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Title: Kino und Erdkunde
Author: Häfker, Hermann, 1873-1939
Language: German
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    [ Anmerkungen zur Transkription:

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      Stelle verschoben. Der Eintrag »Kinokritik« im Sachregister
      hat auch im Original keine dazugehörende Seitenzahl.
    ]



    Kino und Erdkunde

    Von Hermann Häfker



    Lichtbühnen-Bibliothek Nr. 7
    Herausgegeben von der Lichtbilderei GmbH.
    M.Gladbach 1914, Volksvereins-Verlag GmbH.



    Inhalt


    Einleitung: Was will dieses Buch?                                3

      I. Erdkunde und Kino                                           7

     II. Wissenschaftliche Erdkunde                                 28

    III. Schulerdkunde und Kino                                     42

     IV. Kinoerdkunde im Theater und in der Öffentlichkeit          47

      V. Zusammenschluß und Einrichtungen                           54

    Anhang: Ein Blick auf den gegenwärtigen Markt erdkundlicher
      Filme und Lichtbilder                                         64


    =Copyright 1914 by Volksvereins-Verlag GmbH., M.Gladbach=



Einleitung

_Was will dieses Buch?_


Vom Augenblick an, da die ersten Bewegungsbilder durch »Varietees« in
die Öffentlichkeit drangen, hat man daran begeisterte Hoffnungen für
die Verbreitung der Kenntnis der Erde und der Freude an ihr geknüpft;
von da an haben alle wohlwollenden Förderer immer wieder auf große
Naturaufnahmen als Höchstleistungen dieser Technik hingewiesen; und
die ganze Bewegung zur Hebung und Wiederberichtigung des Kinos,
besonders auch die, die es für Schule und Volksbildung nutzbar machen
wollen, kommen immer wieder auf »Kino und Erdkunde« als Kern- und
praktischen Ausgangspunkt zurück. Nichts entzückt jedermann so und
erscheint jedem als die ureigenste Aufgabe der Bewegungsbilderkunst
als die Wiedergabe von Landschaften und allem, was sich darin bewegt.
Nichts leistet die Kinematographie so verhältnismäßig vollkommen. Sie
bedarf dazu keiner künstlichen und ihr fremden Hilfsmittel, keiner
Bühne, Maschinen, Kulissen, keines künstlichen Lichtes. Niemand
braucht sich in Pose vor sie hinzustellen und durch unwahre Gefühle
ein unreines Interesse wachzurufen. Hier zeigt sie auch die Dinge in
ihrer ungefähr natürlichen Größe und Bewegung, so wie wir sie zu sehen
gewohnt sind; die Phantasie bedarf insofern keiner künstlichen
Nachhilfe. Es braucht auch keines Mikroskops und keiner sonstigen
Vorrichtungen; der Aufnahmegegenstand hält still und gibt sich
jederzeit in seiner ganzen erhabenen Wahrheit. »Unverfälschte
Wirklichkeitswiedergabe« -- die wir als _eigentlichen_ Beruf der
Kinematographie erkannten -- im höchsten Sinne, nämlich der
Wirklichkeit, die auch den unbewaffneten Menschensinnen so erscheint,
ihre _Heimat_ ist, leistet unsere Technik eigentlich nur hier. Und
endlich ist auch die große Natur das eigentliche Gebiet, auf dem sich
die »_Schönheit der Bewegung an sich_«, das Drama des freien und doch
von geheimen Gesetzen beherrschten Weltrhythmus am reinsten abspielt.
Auf der andern Seite ist gerade hier die Kinematographie zu Leistungen
befähigt, in denen keine _andere_ Kunst oder Technik mit ihr
wetteifern kann. So vieles Malerei und Dichtkunst, beschreibende
und wissenschaftliche Darstellung auch auf dem Gebiete der
Naturschilderungen vor dem Kino voraushaben und -behalten, in _einem_
müssen sie ihm doch den Rang lassen: in der _Genauigkeit_ und dem
_Reichtum_ der Einzelheiten, die _überhaupt_ das photographische Auge
erfaßt. _Hier_ ist der Menschheit -- trotz der unbelebten Photographie
-- in der Tat ein neuer künstlicher Sinn geschenkt, ein neues Werkzeug
zur Überwindung der Schranken von Raum und Zeit. Das kann man -- wenn
man den Begriff der »Erdkunde« so weit wie möglich faßt, und also
alles auf dem Hintergrunde der Großnatur vor sich Gehende darunter
versteht -- von den andern Gebieten des Kinos nicht in gleichem Maße
behaupten.

So strömen also auch hier gerade alle Erwartungen und Kräfte am
reichsten zusammen, die sich von andern Betätigungsgebieten der
Kinematographie unbefriedigt und abgestoßen fühlen, und die
mit ganzer Inbrunst nach einer Erhebung des Kinos zu einem
Menschheitsbildungsmittel hinstreben und dabei mittun wollen. Die
_Wissenschaft_ sucht sich des neuen Hilfsmittels für Forschung und
Fachunterricht zu bedienen, der _Weltreisende_ wünscht den Kino im
Gefolge zu haben. Die _Schulen_ fassen kinematographischen
Erdkundeunterricht ins Auge. Naturwissenschaftliche und
Volksbildungs_vereine_ hätten längst gern ihre erd- und
völkerkundlichen Darbietungen durch Bewegungsbilder bereichert, wenn
sie nur wüßten, _wie_. Weitblickende sähen gern solche Bilder zum
Nutzen von _Völkerverständigung_ und _Güteraustausch_, Kenntnis der
_Heimat_ und der _Kolonien_ verbreitet. _Künstler und Kunstfreunde_
sind in keinem Punkte dem Kino geneigter als in dem der Darbietung von
Großnaturbildern. Die _Kinotheater_, die halb der Not gehorchend, halb
dem eignen Triebe, sich mit Bestrebungen und Besucherkreisen
freundlich stellen möchten, denen doch vielleicht die Zukunft gehört
(und außerdem zum Teil doch vielleicht auch der auf die Dauer
zahlungsfähigere und -willigere Geldbeutel), haben den Ehrgeiz, vor
allem erdkundliche Filme einzufügen; und dementsprechend regt sich
auch in den großen _Filmfirmen_ ein lebhafterer Schaffenstrieb in
dieser Richtung. Aber mit dem bloßen Wollen und selbst mit noch so
viel »Kapital« allein ist's nicht geschehen. Hier muß man sorgfältig
und gewissenhaft arbeiten und vor allem mancherlei _wissen_, um mit
Herstellung und Vorführung der Filme den Kenner zu befriedigen, aber
auch den Laien ebenso und mehr zu begeistern, als mit -- Schunddramen.
Allen diesen, die in einer der genannten Weisen interessiert sind,
etwas über erdkundliche Bewegungsbilder, die Kunst ihrer Herstellung
und Vorführung, ihre Bezugsquellen und Bedingungen, die Möglichkeiten
und die Grenzen ihrer sachwürdigen Verwendung zu erfahren, will meine
Schrift dienen.

Sie will aber überdies und in nicht minderm Grade zweien dienen: der
_Kundschaft_ und der _Kritik_ der Kinotheater. Der Kundschaft, d. h.
jedermann in dem Sinne, daß er künftig kinematographische
Landschaftsvorführungen mit tiefer dringendem Verständnis und daher
wesentlich erhöhtem Genuß betrachte, wo immer er ihnen begegnet. Der
Kritik, d. h. wieder jedermann, insofern wir alle, die wir eine
Kinovorführung besuchen, auch ihre Kritiker, und zwar einflußreiche
sind. Denn es unterliegt doch keinem Zweifel, daß alle Kinogesundung
doch endlich nur von einem kritischen, d. h. verständnis-, aber auch
anspruchsvoll _urteilenden Publikum_ getragen werden kann, das gute
Vorführungen lobt, schlechte ablehnt. Loben und Ablehnen hat aber nur
dann Wert, wenn es nicht -- wie es jetzt selbst von öffentlichen
Vorkämpfern einer »Kinohebung« manchmal geschehen soll -- nur aus »der
Tiefe des Gemüts«, sondern aus vollem Eindringen in das Wesen der
technischen Bedingungen geschieht, unter denen der Kino arbeitet. Wir
verschmähen es doch auch nicht, uns liebevoll in die Technik der
Malerei und der Dichtkunst, der Radiernadel und des Modellierholzes
und in die ganzen äußern Lebensbedingungen der Künste zu vertiefen,
und wer das je getan hat, weiß, daß er erst an diesem Tage den Keim
zum eignen _Urteil_ und zu tieferm Genuß gelegt hat. Nicht anders ist
es mit der Kinematographie. Wer den Kino mit Genuß und Nutzen besuchen
will, muß sich in gewissem Grade zum »Kenner« ausbilden. Er wird davon
auch mannigfachen Nutzen für seine Bildung haben. Vor allem aber wird
er dadurch, und erst dadurch, ein wirkliches Gewicht auf der Wage
derer, die den Kino zu einem ernsthaften Kulturwerkzeug veredeln
wollen. Nicht Schriftsteller und Geistliche, Polizei und Lehrer können
den Kino heben, sondern nur ein anspruchsvolles Publikum.

Bei »Kritik« denke ich allerdings noch in ganz besonderm Grade an die
_Presse_. »An die Zeitungen«, sagte mir einmal ein einflußreicher
Verleger, »werden viel zu große Forderungen gestellt. Es ist nicht
unsere Aufgabe, uns mit der Hebung der Kinos zu befassen.« Ich will
nicht darüber grübeln, was _überhaupt_ die »Aufgabe« der Zeitungen
ist. Ich denke einfach, ihre Aufgabe ist jede, die sie sich selber
setzen, und zu deren Bewältigung sie imstande sind. Und dazu sollte
die Mitwirkung an der Hebung der Kinos nicht gehören? Sind nicht heute
längst _alle_ Zeitungen über den Rahmen reiner Berichterstattung
hinausgegangen und rühmen sich, Volks- und Kulturerzieher zu sein? Ist
der Schundkino nur der »Konkurrent« der Kunst_theater_ und muß seine
ungehemmte Verbreitung nicht auch eine Menge Leser der ernstern,
immerhin geistige Ansprüche stellenden _Zeitung_ in Stadt und Land
entfremden? Nun wohl, im eigensten, wenn nicht im allgemeinen
Interesse sollte jedes sich achtende Tageblatt den Kino -- nicht
_bekämpfen_, sondern zu _fördern_, seine Versuche, _höher_ zu kommen,
zu unterstützen suchen. Das kann nur durch verständnisvolle und
unabhängige Würdigung seiner bessern Leistungen, also vor allem seiner
erdkundlichen Darbietungen geschehen. Dazu gehört aber _Kenntnis_ der
Dinge -- und zu dieser Kenntnis einen Grund zu legen, soll meine
Schrift dienen.

Freilich kann ich hier nicht _alles_ auch nur zur Beurteilung
erdkundlicher Bewegungsbilder Nötige geben, sondern nur das, was
besonders mit dem Stoff zusammenhängt. Es ist geradezu unerläßlich,
zur Ergänzung auch meine grundlegende Schrift »_Kino und Kunst_«
(Lichtbühnen-Bibliothek Nr. 2) zu lesen, deren _ganzer_ Inhalt für das
Nachfolgende die Voraussetzung bildet. Alle _allgemeinen_ Fragen aber
und einige besondere, die sich dem _Laien_ vor dem Kino aufdrängen,
behandle ich in der allgemeinen Schrift »_Das Buch vom Kino_«,
(Lichtbühnenbibliothek Nr. 8). Diese ergänzt das vorliegende
Heft auch in der Hinsicht, daß sie ausführlich die Technik der
_Liebhaber_aufnahmen behandelt, die naturgemäß zur Hälfte erdkundliche
sein werden.



I. Erdkunde und Kino


Um zu einer klaren Vorstellung davon zu gelangen, was uns die
Kinematographie in Beziehung auf Erdkunde sein und nutzen kann, müssen
wir uns zuerst Rechenschaft davon geben, was wir überhaupt von der
Erdkunde begehren, warum wir sie treiben, und welche Rolle sie im
Geisteshaushalt der Menschheit und des einzelnen spielt.

Unter Erdkunde verstehen wir alle diejenigen Wissenschaften, die uns
die Natur, wie sie unmittelbar unsern Sinnen erscheint, in ihrer
Beziehung auf die Erde kennen und verstehen lehren. In dieser
unmittelbaren Beziehung zu unsern Sinnen liegt ihre geheime Kraft,
liegt das Geheimnis des leidenschaftlich unwiderstehlichen Triebes,
den ihr die Menschheit zu allen Zeiten entgegengebracht hat, und der
in dem Maße gestiegen ist und sich über immer breitere Kreise
ausgedehnt hat, wie die aufgesammelten Erfahrungen der Menschheit und
ihre vervollkommneten Hilfsmittel jedermann ein immer weiter
eindringendes _Verständnis_ der Natur ermöglicht haben. Die Erdkunde
ist unter allen Naturwissenschaften die eigentlich »ästhetische«, d.
h. aus sinnlichem Bedürfnis hervorgegangene, auf seine Veredlung und
Durchgeistigung gerichtete, und deren eigentliches Werkzeug die Sinne
sind. Die Erdkunde ist die Wissenschaft, die uns die Erde zur _Heimat_
macht, dadurch, daß sie ihr ihre Schrecken nimmt, die in ihr waltenden
Allgesetze entschleiert und sie uns dadurch untertan macht. Erdkunde
ist undenkbar ohne die seltsame Anlage des Menschen, dem Un- und
Außermenschlichen eine leidenschaftliche _Liebe_ entgegenzubringen,
die eben die Heimatliebe ist; sie ist undenkbar ohne die
unerschöpfliche, der künstlerischen verwandte Freude an der
_Schönheit_ der Natur, worin sich wiederum ihr »ästhetisches« Wesen
zeigt. In dieser unerschöpflichen, mit Worten nicht auszuschöpfenden
Freude an der Erde Schönheit fließt der dunkle Drang des Ungelehrten
mit der nüchternen Arbeit des Forschers zusammen, und es hat keinen
großen Bahnbrecher der Erdkunde gegeben, der nicht auch ein Dichter,
wenn auch oft ein »geheimer« war.

Zur Heimat wird uns die Natur durch das, wodurch auch die Welt der
Kunst dem Eingeweihten zu einer Heimat im geistigen Sinne wird:
dadurch, daß wir mehr und mehr ihre Linien und Formen, ihre Farben und
Glanze, ihren Duft und Klang und alles, wodurch sie an unsere Sinne
brandet, als eine Sprache verstehen lernen, die der _Ausdruck_ eines
allem Lebenden und auch uns verwandten _Wesens_ ist. Dieses
Verstehenlernen beginnt bei der einfachen Entdeckerfreude des
Hirtenknaben, der Jahr für Jahr seine Eichenwälder am Rande der Äcker
in gleichen dunklen Formen rauschen, die gleichen Wolken und Wetter in
großen Rhythmen darüber hinziehen sieht, dem die Ahnung aufgeht, daß
hier ein geheimer lebendiger Wille alljährlich bestimmte, nicht
willkürliche Lebensversuche den feindlichen toten Elementen
entgegenschickt; und daß er selber mit Leben und Tod ein Ring in
dieser Kette, ein Ton in diesem Lied ist, unlösbar und glückhaft mit
diesem Ganzen verbunden. Es gipfelt -- über die stammelnden Versuche
von Dichtern und Malern hinweg -- in der sorgsam unermüdlichen Arbeit
eines Ringes von Wissenschaften, alle Einzelheiten, die zusammen das
Bild dieser Planetenoberfläche bilden, festzustellen, in ihre Teile
und Teilesteile zu zerlegen, ihre notwendigen und zufälligen
Zusammenhänge zu zergliedern, ihrer Ursache und Folge nachzugehen und
eine Sprache dafür zu finden, und endlich wieder sie in ihrer
_Gesamtheit_ zu überschauen. So muß die Erdkunde das Weltall ins Auge
fassen, um die Bewegungen dieses Einzelsterns zu begreifen, aus denen
für die Erde Tag und Nacht, Sommer und Winter werden. Von den
_Gestirnen_ nimmt sie die Linien her, um die Oberfläche in feste Orte
zu teilen und ihren Maßen auf die Spur zu kommen. Sie sucht etwas vom
_Innern_ dieses Körpers zu erahnen, dessen Ausbrüche rätselhafte
Striche und Flecken auf sein Äußeres zeichnen; sie muß aus vielen
Wissensgebieten die Fingerzeige aufspüren, die ein Bild von der
_Entstehungsgeschichte_ der Erde und besonders der Formen und Art
ihrer Oberfläche geben. Die Grundlage all ihrer Arbeit bildet das
Zusammentragen einer möglichst lückenlosen und von keinen
Sinnestäuschungen beeinflußten _Kenntnis_ aller Einzelheiten ihrer
Oberfläche; und die großen Gruppen dieser Einzelheiten begründen
wieder Wissenschaften an sich: Gesteins-, Gebirgs-, Wüsten-,
Süßwasser-, Meereskunde, Pflanzen-, Tier-, Menschenkunde usw. Nicht
minder muß die Erdkunde sich auf die Erforschung des Luftschleiers der
Erde ausdehnen: _Klima-_, _Wetterkunde_ usw. Es gilt, die Reiche der
lebendigen Natur in ihrer Beziehung zu den Erdgebieten, ihrer
Abhängigkeit davon zu betrachten: Tiere-, Pflanzen- und
Menschenerdkunde. Die letztere erst erschließt eine neue Welt von
Aufgaben: die _Völkerkunde_ im allgemeinen, die wir auch hier unter
den Begriff der Erdkunde einbeziehen, lehrt uns die Menschen als
Naturwesen wesentlich in ihrer _Abhängigkeit_ von der Erde kennen.
Dazu kommt dann die _politische Geographie_, die den Menschen als
Bildner von Gesellschaften, als Krieger, als Jäger, Hirten,
Ackerbauer, Handwerker, Techniker, Kaufmann, Industriellen, als
Errichter von Bauten und Verteiler von Verkehrsmitteln und zuletzt als
Künstler und Wanderer in seiner Eigenschaft als _Bezwinger_ und
_Gestalter_ der Erde zeigt.

Ebenso mannigfach wie die Beziehungen, unter denen der Mensch die Erde
zu erforschen strebt, ist die _Art_ der Erkenntnis, mit der er an sie
herantritt, und die Art der Befriedigung, die sie ihm gewährt. Zum
Begriff der Erdkunde gehören die Reisen des Odysseus, des edelsten
Urbildes aller Abenteurer, und die des Gilgamesch, des Urbildes
babylonischer Weisheit und aller Weisheitspilger ebensogut wie die der
heutigen Forscher von der Art Hedins und der Polreisenden. Der
Wanderer, der mit Rad und Rucksack langsam die nächste Heimat
durchfährt, um nichts als ein Gesundungsbad der Sinne in ihr
zu nehmen, treibt ebensogut Erdkunde wie der Mann auf dem
Hochschulkatheder, und der Landschaftsmaler ebensogut wie der Geometer
oder Landwirtschaftsschüler. Unendlich sind heute unsere _Interessen_
an einer gründlichen Kenntnis der Erde. Sie gehört zu jedermanns
unerläßlicher Vorbildung, ohne die man kaum noch einen Beruf
vollkommen beherrschen, geschweige denn das ganze geistige Leben der
Gegenwart in Kunst und Wissenschaft, ja auch nur seine tägliche
Zeitung verstehen kann. Aus der Erdkunde schöpfen nicht nur Wanderer,
Abenteurer, Weltreisende flüchtigen Sinnesgenuß und dauernde
Gesundheit; sie gibt auch all unsern Künsten -- Malerei, Dichtkunst,
Musik, Theater, Plastik -- Anregungen, will wenigstens von ihnen
achtungsvoll berücksichtigt sein (kein Dichter dürfte uns heute noch
von der »böhmischen Seeküste« fabulieren). Die Tatsache, daß wir
beginnen, wirklich die ganze Welt als »Heimat«, unsere Heimat zu
empfinden, findet in dem Bestreben des _Weltnaturschutzes_ Ausdruck.
Wir streben Weltschutzparke, Welttierreservate usw. an, ein
unverkennbares Zeichen für das an keinen Ort mehr gebundene
Verständnis für den Wert der unberührten Naturschönheit. Einen
mächtigen Ansporn für den Erwerb eingehender Erdkenntnis bildet ihre
heutige Ausnutzung: _Handel_, _Industrie_ und _Verkehr_ kennen keine
Orts-, keine Völkergrenzen mehr. Auch das gesellschaftliche
(politische) Interesse des letzten Arbeiters umfaßt heute bereits den
Erdball: Erdkunde als allgemeines Bildungsgut ist der Boden, auf dem
unsere Träume von gegenseitigem _Völkerverständnis_, vom Austausch
geistiger Güter und damit _Weltfriede_ gedeihen können. Die
Wissenschaft ist noch nicht am Ende ihrer Aufgabe, die letzten leeren
Flecke auf dem Globus zu beseitigen; noch kämpfen ihre kühnen
Bahnbrecher um die wissenschaftliche Eroberung der Pole, des
Innern Asiens, dunkler Gebiete Afrikas. Schon aber senkt die
Gedankenwissenschaft, die Philosophie, ihre Wurzeln in den reichen
Wissensboden, den ihr die heutige Erdkunde bereits zusammengetragen
hat, um daraus, in die Bahnen ihrer ältesten Vorbilder zurückkehrend,
die Grundlinien einer neuen naturwissenschaftlichen »_Weltanschauung_«
zu gewinnen, um das alte Menschenspiel der Vergleichung zwischen den
Gesetzen der Geisteswelt und den Erscheinungen unserer Sinnenheimat
fortzusetzen. Jener Gilgamesch, der aus der Heimat unseres
Geschlechtes an die Grenzen der damaligen Welt pilgerte, um Antwort
auf die Frage nach dem Wesen von Leben und Tod zu finden, das Urbild
aller »Pilger in die Wüste«, in die lebensvolle Wüste der Nur-Natur,
in der sie nichts suchten als Stille für ihren Geist -- er ist und
bleibt auch das erhabene Urbild aller, die sich um »Erdkunde« bemühen.
_Genuß_ -- _Nutzen_ -- _Wissen_ -- _Geistesklärung_ sind die vier
Sterne, die der Wissenschaft von der Erde voranschweben.

Welche Mittel hat nun der Mensch von heute, um diesem seinem Wissen
diejenige Tiefe und Vollständigkeit zu geben, durch die es allein
seine Ansprüche befriedigen, seinem Zeitgewissen genügen kann? Ein
Blick rings um unsere heutige Kultur sagt uns, daß diese Mittel seit
kaum einem Jahrhundert eine Ausdehnung und Vervollkommnung erfahren
haben, die sich keines der Geschlechter, die vor uns ins Grab gesunken
sind, je hat träumen lassen. Wir können sagen, daß erst die Fülle
dieser Mittel uns in den Stand zu setzen beginnt, die Erdkunde aus
einem zur Hälfte phantastischen »Traum vom Wissen« zu einer wirklichen
nutzbaren Wissenschaft, einer wirklichen Bereicherung der allgemeinen
Menschenbildung zu machen, sie aus einem »romantischen« in ihr
»klassisches« Zeitalter zu überführen.

Erdkunde ist ja nicht das Wissen von einem Teil der Erde als solchem,
sondern von ihrer _Ganzheit_. Erst die Möglichkeit, _alle_ Teile zu
vergleichen, alle unter dem Bilde einer Einheit zu sehen, von allen in
_einem_ Hirn auch eine der Wirklichkeit entsprechende »Anschauung« zu
vereinigen, erlaubt uns ja, überhaupt von »Erdkunde« zu sprechen. Die
Schwierigkeit, die jeder Erdkunde entgegenstand, war die _Überwindung
von Raum und Zeit_. Entferntes vergleichen, Vergangenes gegenwärtig zu
haben, mußte ermöglicht werden. Dazu reichte früher, ohne unsere
Hilfsmittel, kein Menschenleben aus. Heute ist es eine Möglichkeit für
jedermann geworden. Die Mittel, die es uns ermöglichen, gliedern sich
in zwei Gruppen: solche, die den körperlichen Verkehr erleichtern,
und solche, die den Gedankenaustausch, den Austausch von
Beschreibungen und Abbildungen der Erde ermöglichen: Werkzeuge des
körperlichen und Werkzeuge des geistigen Verkehrs. Es ist eine
wunderbare und nicht zufällige Fügung, daß die Entwicklung beider
gleichzeitig und gleich großartig vor sich gegangen ist: daß
wir auch heute imstande sind, sinnliche Anschauungen und
Anschauungsersatzmittel einander die Wage halten lassen zu können.
Eins ohne das andere hätte die menschliche Begriffswelt einseitig
beeinflußt.

Die Grundlage aller Erdkunde ist und bleibt für alle Zeiten das
unmittelbare Sinnenerlebnis, die körperliche Anschauung der Dinge, und
kein Hilfsmittel wird es je ersetzen, sondern immer nur ergänzen
können. Aber die Anschauung selber bedarf der Hilfsmittel, soll sie
sich in einem einzelnen Kopfe in annähernd genügender Vollständigkeit
ansammeln. Ich brauche nur leise zu erinnern, was wir in dieser
Beziehung heute zur Verfügung haben, heute zur Verfügung weniger, in
zwei, drei Jahrzehnten vielleicht zur Verfügung vieler -- wenn sie nur
aufwachen und es sich zunutze machen wollten! Über dem Gedanken an
Eisenbahn, Dampfschiff und Automobil, der uns zuerst einfällt, dürfen
wir nicht vergessen, was heute aus dem _Straßenwesen_ der Welt selber
geworden ist, wie es technisch und politisch, frei von Zöllen und
Gefahren, doch der Anfang und die Voraussetzung für alle Entwicklung
des Weltverkehrs war. Vor den Köpfen unserer Heerstraßen und
Eisenbahnen fliehen die Geister der Wildnis, richten sich die Ruinen
verfallener Paradiese wieder auf, lernen Wilde die Sprache der
Verständigung. Bald werden die Entfernungen durch elektrische und
Motorenbahnen, durch Wasser- und Luftflugapparate und Luftschiffe
abermals um die Hälfte und mehr verkleinert werden, immer wertvoller
wird unsere Lebenszeit, immer reicher die Fülle von Stoff, die wir uns
unmittelbar verschaffen können. Auch an dieser Stelle möchte ich aber
nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß das vollkommenste Werkzeug,
um die Erde wirklich betrachtend zu erleben, das eigentlichste
Arbeitswerkzeug unmittelbarer Erdkunde das _Fahrrad_ ist -- das
rechtmäßige Kind des heutigen Straßenwesens möchte ich es nennen, und
doch überall brauchbar, wo es nur die Spur einer Straße gibt; uns von
der Unzulänglichkeit der Fußwanderung befreiend, und doch all seine
Vorzüge steigernd; uns und beträchtliche Lasten schleppend und doch
ganz unabhängig von Nahrung, Betriebsmitteln, Kosten und
Abfahrtzeiten; unser Freund und Diener auch, wo wir es nicht fahren,
sondern neben ihm her gehen; das Reisen aufs äußerste verbilligend und
dabei es recht eigentlich erst ermöglichend. Ich habe diesen Gedanken
ausführlich in meiner Schrift »_Radzigeunerei_« (C. Ziehlke Verlag,
Liebenwerda, M 1.50) behandelt, auf die ich verweise. Allein nicht
um dieses Verweises willen spreche ich hier so dringlich davon. Es
liegt mir daran, hier wie überall darauf hinzuweisen, daß wir Menschen
vom Anfang des 20. Jahrhunderts _ganz allgemein gesprochen über das
Wesen und die Ausnutzung fast all der technischen Hilfsmittel, die uns
dieses kurze Zeitalter der künstlichen Sinnenvervollkommnung geschenkt
hat und bald noch schenken wird, noch nicht entfernt genug
nachgedacht, daß wir vor allem den Grundsatz, der in eisernen Lettern
an der Stirnseite unserer öffentlichen Bauten von heute, an der Wand
unserer Arbeitszimmer und auf der ersten Seite unserer Tagebücher
stehen sollte, noch nicht erfaßt, geschweige denn uns zu Fleisch und
Blut gemacht haben_: _daß alle unsere Gaben und ebenso alle Gaben
technischer Vervollkommnung die der Menschheit in den Schoß fallen,
uns nur und nur gegeben sind, um sie mit dem Aufgebot alles
Scharfsinns, aller Willenskraft und Selbstbeherrschung in den Dienst
unserer geistigen Vervollkommnung, unserer geistigen Weiterbildung zu
stellen, zu der Gesundheit, Körperkräfte und Maschinenkräfte einzig
und allein unentbehrliche, aber untergeordnete Mittel sind_. Das in
Beziehung auf eine _einzelne_ Technik nachzuweisen und immer wieder zu
betonen, und den Weg dazu finden zu helfen, ist im Grunde genommen der
einzige Zweck auch dieser unserer Lichtbühnen-Bändchen, wie es die
Seele und das A und O aller nicht in Redensarten stecken bleibenden
Kinobesserung ist.

Das zweite Hilfsmittel der Erdkunde, dem der unmittelbaren
Selbstsinnenbeobachtung nachgeordnet und von ihr abhängig, aber nicht
minder unentbehrlich, ist die Welt der _Anschauungsersatzmittel_. Sie
dienen dazu, uns erstens ein Bild von dem zu machen, was wir eben doch
nicht selber sehen können. Sie haben aber noch eine darüber
hinausgehende Bedeutung: sie ermöglichen uns auch, räumlich und
zeitlich Getrenntes nebeneinander oder in rascher Folge zu
_vergleichen_, das Flüchtige in größerer Ruhe und Bequemlichkeit und
so häufiger Wiederholung, wie wir wollen, zu betrachten und es zu
_messen_, ja sie erlauben uns unter Umständen und in gewisser Richtung
eine genauere sinnliche Wahrnehmung, eine gründlichere sinnliche
Vertiefung und darauf folgende geistige Verarbeitung als der Anblick
der Dinge selbst. Wenn sie diesem _vorangehen_, bilden sie auch eine
vortreffliche Vorbereitung, um sich von der Wirklichkeit weniger
überraschen und ihre kurzen Augenblicke desto trefflicher nutzen zu
können. Ein Teil dieser Hilfsmittel -- die schematischen
Veranschaulichungen z. B., aber im Grunde genommen jede Abbildung oder
Beschreibung -- ermöglicht uns noch dazu, uns Dinge zu versinnlichen,
die gar nicht unmittelbar sinnenfällig in der Wirklichkeit
hervortreten: die Unterscheidung von »Haupt«- und »Neben«-Sachen,
Kräftelinien usw. Jedes Bild _zerlegt_ zugleich das Veranschaulichte,
indem es einen »Augenblick« davon herausgreift und es uns so als eine
Kette von »Augenblicken« zu erfassen ermöglicht.

Unter all diesen Anschauungs-, Ersatz- und Ergänzungsmitteln der
Erdkunde leuchtet nun die Kinematographie mit ihrem Auftauchen als
»Stern der höchsten Höhe« hervor. Noch niemals vorher hat ein Mensch,
hatte die Menschheit das Aussehen der Natur in solcher Vollkommenheit,
solchem Reichtum und solcher unverfälschten Genauigkeit der
Einzelheiten im Bilde gesehen als damals, als zum ersten Male die
»lebensgroße« Photographie auf der Leinwand zu »leben« anfing, als
dort die Reize einfacher Blattaufnahmen vertausendfacht erschienen.
Und so, wie man im Traumesflügelschwingen wohl plötzlich, durch ein
unerklärliches und nun doch sofort ganz selbstverständlich
und natürlich erscheinendes Wunder sich _wirklich_ von der
Schwergefühlsangst, vom Gefühl ewig unzulänglichen Strebens erlöst,
und »wirklich« schwebend emporgetragen fühlt, wie man plötzlich leicht
und körperlich wie ein Vogel durch die Lüfte getragen wird (nicht mit
sprungbereitem Mißtrauen gegen einen, wenn auch noch so genial
erdachten Flugmechanismus) --, so sahen auch wir uns plötzlich leicht
und licht hinweggetragen über das stille Bedenken, das innere
bängliche Hemmnis, das wir unausgesprochen bis dahin vor jeder, auch
der vollendetsten Naturdarstellung gefühlt hatten, über die Frage:
»Wunder-, wunderschön -- _aber_ wieviel ist Menschenhand,
Menschenphantasie, und wieviel ist -- _Wahrheit_?!« Wer kennt nicht
die stille Selbstbescheidung, mit der der sehnsüchtig in die Ferne, in
die Wunder der Natur- und Menschenwelt Hinausdenkende, sein
illustriertes Geographiebuch zuklappte -- »die _Wirklichkeit_ -- wird
doch wohl noch anders sein«! Man denke anderseits an den Riesenerfolg,
den ein künstlerisch weniger bedeutender Zeichner, wie z. B. Allers,
mit seinen Reiseskizzen hatte, weil er in etwas dem Hunger aller Welt
nach _Wirklichkeitstreue_ an Stelle aller Künstlerträume entgegenkam.
Man erinnere sich ferner an die Einbuße, die die wirkliche Kenntnis
von Ländern und Völkern, die Geographie und Ethnographie als
_Wissenschaft_ infolge der Schwierigkeit, zu allgemeiner _Anschauung_
ihrer Gegenstände zu gelangen, bis in unsere Zeit erlitten hat.
Gerade hier versagt ja angesichts der tausendfachen lebendigen
_Mannigfaltigkeit_ der Dinge, die hier gerade eine Hauptsache ist, der
Zeichenstift und auch, was ihn vornehmlich ergänzen mußte, das
beschreibende Wort. Beide versagen, nicht nur, wo es gilt, dem
Reichtum und der Beweglichkeit der Erscheinungen gerecht zu werden,
sondern auch ihre Verhältnisse und ihre Bedeutung in gegenseitiger
Abmessung wirklichkeitsgetreu festzuhalten. Bezeichnend sind da die
bekannten »Prospekte« -- zeichnerische Wiedergaben von Landschafts-,
Städte-, Raum- und Menschenszenerien. Man lege einen alten Merianschen
Kupfer oder eine beliebige andere Städtedarstellung aus alter Zeit mit
Photographien zusammen, die das etwa heute noch erhaltene selbe
Stadtbild darstellen. Sofort hat man den Eindruck, als ob die Stadt zu
Zeiten Merians aus lauter dicht gedrängten, malerisch ragenden Kirch-
und Rathaustürmen, Burgen und Klöstern bestanden hätte, um die herum
die Wohnhäuser verschwinden. Auf der Photographie werden die Türme
klein und rücken weit auseinander, die Höhen werden unscheinbar, die
Häuser sind gewachsen. Der Zeichner sah eben vor allem, was ihn
_interessierte_: das _malerisch_ und das _gedanklich_ (z. B.
geschichtlich) Hervorragende; das wurde ihm unter dem Stift groß, und
das andere schrumpfte zusammen. Oder ein altes Platzbild: der Platz
selbst erscheint ungeheuer erweitert, aber auf ihm tummeln sich
Fußgänger, Reiter, Equipagen in solcher Größe und in so interessanten
Stellungen und Beschäftigungen, daß man alles andere darüber vergißt.
Die Photographie rückt die Maße ernüchternd zurecht. Diese
Darstellungsmängel alter Zeiten wirkten aber begriffsverwirrend.
Wesentlich mit durch sie glauben wir heute noch vielfach, das
Mittelalter sei so viel »malerischer« gewesen als die Gegenwart und
setzen auf unsern Bühnen das »malerische« Puppenspiel mit Fest- und
Prunkkleidern in jeder Alltagsszene fort. In architektonischen
Zeitschriften hat man manchmal Gelegenheit, ein und dasselbe Gebäude,
ein und dieselbe Platzanlage nebeneinander photographisch und als
zeichnerische (Architekten-) Skizze zu sehen. Selbst hier, wo
doch mit genauen Maßstäben gearbeitet und zur Erhöhung des
Wirklichkeitseindruckes sogar manchmal die photographische Technik
nachgeahmt wird, ist man oft verblüfft, den Unterschied in der Wirkung
zu sehen. Die Photographie ist -- selbst in gelegentlicher
perspektivischer Unstimmigkeit -- nüchterne Wirklichkeit, die
Zeichnung ein -- Künstlertraum. Woran liegt's? Kühn hinschweifende
Wolken, ideal gehaltene Alleen, kleine Weglassungen von
»Unwesentlichem« -- es läßt sich gar nicht aufzählen. Vor mir liegt
ein geographisches Buch über »Deutschland«. Die Umschlagzeichnung
(»Vom Fels zum Meer«) zeigt schneebedeckte Berge mit ausnahmslos nicht
unter 45° Steigung, daneben Dünen von der halben Höhe der
»Eisbedeckten«. Es _soll_ ja nur eine »dekorativ wirkende Skizze« sein
-- aber was für falsche Vorstellungen sie bei denen weckt, die die
Sache selbst nicht kennen, ist kaum nachzumessen. Wir alle erinnern
uns doch wohl, wie gründlich wir unsere selbst aus den besten
Abbildungen und Beschreibungen gewonnenen Vorstellungen haben
umarbeiten müssen, als wir zum ersten Male _wirklich_ »das Gebirge«,
»das Meer«, »die Tiefebene« sahen. Oder man versuche festzustellen,
welche Vorstellung verschiedene Personen etwa von ein und demselben
Schauplatz eines Ereignisses haben, nachdem sie dessen ausführliche
Schilderung in einem Roman, in einer Gerichtsakte gelesen haben.
Meistens nehmen wir in einem solchen Falle unbewußt die Zuflucht zu
einem möglichst ähnlichen, irgendwo einmal gesehenen Bilde,
bestenfalls zu einem ähnlichen, uns bekannten wirklichen Platze und
bleiben dabei. Vielleicht _ist_ er auch wirklich ähnlich -- aber
gerade Kleinigkeiten ändern hier das Bild sofort wesentlich! Die
Schwierigkeit der Anschauung, der Mangel an Darstellungsmitteln, die
Notwendigkeit, mit gedanklich abgeleiteten Vorstellungen
(Abstraktionen) und Schemen (Typen) zu arbeiten, war die Hauptursache,
weshalb eine ernst zu nehmende _allgemeinere_ geographische Bildung
kaum in leisen Anfängen im 18. Jahrhundert begann. Was hier bereits
die Anfänge der Kinetographie -- erst das einfache Lichtbild, dann
aber entscheidend das unendlich überzeugendere, unendlich breiter
wirkende Kinobild gebessert haben, ist gar nicht abzusehen.[1]

  [1] Über Streben und Mängel der _literarischen_
  Erdbeschreibung ist es interessant, eine zusammenhängende
  Darstellung, z. B. »Die Naturschilderung bei (!) den
  deutschen geographischen Reisebeschreibungen des 18.
  Jahrhunderts« von Oertel (Leipzig 1899) nachzulesen.

Die Photographie allein bringt allerdings auch »Wirklichkeit«. Sie
_berichtigt_ unsere Vorstellungen, aber doch mehr auf dem Umwege über
den rechnenden Verstand. Was ihr fehlt, ist die sinnliche Frische.
Gewiß, ihre Landschaften, Häuser und Menschen sind »richtig« -- aber
sie sind auch, von Ausnahmeleistungen abgesehen, langweilig. Die
Photographie gibt zu _wenig_ von ihnen. Sie will uns einreden,
Menschen und Dinge seien bloß erstarrte Schatten. Infolge der
Kleinheit des Bildes sehen wir sie wie aus weiter Ferne. Was das
Künstlerbild zu sehr betonte, fehlt hier -- besonders bei
geographischen Bildern -- oft ganz: das Malerische, die Gedanken
anregenden, beziehungsreichen Einzelheiten. Das Stereoskopbild, das
die Plastik hinzufügt, wirkt um so beängstigender puppenhaft,
lufthaft, mitten in einem wirklichen Augenblick erstarrt.

Das kinematographische Bild ist ein Riesenschritt weiter. Echtes
Licht -- naturähnliche Größe -- zitterndes, schwelgendes
Bewegungsleben, und dadurch auch ein gewisser Ersatz der
Körperlichkeit -- das ist schon ganz etwas anderes! Da wird nicht nur
das Auge erregt -- ein Hauch vom fernen Leben selber umweht uns,
spannt all unsere Sinne, weckt Denken und Fühlen, weckt die eigne
_Mittätigkeit_, das Erfassen-, das Entdeckenwollen, und die
ununterbrochene Veränderung auf dem Schauplatz hält die Aufmerksamkeit
wach, läßt die Teilnahme nicht zur Ruhe kommen. Die zehnte Muse
-- »Illusion« -- spinnt von der Leinwand aus ihre Zauber: das Haus, die
Bänke, die Menschenköpfe und die Damenhüte, die roten Lichter und die
Schatten der Nischen werden unwirklich, das lebenwimmelnde Bild wird
allbeherrschende Wirklichkeit. »=We put the world before you=« nennt
ein englisches Filmhaus mit Recht seinen Wahlspruch -- »Wir bringen die
Welt zu euch her«. Wenn Mohammed nicht zum Berge kam, muß der Berg zu
ihm hin -- das Wunder ist geschehen! Wenn wir nicht zu den Wundern der
Welt hinaus kommen -- und wer wird sich je den lückenlosen Anblick von
ihnen _selber_ verschaffen können, welches Menschenleben wäre lang
genug dazu -- so muß nun die Welt, wo sie am schönsten ist, von ihrer
Oberfläche her ihre lichten Ätherwellen bis hinein zu euch in Schule,
Vortragssaal und Theater senden! Und damit es _jederzeit_ geschehen
kann, lassen wir die Wellen sich abdrücken in festem Stoff, packen sie
ein, versenden, bewahren sie und erwecken sie beliebig zu neuem Leben
-- so wie wir das Licht der Sonne, das sich vor hunderttausend Jahren
in Farrenwäldern verkörperte, heute als Kohle einpacken, versenden,
aufbewahren und im Ofen wieder zum Licht erwecken! Und mehr: damit es
auch _allerorten_ geschehen kann, vervielfältigen wir die
Ätherwellenspuren, so oft wir wollen. So sehen wir, was irgendwo
_ist_, an allen Orten, und was _war_ zu allen Zeiten! So scheint also
das Ideal der Schule, das Ideal der Welt von heute erfüllt: Anschauung
überall statt Begriffe, Wirklichkeit statt Phantasien, Wahrheit,
unverfälschte, auch hier als einzige Quelle unseres Wissens und
unserer Bildung; auch da, wo die persönliche Wahrnehmung versagt!

Ist es das wirklich? Wenn unsere Freude über das Gewonnene uns nicht
einen Streich spielen, nicht in Kürze in Enttäuschung und Überdruß
umschlagen, ja den Segen der Kinematographie für Wissenschaft und
Schule in sein Gegenteil wenden soll, so müssen wir mit demselben
Willen zur Ehrlichkeit, mit der wir ihre Vorzüge anerkennen, uns ihre
_Grenzen und Mängel_ vor Augen halten. Das ist ja _auch_ ein
allgemeines Kennzeichen der Gegenwart, dieser Überdruß, der angesichts
so vieler schöner Dinge zutage tritt -- nicht nur gegenüber
technischen Hilfsmitteln, wie Kino, Fahrrad u. dgl., sondern ebenso
und aus denselben Gründen gegen Theater, Illustrationswesen, Presse,
die ganze »ästhetische Kultur« -- dieser Überdruß gerade der Denkenden
und Gebildeten, der keine andere Ursache hat als die vorangegangene
Überschätzung und daher den Mißbrauch dieser Dinge zu Zwecken, denen
sie _nicht_ gewachsen sind, und in einer Art, die ihrem _Wesen_ nicht
entspricht. Wie käme es sonst, daß _trotz_ der zahlreichen und oft mit
Riesenkosten hergestellten erdkundlichen Filme und trotz des lebhaften
Wunsches von Wissenschaftlern, Lehrern, Volksbildungsvereinen usw.
weder diese Filme einzeln, noch die Kinematographie im allgemeinen
ernstlich auf den betreffenden Gebieten Fuß gefaßt hat? Es liegt außer
andern Ursachen, die wir untersuchen werden, daran, daß die
Kinematographie überhaupt und die erdkundliche ebenfalls nicht
innerhalb ihrer Leistungsmöglichkeiten und ihrem Wesen gemäß
angewendet wird, daß ihr Unmögliches abgefordert und darüber ihre
Höchstleistungen vernachlässigt werden. Es liegt von vornherein schon
in dem jeden, der die Sache ernst nehmen möchte, abstoßenden Leugnen
aller Mängel überhaupt, dem hirnlos uneingeschränkten Anpreisen der
Kinematographie, all dem Unwesen der geschmacklosen Reklame, von dem
sich auch viele ihrer nichtbezahlten Lobsprecher nicht freimachen
können. Die Kinematographie hat keine Feinde als die Ausbeuter, die
sachlich und moralisch an ihr Raubbau treiben!

Ich habe in meiner Schrift »Kino und Kunst« die der Kinematographie
überhaupt aus technischen und lebenswissenschaftlichen (physiologischen)
Gründen anhaftenden Mängel ausführlich dargestellt. Die Mängel
physiologischen Ursprungs liegen in unserm eignen Organismus.
Andere Bilder nehmen wir einfach mit den Augen auf; diese müssen
unsere Augen selber erst zu Bildern machen helfen. Ein kinematographisches
Bild ist eine Leistung zur Hälfte von Photographie und Projektionskunst,
zur andern Hälfte von sehenden Augen. Diese erst vollführen die
beträchtliche Arbeit, die aber Tausende von Bildern -- an 53 000
wurden für eine durchschnittliche Kinovorstellung berechnet! --,
die ihnen da abwechselnd mit ebensoviel Verdunklungsunterbrechungen
vorgesetzt werden, durch Überbrückung dieser Verdunklungen zu einer
sich scheinbar bewegenden Einheit zu verschmelzen. Gerade die
»Bewegung« des Bildes ist eine Arbeit nicht des Apparates, sondern
unserer Augen. Und sie haben diese Arbeit unter höchst erschwerenden
Umständen zu tun: aufs äußerste angestrengt durch den krassen und
ausschließlichen Gegensatz von Licht und Schatten und die Überwindung
einer Menge anderer Mängel, die wiederum von einem _unserer_ Organe
geleistet werden muß: der mitwirkenden _Phantasie_, der blitzschnellen
Denk- und eignen Vorstellungsarbeit, die ununterbrochen die in
Wirklichkeit bloß vorhandenen _Andeutungen_ des Bildes erfassen und
deuten und in ihnen die Vorstellung von Farbe, Plastik, Geräuschen,
Düften und Berührungen ergänzen muß, die das Bild doch erst zu dem
_machen_, als das es aufgefaßt sein möchte, als Wirklichkeitswiedergabe.
Erschwert wird diese Nerventätigkeit durch die Unvorbereitetheit und
Bruchstückhaftigkeit jedes Kinobildes. Dessen technische Mängel haben
wir aber zum Teil schon angeführt. Wir vergessen ja gewöhnlich ganz
(und das ist im Kino selbst auch recht gut, aber es fälscht das
Ergebnis), daß dieses Bild dennoch immer nur ein Schattenbild ist,
dem außer dem flächenhaften Schwarz-Weiß-Bestandteil des
Wirklichkeitsanblicks so gut wie alles fehlt, was uns den Eindruck
des _Lebens_ vermittelt: eben Farbe, Plastik, Geräusche, Düfte,
Berührungen. Und mehr: die Tiefenwirkung (»Perspektive«) ist mehr
oder minder falsch, daher auch ein Teil der Bewegungen unrichtig
wirkend; Querbewegungen kommen ruckweise usw. Der Apparat zeigt uns,
was er mit _einem_ Auge gesehen, wir sehen dies mit _zwei_ Augen,
daher wieder etwas _anders_, als es der Kino gesehen hat und meint
-- nicht die Wirklichkeit, sondern ein Bild, aber ein sich bewegendes;
aber nicht sich bewegende Körper, sondern sich bewegende
Flächenausschnitte -- Schatten. Unsere Nerven müssen fortwährend eine
angestrengte Übersetzungsarbeit -- aus dem Kinematographischen zurück
ins Wirkliche -- leisten, um so mehr, je mehr der Kino sich der
Wirklichkeit durch bestechende Ähnlichkeiten annähert; und diese
Übersetzungsarbeit ermüdet sie bald und sehr. Trotzdem versagen sie
_allein_ -- wenn wir nicht nachhelfen -- in der Hälfte ihrer Aufgaben;
sie versagen in vielen Fällen schon bei dem Bestreben, überhaupt zu
erkennen, _was_ das Bild wiedergeben will, besonders infolge des
Mangels an Farbe, Tiefe und Plastik, durch den sich oft vorn und
hinten kaum voneinander abhebt, Fremdes sich zu Lichtknäueln
zusammenballt und Zusammengehöriges bloß etwa durch verschiedene
Beleuchtung seiner Teile auseinanderreißt. Bei alledem habe ich nur
mehr _gute_, mit voller Beherrschung der Technik und an Kunstwerken
und Kunstdenken geübtem Geschmack hergestellte Bilder im Auge, wie ich
sie in »Kino und Kunst« beschrieben habe. Vor _andern_ Bildern
durchschnittlicher Art wachsen die Schwierigkeiten noch mehr. Selbst
die besten aber, das ist uns durch das Voraufgegangene hoffentlich
abermals klar geworden, sind für sich allein so gut wie ohne _jeden_
erdkundlichen Wert -- sie zeigen weniges nur bruchstückhaft,
schattenhaft, falsch und irreführend. Der Kinofilm -- jeder, ganz
besonders aber der erdkundliche -- bedarf der _Ergänzung_,
um _überhaupt_ etwas zu sein. Um dem einen von vornherein
unterscheidenden sprachlichen Ausdruck zu geben, habe ich die mit
allen nötigen Mitteln zu einem »Kunstwerk«, d. h. zu einer in sich
geschlossenen Darstellungs- und »Ausdrucks«-Einheit erhobene
Kinematographie -- mit welchem Wort wir künftig die Herstellung und
Vorführung von Bewegungsbildern _allein_ bezeichnen -- mit dem Worte
»_Kinetographie_« benannt. »Kinetographie« -- wie wir das Wort auch
hier anwenden wollen (über seinen sprachlichen und sachlichen Sinn
vgl. »Kino und Kunst«) -- bedeutet also ausschließlich die
_Vorführung_ von Bewegungsbildern im Rahmen einer zu einem
Gesamtkunstwerk erhobenen Vorstellung, ergänzt durch alles, was dazu
dient, das Bewegungsbild selbst seelisch richtig vorzubereiten, Sinne,
Nerven und Hirn auf das Wesentliche einzustellen, seine nervösen
Kraßheiten auszugleichen, und das, was der Film _nicht_ zeigen kann,
durch andere Mittel zur Anschauung und zum Verständnis zu bringen.

Zum allgemeinen Verständnis dieser Forderungen, soweit sie aus dem
_ästhetischen_ Bedürfnis, der »Schönheits«-Forderung im
durchgeistigten Sinne des Wortes, hervorgehen, muß ich abermals auf
meine mehrmals genannte Schrift verweisen. Hier aber ist Gelegenheit,
noch einmal von der _andern_ Seite her, nämlich aus unserm rein
sachlich-wissenschaftlichen Gesichtspunkt, die Forderung nach
Vollendung _jeder_ kinetographischen Vorführung zu begründen und zu
beleuchten. Es handelt sich nicht in erster Linie um den Wunsch,
der kinematographischen Landschaftsdarstellung an sich auch
künstlerische Werte abzugewinnen, etwa durch »malerische« Wahl des
Bildausschnittes und handarbeitliche Beeinflussung und Nachhilfe der
Herstellungsvorgänge. Sondern hier fordern wir die Anwendung
des geläutertsten Geschmacks und der gewissenhaftesten und
erfindungsreichen Erfüllung aller Schönheitsforderungen lediglich im
»ästhetischen«, d. h. (im Ursinne des Wortes) im Interesse der _Sinne_
unserer Zuschauerschaft, damit nämlich ihre Sinne geschont,
unterstützt, vervollkommnet und vor Irrschlüssen bewahrt werden. Nicht
um ihnen »Genuß« von außen her zu verschaffen, sondern um ihnen eigne
richtige Erkenntnisarbeit zu ermöglichen. _Nicht_: wissenschaftliche
oder Schulkinovorführungen dürfen _auch_ »künstlerisch« vollkommen
sein, sondern sie in erster Linie _müssen_ vollkommene Kunstwerke im
Sinne der Vollendung in ihrem eignen Wesen sein, wenn sie überhaupt
irgendwelchen -- erdkundlichen Lehrwert haben sollen.

Welcher Art nun die notwendigen Ergänzungen sein müssen, kraft deren
Filmvorführungen zu einem brauchbaren Hilfsmittel der Erdkunde werden
können, wollen wir uns kurz überlegen. Zuerst spreche ich allem das
Wort, was die dem Kinobild mangelnden _begleitenden Sinneseindrücke_
ersetzen oder wenigstens zum Bewußtsein bringen kann. Dieser Ersatz
ist gerade beim Kinobild viel mehr erforderlich als vor jedem andern
auch nur Schwarz-Weiß-Bild, weil das Kinobild mehr wie andere den
Beschauer -- besonders den nicht selbstkritisch und durch eigne
Beobachtungen _sehr_ geübten -- in den Traum der Wirklichkeit
versinken läßt. Vor einer Photographie verfallen wir keinen Augenblick
in die Vorstellung: »so ist's« oder auch nur »so sieht's aus« -- beim
Bewegungsbild ist die Gefahr größer, nun erst recht in eine
falsche Vorstellung vom wirklichen Aussehen und den wirklichen
Kräfteverteilungen in der Natur zu versinken. Um so sorgfältiger
müssen wir dort vorbeugen. Diese Arbeit wird freilich _zumeist_ dem
menschlichen _Worte_ zufallen, wovon wir noch sprechen. Das Wort
allein wird uns über Plastik, richtige Perspektive, Größen-, Luft- und
Wärmeverhältnisse im Dargestellten aufklären müssen, und zumeist auch,
wo es sich um wissenschaftliche und Lehrzwecke handelt, über die
_Begleitgeräusche_. _Völlig_ möchte ich diese aber -- denen ich in
volkstümlichen und Jugendvorstellungen einen breiten Raum befürworte
-- auch aus wissenschaftlichen Darstellungen nicht verbannt wissen.
_Geräuschkunde_ ist ein meines Wissens als solcher nicht -- höchstens
als Nebengebiet der Dramaturgie -- abgetrennter Zweig der
Naturwissenschaft und findet, abgesehen von der Akustik, die sich
nicht mit den Geräuschen, sondern mit ihren Ursachen beschäftigt, der
Phonetik, der Musiklehre u. dgl., nur vielleicht in der Vogelkunde
überhaupt Beachtung. Wenn sie darüber hinaus _nicht_ gepflegt worden
ist, so liegt das meines Erachtens nur daran, daß man bisher
schlechterdings außerstande war, den _Stoff_ herbeizuschaffen, d. h.
Naturgeräusche in wissenschaftlich brauchbarer Weise aufzufassen und
wiederzugeben. Wir sind, wie wir wissen, heute schon in der Lage, das
zu tun: durch die Phonographie. Sie schreibt bereits ebenso
selbsttätig die Klang- und Geräuschwellen aller Art auf wie die
Photographie die dem Sehen zugrunde liegenden Äther-Bewegungen
(Kinetographie, d. i. Bewegungsselbstniederschrift). Sie ist wie jene
durchaus zwangläufig, d. h.: richtig eingestellt, gibt sie nach
Zeitmaß und Klangfarbe genau das Aufgenommene wieder, abzüglich der
feststellbaren Wirkungen ihrer technischen Fehlerquellen. Der
gemeinsamen Aufnahme von Naturbewegungsvorgängen und der sie
begleitenden Geräusche steht also gedanklich nichts mehr im Wege.
Tatsächlich ist aber diese Aufgabe noch nicht gelöst (obgleich man von
ihrer endgültig erfolgten Lösung alle Augenblicke hört). Zunächst
leidet die grammophonische Wiedergabe an sich noch besonders
an Nebengeräuschen von solcher Stärke, daß sie _feinere_
Gegenstandsgeräusche verschluckt, falls diese von der Wachsschicht
überhaupt richtig aufgenommen worden sind. Dann aber steht noch immer
die große Aufgabe bevor, beides, kinematographische und
phonographische Aufnahme und Wiedergabe, in _einem_ Verfahren oder
doch mit zwangläufiger Gleichzeitigkeit zu verbinden. Alle
sogenannten »Tonbilder« (ein irreführender Titel), die man bis jetzt
sieht, werden so hergestellt, daß erst eine grammophonische Aufnahme,
dann eine ihr nachträglich angepaßte Mimik aufgenommen werden. Die
Wiedergabe wird dann möglichst der Gleichzeitigkeit angenähert; aber
selbst, wo diese Gleichzeitigkeit erreicht wird, fehlt doch die
_Echtheit_, die dem Ganzen erst wissenschaftlichen Wert geben würde.
Überdies ist mir nicht bekannt geworden, daß _überhaupt_ erfolgreiche
Versuche gemacht worden wären, Naturgeräusche -- z. B. die Brandung
des Meeres, den Ausbruch eines Kraters, das Rauschen im Wald, das
Gemurmel und Geheul der Großstadt -- grammophonisch aufzunehmen. Daß
dies unmöglich sein sollte, möchte ich daraus nicht schließen -- kann
man _künstliches_ Pfeifen und Sprechen usw. aufnehmen, warum nicht
auch zunächst wenigstens die lauten (oft viel lautern!)
unwillkürlichen Naturgeräusche! Und mögen zunächst diese Aufnahmen
selbst, alsdann ihre Zusammenstimmung mit der gleichzeitigen
Kinoaufnahme noch so viel Unvollkommenheiten aufweisen --, der Versuch
allein würde lohnen, und die Vervollkommnung würde meines Erachtens
nicht lange auf sich warten lassen, sobald nur der _Wert_ dieser Sache
allgemein erkannt würde. Daß eine solche Technik _überhaupt_ im Zuge
der Kinetographie liegt, ja eins ihrer nächsten und erreichbaren
Ziele sein müßte, wird weniger bezweifelt werden. Wenn aber
Geräusch_nachahmungen_ von Wissenschaftlern und gebildeten Laien (zum
Teil mit Unrecht) belächelt werden, so bedeutet das nicht, daß sie
auch dokumentarisch getreuen Geräusch_nachbildungen_ Achtung versagen
würden. Im Gegenteil: _die Geräusche, die besonders die Bewegung in
der Natur begleiten, sind unentbehrlich für die unmittelbare sinnliche
Bewertung der in dem betreffenden Vorgang spielenden Kraftmassen und
Kraftverteilungen_. Das einfachste Gefühl des Laien sagt ihm doch
schon, daß ein lautlos ausbrechender Vulkan, lautlos heranschwingende
Meereswogen, eine lautlos dampfgebende Kanone, lautlos tanzende
Eingeborene, lautlos stürzende Niagaras etwas Unsinniges, überhaupt
_gar nichts_ sind. In der Zeichnung, in der Photographie vermissen wir
dergleichen nicht, weil sie ja das Bewegungsleben nicht zu geben
beansprucht, wo aber die _Bewegung_ der Dinge gezeigt wird, da fordern
unsere Sinne auch ihr _Geräusch_. Ist dies somit eine »ästhetische«
Forderung, so wird doch auch niemand bestreiten wollen, daß diese
Geräusche an sich als Begleiterscheinungen von Naturbewegungen ein
ernstester Forschung höchst würdiger Gegenstand sind. Ich bin der
Meinung, daß auch bei rein wissenschaftlichen Vorführungen,
mindestens wenn die Teilnehmer daneben auch irgend Menschen mit
natürlichem Sinnenleben und Geschmack sind, in Ermangelung
grammophonischer Mittel _einige_ Begleitgeräusche gegeben oder
angedeutet, allermindestens aber durch vorangehende Beschreibung der
Phantasie der Zuhörer zur Verfügung gestellt werden müßten. So zeigte
ich einmal den Ausbruch eines Geisers, ein Bild, über das ich wegen
seiner Kürze und anderer Mängel ganz unglücklich war: es kam mir
völlig bruchstückartig und wertlos vor. Zufällig kam mir eine
ausführliche Beschreibung dieses selben Geisers in die Hände, in der
auch genaue Angaben über die Begleitgeräusche enthalten waren. Ich
ließ diese nun sorgsam hinzufügen, und von diesem Augenblick an erwies
sich das Bild -- rein erdkundlich-naturwissenschaftlich betrachtet! --
als einer der Glanzpunkte meines Programms. Gewiß hatte _ich_ mir
allenfalls nach langem Studieren diese Begleitgeräusche -- den
kanonenschußartigen Ausbruch von Schlamm und Steinen, das regenartige
Niederprasseln der Wassermengen usw., die vorangehende donnerartige
Erderschütterung -- auch »denken« können -- aber wie hätten das meine
_Zuschauer_ tun sollen? Und wenn sie es gekonnt hätten -- sollten sie
und ich uns dessen schämen, daß wir uns eine mühsame und unvollkommene
Eigentätigkeit durch ein paar meinethalben theaterhafte Hilfsmittel
ersetzten? Und sollten sich endlich Studenten und Hochschullehrer
selber in diesem Punkte in einer andern Lage befinden als wir? Sollte
selbst jemand, der diese Geräusche einmal _erlebt_ hatte, sich ihrer
vor diesem Bilde vollkommener erinnern, als unsere Hilfskräfte sie mit
urwüchsigen Mitteln nachzuahmen vermochten?

Mag man über Geräuschnachahmungen bei rein wissenschaftlichen
Gelegenheiten denken, wie man will, für die unvorbereitete und mit
erdkundlichen Erscheinungen durchaus ungenügend vertraute
Öffentlichkeit sind sie unerläßlich sowohl um des Verständnisses wie
um der ästhetischen Befriedigung willen. Daß und wie dabei die Grenzen
des Geschmacks einzuhalten sind, habe ich anderswo behandelt. Sicher
ist aber, daß _die Kinematographie an sich nicht eher ein vollwertiges
erdkundliches Hilfsmittel ist, als bis sie wenigstens in zwangläufige
Vereinigung mit der Grammophonie gelangt ist_. Bewegung und Geräusch
sind zeitlich und räumlich, ursächlich und in der Erscheinung,
ästhetisch und gedanklich nicht voneinander zu trennen, ein Verfahren,
das das eine wiedergibt, muß auch das andere zeigen.

Die zweite Ergänzung, die nicht zu verachten wäre, ist die _Farbe_.
Auch hier sind manche Versuche unterwegs, beachtenswerte Erfolge
errungen. Das bekannteste Verfahren ist _Urbans Kinemacolor_. Ich
habe dieses Verfahren vor einigen Jahren in London gesehen und weiß
nicht, ob es inzwischen verbessert worden ist. Es störte, bei allem
unleugbaren Reiz, durch starkes Flimmern. Sein Hauptmangel ist, daß
die Aufgabe, die eigentliche Bildfarbe zu bilden, wieder unsern
_Augen_ überlassen ist, und diesen wird sie um so schwerer, als sie
sie aus nicht mehr als zwei Grundfarben -- rot und grün -- herstellen
müssen, die dem farblosen Doppelpositiv durch zwei Filter mitgeteilt
werden. An der Ausbreitung des Kinemacolorverfahrens scheint außer den
beträchtlich höhern Kosten und dem zur Alleinbestreitung einer
Vorstellung nicht genügenden Erfolg auch die Monopolvergebung schuld
zu sein. Auf jeden Fall ist die Sache noch nicht vollkommen; trotzdem
sollte jeder sie kennen zu lernen suchen, und gutgestellte Kinotheater
sie einfügen. An sich aber ist die »Naturfarbe« der Bilder -- solange
sie nicht auf eine bisher unbekannte Weise auf photographischem
Wege selber gewonnen wird -- _nicht_ eine so unerläßliche
Vollkommenheitsforderung wie die des Begleitgeräusches. Es ist mir im
Gegenteil zweifelhaft, ob sie in jedem Falle erwünscht wäre, da sie
die Ansprüche an die Augen erhöht, die Fehlerquellen vermehrt und
überdies dem Filmbild einen Vorzug wieder nimmt: den der
Vereinfachung und Zurückführung des Bildes auf seine einfachen
Schwarz-Weiß-Verhältnisse. Noch weniger kommt freilich hier die
_künstliche_ Farbenergänzung in Betracht, wo wir ihr nicht aus
Gründen, die nichts mit Erdkunde zu tun haben (Augenerholung) einmal
nachsehen wollen. Die _echte_ Farbenselbstwiedergabe der Natur steht
noch in weitem Feld, und wir sehen vorläufig noch nicht einmal einen
Weg angedeutet, wie wir zu ihr zu gelangen vermöchten.[2]

  [2] Inzwischen wird von einem neuen Verfahren der Firma
  _Gaumont_ (deutsches Haus) berichtet, das Kinemacolor in
  mancher Hinsicht übertreffen soll, wenn auch die
  Farbenabstimmung naturgemäß noch durch die Fehlerquellen
  beeinflußt wird.

Anders die _Körperlichkeit_ (Plastik) des Dargestellten. Der Weg dazu
ist klar: wir lassen unsern Apparat, wie wir selber, mit _zwei_ statt
einem Auge sehen und zeigen dann, wie in der Wirklichkeit, jedem
unserer Augen gesondert das entsprechende Bild. Wege dazu gibt es
verschiedene, ihr einziger gemeinsamer Nachteil ist der, daß wir dazu
das Auge bewaffnen müssen, sei es durch eine Brille mit zwei
verschieden gefärbten Gläsern, sei es durch eine stereoskopartige
Vorrichtung. Ich habe solche Bilder noch nicht gesehen, meine aber,
wenn sie sich einbürgerten und sonst hübsch sind, würde die
Beschaffung der Betrachtungshilfsmittel nicht so schwierig sein, wie
es immer dargestellt wird. Kinobesucher werden sich ihre »optische
Brille« kaufen, wie Theaterbesucher ihr Opernglas.

Übrigens habe ich ein anderes Verfahren zur Verkörperlichung von
Kinobildern gesehen, anscheinend auf Spiegelungen beruhend, das aber
nur eine puppenhafte Wirkung hatte. Warum irgend jemand eine bessere
körperliche Wirkung von erdkundlichen Kinobildern verschmähen sollte,
wenn er sie nicht etwa durch Nachteile anderer Art erkaufen muß, sehe
ich nicht ein.

Eine Menge anderer Wirklichkeitseigenschaften werden dem Kinobild
natürlich immer fehlen. So kann die Nachahmung von Begleit_gerüchen_
immer nur ein gelegentlicher Scherz bleiben, und ebenso fehlt die
körperliche Wirkung von Wind und Wetter usw. auf den Beschauer. Etwas
anderes aber ist von größerer Wichtigkeit. Wir müssen ein Kinobild
immer gleichsam mit festgeklemmtem Kopfe oder mit starren Augen
besehen; wir können die Augen nicht in der Weise wandern lassen wie in
der Natur. Tun wir es dort, so bietet sich uns bei jeder Bewegung ein
anderes Bild; im Kino ist der Erfolg nur, daß wir je einen andern Teil
desselben Bildes sehen. In einem gewissen Grade hilft dem freilich,
aber auch nur scheinbar (da die Körperlichkeit fehlt), die Erfindung
der _Panorama-Kinematographie_ ab, die man meines Wissens zurzeit nur
in München sehen kann. Sie erzeugt durch kreisförmiges Drehen des
Objektivs die Täuschung eines Landschaftenrundblickes. Das ist
natürlich eine vielleicht sehr hübsche Spielerei, die aber als
erdkundliches Hilfsmittel geringen Wert haben wird. Das vor allem aus
praktischen Gründen; an sich mag die Sache für seltenere Aufgaben, bei
denen es darauf ankommt, einen Gesamtüberblick über ein größeres
Gebiet zu haben, brauchbar sein.

Ich möchte, ehe ich die beiden Haupthilfsmittel, das _Wort_ und das
_Lichtbild_, bespreche, noch eine Bemerkung über die Mithilfe der
_Musik_ machen. Auf den ersten Blick hat sie in erdkundlichen Filmen,
die der Belehrung dienen sollen, nichts zu suchen. Eine Ausnahme
machen aber schon diejenigen _völkerkundlichen_ usw. Filme, die
geradezu Musikszenen, z. B. Tänze, nach Musikrhythmen arbeitende
Kolonnen usw., darstellen. Wir können hier auf das über
Begleitgeräusche Gesagte verweisen; grammophonische Wiedergabe wäre
Ideal, angepaßte Nachahmung in diesem Falle berechtigt, weil ja auch
die Urmusik »künstlich« ist; _unerläßlich_ in diesem Falle die eine
oder die andere. Einen Negertanz ohne dessen Begleitmusik vorzuführen,
halte ich für geradezu unwissenschaftlich. -- Darüber hinaus aber habe
ich mich einfach aus der Erfahrung heraus für die vereinzelte
Anwendung musikalischer Begleitung selbst bei geeigneten erdkundlichen
Filmen aus _gesundheitlichen_ Gründen ausgesprochen. Es ist nun einmal
Tatsache, daß _gute_ angepaßte Musik wie kein anderes Mittel die
Nerven abspannt, sie erfrischt und ihnen ihre Arbeit erleichtert.
Selbstverständlich kommt Musik weder bei Filmen mit Geräuschwiedergabe
in Betracht noch bei solchen mit »bewegungsdramatischem« Inhalt noch
bei allen andern; aber sie kann Wunder tun bei Bildern, die eine
ruhige rhythmische, in sich wiederkehrende Bewegung ausspinnen.
_Begleitmusik beflügelt die Phantasie_ -- aus diesem Grunde weise ich
sie nicht streng aus allen erdkundlichen Vorführungen heraus, sondern
spreche ihr selbst sachlichen Wert zu.

Was aber völlig unentbehrlich ist, sind zwei Dinge: das _Wort_ und das
_stehende Lichtbild_. Ich kann sie gemeinsam behandeln. Über die
Gestaltung des Begleitvortrags habe ich in »Kino und Kunst« alles
Nötige gesagt. Er hat zwei Aufgaben: erstens abermals das Bild
seelisch vorzubereiten und seine Lücken auszufüllen, zweitens den
Geist darüber hinauszutragen. Die letztere Aufgabe kann in Verbindung
mit einer Kinovorführung nur angesponnen, nicht ausgeführt werden. Wir
wollen sie aber dennoch nicht unbeleuchtet lassen, um uns abermals
gewärtig zu bleiben, daß alle Bildvorführung für die Erdkunde nur
Mittel, nicht Zweck ist. So wie einerseits _keine_ noch so vollendeten
Naturnachbildungen ohne geistige Nachteile von Zuschauern aufgenommen
werden können, die nicht über genügenden Vergleichsstoff aus _eigner_
unmittelbarer Anschauung verfügen (worüber wir im Absatz »Schule«
gesondert sprechen) --, so ist anderseits alles von der Natur
Geschaute nur Mittel und Vergleichsstoff für die _eigentliche_
geistige Aufgabe der Erdkunde: eben aus der Welt der Erscheinungen
zu den _Gedanken_ über sie zu gelangen, ihre Gesetze und
Kraftverhältnisse, ihre Ursachen und ihre Zukunft, ihr Wesen und ihren
Geist zu untersuchen. _Darüber_ spricht sich die Natur nicht, die
Abbildung noch weniger aus. Was uns das Bild zeigt -- auch das müssen
wir uns einmal wieder ins Gedächtnis rufen -- _sind_ ja gar
nicht die vom Menschen bereits genannten und gemessenen, mit
Erkenntnisgesichtspunkten und Gefühlswerten übersponnenen, menschlich
geaichten Naturwerte, sondern es ist die Urnatur in ihrer unentdeckten
Namenlosigkeit. Das ist nicht eine Grübelei, sondern eine sehr
wichtige Alltagswahrheit, deren Übersehen wieder eine der
Hauptursachen für die mangelhaften Erfolge »reformerischer«
erdkundlicher Vorführungen in Kinotheatern usw. ist. Man stelle sich
vor: da erscheint jenseits einer Flußfläche ein schlicht kegelförmig
zugespitzter hoher Berg, oben mit Schnee bedeckt. Im Vordergrund wogen
Binsen um einen Fischersteg. Vor dieses Bild setzt die Mägde und die
Kuhknechte, die Käsehändler und Pflasterarbeiter einer Kleinstadt. Was
sollen sie dazu sagen, was soll sie daran fesseln? Gewiß, es ist ganz
»schön« -- aber das, was _sie_ urwüchsigerweise im Kino suchen,
nämlich merkwürdige »Bewegungen«, sind gar nicht drin. Das Bild
gefällt nicht! Nun sagt der Vorführer einen Namen: Der Berg Fujijama.
»Ah!« entringt es sich den anwesenden gebildeten Besuchern. »Das also
ist der Fujijama, so sieht er wirklich aus!« Eine Fülle von
Gedankenverbindungen erweckt ihnen das Wort -- ihnen, aber immer noch
nicht den andern! Wenn _denen_ nun ein Berufener in einer Sprache, die
sie verstehen, sagen würde: »Hier ist es gar nicht irgendeine
'merkwürdige' Bewegung, die euch fesseln soll, sondern ihr sollt das
und das dabei denken,« wenn er ihnen etwa vorher ein paar japanische
Künstlerbilder von dem Heiligen Berge zeigt, ein japanisches Gedicht
oder eine Sage von ihm erzählte -- oder wenn er statt dessen wertvolle
wissenschaftliche Angaben (immer in der Sprache der Einfachen) über
ihn machte: damit würde er ihnen die richtigen _Augen_ geben, mit
denen gesehen auch ihnen das Bild reizvoll erscheinen würde. Denn sein
Wert liegt in dem, was wir, was ein ganzes Volk sich dabei denkt, in
dessen Phantasie der Berg den Mittelpunkt bildet; sein Hauptwert liegt
in dem, was das Bild _nicht_ zeigt, im Gedanklichen. Was ich hier am
Beispiel der Einfachen zeige, gilt in entsprechender Anwendung bis
hinauf zu den »gelehrtesten Häusern«. Niemand ist so vielwissend, daß
er im Augenblick, wo irgendeine Landschaft usw. vor ihm im Kinobild
auftaucht, gerade _den_ Wissensstoff genau gewärtig hat, der hier den
Mittelpunkt des Interesses bildet. _Jeder_ Beschauer eines Kinobildes
muß vorher darauf _eingestellt_ werden. Und das kann nur durch _Worte_
geschehen. -- Diese Worte haben aber nicht nur allgemeine
Gesichtspunkte zu geben, sondern sie müssen auch einen andern Mangel
des Kinobildes, das schnelle, unvorbereitete Vorüberhuschen des Bildes
ausgleichen, indem sie auf seine hauptsächlich zu beachtenden
Einzelheiten vorher hinweisen. Diese vorherige Hinweisung,
gewissermaßen das Vorauserzählen des Kommenden, ist ein zünftiges
Kunstmittel des Theaters. Dadurch, daß man eine erst künftig auf der
Bühne erscheinende Person vorher nach Tracht und Art von andern
beschreiben und ihre Meinungen darüber tauschen läßt, wird das
Interesse an dem Kommenden nicht vermindert, sondern vermehrt.

Das letzte, nicht das schlechteste Ergänzungsmittel des erdkundlichen
Bildes, das zugleich das Wort in hohem Grade entlastet, ist das
_Lichtbild_. Es hat vor dem Bewegungsbild den Vorzug, eine lange
ruhige Betrachtung zu ermöglichen, die großen Grundformen einer
Landschaft usw. viel besser als der davonlaufende Film erkennen zu
lassen, und auch künstliche Darstellungen, Schemen, Landkarten,
Zeichnungen usw. zu ermöglichen. Es ist zugleich eine Erholung für das
Auge, auch insofern, als es in einem ganz andern Sinne als der Film
künstlerisch (malerisch) hervorragend sein und sowohl naturfarben wie
bemalt dem besten Geschmack entsprechen und zeigen kann, was dem Film
fehlt. Auf ihm kann man bequem die Stellen zeigen, an denen im
Laufbilde etwas Besonderes zu beachten ist, und man kann anschaulich
machen, wie sich die besondere Örtlichkeit des Laufbildes einem großen
erdkundlichen Ganzen einordnet. Kein Film sollte ohne eingehende
Vorbereitung und Vorbesprechung auf der Wand erscheinen. Nichts ist
ein falscheres, stilwidrigeres Wirkungsmittel gerade für das
Bewegungsbild als die _Überraschung_ des Beschauers.

Alles, was wir genannt haben, läuft darauf hinaus, erdkundliche
Bewegungsbilder in solcher Zurichtung, Vorbereitung, Ergänzung und
Umgebung zu zeigen, daß die Beschauer das höchsterreichbare Maß von
Wirklichkeitsanschauung unter allersorgfältigster Unschädlichmachung
von Fehlerquellen und möglichster Erleichterung ihrer Sinnestätigkeit
erhalten. So durchgeführt, vermag der Kino dem geübten Gelehrten den
Forschungsgegenstand selbst in einem gewissen Grade zu ersetzen, dem
Wissensbeflissenen wird er ein verläßliches Hilfsmittel, dem Schüler
ein nicht irreführender Wegweiser, dem Künstler ein Genuß, jedermann
eine geistige Bereicherung und der Menschheit ein Nutzen und eine
kulturfördernde Völkerverbindung sein.



II. Wissenschaftliche Erdkunde


Das Wort »wissenschaftlich« wird im Zusammenhang mit Kinematographie
geflissentlich mißbraucht. Man bezeichnet frischweg jeden Film nach
Naturvorgängen als »wissenschaftlich«. Für alle andern bleibt ja das
schöne Schildchen »künstlerisch«. In Wirklichkeit kann von
»wissenschaftlicher« Kinematographie im strengen Sinne nur da
gesprochen werden, wo diese Technik -- wie etwa das Mikroskop -- der
_Forschung_ neue Möglichkeiten eröffnet, also etwa gestattet, Dinge zu
beobachten, deren man ohne sie nicht habhaft werden konnte, oder alte
in solcher Weise, die vorher nicht möglich war. Erst im weitern Sinne
lassen sich Filme als wissenschaftlich bezeichnen, die alle
Anforderungen erfüllen, um wenigstens als Hilfsmittel im auf
wissenschaftliche Ziele gerichteten Unterricht verwendet werden zu
können. Beides gilt von den bisher geschaffenen erdkundlichen Filmen
nur ausnahmsweise, und wir wollen kurz untersuchen, wie weit die
Kinematographie überhaupt für wissenschaftliche Zwecke brauchbar sein
mag, und welche Anforderungen in diesem Falle an sie gestellt werden
müssen.

Zunächst als _Forschungs_mittel im strengen Sinne kommt sie in zweierlei
Hinsicht in Betracht. Erstens für die Erd_geschichts_wissenschaft,
insofern sie erdkundliche Erscheinungen, die der Veränderung oder dem
Vergehen ausgesetzt sind, dauernd festhält und dadurch auch spätern
Forschern und Geschlechtern die Untersuchung und Vergleichung
ermöglicht. So stellte sich z. B. heraus, daß der Geiserfilm, den ich
schon erwähnte (Neuseeländische Geiser, Urban-Eclipse), gerade dadurch
einen außerordentlichen Wert hatte, daß er eine interessante,
inzwischen aber verschwundene Naturerscheinung -- vielleicht die
großartigste ihrer Art -- festhielt.[3] Dergleichen Gegenstände würden
sich in der Welt viel finden, aber nicht bloß auf dem Gebiete der
Superlative, der »großartigsten« usw., sondern mehr noch unter
unscheinbaren Naturerscheinungen. Hier berühren sich die Interessen
der Wissenschaft mit solchen der Allgemeinheit, für die
erfreulicherweise das Verständnis mehr und mehr um sich greift: denen
des _Naturschutzes_, und wo der nicht mehr möglich ist, der _Erhaltung
von Naturdenkmälern_ wenigstens im Bilde. Die Natur- und
_Heimatschutz_gesellschaften seien an dieser Stelle besonders auf das
Hilfsmittel der Kinematographie im genannten Sinne wie auch zur
_Werbung_ für ihre Bestrebungen aufmerksam gemacht. Wenn z. B. jetzt
der Gedanke, große _Naturschutzparks_ nicht nur in der engern Heimat,
sondern eben in der ganzen Welt, vor allem in den Kolonien, anzulegen
und im ursprünglichen Zustande zu erhalten, Gestalt gewinnt, so sollte
man das Interesse dafür aufrufen durch Bewegungsbilder der
betreffenden Gegenden, denen andere von bereits als unrettbar
erkannten Gegenden wirksam an die Seite gestellt werden
könnten. Besonders kommt dieses Sammeln von kinematographischen
Naturdenkmälerabbildungen für die Gebiete der Pflanzen-, Tier- und
Menschengeographie in Betracht. Man vergleiche die ergreifenden
Darstellungen, mit denen _Paasche_ im »Vortrupp« und an andern Orten
die denkende Menschheit auf die entsetzliche Verödung der Natur gerade
in bis dahin »jungfräulichen« Jagdgründen aufmerksam machen will, und
lese da nach, wieviel der prächtigsten und bezeichnendsten Tierarten
-- Elefanten, Wale usw. -- bereits dem Aussterben nahe sind. Ganz
besonders denken wir hier natürlich auch an die _Menschenkunde_ im
weitesten Sinne des Wortes (Ethnographie), Rassen-, Volkskunde
einschließlich urwüchsiger Bauarten, Industrien, Trachten usw. Hier
handelt es sich ja ebenfalls leider häufig genug schon um
unabwendbares Aussterben; überall aber liegt ein ständiger, oft
langsamer, oft sehr plötzlicher _Wandel_ der Erscheinungen vor. Diesen
entwicklungsgeschichtlichen Wandel sowohl im Drum und Dran wie auf
körperlichem Gebiete kann die Kinematographie in hervorragender, oft
in einziger Weise der Forschung der Nachwelt vor Augen halten. Endlich
kommt die Festhaltung _einzelner_ Naturschauspiele, z. B. des
Ausbruchs und Werdens neuer Vulkane, in Betracht, zu deren Aufnahme
freilich meistens Zufallsglück gehört. Es wäre eine planmäßige
Aufnahme möglichst vieler derartiger Naturdenkmäler über die ganze
Welt zu befürworten. Für diese Aufnahmen müßten dann natürlich
_Sammlungen_ (Archive) angelegt werden, deren Inhalt nicht durch
zeitgenössische Vorführungen gefährdet und im Wert gemindert werden
dürfte. Ein solches Unternehmen wäre, wie unten nachzuweisen, durchaus
kostenlos durchzuführen.

  [3] Und zwar leider dennoch auf Nimmerwiedersehen! Bei
  Nachforschung stellte sich heraus, daß das unschätzbar
  wertvolle Negativ nach einer gewissen Anzahl Kopien wie
  üblich »vernichtet« worden ist -- eine bezeichnende
  Illustration zum Thema »Traum und Wirklichkeit in der
  Kinematographie«. Filmarchive!

Aufmerksam muß ich aber auch hier darauf machen, daß derartige Filme,
richtig hergestellt, einen ganz unschätzbaren, mit der Zeit ungeheuer
steigenden _Sammlerwert_ haben würden. Es würde also keineswegs eine
tote Geldanlage sein. Über Filme als Sammlergegenstand beabsichtige
ich mich, im »_Buch vom Kino_« weiter auszulassen.

Die zweite Eigenart, durch die die Kinematographie für die _Forschung_
unmittelbaren Wert hat, liegt in der Möglichkeit, die Aufnahmen zu
_Messungszwecken_ zu verwenden. Der Film zerlegt jede Bewegungseinheit
in eine große Menge einzelner Teile, deren Zeitabstand voneinander
genau bemessen ist, und -- die zur genauen Nachbestimmung standhalten.
Sie erlauben daher, Bewegungen zu untersuchen, die in der Wirklichkeit
zu flüchtig oder vereinzelt, oder auch zu klein und kurz sind, um mit
den Sinnen aufgefaßt zu werden. Dadurch wird der Wissenschaft geradezu
ein neues Betätigungsgebiet erschlossen, welches ich _Rhythmologie_
benennen möchte: die Erforschung der Zeitgesetze in den freien
Bewegungserscheinungen der Natur. Sie ist z. B. betreffs der
Wellenbewegung im Meere, des Aufschlagens bestimmter Wellen an
Flußufer usw. schon versucht worden, aber es standen keine andern
Hilfsmittel zur Verfügung als Uhr und Hand und etwa Instrumente, die
jedenfalls kein beständiges (kontinuierliches) Bild der Erscheinungen
boten. Über den Wert einer solchen Forschung brauche ich dem
Gebildeten kein Wort zu sagen.

Endlich das dritte kinematographische Forschungshilfsmittel, dem
vorigen verwandt, wenn auch schon mehr auf das Gebiet der Lehr- und
Veranschaulichungshilfsmittel hinüberweisend, ist die Aufnahme unter
künstlich veränderten Bedingungen. So ist es vor allem möglich,
Veränderungen, die sich in Wirklichkeit über längere Zeiträume
erstrecken, in wenige Minuten zusammenzudrängen und dadurch ebenfalls
wieder ihre Einheit und ihren Rhythmus sinnenfällig zu machen. Wenn
auch dergleichen wohl mehr für andere Naturwissenschaften in Betracht
kommt, so gibt es doch auch Gelegenheiten, wo es für die Erdkunde in
Betracht kommt, und wenigstens vielen bequeme Beobachtungen
ermöglicht, die -- etwa wie die täglichen Meeresgezeiten, die
jährlichen Gletscherschwankungen, allmähliche Verwitterungsvorgänge --
sonst nur vereinzelt ungenau, mühsam und mit unverhältnismäßigem
Aufwand gemacht werden könnten.

Ganz allgemein bildet der Kino eins der wertvollsten Hilfsmittel des
_Forschungsreisenden_, dem sie eine bequeme, dokumentarisch getreue
und dauernde Einheimsung seiner Beobachtungen, ihre schnelle
Überführung in die Stoffmenge der Forschung ermöglicht und zugleich
unter Umständen ein unwiderlegliches _Beweismittel_ seiner Erfolge und
Behauptungen gibt. Wir wollen hier sogleich die Frage behandeln, auf
welche Weise sich der Gebrauch dieses Hilfsmittels _praktisch_
durchführen läßt. Es kommen hier namentlich zwei Schwierigkeiten in
Betracht: die Belastung des Gepäcks und die Kostenfrage. Die _Technik_
der Kinoaufnahmen kann kein Hindernis bieten; sie ist im allgemeinen
sehr einfach und leicht. Eine kurze gute Einführung darin bietet
Liesegangs »Lichtbild- und Kinotechnik« (Lichtbühnen-Bibliothek Nr.
1), ausführlich desselben Verfassers »Handbuch der Kinematographie«
(Düsseldorf, 8 M) und andere. Über die allgemein zu beobachtenden
Maßregeln vgl. mein »Kino und Kunst«.

Der im Großbetrieb übliche Aufnahmekino, wie er von zahlreichen Firmen
hergestellt wird, bildet mit dem nötigen schweren Fuß (Stativ) und
allem Zubehör allerdings eine beträchtliche Last, zu deren Bewältigung
auf längere Märsche mehrere Träger abwechseln müssen. Dennoch kommt er
in erster Linie in Betracht, da er doch wohl nicht nur allein die für
die unvermeidliche Inanspruchnahme durch Beförderung usw. nötige
Festigkeit und Derbheit besitzt, sondern auch allein die Filme
liefert, deren Format und Durchlöcherung den allgemein in Kinotheatern
usw. verbreiteten Vorführungsapparaten entspricht. Diese sind aber
wieder für die Vorführung in _großen_ Räumen notwendig. Auf der
Möglichkeit aber, die aufgenommenen Bilder wenigstens zum Teil von den
Kinotheatern und in Vereinsvorführungen usw. geschäftlich zu
verwerten, beruht aber hauptsächlich die vorteilhafte Erledigung der
Kostenfrage. -- Es gibt aber auch mittlere und kleinere Aufnahme- und
Vorführungsapparate, die erstern »Schul«-, die letztern
»Salon«-Kinematographen genannt. Diese haben den Vorzug, sehr viel
handlicher zu sein, besonders die letztern, die kaum das Gewicht einer
9 × 12-Kamera ausmachen, und deren Stativ natürlich ebenfalls leichter
sein kann. Die Bilder dieser Apparate genügen bei richtiger Behandlung
durchaus den meisten, auch wissenschaftlichen Zwecken, nur lassen sich
die Bilder nicht so groß und daher nicht in sehr großen Sälen
projizieren. Die Filme sind nämlich nur von etwa halber Breite und die
Bildchen von halber Höhe der im Großbetrieb üblichen, und
die Durchlöcherung ist anders angeordnet. Dadurch sind sie
schwieriger und jedenfalls nur ausnahmsweise in Kinotheatern
usw. unterzubringen. Dadurch, daß man sie auch sonst nur in
kleinern Kreisen zeigen kann, lassen sie sich auch finanziell
nicht so verwerten, ein Übelstand, dem allerdings die bedeutende
Film- und Behandlungsersparnis gegenübersteht. In der Kleinheit
liegt aber noch ein weiterer Nachteil: die Einzelheiten kommen
nicht so heraus, die Unterscheidungsgrenze liegt um die Hälfte
tiefer als bei Normalfilmen, und wenn man sie auf gleiches Format
zu projizieren versucht, so tritt das photographische Korn störend in
die Erscheinung. Der größte Mangel ist aber wohl der, daß die
Kassetten, die diesen Apparaten angehängt werden, nur kurze Filme zu
fassen vermögen. Bei längern würde die ungleiche Abwicklung infolge
der unverhältnismäßigen Verminderung des Umfangs der Filmrolle auch
Ungleichmäßigkeit des Aufnahmezeitmaßes zur Folge haben. (Ausführlich
gedenke ich die Frage der Liebhaber-Kinematographie in meiner Schrift
»_Das Buch vom Kino_« zu behandeln.) Neuerdings sind aber auch eine
ganze Reihe von Apparaten mittleren Umfangs und Gewichts geschaffen
worden, die für »Normalfilme« eingerichtet sind, und übrigens läßt die
lebhafte Tätigkeit hinter den Kulissen der Apparate-Fabriken auf
diesem Gebiete darauf schließen, daß hier bald Vollkommenes zutage
treten wird.

Wichtig ist die Kostenfrage. Sie kann indessen nicht ernstlich
schrecken, wenn man sich überlegt, daß zwar jedes einzelne Meter
Rohfilm 1 M kostet (ein 5 Minuten laufender Normalfilm ist ungefähr
100 Meter lang), für ein Negativ und ein Positiv also ohne die
Behandlungskosten und Verpfuschtes, Abfall usw. 2 M (im großen wird
es etwas billiger), daß aber auf der andern Seite der fertige Film,
wenn er gelungen ist, einen großen unmittelbaren und einen größern
Zukunftswert besitzt. Von dem Zukunftswert wissenschaftlicher Filme
haben wir gesprochen. Es wird leicht einzuführen sein, ihn durch die
Anregung des Sammeltriebes vermögender Privater und interessierter
Körperschaften (Gemeinde, Staat usw.) unmittelbar zu verwirklichen.
Noch gewisser und leichter ist der Weg, wenigstens Teile guter
derartiger Aufnahmen der öffentlichen Benutzung, dem Turnus der
Kinotheater usw. zur Verfügung zu stellen. Naturgemäß werden
Forscheraufnahmen sowieso ein bedeutend größeres Interesse selbst für
die breite Öffentlichkeit haben als gewöhnliche Operateuraufnahmen,
die ja meistens von der Heerstraße stammen. Dieses Interesse wird sich
durch geeignete Behandlung bei der Vorführung wesentlich steigern
lassen, und die lebhafte Kinoreformbewegung wird ein übriges dazu tun.
Eine Aufnahme aber, die erst mal die Runde durch die Kinotheater der
Welt gemacht hat, hat sich selber und viele andere reichlich bezahlt
gemacht. Hier ist also der Weg für Forscher, wissenschaftliche
Institute und Sammlungen gegeben, kostenlos, ja mit Überschuß, sich
das Wertvollste zuzulegen. In welcher Weise das im einzelnen geschehen
könnte, darüber werde ich im Abschnitt »Kinogesundung« sprechen. Hier
will ich nur hinzufügen, daß an ein Kostenhereinbringen auf dem Wege
von Einzelvorführungen wohl in keinem Falle zu denken ist. Nur berührt
sei, daß auf Forschungsreisen selbst durch gelegentliche Vorführung
von eignen und fremden Aufnahmen dem Unternehmenden manche Gelegenheit
geöffnet, mancher Nutzen geschaffen werden, und nötigenfalls auch eine
unmittelbare finanzielle Erleichterung entstehen kann.

Über Nutzen, Verwendung und Berechtigung der Kinematographie für den
wissenschaftlichen Unterricht, also an Hochschulen, Handels-,
Kolonial- usw. Schulen, brauche ich mich kaum noch beweisend zu
verbreiten. Wenn dagegen hier und da noch Vorurteile bestehen mögen,
so liegen sie meines Erachtens nur in der ungenügenden Beschaffenheit
und der Kostspieligkeit und besonders der Schwierigkeit der Erlangung
genügenden Filmstoffes. Die Anschaffung von Apparaten und
Einrichtungen lohnt natürlich nicht, solange nur wenige unvollkommene
Filme in Betracht kommen, und jeder Beflissene diese ebensogut im
nächsten Kinotheater sehen kann. Das wird ja ganz anders werden,
sobald Aufnahmen von Wissenschaftlern selbst in reichlicher Menge zur
Verfügung stehen. Über die zurzeit herrschende Schwierigkeit der
Beschaffung erdkundlicher Filme und ihre Behebung spreche ich an
anderer Stelle. Hier aber ist der Ort, über die notwendige
Beschaffenheit wissenschaftlich brauchbarer Filme zu sprechen, und wir
kommen damit zu dem Gegenstand: _erdkundliche Filmaufnahmen_. Für sie
gelten die allgemeinen, im erhöhten Grade all die Vorschriften, die
ich in meiner Schrift »Kino und Kunst« als unerläßlich für
»kunstgerechte«, d. h. einfach sachgemäße und wohldurchdachte
Aufnahmen ausführlich behandelt habe. Wir wollen sie hier unter unserm
besondern Gesichtspunkte abermals durchnehmen.

Für Kinoaufnahmen kommen naturgemäß diejenigen Gegenstände vornehmlich
in Betracht, in denen die _Bewegung_ irgendeine wichtige sachliche
oder ästhetische Rolle spielt, soweit der Film imstande ist, sie
deutlich und richtig wiederzugeben. Vielleicht gibt es da _kein_
Gebiet der Erdkunde, das gar nicht in Betracht käme, aber doch einige
ganz vorwiegend. Die Erde als Weltkörper, also in ihren Beziehungen
zum Raum und zu den Gestirnen, bietet unmittelbar nur wenig Stoff für
uns, ebenso als Gegenstand der Messung und Teilung. Für die
_Erdgeschichte_ sind vorwiegend Archivaufnahmen wichtig, auf die wir
hingewiesen haben. Außerdem sind eine Menge alltäglicher Vorgänge
erdgeschichtliche Entwicklungen im kleinen, so die unmittelbare
Beobachtung eines Sturzregens und seiner geologischen Folgen, die
Beobachtung von Lawinen, Gletscherbewegungen usw. Ferner können wir
hierher Erdbebenerscheinungen, Vulkanausbrüche und Verwandtes rechnen,
dessen kinematographische Festhaltung von größtem Werte wäre. Hieran
schließt sich die Meteorologie: Wetter- und Klimavorgänge und andere
atmosphärische Erscheinungen. Ich möchte hier deutlich dem etwaigen
Vorurteil entgegentreten, als ob atmosphärische Bildungen für den
Kinematographen zu fein wären. Sie lassen sich alle, soweit das bloße
Auge sie erkennt, auch kinematographieren, wenn wir auch hier die
Farbe als etwas sehr Wesentliches vermissen werden. Zur
Veranschaulichung der Oberflächengestaltung der Erde, ihrer großen
Grundformen und ihrer feinen Einzelheiten ist das Bewegungsbild
viel berufener und nötiger, als man zunächst angesichts der
Bewegungslosigkeit des festen Landes denkt. Denn erstens regt es sich
und lebt überall in der Welt, selbst in der Wüste, und je ruhiger der
Hauptgegenstand, desto feiner und für das Ganze bezeichnender und
unentbehrlicher sind die _kleinen_ Bewegungen -- das Hinhuschen einer
Eidechse, das Hinhauchen einer Staubwolke usw. Zweitens aber bewegt
sich, wo die Erde regungslos ist, doch _auf_ ihr das Licht und zaubert
durch sein Spiel geheimnisvolles Leben. Dasjenige aber, was fast
überall die Welt belebt, und vielleicht der gewaltigste Gegenstand der
Kinematographie ist das _Wasser_ in allen seinen Formen. Ob es als
Salzlake überm Wüstenboden blinkt, als Bächlein rieselt, als Fluß
strömt, als Wasserfall herniederbraust, als Meer blinkt, kräuselt,
brandet oder tobt, ob es als Regen oder Schnee herniederfällt, als Eis
funkelt oder als Nebel glänzt und wallt -- in all seinen Formen ist es
unerschöpflich schön, unergründlich gesetzmäßig, voll unendlicher
Aufgaben für den Forscher, voll Lehren für den Schüler, der große
Gestalter und Maler des Erdballs. Wenig einzelnes habe ich zu sagen
über die Pflanzen-, Tier- und Menschengeographie. Mit den genannten
Dingen tritt ja das Leben selbst, die vom Geiste beherrschte Bewegung
auf die erdkundliche Bühne, und hier versagt jeder Versuch, das dem
Kinematographen Zugängliche auch nur in seinen Grundzügen aufzuzählen.
An _Stoff_ fehlt es hier nicht, aber nicht der Stoff, sondern nur die
Art der Aufnahme macht den erdkundlichen wie den allgemeinen Wert des
Bildes aus.

Abermals muß ich hier, und zwar in der nachdrücklichsten Weise,
bitten, meine Schrift »Kino und Kunst« zur Ergänzung heranzuziehen,
denn ohne die großen allgemeinen Zusammenhänge und Gesichtspunkte, die
dort ausführlich behandelt werden, sind die nachfolgenden
Sonderangaben nicht voll zu verstehen. Vollendete Kinokunst -- und
jede Aufnahme ist ein Stück _Kunst_, d. h. freie menschliche
Höchstbetätigung im Rahmen des technisch und zwecklich Angezeigten,
oder sie ist gar nichts --; vollendete Kinokunst läßt sich nicht durch
Befolgung einzelner Vorschriften lernen, sondern nur aus Erfassung des
_Geistes_ der Sache heraus. Auch kann ich mich hier über die Technik
im engern Sinne nicht auslassen, obgleich ihre meisterhafte Anwendung
natürlich die Hauptbedingung für den Sachwert des Bildes ist.

Noch mehr wie sonst gilt auf dem Gebiete erd- und menschenkundlicher
Bewegungsaufnahmen, daß ihr Wert einzig und allein in der
unverfälschten, dokumentarisch genauen _Wirklichkeits_wiedergabe
beruht. Und zwar wollen wir die unbelauschte Wirklichkeit beobachten,
nicht -- den Eindruck, den Apparat und Aufnahme auf die Welt gemacht
haben. Erde, Wasser, Luft und Bäume lassen sich ja dadurch nicht
beirren; Tiere aber muß man in den meisten Fällen durch oft sehr
schlaue Mittel und vor allem genaue Vorerforschung ihrer Gewohnheiten
und -- Geduld belauern und täuschen. Dafür ist eine wohlgelungene
Landschaftsaufnahme mit tierischer Staffage auch vielleicht das Bild,
das das meiste Entzücken und die höchste Bewunderung hervorruft, vor
allem aber auch eine wirkliche Höhenleistung der Kinokunst, und von
außerordentlichem Sachwert. Jeder erinnert sich ja an die wunderbaren
Tieraufnahmen von Kearton. Gewiß hat aber auch jeder Kinobesucher mit
einem peinlichen Nebengefühl bemerkt, daß fast alle derartigen
Aufnahmen in _künstlicher_ Umgebung, besonders in täuschend
ausgestatteten zoologischen Gärten (Hagenbeck) gemacht worden sind.
Solche Bilder haben so gut wie gar keinen wissenschaftlichen und sehr
geringen Lehrwert, und kinematographisch sind es keine Leistungen.
Auch die Zuhilfenahme von künstlichem Köder, versteckten Zutreibern,
Magnesiumlicht usw. entspricht nicht dem Geiste des Kinos, denn alles
das bringt unwirkliche, unnatürliche Züge hinein. Noch schwieriger
fast als die natürliche Aufnahme von Tierbildern ist die von Menschen.
Das unerschöpfliche Stoffgebiet der Völkerkunde und Menschengeographie
wird bedeutend eingeengt durch die Sonderbarkeit jedes Menschenwesens,
sich vor dem Apparat anders als natürlich zu geben. Fast auf allen
derartigen Bildern gibt es -- manchmal mit, meist wider Willen des
Aufnehmers -- mindestens einige Personen, die die Kamera entdeckt
haben, und sich infolgedessen zu großer Heiterkeit und zur Zugabe von
Extrafaxen verpflichtet fühlen, oder sich plötzlich erinnern, daß der
Mensch eigentlich seine Beine und Arme ganz anders gebrauchen müßte,
als er es unbeobachtet tut, oder die aus Schüchternheit, ja gar aus
Furcht -- ausreißen. Die Aufnahme von Menschenszenen ist nicht nur
eine technische, sondern vor allen Dingen eine ganz bedeutende --
seelenkundliche Leistung. Es wird sich in vielen Fällen empfehlen, den
Aufnahmezweck und -vorgang nicht zu verhehlen, da eben doch die
Aufnehmenden dabei selber zuviel bewußt mittun müssen -- sie müssen
innerhalb eines bestimmten Gesichtskreises bleiben usw. --, und da
eben eine _zufällige_ Entdeckung der Sache den _größten_ Schaden
stiftet. Der sichere Weg ist in solchen Fällen wohl der, den jeder
einschlagen muß, der volkskundlichen Stoff einsammeln will: sich erst
so das Vertrauen der Leute gewinnen und sie dabei so weit in das
Verständnis einführen, auch ihr eignes Interesse anregen, daß der
Sache für sie das Befremdende genommen wird, und sie, nötigenfalls
durch Vorproben, Befangenheitsfehler ablegen lernen. Daß auch dann
noch das Unternehmen die größte Menschenkenntnis und geistige
Überlegenheit, überdies sehr viel Umsicht und Übung erfordert, ist
gewiß. Denn: wenn auch das Menschenleben überall _interessant_ ist, wo
man hineingreift, so ist es doch nicht überall _kinematographisch_
erfaßbar. Namentlich spielt da ein anderer Umstand, nämlich die
Beleuchtung, eine oft recht unbarmherzige Rolle. Sie muß man bei
derartigen Aufnahmen lange vorher auskundschaften und berechnen.

Nur soweit der Wirklichkeitswert der Aufnahmen dadurch nicht
beeinflußt wird, dürfen wir andere Gesichtspunkte des guten Geschmacks
sprechen lassen. Diese sind vor allem: Auswahl des _Wesentlichen_ (das
sind hier hauptsächlich Bewegungsvorgänge, nicht die Gegenstände an
sich) und, aus geld- und kraftwirtschaftlichen Gründen möglichste
_Häufung_ desselben -- wiederum nur bedingungsweise. Was ich aber
besonders hervorheben will, ist die Notwendigkeit, jeder einzelnen
Szene die nötige _Länge_ zu bewilligen. Sie muß so lange dauern, daß
erstens mindestens eine vollständige _Bewegungseinheit_ darauf kommt.
Es sollte ja selbstverständlich sein, daß die Filmparze dem mähenden
Bauern nicht gerade dann den Lebensfaden abschneiden darf, wenn er den
Arm zum Schwunge erhoben hat, ebenso wie sie ihn nicht mitten in einer
Tätigkeit das Licht der Bogenlampe erblicken lassen darf. Wo es sich
um systematisch wiederkehrende Bewegungen handelt, müssen diese
Rhythmen vollständig und mehreremal zur Anschauung kommen. Ich
erinnere mich an eine großartige Meeresbrandung: wie rabiate Vorläufer
kommen lange flache Wellen schäumend auf Klippen losgerannt und
scheinen vor ihnen umzukehren, um sich mit den nachkommenden zu
vereinigen. Dann stürzen sie brandend heran ... mittlerweile sieht man
hinter ihnen eine der »Großen« sich sammeln, erheben, heranschweben
... sie stürzt brüllend und in Schaumkaskaden zerfetzt, über die
Felsen weg. Nach dieser Kraftprobe tritt eine unheimliche Pause ein --
da sammelt es sich im Hintergrunde schwarz und mächtig, bäumt sich
ungeheuer auf, den Himmel verdunkelnd, gleitet heran wie ein auf die
Hinterbeine gebäumtes Ungeheuer und naht sich so drohend, daß man
unwillkürlich die Augen schließt -- im nächsten Augenblick ist alles
auf der Leinwand ein Chaos. Schaudernd und doch mit einer
ästhetischen Befriedigung, die nur die größten Szenen der reinsten
Kunstwerke gewähren, erleben wir das Kraftschauspiel der Natur. Aber
-- im selben Moment springt das Bild um, und es erscheint irgendeine
andere Szene. Das ist sachlich so falsch wie geschmacklich. Was wir
gesehen haben, war eine Wogenperiode -- es gehört zu ihrem Wesen, daß
sie sich im gleichen gelassenen Rhythmus je und je wiederholt: wir
müssen das _ein paarmal_ erleben, um es richtig zu erfassen. Aber auch
ästhetisch ist es notwendig, denn unsere Seele ist bis ins Innerste im
Banne dieses Schauspiels; es muß sich ausleben und auswirken, unsere
Nerven müssen ihm gegenüber den Halt wiederfinden, und es muß uns Zeit
gelassen werden, uns vollkommen in die _Stimmung_ hineinzuleben. Nur
nebenbei bemerke ich, daß es natürlich Barbarismus schlimmster Art
ist, nach solcher Szene ohne Pause eine andere folgen zu lassen; es
muß eine Ruhepause folgen. In der üblichen Kinematographie wird aber
noch viel schlimmer gegen die Gesetze des Nervenlebens, des Geschmacks
und der Sachlichkeit gesündigt. Szenen von zwei bis drei Sekunden sind
nicht selten, Szenen von sachgenügender Länge geradezu eine Ausnahme.
_Jede Bewegungsszene muß so lange dauern, bis die über der wildesten
Bewegung schwebende heitere Weltruhe wieder im Beschauer zur
Herrschaft kommt._ Selbst die geringst bewegten Bilder -- Wüste,
Waldeinsamkeit usw. -- ja diese, in denen abgeschlossene
Bewegungseinheiten eigentlich fehlen, erst recht, müssen so lange
dauern, daß die in ihnen liegende _Stimmung_ deutlich und nachhaltig
zum Ausdruck kommt -- ganz abgesehen davon, daß vor allem natürlich
das Auge Gelegenheit haben muß, das Dargestellte überhaupt sachlich
voll zu erfassen.

Eine weitere Bedingung für die Brauchbarkeit erdkundlicher Aufnahmen
in irgendeinem Sinne ist die Besorgung und Beigabe ausführlichen
Sachfeststellungs- und Erläuterungsstoffs. Auch dessen Mangel ist eine
Hauptursache für die bisherige verhältnismäßige Erfolglosigkeit
erdkundlicher Bilder in Kinotheatern und ihre Ablehnung durch
wissenschaftliche und Unterrichtsfachleute. Es ist unglaublich, aber
wahr, daß es bei den meisten im Handel befindlichen Filmen gar nicht
möglich ist, ihren Inhalt so festzustellen, wie es für das volle
Verständnis, ja auch nur dazu nötig wäre, um zu erfassen, worin
eigentlich das Interesse des Bildes liegen soll. In sehr vielen Fällen
sind sogar die Bezeichnungen und Inhaltsangaben der Bilder _falsch_.
Von drei Palästinafilmen, die ich von drei Firmen erhielt, war je etwa
die Hälfte der Teile nicht aus Palästina, sondern anderswoher, und
zwar handelte es sich dabei nicht um Ähnlichkeiten -- daß etwa Oasen
aus Ägypten und Palmenhaine aus Arabien »eingelegt« waren, sondern
ein angebliches Jerusalem war in Wirklichkeit einmal Kairo, einmal
Damaskus usw.; dabei hatte ich die Bilder persönlich von den
Ursprungsfirmen geholt, und sie waren für mich zu besonders wichtigem
Zwecke gedruckt worden. Jene mehrmals erwähnten Geiser Neuseelands
waren mir als solche von den Fidschiinseln verkauft worden. Es
bedurfte im ersten Falle der Mitwirkung des Probstes von Jerusalem,
der zufällig am Orte war, um die Irrtümer festzustellen, der
Durchsicht umfangreicher Literatur, um sie zu berichtigen. Im zweiten
Falle habe ich mir mit Fachleuten lange den Kopf zerbrochen, bis wir
durch eine wahre Nick-Carter-Arbeit auf das Richtige kamen. Zahlreiche
andere, und zwar Glanzfilme jenes erdkundlichen Musterprogramms, die
wir teuer bezahlt hatten, mußten wegen der Unmöglichkeit, ihren
Gegenstand trotz der Beihilfe von Fachleuten festzustellen, ausgemerzt
werden, und ich weiß heute noch nicht, was sie bedeuten. Die meisten,
die wir brachten, erhielten ihren Wert, ihr brennendes Interesse erst
durch Erläuterungen, die wir den Zuschauern geben konnten, weil wir in
monatelanger mühsamer Durchackerung der Literatur diejenigen Hinweise
gefunden hatten, von denen die lächerlichen Begleittexte der Firmen
nichts wußten. So erhielt der Film »Flußfahrt auf dem Avon in
Neuseeland« -- an sich eine der schönsten Aufnahmen, die ich kenne
(Urban) -- doch sein ich möchte sagen: pikantes, unmittelbar
ergreifendes, nicht nur menschliches, sondern auch erdkundliches
Interesse erst dadurch, daß wir die Urgeschichte der Riesen- und
Trauerweiden aufstöberten, die an beiden Ufern wogten. (Sie sind
Abkömmlinge eines einzigen Reises vom Grabe Napoleons auf St. Helena,
und zugleich ein Musterbeispiel für die Gier, mit der der Boden
Neuseelands fremde Einführungen aufgenommen hat.) Diese Beispiele
könnte ich ins Unendliche vermehren. Über die Ursachen dieser Mängel
habe ich mich in »Kino und Kunst« ausgelassen.

Jede erdkundliche Aufnahme muß mit ihrem eignen _Tagebuch_ verbunden
sein, d. h. es müssen ausführliche Angaben nicht nur über Ort, Datum
usw. der Aufnahme, sondern vor allem über ihre Einzelheiten gemacht
werden, auch solche, die im Augenblick nebensächlich oder
selbstverständlich erscheinen. Ich würde vorschlagen, zunächst jedem
Negativ einen Aufnahmezettel folgender Art beizugeben (s. S. 39.)



  A

  Nr.        Bilderreihe: »Neu-Seeland«

  Aufgenommen von .............
  Rohfilm ...............
  Apparat ...............

  ---+---------+----------+-----------+--------+--------+------------------
  Nr.|  Tag    |   Ort    | Personen  | Blende | Dauer  |
     | Stunde  |Gegenstand|   usw.    |Beleuch-| Tempo, |   Bemerkungen
     |         |          |           |  tung  | Länge  |
  ---+---------+----------+-----------+--------+--------+------------------
     |         |          |           |        |   40   | Dampf und heiß.
     |14. III. |  Geiser  |Hintergrund|Bedeckt |  Sek.  | Wasser, nicht
  1. |  1914   | »Wairoa« | X...Berg  | Bl. 2  | Normal | sehr hoch, vorn
     | 11½ v.  |          |           |        | (etwa  | links flüchtender
     |         |          |           |        | 14 m)  |       Mann
  ---+---------+----------+-----------+--------+--------+------------------
     |         |  Geiser  |           |        |   70   |   Kennzeichen:
     |         |»Feder d. |           |        |  Sek.  | mehrere wie ein
     |14. III. |Prinzen v.|           |  Klar  | (etwa  | Federbusch aus-
  2. |  1914   |  Wales«  |           | Bl. 3  | 25 m)  | einanderfahrende
     |  3 n    |»Prince of|           |        |        | Strahlen, durch
     |         |  Wales   |           |        |        |   Schlamm usw.
     |         | Feather« |           |        |        |   schattiert
  ---+---------+----------+-----------+--------+--------+------------------
     |         |          |
     |         |          |          Hierzu: drei Photos
     |         |          |
  ---+---------+----------+-----------+--------+--------+------------------
     |         |          |           |        |   30   |
     |16. III. |Dorf X... | Poi-Tanz  |  Klar  |  Sek.  |  Anmarsch mit
  3. |  1914   |bei Napier| (Näheres  | Bl. 2  | Normal |     Gesang
     |         |          |  Tageb.)  |        | (etwa  |
     |         |          |           |        | 10 m)  |
  ---+---------+----------+-----------+--------+--------+------------------
  4. |         |          |     "     |        |   40   |   Erster Tanz
     |    "    |    "     |Fortsetzung|   "    |  Sek.  |



  B

  Firma ......
  Entwicklung ..............

  ---+--------+-------+-----------+-------+----------+------+--------------
     |        |       |           |  Bem. | Dauernde |      |
  Nr.|Erhalten| Entw. | Ergebnis  | f. d. |  Nummer  | Ver- | Verwendet in
     |   am   |       |           | Kopie |    d.    |bleib |
     |        |       |           |       | Negativs |      |
  ---+--------+-------+-----------+-------+----------+------+--------------
     |        |       |           |       |          |      |   Serie:
     |12. IV. |17. IV.| Sehr hell | Vira- |          |N. S. | Neu-Seeland
  1. |  1914  | 1914  | verstärkt |gieren |   342    | 1316 |    1316
     |        |       |           |       |          |      |   Serie:
     |        |       |           |       |          |      |Wasserwunder
     |        |       |           |       |          |      |     227
  ---+--------+-------+-----------+-------+----------+------+--------------
     |        |       |           |       |          |      |
     |        |       |           |       |          |      |
     |        |       |           |       |          |      |
  2. |   "    |   "   |   Gut     |  --   |   343    |  "   |  wie 342
     |        |       |           |       |          |      |
     |        |       |           |       |          |      |
     |        |       |           |       |          |      |
  ---+--------+-------+-----------+-------+----------+------+--------------
     |        |       |           |       |          |      |
     |        |       |           |       |          |      |
     |        |       |           |       |          |      |
  ---+--------+-------+-----------+-------+----------+------+--------------
     |        |       |           |       |          |      |   Serie:
     |        |       |           |       |          |      | Neu-Seeland
  3. |   "    |   "   |   Gut     |Virage |   344    |  "   |    1316
     |        |       |           |       |          |      |   Serie:
     |        |       |           |       |          |      | Volkstänze
     |        |       |           |       |          |      |    2703
  ---+--------+-------+-----------+-------+----------+------+--------------
  4. |   "    |   "   |    "      |   "   |   345    |  "   |   "     "



Die Angaben unter A werden vom Aufnehmenden ausgefüllt, die unter
B von der entwickelnden Anstalt usw. Den Abschnitten entsprechende
Schlußzeichen und Vermerke werden mit Bleistift auf dem Rohfilm
angebracht. Außerdem aber sind in einem besondern Tagebuch (unter der
in Sp. 1 vermerkten Nummer und Wiederholung der Bezeichnung in Sp. 3)
genaue Angaben über den Inhalt des Films zu machen, als:

Allgemeiner Sinn und wissenschaftliche Bedeutung der Aufnahme.

Die Namen (nebst Aussprache!) und Kennzeichen aller Einzelheiten der
Örtlichkeit (Berge, Wasser, Ansiedlungen, Bäume, Tiere) und
kinematographisch hervorragenden Personen (Name, Stand oder Beruf,
Tätigkeit im Bilde, Kennzeichen, Tracht, Waffen usw.).

Verlauf der Szene, Geschehnisse, Bewegungsvorgänge.

Dabei wahrgenommene, im Bilde nicht wiedererscheinende, daher zu
ergänzende Nebenerscheinungen (Geräusche, Farben, eventuell Maße,
Reden, Ausrufe, Liedertexte, Noten usw.) und andere wissenswerte oder
wissenschaftlich nötige oder interessante Einzelheiten.

Es ist einleuchtend, daß erst durch diese gedanklichen Ergänzungen
der Film seinen höchsten gegenständlichen und eventuell
erscheinungsgeschichtlichen Wert erhält. Ebenso einleuchtend aber ist
es, daß diese Erläuterungen nur von einem Fachmann, jedenfalls einer
dem Gegenstand wissenschaftlich ganz gewachsenen Persönlichkeit
gegeben werden können, und zweitens, daß nur selten ein und dieselbe
Person das Bild aufnehmen _und_ die nötigen Beobachtungen und Notizen
dazu machen kann. Ja häufig werden sich in letztere Arbeit allein
mehrere Personen teilen müssen.

Die Unzulänglichkeit der bisherigen geschäftsmäßigen erdkundlichen
Kinematographie beruht letzten Endes darauf, daß sie zumeist von ganz
unberufenen Laien nach reinen Geschäftsgesichtspunkten gemacht wird.
Die geschäftlichen Gesichtspunkte bewirken, daß die meisten Bilder von
den großen Heerstraßen der Cookweltreisenden gemacht werden, wo sie
natürlich selten mehr ein wirkliches Stück natürliche Natur zeigen,
sondern fast immer jenes Fremdenindustrieelend, das alles, lebende und
tote Dinge, und die Menschen zumeist, auf den Fremdenfang »frisiert«
zeigt. Wer die üblichen Kinobilder daraufhin beobachtet, wird das sehr
häufig bestätigt finden. Derselbe Beweggrund bewirkt, daß zumeist fade
»Sensationsszenen« unter der Herrschaft superlativer Schlagwörter
(»die größten ... die berühmtesten ... der Welt« usw.) und mit
alberner, theatermäßiger Staffage gemacht werden, weil sie so
vermeintlich besser »ziehen«. Dasselbe bewirkt die erdkundliche
Unbildung der meisten »Operateure«. Sie gehen nicht nach dem, was
erdkundlich wichtig und fesselnd ist, sondern nach dem, was sich am
tüchtigsten bewegt -- und wenn sie mal etwas Wertvolles erwischen, so
wissen sie selber nicht warum, und die Sache bekommt dadurch etwas
Schiefes. _Wenn irgendwo, so ist auf dem Gebiete erdkundlicher
Aufnahmen eine enge Verbindung kinematographischer mit wissenschaftlichen
Fachleuten im beiderseitigen Interesse geboten._ Mit dem ungeheuern
Kapital, das von den Firmen in erdkundliche Aufnahmen gesteckt wird,
ließe sich ein Material von unermeßlich sachlichem Werte aufhäufen,
das sich aber auch durch ein zehnfach und hundertfach gesteigertes
Interesse der Öffentlichkeit viel glänzender als jetzt verzinsen
ließe. Die großen Firmen klagen ja alle, daß sie mit ihren
Naturaufnahmen schlechte Geschäfte machen, daß trotz des großen
Aufwandes kein rechtes Interesse dafür, am wenigsten bei Fachleuten,
aber nicht einmal bei Schulbehörden zu erwecken ist. Nun, das liegt
einzig und allein an der Unsachgemäßheit der Aufnahmen. Ohne
maßgebende Mitwirkung erdkundlicher Fachleute, und zwar Spezialisten,
bei der Wahl, Vorbereitung, Ausführung und nachhaltigen Behandlung
kann keine erdenkliche Aufnahme von höherm Werte und wissenschaftlich
erzieherischer Brauchbarkeit entstehen. Geographische Fachleute aber
können dadurch, daß sie derartige Aufnahmen machen helfen -- aber
natürlich nicht als eine »populäre« Spielerei, mit der man eigentlich
seiner Würde etwas vergibt, und der man nur die Brosamen zugute kommen
läßt, die vom Tische »ernster« Wissenschaft abfallen, sondern mit
voller Hingabe und Gewissenhaftigkeit, und nach eingehender
schülermäßiger Einübung -- nicht nur sich selber und der Wissenschaft
manche kühne Hoffnung erfüllen, sondern auch ein tüchtiges Stück
Arbeit im Dienste der allgemeinen Bildung, der Ausbreitung
erdkundlichen Wissens und des Interesses an und des Verständnisses für
diese Wissenschaft tun. Hier liegt der Keim aller Kinogesundung und
der Hebel, den Kino zu einem Kultur- und Bildungswerkzeug zu machen,
und die Geographen sind die berufenen Mitarbeiter dazu. Es ist keine
Schande für sie, in diesem Sinne über den Kreis ihrer engern
Fachinteressen hinaus zu blicken.

Besonders möchte ich hier auch noch auf den Nutzen hinweisen, den
beide Teile davon haben könnten, wenn sich Kinoleute und Missionare in
aller Welt verständigten. Die letzteren sind naturgemäß oft große
Kenner der Erd- und Völkerkunde ihres Gebiets.



III. Schulerdkunde und Kino


Wer das Bisherige aus dem Interesse des Lehrers und Jugend-Erziehers
heraus gelesen hat, wird die Fragen so weit geklärt gefunden haben,
daß wir nunmehr die besondere Frage des Kinos im erdkundlichen
Schulunterricht ohne zu viel Belastung mit Selbstverständlichem und
Allgemeinem in Angriff nehmen können. Es handelt sich wohl vornehmlich
um drei Fragen, erstens: welche besondern Anforderungen sind etwa an
Unterrichtsfilme zu stellen, zweitens: wie bekommt man sie und
drittens: wie gestaltet sich die Vorführung und der ganze Unterricht?

_Daß_ die Kinematographie im Schulunterricht, und vor allem im
erdkundlichen, eine große Rolle zu spielen berufen ist, ist schon zu
oft von Fachleuten anerkannt worden, als daß wir noch viel Worte
darüber machen zu müssen glauben. Etwaige Zweifler hoffe ich besonders
durch die allgemeinen Ausführungen im ersten Abschnitt beruhigt zu
haben. Selbstverständliche Voraussetzung ist die Umrahmung des
Bilderanschauungsunterrichts durch gesteigerte Eigenanschauung
einerseits und durch gedankliche Vorbereitung und Verarbeitung des
Stoffes anderseits. Der naturgeschichtliche Schulunterricht geht ja in
noch engerm Sinne als die Wissenschaft auf _Begriffe_ aus. In der
ganzen Richtung der heutigen Pädagogik liegt es aber, diesen Begriffen
durch erhöhte Anschauung die Wage zu halten und sie vor Verkrüppelung
zu bewahren. Daß hierbei die unmittelbare Naturanschauung bei weitem
das Wichtigste und ihre Ausdehnung das Nötigste ist, ist zweifellos.
_Ich rede einer Ausdehnung des Anschauungsunterrichts durch
Ersatzmittel (also auch durch Kinematographie)_ nur unter der
_Bedingung das Wort, daß sie einen Teil einer umfassenden
Gesamtunterrichtsreform bildet, in der »Freiluftbildung« der
wichtigste Programmpunkt ist_. Ohne das wirkt jede Erweiterung des
Ersatzmittelanschauungsunterrichts unverdaulich, und der Kino im
Schulunterricht geradezu irreführend und _ver_bildend.

Unter Wahrung dieser Voraussetzungen aber bildet der erdkundliche Film
das zeitsparendste, echteste und beredteste Mittel zur _Vorbereitung_
eigner Anschauung und zur _Vergleichung_ und richtigen Erfassung des
den Schülern nicht sinnenfällig zu machenden Stoffes. Hierzu kommen
aber nicht nur ausschließlich fachgemäß und kunstgerecht aufgenommene
und vorgeführte Filme in Betracht, sondern wiederum nur solche, die
die besondern Wünsche der pädagogischen Fachleute erfüllen, und
möglichst von vornherein auch unter ihrer Beratung, Mitwirkung und
Begutachtung hergestellt worden sind.

Die Wünsche der Lehrer werden dabei besonders zweierlei Filme
bevorzugen: solche, die in immer weitern Kreisen vom engsten ausgehend
die _Heimat_ darstellen, und solche, die von diesen und andern
erdkundlichen Gegenständen das _Typische_ in besonderer Klarheit und
Vollkommenheit hervorheben. Zu den letztern werden auch solche Filme
gehören, die z. B. die Drehung der Erde in _schematischer Weise_
veranschaulichen. Eine allgemeine Forderung, die zum Teil durch die
genannten Eigenschaften erfüllt werden würde, ist die, daß der Kino im
Unterricht nicht _zerstreuend_, sondern eben belehrend wirken soll.

Anderseits wird die Zahl und Mannigfaltigkeit der Filme, die im
Schulunterricht benötigt werden, verhältnismäßig gering sein. Es
handelt sich ja im großen und ganzen in allen Schulen für alle
Schülergeschlechter um ein und denselben Lehrgang, der in den höhern
Schulen ausführlicher, in den niedern einfacher immer wiederkehrt. Es
würde also wohl möglich sein, eine typische Liste wünschenswerter
Bewegungsaufnahmen für den erdkundlichen Unterricht in allen Schulen
z. B. Deutschlands aufzustellen. Diese Aufnahmen wären für engere
Bezirke durch Heimataufnahmen zu ergänzen.

Diese Verhältnisse weisen darauf hin, daß Schulfilme als solche eine
Sache für sich sind, die einer besondern Organisation zu unterwerfen
sind und am ehesten von Kinotheatern und dem üblichen Geschäftsturnus
unabhängig gehalten werden können. Sehr wohl könnte eine
Reichsvereinigung aller Schulkinointeressenten die Herstellung der
benötigten Filme selbst in die Hand nehmen, sie könnte ein gemeinsames
Negativarchiv schaffen, von wo aus die benötigten Positive an die
Einzelstellen geleitet werden könnten. Diese wären wieder nicht die
einzelnen Schulen, sondern landschaftliche und örtliche Schulverbände,
die sich gemeinsam die nötige geringe Zahl von Positiven anschaffen
würden. Diese würden dann in einem geregelten Verleihungskreislauf
jeweils vor alle Schüler gebracht werden. Das noch übrige, die
kinetographische Einrichtung, müßte m. E. jede Schule einzeln
besitzen, da es niemals gedeihen kann, wenn der kinematographische
Unterricht jedesmal mit ganzen Klassenwanderungen durch die Straßen zu
der oder jener Projektionsanstalt verbunden sein müßte. Damit ginge
zuviel Zeit verloren, und die Ablenkung wäre größer als der Gewinn.
Vielmehr könnte das Physikzimmer oder auch der Festsaal in jeder
Schule dazu eingerichtet werden, und die Erdkundestunde würde dann
immer dorthin verlegt werden.

Neuerdings sind von verschiedenen Firmen Apparate von so geringem
Umfang und einfacher Handhabung (für Normalfilme) in den Handel
gebracht worden, daß mit ihnen auch in jeder Schulklasse Bilder von
etwa 100 × 80 cm vorgeführt werden können. Die Lichtquelle bildet
eine Glühlampe ohne Lichtgehäuse, die an die Hausleitung oder eine
kleine Batterie angeschlossen werden kann. Auch dann wäre die
Einrichtung gar nicht so schwierig, wenn, was wegen der besondern
Verhältnisse recht gut möglich, eine andere kleine oder mittlere
(Salon- oder Schul-)vorstellungseinrichtung gewählt werden könnte. Es
würde sich ja nur darum handeln, daß _ein_ Typ, wenigstens nur die auf
_ein_ Filmformat eingerichteten Typen für alle Schulen vereinbart
würden. Die Wahl eines solchen Typs würde es auch erleichtern, daß
besonders die Aufnahmen aus der engern Heimat von Lehrern selbst
hergestellt werden könnten. Wohlhabende und anspruchsvolle Schulen
könnten einen großen Kinoapparat daneben bereithalten, um auch mal
etwas Besonderes zeigen zu können.

Alles hier Gesagte ist aber noch Zukunftsmusik, und es bleibt die
Frage zu besprechen, wie sich erdkundliche Bewegungsbilder _zurzeit_
in den Unterricht einfügen ließen.

Dazu gibt es nun zwei Wege: gelegentliche Einzelvorstellungen von
Unternehmern oder Liebhabern in der Schule oder das Mieten oder der
gemeinsame Besuch von Kinotheatern. Die Einzelanschaffung von
Apparaten für Schulen ist aus Gründen, die ich nebst der ganzen Frage
besonders im »Buch vom Kino« behandeln werde, und mit der sich
übrigens ein weiteres Bändchen dieser Bücherei gesondert
beschäftigen wird, zurzeit unmöglich, d. h. unwirtschaftlich. Zu
Einzel»gastspielen« wird die Gelegenheit aber auch selten sein (auch
dürften sie sich schwerlich lohnen); und so bleibt zurzeit als
Hauptsache die _Verbindung der Schule mit Kinotheatern_.

Was darüber allgemein zu sagen ist, gehört ebenfalls an einen andern
Ort. Bemerken will ich nur, daß u. a. in Hamburg 30 000 Schulkinder
mit Genehmigung der betreffenden Behörde unter Leitung des dortigen
Lehrerkinoausschusses vormittags -- zur Schulzeit -- in ein Kino
geführt wurden, um dort ein von mir mit großer Mühe und Kosten
geschaffenes erdkundliches Musterprogramm zu sehen. Einige
Veränderungen und Abstreichungen, die man sich zu machen bemüßigt
fand, boten freilich den Vorwand, meine Autorschaft zu verschweigen
und andere damit zu schmücken. Immerhin zeigt die Gelegenheit, daß es
geht. Daneben aber können Kinotheater sich die Förderung der Lehrer
und Schulbehörden sowie Vormittagseinnnahmen usw. dadurch sichern, daß
sie erdkundliche wie überhaupt naturwissenschaftliche Vorstellungen
unter Wahrung aller hier und in »Kino und Kunst« geltend gemachten
Gesichtspunkte und unter Ausschluß aller andern Sachen bieten. Da
werden sie dann freilich wieder mit dem Grundübel, der schwierigen
Beschaffung guter und der Hebung mangelhafter Filme, zu kämpfen haben.
Und bestehen bleibt der Einwand, daß derartige Dauervorstellungen
gehäufter Gegenstände vom erzieherischen Standpunkt aus immer ein mit
vielen Gebrechen behaftetes Nothilfsmittel bleiben.

Den ernsthaften und über vollkommene Mittel verfügenden Unterricht der
Zukunft denke ich mir nämlich keineswegs so, daß nun die
Erdkundestunden eine Art lustiges Kinotheater werden. Vielmehr wird es
sich darum handeln, in einer Stunde oder auch je mehrern _einen_
Begriff durch reichliche Vorbehandlung allmählich so weit in den
Köpfen klar werden zu lassen, daß er endlich durch die -- nötigenfalls
wiederholte -- Vorführung eines _einzelnen_ Bewegungsbildes gleichsam
in höchster Wirklichkeitskraft zusammengefaßt wird. Ein Kinobild darf
nicht eher erscheinen, als bis alle Schüler in ihm nicht mehr das
Stoffliche allein, sondern durch es hindurch gleichsam die
verkörperten Begriffe sehen, um die es sich handelt. So mag zuerst die
Lehre von der Kugelgestalt der Erde in der üblichen Weise vorgetragen
werden: Feststellung des falschen _Scheines_, seine Bezweiflung,
Aufzählung ihm widersprechender Erscheinungen des täglichen Lebens,
Veranschaulichung der wirklichen Verhältnisse durch schematische
Zeichnung, durch Globus usw., Feststellung der Größenverhältnisse
durch Zahlen usw., dann ausführliche Besprechung des sich daraus
ergebenden Anblicks etwa von einem senkrecht aufsteigenden Ballon aus,
und dann erst, nachdem alle diese Erscheinungen selber gleichsam
errechnet haben, ihre Bestätigung durch das vom Ballon aufgenommene
Kinobild, das das Aufsteigen ferner Kirchturmspitzen, dann des Daches,
der Kirchwände usw. zeigt. In ähnlicher Weise wird ein andermal, auch
nach Lesung klassischer Beschreibungen, ein Stück Wüste nebst Oase
usw. vorgeführt. Nur in dieser Behandlung würde der Kino im
Erdkundeunterricht nicht zerstreuend und verwirrend, sondern wahrhaft
begriffbefestigend wirken. Die »Schülerprogramme«, die zurzeit
manchmal öffentlich oder geschlossen gezeigt werden, sind -- abgesehen
von allen Mängeln -- nur hübsche, der Erholung dienende
Veranstaltungen zum Lohn für saure Wochen --; mit der Kinetographie
als Unterrichtshilfsmittel haben sie so gut wie gar nichts zu tun. Ja
sie haben -- eben infolge der falschen Maßstäbe, die sie lieferten --
mehr zur Hemmung als zur Förderung ernster Schulkinematographie
beigetragen.

Inzwischen ist in dieser Sammlung über den Gegenstand die überaus
reichen Stoff bringende Sonderschrift von Prof. _Sellmann_ »_Kino und
Schule_« erschienen, auf die ich besonders verweise.



IV. Kinoerdkunde im Theater und in der Öffentlichkeit


Wenn ich dem Gegenstand »Öffentliche erdkundliche Vorstellungen« einen
räumlich nicht sehr umfangreichen Abschnitt widme, so liegt das nur
daran, daß Wesentliches -- und zwar unentbehrlich Wesentliches --
darüber in den vorangegangenen und den folgenden Abschnitten, vor
allem aber in meiner Schrift »Kino und Kunst« enthalten ist. Besonders
in letzterer habe ich ausführlich nachgewiesen und begründet, weswegen
erdwissenschaftliche Darstellungen die Haupt- und vornehmste Aufgabe
für den Kino sind; ich habe dort aber auch so eingehend wie möglich
beschrieben, _wie_ derartige Aufführungen als Gesamtkunstwerk
beschaffen sein müssen, wenn sie Wert haben sollen. Daselbst ist, und
ausführlicher in dieser Schrift wiederholt, auch angegeben, wie
schon bei der Aufnahme selber die Rücksicht auf meisterhafte
Vorführungswirkung beginnen muß, und welche Anforderungen die Filme
sachlich erfüllen müssen. Es ist somit nunmehr jedem Mißverständnis
vorgebeugt, von was für einer Art von geographischen Vorstellungen ich
mir den Erfolg verspreche, von dem hier die Rede ist. Es kann mir ganz
und gar nicht mehr entgegnet werden, erdkundliche Filme
»interessierten« das Publikum nicht, da die Filme, an denen solche
Erfahrungen gemacht worden sind, weder selbst noch so, _wie_ und in
welcher Umgebung sie aufgeführt wurden, eine höheres Interesse hatten.
In dieser Schrift sind wiederum schon mehrmals die starken Fäden
aufgewiesen worden, die sowohl die erdkundliche Forschung wie den
erdkundlichen höhern und Schulunterricht mit den Kinotheatern und der
ganzen Organisation des Filmmarktes verbinden. Hiervon soll noch
besonders die Rede sein. Jedenfalls wiesen wir darauf hin, daß zur
Erreichung einer anständigen Höhe der öffentlichen Kinematographie
diese nicht nur emporsteigen, sondern auch erdkundliche und
erzieherische Wissenschaft zu ihr »hinabsteigen«, besser gesagt, sie
eng zu sich heranziehen müssen. Hinzuzufügen wäre, daß wieder das
eigens hierzu eingerichtete Kinotheater der eigentliche Mittelpunkt
öffentlicher Vorführungen ist und bleibt. _Vereine_ -- z. B.
Volksbildungs-, kaufmännische Vereine -- werden selten in der Lage
sein, eigne Vorstellungen ohne Mithilfe der Kinotheater und anders als
in deren Räumen zu veranstalten. Das liegt in der Organisation des
Geschäfts begründet, wovon ich das zu wissen Nötige, soweit es nicht
der nächste Abschnitt bringt, im »Buch vom Kino« mitteilen werde. Aus
demselben Grunde sind die Einrichtungen nach Art der _Urania_ in
Berlin und Wien, des »Poloptical Institute« in London usw. auf diesem
Gebiete vor den Kinotheatern im Nachteil; _ihnen ganz eigentlich_ und
viel mehr als den Menschentheatern sind die Kinos eine »Konkurrenz«,
vor der sie sich nur dadurch retten können, daß sie sich nach
Organisation und Vorführungsplan ganz in ihre Reihen stellen, d. h.
selber »Kinotheater« werden. Das in den zu einer Vorstellung nötigen
Filmen enthaltene Kapital kann -- abgesehen natürlich von der Mithilfe
von Wohltätern oder öffentlichen Mitteln -- nur ein _Ring_ von
regelmäßigen Abnehmern verzinsen, deren ganzer Betrieb also auch
gleichmäßig geregelt sein muß.

Öffentliche erdkundliche Vorstellungen werden also in der Hauptsache
immer »Kinovorstellungen« bleiben, und darüber freuen sich
ausnahmsweise mal die Kinobesitzer und die ganze »Fachwelt« ebenso wie
die bösen »Kinoreformer«. Denn diese wünschen nicht nur sich und ihren
Freunden in erster Linie musterhaft ausgebildete »Erdkundeabende« um
des Genusses willen, sondern sie versprechen sich auch gerade davon
die unwiderstehliche Verdrängung minderwertiger Kinodarbietungen. Um
so mehr haben wir Ursache, dem Thema »Kino und Erdkunde« im engern
Sinne peinlich genau nachzugehen, um zu prüfen, ob wir uns nicht
Täuschungen hingeben, denen dann früher oder später die Ernüchterung
folgen muß. Warnend steht uns ja das Schicksal all der »Panoramen« vor
Augen, in denen allwöchentlich oder öfter wechselnd erdkundliche
Stereoskopbilderreihen gezeigt werden, und die trotz des Reizes und
des Lehrwerts des Dargebotenen meist sozusagen »am Hungertuche nagen«.
Überhaupt bildet ja der Mißerfolg so manches gut und »bildend« oder
»lehrreich« gemeinten und angefangenen Unternehmens das
Hauptschlagwort aller Gegner einer Veredlung geistiger Volkskost.

Das Kinotheater hat aber vor dem »Panorama« und ähnlichem dreierlei
voraus: erstens eine viel günstigere wirtschaftliche _Organisation_
überhaupt, die ihm ständigen Wechsel des Dargebotenen ohne Belastung
des einzelnen mit bleibenden Filmanschaffungen ermöglicht; zweitens
den unvergleichlich mannigfaltigen _Reiz_ seiner Techniken, der sich
durch kunstgemäße Vorführung vielfältig steigern läßt. Drittens die
ständige »Aktualität«, d. h. das -- leicht zu erhaltende --
Tagesinteresse des Vorgeführten. Dadurch, daß die Kinematographie
täglich neu aus aller Welt ihre Bilder holt, kann sie auch das täglich
neue und besonders Fesselnde zeigen. Allerdings wäre sie in der Lage,
gerade diese »Aktualität« -- den intimen Augenblicksreiz ihrer
Vorführungen dadurch noch besonders zu steigern, daß sie den
unermeßlichen Schatz ihrer einmal eingeheimsten erdwissenschaftlichen
Negative beweglicher und anpassungsfähiger als bisher zur Ergänzung
aktueller Programme bereithielte. _Nicht die Einzelaufnahme_ ist in
der Regel »aktuell« in dem Sinne wie etwa eine Zeitungsnachricht --
_sondern im »Programm« muß die Aktualität liegen_. Wirklich »aktuelle«
Einzelaufnahmen sind gewöhnlich überhaupt nicht möglich, da »aktuelle«
Ereignisse sich nicht so anzukündigen pflegen, daß der Kino
rechtzeitig dazu kommt; und der Weg des Films von der Aufnahme durch
die Ateliers und die Vertreterräume in die Kinos ist für gewöhnliche
Fälle immer noch zu lang. Seine bedeutende Beschleunigung für erd- und
völkerkundliche Aufnahmen -- wozu zum Teil ja auch politische zu
zählen sind -- wäre sehr zu wünschen.

Ein _Programm_ »aktuell« zu gestalten, dazu reicht aber die Zeit immer
noch aus. Das ist überhaupt viel mehr Sache der geistvollen und
lebendigen Behandlung des Ganzen durch den Leiter, als der zufälligen
Beziehung auf Tagesereignisse. Diese letztere Beziehung sollte --
besonders in erdkundlichen Vorstellungen -- überhaupt nicht die
Hauptsache sein. Wenn auf dem Balkan Krieg ist, so kann die
Kinematographie von dem, was wohl lohnend wäre -- Schlachten und all
die Begleitgreuel des Krieges -- in der Regel _nichts_ bringen, weil
es erstens ein zu großes Wagnis für den Aufnehmenden, zweitens mit zu
großen technischen Schwierigkeiten verbunden wäre, namentlich die
Ereignisse nicht vorher zu berechnen wären, drittens es zumeist von
den interessierten Parteien verhindert würde, und endlich, wenigstens
in diesem Falle -- die Vorführung der Aufnahmen wohl gar anstößig,
aufhetzend usw. gefunden werden würde. Das letztere leider ohne daß
man sich erfolgreich dagegen wenden könnte, solange nicht der
Gegenstand, sondern die übliche _Art_ der kinematographischen
Behandlung so geschmacklos und dumm ist. In Ermangelung derartiger
Aufnahmen dann irgendein Landschaftsbild aus Serbien oder Albanien zu
geben, ist aber -- abermals in Anbetracht der _Art_ dieser Aufnahmen
-- etwas, was wenig Dank beim Publikum findet. Besserung, d. h.
Erfolgsbürgschaft könnte nur durch eine Reihe von Aufnahmen geboten
werden, die in der in meinen Schriften angegebenen Weise gemacht,
zusammengestellt und vorgeführt würden. -- Aber es gibt eine Menge
geographischer Aufnahmen -- und gerade dieser --, die nicht durch
Beziehung auf ein einmaliges Tagesereignis, sondern auf Gedanken,
Bewegungen, Strömungen, Interessen »aktuell« sind, die auf längere
Zeiträume die Hirne der Besten beschäftigen, und von da auch durch
tausend Kanäle der Presse usw. in die große Masse gelangen. Einer der
wichtigsten dieser Gedanken ist der _vaterländische_, mit seiner von
ihm unzertrennbaren Kehrseite, dem _internationalen_ Interesse. Wir
müssen uns gegenwärtig halten, daß jeder Film ein »Vaterland«, eine
Menschenheimat und je nachdem ein Stück nationale Landwirtschaft,
Industrie, Verkehrswesen, Kunst usw. vorführt. Bei uns leider meist
nur _ausländische_ »Heimatbilder«, die bei uns Deutschen mehr oder
minder beabsichtigt, uns mehr oder minder bewußt für die Eigenart, die
Erzeugnisse, die Fruchtbarkeit usw. des betreffenden Landes _werben_.
D. h. sie erfüllen uns nicht nur (erfreulicherweise!) mit dem Gefühl
warmer menschlicher Teilnahme, die überall leicht erweckt werden kann,
wo wir unbefangenes menschliches Glück, besonders aber tüchtige
Leistungen sehen, sondern sie veranlassen uns auch, Erzeugnisse des
Auslandes zu kaufen und zu schätzen, unsere Reisen dahin zu richten,
unter Umständen ziehen sie auch wertvolle Volksgenossen zu Tausenden
dahin. Ganz bewußt im Dienste solcher Zwecke arbeitet bekanntlich z.
B. zurzeit Kanada. Aber nicht minder bewußt und unwillkürlich stehen
auch die Filmfirmen Frankreichs, Englands, Amerikas, Italiens,
Norwegens im Dienste ihrer Länder, geben uns ein anschauliches,
werbendes Bild von ihrer Größe und Macht, ihrem Wohlstand, ihrer
Arbeit; lassen uns an eindrucksvollen politischen Ereignissen wie am
intimen Leben ihres letzten Dorfes teilnehmen. Es ist gar nicht
abzusehen, wieviel infolgedessen diese Länder im Vergleich zu andern
der Vorstellung breitester Kreise im Auslande nahe gerückt sind, und
in welchem Grade das ihrer Exportindustrie, aber auch ihren mehr
geistigen Interessen genützt haben mag. Fern liegt es mir, dieser Form
anständigen Wettbewerbs um unsere Achtung, unsere Freundschaft, unser
Verständnis und -- unsere Kundschaft irgendwelche Einschränkung zu
wünschen. Aber wo bleiben _wir_? Bekanntlich werden in Deutschland
außerordentlich wenige Filme hergestellt, am wenigsten erdkundliche
usw. Ausnahmen tauchen freilich auf, aber es wäre wertvoll, einmal
festzustellen, wie weit deutsche Landschaften, landwirtschaftliche,
Industrie-, Volkslebenaufnahmen in den Theatern Frankreichs, Englands,
Italiens, Amerikas usw. auch zur _Anschauung_ gebracht werden, und ob
man dort etwa von den deutschen Mittelgebirgen, Strömen und Städten,
vom Spreewald und vom Schwarzwald, von der deutschen Eisen- und
Maschinenindustrie, unserer Volks- und Arbeitsorganisation usw. usw.
ebensoviel und häufig zu sehen kriegt, wie wir etwa von der
Herstellung der Ölsardinen in Frankreich, Italien und Afrika und dem
Teebau in China. Für uns selber hätten natürlich diese Aufnahmen nicht
minder Wert wie für das Ausland; _wir_ säßen gleichsam hinter der
Leinwand, und die Fremden davor. Es ist hier ähnlich wie mit den
»Filmen« zeitgeschichtlichen Inhalts, von denen ich in »Kino und
Kunst« sprach. So wie diese ihren »aktuellen« Wert, d. h.
Gegenwartswert, gerade dadurch erhalten, daß wir sie mit den Augen des
fernen Nachkommen betrachten, der die Kulturgeschichte unserer Zeit
studiert, so liegt das stetige »aktuelle« Interesse deutscher erd- und
volkskundlicher Aufnahmen darin, daß wir uns sagen: »Das sehen nun in
diesem selben Augenblick Hunderttausende und vielleicht Millionen
Menschen in der weiten Welt. Hierdurch und so lernen sie Deutschland,
seine Schönheit und Eigenart, seine Arbeit und -- uns kennen. Ist das
der richtige Eindruck, den sie bekommen? Und haben wir Grund, stolz
darauf zu sein, oder wäre hier und da etwas zu verschweigen gewesen?«
Natürlich soll dieses »Sehen mit den Augen des Auslandes« uns nur
veranlassen, die eignen besser aufzumachen. Nicht etwa das Bestreben
erzeugen, das Ausland als Muster und nachzuahmende Höhe zu
vergleichen, sondern im Gegenteil die heimische _Eigenart_ immer mehr
zu begreifen, zu lieben und zu fördern. Aber immer nicht in dummem
»Partikularismus«, sondern mit Weltblick. Die Kinematographie kann ein
gut Stück gesunden _internationalen_ Sinn erziehen, gerade in dem sie
recht anschaulich macht, wo die Kraft und Eigenart des _Vaterlandes_
liegt und -- wo wir sie _nicht_ suchen müssen. -- Wir haben aber auch
genug vaterländische Gesichtspunkte, die uns jede gute eigne
Heimataufnahme jederzeit »aktuell« machen. Ich erinnere an
_Heimat_kenntnis, Heimatverständnis, -schutz und -pflege, an die
besondern Bestrebungen für Heimat- und Natur_denkmälerschutz_, Sitten-
und Trachtenerhaltung usw., worauf ich schon hinwies. Ich erinnere
ferner an die großen Aufgaben des innern und äußern _Kolonial- und
Besiedlungswesens_. Zeigt uns doch Kinoaufnahmen aus unsern deutschen
Kolonien, um uns für sie zu begeistern, lehrt aber auch den
Westdeutschen, wie es im Osten hergeht usw.; zeigt dem Gebirgler den
Gemüsebau des Elblandes und die Kornfelder der Goldenen Aue, zeigt dem
Binnenländler unsere, aber _unsere_ Handels- und Fischerflotte, zeigt
uns, wie unser Brot, unsere Kleider, unsere Maschinen gemacht werden,
zeigt das Leben der deutschen Volksstämme überall in ihrer Landschaft,
zeigt dem weltabgeschiedenen Dörfler das Gewimmel der Großstadt, aber
dem Großstädter auch wieder die Arbeit und die Daseinsbedingungen der
Landwirtschaft! Treibt Volksverständigung durch den Kino, sowie ihr an
Völkerverständigung teilnehmt!

Unzählig sind -- wie ich ja eingangs allgemein ausgeführt habe -- die
Gesichtspunkte, unter denen _jedermann_ heute erdkundliche
Vorstellungen aller Art interessant, ja von brennendem Tagesinteresse
sind. Wenn sie nur gut sind und richtig vorgeführt werden. Auch heute
schon ließen sich wertvolle und dankbare Programme dieser Art für
Kinotheater zusammenstellen, wenn auch längst nicht so reichlich wie
»dramatische« und gemischte. Bedingung wäre nur, daß das gesamte, also
auch ältere Filmmaterial der Welt dauernd zugänglich bliebe, wovon ich
im folgenden Abschnitt spreche. Bedingung für den Erfolg wäre aber
ferner natürlich die _völlige Lostrennung erdkundlicher
Vorführungen von andern_, sowohl »dramatischen« wie auch sonst
»naturwissenschaftlichen« usw. Diese Lostrennung ist erforderlich
erstens um der Wirkung der betreffenden Filme usw. selber willen, die
ja eine geschlossene Vorstellung mit einheitlicher Idee bilden müssen,
und deren meist feinere Reize in Umrahmung durch Sensationsdramen,
Possen usw. nicht entfernt zur Vollwirkung kommen würden. Zweitens ist
sie erforderlich, weil die Besucherkreise _solcher_ Vorstellungen im
allgemeinen völlig andere als die der gemischten und »Sensationsprogramme«
sind. Die einen wollen dies, die andern jenes nicht sehen.
Erdkundliche Bilder vertragen sich mit Sensationsbildern wie Feuer und
Wasser. Die Kinotheater sollten z. B. -- je nach den Verhältnissen --
alle zwei Wochen oder jede Woche _Montags_ oder _Montags und
Donnerstags_ bekanntgeben:

    »Heute: _Naturschauspiele_,
    Kinematographisches Programm ...«

oder etwa die Nachmittage diesem Gegenstand widmen oder jeden Monat
eine Woche u. dgl. Die Ankündigung müßte ferner enthalten Angabe des
Themas und seiner Gliederung, der einzelnen Bewegungs- und
Lichtbilder, des Vortragenden und des _geistigen Urhebers_,
gegebenenfalls auch der Hauptaufnahmekünstler usw. Jeder sieht ein,
daß die geistige Urheberschaft eines solchen Programms -- umfassend
die Zusammenstellung der Filme und Lichtbilder, der Ausarbeitung des
Begleitvortrags und der Erläuterungen, der Musik- und Regieangaben
usw. -- dasjenige ist, wovon wesentlich der Wert und also auch die
Werbekraft eines solchen Programms abhängt. Aus hundertmal angegebenen
Gründen kann ja der einzelne Kinobesitzer als solcher sein Programm
nicht frei zusammenstellen, es muß ringmäßig vorgeführt werden. Die
Programmschaffung muß also an Mittelstellen geschehen, wozu
Reformkino-Verleihanstalten, aber auch populärwissenschaftliche
Vereine usw. berufen wären, in deren Auftrage natürlich jeweils ein
einzelner oder ein kleiner Ausschuß die geistige Arbeit zu leisten
hätte. Die Vorführung selber würde aber ebenfalls mindestens die
Mitwirkung eines Fachgebildeten als Vortragenden und Leiter erfordern.
Dieser brauchte nicht jedesmal wissenschaftlicher Geograph, Lehrer
oder dergleichen zu sein; im Gegenteil ist hier ja das _erste_
Erfordernis eine gute klare Vortragsgabe und im besten Sinne
volkstümliche Wirkung; unerläßlich ist aber auch volles eignes
Verständnis für den vorgetragenen Stoff.

Es ist sicher, daß erdkundliche Vorstellungen, nach diesen
Gesichtspunkten und in dieser Art gestaltet, großen Erfolg haben
würden. Auch hier hat reformbeflissenes, aber zu billigen
Zugeständnissen nur zu leicht geneigtes, von keinerlei Sach- und
Fachkenntnis beschwertes, »schöngeistiges« Laientum bereits viel
Schaden getan, indem es erfolglose Versuche veranlaßte und sich daran
beteiligte, und die Begriffe von dem, was eigentlich anzustreben ist,
verwirrte. Entweder es wird mit diesem verantwortungslosen Laientum im
Kinoreformwesen unerbittlich geräumt, und sach- und fachkundiger Ernst
zieht ein, oder wir müssen alle Hoffnung auf Besserung für lange
vertagen.



V. Zusammenschluß und Einrichtungen


Ich habe im vorangehenden gezeigt, wie gerade erdkundliche
Kinematographie infolge der Anforderungen, die ihr _Gegenstand_
stellt, aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und endlich wegen der
Allgemeinheit und Vielseitigkeit des Interesses, das sie bietet, nicht
ohne ein enges Zusammengehen der verschiedensten Mitarbeiter,
Fachleute und Interessenten gedeihen kann. Die Aufnahme brauchbarer
erdkundlicher Filme kann nicht ohne vorherige Beratung und Planung mit
wissenschaftlichen und teilweise Schulfachleuten, und nicht ohne
wesentliche Mitwirkung der erstern ihre Leitung und Bearbeitung
geschehen. Die wertvollsten Aufnahmen werden von Forschern selber auf
ihren Reisen usw. gemacht werden müssen; wo nicht, werden
deren Gesichtspunkte und gegebenenfalls gleichzeitig die von
Unterrichtsfachleuten für Gegenstand und Art der Aufnahme maßgebend
sein müssen. Daneben aber bleibt für Aufnahme wie Ausarbeitung der
Filme der technische Fachmann unentbehrlich. Aber diese Sachfachleute
sind ebensowenig wie die Einzelinteressenten imstande, die gewünschten
Aufnahmen wirtschaftlich zu ermöglichen und auszunützen. Die
Kostspieligkeit derartiger Filme einerseits, die Kostspieligkeit und
Schwerfälligkeit der zu ihrer Vorführung nötigen Vorrichtungen
anderseits verweisen auf einen großzügigen geschäftlichen Organismus
für ihre Herstellung, Verteilung und wirtschaftliche Ausnützung.
Dieser geschäftliche Organismus ist aber zugleich eine der
Eigenschaften der Kinematographie, auf der ihre gewaltige
Kulturbedeutung im Guten wie im Bösen beruht. Diese ihre
Kulturbedeutung zieht wieder alle diejenigen Schichten und Kreise der
Öffentlichkeit unter die engern Interessenten der Kinematographie,
denen gesunde und nahrhafte geistige Kost für sich und für ihre minder
urteilsfähigen und anspruchsvollen Volksgenossen Gewissenssache ist.
So wenig sich die Kino- und Geschäftsleute auf die Dauer ihren
Ansprüchen entziehen können, so wenig können Kinoreformer selber
irgend etwas unabhängig von jener großen Weltorganisation zu erreichen
hoffen. Die Erdkinetographie aber ist, weil sich in ihr die höchste
Leistungsfähigkeit des Kinos mit den allgemeinen Interessen aller
Kreise deckt, und weil ihre Wesensbedingungen von denen anderer
Kinogebiete verschieden sind, gerade dasjenige Gebiet, auf dem -- wie
eingangs dargestellt -- alle Hoffnungen und alle Arbeitskraft und
-lust der führenden Geister am reichsten zusammentreffen. Sollen diese
Hoffnungen und Kräfte nicht scheitern, so müssen sie sich zu einem
Sonderzusammenschluß zusammenfinden, der allen Lebensbedingungen
dieses Kinozweiges Rechnung trägt.

Ich möchte meine Auffassung von der dazu nötigen Organisation in den
folgenden _Hauptsatzungsentwurf_ kleiden, den ich der Beratung aller
Sachverständigen zur Verfügung stelle.


_Hauptsatzungsentwurf für eine Deutsche Erdkundliche
Kinogenossenschaft_

1. Die _Deutsche Erdkundliche Kinogenossenschaft_ ist eine
eingetragene _G.m.b.H._ aller Körperschaften, Firmen und Personen
in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Skandinavien, die an
erdkundlichen Kinoaufnahmen und ihrer sachgemäßen und geschmackvollen
Ausnützung und Vorführung interessiert sind.

2. Die Deutsche Erdkundliche Kinogenossenschaft wird die Gründung
gleichgerichteter Genossenschaften in allen übrigen Erdteilen
anstreben, begünstigen und mit ihnen in Arbeitsgemeinschaft (Kartell)
treten, deren Endziel ein Erdkundlicher Kino-Weltbund ist.

3. Zweck der Deutschen Erdkundlichen Kinogenossenschaft ist:

a) vollendete erdkundliche Kinoaufnahmen zu ermöglichen, dadurch,
daß dem Geist des wissenschaftlichen Fachmanns in Beziehung auf
Gegenstand und Art der Aufnahme die unbedingte Führung eingeräumt
wird;

b) diese Kinoaufnahmen ihren wissenschaftlichen, Unterrichts-,
Volksbildungs-, Unterhaltungs- und Sammlungszwecken in vollkommener
Weise zuzuführen und sie ihnen alle jederzeit zur Verfügung zu halten;

c) sie durch geeignete geschäftliche Organisation wirtschaftlich zu
ermöglichen, auszunützen und die Erträge in einer dem Verdienst und
Interesse aller Beteiligten entsprechenden Weise zu verteilen;

d) sie zum Ausgangs- und Mittelpunkt aller auf Kinogesundung und
-gesunderhaltung gerichteten Bestrebungen zu machen.

4. Zur Erreichung dieses Zweckes dient ein ständiger Arbeitsausschuß,
der zu je einem Drittel aus Vertretern der Wissenschaften, der
Kinofachleute und Geschäftsinteressenten und aus Vertretern von
Schulen und gemeinnützigen Volksbildungskörperschaften besteht. Ihre
Wahl geschieht durch geeignete Gesamtverbände der genannten drei
Interessengruppen.

5. Die Aufgabe dieses Ausschusses ist es:

a) auf Antrag alle erdkundlichen Kinoaufnahmen nebst Begleit- und
Ergänzungsmaterial zu prüfen, zu begutachten und sie, falls sie allen
Sachansprüchen genügen, zu kennzeichnen und in ein allen Interessenten
zugängliches Verzeichnis einzutragen;

b) alle für die öffentliche Vorführung bestimmten
Gesamtvorstellungen oder den Stoff dazu ebenso zu prüfen und die
einwandfreien zu bezeichnen;

c) auf Wunsch geplante derartige Aufnahmen und Vorstellungen vorher
zu begutachten und zu beraten, Mitarbeiter dazu nachzuweisen usw.

d) die Zusammenarbeit der Interessentengruppen zu vermitteln, und in
Streitigkeiten zwischen ihnen zu entscheiden.

6. Für diese Tätigkeit sind für jeden geprüften Film von der
betreffenden Filmverlagsanstalt nach der Filmlänge zu bemessende
Gebühren zu zahlen, deren Höhe durch die Genossenschaft festgesetzt
wird. Von den Gebühren sind die Honorare für die Prüfungsteilnehmer
und die sonstigen Geschäftskosten zu bestreiten. Der Überschuß dient
zur Bildung eines Vermögens, das ausschließlich für eigne
Unternehmungen der Genossenschaft im Sinne ihrer Satzungszwecke
verwendet werden darf und im Auflösungsfalle verwandten gemeinnützigen
oder wissenschaftlichen Bestrebungen anheimfällt.

7. Die Mitglieder der Deutschen Erdkundlichen Kinogenossenschaft
verpflichten sich sämtlich, von der Deutschen Erdkundlichen
Kinogenossenschaft bezeichnete Filme nicht mit andern zugleich und nur
in dem vom Arbeitsausschuß begutachteten Zusammenhange vorzuführen und
als solche zu bezeichnen.

8. Die Deutsche Erdkundliche Kinogenossenschaft gibt ein Verzeichnis
sämtlicher von ihr empfohlener erdkundlicher Filme heraus, das
enthält:

Titel, Ort und Datum der Aufnahme,

die Namen des oder der Aufnehmenden und sonstigen Mitarbeiter und ihre
Tätigkeit,

die Verlagsfirma und den Verbleib des Negativs,

die genaue Beschreibung der einzelnen Szenen nebst Längenangabe usw.,

genaue Angaben des Begleitmaterials (eventuell Geräusch- und
Musikaufnahmen, ergänzende Lichtbilder, Regieangaben, Vortragstext und
dessen Verfasser),

die einzeln zu erhaltenden Teile.

9. Die Negative und ein Positiv der von der Deutschen Erdkundlichen
Kinogenossenschaft empfohlenen erdkundlichen Aufnahmen sollen in einer
einzurichtenden Mittelstelle geordnet aufbewahrt und verwaltet werden.
Interessenten sollen jederzeit die Positive gezeigt und Abzüge auch
nach ältern Negativen sowie abgeschlossenen Teilen davon abgegeben
werden.

10. Von den von der Deutschen Erdkundlichen Kinogenossenschaft
begutachteten erdkundlichen Aufnahmen sollen geschlossene Programme
geschaffen werden, die in den der Deutschen Erdkundlichen
Kinogenossenschaft angeschlossenen Kinotheatern in zu vereinbarender
Weise kreisen werden.

11. Die der Deutschen Erdkundlichen Kinogenossenschaft angeschlossenen
Einzelmitglieder zahlen einen Jahresbeitrag von 1 bis 2 M und haben
dafür Vorzugspreise in den betreffenden Kinovorstellungen und
sonstigen Veranstaltungen.

12. Die der Deutschen Erdkundlichen Kinogenossenschaft angeschlossenen
Körperschaften zahlen je nach Bedarf eine jährlich festzusetzende
Summe zu den Arbeitskosten.

13. Die Deutsche Erdkundliche Kinogenossenschaft wirkt außer durch
ihre Verzeichnisse durch eine eigne Zeitschrift, Zeitungskorrespondenzen
usw. sowie eventuell eigne Veranstaltungen für die geschaffenen
Filme und Programme und für die Bestrebungen der erdkundlichen
Kinoreform überhaupt.

14. Der Deutschen Erdkundlichen Kinogenossenschaft angeschlossen und
mit ihr im Austauschverhältnis wirken ähnliche Genossenschaften für
erdkundliche Schul- und dergleichen Liebhaberkinematographie.

15. Zwecks Verwirklichung dieses Planes wird nach vorangegangener
Besprechung in den Fachblättern aller beteiligten Kreise sowie der
öffentlichen Presse eine Zusammenkunft von bevollmächtigten Vertretern
aller Interessenten zur Gründung der Deutschen Erdkundlichen
Kinogenossenschaft an einem Orte innerhalb der unter 1. genannten
Länder veranstaltet. Die dazu nötigen Vorarbeiten werden durch einen
Geschäftsausschuß der sich Beteiligenden erledigt.

       *       *       *       *       *

Absichtlich habe ich diesen Entwurf auch in wichtigen Einzelheiten
ganz allgemein gehalten, so daß nur der Zweck, die geistigen Leitsätze
und die möglichen Grundbedingungen einer solchen Organisation scharf
hervortreten. Schon das Vorliegen eines solchen Entwurfs wird m. E.
die gute Folge haben, unzweideutig zu zeigen, ob und wie weit es allen
Stellen, die für eine Kinoreform in Betracht kommen und sich zum Teil
stark dafür ins Zeug legen, _Ernst_ ist. Ich betone ganz besonders,
daß meiner Meinung nach weder ein anderer Weg vorhanden ist, um
zunächst auf einem Teilgebiete der Kinematographie zum Ziele zu kommen
und damit wenigstens den haltbaren Grund zur umfassenden Kinogesundung
zu legen -- noch diese aus einer (außer in unwesentlichen Punkten) von
der in meinen genannten Schriften niedergelegten abweichenden
»Auffassung« hervorgehen kann. Es handelt sich da ja in der Hauptsache
kaum um diese oder jene freigestellte »Auffassung«, sondern einfach um
die Frage: Sachkenntnis und Sacheindringen oder nicht? Es ist kein
Zweifel, daß die bisherigen so gut wie vollkommenen Mißerfolge der
Kinoreform (gemessen an ihrem irgend ernst zu nehmenden Ziele)
wesentlich auf dem Mangel an Sachkenntnis und Überblick, der Neigung
zu verantwortungslosem Nachgeben und oberflächlicher Spielerei
beruhen. Auf keinem Gebiete erfordert die Reform so ernste,
umfangreiche und gewissenhafte _Arbeit_, führt dann aber auch so
sicher und großzügig zum Ziele, wie auf dem der Kinematographie, denn
hier gibt es nur _einen_ geschlossen entgegenstehenden Feind, der
entweder gewonnen wird und dann selber das mächtigste Bollwerk
internationaler Kinokultur ist, oder weiter trotzt. Eigenbrödeleien
sind hier von vornherein zum Mißerfolg verurteilt. Die erdkundliche
Kinematographie zum Ausgangs- und Mittelpunkte der Kinetographie
überhaupt machen, heißt an sich schon ein Stück Kinoreform tun,
nämlich den Kino auf _sein_ Gebiet zurechtrücken. Die erdkundliche
Kinematographie und Kinetographie organisieren, heißt nicht nur eine
öffentliche Bildungs- und Unterhaltungsquelle gesund machen, sondern
zugleich der Schule und der Wissenschaft einen wesentlichen Dienst tun
und sie auf ihrem eignen Gebiete um einen großen Schritt fördern.

Zu den Einzelheiten meines Satzungsentwurfs wären Erläuterungen zu
geben. Die unten genannten Länder bilden nicht nur nach der
vorherrschenden Rasse und nach geschichtlichen Gesichtspunkten eine
Art Kulturgemeinschaft, sondern sie haben auch insofern gemeinsame
Kinointeressen, als sie alle zusammen im wesentlichen nur »Abnehmer«
sind, d. h. ihren Filmsegen zurzeit hauptsächlich aus dem Ausland
erhalten. Eine Ausnahme macht etwa nur Dänemark-Norwegen, insofern
dort am Welthandel selbständig beteiligte Filmfirmen vorhanden sind;
gerade diese Länder einschließlich Schweden gehören aber um so mehr zu
uns, als sie mit Deutschland zusammen schon längst am eifrigsten und
tatkräftigsten Kinoreformbestrebungen huldigen. Die gesunde Auffassung
von dem wesentlich erdkundlichen Beruf des Kinos dürfte in allen
genannten Ländern mehr wenigstens als in den romanischen allgemein
einleuchten. Dies freilich auch in englischen Kreisen, aber doch
abgeschwächt durch das dortige, wesentlich geringere Interesse an der
uns so sehr beschäftigenden »Organisation der Bildung« und des Schul-
und Unterrichtswesens. Auch Deutschland erzeugt ja Filme, darunter ja
erfreulicherweise mehr und mehr gute erdkundliche, es überwiegen aber
doch wohl »dramatische« und melodramatische (»Tonbilder«) von Berliner
Firmen. Sie alle zusammen sind aber von geringer Bedeutung gegen die
Auslandeinführung. Aus allen Gründen steht auch diesen Staaten als
wirkungsvolles gemeinsames Notmittel der Ausschluß ausländischer
Filmeinfuhr zu Gebote. Natürlich ist in andern Kulturländern ein
ähnlicher Zusammenschluß gleichfalls zu erwarten, aber unter
wesentlich andern Bedingungen. Mit solchen Genossenschaften müßte
natürlich zusammengearbeitet werden (2). Anderseits ist ein
Zusammenschluß über ein größeres Gebiet als etwa nur Deutschland
nötig, da dieses Land als Kundschaft allein nicht eine genügende Macht
ausüben würde, um einen wirkungsvollen Druck auf das ausländische
Kinokapital auszuüben. -- Zum »ständigen Arbeitsausschuß« (4) könnte
nötigenfalls noch eine Berufungsstelle treten. Es muß den Firmen
natürlich freigestellt bleiben, ihre erdkundlichen Aufnahmen nach wie
vor nach eigner Verantwortung und eignem Geschmack auszuführen, oder
aber, wenn sie Wert darauf legen, sie dem großen, von der Deutschen
Erdkundlichen Kinogenossenschaft zu schaffenden Turnus einzufügen, sie
prüfen und möglichst schon vom Plane an begutachten zu lassen,
und dabei die Wünsche und Gesichtspunkte erdkundlicher und
Volksbildungsberufsleute als maßgebend zu berücksichtigen. -- Ich
denke mir unter diesen Umständen den gewöhnlichen Gang erdkundlicher
Aufnahmen etwa wie folgt. Die _Anregung_ geht je nachdem von einem
Geographen, einem Forschungsreisenden oder dem Kenner eines
bestimmten, z. B. heimatlichen Gebietes aus, oder von wissenschaftlichen
oder volkswissenschaftlichen Erdkundevereinen, Fremdenverkehrs-,
Heimatschutz-, Denkmalsschutz-, Weltnaturschutz- oder sonstigen
interessierten Vereinen u. a. aus. Auch Schulbehörden können es sein
oder auch Industrievereinigungen, landwirtschaftliche Körperschaften,
Firmen; ferner Kolonial- und andere Behörden, die Geschäftsleitungen
von Ausstellungen; endlich Private aller Art, und daneben natürlich
nach wie vor Filmfirmen usw. Es wird nun, gewünschtenfalls schon durch
Vermittlung des Deutschen Erdkundlichen Kinogenossenschafts-Ausschusses,
die Planung der ganzen Aufnahme so vorbereitet, daß _neben_ den
besondern Wünschen und Interessen der Anregenden möglichst auch den
_allgemeinen_ Wünschen und Interessen, besonders auch denen der
Wissenschaft und der Volksbildung und -unterhaltung (der allgemeinen
Öffentlichkeit) Rechnung getragen wird. Dies geschieht, um sowohl
wirtschaftlich wie ideell der oder den Aufnahmen eine möglichst weite
und dauernde Verwendbarkeit zu sichern. Nur durch diese wird
einerseits ein solches Unternehmen wirtschaftlich ermöglicht und
ertragreich, und es wird anderseits erreicht, daß die immerhin nicht
häufig wiederkehrende Aufnahmegelegenheit möglichst vollkommen
ausgenützt wird. -- Die Aufnahme würde nun jedesmal irgendwie unter
der Leitung geographischer Fachleute oder doch unter Berücksichtigung
ihrer Angaben und der in dieser Schrift angegebenen Regeln von
Berufenen ausgeführt werden, als welche sich alsbald besondere
Begabungen finden würden, denen eine Mischung von wissenschaftlichem,
künstlerischem, Lehr- und technischem Sinne eigen sein müßte. -- Die
fertigen Filme würden nun nebst ausgearbeiteten Angaben der
Filmprüfungsabteilung der Deutschen Erdkundlichen Kinogenossenschaft
überwiesen werden, die sie begutachtete, eventuell Anregungen zu ihrer
Verbesserung im einzelnen gäbe und die wertvoll befundenen, wie im
Entwurf angedeutet, beurkundete und ihnen ein geschütztes Abzeichen
verliehe. Die Negative würden -- falls nicht gegenteilige Wünsche der
Beteiligten vorlägen -- der Mittelstelle übergeben, die für sie und
ihre den Wünschen des oder der Eigentümer entsprechende
Benutzungsweise haftete. Diese Mittelstelle soll -- ganz wie der
Kommissionär im Buchhandel, oder als eine Art Dauermesse -- lediglich
der Erleichterung und Beschleunigung des Austausches zwischen
Filmverlag und Käufer dienen. Es ist daher kaum anzunehmen, daß ihre
Tätigkeit in dieser Hinsicht irgendwie mit andern Interessen in Zwist
käme. Sie soll nicht nur die Negative aufbewahren, sondern vor allem
auch je ein Positiv, um dies jederzeit »zur Ansicht« vorführen zu
können (dies braucht bekanntlich nicht immer auf der Projektionswand
zu geschehen, sondern es gibt auch Apparate für nur je einen
Betrachter). Diese Einrichtung soll dem gegenwärtigen Übelstand
abhelfen, daß namentlich ältere Aufnahmen, nachdem sie in den
Kinotheatern die übliche Frist abgelaufen haben, so gut wie nicht mehr
zu erlangen, jedenfalls vom Interessenten nicht mehr zu besichtigen
sind. Gerade für sachgemäße erdkundliche Vorführungen ist aber
natürlich das Zurückgreifen auf ältere Aufnahmen unbedingt nötig; und
die ganze Organisation, wie wir sie hier im Auge haben, wird auch das
bisherige _Interesse_ der Verlagsfirmen an der Außerdienststellung
ihrer ältern Aufnahmen, namentlich erdkundlicher, beseitigen. Dieses
Interesse beruhte namentlich auf der Befürchtung, daß die Möglichkeit
der Kinobesitzer, beliebig auf ältere Aufnahmen zurückgreifen zu
können, den Absatz der jeweils neuen Wochenschöpfungen unsicher machen
könnte. Das wäre aber eine Gefährdung des oft außerordentlichen
Kapitals, das namentlich in die im Vergleich mit den meisten
erdkundlichen ungleich kostspieligern »dramatischen« Sachen gesteckt
wird. Durch die völlige Loslösung der erdkundlichen Vorführungen von
den »dramatischen« und ihre verabredungsgemäße Beschränkung auf
bestimmte Tage oder Wochen (1 bis 2 in der Woche, im Monat oder
ähnlich) einerseits, durch den größern, auf dem nunmehr
eingeschlagenen Wege erforderlichen Kapitalaufwand und die größere
Rentabilität erdkundlich-»aktueller« Filme anderseits würde jenes
Bedenken hinfällig werden. Aus denselben Gründen wäre aber die Abgabe
von _Filmteilen_ ebenso im Verbraucher- wie im Hersteller-Interesse
gelegen. Wenn ein Gesamtfilm beispielsweise »Bilder aus Bosnien«
heißt, so ist er vielleicht aus Teilen zusammengesetzt, deren einer
mehr landschaftlich-geologisches, ein anderer militärisches, ein
dritter volkskundliches, ein vierter zoologisches Interesse hat; es
wäre ein unbilliges Verlangen, daß nun z. B. ein Zoologe, der ein
Programm mit dem zoologischen Abschnitt wertvoll bereichern könnte,
den ganzen Film »Bosnien« kaufen müßte, noch dazu ohne ihn vorher
sehen zu können. Zurzeit ist dies aber meistens so, d. h. die
Filmfirmen verweigern meist die Abgabe älterer Bilder und erst recht
von Teilen älterer Bilder. Der Grund liegt außer in den geschilderten
geschäftlichen Bedenken in der Zerstreutheit der Negative in London,
Paris, Florenz, Amerika usw., in der Überlastung der Firmen mit der
notwendigen Tagesproduktion, die jeweils alle verfügbaren
Kopiermaschinen, Hände und Köpfe in Anspruch nimmt, und
in der Unmöglichkeit -- weil unlohnend -- einer geordneten
Negativ-Archiv-Führung. Besonders das Heraussuchen einzelner
Negativteile, wenn sie nicht von vornherein äußerlich sichtbar
bezeichnet sind, würde ja eine zu große Zumutung sein. Eine nur diesen
Aufgaben dienende Mittelstelle könnte das aber leicht und schnell
leisten.

Auf dem gedachten Wege wären nun also namentlich Forschungsreisende,
wissenschaftliche Lehrinstitute, Sammlungen, Schulen usw. bereits in
den Besitz derjenigen Aufnahmen gekommen, um die es ihnen zu tun ist;
es wäre ihre Privatsache, sich über die Eigentums- und gegenseitigen
Entschädigungsverhältnisse auseinanderzusetzen, und die Art der
Benutzung bliebe natürlich ganz ihre eigne Sache. In den meisten
Fällen wird aber nun als wirtschaftlicher Neben- oder als Hauptzweck
die Überführung der Aufnahmen oder eines Teiles von ihnen in den
Turnus öffentlicher Aufführungen, besonders also der Kinotheater,
erwünscht sein. Diese zu bewirken, bliebe die geschäftliche Aufgabe
des »Verlegers« durch Vermittlung der Deutschen Erdkundlichen
Kinogenossenschaft-Mittelstelle; durch deren Tätigkeit und die ganze
Organisation würde aber das Ergebnis gleichmäßiger und sicherer
erreicht und von vornherein -- schon bei der Planung -- in gewissem
Grade schon mit verabredet und in Rechnung gezogen werden können. Von
vorher sorgfältig geplanten und fachmännisch vorbereiteten
Kinoaufnahmen etwa einer Expedition durch Tibet oder einer
Landes-Naturdenkmäler-Aufnahme ließen sich von vornherein einige
öffentliche Programme versuchsweise entwerfen, und deren Ertrag ließe
sich, eben infolge der eigenartigen Organisation dieses
Geschäftszweiges überhaupt, mit einer gewissen Sicherheit übersehen.
Das würde also die vorherige Kostenberechnung solcher Unternehmungen
erleichtern. -- Bestimmte erdkundliche Theaterprogramme zu schaffen
wäre dann aber eine zweite »Autoren«aufgabe, die wieder von
verschiedenen Interessenten in Angriff genommen werden könnte. -- Für
die unter 5 a bis d genannten Zwecke würde der Ausschuß
vorteilhaft mehrere ständige »Kammern« bilden. -- Die Tätigkeit der
Mitglieder des Ausschusses würde in ehrenamtliche und honorierte
zerfallen. Daß jede im Zuge eines geschäftlich angelegten Unternehmens
eintretende wirkliche Arbeit und Zeitopferung ihres Lohnes wert ist,
ist ebenso selbstverständlich, wie daß eine unverpflichtete und
verantwortungslose, rein sogenannt »gemeinnützige« Tätigkeit _auf die
Dauer_ in Verfall gerät und stets zweifelhaften Wert besitzt. Außer
Honoraren und Gehältern würden der Mittelstelle durch Einrichtung und
Mieten für Geschäfts-, Aufbewahrungs-, Vorführungsräume usw. Kosten
entstehen, endlich durch die gesamte Werbearbeit, besonders
Zeitschrift und Filmführer. Mein Entwurf begnügt sich mit dem
Hinweise, daß dem eine Menge natürlicher und die Industrie keineswegs
ungebührlich belastender Einnahmequellen gegenüberstehen. -- Zu 7:
Keinem der an die Deutsche Erdkundliche Kinogenossenschaft
Angeschlossenen kann die Verpflichtung auferlegt werden, _nur_ von ihr
begutachtete Aufnahmen herzustellen, zu vertreiben, vorzuführen oder
anzusehen. Das Interesse, dies zu tun, kann nur in dem für alle
Beteiligten daraus entspringenden tatsächlichen Nutzen bestehen.
Anderseits würde natürlich durch Vermischung der Deutschen
Erdkundlichen Kinogenossenschaftsfilme mit andern aus genügend
gekennzeichneten Gründen der ganze Zweck und Erfolg des Unternehmens
hinfällig. Es muß darauf bestanden werden, daß als Deutsche
Erdkundliche Genossenschaftsfilme nur von ihr geprüfte und empfohlene
Aufnahmen, aber auch nur in der von ihr angegebenen Weise, und in den
Kinotheatern nur im Zusammenhange der von ihr empfohlenen
Gesamtprogramme vorgeführt werden. Das letztere aus denselben
technischen Gründen, weswegen auch sonst die Kinotheater nicht
Einzelfilme, sondern nur ganze Programme leihen können, soweit sie
nicht selber die Urheber der letztern sind. -- Zu den »Interessenten«
der Deutschen Erdkundlichen Kinogenossenschaft gehören also auch die
Lichtbilderfirmen, die erdkundliche Lichtbilder zu verleihen oder zu
verkaufen haben. Diese würden, soweit nötig, den Gesamtprogrammen
beizufügen sein. -- Den sozusagen ursächlich -- also geschäftlich,
wissenschaftlich oder volksbildnerisch interessierten Kreisen
gegenüber wäre nun als wichtige von der Deutschen Erdkundlichen
Kinogenossenschaft zu fördernde Aufgabe ein loser Zusammenschluß der
»Schauinteressenten«, d. h. des erdkundlich interessierten
Kinopublikums herbeizuführen. Die unter 11 genannte Maßnahme würde m.
E. dazu genügen und alles Erreichbare umfassen.

       *       *       *       *       *

Ich hoffe mit diesem wenigen den Grundgedanken einer Deutschen
Erdkundlichen Kinogenossenschaft genügend veranschaulicht und seine
Wichtigkeit verständlich gemacht zu haben. Sollte es mir damit
gelungen sein, auf Grund jahrelanger Arbeit und umfassender, mit
großen Opfern erkaufter Erfahrungen einen Grundstein zu fruchtbarer,
schöpferischer, aufbauender Kinogesundungsarbeit gelegt und zugleich
der erdkundlichen Wissenschaft und dem Schulunterricht der Zukunft
neue Möglichkeiten klären geholfen zu haben, so wäre diese meine
Arbeit reichlich belohnt.



Anhang

_Ein Blick auf den gegenwärtigen Markt erdkundlicher Filme und
Lichtbilder_


Mit unermüdlichem Entgegenkommen hat die Lichtbilderei GmbH. in
M.Gladbach alles Erdenkliche getan, um meinen Wunsch, einen
praktischen Überblick über die zurzeit zugänglichen Quellen
erdkundlichen kinematographischen Stoffes zu gewinnen, zu erfüllen.
Dennoch würden die auf unsere Rundfragen ergangenen Antworten
besonders betreffend der _Film_erzeugung ohne die Benutzung
anderweitig gewonnener Erfahrungen ein sehr lückenhaftes Bild geben.
Der Gesamtüberblick bezeugt sowohl betreffend der Lichtbilder wie der
Filme vor allem einen gewissen Mangel an Beweglichkeit in der
Organisation, insofern erstens zumeist nur ganze Serien von
Lichtbildern und Kinoaufnahmen verliehen (von letztern auch verkauft)
werden, zweitens auch dies noch mannigfachen Beschränkungen und
Schwierigkeiten unterliegt. Die Unmöglichkeit, die Sachen vorher _zur
Ansicht_ zu haben oder sonst prüfen zu können, liegt ja in der Natur
der Sache. Sie ließe sich nur -- wie im vorangehenden angedeutet --
durch eine wohlorganisierte ständige _Projektionsbildermesse_
nebst Zentralverleihstelle und in Verbindung mit einem nach
wissenschaftlichen und gemeinnützigen praktischen Gesichtspunkten
durchgearbeiteten illustrierten und beschreibenden _Realkatalog_
beheben. Dazu müßte ein beweglicheres _Leihaustauschsystem_ treten.
Eine Hauptursache für die verhältnismäßig geringe Rolle, die das
Projektionswesen als ernsthaftes Bildungsmittel noch spielt, liegt
darin, daß die Bilder, die man nach den Titeln beschafft, selten
gerade das zeigen, was man zeigen will. Ist dieser Übelstand auf dem
Lichtbildergebiet schon empfindlich, so wirkt er gegen die Ausbreitung
der Filmbenutzung geradezu entscheidend.

Da nach unserer Überzeugung das Kinobild, besonders das erdkundliche,
fast stets vom stehenden unterstützt werden muß, so geben wir zunächst
einen Überblick über die Quellen für erdkundliche Lichtbilder.
Zunächst Firmen, die geschäftsmäßig an jedermann verkaufen und
verleihen, soweit uns näheres Material vorliegt (alphabetisch):

1. _Evangelischer Verein für kirchliche Zwecke_, Berlin SW 68,
Oranienstr. 105l. Hat besonders aus Missionsgebieten (Kolonien und
innere Mission) auch einige geographisch interessierende Serien. Alle
Bilder sind koloriert (5 M). Mitwirkung von Kunstmalern,
Missionsleuten, Pastoren. Es werden nur Serien verliehen, Texte werden
beigegeben. Verleiht auch Apparate.

2. _Graystone Bird_, Kunstphotograph, 3, Milsom Street, Bath, England.
Pflegt besonders das Gebiet von Landschafts- (See-, Wolken-,
Winterlandschaften usw.) Diapositiven nach _künstlerischen_
Gesichtspunkten. Wetter, Stimmungen usw., ferner britische und
Schweizer intime Aufnahmen.

3. _Bruno Hentschel_, Leipzig, Kunstverlag (Kollektion Hentschel):
Landschaften-, Trachten- und Städtebilder aus dem _Orient_ (Ägypten,
Palästina, Syrien, Kleinasien, Konstantinopel, Griechenland). Bilder
auch einzeln (15 Pf.), jedoch Mindestgebühr 7.50 M. _Versendet zur
Ansicht Papierkopien_ sowie ganze _Serien_.

4. Die _Lichtbilderei_ GmbH., M._Gladbach_, verfügt über nicht weniger
als 450 Lichtbilderserien, von denen die erste der 13 Untergruppen der
_Erdkunde_ gewidmet ist (Land und Leute -- Deutschland, deutsche
Kolonien, Ausland). Auch die Abteilungen »Naturwissenschaft«,
»Industrie und Technik«, »Handwerk«, »Landwirtschaft«, »Volkswirtschaft«
u. a. bieten manchen ergänzenden Stoff. Die Lichtbilderei, die unter
Mitwirkung des Volksvereins-Verlags vor sieben Jahren gegründet wurde,
verfolgt auf geschäftlicher Grundlage den Zweck, die Projektionskunst
durch künstlerischen Geschmack und wissenschaftliche Gründlichkeit in
der Auswahl der Bilder und durch die Beigabe von Vortragstexten, die
sich über den vielfach üblichen oberflächlichen Dilettantismus
erheben, zu einem ernsthaften Mittel für die möglichst allseitige
tiefgehende und nachhaltige Bildung breitester Volksschichten zu
erheben und so ein vorbildliches Musterinstitut zu werden. Als
Verfasser der geographischen und ethnographischen Vortragstexte wirken
hervorragende Fachleute. Bilder und Texte werden an jedermann
verliehen. Katalog kostenlos. Über ihre Filmverleihzentrale siehe
unten. Verkauft und verleiht auch Apparate und Zubehör.

5. _Ed. Liesegang, Düsseldorf._ Der Katalog verzeichnet eine große
Auswahl erd- und völkerkundlicher Serien sowie solche aus den Gebieten
»Naturkräfte und Naturwissenschaft«. Besonders zahlreich (mit Betonung
von Architektur und Kunst) die Serien »Italien, Palästina und
Deutschland«. Eine große Menge in »Woodburydruck« (eine Art getöntes
Gelatinerelief, das viel transparenter als die aus undurchsichtigem
Metallniederschlag bestehenden Silberkopien sein soll). Meist nur
Serienverleihung. Verkauft auch Apparate usw.

6. Die _Neue Photographische Gesellschaft, Steglitz-Berlin_, verleiht
nicht, sondern verkauft. Die umfassende Sammlung geographischer
Lichtbilder (Album mit 110 verkleinerten Bildertafeln je 15 Bilder
Mk. 20 auch leihweise) ist von Prof. Dr. Deckert an der Akademie für
Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt a. M., die betreffs
Geologie des Norddeutschen Flachlandes von Prof. Dr. Wahnschaffe,
Berlin, zusammengestellt. Außerdem zahlreiche aus andern
Naturwissenschaften. Die Diapositive sind teils im Kontaktverfahren,
teils im nassen Verfahren hergestellt. (Katalog »Das photographische
Anschauungsmittel« 2 M.)

7. _Richard Rösch, Dresden-A._ Viele Serien erdkundlicher Bilder.
Verleiht auch einzeln (10 Pf. für Bild und Woche).

8. _E. A. Seemanns Lichtbildanstalt, Leipzig._ Serien China und
Marokko; ferner (hauptsächlich in künstlerischer Hinsicht) Regensburg
und Nürnberg. Zum Teil farbig (Dreifarbenaufnahmen und Lumière).
»Durch bestimmte Herstellungsmethoden wird die Schicht und das Glas
des Diapositivs vor den Gefahren großer Hitze bewahrt, wodurch auch
bei hoher Lichtstärke ein besonderer Schutz (Wasserkammer) entbehrlich
wird.« (Farbenproben, die ich gesehen habe, waren _sehr_ schön; und
das Feuerschutzverfahren wäre ja für Mitbenutzung im Kino sehr
wertvoll!) Projektionseinrichtungen.

9. _Unger & Hoffmann_, A.-G., _Dresden-A._ Sehr großes Lager
geographischer und naturwissenschaftlicher Bilder. Serienverleihung.
Ansichtssendungen, auch _Papierabzüge_ zur Auswahl. Führen auch
Apparate usw.

10. _Emil Weises Buchhandlung, Dresden-A._ Farbig: Palästina, Orient,
Sachsen, Indien, Rhein, Deutsche Kolonien (Mission). Serien mit Text.

11. _York & Son_, 67, Lancaster Road, Notting Hill, London W.
Katalog mit großer Auswahl, 1 Schilling. Nur Verkauf. Sehr viel
geographische Serien.

Zu diesen Firmen (weiteres Material für spätere Auflagen usw.
erwünscht!) treten nun einige Vereine und Institute, die ihre Bilder
nur an Mitglieder oder unter Beschränkungen verleihen.

12. _Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung_, Berlin NW 52,
Lüneburger Str. 51 (an 8000 angeschlossene Vereine!). Dieser
gemeinnützige Verein verleiht nur an Mitglieder (Schulen und andere
Bildungsinstitute) usw. Falls Vortragstexte mitgeliefert werden, nur
mit diesen. (Diese Maßregel wird mit dem im Titel bezeichneten Zweck
begründet.) Einzelne Bilder (außer »Tierwelt«) werden nicht verliehen,
wohl aber verkauft. Die Texte stammen aus der Feder von Fachleuten.
254 Serien, von welchen die überwiegende Zahl erdkundlichen und
naturwissenschaftlichen Inhalts sind. Betreffs Kinematographie siehe
unten. Stellt auch Apparate und Vorführer usw.

13. _Süddeutsche Lichtbilderzentrale, München._ Ist eine Einrichtung
der Hauptstelle süddeutscher katholischer Arbeitervereine. Verleihen
und verkaufen auch Apparate. (Näheres siehe unter Kinematographie.)

14. _Verein Naturschutzpark, Sitz Stuttgart_, Pfizerstr. 5. Verleiht
kostenlos nur zur Agitation für die Schaffung und Förderung von
Naturschutzparken. Bilder und Texte.

15. _Stiftung für Heimatschutz_, Verwaltungssitz Meiningen. Besitzt
eine große Lichtbildersammlung betreffend Heimatschutz.

16. Die _Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung_ (Frankfurt a.
M.), 17. _Großh. Techn. Hochschule Darmstadt_ (Prof. Dr. Greim)
verleihen nicht. 18. Die _Oberschulbehörde Lübeck_ besitzt zahlreiche
erdkundliche Lichtbilder in den höhern und mittlern Schulen.

Ganz anders als bei den Lichtbildern liegt die Sache auf dem Gebiete
der _erdkundlichen Kinematographie_. Während ein einmal hergestelltes
gutes Lichtbild und Negativ ein »Schatz fürs Leben« ist, ist in der
Kinematographie alles in beständigem Fluß. Die teuren erdkundlichen
Aufnahmen, die oft mit großen Reisekosten usw. hergestellt worden
sind, verlieren ein Vierteljahr nach dem Erscheinen der ersten
Positive jede »Aktualität«, d. h. sie sind in den Augen der
Kinobesitzer und Filmverleihanstalten Ladenhüter. Und nach wenigen
Jahren ist es unwahrscheinlich, daß auch nur das Negativ davon noch
vorhanden ist. Das hat zwei Hauptursachen: erstens die große
Inanspruchnahme auch der Negative durch das Kopieren, wodurch sie nach
einer verhältnismäßig geringen Zahl von Abzügen ebenso »verregnen«
(und dies dann natürlich auf weitere Abzüge übertragen würden) wie
vielgebrauchte Positive. Zweitens aber ist ein Zurückgreifen auf
ältere Aufnahmen, wie mehrmals bemerkt, im Kinogeschäftsorganismus
weder vorgesehen und bequem durchführbar noch gewünscht. Wer
erdkundliche Kinofilme unter gegenwärtigen Umständen benutzen will,
hat dazu also im Grunde nur _einen_ Weg: er lasse sich die Prospekte
über die wöchentlichen Neuerscheinungen regelmäßig zusenden, fahre,
wenn etwas ihn interessiert, zum angegebenen Zeitpunkt nach Berlin,
lasse es sich dort zeigen und kaufe es gegebenenfalls, um es dann so
lange liegen zu lassen, bis der Zeitpunkt des Gebrauches kommt.
Selbst in den Fabriken gibt es begreiflicherweise keine Positive, es
sei denn, daß einmal zufällig eins liegen geblieben ist -- welches
Kapital würde sonst in solchem bloßen Vorführungsmaterial tot liegen!
Erst eine Organisation, wie ich sie beschrieben habe, kann bei
geregeltem Filmkauf durch Reforminteressenten da Wandel bringen.
Vollkommen verfehlt ist natürlich auch der Glaube, dem man in
dilettantischen Reformkreisen so oft begegnet, daß Kinotheater und
Filmverleihanstalten -- von vereinzelten zufälligen Ausnahmen
abgesehen -- gute Einzelbilder für gute Worte oder Geld abgeben
könnten. Wenn eine Verleihanstalt oder ein Kinotheater selbst
erdkundliche Filme kauft, so werden diese natürlich sofort einem der
üblichen Gesamt-Programme eingefügt und machen mit diesem die Runde
durch die darauf abonnierten Kinotheater. Daß sie während dieser Zeit
nicht willkürlich herausgenommen werden können, leuchtet ein, und
ebenso, daß sie, wenn sie frei werden, eben »ausrangiert«
sind, d. h. in einem Zustande, in dem sie nur eben noch für --
»Kinoreform«vorstellungen gut sind (?). -- Der Ankauf einzelner Filme
ist aber ebenfalls eine praktisch für den einzelnen kaum durchführbare
Sache. Wer unsere Vortrags- und Vereinsverhältnisse kennt, weiß, daß
es kaum durchführbar ist, ein eventuell in die Tausende gehendes
Kapital in ein einzelnes Programm zu stecken, zumal die Vorführung
dann noch jedesmal bedeutende besondere Kosten verursacht. Da sind als
für Vereine, Schulen, einzelne Redner usw. einstweilen rettender
Ausweg die _Kinoreformverleihinstitute_ willkommen. Das sind
Verleihanstalten, die ausschließlich Kinoreformbedürfnissen dienen
wollen. Da diese Bedürfnisse aber wenigstens einstweilen noch
geschäftlich kaum ins Gewicht fallen, auch die ganze Einrichtung immer
noch einen nur vorläufigen Ausweg darstellt, so liegt diese Art von
Filmverleih zurzeit fast ausschließlich in den Händen gemeinnützig
arbeitender Volksbildungsvereine. Von diesen sind mir drei bekannt
geworden.

1. Die _Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung_, Berlin NW 52
(siehe oben), hat neben ihrem Lichtbilderdienst auch eine Verleihung
von kinematographischen Apparaten und Filmen eingerichtet. Außerhalb
Berlins und der Vororte werden die Apparate in der Regel nur behufs
Vorführung durch einen eignen Monteur der Gesellschaft verliehen. Die
Verleihung erfolgt nur an Mitglieder der Gesellschaft (Schulen,
Behörden, Vereine, Reformkinos usw.). Das Verzeichnis weist 31 eigne,
daher sofort verleihbare Filme auf, freilich nur wenig erdkundliche.
Es ist jedoch eine bedeutende Summe für den Ausbau dieses Unternehmens
eingestellt worden. Es werden nur je etwa 1000, gewöhnlich 2000 m
zusammen verliehen. Außerdem vermittelt die Gesellschaft aber auch
das Leihen von andern Filmen. (Ich möchte hier die Bemerkung einfügen,
daß juristisch nach Hellwig nicht von einem »Leihen«, sondern
»Pachten« der Filme gesprochen werden muß.) Ich würde außerdem
Programme, die allein 1000 oder gar 2000 m Filme umfassen, für viel
zu lang halten. Ich gehe dabei von der meines Erachtens aber schon
allgemein anerkannten Auffassung aus, daß 1. Filme nur in Verbindung
mit Lichtbildern und Vortrag vorführbar sind (so zeigen es auch die
neuen Programmbeispiele der Gesellschaft zur Verbreitung von
Volksbildung), 2. der Vortrag nicht während der Filmvorführung,
sondern nur dazwischen stattfinden darf. Auf diese Weise dauert mit
den unentbehrlichen Pausen ein Programm mit etwa 800 m schon reichlich
2 Stunden. Außerdem stellt die Gesellschaft ihren Mitgliedern ein
»_Wanderkino_« zur Verfügung, das Apparate, Filme und Lichtbilder
(ganze Programme), zwei Vorführungen täglich (eine mit Lichtbildern)
und Erläuterungen umfaßt. Für die Filme werden Aufnahmen mit
Farbenphotographie bevorzugt (darunter sind wohl kolorierte Filme zu
verstehen). -- In ähnlicher Weise versorgt

2. _die Süddeutsche Lichtbilderzentrale München_ (siehe oben)
die ihr angeschlossenen Vereine mit fertig zusammengestellten
»Volksbildungsabenden«, die Lichtbilder, Filme, Vortrag, Gedichte,
Lieder u. a. umfassen (Wanderkino). Die mir mitgeteilten Programme
machen einen sehr ansprechenden und geschmackvollen Eindruck.

3. Bei weitem die meisten Filme dieser Art (schätzungsweise 500, nebst
101 fertigen Programmen), darunter eine große Menge erdkundliche und
andere naturwissenschaftliche, hält die _Lichtbilderei_ GmbH.,
M._Gladbach_ (siehe oben), bereit, und ihr Verleihsystem ist wohl auch
das beweglichste, das sich daher den Bedürfnissen von Schulen,
Bildungsvereinen, Reformkinos usw. am meisten anpassen läßt. (Kataloge
»Belehrende Filme für Schule und Volk« -- »Belehrende Programme für
Volk und Schule«.) Da die Lichtbilderei auch eine Verleihanstalt für
Kinos selbst hat (die natürlich nur, wenn auch mit Zugeständnissen an
manche Vorurteile des Kinobesitzerdurchschnitts, sittlich einwandfreie
und geschmacklich diskutable Programme liefert), so ist sie in der
Lage, der Reformsache bedeutende Opfer zu bringen. Wer also für
einzelne Vorträge und Veranstaltungen einigermaßen frei wählen will
(im allgemeinen können natürlich auch hier nicht Filmteile, sondern
nur ganze Filme abgegeben werden), der findet hier am ehesten, und
zwar zu sehr billigen Bedingungen, was er braucht.

Die Lichtbilderei ist aber auch im Begriffe, die weitern in dieser
Schrift geforderten Verbesserungen zu organisieren, indem sie
aktuelle, vollständig ausgearbeitete Reformprogramme -- freilich nicht
nur erdkundliche, sondern von jedem rechtmäßigen Gebiete der
Kinematographie -- gebrauchsfertig mit allem Zubehör (Filme,
Lichtbilder, Texte, Musik, ausführliche Vorführungsanweisungen usw.)
_unmittelbar für den geschäftlichen Turnus in Kinotheatern
bereitstellt_. Die Ausarbeitung dieser Programme liegt in meiner Hand
(_Reformprogramme Häfker_). Damit ist der wesentliche Schritt zur
Verpflanzung wirklicher Kinoreform in die Kinotheater getan, _wohin
sie gehört_ -- denn alle Versuche außerhalb dieser Theater sind,
abgesehen von der Unterrichtskinematographie, ja doch nur Anregungen
und Versuche, die stets zu einer gewissen Unvollkommenheit verurteilt,
mindestens auf die Dauer ohne große Opfer nicht durchführbar sind.

Bestrebungen, den Kinotheatern und namentlich den Schulen ganze
Programme und einzelne Filme zugänglich zu machen, werden auch vom
Rektor _Lemke_, Storckow (Mark) nicht ohne Sachkenntnis und
praktischen Blick vertreten. Es würde mich zu weit über den Gegenstand
dieser Schrift hinausführen, diese Bewegung eingehend zu besprechen;
dies geschieht an anderer Stelle. Vorläufig ist auch hier sowohl dem
Rektor _Lemke_ wie der Firma _Pathé Frères_ gegenüber (mit der er in
engem Zusammenhange steht) _Vorsicht_ anzuraten, da die
kinoreformerischen Zugeständnisse von dieser Seite mit viel Phrasen,
abzulehnenden Geschäftsinteressen und -- besonders von Pathé Frères --
mit dem Bestreben verbunden sind, andere, ernster zu nehmende und
gründlichere Kinoreformarbeit zu hintertreiben. So willkommen und
erfreulich selbstverständlich gerade die Zugeständnisse
leistungsfähiger Firmen an die Sache der Kinoreform sind, so unbedingt
ist doch dem Laien zur Überlegung zu empfehlen, was mir kürzlich
eine besonders der Förderung der wissenschaftlichen und
Schulkinematographie dienende, ernstzunehmende Zeitschrift
schrieb: »Es macht so den Anschein, als ob sich unter dem Titel
wissenschaftlicher Film manches verbergen würde, was, unter der Lupe
besehen, sich als etwas ganz anderes entpuppt. Leider ist es nun mal
so, daß große Firmen nur einen redegewandten Reiseschriftsteller oder
Reisevertreter zu harmlosen Schulmännern zu schicken brauchen, um
alsbald mit einem an schönen Phrasen überreichen Empfehlungsschreiben
dieser Herren tüchtig Reklame zu machen. Solche Fälle lassen sich
mehrere aufzählen.« Das kann ich nur Wort für Wort bestätigen und füge
hinzu, daß verantwortungsloser und launischer Kinoreformdilettantismus
der Sache mehr geschadet hat als die gesamte Schundproduktion gewisser
Firmen.

Firmen, die erdkundliche Filme im weitern Sinne des Wortes regelmäßig
in die Welt senden, sind u. a. _Urban_ (London), _Eclipse_ (Paris),
_Cines_ (Rom), _Raleigh & Robert_ (Paris), _Edison_ (Amerika), _Pathé
Frères_ (Paris), _Eclair_ (Paris), _Gaumont_ (Paris), _Neue
Photographische Gesellschaft_ (Berlin), _Meßters Projektion_ (Berlin),
_Expreß-Films_ (Freiburg i. B.). Alle diese Firmen haben (außer
Expreß?) ihre deutschen Vertretungen und Filialen in Berlin, zum Teil
auch in andern deutschen Städten. Die meisten bringen etwa als ein
Achtel ihrer Wochenproduktion »aktuelle« (d. h. nicht »gestellte«)
Filme, darunter naturgemäß viele geographische. Besondere (englische
und französische) Kataloge darüber -- die aber nicht dauernd
maßgeblich sind -- bringen u. a. die Firmen _Urban_, _Eclipse_,
_Radios_ gemeinsam heraus. Einen deutschen Auszug daraus erhält man
von der Firma Eclipse (Berlin). Von den andern lasse man sich die
regelmäßigen Prospekte schicken. Besondere Mitteilungen machten mir
die folgenden Firmen:

1. _Expreß-Films-Co._, GmbH., _Freiburg i. B._ Redaktion und Verlag
»Der Tag im Film«, erste und älteste internationale _tägliche_
kinematographische Berichterstattung. -- Diese Firma fertigt _nur_
Naturaufnahmen und »Aktualitäten« (wissenschaftliche Filme, Militär,
Industrie, Sportbilder usw.) und hat besondere Expeditionen dazu teils
ausgerüstet, teils ausgesandt. Abzüge von allen bisher erschienenen
erdkundlichen Filmen werden an Händler (nur? -- warum?) unverbindlich
für 80 Pf. für das Meter verkauft. Begleittexte usw. und Material dazu
werden stets an Ort und Stelle gesammelt. Intelligente geeignete Leute
werden in Kursen zu Aufnahmeoperateuren ausgebildet. Besonders
wertvoll sind natürlich die Expeditionsbilder, von denen die Firma
folgende Liste aufstellt:

     _Expeditionsbilder_

     Eine Reise quer durch Afrika.

     Eine Reise durch Indien.

     Eine Reise in die arktischen Regionen.

     Die deutsche arktische Zeppelin-Luftschiff-Studienreise
     1910 nach Spitzbergen unter Leitung Sr. Kgl. Hoheit
     Prinz Heinrich von Preußen und Sr. Exzellenz Graf v.
     Zeppelin.

     Die Besteigung des Himalaja durch Se. Kgl. Hoheit den
     Herzog der Abruzzen, Welthöhenrekord 7493 m.

     Die Molukken-Expedition der Herren Dr. Deninger und Dr.
     Tauern.

     Die Expedition des Herrn Dr. Koch (Grünberg) nach dem
     Quellgebiet des Amazonenstromes.

     Die schweizerische Grönland-Expedition des Herrn Dr. A.
     de Quervain.

     Die deutsche Hilfsexpedition Lerner nach Spitzbergen
     zur Auffindung der Schröder-Strantz-Expedition.

     Die offizielle Reise Sr. Kgl. Hoheit des Kronprinzen
     von Griechenland in die eroberten Gebiete.

     »Mit der Kamera in der Schlachtfront«, Aufnahmen vom
     griechisch-bulgarischen Krieg, welche unsere Reporter
     auf Befehl Sr. Majestät des Königs von Griechenland
     aufgenommen haben usw. usw.

Auch sonst weisen die Listen eine Fülle geographischer Aufnahmen auf.
Es ist hier wie überall zu berücksichtigen, daß die internationalen
Firmen auch Aufnahmen untereinander austauschen oder sie gegenseitig
für bestimmte Länder unter ihre geschäftlichen Fittiche nehmen.

Besonders interessant ist die Bemerkung der Firma: »_In Deutschland
ist für belehrende Filme großer Rückschritt zu verzeichnen, in England
und Amerika großer Fortschritt._«

Diese -- auch sonst bestätigte -- Bemerkung überrascht mich durchaus
nicht. Die Ursachen sind zum Teil aus dieser meiner Schrift zu
ersehen. Wir Deutschen unterscheiden uns von andern Völkern dadurch,
daß wir, besonders wo »Wissenschaft« und »Bildung« in Betracht kommen,
entweder gründlich mittun wollen oder gar nicht. Wenig Völker stehen
auf solcher Höhe wissenschaftlicher, keines auf solcher Höhe
pädagogischer und volkserzieherischer Gewissenhaftigkeit wie das
deutsche; niemand kann sich nach Feinheit und Durchgeistigung der
Lehrmethoden, niemand nach dem Stande _allgemeiner_ bewußter
ästhetischer Volkskultur mit uns messen. Das führt gewiß einerseits
auch gerade in Deutschland zu unliebsamen Erscheinungen: Pedanterie,
Trockenheit, »Schulmeisterei«, beflissene Vielgeschäftigkeit,
Übersehen des Wesentlichen und Hängenbleiben in Kleinigkeitskrämerei,
weltfremder »Idealismus«. Gewiß, solche Nebenerscheinungen auch in der
Kinoreform selbst haben viel dazu beigetragen, die Jugend und das Volk
von »Reform«programmen eher abzuschrecken. Das Beiwort »belehrend«
mußte durch solchen Zusammenhang einen unangenehmen Beigeschmack
bekommen. Ebenso wie mit Worten wie »Bildung« und »Gebildete« bei uns
viel Mißbrauch getrieben wird. (Es ist bezeichnend, daß andere
Sprachen überhaupt keine Bezeichnung für diesen Begriff haben.) So
kommt es wohl, daß die Massen anderswo -- zumal wo, wie in Frankreich,
England, Amerika, ein frischerer internationaler Wind, mehr Odem vom
Weltmeer, weht als leider immer noch bei uns, geographische,
ethnographische usw. Bilder leichter und lieber aufgenommen werden.
Man nimmt sie eben hin, wie sie sind, empfindet sie gar nicht als
besonders »belehrend«, denkt sich nicht viel dabei und macht noch
weniger Ansprüche. Wenn uns Deutschen das Spielzeug gefallen soll, so
muß es solider und namentlich feiner ausgeführt sein. Das Bessere --
wovon wir infolge unserer verhältnismäßig hohen allgemeinen
Volksbildung doch mindestens ein Gefühl in uns tragen -- ist hier der
Feind auch des »Guten«. Das bloße Gaffen befriedigt uns nicht, wir
wollen auch für den Geist was haben. In Deutschland wird die
erdkundliche Geographie nicht eher durchdringen, als bis sie in dem
Geiste, dem ich in dieser und meiner vorigen Schrift Ausdruck gegeben
habe, durchgeführt ist. Filme allein, und wenn sie noch so gut sind,
sind nur -- Rohstoff.

2. =Société des Etablissements _Gaumont_=, _Paris, Deutsche
Gaumont-Gesellschaft m.b.H., Berlin_. Bringt jede Woche ein bis zwei
erdkundliche Filme heraus. Ältere Aufnahmen können nur nach Katalog
hergestellt werden. _Teile_ von Negativen werden nicht kopiert.
Erdkundliche Aufnahmen wurden unter Mitwirkung von Gelehrten, Lehrern
und Forschungsreisenden, solche für Schulzwecke unter Aufsicht eines
Pädagogen gemacht. »Der sprechende Film Gaumont« ist meines Wissens
nur eine neue Synchronvorrichtung, die für erdkundliche Aufnahmen
nicht in Betracht kommt; doch wurde u. a. ein krähender Hahn damit
gezeigt. Die Firma rühmt sich auch, »_eine komplette Lösung der
Naturfarbenkinematographie_« gefunden zu haben. Die Erfindung, die
Kinemacolor übertreffen soll, wird von der Presse sehr gelobt. Von
Gaumont wurden u. a. die Südpolaufnahmen der Expeditionen Shackleton
und Scott gemacht. »Wir hoffen, daß die Schulen endlich einsehen
werden, welche materiellen Opfer die großen Filmfabriken im Interesse
der Schulkinematographie bringen.« Es liegt im Interesse dieser
Filmfabriken, daß sie der Organisation einer Filmmesse usw., wie ich
sie vorgeschlagen habe, ebenso wie andern Bestrebungen zur
_Verwirklichung_ von Reformbestrebungen nicht wie bisher
Gleichgültigkeit entgegenbringen oder gar Schwierigkeiten machen. Nur
wenn Naturfilme in einem Zustande, der allen Ansprüchen entspricht, in
den Verkehr kommen, wird ihre Herstellung für die Fabriken nicht mehr
ein _Opfer_ sein.

3. Die Firma _Meßters Projektion_ GmbH., _Berlin_ S 61, erzeugt etwa
20 v. H. erdkundliche Aufnahmen, darunter solche von Prof. C. H.
Schillings (Berlin), Prof. Dr. Neuhaus, Prof. Dr. Bockenheimer, Sr.
Hoheit Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg, Marinemaler Rave
(Schröder-Strantz-Expedition). Hat auch Aufnahmen eigens für
Schulzwecke gemacht. Auf Begleittexte, Material dazu usw. hat die
Firma keinen Wert gelegt. Baut auch besondere Apparate für Schule und
Liebhaberzwecke, für Expeditionen (leichtes Gewicht usw.); u. a.
einen Apparat, mittels dessen auf einen Film oder Reihen Bilder
nebeneinander genommen werden können. »Wir halten die Bestrebung,
naturwissenschaftliche Filme zu machen, durch den Mangel an Käufern
für solche Bilder für nicht rentabel.«

4. Die _Neue Photographische Gesellschaft_ A.-G., _Berlin-Steglitz_,
deutsche Vertretung für wissenschaftliche Filme: _Gesellschaft für
wissenschaftliche Filme und Diapositive_ GmbH., _Berlin, Wilhelmstr.
1a_, bringt außer andern naturwissenschaftlichen Filmen auch
erdkundliche (allgemeine und astronomische Geographie, Aufnahmen von
Meeresstürmen in der biologischen Anstalt in Helgoland unter Leitung
von Prof. Dr. Berndt, aus der Folge »Aus dem Leben des Meeres«).
Unter den Aufnehmenden Herr G. N. Mendel, der sich viel mit
naturwissenschaftlichen Studien beschäftigt hat. »Wir halten es für
angebracht, daß die Schule sich mit den Kinobesitzern in Verbindung
setzt derart, daß die Kinobesitzer wöchentlich oder zweimal
wöchentlich wissenschaftliche Kinovorstellungen unter Leitung der
Schule zu billigern Preisen abgeben.«

Aus sonst eingelaufenen Antworten auf unsere Fragebogen ist --
abgesehen von Verneinungen sämtlicher Fragen und Antwortablehnungen --
hervorzuheben: eine »Klasse für sich« sind Institute wie die
»_Urania_« sowie die »_Treptower Sternwarte_« in Berlin, die auch die
Kinematographie in den Dienst ihrer volksbildenden Tätigkeit gestellt
haben. Die »Treptower Sternwarte« (Dir. Archenhold) berichtet,
trotzdem die Programme nur »belehrend« sind, daß die Vorträge,
namentlich auch die Sondervorstellungen vor Vereinen, großen Beifall
finden.

Prof. Dr. _Karl Sapper_ vom _Geographischen Seminar_ der Universität
Straßburg i. E. schreibt: »Kinematographische Vorführungen haben wir
hier noch nicht gemacht, weil die Möglichkeit fehlt; ich würde sie
aber in der Völkerkunde, Wirtschafts- und Verkehrsgeographie, auch
physischen Erdkunde für sehr instruktiv halten (bei geeigneter
Auswahl).«

In _Altenburg_ (Sachsen-Altenburg) ist die Schulbehörde dabei, eine
Sammlung erdkundlicher Filme zu beschaffen.

Die _Industrielle Gesellschaft Mülhausen i. E._ hat mit
zufriedenstellendem Erfolge erdkundliche Filme für wissenschaftliche
und populäre Vorträge benutzt, »nur ist es noch schwierig, geeignete
Filme leihweise zu erhalten«.

Das _Institut für Zuckerindustrie_ der Landwirtschaftlichen
Hochschule, _Berlin_ N 65, hat einen Film über Zuckerrübenkultur
in Arbeit und besitzt Filme über Ahornzuckerfabrikation,
Zuckerrohrfabrikation, Champagnerfabrikation. Die Haltbarkeit der
Filme ist gut. Die Aufbewahrung findet im kühlen, feuchten Raum statt.
Verliehen werden Filme und Diapositive nicht.

Manchen weitern Beitrag zum Thema sowie Nachweise usw. enthält
_Sellmann_, »Kino und Schule« (Lichtbühnen-Bibliothek Nr. 6);
pädagogisch besser als »kinematologisch« ist _Knospe_, »Der
Kinematograph im Dienste der Schule«, unter besonderer Berücksichtigung
des erdkundlichen Unterrichts. Manchen guten Gedanken neben manchem
oberflächlichem enthalten die Schriften von _Lemke_, auch in dessen
Zeitschrift »_Lichtbildkunst_« findet sich Brauchbares; es ist aber zu
beachten, daß hier überall das Bild durch geschäftliche Interessen
getrübt und »einseitig koloriert« ist. Wer in der Angelegenheit der
Nutzung der Kinetographie für Schule, Wissenschaft, Volksbildung und
Kinoreform auf dem laufenden bleiben will, halte sich an die
ernstzunehmenden Zeitschriften »_Bild und Film_«, Zeitschrift für
Lichtbilderei und Kinematographie, Verlag der Lichtbilderei
M._Gladbach_ (das einzige Fachblatt, das ausschließlich von
allgemeinen Gesichtspunkten ausgehend ernster Kinoreform dient), und
»_Film und Lichtbild_« _Stuttgart_, das derselben Sache ebenso
ernsthaft besonders vom Interesse der Wissenschaft und Schule aus
nachgeht.



Sachregister


    Abruzzen, Herzog der 71

    Adolf Friedrich von Mecklenburg 73

    Afrika 71

    »Aktualität« s. Tagesinteresse

    Altenburg 74

    Amazonas 71

    Amerika 72

    Anschauung und Begriffe 11 16 25 42

    Anschauungsmittel 11 12 f

    Anschauungsunterricht 42

    Apparate 31 74

    Archenhold 74

    Ästhetik 6 34 f

    »Ästhetische Kultur« 17 18/19

    Aufnahmen 33
      -- Organisation 41 59

    Aussprache 40


    Begleitnotizen, Schema 38

    Berndt 74

    Besiedlungswesen 51

    Bewegungseinheiten 36

    »Bild und Film« 75

    Bockenheimer 73

    »Buch vom Kino« (= »Kino und Laien«) 6


    Cines 70


    Darstellungsmittel, erdkundliche 9 10 ff

    Deninger 71

    »Deutsche Erdkundliche Kinogenossenschaft« 55

    Deutsche Filmerzeugung 59 71 f

    Deutschland in der Kinematographie 50
      -- Interesse an erdkundlichen Filmen 72 f


    Eclair 70

    Eclipse 28 70

    Edison (Filmfirma) 70

    England 72

    Erdgeschichte 8 28 33

    Erdkunde, Wesen 6

    Erläuterungen 20 25

    Erläuterungsstoff 37 ff 56

    Ethnologie s. Völkerkunde

    Evangelischer Verein für kirchliche Zwecke 65

    Expreß-Films 71 f


    Fahrrad 11 f

    Farben 18 22 40 73

    Film, Format usw. 31

    »Film und Lichtbild« 75

    Filmarchive 29 33

    Filmbeschreibungen 37

    Filmfirmen 4 70 ff

    Filmmarkt 47 64 ff 67

    Filmprüfungen 56 60

    Forschung, erdkundliche 28

    Forschungsreisen 30

    »Freiluftbildung« 42

    Fremdenverkehrsvereine 59

    Friedensbewegung 9

    Fujijama 28


    Gaumont 70 73

    Geiser 28

    Geographie s. Erdkunde

    Geographisches Seminar Straßburg 74

    Geologie 8 33

    Geräusche 18 20 f 40

    Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung 66 68

    Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung 67

    Gesellschaft für wissenschaftliche Filme und Diapositive 74

    Gezeiten 30

    Gilgamesch 9 10

    Gletscher 30 33

    Grammophon s. Phonograph

    Graystone Bird 65

    Griechenland 72

    Grönland 71


    Handel 9

    Hedin 9

    Heimatkenntnis 4 7 43 51

    Heimatschutz 29 51
      -- (Stiftung) 67

    Heinrich, Prinz von Preußen 71

    Hellwig 69

    Hentschel 65

    Himalaja 71


    Jerusalem 38

    »Illusion« 16

    Indien 71

    Industrie 9 59

    Industrie-Gesellschaft Mülhausen i. E. 74

    Institut für Zuckerindustrie 74


    Kanada 50

    Kinemacolor 23

    Kinematographie, Wesen 3/4
      -- und Erdkunde 13 16
      -- Grenzen und Mängel 16
      -- Mißbrauch 17

    »Kinetographie« 19

    Kino und Kunst 6 17 31 33 34 47

    »Kino und Laien« s. »Buch vom Kino«

    »Kino und Schule« (Sellmann) 46 75

    Kinokritik

    Kinoreform 3 4 5 48 52/53 54 ff 58

    Kinotheater 4 32
      -- und Schule 44 47 ff 52 57 70 74

    Knospe 75

    Koch (Grünberg) 71

    Körperlichkeit (Plastik) 18 23

    Kolonien 51 59

    Kosten 32 60 usw.

    Kriegsdarstellungen 49 72

    Kunst und Künstler 4 5 14
      -- im Kino 5 18

    Künstliche Aufnahmen 30


    Laien 4 5 53

    Landschaftsmalerei 9

    Landwirtschaft 4 50 59

    Lemke 70 75

    »Lichtbild und Kinotechnik« (Liesegang) 31

    Lichtbilder 15 26 f 65

    Lichtbilderei GmbH. 65 69

    Lichtbilderverleihung 65 f

    »Lichtbildkunst« 75

    Lichtbühnen-Bibliothek 12

    Liebhaberaufnahmen 6 31

    Literatur 75

    Luftschiffahrt 11


    Meer 8 15 30 74

    Menschenerdkunde 8 29 35

    Messungen, kinematographische 12 30

    Meßter 71 73

    Meteorologie s. Wetterkunde

    Missionen 41

    Molukken 71

    Musik 24 40


    Naturfarbenkinematographie 23 73

    Naturschutz 9 29 51

    Naturschutzpark (Verein) 67

    Negative, Aufbewahrung 61

    Nervenbeanspruchung 17/18

    Neue Photographische Gesellschaft 66 70 74

    Neuhaus 73

    Neu-Seeland 28 38


    Odysseus 9

    »Operateure« 40

    Organisation 48 54

    Organisationsreform s. Zusammenschluß


    Paasche 29

    Palästina 37

    Panoramaaufnahmen 24

    Panoramen (Schaustellungen) 48

    Pathé-Frères 70

    Perspektive s. Tiefenwirkung

    Pflanzengeographie 8

    Phonograph 20 22

    Phonographie 14 15

    Photographie 14 15

    Polforschung 9 71 73

    Politik 50 59

    »Poloptical Institute« 48

    Presse 5 57

    Programme 49 52/53 57 62

    Projektionsbildermesse 64

    Propaganda, politische, wirtschaftliche 50

    »Prospekte« (Zeichnungen) 14


    Querbewegungen 18

    Quervain 71


    Radios 71

    »Radzigeunerei« 11

    Raleigh & Robert 70

    Rave 73

    Realkatalog 64

    Reformprogramme 70

    Rhythmologie 30 36

    Rösch 66


    Sammeln von Filmen 29 32 57

    Sapper 74

    Schematische Darstellungen 43

    Schillings 73

    Schulbildung in Deutschland 72

    Schulerdkunde 43 70

    »Schülerprogramme« 46

    Schulfilme 43 73

    Schulkinematographen 31 44

    Schulvorstellungen 44 74

    Schröder-Strantz-Expedition 71 73

    Scott 73

    Seemann 66

    Sellmann 46 75

    Shackleton 73

    Spitzbergen 71

    Städtebilder 14

    Stereoskop 15

    Straßenwesen 11

    Süddeutsche Lichtbilderzentrale 67


    Tagesinteresse erdkundlicher Bilder 49 52

    »Tagebuch« 38

    Tauern 71

    Technik 31

    Technik und Kultur 12

    Teile von Filmen 61

    Theater (Konkurrenz) 5

    Tiefebene 15

    Tiefenwirkung (Perspektive) 18

    Tiergeographie 8 35

    »Tonbilder« 21 59 73

    Treptower Sternwarte 74


    Urban 22 28 38 70

    Unger & Hoffmann 65

    Unterricht, wissenschaftlicher 33

    Unterrichtsstunde, erdkundliche 45

    »Urania« 48 74


    Vereine 4 48 59

    Verkehr 9 11

    Verleihanstalten 60 64

    Völkerkunde 8 24

    Völkerverständigung 4 9 51/52

    Volksbildung 25/26 47 ff
      -- deutsche 72 f

    Vorführung 19

    Vortrag 25

    »Vortrupp« 29

    Vulkane 33


    Wanderkinos 69

    Wandern 9

    Waise 66

    Wellenbewegung 30 36

    Weltanschauung 9

    Weltbund 55

    Weltfriede 9

    Weltnaturschutz 9

    Weltreisen 4

    Weltschutzparke 9

    Weltwirtschaft 4 50

    Wetterkunde 8 34

    Wirklichkeitsdarstellung 13 35

    Wissenschaftliche Erdkunde 4 28 ff 72

    Wüste 8 37


    York & Son 66

    Zeitungen 5/6 9

    Zeitschriften 75

    Zeppelin 71

    Zusammenschluß 49 54 ff



_Lichtbühnen-Bibliothek_


Lichtbild- und Kino-Technik.

Von _F. Paul Liesegang_. 8º (76) Mit 55 Abbildungen. Broschiert
M. 1.--.                                                   Heft 1.

_Inhalt_: Der Lichtbilderapparat und seine Wirkungsweise. Die
Lichtquellen. Zubehör zum Lichtbilderapparat. Anschaffungs- und
Betriebskosten des Lichtbilderapparates. Die Glasbilder und deren
Aufbewahrung. Aufstellung und Handhabung des Lichtbilderapparates. Die
episkopische Projektion. Wissenschaftliche und mikroskopische
Projektion. Der Lichtbilderapparat als Scheinwerfer. Der
Lichtbilderapparat als photographischer Vergrößerungsapparat. Die
Darstellung lebender Lichtbilder. Handhabung des Kinematographen.
Behandlung und Pflege des Kinematographen. Das kinematographische
Aufnahmeverfahren. Die Herstellung des Trickfilms. Die wissenschaftliche
Kinematographie.


Kino und Kunst.

Von _Hermann Häfker_. 8º (72) Broschiert M. 1.--           Heft 2.

_Inhalt_: _Allgemeines_: Der Ruf nach Kunst. Das Wesen der
Kinematographie. Die künstlerische Aufgabe. -- _Die Herstellung des
Films_: Die künstlerischen Gesichtspunkte in der technischen
Filmherstellung. Technische, industrielle usw. Lehr- und
Verdeutlichungsaufnahmen. Geschichtliche und kulturgeschichtliche
Aufnahmen. Die Schönheit der natürlichen Bewegung. -- _Die
Vorführung_: Gestellte Bilder. Kinematographie oder Kinetographie. Das
Programm. Einzelheiten. Wege.


Kino und Gemeinde.

Von Dr. _Willi Warstat_ und _Franz Bergmann_. 8º (112) Broschiert
M. 1.50.                                                     Heft 3.

_Inhalt_: 1. Teil: Die Bedeutung des Gemeindekinos für die Reform des
Kinematographenwesens. 1. Die Mißstände im Kinematographenwesen und
ihre Ursache. 2. Die Unzulänglichkeit prohibitiver Mittel bei der
Reform des Kinematographenwesens. 3. Die positive Reformarbeit der
kinematographischen Musterbühnen, der Gemeindekinos. 4. Die
Gemeindekinobewegung und ihre Erfolge. Die Arten der Gemeindekinos. 5.
Die Aufgaben der Gemeindekinos. 6. Der Gemeindekino und sein
Verhältnis zu den Privattheatern und der Industrie. 7. Die
Zentralisation der Gemeindekinos. Zentralverband für Kinoreform. -- 2.
Teil: Das Kinowesen vom verwaltungsrechtlichen und wirtschaftlichen
Standpunkte. 1. Polizeiliche Mittel gegen den Kinoschund. 2.
Besteuerung der Kinematographentheater. 3. Gemeindelichtspielhäuser.
4. Zentralorganisation für Gemeindekinos. Anhang.


Kino und Bühne.

Von _Willy Rath_. 8º (52) Broschiert M. 1.--                 Heft 4.

_Inhalt_: 1. Emporkömmling Kino. 2. Die Bühne in Not? 3. Künstlerische
Möglichkeiten des Lichtspiels.


Rechtsquellen des öffentlichen Kinematographenrechtes.

Von Dr. _Albert Hellwig_. 8º (256) Geb. M. 5.--              Heft 5.


Kino und Schule.

Von Prof. Dr. _Adolf Sellmann_. 8º (72) Broschiert M. 1.--   Heft 6.

_Inhalt_: 1. Wider den Schulkino. 2. Für den Schulkino. 3. Der Kino
und die einzelnen Unterrichtsfächer. 4. Der Kino und die verschiedenen
Schulgattungen. 5. Der Schulfilm. 6. Kino und Unterricht. 7.
Erfahrungen auf dem Gebiete der Schulkinematographie.


In kurzem wird erscheinen:

8. Heft: Allerlei vom Kino für jedermann. Von _H. Häfker_.



Bild und Film


     Zeitschrift für Lichtbilderei und Kinematographie.
     Verlag der Lichtbilderei GmbH. in M.Gladbach.
     Quartformat. Erscheint monatlich. Abonnement
     halbjährlich M. 2.40. _Redaktion_: Dr. Lorenz Pieper,
     M.Gladbach, Waldhausener Straße 100.

     Das Abonnement kann durch jede Buchhandlung, durch die
     Post und auch direkt durch den Verlag bewirkt werden;
     im letztern Falle liefert der Verlag im
     Postüberweisungsverfahren, läßt Bezugsgebühr und
     Bestellgeld durch die Post einfordern und liefert an
     diese. Probehefte stehen gratis zur Verfügung.

»_Bild und Film_« war als erste Kinozeitschrift auf dem Plane, frei
von Geschäfts- und Parteirücksichten ausschließlich dem idealen Ziele
einer ethischen und literarischen Hebung des Kinowesens die Wege zu
bahnen. Sie läßt es sich vor allem angelegen sein, die zahlreichen
_Bildungsmöglichkeiten_ aufzuweisen, die der Kinematograph im
Interesse der _modernen Volksbildung_, des _Unterrichts_ und der
_Jugendpflege_ für _Volk_ und _Schule_ in sich trägt. Als Organ der
vom vierten Westfälischen Provinzial-Landgemeindetag in Münster (1912)
eingesetzten Kinematographischen Kommission (Vorsitzender: Amtmann
Berkermann, Eickel) fördert sie speziell die Errichtung und Leitung
von Kinematographentheatern durch die Gemeinden. Das Abonnement ist
vor allem zu empfehlen den zahlreichen, weitverästelten
Volksbildungsorganisationen, der Presse, den Kommunen,
Polizeiverwaltungen, Lehrerkreisen, Volks-, Fach-, Fortbildungs- und
Hochschulen, den kirchlichen Kreisen der verschiedenen Konfessionen
und den verschiedenen Standesorganisationen, die ja alle auch die
Volksbildung auf ihre Fahne geschrieben haben. Ebensosehr aber sind
interessiert die _Kinobesitzer_ selbst, denen an der allseitigen
Hebung des Kinowesens gelegen ist.

    #Es liegen abgeschlossen vor:#

     #I. Jahrgang 1912.# Vier Hefte. gr. 4º (128) Geb. M. 3.20

    #II. Jahrgang 1913.# Zwölf Hefte. gr. 4º (270) Geb. M. 6.--

    Preis der Einbanddecke M. 1.10

    Durch alle Buchhandlungen zu beziehen

       *       *       *       *       *

    Volksvereins-Verlag GmbH., M.Gladbach

    3954



  [ Im folgenden sind die Änderungen am Originaltext aufgeführt.
    Unter der Beschreibung der Änderung steht jeweils zuerst die
    Textstelle im Original, dann die geänderte Textstelle.


    Falsche Seitenzahl im Inhaltsverzeichnis korrigiert:
    IV. Kinoerdkunde im Theater und in der Öffentlichkeit          48
    IV. Kinoerdkunde im Theater und in der Öffentlichkeit          47

    »ererfaßt« geändert zu »erfaßt«:
    stehen sollte, noch nicht ererfaßt, geschweige denn uns zu Fleisch und
    stehen sollte, noch nicht erfaßt, geschweige denn uns zu Fleisch und

    »wir« geändert zu »wie«:
    auch nur Schwarz-Weiß-Bild, weil das Kinobild mehr wir andere den
    auch nur Schwarz-Weiß-Bild, weil das Kinobild mehr wie andere den

    »Ermaugelung« geändert zu »Ermangelung«:
    natürlichem Sinnenleben und Geschmack sind, in Ermaugelung
    natürlichem Sinnenleben und Geschmack sind, in Ermangelung

    »a s« geändert zu »als«:
    Auge, auch insofern, a s es in einem ganz andern Sinne als der Film
    Auge, auch insofern, als es in einem ganz andern Sinne als der Film

    »Naturschutzparkes« geändert zu »Naturschutzparks«:
    der Gedanke, große _Naturschutzparkes_ nicht nur in der engern Heimat,
    der Gedanke, große _Naturschutzparks_ nicht nur in der engern Heimat,

    »Liehaber-Kinematographie« geändert zu »Liebhaber-Kinematographie«:
    gedenke ich die Frage der Liehaber-Kinematographie in meiner Schrift
    gedenke ich die Frage der Liebhaber-Kinematographie in meiner Schrift

    fehlendes Komma ergänzt:
    wissenschaftlichen Unterricht, also an Hochschulen Handels-,
    wissenschaftlichen Unterricht, also an Hochschulen, Handels-,

    »Gewohnheitenn« geändert zu »Gewohnheiten«:
    schlaue Mittel und vor allem genaue Vorerforschung ihrer Gewohnheitenn
    schlaue Mittel und vor allem genaue Vorerforschung ihrer Gewohnheiten

    »nd« geändert zu »und«:
    nd -- Geduld belauern und täuschen. Dafür ist eine wohlgelungene
    und -- Geduld belauern und täuschen. Dafür ist eine wohlgelungene

    »ewas« geändert zu »etwas«:
    tüchtigsten bewegt -- und wenn sie mal ewas Wertvolles erwischen, so
    tüchtigsten bewegt -- und wenn sie mal etwas Wertvolles erwischen, so

    »Ausnahme« geändert zu »Aufnahme«:
    kann keine erdenkliche Ausnahme von höherm Werte und wissenschaftlich
    kann keine erdenkliche Aufnahme von höherm Werte und wissenschaftlich

    »mittere« geändert zu »mittlere«:
    Verhältnisse recht gut möglich, eine andere kleine oder mittere
    Verhältnisse recht gut möglich, eine andere kleine oder mittlere

    »Erdkundeuntericht« geändert zu »Erdkundeunterricht«:
    Erdkundeuntericht nicht zerstreuend und verwirrend, sondern wahrhaft
    Erdkundeunterricht nicht zerstreuend und verwirrend, sondern wahrhaft

    Fehlendes Anführungszeichen ergänzt:
    des Lehrwerts des Dargebotenen meist sozusagen am Hungertuche nagen«.
    des Lehrwerts des Dargebotenen meist sozusagen »am Hungertuche nagen«.

    Fehlenden Punkt ergänzt:
    Leinwand, und die Fremden davor Es ist hier ähnlich wie mit den
    Leinwand, und die Fremden davor. Es ist hier ähnlich wie mit den

    Fehlendes Ausführungszeichen ergänzt:
    darauf zu sein, oder wäre hier und da etwas zu verschweigen gewesen?
    darauf zu sein, oder wäre hier und da etwas zu verschweigen gewesen?«

    »st« geändert zu »ist«:
    hoffen. Die Erdkinetographie aber st, weil sich in ihr die höchste
    hoffen. Die Erdkinetographie aber ist, weil sich in ihr die höchste

    »ein« geändert zu »eine«:
    nötig, da dieses Land als Kundschaft allein nicht ein genügende Macht
    nötig, da dieses Land als Kundschaft allein nicht eine genügende Macht

    Doppeltes »oder« gelöscht:
    oder oder auch Industrievereinigungen, landwirtschaftliche
    oder auch Industrievereinigungen, landwirtschaftliche

    Fehlenden Abkürzungspunkt ergänzt:
    Oranienstr 105l. Hat besonders aus Missionsgebieten (Kolonien und
    Oranienstr. 105l. Hat besonders aus Missionsgebieten (Kolonien und

    Fehlendes Komma ergänzt:
    Landschaften- Trachten- und Städtebilder aus dem _Orient_ (Ägypten,
    Landschaften-, Trachten- und Städtebilder aus dem _Orient_ (Ägypten,

    Fehlenden Punkt ergänzt:
    und Nürnberg. Zum Teil farbig (Dreifarbenaufnahmen und Lumière)
    und Nürnberg. Zum Teil farbig (Dreifarbenaufnahmen und Lumière).

    »duchführbar« geändert zu »durchführbar«:
    mindestens auf die Dauer ohne große Opfer nicht duchführbar sind.
    mindestens auf die Dauer ohne große Opfer nicht durchführbar sind.

    Fehlenden Abkürzungspunkt ergänzt:
    auf Befehl Sr Majestät des Königs von Griechenland
    auf Befehl Sr. Majestät des Königs von Griechenland

    Fehlendes Ausführungszeichen ergänzt:
    physischen Erdkunde für sehr instruktiv halten (bei geeigneter
    Auswahl).
    physischen Erdkunde für sehr instruktiv halten (bei geeigneter
    Auswahl).«
  ]





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