Erwägung der Thatsache, dass
offenbar kein Jahrhundert mit Ausnahme des unsrigen auch ausserhalb des
Hexenabfalls an schamlosen, frechen und entsetzlichen Gotteslästerungen, an
wildem Trotz gegen Gott, an Missbrauch der heiligen Worte und heiligen
Dinge reicher gewesen ist als die zweite Hälfte des fünfzehnten
Jahrhunderts, das sechszehnte und die erste Hälfte des siebenzehnten.
-- =Gegen das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts nahm dieser Abfall= (der
Hexen von Gott) =in ungewöhnlichem Masse zu=, auch nicht blos in
Deutschland, sondern in gleicher Weise in Frankreich und Italien, -- wo er
sich dann noch mit besonderen Formen des dort einheimischen alten
(römischen und keltischen) Heidenthums bekleidete, -- und nahm theils =an
und für sich=, theils in der Vorstellung der Menschen, ganz bestimmte
Formen an. Dahin gehört der Bund mit dem Teufel, die Hurerei mit demselben
etc. -- Vielleicht zur =grösseren Hälfte= waren diese Bündnisse, diese
Zauberkünste =Einbildung=, aus der zum Abfall geneigten Zeitrichtung
aufgesogene Einbildung, niemals jedoch Einbildung eines Einzelnen; =zur
kleineren=, indess =bedeutenderen Hälfte= waren sie (wie die
Giftmischerkünste) =Wahrheit=.«

=Vilmar= fährt nun in dieser seiner Apologie der Bulle Innozenz' VIII. fort
(S. 164 ff.): »Durch die Einführung eines förmlichen Verfahrens gegen den
Abfall und gegen die Zauberei wurde übrigens =die geistige Seuche des
Abfalls= nichts weniger als geheilt; im Gegentheil =verstärkte sich die
Neigung zum Widerspruch gegen das Christenthum, zum Abschwören Christi= und
zu den -- oft thörichtesten und abgeschmacktesten -- vermeintlichen
Zauberkünsten in gewissen Schriften des Volkes noch um ein Bedeutendes. Je
mehr man Hexen verfolgte und verbrannte, je mehr gab es Hexen, -- nicht
blos darum, weil man überall Hexen zu sehen und zu finden meinte, sondern
weil in der That eine unglaubliche und stets im Wachsen begriffene Menge
von Weibern -- durch die herrschende geistige Krankheit angesteckt, -- sich
mit Abschwörungen, Siebtreiben, Gaukelsamensäen und Giftmischen
beschäftigte. Zu dem letzteren Verbrechen war jedoch die Abschwörung
Christi die unerlässliche Einleitung und selbst die bekanntesten
Giftmittel, z. B. der Fliegenstein, wurden von den Giftmischerinnen
damaliger Zeit nicht anders als nach dem förmlichen Eintritt in das Reich
des Teufels angewendet.« -- »Wie weit der freventliche Kitzel mancher
Weiber, besonders hochbejahrter Greisinnen, Anderen irgend ein Leid
anzuthun, -- damals gegangen ist, lässt sich nicht wiedererzählen, und
würde, wären nicht die unbefangensten und glaubwürdigsten Zeugnisse
vorhanden (!), heutiges Tages völlig unglaublich erscheinen.«

Mit dieser Versicherung schliesst =Vilmar= seine Ausführung ab, zu der er
am Schlusse der ganzen Abhandlung S. 186 noch die Bemerkung hinzufügt, dass
neben dem einreissenden Indifferentismus seit etwa 1660 »=das zum Siege
auch in den unteren Volksschichten durchgedrungene Christenthum= den
Hexenprozessen mit dem Ausgange des siebenzehnten Jahrhunderts überhaupt
ein Ende gemacht« habe. -- Also im fünfzehnten, sechszehnten und
siebenzehnten Jahrhundert waren die oberen Volksschichten (von denen die
Hexenverfolgung ausging) fromm, und die unteren Volksschichten waren
gottlos; darum wucherte in diesen Jahrhunderten die auf Abfall von Gott
beruhende Hexerei; gegen Ende des siebenzehnten Jahrhunderts aber wurden
die Bürgers- und Bauersleute fromm, darum hörte die Hexerei und mit ihr
auch (als Consequenz) die Hexenverfolgung auf (!!!).

Man sieht, dem Kanon Episcopi und den zahlreichen mit demselben
übereinstimmenden Concilbeschlüssen und Pönitentialvorschriften gegenüber
ist =Vilmar= ein -- Ketzer; seinen Standpunkt hat er im Wesentlichen auf
der verhängnissvollen päpstlichen Bulle Summis desiderantes vom 5. Dezember
1484, die in ihm innerhalb der evangelischen Kirche des neunzehnten
Jahrhunderts einen eifrigen Apologeten gefunden hat. Aber freilich konnte
er diese Apologie nur durch die rücksichtsloseste Entstellung der
Geschichte zu Wege bringen, wobei ihn seine Unkenntniss der Sache nicht
beunruhigte. =Vilmar= versichert allerdings (S. 172), dass er »etwa hundert
Hexenprozesse gelesen« habe. Soviel sich aber aus seinen Mittheilungen über
Hexenprozesse (deren Akten er erwähnt, ohne den Ort anzugeben, wo die
betreffenden Prozesse sich abgespielt haben,) ersieht, hat Vilmar in
Wahrheit nur die Akten der wenigen Hexenprozesse gesehen, welche ehedem im
Archive des Hofgerichts zu Marburg vorhanden waren. Hätte Vilmar wirklich
die Akten von etwa hundert Prozessen gesehen, so würden ihm doch wohl die
Augen aufgegangen sein. Er hätte dann z. B. sicherlich nicht zu schreiben
gewagt, was er S. 175 behauptet, dass für die wegen Hexerei Verdächtigten
die Anhängigmachung eines Injurienprozesses »eins der =untrüglichsten
Sicherungsmittel= gegen die Leib und Leben bedrohende Fama« gewesen sei.
Denn bei unzähligen Unglücklichen beginnt ja der mit der Verurtheilung zum
Feuertode endigende Prozess eben damit, dass dieselben wegen Verunglimpfung
bei den Gerichten Schutz suchten! =Vilmar= hätte sich dann auch nicht zum
Apologeten des Verfahrens bei den Hexenprozessen gegenüber dem in der
Wissenschaft feststehenden Urtheile über dasselbe aufwerfen können[377];
und höchst wahrscheinlich würde ihm Angesichts der satanischen Prozeduren,
durch welche man -- oft aus kindlich frommen Christenseelen -- das
Geständniss der Hexerei heraus- oder hineingefoltert hat, der Glaube an die
Wirklichkeit der Hexerei ganz vergangen sein. =Vilmar= hat sich aber weder
in Hexenprozessakten noch in der auf die Sache bezüglichen Literatur auch
nur im Entferntesten so umgesehen, dass er berechtigt gewesen wäre, sich
über das »Hexenwesen« öffentlich auszusprechen[378].

Somit lässt uns auch die Annahme einer nur subjektiven Wahrheit in den
Bekenntnissen der Hexen unbefriedigt. Um die sogenannte =Freiwilligkeit=
derselben zu erklären, gibt man uns eine Welt voll Verrückter oder
Nervenkranker, deren Visionen einander genau in denselben Punkten begegnen.
Das heisst eine plane Sache zum Räthsel machen. Es ist diess fast ein
Seitenstück zu der künstlichen Erklärung, welche der Pater Aubert über das
Pferdehaar im Hühnerei abgab. Diesem gelehrten Jesuiten, Professor der
Mathematik zu Caen, brachte man einst ein hartgesottenes Ei, in welchem ein
Pferdehaar sich mehrmals durch das Weisse wand und dann in das Gelbe ging.
»Das Ding kam mir etwas ausserordentlich vor, -- erzählt Aubert; -- denn
diess Haar muss in die Milchadern hineingegangen sein und dann in den
ductum thoracium, von dannen in die hohle Ader und dann in das Herz; und
indem es ausging durch den herabgehenden Ast der Aorta, muss es sich in den
Eierstock hineingedrängt haben.« Die Wahrheit ist, dass das Haar niemals in
dem Huhn gewesen, sondern durch ein feines, nachher wieder verklebtes Loch
unmittelbar vor dem Sieden in das Ei geschoben worden war. Aehnlich war
jene Freiwilligkeit der Bekenntnisse, die übrigens nicht einmal in den
Protokollen so häufig gemeldet wird, als Mancher denkt, =von aussen
hineingebracht=. Wenn man dem Inquisiten mit gezähnten Schrauben die
Schienbeine gleich einem Kuchen zusammengepresst hatte, so liess ja der
Sprachgebrauch vieler Richter dann immer noch ein =gutwilliges= Bekenntniss
zu. So versichert ein glaubwürdiger Mann, Friedrich Spee. Anderwärts zeigen
die Akten deutlich, wie mancher Angeklagte nur desswegen bereitwillig
bekannte, um sich die unnützen Schmerzen der Tortur zu ersparen, oder durch
scheinbare Reumüthigkeit statt des Scheiterhaufens »die Begnadigung des
Schwertes« zu verdienen.

Dass die =Gleichförmigkeit= der Bekenntnisse, die einst für die objektive
Wahrheit der Hexengreuel den Hauptbeweis lieferte, in unsern Augen nicht
=für=, sondern =gegen= die Aufrichtigkeit der Aussagen zeugen muss, ist
klar. Sie erklärt sich, so lange sie sich im Allgemeinen hält, schon aus
der wesentlichen Gleichförmigkeit des überall verbreiteten Hexenglaubens,
sobald sie aber Spezialitäten concreter Orte, Zeiten, Personen und
Handlungen betrifft, nur aus Suggestion oder Collusion.

Wenn in dem Vorstehenden den Bekenntnissen der Angeklagten jede Bedeutung
für die Entschuldigung der Hexenprozesse im =Grossen= abgesprochen wurde,
so ist damit nicht die =Möglichkeit einzelner= Fälle geleugnet, in welchen
ein Geisteskranker sich wirklich von der Wahrheit seiner Aussagen überzeugt
halten mochte. Aber aus der Möglichkeit folgt noch nicht geradezu die
Wahrscheinlichkeit. =Möglich= wäre es z. B. eben so gut, dass ein
Verrückter sich für einen Wehrwolf hielte, als es gewiss ist, dass manche
Irren auf Glasbeinen zu gehen oder Vögel im Kopfe zu tragen sich einbilden.
Ob nun aber, wenn irgendwo ein Kind oder Schaf vermisst wurde, gerade
derjenige, welchen das Gericht als Wehrwolf aufgriff und verbrannte, von
seiner eingestandenen Lykanthropie selbst überzeugt war, diess ist eine
andere Frage. Jener Unglückliche in Westphalen, der einst um dieser
Beschuldigung willen eine fünfzehnmalige Tortur ausstand, litt gewiss nicht
an dieser Monomanie; und so hat sich uns überhaupt in keinem concreten
Falle die Annahme einer solchen aus den Umständen als nothwendig ergeben.

Ausser dieser Möglichkeit der Einbildung geben wir auch noch die
Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit des Versuchs in einzelnen Arten der
Zauberei zu. Aber auch damit wird im Wesentlichen nichts geändert.

Bei dem allgemein herrschenden und ganz feststehenden Glauben an die
Möglichkeit eines Bundes mit dem Teufel und einer mit dessen Hülfe zu
bewirkenden Zauberei konnte es allerdings bei einzelnen Unzufriedenen,
Verzweifelnden, Verirrten zu Anrufungen des Teufels und zu Conaten kommen,
mit Hülfe des Teufels irgend Etwas zu bewerkstelligen und zu
erreichen[379]. Derartige Vorkommnisse sind sogar nachweisbar[380]. Allein
gegenüber der in den zahllosen Hexenprozessen massenhaft vorliegenden
Thatsachen beweisen diese ganz sporadisch auftretenden Erscheinungen gar
nichts. In den Hexenprozessen, die sich auf dem Scheiterhaufen abspielten,
ist nicht von Conaten eines Teufelsbündnisses, auch nicht von anderen
Verbrechen, sondern nur von wirklich vollzogenen Teufelsbündnissen, von
wirklichen Vermischungen mit dem Teufel und wirklichen Zaubereien die Rede,
was sich auch leicht begreift. Geben wir z. B. zu, dass ein
abergläubischer Bösewicht heimlich ein Wachsbild schmolz, oder mit Nadeln
durchstach, weil er dadurch seinen Feind tödten zu können meinte. Dieser
wirkliche Versuch zog begreiflich, weil der Erfolg ausbleiben musste, auch
keinen Prozess nach sich und kam nicht in die Akten. Dagegen war die von
einem Sterbenden ausgesprochene oder ihm beigemessene Ueberzeugung, dass er
der Zauberei dieses oder jenes Feindes unterliege, schon genügend, um den
Bezeichneten in Untersuchung zu ziehen. Wenn dieser nun auf der Folter sich
schuldig erklärte und dann, um die Mittel befragt, Wachsbilder nannte, so
muss dieses Geständniss entweder in seiner ganzen Ausdehnung vom Versuch
und Erfolg gelten, oder es fällt mit dem Glauben an den Erfolg auch die
Vermuthung des Versuchs weg. Und so in den übrigen Malefizien. Demnach
dürfen wir die =versuchte= Zauberei gerade in den Hexenprozessen am
wenigsten suchen; diese geben uns, so wie ihr Kern, der Teufelsbund, eine
Chimäre ist, auch nur =eingebildete Malefizien=.

                  *       *       *       *       *

=Rudolf Reuss= erklärt sich den Umstand, dass fast überall wohl zehnmal so
viele weibliche Hexen als männliche Zauberer auftreten, so (S. 12):

    L'homme, lorsqu'il se sent dévoré par la soif de la vengeance,
    des plaisirs ou de l'or, se croit d'ordinaire capable
    d'atteindre grâce à ses propres efforts au but désiré. La femme,
    au contraire, faible et sans moyen d'action -- surtout dans la
    société du moyen-âge se tourne vers une puissance extérieure et
    invoque son appui pour satisfaire sa colère ou réaliser ses
    désirs de bonheur.

=Hartpole Lecky= sagt S. 60:

    »Der Cölibat wurde allgemein als die höchste Form der Tugend
    angesehen, und um ihn zu empfehlen, erschöpften die Theologen
    alle Quellen ihrer Beredtsamkeit, um die Verworfenheit
    derjenigen zu schildern, deren Reize ihn so selten gemacht.
    Daher die langen und feuerigen Erörterungen über die
    beispiellose Bosheit, Nichtswürdigkeit, Ungläubigkeit,
    unbesieglich schlechten Neigungen der Frauen. -- Die Frage,
    warum die ungeheuere Mehrheit Derer, welche der Zauberei
    angeklagt wurden, Frauen wären, hat früh die Aufmerksamkeit
    erregt und man beantwortet sie gewöhnlich -- -- durch die
    =angeborene Nichtswürdigkeit des Geschlechts=. Es gab keinen
    Gegenstand, über den sich die alten Schriftsteller mit
    zürnenderer Beredtsamkeit oder mit zahlreicheren Beispielen
    ergingen.«

=Alfred Maury= (La magie et l'astrologie S. 73) sagt mit Bezugnahme auf die
Aeusserungen römischer Schriftsteller:

    C'était surtout auprès des femmes, que les Chaldéens avaient
    trouvé credit. Le beaux sexe était alors fort curieux. Il n'est
    pas de mon sujet de rechercher si les choses ont changé depuis.

    Der Malleus maleficarum beantwortet die Frage: cur magis
    foeminae superstitiosae reperiantur? mit Hinweisung auf die
    angeborene malitia des weiblichen Geschlechts, die (in Pars I.
    qu. 6) sehr eingehend und nach den entschiedensten Beziehungen
    hin nachgewiesen wird.

=F. Trechsel= (das Hexenwesen im Kanton Bern, in dem Berner Taschenbuch von
1870) S. 166 sagt:

    »In grösserer Mehrheit ist doch das andere Geschlecht dabei
    vertreten, und es lässt sich dieses aus der der weiblichen Natur
    anhaftenden Reizbarkeit, der stärkeren Hinneigung zum
    Geheimnissvollen, Mystischen, Phantastischen und Excentrischen,
    aus dem Bedürfnisse von Schutz und Hülfe, woher nur immer
    einigermassen erklären.«

=Joh. Scherr=, Gesch. deutscher Kultur und Sitte (Leipz. 1854) S. 365:

    »Warum kehrte sich die Verfolgungswuth vornehmlich gegen das
    schwächere und schönere Geschlecht? Warum häufte der
    Hexenprozess auf das Weib die abscheulichste Lästerung, welche
    demselben je widerfahren, -- die Lästerung nämlich,
    Jungfräulichkeit und eheliche Treue hinzugeben, um dafür die
    widerliche Umarmung eines scheusslichen Bockes einzutauschen? --
    Weil in der Zauberkunst etwas =Heimisches=, =Stilles=,
    =Abgeschlossenes= lag, was sich mit dem männlichen Charakter
    weniger vertrug, hielt man von Uralters her die Frauen
    zauberischer Künste für fähiger als die Männer.«

Und doch hat wahrscheinlich keine Klasse von Opfern Qualen erduldet, die so
stark und ohne Linderung waren. Für sie gab es den wilden Fanatismus nicht,
der die Seele gegen Gefahr kräftigt und den Körper gegen Qualen beinahe
stählt. Für sie gab es keine Zuversicht auf eine herrliche Ewigkeit, welche
den Märtyrer die aufsteigende Flamme verzückt für den Wagen des Elias
ansehen liess, der die Seele gen Himmel tragen sollte. Für sie gab es weder
den Trost trauernder Freunde, noch das Bewusstsein, dass ihr Andenken von
der Nachwelt werde geehrt und gefeiert werden. Sie starben allein, gehasst
und unbemitleidet. Sie wurden von der ganzen Menschheit für die ärgsten
Verbrecher gehalten. Ihre eigenen Verwandten schraken vor ihnen, als den
Verworfenen und Verfluchten, zurück. Der Aberglaube, den sie in der Jugend
eingesogen hatten, mischte sich mit den Täuschungen des Alters und den
Schrecken ihrer Lage, er überredete sie gar oft, dass sie wirklich die
Leibeigenen des Satans und jetzt daran wären, ihre Qualen auf Erden für
eine Seelenpein auszutauschen, die ebenso schmerzlich und dazu ewig sei.
Und zu alle Dem haben wir die Schrecken zu erwägen, welche der Glaube über
das Volk im Grossen verbreitet haben muss, haben wir uns die Angst der
Mutter zu malen, wie sie sich einbildet, dass es in der Macht einer von ihr
beleidigten Person stände, in einem Augenblicke jeden Gegenstand ihrer
Liebe zu vernichten; wir haben vor Allem den schauerlichen Schatten zu
bemerken, welchen die Furcht vor einer Anklage auf die geschwächten Kräfte
des Alters geworfen, und die Bitterkeit, mit welcher sie Verlassenheit und
Einsamkeit verstärkt haben muss. Alle diese Leiden waren das Ergebniss
eines einzigen Aberglaubens, welchen der Geist der Aufklärung zerstörte.


FUSSNOTEN:

[349] Der mit dem Kanon Episcopi zum Theil übereinstimmende angebliche
Kanon des Conzils zu Agatha lautet: (_Burchard_. Decret. lib. X. cap. 29):
Perquirendum, si aliqua femina sit, quae per quaedam maleficia et
incantationes mentes hominum se immutare posse dicat, id est, ut de odio in
amorem, aut de amore in odium convertat, aut bona hominum aut damnet, aut
subripiat. Et si aliqua est, quae se dicat cum daemonum turba, in
similitudinem mulierum transformata, certis noctibus equitare super quasdam
bestias, et in eorum consortio adnumeratam esse; haec talis omnimodis
scopis correpta ex parochia ejiciatur. -- Uebrigens ist dieser Kanon nicht
von der Synode zu Agde aufgestellt, sondern ist späteren Ursprungs.
S. _Hefele_, Conziliengesch. B. II. S. 641.

[350] Anzeiger zur Kunde der deutschen Vorzeit, 1839, S. 119 ff.

[351] Von den alten Bacchanalien hatte auch schon Cardanus (de rerum
varietate XV. 80) das Hexenwesen abgeleitet, nur dass er das ursprünglich
Wirkliche zuletzt in Einbildung übergehen liess: Haec quidem procul dubio
ab Orgiis antiquis, in quibus mulieres bacchabantur palam, ortum habuerunt.
Deinde metu legis talia prohibentis _clam celebrari_ coepere. Et ubi illud
etiam prohibitum est, _vel ipsa cogitatione agere perseverarunt_; adeo
inveterati erroris opinio constans est.

[352] Die Sage von den Hexen des Brockens und deren Entstehen in
vorchristlicher Zeit durch die Verehrung des Melybogs und der Frau Holle.
Quedlinburg und Leipzig 1839.

[353] Man sehe z. B. §. 17, wo das deutsche Wort =Teufel= aus dem
=polnischen= diable hergeleitet und dieses wiederum durch iable (Apfel) mit
vorgesetztem Artikel erklärt wird, indem der =Apfel= die erste Veranlassung
zum =Bösen= gewesen sei, wie auch _malum_ den Apfel und das Böse bedeute.

[354] In den Abhandlungen »Ein Hexenprozess aus der Mitte des siebenzehnten
Jahrhunderts, mit einer Nachricht über das Verbrechen der Zauberei« (in
_Hitzig's_ Annalen der deutschen und ausländ. Kriminalrechtspflege, B. I.
1828, S. 431-456) und »Beitrag zur Gesch. der Zauberei« (ebendas. B. II.
S. 182-194) und in seinem »Handbuch des Strafrechts« S. 54 ff.

[355] z. B. VIII. de sacris Mercurii et Jovis.

[356] z. B. I. de sacrilegio ad sepulchra mortuorum; V. de sacrilegiis per
ecclesias.

[357] z. B. XIX. de petendo quod boni vocant Sanctae Mariae; IX. de
sacrificio, quod fit alicui Sanctorum.

[358] Nämlich: X. de phylacteriis et ligaturis; XII. de incantationibus;
XIII. de auguriis vel avium vel equorum, vel bovum stercore, vel
sternutatione; XIV. de divinis et sortilegiis; XXX. de eo quod credunt,
quia feminae lunam commendent, quod possint corda hominum tollere juxta
paganos.

[359] Nur ein einziges Mal, in einem am Ende des siebenzehnten Jahrhunderts
(1687) spielenden Brandenburgischen Hexenprozess sind wir einem auf
Verführung durch eine »Tartar'sche« (d. h. Zigeunerin) lautenden, auf der
Folter erpressten Geständniss begegnet. S. _Raumer_ in den Märkischen
Forschungen, Berl. 1841, S. 260.

[360] Kriminalverfahren bei Hexenpr. im Bisth. Bamberg etc. §. 5.

[361] _Cardanus_ (de rerum varietate XV. 80) hatte im Wesentlichen dieselbe
Vermuthung aufgestellt.

[362] Wenn, wie diess in einem der von Raumer mitgetheilten Fälle
geschieht, ein Versuch =durch Rattengift zu tödten= mit unter den übrigen
Beschuldigungen gegen eine Person vorgebracht wird, so steht diess =neben=
der Zauberei, nicht =darin=, wie denn anderwärts auch z. B. Diebstahl,
Brandstiftung u. a. daneben vorkommt.

[363] _Agobardi_ Liber contra insulsam vulgi opinionem de grandine et
tonitruis. Cap. 16.

[364] De praestig. daemon. B. III. Cap. 17.

[365] Silva silvarum, Cent. X. p. 501, ed. Amstelod.

[366] La sorcellerie au 16. et au 17. siècle, Paris, 1871, S. 130 ff.

[367] Z. B. in buseckischen Akten: -- »Actum den 29. April. A. 1656 ....
Frage: Woraus dann die Hexensalbe gemacht werde? Resp. Aus den Hostien,
welche sie und alle Hexen beym abendtmahl in der Kirchen auss deme Mundt
genommen, in der handt behalten, dem Teuffel beym Hexen Danz geopffert und
solche nachgehents wieder von Ihme bekommen, den heiligen Wein empfangen
sie in der Kirche in gedancken auch ins Teuffels nahmen. Sie P. Beklagtinn
seye da bevor umb ein Kindt kommen, das habe sie auch dazu gebraucht. Die
scheiden Möllerin, die Butsch, dess Herrn Fraw haben die Salben helffen
kochen.«

[368] Magnet. Archiv III. St. 1.

[369] Vgl. die Schrift: Des hallucinations ou histoire raisonnée des
apparitions, des visions, des songes, de l'extase etc. par _A. Brierre de
Boismont_ (Paris, 1845), S. 135.

[370] S. die Nachweisungen bei _Schindler_, der Aberglaube des
Mittelalters, S. 286-287.

[371] Abgedruckt in Westermann's Jahrbuch der Illustrirten deutschen
Monatshefte, B. X. S. 258 ff.

[372] Diess hat auch der abergläubische _Le Loyer_ eingesehen, nur dass
freilich diese Einsicht ihn desto mehr an der objektiven Wirklichkeit der
Hexerei festhalten liess: Les sorcières sont interrogées séparément et à
part, et toutes concordamment tombent en mesmes confessions, remarquent les
circonstances et dépendances, s'accordent du temps, de l'heure et de la
façon sans varier, comme il serait très-difficile qu'elles ne variassent,
s'il y avait de la mélancholie et fureur en elles. Puis confrontez-les
ensemble, elles y persistent. _Le Loyer_, Discours et histoires des
spectres, visions etc. Paris 1605, p. 136.

[373] Es ist erst geschehen, nachdem das Vorhergehende (von Soldan) bereits
niedergeschrieben war.

[374] Abgedruckt in dem Sammelwerk: »Vorträge über Tortur, Hexenverfolgung,
Vehmgerichte« etc. -- (Hamburg, 1844 ff.) B. I. S. 97 ff.

[375] Bezüglich der Lehre Vilmar's von der Kirche, von den beiden
Sakramenten, von der Absolution, Ordination, Confirmation und Ehe ist
dieses schon unzählige Male nachgewiesen worden. Das Unevangelische seiner
Lehrweise geht aber noch viel weiter. In seiner Dogmatik, B. I. S. 111
z. B. behauptet er die perspicuitas Scripturae S. nur für das »Lehr- und
Hirtenamt« der Kirche, nicht für die Christen überhaupt. Die heil. Schrift
hat »Deutlichkeit nur für dieses Amt, welchem dann die Deutlich=machung=
für die Individuen der Gemeinden obliegt.« So sagt =Vilmar=!

[376] In unzähligen Hexenprozessen, namentlich in den Torturprotokollen ist
es in herzbewegendster Weise zu ersehen, in welcher Stärke der Glaube an
Gott, das Vertrauen zum Erlöser (der sich oft in der Form des Gebets, oft
in lautesten Angstschreien ausspricht) die Herzen der Hexen erfüllte. Die
Richter und Peiniger erscheinen da nicht als die Streiter Christi, sondern
als -- Teufel!

[377] Er sagt S. 170: »An und für sich ist man nicht berechtigt, diese dem
Gesetze angemessenen Todesurtheile als =Greuel= zu bezeichnen, wie das
längst herkömmlich ist, und auch das =Gesetz= (in der Carolina) =selbst=,
wird man nicht ohne Weiteres einen =Greuel= nennen dürfen. -- S. 172:
Allerdings bestanden prozessualische Regeln für die Constatirung eines
Gerüchts und so ganz in den Tag hinein, etwa nach dem Massstabe heutiges
Tags umlaufender Gerüchte, wurde nicht verfahren. Dazu war die Zeit noch
viel zu fest und wenigstens in Sitte und Lebensordnung zu zähe. Im
=heutigen= Sinne leichtfertig nahm man das Gerücht nicht.« -- Mehr kann man
nicht verlangen, wenn der Hexenprozess vertheidigt werden soll.

[378] Was soll man z. B. dazu sagen, wenn _Vilmar_ S. 169 erzählt: »So
lange es Hexenprozesse gegeben hat, galt der =Anklageprozess=; erst als
der, in der neuesten Zeit wieder aufgehobene, =Inquisitionsprozess=
eingeführt wurde, nahmen die Hexenprozesse ab und hörten bald ganz auf!«
Die einzige Stelle der Abhandlung, aus der sich vermuthen lässt, dass Verf.
ein auf den Hexenprozess bezügliches Buch der neueren Literatur in Händen
gehabt hat, ist der dem grossen Rechtslehrer _v. Wächter_ (S. 172) desshalb
gemachte Vorwurf »arger Leichtfertigkeit«, weil dieser gesagt habe, »es
habe, um die Tortur zu erkennen, nur bedurft, dass ein altes Weib
triefäugig gewesen sei, wozu dann leicht noch irgend ein Indizium zu finden
gewesen sei«.

[379] Dieses wird auch von _A. F. Köppen_ in seiner trefflichen Abhandlung
(Wigands Vierteljahrschrift, B. II. S. 51) zugegeben, indem er sagt:
»Allerdings ist es höchst wahrscheinlich, dass die Hexerei als das
(angebliche) Modeverbrechen der Zeit, mancherlei wirkliche, d. h.
bürgerliche Verbrechen gleichsam absorbirt habe, dass also bei einzelnen
Verbrechen kein bloss eingebildeter, sondern auch ein reeller Thatbestand
vorlag. Einige angebliche Hexen mögen Kindesmörderinnen, andere
Giftmischerinnen gewesen sein, noch andere durch Quacksalberei und
Sudelköcherei u. dgl. reellen Schaden gethan haben. Indessen ist die Zahl
derselben jedenfalls verhältnissmässig nur sehr gering gewesen; und -- was
die Hauptsache ist -- beweisen, juridisch beweisen lässt sich das (Dank der
Formlosigkeit des Hexenprozesses!) in den allerwenigsten Fällen, ja
vielleicht in keinem einzigen Falle mehr.«

[380] Wir erinnern an den oben B. I. 481 aus Hessen mitgetheilten Fall.
Ausserdem theilt _v. Wächter_ aus einem juristischen Responsum vom Jahre
1647 (bei _Nic. Brand_, de legitima maleficos et sagas investigandi et
convincendi ratione, P. II. thes. 1) folgendes Vorkommniss mit: Ein
preussischer Soldat wollte sich mit Satans Hülfe unsichtbar, schuss- und
hiebfest machen und glücklich spielen können, wesshalb er dem Teufel sich
zu ergeben beschloss. Er setzte daher eine Schrift auf, in welcher er sich
dem Teufel verschrieb und unterzeichnete dieselbe mit Blut aus seiner Nase.
Am Rande der Schrift sprach er die Bitte aus, dass ihm der Teufel bald
einen Gesandten schicken möchte, von dem er das Nöthige lernen könnte.
Diese Schrift wollte er an einem Samstag Nachts auf einen Kreuzweg tragen,
um sie so in die Hände des Teufels zu bringen. Ehe er aber dieses ausführen
konnte, fand man die Schrift bei ihm, und es wurde ihm daher der Prozess
gemacht, der zu seiner Hinrichtung führte.



Nachträge.


Ueber den Dämonismus der katholischen Kirche, der Kurie in der Gegenwart
vgl. =Buchmann=, die unfreie und freie Kirche S. 226 ff.

=Buxtorf-Falkeisen= sagt in seiner Schrift »Basler Zauberprozesse aus dem
vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert« S. VII von dem gegenwärtigen
Aberglauben in der Schweiz:

    »Auch ist im Kriegsvolke die Passauerkunst noch nicht
    verschwunden, denn als die Aufgebote zum Sonderbundsfeldzuge
    einkamen, liessen sich viele der Einberufenen bei einem alten
    Manne durch irgendwelchen Hokuspokus hieb-, stich- und kugelfest
    machen.«

Folgendes theilt =Buxtorf-Falkeisen S. X= aus dem Elsass mit:

    »Der Glaube an Zauberer und Hexen etc. (so wird im Januar 1860
    aus Altkirch geschrieben,) ist in unseren Gegenden noch nicht
    ganz verschwunden, so dass wir noch hier und da von Personen
    hören, die der Teufel zu seinem Wohnsitz auserkoren hat. So sind
    im Jahr nach der allgemeinen Ausstellung zwei nervenkranke
    Kinder von Illfurth für besessen erklärt worden. Eine Störung
    der geistigen und leiblichen Kräfte, momentanes Verschwinden
    aller Bewegung und Empfindung hatte sie befallen. Da ward eine
    unglückliche, ganz unschuldige Frau des Verbrechens der Hexerei
    beschuldigt. Glücklich jedoch, dass sie nicht mehr in der Zeit
    der Scheiterhaufen lebte! Die beiden Kinder wurden anfangs von
    Aerzten behandelt, dann von einer »Schläferin« besorgt, ohne
    dass die bösen Geister weichen wollten. Die Sache machte immer
    grösseres Aufsehen bei den abergläubischen Menschen, deren Zahl
    immer noch gross genug ist. Zuletzt wurden die sogen.
    Besessenen einer ganz eigenthümlichen Behandlung in einem
    Kapuzinerkloster unterworfen. Noch wichen die Dämonen nicht. Da
    trat eines Tages, von der hohen Behörde hingesandt, der
    Gendarmerie-Brigadier ins Krankenzimmer, -- und siehe was nicht
    Wissenschaft und nicht Mönchsgebet vermochten, das gelang dem
    stattlich galonirten Querhut. Flugs ward Heilung und das Unwesen
    gebannt.«

=M. Perty= sagt in der Schrift »der jetzige Spiritualismus und verwandte
Erfahrungen der Vergangenheit und Gegenwart« (Leipzig und Heidelberg 1877)
S. 229:

    »In Indien kommen auch in neuester Zeit noch Fälle vor, wo
    Menschen wegen angeblicher Zauberei gemartert und getödtet
    werden, wie 1872 im Lande der Bheels eine alte Frau, die man im
    Verdacht hatte, einem Bunniah von Kooshulgurh, Namens Fatta,
    Krankheit angezaubert zu haben. Der Bunniah selbst glaubte,
    diese Frau Chundoo habe seine Leber verzehrt. Einige Bheels
    banden sie, wie sie dieses vermeintlichen Hexen früher sehr
    allgemein zu thun pflegten, an den Handgelenken an einen
    Bananenbaum, und schwangen sie, um sie zum Geständniss zu
    bringen, vier Tage hin und her, bis sie starb, und verbrannten
    dann die Leiche«[381].


FUSSNOTEN:

[381] Nach Pioneer Mail im spiritist. Journal The Medium and Daybreak,
4. Dezember 1874.

Vgl. z. B. die Schrift: »Ueber das Besessensein oder das Dasein und den
Einfluss des bösen Geisterreichs in der alten Zeit« (Heilbronn, 1833,
S. 116 in 8^o). -- Das Vorwort der Schrift beginnt mit den Worten: »Der
Verfasser dieser Schrift hat seine Ueberzeugung von Dämonen-Besitzungen auf
eigene Anschauung gegründet, und zwei damit geplagte unglückliche Personen
-- im Hause seines ihm so theuern Freundes, des Dr. Kerner in Weinsberg,
oft und aufmerksam beobachtet.« -- Der Schlusssatz der Abhandlung lautet
(S. 116): »Ich glaube an gute und böse Geister und an ihren Einfluss bis
auf die neuesten Zeiten. Der Mensch aber kann beiden widerstehen.«



Berichtigung.


Die Ueberschrift des =zwölften Kapitels=, B. I. S. 407 muss heissen:

»Die Inquisition im dreizehnten Jahrhundert. Ausbildung des Hexenprozesses
in Frankreich. Hexenprozesse in Irland und Italien.«



Namen- und Sachregister.


A.

Abälard I. 183.

Abraham a St. Clara II. 90.

Agde (Syn.) I. 120, II. 360.

Agobart, Erzb. I. 128, 447.

Agricola II. 208.

Agrippa I. 74.

Agrippa v. Nettesheim, I. 338 Anm., 425, 445, 463, 514, II. 1 f.

Akkader I. 16 f.

Alanus v. Ryssel I. 154.

Albert v. Baiern, Bisch. I. 270 f.

Albert d. Grosse I. 193, Anm. 195 f.

Albigenser I. 156 f. 223.

Alciatus I. 459, 514.

Alexander IV. I. 216, 220 f.

Alexander VI. I. 284, 216.

Alfons X. I. 193.

Amerika II. 152.

Amolo, Erzb. I. 129.

Amorbach II. 80.

Anaxagoras I. 36.

Ancyra (Syn.) I. 119, 130 f., 289 Anm.

Antonius, h. I. 176 Anm.

Apollonius v. Tyana I. 72, 81, 196.

Apulejus I. 79, 345.

Araber I. 192 f.

Arnobius I. 85.

Aristoteles I. 193.

Arras I. 253 f.

Aschhausen, v. II. 38, 44.

Assurbanhabal I. 16.

Athenagoras I. 88.

Aubert II. 394.

Augsburg II. 93.

Augustinus, Aur. Bisch. I. 95, 96, 97.

Auxerre I. 120, 395 Anm.

Avignon I. 300 Anm.


B.

Babylonien I. 21.

Baco I. 193 f. Anm.

Baden I. 341.

Baden-Baden (Landrecht) I. 412.

Baiern I. 122, II. 95, 292, 307, 331.

Bamberg I. 346 Anm., 409, 436, II. 37 f.

Bambergensis I. 410.

Bartolo I. 223, 237.

Baxter II. 262.

Bayle II. 243.

Beckmann II. 213.

Bekker, Balth. II. 223 f., 256.

Bern I. 243, II. 139.

Bernhard von Clairvaux I. 208.

Bernhard von Como I. 191, 222.

Berquin I. 438.

Beza I. 429.

Binsfeld II. 21.

Bodin II. 16 f., 160.

Böhmer II. 259, 264.

Borelli II. 292.

Bonifacius VIII. I. 354.

Boston II. 153.

Bordeaux I. 429.

Braga (Syn.) I. 120.

Brandenburg I. 465, II. 89.

Braunschweig II. 88.

Breisgau II. 95.

Bremen I. 206.

Brenz I. 432, II. 12.

Breslau II. 84.

Broussart I. 253.

Brunnemann II. 225.

Buchheim, Joh. Stürtzel v. I. 273.

Burkhard von Worms I. 105, 107, 108, 109, 130 Anm., 131 f.

Buxtorf-Falkeisen II. 401.

Byzanz I. 139.


C.

Calvin I. 498.

Carcassonne I. 223 f.

Cardanus I. 426.

Carolina I. 334, 339, 410.

Carpzov I. 336, 340, 353 Anm., 356 Anm., 384, II. 209 f.

Cäsarius v. Heisterbach I. 170, 179, 185 f., 203.

Chaldäa I. 21.

Charron II. 21.

Chrysipus I. 37.

Chrysostomus I. 121.

Claudius I. 76.

Clemens IV. I. 216.

Clemens V. I. 193.

Clemens VII. I. 285.

Coesfeld I. 356 Anm., 439.

Concilium Germanicum I. 128.

Constantin, K. I. 98, 99.

Constantinus Africanus I. 140.

Cordova I. 192.

Corvey (Annalen v.) I. 137.


D.

Danäus, Lamb. II. 15.

Darmstadt I. 485 f.

Dassel, H. v. I. 358, II. 20.

Delrio I. 336, 343 Anm., 356 Anm., 430, 433, II. 23, 29.

Demokrit I. 40.

Dernbach, Balth. v. II. 55.

Deutschland I. 158 f., 284, 336 f., II. 29, 32 f.

Diagoras I. 49.

Dieburg II. 80.

Diogenes I. 37.


E.

Edelin I. 247.

Eduard VI. von Engl. I. 519.

Ehrenberg, B. v. II. 44.

Ehrenberg E. v. II. 52.

Elisabeth v. Engl. I. 520.

Elsass I. 492, II. 97.

Elvira (Syn.) I. 119.

Empedokles I. 36.

England I. 518, II. 146, 227, 262, 336.

Epikuräer I. 49.

Erasmus von Rotterdam I. 459.

Ernst der Fromme von S. G. II. 126.

Ernst von Baiern, B. II. 60.

Esslingen I. 401.

Etrusker I. 52 f.

Eugen IV. I. 245.

Euripides I. 46.

Eymericus I. 22, 280.


F.

Farel I. 433.

Felix von Bologna I. 135.

Ferdinand I. K. I. 408.

Ferdinand II. K. I. 356.

Ferdinand von Baiern, B. II. 60.

Fichard II. 19.

Fischer II. 384 f.

Finnen (Myth.) I. 20.

Flade II. 24.

Flandern I. 492.

Floralien I. 321.

Fludd I. 428.

Forner II. 39.

Franken I. 127, 128.

Frankfurt I. 261.

Frankreich I. 156 f., 207 f., 239 f., 437, 522, II. 261, 314, 331, 334 f.

Fraticellen und Beghinen I. 228.

Freisingen, Otto v. I. 183.

Friedberg I. 391.

Friedrich II., Kaiser, I. 193, 207, 209.

Friedrich III. Kaiser, I. 270.

Friedrich v. d. Pfalz II. 13.

Friedrich I. v. S. Gotha II. 126.

Friedrich Wilhelm von Brandenburg II. 225.

Friedrich I. von Preussen II. 260.

Friedrich Wilhelm I. v. Preussen II. 266.

Friedrich Wilhelm II. v. Preussen II. 269 Anm.

Frölich von Frölichsburg II. 214.

Fugger, v. II. 305.

Fulda I. 436, II. 55 f.


G.

Gaar II. 291.

Galilei II. 228.

Gallien I. 127.

Gassendi II. 228.

Gassner, Jos. II. 305.

Gassner, And. II. 342 f.

Gebsattel II. 38.

Genf I. 499, II. 227.

Gerbert I. 140, 195 f.

Germanicus I. 76.

Gerson I. 240.

Gervasius I. 183 f.

Georg Friedrich, Kurf. v. Mainz II. 78.

Glanvil II. 230.

Godelmann II. 19.

Göhausen II. 109.

Grado (Conc.) I. 260.

Graser II. 292.

Gregor VII. I. 136.

Gregor IX. I. 160 f., 209, 239 Anm.

Gregor XV. I. 411, II. 207.

Gregor von Tours, B. I. 113, 114, 115, 126.

Grevius II. 205.

Griechen I. 396.

Griechenland I. 35 f.

Griech. Kaiserreich I. 139 f.

Griech.-babyl. Literatur I. 38.

Grimm, Jak. II. 255.

Guericke II. 228.

Gronau II. 260.

Gury II. 340.


H.

Haas II. 386 f.

Hadrian VI. I. 285, 515.

Haen, de II. 306.

Hamburg I. 261, 490, II. 116.

Hamburger Stadtrecht I. 206.

Harley, Ach. v. I. 524.

Hartpole Lecky II. 398.

Hebräer I. 25.

Heidelberg I. 260.

Heinrich I. v. Engl. I. 137.

Heinrich VI. v. Engl. I. 518.

Heinrich VIII. v. Engl. I. 519.

Heinrich II. v. Frankreich I. 523.

Heineccius II. 259.

Hekate I. 63.

Hellenen I. 17.

Heliodorus I. 103.

Heraklit I. 36.

Hermann II. 260.

Hesiod I. 40.

Hessen I. 480 f.

Hessen-Darmstadt II. 97 f.

Hessen-Kassel II. 104 f.

Hexenbulle I. 268 Anm. f., 276 f.

Hexenhammer I. 269 f., 276, 342, 345 Anm., 352 f., 405.

Hippokrates I. 47.

Holland s. Niederlande.

Holstein II. 130.

Honorius, K. I. 101.

Hopkins I. 363, II. 147.

Horst I. 341, 347.

Huygens II. 228.


I.

Jakob I. v. Engl. I. 309, 520, II. 27 f.

Jakob III. v. Schottland I. 522.

Jarcke II. 365 f., 381.

Jaquier I. 190, 222, 247.

Idiosomnambulismus II. 382.

Innozenz III. I. 209, 212, 215.

Innozenz IV. I. 213, 215, 216.

Innozenz VIII. I. 267, II. 88.

Innozenz VIII. Hexenbulle I. 267 f., 418, 454.

Institor I. 222, 267, 458.

Johann, Kurf. v. Trier (v. Baden) II. 33.

Johann, Kurf. v. Trier (v. d. Leyen) II. 33.

Johann Schweikart, Kurf. v. Mainz II. 78.

Johann Philipp, Kurf. v. Mainz II. 80.

Johann Georg II. v. Bamberg, I. 347, II. 38.

Johann XXII. P. I. 142, 225, 228, 413 Anm.

Josephus I. 33.

Irland I. 232.

Irmäus I. 88.

Italien I. 153, 237, 415.

Julian, K. I. 100.

Julius, B. v. Würzb. II. 43.

Julius II., P. I. 285, 515.

Jülich-Cleve-Berg I. 465.

Justinian I. I. 165.


K.

Kanon Episcopi I. 130, 222, 288 Anm., II. 360.

Karl d. Grosse I. 128.

Karl V. I. 335, 397.

Karl VIII. v. Frankr. I. 523.

Karl IX. v. Frankr. I. 523.

Karl Theodor v. Baiern II. 307.

Karlomann I. 128.

Karolinger I. 127.

Katharer I. 150 f., 167 f.

Kempten II. 308.

Kepler II. 131, 228.

Knorr v. Rosenroth I. 80 Anm.

Koloman I. 138.

Köln I. 137, 158, II. 81.

Konrad v. Marburg I. 158 f., 183, 219.

Konrad v. Heresbach I. 432, II. 2 f.

Konstantinopel (Syn.) I. 120.

Krakau I. 197.


L.

Ladislaus d. H. I. 138.

Lamberg II. 39, 370 f.

Languedoc I. 223.

Langres (Syn.) I. 241.

Lateranconcil I. 113 Anm., 405.

Lausanne II. 137.

Lauterbach I. 340.

Lavater II. 306.

Laymann II. 186.

Lemurien, I. 322.

Lenormant I. 15 (Anm.) f., 25 f.

Leo, Kaiser I. 101.

Leo IV. P. I. 118.

Leo X. I. 285, 516.

Leodegar I. 118.

Lex Salica I. 123 Anm., II. 357.

Leyser II. 258.

Limburg, Herzogthum I. 514.

Lindheim I. 347, 391, 448.

Logroño (Spanien) I. 290.

Longobarden I. 123.

Loos (Loseus) II. 22 f.

Lothringen I. 377 Anm., II. 129.

Lübeck I. 401, 491.

Lübeck (Stadtrecht) I. 206.

Lucius III. P. I. 207.

Ludwig VIII. v. Frankr. I. 157.

Ludwig IX. v. Frankr. I. 158, 258.

Ludwig XI. v. Frankr. I. 523.

Ludwig XII. v. Frankr. I. 523.

Ludwig XIII. v. Frankr. II. 163.

Ludwig XIV. v. Frankr. II. 226.

Luther I. 308, 429 f., 435 Anm.

Luxemburg I. 336.

Lyon I. 128, 129.


M.

Maffei II. 290.

Magismus I. 22.

Magnetismus, thier. II. 381.

Mainz II. 73 f.

Mallebranche II. 244, 261.

Malleus maleficarum, s. Hexenhammer.

Mantik I. 26 f.

Marburg I. 347, 402, 483.

Marcus Aurelius I. 78.

Mariana I. 195.

Maria Stuart I. 522.

Maria Theresia II. 273 f.

März, A. I. 431, II. 295.

Mather, Cotton II. 152 f.

Mather, Increase II. 152 f.

Maury II. 398.

Maxentius I. 78.

Maximilian I. I. 283, 408.

Maximilian II. I. 408.

Maximin I. 78.

Medien I. 22.

Meister II. 265.

Melanchthon I. 425.

Merowinger I. 124.

Merz, Agn. II. 295.

Metz I. 338, 463.

Meyer II. 378.

Meyfart II. 208.

Mexiko II. 337.

Minucius, F. I. 88, 145.

Molina I. 313.

Molitoris I. 272 f.

Mone II. 361 f.

Montaigne II. 21.

München II. 128.

Münster I. 366, II. 59.

Muratori II. 291.


N.

Narbonne (Syn.) I. 405.

Nassau II. 113 f.

Nassau-Dillenburg I. 489.

Naudé II. 229.

Navarra I. 290.

Neidhard, B. v. Bamberg II. 38.

Neisse II. 129.

Nero I. 77.

Neuplatonismus I. 81.

Neupythagoräer I. 81.

Nicäa (Concil) I. 129.

Nider I. 222, 243 f.

Niederlande I. 261, II. 227, 262, 332.

Nördlingen I. 469.

Nordhausen I. 491, II. 118.


O.

Offenburg I. 350 Anm., 356 Anm., 381, II. 122.

Oldenburg I. 159 f.

Olevian, Kasp. II. 33.

Oesterreich I. 493, II. 90 f., 269, 329.

Oesterreich-Schlesien u. Mähren I. 444.

Orakel (des Apoll) I. 76.

Orient (der heidnische) I. 14 f.

Origines I. 88, 89.

Orleans I. 151.

Orleans (Syn.) I. 120.

Orleans (Jungfrau v.) I. 242.

Osthanes I. 37.

Otho, K. I. 77.

Otto III. I. 140.

Otto IV. I. 183.

Oudewater (Hexenwage) I. 397, II. 262.


P.

Paderborn II. 85,

Paderborn (Syn.) I. 128.

Palingh II. 227.

Paracelsus I. 426.

Paris (Parlament) I. 239.

Patroclus v. Bourges I. 118.

Paul IV. I. 406.

Perger II. 273.

Perronne II. 339.

Persien I. 22.

Perty II. 376, 402.

Pfalz I. 338.

Pfalz-Neuburg II. 119.

Philipp der Schöne I. 169 Anm., 223, 241.

Philipp der Grossmüthige I. 480.

Philipp Adolph, Bischof v. Würzburg II. 45.

Pico von Mirandola I. 424, 426.

Plinius I. 37, 396.

Platon I. 51.

Plotho, v. II. 266.

Polen II. 264, 327.

Pommern II. 117.

Ponzinibius I. 427, 459.

Prag (Concil) I. 260.

Preussen II. 260, 264.

Priscillian I. 148.

Protagoras I. 49.

Psellus, Mich. Const. I. 178.

Pythagoras I. 49.


Q.

Quedlinburg I. 452 Anm. 3.


R.

Ransfeld, B. v. II. 59.

Raumer, v. II. 381 f.

Rawlinson I. 15.

Remigius I. 360 Anm. 1, 378 Anm. 1, II. 25 f., 372.

Reims (Concil) I. 112 Anm. 5.

Remond, Fl. de I. 429.

Remy, N. II. 129.

Reuchlin I. 424, 426.

Reuss I. 362 f, II. 374, 398.

Rheinprovinz II. 333.

Richard III. v. Engl. I. 518.

Riga I. 206.

Römer I. 52 f.

Rosshirt II. 379.

Russland II. 338, 339.


S.

Sachsen II. 260.

Sachsen-Gotha II. 125.

Sachsenspiegel I. 204.

Salamanca I. 197.

Salamanca (Syn.) I. 260.

Salem (Hexenjagd) II. 152.

Salisbury, Joh. Bisch. I. 116, 141, 183.

Salzburg I. 436, 497, II. 85, 273.

Sargon I. I. 21.

Savini I. 338.

Scherr II. 399.

Schottland II. 145, 150, 263.

Schrader II. 363.

Schwabenspiegel I. 205.

Schwarzenberg, Joh. v. I. 409.

Schweden II. 261.

Schweiz I. 262 f., 498, II. 137 f., 315 f., 323 f.

Scott, Reg. I. 427, II. 18 f.

Scott, Walter I. 363, 378, 398, II. 145 Anm. 147, 146 Anm. 150.

Scribonius I. 394.

Servede I. 433.

Sicilien II. 328.

Siebenbürgen II. 134.

Simon, der Magier I. 72.

Simon von Montfort I. 157.

Sixtus IV. I. 115.

Sokrates I. 48 f.

Somnambulismus II. 384.

Spanien I. 235, 437, 517, II. 314.

Spee, Fried. v. I. 345, 353 Anm. 1, 384, 441, II. 187 f., 395.

Spina, A. I. 251.

Spina, Bart. I. 285, 287, 459, 515, II. 14.

Spizelius II. 250.

Sprenger I. 222, 267, 458.

Stade I. 206.

Stapleton I. 435.

Starkenburg I. 445.

Stedinger I. 159 ff.

Stephan I. v. Ungarn I. 138.

Sterzinger I. 431, II. 293 f.

Stolberg II. 119.

Strassburg I. 158.

Strassburg (Juristenfakultät) I. 330.

Strigen, Lamien und Empusen I. 60 f.

Swieten v. II. 276.

Sylvester II. I. 140, 165.


T.

Tacitus I. 75.

Tanner II. 181 f.

Tartarotti II. 288 f.

Tatian I. 88, 89.

Tengler I. 407.

Tertullian I. 88, 89.

Thales I. 36.

Theokrit I. 46.

Thessalien I. 43.

Theodorich I. 122.

Thomas von Aquino I. 142, 180 f., 196 f., 204, 210 Anm. 2, 213.

Thummius II. 294 f.

Thomasius II. 294 f.

Tirol I. 272, 408, 495, II. 92, 331.

Toledo I. 192, 265, 518.

Toledo (Syn.) I. 120.

Torreblanca I. 431, II. 31.

Toulouse I. 158, 172, 209, 223, 241.

Tours (Syn.) I. 120.

Trechsel II. 399.

Trier I. 36, 169 Anm. II. 33, 376.

Trithemius I. 49 f.

Trummer II. 387.

Tübingen (Juristenfakultät) II. 257.


U.

Ulm I. 460.

Ungarn I. 138, 497, II. 133, 336.

Urban IV. I. 216.

Urfehde I. 400.

Urgicht I. 403.

Ursinus, Zach. II. 33.


V.

Valens, Kaiser I. 101, 102, 103.

Valentinian I. K. I. 100.

Vallick II. 10 Anm. 10.

Venedig I. 515.

Venetus I. 424.

Vennes (Syn.) I. 120.

Verden I. 206.

Verdun I. 125.

Verona I. 207.

Vilmar II. 346 f., 388 f.


W.

Waadt I. 500.

Wächter, v. I. 364 f., 384 f., II. 380, 394 Anm. 378.

Waldenser I. 156 f., 223, 229, 254, 258, 523.

Weier (Wierus auch Piscinarius) I. 354 Anm., 338 Anm. 1, 427,
  II. 2 f., 374.

Westphalen I. 137.

Wigand, B. v. Bamberg II. 38.

Wirdig, S. I, 428.

Wormserbad I. 458.

Württemberg I. 363, 467, II. 96, 131.

Würzburg I. 436, II. 26, 43, 281.

Wuttke II. 368 f.


X.

Xerxes I. 23, 35.

Xenophon I. 23.


Z.

Zeibich II. 260.

Zoroaster I. 22.

Zürich II. 144.

Zwingli I. 435 Anm.

       *       *       *       *       *

Anmerkungen zur Transkription:

An folgenden Stellen wurde der Originaltext geändert:


  S.   3: "Aprippa von Nettesheim" geändert in "Agrippa von Nettesheim"
  S.  58, Fussnote 73: "ein genommen" geändert in "eingenommen"
  S. 115: "Theil genom-" geändert in "Theil genommen"
  S. 182: "der ersten Bandes" geändert in "des ersten Bandes"
  S. 211, Fussnote 203: "Carpzow" geändert in "Carpzov"
  S. 248: "Johannn Reiche" geändert in "Johann Reiche"
  S. 252: "im Jahr 1793" geändert in "im Jahr 1703"
  S. 301, Fussnote 303: "S. 767 bis 763" geändert in "S. 767 ff."
  S. 335: "Ort" eingefügt zwischen "der sich im April 1826 in einem"
          und "an der französischen Grenze"
  S. 361: "Bachanalien" geändert in "Bacchanalien"
  S. 389: im Original fand sich ein doppelter Hinweis zur Fussnote 376:
          hinter "Beschwörungsformel" und hinter "Nazarener".
          Ich habe den Hinweis hinter "Beschwörungsformel" entfernt.

  In mehreren Fussnoten wurde "Hartpole-Lecky" geändert in
  "Hartpole Lecky".





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