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Title: Frühling
Author: Schlaf, Johannes, 1862-1941
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Frühling" ***


      ~Frühling~

      Von

      Johannes Schlaf

      [Illustration]

      Im Insel-Verlag zu Leipzig



      Frühling


Draußen am Hinterdeich hab ich mein Duselplätzchen.

Ein kleines Stündchen gehts durch die blütendurchwölkten Gärten, an
Blumenbeeten, Gräben, Wiesen und Feldern vorbei, und ich bin an Ort und
Stelle.

Und dann lieg ich tief im Gras, in der hellen Sonne, die Hände unterm
Genick, und pfeife und simuliere in den blauen Himmel und die
milchweißen Frühlingswolken hinein. Blühender Weißdorn über mir. Der
frische Wind drin und Bienen, Hummeln, Fliegen und Schmetterlinge. In
die Länge und Breite dehnen sich vor mir die Wiesen hell gegen
dunkelgrüne Binsenstrecken hin zum Fluß hinunter, wogen und gleißen mit
smaragdenen Wellen. Und in weiten Farben breitet sich roter Sauerampfer
dazwischen und lilaweißes Schaumkraut mit zierlichen Dolden, gelbe
Ranunkeln und Kuhblumen, und mit feinem rauchigen Silberflimmer die
tausend und tausend Lichterchen der Butterblumen.

Langsam, im Schritt weidend, tauchen Kühe drüben auf dem andern Ufer aus
dem frischgrünen, lichtflinkernden Erlengehölz. Braune, schwarze und
gefleckte. Sie rupfen und brüllen. Und gemächlich her bis gegen die
blitzende stillgleitende Fläche. Hoch aber aus dem weitgewölbten
weißlichen Blau die Lerchen, und Kibitze hinter mir auf den
Wiesenbreiten, Elstern und Raben. Kuckuck, Stare und Finken im Gehölz,
und aus den tiefen grünen Dämmerungen heraus die Nachtigall.

Fern, weit vom Fluß herübergetragen, das Tuten eines Dampfers und das
Kreischen der Möwen.

Hergetragen und verweht, aufjubelnd und verebbend hundert und hundert
Laute und Lieder; und der herrliche, fröhliche Tumult der weiten Farben:
hell, verhauchend, nah und fern, gleißend und sänftigend.

Und die warme, helle Sonne. Die stille, stille Sonne ...

       *       *       *       *       *

Meiner Einsamkeit entgegen.

So lustig bin ich, so stillfröhlich, so zutäppisch liebevoll wie ein
Kind.

Mit jedem Pulsschlag, mit jedem Beben meines Körpers, mit jeder Bewegung
liebkose ich die weit und lustig gebreitete Welt. Und mich liebkosen die
Käfer, die Blumen und Bäume mit Summen und Blüten und Laub, mit Farben
und Düften und hundert sanften Berührungen. Der leise Wind durch Blätter
und Gezweig liebkost mich, kühle Schatten und helle, warme Lichter,
blaue Fernen und heitre Nähen, ziehende Wolken und Wellen.

Zwischen einem Getreidefeld und dem Erlengebüsch eines Grabens schlendr'
ich hin.

Hoch ragt es über mich hinauf, hinein in endlos tiefe, klare Bläue.
Lichtglänzendes Laub und wogende, wellende Halme biegen sich zu mir her,
vor mir, hinter mir, zu beiden Seiten. Ganz, ganz versunken bin ich in
jungem, duftenden Grün; über und über ist mein Kleid voll gelben
Samenstaubes und feinen Blütengeriesels.

Kühles, wogendes, anschmiegendes Schmeicheln. Weite, weite jubelnde
Bläue. Mückenspiel vor mir her, und auf blinkendem Gekräusel stille,
weiße Blumen ...

       *       *       *       *       *

Hier lieg ich nun unter meinem Weißdorn, spiele und wandle mich nach
Herzenslust.

Ich bin der alte Braak-Klaas. Bin über achtzig Jahre alt. Weißhaarig,
mit rosigem Gesicht und hundert freundlichen Runzeln sitz ich vor meiner
Tür. Habe lange rote Strümpfe, schwarzbauschige Kniehosen und eine
hellblaue Weste an mit zwei Reihen dicker Silberknöpfe. Starkknochig
sind meine Handgelenke, und lässig liegen meine braunrunzligen Hände auf
den Knien, breit, behaart, mit dicken, knotigen Fingern und Adern. Ich
sitze vor meinem Haus und zwinkre unter weißen Brauen in die sonnigen
Apfelblüten hinein.

Hoch und langgestreckt mit goldiggrünen Moosflecken hebt sich über mir
das mächtige, braunverwitterte Strohdach über der niedrigen
Backsteinwand mit ihren weißen Kirschblüten und ihren Fensterchen breit
in die blaue Klarheit.

Die Vögel singen in meinem Garten, und oben im Nest um die
Giebeldrachenköpfe herum klappert der Storch bei der brütenden
Storchmutter. Durch die offene Halbtür, von der Diele, weht ein feines,
blaues Räuchlein vom Herd her in die warme, sonnenzitternde Luft.
Mächtige Eichenschränke stehn da drin im kühlen Dunkel, zwei
Jahrhunderte alt, und massives, rauchverdunkeltes Gerät mit hellbraunen,
eingelegten Blumen und Vögeln, und rotbäckige Enkelkinder spielen auf
dem glatten Estrich.

Drüben blinkert das Braak zwischen blühendem Gebüsch durch. Ein
Fischewer schwebt still vorüber mit rotbraunem, weitgebauschtem Segel.
Über blumenbunten Beeten flimmert die warme Luft, und der Flieder
duftet, und überall arbeiten sie in den Gärten.

Klug bin ich, schlau für zwölfe, mit meinen blinzelnden, wasserblauen
Äugelchen, und meine Gedanken sind geschwätzig und plaudern von meinen
achtzig Jahren, plaudern und nehmen Anteil, stillen, spöttischen Anteil.

Mild bin ich, freundlich, zufrieden, klug und hindämmernd müde ...

       *       *       *       *       *

Und jetzt bin ich ein Kind.

In einem roten Leibchen sitze ich auf einem Schubkarren, ganz eingewühlt
in gelbe Blumen unter weißen, tiefhängenden Blüten, kreische und patsche
mit dicken Ärmchen. Und wieder still. Staune und starre mit weiten
klaren Augen in tausend sonnige Wunder hinein. Erkenne wieder und lerne
zu. Und wie Staunen, Lust, Furcht und Begier wunderlich aus mir
herausstammeln, wächst leise, leise in mir eine goldigfrische Welt;
knospet und treibt und will blühen.

Von tausendfarbigen Hoffnungen jauchzt, braust, leuchtet und umduftet
mich die weite Welt, und die blau verhauchenden Fernen locken in
unschuldiger, reiner, frühlingsfrischer Pracht, locken so fern, so weit,
so wunderbar ...

       *       *       *       *       *

Tiefer den Kopf ins Gras zurück.

Nun macht mich mein begehrender, ahnender Sinn kleiner und immer
kleiner, und nun bin ich winzig, ganz ganz winzig klein.

Ich habe ein goldgrünes Röckchen auf einem runden, festen, geschmeidigen
Körperchen, tripple mit sechs flinken Beinchen und habe zwei Äugelchen
wie rote Rubinen, zwei scharfe, feine Äugelchen. Schlüpfe, schmiege,
winde mich durch eine wunderliche, üppig verschlungene Endlosigkeit,
wandere und weile, und wandere wieder, emsig, rastlos.

Von hier bis zum Fluß hinunter sind nun viele, viele Meilen, und da
unten ist ein Meer, ein unabsehbares, strahlendes Meer.

Ich wandre und wandre, raste mit atemlosem Staunen, und wandre wieder,
schaue und staune.

Jetzt bin ich tief, tief unten, in einem feuchten, braunen Dunkel. Da
ist ein millionenfältiges Gewirr von Formen, Farben und Körpern. Da
spreizt sich in dicken, dichten Ranken härenes Gekrissel, da filzt es
sich über- und durcheinander mit Milliarden von Spitzchen und Hälmchen,
von Blättchen, Knöspchen und Blüten. Millionen mächtiger Stämme im
dichten Beieinander streben draus empor. Große, rote Würmer schlingen
sich zwischen ihnen hin, und es kribbelt, und schlüpft und kriecht und
schmiegt sich, zirpt, singt, pfeift und raschelt in einer Welt von
Tönen, die noch nie mein vordem ungefüges Menschenohr vernommen hat, von
Formen und Körpern, dunkel und bunt, wie sie nie mein Menschenauge sehen
konnte. Die seh ich alle mit meinen feinen, roten Äugelchen, und höre
sie mit einem scharfen, unendlich scharfen Gehör, und nehme das alles
wahr mit zarten Sinnen.

Da glimmt Feuchte in feinen Perlchen, und in ihnen lebt das
durchsichtige Getümmel neuer Welten in heimlicher Irispracht. Da dehnt
es zarte Körperwände und zieht sie zurück. Da rinnt es zusammen, wächst
und teilt sich. Da keimt es und bildet sichs, verschlingt und wehrt
sichs im unendlichen Wechsel, im ewigen Hin und Wieder.

Und aus tiefstem braunen Dämmer streb ich hinauf am Schaft eines Grases,
das nun ein Baum ist, ein mächtiger Baum, und strebe einem Schimmer
nach, einem Glanz entgegen.

Ich fühle, wie es unter mir dadrinnen sich dehnt und mehrt, wie es
rauscht von Säften und gärt mit freudigem, sehnendem Wachstum. Und nun
teilt sich der Schaft in breite, langgespreizte Halme, und sie wieder
mischen sich in ein milliardenfältiges, lichtgrünes Gewirr im ewigen
Wechsel schwankender Biegungen. Millionen mächtiger Diamanten aneinander
hingereiht in gleißender Pracht an den Rändern langgestreckter
Stengelblätter. Flinkern und Leuchten silbriger Härchen. Lustiges Getier
dazwischen mit tausend Tönen und Farben, mit Zirpen, Summen, Schrillen
und Jauchzen, mit schwirrender Flügelpracht.

Lichter wird es nun und lichter. In einem sanften Biegen und Wiegen bin
ich. Da seh ich die unerhörte Schönheit riesiger, leuchtender
Farbenwunder gegen ein unendliches, laut, laut jubelndes Blau. Mächtige,
silberweiße Sterne schaukeln da oben mit blitzenden Schwingungen auf
schlanken, rauchflaumigen Stielen. Ich sehe runden Silberrauch, der sich
um weißgrüne Kelchknöpfe ballt. Und blendend goldene große und kleine
Sterne. Sanftgewiegte, still strahlende, fröhlich blitzende Wunder.
Unzählige blaue, lilaweiße, rote, violette, tausendfarbige Kelch- und
Glockenpracht, gezackt, beperlt, bewimpert, glatt, mit feinem Netzwerk
bunter Äderchen, im dicht und weit geregelten Beieinander an schlanken
und dicken runden Stengeln hinauf. Buntes, süß verwirrendes Gekrissel
von Grasdolden und die tiefglühende, breitentfaltete Pracht des roten
Mohns.

Und höher, immer höher!

Auf dem goldenen Kelchknopf eines riesigen, silberleuchtenden Sternes
sitz ich, oben, hoch oben auf dem höchsten Wipfel, und schaukle mit
selig dämmernden Sinnen, betäubt von Duft, Licht und dem weiten,
unendlichen Einklang holden Getöns. Bunte, breitentfaltete
Schwingenpracht gleißt über mir und an mir hin, rastet, bebt, glänzt,
leuchtet auf herrlichen Blütenwundern, surrt und tönt in berauschenden,
taumelnden Tänzen hinein in die warme, lichte Unendlichkeit. Jauchzende,
kreischende, glockenklar süße, brüllende, wiehernde, zwitschernde,
millionenstimmige Lust.

Und süße, warme Kraft in den Muskeln meiner Schwingen und bebende,
sehnende Lust in meinem Leib. Und auf, hoch hoch hinauf in Wärme,
Lichtflut, Glanz und Farbe. Und von mir geht ein Tönen aus, ein feines,
wunderliches Tönen ...

       *       *       *       *       *

Jetzt habe ich einen Schilfhalm herausgezogen und bin nun Wißbegier,
ganz Wißbegier und erkenne.

Hier ist ein langes, faltendes, blaugrünes Blatt. Und hier unter ihm ein
zarteres mit einem helleren Grün. Und Blatt schäl ich von Blatt und
Hülle von Hülle. So, und nun weiß ich eine große, stolze Weisheit: Blatt
schließt sich um Blatt und Hülle um Hülle in alle Unendlichkeit hinein.

Ach, ich muß lachen, lachen!

Ich sehe einen schnurrigen alten Herrn mit einer mächtigen Brille auf
einer langen, spitzen Nase. Er sieht aus wie ein uralter Chinesengreis.
Sein Kopf ist wie ein Totenschädel, über den sich eine vergilbte,
unendlich faltige Haut spannt. Er hat einen breiten mokanten Mund mit
einer hochmütigen, ewig spöttisch-dummen Unterlippe und wasserblaue,
neunmalkluge Äugelchen. Der kann die wunderschönsten Kunststücke aus
lauter Normen, Regeln und Regelchen, Gesetzen und Gesetzchen
zusammenbauen. Ein so kluges Wirrwarr, daß einem die Augen übergehen vor
lauter lauter Staunen. Und mit seinen alten Beinchen versteht er sich
auf den Eiertanz wie kein zweiter.

Ach -- jetzt! hier! wie ungeheuer, ungeheuer spaßhaft der alte
Würdetaper ist!

O, da unten zwischen feuchter, bröckelnder Krume schlingt sich durch das
schwarze Dunkel ein blöder Wurm; und hier liegt ein zweibeiniges Tier,
das spintisiert und klebt mit seinem Wollen und Entschließen an allerlei
Gedankenleim fest. Weit, weit dahinten aber blauen ferne Berge. Und
dort, auf dem höchsten Gipfel, auf der höchsten Wipfelspitze der
höchsten Kiefer, da zwitschert und zirpt eine kleine Meise, und wenn sie
will, so fliegt sie weit, weit in die blaue Himmelsfreiheit hinein ...

       *       *       *       *       *

Jetzt will ich. Und will ein Prophet sein, ein Seher.

Die Blumen blühen, die Bäume rauschen, die Wasser plätschern, die Vögel
singen, und der Himmel blaut mir durch die weite, reifende Mittagsstille
Offenbarungen, und das endlose Beieinander und Ineinander aller Wesen
leuchtet mir eine Offenbarung.

Ich stammle Verheißungen, die sich erfüllen: jetzt, morgen, in hundert,
in tausend oder in hunderttausend Jahren, hier, dort, irgendwo; die
Wirklichkeit sind und sich erfüllt haben, jetzt, gestern, vor hundert,
vor tausend oder hunderttausend Jahren, hier, dort, irgendwo ...

Alles, alles ist eine einzige, große, fröhliche Einheit und alles
Lebendige eine einzige große Familie.

Der andre? Die andre? Ist es nicht immer derselbe und ist es nicht immer
dieselbe? Jeder für jeden, alle für alle, alles für alle und alles?

Trug ist Leid und Haß, Trug ist Trennung und Selbstqual, und Lüge ist
die ewige Vernichtung, ein neckisches Spiel zuhöchst, ein bunter Traum
der einen unendlichen Ruhe, die alles ist und in der alles beschlossen
ist ...

       *       *       *       *       *

Dort drüben, im fernen, weißen Sonnendunst, breitet sich das Dorf.

Hinter breit gewipfelten, dunkelgrünen Linden hervor verschimmert die
Kirchturmhaube mit ihrem hellblauen Schiefer spitz und gleißend in den
gleißenden Himmel. Langgedehnt das rote Kirchdach, und die braunen
Dächer lugen mit Giebelputz und Storchnestern aus weißen Blütenwolken.

Eng, gedrückt, so zieht es sich lang durch das weite Marschland hin.

Wärme, Summen und blendende Farben.

Schweigen. Lichtes, schwüles Schweigen.

Und der weite, weiße Dunst wogt und flirrt durch die heißen Höhen bis
tief über Wiesen, Felder und flinkernde Wasser gegen mich her.

Ein Tönen hör ich und ein heimliches, tiefes Summen.

Ferner, ferner Orgelton und Gesang der Gemeinde.

Wechselnd, wellend, auf und ab, hin und wieder, im Bann eines
feierlichen, getragenen Rhythmus.

Eine Sehnsucht hör ich in ihm, eine stille, niedergezwängte Sehnsucht.

Das ist die Sehnsucht nach Gott, nach dir, nach dir ...

Und ich bin traurig, traurig ...

Eingezwängt bin ich in zehn »Du sollst!«; in hundert, in tausend »Du
sollst!« ...

Traurig bin ich, traurig, traurig ...

       *       *       *       *       *

Und aus dem weiten, schwülen Brüten kommt ein Brüllen, ein
langgedehntes, schmerzliches Brüllen.

Eine Kuh drüben bei den Erlen.

Bis an ihren weißen Bauch steht sie in dem hohen, schimmernden Gras. Sie
hat den breiten Hals starr vorgereckt, und wie geängstigt stieren ihre
großen, dunklen Augen.

Ich bin zusammengefahren.

Wie ein Sehnsuchtsschrei, irgendwoher, aus einem niederen, zwängenden,
dumpfen Leid.

Und die weite Schwüle nimmt mich hin, umspinnt mich, umspinnt mich dicht
mit einem trüben, dumpfen Brüten, mit einem tiefen, tiefen Grauen.

Unsinn!

Wie herrlich glüht hier die Nelke. Und die gelbe Königskerze hier: wie
aus Gold, aus lautrem glänzenden Gold.

Wandern! Wandern!

Neulich der Spaziergang. Da waren zwei Enten, schnatterten zwei
schneeweiße, prächtige Enten unten im Tal im hellen Bergbach. Und ein
Spitz mit fröhlichem Gebell gegen mich her. Und über Stakete unzählige
Rosen in entfalteter Pracht. Und wie schön das Dorf aus den wogenden,
reifenden Getreidebreiten hervor. Schwalben an mir hin, dicht an mir
hin, als ich rastete, daß ich das feine Wehen ihres Flügelschlags
spürte.

Ich weiß, ich sang und schwatzte vor mich hin, ich weiß nicht was.
Aber in mir war eine himmelweite Seligkeit und ein einziger, stiller
Friede ...

Lachen, lachen, lachen kann ich wieder, jauchzen, brüllen vor trotziger
Lust am Leid, und mein heller Lebenswille geht von mir aus mit einem
tiefen, befreienden Atem, und durch Laub und Gräser geht ein heimliches,
fröhliches, neckendes Flüstern, weht kühl über meine Stirn und weiter
über die Breiten hin, und ich atme es ein, tief in mich hinein wie einen
süßen, geliebten Atemzug.

       *       *       *       *       *

Lust am Leid, wilde, wild unbändige, fruchtbare Lust am Leid, Aufatmen
und helles, klares, sonnenhelles Gestalten aus wilder Leidlust ...

Nun bin ich wieder bei Laune.

So! -- Jetzt lieg ich auf dem Bauch, die Deichböschung hinauf, lege mein
Skizzenbuch vor mich hin und zeichne, was mir gerade in den Sinn kommt,
allerlei Karikaturen.

Und nun beseh ich mir, was ich gezeichnet habe, und blättre und sehe,
was ich vor Tagen zeichnete.

Da ist ein altes, nacktes, schwammiges Weib, unsagbar häßlich, neulich
mal im Anfall einer bösen Laune hingekritzelt. Ich betrachte es mit
lustig gekniffenen Augen und summe allerlei Übermut.

Die Sonne liegt grell auf dem Papier und läßt, wenn ich etwas von der
Seite drauf niedersehe, die Konturen in leisen Irisfarben schillern. Ein
Käferchen knistert drüber weg, macht halt, biegt seine Fühlerchen, putzt
sich den Hinterleib und trippelt weiter. Weiße, gekrümmte
Blütenblättchen treibt ein Lufthauch von dem Weißdorn über mir herab.
Sie liegen blendend silberhell auf dem Papier wie auf mattem Goldgrund.

Der alte, gute, regenbogenschillernde Fettwanst.

Sachte, sachte, mit viel Sorgfalt bringe ich ihm jetzt zwei zarte
Elfenflügelchen an den Schulterwampen an. Die Sonnenstrahlen tuschen sie
mit Farben meinem Stifte nach.

Auch sie gut! -- Alles, alles gut!

Und ich blättre weiter.

Da ist ein Geck. Mit einem winzigen Hütchen, weitem Jackett und
Sackhosen.

Wie unbändig schön!

Auch er bekommt die beiden Flügelchen.

Und hier ein Betrunkener. Sein Taumeln ist ein Tanz, ein schöner
Rhythmus.

Hier ist ein Weib, das ich bei einer Haustür kauern sah. Zerlumpt,
vergrämt, stumpf, schmutzig.

Die Arme!

Ein mächtiges Mitleid überkommt mich.

Aber ich lache und weiß, irgendwie wirkt es in die Ferne und tröstet sie
und macht sie lachen. Ihr Abbild aber hier, das ist nun schön, so schön
wie die strahlendste Schönheit, die je gebildet wurde, die je in Fleisch
und Bein einhergewandelt ist.

Und hier ist eine Dirne gezeichnet, wie sie mit schwankendem,
hüftenschaukelndem Gang, in Nacht und Wetter, an flackernden Laternen
vorbei, sich an den dunklen Häusern entlang drückt. Sie wird gescholten
und mißachtet. Aber einmal, als ich bei ihr war oben in ihrer armen
Spelunke, als ich sie in hingegebener, mitleidiger Liebe küssen konnte,
da wurde ihr müdes stumpfes Herz lebendig und blühte mir entgegen wie
ein schöner Frühling. Und in dieser Erinnerung nun ist sie mir so rein
und adlig wie die reinste Jungfrau und blüht in Schönheit und Würde ...

O überall, überall seh ich heimlich eine schöne, verjüngte Friedenswelt.
Und ein Nahen spür ich, ein Nahen ...

Gesang, Fröhlichkeit, unbändiges, unsterbliches Gelächter, Wein und
goldenes Bechertönen, und Liebe, Liebe, Liebe! ...

       *       *       *       *       *

Der Länge nach lieg ich auf dem Rücken und lächele mit halbgeschlossenen
Augen in das tiefe, blendende Blau hinein.

Nah und fern hör ich eine Musik.

Durch das Gesumme der Bienen und Hummeln, durch das Wispern der Gräser
und Binsen, durch das heimliche, verlorene Plätschern blinkenden
Gekräusels, aus den tausend Stimmen der Vögel, zwischen den rauschenden
Büschen.

Sie lebt in dem Gebrüll der Kühe, in den zierlichen Schwunglinien
glänzender Pferdeleiber, wie sie grasen; in dem Muskelspiel ihrer
prächtigen Formen, wie sie dort gemächlich schreiten, oder schnell, mit
mutwilligen Sprüngen hineilen durch das hohe, blumenüberragte Gras. Sie
flirrt und flimmert und wellt in zierlichen Schwingungen durch die
blauen Lüfte, wogt und schwirrt und schwingt wie feine Metallsaiten in
dem Spiel der Insekten.

In unendlichen Farben, Formen, Tönen ein einziges Lied, ein einziger,
einender, mächtiger Rhythmus, ein gewaltiger Einklang.

Jauchzt, jubelt, flötet, klagt, braust.

Kommt aus lichtdämmernden, gleißenden Weiten, wird offenbar, süß,
schaurig, freundlich in den Nähen, verklingt in den Fernen.

Und ich: hingenommen in ihn, sein Widerklang, ganz, ganz sein Widerklang
für eine Minute der Verlorenheit.

Suchen, haben und verlieren, und wieder suchen, halten und verlieren.
Immer wieder und wieder und immer von neuem.

Das ist das Leben. Das ist alles Schicksal, und aus diesem einen werden
alle Leiden und Lieder.

       *       *       *       *       *

Eine Musik hör ich, nah und fern. Einen einzigen millionenstimmigen
Akkord: das ist das Lied der Kraft. Das ist die Kraft.

Wer versteht es? Wer kann es widertönen lassen aus einer reinen,
unverzagten Seele?

Ich will nichts als liegen und lauschen und immer lauschen, und lauschen
und stammeln wie ein Kind, hingegeben in Ehrfurcht, in Lust und Jubel,
in Schreck, in Furcht und Grauen und mit kindlichem Vertrauen
wiederkehren und immer, immer wiederkehren ...

       *       *       *       *       *

Ich sehe in den Kelch einer Winde, in den flachen, süß duftenden Kelch
einer Winde hinein. Und wie ich ihn betrachte, blicke ich mit weiten,
wild erschauernden Augen in einen Abgrund der Erkenntnis.

Es ist eine einzige, große, unendliche Ruhe und Einheit, die sich durch
die unermeßlichen Stufen des Lebendigen sucht und verliert, ewig sucht
und ewig verliert und doch sich ewig hat in der Liebe und als Liebe.

Leben! Urbeginn!

Hinauf, hinauf mit sehnendem, allmächtigem Drange in Milliarden von
verschlungenen Lebenswellen, die ansteigen und verrinnen, und mit immer
neu verjüngter Inbrunst mächtiger und mächtiger dem Licht entgegen, dem
Licht ...

Es faltete sich auseinander in die Unendlichkeit der Formen und
Farben, in immer mächtiger, sehnender kreisenden Schwingungen, durch
die Weltenalter und Zeitmillionen unbegreiflichen und ungeahnten
Klarheiten entgegen, im Auf und Nieder, im Hin und Wieder, im Werden
und Vergehen ...

Es wurde zu gewaltigen, ungeheuren Körpern und brüllte und jauchzte
seine Inbrunst dem Unbekannten zu, suchend, suchend, suchend, und
streckte sich, sich selbst zum Untergang und Leid, mit neuen, immer
neuen, immer sehnenderen Sinnen dem Unbegreiflichen entgegen. Und es
bebte hinein in den dunklen Kreislauf der Kraft mit dem Worte des
Menschen, dem armen zitternden, eben erwachenden ...

Das Wort aber, das erwachende, erstarkende Wort zwang das Verstreute
zusammen, daß es geeint sich in die Mannigfaltigkeit unzähliger neuer
Triebe und Kräfte spalte.

Ich träume und träume, und tief, tief lausche ich in mich hinein. Wie
ein heimliches, staunendes Lauschen ist es in mir, wie ein stille
treibendes, keimendes, aufblühendes Werden hellerer Augen, als die sich
aus dem blöden Farbfleck jenes Urtiers entwickelten.

Nur noch eine dünne, dünne Scheide zwischen uns und einer neu
erweiterten Welt neuer Wunder. Entgegen, entgegen der Klarheit hellerer
Sinne ...

Frühling! Frühling! Ewiger Frühling! Licht, das sich entflammt, hinein,
hinein in ewig weichendes Dunkel!

Hier, hier, in mir, dort, irgendwo krümmt es sich in süßer, banger
Werdequal in nun schlechter Hülle neuen Wundern neuer Offenbarungen
entgegen.

       *       *       *       *       *

Sonne! Sonne! Sonne!

Meine Blicke haften in dem weiten Blau, mit Sehnsucht, mit Sehnsucht ...

Und nun -- nun bin ich ein goldlichtes Wesen. Breites Silbergefieder
sprießt aus meinen schimmernden Schultern, und heißes, goldenes
Sonnenblut braust durch meine Adern, und ich rausche empor, empor,
empor ...

       *       *       *       *       *

Eine Musik fern und nah.

Und nun in mir ein Wort, geboren aus Licht und Getön; es bebt mir im Ohr
wie ein tiefer, voller Glockenton, irgendwoher. Aus einer Nähe, aus
einer mystischen Nähe.

Ich kann sie nicht sehen vor lauter Licht. Nur meine Sehnsucht, meine
Sehnsucht ist ihrer teilhaftig.

Ein Wort ...

In mir ist ein Auge, und das sieht durch dieses Wort eine Welt.

Sie schwebt her zu mir mit webenden, gleitenden, leuchtenden Formen,
naht und vollendet sich, mehr und mehr und immer mehr.

Freiland! Freiland!

Lauter Jubel ist in mir; lauter, laut aufjauchzender unbändiger Jubel!

Freiland! Freiland!

Und nun wieder still, still, und ich lächle und sehe.

Durch einen grauen Dämmer muß ich und durch alle Fährlichkeiten der
sieben Berge, vorüber an Drachen und Gewürm, an Riesen und Hunden mit
feurigen Augen, groß wie Wagenräder, und über gefährliches Zaubergelände
mit Fiebermoor und großen, schwülen Blumen, zwischen denen böse, schöne
Fabelwesen hausen und irre Lichter schweben, bis ich zu einem Walde
komme; da wird es still.

Da rauscht und leuchtet buntes Gefieder zwischen dunklen, dichten
Wipfeln, da huschen Sonnenstrahlen in träumerischer, neckender
Verlorenheit, da sprießen heimlich wunderbare Blumen, und da wogen
kostbare Düfte seltener Kräuter über helle Wiesen zu mir her, und wie im
Traum geh ich durch milde, heimliche Märchenlichter.

Da klingen aus blauen, sonnenzitternden Dämmerungen glockenreine
Melodien, und zierliches Getier schlüpft durch Gras und Laub und blickt
mich an mit zutraulichen, klugen Augen.

Und wie ich so auf stillen Waldpfaden hinwandre durch streichelndes Laub
und schmeichelnde Lüfte, über blumige Wiesen, und mehr und mehr der Lärm
der Welt hinter mir erstirbt, da komme ich zu einer hohen, hohen Mauer,
die dehnt sich weithin durch die finstren Schauer himmelanrauschender
Edeltannen. So weit ich blicken kann, klettert dunkler Efeu hinauf, und
Teufelszwirn ballt sich hernieder in graugrünen Dunstwolken, und
dazwischen weit, weithin entfacht mit freundlichen Lichtern unzählige
Blüten von Dornrosen.

Aber da ich ein Sonntagskind und ein Berufener bin, weicht das Dickicht
willig vor meinen Schritten, und eine Pforte tut sich auf, und sicher
und mühelos schreite ich durch das dicke, trotzige Mauerwerk.

Dann bin ich in einer andren Welt.

Heller scheint hier die Sonne, und heimlicher sind die Schatten, klarer
die stillen Wasser und fröhlicher das Geriesel lebendiger Bäche, grüner
die Wiesen und Hügel. Mächtiger gipfeln sich hier die Wälder in die
Wolken; mit heißeren Farben und Düften glühen die Blumen, üppiger und
immer üppiger spreizen Pflanzen und Kräuter seltsame Blätter, und in
tieferen Farben brennen bei Auf- und Niedergang die Himmelsbreiten.
Große, schöne Menschen haben sich hier zusammengefunden,
geschwisterlich, ein König jeder in Freiheit und in der Seligkeit
weltfernen Glückes.

Kräftiger ist das Mark in ihren Knochen, und freier strahlt ihr Blick
der Welt entgegen, und wie der Blitz folgt dem Gedanken die Tat. Geeint
leben sie in Freiheit; nicht mit der zagen, feigen, schielenden Neigung
der anderen, die sich ärmlich und ängstlich und sich selbst mißtrauend
zwischen Gesetzen und Normen hinfristet.

In ewigen Sommertagen leben sie hin, in Festen, himmelanjauchzenden,
herrlichen Gleichnissen, wie das Leben treibt und glüht, wie die
Lebenssäfte mächtig durch die Adern der Welt brausen und der blöde Staub
sich mit der tausendfältigen Pracht berückender Gebilde in die
blaugebreiteten Unendlichkeiten faltet ...

Weite, lichte Nacht. Warme, blühende, duftende Sommernacht mit der
endlos gebreiteten Pracht der Gestirne.

Tausend Lieder irren unter dem hellen Mond aus Blütenwolken und
Laubdämmerungen und ...

Still! Still!

Eine Musik hör ich, nah und fern, in allen Nähen und Weiten, einen
einzigen millionenstimmigen Akkord. Das ist das Lied der Kraft. Das ist
die Kraft. Das bist du, das bin ich, das ist alles, alles, und die
Kraft, die einzige, einige, eine. Und aus ihrem Wandel und Wechsel tönt
es mit neuer, ungestümer Lebenslust, das alte, wildfreudige Zornwort:
_Ça ira! Ça ira!_ ...

       *       *       *       *       *

Und andere Weisen hör ich nun. Alte, uralte Lieder. Und doch neu, immer
wieder neu und ewig neu.

Und alle das eine: Du, und das Lied von dir.

Und so ist sein Text:

Die Sonne und alle Gestirne: dein Blick. Strahlend, leuchtend, sehnend,
hellachend, freundlich, klar, mild, schelmisch verhüllt. Und die Blumen:
der Duft deines Körpers. Die ganze, weite Erde: das ist dein Leib. Und
das goldige Lebenslicht über den Breiten ist die Wärme deines Leibes,
und die milde Luft, weiches Moos und Gras sind seine schmeichelnde, süße
Weichheit. Graswogen und alle die vielen, vielen, unendlichen
Bewegungen: so gehst du, und so ist das Wogen und Wiegen deiner Glieder.
Und wie es singt und flötet und zwitschert und jauchzt: das ist deine
Stimme.

Überall, überall bist du und nur du, und nichts ist ohne dich und nichts
außer dir. Alles ist dein Bild und dein Gleichnis.

Du bist das liebe Mädel, das mich neulich erfreute. Du bist heute blond,
morgen schwarz, übermorgen braun, bist Mann und Weib, Kind und Tier,
alles, alles ...

Wie könnt ich deiner jemals überdrüssig werden? Immer und immer
wechselst du und erfreust mit tausend wechselnden Gestalten mein liebes,
veränderliches Herz.

Und du, du bist in Lust und Pein das drängende, treibende,
nimmerrastende Leben hier hinter dieser dünnen Grenze meines Körpers,
die nur ein neckender, spielender Schein ist zwischen mir und dir.

Das sind die Lieder, die alten, uralten, immer neuen Lieder, das eine,
einzige, das Lied von dir ...

       *       *       *       *       *

Mein Kopf liegt an deiner Brust.

Und du, goldig, licht, jung, beugst dich über mich.

Mit deiner linden Hand träufelst du mir Heliotrop auf die Stirn. Ich
atme den süßen Duft und deinen Atem, der süßer ist als er.

Mein Gesicht fühlt deinen Herzschlag, deinen ruhigen, ruhigen
Herzschlag.

Und Auge in Auge, tiefer immer, versinkender.

Leise, leise hernieder zu mir, und leise, leise ich hinauf zu dir. Du
lächelst, biegst den Kopf hintüber, und deine Hände drücken sich schwach
gegen meine Brust mit schelmischem Drängen.

Und nun: Lippe an Lippe. Lange ... Zwischen halbgeschlossenen Lidern
dunkelt dein Blick. Und nichts ist als sein Glanz und eine süße Wärme
von dir zu mir.

Frieden. Und aus ihm Kraft, Gedanken, Entschlüsse, lichter, immer
lichter, kühner und kühner, und Erkenntnisse ...

Ein Jubel ist in mir, ein ungeduldiger Jubel, der hinauf will, hinauf,
bis in den siebenten Himmel hinauf! ...

       *       *       *       *       *

Was ich hier träume und denke und dichte, das ist nicht mein Verdienst
und nicht meine Schuld. Das ist das goldige flammende Rund da oben, das
sind die Blumen, die mich umblühen, die Vögel, die mich singend
umschweben, Halme und Laub, die mich umrauschen, die Menschen nah und
fern, du.

Alles, alles ist dein Verdienst, und wie ich mit dir eins bin, so ist es
erst auch meins.

Sind wir denn getrennt: du und ich?

Nicht hier, nicht jetzt. Jetzt, hier sind wir geeint in einem einzigen,
weiten, stillen Frieden. Hier sind wir Blume und Baum und Gras, heller
Himmel und goldiges Kornwogen, Farben und Vogellied, hier blühst und
singst und leuchtest du in mir und ich in dir. Hier bin ich frei ...

       *       *       *       *       *

Wir beide, wir kennen Augenblicke, Stunden: wunderliche Augenblicke!
Wunderliche Stunden!

Was peinigen wir uns mit harten, höhnenden Worten? Was quälst du mich?
Was quäl ich dich?

Lirum larum! Ich weiß jetzt eine große, tröstende Weisheit!

Lust ist Qual, und Qual ist Lust, und es gibt und kann in alle Ewigkeit
hinein nur eins geben: Liebe, Liebe, Liebe, dreimalheilige Liebe,
wechselnd in zwei Gegensätzen und doch einzig, einig und allein Liebe,
Liebe, Liebe ...

       *       *       *       *       *

Wie sich deine Brauen über deinen Augen wölben, ihr Schnitt, ihre
Schwingung, der feine, weiße Bogen unter dem dunklen Apfel, dieser Glanz
in diesem Rund und diese schimmernden Lichter in das Weiß hinein, diese
Nasenflügel und ihr feines Beben, die sanften, runden Linien dieses
Gesichtes mit dem milden Spiel von Rot und Weiß, das Gleiten und Biegen
dieser Körperformen: das alles, alles spricht von einem bestimmten
Schicksal, und dieses Schicksal ist eine lebendige Seele und hat dieses
Fleisch, diese Glieder und ihr Verhältnis zueinander geschaffen. Dieses
Schicksal aber, diese Seele lieb ich, lieb ich in Mitleid, in Staunen,
in versinkender, anbetender, hingegebener Bewunderung ...

       *       *       *       *       *

Ich simuliere, wie ich dir den Hof mache.

Eine putzige Welt hat der liebe Gott um uns hergerichtet mit artigem
Getier und Menschenvolk, zu unsrer Verlustierung sonderbarlichen
Treibens beflissen.

Sie fischen und gärtnern, graben, pflügen und bauen Beete und Felder,
feilschen und beklatschen sich, bekalkulieren Witterung und Ernte,
essen, trinken und schlafen, rechnen sich über heute und morgen hin,
schustern und schneidern, zimmern und schmieden, zeugen sich fort und
sterben, sind gesund und krank, hassen und lieben sich, und alles ist
eine artige, lustige Komödie.

Und Wälder, Felder und Fluren, weitgedehntes Land mit lautem und
stillem, mit tausendbuntem Getier: kriechend, hüpfend, springend,
laufend, flatternd und schwirrend, mit Blumen und Gräsern, mit tausend
bunten Farben und Bewegungen, mit Leuchten, Glitzern und Flinkern ist um
uns hergerichtet, uns, uns zur Lust: von dieser Welt bau ich dir
träumerische, ausgelassene, viele, viele bunte Lieder in freien Weisen,
wie sie mir so durch den Kopf schießen.

Alles, alles, ganz sollst du mich haben; denn das alles war und ist mein
liebes, gepeinigtes, lauschendes und schaffendes Herz mit Lust und Leid,
Elend und Glück, Haß und Liebe: ein Spiel nun alles, ein närrisches,
lustiges Spiel, denn du, du bist in der Welt und in mir beschlossen und
eine einzige Wonne, ein einziges, unermeßliches Glück. Und mit diesem
ist für alles gesorgt, jetzt und immer und ewig ...

       *       *       *       *       *

Heute morgen schlenderten wir beide durch die Felder, schaukelten unsere
zusammengefügten Hände, sahen uns in die Augen, lachten und waren still,
ganz still.

Da haben wir den Frühling gesehn.

Mitten auf dem staubigen Feldweg patschelte er uns entgegen in einem
hellrosa Wölkchen.

Er war ein Mosjöh Dreikäsehoch, hatte einen ratzekahl geschorenen,
schlohweiß schimmernden Flachskopf und zwischen zwei rotbraunen
Posaunenbacken eine höchst naive Stuppsnase, aus der ein Paar
perlenklare Talglichtlein sacht auf ein offen Schnäuzchen
herniederrannen. Ohne viel Gêne trug er ein blauverschlissen Kittelchen
auf seinem nudeldicken Wurstleibchen, vorn hoch, hinten tief, aus dem
ein höchst schnuddliges Bein- und Armwerk hervorpendelte.

Seine Hoheit sahen uns mit ein paar großen, tiefblauen
Vergißmeinnichtaugen durch und durch und brömselten so viel Unsinn vor
sich hin, daß uns ganz wirblicht wurde.

Er ließ sich von dir die Nase putzen, geruhte von mir einen Nickel
anzunehmen, und gesegneten Herzens schlenderten wir weiter, weit, weit
in die sonnige Klarheit hinein, aus der er gekommen war ...

       *       *       *       *       *

Anders aber sah ich ihn ein andermal.

Das war vor mancher Woche.

Einsam saß ich in meinem einsamen Zimmer mitten in der großen, großen
Stadt.

Die Sterne flammen auf im tiefen Blau, hoch oben über den Dächern,
zwischen den milchweißen jagenden Windwolken, den Frühlingswolken, und
die roten Abendlichter verglühen still an den langen, langen, dunkelnden
Mauern.

Draußen aus der Stille lösen sich Stimmen, und der Wind fängt an mit
frischen Stößen das Fenster zu streifen und singt im Rauchfang sein
altes Lied.

Es wächst und wächst, und immer voller, immer stärker das frische,
fröhliche Brausen.

Wunderlich geht es vom Fenster zur Tür durch das Zimmer mit einem
feuchtwarmen Zug.

Und ich schnaufe den Frühling ein, seinen gesunden Odem. Und ich wittre
einen Duft wie von Rosenblättern, getragen von den unsichtbaren Fluten.
Frisches, taufeuchtes Wiesengras spür ich und den Geruch
frischgepflügter brauner Felder, die im sonnigen, lerchenschmetternden
Frühnebel dampfen. Und ich höre die freudige Sprache der werdenden Welt,
der erwachenden, jungen Kreaturen.

Meine Sinne fahren auf und hin, getragen von dem Brausen, eins, ebbend
und flutend mit seinem herrlichen Rhythmus: jetzt aufhorchend, jetzt
still in traumhafter Versonnenheit und in neuer, immer neuer Gewißheit
auf, in die Höhe; und es packt und durchschüttelt mich in freudetollen
Phantasien von der Zukunft.

Und nun bin ich draußen in der äußersten Vorstadt.

Weit dehnt sich das Land hinaus im nächtigen, witternden Zwielicht. Hier
ein Netz von baumbepflanzten Wegen, im flachen Land sich verlierend.
Bald werden sie Straßen sein, wie die da drin, und die Häuser da und
dort, vereinzelt und in Gruppen über das Freie hin verstreut, werden
zusammenwachsen zu Stadtvierteln bis hinaus zu den fernen Vororten.

Weite Landstraßen ziehen sich hinaus, und von allen Seiten,
durcheinander, aneinanderhin, schnaubende, donnernde, rollende Züge,
herein und hinaus in das nächtige Land wie riesige feurige Raupen.

Und nun zackt es sich weit hinter mir mit Dachzinnen und Türmen und
ragenden Schornsteinen und verrinnt breit, endlos in trüben roten Dunst,
und starrt müde mit seinen tausend und abertausend Fenstern in das freie
Land hinein.

Und der Sturm wächst und braust und knattert und pfeift mit den hundert
lustigen Stimmen seines wilden Akkordes heran über die brachen schwarzen
Schollen, durch Gestrüpp und Geäst, und hinein in die langen,
lichtflackernden Straßenzeilen, und all das Lebensblut da drin wallt auf
in frischen Gluten, und lebendiger regen sich Millionen Kräfte gegen und
durcheinander.

Aus weitem fernen Süden strömen die durchglühten Lüfte her, seitwärts
gebogen vom kreisenden Umlauf der Erde, und in ihrem jubelnden Getöse
ist es lebendig von Millionen Stimmen und Wundern.

Über der unendlichen Öde der Wüste haben sie geglüht, von reineren
Sonnen und Monden durchbebt, über ragenden Palmen und fernen, fremden
Gebreiten, über mächtigen Meeren und Strömen und Seen, über der wilden
grünen Nacht der Urwälder, durchhallt vom Gekreisch und Gebrüll
fremdartiger Tiere, und durchglüht von ungeahnter, leuchtender Pracht,
und ein üppig wucherndes Leben haben sie gezeugt.

Und nun tragen sie's herüber mit ihren wildfreudigen Strömen und wirbeln
es zu uns her über weite, bäumende Meere, über herrliche Breiten
wärmerer Sonnen, über ewig eisige Höhen, ihrer winterlichen Starrheit
trotzend, und wirbeln es her mit den fröhlichen Scharen der Vögel und
lebendigen Keimen.

Und der Tumult der ewig lebendigen Kräfte wogt herab aus den Höhen in
unbegreiflichen Schwingungen und bebt in uns hinein.

Sie zittern hinein in schwarze, ruhende Tiefen, und es beginnt ein Hin
und Wieder und Ineinander, und bebt und treibt dunkel unter süßem
Zwange, und aus Beben und Treiben und unerforschlichen Mischungen der
Elemente werden Keime, und die schwarze, träumende Ruhe ringt sich dem
Licht entgegen, dem Licht ...

So spürt ich damals den Frühling.

Sturmlieder brauste er hinein in die langen, flackernden, öden
Vorstadtstraßen, wilde, rüttelnde Sturmlieder, und wenn ich recht hörte,
hatten sie einen sehr polizeiwidrigen Text ...

       *       *       *       *       *

Bah! -- Hier lieg ich und strecke mich, ein Tunichtgut und Simulant
schlimmster Sorte.

Sämtlicher Laster und Tugenden bin ich teilhaftig. Ich habe mit
Christus, dem Herrn, die Leidensnacht in Gethsemane durchlitten, und mit
Buddha das innerste Wesen der Welt erkannt. Ich bin geschlechtlos, bin
Mann und Weib. Schuldlos bin ich und naiv wie das reinste Kind und
erfahren wie der blasierteste Roué! Ich bin Kaiser und Held und der
niedrigste Sklave. Der gewandteste, gefährlichste und der blödeste,
einfältigste Liebhaber, bin und habe, was ich will.

Jetzt aber bin ich eine große, schöne Blume. Bin Fühlen, ganz, ganz
dämmerndes Fühlen. Ich wurzele in einer süßen, feuchten Kühle, und dehne
mich sacht in ein laues, fächelndes Schweigen hinein, spreize mich,
ringend und nachgebend, mit hundert Formen in sanften, neckischen
Widerstand hinein, etwas Heißem, Lichtem sehnend entgegen. Zu oberst
leuchte ich vor Jubel, und meine Lust wird eine köstliche Süße. Es
schwirrt zu mir her mit bunten, durchsichtigen Flügeln, und ich
erschaure in den Wonnen einer leisen, leisen, sanften Berührung ...

Traum bin ich, Traum, ganz Traum und süßes, süßes Verdämmern,
Schlummern, Entschlafen ...

       *       *       *       *       *

Staunendes, erschrecktes Erwachen.

Lange Schatten und müde Lichter. Treiben und wellen mit verglühendem
Gekräusel über die Wasser herüber und verblinken in stumpfes Blaugrau.

Goldig versinkende Glut über breitgedehntem, schwarzem Baumgekrissel.

Hoch, hoch drüber aus zartem, zartem Grün ein Sternchen.

Noch eins; noch eins. Viele.

Breite Schatten wogen vom Osten her über die Welt mit den Geheimnissen
heimlicher Laute und Gestalten.

Drüben sinken die müden Gluten, sinken und sinken ...

Kühle Schauer vom Wasser her durch leises Geflüster, singendes
Plätschern und Murmeln.

Langsam, langsam schiebt sich die Silhouette eines Kahns durch
silberspiegelnde Glätte, langsam, langsam den Nebelfernen zu.

Tiefe, tiefe Einsamkeit, Friede, Grauen: meiner Seele zu süß, viel zu
süß ...

Rote, warme Lichtlein glimmen fern in niedriger Enge zwischen breit
geballten, schwarzen Wipfeln.

Und unter weitentfachter, goldiger Pracht wandre ich mit eiligen Füßen
durch weiße Nebel den Lichterchen zu, den armen, glimmenden, heimlichen
Lichterchen.

Zu dir, _ma Dame_! Zu dir! ...



      Zwielicht


An den himmelhohen Mauern nieder, durch das Fenster, zwischen den
Gardinen das erste Morgenlicht.

Leise -- grau -- tot.

Nur hoch oben das arme bißchen Himmel und die drei Sterne.

Und ich liege und brüte und würge an meinem blöden Leid.

Dich will ich! Dich! ...

Und mein Wille und meine große Pein schreit in mir: Dich will ich! Dich!
Dich!

Nichts ist in der müden Welt als das Grauen und der Zweifel.

Und du und ich. Du und ich und unsre Sehnsucht.

Und unsre Sehnsucht will neuen Anfang. Unsre Sehnsucht, die nie sterben
kann! Nie! --

Wo bist du?! Wie halt ich dich?!

Ich schreie nach dir durch eine einsame, einsame Nacht!

Meine Sehnsucht wird Angst, und meine Angst wird Grimm.

Gib dich mir!!

Du ~mußt~ dich mir geben!! ~Mußt~!!

       *       *       *       *       *

Wo bist du?!

Überall, überall bist du, und überall flirrt meine Sehnsucht an dir hin.

Mit hundert dummen Masken hast du mich den Tag über geäfft.

Warum?

Du warst die Kinder, die am Brunnen Ringelreihen spielten. Und wie sie
sangen und jauchzten, ganz junger, seliger, helläugiger Wahn, da, einen
Augenblick, hielt ich dich!

Aber hinter hundert törichten Masken verlor ich dich wieder.

Alt, runzlig, gebückt, niedergezwängt von stummen Qualen wanktest du an
mir vorüber, verkrüppelt, häßlich, schmutzig. Du sahst mich an mit
schielendem, ausweichendem Blick, mit feigem Haß. Stumpf, im Fron von
tausend täglichen Hantierungen, in tausend Gestalten sah ich dich
keuchen und gegen deine Sehnsucht ringen. Du schaltest, logst, stahlst,
beschimpftest. Du verleumdetest, betrogst, weintest, lachtest, sangst
und warst guter Dinge: und immer wolltest du dich um deine Sehnsucht
betrügen. Deine Stimme war grell und roh, deine Gebärden rauh und
widerwärtig, rauh deine Sprache. Und wieder sanft und mild und weich,
und schwoll in köstlicher Fülle von deiner sehnenden Angst.

Hinter tausend dummen, törichten Masken wolltest du dich vor mir
verbergen.

Warum?

Meinen Augen bleibst du nicht verborgen.

Tief und scharf sehen sie in dich hinein und sehen deine suchende
hastende Angst und deinen Willen, der doch weiß, der ja doch weiß ...

Ach, warum sind wir so feig, du und ich?

Warum bin ich so feig?

       *       *       *       *       *

Nächtig ist es überall und überall nur tausend irrende, grausige Fragen.

Ach, ich kenne unsre Erlösung!

Denn ich sehe ein Licht, ein fernes Licht, und höre einen Ton, von fern
einen feinen, süßen Ton.

Irgendwo seh ich ein Licht, irgendwo hör ich einen Ton, und irgendwo
grollt ein Wille.

O, ich kenne unsre Erlösung!

Hier glimmt das Licht! In mir! In dir!

Wenn wir wollen, hellt es alle Nächte und gebiert Millionen freudiger
Farben und Formen.

Hier lebt der Ton! In mir! In dir!

Wenn wir wollen, so jauchzt er ungeahnte, nie gehörte Melodien.

Hier grollt der Wille! In mir! In dir!

Und er ist die morgenfrische Kraft neuer, junger, knospender Sinne.

In uns drängt das unermeßliche Glück einer Offenbarung.

Wann soll es hervorbrechen?

Wann lacht es unsre Feigheit zu Tode?

       *       *       *       *       *

Weichst du mir aus? Weichst -- du -- mir -- aus?!!

Wohin?

Komm! Komm mit!

Weit, weit durch die Nacht! Hinauf zu den Höhen!

Den Höhen! --

Ach, Hohn! Hohn! ...

Oben, hoch oben im weiten Zwielicht.

Hoch oben über den brausenden Wäldern, in der einsamen, schaurigen
Frühe.

Hoch über den weißen, toten Nebeln, zwischen dem schwarzen, donnernden
Grauen der Tiefen und den kalten, blassen Weiten.

Durch die frühlichtwitternde Öde geht ein Sausen, eintönig ein weites,
weites Sausen dumpf über Höhen und durch Schlünde.

Mein Gehör spannt sich ihm nach in alle Fernen hinein, und meine Augen
starren in weiter Angst und doch mit mutiger, wollender, zorniger Lust.

Mitten hinein in diesen furchtbaren Einklang.

Das ist die »Harmonie der Sphären«.

Die Harmonie! ...

Komm!

       *       *       *       *       *

Dort oben die Himmel mit dem Wirrsal ihrer Weltenringe.

Ich fühle das eisige, tiefschwarze Grausen der endlosen Räume.

Ich sehe all die gelben Welten und höre den gräßlichen Tumult ihres
Umlaufs. Jahre, Jahrzehnte, Jahrtausende und Jahrmillionen, in die
Unendlichkeiten hinein, das gleiche und ewiggleiche kalte, blöde Sausen
ihrer Bahnen.

Feuer, Wasser und Elemente, werdender Weltenstoff in den unerhörten
Empörungen seiner zahllosen Bildungen. Wogen als weltenweite Nebel,
dichten sich und lösen sich wieder und härten sich zu Welten, zeugen,
gebären und verschlingen sich wieder, rasen ewig zwischen Werden und
Untergang.

Wozu?

Dieses Glitzerpünktchen zu erzeugen, das das erste Licht hier auf dem
grauen Gestein weckt? Oder wozu? ...

Und hier, hier unten: immer der gleiche, tote Wechsel von Tag und Nacht,
mit demselben Tumult tauber Farben, Formen und Töne? Und ...

Ach, alte Leier!

Soll ich dich wieder und wieder und noch einmal herunterleiern?

Dummes Rätsel! Dumme Zweifel!

Wissen wir nicht unser Glück?

Wissen wir nicht?

       *       *       *       *       *

O, ich denke, ich sitze da oben unter meinem Buchenstamm, und du bist
bei mir. Und du bist in mir eine gelassene Ruhe.

Und du, meine Ruhe, mein Frieden, du: leise, leise machst du die taube
Welt lebendig, und mit innerlichstem Jubel seh ich, wie das Licht wird.

Hell, hell wird es in mir von dem lieben Getön eines erwachten
Vogelliedes.

Durch die grünen Gründe flötet es herauf und jubelt in der Gewißheit des
nahenden Tages.

Ich schlafe, schlafe nun mit weitoffenen Augen, und schlafend seh ich
mit weitoffenen, lachenden Augen die große Einheit, die alles ist, die
wir sind, du und ich ...

Hinauf seh ich in die Höhe, hinein in die Breite, hinab in die Tiefe und
sehe in mich hinein, wo das dreifach gedehnte einig ist, jetzt einig in
einer friedevollen Einheit.

Und aus Schatten und Lichtahnungen werden Gedanken in mir und Lieder,
laute, fröhliche, ausgelassene, stille, friedevolle Schlummerlieder.

Die sind nun meine Arme, meine weiten, riesenstarken Arme.

Mit denen will ich dich jetzt umfassen, und will dich an mein nun
übermütiges, sonnenhelles Herz pressen. Mit denen heb ich dich hinaus
über den tausendgestaltigen Zwiespalt unsrer Unrast, trotzig hinaus,
hoch, hoch hinauf in einen goldigen, stillen Frieden, dich ...

       *       *       *       *       *

Hier sitzen wir, du und ich, in Liebe eins, und spielen, und geben dem
Getümmel der Welten einen Sinn, der uns genehm ist und der
untrüglichste, fröhlichste, ausgelassenste Wahrheit ist.

Aller Welten und allen Lebens Sinn ist er, dieser kleine dumme Sinn,
den unsre spielende Liebeskraft ihm gibt, und mutig drängt er sich
gegen das große, schaurige Rätsel, und so muß es uns Frieden lassen,
dir und mir ...

So aber lacht unser Übermut und fabuliert:

Mit sehnenden und immer sehnenderen Bahnen kreisen die Welten, jede um
einen Ursprung uranfänglicher Seligkeit, und alle um einen, im ewigen
Spiel ewigen Suchens, Findens und Verlierens.

Der blasse Mond, das stille, verlöschende Lichtwölkchen dort über den
westlichen Wäldern, kreist um die mütterliche Erde in der Sehnsucht
seiner Elemente nach aufflammender Vereinigung, und sie ist ihm
unverweigerlich verbürgt nach unverbrüchlichen, mystischen Gesetzen.

Und die Erde um das liebe, gleißende Rund dort oben in der Sehnsucht
ihrer Elemente nach aufflammender Vereinigung, und sie ist ihr verbürgt,
unweigerlich, nach den gleichen mystischen Gesetzen.

Der sehnende Zwang der Elemente aber dichtet sich in unergründlichen
Mischungen, gestaltet sich und wird lebendig und seines seligunseligen
Geschickes sich bewußt in den unzähligen Generationen ungezählter
Lebewesen.

In Milliarden von Kristallen formt sich ihre Sehnsucht und Seligkeit, in
Kampf und Widerspiel, verfeinert sich aus dem Nichtorganischen zur
ersten dumpfen Lebensregung des Urschleims, wird Pflanze und Tier, wie
die Zeitalter sich vollenden und das selige Ziel sich nähert.

Und das Tier wurde im Kreislauf der Entfaltungen erlöst zur Klarheit
über sich selbst hinaus im Menschen. Und wie die Jahrtausende sich
runden, werden die Elemente im Menschen durch unzählige Zeugungen
hindurch zu herrlichen Erlösern, mischten und dichteten sie sich zu
Konfuzius und Zarathustra, zu Buddha und Christus, und alle, alle
verkünden den einen Trost vom lachenden Ende, das unsterblicher Anfang
ist.

Und enger und sehnender treiben und ziehen sich die Weltenbahnen gegen
ihren Ursprung hin.

Neue Unruhe neuen Werdens und Erkennens.

Feiner mischen sich die Elemente, und der letzten, hastenden Unrast des
Erstarrenden entblühen neue, wissendere Geschlechter.

Sinn und Trost letzter, wilden Leiden, gieriger Genußwut, dumpfer,
gellender Verzweiflung tod- und friedereifer Geschlechter und
Erkenntnisse ist ein neuer Held und Heiland.

Und der wird schön sein und fein wie ein hellenischer Gott, mit weiten
Sonnenaugen. Sein mächtiges Gehirn wird alle Weisheit Buddhas umspannen.
Klug ist er und beweglich, ohne Falsch, gut, mild, edel, sich selbst
eine Lust, ganz freudige, selbstsichre Kraft. Alle Weisheit wird in ihm
zur heitren, spielenden Torheit eines Kindes geworden sein. Und er wird
der Kaiser sein, der Kaiser einer goldigen, verjüngten Zeit ...

Verstehst du mich? Dies große Lied und diese große Geschichte?

Unser kleines Lied und unsre kleine Geschichte ist das. Die lachende,
lustige Geschichte von zwei Leuten, die sich lieb haben, von dir und
mir. Und wir singen sie uns jetzt zu unsrem Spaß so, und wenn wir
wollen, werden wir sie morgen mit einem andern Text singen ...

       *       *       *       *       *

Ich denke, ich liege nun an deiner Brust und schlummre und bin einen
süßen Tod gestorben.

Mein Blut ist nun das morgenfreudige Tosen deiner Wälder. Weitgedehnte,
hohe, blaue Berge in hundertfacher, freundlich wellender Bildung, tiefe,
breite, grüne Täler, blitzende Flüsse und trommelnde, donnernde
Wildwasser: das alles bin ich in dir.

Meine Gedanken sind sanfte, blinkende Tautropfen, kleine liebe, rote
Blumen und unermeßliche Himmelsfernen, die entflammen in goldblauem
Glanz, dunkle Wettertannen und zirpende, flötende Vogellieder, jähes
Gestein mit gleißenden Rissen, umgoldet von den erwachten Lichtern der
Frühe.

Mich, mich selbst seh ich mit trunkenen Augen. Klar bin ich meiner
selbst mir bewußt, und mystisch verhüllt ahn ich mich mit erschauernder
Sehnsucht in meiner Unendlichkeit, in dir, als du ...

       *       *       *       *       *

Höher und höher hebt sich die Sonne über die blauen Wälder und wärmt und
lacht und wärmt und zeugt.

Denn jetzt ist die urbestimmte Mischung der Elemente da, die, gewärmt
und befruchtet von dieser Sonnensphäre, den übermenschlichen Heiland
zeugen und gebären.

Tiefes, tiefstes Geheimnis!

Und doch, wie meine Hand hier auf der grauen Stammborke liegt, spür ich
es mit verstehenden, wissenden Schauern.

Und ich fühle, fühle, wie es unzählige Rinnen und Röhrchen und Poren
öffnet, in Sehnsucht, in Sehnsucht der lieben Wärme entgegen, wie es
gibt und aufnimmt in wonnigen Spannungen und Entladungen.

       *       *       *       *       *

Und in mir hab ich jetzt den Trost einer unerhörten Selbstschätzung.

Meine Poren saugen die himmlische Glut ein, und wie sie durch mein Blut
schauert, weiht sie jetzt mich, mich zu dem Helden, der da ist und
kommen soll.

Siegfried bin ich und schlage einen mächtigen alten Lindwurm tot.

Vor mir, in mir krümmt und schlingt und windet er sich mit tausend
klammernden Schwänzen und klaffenden Rachen, gebannt, gebannt von meinen
lachenden Blicken.

Und wie er sich auch feige windet mit unzähligen schlauen Listen, mir
beizukommen: mir bleiben sie nicht verborgen.

Da oben das liebe Licht durchbebt mich mit einem innerlichsten, frohen
Gelächter: und dieses Gelächter ist mein Schwert. Mit dem schlag ich ihn
tot, den alten müden, verzweifelten Lügner.

Schon blinzeln seine hundert Äugelchen, und immer müder werden seine
Kreise, und seine böse Kraft dämmert hinüber in den seligen Frieden der
Einheit, der auch ihm bestimmt ist.

Mit tausend Klammern umpreßt er das arme, junge Leben, und die nennen
sich ehrbar Gesetze, Institutionen, heilige Vermächtnisse, Staat,
Kirche, Sitte, Ehre, Moral, Gott.

Schlau trennt er die Natur, die ewig ungeteilte, in Geist und Fleisch.
Sünde nennt er die Liebe und Teufel das Weib.

Tausend schnörklige Phrasen pfaucht und dunstet er mir ins Gesicht,
bläst mir tausend verzwickte Neunmalklugheiten ins Ohr und hackt nach
mir mit seiner gefährlichsten Tatze, die Gewissen heißt und Pietät.

Aber ich lache und lache nur, und vor meinem Lachen vergeht er in einen
dummen, blöden Dunst, vor meinem unwissenden Lachen.

       *       *       *       *       *

Und ich sehe in ein fernes Tal.

Da lacht im weiten Sonnenglanz ein schönes Wunderland.

Noch verhüllt, leise verhüllt.

Das ist das verlorene, wiedergewonnene Paradies.

Da gehen Hand in Hand Adam und Eva im gütigen Sonnenlicht an breiten
klaren Wassern über smaragdene Wiesen.

Da gehen Hand in Hand wir beide, du und ich, im gütigen Sonnenlicht an
breiten klaren Wassern über smaragdene Wiesen.

       *       *       *       *       *

An den stillen Wassern gehen wir hin durch den Garten. Und wir sehen
alles Getier, das in den Lüften lebt und im Wasser und auf der grünen
Erde, und nennen es mit neuen Namen. Und wir sehen die Menschen, und
über sie erlöst nennen wir sie mit neuen Namen und haben an ihnen unser
staunendes Ergötzen. Wir sehen Bäume, Sträucher, Kräuter und Blumen und
nennen sie mit neuen Namen. Und Lüfte, Winde, Wasser, Sonne, Mond und
Sterne nennen wir mit neuen Namen. Denn alles, alles ist nun anders
geworden und neu, und du und ich, wir sind zwei dumme Kinder, die
spielen und staunen, und gaffen und lernen ...

       *       *       *       *       *

Du?!

Hörst du mich durch alle deine Masken, deine törichten Masken?

Das ist das Lied unserer Sehnsucht und unserer Ahnung.

Trüb noch, trübe und zag.

Aber ich weiß und will noch ein andres. Das ist das letzte und höchste.
Das kümmert sich nicht um Himmel und Rätsel. Das ist das Lied von den
Nähen, das Lied von den enthüllten Nähen.

Wann wird seine Zeit gekommen sein?

Wann werden wir wollen?

Leise, leise kommt der Tag und mit ihm die Feigheit und die Angst
und -- der Zorn! --



      Das Lied


Unter den Sternen hin, hinter den dunklen Bäumen, ziehen Leute und
singen ein Lied.

Ich lausche -- mitleidig -- schadenfroh -- versonnen.

Denn in diesem Lied, in diesem schlichten Lied, ist ein Gift und eine
heimlich fressende Flamme und die Schönheit einer fernen, fernen
Heimat ...

Das wissen sie nicht in ihrer dunklen Fröhlichkeit; aber ich weiß es ...

Denn tief in mir zehrt dieses Gift und frißt diese Flamme und will
hervor und leuchten. Und tief in mir ist ein Kreisen und
Werden. -- Wessen?

Ach Not, Not halbbewußter Fülle, endlos süße Not!

Ich lausche und sitze und warte, ahne; und meine Augen weiten sich einem
köstlichen Gesicht entgegen, das naht und naht, von fern, ganz von
fern ...

Denn noch gleitet um mich und in mir und wechselt, unbändig und
ungebändigt, ein ewiger, trüber Wechsel des Einzigen.

Not, ewige Not! -- Kommt das Ende? -- Und welches?? ...

       *       *       *       *       *

An den Sternen hin ziehen die weißen Wolken, und die Winde rauschen;
raunen mit lieben, heimlichen Stimmen und kräuseln glitzerndes
Laubwerk, schaukeln schwankes Geäst, gleiten mit blinkenden Schauern
über die breiten Wasser. Und das Licht durch Nebel und zarten Dunst,
durch millionenfältigen Widerstand plumpen Stoffes, nieder durch klare
Höhen. -- Das Licht -- das Lied ...

Reimverbunden vier arme Verse und eine simple Weise; ungefüge Stimmen in
rauher, unbewußter Andacht.

Aber es ist nichts in allen Nähen und Weiten, nichts, nichts als dieses
Lied und eine heimatliche Welt, die nun offenbar wird, und alle die
zahllosen Seelen und eine einzige, unendliche Seele.

Nun sind die Höhen und Tiefen und Breiten ein Spiel, und Minuten,
Stunden, Tage, Jahre und Jahrtausende ein schelmischer Trug.

Und nur die offenbaren Seelen und im zeitlosen Selbstfrieden die eine,
offenbare Seele.

Ich sehe das bunte Spiel der vielen, das die ewige Ruhe der einen ist.
Und in mir leben die Schauer der Wiedergeburt ewiger Religion und ewiger
Vereinigung.

Dieses zitternde Pappellaub, hoch, schlank, dunkel in das weiße Licht
hinein, dieser schimmernde Birkenstamm, traulich geducktes Buschwerk,
diese gleitenden Wellen, diese Hand, die ich gespreizt gegen das Licht
halte, mit dem Geflecht ihrer Adern, mit ihren wunderlichen Linien, mit
Sehnen, Muskeln und Knochen: alles, alles ist das ewige Spiel ihrer
Kraft und ihr neckisches Versteck, hinter dem sie sich selbst sucht und
jubelnd sich findet und immer, immer wieder findet.

So müde bin ich, so ahnend müde.

Will eine Schranke fallen? -- Willst du mich finden? Will ich mich
finden?

Und ein neues Spiel, und immer ein neues und ein schöneres, lustigeres
immer?

Fern das Lied -- verklingend mit sehnendem Jubel das Lied ...

Das Lied ...

       *       *       *       *       *

Und alles wieder still und rauschende Ruhe. Ich fühle, wie jede Fiber in
mir zuckt und sich spannt.

Das Ende? Und welches?

Welches auch immer: keins und nie und nimmer ein Ende. Eine Schranke,
die fällt; ein Dunst, der verweht; ein jubelndes, lachendes
Hervortauchen. -- Wohin?

Weit, unendlich weit ist die Welt, und doch immer und überall einzig du,
ich ...

       *       *       *       *       *

Was wär ich, wär ich diese wilde, rastlose Lust und dieser unermeßliche
Jammer? -- Was wär ich, wär ich dieses hinfällige Gestell von Knochen,
Fleisch, Muskeln, Sehnen und Nerven und nicht dieses ahnende Sehnen?

Wild ras' ich durch meine Erdenzeiten, durch Mord, Not, Blut, durch
zahllose Greuel, durch diese und gegen diese meine fieberwache
Endlichkeit.

Betrüge, lüge, morde, hasse; stürze mich in zorniger Verzweiflung in den
Wahnsinn tausendfältiger Wollust; rase in meiner Finsternis und strecke
mich gierig nach Erkenntnis durch meine Räume und Zeiten; verschlinge
und gebäre meine tausend und abertausend schwankenden, entgleitenden,
ewig wechselnden Täuschungen von sausenden Welten und ewig
unbefriedigten Erkenntnissen; taumele durch die hastenden Zeitläufte
meiner Vergänglichkeiten ewig von Jubel zu Verzweiflung, von
Verzweiflung zu Jubel; bin blühende und welkende Völker und Reiche;
krieche hin in dumpfer Befriedigung und klammere mich an karge, blöde
Freuden; verschanze mich hinter Gesetzen, feige und weise gegen mich
selbst; betrüge mich selbst und bin der Blödheit meiner engen Sinne ein
zerfallender, faulender Haufe Schmutz und ein kleines jämmerliches Ende.

Was wär ich, erkargte sich mein sehnendes Ahnen nicht zwischen tauber
Lust und taubem Leid ein paar stille Friedensblumen und wäre nicht der
Preis und Sieg aller meiner Verzweiflung und meines heißen rasenden
Ringens gegen mich selbst das Wissen von meinem wohlverbürgten Frieden
und immer und immer wieder sein endlicher Besitz?

       *       *       *       *       *

Gelassen seh ich jetzt das grausigste aller Rätsel und beantworte seine
dunkle Frage. In unendlichen gelben Wüsten steh ich der uralten bösen
Riesenfratze gegenüber und sehe lachend in ihre toten, starren Augen.

Und hier ist all meine Nichtigkeit, mein Stolz und meine hohe Würde:

Ich, ich selbst bin ihr großes, starres Schweigen. Ich selbst bin zu
tiefst in mir eine große, weite, schweigende Ruhe, ein dunkel
schlummerndes Können und Wissen und doch eine ewig bewegte,
milliardenfältige Unrast. Dies beides und doch das eine, einzige: eine
große, weite, schweigende Ruhe.

Meine Unrast aber und meine Verzweiflung schreit tausend trübe Fragen in
mich selbst hinein, wieder und wieder, ihrer selbst gewiß zu werden und
ihres endlosen Wandels, und sich zu finden, immer von neuem, in einer
stillen, gefriedeten Einheit.

Meine Unrast aber seid ihr. Meine Unrast bin ich als das ewig und
unendlich Vielfältige: als Elemente, Sonnen, Pflanzen, Tiere, Menschen
und alle Wesen und Seelen: dies alles und seine unermeßlich zahllosen
Einzelheiten und ihre unermeßlich zahllosen Schicksale.

Das alles schreit in mich hinein, findet Antwort und keine, findet ewig
Antwort und als seligste Antwort ewig schweigende Ruhe.

Denn aus dem dunklen Urgrund meiner Ruhe und Nichtigkeit tönt ewig und
ewig als Antwort auf die wilde Sehnsucht ewiger Frage ihr ewig gleicher
Widerhall und nichts, nichts als ihr Widerhall.

       *       *       *       *       *

Denn dann, wenn je und je am wildesten die alte Frage gellt und an dem
uralten, mystischen Geheimnis rüttelt, dann -- Frage und Antwort
zugleich -- tönt sie zurück aus den dunklen Weltenfernen ewigen Lichtes
und ewiger Gewißheit, und einer wird geboren, der ihr Mund ist: einer,
der ist der ewig Wiedergeborene, der Stille, unter dem ewigen Mysterium
Duldende, in dem Endliches und Unendliches offenbar wird als das eine,
das ewig liebend sich selbst umschließt.

Wo aber in aller Welt je und je er hineingeboren wird in die
Endlichkeit, da erhebt sich ein neuer Tag und eine neue Zuversicht. Da
jubelt die Freude, da lächelt der Friede, und da rüstet sich ein neuer,
junger, todesmutiger Wille und hat eine neue Bahn und ein neues Ziel
endloser Betätigung.

       *       *       *       *       *

Das ist all meine Nichtigkeit, mein Stolz und meine hohe Würde. Denn
wenn ich ein Wort vom Frieden weiß, so ist es nichts als eures
Unfriedens Widerhall und die irre Frage eurer Verzweiflung. Die tön ich
zurück, zu meinem Teil, in ewig stiller Gelassenheit; einer, der treu,
schlicht, hingegeben hört, aufnimmt, zusammenfaßt, und der wiedergibt:
treu, schlicht, hingegeben.

Das ist mein schauriges und unsagbar seliges Los! Nichts, nichts bin
ich, nichts und alles.

Ihr seid ich, ihr! Und ich bin ihr! Du bist ich, ich bin du; und du und
einzig du bist meine ganze Würde und meine ganze Nichtigkeit. Das ist
die ewige, lachende Erkenntnis und ewig die Morgenröte eines neuen
Tages ...

       *       *       *       *       *

Zwischen mir aber und ihr dunkelt eine Nacht.

Schon bin ich hineingetaucht in ihr weites Grauen. In das Grauen
zwischen Anfang und Ende. Sie ist der heimliche Tod, der mich verzehrt.

Sie kommt mit den kühlen Schauern einer schweren Müdigkeit. Sie ist die
Feigheit, die bang und zaudernd am Überwundenen hängt. Liebe und Haß,
die mich verfolgen, und hundert Gewohnheiten und tote Begriffe, die doch
noch leben wollen, und hetzende Zweifel alter Begrenztheit. Und sie ist
ein letzter, noch nicht ausgefochtener Kampf und das krasse Gesicht
einer alten Lüge, die ewig und ewig wieder mich, den ewig Lebendigen,
erschauern macht. Sie ist die grausige Starre eines Kadavers und seine
dumpfe, gärende Fäulnis. Sie ist der wild verwirrte, trübe Tumult
neuer, geahnter Welten, meiner Feigheit zu weit und zu herrlich, viel zu
weit und viel zu herrlich.

Mein Tod ist diese Nacht, mein langes Sterben, der dunkle, trübe Wandel
zweier Tage, zweier Tage ...

In diese Nacht und in diesen Kampf tauch ich hinein. Mit fröhlichem,
wissendem Mute und mit einer stolzen, kräftigen Seele. Die ist ein Held
geistiger Kämpfe, gewaltiger als alle Leibesgewaltigen der Vorzeit.

       *       *       *       *       *

Langer, langer Weg! Dunkler Kampf! -- Und sein Ziel? -- Ach, Ohnmacht
meines armen Wortes! -- sein Ziel ist ein ungeheures Meer des
Schweigens!

Da werd ich endlich hineinschwinden, ich und der Kreislauf aller Seelen
und Sonnen und alle Unrast.

Ich und alle meine Unrast: Seelen und Sonnen: ich bin dieses Schweigen,
und einst werd ich mich ganz als solches erfassen und in mir selbst
ruhen.

Das ist mein ewiges Ende und mein ewiger Anfang ...

       *       *       *       *       *

Wenn die Sterne strahlen, wenn die Lüfte raunen und die letzten, stillen
Farben spielen: jetzt ...

Jetzt -- o Qual der Qualen! -- jetzt kenn ich meinen langen Weg, und
meiner Blindheit dämmert rosig ein Ziel ...



      Schönheit


    Sonne! Sonne!
    In mir treibt die köstliche Unruhe deiner Kraft!
    In mir dein Lachen,
    in mir ein heimliches Lachen!
    Befreit lachen nun in mir alle Menschen,
    lacht in mir die ganze Welt!
    Ein einziges goldiges Friedensgelächter lacht mein Herz in
            alle Fernen hinein!

    Alle, alle kommen sie zu einem großen Mahl,
    mit tausend bunten, wichtigen Meinungen:
    Gute und Böse,
    Zweifler und Fromme,
    stolz und demütig,
    wissend und einfältig,
    vornehm und gering,
    Ausschweifende, Diebe, Mörder --
    Alle, alle kommen sie
    mit fragenden sehnenden ängstlichen Augen,
    denn sie glauben,
    daß sie häßlich und sündhaft seien.

    Aber wie sie kommen,
    in breiten Scharen,
    mit unzähligen dunklen Geheimnissen,
    mit Gebresten,
    Lastern, Schwächen, Einbildungen und Lächerlichkeiten --
    ein einziges
    unauslöschliches Gelächter ist es,
    das sie empfängt,
    das sie vermehren.
    In diesem Gelächter aber
    lebt der bitterste Grimm
    und das fruchtbarste Mitleid ...

    Nun röten sich Gesichter,
    glätten sich Falten und Runzeln,
    verschwinden Geschwüre,
    ergänzen sich Glieder,
    hellen sich trübe, blöde Augen,
    runden sich magre Leiber
    und verjüngen sich ungeschlachte.
    Und alle sind nun eine einzige
    selige junge Göttergemeinde.

    Jetzt!
    In mir!

    O Wunder!
    Dummes, fröhliches, freches Frühlingswunder!



      Am Graben


Hier, zwischen Schaumkraut und Vergißmeinnicht wollen wir ruhen, im
schönen, weichen Gras, am Graben, wo die Kätzchen schaukeln.

Sieh, zwischen den gelben Lilien, zwischen Kuhblumen und weißen
Sternchen, im goldigen Gezitter unser Bild.

Da: deine Augen!

So lachend, so jung! So dunkel! ...

Und dein Lachen, durch die weite, selige, strahlende Stille dein helles
Lachen.

Näher, und Wange an Wange.

Der Wind, leise, leise in den Binsen, und der kühle Wasserduft herauf.

Wir träumen ...

       *       *       *       *       *

Sieh, hier lang am Ufer hin! Wie es aufquillt vom braunen Grund in
traubigen Gebilden.

Der jungen goldigen Wärme entgegen.

Es will reifen, will sich gestalten.

Sieh, in weicher rauchiger Masse der dunkle Kern.

Uranfang. Ruhe. Vollendung ...

Nein! In der engen, runden, winzigen Wand, millionenfältig ~du~ und
~ich~, und immer ~du~ und ~ich~, unser Widerstreit und unsre
Vereinigungen, unser unendliches Spiel ... Windet, krümmt, stülpt sich,
wogt im endlosen Wechsel, in der süßen Qual ewigen Wandels; ungeformt
und dennoch in unbegreiflichen Gestaltungen, viel zu wunderbar unserem
plumpen Begreifen!

Zu wunderbar! Wir uns selbst! Du mir! Ich dir! ...

       *       *       *       *       *

Du siehst mich an.

Sieh mich an!

Banne mich mit deinen lieben, bösen Augen!

Nun halt ich dich, und Mund an Mund ...

Die Welt um uns mit Nähen und Fernen und ihren Millionen Formen ein
Wirbel, ein dummer, dummer Wirbel! ...

Nur hier ...

Alles! Nichts! Gott! ...



      Im Heidekraut


      I

      Auf der Klippe


    Hoch oben lieg ich,
    im Heidekraut,
    hoch über den dunklen Wäldern,
    hoch auf sonnenglühendem Geklipp.

    Ich denke, ich treibe auf einem endendlosen Meer,
    Das Spiel seiner Wogen ist das helle Himmelsblau,
    das unaufhörliche Rauschen und Wühlen des freien Bergwindes in
        den hohen Kronen,
    Vogelgezwitscher und wehende Düfte,
    Summen, Schrillen und Knistern der Käfer,
    die hundert Geräusche der windbewegten Zweige,
    blitzende Strahlen
    und ruhende, gleitende Lichter,
    wellende Farben m,
    und das Blinkern und Donnern der Wildwasser --
    und meine Gedanken,
    meine dummen Gedanken ...
    Mit Strömen von Wärme und Licht rauscht die Welt Lieder durch
        meine Pulse,
    dunkle, grausige, süße Lieder der Einheit.
    Über die blauen Täler hin,
    in die weite, sonnige Welt hinein
    schwatzt dich meine Sehnsucht,
    du liebes, unergründbares Rätsel;
    neckt sich mit kindlichen Torenworten
    die uranfängliche Kraft,
    ihr eigenes Rätsel
    und ihres eigenen Rätsels Sinn ...


      II


    Heidekraut steck ich an meinen Hut
    und wandre.
    Was ist mein Ziel?
    Der Ruf eines Vogels
    glockenhell
    aus einem tiefen,
    fernen Grund ...



      Unter den tiefen dunklen Wolken


    Unter den tiefen dunklen Wolken hin
    hinein in den fröhlichen Vorfrühlingswind.
    Die grauen Wellen
    schäumen über den Kies
    und in den roten Weiden
    Zwitschert eine Lerche
    ihr erstes, eiliges Liedchen:

    Goldige Fluten!
    Blauende Höhen!

    Immer, immer mit dem Winde herüber
    das eilige, helle Zwitschern.

    Sonne, liebe Sonne!
    Du liebes altes schelmisches Auge
    da oben
    zwischen der dunklen
    jagenden, fruchtenden Feuchte!
    Morgen, morgen verbrausen die wilden Stürme!
    Morgen, morgen hab ich dich!
    Morgen jauchzt dein goldiges Gelächter über die Welt ...



      Die Vehikel


Gib mir, wo ich stehe!

Nun! Ich bin so ein Allerweltspapa, sitze irgendwo im Mittelpunkte der
Welt in einem alten, guten, soliden Sorgenstuhl, von wo aus ich den
schönsten, geordnetsten Überblick habe.

Man meint, meine Augen seien ein wenig schwach, mein Gehör ein wenig
verschleiert. Das sind so Besorgnisse und Klagen, was weiß ich!
jedenfalls Vorurteile.

Ich sitze ja hier vortrefflich, und alles hält sich in bester Ordnung.

Wirklich! Es ist eine ewige, endlose Freude!

Da seh ich viele Millionen goldener runder Wagen, die fahren in weiten,
jubelnden Kreisen einem gutverbürgten Ziele zu, fahren die weite, weite
Fahrt durch die Welt.

Das ist ein einziger, allerliebster Dummerjungenskrakeel, ein einziger
süßer Spektakel!

Da kribbelt es in ewig geschäftiger Unrast, und ich sehe lauter weite
lachende Kinderaugen.

Und alles ist ein nimmer endendes Halleluja!

Wie?!

Nun, wie's auch damit sein mag: ich sehe, was ich sehe! -- Millionen,
Milliarden lustiger Vehikel meiner Seligkeit, meiner Seligkeit!



      Andacht


Sommerabend!

Ich trete vor die Tür, vorm Schlafengehn noch ein wenig Luft zu
schöpfen.

Müde laß ich mich auf die Bank nieder, zufrieden.

Nach getaner Arbeit ist gut ruhn.

Mit dämmerbraunen Felderbreiten dehnt sich im Halbkreis weit das flache
Land. Die milchweißen Nebel liegen auf den Wiesen, von den
Getreidefeldern weht die Kühle den köstlichen Roggenduft herüber, und
aus der Ferne schnarren die Rebhühner.

Weit über dem braunen Frieden der Breiten aber dämmert der Himmel mit
allen Sternen. Breit schimmert die Milchstraße zwischendurch.

Ich lehne den Kopf in das Weingerank der Mauer, und meine Sinne
versinken in dem unendlichen Geglitzer.

»Heilige Nacht! Wie ein Cherub strahlst du!« ...

       *       *       *       *       *

Versunkensein!

Wer ermißt diese Tiefen?

Innen und außen: kaum sind sie zu scheiden.

Ich bin die lichtgewölbte Weite da oben mit ihren zahllosen Welten. Ich
bin das tiefe, süße Dämmern der Breiten, der Duft des Roggens und der
tiefbraunen Erdschollen. Ich bin der Ruf der Rebhühner, leises
Laubrascheln und hundert feine Geräusche; bin das Gekläff des Hofhundes
vom Gehöft drüben; bin der zarte Sternschimmer auf seiner
Scheunenmauer; bin die tiefen, schwarzen Schatten.

Und in mir noch eine Sehnsucht?

Augen! Augen! -- Fern, fern weite, große Augen, tiefdunkle!

Immer, immer mit demselben uralten Rätsel! ...



      Der Tod


Ich sehe einen lieben Menschen sterben, mir innig verbunden.

Mit einemmal kommt mir das Bild hier in die Dunkelstunde hinein.

Ich sehe ihn auf dem Sofa sitzen. Die Arme hängen schlaff in den Schoß,
die Beine hat er, voneinandergespreizt, lang vor sich hingestreckt. Das
Gesicht ist fahl, und darinnen glühen die braunen Augen. Mühsam wendet
er den Kopf, aber sie sehen nichts mehr. Sein Bart neigt sich auf die
Brust, allmählich verröchelt der Atem: er ist tot.

Und ich sehe ihn auf seiner Matratze liegen, mit seinem stillen, weißen
Gesicht, in seinem Leichenstaat, schwarze Handschuhe an den Händen. Arme
und Beine von sich gestreckt, liegt er da wie ein Hampelmann.

Mich überkommt ein Brüten.

Will mich etwas bange machen?

O, in mir ist eine trotzige Unwissenheit, und die fabelt aus den Tiefen
meiner Unruhe ein fröhliches, ausgelassenes Märchen!

Tod! Was kümmerts mich, daß ich sterbe? Mein Tod ist meine letzte Wonne.

Nie wieder leben? Nie wieder leiden! -- Leiden: Kämpfen!

Kampf! O Wonne, ewige Wonne! -- In mir ist ein Auge, das sieht alle
meine Endlichkeiten und meine immer erneute, fröhliche Wiederkehr!

Ich bin ich, bin diese meine Endlichkeit, und ich bin Ich, bin mein ewig
Unbegriffenes, das ist über Räume und Zeiten und alle Meinungen meiner
Endlichkeiten. Mein Endliches ist nichts als eine zitternde Flocke, die
auf Seiner urewigen, zeitlos gebärenden Flut schaukelt.

Ewig Ich-Du!

Fühlst, fühlst du das?!

Ewig tauch ich aus den Tiefen Meiner Einheit als ein Endlicher und eine
Endliche!

Du, o du, fühlst, fühlst du das?! ...



      Das dunkle Tor


    Ich weiß ein dunkles Tor.
    So klein oder so groß es ist,
    kommt, ihr fröhlichen Kinder!
    da stoßen wir all unsre Freuden
    und all unsre Leiden hinein,
    in leidfroher Lust,
    in lustbangem Leid,
    die müden.

    Irgendwo, irgendwie ist dahinter ein Jungbad.
    Wenn sie wieder hervorkommen,
    die lieben gewaschenen Seelchen,
    zu uns,
    in die Sonne,
    so gibt es eine neue Lust! ...



      Was es doch ist!


    Dir geht es schlimm,
    mir nicht besser!
    O wärs am Ende!

    Aber hier ist mein, dein Leid,
    meine, deine Sehnsucht,
    und hier ist ein drittes,
    Notwendiges!

    Was ist es?

    Ist es ein Keimchen, das noch sprießen muß?
    Ist es ein Sonnenstäubchen, das noch wirbeln muß?
    Ist es eine Blume im Mai,
    eine Flocke im Winter,
    ein bunttaumelndes Blatt im Herbst,
    ein Staubkörnlein am Sommerweg?

    Was ist es?
    Wenn es nicht wäre,
    wäre die Welt am Ziel!
    Wenn es nicht wäre,
    läge die Welt in Trümmern!
    Mein, dein Muß und Zwang! --

    Was ist es doch?

    Zwischen Anfang und Ende
    müssen wir ihm befohlen sein! ...
    Der Neugeburt eines Mückleins wohl,
    das noch zum Licht will ...



      Glück


Goldene Träume träumt die Not und die laute Torheit!

In blauen Fernen erdämmern Welten der Verheißung, erdämmert das
verkündete Reich des Friedens!

Aber Millionen dunkler Stimmen kommen und gehen, Stimmen der
unbefriedigten Not und der Gerechtigkeit, Klagen, daß nur der Traum des
Traumes Erfüllung! ...

Küsse mich!

Wir sehen uns an und lachen!

Unser sind tausend Traumwirklichkeiten, und mehr! Denn uns gehört ein
gegenwärtiges kluges Glück und fromme Stunden der Erfüllung, der ewigen,
einzigen! ...



      Mondlicht

      Eine Phantasie


Was ich schreibe, das schreibe ich von mir selbst, und wer es liest, der
mag nach Belieben denken, er lebe es in sich selbst. Immer ist ich ich
und du und gar umfangreich! ...

Ich halte Dunkelstunde bei einer Zigarre.

Lange cremefarbene Gardinen mit feinen cremefarbenen Spitzen vor einem
breiten, hohen Fenster. Und dazwischen, drüben über dem Dachfirst, steht
hell der große runde Vollmond und lugt silberblau in meine Stube.

Mir wird so närrisch zumut, und ich fange an zu phantasieren.

Es ist wie eine religiöse Anwandlung.

Ich denke, ich bin der eine, der Wanderer von Anbeginn, liege hier still
und höchst modern auf meinem Ruhebett und schaffe mir ein
Divertissement.

Ich habe eine gar ruhige, umfassende Laune; viel, viel paßt in sie
hinein. Selbst ermeß ich nicht ihre dunkelsten Tiefen! --

       *       *       *       *       *

      »Schwester du vom ersten Licht,
      Bild der Zärtlichkeit in Trauer ...«

O Mond! O Hell-Dunkel! O lichte Nacht!

Ich denke, du bist es, eine Ferne, die hier hereinschaut, und ich
phantasiere mit dir fromm das alte Märchen von unserer Ewigkeit.

Weißt du noch? Weißt du auch?

O weite Fahrt! O wogende wechselnde Welt!

Du mein goldener Dämon! Mein Wille und meine Sehnsucht! Wie mit einem
Strahl aus deinem fernen Auge, neckisch, sehnend, grüßt es mich,
dunkel ...

       *       *       *       *       *

Religion ...

Leben, Verwesung! Blüte und Welken!

Ich träumte es in zwei Träumen.

Es war eine herrliche, grausige Fahrt durch ein endloses Meer, durch
Milliarden geheimnisvoller Gebilde mit unzähligen Landungen und
Abschieden.

Und es war ein Heben und Sinken, hinauf in Himmel blutwarmen,
kraftfröhlichen, liebegewaltigen Lebens, hinab in fade, schauerliche
Verwesung; und hinauf hinab, hinab hinauf!

Und das ist unser ewiger Wandel und unsere Einigung! ...

       *       *       *       *       *

Laß! Komm!

Hier!

Drüben auf dem Tisch im blauen Traumlicht steht eine Amphora.

Wir machen uns Hellas zu eigen.

Säulenpracht und heiligheitre Tempelschöne. Im holden Bann des
Dreiklangs umspinnt uns unser altes Lied mit goldklaren Melodien.

Der edle Faltenwurf langer, lichter Gewänder. Die Spiele der Olympien,
das schöne Gleichmaß heller, athletischer Gliederpracht.

Aber dein Auge, immer und nur! Tief, klar -- dunkel! ...

       *       *       *       *       *

Und jetzt sind wir in Indien, in der alten, uralten Heimat!

Eine fremde, wunderlich üppige Vegetation; seltsam glühende Blumen mit
wundersamen Düften. Dunkelhäutige Menschen mit dunklen Weisheiten. Die
mystische Pracht und Gliederung der mächtigen Tempel. In ihrem blauen
Dämmer zwischen heimlicher Farbenglut, funkelnden Steinen und Metallen
riesige, starre Götzenbilder, Spiele unserer Träume von uns selbst und
unsrem ewigen Schicksal. Zimbelklang und seltsame Tänze und Künste und
der Wahnsinn der Begnadeten.

Aber nur immer ich und du und unser süßes, tiefes Geheimnis! ...

Immer mein, dein Fliehen und Finden!

       *       *       *       *       *

Nun ist hier unser Rhodus, und hier tanzen wir! Hier!

Da sind die hohen Häuser, und hier ist unsre Stube und dieses
gegenwärtige Leben! ...

Ist es nicht ein schönes Märchen, das Märchen von dir und mir? ...



      Nachthimmel


    Hoch in den Höhen,
    weit über den nachtdunklen
    raunenden Gärten
    funkeln alle Gestirne.
    Die Liebe,
    die ewige Liebe
    hat zu tun!
    Hilft,
    hilft, daß die Welten stieben!
    Und ich versinke
    staunend
    in dem mystischen Grauen
    eines unendlichen Trostes!



      Druck der Roßbergschen
      Buchdruckerei in Leipzig



Anmerkungen zur Transkription:

    Die Originalausgabe des Buches ist in Frakturschrift gesetzt.
    Im Original gesperrt gedruckter Text wurde mit ~Tilde~, Text in
    Antiqua mit _Unterstrich_ markiert.





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