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Title: Jenseits des Lustprinzips
Author: Freud, Sigmund, 1856-1939
Language: German
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  [ Anmerkungen zur Transkription:

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  ]



                                BEIHEFTE
                                  DER
             INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT FÜR PSYCHOANALYSE

                HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. SIGM. FREUD.

                                Nr. II.

                                JENSEITS
                                  DES
                              LUSTPRINZIPS

                                  VON

                              SIGM. FREUD

                        2. DURCHGESEHENE AUFLAGE
                            (2.-4. TAUSEND)

                                  1921
         INTERNATIONALER PSYCHOANALYTISCHER VERLAG, G. M. B. H
         LEIPZIG                  WIEN                  ZÜRICH


Alle Rechte, besonders das der Übersetzung in alle Sprachen vorbehalten.
                           Copyright 1921 by
       »Internationaler Psychoanalytischer Verlag Ges. m. b. H.«
                                Wien, I.


    Gesellschaft für graphische Industrie, Wien, III. Rüdengasse 11.



I.


In der psychoanalytischen Theorie nehmen wir unbedenklich an, daß
der Ablauf der seelischen Vorgänge automatisch durch das Lustprinzip
reguliert wird, das heißt, wir glauben, daß er jedesmal durch eine
unlustvolle Spannung angeregt wird und dann eine solche Richtung
einschlägt, daß sein Endergebnis mit einer Herabsetzung dieser Spannung,
also mit einer Vermeidung von Unlust oder Erzeugung von Lust
zusammenfällt. Wenn wir die von uns studierten seelischen Prozesse mit
Rücksicht auf diesen Ablauf betrachten, führen wir den _ökonomischen_
Gesichtspunkt in unsere Arbeit ein. Wir meinen, eine Darstellung, die
neben dem _topischen_ und dem _dynamischen_ Moment noch dies
_ökonomische_ zu würdigen versuche, sei die vollständigste, die wir uns
derzeit vorstellen können, und verdiene es, durch den Namen einer
_metapsychologischen_ hervorgehoben zu werden.

Es hat dabei für uns kein Interesse zu untersuchen, inwieweit wir uns
mit der Aufstellung des Lustprinzips einem bestimmten, historisch
festgelegten, philosophischen System angenähert oder angeschlossen
haben. Wir gelangen zu solchen spekulativen Annahmen bei dem Bemühen,
von den Tatsachen der täglichen Beobachtung auf unserem Gebiete
Beschreibung und Rechenschaft zu geben. Priorität und Originalität
gehören nicht zu den Zielen, die der psychoanalytischen Arbeit gesetzt
sind, und die Eindrücke, welche der Aufstellung dieses Prinzips zugrunde
liegen, sind so augenfällig, daß es kaum möglich ist, sie zu übersehen.
Dagegen würden wir uns gerne zur Dankbarkeit gegen eine philosophische
oder psychologische Theorie bekennen, die uns zu sagen wüßte, was die
Bedeutungen der für uns so imperativen Lust- und Unlustempfindungen
sind. Leider wird uns hier nichts Brauchbares geboten. Es ist das
dunkelste und unzugänglichste Gebiet des Seelenlebens, und wenn wir
unmöglich vermeiden können, es zu berühren, so wird die lockerste
Annahme darüber, meine ich, die beste sein. Wir haben uns entschlossen,
Lust und Unlust mit der Quantität der im Seelenleben vorhandenen -- und
nicht irgendwie gebundenen -- Erregung in Beziehung zu bringen, solcher
Art, daß Unlust einer Steigerung, Lust einer Verringerung dieser Quantität
entspricht. Wir denken dabei nicht an ein einfaches Verhältnis zwischen
der Stärke der Empfindungen und den Veränderungen, auf die sie bezogen
werden; am wenigsten -- nach allen Erfahrungen der Psychophysiologie --
an direkte Proportionalität; wahrscheinlich ist das Maß der Verringerung
oder Vermehrung in der Zeit das für die Empfindung entscheidende Moment.
Das Experiment fände hier möglicherweise Zutritt, für uns Analytiker ist
weiteres Eingehen in diese Probleme nicht geraten, solange nicht ganz
bestimmte Beobachtungen uns leiten können.

Es kann uns aber nicht gleichgültig lassen, wenn wir finden, daß ein so
tiefblickender Forscher wie G. Th. _Fechner_ eine Auffassung von Lust
und Unlust vertreten hat, welche im wesentlichen mit der zusammenfällt,
die uns von der psychoanalytischen Arbeit aufgedrängt wird. Die Äußerung
_Fechner's_ ist in seiner kleinen Schrift: Einige Ideen zur Schöpfungs-
und Entwicklungsgeschichte der Organismen, 1873 (Abschnitt XI, Zusatz,
p. 94), enthalten und lautet wie folgt: »Insofern bewußte Antriebe immer
mit Lust oder Unlust in Beziehung stehen, kann auch Lust oder Unlust
mit Stabilitäts- und Instabilitätsverhältnissen in psychophysischer
Beziehung gedacht werden, und es läßt sich hierauf die anderwärts von
mir näher zu entwickelnde Hypothese begründen, daß jede, die Schwelle
des Bewußtseins übersteigende psychophysische Bewegung nach Maßgabe mit
Lust behaftet sei, als sie sich der vollen Stabilität über eine gewisse
Grenze hinaus nähert, mit Unlust nach Maßgabe, als sie über eine gewisse
Grenze davon abweicht, indes zwischen beiden, als qualitative Schwelle
der Lust und Unlust zu bezeichnenden Grenzen eine gewisse Breite
ästhetischer Indifferenz besteht, ....«

Die Tatsachen, die uns veranlaßt haben, an die Herrschaft des
Lustprinzips im Seelenleben zu glauben, finden auch ihren Ausdruck in
der Annahme, daß es ein Bestreben des seelischen Apparates sei, die in
ihm vorhandene Quantität von Erregung möglichst niedrig oder wenigstens
konstant zu erhalten. Es ist dasselbe, nur in andere Fassung gebracht,
denn wenn die Arbeit des seelischen Apparates dahin geht, die
Erregungsquantität niedrig zu halten, so muß alles, was dieselbe zu
steigern geeignet ist, als funktionswidrig, das heißt, als unlustvoll
empfunden werden. Das Lustprinzip leitet sich aus dem Konstanzprinzip
ab; in Wirklichkeit wurde das Konstanzprinzip aus den Tatsachen
erschlossen, die uns die Annahme des Lustprinzips aufnötigten. Bei
eingehenderer Diskussion werden wir auch finden, daß dies von uns
angenommene Bestreben des seelischen Apparates sich als spezieller Fall
dem _Fechner_'schen Prinzip der _Tendenz zur Stabilität_ unterordnet,
zu dem er die Lust-Unlustempfindungen in Beziehung gebracht hat.

Dann müssen wir aber sagen, es sei eigentlich unrichtig, von einer
Herrschaft des Lustprinzips über den Ablauf der seelischen Prozesse zu
reden. Wenn eine solche bestände, müßte die übergroße Mehrheit unserer
Seelenvorgänge von Lust begleitet sein oder zur Lust führen, während
doch die allgemeinste Erfahrung dieser Folgerung energisch widerspricht.
Es kann also nur so sein, daß eine starke Tendenz zum Lustprinzip in der
Seele besteht, der sich aber gewisse andere Kräfte oder Verhältnisse
widersetzen, so daß der Endausgang nicht immer der Lusttendenz
entsprechen kann. Vgl. die Bemerkung _Fechner's_ bei ähnlichem Anlasse
(ebenda, p. 90): »Damit aber, daß die Tendenz zum Ziele noch nicht die
Erreichung des Zieles bedeutet und das Ziel überhaupt nur in
Approximationen erreichbar ist, ....« Wenn wir uns nun der Frage
zuwenden, welche Umstände die Durchsetzung des Lustprinzips zu vereiteln
vermögen, dann betreten wir wieder sicheren und bekannten Boden und
können unsere analytischen Erfahrungen in reichem Ausmaße zur
Beantwortung heranziehen.

Der erste Fall einer solchen Hemmung des Lustprinzips ist uns als ein
gesetzmäßiger vertraut. Wir wissen, daß das Lustprinzip einer primären
Arbeitsweise des seelischen Apparates eignet, und daß es für die
Selbstbehauptung des Organismus unter den Schwierigkeiten der Außenwelt
so recht von Anfang an unbrauchbar, ja in hohem Grade gefährlich ist.
Unter dem Einflusse der Selbsterhaltungstriebe des Ichs wird es vom
_Realitätsprinzip_ abgelöst, welches ohne die Absicht endlicher
Lustgewinnung aufzugeben, doch den Aufschub der Befriedigung, den
Verzicht auf mancherlei Möglichkeiten einer solchen und die zeitweilige
Duldung der Unlust auf dem langen Umwege zur Lust fordert und
durchsetzt. Das Lustprinzip bleibt dann noch lange Zeit die Arbeitsweise
der schwerer »erziehbaren« Sexualtriebe, und es kommt immer wieder vor,
daß es, sei es von diesen letzteren aus, sei es im Ich selbst, das
Realitätsprinzip zum Schaden des ganzen Organismus überwältigt.

Es ist indes unzweifelhaft, daß die Ablösung des Lustprinzips durch das
Realitätsprinzip nur für einen geringen und nicht für den intensivsten
Teil der Unlusterfahrungen verantwortlich gemacht werden kann. Eine
andere, nicht weniger gesetzmäßige Quelle der Unlustentbindung ergibt
sich aus den Konflikten und Spaltungen im seelischen Apparat, während
das Ich seine Entwicklung zu höher zusammengesetzten Organisationen
durchmacht. Fast alle Energie, die den Apparat erfüllt, stammt aus den
mitgebrachten Triebregungen, aber diese werden nicht alle zu den
gleichen Entwicklungsphasen zugelassen. Unterwegs geschieht es immer
wieder, daß einzelne Triebe oder Triebanteile sich in ihren Zielen oder
Ansprüchen als unverträglich mit den übrigen erweisen, die sich zu der
umfassenden Einheit des Ichs zusammenschließen können. Sie werden dann
von dieser Einheit durch den Prozeß der Verdrängung abgespalten, auf
niedrigeren Stufen der psychischen Entwicklung zurückgehalten und
zunächst von der Möglichkeit einer Befriedigung abgeschnitten. Gelingt
es ihnen dann, was bei den verdrängten Sexualtrieben so leicht
geschieht, sich auf Umwegen zu einer direkten oder Ersatzbefriedigung
durchzuringen, so wird dieser Erfolg, der sonst eine Lustmöglichkeit
gewesen wäre, vom Ich als Unlust empfunden. Infolge des alten, in die
Verdrängung auslaufenden Konfliktes hat das Lustprinzip einen
neuerlichen Durchbruch erfahren, gerade während gewisse Triebe am Werke
waren, in Befolgung des Prinzips neue Lust zu gewinnen. Die Einzelheiten
des Vorganges, durch welchen die Verdrängung eine Lustmöglichkeit in
eine Unlustquelle verwandelt, sind noch nicht gut verstanden oder nicht
klar darstellbar, aber sicherlich ist alle neurotische Unlust von
solcher Art, ist Lust, die nicht als solche empfunden werden kann.

Die beiden hier angezeigten Quellen der Unlust decken noch lange nicht
die Mehrzahl unserer Unlusterlebnisse, aber vom Rest wird man mit einem
Anschein von gutem Recht behaupten, daß sein Vorhandensein der
Herrschaft des Lustprinzips nicht widerspricht. Die meiste Unlust, die
wir verspüren, ist ja Wahrnehmungsunlust, entweder Wahrnehmung des
Drängens unbefriedigter Triebe oder äußere Wahrnehmung, sei es, daß
diese an sich peinlich ist, oder daß sie unlustvolle Erwartungen im
seelischen Apparat erregt, von ihm als »Gefahr« erkannt wird. Die
Reaktion auf diese Triebansprüche und Gefahrdrohungen, in der sich die
eigentliche Tätigkeit des seelischen Apparates äußert, kann dann in
korrekter Weise vom Lustprinzip oder dem es modifizierenden
Realitätsprinzip geleitet werden. Somit scheint es nicht notwendig, eine
weitergehende Einschränkung des Lustprinzips anzuerkennen, und doch kann
gerade die Untersuchung der seelischen Reaktion auf die äußerliche
Gefahr neuen Stoff und neue Fragestellungen zu dem hier behandelten
Problem liefern.



II.


Nach schweren mechanischen Erschütterungen, Eisenbahnzusammenstößen und
anderen, mit Lebensgefahr verbundenen Unfällen ist seit langem ein
Zustand beschrieben worden, dem dann der Name »traumatische Neurose«
verblieben ist. Der schreckliche, eben jetzt abgelaufene Krieg hat eine
große Anzahl solcher Erkrankungen entstehen lassen und wenigstens der
Versuchung ein Ende gesetzt, sie auf organische Schädigung des
Nervensystems durch Einwirkung mechanischer Gewalt zurückzuführen[1].
Das Zustandsbild der traumatischen Neurose nähert sich der Hysterie
durch seinen Reichtum an ähnlichen motorischen Symptomen, übertrifft
diese aber in der Regel durch die stark ausgebildeten Anzeichen
subjektiven Leidens, etwa wie bei einer Hypochondrie oder Melancholie,
und durch die Beweise einer weit umfassenderen allgemeinen Schwächung
und Zerrüttung der seelischen Leistungen. Ein volles Verständnis ist
bisher weder für die Kriegsneurosen noch für die traumatischen Neurosen
des Friedens erzielt worden. Bei den Kriegsneurosen wirkte es einerseits
aufklärend, aber doch wiederum verwirrend, daß dasselbe Krankheitsbild
gelegentlich ohne Mithilfe einer groben mechanischen Gewalt zustande
kam; an der gemeinen traumatischen Neurose heben sich zwei Züge hervor,
an welche die Überlegung anknüpfen konnte, erstens, daß das Hauptgewicht
der Verursachung auf das Moment der Überraschung, auf den Schreck, zu
fallen schien, und zweitens, daß eine gleichzeitig erlittene Verletzung
oder Wunde zumeist der Entstehung der Neurose entgegenwirkte. Schreck,
Furcht, Angst werden mit Unrecht wie synonyme Ausdrücke gebraucht; sie
lassen sich in ihrer Beziehung zur Gefahr gut auseinanderhalten. Angst
bezeichnet einen gewissen Zustand wie Erwartung der Gefahr und
Vorbereitung auf dieselbe, mag sie auch eine unbekannte sein; Furcht
verlangt ein bestimmtes Objekt, vor dem man sich fürchtet; Schreck aber
benennt den Zustand, in den man gerät, wenn man in Gefahr kommt, ohne
auf sie vorbereitet zu sein, betont das Moment der Überraschung. Ich
glaube nicht, daß die Angst eine traumatische Neurose erzeugen kann; an
der Angst ist etwas, was gegen den Schreck und also auch gegen die
Schreckneurose schützt. Wir werden auf diesen Satz später zurückkommen.

  [1] Vgl. Zur Psychoanalyse der Kriegsneurosen, mit Beiträgen von
  _Ferenczi_, _Abraham_, _Simmel_ und E. _Jones_. Band I der
  Internationalen Psychoanalytischen Bibliothek, 1919.

Das Studium des Traumes dürfen wir als den zuverlässigsten Weg zur
Erforschung der seelischen Tiefenvorgänge betrachten. Nun zeigt das
Traumleben der traumatischen Neurose den Charakter, daß es den Kranken
immer wieder in die Situation seines Unfalles zurückführt, aus der er
mit neuem Schreck erwacht. Darüber verwundert man sich viel zu wenig.
Man meint, es sei eben ein Beweis für die Stärke des Eindruckes, den das
traumatische Erlebnis gemacht hat, daß es sich dem Kranken, sogar im
Schlaf immer wieder aufdrängt. Der Kranke sei an das Trauma sozusagen
psychisch fixiert. Solche Fixierungen an das Erlebnis, welches die
Erkrankung ausgelöst hat, sind uns seit langem bei der Hysterie bekannt.
_Breuer_ und _Freud_ äußerten 1893: Die Hysterischen leiden großenteils
an Reminiszenzen. Auch bei den Kriegsneurosen haben Beobachter, wie
_Ferenczi_ und _Simmel_, manche motorische Symptome durch Fixierung an
den Moment des Traumas erklären können.

Allein es ist mir nicht bekannt, daß die an traumatischer Neurose
Krankenden sich im Wachleben viel mit der Erinnerung an ihren Unfall
beschäftigen. Vielleicht bemühen sie sich eher, nicht an ihn zu denken.
Wenn man es als selbstverständlich hinnimmt, daß der nächtliche Traum
sie wieder in die krankmachende Situation versetzt, so verkennt man die
Natur des Traumes. Dieser würde es eher entsprechen, dem Kranken Bilder
aus der Zeit der Gesundheit oder der erhofften Genesung vorzuführen.
Sollen wir durch die Träume der Unfallsneurotiker nicht an der
wunscherfüllenden Tendenz des Traumes irre werden, so bleibt uns etwa
noch die Auskunft, bei diesem Zustand sei wie so vieles andere auch die
Traumfunktion erschüttert und von ihren Absichten abgelenkt worden, oder
wir müßten der rätselhaften masochistischen Tendenzen des Ichs gedenken.

Ich mache nun den Vorschlag, das dunkle und düstere Thema der
traumatischen Neurose zu verlassen und die Arbeitsweise des seelischen
Apparates an einer seiner frühzeitigsten normalen Betätigungen zu
studieren. Ich meine das Kinderspiel.

Die verschiedenen Theorien des Kinderspiels sind erst kürzlich von S.
_Pfeifer_ in der »Imago« (V/4) zusammengestellt und analytisch gewürdigt
worden; ich kann hier auf diese Arbeit verweisen. Diese Theorien bemühen
sich, die Motive des Spielens der Kinder zu erraten, ohne daß dabei der
ökonomische Gesichtspunkt, die Rücksicht auf Lustgewinn, in den
Vordergrund gerückt würde. Ich habe, ohne das Ganze dieser Erscheinungen
umfassen zu wollen, eine Gelegenheit ausgenützt, die sich mir bot, um
das erste selbstgeschaffene Spiel eines Knaben im Alter von 1½ Jahren
aufzuklären. Es war mehr als eine flüchtige Beobachtung, denn ich lebte
durch einige Wochen mit dem Kinde und dessen Eltern unter einem Dach,
und es dauerte ziemlich lange, bis das rätselhafte und andauernd
wiederholte Tun mir seinen Sinn verriet.

Das Kind war in seiner intellektuellen Entwicklung keineswegs voreilig,
es sprach mit 1½ Jahren erst wenige verständliche Worte und verfügte
außerdem über mehrere bedeutungsvolle Laute, die von der Umgebung
verstanden wurden. Aber es war in gutem Rapport mit den Eltern und dem
einzigen Dienstmädchen und wurde wegen seines »anständigen« Charakters
gelobt. Es störte die Eltern nicht zur Nachtzeit, befolgte gewissenhaft
die Verbote, manche Gegenstände zu berühren und in gewisse Räume zu
gehen, und vor allem anderen, es weinte nie, wenn die Mutter es für
Stunden verließ, obwohl es dieser Mutter zärtlich anhing, die das Kind
nicht nur selbst genährt, sondern auch ohne jede fremde Beihilfe
gepflegt und betreut hatte. Dieses brave Kind zeigte nun die
gelegentlich störende Gewohnheit, alle kleinen Gegenstände, deren es
habhaft wurde, weit weg von sich in eine Zimmerecke, unter ein Bett usw.
zu schleudern, so daß das Zusammensuchen seines Spielzeugs oft keine
leichte Arbeit war. Dabei brachte es mit dem Ausdruck von Interesse und
Befriedigung ein lautes, langgezogenes o--o--o--o hervor, das nach dem
übereinstimmenden Urteil der Mutter und des Beobachters keine
Interjektion war, sondern »_Fort_« bedeutete. Ich merkte endlich, daß
das ein Spiel sei, und daß das Kind alle seine Spielsachen nur dazu
benütze, mit ihnen »fortsein« zu spielen. Eines Tages machte ich dann
die Beobachtung, die meine Auffassung bestätigte. Das Kind hatte eine
Holzspule, die mit einem Bindfaden umwickelt war. Es fiel ihm nie ein,
sie z. B. am Boden hinter sich herzuziehen, also Wagen mit ihr zu
spielen, sondern es warf die am Faden gehaltene Spule mit großem
Geschick über den Rand seines verhängten Bettchens, so daß sie darin
verschwand, sagte dazu sein bedeutungsvolles o--o--o--o und zog dann die
Spule am Faden wieder aus dem Bett heraus, begrüßte aber deren
Erscheinen jetzt mit einem freudigen »Da«. Das war also das komplette
Spiel, Verschwinden und Wiederkommen, wovon man zumeist nur den ersten
Akt zu sehen bekam, und dieser wurde für sich allein unermüdlich als
Spiel wiederholt, obwohl die größere Lust unzweifelhaft dem zweiten Akt
anhing[2].

  [2] Diese Deutung wurde dann durch eine weitere Beobachtung völlig
  gesichert. Als eines Tages die Mutter über viele Stunden abwesend
  gewesen war, wurde sie beim Wiederkommen mit der Mitteilung begrüßt:
  Bebi o--o--o--o!, die zunächst unverständlich blieb. Es ergab sich
  aber bald, daß das Kind während dieses langen Alleinseins ein Mittel
  gefunden hatte, sich selbst verschwinden zu lassen. Es hatte sein Bild
  in dem fast bis zum Boden reichenden Standspiegel entdeckt und sich
  dann niedergekauert, so daß das Spiegelbild »fort« war.

Die Deutung des Spieles lag dann nahe. Es war im Zusammenhang mit der
großen kulturellen Leistung des Kindes, mit dem von ihm zustande
gebrachten Triebverzicht (Verzicht auf Triebbefriedigung), das Fortgehen
der Mutter ohne Sträuben zu gestatten. Es entschädigte sich gleichsam
dafür, indem es dasselbe Verschwinden und Wiederkommen mit den ihm
erreichbaren Gegenständen selbst in Szene setzte. Für die affektive
Einschätzung dieses Spieles ist es natürlich gleichgültig, ob das Kind
es selbst erfunden oder sich infolge einer Anregung zu eigen gemacht
hatte. Unser Interesse wird sich einem anderen Punkte zuwenden. Das
Fortgehen der Mutter kann dem Kinde unmöglich angenehm oder auch nur
gleichgültig gewesen sein. Wie stimmt es also zum Lustprinzip, daß es
dieses ihm peinliche Erlebnis als Spiel wiederholt? Man wird vielleicht
antworten wollen, das Fortgehen müßte als Vorbedingung des erfreulichen
Wiedererscheinens gespielt werden, im letzteren sei die eigentliche
Spielabsicht gelegen. Dem würde die Beobachtung widersprechen, daß der
erste Akt, das Fortgehen, für sich allein als Spiel inszeniert wurde,
und zwar ungleich häufiger als das zum lustvollen Ende fortgeführte
Ganze.

Die Analyse eines solchen einzelnen Falles ergibt keine sichere
Entscheidung; bei unbefangener Betrachtung gewinnt man den Eindruck, daß
das Kind das Erlebnis aus einem anderen Motiv zum Spiel gemacht hat. Es
war dabei passiv, wurde vom Erlebnis betroffen und bringt sich nun in
eine aktive Rolle, indem es dasselbe, trotzdem es unlustvoll war, als
Spiel wiederholt. Dieses Bestreben könnte man einem Bemächtigungstrieb
zurechnen, der sich davon unabhängig macht, ob die Erinnerung an sich
lustvoll war oder nicht. Man kann aber auch eine andere Deutung
versuchen. Das Wegwerfen des Gegenstandes, so daß er fort ist, könnte
die Befriedigung eines im Leben unterdrückten Racheimpulses gegen die
Mutter sein, weil sie vom Kinde fortgegangen ist und dann die trotzige
Bedeutung haben: Ja, geh' nur fort, ich brauch' dich nicht, ich schick'
dich selber weg. Dasselbe Kind, das ich mit 1½ Jahren bei seinem ersten
Spiel beobachtete, pflegte ein Jahr später ein Spielzeug, über das es
sich geärgert hatte, auf den Boden zu werfen und dabei zu sagen: Geh' in
K(r)ieg! Man hatte ihm damals erzählt, der abwesende Vater befinde sich
im Krieg, und es vermißte den Vater gar nicht, sondern gab die
deutlichsten Anzeichen von sich, daß es im Alleinbesitz der Mutter
nicht gestört werden wolle[3]. Wir wissen auch von anderen Kindern, daß
sie ähnliche feindselige Regungen durch das Wegschleudern von
Gegenständen an Stelle der Personen auszudrücken vermögen[4]. Man gerät
so in Zweifel, ob der Drang, etwas Eindrucksvolles psychisch zu
verarbeiten, sich seiner voll zu bemächtigen, sich primär und unabhängig
vom Lustprinzip äußern kann. Im hier diskutierten Falle könnte er einen
unangenehmen Eindruck doch nur darum im Spiel wiederholen, weil mit
dieser Wiederholung ein andersartiger, aber direkter Lustgewinn
verbunden ist.

  [3] Als das Kind 5¾ Jahre alt war, starb die Mutter. Jetzt, da sie
  wirklich »fort« (o--o--o) war, zeigte der Knabe keine Trauer um sie.
  Allerdings war inzwischen ein zweites Kind geboren worden, das seine
  stärkste Eifersucht erweckt hatte.

  [4] Vgl. Eine Kindheitserinnerung aus »Dichtung und Wahrheit«. Imago,
  V/4, Sammlung kleiner Schriften zur Neurosenlehre, IV. Folge.

Auch die weitere Verfolgung des Kinderspiels hilft diesem unserem
Schwanken zwischen zwei Auffassungen nicht ab. Man sieht, daß die Kinder
alles im Spiele wiederholen, was ihnen im Leben großen Eindruck gemacht
hat, daß sie dabei die Stärke des Eindruckes abreagieren und sich
sozusagen zu Herren der Situation machen. Aber anderseits ist es klar
genug, daß all ihr Spielen unter dem Einflusse des Wunsches steht, der
diese ihre Zeit dominiert, des Wunsches: groß zu sein und so tun zu
können wie die Großen. Man macht auch die Beobachtung, daß der
Unlustcharakter des Erlebnisses es nicht immer für das Spiel unbrauchbar
macht. Wenn der Doktor dem Kinde in den Hals geschaut oder eine kleine
Operation an ihm ausgeführt hat, so wird dies erschreckende Erlebnis
ganz gewiß zum Inhalt des nächsten Spieles werden, aber der Lustgewinn
aus anderer Quelle ist dabei nicht zu übersehen. Indem das Kind aus der
Passivität des Erlebens in die Aktivität des Spielens übergeht, fügt es
einem Spielgefährten das Unangenehme zu, das ihm selbst widerfahren war,
und rächt sich so an der Person dieses Stellvertreters.

Aus diesen Erörterungen geht immerhin hervor, daß die Annahme eines
besonderen Nachahmungstriebes als Motiv des Spielens überflüssig ist.
Schließen wir noch die Mahnungen an, daß das künstlerische Spielen und
Nachahmen der Erwachsenen, das zum Unterschied vom Verhalten des Kindes
auf die Personen des Zuschauers zielt, diesem die schmerzlichsten
Eindrücke z. B. in der Tragödie nicht erspart und doch von ihm als hoher
Genuß empfunden werden kann. Wir werden so davon überzeugt, daß es auch
unter der Herrschaft des Lustprinzips Mittel und Wege genug gibt, um das
an sich Unlustvolle zum Gegenstand der Erinnerung und seelischen
Bearbeitung zu machen. Mag sich mit diesen, in endlichen Lustgewinn
auslaufenden Fällen und Situationen eine ökonomisch gerichtete Ästhetik
befassen; für unsere Absichten leisten sie nichts, denn sie setzen
Existenz und Herrschaft des Lustprinzips voraus und zeugen nicht für die
Wirksamkeit von Tendenzen jenseits des Lustprinzips, das heißt solcher,
die ursprünglicher als dies und von ihm unabhängig wären.



III.


Fünfundzwanzig Jahre intensiver Arbeit haben es mit sich gebracht, daß
die nächsten Ziele der psychoanalytischen Technik heute ganz andere sind
als zu Anfang. Zuerst konnte der analysierende Arzt nichts anderes
anstreben, als das dem Kranken verborgene Unbewußte zu erraten,
zusammenzusetzen und zur rechten Zeit mitzuteilen. Die Psychoanalyse war
vor allem eine Deutungskunst. Da die therapeutische Aufgabe dadurch
nicht gelöst war, trat sofort die nächste Absicht auf, den Kranken zur
Bestätigung der Konstruktion durch seine eigene Erinnerung zu nötigen.
Bei diesem Bemühen fiel das Hauptgewicht auf die Widerstände des
Kranken; die Kunst war jetzt, diese baldigst aufzudecken, dem Kranken zu
zeigen und ihn durch menschliche Beeinflussung (hier die Stelle für die
als »Übertragung« wirkende Suggestion) zum Aufgeben der Widerstände zu
bewegen.

Dann aber wurde es immer deutlicher, daß das gesteckte Ziel, die
Bewußtwerdung des Unbewußten, auch auf diesem Wege nicht voll erreichbar
ist. Der Kranke kann von dem in ihm Verdrängten nicht alles erinnern,
vielleicht gerade das Wesentliche nicht, und erwirbt so keine
Überzeugung von der Richtigkeit der ihm mitgeteilten Konstruktion. Er
ist vielmehr genötigt, das Verdrängte als gegenwärtiges Erlebnis zu
_wiederholen_, anstatt es, wie der Arzt es lieber sähe, als ein Stück
der Vergangenheit zu _erinnern_[5]. Diese mit unerwünschter Treue
auftretende Reproduktion hat immer ein Stück des infantilen
Sexuallebens, also des Ödipuskomplexes und seiner Ausläufer zum Inhalt
und spielt sich regelmäßig auf dem Gebiete der Übertragung, d. h. der
Beziehung zum Arzt ab. Hat man es in der Behandlung so weit gebracht, so
kann man sagen, die frühere Neurose sei nun durch eine frische
Übertragungsneurose ersetzt. Der Arzt hat sich bemüht, den Bereich
dieser Übertragungsneurose möglichst einzuschränken, möglichst viel in
die Erinnerung zu drängen und möglichst wenig zur Wiederholung
zuzulassen. Das Verhältnis, das sich zwischen Erinnerung und
Reproduktion herstellt, ist für jeden Fall ein anderes. In der Regel
kann der Arzt dem Analysierten diese Phase der Kur nicht ersparen; er
muß ihn ein gewisses Stück seines vergessenen Lebens wiedererleben
lassen und hat dafür zu sorgen, daß ein Maß von Überlegenheit erhalten
bleibt, kraft dessen die anscheinende Realität doch immer wieder als
Spiegelung einer vergessenen Vergangenheit erkannt wird. Gelingt dies,
so ist die Überzeugung des Kranken und der von ihr abhängige
therapeutische Erfolg gewonnen.

  [5] S. Zur Technik der Psychoanalyse II. Erinnern, Wiederholen und
  Durcharbeiten. Sammlung kleiner Schriften zur Neurosenlehre,
  IV. Folge, S. 441, 1918.

Um diesen »_Wiederholungszwang_«, der sich während der psychoanalytischen
Behandlung der Neurotiker äußert, begreiflicher zu finden, muß man sich
vor allem von dem Irrtum frei machen, man habe es bei der Bekämpfung der
Widerstände mit dem Widerstand des Unbewußten zu tun. Das Unbewußte,
d. h. das »Verdrängte«, leistet den Bemühungen der Kur überhaupt keinen
Widerstand, es strebt ja selbst nichts anderes an, als gegen den auf
ihm lastenden Druck zum Bewußtsein oder zur Abfuhr durch die reale Tat
durchzudringen. Der Widerstand in der Kur geht von denselben höheren
Schichten und Systemen des Seelenlebens aus, die seinerzeit die
Verdrängung durchgeführt haben. Da aber die Motive der Widerstände, ja
diese selbst erfahrungsmäßig in der Kur zunächst unbewußt sind, werden
wir gemahnt, eine Unzweckmäßigkeit unserer Ausdrucksweise zu verbessern.
Wir entgehen der Unklarheit, wenn wir nicht das Bewußte und das
Unbewußte, sondern das zusammenhängende _Ich_ und das _Verdrängte_
in Gegensatz zueinander bringen. Vieles am Ich ist sicherlich selbst
unbewußt, gerade das, was man den Kern des Ichs nennen darf; nur einen
geringen Teil davon decken wir mit dem Namen des _Vorbewußten_. Nach
dieser Ersetzung einer bloß deskriptiven Ausdrucksweise durch eine
systematische oder dynamische können wir sagen, der Widerstand der
Analysierten gehe von ihrem Ich aus, und dann erfassen wir sofort,
der Wiederholungszwang ist dem unbewußten Verdrängten zuzuschreiben.
Er konnte sich wahrscheinlich nicht eher äußern, als bis die
entgegenkommende Arbeit der Kur die Verdrängung gelockert hatte.

Es ist kein Zweifel, daß der Widerstand des bewußten und vorbewußten
Ichs im Dienste des Lustprinzips steht, er will ja die Unlust ersparen,
die durch das Freiwerden des Verdrängten erregt würde, und unsere
Bemühung geht dahin, solcher Unlust unter Berufung auf das
Realitätsprinzip Zulassung zu erwirken. In welcher Beziehung zum
Lustprinzip steht aber der Wiederholungszwang, die Kraftäußerung des
Verdrängten? Es ist klar, daß das meiste, was der Wiederholungszwang
wiedererleben läßt, dem Ich Unlust bringen muß, denn er fördert ja
Leistungen verdrängter Triebregungen zutage, aber das ist Unlust, die
wir schon gewürdigt haben, die dem Lustprinzip nicht widerspricht,
Unlust für das eine System und gleichzeitig Befriedigung für das andere.
Die neue und merkwürdige Tatsache aber, die wir jetzt zu beschreiben
haben, ist, daß der Wiederholungszwang auch solche Erlebnisse der
Vergangenheit wiederbringt, die keine Lustmöglichkeit enthalten, die
auch damals nicht Befriedigungen, selbst nicht von seither verdrängten
Triebregungen, gewesen sein können.

Die Frühblüte des infantilen Sexuallebens war infolge der Unverträglichkeit
ihrer Wünsche mit der Realität und der Unzulänglichkeit der kindlichen
Entwicklungsstufe zum Untergang bestimmt. Sie ging bei den peinlichsten
Anlässen unter tief schmerzlichen Empfindungen zugrunde. Der Liebesverlust
und das Mißlingen hinterließen eine dauernde Beeinträchtigung des
Selbstgefühls als narzißtische Narbe, nach meinen Erfahrungen wie
nach den Ausführungen _Marcinowski's_[6] den stärksten Beitrag zu dem
häufigen »Minderwertigkeitsgefühl« der Neurotiker. Die Sexualforschung,
der durch die körperliche Entwicklung des Kindes Schranken gesetzt
waren, brachte es zu keinem befriedigenden Abschluß; daher die spätere
Klage: Ich kann nichts fertig bringen, mir kann nichts gelingen. Die
zärtliche Bindung, meist an den gegengeschlechtlichen Elternteil,
erlag der Enttäuschung, dem vergeblichen Warten auf Befriedigung, der
Eifersucht bei der Geburt eines neuen Kindes, die unzweideutig die
Untreue des oder der Geliebten erwies; der eigene mit tragischem Ernst
unternommene Versuch, selbst ein solches Kind zu schaffen, mißlang in
beschämender Weise; die Abnahme der dem Kleinen gespendeten Zärtlichkeit,
der gesteigerte Anspruch der Erziehung, ernste Worte und eine
gelegentliche Bestrafung hatten endlich den ganzen Umfang der ihm
zugefallenen _Verschmähung_ enthüllt. Es gibt hier einige wenige Typen,
die regelmäßig wiederkehren, wie der typischen Liebe dieser Kinderzeit
ein Ende gesetzt wird.

  [6] _Marcinowski_, Die erotischen Quellen der Minderwertigkeitsgefühle.
  Zeitschrift für Sexualwissenschaft, IV., 1918.

Alle diese unerwünschten Anlässe und schmerzlichen Affektlagen werden
nun vom Neurotiker in der Übertragung wiederholt und mit großem Geschick
neu belebt. Sie streben den Abbruch der unvollendeten Kur an, sie wissen
sich den Eindruck der Verschmähung wieder zu verschaffen, den Arzt zu
harten Worten und kühlem Benehmen gegen sie zu nötigen, sie finden die
geeigneten Objekte für ihre Eifersucht, sie ersetzen das heiß begehrte
Kind der Urzeit durch den Vorsatz oder das Versprechen eines großen
Geschenks, das meist ebensowenig real wird wie jenes. Nichts von alledem
konnte damals lustbringend sein; man sollte meinen, es müßte heute die
geringere Unlust bringen, wenn es als Erinnerung auftauchte, als wenn es
sich zum neuen Erlebnis gestaltete. Es handelt sich natürlich um die
Aktion von Trieben, die zur Befriedigung führen sollten, allein die
Erfahrung, daß sie anstatt dessen auch damals nur Unlust brachten, hat
nichts gefruchtet. Sie wird trotzdem wiederholt; ein Zwang drängt dazu.

Dasselbe, was die Psychoanalyse an den Übertragungsphänomenen der
Neurotiker aufzeigt, kann man auch im Leben nicht neurotischer Personen
wiederfinden. Es macht bei diesen den Eindruck eines sie verfolgenden
Schicksals, eines dämonischen Zuges in ihrem Erleben, und die
Psychoanalyse hat von Anfang an solches Schicksal für zum großen Teil
selbstbereitet und durch frühinfantile Einflüsse determiniert gehalten.
Der Zwang, der sich dabei äußert, ist vom Wiederholungszwang der
Neurotiker nicht verschieden, wenngleich diese Personen niemals die
Zeichen eines durch Symptombildung erledigten neurotischen Konflikts
geboten haben. So kennt man Personen, bei denen jede menschliche
Beziehung den gleichen Ausgang nimmt: Wohltäter, die von jedem ihrer
Schützlinge nach einiger Zeit im Groll verlassen werden, so verschieden
sie sonst auch sein mögen, denen also bestimmt scheint, alle Bitterkeit
des Undanks auszukosten; Männer, bei denen jede Freundschaft den Ausgang
nimmt, daß der Freund sie verrät; andere, die es unbestimmt oft in ihrem
Leben wiederholen, eine andere Person zur großen Autorität für sich oder
auch für die Öffentlichkeit zu erheben, und diese Autorität dann nach
abgemessener Zeit selbst stürzen, um sie durch eine neue zu ersetzen;
Liebende, bei denen jedes zärtliche Verhältnis zum Weibe dieselben
Phasen durchmacht und zum gleichen Ende führt usw. Wir verwundern uns
über diese »ewige Wiederkehr des Gleichen« nur wenig, wenn es sich um
ein aktives Verhalten des Betreffenden handelt, und wenn wir den sich
gleichbleibenden Charakterzug seines Wesens auffinden, der sich in der
Wiederholung der nämlichen Erlebnisse äußern muß. Weit stärker wirken
jene Fälle auf uns, bei denen die Person etwas passiv zu erleben
scheint, worauf ihr ein Einfluß nicht zusteht, während sie doch immer
nur die Wiederholung desselben Schicksals erlebt. Man denke z. B. an
die Geschichte jener Frau, die dreimal nacheinander Männer heiratete,
die nach kurzer Zeit erkrankten und von ihr zu Tode gepflegt werden
mußten[7]. Die ergreifendste poetische Darstellung eines solchen
Schicksalszuges hat _Tasso_ im romantischen Epos »Gerusalemme liberata«
gegeben. Held Tankred hat unwissentlich die von ihm geliebte Clorinda
getötet, als sie in der Rüstung eines feindlichen Ritters mit ihm
kämpfte. Nach ihrem Begräbnis dringt er in den unheimlichen Zauberwald
ein, der das Heer der Kreuzfahrer schreckt. Dort zerhaut er einen hohen
Baum mit seinem Schwerte, aber aus der Wunde des Baumes strömt Blut und
die Stimme Clorindas, deren Seele in diesen Baum gebannt war, klagt ihn
an, daß er wiederum die Geliebte geschädigt habe.

  [7] Vgl. hiezu die treffenden Bemerkungen in dem Aufsatz von C. G.
  _Jung_, Die Bedeutung des Vaters für das Schicksal des Einzelnen.
  Jahrbuch für Psychoanalyse, I, 1909.

Angesichts solcher Beobachtungen aus dem Verhalten in der Übertragung
und aus dem Schicksal der Menschen werden wir den Mut zur Annahme
finden, daß es im Seelenleben wirklich einen Wiederholungszwang gibt,
der sich über das Lustprinzip hinaussetzt. Wir werden auch jetzt geneigt
sein, die Träume der Unfallsneurotiker und den Antrieb zum Spiel des
Kindes auf diesen Zwang zu beziehen. Allerdings müssen wir uns sagen,
daß wir die Wirkungen des Wiederholungszwanges nur in seltenen Fällen
rein, ohne Mithilfe anderer Motive, erfassen können. Beim Kinderspiel
haben wir bereits hervorgehoben, welche andere Deutungen seine
Entstehung zuläßt. Wiederholungszwang und direkte lustvolle
Triebbefriedigung scheinen sich dabei zu intimer Gemeinsamkeit zu
verschränken. Die Phänomene der Übertragung stehen offenkundig im
Dienste des Widerstandes von seiten des auf der Verdrängung beharrenden
Ichs; der Wiederholungszwang wird gleichsam von dem Ich, das am
Lustprinzip festhalten will, zur Hilfe gerufen. An dem, was man den
Schicksalszwang nennen könnte, scheint uns vieles durch die rationelle
Erwägung verständlich, so daß man ein Bedürfnis nach der Aufstellung
eines neuen geheimnisvollen Motivs nicht verspürt. Am unverdächtigsten
ist vielleicht der Fall der Unfallsträume, aber bei näherer Überlegung
muß man doch zugestehen, daß auch in den anderen Beispielen der
Sachverhalt durch die Leistung der uns bekannten Motive nicht gedeckt
wird. Es bleibt genug übrig, was die Annahme des Wiederholungszwanges
rechtfertigt, und dieser erscheint uns ursprünglicher, elementarer,
triebhafter als das von ihm zur Seite geschobene Lustprinzip. Wenn es
aber einen solchen Wiederholungszwang im Seelischen gibt, so möchten wir
gerne etwas darüber wissen, welcher Funktion er entspricht, unter
welchen Bedingungen er hervortreten kann und in welcher Beziehung er zum
Lustprinzip steht, dem wir doch bisher die Herrschaft über den Ablauf
der Erregungsvorgänge im Seelenleben zugetraut haben.



IV.


Was nun folgt, ist Spekulation, oft weitausholende Spekulation, die ein
jeder nach seiner besonderen Einstellung würdigen oder vernachlässigen
wird. Im weiteren ein Versuch zur konsequenten Ausbeutung einer Idee,
aus Neugierde, wohin dies führen wird.

Die psychoanalytische Spekulation knüpft an den bei der Untersuchung
unbewußter Vorgänge empfangenen Eindruck an, daß das Bewußtsein nicht
der allgemeinste Charakter der seelischen Vorgänge, sondern nur eine
besondere Funktion derselben sein könne. In metapsychologischer
Ausdrucksweise behauptet sie, das Bewußtsein sei die Leistung eines
besonderen Systems, das sie Bw. benennt. Da das Bewußtsein im
wesentlichen Wahrnehmungen von Erregungen liefert, die aus der Außenwelt
kommen und Empfindungen von Lust und Unlust, die nur aus dem Inneren des
seelischen Apparates stammen können, kann dem System W-Bw. eine
räumliche Stellung zugewiesen werden. Es muß an der Grenze von außen und
innen liegen, der Außenwelt zugekehrt sein und die anderen psychischen
Systeme umhüllen. Wir bemerken dann, daß wir mit diesen Annahmen nichts
Neues gewagt, sondern uns der lokalisierenden Hirnanatomie angeschlossen
haben, welche den »Sitz« des Bewußtseins in die Hirnrinde, in die
äußerste, umhüllende Schicht des Zentralorgans verlegt. Die Hirnanatomie
braucht sich keine Gedanken darüber zu machen, warum -- anatomisch
gesprochen -- das Bewußtsein gerade an der Oberfläche des Gehirns
untergebracht ist, anstatt wohlverwahrt irgendwo im innersten Innern
desselben zu hausen. Vielleicht bringen wir es in der Ableitung einer
solchen Lage für unser System W-Bw. weiter.

Das Bewußtsein ist nicht die einzige Eigentümlichkeit, die wir den
Vorgängen in diesem System zuschreiben. Wir stützen uns auf die
Eindrücke unserer psychoanalytischen Erfahrung, wenn wir annehmen, daß
alle Erregungsvorgänge in den anderen Systemen Dauerspuren als Grundlage
des Gedächtnisses in diesen hinterlassen, Erinnerungsreste also, die
nichts mit dem Bewußtwerden zu tun haben. Sie sind oft am stärksten und
haltbarsten, wenn der sie zurücklassende Vorgang niemals zum Bewußtsein
gekommen ist. Wir finden es aber beschwerlich zu glauben, daß solche
Dauerspuren der Erregung auch im System W-Bw. zustande kommen. Sie
würden die Eignung des Systems zur Aufnahme neuer Erregungen sehr bald
einschränken[8], wenn sie immer bewußt blieben; im anderen Falle, wenn
sie unbewußt würden, stellten sie uns vor die Aufgabe, die Existenz
unbewußter Vorgänge in einem System zu erklären, dessen Funktionieren
sonst vom Phänomen des Bewußtseins begleitet wird. Wir hätten sozusagen
durch unsere Annahme, welche das Bewußtwerden in ein besonderes System
verweist, nichts verändert und nichts gewonnen. Wenn dies auch keine
absolut verbindliche Erwägung sein mag, so kann sie uns doch zur
Vermutung bewegen, daß Bewußtwerden und Hinterlassung einer
Gedächtnisspur für dasselbe System miteinander unverträglich sind. Wir
würden so sagen können, im System Bw. werde der Erregungsvorgang bewußt,
hinterlasse aber keine Dauerspur; alle die Spuren desselben, auf welche
sich die Erinnerung stützt, kämen bei der Fortpflanzung der Erregung auf
die nächsten inneren Systeme in diesen zustande. In diesem Sinne ist
auch das Schema entworfen, welches ich dem spekulativen Abschnitt meiner
»Traumdeutung« 1900 eingefügt habe. Wenn man bedenkt, wie wenig wir aus
anderen Quellen über die Entstehung des Bewußtseins wissen, wird man dem
Satze, _das Bewußtsein entstehe an Stelle der Erinnerungsspur_,
wenigstens die Bedeutung einer irgendwie bestimmten Behauptung einräumen
müssen.

  [8] Dies durchaus nach J. _Breuer's_ Auseinandersetzung im
  theoretischen Abschnitt der »Studien über Hysterie«, 1895.

Das System Bw. wäre also durch die Besonderheit ausgezeichnet, daß der
Erregungsvorgang in ihm nicht wie in allen anderen psychischen Systemen
eine dauernde Veränderung seiner Elemente hinterläßt, sondern gleichsam
im Phänomen des Bewußtwerdens verpufft. Eine solche Abweichung von der
allgemeinen Regel fordert eine Erklärung durch ein Moment, welches
ausschließlich bei diesem einen System in Betracht kommt, und dies den
anderen Systemen abzusprechende Moment könnte leicht die exponierte Lage
des Systems Bw. sein, sein unmittelbares Anstoßen an die Außenwelt.

Stellen wir uns den lebenden Organismus in seiner größtmöglichen
Vereinfachung als undifferenziertes Bläschen reizbarer Substanz vor;
dann ist seine der Außenwelt zugekehrte Oberfläche durch ihre Lage
selbst differenziert und dient als reizaufnehmendes Organ. Die
Embryologie als Wiederholung der Entwicklungsgeschichte zeigt auch
wirklich, daß das Zentralnervensystem aus dem Ektoderm hervorgeht, und
die graue Hirnrinde ist noch immer ein Abkömmling der primitiven
Oberfläche und könnte wesentliche Eigenschaften derselben durch
Erbschaft übernommen haben. Es wäre dann leicht denkbar, daß durch
unausgesetzten Anprall der äußeren Reize an die Oberfläche des Bläschens
dessen Substanz bis in eine gewisse Tiefe dauernd verändert wird, so daß
ihr Erregungsvorgang anders abläuft als in tieferen Schichten. Es
bildete sich so eine Rinde, die endlich durch die Reizwirkung so
durchgebrannt ist, daß sie der Reizaufnahme die günstigsten Verhältnisse
entgegenbringt und einer weiteren Modifikation nicht fähig ist. Auf das
System Bw. übertragen, würde dies meinen, daß dessen Elemente keine
Dauerveränderung beim Durchgang der Erregung mehr annehmen können, weil
sie bereits aufs äußerste im Sinne dieser Wirkung modifiziert sind. Dann
sind sie aber befähigt, das Bewußtsein entstehen zu lassen. Worin diese
Modifikation der Substanz und des Erregungsvorgangs in ihr besteht,
darüber kann man sich mancherlei Vorstellungen machen, die sich der
Prüfung derzeit entziehen. Man kann annehmen, die Erregung habe bei
ihrem Fortgang von einem Element zum anderen einen Widerstand zu
überwinden und diese Verringerung des Widerstandes setze eben die
Dauerspur der Erregung (Bahnung); im System Bw. bestünde also ein
solcher Übergangswiderstand von einem Element zum anderen nicht mehr.
Man kann mit dieser Vorstellung die _Breuer_'sche Unterscheidung von
ruhender (gebundener) und frei beweglicher Besetzungsenergie in den
Elementen der psychischen Systeme zusammenbringen[9]; die Elemente des
Systems Bw. würden dann keine gebundene und nur frei abfuhrfähige
Energie führen. Aber ich meine, vorläufig ist es besser, wenn man sich
über diese Verhältnisse möglichst unbestimmt äußert. Immerhin hätten wir
durch diese Spekulationen die Entstehung des Bewußtseins in einen
gewissen Zusammenhang mit der Lage des Systems Bw. und den ihm
zuzuschreibenden Besonderheiten des Erregungsvorganges verflochten.

  [9] Studien über Hysterie von J. _Breuer_ und S. _Freud_, 3.
  unveränderte Auflage, 1917.

An dem lebenden Bläschen mit seiner reizaufnehmenden Rindenschichte
haben wir noch anderes zu erörtern. Dieses Stückchen lebender Substanz
schwebt inmitten einer mit den stärksten Energien geladenen Außenwelt
und würde von den Reizwirkungen derselben erschlagen werden, wenn es
nicht mit einem _Reizschutz_ versehen wäre. Es bekommt ihn dadurch, daß
seine äußerste Oberfläche die dem Lebenden zukommende Struktur aufgibt,
gewissermaßen anorganisch wird und nun als eine besondere Hülle oder
Membran reizabhaltend wirkt, das heißt, veranlaßt, daß die Energien der
Außenwelt sich nur mit einem Bruchteil ihrer Intensität auf die nächsten
lebend gebliebenen Schichten fortsetzen können. Diese können nun hinter
dem Reizschutz sich der Aufnahme der durchgelassenen Reizmengen widmen.
Die Außenschicht hat aber durch ihr Absterben alle tieferen vor dem
gleichen Schicksal bewahrt, wenigstens so lange, bis nicht Reize von
solcher Stärke herankommen, daß sie den Reizschutz durchbrechen. Für den
lebenden Organismus ist der Reizschutz eine beinahe wichtigere Aufgabe
als die Reizaufnahme; er ist mit einem eigenen Energievorrat
ausgestattet und muß vor allem bestrebt sein, die besonderen Formen der
Energieumsetzung, die in ihm spielen, vor dem gleichmachenden, also
zerstörenden Einfluß der übergroßen, draußen arbeitenden Energien zu
bewahren. Die Reizaufnahme dient vor allem der Absicht, Richtung und Art
der äußeren Reize zu erfahren, und dazu muß es genügen, der Außenwelt
kleine Proben zu entnehmen, sie in geringen Quantitäten zu verkosten.
Bei den hochentwickelten Organismen hat sich die reizaufnehmende
Rindenschicht des einstigen Bläschens längst in die Tiefe des
Körperinnern zurückgezogen, aber Anteile von ihr sind an der Oberfläche
unmittelbar unter dem allgemeinen Reizschutz zurückgelassen. Dies sind
die Sinnesorgane, die im wesentlichen Einrichtungen zur Aufnahme
spezifischer Reizeinwirkungen enthalten, aber außerdem besondere
Vorrichtungen zu neuerlichem Schutz gegen übergroße Reizmengen und zur
Abhaltung unangemessener Reizarten. Es ist für sie charakteristisch, daß
sie nur sehr geringe Quantitäten des äußeren Reizes verarbeiten, sie
nehmen nur Stichproben der Außenwelt vor; vielleicht darf man sie
Fühlern vergleichen, die sich an die Außenwelt herantasten und dann
immer wieder von ihr zurückziehen.

Ich gestatte mir an dieser Stelle ein Thema flüchtig zu berühren,
welches die gründlichste Behandlung verdienen würde. Der _Kant_'sche
Satz, daß Zeit und Raum notwendige Formen unseres Denkens sind, kann
heute infolge gewisser psychoanalytischer Erkenntnisse einer Diskussion
unterzogen werden. Wir haben erfahren, daß die unbewußten Seelenvorgänge
an sich »zeitlos« sind. Das heißt zunächst, daß sie nicht zeitlich
geordnet werden, daß die Zeit nichts an ihnen verändert, daß man die
Zeitvorstellung nicht an sie heranbringen kann. Es sind dies negative
Charaktere, die man sich nur durch Vergleichung mit den bewußten
seelischen Prozessen deutlich machen kann. Unsere abstrakte
Zeitvorstellung scheint vielmehr durchaus von der Arbeitsweise des
Systems W-Bw. hergeholt zu sein und einer Selbstwahrnehmung derselben zu
entsprechen. Bei dieser Funktionsweise des Systems dürfte ein anderer
Weg des Reizschutzes beschritten werden. Ich weiß, daß diese
Behauptungen sehr dunkel klingen, muß mich aber auf solche Andeutungen
beschränken.

Wir haben bisher ausgeführt, daß das lebende Bläschen mit einem
Reizschutz gegen die Außenwelt ausgestattet ist. Vorhin hatten wir
festgelegt, daß die nächste Rindenschicht desselben als Organ zur
Reizaufnahme von außen differenziert sein muß. Diese empfindliche
Rindenschicht, das spätere System Bw., empfängt aber auch Erregungen von
innen her; die Stellung des Systems zwischen außen und innen und die
Verschiedenheit der Bedingungen für die Einwirkung von der einen und der
anderen Seite werden maßgebend für die Leistung des Systems und des
ganzen seelischen Apparats. Gegen außen gibt es einen Reizschutz, die
ankommenden Erregungsgrößen werden nur in verkleinertem Maßstab wirken;
nach innen zu ist ein Reizschutz unmöglich, die Erregungen der tieferen
Schichten setzen sich direkt und in unverringertem Maße auf das System
fort, indem gewisse Charaktere ihres Ablaufes die Reihe der
Lust-Unlustempfindungen erzeugen. Allerdings werden die von innen
kommenden Erregungen nach ihrer Intensität und nach anderen qualitativen
Charakteren (eventuell nach ihrer Amplitude) der Arbeitsweise des
Systems adaequater sein als die von der Außenwelt zuströmenden Reize.
Aber zweierlei ist durch diese Verhältnisse entscheidend bestimmt,
erstens die Praevalenz der Lust- und Unlustempfindungen, die ein Index
für Vorgänge im Innern des Apparates sind, über alle äußeren Reize, und
zweitens eine Richtung des Verhaltens gegen solche innere Erregungen,
welche allzu große Unlustvermehrung herbeiführen. Es wird sich die
Neigung ergeben, sie so zu behandeln, als ob sie nicht von innen,
sondern von außen her einwirkten, um die Abwehrmittel des Reizschutzes
gegen sie in Anwendung bringen zu können. Dies ist die Herkunft der
_Projektion_, der eine so große Rolle bei der Verursachung
pathologischer Prozesse vorbehalten ist.

Ich habe den Eindruck, daß wir durch die letzten Überlegungen die
Herrschaft des Lustprinzips unserem Verständnis angenähert haben; eine
Aufklärung jener Fälle, die sich ihm widersetzen, haben wir aber nicht
erreicht. Gehen wir darum einen Schritt weiter. Solche Erregungen von
außen, die stark genug sind, den Reizschutz zu durchbrechen, heißen wir
_traumatische_. Ich glaube, daß der Begriff des Traumas eine solche
Beziehung auf eine sonst wirksame Reizabhaltung erfordert. Ein
Vorkommnis wie das äußere Trauma wird gewiß eine großartige Störung im
Energiebetrieb des Organismus hervorrufen und alle Abwehrmittel in
Bewegung setzen. Aber das Lustprinzip ist dabei zunächst außer Kraft
gesetzt. Die Überschwemmung des seelischen Apparats mit großen
Reizmengen ist nicht mehr hintanzuhalten; es ergibt sich vielmehr eine
andere Aufgabe, den Reiz zu bewältigen, die hereingebrochenen Reizmengen
psychisch zu binden, um sie dann der Erledigung zuzuführen.

Wahrscheinlich ist die spezifische Unlust des körperlichen Schmerzes der
Erfolg davon, daß der Reizschutz in beschränktem Umfange durchbrochen
wurde. Von dieser Stelle der Peripherie strömen dann dem seelischen
Zentralapparat kontinuierliche Erregungen zu, wie sie sonst nur aus dem
Innern des Apparates kommen konnten[10]. Und was können wir als die
Reaktion des Seelenlebens auf diesen Einbruch erwarten? Von allen Seiten
her wird die Besetzungsenergie aufgeboten, um in der Umgebung der
Einbruchstelle entsprechend hohe Energiebesetzungen zu schaffen. Es wird
eine großartige »Gegenbesetzung« hergestellt, zu deren Gunsten alle
anderen psychischen Systeme verarmen, so daß eine ausgedehnte Lähmung
oder Herabsetzung der sonstigen psychischen Leistung erfolgt. Wir suchen
aus solchen Beispielen zu lernen, unsere metapsychologischen Vermutungen
an solche Vorbilder anzulehnen. Wir ziehen also aus diesem Verhalten den
Schluß, daß ein selbst hochbesetztes System imstande ist, neu
hinzukommende strömende Energie aufzunehmen, sie in ruhende Besetzung
umzuwandeln, also sie psychisch zu »binden«. Je höher die eigene ruhende
Besetzung ist, desto größer wäre auch ihre bindende Kraft; umgekehrt
also, je niedriger seine Besetzung ist, desto weniger wird das System
für die Aufnahme zuströmender Energie befähigt sein, desto gewaltsamer
müssen dann die Folgen eines solchen Durchbruchs des Reizschutzes sein.
Man wird gegen diese Auffassung nicht mit Recht einwenden, daß die
Erhöhung der Besetzungen um die Einbruchsstelle sich weit einfacher aus
der direkten Fortleitung der ankommenden Erregungsmengen erkläre. Wenn
dem so wäre, so würde der seelische Apparat ja nur eine Vermehrung
seiner Energiebesetzungen erfahren, und der lähmende Charakter des
Schmerzes, die Verarmung aller anderen Systeme bliebe unaufgeklärt. Auch
die sehr heftigen Abfuhrwirkungen des Schmerzes stören unsere Erklärung
nicht, denn sie gehen reflektorisch vor sich, das heißt, sie erfolgen
ohne Vermittlung des seelischen Apparats. Die Unbestimmtheit all unserer
Erörterungen, die wir metapsychologische heißen, rührt natürlich daher,
daß wir nichts über die Natur des Erregungsvorganges in den Elementen
der psychischen Systeme wissen und uns zu keiner Annahme darüber
berechtigt fühlen. So operieren wir also stets mit einem großen X,
welches wir in jede neue Formel mit hinübernehmen. Daß dieser Vorgang
sich mit quantitativ verschiedenen Energien vollzieht, ist eine leicht
zulässige Forderung, daß er auch mehr als eine Qualität (z. B. in der
Art einer Amplitude) hat, mag uns wahrscheinlich sein; als neu haben wir
die Aufstellung _Breuer's_ in Betracht gezogen, daß es sich um zweierlei
Formen der Energieerfüllung handelt, so daß eine freiströmende, nach
Abfuhr drängende, und eine ruhende Besetzung der psychischen Systeme
(oder ihrer Elemente) zu unterscheiden ist. Vielleicht geben wir der
Vermutung Raum, daß die »Bindung« der in den seelischen Apparat
einströmenden Energie in einer Überführung aus dem frei strömenden in
den ruhenden Zustand besteht.

  [10] Vgl. Triebe und Triebschicksale. Sammlung kleiner Schriften zur
  Neurosenlehre, IV, 1918.

Ich glaube, man darf den Versuch wagen, die gemeine traumatische Neurose
als die Folge eines ausgiebigen Durchbruchs des Reizschutzes
aufzufassen. Damit wäre die alte, naive Lehre vom Schock in ihre Rechte
eingesetzt, anscheinend im Gegensatz zu einer späteren und psychologisch
anspruchsvolleren, welche nicht der mechanischen Gewalteinwirkung,
sondern dem Schreck und der Lebensbedrohung die ätiologische Bedeutung
zuspricht. Allein diese Gegensätze sind nicht unversöhnlich, und die
psychoanalytische Auffassung der traumatischen Neurose ist mit der
rohesten Form der Schocktheorie nicht identisch. Versetzt letztere das
Wesen des Schocks in die direkte Schädigung der molekularen Struktur,
oder selbst der histologischen Struktur der nervösen Elemente, so suchen
wir dessen Wirkung aus der Durchbrechung des Reizschutzes für das
Seelenorgan und aus den daraus sich ergebenden Aufgaben zu verstehen.
Der Schreck behält seine Bedeutung auch für uns. Seine Bedingung ist das
Fehlen der Angstbereitschaft, welche die Überbesetzung der den Reiz
zunächst aufnehmenden Systeme einschließt. Infolge dieser niedrigeren
Besetzung sind die Systeme dann nicht gut imstande, die ankommenden
Erregungsmengen zu binden, die Folgen der Durchbrechung des Reizschutzes
stellen sich um so vieles leichter ein. Wir finden so, daß die
Angstbereitschaft mit der Überbesetzung der aufnehmenden Systeme die
letzte Linie des Reizschutzes darstellt. Für eine ganze Anzahl von
Traumen mag der Unterschied zwischen den unvorbereiteten und den durch
Überbesetzung vorbereiteten Systemen das für den Ausgang entscheidende
Moment sein; von einer gewissen Stärke des Traumas an wird er wohl nicht
mehr ins Gewicht fallen. Wenn die Träume der Unfallsneurotiker die
Kranken so regelmäßig in die Situation des Unfalles zurückführen, so
dienen sie damit allerdings nicht der Wunscherfüllung, deren
halluzinatorische Herbeiführung ihnen unter der Herrschaft des
Lustprinzips zur Funktion geworden ist. Aber wir dürfen annehmen, daß
sie sich dadurch einer anderen Aufgabe zur Verfügung stellen, deren
Lösung vorangehen muß, ehe das Lustprinzip seine Herrschaft beginnen
kann. Diese Träume suchen die Reizbewältigung unter Angstentwicklung
nachzuholen, deren Unterlassung die Ursache der traumatischen Neurose
geworden ist. Sie geben uns so einen Ausblick auf eine Funktion des
seelischen Apparats, welche, ohne dem Lustprinzip zu widersprechen, doch
unabhängig von ihm ist und ursprünglicher scheint als die Absicht des
Lustgewinns und der Unlustvermeidung.

Hier wäre also die Stelle, zuerst eine Ausnahme von dem Satze, der Traum
ist eine Wunscherfüllung, zuzugestehen. Die Angstträume sind keine
solche Ausnahme, wie ich wiederholt und eingehend gezeigt habe, auch die
»Strafträume« nicht, denn diese setzen nur an die Stelle der verpönten
Wunscherfüllung die dafür gebührende Strafe, sind also die
Wunscherfüllung des auf den verworfenen Trieb reagierenden
Schuldbewußtseins. Aber die obenerwähnten Träume der Unfallsneurotiker
lassen sich nicht mehr unter den Gesichtspunkt der Wunscherfüllung
bringen, und ebensowenig die in den Psychoanalysen vorfallenden Träume,
die uns die Erinnerung der psychischen Traumen der Kindheit
wiederbringen. Sie gehorchen vielmehr dem Wiederholungszwang, der in der
Analyse allerdings durch den -- nicht unbewußten -- Wunsch, das
Vergessene und Verdrängte heraufzubeschwören, unterstützt wird. So wäre
also auch die Funktion des Traumes, Motive zur Unterbrechung des
Schlafes durch Wunscherfüllung der störenden Regungen zu beseitigen,
nicht seine ursprüngliche, er konnte sich ihrer erst bemächtigen,
nachdem das gesamte Seelenleben die Herrschaft des Lustprinzips
angenommen hatte. Gibt es ein »Jenseits des Lustprinzips«, so ist es
folgerichtig, auch für die wunscherfüllende Tendenz des Traumes eine
Vorzeit zuzulassen. Damit wird seiner späteren Funktion nicht
widersprochen. Nun erhebt sich, wenn diese Tendenz einmal durchbrochen
ist, die weitere Frage: Sind solche Träume, welche im Interesse der
psychischen Bindung traumatischer Eindrücke dem Wiederholungszwange
folgen, nicht auch außerhalb der Analyse möglich? Dies ist durchaus zu
bejahen.

Von den »Kriegsneurosen«, soweit diese Bezeichnung mehr als die
Beziehung zur Veranlassung des Leidens bedeutet, habe ich an anderer
Stelle ausgeführt, daß sie sehr wohl traumatische Neurosen sein könnten,
die durch einen Ichkonflikt erleichtert worden sind[11]. Die auf Seite 8
erwähnte Tatsache, daß eine gleichzeitige grobe Verletzung durch das
Trauma die Chance für die Entstehung einer Neurose verringert, ist nicht
mehr unverständlich, wenn man zweier von der psychoanalytischen
Forschung betonten Verhältnisse gedenkt. Erstens, daß mechanische
Erschütterung als eine der Quellen der Sexualerregung anerkannt werden
muß (vgl. die Bemerkungen, »Die Wirkung des Schaukelns und
Eisenbahnfahrens« in »Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie«, 4. Auflage,
1920), und zweitens, daß dem schmerzhaften und fieberhaften Kranksein
während seiner Dauer ein mächtiger Einfluß auf die Verteilung der Libido
zukommt. So würde also die mechanische Gewalt des Traumas das Quantum
Sexualerregung frei machen, welches infolge der mangelnden
Angstvorbereitung traumatisch wirkt, die gleichzeitige Körperverletzung
würde aber durch die Anspruchnahme einer narzißtischen Überbesetzung des
leidenden Organs den Überschuß an Erregung binden (s. »Zur Einführung
des Narzißmus«, Kleine Schriften zur Neurosenlehre, 4. Folge, 1918). Es
ist auch bekannt, aber für die Libidotheorie nicht genügend verwertet
worden, daß so schwere Störungen in der Libidoverteilung wie die einer
Melancholie durch eine interkurrente organische Erkrankung zeitweilig
aufgehoben werden, ja daß sogar der Zustand einer vollentwickelten
Dementia praecox unter der nämlichen Bedingung einer vorübergehenden
Rückbildung fähig ist.

  [11] Zur Psychoanalyse der Kriegsneurosen. Einleitung. Internationale
  Psychoanalytische Bibliothek, Nr. 1, 1919.



V.


Der Mangel eines Reizschutzes für die reizaufnehmende Rindenschicht
gegen Erregungen von innen her wird die Folge haben müssen, daß diese
Reizübertragungen die größere ökonomische Bedeutung gewinnen und häufig
zu ökonomischen Störungen Anlaß geben, die den traumatischen Neurosen
gleichzustellen sind. Die ausgiebigsten Quellen solch innerer Erregung
sind die sogenannten Triebe des Organismus, die Repräsentanten aller aus
dem Körperinnern stammenden, auf den seelischen Apparat übertragenen
Kraftwirkungen, selbst das wichtigste wie das dunkelste Element der
psychologischen Forschung.

Vielleicht finden wir die Annahme nicht zu gewagt, daß die von den
Trieben ausgehenden Regungen nicht den Typus des gebundenen, sondern den
des frei beweglichen, nach Abfuhr drängenden Nervenvorganges einhalten.
Das Beste, was wir über diese Vorgänge wissen, rührt aus dem Studium der
Traumarbeit her. Dabei fanden wir, daß die Prozesse in den unbewußten
Systemen von denen in den (vor-)bewußten gründlich verschieden sind, daß
im Unbewußten Besetzungen leicht vollständig übertragen, verschoben,
verdichtet werden können, was nur fehlerhafte Resultate ergeben könnte,
wenn es an vorbewußtem Material geschähe, und was darum auch die
bekannten Sonderbarkeiten des manifesten Traumes ergibt, nachdem die
vorbewußten Tagesreste die Bearbeitung nach den Gesetzen des Unbewußten
erfahren haben. Ich nannte die Art dieser Prozesse im Unbewußten den
psychischen »Primärvorgang« zum Unterschied von dem für unser normales
Wachleben gültigen Sekundärvorgang. Da die Triebregungen alle an den
unbewußten Systemen angreifen, ist es kaum eine Neuerung zu sagen, daß
sie dem Primärvorgang folgen, und andererseits gehört wenig dazu, um den
psychischen Primärvorgang mit der frei beweglichen Besetzung, den
Sekundärvorgang mit den Veränderungen an der gebundenen oder tonischen
Besetzung _Breuer's_ zu identifizieren[12]. Es wäre dann die Aufgabe der
höheren Schichten des seelischen Apparates, die im Primärvorgang
anlangende Erregung der Triebe zu binden. Das Mißglücken dieser Bindung
würde eine der traumatischen Neurose analoge Störung hervorrufen; erst
nach erfolgter Bindung könnte sich die Herrschaft des Lustprinzips (und
seiner Modifikation zum Realitätsprinzip) ungehemmt durchsetzen. Bis
dahin aber würde die andere Aufgabe des Seelenapparates, die Erregung zu
bewältigen oder zu binden, voranstehen, zwar nicht im Gegensatz zum
Lustprinzip aber unabhängig von ihm und zum Teil ohne Rücksicht auf
dieses.

  [12] Vgl. den Abschnitt VII, Psychologie der Traumvorgänge in meiner
  »Traumdeutung«.

Die Äußerungen eines Wiederholungszwanges, die wir an den frühen
Tätigkeiten des kindlichen Seelenlebens wie an den Erlebnissen der
psychoanalytischen Kur beschrieben haben, zeigen im hohen Grade den
triebhaften, und wo sie sich im Gegensatz zum Lustprinzip befinden, den
dämonischen Charakter. Beim Kinderspiel glauben wir es zu begreifen, daß
das Kind auch das unlustvolle Erlebnis darum wiederholt, weil es sich
durch seine Aktivität eine weit gründlichere Bewältigung des starken
Eindruckes erwirbt, als beim bloß passiven Erleben möglich war. Jede
neuerliche Wiederholung scheint diese angestrebte Beherrschung zu
verbessern, und auch bei lustvollen Erlebnissen kann sich das Kind an
Wiederholungen nicht genug tun und wird unerbittlich auf der Identität
des Eindruckes bestehen. Dieser Charakterzug ist dazu bestimmt,
späterhin zu verschwinden. Ein zum zweitenmal angehörter Witz wird fast
wirkungslos bleiben, eine Theateraufführung wird nie mehr zum zweitenmal
den Eindruck erreichen, den sie das erstemal hinterließ; ja, der
Erwachsene wird schwer zu bewegen sein, ein Buch, das ihm sehr gefallen
hat, sobald nochmals durchzulesen. Immer wird die Neuheit die Bedingung
des Genusses sein. Das Kind aber wird nicht müde werden, vom Erwachsenen
die Wiederholung eines ihm gezeigten oder mit ihm angestellten Spieles
zu verlangen, bis dieser erschöpft es verweigert, und wenn man ihm eine
schöne Geschichte erzählt hat, will es immer wieder die nämliche
Geschichte anstatt einer neuen hören, besteht unerbittlich auf der
Identität der Wiederholung und verbessert jede Abänderung, die sich der
Erzähler zuschulden kommen läßt, mit der er sich vielleicht sogar ein
neues Verdienst erwerben wollte. Dem Lustprinzip wird dabei nicht
widersprochen; es ist sinnfällig, daß die Wiederholung, das Wiederfinden
der Identität, selbst eine Lustquelle bedeutet. Beim Analysierten
hingegen wird es klar, daß der Zwang, die Begebenheiten seiner
infantilen Lebensperiode in der Übertragung zu wiederholen, sich _in
jeder_ Weise über das Lustprinzip hinaussetzt. Der Kranke benimmt sich
dabei völlig wie infantil und zeigt uns so, daß die verdrängten
Erinnerungsspuren seiner urzeitlichen Erlebnisse nicht im gebundenen
Zustande in ihm vorhanden, ja gewissermaßen des Sekundärvorganges nicht
fähig sind. Dieser Ungebundenheit verdanken sie auch ihr Vermögen, durch
Anheftung an die Tagesreste eine im Traum darzustellende Wunschphantasie
zu bilden. Derselbe Wiederholungszwang tritt uns so oft als
therapeutisches Hindernis entgegen, wenn wir zu Ende der Kur die völlige
Ablösung vom Arzte durchsetzen wollen, und es ist anzunehmen, daß die
dunkle Angst der mit der Analyse nicht Vertrauten, die sich scheuen
irgend etwas aufzuwecken, was man nach ihrer Meinung besser schlafen
ließe, im Grunde das Auftreten dieses dämonischen Zwanges fürchtet.

Auf welche Art hängt aber das Triebhafte mit dem Zwang zur Wiederholung
zusammen? Hier muß sich uns die Idee aufdrängen, daß wir einem
allgemeinen, bisher nicht klar erkannten -- oder wenigstens nicht
ausdrücklich betonten -- Charakter der Triebe, vielleicht alles
organischen Lebens überhaupt, auf die Spur gekommen sind. _Ein Trieb
wäre also ein dem belebten Organischen innewohnender Drang zur
Wiederherstellung eines früheren Zustandes_, welchen dies Belebte unter
dem Einflusse äußerer Störungskräfte aufgeben mußte, eine Art von
organischer Elastizität, oder wenn man will, die Äußerung der Trägheit
im organischen Leben[13].

  [13] Ich bezweifle nicht, daß ähnliche Vermutungen über die Natur der
  »Triebe« bereits wiederholt geäußert worden sind.

Diese Auffassung des Triebes klingt befremdlich, denn wir haben uns
daran gewöhnt, im Triebe das zur Veränderung und Entwicklung drängende
Moment zu sehen, und sollen nun das gerade Gegenteil in ihm erkennen,
den Ausdruck der konservativen Natur des Lebenden. Andererseits fallen
uns sehr bald jene Beispiele aus dem Tierleben ein, welche die
historische Bedingtheit der Triebe zu bestätigen scheinen. Wenn gewisse
Fische um die Laichzeit beschwerliche Wanderungen unternehmen, um den
Laich in bestimmten Gewässern, weit entfernt von ihren sonstigen
Wohnorten abzulegen, so haben sie nach der Deutung vieler Biologen nur
die früheren Wohnstätten ihrer Art aufgesucht, die sie im Laufe der Zeit
gegen andere vertauscht hatten. Dasselbe soll für die Wanderflüge der
Zugvögel gelten, aber der Suche nach weiteren Beispielen enthebt uns
bald die Mahnung, daß wir in den Phänomenen der Erblichkeit und in den
Tatsachen der Embryologie die großartigsten Beweise für den organischen
Wiederholungszwang haben. Wir sehen, der Keim eines lebenden Tieres ist
genötigt, in seiner Entwicklung die Strukturen all der Formen, von denen
das Tier abstammt -- wenn auch in flüchtiger Abkürzung -- zu
wiederholen, anstatt auf dem kürzesten Wege zu seiner definitiven
Gestaltung zu eilen, und können dies Verhalten nur zum geringsten Teile
mechanisch erklären, dürfen die historische Erklärung nicht beiseite
lassen. Und ebenso erstreckt sich weit in die Tierreihe hinauf ein
Reproduktionsvermögen, welches ein verlorenes Organ durch die Neubildung
eines ihm durchaus gleichen ersetzt.

Der naheliegende Einwand, es verhalte sich wohl so, daß es außer den
konservativen Trieben, die zur Wiederholung nötigen, auch andere gibt,
die zur Neugestaltung und zum Fortschritt drängen, darf gewiß nicht
unberücksichtigt bleiben; er soll auch späterhin in unsere Erwägungen
einbezogen werden. Aber vorher mag es uns verlocken, die Annahme, daß
alle Triebe Früheres wiederherstellen wollen, in ihre letzten
Konsequenzen zu verfolgen. Mag, was dabei herauskommt, den Anschein des
»Tiefsinnigen« erwecken oder an Mystisches anklingen, so wissen wir uns
doch von dem Vorwurf frei, etwas derartiges angestrebt zu haben. Wir
suchen nüchterne Resultate der Forschung oder der auf sie gegründeten
Überlegung, und unser Wunsch möchte diesen keinen anderen Charakter als
den der Sicherheit verleihen.

Wenn also alle organischen Triebe konservativ, historisch erworben und
auf Regression, Wiederherstellung von Früherem gerichtet sind, so müssen
wir alle Erfolge der organischen Entwicklung auf die Rechnung äußerer,
störender und ablenkender Einflüsse setzen. Das elementare Lebewesen
würde sich von seinem Anfang an nicht haben ändern wollen, hätte unter
sich gleichbleibenden Verhältnissen stets nur den nämlichen Lebenslauf
wiederholt. Aber im letzten Grunde müßte es die Entwicklungsgeschichte
unserer Erde und ihres Verhältnisses zur Sonne sein, die uns in der
Entwicklung der Organismen ihren Abdruck hinterlassen hat. Die
konservativen organischen Triebe haben jede dieser aufgezwungenen
Abänderungen des Lebenslaufes aufgenommen und zur Wiederholung
aufbewahrt und müssen so den täuschenden Eindruck von Kräften machen,
die nach Veränderung und Fortschritt streben, während sie bloß ein altes
Ziel auf alten und neuen Wegen zu erreichen trachten. Auch dieses
Endziel alles organischen Strebens ließe sich angeben. Der konservativen
Natur der Triebe widerspräche es, wenn das Ziel des Lebens ein noch nie
zuvor erreichter Zustand wäre. Es muß vielmehr ein alter, ein
Ausgangszustand, sein, den das Lebende einmal verlassen hat, und zu dem
es über alle Umwege der Entwicklung zurückstrebt. Wenn wir es als
ausnahmslose Erfahrung annehmen dürfen, daß alles Lebende aus _inneren_
Gründen stirbt, ins Anorganische zurückkehrt, so können wir nur sagen:
_Das Ziel alles Lebens ist der Tod_, und zurückgreifend: _Das Leblose
war früher da als das Lebende._

Irgend einmal wurden in unbelebter Materie durch eine noch ganz
unvorstellbare Krafteinwirkung die Eigenschaften des Lebenden erweckt.
Vielleicht war es ein Vorgang vorbildlich ähnlich jenem anderen, der in
einer gewissen Schicht der lebenden Materie später das Bewußtsein
entstehen ließ. Die damals entstandene Spannung in dem vorhin unbelebten
Stoff trachtete darnach, sich abzugleichen; es war der erste Trieb
gegeben, der, zum Leblosen zurückzukehren. Die damals lebende Substanz
hatte das Sterben noch leicht, es war wahrscheinlich nur ein kurzer
Lebensweg zu durchlaufen, dessen Richtung durch die chemische Struktur
des jungen Lebens bestimmt war. Eine lange Zeit hindurch mag so die
lebende Substanz immer wieder neu geschaffen worden und leicht gestorben
sein, bis sich maßgebende äußere Einflüsse so änderten, daß sie die noch
überlebende Substanz zu immer größeren Ablenkungen vom ursprünglichen
Lebensweg und zu immer komplizierteren Umwegen bis zur Erreichung des
Todeszieles nötigten. Diese Umwege zum Tode, von den konservativen
Trieben getreulich festgehalten, böten uns heute das Bild der
Lebenserscheinungen. Wenn man an der ausschließlich konservativen Natur
der Triebe festhält, kann man zu anderen Vermutungen über Herkunft und
Ziel des Lebens nicht gelangen.

Ebenso befremdend wie diese Folgerungen klingt dann, was sich für die
großen Gruppen von Trieben ergibt, die wir hinter den Lebenserscheinungen
der Organismen statuieren. Die Aufstellung der Selbsterhaltungstriebe,
die wir jedem lebenden Wesen zugestehen, steht in merkwürdigem Gegensatz
zur Voraussetzung, daß das gesamte Triebleben der Herbeiführung des
Todes dient. Die theoretische Bedeutung der Selbsterhaltungs-, Macht-
und Geltungstriebe schrumpft, in diesem Licht gesehen, ein; es sind
Partialtriebe, dazu bestimmt, den eigenen Todesweg des Organismus zu
sichern und andere Möglichkeiten der Rückkehr zum Anorganischen als die
immanenten fernzuhalten, aber das rätselhafte, in keinen Zusammenhang
einfügbare Bestreben des Organismus, sich aller Welt zum Trotz zu
behaupten, entfällt. Es erübrigt, daß der Organismus nur auf seine Weise
sterben will; auch diese Lebenswächter sind ursprünglich Trabanten des
Todes gewesen. Dabei kommt das Paradoxe zustande, daß der lebende
Organismus sich auf das energischeste gegen Einwirkungen (Gefahren)
sträubt, die ihm dazu verhelfen könnten, sein Lebensziel auf kurzem
Wege (durch Kurzschluß sozusagen) zu erreichen, aber dies Verhalten
charakterisiert eben ein rein triebhaftes im Gegensatz zu einem
intelligenten Streben[14].

  [14] Vgl. übrigens die später folgende Korrektur dieser extremen
  Auffassung der Selbsterhaltungstriebe.

Aber besinnen wir uns, dem kann nicht so sein! In ein ganz anderes Licht
rücken die Sexualtriebe, für welche die Neurosenlehre eine
Sonderstellung in Anspruch genommen hat. Nicht alle Organismen sind dem
äußeren Zwang unterlegen, der sie zu immer weiter gehender Entwicklung
antrieb. Vielen ist es gelungen, sich auf ihrer niedrigen Stufe bis auf
die Gegenwart zu bewahren; es leben ja noch heute, wenn nicht alle, so
doch viele Lebewesen, die den Vorstufen der höheren Tiere und Pflanzen
ähnlich sein müssen. Und ebenso machen nicht alle Elementarorganismen,
welche den komplizierten Leib eines höheren Lebewesens zusammensetzen,
den ganzen Entwicklungsweg bis zum natürlichen Tode mit. Einige unter
ihnen, die Keimzellen, bewahren wahrscheinlich die ursprüngliche
Struktur der lebenden Substanz und lösen sich, mit allen ererbten und
neu erworbenen Triebanlagen beladen, nach einer gewissen Zeit vom ganzen
Organismus ab. Vielleicht sind es gerade diese beiden Eigenschaften, die
ihnen ihre selbständige Existenz ermöglichen. Unter günstige Bedingungen
gebracht, beginnen sie sich zu entwickeln, das heißt, das Spiel, dem sie
ihre Entstehung verdanken, zu wiederholen, und dies endet damit, daß
wieder ein Anteil ihrer Substanz die Entwicklung bis zum Ende fortführt,
während ein anderer als neuer Keimrest von neuem auf den Anfang der
Entwicklung zurückgreift. So arbeiten diese Keimzellen dem Sterben der
lebenden Substanz entgegen und wissen für sie zu erringen, was uns als
potentielle Unsterblichkeit erscheinen muß, wenngleich es vielleicht nur
eine Verlängerung des Todesweges bedeutet. Im höchsten Grade
bedeutungsvoll ist uns die Tatsache, daß die Keimzelle für diese
Leistung durch die Verschmelzung mit einer anderen, ihr ähnlichen und
doch von ihr verschiedenen, gekräftigt oder überhaupt erst befähigt
wird.

Die Triebe, welche die Schicksale dieser das Einzelwesen überlebenden
Elementarorganismen in acht nehmen, für ihre sichere Unterbringung
sorgen, so lange sie wehrlos gegen die Reize der Außenwelt sind, ihr
Zusammentreffen mit den anderen Keimzellen herbeiführen usw., bilden die
Gruppe der Sexualtriebe. Sie sind in demselben Sinne konservativ wie die
anderen, indem sie frühere Zustände der lebenden Substanz wiederbringen,
aber sie sind es in stärkerem Maße, indem sie sich als besonders
resistent gegen äußere Einwirkungen erweisen, und dann noch in einem
weiteren Sinne, da sie das Leben selbst für längere Zeiten erhalten. Sie
sind die eigentlichen Lebenstriebe; dadurch, daß sie der Absicht der
anderen Triebe, welche durch die Funktion zum Tode führt,
entgegenwirken, deutet sich ein Gegensatz zwischen ihnen und den übrigen
an, den die Neurosenlehre als bedeutungsvoll erkannt hat. Es ist wie ein
Zauderrhythmus im Leben der Organismen; die eine Triebgruppe stürmt nach
vorwärts, um das Endziel des Lebens möglichst bald zu erreichen, die
andere schnellt an einer gewissen Stelle dieses Weges zurück, um ihn von
einem bestimmten Punkt an nochmals zu machen und so die Dauer des Weges
zu verlängern. Aber wenn auch Sexualität und Unterschied der
Geschlechter zu Beginn des Lebens gewiß nicht vorhanden waren, so bleibt
es doch möglich, daß die später als sexuell zu bezeichnenden Triebe von
allem Anfang an in Tätigkeit getreten sind und ihre Gegenarbeit gegen
das Spiel der »Ichtriebe« nicht erst zu einem späteren Zeitpunkte
aufgenommen haben.

Greifen wir nun selbst ein erstes Mal zurück, um zu fragen, ob nicht
alle diese Spekulationen der Begründung entbehren. Gibt es wirklich,
_abgesehen von den Sexualtrieben_, keine anderen Triebe als solche, die
einen früheren Zustand wiederherstellen wollen, nicht auch andere, die
nach einem noch nie erreichten streben? Ich weiß in der organischen Welt
kein sicheres Beispiel, das unserer vorgeschlagenen Charakteristik
widerspräche. Ein allgemeiner Trieb zur Höherentwicklung in der Tier-
und Pflanzenwelt läßt sich gewiß nicht feststellen, wenn auch eine
solche Entwicklungsrichtung tatsächlich unbestritten bleibt. Aber
einerseits ist es vielfach nur Sache unserer Einschätzung, wenn wir eine
Entwicklungsstufe für höher als eine andere erklären, und andererseits
zeigt uns die Wissenschaft des Lebenden, daß Höherentwicklung in einem
Punkte sehr häufig durch Rückbildung in einem anderen erkauft oder
wettgemacht wird. Auch gibt es Tierformen genug, deren Jugendzustände
uns erkennen lassen, daß ihre Entwicklung vielmehr einen
rückschreitenden Charakter genommen hat. Höherentwicklung wie
Rückbildung könnten beide Folgen der zur Anpassung drängenden äußeren
Kräfte sein, und die Rolle der Triebe konnte sich für beide Fälle darauf
beschränken, die aufgezwungene Veränderung als innere Lustquelle
festzuhalten[15].

  [15] Auf anderem Wege ist _Ferenczi_ zur Möglichkeit derselben
  Auffassung gelangt (Entwicklungsstufen des Wirklichkeitssinnes,
  Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse, I, 1913): »Bei
  konsequenter Durchführung dieses Gedankenganges muß man sich mit
  der Idee einer auch das organische Leben beherrschenden Beharrungs-
  resp. Regressionstendenz vertraut machen, während die Tendenz nach
  Fortentwicklung, Anpassung etc. nur auf äußere Reize hin lebendig
  wird.« (S. 137.)

Vielen von uns mag es auch schwer werden, auf den Glauben zu verzichten,
daß im Menschen selbst ein Trieb zur Vervollkommnung wohnt, der ihn auf
seine gegenwärtige Höhe geistiger Leistung und ethischer Sublimierung
gebracht hat, und von dem man erwarten darf, daß er seine Entwicklung
zum Übermenschen besorgen wird. Allein ich glaube nicht an einen solchen
inneren Trieb und sehe keinen Weg, diese wohltuende Illusion zu schonen.
Die bisherige Entwicklung des Menschen scheint mir keiner anderen
Erklärung zu bedürfen als die der Tiere, und was man an einer Minderzahl
von menschlichen Individuen als rastlosen Drang zu weiterer
Vervollkommnung beobachtet, läßt sich ungezwungen als Folge der
Triebverdrängung verstehen, auf welche das Wertvollste an der
menschlichen Kultur aufgebaut ist. Der verdrängte Trieb gibt es nie auf,
nach seiner vollen Befriedigung zu streben, die in der Wiederholung
eines primären Befriedigungserlebnisses bestünde; alle Ersatz-,
Reaktionsbildungen und Sublimierungen sind ungenügend, um seine
anhaltende Spannung aufzuheben, und aus der Differenz zwischen der
gefundenen und der geforderten Befriedigungslust ergibt sich das
treibende Moment, welches bei keiner der hergestellten Situationen zu
verharren gestattet, sondern nach des Dichters Worten »ungebändigt immer
vorwärts dringt« (Mephisto im »Faust«, I, Studierzimmer). Der Weg nach
rückwärts, zur vollen Befriedigung, ist in der Regel durch die
Widerstände, welche die Verdrängungen aufrecht halten, verlegt, und
somit bleibt nichts anderes übrig, als in der anderen, noch freien
Entwicklungsrichtung fortzuschreiten, allerdings ohne Aussicht, den
Prozeß abschließen und das Ziel erreichen zu können. Die Vorgänge bei
der Ausbildung einer neurotischen Phobie, die ja nichts anderes als ein
Fluchtversuch vor einer Triebbefriedigung ist, geben uns das Vorbild für
die Entstehung dieses anscheinenden »Vervollkommnungstriebes«, den wir
aber unmöglich allen menschlichen Individuen zuschreiben können. Die
dynamischen Bedingungen dafür sind zwar ganz allgemein vorhanden, aber
die ökonomischen Verhältnisse scheinen das Phänomen nur in seltenen
Fällen zu begünstigen.



VI.


Unser bisheriges Ergebnis, welches einen scharfen Gegensatz zwischen den
»Ichtrieben« und den Sexualtrieben aufstellt, die ersteren zum Tode und
die letzteren zur Lebenserhaltung drängen läßt, wird uns gewiß nach
vielen Richtungen selbst nicht befriedigen. Dazu kommt, daß wir
eigentlich nur für die ersteren den konservativen oder besser
regredierenden, einem Wiederholungszwang entsprechenden Charakter des
Triebes in Anspruch nehmen konnten. Denn nach unserer Annahme rühren die
Ichtriebe von der Belebung der unbelebten Materie her und wollen die
Unbelebtheit wieder herstellen. Die Sexualtriebe hingegen -- es ist
augenfällig, daß sie primitive Zustände des Lebewesens reproduzieren,
aber ihr mit allen Mitteln angestrebtes Ziel ist die Verschmelzung
zweier in bestimmter Weise differenzierter Keimzellen. Wenn diese
Vereinigung nicht zustande kommt, dann stirbt die Keimzelle wie alle
anderen Elemente des vielzelligen Organismus. Nur unter dieser Bedingung
kann die Geschlechtsfunktion das Leben verlängern und ihm den Schein der
Unsterblichkeit verleihen. Welches wichtige Ereignis im Entwicklungsgang
der lebenden Substanz wird aber durch die geschlechtliche Fortpflanzung
oder ihren Vorläufer, die Kopulation zweier Individuen unter den
Protisten, wiederholt? Das wissen wir nicht zu sagen, und darum würden
wir es als Erleichterung empfinden, wenn unser ganzer Gedankenaufbau
sich als irrtümlich erkennen ließe. Der Gegensatz von Ich(Todes-)trieben
und Sexual(Lebens-)trieben würde dann entfallen, damit auch der
Wiederholungszwang die ihm zugeschriebene Bedeutung einbüßen.

Kehren wir darum zu einer von uns eingeflochtenen Annahme zurück, in der
Erwartung, sie werde sich exakt widerlegen lassen. Wir haben auf Grund
der Voraussetzung weitere Schlüsse aufgebaut, daß alles Lebende aus
inneren Ursachen sterben müsse. Wir haben diese Annahme so sorglos
gemacht, weil sie uns nicht als solche erscheint. Wir sind gewohnt so zu
denken, unsere Dichter bestärken uns darin. Vielleicht haben wir uns
dazu entschlossen, weil ein Trost in diesem Glauben liegt. Wenn man
schon selbst sterben und vorher seine Liebsten durch den Tod verlieren
soll, so will man lieber einem unerbittlichen Naturgesetz, der hehren
Ἀναγκη, erlegen sein, als einem Zufall, der sich etwa noch hätte
vermeiden lassen. Aber vielleicht ist dieser Glaube an die innere
Gesetzmäßigkeit des Sterbens auch nur eine der Illusionen, die wir uns
geschaffen haben, »um die Schwere des Daseins zu ertragen«. Ursprünglich
ist er sicherlich nicht, den primitiven Völkern ist die Idee eines
»natürlichen Todes« fremd; sie führen jedes Sterben unter ihnen auf den
Einfluß eines Feindes oder eines bösen Geistes zurück. Versäumen wir es
darum nicht, uns zur Prüfung dieses Glaubens an die biologische
Wissenschaft zu wenden.

Wenn wir so tun, dürfen wir erstaunt sein, wie wenig die Biologen in der
Frage des natürlichen Todes einig sind, ja daß ihnen der Begriff des
Todes überhaupt unter den Händen zerrinnt. Die Tatsache einer bestimmten
durchschnittlichen Lebensdauer wenigstens bei höheren Tieren spricht
natürlich für den Tod aus inneren Ursachen, aber der Umstand, daß
einzelne große Tiere und riesenhafte Baumgewächse ein sehr hohes und
bisher nicht abschätzbares Alter erreichen, hebt diesen Eindruck wieder
auf. Nach der großartigen Konzeption von W. _Fließ_ sind alle
Lebenserscheinungen -- und gewiß auch der Tod -- der Organismen an die
Erfüllung bestimmter Termine gebunden, in denen die Abhängigkeit zweier
lebenden Substanzen, einer männlichen und einer weiblichen, vom
Sonnenjahr zum Ausdruck kommt. Allein die Beobachtungen, wie leicht und
bis zu welchem Ausmaß es dem Einflusse äußerer Kräfte möglich ist, die
Lebensäußerungen insbesondere der Pflanzenwelt in ihrem zeitlichen
Auftreten zu verändern, sie zu verfrühen oder hintanzuhalten, sträuben
sich gegen die Starrheit der _Fließ_'schen Formeln und lassen zum
mindesten an der Alleinherrschaft der von ihm aufgestellten Gesetze
zweifeln.

Das größte Interesse knüpft sich für uns an die Behandlung, welche das
Thema von der Lebensdauer und vom Tode der Organismen in den Arbeiten
von A. _Weismann_ gefunden hat[16]. Von diesem Forscher rührt die
Unterscheidung der lebenden Substanz in eine sterbliche und unsterbliche
Hälfte her; die sterbliche ist der Körper im engeren Sinne, das _Soma_,
sie allein ist dem natürlichen Tode unterworfen, die Keimzellen aber
sind potentia unsterblich, insofern sie imstande sind, unter gewissen
günstigen Bedingungen sich zu einem neuen Individuum zu entwickeln, oder
anders ausgedrückt, sich mit einem neuen Soma zu umgeben[17].

  [16] Über die Dauer des Lebens, 1882; Über Leben und Tod, 1892; Das
  Keimplasma, 1892, u. a.

  [17] Über Leben und Tod, 2. Aufl. 1892, S. 20.

Was uns hieran fesselt, ist die unerwartete Analogie mit unserer
eigenen, auf so verschiedenem Wege entwickelten Auffassung. _Weismann_,
der die lebende Substanz morphologisch betrachtet, erkennt in ihr einen
Bestandteil, der dem Tode verfallen ist, das Soma, den Körper abgesehen
vom Geschlechts- und Vererbungsstoff, und einen unsterblichen, eben
dieses Keimplasma, welches der Erhaltung der Art, der Fortpflanzung,
dient. Wir haben nicht den lebenden Stoff, sondern die in ihm tätigen
Kräfte eingestellt, und sind dazu geführt worden, zwei Arten von Trieben
zu unterscheiden, jene, welche das Leben zum Tod führen wollen, die
anderen, die Sexualtriebe, welche immer wieder die Erneuerung des Lebens
anstreben und durchsetzen. Das klingt wie ein dynamisches Korollar zu
_Weismann's_ morphologischer Theorie.

Der Anschein einer bedeutsamen Übereinstimmung verflüchtigt sich
alsbald, wenn wir _Weismann's_ Entscheidung über das Problem des Todes
vernehmen. Denn _Weismann_ läßt die Sonderung vom sterblichen Soma und
unsterblichen Keimplasma erst bei den vielzelligen Organismen gelten,
bei den einzelligen Tieren sind Individuum und Fortpflanzungszelle noch
ein- und dasselbe[18]. Die Einzelligen erklärt er also für potentiell
unsterblich, der Tod tritt erst bei den Metazoen, den Vielzelligen, auf.
Dieser Tod der höheren Lebewesen ist allerdings ein natürlicher, ein Tod
aus inneren Ursachen, aber er beruht nicht auf einer Ureigenschaft der
lebenden Substanz[19], kann nicht als eine absolute, im Wesen des Lebens
begründete Notwendigkeit aufgefaßt werden[20]. Der Tod ist vielmehr eine
Zweckmäßigkeitseinrichtung, eine Erscheinung der Anpassung an die
äußeren Lebensbedingungen, weil von der Sonderung der Körperzellen in
Soma und Keimplasmen an die unbegrenzte Lebensdauer des Individuums ein
ganz unzweckmäßiger Luxus geworden wäre. Mit dem Eintritt dieser
Differenzierung bei den Vielzelligen wurde der Tod möglich und
zweckmäßig. Seither stirbt das Soma der höheren Lebewesen aus inneren
Gründen zu bestimmten Zeiten ab, die Protisten aber sind unsterblich
geblieben. Die Fortpflanzung hingegen ist nicht erst mit dem Tod
eingeführt worden, sie ist vielmehr eine Ureigenschaft der lebenden
Materie wie das Wachstum, aus welchem sie hervorging, und das Leben ist
von seinem Beginn auf Erden an kontinuierlich geblieben[21].

  [18] Dauer des Lebens, S. 38.

  [19] Leben und Tod, 2. Aufl., S. 67.

  [20] Dauer des Lebens, S. 33.

  [21] Über Leben und Tod, Schluß.

Es ist leicht einzusehen, daß das Zugeständnis eines natürlichen Todes
für die höheren Organismen unserer Sache wenig hilft. Wenn der Tod eine
späte Erwerbung der Lebewesen ist, dann kommen Todestriebe, die sich vom
Beginn des Lebens auf Erden ableiten, weiter nicht in Betracht. Die
Vielzelligen mögen dann immerhin aus inneren Gründen sterben, an den
Mängeln ihrer Differenzierung oder an den Unvollkommenheiten ihres
Stoffwechsels; es hat für die Frage, die uns beschäftigt, kein
Interesse. Eine solche Auffassung und Ableitung des Todes liegt dem
gewohnten Denken der Menschen auch sicherlich viel näher als die
befremdende Annahme von »Todestrieben«.

Die Diskussion, die sich an die Aufstellungen von _Weismann_
angeschlossen, hat nach meinem Urteil in keiner Richtung Entscheidendes
ergeben[22]. Manche Autoren sind zum Standpunkt von _Goette_
zurückgekehrt (1883), der in dem Tod die direkte Folge der Fortpflanzung
sah. _Hartmann_ charakterisiert den Tod nicht durch Auftreten einer
»Leiche«, eines abgestorbenen Anteiles der lebenden Substanz, sondern
definiert ihn als den »Abschluß der individuellen Entwicklung«. In
diesem Sinne sind auch die Protozoen sterblich, der Tod fällt bei ihnen
immer mit der Fortpflanzung zusammen, aber er wird durch diese
gewissermaßen verschleiert, indem die ganze Substanz des Elterntieres
direkt in die jungen Kinderindividuen übergeführt werden kann (l. c.,
S. 29).

  [22] Vgl. Max _Hartmann_, Tod und Fortpflanzung, 1906; Alex.
  _Lipschütz_, Warum wir sterben, Kosmosbücher, 1914; Franz _Doflein_,
  Das Problem des Todes und der Unsterblichkeit bei den Pflanzen und
  Tieren, 1919.

Das Interesse der Forschung hat sich bald darauf gerichtet, die
behauptete Unsterblichkeit der lebenden Substanz an den Einzelligen
experimentell zu erproben. Ein Amerikaner, _Woodruff_, hat ein
bewimpertes Infusorium, ein »Pantoffeltierchen«, das sich durch Teilung
in zwei Individuen fortpflanzt, in Zucht genommen und es bis zur
3029sten Generation, wo er den Versuch abbrach, verfolgt, indem er
jedesmal das eine der Teilprodukte isolierte und in frisches Wasser
brachte. Dieser späte Abkömmling des ersten Pantoffeltierchens war
ebenso frisch wie der Urahn, ohne alle Zeichen des Alterns oder der
Degeneration; somit schien, wenn solchen Zahlen bereits Beweiskraft
zukommt, die Unsterblichkeit der Protisten experimentell erweisbar[23].

  [23] Für dies und das Folgende vgl. _Lipschütz_ l. c., S. 26 und
  52 ff.

Andere Forscher sind zu anderen Resultaten gekommen. _Maupas_, _Calkins_
u. a. haben im Gegensatz zu _Woodruff_ gefunden, daß auch diese
Infusorien nach einer gewissen Anzahl von Teilungen schwächer werden, an
Größe abnehmen, einen Teil ihrer Organisation einbüßen und endlich
sterben, wenn sie nicht gewisse auffrischende Einflüsse erfahren.
Demnach stürben die Protozoen nach einer Phase des Altersverfalls ganz
wie die höheren Tiere, so recht im Widerspruch zu den Behauptungen
_Weismann's_, der den Tod als eine späte Erwerbung der lebenden
Organismen anerkennt.

Aus dem Zusammenhang dieser Untersuchungen heben wir zwei Tatsachen
heraus, die uns einen festen Anhalt zu bieten scheinen. Erstens: Wenn
die Tierchen zu einem Zeitpunkt, da sie noch keine Altersveränderung
zeigen, miteinander zuzweit verschmelzen, »kopulieren« können -- worauf
sie nach einiger Zeit wieder auseinandergehen --, so bleiben sie vom
Alter verschont, sie sind »verjüngt« worden. Diese Kopulation ist doch
wohl der Vorläufer der geschlechtlichen Fortpflanzung höherer Wesen; sie
hat mit der Vermehrung noch nichts zu tun, beschränkt sich auf die
Vermischung der Substanzen beider Individuen (_Weismann's_ Amphimixis).
Der auffrischende Einfluß der Kopulation kann aber auch ersetzt werden
durch bestimmte Reizmittel, Veränderungen in der Zusammensetzung der
Nährflüssigkeit, Temperatursteigerung oder Schütteln. Man erinnert sich
an das berühmte Experiment von J. _Loeb_, der Seeigeleier durch gewisse
chemische Reize zu Teilungsvorgängen zwang, die sonst nur nach der
Befruchtung auftreten.

Zweitens: Es ist doch wahrscheinlich, daß die Infusorien durch ihren
eigenen Lebensprozeß zu einem natürlichen Tod geführt werden, denn der
Widerspruch zwischen den Ergebnissen von _Woodruff_ und von anderen
rührt daher, daß _Woodruff_ jede neue Generation in frische
Nährflüssigkeit brachte. Unterließ er dies, so beobachtete er dieselben
Altersveränderungen der Generationen wie die anderen Forscher. Er
schloß, daß die Tierchen durch die Produkte des Stoffwechsels, die sie
an die umgebende Flüssigkeit abgeben, geschädigt werden, und konnte dann
überzeugend nachweisen, daß nur die Produkte des _eigenen_ Stoffwechsels
diese zum Tod der Generation führende Wirkung haben. Denn in einer
Lösung, die mit den Abfallsprodukten einer entfernter verwandten Art
übersättigt war, gediehen dieselben Tierchen ausgezeichnet, die, in
ihrer eigenen Nährflüssigkeit angehäuft, sicher zugrunde gingen. Das
Infusor stirbt also, sich selbst überlassen, eines natürlichen Todes an
der Unvollkommenheit der Beseitigung seiner eigenen Stoffwechselprodukte;
aber vielleicht sterben auch alle höheren Tiere im Grunde an dem
gleichen Unvermögen.

Es mag uns da der Zweifel anwandeln, ob es überhaupt zweckdienlich war,
die Entscheidung der Frage nach dem natürlichen Tod im Studium der
Protozoen zu suchen. Die primitive Organisation dieser Lebewesen mag uns
wichtige Verhältnisse verschleiern, die auch bei ihnen statthaben, aber
erst bei höheren Tieren erkannt werden können, wo sie sich einen
morphologischen Ausdruck verschafft haben. Wenn wir den morphologischen
Standpunkt verlassen, um den dynamischen einzunehmen, so kann es uns
überhaupt gleichgültig sein, ob sich der natürliche Tod der Protozoen
erweisen läßt oder nicht. Bei ihnen hat sich die später als unsterblich
erkannte Substanz von der sterblichen noch in keiner Weise gesondert.
Die Triebkräfte, die das Leben in den Tod überführen wollen, könnten
auch in ihnen von Anfang an wirksam sein, und doch könnte ihr Effekt
durch den der lebenserhaltenden Kräfte so gedeckt werden, daß ihr
direkter Nachweis sehr schwierig wird. Wir haben allerdings gehört, daß
die Beobachtungen der Biologen uns die Annahme solcher zum Tod führenden
inneren Vorgänge auch für die Protisten gestatten. Aber selbst, wenn die
Protisten sich als unsterblich im Sinne von _Weismann_ erweisen, so gilt
seine Behauptung, der Tod sei eine späte Erwerbung, nur für die
manifesten Äußerungen des Todes und macht keine Annahme über die zum
Tode drängenden Prozesse unmöglich. Unsere Erwartung, die Biologie werde
die Anerkennung der Todestriebe glatt beseitigen, hat sich nicht
erfüllt. Wir können uns mit ihrer Möglichkeit weiter beschäftigen, wenn
wir sonst Gründe dafür haben. Die auffällige Ähnlichkeit der
_Weismann_'schen Sonderung von Soma und Keimplasma mit unserer Scheidung
der Todestriebe von den Lebenstrieben bleibt aber bestehen und erhält
ihren Wert wieder.

Verweilen wir kurz bei dieser exquisit dualistischen Auffassung des
Trieblebens. Nach der Theorie E. _Hering's_ von den Vorgängen in der
lebenden Substanz laufen in ihr unausgesetzt zweierlei Prozesse
entgegengesetzter Richtung ab, die einen aufbauend -- assimilatorisch,
die anderen abbauend -- dissimilatorisch. Sollen wir es wagen, in diesen
beiden Richtungen der Lebensprozesse die Betätigung unserer beiden
Triebregungen, der Lebenstriebe und der Todestriebe, zu erkennen? Aber
etwas anderes können wir uns nicht verhehlen, daß wir unversehens in den
Hafen der Philosophie _Schopenhauer's_ eingelaufen sind, für den ja der
Tod »das eigentliche Resultat« und insofern der Zweck des Lebens ist[24],
der Sexualtrieb aber die Verkörperung des Willens zum Leben.

  [24] Ȇber die anscheinende Absichtlichkeit im Schicksale des
  Einzelnen«, Großherzog Wilhelm Ernst-Ausgabe, IV. Bd., S. 268.

Versuchen wir kühn, einen Schritt weiter zu gehen. Nach allgemeiner
Einsicht ist die Vereinigung zahlreicher Zellen zu einem Lebensverband,
die Vielzelligkeit der Organismen, ein Mittel zur Verlängerung ihrer
Lebensdauer geworden. Eine Zelle hilft dazu, das Leben der anderen zu
erhalten, und der Zellenstaat kann weiter leben, auch wenn einzelne
Zellen absterben müssen. Wir haben bereits gehört, daß auch die
Kopulation, die zeitweilige Verschmelzung zweier Einzelligen,
lebenserhaltend und verjüngend auf beide wirkt. Somit könnte man den
Versuch machen, die in der Psychoanalyse gewonnene Libidotheorie auf das
Verhältnis der Zellen zueinander zu übertragen und sich vorzustellen,
daß es die in jeder Zelle tätigen Lebens- oder Sexualtriebe sind, welche
die anderen Zellen zum Objekt nehmen, deren Todestriebe, d. i. die von
diesen angeregten Prozesse, teilweise neutralisieren und sie so am Leben
erhalten, während andere Zellen dasselbe für sie besorgen und noch
andere in der Ausübung dieser libidinösen Funktion sich selbst
aufopfern. Die Keimzellen selbst würden sich absolut »narzißtisch«
benehmen, wie wir es in der Neurosenlehre zu bezeichnen gewohnt sind,
wenn ein ganzes Individuum seine Libido im Ich behält und nichts von ihr
für Objektbesetzungen verausgabt. Die Keimzellen brauchen ihre Libido,
die Tätigkeit ihrer Lebenstriebe, für sich selbst als Vorrat für ihre
spätere, großartig aufbauende Tätigkeit. Vielleicht darf man auch die
Zellen der bösartigen Neugebilde, die den Organismus zerstören, für
narzißtisch in demselben Sinne erklären. Die Pathologie ist ja bereit,
ihre Keime für mitgeboren zu halten und ihnen embryonale Eigenschaften
zuzugestehen. So würde also die Libido unserer Sexualtriebe mit dem
Eros der Dichter und Philosophen zusammenfallen, der alles Lebende
zusammenhält.

An dieser Stelle finden wir den Anlaß, die langsame Entwicklung unserer
Libidotheorie zu überschauen. Die Analyse der Übertragungsneurosen zwang
uns zunächst den Gegensatz zwischen »Sexualtrieben«, die auf das Objekt
gerichtet sind, und anderen Trieben auf, die wir nur sehr ungenügend
erkannten und vorläufig als »Ichtriebe« bezeichneten. Unter ihnen mußten
Triebe, die der Selbsterhaltung des Individuums dienen, in erster Linie
anerkannt werden. Was für andere Unterscheidungen da zu machen waren,
konnte man nicht wissen. Keine Kenntnis wäre für die Begründung einer
richtigen Psychologie so wichtig gewesen, wie eine ungefähre Einsicht in
die gemeinsame Natur und die etwaigen Besonderheiten der Triebe. Aber
auf keinem Gebiete der Psychologie tappte man so sehr im Dunkeln.
Jedermann stellte so viele Triebe oder »Grundtriebe« auf, als ihm
beliebte, und wirtschaftete mit ihnen wie die alten griechischen
Naturphilosophen mit ihren vier Elementen: dem Wasser, der Erde, dem
Feuer und der Luft. Die Psychoanalyse, die irgendeiner Annahme über die
Triebe nicht entraten konnte, hielt sich vorerst an die populäre
Triebunterscheidung, für die das Wort von »Hunger und Liebe« vorbildlich
ist. Es war wenigstens kein neuer Willkürakt. Damit reichte man in der
Analyse der Psychoneurosen ein ganzes Stück weit aus. Der Begriff der
»Sexualität« -- und damit der eines Sexualtriebes -- mußte freilich
erweitert werden, bis er vieles einschloß, was sich nicht der
Fortpflanzungsfunktion einordnete, und darüber gab es Lärm genug in der
strengen, vornehmen oder bloß heuchlerischen Welt.

Der nächste Schritt erfolgte, als sich die Psychoanalyse näher an das
psychologische Ich herantasten konnte, das ihr zunächst nur als
verdrängende, zensurierende und zu Schutzbauten, Reaktionsbildungen
befähigte Instanz bekannt geworden war. Kritische und andere
weitblickende Geister hatten zwar längst gegen die Einschränkung des
Libidobegriffes auf die Energie der dem Objekt zugewendeten Sexualtriebe
Einspruch erhoben. Aber sie versäumten es mitzuteilen, woher ihnen die
bessere Einsicht gekommen war, und verstanden nicht, etwas für die
Analyse Brauchbares aus ihr abzuleiten. In bedächtigerem Fortschreiten
fiel es nun der psychoanalytischen Beobachtung auf, wie regelmäßig Libido
vom Objekt abgezogen und aufs Ich gerichtet wird (Introversion), und indem
sie die Libidoentwicklung des Kindes in ihren frühesten Phasen studierte,
kam sie zur Einsicht, daß das Ich das eigentliche und ursprüngliche
Reservoir der Libido sei, die erst von da aus auf das Objekt erstreckt
werde. Das Ich trat unter die Sexualobjekte und wurde gleich als das
vornehmste unter ihnen erkannt. Wenn die Libido so im Ich verweilte,
wurde sie narzißtisch genannt[25]. Diese narzißtische Libido war
natürlich auch die Kraftäußerung von Sexualtrieben im analytischen Sinne,
die man mit den von Anfang an zugestandenen »Selbsterhaltungstrieben«
identifizieren mußte. Somit war der ursprüngliche Gegensatz von
Ichtrieben und Sexualtrieben unzureichend geworden. Ein Teil der
Ichtriebe war als libidinös erkannt; im Ich waren -- neben anderen
wahrscheinlich -- auch Sexualtriebe wirksam, doch ist man berechtigt zu
sagen, daß die alte Formel, die Psychoneurose beruhe auf einem Konflikt
zwischen den Ichtrieben und den Sexualtrieben, nichts enthielt, was
heute zu verwerfen wäre. Der Unterschied der beiden Triebarten, der
ursprünglich irgendwie qualitativ gemeint war, ist jetzt nur anders,
nämlich _topisch_ zu bestimmen. Insbesondere die Übertragungsneurose,
das eigentliche Studienobjekt der Psychoanalyse, bleibt das Ergebnis
eines Konflikts zwischen dem Ich und der libidinösen Objektbesetzung.

  [25] Zur Einführung des Narzißmus. Jahrbuch der Psychoanalyse, VI,
  1914, und Sammlung kleiner Schriften zur Neurosenlehre, IV. Folge,
  1918.

Um so mehr müssen wir den libidinösen Charakter der
Selbsterhaltungstriebe jetzt betonen, da wir den weiteren Schritt wagen,
den Sexualtrieb als den alles erhaltenden Eros zu erkennen und die
narzißtische Libido des Ichs aus den Libidobeiträgen ableiten, mit denen
die Somazellen aneinander haften. Nun aber finden wir uns plötzlich
folgender Frage gegenüber: Wenn auch die Selbsterhaltungstriebe
libidinöser Natur sind, dann haben wir vielleicht überhaupt keine
anderen Triebe als libidinöse. Es sind wenigstens keine anderen zu
sehen. Dann muß man aber doch den Kritikern recht geben, die von Anfang
an geahnt haben, die Psychoanalyse erkläre _alles_ aus der Sexualität,
oder den Neuerern wie _Jung_, die, kurz entschlossen, Libido für
»Triebkraft« überhaupt gebraucht haben. Ist dem nicht so?

In unserer Absicht läge dies Resultat allerdings nicht. Wir sind ja
vielmehr von einer scharfen Scheidung zwischen Ichtrieben = Todestrieben
und Sexualtrieben = Lebenstrieben ausgegangen. Wir waren ja bereit, auch
die angeblichen Selbsterhaltungstriebe des Ichs zu den Todestrieben zu
rechnen, was wir seither berichtigend zurückgezogen haben. Unsere
Auffassung war von Anfang eine _dualistische_ und sie ist es heute
schärfer denn zuvor, seitdem wir die Gegensätze nicht mehr Ich- und
Sexualtriebe, sondern Lebens- und Todestriebe benennen. _Jung's_
Libidotheorie ist dagegen eine monistische; daß er seine einzige
Triebkraft Libido geheißen hat, mußte Verwirrung stiften, soll uns aber
weiter nicht beeinflussen. Wir vermuten, daß im Ich noch andere als die
libidinösen Selbsterhaltungstriebe tätig sind, wir sollten nur imstande
sein, sie aufzuzeigen. Es ist zu bedauern, daß die Analyse des Ichs so
wenig fortgeschritten ist, daß dieser Nachweis uns recht schwer wird.
Die libidinösen Triebe des Ichs mögen allerdings in besonderer Weise mit
den anderen, uns noch fremden Ichtrieben verknüpft sein. Noch ehe wir
den Narzißmus klar erkannt hatten, bestand bereits in der Psychoanalyse
die Vermutung, daß die »Ichtriebe« libidinöse Komponenten an sich
gezogen haben. Aber das sind recht unsichere Möglichkeiten, denen die
Gegner kaum Rechnung tragen werden. Es bleibt mißlich, daß uns die
Analyse bisher immer nur in den Stand gesetzt hat, libidinöse Triebe
nachzuweisen. Den Schluß, daß es andere nicht gibt, möchten wir darum
doch nicht mitmachen.

Bei dem gegenwärtigen Dunkel der Trieblehre tun wir wohl nicht gut,
irgend einen Einfall, der uns Aufklärung verspricht, zurückzuweisen. Wir
sind von der großen Gegensätzlichkeit von Lebens- und Todestrieben
ausgegangen. Die Objektliebe selbst zeigt uns eine zweite solche
Polarität, die von Liebe (Zärtlichkeit) und Haß (Aggression). Wenn es
uns nun gelänge, diese beiden Polaritäten in Beziehung zu einander zu
bringen, die eine auf die andere zurückzuführen! Wir haben von jeher
eine sadistische Komponente des Sexualtriebes anerkannt[26]; sie kann
sich, wie wir wissen, selbständig machen und als Perversion das gesamte
Sexualstreben der Person beherrschen. Sie tritt auch in einer der von
mir sogenannten »prägenitalen Organisationen« als dominierender
Partialtrieb hervor. Wie soll man aber den sadistischen Trieb, der auf
die Schädigung des Objektes zielt, vom lebenserhaltenden Eros ableiten
können? Liegt da nicht die Annahme nahe, daß dieser Sadismus eigentlich
ein Todestrieb ist, der durch den Einfluß der narzißtischen Libido vom
Ich abgedrängt wurde, so daß er erst am Objekt zum Vorschein kommt? Er
tritt dann in den Dienst der Sexualfunktion; im oralen Organisationsstadium
der Libido fällt die Liebesbemächtigung noch mit der Vernichtung des
Objekts zusammen, später trennt sich der sadistische Trieb ab und
endlich übernimmt er auf der Stufe des Genitalprimats zum Zwecke der
Fortpflanzung die Funktion, das Sexualobjekt so weit zu bewältigen, als
es die Ausführung des Geschlechtsaktes erfordert. Ja, man könnte sagen,
der aus dem Ich herausgedrängte Sadismus habe den libidinösen Komponenten
des Sexualtriebs den Weg gezeigt; späterhin drängen diese zum Objekt
nach. Wo der ursprüngliche Sadismus keine Ermäßigung und Verschmelzung
erfährt, ist die bekannte Liebe-Haß-Ambivalenz des Liebeslebens
hergestellt.

  [26] »Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie«, von der 1. Auflage, 1905,
  an.

Wenn es erlaubt ist, eine solche Annahme zu machen, so wäre die
Forderung erfüllt, ein Beispiel eines -- allerdings verschobenen --
Todestriebes aufzuzeigen. Nur daß diese Auffassung von jeder
Anschaulichkeit weit entfernt ist und einen geradezu mystischen Eindruck
macht. Wir kommen in den Verdacht, um jeden Preis eine Auskunft aus
einer großen Verlegenheit gesucht zu haben. Dann dürfen wir uns darauf
berufen, daß eine solche Annahme nicht neu ist, daß wir sie bereits
früher einmal gemacht haben, als von einer Verlegenheit noch keine Rede
war. Klinische Beobachtungen haben uns seinerzeit zur Auffassung
genötigt, daß der dem Sadismus komplementäre Partialtrieb des
Masochismus als eine Rückwendung des Sadismus gegen das eigene Ich zu
verstehen sei[27]. Eine Wendung des Triebs vom Objekt zum Ich ist aber
prinzipiell nichts anderes als die Wendung vom Ich zum Objekt, die hier
als neu in Frage steht. Der Masochismus, die Wendung des Triebs gegen
das eigene Ich, wäre dann in Wirklichkeit eine Rückkehr zu einer
früheren Phase desselben, eine Regression. In einem Punkte bedürfte die
damals vom Masochismus gegebene Darstellung einer Berichtigung als allzu
ausschließlich; der Masochismus könnte auch, was ich dort bestreiten
wollte, ein primärer sein[28].

  [27] Vgl. Sexualtheorie, 4. Aufl., 1920, und »Triebe und
  Triebschicksale« in Sammlung kleiner Schriften, IV. Folge.

  [28] In einer inhalts- und gedankenreichen, für mich leider nicht ganz
  durchsichtigen Arbeit hat Sabina _Spielrein_ ein ganzes Stück dieser
  Spekulation vorweggenommen. Sie bezeichnet die sadistische Komponente
  des Sexualtriebes als die »destruktive«. (Die Destruktion als Ursache
  des Werdens. Jahrbuch für Psychoanalyse, IV, 1912.) In noch anderer
  Weise suchte A. _Stärcke_ (Inleiding by de vertaling, von S. Freud, De
  sexuele beschavingsmoral etc., 1914) den Libidobegriff selbst mit dem
  theoretisch zu supponierenden biologischen Begriff eines _Antriebes
  zum Tode_ zu identifizieren. (Vgl. auch _Rank_, Der Künstler.) Alle
  diese Bemühungen zeigen, wie die im Texte, von dem Drang nach einer
  noch nicht erreichten Klärung in der Trieblehre.

Aber kehren wir zu den lebenserhaltenden Sexualtrieben zurück. Schon aus
der Protistenforschung haben wir erfahren, daß die Verschmelzung zweier
Individuen ohne nachfolgende Teilung, die Kopulation, auf beide
Individuen, die sich dann bald voneinander lösen, stärkend und
verjüngend wirkt. (S. o. _Lipschütz_.) Sie zeigen in weiteren
Generationen keine Degenerationserscheinungen und scheinen befähigt, den
Schädlichkeiten ihres eigenen Stoffwechsels länger zu widerstehen. Ich
meine, daß diese eine Beobachtung als vorbildlich für den Effekt auch
der geschlechtlichen Vereinigung genommen werden darf. Aber auf welche
Weise bringt die Verschmelzung zweier wenig verschiedener Zellen eine
solche Erneuerung des Lebens zustande? Der Versuch, der die Kopulation
bei den Protozoen durch die Einwirkung chemischer, ja selbst
mechanischer Reize (l. c.) ersetzt, gestattet wohl eine sichere Antwort
zu geben: Es geschieht durch die Zufuhr neuer Reizgrößen. Das stimmt
nun aber gut zur Annahme, daß der Lebensprozeß des Individuums aus
inneren Gründen zur Abgleichung chemischer Spannungen, das heißt zum
Tode führt, während die Vereinigung mit einer individuell verschiedenen
lebenden Substanz diese Spannungen vergrößert, sozusagen neue
_Vitaldifferenzen_ einführt, die dann _abgelebt_ werden müssen. Für
diese Verschiedenheit muß es natürlich ein oder mehrere Optima geben.
Daß wir als die herrschende Tendenz des Seelenlebens, vielleicht des
Nervenlebens überhaupt, das Streben nach Herabsetzung, Konstanterhaltung,
Aufhebung der inneren Reizspannung erkannten (das _Nirwanaprinzip_ nach
einem Ausdruck von Barbara _Low_), wie es im Lustprinzip zum Ausdruck
kommt, das ist ja eines unserer stärksten Motive, an die Existenz von
Todestrieben zu glauben.

Als empfindliche Störung unseres Gedankenganges verspüren wir es aber
noch immer, daß wir gerade für den Sexualtrieb jenen Charakter eines
Wiederholungszwanges nicht nachweisen können, der uns zuerst zur Aufspürung
der Todestriebe führte. Das Gebiet der embryonalen Entwicklungsvorgänge
ist zwar überreich an solchen Wiederholungserscheinungen, die beiden
Keimzellen der geschlechtlichen Fortpflanzung und ihre Lebensgeschichte
sind selbst nur Wiederholungen der Anfänge des organischen Lebens; aber
das Wesentliche an den vom Sexualtrieb intendierten Vorgängen ist doch
die Verschmelzung zweier Zelleiber. Erst durch diese wird bei den
höheren Lebewesen die Unsterblichkeit der lebenden Substanz gesichert.

Mit anderen Worten: wir sollen Auskunft schaffen über die Entstehung der
geschlechtlichen Fortpflanzung und die Herkunft der Sexualtriebe
überhaupt, eine Aufgabe, vor der ein Außenstehender zurückschrecken muß,
und die von den Spezialforschern selbst bisher noch nicht gelöst werden
konnte. In knappster Zusammendrängung sei darum aus all den
widerstreitenden Angaben und Meinungen hervorgehoben, was einen Anschluß
an unseren Gedankengang zuläßt.

Die eine Auffassung benimmt dem Problem der Fortpflanzung seinen
geheimnisvollen Reiz, indem sie die Fortpflanzung als eine
Teilerscheinung des Wachstums darstellt. (Vermehrung durch Teilung,
Sproßung, Knospung.) Die Entstehung der Fortpflanzung durch
geschlechtlich differenzierte Keimzellen könnte man sich nach nüchterner
_Darwin_'scher Denkungsart so vorstellen, daß der Vorteil der
Amphimixis, der sich dereinst bei der zufälligen Kopulation zweier
Protisten ergab, in der ferneren Entwicklung festgehalten und weiter
ausgenützt wurde[29]. Das »Geschlecht« wäre also nicht sehr alt, und die
außerordentlich heftigen Triebe, welche die geschlechtliche Vereinigung
herbeiführen wollen, wiederholten dabei etwas, was sich zufällig einmal
ereignet und seither als vorteilhaft befestigt hat.

  [29] Obwohl _Weismann_ (Das Keimplasma, 1892) auch diesen Vorteil
  leugnet: »Die Befruchtung bedeutet keinesfalls eine Verjüngung oder
  Erneuerung des Lebens, sie wäre durchaus nicht notwendig zur Fortdauer
  des Lebens, sie ist nichts als _eine Einrichtung, um die Vermischung
  zweier verschiedener Vererbungstendenzen_ möglich zu machen.« Als die
  Wirkung einer solchen Vermischung betrachtet er aber doch eine
  Steigerung der Variabilität der Lebewesen.

Es ist hier wiederum wie beim Tod die Frage, ob man bei den Protisten
nichts anderes gelten lassen soll, als was sie zeigen, und ob man
annehmen darf, daß Kräfte und Vorgänge, die erst bei höheren Lebewesen
sichtbar werden, auch bei diesen zuerst entstanden sind. Für unsere
Absichten leistet die erwähnte Auffassung der Sexualität sehr wenig. Man
wird gegen sie einwenden dürfen, daß sie die Existenz von Lebenstrieben,
die schon im einfachsten Lebewesen wirken, voraussetzt, denn sonst wäre
ja die Kopulation, die dem Lebensablauf entgegenwirkt und die Aufgabe
des Ablebens erschwert, nicht festgehalten und ausgearbeitet, sondern
vermieden worden. Wenn man also die Annahme von Todestrieben nicht
fahren lassen will, muß man ihnen von allem Anfang an Lebenstriebe
zugesellen. Aber man muß es zugestehen, wir arbeiten da an einer
Gleichung mit zwei Unbekannten. Was wir sonst in der Wissenschaft über
die Entstehung der Geschlechtlichkeit finden, ist so wenig, daß man dies
Problem einem Dunkel vergleichen kann, in welches auch nicht der
Lichtstrahl einer Hypothese gedrungen ist. An ganz anderer Stelle
begegnen wir allerdings einer solchen Hypothese, die aber von so
phantastischer Art ist -- gewiß eher ein Mythus als eine
wissenschaftliche Erklärung --, daß ich nicht wagen würde, sie hier
anzuführen, wenn sie nicht gerade die eine Bedingung erfüllen würde,
nach deren Erfüllung wir streben. Sie leitet nämlich einen Trieb ab _von
dem Bedürfnis nach Wiederherstellung eines früheren Zustandes_.

Ich meine natürlich die Theorie, die _Plato_ im _Symposion_ durch
_Aristophanes_ entwickeln läßt, und die nicht nur die Herkunft des
Geschlechtstriebes, sondern auch seiner wichtigsten Variation in bezug
auf das Objekt behandelt[30]:

  [30] Übersetzung von Rud. _Kaßner_.

»Die menschliche Natur war ja einst ganz anders. Ursprünglich gab es
drei Geschlechter, drei und nicht wie heute zwei: neben dem männlichen
und weiblichen lebte ein drittes Geschlecht, welches an den beiden
ersten gleichen Anteil hatte, ....« Alles an diesen Menschen war aber
doppelt, sie hatten also vier Hände und vier Füße, zwei Gesichter,
doppelte Schamteile usw. Da ließ sich Zeus bewegen, jeden Menschen in
zwei Teile zu teilen, »wie man Birnen, um sie einzukochen,
entzweischneidet ....« »Als nun auf diese Weise die ganze Natur entzwei
war, kam in jedem Menschen die Sehnsucht nach seiner eigenen anderen
Hälfte, und die beiden Hälften schlugen die Arme umeinander und
verflochten ihre Leiber und _wollten wieder zusammenwachsen_ ....«[31]

  [31] Prof. _Heinrich Gomperz_ (Wien) verdanke ich die nachstehenden
  Andeutungen über die Herkunft des _Platoni_schen Mythus, die ich zum
  Teil in seinen Worten wiedergebe: Ich möchte darauf aufmerksam machen,
  daß sich wesentlich dieselbe Theorie auch schon in den _Upanishaden_
  findet. Denn _Brihad-Āranyaka-Upanishad_ I, 4, 3 (_Deussen_,
  60 Upanishads des Veda, S. 393), wo das Hervorgehen der Welt aus dem
  Ātman (dem Selbst oder Ich) geschildert wird, heißt es: ».... Aber
  er (der Ātman, das Selbst oder das Ich) hatte auch keine Freude;
  darum hat einer keine Freude, wenn er allein ist. Da begehrte er nach
  einem Zweiten. Nämlich er war so groß wie ein Weib und ein Mann, wenn
  sie sich umschlungen halten. Dieses sein Selbst zerfällte er in zwei
  Teile: daraus entstanden Gatte und Gattin. Darum ist dieser Leib an
  dem Selbst gleichsam eine Halbscheid, so nämlich hat es _Tajñavalkya_
  erklärt. Darum wird dieser leere Raum hier durch das Weib ausgefüllt.«

  Die _Brihad-Āranyaka-Upanishad_ ist die älteste aller Upanishaden
  und wird wohl von keinem urteilsfähigen Forscher später angesetzt als
  etwa um das Jahr 800 v. Chr. Die Frage, ob eine, wenn auch sehr
  mittelbare Abhängigkeit _Platon's_ von diesen indischen Gedanken
  möglich wäre, möchte ich im Gegensatz zur herrschenden Meinung nicht
  unbedingt verneinen, da eine solche Möglichkeit wohl auch für die
  Seelenwanderungslehre nicht geradezu in Abrede gestellt werden kann.
  Eine solche, zunächst durch Pythagoraeer vermittelte Abhängigkeit
  würde dem gedanklichen Zusammentreffen kaum etwas von seiner
  Bedeutsamkeit nehmen, da _Platon_ eine derartige ihm irgendwie aus
  orientalischer Überlieferung zugetragene Geschichte sich nicht zu
  eigen gemacht, geschweige denn ihr eine so bedeutsame Stellung
  angewiesen hätte, hätte sie ihm nicht selbst als wahrheitshältig
  eingeleuchtet.

  In einer Schrift von K. _Ziegler_, Menschen- und Weltenwerden (Neue
  Jahrbücher für das klassische Altertum, Bd. 31, Sonderabdruck 1913),
  die sich planmäßig mit der Erforschung des fraglichen Gedankens _vor
  Plato_ beschäftigt, wird dieser auf babylonische Vorstellungen
  zurückgeführt.

Sollen wir, dem Wink des Dichterphilosophen folgend, die Annahme wagen,
daß die lebende Substanz bei ihrer Belebung in kleine Partikel zerrissen
wurde, die seither durch die Sexualtriebe ihre Wiedervereinigung
anstreben? Daß diese Triebe, in denen sich die chemische Affinität der
unbelebten Materie fortsetzt, durch das Reich der Protisten hindurch
allmählich die Schwierigkeiten überwinden, welche eine mit
lebensgefährlichen Reizen geladene Umgebung diesem Streben
entgegensetzt, die sie zur Bildung einer schützenden Rindenschicht
nötigt? Daß diese zersprengten Teilchen lebender Substanz so die
Vielzelligkeit erreichen und endlich den Keimzellen den Trieb zur
Wiedervereinigung in höchster Konzentration übertragen? Ich glaube, es
ist hier die Stelle, abzubrechen.

Doch nicht, ohne einige Worte kritischer Besinnung anzuschließen. Man
könnte mich fragen, ob und inwieweit ich selbst von den hier
entwickelten Annahmen überzeugt bin. Meine Antwort würde lauten, daß ich
weder selbst überzeugt bin, noch bei anderen um Glauben für sie werbe.
Richtiger: ich weiß nicht, wie weit ich an sie glaube. Es scheint mir,
daß das affektive Moment der Überzeugung hier gar nicht in Betracht zu
kommen braucht. Man kann sich doch einem Gedankengang hingeben, ihn
verfolgen, soweit er führt, nur aus wissenschaftlicher Neugierde, oder
wenn man will, als advocatus diaboli, der sich darum doch nicht dem
Teufel selbst verschreibt. Ich verkenne nicht, daß der dritte Schritt in
der Trieblehre, den ich hier unternehme, nicht dieselbe Sicherheit
beanspruchen kann wie die beiden früheren, die Erweiterung des
Begriffes der Sexualität und die Aufstellung des Narzißmus. Diese
Neuerungen waren direkte Übersetzungen der Beobachtung in Theorie, mit
nicht größeren Fehlerquellen behaftet, als in all solchen Fällen
unvermeidlich ist. Die Behauptung des _regressiven_ Charakters der
Triebe ruht allerdings auch auf beobachtetem Material, nämlich auf den
Tatsachen des Wiederholungszwanges. Allein vielleicht habe ich deren
Bedeutung überschätzt. Die Durchführung dieser Idee ist jedenfalls nicht
anders möglich, als daß man mehrmals nacheinander Tatsächliches mit bloß
Erdachtem kombiniert und sich dabei weit von der Beobachtung entfernt.
Man weiß, daß das Endergebnis um so unverläßlicher wird, je öfter man
dies während des Aufbaues einer Theorie tut, aber der Grad der
Unsicherheit ist nicht angebbar. Man kann dabei glücklich geraten haben
oder schmählich in die Irre gegangen sein. Der sogenannten Intuition
traue ich bei solchen Arbeiten wenig zu; was ich von ihr gesehen habe,
schien mir eher der Erfolg einer gewissen Unparteilichkeit des
Intellekts. Nur daß man leider selten unparteiisch ist, wo es sich um
die letzten Dinge, die großen Probleme der Wissenschaft und des Lebens
handelt. Ich glaube, ein jeder wird da von innerlich tief begründeten
Vorlieben beherrscht, denen er mit seiner Spekulation unwissentlich in
die Hände arbeitet. Bei so guten Gründen zum Mißtrauen bleibt wohl
nichts anderes als ein kühles Wohlwollen für die Ergebnisse der eigenen
Denkbemühung möglich. Ich beeile mich nur hinzuzufügen, daß solche
Selbstkritik durchaus nicht zu besonderer Toleranz gegen abweichende
Meinungen verpflichtet. Man darf unerbittlich Theorien abweisen, denen
schon die ersten Schritte in der Analyse der Beobachtung widersprechen,
und kann dabei doch wissen, daß die Richtigkeit derer, die man vertritt,
doch nur eine vorläufige ist. In der Beurteilung unserer Spekulation
über die Lebens- und Todestriebe würde es uns wenig stören, daß so viel
befremdende und unanschauliche Vorgänge darin vorkommen, wie ein Trieb
werde von anderen herausgedrängt, oder er wende sich vom Ich zum Objekt
u. dgl. Dies rührt nur daher, daß wir genötigt sind, mit den
wissenschaftlichen Termini, das heißt, mit der eigenen Bildersprache der
Psychologie (richtig: der Tiefenpsychologie) zu arbeiten. Sonst könnten
wir die entsprechenden Vorgänge überhaupt nicht beschreiben, ja würden
sie gar nicht wahrgenommen haben. Die Mängel unserer Beschreibung würden
wahrscheinlich verschwinden, wenn wir anstatt der psychologischen
Termini schon die physiologischen oder chemischen einsetzen könnten.
Diese gehören zwar auch nur einer Bildersprache an, aber einer uns seit
längerer Zeit vertrauten und vielleicht auch einfacheren.

Hingegen wollen wir uns recht klar machen, daß die Unsicherheit unserer
Spekulation zu einem hohen Grade durch die Nötigung gesteigert wurde,
Anleihen bei der biologischen Wissenschaft zu machen. Die Biologie ist
wahrlich ein Reich der unbegrenzten Möglichkeiten, wir haben die
überraschendsten Aufklärungen von ihr zu erwarten und können nicht
erraten, welche Antworten sie auf die von uns an sie gestellten Fragen
einige Jahrzehnte später geben würde. Vielleicht gerade solche, durch
die unser ganzer künstlicher Bau von Hypothesen umgeblasen wird. Wenn
dem so ist, könnte jemand fragen, wozu unternimmt man also solche
Arbeiten wie die in diesem Abschnitt niedergelegte, und warum bringt man
sie doch zur Mitteilung? Nun, ich kann nicht in Abrede stellen, daß
einige der Analogien, Verknüpfungen und Zusammenhänge darin mir der
Beachtung würdig erschienen sind[32].

  [32] Anschließend hier einige Worte zur Klärung unserer Namengebung,
  die im Laufe dieser Erörterungen eine gewisse Entwicklung durchgemacht
  hat. Was »Sexualtriebe« sind, wußten wir aus ihrer Beziehung zu den
  Geschlechtern und zur Fortpflanzungsfunktion. Wir behielten dann
  diesen Namen bei, als wir durch die Ergebnisse der Psychoanalyse
  genötigt waren, deren Beziehung zur Fortpflanzung zu lockern.
  Mit der Aufstellung der narzißtischen Libido und der Ausdehnung
  des Libidobegriffes auf die einzelne Zelle wandelte sich uns der
  Sexualtrieb zum Eros, der die Teile der lebenden Substanz zu einander
  zu drängen und zusammenzuhalten sucht, und die gemeinhin so genannten
  Sexualtriebe erschienen als der dem Objekt zugewandte Anteil dieses
  Eros. Die Spekulation läßt dann diesen Eros vom Anfang des Lebens an
  wirken und als »Lebenstrieb« im Gegensatz zum »Todestrieb« treten,
  der durch die Belebung des Anorganischen entstanden ist. Sie versucht
  das Rätsel des Lebens durch die Annahme dieser beiden von Uranfang
  an miteinander ringenden Triebe zu lösen. Unübersichtlicher ist
  vielleicht die Wandlung, die der Begriff der »Ichtriebe« erfahren hat.
  Ursprünglich nannten wir so alle jene von uns nicht näher gekannten
  Triebrichtungen, die sich von den auf das Objekt gerichteten
  Sexualtrieben abscheiden lassen, und brachten die Ichtriebe in
  Gegensatz zu den Sexualtrieben, deren Ausdruck die Libido ist.
  Späterhin näherten wir uns der Analyse des Ichs und erkannten, daß
  auch ein Teil der »Ichtriebe« libidinöser Natur ist, das eigene Ich
  zum Objekt genommen hat. Diese narzißtischen Selbsterhaltungstriebe
  mußten also jetzt den libidinösen Sexualtrieben zugerechnet werden.
  Der Gegensatz zwischen Ich- und Sexualtrieben wandelte sich in den
  zwischen Ich- und Objekttrieben, beide libidinöser Natur. An seine
  Stelle trat aber ein neuer Gegensatz zwischen libidinösen (Ich- und
  Objekt-) Trieben und anderen, die im Ich zu statuieren und vielleicht
  in den Destruktionstrieben aufzuzeigen sind. Die Spekulation wandelt
  diesen Gegensatz in den von Lebenstrieben (Eros) und von Todestrieben
  um.



VII.


Wenn es wirklich ein so allgemeiner Charakter der Triebe ist, daß sie
einen früheren Zustand wiederherstellen wollen, so dürfen wir uns nicht
darüber verwundern, daß im Seelenleben so viele Vorgänge sich unabhängig
vom Lustprinzip vollziehen. Dieser Charakter würde sich jedem
Partialtrieb mitteilen und sich in seinem Falle auf die Wiedererreichung
einer bestimmten Station des Entwicklungsweges beziehen. Aber all dies,
worüber das Lustprinzip noch keine Macht bekommen hat, brauchte darum
noch nicht im Gegensatz zu ihm zu stehen, und die Aufgabe ist noch
ungelöst, das Verhältnis der triebhaften Wiederholungsvorgänge zur
Herrschaft des Lustprinzips zu bestimmen.

Wir haben es als eine der frühesten und wichtigsten Funktionen des
seelischen Apparates erkannt, die anlangenden Triebregungen zu »binden«,
den in ihnen herrschenden Primärvorgang durch den Sekundärvorgang zu
ersetzen, ihre frei bewegliche Besetzungsenergie in vorwiegend ruhende
(tonische) Besetzung umzuwandeln. Während dieser Umsetzung kann auf die
Entwicklung von Unlust nicht Rücksicht genommen werden, allein das
Lustprinzip wird dadurch nicht aufgehoben. Die Umsetzung geschieht
vielmehr im Dienste des Lustprinzips; die Bindung ist ein vorbereitender
Akt, der die Herrschaft des Lustprinzips einleitet und sichert.

Trennen wir Funktion und Tendenz schärfer voneinander, als wir es bisher
getan haben. Das Lustprinzip ist dann eine Tendenz, welche im Dienste
einer Funktion steht, der es zufällt, den seelischen Apparat überhaupt
erregungslos zu machen, oder den Betrag der Erregung in ihm konstant
oder möglichst niedrig zu erhalten. Wir können uns noch für keine dieser
Fassungen sicher entscheiden, aber wir merken, daß die so bestimmte
Funktion Anteil hätte an dem allgemeinsten Streben alles Lebenden, zur
Ruhe der anorganischen Welt zurückzukehren. Wir haben alle erfahren, daß
die größte uns erreichbare Lust, die des Sexualaktes, mit dem momentanen
Erlöschen einer hochgesteigerten Erregung verbunden ist. Die Bindung der
Triebregung wäre aber eine vorbereitende Funktion, welche die Erregung
für ihre endgültige Erledigung in der Abfuhrlust zurichten soll.

Aus demselben Zusammenhang erhebt sich die Frage, ob die Lust- und
Unlustempfindungen von den gebundenen wie von den ungebundenen
Erregungsvorgängen in gleicher Weise erzeugt werden können. Da erscheint
es denn ganz unzweifelhaft, daß die ungebundenen, die Primärvorgänge
weit intensivere Empfindungen nach beiden Richtungen ergeben als die
gebundenen, die des Sekundärvorganges. Die Primärvorgänge sind auch die
zeitlich früheren, zu Anfang des Seelenlebens gibt es keine anderen, und
wir können schließen, wenn das Lustprinzip nicht schon bei ihnen in
Wirksamkeit wäre, könnte es sich überhaupt für die späteren nicht
herstellen. Wir kommen so zu dem im Grunde nicht einfachen Ergebnis, daß
das Luststreben zu Anfang des seelischen Lebens sich weit intensiver
äußert als späterhin, aber nicht so uneingeschränkt; es muß sich häufige
Durchbrüche gefallen lassen. In reiferen Zeiten ist die Herrschaft des
Lustprinzips sehr viel mehr gesichert, aber dieses selbst ist der
Bändigung so wenig entgangen wie die anderen Triebe überhaupt.
Jedenfalls muß das, was am Erregungsvorgange die Empfindungen von Lust
und Unlust entstehen läßt, beim Sekundärvorgang ebenso vorhanden sein
wie beim Primärvorgang.

Hier wäre die Stelle, mit weiteren Studien einzusetzen. Unser Bewußtsein
vermittelt uns von innen her nicht nur die Empfindungen von Lust und
Unlust, sondern auch von einer eigentümlichen Spannung, die selbst
wieder eine lustvolle oder unlustvolle sein kann. Sind es nun die
gebundenen und die ungebundenen Energievorgänge, die wir mittels dieser
Empfindung von einander unterscheiden sollen, oder ist die
Spannungsempfindung auf die absolute Größe, eventuell das Niveau der
Besetzung zu beziehen, während die Lust-Unlustreihe auf die Änderung
der Besetzungsgröße in der Zeiteinheit hindeutet? Es muß uns auch
auffallen, daß die Lebenstriebe so viel mehr mit unserer inneren
Wahrnehmung zu tun haben, da sie als Störenfriede auftreten,
unausgesetzt Spannungen mit sich bringen, deren Erledigung als Lust
empfunden wird, während die Todestriebe ihre Arbeit unauffällig zu
leisten scheinen. Das Lustprinzip scheint geradezu im Dienste der
Todestriebe zu stehen; es wacht allerdings auch über die Reize von
außen, die von beiderlei Triebarten als Gefahren eingeschätzt werden,
aber ganz besonders über die Reizsteigerungen von innen her, die eine
Erschwerung der Lebensaufgabe erzielen. Hieran knüpfen sich ungezählte
andere Fragen, deren Beantwortung jetzt nicht möglich ist. Man muß
geduldig sein und auf weitere Mittel und Anlässe zur Forschung warten.
Auch bereit bleiben, einen Weg wieder zu verlassen, den man eine Weile
verfolgt hat, wenn er zu nichts Gutem zu führen scheint. Nur solche
Gläubige, die von der Wissenschaft einen Ersatz für den aufgegebenen
Katechismus fordern, werden dem Forscher die Fortbildung oder selbst die
Umbildung seiner Ansichten verübeln dürfen. Im übrigen mag uns ein
Dichter (_Rückert_ in den Makamen des Hariri) über die langsamen
Fortschritte unserer wissenschaftlichen Erkenntnis trösten:

    »Was man nicht erfliegen kann, muß man erhinken.
    ..................
    Die Schrift sagt, es ist keine Sünde zu hinken.«



Werke von Prof. Sigm. Freud


=Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse.= Fehlleistungen,
Traum, Allgemeine Neurosenlehre. Drei Teile in einem Band. Dritte
Auflage. Leipzig, Wien und Zürich 1921.

=Die Traumdeutung.= Sechste vermehrte Auflage, mit Beiträgen von Dr.
Otto _Rank_, im Druck.

=Über den Traum.= Dritte Auflage. Wiesbaden 1921.

=Zur Psychopathologie des Alltagslebens.= Über Vergessen, Versprechen,
Vergreifen, Aberglaube und Irrtum. Siebente, weiter vermehrte Auflage.
Leipzig, Wien und Zürich 1920.

=Totem und Tabu.= Über einige Übereinstimmungen im Seelenleben der
Wilden und der Neurotiker. Zweite durchgesehene Auflage. Leipzig, Wien
und Zürich 1920.

=Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten.= Dritte Auflage in
Vorbereitung.

=Über Psychoanalyse.= Fünf Vorlesungen, gehalten zur 20jährigen
Gründungsfeier der Clark University in Worcester, Mass. Fünfte Auflage.
Leipzig und Wien 1920.

=Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie.= Vierte vermehrte Auflage. Leipzig
und Wien 1921.

=Sammlung kleiner Schriften zur Neurosenlehre.= I. Folge. Dritte
unveränderte Auflage Leipzig und Wien 1920. -- II. Folge. Dritte
unveränderte Auflage im Druck. -- III. Folge. Zweite unveränderte
Auflage im Druck. -- IV. Folge. Leipzig und Wien 1918.

=Studien über Hysterie= (mit Dr. Josef _Breuer_). Dritte Aufl. Leipzig
u. Wien.

=Der Wahn und die Träume in W. Jensens »Gradiva«.= (Schriften zur
angewandten Seelenkunde, 1. Heft.) Zweite Auflage. Leipzig und Wien
1912.

=Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci.= (Schriften zur
angewandten Seelenkunde, 7. Heft.) Zweite Auflage. Leipzig und Wien
1919.

=Jenseits des Lustprinzips.= (II. Beiheft der Internationalen
Zeitschrift für Psychoanalyse.) Zweite Auflage. Leipzig, Wien und
Zürich 1921.

=Massenpsychologie und Ich-Analyse.= Leipzig, Wien und Zürich 1921.

              Alle hier angeführten Werke von Prof. Freud,
                  sowie ihre fremdsprachigen Ausgaben
                       sind zu beziehen durch den
              =INTERNATIONALEN PSYCHOANALYTISCHEN VERLAG=
          Auslieferungsstelle: Wien, III. Weißgärberlände 44.



[ Im folgenden werden alle geänderten Textzeilen angeführt, wobei
jeweils zuerst die Zeile wie im Original, danach die geänderte Zeile
steht.

gewissen Zusammenhang mit der Lage des Systems Bw. und dem ihm
gewissen Zusammenhang mit der Lage des Systems Bw. und den ihm

Lust-Unlustempfindungen erzeugen. Allerdings werden die von ihnen
Lust-Unlustempfindungen erzeugen. Allerdings werden die von innen

Tod »das eigentliche Resultat« und insofern der Zweck des Lebenst ist[24],
Tod »das eigentliche Resultat« und insofern der Zweck des Lebens ist[24],

uns zunächst, den Gegensatz zwischen »Sexualtrieben«, die auf das Objekt
uns zunächst den Gegensatz zwischen »Sexualtrieben«, die auf das Objekt

ein Todestrieb ist, der durch den Einfluß der narzistischen Libido vom
ein Todestrieb ist, der durch den Einfluß der narzißtischen Libido vom

der aus dem Ich herausgedrängte Sadismus haben den libidinösen Komponenten
der aus dem Ich herausgedrängte Sadismus habe den libidinösen Komponenten

das Wesentliche an dem vom Sexualtrieb intendierten Vorgängen ist doch
das Wesentliche an den vom Sexualtrieb intendierten Vorgängen ist doch

  Ātmann (dem Selbst oder Ich) geschildert wird, heißt es: ».... Aber
  Ātman (dem Selbst oder Ich) geschildert wird, heißt es: ».... Aber
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