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Title: Auszug aus der Alten, Mittleren und Neueren Geschichte Author: Plœtz, Karl, Hoffmann, Max, Kähler, Friedrich Language: German As this book started as an ASCII text book there are no pictures available. *** Start of this LibraryBlog Digital Book "Auszug aus der Alten, Mittleren und Neueren Geschichte" *** Anmerkungen zur Transkription Fett gedruckter Text ist gekennzeichnet mit ~Tilde~, kursiver und gesperrter mit +Plus+. AUSZUG AUS DER ALTEN, MITTLEREN UND NEUEREN GESCHICHTE. VON DR. KARL PLŒTZ (†), EHEM. PROFESSOR AM FRANZÖSISCHEN GYMNASIUM IN BERLIN. NEU BEARBEITET VON PROF. DR. MAX HOFFMANN (†) UND PROFESSOR DR. FRIEDRICH KÄHLER, SIEBZEHNTE AUFLAGE. LADENPREIS: GEBUNDEN 3 MARK. LEIPZIG 1912. VERLAG VON A.G. PLŒTZ. Alle Rechte vorbehalten. Copyright 1912 by A.G. Plœtz, Leipzig. Vorwort zur 16. Auflage. Das vorliegende geschichtliche Handbuch, seit der neunten Auflage von dem jetzigen Herausgeber bearbeitet, ist durch Umgestaltung und Vermehrung des Inhalts bei den wiederholten Auflagen mehr und mehr ein Werk des Herausgebers geworden, von ihm zu vertreten hinsichtlich seiner Eigenheiten und Mängel. Doch ist die übersichtliche Anlage und Einrichtung des Buches ein bleibendes Verdienst des Verfassers; auf dem von ihm gelegten Grunde ließ sich leicht weiterbauen. Prof. Dr. +Plœtz+, 1848–1852 Oberlehrer am Katharineum zu Lübeck, dann Prof. am Französischen Gymnasium in Berlin, weithin bekannt durch seine Lehrbücher der französischen Sprache, hatte dieses Buch als Leitfaden für den Geschichtsunterricht an höheren Schulen entworfen, ausgehend von dem Grundsatz, daß »nur das Tatsächliche in möglichst übersichtlicher Gruppierung vorzuführen sei«, weil »ein Leitfaden, der zusammenhängende Erzählung bietet, dem Vortrage des Lehrers notwendigerweise Eintrag tut«. Er hatte es aber auch für den Privatgebrauch bestimmt, »um ein rasches Orientieren über historische, dem Gedächtnis augenblicklich nicht gegenwärtige Verhältnisse zu ermöglichen«. Die späteren Auflagen haben diesen letzteren Zweck mehr berücksichtigt und sind über die dem Schulunterricht gesteckten Grenzen hinausgegangen; doch ist dem Lehrer die Auswahl dessen, was gelernt werden soll, leicht gemacht durch die Einrichtung des Druckes. Strebsamen Schülern ist es vielleicht willkommen, manches hier zu finden, was bei späteren Studien näher ins Auge gefaßt werden kann. Für die neueste Zeit seit 1866 ist den späteren Auflagen sehr schätzbare Mitarbeit von militärischer Seite zugute gekommen; diese Mitarbeit erstreckt sich bei der vorliegenden auch auf die deutschen Kolonien, deren Entwickelung von so hoher Bedeutung für Deutschlands Weltstellung ist. Auch sonst ist hier und da gebessert, um die Brauchbarkeit des Buches zu erhöhen. Möge es auch ferner Nutzen stiften als Führer durch ein weites, fast unermeßliches Gebiet, dessen Kenntnis doch unentbehrlich ist. +Lübeck+, 9. Oktober 1909. ~Max Hoffmann.~ Vorwort zur 17. Auflage. Als ich nach dem 1910 erfolgten Tode des langjährigen Herausgebers dieses Buches, des Herrn Professors Dr. +Hoffmann+ in +Lübeck+, von dem Herrn Verleger den ehrenvollen Auftrag erhielt, die Besorgung der neuen Auflage zu übernehmen, habe ich mich dieser dankenswerten Aufgabe um so lieber und eifriger unterzogen, als ich bereits die letzten Ausgaben mit regem Interesse verfolgt hatte. Bei meinen nahen persönlichen Beziehungen zu dem verdienstvollen bisherigen Herausgeber glaubte ich anfangs, aus Rücksichten der Pietät für die 17. Auflage noch von größeren Änderungen Abstand nehmen zu müssen. Jedoch drängte sich mir je länger, je mehr die Erkenntnis auf, daß die Geschichte Asiens, besonders Ostasiens, infolge der erheblich lebhafter gewordenen Beziehungen zu Europa und Amerika notwendig eine eingehendere Behandlung und Würdigung verlange und zweitens, daß der Wunsch nach einer übersichtlicheren Einteilung und Gliederung des neuesten Geschichtsstoffes nicht wohl unberücksichtigt gelassen werden könne. Nach beiden Seiten hin bin ich bestrebt gewesen, entsprechende Änderungen durchzuführen. Was ich sonst im einzelnen im »Auszug aus der Geschichte« wie im »Anhang« gekürzt, erweitert oder berichtigt habe, wird der aufmerksame Leser leicht erkennen. Möge das Buch in dieser neuen Fassung die gleiche wohlwollende Aufnahme finden wie die früheren Auflagen! Möge es ihm gelingen, das Interesse für die Geschichte und insonderheit die Liebe zur Geschichte +unseres+ Volkes, die Erkenntnis und Wertschätzung der Grundlagen seiner Kultur und das Verständnis für seine Größe und seine Ziele in immer weitere Kreise zu tragen! Herrn Professor +Fischer+ in Blaubeuren und Herrn +R.A. Plœtz+ in Margate (England) sage ich auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank für wertvolle Notizen zur deutschen und englischen Geschichte. +Husum+, 18. Februar 1912. ~Friedrich Kãhler.~ Inhalt Seite Einteilung der allgemeinen Weltgeschichte 1 Die Rassen in der Weltgeschichte 2 ~I. Alte Geschichte.~ A. Die ägyptisch-semitischen Völker. § 1. Ägypter 3 § 2. Babylonier und Assyrer 6 § 3. Juden (Hebräer, Israeliten) 11 § 4. Phöniker und Karthager 13 B. Die asiatischen Arier. § 1. Völker Kleinasiens 15 § 2. Inder 16 § 3. Iranier 17 C. Die Völker Ostasiens 21 D. Die Griechen. § 1. Mythische Zeit 23 § 2. Staaten und Kolonien 27 § 3. Perserkriege und Blütezeit Athens 38 § 4. Peloponnesischer Krieg 47 § 5. Makedoniens Emporkommen 53 § 6. Alexander der Große 59 § 7. Hellenistische Zeit 63 § 8. Griechische Kunst und Wissenschaft 69 E. Die Römer. § 1. Zeit der Königsherrschaft 71 § 2. Rom als Republik 75 § 3. Unterwerfung Italiens 82 § 4. Die Punischen Kriege 87 § 5. Ausbreitung der römischen Herrschaft 94 § 6. Bürgerliche Unruhen 100 § 7. Marius und Sulla 103 § 8. Pompejus und Cäsar 107 § 9. Untergang der Republik 118 § 10. Kunst und Literatur bei den Römern 120 § 11. Kaiserzeit bis zum Untergang des weströmischen Reiches 121 ~II. Mittlere Geschichte.~ A. Bis zum Vertrage von Verdun (375–843). § 1. Völkerwanderung 139 § 2. Frankenreich unter den Merowingern 145 § 3. Das oströmische Reich 147 § 4. Mohammed und das Kalifat 148 § 5. Frankenreich unter den Karolingern 150 B. Bis zum Beginn der Kreuzzüge (843–1096). § 1. Italien und Deutschland (Karolinger, sächsische, fränkische Kaiser) 155 § 2. Frankreich 169 § 3. England und der Norden 169 § 4. Die Pyrenäische Halbinsel 171 § 5. Der Osten 172 C. Das Zeitalter der Kreuzzüge (1096–1270). § 1. Kreuzzüge 173 § 2. Deutschland und Italien (Hohenstaufen) 179 § 3. Frankreich 191 § 4. England 192 § 5. Die Pyrenäische Halbinsel 194 § 6. Der Osten 194 D. Bis zur Entdeckung Amerikas (1270–1492). § 1. Deutschland bis auf Maximilian I 195 § 2. Frankreich bis auf Karl VIII 207 § 3. Italien 210 § 4. England bis auf Heinrich VII 211 § 5. Die Pyrenäische Halbinsel 214 § 6. Der Norden und Osten 215 ~III. Neuere Geschichte.~ A. Bis zum Westfälischen Frieden (1492–1648). § 1. Erfindungen, Entdeckungen und Kolonien 221 § 2. Die Reformation in Deutschland 224 § 3. Frankreich bis auf Ludwig XIV. 234 § 4. Italien 239 § 5. Die Pyrenäische Halbinsel und die Niederlande 241 § 6. England und Schottland 245 § 7. Der Norden und Osten 249 § 8. Deutschland, Dreißigjähriger Krieg 251 B. Bis zur französischen Revolution (1648–1789). § 1. Frankreich unter Ludwig XIV. 261 § 2. Deutschland unter Leopold I. 265 § 3. Der Norden und Osten 267 § 4. England 269 § 5. Der spanische Erbfolgekrieg 272 § 6. Der Nordische Krieg 274 § 7. Deutschland, Friedrich der Große 278 § 8. Der Norden und Osten 292 § 9. Großbritannien und Nordamerika 298 § 10. Südeuropa 303 § 11. Frankreich unter Ludwig XV. und XVI. 305 C. Bis zum Wiener Kongress (1789–1815). § 1. Die Revolution in Frankreich 306 § 2. Frankreichs Kriege gegen das Ausland 313 § 3. Machtentfaltung des ersten französischen Kaiserreiches 321 § 4. Sturz des ersten französischen Kaiserreiches. Deutscher Befreiungskrieg 331 § 5. Herstellung des europäischen Staatensystems 339 D. Bis auf unsere Zeit. § 1. Neue Erfindungen 343 § 2. Verfassungs- und Unabhängigkeitskämpfe 345 § 3. Die Zeit von 1830–1848 348 § 4. Die Revolutionszeit 1848–1852 354 § 5. Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhundert 363 § 6. Machtentfaltung des zweiten französischen Kaiserreichs. Nationale Einigung Italiens 365 § 7. Deutschlands Einigung durch Preußen 371 § 8. Deutsch-französischer Krieg 1870–1871 381 § 9. Das Deutsche Reich seit 1871 393 § 10. Österreich-Ungarn 397 § 11. Rußland 399 § 12. Die dritte französische Republik 403 § 13. England 406 § 14. Holland, Luxemburg, Belgien, Dänemark, Skandinavien, Schweiz 410 § 15. Italien 411 § 16. Die Pyrenäische Halbinsel 413 § 17. Die Balkanhalbinsel 414 § 18. Amerika 416 § 19. Asien 419 § 20. Entwickelung der deutschen Kolonien 423 Anhang. I. Brandenburgisch-preußische Geschichte 427 II. Die andern Staaten des Deutschen Reiches 434 Namen- und Sachregister 439 ~Einteilung der allgemeinen Weltgeschichte.~ Bis ~375~ n. Chr. I. ~Alte Geschichte,~ von der Zeit der ersten geschichtlichen Kunde bis zum Beginn der Völkerwanderung. ~375–1492.~ II. ~Mittlere Geschichte,~ vom Beginn der Völkerwanderung bis zur Entdeckung Amerikas. Seit ~1492.~ III. ~Neuere Geschichte,~ von der Entdeckung Amerikas bis auf unsere Zeit. Die ~alte~ Geschichte gliedert sich nach den hervortretenden Völkern in +fünf Abschnitte+. Diese Völker sind: 1. ~Die ägyptisch-semitischen Völker.~ 2. ~Die asiatischen Arier.~ 3. ~Die Völker Ostasiens.~ 4. ~Die Griechen.~ 5. ~Die Römer.~ Die ~mittlere~ Geschichte teilt man nach den hervorragenden Ereignissen in +vier Perioden+: ~375–843.~ 1. Vom Beginn der ~Völkerwanderung~ bis zum ~Vertrag von Verdun~. ~843–1096.~ 2. Vom ~Vertrag zu Verdun~ bis zum Beginn der ~Kreuzzüge~. ~1096–1270.~ 3. Das Zeitalter der ~Kreuzzüge~. ~1270–1492.~ 4. Vom Ende der ~Kreuzzüge~ bis zur ~Entdeckung Amerikas~. Die ~neuere~ Geschichte gliedert sich ebenfalls in +vier Perioden:+ ~1492–1648.~ 1. Von der ~Entdeckung Amerikas~ bis zum ~Westfälischen Frieden~. ~1648–1789.~ 2. Vom ~Westfälischen Frieden~ bis zum Beginn der ~französischen Revolution~. ~1789–1815.~ 3. Vom Beginn der ~französischen Revolution~ bis zum ~Wiener Kongreß~. Seit ~1815~. 4. Vom ~Wiener Kongreß~ bis auf unsere Zeit. ~Die Rassen in der Weltgeschichte.~ Die Naturforschung bestimmt die Rassenunterschiede des Menschengeschlechts nach körperlichen Merkmalen; anders müssen sie von der geschichtlichen Forschung aufgefaßt werden. Reine Rassen im Sinne der Naturforschung liegen für den Zeitraum unserer Weltgeschichte nirgends vor. Nur die Nachklänge der Rasseneinheiten, die man für vorgeschichtliche Zeiten voraussetzen darf, nämlich der Durchschnitt der körperlichen und geistigen Eigentümlichkeiten, und als Haupteinteilungsprinzip die Sprache, sind die Merkmale der Rasse im Sinne des Historikers. In Betracht kommen dabei hauptsächlich folgende Rassen: I. Die +sumerische+ Rasse, die Urbewohner von Babylonien. II. Die +ägyptisch-semitische+ (Semiten im weiteren Sinne), deren Ursitz Arabien gewesen zu sein scheint. III. Die +zagrische+ mit dem Hauptsitze um die Grenzgebirge zwischen der heutigen Türkei und Persien (die herrschende Bevölkerung in Elam). IV. Die +kleinasiatische+ (Hethiter), die mit der +indo-atlantischen+ verwandt zu sein scheint (Urarthier, Mitanier). V. Die +arische+ (indo-europäische): Iranier, Inder, Phryger, Griechen, Italiker, Kelten, Germanen, Litu-Slaven. Diese Völker sind die Hauptträger der geschichtlichen Entwickelung. VI. Von der +altaischen+ Rasse haben die Chinesen und Japaner im Osten einen eigenen Kulturkreis gebildet, die Bulgaren, Magyaren und Türken in Europa eine gewisse Bedeutung gewonnen. Andere Rassen (Ainos, Dravidas, Malaien, Iberer, Basken, Amerikaner, Neger) haben eine mehr passive Rolle gespielt als zurückweichende Urbevölkerung. ~I. Alte Geschichte.~ ~A. Die ägyptisch-semitischen Völker.~ § 1. Ägypter. ~Ägypten~, das von Höhenzügen und Wüsten eingeschlossene, oberhalb des Delta nur wenige Stunden breite, etwa 1100 km lange Tal des untern ~Nil~, der alljährlich vom Juli an auf fast 4 Monate seine Ufer überflutet und so das Land befruchtet. Zwei Landesteile: ~Unter-Ägypten~ mit der Hauptstadt +Memphis+ und dem Deltalande; ~Ober-Ägypten~ mit der Hauptstadt +Theben+ (Nu-Amôn), Südgrenze die Stromschnellen bei +Syene+, jetzt Assuan. Beide bestanden ursprünglich als selbständige Staaten nebeneinander. Ackerbau, Handwerk und Kunst erscheinen im vierten Jahrtausend v. Chr., wo die geschichtlichen Nachrichten beginnen, schon hoch entwickelt. ~Staatswesen~: Erbliches Königtum, die Könige gelten als Söhne des Sonnengottes +Râ+ selbst für göttliche Wesen. Glänzende Hofhaltung, viele Beamte, das Land in bestimmte Gaue geteilt. Bedeutender Einfluß der Priester, denen auch die Pflege der Wissenschaften (Sternkunde, Heilkunde, Rechtskunde) obliegt. Frühzeitige Feststellung des +Sonnenjahres+. Strenge Regelung des gesamten Lebens durch religiöse Satzungen. Erbliche +Stände+, nicht völlig gegeneinander abgeschlossene Kasten. ~Religion~: Verehrung der persönlich gedachten Naturkräfte, verbunden mit symbolischem Tierdienst. Die einzelnen Gaugötter schließen sich allmählich zu Götterkreisen zusammen. Oberster Gott der Sonnengott +Râ+ ihm sind die Obelisken geweiht. Neben ihm andere Gottheiten der Sonne, des Mondes, des Nils usw. Besondere Verehrung des +Ptah+ in Memphis, des +Amôn+ in Theben, der +Neit+ in Saïs. Der Kampf der dem Menschen heilsamen und feindlichen Naturkräfte, wie er sich in dem alljährlichen Aufblühen, Absterben und Wiedererwachen der belebten Natur ausprägt, wird dargestellt in dem Mythus von +Osiris+. Osiris, der Gott des Lebens, wird von +Set (Typhon)+, dem Dämon der verzehrenden Gluthitze, getötet, von seiner trauernden Gemahlin +Isis+ gesucht; endlich überwindet +Hôrus+, der Sohn beider, den Set. +Osiris+, wieder belebt, herrscht in der Unterwelt über die Seelen der Abgeschiedenen (Totengericht). Sorgfältige Bestattung der Toten, die für die einmal wiederkehrenden Seelen durch Einbalsamierung in Felsengräbern und Pyramiden erhalten wurden (Mumien). Heilige Tiere: der Stier +Hapis+ in Memphis als Abbild des Ptah verehrt; die Kühe der Isis, die Katzen der Bast, die Sperber dem Hôrus geheiligt. Die ~Hieroglyphenschrift~,[1] ursprünglich Bilderschrift, hat Buchstaben-, Silben- und Wortzeichen; oft wird dem mit Buchstaben- und Silbenzeichen geschriebenen Worte ein Bild zur Verdeutlichung angefügt. Sie wurde hauptsächlich zu Inschriften an den Wänden der Tempel und Grabkammern benutzt; für den gewöhnlichen Gebrauch schrieb man auf Papyrusblättern mit einer abgekürzten, der +hieratischen+ Schrift, später mit der noch mehr verkürzten +demotischen+ Schrift. [vor Chr. Vor ~3000.~] Das ~alte~ Reich, begründet von König ~Mena~ durch Vereinigung der beiden Landesteile. Wechselnde Residenzen der Könige in der Gegend von +Memphis+ (oberhalb Kairo). Ihre Grabdenkmäler sind die ~Pyramiden~; über 70 noch erhalten. Die höchsten (bei dem Dorfe Gizeh) sind von den Königen der +4. Dynastie+[2] (um 2800) erbaut: +Snofru+, +Chufu+ (Cheops bei Herodot),[3] +Chafrâ+, +Menkaurâ+. Unter der 6. Dynastie zerfällt die Einheit des Reiches; mehrere Könige herrschen nebeneinander. Herstellung der Einheit durch die von +Theben+ in Ober-Ägypten ausgehende 11. Dynastie. [Um 2100.] Das ~mittlere~ Reich, die klassische Zeit Ägyptens. Blüte der Baukunst und der Literatur (religiöse, medizinische, biographische Schriften; Märchen, Fabeln und Lieder). Handelsverkehr mit Syrien und dem Weihrauchlande Punt (Südarabien). Residenzen in der Landschaft +Fajjûm+ oberhalb +Memphis+. +Amenemhât I+. (12. Dynastie) baut den Amôntempel in Theben, seine Nachfolger unterwerfen das Land Kusch (Nubien), +Wesertôsen III.+ ist der in der griechischen Sage hervortretende Sesostris. +Amenemhât III.+ legt im Fajjûm den +Moeris-See+ an, um die Überschwemmungen des Nils zu regeln, und erbaut dort einen großen Reichstempel, von den Griechen Labyrinth genannt. Auch diese Dynastie hat Pyramiden gebaut; Felsengräber von Priestern und hohen Beamten bei Beni-Hassan. [Um 1800.] Eroberung Ägyptens durch die ~Hyksôs~, Hirtenkönige semitischer Abkunft, die über die Landenge von Suez eindrangen. Sie beherrschten hauptsächlich das untere Land, Ober-Ägypten wurde von einheimischen Statthaltern verwaltet. Einer von diesen, +Ahmôse+, Statthalter in Theben, vertreibt endlich im 16. Jahrhundert die Hyksôs und herrscht dann als König. [Um 1530.] Das ~neue~ Reich (Hauptstadt +Theben+) erhebt sich bald zu bedeutender Macht und Größe. König ~Dhutmôse I.~ (Thutmosis) aus der 18. Dynastie macht Nubien zur Provinz und dringt in Syrien bis zum Euphrat vor. Seine Tochter +Hatschepsowet+ sendet Schiffe aus nach dem Weihrauchlande Punt. ~Dhutmôse III.~ macht +Syrien+ und +Palästina+ zu Provinzen: höchste Machtfülle Ägyptens. Seine Nachfolger erhalten diesen Umfang des Reiches aufrecht. ~Amenhotep III.~ schmückt Theben mit glänzenden Bauten; Ruinen bei den jetzigen Dörfern +Karnak+, +Luksor+ und +Medinet-Abu+; bei letzterem noch jetzt zwei sitzende Kolosse, Statuen des Amenhotep, deren eine von den Griechen die +tönende Säule des Memnon+ genannt ward. [Um 1400.] ~Amenhotep IV.~ führt einen Sonnen-Monotheismus ein; alle anderen Götter sollen dem +Râ+ weichen. Er gründet eine neue Residenz in Mittel-Ägypten (Ruinen von El-Amarna), steht in freundschaftlichen Beziehungen zu den Königen von +Babel+ und +Assur+. Nach seinem Tode Wiederherstellung der früheren Götterverehrung, zumal des Amôn von Theben. [Um 1300–1270.] ~Seti I.~ und sein Sohn ~Ramsês II.~ (19. Dynastie) kämpfen mit den +Hethitern+ (Cheta), die in Nordsyrien ein Reich gegründet haben (S. 15). Ramsês siegt in der Schlacht bei +Kadêsch+ am Orontes, deren epische Beschreibung (der Schreiber Pentaur) in Tempelinschriften erhalten ist. Blüte des Reichs unter seiner fernerhin friedlichen Regierung; Residenz zu +Tanis+ im Deltalande, Tempelbauten zu Theben und Abu-Simbel (in Nubien), Nilkanal bis zum Timsah-See. [Um 1180.] ~Ramsês III.~ (20. Dynastie) behauptet das Ansehen des Reichs durch Kämpfe gegen die »Seevölker«, welche in Syrien eindringen, und gegen die Libyer im Westen. ~Zeit des Verfalles~ unter den folgenden Herrschern, Syrien wird unabhängig, in Nubien erhebt sich das Reich von +Napăta+. Die Priesterschaft des Amôn von Theben wird allmächtig, und endlich stößt der Oberpriester +Hĕrihôr+ den letzten Ramsês (XII.) vom Throne. Gegen seine Nachfolger erhebt sich eine neue Dynastie (21.) in +Tanis+. Kriegerisch tritt noch einmal König +Scheschonk I.+ auf (22. Dynastie), der um 920 für kurze Zeit +Jerusalem+ erobert. Dann Schwäche der Königsmacht gegenüber den Gaufürsten. [Um 775.] +Pianchi+, König von +Napăta+, erobert Ägypten; doch wird es nach einiger Zeit wieder selbständig. Dauernde Eroberung 728 durch +Schabăka+, König von Napăta, der die 25. Dynastie begründet. Sein zweiter Nachfolger +Taharka+ tritt den Assyrern in Syrien entgegen. [670.] ~Assurachiddin~, König von Assur, erobert Ägypten und ernennt 22 Statthalter, meist ägyptische Gaufürsten; doch hat er, wie auch sein Nachfolger Assurbanipal, gegen den von Napăta zurückkehrenden +Taharka+ und dessen Nachfolger +Tantamôn+ um den Besitz des Landes zu kämpfen. Nach des letzteren Tode treten die ägyptischen Statthalter wieder in ihre Rechte. [645.] +Herstellung des Reiches.+ ~Psamêtik~ von Sais, einer der Statthalter, macht sich mit Hilfe karischer und ionischer Söldner unabhängig von Assyrien (S. 10), residiert zu +Sais+ im Deltalande (26. Dynastie), öffnet das Land dem Fremdenverkehr (Syrer, Karer, Ionier). Unzufriedenheit im Stande der Krieger, ein Teil derselben wandert nach Nubien aus. Sein Sohn [610–594.] ~Neko~ (Necho) setzt den Bau des Kanals vom Timsah-See bis zum Roten Meere fort, ohne ihn zu vollenden, läßt durch phönikische Seeleute Afrika umfahren, versucht Syrien wiederzuerobern, wird aber 605 von den Babyloniern unter Nebukadnezar II. bei +Gargămisch+ am Euphrat zurückgeschlagen. Sein Enkel +Wahabrê+ (bei Herodot Apries) wird entthront von [570–526.] ~Ahmôse~ (Amāsis), dessen Regierung die letzte Glanzzeit Ägyptens ist. Freundschaft mit den Griechen von +Kyrēne+ und mit +Polykrătes von Samos+; den ionischen Griechen wird die Ansiedlung in +Naukrătis+ gestattet. Tempelbauten in Sais und Memphis. Sein Sohn [525.] ~Psamêtik III.~ wird in der Schlacht bei ~Pelusium~ von ~Kambyses~ besiegt. ~Ägypten persische Provinz.~ § 2. Babylonier und Assyrer. Ebenso alt wie im Niltal ist die Kultur in der fruchtbaren Ebene am Unterlauf des +Euphrat+ (Purat) und +Tigris+ (Diglat), welche später nach ihrer Hauptstadt ~Babylonien~ hieß. Träger dieser bis ins fünfte Jahrtausend vor Chr. nachweisbaren Kultur sind die nichtsemitischen ~Sumerer,~ doch sind zu der Zeit, wo die geschichtlichen Nachrichten beginnen, schon +semitische Stämme+ eingedrungen, zumal in Nord Babylonien, und haben sich die vorgefundene Kultur angeeignet. Die Entwickelung von Gewerbtätigkeit und Handel führt frühzeitig zur Ausbildung eines genauen Gewichts- und Maßsystems, bei welchem die Zahl 60 der Einteilung zugrunde liegt (Sexagesimal-System); an die Beobachtung der Sterne knüpft sich genaue Zeitrechnung, doch auch der Aberglaube der Sterndeutung (Astrologie). ~Religion~: Von der Verehrung der leuchtenden Himmelskörper ausgehend bildet sich eine vielgestaltige Götterwelt. Oberster Gott +Ellit,+ später +Bêl+ genannt, Sohn des Himmelsgottes +Anu+; seine Gemahlin +Belit+. Andere Götter +Samas,+ der Sonnengott, +Sin,+ der Mondgott, +Rammân,+ der Gott des Gewitters, +Marduk+, der Stadtgott von Babel, +Nergal, Istar, Nabu+. Hohes Ansehen der Priester, die wie in Ägypten zugleich Lehrer der Wissenschaft sind. An der altbabylonischen Kultur nimmt teil das von zagrischen Völkern bewohnte Land ~Elam~ (Hauptstadt +Susa+ am Choaspes) und allmählich auch das weiter nördlich am oberen Tigris gelegene Land ~Assur~ (Assyrien). Überall ist die ~Keilschrift~ im Gebrauch, mit Griffeln auf Tontafeln und Tonzylinder eingeritzt, später in vereinfachter Form von den Persern angenommen.[4] [Um ~3000.~] Stadtkönigtümer im Lande der +Sumerer+ (Südbabylonien), gestützt auf alte Kultstätten: Ur, Eridu, Larsa, Lagas (Sirpurla), Nipur mit dem auf Terrassen hochgebauten Tempel des Ellit. Im Norden Stadtkönigtümer der +Semiten+: Akkad, Sippara, Borsippa, Babel. [Um 2800.] König +Sargon+ von +Akkad+ (Nordbabylonien) gründet ein Reich, das sich bis nach Syrien erstreckt. [Um 2600.] Im Süden erheben sich die Könige von Ur, dann die von Larsa; die Herrscher dieser Dynastien bezeichnen sich auch als Könige von +Sumer und Akkad+. [Um 2300.] Kudur-Mabuk, König von +Elam+ (Susiana), erobert Ur und Larsa. [Um 2200.] ~Hammurabi~, König von Babel, befreit den Süden von dem Joch der Elamiter und zwingt ihn für immer unter die Herrschaft des Nordens; begründet damit das ~Babylonische Reich~. Die Hauptstadt, ein großes ummauertes Viereck, vom Euphrat durchströmt; auf der einen Seite des Flusses die Königsburg, auf der andern ein in 8 Stockwerken sich erhebender Tempel des Bêl. Sorgfältiger Ackerbau, Anlage von Kanälen. Eine umfassende +Gesetzgebung+, bekannt geworden durch eine 1901 in Susa gefundene Inschrift dieses Königs, regelt das bürgerliche Leben: Landbau, Schiffahrt, Handel, Eherecht, Erbrecht. [Um 1700.] Herrschaft der vom Zagrosgebirge her eingedrungenen Kassu (Kossäer) über Babel;[5] seit etwa 1250 wieder einheimische Könige. [Um 1500.] ~Reich Assur am oberen Tigris.~ Alte Hauptstadt gleichen Namens; spätere Residenzen der Könige sind +Ninua+ (Ninive)[6] und +Kalach+. Ausbildung des Kriegswesens und geordnete Verwaltung; die Jahre werden nach dem Wechsel der obersten Staatsbeamten (Limu) gezählt. [Um 1450.] König +Assurubállit+ von Assur, befreundet mit +Burnaburjasch+ von Babel, zerstört das Nachbarreich der +Mitani+ am oberen Euphrat. Lange Zeit bestehen die drei Reiche +Babel+, +Elam+, +Assur+ nebeneinander, verbunden durch Handelsverkehr, aber auch öfters in Feindschaft. +Tiglatninib+ von Assur herrscht um 1280 eine Zeitlang auch über Babel, +Nabukudrossor I.+ (Nebukadnezar I.) von Babel ist um 1130 siegreich gegen Elam, führt die geraubte Mardukstatue aus Susa zurück. [Um 1100.] +Tiglatpilêsar I.+ von Assur schlägt einen Angriff der kleinasiatischen +Muski+ (S. 15) zurück, dringt erobernd vor nach +Naīri+ (den Gebieten nördlich vom oberen Tigris) und nach +Nordsyrien+, wo das Reich der Hethiter (S. 5) sich in kleinere Staaten aufgelöst hat; er erreicht bei Arwad (Aradus) in Phönizien das Mittelmeer. Die nächstfolgenden Könige haben diesen Umfang der Herrschaft nicht behauptet; dann aber folgt die Gründung der ~Assyrischen Großmacht~. [885–860.] +Assurnâssirpal+ (III.) erobert die Länder am oberen Euphrat und Nordsyrien und dringt wieder bis zum Mittelmeer vor. Tyrus und Sidon zahlen Tribut. [860–825.] +Salmanâsar II.+ wiederholt diese Züge, greift zwar +Damaskus+ mehrfach vergeblich an, hält aber Tyros, Sidon und das Reich Israel (König Jehu) tributpflichtig, ebenso im Osten die indogermanischen +Madai+ (Meder) (S. 17); in +Babel+ greift er bei einem Thronstreit mit Heeresmacht ein. Sein zweiter Nachfolger +Râman-nirari III.+ (um 800) erobert auch +Damaskus+ und führt reiche Beute davon. Unter ihm reicht die assyrische Macht von Medien über ganz Palästina bis nach Edom. Dann folgt eine Zeit des Niedergangs; +Salmanâsar III.+ (um 780) kämpft erfolglos gegen das in den nördlichen Bergländern (Armenien) entstandene Reich +Urarthu.+ [745–727.] ~Tiglatpilêsar III.~ (Pulu), ein Usurpator, stürzt den schwachen König Assur-nirari und erhebt die assyrische Macht aufs neue. Er bekriegt das westliche +Medien+, bricht die Macht der +Urarthier+, stellt die Herrschaft über +Syrien+ wieder her. Die Könige von Damaskus, Israel, Tyros zahlen ihm Tribut. In +Babel+ bestätigt er zuerst den König +Nabunâssir+[7] als aber nach dessen Tode Ukînzêr, Fürst der Kaldi (Chaldäer, im südlichen Babylonien) sich des Thrones bemächtigt, vertreibt er diesen und macht sich selbst unter dem Namen Pulu zum König von Babylon, Sumer und Akkad. So wird er der Gründer des assyrischen Weltreichs, indem er [~729.~] ~Assur und Babel vereinigt~. [722–705.] ~Sarrûkîn~ (Sargon), Begründer einer neuen Dynastie, beendet die von seinem Vorgänger Salmanâsar IV. begonnene Belagerung von +Samaria+, führt die Einwohner nach Medien, schlägt einen Angriff des ägyptischen Königs Schabăka (S. 6) bei +Raphia+ (unweit Gaza) zurück, vernichtet durch Eroberung von +Gargamisch+ (Karchemisch) den letzten Hethiterstaat in Syrien (S. 8). Dann unterwirft er das westliche +Medien+, siegt über den König Rusas von +Urarthu+, zwingt Mita, den König der +Muski+ (Midas von Phrygien, S. 8), zur Huldigung. Cypern tributpflichtig. Inzwischen hat sich in +Babel+ Mardukbaliddin, Fürst der Kaldi, von Elam her unterstützt, der Herrschaft bemächtigt; Sarrûkîn besiegt ihn 710 und stellt die Vereinigung beider Reiche wieder her. Elam bleibt selbständig. Neue Residenz Dûr-Sarrûkîn (Chorsâbâd) nördlich von Ninive. Sein Sohn [705–681.] ~Sinachirib~ (Sanherib) behauptet Syrien gegen die Ägypter, belagert aber Tyros und Jerusalem vergeblich (König Hiskia), zerstört die Stadt Babel nach abermaligem Aufstande der Einwohner. [681–668.] ~Assurachiddin~ (Assarhaddon) stellt Babel wieder her, begünstigt die Babylonier, unterwirft +Ägypten+ (S. 6, Memphis 670 erobert) und mehrere +arabische+ Stämme. Sidon erobert und zerstört, wird assyrische Provinzialstadt. Unter diesem König hat das Reich seine größte Ausdehnung. Aber schon unter seiner Regierung beginnen nomadische Indogermanen, die +Skutscha+ und +Gimirai+ (Skythen und Kimmerier), das Reich vom Norden her zu bedrohen. [668–626.] ~Assurbanipal~ (Sardanapal) wird durch den Aufstand seines Bruders +Samassumukîn+, den Assurachiddin zum König von Babel eingesetzt hatte, genötigt, Ägypten aufzugeben (vgl. S. 6), unterwirft jedoch +Babel+ wieder und macht dem Reiche ~Elam~ ein Ende durch Eroberung der Hauptstadt +Susa+. Seine durch Bauten verschönerte Residenzstadt ist ~Ninive~; dort ist in den umfangreichen Ruinen der größte Teil seiner großartigen Bibliothek aufgefunden worden (Tafeln und Zylinder aus Ton mit Keilschrift). Nach seinem Tode wird +Babel+ wieder selbständig und erhebt sich bald zu großer Macht, während das assyrische Reich durch die verheerenden Kriegszüge der +Skythen+, die bis nach Syrien vordringen, geschwächt wird. [~626–539.~] ~Das Neu-Babylonische (chaldäische) Reich.~ [626–605.] ~Nabupalôssor~, ein Chaldäerfürst, König von Babel, erkennt die assyrische Oberhoheit nicht mehr an, verbündet sich mit dem König der +Meder+ Kyaxāres (S. 17). [606.] ~Ende des assyrischen Reiches,~ die vier Residenzstädte, namentlich +Ninive+, von den Medern unter Kyaxāres zerstört. König +Neko+ von Ägypten, welcher Syrien zu erobern versucht (609 Schlacht bei Megiddo, wo König Josia von Juda fällt), wird von +Nabukudrossor+, Nabupalôssors Sohn, zurückgeschlagen. [605–561.] ~Nabukudrossor II.~ (Nebukadnezar) läßt die vergrößerte Stadt Babel (Babylon) mit einer doppelten Mauer umziehen, legt die sogen. schwebenden Gärten der Semiramis (Terrassen) an, stellt den Tempel des Bêl und die das Land vor Versumpfung schützenden Kanäle wieder her (Wasserbecken bei +Sippāra+), sichert das Land im Norden durch die vom Euphrat bis zum Tigris reichende medische Mauer. Amasis von Ägypten, der sich mit griechischen Inselmächten verbündet hat, 605 bei Karchemisch besiegt. Krieg gegen Juda. 586 Jerusalem zerstört, die Einwohner am Euphrat angesiedelt, 573 Tyros unterworfen. Nach dem Tode des großen Königs Verfall des Reiches durch Thronstreit. Kurze Regierungen der drei Nachfolger aus Nebukadnezars Familie; dann wird die chaldäische Dynastie von den Priestern gestürzt, die einen Babylonier +Nabunêd+ auf den Thron erheben. Dieser bemüht sich um Herstellung der Tempel und Einkünfte der Priester, erliegt aber dem Angriffe der +Perser+. [539.] ~Babylon von Kyros erobert~; Babylonien wird zunächst ein Kronland der Perserkönige, dann nach einem Aufstand unter Xerxes persische Provinz. Der Marduktempel von Xerxes zerstört, bleibt seitdem in Trümmern. § 3. Juden (Hebräer, Israeliten). ~Syrien~, von semitischen Völkern bewohnt, hat nach dem Verfalle der Macht der +Hethiter+ (S. 8) keine zusammenfassende Staatsbildung aufzuweisen; im 9. Jahrhundert wird es von den +Assyrern+ abhängig. Doch behalten die Einwohner ihre alte Religion und Sprache; in Nordsyrien herrscht die +aramäische+ Sprache. Geschichtlich bedeutsam durch seine +Religion+ ist das im Lande ~Kanaan~ (Palästina) wohnende jüdische Volk, dessen ältere Geschichte sagenhaft ist. Stammväter: +Abraham+, +Isaak+, +Jakob+; Auswanderung nach Ägypten, Rückkehr unter +Mose+, Gesetzgebung am +Sinai+. Unter +Josuas+ Führung werden die Völker Kanaans besiegt; Verteilung des Landes zu beiden Seiten des +Jordan+ unter die 12 Stämme; der Stamm Levi zur Priesterschaft bestimmt. Verehrung des einigen unsichtbaren Gottes +Jahveh+ (Jehovah); sein Heiligtum die tragbare Stiftshütte, darin die Bundeslade, in welcher die Gesetztafeln aufbewahrt werden. Das Gesetz Jahvehs beherrscht das ganze bürgerliche Leben. (Theokratie.) Weitere Kämpfe mit den Völkern Kanaans unter Führung der ~Richter~: Gideon, Jephtah, Simson, Samuel. [Um 1000.] Auf Verlangen des Volkes salbt Samuel den ~Saul~ (aus dem Stamme Benjamin) zum +König+. Saul, siegreich gegen die Nachbarvölker, entzweit sich bald mit dem Priestertume. Samuel salbt einen andern König, +David+, aus dem Stamme Juda. Diesen nötigt Saul zur Flucht, tötet sich aber selbst nach einem unglücklichen Kampfe gegen die Philister. [Um 980.] ~David~ treibt die Feinde zurück, entreißt den Jebusitern +Jerusalem+, wohin die Bundeslade gebracht wird, und macht diese Stadt zur Hauptstadt. [Um 950.] ~Salomo~ baut den Tempel zu Jerusalem; Freundschaft mit dem König Hirôm I. von Tyros, gemeinsame Seefahrten nach dem Lande +Ophir+ (Ostarabien?); glänzende Regierung. Nach seinem Tode [Um 925.] ~Teilung~ des Reiches der Juden. Die Stämme Juda und Benjamin halten zu +Rehabeam,+ dem Sohne Salomos, die andern zehn Stämme unter +Jerobeam+ bilden das Reich +Israel+ (Hauptstadt Sichem, später seit Ahab Samaria). Im Reiche ~Israel~ gelangt unter König +Ahab+ (um 870) durch den Einfluß seiner Gemahlin +Isebel+, Tochter +Itobaals I.+ von Tyros, der phönikische Baal- und Astartedienst zu großer Verbreitung. Kampf der ~Propheten~ (~Elîa~, +Elisa+ u. a.) gegen das götzendienerische Königtum. Ahab fällt im Kampf gegen Damaskus. Der Feldhauptmann +Jehu+, von Elisa gesalbt, tötet Isebel, rottet das Geschlecht Ahabs aus, macht sich zum König und verbietet den Baaldienst; er wird 842 dem +assyrischen+ Könige Salmanâsar II. tributpflichtig (S. 9). Dann Bedrängnis durch die Könige von +Damaskus+, glücklichere Zeit unter +Jerobeam II.+ König +Menachem+ wird 738 wiederum den Assyrern untertan; König +Hosea+ wird, als er sich der assyrischen Herrschaft zu entziehen sucht, 724 von Salmanâsar IV. geschlagen und gefangen. Nach 3 jähriger Belagerung wird [~722.~] +Samaria+ von +Sarrûkin+ (S. 9) erobert, das ~Reich Israel zerstört;~ über 27000 Einwohner weggeführt und in Assyrien und Medien angesiedelt. Das Reich ~Juda~ wird noch unter +Rehabeams+ Regierung von den Ägyptern unter +Scheschonk+ (S. 6) mit Krieg überzogen. König +Josaphat+ (um 870) vermählt, um ein friedliches Verhältnis mit dem Reiche Israel herzustellen, seinen Sohn mit +Athalja+, der Tochter Ahabs von Israel und der Isebel. Athalja bemächtigt sich 843 in Jerusalem der Herrschaft, ermordet, um Davids Stamm auszurotten, ihre eigenen Enkel (nur +Joas+ wird wunderbar gerettet und im Tempel Jehovahs auferzogen) und führt in Jerusalem den Baaldienst ein. Sie wird 837 von dem Hohenpriester +Jojada+ gestürzt und getötet, der junge +Joas+ auf den Thron gesetzt, der Baaldienst aufgehoben. König +Hiskia+ (um 700), der Leitung des Propheten ~Jesaja~ folgend, verbannt aufs neue die Abgötterei, verweigert den Assyrern den Tribut und verbindet sich mit Ägypten. Die Assyrer unter +Sinachirib+ belagern vergeblich Jerusalem, führen aber viele Bewohner des offenen Landes in die Gefangenschaft. Unter +Josia+ (640–609) verheeren die +Skythen+ (s. S. 10) das Land. Herstellung des Jehovahdienstes nach Auffindung des Gesetzbuches im Tempel (621); der Prophet ~Jeremia~. König Josia fällt im Kampfe gegen den ägyptischen König +Neko+ (s. S. 10) bei +Megiddo+ 609. Das Reich Juda wird den Ägyptern und nach der Schlacht bei +Gargamisch+ (S. 6) den Babyloniern Untertan. Ein Versuch des letzten Königs +Zedekia+, die Unabhängigkeit wieder zu gewinnen, mißlingt trotz ägyptischer Hilfe. [v. Chr. 586.] ~Nabukudrossor~, König von Babylon, ~zerstört Jerusalem~. Viele Juden in die +babylonische Gefangenschaft+ geführt. [539.] ~Kyros~ gestattet den Juden die Rückkehr nach Palästina und die Wiederherstellung eines Staates Juda. Jerusalem und der Tempel wieder aufgebaut. Herstellung des mosaischen Gesetzes durch +Esra+ 458, Mauerbau unter +Nehemia+ 445. An der Spitze des kleinen Staates steht unter persischer Oberhoheit der +Hohepriester+; Feindschaft gegen +Samaria+, wo Vermischung mit anderen Völkern eingetreten ist. § 4. Phöniker und Karthager. ~Phönikien~, der schmale, hafenreiche Küstenstrich westlich vom Gebirge Libanon, bewohnt von einem semitischen Volke, welches frühzeitig Städte gründete: +Arwad+ (Arados), +Gubal+ (Byblos), +Berut+ (Berytos), +Sidon+, +Zor+ (Tyros). ~Sidon~ seit etwa 1500 v. Chr. die bedeutendste Stadt. Die +Religion+ der Phönīker mit der babylonischen verwandt, durch Ausschweifung und Grausamkeit entstellt. Hauptgötter +Baal+, +Astarte+ und +Moloch+, der Feuergott, welchem Menschenopfer dargebracht wurden. In Tyros +Melkart+ besonders verehrt, in Gubal der Frühlingsgott +Adonis+. Die Phöniker trugen als +Handelsvolk+ die in Ägypten und Babylonien begründete Kultur nach den Ländern des Westens. Ihre Häfen standen durch Karawanenstraßen (über Damaskus und Thadmor) mit dem Euphratlande in Verbindung. Mannigfache +Gewerbtätigkeit+: Weberei, Purpurfärberei, Glasbereitung, Bergbau, Bearbeitung der Metalle. Ausbildung der (konsonantischen) Lautschrift, von der die europäischen und neueren asiatischen »Alphabete« abstammen. Gründung zahlreicher ~Kolonieen~ auf Cypern, Rhodos, Kreta, Kythera, auf Inseln des Ägäischen Meeres, auf Sicilien, an der Nordküste von +Afrika+ (Utica, Leptis), an der Südküste von +Spanien+ (Gades). Weitere Handelsfahrten teils nach der Westküste Afrikas, teils nach Britannien und der deutschen Seeküste, wo sie u. a. den Bernstein fanden. [Um 1100.] ~Tyros~ gelangt an Stelle von Sidon zum Vorrang unter den phönikischen Seestädten. [Um 950.] Blüte von +Tyros+ unter König ~Hirôm I.~, dem Freunde Salomos (S. 11). +Neu-Tyros+, auf einer Insel der Altstadt gegenüber gelegen, wird erweitert, befestigt und durch einen Damm mit dem Festlande verbunden. Später entstehen innere Zwistigkeiten; ein großer Teil der alten Geschlechter verläßt unter Führung der Königstochter +Elissa+ die Stadt Tyros und gründet [v. Chr. Um 814.] ~Karthāgo~, punisch +Kartchadast+ (d. h. die neue Stadt), an der Meeresbucht zwischen dem +Schönen+ und dem +Hermäischen+ Vorgebirge, nicht weit von dem heutigen +Tunis+ (Doppelhafen, Burg +Byrsa+). Die Gründerin +Elissa+ wird später als Göttin +Dido-Astarte+ (Beschützerin der Kolonisation) verehrt. Verfassung Karthagos: Aristokratische Republik, die Herrschaft in der Hand der reichen Großkaufleute und Gewerbetreibenden, an der Spitze zwei jährlich erwählte +Suffeten+, d. h. Richter, auch Könige genannt, ein engerer und ein weiterer Senat; die Bürgerschaft hat das Wahlrecht und wird bei wichtigen Entscheidungen befragt. Allmähliches Sinken der Städte des Mutterlandes; sie geraten unter die Botmäßigkeit der +Assyrer+, dann der +Babylonier+; nur +Tyros+ erhält sich bis 573 frei. Währenddessen breiten sich die +Griechen+, welche schon früher (um 1000 v. Chr.) die Phöniker aus dem Ägäischen Meere verdrängt hatten, an den Küsten und Inseln des westlichen Mittelmeeres aus und bedrohen die phönikischen Niederlassungen mit Vernichtung. [Um ~600~.] Gegenüber dieser Gefahr beginnt ~Karthago~ die Phöniker des Westens unter seiner Führung zu sammeln und gründet ein ~seemächtiges Reich~ in +Nordafrika+, +Westsicilien+ und +Südspanien+. Grenzkriege mit den Griechen von +Kyrēne+; die Altäre der Philänen (östlich von Groß-Leptis) als Grenze festgestellt. Auch +Sardinien+ wird von den Karthagern besetzt; aus +Korsika+ vertreiben sie, im Bunde mit den Etruskern, die Griechen von Phokäa (Seeschlacht bei Alalia 540). [586–573.] ~Tyros~ hält eine dreizehnjährige Einschließung (von der Landseite) durch +Nabukudrossor+ aus, muß aber zuletzt die Oberherrschaft des Königs von Babylon anerkennen (S. 10). [539.] Nach Zerstörung des Babylonischen Reiches durch +Kyros+ werden die Phöniker den Persern Untertan, sie stellen fortan den Hauptteil der +persischen Seemacht+. ~Sidon~ wird nunmehr wieder die erste Stadt Phönikiens. +Tripolis+ als Bundesstadt gegründet von Arados, Sidon und Tyros. [332.] Nach der Eroberung von Tyros durch +Alexander d. Gr.+ wird Phönikien und ganz Syrien, bald auch Ägypten und Babylonien ein Teil der großen ~griechisch-makedonischen~ Monarchie. Fussnoten: [1] Die Entzifferung der Hieroglyphen gelang zuerst dem französischen Gelehrten +Champollion+ 1822 mit Hilfe des 1799 von Napoleons I. Soldaten bei +Rosette+ aufgefundenen Steines, der eine Inschrift aus der Ptolemäerzeit in ägyptischer und griechischer Sprache enthält. [2] Einunddreißig +Dynastien+ ägyptischer Könige, mit +Menes+ beginnend, bis auf Alexander d. Gr. verzeichnete um 280 v. Chr. der Priester +Manĕtho+ zu Heliopolis (On) in einem griechisch geschriebenen Werke über Ägyptens alte Geschichte. [3] +Herodot+, welcher um 450 v. Chr. Ägypten bereiste, nennt die Könige Cheops, Chephren, Mykerinos. Seine Angaben über die ältere Geschichte Ägyptens sind sagenhaft; wertvoll ist seine Schilderung des Landes und der Volkssitten. [4] Die Entzifferung der Keilschrift begann +G. F. Grotefend+ 1802, indem er in den Inschriften von Persepolis die persischen Königsnamen erkannte. Weitere Fortschritte namentlich durch +Rawlinson+, welcher 1846 die persische Inschrift von Bagistana (Behistun) (s. S. 20) herausgab. [5] Die fünfte Dynastie bei +Berōssos+, der um 280 v. Chr. die Sagen der babylonischen Urzeit (große Flut) und die Königsreihen in einem griechisch geschriebenen Geschichtswerk verzeichnete. [6] Die Ruinen von +Ninive+ bei Môssul (am Tigris) zuerst 1842 von dem Franzosen Botta, 1845 von dem Engländer Layard erforscht, die Ruinen von +Babylon+ 1853 von Oppert und Rawlinson. Deutsche Ausgrabungen 1886, dann seit 1901. [7] Mit Nabunâssirs Regierungsantritt 747 v. Chr. beginnt der in dem astronomischen Werke des Alexandriners +Ptolemaios+ (um 150 nach Chr.) erhaltene +astronomische Kanon+, ein Verzeichnis der Herrscher, die über Babylon regiert haben, bis Antonius Pius, mit genauer Angabe der Regierungszeiten. ~B. Die asiatischen Arier.~ Ein neues Zeitalter beginnt mit dem Auftreten der ~Arier~ (Indoeuropäer). Zuerst treten die +asiatischen+ Zweige dieser Völkergruppe hervor in Iran, Kleinasien, Armenien, Indien, dann die +südeuropäischen+ (Griechen und Italiker), weiterhin die Kelten und Germanen, zuletzt die Slaven und Letten. § 1. Völker Kleinasiens. Um 1500 v. Chr. erscheinen zuerst die den Phrygern verwandten +Muski+ und Stämme der iranischen +Saken+ (Skythen) in Kleinasien. Sie verdrängen die +Hethiter+ (S. 5, 8, 9), von deren früherer gewaltiger Herrschaft sich Denkmäler westlich vom Halys in Syrien, Mesopotamien, Kilikien, Kappadokien, auch am Sipylos finden. Das ~Phrygische Reich~, dessen König Mita (Midas) 710 den Assyrern huldigt (S. 9), erliegt bald darauf dem Ansturm der +Kimmerier+ (S. 10), die ebenso wie die +Saken+ oder +Skythen+ iranische Stämme sind, die nicht seßhaft werden. Als selbständige seßhafte Stämme erscheinen die Armenier, Kappadokier, Lykier; an der Westküste bildet sich das ~Lydische Reich~ und gewinnt dann weitere Ausdehnung. [Um 670.] König ~Gyges~, Begründer der +Mermnaden+-Dynastie, huldigt dem assyrischen Reiche, fällt im Kampf gegen die +Kimmerier+, welche die Hauptstadt +Sardes+ bis auf die Burg erobern, dann aber zurückweichen. Seine Nachfolger unterwerfen +Mysien+ und +Phrygien+, bekämpfen die Griechenstädte. ~Alyattes~, der vierte Mermnade, gerät in Krieg mit Kyaxâres von Medien. [~585.~] Unentschiedene Schlacht am Halys zwischen +Alyattes+ und +Kyaxâres+ (Sonnenfinsternis, vorhergesagt von Thales von Milet). Der +Halys+ wird als Grenze zwischen dem lydischen und dem medischen Reiche festgesetzt. Des +Alyattes+ Tochter wird mit +Astyages+, dem Sohne des +Kyaxâres+, vermählt. +Alyattes+ unterwirft +Bithynien+, +Paphlagonien+, +Karien+, auch die meisten Griechenstädte, zerstört +Smyrna+. Aufhäufung großer Schätze in der Königsburg von Sardes. [~554–541.~] ~Kroisos~, Sohn des Alyattes; er unterwirft nach der Einnahme von +Ephĕsos+ alle griechischen Küstenstädte, mit Ausnahme von +Milet+, mit dem er das von Alyattes erzwungene Bundesverhältnis erneuert. Reger Verkehr mit dem europäischen Griechenland. Nach der Entthronung seines Schwagers +Astyages+ von Medien durch den Perser +Kyros+ überzieht +Kroisos+ das persische Reich mit Krieg. Auf den (zweideutigen) Rat des delphischen Orakels überschreitet er den +Halys+. Unentschiedene Schlacht bei +Pterĭa+. Kroisos geht unschlüssig nach Sardes zurück. Kyros folgt ihm, siegt in einer zweiten Schlacht, erobert Sardes und nimmt Kroisos gefangen. [Um ~545.~] ~Untergang des lydischen Reichs,~ das mit dem persischen vereinigt wird. § 2. Die Inder. Um 1500 v. Chr. Einwanderung +arischer+ Stämme in das Tiefland des ~Indus~; sie breiten sich allmählich aus über das +Ganges+land, über die Halbinsel +Dekhan+ und die Insel +Ceylon+ (Singhala), überall eine dunkelfarbige Urbevölkerung (+Dravidas+) verdrängend. Gründung zahlreicher Staaten. Der alt-arische Götterglaube, den die Eroberer mitbrachten, bilderlose Verehrung der Naturmächte (der Himmelsgott +Diausch-Asura,+ der Gott des allumfassenden Weltraumes +Váruna,+ der Feuergott +Agni+, der Gewittergott +Indra+ u. a.), ward unter dem Einfluß der Priester allmählich zu der mehr monotheistischen ~Brahma~-Religion umgebildet, die das gesamte Denken und Leben in strenge Satzungen einfügte. Viele Vorschriften der Reinigung, Lehre von der Seelenwanderung. Das Volk wird in vier streng geschiedene Stände (Kasten) geteilt: Priester (+Brahmanen+), Krieger (+Kschatrija+), Ackerbauer und Gewerbetreibende (+Vaiçja+), die unterworfenen Ureinwohner als Dienende (+Çudra+): am niedrigsten stehen die als unrein verachteten +Paria+. Die Könige gehen aus dem Kriegerstande hervor, sie wählen ihre Ratgeber und Beamten aus den Brahmanen. Reiche Entwickelung der Literatur; +Sanskrit+ die Schriftsprache, von der Volkssprache unterschieden. +Vedas+ die heiligen Bücher (Hymnen, Gebete, Sprüche), Gesetzbuch des +Manu+. Die epischen Dichtungen +Mahabhârata+ und +Ramâjana+ schildern die Heldentaten der Kriegszeit, doch hat ihr ursprünglicher Inhalt manche Umbildung in priesterlichem Sinne erfahren. In Baukunst und Skulptur ist seit dem 6. Jahrhundert +persischer+ Einfluß erkennbar. [Um 520.] ~Buddha,~ ein Königssohn (seine Heimat an den Vorhöhen des Himâlaya), tritt als Reformator auf, verwirft die strengen Satzungen und Kastenunterschiede, lehrt sittliche Vervollkommnung durch Entsagung und Mitleid, stellt als Ziel die Ruhe der Seele (Nirwāna) auf. Er wird später selbst als Gott verehrt, sein Bild in den Tempeln aufgestellt. [Um 450.] Das Reich von ~Magādha~ im Gangeslande erhebt sich nach Unterwerfung mehrerer Nachbarstaaten zu größerer Bedeutung: seine Könige nehmen den Buddhismus an. Residenz +Pataliputra+ (Patna). [317–291.] +Tschandragupta+, ein Flüchtling aus Magadha, vertreibt die Makedonier aus dem +Indus+lande, macht sich zum König von Magadha und erweitert das Reich fast über die ganze vorderindische Halbinsel. Sein Enkel [263–226.] +Açoka+ durch milde und sorgsame Regierung berühmt. Blütezeit des Buddhismus; die +Stupa+, Kuppelbauten zum Schutz der Reliquien Buddhas, +Bhagavāti+ die pyramidenförmig aufsteigenden Tempel (Pagoden). Anlage von Straßen, Brunnen, Krankenhäusern (auch für Tiere). Inschriften bezeugen seine Beziehungen zu den Herrschern der Diadochenreiche. Im Reiche Magadha lebte im 6. Jahrhundert +nach+ Chr. der Dramendichter Kalidâsa (Sakuntăla). Im 3. Jahrhundert gelangt die +Brahma+lehre wieder zur Herrschaft; der Buddhismus breitet sich nach Hinterindien, Tibet, China, Japan aus. Das Eindringen fremder Eroberer beginnt erst in der Zeit des Islam. § 3. Die Iranier. Das Hochland +Iran+ (Ariân, Land der Arier) ist ein Land der Gegensätze; zwischen schneebedeckten Gebirgen und glühenden Sandwüsten liegen oasenartig Strecken fruchtbarsten Bodens, die natürlichen Mittelpunkte des Landes. Am stärksten bewohnt sind die Gebirgsländer am Rande des Hochlandes; im Westen +Medien+ und +Persien+, im Norden +Hyrkanien+ und +Parthien+, im Osten +Baktrien+ und +Arachosien+; dort hat sich in der Landschaft +Arīa+ (Herat) auch der alte Gesamtname erhalten. Der alte Götterglaube erfuhr auch hier eine priesterliche Umbildung durch die Lehre des +Zarathuschtra+ (Zoroaster), der in unbekannter Zeit unter einem Fürsten +Vistâspa+ lebte. Als Staatsreligion erscheint diese Lehre erst unter Dareios I., um 520. Über die anderen Götter erhebt sich +Ahura-Mazda+ (Ormuzd), Beschützer des Ackerbaues und Verteidiger der Wahrheit; ihm stehen zur Seite die 6 guten Geister, +Amĕscha-Spenta+. Sein Dienst fordert die Bekämpfung der verderblichen Mächte, an deren Spitze +Angramanjusch+ (Ahriman) steht. Keine Götterbilder und Tempel; nur Feueraltäre im Freien, namentlich auf Bergen; das Feuer gilt als heiliges Symbol der Reinheit. Später (um 400 v. Chr.) finden auch Götter der alten Volksreligion wieder große Verehrung, namentlich +Mithra+, der Gott des Sonnenlichts, und +Anāhĭta+, Göttin der Gewässer, denen man auch Bilder und Tempel errichtet. Heiliges Buch +Avesta+, nur zum Teil erhalten in einer aus der Sassanidenzeit (3. Jahrhundert nach Chr.) stammenden Bearbeitung. Die Priester (Magier) zu einer erblichen Kaste vereinigt. Die ~Meder~ im nordwestlichen Gebirgslande, seit 835 den +Assyrern+ Untertan (S. 9), doch oft sich empörend, befreien sich zur Zeit des Einbruchs der +Skythen+ (S. 10). Schon um 670 wird +Kastarita+, ein medischer Fürst, von den Assyrern als gefürchteter Gegner genannt. Nach Herodot ist +Deiokes+ (700 bis 647) als der Begründer des medischen Reiches anzusehen. Der Befreier Mediens von den unter +Partatua+ (Protothyas bei Herodot) infolge des babylonisch-assyrischen Krieges in großen Scharen (S. 10) eingedrungenen +Skutscha+ (Skythen), die unter Madyas, dem Sohn Partatuas, 28 Jahre über »Asien« herrschten, war [624–585.] ~Kyaxâres~, vermutlich ein Nachkomme Kastaritas. Er ist wohl der eigentliche +Gründer des Mederstaates+, schuf ein stehendes Heer, stand im Bunde mit Babylonien (S. 10). Er zerstört Ninive, kämpft mit den Lydern (S. 15) und dehnt seine Herrschaft über andere iranische Stämme (Sagartier, Hyrkanier, Parther) aus. Sein Reich vom Halys im Westen bis an die Grenze Elams (zu Babylon) im Südosten. Residenz Hagmatâna (Agbatana). Sein Nachfolger ist [584–550.] ~Astyages~ (babylonisch Ischtuvegu). Er macht einen Vorstoß gegen das neubabylonische Reich und belagert um 555 +Harrân+. Seine Erfolge werden vereitelt durch den Aufstand der +Perser+, eines medischen Vasallenstaates in Elam, unter +Kurusch II+. [Um 630.] Die ~Perser~ dringen aus ihrem Gebirgslande im Südwesten Irans nach +Elam+ vor und gründen hier unter dem Achämeniden +Tschischpisch+ (Teïspes bei Herodot) das Königreich +Antschan+. Hier herrschen die Könige +Kurusch I.+ und +Kambudschija I.+, dann des letzteren Sohn [~558–529.~] ~Kyros~ (+Kurusch II.+), welcher 550 seinen Lehnsherrn +Astyages+ stürzt und die medische Hauptstadt +Hagmatâna+ erobert. Er vereinigt die persischen Stämme unter seiner Herrschaft und gründet das große [~559–330.~] ~Persische Reich,~ welches die Völker Vorderasiens zu einer politischen Einheit zusammenfaßt. Ihm gehorchen die früher den Medern unterworfenen Völker Irans, die Armenier und Kappadoker; er stürzt das lydische Reich (S. 16), und während seine Feldherren Mazares und Arpagos die Griechenstädte an der kleinasiatischen Küste unterwerfen, erobert er +Babylon+. Das babylonische Reich wird dem persischen angegliedert (S. 11), jedoch in Sitte und Religion nicht angetastet. Die phönikischen Städte und die Kilikier behalten ihre einheimischen Könige unter persischer Oberhoheit, in den Griechenstädten werden persisch gesinnte Fürsten (Tyrannen) eingesetzt, den Juden wird die Rückkehr nach Palästina gestattet. Hauptstadt zunächst wohl Susa, denn Kyros’ Stammland Antschan gehörte zu Elam. Die +Meder+ sind in diesem Reiche zunächst den Persern gleichgestellt, ebenso wie die Babylonier; auch aus ihnen nimmt der König seine Beamten. Bei den +Persern+ herrschen einfache Sitten; als kräftiges Gebirgsvolk sind sie den in der Kultur vorgeschrittenen Nachbarvölkern überlegen. Kyros fällt 529 im Kampfe gegen die Nomaden im Nordosten des Reiches (+Massageten+, ihre Königin Tomyris nach Herodot); sein Grabmal zu +Pasargădã+ ist erhalten. Sein Sohn und Nachfolger [~529–522~.] ~Kambyses~ (+Kambudschĭja)+ tötet seinen jüngeren Bruder (Smerdis) +Baraĭja+, der sich an die Spitze eines Aufstandes der östlichen Reichshälfte gestellt hat. (Kyros hatte sich nicht auf das Persertum gestützt, sondern auf die alten Kulturländer; erst unter Dareios gewann das Persertum die führende Stellung im Reich.) Er erobert +Ägypten+ (S. 6), zieht den Nil aufwärts gegen +Napata+, das sich unterwirft. Die Griechen in +Kyrene+ erkennen ebenfalls die Oberherrschaft der Perser an, aber eine beabsichtigte Unternehmung gegen +Karthago+ scheitert an der Weigerung der Phöniker, gegen ihre Pflanzstadt Schiffe zu stellen. Inzwischen empört sich in Medien der Magier (Priester) +Gaumâta+, indem er sich für den getöteten ~Bardija~ ausgibt. Kambyses stirbt auf der Rückkehr aus Ägypten; der falsche Bardija wird nach kurzer Herrschaft gestürzt von den sieben Stammfürsten der Perser, deren +erster+ König wird, der Sohn des Achämeniden Vischtâspa (Hystaspes),[8] [521–485.] ~Dareios I.~ (+Darijavahusch+). Aufstände im ganzen Reiche, zuerst in Elam und Babylon, dann empören sich die Meder, Sagarter, Hyrkanier und Parther unter angeblichen Nachkommen des +Kyaxâres+, die Armenier, in Persien selbst ein zweiter falscher +Bardija+. Die Niederwerfung aller dieser Aufstände (Babylon durch die List des Zopyrus erobert) berichtet die dreisprachige Keilinschrift (persisch, elamitisch, babylonisch) an der Felswand von +Bagistâna+ (Behistun, südwestlich von Agbatana am oberen Choaspes). Darauf Neuordnung des Reiches; es wird in 20 +Satrapien+ geteilt, die bestimmte Steuern zu entrichten haben in Geld und Naturalien. Nur die eigentlichen Perser sind steuerfrei, nicht mehr die früher ihnen gleichgestellten Meder. Die Perser bilden den Kern des Heeres. Die übrigen Reichsvölker stellen Truppen oder Schiffe. Einheitliche Reichswährung, deren Einheit der Dareikos (Goldmünze von etwa 23 M. Wert) bildet, der auch in Griechenland und Indien in Umlauf kommt. 300 Dareiken gleich einem babylonischen Silbertalent, 7030 M. unseres Geldes. Große Heerstraßen angelegt, namentlich die Königsstraße von +Sardes+ nach +Susa+ mit Stationen für die reitenden Boten des Königs. Palastbauten in +Susa+ und der neuen Hauptstadt +Persepŏlis+; auch +Babylon+ und +Agbatāna+ bleiben Residenzen des Großkönigs. Dareios erweitert das Reich durch Unterwerfung des +Indus+landes, läßt von der Indusmündung aus Arabien umfahren und den Nilkanal nach dem Roten Meer (S. 6) vollenden. Karthago zahlt Tribut. Nach Westen vordringend überschreitet er 514 mit Heeresmacht den +Bosporus+, dann auch die untere Donau, dringt in das Skythenland ein, muß jedoch umkehren (Histiaios, Tyrann von Milet, rettet die Donaubrücke gegen den Rat des Atheners Miltiades) (S. 36); sein Feldherr Megabazos unterwirft +Thrakien+ und +Makedonien+. Von den griechischen Inseln werden +Lemnos+ und +Imbros+ Untertan, wie früher schon +Lesbos+, +Chios+, +Samos+. [500–494.] ~Aufstand der ionischen Griechen~, angestiftet durch den mit einem Fürstentum in Thrakien beschenkten, dann aber bei Dareios verdächtigten und nach Susa berufenen Tyrannen +Histiaios von Milet+ und dessen Schwiegersohn +Aristagŏras+. Mit Hilfe von +Athen+ und +Eretria+ wird +Sardes+ eingenommen, die Stadt geht in Flammen auf. Aber bald werden die Ionier von dem persischen Landheere geschlagen, von den Bundesgenossen aus Athen und Eretria verlassen, die ionische Flotte wird bei der Insel +Lade+ (vor Milet, 494) besiegt. Nach Unterwerfung der Ionier +Milet zerstört+, die noch übrigen Einwohner an der Mündung des Tigris angesiedelt. Histiaios gekreuzigt. 492 folgt die Wiederunterwerfung von Thrakien und Makedonien (S. 38). [490.] Seezug der Perser, um die Unterwerfung der griechischen Inseln zu vollenden; die Landung in Attika mißlingt. Weitere Unternehmungen gegen Griechenland gehemmt durch einen Aufstand der +Ägypter+. [485–465.] ~Xerxes I~. (Khsijârscha) unterwirft Ägypten, sein Zug gegen Griechenland mißlingt; die Herrschaft über Thrakien, Makedonien, die Inseln, die kleinasiatischen Griechenstädte geht verloren. Schwelgerisches Leben am Königshofe; die alten einfachen Sitten der Perser schwinden. Xerxes und sein ältester Sohn werden von Artabān, dem Führer der Leibwache, in Susa ermordet. Es folgt der zweite Sohn [465–424.] ~Artaxerxes I.~ (Artachschâtra) mit dem Beinamen Langhand (Longimănus). Zweiter Aufstand der Ägypter unter +Inărōs+, von den Athenern unterstützt, von +Megabyzos+, dem Satrapen von Syrien, unterdrückt (S. 44). Friede mit den Griechen nach 449; Empörung des Megabyzos durch Verhandlungen beigelegt. Sein Sohn +Xerxes II.+ wird im zweiten Monat seiner Regierung ermordet von seinem jüngeren Bruder +Sogdianos+; diesen stürzt der Halbbruder [424–405.] ~Dareios II.~ (Nothos), der dann mit Satrapenaufständen zu kämpfen hat. Dritter Aufstand der +Ägypter+, die über 60 Jahre lang ihre Unabhängigkeit behaupten. [405–359.] Artaxerxes II. (Mnemon) besiegt seinen jüngeren Bruder +Kyros+, der als Statthalter in Kleinasien sich empört hat, 401 bei +Kunaxa+ unweit Babylon, nimmt die Griechenstädte in Kleinasien wieder unter seine Herrschaft (S. 55). [359–338.] ~Artaxerxes III.~ (Ochos) unterwirft die Phönīker, nach drei Kriegen auch die Ägypter, herrscht als tatkräftiger Despot, wird endlich von seinem Günstling, dem Ägypter +Bagoas+, vergiftet. Dieser setzt +Arses+, des Königs jüngsten Sohn, auf den Thron, beseitigt ihn aber nach zwei Jahren und macht den Enkel eines Bruders von Artaxerxes II., [336–330.] ~Dareios III.~ (Kodomannos), zum König. Bagoas muß den Giftbecher trinken. Dareios regiert wohlwollend, erliegt aber dem Angriff der makedonischen Macht. [330.] ~Vernichtung des Perserreiches~ durch ~Alexander d. Gr.~ Die griechische Kultur kommt in Vorderasien zum Siege. Fussnoten: [8] Stammtafel der Achämeniden: Tschischpisch. _____| |__________ | | Kurusch I. Anjarâmna. | | Kambudschija I. Arschâma. | | Kurusch II. Vischtâspa. _____| |_____ | | | | Kambudschija II. Bardija. Darijavahusch. ~C. Die Völker Ostasiens.~ Durch die weiten Hochflächen des inneren Asiens von den westlichen Kulturvölkern getrennt entsteht frühzeitig in ~China~ ein bedeutendes Reich, gegründet auf den +Ackerbau+ in den fruchtbaren Flußtälern des Hoangho und Jantsekiang. Die sagenhafte Überlieferung stellt an den Anfang fünf große Kaiser, die in der Zeit von 3300–2207 v. Chr. regiert haben sollen. Als Gründer des Reiches gilt ~Fohi~, der seine Untertanen den Gebrauch der Haustiere und die Schriftzeichen lehrte; +Schinnung+ führte den Ackerbau ein, +Hoang-ti+ lehrte die Zeitrechnung und ordnete die Verwaltung der Provinzen, seine Gemahlin begründete die Seidenweberei. Zwei Dynastieen regieren von 2207–1122 v. Chr.; unter der zweiten wird die Macht des Kaisers durch die großen Lehnsträger sehr beschränkt. +Wu-wang+, Begründer der dritten Dynastie (1122–256). Diese erwirbt zu dem ursprünglichen Reichsgebiet am unteren Hoangho auch die Länder am Jantsekiang, verliert aber alle Macht an die großen Feudalherren. [551–478.] In einer Zeit des Verfalls und innerer Wirren tritt ~Kong-fu-tse~ (Confucius) als religiöser Reformator auf. Er sammelt Sittensprüche und Lieder der älteren Zeit in den fünf heiligen Büchern (King); seine Lehre wird zu seinen Lebzeiten nicht beachtet, später jedoch unter der Dynastie Han zur Staatsreligion erhoben. Die Grundzüge der alten Religion (Verehrung des Himmels, der mächtigen Geister und der Ahnen) hat er nicht verändert. Er will die Menschen glücklich machen als Mitglieder der Familie und des Staates. Das Einzelindividuum hat sich der Gewalt und Autorität der Älteren und Höheren unbedingt zu unterwerfen. [255–206.] Der Kaiser +Schi-huang-ti+, Begründer der vierten Dynastie, bricht die Feudalherrschaft der Großen, stellt die Einheit des »Reiches der Mitte« her, beginnt den Bau der +Großen Mauer+ (2500 km lang, mit Wachttürmen) zur Abwehr der Einfälle nördlicher Mongolenvölker. [206 vor Chr. bis 263 nach Chr.] Die +Han+-Dynastie gibt dem Reiche seine größte Ausdehnung und höchste Blüte im Innern. Im Süden werden Tongking, Anam, Cochinchina unterworfen, im Westen das Tarim-Gebiet, im Nordosten Korea. [Seit 65 n. Chr.] Eindringen des +Buddhismus+. Handelsverbindungen nach dem Westen; den Römern wird die Seide (vestis Serĭca) bekannt. Der römische Kaiser Marcus Aurelius soll 166 eine Gesandtschaft nach China geschickt haben. [220–617.] Zeit innerer Kriege; es bilden sich mehrere Reiche, die aber unter +Wuti+, dem Stifter der Dynastie Tsin (263–420) und dem großen Kaiser +Taitsung+ (627–659) aus der Dynastie +Tang+ (618–906) vorübergehend wieder vereinigt werden. Später China unter tatarischen und mandschurischen Dynastien. Die chinesische Kultur verbreitet sich namentlich nach ~Japan~, dessen Geschichte um 600 v. Chr. mit der Gründung eines Reiches auf der Insel +Kiusiu+ beginnt. ~D. Die Griechen.~ Einen großen Fortschritt in der weltgeschichtlichen Entwickelung hat das hochbegabte Griechenvolk bewirkt. Gegenüber der religiösen und politischen Gebundenheit der asiatischen Völker zeigt es die +freie+ Entwickelung der menschlichen Kräfte und hat in Staat, Kunst und Wissenschaft eine noch jetzt in vieler Beziehung vorbildliche Höhe erreicht. Die griechische Kultur, begünstigt durch ein wohlgelegenes, reich gegliedertes Land, stand noch in Blüte, als das +Christentum+ in die Welt eintrat, und hat ihm die Wege gebahnt. § 1. Mythische Zeit. Der Name +Griechen+ ist deutsche Umformung des von den Römern gebrauchten Namens +Graeci+.[9] Sie selbst nannten sich +Hellenen+; als Ureinwohner ihres Landes bezeichneten sie die +Pelasger+. Alte Heiligtümer des pelasgischen Zeus waren zu +Dodōna+ in Epirus und auf dem Berge +Lykaios+ in Arkadien. Der Name ~Hellenen~ erscheint bei Homer noch nicht als Gesamtname des Volkes; die später gewöhnliche Ansicht unterschied vier Hauptstämme des hellenischen Volkes: +Äŏler+, +Achäer+, +Dorier+, +Ionier+. Merkwürdige Überreste aus der hellenischen Vorzeit sind seit 1870 durch die von +Schliemann+ und seinen Nachfolgern zuerst in +Troja+ (Hissarlik), dann in +Amyklä+, +Mykenä+, +Orchomenos+, +Tiryns+ veranstalteten Ausgrabungen zu Tage gekommen. Man fand in den Unterbauten weit ausgedehnter Königspaläste und in wohlerhaltenen Gräbern vielerlei Waffen, eine erstaunliche Menge Goldschmuck, Wandmalereien, bemalte Tongefäße und anderes. »Schatzhaus des Atreus«, Löwentor in Mykenä. Weitere Grabungen auf den +Inseln+, namentlich Cypern, Rhodos, Thera, Kreta, haben gezeigt, daß eine frühe altertümliche Kultur die Küsten und Inseln des Ägäischen Meeres umfaßte und unter orientalischem Einfluß, hauptsächlich infolge der regen Handelsbeziehungen mit den Phönīkern, sich höher entwickelte. Die Zeit dieser +Mykenischen Kultur+, deren bedeutsamster Mittelpunkt +Kreta+ war (König +Minos+), ist 1500 bis 12 v. Chr.; eine jüngere Zeit schildern die +Homerischen Gedichte+. Von alters her viele kleine Staaten unter kriegerischen Königen, aber kein grausamer Despotismus wie bei den Assyrern; milde Behandlung der Sklaven. ~Religion~. Die den arischen Völkern gemeinsame Verehrung der Naturkräfte bildet sich bei den Griechen frühzeitig um zur Verehrung +persönlich+ gedachter Götter. Aus dem +Chaos+ sollen Himmel und Erde (+Urănos+ und +Gaia+) entstanden sein, von diesen stammt das Göttergeschlecht der +Titanen (Krŏnos, Rhea, Promētheus+ u. a.). Dieses verdrängen die +olympischen Götter+, an ihrer Spitze der Himmelsgott +Zeus+, Sohn des Kronos und der Rhea, welcher die Herrschaft der Welt mit seinen Brüdern +Poseidon+ (Meer) und +Hades+ oder +Pluton+ (Unterwelt) teilt. Als +olympische Götter+ werden besonders folgende 12 zusammengefaßt: +Zeus+, +Hera+, +Poseidon+, +Demēter+, +Hestia+, +Hephaistos+, +Ares+, +Apollon+, +Artĕmis+, +Pallas Athene+, +Aphrodite+, +Hermes+ (die letzten 7 gelten als Kinder des Zeus). Andere Gottheiten: +Persephŏne+ (Tochter von Zeus und Demeter, Gemahlin Plutons), +Eros+, der ständige Begleiter der Aphrodite, +Dionysos+ oder +Bakchos+ (Sohn des Zeus und der thebanischen Königstochter +Semĕle+), in seinem Gefolge der Hirtengott +Pan+, die Satyrn und Nymphen; +Asklepios+ (Sohn des Apollon), die 9 +Musen+ (Klio, Euterpe, Thalīa, Melpomĕne, Terpsichŏre, Erăto, Polymnia, Urania, Kalliŏpe, Töchter des Zeus und der Mnemosy̆ne), ferner +Eos+, +Iris+; die Meergottheiten +Nereus+ (seine Töchter die Nereĭden), +Amphitrīte+, +Triton+, +Proteus+, +Glaukos+. Die Abhängigkeit des Menschengeschlechts von den Göttern gibt sich kund in +Gebeten, Opfern, Festzügen+; durch +Orakel, Vorzeichen+ (Weissagung aus dem Vogelflug und aus den Eingeweiden der Opfertiere) geben die Götter ihren Willen kund. Glaube an ein Fortleben nach dem Tode (Elysion, Tartăros). Reiche Entwickelung der +Götter- und Heldensage+, ein Schatz für die griechische Poesie der folgenden Zeiten. Die Erinnerung an die Tatsache, daß Griechenland die Anfänge höherer Kultur von den Völkern des Ostens erhalten hat, spiegelt sich wieder in den +Einwanderungssagen+: ~Danăos~, Gründer der Burg von +Argos+, soll aus +Ägypten+ gekommen sein, seine 50 Töchter, die +Danaiden+, ermorden ihre Männer, die Söhne des Äigyptos; nur Hypermnestra rettet den Lynkeus. Ihr Nachkomme +Perseus+, Sohn des Zeus und der Danae, gründet nach der Rückkehr von seinen Heldentaten (Medusa getötet, Andromĕda befreit) die Burg von +Mykēnä+ als Herrschersitz. Aus seinem Geschlecht stammen +Eurystheus+ und +Herăkles+. ~Pelops~, Sohn des Königs +Tantălos+, soll aus +Lydien+ nach Elis gekommen sein. Seine Söhne +Atreus+ und +Thyestes+ bemächtigen sich, nachdem Eurystheus im Kampfe gegen die Herakliden gefallen ist (s. S. 25), der Herrschaft in +Mykenä+. Atreus’ Sohn +Agamemnon+ herrscht nach ihm in Mykenä, der jüngere Sohn +Menelāos+ in +Sparta+ als Erbe des Königs Tyndareos, dessen Tochter Helĕna ihm vermählt ist. ~Kadmos~, Sohn des phönikischen Königs Agenor von +Sidon+, gründet die Burg von +Theben+ (Kadmēa), wo seine Nachkommen herrschen; er soll den Griechen die Buchstabenschrift gebracht haben. In Attika gilt als uralter +einheimischer+ König ~Kekrops~, Gründer der Burg von Athen; an ihn knüpft sich die attische Königsreihe, in welcher +Erichthonios+, +Erechtheus+, +Jon+, +Ägeus+, +Theseus+ hervortreten. Unter Ägeus soll Attika der Seeherrschaft des Königs ~Minos~ von +Kreta+ untertan geworden sein. Letzterem wird, wie dem Kadmos, +phönikische+ Abstammung zugeschrieben; er gilt als Sohn des Zeus und der +Europa+, Tochter des Königs Agenor. Nationalhelden der griechischen Sage sind +Herăkles+ und +Theseus+. ~Herăkles~ (+Hercŭles+), Sohn des Zeus und der +Alkmēne+ aus Perseus’ Stamm, in +Theben+ geboren, wird seinem Vetter +Eurystheus+ in +Mykenä+ dienstbar,[10] zieht in Gemeinschaft mit +Telămon+ und +Peleus+, den Söhnen des Königs +Aiăkos+ von Ägina, gegen +Troja+ (König Laomĕdon, Vater des Priamos), besiegt den König +Neleus+ in +Pylos+. In +Kaly̆don+ heiratet er die Königstochter +Dejaneira+, welche ihm später das mit dem Blut des Kentauren +Nessos+ getränkte Gewand sendet; er verbrennt sich selbst auf dem +Öta+ und wird unter die Götter aufgenommen. Die ~Dorier~ haben ihn zu ihrem ~Stammheros~ gemacht; ihre Könige nannten sich seine Nachkommen, von ihm leiten sie ihr Recht auf den Besitz der Peloponnes ab. Seine Söhne, die +Herakliden+, sollen gegen die Verfolgungen des Eurystheus bei +Theseus+ in Athen Schutz gefunden haben; sie versuchen vergebens die Rückkehr, erst den Nachkommen gelingt sie (dorische Wanderung, S. 28). ~Theseus~; Sohn des Kekropiden +Ägeus+, ist der Stammheros der ~Ionier~, insbesondere der ~Athener~. Er fährt nach +Kreta+, tötet dort den +Minotauros+ und rettet mit Hilfe der Königstochter +Ariadne+ die demselben zum Opfer bestimmten athenischen Jünglinge und Jungfrauen. Bei der Rückfahrt bleibt Ariadne auf +Naxos+ zurück und wird Gemahlin des Gottes Dionysos; Theseus vergißt das schwarze Segel mit dem weißen zu vertauschen, Ägeus stürzt sich in das nach ihm benannte Meer. Theseus wird +König von Athen+, vereinigt die Bewohner Attikas zu +einem+ Staate. Er stirbt auf der Insel +Skyros+ im Kampf gegen den König Lykomēdes. Als Gründer des attischen Staates soll er das Volk in drei +Stände+ geschieden haben: +Eupatriden+ (Adel), +Geomoren+ (Bauern) und +Demiurgen+ (Gewerbtreibende). Dagegen wird die Einrichtung der vier alten +Phylen+ (d. i. Stämme): +Geleonten+, +Hoplēten+, +Argadeis+, +Aigikoreis+ (die Glänzenden, Wehrhaften, Feldarbeiter, Ziegenhirten), deren jede wieder in drei Phratrien zerfiel, auf +Ion+, den mythischen Stammvater des ionischen Stammes, zurückgeführt. Drei gemeinsame Unternehmungen in der heroischen Zeit sind durch Sagen verherrlicht, die den Hauptstoff für die griechische Poesie bilden. 1. Der ~Argonautenzug~. +Phrixos+, Sohn des Minyerkönigs +Athămas+ von +Orchomĕnos+, flüchtet vor der Stiefmutter Ino mit seiner Schwester +Helle+ auf dem Widder mit goldenem +Vlies+, den beide von ihrer Mutter +Nephĕle+ erhalten haben. +Helle+ stürzt auf der Flucht bei Abȳdos ins Meer, welches nun +Hellespontos+, d. h. »Meer der Helle«, heißt. +Phrixos+ kommt nach ~Kolchis~ (am +Pontos Euxeinos+, Schwarzen Meere) zum Könige +Aiētes+. Der Widder wird geopfert, das goldene Vlies in einem Haine des Gottes Ares von einem Drachen bewacht. -- +Iason+ aus +Iolkos+, von seinem Oheim +Pelĭas+ aufgefordert, fährt auf dem Schiffe ~Argo~ an der Spitze einer Heldenschar nach Kolchis, um das Vlies zu holen; es wird mit Hilfe der Zauberin +Medeia+, Tochter des +Aiētes+, gewonnen. Rückkehr nach +Iolkos+; +Pelĭas+ auf Antrieb der +Medeia+ getötet. -- 2. ~Krieg der Sieben gegen Theben~. +Ödipus+, Sohn des +Laïos+, Königs von Theben aus Kadmos’ Stamm (die Labdakiden) und der +Jokaste+, wird infolge eines unheilverkündenden Orakels von den Eltern ausgesetzt, in Korinth von +Poly̆bos+ erzogen. Er tötet bei Delphi den Vater, ohne ihn zu kennen, löst das Rätsel der +Sphinx+, wird König in Theben und heiratet seine eigene Mutter. Als ihm der Greuel entdeckt wird, beraubt er sich selbst des Augenlichts. Seine Töchter +Antigŏne+ und +Ismēne+ geleiten ihn in die Verbannung. +Theseus+ gewährt ihm Aufnahme; sein Grab am Hügel +Kolōnos+ bei Athen. In Theben Bruderzwist seiner Söhne Eteŏkles und Polyneikes. Mit dem vertriebenen +Polyneikes+ ziehen gegen Theben: +Adrastos+ (König von Argos), +Tydeus+, +Amphiarāos+, +Kapăneus+, +Hippomĕdon+, +Parthenopaios+. Die feindlichen Brüder fallen im Zweikampf, auch die andern Fürsten alle bis auf +Adrastos+ kommen um. +Kreon+, der Oheim der Brüder, wird König von Theben, verurteilt +Antigŏne+ zum Tode, weil sie den Polyneikes bestatten wollte. Zehn Jahre später Zug der +Epigonen+ (Söhne der +Sieben+). Theben wird eingenommen; +Thersandros+, des +Polyneikes+ Sohn, als König eingesetzt. 3. ~Trojanischer Krieg~.[11] +Priămos+, König von +Troja+ oder +Ilios+; seine Gemahlin +Hekăbe (Hekŭba)+. Von seinen Söhnen treten in der Sage hervor: +Hektor+ (Gem. +Andromăche+) und +Paris+ (+Alexandros+). Dieser entführt +Helĕna+, die Gemahlin des +Menelāos+ von +Sparta+. Um sie zurückzuholen, vereinigen sich die edelsten Fürsten aller griechischen Gaue: des +Menelāos+ Bruder +Agamemnon+ von +Mykēnä+, Anführer der Griechen: +Nestor+ von +Pylos+; +Achilleus+, König der +Myrmidonen+ aus +Phthia+ in Thessalien, Sohn des +Peleus+ und der Nereïde +Thĕtis+; sein Freund +Patroklos+; +Aias+ und +Teukros+, Söhne Telamons aus +Salămis+; der jüngere +Aias+ des Oïleus Sohn, Anführer der Lokrer; +Diomedes+ von +Argos+, des +Tydeus+ Sohn; +Odysseus+ von +Ithăka+, des +Laërtes+ Sohn; +Idomĕneus+ von Kreta, Enkel des Minos, u. a. Bundesgenossen der Troer: Thraker, Päoner, Paphlagonier, Myser, Phryger, Lyder, Karer; die Lykier unter +Sarpēdon+ und +Glaukos+; später die Amazonen unter ihrer Königin +Penthesileia+, die Äthiopen unter +Memnon+. Abfahrt der Griechen vom böotischen Hafen +Aulis+ (der Seher +Kalchas+; Opferung der +Iphigeneia+, welche nach +Tauris+ entrückt wird). Schiffslager an der troischen Küste, Beutezüge in die Umgegend. Im zehnten Jahre Streit zwischen +Agamemnon+ und +Achilleus+ wegen der Sklavin +Brisēis+, Achilleus zieht sich vom Kampfe zurück. Die Troer dringen unter +Hektors+ Führung siegreich in das Schiffslager ein, werden aber zurückgetrieben, als +Achilleus+, um den Tod des +Patroklos+ zu rächen, wieder am Kampfe teilnimmt. Hektor von Achilleus getötet, dieser durch einen Pfeil des +Paris+. Das hölzerne Pferd auf +Odysseus’+ Rat gezimmert. Bei der Einnahme Trojas tötet +Neoptolĕmos+, Achills Sohn, den greisen Priamos. +Aeneas+ entkommt, rettet seinen Vater +Anchīses+. Irrfahrten der heimkehrenden Helden (+Odysseus+). +Agamemnon+ wird nach der Rückkehr von seiner Gemahlin +Klytämnestra+ und +Aigisthos+ getötet; sein Sohn +Orestes+ rächt ihn, wird von den +Erinnyen+, den strafenden Göttinnen der Unterwelt, verfolgt, in Athen auf dem Areopag freigesprochen, nachdem er seine Schwester Iphigeneia aus Tauris zurückgeführt hat. Er herrscht dann in +Mykenä+. § 2. Staaten und Kolonien. Eine große Umwandlung trat ein durch die +Wanderungen+ hellenischer Stämme. Die aus Epīrus in das nach ihnen benannte Land einwandernden +Thessăler+ verdrängen die +Böoter+ aus ihren Wohnsitzen in Arne; diese nehmen nach Unterwerfung der Kadmeer und Minyer die fortan nach ihnen benannte Landschaft +Böotien+ in Besitz. Ebenso wandern die am Pindos in Thessalien ansässigen +Dorier+ nach Süden; ein Teil von ihnen bleibt in dem Berglande +Doris+ am Öta, die anderen ziehen, durch +Ätōler+ verstärkt, bei +Naupaktos+ über die Meerenge nach der Peloponnes. Diese [~1104~ (?)] ~dorische Wanderung~ hat die Gründung +dorischer Staaten+ zur Folge. Nach der Sage sind die +Herakliden+ Tēmenos, Kresphontes, Aristodēmos Anführer der Dorier; Temenos wird König in +Argos+, Kresphontes in +Messenien+; die Söhne des Aristodemos, Eurysthĕnes und Prokles, herrschen gemeinsam in +Sparta+. Oxylos, Anführer der Ätōler, wird König in +Elis+. Ein Teil der älteren achäischen Bevölkerung zieht sich nach +Achaja+ zurück und vertreibt die dort wohnenden Ionier, die sich nach Attika wenden, in +Arkadien+ bleiben die alten Einwohner; dorisch dagegen werden, +Korinth+, +Sikyon+, +Phlius+, +Epidauros+, +Megara+, +Ägina+, +Kreta+. [1066 (?)] ~Kodros~, König von Athen, fällt, nach der Sage sich freiwillig opfernd, im Kampf gegen die aus der Peloponnes nach Norden vordringenden +Dorier+; Attika wird von ihnen nicht unterworfen. [~1000–900~.] ~Äolische, ionische, dorische Kolonien~ an der Küste Kleinasiens und auf den Inseln. Äŏler und Achäer gründen +Mytilēne+ und +Methymna+ auf der Insel +Lesbos+; +Kyme+, +Smyrna+ u. a. Städte auf dem kleinasiatischen Festlande; Smyrna wird später ionisch. ~Ionier~, nach der Sage meist von Athen ausgewandert unter Führung der Söhne des Kodros, besetzen die Inseln +Chios+ und +Samos+ und gründen an der lydischen und karischen Küste 12 Städte, namentlich +Milet+, +Ephĕsos+, +Kolŏphōn+, +Klazomĕnä+, +Phokäa+. Gemeinsames Heiligtum (+Panionion+) der Tempel des Poseidon am Vorgebirge Mykăle. ~Dorier~ besetzen die Inseln +Melos+, +Thera+, +Kōs+ und +Rhodos+ und gründen an der karischen Küste +Halikarnassos+ und +Knidos+. Auch Kreta galt als dorisch. Auf +Cypern+ sind Ansiedlungen von Peloponnesiern aus +vor+-dorischer Zeit nachgewiesen; nach +Euböa+ und den +Kykladen+ sind die Ionier früher als nach Asien gekommen. In Ionien entstanden in der Zeit von 900–800 v. Chr. die ~homerischen Gesänge~ (Ilias, Odyssee, Hymnen). +Homēros+ nach der Sage ein blinder Sänger aus +Smyrna+ oder +Chios+; Sängerschule der +Homeriden+ auf Chios. Wandernde +Rhapsoden+ sangen dem Volk und den Edlen von den Taten der Götter und Helden und erweiterten allmählich die überlieferten Sagenkreise. Die epische Dichtung wurde die Grundlage hellenischer Bildung und Gesittung. Zu dem heroischen Epos trat ergänzend hinzu das +Lehrgedicht+; +Hesiodos+ aus Askra in Böotien um 700: Theogonie, Werke und Tage. ~Staatsverfassungen~. Das patriarchalische +Königtum+ der heroischen Zeit wird allmählich verdrängt durch die Herrschaft der Edlen (+Aristokratie+). Diese entartet oft zu einer drückenden Herrschaft weniger (+Oligarchie+), gegen welche sich in manchen Staaten +Tyrannen+ als Führer der Gemeinde (Demos) erheben; in andern findet friedlicher Ausgleich durch einen erwählten Schiedsrichter (+Aisymnētes+) statt. Tyrann heißt der nicht auf gesetzliche Weise zur Herrschaft gelangte Herrscher, ursprünglich ohne die Nebenvorstellung willkürlicher oder grausamer Regierung. Auf die Tyrannis folgt meist eine gemäßigtere Aristokratie oder +Demokratie+. In der Demokratie entscheidet die Mehrzahl der +Bürger+ über die Staatsangelegenheiten; die +Fremden+ und +Sklaven+ sind von politischen Rechten ausgeschlossen. Der +spartanische Staat+ wurde das Vorbild der +Aristokratie+, besonders für die +dorischen+ Staaten, der +athenische Staat+ das Vorbild der +Demokratie+, besonders für die +ionischen+ Staaten. ~In dem dorischen Sparta~ bestand die Bevölkerung aus drei streng geschiedenen Klassen: 1. +Spartiaten+, die dorischen Eroberer, welche die fruchtbarsten Teile des lakonischen Landes, das Eurotastal und die Niederungen bis zum Meere, besaßen. 2. +Periöken+ (d. h. Herumwohnende), Nachkommen der +vertragsmäßig+ unterworfenen Achäer. Sie waren persönlich freie, aber zinspflichtige Eigentümer ohne politische Rechte, wurden jedoch zum Kriegsdienst herangezogen. 3. +Heloten+, Leibeigene des Staats. Sie waren auf die Landlose der Spartiaten verteilt, bestellten deren Äcker und lieferten ihren Herren einen bestimmten Teil des Ertrages ab. Im Kriege dienten sie als Schildknappen und Leichtbewaffnete. [~820.~ (?)] ~Lykurgische Verfassung und Gesetzgebung.~ ~Lykurgos~, nach sagenhafter Überlieferung aus königlichem Geschlecht, Vormund des jungen Königs +Charilāos+, schlichtet die Streitigkeiten und ordnet das Verhältnis der drei Klassen der Bevölkerung zu einander. Seine Gesetze, auf die Autorität des delphischen Orakels gegründet und nur mündlich in kurzen Aussprüchen überliefert, gelten als die Grundlage spartanischer Tüchtigkeit. An der Spitze des Staats bleiben zwei +erbliche Könige+ aus heraklidischem Geschlecht, der eine ein +Agiade+ (von +Agis+, nach der Sage Sohn des +Eurysthenes+), der andere ein +Eurypontide+ (von +Eurypon+, Enkel des +Prokles+, s. S. 28). Sie bringen die Staatsopfer dar, entscheiden Streitigkeiten des Familienrechts, führen das Heer, ernennen die Beamten, namentlich die 5 +Ephoren+ (d. h. Aufseher, ursprünglich wohl für die 5 Bezirke des Periökengebietes). Der Rat der Alten (+Gerusia+), bestehend aus 28, mindestens 60 Jahre alten, auf Lebenszeit gewählten Geronten unter dem Vorsitz der beiden Könige, hat: 1. die Vorberatung über alles der Volksversammlung Vorzulegende, 2. die Gerichtsbarkeit über Kapitalverbrechen. Die +Volksversammlung+, bestehend aus allen über 30 Jahre alten +Spartiaten+, beschließt endgültig über Gesetze, Verträge, Krieg und Frieden, doch ohne Beratung und Abstimmung, nur durch Zuruf. Die Spartiaten sollen unter sich +gleich+ sein in Besitz und Kriegstüchtigkeit. Jeder Spartiatenfamilie wird aus dem nach Kriegsrecht von den Doriern gewonnenen Landbesitz ein unveräußerliches Erbgut +(Klēros+, d. h. Los) zugewiesen, dessen Bestellung den Heloten obliegt. Man zählte 4500, später 9000 Landlose der Spartiaten, 30000 der Periöken. Verbot der +Reisen+ und des +Fremdenverkehrs+ in Sparta; +eisernes Geld+, nur der Staat darf Gold und Silber besitzen. Gemeinschaftliche +Erziehung+ der +Knaben+ vom 7. Jahre an, auf Abhärtung und kriegerische Übung gerichtet, doch wurden auch die homerischen Gesänge und Chorlieder lyrischer Dichter (Tyrtaios) gelernt. Zusammenleben der +Männer+; die Zeltgenossenschaften hatten auch im Frieden ihre gemeinsamen Mahlzeiten (+Syssitien+). Sehr ähnliche Gesetze galten in ~Kreta~, wo zahlreiche selbständige dorische Städte bestanden. Später dort auch +schriftliche+ Gesetze; eine 1884 gefundene Inschrift enthält das Recht der Stadt +Gortyn+, Bestimmungen über Familienrecht, Erbrecht, Stellung der Sklaven u. a. [~776.~] ~Erste Olympiade,~ Beginn einer gemeinsamen griechischen Zeitrechnung, die sich an die alle 4 Jahre dem höchsten Gotte +Zeus+ zu Ehren in ~Olympia~ gefeierten Spiele knüpfte. In +Elis+, am Flusse Alpheios, lag der ummauerte heilige Bezirk, die +Altis+, mit Altar und Tempel des Zeus, Säulenhallen und Schatzhäusern, wo die Weihgeschenke aufgestellt wurden.[12] Die Spiele fanden außerhalb der Altis statt im +Stadion+ (Springen, Laufen, Diskoswerfen, Speerwerfen, Ringen) und im +Hippodrom+ (Wettfahren der Viergespanne). Den Siegern wurden Kränze von Ölzweigen zuteil; Dichter verherrlichten sie im Liede. Unter dem Schutze +Spartas+ gewannen die ~Olympischen Spiele~ große Bedeutung für die Erhaltung des Nationalbewußtseins unter dem politisch sehr zersplitterten Griechenvolke. Ähnliche Spiele, doch vermehrt durch musische Wettkämpfe der Sänger und Zitherspieler, wurden seit 586 bei ~Delphi~ dem +Apollon+ zu Ehren gefeiert, in jedem dritten Olympiadenjahr (+Pythische+ Spiele). Das ~Orakel zu Delphi~, oft befragt bei wichtigen Unternehmungen, z.B. Gründungen von Kolonien, Kriegszügen, stand unter dem Schutze der delphischen +Amphiktyonie+ (Umwohnerschaft), zu welcher die Phokier, Lokrer, Böoter, Thessaler u. a. gehörten. Dem Poseidon zu Ehren wurden auf dem +Isthmos+, dem Zeus zu Ehren zu +Nemea+ in Argolis alle zwei Jahre Spiele gefeiert. Die Wettkämpfe stählten die Volkskraft und weckten den Sinn für freie Entwickelung der Persönlichkeit. Die Hellenen, ihrer körperlichen und geistigen Überlegenheit über die Barbaren sich bewußt, breiten sich, +Städte gründend+, weit über die Grenzen des Mutterlandes aus. Die Ansiedlungen an den Küsten des Ägäischen Meeres genügen nicht mehr, Milet allein sendet gegen 80 Kolonien aus. [~750–550.~] ~Ionische, dorische, achäische Kolonien~ an den pontischen Küsten und im westlichen Teile des Mittelmeers. +Ionier+ von Milet gründen +Abȳdos+ und +Lampsăkos+ am Hellespont, +Kyzĭkos+ an der Propontis, +Sinōpe+ und +Trapĕzūs+ an der Südküste des Schwarzen Meeres, +Olbia+, +Istros+, +Odessos+ an der Westecke, +Pantikapaion+ und +Theodosia+ auf der Krim (Chersonēsus Taurica), +Tanais+ am Asowschen Meer (Palus Mäotis), +Phasis+ und +Dioskurias+ an der Ostküste des Schwarzen Meeres. Zu +Naukrătis+ in Ägypten gemeinsame Kolonie der kleinasiatischen Griechen. +Dorier+ von Megara gründen +Chalkēdon+ und +Byzantion+ (659) am Bosporus, +Herakleia+ an der Südküste des Schwarzen Meeres, +Megăra+ (Tochterstadt +Selinūs+) auf Sicilien. +Ionier+ von Chalkis auf Euböa besiedeln die Chalkidike mit mehr als 30 Städten, darunter +Olynthos+ (+Poteidaia+ korinthische Niederlassung), gründen +Kyme+ (Cumae) in Campanien (Tochterstadt Neapolis), +Naxos+ auf Sicilien (Tochterstädte Leontini und Katăna), +Zankle+ (später Messana) und gegenüber auf dem Festlande +Rhegion+. +Dorier+ von Korinth gründen 734 +Syrakūs+, später Kerkyra, Dorier von Sparta 708 +Tarent+; Dorier von Rhodos +Gela+; und +Akrăgas+ auf Sicilien; Dorier von Thera +Kyrēne+ (um 630) und +Barka+ in Afrika. +Achäer+ gründen +Sybăris+, +Kroton+, +Metapontion+, Lokrer das epizephyrische +Lokri+ in Unteritalien (Groß-Griechenland). Am weitesten nach Westen gehen die +Ionier+ von +Phokäa+; ihre Kolonien sind +Massalia+ (600) an der gallischen Küste, +Mainăke+ im südlichen Spanien, +Alalia+ auf Korsika. Als die Küste Kleinasiens unter persische Herrschaft kam (s. S. 18), verließen die Phokäer ihre Stadt und segelten zuerst nach Korsika; von dort vertrieben (S. 14), gründeten sie +Elĕa+ in Unteritalien. Infolge dieser Kolonisation griechische Kultur über einen großen Teil der Mittelmeerküsten verbreitet. Lebhafter Seeverkehr und Eintausch von Rohprodukten gegen die Erzeugnisse der griechischen Kunst und Industrie. An die Stelle der Naturalwirtschaft tritt nach und nach die Geldwirtschaft. ~Spartas Hegemonie in der Peloponnes.~ In älterer Zeit +Argos+ der bedeutendste Staat. König ~Pheidon~ von Argos leitet die Festfeier zu Olympia (748, nach anderer Ansicht erst 668), ordnet Maß und Gewicht (dem babylonischen (S. 20) entsprechend, Vermittler die Phöniker), läßt zuerst in Ägina Münzen prägen. Bald aber erhebt sich ~Sparta~ zu höherer Macht durch die Eroberung der argivischen Landschaft Kynuria und Messeniens. Argos seitdem für immer mit Sparta verfeindet. [Um 740.] ~Erster Messenischer Krieg.~ Tapfere Gegenwehr der Messenier unter ihrem Könige +Aristodēmos+, namentlich auf der Bergfeste +Ithōme+. Ein Teil ihres Landes wird von den Spartanern in Besitz genommen, das übrige zinspflichtig. [708.] Die aus Sparta infolge von Zwistigkeiten auswandernden +Parthenier+ gründen ~Tarent~. Seitdem Auswanderung in Sparta verboten. Um diese Zeit Beschränkung des spartanischen Königtums durch die vergrößerte Macht der +Ephoren+, welche fortan jährlich von der Spartiatengemeinde erwählt werden. [Um 640.] ~Zweiter Messenischer Krieg.~ +Aristomĕnes+ Held der Messenier; 11 Jahre lang wird die Feste +Eira+ verteidigt. Der athenische (?) Sänger +Tyrtaios+ begeistert die Spartaner durch seine Marschlieder. Nach dem Fall von Eira flüchten viele Messenier nach Unteritalien (+Rhegion+); die nicht auswandernden werden +Heloten+. Von Rhegion aus besetzen später (um 500) Nachkommen der Ausgewanderten die Stadt Zankle auf Sicilien, die dann den Namen ~Messana~ erhält. [Um 600.] Aufschwung ~Korinths~ unter dem Tyrannen ~Periander~, dem Sohne des +Kypsĕlos+, der um 650 die Adelsherrschaft der +Bakchiaden+ gestürzt hat. Entfaltung der Seemacht; Korinth wird erste Handelsstadt Griechenlands. Zu der älteren korinthischen Kolonie auf +Kerkyra+ kommen unter Kypselos hinzu +Leukas+ und +Ambrakia+, unter Periander +Epidamnos+ und +Apollonia+ an der illyrischen Küste, +Poteidaia+ auf der Halbinsel Chalkidĭke. Perianders Neffe +Psammetich+ wird 582 gestürzt, die Aristokratie hergestellt. In ~Megăra~ um 630 Tyrannis des ~Theagĕnes~, nach dessen Sturz Parteikämpfe (der Dichter +Theognis+ um 540), endlich siegt die Aristokratie. In ~Sikyon~ um 600 Tyrannis des ~Kleisthĕnes~, welcher die Genossen der delphischen Amphiktyonie zum ~ersten heiligen Kriege~ gegen die phokischen Städte +Krisa+ und +Kirrha+ (Hafenstadt) vereinigt. Beide Städte zerstört, ihr Gebiet dem pythischen Apollon geweiht. Nach Kleisthenes’ Tode wird die Aristokratie hergestellt. Auch in Milet, Ephesos u. a. Koloniestädten herrschen um dieselbe Zeit vorübergehend Tyrannen, in +Mytilene+ auf Lesbos waltet um 600 der weise +Pittăkos+ als Äsymnet. Vergl. S. 37. [~Um 550.~] ~Sparta~ vereinigt die peloponnesischen Staaten (außer +Argos+ und +Achaja+) zum ~peloponnesischen Bunde~ unter seiner Hegemonie. Die Griechenstädte an der Westküste Kleinasiens stehen unter lydischer (S. 15), seit 545 unter persischer Herrschaft (S. 18). Auch die Inseln +Cypern+, +Chios+, +Lesbos+ werden den Persern untertan; +Samos+ erst 522 nach dem Sturz des mächtigen Tyrannen +Polykrates+. ~Athens Emporkommen.~ Nach Kodros’ Tode (S. 28) wird das Königtum eingeschränkt, aber nicht beseitigt; Adelsherrschaft der +Eupatriden+ (S. 26). Den Königen treten erwählte Beamte zur Seite; seit 683 werden +jährlich neun Archonten+ erwählt. Der erste, +Archon epōny̆mos+, führt den Vorsitz und wacht über das Familien- und Erbrecht; der zweite, +Basileus+, bringt die früher den Königen obliegenden Opfer dar, hütet das heilige Recht und leitet den Areopag; der dritte, +Polemarchos+, ist Heerführer und Gerichtsherr für die Metöken und Fremden, die andern sechs, +Thesmotheten+ genannt, leiten die bürgerliche Gerichtsbarkeit. Die Oberaufsicht über das gesetzliche Verhalten der Bürger führt der ~Areopag~, der auf dem Areshügel vor der +Burg (Akropŏlis)+ sich versammelnde Gerichtshof, aus früheren Archonten gebildet; er richtet auch über die schwersten Verbrechen, Mord und Brandstiftung. [Um 632.] ~Aufstand Kylons~, der sich, unterstützt von seinem Schwiegervater +Theagĕnes+ von Megara, an der Spitze des über die Bedrückung der Adligen (s. u.) empörten Volkes der Akropolis bemächtigt. Er wird von dem Archon +Megăkles+, aus dem Geschlecht der +Alkmäoniden+, vertrieben, seine an den Altären Schutz suchenden Anhänger werden ermordet. Wegen dieses Frevels Verbannung der Alkmäoniden. Der Priester +Epimenĭdes+ aus Phaistos auf Kreta berufen, um die Stadt durch Sühnopfer zu reinigen, [Um 620.] ~Gesetzgebung Drakons.~ Die bestehenden Übelstände nicht beseitigt. Die Adelsherrschaft bleibt; geschriebene Gesetze, aber sehr hart; das Recht von den adligen Richtern auch weiterhin nicht selten gebeugt; seit Einführung der Geldwirtschaft Geld nur gegen hohe Zinsen ausgeliehen; daher wachsende Unzufriedenheit der ärmeren Bürger, besonders über das strenge Schuldrecht. ~Solon~, aus Kodros’ Geschlecht stammend, 594 zum ersten Archon erwählt, erhält Vollmacht, durch neue Anordnungen Frieden zu stiften. Er war dadurch zu Ansehen gelangt, daß er die Wiedereroberung der von den Megarern besetzten Insel +Salamis+ bewirkte; auch hatte auf seinen Antrieb Athen am +heiligen Kriege+ teilgenommen, und das delphische Orakel war ihm deshalb günstig gesinnt. [~594.~] ~Gesetzgebung Solons.~ 1. +Entlastung+ der ärmeren Bürger (+Seisachtheia+): die auf dem Grundbesitz haftenden Schulden werden aufgehoben, alle Schuldsklaven in Freiheit gesetzt, Schuldknechtschaft für die Zukunft verboten Festsetzung eines Höchstmaßes von Grundbesitz, damit das attische Land nicht in den Besitz weniger Reicher komme, Abzahlung anderer Schulden erleichtert durch Herabsetzung des Münzfußes; 100 Drachmen neuen Geldes = 73 älteren; das +euböische+ Talent, der persischen Goldwährung entsprechend tritt an die Stelle des +äginetischen+ (S. 32).[13] 2. Bestimmung der bürgerlichen Pflichten und Rechte nach dem +Ertrage des Grundbesitzes+. Die Bürger werden in vier Klassen geteilt: 1. +Pentakosiomedimnen+, deren Güter 500 Scheffel Getreide bezw. Maß Öl und Wein oder mehr bringen; 2. +Ritter+, 300–500 Scheffel; 3. +Zeugiten+, d. h. die mit einem Gespann wirtschaften, 150–300 Scheffel; 4. +Thēten+, die ärmeren. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollten alle Bürger Grundbesitz haben; bei steigender Bedeutung des Geldbesitzes wurde der Ertrag des Getreides in Geld umgerechnet und danach die Klasseneinteilung bestimmt. Die Mitglieder der +drei ersten+ Klassen dienen im Kriege als +Hoplīten+ (schwerbewaffnete Fußsoldaten), die der +zwei ersten+ Klassen auch als +Reiter+; für die Ausrüstung der Flotte bestand schon eine Einteilung der Bürger in 48 +Naukrarien+. Die +Theten+ sollen nur zur Verteidigung des Landes als Leichtbewaffnete oder (seit Themistokles) zur Bemannung der Flotte aufgeboten werden. Eine regelmäßige +Besteuerung+ der Vollbürger gab es nicht, die Ämter wurden umsonst verwaltet, die Staatsausgaben durch den Ertrag der Bergwerke, die Strafgelder, das +Kopfgeld der Metöken+, d. h. der eingewanderten Kaufleute und Handwerker, durch Markt- und Hafenzölle bestritten. +Außerordentliche Steuern+ wurden in Zeiten der Not auf Volksbeschluß nach den Vermögensklassen erhoben, die vierte war steuerfrei. 3. An der Spitze des Staates bleiben die ~neun Archonten~, jährlich erwählt aus den Bürgern der +ersten+ Vermögensklasse. Neu eingerichtet wird der ~Rat der Vierhundert~, jährlich erwählt aus den über 30 Jahre alten Bürgern der +drei+ ersten Klassen. Die ~Volksversammlung~ (Ekklesia) besteht aus +allen+ über 20 Jahre alten Bürgern. Sie erwählt die +Beamten+ und entscheidet über die durch +Vorbeschluß des Rates+ an sie gebrachten Angelegenheiten. Zur Entscheidung wichtigerer Prozesse werden Geschworenengerichte aus der +richtenden Bürgerschaft+, der ~Heliaia~ (Gesamtzahl 6000) gebildet. Der ~Areopag~ behält seine Gerichtsbarkeit und Oberaufsicht über das Privatleben der Bürger sowie über das gesamte Staatsleben. Diese Verfassung wird als ~Timokratie~ bezeichnet; erst später entstand durch Aufhebung der Klassenunterschiede volle +Demokratie+. Ausgeschlossen von politischen Rechten blieben auch später die +Schutzverwandten+ (Metöken), die vor Gericht eines Bürgers als Vertreter bedurften, und die sehr zahlreichen +Sklaven+, die jedoch durch Gesetz und Sitte gegen Mißhandlung geschützt waren. Solon gab auch ~Gesetze für das bürgerliche Leben~ (Familienrecht, Strafrecht, Beschränkung des Luxus, Schutz des Ackerbaues und der Ölbaumzucht, Sorge für die körperliche Ausbildung der Jünglinge in den 3 +Gymnasien+: Akademie, Lykeion, Kynosarges). Nach Vollendung der Gesetzgebung verließ er Athen auf 10 Jahre und unternahm Reisen nach Ägypten, Cypern, Kleinasien. Rechtfertigung seiner Maßnahmen in seinen Elegieen. ~Neue Parteiungen~ in Athen. Den Grundbesitzern in der Ebene (Pediäer) treten gegenüber die handeltreibenden Küstenbewohner (Parăler) und die ärmeren Gebirgsbewohner (Diakrĭer), letztere geführt von +Peisistrătos+, der trotz der Gegenbemühungen +Solons+ immer mehr Anhang gewinnt und sich zuletzt der +Akropolis+ bemächtigt. [~560–527~.] ~Peisistrătos~, Tyrann von Athen. Auswanderung von athenischen Adligen, zum Teil nach der thrakischen Chersŏnēs, unter des +älteren Miltiădes+ Führung. Solon † 559, wahrscheinlich in Athen, nach anderen in Soloi auf +Cypern+ (Unterredung mit Kroisos in Sardes?). +Peisistrătos+ regiert in Athen innerhalb der Formen der solonischen Verfassung, +die er nicht aufhebt+. Er versteht es, das Volk Archonten wählen zu lassen, welche ihm genehm sind. Zweimal durch Bündnis der Gegenparteien vertrieben, gewinnt er zuletzt eine dauernde Herrschaft. Die durch Solon zurückgeführten +Alkmāoniden+ (S. 34) gehen abermals in die Verbannung, da ihr Führer +Megăkles+ (an der Spitze der Parăler) sich gegen Peisistrătos nicht behaupten kann. Er erhöht das auswärtige Ansehen Athens: +Sigeion+ am Eingang in den Hellespont athenische Kolonie, Schutzherrschaft über +Delos+, Befreundung mit den Tyrannen +Lygdămis+ von Naxos und +Polykrătes+ von Samos. Er erweitert und schmückt die Stadt Athen durch Bauten (der große Zeustempel bleibt unvollendet), baut eine Wasserleitung, ordnet die Feier der +Panathenäen+ und der +Dionysien+ (die Dithyramben des +Thespis+ Anfänge der Tragödie), zieht Dichter an seinen Hof, z.B. Simonides, Anakreon, läßt die homerischen Gesänge schriftlich aufzeichnen und ordnen. Er vererbt die Herrschaft auf seinen Sohn [527–510.] ~Hippĭas~. Dieser herrscht gemäßigt im Sinne des Vaters, bis sein Bruder +Hipparchos+ von +Harmodios+ und +Aristogeiton+ aus Privatrache am Panathenäenfest ermordet wird (514). Hippias übt grausame Vergeltung, wird von dem ausgewanderten Adel +(Kleisthĕnes+ an der Spitze der +Alkmäoniden+) in Verbindung mit einem spartanischen Heere unter +Kleomĕnes+ vertrieben (510). Er begibt sich nach Sigeion und sucht später Hilfe beim Perserkönige Dareios. [~509~.] ~Gesetzgebung des Kleisthĕnes~ (Sohn des Megăkles, Enkel des Kleisthĕnes von Sikyon); die solonische Verfassung wird in demokratischem Sinne weiter gebildet. Die 4 Vermögensklassen bleiben bestehen, an Stelle der 4 alten Phylen (S. 26) treten ~zehn Phylen~ (Bezirke), deren Unterabteilungen die +Demen+ (Ortsgemeinden) sind. Dadurch soll der Einfluß des Adels gebrochen und das Wiederaufleben der früheren Parteien verhindert werden. Jede Phyle wählt jährlich 50 Mitglieder in den ~Rat~, dessen Zahl also von 400 auf 500 erhöht wird. Die 10 Abteilungen des Rats wechseln in der Geschäftsleitung ab, so daß das Amtsjahr nach dem Wechsel der 50 Ratsvorsteher (Prytanen) in 10 Prytanieen zerfällt. Die Besetzung der meisten ~Ämter~ wird fortan durch das +Los+ entschieden, nach Vorwahl durch die Phylen; durch +Abstimmung+ erwählt wurden die Archonten und die 10 Feldherrn. Für alle Ämter war eine Prüfung in bezug auf das bürgerliche Verhalten vor dem Amtsantritt und Rechenschaft nach Ablauf des Amtsjahres vorgeschrieben. Die ~Volksversammlung~ hat nach wie vor die Entscheidung über Gesetze, Bündnisse, Krieg und Frieden. [508.] Die Eupatriden unter Führung des Archon +Isagŏras+ rufen abermals die Spartaner zu Hilfe, um die Durchführung dieser Staatsordnung zu hindern. +Kleisthĕnes+ flüchtet, die Akropolis wird den Spartanern überliefert. Aber ein Aufstand des athenischen Volks zwingt den König Kleomĕnes zum Abzug. Die adligen Parteiführer werden hingerichtet; Kleisthĕnes zurückberufen. [507.] Ein Feldzug der Spartaner gegen Athen unter den Königen +Kleomĕnes+ und +Demarātos+ scheitert infolge des plötzlichen Abzugs der Korinther und der Uneinigkeit der spartanischen Könige. Die mit Sparta verbündeten +Böoter+ und +Chalkidier von Euböa+ werden von den Athenern geschlagen. Diese erobern einen Teil von +Euböa+, wo 4000 Bauerngüter an ärmere attische Bürger (Kleruchen) verteilt werden. So gewinnt Athen nach Befestigung seiner inneren Verfassung auch Ansehen nach außen. Damit nicht eine Tyrannis wiederkehre, ordnet Kleisthĕnes den ~Ostrakismos~ an: die Volksversammlung ist befugt, mittels +geheimer Abstimmung+ durch Tonscherben (Ostrăka) die Verbannung eines die Freiheit gefährdenden Bürgers zu beschließen; doch müssen 6000 Stimmen abgegeben sein. Auch in den ~westgriechischen Städten~ herrschen zeitweise ~Tyrannen~: +Phalăris+ in +Akrăgas+ (Agrigentum) um 570, +Anaxĭlas+ in +Rhegion+ 494. Zu besonderem Ansehen gelangt +Syrakus+ unter der Herrschaft +Gelons+ (seit 485), der mit Theron von Akragas befreundet ist. Die unteritalischen Städte behaupten sich gegen Angriffe der einheimischen Völkerschaften; die Bürger von +Kroton+ zerstören 510 die reiche Nachbarstadt +Sybaris+. ~Entwickelung der Kultur~. +Baukunst+ und +bildende Kunst+ besonders zur Ausschmückung der Tempel geübt (dorische, später ionische Säulen, Weihgeschenke aus Erz, Marmor, Gold und Elfenbein). Erhalten sind namentlich der Tempel von Pästum am Tyrrhenischen Meer und die Skulpturen des Athenetempels zu +Ägina+ (aus der Zeit um 510, jetzt in München). Zu hoher Blüte entfaltete sich die +Dichtkunst+; bei den +Ioniern+ namentlich die Elegie: +Kallīnos+ von Ephĕsos um 670, +Mimnermos+ von Kolŏphon um 600, +Tyrtaios+ und +Solon+ von Athen, auch +Theognis+ von Megara (S. 33) dichtete in ionischem Dialekt; bei den +Doriern+ der lyrische Chorgesang: +Terpander+ von Lesbos um 676 in Sparta, +Alkmān+ von Sardes um 650 ebendaselbst, +Stesichŏros+ von Himera um 600, +Arion+ von Lesbos, Freund des Periander, +Iby̆kos+ von Rhegion um 550; bei den +Äŏlern+ der lyrische Einzelgesang: +Alkaios+ und +Sappho+ von Lesbos um 600; der Ionier +Anakrĕon+ von Teos um 540. Jambische Spottgedichte des +Archilŏchos+ von Paros (um 650) und +Hippōnax+ von Ephesos (um 540). Die Vollendung der lyrischen Dichtung in mannigfaltigen Formen zeigt sich in +Simonĭdes+ von Keos und +Pindăros+ von Theben, beide zur Zeit der Perserkriege. Anfänge der +Philosophie+ (zunächst Naturforschung) und der Himmels-, Erd- und Völkerkunde bei den Ioniern: +Thales+ von Milet (s. S. 15). Herakleitos von Ephesos um 500: »Alles ist in ewigem Wechsel«. +Pythagŏras+ von Samos wandert um 530 nach Kroton aus (Bund der Pythagoreer), +Xenophănes+ von Kolophon um dieselbe Zeit nach Elĕa in Unteritalien (seine Schüler Parmenides, Zeno). +Hekataios+ von Milet um 510. In späterer Überlieferung werden als die +sieben Weisen+ dieser Zeit genannt: +Thales+ von Milet, +Bias+ von Priēne, +Pittăkos+ von Mytilene, +Periander+ von Korinth, +Cheilon+ von Sparta, +Kleobūlos+ von Lindos, +Solon+ von Athen. § 3. Perserkriege und Blütezeit Athens. [~500–449~.] ~Perserkriege.~ [500–494.] Aufstand der ionischen Griechen gegen die Perser (s. S. 20). Der von +Athen+ und +Eretrĭa+ ihnen geleistete Beistand ist die ~Veranlassung~ zu dem Versuch der Perser, auch das europäische Griechenland zu unterwerfen. [~492~.] Erster Zug der Perser unter ~Mardonios~. Das Landheer unterwirft das Küstenland von +Thrakien+, die Flotte die Insel +Thasos+. König Alexander von +Makedonien+ erkennt die persische Hoheit an. Dann aber erleidet das Landheer große Verluste im Kampf mit den Thrakern, und ein großer Teil der Flotte wird am Vorgebirge ~Athōs~ durch Sturm vernichtet; dies bestimmt den Mardonios zur Rückkehr. An der thrakischen Küste werden feste Plätze angelegt als Stützpunkt für spätere Feldzüge; +Byzanz+, +Sēstos+, +Abdēra+ erhalten persische Besatzungen. [491.] Persische Herolde, welche Erde und Wasser als Zeichen der Unterwerfung verlangen, werden in Sparta und Athen getötet. Die +Kykladen+ und +Ägīna+ dagegen, auch manche Gemeinden des Festlandes versprechen dem Perserkönige Unterwerfung. Der spartanische König +Kleomĕnes+ zwingt die Ägineten, den Athenern Geiseln zu stellen. [~490~.] Zweiter Zug der Perser unter ~Datis~ und ~Artaphernes~, dem jungen Neffen des Dareios. Eine große Flotte (nach Herodot 600 Trieren) durchfährt das Ägäische Meer, landet auf +Naxos+, dann auf +Euböa+, wo die Stadt +Eretria+ zerstört wird, dann an der Ostküste von +Attika+. Hippias (S. 36) im Gefolge des Artaphernes. Das athenische Heer, 9000 Hopliten und außerdem leichtbewaffnete Sklaven (eine tüchtige Reiterei nur bei den Thessalern), geführt vom Polemarchos und den 10 Feldherrn, unter welchen +Aristides+ und der vor den Persern aus der Chersones (S. 36, 20) geflüchtete (jüngere) +Miltiades+, lagert mehrere Tage dem Feinde gegenüber in verschanzter Stellung. Durch 1000 +Platäer+ verstärkt, greift es, ohne die Ankunft der Spartaner abzuwarten, unter Führung des ~Miltiădes~ an und siegt in der [~490~. (Sept.)] ~Schlacht bei Marăthon~. Der Plan der Perser, Athen von der Seeseite zu überraschen, wird durch schleunigen Rückmarsch des Heeres nach der Stadt vereitelt. Die persische Flotte kehrt nach Kleinasien zurück. +Hippias+ stirbt auf Lemnos. [489.] Unglücklicher Zug des Miltiădes gegen +Paros+. Verwundet nach Athen zurückgekehrt, wird er von +Xanthippos+ angeklagt und zur Erlegung der Kosten des Unternehmens (50 Talente) verurteilt, welche sein Sohn +Kimon+ nach dem Tode des Vaters zahlt. ~Parteikämpfe in Athen~; 487 Wahl der Archonten durch das +Los+ eingeführt, 485 Xanthippos durch Ostrakismos verbannt, 483 der bedächtige und am Althergebrachten hängende ~Aristides~. ~Themistokles~ erhält dadurch freie Hand zur Durchführung seines Planes, Athen zur ersten +Seemacht+ Griechenlands zu machen. Schon 493 hatte er als Archon die Befestigung des Hafens +Piraieus+ durchgesetzt; jetzt werden, zunächst um gegen Ägina Krieg zu führen, auf seinen Antrag die bisher zur Austeilung an die Bürger bestimmten Einkünfte aus den Silberbergwerken von +Laurion+ dazu verwendet, die Flotte bis auf 200 Trieren zu bringen. Die bisherigen Naukrarien (S. 35) werden aufgehoben und durch die Einrichtung der ~Trierarchie~ ersetzt. Der Staat liefert die Schiffe; den wohlhabenderen Bürgern liegt ihre Ausrüstung als +Staatsleistung+ (Liturgie) ob; dafür erhält der Trierarch die Anführung des von ihm ausgerüsteten Schiffes. Die Theten zum Flottendienst herangezogen, [480.] Dritter Zug der Perser unter König ~Xerxes~. Große Rüstungen, das Landheer sammelt sich schon 481 bei Kritalla in Kappadokien, von dort führt Xerxes es nach +Sardes+. Zwei Schiffbrücken über den +Hellespont+ geschlagen, für die Flotte Kanal bei +Akanthos+ gegraben, um das Vorgebirge Athos zu vermeiden. Im Frühjahr 480 Aufbruch von Sardes; Demaratos, der abgesetzte König von Sparta, und Peisistratos, Sohn des Hippias, begleiten den König. Musterung des Heeres bei Doriskos in +Thrakien+, nach Herodots übertreibender Angabe 1700000 Mann Fußvolk, 80000 Reiter und zahlreicher Troß; eine Flotte von 1207 Trieren. Nachdem die Griechen den Plan, den Paß von +Tempe+ zu verteidigen, aufgegeben haben, durchzieht das persische Heer Thessalien, ohne Widerstand zu finden. Die +Thessăler+ und die böotischen Städte, mit Ausnahme von +Platää+ und +Thespiä+, senden dem Könige Zeichen der Unterwerfung. +Argos+, +Achaja+ und das +westliche Mittelgriechenland+ nehmen am Kampfe gegen ihn nicht teil. [~480.~ (Juli.)] ~Schlacht bei Thermopylä.~ Der spartanische König ~Leonĭdas~ an der Spitze von etwa ~6000~ Schwerbewaffneten (Hopliten) (darunter 300 +Spartiaten+, 1000 lakedämonische +Periöken+ und 700 +Thespier+) verteidigt 2 Tage lang den Engpaß, während 1000 Phokier den Fußpfad über den Kallidrŏmos bewachen. Die Perser, durch den Verräter Ephialtes auf diesen Pfad geführt, vertreiben die Phokier und kommen dem griechischen Heere in den Rücken. ~Leonidas~ befiehlt den Periöken und den Bundesgenossen, nach Hanse zu gehen und stirbt mit den noch übrigen ~Spartiaten~ und ~Thespiern~, welche sich weigern, ihn zu verlassen, den Heldentod. Bekannte Grabschrift des Simonides. (S. Schillers »Spaziergang«). Die gezwungen (?) mit Leonidas fechtenden +Thebaner+ strecken die Waffen, werden teils niedergemacht, teils auf des Königs Befehl gebrandmarkt nach Theben zurückgeschickt. Zu gleicher Zeit unentschiedene ~Seegefechte bei Artemision~, einem Vorgebirge und Tempel an der Nordspitze von Euböa. Dreitägige Kämpfe; Verluste der Perser namentlich durch den Untergang der um die Südspitze von Euböa herum entsandten Schiffe. Auf die Kunde von der Einnahme des Passes von Thermopy̆lä zieht die hellenische Flotte sich zurück nach der Bucht von Salămis. Das peloponnesische Landheer beginnt am Isthmos den Bau einer Schutzmauer. Xerxes durchzieht Mittelgriechenland. Die +Lokrer+ und +Dorier+ unterwerfen sich. Das Gebiet der +Phokier+ wird verwüstet, die gegen +Delphi+ geschickte Truppe soll durch Gewittersturm zurückgeschreckt worden sein. +Böotien+ wird als Freundesland behandelt, nur +Thespiä+ und +Platää+ werden zerstört. Die Athener verlassen ihre Stadt, nur die Akropolis bleibt besetzt. Die waffenfähigen Bürger besteigen die Flotte, die »hölzerne Mauer«; Greise, Frauen und Kinder werden mit der beweglichen Habe nach +Salămis+, +Ägina+ und +Troizen+ gebracht. Den Verbannten wird die Rückkehr gestattet. Die Akropolis wird von den Persern erstürmt; ~Zerstörung der Stadt Athen.~ [~480.~ (Ende Sept.)] ~Seeschlacht bei Salămis.~ Die vereinigte hellenische Flotte (378 Trieren, 7 Fünfzigruderer) steht unter dem Oberbefehl des Spartaners ~Eurybiădes~. Uneinigkeit im Kriegsrat; der athenische Feldherr ~Themistŏkles~ bewirkt durch eine geheime Botschaft an Xerxes, daß die Griechen in der Meerenge zwischen Salamis und Attika von der persischen Flotte eingeschlossen werden. Xerxes schaut von dem Berge +Ägāleos+ dem Kampfe zu. Glänzender Sieg der Griechen. ~Aristides~, von Ägina herbeigeeilt, nimmt während des Flottenkampfes die von den Persern besetzte kleine Insel Psyttaleia, macht viele vornehme Gefangene. Die persische Flotte sammelt sich in der Bucht von Phalēron, Xerxes beschließt den ~Rückzug~. In Thessalien bleibt +Mardonios+ mit einem großen Teil des Heeres zurück. Xerxes erreicht nach großen, durch Seuchen und Mangel an Lebensmitteln verursachten Verlusten den Hellespont, wo er die Flotte findet, die das Heer übersetzt, da die Brücke vom Sturm zerstört worden ist. Die griechische Flotte, statt, wie Themistokles wollte, die persische zu verfolgen, wendet sich gegen die Inseln, belagert +Andros+ vergeblich und löst sich beim Eintritt des Winters auf. Rückkehr der Athener nach ihrer Stadt, deren Wiederaufbau sofort begonnen wird. [~480.~] ~Schlacht bei Himera,~ Sieg der ~sicilischen Griechen~ unter +Gelon+ von Syrakus und +Theron+ von Akragas (S. 37) über die mit Persien verbündeten +Karthager+. Diese sollen den Frieden durch Zahlung von 2000 Talenten erkauft haben; sie bleiben im Besitz ihrer sicilischen Städte (Panormos, Soloeis, Motye). [479.] Nachdem ~Mardonios~ den Athenern durch Alexander von Makedonien (s. S. 38) vergebens einen Sonderfrieden angeboten hat, rückt er, verstärkt durch +griechische Bundesgenossen+ (Thessăler, Böoter, Lokrer, Phokier) in Attika ein. Die Athener retten sich wieder nach +Salămis+. Was in der Stadt aufgebaut worden, wird von den Persern von neuem zerstört. Endlich rückt die ganze peloponnesische Streitmacht (30000 Hopliten und zahlreiche Leichtbewaffnete) über den Isthmos vor, +Mardonios+ geht zurück und nimmt eine vorteilhafte Stellung in Böotien am +Asōpos+ ein. Mehr als 10000 +Athener+, +Platäer+ und +Thespier+ vereinigen sich mit dem peloponnesischen Heere. Anführer der gesamten Streitmacht (angeblich 110000 Mann, doch keine Reiterei) war ~Pausanïas~ (Regent in Sparta für den unmündigen Sohn des Leonidas). [~479.~ (Sept.)] ~Schlacht bei Platää.~ Nach längerem Zaudern entschließt sich Pausanias zum Kampfe. Glänzender Sieg, Mardonios fällt. Die Griechen erobern das persische Lager; von der reichen Beute wird den Göttern der Zehnte geweiht.[14] Das griechische Heer rückt vor +Theben+, die Häupter der persischen Partei werden ausgeliefert und auf dem Isthmos hingerichtet. Die hellenische Flotte unter dem Oberbefehl des Spartanerkönigs +Leotychĭdas+ (die athenischen Schiffe unter +Xanthippos+) eröffnet den ~Angriffskrieg gegen die Perser~, der mit Unterbrechungen bis 445 dauert. Der persische Flottenführer +Mardontes+, den kleinasiatischen Griechen in seinem Heere mißtrauend, wagt nicht, die ihm bei +Samos+ angebotene Seeschlacht anzunehmen. Er läßt dieser Insel gegenüber bei dem Vorgebirge +Mykăle+ die Schiffe aufs Land ziehen und verschanzt sich. Die Griechen landen und siegen in der [~479.~ (Ende Sept.)] ~Schlacht bei Mykăle,~ nehmen das Lager und stecken die persischen Schiffe in Brand. Mehrere Inselstädte (namentlich +Samos+, +Lesbos+ und +Chios+), dann die Küstenstädte Kleinasiens, auch das hergestellte +Milet+ (S. 20), werden als Bundesgenossen aufgenommen. Die Peloponnesier fahren nach Hause zurück, die +Athener+ und +Ionier+ erobern +Sēstos+ (S. 38). Wiederaufbau der Stadt Athen; sie wird trotz des Einspruchs der Peloponnesier mit einer starken Mauer von vergrößertem Umfang (60 Stadien) umgeben. List des +Themistokles+, der als Gesandter nach Sparta geht. [478.] Unter Anführung des Spartaners +Pausanĭas+ vertreibt die vereinigte Flotte der Peloponnesier, Athener und Ionier persische Besatzungen von der Insel ~Cypern~, fährt dann nach ~Byzanz~ und befreit diese Stadt. Hochmut des +Pausanias+ gegen die Bundesgenossen, er tritt mit dem persischen Hofe in geheime Verbindung. Das gewinnende Auftreten der Anführer der Athener, +Aristides+ und +Kimon+, hat nach Abberufung des Pausanias durch die Ephoren zur Folge, daß die Führung (+Hegemonie+) zur See von Sparta auf Athen übergeht, [477.] ~Gründung des attischen Seebundes.~ Die Insel- und Küstenstädte des Ägäischen Meeres schließen ein dauerndes Bündnis mit Athen; die größeren stellen Schiffe zum Kampf gegen die Perser, die kleineren zahlen Geldbeiträge. Organisation des Bundes durch Aristides. Bundeskasse im Apollotempel zu +Delos+. +Themistokles+, bei den olympischen Spielen 476 von den versammelten Hellenen geehrt, gerät bei den Athenern allmählich in Mißgunst, wird 470 durch den Ostrakismos verbannt und geht nach +Argos+. Dort wird er der Teilnahme an den fortgesetzten hochverräterischen Umtrieben des +Pausanias+ verdächtig. Dieser, von den Ephoren mit Verhaftung bedroht, rettet sich in Sparta in den Tempel der Athene und stirbt durch Hunger (468). Themistokles muß aus Argos fliehen, geht nach Kerkȳra, dann nach Epīrus, endlich nach Susa zum Perserkönig +Artaxerxes+ (s. S. 21), dem er seine Dienste anbietet. Er erhält eine fürstliche Schenkung in Kleinasien, stirbt (460) zu Magnesia (am Maiandros). Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Perser unter Führung ~Kimons~, des Sohnes des Miltiades (S. 39). Er erobert mit der Bundesflotte die noch von den Persern besetzt gehaltenen Plätze an der thrakischen Küste, namentlich +Eïon+ an der Strymonmündung, besetzt die Insel +Skyros+ (die Gebeine des Theseus von dort nach Athen gebracht), unterwirft die vom Bunde abgefallene Insel +Naxos+, besiegt Flotte und Landheer der Perser in der [466.] ~Doppelschlacht am Eurymĕdon~ in Pamphylien. Darauf vertreibt er die Perser von der thrakischen +Chersŏnēs+, stellt die athenische Kolonie daselbst wieder her und unterwirft die abtrünnige Insel +Thasos+. -- Bauten in Athen; Stoa Poikile am Markt mit Wandgemälden von Polygnōtos, Befestigung der Akropolis, Bau der +langen Mauern+ nach dem Peiraieus und nach Phalēron. [464.] Erdbeben in Sparta, Aufstand der unterdrückten ~Messenier~ und ~Heloten~. Die Spartaner bitten Athen um Hilfe; sie wird auf Kimons Antrag gewährt. Aber bald schicken die Spartaner aus Argwohn das athenische Hilfsheer zurück. Dadurch beleidigt, treten die Athener in ein Bündnis mit Argos. Mit Mühe unterdrücken die Spartaner 455 den Aufstand (dritter Messenischer Krieg) (S. 44). In Athen erhebt sich gegen Kimons Politik, die auf gutes Einvernehmen mit Sparta, Fortsetzung des Kriegs gegen Persien und Mäßigung der Demokratie im Sinne Solons gerichtet ist, die +demokratische+ Partei, geleitet von +Ephialtes+ und ~Perikles~, dem Sohne des Xanthippos (S. 39). [461.] Beschränkung des +Areopags+; ein Gesetz des Ephialtes entzieht ihm die altherkömmliche Oberaufsicht über die bürgerliche Ordnung und die Staatsverwaltung und läßt ihm nur die +richterliche+ Tätigkeit. Zugleich Ausdehnung der Volksgerichtsbarkeit; auf +Perikles’+ Antrag wird den +Heliasten+ (S. 35) ein +Richtersold+ aus der Staatskasse gewährt. +Kimon+ durch Ostrakismos +verbannt+. Weitere Maßregeln der durch den Areopag nicht mehr gehemmten demokratischen Partei: Einführung des +Ratssoldes+ und des +Schaugeldes+ (Theorikon) für die Theateraufführungen an Festtagen; das Archontat wird auch der +dritten+ Vermögensklasse zugänglich. Einschätzung in die Vermögensklassen nicht mehr nach dem Grundbesitz, sondern nach dem Gesamtvermögen. [459.] Fortsetzung des +Krieges gegen Persien+; eine athenische Flotte fährt nach +Cypern+ und leistet dann den aufständischen +Ägyptern+ unter Inaros Hilfe (S. 21). Das Unternehmen endet 455 unglücklich; die Athener, auf einer Nilinsel eingeschlossen, müssen sich ergeben. Zwiespalt der Griechen untereinander kommt den Persern zustatten. [459–445.] ~Kriege der Peloponnesier~ und ~Böoter~ gegen ~Athen~. Athen nimmt das benachbarte +Megara+ in seine Symmachie auf, befestigt den Hafen. +Korinth+ und +Ägina+ dadurch bedroht, erklären den Krieg. Seesieg der Athener bei der Insel Kekryphaleia. Nunmehr kommt ein spartanisches Heer 457 den +Doriern+ in Mittelgriechenland (S. 28) gegen einen Angriff der +Phokier+ zu Hilfe; die Athener verlegen ihm den Rückweg, werden aber bei ~Tanăgra~ in Böotien von den Spartanern besiegt. Die Spartaner kehren nach Hause zurück; die Athener dringen abermals in Böotien ein, siegen bei +Oinophy̆ta+ über die Thebaner und gewinnen die andern böotischen Städte, die Phokier und die opuntischen Lokrer zu Bundesgenossen. +Ägina+ muß sich nach langer Belagerung unterwerfen (456), die Kriegsschiffe ausliefern und dem attischen Seebunde beitreten. [455.] Die attische Flotte unter +Tolmides+ umfährt die Peloponnes, verbrennt die spartanische Schiffswerft bei Gytheion, landet an den Küsten von Ätolien und Sikyon, siedelt die Messenier (S. 43), welchen die Spartaner freien Abzug aus Ithome bewilligen, in +Naupaktos+ am Eingang in den Korinthischen Meerbusen an. [454.] Verlegung der Bundeskasse von +Delos+ nach +Athen+. Die Bundesgenossen, zu regelmäßigen Beiträgen verpflichtet (jährlich 460 Talente) und der Gerichtshoheit Athens unterworfen, werden tatsächlich zu Untertanen. Athen ist Hauptstadt eines ansehnlichen +Insel- und Küstenreiches+, welches nach den erhaltenen Tributlisten in 5 Provinzen geteilt war: Hellespont, Thrakien, Ionien, Karien, Inseln. [453.] Seezug des +Perikles+ von dem megarischen Hafen Pagä aus, die +Achäer+ schließen sich dem athenischen Bunde an; ein Angriff auf Öniadä (an der akarnanischen Küste) mißlingt. Aussöhnung zwischen +Perikles+ und +Kimon+, welcher aus der Verbannung zurückberufen wird. Durch Kimons Einfluß kommt 451 ein +Waffenstillstand+ zwischen Athen und Sparta zustande. Neuer ~Seezug gegen die Perser~. Kimon fährt mit 200 Schiffen nach Cypern, sendet 60 davon nach Ägypten, stirbt aber während der Belagerung von +Kition+ an einer Krankheit. Seine Truppen erringen in der [~449.~] ~Doppelschlacht bei Salamis~ auf Cypern einen glänzenden Sieg über die +persische+ (d. h. phönikisch-kilikische) Flotte und die am Lande befindlichen feindlichen Truppen, kehren dann aber nach Hause zurück. Alsbald erneut sich der Krieg in Mittel-Griechenland. [447.] ~Schlacht bei Koroneia~; Sieg der von Athen abgefallenen Böoter. Gleich darauf Einfall eines spartanischen Heeres in Attika, um einen Aufstand auf +Euböa+ gegen Athen zu unterstützen. Perikles bewirkt durch Bestechung des spartanischen Königs Pleistoanax den Abzug des Heeres, unterwirft darauf Euböa, ist aber zum Frieden und zum Verzicht auf die Landhegemonie bereit. [~445.~] ~Dreißigjähriger Friede zwischen Athen und Sparta.~ Gegenseitige Anerkennung der +peloponnesischen+ und der +athenischen+ Bundesgenossenschaft. Um diese Zeit (jedenfalls +nach Kimons Tode+) finden auch Friedensverhandlungen zwischen Athen und ~Persien~ statt, eine athenische Gesandtschaft unter +Kallias+ geht nach Susa. Doch wird kein förmlicher Friede geschlossen, man begnügt sich mit stillschweigender Anerkennung des Besitzstandes. Die Athener geben Cypern auf und schicken den aufständischen Ägyptern keine weitere Hilfe. Später erzählte man von einem ~Kimonischen Frieden~, in welchem der Perserkönig die Unabhängigkeit der kleinasiatischen Griechen anerkannt und versprochen haben soll, kein Kriegsschiff mehr ins Ägäische Meer zu schicken. ~Folgen der Perserkriege~: 1. Die +politische Freiheit+ der Griechen in Asien und Europa ist gesichert gegen die Machtansprüche des persischen Despotismus. 2. Die +griechische Kultur+ entfaltet sich zu ihrer höchsten Blüte in Gewerbtätigkeit und Handel, Kunst und Wissenschaft, besonders in +Athen+, während Sparta zurückbleibt. [~444–429~] Nachdem +Thukydĭdes+ (Sohn des Melesias, nicht der gleichnamige Geschichtschreiber), eine Zeitlang Führer der kimonischen Partei, durch den Ostrakismos verbannt ist, beginnt die ~Blütezeit Athens~ unter der Verwaltung des ~Perikles~, welcher, obwohl niemals Archon, den Staat durch seinen Einfluß als Redner in der Volksversammlung und in amtlicher Eigenschaft als +Strateg+, als +Finanzvorsteher+ und +Vorsteher der öffentlichen Bauten+ leitet. Unbestrittene Herrschaft Athens im Gebiet seines Seebundes; nur +Samos+ versucht 441 einen Aufstand. Verstärkung der Kolonie auf der thrakischen +Chersones+ (S. 36, 43), Flottenfahrt des Perikles nach dem +Schwarzen Meere+ zur Unterstützung der dortigen Griechenstädte Sinōpe, Amīsos, Pantikapaion (letztere wichtig für den Getreidehandel nach Athen). Neue Kolonien +Thurii+ in Unter-Italien, an der Stelle des zerstörten +Sybăris+ (443), und +Amphipŏlis+ am Strymon (437). -- Vollendung der Befestigung Athens durch eine +dritte+ lange Mauer (parallel mit der nach dem Peiraieus führenden, s. S. 43). Neubau der +Hafenstadt+ Peiraieus, Tempel zu +Eleusis+, in Athen das +Odeion+ neben dem vergrößerten +Dionysostheater+ am Südabhang der Akropolis, in der Nähe das noch gut erhaltene Theseion. Prachtbauten auf der ~Akropolis~: Der +Parthĕnon+, von Iktīnos und Kallikrătes erbaut, von dem Bildhauer ~Pheidĭas~ mit dem Standbild der Göttin Athene aus Gold und Elfenbein, an den Außenseiten mit Marmorskulpturen geschmückt;[15] die Karyatidenhalle des +Erechtheion+; die +Propyläen+, als Eingangstor von Mnesĭkles erbaut; daneben die +Pinakŏthek+ mit Wandgemälden von +Polygnōtos+. Tempel der Athena Nike. Auf dem freien Platz vor den beiden Tempeln das große eherne Standbild der +Athene Promăchos+ von ~Pheidias~, welcher auch nach +Olympia+ berufen wurde, um dort das Standbild des Zeus aus Gold und Elfenbein aufzurichten. Athen jetzt der Brennpunkt des wirtschaftlichen Lebens in Hellas. Handel nach allen Plätzen des Mittelmeeres. Großindustrie durch Sklaven betrieben. Bedeutende Ausfuhr von Erzeugnissen des Gewerbefleißes, Einfuhr von Getreide, Schiffsbauholz und Rohstoffen aller Art. Blüte der +dramatischen Dichtung+: Die drei Tragiker ~Aischy̆los~ (526–455, die Perser 472, die Oresteia 458, eine Trilogie), ~Sŏphŏkles~ (496–405, Antigone 441, Ödipus auf Kolōnos), ~Euripĭdes~ (480–406, Medeia 431. Iphigeneia in Tauris 412). Etwas später entfaltet sich die +Komödie+; besonders bedeutend sind die +politischen+ Komödien des ~Aristophănes~ in der Zeit des Peloponnesischen Krieges (die Ritter 424, die Wolken 423, der Friede 421, die Vögel 414). Dramatische Aufführungen fanden statt an den +Diony̆sosfesten+ (kleine Dionysien oder Lenäen, große Dionysien); die Ausstattung des Chores war eine den reicheren Bürgern obliegende +Liturgie+ (vgl. S. 39). Geschichtschreibung: ~Herodot~ von Halikarnaß (484–424?), Teilnehmer an der Koloniegründung in Thurii; ~Thukydĭdes~ von Athen (470–400?). Philosophie: ~Anaxagŏras~ von Klazomĕnä, Lehrer des Perikles (+Empedŏkles+ in Akragas. +Demokritos+ in Abdēra, um 450). ~Protagŏras~ von Abdera, neben +Gorgias+ von Leontini und +Prodikos+ von Keos der berühmteste unter den +Sophisten+, welche als Lehrer der Weisheit und der Redekunst auftraten. ~Sokrătes~ von Athen (469–399), Gegner der Sophisten. Ihrer subjektiven Richtung (der Mensch ist das Maß der Dinge) stellt er das Streben nach objektivem, begriffsmäßigem Wissen entgegen. § 4. Peloponnesischer Krieg. (431–404 v. Chr.) Nach kurzer Friedenszeit erneuert sich die Feindschaft der auf Athens politisches und wirtschaftliches Übergewicht eifersüchtigen aristokratischen Peloponnesier gegen die attische Demokratie; es beginnt ein fast dreißigjähriger, für Griechenland verderblicher Krieg. ~Veranlassungen~: 1. Einmischung Athens in den Krieg, welcher zwischen +Kerkyra+ und +Korinth+ wegen der Kolonie +Epidamnos+ (S. 33) entstanden war.[16] Die Athener erklären sich für Kerkyra und nehmen (zunächst mit 10 Schiffen) teil an der +Schlacht bei Sybŏta+ (432) zwischen den Korinthern und Kerkyräern, in der die Korinther erst Sieger sind, sich aber nach dem Erscheinen weiterer 20 attischer Trieren zurückziehen. 2. Die Bewohner von +Poteidaia+ (S. 33) fallen vom athenischen Bunde ab (432), werden von Korinth unterstützt, aber von den Athenern geschlagen und in ihrer Stadt belagert. Die Korinther, unterstützt durch Beschwerden der +Megărer+, welche von allen attischen Häfen und Märkten ausgeschlossen worden waren, und der Ägineten, klagen gegen die Athener in Sparta. Die Volksversammlung der Spartiaten erklärt, daß die Athener die Verträge gebrochen haben, worauf die +peloponnesische Tagsatzung+ Kriegsbereitschaft beschließt. ~Streitkräfte beider Parteien~: +Achaja+ und +Argos+ bleiben zunächst neutral; mit den ~Peloponnesiern~ verbündet: die +Megărer+, +Böoter+, +opuntischen Lokrer+, +Phokier+. -- Selbständige Bundesgenossen der ~Athener~: +Platää+, +Naupaktos+, +Kerkyra+, +Zakynthos+, +Chios+, +Lesbos+, die +Thessăler+ und +Akarnanen+. Flotte von 300 Trieren, Bürgerheer von 29000 Hopliten, Staatsschatz von 6000 Talenten, Jahrestribut aus dem Bundesgebiet 600 Talente. Perikles behauptet sein Ansehen gegen alle Anfeindungen (Anklagen gegen Pheidias, Anaxagoras, gegen seine Gemahlin Aspasia, endlich gegen ihn selbst wegen der Verwaltung des Staatsschatzes). Sein Kriegsplan: Verteidigung in der befestigten Stadt, Angriff mit der Flotte. [431.] ~Der Archidamische Krieg. 431–421.~ Der Krieg beginnt mit einem Überfall von +Platää+ durch die Thebaner, welche zurückgeschlagen werden. Darauf ~Einfall der Peloponnesier in Attika~ unter dem Spartanerkönig +Archidāmos+. Verwüstung des Landes. Die Landbewohner flüchten in die befestigte Stadt Athen oder lagern zwischen den langen Mauern. Die athenische Flotte verheert die Küsten der Peloponnes und nimmt +Ägina+ in Besitz; das Gebiet von +Megăra+ von dem Landheer verwüstet. [430.] ~Zweiter Einfall~ der Peloponnesier, in Athen bricht die ~Pest~ aus (der Arzt +Hippokrătes+ aus Kōs). Perikles verheert mit der Flotte die Küste von +Argolis+, wird im Rechenschaftsprozeß verurteilt, aber für das nächste Jahr wieder zum Feldherrn erwählt. [429.] Die Athener nehmen +Poteidaia+ ein; ihre Flotte unter +Phormion+ ist siegreich im korinthischen Meerbusen bei Naupaktos. ~Perikles stirbt an der Pest~. An die Spitze der demokratischen Partei tritt +Kleon+, der »Gerber«, d. i. Besitzer einer durch Sklaven betriebenen Lederwarenfabrik, an die Spitze der aristokratischen +Nikĭas+. [428.] +Dritter Einfall+ der Peloponnesier, dann Abfall der Stadt +Mytilēne+ auf Lesbos vom athenischen Seebunde (Methymna bleibt den Athenern treu). Die Spartaner belagern +Platää+. [427.] Während des +vierten Einfalls+ der Peloponnesier in Attika wird +Mytilēne+ auf Lesbos von der athenischen Flotte zur Übergabe gezwungen. Die athenische Volksversammlung beschließt auf +Kleons+ Antrag, +alle Bürger+ von Mytilēne, am andern Tage jedoch, +nur die Aristokraten+ hinrichten zu lassen. Über +tausend+ werden getötet, die Mauern der Stadt geschleift, die Äcker der Insel, mit Ausnahme des Gebiets von +Methymna+, an attische Bürger verteilt. Die Spartaner nehmen +Platää+ ein, die letzten 225 tapferen Verteidiger der Stadt werden hingerichtet. -- Blutige Parteikämpfe in +Kerkyra+, wo zuletzt mit Hilfe Athens die Demokraten Sieger bleiben. [426.] Glückliche Kämpfe der Athener unter +Demosthĕnes+ in +Akarnanien+ gegen die von den Peloponnesiern unterstützten +Ambrakioten+. [425.] +Fünfter Einfall+ der Peloponnesier. +Demosthenes+, mit einer nach Sicilien (S. 50) bestimmten Flotte aussegelnd, landet in Messenien und besetzt die verfallene Burg von ~Pylos~. Die Peloponnesier (+Brasĭdas+) besetzen die gegenüberliegende Insel +Sphakteria+, werden aber durch die athenische Flotte abgeschnitten. Der von spartanischen Gesandten in Athen angebotene Friede auf +Kleons+ Antrag verworfen. Kleon und Demosthenes erobern +Sphakteria+; 292 Hopliten, darunter 120 Spartiaten, werden nach Athen gebracht. Die Athener drohen diese hinzurichten, wenn ein neuer Einfall in Attika geschehe. [424.] Die Insel +Kythēra+ von den Athenern unter Nikias besetzt. Von Kythēra und von +Pylos+ aus beunruhigen sie fortwährend das lakonische Gebiet. Ihr Landheer bei +Delion+ in Böotien von den Böotern geschlagen (Sokrates von Alkibiades gerettet). ~Brasĭdas~, der durch Böotien und Thessalien nach +Makedonien+ und +Thrakien+ gezogen ist, bringt die dortigen Küstenstädte zum Abfall von Athen, nimmt auch +Amphipŏlis+ ein. Der athenische Feldherr +Thukydĭdes+ (der Geschichtschreiber), der mit einem Geschwader bei Thasos lag und diesen Verlust nicht hatte verhindern können, wird deshalb verbannt. Nach abermals vergeblichen Friedensverhandlungen senden die Athener Kleon nach Thrakien. Er wird in der [~422.~] ~Schlacht bei Amphipŏlis~ von Brasidas geschlagen und fällt auf der Flucht, Brasidas stirbt an seinen Wunden. [~421~.] ~Friede des Nikĭas~, geschlossen auf 50 Jahre. Beide Teile geben die Gefangenen und die Eroberungen heraus, doch wird diese Bestimmung nur unvollständig ausgeführt. Schon nach +drei+ Jahren bricht der Krieg wieder aus, da ~Alkibiădes~ die Athener beredet, dem Bündnis beizutreten, welches +Argos+ mit anderen peloponnesischen Staaten (Elis und Mantineia) geschlossen hatte, um dem drückenden Übergewicht Spartas entgegenzutreten. Die vereinigten +Argiver+ und +Athener+ werden in der [~418~.] ~Schlacht bei Mantineia~ geschlagen. Die Spartaner stellen durch diesen Sieg ihre Herrschaft über die Peloponnes wieder her. In Athen bekämpfen sich die Parteien des +Nikias+ und +Alkibiădes+; durch Anwendung des Ostrakismos wird nur der unruhige +Hyperbŏlos+ verbannt. [416.] Die Athener nehmen +Mēlos+ und töten +alle+ Bürger der Insel. [~415–413~.] Unternehmung der Athener gegen ~Syrakus~. Syrakus, nach dem Siege bei +Himĕra+ über die Karthager (S. 41) aufblühend unter der milden Herrschaft +Hierons+ (Bruder des +Gelon+) seit 466 mit demokratischer Verfassung, steht an der Spitze der sicilischen Griechenstädte. [427.] Hilfsgesuch der Stadt +Leontini+ (der Redner und Sophist +Gorgias+) bei den Athenern gegen Syrakus; eine athenische Flotte wird nach +Rhegion+ gesandt, doch gelingt es den Athenern nicht, sich auf Sicilien festzusetzen. Der Syrakusaner +Hermokrătes+ vermittelt 424 Frieden unter den sicilischen Städten. [416.] Hilfsgesuch der Stadt +Egesta+ und der vertriebenen Leontiner gegen Selinus und Syrakus, bei den Athenern von +Alkibiădes+ befürwortet, von +Nikias+ widerraten. Eine Flotte von 134 Trieren fährt unter Anführung von +Alkibiădes+, +Nikias+ und +Lamăchos+ nach Sicilien. Nachdem +Naxos+ und +Katăna+ besetzt sind, wird Alkibiades zurückgerufen, abwesend angeklagt wegen Teilnahme an Religionsfreveln, die kurz vor Abfahrt der Flotte begangen waren (Verstümmelung der Hermen. Verspottung der eleusinischen Mysterien). Er flieht nach Argos, wird abwesend zum Tode verurteilt, seine Güter werden eingezogen. Hierauf begibt er sich, um Rache an Athen zu nehmen, nach Sparta. [Sidenote: 414.] Die Athener erfechten einen Sieg vor +Syrakus+ und beginnen mit Erfolg die Belagerung der Stadt, wobei +Lamăchos+ fällt. Die Spartaner schicken auf Alkibiades’ Antrieb ein kleines Geschwader unter +Gylippos+ den Syrakusanern zu Hilfe. Die Athener werden zurückgedrängt, leiden durch Krankheit und Mangel. Nikias der Lage nicht gewachsen. [413.] Sie erhalten Verstärkung aus Athen (73 Trieren, 5000 Hopliten) unter +Demosthĕnes+, werden aber bei einem nächtlichen Angriff auf die Höhen von +Epipŏlä+ besiegt. Der Abmarsch beschlossen, verzögert durch abergläubische Bedenken des Nikias wegen einer Mondfinsternis (27. August). Unglückliche +Seeschlacht+ in dem von den Feinden gesperrten Hafen von Syrakus; das zu Lande abziehende Heer wird am Flusse +Assinăros+ teils niedergemacht, teils gefangen. +Nikĭas+ und +Demosthĕnes+ in Syrakus hingerichtet, 7000 Gefangene in die Steinbrüche gesteckt, wo viele elend umkommen, oder als Sklaven verkauft. [413. (März.)] Auf Alkibiădes’ Rat halten die Spartaner, gereizt durch eine Landung attischer Schiffe in Lakonien, den Flecken +Dekeleia+ in Attika besetzt. Von dort aus machen sie (unter König +Agis+) oft wiederholte Streifzüge. Die dauernde Besetzung wirksamer als die früheren vorübergehenden Einfälle, Die letzten 9 Jahre des +Peloponnesischen Krieges+ heißen deshalb der [413–404.] ~Dekeleïsche~ Krieg. Bedrängnis der Athener, Flucht vieler Sklaven, Geldnot des Staates. Die aristokratische Partei kommt wieder zu Ansehen. Einsetzung einer neuen Behörde von 10 +Vorberatern+. Ordnung der Finanzen; die Tribute der Bundesgenossen werden in Hafenzölle umgewandelt. Neue Rüstungen. Alkibiădes bewirkt den Abfall von +Chios+, +Erythrä+, +Klazomĕnä+ und +Milēt+ vom athenischen Bunde. Er bringt ein Bündnis zustande zwischen den Spartanern, die sich bereit erklären, dem Perserkönig alle ihm ehemals untertänigen Griechenstädte wieder zu überlassen, und dem persischen Satrapen +Tissaphernes+ in Sardes, der den Spartanern Hilfsgelder zahlt. [412.] Eine neue athenische Flotte erscheint an der ionischen Küste; die Peloponnesier werden im Landkampf bei +Milēt+ geschlagen, aber die Einnahme der Stadt wird durch das Erscheinen syrakusischer Schiffe (unter Hermokrates) gehindert. Die athenische Flotte, wieder auf 104 Schiffe gebracht, ankert vor +Samos+. Alkibiădes, von den Spartanern angefeindet und beargwöhnt, begibt sich zu Tissaphernes, auf den er bald großen Einfluß gewinnt. Zugleich knüpft er Unterhandlungen mit den Oligarchen (Gegnern der Demokratie) im athenischen Heere an. [411. (März.)] ~Verfassungsänderung in Athen~, von der oligarchischen Partei +(Antĭphon+, +Theramĕnes+) gewaltsam durchgesetzt. Rat von 400 Mitgliedern eingesetzt, die Volksversammlung auf 5000 Bürger beschränkt, alle Staatsbesoldungen, mit Ausnahme des Soldes der im Heere dienenden Bürger, werden abgeschafft. Friedensverhandlungen mit Sparta. Aber das Heer bei Samos weigert sich, die Verfassungsänderung anzuerkennen, erwählt neue Feldherren (+Thrasybūlos+) und ~ruft Alkibiades zurück~. Dieser übernimmt den Oberbefehl, weigert sich aber, die Flotte gegen die Oligarchen nach Athen zu führen, und verlangt, daß sie vor dem Feinde bleibe. In Athen wird auch ohne Eingreifen des Heeres die Oligarchie nach kurzer Dauer gestürzt, der alte Rat der 500 wieder eingesetzt, bald auch der Zutritt aller Bürger zur Volksversammlung wieder hergestellt. Die Spartaner brechen jede Verbindung mit Tissaphernes ab und schließen ein Bündnis mit +Pharnabāzos+, dem Satrapen von Bithynien. Aber die peloponnesische Flotte (unter +Mindăros+) wird von den Athenern in zwei [411.] Seegefechten bei ~Abȳdos~ geschlagen und schließlich unter +Alkibiădes’+ Oberbefehl vernichtet in der [410.] ~Doppelschlacht bei Kyzĭkos~ (Mindaros † im Landkampf an der Küste). Alkibiădes sichert die athenische Herrschaft auf der thrakischen +Chersones+, erobert +Chalkēdon+, schließt Vertrag mit Pharnabazos, erobert endlich auch die von dem Spartaner +Klearchos+ verteidigte, für die Getreidezufuhr aus den Pontusländern wichtige Stadt +Byzanz+ (409). [~408~.] ~Alkibiădes kehrt nach Athen zurück.~ Seine Verurteilung wird widerrufen, die Athener ernennen ihn zum unumschränkten Feldherrn zu Wasser und zu Lande. Er schützt mit seinem Heere den langentbehrten Festzug nach Eleusis, fährt dann an der Spitze der athenischen Flotte wieder nach Kleinasien. Dort hatte unterdessen der Spartaner +Lysander+ den Oberbefehl erhalten, und des persischen Königs Dareios II. jüngerer Sohn +Kyros+, Freund der Spartaner, war Satrap in Sardes geworden. Während Alkibiădes sich an einer Belagerung von +Phokäa+ beteiligt, wird die von seinem Unterfeldherrn Antiochos befehligte Flotte von +Lysander+ in dem [407.] ~Seetreffen bei Notion~ im Golf von Ephĕsos geschlagen. Wegen dieses unverschuldeten Unglücks wird Alkibiădes von den Athenern des Oberbefehls entsetzt. Er zieht sich nach der thrakischen Chersones zurück. Der neue spartanische Nauarch (Admiral) +Kallikratĭdas+ schließt die athenische Flotte unter +Konon+ im Hafen von +Mytilene+ ein. Die Athener rüsten mit äußerster Anstrengung eine neue Flotte aus; diese schlägt die Peloponnesier in der großen [~406~. (Sept.)] ~Seeschlacht bei den Arginusen~, kleinen Inseln an der Küste Kleinasiens, südöstlich von Lesbos; von 120 peloponnesischen Schiffen entkommen nur 43. Aber die siegreichen Feldherren werden in Athen angeklagt, weil sie die Schiffbrüchigen bei dem nach der Schlacht eingetretenen Sturm nicht gerettet und die Leichen nicht bestattet haben; 6 von ihnen, die sich dem Gericht stellen, werden zum Tode verurteilt. Vergeblicher Widerspruch des +Sokrates+, der am zweiten Verhandlungstage Vorsteher der Prytanen (S. 36) war, gegen das abgekürzte (summarische) Gerichtsverfahren. ~Lysander~, wiederum Anführer der spartanischen Flotte, vernichtet die athenische Flotte in der [405. (August.)] ~Schlacht bei Aigospotamoi~ (Ziegenflüsse), Lampsăkos am Hellespont gegenüber. Nur +Konon+ rettet sich mit wenigen Schiffen. Niedermetzelung von 3000 gefangenen Athenern. Lysander vernichtet die athenische Herrschaft über die Küsten und Inseln, richtet überall oligarchische Verfassungen ein, die durch spartanische Statthalter (Harmosten) überwacht werden, erscheint dann mit seiner Flotte vor dem Peiraieus, während die Landtruppen unter den beiden spartanischen Königen +Agis+ und +Pausanias+ Athen von der Landseite einschließen. Unterhandlungen durch +Theramĕnes+. Endlich bewirkt der Hunger die [~404~. (Frühjahr.)] ~Übergabe Athens, Ende des Krieges.~ Die Mauern des Peiraieus und die langen Mauern zwischen Stadt und Häfen werden niedergerissen. Anerkennung der spartanischen Hegemonie, Verzicht auf alle auswärtigen Besitzungen, Auslieferung der Kriegsschiffe bis auf 12. Nach Annahme dieser Friedensbedingungen wird unter +Lysanders+ Einfluß die Neuordnung des Staates +dreißig Männern+ der oligarchischen Partei (Tyrannen) übertragen. ~Folgen des peloponnesischen Krieges~: 1. Fortdauernde Zersplitterung der Griechen, Beginn ihres politischen Niedergangs, erfolgreiche Einmischung Persiens. 2. +Sparta+ ist mit persischer Hilfe wiederum im Besitze der +Hegemonie+, aber durch Auflösung der altspartanischen Zucht entartet. 3. +Athen+, die Siegerin über den Nationalfeind, ist gedemütigt, hat jedoch noch Kraft zu neuer Erhebung und bleibt die geistige Hauptstadt Griechenlands. § 5. Makedoniens Emporkommen. Da Sparta seine Hegemonie gegen die Abneigung der anderen Staaten, besonders gegen das aufstrebende +Theben+ nicht behaupten kann, erheben sich neue Kriege unter den griechischen Staaten, bis sie der Herrschaft +Makedoniens+ untertan werden, welches unter den Königen +Perdikkas II.+ (454–413) und +Archelāos+ (413–399) allmählich erstarkt war, dann unter Thronstreitigkeiten zu leiden hatte bis zum Regierungsantritt +Philipps+ 359. [~404–403.~] Herrschaft der ~Dreißig~ in Athen. Sie nehmen eine spartanische Besatzung in die Akropolis auf, verhängen Verbannung und Hinrichtung über mißliebige Bürger, die von Angebern (Sykophanten) angeklagt sind. +Theramenes+, der als Mitglied der +Dreißig+ zur Mäßigung rät, wird auf Betreiben des leidenschaftlichen +Kritias+ ebenfalls hingerichtet. Darauf sammelt ~Thrasybūlos~ in +Theben+ die aus Athen entflohenen Anhänger der Demokratie, besetzt mit ihnen die Bergfeste +Phyle+ im Parnēsgebirge, schlägt die Truppen der Dreißig und bemächtigt sich der Hafenstadt Munychia (403); Kritias fällt. An Stelle der 30 wählen die Bürger in Athen 10 gemäßigtere Oligarchen. Unter Vermittelung des Spartanerkönigs +Pausanĭas+ kommt ein Vergleich zwischen diesen und Thrasybūlos zustande. Die vereinigten Bürger ziehen gegen +Eleusis+, wo die meisten der Dreißig getötet werden, dann wird +Amnestie+ verkündigt. [403.] Herstellung der Demokratie; neue Aufzeichnung der Gesetze unter dem Archon ~Eukleides.~ Bald werden auch die Besoldungen und Schaugelder (S. 44) wieder eingeführt, erstere sogar vermehrt durch den +Volksversammlungssold+. [401.] Aufstand des von Sparta unterstützten ~Kyros~ (S. 21) gegen König +Artaxerxes Mnemon+. Alkibiădes, welcher schon im Jahre 404 den König hatte warnen wollen, war auf der Reise zu ihm in Phrygien auf Betreiben Lysanders getötet worden. 13000 griechische Söldner kämpfen für Kyros in der Schlacht bei ~Kunaxa~ (unweit Babylon); mühsamer Rückzug unter Führung des Atheners ~Xenophon.~ Nicht ganz 10000 erreichen bei Trapezūs das Schwarze Meer, die meisten treten bei dem spartanischen Feldherrn +Thibron+ (s. u.) in Dienst. [399.] ~Sokrates~ in Athen zum Tode verurteilt und durch Gift hingerichtet. Sein Schüler ~Platon~ erhebt die Philosophie zur umfassenden Wissenschaft. [399–394.] ~Krieg der Spartaner gegen Persien,~ gehemmt durch Zwiespalt unter den Griechen. Der persische Satrap +Tissaphernes+ will die griechischen Städte Kleinasiens für ihren Anschluß an die Sache des Kyros züchtigen. Die Spartaner kommen den Städten zu Hilfe, erst unter +Thibron+, dann unter +Derkyllĭdas+, endlich unter dem König ~Agesilaos.~ Dieser dringt 396 siegreich in Asien vor, schlägt am +Paktōlos+ die Reiter des Tissaphernes, der auf Befehl des Großkönigs von seinem Nachfolger +Tithraustes+ hingerichtet wird. Aber +Athen,+ +Theben,+ +Korinth,+ +Argos+ verbünden sich, durch persisches Geld unterstützt, gegen Sparta, dessen Harmosten sich überall verhaßt gemacht hatten. [395.] Lysander fällt bei +Haliartos+ (in Böotien) im Kampf gegen die Thebaner. [394.] Seeschlacht bei +Knidos+; die spartanische Flotte wird von der persischen, von dem Athener Konon geführten Flotte besiegt. Vertreibung der Harmosten aus den griechischen Städten Kleinasiens. ~Agesilāos,~ aus Asien +zurückberufen+, zieht durch Thrakien, Makedonien und Thessalien, schlägt die Verbündeten in der [394.] ~Schlacht bei Koroneia~ (im westl. Böotien) und gelangt in die Peloponnes zurück. Konon stellt mit persischem Gelde die ~2 langen Mauern~ zwischen Athen und dem Peiraieus wieder her. Darauf Landkrieg in der Gegend von +Korinth+, das den Zugang zur Peloponnes beherrscht; die athenischen Peltasten +Iphikrătes+ bringen den Spartanern schwere Verluste bei. Der Spartaner +Antalkĭdas+ gewinnt die Gunst des persischen Satrapen Tiribazos; Sparta sendet nochmals eine Flotte nach der asiatischen Küste aus, die aber vor der athenischen unter +Thrasybūlos+ zurückweicht. Endlich entscheidet der Perserkönig; die griechischen Staaten nehmen die von ihm gestellten Bedingungen an. [~387.~] ~Friede des Antalkĭdas.~ Die Griechenstädte +Kleinasiens+, sowie die Inselstadt +Klazomĕnä+ und +Cypern+ werden den Persern ~preisgegeben.~ Die Athener behalten nur die Herrschaft über +Lemnos,+ +Imbros+ und +Skyros+, alle übrigen Staaten und Inseln sollen selbständig sein. Messenien jedoch bleibt unter spartanischer Herrschaft. Gewalttätiges Auftreten der Spartaner zur Durchführung dieser Bestimmungen. [379–362.] Krieg zwischen ~Theben~ und ~Sparta,~ veranlaßt durch die Besetzung der +Kadmeia+ (383). Ein spartanisches Heer war gegen die Stadt +Olynthos+ gesandt, welche ihre Hegemonie über die kleineren Städte der Halbinsel Chalkidĭke nicht aufgeben wollte. +Phöbĭdas+, mit einer zweiten Abteilung nachgesandt, besetzt die Kadmeia, die Burg von Theben, im Einverständnis mit der aristokratischen Partei daselbst. Olynth wird 379 von den Spartanern erobert. [~379.~] Thebanische Flüchtlinge, die in +Athen+ Aufnahme gefunden haben, befreien von dort aus unter Führung des ~Pelopĭdas~ ihre Vaterstadt und nötigen, unter Mitwirkung des ~Epameinondas~, die Spartaner zum Abzug aus der Kadmeia. [~378.~] Die spartanischen Könige +Kleombrŏtos+ und +Agesilāos+ ziehen gegen Theben zu Felde, kämpfen aber ohne Erfolg. Der Versuch eines spartanischen Unterfeldherrn, sich des Peiraieus zu bemächtigen, veranlaßt die Athener zum +Bündnis mit Theben+. Darauf gründen sie den ~zweiten athenischen Seebund~ (Chios, Lesbos, Rhodos, Byzanz, Euböa, Kerkyra, chalkidische Städte, Kykladen; keine Kleruchieen in bundesgenössischem Gebiet, geringere Geldbeiträge). Seesiege des +Chabrias+ (bei Naxos) und +Timotheos+ (bei Leukas) über die peloponnesische Flotte. +Olynth+ wird wieder selbständig. Sparta und Athen als Vertreter ihrer Bundesgenossen schließen 371 Frieden; +Theben+ aber weigert sich, seine Hegemonie über Böotien aufzugeben, soll von den Spartanern dazu gezwungen werden. [~371.~] ~Schlacht bei Leuktra.~ Der spartanische König +Kleombrotos+ von ~Epameinondas~ besiegt. Schiefe Schlachtordnung, +Pelopĭdas+ mit der heiligen Schar auf dem linken Flügel bringt durch sein Vordringen den Kampf zur Entscheidung. [~370.~] ~Angriff der Thebaner auf Sparta.~ Spartas Hegemonie wird durch den Abfall der +Arkăder+ und die von Epameinondas angeordnete ~Befreiung der Messenier~ schwer erschüttert. Gründung der Städte +Megalopŏlis+ in Arkadien und +Messēne+ am Fuß der Berges Ithōme. Die offene Stadt +Sparta+ wird von +Agesilaos+ erfolgreich verteidigt; ein athenisches Heer kommt den Spartanern zu Hilfe; Rückzug der Thebaner. [369–367.] Epameinondas zieht noch zweimal nach der +Peloponnes+, um den erlangten Einfluß zu sichern; Pelopidas bekämpft in +Thessalien+ den Tyrannen Alexander von Pherā und schlichtet einen Thronstreit in +Makedonien+, wird auf dem Rückweg unweit Pherä gefangen genommen, aber von Epameinondas befreit. [367.] Gesandte der griechischen Staaten gehen nach +Susa+; Thebens Versuch, einen Vertrag auf Grund der vom Perserkönige gutgeheißenen Vorschläge zustande zu bringen, mißlingt. [364.] Pelopidas fällt im Kampfe gegen den Tyrannen von Pherä bei +Kynoskephălä+; Epameinondas unternimmt mit einer neugebildeten Flotte eine Fahrt bis +Byzanz+, um der athenischen Seemacht entgegenzutreten. Unterdessen neue Streitigkeiten in der Peloponnes; Epameinondas unternimmt einen +vierten+ Zug dorthin. [~862.~] ~Schlacht bei Mantineia,~ Epameinondas fällt als Sieger im Kampfe gegen die Spartaner und ihre Bundesgenossen (darunter 6000 Athener). Damit endet die kurze Zeit der +thebanischen Hegemonie+ (371 bis 362). Friedensvertrag unter den griechischen Staaten, doch treten die Spartaner nicht bei, da sie die Unabhängigkeit Messeniens nicht anerkennen wollen. +Agesilāos+ geht nach Ägypten zur Unterstützung der Aufständischen gegen die Perser (s. S. 21), deren Flotte der Athener +Chabrĭas+ befehligt. Agesilāos stirbt auf der Rückfahrt (360). [~359–336.~] ~Philipp, König von Makedonien,~ Sohn des Königs Amyntas, war von Pelopidas als Geisel auf 3 Jahre nach Theben gebracht worden und hatte dort griechische Bildung und Kriegskunst kennen gelernt. Er wird, 23 Jahre alt, nach dem Tode seines älteren Bruders Perdikkas, König von Makedonien. Tapfer und staatsklug befestigt er seinen Thron in dem von Parteikämpfen zerrissenen Lande, sichert die Grenzen gegen die unruhigen Nachbarvölker (+Päŏner+, +Illyrier+) und richtet ein stehendes Heer ein (+Phalanx+). Hauptwaffe die Sarissa, ein 5 m langer Speer. Dann beginnt er die Ausbreitung seiner Herrschaft an der thrakischen Küste und greift in das Bundesgebiet der Athener ein, die er durch schlaue Unterhandlungen täuscht. [357–356.] Philipp erobert +Amphipŏlis+ (reiche Goldbergwerke in der Nähe), +Pydna+, +Poteidaia+, schließt Bündnis mit +Olynth+. Athen unterdessen bedrängt durch Abfall der Bundesgenossen. Chios, Kos, Rhodos, Byzanz sagen sich vom Seebunde los. Nach kraftloser Kriegführung (+Chabrias+ † im Hafen von Chios) erkennt Athen 355 auf Antrag des +Eubūlos+ ihre Selbständigkeit an. Der Seebund fortan unbedeutend. Eubūlos Vertreter der Friedenspolitik; die Überschüsse der Staatsverwaltung werden auf seinen Antrag der Festgelderkasse (S. 54) überwiesen. [~355–346.~] (Zweiter) ~Heiliger Krieg~ gegen die Phokier, die wegen Benutzung des dem delphischen Gotte geweihten Landes von Kirrha (s. S. 33) von den Amphiktyonen zu einer hohen Geldstrafe verurteilt waren. Die Thebaner übernehmen die Eintreibung dieser Geldstrafe, die Phokier aber bemächtigen sich der Schätze des delphischen Tempels, verstärken sich durch Söldner und verteidigen sich längere Zeit mit Erfolg. [352.] +Onomarchos+, Feldherr der Phokier, fällt in Thessalien im Kampfe gegen ~Philipp~, welcher von den mit Theben verbündeten Thessălern zu Hilfe gerufen war. Ein +athenisches+ Heer hindert durch Besetzung des Passes von +Thermopy̆lä+ Philipp am Einmarsch in Mittel-Griechenland; die Phokier behaupten sich noch weiter. Philipp wendet sich wieder nach Thrakien und greift +Olynth+ an. +Demosthĕnes+, seit 351 (erste Philippika) Führer des nationalen Widerstandes gegen die drohende makedonische Macht, veranlaßt Hilfssendungen der Athener nach Olynth. [~348.~] ~Philipp erobert Olynth~ durch Verrat, zerstört diese Stadt sowie eine große Zahl kleinerer Orte auf der Halbinsel Chalkidike und verkauft die Einwohner als Sklaven. [346.] Friede zwischen Philipp und den Athenern auf Antrag des +Philokrătes+. Demosthenes und Äschines Gesandte an Philipp. Dieser zieht, abermals von den Thessalern und Thebanern zu Hilfe gerufen, nach +Phokis+ und gewährt dem phokischen Feldherrn Phalaikos und seinen Söldnern freien Abzug. [~346.~] ~Philipp unterwirft die Phokier,~ zerstört ihre Städte, wird an ihrer Stelle in den +Amphiktyonen+bund aufgenommen. In Athen Unwille über sein gewaltsames Vordringen; Demosthenes’ Rede vom Frieden. [344.] Philipp tritt an die Spitze des +thessalischen+ Bundes, unterstützt +Argos, Messenien, Elis+ gegen Sparta. Demosthenes’ zweite Philippika. [343.] Philipp bringt +Epirus+ und einen Teil von +Euböa+ in Abhängigkeit. Äschines, von Demosthenes wegen seines Verhaltens bei der Gesandtschaft angeklagt, wird freigesprochen. [342–341.] Philipp dringt in Thrakien bis zum Pontos vor, gründet +Philippopolis+ am Hebros, unterstützt die Stadt +Kardia+ in ihrem Streit mit den athenischen Kolonisten der thrakischen Chersones (S. 46). Die nationale Partei in Athen (Demosthenes’ dritte Philippika) bringt ein ~Bündnis hellenischer Staaten~ (Megarer, Korinther, Euböer, Achäer, Akarnanen u. a.) unter Athens Leitung gegen Philipp zustande. [340.] Philipp belagert vergeblich +Perinthos+ und +Byzanz+. Die Athener erklären ihm den Krieg, schicken zwei Flotten mit Hilfstruppen (unter +Chares+ und +Phokion+) nach Byzanz und erzwingen die Aufhebung der Belagerung. [339–338.] (Dritter) ~Heiliger Krieg~ gegen Amphissa, nachdem die Amphiktyonen, auf Veranstaltung des von Philipp bestochenen +Äschines+, die Lŏkrer von Amphissa wegen Aneignung eines dem delphischen Gotte geheiligten Ackers in Strafe genommen hatten. Philipp, von den Amphiktyonen mit der Ausführung des Beschlusses beauftragt, besetzt die Stadt +Elateia+, welche den Zugang zu Böotien beherrscht. Große Bestürzung in Griechenland. Die Athener rüsten Flotte und Landheer; Demosthenes bringt ein ~Bündnis mit Theben~ zustande. Philipp +zerstört Amphissa+ und besiegt die verbündeten Athener, Thebaner, Phokier, Korinther, Achäer in der [~338.~ (Aug.)] ~Schlacht bei Chaironeia.~ Sein Sohn +Alexander+ entscheidet die Schlacht durch Vernichtung der +heiligen Schar+ der Thebaner. Philipp straft die Thebaner hart (Aufhebung der Hegemonie über Böotien, Rückkehr der Verbannten, makedonische Besatzung in der Burg Kadmeia); den Athenern bewilligt er einen günstigen Frieden. Er rückt in die Peloponnes ein, nimmt den Spartanern einen großen Teil ihres Gebietes und gibt es den Messeniern, Argivern und Arkadern. ~Makedonische Hegemonie.~ Auf einer Nationalversammlung zu +Korinth+, an der nur die Spartaner nicht teilnehmen, läßt sich Philipp zum unumschränkten Heerführer der Griechen gegen die Perser wählen. Im übrigen behalten die griechischen Staaten ihre Selbständigkeit; eine Bundesversammlung (Synedrion) zu Korinth soll ihre Streitigkeiten schlichten. § 6. Alexander der Große. Philipp, der bereits Truppen nach Asien gesandt hat, um den Krieg gegen die Perser zu beginnen, wird 336 von +Pausanias+, einem seiner Leibwächter, ermordet. Ihm folgt sein von ~Aristotĕles~ gebildeter zwanzigjähriger Sohn [~336–323.~] ~Alexander der Große.~ Er zieht mit Heeresmacht nach +Korinth+ (Diogenĕs) und läßt sich die Machtstellung seines Vaters übertragen, sichert dann die Nordgrenze seines Reiches durch einen Zug gegen die +Triballer+, +Geten+ und +Illyrier+, wobei er die Donau überschreitet. Auf die Nachricht von einer Erhebung der Griechen erscheint er 335 zum zweitenmal in Griechenland, schlägt die Thebaner, zerstört +Theben+ mit Ausnahme der Kadmeia, der Tempel und des Hauses des Dichters ~Pindar~ (522–422), und läßt die Einwohner als Sklaven verkaufen. Die +Athener+ unterwerfen sich und erhalten Verzeihung. +Antipăter+ bleibt als Reichsverweser in Makedonien zurück. [~334.~] ~Zug Alexanders gegen Persien.~ Alexander fährt mit 30000 Fußsoldaten und 5000 Reitern (Feldherren Perdikkas, Kleitos, Parmenion, Hephaistion, Kratĕros, Ptolemaios, Antigŏnos) bei +Abȳdos+ über den Hellespont, schlägt die persischen Satrapen und +Memnon+, den Führer der griechischen Söldner des Dareios, in der [~334.~ (Mai.)] ~Schlacht am Granīkos,~ einem kleinen Flusse in +Troas+. Rettung Alexanders durch +Kleitos+. Alexander zieht südwärts, erklärt die griechischen Städte und Inseln für frei von der persischen Herrschaft (S. 55), erobert +Milet+ und +Halikarnassos+. Weiterer Marsch durch Karien und Lykien, dann nordwärts in das Innere; Aufenthalt zu +Gordion+ in Phrygien, wo Verstärkungen seines Heeres eintreffen; er löst den gordischen Knoten mit dem Schwert. [333.] Zug durch Kappadokien nach Kilikien, Erkrankung in +Tarsos+ (Bad im Flusse Kydnos, der Arzt Philippos); durch die +syrischen Pforten+ nach der Küstenstadt +Myriandros+ in Syrien. Unterdes ist König ~Dareios III.~ (Kodomannos) mit einem großen Heere vom Euphrat herangezogen und den Makedoniern in den Rücken gekommen. Auf die Kunde hiervon kehrt Alexander um und erficht über die Perser in der [~333.~ (Nov.)] ~Schlacht bei Issos~ an der Küste von +Kilikien+ einen glänzenden Sieg. Dareios entkommt, seine Mutter, Gemahlin und Kinder fallen in die Hände des Siegers. Um die persische Seemacht aufzulösen, erobert Alexander +Syrien+ und +Phönikien+ (7monatige Belagerung der Inselstadt +Tyros+) dringt dann in Ägypten ein, wird in +Memphis+ als Befreier begrüßt. Gründung der Stadt ~Alexandreia~ in trefflich gewählter Lage. Zug durch die libysche Wüste nach der Oase +Siwah+ zum Orakel des +Zeus Ammon+. Von Ägypten zieht Alexander 331 zurück nach Tyros, dann durch Syrien zum +Euphrat+, den er bei Thapsakos überschreitet, dann durch Mesopotamien. Jenseits des +Tigris+ schlägt er mit 47000 Mann das vielfach überlegene Heer der Perser in der [~331.~ (Okt.)] ~Schlacht bei Gaugamēla~ oder ~Arbēla~ nicht weit von den Ruinen von +Ninive+. Während Dareios nach Medien entflieht, wendet sich Alexander nach Süden, zieht, ohne Widerstand zu finden, in +Babylon+ ein, nimmt darauf +Susa+, dringt durch die persischen Pässe, zieht als Sieger in +Persepŏlis+ und +Pasargădä+ ein. Verbrennung des Königspalastes der Achämeniden in Persepolis, [~330.~] ~Alexander zerstört das Perserreich.~ Dareios flieht weiter nach Osten; Alexander zieht in +Agbatana+ ein, gelangt dann durch die kaspischen Pässe nach +Parthien+. Dareios wird in der Nähe von Hekatompylos von dem Satrapen ~Bessos~ ermordet, der nach Baktrien entweicht und den Königstitel annimmt. Die Leiche des Königs auf Alexanders Befehl feierlich in Pasargadä bestattet. In +Hyrkanien+ unterwerfen sich dem Sieger die noch übrigen griechischen Söldner des Dareios. Alexander zieht weiter durch +Areia+ nach +Drangiana+; hier wird in +Prophthasia+ die Verschwörung des ~Philōtas~ entdeckt. Er wird vom Heere verurteilt und hingerichtet, sein Vater ~Parmenion~ wird auf Alexanders Befehl in +Agbatana+ getötet. Dann Zug durch +Arachosien+ bis zum Fuße des +Paropamīsos+ (Hindukusch). [329.] Alexander überschreitet den Paropamisos und dringt in +Baktrien+ ein; Bessos wird ihm ausgeliefert und hingerichtet. Dann Zug durch +Sogdiana+ bis zum +Jaxartes+ (Sir Darja), wo er an der Grenze gegen die Skythen die Stadt +Alexandreia Eschăte+ gründet. Durch einen gefährlichen Aufstand unter ~Spitamĕnes~ wird er längere Zeit in diesen Gegenden festgehalten. In +Marakanda+ (jetzt Samarkand) ersticht er im Jähzorn den Kleitos 328. In +Baktra+ Vermählung mit ~Roxane~, der Tochter eines baktrischen Fürsten. Alexander beginnt orientalische Kleidung und Lebensweise anzunehmen. Verurteilung seines Jugendgefährten ~Kallisthĕnes~, der dies mißbilligte. [~327–325.~] ~Zug Alexanders nach Indien.~ Mit seinem durch asiatische Truppen ansehnlich verstärkten Heere gelangt Alexander unter harten Kämpfen mit den Bergvölkern zum +Indus+, überschreitet den Strom und betritt das Fünfstromland (+Pendschab+). Vereint mit dem indischen Fürsten von +Taxila (Taxĭles)+, der sich ihm unterwirft, besiegt er in der [~326.~] ~Schlacht am Hydaspes~ den +Pōros+, der gefangen, großmütig behandelt und als Vasall wieder in seine Herrschaft eingesetzt wird. Gründung der Städte +Nikäa+ und +Bukephăla+. Alexander rückt nach Osten bis zum +Hyphăsis+ vor. Hier weigern sich die Makedonier weiter zu marschieren; Alexander entschließt sich zur +Umkehr+, führt aber seinen Vorsatz, den Ozean zu erreichen, durch. Bau einer großen Flotte, auf der ein Teil des Heeres den +Hydaspes+ hinab in den +Akesĭnes+ einfährt, während der andere (mit 200 Elefanten) am Flußufer entlang marschiert. Kampf mit den +Mallern+; Alexanders tollkühne Tapferkeit und schwere Verwundung. Nach seiner Genesung setzt er Marsch und Fahrt fort und gelangt zum Einfluß der +vereinigten Pendschabströme+ in den +Indus+. [325.] Fahrt und Zug den +Indus+ hinunter. +Kratĕros+ tritt mit einem Teile des Heeres auf dem näheren Wege nach Westen den Rückzug nach Persien an, Alexander marschiert und fährt mit dem andern Teile bis zum Indus-Delta. Hier läuft die Flotte unter +Nearchos+ in den Indischen Ozean ein (+Ebbe und Flut+). Nearchos fährt die Küste nach Westen entlang in den Persischen Meerbusen, während Alexander mit dem Landheer durch das wüste +Gedrosien (Belutschistan)+ zieht. Nach beschwerlichem Marsche kommt er in +Karmanien+ an, trifft mit +Kratĕros+ zusammen und später an der Küste mit +Nearchos+, der dann weiter fahren und die Mündung des Euphrat und Tigris erkunden muß. Damit ist der Seeweg von Babylon nach Indien erforscht. [324. (Jan.)] Rückkehr Alexanders nach Persien und Strafgericht über habsüchtige und grausame Statthalter, die den König und sein Heer für verloren gehalten hatten. Ankunft in +Susa+. Hier enthüllt Alexander seinen großen Plan, den ~Orient zu hellenisieren~, Sieger und Besiegte zu +einer+ Nation zu verschmelzen und ein ~großes makedonisch-persisches Weltreich~ zu gründen. Er vermählt sich mit Stateira, der älteren Tochter des Königs Dareios III., sein Feldherr +Hephästion+ mit der jüngeren; viele Offiziere des Heeres und über 10000 Soldaten nehmen asiatische Frauen. Große Pläne zur Eröffnung neuer Handelswege (Umfahrt Arabiens), zum Bau von Verkehrsstraßen für die mehr als 70 in allen Provinzen des Reiches gegründeten +griechischen Städte+. Alexander beansprucht als Nachfolger des »Großkönigs« göttliche Verehrung. [324. (Juli.)] Aufstand des makedonischen Heeres in +Opis+ am Tigris, durch Alexanders Mut und Klugheit beschwichtigt. Entlassung der reich belohnten Veteranen unter +Kratĕros+ nach Makedonien, während +Antipăter+ von dort neue Truppen herbeiführen soll. -- Zug nach Agbatana, wo Hephästion stirbt. Im Lager unweit +Babylon+ erscheinen vor Alexander zahlreiche Gesandtschaften aus Griechenland, Italien und Afrika (Karthago). Von Babylon aus wird eine Erforschung des Euphrat unternommen. [~323.~ (Juni.)] ~Tod Alexanders des Großen~ in dem zur Hauptstadt des neuen Weltreichs bestimmten Babylon. In ~Griechenland~ erheben sich 330 die Spartaner unter ihrem Könige Agis III., +Antipăter+ besiegt sie in der blutigen Schlacht bei +Megalopŏlis+. Gleich darauf in Athen Prozeß des +Äschines+ gegen Ktesiphon, welcher 336 einen Ehrenkranz für +Demosthenes+ beantragt hatte. Äschines geht nach der glänzenden Verteidigungsrede des Demosthenes in die Verbannung nach Rhodos. Neue Aufregung 324, als Alexanders Schatzmeister +Harpălos+ nach Griechenland flüchtet und Alexander das Gebot verkünden läßt, ihn als Gott zu verehren und die Verbannten wieder aufzunehmen. +Demosthenes+, fälschlich angeklagt wegen Veruntreuung der dem Harpalos abgenommenen Gelder, wird nun verbannt, kehrt aber bald zurück und bewirkt, als die Kunde von Alexanders Tode kommt, in Gemeinschaft mit +Leosthĕnes+ und +Hypereides+ eine Erhebung der Griechen unter Athens Führung, [~323–322.~] ~Lamischer Krieg.~ Die Hellenen kämpfen anfangs glücklich unter Leosthĕnes und schließen Antipăter in +Lamia+ ein, doch wird er durch ein von Leonnātos herangeführtes Entsatzheer befreit. Auch +Kratĕros+ mit den Veteranen Alexanders kommt ihm zu Hilfe; beide vereinigt siegen bei +Krannon+ in Thessalien (322). Das griechische Heer zerstreut sich, die Staaten unterwerfen sich einzeln. Die Athener müssen eine makedonische Besatzung in +Munychia+ aufnehmen und die demokratische Verfassung beschränken (+Phokion+ und +Demādes+ an der Spitze des Staats), das Bürgerrecht wird an einen Census geknüpft. +Demosthenes+ flüchtig, nimmt auf der Insel +Kalaurĭa+ (an der Küste von Argŏlis) Gift (322). § 7. Hellenistische Zeit. [323–301.] ~Kämpfe der Diadochen (Nachfolger Alexanders).~ Diese langen und verwickelten Kämpfe, die unmittelbar nach Alexanders Tode ausbrechen, zerstören das kaum gegründete makedonisch-persische Weltreich, führen aber das von Alexander begonnene Werk der Hellenisierung des Orients, der Ausbreitung griechischer Kultur und Sprache, in anderer Weise erfolgreich weiter. ~Perdikkas~ wird 323 zum Reichsverweser ernannt für die regierungsunfähigen »Könige«, Alexanders Halbbruder +Philipp Arrhidaios+ († 317) und seinen nachgeborenen Sohn von der Roxane, +Alexander+ († 311). Die Verwaltung +Makedoniens+ und seiner Nebenländer führen ~Antipăter~ und ~Kratĕros~. Auch die übrigen Feldherren erhalten Statthalterschaften, namentlich ~Ptolemaios~: +Ägypten+; ~Antigŏnos~: +Groß-Phrygien, Pamphylien+ und +Lykien+; ~Eumĕnes~, Alexanders Geheimschreiber: +Paphlagonien+ und +Kappadokien+, die er noch erobern soll; ~Leonnātos~ († 322): das +hellespontische Phrygien+; ~Lysimachos~: +Thrakien+. Der Plan des Perdikkas, sich selbst zum Könige zu machen, bewirkt ein Bündnis der meisten übrigen Feldherren gegen ihn; er wird auf einem Zuge gegen Ptolemaios von seinen eigenen Truppen getötet. [321.] ~Antipăter~ Reichsverweser, neue Verteilung der Statthalterschaften, wobei namentlich ~Seleukos~ die Satrapie +Babylon+ erhält. Krieg zwischen Antigŏnos und Eumĕnes. [319.] ~Polysperchon~ Reichsverweser, gelangt zu keinem Ansehen. In den fortdauernden Kämpfen siegt ~Antigŏnos~ in Kleinasien über Eumĕnes; ~Kassander~, Antipaters Sohn, gewinnt die Herrschaft in Makedonien, läßt Alexanders Mutter +Olympias+ töten und vermählt sich mit Alexanders Schwester +Thessalonīke+, gründet ihr zu Ehren eine bald aufblühende Handelsstadt (jetzt Saloniki). Da Antigŏnos das ganze Reich unter seine Botmäßigkeit bringen will, so entsteht ein. [315–301.] Krieg zwischen ~Antigŏnos~ und den übrigen Statthaltern. ~Antigŏnos~ und sein Sohn ~Demetrĭos Poliorkētes~ (der Städtebelagerer) nehmen 306 den ~Königstitel~ an. Diesem Beispiele folgen +Ptolemaios+, +Seleukos+, +Lysimachos+, +Kassander+.[17] Demetrios belagert 304 vergeblich die feste Stadt +Rhodos+, sucht dann sich in Griechenland festzusetzen. [301.] ~Schlacht bei Ipsos~ (in Phrygien). Antigŏnos fällt, sein Sohn +Demetrĭos+ entflieht und führt mehrere Jahre lang ein abenteuerliches Freibeuterleben. In Asien für die nächste Zeit Friede; in Europa dauern die Kämpfe fort. Nach +Kassanders+ Tode (297) bemächtigt sich +Demetrios+ der Herrschaft in Makedonien, wird aber 287 vertrieben und stirbt als Gefangener in der Gewalt des +Seleukos+ in Syrien. Sein Sohn ~Antigŏnos Gonātas~ behauptet sich nach wechselvollen Kämpfen im Besitz Makedoniens. Aus dem Weltreich Alexanders d. Gr. sind +drei große Monarchien+ entstanden (Ägypten, Syrien, Makedonien), in denen ~Griechisch~ die Sprache des Hofes, der Regierung und der Gebildeten ist. Daneben mehrere kleinere Monarchien, griechische Freistädte und im Osten +halb+griechische Staaten (S. 65ff). 1. ~Ägypten~ unter den ~Ptolemäern~. [323–285.] +Ptolemaios I. Lagi+ (d. h. Sohn des Lagos), auch +Sotēr+ genannt, weil er den Rhodiern Hilfe brachte, sorgt für gute Verwaltung, herrscht auch über +Cypern+, setzt in +Kyrene+ seinen Stiefsohn +Magas+ ein. [285–247.] +Ptolemaios II. Philadelphos+ gründet in der Hauptstadt +Alexandrīa+ das Museum und die Bibliothek, gewinnt im Kriege gegen das Seleukidenreich +Phönikien+, +Cölesyrien+ und die Südküste +Kleinasiens+. [247–221.] +Ptolemaios III. Euergĕtes+ (der Wohltäter) behauptet noch den Umfang des Reiches, fördert Wissenschaften und Künste. Mit Ptolemaios IV. Philopātor (221–205) beginnt der Verfall; unter Ptolemaios V. Epiphănes (205–181) beginnt die Abhängigkeit von den Römern, doch erst 30 v. Chr. wird Ägypten römische Provinz. 2. ~Syrien~ unter den ~Seleukiden~. [321–281.] +Seleukos I. Nikātor+ herrscht weithin nach Osten bis zu den durch Alexander festgesetzten Grenzen; nur das +Indus+land wird aufgegeben (S. 16). Viele griechische Städte gegründet (Seleukeia am Tigris, Edessa, Hekatompylos); Residenz Seleukeia neben +Antiochīa+ am Orontes. Durch den Sieg bei Ipsos gewinnt er einen großen Teil Kleinasiens, erweitert dies Gebiet 281 durch den Sieg in der Koros-Ebene (im hellespontischen Phrygien) über +Lysimăchos+, fällt aber bald darauf durch Mörderhand. [281–261.] +Antiochos I. Soter+ schlägt die +Gallier+ zurück (s. S. 66), behauptet noch den Umfang des Reiches. Unter +Antiochos II. Theos+ (261–248) entstehen selbständige Königreiche in +Baktrien+ und +Parthien+. [222–187.] +Antiochos III. der Große+ kämpft gegen Ägypten, gegen die Parther und Baktrer, wird 190 von den Römern gedemütigt, behält aber immer noch ein ansehnliches Reich. [167–130.] Befreiungskampf der ~Juden~ unter Führung der ~Makkabäer~ (Mattathias und seine Söhne) gegen +Antiochos IV. Epiphănes+ und dessen Nachfolger. Palästina wird ein unabhängiger Priesterstaat, seit 63 unter römischem Schutze. [83.] +Tigrānes+, König von +Armenien+, macht dem durch das Vordringen der Parther geschwächten Seleukidenreiche ein Ende. [64.] Syrien wird römische Provinz. Das Reich der ~Parther~, die unter den +Arsakiden+ (250 vor Chr. bis 226 nach Chr.) alle Länder zwischen Euphrat und Indus erobern, bildet im Orient einen Damm erst gegen den Hellenismus, dann gegen die Römerherrschaft. 3. ~Die kleinasiatischen Länder.~ a) ~Bithynien,~ das sich 298 von dem thrakischen Reich des Lysimachos losriß; Residenz +Nikomedeia+, gegründet um 264 von König Nikomedes I. Nikomedes III. setzt 74 die Römer zu Erben ein. b) Das ~pergamenische Reich~ unter den ~Attaliden~ mit der Hauptstadt ~Pergămon~ in Mysien,[18] nach Lysimachos’ Tode 281 selbständig, aufblühend unter König +Attălos I.+ († 197), der die Galater (s. u.) zurückschlug und die Bibliothek gründete, und seinem Sohne +Eumenes II.+ († 159), dem treuen Bundesgenossen der Römer. Attalos III. setzt 133 die Römer zu Erben ein. c) Die ~griechischen Seestädte,~ namentlich +Sinōpe+, +Herakleia+ am Pontus, +Lampsăkos+, +Smyrna+, +Ephesos+, +Rhodos+. d) Der Bundesstaat der ~Galăter,~ gegründet von gallischen Heerhaufen, welche 280 in Makedonien und Griechenland einbrachen, dann den Hellespont überschritten und sich in +Phrygien+ niederließen; drei Stämme (Tolistobojer, Tektosagen, Trokmer) unter je 4 Tetrarchen; Hauptstädte Ankȳra (Angora) und Pessinūs. e) ~Kappadokien, Pontus, Armenien,~ drei Königreiche unter einheimischen Dynastien, welche ebenso wie die Galăter nur zum Teil griechische Kultur annahmen. 4. ~Makedonien~ unter den ~Antigoniden.~ +Antigonos Gonātas+ (277–239) beruhigt das durch die Thronkämpfe und den Einfall der Gallier verwüstete Land, gibt die Ansprüche auf Herrschaft über +Griechenland+ nicht auf. Sein zweiter Nachfolger +Antigonos Doson+ (229–220) befestigt diese Herrschaft aufs neue (s. S. 68); +Philipp V.+ (220–179) muß 197 darauf verzichten. +Perseus+ (179–168) wird von den Römern entthront; 146 wird Makedonien römische Provinz. 5. ~Die altgriechischen Länder.~ In ~Italien~ (Großgriechenland) behaupten sich die Griechenstädte, besonders +Tarent+, +Thurii+, +Metapont+, +Lokri+, öfters vom Mutterlande her unterstützt (338 Archidamos von Sparta, Sohn des Agesilaos, 330 Alexander von Epirus, Bruder der Olympias), gegen Angriffe der Lukaner und Bruttier; ebenso in ~Gallien~ +Massalia+ gegen die einheimischen Stämme. Später treten sie unter römische Schutzherrschaft, Massalia erst 125 v. Chr. ~Syrakus~ behauptet nach Abwehr des athenischen Angriffs (S. 50) noch lange eine bedeutende Stellung. [406–367.] +Dionysios I.+, +Tyrann+ nach glücklicher Abwehr der Karthager. Er vereinigt die sicilischen Griechenstädte unter seiner oft grausamen Herrschaft, unterwirft auch Rhegion und Kroton, bekämpft noch dreimal die Karthager. Auf Veranlassung seines Schwagers +Dion+ verweilt der athenische Philosoph +Platon+ eine Zeitlang an seinem Hofe. Ihm folgt sein Sohn [367–344.] +Dionysios II.+, anfangs unter Leitung des Dion und Platon. Er wird 357 von Dion vertrieben, wendet sich nach Lokri, kehrt 346 zurück, wird 344 von dem korinthischen Feldherrn +Timoleon+ besiegt und nach Korinth gesandt, wo er noch einige Jahre als Privatmann lebt. [339.] +Timoleon+, der Befreier Siciliens, schlägt die Karthager am Flusse +Krimīsos+. [317–289.] +Agathŏkles+, Tyrann von Syrakus, bekämpft die Karthager in Afrika, erkennt aber schließlich ihre Herrschaft über den Westen Siciliens an. [278–276.] +Pyrrhos+, König von Epirus, schützt die sicilischen Städte gegen Angriffe der Karthager. [270–215.] +Hieron II.+, König von Syrakus, schließt mit den Römern ein Bündnis. Unter seiner milden Regierung blüht die Stadt wieder auf. [212.] Syrakus von den Römern erobert, wird zinspflichtige Provinzialstadt. In ~Athen~ kommt während des Kampfes gegen Kassander (S. 64) die demokratische Partei noch einmal zur Herrschaft; +Phokion+ wird 318 zum Giftbecher verurteilt. Bald aber muß Athen sich der makedonischen Macht wieder unterwerfen. +Demetrios von Phalēron+ regiert als Statthalter Kassanders, wird 307 von +Demetrios Poliorkētes+ vertrieben. Nach der Schlacht bei Ipsos versucht Athen seine Freiheit wieder herzustellen, wird aber 294 dem +Demetrios Poliorkētes+ als König von Makedonien untertan. [266–263.] Befreiungskrieg der Athener unter +Glaukon+ und +Chremonides+, doch ohne Erfolg. [229.] König Antigonos Doson zieht, auf Verwendung des +Aratos+ (s. S. 68), die makedonische Besatzung zurück. Athen ist fortan selbständig, aber ohne politische Macht, es bleibt jedoch Sitz der Bildung und Gelehrsamkeit. ~Theben,~ von Kassander wieder hergestellt (vgl. S. 59), sendet 278 zusammen mit Athen, Phokis, Lokris und den Ätolern ein Heer zur Verteidigung des +Thermopylenpasses+ gegen die durch Makedonien vordringenden +Gallier+ (S. 66); diese erobern den Paß, kehren aber um nach einer Niederlage bei Delphi. Thessalien, Euböa, Korinth sind um diese Zeit +makedonisch+. Die vollständige Unterwerfung Griechenlands unter die makedonische Herrschaft verhindert der um [280.] erweiterte ~Ätolische Bund~ und der zur selben Zeit erneuerte ~Achäische Bund~. Letzterer gelangt zu ansehnlicher Macht durch den von ~Arātos~ bewirkten Beitritt der Städte +Sikyon+ und +Korinth+; aus Korinth wird 243 die makedonische Besatzung vertrieben. Bald schließen sich Megara, Megalopolis, Argos u. a. peloponnesische Städte dem Achäischen Bunde an. +Verfassung+ des Bundes: An der Spitze ein jährlich gewählter Feldherr (Strategos), ihm zur Seite ein Kanzler (Grammateus) und ein Rat von 10 Demiurgen; in den Bundesversammlungen (zu Ägion) dürfen alle über 30 Jahre alten Bürger der verbündeten Städte erscheinen, jede Stadt hat +eine+ Stimme. Ähnlich ist die Verfassung des +Ätolischen Bundes+, zu welchem auch Lokris, Phokis, Teile von Akarnanien und Thessalien gehören. In ~Sparta~, das unter der Herrschaft einer reichen Oligarchie entartet ist, büßt der junge König +Agis IV.+ den Versuch, die lykurgischen Einrichtungen herzustellen, mit dem Leben (241). Besseren, aber nur vorübergehenden Erfolg hat der gleiche Versuch des Königs +Kleomĕnes III.+, welcher die Ephoren überfallen und töten läßt, 80 Oligarchen verbannt und eine Verfassungsreform durchsetzt (226). Aber unheilvoll ist die Feindschaft zwischen Sparta und dem +Achäischen Bunde+. Arātos ruft den makedonischen König +Antigŏnos Doson+ herbei und übergibt ihm die Burg von Korinth. Die Spartaner werden in der [~221.~] ~Schlacht bei Sellasĭa~ geschlagen; Kleomĕnes flieht, stirbt 220 in Ägypten. Antigonos rückt in Sparta ein und stellt dort die Herrschaft der Oligarchen wieder her. Die ~makedonische Oberhoheit~ wird durch Abschluß eines makedonisch-hellenischen Bundes befestigt. Dagegen erhebt sich ein neuer Krieg von Seiten des +Ätolischen+ Bundes, mit welchem die Spartaner sich verbinden; die Peloponnes wird furchtbar verwüstet (220–217). Nach kurzer Friedenszeit abermals Krieg (211–205) der mit +Rom+ verbündeten Ätōler und Spartaner gegen +Philipp V.+ von Makedonien; dieser behauptet die Herrschaft über Thessalien, Euböa, Phokis, Lokris, Korinth. Im dritten Kriege (200–197) schließt sich auch der Achäische Bund den Feinden Philipps an. [~197.~] ~Aufhebung der makedonischen Herrschaft über Griechenland.~ Die +Römer+ walten fortan als Schiedsrichter über den griechischen Staaten. [192.] ~Philopoimen,~ Feldherr des Achäischen Bundes, bringt +Sparta+ zum Anschluß an den Bund, nachdem der von ihm bekämpfte Tyrann +Nabis+ gefallen ist. Bald schließen auch Elis und Messenien sich an; die Freundschaft mit Rom wird aufrecht erhalten. [189.] Die +Ätoler+ wegen feindlicher Erhebung gegen Rom bestraft. [183.] +Philopoimen+ von den abtrünnigen Messeniern gefangen und getötet; der Achäische Bund durch Streitigkeiten zerrüttet. [167.] Tausend angesehene Achäer werden zur Verantwortung nach Rom gefordert. [146.] Krieg des Achäischen Bundes gegen +Rom+, veranlaßt durch Klagen der Spartaner gegen den Bund. Der Bundesfeldherr +Kritolāos+ wird von Q. Caecilius Metellus bei +Skarpheia+ am Malischen Meerbusen besiegt, sein Nachfolger +Diaios+ von L. Mummius bei +Leukopĕtra+ auf dem Isthmos. [~146.~] ~Korinth von den Römern erobert und zerstört.~ Die griechischen Staaten werden zum Teil tributpflichtig; sie behalten ihre eigene Verfassung und Verwaltung, stehen aber fortan unter der Aufsicht des römischen Statthalters von Makedonien. [27.] Einrichtung der römischen Provinz +Achaja+ (Peloponnes, Mittel-Griechenland, Thessalien und Epirus). § 8. Griechische Kunst und Wissenschaft. Das in Griechenland frühzeitig entwickelte Geistesleben (S. 28 f., 37 f.), welches in Athen zu Perikles’ Zeit zu hoher Blüte gelangte (S. 46), hat auch nachher noch mannigfaltige und bedeutende Erscheinungen aufzuweisen. In der bildenden Kunst sind berühmte Zeitgenossen des Pheidias +Myron+ von Eleutherä in Böotien (Diskobolos) und +Polykleitos+ von Argos (Hera in Argos); Schüler des Pheidias +Alkamĕnes+ und +Paionios+ (Skulpturen in Olympia). Dann folgen +Skopas+ von Paros (Mausoleum zu Halikarnaß 350, Niobegruppe) und +Praxitĕles+ von Athen (Hermes zu Olympia); in Alexanders Zeit der Erzgießer +Lysippos+ von Sikyon. Nach den Diadochenkämpfen die +pergamenische Kunstschule+ (Zeusaltar zu Pergamon, der sterbende Fechter) und die +rhodische Kunstschule+ (Laokoongruppe, farnesischer Stier). Als Maler ragen hervor +Zeuxis+ von Herakleia, +Parrhasios+ von +Ephesos+ (beide in Athen zu Sokrates’ Zeit), +Apelles+ von Kos in Alexanders Zeit. In ~Athen~ entfaltete sich Philosophie, Geschichtschreibung und Beredsamkeit zur höchsten Blüte; +Platon+ von Athen (427–347) und seine Nachfolger (Akademiker) lehrten in der +Akademie+, +Aristoteles+ von Stageira, Lehrer Alexanders des Großen (388–322), lehrte im +Lykeion+; seine Schüler die Peripatetiker. Um 300 gründete +Zenon+ von Kition in der +Stoa+ (Halle) die Schule der +Stoiker+, +Epikūros+ von Samos die Schule der +Epikureer+. Diese vier Philosophenschulen erhalten sich bis weit in die römische Kaiserzeit hinein. Geschichtschreiber: +Xenophon+ von Athen, +Ephŏros+ von Kyme, +Theopompos+ von Chios († um 320), +Timaios+ von Tauromenion († um 250). Redner: +Antĭphon+, +Lysias+, +Isokrătes+ († 338), +Demosthenes+ († 322), +Äschines+, +Hypereides+, +Lykurgos+. Dichter der neuern Komödie: +Philēmon+ und +Menander+ um 300 zu Athen. In ~Alexandria~ um 270 die Dichter +Kallimachos+ von Kyrene, +Theokrit+ von Syrakus, +Apollonios+, der später in Rhodos lebte; der Mathematiker +Eukleides+ um 300, der Geograph +Eratosthĕnes+ um 240, die Grammatiker +Zenodotos+ um 280, +Aristarchos+ um 180 (Erklärung des Homer). Für die Aufnahme der griechischen Bildung bei den Römern waren besonders wirksam der Stoiker +Panaitios+ von Rhodos und der Geschichtschreiber +Polybios+ von Megalopolis, beide mit dem jüngeren Scipio befreundet (um 146). Nachblüte der griechischen Literatur und Kunst in der römischen Kaiserzeit. Fussnoten: [9] Diese Bezeichnung wahrscheinlich herzuleiten von dem Volk der +Graer+ in Böotien, das bei der Gründung der Kolonie Kyme (Cumä) in Campanien durch Auswanderer aus Chalkis auf Euböa beteiligt gewesen zu sein scheint. [10] Die +12 Arbeiten+: Nemeischer +Löwe+, lernäische +Hydra+, erymanthischer +Eber+, kerynitische +Hirschkuh+, stymphalische +Vögel+, Gürtel der +Amazonenkönigin+ Hippoly̆ta, Stall des +Augīas+, kretischer +Stier+, Rosse des +Diomēdes+, Rinder des +Geryŏnes+, Äpfel der +Hesperiden+, +Kerbĕros+. [11] Nach der Berechnung des alexandrinischen Gelehrten +Eratosthĕnes+ ist die Zerstörung Trojas 1184 v. Chr. zu setzen. [12] Die nähere Kenntnis dieses griechischen Nationalheiligtums verdanken wir den Ausgrabungen, welche auf Veranstaltung des Deutschen Reiches 1875–81 unter Leitung von +E. Curtius+ daselbst angestellt worden sind. [13] ~Attisches Münzwesen~: Kleinste Silbermünze der +Obŏlos+ (13 Pf.); 6 Obolen = l +Drachme+; größere Silbermünze das +Tetradrachmon+. Gepräge: Pallaskopf, auf der Rückseite Eule und Ölzweig. Goldmünze der +Stater+, entsprechend dem persischen +Dareikos+ = 20 Drachmen. Größere Summen werden nach +Minen+ zu 100 Drachmen und +Talenten+ berechnet; ein Talent = 6000 Drachmen = 4715 Mark unseres Geldes. [14] Von dem nach Delphi geweihten goldnen Dreifuß ist das eherne Untergestell erhalten (1856 in Konstantinopel ausgegraben), drei sich umeinander windende Schlangen, darauf die Inschrift, welche die Namen der gegen die Perser verbündeten griechischen Staaten enthält (Thukyd. I, 132). [15] Die erhaltenen Reste derselben seit 1816 (Lord Elgin) im Britischen Museum zu +London+. [16] Die Gemeinde von +Epidamnos+ (späterer Name +Dyrrhachium+), bedrängt von den aus der Stadt vertriebenen, mit den illyrischen Barbaren verbündeten Adligen, bittet die Mutterstadt +Kerkyra+ vergebens um Hilfe, erhält aber Beistand von +Korinth+, der Mutterstadt Kerkyras. Deswegen nehmen die Kerkyräer für die aus Epidamnos Vertriebenen Partei, besiegen die Korinther bei +Aktion+ (Actium, 434) und nehmen Epidamnos ein. Korinth und Kerkyra bewerben sich beide um athenische Hilfe. [17] Seit dieser Zeit wurde es üblich, nach persischer Sitte das Bildnis des Königs auf die +Münzen+ zu prägen. Auf den Münzen Alexanders d. Gr. erscheinen noch nach dem älteren Brauch Götterbilder (Zeus, Athene, Herakles). [18] Die Bedeutung der Stadt +Pergamon+ bis in die römische Kaiserzeit hinein ist durch die von +K. Humann+ 1870–1886 unternommenen Ausgrabungen in helles Licht getreten. Der von Eumenes II. nach einem abermaligen Siege über die Galater errichtete +Zeusaltar+ war mit Skulpturen geschmückt, welche den Kampf der hellenischen Götter gegen die Giganten darstellen (jetzt im Museum zu Berlin). ~E. Die Römer.~ ~Italia,~[19] ursprünglich Name des südlichsten Teils der Halbinsel, wird allmählich Gesamtname. Ursprünglich von sehr verschiedenen Völkerschaften bewohnt, gelangt Italien durch die Machtausbreitung der Stadt +Rom+ zu nationaler und politischer +Einheit+, ohne die landschaftlichen Unterschiede zu verlieren. Als älteste Einwohner erscheinen in Ober-Italien westlich die +Ligŭrer+, östlich die +Venĕter+, beides illyrische Stämme. Ihnen verwandt sind in Unter-Italien die +Japyger+. Die Mitte der Halbinsel bewohnen westlich die +Latiner+ und +Ausoner+ (Latium und Campanien), östlich die +Umbrer+ und die +sabellischen Stämme,+ welche sich erobernd ausbreiten: nach Latium dringen die +Aequer+ und +Volsker+ vor, in südlicher Richtung die +Samniten+ und +Lucaner+, im Stammlande bleiben die +Sabiner+. Höhere Kultur entwickelt sich zuerst bei den ~Etruskern~ oder ~Tyrrhenern~ (etrusk. Rasenna), die in Etrurien und in der mittleren Po-Ebene wohnen, unter phönikischem Einfluß (s. S. 13). Sie gründen +Städte+ und stehen seit etwa 750 v. Chr. in lebhaftem Handelsverkehr mit Karthagern und Griechen. In den Gräbern (Gewölbebauten) bei Tarquinii, Caere, Clusium, Bononia (jetzt Bologna) haben sich bedeutende Reste ihrer Kultur erhalten: Wandmalereien, Goldschmuck, Waffen, Tongefäße. Sie dringen um 600 v. Chr. erobernd vor nach Latium und Campanien, werden aber gehemmt durch die selbständige Entwickelung +Roms+ und verlieren seit 438 Campanien an die vordringenden +Sabeller+. In die Po-Ebene dringen um diese Zeit +keltische+ Stämme von Norden her ein; nach ihnen heißt dieses Land fortan +Gallia cisalpina+. In ~Latium~ bestand in alter Zeit ein Bund von 30 Gemeinden mit jährlichem Bundesfest auf dem Albanerberge zu Ehren des höchsten Gottes Juppiter; Vorort war +Alba longa+, auf halber Höhe des Berges gelegen. +Rom+, als Grenzplatz gegen die Etrusker gegründet, verstärkt durch Aufnahme von Sabinern, erhebt sich zur herrschenden Stadt. An der Spitze der Latiner unterwirft es die andern Völker Italiens nach und nach und wird dann Mittelpunkt eines Weltreiches. Die ältere Geschichte Roms ist in der Überlieferung sagenhaft ausgeschmückt. § 1. Zeit der Königsherrschaft. (753–510.) ~Gründungssage~: König +Numĭtor+ von +Alba longa+, Nachkomme des mit trojanischen Flüchtlingen in +Latium+ gelandeten +Aenēas+, wird von seinem Bruder +Amulĭus+ des Thrones beraubt, sein Sohn getötet, seine Tochter +Rea Silvia+, damit das Geschlecht des Numĭtor aussterbe, unter die vestalischen Jungfrauen aufgenommen. Die Zwillinge ~Romŭlus~ und ~Remus,~ Söhne der Rea Silvia und des +Kriegsgottes Mars+, befiehlt Amulĭus in den über die Ufer getretenen +Tiber+ zu werfen. Die Kinder werden gerettet, von einer Wölfin gesäugt und von dem königlichen Hirten +Faustŭlus+ auferzogen. Zu Jünglingen herangewachsen, machen Romulus und Remus an der Spitze anderer Hirten Jagd- und Beutezüge. Remus wird gefangen und vor Numitor geführt, dieser erkennt seine Enkel. Sie töten den Amulius, setzen Numitor wieder als König ein und gründen mit seiner Erlaubnis an der Stelle des Tiberufers, wo sie einst ausgesetzt wurden, eine Stadt. Bei dem Streit darüber, wer sie nach seinem Namen nennen und beherrschen soll, wird +Remus+ getötet; ~Romulus,~ alleiniger König, gründet die Stadt ~Roma~ auf dem Hügel +Palatinus+. Als Gründungstag galt seit Varro (1 Jahrh. vor Chr.) der 21. April (Fest der Hirtengöttin +Pales+) des Jahres 753 v. Chr. ~Romulus,~ kriegerischer König, nimmt Flüchtlinge aus anderen Städten auf (Asyl auf dem Mons Capitolinus), erwählt einen +Senat+ von 100 Mitgliedern. Raub der Sabinerinnen beim Fest der Consualia; deshalb Krieg mit den Nachbarstädten Caenina, Antemnae, Crustumerium (Romulus gewinnt die ersten spolia opima) und mit den +Sabinern+, deren König +Titus Tatius+ sich durch den Verrat der +Tarpeia+ des Burgfelsens bemächtigt. Die Schlacht zwischen Römern und Sabinern wird durch die geraubten Sabinerinnen unterbrochen. Vereinigung der Römer und Sabiner zu +einem+ Staate unter gemeinschaftlicher Regierung des Romulus und Tatius bis zu des letzteren Tode. Romulus führt Kriege gegen die +Etruskerstädte Fidenae+ und +Veii+. Er wird während eines Gewitters zu den Göttern entrückt und fortan als Gott +Quirīnus+ verehrt. ~Numa Pompilius,~ aus +Cures+, nach +einjährigem Interregnum+ von den +Römern+ aus den +Sabinern+ erwählt. Friedlicher König, Ordner des römischen Gottesdienstes, nach dem Rat der Camene +Egerĭa+, seiner Gemahlin. +Janustempel+, ein in Kriegszeiten geöffnetes Tor zwischen den beiden Ansiedelungen auf dem Palatinus und Quirinalis, am Fuße der gemeinschaftlichen Burg auf dem +Capitol+. Einsetzung der +Pontifices+, +Augŭres+, +Flamĭnes+, +Salii+, +Fetiales+, +virgines Vestales+. ~Tullus Hostilius,~ kriegerischer König. Krieg mit +Veii+ und +Fidenae+, Verrat des Diktators von Alba, +Mettius Fuffetius+, der von Pferden gevierteilt wird. +Alba longa+ zerstört (Horatier und Curiatier), die Bewohner siedeln nach Rom über. ~Ancus Marcius,~ Enkel des Numa, zugleich friedlicher und kriegerischer König (»et Numae et Romuli memor«). Er stellt die von seinem Vorgänger vernachlässigten gottesdienstlichen Ordnungen wieder her und verpflanzt die Einwohner kleiner latinischer Ortschaften nach Rom, gilt deshalb als Begründer der +Plebs+ (S. 74). Befestigung des Ianiculum, Bau der Pfahlbrücke (+pons sublicius+) über den Tiber. Gründung der Hafenstadt +Ostĭa+. ~Tarquinius Priscus,~ aus der etruskischen Stadt +Tarquinii+ mit seiner Gemahlin +Tanaquil+ nach Rom eingewandert (ihm wird +griechische+ Abstammung von dem +Bakchiaden+ Demaratus aus Korinth zugeschrieben), wird Vormund der Söhne des Ancus und zum römischen Könige gewählt. Er beginnt den Bau des Juppitertempels auf dem Kapitol, der +Kloaken+ (Abzugsgräben für die Niederungen zwischen den Hügeln der Stadt) der Stadtmauer und des +Circus maximus+. Der Senat wird auf 300 Mitglieder gebracht (+patres minorum gentium+). Verdoppelung der Zahl der Ritter; der Augur +Attus Navius+ widersetzt sich der Bildung neuer Rittercenturien. Kriege gegen +Sabiner+ und +Latiner+. Nach Ermordung des Tarquinius durch die Söhne des +Ancus+ wird durch die List der +Tanaquil+ König ~Servius Tullius,~ Sohn der Sklavin +Ocrisia+ und eines Gottes, von Tanaquil infolge eines Wunderzeichens königlich erzogen, Schwiegersohn des Tarquinius. Krieg gegen +Veii,+ Aufnahme Roms in den +latinischen Bund+. Bau der +Ringmauer+ um die 7 Hügel der Stadt (Palatinus, Capitolinus, Aventinus, Caelius, Esquilinus, Viminalis, Quirinalis), Einrichtung des Census und der ~Centurieneinteilung~ (s. S. 74). Servius Tullius wird ermordet von seinem Schwiegersohn ~Tarquinius Superbus,~ den die Sage als grausamen Despoten darstellt. Er befragt den Senat nicht und zwingt das Volk zu Frondiensten beim Bau des kapitolinischen Tempels; er unterwirft sich den latinischen Bund, bemächtigt sich durch die List und den Verrat seines Sohnes +Sextus+ der Stadt +Gabii.+ Er erwirbt die +sibyllinischen Bücher+, sendet aber seine Söhne auch zum delphischen Orakel, wohin sie ihr Vetter +L. Iunius Brutus+ begleitet, der den Spruch des Orakels am besten versteht. Während der Belagerung von +Ardĕa+ Frevel des +Sextus+ Tarquinius gegen +Lucretia,+ die Gemahlin des +L. Tarquinius Collatinus+. Diese tötet sich selbst; ~Brutus~ ruft vor ihrem Leichnam das Volk in Rom zu den Waffen und wiegelt das Heer gegen den König auf, der die Tore der Stadt verschlossen findet und in die Verbannung geht. Die letzten drei Könige gehören einer +etruskischen+ Dynastie an; durch ihre Vertreibung wird Rom wieder eine +latinische+ Stadt. ~Religion.~ Die altitalischen Götter wurden nicht wie die griechischen menschenähnlich gedacht, sondern als unsichtbare Gewalten; Tempel und Götterbilder wurden allmählich eingeführt unter griechischem Einfluß, zuerst bei den Etruskern. +Janus, Saturnus, Juppiter, Mars+ (Quirinus), +Juno, Vesta, Ceres, Minerva+ sind italische Gottheiten, die später mit griechischen Göttern gleichgestellt wurden; ihre Verehrung wurde von besonderen Priestern geleitet (drei +Flamines+: Dialis, Martialis, Quirinalis: zwölf +Salii,+ Diener des Mars, Träger der heiligen Schilde, ancilia; sechs +Vestalinnen+). Neben diesen Hauptgöttern viele andere, die als Beschützer des Landbaues an bestimmten Festen und heiligen Stätten verehrt wurden: +Pales, Consus, Ops, Faunus, Silvanus, Terminus, Feronia, Flora, Pomona, Vertumnus+ u. a. Als Beschützer des Hauses und der Vorräte wurden die +Lares+ und +Penates+ angerufen. Auch sittliche Begriffe wurden als Götter gedacht und verehrt: Fides, Pietas, Honor, Virtus, Fortuna, Concordia. Den Willen der Götter erforschten die +Augŭres+ aus Himmelszeichen (Donner und Blitz), Vogelflug (Auspicien) und anderen Zeichen; aus Etrurien kamen die +Haruspĭces+ hinzu, die namentlich aus den Eingeweiden der Opfertiere weissagten. Besondere Priester hatten die im kapitolinischen Tempel aufbewahrten +sibyllinischen Bücher+ aufzuschlagen. Die Aufsicht über den gesamten Götterdienst, auch über die von einzelnen Geschlechtern und Genossenschaften (z. B. den fratres Arvales) dargebrachten Opfer hatten die +Pontifices+; ihnen lag daher auch die Ordnung des +Kalenders+ ob. Verträge mit fremden Völkern unter heiligen Gebräuchen zu schließen und zu lösen war die Aufgabe der +Fetiales+. ~Älteste Verfassung~: Das Bürgerrecht umfaßt +commercium, conubium, suffragium, honores+ (Berechtigung zu Ämtern). Die Hausväter (+patres+) mit ihren nächsten Angehörigen (+patricii+) bilden die Bürgergemeinde (+populus+) und zugleich die Kriegerschaft (+Quintes+). Sie sind eingeteilt in drei Stämme (+tribus+), die Ramnes, Tities und Luceres, jeder Stamm in 10 +curiae+, jede Curie in 10 +gentes+ (Geschlechter). Die vom Könige zu einer Mitteilung oder Befragung berufene Bürgergemeinde der ~Patrizier~ bildet die ~comitia curiata~. Der von ihnen erwählte ~König~ übt die Befehlsgewalt (+Imperium+) als oberster Priester, Richter und Heerführer aus. Beratend steht ihm zur Seite der ~Senat~ (Rat der Ältesten); er bestellt, wenn das Königtum erledigt ist, aus seiner Mitte den ~interrex~, alle 5 Tage wechselnd. Die außerhalb der Geschlechter stehenden +Schutzverwandten+, welche einen Beschützer (patronus) haben müssen, heißen diesem gegenüber ~clientes~ (Hörige, von cluēre). Ihre Nachkommen, vermehrt durch Einwohner der im Kriege unterworfenen latinischen Nachbargemeinden, bilden allmählich eine Gemeinde der Nichtbürger (~plebs~ oder plebes, verwandt mit pleo, plenus, die Menge). Sie sind ohne politische Rechte. Ihre erste Ansiedelung auf dem Aventinus. Die Änderung dieser Verfassung beginnt mit der Heranziehung der Plebejer zum +Kriegsdienst+ durch die dem ~Servius Tullius~ zugeschriebene Heeres- und Steuerverfassung. Er bildet 18 Reitercenturien und 80 Centurien schwerbewaffnete Fußsoldaten; Besitzmaß 20 Morgen Land, nach späterem Ansatz in Geld 100000 As.[20] Zu dieser ersten Klasse der Bürger treten vier weitere hinzu, 90 Centurien mit leichterer Bewaffnung, ohne Panzer, dem geringeren Besitz entsprechend; 2 besondere Centurien bilden die Schmiede und Zimmerleute (fabri), ebenso die Hornbläser und Trompeter (cornicines et tubicines); die Armen ohne Grundbesitz (proletarii) bilden als Ersatzmannschaft +eine+ große Centurie. Gesamtzahl 193 Centurien. In der Volksversammlung (comitia centuriata) fortan Abstimmung der Bürger nach Centurien. Die Begüterten haben also mit 98 Stimmen stets das Übergewicht über die anderen 95 Centurien. Das Fußvolk bildet 2 Legionen für den Felddienst (centuriae iuniorum) und 2 für die Stadtverteidigung (centuriae seniorum). Behufs der Aushebung und Entrichtung der Kriegssteuer (+tributum+) wird Stadt und Gebiet in eine Anzahl von Quartieren (+tribus+) geteilt. Alle 4, später alle 5 Jahre findet eine neue Einschätzung (+census+) der Bürger nach dem Vermögen statt; sie schließt mit einem Reinigungsopfer (+lustrum+). Die nicht in Tribus aufgenommenen Einwohner ohne Bürgerrecht sind vom Kriegdienst frei und zahlen ein Schutzgeld +(aerarii).+ Diese Kriegsverfassung, getragen von Sittenstrenge und bürgerlicher Zucht, machte die Römer ihren Nachbarn überlegen. § 2. Rom als Republik. [~510.~ (?)] ~Vertreibung der Tarquinier.~ An die Spitze des Staates treten 2 +consŭles+, auf +ein+ Jahr gewählt; die ersten waren ~L. Iunius Brutus~ und ~L. Tarquinius Collatinus.~ Der letztere, als Verwandter der vertriebenen Königsfamilie beim Volke unbeliebt, wird bald ersetzt durch ~P. Valerius Poplicŏla,~ den ersten +consul suffectus,+ der sich durch die +lex Valeria de provocatione+ die Gunst des Volkes sicherte. Die ~consŭles~ üben während ihres Amtsjahres die früher den Königen zustehende Gewalt aus: +imperium+ und +auspicia publica,+ d. h. Befragung der Götter von Staats wegen. Für gewisse Opfer, welche früher die Könige dargebracht hatten, wird ein Priester als +rex sacrificulus+ bestellt und dem +pontĭfex maximus+ untergeordnet. Jeder Konsul kann die Maßnahmen des andern durch das ius intercedendi unwirksam machen. Gehilfen der Konsuln für Kriminalgerichtsbarkeit und Verwaltung des Staatsschatzes (+aerarium+) sind die 2 +quaestores+. Die Konsuln haben als äußere Zeichen ihrer Amtsgewalt den Amtssessel (+sella curulis+) und das Obergewand mit Purpurstreif (+toga praetexta+); ihnen schreiten vorauf 12 +lictores,+ welche in Rutenbündeln (+fasces+) Beile (+secures+) tragen, doch nicht im Stadtgebiet, weil in Friedenszeit die obrigkeitliche Gewalt der Konsuln durch das +Berufungsrecht+ beschränkt ist. Nach der +lex Valeria de provocatione+[21] steht es dem zum Tode oder zu körperlicher Züchtigung verurteilten Bürger frei, die Entscheidung der Volksversammlung, der ~comitia centuriata,~ anzurufen. Hauptrechte dieser Volksversammlung sind die +Beamtenwahl,+ die +Gesetzgebung+ und die +Entscheidung über Krieg und Frieden.+ Bei der Abstimmung haben die 6 alten, +vorwiegend+ patrizischen Rittercenturien das Vorstimmrecht (centuriae +praerogativae+). Sind die Centurien der +ersten+ Klasse (S. 74 f.) mit den Rittern einig, so werden die übrigen Klassen nicht befragt. Die +comitia curiata+ verlieren ihre frühere Bedeutung, doch bleibt ihnen das Recht, die gewählten Konsuln zu bestätigen (+lex curiata de imperio+). Der ~Senat,~ früher nur aus Patriziern bestehend, wird durch zugeschriebene +Plebejer+ (daher die Formel: +patres (et) conscripti+) ergänzt, und zwar aus den +Rittern+, d. h. den Reichen. Der Senatsbeschluß (+senatūs consultum+) ist für die Konsuln maßgebend, hat aber nicht +Gesetzes+kraft. Zur Zeit besonderer Gefahr tritt an die Spitze des Staates ein ~Dictator~, ohne Mitwirkung der Bürgerschaft, aber mit Beirat des Senats von einem der Konsuln +ernannt+ (dictatorem +dicere+). Die Konsuln sind ihm untergeordnet; er ernennt seinen Gehilfen, den +magister equitum+; beide dürfen ihr Amt nicht länger als sechs Monate führen. [509.] Verschwörung junger Patrizier zur Herstellung des Königtums. Der Konsul +L. Junius Brutus+ läßt seine eigenen Söhne als Teilnehmer an der Verschwörung hinrichten. Darauf Krieg mit den +Etruskern+ von Veii und Tarquinii; +Brutus+ fällt im Zweikampf mit +Aruns Tarquinius+ vor der Schlacht am Walde +Arsia+. An seine Stelle wird zuerst +Sp. Lucretius,+ nach dessen Tode +M. Horatius+ gewählt, welcher den in der Königszeit erbauten Tempel des Juppiter Capitolinus weiht. [508.] Unglücklicher Krieg der Römer gegen den etruskischen König +Porsenna+ von +Clusium+; sie müssen den Frieden durch Gebietsabtretung und Entwaffnung erkaufen. Römische Sagen von +Horatius Cocles+, dem tapferen Verteidiger der Tiberbrücke, von dem Heldenmute des +Mucius Scaevola+ und der +Cloelia+. Die weiter in Latium vorrückenden Etrusker werden vor +Aricia+ von den Latinern und ihren Bundesgenossen, den Griechen aus +Cumae+ (unter +Aristodemos+), geschlagen und können sich auf dem linken Tiberufer nicht behaupten. Rom erlangt bald seine frühere Machtstellung wieder. König Tarquinius stirbt in Cumae. Vielleicht in dieser Zeit schon Handelsvertrag zwischen Rom und Karthago. Die Küstenstädte bis Terracina unter Roms Oberhoheit (S. 82). [496.] Sagenhafter Sieg der Römer über die Latiner und Tarquinius am See +Regillus+ (bei +Tusculum+); der Dictator +Aulus Postumius+ siegt mit Hilfe der +Dioskuren+ (Kastor und Pollux), denen alsbald ein Tempel in Rom errichtet wird. [~494.~] ~Auswanderung der Plebejer auf den Heiligen Berg~ (+secessio plebis in Montem sacrum+). Die Plebejer waren durch häufigen +Kriegsdienst,+ durch das strenge +Schuldrecht,+ welches auch die Person des Schuldners in die Gewalt des Gläubigers gab, und durch Verweigerung eines Anteils am +Gemeindelande+ (ager publicus) in Not geraten. Sie wollen eine neue Stadt gründen, werden aber durch Vermittelung des Patriziers +Menenius Agrippa+ zur Rückkehr bewogen. Darauf Erlaß der drückendsten Schulden, Einsetzung besonderer plebejischer Beamter: Die ~Volkstribunen~ +(tribuni plebis,+ anfangs 2, dann 5, endlich 10) sind +unverletzlich+ (sacro-sancti) und haben das Recht des Schutzes (+ius auxilii+) für jeden Plebejer gegen Unbill eines Beamten. Daraus entwickelt sich ein Verbietungsrecht +(Veto,+ ius intercedendi) gegen Senatsbeschlüsse und Befehle der Beamten; nur gegen das +imperium militare,+ also gegen den Dictator und gegen die Konsuln außerhalb der Stadt gilt der tribunicische Einspruch nicht. Ferner haben sie das Recht, Widerstrebende zu verhaften +(ius prensionis)+ und das Recht, mit der von ihnen vertretenen Gemeinde zu verhandeln (+ius agendi cum plebe+). Damit hängt die Einrichtung der ~comitia tributa~ zusammen: Versammlungen der Plebejer nach den Wohnbezirken (+tribus+). Man unterschied 4 +tribus urbanae,+ 17 +rusticae+; bei wachsendem Gebiet wurde die Zahl bis auf 35 erhöht. Jede Tribus hat in den Komitien +eine+ Stimme, innerhalb der Tribus wird nach Köpfen (+virītim+) gestimmt. Als Gehilfen stehen den Tribunen 2 ~Volksädilen~ (aediles plebis) zur Seite; sie üben Polizeigerichtsbarkeit, namentlich über den Marktverkehr, und verwahren die schriftlich aufgezeichneten Volksbeschlüsse (+plebiscīta+) im Tempel der Ceres am Abhang des Aventin. [493.] Der Konsul +Spurius Cassius+ erneuert das Bündnis zwischen Rom und den +latinischen Städten+ auf Grund der Gleichberechtigung (+foedus aequum+). Erst allmählich gewinnt Rom die Hegemonie über die Latiner wieder. Fortwährende Fehden mit +Etruskern, Sabinern, Äquern, Volskern.+ Im Innern dauern die Kämpfe zwischen ~Patriziern~ und ~Plebejern~ fort; letztere streben auch nach +politischer+ Gleichberechtigung. Einen Versuch zur Beseitigung des Tribunats macht der Patrizier [491.] ~Cn. Marcius Coriolanus,~ der während einer Hungersnot vorschlägt, den Plebejern Getreide aus Staatsmitteln nur gegen Verzichtleistung auf das Tribunat zu bewilligen. Von den Tribunen vor die ~comitia tributa~ gefordert, erscheint Coriolan nicht, wird abwesend verbannt, geht zu den Volskern, führt sie gegen Rom, gibt aber auf das ernste Wort seiner Mutter +Veturia+ und auf die Bitten seiner Gemahlin +Volumnia+ den Kampf gegen die Vaterstadt auf. [486.] ~Spurius Cassius,~ zum dritten Male Konsul, beantragt das erste ~Ackergesetz~ (+lex agraria+): Verteilung von Gemeindeland an bedürftige Plebejer und +latinische Bundesgenossen+. Die Patrizier und die reichen Plebejer vereinigen sich gegen ihn; er wird nach Ablauf seines Amtsjahres verurteilt und hingerichtet. [479.] Das Geschlecht der ~Fabier~ (+gens Fabia+), aus welchem mehrere Jahre nacheinander immer ein Konsul erwählt war, zerfällt mit den anderen patrizischen Geschlechtern; der Konsul +Kaeso Fabius+ befürwortet die Ackerverteilung an die Plebejer. Auszug der Fabier mit ihren Klienten (zusammen 306), um den Krieg gegen die +Etrusker+ zu führen; sie werden am Bache +Cremĕra+ überfallen und fast sämtlich vernichtet. [471.] Die Plebejer erhalten durch den Gesetzvorschlag des Volkstribunen +Volĕro Publilius+ das Recht, ihre Beamten fortan in den Tributkomitien zu wählen (~lex Publilia~: +ut plebei magistratus tributis comitiis fierent+). [462.] Antrag des Volkstribunen +C. Terentilius Arsa+ auf Ernennung einer Kommission zur schriftlichen Aufzeichnung der Gesetze. Heftiger Widerstand der Patrizier. ~L. Quinctius Cincinnatus,~ 458 zum Dictator gewählt, befreit ein von den +Äquern+ am Berge +Algidus+ eingeschlossenes römisches Heer und zwingt die Feinde, unter dem Joch durchzugehen. [~451.~] ~Decemvirn zur Aufzeichnung der Gesetze.~ (+Decemviri consulari potestate legibus scribundis+), mit zeitweiliger Aufhebung des Konsulats, des Tribunats und des Provocationsrechts. Die Gesetze werden vom Volke angenommen, in zehn Erztafeln eingegraben und auf dem Forum aufgestellt. Da noch ein Nachtrag nötig erscheint, so werden 450 noch einmal Decemvirn (davon drei Plebejer) ernannt, welche noch zwei Tafeln hinzufügen. Die in den ~Zwölftafelgesetzen~ enthaltenen Bestimmungen über Familienrecht, Erbrecht, Schuldrecht usw. sind bleibende Grundlagen des +römischen Rechts+ geworden (Liv. III, 34: +fons omnis publici privatique iuris+). [449.] ~Zweite secessio plebis,~ veranlaßt durch Gewalttaten der Decemvirn, die nach Vollendung der Gesetzgebung ihr Amt nicht sogleich niederlegten. Ungerechter Richterspruch des +Appius Claudius+ über +Virginia+, die infolgedessen von ihrem Vater auf dem Forum getötet wird. Neugewählte Konsuln, L. Valerius und M. Horatius, vermitteln den Ausgleich durch drei Gesetze (+leges Valeriae Horatiae+): 1. Gleichstellung der Beschlüsse der Tributkomitien (+plebiscita+) mit denen der Centuriatkomitien +(ut quod tributim plebs iussisset, populum teneret).+ 2. Herstellung des Provocationsrechts. 3. Herstellung der Unverletzlichkeit des Volkstribunen, welche auch auf die Ädilen und die Richter über Privatklagen (+decemviri litibus iudicandis+) ausgedehnt wird. [445.] Gesetz des Tribunen ~Canuleius~, welches die Ehen zwischen Patriziern und Plebejern für gültig erklärt +(lex Canuleia de conubio)+: die Kinder folgen fortan dem Stande des Vaters (nicht mehr der pars deterior). Dagegen wird der zweite Antrag der Tribunen, daß auch +Plebejer+ zu +Konsuln+ gewählt werden dürfen, abgelehnt. Es findet ein Vergleich statt: an Stelle der Konsuln können einige der jährlich erwählten Legionsanführer (in der Regel 6) mit konsularischer Gewalt ausgestattet werden (~tribuni militum consulari potestate~): hierzu sind auch Plebejer berechtigt. [443.] Einsetzung der ~Censur~, eines neuen ~patrizischen~ Amtes. Die +zwei+ Censoren werden in den +Centuriatkomitien+ erwählt, alle 4 oder 5 Jahre; doch wird ihre Amtsdauer auf 18 Monate beschränkt, so daß das Amt in der Zwischenzeit ruht. Befugnisse der ~Censoren~: 1. Abhaltung des +Census+; die Bürger werden in die Klassen und Centurien eingeordnet (+discriptio classium et centuriarum+), die Ritter gemustert (+recognitio equitum+), die Senatsliste wird von ihnen aufgestellt (+lectio senatus+): 2. Verwaltung des Staatseigentums; die Abgaben vom Gemeindelande (+vectigalia+) und die Zölle (+portoria+) werden verpachtet, die Ausführung von Bauten (Tempeln, Heerstraßen (via Appia des Ap. Claudius Caecus), Wasserleitungen) an Unternehmer verdungen; 3. in Verbindung mit dem Census Aufsicht über die Sitten +(regimen morum+: senatu movere, equum adimere, tribu movere et aerarium facere; +nota censoria).+ Durch diese letztere Befugnis gelangt das Amt der Censur zu einer hohen moralischen und politischen Bedeutung. [~439.~] +Spurius Maelius,+ ein reicher Plebejer, der während einer Teuerung Getreide zu geringem Preise abgibt, wird beschuldigt, nach der Königsherrschaft zu streben, und von +C. Servilius Ahāla,+ dem Magister equitum des achtzigjährigen Dictators +L. Quinctius Cincinnātus,+ auf der Straße erschlagen. [421.] Die Zahl der ~Quästoren~, denen die Verwaltung der Staatskasse (+aerarium+) obliegt, auf 4 vermehrt; die Plebejer erhalten Zutritt zu diesem Amte. [~396.~] Ein erster großer Erfolg in den Nachbarfehden ist die Eroberung der Etruskerstadt ~Veii~ durch den Dictator ~M. Furius Camillus.~ Er wird aber wegen ungerechten Verfahrens bei Verteilung der Beute angeklagt und geht in die Verbannung. Die Macht der Etrusker, durch den Einbruch der Gallier (Kelten) und den Seesieg der Syrakusaner unter Hieron I. (S. 50) bei Cumae schon 474 geschwächt, ist seitdem gebrochen. ~Einfall der Gallier~ (+Senonen+) ~in Latium,~ veranlaßt durch Teilnahme römischer Gesandter an dem Kampfe der Etrusker von +Clusium+ gegen dieselben. [~388.~ (18. Juli.)] ~Schlacht an der Allia,~ einem Bache, der 15 km nördlich von Rom in den Tiber fließt. Niederlage und Flucht der Römer auf das rechte Tiberufer, wodurch die Stadt preisgegeben wird. Das von den Einwohnern verlassene Rom (nur der +Mons Capitolinus+ bleibt besetzt) wird von den Galliern (unter +Brennus+) eingenommen, geplündert und niedergebrannt. Vergeblich versuchen sie, das Kapitol zu ersteigen, die Gänse der Juno; +M. Manlius Capitolinus.+ Nach 7monatiger Einschließung des Burgfelsens wird der Abzug der Gallier durch Gold erkauft. Nach der römischen Sage verbietet der aus der Verbannung zurückgerufene +Camillus+ als Dictator das Abwägen des Goldes (Vae victis!) und vertreibt die Feinde. -- Rückkehr der Bewohner. Der Plan, nach +Veii+ auszuwandern, wird von Camillus vereitelt. Rascher, aber unregelmäßiger Aufbau der Stadt, die bald wieder in ihrer alten gebietenden Machtstellung dasteht, nachdem +Camillus+ die Äquer, Volsker, Etrusker besiegt hat. ~Ausgleich der Stände, Entstehung der Nobilität.~ Der Ständekampf beginnt aufs neue; die reicheren Plebejer streben nach Gleichberechtigung und Zutritt zu den Staatsämtern, die ärmeren nach Erleichterung des Schuldrechts und Anteil am Gemeindeland. [384.] Der Patrizier ~M. Manlius Capitolinus,~ der mit seinem Vermögen plebejische Schuldner löst, wird beschuldigt, nach der Königswürde zu streben, als Hochverräter verurteilt und vom Tarpejischen Felsen herabgestürzt. [~366.~] ~L. Sextius Lateranus, erster plebejischer Konsul,~ nach zehnjährigem Kampfe um die von ihm und +C. Licinius Stolo+ als Volkstribunen beantragten Gesetze (+leges Liciniae Sextiae+), welche anordnen: 1. Erleichterung der +Schuldner+ durch Abzug der gezahlten Zinsen vom Kapital, dessen Rest dann binnen drei Jahren in gleichen Raten zu zahlen ist; 2. Niemand soll mehr als 500 Morgen +Gemeindeland+ in Besitz haben; 3. Aufhebung der tribuni militum consulari potestate; einer der Konsuln soll unbedingt +Plebejer+ sein. Als neues +patrizisches+ Amt wird die ~Prätur~ eingerichtet zur Leitung der +Rechtspflege+, die bisher den Konsuln oblag. Der Prätor, von 6 Liktoren begleitet, ist auch Stellvertreter der Konsuln, wenn sie von Rom abwesend sind. Später außer dem praetor urbanus ein praetor inter peregrinos (für die Ausländer) eingesetzt. Ferner treten den plebejischen Ädilen zwei ~kurulische Ädilen~ zur Seite; sie üben gemeinsam mit ihnen die Markt- und Straßenpolizei und veranstalten die öffentlichen Festspiele, namentlich die +ludi Romani+ alljährlich im September (+cura annonae, cura urbis, cura ludorum+); in der Führung dieses Amtes wechseln Patrizier und Plebejer Jahr um Jahr ab. Nach und nach werden +alle Ämter den Plebejern zugänglich,+ die Censur 351, die Prätur 337. Auch zu den Priesterkollegien der +Pontifices+ und +Augures+ erhalten die Plebejer Zutritt (300 +lex Ogulnia+). Nach diesem Ausgleich entwickelt sich allmählich ein neuer Gegensatz zwischen dem +Amtsadel+ (~Optimates, Nobiles~), der die Patrizier und reicheren Plebejer umfaßt, und dem +Bürgerstande+ (~Plebs~ im späteren Sinne). Doch kann sich der Amtsadel (+ius imaginum+) nicht so schroff wie der bisher geltende Geburtsadel gegen den Bürgerstand abschließen, sondern ergänzt sich fortwährend durch Aufnahme neuer Mitglieder (+homines novi+). Durch Volkswahl gelangt der Bewerber (+candidatus+) zu den Ämtern, durch das Vertrauen der Censoren in den Senat. Reihenfolge der Ämter: +Quästor, Ädil, Prätor, Konsul, Censor+. Über das gesetzmäßige Alter s. S. 96. Der ~Senat~ leitet namentlich die auswärtige Politik und die Finanzverwaltung. Die oberste Entscheidung in der +Gesetzgebung+ und bei +Kriminalprozessen+ steht nach wie vor bei den ~Komitien~, und zwar sowohl bei den +Centuriat+- wie bei den +Tribut+-Komitien, welche +alle+ Bürger, Patrizier und Plebejer, jedoch mit verschiedener Abstimmungsordnung, umfassen. Hinsichtlich des +Wahlrechts+ bleibt der Unterschied, daß die +magistratus maiores+ (Konsuln, Prätoren, Censoren) in den +Centuriat+-Komitien, die +magistratus minores+ (Ädilen und Quästoren) sowie die Volkstribunen in den +Tribut+-Komitien gewählt werden. Die ~Volkstribunen~ erscheinen fortan nicht mehr in so scharfem Gegensatz zum Senat wie während des Ständekampfes; sie nehmen an seinen Sitzungen teil, berufen ihn auch bisweilen. Der Not der +armen+ Plebejer, die auch nach den Licinischen Gesetzen wiederkehrt, wird durch +Ackerverteilungen+ und Gründung von +Bürgerkolonien+ nach glücklich geführten Kriegen abgeholfen. Aufhebung der Schuldknechtschaft durch das Gesetz des Konsuls +C. Poetelius+ 326. Im Jahre 287 secessio plebis auf den Janiculus. Durch die lex Hortensia werden die plebiscita (S. 77) der concilia plebis den populiscita der Centuriat-Komitien gleichgestellt. Umgestaltung der ~Heeresverfassung~, hauptsächlich von +Camillus+ veranlaßt. Die Legion wird in 30 +Manipel+ zu je 2 +Centurien+ eingeteilt, ihre Aufstellung in drei Treffen (+hastati, principes, triarii+) gegliedert. Die so zusammengesetzte Schlachtordnung übertrifft die alte Phalanx bedeutend an Beweglichkeit. Die Bewaffnung gleichmäßiger als nach der servianischen Ordnung. Die Stoßlanze (+hasta+) wird bald auf das dritte Treffen (+triarii+) beschränkt; die beiden vorderen Treffen erhalten einen kürzeren Wurfspeer (+pilum+); gemeinsam für alle Schwerbewaffneten sind Schwert, Schild, Helm und Panzer. Die Legion zählt in der Regel 4200 Mann, darunter 1200 Leichtbewaffnete (+velĭtes+) ohne Panzer, mit leichtem Schild, Lederhelm und leichten Wurfspeeren; dazu kommen 300 Reiter. Zwei Legionen, begleitet von Truppen der Bundesgenossen, bilden gewöhnlich ein konsularisches Heer. [367–349.] Wiederholte Kämpfe mit den ~Galliern,~ welche sich in Ober-Italien (+Gallia cisalpina+) bleibend niedergelassen haben und von dort häufig Einfälle in Mittel-Italien machen. Zweikämpfe des +T. Manlius Torquatus+ und +M. Valerius Corvus+ mit gallischen Kriegern. [348.] Erster Handelsvertrag zwischen ~Rom~ und ~Karthago~,[22] in welchem Rom als Vorort der mittelitalischen Westküste erscheint. § 3. Unterwerfung Italiens. [~343–341.~] ~Erster Samnitenkrieg.~ ~Veranlassung~: Die +Sidicīner+ in +Teānum+ und die +Campāner+ in +Capua+, beide Nachkommen ausgewanderter samnitischer Volksstämme, suchen Schutz bei den Römern gegen ihre eigenen Stammgenossen, die ~Samniten des Gebirges~, welche in dem eigentlichen Samnium eine Eidgenossenschaft bildeten und von dort aus in immer neuen Schwärmen die ~Ebene~ (Campania) brandschatzten. Nach römischer Überlieferung erfechten die Römer drei Siege, doch wird ein Vergleich geschlossen, welcher den Römern +Capua+, den Samniten +Teanum+ überliefert. Die Samniten werden zu diesem Vergleiche bestimmt durch einen Krieg mit +Tarent+, die Römer durch den [~340–338.~] ~Krieg der Latiner~, welche sich gegen Roms Hegemonie auflehnen und vollständige Gleichstellung mit den Römern verlangen: +ein+ Konsul und der +halbe+ Senat sollen Latiner sein. Capua und die Volsker mit den Latinern verbündet, die Samniten mit den Römern. Kampf in Campanien; der Konsul +T. Manlius Torquatus+ läßt seinen Sohn hinrichten, weil er dem Verbot zuwider sich in einen Zweikampf eingelassen, und siegt, von den Samniten unterstützt, in einer Schlacht unweit des ~Vesuv~; Opfertod des andern Konsuls +P. Decius Mus+. Entscheidungsschlacht bei ~Trifanum~ unweit +Minturnae+, Sieg des +Manlius+ über die Latiner und Campaner. ~Auflösung des latinischen Bundes~. Den latinischen Städten wird gegenseitiges +Commercium+ und +Conubium+ untersagt, sie müssen einzeln mit Rom Verträge schließen und Land abtreten (so +Tibur+ und +Praeneste+); einige erhalten römisches Bürgerrecht (so +Lanuvium+ und +Aricia+). Die Volskerstadt +Antium+ wird +römische Kolonie+; mit den Schnäbeln der erbeuteten Schiffe dieser Stadt wird die Rednerbühne auf dem Forum Romanum geziert (daher +rostra+ genannt). +Capua+ und andere Städte Campaniens erhalten römisches Bürgerrecht ohne Stimmrecht. Bald jedoch wird den nunmehr abhängigen Latinern Anteil an den römischen Eroberungen gewährt; +Cales+ und +Fregellae+ werden als +latinische+ Kolonien eingerichtet. [~326–304.~] ~Zweiter Samnitenkrieg.~ ~Veranlassung~: Übergriffe der Römer am Liris, namentlich die Einrichtung der Kolonie +Fregellae+; ferner die Besetzung der Griechenstadt +Palaeapolis+ (neben +Neapolis+) durch Q. Publilius Philo (den ersten +Prokonsul+). Bündnis der Römer mit den +Apŭlern+ und +Lukanern+; zum erstenmal überschreiten römische Heere den Apennin. Die Römer sind zu Anfang des Krieges im Vorteil. Aber [~321.~] ~Niederlage in den Caudinischen Pässen.~ Die beiden Konsuln werden, als sie der apulischen Stadt +Luceria+ von Campanien aus zu Hilfe eilen wollen, von dem samnitischen Heerführer +Gavius Pontius+ in den +furculae Caudinae+ eingeschlossen und zur Ergebung genötigt. Sie beschwören einen Friedensvertrag; 600 römische Ritter bleiben als Geiseln zurück, das Heer darf unter dem Joch abziehen. Der römische Senat verweigert die Anerkennung dieses Vertrages und liefert die Konsuln den Samniten aus, welche sie nicht annehmen. Die Samniten erobern +Luceria+ und +Fregellae+. Durch äußerste Kraftanstrengung gewinnen die Römer wieder die Oberhand. Im Jahre 319 soll der Konsul +L. Papirius Cursor+ Luceria wiedererobert, die römischen Geiseln befreit und die samnitische Besatzung unter das Joch geschickt haben; 314 wird Luceria römische Kolonie. [~312.~] Bau der ~Via Appia~, einer großen Heerstraße von Rom nach Capua durch die pomptinischen Sümpfe, begonnen von dem Censor +Appius Claudius Caecus+. Derselbe legt auch die erste Wasserleitung (aqua Appia) in Rom an. [310.] Sieg des Konsuls +Q. Fabius Maximus Rullianus+ über die zu spät sich erhebenden +Etrusker+ und +Marser+ am +Vadimonischen See+. [309.] Erstes Erscheinen einer +römischen Kriegsflotte+ bei der Belagerung der campanischen Stadt +Nuceria.+ [305.] +Bovianum+, Hauptwaffenplatz der Samniten, eingenommen. [304.] Friede; die Samniten erlangen gleich ihren sabellischen Bundesgenossen Freiheit innerhalb ihrer Stammesgrenzen; Erneuerung der +alten+ Verträge zu +gleichem+ Recht (foedus aequum). Zur Befestigung ihrer Herrschaft legen die Römer wiederum mehrere +Kolonien+ und neue +Heerstraßen+ an, so +Narnia+ in Umbrien (spätere +via Flaminia+) und +Alba Fucentia+ am +Lacus Fucĭnus+ (spätere +via Valeria+). [~298–290.~] ~Dritter Samnitenkrieg.~ Die Samniten schließen mit den +Lukanern+ ein Bündnis, um einen letzten Kampf für Italiens Unabhängigkeit zu wagen. Neue Erhebung der +Etrusker+ und +Umbrer+. Der Konsul +L. Cornelius Scipio+[23] nötigt 298 die Lukaner, dem Bündnis mit Samnium zu entsagen. Die Samniten stellen mit äußerster Kraftanstrengung drei Heere ins Feld, eins zur Verteidigung ihres Gebiets, das zweite für Campanien; das dritte führt ihr Feldherr +Gellius Egnatius+ durch das +marsische+ und +umbrische+ Gebiet nach +Etrurien+. Gallische Stämme schließen sich dem +Bündnis der Italiker gegen Rom+ an. Große Rüstungen in Rom. Die Konsuln +Q. Fabius Maximus Rullianus+ und +P. Decius Mus+ rücken mit 60000 Mann nach Umbrien vor. [~295.~] ~Entscheidungsschlacht bei Sentinum~, Todesweihe des jüngeren +P. Decius Mus+. Die Umbrer unterwerfen sich, die Etrusker bitten um Frieden und werden Rom Untertan; die Samniten kämpfen weiter, werden aber 293 bei +Aquilonia+ besiegt. Endlich erneuert der Konsul +M’. Curius Dentatus+ das Bündnis mit ihnen; sie behalten ihr Gebiet, lassen aber fortan den Römern freie Hand, ihre Herrschaft im übrigen Italien zu befestigen. Abermals +Kolonien+ gegründet: +Minturnae+ und +Sinuessa+ im Gebiet der Aurunker (römische Bürgerkolonien), +Hatria+ in Picenum, +Venusia+ in Apulien (latinische Kolonien). Die +Sabiner+ müssen römisches Bürgerrecht ohne Stimmrecht annehmen. Gegen die Gallier wird 283 die Bürgerkolonie +Sena Gallica+ in Umbrien eingerichtet. Der Schutz, welchen Rom der von Lukanern und Bruttiern angegriffenen Griechenstadt +Thurii+ gewährt, führt herbei den [~282–272.~] ~Krieg mit Tarent.~ ~Veranlassung~: Ältere Verträge mit Tarent, der reichsten und mächtigsten Griechenstadt in Unter-Italien, untersagten den Römern, mit Kriegsschiffen über das +Lacinische Vorgebirge+ bei Kroton hinauszufahren. Trotzdem erscheint eine nach der umbrischen Küste bestimmte römische +Kriegsflotte+ im Hafen von Tarent. Die Tarentiner greifen sie an, nehmen fünf Schiffe, vertreiben die römische Besatzung aus +Thurii+. Römische Gesandte, welche Genugtuung verlangen, werden in Tarent beschimpft; darauf Kriegserklärung. Die Tarentiner rufen den König ~Pyrrhos von Epirus~ zu Hilfe; dieser schickt zuerst seinen Feldherrn +Milon+ mit 3000 Epiroten nach Tarent (281), im folgenden Jahre landet er selbst mit einem aus +Epiroten, Makedonen, Griechen+ bestehenden Söldnerheere von 25000 Mann und 20 Elefanten in Italien. Strenges militärisches Auftreten des Königs in Tarent; die Bürger werden zum Kriegsdienst gezwungen. [~280.~] ~Schlacht bei Herakleia~ (am Meerbusen von Tarent); die römische Manipularordnung erliegt dem Angriff der makedonischen Phalanx und der Elefanten. Die Griechenstädte, die Bruttier, Lukaner und +Samniten+ schließen sich Pyrrhos an. Er bietet den Römern Frieden an; sein Gesandter +Kineas+ wird abgewiesen (Rede des blinden Konsulars +Appius Claudius+ im Senat). Pyrrhos rückt durch Campanien bis +Anagnia+ vor, kehrt aber um, da die Bundesgenossen der Römer diesen treu bleiben. +C. Fabricius+ Gesandter an Pyrrhos wegen Auswechselung der Gefangenen. [~279.~] ~Schlacht bei Asculum~ in Apulien; Pyrrhos siegt wiederum, doch mit großen Verlusten. Er folgt einem Hilferuf der von den +Karthagern+ bedrängten +Syrakusaner+ (S. 67), läßt nur eine Besatzung in Tarent zurück. Kriegsbündnis zwischen +Rom+ und +Karthago+, doch lehnen die Römer die Landung einer karthagischen Flotte in Italien ab und bekämpfen allein die Griechenstädte. Pyrrhos kehrt 276 nach Tarent zurück. Als er den Samniten Hilfe bringen will, wird er von +M’. Curius Dentatus+ in der [~275.~] ~Schlacht bei Beneventum~ völlig geschlagen und kehrt nach Epirus zurück († 272 in Argos). Erst nach seinem Tode überliefert +Milon+ Stadt und Burg von Tarent den Römern unter der Bedingung freien Abzugs. Die Tarentiner müssen Waffen und Schiffe ausliefern und die Mauern niederreißen, behalten aber ihre eigene Stadtverwaltung. Nach Tarents Fall Unterwerfung der +Samniten, Lukaner+ und +Bruttier+. Alle müssen Teile ihres Gebiets abtreten und +Kolonien+ aufnehmen (Beneventum und Aesernia in Samnium). Im J. 270 Einnahme von +Rhegium+, welches 10 Jahre in den Händen aufständischer campanischer Soldaten gewesen war, die jetzt mit dem Tode bestraft werden. ~Italien~ (bis zum Apennin) ~geeinigt unter römischer Herrschaft~. Verlängerung der +Via Appia+(S. 84) von +Capua+ über +Venusia+ und +Tarent+ bis +Brundisium+. In bezug auf das Verhältnis der unterworfenen Gemeinden zu Rom sind zu unterscheiden: 1. ~Municipien~ (+municipia+), d. h. Gemeinden mit beschränktem römischem Bürgerrecht (+civitas sine suffragio et iure honorum+). Sie haben also +commercium+ und +conubium+, römische Rechtsprechung und römischen Kriegsdienst. 2. ~Kolonien~ (+coloniae+), d. h. römische Festungen. Viele unterworfene Orte müssen einen Teil ihrer Ländereien abtreten. Dieses Land wird an +römische Bürger+ verteilt, die ihr volles Bürgerrecht behalten und fortan in der Kolonie die herrschende Gemeinde, gleichsam die +Patrizier+, bilden, während die alten Einwohner zu +Insassen+ ohne politische Rechte herabsinken. Die Rechtspflege wird in den +Municipien+ wie in den +Kolonien+ durch Präfekten (+praefecti iure dicundo+) ausgeübt, welche der +praetor urbanus+ (s. S. 81) ernennt. 3. ~Verbündete~ (+socii, civitates foederatae+), deren Verhältnis zu Rom durch +Verträge+ geordnet ist. Sie haben eigene Verwaltung und Gerichtsbarkeit und sind vom Dienst in der Legion befreit, müssen dagegen +Hilfstruppen+ oder +Schiffe+ stellen. Tribut wird nicht von ihnen gefordert. Am meisten begünstigt sind die +Latiner+, sie können unter gewissen Bedingungen römisches Bürgerrecht erwerben und werden zusammen mit römischen Bürgern in +latinische Kolonien+ ausgesandt. § 4. Die Punischen Kriege. [~264–241.~] ~Erster Punischer Krieg.~ Kampf um Sicilien. (Die frühere Geschichte der +Karthager+ oder +Punier+ siehe S. 131, 41, 67.) Karthago mit seiner +oligarchischen+ Verfassung, welche der Bürgergemeinde geringen Einfluß gewährt und die Untertanen durch Tributforderung drückt, und mit seinen +Söldnerheeren+ ist trotz seines Reichtums im Nachteil gegen Rom, wo gleichmäßigere Verteilung der bürgerlichen Rechte und allgemeine Verpflichtung zum Kriegsdienst besteht. ~Veranlassung~: Die +Mamertiner+, d. h. +Marsmänner+, ehemalige campanische Söldner des Agathŏkles (S. 67), hatten sich der Stadt +Messana+ bemächtigt. Sie werden von König +Hiero II.+ von +Syrakus+ bekriegt. Ein Teil von ihnen ruft die +Karthager,+ ein anderer die Römer zu Hilfe. Der römische Senat schwankt, die Bürgerschaft beschließt, den Mamertinern Hilfe zu gewähren. Eine römische Kriegsflotte, meist aus Schiffen der süditalischen Bundesgenossen bestehend, setzt Truppen von Rhegium nach +Messana+ über; die karthagische Besatzung wird aus der Burg vertrieben. [~264.~] Die Karthager und +Hiero+ von Syrakus belagern die Römer in Messana, müssen aber zurückweichen. Hiero schließt sich bald den vordringenden Römern an. Nach Eroberung der Stadt +Agrigentum+ (Akrăgas, s. S. 32) 262 beschließen die Römer den Bau einer großen +Kriegsflotte+. Sie bauen Schiffe mit fünf Ruderreihen (Pentēren) nach dem Muster eines gestrandeten karthagischen Kriegsschiffs. [~260.~] ~Erster Seesieg der Römer~ unter ~C. Duilius~ bei ~Mylae,~ westlich von Messana, mit Hilfe der Enterbrücken. Zum Andenken an den Sieg die +columna rostrata+ auf dem Forum errichtet. [256.] Nach einem zweiten Seesiege bei ~Eknomos~ an der Südküste Siciliens landen die Konsuln ~M. Atilius Regulus~ und +L. Manlius Volso+ an der afrikanischen Küste. Die Karthager, durch Verwüstung ihres Gebiets erschreckt, bitten um Frieden; Regulus stellt zu hohe Forderungen, wird 255 bei +Tunes+ geschlagen und gefangen. Fortsetzung des Krieges in Sicilien; die Römer erobern +Panormus+ und behaupten es durch einen Sieg des Konsuls +L. Caecilius Metellus+ (251), der bei seinem Triumph in Rom über 100 Elefanten aufführt. Friedensgesandtschaft der Karthager nach Rom. Nach der römischen Legende soll Regulus die Annahme des Friedens widerraten haben und in Karthago unter Martern getötet worden sein. Die Römer nehmen den Seekrieg wieder auf, belagern aber vergeblich die starke karthagische Seefestung ~Lilybaeum~. Der Konsul +P. Claudius Pulcher+ (die heiligen Hühner) wird in der [~249~.] ~Seeschlacht bei Drepăna~ von den Karthagern geschlagen. Darauf in den nächsten Jahren nur +Landkrieg+ auf der Westseite Siciliens. Der karthagische Feldherr ~Hamilkar~, genannt ~Barkas~ (d. h. der +Blitz+), verteidigt sich 6 Jahre mit Erfolg gegen die Römer, erst auf dem Berge +Eirkte+ (Monte Pellegrino bei +Palermo+), dann auf dem +Eryx+ bei Drepana, beunruhigt auch durch Kaper die Küsten Italiens. Durch das Zusammentreten reicher Bürger in Rom wird endlich aus Privatmitteln eine neue Flotte gebaut. Mit dieser erringt der Konsul ~C. Lutatius Catulus~ den entscheidenden [~241~.] ~Seesieg bei den Agatischen Inseln~ (gegenüber Lilybaeum) über die karthagische Flotte unter Hanno. ~Friede~: 1. Die Karthager verzichten auf ganz ~Sicilien~. 2. Sie zahlen 3200 Talente (16½ Mill. Mark) Kriegsentschädigung in zehn Jahren. -- Der größere, ~westliche Teil Siciliens~ wird die ~erste römische Provinz~ unter der Verwaltung eines Prätors; der kleinere +südöstliche Teil+ bleibt unter der Hoheit des mit Rom verbündeten +Königs Hiero von Syrakus+. [238.] ~Karthago~ in großer Gefahr durch den +Aufstand der Söldner+ und der +libyschen Untertanen+, welcher endlich von +Hamilkar+ unterdrückt wird. Die Römer benutzen dies, um von den Karthagern die Abtretung von ~Sardinien~ und Zahlung von 1200 Talenten zu erzwingen. Die Insel wird mit dem früher +etruskischen+ ~Korsika~ zu +einer+ Provinz vereinigt. Doch besetzen die Römer nur die Küsten dieser Inseln; die Gebirgsbewohner im Inneren werden gelegentlich bekriegt, um Sklaven zu erbeuten. [236.] +Hamilkar+ beginnt Eroberungen in ~Spanien~, um neues Gebiet für Karthago zu gewinnen; sein Schwiegersohn +Hasdrubal+, Nachfolger im Oberbefehl, gründet 227 +Neu-Karthago+ (Cartagena). [229–228.] Krieg der Römer gegen die seeräuberischen ~Illyrier~ von Skodra. Eine römische Flotte beschützt die Griechenstädte Kerkyra, Apollonia, Epidamnos; die Königin Teuta muß Tribut zahlen und Gebiet abtreten. [225–222.] Die Römer unterwerfen Nord-Italien, ~Gallia cisalpina~, gereizt durch einen Einfall gallischer Stämme in +Etrurien+. Diese werden bei +Telamon+ an der etruskischen Küste vernichtet. Der Konsul Cn. Cornelius Scipio besiegt die Bojer und Cenomanen und erobert 222 +Mediolanum+ (Mailand), die Hauptstadt der Insŭbrer. Zur Sicherung des neuen Gebietes werden die latinischen Kolonien Placentia, Cremona, Mutĭna angelegt. Die schon früher gebaute Heerstraße nach +Spoletium+ wird weiter geführt über den Apennin bis an das Adriatische Meer, dann die Küste entlang bis +Arimĭnum+ (~Via Flaminia~). Weitere Maßregeln zur Befestigung ihrer Herrschaft im cisalpinischen Gallien unterbricht der [~218–201.~] ~Zweite Punische Krieg.~ ~Ursachen~: Eifersucht der Römer auf die durch Erwerbungen in Spanien neu aufblühende Macht Karthagos; Bestreben des Hauses Barkas, an Rom Rache zu nehmen. ~Veranlassung~: Die Eroberung der mit Rom verbündeten spanischen Stadt +Saguntum+ (Murviedro, nördlich von Valencia) durch ~Hannibal~, den Sohn Hamilkars, 219. Eine römische Gesandtschaft fordert in Karthago Hannibals Auslieferung; diese wird verweigert, obgleich ein großer Teil des karthagischen Senats der Machtstellung der Familie Barkas abgeneigt ist. Darauf Kriegserklärung der Römer. Den römischen Kriegsplan, mit dem Hauptheere von Sicilien aus eine Landung in +Afrika+ zu machen, während ein zweites Heer die karthagischen Truppen in +Spanien+ beschäftigen soll, vereitelt [218.] ~Hannibals kühner Zug nach Italien~ auf dem Landwege. Er überschreitet nach Zurücklassung genügender Truppen in Spanien unter seinem Bruder Hasdrubal, die östlichen +Pyrenäen+ mit 50000 Mann Fußvolk, 9000 Reitern, 37 Elefanten und durchzieht das südliche Gallien. Der römische Konsul +P. Cornelius Scipio+, welcher auf der Fahrt nach Spanien in Massilia angelegt hatte, kann Hannibals Übergang über den +Rhodănus+ (Rhône) nicht hindern, kehrt nach Italien zurück, sendet aber seinen Bruder +Cn. Scipio+ mit dem Hauptteil des Heeres nach Spanien. Hannibal zieht am Rhodanus aufwärts bis zum Nebenfluß Isăra (Isère), dann östlich durch die Gebiete der +Allobrŏger+ und +Ceutronen+, überschreitet kämpfend die +Alpen+ (Paß des +Mont Genèvre+ oder des +Kleinen St. Bernhard+) und gelangt nach unsäglichen Mühen mit nur 26000 Mann und wenigen Elefanten nach Ober-Italien. [~218.~ (Sept.)] ~Reitertreffen am Ticinus~, +linkem+ Nebenfluß des Po. Scipio verwundet, wird durch seinen 17jährigen Sohn, den späteren »+Africanus+«, gerettet. Verstärkt durch aufständische Gallier (S 89), schlägt Hannibal in der [~218.~ (Dez.)] ~Schlacht an der Trebia~ (+rechtem+ Nebenfluß des Po) den andern Konsul +Tib. Sempronius Longus+, der, aus Sicilien zurückberufen, die beiden vereinigten römischen Heere befehligte. Hannibal befördert den nationalen Aufstand der cisalpinischen Gallier, entläßt alle gefangenen römischen Bundesgenossen, überschreitet den Apennin und vernichtet ein römisches Heer von 30000 Mann unter dem Konsul +C. Flaminius+ in der [~217.~] ~Schlacht am Trasimenischen See~. Schrecken in Rom; man rüstet sich aber zur Verteidigung der Stadt. ~Q. Fabius Maximus~ zum +Dictator+ ernannt. Hannibal wendet sich nach Osten, um den Abfall der römischen Bundesgenossen allgemein zu machen, zieht durch +Picenum+ nach +Apulien+. Fabius folgt ihm in gemessener Entfernung, eine Schlacht vermeidend (daher +Cunctator+, der Zauderer, genannt). Als Hannibal, wieder den Apennin überschreitend, nach Campanien vordringt, hindert Fabius ihn nicht an der Plünderung der reichen Landschaft, verlegt ihm aber den Rückweg bei +Casilīnum+ am +Volturnus+. Hannibal gewinnt durch eine List freie Bahn und kehrt nach +Apulien+ zurück. Die römische Bürgerschaft, mit Fabius’ Kriegführung unzufrieden, gibt dem magister equitum +M. Minucius+, der bei +Gerunium+ glückliche Gefechte gegen die Karthager besteht, als zweitem +Dictator+ einen unabhängigen Oberbefehl über die Hälfte des Heeres. Er greift Hannibal an, wird geschlagen und nur durch +Fabius+ vor vollständiger Vernichtung gerettet. Zu Konsuln des Jahres 216 werden der als Feldherr bewährte ~L. Aemilius Paullus~ von der Optimatenpartei und der unfähige ~C. Terentius Varro~ von der Volkspartei erwählt, um mit einem Heere von 86000 Römern und Bundesgenossen Hannibal zu vernichten. Varro greift an dem Tage, wo er den Oberbefehl hat, unvorsichtig an. [~216.~] ~Schlacht bei Cannae~ (in Apulien, am +Aufidus+), furchtbare Niederlage der Römer; gegen 50000 werden getötet, darunter mehr als 80 Männer senatorischen Ranges und der Konsul +L. Aemilius Paullus+, die übrigen werden gefangen oder zersprengt. +Varro+ rettet sich mit einer kleinen Schar nach Venusia und sammelt allmählich einen Rest von 10000 Mann. In demselben Jahre wird auch eine nach dem cisalpinischen Gallien geschickte Legion vernichtet. Der ~Abfall von Capua~, die Lossagung der Samniten, Lukaner, Bruttier und vieler unteritalischer Städte vom römischen Bündnis ist die unmittelbare Folge der Schlacht bei +Cannae+. Bewundernswürdige Haltung des römischen Senats. Die Trauer um die Gefallenen wird auf 30 Tage beschränkt, Hannibals Gesandten, welche die Lösung der Gefangenen anbieten, der Eintritt in die Stadt verboten; mit Heranziehung aller irgend Waffenfähigen, selbst Sklaven, wird ein neues Heer gebildet und zum Teil mit alten Beutestücken aus den Tempeln bewaffnet. Der Prätor ~M. Claudius Marcellus~, schon im gallischen Kriege erprobt, und der Dictator +M. Junius Pera+ verteidigen die römischen Stellungen bei +Neapolis+, +Cumae+ und +Nola+. Hannibal bezieht Winterquartiere in +Capua+. Karthago schließt Bündnis mit +Philipp V.+ von Makedonien und +Hieronymus+, dem Enkel und Nachfolger des Königs Hiero in Syrakus (S. 88). [~215.~] Wendung des Krieges zugunsten der Römer. Hannibal, bei +Nola+ von +Marcellus+ zurückgeschlagen, geht nach +Apulien+ und gibt den Angriffskrieg auf. Aus Karthago erhält er, mit Ausnahme einer Sendung von 4000 Mann, keine Unterstützung. Die Römer dagegen bringen ihre Kriegsmacht bald auf 21 Legionen; ihre +Flotte+ beherrscht von Lilybaeum aus das Meer und macht öfters Landungen an der afrikanischen Küste. Hannibals Hoffnung auf Zuzug aus Spanien wird vereitelt durch den [~218–206.~] ~Krieg der Römer gegen die Karthager in Spanien.~ Die Feldherrn +P.+ und +Cn. Cornelius Scipio+ besiegen +Hasdrubal+, Hannibals Bruder, 216 am +Ibērus+ (Ebro) und dringen bis in das Gebiet des +Baetis+ (Guadalquivir) vor, wo sie sich unter wechselvollen Kämpfen ~bis 211~ im ganzen siegreich behaupten. Zugleich bedrängen sie durch ihren Bundesgenossen +Syphax+, König von Westnumidien, die Karthager in Afrika. Das Bündnis mit Philipp von Makedonien bringt dem Unternehmen Hannibals ebenfalls keine Hilfe. [215–205.] ~Erster Makedonischer Krieg,~ von den Römern mit geringen Streitkräften glücklich geführt. Der unentschlossene König +Philipp+ wagt nicht, die versprochene Landung in Italien auszuführen. Die Römer bringen gegen ihn ein Bündnis +griechischer+ Staaten zustande (die ~Ätōler~ an der Spitze), dem sich +illyrische+ und +thrakische+ Häuptlinge, sowie König +Attălos+ von Pergamon anschließen. [214–210.] ~Krieg in Sicilien (Belagerung von Syrakus),~ durch ~Marcellus~ zugunsten der Römer entschieden. Nach Vernichtung des karthagischen Entsatzheeres unter +Himilko+ durch Niederlagen und Seuchen in den sumpfigen Niederungen des +Anāpos+ wird trotz tapferer Verteidigung (+Archimēdēs+) [~212.~] ~Syrakus erobert und geplündert.~ In Italien nimmt Hannibal die Stadt ~Tarent~ ein, mit Ausnahme der Burg, und kämpft glücklich in Lukanien. [211.] Unglück der Römer in ~Spanien~. Beide Scipionen werden von den Karthagern und ihrem Verbündeten +Massinissa+, Sohn des Königs von Ostnumidien (selbst König 208), geschlagen und getötet; ihre Truppen weichen nach Norden über den Ebro zurück. Hannibal greift das römische Belagerungsheer vor ~Capua~ an, wird aber zurückgeschlagen. Um die Römer zur Aufhebung der Belagerung zu bewegen, rückt er gerade auf Rom los und schlägt am Anio ein Lager auf (+Hannibal ad portas!+), geht aber nach Verwüstung der Umgegend, da die Römer zur Verteidigung bereit sind, nach Unter-Italien zurück, ohne seinen Zweck erreicht zu haben. ~Capua muss sich den Römern ergeben~, welche über die Stadt ein furchtbares Strafgericht ergehen lassen (viele Bürger als Sklaven verkauft, 53 Senatoren enthauptet, die Selbstständigkeit der Gemeinde vernichtet). Hannibals Angriff auf +Rhegium+ und auf die +Burg von Tarent+ mißlingt; seine italischen Bundesgenossen beginnen ihn zu verlassen. [210.] Der junge ~P. Cornelius Scipio~ (Sohn und Neffe der in Spanien gefallenen Brüder) wird als Prokonsul nach Spanien geschickt; er geht 209 über den Ebro und erobert +Neukarthago+, während in Italien Q. Fabius Maximus +Tarent+ wiedergewinnt. [208.] Marcellus fällt in einem Reitertreffen bei +Venusia+. Ausharren der Römer trotz der durch die Dauer des Krieges sich fühlbar machenden Erschöpfung der Kräfte. Zwölf latinische Kolonien erklären sich außer stande, fernerhin Geld und Mannschaften zu liefern, 18 andere dagegen halten treu zu Rom. In ~Spanien~ dringt Scipio siegreich bis zum Süden vor, kämpft aber bei +Baecula+ ohne Entscheidung mit +Hasdrubal+ und kann ihn nicht hindern, über die (westlichen) Pyrenäen zu gehen, um seinem Bruder Hannibal Hilfe zuzuführen. [~207.~] Hasdrubal, in Ober-Italien angelangt, ruft die cisalpinischen Gallier aufs neue zu den Waffen. Große Rüstungen in Rom (23 Legionen auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen), um die Gefahr abzuwehren. Gegen Hasdrubal wird der Konsul +M. Livius Salinator+, gegen Hannibal der Konsul +C. Claudius Nero+ gesendet. Dieser entschließt sich, während Hannibal ihm gegenüber in +Apulien+ lagert, zu einem Eilmarsch mit 7000 Mann auserlesener Truppen und vereinigt sich mit seinem Amtsgenossen. Beide Konsuln siegen in der [~207.~] ~Schlacht bei Sena Gallica~, nicht weit vom Flusse ~Metaurus~. +Hasdrubal+ fällt. Auf die Nachricht von dieser Niederlage (die Römer werfen den karthagischen Vorposten den Kopf des +Hasdrubal+ zu) zieht Hannibal nach dem Bruttierlande zurück. [206.] Die Karthager räumen +Gades+ (Cadix), ihre letzte Besitzung in Spanien. [205.] ~Scipio~, zum Konsul erwählt, bereitet in Sicilien einen Zug nach Afrika vor. +Mago+, Hannibals jüngster Bruder, landet mit den Trümmern des spanischen Heeres der Karthager bei +Genua+ und ruft die Ligurer zu den Waffen. Sofort werden drei römische Heere gegen ihn aufgeboten. [204.] Scipios Landung in Afrika. Den Kern seines Heeres bilden die Reste des einst bei Cannae besiegten Heeres (2 Legionen). Mit ihm vereinigt sich Massinissa, der von den Karthagern und dem jetzt mit ihnen verbündeten +Syphax+ (Gemahl der Karthagerin +Sophonĭba+) aus seinem Reiche vertrieben war. [203.] +Scipio+ schlägt die Karthager und Numider durch nächtlichen Überfall (das Lager in Brand gesteckt) und bedroht Karthago. +Syphax+ wird in der Nähe seiner Hauptstadt +Cirta+ (Constantine) von einer römischen Heeresabteilung unter +C. Laelius+ und den numidischen Reitern unter +Massinissa+ besiegt und gefangen. Friedensunterhandlungen ohne Ergebnis. Die Karthager rufen +Hannibal+ und +Mago+ nach Afrika zurück; Mago stirbt auf der Überfahrt. Hannibal schifft sich in +Kroton+ ein, nachdem er die italischen Soldaten, die ihm nicht folgen wollen, hat niedermachen lassen, und landet bei Leptis. Nach einer fruchtlosen persönlichen Unterhandlung zwischen Scipio und Hannibal kommt es zur [~202.~] ~Entscheidungsschlacht bei Zama~, in der das karthagische Heer geschlagen und vernichtet wird. Hannibal flüchtet nach +Hadrumētum+. [~201.~] Scipio gewährt den Karthagern ~Frieden~ unter folgenden Bedingungen: 1. Abtretung der spanischen Besitzungen und der Inseln des Mittelmeeres. 2. Übergabe des numidischen Reiches an +Massinissa+. 3. Zahlung eines +jährlichen+ Tributs von 200 Talenten (etwa 1 Mill. Mark) +fünfzig+ Jahre lang. 4. Auslieferung und Verbrennung aller Kriegsschiffe bis auf 10. 5. Verbot, ohne Erlaubnis der Römer irgendwo Krieg zu führen. -- +P. Cornelius Scipio+, der den Beinamen ~Africanus~ erhält, feiert in Rom einen glänzenden Triumph (+Syphax+). Die italischen Bundesgenossen Hannibals werden zu bedeutenden Gebietsabtretungen verurteilt: in diesen Gebieten werden +Kolonien+ gegründet (+Puteoli+, +Salernum+, +Croton+, +Vibo+); das Gebiet von +Capua+ bleibt ager publicus. Nach einer nochmaligen Erhebung der cisalpinischen Gallier und der Ligurer wird [200–191.] ~Ober-Italien~ nach schwerem Kampfe ~wieder unterworfen~. Wiederherstellung der Kolonien +Placentia+, +Cremona+, +Mutina+; ~Via Aemilia~ von Ariminum bis Placentia; Kolonie +Aquileia+ an der Nordostgrenze. ~Folgen des zweiten Punischen Krieges~: 1. Durch den glücklichen Ausgang des Kampfes, bei welchem der Bestand des römischen Staats gefährdet war, ist die nationale Einigung und Unabhängigkeit Italiens unter Roms Herrschaft sichergestellt. 2. Rom gewinnt außeritalische +Provinzen+ und beschreitet, durch keinen ebenbürtigen Gegner mehr gehindert, die Bahn zur +Weltherrschaft+. § 5. Ausbreitung der römischen Herrschaft. In ~Spanien~ werden 197 ~zwei Provinzen~ eingerichtet: +Hispania citerior+ (Tarraconensis) und +Hispania ulterior+ (Baetica). Doch bedarf es noch oft wiederholter Feldzüge (195 der Konsul +M. Porcius Cato+), um die römische Herrschaft zu befestigen. Durch Unterwerfung der griechischen Länder des Ostens entsteht ein mächtiges, zweisprachiges Reich, welches die +Mittelmeer+länder zu einer großen Einheit zusammenschließt. [~200–197.~] ~Zweiter Makedonischer Krieg.~ ~Veranlassung~: Makedonische Söldner hatten bei Zama gegen die Römer gekämpft. Außerdem bitten König +Attălos+ von +Pergămon+ und die Städte +Rhodos+ und +Athen+ die Römer um Hilfe gegen Philipp, der im Bunde mit Antiochos III. von Syrien Ägypten bekriegt und auch sie schwer bedrängt. Zwei römische Legionen unter +P. Sulpicius Galba+ landen in Illyrien bei +Apollonia+. Die römische Flotte schützt den Peiraieus und bedroht Euböa. Philipp, vor Athen zurückgeschlagen, wird gezwungen, Mittel-Griechenland zu verlassen. Erfolglose Kriegführung der Römer in +Illyrien+; die Flotte versucht vergebens eine Landung auf der Halbinsel +Chalkidike+. Aber der Konsul ~T. Quinctius Flamininus~ (198) gewinnt, nach Umgehung der festen Stellung Philipps, Epirus, besetzt dann Phokis und Böotien und siegt endlich in der [~197.~] ~Schlacht bei Kynoskephălae~ in Thessalien. ~Friede~: Philipp muß die Hegemonie über Griechenland sowie überhaupt alle Besitzungen außerhalb des eigentlichen Makedoniens aufgeben und in 10 Jahren 1000 Talente zahlen; ferner darf er nur 5000 Soldaten und 5 Kriegsschiffe halten und nur mit römischer Erlaubnis Krieg führen. -- Bei den Isthmischen Spielen läßt +Flamininus+ den Senatsbeschluß verkünden, welcher die bisher Philipp untertänigen ~griechischen Staaten für frei~ erklärt. Die meisten treten in den Achäischen Bund; die Römer beschränken die Herrschaft des Tyrannen +Nabis+ von Sparta, lassen sie aber als Gegengewicht gegen den Achäischen Bund bestehen (s. S. 69). [195.] Die oligarchische Partei in ~Karthago~, wo auf Hannibals Anregung eine demokratische Reform der Verfassung stattgefunden hat, verdächtigt diesen beim römischen Senat, der seine Auslieferung verlangt. Hannibal flüchtet nach Tyrus, von da zum König Antiochos. [~192–189.~] ~Krieg mit Antiochos III. von Syrien.~ Antiochos, herbeigerufen von den mit Roms Schutzherrschaft unzufriedenen +Ätōlern+, eröffnet den Krieg mit einer Landung in Thessalien. Von da geht er nach Euböa. Die meisten Griechen, namentlich der +Achäische+ Bund, bleiben den Römern treu, mit denen sich auch +Philipp von Makedonien, Eumĕnes von Pergamon+ und +Rhodos+ verbinden. Landung des Konsuls M’. Acilius Glabrio in Epirus und Marsch nach Thessalien. [191.] ~Schlacht bei Thermopylae.~ Der Konsular und Besieger der Spanier, +M. Porcius Cato,+ welcher als Kriegstribun im römischen Heere dient, überrumpelt die Ätoler auf dem Bergpfade des Ephialtes (S. 40), der Konsul +Acilius+ nimmt den Hauptpaß und zersprengt das Heer des Antiochos, der mit wenigen Truppen nach +Chalkis+ entkommt und sich dort nach +Ephĕsus+ einschifft. [190.] Eine +rhodische+ Flotte besiegt die von +Hannibal+ geführte Flotte des Königs an der Mündung des +Eurymedon+ (s. S. 43), die römische Flotte siegt am Vorgebirge +Myonnesos+ unweit Ephesus. Das römische Landheer unter +L. Cornelius Scipio,+ welchen sein Bruder +Scipio Africanus+ als Legat begleitet, marschiert durch Makedonien und Thrakien, setzt über den Hellespont und schlägt den Antiochos bei ~Magnesia~ am Sipy̆los, nicht weit von Smyrna. [189.] Friedensschluß: Antiochos tritt +Kleinasien+ bis zum Taurusgebirge ab, zahlt in zwölf Jahren 15000 Talente (über 70 Mill. Mark) Kriegskosten, liefert seine Kriegsschiffe bis auf zehn aus. +Hannibal+ entflieht nach Bithynien zum Könige Prusias, tötet sich dort 183 durch Gift. In Rom glänzender Triumph des +L. Cornelius Scipio+, der den Beinamen +Asiaticus+ annimmt. Der Senat beschließt, vor der Hand keine unmittelbaren Besitzungen in Asien zu erwerben, verteilt die abgetretenen Länder an die Bundesgenossen, namentlich an +Eumĕnes+ von Pergamon und die +Rhodier+, und nimmt die griechischen Städte Asiens in Schutz gegen die +Galăter+ (189 Zug des Konsuls +Cn. Manlius Volso+ von Ephĕsus aus). In Griechenland werden die +Ätōler+ besiegt und unterworfen, die übrigen Staaten behalten vorläufig ihre Selbständigkeit. Die inneren Zwistigkeiten dauern unter den Griechen fort, der römische Senat wird als Schiedsrichter angerufen, [186.] Senatus consultum +de bacchanalibus+ gegen die Ausartung griechischer Götterdienste. [184.] ~M. Porcius Cato~ (234–149) strenger Censor in Rom, bekämpft als Vertreter altrömischer Sittenstrenge die zugleich mit der griechischen Bildung sich ausbreitenden Laster der Nobilität (+ambitio, avaritia, luxuria+), erbaut nach griechischem Vorbilde die erste Säulenhalle am Forum, Basilica Porcia. +P. Cornelius Scipio Africanus+, mit seinem Bruder L. Scipio von zwei Volkstribunen angeklagt wegen willkürlicher Verwendung der von Antiochos gezahlten Gelder, schlägt durch sein Ansehen den Prozeß nieder, verläßt dann Rom und stirbt 183 auf seinem Landgute zu Liternum in Campanien. [180.] ~Lex Villia annalis~, beantragt von dem Tribunen +L. Villius,+ zur Beschränkung der Ämtersucht (ambitio). Sie setzt ein bestimmtes Alter für die kurulischen Ämter fest: nach zehnjährigem Kriegsdienst Ädilität im 37. Lebensjahre, Prätur im 40., Konsulat im 43. Von der Bewerbung um die Ädilität waren Unvermögende schon dadurch ausgeschlossen, daß die Kosten für die +öffentlichen Spiele+ (ludi Romani, ludi plebei, Megalesia, Cerealia, Floralia) größtenteils von den Ädilen selbst getragen wurden. [~171–168.~] ~Dritter Makedonischer Krieg.~ Philipps V. Sohn ~Perseus~ will Makedoniens Macht über Griechenland herstellen; König Eumĕnes von Pergamon verklagt ihn in Rom. Die römische Kriegführung in Thessalien anfangs erfolglos, so daß unter den Griechen sich Neigung zum Abfall zeigt; dann aber dringt ~L. Aemilius Paullus~, Sohn des bei Cannae gefallenen Konsuls, nachdem er die Mannszucht im Heere hergestellt hat, in Makedonien ein und gewinnt die entscheidende [~168.~] ~Schlacht bei Pydna.~ Perseus entflieht zu Schiff, ergibt sich dann auf der Insel Samothrake den Römern. Glänzender Triumph des Aemilius Paullus. Die nach Rom gebrachte Beute ist so bedeutend, daß fortan den Bürgern das +Tributum+ (s. S. 75) erlassen werden kann. ~Makedonien~ wird noch nicht zur Provinz gemacht, sondern in 4 von Rom abhängige Bezirke aufgelöst, die untereinander weder +commercium+ noch +conubium+ haben; ebenso +Illyrien+ nach Besiegung des Königs +Genthios+, eines Bundesgenossen des Perseus, in 3 Bezirke. Über +Epirus+ wird ein grausames Strafgericht verhängt (70 Städte zerstört, die Einwohner als Sklaven verkauft); die +griechischen Staaten+ werden in das Verhältnis der Untertänigkeit herabgedrückt. 1000 vornehme Achäer werden zur Untersuchung nach Rom geführt (unter ihnen der Geschichtschreiber +Polybios+) und dann 16 Jahre in italischen Städten in Gewahrsam gehalten. Die alten Bundesgenossen der Römer, Eumĕnes von ~Pergamon~ und die ~Rhodier~, welche im Kriege eine vermittelnde Stellung hatten einnehmen wollen, werden gedemütigt und den letzteren ihre Besitzungen auf dem Festlande abgenommen. In einem zwischen ~Syrien~ und ~Ägypten~ ausgebrochenen Kriege schreitet der Senat zum Schutze der Ptolemäer ein. Der römische Gesandte +C. Popillius Laenas+ (168) befiehlt dem König +Antiochus IV.+ von Syrien vor Alexandrīa in herrischer Weise den Rückzug. [~149–146.~] ~Dritter Punischer Krieg.~ ~Veranlassung~: Streitigkeiten der Karthager mit König +Massinissa+, der ihr Gebiet schmälert; sie bekämpfen ihn ohne römische Erlaubnis. Der Senat beschließt Krieg auf Betreiben des greisen +M. Porcius Cato+: Ceterum censeo Carthaginem esse delendam († 149). Zwei konsularische Heere landen bei +Utĭca+; die Karthager unterwerfen sich, liefern Schiffe und Waffen aus. Als aber gefordert wird, daß sie ihre Stadt verlassen und sich 2 Meilen vom Meere neu anbauen sollen, entschließen sie sich zu verzweifeltem Widerstande. Mit äußerster Anstrengung aller Bewohner Karthagos wird eine neue Kriegsrüstung zustande gebracht, Tag und Nacht werden Waffen geschmiedet, im inneren Hafen wird eine neue Flotte gebaut. Ein Sturm der Römer wird zurückgeschlagen. Belagerung Karthagos. [147.] ~P. Cornelius Scipio Aemilianus,~ Sohn des L. Aemilius Paullus, durch Adoption Enkel des Scipio Africanus[24] erhält den Oberbefehl. Er schließt die Stadt von der Land- und Seeseite vollständig ein. [~146.~] ~Einnahme und Zerstörung Karthagos.~ Sechstägiger Straßenkampf und 17tägiger Brand. Die überlebenden Einwohner werden als Sklaven verkauft. Das Land vom +Tusca+fluß, gegenüber der Insel +Galatha+, bis zur kleinen Syrte wird unter dem Namen ~Africa~ römische Provinz (Hauptstadt +Utĭca+). Das übrige Land kommt an das verbündete Königreich +Numidien+. Glänzender Triumph Scipios, der den Beinamen +Africanus+ (minor) erhält. [146.] ~Makedonien wird römische Provinz~ nach Besiegung des +Andriskos+, der sich für einen Sohn des Perseus ausgibt, durch +Q. Caecilius Metellus.+ [140.] ~Einnahme und Zerstörung von Korinth~ nach einem kurzen Kriege des Achäischen Bundes gegen die Römer. Der Konsul +L. Mummius+ siegt bei +Leukopetra+, besetzt Korinth und zerstört es auf Befehl des Senats. Die Kunstschätze werden nach Rom geschickt, sämtliche Einwohner als Sklaven verkauft. Das Gebiet der Stadt wird teils an +Sikyon+ gegeben, teils für römisches Gemeindeland erklärt. Die anderen griechischen Städte werden im allgemeinen mit Milde behandelt, doch sind sie dem in +Thessalonike+ residierenden +Statthalter von Makedonien+ untergeordnet (s. S. 69). Die ersten ~vier Provinzen~ (+Sicilia+, +Sardinia+ nebst +Corsica+, +Hispania citerior+ und +ulterior+) wurden anfänglich von ~Prätoren~ verwaltet, so daß es mit dem +Praetor urbanus+ und dem +Praetor inter peregrinos+ (seit 241), welche stets in Rom blieben, ~6~ jährlich erwählte Prätoren gab. Später wird es üblich, daß alle Prätoren während des Amtsjahres in Rom bleiben als Vorsitzende der aus Senatoren gebildeten +Gerichtshöfe+ (+quaestiones perpetuae+). Im +nächsten+ Jahre gehen dann die Prätoren als ~Proprätoren~, begleitet von +Quästoren+ als Finanzbeamten, in die ihnen durch das Los zugefallenen Provinzen; doch werden in solche Provinzen, wo noch Krieg zu führen ist, in der Regel die +Prokonsuln+ gesandt. Neben der Verwaltung steht den Prokonsuln und Proprätoren die höchste Militär- und Justizgewalt zu. [149.] Einsetzung des Gerichtshofs über Erpressungen (+de repetundis+) zur Abstellung der aus den Provinzen kommenden Klagen. Im Jahre 146 bestanden ~acht Provinzen~, außer den vier oben genannten noch +Gallia cisalpina+, +Illyricum+, +Africa+, +Macedonia+. Die Einrichtung einer Provinz wird in der Regel von dem erobernden Feldherrn und einer Kommission von 10 Senatoren vorgenommen. Die Provinzen sind im Gegensatz zu Italien +steuerpflichtige+ Gebiete. Doch behalten einige Städte auf Grund eines Vertrages (+civitates foederatae+), andere auf Grund eines Senats- oder Volksbeschlusses (+civitates liberae et immunes+) Steuerfreiheit, eigene Gerichtsbarkeit und Verwaltung durch selbstgewählte Behörden (divide et impera!).[25] Die Abgaben der Provinz [Grundsteuer (tributum); Pacht- und Weidegelder von Staatsländereien (vectigal, scriptura); Hafenzölle (portoria)] werden an ~Abgabenpächter (publicani)~ verpachtet, meist Gesellschaften von römischen Bürgern aus dem Ritterstande (+ordo equester+, S. 102), von denen viele auch als Bankiers (+negotiatores+) und Großkaufleute (+mercatores+) in der Provinz Handelsgeschäfte trieben. Dem Amtsadel (+ordo senatorius+) waren Geld und Handelsgeschäfte untersagt; er legte sein Geld in Ländereien an, die durch Sklaven bearbeitet wurden. In Italien bleibt der Gegensatz zwischen +römischen Bürgern+ und +Bundesgenossen+; die Municipien (S. 86) erhalten nach und nach römisches Bürgerrecht. Die Herrschaft der ~Nobilität~ mit ihrem regelmäßigen Ämterwechsel ist so befestigt, daß Ernennung von +Dictatoren+ lange Zeit nicht mehr vorkommt. Seit 153 v. Chr. treten die Konsuln ihr Amt stets am 1. Januar an (früher am 1. März). In Zeiten der Gefahr überträgt der Senat ihnen diktatorische Gewalt durch den Beschluß: +Videant consules, ne quid detrimenti respublica capiat+. Zunehmende Verweichlichung und Genußsucht in Rom seit dem Ende des zweiten Punischen Krieges. Beginn des Großkapitalismus und der Latifundienwirtschaft. Vergebliche Bestrebungen von Männern wie M. Porcius Cato Censorius (234–149). § 6. Bürgerliche Unruhen. [~153–133.~] ~Unterwerfung Spaniens.~ Wiederholte Einfälle der freien +Lusitaner+ (in Portugal) in die südliche Provinz. Ihr Feldherr +Viriāthus+, in mehreren Schlachten siegreich, wird 139 durch Verräter aus seiner Umgebung ermordet. In der nördlichen Provinz ist die Stadt ~Numantia~ (unweit +Soria+ am oberen +Duero+) Mittelpunkt des Widerstandes. Endlich erhält den Oberbefehl +P. Cornelius Scipio Aemilianus Africanus+ (minor), der die Mannszucht im Heere wiederherstellt und nach 15monatiger Einschließung die Stadt aushungert. Verzweifelte Verteidigung. [~133.~] ~Übergabe und Zerstörung von Numantia.~ Scipios Beiname Numantinus. Seit dem Fall von Numantia ist ganz Spanien, mit Ausnahme der nördlichen Bergvölker, der römischen Herrschaft unterworfen. [135–132.] ~Erster Sklavenkrieg.~ Aufstand der mißhandelten Sklaven in Sicilien unter dem Syrer +Eunūs+, der sich König +Antiochos+ nennt, glücklich gegen mehrere römische Heere kämpft, endlich aber gefangen und mit einer großen Anzahl Aufständischer hingerichtet wird. [~133–121.~] ~Gracchische Unruhen,~ hervorgerufen durch die auf gewaltsame Weise betriebenen politischen und sozialen +Reformen+ der Brüder +Tiberius+ und +Gaius Sempronius Gracchus.+ Fortwährende Vermehrung der großen, durch Sklaven bewirtschafteten Güter (+Latifundia+). Billiges Getreide aus den Provinzen. Dadurch schmilzt der freie Bauernstand zusammen; viele arme Bürger ziehen nach Rom, gelockt durch die Aussicht auf Getreidespenden und Wahlbestechungen. Deshalb stellt [~133.~] ~Tib. Sempronius Gracchus,~ durch seine Mutter +Cornelia+ Enkel des Siegers von Zama, als Volkstribun den Antrag auf Erneuerung des in Vergessenheit geratenen ~Licinischen Ackergesetzes~ (S. 81), doch sollen außer den 500 Morgen für zwei Söhne noch je 250 vom Gemeindeland von den Besitzern behalten und für die auf dem zurückzugebenden Lande ausgeführten Bauten und Anlagen Entschädigungen gezahlt werden. Aus dem dadurch frei gewordenen Gemeindeland sollen unveräußerliche Bauerngüter von je 30 Morgen gebildet und zur Bewirtschaftung gegen einen mäßigen Erbzins an arme Bürger verteilt werden. Nachdem Tib. Gracchus den Volkstribunen +M. Octavius+, der dagegen beharrlich Einspruch erhebt, durch Volksbeschluß widerrechtlich hat absetzen lassen, wird das Gesetz vom Volke angenommen; mit seiner Ausführung werden beauftragt: +Tib. Gracchus+, sein Schwiegervater +Appius Claudius+ und sein Bruder +C. Gracchus+ (tresviri agris dandis assignandis). [~133.~] Tod des Königs +Attălos III. von Pergămon+, der sein Reich (fortan ~römische Provinz Asia~) und seine Schätze den Römern hinterläßt (S. 66). Tib. Gracchus beantragt gegen das bestehende Herkommen, wonach der +Senat+ über auswärtige Angelegenheiten entscheidet, beim +Volke+, den pergamenischen Schatz an die neuen Landbesitzer behufs Anschaffung des nötigen Inventars zu verteilen. Vorbereitung weiterer volkstümlicher Gesetze (Abkürzung der Dienstzeit, Ausdehnung des Provokationsrechtes u. a.). Tib. Gracchus will sich +entgegen dem bestehenden Gesetz+ für das folgende Jahr wieder zum Tribunen wählen lassen, wird aber mit 300 seiner Anhänger von den Optimaten unter Führung des P. Cornelius Scipio Nasica auf dem Forum ~erschlagen~. Die Konsuln des folgenden Jahres schreiten gegen die Volkspartei (+populares+) mit Hinrichtungen und Verbannungen ein, die beschlossene Ackerverteilung aber kommt zur Ausführung. [131.] Der Volkstribun +C. Papirius Carbo+ setzt, um den Einfluß der Optimaten auf die Tributkomitien zu brechen, schriftliche geheime Abstimmung in denselben durch (lex tabellaria), welche für die Wahlen schon seit 139 angeordnet war. Seinen weiteren Vorschlägen tritt ~P. Cornelius Scipio Aemilianus~ (Gemahl der Sempronia, Schwester der Gracchen, S. 98), entgegen; auch hemmt er die weitere Tätigkeit der tresviri agris dandis assignandis, indem er bewirkt, daß ihnen die richterliche Entscheidung über streitiges Land entzogen wird. [129.] Am Tage nach einer aufgeregten Verhandlung wird +Scipio+ in seinem Hause tot (ermordet?) gefunden. [125.] Der Konsul +M. Fulvius Flaccus+, welcher im Sinne der gracchischen Partei beantragt, den italischen Bundesgenossen römisches Bürgerrecht zu gewähren, wird vom Senat der von gallischen Stämmen bedrängten Stadt +Massilia+ (S. 66) zu Hilfe geschickt. Bald darauf werden, um den Landweg von Italien nach Spanien zu sichern, römische Kolonien in +Aquae Sextiae+ und +Narbo+ gegründet, zur Sicherung des Seeverkehrs werden die +Balearischen Inseln+ besetzt. [121.] ~Gallia Narbonensis römische Provinz~ (Massilia +civitas foederata+). [~123.~] ~Gaius Sempronius Gracchus~ erneuert als Volkstribun das +Ackergesetz+ seines Bruders und knüpft daran eine Reihe von Gesetzen, welche die Herrschaft der Optimaten zu stürzen bestimmt sind. Er gewinnt die Menge der ärmeren Bürger für sich, indem er die persönliche Freiheit sichert (+lex Sempronia de civibus Romanis+: ne de capite civium Romanorum iniussu populi iudicaretur), den Kriegsdienst erleichtert (+lex militaris+) und Getreideverkauf von Staats wegen an die Bürger zu billigem Preise anordnet (~lex frumentaria~). Für 122 wird er auf Grund eines Gesetzes, welches bei Mangel an Bewerbern um das Tribunat dem Volke freie Wahl gestattet, wieder zum Tribunen gewählt. Durch die ~lex iudiciaria~ überträgt C. Gracchus die Besetzung der Geschworenengerichte (quaestiones perpetuae, S. 98) vom ~Senatorenstand~ (+ordo senatorius+) auf den ~Ritterstand~ (+ordo equester+). Dieser umfaßte die reicheren Bürger, welche als Besitzer eines Vermögens von mindestens 400 000 sestertii (70 000 Mark) zum Kriegsdienst zu Pferde eingeschätzt waren; die Senatoren aber waren seit 129 gesetzlich verpflichtet, mit ihrem Eintritt in den Senat aus den Rittercenturien auszuscheiden. Die einflußreichen Mitglieder der +Geldaristokratie+ (publicani und negotiatores, S. 99) saßen also fortan auch über Senatoren zu Gericht. Auch die Besetzung der +Statthalterschaften+ in den Provinzen wird (durch die ~lex de provinciis~) der freien Verfügung des Senats entzogen; die Provinz +Asia+ wird durch die Anordnung, daß die Verpachtung der Abgaben in Rom durch die Censoren geschehen soll, der Habsucht der +publicani+ aus dem Ritterstande ausgeliefert. Um die Ackerverteilung zu fördern, wird Aussendung von +Kolonien+ durch Volksbeschluß angeordnet (~lex de coloniis deducendis~). Während Gracchus von Rom abwesend ist, um die Gründung der Kolonie +Iunonia+ an der Stelle des zerstörten +Karthago+ zu leiten, tritt der Tribun +M. Livius Drusus+ mit Gegenvorschlägen, besonders die Gründung von Kolonien in Italien betreffend, auf und wird vom Senat unterstützt Der Antrag des Gracchus, den Latinern volles Bürgerrecht, den übrigen Italikern latinisches Recht zu bewilligen (+lex de civitate sociis danda+), kommt bei dem vereinigten Widerstande der Optimaten und eines großen Teiles der Bürgerschaft nicht zur Annahme. Gracchus wird für das Jahr 121 nicht wieder zum Tribunen erwählt. [121.] Bürgerkampf in der Stadt, veranlaßt durch einen von einem Anhänger des Gracchus verübten Mord. Die Volkspartei besetzt den +Aventin+, der Senat erteilt dem Konsul +L. Opimius+ durch das +Senatus consultum ultimum+ (S. 99) Vollmacht zu Gewaltmaßregeln. Der Aventin wird von Bewaffneten erstürmt, ~C. Gracchus~ und ~M. Fulvius~ werden ~auf der Flucht erschlagen~. Gegen 3000 Anhänger des Gracchus werden bei der folgenden Untersuchung verhaftet und getötet. Herstellung der Senatsherrschaft; die Kolonien (außer +Narbo+) kommen nicht zur Ausführung. Das verteilte Gemeindeland wird 111 durch Volksbeschluß in zinsfreies Eigentum umgewandelt, kann also von reicheren Bürgern wieder angekauft werden. § 7. Marius und Sulla. Die Behauptung des zu ansehnlicher Ausdehnung gelangten römischen Reiches macht immer wieder Kriege notwendig, deren Führung durch die inneren Parteikämpfe beeinflußt wird. [~111–105.~] ~Jugurthinischer Krieg.~ Jugurtha, Enkel Massinissas, hatte seine Vettern und Miterben Adherbal und Hiempsal aus dem Besitz +Numidiens+ vertrieben und getötet. Der Krieg gegen ihn wird anfangs von bestochenen Anführern nachlässig geführt; ein Sieg des Caecilius Metellus (Numidicus) am Flusse +Muthul+ ist nicht entscheidend. +C. Marius+, Unterfeldherr des Q. Caecilius Metellus, aus niederem Stande, Sohn eines Bauern aus der Gegend von Arpinum, 107 zum Konsul erwählt, nötigt Jugurtha, zum Könige Bocchus von +Mauretanien+ zu fliehen. Von diesem erlangt der optimatische Quästor +L. Cornelius Sulla+ durch geschickte Unterhandlungen die Auslieferung des Feindes. Jugurtha wird in Rom im Triumph aufgeführt, dann im Gefängnis (Tullianum) getötet. +Numidien+ wird zwischen +Bocchus+ und Jugurthas Halbbruder +Gauda+, dem letzten noch lebenden Enkel Massinissas, geteilt. [~113–101.~] ~Krieg gegen die Cimbern und Teutonen.~ Der +germanische+ Stamm der +Cimbern+, von Norden her aus der +Chersonesus Cimbrica+ (Schleswig und Jütland) auswandernd, dringt in die Alpengegenden ein, schlägt 113 bei +Noreja+ (in Kärnten) den Konsul +Cn. Papirius Carbo+, wendet sich darauf nach Westen dem Rhein zu, überschreitet diesen Strom und schlägt 109 in Gallien den Konsul +M. Junius Silanus+. Große Niederlage zweier römischer Heere 105 bei ~Arausio~ (Orange) an der Rhone. Schrecken in Rom; die Volkspartei setzt für 104 die Erwählung des ~Marius~ zum Konsul durch; er wird auch in den folgenden Jahren wiedergewählt und rüstet sich, während die Cimbern nach Spanien ziehen, in der Provinz +Gallia Narbonensis+ zur Abwehr. Die Cimbern, nach Gallien zurückgekehrt, vereinigen sich mit dem gleichfalls germanischen Volke der ~Teutonen~ und mit +helvetischen+ (keltischen) Stämmen, namentlich den Tigurinern. Einbruch in Italien beschlossen; die Cimbern und Tiguriner ziehen nach Kärnten, um von Norden her die Alpen zu überschreiten; die Teutonen mit den Ambronen, der Kernschar der Cimbern, ziehen durch die römische Provinz an Marius’ Lager vorüber, um die Pässe der Westalpen zu erreichen. [102.] ~Schlacht bei Aquae Sextiae~ (Aix in der Provence, s. S. 101); Marius vernichtet in gewaltigem Kampfe die Teutonen und Ambronen. Dann zieht er über die Alpen dem optimatischen Konsul +Q. Lutatius Catulus+ zu Hilfe, der vor den Cimbern in die Gegend am oberen Po zurückgewichen war. [~101.~] ~Schlacht bei Vercellae~ (nördlich am oberen Po), Sieg der beiden Konsuln; das Hauptverdienst gebührt Marius. Man erwartet von ihm, daß er die Herrschaft der Optimaten stürze. Im Jahre 100 zum sechsten Male Konsul, tritt er in Verbindung mit den Führern der Volkspartei, dem Prätor +C. Servilius Glaucia+ und dem Volkstribunen +L. Saturninus+, entzweit sich aber bald mit ihnen und unterdrückt schließlich, der Aufforderung des Senats Folge leistend, die von ihnen erregten Unruhen mit Waffengewalt, geht dann auf einige Zeit nach der Provinz Asia. [91.] Zur Versöhnung der Parteien beantragt der Volkstribun ~M. Livius Drusus~: 1. Rückgabe der Geschworenengerichte (S. 102) an den Senat, der aber durch 300 Mitglieder des Ritterstandes vermehrt werden soll; 2. Ackerverteilung und ein neues Getreidegesetz. Heftige Erörterungen darüber im Senat. Als er dann den Italikern die Erteilung des Bürgerrechts in Aussicht stellt, gilt er wie C. Gracchus als Aufrührer und wird durch Meuchelmord beseitigt. Die Italiker aber erheben sich nun zum Kriege gegen Rom. [~91–88.~] ~Marsischer oder Bundesgenossenkrieg.~ +Corfinium+ im Gebirgslande, östlich vom Fucinus-See, wird zur Hauptstadt des neuen Staates bestimmt; dort soll ein Senat von 500 Mitgliedern aus allen italischen Stämmen tagen; zwei Konsuln treten an die Spitze. Aber die Latiner, Etrusker und Umbrer halten zu Rom; es kommt nicht zu großen Entscheidungskämpfen, da der Antrag des Konsuls +L. Julius Caesar+, den treu gebliebenen Bundesgenossen das Bürgerrecht zu verleihen, bald dahin erweitert wird, daß es allen Abgefallenen, die sich binnen 60 Tagen melden, gewährt werden soll (+lex Plautia Papiria+, von zwei Volkstribunen des Jahres 89 vorgeschlagen). Damit wird die Bevölkerung Italiens zur Teilnahme an der Weltherrschaft Roms zugelassen. Die nach Annahme dieser Anträge noch Widerstrebenden werden von +Sulla+ und anderen Feldherrn nach und nach besiegt. Ein auswärtiger Feind erhebt sich, und durch neuen inneren Hader kommt der römische Staat in die größte Gefahr. [~88–84.~] ~Erster Mithradatischer Krieg.~ Gleichzeitig ~Bürgerkrieg~ zwischen Optimaten und Volkspartei. +Mithradates VI.+, König von +Pontus+ (S. 66), hatte seine Herrschaft bis nach Kolchis und dem Kimmerischen Bosporus (Krim) ausgedehnt, den König von Bithynien vertrieben und war dann in der römischen Provinz +Asia+ als Befreier aufgetreten. Auf seinen in Ephesus erlassenen Befehl werden alle in der Provinz sich aufhaltenden Italiker ermordet. In Rom beantragt der Volkstribun +P. Sulpicius+ Verteilung der Neubürger in alle 35 Tribus und Übertragung des Oberbefehls gegen Mithradates an Marius. ~Sulla~, als Konsul des Jahres 88 entschlossen, sich den Oberbefehl nicht entreißen zu lassen, führt seine 6 Legionen von Nola aus ~gegen Rom~ und erstürmt die Stadt. Sulpicius auf der Flucht getötet, Marius entkommt über Minturnae nach +Afrika+. Sulla stellt die alte, um 241 abgeschaffte Stimmordnung der Servianischen Verfassung für die Centuriatkomitien wieder her und bestimmt, daß fortan in der Bürgerschaft über keinen Antrag ohne Vorbeschluß des Senats abgestimmt werden darf. [87.] Nachdem Sulla zur Kriegführung gegen Mithradates abgereist ist, beruft der aus der Volkspartei erwählte Konsul L. Cornelius +Cinna+ den flüchtigen Marius zurück und beginnt mit ihm eine revolutionäre Schreckensherrschaft in Rom. Viele Optimaten werden getötet, ihr Vermögen eingezogen. Marius, zum siebenten Male Konsul 86, stirbt zu Anfang des Jahres; Cinna führt seine Willkürherrschaft weiter, wird 84 in Ancona getötet, als er die Flotte gegen Sulla führen will. Mithradates’ Feldherr +Archelaos+ hat inzwischen einen großen Teil Griechenlands zum Abfall von der römischen Herrschaft gebracht. Sulla schlägt ihn in Böotien, nimmt 86 nach längerer Belagerung +Athen+ ein, schlägt Mithradates’ Truppen nochmals bei +Chaironeia+ und 85 bei +Orchomenos+, geht dann nach Asien hinüber. [84.] Friede mit Mithradates zu +Dardănos+ in Troas; er muß die besetzten Gebiete (die Provinz +Asia+, die Königreiche +Bithynien+ und +Paphlagonien+) räumen, alle Kriegsschiffe ausliefern und 3000 Talente zahlen. Darauf wendet sich Sulla gegen das Heer der Volkspartei, welches 86 nach Asien gekommen war, aber nichts ausgerichtet hatte; die Soldaten fallen ihm zu, der Anführer C. Flavius Fimbria tötet sich selbst. [83.] Sulla landet mit etwa 40000 Mann in +Brundisium+, sichert den Bundesgenossen das volle Bürgerrecht zu, schlägt in mehreren Treffen, unterstützt von dem jungen +Cn. Pompeius,+ der ihm ein Heer von Freiwilligen zuführt, die Heere der Volkspartei. [82.] Sulla nimmt ~Rom~ ohne Widerstand ein, schlägt die +Samniten+, welche noch immer das Bürgerrecht verschmähen, in einer Schlacht am ~Kollinischen Tor~, verhängt über aufständische Städte ein Strafgericht. In Rom verfügt er als ~Dictator~ blutige Verfolgung der Marianischen Partei; es werden +Proskriptionslisten+ aufgestellt; die Zahl der Geächteten steigt auf 4700. Ihre Güter werden eingezogen und die Sklaven freigelassen, ihre Kinder von allen Ämtern ausgeschlossen. Nach Beendigung des Bürgerkrieges folgen Landanweisungen an die Veteranen des Heeres; in die besiegten italischen Städte (Faesulae, Praeneste, Pompeii u. a.) werden ganze Kolonien geschickt. Seine Unterfeldherrn besiegen die Marianer in Spanien, Sicilien und Afrika. +Pompeius+, aus Afrika 81 zurückkehrend, zieht im Triumph in Rom ein und wird von Sulla mit dem Beinamen +Magnus+ begrüßt. ~Gesetzgebung Sullas~ (+leges Corneliae+) zur Befestigung der +Optimatenherrschaft+: 1. Der an Zahl sehr zusammengeschmolzene +Senat+ wird durch 300 von den Tributkomitien erwählte Mitglieder ergänzt; für die Zukunft wird der Eintritt in den Senat gesetzlich an die Bekleidung der +Quästur+ geknüpft. Die Zahl der jährlich von den Tributkomitien zu erwählenden +Quästoren+ wird auf 20 erhöht. Das Amt der +Censur+ mit seiner Befugnis, alle fünf Jahre die Senatsliste neu aufzustellen, hört tatsächlich auf. Die von C. Gracchus dem Ritterstande übertragenen +Geschwornengerichte+ werden dem Senat zurückgegeben. 2. Die +Komitien+ behalten das Recht, Gesetze zu bestätigen und Beamte zu wählen; den Priesterkollegien (S. 81) wird das Recht der Selbstergänzung zurückgegeben. Die im J. 88 versuchte Wiederherstellung der Servianischen Stimmordnung wird aufgegeben. 3. Das Recht der +Volkstribunen+, Gesetzvorschlage an die Komitien zu bringen, wird an die Genehmigung des Senats geknüpft; Mißbrauch ihres Einspruchsrechts wird mit schweren Geldbußen bedroht; wer das Tribunat bekleidet, ist +zur Übernahme anderer Ämter unfähig.+ 4. Die Zahl der +stehenden Gerichtshöfe+ (+quaestiones perpetuae+, S. 98) wird +vermehrt+, daran schließt sich die Vermehrung der +Prätoren+ auf 8 und eine umfassende Kriminalgesetzgebung. [81.] Sulla läßt Konsuln wählen, führt aber selbst als +Dictator+ die Regierung weiter. Für das Jahr 80 läßt er sich selbst und seinen Waffengenossen +Q. Metellus+ (Sohn des Numidicus, S. 103) zu Konsuln erwählen, und bahnt so den Übergang zur verfassungsmäßigen Ordnung an. [~79.~] ~Sulla legt freiwillig die Dictatur nieder~ und tritt ins Privatleben zurück († 78). § 8. Pompeius und Cäsar. Die Sullanische Staatsordnung gewinnt keinen festen Bestand, da der Senat auf die Dauer nicht imstande ist, den Ehrgeiz einzelner Machthaber zu zügeln. +Pompeius+ bekämpft 77–72 in Spanien den Marianer +Q. Sertorius+, der sich dort eine unabhängige Herrschaft gegründet hat, schließlich aber durch Verschworene ermordet wird. Bei der Rückkehr 71 vernichtet er flüchtige Scharen aufständischer +Sklaven+, die unter Führung des Thrakers +Spartăcus+ seit 73 Italien stark beunruhigt hatten, aber von +M. Licinius Crassus+ bereits besiegt worden waren (2. +Sklavenkrieg+, s. S. 100). [70.] Umsturz der Sullanischen Verfassung. Die Konsuln ~Pompeius~ und ~Crassus~ stellen die von Sulla beschränkte +tribunicische Gewalt+ wieder her. Auf Antrag des Prätors +L. Aurelius Cotta+ werden die +Gerichte+ fortan zu gleichen Teilen aus Senatoren, Rittern und Männern des Bürgerstandes gebildet. Auch werden wieder +Censoren+ erwählt; bei Aufstellung der Senatsliste werden 64 von Sulla ernannte Senatoren ausgestoßen. Der Volksgunst verdankt +Pompeius+ zweimalige Übertragung des Oberbefehls in den damals entstandenen Kriegen. [~78–67.~] ~Krieg gegen die Seeräuber.~ Seit Zerstörung Karthagos war die römische Kriegsflotte vernachlässigt. Erpressungen der Statthalter in Asien trugen dazu bei, daß das Unwesen des Seeraubes den Handelsverkehr auf dem ganzen Mittelmeer gefährdete. Die italischen Küstenstädte von ihnen gebrandschatzt, eine römische Flotte vor Ostia geschlagen. +Kreta+ und +Cilicien+ Hauptsitze der Seeräuber. Nachdem im J. 103 ein Teil Ciliciens zur Provinz gemacht war, besetzt der Prokonsul +P. Servilius Vatia+ 78–75 auch die westlich angrenzenden Landschaften Pamphylien, Pisidien, Isaurien und zerstört viele Seeräuberstädte, +Kreta+ wird nach längeren Kämpfen 67 zur Provinz gemacht (bald mit +Cyrenaica+ vereinigt). Da indes das Piratenunwesen noch fortdauert, so erhält [67.] ~Pompeius~ auf Antrag des Volkstribunen +A. Gabinius+ (+lex Gabinia+) auf drei Jahre ~den unumschränkten Oberbefehl~ über das ganze Mittelmeer und über alle Küsten desselben bis 10 Meilen (75 km) landeinwärts; alle Staatskassen, alle Hilfsmittel der Provinzen und der Schutzstaaten werden ihm zur unbedingten Verfügung gestellt. Pompeius säubert mit 120000 Mann und 500 Schiffen in drei Monaten (durch 2 kurze Feldzüge) erst das westliche, dann das östliche Mittelmeer, nimmt viele Seeräuber gefangen und siedelt sie meist landeinwärts an (+Pompeiopolis+, bisher +Soloi+, in Cilicien). [~74–64.~] ~Dritter Mithradatischer Krieg.~ Gegen den König von +Pontus+ hatte der Proprätor +L. Licinius Murena+ 83–81 einen zweiten Krieg geführt, um ihn zu völliger Ausführung des Friedens zu Dardanos zu zwingen. Nach Sullas Tode erhebt sich +Mithradates+ von neuem, verbündet mit seinem Schwiegersohn +Tigranes+ von Armenien, der dem Reiche Syrien (S. 65) ein Ende macht. Mithradates besetzt +Bithynien+, das König Nikomedes den Römern vermacht hatte (S. 66), wird aber von dem Prokonsul +L. Licinius Lucullus+ 72 bei +Kabira+ geschlagen und aus seinem Reiche vertrieben. Lucullus siegt 69 auch über Tigranes bei +Tigranokerta+ und besetzt die Landschaft Kommagēne am oberen Euphrat, wird aber 68 bei dem Zuge durch die armenischen Berge gegen die Hauptstadt +Artaxăta+ durch Meuterei seiner Soldaten zur Umkehr genötigt. Alle Erfolge gehen verloren; Mithradates kehrt in sein Reich zurück. Lucullus vom Senat zurückgerufen. [66.] ~Pompeius~ erhält den Oberbefehl in Asien auf Antrag des Tribunen +C. Manilius+ (Ciceros Rede +de imperio Cn. Pompei+ oder +pro lege Manilia+). Er schließt ein Bündnis mit den +Parthern+, besiegt Mithradates in einer nächtlichen Schlacht am Flusse +Lykos+, verfolgt ihn bis zum +Phasis+ und wendet sich dann nach Armenien. Bei +Artaxata+ unterwirft sich Tigranes; er bleibt König von Armenien, muß aber auf alle Eroberungen verzichten und 6000 Talente Kriegskosten zahlen. [65.] Pompeius kämpft mit den kriegerischen Bergvölkern im +Kaukasus+, gibt aber die weitere Verfolgung des nach der Taurischen Chersones (Krim) geflüchteten Mithradates auf und zieht nach Pontus, von da nach Syrien. [~64–63.~] ~Einrichtung des asiatischen Römerstaates durch Pompeius.~ Neue Provinzen: 1. ~Pontus~, bestehend aus Bithynien, der Küste von Paphlagonien und dem westlichen Teil des früheren Reiches des Mithradates. 2. ~Syria~, zunächst nur das Küstenland, vom Meerbusen von Issus bis +Damaskus+, später bedeutend erweitert. Neugeordnet wird die schon bestehende Provinz ~Cilicia~ (mit Pamphylien und Isaurien, S. 107). Die asiatischen Provinzen sind vielfach durchbrochen und umgeben von unabhängigen +Stadtgebieten+, sowie von fürstlichen und priesterlichen (Pessinūs, Komana) +Herrschaften+ unter römischer Oberhoheit. Von den Vasallenkönigen sind die bedeutendsten der König von +Kappadokien+ und der König +Deiotărus+ von Galatien (S. 66). In Palästina setzt Pompeius nach Einnahme Jerusalems und des Tempels den von seinem Bruder Aristobulos vertriebenen Makkabäer +Hyrkanos+ als Hohenpriester und dem römischen Volke tributpflichtigen Herrscher ein. [63.] Auf die Nachricht, daß +Mithradates+ sich in +Pantikapaion+ infolge des Aufstandes seines Sohnes +Pharnăces+ den Tod gegeben, zieht Pompeius wieder nach Pontus; er bestätigt den Pharnăces im Besitz des bosporanischen Reiches. [61.] Pompeius, nach Italien zurückgekehrt, entläßt in Brundisium sein Heer und kommt als Privatmann nach Rom. Einige Monate später zweitägiger prachtvoller Triumph. [~66–63.~] ~Catilinarische Verschwörung.~ Bund der +Volkspartei+ mit den Anhängern des verschuldeten Patriziers ~L. Sergius Catilina~, welche durch gewaltsamen Umsturz des Staates und Schuldentilgung +(tabulae novae+) Besitz und Macht zu erlangen hoffen. Die erste Verschwörung im J. 66, nach welcher die Konsuln des J. 65 ermordet, darauf +Crassus+ (S. 107) zum Dictator, +C. Julius Cäsar+[26] zum magister equitum erhoben werden sollen, kommt wegen Unschlüssigkeit einiger Teilnehmer und sonstiger Hindernisse nicht zur Ausführung. Für das Jahr ~63~ soll die Erwählung des +Catilina+ und des +C. Antonius+ zu Konsuln durchgesetzt werden, aber nur der letztere wird gewählt; sein Amtsgenosse wird der als Redner und Anwalt beliebte, bisher keiner Partei vollständig angehörige ~M. Tullius Cicero~.[27] Dieser sichert dem verschuldeten Antonius durch eigene Verzichtleistung im voraus die einträgliche Statthalterschaft +Makedonien+ zu und macht ihn dadurch den Verschworenen abwendig. Cicero verhindert während seines Konsulates mehrere Anträge der Volkspartei, namentlich ein weitgehendes Ackergesetz, überwacht die Anschläge der Verschwörung und vereitelt den Versuch Catilinas, bei der Konsulwahl für 62 die Mitbewerber und ihn selbst, den die Wahl leitenden Konsul, zu ermorden. Der Senat, von der Bildung eines aufständischen Heeres unter G. Manlius in +Etrurien+ unterrichtet, erteilt den Konsuln Vollmacht zur Rettung des Staates (S. 99). Catilinas Plan, Cicero in seinem Hause ermorden zu lassen, wird ebenfalls verraten und mißlingt. ~Cicero enthüllt die Verschwörung~ in der Senatssitzung am 8. Nov. 63 (erste Catilinarische Rede); Catilina verläßt darauf die Stadt und geht zu dem Heere nach Etrurien. Seine Mitverschworenen, der Prätor +Lentulus+, +Cethegus+, +Gabinius+ u. a., lassen sich mit den Gesandten der Allobreger (in der provincia Narbonensis) in Verhandlungen ein; diese werden bei der Abreise von Rom angehalten; auf Grund der bei ihnen gefundenen schriftlichen Beweise wird am 5. Dez. im Senat über die Verschworenen Gericht gehalten. Der Senat beschließt trotz +Cäsars+ Gegenrede, durch +Cicero+ (vierte Catilinarische Rede) und +M. Porcius Cato+ (Urenkel des M. Porcius Cato Censorius) bestimmt, die fünf Verhafteten hinrichten zu lassen; das Urteil wird am Abend des 5. Dez. im Tullinanum vollzogen. Cicero vom Volke als +pater patriae+ begrüßt. Mit der Kriegführung gegen das Catilinarische Heer wird der Konsul +C. Antonius+ beauftragt. Dessen Legat +M. Petreius+ schlägt den Catilina bei ~Pistoria~ (~62~). Catilina und 3000 seiner Anhänger fallen. [61.] ~Cäsar~ gewinnt seinen ersten Kriegsruhm als Proprätor in der Provinz +Hispania ulterior+, verzichtet aber nach seiner Rückkehr (60) auf den Triumph, um als Bewerber um das Konsulat auftreten zu können. Die Weigerung des Senats, die von ~Pompeius~ beantragte Ackerverteilung an seine Veteranen zu bewilligen und seine in Asien getroffenen Anordnungen zu bestätigen, führt einen vollständigen Bruch zwischen Pompeius und den Optimaten herbei. Die drei mächtigsten Männer Roms verbinden sich zu gegenseitiger Unterstützung: [~60~.] ~Das erste Triumvirat~, +Pompeius+, +Cäsar+ und +Crassus+. [~59~.] ~Cäsar Konsul~, bringt die von Pompeius gewünschten Anträge an die Komitien: sie werden trotz des Widerstandes, den der andere Konsul +M. Calpurnius Bibulus+ leistet, vom Volke angenommen. Die Freundschaft zwischen ~Cäsar~ und ~Pompeius~ wird durch Vermählung des lezteren mit Cäsars Tochter +Julia+ befestigt. Auf Antrag des Tribunen P. Vatinius erhält Cäsar durch Volksbeschluß die Statthalterschaft von +Gallia cisalpina+ und +Illyricum auf 5 Jahre+; auf Pompeius’ Antrag fügt der bestürzte Senat noch ~Gallia Narbonensis~ (S. 101) hinzu. Die Ausführung des Ackergesetzes wird einer Kommission übertragen, an deren Spitze +Pompeius+ und +Crassus+ stehen. Ehe Cäsar in seine Provinzen abgeht, wird [58.] ~Catos~ und ~Ciceros~ Entfernung aus Rom auf Cäsars Betreiben durchgesetzt von dem durch Adoption aus einem Patrizier zum Plebejer gemachten Volkstribunen ~P. Clodius~, Nachkommen des App. Claudius Caecus. Cato wird durch Volksbeschluß beauftragt, die den Römern durch Testament des Königs von Ägypten zugewiesene Insel +Cypern+ zu übernehmen. +Cicero+ wird +geächtet+, weil er römische Bürger ohne gerichtliches Urteil habe hinrichten lassen; er geht nach Thessalonike in Makedonien. [~58–51.~] ~Eroberung Galliens durch Cäsar.~ Gallien bewohnt von +keltischen+ Stämmen, die sich zu Gauverbänden vereinigt haben (im N. die +Belger+, im S. die +Aquitaner+, in der Mitte die +Äduer+, +Arverner+, +Sequaner+ mit ihren Genossen). Zur Ausgleichung der Streitigkeiten jährliche Landtage im Gebiet der +Carnuten+ unter Leitung der Priester (+Druiden+). Die Arverner und Sequaner aber haben im Streit mit den Äduern +germanische+ Stämme, +Sueben+ unter dem König +Ariovist+, herbeigerufen und ihnen Land abtreten müssen. Cäsar schützt, indem er zunächst für die Sicherheit der römischen Provinz sorgt, die Gallier in ihren Wohnsitzen. [58.] Cäsar siegt über die in Gallien einbrechenden ~Helvetier~ bei +Bibracte+ (unweit Autun), dann über den Germanenfürsten ~Ariovist~ nordöstlich von +Vesontio+ (Besançon), in der Gegend von +Mülhausen+ im Elsaß. [57.] Unterwerfung der meisten +belgischen+ Volksstämme nach einem schwer errungenen Siege über die +Nervier+ am Flusse +Sabis+ (Sambre). Im Süden vergeblicher Versuch, durch Besetzung von +Octodurus+ (Martigny in Wallis) den Alpenübergang über den Paß des +Großen St. Bernhard+ zu sichern. [56.] Unterwerfung der Seestaaten, namentlich der +Venĕter+, in +Arĕmorĭca+ (Bretagne und Normandie) durch schwere Kämpfe Cäsars zu Lande und zur See. Im Süden unterwirft der Legat +P. Crassus+, Sohn des Triumvirs, die +Aquitaner+. [55.] Cäsar treibt die germanischen Stämme der +Usipĕter+ und +Tenktĕrer+ über den Rhein zurück. Übergang über den Strom auf einer Pfahlbrücke (in der Gegend von Neuwied). Rückkehr nach 18tägigem Verweilen auf dem rechten Ufer. Erste Überfahrt nach +Britannien+ mit 2 Legionen, Landung nordöstlich von +Dover+, doch baldige Rückkehr. Cäsars Legaten unterwerfen die nördlichsten gallischen Küstenvölker, die +Morĭner+ und +Menapier+. [54.] Zweite Überfahrt nach +Britannien+ mit 5 Legionen. Der Äduer +Dumnorix+, der die Mitfahrt verweigert, wird getötet. Cäsar landet, dringt in das Innere vor, überschreitet die Themse, kämpft glücklich gegen die britischen Kelten unter +Cassivellaunus+. Unterdessen Angriff auf sein Schiffslager; er kehrt zurück, nachdem Cassivellaunus sich unterworfen und Geiseln gestellt hat. Im Winter Aufstand mehrerer gallischer Völkerschaften, veranlaßt von dem Trevĕrer +Indutiomārus+. Die +Eburonen+ unter Ambiorix vernichten 15 römische Kohorten (unter +Sabinus+ und +Cotta+) bei Aduatŭca und bestürmen mit den Nerviern das Winterlager des Legaten +Q. Tullius Cicero+ (Bruder des Redners), der tapfer standhält und von Cäsar befreit wird. Indutiomārus fällt bei einem Angriff auf das Winterlager des +T. Labienus+. [53.] Labienus unterwirft die Trevĕrer, Cäsar überschreitet zum zweiten Male den +Rhein+, um die Sueben abzuwehren. Nach der Rückkehr Strafgericht über die Eburonen. [52.] Allgemeiner Aufstand der Gallier unter dem Arverner ~Vercingetŏrix~. Cäsar erobert +Cenăbum+ (Orléans) und +Avarĭcum+ (Bourges), entsendet den Legaten T. Labienus zur Besetzung von +Lutetia Parisiorum+ (Paris), belagert aber vergeblich +Gergovia+ (in der Nähe von Clermont in der Auvergne). Aufstand der bisher ihm treu ergebenen +Äduer+. Cäsar vereinigt sich wieder mit Labienus, schließt Vercingetorix in +Alesia+ (Alise Sainte-Reine nordwestlich von Dijon) ein. Harter Kampf gegen ein großes, aus allen Teilen Galliens zusammengebrachtes Entsatzheer, welches zurückgeschlagen wird. Vercingetorix muß sich ergeben (6 Jahre später in Rom hingerichtet). Bestrafung der Aufständischen. [51.] Vollendung der Unterwerfung des transalpinischen Galliens, welches Cäsar mit 10 über das ganze Land verteilten Legionen im Gehorsam erhält. ~Ergebnisse und weltgeschichtliche Bedeutung der achtjährigen Kämpfe Cäsars:~ 1. Das römische Reich wird durch die Unterwerfung des großen +Kelten+landes erweitert und gegen Angriffe der nordischen Völker gesichert. 2. Die Ausbreitung des römischen Handels (Massilia) und der griechisch-römischen Kultur über West- und Mitteleuropa wird durch Erschließung +Galliens, Britanniens+ und +Germaniens+ wesentlich gefördert. 3. Cäsar gewinnt ein ihm ergebenes, kriegsgeübtes Heer, um die notwendig gewordene Umgestaltung der römischen Republik in eine Monarchie durchzuführen. Während diese großartigen Erfolge Cäsars den alten Kriegsruhm des Pompeius in Schatten stellen, bemüht sich dieser vergebens, in Rom die von +P. Clodius+ erregten Unruhen der Volkspartei zu unterdrücken. Doch wird im J. 57 die Zurückberufung Ciceros durchgesetzt, und die beiden Tribunen +T. Annius Milo+ und +P. Sestius+ treten mit bewaffneten Anhängern den Scharen des in Cäsars Diensten stehenden Clodius entgegen. [~56.~] ~Erneuerung des Triumvirats zu Lucca~ (in Etrurien). Cäsar, Pompeius und Crassus vereinigen sich dort mit ihren Anhängern (über 200 Senatoren). Infolge der getroffenen Verabredungen werden für das J. 55 mit Anwendung von Gewalt als Konsuln durchgesetzt ~Pompeius~ und ~Crassus~. Durch Volksbeschluß erhält dann auf 5 Jahre Pompeius die Statthalterschaft +beider Spanien+, Crassus die von +Syrien+, während Cäsars Oberbefehl in +Gallien+ auf +weitere 5 Jahre verlängert+ wird. Die Optimaten müssen sich diesen Beschlüssen fügen. [53.] ~Crassus~ unternimmt einen Kriegszug gegen die +Parther+ (S. 65), wird aber bei ~Carrhae~ in Mesopotamien von ihnen geschlagen und bald darauf bei einer Verhandlung getötet. Sein Heer nahezu aufgerieben, römische Feldzeichen von den Parthern erbeutet (S. 123). Pompeius bleibt in Rom, erbaut dort das erste steinerne Theater, veranstaltet glänzende Spiele, läßt seine spanischen Provinzen durch Legaten verwalten. [52.] +Clodius getötet+ bei einem Zusammenstoß mit der Bande des +Milo+ auf der Via Appia. Aufstand in Rom bei der Leichenfeier für Clodius, die +Curia Hostilia+ in Brand gesteckt. ~Pompeius~, zum alleinigen Konsul erwählt (+consul sine collega+), stellt die Ruhe wieder her. Auf Grund der von ihm beantragten Gesetze +de ambitu+ und +de vi+ wird Milo trotz Ciceros Verteidigungsrede verurteilt und geht in die Verbannung. +Cicero+ als Prokonsul Statthalter von Cilicien (51–50) und damit wieder aus Rom entfernt. Pompeius, seit dem Tode der Julia (54) dem Cäsar entfremdet, heiratet die Tochter des Optimaten +Q. Metellus Scipio+, der für die letzten 5 Monate des Jahres 52 sein Mitkonsul wird. Er läßt sich die Statthalterschaft in Spanien auf 5 Jahre erneuern. Verhandlungen im Senat (51–50) über die durch widersprechende Bestimmungen unlösbar verwickelte Frage, ob Cäsar seine Statthalterschaft am 1. +März+ 49 oder erst +Ende+ 49 niederzulegen habe. Cäsars Gegner bestehen, um ihn zu stürzen, auf dem früheren Termin, wollen auch einen Volksbeschluß, der ihm gestattete, sich abwesend um das Konsulat (für das Jahr 48) zu bewerben, nicht anerkennen. Cäsar fügt sich dem Verlangen, daß er zwei Legionen (darunter eine früher von Pompeius entliehene) zum Partherkrieg abgebe, läßt aber durch den ihm gleich Clodius ergebenen Volkstribunen +C. Scribonius Curio+ die Forderung stellen, daß er und Pompeius gleichzeitig am 1. März 49 den Oberbefehl niederlegen sollen. [vor Chr ~49–46.~] ~Bürgerkrieg zwischen Cäsar und den Optimaten.~ [49. (1. Jan.)] Der Senat erklärt nach Abweisung wiederholter Vermittelungsvorschläge Cäsar für einen Reichsfeind (+hostis+), wenn er nicht innerhalb einer bestimmten kurzen Frist seine Provinzen an die ernannten Nachfolger übergebe und sein Heer entlasse. Ein zweiter Senatsbeschluß (7. Jan.) gibt den Konsuln und Prokonsuln Vollmacht zu außerordentlichen Maßregeln (S. 99). Die Cäsar ergebenen Volkstribunen fliehen zu ihm nach +Ravenna+. Cäsar geht mit +einer+ Legion über den Bach ~Rubico~, die Grenzscheide zwischen seiner Provinz und Italien, und beginnt damit den Bürgerkrieg. Große Bestürzung in Rom. Pompeius, dessen Rüstungen erst begonnen haben, entweicht mit den Konsuln und einem Teile des Senats (darunter Cicero) nach +Capua+, dann nach +Brundisium+ (Staatskasse in Rom zurückgelassen). Cäsar zieht durch Umbrien und Picenum, zwingt, durch 2 nachgekommene und 3 neugebildete Legionen verstärkt, den +L. Domitius+ in +Corfinium+ zur Übergabe und rückt vor +Brundisium+. Pompeius entkommt mit der Flotte nach +Dyrrhachium+. Cäsar ordnet den Bau neuer Schiffe an und wendet sich zunächst nach +Rom+; dort beschwichtigt er die Besorgnis vor Wiederkehr der Greuel des ersten Bürgerkrieges. Großmütiges Verfahren gegen seine Feinde. [Sidenote:49.] Cäsar geht auf dem Landwege nach Spanien zur Bekämpfung der Legaten des Pompeius: ein Teil seines Heeres belagert +Massilia+. Die Legaten +L. Afranius+ und +M. Petreius+ werden bei +Ilerda+, nördlich vom Ebro, zur Übergabe gezwungen, ihr Heer wird aufgelöst. +M. Terentius Varro+, der in +Hispania ulterior+ den Oberbefehl führt, zieht sich nach +Gades+ zurück und ergibt sich ohne Kampf, da die meisten Städte der Provinz sich für Cäsar erklären. Als dieser nach Italien zurückmarschiert, unterwirft sich ihm die ausgehungerte und mit Erstürmung bedrohte Stadt +Massilia+. Während dieser Zeit hat sein Legat +C. Scribonius Curio+ Sicilien unterworfen. Derselbe setzt nach Afrika über, siegt erst bei +Utĭca+, wird aber von +Iuba+, König von Numidien, der sich für Pompeius erklärt hatte, am +Bagradasfluß+ geschlagen und fällt. Cäsar wird (abwesend) in Rom von dem Prätor +M. Aemilius Lepidus+ zum +Dictator+ ernannt, legt aber die Dictatur nach 11 Tagen nieder, nachdem er für das Jahr [~48.~] zum Konsul erwählt ist (zusammen mit +P. Servilius Isauricus+), während der nach dem Osten geflüchtete Teil des Senats (in +Thessalonike+) dem Pompeius und allen Beamten des letzten Jahres die Amtsgewalt verlängert. Landung Cäsars an der Küste von Epirus; er rückt nach +Illyrien+ vor und nimmt die Städte Oricum und Apollonia ein. Sein Legat +M. Antonius+ kann erst nach einigen Monaten mit dem anderen Teil des Heeres folgen, da die pompejanische Flotte das Meer beherrscht. Cäsar schließt das Heer des Pompeius bei ~Dyrrhachium~ ein, aber seine Verschanzungen werden durchbrochen. ~Cäsar, geschlagen~ und zum Rückzug gezwungen, geht nach +Thessalien+, wohin ihm Pompeius folgt. +Cato+ und +Cicero+ bleiben in Dyrrhachium zurück. In der thessalischen Ebene kommt es zur [~48.~ (9. Aug.)] ~Schlacht bei Pharsālus.~ Cäsar schlägt mit etwa 22000 Mann das mehr als doppelt so starke Heer des Pompeius und zersprengt es vollständig. 20000 Pompejaner strecken die Waffen, Pompeius flieht nach der Küste, geht zu Schiff über +Lesbos+ nach +Ägypten+. Dort wird er bei der Landung auf Befehl des Ministers des jungen Königs Ptolemäus XII. ermordet. Cäsar landet mit 4000 Mann in Alexandria. In Rom wird dem Sieger Cäsar die ~Dictatur~ auf unbestimmte Zeit (wie früher Sulla, S. 106), das ~Konsulat~ auf 5 Jahre, die ~tribunicische Gewalt~ auf Lebenszeit übertragen. Er nimmt das Konsulat erst wieder für das Jahr 46 an und sendet den +M. Antonius+ als seinen Stellvertreter (magister equitum) nach Rom. [~48–47.~] ~Alexandrinischer Krieg.~ Aufstand der Einwohner von Alexandrīa, unterstützt durch das seit Zurückführung des Königs +Ptolemäus Aulētes+ (55) dort befindliche römische Besatzungsheer. Cäsar, in der Königsburg belagert, gerät in die größte Gefahr, aus der ihn nur seine Verwegenheit rettet. Er läßt die ägyptische Flotte in Brand stecken, wobei ein Teil der Stadt in Feuer aufgeht, auch die berühmte alexandrinische Bibliothek (s. S. 65). Er verläßt die Stadt, nachdem er sich den Besitz der den Hafen beherrschenden Leuchtturminsel Pharos gesichert hat, und schlägt mit Hilfe eines aus Asien herbeigekommenen Entsatzheeres das ägyptische Heer am Nil. Der junge König +Ptolemäus+ ertrinkt auf der Flucht. Die Regierung wird, +unter römischer Oberhoheit+, seiner Schwester +Kleopatra+ und ihrem jüngsten Bruder übergeben, in Alexandrīa bleibt eine römische Besatzung. Cäsar geht nach Kleinasien und beendet in einem +fünftägigen+ Feldzug (+veni, vidi, vici+) den [~47.~] ~Krieg gegen Pharnăces~, Sohn des Mithradates (s. S. 109), welcher +Pontus+, +Klein-Armenien+ und +Kappadokien+ besetzt hatte. Cäsar besiegt ihn bei +Zela+ und zwingt ihn zur Rückkehr in sein bosporanisches Reich, wo er bald umkommt. Ordnung der asiatischen Verhältnisse. +Deiotărus+ (S. 109), der bei Pharsalus gegen Cäsar gefochten hatte, verliert den größten Teil seiner Herrschaft. Rückkehr Cäsars nach Rom. +Cicero+, von ihm begnadigt und ehrenvoll behandelt, zieht sich auf sein Tusculanum zurück, bleibt aber sein Gegner. Nach Beschwichtigung eines Aufstandes der in Campanien stehenden Legionen unternimmt Cäsar den [~46.~] ~Krieg in Afrika~ gegen die Pompejaner (+Cn.+ und +Sextus Pompeius+, +Q. Metellus Scipio+, +Cato+, +Labienus+, +Petreius+, König +Iuba+). Er landet bei Hadrumētum, gerät in Gefahr, da der größte Teil der Truppen infolge eines Sturmes erst später eintrifft, führt dann den Krieg mit Vorsicht gegen die an Zahl überlegenen Feinde, siegt endlich in der blutigen ~Schlacht bei Thapsus~. +Cato+ tötet sich in +Utĭca+, um den Untergang der Republik nicht zu überleben, daher »Uticensis« genannt. Labienus und Sextus Pompeius entkommen nach Spanien. -- Ein Teil +Numidiens+ wird von Cäsar mit der Provinz Afrika vereinigt, der andere an König +Bocchus+ von Ost-Mauretanien gegeben. Rückkehr Cäsars nach Rom, wo er ~vier~ Triumphe feiert (+Gallien+, +Ägypten+, +Pharnăces+, +Afrika+). Bewirtung des Volkes an 22000 Tischen, prächtige Festspiele, Geld- und Getreidespenden. Cäsars +Dictatur+ wird zunächst auf 10 Jahre, später auf Lebenszeit (dictator perpetuus) verlängert. Er beginnt die ~Neuordnung des zerrütteten Staatswesens~: Census der Bürgerschaft; Beschränkung der Zahl derer, welche regelmäßig Getreidespenden empfangen, auf 150000; Bestimmungen über die Verfassung der Bürgerstädte (lex Iulia municipalis); Herstellung des Senats; Ackerverteilung an die Veteranen. ~Verbesserung des Kalenders~ mit Hilfe des alexandrinischen Astronomen +Sosigĕnes+. Das Jahr 46 wird durch Einschaltung um 67 Tage verlängert; an Stelle des bisher üblichen Mondjahres mit Schaltmonaten tritt das Sonnenjahr von 365¼ Tagen (alle 4 Jahre ein Schaltjahr). Nochmals erheben sich in ~Spanien~ die Söhne des Pompeius und Cäsars früherer Legat Labienus; Cäsar siegt nach hartnäckigem Widerstande in der [~45.~] ~Schlacht bei Munda~ (in der südlichen Provinz, zwischen Cordŭba und Gades), setzt dann in Rom als ~Dictator~ und ~Imperator~ (letzterer Titel früher nur zeitweise von siegreichen Feldherren bis zum Tage des Triumphes geführt) sein großartiges Reformwerk fort. Die alten Formen der republikanischen Verfassung behält er bei, in der Tat aber waltet Cäsar als Alleinherrscher. Als +Pontifex maximus+ hat er die Oberaufsicht über das Religionswesen, als Inhaber der +tribunicia potestas+ das Vorschlagsrecht bei der Gesetzgebung und das Ansehen eines unverletzlichen Vertreters und Beschützers des Volkes. Den +Komitien+ bleibt die Bestätigung der Gesetze als ein nur formelles Recht; ihr Wahlrecht wird durch das Vorschlagsrecht des Dictators sehr beschränkt. Der +Senat+, auf 900 Mitglieder vermehrt, wird wieder, wie zur Königszeit, zu einem nur beratenden Reichsrat. Die oberste +Gerichtsgewalt+ steht, ebenfalls wie in der Königszeit, dem Alleinherrscher zu (Prozesse des +Ligarius+ und +Deiotărus+, bei welchen Cicero als Anwalt auftritt). Großartige Bauten in Rom (Basilica Iulia an der Südseite des Forums; die Nordseite wird erweitert durch das Forum Iulium mit dem Tempel der Venus Genetrix). Gründung einer öffentlichen Bibliothek. Neue Provinzialordnung zum Schutz der Provinzen gegen die Willkür der Statthalter; Gründung von Kolonien in den Provinzen, +Karthago+ und +Korinth+ hergestellt. Luxusgesetze, Kriminalgesetzgebung. Durch weitgehende Ehrenbeschlüsse (Bildsäulen von ihm in allen Tempeln, seine Statue neben denen der sieben Könige, Münzen mit seinem Bildnis (S. 74, Anm.), Feier seines Geburtstages am 12. des Monats Quinctilis, der nun +Iulius+ genannt wurde, alle fünf Jahre Spiele ihm zu Ehren u. a.) wird Cäsars Alleinherrschaft beim Volke unbeliebt. Das von +M. Antonius+ am Lupercalienfeste (15 Februar 44) ihm öffentlich angebotene Königsdiadem weist er zurück. Während der Vorbereitungen zu einem Rachekrieg gegen die +Parther+ (S. 113), welcher die Ostgrenze des Reichs sichern soll, bildet sich unter den Senatoren eine Verschwörung (+C. Cassius Longinus+, +M. Iunius Brutus+, +C. Trebonius+, +Decimus Brutus+, +L. Tillius Cimber+, +P. Servilius Casca+ u. a.). [~44.~ (15. März.)] ~Ermordung Cäsars in der Senats-Sitzung~, die an jenem Tage zufällig in der an das Theater des Pompeius anstoßenden +Curia Pompeia+ gehalten wurde. Cäsar fällt, von 23 Stichen durchbohrt, an der Bildsäule des Pompeius nieder. § 9. Untergang der Republik. Für kurze Zeit übernimmt der Senat wieder die Staatsleitung. Er verfügt zugleich die Aufrechterhaltung der Gesetze Cäsars und Straflosigkeit (Amnestie) für dessen Mörder. Allein das Volk der Hauptstadt, aufgeregt durch die +Leichenrede des Consuls M. Antonius+, verübt Gewalttaten gegen die Verschworenen. Die Häupter der Verschwörung verlassen Rom, um in die ihnen (noch von Cäsar selbst) angewiesenen Provinzen zu gehen: ~M. Brutus~ nach +Makedonien+, ~Cassius~ nach +Syrien+, ~Decimus Brutus~ nach +Gallia cisalpina+. In Rom maßt sich ~M. Antonius~ (Konsul mit +P. Cornelius Dolabella+) im Besitz der testamentarischen Bestimmungen Cäsars, unter dem Vorwande, den letzten Willen des Dictators auszuführen, eine unumschränkte Gewalt an, ändert die Verteilung der Provinzen, läßt sich namentlich die Provinz +Gallia cisalpina+ durch Volksbeschluß zuerteilen. Dagegen tritt der 19jähr. ~C. Octavius~ (geb. 63), der Großneffe und Adoptivsohn Cäsars, daher fortan ~C. Julius Cäsar Octavianus~ genannt, in Verbindung mit dem Senat. Bei den Soldaten beliebt, sammelt er zahlreiche Veteranen Cäsars um sich und bestimmt 2 Legionen des Antonius, sich unter seinen Befehl zu stellen. Durch die einander entgegengesetzten Bestrebungen der Machthaber wird das römische Reich in +neue Bürgerkriege+ gestürzt. [44–43.] Gegen Antonius, der den Decimus Brutus in +Mutĭna+ belagert und ihm seine Provinz entreißen will, werden auf Betreiben +Ciceros+ (die +Philippischen+ Reden) die beiden Konsuln Hirtius und Pansa ausgesandt, mit ihnen der junge ~Octavian~ als Proprätor (+Mutinensischer Krieg+). Beide Konsuln fallen; Dec. Brutus verfolgt den besiegten Antonius nach Gallia transalpina. Octavian aber führt das ganze Heer nach Rom, erzwingt vom Senat seine Erwählung zum Konsul, Widerruf der Amnestie für die Verschworenen und ihre Verurteilung. Hierauf zieht er zum Schein gegen +Antonius+, mit dem er schon geheime Unterhandlungen angeknüpft hatte. Auf einer Zusammenkunft bei +Bononia+ wird das [~43.~ (Nov.)] ~zweite Triumvirat~ geschlossen zwischen ~Antonius~, ~Octavian~ und ~M. Ämilius Lepidus~ (Statthalter in Gallia Narbonensis). Die drei Machthaber (+tresviri reipublicae constituendae+) lassen ihre angemaßte Gewalt von den Komitien auf 5 Jahre bestätigen und beginnen ihre Herrschaft mit grausamen ~Proskriptionen~: 130 Senatoren und 2000 Männer vom Ritterstande werden geächtet und größtenteils getötet (u. a. +Cicero+ und sein Bruder +Quintus+, S. 112), ihr Vermögen eingezogen. Darauf [~43–42.~] ~Krieg gegen die republikanische Partei.~ +Antonius+ und +Octavianus+ ziehen gegen +M. Brutus+ und +C. Cassius+, welche in Makedonien und Syrien eine bedeutende Kriegsmacht gesammelt hatten. In der (+ersten+) [~42.~] ~Schlacht bei Philippi~ in Thrakien besiegt +Antonius+, welcher den rechten Flügel befehligt, den linken Flügel des republikanischen Heeres unter ~Cassius~, während +Octavian+ vor den Truppen des ~Brutus~ zurückweichen muß. Auf die falsche Nachricht von einer Niederlage des Brutus läßt sich ~Cassius~ durch einen Sklaven töten. ~Brutus~, 20 Tage später in einer +zweiten Schlacht+ von +Antonius+ geschlagen, tötet sich selbst. ~Antonius~ brandschatzt die Provinzen +Asien+ und +Syrien+ und folgt dann der Königin ~Kleopatra~ (S. 116), die er nach +Tarsus+ vorgefordert hatte, nach +Ägypten+. Währenddessen nimmt ~Octavian~ in Italien die den Veteranen versprochenen Ackerverteilungen vor; +L. Antonius+, Bruder des Triumvir, der ihm dabei entgegentritt, wird in +Perusia+ belagert und muß sich ergeben. +M. Antonius+ landet mit einem Heere bei Brundisium; es kommt in Brundisium zu einem Vergleich, nach welchem die Verwaltung des Reiches so geteilt wird, daß [40.] ~Octavian~ den +Westen+, ~Antonius~ den +Osten+ (Grenzlinie geht durch Illyrien), ~Lepidus~ +Afrika+ erhält. +Sextus Pompeius+, der sich von Sicilien aus eine Seeherrschaft über die italischen Inseln gegründet hatte (sein Bruder Cn. bei Munda †), wird (36) von +M. Vipsanius Agrippa+, dem Unterfeldherrn Octavians, bei +Mylae+ besiegt. +Lepidus+, der nun auf Sicilien Anspruch erhebt, verliert nach einem kurzen Feldzuge auch Afrika an Octavian, ihm bleibt nur die Würde eines Pontifex maximus. +Octavian+ sorgt für friedliche Verwaltung Italiens, bekämpft aber auch, um Norditalien zu sichern, die Dalmatier und Pannonier, erobert 35 die Stadt Siscia an der Save. +Antonius+, mit Octavians Schwester +Octavia+ vermählt, unternimmt 38 und 37 wenig erfolgreiche Züge gegen die +Parther+, schwelgt dann in Ägypten am Hofe der +Kleopatra+, zieht 34 gegen +Armenien+ und führt den König Artavasdes als Gefangenen in Alexandria im Triumph auf, verschenkt endlich römische Provinzen an seine Kinder mit der Kleopatra und schickt der Octavia den Scheidebrief. Octavian läßt in Rom durch Volksbeschluß dem Antonius den Oberbefehl entziehen und an Kleopatra den Krieg erklären. [~31–30.~] ~Krieg zwischen Octavian und Antonius.~ Während Antonius und Kleopatra lange in +Ephĕsos, Samos, Athen+ und +Patrae+ (in Achaja) verweilen, vollendet Octavian seine Rüstungen und setzt das Landheer nach Epirus über; seine 250 Schiffe starke, von +Agrippa+ geführte Flotte besiegt die an Zahl der Schiffe überlegene Flotte des Antonius und der Kleopatra in der [~31.~ (2. Sept.)] ~Seeschlacht bei Actium.~ Kleopatra flieht mit ihren Schiffen, ehe die Schlacht entschieden ist; Antonius folgt ihr. Sein Landheer ergibt sich nach 7 Tagen dem Octavian ohne Kampf. [30.] Octavian geht nach Asien, wo er sein 4. Konsulat antritt, kehrt zur Beschwichtigung einer Meuterei der Veteranen auf kurze Zeit nach Italien zurück, begabt sich dann wieder zu seinem Heere und führt es durch +Syrien+ nach +Ägypten+. Antonius, von seinen Truppen verlassen, tötet sich auf die falsche Nachricht vom Tode der Kleopatra. Diese tötet sich bald darauf durch Gift, als sie sieht, daß Octavian sie nur schont, um sie in Rom im Triumph aufzuführen. Octavian macht ~Ägypten zur römischen Provinz,~ ordnet dann die Verhältnisse in Vorderasien und kehrt 29 im Monat Sextilis (nachher ihm zu Ehren +Augustus+ genannt) nach Rom zurück. Dreitägiger Triumph, der Janustempel geschlossen (vgl. S. 72). ~Alleinherrschaft Octavians,~ in der von ~Cäsar~ begründeten Weise, jedoch so, daß die +Dictatur+ ersetzt wird durch das von ihm anfangs ständig bekleidete +Konsulat+, dann durch das +allgemeine prokonsularische Imperium+. Das römische Reich, nach Beendigung der Bürgerkriege im Frieden aufblühend, schützt noch mehrere Jahrhunderte lang unter der Herrschaft der Kaiser die Kulturvölker des Altertums gegen die Angriffe der Barbaren. § 10. Kunst und Literatur bei den Römern. Die Anfänge nationaler Baukunst und Dichtung bei Etruskern und Latinern entwickeln sich erst durch die Bekanntschaft mit griechischer Kultur zu höherer Blüte. Griechischer Baustil erscheint in den Tempeln und Säulenhallen, mit welchen Rom sich schmückte, als es zur Großstadt heranwuchs. Griechische Statuen wurden nach Eroberung griechischer Städte (Tarent 272, Syrakus 212, Korinth 146) zahlreich nach Rom gebracht; seit 146 arbeiteten viele griechische Künstler in Rom. Drei griechische Philosophen (+Karneades, Diogenes, Kritolaos+) 156 als athenische Gesandte in Rom. Anfänge der römischen Literatur: Gottesdienstliche Lieder der +Salii+ (S. 73) und +Fratres arvales+, religiöse und geschichtliche Aufzeichnungen der Priester (libri pontificum, fasti consulares und triumphales), Erklärungen der Zwölf-Tafelgesetze (S. 78 f). Volkstümliche Bühnendarstellungen werden zuerst 364 erwähnt als Bestandteil der Festspiele (ludi scaenici). Griechische Tragödien und Komödien in lateinischer Bearbeitung brachte +Livius Andronīcus+, ein Grieche aus Tarent, seit 240 in Rom zur Aufführung, nach ihm +Cn. Naevius+ aus Campanien, der auch nationale Stoffe dramatisch darstellte (+fabulae praetextae+) und den ersten Punischen Krieg in einem Epos (in saturnischen Versen) besang; ferner +Q. Ennius+ aus Rudiä in Calabrien († 169), der ebenfalls in einem Epos in Hexametern (+Annales+) die Geschichte Roms bis auf seine Zeit darstellte, befreundet mit Scipio Africanus maior. Erhalten sind die Bearbeitungen griechischer Komödien von +T. Maccius Plautus+ († 184) und +P. Terentius+ († 159). Die ältesten römischen Geschichtschreiber (Annalisten) schrieben griechisch. Als erster Schriftsteller in lateinischer Prosa ist +M. Porcius Cato+ († 149, +Origines+, +de re rustica+, Reden) zu nennen. Besonders gepflegt wurde die Rechtsgelehrsamkeit (Sex. Aelius Catus, Konsul 198, +Q. Mucius Scaevola augur+, Konsul 117, Lehrer Ciceros) und die Beredsamkeit (+C. Gracchus+ † 121, +L. Licinius Crassus+ † 91, +M. Antonius+ † 87, +Q. Hortensius+ † 50). Die nationalen Altertümer erforschte +M. Terentius Varro+ (116–27, de lingua Latina, antiquitates rerum humanarum et divinarum). Als Geschichtschreiber ragen hervor +C. Iulius Cäsar+ († 44) und +C. Sallustius Crispus+ († 34). Den Reichtum und die Schönheit der lateinischen Sprache entfaltet besonders +M. Tullius Cicero+ († 43) als Redner und philosophischer Schriftsteller (Tusculanae disputationes, de officiis u. a.). Als Dichter sind in Ciceros Zeit zu nennen +T. Lucretius Carus+ († 55), Verfasser eines philosophischen Lehrgedichts +de rerum natura+, und der Lyriker +C. Valerius Catullus+ († 54). § 11. Kaiserzeit bis zum Untergang des weströmischen Reiches. (Von ~31 vor~ Chr. bis ~476 nach~ Chr.) [vor nach Chr. ~31–68.~] ~Das Julisch-claudische Herrscherhaus.~ [~31–14.~] ~Cäsar Octavianus Augustus.~ Der Beiname +Augustus+ (der +Erlauchte+, +Erhabene+), den ihm (27 vor Chr.) der Senat erteilte, ist auf seine Nachfolger übergegangen und ebenso wie +Princeps+, +Cäsar+, +Imperator+, zum Titel der römischen Herrscher geworden.[28] Augustus beschränkt den Senat auf 600 Mitglieder und knüpft die Senatorwürde an einen hohen Census (1 Million Sest. = etwa 180000 M.). Das +Konsulat+ bleibt bestehen, wird anfangs von Augustus ständig, später von ihm und seinen Nachfolgern noch bisweilen bekleidet, gilt aber nur als Ehrenamt und wird in seiner Dauer verkürzt, zuletzt in der Regel auf 2 Monate. Auch die andern republikanischen Ämter bleiben, doch mit beschränktem Geschäftskreis; die +Censur+ wird von den Kaisern übernommen, wie sie schon Cäsar unter dem Titel Praefectus morum ausgeübt hatte. Dem Senat bleibt ein gewisser Anteil an der Herrschergewalt. Die kaiserliche Herrschaft beruht auf dem Heerbefehl, der tribunicischen Gewalt und der obersten Gerichtsgewalt. Seit dem Tode des Lepidus (13) war Augustus auch Pontifex maximus. Einflußreiche kaiserliche Beamte sind der +Praefectus urbi+ (Polizeipräsident) und die beiden +Praefecti praetorio+ (Befehlshaber der aus 9 Kohorten bestehenden kaiserlichen Garde). Einteilung Roms in 14, Italiens in 11 +regiones+. Einrichtung einer +Reichspost (cursus publicus)+ für die von Staats wegen reisenden Beamten. Schutz der Provinzen gegen die Übergriffe der Beamten. Fürsorge für die Armen. Ansiedelung unbemittelter Bürger in Kolonien. [27.] Neue +Einteilung der Provinzen+ in senatorische, d. h. völlig beruhigte, welche ohne Kriegsheer von Prokonsuln und Proprätoren verwaltet werden können und vom Senat verliehen werden (+Africa, Asia, Achaja, Illyricum, Macedonia, Sicilia, Creta+ und +Cyrenaica, Bithynia, Sardinia, Hispania Baetica+), und in +kaiserliche+, die Augustus durch Legaten an der Spitze von Legionen verwalten läßt und daher selber verteilt: +(Hispania Tarraconensis, Lusitania+, die vier gallischen: +Narbonensis, Lugdunensis, Aquitania+ und +Belgica+ mit +Germania superior et inferior, Syria, Cilicta, Cyprus, Aegyptus+). In dieser Teilung ist später mehreres geändert worden. Alle nach 27 vor Chr. begründeten Provinzen fielen dem Kaiser zu. Zwei Staatskassen, das vom Senat verwaltete +aerarium+ (Einnahmen aus den senatorischen Provinzen) und +fiscus+ (Einnahmen aus den kaiserlichen Gütern und Provinzen). Das Heer auf 25 Legionen (etwa 250000 Mann) gebracht. Dazu eine starke Flotte in Misenum und Ravenna. ~Blütezeit der römischen Literatur.~ +C. Cilnius Maecenas+ († 8 vor Chr.), Freund des Augustus, Gönner und Beschützer der Dichter: +P. Vergilius Maro+ (70–19 vor Chr.). +Q. Horatius Flaccus+ (65–8 vor Chr.). Die Elegiker +Albius Tibullus, S. Propertius+ und +P. Ovidius Naso+ (9 nach Chr. nach +Tomi+ am Pontus Euxīnus (Constanza i. d. Dobrudscha) verbannt, † 17). Der Geschichtschreiber +T. Livius+ (59 vor Chr. bis 17 nach Chr.) gibt dem römischen Volke eine ausführliche Gesamtdarstellung seiner Geschichte. Der Architekt +Vitruvius+, die Juristen +M. Antistius Labeo+ und +C. Ateius Capito+. ~Familie des Augustus.~ ~C. Julius Cäsar Octavianus Augustus,~ geb. 63 v. Chr., †14 n. Chr. Gemahlinnen: 1. Claudia. 2. Scribonia. 3. Livia, Mutter des | Tiberius u. Drusus, | Söhne v. Tiberius | Claudius Nero. ~Iulia,~ †14 n. Chr. Gem.: 1. Marcellus, 2. M. Vipsanius Agrippa. 3. Tiberius. Sohn d. Octavia. †12 v. Chr. †23 v. Chr. | | ______________________________________________________________________ Gaius Cäsar. Lucius Cäsar. Agrippina. Julia. Agrippa Postumus. †4 n. Chr. †2 n. Chr. †33 n. Chr. †28 n. Chr. †14 n. Chr. In der ersten Hälfte der Regierung des Augustus ist sein Schwiegersohn +Agrippa+ seine Hauptstütze. Census in allen Provinzen, Vermessung des Reiches durch Agrippa, Bauten in Rom: Forum Augusti, Thermae Agrippae mit dem +Pantheon+, Tempel des Apollo, des Mars und der Venus. Wiederherstellung der verfallenen Heiligtümer und Wiederbelebung der alten Religiosität. Agrippas Söhne +Gaius Cäsar+ und +Lucius Cäsar+ werden 17 vor Chr. von Augustus adoptiert. Ihre Mutter +Iulia+ heiratet in dritter Ehe den Stiefsohn des Augustus, +Tiberius+, wird aber schließlich wegen ihrer Sittenlosigkeit verbannt. Nach dem Tode seiner beiden ältesten Enkel adoptiert Augustus den +Tiberius+ und bezeichnet ihn als Nachfolger. [27–25.] Augustus ordnet persönlich die Verhältnisse der +gallischen+ und +spanischen+ Provinzen. Unterwerfung der Cantabrer und Asturer. +Lugdunum+ (Lyon) Hauptstadt in Gallien, +Tarraco+ und +Corduba+ Hauptstädte in Spanien. [22–19.] Augustus ordnet persönlich die Verhältnisse des römischen +Asiens+. Der Partherkönig +Phraates+ gibt auf die Nachricht von seiner Ankunft in Syrien die bei der Niederlage des Crassus (S. 113) erbeuteten römischen Feldzeichen zurück. Durch +Tiberius+ wird +Tigrānes+ in sein Reich Armenien wieder eingesetzt. Nach Rom zurückgekehrt erläßt Augustus Gesetze zur Bekämpfung des Luxus und der Ehelosigkeit (+lex Iulia sumptuaria, lex Iulia de maritandis ordinibus+). [15.] +Tiberius+ und +Drusus+, die Stiefsöhne des Kaisers, unterwerfen die Alpenvölker und das Gebiet zwischen den Alpen und der Donau; Einrichtung der Provinzen ~Raetia~ (Hauptort +Augusta Vindelicorum+, jetzt Augsburg) und ~Noricum~ (Kärnten und Steiermark). Schon einige Jahre früher war von Makedonien aus das untere Donaugebiet ~Mösien~ unterworfen worden. [12–9.] +Tiberius+ unterwirft ~Pannonien~ (das südwestliche Ungarn). Damit ist die +Donaugrenze+ des Reiches festgestellt; sie wird ebenso wie die +Rheingrenze+ durch Standlager der Legionen, aus denen später Städte geworden sind, beschützt. Standlager am Rhein: Moguntiacum (Mainz), Civitas Ubiorum (später Colonia Agrippinensis, Köln), Castra vetera (Xanten), Standlager an der Donau: Regina castra (Regensburg), Batava castra (Passau), später auch Vindobona (Wien) und Juvavum (Salzburg). [12–9.] +Drusus+ unternimmt vom Rhein aus vier Feldzüge in das +innere Germanien,+ das erstemal zur See, vom lacus Flevo (Zuyder-See) in die +Ems+mündung hinein, dann zu Lande die +Lippe+ aufwärts (Castell +Aliso+ bei Haltern), dann von Mainz aus gegen die Chatten, zuletzt von Mainz bis zur Elbe. Er stirbt auf dem Rückmarsch infolge eines Sturzes mit dem Pferde. [8–7.] +Tiberius+, sein Nachfolger im Oberbefehl, bringt einen Teil der germanischen Völkerschaften auf dem rechten Rheinufer zur Anerkennung der römischen Oberhoheit. Er zieht sich dann (6) nach +Rhodus+ zurück und kommt erst 7 Jahre später nach Verbannung seiner Gemahlin Julia wieder nach Rom. ~Christus geboren~ vier oder sechs Jahre vor dem Beginn unserer Zeitrechnung.[29] Das Christentum, langsam sich ausbreitend im römischen Reiche, entfaltet nach dem Untergange desselben seine weltbezwingende Macht. [nach Chr. 4–5.] +Tiberius+, in den letzten Jahren der Regierung des Augustus schon beinahe Mitregent, durchzieht von neuem das nördliche Germanien, besiegt die +Langobarden+ an der unteren Elbe. Römische Statthalter verwalten das Gebiet zwischen Rhein und Elbe. Der unter Tiberius’ Anführung schon begonnene Angriff auf das +suebische+ Reich des +Marbod+ (in Böhmen) wird unterbrochen (6–9) durch einen gefährlichen Aufstand der illyrischen und pannonischen Völkerschaften. [~9.~] Drei römische Legionen unter ~P. Quinctilius Varus~ werden im ~Teutoburger Walde~ von dem Cheruskerfürsten ~Arminius~ vernichtet. Germanien bis zum Rhein befreit, +Tiberius+ aber sichert die Rheingrenze. [14.] Augustus stirbt in +Nola+ im 76. Lebensjahre. Eine von ihm selbst verfaßte Übersicht seiner Taten (+Res gestae divi Augusti+) ist in einer Tempelinschrift zu Ancyra (Angora) in Galatien erhalten (+monumentum Ancyranum+). [14–37.] ~Tiberius~ (vollständig: +Tiberius Claudius Nero+), des Augustus Stief- und Adoptivsohn, geb. 42, tüchtiger Herrscher, jedoch hart und argwöhnisch. Das Recht der Beamtenwahlen und die Bestätigung der Gesetze wird von den +Komitien+ auf den +Senat+ übertragen. Die an republikanischen Erinnerungen festhaltende Aristokratie wird in strenger Abhängigkeit gehalten, besonders durch Anklagen +de maiestate+ (die auch schon zur Zeit der Republik vorkamen) bei der kleinsten Beleidigung des Fürsten; Belohnung der Angeber (+delatores+). Gute Verwaltung in den Provinzen. [14–16.] Drei Feldzüge des Neffen des +Tiberius, Drusus Cäsar Germanicus+, (von Köln aus) über den Rhein gegen die Germanen, der zweite und dritte mit einer Flottenfahrt in die Emsmündung verbunden. Beim zweiten wird die Stätte der Niederlage des Varus berührt; beim dritten Sieg der Römer auf dem +Campus Idisiaviso+ jenseits der +Weser+ über Arminius, aber keine Unterwerfung des Landes. Die Flotte bei der Rückkehr durch Sturm zerstreut. [17.] Germanicus, von Tiberius abgerufen und nach dem Orient gesandt, setzt in Armenien einen König ein, macht +Kappadokien+ zur römischen Provinz, gerät in Syrien mit dem Statthalter L. Calpurnius Piso in Streit. Sein Tod im 34. Lebensjahr (19 in Antiochia an Gift?) in Rom sehr beklagt. In Deutschland Krieg zwischen +Armin+ und +Marbod+, letzterer aus seinem Reiche vertrieben, findet bei den Römern Aufnahme († zu Ravenna). Armin wird von seinen eigenen Verwandten, die ihn des Strebens nach der Königsherrschaft beschuldigen, 37 Jahre alt, getötet (21). [23.] +L. Aelius Seianus+, Befehlshaber der +Prätorianer+ (S. 122), erhebt sich zum übermächtigen Günstling des alternden Kaisers, der 27 seinen Aufenthalt dauernd auf der Insel +Capreae+ (Capri) nimmt. Sejan vergiftet +Drusus+, den einzigen Sohn des Kaisers, und bewirkt die Verbannung der +Agrippina+, Witwe des Germanicus. [31.] Sturz Sejans; nach ihm werden viele Senatoren als Teilnehmer an seiner Verschwörung hingerichtet. +Macro+, nunmehr Praefectus praetorio, bleibt von der Willkür des mißtrauischen Kaisers abhängig. [~37–68.~] ~Das Claudische Herrscherhaus,~ durch Adoption mit dem Julischen verbunden: +Tiberius+ Claudius Nero. Nero Claudius +Drusus+. †37 n. Chr. †9 v. Chr. | _____________|_________ | | | Drusus †23 +Drusus Germanicus.+ Tib. +Claudius+ Nero. n. Chr. †19 n. Chr. †54. Gem. Agrippina. | ___________|________ | | | Octavia, Britanniens. Agrippina d. j., +Caligula+. | †41. | L. Domitius (+Nero+) †68. [~37–41.~] ~Caligula~ (+Gaius Cäsar Germanicus+), der jüngste Sohn des Germanicus, von den Soldaten als Knabe +Caligula+ (Stiefelchen) benannt, zeigt sich bald als grausamer (+oderint, dum metuant!+), jeder Schranke spottender Despot. Schwelgerei, Selbstvergötterung, unnütze Feldzüge nach der Rheingrenze und der gallischen Küste. Nach seiner Ermordung durch die Prätorianer wird von diesen zum Imperator ausgerufen sein Oheim [~41–54.~] ~Claudius~ (+Tiberius Claudius Nero Germanicus+), jüngerer Bruder des Germanicus, ein wohlmeinender, aber schwacher Fürst, beherrscht von Günstlingen und von seinen Gemahlinnen: 1. der sittenlosen +Messalina+ und, nachdem er diese (48) hat töten lassen, 2. der herrschsüchtigen +Agrippina+, Tochter des Germanicus. [43.] Beginn der Eroberung +Britanniens+ unter dem Oberbefehl des +A. Plautius+ (dessen Legat +T. Flavius Vespasianus+); der südliche Teil wird römische Provinz. Unter Claudius’ Regierung werden außerdem folgende Provinzen eingerichtet: in Afrika +Mauretania+, im Orient +Lycia+ und +Thracia+. +Iudaea+, von 40 vor Chr. bis 6 nach Chr. und dann wieder 41–44 nach Chr. abhängiges Königreich, wird wieder zur Provinz +Syrien+ gezogen. +Agrippina+ überredet den Claudius, den +L. Domitius+, ihren Sohn aus früherer Ehe, zu adoptieren (bei der Adoption erhält er den Namen +Nero+) und zum Thronfolger zu ernennen an Stelle seines eigenen Sohnes +Britannicus+ (von der +Messalina+), dessen Schwester +Octavia+ zur Gemahlin Neros bestimmt wird. Als Neros Adoption den Kaiser gereut, vergiftet ihn Agrippina. [~54–68.~] ~Nero~ (+Nero Claudius Cäsar Drusus Germanicus+), von den Prätorianern zum Imperator ausgerufen, in den ersten Jahren geleitet von dem Praefectus praetorio +Afranius Burrus+ und seinem Lehrer +L. Annaeus Seneca+. Er vergiftet (55) seinen Stiefbruder +Britannicus+, mit dessen Erhebung zum Imperator ihm Agrippina gedroht hatte, läßt (59) seine Mutter +Agrippina+ selbst töten, verstößt seine Gemahlin +Octavia+, die er später ebenfalls töten läßt, und heiratet +Poppaea Sabina+, die Gemahlin Othos. Ausschweifungen und Grausamkeiten; er tritt öffentlich im Wettkampf als Wagenlenker, Schauspieler und Sänger auf. Kriechende Unterwürfigkeit des Senats, [61.] Aufstand in Britannien, von +Suetonius Paulinus+ unterdrückt. [58–63.] Krieg gegen die Parther und Armenier. Nach Einnahme und Zerstörung von +Artaxăta+ bringt +Domitius Corbŭlo+ in Armenien den König +Tiridates+ zur Anerkennung der römischen Oberhoheit. [~64.~] Eine sechstägige und bald darauf eine nochmalige dreitägige +Feuersbrunst+ (nach unbegründetem Gerücht auf Neros Befehl angelegt) zerstört einen großen Teil der Stadt Rom. Nero beschuldigt die +Juden+ und die +Christengemeinde+ Roms der Brandstiftung und verhängt grausame Strafen über sie (+erste Christenverfolgung+). Großartige Neubauten in Rom, breitere Straßen. Der Kaiserpalast wird vom Palatin bis über den Esquilin ausgedehnt (+domus aurea+). [65.] Verschwörung des +C. Calpurnius Piso+ entdeckt, viele Hinrichtungen; +Seneca+ genötigt, sich selbst zu töten. [68.] Aufstand in Gallien (+C. Julius Vindex+) und im diesseitigen Spanien, dessen Statthalter, der 73jährige +Sulpicius Galba+, zum Imperator ausgerufen wird. Nero, erst kürzlich von einer großen Kunstreise nach Griechenland zurückgekehrt, flieht und tötet sich auf dem Landgute eines seiner Freigelassenen in der Nähe von Rom. Das Reich wird nach dieser verderblichen Regierung abermals durch +Bürgerkriege+ zerrüttet: [~68–69.~ Juni–Jan.] ~Galba~ (+Servius Sulpicius Galba+), der sich bald durch unzeitige Strenge und Sparsamkeit verhaßt macht. Die Prätorianer ermorden ihn und erheben an seiner Stelle [~69.~ Jan.–Apr.] ~Otho~ (+Marcus Salvius Otho+), einen ehemaligen Günstling Neros. Schon vorher war von den Legionen am Rhein zum Imperator ausgerufen [~69.~ Apr.–Dez.] ~Vitellius~ (+Aulus Vitellius+), der, nachdem seine Legaten den Otho bei +Bedriacum+ (östlich von +Cremona+) besiegt haben und dieser sich selbst getötet hat, in Rom einrückt und die Stadt zum Schauplatze seiner Prasserei und Verschwendung macht. Er wird bei einem Straßenkampf in Rom umgebracht. [~69–96.~] ~Die drei Flavier~: [~69–79.~] ~Vespasianus~ (+Titus Flavius Vespasianus+), besonders auf Betreiben des Statthalters von Syrien, +Licinius Mucianus+, zum Imperator ausgerufen, während er in Palästina seit 66 gegen die aufständischen Juden Krieg führt. Er übergibt seinem Sohne +Titus+ den Oberbefehl und kommt nach längerem Aufenthalt in +Alexandrīa+ nach Rom, wo inzwischen Vitellius durch das siegreiche Eindringen der Donauarmee (+Antonius Primus+) beseitigt ist. -- Wiederherstellung der Mannszucht im Heere, der Ordnung in den Finanzen. Der Kaiser gibt das Beispiel strengerer und einfacher Sitte, sorgt für öffentlichen Unterricht von Staats wegen (Grammatik und Rhetorik). [~69–71.~] ~Aufstand der Batāver unter Claudius Civīlis,~ einem ihrer Häuptlinge aus fürstlichem Geschlecht. Die Aufständischen geben anfangs vor, nicht gegen das römische Reich, sondern +gegen Vitellius+ und +für Vespasianus+ zu kämpfen. Dadurch gelingt es ihnen, einen Teil der römischen Soldaten für sich zu gewinnen. +Civilis+ schlägt die Römer wiederholt und dringt, durch beutelustige rechtsrheinische Germanen unterstützt, weit in Gallien vor. Ein großer Teil der gallischen Völkerschaften fällt ihm zu; es tritt der Plan hervor, ein unabhängiges +gallisches Reich+ zu gründen. Nachdem aber die Herrschaft Vespasians in Rom befestigt ist, macht +Petilius Cerialis,+ begünstigt durch die unter den verbündeten Völkern ausgebrochenen Zwistigkeiten, dem Aufstand ein Ende und unterwirft ganz Gallien wieder der römischen Herrschaft. [~70.~ (Septbr.)] ~Titus erobert und zerstört Jerusalem~ nach langer, hartnäckiger Verteidigung. Schreckliches Strafgericht über die zum Osterfest dort zusammengekommenen Juden. Triumphbogen in Rom errichtet im Anschluß an andere Bauten Vespasians (Templum Pacis; +Amphitheatrum Flavium,+ auch +Colosseum+ genannt). [78.] +Gn. Iulius Agricola,+ Schwiegervater des Geschichtschreibers +Tacitus+, wird Statthalter in Britannien. Dem Vespasian folgt sein Sohn [~79–81.~] ~Titus~ (+Titus Flavius Vespasianus+), der die ihm entgegengebrachten Befürchtungen durch milde und sorgsame Regierung glänzend widerlegt (+»amor et deliciae generis humani«+). [79.] Ausbruch des Vesuvs. +Herculanĕum+ durch Lava, +Pompeii+ durch Asche und Schlamm verschüttet (Ausgrabungen seit 1719 und 1748). Tod des älteren +Plinius,+ Anführers der römischen Flotte in Misenum. -- Dem Titus folgt sein ihm unähnlicher Bruder [~81–96.~] ~Domitianus~ (+Titus Flavius Domitianus+), der mit der Zeit immer mehr zum habsüchtigen und grausamen Despoten wird. [84.] Feldzug gegen die Chatten. Im Anschluß daran wird der großartige Grenzwall (+limes+) zwischen dem mittleren Rhein und der oberen Donau (von Rheinbrohl bis Kehlheim) begonnen. Eins der dazu gehörenden Kastelle ist in der +Saalburg+ wieder erstanden. Das dahinter liegende Land als Zehntland (+agri decumates+) mit der Provinz +Germania superior+ (Hauptstadt Moguntiacum, Mainz) verbunden. [81–84.] Glückliche Feldzüge des ~Agricola~ in Britannien, die römische Herrschaft bis nach Schottland hinein ausgedehnt. [86–90.] Erfolgloser Krieg gegen die Dacier; Domitian soll vom Könige +Decebălus+ den Frieden erkauft haben. [96.] Domitian durch eine Palastverschwörung ermordet. [~96–192.~] ~Nerva und seine Adoptivfamilie~: [~96–98.~] ~Nerva~ (+Marcus Cocceius Nerva+), ein 64 jähriger Senator, durch die Mörder Domitians und den Senat auf den Thron erhoben, stellt die Majestätsprozesse ab, ruft die Verbannten zurück, vermindert die Abgaben, legt den Grund zur Einrichtung der +Alimentatio+, d. h. Staatsunterstützung zur Erziehung der Kinder, in Italien. Er adoptiert und ernennt zu seinem Mitregenten und Nachfolger [~98–117.~] ~Trajan~ (+Marcus Ulpius Traianus+), Statthalter der Provinz +Germania superior+, geboren 53 in der römischeu Kolonie +Italica+ in Spanien, den ersten Nicht-Italiker auf dem Throne der Cäsaren. Trefflicher Regent und Feldherr. Großartige Bauten in Rom (+Forum Traiani+); Straßen und Häfen in den Provinzen, der Hauptteil des germanischen Grenzwalls gebaut. [101–107.] Unterwerfung des Landes ~Dacien~ (Rumänien und Siebenbürgen). Die römischen Legionen dringen aus Mösien und Pannonien (Kolonie +Sirmium+ an der Save) über die Donau vor, erstürmen Sarmizegethusa, die Hauptstadt des +Decebălus+; eine steinerne Brücke wird (unterhalb Orsova) über die Donau gebaut. Decebalus unterwirft sich (102), doch wird 105 neuer Krieg nötig; 107 wird das Land römische +Provinz+. Ansiedlung zahlreicher Kolonisten, von denen die heutigen +Rumänen+ abstammen. Darstellung des Krieges auf den Reliefs der Trajanssäule in Rom. [105.] Einrichtung der römischen Provinz ~Arabia~ durch den Statthalter von +Syrien+, A. Cornelius Palma, (das Land östlich und südlich von Damaskus und Judäa, bis zum Roten Meere; Hauptstadt +Petra+). [114–116.] Krieg Trajans gegen die ~Parther~. Der Neffe des Partherkönigs +Chosroës+ wird aus Armenien vertrieben. +Armenia+, +Mesopotamia+, +Assyria+ römische Provinzen. Trajan erobert +Seleucia+ und +Ktesiphon+ am Tigris, fährt zu Schiff den Tigris hinunter bis zum Persischen Meerbusen, setzt bei den Parthern einen Vasallenkönig ein, stirbt auf der Rückkehr in +Cilicien.+ [~117–138.~] ~Hadrian~ (+Publius Aelius Hadrianus+), von seinem Verwandten Trajan adoptiert. Friedliebend, auf sorgsame Verwaltung des Reiches bedacht, gelehrt und kunstliebend. Er gibt die neuen Provinzen +Armenia+, +Mesopotamia+ und +Assyria+ wieder auf, so daß der Euphrat die östliche Grenze des Reiches bildet, stellt in +Mösien+ und +Dacien+ die Ruhe wieder her, regiert in Rom in gutem Einverständnis mit dem Senat. +Rundreisen+ durch die Provinzen des Reiches (121–126, 129–134), um überall die Wohlfahrt zu fördern; sein Günstling und Begleiter Antinous; längerer Aufenthalt in +Athen+, wo er einen neuen Stadtteil anlegt und den Zeustempel (S. 36) vollendet. In Rom erbaut er den Doppeltempel der Venus und Roma; sein großes Grabmal Mausoleum Hadriani, jetzt die Engelsburg. Seine Villa bei +Tibur+ (Tivŏli) mit prächtigen Gartenanlagen. In Britannien +Grenzwall+ gegen die Picten und Scoten (von Newcastle bis zum Solwaybusen). Sammlung der Edikte früherer Prätoren (+Edictum perpetuum+) durch den Rechtsgelehrten +Salvius Iulianus+; daran knüpft sich die weitere Ausbildung der Rechtsgelehrsamkeit, welche für den inneren Bestand des großen Reiches von der höchsten Bedeutung war. [132–135.] Aufstand der ~Juden~ wegen Anlegung der Kolonie +Aelia Capitolina+ an der Stelle des zerstörten Jerusalem. Ihr Anführer Bar-Kochba. Verzweifelter Kampf; Niederlage und +Zerstreuung+ der Juden. Eine +christliche+ Gemeinde sammelt sich bald wieder an der heiligen Stätte; der Name +Jerusalem+ wird später wieder hergestellt. [~138–161.~] ~Antoninus Pius~ (+Titus Aurelius Antoninus Pius+), von Hadrian adoptiert. Friedliche, segensreiche Regierung, jedoch die Grenzen des Reiches kräftig gegen die Angriffe der Barbaren geschützt. Zweiter Grenzwall in Britannien (vom Forth zum Clyde). Gemäß der von Hadrian festgesetzten Erbfolgeordnung folgt ihm sein Neffe [~161–180.~] ~Marcus Aurelius Antoninus~, weiser und tätiger Regent, hochgebildet (Schüler des Redners +Cornelius Fronto+), stoischer Philosoph, bis 169 gemeinschaftlich mit seinem Adoptivbruder, dem ausschweifenden ~Lucius Verus~. [162–165.] Krieg gegen die ~Parther~, unter Oberleitung des +L. Verus+, der sich aber bald in Antiochia dem Wohlleben hingibt, während seine Legaten den Krieg glücklich führen. Ein +Teil+ Mesopotamiens wird wieder römische Provinz (S. 130). [166–180.] Krieg mit den ~Markomannen~ und ~Quaden~ (in Böhmen). Marcus Aurelius kämpft mit wechselndem Glück gegen die immer von neuem andringenden Barbaren. Während eines kurzen Friedens mit ihnen Besiegung des aufständischen +Avidius Cassius+ in Syrien, 175. Triumph in Rom 176; der Senat errichtet dem Kaiser eine Reiterstatue, die noch heute das Kapitol schmückt. Ehe es dem Kaiser gelingt, die Grenze des Reiches an der Donau völlig zu sichern, stirbt er in +Vindobŏna+ (Wien). Ihm folgt sein entarteter Sohn [180–192.] ~Commodus~, der mit den Germanen Frieden schließt und sich in Rom, die Regierung meist den Praefectis praetorio (S. 122) überlassend, Ausschweifungen und seinem immer mehr hervortretenden Hange zu Grausamkeiten hingibt. Er wird endlich von seiner Umgebung ermordet. ~Silbernes Zeitalter der römischen Literatur.~ Philosophische Schriften und Briefe des Stoikers +L. Annaeus Seneca+ († 65); sein Neffe +M. Annaeus Lucanus+ verfaßt ein Epos Pharsalia. Epigramme des +Martialis+, Satiren des +Persius+ und +Iuvenalis+. M. Fabius +Quintilianus+ Lehrer der Rhetorik, Verfasser der Institutio oratoria. Ein Werk umfassender Gelehrsamkeit ist die Naturalis historia des +C. Plinius Secundus+ († 79). Briefsammlung seines Neffen, des +jüngeren Plinius+, welcher mit dem Geschichtschreiber +Cornelius Tacitus+ († 117), dem hervorragendsten Schriftsteller dieser Zeit, befreundet war; Tacitus’ Germania 98, Plinius Statthalter in Bithynien 111. -- Kaiserbiographien des +C. Suetonius+. ~Nachblüte der griechischen Literatur.~ Unter Augustus der Geograph +Strabo+ aus Amaseia in Pontus, der Altertumsforscher +Dionysios von Halikarnaß+, beide in Rom. Unter Trajan und Hadrian der Philosoph und Geschichtschreiber +Plutarchos+ von Chaironeia, der Perieget +Pausanias+. Um 150 der Geograph +Ptolemaios+ zu Alexandrīa, um 180 der Satiriker +Lukianos+ von Samosata, um 220 der Geschichtschreiber +Cassius Dio+. ~Ausbreitung des Christentums.~ Wirksamkeit der +Apostel+ im ersten Jahrhundert. +Paulus+ predigt in Antiochia (42), in Athen und Korinth (53), in Ephesos (55), wird 61 nach +Rom+ geführt, erleidet dort gleichwie +Petrus+ den Märtyrertod. Verfolgungen im zweiten und dritten Jahrhundert können die zahlreichen christlichen Gemeinden nicht ausrotten; das Beispiel der +Märtyrer+ (+Ignatius+ Bischof von Antiochia 115, +Polykarpos+ Bischof von Smyrna 167 und viele andere) wirkt erhebend. Christliche Schriftsteller: +Clemens+, Bischof von Rom (um 90), +Clemens+ in Alexandria (200), +Tertullianus+ in Karthago (200), +Origenes+ in Alexandria (230), +Cyprianus+ in Karthago (230), +Lactantius+ in Nicomedia (300), +Eusebios+, Bischof von Cäsarea (330), +Augustinus+, Bischof von Hippo Regius (354–430), s. S. 141. [~193–284~.] ~Zeit der Soldatenkaiser.~ Der Mangel einer festen Erbfolge stürzt das römische Reich oftmals in Verwirrung; dennoch behauptet es sich noch lange gegen die andringenden Barbaren. Nach den kurzen Regierungen der von den Prätorianern erhobenen Kaiser +Pertinax+ und +Didius Iulianus+ folgt der von den illyrischen Legionen zum Kaiser ausgerufene Statthalter von Pannonien [~193–211.~] ~Septimius Severus~, welcher vom Senat anerkannt wird und sich gegen die anderen Prätendenten (+Pescennius Niger+ im Orient, +Clodius Albinus+ in Britannien und Gallien) behauptet. Umwandlung der bisher aus Italikern bestehenden +Prätorianer+ in eine aus allen Provinzlegionen sich ergänzende Truppe. Verbesserung der Rechtspflege (die Juristen +Papinianus, Ulpianus, Paulus+). Erfolgreicher Krieg gegen die +Parther+, ihre Hauptstadt +Ktesiphon+ 197 zerstört; die Provinz +Mesopotamien+ wiederhergestellt. (Hauptstädte Edessa und Nisibis). Zug nach Britannien 208; der Grenzwall Hadrians wiederhergestellt. +Septimius+ stirbt in +Eburācum+ (York). Sein Sohn [211–217.] ~Caracalla~ (+M. Aurelius Antoninus+) ermordet seinen Bruder und Mitregenten ~Geta~ mit Tausenden seiner Anhänger, darunter +Papinianus+. Durch die +Constitutio Antoniniana+ 212 Erteilung des römischen Bürgerrechts an alle freien Provinzialen. Aber auch von der Grausamkeit und Habsucht des Kaisers werden die Provinzen in weitem Umfange betroffen (das Blutbad in +Alexandrīa+ 215). Caracalla bekämpft 213 die +Alamannen+ jenseits des Grenzwalls, 214 die +Goten+ an der unteren Donau, greift 216 die Parther an, wird in Mesopotamien auf Anstiften des Praefectus praetorio ~Macrinus~ ermordet. Dieser, vom Heere zum Nachfolger erwählt, erkauft von den Parthern den Frieden. Die Soldaten rufen zum Imperator aus den 14jährigen +Varius Avitus Bassianus+, genannt [218–222.] ~Elagabălus~, Sonnenpriester zu Emĕsa in Syrien, der für einen Sohn Caracallas ausgegeben wird. Macrinus, bei Antiochia besiegt, wird in Kleinasien verhaftet und hingerichtet. Elagabalus überläßt sich in Rom den schändlichsten Ausschweifungen; die Regierung führt seine Großmutter +Julia Maesa+, Schwester der Mutter Caracallas. Er wird von den Prätorianern ermordet; ihm folgt sein Vetter [~222–235.~] ~Alexander Severus~, von den besten Absichten beseelt, aber schwankend und nicht energisch, geleitet von seiner Mutter +Julia Mamaea+, Tochter der Julia Maesa, und von den Rechtsgelehrten +Domitius Ulpianus+ und +Julius Paulus+. Seine Maßregeln zur Herstellung der Mannszucht im Heere veranlassen Empörungen; bei einer derselben wird +Ulpianus+, der Befehlshaber der Prätorianer, ermordet. [~226.~] Infolge der Auflösung des +Partherreiches+ unter den Arsakiden (S. 65) und Stiftung des ~Neupersischen Reichs~ (Dynastie der +Sassaniden+) erwächst dem römischen Reiche ein neuer gefährlicher Feind im Orient, doch wird im Kriege (231–33) die Reichsgrenze vorerst noch behauptet, Nach Ermordung des Alexander Severus am Rhein erheben die Soldaten auf den Thron ihren Feldherrn [235–238.] ~Maximinus Thrax~, einen Thraker von außerordentlicher Größe und Stärke. Siegreicher Zug über den Rhein, dann nach der untern Donau. Unterdessen wird in Afrika zum Imperator ausgerufen der 80jährige Senator +Gordianus I.+, der seinen Sohn +Gordianus II.+ zum Mitregenten ernennt, bald aber sich selbst tötet, nachdem der Sohn in Afrika kämpfend gefallen. +Maximinus+, vom Senat für abgesetzt erklärt, wird bei der Belagerung von +Aquileia+ von den Soldaten getötet. -- Die Prätorianer erheben Gordians I. Enkel, ~Gordianus III.~, auf den Thron. Dieser wird nach glücklicher Beendigung eines Krieges gegen die Neuperser 244 ermordet auf Veranlassung des Praefectus praetorio ~Philippus Arabs~, eines Mannes von semitischer Abkunft, welcher 248 das +tausendjährige Bestehen+ des römischen Reiches feiert, 249 von den mösischen Legionen unter ihrem Feldherrn ~Decius~ besiegt und getötet wird. Unter diesem Kaiser [~250.~] Allgemeine ~Christenverfolgung~, nachdem man längere Zeit die Christen hatte gewähren lassen. Decius schlägt die +Goten+, welche +Thrakien+ plündern, verliert aber Sieg und Leben, als er sie nach der Donau hin verfolgt (251). Die Legionen erwählen den Feldherrn ~Gallus~, unter dessen ebenfalls kurzer Regierung die Pest in mehreren Provinzen des Reiches wütet. Er wird 253 ermordet von dem gegen die +Goten+ siegreichen ~Aemilianus~, dieser nach kaum 4 Monaten von [253–260.] ~Valerianus~, der seinen Sohn ~Gallienus~ zum Mitregenten annimmt. Beide kämpfen gegen die fortwährend erneuten Einfälle germanischer Heerhaufen, namentlich der +Franken+ in Gallien und Spanien, der +Alamannen+ in Ober-Italien (bei Mailand besiegt), der +Goten+ in die Balkan-Halbinsel und Kleinasien. Unglücklicher Feldzug des +Valerianus+ gegen die Perser; er wird bei +Edessa+ geschlagen, gefangen und (als 70jähriger Greis) bis zu seinem Tode von dem König Sapores als Sklave umhergeschleppt. Gegen ihn und seinen Sohn [260–268.] ~Gallienus~ tritt eine große Anzahl von Gegenkaisern auf, während die Barbaren ihre Einfälle in das römische Gebiet fortsetzen. Längere Zeit behaupten sich +Postumus+ in Gallien und +Odaenathus+ (aus Palmȳra) in Syrien. Letzterer wird von Gallienus als Mitregent für den Orient anerkannt; nach seiner Ermordung (267) herrscht seine Gemahlin +Zenobia+ in Palmȳra. Gallienus wird vor Mediolanum, wo er den Prätendenten +Aureŏlus+ belagert, von Verschwörern ermordet. Diese erheben auf den Thron [268–270.] ~Claudius II.~, einen erfahrenen Feldherrn, der nach Hinrichtung des Aureolus die +Alamannen+ am Gardasee, +die Goten+ bei Naissus in Mösien (an der Morawa) besiegt. Ihm folgt [~270–275~.] ~Aurelianus~, der Hersteller des Reiches (+Restitutor orbis+). Er schließt mit den Goten Frieden, indem er die Provinz +Dacien+ aufgibt. Die Donau von jetzt ab Reichsgrenze; der größte Teil der römischen Kolonisten wird nach +Mösien+ zurückversetzt. Aurelian vertreibt die abermals in Italien eingedrungenen Alamannen und Markomannen und beginnt zum Schutze Roms vor den Barbaren den Bau einer neuen +Stadtmauer+, welche die erweiterte +Kaiserstadt+ umfaßt. Er unterwirft +Syrien+, belagert und zerstört +Palmyra+ (273), nimmt Zenobia gefangen und erobert +Ägypten+ wieder. Nachdem er so den Orient unterworfen, wendet er sich gegen +Tetricus+ in Gallien, der, bei Châlons besiegt, sich ergibt. Nach kurzem Aufenthalt in Rom reist er wieder in die östlichen Provinzen, wird aber unweit Byzanz von Verschwörern ermordet. Auf Ansuchen des Heeres ernennt der Senat in Rom zum Augustus den 75jährigen Senator [275–276.] ~Tacitus~, der die +Alanen+ und +Goten+, welche in Kleinasien eingefallen waren, schlägt, aber bald von den Soldaten ermordet wird. [276–282.] ~Probus~ schlägt am Rhein die +Franken+ und +Alamannen+, an der Donau die +Burgunder+, +Vandalen+ und +Goten+ zurück, stellt den Grenzwall (+limes+) zwischen Rhein und Donau wieder her, fördert den Weinbau in Gallien, am Rhein und an der Mosel, sichert auch Syrien und Mesopotamien gegen die Perser. Starke Ansiedelung von Barbaren in den Grenzgebieten des Reiches. Als er in Pannonien die Soldaten zu Kanal- und Wegebauten nötigt, wird er bei Sirmium von ihnen erschlagen, [282–284.] ~Carus~ besiegt an der unteren Donau die +Sarmaten+ und dringt, während der germanische Grenzwall mit den +agri decumates+ an die +Alamannen+ verloren geht, erfolgreich gegen die +Perser+ vor, stirbt aber bald nach der Einnahme von +Ktesiphon+ (vom Blitze erschlagen?). Das heimkehrende Heer wählt in Chalkēdon zum Kaiser den Feldherrn [~284–305.~] ~Diocletianus~, welcher dem römischen Reiche eine neue Verfassung gibt auf Grund der ~unbeschränkten Monarchie~. Der Senat verliert allen Einfluß auf die Regierung, +Rom+ nicht mehr Wohnsitz des Kaisers. Strenges Hofceremoniell nach orientalischer Art. Der Kaiser trägt das Diadem, läßt sich mit Dominus anreden. Neuordnung der Verwaltung, die Provinzen verkleinert und an Zahl vermehrt (101 Provinzen, in 12 +Diöcesen+ geordnet; auch Italien in Provinzen geteilt). Steigender Abgabendruck. Zum +Mitregenten+ (mit dem Titel Augustus) ernennt Diocletian, indem er sich außer der allgemeinen Oberleitung die Regierung des Ostens vorbehält (Residenz +Nicomedia+ in Bithynien), seinen Waffengefährten ~Maximianus~ (Residenz +Mediolanum+, Mailand). [293.] ~Diocletian~ ernennt zwei Cäsaren: 1. ~Constantius Chlorus~, der seine Gemahlin +Helĕna+, eine Christin, verstoßen und die Stieftochter Maximians heiraten muß; er erhält die Verwaltung von +Gallien, Britannien+ und +Spanien+ (Residenzen +Augusta Treverorum+ (Trier) und +Eburācum+ (York)), während +Maximianus+ die Verwaltung von +Italien+ und +Afrika+ behält; 2. ~Galerius~, welcher Diocletians Schwiegersohn wird und die Verwaltung von +Illyricum+ (mit Makedonien und Griechenland, Residenz +Sirmium+ a. d. Save) übernimmt. Die vier Regenten sorgen im Einverständnis miteinander für die Verwaltung und den Grenzschutz, Diocletian selbst namentlich in Ägypten, Galerius am Euphrat gegen die +Perser+. Der Tigris als Grenzfluß festgesetzt. +Edictum de pretiis+ 301 zur Abstellung des Wuchers. Glänzende Bauten in +Trier+. [~303.~] Allgemeine ~Christenverfolgung~, durch Constantius in seinen Provinzen gemildert. [305.] +Diocletian+ († 313 in Salona in Dalmatien) und +Maximian+ danken ab, ~Constantius~ und ~Galerius~ werden Augusti; letzterer setzt die Christenverfolgung fort. Die beiden nach seinem Vorschlag von Diocletian ernannten Cäsaren kommen nicht zu Ansehen; in den westlichen Provinzen übernimmt 306 ~Constantinus~, Sohn des Constantius und der Helena, nach dem Tode des Vaters die Regierung, in Rom erheben die Prätorianer ~Maxentius~, den Sohn Maximians. [312.] Nach Galerius’ Tode Krieg zwischen Maxentius und +Konstantin+; dieser dringt in Italien ein und siegt bei +Turin+ und bei +Saxa rubra+ unweit Rom +(hoc signo vince!+); Maxentius ertrinkt auf der Flucht im Tiber. Konstantin erkennt ~Licinius~ an, welchen Galerius zum Mitregenten des Ostens ernannt hatte, und erläßt 313 in Mailand ein ~Edikt zum Schutze der Christen~. Nach einiger Zeit entsteht Krieg zwischen den beiden Herrschern; Licinius, 323 in zwei Schlachten, bei Adrianopel und bei Chalkēdon, besiegt, ergibt sich und wird 325 hingerichtet. [~328–337.~] ~Konstantin der Große Alleinherrscher.~ Das ~Christentum~ wird vom ~Staate anerkannt~ und dem Heidentum gegenüber begünstigt. [~325.~] Erste ~allgemeine Kirchenversammlung~ (ökumenisches Konzil), unter Vorsitz des Kaisers zu ~Nicaea~ in Bithynien. Der +Arianismus+, d. h. die Lehre des +Arius+, ehemaligen Presbyters in +Alexandria+, von der Gott dem Vater nur +ähnlichen+ Natur Christi wird verworfen; die Lehre des +Athanasius+ (späteren Bischofs von Alexandria) von der Gott dem Vater +gleichen+ Natur Christi wird durch das +Symbŏlum Nicaenum+ zum Dogma der Kirche erhoben. [330.] Konstantin erwählt +Byzantium+ unter dem Namen ~Constantinopolis~ zur Hauptstadt. Die Reichsverwaltung wird auf den von +Diocletian+ geschaffenen Grundlagen abschließend geordnet; Einteilung in 4 Präfekturen (+Oriens, Illyricum, Italia, Galliae+), mit 14 Diöcesen und ~117~ Provinzen. Strenge Rangordnung der Beamten, 7 Minister bekleiden die obersten Hofämter, Staatsrat (+consistorium principis+), Trennung der Zivil- und Militärgewalt. Neue Abgabenordnung. Abschaffung der Prätorianer. Verminderung der Truppenzahl der Legionen, dafür Erhöhung der Anzahl der Legionen auf 175. Den Oberbefehl führen 2 Kronfeldherren (magistri militum), 5 magistri der Reiterei und des Fußvolkes, unter ihnen stehen die Comites und Duces (Grafen und Herzoge). Konstantin empfängt kurz vor seinem Tode die Taufe und teilt die Verwaltung des Reiches unter seine drei Söhne als +Augusti+ und zwei Neffen als +Cäsaren+. Nachdem er in Nikomedia gestorben ist, werden die beiden Cäsaren getötet. Die drei Augusti geraten bald in Streit: +Constantinus II.+ wird 340 bei Aquileia erschlagen, als er gegen +Constans+, der in Italien herrscht, zu Felde zieht. ~Constantius II.~ schützt den Osten gegen die Perser, vereinigt nach Constans’ Tode 350 das ganze Reich. Sein Vetter +Julianus+ besiegt als Statthalter Galliens 357 die Alamannen bei +Argentoratum+ (Straßburg) und bekämpft erfolgreich die Franken; die Soldaten rufen ihn 361 zum Kaiser aus. Constantius stirbt auf dem Zuge gegen ihn. [361–363.] ~Iulianus~, genannt +Apostăta+, weil er als Anhänger der heidnischen Philosophie (Schule der Cyniker) das Christentum verläßt und eine Wiederherstellung des heidnischen Götterdienstes in gereinigter Form versucht. Er muß bald einen Krieg gegen die +Perser+ beginnen, besiegt sie bei +Ktesiphon+, stirbt aber auf dem Rückzuge an einer Wunde. Die Soldaten erheben zum Kaiser den +Christen+ ~Iovianus~, der mit den Persern Frieden schließt, aber schon 364 stirbt. [364–375.] ~Valentinianus~, in +Nicaea+ erwählt, ebenfalls Christ, teilt abermals das Reich, ernennt seinen Bruder ~Valens~, einen Arianer, zum Mitregenten für den Osten; beide um gute Verwaltung des Reiches bemüht. Herabsetzung der Steuern. Edikt gegen die Schenkungen an den Klerus und die Kirche. Religiöse Duldung auch gegen die Heiden geübt. Die Regierung des Westens übernimmt 375 Valentinians Sohn ~Gratianus~, schon vorher Mitregent. [375.] ~Beginn der Völkerwanderung~ (s. S. 140). Nachdem Valens bei +Adrianopel+ (378) gegen die Westgoten gefallen ist, erhebt Gratianus den Spanier [379–395.] ~Theodosius~ zum Mitregenten und übergibt ihm die Verwaltung des Ostens. Theodosius schreitet mit wachsender Entschiedenheit gegen das Heidentum ein. Gratian fällt 383 im Kampfe gegen den in Britannien von den Soldaten erhobenen ~Maximus~; Theodosius erkennt diesen als Herrscher des Westens an, doch soll Italien dem Bruder Gratians, +Valentinian II.+, verbleiben. Als Maximus dennoch in Italien eindringt, wird er 388 von den Truppen des Theodosius in Aquileia getötet. Gute Reichsverwaltung, glänzende Bauten in Konstantinopel. 381 Konzil zu Konstantinopel. Die athanasianische Lehre als allein berechtigt anerkannt. [390.] Aufstand in Thessalonike, von Theodosius grausam bestraft; 7000 Menschen im Cirkus getötet. Deshalb schließt der Bischof ~Ambrosius~ von ~Mailand~ den Kaiser von der christlichen Kommunion aus, bis er (8 Monate später) öffentlich Buße getan hat. [392.] Allgemeines +Verbot der heidnischen Opfer+, die sich auf dem Lande länger halten als in den Städten; die Heiden werden in dieser Zeit +pagani+ genannt. Letzte Feier der Spiele zu +Olympia+ (s. S. 30). [394.] Theodosius siegt bei Aquileia über den Franken +Arbogast+, der Valentinian II. gestürzt und getötet und einen Schattenkaiser ernannt hat. Das römische Reich nochmals vereinigt. [~395.~] ~Bleibende Reichsteilung~ nach Theodosius’ Tode. Sein älterer Sohn ~Arcadius~ erhält das ~oströmische Reich~ (395–1453), auch ~byzantinisches~ oder ~griechisches~ Kaisertum genannt; Hauptstadt: +Byzanz+ oder +Konstantinopel+. ~Honorius~, der jüngere Sohn, erhält das ~weströmische Reich~ (395–476); Hauptstadt +Rom+, seit 402 +Ravenna+ kaiserliche Residenz. Die Grenze bildet etwa die Verlängerung der Linie Budapest-Draumündung. Beide Reiche werden durch das Eindringen germanischer Völker gefährdet; der größte Ansturm wendet sich gegen das weströmische. [395–423.] ~Honorius~, anfangs unter Vormundschaft des Vandalen +Stilicho+, unfähig, das Reich zu schützen. [425–455.] ~Valentinian III.~, lange unter Vormundschaft seiner Mutter +Placidia+, sieht sich auf den unsicheren Besitz Italiens beschränkt. Auf ihn folgen in schnellem Wechsel ohnmächtige Kaiser, die teils von dem +Sueben+ ~Ricimer~ († 472), dem Anführer der germanischen Soldtruppen, teils vom oströmischen Kaiser ernannt werden. Zuletzt wird [476.] ~Romulus Augustus~, der Sohn eines Feldherrn +Orestes+ aus Pannonien, von den Truppen seines Vaters auf den Thron erhoben, jedoch von ~Odovakar~, dem Anführer der germanischen Truppen, abgesetzt. Odovakar beherrscht Italien, dem Namen nach unter Oberhoheit des oströmischen Kaisers +Zeno+, der ihm den Titel eines +Patricius+ verleiht und die Verwaltung der Diöcese Italien überträgt. Fussnoten: [19] Der Name herzuleiten von vitulus = Rinderland, vgl. Böotien. [20] ~Römisches Münzwesen~: Anfänglich schweres Kupfergeld, 1 As = 1 Pfund Kupfer; seit 268 v. Chr. Silbergeld: Sestertius = 2½ As, Denarius = 10 As; seit 217 v. Chr. Goldmünzen zu 20–100 Sestertien. Nach öfterem Sinken des Münzfußes war seit 217 v. Chr. der Wert des Sestertius 17½ Pf., des Denarius 70 Pf. unseres Geldes, also 100000 As = 7000 Mark. Gepräge der ältesten Kupfermünzen: Vorderteil eines Schiffes und Januskopf; Gepräge der späteren Münzen: Kopf der Göttin Roma, Victoria auf dem Zweigespann. Mit Cäsar beginnt die Sitte, den Kopf des Herrschers auf die Münzen zu prägen, nach griechischem Vorbilde, s. S. 64. [21] Cic. de rep. 2, 31, 54: +ne quis magistratus civem Romanum adversus provocationem necaret neve verberaret.+ [22] +Polybios+ setzt diesen Vertrag schon in das erste Jahr der Republik (509), doch hat die auf +Livius+ beruhende Angabe mehr Wahrscheinlichkeit. [23] Die Inschrift seines noch erhaltenen Sarkophags lautet (in saturnischem Versmaß): +Cornéliús Lucius Scipiȯ Barbátus || Gnaivód patre prognátus fórtis vir sapiénsque || quoiús fórma virtutei parisuma+ (parissima) +fúit || consól censȯr aidilis quei fuit apúd vos || Taurásiá Cisaúna Sámnió cépit || subigit omné Loucánam ópsidésque abdoúcit+. [24] Stammtafel: P. Cornelius Scipio, †211. | ___________________________________ | | P. Cornelius Scipio Africanus L. Cornelius Scipio (maior), †183. Asiaticus. | ____________________________________ | | P. Cornelius Scipio, Cornelia Augur 180. Gem. Tib. Sempronius Gracchus, Adoptivsohn: Consul 177 und 163. P. Cornelius Scipio | Aemilianus Africanus (minor) ____________________ Numantinus †129. | | Gem. Sempronia. Tib. Sempronius C. Sempronius Gracchus †133. Gracchus †121. [25] +Civitates foederatae+ waren Messana, Tauromenium, Tarrăco, Gades, Athen, Sparta, in Italien Neapolis, Rhegium, Heraclea u. a., +civitates liberae et immunes+ waren Panormus, Segesta, Dyrrhachium, Thessalonike, Amphipolis, Utica, Hadrumetum. Das Gebiet der zerstörten Städte, wie Karthago und Korinth, war +ager publicus+. [26] ~C. Julius Cäsar~, geb. 102 v. Chr., 82 als Schwiegersohn Cinnas von Sulla geächtet, dann begnadigt, tut Kriegsdienste bei der Belagerung der aufständischen Stadt +Mytilene+ und in +Cilicien+ unter P. Servilius, tritt nach Sullas Tode in +Rom+ als Redner vor Gericht auf, reist 76 nach +Rhodus+, um den Rhetor Molo zu hören (unterwegs von Seeräubern gefangen, die er später hinrichten läßt), 68 Quästor in Spanien, 65 Ädil, 63 Pontifex maximus, nachdem das Recht der Komitien, die Priesterkollegien zu wählen (S. 106), wiederhergestellt war. [27] ~M. Tullius Cicero~, geb. 106 auf einem Gut bei +Arpinum+, tut 89 Kriegsdienste im marsischen Kriege, hört dann in Rom griechische Philosophen, tritt 80 als Anwalt des S. +Roscius+ zuerst in einer causa publica vor Gericht auf, reist 79–77 nach Athen und Rhodus, 75 Quästor in Sicilien, 70 Ankläger des +C. Verres+, 69 Ädil, 66 Praetor urbanus. [28] Als Erbe Cäsars nannte sich der erste Alleinherrscher +Imperator Caesar Augustus divi Iuli filius+. [29] Der Abt Dionysius in Rom (532), dessen Berechnung durch das Ansehen der Päpste maßgebend wurde, hat die Regierung des Königs +Herodes+ (40–4 v. Chr.) unrichtig angesetzt. Herodes starb im Jahre 750 Roms: Christi Geburt ist früher. ~II. Mittlere Geschichte~ ~A. Vom Beginn der Völkerwanderung bis zum Vertrage von Verdun. 375–843.~ § 1. Völkerwanderung. In den Kulturkreis des Altertums dringen die ~Germanen~ mit frischer Volkskraft ein, zunächst vieles zerstörend. Bald aber gründen sie neue Staaten, in welche die antike Kultur aufgenommen wird. Der Schauplatz der Geschichte erweitert sich über ganz Europa; es scheiden sich +romanische+ und +germanische+ Staaten; im Osten treten die +Slaven+ hinzu. ~Sitze germanischer Volksstämme um 375 nach Chr.~ +Ostgoten+ im südlichen Rußland, +Westgoten+ in Dacien (+östl.+ Ungarn, Rumänien), +Vandalen+ in Pannonien (+südwestl.+ Ungarn), +Sueben+ in Mähren, Böhmen und Bayern, +Burgunder+ am Neckar und Main, +Alamannen+ am Oberrhein, +ripuarische Franken+ zu beiden Seiten des Niederrheins (bei Köln), +salische Franken+ in Belgien und an den Rheinmündungen, +Sachsen+ von der Elbe bis fast an den Rhein, +Thüringer+ in Mitteldeutschland, +Langobarden+ an der untern Elbe, +Friesen+ an der Nordseeküste. ~Religion und Staatswesen der Germanen~: Verehrung der Götter auf Bergen oder in heiligen Hainen; keine Tempel und Götterbilder. +Wodan+ der Himmelsgott, +Donar+ der Donnergott, +Ziu+ der Kriegsgott. Glaube an ein Fortleben der Helden nach dem Tode in +Walhalla+. Keine Städte; die Volksstämme teilen sich nach der Lage der vereinzelten Wohnstätten in +Gaue+. Unvollkommener Ackerbau, meist den +Hörigen+ (Unfreien) überlassen. Jagd und Krieg die Hauptbeschäftigung der +Freien+. Die +Versammlung der Freien+ entscheidet über Krieg und Frieden und schwere Rechtsfälle; sie wählt Gauvorsteher (Richter) und für den Kriegsfall Herzöge, meist aus den +Edlen+, die aber keinen geschlossenen Stand mit besonderen Vorrechten bilden. Kampflustige Freie schließen sich als +Gefolge+, zur Treue verpflichtet, an hervorragende Edle an. Größere Kriege führen zur Ausbildung des +Königtums+, welches während der Völkerwanderung bei den meisten germanischen Völkern durchdringt. Grenzkriege mit den Römern am Rhein und an der Donau; germanische Heerscharen oft in römischem Solde. Die +Goten+, welche um 180 von der Weichsel nach der unteren Donau vordringen, sind bis 270 gefährliche Feinde des römischen Reiches; dann meist friedliches Verhältnis. Eine Schar christlicher (arianischer) +Westgoten+ unter dem Bischof ~Ulfila~ wird 348 in +Mösien+ angesiedelt; Ulfilas +Bibelübersetzung+ das erste Schriftwerk in gotischer Sprache; er stirbt 381 in Konstantinopel. [~375.~] ~Anfang der Völkerwanderung.~ Die ~Hunnen~, ein +mongolisches, nomadisches Reitervolk+, unterwerfen, nachdem sie etwa 372 die Wolga überschritten und die nichtgermanischen +Alanen+ besiegt haben, das ~Ostgotenreich~ (am Dnjepr, König Ermanarich aus dem Geschlechte der Amăler) und stürzen sich dann auf die ~Westgoten~. Der heidnische Teil der Westgoten unter +Athanarich+ zieht sich nach Siebenbürgen und in die Karpathen zurück, der christliche unter +Fritigern+ und +Alaviv+ erhält von Kaiser +Valens+ Sitze in Mösien und Thrakien zugesichert. Streitigkeiten mit den römischen Beamten nach dem Übergang über die Donau führen zum Kampf, die Goten dringen verwüstend vor. [378.] ~Schlacht bei Adrianopel.~ +Valens+ besiegt und getötet. Sein Nachfolger +Theodosius+ schließt Frieden mit den Westgoten, welche gegen Sold und Wohnsitze in Mösien und Thrakien als +foederati+ die Grenze des römischen Reiches schützen sollen. Das ~Reich der Hunnen~ breitet sich in den Ländern +nördlich der Donau+ aus. [395.] ~Alarich~, König der Westgoten, verwüstet, da nach Theodosius’ Tode +Arcadius+ den Sold nicht zahlt, Makedonien, Illyrien und Griechenland und dringt bis in die Peloponnes vor. ~Stilicho~, Feldherr des weströmischen Reiches, kommt dem oströmischen zu Hilfe, schließt die Westgoten am Gebirge Pholoë in +Arkadien+ ein, läßt sie aber entkommen. Alarich zieht nach Illyrien, wird vom Kaiser Arcadius zum +Dux+ von Illyricum orientale ernannt. Das Vordringen der germanischen Völker richtet sich nun gegen das +west+römische Reich. [401.] Alarichs erster ~Einfall in Italien~, Stilicho tritt ihm entgegen. Schlacht bei +Pollentia+ (402); Alarich kehrt nach Illyrien zurück. [405.] Germanische Heerhaufen, namentlich +Ostgoten+ unter +Radagais+, fallen in Italien ein, werden aber von Stilicho mit Hilfe der rheinischen Legionen bei +Fäsulä+ besiegt und durch Kampf und Hunger aufgerieben. Die Rheingrenze seitdem verloren. [406.] Heerhaufen von ~Vandalen~, ~Sueben~ und ~Alanen~ ziehen aus den Donauländern unter hartem Kampf mit den Franken über den Rhein und brechen dann 409 in ~Spanien~ ein. Die Vandalen besetzen den südlichen Teil (Andalusien = Vandalicia), die Alanen den Südwesten (Lusitanien), die Sueben den Nordwesten (Gallaecia). Um dieselbe Zeit breiten sich die ~salischen Franken~ im nördlichen Gallien aus; die ~Burgunder~ setzen sich am mittleren Rhein fest, +Worms+ ihre Hauptstadt. [408.] Stilicho gestürzt und auf Befehl des Kaisers Honorius ermordet. ~Alarichs~ zweiter Einfall in Italien, er belagert Rom, zieht aber gegen Lösegeld ab. Da der kaiserliche Hof zu Ravenna sich weigert, den Goten Landbesitz in Noricum zu gewähren, rückt +Alarich+ zum zweiten Male vor Rom (409) und erzwingt vom Senate die Ernennung des Stadtpräfekten +Attălus+ zum Gegenkaiser. +Alarich+ belagert +Honorius+ vergeblich in +Ravenna+, entzweit sich mit Attalus, setzt ihn ab und rückt zum dritten Male vor Rom. [410.] Einnahme und Plünderung ~Roms~ durch Alarich. Er zieht darauf nach Unteritalien, um nach Sicilien und von da nach Afrika überzusetzen, stirbt aber unterwegs (im +Busento+ bei Cosenza begraben). [410–415.] ~Athaulf~, Alarichs Schwager, führt die Westgoten nach Gallien, vermutlich infolge eines Übereinkommens mit dem Kaiser Honorius zur Bekämpfung der dort eingedrungenen Germanen. Er vermählt sich in Narbo 414 mit +Placidia+, Schwester des Honorius, wird aber bald darauf von dem kaiserlichen Feldherrn +Constantius+ angegriffen, zieht nach +Spanien+, erobert +Barcelona+, wird dort ermordet. Sein Bruder [415–419.] ~Wallia~ schließt wiederum Vertrag mit Honorius, sendet Placidia zurück und kämpft für die Römer gegen Vandalen, Alanen und Sueben. Ihm wird das südliche +Gallien+ unter römischer Hoheit abgetreten. [~415–711.~] ~Westgotenreich~ in Südgallien und Spanien, bald von Rom unabhängig. Hauptstadt +Tolosa+ (Toulouse), später +Toledo+. [429.] König +Genserich+ führt die +Vandalen+ aus Spanien nach Afrika hinüber, herbeigerufen von dem abtrünnigen römischen Statthalter +Bonifatius+, der nachher vergeblich die Eingedrungenen bekämpft. +Augustinus+, Bischof von Hippo Regius, † 430 während der Belagerung dieser Stadt durch die Vandalen. +Karthago+, die Hauptstadt der römischen Provinz, wird erst 439 von ihnen erobert. [~429–534.~] ~Vandalenreich~ in Afrika. Die Vandalen (Arianer) gründen eine Seemacht und beginnen die Küsten und Inseln des Mittelmeeres zu plündern. Ihre früheren Wohnsitze in +Spanien+ werden von den Westgoten in Besitz genommen. [443.] Die ~Burgunder~, unter ihrem König +Gundahar+, von dem römischen Feldherrn +Aëtius+ mit Hilfe hunnischer Söldner besiegt, erhalten Wohnsitze an der oberen Rhone und Saône. Die ~Alamannen~ breiten sich (an Stelle der Burgunder) über die frühere römische Provinz +Germania superior+ (Elsaß) und die Schweizer Ebene aus. [~449.~] +Britannien+ besetzt von ~Sachsen~, ~Angeln~ und ~Jüten~, die von den Briten gegen die räuberischen Stämme der nördlichen Gebirge (+Picten+ und +Scoten+) zu Hilfe gerufen werden. Sie setzen (nach der Sage unter den Führern +Hengist+ und +Horsa+) nach Britannien über und gründen dort 7 Staaten: +Kent+, +Sussex+, +Wessex+, +Essex+, +Ostangeln+, +Mercia+, +Northumbria+. Die christlichen +Briten+ werden teils nach der Westseite der Insel (+Wales+, Sagen von König Artus) gedrängt, teils siedeln sie nach der Küstenlandschaft +Aremorica+ (Bretagne) in Gallien über. [~451.~] ~Attila~ (+Etzel+), König der ~Hunnen~, bricht verheerend in Gallien ein; in seinem Gefolge auch die Heerscharen der ihm unterworfenen +germanischen+ Völker, +Ostgoten+, (Attila gotisch = Väterchen) +Gepiden+, +Heruler+, +Rugier+ u. a. Er belagert vergeblich +Orléans+ (Civitas Aureliani). [451.] ~Schlacht~ auf den ~Katalaunischen Feldern~ (nach +Catalaunum+, d. i. +Châlons-sur-Marne+, das Schlachtfeld selbst näher bei +Troyes+). Attila von dem römischen Heer unter ~Aëtius~ und den +Westgoten+ (mit Hilfstruppen der +Burgunder+, +Franken+ u. a.) in gewaltigem Kampfe besiegt, geht über den Rhein zurück. [452.] ~Attila~ zieht nach ~Italien~, zerstört +Aquileia+, dessen Bewohner in die Lagunen flüchten (Entstehung der Stadt +Venedig+). Er verwüstet die Po-Ebene, +bedroht Rom+, kehrt aber um auf Bitten einer Gesandtschaft, an deren Spitze der römische Papst Leo I. steht. [453.] Attila stirbt in Pannonien; nach seinem Tode ~Zerfall des Hunnenreiches~. Die bisher den Hunnen unterworfenen germanischen Völker werden frei; die +Gepiden+ begründen ein Reich in Dacien, die +Ostgoten+ in Pannonien. Vordringen ~slavischer Völker~ in die von den Germanen verlassenen Gebiete bis zur +Elbe+. [455.] Rom nach Ermordung Valentinians III. 14 Tage lang von den ~Vandalen~ geplündert, welche Eudoxia, die Witwe Valentinians, herbeigerufen haben soll. Die Vandalen beherrschen die Nordküste Afrikas bis Kyrēne und die Inseln des westlichen Mittelmeeres. [~476.~] ~Odovakar~, Anführer von Herŭlern und anderen Germanen in römischem Solde, wird nach Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Herrscher in Italien (vgl. S. 138). Gründung des ~Frankenreiches~ in Gallien. [486.] Der Merowinger ~Chlodwig~ (Chlodovech), König der +salischen Franken+ (481–511), besiegt bei ~Soissons~ den römischen Statthalter +Syagrius+ und vernichtet dadurch den letzten Rest des weströmischen Reiches. [~496.~] Chlodwig besiegt die ~Alamannen~ im Elsaß (+nicht+ bei Zülpich, wo früher ein Kampf zwischen Alamannen und ripuarischen Franken stattgefunden hatte). Chlodwig gelobt in der Schlacht, +Christ+ zu werden, nimmt mit seinem Volke die +katholische+ Lehre an, wird in +Reims+ vom Bischof Remigius getauft. [500.] Chlodwig besiegt die ~Burgunder~ bei +Dijon+, doch behauptet König Gundobad seine Herrschaft. Durch List und Gewalt macht Chlodwig sich zum Alleinherrscher +aller+ Franken, s. unten und S. 145 ff. [~493–553.~] ~Ostgotenreich~ in Italien. ~Theoderich der Große~, christlicher König der Ostgoten, führt nach Übereinkunft mit dem oströmischen Kaiser +Zeno+, der ihm den Rang eines Patricius (S. 138) und Konsuls verlieh, sein Volk aus Pannonien nach Italien, siegt über Odovakar am Isonzo 489, belagert ihn in +Ravenna+, läßt ihn 493 nach Einnahme der festen Stadt hinrichten. Er sorgt in Italien für Erhaltung der römischen Kultur und friedliches Zusammenleben von Römern und Goten. Seine Regierung für Italien eine Zeit des Glückes und Wohlstandes. Sein Minister +Cassiodorius+ schreibt die Geschichte der Goten und verkündet Gesetze in lateinischer Sprache. Doch bleibt der Zwiespalt zwischen beiden Nationen, da die Goten +Arianer+ sind. Boëthius und Symmachus 525 hingerichtet wegen geheimer Verbindungen mit dem oströmischen Kaiser. Theoderich schließt Frieden mit den +Vandalen+, welche ihre Raubzüge gegen Italien aufgeben, nimmt die +Alamannen+ und +Westgoten+ gegen die wachsende Macht des Frankenreiches in Schutz, waltet als Friedenshort und Völkerhirt unter seinen germanischen (arianischen) Stammverwandten. [507.] Chlodwig besiegt die ~Westgoten~ bei +Voullon+ oder +Voullé+ (unweit Poitiers) und besetzt ihr Land bis zur Garonne: in +Arles+ behaupten sie sich mit Hilfe der Ostgoten. Theoderich vereinigt die Provence mit seinem Reiche und übernimmt die vormundschaftliche Regierung für seinen Enkel +Amalarich+, den Sohn des bei Voullon gefallenen Westgotenkönigs Alarich II. [526.] Theoderich † zu +Ravenna+; sein Grabmal dort erhalten. In den deutschen Heldenliedern erscheint er als +Dietrich von Bern+ (Verona). Das +Westgotenreich+ behauptet sich in +Spanien+ (Hauptstadt +Toledo+) bis 711. Gegen das +Vandalen+reich und das +Ostgoten+reich erhebt sich die wieder erstarkte Macht des ~oströmischen Kaisertums~. [534.] ~Belisar~, Feldherr des oströmischen Kaisers Justinian (S. 147), zerstört das ~Vandalenreich~ in Afrika. Verfall des Vandalenreichs seit Genserichs Tode (477). Den letzten König +Gelimer+ nimmt Belisar gefangen. [535–553.] Vernichtungskrieg +Justinians+ gegen das ~Ostgotenreich.~ ~Veranlassung~: +Amalaswintha+, Tochter Theoderichs d. Gr., 526–534 Regentin für ihren unmündigen Sohn Athalarich, wird nach dessen Tode ermordet von +Theodahad+, den sie zum Mitregenten angenommen hat. Kaiser Justinian tritt als ihr Rächer auf. [535–540.] ~Belisar~ erobert zuerst Sicilien, dann Neapel, bekämpft +Vitigis+, den die Ostgoten an Stelle Theodahads zum König erwählt haben, erobert Rom und führt Vitigis als Gefangenen nach Konstantinopel. Während er dann im Osten des Reichs die +Perser+ bekämpft, erobern die Ostgoten unter König +Totila+ den größten Teil Italiens wieder. [544–549.] Belisar, aufs neue nach Italien gesandt, kämpft mit wechselndem Erfolge gegen Totila. Nach Belisars zweiter Abberufung wird Rom von Totila wieder erobert. [552.] ~Narses~, Belisars Nachfolger, siegt mit germanischen Hilfstruppen über Totila bei +Tagīnä+ (in Umbrien, nicht weit von Sentinum); Totila fällt. +Teja+, der letzte Ostgotenkönig, fällt im Verzweiflungskampfe am +Mons lactarius+ (in der Nähe des Vesuv); die Reste seines Heeres erhalten freien Abzug. [553.] Scharen von +Franken+ und +Alamannen+, welche über die Alpen in Italien eindringen, werden von +Narses+ zurückgeschlagen, die letzten am +Volturnus+ vernichtet. Italien wird Provinz des oströmischen Reiches (+Exarchat+). Narses erster Exarch, sein Sitz in Ravenna. [~568–774.~] ~Langobardenreich~ in Italien. ~Alboin~, König der seit etwa 500 in Pannonien ansässigen +Langobarden+, zerstört mit Hilfe der +Avaren+, eines den Hunnen verwandten, asiatischen Volkes, welches bis zur Donau vorgedrungen ist, das Reich der +Gepiden+ (566) und führt bald darauf (568) sein Volk nach +Italien+, vielleicht von Narses, der am byzantinischen Hof in Ungnade gefallen war, herbeigerufen. +Pavīa+ (Ticīnum), erst nach dreijähriger Belagerung erobert, wird Hauptstadt seines Reiches. Unter seinen Nachfolgern werden langobardische Herzogtümer in +Friaul+, +Spoleto+, +Benevent+ gegründet. Unter oströmischer Herrschaft bleiben nur +Venedig+, +Ravenna+, +Neapel+, und +Kalabrien+. Die Bischöfe von ~Rom~ wissen ihrem Gebiete, dem ~Patrimonium Petri~, die Unabhängigkeit zu sichern (später Berufung auf eine +Schenkung Konstantins+ in den um die Mitte des 9. Jahrh. entstandenen, gefälschten pseudo-isidorischen Dekretalen). [589.] +Authari+ (Sohn +Klephs+), der 3. König des Langobardenreiches, vermählt mit Theodelinde, Tochter des +Bayern+herzogs Garibald, durch deren Einfluß der Übertritt der Langobarden vom +Arianismus+ zur +katholischen Lehre+ bewirkt wird. Gleichzeitig vollzieht sich dieselbe Umwandlung im spanischen ~Westgotenreich~, welches 585 durch Unterwerfung des +Suebenreiches+ erweitert ist. [590–604.] ~Gregor I.~ (der Große), Bischof von Rom, befestigt das Ansehen des ~Papsttums~. (Pápa, d. h. Vater, früher der Name jedes christlichen Bischofs, bald dem Nachfolger +Petri+ ausschließlich beigelegt.) -- Sendung von Glaubensboten zu den Angelsachsen nach +England+ (597), der Abt +Augustinus+ begründet das Erzbistum +Canterbury+. -- Ausbreitung der ~Klöster~; Mönchsregel des h. +Benedikt+ von Nursia, der 529 das Mutterkloster des Benediktiner-Ordens auf dem Monte Cassino in Kampanien gründete. Nach dem Untergang des weströmischen Reiches ist die +römische Kirche+ von größter Bedeutung für die Erhaltung und Fortbildung der aus dem Altertum überlieferten +Kultur+. § 2. Frankenreich unter den Merowingern. (Vgl. S. 143.) [511.] Nach Chlodwigs Tode +erste+ Teilung (doch nicht völlige Gebietstrennung) des Frankenreiches. Seine vier Söhne herrschen gemeinsam, aber mit gesondertem Hofhalt zu +Metz+, +Orléans+, +Paris+, +Soissons+. [531–532.] Das Reich der ~Thüringer~ wird von Theoderich, dem ältesten der Brüder, durch den Sieg bei +Scheidungen+, das der ~Burgunder~ von den jüngeren Söhnen Chlodwigs: +Chlodomer+, +Childebert+, +Chlotar+, erobert. Der +nördliche+ Teil Thüringens (bis zur +Unstrut+) fällt an die +Sachsen+ als Bundesgenossen der Franken in dem Kriege; in das +Main+gebiet, welches ebenfalls zum alten Thüringerreich gehörte, ziehen fränkische Ansiedler ein (Ost+franken+). Nach dem Untergang des ostgotischen Reiches Erwerbung der +Provence+ (536); auch die +Bayern+ (entstanden aus Vereinigung der Markomannen und Quaden (S. 131) mit anderen Volks-Stämmen) schließen sich dem Frankenreiche an; sie behalten aber ihr heimisches Herzogsgeschlecht, die Agilolfinger. [558–561.] Das Frankenreich wieder vereinigt unter ~Chlotar I.~, Chlodwigs jüngstem Sohn, der seine Brüder überlebt. Nach seinem Tode +zweite+ Teilung, zuerst in vier, dann in drei Reichsteile: Austrasien, Neustrien, Burgund. Es folgt eine Zeit der Zerrüttung; +Brunhild+, eine westgotische Königstochter, veranlaßt ihren Gemahl +Sigibert+ von Austrasien zum Kriege gegen seinen Bruder +Chilperich+ von Neustrien, der ihre Schwester verstoßen und sich mit +Fredegunde+ vermählt hat. Chilperich ermordet 584, darauf Kampf der Adelsparteien. [613–628.] Zweite Wiedervereinigung des ganzen Frankenreiches durch ~Chlotar II.~ von Neustrien, Sohn der Fredegunde. Brunhild gefangen, gemartert und zu Tode geschleift. ~Verfassung des Frankenreiches~: Das Land ist in +Gaue+ (+pagi+) eingeteilt, deren Vorsteher die vom König ernannten +Grafen+ (+comites+) sind; die Gaue zerfallen in +Hundertschaften+ (+centenae+). Jede Hundertschaft hat ihre Gerichtsstätte, +Malberg+ genannt, wo unter Leitung ihres Vorstehers (centenarius) oder des Grafen die Freien zum Gerichtstag (+Ding+) erscheinen. Das Volksrecht aufgezeichnet als +lex Salica+ (schon unter Chlodwig) und +lex Ripuaria+; das Deutsche war Volkssprache, aber nicht Schriftsprache. Altgermanisches Gerichtsverfahren: Eideshelfer, Zweikampf, Gottesurteile durch siedendes Wasser oder glühendes Eisen. Totschlag kann durch Wergeld gesühnt werden. Oberstes Gericht das Hofgericht des Königs. Stände des Volkes: Freie, Halbfreie oder Hörige (+liti+) und Unfreie (+Leibeigene+). Die Mitglieder des königlichen Gefolges (+antrustiones+) haben das dreifache +Wergeld+ der Freien. Freie, die sich in den Schutz eines Mächtigeren oder des Königs begeben, sind dessen +Vasallen+. Sie empfangen von ihm Grundbesitz zum Nießbrauch; daraus entwickelt sich in der karolingischen Zeit das +Lehnswesen+ (+beneficium+ oder +feudum+, das Lehngut, im Gegensatz zum Eigengut, +allodium+). Die aus römischer Zeit vorhandenen +Städte+ behalten eine gewisse Bedeutung als Bischofsitze; die Einwohner sind aber meistens Halbfreie oder Unfreie. Die zahlreichen +Kirchengüter+ erhalten allmählich Befreiung von der Gerichtsbarkeit der Grafen (+Immunität+); ein von dem Bischof oder Abt erwählter Schutzherr (+advocatus+, +Vogt+) übt dann die Gerichtsbarkeit. Zum Kriegsdienst sind alle Freien verpflichtet (+Heerbann+); die Vasallen ziehen unter Führung ihres Beschützers (+senior+) zu Felde, die übrigen unter Führung des Grafen. In Reichsteilen, die früher selbständig waren (Aquitanien, Bretagne, Bayern, Thüringen), hat der +Herzog+ (+dux+) den Oberbefehl über den Heerbann mehrerer Grafschaften. Bei der jährlichen Heeresmusterung (+Märzfeld+, später +Maifeld+) versammelt der König die Großen zu Beratungen (+placita+) und verkündet mit ihrer Zustimmung +Gesetze+. Die wichtigsten Hofämter sind: Seneschall, Marschall (comes stabuli), Kämmerer, Mundschenk, Kanzler, Pfalzgraf (+comes palatii+ oder +palatinus+). Der +Majordomus+, ursprünglich Vorsteher der königlichen Hofhaltung, gewinnt allmählich die größte Macht als Stellvertreter des bald hier, bald dort residierenden Königs. Unter +Chlotar II.+ hat jeder der drei großen Reichsteile einen eigenen +Majordomus+; unter seinem Sohne +Dagobert+ kommt ~Pippin~ (der Ältere) zu besonderem Ansehen in Austrasien. Dessen Enkel ~Pippin~ (der Mittlere) macht sich durch den [687.] Sieg bei +Testri+ (unweit St. Quentin) über den Majordomus von Neustrien zum +Majordomus des ganzen Frankenreiches.+ Sein Sohn ~Karl Martel~ gilt, obgleich er noch nicht den Königstitel annahm, als Begründer der Dynastie, welche das entartete Haus der Merowinger verdrängte. § 3. Das oströmische Reich. Nach Attilas Tode (S. 142) Aufhören der Bedrängnis durch die +Hunnen+. Das wieder erstarkende Reich bewahrt unter despotischen, aber oft von ihrer Umgebung abhängigen Herrschern noch Jahrhunderte lang die griechische Kultur. [~527–565~] ~Justinian I.~ läßt durch seinen Minister +Tribonianus+ aus den Gesetzen früherer Kaiser und den Schriften früherer Rechtsgelehrter ein umfassendes Gesetzbuch, ~Corpus iuris civilis~, zusammenstellen. Teile desselben: 1. +Institutiones+, 2. +Pandectae+ oder +Digesta+, 3. +Codex Justinianeus+, 4. +Novellae+ später hinzugefügt. [~532.~] ~Nika-Aufstand~ in Konstantinopel, veranlaßt durch die Parteien der Rennbahn, die sich mit dem Schlachtruf +Nika+ gegen die Regierung erheben, aber bald unter sich uneinig werden. Die +Blauen+, von +Belisars+ Truppen unterstützt, siegen über die +Grünen+. Ein großer Teil der Stadt durch Brand zerstört, dann schöner wiederhergestellt. Großartige Prachtbauten, z.B. 25 neue Kirchen, darunter die +Sophienkirche+. Kriege gegen die +Germanen+ (s.S. 144); Afrika und Italien für die oströmische Herrschaft wiedergewonnen. Im Osten Bedrängnis durch die ~Perser~, welche in Syrien eindringen. Blüte des Sassanidenreiches (S. 133) unter König +Kosru I.+, die altpersische +Masda+religion (S. 17) herrscht dort in neuer Kraft. Die Donaugrenze wird mit Mühe geschützt gegen Einfälle der +Bulgaren+ und +slavischen+ Stämme; zu deren Bekämpfung wird das mongolische Volk der +Avaren+ gewonnen, welches seine Wohnsitze in den Steppen an der Donau und Theiß nimmt, wo früher die Hunnen hausten. Unter den folgenden Kaisern Verfall des Reiches. Italien geht größtenteils verloren (S. 145); +Bulgaren+ und +Serben+ siedeln sich südlich der Donau an, doch unter Oberhoheit des Reiches. [627.] ~Heraklios II.~ besiegt die +Perser+ bei den Ruinen von +Ninive,+ verliert aber bald darauf Syrien und Ägypten durch das erobernde Vordringen der Araber. Der übrige Bestand des Reiches ist gesichert. [668–675.] Unter Kaiser +Konstantin IV.+ Abwehr der wiederholten Angriffe der Araber auf +Konstantinopel+ (das griechische Feuer). [726.] +Leo III.+ verbietet nach abermaliger Abwehr der Araber den +Bilderdienst.+ Dadurch werden langdauernde kirchliche Streitigkeiten veranlaßt; die Parteien der Bilderdiener und Bilderstürmer bekämpfen einander, bis die Kaiserin +Irene+ 787 den Bilderdienst wiederherstellt. Nach ihrem Tode erneuter Streit: +Leo V.,+ siegreich gegen die Bulgaren, verbietet 815 den Bilderdienst, wird 820 von Verschwörern ermordet; endlich entscheidet 842 die Kaiserin +Theodora+ zu Gunsten des Bilderdienstes. § 4. Mohammed und das Kalifat. Die ~Arăber~, lange Zeit durch die Natur ihres Landes vom Völkerverkehr ferngehalten, erheben sich unter der Einwirkung einer neuen +Religion+ aus der Stammverfassung zur Gründung einer Reichsmacht. Diese tritt in Kampf gegen das christliche Europa. ~Mohammed,~ geb. 571 zu Mekka, aus dem Stamme Kureïsch, lernt auf Handelsreisen nach Syrien die jüdische und die christliche Religion kennen, zieht sich öfters in die Einsamkeit zurück, tritt dann unter seinem Stamme als Prophet auf. Hauptsatz seiner Lehre, des ~Islâm~: Es ist nur ein Gott (Allah), und Mohammed sein Prophet. Die Gläubigen (+Moslemin+) sind zu Gebeten, Fasten, Almosen, Wallfahrten verpflichtet; Gerechtigkeit die Haupttugend. Vielweiberei gestattet. Glaube an Vorherbestimmung (Fatalismus), sinnliche Vorstellungen vom Fortleben im Paradiese. [622.] Mohammeds Flucht (~Hedschra~) von +Mekka+ nach +Medina+ Anfang einer neuen Zeitrechnung bei den Völkern, die den Islam annehmen. [630.] Mohammeds Rückkehr; er reinigt die +Káaba+, das alte Heiligtum in Mekka, von Götzenbildern. Bald ganz Arabien ihm untertan. Er stirbt 632, sein Grab in Medīna. Seine Nachfolger die ~Kalifen~: [632–634.] ~Abu Bekr~, Schwiegervater des Propheten. Entstehung des 114 Suren umfassenden ~Koran~, der später ergänzt wird durch Aufzeichnung mündlich überlieferter Aussprüche des Propheten (die +Sunna+). Spaltung der Gläubigen in +Sunniten+, welche diese anerkennen, und +Schiiten+, welche sie verwerfen und ~Ali~, den Schwiegersohn Mohammeds, als dessen einzig rechtmäßigen Nachfolger betrachten. (Die Perser z. B. sind Schiiten, die Türken Sunniten.) [634–644.] ~Omar~, Begründer der arabischen Herrschaft im Orient: 1. Zerstörung des +Neupersischen Reiches+ der Sassaniden; der Feldherr Saad zieht 636 als Sieger in Ktesiphon ein. 2. Dem +oströmischen+ Reiche entreißt Omar +Syrien+ und +Palästina+ (Damaskus 635, Jerusalem 637); sein Feldherr Amru erobert +Ägypten+ (Alexandria 641). Gründung der Städte +Kairo+ und +Basra+ (am Schatt el Arab). Die erobernden Araber nehmen vieles von der persischen und griechischen Kultur an, machen aber ihre Religion und Sprache zur herrschenden. Innere Kriege unter den beiden folgenden Kalifen; +Othman+ wird 656 in einem Aufstande zu Medina ermordet, +Ali+, Mohammeds Schwiegersohn, 661 durch Verschwörer. [~661–750.~] ~Die Omaijaden.~ +Muawija+, Urenkel des Omaija, eines Verwandten Mohammeds, gründet eine +sunnitische+ Dynastie, verlegt die Residenz von Medina nach ~Damaskus~. Seine Feldherrn belagern Konstantinopel vergeblich; in Kleinasien beginnen langdauernde Kämpfe, da das byzantinische Reich starken Widerstand leistet. +Nordafrika+ wird von den Arabern gewonnen; 697 zerstören sie Karthago. [711.] Der Feldherr +Tarik+ setzt nach +Spanien+ über, herbeigerufen von Graf Julian, dem Statthalter von Ceuta, gegen den Westgotenkönig Roderich. Er landet bei dem nach ihm benannten Berge Dschebel al-Tarik (Gibraltar) und vernichtet durch die siebentägige Schlacht am Guadalete und Saladofluß bei ~Xeres de la Frontera~ das +Westgotenreich+. Nur ein kleines christliches Königreich +Asturien+ behauptet sich im Norden der Halbinsel. [717.] Konstantinopel wiederum vergeblich belagert; dagegen wird das Indusland, Baktrien, Sogdiana dem Islam unterworfen. Im Innern häufige Kämpfe mit den Anhängern Alis; Entfaltung der Künste und Wissenschaften, namentlich unter +Welid I.+ (705–715), welcher die prachtvolle Moschee zu Damaskus baut. [750.] Merwan II. wird in der blutigen Schlacht am +Zab+ (Nebenfluß des Tigris) besiegt von +Abul Abbas+, der das Geschlecht der Omaijaden ausrottet; nur +Abdurrahman+ entkommt nach +Spanien+ und gründet dort ein selbständiges Kalifat in Cordova. Hier wie in Granada (Alhambra) großartige Baudenkmäler aus jener Zeit erhalten. [~750–1258.~] ~Die Abbassiden.~ Neue Residenz ~Bagdad~; glänzende Regierung +Harun al Raschids+ 786–809, von den Dichtern gepriesen. Blüte des Handels, der Architektur und der Wissenschaften (Philosophie, Mathematik, Geographie, Naturforschung, Medizin) unter seinem Sohne +Mamun+ 813–833. Bagdad, Damaskus, Mekka, Kairo Mittelpunkte der arabischen Kultur. Die Nachfolger haben mit Aufständen zu kämpfen. § 5. Frankenreich unter den Karolingern. ~Karl Martel~ (der Hammer, Majordomus 714–741) unterwirft die unbotmäßigen Großen des Reiches, bekämpft die +Friesen+ und +Sachsen+, sichert das Frankenreich gegen die vordringenden +Araber+ durch die siebentägige [732.] Schlacht ~zwischen Tours und Poitiers.~ Er regiert seit 737 ohne König, seine beiden Söhne +Karlmann+ und +Pippin+ setzen 743 wieder einen König (Childerich III.) ein. Karlmann tritt 747 von der Regierung zurück. [~751–768.~] ~Pippin, König der Franken,~ nachdem Childerich III. unter Zustimmung des Papstes Zacharias durch die zu +Soissons+ versammelten fränkischen Großen abgesetzt und in ein Kloster geschickt ist. Pippin wird auf den Schild erhoben, dann von den Bischöfen gesalbt. 753 Kriegszug gegen die +Sachsen+. [754.] Papst Stephan II., der als Schutzflehender erscheint, wiederholt zu St. Denys (bei Paris) die Salbung an Pippin und seinen Söhnen. Pippin zieht darauf nach +Italien+ und drängt den Langobardenkönig +Aistulf+ zurück, welcher +Rom+ seinem Reiche einverleiben will. Pippin bestätigt den Papst in dem Besitz des Ducats von Rom (Kirchenstaat, S. 145) und erweitert ihn durch Schenkung des +Exarchats Ravenna+ und der +Pentapolis+ (Gebiet von +Ancona+ und +Rimini+). Er beansprucht für sich und erhält vom Papst den Titel +Patricius+ von Rom (S. 138, 143). [719–754.] ~Bonifatius~, der Apostel der Deutschen. Im inneren Deutschland hatten in der Merowingerzeit ~irische~ und ~fränkische~ Missionare, gestützt auf die aus römischer Zeit her bestehenden Bistümer in Basel, Konstanz, Straßburg, Augsburg, Mainz, Trier, Köln, an mehreren Orten Kirchen und Klöster gegründet: +Columba+ und +Gallus+ um 610 bei den Alamannen am Bodensee (Kloster St. Gallen), +Pirmin+ (Kloster Reichenau), +Emmeram+ in Regensburg, +Kilian+ in Würzburg, +Rupert+ in Salzburg u. a. ~Bonifatius~ (sein ursprünglicher Name +Winfried+), ein ~Angelsachse~ aus Wessex, erhält 719 in Rom von Papst Gregor II. den Auftrag, in den noch heidnischen Gegenden Deutschlands das Christentum zu verkündigen. Er predigt zuerst in Gemeinschaft mit seinem Landsmann +Wilibrord+, dem Bischof von Utrecht, in +Friesland+, wendet sich dann nach Ostfranken, Thüringen, Hessen, Bayern. Bei Geismar in Hessen fällt er die Wodanseiche. Seit 722 Bischof, 732 Erzbischof ohne bestimmten Bischofsitz, bringt er alle neu gegründeten Bistümer (Salzburg, Regensburg, Freising, Passau, Würzburg, Eichstätt, Erfurt, letzteres bald zu Mainz gezogen) und Klöster (Fritzlar, Fulda, Ohrdruf) in strenge Abhängigkeit vom römischen Stuhle. Auch im westlichen Teile des Frankenreichs ordnet er die verfallenen kirchlichen Einrichtungen wieder. Er wird 748 ~Erzbischof von Mainz~, 755 bei einer letzten Missionsreise von den heidnischen Friesen bei Dokkum erschlagen; begraben in +Fulda+. [~768–814.~] ~Karl der Große~, anfangs gemeinschaftlich mit seinem Bruder +Karlmann+ regierend, nach dessen Tode 771 Alleinherrscher. Karlmanns Söhne fliehen zu +Desiderius+, dem König der Langobarden, dessen Tochter Desiderata Karl geheiratet, dann verstoßen hatte. Zur Sicherung der Reichsgrenze beginnt Karl die langwierigen ~Sachsenkriege~; durch die Unterwerfung der noch heidnischen +Sachsen+ (geteilt in Westfalen, Engern, Ostfalen, Nordalbinger) wird die Einigung der deutschen Volksstämme im Frankenreiche vollendet. [772.] ~Erster Sachsenkrieg.~ Maifeld zu +Worms+, von da aus Zug gegen die +Engern+. Eroberung der +Eresburg+ (Stadtberge an der Diemel), Zerstörung der +Irminsul+, eines heiligen Denkmals. [773–774.] Zug nach +Italien+; ~Zerstörung des Langobardenreiches~. Da Papst Hadrian I. sich weigert, Karlmanns Söhne zu Königen der Franken zu krönen, besetzt Desiderius die +Pentapolis+ und bedroht Rom. Karl als +Patricius+ von Rom kommt dem Papst zu Hilfe. Einnahme von +Pavīa+ nach langwieriger Belagerung; Desiderius in ein Kloster gebracht. Karl krönt sich mit der eisernen Krone der Langobarden und wird König von +Italien+ (Langobardenreich, also Nord- und Mittel-Italien; Süd-Italien bleibt teils im Besitz der Byzantiner, teils selbständig unter dem Herzog von Benevent). Karl bestätigt dem Papst die Schenkung seines Vaters. [775–777.] Fortsetzung des ~Sachsenkrieges~: 775 Zug von Düren aus nach +Westfalen+, Eroberung der +Sigiburg+ (Hohensyburg am Einfluß der Lenne in die Ruhr). 776 von Worms aus Wiederherstellung der von den Sachsen zerstörten +Eresburg+ und Zug bis zur Lippe, 777 Maifeld in +Paderborn+. [778.] Zug nach +Spanien+, veranlaßt durch ein Hilfsgesuch des Emirs von Saragossa gegen den Kalifen von Cordŏva. Pamplona erobert, Saragossa belagert. Beim Rückzuge überfallen die Basken im Tal +Roncesvalles+ die Nachhut des Heeres. Tod des in der Sage gefeierten Helden +Roland+. Infolgedessen die spanischen Eroberungen verloren. Inzwischen neue Erhebung der ~Sachsen~ unter +Widukind+. Karl siegt 779 bei +Bocholt+ an der Aa (nördlich von Wesel), zieht 780 von der Eresburg aus nach Lippspringe und von da bis zur Elbe. Die Sachsen unterwerfen sich, Einführung des Christentums. [781.] Zug nach +Italien+, Zusammenkunft mit dem Papste in Rom. [782.] Abermals Aufstand der ~Sachsen~ unter +Widukind+. Sie vernichten ein fränkisches Heer, welches mit ihnen zusammen die wendischen +Sorben+ bekämpfen soll, am Berge +Süntel+. Deshalb Strafgericht zu +Verden+ an der Aller, 4500 Sachsen getötet. 783 infolge dieser Bluttat neuer, furchtbarer Aufstand. Karl siegt erst bei +Detmold+, dann an der +Hase+, dringt bis zur +Elbe+ verwüstend vor. 785 unterwirft sich Widukind und wird Christ. Einführung der fränkischen +Grafschafts+verfassung in Sachsen. Anfänge des städtischen Lebens knüpfen sich an die nach und nach gegründeten +Bischofsitze+: Bremen, Münster, Paderborn, später Osnabrück, Verden, Minden; unter Ludwig dem Frommen Hildesheim und Halberstadt. [787.] Zug nach +Italien+; Herzog Arichis von Benevent unterwirft sich. [788.] Aufhebung des Herzogtums +Bayern+ nach zweimaliger Auflehnung des Herzogs +Tassilo+; dieser wird in ein Kloster geschickt. [789.] Krieg gegen die ~Slaven~ (Wenden); Karl zieht von Köln aus durch Sachsen, überschreitet die Elbe, besiegt den Stamm der Wilzen, dringt bis zur +Peene+ vor. [791.] Krieg gegen die ~Avaren~ (S. 148), welche Tassilo unterstützt hatten; Zug von Regensburg aus bis zur Raab. [794.] Karl und sein gleichnamiger ältester Sohn unterdrücken einen neuen Aufstand der ~Sachsen~, mit zwei getrennten Heeren eindringend. Fernere Züge 795–799, viele Sachsen hinweggeführt und in fränkischem Gebiet angesiedelt. [795.] Karls Sohn Ludwig bekämpft die Mauren, gründet bis 811 die +spanische+ Mark (Barcelona 801 erobert). [796.] Karls Sohn Pippin erstürmt den Königsring (Hauptlager) der +Avaren+ zwischen Donau und Theiß. Das Land zwischen +Enns+ und +Raab+ wird als Avarische Mark mit deutschen Ansiedlern besetzt, +Salzburg+ 798 zum Erzbistum erhoben, ebenso um dieselbe Zeit +Köln.+ [~800.~ 25. Dezbr.] ~Karl erneuert das weströmische Kaisertum.~ Papst Leo III., von Verwandten seines Vorgängers Hadrian bei einem Aufstande mißhandelt und verjagt, sucht Schutz bei Karl im Lager zu Paderborn (799). Karl läßt ihn mit bewaffnetem Geleit nach Rom zurückführen, begibt sich zunächst nach +Aachen+, dann nach der +Nordseeküste+, um eine Flotte und befestigte Küstenplätze einzurichten zur Abwehr der seeräuberischen +Normannen+, zieht dann nach Italien und wird am Weihnachtsfest 800 in der Peterskirche zu +Rom+ vom Papste als römischer Kaiser gekrönt. Gesandte des Kalifen +Harun al Raschid+ begrüßen ihn 801 in Ivrea, Gesandte des oströmischen Reiches 802 in Aachen. [804.] Letzter Feldzug gegen die ~Sachsen~; Karl zieht von Aachen aus nach Lippspringe, hält dort das Maifeld ab, dringt dann bis zur unteren Elbe (bei Harburg) vor. [806.] Karl der Jüngere besiegt den slavischen Stamm der ~Sorben~ (zwischen Elbe und Saale); Grenzfesten werden bei Magdeburg und Halle angelegt. +Sorbische Mark+ gegründet. [808.] Karl der Jüngere bekämpft jenseits der Elbe die ~Dänen~; ihr König +Götrik+ befestigt das +Danewerk+ (westlich von Schleswig) zum Schutz seiner Grenze, wird 810, als der Kaiser selbst gegen ihn zieht, von seinen Untertanen ermordet. 811 Friede mit seinem Nachfolger Hemming an der +Eider+. Bei diesen Expeditionen werden +Hamburg+ und +Itzehoe+ und nördlich von der Eider die +Dänische Mark+ angelegt. [811.] Maifeld zu +Aachen+; dann besichtigt der Kaiser die in +Boulogne+ zur Abwehr der ~Normannen~ gerüstete Flotte. [813.] Nach dem Tode der beiden älteren Söhne Karl und Pippin krönt Karl zu +Aachen+ seinen jüngsten Sohn +Ludwig+ als Nachfolger. Er stirbt daselbst, 72 Jahre alt, am 28. Januar 814. Sein Grab in dem von ihm dort erbauten Münster. Grenzen des Frankenreiches: Ebro -- Raab, Eider -- Garigliano. Grenzmarken: die spanische und bretonische (S. 142) im Westen, die avarische und sorbische im Osten, die sächsische und dänische im Norden. Während seiner ganzen Regierung sorgt Karl d. Gr. für +Gesetzgebung+ und +Verwaltung+. Aufzeichnung der noch ungeschriebenen Volksrechte (lex Saxonum); die in den verschiedenen Reichsteilen geltenden älteren Volksrechte der Franken, Westgoten, Burgunder, Alamannen, Bayern, Langobarden werden ergänzt durch die +Capitularia+, die bei den Versammlungen der geistlichen und weltlichen Großen (+Placita, Conventus generales+) verkündet werden. Aufsicht über die von den Bischöfen, Gaugrafen und Markgrafen (marchiones) geführte Verwaltung durch die +Königsboten+ (missi regis, missi dominici); die Herzogswürde ist abgeschafft. Bei wachsender Ausbildung des +Lehnswesens+ ruht doch die Hauptkraft des Heeres noch auf dem +Heerbann+ der +Freien+; die ärmeren Freien werden geschützt gegen die Versuche der Großen, sie gewaltsam zu abhängigen Lehnsträgern zu machen. Zur Förderung der Bildung im Frankenreiche werden ausländische Geistliche berufen, besonders der Angelsachse +Alcuin,+ Abt von Tours. +Hofschule+ zur Ausbildung tüchtiger Beamten; zahlreiche +Klosterschulen+ (Fulda, St. Gallen). Paul, Warnefrieds Sohn (+Paulus Diacŏnus+) Geschichtschreiber der Langobarden; der Franke +Einhard+, Verfasser der +Vita Carŏli imperatoris+. Karl d. Gr. selbst bemüht sich um die Grammatik der deutschen Sprache, gibt den Monaten und den Winden deutsche Namen, läßt die alten Heldenlieder sammeln. Sorge für den Landbau (Capitulare de villis). Anlage eines Kanals von der Donau zum Main, 793 in Regensburg angeordnet, aber nicht vollendet. Residenzen des Herrschers die +Pfalzen+ (palatia) zu Aachen, Ingelheim, Worms, Nimwegen, Heristal, Diedenhofen, Attigny u. a. [~814–840.~] ~Ludwig der Fromme.~ Die Reichsverwaltung wird zunächst in der von Karl d. Gr. begründeten Weise weitergeführt, doch wird der Einfluß der Geistlichen überwiegend. Ludwig läßt sich 816 in +Reims+ nochmals vom +Papste+ Stephan IV. krönen; sein ältester Sohn +Lothar+, schon 817 zum Mitregenten ernannt, übernimmt die Verwaltung +Italiens+ und wird 823 in Rom zum +Kaiser+ gekrönt. [826.] Taufe des Dänenkönigs Harald zu +Mainz+; der Mönch +Ansgar+ von Corvey predigt das Christentum in Dänemark, dann auch in Schweden. [830.] Empörung der drei älteren Söhne, Lothar, Pippin und Ludwig, als der Kaiser die früher beschlossene Reichsteilung abändert zu Gunsten des jüngsten Sohnes Karl (aus zweiter Ehe mit Judith, die aus dem alamannischen Geschlecht der +Welfen+ stammte). Eine Reichsversammlung zu +Nimwegen+ setzt den Kaiser wieder in volle Macht ein. [831.] Gründung des Erzbistums +Hamburg+; Ansgar erster Erzbischof. [833.] Zweite Empörung der Söhne. Der Kaiser, auf dem +Lügenfelde+ bei Colmar im Elsaß von seinem Heere verlassen, wird gefangen und von Lothar zu öffentlicher Kirchenbuße in +Soissons+ genötigt, bald aber von Ludwig und Pippin befreit und wieder auf den Thron gesetzt. [838.] Pippin †, Ludwig erhebt sich gegen den Vater, der jetzt an Lothar eine Stütze findet. [840.] Ludwig der Fromme † auf einer Rheininsel bei Ingelheim; der Zwist der Söhne dauert fort. [841.] Schlacht bei +Fontenay+ (unweit Auxerre an der Yonne); Ludwig und Karl siegen über Lothar. Sie befestigen ihr Bündnis 842 durch die Eide zu +Straßburg,+ in welchen die Scheidung der deutschen und französischen Sprache im Frankenreiche deutlich hervortritt. [~843.~] ~Vertrag zu Verdun~, Teilung des Reiches. Kaiser ~Lothar~ erhält +Italien+ und +Mittelfranken+, begrenzt östlich vom Rhein, westlich von Rhone, Saône, Maas und Schelde, mit den Hauptstädten +Rom+ und +Aachen+; ~Ludwig der Deutsche~ erhält +Ostfranken+, das rechtsrheinische Land, dazu auf dem linken Rheinufer die Gaue von Mainz, Worms, Speier (propter vini copiam). ~Karl der Kahle~ erhält +Westfranken+ (Neustrien, Aquitanien, Burgund). In Ludwigs Reich überwiegt die +germanische+, in Karls Reich die +romanische+ Bevölkerung. So entwickeln sich fortan +Deutschland+ und +Frankreich+ als nationale Staaten. Die Ostfranken nennen ihre Sprache im Gegensatz zu der römischen Sprache der gelehrten Geistlichkeit die +deutsche+, d. h. die volkstümliche; allmählich werden die deutschredenden Stämme als +Deutsche+ vereinigt. ~B. Vom Vertrage zu Verdun bis zum Beginn der Kreuzzüge. 843–1096.~ § 1. Italien und Deutschland. [~843–875.~] ~Karolinger[30] in Italien.~ +Lothar+ regiert bis 855, nach ihm sein ältester Sohn +Ludwig II.+ als Kaiser bis 875; er herrscht über Italien; von den beiden jüngeren Söhnen erhält Lothar II. das Gebiet von der Nordsee bis zur Rhone und Saône (Lothari regnum, +Lothringen+), Karl den südlichen Teil. Die nordafrikanischen ~Araber~ (Sarazenen), seit 827 im Besitze +Siciliens+, beunruhigen durch Seezüge die Küsten Italiens. Rom gesichert durch die aurelianische Mauer (S. 134); Papst +Leo IV.+ läßt auch den Stadtteil auf dem rechten Tiberufer (Peterskirche und Vatikan) ummauern. Papst +Nikolaus I.+ (858–867), gestützt auf die +pseudo-isidorischen Dekretalen+ (S. 145) (Bischof Isidor von Sevilla, um 600, hatte zuerst päpstliche Entscheidungen gesammelt), bringt die päpstliche Macht gegenüber den Bischöfen und den karolingischen Herrschern zu hohem Ansehen, kann aber die durch dogmatische Streitigkeiten veranlaßte Loslösung der +griechisch-katholischen Kirche+ von der Oberhoheit Roms nicht verhindern. Der Patriarch +Photius+ in Konstantinopel tritt 863 dem päpstlichen Bann entgegen; völlige Trennung der beiden Kirchen erst 1054. Die Slavenapostel +Methodius+ und +Cyrillus+, 863 aus Thessalonich nach +Mähren+ berufen, erkennen Roms Oberhoheit an; von Mähren aus verbreitet sich das Christentum um 900 nach +Böhmen+ und +Polen+. [875.] +Karl der Kahle+ von Frankreich gewinnt in Rom die Kaiserkrone, † 877 +(Karl II.).+ [~843–911.~] ~Karolinger in Deutschland.~ [~843–876.~] ~Ludwig der Deutsche~ führt Grenzkriege gegen die +Slaven+ (Abodriten in Mecklenburg, Sorben, Czechen), setzt in Mähren den Herzog Rastislav ein. [845.] +Hamburg+ zerstört von den +Normannen+, die schon mehrmals die friesische Küste heimgesucht hatten; das Erzbistum wird nach +Bremen+ verlegt. Die ferneren Raubzüge der Normannen richten sich gegen das westfränkische Reich. [870.] ~Vertrag zu Mersen~ (an der Maas) mit Karl dem Kahlen; nach dem Tode der beiden jüngeren Söhne Lothars I. wird deren Erbe zwischen Deutschland und Frankreich geteilt. Der germanische Teil (Friesland, Lothringen, Elsaß) kommt an Deutschland, der romanische (Flandern, Brabant, Verdun, Burgund, Provence) an Frankreich. [874.] Swatopluk, Fürst von Mähren, zur Huldigung genötigt. [~876–887.~] ~Karl der Dicke~ regiert zuerst gemeinsam mit seinen älteren Brüdern Karlmann und Ludwig. Letzterer weist durch den Sieg bei +Andernach+ am Rhein 876 Karls des Kahlen Ansprüche auf Lothringen zurück. Karl zieht 879 und 881 nach Italien, erlangt 881 in Rom die Kaiserkrone (+Karl III.+) wird 884 auch in Westfranken zum König gewählt. So vereinigt er noch einmal ~Karls des Großen Monarchie~ mit Ausnahme von +Niederburgund+ (Rhônegebiet), wo 879 Boso von Vienne, Schwiegersohn Kaiser Ludwigs II., zum König erwählt war (Hauptstadt +Arles+, daher der Name Arelatisches Reich). Aber er verliert bald sein Ansehen, weil er den +Paris+ belagernden +Normannen+ ein Lösegeld von 7000 Pfund Silber bewilligt und Burgund verpfändet; er wird von den zu +Tribur+ (südöstlich von Mainz auf dem rechten Rheinufer) versammelten Fürsten des ostfränkischen Reiches abgesetzt und stirbt bald darauf. +Hochburgund+ (Westschweiz und Franche-Comté) wird 888 ein selbständiges Reich unter dem Welfen Rudolf. [~887–899.~] ~Arnulf von Kärnten,~ Sohn Karlmanns, schlägt die Normannen bei +Löwen+ an der +Dyle+ 891 und kämpft im Bunde mit dem finnischen Reitervolke der ~Magyaren~ (Ungarn), das vom Ural her in die früheren Wohnsitze der Avaren eingedrungen ist, gegen +Swatopluk+ von +Mähren+, dessen slavisches Reich nach seinem Tode (894) zerfällt. Arnulf zieht zweimal nach Italien, wird 896 in Rom zum Kaiser gekrönt, stirbt aber, ehe er sein Reich befestigen kann. Ihm folgt sein sechsjähriger Sohn [~899–911.~] ~Ludwig das Kind~ unter Leitung des Erzbischofs +Hatto+ von Mainz. Furchtbare Verheerung Deutschlands durch die Raubzüge der +Magyaren+; wiederholt durchziehen sie Bayern (907 Herzog Luitpold, Stammvater der +Wittelsbacher+ samt seinem Heer vernichtet), Thüringen und Sachsen. Zugleich innere Fehden: Graf Adalbert von +Babenberg+ kämpft gegen die in Franken und Hessen begüterten +Konradiner+; er wird besiegt und vor seiner Burg hingerichtet. In verschiedenen Reichsteilen erhebt sich wieder das durch Karl den Großen beseitigte +Stammesherzogtum+; es bilden sich die Stammherzogtümer ~Sachsen, Franken, Bayern, Schwaben, Lothringen~. Nach Ludwigs Tode lehnt der greise +Otto der Erlauchte+, Herzog von Sachsen, die Königskrone ab und lenkt die Wahl der Großen auf den mit den Karolingern nahe verwandten Konradiner [~911–918.~] ~Konrad I. von Franken~. Einfälle der Dänen, Slaven und Magyaren. Konrad kämpft vergeblich um die Anerkennung der Königsgewalt, namentlich gegen +Heinrich+, Ottos des Erlauchten Sohn, seit 912 Herzog von Sachsen. +Lothringen+ wendet sich dem westfränkischen Reiche zu, +Elsaß+ bleibt mit Schwaben verbunden. In ~Italien~, welches von Raubzügen der Magyaren und der Araber heimgesucht wird, hat nach Arnulfs Tode +Berengar von Friaul+ ein Königtum begründet, er erlangt 915 auch die Kaiserwürde. Gegen ihn tritt 922 +Rudolf II.+ von Hochburgund auf, gegen diesen +Hugo+ von Niederburgund. Rudolf II. schließt 933 Vertrag mit Hugo, der zum König von Italien gekrönt, auf Niederburgund verzichtet; vereinigtes ~Reich Burgund~ (Hauptstadt Arles) 933–1033. Dagegen gewinnt das italische Königtum keinen festen Bestand; Hugo wird 945 von +Berengar von Ivrea+ vertrieben; Hugos Sohn Lothar, mit Rudolfs II. Tochter +Adelheid+ (deren zweiter Gemahl Otto der Große) vermählt, sucht nach dem Tode seines Schwiegervaters vergebens dessen Reich wiederzugewinnen, † 950. Das +Papsttum+ ist in dieser Zeit in tiefem Verfall, abhängig von streitenden römischen Adelsparteien. [~919–1024.~] ~Sächsische Könige und Kaiser.~ Heinrich I. †936. ________________|_________________________________________ Thankmar ~Otto I.~ †973 Heinrich, Brun, †938. | Herzog v. Bayern †955. Erzb. v. ______________|_________ ________|___________ Köln. Lindolf ~Otto II.~ †983. Heinrich d. Zänker, †957 | Herzog v. Bayern †995. __|__ __|__ ~Otto III.~ ~Heinrich II.~ †1024. †1002. Auf Wunsch des sterbenden Konrad und auf Betreiben +Eberhards+, seines Bruders, wird zu +Fritzlar+ an der +Eder+ von den +Franken+ und +Sachsen+ erwählt [~919–936.~] ~Heinrich I., der Begründer des Deutschen Reiches.~ Er nötigt durch Kriegszüge die Herzöge Burkhard von +Schwaben+ und Arnulf von +Bayern+ zur Anerkennung seiner Oberhoheit, schließt 924 mit den +Magyaren+ (Ungarn) einen 9jährigen Waffenstillstand, welcher gegen Tribut +Sachsen+ und +Thüringen+ sicher stellt, bringt 925 durch einen Kriegszug über den Rhein +Lothringen+ wieder zum Reiche; Herzog +Giselbert+ wird sein Schwiegersohn. In +Sachsen+ sorgt er für Befestigung älterer Ortschaften (Merseburg, Goslar) und Anlage neuer Burgen (Quedlinburg); die Sachsen gewöhnen sich allmählich an +städtisches+ Leben und an +Reiter+dienst im Kriege. [928.] Glückliche Kämpfe gegen die +Wenden+; Brennabor, Stadt der Heveller, im Winter erobert; im Lande der Daleminzier die Feste +Meißen+ gegründet. [929.] Zug nach +Prag+, Herzog Wenzel von +Böhmen+ zur Huldigung genötigt. Währenddessen Aufstand der nördlichen Wenden; sie werden von den sächsischen Grafen Bernhard und Thietmar bei +Lenzen+ (unweit Dömitz an der Elbe) geschlagen. [932.] Unterwerfung der Wenden in der +Lausitz+. [933.] ~Sieg~ Heinrichs über die ~Ungarn~ an der Unstrut (bei Riade); Sachsen fortan vor ihnen gesichert. [934.] Zug gegen die +Dänen+ unter König Gorm; Wiederherstellung der Grenzmark zwischen Eider und Schlei, später Mark +Schleswig+ genannt. [936.] Heinrich † zu +Memleben+ an der Unstrut, begraben in dem von ihm gegründeten Münster zu Quedlinburg. Ihm folgt sein mit der angelsächsischen Königstochter +Editha+ vermählter Sohn [~936–973.~] ~Otto I., der Grosse.~ Krönung in +Aachen+ durch den Erzbischof von Mainz; die Herzöge verwalten dabei die Hofämter: Giselbert von Lothringen +Kämmerer+, Eberhard von Franken +Truchseß+, Hermann von Schwaben +Mundschenk+, Arnulf von Bayern +Marschall+. Otto, erst 24 Jahre alt, sucht die Selbständigkeit der Herzöge zu beschränken. [937.] Einfall der Ungarn in +Franken+; von Otto zurückgeschlagen ziehen sie nach Westen, verheeren große Strecken von Frankreich und Burgund, dringen auch in Italien ein. [938.] Aufstand des zu einer Strafe verurteilten Frankenherzogs +Eberhard+ in Gemeinschaft mit Ottos Halbbruder +Thankmar+, der in der Eresburg getötet wird. Eberhard unterwirft sich und erhält Verzeihung; Otto schlägt einen Einfall der Ungarn in +Sachsen+ zurück und zieht dann nach Bayern gegen die Söhne des Herzogs Arnulf († 937), die ihm Huldigung verweigern; er setzt Arnulfs Bruder Berthold als Herzog, einen der Söhne als +Pfalzgrafen+ in Bayern ein zur Ausübung der höchsten Gerichtsbarkeit und Aufsicht über die königlichen Besitzungen und Einkünfte im Lande. [939.] Abermaliger Aufstand +Eberhards+ in Gemeinschaft mit Ottos jüngerem Bruder +Heinrich+ und dessen Schwager Herzog +Giselbert+ von Lothringen. Eberhard fällt im Kampfe bei +Andernach+, Giselbert ertrinkt auf der Flucht im Rhein; Heinrich entkommt nach Frankreich, kehrt aber bald zurück und erhält Verzeihung. [940.] König Ludwig IV. von ~Frankreich~, mit Giselberts Witwe vermählt, versucht +Lothringen+ an sich zu reißen. Otto dringt mit Heeresmacht in Frankreich ein bis zur Seine, sichert Lothringen dem deutschen Reiche. Er gibt dieses Herzogtum 944 an +Konrad den Roten+ (Ahnherrn des fränkisch-salischen Königshauses), der sein Schwiegersohn wird. Zum Herzog von Bayern ernennt er nach Bertholds Tode 947 seinen Bruder +Heinrich+, zum Herzog von Schwaben 950 seinen Sohn +Liudolf+; Franken und Sachsen behält er selbst. +Hermann Billung+, Markgraf gegen die nördlichen Wenden und Dänen, erhält später die Herzogsgewalt in Sachsen. Die Mark an der mittleren Elbe verwaltet Markgraf +Gero+, unter dessen Schutze im Wendenlande die Bistümer +Havelberg+ und +Brandenburg+ gegründet werden. [946.] Zweiter Zug Ottos nach +Frankreich+ bis Rouen, diesmal zur Unterstützung König +Ludwigs IV.+, besonders gegen +Hugo+, den Herzog von Francien (beide seine Schwäger). Die bedeutende Machtstellung, welche Otto errungen hat, legt es dem tatkräftigen Herrscher nahe, nun auch in die zerrütteten Verhältnisse ~Italiens~ einzugreifen. [951.] Erster Zug nach +Italien+ (über den Brennerpaß) gegen Berengar von Ivrea (S. 158). Otto befreit und heiratet (in zweiter Ehe) die burgundische Königstochter ~Adelheid~ (s. S. 158). Er empfängt in +Pavia+ die Huldigung der italischen Großen, Berengar unterwirft sich ihm als Vasall. [953.] +Liudolf+ von Schwaben und sein Schwager +Konrad+ von Lothringen empören sich gegen den König und verbinden [954.] sich mit den +Ungarn+, die durch Bayern und Franken bis nach Lothringen streifen. Sie werden nach hartem Kampfe besiegt und verlieren ihre Herzogtümer, sind fortan dem Könige getreu. [~955.~ 10. Aug.] ~Sieg Ottos über die Ungarn auf dem Lechfelde bei Augsburg.~ Konrad, für den König kämpfend, fällt in der Schlacht. Die bayrische +Ostmark+ (aus der später das Herzogtum +Österreich+ hervorgeht) wird wiederhergestellt. Das Herzogtum +Bayern+ geht nach dem Tode Heinrichs 955 auf dessen Sohn über (Heinrich der Zänker), in +Schwaben+ regiert Heinrichs Schwiegersohn Burkhard; +Lothringen +verwaltet Ottos jüngster Bruder, Erzbischof Brun von Köln. Ottos Sohn Wilhelm ist Erzbischof von +Mainz+. So suchte Otto das Reich zu festigen, indem er die Herzogtümer seinen Verwandten gab. Zur Beaufsichtigung und Beschränkung der herzoglichen Gewalt setzte er überall Pfalzgrafen ein, die das Königsgut verwalteten. [Okt.] Zug Ottos gegen die +Wenden+, Sieg an der +Recknitz+ (in Mecklenburg) im Verein mit Markgraf Gero. [957.] +Liudolf zieht+ im Auftrage des Vaters nach Italien gegen +Berengar+, besiegt ihn, stirbt aber vor der Rückkehr. [961–965.] Zweiter Zug Ottos nach Italien, da Papst Johann XII. um Hilfe gegen Berengar bittet. [~962.~ 2. Febr.] ~Kaiserkrönung Ottos I. in Rom.~ Während Kaiser Otto in der Lombardei gegen Berengar kämpft, versucht Papst Johann XII. sich der kaiserlichen Schutzherrschaft zu entziehen. Otto kehrt mit Heeresmacht nach Rom zurück (Nov. 963); der Papst entflieht und wird abgesetzt. Otto zieht wieder nach Oberitalien; Berengar unterwirft sich und wird als Gefangener nach Bayern gesandt, stirbt 966 in Bamberg. Inzwischen wird der von Otto eingesetzte Papst Leo VIII. aus Rom vertrieben; Otto zieht zum dritten Mal dorthin und sendet den Gegenpapst Benedikt V. als Gefangenen nach Hamburg. [965.] Rückkehr des Kaisers nach Deutschland. Fürstentag in +Ingelheim+; dann in +Köln+ Zusammenkunft mit seiner Schwester Gerberga, der Königin von Frankreich, und ihrem Sohne, König Lothar. Er begibt sich nach +Sachsen+ und teilt nach dem Tode Geros dessen Gebiet in sechs Marken, die später in drei zusammengezogen werden: +Nordmark+ (Altmark) an der mittleren Elbe, +Ostmark+ (Lausitz) weiter südlich die Mark +Meißen+. Der Tod des Erzbischofs Brun veranlaßt den Kaiser 966 zu einem abermaligen Zuge nach +Köln+; er ordnet die Verhältnisse in Lothringen und hält dann einen Reichstag zu +Worms+. [966–972.] Dritter Zug nach Italien (über Chur und den Septimerpaß). Ottos Sohn, Otto II. (geb. 955), schon 961 als deutscher König gekrönt, empfängt in Rom die Kaiserkrone. Die Huldigung der Herzöge von Capua und Benevent (s. S. 152) gibt Anlaß zu Feldzügen nach +Apulien+ gegen die oströmische Herrschaft. 968 Synode zu Ravenna; dort wird die Gründung des Erzbistums +Magdeburg+ und der Bistümer Merseburg, Zeitz, Meißen beschlossen. Der Kaiser residiert längere Zeit in +Pavia+, schickt nach abermaligen Kämpfen in Apulien Gesandte nach Konstantinopel; 972 wird in +Rom+ die Vermählung seines Sohnes Otto mit der oströmischen Prinzessin +Theophano+ gefeiert. Apulien und Calabrien, Neapel und Salerno bleiben unter oströmischer, Capua und Benevent unter deutscher Herrschaft. [972.] Rückkehr nach Deutschland; Synode in Ingelheim, Fürstentag in Frankfurt. Im März 973 ist der Kaiser in Magdeburg, dann in Quedlinburg und Merseburg; er stirbt am 7. Mai 973 in Memleben, wird im Dom zu Magdeburg neben seiner ersten Gemahlin Editha bestattet. ~Verfassung des deutschen Reiches~: +Wahlkönigtum+; die Königsmacht beruht auf bedeutenden Reichsgütern in allen Teilen des Reiches, besonders in Franken und Sachsen, zu deren Verwaltung der König +Pfalzgrafen+ ernennt. Keine feste Residenz; der König ordnet überall die wichtigen Angelegenheiten persönlich. Oberste Beamte sind die +Herzöge+, dem Könige ebenso zur Lehnstreue verpflichtet wie die ihnen untergeordneten Grafen und kleineren Vasallen. Da diese jedoch starke partikularistische Gelüste zeigen, so sucht der Kaiser die Reichseinheit später auf die Kirche zu gründen. Er stützt sich auf die nur von ihm ernannten +Erzbischöfe+ und +Bischöfe+, welche bedeutende Reichslehen empfangen und nun einen neuen geistlichen Beamtenstand bilden, dessen Lehen nicht erblich sind. Diese vom Könige eingesetzten geistlichen Fürsten erweisen sich als bessere Stützen des Reiches, als die nach Erblichkeit der Lehen strebenden weltlichen Fürsten. Die Zahl der unabhängigen +Freien+ ist vermindert; der Heerbann tritt allmählich zurück gegen das +Lehnsaufgebot+. Die Städte sind noch unbedeutend. Das +Kaisertum+ gibt den deutschen Königen als obersten Herrschern über das römische Reich deutscher Nation Anspruch auf Oberhoheit über die benachbarten Länder und Schutzherrschaft über die Kirche. [~973–983.~] ~Otto II.~ erhält die von seinem Vater begründete Kaisermacht aufrecht. 974 Zug gegen +Dänemark+ bis zum Danewerk, 976 Absetzung des aufständischen Herzogs Heinrich des Zänkers von +Bayern+. Bayern wird verkleinert durch Abtrennung des Herzogtums +Kärnten+ mit der Mark Verona, sowie durch Errichtung einer Mark im +Nordgau+, nördlich von Regensburg. Die früher schon errichtete Mark +Österreich +erhält der Babenberger (s.S. 157) Luitpold. Herzog Boleslav von +Böhmen+ huldigt 978 zu Magdeburg. [978.] König Lothar von Frankreich überfällt den Kaiser in +Aachen+, versucht Lothringen zu erobern, verzichtet aber darauf, nachdem Otto mit Heeresmacht bis +Paris+ vorgedrungen ist. [980–983] Krieg in Italien. Der Kaiser dringt von Rom aus nach Unter-Italien vor, siegt 982 über die Griechen und Sarazenen am Kap Colonne, südlich von Cotrone (Kroton), muß aber nach einer vernichtenden Niederlage bei +Squillace+ an der +Küste von Calabrien+ umkehren. Reichstag zu +Verona+. Ottos dreijähriger Sohn zum König gewählt. [983.] Aufstand der +Dänen+ und +Wenden+; Hamburg und die Bistümer Havelberg, Brandenburg, Zeitz zerstört. Otto II. stirbt in Rom 28 Jahre alt, wird in der Peterskirche begraben. [~983–1002.~] ~Otto III.,~ beim Tode des Vaters 3 Jahre alt. Heinrichs des Zänkers Anspruch auf die Vormundschaft, ja sogar auf die Krone, wird zurückgewiesen, doch erhält er Bayern zurück. Ottos Mutter, die Griechin +Theophano+, herrscht in Deutschland, seine Großmutter +Adelheid+ in Italien. Wachsende Selbständigkeit der Großen des Reiches, doch wird der Reichsfriede erhalten. Nach Theophanos Tode (991) führen Adelheid und der Erzbischof +Willigis+ von Mainz die Regierung, bis der junge Fürst 995 sie selbst übernimmt. [996.] Otto III. wird in Rom durch den von ihm eingesetzten deutschen Papst +Gregor V.+ gekrönt, befreundet sich mit +Adalbert von Prag+ und Erzbischof +Gerbert+ von Reims, der bald nach Deutschland kommt und in Magdeburg Ottos Lehrer wird. [997.] Adalbert von den heidnischen +Preußen+ erschlagen. [998–999.] Ottos zweiter Zug nach Rom, Gerbert als Papst eingesetzt (Silvester II.); Ottos Plan, als Kaiser in +Rom+ seinen Wohnsitz zu nehmen und von hier aus die Christenheit als einen theokratischen Universalstaat zu beherrschen. [1000.] Ottos III. Wallfahrt zum Grabe des heiligen Adalbert in +Gnesen+, wo er in Gemeinschaft mit Herzog Boleslav von Polen ein Erzbistum errichtet: dann nach +Aachen+ zum Grabe Karls d. Gr. Von da reist er nach Rom. [1001.] Papst Silvester II. verleiht dem +Ungarn+fürsten +Stephan dem Heiligen+, der sein Volk zum Christentum bekehrt, die Königskrone (Stephanskrone). Otto III., durch Aufstand +aus Rom vertrieben+, begibt sich mit dem Papste nach Ravenna, versucht vergebens Rom wiederzuerobern. [1002.] Otto † in Paterno (am Fuße des Sorakte), in Aachen bestattet. Silvester kehrt nach Rom zurück. [~1002–1024.~] ~Heinrich II.~ (der Heilige), Herzog von Bayern, Sohn Heinrichs des Zänkers und der Schwester König Rudolfs III. von Burgund, zu Mainz zum König erwählt und gekrönt, im Gegensatz zu Otto III. eine nüchterne, praktische Herrschernatur. Er stellt das erschütterte Ansehen der Kaisergewalt wieder her und behauptet das +deutsch-italische+ Reich. [1004.] Erster Zug nach Italien gegen +Arduin+ von Ivrea. Heinrich unterwirft Ober-Italien und wird in Pavia zum König von Italien gekrönt. [1004–1018.] Kriege gegen +Boleslav Chrobry (der Kühne)+ von ~Polen~, der Böhmen aufgeben muß, aber die Lausitz behält. Die +Wenden+ im Havellande bleiben unabhängig. [1007.] Gründung des Bistums +Bamberg+. Förderung der von dem französischen Kloster +Cluny+ ausgehenden, auf strengste mönchische Zucht und eine Erneuerung und Vertiefung des religiösen Lebens gerichteten Reform des Mönchtums. Die Bischöfe dienen, wie unter Otto I., der geordneten Reichsverwaltung. [1014.] Zweiter Zug nach Italien, Heinrich in Rom zum +Kaiser+ gekrönt. Arduin gibt den Widerstand auf († 1015). [1016–1018.] Kämpfe und Verhandlungen Heinrichs, um sein Erbrecht auf +Burgund+ zur Anerkennung zu bringen. [1022.] Dritter Zug nach Italien. Heinrich unterwirft +Benevent, Capua, Salerno+, wird beim Kampfe gegen die Griechen in Apulien von den nach einem Zuge nach Jerusalem dort unlängst eingewanderten +Normannen+ unterstützt. [1023.] Fürstentag zu +Aachen+, dann Zusammenkunft mit König Robert von +Frankreich+ zu Ivois am Chiers (Nebenfluß der Maas, südöstlich von Sedan). [1024.] Tod des Kaisers in der Pfalz zu +Grona+ (bei Göttingen). Sein Grab im Dom zu Bamberg. ~1024–1125 Fränkische oder salische Kaiser.~ Otto der Grosse †973 | Konrad der Rote †955. Luitgard. |______________________________| | ~Konrad II.~ †1039. Gem. Gisela. | ~Heinrich III.~ †1056. Gem. Agnes von Poitou. | ~Heinrich IV.~ †1106. _______________________|___________________________ Konrad ~Heinrich V.~ †1125. Agnes, Gem. †1101. Friedrich von Büren, Herzog von Schwaben. Königswahl durch die Fürsten +aller+ Stämme auf der Rheinebene zwischen Mainz und Worms (bei Kamba). Die Wahl richtet sich auf die beiden +Konrade+, Brudersöhne, Urenkel Konrads des Roten (S. 159); nach kurzem Schwanken wird der ältere erwählt. [~1024–1039.~] ~Konrad II.~ unternimmt nach der Krönung zu Mainz einen Umritt durch das Reich (Aachen, Nimwegen, Dortmund, Hildesheim, Goslar, Magdeburg, Augsburg, Konstanz, Basel, Straßburg, Worms), hält dann einen Fürstentag in Tribur. [1026.] Zug nach +Italien+, Krönung zum lombardischen König, Kaiserkrönung zu Rom 1027 in Gegenwart +Knuds des Großen,+ Königs von England und Dänemark, und +Rudolfs III.+ von Burgund. In Apulien huldigen ihm die Fürsten von Benevent, Capua, Salerno. Rückkehr über Ravenna und Verona. Unterdessen Fürstenerhebung in Deutschland. In Ulm unterwirft sich ihm sein Stiefsohn +Ernst, Herzog von Schwaben,+ welcher Ansprüche auf Burgund erhoben hatte, weil seine Mutter Gisela eine Nichte des kinderlosen Königs Rudolf III. war. Er kommt in Haft nach der Burg Giebichenstein bei Halle, wird nach einiger Zeit begnadigt, dann aber geächtet, weil er sich weigert, seinen Freund Werner von Kiburg zu bekämpfen; beide fallen 1030 in einem Gefecht im Schwarzwald. [1030.] Einfall der +Polen+ unter Herzog Miesco; sie verwüsten das Land zwischen Elbe und Saale, werden von dem Grafen Dietrich von Wettin vertrieben. Der Kaiser unternimmt zunächst einen Zug nach +Ungarn+, um die bayrischen Marken gegen Einfalle zu sichern, zieht dann 1031 nach +Polen.+ Miesco muß die Lausitz zurückgeben, huldigt dem Kaiser 1033 zu Merseburg. [1033] ~Burgund mit dem deutschen Reiche vereinigt.~ Konrad gewinnt das +arelatische+ Königreich (S. 158) nach dem Tode Rudolfs III. durch drei Feldzüge gegen den Grafen +Odo+ von Champagne, Neffen Rudolfs III, nach Abschluß eines Bündnisses mit König Heinrich I. von Frankreich. In +Zürich+ und +Genf+ huldigen ihm die burgundischen Großen. [Sidenote:1035] Konrad verlobt zu Bamberg seinen Sohn +Heinrich+, Herzog von Bayern (später auch von Schwaben) mit der Tochter Knuds von +Dänemark+ und überläßt diesem die Mark +Schleswig+; die Eider wieder Reichsgrenze. [1037–1038.] Zweiter Zug nach Italien. Die +Erblichkeit+ der kleineren +Lehen+ wird für Italien durch Gesetz festgestellt. Der Normanne +Rainulf+ wird mit der Grafschaft +Aversa+ in Campanien belehnt. [1039.] Konrad † in Utrecht, begraben in dem von ihm gegründeten Dom zu +Speier+. Er war einer der bedeutendsten Herrscher des Mittelalters, reich an Erfolgen. Gegen die großen Vasallen suchte er ein Gegengewicht in den Inhabern der kleinen Lehen, für deren Erblichkeit er eintrat. Von den neu ernannten Kirchenfürsten verlangte er eine Abgabe. Ihm folgt sein schon als Knabe in Aachen zum König gekrönter Sohn [~1039–1056.~] ~Heinrich III.~ Hohe Machtstellung des Kaisertums. König Heinrich ist beim Beginn seiner Regierung Herzog von +Bayern, Schwaben+ und +Franken+, setzt aber später in Bayern und Schwaben wieder andere Herzöge ein. In +Sachsen+ ist die Kaiserpfalz zu +Goslar+ oft sein Wohnsitz. [1041.] Unterwerfung des Herzogs Bretislav von ~Böhmen.~ [1042.] Zug nach +Burgund+, Herstellung des Landfriedens daselbst im Anschluß an die in Frankreich verkündete +Treuga Dei+ (s. S. 169). [1042–1044.] In ~Ungarn~ wird König Peter, von Heinrich durch drei Feldzüge wieder eingesetzt, ein Vasall des Reiches. Vergrößerung der bayrischen Ostmark bis zur +Leitha+. Die Lehnshoheit über Ungarn wird nicht lange behauptet. [1046.] Zug nach +Italien+. Heinrich läßt durch die Synode zu +Sutri+ drei gleichzeitige, der Simonie (Verkauf geistlicher Ämter) schuldige Päpste absetzen, ernennt einen Deutschen (Clemens II.), der ihn zum Kaiser krönt, und weiterhin noch +drei+ deutsche Päpste, belehnt +Drogo+, Sohn des Normannen +Tankred von Hauteville,+ mit ~Apulien.~ [1048.] +Oberlothringen+ wird nach Absetzung des Herzogs Gottfried an den elsässischen Grafen +Gerhard,+ Stammvater des lothringischen Herzogshauses, gegeben. [1055.] Zweiter Zug nach Italien; die Markgräfin +Beatrix von Tuscien+, mit welcher sich Gottfried vermählt hat, um in Italien neue Macht zu gewinnen, muß dem Kaiser nach Deutschland folgen. Unterdrückung einer Fürstenverschwörung; Gottfried unterwirft sich dem Kaiser. [1056.] Sieg der Wenden über ein sächsisches Heer bei +Pritzlava+ an der Havelmündung. Heinrich, erst 39 Jahre alt, auf der Burg +Bodfeld+ im Harz. Ihm folgt sein 6jähriger, bereits 1054 zu Aachen gekrönter Sohn. [~1056–1106.~] ~Heinrich IV.~ Seine Mutter +Agnes+ von Poitou, Reichsverweserin, gibt Schwaben an ihren Schwiegersohn +Rudolf von Rheinfelden+, Kärnten an +Berthold von Zähringen+, Bayern an den sächsischen Grafen +Otto von Nordheim.+ Die Macht der Fürsten erhebt sich bald gegen das Kaisertum. [1062.] Entführung des jungen Königs von +Kaiserswert+ nach +Köln+ durch Erzbischof +Anno+ von Köln, der die Erziehung des Königs übernimmt, aber bald seinen Einfluß mit Erzbischof +Adalbert+ von Bremen teilen muß. König Heinrich, 1065 mündig erklärt, entfernt auf Verlangen der Fürsten Adalbert aus seiner Umgebung, richtet alsbald seinen Unwillen gegen die sächsischen Großen. [1070.] +Otto von Nordheim,+ eines Mordanschlags auf den König angeklagt, verliert das Herzogtum Bayern; es kommt an seinen Schwiegersohn +Welf+, den Sohn des Markgrafen Azzo von Este und der letzten Welfin, der nach dem Aussterben des Mannsstammes eine neue Linie des +Welfenhauses+ (S. 154) begründet. +Magnus+, Sohn des Sachsenherzogs Ordulf, wird als Bundesgenosse Ottos in Haft gehalten. [1073.] +Aufstand der Sachsen+ gegen die von Heinrich in ihrem Lande angelegten +Burgen+; Flucht Heinrichs von der +Harzburg+, demütigender Friede zu Gerstungen, Zerstörung der Harzburg. Heinrich findet Hilfe bei den Bürgern von +Worms+ und mehreren Fürsten, besiegt die Sachsen an der +Unstrut+ 1075. Bald aber gerät er in Streit mit [1073–1085.] ~Papst Gregor VII.~ (Hildebrand), aus einer Bauernfamilie in Toskana stammend, aufgewachsen in Rom unter dem Einfluß der von dem französischen Kloster +Cluny+ (westlich der Saône, unweit Mâcon) ausgehenden streng kirchlichen Richtung. Er hatte als Archidiakonus und Kanzler unter +fünf+ Päpsten die weltlichen Geschäfte des römischen Stuhles geleitet. Unter seinem Einfluß erließ 1059 Nikolaus II. das Dekret über die Papstwahl durch die +Kardinäle+. Gregors Ziel ist die von allen Cluniazensern angestrebte ~Erhebung der Kirche über die Staaten~, des ~Papsttums~ über das ~Kaisertum.~ Er gebietet strenge Durchführung des +Cölibats+ (Ehelosigkeit) der Geistlichen, verbietet die von Heinrich ebenso wie von Konrad II. geübte +Simonie+ (Geldzahlung für den Empfang eines geistlichen Amtes. Apostelgesch. 8, 18) und die +Laieninvestitur+ (kein Bischof oder Abt soll die Belehnung mit +Ring+ und +Stab+ aus Laienhand empfangen). [1076.] Heinrich läßt den Papst durch eine Synode deutscher Bischöfe in +Worms+ für abgesetzt erklären; darauf spricht Gregor gegen ihn den +Bann+ aus. Ein Fürstentag zu +Tribur+ erklärt den König für abgesetzt, wenn er nicht binnen Jahresfrist sich vom Banne löse. [1077. Januar.] ~Heinrich büßt~ vor dem Papst ~in Canossa~, einem Schlosse bei Reggio nell’ Emilia, der Markgräfin ~Mathilde~ von Tuscien, Tochter der Beatrix, gehörig (S. 165). Der Papst löst ihn vom Banne unter der Bedingung, daß er in seinem Streit mit den Fürsten die Entscheidung des Papstes anerkenne. Heinrich bleibt in Oberitalien, verhindert die Reise des Papstes nach Deutschland. Die Fürsten wählen +Rudolf von Schwaben+ zum deutschen König. [1077–1080.] Krieg in Deutschland zwischen Heinrich IV. und seinem Schwager Rudolf, letzterer wird in der Schlacht an der +Elster+ 1080 tödlich verwundet; sein Herzogtum +Schwaben+ hat +Friedrich von Hohenstaufen+, Heinrichs Schwiegersohn, bereits 1079 erhalten. [1081.] Heinrich, zum +zweiten Mal+ gebannt, zieht nach Italien, erobert Rom 1084, wird durch den von ihm erhobenen Gegenpapst Clemens III. zum Kaiser gekrönt. Gregor in der Engelsburg belagert, durch die ihm treu ergebenen Normannen unter +Robert Guiscard+ befreit, stirbt 1085 in Salerno. Seine letzten Worte »+Dilexi iustitiam et odi iniquitatem, propterea morior in exilio+«. Deutschland durch Bürgerkrieg zerrüttet. Kaiser Heinrich erobert 1084 Augsburg, zieht dann nach Metz, läßt 1085 durch eine Synode zu +Mainz+ den Gottesfrieden für das ganze Reich verkünden. In +Sachsen+ bekämpft er den Gegenkönig +Hermann von Salm+, welcher 1088 abdankt; die Sachsen unterwerfen sich nach Anerkennung ihrer alten Rechte. [1090–1097.] Heinrich kämpft in Italien gegen die Markgräfin +Mathilde+ und Papst Urban II. Abfall seines Sohnes Konrad († 1101). In Deutschland ist Herzog +Welf+ von Bayern Führer der päpstlichen Partei. Der Kaiser verweilt fast machtlos in Italien, während Urban II. als Gebieter der ganzen Christenheit auftritt und das große Unternehmen des ersten Kreuzzuges (S. 173) ins Werk setzt. Nach Aussöhnung mit Herzog +Welf+ kehrt der Kaiser nach Deutschland zurück, stellt den Landfrieden zum Schutze der Bürger und Bauern wieder her und besetzt die Bistümer nach seinem Ermessen. Aber die Bischöfe fast immer auf der Seite seiner Gegner. [1104.] Empörung seines zweiten Sohnes Heinrich, der ihn in der Burg +Böckelheim+ (an der Nahe) gefangen setzt und zur Verlesung eines Sündenbekenntnisses und Abdankung zwingt (Fürstentag zu +Ingelheim+). Der Kaiser entflieht nach +Lüttich+, wo er 1106 stirbt, während das deutsche Bürgertum für ihn zum Kriege rüstet; die Leiche erst 1111 vom Bann gelöst und im Dom zu +Speier+ beigesetzt. [~1106–1125.~] ~Heinrich V.~, durch die päpstliche Partei zum Thron gelangt, aber entschlossen, sein Herrscherrecht zu behaupten. Nachdem er die Grenzländer des Reiches im Westen und Osten (Lothringen und Böhmen) durch Feldzüge gesichert hat, zieht er nach Rom, nimmt den Papst Paschālis II. gefangen, erzwingt die Kaiserkrönung und das Recht der +Investitur+ (1111). Sobald aber der Kaiser Italien verlassen hat, erklärt ein zu Rom im Lateran versammeltes Konzil den Vertrag für erzwungen und nichtig; ein zweites Konzil zu +Vienne+ spricht den Bann über Heinrich aus. Neuer Aufstand der +Sachsen+ unter ihrem Herzog +Lothar+ von Supplinburg, der die Billunger (S. 159) beerbt hatte; die Erzbischöfe von Mainz und Köln u. a. Fürsten schließen sich an. Sieg der Sachsen am +Welfesholze+ bei Mansfeld 1115. +Friedrich+ und +Konrad+ von +Staufen+ verteidigen die Sache des Kaisers, während dieser zum zweiten Mal nach Italien zieht, dort die der Kirche vererbten Mathildischen Güter in Besitz nimmt und einen Gegenpapst aufstellt (1118). Der ~Investiturstreit~ wird nach langen Verhandlungen mit dem Papste +Calixtus II.+ beendigt durch das [~1122.~] ~Wormser Konkordat~: Kirchliche Wahl der Bischöfe und Äbte für Deutschland in Gegenwart des Kaisers oder seiner Abgesandten, +kaiserliche+ Belehnung +vor+ der Weihe, aber +nicht+ mit Ring und Stab, sondern mit dem +Scepter+; für Italien und Burgund die gleiche Belehnung erst +nach+ erfolgter Wahl und Weihe. Die geistlichen Fürsten bleiben Lehnsträger des Reiches; sie erscheinen auch fernerhin vielfach als treue Stützen der kaiserlichen Macht. Die +Verbindung Deutschlands mit Italien+, trotz der vielfachen Kämpfe segensreich für beide Länder, aber in Italien mehr und mehr als Fremdherrschaft empfunden, dauert fort. Handel und Gewerbe entfalten sich in den aufblühenden Städten, z. B. Worms, Köln, Augsburg u. a. m. (S. 190). Kunst und Wissenschaft, von der Kirche gefördert, tragen in Deutschland noch römisches Gepräge, entwickeln sich aber selbständig. +Romanischer Baustil+: Dome zu Mainz und Speier, Kaiserpfalz zu Goslar. Der kunstsinnige Bischof Bernward von Hildesheim († 1022). Dichtung und Geschichtschreibung in lateinischer Sprache: das Waltharilied, Roswitha von Gandersheim, Widukind von Corvey, Lambert von Hersfeld u. a. Die Volkssprache wird erst allmählich zur Schriftsprache. § 2. Frankreich. [~843–987.~] ~Karolinger~ in Frankreich. +Karl der Kahle+ behauptet sich mit Mühe gegen die aufständischen Großen, erlangt 875 in Italien den Kaisertitel, † 877. Sein Enkel +Ludwig III.+ besiegt 881 die +Normannen+ bei Saulcourt (Ludwigslied in deutscher Sprache). +Karl der Dicke+ machtlos gegen sie; nach seiner Absetzung (S. 157) wird Graf +Odo+ von Paris, der sich bei der Verteidigung von Paris gegen die Normannen tapfer gezeigt hat, zum König erwählt, † 898. Eine Gegenpartei erwählt 893 +Karl den Einfältigen+, Bruder Ludwigs III., der nach Odos Tode allgemein anerkannt wird. Durch ihn erhalten normannische Scharen, die bereit sind, das Christentum anzunehmen, 912 feste Wohnsitze in dem oft von ihnen heimgesuchten Küstenlande. +Rolf+, getauft +Robert+, erster Herzog der +Normandie+, herrscht als Vasall des französischen Königs auch über die +Bretagne+. Häufige Empörungen gegen das schwache Königtum; Karls Sohn +Ludwig IV.+ (d’Outre-mer genannt, weil er nach England geflüchtet war) wird von Herzog +Hugo von Francien+, dem Neffen Odos, bedrängt, von Otto I. von Deutschland unterstützt (S. 159). Letzte Karolinger: +Lothar+ († 986). +Ludwig V.+ (Fainéant) † 987. [~987–1328.~] ~Capetinger.~ ~Hugo Capet~, Sohn Hugos von Francien, von den Großen erwählt, dann in +Reims+ gekrönt, bringt das Königtum wieder zu Ansehen. Er hat den Vasallen gegenüber noch keine bedeutende Macht, hält aber die Lehnshoheit fest. Seine Nachfolger +Robert+, +Heinrich I.+, +Philipp I.+, († 1108) wissen die Erblichkeit des Königtums zu wahren. Heinrich I. gibt das +Herzogtum Burgund+ (Hauptstadt Dijon, zu unterscheiden von dem mit Deutschland vereinigten Königreich Burgund, S. 164) seinem jüngeren Bruder Robert als Lehen. Zur Sicherung des Landfriedens verkündet der Klerus (zuerst 1040 in Aquitanien) die ~Treuga Dei~, den Gottesfrieden, einen von der Kirche gebotenen Stillstand aller Fehden während der kirchlichen Festzeiten und der zweiten Hälfte jeder Woche (von Mittwoch Abend bis Montag früh). § 3. England und der Norden. [~827–1066.~] England unter ~sächsischen Königen.~ [827.] +Egbert+ von +Wessex+ vereinigt die sieben Reiche (S. 142) als erster König von ~England~. Einfälle und Ansiedlungen der heidnischen +Normannen+ (+Dänen+). Sein Enkel [871–901.] ~Alfred der Große~ bekämpft glücklich die Dänen und stellt die alte +Grafschafts+verfassung wieder her; das Grafschaftsgericht unter Leitung des vom König ernannten +Ealdorman+, dessen Stellvertreter der +shirgerefa+ (sherif). Blüte des Reiches noch unter seinem Sohne und seinem Enkel, dann Verfall und neue Bedrängnis durch die Dänen. [1002.] ~Ermordung der Dänen~ auf englischem Boden an +einem+ Tage (dänische Vesper), auf Befehl König +Ethelreds II.+ Infolge davon neue Rachezüge der Dänen nach England und endlich [1016–1042.] ~dänische Herrschaft~ über England unter ~Knud dem Grossen~ (S. 164), der als Sieger Milde übt und in Dänemark das Christentum zum Siege bringt († 1035), und unter seinen Söhnen +Harald I.+ und +Hardiknud+. [1042–1066.] Das Regiment der angelsächsischen Könige wiederhergestellt. ~Eduard der Bekenner~, Sohn +Ethelreds+, aus der Normandie zurückgekehrt, begünstigt die Normannen an seinem Hofe, die aber von seinem Schwiegervater +Godwin+ vertrieben werden. Sein Feldherr Siward besiegt +Macbeth+, der sich in +Schottland+ nach der Ermordung des Königs +Duncan+ des Thrones bemächtigt hat (1054). Duncans Sohn Malcolm nimmt Schottland von Eduard zu Lehen. Nach Eduards Tode wird +Harald II.+, Godwins Sohn, zum König ausgerufen, verliert aber Thron und Leben in der [1066.] ~Schlacht bei Hastings~ (spr. Hēstings) gegen ~Wilhelm den Eroberer~, Herzog von der ~Normandie~, der sich in Westminster zum König von England krönen läßt. König Malcolm von Schottland schließt mit ihm Vertrag. +Dänemark+, +Norwegen+, +Schweden+ bestehen seit Anfang des 11. Jahrhunderts als christliche Königreiche (Olaf der Heilige in Norwegen † 1030) nebeneinander, noch oft von wildem Streit erfüllt. Am meisten kommt +Dänemark+ empor unter dem Neffen Knuds d. Gr. +Svend Estridson+ († 1076) und dessen Söhnen. ~Fernere Staatengründungen der Normannen~: 1. Schwedische +Waräger+ fahren über die Ostsee; ihr Fürst +Rurik+ gründet 862 durch Vereinigung slavischer Stämme das ~russische Reich~ (Hauptstadt +Nowgorod+, dann +Kiew+). Rußland entwickelt sich unter den +Ruriks+ (862–1598) als +slavischer+ Staat im Anschluß an das oströmische Reich. Großfürst +Wladimir+ der Große, vermählt mit der Tochter eines oströmischen Kaisers, führt 988 das Christentum nach griechischer Lehre ein. 2. Norwegische +Wikinger+ kommen um 860 nach Island, 983 nach Grönland (Erich der Rote), um 1000 nach der Küste Nordamerikas (Vinland). Diese Niederlassungen von den Eskimos zerstört. Bestand hat dagegen der Freistaat auf der Insel ~Island~. Hier werden um 1100, als das Christentum bereits eingeführt ist, die nordischen Götter- und Heldensagen in der poetischen oder Lieder-+Edda+ aufgezeichnet (ergänzt durch die jüngere prosaische Edda von dem Isländer Snorri Sturluson um 1230). Island wird 1262 mit Norwegen vereinigt. 3. Der Normannenstaat in ~Unteritalien~, um 1020 von christlichen Normannen aus der Normandie gegründet (vgl. S. 163), nimmt italienische und arabische Kultur an. Bald treten sie in enge Beziehungen zum Papst. Von Robert Guiskard (S. 167) wird das ganze unteritalische Festland, von seinem Bruder Roger Sicilien den Sarazenen entrissen. Herzog +Roger+ wird 1130 vom Papste in Palermo als +König von Neapel+ und +Sicilien+ gekrönt. § 4. Die Pyrenäische Halbinsel. [~955–1031.~] ~Kalifat von Cordŏva~, gegründet von dem Omaijaden +Abdurrahman+ (s. S. 150). Glänzendste Zeit im 10. Jahrh. (Abdurrahman III, Hakem II., der Feldherr +Almansur+). Das volkreiche +Cordŏva+ Sitz der Wissenschaften und Künste. [1031.] Auflösung des Kalifats von Cordŏva in eine Menge kleiner Herrschaften. Die +Morabethen+ aus Mauretanien zu Hilfe gerufen, stellen sich mit Erfolg dem Andrängen der Christen entgegen (1086 Schlacht bei +Salaka+ unweit Badajoz) und reißen dann die Herrschaft des mohammedanischen Spaniens an sich. ~Christliche Reiche~: +Asturien+, seit Alfons III. († 910) bis zum Duero reichend, nach der neuen Residenz auch Königreich Leon genannt, mit dem Grenzgebiet +Kastilien+, das seinen Namen von den gegen die Araber errichteten Kastellen hat. ~Navarra~, ursprünglich fränkische Grafschaft, seit 905 Königreich, erweitert durch Eroberung der Landschaft +Aragon+ am oberen Ebro. ~Barcelona~, ebenfalls fränkische Grafschaft (S. 152), seit etwa 900 unabhängig unter einer erblichen Dynastie. [1035.] +Sancho III.+, der Große, König von +Navarra+, auch über +Kastilien+ herrschend, teilt sein Reich unter seine Söhne. Der zweite, welcher Kastilien erhält, gewinnt bald auch Leon hinzu; der dritte erhält Aragon als Königreich. Daher fortan die drei Königreiche ~Navarra~, ~Kastilien~, ~Aragon~, daneben die Markgrafschaft ~Barcelona~ (Katalonien). König +Alfons VI.+ von +Kastilien+, Enkel Sanchos d. Gr., erobert 1085 +Toledo+; der kastilische Ritter +Rodrigo Diaz+, von den Arabern ~Cid~, d. h. Herr, genannt, erobert 1094 +Valencia+, doch fällt es nach seinem Tode wieder in die Hände der Araber. § 5. Der Osten. [~867–1057.~] Das ~oströmische Reich~ unter der ~makedonischen Dynastie.~ +Basilius I.+ (867–886), durch Ermordung seines Vorgängers Michael III. auf den Thron gelangt, regiert kraftvoll, wehrt die Araber in Kleinasien und zur See ab, mildert den Steuerdruck, verbessert die Rechtspflege. Seine beiden Nachfolger +Leo VI.+ und +Konstantin VII. Porphyrogennetos+ Beschützer der Wissenschaften. +Nikëphoros II.+ (963–969) kämpft glücklich gegen Araber und +Bulgaren+; +Basilius II.+ (976–1025) unterwirft die Bulgaren in blutigen Kämpfen. [1043.] Die ~Serben~, ein im 7. Jahrhundert eingewandertes slavisches Volk, machen sich unabhängig von Ostrom; Königreich +Serbien+ bis 1458. [~1057–1204.~] Haus der ~Komnenen~. +Alexius I.+ (1081–1118) tritt dem von der Donau her vordringenden türkischen Stamme der +Petschenegen+ erfolgreich entgegen. Den +Seldschuken+ (s. u.) kann Kleinasien nicht wieder entrissen werden. Das ~Kalifat von Bagdad~ gerät seit 861 durch Emporkommen von Teilfürsten in Verfall. Die +Abbassiden+ werden von den Anführern ihrer türkischen Leibwache abhängig. [935.] Die aus Persien stammenden +Bujiden+ reißen die Würde des +Emir al Omra+ (Fürst der Fürsten) an sich; der Kalif bleibt nur noch geistliches Oberhaupt [969.] +Ägypten+ sondert sich ab als eigenes Kalifat unter den +Fatimiden+ (Schiiten, vergl. S. 149). Kairo glänzende Hauptstadt, Syrien bald hinzuerobert. [998–1030.] Sultan +Mahmud+, Herrscher des +Gasnaviden+reichs, gewinnt die früher von den +Samaniden+ (unter Oberhoheit der Kalifen) beherrschten Gebiete um Buchara und Samarkand, dringt erobernd nach +Indien+ vor. An seinem Hofe zu Gasna (in Afghanistan) der persische Dichter +Firdusi+ und der arabische Philosoph +Ibn Sina+ (Avicenna), Erklärer des Aristoteles. [1058.] +Togrulbeg+, Sultan der +seldschukischen+, aus der Bucharei stammenden +Türken+, befreit den Kalifen von der Übermacht der Bujiden. Er vererbt die Würde des Emir al Omra auf seinen Neffen +Alp Arslan+ und dessen Sohn +Malekschah+; dieser stellt die Einheit des Kalifenreiches wieder her, entreißt den Fatimiden Syrien, den Gasnaviden Buchara und Samarkand, residiert zu Ispahan. [1092.] Nach Malekschahs Tode +Teilung der Seldschukenherrschaft+; besondere Sultanate in Iran, Karman (östliches Persien), Aleppo, Damaskus, Iconium. Trotzdem wird der Bestand des Kalifats durch die nun folgenden Angriffe der Christen nicht wesentlich erschüttert. +Bagdad+ bleibt glänzender Herrschersitz bis zum Eindringen der Mongolen (S. 195). ~C. Das Zeitalter der Kreuzzüge. (1096–1270).~ § 1. Die Kreuzzüge. ~Veranlassung~: Die Wallfahrten der Christen nach dem +heiligen Grabe+ (die Kirche über demselben erbaut von +Helĕna+, der Mutter Konstantins d. Gr.) werden gestört, seitdem die +Fatimiden+, und mehr noch seitdem die +Seldschuken+ über Palästina herrschen. Mißhandlungen der Pilger, Hilferufe des bedrängten byzantinischen Reiches; das neu erstarkte Papsttum schenkt ihnen Gehör und ruft mit Benutzung der asketisch angeregten und zugleich kriegerischen Stimmung im Abendlande eine großartige Völkerbewegung hervor. [1095.] Papst +Urban II.+ ruft auf den Kirchenversammlungen zu +Piacenza+ und zu +Clermont+ in der Auvergne die Gläubigen zum Kreuzzug auf; allgemeine Begeisterung. (+Gott will es!+). Der Eremit +Peter von Amiens+ predigt in Frankreich mit großem Erfolge das Kreuz. Die von ihm und dem Ritter +Walter Senzaveir+ (Habenichts) geführten Scharen gelangen unter großen Verlusten nach Kleinasien und werden dort im Kampfe aufgerieben, andere gehen schon in Ungarn und Bulgarien zugrunde. [~1096–1099.~] ~Erster Kreuzzug.~ Königreich Jerusalem. Anführende Fürsten: +Gottfried von Bouillon+, Herzog von Nieder-Lothringen; seine Brüder +Balduin+ und +Eustachius+; +Robert+, Herzog der Normandie, Sohn Wilhelms des Eroberers; +Robert+ von Flandern; +Stephan+ von Blois; +Raimund+, Graf von Toulouse; +Hugo von Vermandois+, Bruder Philipps I., Königs von Frankreich; +Boëmund+ von Tarent, Sohn Robert Guiscards; sein Neffe +Tankred+. Sie führen über 200000 Krieger, meist Franzosen und Normannen, nach dem Orient. Der Bischof +Adhemar von Puy+, der in Clermont zuerst sich das Kreuz anheftete, nimmt als päpstlicher Legat am Zuge Teil († 1098). Die Fürsten ziehen auf verschiedenen Wegen (Gottfried von Bouillon die Donau abwärts, Raimund von Toulouse durch Oberitalien und Dalmatien, die Nordfranzosen und Normannen von Apulien aus zur See) nach Konstantinopel; sie leisten mit Ausnahme Raimunds dem Kaiser +Alexius Komnenus+ den Lehnseid für die zu erobernden Länder und werden auf griechischen Schiffen übergesetzt. [1097.] +Nicäa,+ von den Kreuzfahrern belagert, ergibt sich dem griechischen Kaiser. Sieg der Kreuzfahrer bei +Doryläum+ über den Sultan von +Iconium. Balduin+ trennt sich vom Hauptheere, zieht über den Euphrat und erwirbt sich die Herrschaft in +Edessa.+ [1097–1098. Okt. Juni.] Das Hauptheer belagert lange vergeblich Antiochīa am Orontes, endlich verrät ein armenischer Renegat die Stadt an +Boemund+ von Tarent. [1098.] +Kerboga,+ Emir von Mosul, rückt mit einem ungeheuren Heere heran und belagert in Antiochīa die durch Krankheit und Mangel erschöpften Kreuzfahrer. Siegreicher Ausfall der Christen (die heilige Lanze!), das Heer der Seldschuken wird in die Flucht geschlagen und zerstreut. Lange Rast und Streitigkeiten der Kreuzfahrer in Antiochīa. [~1099.~] Zug an der Küste entlang nach Jerusalem. Am 7. Juni erblicken die Kreuzfahrer (nur noch 21500 kampffähige Krieger) die heilige Stadt, welche im J. 1098 den Seldschuken durch die +Fatimiden+ wieder entrissen worden war. Nach fünfwöchiger Belagerung. [15. Juli.] ~Erstürmung Jerusalems.~ Furchtbares Blutbad, Wallfahrt nach der Kirche des heiligen Grabes. Das +christliche Königreich Jerusalem+ wird als Lehnsstaat nach französischem Vorbild eingerichtet; kleinere Lehnsstaaten: das Fürstentum +Antiochīa,+ die Grafschaften +Edessa+ und +Tripolis.+ Sammlung der Gesetze in den +Assises du royaume de Jérusalem.+ Zwei Patriarchen, in +Jerusalem+ und in +Antiochīa.+ Gottfried von Bouillon, +Beschützer des heiligen Grabes.+ Er besiegt den Sultan von Ägypten bei +Askalon+ 1099; † 1100. Sein Bruder +Balduin I.+ nimmt den +Königs+titel an. Akkon, Tripolis, Beirut, Sidon mit Hilfe der Pisaner und Genuesen erobert, etwas später +Tyrus+ mit Hilfe der Venetianer. Auf Balduin I. († 1118) folgen +Balduin II.+ († 1131), +Fulco+ von Anjou († 1143), unter dem das Königreich Jerusalem die größte Ausdehnung gewinnt, +Balduin III.+ († 1162), +Amalrich+ († 1173), +Balduin IV.+ († 1184), +Balduin V.+ (unmündig, † 1186), +Guido+ von Lusignan († 1195) s. S. 175. [~1147–1149.~] ~Zweiter Kreuzzug.~ Ohne Erfolg. ~Veranlassung~: Eroberung +Edessas+ durch +Imadeddin Zenki,+ Emir von Mosul (1144), und nochmals durch dessen Sohn +Nureddin+ (1146). Abt +Bernhard+ von Clairvaux predigt das Kreuz. +Konrad III.+ von Deutschland und +Ludwig VII.+ von Frankreich brechen, jener von +Regensburg,+ dieser etwas später von Metz aus, nach Palästina auf. Sie ziehen nacheinander durch Ungarn nach Kleinasien. Das +deutsche+ Heer dringt bis Doryläum vor, erleidet aber durch Mangel und Kämpfe mit dem Sultan von Iconium schwere Verluste. Die nach Nicäa Entkommenen kehren zum Teil heim; mit den übrigen schließt sich Konrad dem Zuge des +französischen+ Heeres +an der Küste entlang+ an, kehrt aber zur Herstellung seiner Gesundheit nochmals nach Konstantinopel zurück. +Ludwig+ fährt mit dem französischen Adel zu Schiffe nach Antiochīa. Das übrige Heer setzt den Weg zu Lande fort, wobei es durch Hunger und feindliche Angriffe vollends aufgerieben wird. +Konrad+ kommt 1148 zur See nach dem Heiligen Lande und macht zusammen mit den Franzosen einen vergeblichen Angriff auf +Damaskus+. [~1189–1192.~] ~Dritter Kreuzzug.~ Eroberung von Akkon. ~Veranlassung: Saladin~, Sohn des Kurden Ejub, Gründer der Dynastie der +Ejubiden+ in Ägypten, erobert Nureddins Reich, schlägt die Christen in der blutigen Schlacht bei +Hittin+ (Tiberias) am See Genezareth, ~erobert Jerusalem~ 1187. Die christlichen Einwohner großmütig behandelt, König Guido von Lusignan und viele Ritter geraten in Gefangenschaft. ~Kaiser Friedrich I.~, der als Jüngling am zweiten Kreuzzug teilgenommen hatte, tritt als Greis im Frühjahr 1189 den Zug von Regensburg aus an, zieht durch Ungarn, erzwingt den Durchzug durch das griechische Kaiserreich, bleibt den Winter in Adrianopel, setzt 1190 nach Kleinasien über, erobert Iconium und zieht nach Cilicien; dort ertrinkt er (10. Juni) im +Kalykadnus+ (Saleph). Sein Sohn, Herzog +Friedrich+ von Schwaben, führt einen Teil der Pilger (viele kehren um) über Tarsus, Antiochīa und Tyrus nach +Akkon+. Er stirbt 1191 während der Belagerung dieser Stadt, welche der frei gewordene König +Guido+ leitet. ~Richard Löwenherz~, König von England, und ~Philipp II.~ +Augustus+, König von Frankreich, fahren zur See, Richard von Marseille, Philipp von Genua aus nach dem Heiligen Lande (1190); Beteiligung von +Genua+, +Pisa+ und +Venedig+. Nach längerem Aufenthalt in Sicilien kommen die beiden Könige vor +Akkon+ an, welches Lusignan schon fast zwei Jahre belagerte. Die Stadt wird nun schnell zur Übergabe gezwungen (Juli 1191). Philipp, mit Richard entzweit, kehrt nach Frankreich zurück. Heldentaten und Grausamkeiten Richards, der zweimal vor Jerusalem umkehren muß. Waffenstillstand mit Saladin (1192): der Küstenstrich von +Joppe bis Akkon+ wird an die Christen abgetreten, der Besuch der heiligen Orte gestattet. +Cypern+ wird von Richard, der es 1191 erobert hatte, an Guido von Lusignan zu Lehen gegeben, der seine Würde als »König von Jerusalem« an +Heinrich von Champagne+ überläßt. Richard leidet auf der Rückkehr Schiffbruch bei Aquileja, wird trotz seiner Verkleidung bei Wien erkannt, von Herzog +Leopold VI. von Österreich+, den er vor Akkon tödlich beleidigt hatte, festgenommen und an Kaiser +Heinrich VI.+ ausgeliefert. Dieser hält ihn in der Feste +Trifels+ (westlich von Landau in der Pfalz) gefangen und gibt ihn erst nach 13 Monaten gegen ein Lösegeld von 100000 Mark Silbers und Lehnshuldigung frei. [~1202–1204~.] ~Vierter Kreuzzug~. Lateinisches Kaisertum 1204–1261. Auf Anregung des Papstes +Innocenz III.+ (1198–1216) (Kreuzpredigt des +Fulco+ von Neuilly) unternehmen mächtige französische Barone zusammen mit dem Grafen +Balduin+ von Flandern und dem Markgrafen +Bonifacius+ von Montferrat einen Kreuzzug, der ursprünglich gegen Ägypten gerichtet war. Die Kreuzfahrer übernehmen für die Venetianer (Doge +Heinrich Dandolo+), zum Teil als Preis der Überfahrt, die Eroberung von +Zara+ in Dalmatien. Auf Bitten des byzantinischen Prinzen +Alexius+ für seinen Vater, den entthronten Kaiser +Isaak Angelus+, fahren die Kreuzfahrer auf der venetianischen Flotte nach ~Konstantinopel~, nehmen die Stadt ein und setzen Alexius und seinen Vater auf den Thron (1203). Aber die Erfüllung der eingegangenen Bedingungen (Vereinigung der griechischen Kirche mit der römischen, Zahlung bedeutender Geldsummen) scheitert an dem Widerstande der Bevölkerung. Streitigkeiten, bei denen die Stadt in Brand gerät. Zweite Einnahme der Stadt; Plünderung, wobei viele Werke der alten Kunst zugrunde gehen (1204). Errichtung des ~Lateinischen Kaisertums~ (+Balduin+ Kaiser). Viele Küstenstriche und Inseln kommen an die +Venetianer+; Korfu, Zante, Kandia, ein großer Teil von Morea (Peloponnes). Gewaltiges Aufblühen des venetianischen Handels. Der Markgraf von Montferrat wird König von +Thessalonich+, französische Herzöge in +Athen+, +Theben+, +Achaja+; Villehardouin, der Geschichtschreiber des Kreuzzuges, Marschall des Reiches. Ein +griechisches+ Kaisertum behauptet sich in +Nicäa+, ein zweites in +Trapezunt+ am Schwarzen Meere. Von Nicäa aus macht +Michael Paläolŏgus+ 1261, von +Genua+ unterstützt, dem Lateinischen Kaisertum ein Ende. Er erkennt 1274 die Suprematie des Papstes an. Aber der griechische Klerus und das Volk gegen die Ansprüche der Päpste. Schon 1280 wurde diese Union wieder gelöst (S. 218). [1212.] +Kinderkreuzzug+. Tausende von Knaben und Mädchen aus Frankreich und Deutschland ziehen nach Marseille und Genua; viele kommen unterwegs um, manche werden zur Rückkehr genötigt, andere in Alexandria als Sklaven verkauft. [1217.] Kreuzzug des Königs +Andreas II.+ von Ungarn; er versucht von Akkon aus vorzudringen, doch ohne Erfolg. Neue Pilgerscharen, die sich in +Akkon+ sammeln, unternehmen einen Angriff auf Ägypten, erobern +Damiette+ 1219, müssen es aber 1221 wieder räumen. [~1228–1229.~] ~Fünfter Kreuzzug.~ Jerusalem auf kurze Zeit wiedergewonnen. ~Friedrich II.~, römischer Kaiser, wegen verzögerter Erfüllung seines Versprechens, einen Kreuzzug zu unternehmen, im päpstlichen Banne, fährt zur See nach Akkon, erhält von dem ägyptischen Sultan +Elkâmil+ durch Vertrag +Jerusalem+ (wo er sich krönt[31]) und +Nazareth+, sowie die Landstriche von da bis zur Küste, nebst +Sidon+. [1244.] +Jerusalem+ durch die Chowaresmier (S. 195) im Dienste des Sultans von Ägypten erobert und den Christen auf immer verloren. [~1248–1254.~] ~Sechster Kreuzzug.~ Ohne Erfolg. Ludwig IX., der Heilige, König von Frankreich, fährt zur See nach +Cypern+ und verweilt dort den Winter. Um die Sarazenenherrschaft in ihrem Hauptsitze ~Ägypten~ zu vernichten, fährt er im Frühjahr 1249 nach +Damiette+ und nimmt die Stadt ein. Auf dem Zuge nach +Kairo+ wird Ludwig geschlagen, von Damiette abgeschnitten und mit dem ganzen französischen Heere gefangen (April 1250). Die Ausführung des Friedensvertrages, wonach der König gegen Räumung von Damiette und bedeutendes Lösegeld frei kommen soll, gefährdet vorübergehend der Sturz der Ejubiden (S. 175) durch die +Mamelucken+. Ludwig fährt nach Palästina, befestigt während eines fast vierjährigen Aufenthalts +Akkon+ und andere Küstenstädte, kehrt 1254 nach Frankreich zurück. [1268.] +Antiochīa+ von dem Sultan Bibars von Ägypten erobert. [~1270.~] ~Siebenter Kreuzzug.~ Ohne Erfolg. Ludwig IX. fährt zur See nach +Tunis+, wo ihn und einen großen Teil des Heeres Krankheit hinwegrafft. [1291.] +Akkon+ wird von den Mamelucken erstürmt, die letzten Besitzungen in Palästina (+Tyrus+, +Beirut+, +Sidon+) werden von den Christen geräumt. ~Folgen der Kreuzzüge~: 1. Erhöhtes Ansehen der Kirche und des +Papsttums+. 2. Ausbildung des +Rittertums+, welches sowohl für den Staat wie für das gesellschaftliche Leben hohe Bedeutung erlangt. 3. Aufschwung des Seehandels und Entwickelung der +Städte+, zunächst in Italien (Venedig und Genua). 4. Fortschreiten der geistigen Bildung durch die im Orient gewonnenen neuen Anschauungen und Kenntnisse (besonders der Philosophie des Aristoteles, Geographie und Naturkunde). Stützen der kirchlichen Macht, zugleich Förderer des Ackerbaues, der Künste und Wissenschaften sind die neugebildeten ~Mönchsorden~: +Cistercienser+ 1098 (Citeaux unweit Dijon), +Prämonstratenser+ 1120 (Prémontré bei Laon), die Bettelorden der +Dominikaner+ 1216, +Franziskaner+ 1223 (Franz von Assisi in Umbrien) und +Augustiner+ 1244. Ausbildung der ~Scholastik~ (Philosophie im Dienste der Kirche) durch die beiden Dominikaner +Albertus Magnus+ (Albert von Bollstädt in Schwaben, lehrte in Paris und Köln, † 1280) und +Thomas von Aquino+ (lehrte in Paris, Köln, Rom, Neapel, † 1274). Die kräftigsten Vorkämpfer der christlichen Staaten im Orient waren ~Die geistlichen Ritterorden.~ 1. ~Tempelherren~ oder ~Templer~ (so genannt nach ihrem nahe der Stelle des salomonischen +Tempels+ gelegenen Ordenshause in Jerusalem), hervorgegangen aus einem 1118 geschlossenen Bunde 8 französischer Ritter (+Hugo de Payens+). Zu den drei Mönchsgelübden (Armut, Keuschheit, Gehorsam) wird die Verpflichtung zum Kampfe gegen die Ungläubigen hinzugefügt. +Weißer+ Mantel, +rotes+ Kreuz. Der Orden wird 1291 nach Cypern verlegt, 1312 auf dem Konzil zu +Vienne+ durch Papst Clemens V. aufgehoben. 2. ~Johanniter~, entstanden aus der Brüderschaft des Hospitals des heiligen Johannes in Jerusalem, welches Kaufleute aus +Amalfi+ um 1048 gestiftet hatten. Die Brüderschaft wird erweitert nach dem ersten Kreuzzuge, dann nach dem Vorbild der Templer zum Ritterorden umgestaltet (+Raimund Dupuis+). +Schwarzer+ Mantel, +weißes+ Kreuz. Der Orden wird verlegt nach Cypern 1291, nach Rhodus 1310, nach Malta 1526, wo er bis 1798 seinen Sitz hat (daher Malteser genannt). 3. ~Deutscher Orden~, aus einer bei der Belagerung von ~Akkon~ 1190 gestifteten Brüderschaft für Krankenpflege[32] zum ritterlichen Orden umgewandelt 1198. +Weißer+ Mantel, +schwarzes+ Kreuz. Ordenssitz in +Akkon+. Unter dem Hochmeister +Hermann von Salza+ wird 1226 der Orden von dem polnischen Herzog +Konrad von Masovien+ zur Bekämpfung der heidnischen ~Preussen~ eingeladen, von Kaiser +Friedrich II.+ dazu bevollmächtigt und im Besitz des Landes Kulm sowie der künftigen Eroberungen bestätigt. +Hermann Balk+, erster +Landmeister+ in Preußen, welches durch blutige Kämpfe 1230–1283 unterworfen wird. Im Jahre 1291 wird der Sitz des Hochmeisters nach +Venedig+, 1309 nach +Marienburg+, 1457 nach +Königsberg+ verlegt. 1525 wird das Ordensland weltliches Herzogtum. Die katholisch bleibenden Ritter behaupten sich im Besitz der deutschen Güter; Sitz ihres Hochmeisters zu +Mergentheim+ in Franken. Der Orden wird 1809 aufgehoben. In allen drei Orden: +Ritter+, +Priester+, +dienende Brüder+. § 2. Deutschland und Italien. [~1125–1137.~] ~Lothar von Sachsen~, gewählt auf Betreiben der Erzbischöfe von Mainz und Köln, (er läßt seine Wahl vom Papst bestätigen) im Gegensatz zu den Neffen Heinrichs V., +Friedrich+ und +Konrad+ von Staufen. Er bekämpft sie mit Hilfe seines Schwiegersohnes +Heinrichs des Stolzen+, Herzogs von Bayern, aus dem +Welfen+hause (S. 166). Konrad läßt sich in Italien zum König krönen, wird aber bald von seinen Anhängern verlassen; Friedrich verteidigt sein Herzogtum +Schwaben+; beide unterwerfen sich erst 1135. [Sidenote 1130.] Lothar entscheidet bei einer zwiespältigen Papstwahl für +Innocenz II.+, zieht dann 1131 nach +Dänemark+ und benutzt einen Thronstreit daselbst, um den König Magnus zum Vasallen des Reiches zu machen; dann 1132 Zug nach +Italien+. [1133.] Lothar, in Rom von Innocenz II. zum Kaiser gekrönt, nimmt die Allodien der Markgräfin +Mathilde von Tuscien+ († 1115) vom Papste zu Lehen, kehrt nach Deutschland zurück, ohne den Gegenpapst +Anaklet+, der sich auf die +Normannen+ stützt (S. 171), aus Rom vertrieben zu haben. [1136–1137.] Zweiter Zug nach +Italien+. Lothar vertreibt den Normannenfürsten +Roger II.+ auf kurze Zeit vom italischen Festlande, stirbt auf dem Rückwege in Bayern, nachdem er +Heinrich dem Stolzen+ die Mathildischen Güter und das Herzogtum Sachsen übertragen hat. Unter Lothars Regierung erfolgreicher Wiederbeginn der ~deutschen Kolonisation~ im Norden und Osten des Reiches. Drei Fürstenhäuser, welche dafür viel geleistet haben, verdanken ihm ihre Einsetzung: die +Schauenburger+ in ~Holstein~, die +Wettiner+ in ~Meissen~, die +Askanier+ in ~Brandenburg~ (Albrecht der Bär 1134, Markgraf der Nordmark, (Altmark)). Bei den wendischen Pommern predigt Bischof +Otto von Bamberg+ 1124 und 1127 das Christentum. [~1138–1254.~] ~Haus der Hohenstaufen~ (Staufer), nach der Burg +Staufen+ in Schwaben benannt. [~1188–1152.~] ~Konrad III.~, von der dem sächsischen Hause feindlichen Partei ohne Beteiligung der +Sachsen+ und +Bayern+ gewählt. Kampf der ~Welfen~ gegen die ~Staufer~ (letztere auch +Waiblinger+ genannt nach der Burg Waiblingen in Schwaben). In Italien heißen die Parteinamen +Guelfen+ und +Ghibellinen+. König Konrad spricht über +Heinrich den Stolzen+ die Acht aus und verleiht das Herzogtum Sachsen an +Albrecht den Bären+, Bayern an +Leopold IV.+, Markgrafen von Österreich. Während des Kampfes stirbt Heinrich der Stolze 1139. Die sächsischen Großen halten zu seinem 10jährigen Sohne Heinrich; in Bayern und Schwaben kämpft sein Bruder Welf VI. für seinen Neffen. [1140.] +Schlacht bei Weinsberg+ (unweit Heilbronn), Sieg Konrads über Welf VI., die Stadt muß sich ergeben. (Die treuen Weiber von Weinsberg). Nach dem Tode Leopolds von Österreich kommt Bayern an seinen Bruder +Heinrich Jasomirgott+,[33] welcher +Gertrud+, Heinrichs des Stolzen Witwe, heiratet (1142). Des letzteren Sohn +Heinrich der Löwe+ erhält Sachsen zurück. Albrecht der Bär entsagt seinen Ansprüchen auf das Herzogtum Sachsen, erhält seine anhaltischen Besitzungen zurück, regiert in der Nordmark und (seit Pribislavs Tode 1150) im Havellande als +Markgraf von Brandenburg+ (S. »Anhang«). [1147.] Während Konrad III. den zweiten Kreuzzug nach Palästina unternimmt, herrscht in Italien große Verwirrung. Der Mönch +Arnold von Brescia+ im Kampf mit dem Papst. In Rom eine Republik gegründet, der Papst vertrieben. In Norddeutschland ~Wendenkreuzzug~: Heinrich der Löwe gegen den Obotritenfürsten +Niklot+, dessen Söhne später das Christentum annehmen; Albrecht der Bär und Konrad von Wettin gegen den Pommernfürsten +Ratibor+, der 1149 sich zum Christentum bekennt. Seitdem deutsche Einwanderung in +Mecklenburg+ und +Pommern+, welche deutsche Reichsländer werden. Konrad III. empfiehlt zum Nachfolger seinen Neffen +Friedrich von Schwaben+, der von den Fürsten einstimmig in +Frankfurt+ gewählt, dann in +Aachen+ gekrönt wird. Im Gegensatz zu Lothar und Konrad III. zeigt er dem Papst seine Wahl nur an. [~1152–1190.~] ~Friedrich I., Barbarossa~, durch Tapferkeit und Gerechtigkeit hervorragend. Reichstag zu Merseburg 1152, Entscheidung des dänischen Thronstreits: +Svend+ wird König von Dänemark als Vasall des Reiches. ~Welfen.~ Welf IV., Hz. v. Bayern, †1101. | Heinrich d. Schwarze, Hz. v. Bayern, †1126. Gem. Wulfhild, T. des Magnus Billung. _____________|_______________________ | | | Heinrich der Stolze, Welf VI. Judith, Gem. v. Friedrich Hz. Hz. v. Bayern u. †1191. v. Schwaben, Sachsen, †1139. †1147. Gem. Gertrud, T. Lothars v. Sachsen. | ~Heinrich~ der Löwe Herzog v. Sachsen u. Bayern, †1195. ____|__________________ | | ~Otto IV.,~ Wilhelm †1218. | 1. Gem. Beatrix | 2. Maria Otto das Kind, v. Brabant erster Hz. v. Braunschweig-Lüneburg. ~Hohenstaufen (Staufer).~ Friedrich, Herzog von Schwaben, †1105. Gem. Agnes, Tochter Kaiser Heinrichs IV. _____________|_________________ | | Friedrich Hz. ~Konrad III.,~ v. Schwaben, †1147. †1152. | ~Friedrich I.,~ Barbarossa †1190. ___|___________________________________ | | | ~Heinrich VI.,~ Friedrich ~Philipp~ †1197. Hz. v. Schwaben von Schwaben Gem. Konstanze. †1191. †1208. | ___________|________ ~Friedrich II.,~ Beatrix, Beatrix, †1250. Gem. Otto IV. Gem. Ferdinand III. | von Kastilien. __|______________________________________________ |____ | | | | | | Heinrich, ~Konrad IV.,~ Margarete, †1270, Enzio, Manfred, Alfons X. †1242. †1254. Gem. Albrecht †1272. †1266. von | von Thüringen. | Kastilien. | __|__________ | Konradin Friedrich. Diezmann. Constantia, †1268. Gem. Peter III. von Aragon. Friedrichs Hauptbestreben ist, das Ansehen des ~Kaisertums~ wiederherzustellen. Daher Streit mit den zu mächtigen Republiken gewordenen ~lombardischen Städten~. Sechs Züge nach ~Italien~, bei welchen das deutsche +Rittertum+ seine Kraft entfaltet. [1154–1155.] +Erster Zug.+ Friedrich zerstört einige kleine Orte, die sich ihm widersetzen, und wird in Rom von Hadrian IV. zum Kaiser gekrönt. Tapferer Kampf +Heinrichs des Löwen+ gegen die aufständischen Römer. +Arnold von Brescia+ (Schüler des Scholastikers +Abälard+), der gegen die weltliche Herrschaft der Geistlichen und den Güterbesitz der Kirche aufgetreten war, wird verurteilt und verbrannt. Auf dem Rückwege von Rom erstürmt +Otto von Wittelsbach+ den Engpaß im Etschtale bei +Verona+. [1156.] Heinrich der Löwe erhält auch Bayern zurück. +Österreich+ bleibt im Besitze der +Babenberger+ (S. 162) als ein auch in weiblicher Linie erbliches +Herzogtum+. Gegenüber der welfischen Machtstellung in Sachsen und Bayern stützt die kaiserliche Macht sich auf die Stammgüter in +Schwaben+ und auf die von den Saliern ererbten Güter in +Franken+, außerdem auf bedeutende +Reichsgüter+ in anderen Landschaften, besonders in der Rheingegend. Das »goldene Mainz« Mittelpunkt des Handels und Verkehrs. Die Verwaltung dieser Güter werden +Ministerialen+ übertragen, d. h. den Gehülfen (ministri) der Ritter und freien Herren, die ursprünglich unfrei gewesen waren, dann aber infolge ihrer gehobenen Stellung sich mehr und mehr von ihren hörigen Standesgenossen abhoben und schließlich den freien Rittern gleich geachtet wurden. ~Kaiserliche Pfalzen~ zu Hagenau (im Elsaß), Trifels und Kaiserslautern (in der Rheinpfalz), Ingelheim, Gelnhausen, Aachen, Dortmund, Goslar, Tilleda (am Kyffhäuser), Nürnberg u. a. Die +Pfalzgrafschaft am Rhein+ überträgt Friedrich 1156 seinem Halbbruder Konrad, der die Burg +Heidelberg+ gründet. [1156] vermählt Friedrich sich mit +Beatrix+, der Erbin von Hochburgund. [1157.] Zug Friedrichs über die Oder nach +Polen+. Herzog Boleslav IV. unterwirft sich, räumt um 1163 seinen Neffen besondere Fürstentümer in ~Schlesien~ ein; seitdem deutsche Einwanderung in dieses Land. [Sept.] Reichstag zu +Würzburg+; es erscheinen Gesandtschaften aus dem byzantinischen Reich, aus England, Dänemark, Ungarn, Italien, ~Burgund~. Auf dem Reichstage zu +Besançon+ (Okt.) huldigen die burgundischen Großen. Der Kanzler des Kaisers, Graf +Rainald von Dassel+, tritt gegen den Kardinal +Roland von Siena+ auf, welcher auf Grund eines päpstlichen Schreibens die Kaiserkrone für ein päpstliches Lehen (+beneficium+) erklärt. [1158.] Fürstentag zu +Regensburg+; Herzog Wladislav von ~Böhmen~ erhält von Friedrich die +Königskrone+. [1158–1162.] +Zweiter Zug+ nach ~Italien~. Die lombardischen Städte, auch Mailand, unterwerfen sich. Reichstag auf den +Ronkalischen Feldern+ (bei Piacenza), die kaiserlichen Hoheitsrechte über die Städte in Oberitalien auf Grund des +römischen Rechts+ festgestellt. Die Mailänder empören sich von neuem. Streit des Kaisers mit dem Papste über die kaiserlichen Rechte in Rom. Krieg gegen Mailand, das sich nach längerer Belagerung ergeben muß. Auf Befehl des Kaisers wird [1162.] ~Mailand zerstört~ durch die Einwohner der Nachbarstädte. [1159–1177.] Kirchenspaltung. Papst ~Alexander III.~ (Roland von Siena) von der Mehrzahl der Kardinale gewählt, Viktor IV. von der kaiserlich gesinnten Minderheit. Friedrich entscheidet auf dem Konzil zu Pavia (+Rainald+, Erzbischof von Köln) für Viktor. Alexander III., im Bunde mit den lombardischen Städten, spricht über den Kaiser den +Bann+ aus, sieht sich aber genötigt, nach Frankreich zu entweichen. [1163.] +Dritter Zug+. Der Kaiser ohne Heer. Er bestätigt die Anordnungen seines Kanzlers +Rainald+. Bald neue Unruhen in Italien, Alexander III. kehrt nach Rom zurück. [1166–1168.] +Vierter Zug+. Paschalis III., Viktors Nachfolger, wird von Friedrich nach Rom geführt; Alexander entflieht nach Benevent, findet Schutz im Normannenreich (S. 171). Unterdessen stellen die Lombarden +Mailand+ wieder her, erbauen +Alessandria+ (dem Papste zu Ehren benannt) und besetzen die Alpenpässe. Der Kaiser, dessen Heer durch eine in Rom ausgebrochene +Seuche+ fast aufgerieben war, entkommt nur mit Mühe nach Deutschland. Fehde zwischen +Heinrich dem Löwen+, der seine Herzogsgewalt über Mecklenburg und Pommern ausgedehnt hat, und den ihm feindlichen Fürsten (den Erzbischöfen von Magdeburg und Bremen, Albrecht dem Bären, Otto von Meißen, Ludwig dem Eisernen von Thüringen u. a.). Der Kaiser schlichtet den Streit zu Gunsten Heinrichs des Löwen, bringt aber durch Vertrag mit dem kinderlosen Welf VI. die +welfischen Stammgüter+ in Schwaben (Altorf und Ravensburg) an sich, um seine Hausmacht zu vermehren. Heinrich der Löwe unternimmt eine Wallfahrt nach Jerusalem (1172). [1174–1178.] +Fünfter Zug+ Friedrichs nach Italien. Er belagert vergeblich das feste +Alessandria+. Heinrich der Löwe verweigert auf den Anruf des Kaisers die Heeresfolge (Zusammenkunft in +Partenkirchen+ oder +Chiavenna+). Der Kaiser greift die Lombarden an, wird aber in der [1176.] ~Schlacht bei Legnano~ besiegt. Unterhandlungen und Waffenstillstand mit Alexander III. und den lombardischen Städten. [1177.] Aussöhnung zwischen Kaiser und Papst in +Venedig+. Alexander III. wird durch Erzbischof Christian von Mainz im Auftrage des Kaisers nach Rom zurückgeführt. Friedrich ordnet die Verhältnisse Italiens, empfängt 1178 in +Arles+ die burgundische Krone, kehrt dann nach Deutschland zurück, um seinen Vetter +Heinrich den Löwen+ zu demütigen. [~1180.~] ~Heinrich der Löwe geächtet~ und seiner Lehen verlustig erklärt, nachdem er auf viermalige Vorladung nicht erschienen ist. Friedrich zieht mit Heeresmacht gegen ihn, dringt 1181 durch Sachsen bis +Lübeck+ vor und nimmt diese Stadt ein, darauf unterwirft sich Heinrich der Löwe zu +Erfurt+. Er behält seinen Allodialbesitz von mütterlicher Seite, Braunschweig und Lüneburg, muß aber auf drei Jahre in die Verbannung gehen, begibt sich nach +England+ zu seinem Schwiegervater König Heinrich II. ~Teilung des Herzogtums Sachsen~. +Westfalen+ kommt größtenteils an das Erzbistum Köln; die Grafen von +Holstein, Schwerin, Oldenburg, Teklenburg+ u. a. werden reichsunmittelbar; ebenso die Stadt +Lübeck+, während +Hamburg+ den Grafen von Holstein, +Bremen+ seinem Erzbischof noch Untertan bleibt.[34] Das +östliche Sachsen+ (Wittenberg und Lauenburg) mit der Herzogswürde erhält +Bernhard von Askanien,+ Sohn Albrechts des Bären; ~Bayern~ (ohne +Steiermark+, welches selbständiges Herzogtum wird, bald aber an Österreich kommt) erhält +Otto von Wittelsbach+ († 1183). [1183.] Friede mit den lombardischen Städten zu +Konstanz+. Die meisten beanspruchten Rechte (namentlich freie Wahl der Stadtobrigkeit, Consules) werden ihnen gegen Anerkennung der Oberhoheit des deutschen Reiches zugestanden. [1184.] Glänzendes Reichsfest in der Rheinebene bei +Mainz+; der Kaiser erteilt seinen beiden ältesten Söhnen den Ritterschlag. ~Einheit und Macht des deutschen Reiches überall anerkannt.~ [1184–1186.] +Sechster+ (friedlicher) Zug nach Italien. Der Kaiser vermählt in +Mailand+ seinen schon längst zum deutschen König gewählten 21jährigen Sohn ~Heinrich~ mit ~Konstanze,~ der Erbin des +Normannenreiches+ in Unteritalien. [1189–1190.] +Friedrichs Kreuzzug+ und +Tod+ (s. S. 175). Sein Sohn Heinrich Reichsverweser. +Heinrich der Löwe,+ der bei des Kaisers Aufbruch abermals auf 3 Jahre das Reich hatte verlassen müssen, kehrt eigenmächtig aus England zurück. Da im Nov. 1189 König Wilhelm II. von Sicilien gestorben ist, so beeilt sich König Heinrich, mit Heinrich dem Löwen einen Vertrag zu schließen. Mittlerweile kommt die Nachricht von Kaiser Friedrichs Tode nach Deutschland. [~1190–1197.~] ~Heinrich VI.,~ ein staatskluger, hochgebildeter Fürst, aber streng und rücksichtslos. [1191.] +Erster Zug+ nach +Italien.+ Heinrich empfängt die Kaiserkrone in Rom und zieht nach Neapel, um das Erbe seiner Gemahlin Konstanze dem Normannen +Tankred+ +von Lecce+ zu entreißen. Vergebliche Belagerung von Neapel. Krankheiten in seinem Heere zwingen den Kaiser zur Rückkehr nach Deutschland. Dort [1192–1194.] neuer Krieg mit Heinrich dem Löwen, der den Vertrag nicht gehalten hat. Den Krieg beendet ein Vergleich, welcher erleichtert wird durch die Freigebung von Heinrichs des Löwen Schwager, +Richard Löwenherz+ von England (s. S. 176). Heinrich der Löwe stirbt 1195 zu Braunschweig. [1194.] +Zweiter Zug+ nach +Italien+; das Königreich beider Sicilien unterworfen, Krönung zu +Palermo+. ~Kaiserliche Herrschaft über ganz Italien,~ deutsche Statthalter in Tuscien, Ancona, Spoleto. [1196.] Reichstag zu +Würzburg+. Der Plan Heinrichs, Deutschland (vereinigt mit dem Königreich beider Sicilien) zum +Erbreich+ zu machen, wogegen ebenso alle Lehen, auch in weiblicher Linie, erblich werden sollen, scheitert an dem Widerstande der geistlichen und weltlichen Fürsten. [1197.] +Dritter Zug+ Heinrichs nach +Italien+. Er unterdrückt eine Verschwörung mit grausamer Härte. Inmitten großartiger Pläne (Eroberung des oströmischen Reiches, Gründung einer Weltherrschaft, Kreuzzug) stirbt er, erst 32 Jahre alt, plötzlich in Messina. Sein Sohn Friedrich, noch nicht 3 Jahre alt, schon vor seiner Taufe von den deutschen Fürsten zum Nachfolger seines Vaters ernannt. In Deutschland Doppelwahl; [~1198–1208.~] ~Philipp von Schwaben~ (jüngster Sohn Friedrich Barbarossas). [~1198–1215.~] ~Otto IV. von Braunschweig~ (Sohn Heinrichs des Löwen). [1198–1215.] Thronkrieg zwischen +Staufern+ und +Welfen+.[35] Otto IV. von Papst ~Innocenz III.~ anerkannt, von seinem durch den Papst gebannten Gegenkönig Philipp besiegt und fast auf Braunschweig beschränkt. [1208.] Philipp wird +zu Bamberg+ ermordet von dem bayrischen Pfalzgrafen +Otto von Wittelsbach+ (Privatrache). Darauf wird ~Otto IV.~, der sich mit Philipps junger Tochter verlobt, allgemein anerkannt und von Papst Innocenz III. in Rom 1209 zum Kaiser gekrönt, nachdem er dem päpstlichen Stuhle die Mathildischen Güter (S. 179) überlassen und andere Zugeständnisse gemacht hat. Bald aber gerät er in Streit mit dem Papste, welcher im Verein mit der staufischen Partei in Deutschland gegen ihn 1212 als König aufstellt seinen Mündel ~Friedrich~, Sohn Heinrichs VI. Friedrich verspricht, Sicilien, das die Kurie als ein päpstliches Lehen ansah, nie mit dem Reich zu vereinigen. [1214.] Otto IV., als Bundesgenosse Englands von Philipp II. Augustus von Frankreich bei +Bouvines+ (unweit +Lille+) besiegt (S. 193), zieht sich in seine Erblande zurück († 1218 auf der Harzburg). Hohes Ansehen des ~Papsttums~ unter ~Innocenz III.~ (1198 bis 1216), der als Statthalter Christi auf Erden auch zwischen Frankreich und England (S. 193), in Aragon und Portugal, Ungarn und den skandinavischen Reichen als Schiedsrichter auftritt. Herstellung des +Kirchenstaats+, Krieg gegen die Ketzer in Südfrankreich (S. 191), Einsetzung der +Inquisition+ auf dem Laterankonzil zu Rom 1215. Blüte der ritterlichen ~Dichtkunst~ in Deutschland: Heinrich von Veldeke, Hartmann von Aue; +Wolfram von Eschenbach+ und +Walther von der Vogelweide+ am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen († 1217) auf der Wartburg. Schriftliche Aufzeichnung des +Nibelungenliedes+. [~1212(15)–1250.~] ~Friedrich II., zugleich König beider Sicilien~, der geistig bedeutendste Fürst des Mittelalters, leidenschaftlich, mehr Italiener als Deutscher (in Sicilien geboren, von seiner italienischen Mutter erzogen), entschiedener Gegner der geistlichen Herrschaft. Er wird von einem Teile der Fürsten 1212 in Frankfurt zum König gewählt, verleiht 1214 die +Pfalzgrafschaft am Rhein+ (S. 182) dem Herzog Ludwig I. von Bayern, dem Sohne Ottos von Wittelsbach, und bestätigt dem König Waldemar II. von +Dänemark+ den Besitz der Länder jenseits der +Elbe+ und +Elde+ (Holstein und Mecklenburg), welche dieser während des deutschen Thronstreits an sich gerissen hatte. [~1215~.] Friedrich II. allgemein anerkannt und zu +Aachen+ gekrönt. Er gelobt einen Kreuzzug und verläßt Deutschland 1220, nachdem er die Wahl seines jungen Sohnes +Heinrich+ zum römischen König erreicht hat. [1220.] Kaiserkrönung Friedrichs II. in +Rom+ nach erneutem Versprechen eines Kreuzzugs; darauf ordnet er die Verhältnisse des sicilischen Reiches. In Deutschland Erzbischof +Engelbert von Köln+ Reichsverweser († 1225), dann König Heinrich. [1223.] +Waldemar II. von Dänemark+ wird von dem Grafen Heinrich von Schwerin gefangen genommen und nach Deutschland geführt. +Hermann von Salza+, Hochmeister des Deutschen Ordens, vermittelt im Auftrage des Kaisers seine Freilassung, die erst 1225 gegen hohes Lösegeld und Verzicht auf die deutschen Gebiete erfolgt. [1226.] Der Kaiser bevollmächtigt den Deutschen Orden zur Eroberung +Preußens+ (S. 178). Reichstag zu +Cremona+, Streitigkeiten mit den lombardischen Städten. [1227.] Das in Apulien versammelte Kreuzheer löst sich auf wegen Ausbruchs der Pest. Ludwig, Landgraf von Thüringen, Gemahl der heiligen Elisabeth, stirbt. Papst Gregor IX. (1227–41) spricht den Bann über den Kaiser aus. [1227.] ~Schlacht bei Bornhöved~ in Holstein. Waldemar II., der Sieger, besiegt von den Grafen von Holstein und Schwerin, Herzog Albert von Sachsen, dem Erzbischof von Bremen und den Bürgern von Lübeck und Hamburg. Das Land bis zur Eider für Deutschland gerettet. [1228–1229.] ~Kreuzzug~ Friedrichs II. (S. 177). Nach der Rückkehr vertreibt er die in sein italisches Reich eingedrungenen päpstlichen Truppen (Schlüsselsoldaten genannt). [1230.] Friede mit dem Papste zu ~San Germano~, Aufhebung des Bannes. Gesetzgebung Friedrichs II. für das unteritalische Reich (Constitutio Monarchiae Siculae); geordnete Verwaltung und Rechtspflege; auf den Landtagen erscheinen neben dem Adel Vertreter der Städte; direkte und indirekte Steuern eingeführt; Beamtentum, Söldnerheer und Flotte geschaffen; staatliche Universität in Neapel gegründet. [1231.] In Deutschland wird die ~Landeshoheit~ der geistlichen und weltlichen ~Fürsten~ über ihre Gebiete befestigt durch die von Friedrich II. genehmigten Beschlüsse des Reichstags zu +Worms+. [1233.] Der Dominikaner +Konrad von Marburg+, Beichtvater der Landgräfin Elisabeth von Thüringen (1207–1231), welcher in Deutschland als Ketzerrichter auftrat, wird erschlagen; aber ein Kreuzheer besiegt und vernichtet 1234 die der Ketzerei beschuldigten +Stedinger+ Bauern in Oldenburg. [1235.] Friedrich II. kommt wegen Empörung seines Sohnes Heinrich nach Deutschland, schickt ihn als Gefangenen nach Italien († 1242), erläßt auf dem +Reichstag zu Mainz+ ein ~Landfriedensgesetz~ (+erste+ Veröffentlichung eines Reichsgesetzes auch in +deutscher+ Sprache) und verleiht dem Welfen +Otto+, Neffen Ottos IV., das Herzogtum +Braunschweig-Lüneburg+. [Sidenote 1236.] Siegreicher Kampf Friedrichs gegen die +lombardischen Städte+, in welchen die Partei der ~Guelfen~ herrscht. Sein Verbündeter der grausame +Ezzelino da Romano+, Markgraf von Verona, an der Spitze der ~Ghibellinen~. Der Kaiser zieht noch einmal nach Deutschland, um Herzog Friedrich den Streitbaren von +Österreich+ wegen Empörung zu strafen und die Wahl seines zweiten Sohnes Konrad zum römischen König durchzusetzen. [1237.] Glänzender Sieg Friedrichs über die Lombarden bei ~Cortenuova~. Seine zu weit gehenden Forderungen vereiteln jedoch die völlige Unterwerfung der Lombardei. Sein Sohn Enzio mit der Erbin von Sardinien vermählt, über das die Kurie die Lehnshoheit beanspruchte. Papst Gregor IX. beschuldigt ihn der Ketzerei und bannt ihn 1239 abermals. Er dringt 1240 vor bis in die Nähe Roms, wendet sich dann nach Ancona und belagert Faenza. [1241.] Seesieg seines Sohnes +Enzio+ bei +Elba+ über die genuesische Flotte, viele zum Konzil nach Rom fahrende Geistliche gefangen. Gregor IX. †. Sein Nachfolger Innocenz IV. verhandelt mit dem Kaiser, entflieht aber 1244 nach Genua und weiter nach Lyon. (Bedrohung Deutschlands durch die Mongolen, s. S. 195). [~1245.~] ~Absetzung des Kaisers~ durch Beschluß des +Konzils zu Lyon+. Innocenz IV. erneuert den Bann gegen ihn und fordert die deutschen Fürsten zu einer Neuwahl auf. Die Bettelmönche (Franziskaner und Dominikaner) predigen das Kreuz gegen ihn. [1246–1247.] ~Heinrich Raspe~, Landgraf von Thüringen, Schwager der heiligen Elisabeth, der sie mit ihren Kindern von der Wartburg vertrieb, als Gegenkönig anfangs siegreich gegen Konrad, Friedrichs Sohn, dann aber bei Ulm zurückgeschlagen, stirbt 1247 auf der Wartburg. Mit ihm erlischt das landgräfliche Haus von Thüringen, dessen +östlicher+ Teil mit der Markgrafschaft +Meißen+ vereinigt wird; aus dem +westlichen+ geht die Landgrafschaft +Hessen+ hervor. [1247–1256.] ~Wilhelm von Holland~, zweiter Gegenkönig, der jedoch kein Ansehen in Deutschland erlangt. ~Friedrich~ kämpft 1248 in Italien anfangs glücklich, wird aber vor Parma zurückgeschlagen. Sein Sohn +Enzio+ gerät 1249 beim Kampfe gegen Bologna in Gefangenschaft († nach 23jähriger Haft im Kerker). Der Kanzler +Petrus von Vinea+ wird wegen geheimer Verhandlungen mit dem Papste als Verräter geblendet, † 1249. [1250.] Friedrich stirbt zu Fiorentino (in Apulien) in den Armen seines Sohnes Manfred. Ihm folgt in Deutschland sein Sohn [~1250–1254.~] ~Konrad IV.~ (Gegenkönig Wilhelm von Holland), der aber schon 1251 nach Italien zieht, um gemeinsam mit Manfred um das unteritalische Erbreich zu kämpfen. Er erobert 1253 Neapel, stirbt aber im folgenden Jahre am Fieber. [1256.] Wilhelm von Holland fällt im Kampfe gegen die Friesen. [~1256–1273.~] ~Interregnum in Deutschland.~ Graf +Richard von Cornwallis+, Bruder Heinrichs III. von England, Schwager Kaiser Friedrichs II., von einem Teil der Fürsten erwählt, in Aachen gekrönt, kommt nur am Rhein zur Anerkennung († 1272). +Alfons X. von Kastilien+, Enkel des Hohenstaufen Philipp von Schwaben, von andern Fürsten gewählt, kommt nie nach Deutschland. ~Verfall des deutschen Reiches.~ Die Reichsgüter (S. 182) werden teils von den Fürsten in Besitz genommen, teils reichsfreier Besitz von Rittern, Städten und Klöstern. Fehden und Raubrittertum namentlich am Rhein und in Schwaben. 1254 Stiftung des +rheinischen Bundes+ (ausgehend von den Städten Mainz und Worms; die Erzbischöfe von Mainz, Trier, Köln, mehrere Bischöfe, Grafen und Städte schließen sich an) zur Wahrung des Landfriedens und Beseitigung ungerechter Zölle. ~Befestigung der Landeshoheit~ in den größeren fürstlichen Gebieten: die +Wittelsbacher+ in Bayern und der Rheinpfalz (Residenz Heidelberg, S. 186), die +Welfen+ in Braunschweig-Lüneburg (S. 188), die +Askanier+ in Sachsen-Wittenberg und Sachsen-Lauenburg, Anhalt und Brandenburg (S. 180, 184), die +Wettiner+ in Meißen und Thüringen (S. 188). In den östlichen Landschaften Fortschreiten der deutschen +Kolonisation+ (S. 179). Bei dem Mangel geordneter Rechtsprechung von Reichs wegen gewinnt das von dem sächsischen Schöffen +Eike von Repgow+ um 1230 aufgezeichnete Rechtsbuch, der +Sachsenspiegel+, bald große Verbreitung; in ähnlicher Weise wird das in Oberdeutschland geltende Land- und Lehnsrecht um 1276 im +Schwabenspiegel+ aufgezeichnet. In Westfalen entwickeln sich aus den alten Grafschaftsgerichten die +Femgerichte+; der Erzbischof von Köln Oberstuhlherr, Freischöffen im ganzen Reiche. Allmähliches ~Aufblühen der Städte~: sie streben, zum Teil auf frühere kaiserliche Privilegien gestützt, nach +Selbstregierung+ durch den von den Bürgern erwählten +Rat+. Worms und Köln treten schon unter Heinrich IV. und V. hervor. Die Bürger von +Köln+ behaupten ihre Rechte im Streit gegen den Erzbischof 1258–1271 und in der Schlacht bei Worringen 1288, die Bürger von +Straßburg+ siegen über den Bischof 1262 bei Hausbergen. Diese und andere +bischöfliche+ Städte (Worms, Speier, Augsburg, Regensburg) werden gleich den früher von +königlichen+ Beamten (Burggrafen oder Vögten) regierten Städten (Frankfurt, Aachen, Dortmund, Lübeck, Goslar, Nürnberg, Ulm u. a.) allmählich zu ~freien Reichsstädten~. Andere bleiben unter bischöflicher oder +fürstlicher+ Hoheit (Mainz, Magdeburg, Würzburg, München, Braunschweig, Stralsund u. a.), erlangen aber doch bedeutende Rechte zur Sicherung ihres Handels und Gewerbefleißes. ~Aufblühen der Baukunst.~ Den romanischen Rundbogenstil (Dome zu Mainz, Worms, Speier und Bamberg; Wartburg) verdrängt allmählich der zuerst von den Arabern angewandte sog. gotische Spitzbogenstil: Dom zu +Köln+ 1248 vom Erzbischof Konrad von Hochstaden an Stelle eines älteren Doms gegründet; Erwin von Steinbach beginnt 1277 die Westfront des Münsters zu +Straßburg.+ [~1266–1268.~] ~Untergang des staufischen Herrscherhauses in Italien.~ ~Manfred~ verteidigt das Königreich beider Sicilien zuerst als Reichsverweser für Konradin, den in Deutschland zurückgebliebenen Sohn Konrads IV., seit 1258 als König. Er fällt 1266 in der +Schlacht bei Benevent+ im Kampfe gegen +Karl von Anjou+, Bruder Ludwigs IX. von Frankreich, welchem der Papst das Königreich zu Lehen gegeben hat. ~Konradin~ geht 1267 mit +Friedrich von Baden+ (als Sohn der babenbergischen Erbtochter von Österreich auch Friedrich +von Österreich+ genannt) nach Italien. Er wird 1268 bei ~Tagliacozzo~ (nahe dem +Logo di Celano+, Fuciner-See) geschlagen und auf Befehl Karls von Anjou in Neapel hingerichtet. Die Grausamkeit des Königs erregt Unruhen in Sicilien. [~1282.~ 30. März.] ~Sicilianische Vesper,~ so genannt, weil der Aufstand am Ostermontag gegen Abend ausbrach. Ermordung aller Franzosen in +Palermo+, dann in ganz Sicilien, angestiftet von dem Ghibellinen Johann von +Procida+. König Pedro III. von +Aragon+, Schwiegersohn Manfreds, vereinigt Sicilien mit seinem Reiche; Karl von Anjou behält das Königreich Neapel. § 3. Frankreich. Allmähliches Erstarken des Königtums. Die Macht der ~Capetinger~ ist noch auf ihr Herzogtum +Francien+ (Isle de France und Orléanais) beschränkt, doch halten sie die Lehnshoheit über die großen Vasallen fest. +Philipp I.+ (1060–1108) mit Gregor VII. in Streit wegen der Hoheitsrechte über die Bischöfe, während des ersten Kreuzzuges im Bann wegen Verstoßung seiner Gemahlin, vererbt doch die königlichen Rechte auf seinen Sohn +Ludwig VI.+ (1108–1137). Dieser bringt mit Hilfe des staatsklugen Abtes +Suger+ von St.-Denis die königliche Gerichtsbarkeit über die Vasallen zu Ansehen und fördert die Städte. Veredlung des +Rittertums+ durch die Kreuzzüge; Aufblühen der ritterlichen Dichtkunst (+Troubadours+ in der Provence, Trouvères in Nordfrankreich). +Ludwig VII.+ (1137–1180) unternimmt den zweiten Kreuzzug (S. 174f.), läßt sich von seiner Gemahlin +Eleonore+ von Aquitanien scheiden; diese heiratet Heinrich II. Plantagenet, König von England, der dadurch +Poitou+, +Guyenne+ und +Gascogne+ u. a.m. erhält. [~1180–1223.~] ~Philipp II.~ Augustus. Dritter Kreuzzug mit Richard Löwenherz (S. 175f.). Siegreiche Kriege gegen England nach der Rückkehr (S. 193); Mehrung der Königsmacht. [1209–1229.] ~Albigenserkriege~ in Südfrankreich, veranlaßt durch die Predigten der Cistercienser und Dominikaner (S. 178) gegen die kirchlichen Sekten der +Katharer+ (in Deutschland +Ketzer+ genannt) und +Waldenser+ (Petrus Waldus zu Lyon 1173). Graf Raimund VI. von +Toulouse+ nimmt sich der Bedrängten an, welche grausam verfolgt werden (Einwohnerschaft des erstürmten Béziers, 20000 Seelen, umgebracht), muß vor Simon von Montfort zurückweichen, gewinnt aber schließlich seine Besitzungen wieder. Philipp II., Augustus, vermeidet die Einmischung in den Krieg; sein Sohn +Ludwig VIII.+ (1223–1226) folgt dem Hilferuf Amalrichs von Montfort gegen Raimund VII., stirbt aber vor Beendigung des Kriegszuges. Die päpstliche Inquisition vollendet die gewaltsame Bekehrung der Albigenser. [~1226–1270.~] ~Ludwig IX., der Heilige,~ anfangs unter Vormundschaft seiner Mutter Blanka von Kastilien. Raimund VII. unterwirft sich 1229; die Grafschaft +Toulouse+ mit der Krone vereinigt, ebenso andere Provinzen durch Vertrag oder Erbanfall. Friedliche Regierung, Verbot der Fehden, Fürsorge für die Rechtspflege; Gottesurteile abgeschafft; die Gerichtsbarkeit der großen Vasallen beschränkt durch die Oberaufsicht der königlichen Gerichte (Parlamente). Aufblühen der Universität +Paris+. Ludwigs Kaplan Robert von Sorbon gründet die +Sorbonne+, berühmt als Hauptsitz der theologischen Studien. Sechster und siebenter Kreuzzug (S. 177). § 4. England. [~1066–1154.~] ~Normannische Könige.~ [~1066–1087.~] ~Wilhelm I.~, der Eroberer, Sohn Roberts II, des Teufels, vollendet in blutigen Kämpfen die Unterwerfung der Angelsachsen und richtet den normannischen Lehnsstaat ein, aber mit Beibehaltung der angelsächsischen Grafschaftseinteilung und Gerichtsverfassung. Aufzeichnung der Rechtsverhältnisse und Abgaben der Grundbesitzer im +Domesdaybook+ (von domus dei): Ritterlehen, Kirchengüter, städtischer Besitz, freie Bauerngüter, Höfe der Unfreien. Zwei Volksstämme und zwei Sprachen, die +sächsische+ und die +französische,+ bestehen noch lange Zeit in England nebeneinander; König und Adel sind französische Normannen. Wilhelms I. ältester Sohn Robert erbt die +Normandie+; in England folgen die jüngeren Söhne, zuerst +Wilhelm II.+, dann +Heinrich I.+, welcher 1106 auch die Normandie in Besitz nimmt. Ihm folgt sein Schwestersohn +Stephan von Blois+, gegen welchen Heinrichs Tochter Mathilde, vermählt mit dem Grafen Gottfried von Anjou, Erbansprüche erhebt. Langwierige Kämpfe; endlich wird Mathildens Sohn Heinrich von Anjou als Thronfolger anerkannt. [~1154–1399.~] ~Haus Anjou-Plantagenet.~[36] [~1154–1189.~] ~Heinrich II.~ besitzt große französische Lehen: 1. +Normandie+ und +Bretagne+ als Erbe der normannischen Könige, 2. +Anjou+, +Maine+, +Touraine+ von seinem Vater, 3. durch Heirat mit +Eleonore+ (1152, s. S. 191) +Poitou+, +Guyenne+ und +Gascogne+, also im ganzen mehr als halb Frankreich. [1164.] Reform der Rechtspflege durch die Beschlüsse von +Clarendon+, namentlich werden die Vorrechte der Geistlichen beschränkt. Deswegen Streit mit dem Erzbischof +Thomas Becket+ von Canterbury, welcher von Anhängern des Königs 1170 ermordet wird. [1171.] Kriegszug nach +Irland+, die Fürsten der Insel unterwerfen sich der englischen Lehnshoheit. Durch einen Aufstand wird ein Teil wieder selbständig. [1174.] Heinrichs Buße am Grabe des auf sein Anstiften ermordeten Erzbischofs; seine aufständischen Söhne müssen sich unterwerfen. Die Gerichtsbarkeit über die Geistlichen wird durch Verträge mit Papst Alexander III. geregelt. [~1189–1199.~] ~Richard Löwenherz~, in ritterlichen Kämpfen hervorragend, aber ohne Mäßigung. Kreuzzug, Gefangenschaft in Deutschland (S. 176), dann Kriege mit Philipp II. Augustus von Frankreich. Richards Bruder [~1199–1216.~] ~Johann~ (ohne Land) läßt seinen Neffen +Arthur von der Bretagne+, der ihm den Thron streitig macht, ermorden, wird deshalb als französischer Vasall (S. 192) von Philipp II. vor den französischen Lehnsgerichtshof geladen, verliert 1204 die Normandie, bald auch die übrigen französischen Lehen bis auf Guyenne an die Krone Frankreich. -- Streit mit Papst Innocenz III. über die Wahl eines Erzbischofs von Canterbury (1205). England mit dem Interdikt, Johann mit dem Bann belegt. Der König unterwirft sich dem Papst und leistet ihm den Lehnseid (1213). Während er dann von La Rochelle aus die verlorenen Gebiete in Frankreich zurückzuerobern versucht, werden seine Verbündeten, der Graf von Flandern und Otto IV. von Deutschland, bei +Bouvines+ geschlagen (1214 s. S. 186). Aufstand der großen Vasallen; sie erzwingen auf der Wiese Runnymede bei +Windsor+ die Bewilligung der [1215.] ~Magna charta libertatum~, +Grundlage der englischen Verfassung+: Freie Wahl der Bischöfe und Äbte durch die Geistlichen; Erblichkeit der Lehen; Steuern anstatt der Lehnsdienste (Schildgeld) und Hilfsgelder sollen nur mit Zustimmung der Prälaten und Barone erhoben werden; jeder Freie soll nur von seinesgleichen nach Landesrecht gerichtet werden; die Städte sollen ihre Privilegien behalten und die Kaufleute freien Verkehr haben. [~1216–1272.~] ~Heinrich III.~, anfangs unter Vormundschaft des Grafen Wilhelm von +Pembroke+. Ein französisches Heer, das in England gelandet war, wird zum Abzug genötigt. Vertrag mit Frankreich 1259; Guyenne als englischer Besitz anerkannt. Öftere Streitigkeiten mit den zum +Parlament+ versammelten Baronen; das Land bedrückt durch die Geldforderungen päpstlicher Legaten, um Heinrichs jüngstem Sohn Edmund die Herrschaft über Neapel und Sicilien zu verschaffen. +Simon von Montfort,+ Graf von +Leicester+ (spr. Lester), nimmt 1264 den König gefangen, beruft 1265 auch Vertreter der Grafschaften (zwei Ritter aus jeder Grafschaft) und der Städte zum Parlament, wird aber bei +Evesham+ von dem Kronprinzen Eduard besiegt. Der König befreit; darauf erneute Bestätigung der +Magna charta.+ In dieser Zeit allmähliche Vermischung und Ausgleichung der Angelsachsen und Normannen. § 5. Die Pyrenäische Halbinsel. Fortdauernde Kämpfe zwischen Christen und Mohammedanern. König Alfons VI. von ~Kastilien~ überträgt dem Grafen +Heinrich von Burgund+ 1095 die Grafschaft ~Portugal~ (zwischen Minho und Duero) als Lehen. Heinrichs Sohn Alfons macht sich von der Lehnspflicht frei und nennt sich 1140 ~König von Portugal~. Deutsche Kreuzfahrer aus den Rheinlanden, welche zur See nach Palästina ziehen, helfen 1147 zur Eroberung +von Lissabon.+ [1118.] König Alfons I. von ~Aragon~ vertreibt die Araber aus +Saragossa+. Durch die Vermählung seiner Nichte mit dem Markgrafen von Barcelona werden 1137 die Länder Aragon und Katalonien vereinigt. [1157.] ~Kastilien~ geschwächt durch Abtrennung von Leon. Dem erneuten Anstürmen der Araber treten die drei bald darauf gegründeten ~Ritterorden~ von +Alcántara+ (am Tajo), +Calatrāva+ (am Guadiana), +San Jago di Compostella+ (in Galicien) erfolgreich entgegen. [1212.] Großer Sieg der vereinigten Könige und Ritter bei ~Tolosa~ (in der Sierra Morena). [1230.] +Ferdinand III.+ vereinigt Leon wieder mit Kastilien, erobert 1236 +Cordova+, 1248 +Sevilla+. Sein Sohn +Alfons X.+, der Weise (S. 189) erweitert sein Reich auf Kosten der Mauren. Selbst Philosoph und Astronom (seine Verbesserung der Ptolemäischen Planetentafeln), ist er ein eifriger Förderer der Wissenschaften; Universität Salamanca. Alfons 1282 abgesetzt, † 1284 als Flüchtling bei den Mauren in Sevilla. [1238.] Jakob I. von Aragon erobert +Valencia+, bald darauf vertreibt Alfons III. von Portugal die Araber aus +Algarbe+. Nur in Andalusien behauptet sich das arabische Königreich ~Granāda~ bis 1492. § 6. Der Osten. Das ~oströmische Reich~ ist unter den letzten Komnenen (S. 172) durch Thronstreitigkeiten geschwächt; die +Bulgaren+ machen sich 1186 unabhängig. Das 1204 von den Kreuzfahrern errichtete +Lateinische Kaisertum+ (S. 176) gewinnt keinen festen Bestand; griechische Sprache und Sitte behauptet sich. Unter dem Hause der ~Paläologen~ seit 1261 bleibt das Reich von dem Ansturm der Mongolen verschont, wird aber bald danach von den Türken bedrängt. [1206.] Die ~Mongolen~ erheben am Amur den Stammfürsten +Temudschin+ zu ihrem Oberhaupt, ~Tschingis Chan~ † 1226. Er beginnt große Eroberungszüge, unterwirft Nord-China und vernichtet nach Westen zu das Reich der +Chowaresmier,+ welche seit 1150 die meisten seldschuckischen Sultanate und das frühere Gasnavidenreich (S. 172) erobert hatten. Sein Sohn +Oktai+ macht +Karakorum+ zum Herrschersitz. Sein Enkel +Kublai Chan+ (1260–1294) begründet in China die mongolische Dynastie +Jüan+ (1280–1367), sucht auch Japan zu erobern (S. 220). An Kublais Hofe in Peking der venezianische Reisende +Marco Polo+ (S. 221). [1237.] Temudschins Enkel +Batu+ dringt vom +Chanat Kiptschak+ (Reich der Goldenen Horde) aus erobernd in Rußland ein. Moskau und Kiew verbrannt, dann Zug durch Polen und Angriff auf +Schlesien+. Ein deutsches Ritterheer unter +Heinrich dem Frommen,+ Herzog von Liegnitz, tritt den Mongolen entgegen. [1241.] ~Schlacht bei Wahlstatt~ (Liegnitz). Die Mongolen, obwohl Sieger, ziehen nach Südosten ab durch Ungarn, nehmen ihre Wohnsitze im +Chanat Kiptschak+; Hauptstadt Sarai (Gouv. Astrachan). +Rußland+ bleibt ihnen Untertan bis 1480. [~1258.~] ~Vernichtung des Kalifats~ durch die asiatischen Mongolen, welche +Bagdad+ zerstören. Ihrem Vordringen nach Syrien treten die +Mamelucken+ (S. 177) entgegen. Das große Reich der Mongolen, welche größtenteils den Islam annehmen, löst sich in einzelne Chanate auf; China wird 1368 durch +Taitsu+, einen buddhistischen Priester, von der Mongolenherrschaft befreit. Mit ihm beginnt die Dynastie der +Ming+ (1368–1644). Fussnoten: [30] Stammtafel: ~Karl der Grosse †814~ Karl †811 Pippin †810 ~Ludwig der Fromme †840~ ________________________________|____________________________ ~Lothar I.~ †855 Ludwig der Deutsche †876 ~Karl d.~ | | | ~Kahle~ †877 | _____|_________________________ ______|______________ ___|_____ ~Ludwig II.~ Lothar II. Karl Karlmann Ludwig ~Karl~ Französische †875. v. Lothr. v.d. †880. †882 ~d. Dicke~ Karolinger, †869. Provence | †888. erloschen Arnulf 987. †899. | Ludwig das Kind †911. [31] Friedrichs Nachfolger in der Kaiserwürde führen seitdem den Titel: König von Jerusalem (seit 1806 die Kaiser von Österreich). [32] Ein deutsches Hospital hatte in Jerusalem seit etwa 1110 bestanden, war aber 1187 mit zu Grunde gegangen. [33] So genannt von der Beteuerung, die er stets im Mund führte. [34] +Lübeck+, zunächst +kaiserliche+ Stadt, erhielt das Privilegium als +freie Reichsstadt+ 1226; +Hamburg+ und +Bremen+, seit 1473 bisweilen zu Reichstagen berufen, erhielten die ausdrückliche Anerkennung als freie Reichsstädte erst 1510 bezw. 1646. [35] Vgl. die Lieder Walthers v. d. Vogelweide. [36] So genannt von dem +Ginsterzweig+ (planta genista), welchen +Gottfried+ von Anjou, Vater Heinrichs II., als Helmzier zu tragen pflegte. D. Vom Ende der Kreuzzüge bis zur Entdeckung Amerikas. (1270–1492.) § 1. Deutschland. [~1273–1347.~] ~Könige und Kaiser aus verschiedenen Häusern.~ [~1273–1291.~] ~Rudolf I., Graf von Habsburg~, reich begütert im Aargau und am Vierwaldstättersee, Landgraf im Elsaß, wird in +Frankfurt+ von den sieben angesehensten Reichsfürsten zum römischen König gewählt, besonders auf Betreiben seines Verwandten, des Burggrafen Friedrich III. von Nürnberg (aus dem Hause +Hohenzollern+). Krönung zu +Aachen,+ erster Reichstag 1274 zu +Nürnberg+; Beschluß, das Reichsgut zurückzufordern. Doch kommt dieser Beschluß nur in geringem Maße zur Ausführung; der König sieht sich auf Vergrößerung seiner +Hausmacht+ angewiesen. [1276.] Krieg gegen ~Ottokar~, König von Böhmen, welcher nach dem Aussterben der Babenberger (1246) +Österreich+ in Besitz genommen, von den Ungarn +Steiermark+ wieder erobert, +Kärnten+ und +Krain+ durch Erbschaft erworben hatte. Ottokar wird geächtet, unterwirft sich, erneuert aber bald den Krieg. [~1278.~] ~Sieg Rudolfs auf dem Marchfelde~ (bei Dürnkrut), Ottokar fällt. Vergleich mit dem Vormunde seines Sohnes +Wenzel+. Dieser behält +Böhmen+, später bekommt er auch +Mähren+ zurück. Bildung der ~habsburgischen Hausmacht~: +Österreich+, +Steiermark+ und +Krain+ kommen als Reichslehen an die Söhne Rudolfs, +Kärnten+ an Graf +Meinhard+ von Tirol, seinen Schwager. [1281.] Rudolf verkündet +Landfriedens+ordnungen in Bayern, Franken und am Rhein. In Schwaben leisten Graf Eberhard von +Württemberg+ und Markgraf Rudolf von +Baden+ (Stammburg +Zähringen+ bei Freiburg im Breisgau) der Absicht des Königs, das Herzogtum Schwaben wiederherzustellen, erfolgreich Widerstand. [1289.] Feldzug nach +Burgund+; die Freigrafschaft (+Franche-Comté+, Hauptstadt Besançon) für das deutsche Reich wiedergewonnen. Die Provence und Avignon bleiben im Besitz Karls von Anjou (S. 190). [1290.] Rudolf residiert zu +Erfurt+, schlichtet Streitigkeiten in Thüringen, läßt 29 Raubritter enthaupten und 66 Burgen brechen. [1291.] Rudolf † zu +Speier+. Zum Nachfolger wird nicht sein Sohn Albrecht gewählt, sondern auf Betreiben des Erzbischofs von Mainz, Gerhard v. Eppstein, ein mit diesem verwandter, minder mächtiger Graf, [~1292–1298.~] ~Adolf von Nassau~. Dieser will den Streit zwischen Landgraf +Albrecht+ dem Entarteten von Thüringen und seinen Söhnen +Friedrich+ und +Diezmann+ (S. 181) benutzen, um die Mark +Meißen+ als erledigtes Reichslehen einzuziehen, wird aber, ehe er dies durchführen kann, durch eine von Erzbischof Gerhard v. Eppstein berufene Fürstenversammlung +abgesetzt+ und fällt in der Schlacht bei +Göllheim+ (am Donnersberge) im Kampfe gegen den nun zum Throne berufenen [~1298–1308.~] ~Albrecht I. von Österreich,~ Sohn Rudolfs I. Papst Bonifacius VIII. verweigert ihm die Anerkennung; Albrecht schließt ein Bündnis mit König Philipp IV. von Frankreich und demütigt die vier +rheinischen Kurfürsten+ (Mainz, Trier, Köln, Pfalz), indem er 1301 zu Gunsten der Städte die willkürlichen Rheinzölle aufhebt. [1303.] Aussöhnung mit dem Papste, dessen Recht auf Bestätigung der deutschen Königswahl Albrecht anerkennt. Gleich darauf ~Sturz der päpstlichen Macht~ (S. 207), doch unternimmt Albrecht keinen Zug nach Italien, sondern versucht +Böhmen+ für seine +Hausmacht+ zu gewinnen. Das von ihm nach Meißen entsandte Heer wird 1307 von Friedrich und Diezmann bei +Lucka+ unweit Altenburg geschlagen. [1308.] Albrecht wird von seinem Neffen +Johann+ (Parricīda), dem er sein Erbe vorenthielt, zwischen Aar und Reuß, nahe bei der +Habsburg+ ermordet. Die Königswahl lenkt der Erzbischof von Trier auf seinen Bruder: [~1308–1313.~] Heinrich VII., Graf von ~Luxemburg~. Dieser stellt die Rheinzölle zu Gunsten der Fürsten wieder her. Den Söhnen Albrechts bestätigt er den Besitz ihrer Lehen, erkennt aber 1309 die ~Schweizer Waldstätte~ als ~reichsunmittelbar~ an. ~Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft.~ Schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts treten die Waldorte dem Bestreben der Grafen von Habsburg, die mit der Grafschaft verbundene Vogtei zu einer vollständigen Landeshoheit über sie auszubilden, entgegen. König Heinrich (S. 187) erteilt 1231 einen Freibrief für +Uri+, Kaiser Friedrich II. 1240 für +Schwyz+. König Rudolf erkennt den Freibrief für Uri an, ernennt in Schwyz nur einheimische Amtleute. Gleich nach seinem Tode, am 1. August 1291, schließen die drei Waldorte +Uri+, +Schwyz+, +Unterwalden+ zur Erhaltung ihrer Freiheit einen +ewigen Bund,+ fügen sich aber zunächst noch der Herrschaft König Albrechts. Die von der Volksdichtung ausgeschmückte Erzählung, welche die Tatsache des +allmählichen+ Erringens der +Reichsunmittelbarkeit+ der Waldstätte auf ein kurzes Zeitmaß zusammendrängt, erscheint erst nach und nach sich ausbildend in Chroniken des 15. Jahrhunderts und steht vielfach in Widerspruch mit den Urkunden. Weder der +Schwur auf dem Rütli+ (1307, Werner Stauffacher, Walter Fürst, Arnold vom Melchtal), noch die Vertreibung der Vögte am 1. Januar 1308 ist historisch verbürgt. Ein Landvogt +Geßler+ hat weder in Uri noch in Küßnacht regiert. Die Sage vom Apfelschuß findet sich auch in Norwegen, Island, Dänemark, am Rhein und in England; sie ist eine allgemein germanische Sage. Das älteste Lied von +Tell+ stammt aus der Zeit der burgundischen Kriege (1477); die uns geläufige Tradition gibt erst der Chronist +Tschudi+ (um 1550). [~1310.~] Heinrichs VII. Sohn +Johann+ wird König von ~Böhmen~, gewählt durch die böhmischen Stände entgegen den Ansprüchen der Habsburger (der Mannesstamm der +Prschemysliden+ in Böhmen war 1306 ausgestorben, Johann heiratet den letzten weiblichen Sproß); dadurch erhalten die Luxemburger eine +Hausmacht+. Seitdem Gegensatz zwischen den Habsburgern und Luxemburgern. [1310–1313.] Heinrichs VII. Römerzug. Er wird von den +Ghibellinen+ (+Dante+, 1302 aus Florenz verbannt) herbeigerufen, schlichtet die Parteikämpfe in Mailand (die +Visconti+ hier seit 1277), unterwirft Brescia, wird in Genua und Pisa freudig aufgenommen, in +Rom+ zum Kaiser gekrönt, belagert aber vergeblich die guelfisch gesinnte Stadt +Florenz+ und stirbt auf dem Zuge gegen Neapel. In dieser Zeit bringt König Philipp IV. von Frankreich die +Freigrafschaft Burgund+ (S. 196) durch Heirat an sich und zwingt den Erzbischof von +Lyon+ zur Huldigung. [~1314–1347.~}] ~Ludwig der Bayer~ (Haus Wittelsbach). [~1314–1330.~}] ~Friedrich von Österreich~, Sohn Albrechts. Doppelwahl durch Parteiung der Fürsten; beide Könige sind Enkel Rudolfs von Habsburg. Friedrichs Macht wird geschwächt durch den [1315.] Sieg der Schweizer Eidgenossen am Berge ~Morgarten~ über +Leopold von Österreich+, Friedrichs Bruder. Darauf bestätigt der von der luxemburgischen Partei gewählte Herzog Ludwig von Oberbayern, der kurz vorher (1313) die Österreicher bei Gammelsdorf a. d. Isar besiegt hatte, den Waldstätten ihre Reichsunmittelbarkeit. [1322.] Schlacht bei ~Ampfing~ oder ~Mühldorf~. Friedrich von Österreich geschlagen (Sage von Schweppermann) und als Gefangener nach der Burg +Trausnitz+ geführt. [1324.] Papst +Johann XXII.+, in Avignon (s. S. 207) unter französischem Einfluß, mischt sich in den Thronstreit und spricht den Bann über +Ludwig+ aus, doch bleibt derselbe unwirksam, da durch die sittliche Entartung des päpstlichen Hofes in Avignon das Ansehen des Papsttums überhaupt gesunken ist. Ludwig gibt die durch Aussterben der Askanier 1320 erledigte Mark +Brandenburg+ (S. 179) seinem Sohne +Ludwig+, mit dem er später +Margarete Maultasch+, Erbin von Tirol und Kärnten, vermählt, nachdem diese ihre Ehe mit einem Sohne Johanns von Böhmen getrennt hat. Kärnten kommt, ehe die Vermählung stattfindet, an die Herzöge von +Österreich+ (1335). Tirol wird von Margarete Maultasch nach dem Tode ihres zweiten Gemahls Ludwig doch dem Hause Habsburg vermacht (S. 200). [1325.] Friedrich wird gegen Verzichtleistung auf den Thron in Freiheit gesetzt, stellt sich wieder als Gefangener, wird von Ludwig als Mitkönig anerkannt, stirbt 1330. [1327–1330.] Ludwigs Römerzug. Er wird in Rom zum Kaiser gekrönt, stellt einen Gegenpapst auf, kann aber die kaiserlichen Herrschaftsrechte nur wenig zur Geltungbringen, In Deutschland Streitigkeiten mit den Fürsten. Frankreich und dem Papste gegenüber einigen sich endlich die Kurfürsten zur Unterstützung Ludwigs: [~1338.~] Der ~Kurverein zu Rense~ (am Rhein, oberhalb Koblenz) erklärt jeden rechtmäßig gewählten deutschen König auch ohne päpstliche Krönung für den rechtmäßigen ~römischen Kaiser.~ Ludwigs eigenmächtiges Verfahren zur Vergrößerung seiner Hausmacht (Brandenburg, Tirol, Holland) führt im Verein mit päpstlichen und französischen Umtrieben 1346 zur Wahl eines Gegenkönigs: +Karl+ a. d. Hause Luxemburg, Sohn des bei +Crecy+ im Kampfe für Frankreich gefallenen Königs Johann von Böhmen (S. 208). Kaiser Ludwig † 1347 (auf der Bärenjagd bei München), +Karl+ wird allgemein anerkannt. [~1347–1437.~] ~Luxemburgische Kaiser.~ [~1347–1378.~] ~Karl IV.,~ ein staatskluger Fürst, gelehrt und kunstsinnig. Die bayrische Partei stellt 1349 den Grafen +Günther von Schwarzburg+ als Gegenkönig auf; doch stirbt dieser schon nach wenigen Monaten. In +Brandenburg+ tritt, von Karl begünstigt, der +falsche Waldemar+ gegen die bayrischen Markgrafen auf. (S. Anhang.) 1350 Aussöhnung mit den Wittelsbachern. [1349–50.] ~Pest~ (schwarzer Tod) in Deutschland und in fast ganz Europa. Erbitterte Verfolgungen der durch Verleihen von Geld gegen Zinsen reich gewordenen Juden. Sie sollten die Brunnen vergiftet haben. Umzüge der Geißler (Flagellanten). Karls Hauptsorge ist auf sein Erbland ~Böhmen~ gerichtet. Er zieht deutsche Ansiedler heran, baut in +Prag+ den Dom und die Burg Hradschin, stiftet daselbst 1348 nach dem Muster von Paris (S. 192) eine ~Universität~ mit vier Fakultäten, die erste in Deutschland. Durch Verträge mit den schlesischen Fürsten (S. 182) vollendet er die schon von seinem Vater angebahnte Vereinigung +Schlesiens+ mit Böhmen; auch die +Lausitz+ kommt zu Böhmen. [1353.] Zutritt +Berns+ zur Eidgenossenschaft, welche nun, immer noch zum deutschen Reich gehörig, Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern, Zürich, Glarus, Zug und Bern (die sogenannten 8 +alten+ Orte) umfaßt. [1354–1355.] Erster Zug Karls IV. nach Italien. Während der Abwesenheit der Päpste in Avignon hatte +Cola di Rienzi+ sich zum »Volkstribunen« gemacht und die altrömische Republik wieder aufgerichtet (S. 211). Karl empfängt die Huldigung der lombardischen Städte, verweilt aber in Rom nur einen Tag, um die Kaiserkrone zu empfangen. [~1356.~] ~Goldene Bulle~,[37] +Reichsgrundgesetz+, beschlossen auf zwei Reichstagen zu +Nürnberg+ und +Metz+. Die Kaiserwahl wird endgültig den 7 Kurfürsten übertragen, welche sie schon seit längerer Zeit tatsächlich ausübten;[38] +drei geistliche+: 1. Erzbischof von ~Mainz~ (Erzkanzler für Deutschland), 2. Erzbischof von ~Trier~ (Erzkanzler für Burgund), 3. Erzbischof von ~Köln~ (Erzkanzler für Italien); +vier weltliche+: 4. König von ~Böhmen~ (Erzschenk), 5. ~Pfalz~graf bei Rhein (Erztruchseß), 6. Herzog von ~Sachsen~-Wittenberg (Erzmarschall), 7. Markgraf von ~Brandenburg~ (Erzkämmerer). Die Kurfürstentümer, welche im Mannesstamme auf den Erstgeborenen forterben und gewisse Regalien erhalten (Privilegium +de non appellando,+ Münzrecht, Bergwerks- und Salzhoheit, Judenzoll u. a. m.), sollen unteilbar sein. Bestimmungen über den +Landfrieden+; den Städten wird die Bildung besonderer Städtebündnisse und die Aufnahme von Pfahlbürgern (die in der Stadt nicht ansässig sind) untersagt. [1363.] Österreich erwirbt +Tirol+ durch Vertrag mit Margarete Maultasch. [1365.] Karl IV. reist nach +Avignon+, um den Papst zur Rückkehr nach Rom zu bewegen, und läßt sich in +Arles+ krönen, um die Oberhoheit über die tatsächlich an Frankreich gekommenen burgundischen Gebiete festzuhalten (S. 196, 198). [1368.] Zweiter Römerzug. Karl IV. führt Papst Urban V. nach Rom, aber bald nach seinem Abzuge kehrt der Papst nach Avignon zurück. [1373.] Durch den Vertrag zu +Fürstenwalde+ überläßt +Otto der Finne+ (Faule), der letzte bayrische Markgraf von Brandenburg, die Mark gegen ein Jahrgehalt an Karl IV. ~Städtebünde.~ Die ~Hanse.~ Verbindungen deutscher Kaufleute im Auslande, namentlich zu +Wisby+ auf der Insel Gotland und in +London+ schon im 12. Jahrhundert, haben Handelsbündnisse ihrer Heimatstädte zur Folge. 1241 Bündnis zwischen +Lübeck+ und +Hamburg+. Um 1294 tritt ~Lübeck~ an die Spitze eines Bundes von Seestädten an der Nord- und Ostseeküste (von +Bremen+ bis +Reval+), denen sich zahlreiche norddeutsche Binnenstädte (Köln, Osnabrück, Braunschweig, Magdeburg, Berlin, Thorn, Breslau u. a.) anschließen, später auch die niederländischen Seestädte (Kampen, Deventer u. a.) Zweck des Bundes: Sicherung der Straßen zu Wasser und zu Lande, Erwerbung und Erhaltung von Handelsprivilegien im Auslande. +Hansetage+ meist zu +Lübeck+ gehalten. Auswärtige Niederlassungen (Kontore) zu +Brügge+, +London+, +Bergen+, +Nowgorod.+ In Wisby, Stockholm, Kopenhagen, Malmö, Riga zahlreiche deutsche Kaufleute ansässig. Jährlicher Markt zur Zeit des Heringsfangs an der Küste von +Schonen+. Einteilung des Bundes in 3 Drittel, im 16. Jahrhundert in 4 Quartiere mit den Vororten Lübeck, Köln, Braunschweig, Danzig. [1361–1362.] Krieg gegen Waldemar IV., König von Dänemark, welcher +Wisby+ eingenommen und geplündert hatte. Die Kriegsflotte der Hanse hat anfangs Erfolge, wird aber vor +Helsingborg+ geschlagen. Ihr Führer, der Lübecker Bürgermeister Johann +Wittenborg+, wird deshalb angeklagt und in Lübeck hingerichtet. [1367–1370.] Zweiter Krieg; Waldemar IV. flüchtet aus seinem Reiche. Kopenhagen, Helsingör u. a. Städte erobert. Im Frieden zu +Stralsund+ 1370 wird die Küste von Schonen auf 15 Jahre an die Hanse abgetreten; auch verspricht der dänische Reichsrat, den Nachfolger Waldemars nur mit Zustimmung der Städte zu erwählen. Bis ins 16. Jahrhundert behauptet der Hansebund die Handelsherrschaft über Skandinavien, Rußland, England. Da er sich aber nicht an einen starken Staat anlehnte, so zerfiel er, als die nordischen Staaten mehr und mehr erstarkten. Die im Binnenlande gelegenen deutschen Städte wurden durch ihre Landesfürsten teilweise zum Austritt aus der Hanse gezwungen, wie z. B. Berlin durch Kurfürst Friedrich II. Im Innern zeigt sich in den ~Hansestädten,~ in welchen der Großhandel die Gewerbtätigkeit übertrifft, das Festhalten an der aristokratischen Regierung des sich selbst ergänzenden +Rats+, während in den ~süddeutschen Städten~ die nach +Zünften+ geordneten Handwerker bedeutenden Anteil an der meist jährlichen Neuwahl des Rats erhalten. +Zunftkämpfe+ in Ulm 1292, Speier 1327, Straßburg 1332, Regensburg 1334, Augsburg 1368; in Nürnberg behaupten die Patrizier 1349 das Übergewicht, ebenso in Köln 1370, doch siegen dort die Zünfte 1396. Nicht von gleicher Dauer wie der Hansebund waren die ~süddeutschen Städtebündnisse~, welche die Selbständigkeit der Städte gegen die +Fürsten+ und die +Reichsritter+ sichern sollten: der 1254 geschlossene ~rheinische Bund~ (S. 189) öfters von seiten der Städte erneuert; der ~schwäbische Städtebund~, zuerst 1331, dann wiederum 1376 geschlossen, namentlich gegen den Grafen von Württemberg +Eberhard den Greiner+ (d. h. Zänker), auch der Rauschebart genannt. ~Adelsbündnisse~ in Schwaben, Franken und am Rhein gegen Fürsten und Städte gerichtet (der +Löwenbund+, der +St. Georgsbund+, die +Schlegler+). [~1377–1389.~] ~Süddeutscher Städtekrieg.~ [1377.] Sieg der schwäbischen Städte (Vorort +Ulm+) bei +Reutlingen+ über Eberhards Sohn Ulrich. Der schwäbische Städtebund vom Kaiser anerkannt. [1378.] Tod Karls IV., nachdem er seine Länder unter seine drei Söhne so geteilt hat, daß +Wenzel+ Böhmen und Schlesien (später fällt ihm auch Luxemburg zu), +Sigismund+ die Mark Brandenburg, +Johann+ die Lausitz erhält. In +Mähren+ herrschen 2 Neffen Karls, +Jobst+ und +Prokop+ als Markgrafen. Zum deutschen König war schon gewählt worden [~1378–1400.~] ~Wenzel~, Karls IV. ältester Sohn. [1381.] Der +schwäbische+ Städtebund vereinigt sich mit den +rheinischen+ und schließt bald auch ein Bündnis mit einem Teil der Schweizer Eidgenossenschaft. [1384.] Wenzel bringt einen Landfrieden auf vier Jahre zustande (Fürstentag zu +Heidelberg+), doch beginnen die Fehden, sobald er nach Böhmen zurückgekehrt ist, aufs neue. Herzog +Leopold III.+ von +Österreich+ bekriegt im Bunde mit dem süddeutschen Adel die Eidgenossen. Das Ritterheer wird in der [~1386.~] ~Schlacht bei Sempach~ (+Arnold Winkelried?+) gänzlich geschlagen, ebenso 1388 in der Schlacht bei +Näfels+. Die Herzöge von Österreich verzichten auf die Unterwerfung der Schweiz. [1388.] Erneuerung des Städtekrieges. Eberhard der Greiner siegt über die schwäbischen Städte bei +Döffingen+ (wo sein einziger Sohn +Ulrich+ fällt), Pfalzgraf +Ruprecht+ über die rheinischen bei +Worms+. [1389.] Landfriede zu +Eger+, von König Wenzel verkündet. Die Städte behalten ihre Reichsfreiheit, müssen aber auf Sonderbündnisse verzichten. [1400.] Wenzel, in Böhmen durch Härte (der Generalvikar des Erzbischofs von Prag, Johann von Nepomuk, Beichtvater der Gemahlin Wenzels, in die Moldau gestürzt) und Trägheit verhaßt, aus Anlaß innerer Zerwürfnisse wiederholt gefangen gesetzt, wird von den am Königsstuhl bei Rense versammelten rheinischen Kurfürsten der deutschen Königswürde entsetzt. Er stirbt 1419 als König von Böhmen. [~1400–1410.~] ~Ruprecht von der Pfalz~ vermag selbst bei seiner Partei kaum das königliche Ansehen zur Geltung zu bringen. [1401.] Unglücklicher Zug Ruprechts nach Italien. Das deutsche Heer wird bei +Brescia+ geschlagen von +Johann Galeazzo Visconti,+ den König Wenzel zum erblichen Herzog von Mailand ernannt hatte (1395) (S. 198). [1409.] Infolge der hussitischen Streitigkeiten (s. S. 204) in Prag und einer Veränderung der Universitätsstatuten zu Gunsten der czechischen Nation verlassen die deutschen Professoren und Studenten die Universität Prag und gehen meist nach +Leipzig+, wo +Friedrich der Streitbare+ von Meißen (S. 204) eine Universität stiftet. [1409.] ~Konzil zu Pisa,~ berufen zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit (seit 1378 +zwei+ Päpste, einer in +Rom+, einer in +Avignon+). Der vom Konzil erwählte Papst Alexander V. vermag die beiden anderen nicht zur Abdankung zu nötigen. [~1410–1437.~] ~Sigismund,~ Wenzels Bruder, Markgraf von +Brandenburg+ und König von +Ungarn+ (als Gemahl der Tochter König Ludwigs des Großen, S. 217), gewählt besonders auf Betreiben des Burggrafen +Friedrich VI. von Nürnberg,+ doch nur durch drei Kurstimmen, während die anderen für +Jobst von Mähren+ abgegeben werden und +Wenzel+ als dritter noch Ansprüche auf die Krone erhebt. Jobst † 1411; darauf zweite Wahl einstimmig für Sigismund. Dieser zieht nach Italien und einigt sich mit Papst +Johann XXIII.+, Alexanders V. Nachfolger, über die Berufung eines allgemeinen Konzils nach einer +deutschen+ Stadt. [~1414–1418.~] ~Kirchenversammlung zu Konstanz,~ zahlreich besucht von Fürsten und Prälaten, hat eine dreifache Aufgabe zu lösen: 1. Beseitigung der Kirchenspaltung (+causa unionis+), 2. Verbesserung der kirchlichen Zustände +(causa reformationis),+ 3. Abstellung der Ketzerei +(causa fidei).+ Von der Reformpartei wird die Abstimmung nach +Nationen+ (deutsche, franz., engl., italien., je eine +Kuriatstimme+) durchgesetzt. Papst Johann XXIII., der persönlich erschienen war, wird zu öffentlicher Abdankung bewogen, entflieht dann aber mit Hilfe des Herzogs Friedrich von Österreich. Dieser, in die Acht erklärt, muß sich unterwerfen. Das Konzil spricht auf Antrag +Gersons+, des Kanzlers der Pariser Universität, den Grundsatz aus, +daß das Konzil über dem Papste stehe+; Johann XXIII. wird abgesetzt, Gregor XII. in Rom verzichtet freiwillig. Inzwischen ist der Tscheche +Johann Hus,+ Professor in Prag, Anhänger der Lehren des Engländers +Wycliffe+ (S. 312, Verwerfung des Ablasses, der Ohrenbeichte, der Transsubstantiation), seit 1412 im Bann, im Vertrauen auf das von Sigismund ihm gewährte sichere Geleit in Konstanz erschienen; er wird als Ketzer verurteilt. [~1415.~ 6. Juli.] ~Hus verbrannt,~ 1416 sein Freund +Hieronymus+ von Prag. Sigismund reist nach Spanien, um Benedikt XIII., der sich von Avignon nach der Burg Peniscola (unweit Valencia) zurückgezogen hat, zur Abdankung zu bewegen. Dies mißlingt, aber die spanische Geistlichkeit sagt sich von Benedikt los. Sigismund reist über Paris nach England, um zwischen Frankreich und England Frieden zu vermitteln (S. 209), doch ohne Erfolg. Nach seiner Rückkehr 1417 Beratung über die +Kirchenverbesserung+ (Beschränkung der päpstlichen Willkür in der Verleihung kirchlicher Ämter, Aufhebung drückender Abgaben, Besserung des Lebens der Geistlichen). Dem Verlangen der Reformpartei, daß diese Verbesserung +vor+ der Wahl eines neuen Papstes zum Abschluß komme, treten die Anhänger des Papsttums in den romanischen Nationen, verstärkt durch die Spanier als +fünfte+ Nation, entgegen. Der neugewählte Papst +Martin V.+ (Kardinal Colonna, S. 211) bringt +drei Konkordate+, mit den Deutschen, Engländern und Romanen, zum Abschluß, die aber nicht zur Abstellung der Mißbräuche führen. [~1415.~] Sigismund überträgt in +Konstanz+ dem Burggrafen +Friedrich VI. von Nürnberg+, als Belohnung für wichtige, ihm und dem Reiche geleistete Dienste die ~Mark Brandenburg~ mit der Kur- und Erzkämmererwürde (Belehnung 1417). [1423.] Sigismund belehnt +Friedrich den Streitbaren+, Markgrafen von +Meißen+, aus dem Hause +Wettin+ (s. S. 179, 203) mit dem Kurfürstentum ~Sachsen-Wittenberg~, nach dem Aussterben der dort regierenden Askanier (S. 189). In Sachsen-Lauenburg regieren Askanier noch bis 1689, dann kommt das Land an Hannover. [~1419–1436.~] ~Hussitenkrieg.~ Entrüstung der Böhmen über Hus’ Hinrichtung. Seine Anhänger, +Hussiten+, auch +Utraquisten+ genannt (weil sie das Abendmahl +sub utraque specie+, Brot und Wein, auch für die Laien verlangen), wollen die Ausübung ihrer vom Konzil verworfenen Lehre mit Gewalt durchsetzen. König Wenzel sucht zu vermitteln; nach seinem Tode 1419 Aufstand in Prag. +Ziska+, Anführer der Hussiten. Sigismund, Erbe der böhmischen Krone, wird zwar in Prag gekrönt, muß aber das Land bald verlassen. Die 1421 in Böhmen eindringenden Reichstruppen werden zurückgeschlagen, Sigismunds Heer wird 1422 bei +Deutsch-Brod+ vernichtet. Verheerende Züge der Hussiten in die umliegenden Länder (Österreich, Bayern, Franken, Sachsen, Schlesien, Lausitz, Brandenburg); öftere Niederlagen der gegen sie aufgebotenen Reichsheere. [~1431–1449.~] ~Konzil zu Basel~, zur Wiederherstellung des Friedens und zur Durchführung der kirchlichen Reformen berufen. Durch Gesandte des Konzils wird ein Vergleich mit den gemäßigten Hussiten (Kalixtinern, Utraquisten) geschlossen: +Prager Kompaktaten+ 1433; die +Taboriten+, (Tabor, Stadt in Böhmen), welche den Vergleich nicht annehmen, werden bei +Böhmisch-Brod+ 1434 besiegt, Sigismund zieht 1436 in Prag ein. Während dieser Bedrängnis des deutschen Reiches im Osten erhebt sich im Westen die Macht der französischen Herzöge von ~Burgund,~ welche ansehnliche deutsche Reichslehen an sich bringen. Philipp der Kühne (S. 208) verschafft seinem zweiten Sohne die Nachfolge in +Brabant+ und +Limburg+; sein Enkel Philipp der Gute erbt diese Länder und außerdem 1428 die Grafschaften +Holland+, +Seeland+, +Hennegau+, bald auch +Luxemburg+. Auch das Herzogtum ~Lothringen~ kommt nach dem Aussterben des Mannesstammes (S. 165) 1431 an eine +französische+ Dynastie, da die Erbin sich mit +René von Anjou+, Graf von Provence, Titularkönig von Neapel (S. 211) vermählt. Im Innern des deutschen Reiches Verwirrung, Fehden und Selbsthilfe. Bei der herrschenden Rechtsunsicherheit erlangen die +Femgerichte+ (S. 190) für einige Zeit große Bedeutung. [~1438–1740.~] ~Kaiser aus dem Hause Habsburg.~ [~1438–1439.~] ~Albrecht II.~, der tatkräftige Schwiegersohn Sigismunds, dem er auch in +Böhmen+ und +Ungarn+ folgt, stirbt nach der Rückkehr von einem Türkenzuge. [~1440–1493.~] ~Friedrich III.~ von Steiermark, (Vetter Albrechts), der letzte in Rom (1452) gekrönte deutsche Kaiser. Ein durchaus unfähiger Herrscher, läßt er sich durch seinen Ratgeber +Aeneas Silvius Piccolomini+ (später Papst +Pius II.+) bewegen, in dem Streit zwischen dem ~Baseler Konzil~ und Papst Eugen IV. auf die Seite des Papstes zu treten. Die von dem Konzil beschlossenen kirchlichen Reformen werden durch das +Wiener Konkordat+ 1448 vereitelt; das Konzil löst sich auf 1449. Bürgerkrieg in der +Schweiz+ 1440–1450; Zürich mit Österreich verbündet. Auf Kaiser Friedrichs Bitte schickt Karl VII. von Frankreich den Dauphin (als König Ludwig XI.) mit den zügellosen Scharen der +Armagnacs+ gegen +Basel+. Heldentod von 1600 Eidgenossen bei ~St. Jakob~ 1444. Die Armagnacs plündern darauf im Elsaß, bis der Kurfürst von der Pfalz sie vertreibt. Friede der Schweizer mit Frankreich. Das Haus Habsburg verliert seine letzten Besitzungen in der Schweiz; es behält seine Besitzungen im Elsaß und in Schwaben (Vorder-Österreich). ~Fehden im deutschen Reiche~, denen der Kaiser untätig zusieht. In +Sachsen+ Bruderkrieg zwischen Kurfürst Friedrich dem Sanftmütigen und seinem Bruder Wilhelm (1446–50); im Anschluß daran der +Prinzenraub+: Ritter Kunz von Kaufungen entführt 1455 die beiden Söhne Friedrichs aus dem Schloß zu Altenburg, wird aber von Köhlern im Walde gefangen. Der Erzbischof von Köln führt Krieg gegen die Stadt +Soest+ (Soester Fehde 1444–1449), Kurfürst +Albrecht Achilles+ von Brandenburg gegen +Nürnberg+ (1449–1453), Pfalzgraf +Friedrich der Siegreiche+ gegen den Erzbischof von +Mainz+, den Grafen von Württemberg und den Markgrafen von Baden (Pfälzer Fehde 1462). Zur Herstellung des Friedens in Deutschland ist der +schwäbische Bund+ förderlich, 1488 auf Betreiben des Kaisers von Fürsten, Rittern und Städten geschlossen. [Um ~1450.~] ~Johann Gutenberg~ (in Mainz) erfindet die Buchdruckerkunst. (+Johann Fust, Peter Schöffer.+) In ~Böhmen~ Parteikämpfe während der Unmündigkeit des jungen Königs +Ladislaus Postumus+ (Sohn Albrechts II.), für den Friedrich III. die Vormundschaft führt. +Georg Podiebrad+ wird 1452 zum Reichsverweser, 1458 nach Ladislaus’ Tode zum König gewählt, aber als Utraquist angefeindet († 1471). +Matthias Corvinus+ wird König von Ungarn (S. 218), besetzt die Nebenländer Mähren, Schlesien, Lausitz; schließt 1478 Frieden mit Georgs Nachfolger +Wladislav+ (Sohn Kasimirs IV. von Polen). [1474–1475.] +Karl der Kühne+ von ~Burgund~, durch Verpfändung im Besitz der habsburgischen Teile des +Elsaß+, dringt in das Erzbistum +Köln+ ein, um den abgesetzten Erzbischof zurückzuführen, belagert +Neuß+, wird aber durch das Anrücken eines Reichsheeres unter Friedrich III. und durch den Angriff der Schweizer auf Héricourt zum Abzug bewogen. [1476.] Karl der Kühne stürzt sich, nachdem er sich +Lothringens+ bemächtigt und den Herzog Renatus vertrieben hat, auf die Schweizer, wird bei +Granson+ und bei +Murten+ geschlagen. [1477.] Karl der Kühne fällt im Kampfe gegen den zurückgekehrten Herzog von Lothringen vor +Nancy+; seine Tochter Maria vermählt sich mit Friedrichs III. Sohn, Erzherzog +Maximilian+. Dieser gewinnt dadurch die ~Niederlande~ und die ~Freigrafschaft Burgund~ (S. 198) für die +habsburgische Hausmacht,+ verteidigt diese Erwerbung im Kriege gegen Ludwig XI. von Frankreich, der die burgundischen Städte in der Picardie und das +Herzogtum Burgund+ als erledigte Mannslehen einzieht. [1490.] Friedrich III., von +Matthias Corvinus+ aus Wien vertrieben (1485), wird nach dessen Tode († 1490) von seinem Sohn +Maximilian+ zurückgeführt. [1491.] +Wladislav IV.+ von Böhmen, nach Corvinus’ Tode auch König von +Ungarn+, sichert im Frieden zu +Preßburg+ dem Hause Habsburg die Nachfolge zu. Albrecht II. †1439. Gem. Elisabeth, Tochter Sigismunds. _______________|__________________ | | Elisabeth, Ladislaus Postumus, Gem. Kasimir IV. von Polen. †1457. | Wladislav, 1471 König v. Böhmen, 1490 König v. Ungarn. __________|__________________ | | Ludwig II. †1526. Anna, Gem. Maria v. Österreich. Gem. Ferdinand I. § 2. Frankreich. [~1270–1285.~] ~Philipp III.~, +der Kühne+ (+le Hardi+), vermählt seinen [~1285–1314.~] Sohn ~Philipp IV.~, +den Schönen+ (+le Bel+), mit +Johanna+, Erbin von Navarra. Kampf mit Papst +Bonifacius VIII.+, der dem König die Besteuerung der französischen Geistlichkeit untersagt. Der Papst wird 1313 in Anagni von Verschwörern gefangen genommen, doch von seinen Anhängern befreit, stirbt bald darauf. [1309.] Papst +Clemens V.+, vorher Bischof von Bordeaux, verlegt die päpstliche Residenz nach ~Avignon~ (an der Rhone); das Papsttum von Frankreich abhängig (Babylonische Gefangenschaft (1309–1377)). [1312.] Aufhebung des +Tempelherrn+ordens durch Clemens V., auf Antrieb des nach den Schätzen und Gütern des Ordens lüsternen Königs. In Paris werden 54 Ritter verurteilt und verbrannt, zuletzt auch der Großmeister +Jakob+ von +Molay+ (1314). Erwerbung burgundischer Gebiete (s. S. 198). Auf +Philipp IV.+ folgen hintereinander seine drei Söhne Ludwig X., Philipp V., Karl IV., dann nach dem +salischen Gesetz+, welches die Frauen von der Thronfolge ausschließt[39] (Beschluß der Reichsstände von 1317), das [~1328–1498.~] ~Haus Valois~ (Nebenlinie der Capetinger). [~1328–1350.~] ~Philipp VI.,~ Sohn Karls von Valois, eines Bruders Philipps IV. Gegen ihn erhebt Ansprüche auf den französischen Thron ~Eduard III.~ von England, als Sohn einer Tochter Philipps IV., daher [~1339–1453.~] mehr als ~hundertjähriger Krieg~ zwischen Frankreich und England. [1340.] Seesieg der Engländer bei ~Sluys~, dem Hafenort von Brügge. Die flandrischen Städte, geleitet von +Jakob von Artevelde+, mit ihnen verbündet. [1346.] Sieg der Engländer bei ~Crécy~ in der Picardie, Anwendung von +Geschützen+; Tod des blinden Königs +Johann von Böhmen+ (S. 199). +Calais+ erobert 1347 [~1350–1364.~] ~Johann II., der Gute.~ [1356.] Sieg des +Schwarzen Prinzen+ (Sohn Eduards III.) bei +Maupertuis+ unweit +Poitiers+. Johann 4 Jahre lang in England Gefangener. Währenddessen in Frankreich Verwirrung und furchtbare innere Kämpfe, da der junge Dauphin[40] als Statthalter nicht durchzugreifen vermag. [1357–1358.] Aufstand in Paris, geleitet von +Etienne Marcel+, dem Vorsteher der Innungen (+prévôt des marchands+), der mit +Karl dem Bösen+, König von Navarra, in Verbindung tritt. [1358.] Bauernkrieg mit furchtbaren Greueltaten, +Jacquerie+ genannt nach dem Anführer +Guillaume Caillet+, mit dem Beinamen +Jacques Bonhomme+, welcher dann zum Spottnamen des französischen niederen Volks wurde. Der Adel schart sich um den Dauphin; nach Unterwerfung der Bauern wird auch der Aufstand in Paris blutig unterdrückt. [1360.] +Friede+ mit England zu +Bretigny+ (bei +Chartres+): Eduard III. verzichtet auf die französische Krone und erhält +Poitou+, +Guyenne+ und +Gascogne+ als unabhängigen Besitz ohne Lehnspflicht (S. 192). [1363.] Johann gibt das Herzogtum +Burgund+ seinem jüngeren Sohn +Philipp dem Kühnen+ (burgundische Nebenlinie der Valois). Dieser legt durch seine Heirat mit der Erbtochter des Grafen von +Flandern+ den Grund zur Herrschaft des burgundischen Hauses in den Niederlanden (S. 205). [~1364–1380.~] ~Karl V., der Weise~. Beruhigung der inneren Verhältnisse, dann Erneuerung des Krieges; die meisten früheren (S. 192) englischen Besitzungen in Frankreich werden wiedergewonnen. Ritter +Bertrand du Guesclin+, seit 1370 Connétable von Frankreich, siegreich gegen die Engländer. [~1380–1422.~] ~Karl VI.~, verfällt in Wahnsinn, seine Oheime, die Herzoge von Orléans und Burgund, Reichsverweser, 2 Parteien: +Burgund+ und +Orléans+ (Armagnacs) (S. 205). [1407.] Der Herzog von Orléans wird auf Befehl des Herzogs +Johann+ von Burgund ermordet. Die dadurch veranlaßten Parteikämpfe erleichtern das abermalige Vordringen der Engländer. [1415.] Sieg +Heinrichs V.+, Königs von England, bei ~Azincourt~ (unweit Crécy), darauf Eroberung der Normandie. [1419.] Johann von Burgund auf der Brücke von Montereau durch die Begleiter des Dauphin Karl (+Duchâtel+) ermordet. Johanns Sohn +Philipp+ schließt deshalb mit Beistimmung der Königin +Isabeau+ mit den Engländern den Vertrag von +Troyes+; Heinrich V. heiratet +Katharina+, Tochter Karls VI., und wird als Regent und Nachfolger auf dem Thron Frankreichs anerkannt, † 1422. Unter +Johann+ und seinem Sohne +Philipp dem Guten+ erreicht das burgundische Herzogshaus den Gipfel seiner Macht. Blüte des Handels, der Gewerbe und der Künste in den flandrischen Städten, besonders in +Brügge+ und +Gent+ (die Maler Hubert und Johann van Eyck um 1420). Philipp bemächtigt sich der Erbschaft der Gräfin Jakobäa von +Holland+ (S. 205). [~1422–1461.~] ~Karl VII.~, zunächst nur südlich von der Loire anerkannt, im Norden der minderjährige +Heinrich VI.+, König von England, geb. 1421. [1429.] ~Johanna d’Arc~ (geb. 1412 in Domremy an der Maas), genannt die ~Jungfrau von Orléans~, weil sie dieser Stadt Entsatz bringt. Die Engländer und Burgunder zurückgetrieben, Karl VII. in Reims gekrönt. +Johanna+ 1430 bei Compiègne von den Burgundern gefangen, den Engländern ausgeliefert, 1431 in Rouen von einem geistlichen Gerichtshof als Zauberin und Ketzerin verurteilt und verbrannt. Das ungerechte Urteil wird später (1456) auf Befehl des Papstes widerrufen. Ihre Seligsprechung durch Papst Leo XIII. 1894. [1435.] Friede zu +Arras+ zwischen Karl VII. und Philipp von Burgund. Die Engländer verlieren schließlich +alle+ französischen Besitzungen außer +Calais+ (S. 236), ihr Feldherr +Talbot+ † 1453 in dem Treffen bei +Castillon+. Errichtung der Ordonnanz-Kompanien, Anfang der stehenden Heere. [~1461–1483.~] ~Ludwig XI.~ bricht durch Klugheit und Treulosigkeit die Macht der großen Vasallen, welche gegen ihn die +Ligue du bien public+ schließen (Herzöge von Burgund, Bretagne, Orléans, Anjou, Nemours, Bourbon, Grafen von Charollais u. a.) und legt den Grund zur +unumschränkten+ Monarchie. Nach dem Tode Karls des Kühnen (1477, s. S. 206) zieht er das Herzogtum +Burgund+ als erledigtes Lehen ein, während die andern Besitzungen des Herzogs an Deutschland kommen; nach dem Tode Renés von Anjou (1480) werden +Anjou+, +Maine+ und die +Provence+ mit den Kronländern vereinigt. [~1483–1498.~] ~Karl VIII.~ gewinnt die +Bretagne+ durch Vermählung mit der Tochter des letzten Herzogs (S. 235), zieht 1494 nach Italien, um die Ansprüche des Hauses Anjou auf das Königreich +Neapel+ geltend zu machen (S. 190). Er erobert das Königreich, wird aber durch ein Bündnis zwischen dem Papste, dem Kaiser, dem Herzog von Mailand, Venedig und Spanien zum Rückzuge genötigt. § 3. Italien. Entwickelung selbständiger Staaten seit dem Sinken der deutschen Kaisermacht (1250). ~Mailand~, seit Kaiser Heinrich VII. (1310) unter den +Visconti+ als kaiserlichen Statthaltern, seit 1395 als +Herzögen+ (S. 203). Nach dem Aussterben der Visconti bemächtigt sich der von den Mailändern in Sold genommene Condottiere +Franz Sforza+ der Herrschaft und wird 1450 Herzog von Mailand. Die Grafen von ~Savoyen~, deren Ahnherr Graf Humbert Weißhand 1032 mit Burgund unter die Herrschaft der deutschen Könige kam, seit etwa 1050 durch Heirat auch im Besitz von Piemont, erhalten 1416 von Kaiser Sigismund die +Herzogs+würde. Die Markgrafen von +Este+ (S. 166) werden 1452 von Friedrich III. zu Herzögen von ~Modena~ und +Reggio+ erhoben; Papst Paul II. belehnt sie 1471 mit dem Herzogtum +Ferrara+. ~Venedig~, seit 697 durch Vereinigung der Inselgemeinden +ein+ Staat unter einem +Dogen+ (dux), seit etwa 1000 Beherrscherin des Adriatischen Meeres, wächst während der Kreuzzüge an Macht und Ansehen (s. S. 176, 178). Nach Beendigung der Seekriege mit +Genua+ (1381) ist Venedig Herrin des Mittelmeeres und des Levantehandels. Sein Festlandsgebiet erstreckt sich über Padua und Verona bis Brescia; seine Seemacht stützt sich auf den Besitz von Dalmatien, Kandia und Korfu. ~Verfassung~ streng aristokratisch. 1172 Einsetzung des +großen+ Rates (450 bis 500 Mitglieder), dann des +kleinen+ Rates (Signoria), der die Macht des Dogen noch mehr beschränkt. 1298 +Schließung+ des +großen Rates+, die Namen der ratsfähigen Familien (Nobili) werden in dem +Goldenen Buch+ verzeichnet. Zur Unterdrückung von Verschwörungen 1310 der +Rat der Zehn+ eingerichtet; Hinrichtung des Dogen +Marino Falieri+ 1355. Seit 1539 ernennt der Rat der Zehn die drei +Staatsinquisitoren+, deren strenge Herrschaft aber erst 1583 beginnt. ~Genua~, seit Herstellung des griechischen Kaisertums (1261) im Orient mächtig, nach dem Siege über Pisa (1284) auch im Besitz der Inseln Sardinien, Korsika, Elba, dann aber durch die Kriege mit Venedig und innere Unruhen geschwächt, seit 1396 bald von Frankreich, bald von Mailand abhängig. ~Florenz~, seit 1282 mit demokratischer Verfassung (die +Priori delle arti+ bilden die +Signoria+), öfters durch Parteikämpfe erschüttert, gewinnt allmählich die Herrschaft über die Landschaft +Toskana+; Pisa erst 1429 unterworfen. Seit 1400 gelangt das Geschlecht der ~Medici~ zu hohem Ansehen und fürstlicher Stellung. +Johann von Medici+, reicher Bankier, Begründer der Macht des Hauses. Sein Sohn +Cosĭmo+, der +Vater des Vaterlandes+, († 1464), Beschützer der Künste (Brunelleschi, Ghiberti, Donatello u. a.), Begründer der platonischen Akademie und der mediceischen Bibliothek. Unter dessen Enkel +Lorenzo+ (il Magnifico, † 1492) die glänzendste Zeit für Florenz. Entfaltung der ~italienischen Literatur~ durch die drei florentinischen Dichter +Dante+ Alighieri († 1321), +Petrarca+ († 1374), +Boccaccio+ († 1375). Von Petrarca besonders angeregt entwickelt sich das erneute Studium der Wissenschaft und Poesie des Altertums (+Humanismus+), gefördert durch griechische Gelehrte, die nach der Eroberung Konstantinopels (S. 218) aus dem byzantinischen Reiche vor den Türken geflohen waren. Hand in Hand damit geht der Aufschwung der ~bildenden Kunst~ (+Renaissance+) zuerst in Florenz, dann in Rom (Peterskirche). Der ~Kirchenstaat~, in der Langobardenzeit begründet, durch die von Karl d. Gr. bestätigte Schenkung Pippins (s. S. 150) und andere Erwerbungen erweitert, seit Innocenz III. vom deutschen Reiche völlig unabhängig. Zerrüttung durch Adelskämpfe (die Orsini und Colonna), während die Päpste in +Avignon+ residieren (1309–1376). +Cola di Rienzi+ tritt 1347 als Volkstribun auf, wird vertrieben, kehrt 1354 als päpstlicher Senator zurück, wird aber durch Volksaufstand getötet (S. 199). Herstellung der Einheit der Kirche durch das Konzil zu Konstanz (S. 203f.), des Kirchenstaats erst durch Papst +Nikolaus V.+ (1447 bis 1455), der als Freund der Wissenschaften die vatikanische Bibliothek begründet. In ~Neapel~ Haus +Anjou+ bis 1435. ~Sicilien~ 1282–1295 mit +Aragon+ verbunden (S. 190), dann unter einer Nebenlinie des aragonischen Hauses, seit 1409 wieder bei Aragon, dessen König +Alfons V.+ 1435–1442 auch Neapel erobert. Glänzende Hofhaltung, Pflege des Humanismus (+Laurentius Valla+). Nach Alfons’ Tode (1458) kommt +Neapel+ ohne Sicilien an seinen natürlichen Sohn Ferdinand I. und dessen Nachkommen; in Sicilien aragonische Dynastie bis 1504. Von 1504–1713 Neapel und Sicilien bei Spanien (S. 235). § 4. England. [~1272–1307.~] ~Eduard I.~, Sohn Heinrichs III. (S. 193), unterwirft +Wales+ vollständig (Prinz von Wales, Titel seines ältesten Sohnes und fortan jedes Thronerben), mischt sich als Lehnsherr in die schottischen Thronstreitigkeiten, beruft Vertreter der Grafschaften und Städte zum Parlament; Anfang des Unterhauses. [~1307–1327.~] ~Eduard II.~, von den Schotten geschlagen, muß Robert Bruce als schottischen König anerkennen. Er wird auf Anstiften der Königin und ihres Günstlings +Mortimer+ vom Parlament abgesetzt und später auf grausame Weise ermordet. Ihm folgt der tatkräftige [~1327–1377.~] ~Eduard III.~ König +David Bruce+ von Schottland als Gefangener in London, gegen Lösegeld freigelassen. Seit 1371 Haus +Stuart+ in Schottland; Robert II., 1371–1390, Tochtersohn von Robert Bruce, nicht mehr lehnsabhängig von England. -- Trennung des englischen Parlaments in +Oberhaus+ und +Unterhaus+. Steuerbewilligungsrecht und Petitionsrecht des Unterhauses. Ausbildung des +Selfgovernment+ in den Grafschaften (das Friedensrichteramt). Krieg mit Frankreich s. S. 207. Geoffrey +Chaucer+, Begründer der englischen Literatur, † 1400. [~1377–1399.~] ~Richard II.~, Enkel Eduards III. Die Bestrebungen des Reformators +Wycliffe+ (Prof. in Oxford, 1382 abgesetzt, vgl. S. 203) werden vereitelt durch den gefährlichen Aufstand der Bauern unter +Wat Tyler+ 1381. Richard zur Abdankung genötigt von seinem Vetter +Heinrich von Lancaster+, † im Gefängnis. [1399–1461.] ~Haus Lancaster~ (Nebenlinie des Hauses Plantagenet). [~1399–1413.~] ~Heinrich IV.~, Enkel Eduards III. Kämpfe gegen Empörungen des hohen Adels (Heinrich Percy); der König behauptet sich im Bunde mit der Kirche. Grausame Verfolgung der Anhänger Wycliffes. [~1413–1422.~] ~Heinrich V.~, als Prinz der Genosse wüster Gesellen, als König energisch und tapfer. Aufstand der +Lollharden+ (Anhänger Wycliffes) unterdrückt. Krieg in Frankreich s. S. 209. [~1422–1461.~] ~Heinrich VI.~, beim Regierungsantritt unmündig, später von Günstlingen geleitet, kann den Übermut des Adels nicht im Zaum halten. Unglücklicher Ausgang des Krieges in Frankreich. Sein Vetter +Richard von York+, zweimal wegen Krankheit des Königs zum Protektor des Reiches erwählt, erhebt zuerst 1452 offen Anspruch auf die Krone. Gegen ihn die Königin +Margarete+ (aus dem Hause +Anjou+) und der Herzog von +Somerset+ († 1454). [1459–1485.] ~Bürgerkrieg in England~; Parteien der +Roten Rose+ (Lancaster) und der +Weißen Rose+ (York). Richard von York bei Wakefield besiegt und getötet 1460. Dennoch behauptet sich seine Partei im Felde und ruft 1461 in London seinen Sohn +Eduard+ zum König aus. Die Familien ~Lancaster~, ~York~ und ~Tudor~. Eduard III. †1377. _____________________|__________________________________... | | | | Eduard, Lionel Johann von Gent, Edmund, (der Schwarze Prinz) Hz. v. Clarence Hz. ~v. Lancaster~, Hz. ~v. York~, †1376. †1368. †1399. †1402. | | ____|__________ ~Richard II.~, | | | abgesetzt 1399, | ~Heinrich IV.~ John Bedford. †1400. | †1413 | | | | | | | | ~Heinrich V.~ John Bedford. | †1422 Gem. Kath. | | v. Frankreich | | | | Seine ~Heinrich VI.~ ~Margarete.~ Urenkelin -- 1461, Gem. Edm. ~Tudor~ Anna ermordet (Sohn v. Owen Tudor Mortimer, 1471. u. Kath. v. Gem. v. | Frankreich, Richard v. Eduard, Witwe Cambridge Prinz v. Wales, Heinrichs V.). ermordet 1471. | | ~Heinrich VII.~ †1509. Tudor. ___________|________ | | ~Heinrich VIII.~ Margarete, †1547. Gem. Jakob IV. Stuart | v. Schottland. ___|______________________ | | | ~Maria~ die ~Elisabeth~ ~Eduard VI.~ Katholische †1558. †1603. †1553. ... Edmund, Hz. ~v. York~, 1402. ________|_______ | | Eduard, Richard, Hz. v. York Gr. v. Cambridge. Gem. Anna Mortimer. | _________________________ Richard, Hz. v. York, 1460 ________|________ | | ~Eduard IV.~ ~Richard III.~ 1483 (Hz. v. Gloucester) | 1485 |_______________________________________ | | | Elisabeth, ~Eduard V.~ Richard. Gem. Heinr. Tudor. ermord. ermord. 1483 1483 [1461–1485.] ~Haus York~ (Nebenlinie des Hauses Plantagenet). [~1461–1483.~] ~Eduard IV.~ sichert seine Herrschaft durch die Siege bei +Towton+ 1461 und +Hexham+ 1464, nimmt Heinrich VI. gefangen, doch wird er 1470 von +Margarete+ und Graf +Warwick+ (dem »Königsmacher«), der früher das meiste zu seiner Erhebung beigetragen hatte, vertrieben und Heinrich VI. wieder auf den Thron gesetzt. Eduard IV. kehrt bald zurück, besiegt das Haus Lancaster bei +Barnet+ (Warwick †) und +Tewkesbury+ 1471 und rottet es fast aus; nur +Heinrich Tudor+ entkommt. König Heinrich VI. im Tower ermordet 1471. [~1483.~] ~Eduard V.~, Sohn Eduards IV., mit seinem jungen Bruder +Richard+ im Tower erstickt auf Befehl seines Oheims, des grausamen +Richard von Gloucester+ (spr. Gloster), welcher den Thron besteigt als [~1483–1485.~] ~Richard III.~ Er wird bei +Bosworth+ 1485 besiegt von einem Sprößling des Hauses Lancaster, ~Heinrich Tudor~, Grafen von Richmond, welcher durch seine Heirat mit +Elisabeth von York+, Tochter Eduards IV., die Ansprüche beider Häuser vereinigt. Nach Beendigung der blutigen Adelskriege erstarkt das +Königtum+ unter dem Hause +Tudor+ (1485–1603). § 5. Die Pyrenäische Halbinsel. Den vier christlichen Königreichen steht noch immer das durch Ackerbau und Kunstfleiß blühende arabische (maurische) Königreich +Granāda+ gegenüber (S. 194). ~Navarra~, 1285–1329 mit Frankreich vereinigt (s. S. 207), 1425–1431 mit Aragon, bleibt ein unbedeutendes Grenzland. König Pedro III. von ~Aragon~ (S. 190) unterstützt die Sicilianische Vesper, gewährt 1283, um die Kriegskosten zu bestreiten, den Reichsständen (Cortes) große Rechte durch das Privilegium von Saragossa. Pedro IV. erhöht 1348 die Macht des Königtums und erobert die Balearen, bewilligt aber die Einsetzung eines Oberrichters (Justicia), der Streitigkeiten zwischen König und Reichsständen zu entscheiden hat. Alfons XI. von ~Kastilien~ besiegt 1340 die Araber, bringt aber den Krieg nicht zu Ende. Zwiespalt unter seinen Söhnen +Pedro dem Grausamen+ und +Heinrich von Trastamara+; letzterer findet bei Aragon Hilfe und vertreibt mit französischen Söldnern den Gegner. Pedro wird 1367 durch einen Kriegszug des Schwarzen Prinzen (S. 208) zurückgeführt, aber nach Erneuerung des Kampfes 1369 besiegt und getötet. Heinrich herrscht darauf bis 1379 in Freundschaft mit Frankreich. Sein Sohn +Johann I.+ versucht vergebens 1385 ~Portugal~ zu erobern. Unter +Johann II.+ tritt der Connétable +Alvaro de Luna+ der großen Macht des Adels entgegen, wird aber 1453 gestürzt. Johanns Tochter +Isabella+ vermählt sich 1469 mit +Ferdinand+, dem Thronfolger von +Aragon+, wird 1474 Königin von Kastilien. [1479–1516.] Ferdinand II., der Katholische, von Aragon. Vereinigung der beiden Reiche +Kastilien+ und +Aragon+, doch regiert Isabella in Kastilien selbständig. Die Großmeisterwürde der drei Ritterorden (S. 194) wird mit der Krone vereinigt, die Willkür des Adels durch Erneuerung des Friedensbundes der Städte (+Hermandad+) eingeschränkt. Mit päpstlicher Genehmigung Erneuerung der ~Inquisition~ (S. 186) zur Verfolgung der Ketzer, besonders gegen die Moriscos (Nachkommen der Mauren, span. Moros) und Juden gerichtet. Der Dominikaner +Torquemada+ 1483 zum Großinquisitor ernannt; Tausende zum Feuertode verurteilt (Autos da fé). [1492.] Eroberung von ~Granada~; der letzte König Abdallah (Boabdil) zieht sich nach Afrika zurück. ~Portugal~ im Aufblühen unter der unecht burgundischen Dynastie seit 1385. Unter König Johann I. wird +Ceuta+ erobert 1415; sein Sohn +Heinrich der Seefahrer+ fördert die Entdeckungsfahrten längs der afrikanischen Küste. 1455 wird +Cap Verde+ erreicht, 1482 die Kongomündung: an dieser Fahrt nahm der um die Nautik und Geographie (sein Globus in Nürnberg) sehr verdiente Nürnberger Kaufmann Martin Behaim teil, Freund des Columbus und Magelhães, († 1506 in Lissabon). 1487 umfährt ~Bartolomeo Diaz~ das +Cabo tormentoso+, von König Johann II. +Cabo de boã esperanza+ (Kap der guten Hoffnung) genannt. § 6. Der Norden und Osten. ~Dänemark~, seit +Knud+ dem Großen (S. 170) ein christliches Reich, entfaltet seine Seemacht unter +Waldemar I.+, der 1168 Rügen erobert, und Waldemar II., dem Sieger, der 1219 Estland gewinnt, auch bis 1227 über Holstein und den angrenzenden Teil von Mecklenburg herrscht (S. 187). Dann folgen schwächere Könige; erst +Waldemar IV.+ beseitigt die innere Zerrüttung. Er überläßt 1346 Estland dem Deutschen Orden, gewinnt 1360 von Schweden die Landschaft Schonen zurück, muß dann vor der Seemacht der deutschen Hanse weichen (S. 201). +Margareta+, Tochter Waldemars IV., Gemahlin Hakons VI. von Norwegen, regiert seit 1375 in Dänemark für ihren unmündigen Sohn Olaf († 1387), nach Hakons Tode 1380 auch in ~Norwegen~, wird 1388 von einem Teil des schwedischen Adels zur Regentin ~Schwedens~ erwählt. Sie besiegt ihren Gegner Albrecht von Mecklenburg (seit 1364 König von Schweden), dessen Anhänger sich mit Hilfe der seeräuberischen +Vitalienbrüder+ noch einige Jahre in Stockholm behaupten, bis die deutsche +Hanse+ dagegen einschreitet. [1397.] ~Kalmarische Union~. Die Stände der drei Reiche beschließen zu +Kalmar+ die Vereinigung unter einem gemeinsamen Wahlkönigtum. +Margareta+ regiert mit hohem Ansehen, † 1412. [1409–1435.] Krieg um ~Schleswig~. Dieses Herzogtum, schon seit 1326 nach der sogen. Waldemarschen Konstitution, nach der es nie wieder mit Reich und Krone von Dänemark vereinigt werden sollte, größtenteils im erblichen Besitz der deutschen Grafen von +Holstein+ (aus dem Hause Schauenburg, S. 179), 1386 von Margareta dem Grafen Gerhard VI. zu Lehen gegeben, wird von seinen Söhnen mit Hilfe der Hanse behauptet gegen Margaretas Nachfolger +Erich VII+. [1460.] König +Christian I.+ von Dänemark (aus dem Hause der Grafen von Oldenburg, Schwestersohn Adolfs VIII. von Holstein) wird von den Ständen von +Schleswig-Holstein+ nach dem Aussterben des Schauenburgischen Hauses zum Herzog erwählt, nachdem er die Waldemarsche Konstitution beschworen hat. Personal-Union mit Dänemark bis 1863. Als Unionskönig kann Christian I. die Herrschaft über +Schweden+ gegen den dort erwählten Reichsvorsteher +Sten Sture+ nicht behaupten, doch wird unter seinem Nachfolger +Johann+ die Union der drei Reiche wieder hergestellt. [1500.] Schlacht bei +Hemmingstedt+; die +Dithmarschen+, wie die Stedinger (S. 188), eine Art Bauernrepublik unter dem Schutze des Stiftes Bremen, behaupten ihre Freiheit gegen das dänisch-holsteinische Adelsheer. ~Rußland,~ nach dem Tode Wladimirs des Großen (S. 170) in mehrere Fürstentümer geteilt unter Oberhoheit des Großfürsten von +Kiew+, kommt 1237 unter die Herrschaft der +Mongolen+ (S. 195). Der Chan der »Goldenen Horde« ernennt den Großfürsten und die Teilfürsten, empfängt von ihnen Tribut. Um 1330 wird Moskau Residenz des Großfürsten, als Kiew von den +Litauern+ erobert worden ist. [~1480.~] ~Iwan III., der Große~, Zar von Großrußland, Begründer der einheitlichen Monarchie, macht der Mongolenherrschaft ein Ende, nachdem er 1478 die mit der deutschen Hanse verbündete Republik +Nowgorod+ unterworfen hat. ~Polen,~ seit etwa 840 unter Fürsten aus dem Hause der Piasten, christlich seit 965, oft in Kampf mit dem deutschen Reiche, mit den heidnischen Preußen (später dem Deutschen Orden) und mit Rußland. An Stelle der Teilfürstentümer begründet +Wladislaw Lokietek+ 1320 ein einheitliches +Königtum+, Residenz +Krakau+. [1333–1370.] ~Kasimir der Große~, trefflicher Regent, sorgt für den Bauernstand, gründet Städte, zieht deutsche Ansiedler herbei. Ihm folgt sein Schwestersohn +Ludwig der Große+ (s. unten) von Ungarn († 1382); dessen Tochter Hedwig vermählt sich 1386 mit dem bisher noch heidnischen Großfürsten +Jagello von Litauen+. Seitdem Polen und Litauen vereinigt unter den Jagellonen 1386–1572. Ludwigs zweite Tochter Maria, Erbin von Ungarn, mit dem deutschen König Sigismund vermählt (S. 203). ~Preußen~ wird 1230–1283 in langem Kampfe von dem ~Deutschen Orden~ (s. S. 178f.) erobert; durch den Anschluß des in Livland vom Bischof von Riga gegründeten +Schwertbrüder+ordens (1237) erweitert sich das Ordensgebiet über Kurland, Livland, Estland hin. +Königsberg+ 1255 gegründet; seit 1309 die ~Marienburg~ Sitz des Hochmeisters. Blüte des Ordens unter +Winrich von Kniprode+ (1351–1382), dann allmählicher Verfall. Verhängnisvoll für den Orden wurde die Vereinigung Litauens mit Polen 1386. [~1410.~] ~Schlacht bei Tannenberg,~ Sieg der ~Polen~ über den Orden. +Heinrich von Plauen+ verteidigt die Marienburg, schließt als Hochmeister den noch günstigen +ersten+ Frieden zu Thorn, wird aber 1413 von den Ordensrittern abgesetzt. Unzufriedenheit des Landadels und der Städte mit der Ordensherrschaft, sie treten in Verbindung mit +Polen+. Neuer Krieg 1454, König Kasimir II. erobert 1457 die Marienburg und behauptet sie in heftigem Kampfe 1460; der Hochmeister zieht sich nach Königsberg zurück. [~1466.~] ~Zweiter Friede zu Thorn~: Westpreußen mit Ermeland an Polen abgetreten, +Ostpreußen+ bleibt dem Orden als +polnisches Lehen+. In ~Livland~ behauptet ein Teil des Ordens unter dem Landmeister Wolter von +Plettenberg+ (1494–1535) seine Unabhängigkeit gegen Rußland. ~Ungarn~ gegen Ende des 9. Jahrhunderts von den ~Magyaren~ (S. 158, 160) in Besitz genommen, bis 1301 unter dem Regentenhause der +Arpaden+. Einführung des Christentums durch Herzog +Geisa+ und seinen Sohn +Stephan den Heiligen+, ersten +König+ von Ungarn (S. 163). Einwanderung zahlreicher Deutscher, namentlich in +Siebenbürgen+ unter König Geisa II. um 1150. Bildung einer mächtigen Aristokratie (+Magnaten+). Die +Goldene Bulle+, dem Könige +Andreas II.+ 1222 nach seiner Rückkehr von einem Kreuzzuge (S. 177) abgenötigt, bildet die Grundlage der Privilegien des ungarischen Adels. Nach dem Erlöschen der Arpaden regiert in Ungarn das Haus ~Anjou~ (1308–1382), Blütezeit unter ~Ludwig dem Großen~ (1342–1382, s. oben), der 1370 auch den polnischen Thron besteigt. Unter König +Sigismund+, Ludwigs d. Gr. Schwiegersohn aus dem Hause Luxemburg (1387–1437), beginnender Verfall des Reiches. Albrecht von Österreich 1438–1439, dann 1440 +Wladislaw III.+ von Polen gewählt, der bei +Varna+ 1444 gegen die Türken fällt, darauf Albrechts unmündiger Sohn +Ladislaus Postumus+ (vgl. S. 206). Der Reichsverweser +Johann Hunyadi+ besiegt die Türken bei Belgrad 1456; sein Sohn ~Matthias Corvinus~ wird zum König erwählt. Nach dessen glänzender Regierung (1458–1490) wird Ungarn unter +Wladislaw+, dem Sohn Kasimirs IV. von Polen, mit Böhmen vereinigt und dem Erzherzog Maximilian (S. 206) die Nachfolge zugesichert. Reich der ~Osmanischen Türken~, um 1300 durch +Osman I.+ in Kleinasien begründet. Sein Sohn +Urchan+ erobert 1330 +Nicäa+, bildet aus dem Knabenzins unterworfener christlicher Völker das Fußvolk der +Janitscharen+, unternimmt Landungen an der europäischen Küste. +Murad I.+ macht Adrianopel 1365 zu seiner Residenz, unterwirft Bulgarien (S. 194). [1389.] Sieg Murads über die +Serben+ auf dem Amselfelde bei +Kossova+; Serbien wird tributpflichtig (S. 172). [1396.] Sieg Bajazets I. bei +Nikopoli+ an der Donau über ein großes Kreuzheer ungarischer, deutscher und französischer Ritter unter Führung König Sigismunds. Seitdem Schrecken des türkischen Namens im christlichen Abendlande. Die weitere Entfaltung der osmanischen Macht wird vorübergehend gehemmt durch eine neue Erhebung der ~Mongolen~ in Asien unter +Timur Lenk+, welcher in gewaltigem Siegeszuge Persien (bei Ispahan 70000 Köpfe erschlagener Feinde zusammengeschichtet), das Indusland, Syrien, Kleinasien unterwirft. Bagdad zerstört. Hauptstadt seines Reiches +Samarkand+. [1402.] Schlacht bei +Angora+ in Kleinasien; Bajazet besiegt und gefangen. Nach Timurs Tode (1405) zerfällt sein Reich; die Osmanen stellen ihre Herrschaft in Kleinasien und der griechischen Halbinsel wieder her. Erste Belagerung von Konstantinopel 1422. Die Donaugrenze wird von den ~Ungarn~ heldenmütig verteidigt. Öftere Verhandlungen der oströmischen Kaiser mit den Päpsten über Herstellung der kirchlichen Einheit (S. 176); die Beschlüsse des (in Ferrara 1438 eröffneten) +Unionskonzils+ zu +Florenz+ 1439 werden in Konstantinopel von der Geistlichkeit und dem Volke nicht angenommen. Papst Eugen IV. läßt das Kreuz predigen gegen die Türken, aber die Schlacht bei Varna (s. oben) lähmt den Kriegseifer. Sultan Mohammed II. macht dem oströmischen Reiche ein Ende durch die [~1453.~] ~Eroberung Konstantinopels.~ [~29. Mai.~] Tapfere Verteidigung durch den letzten Kaiser +Konstantin XII.+ und den Genuesen +Giustiniani+. Griechische Gelehrte flüchten nach Italien (s. S. 211). +Athen+ wird 1456 von den Türken besetzt, die Halbinsel +Morea+ 1460 verwüstet. In +Albanien+ leistet Georg Castriota (Skanderbeg) tapferen Widerstand, † 1467. +Bosnien+ und die +Walachei+ werden 1462–1464 unterworfen, bald auch Albanien. Belgrad (S. 218) bleibt noch bis 1521 (s. unten) ungarische Grenzfeste. [1463–1479.] Seekrieg der +Venetianer+ gegen die Türken; sie behalten Kandia, Korfu und mehrere Plätze in Morea, verpflichten sich aber zur Tributzahlung, um ihren Handel zu behalten. [1480.] Rhodus von den +Johannitern+ rühmlich verteidigt. Sultan Bajazet II. überläßt 1489 den Venetianern die Insel +Cypern+ (Katharina Cornaro, Gemahlin des letzten Fürsten aus dem Hause Lusignan, s. S. 175), vertreibt sie aber 1500 aus Morea. Kriegszug nach der +Moldau+ 1497. Sultan Selim I. unterwirft 1515–1517 Mesopotamien, Syrien und Ägypten. Die Ausbreitung der Türkenherrschaft versperrt die alten Handelswege nach Indien. Die von den +Türken+ dem christlichen Europa drohende Gefahr steigert sich unter Sultan Soliman II., der 1521 +Belgrad+ erobert (vgl. S. 230). In ~Persien~ erst 1505 die Mongolenherrschaft beseitigt und eine einheimische Dynastie wieder eingesetzt. Begründung des neupersischen Reiches. 1582–1627 regiert der Schah Abbas der Große. Residenz Ispahan. In ~Indien~ begründet Baber, ein Nachkomme Timurs, 1525 das Reich des Großmogul; Hauptstadt Delhi. Blüte dieses Reiches unter Dschelaleddin Mohammed (Akbar) 1556–1605. In ~China~ unter der Ming-Dynastie (1368–1644) wird die bis 1911 noch geltende Regierungsform ausgebildet. Der Kaiser, »der Sohn des Himmels«, besitzt unumschränkte Gewalt über alle Untertanen, ist geistliches Oberhaupt, höchster Richter und Anführer im Kriege. Er genießt abgöttische Verehrung (Kotau). Strenges Zeremoniell. Gelbe Kleidung äußeres Zeichen seiner Würde. Der Nachfolger von ihm aus seinen Söhnen gewählt, falls diese fehlen, aus den nächsten Verwandten. Dem Kaiser stehen Minister zur Seite, auf deren Anregung und Verantwortung er die Gesetze erläßt. In Wirklichkeit jedoch ist die Regierung des Reiches der Mitte in eine Willkürherrschaft der Provinzvorstände (Vizekönige) ausgeartet. ~Japan~, wohin um die Mitte des 6. Jahrhunderts nach Chr. von China aus (über Korea) der Buddhismus und zugleich chinesische Civilisation gekommen, wird aus einem Geschlechterstaat in einen Beamtenstaat nach chinesischem Muster umgewandelt. Der +Mikado+ wird unumschränkter Herrscher des Reiches. Hauptstadt Kioto. Der Großkanzler (Daijo Daijin) und die Minister führen die Regierung des Landes, die Provinzen von Statthaltern verwaltet. Alle Beamten mit erblichem Landbesitz ausgestattet. Einzelne Familien sichern sich den erblichen Besitz der wichtigsten Ämter. So bildet sich ein Hausmeiertum aus. Der Mikado von den Ministern, die Provinzialstatthalter von den Großgrundbesitzern in den Provinzen, d. h. von den Ministern allmählich bei Seite geschoben. Militär- und Zivilgewalt getrennt. Der Oberfeldherr des aus den Hörigen der mächtigsten Geschlechter hervorgegangenen Soldatenstandes, der +Shogun+, bringt schließlich auch das Amt des Großkanzlers in seinen Besitz. Nach langen erbitterten Kämpfen fällt das Shogunat, d. h. der Inbegriff aller Regierungsgewalt, der Familie der Minamoto zu. Der Kaiser in Kioto in strenger Abhängigkeit gehalten, bleibt nur im Besitz gewisser Ehrenrechte. Residenz der Shogune in Kamakura. [1275.] Vergebliche Expedition des Mongolenfürsten Kublai-Chans zur Unterwerfung Japans. Eine zweite Flotte gleichfalls zurückgeschlagen, durch einen Taifun völlig vernichtet (S. 195). Gegen Ende des 15. Jahrhunderts werden die Militärgouverneure in den Provinzen (Shugo) nach Beseitigung der Statthalter unabhängige Territorialherren (Daimyo). Fussnoten: [37] so genannt nach den goldenen Siegelkapseln. [38] Streitig war das Kurrecht zwischen den beiden sächsischen und den beiden nach dem Tode Ludwigs des Strengen 1294 entstandenen wittelsbachischen Linien. Dasselbe ward nun Sachsen-+Wittenberg+ und +Pfalz+ zuerkannt, Sachsen-+Lauenburg+ und +Bayern+ aber abgesprochen (S. 189). [39] +De terra vero salica in mulierem nulla portio transit, sed hoc virilis sexus acquirit+ (bezieht sich eigentlich auf +Allodial+besitz und weder auf Lehen noch auf die Thronfolge). [40] Titel des Thronfolgers seit 1349, da der letzte Graf von +Vienne+ sein Gebiet (le Dauphiné) dem französischen Königshause übertrug. ~III. Neuere Geschichte.~ ~A. Von der Entdeckung Amerikas bis zum Westfälischen Frieden. (1492–1648.)~ § 1. Erfindungen, Entdeckungen u. Kolonien. Drei noch dem +Mittelalter+ angehörige ~Erfindungen~, die mit dem Beginn der neueren Zeit zu allgemeinerer Anwendung kommen, sind auf die Umgestaltung der Welt von großem Einfluß gewesen. 1. Der ~Kompaß~ (um 1310 durch +Flavio Gioja+ von Amalfi erfunden?), fördert Sicherheit der Schiffahrt und ermöglicht die Entdeckungsfahrten. 2. Das ~Schießpulver~, wahrscheinlich aus Asien (China, Indien, Arabien) nach Europa gekommen, nach einer unhaltbaren Überlieferung erfunden durch den Mönch +Berthold Schwarz+ zu Freiburg im Breisgau (1354?), jedenfalls um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Europa zuerst angewendet. Durch diese Erfindung eine allmähliche Umgestaltung des +Kriegswesens+ und der Untergang des +Rittertums+ herbeigeführt (S. 226). 3. Die ~Buchdruckerkunst~ (S. 206), allgemeiner verbreitet, seitdem sich nach der Eroberung von Mainz (1462 in der Pfälzer Fehde, s. S 206) die Gehilfen +Fusts+ in verschiedene Länder zerstreut hatten, das wichtigste Mittel zur Verbreitung geistiger Bildung, Förderung des Humanismus und der +Reformation+. [~1492.~] ~Entdeckung Amerikas~ durch ~Columbus~. ~Cristoforo Columbo~ (er selbst nannte und schrieb sich, seit er Spanier geworden, stets ~Cristobal Colon~), aus +Genua+, seit seiner frühesten Jugend Seefahrer, will einen westlichen Seeweg nach +Indien+ und namentlich nach der Wunderinsel +Zipangu+ (Japan) suchen, welche der Venetianer +Marco Polo+ (Reisen von 1271–1295, S. 206) in dem Buche +Mirabilia mundi+ beschrieben hatte. Vom Könige von Portugal abgewiesen, tritt Colon 1486 in den Dienst der Königin Isabella von +Kastilien+ (S. 214). Erst nach der Einnahme Granādas werden notdürftige Mittel für das große Unternehmen beschafft. Vertrag mit +Colon+, dem der Adel, die erbliche Würde eines Admirals und Vizekönigs und ⅒ der Einkünfte der neuen Länder zugestanden werden. Er unternimmt 4 Reisen. ~Erste Reise~ 1492. Abfahrt von Palos mit 3 kleinen Schiffen am 3. Aug. 1492, von den Kanarischen Inseln am 6. September. Am 12. Oktober Landung auf +Guanahani+ (San Salvador), einer von den Bahama-Inseln. Entdeckung von +Cuba+ und +Haïti+; erste Kolonie Española auf Haïti gegründet. ~Zweite Reise~ 1493–1496 von Cadiz aus. Entdeckung der Kleinen +Antillen+ und der Insel +Jamaika+; Niederwerfung des Aufstandes in Española. ~Dritte Reise~ 1498–1500. +Trinidad+ und das Festland von Südamerika[41] (die Mündung des +Orinoko+) entdeckt; dann Fahrt nach Española. Colon, als Ausländer, auch durch Härte und nicht abzuleugnende Habsucht verhaßt, wird bei Hofe angeklagt. +Bobadilla+, mit Vollmacht als Oberrichter nach der Kolonie gesendet, schickt ihn in Ketten nach Spanien. Dort wird Colon sofort in Freiheit gesetzt und mit Auszeichnung behandelt, behält auch die +Admirals+würde, wird aber als +Statthalter+ durch +Ovando+ ersetzt. ~Vierte Reise~ 1502–1504. Küste von Honduras entdeckt, Schiffbruch, trauriger Aufenthalt bei den Wilden auf Jamaika, endlich Rückkehr von Haïti aus. Columbus stirbt in Valladolid 1506, ohne zu wissen, daß er einen +neuen Erdteil+ entdeckt hat; er hielt jene Länder für Teile Asiens (Indien). Sein Sohn +Diego Colon+, 1509 Admiral und Vizekönig von Española († 1526). Die Admiralswürde vererbt sich auf seinen Enkel und Urenkel. Der gelehrte Florentiner ~Amerigo Vespucci~ gibt nach mehreren Fahrten mit den Portugiesen nach Südamerika (die Küste von Venezuela durch den Spanier +Hojeda+ entdeckt) Karten und Beschreibungen der neu entdeckten Länder heraus. +Nach+ ihm, nicht durch ihn erhält der neue Erdteil den Namen ~Amerika~. [~1498.~] ~Seeweg nach Ostindien~ von ~Vasco da Gama~ entdeckt. Die Portugiesen behalten die schon seit längerer Zeit von ihnen verfolgte Richtung der Entdeckungsfahrten (S. 215) bei; +Vasco da Gama+ landet um Weihnachten 1497 an der +Costa Natal+, dann in +Melinde+; von da gelangt er unter Führung eines arabischen Lotsen nach +Calicut+ an der Küste +Malabar+. [~1500.~] ~Brasilien~ entdeckt von ~Cabral~, dessen Schiffe bei der zweiten Fahrt nach Indien in die westliche Meeresströmung geraten; er landet dann in Calicut und Cotschin. [1505–1515.] Begründung portugiesischer Kolonien in Asien durch die Vizekönige +Almeida+ und +Albuquerque+. Hauptort +Goa+, andere Ansiedlungen in Diu, Malakka, Ceylon, Macao (der Dichter +Camoëns+ 1555). [1513.] Der Spanier +Balboa+ dringt vom Meerbusen von +Darien+ aus zum +Stillen Ozean+ vor. [1515.] Der Spanier +Diaz de Solis+ erreicht die +La Plata+-Mündung. [~1519–1522.~] ~Erste Erdumsegelung~ unter ~Ferdinand Magalhães~ (spr. Magaliängs), einem in spanische Dienste getretenen Portugiesen. Durchfahrt nach dem Stillen Ozean durch die +Magalhães+straße. Er selbst wird 1521 auf einer der Philippineninseln erschlagen (S. 215). [1519–1521.] Eroberung von ~Mexiko~ durch ~Hernan Cortez~. Dieser segelt mit 600 spanischen Soldaten von Cuba nach dem Hafenort Veracruz, wo er seine Schiffe versenkt. Dann marschiert er mit den Tlaskalanern verbündet auf +Mexiko+, die Residenz des Königs der Azteken, +Montezuma+, der ihn in die Stadt einläßt. Er nimmt den König in seinem Palast gefangen. Infolgedessen Aufstand der Mexikaner, Tod Montezumas. Die Spanier verlassen die Stadt, nächtlicher Kampf auf einem der Dämme des Sees, furchtbare Verluste (+Noche triste+). Sieg der Spanier. Von Tlaskala, wohin er sich zurückgezogen, kehrt Cortez bald mit Verstärkungen vor die Hauptstadt zurück. Einnahme von Mexiko nach hartnäckigem Belagerungskampf 1521. Der König +Guatmotzin+ hingerichtet. Cortez anfangs unumschränkter Statthalter von +»Neuspanien«+, dann auf die militärische Oberleitung beschränkt, entdeckt +Kalifornien+ 1535, stirbt in Spanien 1547. [1532.] Eroberung von ~Peru~ durch ~Pizarro~. Die »Conquistadoren« (Eroberer) finden in dem silberreichen Peru, wie in Mexiko, eine schon lange bestehende einheimische Kultur vor. Adelsherrschaft bei den +Inkas+, die sich »Söhne der Sonne« nannten. Sonnentempel in der Hauptstadt +Cuzko+, reich mit Gold geschmückt. Pizarro nimmt den König +Atahualpa+ vor seinem Heere gefangen und läßt ihn, nachdem er ein ungeheueres Lösegeld von ihm erpreßt hat, hinrichten. Gründung von +Lima+ 1535, Fehden zwischen den spanischen Anführern. Pizarros Nebenbuhler +Almagro+, aus +Chile+ zurückgekehrt, wird 1538 von ihm besiegt und hingerichtet, er selbst von dessen Freunden 1541 in einem Aufstande erschlagen. Die Krone übernimmt die Verwaltung des Landes 1548. Drei spanische Vizekönigreiche: +Mexiko+, +Peru+, +Neu-Granada+, später ein viertes für das +La Plata+-Gebiet; für die westindischen Inseln das Generalkapitanat +Cuba+. ~China~ und ~Japan~ werden den Portugiesen im 16. Jahrh. gleichfalls geöffnet (+Ningpo+, +Macao+), später auch den Spaniern und Niederländern (+Formosa+). Der Handelsverkehr mit Europa von den +Daimyo+ in Japan (S. 220) sehr begünstigt. Das +Christentum+ (schon Papst Clemens V. hatte 1307 ein Erzbistum in Peking und 1313 ein Bistum in Zeitun eingerichtet) (S. 195), findet in China (Jesuiten Franz Xaver, Ruggieri) und ebenso in Japan schnell Verbreitung. ~Folgen der Entdeckungen.~ 1. Die Ausbreitung des Christentums und der europäischen Kultur über die ganze Erde ist ermöglicht. 2. Aufschwung von Handel und Gewerbe durch die Verwertung der überseeischen Erzeugnisse, Sinken des Geldwertes durch die Ausbeutung der Gold- und Silberbergwerke in Südamerika. 3. Bereicherung der Wissenschaften, besonders der Geographie und Naturkunde. 4. Im europäischen Staatensystem kommen die +Seemächte+ durch den Besitz von +Kolonien+ zu besonderer Geltung. Spanien und Portugal treten jedoch am Ende des 16. Jahrh. zurück gegen die Niederlande und England. 5. Auswanderung aus den übervölkerten Teilen Europas nach Amerika. § 2. Die Reformation in Deutschland. [~1493–1519.~] ~Maximilian I.~ zieht nicht mehr zur Krönung nach Rom, nennt sich +»erwählter römischer Kaiser«+. [1495.] Reform der Reichsverfassung durch die Beschlüsse des Reichstags zu +Worms+: ~Ewiger Landfriede~, Reichssteuer (gelangt nicht zu bleibender Einführung), ~Reichskammergericht~ (erst in +Frankfurt+, dann in +Speier+, seit 1693 in +Wetzlar+). Besserung der Rechtsprechung durch Annahme des +römischen Rechts+ (S. 147), welches seit Friedrich I. (S. 183) noch immer als kaiserliches Recht galt. Auf den +Reichstagen+ werden, nachdem die Berufung der Reichsstädte (seit 1487) üblich geworden ist, die kaiserlichen Vorschläge in 3 +Kollegien+ beraten: Kurfürsten, Fürsten (geistliche und weltliche), Reichsstädte. Der Kaiser verkündet die Beschlüsse im +Reichsabschied+. [1512.] Reichstag zu +Köln+, Einteilung des deutschen Reiches in 10 ~Landfriedenskreise~: 1. der +österreichische+, 2. +bayrische+, 3. +schwäbische+, 4. +fränkische+ (Maingebiet, Burggrafschaft Nürnberg), 5. +oberrheinische+ (Lothringen, Hessen u. a.), 6. +kurrheinische+ (Mainz, Trier, Köln, Pfalz), 7. +burgundische+ (Niederlande), 8. +westfälische+, 9. +niedersächsische+ (Braunschweig, Lüneburg, Lauenburg, Holstein, Mecklenburg u. a.), 10. +obersächsische+ (Sachsen, Brandenburg, Pommern u. a.). +Böhmen+ (mit seinen Nebenländern Mähren, Schlesien, Lausitz) und die +Schweiz+ bleiben außerhalb der Kreisverfassung; das Ordensland +Preußen+ steht unter +polnischer+ Oberhoheit (S. 217). Wenig erfolgreiche Teilnahme Maximilians an den +italienischen+ Kriegen (S. 285, 239); +Mailand+ kommt an Frankreich, die +Schweiz+ wird tatsächlich unabhängig vom deutschen Reiche, da den Eidgenossen (seit 1501 dreizehn Orte, außerdem die »zugewandten Orte«) Freiheit von Reichssteuern und vom Reichskammergericht zugestanden wird (S. 260). ~Bildung der habsburgischen Hausmacht.~ Durch Verträge und Heiraten gewinnt Maximilian seinem Hause die Herrschaft über +Spanien+ mit seinen Nebenländern, sowie über +Böhmen+ und +Ungarn+. ~Maximilian I.~, ~Maria~ ~Ferdinand~, ~Isabella~, Kaiser, v. Burgund, K. v. Aragon, K. v. Kastilien, †1519. †1482. †1516. †1504 |__________________| |__________________| | | ~Philipp der Schöne~, ~Johanna die Wahnsinnige~, Erzhz. v. Österr., †1506. K. v. Aragon u. Kast., †1555. |_____________________________________________| | ~Karl V.~ (I.), †1558, ~Ferdinand I.~, †1564, Gem. Isabella v. Portugal Gem. Anna von Ungarn. | | ~Philipp II.~, K. v. Spanien. ~Maximilian II.~, Kaiser, †1598. †1576. Maximilians Sohn, Erzherzog +Philipp+, heiratet +Johanna+, die Erbin der spanischen Monarchie (Aragon, Kastilien, Neapel [s. S. 235] und die amerikanischen Kolonien), nimmt 1504 den Titel König von Kastilien an, stirbt aber, ehe sein Anspruch mit dem Recht König Ferdinands auf die Regentschaft über Kastilien ausgeglichen ist (S. 241). Philipps ältester Sohn +Karl+, 1516 König des vereinigten ~Spaniens~, erbt 1519 von Maximilian die ~habsburgischen Erblande~ (Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain, Vorderösterreich am Oberrhein, Tirol) und die ~Niederlande~, überträgt die ersteren 1521 bezw. 1522 an seinen Bruder +Ferdinand+. Dieser heiratet +Anna+, Schwester Ludwigs II., des letzten Königs von +Böhmen+ und +Ungarn+ (dessen Gemahlin +Maria+ ist Ferdinands Schwester) und erwirbt 1526 die Herrschaft über ~Böhmen~ und ~Ungarn~ (S. 207, 230). Die ~Umbildung des Rechts~ unter dem beherrschenden Einfluß des römischen (S. 224) bewirkt in Deutschland allmählich eine Stärkung der fürstlichen Gewalt. Das römische Recht, das der jetzt allgemein durchgeführten Geld Wirtschaft mehr entspricht als das der früheren Naturalwirtschaft angepaßte deutsche Recht, mißt den Landesherren unumschränkte Gewalt zu (S. 183), schließt das Volk und den Adel von der Teilnahme an der Rechtsprechung und Verwaltung aus und überträgt diese den römisch gebildeten Juristen. So bildet sich im Laufe der Zeit überall ~der fürstliche Absolutismus~ aus, wie ihn in Italien Friedrich II. begründete (S. 187). In Deutschland werden die Fürsten nach und nach absolute Territorialherren, deren Selbständigkeit die Kaiser nicht zu bezwingen vermögen. Unter dem Einfluß des römischen Rechts wird auch die Erstgeburtserbfolge und die Aufhebung der Landesteilungen allmählich durchgeführt, z. B. für Brandenburg in der Constitutio Achillea von 1473, für Bayern 1506 usw. An die Stelle des alten ritterlichen Lehnsaufgebots tritt das ~Söldnerheer~ (+Landsknechte+), das weniger durch den Fahneneid als durch die Soldzahlung an die Fürsten gekettet (vgl. S. 229), die sicherste Stütze des Absolutismus wird. Der Unterhalt dieser stehenden Heere durch Steuern aufgebracht, deren Bewilligung den Landständen (Vertretung der Geistlichkeit, der Vasallen und Städte) vorbehalten bleibt. Das ~Rittertum~ verliert den militärischen Vorrang seit der Einführung der Feuerwaffen an die Landsknechte und die bürgerliche Artillerie. Die Burgen gewähren keinen sicheren Schutz mehr. Infolge der veralteten Art der Bewirtschaftung (Dreifelderwirtschaft) ist der Ackerbau unrentabel geworden, zumal im Verhältnis zu den städtischen Erwerbszweigen. Hierdurch und durch die fortgesetzten Erbteilungen der Adelsgüter verschlechtert sich auch die materielle Lage der Ritter. Daher Erhöhung der Leistungen und Abgaben der ~Bauern~, die infolge der Bevölkerungszunahme auch vielfach die Hufen teilen müssen, da sie von jedem gewerblichen Betrieb der Bürger ausgeschlossen sind. In den ~Städten~ blühen Handel und Gewerbe. Ansammlung großer Kapitalien in den Händen der patrizischen Geschlechter, z. B. der +Welser+ und +Fugger+ in Augsburg (S. 234). Blüte der Kunst und Literatur. Pflege des Meistergesanges (+Hans Sachs+ in Nürnberg). In den Städten geordnete Verwaltung, Sorge für Unterricht, Arme und Kranke, während der fürstliche Staat für die Volkswohlfahrt wenig leistet, weil es ihm an Beamten fehlt. ~Aufblühen der Wissenschaften und Künste in Deutschland~, angeregt durch den von Italien aus sich verbreitenden +Humanismus+ (S. 211). Deutsche Humanisten: +Johann v. Dalberg+, 1483 Kanzler der Universität Heidelberg und Bischof von Worms, +Konrad Celtis+, 1497 Prof. in Wien, +Wilibald Pirkheimer+, Ratsherr in Nürnberg, +Konrad Peutinger+ in Augsburg, +Johann Reuchlin+, Prof. in Tübingen, 1482 mit Graf Eberhard in Italien, 1502 Richter des schwäbischen Bundes (S. 206), gerät 1510 mit den Dominikanern von Köln in Streit über die Religionsbücher der Juden: viele Humanisten nehmen an dem Streit teil, namentlich der Ritter +Ulrich von Hutten+, als Mitverfasser der +Epistolae obscurorum virorum+ 1516. +Erasmus von Rotterdam+, bekannt durch seine satirische Schrift +Laus stultitiae+, gibt 1516 das griechische Neue Testament heraus. Nikolaus +Kopernikus+ (geb. zu Thorn 1473, Domherr zu Frauenburg am Frischen Haff, † 1543), angeregt durch die Schriften des Astronomen +Johannes Müller+ von Königsberg in Franken (+Regiomontanus+, 1471 in Nürnberg, † 1476), begründet die richtige Lehre vom Sonnensystem, Seine Nachfolger Joh. +Kepler+ aus Württemberg († 1630) und +Galilei+ aus Pisa († 1642). Blüte der bildenden Künste namentlich in +Nürnberg+: der Holzschnitzer +Veit Stoß+ († 1533), der Bildhauer +Adam Kraft+ († 1507), der Erzgießer +Peter Vischer+ († 1529), der Maler +Albrecht Dürer+ (geb. 1471, † 1528); in Augsburg die Maler +Hans Holbein,+ Vater und Sohn, † 1524 im Elsaß, bezw. 1543 in London. Auch die ~Baukunst~ strebte die Wiedergeburt der griechisch-römischen Bauweise im Anschluß an die erhaltenen Baudenkmäler an (~Renaissancestil~) (S. 211). In Deutschland vermischte sich der antike Stil vielfach mit nationalen, der Gotik entlehnten Elementen, z.B. Türmchen und Erkern. (+Heidelberger Schloß+.) [~1517.~] Beginn der ~Reformation~ durch ~Luther.~ ~Martin Luther,~ geb. 10. Nov. 1483 in Eisleben, Sohn eines Bergmanns, studiert seit 1501 in +Erfurt+, geht 1505 ins Augustinerkloster daselbst, wird 1508 Professor an der Universität +Wittenberg+, 1511 in Angelegenheiten seines Ordens nach Rom geschickt. Da der Dominikaner +Johann Tetzel+ im Auftrage des Erzbischofs Albrecht von Mainz Ablaß verkaufend umherzieht, schlägt Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Sätze (Thesen) gegen den Mißbrauch des Ablasses an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg. [1518.] In der +Schweiz+ Beginn der Reformation durch Ulrich ~Zwingli~ in Zürich, veranlaßt durch den Ablaßkrämer Bernardin +Samson+. +Luther+, vor den Kardinal Thomas de Vio aus Gaëta (+Cajetanus+) nach Augsburg gefordert, weigert sich zu widerrufen, appelliert an den Papst.[42] Vermittelung durch den päpstlichen Kämmerer +v. Miltitz+ (Gespräch zu +Altenburg+). Luther geschützt von Kurfürst +Friedrich dem Weisen+ von Sachsen (+Ernestinische+ Linie des Hauses Wettin), während Herzog Georg (+Albertinische+ Linie) ihm abgeneigt bleibt.[43] Philipp +Melanchthon+ (Schwarzerd), ein Verwandter Reuchlins, geb. 1497 zu Bretten in Baden, seit 1518 als Professor in Wittenberg, Luthers Mitarbeiter († 1560). [1519.] +Disputation zu Leipzig+; Joh. +Eck+, Prof. zu Ingolstadt, gegen +Karlstadt+ (Andreas Bodenstein aus Karlstadt) und +Luther+. Letzterer bekennt, daß Papst und Konzilien nicht unfehlbar seien, und daß sich in Hussens Lehre viel Wahres finde. Das war der Bruch mit Rom. Eck reist darauf nach Rom und erwirkt eine päpstliche Verdammungsbulle gegen 41 Artikel aus Luthers Schriften. [1520.] Luther veröffentlicht 3 reformatorische Schriften: 1. An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung, 2. Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche, 3. Von der Freiheit eines Christenmenschen, verbrennt die päpstlichen Dekretalen und die Bannbulle vor dem Elstertore zu Wittenberg. [~1519–1556.~] ~Karl V.~, Enkel Maximilians, abwesend gewählt von den in Frankfurt versammelten Kurfürsten, 1520 in Aachen gekrönt. +Friedrich der Weise+ hatte die Kaiserkrone wegen hohen Alters abgelehnt. [~1521.~ 18. April] ~Reichstag zu Worms.~ Luther verteidigt seine Lehre vor dem Kaiser, der ihm das freie Geleit hält. Doch wird er in die Reichsacht erklärt und auf Befehl +Friedrichs des Weisen+ aus Vorsicht auf die +Wartburg+ gebracht. Das +Wormser Edikt+ verbietet alle Neuerungen. -- Luther beginnt die ~Bibelübersetzung~ (vollendet 1534). Er kehrt auf die Nachricht von +Karlstadts+ Unordnungen nach Wittenberg zurück (Frühjahr 1522) und predigt gegen die +Bilderstürmer+, richtet dann den Gottesdienst mit deutscher Predigt und Abendmahl unter beiderlei Gestalt in Kursachsen ein. Die Ausbreitung der Reformation in Deutschland wird dadurch gefördert, daß Karl V. bald nach Spanien zurückkehrt und dann durch Kriege mit Franz I. von Frankreich in Anspruch genommen ist. [1522–1523.] Reichstag zu Nürnberg. Die Durchführung des Wormser Edikts für unmöglich erklärt. Die Berufung eines Konzils verlangt. [~1522–1523.~] ~Ritterkrieg~ im Rheinlande. +Franz von Sickingen+ an der Spitze eines Ritterbundes gegen die geistlichen Fürstentümer, belagert vergeblich +Trier+, wird in seiner Burg +Landstuhl+ (bei Kaiserslautern) eingeschlossen und fällt. Sein Freund +Ulrich von Hutten+ stirbt als Flüchtling auf der Insel Ufnau im Zürchersee. [~1524–1525.~] ~Bauernkrieg~ in Schwaben und Franken, begleitet von furchtbaren Greueln. Die 12 +Artikel+ der Bauern fordern Wahl der Pfarrer durch die Gemeinde, Beschränkung der Abgabe des Zehnten auf den Kornzehnt, Aufhebung der Leibeigenschaft, Freiheit der Jagd und des Fischfanges u. a. Luther ermahnt anfangs zum Frieden, schreibt dann heftig »wider die mördischen und raubischen Bauern«. Die Aufständischen werden geschlagen (namentlich bei Königshofen a. d. Tauber) und blutig bestraft. -- Die +Wiedertäufer+ in Thüringen mit den Bauern verbündet; sie werden bei Frankenhausen geschlagen, ihr Führer +Thomas Münzer+ mit 25 anderen Anführern in Mühlhausen in Thüringen hingerichtet. [1525.] Kurfürst Friedrich der Weise †. Ihm folgt sein Bruder Johann der Beständige (1525–1532). Reformation in +Preußen+. Hochmeister +Albrecht von Brandenburg+ wird +Herzog+ in Preußen unter polnischer Lehnshoheit. Luthers Vermählung mit Katharina von Bora. Kirchenvisitation in Sachsen, Sorge für die Schulen, Katechismus 1529. [~1521–1526.~] ~Erster Krieg~ Karls V. gegen Franz I. von Frankreich. Karl erhebt Ansprüche auf +Mailand+ und das +Herzogtum+ Burgund (S. 206), Franz auf das spanische Navarra und auf Neapel (S. 235). Die Franzosen werden aus Mailand vertrieben, welches +Franz Sforza+ (S. 210) 1522 erhält. Der französische +Connétable Karl von Bourbon+ geht zu Karl V. über. Mißglückter Einfall der Franzosen in Italien (1523–1524, auf dem Rückzuge fällt +Bayard+, S. 235), darauf Einfall der Kaiserlichen in das südliche Frankreich. Franz I. geht über den Mont Cenis, nimmt Mailand wieder. [1525.] ~Schlacht bei Pavīa~, Sieg der Spanier unter +Pescara+ und der deutschen Landsknechte unter +Georg von Frundsberg+; Franz I. gefangen. [1526.] Friede zu ~Madrid~. Franz entsagt allen Ansprüchen auf Mailand und Neapel, sowie der Lehnshoheit über Flandern und Artois, willigt in die Herausgabe des Herzogtums Burgund, stellt seine Söhne als Geiseln. Gleichzeitig zeichnet er einen feierlichen Protest gegen den Frieden auf, läßt sich dann vom Papst von seinem Eide lösen und erklärt die in Madrid beschworenen Bedingungen als erzwungen für nichtig. Papst Clemens schließt (Mai 1526) mit Frankreich, Venedig, Florenz und Mailand die +Heilige Liga+ von +Cognac+ gegen Karl V. [~1526.~] ~Erster Reichstag zu Speier.~ Die Evangelischen, an der Spitze Kurfürst Johann der Beständige von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen, erwirken einen der Ausbreitung der neuen Lehre günstigen Reichsabschied. [~1527–1529.~] ~Zweiter Krieg~ zwischen Karl V. und Franz I. Das kaiserliche (nicht bezahlte und aufrührerische) Heer unter dem Connétable von Bourbon nimmt Rom mit Sturm, Bourbon fällt, der Papst wird in der Engelsburg belagert (1527), doch erfolgt bald die Aussöhnung mit dem Hofe zu Madrid. Vergeblicher Einfall der Franzosen in Neapel. [1529.] Damenfriede zu ~Cambrai~. +Margarete von+ Österreich, Tante Karls, und +Luise von Savoyen+, Mutter des Königs von Frankreich. Letzterer zahlt 2 Millionen Kronen und entsagt den Ansprüchen auf Italien. Karl verspricht seine Ansprüche auf Burgund +für jetzt+ nicht geltend zu machen und entläßt die französischen Prinzen. [1529.] ~Zweiter Reichstag zu Speier~, wo Ferdinand (S. 225) und die katholische Partei infolge der siegreichen Machtstellung des Kaisers energischer auftreten. Der Reichstagsbeschluß von 1526 wird aufgehoben. Strenge Durchführung des +Wormser Edikts+ in den evangelischen Territorien beschlossen. Hiergegen protestieren die evangelischen Stände (daher Protestanten genannt). Darauf +Religionsgespräch zu Marburg+ zwischen Luther und Zwingli. Einigung über 14 Artikel, doch nicht über die Lehre vom Abendmahl. [~1526–1532.~] ~Krieg mit den Türken.~ Sultan +Soliman II.+, welcher 1522 die Johanniter (S. 219) aus Rhodus vertrieben hat, fällt in Ungarn ein; König Ludwig II. von Ungarn und Böhmen † in der +Schlacht bei Mohacz+ (1526). Eine Partei des ungarischen Adels wählt +Ferdinand+, Karls Bruder, die andere +Johann Zapolya+ von Siebenbürgen, zu dessen Schutze Soliman abermals erscheint, jedoch +Wien+ vergeblich belagert (1529). [1530.] Karl V. in +Bologna+ gekrönt; letzte Krönung eines deutschen Kaisers durch den Papst. Glänzender ~Reichstag zu Augsburg~ unter persönlichem Vorsitz des Kaisers. Überreichung der von +Melanchthon+ verfaßten ~Augsburgischen Konfession~ (Confessio Augustana). Der Reichsabschied gebietet die Aufhebung aller Neuerungen. Deshalb [Dez.] ~Schmalkaldischer Bund~ der meisten protestantischen Fürsten und Reichsstädte. [1531.] Treffen bei +Kappel+; die Züricher von den katholischen Waldkantonen geschlagen, Zwingli †, doch behauptet sich seine Lehre. Karl V. läßt seinen Bruder +Ferdinand+ in Köln zum römischen König wählen und in Aachen krönen. Der Kurfürst von Sachsen protestiert im Namen der Evangelischen dagegen. Infolge der von neuem drohenden Türkengefahr kommt zustande der [~1532.~] ~Religionsfriede zu Nürnberg.~ Den Protestanten wird bis zu einem allgemeinen Konzil freie Religionsübung zugestanden. Soliman II. fällt verheerend in Ungarn ein. Heldenmütige Verteidigung von +Güns+. Ein großes Reichsheer sammelt sich bei Wien, Soliman geht zurück. Karl V. reist wieder nach Spanien. [1534–1535.] Unruhen der ~Wiedertäufer~ in ~Münster~ (Jan Matthys aus Harlem, dann +Johann Bockelson+ aus Leyden, »König von Zion«). [1534.] Landgraf Philipp von Hessen führt den 1519 vom schwäbischen Bunde vertriebenen (lutherischen) Herzog Ulrich von ~Württemberg~ in sein Herzogtum zurück, mit welchem der Kaiser seinen Bruder +Ferdinand+ belehnt hatte. Dieser verzichtet im Frieden zu Kadan auf den ferneren Besitz Württembergs, wird dafür von den Evangelischen als römischer König anerkannt. Landgraf Philipp leistet darauf dem Bischof von +Münster+ Hilfe zur Unterwerfung der Stadt; Johann von Leyden nebst anderen Anführern grausam hingerichtet. Württemberg, Pommern, Anhalt und mehrere Reichsstädte treten dem Schmalkaldischen Bunde bei (1536). [1535.] Karls V. Zug gegen +Tunis+ (Seeräuber +Chaireddin Barbarossa+). Tunis erobert und alle Christensklaven befreit. [~1536–1538.~] ~Dritter Krieg~ zwischen Karl V. und Franz I., letzterer erneuert seine Ansprüche auf +Mailand+ nach dem Tode des Herzogs Franz Sforza. Er verbündet sich mit +Soliman II.+, der Ungarn bedrängt und durch seine Flotte die Küste Italiens plündern läßt. [1538.] +Waffenstillstand zu Nizza+ auf Grund des Besitzstandes. Darauf reist Karl V., um einen Aufruhr in seiner Geburtsstadt +Gent+ zu bekämpfen, durch Frankreich, wo er von Franz I. ausgezeichnet empfangen wird. Einführung der Reformation im +Herzogtum+ Sachsen (Herzog Georg † 1539), im Kurfürstentum Brandenburg (1539), im Herzogtum Mecklenburg (1540). [1540.] Der ~Jesuiten-~Orden, von dem Spanier +Ignatius von Loyōla+ 1534 gestiftet zur Ausbreitung der katholischen Lehre, wird von Papst Paul III. bestätigt. [~1541.~] ~Reformation in Genf~ durch ~Johann Calvin.~ Jean +Cauvin+ aus Noyon in der Picardie, geb. 1509, tritt 1532 in Paris als Reformator auf, findet Schutz bei Margarete von Navarra, Schwester Franz’ I. (S. 236). Aus Frankreich 1534 vertrieben, lebt Calvin abwechselnd in Basel, Genf, Straßburg, von 1541 bis zu seinem Tode 1564 in +Genf+. Die Anhänger Zwinglis schließen sich ihm allmählich an. Calvinische +Kirchenverfassung+: Die Gemeinde von den erwählten Geistlichen und +Ältesten+ (Presbyterium) regiert, mehrere Gemeinden durch die +Synode+; strenge Kirchenzucht. Der Arzt Servet 1553 als Irrlehrer (De trinitatis erroribus) verbrannt. [1541.] Verlängerung des Religionsfriedens auf dem Reichstag zu +Regensburg+ in Gegenwart Karls V. Soliman II. setzt in +Ofen+ einen türkischen Pascha ein. Karls V. unglücklicher Zug nach +Algier+. [1542.] Vertreibung des Herzogs +Heinrich+ von Braunschweig-Wolfenbüttel durch den Schmalkaldischen Bund. [~1542–1544.~] ~Vierter Krieg~ Karls V. gegen Franz I., der wiederum mit Soliman II. verbündet ist. Der Kaiser unterwirft den Herzog von +Cleve+, der sich an Frankreich angeschlossen hat, und dringt bis +Soissons+ vor. [1544.] Friede zu ~Crespy~ (spr. +Crépi+): Der Herzog von Orléans, zweiter Sohn des französischen Königs, soll eine kaiserliche Prinzessin heiraten und Mailand erhalten. Da er aber schon 1545 stirbt, so bleibt +Mailand+ dem Kaiser, der es seinem Sohne +Philipp+ zu Lehen gibt. [1545.] +Hermann von Wied+, Erzbischof von +Köln+, welcher +Melanchthon+ zu sich berufen hatte, um in seinem Erzstift die Reformation einzuführen, wird vom Kaiser verwarnt und sucht Hilfe beim Schmalkaldischen Bunde. [~1545–1563.~] ~Kirchenversammlung zu Trient~ (Tridentum) in Tirol, von den Protestanten nicht beschickt, vom Papste zweimal vertagt. Kirchliche Reformen, zugleich genauere Feststellung der katholischen Lehre. [1546.] 18. Febr. Tod Luthers in Eisleben. [~1546–1547.~] ~Schmalkaldischer Krieg.~ Karl V. will die reichsständische Selbständigkeit in Deutschland brechen und zugleich im Bunde mit dem Papste, der ihm Geld und Truppen sendet, die kirchliche Einheit wiederherstellen. Die Häupter des Schmalkaldischen Bundes, +Johann Friedrich+, Kurfürst von Sachsen, und Landgraf +Philipp+ von Hessen werden in die Acht erklärt. Herzog +Moritz+ von Sachsen, Philipps Schwiegersohn, schließt sich der Sache des Kaisers an. [1546.] Unentschlossene Kriegführung der Verbündeten an der +Donau+. Johann Friedrich wird durch einen Einfall des Herzogs Moritz in sein Land zur Rückkehr veranlaßt. Die süddeutschen Protestanten (Ulm, Augsburg, Straßburg, Herzog Ulrich von Württemberg u. a.) unterwerfen sich, Hermann von Wied wird aus Köln vertrieben. Karl V. zieht mit seinem aus Spaniern (Herzog +Alba+) und Italienern gebildeten Heere nach Sachsen, geht über die Elbe, schlägt in der [~1547.~ 24. April.] ~Schlacht bei Mühlberg~ (auf der Lochauer Heide, bei Torgau) den Kurfürsten von Sachsen, nimmt ihn gefangen und zieht als Sieger in +Wittenberg+ ein. Vergleich unter Vermittelung Joachims II. von Brandenburg. Die Kurwürde und die Kurländer kommen an die +Albertinische+ Linie des Hauses Wettin (Herzog Moritz); die Ernestinische Linie behält nur die thüringischen Gebiete (+Weimar+, +Jena+, +Eisenach+, +Gotha+ u. a., S. 227). +Philipp von Hessen+ unterwirft sich in +Halle+ und wird, obgleich sich Moritz und Joachim II. für seine Freiheit verbürgt hatten, gefangen gehalten. [1548.] Auf dem +Reichstag+ zu +Augsburg+ dekretiert der Kaiser, da das Tridentiner Konzil vom Papste nach Bologna verlegt ist, das ~Interim,~ welches den Protestanten aufgezwungen werden soll. Einstweilen wird ihnen die Priesterehe und das Abendmahl unter beiderlei Gestalt zugestanden. Sonst soll Lehre und Kirchenverfassung im wesentlichen katholisch bleiben. Die Stadt +Magdeburg+, als Mittelpunkt des Widerstandes in die Reichsacht erklärt, wird vom Kurfürsten ~Moritz von Sachsen~ 1550–51 belagert, unterwirft sich ihm, ohne Glaubenszwang zu erleiden. Moritz, erbittert über die Behandlung seines Schwiegervaters und besorgt für seine Stellung und die »Libertät« aller deutschen Fürsten, rüstet heimlich gegen den Kaiser und nötigt ihn, nach Abschluß eines Bündnisses mit +Heinrich II.+ von Frankreich, zur [~1552.~] Flucht aus +Innsbruck+. Das in +Trient+ wieder versammelte Konzil vertagt sich und tritt erst 1562 wieder zusammen. In Passau tritt ein Fürstentag zusammen. König +Ferdinand+ vermittelt den ~Passauer Vertrag~: Das Interim abgeschafft. Freilassung Philipps von Hessen, der Religionsfriede soll auf dem nächsten +Reichstage+ festgestellt werden. Auch Kurfürst Johann Friedrich wird freigelassen. [1552.] ~Karl V.~ zieht mit Heeresmacht gegen ~Heinrich II.~ von Frankreich, welcher als Moritz’ Verbündeter die ~lothringischen Bistümer~ +Metz+, +Toul+ und +Verdun+ besetzt hat. Vergebliche Belagerung von +Metz+, welches Franz von Guise mit Erfolg verteidigt. Frankreich bleibt im Besitz der drei Bistümer, während das +Herzogtum+ Lothringen nach wie vor beim deutschen Reiche bleibt. [1553.] Moritz siegt bei +Sievershausen+ (unweit Hannover) über seinen bisherigen Verbündeten +Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach+ (der den Passauer Vertrag nicht anerkennen will), wird aber tödlich verwundet. Karl V. zieht sich verstimmt nach den Niederlanden zurück, überläßt die Herstellung des Friedens in Deutschland seinem Bruder Ferdinand. [~1555.~] ~Augsburger Religionsfriede~. Die +Landesherren+ und +freien Städte+, welche sich zur +Augsburgischen Konfession+ bekennen, erhalten Religionsfreiheit und das Recht, in ihren Gebieten die Konfession ihrer Untertanen zu bestimmen: cuius regio, eius religio. Den andersgläubigen Untertanen soll das Recht auszuwandern gewahrt bleiben. Zu Gunsten der katholischen Kirche ~geistlicher Vorbehalt~ (+Reservatum ecclesiasticum+), daß geistliche Reichsstände, welche protestantisch werden, Amt, Gebiet und Einkünfte verlieren sollen (S. 232). Die Evangelischen fügen sich dieser Bestimmung gegen eine +Deklaration+, daß evangelische Untertanen geistlicher Reichsstände bei ihrer Religion gelassen werden sollen. Die Reformierten sind von dem Frieden ausgeschlossen. ~Wirkungen der Reformation.~ Die von Deutschland ausgehende religiöse Bewegung führt in den meisten europäischen Ländern 1. zur +Abschaffung kirchlicher Mißbräuche+ und Vertiefung des religiösen Lebens, 2. zu erhöhter Pflege der von den Fesseln der Kirche befreiten +Wissenschaften+, Verbesserung des Schulwesens, Verbreitung geistiger Bildung, 3. zur Stärkung der Gewalt der Territorialfürsten und durch den Gegensatz der Konfessionen zu +politischen Kämpfen+, in denen das europäische +Staatensystem+ sich ausbildet. ~Luthers Lehre~ verbreitet sich nach Dänemark, Schweden, Norwegen und den Ostseeprovinzen, +Calvins+ Lehre (die ~reformierte Kirche~) nach Frankreich, den Niederlanden, Schottland; in Deutschland findet sie namentlich im Kurfürstentum Pfalz (Heidelberger Katechismus 1563), in Hessen und Bremen Eingang. Hebung des Wohlstandes in Deutschland, namentlich in den oberdeutschen +Reichsstädten+; die Kaufmannshäuser Fugger und Welser in +Augsburg+. Aufblühen der +deutschen Literatur+: Hans Sachs († 1576) in +Nürnberg+, Joh. Fischart in +Straßburg+ († 1591); das protestantische Kirchenlied. Die Maler Lukas Kranach, Vater und Sohn, in +Wittenberg+, später in Weimar († 1553 bezw. 1586). [~1550.~] ~Abdankung Karls V.~ in Brüssel. Die Krone ~Spanien~ (mit den Kolonien), dazu +Neapel+, +Mailand+, Freigrafschaft +Burgund+ und die Niederlande kommen an seinen Sohn +Philipp+, die Kaiserwürde an seinen Bruder +Ferdinand I.+ (s. S. 225). Karl lebt in der Nähe des Klosters S. Just (in Estremadura, nördlich vom Tajo) als Privatmann (nicht Mönch), stirbt 1558. § 3. Frankreich. [~1498–1589.~] Häuser ~Orléans~ und ~Angoulême~. Nebenlinien des Hauses Valois (s. S. 208), deren Zusammenhang mit der Hauptlinie die folgende Stammtafel darstellt. ~Karl V.~ (dritter K. aus dem Hause +Valois+) †1380. ___________________|_______________________ ~Karl VI.~ †1422. Ludwig, Hz. v. Orléans. | Gem. Valentine Visconti. | ______|__________________ ~Karl VII.~ †1461. Karl, Hz. Johann, Graf | v. Orléans. v. Angoulême. | | | ~Ludwig XI.~ †1483. ~Ludwig XII.~ Karl, Graf v. Angoulême. | †1515. Gem. Anna v. Gem. Louise v. Savoyen. | d. Bretagne, Witwe | | Karls VIII. | | | | ~Karl VIII.~ †1498. Claudia. ~Franz I.~ †1547. Gem. Anna v. d. Bretagne. |________________| | ~Heinrich II.~ †1559. Gem. Katharina v. Medici. _______________________________|_______________________________ | | | | | | ~Franz II.~ Elisabeth, ~Karl IX.~ ~Heinrich III.~ Franz, Margarete, †1560. Gem. Gem. †1574. (Hz. v. Anjou) Hz. v. Gem. Maria Stuart. Philipp II. K. v. Polen. Alençon. Heinrich IV. K. v. Spanien. †1589. Die französische Monarchie, nach Zeiten schwerer Erschütterung wieder erstarkt, beginnt schon unter +Karl VIII.+ (S. 209) eine gegen +Italien+ gerichtete Eroberungspolitik, doch ohne dauernden Erfolg. [1498–1515.] ~Ludwig XII.~ heiratet Anna von der +Bretagne+, Karls VIII. Witwe, um dieses Herzogtum bei der Krone zu erhalten, macht Ansprüche auf ~Mailand~ als Enkel von +Valentine Visconti+, verjagt den Herzog +Ludovico Moro+ (aus dem Hause +Sforza+, s. S. 211), der, als er nach Mailand zurückkehrt, gefangen wird (1500). [1501.] +Ludwig XII.+ erobert im Bunde mit +Ferdinand dem Katholischen+, König von Aragon, das Königreich ~Neapel~. Spanier und Franzosen bald uneinig, die letzteren von dem spanischen Feldherrn +Gonsalvo de Cordŏva+ am +Garigliano+ geschlagen (1504). Ludwig XII. verzichtet auf Neapel, behauptet aber die Schutzherrschaft über +Genua+. Neapel und Sicilien bis 1713 in spanischem Besitz. Gonsalvo erster Vizekönig. [1508.] Teilnahme Ludwigs an der +Liga zu Cambrai+ gegen Venedig, aber Papst Julius II., Ferdinand der Katholische und Venedig verbinden sich 1511 zur +Heiligen Liga+, um die Franzosen aus Italien zu vertreiben. Diese führen den Krieg unter +Gaston de Foix+, Neffen Ludwigs XII., anfangs glücklich, nehmen 1512 +Brescia+ mit Sturm (~Bayard~, der Ritter ohne Furcht und Tadel, S. 229), schlagen mit Hilfe von 5000 deutschen Landsknechten das spanisch-päpstliche Heer bei +Ravenna+, werden aber 1513 von den Schweizern bei +Novāra+ geschlagen und räumen Italien. [~1515–1547.~] ~Franz I.~ [1515.] Er erobert +Mailand+ wieder durch den glänzenden Sieg über die Schweizer bei ~Marignano~. [1520.] Zusammenkunft mit Heinrich VIII. von England (+Camp du drap d’or+) in der Nähe von Calais. Kriege mit +Karl V.+ (s. S. 229–232): +Mailand+ verloren. Künste und Wissenschaften werden gefördert durch den Verkehr mit Italien. Schloßbauten: der +Louvre+ in Paris. Erhöhung der königlichen Macht durch ein Konkordat mit dem Papste (1516), welches die Wahl der Bischöfe und Äbte im wesentlichen dem König überläßt; dagegen Wiedereinführung der +Annaten+ (Gebühren für die Bestätigung durch den Papst in der Höhe eines Jahreseinkommens) und Verzichtleistung auf den Grundsatz des Konstanzer und Baseler Konzils, daß ein allgemeines Konzil +über+ dem Papste stehe (s. S. 203). Verfolgung der Protestanten und grausame Hinrichtungen. [~1547–1559.~] ~Heinrich II.~ Wachsende Macht der ~Guisen~, eines Nebenzweiges des Hauses Lothringen, (+Franz+, Herzog von Guise, und +Karl+, der »Kardinal von Lothringen«). Verfolgung der Protestanten in Frankreich, aber Unterstützung der +deutschen+ Protestanten. 1552 +Metz+, +Toul+, +Verdun+ gewonnen, Krieg mit Karl V. (s. S 233). [1556–1559.] Krieg mit +Philipp II.+ von Spanien. Die Franzosen von den Spaniern (mit Hilfe der Engländer) bei +St. Quentin+ 1557 und durch den Grafen +Egmont+ bei +Gravelingen+ 1558 geschlagen. +Franz von Guise+ nimmt +Calais+, die letzte Besitzung der Engländer in Frankreich (S. 209). [1559.] Im Frieden zu +Cateau Cambrésis+ geben die Franzosen alle Eroberungen, außer +Calais+, heraus. Philipp II. heiratet Elisabeth, älteste Tochter Heinrichs II. Auf Heinrich II., der an einer Turnierwunde stirbt, folgen hintereinander seine drei schwachen Söhne. [~1559–1560.~] ~Franz II.~, erster Gemahl der +Maria Stuart+ von Schottland, einer Nichte der Guisen. Verfolgung der Protestanten, grausame Hinrichtungen (+Chambres ardentes+). Des Königs Mutter ~Katharina von Medici~ mit den Guisen verbündet, während die Prinzen aus dem Hause +Bourbon+, Anton, König von Navarra,[44] und Ludwig von Condé, sich der Protestanten annehmen. [~1560–1574.~] ~Karl IX.~, 10 Jahre alt, ebenfalls unter der Leitung seiner Mutter +Katharina von Medici+, [1562–1598.] ~Hugenottenkriege.[45]~ Die Verletzung eines den Reformierten gewährten Toleranzedikts durch +Franz von Guise+ (Blutbad zu +Vassy+ in der Champagne 1562) und grausame Verfolgungen in mehreren Städten veranlassen eine bewaffnete Erhebung der Reformierten unter Führung des Prinzen von +Condé+ und des Admirals +Coligny+. Sie erkämpfen in +drei Kriegen+ (bis 1570) das Zugeständnis bedingter Religionsfreiheit, welches durch Einräumung von 4 Sicherheitsplätzen (namentlich der Hafenstadt +La Rochelle+) gewährleistet wird. [~1572.~ 23.–24. Aug.] ~Die Bartholomäusnacht~ oder ~Pariser Bluthochzeit.~ Bei Gelegenheit der Vermählung +Heinrichs von Bourbon+ und +Navarra+, der nach Condés Tode an die Spitze der Hugenotten getreten war, mit der Schwester des Königs Karl IX., Margarete von Valois, zuerst ein Mordanschlag auf +Coligny+ gemacht, dann Ermordung aller in Paris anwesenden Hugenotten, geleitet von +Heinrich von Guise+ und der Königin-Mutter +Katharina von Medici+. Heinrich von Navarra rettet sein Leben durch Übertritt zur katholischen Kirche. In der Hauptstadt werden über 2000, in ganz Frankreich gegen 20000 Hugenotten ermordet. Diese Bluttat entzündet den +vierten+ Krieg (1572–1573). La Rochelle, von Herzog +Heinrich von Anjou+, Bruder des Königs Karl IX., belagert, verteidigt sich tapfer (Graf Montgomery). Die Wahl des Herzogs von Anjou zum König von Polen bewirkt einen Vergleich. Karl IX. stirbt 1574. Sein Bruder, der aus Polen entweicht, wird König von Frankreich als [~1574–1589.~] ~Heinrich III.~ Der +fünfte+ Krieg, während dessen Heinrich von Navarra wieder zum reformierten Glauben übertritt, wird 1576 unter Bedingungen beendigt, die für die Hugenotten günstiger sind als die früheren Friedensschlüsse. Daher Unzufriedenheit der strengen Katholiken; die ~Heilige Ligue~ beabsichtigt im Bunde mit +Philipp II.+ Vernichtung der reformierten Partei und Erhebung der Guisen auf den Thron. Der König erklärt sich aus Furcht vor der Ligue zum Haupt derselben und verbietet den reformierten Gottesdienst in ganz Frankreich. Daher nochmals +drei Kriege+, der letzte (1585–1589) genannt ~Krieg der drei Heinriche~ (+Heinrich III.+ von Valois, +Heinrich+ von Navarra, +Heinrich+ von Guise). In Paris bildet sich die ~Ligue der Sechzehn~, welche die Absetzung des schwachen Königs bezweckt. Volksaufstand, Tag der Barrikaden 12. Mai 1588. Heinrich III. entflieht nach +Blois+, wohin er die Reichsstände (États-généraux) zusammenruft. Da er bei diesen keinen Beistand gegen die Ligue findet, läßt er den Herzog +Heinrich von Guise+ und dessen Bruder, den +Kardinal Ludwig+, ermorden. Aufstand der Katholiken, an dessen Spitze sich der Bruder der Ermordeten, Herzog +Karl von Mayenne+, stellt. Heinrich III. flieht zu Heinrich von Navarra in das Lager der Hugenotten, wird vor Paris, in St. Cloud, von dem Mönch +Jakob Clément+ ermordet (1589). [~1589–1792.~] ~Haus Bourbon~ (stammt ab von einem jüngeren Sohne Ludwigs IX., des Heiligen). [~1589–1610.~] ~Heinrich IV.~ Die katholische Partei verweigert ihm die Anerkennung. Heinrich IV. siegt über Karl von Mayenne bei ~Ivry~ 1590, belagert aber vergeblich Paris, welches von Mayenne und dem Herzog von Parma (s. S. 243) entsetzt wird. Erst nachdem Heinrich in St.-Denis abermals seinen Übertritt zur katholischen Kirche erklärt hat, öffnet ihm Paris die Tore (1594). Darauf Aufhebung des päpstlichen Bannes, Friede mit Philipp II. von Spanien. Die Religionskriege werden beendet durch das [~1598.~] ~Edikt von Nantes~, welches den Reformierten gleiche +bürgerliche+ Rechte mit den Katholiken gibt, aber keineswegs vollständig freie Religionsübung. Es gestattet den reformierten Kultus den +Edelleuten+ mit selbständiger Gerichtsbarkeit (+seigneurs hauts justiciers+) und den +Bürgern+ in einer +bestimmten+ Anzahl von Städten und Flecken, untersagt ihn aber in allen bischöflichen und erzbischöflichen Städten, am Hofe des Königs, in Paris, sowie im Umkreise von 5 Meilen um die Hauptstadt. Die Reformierten werden zu öffentlichen Ämtern zugelassen und behalten ihre Sicherheitsplätze. Das Edikt wird erst nach langer Weigerung von den Parlamenten (d. h. höchsten Gerichtshöfen) registriert. Heinrichs IV. Minister, der Herzog von ~Sully~, trifft Maßregeln zur Wiederherstellung des zerrütteten Wohlstandes und der Finanzen. Förderung des Ackerbaues und Gewerbes, des Seehandels; Kolonien in +Kanada+ (Quebec 1608). Der König beabsichtigt, als Verbündeter der protestantischen +Union+ in den Jülich-Cleveschen Erbstreit (S. 252) einzugreifen, wird aber von dem Fanatiker Franz +Ravaillac+ in Paris ermordet. Sein Sohn [~1610–1643.~] ~Ludwig XIII.~, 9 Jahre alt. Regentschaft seiner Mutter +Maria von Medici+. Sully vom Amte entfernt; an die Spitze der Geschäfte tritt der Italiener +Concini+ (Maréchal +d’Ancre+), nach dessen Ermordung 1617 der Herzog von +Luynes+, endlich der große Staatsmann ~Kardinal Richelieu~ (Armand-Jean du Plessis, geb. 1585 in Poitou, 1607 Bischof von Luçon, 1616 Staatssekretär, 1622 Kardinal, † 1642). Von 1624–1642 verwaltet ~Richelieu~ eigentlich allein das Reich; nur einmal (11. Nov, 1630, +journée des dupes+) glaubt Maria von Medici ihn gestürzt zu haben, doch beherrscht er von da an den König sicherer als je. Richelieus Ziel ist die Erhebung Frankreichs zur ersten Macht Europas und die Begründung der Allgewalt des Königs. Er bricht die Macht des Adels, macht die Krone unabhängig von den +Reichsständen+, die nicht mehr berufen werden, besiegt die Hugenotten (Belagerung und Einnahme von +La Rochelle+ 1628), welche fortan nicht mehr eine bewaffnete politische Partei, sondern eine +geduldete Sekte+ sind. Unruhen, erregt von +Gaston von Orléans+, Bruder des Königs, enden mit dem vollständigen Siege Richelieus; die Königin-Mutter wird verbannt, Gaston entflieht nach +Lothringen+, versucht vergebens gewaltsame Rückkehr mit Hilfe des Herzogs von +Montmorency+, des Statthalters von Languedoc; dieser wird 1632 in Toulouse hingerichtet. [1633.] Das Herzogtum +Lothringen+ (vgl. S. 206, 233) von französischen Truppen besetzt (bis 1659). Der Dreißigjährige Krieg bietet Gelegenheit, Frankreichs Macht auf Kosten Deutschlands zu erhöhen. +Richelieu+ legt den Grund zur Machtstellung Ludwigs XIV. Frankreich verdankt ihm die Segnungen einer geordneten +Verwaltung+ und das Aufblühen seiner klassischen +Literatur+. Stiftung der französischen Akademie 1635, der maßgebenden Behörde in Sachen der Sprache und des Stils; +Corneilles+ Cid 1636. § 4. Italien. Das Herzogtum ~Mailand~ ist seit 1556 (s. S. 234) ein Nebenland von +Spanien+, dem Namen nach deutsches Reichslehen. In ~Mantua~ herrscht seit 1328 das Haus +Gonzaga+; nach dessen Aussterben der Mantuanische Erbfolgekrieg 1628–1631. +Richelieu+ zieht persönlich gegen die Kaiserlichen zu Felde und setzt die Ansprüche der französischen Nebenlinie +Nevers+ auf das Herzogtum durch. Glänzender Hof der Herzöge von ~Ferrara~ (S. 210). Nach dem Tode Alfons’ II. 1597 wird Ferrara als päpstliches Lehen mit dem Kirchenstaate vereinigt; ~Modena~ und Reggio verbleiben einer Nebenlinie des Hauses +Este+. ~Parma~ und Piacenza früher zu Mailand gehörig, 1512 vom Papst Julius II. für den Kirchenstaat in Besitz genommen, bilden seit 1545 ein selbständiges Herzogtum im Besitz des Hauses +Farnese+ bis 1731. ~Venedig~ ist 1508 gefährdet durch die Liga von +Cambrai+ (Papst Julius II., Kaiser Maximilian I., Ludwig XII., Ferdinand der Katholische); doch wendet sich der Krieg bald gegen Frankreich (S. 235). Während der folgenden Kriege ist Venedig meist mit Karl V. verbündet. Gegenüber dem Vordringen der +Türken+ schließt es sich an Spanien an, muß aber trotz des mit den Spaniern gemeinsam erfochtenen Sieges bei Lepanto (S. 242) 1573 den Türken +Cypern+ abtreten; es behält von seinem Inselbesitz nur +Kandia+ und die +Ionischen Inseln.+ ~Genua~ macht sich 1529 unter dem Dogen +Andrea Doria+, welcher der Republik eine neue Verfassung gibt, frei von der französischen Schutzherrschaft (S. 235). Verschwörung des+Fiesco+ 1547. +Giannettino Doria+, der Neffe des Dogen, wird ermordet, Andrea Doria muß flüchten. Schon sind die Verschworenen im Besitz fast der ganzen Stadt, als Fiesco durch Zufall ertrinkt. Rückkehr des Dogen, Wiederherstellung der Verfassung. Die Herzöge von ~Savoyen~, welche auch +Piemont+ besitzen (S. 210), sind unter den einheimischen Fürsten von Nord-Italien die mächtigsten. Doch verlieren sie 1536 das +Waadtland+ an Bern und geraten während der Kriege Frankreichs mit Karl V. und Philipp II. in Bedrängnis. Nach dem Frieden von Cateau-Cambrésis (1559, S. 236) wird +Emanuel Philibert+ in sein Herzogtum zurückgeführt. In ~Florenz~ wird 1494 Pietro von Medici, Lorenzos Sohn, weil er mit dem erobernd vordringenden Karl VIII. von Frankreich (S. 209 f.) einen Vertrag geschlossen hatte, vertrieben. Haupt der demokratischen Partei der Dominikaner +Savonarōla+. Er bewirkt auf kurze Zeit eine Wendung zur Sittenstrenge, verfällt aber dem päpstlichen Bann und wird 1498 hingerichtet. Infolge des Sieges der Heiligen Liga (S. 235) werden 1512 die +Medici+ wiedereingesetzt. Zweite Vertreibung 1527, die Republik auf kurze Zeit wiederhergestellt. Karl V. setzt 1531 +Alessandro+ von Medici als erblichen Herzog ein. Dessen Nachfolger +Cosimo+ vereinigt die Republik +Siena+ mit seinem Gebiete und wird 1569 vom Papst Pius V. zum ~Großherzog von Toskana~ erhoben (bestätigt von Kaiser Rudolf II. 1576). Unter Cosimos II. Regierung lehrt in Florenz +Galileo Galilei+, der 1633 von der Inquisition in Rom gezwungen wird, das +Kopernikanische Sonnensystem+ abzuschwören († 1642 in Arcetri bei Florenz). Die ~Päpste~ dieser Zeit sind mit Erfolg bestrebt, den Kirchenstaat zu vergrößern und ihr geistliches Ansehen zu erhöhen. [1492–1502.] +Alexander VI.+ aus dem Hause +Borgia+, durch Ausschweifungen berüchtigt; sein Sohn +Cesar Borgia+ herrscht grausam in der Romagna. [1503–1513.] +Julius II.+, kriegerisch und kunstliebend, beginnt den Neubau der Peterskirche, beruft dazu den Baumeister Bramante, den Bildhauer Michelangelo (an Julius’ II. Grab Statue des Moses) und den Maler Raffael nach Rom. [1513–1521.] +Leo X.,+ Sohn Lorenzos von Medici (S. 211), kunstliebend und gelehrt. [1521–1523.] +Hadrian VI.,+ aus Utrecht, früher Lehrer Karls V., auf Abstellung kirchlicher Mißbräuche bedacht. [1523–1534.] +Clemens VII.,+ Neffe Lorenzos von Medici, klug, aber nicht tatkräftig. [1555–1559.] +Paul IV.,+ streng kirchlich, hat 1542 als Kardinal unter Paul III. die Herstellung der +Inquisition+ (S. 186) und die Einrichtung des Index librorum prohibitorum bewirkt. [1572–1585.] +Gregor XIII.+ ordnet 1582 den +verbesserten Kalender+ an (Ausfall des Schaltjahres am Ende des Jahrhunderts, mit Ausnahme jedes vierten Jahrhunderts). [1575–1590.] +Sixtus V.+ unterdrückt das Räubertum im Kirchenstaat; Vollendung der Peterskirche. ~Neapel~ ist von 1504–1713 ein Nebenland Spaniens (s. S. 235). Der Aufstand des Fischers +Tommaso Aniello,+ genannt +Masaniello+ (1647), wird schnell unterdrückt. ~Blütezeit der italienischen Kunst und Literatur.~ Maler: +Leonardo da Vinci+ († 1519), +Raffael Santi+ († 1520), +Antonio Allegri,+ genannt +Correggio+ († 1534), +Michelangelo Buonarotti+ († 1564), zugleich Bildhauer und Architekt, +Tizian+ († 1576), +Paul Veronese+ († 1588). Musiker: +Palestrina+ († 1594). Dichter: +Ariosto+ († 1533), +Torquato Tasso+ († 1595). Unter den Prosaschriftstellern ragt hervor der Politiker +Macchiavelli+ († 1527 in Florenz: Il Principe, Buch vom Fürsten). § 5. Pyrenäische Halbinsel und Niederlande, [~1479–1516.~] ~Ferdinand der Katholische,~ König von +Aragon,+ übernimmt 1504 nach dem Tode seiner Gemahlin +Isabella+ (S. 215) die Regierung in +Kastilien+ für seine abwesende Tochter +Johanna+, Gemahlin des Erzherzogs Philipp von Österreich (S. 225). Philipp und Johanna kommen 1506 nach Kastilien; Ferdinand tritt in einem Vertrage die Regentschaft an Philipp ab, aber bald darauf stirbt dieser plötzlich 1506. Johanna, schon früher schwermütig, verfällt in Wahnsinn, lebt im Schlosse +Tordesillas+ in Haft bis zu ihrem Tode (1555). Ferdinand übernimmt wieder die Regentschaft, erweitert 1512 das Reich Aragon durch Eroberung des kleinen Königreichs +Navarra+; nur der nördlich von den Pyrenäen gelegene Teil desselben bleibt dem französischen Grafen +Jean d’Albret+ (S. 236). Befestigung der Monarchie in dem nunmehr vereinigten ~Königreich Spanien~ mit Hilfe des staatsklugen Kardinals +Ximenez+. [~1516–1556.~] ~Karl I.~ (als deutscher Kaiser +Karl V.,+ s. S. 228) begründet nach Niederwerfung eines Aufstandes in Kastilien (1521) die unbeschränkte Königsgewalt in +Spanien+; die Cortes fortan ohne Bedeutung. Durch Erwerbung großer Gebiete in +Amerika+ (S. 223) gelangt Spanien zu hoher Machtstellung. [~1556–1598.~] ~Philipp II.~, viermal vermählt, mit: 1. +Maria+ von Portugal (Mutter des Don Carlos), 2. +Maria der Katholischen+ von England (S. 246), 3. +Elisabeth+ von Valois (S. 236), 4. +Anna+, Tochter Maximilians II. Unter seinem starren Despotismus erschöpfen sich die Kräfte des spanischen Reiches. Krieg mit Frankreich (S. 236). Blutige Verfolgung der Moriskos und der Protestanten in Spanien; die Schrecken der Inquisition (S. 215) dauern fort. Zwist zwischen dem König und seinem Erben +Don Carlos+; dieser wird verhaftet und stirbt im Gefängnis 1568. Über die +Türken+, welche 1565 vergeblich die dem Johanniterorden (S. 178) gehörige Insel +Malta+ angreifen (tapfere Verteidigung durch den Großmeister +La Valette+), erficht +Don Juan d’ Austria+, Karls I. (V.) natürlicher Sohn, den großen [~1571.~] ~Seesieg bei Lepanto~ (Naupaktos, S. 44). In demselben Jahre werden die +Philippinen+-Inseln in Besitz genommen (1898 an die Union abgetreten). [~1568–1648.~] ~Freiheitskrieg der Niederlande.~ ~Veranlassung~: Die seit Karls V. Abdankung an Spanien gekommenen niederländischen Provinzen (S. 225) waren seit alter Zeit im Besitz bedeutender Privilegien; die +Stände+ (+Staaten+, +États+) hatten Steuern und Truppen zu bewilligen. Aber Druck der spanischen Besatzungen, Strafedikte gegen die Ketzer, die geplante Gründung neuer Bistümer, Furcht vor Einführung der spanischen Inquisition bewirken unter der Statthalterin +Margarete von Parma+ (1559–1567), der Halbschwester des Königs Philipp II. (ihr Ratgeber Bischof +Granvella+), heftige Erregung. Bund des Adels (Kompromiß zu +Breda+) zur Verteidigung der Privilegien. Im Staatsrat sind Graf +Egmont+, Statthalter von Flandern, und Wilhelm von +Nassau-Oranien[46]+, Statthalter von Holland und Seeland, um Erhaltung des Friedens bemüht. [1566.] Überreichung einer Bittschrift an die Statthalterin in +Brüssel+ durch 300 Vertreter des niederen Adels (~Geusen~, Bettler, ihr Parteiname, entstanden durch den verächtlichen Ausruf des Grafen von Barlaimont: +Ce n’est qu’un tas de gueux+). Volksunruhen, veranlaßt durch calvinische Prediger; Bildersturm und Plünderung der Kirchen. Egmont und Wilhelm von Oranien treten diesen Unordnungen entgegen. Obwohl die Ruhe schließlich wiederhergestellt war, wird [1567.] Herzog ~Alba~ mit einem spanischen Heere über +Genua, Savoyen, Burgund+ nach den Niederlanden gesandt. Wilhelm von Oranien entflieht nach Nassau. Tausende von Niederländern verlassen ihr Vaterland. Alba übernimmt die Regierung; der von ihm in Brüssel eingesetzte Gerichtshof arbeitet entsetzlich, vom Volk als »Blutrat« bezeichnet. [1568.] Hinrichtung der Grafen +Egmont+ und +Hoorn+. ~Wilhelm von Oranien~ macht mit Flüchtlingen und deutschen Söldnern, die er in Nassau um sich gesammelt hat, einen Einfall in die Niederlande, wird aber von Alba zurückgeschlagen. Die willkürlichen, von Alba auferlegten Steuern (der 10te Pfennig von jeder verkauften Ware, der 100ste vom Vermögen) erregen einen neuen Aufstand. Einnahme von +Briel+ (an der Maasmündung) durch die Wassergeusen 1572. Schnelle Ausbreitung des Aufstandes, besonders in den nördlichen Provinzen, wo Wilhelm von Oranien nach seiner Rückkehr aus Deutschland an die Spitze tritt. Herzog Alba wird auf seinen eigenen Antrag 1573 zurückberufen. Sein Nachfolger +Luis de Requesens+ siegt zwar 1574 auf der Mooker Heide, wo zwei Brüder des Prinzen von Oranien fallen, belagert aber +Leyden+ vergeblich (Durchstechung der Deiche, Gründung der Universität) und kann des Aufstandes nicht Herr werden († 1576). Plünderungen der Städte Antwerpen, Mastricht, Gent u. a. durch die königlichen Truppen führen die [~1576.~] ~Pazifikation von Gent~ herbei, einen Vertrag +aller+ Provinzen, durch welchen sie sich, ungeachtet der religiösen und nationalen Unterschiede, vereinigen, um die spanischen Soldaten aus dem Lande zu treiben. Der neue Statthalter +Don Juan d’Austria+, Philipps II. Halbbruder, wird von den meisten Provinzen nicht anerkannt, doch entsteht unter ihnen bald Uneinigkeit. Ihm folgt +Alexander Farnese von Parma+, Margaretes Sohn (1578–1592), ein staatskluger Fürst und trefflicher Feldherr. Dieser unterwirft unter dem Versprechen der Herstellung ihrer alten politischen Freiheiten die +südlichen+, katholischen Provinzen (Belgien). Die sieben +nördlichen+, überwiegend calvinischen (Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Overyssel, Groningen, Friesland) schließen [~1579.~] die ~Utrechter Union~, sagen sich 1581 gänzlich von Spanien los und übertragen die Leitung +Wilhelm von Oranien+. Nach dessen Ermordung zu +Delft+ 1584 durch den Fanatiker Balthasar Gerard tritt sein Sohn, der 17jährige ~Moritz von Oranien~, an die Spitze. Kriegsglück Alexanders von Parma, Einnahme von +Antwerpen+ 1585. Die den Holländern geleistete englische Hilfe (+Leicester+ Statthalter) bestimmt Philipp zur Ausrüstung der ~Armāda~, welche, angeführt vom Herzog Medina Sidonia, furchtbaren Stürmen und der Tapferkeit der Engländer erliegt (1588). Seitdem Niedergang der spanischen Seeherrschaft. Moritz erobert Breda 1590, dann Nimwegen und Groningen, die Spanier erobern 1604 nach dreijähriger Belagerung Ostende. Endlich wird unter König [~1598–1621.~] ~Philipp III.~ [1609.] ein zwölfjähriger ~Waffenstillstand~ geschlossen. Unter dem schwachen, von Günstlingen beherrschten Könige sinkt Spaniens Macht und Wohlstand weiter, namentlich auch infolge der Austreibung von 500000 Moriskos. Nach Ablauf des Waffenstillstandes mit den Niederländern wird der Kampf wieder aufgenommen, bis unter König [~1621–1665.~] ~Philipp IV.~ die ~Republik der Niederlande~ im Westfälischen Frieden 1648 (s. S. 260) die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit von seiten Spaniens und des Deutschen Reiches erlangt. In dem aufblühenden neuen Staate fehlt es nicht an inneren Parteiungen; der +oranischen+ Partei steht die +Generalstaaten+-Partei gegenüber, den strengen Calvinisten (Gomarianern) die gemäßigten (Arminianer). Die Synode zu +Dordrecht+ verurteilt 1619 den verdienten Staatsmann +Olden Barneveld+, welcher Moritz von Oranien entgegengetreten war, zum Tode; +Hugo Grotius+, zur Haft verurteilt, flieht 1621 nach Frankreich (sein Buch +de iure belli ac pacis+ Grundlage des Völkerrechts, 1635 schwedischer Gesandter in Paris, † 1645). Die Statthalterwürde wird 1650 aufgehoben, 1672 wiederhergestellt. Wilhelm I. von Nassau-Oranien, †1584. _______________|_____________ | | Moritz, Friedrich Heinrich, †1625. †1647. ____________|___________ | | Wilhelm II., Luise Henriette, †1667. †1650. Gem. Friedrich Wilhelm | v. Brandenburg. | | Wilhelm III., Friedrich I. †1702. von Preußen. ~Aufschwung der niederländischen Seemacht~: Ostindische Kompagnie 1602 gegründet, +Neu-Amsterdam+ (New York, S. 270) 1612, +Batavia+ auf Java 1619, +Kapstadt+ 1651, +Ceylon+ besetzt 1656, 1634–54 auch +Brasilien+. +Tasman+ umfährt Australien (Neu-Holland) 1642. Blüte der Wissenschaften auf der Universität +Leyden+ (gegr. 1575). Der Philosoph +Baruch Spinoza+ geb. zu Amsterdam 1632, † 1677. Blüte der Malerei (+Rembrandt+ † 1669, +Ruysdael+ † 1682, +Hobbema+ † 1709), der Dichtkunst (+Vondel+ † 1679) und Musik (Roland de Lattre [Orlandus Lassus] † 1594 in München). In den spanischen Niederlanden die Maler +Rubens+, geb. in Siegen 1577, † in Antwerpen 1640; +van Dyk+ † 1641; +Teniers+ der Ältere † 1649, +Teniers+ der Jüngere † 1690; +Snyders+ † 1657. Auch in ~Spanien~ Blüte der Literatur (+Cervantes+ † 1616, +Lope de Vega+ † 1635, +Calderon+ † 1681) und Malerei +(Velasquez+ † 1660, +Murillo+ † 1682), aber das Volk verarmt und unwissend; Gewerbfleiß, Handel und Seemacht im Niedergang begriffen. ~Portugal~ im Besitz ansehnlicher Kolonien, blühend unter +Emanuel dem Großen+ (1495–1521). Sein Urenkel +Sebastian+ fällt 1578 in der unglücklichen Schlacht bei +Alkassar+ in Marokko. Philipp II. von Spanien erhebt Erbansprüche als Sohn einer Tochter Emanuels, nimmt 1580 das Land in Besitz. Als ~spanische Provinz (1580–1640)~ verliert Portugal einen großen Teil seiner Kolonien (Molukken, Sunda-Inseln, Ceylon) an die Niederländer. 1640 Erhebung gegen die spanische Herrschaft; eine fast unblutige Revolution erhebt das Haus ~Braganza~ (König Johann IV.) auf den Thron, das ihn bis 1910 behauptet. § 6. England und Schottland. [~1485–1603.~] ~Haus Tudor~ (s. s. 213). [1485–1509.] ~Heinrich VII.~ erhöht das Ansehen der Krone, indem er dem Adel verbietet, bewaffnetes Gefolge zu halten (Gerichtshof der +Sternkammer+ gegen Aufruhrversuche) und die Finanzen ordnet. Er versucht ganz Irland zu unterwerfen (S. 192). Seine Tochter +Margarete+ vermählt mit +Jakob IV.+, König von Schottland (aus dem Hause +Stuart+, s. S. 212). [~1509–1547.~] ~Heinrich VIII.~, grausam und tyrannisch. Er ist sechsmal vermählt, nämlich mit: 1. +Katharina von Aragon+, Schwester der »wahnsinnigen« Johanna (S. 225), Witwe seines Bruders +Arthur+, Mutter von +Maria der Katholischen+ (geschieden). 2. +Anna Boleyn+, Mutter der +Elisabeth+ (hingerichtet). 3. +Johanna Seymour+ († nach der Geburt ihres Sohnes +Eduard VI.+). 4. +Anna von Cleve+ (geschieden). 5. +Katharina Howard+ (hingerichtet). 6. +Katharina Parr+ (überlebt den König). Die verweigerte Scheidung von der ersten Gemahlin (Kardinal +Wolsey+, gestürzt 1529) wird für den anfangs streng katholischen König (+Defensor fidei+) Grund zur Trennung der +englischen Kirche+ vom Papsttum (1531). Der König kirchliches Oberhaupt. Blutige Verfolgung aller den +Suprematseid+ Verweigernden (der Kanzler Thomas More † 1535); Einziehung vieler Klöster, aber Beibehaltung katholischer Lehren (die 6 Artikel). ~Stammtafel der Familien Tudor und Stuart~ (S. 213): ~Heinrich VII.~ †1509. ____________|_____________________________________ | | | ~Heinrich VIII.~ Margarete, Maria, †1547. Gem. Jakob IV. Gem. Hz. | v. Schottland. v. Suffolk ~Maria d. Katholische~ | | †1558. ~Jakob V.~ | ~Elisabeth~ †1603. v. Schottland Franziska, ~Eduard VI.~ †1553. †1542. Gem. Henry Gray. Gem. Maria | v. Guise. Johanna Gray | †1554. ~Maria (Stuart)~ †1587. Gem. Darnley. | ~Jakob VI.~ v. Schottland †1625. [~1547–1553.~] ~Eduard Vl.~, 10 Jahre alt. Die Regierung geleitet von dem Protektor Herzog von +Somerset+, dann von Graf +Warwick+, Herzog von +Northumberland+. Nun erst finden die +Lehren+ der Reformation in England Eingang. Gründung der episkopalen Hochkirche (High Church). +Book of common prayer+ und Glaubensbekenntnis in 42 Artikeln, verfaßt von Thomas +Cranmer+, Erzbischof von Canterbury. [~1553–1558.~] ~Maria die Katholische~, »die Blutige«. +Northumberlands+ Versuch, +Johanna Gray+, die Gemahlin seines Sohnes, auf den Thron zu setzen, mißlingt; alle drei werden hingerichtet. Maria vermählt sich mit Philipp II. von Spanien, dem aber keine Regierungsrechte zugestanden werden. Wiederherstellung der katholischen Religion. Grausame Verfolgung der Protestanten, Erzbischof +Cranmer+ und viele andere verbrannt. +Calais+ an Frankreich verloren (s. S. 236). [~1558–1603.~] ~Elisabeth.~ Wiederherstellung der ~anglikanischen Kirche~ (Episkopalkirche), protestantische Lehre mit Beibehaltung der katholischen Hierarchie und teilweise des Kultus. Glaubensbekenntnis die ~39 Artikel~. Zahlreiche +Dissenters+ (Presbyterianer, Puritaner). Handel und Schiffahrt entwickeln sich, besonders seit der Vernichtung der Armada. Entdeckungsreisen (+Franz Drake+, zweite Erdumsegelung 1577 bis 1580, S. 223). Ansiedelungen in Nordamerika, +Walther Raleigh+ gründet die Kolonie +Virginia+ 1584. Ostindische Kompagnie 1600. Die Kaufleute der deutschen Hanse werden 1598 aus ihrem Hause in London, dem +Stalhof+, vertrieben, erhalten es jedoch später noch einmal zurück. -- Unter Elisabeths Regierung lebt der große dramatische Dichter ~William Shakespeare~ (1564 bis 1616 und der Philosoph Franz Bacon von Verulam, 1561 bis 1626). [1587. 8. Febr.] ~Hinrichtung~ der Königin ~Maria Stuart~. +Maria Stuart+, Tochter +Jakobs V.+ von Schottland und der +Maria von Guise+ (S. 236), Urenkelin Heinrichs VII. von England, geb. 1542, zuerst vermählt mit +Franz II.+ von Frankreich († 1560), nimmt nach dem Tode der Königin +Maria der Katholischen+ den Titel +Königin von England+ an. Nach dem Tode ihres Gemahls Franz übernimmt sie die Regierung in ~Schottland~ (1561). Streit mit den schottischen Calvinisten. (+John Knox+, in Genf mit +Calvin+ befreundet, † 1572). Maria heiratet ihren Vetter +Heinrich Darnley+, der ihren Günstling +Riccio+ ermorden läßt (1566) und dann unter Mitwissenschaft der Königin von +Bothwell+ ermordet wird (1567). Maria heiratet gleich darauf in dritter Ehe den Mörder +Bothwell+. Aufstand der Schotten, Maria gefangen, ihr und Darnleys einjähriger Sohn +Jakob+ als König anerkannt. Maria entflieht nach England (1568). Hier wird sie bis 1587 gefangen gehalten und zuletzt in Fotheringhay wegen Teilnahme an Verschwörungen gegen das Leben Elisabeths hingerichtet. [1588.] Krieg mit Spanien, Vernichtung der spanischen ~Armada~ (130 große Schiffe) durch Seegefechte im +Kanal+ und durch Stürme an den Küsten von Schottland und Irland (S. 244). Eine englische Flotte (unter Graf +Essex+ und Admiral +Howard+) erobert 1596 +Cadiz+ und kehrt mit reicher Beute zurück. Graf +Essex+, Günstling der Königin, wird darauf nach +Irland+ gesandt, um den Aufstand dort zu dämpfen, kehrt eigenmächtig zurück, wird wegen Empörung hingerichtet (1601). Die von Spanien unterstützten katholischen Iren 1601 besiegt. Irland damit endgültig unterworfen (S. 245, 192). Nach Elisabeths Tode folgt in England als Erbe des Hauses Tudor das in Schottland (S. 212) seit 1371 regierende [~1603–1649 (1714).~] ~Haus Stuart.~ Personal-Union zwischen England und Schottland. [~1603–1625.~] ~Jakob I.~ (als König von Schottland Jakob VI.), Sohn der Maria Stuart, in Schottland +calvinisch+ erzogen, bekennt sich dann zur +anglikanischen+ Kirche. Das Fehlschlagen der Hoffnungen, welche die Katholiken auf ihn als Sohn der Maria Stuart gesetzt hatten, bewirkt die sogenannte ~Pulververschwörung~ (1605). Doch wird der Plan, König und Parlament in die Luft zu sprengen, noch rechtzeitig vereitelt. Streitigkeiten mit dem Parlament wegen der schlechten Finanzwirtschaft des Königs und der geplanten Vermählung des Thronfolgers mit einer spanischen Infantin. [~1625–1649.~] ~Karl I.~, Gemahl der katholischen +Henriette+ von Frankreich, strebt nach unumschränkter Gewalt des Königtums. Geldverlegenheiten nötigen ihn zur Erhöhung des »Tonnen- und Pfundgeldes«, einer Steuer für ein- und ausgeführte Waren, und dann nach vergeblicher Auflösung von zwei Parlamenten zur Bewilligung der +Bitte um Recht+ (~Petition of Right~ 1628) gegen willkürliche Besteuerung und Verhaftung englischer Bürger. Karls Günstling, der Herzog von +Buckingham+, wird ermordet, als er in Portsmouth den Befehl über die zum Entsatz von +La Rochelle+ (s. S. 239) bestimmte Flotte übernehmen will. Nach Auflösung des dritten Parlaments (1629) regiert Karl 11 Jahre lang willkürlich ohne Parlament. Seine Ratgeber Lord ~Strafford~, früher Mitglied der Oppositionspartei im Unterhause, und Erzbischof ~Laud~. Willkürliche Erhebung des »Schiffsgeldes«, einer Geldabfindung der Seestädte für die Stellung von Schiffen zum Küstenschutz; +John Hampden+ verweigert die Zahlung dieser Abgabe, wird gerichtlich dazu verurteilt. Dieser Prozeß ruft große Aufregung hervor. Auswanderung bedrückter +Puritaner+ (John Milton ihr Dichter † 1674) nach den amerikanischen Kolonien, +Boston+ gegründet 1630. [1637.] Der unkluge Versuch, die Liturgie und Verfassung der englischen Episkopalkirche in Schottland einzuführen, bewirkt offenen Aufruhr und einen förmlichen ~Bund der Schotten~ (+Covenant+) zum Schutze der religiösen und politischen Rechte und Freiheiten ihres Landes. Um Geld zum Kriege gegen die Schotten zu erlangen, beruft der König (April 1640) ein Parlament. Dieses bewilligt nichts, sondern erneuert die alten Beschwerden. Ein kleines, durch freiwillige Spenden und Darlehen der königlich Gesinnten aufgebrachtes Heer marschiert gegen die Schotten, wird aber zurückgeschlagen. [1640. Nov.] Karl beruft von neuem ein Parlament. Dieses, das sogenannte ~Lange Parlament~, wird bald mächtiger als der König. Der Minister +Strafford+, vom Unterhause vor dem Oberhause angeklagt, wird trotz seiner glänzenden Verteidigung verurteilt und hingerichtet. Erzbischof +Laud+ verhaftet und später ebenfalls hingerichtet. Ein Aufstand der katholischen +Irländer+ vermehrt den Unwillen des englischen Volkes. Der Versuch des Königs, 5 Häupter der Opposition persönlich im Parlament zu verhaften, bringt den Aufruhr in London zum Ausbruch (1642). Parteinamen der +Kavaliere+ (Royalisten) und der +Rundköpfe+ (Republikaner). Karl verläßt London und geht nach York. [1642–1649.] ~Bürgerkrieg in England~; den Truppen des Königs tritt ein +Parlamentsheer+ entgegen. Der König, anfangs siegreich, beruft das Parlament nach +Oxford+ (1644), wo sich 83 Lords und 165 Mitglieder des Unterhauses einfinden. Dagegen Vereinigung der +Schotten+ mit dem englischen +Parlamentsheere+. Die Königlichen werden bei +Marstonmoor+ (der Reiterführer +Cromwell+) und 1645 bei +Naseby+ geschlagen. Karl, in Oxford belagert, flieht zu den Schotten, die ihn an das englische Parlament ausliefern (Januar 1647). Während des Bürgerkrieges wird die +Episkopalkirche+ in England +aufgehoben+; gegen die +Presbyterianer+ aber, die zum Vergleich mit dem Könige geneigt sind, erhebt sich die Partei der ~Independenten~, an ihrer Spitze ~Oliver Cromwell~. Sie erlangen das Übergewicht im Heere und bemächtigen sich auch des gefangenen Königs. Cromwell schlägt die jetzt +zu Gunsten Karls+ in England einfallenden +Schotten+ bei +Preston+ und verjagt seine presbyterianischen Gegner aus dem Parlament (1648). Das nunmehrige +Rumpfparlament+ (+Rump-Parliament+) setzt den König ab und läßt ihn durch einen Gerichtshof verurteilen. [~1049.~] 30. Jan. ~Karl I.~ zu Whitehall in London ~hingerichtet~. Abschaffung des Oberhauses. England wird ~Republik~, geleitet von dem Parlament und einem Staatsrat von 42 Mitgliedern. § 7. Der Norden und Osten. ~Christian II.~ von ~Dänemark~ (1513–23) versucht Schweden zu unterwerfen (vgl. S. 216), aber das ~Stockholmer Blutbad~ (1520) führt die vollständige Auflösung der +skandinavischen Union+ herbei. Aufstand der Talbewohner (+Dalkarlar+) unter ~Gustav Wasa~ (geb. 1496, als Geisel nach Dänemark geführt 1518, flüchtet 1519 nach Lübeck, kehrt 1520 insgeheim zurück). Er wird 1521 zum Reichsverweser, 1523 zum König erwählt, nimmt +Stockholm+ ein mit Hilfe der hansischen, von Lübeck und Danzig gestellten Kriegsflotte. [~1523–1654.~] Haus ~Wasa in Schweden~. Unter +Gustav I.+ Wasa (1523–1560) Einführung der Reformation. Der Thron erblich; die Handelsprivilegien der deutschen Hanse werden bald beschränkt, schließlich aufgehoben (S. 201, 246). [1561.] Auflösung des deutschen Ordensstaates in Kurland, ~Livland~ und Estland (S. 217). Der größte Teil seines Gebiets kommt an +Polen+, Estland an +Schweden+; der letzte Landmeister Gotthard Kettler wird als Herzog von +Kurland+ polnischer Vasall. Gustav Wasas ältester, geisteskranker Sohn +Erich XIV+. wird 1568 entthront von seinem Bruder +Johann III.+ Dessen Sohn +Sigismund+ katholisch und seit 1587 König von Polen, wird in Schweden 1598 verdrängt von seinem Oheim +Karl IX.+, dem jüngsten Sohne Gustavs I. Dieser ordnet die zerrüttete Verwaltung des Landes und behauptet gegen Polen den Besitz Estlands. Sein Sohn [~1611–1632.~] ~Gustav II. Adolf~ gewinnt im Kriege mit Rußland +Karelien+ und +Ingermanland+ (1617), im Kriege mit Polen (S. 256), +Livland+ (1621), schließt 1629 unter Richelieus Vermittelung mit Polen Waffenstillstand, um den Krieg in Deutschland (S. 256) zu beginnen. Ihm folgt, zuerst unter Vormundschaft des Reichsrats, seine Tochter [~1632–1654.~] ~Christine,~ gelehrt, aber ohne Lust für die Regierungsgeschäfte. Sie dankt 1654 ab zu Gunsten ihres Vetters +Karl Gustav+ von Pfalz-Zweibrücken (Sohn einer Schwester Gustav Adolfs), wird dann katholisch, stirbt in Rom 1689. ~Dänemark~ und ~Norwegen~ bleiben bis 1815 vereinigt. Schon unter Christian II., Schwager Kaiser Karls V., dringt die Reformation in Dänemark ein. Christian von seinem Oheim, dem Herzog von Schleswig-Holstein, verdrängt, der als +Friedrich I.+ (1523–1533) mit Hülfe Lübecks den dänischen Thron besteigt und die Reformation begünstigt. [1534–1536.] Die +Grafenfehde+: Jürgen Wullenwever, protestantischer Bürgermeister von +Lübeck+, unterstützt den Grafen Christoph von Oldenburg gegen Friedrichs I. Sohn +Christian III.+ Dieser aber behauptet die Herrschaft in Dänemark (1534–1559) und führt die Reformation vollständig durch. Wullenwever vom Erzbischof von Bremen verhaftet, an den Herzog von Braunschweig ausgeliefert, 1537 in Wolfenbüttel hingerichtet. [1559–1588.] +Friedrich II.+ beginnt seine Regierung mit der Unterwerfung der +Dithmarschen+ (S. 216), führt [1563–1570] im Bunde mit Lübeck Krieg gegen +Schweden+, beschränkt die Privilegien der Hansa. [1588–1648.] +Christian IV.,+ nimmt am 30jährigen Kriege teil (s. S. 255). Im Frieden zu +Brömsebro+ 1645 werden von ihm an Schweden die Provinzen Jämtland und Herjedalen, die Inseln Gotland und Ösel abgetreten, auch wird den schwedischen Schiffen Freiheit vom +Sundzoll+ zugestanden. ~Polen~ gewinnt unter den ~Jagellonen (1386–1572)~ seine größte Ausdehnung (Ostsee, Karpathen, Schwarzes Meer), doch schon in dieser Zeit entwickelt sich durch die +Privilegien des zahlreichen Adels+ der Keim des Verfalls. Seit 1572 ist Polen ~Wahlreich~. Einführung des +liberum veto+ auf den Reichstagen. Wahlkönige: +Heinrich von Anjou+ (s. S. 237), +Stephan Bathŏry+ von Siebenbürgen, dann (1587–1668) 3 Könige aus dem Hause +Wasa: Sigismund III.+ † 1632, +Wladislaw IV.+ † 1648, +Johann Kasimir+ (dankt ab 1668). ~Rußland~ unter ~Iwan IV.,~ +dem Schrecklichen+ (1533 bis 1584) vergrößert durch Eroberung der Reiche +Kasan+ und +Astrachan+; der Kosakenhetman Jermak beginnt 1581 die Eroberung +Sibiriens+. Nach dem Aussterben des Hauses ~Rurik~ mit Iwans IV. Sohn +Feodor I.+ 1598 (Feodors jüngerer Bruder Demetrius war von Boris Godunow [Zar von 1598–1605] umgebracht worden) mehrjähriger Thronstreit; 1605–1606 regiert der von Polen unterstützte +falsche Demetrius+, dem dann noch zwei andere folgen. Ein Reichstag zu Moskau erhebt 1613 Michael ~Romanow~ auf den Thron, dessen Haus bis 1762 regiert. Das Reich der ~osmanischen Türken~ erreicht seine höchste Blüte unter ~Soliman II.~ (1520–1566), dem Zeitgenossen Kaiser Karls V. (vgl. S. 230–232). Er stirbt in Ungarn bei der Belagerung der von +Zriny+ tapfer verteidigten Feste +Szigeth+ (1566). Unter seinen Nachfolgern beginnt der Verfall, namentlich infolge der Unbotmäßigkeit der +Janitscharen+. In China kommt die Dynastie der +Mandschu+ oder +Tsing+ zur Regierung (1644 bis jetzt noch). Im 17. Jahrh. der größte Teil der Dsungarei, ganz Turkestan und Tibet erobert. Auch den Russen, Franzosen und Engländern (Kanton) Handelsverkehr gestattet (S. 223f.). ~Japan~ wird nach Abschaffung des Shogunats (1573–1603) dem Mikado nach und nach wieder Untertan. Ende des mehr als 500jährigen Bürgerkrieges. Begünstigung des Christentums. Unglücklicher Eroberungskrieg gegen ~Korea~ 1598. [1603.] Das Shogunat wird vom Mikado der Familie Tokugawa erblich übertragen. Ihre Residenz Tokio. Seitdem 250jähriger Friede und hohe Kulturentwickelung. Seiden- und Baumwollenindustrie, Aufschwung der Porzellanfabrikation. Unter den Tokugawa (1603–1867) Abschließung Japans gegen das Ausland. Fernhaltung der Fremden. 1614 die fremden Priester für Landesfeinde erklärt und Ausrottung des Christentums befohlen; grausame Verfolgungen. Erst seit dem Niedergang der Tokugawa-Herrschaft Handelsbeziehungen mit Europa und Amerika angeknüpft und von 1854 an einzelne Häfen geöffnet. § 8. Deutschland, Dreißigjähriger Krieg. [~1556–1564.~] ~Ferdinand I.~, seit 1526 König von +Böhmen+ und +Ungarn+; doch muß er die größere Hälfte Ungarns den Türken überlassen. Unter ihm und seinem Nachfolger Friedenszeit in Deutschland, aber die +Ostseeprovinzen+ (S. 249) und die +Niederlande+ (S. 242ff.) gehen dem Deutschtum verloren. Während die Protestanten sich durch theologische Streitigkeiten entzweien (Haß der strengen Lutheraner an der 1548 eröffneten Universität Jena gegen den »Kryptocalvinismus« Melanchthons), befestigt sich der Katholizismus durch das eifrige Wirken der +Jesuiten+ (S. 231) und das Tridentinum (S. 232). Beginn der +Gegen+reformation in Österreich, Bayern und den geistlichen Fürstentümern. [~1564–1576.~] ~Maximilian II.,~ mild und den Protestanten zugetan, denen er in seinen Erblanden freie Religionsübung gestattet. Doch wird Herzog +Johann Friedrich+ von Sachsen-Gotha, der im Bunde mit dem gewalttätigen Reichsritter +v. Grumbach+ die Länder seines Vaters (S. 232 f.) wiederzugewinnen trachtet, 1566 geächtet und bis an seinen Tod (1595) in Österreich gefangen gehalten (Grumbachsche Händel). [~1576–1612.~] ~Rudolf II.,~ von den Jesuiten erzogen, gelehrt, aber unfähig zu regieren. Die Astronomen +Tycho de Brahe+ (aus Schonen, † 1601) und +Kepler+ (S. 227) an seinem Hofe in Prag. Im Reiche nehmen Streitigkeiten überhand. Sonderung der Lutheraner von den Reformierten durch die +Konkordienformel, +1580 zuerst in Sachsen verkündet, aber nicht von allen lutherischen Landeskirchen angenommen. Auf den Reichstagen Streit über den geistlichen Vorbehalt (S. 234). Der Kurfürst von +Köln+ Gebhard Truchseß von Waldburg 1583 vertrieben, weil er zum Protestantismus übertritt. In +Straßburg+ 1592 zwiespältige Bischofswahl; der von den Protestanten gewählte Administrator muß 1604 zurücktreten. Die Reichsstadt +Donauwörth+, vom Kaiser in die Acht erklärt, weil das Volk eine katholische Prozession gestört hatte, wird von +Maximilian von Bayern,+ der die Acht vollstreckt (1607), besetzt und mit Bayern vereinigt. Deshalb [1608.] Gründung der protestantischen ~Union~; Oberhaupt der reformierte Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz; [1609.] Katholische ~Liga,~ Oberhaupt Herzog Maximilian von Bayern. Beide Fürsten sind +Wittelsbacher+ (S. 200, Anm. 2); Sachsen bleibt der Union fern. [~1609–1014.~] ~Jülich-Clevescher Erbfolgestreit.~ Johann Sigismund von +Brandenburg+ und Wolfgang Wilhelm von +Pfalz-Neuburg+ nehmen das Land als das Erbe ihrer Gemahlinnen nach dem Tode des letzten Herzogs Johann Wilhelm gemeinsam in Besitz und werden von der Union gegen den vom Kaiser gesandten Erzherzog Leopold Wilhelm geschützt. Später entzweien sie sich, Wolfgang Wilhelm wird +katholisch+ und ruft die Hilfe der +Liga+ und +Spaniens+ an. Johann Sigismund tritt zur +reformierten+ Lehre über und findet Rückhalt an +Holland+ und Heinrich IV. von Frankreich († 1610, S. 238), doch wird ein Krieg vermieden. Vertrag zu +Xanten+ 1614: +Cleve, Mark+ und +Ravensberg+ kommen an Brandenburg, +Jülich+ und +Berg+ an Pfalz-Neuburg. Spanische und holländische Besatzungen bleiben noch längere Zeit, erst 1666 wird der Vertrag vollständig ausgeführt. Kaiser Rudolf, von seinem Bruder +Matthias+ gezwungen, ihm Ungarn, Mähren und Österreich zu überlassen, gibt den Böhmen, um sie für sich zu gewinnen, den [1609.] ~Majestätsbrief~. Dieser gestattet +allen Bewohnern+ Böhmens den Anschluß an die »utraquistische«, auf entschieden protestantischem Standpunkt stehende +Böhmische Konfession+ von 1575 und erlaubt den 3 Ständen der +Herren+, +Ritter+ und +königlichen Städte+ den Bau von Kirchen. Der zugleich abgeschlossene, vom Kaiser anerkannte ständische +Vergleich+ gibt diese Erlaubnis auch den +Untertanen+ auf den +königlichen Gütern+. [1611.] Rudolf verliert auch die Herrschaft über Böhmen, stirbt 1612 machtlos in Prag. [~1612–1619.~] ~Matthias~ verschafft, da er kinderlos ist und seine Brüder Verzicht leisten, seinem streng katholischen, von den Jesuiten erzogenen Vetter ~Ferdinand~, Herzog von Steiermark, Kärnten und Krain, die Nachfolge auch in Böhmen und Ungarn, trotz des Widerwillens der protestantischen Stände. [~1618–1648.~] ~Der Dreißigjährige Krieg.~ Versuch des Hauses +Habsburg+, im Bunde mit der katholischen Kirche die Machtstellung des Kaisertums zu erhöhen. In den drei ersten Abschnitten des Krieges überwiegt die +religiöse+ Parteiung; aus dem Aufstand in Böhmen entwickelt sich ein großer Kampf des katholischen Europa gegen das protestantische. Zuletzt führen Schweden und Frankreich im Kampf gegen das Haus Habsburg +Eroberungs+kriege +auf deutschem Boden+. ~1. Böhmisch-pfälzischer Krieg 1618–1623.~ ~Veranlassung~: Schließung der utraquistischen Kirche in Braunau im Gebiet des dortigen Abts und Niederreißung der Kirche in Klostergrab im Sprengel des +Erzbischofs von Prag+, also in Gebieten +geistlicher+ Stände, welche nach Auffassung der Protestanten kraft der böhmischen Landesverfassung als +königliche Güter+ zu betrachten waren. Versammlung der 1609 mit Zustimmung des Kaisers eingesetzten +Defensoren+ und der protestantischen Stände. [~1618.~ 23. Mai.] ~Aufstand in Prag~; an der Spitze steht Graf +Matthias von Thurn+. Die Statthalter +Martinitz+ und +Slawata+ und der Geheimschreiber +Fabricius+ werden aus den Fenstern der kaiserlichen Burg hinausgestürzt, kommen aber mit dem Leben davon. Die Aufständischen übertragen die Regierung Böhmens an 30 +Direktoren+. Aus Italien kommt Graf +Ernst von Mansfeld+ zu Hilfe, gesandt vom Herzog von Savoyen; aus Schlesien zieht Markgraf Johann Georg von +Jägerndorf+ herbei. [1619.] Kaiser Matthias stirbt; Graf Thurn zieht gegen +Wien+. Die österreichischen, meist protestantischen Stände stellen drohende Forderungen an +Ferdinand+, der durch die Ankunft einiger Truppen aus der gefährlichsten Lage gerettet wird. Thurn wird durch eine ungünstige Wendung des Krieges in Böhmen zum Abzug bewogen. Ferdinand begibt sich nach +Frankfurt+, wird dort von den drei geistlichen Kurfürsten und den Gesandten von Pfalz, Sachsen, Brandenburg zum Kaiser gewählt. [~1619–1637.~] ~Ferdinand II.~ Unterdessen sprechen die Böhmen seine Absetzung als König von Böhmen aus und wählen den jungen ~Friedrich V.~, Kurfürsten von der Pfalz, Oberhaupt der Union und der deutschen +Calvinisten+, Schwiegersohn Jakobs I., Königs von England. Graf Thurn zum zweitenmal vor Wien, mit +Bethlen Gabor+, Fürsten von Siebenbürgen, vereinigt (Nov. 1619). Kälte, Mangel und der Einfall eines kaiserlichen Parteigängers in Ungarn bewirken den Rückzug. Ferdinand verbündet sich mit seinem Jugendfreunde ~Maximilian~, Herzog von ~Bayern~, dem Haupt der katholischen Liga, welcher ihm die österreichischen Stände unterwerfen hilft, mit Spanien (Spinŏla bricht in die Kurpfalz ein) und mit dem lutherischen Kurfürsten +Johann Georg+ von Sachsen, welcher die Lausitz und Schlesien wieder unterwirft. Maximilian von Bayern zieht mit dem Heere der Liga (+Tilly+) nach Böhmen, vereinigt sich mit dem kaiserlichen Feldherrn +Buquoi+. Beide siegen in der [~1620.~ 8. Nov.] ~Schlacht~ auf dem ~Weißen Berge~ bei ~Prag~ über Friedrichs V., vom Fürsten +Christian von Anhalt+ geführte Truppen. Friedrich, der »Winterkönig«, entflieht nach Holland, wird vom Kaiser trotz kurfürstlichen Protestes geächtet, ebenso Christian von Anhalt und der Markgraf von Jägerndorf. Strenges Walten der Sieger in +Böhmen+; die Häupter des Aufstandes hingerichtet, viele Güter eingezogen, der Protestantismus ausgerottet. Gewaltsame +Gegenreformation+ auch in Österreich und (weniger hart) in Schlesien. Die protestantische +Union+ löst sich auf, als die Kriegsgefahr näher rückt. Das Kurfürstentum ~Pfalz~ wird in Vollstreckung der Reichsacht von Maximilians Feldherrn ~Tilly~ mit Hilfe spanischer Truppen unter +Spinŏla+ erobert. Heidelberg erstürmt, die Bibliothek (Palatina) nach Rom gebracht. Tilly, 1622 bei +Wiesloch+ von Mansfeld geschlagen, siegt bald darauf bei +Wimpfen+ über den Markgrafen von Baden-Durlach, bei +Höchst+ über Christian von Braunschweig, Administrator des Bistums Halberstadt. [1623.] Tilly dringt nach +Westfalen+ vor, siegt bei +Stadtlohn+ abermals über Christian, bleibt mit seinen Truppen im niedersächsischen Kreise zum Schutz der geistlichen Gebiete. Herzog Maximilian erhält auf dem Fürstentag zu Regensburg die pfälzische +Kurwürde+ und die +Oberpfalz+, Sachsen die +Lausitz+ (zunächst als Pfand). ~2. Dänisch-niedersächsischer Krieg 1625–1629.~ ~Christian IV.~, König von Dänemark (S. 250) und Herzog von Holstein, als Oberster des niedersächsischen Kreises (S. 224) an der Spitze der Protestanten, von +Holland+ und +England+ zur Wiedereinsetzung Friedrichs V. angetrieben, aber unzureichend unterstützt. Albrecht von ~Wallenstein~ (eig. +Waldstein+) geb. 1583 in Böhmen, aus utraquistischer Familie, aber katholisch erzogen, 1619 Oberst, 1623 Fürst, 1625 Herzog von +Friedland+, wird kaiserlicher Obergeneral über ein von ihm selbst errichtetes, durch ein Raubsystem zu erhaltendes Söldnerheer. [~1626.~] +Wallenstein+ schlägt +Mansfeld+ bei der ~Dessauer Brücke~, verfolgt ihn durch Schlesien und Mähren nach Ungarn, wo sich Mansfeld mit +Bethlen Gabor+ vereinigt, aber von diesem keine Hilfe erhält. Mansfeld stirbt in Bosnien. (»Imperatorem decet stantem mori!«) [1626. Aug.] Tilly schlägt Christian IV. bei ~Lutter am Barenberge~ in Braunschweig. Tilly und Wallenstein erobern +Holstein+ (1627), Wallenstein allein +Schleswig+ und +Jütland+. Er besetzt +Mecklenburg+, wird vom Kaiser 1628 mit diesem Herzogtum belehnt und zum General des Baltischen und Ozeanischen Meeres ernannt. Er zwingt den Herzog von +Pommern+ zur Unterwerfung, erhält aber von den Hansestädten keine Schiffe und belagert vergebens ~Stralsund~ (1628), dessen Bürger sich mit dänischer und schwedischer Hilfe zehn Wochen lang tapfer verteidigen. Sein Unterfeldherr +Arnim+ zieht darauf mit 15000 Mann nach Westpreußen, um die Polen gegen Gustav Adolf (S. 250) zu unterstützen. [~1629.~] ~Friede zu Lübeck~ zwischen dem Kaiser und Christian IV. Dieser erhält seine Länder zurück, entsagt aber jeglicher Teilnahme an den deutschen Streitigkeiten. Ferdinand II. erläßt das ~Restitutionsedikt~: 1. Auf Grund des +geistlichen Vorbehaltes+ (S. 234) sollen die seit dem Passauer Vertrage 1552 von protestantischen Fürsten in Besitz genommenen geistlichen Güter herausgegeben werden. Dies betrifft 2 Erzbistümer: +Magdeburg+ und +Bremen+; 12 Bistümer: +Minden+, +Verden+, +Halberstadt+, +Lübeck+, +Ratzeburg+, +Meißen+, +Merseburg+, +Naumburg+ (diese drei werden jedoch dem +Kurfürsten von Sachsen+ ausnahmsweise belassen), +Brandenburg+, +Havelberg+, +Lebus+ und +Kammin+, außerdem viele Klöster und Stifter. 2. +Nur+ die Bekenner der +Augsburgischen+ Konfession sollen freie Religionsübung haben, alle anderen »Sekten« -- also auch die Reformierten -- sollen aufhören. -- Anfang rücksichtsloser Ausführung des Resitutionsedikts durch die Truppen der Liga und Wallensteins. [~1630.~] ~Kurfürstentag zu Regensburg.~ Die katholischen Kurfürsten, gestützt auf die lauten Klagen aller Reichsstände über die von Wallensteins Truppen verübten Grausamkeiten und Erpressungen, erlangen vom Kaiser Ferdinand II. die +Absetzung Wallensteins+. ~3. Schwedischer Krieg 1630–1635.~ [~1630.~ Juni] ~Gustav II. Adolf~, König von Schweden, landet auf der Insel Usedom. +Zwecke und Gründe seiner Einmischung+: Schutz der unterdrückten Protestanten; Wiedereinsetzung der Herzöge von Mecklenburg, seiner Verwandten; Sicherung seiner Herrschaft gegen die mit dem Kaiser verbündete polnische Linie des Hauses Wasa (s. S. 250); Besorgnis vor der Begründung einer kaiserlichen Seemacht auf der Ostsee. Damalige +Machtstellung+ Schwedens: Finnland, Karelien, Ingermanland, Estland, Livland (S. 249 f.), gehörten zu Gustav Adolfs Reiche, Kurland stand unter schwedischem Einfluß. Es lag für einen ehrgeizigen Monarchen nahe, an die Erwerbung von +Preußen+ und +Pommern+ zu denken, welche das Baltische Meer völlig unter den beherrschenden Einfluß Schwedens gebracht hätte. Nach der Eroberung der Inseln +Usedom+, +Wollin+ und +Rügen+ besetzt Gustav Adolf +Stettin+, schließt ein Bündnis mit Herzog Bogislaw XIV., vertreibt die kaiserlichen Truppen aus Pommern. Subsidienvertrag mit Frankreich (+Richelieu+). Er rückt an der Oder vor, wo ihm Tilly entgegentritt (1631), wendet sich nach Mecklenburg, dann zur Oder zurück, nimmt die Stadt Frankfurt ein. Inzwischen hat Tilly +Magdeburg+ zu belagern begonnen. Gustav Adolf unterhandelt mit seinem Schwager +Georg Wilhelm+, Kurfürsten von +Brandenburg+, der Bedenken trägt, vom Kaiser abzufallen; endlich wird ihm die Festung +Spandau+ eingeräumt. Weitere Unterhandlungen mit Kurfürst Johann Georg von +Sachsen+, der neutral zu bleiben versucht. Währenddessen [~1631.~] (10./20. Mai.) Eroberung ~Magdeburgs~ durch Tilly. Der Sturm geleitet von +Pappenheim+. Furchtbares Blutbad und Plünderung durch die zügellosen Soldaten Tillys. Durch eine plötzlich an verschiedenen Stellen ausbrechende Feuersbrunst wird die Stadt Magdeburg mit Ausnahme des Domes in Asche gelegt (+nicht+ auf Tillys Befehl). Tilly will den Kurfürsten von Sachsen zum Anschluß an den Kaiser zwingen. Johann Georg ruft Schwedens Hilfe an. [~1631.~ 7. / 17.Sept.] ~Schlacht bei Leipzig~ oder ~Breitenfeld~. Zuerst werden die Sachsen von Tilly in die Flucht geschlagen, dann glänzender Sieg Gustav Adolfs. Die Sachsen unter +Arnim+, dem früheren Unterfeldherrn Wallensteins, rücken in +Böhmen+ ein und nehmen +Prag+. Gustav Adolf zieht durch +Thüringen+ und +Franken+ nach dem Rhein (über Erfurt, Würzburg, Hanau, Frankfurt). Die Pfalz erobert. ~Mainz~ besetzt, hier Winterquartiere. +Wallenstein+, vom Kaiser wieder zum Kommando und unbeschränkten Oberbefehl über alle kaiserlichen Truppen berufen, wirbt ein neues Heer und vertreibt (Mai 1632) die Sachsen aus Böhmen. Gustav Adolf zieht nach +Nürnberg+ und siegt über Tilly bei +Rain+ am Lech (5./15. April). Tilly, tödlich verwundet, stirbt in Ingolstadt. Gustav Adolf nimmt +Augsburg+ ein, belagert vergeblich Maximilian in Ingolstadt, zwingt ~München~ zur Übergabe. Wallenstein von Maximilian zu Hilfe gerufen. [~1632.~ Juli–Sept.] ~Festes Lager bei Nürnberg.~ Gustav Adolf und Wallenstein lagern einander 7 Wochen gegenüber. Ein Angriff der Schweden auf Wallensteins Verschanzungen wird blutig zurückgeschlagen. Darauf rückt Gustav Adolf gegen die Donau, Wallenstein nach Sachsen. Auf den Hilferuf des Kurfürsten kommt Gustav Adolf in Eilmärschen herbei, vereinigt sich mit +Bernhard von Weimar+ und greift, als er hört, daß Wallenstein von Leipzig aus Pappenheim nach Nordwesten abgesandt hat, die Kaiserlichen (etwa 18000 gegen 20000 Schweden) an. [6./16. Nov.] ~Schlacht bei Lützen.~ ~Gustav Adolf fällt.~ +Pappenheim+, der, schnell zurückgerufen, von 3 Uhr ab mit seinen Reitern an der Schlacht teilgenommen hatte, war kurz vor dem König tödlich verwundet worden. Der Sieg der Schweden wird durch Bernhard von Weimar vollendet. +Bernhard+, +Gustav Horn+ und +Banér+ erhalten den Befehl über die schwedischen Heere. Die politische Leitung übernimmt der schwedische Reichskanzler ~Axel Oxenstierna~; er schließt den +Heilbronner Bund+: Schweden an der Spitze der 4 oberdeutschen Reichskreise (Baden, Württemberg, Hessen-Kassel, die süddeutschen Reichsstädte). [~1633.~] Zug +Bernhards’ von Weimar+ nach Franken. Er läßt sich von dem schwedischen Kanzler mit den Bistümern Würzburg und Bamberg als +Herzogtum+ ~Franken~ belehnen und besetzt die Oberpfalz. Wallenstein rückt aus Böhmen nach +Schlesien+ vor, nimmt bei +Steinau+ an der Oder ein schwedisches Korps gefangen, kehrt dann aber nach Böhmen zurück und weigert sich, dem Kurfürsten Maximilian von Bayern abermals zu Hilfe zu kommen, obgleich +Regensburg+ (14. Nov.) von Bernhard von Weimar besetzt ist. Spannung zwischen +Wallenstein+ und dem kaiserlichen Hofe. Die ihm feindliche ligistisch-spanische Partei will ihn vom Oberbefehl entfernen. Wallenstein führt geheime Unterhandlungen mit den Sachsen, Schweden und Franzosen. Er beabsichtigt, sich durch sein Heer (Revers der Obersten in +Pilsen+) eine +unabhängige Stellung+ zu verschaffen, den Kaiser von der Herrschaft der spanischen Partei zu befreien und den Reichsfrieden herzustellen. Der Wiener Hof macht ihm die Hauptführer der Truppen (Gallas, Piccolomini, Aldringen, Maradas, Colloredo) abwendig; Ilow, Terzka, Kinsky bleiben Wallenstein treu. Ein kaiserliches Patent vom 18. Februar 1634 erklärt Wallenstein für abgesetzt, weil »er eine Konspiration anzuspinnen sich angemaßt, Uns und Unser hochlöbliches Haus von unserem Erbkönigreich, Land und Leuten zu vertreiben«. Wallenstein verläßt Pilsen und zieht nach +Eger+, wohin auch Bernhard von Weimar und Arnim kommen sollen. [~1634.~ 25. Febr.] ~Wallenstein ermordet zu Eger~ auf Veranstaltung des irischen Obersten +Butler+, der mit Gallas und Piccolomini im Einverständnis war. Der Kaiser hat den Mord nicht befohlen, aber die Mörder mit Ehren und Reichtümern belohnt. [6./16. Sept.] Schlacht bei ~Nördlingen~, Sieg der mit einem spanischen Hilfskorps vereinigten Kaiserlichen (unter +Ferdinand+, des Kaisers Sohn, und +Gallas+) und Bayern (+Johann von Werth+) über die Schweden unter Horn und Bernhard von Weimar. Die süddeutschen Protestanten suchen Hilfe bei Frankreich. [~1635.~] ~Friede zu Prag~, zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten von Sachsen: 1. Der Kurfürst von Sachsen erhält die +Lausitz+ erblich, das Erzbistum Magdeburg für seinen zweiten Sohn +August+ auf Lebenszeit. 2. Die +geistlichen Güter+ (s. S. 255) sollen den protestantischen Besitzern auf 40 Jahre verbleiben. 3. Gemeinsame Bekämpfung der Schweden und ihrer Bundesgenossen. -- +Brandenburg+ und andere protestantische Reichsstände treten diesem Frieden bei; einige aber bleiben dem Bündnis mit Schweden treu. ~4. Schwedisch-französischer Krieg 1635–1648.~ Frankreich, durch +Richelieus+ Politik mit Schweden eng verbündet (S. 256), erklärt dem Kaiser, bald auch dem König von Spanien den Krieg. Subsidienvertrag mit +Bernhard von Weimar+, welcher sich, da er infolge der Schlacht bei Nördlingen sein Herzogtum Franken verloren hat, im +Elsaß+ einen neuen Staat zu erobern sucht. Einnahme von +Breisach+ 1638. Nach seinem Tode 1639 bemächtigt sich Frankreich seines Heeres und seiner Eroberungen. [~1636.~] Sieg der Schweden (nachdem sie fast bis an die Ostsee zurückgedrängt gewesen waren) unter Banér bei ~Wittstock~ über das kaiserlich-sächsische Heer. [1637.] Kaiser Ferdinand II. †. Sein Sohn [~1037–1657.~] ~Ferdinand III.~, zum Frieden geneigt. Das +pommersche+ Herzoghaus erlischt (1637). [1640.] Georg Wilhelm †. ~Friedrich Wilhelm~, Kurfürst von Brandenburg (der ~Große Kurfürst~, 1640–1688. S. auch Anhang): [1641.] Friedensverhandlungen in +Hamburg+, ein Kongreß verabredet. [~1642.~] ~Zweite~ Schlacht bei ~Leipzig~ (Breitenfeld), Banérs Nachfolger ~Torstenson~ siegt über die Kaiserlichen unter Erzherzog +Leopold Wilhelm+ und +Piccolomini+, dringt darauf durch Böhmen nach Mähren vor. Die feindliche Haltung des auf Schwedens Erfolge eifersüchtigen Dänenkönigs Christian IV. (S. 255) veranlaßt ihn zur Umkehr. [1643. Sept.] Torstenson zieht in Eilmärschen durch Schlesien, Sachsen, Braunschweig nach dem Norden, erobert Holstein und Schleswig, rückt in Jütland ein. Unterdessen dringen die Franzosen in Schwaben vor, werden aber bei +Tuttlingen+ von einem österreichisch-bayrischen Heere (unter +Mercy+ und +Johann von Werth+) geschlagen. [1644.] Die Gesandten der Krieg führenden Staaten versammeln sich in +Münster+ und +Osnabrück+; langwierige Vorverhandlungen. Der Marschall ~Turenne~ und der 23jährige Herzog von +Enghien+, später Prinz ~Condé~, erhalten den Oberbefehl über die französischen Truppen. Sie zwingen die Bayern zum Rückzug und erobern einen großen Teil der Rheinlande (Worms, Mainz, Bingen u. a. Städte). [~1645.~ Jan.] Ein den Dänen zu Hilfe gesandtes kaiserliches Heer unter +Gallas+ wird von +Torstenson+ aus Holstein zurückgetrieben und bei Magdeburg fast vernichtet. Glänzender Sieg +Torstensons+ über die Kaiserlichen [März.] bei ~Jankau~ (in Böhmen), worauf er, mit dem siebenbürgischen Fürsten +Rakoczy+ verbündet, Mähren erobert und bis nahe vor Wien rückt. +Turenne+, von +Mercy+ und +Johann von Werth+ bei +Mergentheim+ (in Franken) geschlagen, siegt mit Condé vereinigt bei +Allerheim+ (unweit Nördlingen). Friede zwischen +Schweden+ und +Dänemark+ zu +Brömsebro+ (s. S. 250). Nach dem Mißlingen der Belagerung von Brünn geht +Torstenson+ nach Böhmen zurück und legt wegen Krankheit den Oberbefehl nieder, welchen +Wrangel+ erhält. [1646.] Schweden und Franzosen rücken in +Bayern+ ein, zwingen den Kurfürsten Maximilian (1647), einen Waffenstillstand zu schließen. [1648.] Zweiter Einfall der Schweden und Franzosen in +Bayern+, nachdem Maximilian den Waffenstillstand gekündigt hat; furchtbare Verheerung des Landes. Der schwedische General +Königsmark+ nimmt die +Kleinseite+ von +Prag+ auf dem linken Moldauufer ein. [~1648.~] ~Westfälischer Friede.~ Unterhandlungen von 1645 bis 1648 zu +Münster+ mit den Franzosen, zu +Osnabrück+ mit den Schweden. Der kaiserliche Gesandte Graf +Trautmannsdorf+. +A. Entschädigungen.+ 1. ~Schweden~ erhält als ~Reichslehen~: +Vorpommern+ mit Stettin, Rügen, Usedom und Wollin, die bisher mecklenburgische Stadt +Wismar+ und die Bistümer +Bremen+ (~nicht~ die Stadt) und +Verden+ (spr. +Fērden+) als weltliche Herzogtümer, dazu 5 Millionen Taler. 2. ~Frankreich~ erhält den Besitz der schon 1552 (s. S. 233) gewonnenen lothringischen Bistümer +Metz, Toul+ und +Verdun+ bestätigt; der Streit mit dem seit 1634 vertriebenen +Herzog+ +von+ ~Lothringen~ bleibt unerledigt (bis 1659, vgl. S. 262). Im ~Elsaß~ erhält es die österreichische +Landgrafschaft+ (S. 195), den +Sundgau+ und die +Landvogtei+ über 10 Reichsstädte; diese Städte selbst verbleiben dem Reiche, ebenso Stadt und Bistum +Straßburg+. Auf dem rechten Rheinufer erhält Frankreich die Stadt +Breisach+ und das Besatzungsrecht von +Philippsburg+. 3. ~Bayern~ bleibt im Besitz der +Oberpfalz+, ~Sachsen~ im Besitz der +Lausitz+; ~Brandenburg~ erhält +Hinterpommern+ mit dem Bistum +Kammin+, die Bistümer +Halberstadt+ und +Minden+ und die Anwartschaft auf das Erzbistum +Magdeburg+ (erworben 1680, S. 258). +Hessen-Kassel+ erhält die Abtei Hersfeld und einen Teil der Grafschaft Schauenburg, +Mecklenburg+ die Bistümer Schwerin und Ratzeburg, +Braunschweig-Lüneburg+ ein Anrecht auf das Bistum Osnabrück, wo bis 1803 abwechselnd ein katholischer und ein evangelischer Bischof regiert. +B. Weltliche Reichsangelegenheiten.+ 1. Allgemeine Amnestie und Wiedereinsetzung in den Stand von 1618, doch bleibt die +bayrische+ Linie des Hauses Wittelsbach im Besitz der Kurwürde; für die +pfälzische+ wird eine neue, +achte+ Kurwürde errichtet. 2. Den Reichsständen wird im Verhältnis zum Kaiser die +Landeshoheit (Superioritas territorialis)+ zuerkannt, namentlich das Recht, Bündnisse unter sich und mit Auswärtigen, außer gegen Kaiser und Reich, zu schließen. 3. Die Republik der ~Niederlande~ (S. 244) und die ~Schweiz~ (S. 225) werden als ~unabhängig vom Reiche~ anerkannt. +C. Geistliche Angelegenheiten.+ 1. Der +Augsburger+ Religionsfriede wird bestätigt und auf die +Reformierten+ ausgedehnt. 2. In betreff der geistlichen Güter und der Religionsübung wird der 1. Januar ~1624 (Annus normalis)~ als maßgebend festgesetzt. Frankreich und Schweden ~garantieren~ den Frieden. Ihre Truppen verlassen erst 1650 nach Abzahlung der Kriegsentschädigungen das deutsche Gebiet. ~Folgen des Dreißigjährigen Krieges.~ 1. Deutschland ist verwüstet und kommt nur langsam wieder empor. Das +Deutsche Reich+ ist nach außen ohnmächtig, im Innern geschwächt durch die Selbständigkeit der vielen kleinen Staaten. Sinken der Städte, der Hansebund ist aufgelöst.[47] 2. Die Religionsfreiheit ist für Deutschland und dadurch auch für das übrige Europa gesichert. 3. +Frankreich+ und +Schweden+ gelangen zu besonderem Ansehen im europäischen Staatensystem. Der ~brandenburgisch-preußische~ Staat beginnt sich zu entfalten. Er übernimmt fortan in Deutschland den Schutz der vom Kurfürsten von Sachsen preisgegebenen protestantischen Sache. Fussnoten: [41] Das Festland von +Nord-Amerika+ hatten schon um 1000 die Normannen (S. 170), dann wieder 1497 John und Sebastian ~Cabot~, gebürtig aus der Nähe von +Genua+, bez. aus +Venedig+, seit etwa 1490 in +Bristol+ ansässig, entdeckt. [42] +De Papa male informato ad Papam melius informandum.+ [43] Friedrich der Sanftmütige. (S. 205, 204.) _______________|____________________________ Ernst. Albert. _____|________________________________ __|__________________ Friedrich der Weise Johann †1532. Georg Heinrich †1541 †1525. | †1539. | Johann Friedrich Moritz †1553. †1554. [44] ~Jean d’Albret~, K. von Navarra † 1516. | ~Henri d’Albret~, K. von Navarra, Gem. ~Margarete~, Schwester Franz’ I. von Frankreich. | ~Jeanne d’Albret~, Erbin von Navarra, Gem. Anton von ~Bourbon~. | ~Heinrich IV.~, K. v. Frankreich † 1610. Gem. ~Margarete von Valois~. [45] +Hugenotten+ (+Huguenots+) soll ein Spottname sein, abgeleitet von +König Hugo+, einem Gespenst, das nach dem Volksglauben nächtlich die Straßen von +Tours+ durchzog; danach die Protestanten von ihren nächtlichen Zusammenkünften +Huguenots+ genannt. Nach andern ist der Name verdorben aus +Eidgenossen+. [46] Geb. 1533 zu Dillenburg in Nassau, besaß durch Erbschaft das souveräne Fürstentum +Orange+ an der Rhone. ~B. Vom Westfälischen Frieden bis zur französischen Revolution. (1648–1789.)~ § 1. Frankreich. [~1643–1715.~] ~Ludwig XIV.~, beim Tode seines Vaters Ludwig XIII. (S. 238) 5 Jahre alt, zunächst unter Vormundschaft seiner Mutter +Anna+, Tochter Philipps III. von Spanien; die Regierung leitet der Kardinal ~Mazarin~. [1648–1653.] Unruhen der ~Fronde~, veranlaßt durch den Widerstand des Pariser Parlaments gegen Mazarins Verordnungen. Eine unzufriedene Adelspartei schließt sich dem Widerstand an; Prinz +Condé+, anfangs für die Regierung kämpfend, entzweit sich ebenfalls mit Mazarin; dieser geht 1651 für kurze Zeit in die Verbannung. 1652 Kampf zwischen Condé und +Turenne+, der die königlichen Truppen befehligt, im +Faubourg St. Antoine+; Condé dringt in die Stadt Paris ein, wird aber bald beim Volke unbeliebt. Der Hof kehrt nach Paris zurück, Condé entweicht nach Spanien. +Mazarin+ befestigt das Ansehen der Monarchie. [1648.] Frankreichs Erwerbungen im Westfälischen Frieden s. S. 260. Der 1635 ausgebrochene +Krieg mit Spanien+ (Sieg Condés bei Rocroy 1643) wird beendet durch den [~1659.~] ~Pyrenäischen Frieden~:[48] 1. Frankreich erhält die Grafschaft +Roussillon+ (im NO. der Pyrenäen) und mehrere Plätze in +Artois+ und +Flandern+. 2. Der +Herzog von Lothringen+, Spaniens Verbündeter, wird in sein Herzogtum wieder eingeführt, muß jedoch den Franzosen eine Heerstraße von Metz nach dem Elsaß zugestehen. 3. Prinz +Condé+ kehrt zurück; Ludwig XIV. heiratet +Maria Theresia+, älteste Tochter Philipps IV. von Spanien, welche jedoch ihren Erbansprüchen entsagt. [~1661.~] ~Tod Mazarins~. ~Ludwigs Selbstregierung~ (1661 bis 1715), ohne Reichsstände (+États généraux+), ohne Beachtung der Einsprüche des Pariser Parlaments, nach persönlicher Willkür (+L’État c’est moi+). +Colbert+ Finanzminister, Förderung der Gewerbtätigkeit und des Handels durch das +Merkantilsystem+ (Schutzzölle zur Abwehr ausländischer Erzeugnisse, Verbesserung der Wege, Kanalbauten). +Kolonien+ auf den Kleinen Antillen, in Canada, Cayenne, Louisiana, Pondichery. Große Handels- und Kriegsflotte. +Louvois+ Kriegsminister; starkes stehendes Heer. +Vauban+ genialer Festungsbaumeister. Um Frankreichs Ansehen vor dem übrigen Europa zur Geltung zu bringen, unternimmt Ludwig XIV. eine Reihe von +Eroberungskriegen+ gegen die Nachbarstaaten. [~1667–1668.~] ~Raubkrieg gegen Spanien~ (Devolutionskrieg). Nach dem Tode Philipps IV. (1665) erhebt Ludwig XIV., gestützt auf das in einigen belgischen Provinzen geltende +Devolutionsrecht+, wonach die Töchter erster Ehe ein den Söhnen zweiter Ehe vorangehendes Erbrecht haben, Ansprüche auf die spanischen Niederlande. +Turenne+ erobert einen Teil von Flandern und Hennegau, +Condé+ besetzt die nicht verteidigte Freigrafschaft Burgund (Franche-Comté). Die von dem holländischen Ratspensionär +Jan de Witt+ zustande gebrachte ~Tripelallianz~ (England, Holland, Schweden) führt den Frieden zu +Aachen+ herbei: Frankreich erhält eine Anzahl von Grenzstädten, darunter +Lille+, welches von Vauban zu einer starken Festung umgeschaffen wird, gleichwie das 1662 von England (S. 270) erworbene +Dünkirchen+. [~1672–1678.~] ~Raubkrieg gegen Holland.~ Ludwig XIV. schließt Bündnisse und Subsidienverträge mit +England+ (S. 270), +Schweden+ und mehreren deutschen Reichsfürsten (besonders den geistlichen Fürsten von +Köln+ und +Münster+), vertreibt den Herzog Karl IV. von +Lothringen+ 1670. Verbündeter der niederländischen Republik ist Kurfürst +Friedrich Wilhelm+ von +Brandenburg+ (s. S. 244). Schnelle Eroberung eines großen Teiles der Niederlande (+Turenne+, +Condé+, der König an der Spitze von über 100000 Mann). Die Brüder +de Witt+, Führer der aristokratisch-republikanischen Partei, in einem Aufstande vom Volke getötet; +Wilhelm III. von Oranien+ an die Spitze der Republik gestellt. Die Öffnung der Schleusen rettet die Provinz Holland und die Stadt Amsterdam. Kurfürst Friedrich Wilhelm schließt mit Kaiser +Leopold+ (S. 265) ein Bündnis gegen Frankreich, wird aber von dem kaiserlichen Feldherrn +Montecuccoli+ in seinen Truppenbewegungen gehemmt. +Turenne+, in Westfalen vordringend, nötigt ihn 1673 zu einem Frieden, den Ludwig XIV. in +Vossem+ (unweit Löwen) bestätigt: Der Kurfürst erhält das von den Franzosen besetzte Land +Cleve+ (S. 252) zurück mit Ausnahme der Festungen Wesel und Rees. Auch +Spanien+ nimmt an dem Kriege teil. 1674 erfolgt die Kriegserklärung des +Deutschen Reiches+ an Frankreich. Ludwig XIV. besetzt die Franche-Comté; Condé kämpft gegen den Prinzen von Oranien in der unentschiedenen Schlacht bei +Seneffe+ (südlich von Brüssel), Turenne gegen den kaiserlichen General Bournonville bei +Enzheim+ im Elsaß. Kurfürst Friedrich Wilhelm erscheint mit 20000 Mann im Elsaß, kann sich aber mit Bournonville nicht einigen über gemeinsames Vordringen; beide werden von +Turenne+ zum Rückzug über den Rhein genötigt. Friedrich Wilhelm, durch den Einfall der mit Ludwig XIV. verbündeten Schweden in sein Land zurückgerufen, besiegt die Schweden in der [~1675~ (18./28. Juni).] ~Schlacht bei Fehrbellin~ (Derfflinger). In demselben Jahre (Juli) fällt +Turenne+ bei +Sasbach+ in Baden. Die Franzosen gehen über den Rhein zurück, dringen aber bald wieder vor. Friedrich Wilhelm erobert bis 1679 Stettin und ganz Schwedisch-Pommern nebst Rügen, treibt die Schweden auch aus Preußen bis nach Livland zurück. [~1678–1679.~] ~Friede zu Nimwegen~: 1. Die +Republik der Niederlande+ erhält ihr ganzes Gebiet zurück gegen das Versprechen der Neutralität. 2. +Spanien+ tritt an Frankreich die +Franche-Comté+ und abermals Grenzplätze seines niederländischen Gebiets ab (u. a. +Valenciennes+ und +Cambrai+). 3. Der Kaiser tritt Freiburg an Frankreich ab, welches das Besatzungsrecht von +Philippsburg+ (S. 260) aufgibt. 4. +Lothringen+ wird dem Herzog Karl V. unter sehr beschränkenden Bedingungen zurückgegeben; da er diese nicht annimmt, bleibt es von den Franzosen besetzt. Den vom Kaiser und Reich preisgegebenen Kurfürsten von Brandenburg zwingt Ludwig XIV. zu dem [~1679.~] ~Frieden zu Saint Germain en Laye~, in welchem dieser den Schweden fast alle seine Eroberungen in Pommern (Stettin, Stralsund, Rügen) herausgeben muß. Bald darauf +Bündnis+ des gegen den Kaiser erbitterten Kurfürsten[49] mit Frankreich, bis 1685. Infolge der Schwäche des Deutschen Reiches steigt der Übermut Ludwigs XIV. so weit, daß er 1680 ~Reunionskammern~ in +Metz+, +Breisach+, +Besançon+, +Tournay+ einsetzt. Diese französischen Gerichtshöfe untersuchen und entscheiden, was jemals zu den in den letzten vier Friedensschlüssen an Frankreich abgetretenen Ländern und Plätzen gehört hat. Der König vollstreckt mit seinen Truppen die Reunionsbeschlüsse, indem er zu der Gewalttat mitten im Frieden den Hohn einer Rechtsform fügt. [~1681.~ 30. Sept.] ~Die Franzosen besetzen Straßburg~ im Einverständnis mit dem +Bischof Franz Egon von Fürstenberg+. Einfall in die spanischen Niederlande 1683. Besetzung von +Luxemburg+ und +Trier+ 1684. Diesen Rechtsverletzungen tritt das Deutsche Reich nur mit leeren Protesten entgegen; schließlich wird 1684 zu +Regensburg+ ein +zwanzigjähriger+ ~Waffenstillstand~ mit Ludwig XIV. abgeschlossen, wonach er alle bis zum 1. August 1681 besetzten Gebiete, dazu auch Straßburg behält. [1684.] Eine französische Flotte bombardiert +Genua+, um es für seine Verbindung mit Spanien zu strafen. [~1685.~] ~Aufhebung des Edikts von Nantes~ (s. S. 238). Die Ausübung des +reformierten+ Bekenntnisses in Frankreich wird untersagt, die Erziehung der Kinder in der katholischen Religion befohlen, die Auswanderung verboten. Über 50000 Familien entkommen indes nach Holland, England, Brandenburg. Die +Protestanten im Elsaß+ behalten die ihnen zugesicherte Religionsfreiheit. [~1688–1697.~] ~Raubkrieg gegen Deutschland~ (Pfälzischer Krieg). Nach dem Tode des Kurfürsten Karl von der +Pfalz+ (1685), dessen Schwester Elisabeth Charlotte (Liselotte) mit dem Herzog Philipp von Orléans, Bruder Ludwigs XIV., vermählt war, erhebt Frankreich gegenüber der Linie Pfalz-Neuburg Ansprüche auf einen großen Teil des Landes. Im Erzbistum +Köln+ will Ludwig XIV. die Wahl des Straßburger Bischofs Wilhelm von Fürstenberg gegen den Prinzen Clemens von Bayern durchsetzen. Bündnis zu +Augsburg+ 1686 gegen Frankreich zwischen dem +Kaiser+, +Spanien+, +Schweden+ und den bedeutendsten +Reichsfürsten+, nach der in England 1688 erfolgten Thronveränderung (S. 271) zu der +Großen Allianz+ erweitert, der +England+, +Holland+ und +Savoyen+ beitreten. Die französischen Heere rücken in die Rheinlande ein (Sept. 1688). ~Furchtbare Verheerung der Pfalz~ durch ~Mélac~ auf Befehl von Louvois (März-Juni 1689); die Städte +Heidelberg+, +Mannheim+, +Speier+, +Worms+ und Hunderte von kleineren Orten verbrannt. Das deutsche Reichsheer erobert +Mainz+ und +Bonn+, kann aber am Oberrhein die Franzosen nicht vertreiben; der Markgraf +Ludwig von Baden+ erobert Heidelberg wieder, hält sich dann aber meist allzu vorsichtig hinter seiner festen Verteidigungsstellung bei Heilbronn. In den Niederlanden siegt der Marschall +von Luxembourg+ bei +Fleurus+ 1690, +Steenkerken+ 1692, +Neerwinden+ 1693, doch behauptet +Wilhelm III.+ durch zähe Ausdauer das Feld. Eine französische Landung in +Irland+ zu Gunsten des vertriebenen +Jakob II.+ hat nur vorübergehenden Erfolg (s. S. 272). [1692.] Seesieg der verbündeten +englischen+ und +holländischen+ Flotte über die französische bei ~La Hougue~ (Ostseite der Halbinsel Cotentin). [~1697.~] ~Friede zu Ryswyk~ (spr. +Reisweik+, Dorf beim Haag): 1. Frankreich behält die +im Elsaß+ besetzten Gebiete, gibt aber +Freiburg+ zurück (S. 263); die pfälzische Erbschaftssache wird einem Schiedsgericht übergeben. 2. Der Herzog von +Lothringen+ wird vollständig wieder eingesetzt (S. 263). 3. Spanien erhält +Luxemburg+ zurück, tritt aber einige Grenzgebiete seiner Niederlande ab. 4. +Wilhelm III.+ wird als König von England anerkannt. Blüte der ~französischen Literatur~ im Zeitalter Ludwigs XIV. +Corneille+ († 1684), +Racine+ († 1699), +Molière+ († 1673), +La Fontaine+ († 1695), +Boileau+ († 1711), +Bossuet+ († 1704), +Fléchier+ († 1710), +Fénelon+ († 1715). Ludwigs Hofleben in +Versailles+, +Marly+, +Trianon+ das Vorbild der europäischen Höfe. Bauten, Luxus, Maitressen (+La Vallière+, +Montespan+, +Fontange+). Nach dem Tode seiner Gemahlin +Maria Theresia+ von Spanien († 1683) vermählt sich Ludwig insgeheim mit +Françoise d’ Aubigné+, Witwe des Dichters +Scarron+, die er zur Marquise von +Maintenon+ erhebt. Seitdem Frömmelei am Hofe. Die Finanzen geraten nach Colberts Tode (1683) in Unordnung, zunehmende Willkürherrschaft im Innern. Beginn des wirtschaftlichen Niedergangs. § 2. Deutschland. [~1658–1705.~] ~Leopold I.~ (Sohn Ferdinands III.), mehr auf die Mehrung der habsburgischen Hausmacht bedacht, als auf die Wiederaufrichtung des geschwächten Deutschen Reiches. Unter den Reichsfürsten ragt ~Friedrich Wilhelm~, der ~Große Kurfürst~ von ~Brandenburg~ (1640–1688) hervor als Verteidiger der Selbständigkeit Deutschlands, während andere, namentlich die drei geistlichen Kurfürsten zu gegenseitigem Schutze mit Frankreich 1658 den +Rheinbund+ schließen (aufgelöst 1667). Seit 1663 +dauernder+ ~Reichstag zu Regensburg~, von den Gesandten der 8 Kurfürsten, der 33 geistlichen, der 61 weltlichen Fürsten (dazu 2 Kurien der Prälaten, 4 Kurien der Reichsgrafen) und der 51 Reichsstädte gebildet. Für Religionssachen getrennte Beratung, Corpus +Catholicorum+ und Corpus +Evangelicorum+. Neben dem Reichskammergericht in Wetzlar (S. 224) gilt auch der +Reichshofrat+ zu +Wien+ als oberstes Gericht. Kriegswesen und Finanzen in schlechtem Zustande, weil alles von der Bewilligung der so zahlreichen Reichsstände abhängt. Doch kämpfen die Reichstruppen tapfer mit in den von Österreich mit Nachdruck geführten ~Türkenkriegen~. [1664.] Sieg des kaiserlichen Feldherrn +Montecuccoli+ über die Türken bei +St. Gotthard+ an der +Raab+. Darauf Friedensschluß; die größere Hälfte von Ungarn bleibt unter türkischer Hoheit (vgl. S. 232). Eine Verschwörung ungarischer Magnaten gegen die habsburgische Herrschaft wird 1670 entdeckt und bestraft; Aufstand unter Führung des Grafen +Tököly+ 1678; dieser ruft die Türken zu Hilfe. [~1683.~] ~Belagerung Wiens durch die Türken.~ Heldenmütige Verteidigung, geleitet durch +Rüdiger von Starhemberg+. Glücklicher Entsatz durch die +Schlacht am Kahlen Berge+; Sieg des vereinigten deutschen und polnischen Heeres unter +Karl V. von Lothringen+ und dem Polenkönig +Johann Sobieski+. 1684 Beitritt +Venedigs+ zum Kriegsbündnis gegen die Türkei. [1686.] +Ofen+ erobert von kaiserlichen und brandenburgischen Truppen. Sieg Karls von Lothringen bei +Mohacz+. [1687.] Der Reichstag zu Preßburg überträgt dem österreichischen Mannesstamm die erbliche Thronfolge in Ungarn. [1691.] Sieg des Markgrafen +Ludwig von Baden+ bei +Slankamen+ unweit Peterwardein, des Prinzen +Eugen von Savoyen+ bei +Zenta+ an der Theiß 1697. [~1699.~] ~Friede zu Karlowitz~: +Ungarn+ und +Siebenbürgen+ kommen an Österreich, türkisch bleibt nur das Gebiet von +Temesvar+. Morea kommt an Venedig, Asow an Rußland. ~Standeserhöhungen deutscher Fürsten~ am Ende des 17. und am Anfang des 18. Jahrhunderts: [1692.] 1. Herzog +Ernst August+ von Braunschweig-Lüneburg (Haus der +Welfen+, s. S. 184) erhält als Kurfürst von ~Hannover~ die +neunte+ Kurwürde. [1697.] 2. +Friedrich August I.+, Kurfürst von +Sachsen+, wird nach dem Tode Johann Sobieskis zum ~König von Polen~ erwählt als +August II.+ (+der Starke+). 3. Kurfürst +Friedrich III. von Brandenburg+ (1688 bis 1713), Sohn des Großen Kurfürsten, nimmt [~1701.~ 18. Jan.] mit Zustimmung des Kaisers (S. 272) den Titel ~König in Preußen (Friedrich I.)~ an und krönt sich in +Königsberg+. Wiederherstellung des ~Geisteslebens in Deutschland~ nach der Zerrüttung des Dreißigjährigen Krieges: +Paul Gerhard+ († 1676), +Ph. J. Spener+ († 1705), +A.H. Franke+ (gründet 1698 das Waisenhaus in Halle). Der Philosoph, Mathematiker und Geschichtsforscher +G.W. Leibniz+ (geb. 1646 zu Leipzig, 1676 in Hannover, 1700 in Berlin, † 1716 in Hannover). +Chr. Thomasius+ in Halle († 1728) hält zuerst deutsche Vorlesungen, bekämpft die Hexenprozesse und die Anwendung der Folter. § 3. Der Norden und Osten. ~Schweden~, durch den Besitz bedeutender Nebenländer (S. 256, 260) fast rund um die Ostsee ausgedehnt, ist seit dem Dreißigjährigen Kriege die erste Macht des Nordens. [1654–1718.] Haus Pfalz-Zweibrücken (s. S. 250). [~1655–1660.~] ~Schwedisch-Polnischer Krieg.~ ~Karl X. Gustav~ (1654–1660) beginnt Krieg mit Polen, weil +Johann Kasimir+ (aus der +katholischen+ Linie des Hauses +Wasa+) ihn ebenso wenig anerkennen will, wie früher Sigismund III. Gustav Adolf (S. 250). Er dringt von Pommern her in Polen ein, nimmt Warschau und Krakau; Johann Kasimir flüchtet nach Schlesien. Kurfürst +Friedrich Wilhelm+ von Brandenburg sieht sich genötigt, im Vertrage zu +Königsberg+ 1656 sein Herzogtum Preußen von +Schweden+, wie bisher von +Polen+ (S. 229), zu Lehen zu nehmen; dazu erhält er das Bistum +Ermeland+. In Polen Aufstand gegen die Schweden. +Karl Gustav+ und +Friedrich Wilhelm+ gewinnen die dreitägige [~1656~ (Juli).] ~Schlacht bei Warschau~ gegen die Polen. Um sich die weitere Hilfe des Kurfürsten von Brandenburg zu sichern, gesteht +Karl Gustav+ diesem in dem Vertrage zu +Labiau+ die +Souveränität+ (lehnsfreie Herrschaft) über Ostpreußen und Ermeland zu. Allein es erklären sich gegen Schweden: +Rußland+, +Dänemark+, der +Kaiser Leopold I.+ und bald auch der +Kurfürst von Brandenburg+, dem Polen im Vertrage zu +Wehlau+ 1657 ebenfalls die Souveränität über Ostpreußen (ohne Ermeland) zusichert. Die Schweden werden bald aus Polen zurückgedrängt, nur Polnisch-Preußen bleibt von ihnen besetzt. Karl Gustav greift ~Dänemark~ an und erzwingt durch schnelles Vordringen (Übergang über die gefrorenen +Belte+, Januar 1658) den [~1658.~] ~Frieden zu Roeskild~: Dänemark tritt den südlichen Teil der skandinavischen Halbinsel (+Schonen+, +Halland+, +Blekingen+), das Stift +Dronthjem+ und die Insel +Bornholm+ an Schweden ab. Noch in demselben Jahre zweiter Angriff Karl Gustavs, aber die belagerte Hauptstadt +Kopenhagen+ verteidigt sich tapfer. Eine holländische Flotte (die Holländer Handelsrivalen der Schweden) kommt zu Hilfe; kaiserliche, polnische und brandenburgische Truppen vertreiben die Schweden aus Holstein und Schleswig. Die Brandenburger besetzen unter Führung des Kurfürsten die Insel +Alsen+. Karl X. hebt die Belagerung von Kopenhagen auf, stirbt bald darauf zu Gotenburg. Ihm folgt sein minderjähriger Sohn Karl XI. (1660–1697). [~1660.~] ~Friede zu Olīva~ (Kloster bei Danzig). Johann Kasimir entsagt allen Ansprüchen auf den schwedischen Thron, sowie auf +Livland+ und +Estland+; der Herzog von +Kurland+ wird als polnischer Vasall wieder eingesetzt. Die ~Souveränität Preußens~ wird von +Schweden+ und +Polen+ bestätigt. Gleich darauf ~Friede zu Kopenhagen~ mit Dänemark; der Roeskilder Frieden bestätigt, aber Dronthjem und Bornholm an Dänemark zurückgegeben. In ~Dänemark~ wird gleich nach dem Frieden von dem der Adelsherrschaft überdrüssigen +dritten+ Stande (Bürger) und der +Geistlichkeit+ dem Könige Friedrich III. (1648–1670) eine ganz unumschränkte Gewalt übertragen. Im Anschluß daran erklärt das +Königsgesetz+ 1665 Dänemark für ein Erbreich in männlicher und weiblicher Linie; es gilt aber nicht für die Herzogtümer Schleswig-Holstein, welche auch ihren eigenen Landtag behalten. Das Herzogtum +Oldenburg+ 1667 nach dem Aussterben der dort regierenden Linie (S. 216) mit Dänemark vereinigt. Auch in ~Schweden~ übertragen die Stände, der übermäßigen Gewalt des Reichsrats müde, 1682 dem großjährig gewordenen Könige Karl XI. eine fast unumschränkte Gewalt. In ~Polen~ dagegen ist seit der Einführung der Wahlmonarchie 1572 (S. 250) die königliche Macht zum Schatten herabgesunken, der Staat ist tatsächlich eine +Adelsrepublik+. Der aus dem +Senat+ (Bischöfe, Woiwoden, Kastellane) und den gewählten +Landboten+ (Abgeordnete des Adels) bestehende Reichstag übt alle Gewalt aus. Das +liberum veto+, d. h. das Recht +jedes+ einzelnen Mitgliedes, einen Reichstagsbeschluß durch seinen Einspruch ungültig zu machen, führt zu Bestechung, Gewalttat und schließlich fast zur Anarchie; nur selten kommt ein Beschluß zustande. Nach +Johann Kasimirs+, des letzten der 3 katholischen Wasas Abdankung blutige Thronstreitigkeiten; dann regiert +Johann Sobieski+ 1674–1696, der den kriegerischen Adel durch Feldzüge gegen die Türken (vgl. S. 266) an sich fesselt. Ihm folgt +August II.+ von Sachsen 1697–1733; Friede mit den Türken zu +Karlowitz+. ~Rußland~ unter dem Hause ~Romānow~ (1613–1762) wachsend an Macht und Ansehen. +Michael Romānow+ (1613 bis 1645) kämpft zwar unglücklich gegen Polen, ordnet aber die innere Verwaltung. Sein Sohn +Alexei+ (1645–1676) gewinnt die Länder am Dnjepr (Smolensk und Kiew) von Polen zurück, unterwirft Sibirien bis zum äußersten Osten und das Amurland (S. 250) und fängt an, europäische Kultur in Rußland zu verbreiten. Nach dem Tode seines ältesten Sohnes +Feodor+ (1682) werden von den +Strelitzen+, der adligen Leibwache des Zaren, dessen beide Brüder +Iwan+ und ~Peter~ unter Vormundschaft ihrer älteren Schwester +Sophia+ zu Zaren ausgerufen. Peter in +Preobraschensk+ (bei Moskau) mit militärischen Übungen beschäftigt; aus seinen Spielgefährten (Poteschnie) wird später die Garde des Heeres gebildet. Sophia, die ihn vom Thron ausschließen will, wird 1689 in ein Kloster geschickt. [~1689–1725.~] ~Peter der Große~, regiert als Alleinherrscher, da der geistesschwache Bruder Iwan bis zu seinem Tode (1696) ohne jede Macht bleibt. Er ist der Gründer des russischen Staates. Peter beginnt seine Reformen mit Hilfe des Schotten +Gordon+ und des Genfers +Lefort+. +Asow+ erobert 1696 (S. 266). Grausame Bestrafung eines Aufruhrs der +Strelitzen+. Darauf +Reise+ des Zaren durch Deutschland über Königsberg und Berlin nach Holland, wo er in +Zaandam+ als Schiffszimmermann arbeitet, dann nach England. Anwerbung ausländischer Handwerker, Künstler, Offiziere. Fortsetzung der Reise über Dresden nach Wien; im Begriff nach Venedig abzureisen, wird der Zar durch die Nachricht von einem abermaligen Aufruhr der Strelitzen zurückgerufen. Blutiges Strafgericht; das ganze Korps wird aufgelöst, das Heer nach europäischer Weise gebildet. Nach Leforts Tode 1699 +Menschikow+ Günstling und Minister des Zaren, bemüht um weitere Einführung der westeuropäischen Kultur in Rußland, doch auch habsüchtig und bestechlich. Peters Entschluß zu dem Kriege gegen Schweden (S. 274) wird entscheidend für Rußlands weiteren Aufschwung. § 4. England. [~1649–1660.~] ~England Republik~ (+Commonwealth+). ~Cromwell~ (s. S. 249) unterwirft nach blutigem Kampfe die über die Hinrichtung des zum Katholizismus hinneigenden Königs Karl erbitterten Iren, dann durch die Siege bei +Dunbar+ (1650) und bei +Worcester+ (spr. u+͡__ustĕr, 1651) das aufständische Schottland (S. 249), von wo er des hingerichteten Königs Sohn, +Karl II.+, vertreibt. In England löst Cromwell das Rumpf-Parlament und das von ihm selbst berufene, aus eifrigen Independenten bestehende +Barebone+-Parlament auf. Durch das Heer wird [1653–1658.] ~Cromwell Lord-Protektor~ der drei Reiche (England, Schottland, Irland). Seine Regierung hält die Ordnung im Innern aufrecht und macht England zur ersten protestantischen Macht in Europa. [1651.] ~Navigationsakte~, welche den Fremden auf ihren eigenen Schiffen nur die Einfuhr eigener Erzeugnisse erlaubt und namentlich den +holländischen+ Zwischenhandel schwer trifft, da die Erzeugnisse der englischen Kolonien nur auf englischen Schiffen nach England gebracht werden dürfen. Daher Krieg mit +Holland+ (1652–1654), aus welchem die Engländer als Sieger hervorgehen. England seitdem die erste Seemacht; Holland tritt mehr zurück (S. 244). Im Kriege mit +Spanien+ (1655–1658) Eroberung +Jamaikas+ und Einnahme von +Dünkirchen+. Nach +Oliver Cromwells+ Tode folgt ihm als Protektor sein ihm unähnlicher Sohn +Richard Cromwell+, der schon nach 8 Monaten abdankt. Zwistigkeiten unter den Befehlshabern des Heeres führen zur [~1660.~] ~Herstellung des Königtums.~ General +Monk+ versammelt ein neues Parlament (Oberhaus und Unterhaus, S. 249), welches auf den Thron ruft Karls I. Sohn, den gewissenlosen, verschwenderischen und ausschweifenden [~1660–1685.~] ~Karl II.~ Herstellung der Episkopalkirche; von der +Amnestie+ werden diejenigen ausgenommen, welche Karl I. zum Tode verurteilt hatten. Cromwells Leiche an den Galgen gehängt. 1662 +Dünkirchen+ an Frankreich verkauft; 1664–1667 abermaliger +Seekrieg mit Holland+; 1664 New-York (1612 von den Holländern als Neu-Amsterdam gegründet) von den Engländern besetzt. 1666 Pest und große Feuersbrunst in London. 1667 dringt Admiral Ruyter (1607–1676) in die Themse ein. Der Minister +Clarendon+ 1667 verbannt; das +Cabal+-Ministerium (~C~lifford, ~A~rlington, ~B~uckingham, ~A~shley, ~L~auderdale) bewegt den König, für französische Jahrgelder aufs neue +Krieg gegen Holland+ (1672–74, s. S. 262) zu führen und zu Gunsten der Katholiken die +Indulgenzerklärung+ zu erlassen. Allgemeine Entrüstung; das Parlament setzt 1673 die ~Testakte~ durch, welche jeden Engländer, der ein Amt bekleiden will, zur Anerkennung der Oberhoheit des Königs über die englische Kirche und zu einer Erklärung gegen die katholische Abendmahlslehre zwingt. Der katholische Bruder des Königs, +Jakob, Herzog von York+, legt sein Amt als Großadmiral nieder. 1674 das Cabal-Ministerium gestürzt, Friede mit Holland. Neue Streitigkeiten mit dem Parlament, in welchem sich das Verlangen erhebt, den +Herzog von York+ als »Papisten« von der Thronfolge auszuschließen. Unter dem Ministerium +Shaftesbury+ wird 1679 die ~Habeascorpusakte~ (Schutz gegen willkürliche Verhaftung) durchgesetzt. Entstehung der Parteinamen ~Whigs~ (Liberale) und ~Tories~ (Konservative), ursprünglich Spottnamen, der erstere ein +schottischer+ für Anhänger des Covenants (S. 248), der zweite ein +irischer+ für Anhänger des +Papismus+. Die +Ausschließungsbill+ wird im Unterhause von den Whigs durchgesetzt, im Oberhause verworfen. Die Entdeckung einer Verschwörung gegen den König hat strenge Maßregeln gegen die Whigs zur Folge; Lord +Will. Russell+ und +Algernon Sidney+ hingerichtet, der Herzog von +Monmouth+ (natürlicher Sohn des Königs) flüchtet nach Holland. Karl II. stirbt 1685, nachdem er auf dem Totenbette Katholik geworden ist. [~1685–1688.~] ~Jakob II.,~ Bruder Karls II., bei der überlieferten Politik seines Hauses verharrend, sucht die +unumschränkte+ Königsgewalt und den Katholizismus in England wieder herzustellen. +Monmouth+ landet in England, wird bei +Sedgemoor+ geschlagen, gefangen und hingerichtet (1685). Blutige Assisen (Gerichtssitzungen), geleitet von dem grausamen und habsüchtigen Oberrichter +Jeffreys+. Anstellung von Katholiken unter Erlassung des durch die Testakte verlangten Eides. Dann Aufhebung der Testakte; Religionsfreiheit verkündet. Sieben anglikanische Bischöfe weigern sich, die Indulgenzerklärung zu verkündigen. Prozeß und Freisprechung der Bischöfe. Durch die Geburt eines katholischen +Prinzen von Wales+ (von Jakobs +zweiter+ Gemahlin Maria d’Este, Prinzessin von Modena) wird die Aussicht auf protestantische Thronfolge vereitelt; die beiden Töchter Jakobs aus erster Ehe, +Maria+ und +Anna+, waren protestantisch. +Whigs+ und +Tories+ wenden sich an +Wilhelm von Oranien,+ Gemahl der +Maria,+ und durch seine Mutter Enkel Karls I. (vgl. die Stammtafel S. 299). [1688. 5. Nov.] Landung Wilhelms, der von Friedrich III. von Brandenburg und andern norddeutschen Fürsten unterstützt wird, in +Torbay+; das Heer und die ganze Nation fallen ihm zu, Jakob entflieht nach Frankreich. [~1689–1702.~] ~Wilhelm III.~ (und ~Maria~ bis 1694), durch Parlamentsakte auf den Thron erhoben. Personalunion zwischen England und Holland. Die Regierung führt Wilhelm III. allein. Das ~Gesetz der Rechte~ (+Bill of rights+ 1689) sichert die verfassungsmäßigen Freiheiten der Nation. Aufstand der katholischen Iren für Jakob, der daselbst landet und fast ein Jahr herrscht. Wilhelm schlägt ihn 1690 am +Boynefluß+. Teilnahme am Kriege gegen Ludwig XIV., s. S. 264; Englands Seemacht gesichert. 1701 Ordnung der Thronfolge: die katholischen Stuarts ausgeschlossen, erbberechtigt ist das protestantische Haus +Hannover+ (S. 299). Aufschwung der Literatur und Wissenschaft: Die Dichter +Milton+ († 1674) und +Dryden+ († 1700); der Theosoph +Bunyan+ († 1688); die Philosophen +Hobbes+ († 1679) und +Locke+ († 1704), der Naturforscher +Newton+ († 1722). [~1701–1714.~] § 5. Der spanische Erbfolgekrieg. ~Philipp III.,~ König von Spanien, †1621. _________|_________________________________________ ~Anna,~ ~Philipp IV.,~ †1665. ~Maria Anna,~ Gem. Ludwig XIII. | Gem. Ferdinand III. | ______|_____________ | ~Ludwig XIV.~ Maria ~Karl II.,~ Marg. ~Leopold I.,~ | Theresia. †1700. Theresia. †1705. |___________| |_________| | | | | ~Ludwig, Dauphin~, †1711. ~Maria Antonie,~ | Gem. Max Emanuel v. Bayern. | | ~Philipp von Anjou,~ ~Joseph Ferdinand,~ als K. v. Spanien ~Philipp V.,~ †1699, †1746. Kurprinz v. Bayern. Kaiser Leopold I. hatte außer seiner Tochter Maria Antonie zwei +Söhne+ aus dritter Ehe, +Joseph I.+ (Kaiser 1705–1711) und +Karl VI.+ (Kaiser 1711–1740). Er nimmt als Vertreter der deutschen Linie des Hauses Habsburg das spanische Erbe für den zweiten Sohn in Anspruch. Ludwig XIV. dagegen fordert es für seinen zweiten Enkel +Philipp von Anjou.+ Wilhelm III. an der Spitze der +Seemächte+ (England und Holland) schließt mit Ludwig XIV. 1698 einen +Teilungsvertrag+: Haupterbe soll der Kurprinz Joseph Ferdinand von Bayern sein, Frankreich und Österreich die Nebenländer erhalten. Dagegen setzt Karl II. den Kurprinzen durch Testament zum Erben der +gesamten+ Monarchie ein. Nach dessen plötzlichem Tode 1699 neue Unterhandlungen; endlich unterzeichnet Karl II. ein Testament, welches +Philipp von Anjou+ zum Erben einsetzt. ~Große Allianz~ der +Seemächte+ (1701) mit Kaiser +Leopold+, zunächst um dem Hause Österreich die spanischen Besitzungen in den +Niederlanden+ und in +Italien+ zu verschaffen. Auf Frankreichs Seite stehen die Herzöge von +Savoyen+ und +Mantua+, die Kurfürsten von +Bayern+ und +Köln+ (zwei Brüder); die übrigen deutschen Reichsstände und +Preußen+ (Friedrich III. von Brandenburg durch den »Krontraktat« die Annahme der Königswürde gestattet) sind mit dem Kaiser verbündet. +Portugal+ tritt der großen Allianz bei, endlich auch +Savoyen+ (1703). Vier Kriegsschauplätze: +Spanien+, +Italien+, +Niederlande+, +Deutschland+. Philipp von Anjou wird in Spanien als König ~Philipp V.~ anerkannt. Seine Hauptstütze ist +Kastilien+. [1701.] Prinz ~Eugen von Savoyen~ (1663–1736) als Feldherr Kaiser Leopolds eröffnet den Krieg siegreich in Oberitalien, wird aber 1702 vom Herzog von Vendôme in seinem Vordringen gehemmt. [1703.] Die Bayern fallen als Verbündete Frankreichs in +Tirol+ ein, werden aber zurückgetrieben. Der englische Feldherr ~Marlborough~ dringt in den Niederlanden vor. [1704.] Erzherzog Karl landet in Portugal, die Engländer erobern ~Gibraltar~. Prinz +Eugen+ und +Marlborough+ vereinigen sich an der Donau und siegen (unweit Donauwörth) über die Franzosen und Bayern in der [~1704.~] ~Schlacht bei Höchstädt und Blindheim~. Bayern von den kaiserlichen Truppen besetzt. [1706.] Erzherzog Karl gewinnt auf kurze Zeit +Madrid+; Marlborough siegt bei ~Ramillies~ (nördlich von Namur), Prinz Eugen bei ~Turin~ mit Hilfe der +Preußen+ unter +Leopold von Dessau+. Die Franzosen werden aus Italien verdrängt, +Mantua+ (s. S. 239) von Österreich in Besitz genommen, dann auch +Neapel+ (S. 241). [~1708.~] Sieg Marlboroughs und Prinz Eugens bei ~Oudenarde~; +Lille+ belagert und genommen. Strenger Winter in Frankreich. +Friedensverhandlungen+. Die Verbündeten fordern Herausgabe der spanischen Monarchie an Erzherzog Karl von Österreich, der niederländischen Grenzfestungen an die Holländer, für das Deutsche Reich Wiederherstellung des im +Westfälischen Frieden+ festgesetzten Besitzstandes. Dies alles wird +von Ludwig XIV. bewilligt+. Aber die Forderung, daß er seinen Enkel Philipp mit +französischen Waffen+ aus Spanien vertreiben soll, bewirkt den Abbruch der Verhandlungen. Fortgang des Krieges. Die Franzosen aufs neue gedemütigt durch den [~1709.~] Sieg Prinz Eugens und Marlboroughs bei ~Malplaquet~. Neue Friedensanträge Ludwigs, der sogar Hilfsgelder gegen seinen Enkel zahlen will, während die Verbündeten verlangen, daß er ihn durch seine +Heere+ vertreiben soll. Der Fall des +Whigministeriums+ in England (1710) und der Tod Kaiser ~Josephs I.~ (1711) ändern alle Verhältnisse zu Gunsten Ludwigs XIV. Marlborough abberufen; Erzherzog Karl verläßt Spanien, um die österreichischen Erblande zu übernehmen. England beginnt Friedensverhandlungen (S. 299). [1712.] Kongreß zu Utrecht. Der französische Feldherr Villars siegt bei +Denain+ (an der Schelde) über einen Teil von Prinz Eugens Heer. [~1713.~] ~Friede zu Utrecht~ (ohne Beteiligung Kaiser Karls VI.): 1. ~Philipp V.~, Enkel Ludwigs XIV., wird als König von +Spanien+ anerkannt. Die meisten +Nebenländer+ (Niederlande, Mailand, Neapel, Sardinien) sollen ~Karl VI.~ zufallen, Sicilien als Königreich dem Herzog von +Savoyen+. 2. ~England~ erhält von Frankreich +Neufundland+, +Neuschottland+ (Akadien) und die +Hudsonsbailänder+, von Spanien +Gibraltar+ und +Menorka+. Anerkennung der protestantischen Thronfolge versprochen (S. 284). 3. ~Holland~ erhält das Besatzungsrecht in einigen Grenzfestungen der bisher spanischen Niederlande, +Lille+ wird an Frankreich zurückgegeben. 4. ~Preußen~ erlangt Anerkennung des Königstitels und des Besitzes von +Neuchâtel+ und Valengin (aus der oranischen Erbschaft nach Wilhelms III. Tode 1702, vgl. die Stammtafel S. 244), dazu +Obergeldern+ (an der Maas). Es überläßt an Frankreich seine Ansprüche auf das Fürstentum +Oranien+ oder +Orange+ (an der Rhone, S. 242 Anm.). Karl VI. verweigert seine Zustimmung, der Krieg wird am Rhein weitergeführt. Villars erobert Landau und Freiburg. Darauf [~1714.~] ~Friede zu Rastatt und Baden~ (im Aargau, Schweiz). Karl VI. nimmt die ihm bestimmten Länder an. Österreich gewinnt damit nach der Erwerbung Ungarns unter Leopold I. (S. 266) unter dessen Sohn Karl VI. auch noch die Niederlande und die Herrschaft in Italien. Für das +Deutsche Reich+ wird nur der Friede von Ryswyk bestätigt; +Landau+ bleibt französisch. Die in die Reichsacht erklärten Kurfürsten von +Bayern+ und +Köln+ werden in ihre Würden und Länder wieder eingesetzt. [~1700–1721.~] § 6. Der Nordische Krieg. ~Peter der Große~ (S. 269) will Rußland zur +Seemacht+ erheben und Schwedens Herrschaft über die Ostsee (S. 256) brechen. Er schließt unter Vermittelung des livländischen Edelmanns +Patkul+ ein Bündnis mit +August dem Starken+ (S. 266), welcher Livland wieder für Polen beansprucht (S. 249, 268). Friedrich IV. von +Dänemark+ schließt sich an, um das Haus Holstein-Gottorp (jüngere Linie des dänischen Königshauses) aus dem Mitbesitz von Schleswig-Holstein zu verdrängen. ~Karl XII., König von Schweden~ (geb. 1682, reg. 1697 bis 1718), Enkel Karls X. Gustav von Pfalz-Zweibrücken (S. 250), nimmt sich des Herzogs von Holstein-Gottorp, seines Schwagers, an, landet 1700 auf Seeland, bedroht Kopenhagen und erzwingt den ~Frieden zu Travendal~ (in Holstein a. d. Trave); Dänemark gibt den Angriff auf. Dann wendet er sich gegen Peter d. Gr. und besiegt mit 8000 Schweden 40000 Russen bei ~Narwa~ (in Ingermanland). +Sächsische+ Truppen haben inzwischen +Riga+ belagert. Karl XII. dringt 1701 in +Polen+ ein und verlangt Absetzung Augusts II., zieht 1702 in Warschau ein, siegt bei +Klissow+ und 1703 bei +Pultusk+ über sächsische und polnische Truppen. [1704.] +Stanislaus Lesczinski+ vom polnischen Reichstag zum König gewählt. Währenddessen legt +Peter+ den Grund zu der neuen Hauptstadt ~St. Petersburg~ 1703 und erobert +Narwa+ 1704. Fortgang des Krieges in Polen und Litauen, Siege Karls XII. bei +Punitz+ 1704 und seines Generals +Rehnskjöld+ bei Fraustadt 1706. Karl dringt durch Schlesien in Sachsen ein und erzwingt den [~1706.~] ~Frieden zu Altranstädt~ (bei Leipzig): 1. August II. entsagt der polnischen Krone und erkennt +Stanislaus Lesczinski+ als König von Polen an. 2. Er gibt das Bündnis mit dem Zaren auf und liefert dessen Bevollmächtigten +Patkul+ aus (welchen Karl grausam hinrichten läßt). 3. +Sachsen+ sorgt den Winter über für Unterhalt und Sold des schwedischen Heeres. Karl bricht dann gegen den russischen Zaren auf (Sept. 1707), der die Zeit zur Festsetzung an der Ostsee und zur Bildung eines kriegstüchtigen Heeres trefflich benutzt hatte. Der Weg nach Moskau versperrt durch Verwüstung des Landes. Durch den von Rußland abgefallenen Kosakenhetman +Mazeppa+ läßt sich Karl verleiten, über den Dnjepr (1708) nach der +Ukraine+ zu gehen. Vergebliche Belagerung +Pultawas+; Peter eilt zum Entsatz herbei und schlägt mit überlegener Streitmacht die durch Märsche und Mangel ermatteten Schweden in der [1709 (8. Juli).] ~Schlacht bei Pultāwa,~ welche Schwedens Übermacht mit einem Schlage vernichtet. Das schwedische Heer völlig aufgelöst und größtenteils gefangen. Karl flüchtet zu den Türken. [1709–1714.] Karl XII. +in der Türkei+ (Lager bei +Bendēr+), sucht die Pforte zum Kriege gegen Rußland zu bewegen. Dies gelingt endlich 1711. Peter, verbündet mit dem +Fürsten der Moldau,+ geht über den Dnjestr, wird am +Pruth+ eingeschlossen, erkauft von den Türken durch Bestechung des Großwesirs (auf Rat seiner Gemahlin +Katharina+) den [~1711.~] ~Frieden am Pruth~: 1. +Asow+ an die Pforte zurückgegeben (S. 266) 2. Dem Könige von Schweden freie Rückkehr in seine Staaten zugesichert. Karl XII., über diesen Frieden entrüstet, verweigert starrsinnig die Abreise, wird 1713 von den Türken in seinem Lager bei +Bender+ gefangen genommen und nach +Demotika+ (bei Adrianopel) gebracht. Währenddessen nutzen seine Feinde die Zeit aus. August II. vertreibt den König Stanislaus aus Polen; die Dänen suchen (allerdings vergeblich) die südlichen Provinzen Schwedens zu erobern. +Peter der Große+ nimmt +Livland, Estland, Ingermanland, Karelien, Finnland+ vollständig in Besitz. Im +Haager Konzert+ (1710) war, um den Krieg von Deutschlands Grenzen fern zu halten, die Neutralität aller +deutsch-schwedischen+ Provinzen, sowie +Schleswigs+ und +Jütlands+ festgesetzt worden. Da aber Karl XII. gegen diesen Vertrag von der Türkei aus protestiert, so nehmen die Dänen dem Herzog von Holstein-Gottorp +Schleswig+ weg und erobern die seit 1648 (S. 260) schwedischen Herzogtümer +Bremen+ und +Verden+ (1712), welche dann gegen eine Geldzahlung dem Kurfürsten von Hannover überlassen werden. [1712. Dez.] Der schwedische General +Stenbock+ besiegt die Dänen bei +Gadebusch+ (in Mecklenburg), rückt dann nach Holstein vor, verbrennt +Altona+, wird aber (Febr. 1713) von Dänen und Russen bei +Tönning+ a. d. Eider gefangen. [1713.] König +Friedrich Wilhelm I.+ von ~Preußen~ (S. 279) schließt sich den Feinden Schwedens an und besetzt +Stettin+ nach Abschluß eines Vertrages mit dem russischen General Menschikow, wonach Stettin und Vorpommern gegen Zahlung von 400000 Talern vorläufig von Preußen beschlagnahmt (sequestriert) werden. [1714.] Karl XII. kehrt endlich in seine Staaten zurück. Abenteuerlicher Ritt durch Ungarn und Deutschland über Wien, Nürnberg, Braunschweig nach +Stralsund+. [1715.] Belagerung von +Stralsund+ durch preußische, dänische und sächsische Truppen. Der preußische Feldmarschall Fürst Leopold von Dessau erobert die Insel +Rügen+. Karl XII. gibt Stralsund auf und kehrt nach Schweden zurück. [~1716–1717.~] Peters d. Gr. +zweite Reise+ (vgl. S. 269) nach Deutschland, Dänemark, Holland, Frankreich. Karl XII. unterhandelt mit Peter d. Gr. durch den Freiherrn +von Görz+, der trotz des Hasses der schwedischen Großen auch an die Spitze der inneren Verwaltung Schwedens gestellt wird. Vor Abschluß der Verhandlungen, die ihm Aussicht auf russische Hilfe geben, beginnt Karl einen neuen Krieg gegen +Dänemark+, indem er in +Norwegen+ einfällt, wird aber bei der [~1718.~] Belagerung von +Frederikshall+ durch eine Kugel getötet. Ende des Hauses Pfalz-Zweibrücken (seit 1654) in Schweden. Der schwedische Reichsrat, schon lange mit Karls Regierung unzufrieden, beruft nicht den Sohn seiner älteren Schwester, Karl Friedrich von +Holstein-Gottorp+ (S. 293), zur Regierung, sondern die jüngere Schwester Ulrike Eleonore und deren Gemahl, Prinz +Friedrich+ von +Hessen-Kassel+ (1720–1751). +Görz+ wird verurteilt und hingerichtet (1719). Das Königtum wird gänzlich abhängig von dem Reichsrat, dessen nächste Sorge auf Herstellung des Friedens gerichtet ist. Den Nordischen Krieg beenden die Friedensschlüsse zu ~Stockholm 1719~ mit +Hannover+, welches +Bremen+ und +Verden+ behält und an Schweden 1 Mill. Taler zahlt; ~1720~ mit +Preußen,+ welches +Stettin+, +Vorpommern bis an die Peene+, die Inseln +Usedom+ und +Wollin+ erhält und 3 Mill. Taler zahlt; zu ~Friedrichsburg~ auf Seeland ~1720~ mit +Dänemark+, welches alle Eroberungen zurückgibt. Dafür zahlt Schweden 600000 Taler, entsagt der Zollfreiheit im Sunde (s. S. 250) und gibt den Herzog von Holstein-Gottorp preis, dem Dänemark seinen Anteil an +Schleswig+ nimmt. Mit +Polen+ bleibt es bei dem 1719 geschlossenen Waffenstillstand. +August der Starke+ als König anerkannt. Stanislaus Lescynski führt den Königstitel weiter und erhält 1 Mill. Taler (S. 279). [~1721.~] Friede zu ~Nystadt~ zwischen +Schweden+ und +Rußland+: 1. Schweden tritt an Rußland ab: +Livland,+ +Estland,+ +Ingermanland,+ +Karelien+ und die dazu gehörigen Inseln (+Ösel,+ +Dagö+ u. a.). 2. Rußland gibt +Finnland+ zurück und zahlt 2 Mill. Taler. Schweden, seiner früheren Machtstellung beraubt, behält doch noch deutsche Gebiete: +Wismar+, welches erst 1803 durch Verpfändung (1903 endgültig) an Mecklenburg kommt, und +Vorpommern+ nördlich der Peene mit +Rügen+ (1815 an Preußen). Karl Friedrich von Holstein-Gottorp geht nach Rußland, vermählt sich mit +Anna+, Tochter Peters d. Gr. Sein Sohn ist der Zar Peter III., 1728 in Kiel geboren, Stammvater des russischen Kaiserhauses (S. 293). ~Rußland~ hat sich an Schwedens Stelle zur ~europäischen Großmacht~ erhoben und nach langem Ringen die Ostsee erreicht. Peters d. Gr. innere Regierung ist auf Förderung von Handel und Gewerbe, Bergwesen und Forstkultur, Volksbildung, Ordnung der Verwaltung gerichtet. Dem Erbadel setzt er einen +Amtsadel+ zur Seite; 14 Rangstufen der Offiziere und Beamten (Tschin), die oberen adlig. Oberste Behörde der +Senat+, 1711 an Stelle des früheren Rats der Bojaren errichtet; zur Leitung der Kirche der +Heilige Synod+ 1721 errichtet, dessen Mitglieder der Zar ernennt. Die Zahl der Klöster eingeschränkt. Mönche und Nonnen zu nützlicher Tätigkeit angehalten. Peters d. Gr. letzte Kriegstat ist eine Heerfahrt gegen +Persien+ und die Eroberung von +Derbent+ (am Kaspischen Meere) 1722; doch wird dieser Küstenstrich 1732 an Persien zurückgegeben. Die Küstenlandschaften am Schwarzen Meere sind noch ganz im Besitz der +Türken+; den Grenzschutz leistet das Reitervolk der +Kosaken+ in der Ukraine. § 7. Deutschland. Das +Deutsche Reich+ vermag in den europäischen Kriegen das Eindringen fremder Truppen nicht abzuwehren, ist aber selbst nicht Gegenstand des Angriffs. Die letzten habsburgischen Kaiser (S. 272) sind nur auf ihre Hausmacht bedacht; Ausbildung der +österreichischen Monarchie+. [~1711–1740.~] Kaiser ~Karl VI.~ erwirbt 1714 die spanischen Nebenländer (S. 274). Im Bunde mit Venedig 1715–1718 glücklicher +Türkenkrieg+. Prinz Eugen siegt 1716 bei +Peterwardein+, 1717 bei +Belgrad+. Der Besitz dieser Stadt und eines Teils von Serbien samt der Kleinen Walachei und dem Banat von Temesvar im Frieden zu +Passarowitz+ 1718 bestätigt. Venedig behält Korfu und die eroberten Plätze in Dalmatien und Albanien, verliert Morea (S. 304). [1720.] Ein Versuch Philipps V. von +Spanien+, die verlorenen Nebenländer (S. 274) wiederzugewinnen, wird durch die 1718 geschlossene +Quadrupelallianz+ (England, Frankreich, Österreich, Holland) vereitelt. Der Herzog von Savoyen muß +Sicilien+ (S. 274) an +Österreich+ überlassen, erhält dafür +Sardinien+ und nimmt den Titel +König von Sardinien+ an. Kaiser Karl VI., ohne männliche Nachkommen, setzt eine Erbfolgeordnung fest unter dem Titel ~Pragmatische Sanktion~, welche 1. die Unteilbarkeit der zur österreichischen Monarchie gehörigen Länder anordnet, 2. dieselben in Ermangelung männlicher Nachkommen auf Karls Töchter (die älteste ~Maria Theresia~) und deren Nachkommen nach dem Erstgeburtsrecht vererbt, 3. im Fall des Aussterbens dieser Linie die Töchter +Josephs I.+ (vermählt mit Friedrich August II. von Sachsen (in Polen August III.) und Kurfürst Karl Albert von Bayern, S. 282) und deren Nachkommen zu Erben einsetzt. [1725.] Bündnis zwischen +Österreich+ und +Spanien+ zum Schutz der Pragmatischen Sanktion; Gegenbündnis (zu Herrenhausen bei Hannover) zwischen +England+, +Frankreich+ und +Preußen+. Doch tritt Preußen bald wieder auf die Seite Karls VI., der 1728 in dem Berliner Vertrag verspricht, nach dem Aussterben des Pfalz-Neuburger Hauses Preußen zum Besitz des Herzogtums Berg (S. 252) zu verhelfen. (In einem geheimen Vertrage versprach Karl VI. 1739 die Erbnachfolge in Jülich und Berg der Linie Pfalz-Sulzbach, aus der auch Karl Theodor 1743 das Erbe antrat.) Auch England erkennt 1731 die Pragmatische Sanktion an. [~1733–1735.~] ~Polnischer Thronfolgekrieg.~ Von Frankreich geleitet, wählt nach dem Tode Augusts II. von Sachsen 1733 die Mehrheit des polnischen Adels den König ~Stanislaus Lesczinski~, welcher Schwiegervater +Ludwigs XV.+ geworden war, zum zweiten Male (S. 277). +Rußland+ und +Österreich+ lassen von einer Minderheit den Kurfürsten von Sachsen (Augusts II. Sohn) als ~August III.~ wählen und halten die Wahl in Polen mit ihren Truppen aufrecht. Dagegen treten +Frankreich+, +Spanien+ und +Sardinien+ für Stanislaus mit den Waffen ein. Hauptschauplatz des Krieges +Italien+, wo +Mailand+, +Neapel+ und +Sicilien+ erobert werden, die Österreicher also alles bis auf +Mantua+ verlieren. Am +Oberrhein+ kämpft der alte +Prinz Eugen+ († 1736) ohne Glück, nur Herzog +Franz Stephan+ von Lothringen, der spätere Gemahl Maria Theresias, hält die Ehre der kaiserlichen Waffen aufrecht. +Lothringen+ von den Franzosen besetzt. Friedenspräliminarien 1735 und nach weiteren Unterhandlungen [~1738.~] ~Friede zu Wien~: 1. +Stanislaus Lesczinski+ verzichtet zum zweiten Mal auf den polnischen Thron, erhält als Entschädigung die Herzogtümer ~Lothringen~ und ~Bar~, welche ~nach seinem Tode Frankreich zufallen~ (Stanislaus † 1766). 2. Der Herzog von Lothringen +Franz Stephan+, Gemahl der Maria Theresia, wird durch das Großherzogtum ~Toskana~ entschädigt, wo 1737 das Haus +Medici+ (S. 240) ausgestorben war. 3. Österreich überläßt ~Neapel~ und ~Sicilien~ als eine +Sekundogenitur+ (so daß dieses Königreich nicht mit der Krone Spanien vereinigt werden darf) an die spanische Linie des Hauses +Bourbon+; es erhält dafür +Parma+ und +Piacenza+ (nach dem Aussterben der +Farnese+ (S. 239) 1731 durch Erbschaft an Spanien gekommen). 4. Frankreich garantiert die Pragmatische Sanktion. [1736–1739.] Unglücklicher ~Türkenkrieg~ Österreichs (im Bunde mit Rußland, s. S. 295); ~Friede zu Belgrad~: +Orsowa+, +Belgrad+, +Serbien+ und die Kleine +Walachei+ den Türken zurückgegeben (S. 278). Temesvar bleibt bei Österreich. [~1713–1740.~] ~Friedrich Wilhelm I., König von Preußen~, Sohn Friedrichs I. (S. 267) erschließt durch gute Verwaltung und soldatische Zucht die natürlichen Hilfsquellen des Landes und hebt dessen Ertragsfähigkeit (s. +Anhang+). Bei nur 2½ Mill. Einwohnern hinterläßt er ein vorzügliches Heer von 83000 Mann (+Fürst Leopold von Anhalt-Dessau+) und einen Staatsschatz von 10 Mill. Talern. +Seine Regierung bereitet die künftige Größe Preußens vor.+ [~1740–1786.~] ~Friedrich II., der Große,~[50] vereint die strenge Staatsordnung mit vielseitigen Kulturbestrebungen (S. Anhang): »Der König ist der erste Diener seines Staates« (Schrift +Anti-Macchiavell+). Kluge Fürsorge für sein Land und Heer, hohe Feldherrnbegabung und politisches Talent wirken zusammen zu großen Erfolgen. [~1740.~ Okt.] Mit dem Tode ~Karls VI. erlischt der Mannesstamm~ des Hauses ~Habsburg~. (Stammtafel S. 282). Die deutsche +Kaiser+würde bleibt erledigt bis 1742. [~1740–1780.~] ~Maria Theresia~, Königin von Böhmen und Ungarn, Erzherzogin von Österreich, geb. 1717, vermählt 1736 mit +Franz Stephan+ aus dem Hause ~Lothringen~, seit 1738 Großherzog von Toskana (Mitregent). [~1740–1748.~] ~Österreichischer Erbfolgekrieg.~ Auf das habsburgische Erbe erhebt Anspruch Kurfürst +Karl Albert von Bayern+, der die Pragmatische Sanktion nicht anerkannt hatte, als Nachkomme einer Tochter Kaiser Ferdinands I. auf Grund eines Testaments von 1547. Er wird unterstützt von +Frankreich+, welches auch Philipp V. von Spanien und Friedrich August II. von Sachsen (Gemahl der ältesten Tochter Josephs I., S. 278, 282) veranlaßt, Ansprüche zu erheben. Friedrich II. von Preußen erbietet sich, gegen Anerkennung seiner Ansprüche auf Teile Schlesiens +für+ Österreich zu kämpfen; durch die Zurückweisung seines Anerbietens entsteht noch vor Eröffnung der Feindseligkeiten durch die übrigen Prätendenten der [~1740–1742.~] ~Erste Schlesische Krieg.~ +Preußische Ansprüche+ auf Teile Schlesiens: 1. Das Fürstentum +Jägerndorf+ war 1523 von der Ansbacher Linie des Hauses Hohenzollern erworben, später (1596) mit Brandenburg vereinigt, aber Fürst +Johann Georg+ wurde 1621 als Anhänger +Friedrichs V.+ von der Pfalz von Kaiser Ferdinand II. in die Acht erklärt und vertrieben (S. 253 f.). 2. Mit dem Herzog von +Liegnitz+, +Brieg+ und +Wohlau+ hatte Kurfürst +Joachim II.+ ~1537~ eine Erbverbrüderung geschlossen, der jedoch Ferdinand I. als König von Böhmen und Oberlehnsherr widersprochen hatte. Nach dem Aussterben des herzoglichen Hauses der Piasten 1675 setzte sich Österreich in den Besitz ihrer Länder. 1686 entsagte Kurfürst +Friedrich Wilhelm+ den schlesischen Herzogtümern gegen Abtretung des +Schwiebuser+ Kreises und Erteilung einer Anwartschaft auf +Ostfriesland+. Der Schwiebuser Kreis ward aber Österreich in einem +geheimen Vertrag mit dem Kurprinzen+ wieder zugesichert und von diesem (als Kurfürst Friedrich III.) 1695 wieder zurückgegeben. [1740. (Dez.)] Friedrich besetzt einen großen Teil Schlesiens. [~1741.~] Einzug Friedrichs in +Breslau+ (3. Jan.), Erstürmung der Festung +Glogau+ (9. März, Erbprinz Leopold von Dessau). Sieg bei ~Mollwitz~ (10. April, Feldmarschall +Schwerin+) über ein österreichisches Heer unter Neipperg, welches aber ungehindert aus Schlesien abzieht. Bündnis mit +Frankreich+ (5. Juni). +Franzosen+ und +Bayern+ rücken in Österreich ein und besetzen +Linz+ (15. Sept.); Maria Theresia ruft in +Preßburg+ die Hilfe des ungarischen Adels an und läßt durch Neipperg zu +Klein-Schnellendorf+ einen Waffenstillstand mit Preußen schließen (9. Okt.), indem sie Niederschlesien aufgibt. Die Franzosen, Bayern und Sachsen erobern +Prag+ (16. Nov.); Karl Albert läßt sich als König von Böhmen huldigen, wird bald darauf in Frankfurt als [~1742–1745.~] ~Karl VII.~ zum deutschen Kaiser gewählt. [~1742.~] Die Österreicher rücken in +Bayern+, die Preußen in +Mähren+ ein. Friedrichs Sieg bei ~Chotusitz und Czaslau~ (17. Mai) führt zu dem ~Frieden zu Breslau~: Österreich tritt an Preußen +Ober-+ und +Niederschlesien+ und die +Grafschaft Glatz+ ab, es behält nur die Fürstentümer +Teschen+, +Troppau+ und (zum Teil) +Jägerndorf+. Österreich führt nun den Krieg gegen Frankreich und Bayern mit mehr Glück; die Franzosen räumen +Prag+ (Dez. 1742), Karl VII. muß aus München entfliehen (Juni 1743). Ein neues französisches Heer wird von König Georg II. von England (1727–1760), der als Bundesgenosse Österreichs die sog. +Pragmatische Armee+ (Engländer, Hannoveraner, Hessen) heranführt, besiegt in der [~1743.~] ~Schlacht bei Dettingen~ (am Main unweit Aschaffenburg). Kaiser Karl VII. lebt als Flüchtling in Frankfurt. Deutsche Linie des Hauses Habsburg. Ferdinand I. (1556–1564). __________________|________________________________________ Maximilian II. (1564–1576). Ferdinand v. Tirol. Karl von Steiermark. __________________|____________________________ | Rudolf II. Matthias Maximilian. Albrecht, Ferdinand II. (1576–1612). (1612–1619). Statth. (1619–1637). d. span. | Niederlande, Ferdinand III. 1595–1621. (1637–1657). | Leopold I. (1658–1705). ___________________________________________________|___________________ Maria Antonie, Joseph I. (1705–1711). Karl VI. (1711–1740). Gem. Max Em. | | v. Bayern. | | | _______|________ | Joseph Ferdinand, Maria Josepha, Maria Amalia, Maria Theresia Kurpr. v. Bayern Gem. August III. Gem. Karl Albert (1740–1780). (†1699). v. Sachsen-Polen, v. Bayern (Kais. Karl VII.). Haus Lothringen. Franz I., Großhzg. v. Toskana 1738, deutscher Kaiser 1745–1765. Gem. Maria Theresia, Tochter Karls VI, des letzten Habsburgers. _______________________|_______________________ Joseph II., Leopold II., Ferdinand, 1765–1790. Großhzg. v. Toskana Gem. d. Erbin v. seit 1765, deutscher Modena. Kaiser 1790–1792. _______________________ __________________|_____________________________________________ | Franz II (I.), Ferdinand, Karl, Joseph, Johann, Rainer, Ludwig, | deutscher Kaiser Grhzg. v. †1847. †1847. Reichs- †1853. †1864. Franz IV., 1792–1806, Toskana, | verweser Herzog v. Kaiser v. †1824. Albrecht, 1848–1849, Modena. Österreich | †1895. †1859. | 1804–1835. Leopold II., Grhzg. v. Toskana. Franz V. Ferdinand, _______|_________________________________ | 1859 vertrieben, Marie Luise, Ferdinand I., Franz Karl Ferdinand IV., †1875. Gem. 1835–1848, †1875. Gem. Sophie letzter Grhz. Napoleons I., v. Bayern. v. Toskana. Hzgn. v. Parma, | †1908. †1847. | | ____________________________________|_________________________ Franz Joseph I., Ferdinand Karl Ludwig, †1896. Ludwig. Gem. Elisabeth Maximilian, ___|______________________________ v. Bayern, Ks. v. Mexiko, Franz Ferdinand, Otto, †1906. Ferdinand. †1898. †1867. (Thronfolger). | ____|___________________ Gem. Sophie, _____|__________ Gisela, Rudolf, Valerie, Hzgn. v. Karl Franz Maximilian Gem. †1889. Gem. Franz Hohenberg. Joseph, Eugen Ludwig. Leopold Salvator, präsumpt von Bayern. Neffe Ferdinands IV. Thronerbe. Gem. Zita v. Bourbon-Parma. Haus Hohenzollern. ~Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst~ (1640–1688) Gem. Luise Henriette von Oranien †1667. ~Friedrich III. (I.)~ 1688 (1701)–1713. ~Friedrich Wilhelm I.,~ 1713–1740. ___________|_____________________________ | | | | Friedrich II., August Wilhelm, Heinrich, Ferdinand, d. Große, †1758. †1802. †1813. 1740–1786. | ____|_______ | | | ~Friedrich Wilhelm II.~, Louis Ferdinand, August, 1786–1797. †1806. †1843. _________________|_____________________________________________________ | | | | | | ~Friedrich Wilhelm III.,~ Ludwig, Wilhelmine, Auguste, Heinrich, Wilhelm, 1797–1840. †1796. Königin d. Kurfürstin †1846. †1851. Gem. Luise v. Mecklenburg, Niederl. v. Hessen, | †1810. †1837. †1841. _____________|__ | | | | | Adalbert, Waldemar, Maria, | †1873. †1849. †1889. | Gem. Max. II., | K. v. Bayern. _________|______________________________________________________... | | | | ~Friedrich~ ~Wilhelm I.,~ Charlotte, Karl. ~Wilhelm IV.,~ 1861–1888, †1860, †1883. 1840–1861. 1871 ~deutsch.~ Gem. Nikolaus I., Gem. Maria Gem. Elisabeth ~Kaiser,~ Ks. v. Russland. v. S.-Weimar. v. Bayern. Gem. Augusta | v. Sachs.-Weimar, | †1890. | _______________|_____ Friedrich Karl, | | †1885. ~Friedrich III.,~ Luise, ___________|_______ †1888, Gem. Grhz. | | als Kronprinz v. Baden, Luise Margarete, Friedr. Leopold, Friedrich Wilhelm. †1907. Gem. Artur. Gem. Luise Sophie Gem. Viktoria, Hz. v. Connaught. v. Holst-Augustenb. Princess Royal v. England, †1901. _______________________________________________________________________ ~Wilhelm II.,~ Charlotte, Heinrich, Viktoria, Sophie, Margarete, seit 1888. Gem. Erbprinz Gem. Irene Gem. Prinz Gem. Gem. Prinz Gem. Auguste Viktoria v. Meiningen. v. Hessen, Adolf v. Kronprinz Karl v. v. Holstein- _________| Schbg. v. Hessen. Augustenburg. ______|_______ -Lippe. Griechenland. | | | | ~Waldemar.~ Sigismund. ___|___________________________________________________________________ | | | | | | | Wilhelm, Eitel Adalbert. August Wilhelm. Oskar. Joachim. Viktoria Gem. Cecilie Friedrich, Gem. Alexandra Luise. V. Mecklenburg. Gem. Sophie v. Schl.-Holstein. | Charlotte | v. Oldenburg. _____|___________________________________________ | | | | Wilhelm. Louis Ferdinand. Hubertus Karl. Friedrich ~Friedrich Wilhelm III.,~ 1797–1840. Gem. Luise v. Mecklenburg, †1810. ...__|_________________________________________ | | | Alexandrine, Luise, Albrecht, †1892. †1870. †1872. Gem. Grh. Paul Gem. Friedrich, Gem. Marianne, Friedr.v.Meckl. Prz. d. Niederl. Przin. d. Niederl. | Albrecht, Regent v. Braunschw. †1906. | Friedr. Heinr. Joachim Albrecht. Friedrich Wilhelm. Gem. Agathe v. Ratibor u. Corvey. Diese Erfolge Österreichs und dessen Verträge mit +Sardinien+ und +Sachsen+ gegen Preußen machen den König Friedrich für seine neue Erwerbung besorgt. Er schließt abermals ein Bündnis mit +Frankreich+ und +Karl VII.+ und beginnt, nachdem er (1744) +Ostfriesland+ nach dem Aussterben des Fürstenhauses der Cirksena mit seinem Staate vereinigt hat (S. 281), den [~1744–1745.~] ~Zweiten Schlesischen Krieg.~ Mit 80 000 Mann »kaiserlicher Hilfstruppen« rückt der König durch Sachsen in Böhmen ein, erobert +Prag+, wird aber bald darauf infolge des Rückzuges der Franzosen, die ihn ohne Beistand lassen, nach Schlesien zurückgedrängt (1744). [~1745.~] Nach Karls VII. Tode in München entsagt sein Sohn +Max Joseph+ (1745–1777) im ~Frieden zu Füßen~ allen Erbansprüchen auf Österreich und verspricht dem Gemahl der Maria Theresia, +Franz Stephan+, seine Stimme bei der Kaiserwahl. Die Franzosen unter dem Marschall +Moritz von Sachsen+, einem Sohne Augusts II. und der Gräfin Aurora Königsmark, dringen nach dem Siege bei +Fontenoy+ in die +österreichischen Niederlande+ ein und erobern Brüssel. [~1745.~] Friedrichs Siege bei ~Hohenfriedeberg~ (in Schlesien, 4. Juni, über Herzog Karl von Lothringen, Bruder Franz Stephans) und bei ~Soor~ (im nordöstl. Böhmen, 30. Sept.) beweisen aufs neue die Überlegenheit der preußischen Waffen. Nach einem dritten Siege, den der alte Feldmarschall +Leopold von Dessau+ († 1747) bei ~Kesselsdorf~ (unweit Dresden, 15. Dez.) über die Sachsen davonträgt, folgt der ~Friede zu Dresden~: Bestätigung des Besitzes von +Schlesien+; Friedrich erkennt den Gemahl Maria Theresias als Kaiser an. [~1745–1765.~] ~Franz I.~ deutscher Kaiser ~(Haus Lothringen- Toskana~ 1745–1806). +Beendigung des Österreichischen Erbfolgekriegs+: Nachdem die besten englischen Truppen nach England gegen den von Frankreich unterstützten Prätendenten +Karl Eduard+ (S. 299) abberufen sind, vollendet der Marschall Moritz von Sachsen durch den Sieg bei ~Raucoux~ 1746 die Eroberung der österreichischen Niederlande. Maria Theresia schließt ein Bündnis mit Elisabeth von +Rußland+ (S. 295), die 1748 Truppen nach Deutschland sendet. Frankreichs Verluste in dem gleichzeitigen +Seekriege+ mit England (S. 299f.) dämpfen die Kriegslust der Franzosen. [~1748.~] ~Friede zu Aachen~: 1. Österreich tritt +Parma+ und +Piacenza+ an den spanischen Infanten +Don Philipp+ ab (zweite Sekundogenitur der +spanischen+ Bourbons in Italien, S. 279). 2. Gewährleistung +Schlesiens+ für +Preußen+, der +Pragmatischen Sanktion+ für +Österreich+, der +britischen Thronfolge+ für das Haus +Hannover+ (S. 272). Veränderung des europäischen Staatensystems durch den Eintritt Preußens in die Reihe der Hauptmächte. ~Friedrichs d. Gr. Friedensregierung~ (s. +Anhang+) wird ein Vorbild für andere Staaten. -- In +Sanssouci+ (1745–1747 erbaut) lebt 1750–1763 +Voltaire+; auch die Gelehrten Maupertuis, d’Argens, La Mettrie und Algarotti werden herangezogen. In ~Österreich~ durch Maria Theresia Abstellung vieler Mißstände, Hebung der Finanzen, Bildung eines tüchtigen Heeres (Daun). Sparsame Hofhaltung. Sorge für Handel, Industrie und Ackerbau. Erleichterung der Leibeigenschaft. Gründung der Volksschule. Abschaffung der Folter. In ~Dresden~ glänzende Hofhaltung Augusts des Starken († 1733) und Augusts III. († 1763). Italienische Oper, Gründung der Gemälde-Gallerie 1746. Minister Graf +Brühl+ († 1763). Aufblühen der ~deutschen Literatur~: Albrecht von +Haller+ in Bern, dann in Göttingen (Universität gegr. 1737; † 1777 in Bern). Fr. von +Hagedorn+ in Hamburg († 1754), +Gottsched+ († 1766) und +Gellert+ († 1769) in Leipzig; +Gleim+ in Halberstadt († 1803), +Ramler+ († 1798) und Ewald von +Kleist+ in Berlin († 1759 in Frankfurt a. O.). +Klopstock+ geb. 1724 zu Quedlinburg (1748 der Messias), 1751 in Kopenhagen († 1803 in Hamburg). +Lessing+ geb. 1729 zu Kamenz (Oberlausitz), 1751 in Berlin († 1781 in Braunschweig). [~1756–1763.~] ~Siebenjähriger (Dritter Schlesischer) Krieg.~ Maria Theresia, seit 1746 mit +Rußland+ verbündet, sucht auch Frankreich zu gewinnen. Fürst +Kaunitz+ (1740–1753 österreichischer Gesandter in Paris, dann Reichskanzler in Wien) bewirkt eine Aussöhnung der Jahrhunderte lang feindseligen (S. 206) Kabinette von Wien und Versailles; die +Marquise von Pompadour+ begünstigt das Bündnis. +England+, 1750 dem österreichisch-russischen Bündnis angeschlossen, tritt 1755 mit Rußland in besonderen Bund, aber erneute Feindseligkeiten Frankreichs wegen der Besitzungen in Nordamerika veranlassen Georg II., im Jan. 1756 den Vertrag von +Westminster+ mit +Preußen+ abzuschließen. Beide Mächte garantieren sich ihren Besitz. Für den Fall eines Krieges verspricht England Hilfsgelder. Darauf Bündnis zwischen +Frankreich+ (Ludwig XV. 1715–1774) und +Österreich+ (Mai 1756). Friedrich d. Gr., von den Plänen seiner Feinde unterrichtet, entschließt sich ihnen zuvorkommen und eröffnet den Krieg, ehe die Rüstungen der Gegner beendet sind. [~1756.~] (29. Aug.) Einfall +Friedrichs+ in Sachsen mit 67000 Mann. Dresden besetzt, das sächsische Heer bei +Pirna+ eingeschlossen. Friedrich zieht mit 24000 Mann den +Österreichern+ entgegen und gewinnt den [1. Okt.] ~Sieg bei Lobositz~ (in Böhmen). [16. Okt.] 17000 Sachsen ergeben sich als Kriegsgefangene und werden zum Dienst im preußischen Heere gezwungen. Kurfürst Friedrich August II. verläßt die Festung Königstein und entflieht nach Warschau (S. 279). [~1757.~] Erklärung des +Reichskrieges+ an Preußen; doch bleiben Hannover, Hessen, Braunschweig, Sachsen-Gotha mit Preußen verbunden. +Österreich+ und +Rußland+ (Elisabeth, Tochter Peters d. Gr. 1741–1762) schließen einen. Angriffs- und Teilungsvertrag gegen Preußen (Febr.), ebenso +Österreich+ und +Frankreich+ (Mai). König Adolf Friedrich von +Schweden+ (1751–1771, S. 294) tritt gegen das Versprechen, Pommern zu bekommen, dem Bunde gegen seinen Schwager Friedrich bei; seine Teilnahme am Kriege ist jedoch unbedeutend. Bündnis zwischen +Preußen+ und +England+; letzteres verpflichtet sich 1758 zur Zahlung von Hilfsgeldern (4 Millionen Taler jährlich). [April.] Die Preußen rücken in vier Heeresabteilungen (über Trautenau, Reichenberg, Nollendorf, Komotau, zusammen 117000 Mann) in Böhmen ein. [6. Mai.] ~Sieg Friedrichs bei Prag~ über die Österreicher (Herzog Karl von Lothringen und Browne). ~Schwerin †.~ Friedrich belagert +Prag+, greift mit einem Teil seines Heeres den zum Einsatz anrückenden +Daun+ an, erleidet aber eine bedeutende [18. Juni.] ~Niederlage bei Kolin.~ Prag und ganz Böhmen aufgegeben, Rückzug nach der Lausitz. Die Franzosen dringen bis zur Weser vor. [26. Juli.] ~Schlacht bei Hastenbeck~, Sieg der +Franzosen+ über Friedrichs Verbündete (unter dem +Herzog von Cumberland+, zweitem Sohne König Georgs II.). Die Russen (+Apraxin+) greifen in Ostpreußen den Feldmarschall Lehwaldt mit überlegener Macht an und siegen (30. Aug.) bei ~Großjägersdorf~, gehen aber wegen Verpflegungssorgen und Krankheit der Kaiserin Elisabeth nach der preußisch-polnischen Grenze zurück. Friedrich läßt die größere Hälfte seines Heeres (unter dem Herzog von +Braunschweig-Bevern+ und General +v. Winterfeld+) in der Lausitz zurück und zieht mit 25000 Mann nach Thüringen. Winterfeld † im Gefecht bei +Moys+ (unweit Görlitz, 7. Sept.). [8. Sept.] Vertrag zu ~Kloster Zeven~ (Herzog von +Cumberland+ und +Richelieu+), wonach die Franzosen +Hannover+ besetzen. Ein +zweites+ französisches Heer unter +Soubise+ vereinigt sich mit dem +Reichsheere+, um Sachsen zu befreien. Friedrich zieht diesen Feinden entgegen; General +v. Seydlitz+ mit der Vorhut vertreibt sie (19. Sept.) aus +Gotha+. [5. Nov.] ~Sieg Friedrichs bei Roßbach~ (westlich von der Saale, unweit Merseburg) mit 22000 Mann (die Reiterei unter ~Seydlitz~) über +Soubise+ und das +Reichsheer+ (64000 Mann). Der Vertrag von Zeven wird von der englischen Regierung verworfen. Herzog ~Ferdinand von Braunschweig~ erhält den Oberbefehl gegen die Franzosen. Friedrich zieht in Eilmärschen nach Schlesien, wo die +Österreicher+ den Herzog von +Braunschweig-Bevern+ in der [22. Nov.] +Schlacht bei Breslau+ geschlagen und gefangen hatten. [5. Dez.] ~Sieg Friedrichs bei Leuthen~ mit 32000 Mann über 80000 +Österreicher+ (Karl von Lothringen und Daun). +Breslau+ wiedergewonnen. [~1758.~] Friedrich erobert Schweidnitz, dringt in +Mähren+ ein, belagert +Olmütz+ vergeblich, muß sich, da Daun heranrückt, nach Schlesien zurückziehen. Im Osten Vorrücken der Russen (+Fermor+), die sich mit den Österreichern zu vereinigen suchen. Im Westen treibt +Ferdinand von Braunschweig+ die Franzosen über den Rhein zurück, schlägt sie in der [23. Juni.] ~Schlacht bei Krefeld~ und verteidigt sich dann, durch englische Truppen (8500 Mann) verstärkt, in +Westfalen+ gegen zwei französische Heere. Die Russen dringen nach Eroberung Ostpreußens bis zur Oder vor und belagern +Küstrin+. Friedrich läßt einen Heeresteil in Sachsen unter seinem Bruder, dem Prinzen +Heinrich+, zurück, einen andern in Schlesien unter dem Feldmarschall +Keith+ und zieht gegen die Russen. [25. Aug.] ~Sieg Friedrichs~ (+Seydlitz+) ~bei Zorndorf~ (unweit Küstrin) über die Russen (42000 Mann unter +Fermor+ gegen 36000 Preußen). Die Österreicher rücken nach der Lausitz vor; der König kommt seinem Bruder Heinrich zu Hilfe. [14. Okt.] ~Niederlage Friedrichs bei Hochkirch~ (unweit Bautzen) durch ~Daun.~ Dennoch behauptet er Sachsen und Schlesien und entsetzt +Neiße+. [~1759.~] Herzog +Ferdinand von Braunschweig+, von den Franzosen unter dem Herzog von Broglie bei +Bergen+ (unweit Frankfurt am Main) zurückgeschlagen (13. April), behauptet, das Wesergebiet durch seinen [1. Aug.] ~Sieg bei Minden.~ Erneutes Vorrücken der Russen (+Soltykow+), sie schlagen den General +v. Wedell+, dem der König die Vollmacht eines Dictators gegeben hatte, bei ~Kay~ unweit Züllichau (23. Juli). Friedrich kann ihre Vereinigung mit den +Österreichern+ unter +Laudon+ nicht hindern. Schwere [12. Aug.] ~Niederlage Friedrichs bei Kunersdorf~ (bei Frankfurt a. d. Oder) durch die +Österreicher+ und die im Anfange bereits geschlagenen +Russen+. Aber +Daun+ mit dem zweiten österreichischen Heere bleibt in der Lausitz stehen, wird von Prinz +Heinrich+ am Vorrücken gehindert. Friedrichs Lager bei +Fürstenwalde+. Er folgt den in der Richtung auf +Glogau+ abziehenden Russen und wendet sich dann nach Sachsen. [4. Sept.] +Dresden+ von Österreichern und Reichstruppen eingenommen. Der General Schmettau erhält freien Abzug. Friedrich versucht die Stadt wiederzugewinnen; aber das von ihm nach ~Maxen~ (unweit Pirna) entsandte Korps des General +Finck+ (12000 Mann) wird von Daun eingeschlossen [20. Nov.] und gefangen. Friedrich behauptet seine Winterquartiere in der Gegend zwischen Freiberg und Meißen. [~1760.~] +Fouqué+ von +Laudon+ in der [23. Juni.] ~Schlacht bei Landshut~ geschlagen und mit 8000 Mann gefangen. Nach vergeblicher Belagerung +Dresdens+ zieht der König nach Schlesien, wo +Breslau+ vom General +v. Tauenzien+ tapfer verteidigt wird. [15. Aug.] ~Sieg Friedrichs bei Liegnitz~ über die +Österreicher+ unter +Laudon+. Er hindert die Vereinigung der Russen mit den Österreichern. [Sept.] +Kolberg+ behauptet sich gegen die belagernden Russen, wird entsetzt durch den raschen Zug des Generals von Werner. [Okt.] Besetzung +Berlins+ durch Russen (+Tottleben+) und Österreicher. Beim Heranrücken des Königs ziehen sich die Feinde zurück. Darauf blutiger [3. Nov.] ~Sieg Friedrichs bei Torgau~ über die +Österreicher+ unter +Daun+. General +v. Zieten+ entscheidet den Sieg durch Erstürmung der Süptitzer Höhen. [~1761.~] Friedrich im Lager bei ~Bunzelwitz~ (bei Schweidnitz) den vereinigten +Österreichern+ (Laudon) und +Russen+ (Buturlin) gegenüber, die nichts Entscheidendes gegen ihn wagen. Trennung der verbündeten Heere. +Schweidnitz+ wird von den Österreichern, +Kolberg+ von den Russen genommen. Friedrich im Lager bei +Strehlen+, um Breslau zu decken. In Sachsen behauptet sich Prinz Heinrich, an der Weser Herzog Ferdinand von Braunschweig. Bedrängte Lage Friedrichs, der infolge der Thronbesteigung +Georgs III.+ (1760–1820) auch die englischen Hilfsgelder verliert. Der [~1762.~ 5. Jan.] ~Tod der Kaiserin Elisabeth~ von Rußland bringt eine günstige Wendung. Ihr Nachfolger +Peter III.+ (S. 277, 293), ein Verehrer Friedrichs, schließt mit Preußen Frieden, bald darauf ein +Bündnis+, doch wird dieses durch seine Entthronung und Ermordung (Juli) wieder aufgehoben. Seine Nachfolgerin +Katharina II.+ ruft ihre Truppen von Friedrichs Heer ab, doch tragen die Russen unter Czernitschew noch durch ihre untätige Gegenwart zu dem [21. Juli.] ~Sieg Friedrichs bei Burkersdorf~ über die +Österreicher+ bei. Schweidnitz wiedergewonnen. Nachdem Herzog Ferdinand die Franzosen bei +Wilhelmsthal+ unweit Kassel (24. Juni), Prinz Heinrich die Österreicher und Reichstruppen bei ~Freiberg~ (29. Okt.) besiegt hat und General v. Kleist bis +Nürnberg+ vorgedrungen ist (29. Nov.), tritt Waffenruhe ein. Da England und Frankreich miteinander Frieden schließen und die französischen Truppen Deutschland räumen, ist auch Maria Theresia zum Frieden geneigt. [~1763.~ 15. Febr.] ~Friede zu Hubertusburg~ (Jagdschloß unweit Grimma): Friedrich d. Gr. behält Schlesien, räumt den noch besetzten Teil Sachsens, verspricht seine Kurstimme für die Wahl des Erzherzogs +Joseph+ zum römischen König. ~Preußen~ hat im Siebenjährigen Kriege den Kampf um sein Dasein ruhmvoll bestanden und Deutschland gegen die Angriffe des Auslandes verteidigt. Das gesunkene deutsche Nationalgefühl richtet sich wieder an Friedrichs Heldentum auf. Durch die Eroberung von Schlesien, die Erwerbung Westpreußens bei der ersten polnischen Teilung (S. 296), -- Friedrich nennt sich seitdem König +von+ Preußen -- und die Aufrechterhaltung des deutschen Reichssystems gegen die Bestrebungen Kaiser Josephs II. (S. 290f.) wird Preußen eine +europäische Großmacht+. Alle Welt bewunderte das Resultat, aber das preußische Staatswesen besaß bereits nicht mehr die Zuneigung der Zeitgenossen. -- Friedrichs Fürsorge für sein Land, s. Anhang. [~1765–1790.~] ~Joseph II., deutscher Kaiser~, für die österreichischen Länder bis ~1780~ nur +Mitregent+ seiner Mutter +Maria Theresia+ und wie sein Vater ohne bedeutenden Einfluß auf die innere Regierung. [1767.] Versuch einer Reform des Reichskammergerichts zu +Wetzlar+. [1769.] Zusammenkunft mit Friedrich II. in +Neiße+, der 1770 ein Gegenbesuch in +Mährisch-Neustadt+ folgt. [~1778–1779.~] ~Bayrischer Erbfolgekrieg.~ Veranlassung: Aussterben der bayrischen Kurlinie mit +Max Joseph+ (1777). +Karl Theodor+, 1743–1799 (S. 279), Kurfürst von der Pfalz und Herzog von Jülich und Berg, als Haupt der älteren Linie des Hauses +Wittelsbach+ (vgl. S. 186) rechtmäßiger Erbe der bayrischen Länder, läßt sich von Kaiser Joseph II. bewegen, alte Ansprüche Österreichs auf +Niederbayern+ und auf Teile der +Oberpfalz+ anzuerkennen. Vertrag zu Wien (1778, Januar). Besetzung von Niederbayern durch österreichische Truppen. +Karl Theodor+ war kinderlos; mit seinem Erben, dem Herzog Karl von +Pfalz-Zweibrücken+, tritt Friedrich der Große in Verbindung und ermutigt ihn zum Widerstande gegen die österreichischen Ansprüche. Friedrich rückt mit Truppen in +Böhmen+ ein; es kommt zu keiner Schlacht. [~1779.~] ~Friede zu Teschen~: Österreich behält von Bayern nur das +Innviertel+ und willigt in die künftige (1791 erfolgte) Vereinigung der Markgrafschaften +Ansbach+ und +Baireuth+ mit der +preußischen Monarchie+. Bayern und +Pfalz+ (mit Jülich und Berg, s. S. 252, 279) bleiben vereinigt. [~1780–1790.~] ~Joseph II.~ in Österreich. Auf die durch manche Verbesserungen der Verwaltung für Österreich segensreiche Regierung Maria Theresias (S. 285) folgt das stürmische Vorgehen Josephs. Von dem Ideal eines starken Einheitsstaates erfüllt, strebt er danach, die Macht der bevorrechtigten Stände (Geistlichkeit und Adel) zu brechen, alle provinzielle Selbständigkeit zu beseitigen und +Einheit+ der Verwaltung (Zentralisation) herzustellen. Die deutsche Sprache auch in Ungarn als Amtssprache eingeführt. [1781.] +Toleranzedikt+ zu Gunsten der nicht katholischen Untertanen. Über 700 +Klöster+ aufgehoben, für die noch verbleibenden (mehr als 1300) Staatsaufsicht vorgeschrieben. Beschränkung des Verkehrs der Geistlichkeit mit Rom; der Besuch des jesuitischen Collegium germanicum in Rom verboten (Jesuitenorden 1773 durch Papst Clemens XIV. aufgehoben); landesherrliches +Placet+ für die päpstlichen Erlasse eingeführt. Vergebliche Reise des Papstes Pius VI. nach Wien 1782, um diese Neuerungen abzuwenden. +Aufhebung der Leibeigenschaft+, doch bleiben noch manche Dienstverpflichtungen der Bauern bestehen. Reform des Gerichtswesens. [~1785.~] Kaiser Josephs Plan eines Ländertausches, wonach +Karl Theodor+ ganz +Bayern+ an Österreich abtreten und dafür die +österreichischen Niederlande+ (Belgien) außer +Luxemburg+ und +Namur+ als ~Königreich Burgund~ erhalten soll. Frankreich verhält sich gleichgültig, Rußland sucht durch Zureden und Drohungen den bayrischen Thronerben, den Herzog Karl von +Pfalz-Zweibrücken+, zur Einwilligung zu bewegen. Dieser wendet sich um Hilfe an +Friedrich den Großen+, welcher noch ein Jahr vor seinem Tode († 1786, 17. Aug.), den [~1785.~] ~deutschen Fürstenbund~ zwischen +Preußen+, +Sachsen+, +Hannover+ zustande bringt, dem dann viele kleinere Staaten beitreten nach dem Vorgang »des einstigen Schmalkaldischen« (S. 230ff.). Damit die deutsche Reichsverfassung und die Dynastien gegen die Pläne des Kaisers sicher gestellt. Ebenso Widerstand gegen Josephs Reformen in den österreichischen Niederlanden und in Ungarn. Die Aufhebung der Verfassung von Brabant bewirkt einen Aufstand der belgischen Provinzen (1789). Joseph, aus dem gemeinschaftlich mit Rußland unternommenen Türkenkriege (S. 297) krank zurückgekehrt, stirbt kinderlos Febr. 1790, nachdem er fast alle Neuerungen wieder aufgehoben hatte. [~1786–1797.~] ~Friedrich Wilhelm II., König von Preußen~, Neffe Friedrichs d. Gr., nicht von gleicher Tätigkeit und Entschlossenheit wie seine beiden Vorgänger. Die Finanzen des Staates kommen in Unordnung, das Heerwesen verfällt (s. Anhang). [1791.] Ansbach und Bayreuth durch Erbanfall gewonnen. [~1790–1792.~] ~Leopold II. Kaiser~, Josephs Bruder und Nachfolger, seit 1765 Großherzog von Toskana. Er unterdrückt den Aufstand in Belgien, indem er zugleich die alten Verfassungen und Privilegien wiederherstellt. Manche Reformen Josephs noch von Leopold II. beseitigt, doch bleibt das Toleranzedikt und die Aufhebung der Leibeigenschaft. Durch die Konferenzen in +Reichenbach+ 1790 wird ein Krieg mit +Preußen+ abgewendet, welches mit den +Türken+ und mit +Polen+ Bündnisse geschlossen hatte (Minister +v. Hertzberg+), um Rußland und Österreich entgegenzuwirken (S. 297). Der Fürstenbund gesprengt. Preußen wieder im Schlepptau der österreichischen Politik. ~Entfaltung d. deutschen Literatur u. Wissenschaft.~ +Winkelmann+ 1717–1768, Geschichte der Kunst des Altertums 1764. +Lessings+ Laokoon 1766, Hamburgische Dramaturgie 1767, Nathan 1779; +Goethes+ Götz v. Berlichingen 1773, Iphigenie 1787, Hermann und Dorothea 1797; +Schillers+ Räuber 1781, Don Carlos 1787, Glocke und Wallenstein 1799. +Kant+ 1724–1804 in Königsberg i. Pr.; Kritik der reinen Vernunft 1781; F. A. +Wolf+ 1759–1824, Prolegomena ad Homerum 1792. ~Klopstock~ s. S. 285. ~Lessing~ 1729 in Kamenz geb., 1760 in Breslau, 1767 in Hamburg, 1770 in Wolfenbüttel, † 1781. ~Wieland~ 1772–1813 (geb. 1733), ~Goethe~ 1775, ~Herder~ 1776 bis 1803 (geb. 1744) in ~Weimar~ am Hofe des Herzogs +Karl August+. ~Goethe~ geb. 1749 in Frankfurt a. M., † 1832 in Weimar. ~Schiller~ geb. 1759 in Marbach, 1782 Flucht aus Stuttgart, 1785 in Dresden, 1789 in Jena, 1799 in Weimar, † 1805. Zu nationaler und allgemeiner Bedeutung gelangt auch die ~deutsche Musik~: +Seb. Bach+ in Leipzig († 1750, Matthäuspassion 1729), +Händel+ (geb. in Halle a. Saale, † in London 1759, Messias 1741), +Gluck+ († in Wien 1787), +Haydn+ († in Wien 1809, die Schöpfung 1797), +Mozart+ († in Wien 1791). Auch an dem Aufschwung der ~Naturwissenschaften~ nimmt Deutschland teil. +Linné+ 1741 in Upsala, +Jussieu+ und +Buffon+ in Paris. +Euler+ 1741 in Berlin, 1766 in Petersburg, +Blumenbach+ 1780 in Göttingen; +Herschel+, 1781 Entdeckung des Planeten Uranus in Greenwich. +Celsius+ 1730 in Upsala, +Réaumur+ in Paris. +Galvani+ 1780 in Bologna, +Volta+ in Pavia. +Lavoisier+ 1794 in Paris hingerichtet. Französische Gradmessung zur Bestimmung des Erdumfangs 1792–1808. § 8. Der Norden und Osten. ~Dänemark~ (mit ~Norwegen~), seit Beendigung des Nordischen Krieges im vollständigen Besitz +Schleswigs+ (S. 277), erfreut sich unter +Friedrich IV.+, +Christian VI.+, +Friedrich V.+, +Christian VII.+, (Graf +Bernstorff+ Minister 1751–1770) eines langen inneren und äußeren Friedens. Unter dem schwachen +Christian VII.+ beginnt 1770 der Minister ~Struensee~ (geb. in Halle, Arzt in Altona, Reisebegleiter des Königs, Erzieher des Kronprinzen, Günstling der Königin +Karoline Mathilde+) übereilte Reformen nach dem Vorbild Friedrichs II. und Josephs II. Er wird 1772 durch eine Verschwörung der Adelsaristokratie (Königin-Mutter +Juliane Marie+) gestürzt und mit seinem Freunde +Brandt+ enthauptet. Der jüngere +Bernstorff+ (Neffe des vorigen), Minister 1773 bis 1780 und wiederum 1784–1797, beendigt den Streit mit dem Hause Holstein-Gottorp 1773 durch einen Vertrag mit der in +Rußland+ regierenden älteren Linie desselben: Abtretung des Stammlandes +Oldenburg+ (S. 268) an die jüngere Linie, welche im Besitz des Bistums +Lübeck+ (S. 255, Hauptort Eutin) war; dafür ganz +Holstein+ mit Dänemark vereinigt. ~Schweden~ im Innern zerrüttet und geschwächt durch die Zwistigkeiten der den Reichstag beherrschenden Adelsparteien (+Hüte+ für Frankreich, +Mützen+ für Rußland). Die königliche Gewalt unbedeutend unter +Friedrich+ von Hessen-Kassel (1720 bis 1751, S. 277). Unglücklicher ~Krieg gegen Rußland~ 1741 bis 1743, beendigt durch den Frieden zu ~Åbo~: 1. Abtretung des südlichen Finnland, der +Kymmene+-Fluß wird Grenze zwischen Schweden und Rußland, dadurch gesicherte Lage Petersburgs. 2. Prinz +Adolf Friedrich+ von Holstein-Gottorp (S. 293), Verwandter des russischen Kaiserhauses, wird zum Thronfolger in Schweden bestimmt. ~Das dänische Königshaus und das Haus Holstein-Gottorp.~ Christian I., K. v. Dänemark, † 1481. _________________|___________ | | Johann, K. v. Friedrich I., K. v. Dänemark, † 1533. Dänemark, † 1513. | | ______|____________ | | | Christian II., Christian III., Adolf, Hz. zu Gottorp. K. v. Dänemark, K. v. Dänemark, | abgesetzt 1523. † 1559. | ___________|__ Sein Urenkel | | Christian Albrecht, Friedrich II., Johann, Stifter der Universität Kiel 1665. K. v. Dänemark. Hg. zu _____|________________ | Sonderburg. Friedrich IV., Christian August, Königliche Linie | Hz. zu. Gottorp. Bischof v. Lübeck. bis Friedrich VII., ___|_ | | † 1863 ___________| | | _______|____________________ | | | | | | Augustenburger Glücksburger | Adolf Friedr., Friedr. Aug., Georg Linie. Linie. _______| K. v. Bischof Ludwig. | Schweden. v. Lübeck, Karl Friedrich, Gem. Luise 1773 Hz. Gem. Anna, d. Ulrike v. Oldenburg. ält. Tochter v. Preußen. Peters d. Gr. | | Peter III., † 1762, | | Zar von Rußland. Schwedische Peter, Gem. Katharina II. Linie bis 1818. Begründer der v. Anhalt Zerbst, † 1796. Oldenburger | Linie. Russische Linie. [~1751–1818.~] ~Haus Holstein-Gottorp~ in Schweden. Unter Adolf Friedrich (1751–1771) unrühmliche Teilnahme am Siebenjährigen Kriege. Sein Sohn ~Gustav III.~ (1771–1792) stürzt durch einen unblutigen Staatsstreich 1772 die Macht des Adels; die +Stände+ (Adel, Geistlichkeit, Bürger, Bauern) beraten fortan nur über die vom König gemachten Vorschläge und haben das Recht des Einspruchs gegen einen Angriffskrieg. [1788–1790.] ~Krieg gegen Rußland~, um die Ostseeprovinzen wiederzugewinnen. Nach dem unentschiedenen Seetreffen bei der Insel +Hogland+ rückt Gustav III. in den an Rußland 1743 abgetretenen Teil Finnlands ein; die Offiziere verweigern ihm den Gehorsam. Er findet Unterstützung in Stockholm und Dalarne; die Stände bewilligen ihm (+gegen+ den Adel) das Recht des +Angriffskrieges+. Trotz glänzender Waffentaten Gustavs (Seesieg bei Svenskasund 1790) Friede zu +Werelä+ ohne Vorteil für Schweden. [1792.] +Gustav III.+ von +Ankarström+, einem ehemaligen Offizier, ermordet; Regentschaft eingesetzt für seinen minderjährigen Sohn Gustav IV. ~Rußland~ und ~Polen~. Alexei, †1676. ____________|_________________________________ | | | | ~Feodor III.~, ~Iwan V.~, Sophia. ~Peter der Große~, †1682. †1696. †1725. Gem. _________|____ ~Katharina I.~, | | †1727. Katharina, ~Anna~, ________|________________ Herzogin v. †1740. Alexei, Anna, ~Elisabeth~, Meckl.-Schwerin. †1718. Gem. Karl †1762. | | Friedr. v. Anna, ~Peter II.~, Holstein-Gottorp. Herzogin v. Braunschweig. †1730. | | ~Peter III.~, ~Iwan VI.~ bis 1741, † 1764. †1762. Gem. ~Katharina II.~, † 1796. Auf +Peter den Großen+, dessen zur altrussischen Partei neigender Sohn +Alexei+, vom Vater zum Tode verurteilt, im Gefängnis gestorben war (1718), folgt kraft eines von Peter 1722 erlassenen Gesetzes, welches den jedesmaligen Herrscher zur Ernennung seines Nachfolgers ermächtigte (später durch Paul I. wieder aufgehoben), seine Gemahlin [~1725–1727.~] ~Katharina I.~, geleitet von Fürst ~Menschikow~, (S. 269), der durch seine Herrschsucht sich den Haß der altrussischen Partei zuzieht. [~1727–1730.~] ~Peter II.~, 12 Jahre alt, Enkel Peters d. Gr. Menschikow durch die Familie +Dolgoruki+ gestürzt und nach Sibirien verbannt, wo er 1729 stirbt. Die Residenz nach Moskau zurückverlegt. [~1730–1740.~] ~Anna Iwanowna~, Nichte Peters d. Gr., von +Münnich, Ostermann+ und ihrem Günstling +Biron+ (eigentlich +Bühren+) geleitet. Rückkehr des Hofes nach St. Petersburg; Biron herrscht bald unumschränkt und unterdrückt die +Dolgoruki+; 1737 wird er auf Wunsch der Kaiserin von August III., König von Polen (1733–1763), zum +Herzog von Kurland+ ernannt. Rußlands Einfluß in Polen wird durch den polnischen Thronfolgekrieg (s. S. 279f.) begründet. In dem mit Österreich gemeinschaftlich (s. S. 279) geführten +Türkenkrieg+ wird trotz der Siege des Feldmarschalls +Münnich+ nur +Asow+ wieder gewonnen (S. 275). Auf die Kaiserin Anna folgt ihr Großneffe, der unmündige [~1740–1741.~] ~Iwan VI.~, dessen Mutter +Anna von Braunschweig+ nach dem durch +Münnich+ bewirkten Sturz Birons kurze Zeit die Regierung führt (Biron nach Sibirien). Durch einen Soldatenaufstand erlangt den Thron [~1741–1762.~] ~Elisabeth~, die jüngste Tochter Peters des Großen. +Iwan+ wird gefangen. +Münnich+ und +Ostermann+ werden nach Sibirien geschickt, +Biron+ kommt zurück. Launenhafte Regierung unter dem Einfluß der Günstlinge; der preußenfreundliche +L’Estocq+, dem die Kaiserin hauptsächlich den Thron verdankt, wird 1748 durch +Bestuschew+, den Freund Österreichs, gestürzt, Bestuschew fällt 1758 in Ungnade. Rußlands Teilnahme am Siebenjährigen Kriege s. S. 285–289. Nach Elisabeths Verfügung gelangt ihr Neffe Peter, Herzog von Holstein-Gottorp, zum Thron. Seit ~1762. Haus Holstein-Gottorp~ in Rußland. Peter III., †1762, Gem. Katharina II., †1796. | Paul I., †1801. ______________________|__________________ Alexander I., Konstantin, Nikolaus I. †1825. †1831. †1855. Gem. Charlotte v. Preußen, †1860. _________________________________|_________________ Alexander II., Konstantin, Nikolaus, Michael, †1881. †1892. †1891. †1909. Gem. Maximiliane v. Hessen. ______|________________________________________________ Alexander III., Wladimir, Alexei, Sergius, Paul. †1894. †1909. | †1908. †1905. | Gem. Dagmar v. Dänemark, |_______________________ | | Kyrill. Boris. Andreas. Demetrius _____|__________________________________ Nikolaus II., Georg, Michael. 1894-x †1899 Gem. Alix v. Hessen. | Alexei. [1762.] ~Peter III.~ beginnt unvorsichtig ins Werk gesetzte Neuerungen, wird nach 6 Monaten entthront und gefangen gesetzt von seiner Gemahlin (Prinzessin von Anhalt-Zerbst), der energischen und sittenlosen [~1762–1796.~] ~Katharina II.~ Die Brüder Gregor und Alexei +Orlow+, Günstlinge Katharinas, lassen den Kaiser erdrosseln; +Iwan VI.+ wird im Gefängnis zu Schlüsselburg getötet. +Münnich+, unter Peter III. zurückgekehrt, bleibt in Ansehen († 1767). Katharina, zugleich auf innere Reformen und auf Erhöhung der Machtstellung Rußlands bedacht, wendet sich bald gegen +Polen+. Sie fordert und erhält von König August III. +Kurland+ zurück für +Biron+, der das Herzogtum unter russischem Einfluß verwaltet und auf seinen Sohn vererbt. Nach dem Tode +Augusts III.+ 1763 setzt Katharina in Verbindung mit Friedrich II. die Wahl ihres Schützlings [~1764–1795.~] ~Stanislaus Poniatowski~ († 1798) zum König von Polen durch. Auf Rußlands und Preußens Betreiben erhalten die +Dissidenten+ (Anhänger der +griechischen+ Kirche und +Protestanten+) gleiche Rechte mit den Katholiken. Der russenfreundliche Teil des Adels schließt 1767 die +Konföderation von Radom+, der auch der König beitritt. Dagegen 1768 Bund des national gesinnten Teils des Adels, die +Konföderation von Bar+ »zum Schutze der Religion und Freiheit Polens«. Mißglückter Versuch derselben, den König zu entführen. In dem Bürgerkriege wird der König durch ein russisches Heer gegen die Konföderation von Bar unterstützt. Die Türken erklären als Verbündete dieser Konföderation den Russen den Krieg (1768–1774). Rußlands Erfolge in demselben erregen +Preußens+ und +Österreichs+ Eifersucht. Um eine gleichmäßige Machtvergrößerung der drei Mächte herbeizuführen, erfolgt die [~1772.~] ~erste Teilung Polens~: 1. ~Rußland~ erhält das Land jenseits der Düna und des Dnjepr (110000 qkm). 2. ~Österreich~: Ostgalizien und Lodomirien (70000 qkm); (die Zips schon 1770 besetzt). 3. ~Preußen~: +Westpreußen+ mit Ausnahme von Danzig und Thorn, das Bistum +Ermeland+ und den +Netzedistrikt+ (35000 qkm), vgl. Anhang. Der polnische Reichstag gibt widerstrebend 1773 seine Zustimmung. [~1768–1774.~] ~Krieg gegen die Türken.~ Die türkische Flotte wird von der russischen (unter Alexei +Orlow+) in der Bucht von +Tschesme+ (der Insel Chios gegenüber) 1770 geschlagen und verbrannt. Während des Krieges Aufstand des Kosaken +Pugatschew+, der sich für Peter III. ausgibt. +Romanzows+ Erfolge, der die Walachei erobert und den türkischen Großvezier bei +Schumla+ einschließt, bewirken den ~Frieden von Kutschuck Kainardsche:~ 1. +Rußland+ erhält +Kinburn+ an der Dnjeprmündung, +Jenikale+ und +Kertsch+ in der Krim, freie Handelsschiffahrt auf allen türkischen Meeren. 2. Die +Tataren+ in der +Krim+ und am +Kuban+ werden für »unabhängig« erklärt. 3. Rückgabe der russischen Eroberungen in der Moldau und Walachei an ihre Fürsten, welche Rußland +fortan in Konstantinopel der Pforte gegenüber vertritt.+ Reformen in der Verwaltung Rußlands: Neue Einteilung der Gouvernements, Städteordnung, Milderung der Leibeigenschaft, Verwaltung der Kirchengüter durch eine kaiserliche Behörde. An die Stelle des Gregor +Orlow+ tritt +Potemkin+ als mächtiger Günstling der Kaiserin. [~1780.~] ~Bewaffnete Seeneutralität~, zur Sicherung des Handelsverkehrs während des nordamerikanischen Krieges (s. S. 300f.). Von Rußland angeregt, treten ihr nach und nach bei: +Dänemark+, +Schweden+, +Preußen+, +Österreich+, +Portugal+; Spanien und Frankreich erkennen sie an. Dem Beitritt +Hollands+ kommt England durch eine Kriegserklärung zuvor. Forderungen der bewaffneten Neutralität: 1. Freie Schiffahrt neutraler Schiffe von Hafen zu Hafen und an den Küsten Krieg führender Mächte; 2. Feindliches Eigentum ist frei in neutralen Schiffen mit Ausnahme der +Kriegszufuhr+; 3. Genaue Bestimmung, was ein +blockierter+ Hafen ist; eine Hafensperre, die nicht durch mehrere Kriegsschiffe in der Nähe des betreffenden Hafens aufrecht erhalten wird, ist ungültig. [1783.] Die +Krim+ wird russische Provinz (Gouvernement Taurien); die christlichen Fürsten von +Georgien+ und +Mingrelien+ (südlich vom Kaukasus) treten unter russischen Schutz. [~1787–1792.~] ~Zweiter Türkenkrieg.~ Bündnis mit Österreich, Zusammenkunft Katharinas und Josephs II. in der neugegründeten Stadt +Cherson+ am Dnjepr (1787). +Potemkin+ erstürmt +Oczakow+ 1788, +Suwōrow+ erstürmt Ismail (am Donaudelta) 1790. Die Österreicher kämpfen anfangs unglücklich, doch erobert General +Laudon+ 1789 Belgrad. Österreich schließt 1791 den ~Frieden von Sistowa~ mit den Türken und erhält wenig mehr als Alt-Orsowa (an der Donau, Paß des Eisernen Tores). Rußland erhält 1792 im ~Frieden zu Jassy~ das Küstenland am Schwarzen Meere bis zum +Dnjestr+. An dieser Küste wird 1793 die schnell aufblühende Handelsstadt ~Odessa~ gegründet. [~1793.~] ~Zweite Teilung Polens~. Die Polen hatten den Türkenkrieg Rußlands und Österreichs und die anscheinend günstige Stimmung Preußens zu benutzen gesucht, um ihrer Abhängigkeit von den Nachbarstaaten und den anarchischen inneren Zuständen ein Ende zu machen. Bündnis mit Preußen 1790 (s. S. 291). Die neue ~Verfassung von 1791~ verwandelt 1. das +Wahlreich+ in ein +Erbreich+, erklärt den Kurfürsten von +Sachsen+ zum Nachfolger des Königs Stanislaus Poniatowski und den Thron für erblich im +sächsischen Hause+, überträgt 2. dem Könige und einem Staatsrate die +ausübende+, einem Reichsrate in zwei Kammern die +gesetzgebende+ Gewalt +unter Aufhebung des liberum veto+, macht 3. dem Bürger- und Bauernstande +einige+ Zugeständnisse, ermöglicht namentlich den Eintritt in den Adelsstand, dessen Privilegien im übrigen +bestätigt werden.+ Gegen diese Verfassung tritt unter dem Schutze Rußlands die +Konföderation von Targowitz+ auf. Vordringen eines russischen Heeres in Polen 1791. Tapferer, aber vergeblicher Widerstand unter Fürst +Poniatowski+, dem Neffen des Königs, und +Kosciuszko+; beide werden bei +Dubienka+ 1792 geschlagen. Der König tritt der Konföderation von Targowitz bei, die neue Verfassung wird aufgehoben. +Preußen+ verständigt sich mit Rußland und sendet ebenfalls Truppen nach Polen. Auf dem Reichstage zu +Grodno+ wird die Einwilligung der Nation zu den neuen Abtretungen erzwungen: ~Rußland~ nimmt den noch übrigen Teil +Litauens+, +Wolhynien+ und +Podolien+ (236000 qkm), Preußen nimmt +Danzig+ und +Thorn+, +Posen+ und +Kalisch+ (Südpreußen) (55000 qkm). Außerdem erzwingt Rußland einen +Unionsvertrag+, durch welchen es 1. freien Einmarsch seiner Truppen in Polen, 2. die Leitung aller künftigen Kriege, 3. das Bestätigungsrecht aller Verträge Polens mit auswärtigen Mächten erhält. [1794.] Aufstand in Polen, ~Kosciuszko~ an der Spitze. Die Russen unter +Igelström+ in Warschau teils niedergemetzelt, teils zur Stadt hinausgeschlagen. Preußische und russische Truppen siegen über Kosciuszko bei +Sczekozyn+; die Preußen unter Friedrich Wilhelm II. nehmen +Krakau+, belagern Warschau vergeblich. +Suwōrow+ siegt bei +Brzesc+ und bei +Macziejovice+, wo Kosciuszko gefangen wird (1797 entlassen); erstürmt dann +Praga+, die Vorstadt von Warschau. [~1795.~] ~Dritte und letzte Teilung Polens.~ ~Preußen~ nimmt +Masovien+ mit +Warschau+, das Land zwischen +Weichsel+, +Bug+ und +Niemen+ (+Neu-Ostpreußen+), einen Teil des Gebiets von Krakau (+Neu-Schlesien+); ~Österreich~ +Westgalizien+ und +Krakau+; ~Rußland~ alles übrige, auch das Herzogtum +Kurland+. Durch die drei Teilungen erhalten die Mächte etwa folgenden Zuwachs: +Rußland+ 465000 qkm (8500 □ Meil.) mit 6 Mill. Einw. +Österreich+ 115000 „ (2100 □ „ ) „ 4 „ „ +Preußen+ 145000 „ (2700 □ „ ) „ 2½ „ „ § 9. Großbritannien und Nordamerika. Auf +Wilhelm III.+ (s. S. 271), welcher kinderlos stirbt folgt seine Schwägerin [~1702–1714.~] ~Anna~, zweite Tochter Jakobs II., unter welcher lange Zeit die Partei der +Whigs+ die Regierung leitet. +John Churchill+, Herzog von +Marlborough+, siegreich als Feldherr (S. 273), seine Gemahlin beherrscht den Hof. [~1707.~] Vereinigung Englands und Schottlands (+Großbritannien+) durch +ein+ Parlament an Stelle der bisherigen Personal-Union. Schottland nimmt an dem Aufschwung Englands teil. [1710.] Das Whigministerium durch ein Toryministerium (Lord +Bolingbroke+) ersetzt, dann Friede mit Frankreich nach dem spanischen Erbfolgekrieg. Vergebliche Bemühungen der Tories und der Königin, ihrem Stiefbruder, dem Prätendenten +Jakob Eduard+, genannt +Jakob III.+, die Thronfolge zu verschaffen. Nach dem Gesetze von 1701 (S. 272) folgt das +protestantische+ Haus ~Hannover~. [~1714–1901.~] ~Haus Hannover~ (s. S. 352). Jakob I. (~Stuart~), †1625. _________|______________ | | ~Elisabeth~, ~Karl I.~, Gem. Friedrichs V. †1649. von der Pfalz. __|________________________________ | | | | ~Sophia~, ~Karl II.~, ~Maria~, ~Jakob II.~, Gem. Ernst Augusts †1685 Gem. Wilhelms II. vertrieben 1688, von Hannover. von Oranien. †1701. ___|_________________ |______ | | | | | ~Georg I.~, ~Sophie Charlotte~, †1705, | | †1727. Gem. Friedrichs I. v. Preußen. | | ___|_________________ | | | | | | ~Georg II.~, ~Sophie Dorothea~, †1757, | | †1760. Gem. Friedrich Wilhelms I. | | von Preußen. ________________________| | | _____________________|______ Friedrich ~Wilhelm III.~, verm. ~Maria~, ~Anna~, Jakob Eduard, Ludwig, †1702. m. †1694. †1714. Prätendent, Prinz von Gem. Georgs †1766. Wales, v. Dänemark. | 1751. _____|__ | | ~Georg III.~, Karl Eduard, Heinrich, †1820. Prätendent, †1807. †1788. Unter ~Georg I.~ (1714–1727) Herrschaft der Whigs, ebenso unter ~Georg II.~ (1727–1760). Der Minister +Walpole+ (bis 1742) sorgt für Erhaltung des Friedens und Förderung des Handels. 1739 Seekrieg gegen +Spanien+, 1744–1747 gegen +Frankreich+. Der von Frankreich unterstützte Versuch des Prätendenten +Karl Eduard+, die Ansprüche des Hauses +Stuart+ nochmals zur Geltung zu bringen, hat anfangs Erfolg in +Schottland+, wo die kriegerischen Hochländer sich erheben, wird aber durch den Sieg des Herzogs von Cumberland bei +Culloden+ 1746 vereitelt (S. 284). [1755–1763.] ~Krieg gegen Frankreich~, durch Grenzstreitigkeiten in Nord-Amerika entstanden, zu Lande in Amerika und Deutschland, zur See in allen Weltteilen geführt. Ministerium des ~älteren Pitt~ 1757–1761, Bündnis mit +Preußen+ (s. S. 286). Die Engländer sind fast überall im Vorteil gegen die Franzosen. [1759.] Landsieg des englischen Generals +Wolfe+ bei +Quebec+, +Kanada+ erobert. Seesiege bei +Lagos+ in Portugal und +Quibéron+. [~1760–1820.~] ~Georg III.~, Enkel Georgs II., zum Frieden geneigt. Frankreich verbündet sich mit +Spanien+ (Bourbonischer Familienpakt 1761); +Pitt+ tritt aus dem Ministerium, weil nicht sofort Krieg an Spanien erklärt wird. Sein Nachfolger +Bute+ sucht den Frieden herbeizuführen, sieht sich aber doch zur Kriegserklärung gegen Spanien genötigt. Die englische Flotte erobert 1762 Martinique, Havanna, Manila; Spaniens Seemacht fast vernichtet. [1763.] ~Friede zu Paris~: 1. ~Frankreich~ tritt +Louisiana+ östlich vom Mississippi (seit 1682 französische Kolonie), +Kanada+ und die Insel +Cap Breton+, sowie seine afrikanischen Besitzungen am +Senegal+ an England ab, erhält seinen Besitz in Ostindien (Pondichery und Chandarnagar) zurück. 2. ~Spanien~ erhält Cuba und die Philippinen zurück, tritt +Florida+ an England ab, erhält von Frankreich Louisiana westlich vom Mississippi. [1757–1784.] ~Eroberung Ostindiens.~ Die ostindische Kompagnie (S. 246) hatte 1639 +Madras+, 1664 +Bombay+ erworben, um 1700 +Kalkutta+ angelegt. ~Robert Clive~ siegt 1757 bei +Plassey+ über den mit Frankreich verbündeten Nabob von +Bengalen+ und erobert dieses reiche Land. Der Großmogul in Delhi (S. 219) behält nur den Schein der Herrschaft; die indischen Fürsten müssen hohen Tribut zahlen. Clive 1765 abermals nach Indien gesandt, unterdrückt Aufstände und erweitert das englische Gebiet. ~Warren Hastings~, seit 1773 General-Gouverneur, besiegt die +Mahratten+ und den Sultan +Hyder Ali+ von +Mysore+ 1781, unterwirft dadurch den größten Teil von Dekhan. [1784.] +East-India-Bill+ des ~jüngeren Pitt~ (Minister 1783 bis 1801); die Kompagnie wird in militärischen und politischen Angelegenheiten einer königlichen Aufsichtsbehörde untergeordnet, behält aber die Verwaltung der ausgedehnten Gebiete in eigner Hand (bis 1858). [1799.] Hyder Alis Sohn +Tippu Sahib+, der sich nochmals gegen die englische Herrschaft erhoben hat, fällt bei der Erstürmung seiner Hauptstadt +Seringapatam+. Durch diese Erfolge ist England zur vorherrschenden ~See- und Kolonialmacht~ geworden. Zugleich bedeutende Entwickelung der Industrie, +Birmingham+ und +Manchester+ entwickeln sich als Fabrikstädte, +London+ und +Liverpool+ als Haupthandelsplätze. Einen Verlust erleidet England durch den Abfall seiner nordamerikanischen Kolonien. [~1775–1783.~] ~Nordamerikanischer Freiheitskrieg~ Das englische Parlament, in welchem die Kolonien nicht vertreten sind, beschließt 1765 die Einführung einer Stempel-Abgabe, 1760 eine Steuer auf Tee, Glas, Papier und Farben. Die Kolonien widersetzen sich einer Besteuerung ohne ihre Zustimmung; im Hafen von +Boston+ wird 1773 eine Teeladung ins Meer geworfen. Die englische Regierung verhängt Hafensperre über Boston und verändert die Verfassung der Kolonie +Massachusetts+; ein Kongreß von Abgeordneten der Kolonien in ~Philadelphia~ 1774 beschließt das Aufhören des Handelsverkehrs mit dem Mutterlande. 1775 erstes Gefecht bei +Lexington+. Die Engländer, in +Boston+ belagert, räumen diese Stadt im Frühjahr 1776, werden durch 12000 von ihrem Landesherrn verkaufte Hessen und andere deutsche Mietstruppen verstärkt, besetzen +Long-Island+ und die Stadt +New-York+. ~George Washington~ (geb. 1732 in Virginien, † 1799, am Ende des französischen Krieges +Oberst+) erhält den Oberbefehl und bildet ein Heer. [~1776.~ 4. Juli.] ~Unabhängigkeits-Erklärung der 13 Vereinigten Staaten.~ +Washington+, von französischen Freiwilligen (Marquis +v. Lafayette+) begleitet, kämpft zunächst mit wechselndem Erfolge. Der früher preußische Major +v. Steuben+ unterstützt ihn bei der kriegsmäßigen Ausbildung der Truppen. [1777.] General +Gates+ nimmt ein englisches Korps von 6000 Mann bei +Saratoga+ (am Hudson) gefangen. [~1778.~] ~Bündnis Frankreichs~ mit den amerikanischen Freistaaten, abgeschlossen durch ~Benjamin Franklin~ (geb. 1706 in Boston, Buchdrucker, Schriftsteller, Erfinder des Blitzableiters, General-Postmeister der Kolonien, seit 1776 Gesandter in Versailles). Bald tritt +Spanien+ dem Bündnis bei; andererseits erklärt England den Krieg an +Holland+ (S. 297). [1779–1782.] +Gibraltar+ von Franzosen und Spaniern vergeblich belagert, von +Elliot+ tapfer verteidigt; dagegen nehmen die Spanier 1782 die Insel +Menorka+ (S. 274). Seesiege des englischen Admirals +Rodney+ bei +S. Vincent+ 1780 und +Dominika+ 1782. Unentschiedene Seeschlacht zwischen Engländern und Holländern an der +Doggerbank+ in der Nordsee 1781. [1781.] Entscheidung des Landkrieges zu Gunsten der Amerikaner; Washington und Lafayette nehmen ein englisches Korps von 7200 Mann bei +Yorktown+ (in Virginien) gefangen. [~1783.~] ~Friede zu Versailles~: 1. Anerkennung der Unabhängigkeit der 13 Vereinigten Staaten. Das +Western Territory+ erhalten die Amerikaner, die Schiffahrt auf dem Mississippi bleibt gemeinschaftlich. 2. +England+ tritt an Frankreich in Westindien ab: +Tabago+; in Afrika: das Gebiet des +Senegal+; 3. +Spanien+ bleibt im Besitz von +Menorka+ und +Florida+ (S. 300), verzichtet auf Gibraltar (S. 274). [1789–1797.] ~George Washington~, erster Präsident der ~Vereinigten Staaten~ (+United States+ of America). Verfassung des Bundesstaates: Über Krieg und Frieden, Heer und Flotte, Verträge mit fremden Staaten, Münze, Maß und Gewicht, Zölle und Steuern beschließt der +Kongreß+, bestehend aus Senat und Repräsentantenhaus. Die Einzelstaaten verwalten nur ihre inneren Angelegenheiten. Der Präsident, auf 4 Jahre durch Wahlmänner aus allen Staaten erwählt, ernennt die Beamten und leitet die Regierung nach den Beschlüssen des Kongresses. Gegen dieselben steht ihm ein aufschiebendes +Veto+ zu, bis der Kongreß mit Zweidrittelmajorität entscheidet. Aufblühen des neuen Staatswesens durch Einwanderung. Vordringen der Ansiedler nach Westen, +Cincinnati+ 1791 gegründet, die Bundeshauptstadt +Washington+ 1793. Auf dem Kapitol hält der Kongreß seine Sitzungen, das Weiße Haus die Amtswohnung des Präsidenten. [1812–1815.] ~Krieg mit England~ (S. 331). Die Amerikaner dringen in +Kanada+ ein. Die Engländer treiben sie zurück, besetzen +Washington+ und zerstören das Kapitol, werden aber nach einer Landung bei +New-Orleans+ besiegt (Jan. 1815). Unterdessen bereits (Dez. 1814) Friede zu +Gent+. Die Eroberungen gegenseitig zurückgegeben. Die 13 Staaten vermehren sich bis 1821 auf 26; +Louisiana+, von Spanien 1800 an Frankreich zurückgegeben, wird 1803 von den Vereinigten Staaten durch Kauf erworben, ebenso +Florida+ 1819, +Texas+ und +Kalifornien+ 1848 durch Krieg gegen Mexiko. +Alaska+ 1867 durch Kauf von Rußland, +Portorico+ und die +Philippinen+ 1898 durch Krieg gegen Spanien, 1900 +Sandwichinseln+ annektiert. Jetzt 47 Staaten, 3 Territorien und 1 Bundesdistrikt. Neuen Machtzuwachs für England bringt die Erschließung der seit 1600 durch Portugiesen, Spanier (Torres) und Holländer (Tasman) entschleierten +australischen Inselwelt+ durch die Entdeckungsreisen von ~James Cook~ 1768–1779. Er wird bei der dritten Reise auf +Hawaii+, der größten der +Sandwich+inseln, von den Eingeborenen 1779 erschlagen. Andere bisher unbekannte Gebiete werden erschlossen durch die Reisen des Schotten +Bruce+ (Abessinien) und +Mungo Park+ (Nigerstrom). [1788.] +Sydney+ erste englische Kolonie in Australien. ~Weitere Entfaltung der englischen Literatur und Wissenschaft~: Shaftesbury, Pope, Swift, Prior, Defoe, Addison, Steele, (»Tatler«, »Spectator« erste moralische Wochenschriften), Sterne, Fielding, Goldsmith, Richardson, Gray, Sam. Johnson (Macphersons +Ossian+ 1760). Der Naturforscher Robert +Boyle+ († 1691 in London), der Philologe Rich. +Bentley+ in Oxford und Cambridge († 1742), der Philosoph und Geschichtschreiber David +Hume+ in Edinburg († 1776), der Geschichtschreiber +Gibbon+ († 1794); Adam +Smith+, Prof. in Glasgow, begründet 1776 die Volkswirtschaftslehre. Aufschwung der englischen Malerei: +Hogarth+ († 1764), +Joshua Reynolds+ († 1792), +Gainsborough+ († 1788). § 10. Südeuropa. ~Portugal~, unter den ersten Königen aus dem Hause +Braganza+ (S. 245) wieder zu einiger Macht gelangt, seit dem Besitz +Brasiliens+ 1500 (S. 222) als Kolonialmacht nicht unbedeutend, gerät durch einen 1703 geschlossenen Handelsvertrag in Abhängigkeit von +England+. Große Macht der Geistlichkeit unter Johann V. (1706–1750); wohltätige Reformen unter Joseph I. (1750–1777) durch den Minister Carvalho, Marquis von ~Pombal~. [1755. 1. Nov.] +Lissabon+ durch +Erdbeben+ größtenteils zerstört, Pombal sorgt für die Wiederherstellung. [1759.] Vertreibung der +Jesuiten+ infolge eines Mordversuchs gegen den König. [1762–1763.] Im Bunde mit England Krieg gegen Spanien. Pombal beruft den Grafen +Wilhelm von Schaumburg-Lippe+ nach Portugal. Dieser organisiert Heer und Flotte. Im +Frieden von Paris+ 1763 gibt Spanien die eroberten Plätze zurück. Unter der Königin Maria, der Tochter Josephs I. (1777 bis 1792), Wiederherstellung der geistlichen Macht, Pombal vor Gericht gestellt, aber begnadigt, † 1782. ~Spanien~, seit 1701 unter Königen aus dem Hause +Bourbon+ (S. 274), in der auswärtigen Politik mit Frankreich verbündet, gelangt nicht wieder zu seiner früheren Machtstellung. Unter Karl III. (1759–1788) Reformen des Ministers +Aranda+, welcher 1767 die Jesuiten vertreibt. ~Sardinien~, Königreich seit 1720 (S. 278), tritt unter Karl Emanuel I. (1730–1773) im Polnischen Thronfolgekrieg kriegerisch gegen, im Österreichischen Erbfolgekrieg für Österreich auf, erwirbt 1748 durch den Frieden zu Aachen (S. 284), einen Teil des Herzogtums Mailand. Die Republik ~Genua~ hat fortdauernd ihre Unabhängigkeit gegen mächtige Nachbarn (+Savoyen+, +Frankreich+, +Österreich+) zu verteidigen. Die Bewohner der seit Ende des 11. Jahrh. von den Pisanern und Genuesen umstrittenen Insel ~Korsika,~ seit 1300 unter genuesischer Herrschaft, empören sich 1729. Nach wechselvollem Kampfe, wobei ein deutscher Abenteurer, +Baron Neuhof+ aus Westfalen, kurze Zeit als +König Theodor I.+ von Korsika auftritt (1736), ruft Genua Frankreichs Hilfe an; die Insel wird 1739 unterworfen. Doch bald neue Kämpfe, seit 1755 +Pasquale Paoli+ an der Spitze. Genua tritt 1768 die Insel an +Frankreich+ ab; Paoli flieht 1769 nach England, versucht 1790–1796 nochmals Korsika zu befreien, † in England 1807. ~Venedig~ kann die frühere Blüte nicht wieder erreichen, doch werden noch ruhmvolle Kriege gegen die ~Türken~ geführt: [1645–1669.] Krieg um ~Kandia~ (Kreta); die Türken mehrmals von der venetianischen Flotte besiegt; trotz tapferer Verteidigung, welche +Morosini+ leitet, endet der Krieg mit dem Verlust der Insel für Venedig. [1685–1699.] Krieg um ~Morea~ (Peloponnes). Venedig mit Kaiser Leopold I. und Polen verbündet (S. 266). +Morosini+, verstärkt durch deutsche Mietstruppen unter Graf +Königsmark+, vertreibt die Türken aus Morea, erobert 1687 +Athen+, bei dessen Belagerung der Mittelbau des Parthenon (S. 46) durch eine venetianische Bombe zerstört wird. Darauf zum Dogen erwählt, kehrt er 1693 auf den Kriegsschauplatz zurück, stirbt aber 1694 in Nauplia. Im Frieden zu +Karlowitz+ (S. 266) bleibt Morea den Venetianern, welche die Halbinsel durch griechische Kolonisten neu bevölkern und bessere Verwaltung einführen. [1715.] Die Türken erobern Morea für immer (vgl. S. 278); nach dem Frieden von +Passarowitz+ 1718 bleibt Venedig immer noch im Besitz eines ansehnlichen Festlandsgebietes (Verona, Brescia, Bergamo, Udine, Istrien, Dalmatien) und der Ionischen Inseln. ~Toskana~, nach dem Aussterben des Hauses Medici 1737 österreichische Sekundogenitur (S. 279), erfreut sich des Wohlstandes unter dem Großherzog +Leopold+ (1765–1790), dem zweiten Sohne Maria Theresias und nachmaligen Kaiser Leopold II. Diesem folgt sein zweiter Sohn Ferdinand III. (1790 bis 1824). ~Parma~ mit Piacenza und Guastalla seit 1748 spanische Sekundogenitur (S. 284); ~Modĕna~ im Besitz des Hauses +Este+ (S. 210); am Hofe des Herzogs Franz III. lebt der Geschichtsforscher +Muratori+ († 1750). Der ~Kirchenstaat~ behauptet sein ansehnliches Gebiet (das alte Latium, Umbrien, die Marken, Ancona, Rimini, Ravenna, Bologna, Ferrara) in gutem Einvernehmen mit Österreich und Spanien. [1773.] +Papst Clemens XIV.+, dem Andringen katholischer Staaten nachgebend, hebt den +Jesuiten-Orden+ auf, nachdem der Ordensgeneral +Ricci+ jede Reform abgelehnt hat (+sint, ut sunt, aut non sint+). Neapel mit ~Sicilien~ unter Königen aus dem Hause ~Bourbon~ (1735–1799, dann wieder 1815–1860). +Karl IV.+, bis 1759 (als +Karl III.+, König von Spanien, S. 303), verbessert die Verwaltung mit Hilfe des Ministers +Tanucci+, der auch unter Karls Sohn +Ferdinand IV.+ (1759–1825) bis 1777 im Amte bleibt; 1767 Vertreibung der Jesuiten. Nach Tanuccis Sturz führt die Königin +Caroline Marie+, Tochter der +Maria Theresia+, die Regierung. Ihr Minister +Arcton+. 1799 muß der König vor den eindringenden Franzosen nach Sicilien entweichen (S. 317). § 11. Frankreich. [~1715–1774.~] ~Ludwig XV.~, Urenkel Ludwigs XIV., dessen Sohn und Enkel vor ihm gestorben waren (S. 349). Während der Minderjährigkeit führt der Herzog +Philipp von Orléans+, Sohn der +Elisabeth Charlotte von der Pfalz+ († 1721), die Regentschaft; dieser gibt durch seine Ausschweifungen dem Volke ein übles Beispiel († 1723). Mißglückter Versuch des Schotten +John Law+, durch Gründung einer Bank (1718) und Ausgabe von Papiergeld die zerrütteten Finanzen in Ordnung zu bringen. Gemäßigte Staatsverwaltung des Kardinals +Fleury+ 1726–1743, dann Herrschaft der Buhlerinnen (Marquise von +Pompadour+ 1745–1764, Gräfin +Dubarry+ 1769–1774). Lothringen erworben 1738 (S. 279); erfolglose Teilnahme am österreichischen Erbfolgekrieg und am Siebenjährigen Krieg, unglücklicher Krieg mit England (S. 299f.). Verlust der Kolonien in Nordamerika (S. 300). Vertreibung der Jesuiten 1761 durch den Minister +Choiseul+. Opposition des höchsten Gerichtshofs, des Parlaments zu Paris; Aufhebung der Parlamente 1771. Beim Tode des Königs 4000 Mill. Livres Staatsschulden; der Staat heillos zerrüttet. [~1774–1792.~] ~Ludwig XVI.~, dessen redlicher Wille bei dem Mangel an Tatkraft den herannahenden Sturm der Revolution nicht mehr durch schwache Reformversuche zu beschwichtigen vermag. Wiederherstellung der Parlamente 1774. Ludwig XVI., Enkel seines Vorgängers, persönlich ehrbar und sittenrein. Seine Gemahlin +Marie Antoinette+, Tochter +Maria Theresias+ von Österreich, anfangs beim Volke nicht unbeliebt, wird bald Gegenstand der gehässigsten Verleumdungen, namentlich infolge des anstößigen Halsbandprozesses (Kardinal +Rohan+, Gräfin +Lamotte+). Frankreichs Teilnahme am +Nordamerikanischen Freiheitskriege+ (S. 301) verschärft den alten Gegensatz gegen England. Die französische ~Literatur~ im 18. (+philosophischen+) Jahrhundert ist ein getreues Abbild der Sitten des französischen Hofes und Volkes: +Lesage+ († 1747), +Montesquieu+ († 1755), +Voltaire+ (1694–1778), +Rousseau+ (1712–1778), +B. de St-Pierre+ († 1814), +A. Bertin+ († 1790), +Beaumarchais+ († 1799). Als +Maler+ verdienen Erwähnung: +Watteau+ (Hauptmeister des Rokoko, † 1721), +Boucher+ († 1770), +Fragonard+ († 1806). Fussnoten: [47] Doch bleiben die drei Seestädte +Lübeck+, +Hamburg+, +Bremen+ durch ein 1630 geschlossenes Bündnis als +Hansestädte+ vereinigt. [48] Geschlossen auf einer Insel in dem Grenzfluß +Bidassoa+, der in den westlichen Pyrenäen entspringt. [49] Er ließ eine Denkmünze prägen mit der Umschrift: Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor. [50] Geb. 24. Januar 1712. Strenge Erziehung; Vorliebe des Prinzen für französische Literatur und Musik, Abneigung gegen militärische Übungen, Jagden, Tabakskollegium; der Vater hält ihn daher für untüchtig. Nachdem der Plan einer Vermählung Friedrichs mit einer Tochter Georgs II. von England (S. 299) gescheitert ist, +Fluchtversuch+ 1730 unweit Mannheim, während einer Reise mit dem König. Verhör in +Wesel+, Kriegsgericht; der Kronprinz kommt als Gefangener nach +Küstrin+ (+Katte+ hingerichtet), arbeitet dort in der Kriegs- und Domänenkammer. 1732 Aussöhnung; der Prinz erhält die Führung eines in +Neu-Ruppin+ stehenden Regiments, heiratet 1733 Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern, lebt dann mit seinen Freunden im Schloß +Rheinsberg+ unweit Ruppin. Briefwechsel mit +Voltaire+. C. Vom Beginn der französischen Revolution bis zum Wiener Kongress. (1789–1815.) § 1. Die Revolution in Frankreich. ~Ursachen~: 1. Der auf Vernichtung oder Umbildung des Bestehenden gerichtete Geist des 18. Jahrhunderts. Angriffe französischer Schriftsteller auf Staat und Kirche. +Montesquieu+ (Esprit des lois 1748) und +Rousseau+ (Contrat social 1762) bekämpfen das unbeschränkte Königtum und stellen neue Staatslehren auf. +Voltaire+ (Henriade 1723, Prozeß des Jean Calas 1762) bekämpft die religiöse Unduldsamkeit und das Christentum überhaupt; die +Enzyklopädie+, ein philosophisches Wörterbuch, 1751–1780 herausgegeben von +Diderot+ und +d’Alembert+, verbreitet die Lehren der Aufklärung und Freigeisterei. 2. Die großen Mißbräuche im französischen Staatswesen, verschuldet durch die willkürliche und entartete Regierung, während in allen übrigen europäischen Staaten Verbesserungen durchgeführt werden. Seit 1614 die altherkömmlichen +Reichsstände+ (États-généraux) nicht mehr einberufen (s. S. 238). Verfügung über die Freiheit der Untertanen durch willkürliche Verhaftsbefehle (lettres de cachet, +Bastille+), über ihr Vermögen durch willkürliche Besteuerung. Gegen den Anspruch des Pariser Parlaments, die Eintragung der Steueredikte verweigern zu können, wendet der Hof +königliche Thronsitzungen+ (+lits de justice+) und Verweisung der Parlamentsmitglieder an. +Käuflichkeit+ der Offizierstellen im Heere, der Sitze in den Parlamenten, der höheren Ämter, aber meist nur für den +Adel+. Die +bevorrechtigten Stände+ (+Adel+ und +Geistlichkeit+) sind bei den direkten Abgaben sehr begünstigt, obgleich keineswegs ganz frei von denselben; die Bauern durch Frondienste gedrückt, die Entwickelung von Handel und Gewerbe durch Zunftzwang gehemmt. ~Veranlassung~: Die ungeheure +Staatsschuld+. Entstanden durch die Kriege Ludwigs XIV., seine kostspieligen Bauten und seine verschwenderische Hofhaltung, wächst der jährliche Fehlbetrag durch die Verschwendung Ludwigs XV. und die Kosten des nordamerikanischen Krieges unter Ludwig XVI. bis fast auf die Hälfte der jährlichen Einnahme. +Turgots+ Maßregeln zur Verbesserung der Verwaltung (Aufhebung der Binnenzölle, Abschaffung der Wegefronden und der Zünfte) werden mit seiner Entlassung 1776 aufgegeben. +Necker+ (bis 1781) sucht durch Anleihen und Sparsamkeit zu helfen, +Calonne+ (1783–1787) wirtschaftet sorgloser und beruft zuletzt eine +Notabelnversammlung+, die keine durchgreifenden Beschlüsse zu fassen wagt. +Necker+, 1788 wieder berufen, veranlaßt die [~1789.~ 5. Mai.] ~Berufung der Reichsstände nach Versailles~, mit einer +doppelten Vertretung+ des Bürgerstandes (+tiers état+): Geistlichkeit 300, Adel 300, Bürger 600. Streit über die Art der Beratung und Abstimmung, ob nach +Ständen+ oder nach +Köpfen+. Bei der Prüfung der Vollmachten verlangen Geistlichkeit und Adel eine getrennte, der Bürgerstand eine gemeinschaftliche Prüfung. Auf ~Sieyès’~ Vorschlag erklären sich die Abgeordneten des Bürgerstandes als ~Nationalversammlung~ (Assemblée nationale) und laden die beiden anderen Stände zum Beitritt ein. [20. Juni.] ~Eid im Ballspielhaus~ (Jeu de paume). Die Abgeordneten des dritten Standes schwören, sich nicht zu trennen, bis sie dem Lande eine Verfassung gegeben. [23. Juni.] Fruchtlose königliche Sitzung. Der Befehl des Königs, daß die drei Stände +getrennt+ beraten sollen, wird nicht ausgeführt infolge des von ~Mirabeau~[51] erhobenen Widerspruchs. Der König gibt nach; Geistlichkeit und Adel vereinigen sich mit dem dritten Stand. Die Versammlung beginnt eine neue +Verfassung+ für Frankreich zu beraten, wird deshalb bezeichnet als [~1789–1791.~] ~Verfassunggebende Versammlung~ (Assemblée constituante). Gerüchte von einer beabsichtigten Auflösung der Nationalversammlung und die Entlassung +Neckers+ (11. Juli) veranlassen Unruhen in Paris. [~1789.~ 14. Juli.] ~Einnahme und Zerstörung der Bastille.~ Necker zurückberufen, +Lafayette+ Befehlshaber der neuerrichteten Bürgerwehr (+Nationalgarde+). Unruhen in den +Provinzen+, Schlösser und Klöster verwüstet. Viele Adlige verlassen Frankreich. Karl Philipp, Graf von +Artois+, zweiter Bruder des Königs, an der Spitze der +Emigranten+, seit 1791 in +Koblenz+ am Hofe des Kurfürsten von Trier. [~1789.~ 4. Aug.] Freiwillige Verzichtleistung (Vicomte de +Noailles+) der Abgeordneten des Adels auf alle Feudalrechte, der Geistlichkeit auf den Zehnten. Abschaffung des Feudalstaates. Gleichheit der Besteuerung und gleiche Zulassung aller Bürger zu allen öffentlichen Ämtern wird festgesetzt. Öffentliche Werkstätten eingerichtet. [27. Aug.] Erklärung der +Menschenrechte+ (Freiheit, Eigentum, Sicherheit, Widerstand gegen Unterdrückung) auf +Lafayettes+ Antrag. [5. Okt.] Aufstand in ~Paris~, hervorgerufen durch Brotmangel und Gerüchte von einer beabsichtigten Reaktion. Zug der durch Agenten des Herzogs +Philipp+ von +Orléans+ aufgeregten Volksmenge zum König nach +Versailles+. Die königliche Familie, von +Lafayette+ durch die Nationalgarde gerettet, muß nach ~Paris~ übersiedeln, ebenso die Nationalversammlung; 200 Mitglieder scheiden aus. Der Pariser Pöbel beherrscht seitdem die Versammlung. Die von der Assemblée constituante ausgearbeitete ~Verfassung~ überträgt die gesetzgebende Gewalt der Nationalversammlung und gesteht dem König nur ein aufschiebendes Veto zu. Er darf die Versammlung, die Inhaberin der Souveränität, nicht auflösen, ja nicht einmal mit Gesetzesvorschlägen an sie herantreten, geschweige denn ihre Beschlüsse rundweg ablehnen. Er ist vielmehr nur der Vollstrecker dieser Beschlüsse. Da aber den nach Aufhebung der alten Provinzen neu geschaffenen 83 Departements nahezu volle Selbstverwaltung und auch das Recht der Beamtenwahlen verliehen wurde, so war Frankreich in 83 fast souveräne Republiken aufgelöst, in denen es königliche Beamte, d. h. Vollstrecker des königlichen Willens nicht mehr gab. Der König also tatsächlich machtlos. Die Ausübung des +Aktivbürgerrechts+ an die Entrichtung einer direkten Steuer, ein Alter von 25 Jahren und einjährigen Wohnsitz in der Gemeinde geknüpft. Die aus den Urwahlversammlungen hervorgehenden +Wahlmänner+ wählen die Volksvertreter für eine Legislatur von 2 Jahren, desgleichen die Behörden der Departements und ihrer Distrikte; die Gemeindebeamten und die Richter werden ebenfalls von den +Aktivbürgern+ gewählt. Aufhebung der Parlamente; neue Gerichtsverfassung mit +Geschworenengerichten+. Abschaffung des +Adels+, der Titel und Wappen, sowie der Beschränkung der Presse. Um der Finanznot abzuhelfen, erklärt man die geistlichen Güter für Nationaleigentum und gibt Papiergeld aus (~Assignaten~, Anweisungen auf den Wert der Nationalgüter). Der Staat übernimmt den Unterhalt der Geistlichen. Auch die Geistlichen werden fortan von den Aktivbürgern gewählt (+Constitution civile du clergé+), jedes Departement bildet ein Bistum. Nur ⅓ der Geistlichkeit unterwirft sich der neuen Verfassung durch den geforderten Eid, daher fortan kirchlicher Zwiespalt. Die Aufregung wird vorübergehend beschwichtigt durch das +Verbrüderungsfest+ (Föderationsfest, 14. Juli 1790), zu welchem Tausende aus den Provinzen nach Paris kommen. Lafayette schwört im Namen sämtlicher Nationalgarden der Nation, dem Gesetz, dem König treu zu sein. Der König gelobt die von der Nationalversammlung beschlossene und von ihm angenommene Verfassung anzuwenden. Mit diesem Gang der Dinge sind die demokratischen ~Klubs~ nicht zufrieden. Ihr Ziel ist die völlige Beseitigung der Monarchie und die Gründung einer Republik. Der zahlreichste und einflußreichste ist der nach seinem Versammlungsort, einem aufgehobenen Jakobinerkloster, genannte Klub der ~Jakobiner~ (+Robespierre+); zu den in einem Franziskanerkloster Sitzung haltenden ~Cordeliers~ gehören +Danton+, +Marat+, +Camille Desmoulins+, +Hébert+; ihnen gegenüber die gemäßigten, am Königtum festhaltenden ~Feuillants~ (+Lafayette+, +Bailly+). Verbindung des Hofes mit +Mirabeau+, der, nachdem die konstitutionelle Monarchie begründet ist, die Revolution hemmen und den Umsturz des Thrones verhindern will. +Necker+ tritt aus dem Ministerium (Sept. 1790), da er die Finanzen nicht in Ordnung zu bringen vermag. [1791 (April).] Mirabeau †. ~Flucht des Königs~ (20. Juni). Er wird mit seiner Familie in +Varennes+ (unweit Verdun) angehalten, nach Paris zurückgebracht, suspendiert und eine Zeitlang in den Tuilerien streng bewacht, dann wieder eingesetzt, nachdem er am 14. Sept. den Eid auf die revidierte Verfassung geleistet hat. Die Nationalversammlung löst sich auf, nachdem sie auf +Robespierres+ Antrag beschlossen hat, daß keins ihrer Mitglieder für die folgende Versammlung wählbar sei. [~1791–1792.~ Okt. Sept.] ~Gesetzgebende Versammlung~ (Assemblée législative). 745 neue Abgeordnete. Parteien: die +rechte+ Seite (Feuillants) wird täglich schwächer. Die +linke+, herrschende Seite zerfällt in 1. gemäßigte Republikaner (~Ebene~, la plaine), darunter die Gruppe der ~Girondisten~, so genannt wegen hervorragender Mitglieder aus +Bordeaux+, dem Departement der +Gironde+: +Vergniaud+, +Brissot+ u. a., meist Anhänger der Föderativ-Republik, 2. ~Bergpartei~ (la montagne, les montagnards), Radikale, Anhänger der +einen+, unteilbaren Republik (une et indivisible). Der König wird unbeliebt, da er gegen die Beschlüsse über Bestrafung der den Eid verweigernden +Priester+ und über Nötigung der +Emigranten+ zur Rückkehr von seinem +Veto+ Gebrauch macht und auf Hilfe von +Österreich+ hofft. [~1792.~ April.] Ein girondistisches Ministerium (+Roland+, +Dumouriez+) nötigt den König, ~Österreich den Krieg zu erklären~. Vermehrte Aufregung, da der Krieg (S. 313ff.) bei dem zerrütteten Zustande des französischen Heerwesens anfangs ungünstig verläuft. [10. Aug.] Aufruhr in Paris, ~Erstürmung der Tuilerien~. Der König flüchtet sich in den Sitzungssaal der Gesetzgebenden Versammlung, sendet an die treue Schweizer-Garde den Befehl, das Feuern einzustellen. Die abziehenden Schweizer vom Volk ermordet. Der König wird wieder suspendiert und als Gefangener in den +Temple+ (früheres Ordenshaus der Tempelherren, S. 207) gebracht. Berufung eines Nationalkonvents zur Feststellung einer ~neuen Verfassung~. [Sept.] Ermordung von etwa 3000 »Verdächtigen« in den Gefängnissen von Paris, auf Anstiften des Gemeinderates (la Commune) und des Justizministers +Danton+. Die dadurch eingeschüchterte Bevölkerung wählt nur Radikale in den Convent. [~1792–1795.~] ~Nationalkonvent (Convention nationale).~ [Sept. Okt.] Parteien: +Girondisten+ und +Bergpartei+. [~1792.~ 21. Sept.] ~Abschaffung des Königtums, Frankreich wird für eine Republik erklärt.~ [Dez.] Ludwig XVI. vor dem Konvent +angeklagt+ wegen Verrats an der Freiheit der Nation. Meisterhafte Verteidigungsrede von +de Sèze+; Robespierre dringt auf Verurteilung des Königs, Vergniaud fordert vergebens Entscheidung durch Volksabstimmung. [~1793.~ Jan.] Die Mehrheit des Konvents erklärt den König für schuldig; bei der Abstimmung über die Strafe stimmen 361, unter ihnen der Herzog Philipp von Orléans (Égalité) unbedingt für den Tod, 360 für Gefängnis, Verbannung oder Aufschub der Todesstrafe. [21. Jan.] ~Ludwig XVI. hingerichtet.~ Die Guillotine stand unweit der Tuilerien auf dem Revolutionsplatze, der später +Place de la Concorde+ genannt und mit dem Obelisken von +Luxor+ geziert wurde. [März.] Royalistischer Aufstand in der ~Vendée~ südlich von der Loiremündung. Der im Temple gefangen gehaltene Dauphin wird als König ~Ludwig XVII.~ ausgerufen. Heftige Kämpfe bis zu Ende des Jahres, endlich siegen die Republikaner (12. Dez. bei Le Mans) und üben blutige Rache. Im Konvent bekämpfen sich +Girondisten+ und +Bergpartei+, letztere erlangt das Übergewicht. Die Regierung führt in diktatorischer Weise der aus 9 Mitgliedern bestehende ~Wohlfahrtsausschuß~ (Comité du salut public); an der Spitze +Danton+, später +Robespierre+. Das Revolutionstribunal (+Fouquier-Tinville+) eingesetzt als außerordentlicher Gerichtshof zur Verurteilung der »Verdächtigen«. Zwangskurs für die Assignaten, Maximum des Kornpreises beschlossen. [~1793.~ 2. Juni.] Ein von dem Pariser Gemeinderat geleiteter Pöbelaufstand erzwingt vom Konvent die Verhaftung von 32 Girondisten. Die vom Konvent beschlossene +zweite+, völlig demokratische Verfassung geht an die Urwählerversammlungen zur Bestätigung, kommt aber nie zur Ausführung. [13. Juli.] +Marat+ von +Charlotte Corday+, einer Anhängerin der +Girondisten+, ermordet. [~1793–1794.~] ~Schreckensherrschaft~ in Frankreich. ~Robespierre~ an der Spitze. +Revolutionsausschüsse+ im ganzen Lande. Kommissare des Wohlfahrtsausschusses wüten in den großen Provinzialstädten (+Tallien+ in Bordeaux, +Lebon+ in Arras, +Carrier+ in Nantes, +Chalier+ in Lyon). In Toulon Erhebung der Bürger gegen den Konvent, Aufnahme einer englisch-spanischen Flotte in die vom Konvent geächtete Stadt. [1793. Okt.] Hinrichtung der Königin ~Marie Antoinette~ und der verhafteten +Girondisten+. Schändung der Königsgräber in St. Denis. Einführung des republikanischen +Kalenders+ (Beginn des Jahres und der neuen Zeitrechnung mit dem 22. Sept. 1792; Monate: Vendémiaire, Brumaire, Frimaire; Nivose, Pluviose, Ventose; Germinal, Floréal, Prairial; Messidor, Thermidor, Fructidor). ~Lyon~ von einer Revolutionsarmee erobert und zum Teil zerstört (Commune affranchie). [Nov.] Philipp Egalité, der Herzog von Orléans, Bailly u. a. hingerichtet. Abschaffung des christlichen Gottesdienstes, Einrichtung des Kultus der Vernunft. [Dez.] Eroberung der von englischen, spanischen, sardinischen, neapolitanischen Truppen verteidigten Seefestung ~Toulon~, hauptsächlich durch die geschickten Anordnungen des Artillerie-Hauptmanns ~Napoléon Bonaparte~.[52] Greueltaten der Republikaner in der Vendée. [~1794.~] +Robespierre+ stürzt seine beiden Gegenparteien, den »ultrarevolutionären« +Gemeinderat+ und die »gemäßigten« +Dantonisten+. Nach einem mißlungenen Aufstandsversuch werden zuerst die Ultrarevolutionären (+Chaumette+, +Hébert+, +Cloots+ u. a.), dann die »Gemäßigten« und »Verderbten« (~Danton~, +Camille Desmoulins+ u. a.) aufs Blutgerüst geschickt. Robespierre macht dem Vernunftkultus ein Ende und läßt durch den Konvent das Dasein eines +höchsten Wesens+ (Être suprême) anerkennen, dessen Fest im Tuileriengarten er als Oberpriester leitet. Eine Verschwörung unter den Mitgliedern des an Zahl bereits sehr verringerten Konvents führt [~1794.~] 27. Juli (9. Thermidor) den ~Sturz Robespierres~ herbei. Im Konvent von +Tallien+ angeklagt und verhaftet, von den Truppen der +Commune+ (S. 310) befreit, wird er im Stadthause nach kurzem Kampfe überwältigt und am folgenden Tage mit 21 seiner Anhänger hingerichtet; am 29. Juli noch 71 hingerichtet, fast die ganze Commune. [~1794–1795.~] Der ~Nationalkonvent~ unter der Herrschaft der ~Gemäßigteren~. Öffnung der Gefängnisse; gegen den Pöbel und die Jakobiner tritt die Jugend der wohlhabenden Stände (+Jeunesse dorée+) auf, der Jakobinerklub wird geschlossen, die noch lebenden Girondisten werden in den Konvent zurückberufen. Zwei Pöbelaufstände in Paris (1. April und 20. Mai 1795) zu Gunsten der Jakobiner werden von der Nationalgarde und herbeigerufenen Linientruppen unterdrückt. [~1795.~ 8. Juni.] Tod des schändlich mißhandelten 10jährigen Dauphins (Ludwig XVII.) im +Temple+. [Aug.] Verkündigung einer ~neuen (dritten) Verfassung~: Die ausübende Gewalt wird einem +Direktorium+ von fünf Personen, die gesetzgebende dem +Rate der Alten+ (250) und dem +Rate der Fünfhundert+ übertragen, doch sollen für diesmal ⅔ der Mitglieder beider Räte aus den Konventsmitgliedern gewählt werden. Gegen diese Wahlbeschränkung erheben sich die von den Royalisten bearbeiteten Pariser +Sektionen+ (Stadtviertel) zum Aufstande. Auf +Barras’+ Antrag wird General ~Bonaparte~ an die Spitze der Truppen des Konvents gestellt. [5. Okt.] Blutiger +Sieg in den Straßen von Paris+. Darauf Vollziehung der Wahlen, der Konvent löst sich auf. [~1795–1799.~] ~Direktorialregierung in Frankreich.~ Vergebliche Versuche, die zerrüttete Staatsordnung wieder herzustellen. Den entwerteten Assignaten immer neue hinzugefügt. Unerhörtes Raubsystem in den besetzten oder eroberten Ländern angeordnet, um Geld und Kunstschätze aller Art nach Paris zu bringen. Unterdrückung der Royalisten und der kommunistischen Verschwörung des +Gracchus Babeuf+ (1796). ~Wirkungen der französischen Revolution~: l. Frankreich ist nach dem Sturz des unbeschränkten Königtums und nach schweren inneren Kämpfen zu einer freieren, aber noch wenig befestigten Verfassung gelangt. 2. Frankreichs +Eroberungslust+, genährt durch die Notstände im Innern, gefährdet den Bestand des europäischen Staatensystems. 3. In den übrigen europäischen Staaten (mit Ausnahme Englands) macht sich das Streben nach Einführung +freier Verfassungen+ geltend, doch lehren die zunächst folgenden Kriegszeiten auch den Wert einer starken Monarchie erkennen. § 2. Frankreichs Kriege gegen das Ausland. [~1792–1797.~] ~Erster Koalitionskrieg.~ ~Veranlassung~: Zusammenkunft des Kaisers +Leopold II.+ und des Königs +Friedrich Wilhelm II.+ von Preußen zu ~Pillnitz~ bei Dresden (Aug. 1791); auch Vertreter der +Emigranten+ (S. 307) erscheinen dort. Eine gebieterische +Erklärung+ gegen Frankreich wird beschlossen und veröffentlicht. Leopold II. ist noch um Erhaltung des Friedens bemüht, schließt aber (Febr. 1792) mit Preußen ein Verteidigungsbündnis. Sein Sohn und Nachfolger [~1792–1806.~] ~Franz II.~ (als Kaiser von Österreich +Franz I.+ bis 1835) empfängt von +Frankreich+ die Kriegserklärung (S. 310). Der erste Angriff der Franzosen auf das österreichische +Belgien+ mißlingt. +Lafayette+ führt seine Absicht, mit Truppen der Nordarmee dem bedrängten König Ludwig XVI. zu Hilfe zu kommen, nicht aus, wird auf der Flucht (19. Aug.) von den Österreichern ergriffen und als Gefangener nach Olmütz gebracht (1797 entlassen). [~1792.~ 25. Juli.] Drohendes Manifest des Herzogs +Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig+, welcher mit 80000 Mann Preußen und Österreichern von Koblenz aus langsam in Frankreich einrückt. Die Festungen Longwy und Verdun genommen. [20. Sept.] Treffen bei +Valmy+; der Herzog von Braunschweig bricht den Kampf ab. Rückzug durch die Champagne. Im Süden +Savoyen+ und +Nizza+ von den Franzosen besetzt, da der König von Sardinien sich dem Bündnis gegen Frankreich angeschlossen hat. [Okt.] Der französische General +Custine+ dringt +über den Rhein+ vor, erobert Speier, Worms, Mainz und Frankfurt. Nur Frankfurt wird von preußischen und hessischen Truppen bald wieder gewonnen. [Nov.] Der französische General +Dumouriez+ besiegt die Österreicher bei +Jemappes+ und erobert +Belgien+. [~1793.~] Nach der Hinrichtung Ludwigs XVI. treten +England+, +Holland+, +Spanien+, +Neapel+, das +Deutsche Reich+ dem Bündnis gegen Frankreich bei. [März.] +Dumouriez+, von den Österreichern (unter dem Prinzen Friedrich Josias von Koburg) bei +Neerwinden+ geschlagen, flüchtet mit dem Herzog von Chartres (Ludwig Philipp, Sohn des Herzogs von Orléans) in das österreichische Lager, später nach England. [Juli.] Die Österreicher erobern die Festungen Condé und Valenciennes. +Custine+, welcher nach Dumouriez’ Flucht in Belgien befehligt, deshalb abgesetzt und bald darauf in Paris hingerichtet. Die Preußen erobern nach längerer Belagerung +Mainz+. Der französische General +Beauharnais+ bringt zu spät Hilfe, wird abgesetzt und hingerichtet. [Aug.] Der Konvent verfügt die Aushebung aller Waffenfähigen vom 18.–25. Lebensjahre (levée en masse). Energie des Wohlfahrtsausschusses; ~Carnot~ stellt 600000 Mann unter Waffen. Erfolgreiche Wendung des Krieges für die Franzosen; die Nordarmee (General +Jourdan+) siegt bei +Hondschoote+ (unweit Dünkirchen) über die Engländer, Hannoveraner und Hessen, bei +Wattignies+ (an der Sambre) über die Österreicher; die Moselarmee (General +Hoche+) erobert die von General +Wurmser+ besetzten +Weißenburger Linien+ im Elsaß wieder. [~1794.~] Jourdan siegt bei +Fleurus+ über den Prinzen von Koburg und erobert +Belgien+. Die Preußen, zweimal siegreich bei +Kaiserslautern+ in der Rheinpfalz (Mai und Sept., +Blüchers+ Reiterangriffe), gehen dann doch über den Rhein zurück; die Franzosen besetzen die Reichsstädte +Aachen+ und +Köln+. [~1795.~ Jan.] Der französische General +Pichegru+ erobert Holland. Flucht des Erbstatthalters +Wilhelm V.+ (aus dem Hause Nassau-Diez, welches 1748 dem Hause Nassau-Oranien in der Statthalterwürde gefolgt war) nach England, Begründung der ~Batavischen Republik~ (1795–1806). Die Engländer besetzen die holländischen Kolonien +Kapland+ und +Ceylon+. [April.] ~Friede zu Basel~ zwischen +Frankreich+ und +Preußen+. +Öffentliche Bedingungen+: 1. Frankreich bleibt bis zum endgültigen Frieden mit dem Deutschen Reich im Besitz des +preußischen+ Gebiets am linken Rheinufer (halb Cleve, Mörs, Obergeldern). 2. Eine Demarkationslinie (vom Main bis nach Schlesien) setzt die Neutralität, des nördlichen Deutschlands fest. +Geheime Bedingung+: Für den Fall, daß beim allgemeinen Frieden das linksrheinische Deutschland an Frankreich abgetreten wird, erhält Preußen eine Entschädigung aus rechtsrheinischem Gebiet zugesichert. Auch +Spanien+ schließt mit Frankreich Frieden zu +Basel+, indem es seinen Anteil an der Insel San Domingo abtritt; der Minister +Godoy+ erhält den Titel Friedensfürst. Die Verwaltung Spaniens unter Karl IV. (1788–1808) zerrüttet, die Seemacht durch die Engländer fast vernichtet. [~1795.~] England (Minister William Pitt der Jüngere) verspricht den Österreichern Subsidiengelder. Wurmser und +Clerfait+ halten die Rheinlinie gegen Jourdan und Pichegru. [~1796.~] Erzherzog ~Karl von Österreich~, Bruder des Kaisers Franz, besiegt den französischen General Jourdan bei +Amberg+ (in der bayrischen Oberpfalz) und +Würzburg+, wendet sich dann gegen Moreau, der sich durch den Schwarzwald zurückzieht. Zur selben Zeit ~Napoleon Bonapartes glänzender Feldzug in Italien.~ Er besiegt wenige Wochen nach seiner Vermählung mit +Josephine+, Witwe des Generals +Beauharnais+ (S. 314), von Nizza aus vordringend, die Österreicher bei +Millesimo+, die Sardinier bei +Mondovi+ und zwingt den König +Viktor Amadeus+ von Sardinien zum +Frieden+; Abtretung von +Savoyen+ und +Nizza+ an Frankreich. Nach Erstürmung der Addabrücke bei +Lodi+ (10. Mai) zieht er in +Mailand+ ein und erobert die ganze +Lombardei+ bis auf +Mantua+. Die Herzöge von +Parma+ und +Modĕna+, der +Papst+ und +Neapel+ erkaufen Waffenstillstand und Frieden durch Geld und Kunstschätze. Papst Pius VI. tritt im Frieden zu +Tolentino+ (Febr. 1797) Avignon und Venaissin, die Romagna und Ancona, Bologna und Ferrara ab. [~1796–1797.~ Juli–Febr.] ~Belagerung von Mantua.~ Die Österreicher versuchen, die Festung (General Wurmser) zu entsetzen, werden aber in mehreren Schlachten, namentlich bei ~Arcole~ (Nov. 1796) und ~Rivoli~ (Jan. 1797) besiegt. [~1797.~ März] Nach dem Falle Mantuas dringt +Bonaparte+ über die Ostalpen vor gegen Wien, während +Hoche+ und +Moreau+ wieder über den Rhein gehen. Die Bewohner des +venetianischen+ Gebiets erheben sich gegen die Franzosen, in +Tirol+ und +Böhmen+ wird die Bevölkerung unter die Waffen gerufen. +Bonaparte+, in Gefahr abgeschnitten zu werden, knüpft Unterhandlungen an; Friedenspräliminarien zu ~Leoben~ (an der Mur). [Mai.] Bonaparte kehrt nach Oberitalien zurück und erklärt der Republik ~Venedig~ den Krieg, besetzt Stadt und Gebiet ohne bedeutenden Widerstand. In Oberitalien wird die ~Cisalpinische Republik~ (Mailand, Modĕna, Ferrara, Bologna, Romagna) eingerichtet; die Republik +Genua+ wird umgewandelt in die ~Ligurische Republik~; beide von Frankreich abhängig. [~1797.~ Sept.] Staatsstreich in Paris, die Royalisten aus dem Rat der Alten und dem Rat der Fünfhundert ausgestoßen, zwei Mitglieder des Direktoriums (+Carnot+ und +Barthélemy+) zur Deportation verurteilt. Die Republik wird dadurch auf Betreiben des von Bonaparte nach Paris abgesandten Generals +Augereau+ befestigt. [Okt.] ~Friede zu Campo Formio~ (bei Udine) zwischen Frankreich und Österreich. +öffentliche Bedingungen+: 1. Österreich tritt die +Lombardei+ und die +Niederlande+ (Belgien und Luxemburg, S. 274) ab, erhält +Venedig+ und dessen Gebiet, S. 304 (Venetien, Istrien, Dalmatien, aber nicht die Ionischen Inseln). 2. Zur Herstellung des Reichsfriedens und Festsetzung der Entschädigungen tritt ein Kongreß zu +Rastatt+ zusammen. +Geheime Bedingung+: Österreich willigt in die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich; die beeinträchtigten Fürsten sollen +in Deutschland entschädigt werden+. [~1797–1840.~] ~Friedrich Wilhelm III., König von Preußen~ (s. Anhang). [1797–1799. Dez. April.] ~Kongreß zu Rastatt~, keine Einigung erzielt. [~1798.~ Febr.] Die Franzosen besetzen und brandschatzen +Rom+. Errichtung der ~Römischen Republik~. Papst +Pius VI.+ wird als Gefangener nach Valence (an der Rhone) geführt, wo er im folgenden Jahre stirbt. Agitationen in der Schweiz (Waadtland) gegen die Regierung in Bern. Eindringen der Franzosen. [April.] Der Bund der Eidgenossen wird in die ~Helvetische Republik~ (19 gleichberechtigte Kantone, S. 225) umgewandelt; der Bundesschatz (16 Mill. Francs) ausgeliefert; +Genf+ an Frankreich abgetreten. [~1798–1799.~] ~Bonapartes Zug nach Ägypten~, vorbereitet unter der Maske einer Unternehmung gegen England, dessen Seeherrschaft zu brechen am ersten im Mittelländischen Meere gelingen konnte. Auslaufen der Flotte aus +Toulon+ (Mai 1798), mit 35000 Mann unter ~Bonaparte~, +Berthier+, +Kléber+, +Desaix+. Die bisher dem Johanniterorden (S. 242) gehörige Insel +Malta+ wird für Frankreich in Besitz genommen. Landung in Ägypten, Einnahme von +Alexandrīa+. Sieg über die +Mamelucken+ in der Schlacht bei den ~Pyramiden~ (21. Juli), darauf die Hauptstadt +Kairo+ besetzt. Desaix dringt nach Oberägypten vor. Französische Gelehrte (+Denon+, Generaldirektor der Museen, unter ihm die Vendômesäule errichtet) beginnen die Altertümer Ägyptens zu erforschen (S. 4, Anm. 1). [~1798.~ 1. Aug.] ~Seeschlacht bei Abukir~ (+Nelson+). Die französische Flotte von den Engländern fast vernichtet, dem Landheere die Verbindung mit Frankreich abgeschnitten. Kriegserklärung der Türkei an Frankreich. Bonaparte unterdrückt einen Aufstand in +Kairo+ und zieht darauf nach +Syrien+, erstürmt +Jaffa+, kann aber das mit Hilfe von Engländern verteidigte +St. Jean d’Acre+ (+Akkon+) nicht nehmen. Pest im französischen Heere, Rückzug nach Ägypten; Landung und Niederlage der Türken bei ~Abukir~ 1799. [~1799–1802.~] ~Zweiter Koalitionskrieg.~ Der englische Minister +William Pitt+ (S. 300) gewinnt +Österreich+, +Rußland+, +Neapel+, +Portugal+, +die Türkei+ zum Bündnis gegen Frankreich. Kaiser ~Paul von Russland~ (1796 bis 1801) wird 1798 zum Großmeister des Malteserordens erwählt; eine russisch-türkische Flotte vertreibt die Franzosen von den Ionischen Inseln. Preußen unter Friedrich Wilhelm III. bleibt neutral. Eröffnung des Krieges Ende 1798 durch einen Einfall der Neapolitaner unter dem österreichischen General +Mack+ in die Römische Republik. Der Einfall wird zurückgeschlagen, der König Ferdinand IV. von Neapel (S. 305) flieht nach Palermo, sein festländisches Gebiet wird von den Franzosen besetzt und in die [~1799.~ Jan.] ~Parthenopeische Republik~ verwandelt. Auch der Großherzog Ferdinand III. von +Toskana+ wird verjagt. Der König Karl Emanuel IV. von +Sardinien+ entflieht aus Turin nach der Insel Sardinien, seine festländischen Besitzungen werden in französische Verwaltung genommen und 1802 in Frankreich einverleibt. [März.] +Jourdan+, von Erzherzog +Karl+ bei +Ostrach+ und bei +Stockach+ (nördlich vom Bodensee) geschlagen, geht über den Rhein zurück. [April.] Auflösung des Kongresses zu Rastatt. Zwei von den abreisenden französischen Gesandten werden von österreichischen Husaren ermordet. [Juni.] +Masséna+ bei ~Zürich~ von Erzherzog +Karl+ geschlagen, behauptet aber seine Stellung am Vierwaldstätter See. Inzwischen ist ein russisches Heer unter ~Suwōrow~ (geb. 1729) in Italien erschienen und hat sich mit den Österreichern (unter +Melas+) vereinigt. Die Siege bei ~Cassano~ und an der ~Trebbia~ bewirken die Auflösung der Cisalpinischen, Römischen und Parthenopeischen Republik. In Neapel grausames Blutvergießen nach der mit Unterstützung +Nelsons+ erfolgten Rückkehr Ferdinands IV. Ein neues französisches Heer unter Joubert wird bei ~Novi~ (15. Aug.) ebenfalls geschlagen; dann muß Suwōrow auf Betreiben des österreichischen Ministers +Thugut+ Italien räumen und über die Alpen ziehen (berühmter Marsch über den St. Gotthardpaß), um sich mit dem zweiten russischen Heere unter +Korsakow+ in der Schweiz zu vereinigen. Aber dieses Heer war, da Erzherzog +Karl+ sich nach dem Rhein gewandt hatte, vor Suwōrows Ankunft von Masséna in der +zweiten+ Schlacht bei ~Zürich~ (25. 26. Sept.) geschlagen. Suwōrow gelangt nach weiteren erstaunlich beschwerlichen Märschen und Kämpfen im Okt. in das Rheintal, führt dann voll Erbitterung gegen Österreich sein Heer nach Rußland zurück († 1800). [~1799.~ Okt.] Ein +englisch-russisches+ Heer unter dem Herzog von +York+ (Sohn Georgs III.), welches in Holland gelandet war, wird von den Franzosen zurückgedrängt und durch die Kapitulation bei +Alkmar+ zum Abzug genötigt. +Bonaparte+ eilt, nachdem er den Befehl in Ägypten an +Kléber+ (ermordet 1800) übertragen hat, mit wenigen Begleitern nach Frankreich zurück, um das Mißgeschick der französischen Waffen wieder gutzumachen. Er stürzt im Einverständnis mit den Direktoren +Sieyès+ und +Roger-Ducos+ und seinem Bruder +Lucian Bonaparte+, Präsidenten des Rates der Fünfhundert, [9. Nov.] durch den ~Staatsstreich des 18. Brumaire~ das Direktorium und treibt am folgenden Tage den Rat der Fünfhundert auseinander. [~1799–1804.~] ~Konsularregierung~, ~Napoléon Bonaparte~ an der Spitze des Staates als ~erster Konsul~ +auf 10 Jahre+; neben ihm zwei von ihm ernannte Konsuln mit nur beratender Stimme. Die ~neue (vierte) Verfassung~, von +Sieyès+ entworfen, aber von Napoleon bedeutend verändert, durch Abstimmung von der ganzen Nation angenommen, läßt den +Schein einer Republik+ bestehen, schafft aber in Wirklichkeit eine +Militärmonarchie+. Ein +Senat+ (80 reich besoldete und wenig beschäftigte Senatoren) ernennt aus den von den Departements eingesandten Namenlisten die +Mitglieder der gesetzgebenden Gewalt+, die obersten Beamten und Richter. Gesetzgebende Gewalt +ohne+ Vorschlagsrecht: a) +Tribunat+ (100), verhandelt über die Vorschläge der Regierung, ohne abzustimmen; b) +Gesetzgebender Körper+ (300), hat diese Vorschläge +ohne Debatte+ anzunehmen oder abzulehnen. Die +ausübende Gewalt+ hat der +erste Konsul+, dem ein Staatsrat zur Seite steht. ~Talleyrand~ (früher Bischof von Autun, dann im Dienst der Revolution) Minister des Auswärtigen (bis 1807). Die Verwaltung wird neu geordnet und wieder zentralisiert (S. 308): strenge Abhängigkeit der +Präfekten+ in den Departements und ihrer Unterbeamten von der Regierung in Paris. Ordnung der Finanzen hergestellt; Verbesserung der Rechtspflege, Ausarbeitung eines neuen Gesetzbuches (+Code Napoléon+ 1804). Die Friedensanträge des ersten Konsuls werden zurückgewiesen, nur Kaiser +Paul+ von Rußland wendet sich von der Koalition ab. Er erneuert die bewaffnete Seeneutralität (S. 297). Denselben Zweck verfolgt die +Nordische Konvention+ zwischen Rußland, Schweden, Dänemark, Preußen (1800), gegen England gerichtet. [~1800.~] +Napoleon+ führt sein Heer (32000 Mann) über den +Großen St. Bernhard+ (Umgehung des Forts +Bard+), schlägt die Österreicher unter +Melas+ bei ~Marengo~ (14. Juni, Gen. Desaix †, als er Napoleon im kritischen Augenblick noch zu Hilfe kommt) und stellt die Cisalpinische Republik wieder her. In Deutschland dringt General +Moreau+ unter siegreichen Gefechten bis +München+ vor, schlägt (3. Dez.) die Österreicher nochmals bei ~Hohenlinden~ (östlich von München), schließt dann Waffenstillstand zu +Steyer+. [~1801.~] ~Friede zu Lunéville~: 1. +Kaiser und Reich+ willigen in die ~Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich~; die Fürsten, welche Gebiet verlieren, sollen +in Deutschland entschädigt+ werden. 2. Anerkennung der Batavischen, Cisalpinischen, Ligurischen, Helvetischen Republik. -- Deutschland verliert durch diesen Frieden mit Einschluß des belgischen Gebietes (vgl. S. 225, 316) 63000 qkm. (1150 □ Meil.) mit beinahe 3½ Mill. Einwohnern. Die schmachvollen Unterhandlungen über die Entschädigungen ziehen sich ~2 Jahre~ hin. +Toskana+ endlich wird zu Gunsten des in +Parma+ regierenden spanisch-bourbonischen Herzogs Ludwig I. (S. 284) in ein von Frankreich abhängiges +Königreich Etrurien+ verwandelt. Ferdinand III. von Toskana erhält dafür das vergrößerte Erzbistum Salzburg und die Kurwürde. Ebenso tauscht Herzog +Herkules III.+ von +Modena+ (S. 341) gegen sein Land den Breisgau und die Ortenau ein. [~1801–1825.~] ~Alexander I., Kaiser von Russland~, nach Ermordung seines Vaters Paul I. durch Verschworene. Aussöhnung Rußlands mit +England+, Auflösung der Nordischen Konvention. [~1801.~] ~Die Franzosen räumen Ägypten~; das Heer wird auf englischen Schiffen nach Frankreich zurückgebracht. ~Konkordat~ zwischen dem neuen (S. 316) Papst +Pius VII.+ und der französischen Republik. Der Papst erkennt die Einziehung der Kirchengüter an, willigt ein, daß die Erzbischöfe und Bischöfe von der französischen Regierung ernannt werden, und behält sich nur die Bestätigung vor, begnügt sich mit dem Besitz des +verkleinerten+ Kirchenstaats (S. 315). [~1802.~ März.] ~Friede zu Amiens~ zwischen Frankreich und England (nach Rücktritt des Ministers +Pitt+): 1. Herausgabe aller von England gemachten Eroberungen an Frankreich und seine Verbündeten mit Ausnahme von +Trinidad+, welches Spanien, und +Ceylon+ (S. 314), welches die Batavische Republik abtritt. 2. +Malta+ (von den Engländern 1800 erobert) soll dem Johanniterorden zurückgegeben werden. Infolge dieses Friedens ebenfalls +Friede+ zwischen +Frankreich+ und der +Pforte+. Stiftung des +Ordens der Ehrenlegion+; monarchisches Auftreten +Napoleons+. Er läßt sich zum Präsidenten der +Italienischen+ (bisher Cisalpinischen) Republik wählen und übernimmt auf Grund einer Volksabstimmung in Frankreich (3½ Millionen Stimmen) das [~1802.~ Aug.] ~Konsulat auf Lebenszeit~. +Elba+ und +Piemont+ werden mit Frankreich vereinigt. Die +Helvetische Republik+ erhält durch die +Mediationsakte+ eine neue Verfassung (1803). Für die inneren Verhältnisse ~Deutschlands~ wird der Friede zu Lunéville nach einem von +Frankreich+ und +Rußland+ festgesetzten Entschädigungsplan zur Ausführung gebracht durch den [~1803.~ Febr.] ~Reichsdeputations-Hauptschluß~ zu Regensburg. Von +geistlichen+ Ständen bleiben nur: 1. der bisherige Kurfürst von Mainz, von jetzt ab +Kurerzkanzler+ und Fürst Primas (v. Dalberg), mit einem Gebiet, gebildet aus Überresten des Erzstifts Mainz auf dem +rechten+ Rheinufer, dem Bistum +Regensburg+ und den Städten +Regensburg+, +Aschaffenburg+ und +Wetzlar+; 2. der +Johanniter+- und der +Deutschordensmeister+. Von den 52 freien +Reichsstädten+ bestehen nur ~6~ fort, die 3 Hansestädte +Lübeck+, +Hamburg+, +Bremen+, ferner +Frankfurt+, +Augsburg+, +Nürnberg+. Alle übrigen geistlichen Gebiete und Reichsstädte werden zu Entschädigungen verwendet. Die Kurfürstentümer +Trier+ und +Köln+ gehen ein. +Vier neue Kurfürstentümer+: Hessen-Kassel, Baden, Württemberg, Salzburg. +~Hauptsächlichste Entschädigungen~+: 1. Großherzog von ~Toskana~: +Salzburg+ und +Berchtesgaden+. 2. Herzog von ~Modĕna~: +Breisgau+ (wofür Österreich die Stifter +Trient+ u. +Brixen+ erhält). 3. ~Bayern~: Bistümer +Würzburg+, +Bamberg+, +Freising+, +Augsburg+, Abteien und Reichsstädte in Franken und dem östlichen Schwaben. 4. ~Baden~ erhält den rechtsrheinischen Teil der +Pfalz+ (Heidelberg, Mannheim) und der Bistümer Straßburg, Speier, Basel, Konstanz. 5. ~Württemberg~: mehrere Klöster und Reichsstädte, besonders +Reutlingen+, +Eßlingen+, +Heilbronn.+ 6. ~Preußen~: die Bistümer +Münster,+ +Paderborn,+ +Hildesheim,+ das mainzische +Thüringen+ (Eichsfeld und Erfurt), mehrere Abteien, besonders +Quedlinburg+, und die Reichsstädte +Mühlhausen,+ +Nordhausen,+ +Goslar.+ 7. ~Oldenburg~: Bistum +Lübeck.+ 8. ~Hannover~: Bistum +Osnabrück+. 9. ~Wilhelm~ von ~Oranien,~ Sohn des Erbstatthalters von Holland: Stifter +Fulda+ und +Corvey.+ Im allgemeinen +gewinnen+ die entschädigten Fürsten bedeutend an Gebiet und Untertanen, z.B. erhält Preußen 13000 qkm (240 □ Meilen), für 2600 qkm (48 □ Meilen); die übergroße Zahl der deutschen Kleinstaaten wird vermindert. § 3. Machtentfaltung des ersten französischen Kaiserreiches. [1803.] Neuer Bruch zwischen +Frankreich+ und +England+. England gibt Malta nicht heraus, fordert die Entfernung französischer Truppen aus der Batavischen Republik und der Schweiz, auch Herausgabe von Piemont. Aufenthalt der bourbonischen Prinzen in London. Die Franzosen ~besetzen Hannover;~ das Lager bei +Boulogne+ bedroht England mit einer Landung. William +Pitt+ wiederum leitender Minister in England († 1806). [1804.] Verschwörung gegen das Leben des ersten Konsuls entdeckt. +Pichegru+ erdrosselt im Gefängnis gefunden, +George Cadoudal+ hingerichtet, +Moreau+ verbannt, geht nach Amerika. Der +Herzog von Enghien+ (bourbonischer Prinz von der Nebenlinie Condé) wird als an der Verschwörung beteiligt aus Ettenheim in Baden mit Gewalt entführt und auf Napoleons Befehl in Vincennes (bei Paris) erschossen. Tribunat und Senat beschließen die Umwandlung der Republik Frankreich in ein erbliches +Kaiserreich+; der Beschluß wird durch +Volksabstimmung+ (mit über 3½ Mill. Stimmen) genehmigt. [1804. 2. Dez.] +Napoleon+ krönt sich und seine Gemahlin +Josephine Beauharnais+ in der Kirche +Notre-Dame+ zu Paris, nachdem Papst Pius VII. die Ceremonie der Salbung vollzogen hat. [~1804–1814(15).~] ~Napoleon I., Kaiser der Franzosen.~ Einrichtung eines glänzenden Hofstaates. Großwürdenträger, 18 Maréchaux de l’Empire. Neuer Adel. +Senat+ und +gesetzgebender Körper+ bleiben, aber ohne selbständige Befugnisse, das Tribunat wird 1807 aufgehoben. [1805.] +Napoleon+, ~König von Italien.~ Sein Stiefsohn +Eugen+ +Beauharnais, Vizekönig+ von Italien. Die +Ligurische Republik+ wird in Frankreich einverleibt. ~Die Familie Bonaparte.~ Carlo Bonaparte, †1785, Gem. Maria Lätitia Ramolino, †zu Rom 1836. ____________________________|________________________________... | | | | ~Joseph,~ ~Napoléon I.~ Lucian, Elise, K. v. Neapel 1806, 1804–1814, F. v. Canino, Fürstin von K. v. Span. 1808, †1821. †1840. Piombino, †als Gr. v. Gem. | †1820. Sur-villiers 1. Josephine | 1844. Beauharnais, Karl Lucian, †1814. F. v. Canino. 2. Marie Luise v. Österreich, †1847. (Hzgin. v. Parma.) ______________|______________________________ | | | Stiefkinder: Adoptiert: Eigenes Kind: a) Eugen, b) Hortense, c) Stephanie, Napoleon (II.), Vizek. v. Gem. v. Ludw., Großhzgin. König v. Rom, Italien K. v. Holland, v. Baden, †als Hz. (Gem. Przn. †1837. †1860. v. Reichstadt v. Bayern), 1832. †als Hz. v. Leuchtenberg 1824. |_____________________________________________________________________ | | | | | | Josephine Eugenie August, Amalie Theodelinde Max, (Gem. Oskar (Gem. Fürst von Hz. v. (Gem. Pedro I., (Gem. Gr. v. Hz. v. I., König Hohenzollern- Leuchtenberg Kaiser Württemberg) Leuchtenberg, von Hechingen), (Gem. d. v. †1857. †1852. Schweden) †1847. Kgin. v. Brasilien), †1876. Portugal). †1873. †1835. Carlo Bonaparte, †1785, Gem. Maria Lätitia Ramolino, †zu Rom 1836. ...____________________________|_________________ | | | | ~Ludwig,~ Pauline, Karoline, Jérôme, K. v. Holland (Gem. Fürst (Gem. Joachim K. v. Westf. (Gem. Hortense, v. Borghese), Murat, K. von (Gem. Przn. Stieftochter †1825. Nepal), v. Württemb.), Napoleons I.). †1839. †1860. †1846. | | | __|____________ Jérôme Napoléon, †1891, | | Gem. Clotilde v. Italien, †1911. Ludwig, Karl Ludwig _____________|_____________ Großhzg. v. (seit dem | | | Berg u. Tode seines Napoleon Victor, Louis. Maria Lätitia, Cleve, Bruders gen. Gem. Clementine Gem. Amadena, †1831. ~Louis Napoléon~) v. Belgien. Hz. v. Aosta, als Kaiser †1890 (König v. ~Napoléon III.~, Gem. Eugenie Montijo, Spanien 1852–1870. †1873. Gräfin v. Teba. 1870–1873). |____________________| | Napoleon (Prince-Impérial), †1879. Napoleons Pläne zur Vernichtung Englands (die Flotte in +Brest+ soll die Landung des Heeres in England decken, die Geschwader in +Toulon+ und +Rochefort+ die englische Flotte nach Westindien locken) werden vereitelt durch +Nelsons+ energische Maßregeln und durch den [~1805.~] ~Dritten Koalitionskrieg.~ +England, Rußland, Österreich+ und +Schweden+ (+Gustav IV+., 1792–1809) einigen sich zur Herstellung des europäischen Gleichgewichts. +Spanien+ mit Frankreich verbündet. Das Lager bei +Boulogne+ wird aufgehoben. Die französischen Heere rücken unter +Davout, Soult, Lannes, Ney+ nach dem Rhein zu gegen Österreich, +Napoleon+ vereingt seine Truppen (200000 Mann) an der oberen Donau. +Bernadotte+, von Hannover kommend, marschiert durch das neutrale ansbachische Gebiet Preußens. ~Bayern, Württemberg, Baden~ verstärken Napoleons Heer. Nach mehreren unglücklichen Treffen wird der österreichische General [~1805.~ Okt.] ~Mack~ in ~Ulm~ mit 25000 Mann zur Ergebung genötigt und kriegsgefangen. Der Seekrieg (seit 1803) von England glänzend beendet durch [21. Okt.] ~Nelsons Seesieg bei Trafalgar~ unweit Cadiz über die französische und spanische Flotte, welche auf Napoleons bestimmten Befehl aus Cadiz ausgelaufen war. +Nelson+ † (»England expects every man to do his duty«). Die Franzosen marschieren auf ~Wien~, das Napoleons Schwager +Murat+ ohne Widerstand einnimmt. Erzherzog +Karl,+ der in Italien mit +Masséna+ gekämpft hat, zieht sich über die Ostalpen zurück; ein russisches Heer unter +Kutūsow+, ein zweites unter +Kaiser Alexander+ rückt heran. [3. Nov.] Bündnis Alexanders mit Friedrich Wilhelm III. zu +Potsdam+ (am Sarge Friedrichs d. Gr.). [2. Dez.] ~Drei-Kaiser-Schlacht bei Austerlitz~ (in Mähren). +Napoleon+ siegt über die vereinigten +Russen+ und +Österreicher+, ehe Erzherzog Karl angekommen ist. Waffenstillstand mit Österreich, Rückzug der Russen. [15. Dez.] Vertrag +Preußens+, das soeben noch bereit war, der Koalition beizutreten, mit +Napoleon+ zu +Schönbrunn+ (Gesandter Graf Haugwitz). Preußen tritt an Frankreich den rechtsrheinischen Rest von +Cleve+ (+Wesel+) und +Neuchâtel,+ an Bayern, das +Berg+ an Frankreich überläßt, +Ansbach+ ab, erhält dafür (das den Engländern erst abzuringende) +Hannover,+ schließt mit Frankreich ein Schutz- und Trutzbündnis. [26. Dez.] ~Friede zu Preßburg~: 1. Österreich tritt +Venedig+ nebst Gebiet (S. 316) an das Königreich +Italien+ ab, als dessen König es ~Napoleon~ anerkennt. 2. Österreich tritt an ~Bayern~ ab: +Tirol,+ +Vorarlberg,+ +Burgau,+ +Lindau,+ ferner die Bistümer +Brixen, Trient, Eichstädt, Passau+; außerdem erhält Bayern die freie Stadt +Augsburg+. 3. Von Österreich erhalten ~Württemberg~ und ~Baden~ die noch übrigen vorderösterreichischen Besitzungen in Oberschwaben, den Breisgau, die Stadt +Konstanz+ u. a., dazu kommen die Gebiete des Deutschen Ordens und der Johanniter (Malteser) in Süddeutschland (Mergentheim, s. S. 179). 4. Bayern und Württemberg werden als ~Königreiche~ anerkannt. 5. Österreich erhält als Entschädigung: +Salzburg, Berchtesgaden+ und die Güter des +Deutschen Ordens+; der Kurfürst von +Salzburg+ bekommt von Bayern +Würzburg+ als Entschädigung. ~Rußland~ bleibt im Kriegsstande, ebenso England und Schweden. [~1805.~ Dez.] Das Haus Bourbon in +Neapel+ (S. 305) wird durch eine Verfügung Napoleons aus Schönbrunn (+La dynastie de Naples a cessé de régner+) entthront. Von Paris aus verfügt er weiter über die unterworfenen Länder. [~1806.~] ~Joseph~, Napoleons älterer Bruder, wird König von Neapel. Der Hof von Neapel zieht sich nach +Palermo+ zurück. Sicilien ist für Napoleon unerreichbar, da die Engländer das Meer beherrschen. ~Joachim Murat,~ Schwager Napoleons, wird Großherzog von +Berg+ (bisher zu Bayern gehörig, S. 289, 323). Marschall ~Berthier~ wird Fürst von +Neuchâtel+. ~Louis~ Bonaparte, Napoleons dritter Bruder, Gemahl seiner Stieftochter +Hortense Beauharnais,+ wird König von ~Holland~ (frühere Batavische Republik). Seine Schwestern +Elise+ und +Pauline+ erhalten die Fürstentümer +Piombino+ (mit +Lucca+ und +Carrara+) und +Guastalla+. [Juli.] ~Errichtung des Rheinbundes~ (s. S. 266). Napoleon ~Protektor.~ Der bisherige Kurerzkanzler des Reiches +Fürst Primas+ des Rheinbundes, die Könige vor +Bayern+ und +Württemberg+, Großherzöge von +Baden, Hessen Darmstadt+ und +Berg+, Herzog von +Nassau+ u. a. treten bei. Die andern regierenden deutschen Fürsten schließen sich nach und nach an mit Ausnahme derer von +Österreich, Preußen, Braunschweig+ und +Kurhessen+. Viele bis jetzt reichsunmittelbare Fürsten (Fürstenberg, Öttingen, Hohenlohe, Thurn und Taxis, Leiningen, Solms, Sayn-Wittgenstein u. a.), Grafen (Castell, Erbach, Stolberg, Metternich u. a.) und Ritter (Reichsfreiherr vom +Stein+) werden als +Mediatisierte+ den Rheinbundfürsten untertan; die bisherige Reichsstadt +Nürnberg+ kommt an Bayern, +Frankfurt+ an den Fürsten Primas +Dalberg+ (+Großherzog von Frankfurt+). Der Rheinbund hat dem französischen Kaiserreich 63000 Mann Truppen zu stellen. Kaiser +Franz+, der schon 1804 den Titel ~Kaiser von Österreich~ angenommen hatte, legt (6. Aug.) die deutsche Kaiserwürde nieder. ~Ende des alten Deutschen Reiches~. [~1806–1807.~] ~Krieg Frankreichs gegen Preußen und Rußland.~ +Gründe der preußischen Kriegserklärung+: Errichtung des Rheinbundes, Wegnahme von +Essen+ und +Werden+ durch den Großh. von Berg; Anerbieten Napoleons an England, Preußen das ihm soeben aufgedrängte Land +Hannover+ wieder abzunehmen, während er Preußen zur Bildung eines +norddeutschen Bundes+ auffordert (den betreffenden Fürsten aber heimlich abrät). Gefahrvolle Lage Preußens beim Ausbruch des Krieges. Das Heerwesen veraltet (Kanton- und Werbesystem), die Leitung unentschlossen. Keine Bundesgenossen außer +Kursachsen, Weimar+ (Herzog +Karl August+), +Oldenburg, Mecklenburg+ und dem fernen +Rußland+; dazu Entzweiung mit England wegen Hannover. [~1806.~ Sept.] Zusammenziehung des preußischen Heeres in Thüringen unter Anführung des +Herzogs von Braunschweig+ (S. 313). [10. Okt.] Die Vorhut der Preußen bei ~Saalfeld~ geschlagen, Prinz +Louis Ferdinand+, Neffe Friedrichs des Großen (geb. 1772), fällt. Das Hauptheer wird in der [14. Okt.] ~Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt~ vollständig besiegt. Bei +Jena+ kämpft Napoleon selbst gegen den Heeresteil des Fürsten Hohenlohe, bei +Auerstädt+ Marschall Davout gegen den Herzog von Braunschweig und König Friedrich Wilhelm III. Rückzug des geschlagenen Heeres über Magdeburg; die Festung +Erfurt+ ergibt sich am 16. Oktober. Die Reservearmee unter Prinz Eugen von Württemberg wird am 17. Oktober bei +Halle+ von Bernadotte geschlagen. +Spandau+ ergibt sich am 25. Oktober, am 27. zieht Napoleon in ~Berlin~ ein. Friedrich Wilhelm III. flüchtet mit der königlichen Familie über Küstrin und Graudenz nach Königsberg. Hohenlohe kapituliert mit 10000 Mann bei +Prenzlau+ (28. Okt.). +Blücher+[53] schlägt sich mit 18000 Mann durch bis +Lübeck+, wird dort von französischer Übermacht besiegt (6. Nov.) und ergibt sich mit dem Rest seiner Truppen (9400 Mann) bei +Ratekau+ (7. Nov.). Sehr bald ergeben sich die Festungen +Stettin+, +Küstrin+, +Magdeburg+, +Hameln+; dagegen ~Kolberg~ (+Gneisenau+, +Schill+, +Nettelbeck+) und ~Graudenz~ (+Courbière+) halten sich tapfer bis zum Frieden. Ganz Norddeutschland von den Franzosen besetzt. Der bei Auerstädt schwer verwundete Herzog von Braunschweig stirbt als Flüchtling (10. Nov.) zu Ottensen bei Hamburg. [21. Nov.] Von Berlin aus verfügt Napoleon die ~Kontinentalsperre~ gegen England. Einmarsch der Franzosen, Bayern und Württemberger in +Schlesien+, wo nur die Festungen +Kosel+ und +Glatz+ sich behaupten. [Dez.] Napoleon schließt in +Posen+ Frieden und Bündnis mit dem Kurfürsten +Friedrich August III.+ von ~Sachsen~, welcher als König dem Rheinbunde beitritt. Inzwischen sind zwei +russische Heere+ herangekommen; blutige Gefechte bei +Pultusk+ zwischen Russen und Franzosen. Letztere beziehen Winterquartiere an der Weichsel (Napoleon 2. Jan. in Warschau), dringen dann nach Ostpreußen vor. [~1807.~ 7. u. 8. Febr.] ~Schlacht bei Preußisch-Eylau.~ Der mörderische Kampf bleibt unentschieden, doch schlagen die Preußen (unter +L’Estocq+ und +Scharnhorst+) den rechten Flügel der Franzosen zurück. Abermals Winterquartiere. König +Friedrich Wilhelm III.+ geht mit seiner Gemahlin +Luise+, Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz (geb. 1776) und seinen Kindern nach +Memel+ [26. Mai.] ~Danzig~ nach tapferer Verteidigung (Gen. +v. Kalkreuth+) von den Franzosen genommen. Nach mehreren unentschiedenen Treffen siegt Napoleon in der [14. Juni.] ~Schlacht bei Friedland~ über die +Russen+. +Königsberg+ und das Land bis zum +Niemen+ von Napoleon besetzt. Waffenstillstand. Zusammenkunft +Napoleons+, +Alexanders+ und +Friedrich Wilhelms III.+ auf dem +Niemen+. Vergeblicher Versuch der Königin Luise, Napoleon zu milden Friedensbedingungen zu bewegen. [7. u. 9. Juli.] ~Friede zu Tilsit. A. Rußland~ erkennt 1. das Herzogtum +Warschau+ (gebildet aus bisher preußischen Gebieten, S. 298) unter dem Könige von Sachsen an. +Danzig+ wird freie Stadt, ein Teil von +Neu-Ostpreußen+ (+Bialystock+) an Rußland abgetreten. 2. Rußland erkennt +Joseph Bonaparte+ als König von Neapel, +Louis Bonaparte+ als König von Holland, +Jérôme Bonaparte+ als König des neu zu bildenden Königreichs +Westfalen+, ferner den Rheinbund an. 3. Es nimmt Napoleons Vermittelung zum Frieden mit den Türken an (1806 russische Kriegserklärung an die Türkei wegen Verletzung des Friedens von +Jassy+, S. 297), +Napoleon+ dagegen die Vermittelung +Alexanders+ zum Frieden mit England. In einem +geheimen+ Artikel verpflichtet sich Alexander, falls England den Frieden nicht annimmt, zu einem Bündnis mit Frankreich gegen England ~B. Preußen~ tritt ab: a) zur freien Verfügung Napoleons +alle Länder zwischen Rhein und Elbe,+ b) an +Sachsen+ den Kottbuser Kreis, c) zur Bildung des Herzogtums +Warschau+ alle nach 1772 von Polen gewonnenen Länder, auch +Danzig+ und Gebiet. 2. Es erkennt die drei Brüder Napoleons als Könige an. 3. Alle preußischen Häfen sind bis zum Frieden mit England dem britischen Handel verschlossen. -- Über die Rückgabe und Räumung der preußischen Provinzen und Festungen bestimmt der +Vertrag zu Königsberg+ (12. Juli), daß erst alle rückständigen Kriegsentschädigungen von Preußen abgetragen werden müssen. Die Entschädigungen, nach preußischer Rechnung noch 19 Millionen Franks, nach französischer 154, werden 1808 durch den +Vertrag zu Paris+ auf 140 Millionen festgesetzt; auch wird bestimmt, daß Preußen nur ein Heer von 42 000 Mann halten dürfe. Starke französische Besatzungen bleiben in den Oderfestungen +Stettin, Küstrin, Glogau+; das übrige Land wird Ende 1808 geräumt. Bis dahin muß der von 5570 auf 2877 □ Meilen verminderte preußische Staat 150000 Franzosen ernähren. [1807. Aug.] Gründung des ~Königreichs Westfalen~ (Hauptstadt +Kassel+) durch eine Verfügung Napoleons, der sich die Hälfte der Domänen vorbehält. +Hannover+ bleibt von den Franzosen besetzt, ebenso die Städte +Danzig+ und +Erfurt+. ~Schweden~ unter +Gustav IV.+ (1792–1809) verharrt in Feindschaft gegen Frankreich. +Stralsund+ und +Rügen+ werden von französischen Truppen besetzt (1807, Aug.), +Finnland+ von russischen. Gewalttat der Engländer gegen ~Dänemark~, das aufgefordert war, ein Bündnis zu schließen und seine Flotte den Engländern in Gewahrsam zu geben. Eine englische Flotte beschießt (1807, Sept.) +Kopenhagen+ und führt die dänische Flotte weg. Die Insel +Helgoland+ wird englische Seestation. Bündnis +Dänemarks+ mit Frankreich; +Rußland+ erklärt den Krieg an England. ~Portugal~, welches, mit England verbündet, dem Kontinentalsystem nicht beitreten will, wird von einem französischen Heere unter +Junot+ besetzt (1807, Nov.). Die königliche Familie flieht nach Brasilien. In ~Spanien~ rücken unter dem Vorwande, die Küsten gegen die Engländer zu schützen, 80000 Franzosen ein. König +Karl IV.+ dankt infolge eines gegen seinen Günstling +Godoy+ (S. 315) ausgebrochenen Aufstandes zu Gunsten seines Sohnes +Ferdinand VII.+ ab (1808, März). Vater und Sohn geraten in Streit, werden von Napoleon nach +Bayonne+ gelockt und gezwungen, dem Throne zu entsagen (Mai). Napoleon ernennt seinen Bruder ~Joseph~ zum König von Spanien; an Josephs Stelle wird Murat König von Neapel. +Etrurien+ (S. 319) mit Frankreich vereinigt. Allgemeiner ~Aufstand der Spanier~; der französische General Dupont wird bei +Baylen+ (in der Sierra Morena) mit 20000 Mann gefangen (1808, Juli). Die Engländer unter +Wellesley+ (geb. 1769, anfangs in holländischen Diensten, dann 1796–1805 Offizier in Ostindien, † 1852) landen in Portugal und zwingen Junot bei +Cintra+ zur Ergebung (Aug.); er wird mit 21000 Mann auf englischen Schiffen nach Frankreich gebracht. [~1808–1814.~] ~Krieg Napoleons in Spanien und Portugal.~ Napoleon, seit dem ~Fürstentag zu Erfurt~ (1808, Okt.), wo ihm 4 +Könige+ und 34 +Fürsten+ und Prinzen aus Deutschland ihre Huldigungen darbringen, enger mit +Kaiser Alexander+ verbündet, eilt selbst mit 150000 Mann nach Spanien, rückt bis +Madrid+ vor, vertreibt (mit +Soult+) die Engländer aus Spanien, kehrt dann nach Paris zurück (1809, Jan.). Fortdauernder Volkskrieg (Guerilla) der Spanier, von den Engländern unterstützt. Die Festung +Saragossa+ wird nach heldenmütiger Verteidigung (General +Palafox+) im Februar 1809 von den Franzosen erobert. General +Wellesley+ nötigt den Marschall Soult zum Abzug aus +Oporto+, wird nach dem Siege über +Joseph+ bei +Talavera+ (1809, Juli) zum ~Lord Wellington~ erhoben und leitet die fernere Kriegführung in Spanien mit Ausdauer und Umsicht (S. 331, 337 ff.). [~1807–1811.~] ~Neubau des preußischen Staates.~ König Friedrich Wilhelm III. beruft den Freiherrn ~vom Stein~[54] als leitenden Minister nach Königsberg. +Aufhebung der Erbuntertänigkeit+ 1807 (9. Okt.), +Städteordnung+ 1808 (19. Nov.). Vereinfachung der Ministerien und Verwaltungbehörden. Auf Verlangen Napoleons Stein entlassen Nov. 1808; dann durch ein Dekret Napoleons aus Madrid geächtet flieht er nach Österreich. Sein Nachfolger ~v. Hardenberg~[55] ordnet die Steuern, führt +Gewerbefreiheit+ ein. Gleichzeitig +Neuordnung des Heeres+ auf Grund der ~allgemeinen Wehrpflicht~ (1814 gesetzlich eingeführt) durch ~Scharnhorst~.[56] Seine Mitarbeiter +v. Gneisenau+, +v. Grolmann+, +v. Boyen+, +v. Clausewitz+ u. a. In +Berlin+ hält +Fichte+, während noch französische Besatzung dort liegt, seine »Reden an die deutsche Nation«. Friedrich Wilhelm III. kehrt Ende 1809 von Königsberg nach Berlin zurück. ~1810~, am ~19. Juli~, Tod der edlen Königin +Luise+ in Hohenzieritz. Errichtung der +Berliner Universität+ (W. v. Humboldt, Fichte, Niebuhr, Savigny, Schleiermacher). 1811 eröffnet +F. L. Jahn+ den ersten +Turnplatz+ in der Hasenheide bei Berlin. Die Befreiung Deutschlands und Europas von dem französischen Joche wird vorbereitet. (+E. M. Arndts+ Schrift: Geist der Zeit, die Lieder +Th. Körners+, +Fr. Rückerts+ [Geharnischte Sonette], +M. v. Schenkendorfs+.) Vergebens versucht Österreich (leitender Minister seit 1805 Graf +Stadion+) allein diese Befreiung, als Napoleon durch den Kampf in Spanien gehemmt zu sein scheint. [~1809.~] ~Krieg gegen Österreich.~ Erzherzog +Karl+, als Befehlshaber des nach +Bayern+, Erzherzog +Johann+ an der Spitze des nach +Italien+ vorrückenden österreichischen Heeres, fordern die deutschen Völker auf zur Teilnahme an dem Kampfe gegen die französische Herrschaft. Nur +Tirol+ erhebt sich (+Andreas Hofer+, +Speckbacher+, +Haspinger+). Napoleon greift, namentlich mit ~deutschen~ Truppen, den Erzherzog +Karl+ in Bayern an, drängt ihn nach [April.] fünftägigen Gefechten bei +Abensberg+, +Landshut+, +Eckmühl+ und +Regensburg+ über die Donau nach [13. Mai.] Böhmen und besetzt ~Wien~ zum zweitenmal. Sein Versuch, von der Insel +Lobau+ aus das linke Donauufer zu besetzen, wird vereitelt durch die blutige [21. u. 22. Mai] ~Schlacht bei Aspern und Eßling~. Napoleon zum erstenmal +geschlagen+ von Erzherzog +Karl+. Er muß über die Donau zurückweichen (+Masséna+), behauptet aber Wien und vereinigt sich mit dem Vizekönig +Eugen+, welcher den Erzherzog +Johann+ aus Ober-Italien nach Ungarn verfolgt und bei +Raab+ besiegt hatte. Mit 180000 Mann geht Napoleon wieder über die Donau, schlägt den Erzherzog +Karl+ in der mörderischen [5. u. 6. Juli.] ~Schlacht bei Wagram~ und verfolgt ihn nach Mähren. Waffenstillstand zu +Znaim+. An die Stelle des Grafen +Stadion+ tritt +Metternich+ als leitender Minister Österreichs. [~14. Okt.~] ~Friede zu Wien (Schönbrunn)~: Österreich tritt ein Gebiet von 110000 qkm (2000 □ Meilen) ab: +Salzburg+ und das +Innviertel+ an +Bayern+, +Westgalizien+ an das Herzogtum Warschau, einen Teil +Ostgaliziens+ an Rußland, die +Länder jenseits der Sau+ nebst +Istrien+ und +Dalmatien+ an Napoleon, der daraus einen neuen +Staat der illyrischen Provinzen+ bildet. Die +Tiroler+, welche dreimal die Feinde aus +Innsbruck+ vertrieben hatten (Kämpfe am Berge Isel), kämpfen tapfer weiter, unterliegen aber der Übermacht (Nov.). ~Hofer~ wird verraten und (1810, Febr.) von den Franzosen ~in Mantua erschossen~. Tirol bleibt unter bayrischer Herrschaft; +Süd-Tirol+ kommt an das +Königreich Italien+. [~1809.~ 28. April.] Kühner Zug des preußischen Majors ~v. Schill~, der mit seinem Husarenregiment von +Berlin+ auszieht und die Deutschen zum Freiheitskampf aufruft. Oberst +Dörnberg+ will Jérômes Regierung in Kassel stürzen. Die Nachrichten von Napoleons ersten Siegen vereiteln diese Unternehmung. Dörnberg rettet sich nach Böhmen. Schill kämpft bei +Dodendorf+ (unweit Magdeburg) gegen westfälische Truppen, zieht weiter nach +Dömitz+ (an der unteren Elbe), fällt tapfer kämpfend in +Stralsund+ (31. Mai). 11 seiner Offiziere werden in +Wesel+ kriegsrechtlich erschossen, die gefangenen Soldaten auf Napoleons Befehl zur Zwangsarbeit verurteilt und nach Frankreich geschleppt. Rachezug +des Herzogs+ ~Friedrich Wilhelm von Braunschweig~ gegen die Räuber seines Landes. Er sammelt eine Freischar in Schlesien und Böhmen, zieht durch Sachsen, erstürmt Halberstadt, zieht in Braunschweig ein (31. Juli), muß aber alsbald vor der feindlichen Übermacht weichen, kämpft tapfer bei +Oelper+, erreicht die +Weser+ bei Elsfleth (unterhalb Bremen), führt seine »schwarze Schar« zu Schiffe nach England. Der Herzog und die meisten seiner Getreuen treten dann in die englisch-deutsche Legion, welche in Spanien kämpft. [März.] König +Gustav IV.+ von ~Schweden~, erbitterter Feind der Revolution und Napoleons, seit 1808 in unglücklichem Kriege mit +Rußland+, wird durch einen Militäraufstand zur Abdankung gezwungen. Sein Oheim +Karl XIII.+ übernimmt die Regierung, schließt Frieden mit Rußland, indem er +Finnland+ abtritt (S. 277, 327), adoptiert 1810 den französischen Marschall +Bernadotte+ als Thronfolger. [Mai.] ~Der Kirchenstaat mit Frankreich vereinigt~ durch Dekret Napoleons von Schönbrunn, weil Papst Pius VII. (S. 319f.) die Forderung, seine Häfen den Engländern zu verschließen, standhaft ablehnt. Er spricht den Bann aus, wird verhaftet und nach Grenoble, von da nach +Savona+ (bei Genua) geführt. Dort lebt er als Gefangener, während Napoleon ein Konzil der Bischöfe seines Reichs nach Paris beruft (1811). In +Fontainebleau+ unterzeichnet Pius (1813, Jan.) ein +Konkordat,+ widerruft es aber bald und wird nach +Savona+ zurückgebracht, wo er bis zu Napoleons Sturz 1814 verbleibt. [~1810.~ April] ~Napoleon,~ von +Josephine Beauharnais+ († 1814) geschieden, heiratet +Marie Luise,+ die Tochter des Kaisers +Franz I.+ von Österreich. [Juli.] Abdankung und Flucht des Königs +Louis Bonaparte+ von Holland, der sein Land nicht durch die Kontinentalsperre zugrunde richten will. +Holland+ dem französischen Kaiserreich +einverleibt+, ebenso bald darauf der Kanton +Wallis+. [Dez.] Das nördliche +Hannover, Oldenburg,+ die +Hansestädte+ dem französischen Kaiserreich +einverleibt+ zur strengeren Durchführung der Kontinentalsperre. In ~Spanien~ dringen die Marschälle Soult, Viktor, Mortier nach +Andalusien+ vor; vergebliche Belagerung von +Cadiz+, wo die spanischen Cortes (Landstände) zusammentreten und eine +neue Verfassung+ beschließen (vollendet 1812). +Wellington+ zieht sich auf die befestigten Höhen von +Torres Vedras+ zwischen dem Tejo und der portugiesischen Küste zurück, von wo er 1811 gegen +Masséna+ siegreich vordringt. [~1811.~ März.] Geburt eines Sohnes Napoleons, dem der Titel ~König von Rom~ verliehen wird († 1832). Napoleon I. auf dem Gipfel seiner Macht. Im Seekriege mit England hat Frankreich (und Holland) nur Verluste. Die Engländer erobern 1806 das +Kapland+, 1809 +Cayenne, Martinique, Senegal, San Domingo,+ 1810 +Guadeloupe, Isle Bourbon, Isle de France+, 1811 +Java+. Die Vereinigten Staaten, am Handel mit Frankreich durch die englische Flotte gehindert, beginnen 1812 Krieg gegen England, werden aber 1814 durch Besetzung der Hauptstadt Washington zum Frieden genötigt (S. 302). § 4. Sturz des ersten französischen Kaiserreichs. [~1812.~] ~Krieg Frankreichs gegen Rußland.~ Die Weigerung Rußlands, das +Kontinentalsystem,+ welches Napoleon selbst durch käufliche +Lizenzen+ umging, streng durchzuführen, erregt den Unwillen des Gewalthabers. Die Vergrößerung des Herzogtums +Warschau+ durch Westgalizien (S. 330) erfüllt den Kaiser Alexander mit Besorgnis vor einer Wiederherstellung Polens; die Absetzung des Herzogs von +Oldenburg+, seines nahen Verwandten, (S. 293) wird von ihm als schwere Beleidigung empfunden. Bündnis Napoleons mit +Preußen+, welches 20000 Mann, und mit +Österreich+, welches 30000 Mann zu dem russischen Zuge stellen muß. Schweden (+Bernadotte+) benutzt die Gelegenheit, um sich von der französischen Abhängigkeit zu befreien und durch ein Bündnis mit Rußland sich +Norwegen+ als Ersatz für Finnland zu sichern. +England+ und die +Türkei+ schließen Frieden mit Rußland; die Türkei tritt im Frieden von +Bukarest+ das Land zwischen Dnjestr und +Pruth+ an Rußland ab. [~1812.~ Mai.] Napoleon wird in +Dresden+ von Kaiser Franz I., König Friedrich Wilhelm III. und den Rheinbundfürsten begrüßt, reist von da über Posen und Thorn nach +Königsberg+ zu seiner Armee, deren Durchzug Preußen schwer belastet. +Berlin+ hat wiederum französische Besatzung. Die +große Armee+ (über 600000 Mann) vereinigt Franzosen, Deutsche, Italiener, Schweizer, Niederländer, Polen. Beim Vormarsch bilden die +Österreicher+ unter +Schwarzenberg+, zusammen mit Franzosen und Sachsen unter +Reynier+, den +rechten+ Flügel, welcher nach Wolhynien vorrückt; die +Preußen+ unter +York+ gehören dem +linken+ Flügel an, welcher unter +Macdonalds+ Oberbefehl nach Livland zieht, um Riga zu belagern. Das +Hauptheer+ überschreitet Ende Juni den Niemen; Napoleon verweilt 18 Tage in +Wilna+; die Hoffnung der +Polen+ auf Wiederherstellung ihres Staates verwirklicht sich nicht. Die +Russen+ (260000 Mann in 3 Heeren) weichen kämpfend zurück. Ihre Hauptmacht unter +Barclay de Tolly+ kämpft am 17. August bei ~Smolensk~; die brennende Stadt wird den Franzosen (18. Aug.) überlassen. Unter +Kutūsows+ Oberbefehl [7. Sept.] ~Schlacht bei Borodinó~ an der Moskwa: beide Teile erleiden ungeheuere Verluste. Rückzug der Russen in guter Ordnung bis hinter +Moskau+. Das französische Hauptheer, auf 100000 Mann zusammengeschmolzen, besetzt die von den Einwohnern verlassene Stadt. Napoleon im +Kreml+. [15.–20. Sept.] ~Brand von Moskau~ (der Gouverneur +Rostopschin+). Plünderung der Stadt unter Schutt und Trümmern; der Kreml wird gegen das Feuer geschützt. Kaiser +Alexander+ lehnt auf +Steins+ Rat Friedensanträge Napoleons ab. Nach +fünfwöchigem+ Aufenthalt in Moskau [19. Okt.] ~Rückzug aus Rußland~, von ~Napoleon~ erst nach Südwesten, dann in der Richtung auf +Smolensk+ angetreten, beunruhigt durch das russische Hauptheer unter +Kutūsow+ und zahllose Kosakenschwärme. [6. Nov.] ~Eintreten der Kälte.~ Furchtbares Elend durch Hunger und Frost. Fortwährende Gefechte, namentlich bei +Krasnoi+ (Ney) und +Borissow+ (Oudinot). [~1812.~ 26.–28. Nov.] Schrecklicher ~Übergang über die Beresina~. Brückenbau bei Studienka; +Ney+ und +Oudinot+ wehren am 28. die andringenden Russen auf dem rechten Ufer ab, +Viktor+ auf dem linken, doch fallen Tausende von Nachzüglern den Russen in die Hände. Von da ab völlige Auflösung des Heeres bei erneuter Kälte; Napoleon verläßt das Heer (5. Dez.) und eilt nach +Paris+. +Murat+, dann +Eugen Beauharnais+ leiten den Rückzug. [30. Dez.] ~York~ schließt zu ~Tauroggen~ (nahe der preußischen Grenze) einen Neutralitätsvertrag mit dem russischen General +Diebitsch+. Schwarzenberg führt sein Heer fast ohne Verluste nach Galizien zurück (Febr. 1813). [~1813 und 1814.~] ~Der deutsche Befreiungskrieg.~ [~1813.~ 3. Febr.] König ~Friedrich Wilhelm III.~ erläßt in +Breslau+ einen Aufruf zur Bildung freiwilliger Jäger-Abteilungen. Begeisterte Erhebung in Preußen. Männer und Jünglinge jedes Standes eilen zu den Waffen. [7. Febr.] Der ostpreußische Landtag zu +Königsberg+ beschließt Ausrüstung von 30000 Mann Linie und Landwehr. [28. Febr.] Bündnis zu ~Kalisch~ zwischen +Rußland+ und +Preußen+. Das russisch-preußische Hauptheer sammelt sich in +Schlesien+. Die Franzosen räumen +Berlin+ und +Hamburg+. Die Herzöge von +Mecklenburg+ sagen sich vom Rheinbund los. +Tettenborn+ mit den Kosaken zieht als Befreier in Hamburg ein (18. März). [17. März.] ~Aufrufe Friedrich Wilhelms III.~ ~»An mein Volk«~ und ~»An mein Kriegsheer«~; Verordnung zur Errichtung der Landwehr und des Landsturmes. ~Eisernes Kreuz~ gestiftet. [27. März.] +Dresden+ wird nach Abzug des Marschall +Davout+ durch +Russen+ und +Preußen+ unter +Wittgenstein+ und +Blücher+ besetzt. Flucht des Königs von Sachsen. [2. April.] Gefecht bei +Lüneburg+ (+Johanna Stegen+). Der französische General +Morand+ mit 2000 Mann von Russen und Preußen gefangen. Die Erhebung in +Bremen+ wird von General +Vandamme+ unterdrückt. [5. April.] Gefecht bei +Möckern+ (östlich von Magdeburg). +Eugen Beauharnais+, (S. 329) von Preußen (unter York, Bülow und Borstell) und Russen geschlagen, zieht sich auf das linke Elbufer zurück. Französische Besatzungen behaupten sich in Magdeburg, Stettin, Küstrin, Glogau, Danzig, Modlin, Zamosc. Napoleon führt ein neugebildetes Heer (120000 Mann) über den Rhein, zieht die Truppen der Rheinbundfürsten an sich, überschreitet den Thüringer Wald, wird beim Vorrücken nach Sachsen von den Russen und Preußen (85000 Mann) angegriffen. [~1813.~ 2. Mai.] ~Schlacht bei Groß-Görschen oder Lützen.~ Der Sieg bleibt trotz größerer Verluste den Franzosen. Die Verbündeten ziehen sich über +Dresden+ nach der +Lausitz+ zurück. +Scharnhorst+, in der Schlacht verwundet, stirbt in +Prag+ (28. Juni). Napoleon zieht in +Dresden+ ein, führt den aus Prag zurückgekehrten König von Sachsen dorthin zurück. [18. Mai.] +Schwedische+ Truppen unter Führung des +Kronprinzen+ (Bernadotte) landen in Pommern. [20. u. 21. Mai.] ~Schlacht bei Bautzen.~ Napoleon erzwingt den Übergang über die Spree und siegt mit großen Verlusten. Die Verbündeten ziehen sich nach ~Schlesien~ zurück. Blüchers Reitergefecht bei +Haynau+ (26. Mai). [30. Mai.] +Hamburg+ nach Abzug der Russen von +Davout+ besetzt und furchtbar gebrandschatzt. [4. Juni.] ~Waffenstillstand~ zu +Poischwitz+ (bei Striegau) auf sechs Wochen, verlängert bis zum 10. August. Beide Teile erschöpft, erwarten Verstärkung und bewerben sich um +Österreichs+ Bundesgenossenschaft. [14. u. 15. Juni.] Subsidienverträge +Englands+ mit +Preußen+ und +Rußland+ zu +Reichenbach+. [17. Juni.] Franzosen und Rheinbundtruppen überfallen die Reiterei der +Lützowschen Freischar+ bei +Kitzen+ (unweit Lützen). Verhandlungen zu ~Prag~. Österreich übernimmt die Vermittelung; Napoleon geht auf +Metternichs+ Bedingungen (Auflösung des Herzogtums Warschau, Rückgabe der illyrischen Provinzen an Österreich, Räumung der preußischen Festungen, der Hansestädte und Oldenburgs) nicht ein. [12. Aug.] ~Österreich erklärt den Krieg an Frankreich.~ Die Verbündeten, durch englische Hilfsgelder unterstützt, stellen ~drei Heere~ auf: 1. Das ~Böhmische~ oder ~Hauptheer~ unter Fürst ~Schwarzenberg~: 123000 Österreicher, 75000 Russen unter +Wittgenstein+, 49000 Preußen unter +Kleist+. Beim Heere befinden sich die drei verbündeten Monarchen ~Alexander~, ~Franz~, ~Friedrich Wilhelm~. 2. Das ~Schlesische Heer~ unter ~Blücher~: 38000 Preußen unter +York+, 61000 Russen unter +Sacken+ und +Langeron+; +Gneisenau+ Chef des Generalstabes. 3. Das Nordheer unter dem Kronprinzen +Karl Johann+ von Schweden (~Bernadotte~): 75000 Preußen unter +Bülow+ und +Tauenzien+, 30000 Russen unter +Winzingerode+, 20000 Schweden, 27000 Mann gemischte Truppen (russisch-deutsche Legion, Kosaken, Hannoveraner, Mecklenburger, Hanseatische Legion, Lützowsche Freischar) unter +Wallmoden+. ~Im ganzen~ 485000 gegen 440000 Franzosen und Rheinbundtruppen. ~Napoleon~ beginnt die Feindseligkeiten mit einem Angriff auf +Blücher+, der hinter die Katzbach zurückgeht. Indessen rückt +Schwarzenberg+ aus Böhmen gegen Dresden vor. +Napoleon+ eilt dorthin und läßt +Macdonald+ gegen +Blücher zurück+. Ehe es auf diesen beiden Punkten zur Schlacht kommt, wird +Oudinot+, dessen Angriff auf Berlin durch +Davout+ von Hamburg aus unterstützt werden sollte, in der [~1813.~ 23. Aug.] ~Schlacht bei Großbeeren~ von +Bülow+ geschlagen, während der Kronprinz von Schweden untätig zusieht, +Berlin+ wird durch diesen Sieg vor Einnahme und Plünderung gerettet. Davout kehrt nach einigen Gefechten gegen die Truppen des Generals +Wallmoden+ (+Th. Körner+ † 26. Aug. bei +Gadebusch+) nach Hamburg zurück. Ein von Magdeburg gegen Berlin heranziehendes Korps von 9000 Mann wird bei +Hagelberg+ 27. August von der kurmärkischen Landwehr vernichtet. [26. Aug.] ~Schlacht an der Katzbach~. Macdonald, der mit 80000 Mann in Schlesien vorrückt, wird von den Preußen und Russen unter +Blücher+ (später zum Fürsten von +Wahlstatt+ ernannt) entscheidend geschlagen. Indessen mißglückt der Angriff der +Böhmischen Armee+ auf +Dresden+. +Napoleon+ erkämpft in der [26. u. 27. Aug.] ~Schlacht bei Dresden~ nochmals einen großen Sieg auf deutschem Boden. Doch wird General +Vandamme+, welcher der Böhmischen Armee den Rückzug abschneiden will, in der [29. u. 30. Aug.] ~Schlacht bei Kulm und Nollendorf~, nicht weit von Teplitz, von Russen und Österreichern geschlagen und durch das rechtzeitige Erscheinen der Preußen in seinem Rücken (General +v. Kleist+) mit 10000 Mann zur Ergebung genötigt. [6. Sept.] ~Schlacht bei Dennewitz~ (unweit Jüterbog). Marschall Ney, welcher mit 70000 Mann Berlin besetzen soll, von +Bülow+ und +Tauenzien+ geschlagen. ~Napoleon~ zieht nach +Bautzen+ gegen Blücher, der ihm ausweicht, dann gegen die Böhmische Armee, die ihm bei +Nollendorf+ (17. Sept.) erfolgreich Widerstand leistet, dann nochmals gegen Blücher (Gefecht bei +Bischofswerda+). ~Blücher~ gibt dem Feldzug die entscheidende Wendung durch seinen Übergang über die ~Elbe~. [~1813.~ 3. Okt.] Tapferer Kampf des Yorkschen Korps bei ~Wartenburg~ gegenüber der Einmündung der Schwarzen Elster. Auch die unter Bernadottes Führung zögernde Nordarmee überschreitet nun die Elbe. [8. Okt.] +Vertrag zu Ried+ zwischen +Österreich+ und +Bayern+, welches sich vom Rheinbunde lossagt und dem Bündnis gegen Napoleon beitritt. Dafür wird dem König +Max Joseph+ von Bayern (1799–1825) die Erhaltung seines durch Napoleon vergrößerten Gebietes zugesichert. Als die 3 Hauptheere der Verbündeten eine Vereinigung im Rücken Napoleons versuchen, verläßt dieser +Dresden+, zieht nach +Düben+ (an der Mulde) gegen +Blücher+, der ihm ausweicht, versammelt dann seine Truppen bei +Leipzig+ gegen die inzwischen durch die Elbpässe gedrungene Böhmische Armee. Reitergefecht bei +Libertwolkwitz+ (14. Okt.). [~16. 18. 19. Okt.~] ~Völkerschlacht bei Leipzig.~ Am 16. Okt. unentschiedener Kampf Napoleons gegen die Böhmische Armee (Schwarzenberg) bei ~Wachau~ (südl. von Leipzig); Sieg +Blüchers+ bei ~Möckern~ (nördl. von Leipzig) über Marmont. Am 17. Stillstand des Kampfes; Napoleon schickt Friedensanträge an Kaiser +Franz+, die jedoch wegen ihrer Unzulänglichkeit keine Berücksichtigung finden. Gegen Abend Vereinigung der +vier+ Heere der Verbündeten: die Nordarmee und die russische Reservearmee (unter Bennigsen) schließen den Kreis nördlich, östlich und südlich von Leipzig (die Straße im Westen nach Lindenau nicht besetzt); 255000 gegen 160000 Mann. Am 18. ~allgemeiner Angriff~ und nach neunstündigem Kampfe ~vollständiger Sieg~ der Verbündeten. Kampf um +Probstheida+ südlich, +Schönfeld+ an der Parthe und +Paunsdorf+ östlich von Leipzig; bei Paunsdorf gehen die meisten +Sachsen+ und +Württemberger+ zu den Verbündeten über. Am 19. Erstürmung von +Leipzig+ und Gefangennehmung des Königs von Sachsen. Nach Verlust von mehr als 60000 Mann tritt das geschlagene Heer Napoleons den Rückzug an. Voreilige Zerstörung der Elsterbrücke. Viele Fliehende, unter ihnen der tapfere Fürst +Poniatowski+, Neffe des letzten polnischen Königs, finden ihren Tod in der Elster. Auf dem Rückzuge Kampf Napoleons an der +Unstrut+ gegen +Yorks+ Vorhut; Sieg bei ~Hanau~ (30. und 31. Okt.) über ein österreichisch-bayrisches Heer unter +Wrede+. Unmittelbare Folgen der Schlacht bei Leipzig: Flucht des Königs +Jérôme+ aus Kassel, Ende des Königreichs +Westfalen+, der Großherzogtümer +Frankfurt+ und +Berg+. Wiederherstellung der alten Regierungen in +Hessen-Kassel+, +Braunschweig+, +Hannover+, +Oldenburg+. Die »Zentralverwaltung für die in Deutschland eroberten Länder«, unter dem Freiherrn +vom Stein+, sorgt in Sachsen, Frankfurt und Berg für die weiteren Rüstungen. [~1813. Nov.~] Napoleon geht bei +Mainz+ über den +Rhein+ zurück. ~Württemberg~, ~Hessen-Darmstadt~, ~Baden~ und die noch übrigen Glieder des Rheinbundes schließen sich den Verbündeten an. Allmählich werden die von den Franzosen besetzten Festungen befreit: +Dresden+ (11. Nov.), +Stettin+ (21. Nov.), +Lübeck+ (5. Dez.), +Zamosc+, +Modlin+, +Torgau+ (26. Dez.), +Danzig+ (30. Dez.), +Wittenberg+ (12. Jan. 1814), +Küstrin+ (7. März). In +Glogau+, +Magdeburg+, ~Hamburg~ (+Davout+), +Erfurt+, +Würzburg+, +Wesel+, +Mainz+ halten sich die französischen Besatzungen bis zum Frieden. Aufstand in ~Holland~ (Nov.), die französischen Behörden verjagt. Ein Teil der +Nordarmee+ unter +Bülow+ rückt in Holland ein, während der +Kronprinz von Schweden in Holstein+ einfällt und in einem kurzen Winterfeldzug ~Dänemark~ zum Verzicht auf +Norwegen+ zwingt (Friede zu +Kiel+, Jan. 1814). Aus ~Spanien~ werden die Franzosen, nachdem sie schon 1812 den Süden des Landes und vorübergehend auch Madrid hatten aufgeben müssen, während des Jahres ~1813~ fast ganz verdrängt. Entscheidender Sieg +Wellingtons+ bei +Vittoria+ (21. Juni). In Deutschland erfolgt, da Napoleon auf ein von Metternich gemachtes Anerbieten, welches ihm die +Alpen-+ und +Rheingrenze+ verspricht, nicht ernstlich eingeht, am [1. Dez.] der Beschluß, den Krieg energisch weiterzuführen und den Rhein zu überschreiten. Das Hauptheer unter +Schwarzenberg+ geht Ende Dez. bei +Basel+ über den Rhein, um die Hochebene von +Langres+ zu erreichen, das Schlesische Heer unter Blücher in der Neujahrsnacht 1814 bei +Mannheim+, +Kaub+ und +Koblenz+. [~1814.~] ~Feldzug in Frankreich.~ [29. Jan.] Um die Vereinigung der verbündeten Heere zu verhindern, greift +Napoleon+ bei ~Brienne~ +Blücher+ an, der sich zurückziehen muß, sich aber dann mit Teilen des Hauptheeres (Kronprinz von Württemberg, Wrede) vereinigt und den Kaiser in der [1. Febr.] ~Schlacht bei La Rothière~ schlägt und über die +Aube+ zurückdrängt. Darauf wieder Trennung; das Hauptheer soll an der +Seine+, das Schlesische an der +Marne+ entlang nach Paris vorrücken. Napoleon läßt 40000 Mann gegen Schwarzenberg zurück, wirft sich mit 30000 auf die getrennten Teile des +Schlesischen+ Heeres, schlägt [10.–14. Febr.] sie in +vier+ Treffen bei +Champaubert+, ~Montmirail~, +Château-Thierry+ und +Vauchamps+ und zwingt +Blücher+ zum Rückzug über +Etoges+. Dann wendet [~1814.~ 17. u. 18. Febr.] er sich gegen die vorgeschobenen Teile des Hauptheeres und schlägt sie bei +Nangis+ und ~Montereau~; Schwarzenberg ordnet den Rückzug nach +Troyes+ an. Beide Heere der Verbündeten vereinigen sich wieder auf kurze Zeit an der +Aube+. Mittlerweile waren Bevollmächtigte der Verbündeten mit dem Gesandten Napoleons, +Caulaincourt+, zu einem [5. Febr. bis 19. März.] ~Kongreß in Châtillon~ (an der Seine) zusammengetreten, auf dem man Napoleon den Besitz +Frankreichs+ mit den Grenzen von 1792 zugestanden hätte; allein die Verhandlungen werden infolge seines übermütigen und zweideutigen Benehmens abgebrochen. Die beiden Heere trennen sich wieder. Das Hauptheer unter +Schwarzenberg+ siegt in der [27. Febr.] ~Schlacht bei Bar-sur-Aube~ über +Oudinot+ und +Macdonald+, rückt aber dann nur langsam vor. Blücher dringt vor bis in die Nähe von +Meaux+ (an der Marne), wendet sich dann nordwärts und vereinigt sich bei +Soissons+ mit dem +Nordheer+ unter +Bülow+ und +Winzingerode+, welches inzwischen Holland und Belgien befreit hat. Die vereinigten Heere besiegen Napoleon in der [9. u. 10. März] ~Schlacht bei Laon~, doch ohne ihn vernichten zu können. Er zieht mit 30000 Mann gegen das +Hauptheer+, welches ihn in der [20. u. 21. März.] ~Schlacht bei Arcis-sur-Aube~ besiegt. Unterdes von der +spanischen+ Seite her gleichfalls siegreiches Vordringen +Wellingtons+ gegen +Soult+. Besetzung von +Bordeaux+ (12. März), wo die königliche Fahne der Bourbons zuerst aufgepflanzt wird. +Napoleon+ faßt den verwegenen Plan, sich den Verbündeten in den Rücken, nach +Lothringen+, zu werfen, die Besatzungen der Festungen an sich zu ziehen und die gesamte Bevölkerung zu den Waffen zu rufen. Die Verbündeten senden ihm 8000 Reiter nach, die übrigen Truppen, 170000 Mann, ziehen gegen +Paris+. Die Marschälle Marmont und Mortier werden bei ~La Fère Champenoise~ (25. März) zurückgeschlagen und ziehen sich nach Paris zurück. Die Regentin +Marie Luise+ entflieht nach +Blois+. [30. März.] ~Schlacht bei Paris~, auf der Ostseite (Pantin, Vincennes), zuletzt Erstürmung des Berges +Montmartre+ auf der Nordseite. [31. März.] ~Einzug der Verbündeten in Paris~, wo der Senat auf Veranstaltung +Talleyrands+ den Kaiser und seine Familie des Thrones für verlustig erklärt. +Napoleon+ war, seiner Hauptstadt zu Hilfe eilend, wenige Stunden zu spät gekommen. Da ihm zu einem verzweifelten Sturme auf Paris die Marschälle den Gehorsam verweigern, entsagt er in +Fontainebleau+ der Krone (6. und 11. April). Er erhält von den Verbündeten die Insel +Elba+ als Fürstentum mit 2 Millionen Franks Einkünften aus Frankreich; 800 seiner alten Soldaten dürfen ihn begleiten. Seine Gemahlin erhält das Herzogtum +Parma+; beide behalten den kaiserlichen Titel. [~1814.~ 10. April.] ~Wellington~ besiegt +Soult+ in der ~Schlacht bei Toulouse~. [4. Mai.] Ankunft +Napoleons+ auf +Elba+. Rückkehr der ~Bourbons~ nach Frankreich. Ludwigs XVI. Bruder, der sich als König [~1814–1824.~] ~Ludwig XVIII.~ nennt, erteilt dem Lande eine der englischen nachgebildete, gemäßigte +Verfassung+ (Charte octroyée: +Pairskammer+ und +Deputiertenkammer+) und schließt mit den Verbündeten den [~1814.~ 30. Mai.] ~Ersten Frieden zu Paris~: 1. ~Frankreich~ nimmt im allgemeinen seine Grenzen von 1792 wieder an (gegen 1790 Vermehrung um 8200 qkm [150 □ Meilen]: +Avignon+ und +Venaissin+, +Teile+ von Savoyen, Elsaß und Belgien). 2. +England+ gibt die französischen Kolonien zurück mit Ausnahme von +Tabago+, +St. Lucie+ und +Isle de France+, behält ferner +Malta+ (S. 320f) und die früher holländischen Kolonien +Kapland+ (S. 331) und +Ceylon+. 3. Die ~Verbündeten~ +verzichten auf alle Summen+, welche sie als Entschädigung für französische Erpressungen zu fordern haben (!). Nach dem Pariser Frieden kehrt Papst +Pius VII.+ nach +Rom+, der König von Sardinien +Viktor Emanuel+ nach +Turin+, der König von Spanien +Ferdinand VII.+ nach +Madrid+ zurück. In +Spanien+ beginnt, nachdem der König die sehr freisinnige Verfassung der +Cortes+ vom Jahre 1812 verworfen hat, sofort ein grausamer Kampf der unumschränkten Gewalt gegen die liberale Partei. -- Pius VII. stellt den +Jesuitenorden+ (s. S. 304) wieder her. Besuch Kaiser +Alexanders+ und König +Friedrich Wilhelms III.+ in +London+ (Juni 1814), begleitet von ihren siegreichen Feldherren (+Blücher+); begeisterter Empfang von seiten der englischen Nation. § 5. Wiederherstellung des europäischen Staatensystems. [~1814–1815.~ Sept. Juni.] ~Wiener Kongreß~, unter persönlicher Teilnahme der Kaiser von +Österreich+ und +Rußland+, der Könige von +Preußen+, +Dänemark+, +Bayern+ und +Württemberg+ und vieler deutscher Fürsten. Vertreten sind alle Staaten Europas, mit Ausnahme der Türkei. Die geschäftliche Leitung der Verhandlungen hat der österreichische Staatskanzler Fürst +Metternich+; für Frankreich weiß +Talleyrand+ als Gesandter Ludwigs XVIII. großen Einfluß zu gewinnen. Streit entsteht namentlich über die künftige Gestaltung +Sachsens+ und +Polens+, doch ist der Ausgleich schon gefunden, ehe die Nachricht von Napoleons Entweichen aus Elba anlangt. ~Hauptbestimmungen der Wiener Kongreßakte (8. Juni 1815):~ 1. ~Österreich~ erhält seine alten Gebiete zurück: +Tirol, Vorarlberg, Kärnten, Krain, Triest, Galizien, Mailand,+ dazu das 1797 erworbene +venetianische Gebiet+ und das 1805 erworbene Erzbistum +Salzburg+, tritt aber den +Breisgau+ und seine oberschwäbischen Besitzungen an Baden und Württemberg, +Belgien+ an Holland ab. 2. ~Preußen~ erhält zurück: einen Teil des Herzogtums Warschau (Provinz +Posen+) und +Danzig+, die alten Besitzungen in Westfalen und am Rhein, auch +Neuchâtel+. Zur Entschädigung für nicht zurückerhaltene frühere Besitzungen (+Ansbach+ und +Baireuth+ an Bayern, +Ostfriesland, Goslar, Hildesheim+ an Hannover, +polnische+ Gebiete an Rußland) werden die +Rheinprovinz+ und +Westfalen+ außer anderem besonders durch die Herzogtümer +Jülich+ und +Berg+, die Kurlande +Köln+ und +Trier+ vergrößert, ferner +Schwedisch-Pommern+ mit Rügen und die Hälfte des Königreichs +Sachsen+ hinzugefügt. 3. ~Bayern~ wird durch +Ansbach+ und +Baireuth, Aschaffenburg, Würzburg+ und die +linksrheinische Pfalz+ vergrößert; die rechtsrheinische mit +Heidelberg+ und +Mannheim+ bleibt bei +Baden+ (S. 320). 4. Ein ~Königreich der Niederlande~ wird gebildet aus der früheren +Republik+ der Niederlande (+Holland+) und dem früher österreichischen +Belgien+. König +Wilhelm I.+, Sohn des letzten Erbstatthalters von Holland (S. 314, 321), erhält zum Ersatz für seine nassauischen Stammlande auch das +Großherzogtum Luxemburg.+ 5. Die deutsche +Kaiserwürde+ nicht wiederhergestellt. Der ~Deutsche Bund~ tritt an die Stelle des früheren +Deutschen Reiches,+ gebildet von 35 souveränen Fürsten und 4 freien Städten. Grundgesetz die +Bundesakte+ vom 8. Juni 1815, ergänzt durch die +Wiener Schlußakte+ 1820. Oberste Behörde der ~Bundestag zu Frankfurt a. M.~, eine Versammlung von Gesandten der Bundesstaaten unter Vorsitz des österreichischen Gesandten. Bundesheer aus Kontingenten der Einzelstaaten; Bundesfestungen: Mainz, Luxemburg, Landau, Ulm, Rastatt. +Österreich+ und +Preußen+ gehören nicht mit ihrem ganzen Gebiet zum Bunde, ersteres nicht mit seinen polnischen, ungarischen und italienischen Gebieten, letzteres nicht mit Preußen und Posen. +Bayern+, +Württemberg+, +Sachsen+ (letzteres verkleinert) bleiben +Königreiche+; dazu kommt das frühere Kurfürstentum +Hannover+ (vergrößert) ebenfalls als Königreich, in Personal-Union mit England (seit 1714, vgl. S. 299). Der König von England ist als König von Hannover, der König von +Dänemark+ als Herzog von Holstein und Lauenburg, der König der +Niederlande+ als Großherzog von Luxemburg am Deutschen Bunde beteiligt. 6. ~Rußland~ erhält den größten Teil des Herzogtums +Warschau+ als ~Königreich Polen~. +Krakau+ wird Freistaat unter dem Schutze +Rußlands+, +Österreichs+ und +Preußens+. 7. ~England~ behält +Malta+, +Helgoland+, die ihm früher zugesicherten +Kolonien+ (S. 339) und die Schutzherrschaft über die Republik der 7 +Ionischen Inseln+ (S. 316). Auf Englands Antrag gemeinsame Erklärung der Großmächte gegen den +Sklavenhandel+. 8. ~Schweden~ wird, gemäß dem Kieler Frieden (S. 337), mit +Norwegen+ durch Personal-Union vereinigt; ~Dänemark~ wird entschädigt durch Schwedisch-Pommern mit Rügen, wofür es das von Hannover an Preußen abgetretene +Lauenburg+ eintauscht (bis 1689 deutsches Herzogtum, vgl. S. 189, 204, dann mit Hannover vereinigt, 1803 von den Franzosen besetzt). 9. Die 19 Kantone der Schweiz (S. 316) werden durch +Genf+, +Wallis+ und +Neuchâtel+ (zugleich +Kanton+ und +Fürstentum+ im Besitz der Krone +Preußen+, S. 274) auf 22 vermehrt, die Bundesverfassung neu geordnet. 10. ~Wiederherstellung~ der alten Dynastien in +Spanien+, +Portugal+, +Sardinien+ (das durch +Genua+ vergrößert wird) und +Toskana+. +Moděna+ wird gleich Toskana österreichisches Nebenfürstentum, da die Erbtochter des letzten Herzogs aus dem Hause +Este+ (Herkules III., S. 304) sich mit dem Erzherzog Ferdinand vermählt hat (S. 282). +Parma+, +Piacenza+ und +Guastalla+ (S. 304) kommen an Napoleons Gemahlin, die Erzherzogin +Marie Luise+, sollen aber nach ihrem Tode († 1847 als Witwe des Grafen +v. Neipperg+) an die in +Lucca+ herrschenden Bourbonen zurückfallen. Auch der +Kirchenstaat+ wiederhergestellt, dagegen wird in +Neapel+ Murat (S. 327) als König anerkannt. Nachrichten von der Mißstimmung in Frankreich gegen die Regierung der Bourbons und von den beim Wiener Kongreß besonders wegen der polnisch-sächsischen Frage ausgebrochenen Streitigkeiten ermutigen Napoleon zur Rückkehr nach Frankreich. [~1815.~ 1. März.] ~Landung Napoleons bei Cannes~ mit 7 Schiffen. Schneller Marsch auf +Paris+. Alle gegen ihn gesandten Truppen, auch +Ney+ mit seinem Korps, gehen zu ihm über. Ludwig XVIII. entflieht nach Gent. [~1815.~ 20. März.] Einzug Napoleons in +Paris+ (+les cent jours+). Die auf dem Wiener Kongreß vertretenen Staaten erlassen eine gemeinschaftliche +Achtserklärung+ gegen ihn und schließen ein neues Kriegsbündnis. [Mai.] Napoleon macht der liberalen Partei in Frankreich einige Zugeständnisse durch die in einer großen Volks- und Heeresversammlung bei Paris (+Maifeld+) verkündete +Zusatzakte+ zur Verfassung des Kaiserreichs, in +Belgien+ wird ein +preußisches+ Heer unter ~Blücher~ und ein +englisch-deutsches+ unter ~Wellington~ gegen ihn zusammengezogen. +Murat+, der sich wieder für Napoleon erklärt, wird von den Österreichern bei +Tolentino+ (3. Mai) geschlagen und entflieht nach Frankreich. Ferdinand IV. (aus dem Hause +Bourbon+) kehrt von +Sicilien+ (S. 304, 324) nach Neapel zurück, nennt sich als »König beider Sicilien« fortan +Ferdinand I.+ († 1825). [16. Juni.] ~Schlacht bei Ligny.~ Napoleon, in Belgien vorrückend, schlägt die Preußen trotz tapferer Gegenwehr. +Blücher+ in Lebensgefahr, von seinem Adjutanten +Nostiz+ gerettet. +Gneisenau+ befiehlt den Rückzug nach +Wavre+. An demselben Tage wird Marschall +Ney+ von +Wellington+, dessen Truppen erst nach und nach auf dem Kampfplatz erscheinen, bei ~Quatre-Bras~ zurückgeschlagen. (Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig †.) Napoleon sendet 32000 Mann unter Grouchy zur Verfolgung des preußischen Heeres ab in der Richtung auf Namur und wendet sich mit über 72000 Mann gegen Wellington. [18. Juni.] ~Schlacht bei Belle-Alliance (Waterloo).~ Am Nachmittag ist Wellingtons Heer (24000 Engländer, 13000 Niederländer, 30000 Hannoveraner, Braunschweiger, Nassauer) an mehreren Punkten bereits zum Weichen gebracht, als ~Blücher~ mit den +Preußen+ (über 40000) anlangt und den Sieg nach mehrstündigem, erbittertem Kampfe zu Gunsten der Verbündeten entscheidet. Vollständige Niederlage der Franzosen, ihr von +Gneisenau+ verfolgtes Heer wird gänzlich zersprengt. Zur selben Zeit kämpft +Grouchy+, auf dessen Hilfe Napoleon gerechnet hatte, fruchtlos gegen ein preußisches Korps bei +Wavre+. Napoleon eilt nach +Paris+, wo er zu Gunsten seines +Sohnes+ abdankt; dieser ist genötigt, in Österreich zu bleiben († 1832 als Herzog von Reichstadt). [7. Juli.] ~Zweite Einnahme von Paris.~ Einzug +Blüchers+ und +Wellingtons+, bald darauf Rückkehr +Ludwigs XVIII.+, Ankunft der beiden Kaiser und des Königs von Preußen. Unterdes flüchtet +Napoleon+ nach +Rochefort+, wo er sich nach vergeblichen Versuchen, nach Amerika zu entkommen, dem britischen Admiral +Hotham+ ausliefert, der ihn an Bord des +»Bellérophon«+ nach England bringt. Von dort wird er, nach gemeinschaftlichem Beschluß der verbündeten Mächte, als Kriegsgefangener nach +St. Helena+ gebracht († 5. Mai 1821. Seine Leiche seit 1840 im Invalidendom zu Paris, S. 353). [~1815.~ 26. Sept.] Auf Kaiser Alexanders Wunsch Stiftung der ~Heiligen Allianz~ zur Erhaltung des Friedens in Europa, zunächst zwischen +Rußland+, +Österreich+ und +Preußen+; bald schließen sich die übrigen europäischen Staaten an, mit Ausnahme Englands, der Türkei und des Kirchenstaates. [Okt.] +Murat+, der in Kalabrien gelandet ist, um das Königreich +Neapel+ wiederzuerobern, wird gefangen und kriegsrechtlich erschossen. [~20. Nov.~] ~Zweiter Friede zu Paris~: 1. ~Frankreich~ tritt die Festungen +Philippeville+ und +Marienburg+ an das Königreich der Niederlande, +Saarlouis+ und +Saarbrücken+ an Preußen, +Landau+ an Bayern, den im ersten Pariser Frieden belassenen Teil von +Savoyen+ an das Königreich Sardinien ab. 2. Die Nord- und Ostgrenze Frankreichs +mit+ 17 +Festungen+ bleibt (auf höchstens 5 Jahre) von 150000 Mann verbündeter Truppen auf Kosten Frankreichs besetzt. 3. ~Frankreich~ bezahlt 700 Millionen Franks Kriegskosten. Außerdem werden die nach der ersten Einnahme von +Paris+ dort +belassenen+, von den Franzosen weggeführten Kunstschätze zurückgenommen. Dem Verlangen deutscher Patrioten, auch des preußischen Staatskanzlers +v. Hardenberg+, Frankreich wenigstens einen Teil der alten Vorlande des Deutschen Reichs, +Lothringen+ und +Elsaß+, namentlich +Straßburg+, wieder abzunehmen und es dadurch seiner +Angriffsstellung+ gegen Deutschland zu berauben, wird auch diesmal nicht entsprochen. Fussnoten: [51] +Riquetti+, Graf von +Mirabeau+, geb. 1749, † 1791, von seltenem Talent, aber sittenlos, verschuldet, mit seiner Familie zerfallen, gewählt in der Provence als Abgeordneter des dritten Standes. [52] ~Napoléon Bonaparte~ geb. 15. Aug. 1769 in Ajaccio auf +Korsika+ (S. 303f.), 1779 auf der Kriegsschule zu Brienne, dann in Paris, 1785 Leutnant in Valence, 1789–92 meist auf Korsika, wo damals Aufstand gegen die französische Herrschaft war, 1793 Hauptmann, dann in Paris mit den Jakobinern in Beziehung, vor Toulon zum Oberst, nach der Einnahme zum Brigadegeneral der Artillerie befördert, 1794 in Robespierres Sturz verwickelt und verhaftet, aber wieder freigelassen, 1795 wegen Insubordination aus den Listen der Armee gestrichen. ~»Seine militärische Begabung erhob ihn zum Beherrscher Europas«.~ [53] Gebhard Leberecht ~v. Blücher~, geb. 1742 zu Rostock, tritt 1758 bei den schwedischen Husaren in Vorpommern ein, 1760 bei den preußischen Husaren, kämpft mit bei Freiberg 1762, nimmt 1773 als Rittmeister seinen Abschied, tritt 1787 als Major wieder ein, führt 1794 als General sein Regiment bei Kaiserslautern; 1802–1806 kommandierender General in Münster, Okt. 1813 Feldmarschall, † 1819. [54] Karl Freiherr vom ~Stein~, geb. 1757 zu Nassau, seit 1780 im preußischen Staatsdienst, 1796 Oberpräsident der westfälischen Kammer in Minden, 1804 Finanzminister, Januar 1807 vom König in Ungnaden entlassen, nach dem Tilsiter Frieden zurückberufen. Minister bis 1808, 1812 von Kaiser Alexander nach Petersburg berufen, 1813–14 einflußreich im Hauptquartier der Verbündeten und auf dem Wiener Kongreß, † 1831 zu Kappenberg in Westfalen. [55] Karl August ~v. Hardenberg~, geb. 1750 zu Essenroda im Hannoverschen, seit 1792 im preußischen Staatsdienst, 1804–06 Minister des Auswärtigen, 1810 Staatskanzler, 1814 in den Fürstenstand erhoben, † 1822. [56] Gerhard David ~Scharnhorst~, geb. 1755 zu Bordenau im Hannoverschen, seit 1802 preußischer Offizier, 1806 Generalquartiermeister beim Herzog von Braunschweig, in Lübeck gefangen, doch bald ausgewechselt, † 28. Juni 1813 in Prag. ~D. Vom Wiener Kongress bis auf unsere Zeit.~ § 1. Neue Erfindungen. Aufschwung der Gewerbetätigkeit und des Verkehrs, auch politische Annäherung der Nationen durch praktische Anwendung der Naturwissenschaften: 1. Die ersten Versuche, den ~Dampf~ als bewegende Kraft zu verwenden, reichen ins 17. Jahrhundert zurück. Die Franzosen schreiben die Erfindung dem Physiker +Denis Papin+ aus Blois (um 1690), die Engländer dem Marquis +von Worcester+ (1663) und dem Kapitän +Savery+ (1698) zu. Benutzung einer Dampfmaschine beim Bergbau durch +Newcomen+ 1706 in Devonshire. Hauptverbesserer der +Dampfmaschine+, durch dessen Erfindungen es erst möglich wurde, dieselbe in den verschiedensten Gewerben zu verwenden, war ~James Watt~ (1769 in +Birmingham+, † 1819). 2. Versuche mit +Dampfschiffen+ wurden (nach Papins Vorgang 1707) 1774 und 1775 auf der +Seine+, 1786 durch Symington in +Edinburg+ gemacht. Den ersten regelmäßigen Dampfschiffsverkehr richtete der Amerikaner ~Fulton 1807~ auf dem Hudsonflusse ein, 1818 ging das erste Dampfschiff von +New-York+ nach +Liverpool+. Dampfschiffahrt auf dem Rhein seit 1825. Hamburg-Amerika-Linie 1847, Norddeutscher Lloyd in +Bremen+ 1857 gegründet. 3. Gewaltige Entwickelung des Landverkehrs durch die ~Eisenbahnen~. Holzbahnen mit Eisenschienen seit 1767 in englischen Bergwerken gebräuchlich. Erfinder der +Lokomotive+ George ~Stephenson 1814~ (in Newcastle am Tyne). Erste größere Eisenbahnlinie für den Personenverkehr +Liverpool-Manchester+ 1830, in Deutschland +Nürnberg-Fürth+ 1835, +Leipzig-Dresden+ 1837, +Berlin-Potsdam+ 1838, +Berlin-Hamburg+ 1845. 4. Den +elektrischen Telegraphen+ erfand 1809 +Sömmering+ in München; den Elektromagnetismus benutzten 1833 +Gauß+ und +Weber+ in Göttingen zuerst für Fernverständigung; die ersten für Verkehrszwecke brauchbaren Apparate baute 1837 +Wheatstone+ in London. Den Schreibtelegraphen erfand +Morse+ in New-York 1837. Erstes unterseeisches Kabel 1851 von +Dover+ nach +Calais+; erste ozeanische Verbindung 1866 von der Insel +Valencia+ (an der Westküste von Irland) nach +Neufundland+. 5. ~Erweiterte Anwendung der elektrischen Kraft~: +Fernsprecher+ (Telephon), erfunden 1861 von Philipp Reis in Friedrichsdorf bei Homburg. +Elektrische Beleuchtung+ (1879 Edison in New-York) neben der seit 1814 (zuerst in London, 1826 in Berlin) üblich gewordenen Gasbeleuchtung. +Elektrische Eisenbahn+ (1879 Werner Siemens in Berlin). +Drahtlose Telegraphie+: Elektrische Wellen im Luftraum, hergestellt und beobachtet 1887 von +H. Hertz+ in Karlsruhe, zu telegraphischen Zwecken seit 1897 benutzt von +Marconi+ u. a. 6. Die ~Motorwagen~ (Automobile), seit 1895 in Frankreich beliebt, dann auch in andern Ländern immer mehr eingeführt, fördern schnellen Verkehr, ohne an Schienenwege gebunden zu sein. 7. ~Motor-Luftschiffahrt~, seit 1907 erfolgreich betrieben von Graf +Zeppelin+ (Friedrichshafen am Bodensee), Major +v. Parseval+ (Berlin), Major +Groß+ (Berlin, Militär-Luftschiff). Auch andere Staaten benutzen das lenkbare Luftschiff zu Kriegszwecken, ebenso wie in neuester Zeit auch die ~Flugmaschine~ (Aeroplan). Die Gebrüder +Wright+ in Amerika u. a.. § 2. Verfassungs- und Unabhängigkeitskämpfe. [1817.] Dreihundertjährige Jubelfeier der +Reformation+. Begründung der ~Evangelischen Union~ durch König Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Das von deutschen Studenten am 18. Okt. veranstaltete +Wartburgfest+ erregt Befürchtungen wegen »demagogischer Umtriebe« gegen die deutsche +Bundesverfassung+ und die Souveränität der Bundesfürsten. [1818.] Kongreß zu ~Aachen.~ Die Großmächte beschließen, die Besatzungstruppen aus Frankreich zurückzuziehen. Verfassungen (mit Volksvertretung in zwei Kammern, vgl. S. 339) werden 1818 in +Sachsen-Weimar+, +Bayern+ und +Baden+, 1819 in +Württemberg+, 1820 in +Hessen-Darmstadt+ eingeführt; in +Preußen+ 1823 nur Provinzialstände. [1819.] Der russische Staatsrat +Kotzebue+, der regelmäßige Berichte über die nationalen Bestrebungen in Deutschland an seine Regierung sandte, von dem Studenten +Sand+ aus politischen Gründen in Mannheim ermordet. +Ministerkongreß+ in ~Karlsbad~. Auf Antrag des österreichischen Ministers ~Metternich~ wird Zensur für Bücher und Zeitungen, Verbot des Turnens, Beaufsichtigung der Universitäten, Verbot der 1815 in Jena gestifteten +deutschen Burschenschaft+ beschlossen und vom Bundestag in +Frankfurt+ genehmigt. Die Bundesversammlung in Frankfurt wird für die oberste Gesetzgebung in Deutschland erklärt. Zentral-Untersuchungskommission in +Mainz+ eingesetzt, um die Bundesbeschlüsse gegen widerstrebende Bevölkerungen und Regierungen durchzusetzen. [1820.] +Wiener Schlußakte+ (s. S. 340) gegen die landständischen Verfassungen gerichtet, zur Sicherung der Souveränität der deutschen Bundesfürsten. In +Spanien+ Erhebung der Liberalen für die aufgehobene Verfassung von 1812, welche wiederhergestellt wird (S. 339). [1820.] [1821.] Kongreß zu ~Troppau~} Kongreß zu ~Laibach~} wegen der aufständischen Bewegungen in +Neapel+ und +Piemont+, wo die Verfassung und alle französischen Einrichtungen nach der Rückkehr der Herrscher wieder aufgehoben worden waren, +österreichische+ Truppen rücken in Neapel und in das Königreich Sardinien ein zur Wiederherstellung des unumschränkten Königtums. +Viktor Emanuel+ von Sardinien dankt ab zu Gunsten seines Bruders +Karl Felix+. [1822.] Kongreß zu ~Verona~ wegen der spanischen und griechischen Unruhen (S. 346f.). [1823.] Französische Truppen (95000 Mann) rücken in +Spanien+ ein, dringen unter dem Neffen Ludwigs XVIII., Herzog von +Angoulême+, bis Cadiz vor (31. Aug., der +Trocadero+ erstürmt, eine befestigte Landzunge in der Bai von Cadiz) und befreien den dort gefangen gehaltenen König +Ferdinand VII.+ Absolutismus wiederhergestellt. Grausame Reaktion, zahlreiche Hinrichtungen. [~1810–1825.~] ~Befreiungskrieg der spanischen Kolonien in Amerika.~ Der Beginn des Kampfes gehemmt durch das +Erdbeben von Caracas+ 1812; 1813 zieht ~Bolivar~ als Befreier in Caracas ein, muß dann vor den Spaniern nach Neu-Granada entweichen, wird 1819 zum Präsidenten der Bundesrepublik +Colombia+ erwählt, befreit 1822 +Quito+, 1823–1824 +Peru+. +Chile+ erklärt sich 1816, +Argentina+ 1817 unabhängig, später auch +Paraguay+ und +Uruguay+. In +Mexiko+ tritt 1821 +Iturbide+ als Kaiser Augustin I. auf, 1823 wird das Land Bundesrepublik, ebenso die 5 Staaten von +Mittel-Amerika+. England (Lord +Canning+ leitender Minister +Georgs IV.+) erkennt zuerst die neuen Freistaaten an und schließt mit ihnen Handelsverträge. Die Vereinigten Staaten von Amerika (Präsident +Monroe+) erlassen 1823 die Erklärung, keine Einmischung Europas in die politische Gestaltung Amerikas dulden zu wollen (+Monroe-Doktrin+). Colombia teilt sich 1830 (Bolivar †) in die drei Republiken +Neu-Granada+ (1861 wieder Colombia genannt), +Venezuela+, +Ecuador+. Brasilien, bisher portugiesische Kolonie, wird 1822 unabhängiges Kaisertum unter +Dom Pedro I.+, dem Sohne Johanns VI., letzterer kehrt nach Portugal zurück (vgl. S. 327). Sein jüngerer Sohn +Dom Miguel+ erregt Unruhen in ~Portugal~, um die Cortes zu beseitigen, herrscht nach dem Tode des Vaters (1826) gewalttätig und grausam, wird 1834 von +Dom Pedro I.+ vertrieben. Dieser überläßt die Regierung Brasiliens seinem Sohne Pedro II., in Portugal setzt er seine Tochter +Maria da Gloria+ ein, deren Gemahl Ferdinand von Sachsen-Koburg wird (S. 352). Verfassung vom Jahre 1826, abgeändert 1838. [~1821–1829.~] ~Griechischer Befreiungskrieg~, vorbereitet durch die +Hetärie+ einen 1814 von griechischen Kaufleuten in Odessa gestifteten Geheimbund zur Befreiung der Griechen von der türkischen Herrschaft. Fürst Alexander +Ypsilanti+ (russischer General und Adjutant Kaiser Alexanders I.) an der Spitze eines Griechenaufstandes in der Moldau und Walachei (März-Juni 1821), wird geschlagen, rettet sich nach Österreich, wird 6 Jahre in Munkacz und Theresienstadt gefangen gehalten, † in Wien 1828. [1821. April.] Aufstand in Morea (+Mainoten+) und auf den Inseln. Wüten der Türken gegen die Griechen in Konstantinopel. Der Patriarch +Gregorios+ aufgeknüpft. [1822.] Blutbad auf der Insel +Chios+, die Türken ermorden über 20000 Griechen. +Kanaris+ verbrennt einen Teil der türkischen Flotte an der Küste von Chios. Der tapfere Widerstand der Griechen (Miaulis aus Hydra. Marcus Bozzaris u. a.) erregt überall Teilnahme. Freiwillige (Philhellenen) eilen aus Deutschland, Italien, Frankreich herbei; der englische Dichter Lord +Byron+ landet mit zwei Schiffen bei der bedrohten Festung +Missolunghi+ (1824); der Genfer Bankier +Eynard+ organisiert die Hilfsvereine. +Wilhelm Müllers+ Griechenlieder. [1825.] Mehemed Ali, Pascha von Ägypten, sendet dem Sultan Mahmud II. seinen Sohn +Ibrahim+ zu Hilfe, welcher in +Morea+ grausam wütet. Aussicht auf russische Hilfe für die Griechen erst nach dem Tode des kinderlosen Alexander I. (1. Dez.). Ihm folgt sein Bruder als [~1825–1855.~] ~Nikolaus I., Kaiser von Rußland~, nach Verzichtleistung des älteren Bruders +Konstantin+ (S. 295). [1826.] Die Türken erobern die heldenmütig verteidigte Festung +Missolunghi+. [~1827.~] +England+, +Rußland+ und +Frankreich+ schließen auf Betreiben des englischen Ministers +George Canning+ ein Bündnis zum Schutze der Griechen. [Juni.] Aufstand der +Janitscharen+ in Konstantinopel; sie werden auf Befehl des Sultans teils getötet, teils nach Asien abgeführt. [20. Okt.] ~Schlacht bei Navarin.~ Die türkische Flotte wird von der englischen, französischen und russischen zerstört (»untoward event«). Französische Truppen landen in Morea, Ibrahim zum Abzug genötigt. Russische Truppen besetzen 1828 die Donaufürstentümer, General +Diebitsch+ überschreitet 1829 den Balkan und besetzt Adrianopel, während in Asien General +Paskjewitsch+ Kars und Erzerum erobert. Im ~Frieden zu Adrianopel~ 1829 erhält Rußland die Inseln vor der Donaumündung, in Asien das Gebiet von Achalzik südlich vom Kaukasus. Den Donaufürstentümern +Serbien+, +Moldau+, +Walachei+ wird das Recht, christliche Statthalter (Hospodare) unter türkischer Oberhoheit zu wählen, bestätigt. Die Türkei erkennt im voraus die Beschlüsse der +Londoner Konferenz+ an, welche 1830 die ~Unabhängigkeit Griechenlands~ aussprechen. Graf +Capodistrias+ (1814–22 russischer Minister) führt vorläufig als Präsident die Verwaltung; er wird 1831 in +Nauplĭa+, dem Sitz der Regierung, ermordet. Darauf erheben die Schutzmächte (England, Rußland, Frankreich) zum König von Griechenland den Sohn König Ludwigs I. von Bayern, ~Otto I.~, welcher 1832–1862 regiert, dann durch einen Aufstand vertrieben wird († 1867). ~Athen~ erhebt sich als Residenzstadt zu neuer Bedeutung. ~Rußland~ beginnt, nachdem 1795 +Derbent+ (S. 278) abermals besetzt, 1801 +Georgien+ (S. 297) zur Provinz gemacht, 1813 die Südwestküste des Kaspischen Meeres mit +Baku+, 1827 +Eriwan+ den Persern entrissen ist, langwierige Kämpfe zur Unterwerfung der +Kaukasus+völker. [1829.] In ~England,~ wo 1820–1830 +Georg IV.+ regiert, unter dem Ministerium des Herzogs von +Wellington+ nach Aufhebung der Testakte (S. 270) +Emanzipation der Katholiken+, d. h. Zulassung derselben zum Parlament und zu Staatsämtern. Nach lebhaften Verhandlungen folgt 1832 unter König +Wilhelm IV.+ (1830–1837) die ~Parlamentsreform~; 56 kleine Orte verlieren das Wahlrecht, eine Anzahl von Grafschaften und größeren Städten wählt dafür fortan mehr Vertreter ins Unterhaus. § 3. Die Zeit von 1830–1848. Abermals geht von ~Frankreich~ eine Erschütterung der europäischen Verhältnisse aus, die jedoch leichter überwunden wird als die frühere. ~König Karl X.~ (1824–1830, Bruder Ludwigs XVI. und XVIII., früher Graf von Artois, s. S. 307) regiert wie sein Bruder, der Talleyrand entlassen, den Marschall Ney zum Tode und alle Mitglieder der Familie Bonaparte nebst den »Königsmördern« zur Verbannung verurteilt hatte, und erregt durch sein Streben nach Herstellung des unbeschränkten Königtums wachsende Mißstimmung, die auch durch einen Erfolg der auswärtigen Politik, die Eroberung des Seeräuberstaates ~Algier~ (Juni und Juli 1830) nicht vermindert wird. [~1830.~] ~Pariser Julirevolution.~ Durch das ultraroyalistische Ministerium +Polignac+ wird der König am 25. Juli 1830 zur Unterzeichnung von 5 Ordonnanzen (Verfügungen) bewogen, welche 1. die letzten oppositionellen Kammerwahlen für ungültig erklären, 2. das +Wahlgesetz+ zu einem Privilegium der reichsten Grundbesitzer machen (262 Abgeordnete statt der früheren 430) und 3. die +Preßfreiheit+ aufheben. Diese Verletzung der Verfassung erregt einen Aufstand in Paris. Nach dreitägigem Straßenkampf (27.–29. Juli) ziehen die Truppen sich zurück. Karl X. dankt ab zu Gunsten seines Enkels, des 1820 geborenen Herzogs Heinrich von Bordeaux, +Graf von Chambord+, dessen Vater, der Herzog von Berry, 1820 (Febr.) ermordet worden war; aber durch Beschluß der Pairs und Deputierten wird auf den Thron erhoben der Sohn Philipp Egalités, +Herzog Ludwig Philipp von Orléans+ aus der jüngeren Linie des Hauses Bourbon (s. S. 349) als [~1830–1848.~] ~Ludwig Philipp I.,~ König der Franzosen. [1830.] ~Belgischer Aufstand.~ Das vom Wiener Kongreß geschaffene Königreich der +Niederlande+ hat keinen Bestand; die Belgier, durch Sprache, Konfession und Beschäftigung verschieden, fühlen sich unter der holländischen Regierung zurückgesetzt und hoffen auf Frankreichs Hilfe. ~Häuser Bourbon älterer und jüngerer Linie (Orléans).~ ~Heinrich IV.~, erster König aus dem Hause Bourbon, †1610. | ~Ludwig XIII.,~ †1643. |___________________... | ~Ludwig XIV.~, †1715. | Ludwig, Dauphin, †1711. ________________|_________________ | | Ludwig, Hz. v. Bourgogne, Philipp V., K. v. Spanien, †1712. Stammvater der Bourbons | in Spanien, Neapel u. Parma, †1746. | ~Ludwig XV.~, †1774. | Ludwig, Dauphin, †1765. ______|__________________________ | | | ~Ludwig XVI.~, ~Ludwig XVIII.~, ~Karl X.~, †1793. †1824. †1836. | | Ludwig (XVII.), Karl Ferdinand, †1795. Hz. v. Berry, †1820. | Heinrich V., Graf v. Chambord, †1883. ~Heinrich IV.~, erster König aus dem Hause Bourbon, †1610. | ~Ludwig XIII.,~ †1643. ...__|______________________ | Philipp, Hz. v. Orléans, †1701. Gem. Elisabeth Charlotte v. d. Pfalz, †1721. | Philipp, Regent, †1723. | Ludwig, †1752. | Ludwig Philipp, †1785. | L. Philipp (Égalité), †1793. | ~Ludwig Philipp~, K. d. Franzosen, †1850. _____________________________________________________________ | | | | | | Ferdinand, Ludwig, Klementine, Franz, Heinrich, Anton, Hz. v. Orléans, Hz. v. Gem. August Hz. v. Hz. v. Hz. v. †1842. Nemours, v. Koburg, Joinville, Aumale, Montpensier. | †1896. †1907. †1900. †1897. †1890. | |______________ |__ | __|__________________ __|___________ | | Ludw. Philipp, Robert, Gaston, Ferdinand, Peter, Anton, Graf v. Paris, Hz. v. Graf v. Eu. Hz. v. Hz. v. Infant v. †1894. Chartres. Alençon. Penthièvre Spanien. | __|___________ | | Johann, | _________|__________ | Hz. v. Guise. 1. Pedro, Emanuel, Alfons. Louis Ferdinand. | 2. Ludwig, Hz. v. __|__________________________ 3. Anton. Vendôme. Ludw. Philipp, Ferdinand, 3 Kinder. Hz. v. Orléans. Hz. v. Montpensier. Karl Philipp. [25. Aug.] Aufstand in +Brüssel+, bald auch im ganzen Lande. Prinz +Friedrich+, der zweite Sohn König Wilhelms I., wird gezwungen, mit den holländischen Truppen Brüssel zu verlassen; General +Chassé+ behauptet die Citadelle von +Antwerpen+, indem er die Stadt beschießen läßt. 18. Nov. +Unabhängigkeitserklärung+ des belgischen Nationalkongresses. Provisorische Regierung. Die +Londoner+ Konferenz der Großmächte (Lord +Palmerston+ englischer Minister) bewirkt Einstellung der Feindseligkeiten und erkennt den neuen Staat an (Jan. 1831), der sich eine freisinnige monarchische Verfassung gibt. Nachdem +Ludwig Philipp+ die auf seinen zweiten Sohn gefallene Königswahl abgelehnt hat, wird zum +König der Belgier+ gewählt [1831–1865.] ~Leopold I.~ von Sachsen-Koburg (S. 352), der sich mit einer Tochter Ludwig Philipps vermählt. Fortgang des Kampfes mit Holland bis 1833. Einmarsch eines französischen Heeres. Belagerung und Einnahme der Citadelle von +Antwerpen+. Friede 1839. In ~Deutschland~ wird 1830 Herzog Karl von +Braunschweig+ vertrieben († 1873 in Genf); sein Bruder Wilhelm übernimmt nach einem Beschluß des Bundestages die Regierung. Unruhen in +Sachsen+ und +Kurhessen+; in beiden Ländern wird 1831 eine neue Verfassung verkündet, in +Hannover+ 1833. [~1830–1831.~] ~Polnischer Aufstand.~ Erhebung in Warschau (1830, 29. Nov.). Ein Mordversuch gegen den Großfürsten +Konstantin+, Bruder des Kaisers Nikolaus (S. 347), mißlingt. Provisorische Regierung mit Fürst +Adam Czartoryski+ an der Spitze. Kaiser Nikolaus durch den Reichstag abgesetzt (1831, Jan.). Ein russisches Heer von 118000 Mann unter General +Diebitsch+ dringt in Polen ein; blutige ~Gefechte bei Grochow~ (19.–25. Febr. 1831), wo die Polen der russischen Übermacht lange Widerstand leisten, sich aber doch zuletzt auf Praga zurückziehen müssen. Der Aufstand verbreitet sich über Litauen und Podolien. Diebitsch siegt in der Schlacht bei ~Ostrolenka~ (26. Mai), stirbt aber bald darauf an der Cholera. Uneinigkeit der Polen, Bluttat der demokratischen Partei in Warschau. Dadurch wird dem neuen russischen Oberfeldherrn +Paskjewitsch+ das Vordringen erleichtert, er erobert Warschau (Sept. 1831). Bald wird der Aufstand im ganzen Lande unterdrückt. Polen verliert die von Kaiser Alexander I. 1815 verliehene Verfassung und wird fortan als russische Provinz mit Strenge regiert. [1831.] Aufstände in +Modĕna+, +Parma+ und der +Romagna+, mit österreichischer Hilfe unterdrückt. [1833–1840.] In ~Spanien~ Bürgerkrieg nach dem Tode Ferdinands VII. Durch +Espartero+ siegt nach blutigem Kampfe die +Verfassungs+partei (Christinos) für die unmündige Königin +Isabella II.+ (1833–1868) und deren Mutter +Marie Christine+ (von Neapel) über die »Karlisten«, d. h. die Anhänger des Prinzen Don +Carlos+ (Bruder Ferdinands VII.), welcher 1839 zur Flucht nach Frankreich genötigt wird († 1855 in Triest). Verkündigung einer Verfassung. [1837.] +Espartero+ Regent (1841–1843), dann sein persönlicher Feind +Narvaez+; dieser ruft die von Espartero vertriebene Königin Marie Christine zurück und verstärkt durch die abgeänderte Verfassung (1845) die königliche Gewalt. [1833.] Aufstandsversuch in +Frankfurt a. M.+ gegen den deutschen Bundestag. Hierdurch und durch das im Jahre vorher von der demokratischen Partei in Rheinbayern veranstaltete +Hambacher Fest+ werden wiederum (S. 345) die Einsetzung politischer Untersuchungskommissionen, Verhaftungen und Verurteilungen herbeigeführt. [1833.] Gründung des ~deutschen Zollvereins,~ angeregt durch das +preußische Zollgesetz+ von 1818, welches alle Zollgrenzen im Innern des Landes aufhob und alle Zollstellen an die Grenzen verlegte. Besondere Vereine der kleineren Staaten, namentlich der 1828 gegründete mitteldeutsche Handelsverein haben keinen Bestand. Nach und nach werden Verträge mit Preußen abgeschlossen. +Österreich+, wo 1835–1848 ~Kaiser Ferdinand I.~ regiert, bleibt ausgeschlossen. Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Mecklenburg-Strelitz und Schaumburg-Lippe bilden 1834 den +Steuerverein+ und treten dem deutschen Zollverein erst 1851 bei. Der Zollanschluß der Hansestädte Bremen und Hamburg erfolgt erst 1888. [~1837.~] Nach dem Tode Wilhelms IV., Königs von England (1830–1837), folgt in +Hannover+ nach dem salischen Gesetze (s. S. 207) sein Bruder +Ernst August+ (1837–1851), welcher die 1833 für Hannover verkündigte Verfassung aufhebt, weil sie ohne seine, des damaligen Thronerben, Zustimmung zustande gekommen sei. Absetzung der 7 dagegen protestierenden Göttinger Professoren (+Jakob+ und +Wilhelm Grimm+, +Dahlmann+, +Gervinus+, +Ewald+, +Albrecht+ und +Weber+). Abgeänderte Verfassung 1840. [1837 u. 1838.] Streit der preußischen Regierung mit den Erzbischöfen von +Köln+ und +Gnesen-Posen+, besonders wegen der konfessionellen Erziehung der Kinder aus gemischten Ehen. ~Georg III.,~ K. v. England u. Hannover, †1820. _____|______________________________________________ | | | | ~Georg IV.,~ ~Wilhelm IV., ~ Eduard~, ~Ernst August,~ K. v. E. u. H., K. v. E. u. H., Hz. v. Kent, K. v. Hannover, †1830. †1837. †1820. †1851. | | | | ~Viktoria,~ ~Georg V.,~ | K. v. England, K. v. | †1901, Hannover, Charlotte, Gem. Albert †1878. †1817, v. Koburg, | Gem. Leopold I. †1861. Ernst August, v. Koburg, Hz. v. †1865. Cumberland. _____|______ Georg Wilhelm. Ernst August. Albert, †1861, Gem. Viktoria v. Engl., †1901. _______________________________________________|________ Viktoria, ~Eduard VII.,~ ~Alfred,~ Arthur, Leopold †1901, †1910. Hz. v. Hz. v. Hz. v. Albany, Gem. K. v. England, Koburg, Connaught. †1884. Friedr. III. Gem. Alexandra †1900. | v. Preußen. v. Dänemark. ~Karl Eduard,~ | Hz. v. Koburg. ~Georg V.,~ | Gem. Mary v. Teck. Johann Leopold. _______________|___________________________________ Eduard, Prinz v. Wales; Albert, Heinrich, Georg, Johann. ~Franz,~ Hz. v. Koburg, †1806. _______|___________________________________________________ | | | ~Ernst I.~ Ferdinand ~Leopold I., Hz. v. Koburg, Gem. Fürstin v. Kohary, K. d. Belgier, †1844. †1851. †1865. __|_______________ __|_________________ __|______________ | | | | | | | ~Ernst II.,~ Albert, ~Ferdinand II.,~ August, ~Leopold II.,~ Philipp, †1861, †1885, G. Gem. K. d. Belgier, G. v. Gem. Maria da Klementine †1909. Flandern, Viktoria Gloria, K. v. †1905. v. Engl., v. Portugal Orléans, †1901. †1853. †1907. ___________________|__ | | | _______|________ ~Pedro V.,~ ~Ludwig I.,~ | | K. v. K. v. Philipp, ~Ferdinand,~ Portugal, Portugal, Prinz v. 1887 Fürst, †1861. †1889. Koburg. 1908 K. v. | Bulgarien. ~Karl I.,~ | K. v. Portugal 1. Boris, †1908. Prinz v. | Tirnowa. | 2. Kyrill. ~Manuel II.,~ K. v. Portugal, vertrieben 1910. ~Albert I.,~ K. d. Belgier. _________|________ | | Leopold. Karl. [~1840–1861.~] ~Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen,~ bei seinem Regierungsantritt mit großen Erwartungen begrüßt. Amnestie für politische Vergehen, Freilassung der verhafteten Erzbischöfe von Köln und Gnesen-Posen. 1847 Berufung des +ersten vereinigten Landtags+ nach Berlin (s. Anhang). [~1837–1901.~] ~Viktoria, Königin von England,~ Nichte +Wilhelms IV.+, 1840 vermählt mit +Albert+ von Sachsen-Koburg (prince-consort, † 1861). Vgl. die Stammtafel S. 352. In Irland vergebliche Bestrebungen für den Widerruf (+repeal+) der seit 1801 bestehenden parlamentarischen Vereinigung mit England (+O’Connell,+ † 1847). In England Bewegung für den Freihandel (Richard +Cobden+ in Manchester); die Abschaffung der beschränkenden Korngesetze wird 1846 erreicht. Krieg gegen +Afghanistan+ 1839–1842; durch zwei Kriege gegen die +Sikhs+ (1845–1849) wird das Pendschab-Gebiet unterworfen. Krieg gegen +China+ 1810 wegen Verbots der Opiumeinfuhr aus Indien (+Opiumkrieg+); 1842 werden fünf chinesische Häfen den Europäern geöffnet, der Opiumhandel gestattet, die Insel +Hongkong+ an England abgetreten. In +Hinterindien+ erwirbt England durch Kriege gegen das Reich +Birma+ 1826 die Küste von Arakan und die Landschaft Assam, 1853 das Mündungsgebiet des Irawadi (Pegu), 1886 ganz Birma (s. § 13). In ~Frankreich~ versucht während der Regierung Ludwig Philipps der Neffe Napoleons I., ~Louis Napoleon,~[57] 1836 in +Straßburg+ und 1840 in +Boulogne+ einen Aufstand. Er wird das erstemal auf einem französischen Kriegsschiff nach Amerika geschickt, das zweitemal zu lebenslänglicher Haft verurteilt, entkommt aber 1846 aus der Festung Ham. [~1840.~] Beginn der +Befestigung von Paris+ unter dem Ministerium +Thiers+ aus Anlaß einer Kriegsgefahr, welche dadurch entstanden war, daß Frankreich sich des aufständischen +Mehemed Ali+ von Ägypten (s. S. 347) gegen den Sultan annahm. Frankreichs Kriegsdrohung gegen Deutschland erregt das Nationalgefühl gewaltig. Nik. +Beckers+ Rheinlied, +Schneckenburgers+ »Wacht am Rhein«. Bündnis der 4 anderen Großmächte; Frankreich gibt nach, an Stelle von Thiers tritt +Guizot+ (Okt. 1840). Mehemed Ali, dessen Sohn Ibrahim die Türken 1839 bei +Nisib+ in Syrien besiegt hatte, muß auf Verlangen Englands (Lord +Palmerston+) Syrien räumen und behält nur die +erbliche+ Herrschaft über +Ägypten+ unter Oberhoheit der Pforte. [~1840.~ 15. Dez.] Die Überreste Napoleons I., durch den Prinzen von Joinville, dritten Sohn Ludwig Philipps, von St. Helena nach Paris gebracht, werden dort im Dom der Invaliden feierlich beigesetzt. Langwierige Kriege in ~Algier~ (S. 348) zur Eroberung des inneren Landes (Marschall +Bugeaud+, General aus Napoleons Schule). +Abd-el-Kader+, Anführer der Araber und Kabylen, wird 1847 gefangen, 1852 nach Kleinasien entlassen. [1846.] Der Freistaat ~Krakau~ wird wegen erneuter polnischer Aufstandsversuche durch Beschluß der Schutzmächte (S. 341) dem Kaiserreich +Österreich+ einverleibt. [~1847.~] ~Sonderbundskrieg in der Schweiz.~ Sieben katholische Kantone sagen sich von der Eidgenossenschaft los, werden aber von den Bundestruppen unter General Dufour besiegt. Darauf (1848) Umgestaltung des +Staatenbundes+ (S. 341) souveräner Kantone zu einem +Bundesstaat+ (Föderativrepublik von 25 Staaten, vgl. S. 302). An die Stelle der bisherigen Tagsatzung, in der abwechselnd Zürich, Bern und Luzern Vorort gewesen war, tritt die ~Bundesversammlung~ in ~Bern~, bestehend aus 1. +Ständerat+ (44 Vertreter der einzelnen Kantone), 2. +Nationalrat+ (Vertreter der ganzen Schweizer Bevölkerung, nach Maßgabe der Volkszahl gewählt). Die vollziehende Gewalt übt der von der Bundesversammlung gewählte ~Bundesrat~ (7 Mitglieder, auf 3 Jahre gewählt). Bundesgericht, einheitliches +Militär-, Post-+und +Münzwesen+ (s. § 14). § 4. Die Revolutionszeit 1848–1852. In Frankreich führt die Unzufriedenheit mit der Politik des Ministeriums +Guizot+ und den noch bestehenden Beschränkungen des +Wahlrechts+ zur [~1848.~ 22.–24. Febr.] ~Pariser Februarrevolution.~ Straßenkampf gegen die Truppen; Barrikaden erbaut. Die Nationalgarde bleibt untätig, die Truppen geben den Kampf bald auf. +Ludwig Philipp+ flieht nach England († 1850). Seine Thronentsagung zu Gunsten seines Enkels, des +Grafen von Paris+ (S. 349), wird nicht beachtet, sondern die Republik proklamiert. Die Deputiertenkammer wählt eine provisorische Regierung. +Lamartine+ als Mitglied derselben hindert Verwüstung und Plünderung. Eine +Nationalversammlung+ wird nach Paris berufen, um die Verfassung der Republik festzustellen. Die Forderungen der Sozialisten (+Louis Blanc+) führen zur Einrichtung von +Nationalwerkstätten+ in Paris, in denen jedem französischen Bürger vom Staate Arbeit und Lohn geboten werden soll. Diese erweisen sich jedoch bald als kostspielig und zwecklos. [~1848.~ 23.–26. Juni.] Blutiger Straßenkampf in Paris nach Schließung der Nationalwerkstätten. General +Cavaignac+ erhält durch Beschluß der Nationalversammlung diktatorische Gewalt und wirft den Aufstand der Arbeiter nieder (gegen 10000 getötet, viele deportiert). [10. Dez.] Prinz ~Louis Napoleon~ (S. 353) wird infolge der Furcht aller Besitzenden vor dem Sozialismus und unter dem Einfluß der Geistlichkeit durch +Volksabstimmung+ (Plebiscit) mit fast 6 Millionen Stimmen zum +Präsidenten+ der französischen Republik erwählt. Seine Regierung findet Beifall, doch weigert sich die Nationalversammlung, die Verfassung abzuändern, welche die Wiederwahl desselben Präsidenten erst nach 4 Jahren gestattet. [~1851.~ 2. Dez.] ~Staatsstreich Louis Napoleons.~ Er läßt die angesehensten Mitglieder der Nationalversammlung verhaften, erklärt diese für aufgelöst, fordert wiederum +Volksabstimmung+, läßt Aufstandsversuche in Paris am 3. und 4. Dez. blutig niederwerfen. Er wird mit mehr als 7 Mill. Stimmen zum +Präsidenten auf 10 Jahre+ erwählt. Am 14. Jan. 1852 verkündet er eine neue, der des ersten Kaiserreiches ähnliche Verfassung (Senat, gesetzgebender Körper, s. S. 318). Feierliche Friedensversicherungen gegenüber den europäischen Staaten, besonders durch eine Rede in Bordeaux (»+L’Empire c’est la paix+«). Auf Grund eines Senatsbeschlusses und einer +dritten Volksabstimmung+ besteigt er als [~1852.~ 2. Dez.] ~Napoleon III., Kaiser der Franzosen~ (1852–1870) den Thron und wird bald von allen Mächten anerkannt. [~1848.~ Frühjahr.] ~Revolutionäre Bewegungen in Deutschland und Österreich.~ Eine badische Volksversammlung bei +Mannheim+ (27. Febr.) fordert Preßfreiheit, Schwurgerichte, Vereinsrecht, Volksbewaffnung, deutsches Parlament. Ähnliche Versammlungen finden in Württemberg, Hessen-Darmstadt, Nassau u. a. Staaten statt. Die Regierungen zeigen sich nachgiebig; der +Bundestag in Frankfurt+ hebt die Zensur für Druckschriften auf. [13.–15. März.] Aufstand in Wien. Metternich, seit 1809 leitender Minister Österreichs, wird vertrieben. +Bürgerwehr+ und +Studenten+ herrschen in der Stadt. [18. März.] Straßenkampf in Berlin, obwohl der König +Friedrich Wilhelm IV.+ schon aus freien Stücken eine Verfassung und Preßfreiheit versprochen hatte. Die +unbesiegten,+ aber ermatteten Truppen verlassen auf Befehl des Königs am 19. ihre Stellungen und marschieren aus der Stadt. Bildung einer Bürgerwehr. Berufung einer +preußischen Nationalversammlung+ nach Berlin. Prinz +Wilhelm+ geht auf Befehl seines Bruders nach England. [~1848.~ 20. März.] Infolge wiederholter Unruhen in ~München~ dankt König +Ludwig I.+ († 1868) zu Gunsten seines Sohnes +Maximilian II.+ (1848–1864) ab. [15. Mai.] +Zweiter+ Aufstand in ~Wien~, welcher die Einberufung eines +österreichischen Reichstags+ erzwingt. Kaiser Ferdinand I. verläßt Wien und geht nach +Innsbruck+. [Juni.] ~Slavenkongreß~ in Prag, von den ~Tschechen~ (+Palacki+) ausgeschrieben, um die Bestrebungen der slavischen Völker Österreichs +gegen das Deutschtum+ zu vereinigen. Im Anschluß daran tschechische Erhebung in ~Prag~, besiegt durch Fürst +Windischgrätz+. [31. Okt.] Einnahme des aufständischen ~Wien~ durch kaiserliche Truppen (+Windischgrätz,+ +Jellachich+ Ban von Kroatien). +Robert Blum+, Mitglied des Frankfurter Parlaments, und viele andere werden erschossen. Der Reichstag wird nach +Kremsier+ verlegt. Fürst Felix +Schwarzenberg+ übernimmt das Ministerium. [9. Nov.] Die preußische Nationalversammlung in ~Berlin~ wird auf Befehl des Königs (Ministerium +Brandenburg-Manteuffel+) vertagt und zum 27. Nov. nach +Brandenburg+ berufen. [10. Nov.] General +Wrangel+ rückt, ohne Widerstand zu finden, in +Berlin+ ein. Erklärung des Belagerungszustandes, Entwaffnung der Bürgerwehr. -- Da die Nationalversammlung in Brandenburg nicht in beschlußfähiger Zahl zusammenkommt, befiehlt der König [5. Dez.] +Auflösung+ der Nationalversammlung und Verkündigung einer preußischen +Verfassung+, welche nach Beratung durch die neu zu wählenden Kammern in Gültigkeit treten soll. [~1848–1849.~] ~Aufstand in Oberitalien gegen Österreich~. Beginn der Erhebung in +Mailand+ (18. März 1848) die österreichischen Truppen ziehen sich nach der Festung +Verona+ zurück. König +Karl Albert+ von +Sardinien+ (1831–1849), welcher Italien befreien will, wird bei ~Custozza~ (25. Juli) von dem Feldmarschall ~Radetzki~ vollständig geschlagen. +Mailand+ von den Österreichern wieder eingenommen. Waffenstillstand bis 20. März 1849, darauf erzwingt +Radetzki+ durch die Siege bei +Mortara+ (21. März) und ~Novara~ (23. März) den Frieden. +Karl Albert+ dankt zu Gunsten seines Sohnes +Viktor Emanuel+ (1849–1878) ab. Einnahme von +Brescia+ nach furchtbarem Straßenkampf; Grausamkeit des Generals +Haynau+ gegen die Gefangenen. In ~Venedig~ nach Abzug der österreichischen Besatzung (1848, März) erst +provisorische+ Regierung im Namen des +Königs von Sardinien+, dann nach der Niederlage des italienischen Heeres +Republik+ (Präsident +Manin+). Belagerung und Einnahme Venedigs durch die Österreicher (August 1849). Das ganze lombardo-venetianische Königreich ist der Herrschaft Österreichs wieder unterworfen. [~1848–1849.~] ~Aufstand der Ungarn gegen Österreich.~ Die Ungarn (Magyaren) verlangen und erhalten ein eigenes Ministerium (1848, April). Graf +Batthyany+ Ministerpräsident, ~Kossuth~ (spr. +Kóschūt+) Finanzminister. Reichstag in Pest unter Vorsitz des Erzherzogs +Stephan+ als +Palatin+. Der +Widerstand+ der +slavischen+ Bevölkerung und der +Nebenländer+ der Krone Ungarn (+Kroatien, Siebenbürgen+) gegen die magyarischen Ansprüche, ihre Forderung politischer Gleichberechtigung werden vom Wiener Hofe unterstützt. +Jellachich+, zum +Ban von Kroatien+ ernannt, fällt mit Heeresmacht in Ungarn ein; Erzherzog +Stephan+ legt sein Amt nieder. Graf +Lamberg, kaiserlicher Statthalter+ von Ungarn, wird in Pest ermordet (Sept.); der Kaiser verfügt die Auflösung des Reichstages. Nach Abdankung +Ferdinands I.+ (2. Dez. 1848) besteigt den Thron sein Neffe (S. 282) [~Seit 1848.~] ~Franz Joseph I.~, Kaiser von Österreich. Der ungarische Reichstag erkennt den Thronwechsel nicht an. Fürst +Windischgrätz+ rückt mit einem österreichischen Heere in Ungarn ein. +Kossuth+ zieht sich mit den magyarischen Behörden nach +Debreczin+ zurück, Windischgrätz besetzt Pest (1849, Jan.), besiegt ein ungarisches, von dem polnischen General +Dembinski+ geführtes Heer bei +Kapolna+ (Febr.). In Siebenbürgen ist der polnische General +Bern+, welchem Kossuth ein Kommando übergeben hatte, siegreich gegen österreichische Truppen und die von diesen zu Hilfe gerufenen +Russen+. Der ungarische General +Görgey+ überschreitet mit 50000 Mann die Theiß, entsetzt die belagerte Festung +Komorn+. Windischgrätz von der Regierung in Wien abberufen, Pest geräumt; in +Ofen+ bleibt eine österreichische Besatzung. Infolge der Verkündigung einer [~1849.~ 4. März.] ~Gesamtverfassung für Österreich~, welche die alte ungarische Verfassung aufhebt, spricht auf Kossuths Antrag der Reichstag die Absetzung des Hauses +Habsburg-Lothringen+ aus. +Kossuth+ wird als »Gouverneur« zum Haupt der magyarischen Regierung ernannt. +Görgey+ erstürmt +Ofen+ (21. Mai); Kossuth und der Reichstag halten einen pomphaften Einzug in Pest. Unterdes wird bei einer Zusammenkunft der +Kaiser+ von +Österreich+ und +Rußland+ in +Warschau+ die ~russische Intervention~ verabredet und ein gemeinsamer Kriegsplan für die Unterwerfung Ungarns festgestellt. Ein russisches Heer von 80000 Mann unter +Paskjewitsch+ überschreitet die Karpathen (Juni), ein zweites rückt von der Walachei aus vor, von Westen her die Österreicher unter +Haynau+. Die magyarische Regierung zieht sich nach +Szegedin+ zurück. +Kossuth+ legt bald darauf die Regierungsgewalt nieder, die Diktatur wird +Görgey+ übertragen. Dieser entschließt [~1849.~ 13. Aug.] sich zur ~Kapitulation von Vilagos~ und streckt mit 25000 Mann vor dem russischen General +Rüdiger+ die Waffen. Die meisten andern ungarischen Führer ergeben sich auf Gnade und Ungnade; nur +Klapka+, der Komorn verteidigt, erhält eine ehrenvolle Kapitulation. +Kossuth, Bem, Dembinski+ retten sich auf türkisches Gebiet. Haynau verhängt über die gefangenen Häupter des Aufstandes ein furchtbares Strafgericht. Graf Batthyany nebst vielen anderen hingerichtet, ihre Güter eingezogen. Aufhebung der ungarischen Verfassung, Siebenbürgen und Kroatien werden von Ungarn getrennt. Die +Gesamtverfassung für Österreich,+ welche nie wirklich ins Leben getreten war, wird am 31. Dez. 1851 für aufgehoben erklärt. [~1848–1850.~] ~Versuche, Deutschland zu einigen.~ [~1848.~ 31. März.] Mit Zustimmung des Bundestages tritt in +Frankfurt am Main+ ein aus Mitgliedern deutscher Ständeversammlungen gebildetes ~Vorparlament~ zusammen und beschließt die Berufung einer +deutschen Nationalversammlung+ zur Feststellung der deutschen Reichsverfassung. [April.] Eine republikanische Erhebung in +Baden+ (Hecker, Struve, Herwegh) wird durch deutsche Bundestruppen schnell unterdrückt. [18. Mai.] ~Deutsche Nationalversammlung (Parlament)~ in Frankfurt am Main (Paulskirche). Auf des Präsidenten +Heinrich von Gagern+ Vorschlag wird ~Erzherzog Johann~ von Österreich zum ~Reichsverweser~ erwählt; der Bundestag löst sich auf. Erzherzog Johann ernennt ein Reichsministerium; doch zeigt sich bald, daß die neu geschaffene +Zentralgewalt+ weder den +Einzelstaaten+ noch dem +Auslande+ gegenüber wirkliche Macht hat. [18. Sept.] Volksaufstand in Frankfurt, veranlaßt durch die Annahme des Waffenstillstandes mit Dänemark (s. S. 362). Zwei Mitglieder der Nationalversammlung, Fürst +Lichnowski+ und General +v. Auerswald,+ von Volkshaufen ermordet. [~1849.~ März.] Vollendung der ~deutschen Reichsverfassung~ nach lebhaften Parteikämpfen in der Nationalversammlung (»+Großdeutsche+«, welche Österreich an der Spitze Deutschlands erhalten wollen, und »+Kleindeutsche+«, welche Ausschluß Österreichs und engeren Bund unter Preußens Führung anstreben). An der Spitze des Reichs soll ein erblicher +Kaiser+ stehen, neben ihm ein Reichstag, bestehend aus +Staatenhaus+ (zur Hälfte von den Regierungen, zur Hälfte von den Volksvertretungen der Einzelstaaten zu ernennen) und +Volkshaus+ (aus allgemeinen und direkten Wahlen hervorgehend). Kaiserwahl am 28. März. [~1849.~ 3. April.] König +Friedrich Wilhelm IV.+ von Preußen erklärt die ihm angetragene Würde eines ~Kaisers der Deutschen~ nur mit Zustimmung +aller+ deutschen Regierungen annehmen zu können. Endgültige Ablehnung am 28. April, nachdem inzwischen 28 kleinere Staaten zugestimmt haben. [Mai.] Aufstand in ~Dresden,~ um die Einführung der Reichsverfassung zu erzwingen, mit preußischer Hilfe niedergeworfen. In ~Baden~ und der bayrischen ~Pfalz~ republikanischer Aufstand unter Beteiligung des Heeres. Preußische und deutsche Bundestruppen rücken ein unter dem Oberbefehl des Prinzen +Wilhelm+ von Preußen. Die Aufständischen in mehreren Treffen besiegt, die Festung +Rastatt+ (22. Juli) zur Übergabe gezwungen. Abberufung und Austritt einer großen Zahl Abgeordneter aus der Frankfurter Nationalversammlung. Das »+Rumpfparlament+«, welches seinen Sitz in +Stuttgart+ nimmt, wird (18. Juni) von der württembergischen Regierung aufgelöst. [Dez.] Erzherzog +Johann+ legt die Würde des Reichsverwesers nieder. Die Fürsten von +Hohenzollern+ (Hechingen und Sigmaringen) legen die Regierung nieder; ihre Gebiete werden mit +Preußen+ vereinigt. [~1850.~ 6. Febr.] In Preußen wird die revidierte Verfassung von dem Könige und den Kammern feierlich beschworen. Die gesetzgebende Gewalt wird fortan »gemeinschaftlich durch den König und die beiden Häuser des +Landtags+ ausgeübt«. Der König ist unverantwortlich und wird von verantwortlichen Ministern beraten. Jeder Regierungsakt des Königs muß von einem Minister gegengezeichnet sein. An Stelle der »ersten Kammer« tritt 1854 das +Herrenhaus+, bestehend aus Mitgliedern, welche der König erblich oder auf Lebenszeit ernennt. Das +Abgeordnetenhaus+ geht aus öffentlichen, indirekten Dreiklassenwahlen (Wahlmänner) hervor. Jetzt 433 Mitglieder. Die Legislaturperioden früher dreijährig, seit 1888 fünfjährig. Die Abgeordneten erhalten Tagegelder und Reisekosten. Preußens Versuch, eine ~deutsche Union~ mit Ausschluß Österreichs zu schaffen (General +v. Radowitz+), gestützt auf den am 26. Mai 1849 mit Sachsen und Hannover geschlossenen +Dreikönigsbund,+ gefördert durch eine Versammlung von Mitgliedern der früheren erbkaiserlichen Partei des Frankfurter Parlaments zu +Gotha+ (Juni 1849) und durch den Beitritt der meisten kleineren Staaten, führt zu dem [~1850.~ 20. März.] ~Erfurter Parlament~, welches die Beratung über die Verfassung der deutschen Union schnell zu Ende führt. Darauf [Mai.] ~Fürstenkongreß zu Berlin~, aber keine Einigung, zumal da Sachsen und Hannover sich schon vorher von dem Dreikönigsbund losgesagt und auf Österreichs Betreiben mit Bayern und Württemberg den »Vierkönigsbund« geschlossen haben. Den preußischen Unionsbestrebungen tritt Österreich nach der Niederwerfung des ungarischen Aufstandes (S. 357f.) entschlossener entgegen durch Berufung einer Konferenz der ihm anhängenden Staaten nach Frankfurt (10. Mai) und Einladung zur [1. Sept.] ~Wiedereröffnung des Frankfurter Bundestages.~ Verfassungskampf im +Kurfürstentum Hessen+; Kurfürst +Friedrich Wilhelm+ sucht durch seinen Minister +Hassenpflug+ die Verfassung von 1831 zu beseitigen. Wiederholte Auflösung der Ständeversammlung; Kriegszustand über das Land verhängt (7. Sept.). Widerstand der Behörden und Gerichte. Der Kurfürst verläßt das Land und erhält die Hilfe des von Österreich wiederhergestellten, von Preußen und seinen Bundesgenossen nicht beschickten Bundestages zugesagt. Bruch zwischen +Österreich und Preußen+, das die Intervention des Bundestages in Hessen nicht dulden will. Kaiser Franz Joseph hat in +Bregenz+ eine Zusammenkunft mit den Königen von Bayern und Württemberg, darauf in +Warschau+ (28. Okt.) mit Kaiser Nikolaus von Rußland, der den preußischen Gesandten Graf Brandenburg zum Nachgeben ermahnt. Bundesexekution gegen +Hessen+ durch bayrische und österreichische Truppen wird in Frankfurt beschlossen. Auch preußische Truppen rücken in Hessen ein, ziehen sich aber nach einem Zusammenstoß der Vorposten bei +Bronnzell+ (8. Nov.) zurück. Friedrich Wilhelm IV. entläßt den Minister v. Radowitz und gibt die Unionsbestrebungen auf. [29. Nov.] ~Vertrag zu Olmütz~ (+Manteuffel+ und +Schwarzenberg+). Preußen fügt sich allen Forderungen Österreichs. +Schleswig-Holstein+ wird den Dänen überlassen, in +Hessen+ die unumschränkte Herrschaft des Kurfürsten wiederhergestellt. Preußen verzichtet auf seine Pläne hinsichtlich der Neugestaltung Deutschlands; für die deutsche Verfassung werden Konferenzen in +Dresden+ anberaumt, welche die [~1851.~] ~Wiederherstellung des deutschen Bundes~ beschließen. Österreich hat in den deutschen Verhältnissen ebenso wie in seinen inneren Kämpfen gegen die nationalen Aufstände gesiegt. Doch hält Preußen den +Zollverein+ (S. 351) aufrecht, welchem nun auch Hannover und Oldenburg beitreten, und begründet allmählich eine +preußische Kriegsflotte+, indem es mehrere von den 1852 im Auftrage des Bundestages versteigerten Schiffen übernimmt, welche die deutsche Nationalversammlung 1849 als +deutsche Flotte+ gegen Dänemark zusammengebracht hatte (S. 361). Ein Gebiet an der +Jahdemündung+ wird 1853 durch Vertrag mit Oldenburg erworben zur Anlage des Kriegshafens +Wilhelmshaven+, an der Nordsee. [~1848–1850.~] ~Schleswig-Holsteins Erhebung gegen Dänemark.~ ~Veranlassung~: »Offener Brief« des Königs Christian VIII. (1839–1848) vom 8. Juli 1846, welcher den Fortbestand der Union der +Herzogtümer+ mit +Dänemark+ trotz des in den beiden Staaten verschiedenen Erbfolgerechts (s. S. 268) verfügt. Ein Aufstand in Kopenhagen (30. März 1848) zwingt seinen Nachfolger Friedrich VII., die ~Einverleibung Schleswigs~ in Dänemark auszusprechen. Nach der bis dahin nie bezweifelten Thronfolge mußten die Herzogtümer nach dem Aussterben des Königlichen Mannesstammes an den Herzog +Christian+ von Sonderburg-Augustenburg fallen. Daher Aufstand in den Herzogtümern und Bildung einer +provisorischen Landesregierung+. [~1848.~ April.] Preußische und andere deutsche Bundestruppen kommen den Schleswig-Holsteinern, welche sich eine Armee neu bilden müssen, zu Hilfe. General +v. Wrangel+ vertreibt die Dänen aus dem +Danewerk+ bei +Schleswig+ (23. April) und dringt bis nach Jütland vor. Aber die Verluste des Ostseehandels durch die dänische Blockade und englisch-russischer Einfluß bewirken den Abschluß eines Waffenstillstandes zu ~Malmö~. Eine +»gemeinschaftliche Regierung«+ wird für die Herzogtümer eingesetzt. Unzufriedenheit mit diesem Waffenstillstand in ganz Deutschland; die Nationalversammlung zu Frankfurt genehmigt ihn nach heftigen Verhandlungen. [~1849.~ März.] Einsetzung einer +Statthalterschaft+ für Schleswig-Holstein durch die deutsche Zentralgewalt. Bei +Eckernförde+ wird das Linienschiff +Christian VIII.+ in Brand geschossen und die Fregatte +Gefion+ genommen (5. April). Erstürmung der Düppeler Höhen durch bayrische und sächsische Truppen (13. April). Das schleswig-holsteinische Heer, geführt von dem preußischen General +v. Bonin+, besiegt die Dänen bei +Kolding+ (23. April). Doch wiederum wird die Weiterführung des Krieges durch die Drohungen Englands und Rußlands gelähmt. Die neu gegründete +deutsche Flotte+ liefert den Dänen ein Seetreffen bei +Helgoland+ (5. Juni), ist aber dann genötigt, untätig in der Wesermündung zu bleiben. Das schleswig-holsteinische Heer belagert die Festung +Fridericia+, erleidet aber durch einen glücklichen Ausfall der Dänen bedeutende Verluste. [~1849.~ Juli.] Waffenstillstand zwischen +Preußen+ und +Dänemark+; Schleswig soll im Norden von schwedischen, im Süden von preußischen Truppen besetzt und von einer dänisch-preußischen Kommission verwaltet werden. Die schleswig-holsteinische Armee geht über die Eider zurück; Holstein bleibt noch unter der Statthalterschaft. Nach Abschluß des Friedens zwischen Preußen und Dänemark (Juli 1850) werden alle preußischen Offiziere aus der schleswig-holsteinischen Armee abberufen. [~1850.~] Die von Deutschland verlassenen Schleswig-Holsteiner kämpfen allein weiter. Der ehemalige preußische General +v. Willisen+ übernimmt den Oberbefehl über ihr Heer. Er wird bei ~Idstedt~ (24. und 25. Juli) geschlagen, Schleswig von den Dänen besetzt. In dem Gefecht bei +Missunde+ (12. Sept.) werden die Schleswig-Holsteiner ebenfalls besiegt, auch beim Sturm auf +Friedrichstadt+ (4. Okt.) mit Verlust zurückgeschlagen. Der inzwischen wiederhergestellte ~deutsche Bund~ erzwingt unter dem Einfluß Österreichs die Einstellung der Feindseligkeiten. Holstein wird mit preußischer Zustimmung von österreichischen Truppen besetzt (Jan. 1851) und den Dänen gegen das Versprechen »die Rechte der Herzogtümer zu wahren« überlassen (Febr. 1852). [~1852.~ 8. Mai.] ~Londoner Vertrag~ (Protokoll), unterzeichnet von den fünf +Großmächten+, +Schweden+ und +Dänemark+. Um den Bestand des dänischen Gesamtstaates zu wahren, wird eine neue Thronfolgeordnung für das Königreich +Dänemark+ und die +Herzogtümer+ festgestellt. Prinz +Christian von Sonderburg-Glücksburg+, Gemahl der Prinzessin +Luise+ von +Hessen-Kassel+, einer Schwestertochter Christians VIII. von Dänemark, wird zum Erben des kinderlosen Königs Friedrich VII. für die gesamte Monarchie bestimmt. Der Herzog Christian von Augustenburg verspricht, der neuen Erbfolgeordnung in Dänemark nicht entgegentreten zu wollen, überträgt 1863 seine Erbansprüche auf seinen Sohn +Friedrich+ (Vater der Kaiserin +Auguste Viktoria+). Die deutsche Nationalität in den Herzogtümern wird von den Dänen fortan schwer bedrückt. ~Einwirkung der Revolution von 1848 auf die übrigen europäischen Staaten.~ König Karl Albert von +Sardinien+ verleiht seinem Staat im Februar 1848 eine Verfassung, ebenso der Großherzog Leopold II. von +Toskana+ und Papst Pius IX. (1846–1878) dem +Kirchenstaat+. Sicilien erklärt seinen Abfall vom Königreich +Neapel+, obgleich König Ferdinand II. daselbst schon im Januar 1848 eine Verfassung verkündigt hat. Nach dem Siege der Schweizertruppen im Straßenkampf zu Neapel (Mai) wird Sicilien mit großer Härte unterworfen (5tägige Beschießung der Stadt +Messina+ im Sept.), darauf die Verfassung des Königreichs wieder aufgehoben. -- Papst Pius IX., in dem manche vorübergehend den Schöpfer der Einheit Italiens gesehen hatten, flieht im Nov. 1848, als in Rom sein Minister Rossi ermordet worden war, nach Gaëta. +Römische Republik+ errichtet (Mazzini), welcher sich auch Toskana nach Vertreibung des Großherzogs anschließt. Aber +österreichische+ Truppen besetzen Toskana und die zum Kirchenstaat gehörige Romagna, +französische+ Truppen stellen in Rom die weltliche Herrschaft des Papstes wieder her. ~Französische Besatzung in Rom.~ +Spanien+ und +Portugal+ werden von den Erschütterungen des Jahres 1848 wenig berührt. In Spanien neue Parteikämpfe nach dem Sturz des Ministers Narvaez (S. 351) 1851, der 1856 zurückkehrt und noch öfters die Leitung des Ministeriums übernimmt († 1868, sein Gegner +O’Donnell+). In Portugal Revision der Verfassung 1852; auf die Königin Maria (S. 346) folgt 1853 ihr Sohn +Pedro V.+, für welchen bis 1855 sein Vater +Ferdinand+ die Regierung führt (S. 352). Das Königreich der +Niederlande+ erhält im November 1848, +Dänemark+ 1849 eine repräsentative Verfassung. In +Schweden+ bleibt die +ständische+ Verfassung (Adel, Geistlichkeit, Bürger, Bauern) vom Jahre 1809, in +Norwegen+ die repräsentative von 1814. Zweikammersystem in Schweden 1866 eingeführt durch König Karl XV. (1859–1872), Enkel von Karl XIV. Johann (Bernadotte). In +England+ wird der Versuch der Chartisten, durch eine Massenpetition das allgemeine Wahlrecht einzuführen, durch die entschlossene Haltung der Londoner Bevölkerung (10. April 1848) vereitelt. § 5. Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhundert. Neues Aufblühen der +bildenden Künste+ durch Vereinigung der Künstler aus verschiedenen Nationen in +Rom+, besonders Carstens aus Schleswig (1792–1798 †), Thorwaldsen aus Kopenhagen (1797, † 1844), der Italiener Canova († 1822), die deutschen Maler Overbeck († 1869), Cornelius († 1867) und Schnorr von Carolsfeld († 1841). Nachblüte der Malerei in +Frankreich+ während des ersten Kaiserreichs: David († 1825), Horace Vernet, Delaroche, Prudhon, Gérard, Isabey, Mme. Lebrun; in Belgien Wappers, L. Gallait, Alma Tadema (lebt in England). Französische Maler nach dem ersten Kaisertum: Delacroix, Scheffer, Jugres; der Bildhauer Carpeaux. Maler der neuesten Zeit: Millet, Cabanel († 1889), Meissonier († 1891), Baudry († 1886). In der +Schweiz+: Calame († 1864). Kunsttätigkeit in +München+ unter König Ludwig I. (reg. 1825–1848): Cornelius, Kaulbach, v. Schwind, Schwanthaler, v. Klenze. Neuere Münchener Malerschule: Piloty, Makart († in Wien 1884), Piglhein, Defregger, Lenbach († 1904). In +Berlin+ unter Friedrich Wilhelm III: Schinkel, Gottfr. Schadow, Rauch; unter Friedrich Wilhelm IV.: Cornelius, Kaulbach, Stüler; unter Wilhelm I. und Wilhelm II. Ad. Menzel, Reinhold Begas, Anton v. Werner. In +Dresden+: Gottfried Semper († 1879), Rietschel († 1861). Malerakademie in +Düsseldorf+: W. Schadow, Bendemann, K. F. Lessing, Achenbach, Camphausen. Die deutschen +Stilisten+: Böcklin († 1901), Thoma, Klinger. +Musik+: Vollendung der klassischen +deutschen Musik+ (S. 292) durch Beethoven († in Wien 1827). Ausbildung der +Oper+ durch K. M. v. Weber († 1826), Spohr, Cherubini, Spontini, Rossini, Meyerbeer, Auber, Berlioz, Gounod, Bizet, Richard Wagner († 1883), Verdi († 1901). F. Mendelssohns +Oratorium+ Paulus 1836, Elias 1846; Franz Schubert († 1828), Robert Schumann († 1856), Joh. Brahms († 1897). +Dichter+ des Befreiungskrieges: E. M. Arndt († 1860), Th. Körner († 1813), v. Schenkendorf. -- +Romantische Schule+: A. W. Schlegel, L. Tieck, Heinr. v. Kleist, Ad. v. Chamisso. -- Platen, Heine, Rückert, Uhland, Geibel, Scheffel, G. Freytag († 1895), Grillparzer, Hebbel, E. v. Wildenbruch († 1909). +Französische+ Literatur: Mme. de Staël († 1817), Chateaubriand, Courier, Lamartine, Béranger, Scribe, Victor Hugo, Delavigne, Musset, George Sand, A. Dumas, Augier. +Englische+ Literatur: Byron (s. S. 347), Keats, Shelley, Wordsworth, Walter Scott († 1832), Thomas Moore, Tennyson, Swinburne, Bulwer, Dickens, Thackeray, Meredith, Stevenson, Kipling. +Norwegische+ Dichter: Ibsen († 1906), Björnson († 1910). +Russische+ Dichter: Alex. Puschkin († 1837), Turgenjew († 1883), Graf Leo Tolstoi († 1910). (Der Maler Wereschtschagin.) +Geschichtschreibung+: In Deutschland Quellensammlung der +Monumenta Germaniae+, 1819 vom Freiherrn v. Stein begründet; Niebuhr († 1831), Schlosser, Dahlmann, Ranke († 1886), v. Sybel, v. Treitschke († 1896), Mommsen († 1903). In Frankreich: Barante, Guizot, Mignet, Aug. Thierry, Thiers, Tocqueville, Taine. In England: Grote, Buckle, Carlyle, Macaulay. +Altertumsforschung+ und +Sprachwissenschaft+: Franz Bopp, Wilh. v. Humboldt († 1835), Gottfr. Hermann, Aug. Böckh, E. Curtius, Th. Mommsen († 1903); H. Schliemann. -- +Deutsches Altertum+: Jakob und Wilhelm Grimm, K. Müllenhoff. Preußisches Archäologisches Institut in +Rom+ 1829 begründet, 1871 vom Deutschen Reiche übernommen. Deutsches Archäologisches Institut in +Athen+ seit 1874 (vgl. S. 30). +Philosophie+: Fichte († 1814 in Berlin), Schelling, Hegel († 1831 in Berlin), Herbart, Schopenhauer, J. S. Mill, Lotze, Wundt. Protestantische +Theologie+: Schleiermacher († 1834 in Berlin), Neander, David Strauß (1835 Leben Jesu), Tholuck († 1877 in Halle), Beyschlag († 1901 in Halle), Harnack. +Naturforschung+: Laplace († 1827), Ampère, Arago, Cuvier († 1832); Berzelius, Nobel († 1896); Wöhler, J. v. Liebig, Bunsen, Pasteur, Curie (Radium); Alex. v. Humboldt († 1859 in Berlin). Darwin († 1882), Wallace, Virchow, Robert Koch († 1910); Volta, Faraday, Mayer, Helmholtz, Röntgen, Edison. +Astronomie+: Gauß, Bessel, Herschel, Leverrier, Schiaparelli. +Erdkunde+: Karl Ritter († 1859 in Berlin); die Entdeckungsreisenden Livingstone († 1863), Burton, Baker, Stanley († 1904), Barth, Rohlfs, Schweinfurth, Nachtigal († 1885), Emin Pascha (Schnitzer), Wißmann († 1905). Die Nordpolfahrer Roß († 1856), Parry, Franklin: Nordenskjöld (Umsegelung Asiens), Nansen, Peary; die Südpolfahrer Borchgrevink und Shackleton; der Erforscher Zentralasiens Sven Hedin. § 6. Machtentfaltung des zweiten französischen Kaiserreiches. ~Napoleon III.~, 1853 vermählt mit der spanischen Gräfin +Eugenie von Montijo+ und Teba (1856 Geburt des Thronfolgers Louis, † 1879), beschließt, den Plänen +Rußlands+ in der Türkei entgegenzutreten (s. S. 296). Kaiser +Nikolaus I.+, stolz auf seine Erfolge in Ungarn (S. 357f.) und gegenüber Preußen (S. 360), sendet den Fürsten +Menschikow+ nach Konstantinopel und fordert die Schutzherrschaft über alle griechischen Christen im türkischen Reiche; dagegen einigen sich +Frankreich+ und +England+ zur Unterstützung des Sultans. [~1853.~ Juni] Eine französisch-englische Beobachtungsflotte wird am Eingang der Dardanellen, später im Bosporus aufgestellt. [Juli.] 80000 Russen gehen über den Pruth und besetzen die Donaufürstentümer. [Sept.] Zusammenkunft des Kaisers Nikolaus mit dem Kaiser von +Österreich+ in Olmütz, dann mit dem König von +Preußen+ in Berlin, doch erreicht er nicht das gewünschte Bündnis, sondern nur Versicherung der Neutralität unter bestimmten Voraussetzungen. [Okt.] Die Pforte erklärt den Krieg an Rußland. +Omer Pascha+ geht bei Widdin über die Donau und behauptet sich gegen die Russen bei +Oltenitza+ (4. Nov.). Die russische Flotte überfällt und vernichtet ein türkisches Geschwader bei +Sinōpe+ (30. Nov.). Auf die Weigerung des Kaisers, die Donaufürstentümer zu räumen, folgt, nachdem in England ein Whigministerium (~Palmerston~) ans Ruder gekommen ist, ein Bündnis der Westmächte (Frankreich und England) mit der Türkei (1854, März). [~1854–1856.~] ~Krieg der Westmächte gegen Rußland (Krimkrieg).~ Der russische Feldherr +Paskjewitsch+ überschreitet die Donau, belagert aber vergeblich +Silistria+. Frankreich und England schicken Truppen nach der Türkei, welche bei +Gallipoli+ und +Varna+ landen. +Österreich+, mit Preußen verbündet, verlangt, daß die Russen die Donaufürstentümer räumen; Kaiser Nikolaus befiehlt die Räumung aus »strategischen Gründen« (1854, Juli). Eine zweite französisch-englische Flotte erscheint in der Ostsee, vermag jedoch nichts gegen die Festung +Kronstadt+ auszurichten und nimmt nur die kleine Festung +Bomarsund+, auf einer der Alands-Inseln. [~1854.~ 14. Sept.] Landung der Franzosen und Engländer (zusammen 55000 Mann unter Marschall St. Arnaud und Lord Raglan) an der Küste der ~Halbinsel Krim~; auch 6000 Türken nehmen an dem Feldzuge teil. [20. Sept.] ~Schlacht an der Alma~, Sieg über die Russen. [~1854–1855.~ Okt. Sept.] ~Belagerung von Sebastopol~, welches die Russen unter +Menschikow+ mit neuen Befestigungen (unter +Totlebens+ Leitung) umgeben, während der Hafen durch Versenkung von Kriegsschiffen gesperrt wird. Nachdem +Menschikow+ Verstärkung erhalten hat, greift er die Verbündeten von neuem an, wird aber nach blutigem Kampfe in der [~1854.~ 5. Nov.] ~Schlacht bei Inkerman~ zurückgeschlagen. Langsamer Fortgang der Belagerungsarbeiten während des Winters. +Österreich+ tritt trotz der früheren Dienste Rußlands in Ungarn und gegen Preußen (Dez. 1854) dem Bunde der Westmächte bei und stellt ansehnliche Streitkräfte an der russischen Grenze auf, ohne jedoch wirklich den Krieg zu beginnen. Seitdem +Spannung zwischen Rußland+ und +Österreich+. Preußen verharrt (trotz Olmütz) in seiner neutralen Stellung, gewinnt damit ein Anrecht auf Rußlands Dank. König +Viktor Emanuel II. von Sardinien+ schließt ein Bündnis mit den Westmächten und schickt 15000 Mann unter +Lamarmora+ nach der Krim. Die Belagerungsarmee wird bis zu 174000 Mann verstärkt (28000 Türken). [1855, 2. März.] Tod +Nikolaus’ I.+, Kaisers von Rußland. Sein Sohn [~1855–1881.~] ~Alexander II.~ läßt die Verteidigung Sebastopols durch Fürst +Gortschakow+ weiterführen. Große Verluste der Belagerer durch Krankheit, Entbehrungen und tägliche Kämpfe. Endlich nach dreitägiger starker Beschießung [~1855.~ 8. Sept.] ~Erstürmung des Malakowturms~ durch die Franzosen (unter +Pélissier+), des ~Redan~ durch die Engländer, die aber von den Russen wieder hinausgeschlagen werden. [11. Sept.] Die Russen ziehen sich mittels einer Schiffbrücke in den nördlichen Teil der Festung zurück. Besetzung der Stadt +Sebastopol+ durch die Verbündeten. In Asien Einnahme der Festung +Kars+ durch die [28. Nov.] Russen. [~1856.~ 30. März.] ~Friede zu Paris~: 1. +Rußland+ tritt die +Donaumündungen+ mit einem kleinen, am linken Ufer der untern Donau gelegenen Teil von +Bessarabien+ ab. 2. Es entsagt der besonderen Schutzherrschaft über die Christen in der Türkei (deren Gleichstellung mit der mohammedanischen Bevölkerung von der Pforte zugesichert wird) und über die Donaufürstentümer (deren Verhältnis später geregelt werden soll). 3. Es gibt +Kars+ zurück und verspricht, am Schwarzen Meere keine Waffenplätze anzulegen und dort nicht mehr Schiffe als die Pforte zu halten. 4. Die Westmächte geben +Sebastopol+ nach Zerstörung der Hafenbauten und Befestigungen an Rußland zurück. -- Die Moldau und Walachei werden 1859 vereinigt als Fürstentum +Rumänien+ unter Oberhoheit des türkischen Sultans. Seit 1866 Fürst +Karl von Hohenzollern+ (1881 König). Das ~zweite französische Kaiserreich~ gelangt durch diesen Krieg zu hohem Ansehen in Europa. Zugleich Sorge Napoleons für die innere Verwaltung. Glänzende Bauten in +Paris+, 1855 Weltausstellung daselbst (nach dem Vorbilde der Weltausstellung in London 1851). [1856–1857.] Zerwürfnis zwischen dem Könige von +Preußen+ und der +Schweiz+ infolge einer Erhebung der königlich gesinnten Partei in +Neuchâtel+ (Neuenburg) gegen die daselbst 1848 eingerichtete republikanische Verfassung (S. 274, 354). Unter französischer Vermittelung wird durch +Freilassung der Gefangenen+ seitens der Schweiz und +Verzichtleistung auf Neuchâtel+ durch den König von Preußen der Streit beigelegt. [~1857.~ Okt.] Wegen schwerer Erkrankung König +Friedrich Wilhelms IV.+ übernimmt sein Bruder ~Wilhelm~, Prinz von Preußen, die Stellvertretung, ein Jahr darauf die +Regentschaft+. ~Dänemark~ verzichtet auf Verlangen der am Ostseehandel beteiligten Staaten auf die fernere Erhebung des +Sundzolls+ (S. 250) gegen eine Entschädigung von 30 Mill. dän. Talern. [~1857–1858.~] ~Aufstand in Ostindien~, erst nach furchtbarem Blutvergießen von den Engländern unterdrückt. Die einheimischen Truppen (+Sepoys+), geführt von dem Großmogul +Mohammed Bahadur Schah+, verteidigen sich hartnäckig in der alten Residenzstadt +Delhi+, belagern die Engländer in +Lucknow+. Delhi wird erstürmt, Lucknow entsetzt. Nach Herstellung der Ruhe wird die Ostindische Kompagnie (S. 300) aufgelöst und die Verwaltung der englischen Krone übertragen; seitdem steht ein Vizekönig an der Spitze des Landes. 1876 nimmt die Königin +Viktoria+ den Titel »+Kaiserin von Indien+« an. [~1857–1860.~] ~Englisch-französischer Krieg gegen China.~ +Veranlassung+: Verletzungen des englisch-chinesischen Handelsvertrages von 1842 seitens der Chinesen führen im Oktober 1856 zu Feindseligkeiten zwischen den Engländern und den chinesischen Behörden von +Kanton+. Die französische Regierung, welche ebenfalls eine Änderung ihrer Handelsverträge mit China wünscht, schließt sich den englischen Forderungen an. [1857.] Dez. +Kanton+ durch die Verbündeten besetzt. [1858. Juni.] Vertrag von +Tientsin+, welcher dem europäischen Handel und den Missionen Zutritt in das Innere von China gewährt und stehende Gesandtschaften in der Hauptstadt +Peking+ gestattet. Da die Ratifikation dieses Vertrages von den Chinesen unter nichtigen Vorwänden hinausgeschoben wird, während die Forts von +Taku+ am Peiho befestigt werden, landen französische und bald auch englische Truppen und dringen (Sept. 1860) gegen +Peking+ vor. Schlacht bei +Palikao+; der kaiserliche Sommerpalast vor Peking geplündert und verbrannt. Darauf Friede von +Peking+ geschlossen; der Vertrag von Tientsin wird erneuert, China zahlt an England 60 Mill. Franks, an Frankreich 30 Mill. als Entschädigung für die Kriegskosten. Für die auswärtigen Angelegenheiten wird eine besondere Behörde (Tsunglijamen) eingesetzt und dieser auch das von den Europäern geleitete Seezollamt unterstellt. ~Japan~ öffnet sich dem Verkehr mit anderen Staaten williger als China. Handelsverträge mit den Vereinigten Staaten und mit England 1854, mit Rußland 1855, mit +Preußen+ 1861 (ostasiatische Expedition unter Führung des Grafen +Eulenburg+ 1859–62, der auch mit China und Siam Handelsverträge schließt). Seit Anfang 1867 Mikado +Mutsuhito+ (geb. 1852). Widerstand der Großen (Daimios) gegen die Zulassung der Fremden (S. 220, 251), 1868 unterdrückt. Schon 1867 Abdankung des Shoguns (S. 251) und Wiederherstellung der Macht des Kaisers (S. 220); Berufung einer Volksvertretung 1869. Der Mikado verlegt seine Residenz von Kioto nach Tokio. Beginn der neuen Ära für Japan. Regelmäßige Parlamente seit 1890. Viele Einrichtungen europäischer Kultur eingeführt; erste Eisenbahn 1872. Das Heerwesen zuerst nach französischem, dann nach preußischem Muster eingerichtet. ~Frankreich~ nimmt 1862 das Mündungsgebiet des +Mekong+ in +Hinterindien+ in Besitz (+Cochinchina+). Napoleon III., bemüht, die Kolonialmacht seines Reiches zu entwickeln, ordnet 1865 persönlich die Verhältnisse der Kolonie +Algier+ (S. 348, 354); General Mac-Mahon 1864–1870 Gouverneur daselbst. ~Rußland~ erwirbt 1860 von China das +Amur+gebiet, unterwirft 1859 die +Kaukasus+völker, nimmt 1865–68 +Turkestan+ (Städte Taschkent und Samarkand) in Besitz, verkauft +Alaska+ 1867 für 7 Mill. Dollar an die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Innern ~Aufhebung der Leibeigenschaft~ 1861 durch weise Maßregeln Kaiser Alexanders II. begonnen. ~Polen~ verliert nach Niederwerfung des Aufstandes von 1863 (S. 372) seine letzten Freiheiten. Seitdem russische Sprache und Gesetze eingeführt (S. 350). ~Die nationale Einigung Italiens.~ +Napoleon III.+ unterstützt das Königreich +Sardinien+ zu erneutem Angriff auf die Herrschaft +Österreichs+ in Oberitalien (s. S. 356). (+Orsinis+ Attentat und »Testament«.) Graf +Cavour+, Minister des Königs Viktor Emanuel II., verfolgt zugleich den Plan, den trostlosen Zuständen in den andern italienischen Staaten ein Ende zu machen und Italien politisch zu einigen. [~1859.~] ~Krieg Frankreichs und Sardiniens gegen Österreich.~ Napoleon III. übernimmt selbst den Oberbefehl über die französischen Truppen, zieht nach dem Siege bei ~Magenta~ (4. Juni, Gen. +Mac-Mahon+) zusammen mit Viktor Emanuel in Mailand ein. [24. Juni.] ~Schlacht bei Solferino~ (südlich vom Gardasee), 111000 Franzosen und 50000 Sardinier gegen 140000 Österreicher unter Kaiser Franz Joseph. Die feste Stellung der Österreicher wird erstürmt; sie ziehen sich in das +Festungsviereck+ (Mantua, Peschiera, Verona, Legnago) zurück. Der Prinzregent von Preußen zur Hilfeleistung bereit, verlangt aber für sich den Oberbefehl über die +gesamte deutsche Streitmacht+ und völlige Selbständigkeit. Österreich dagegen fordert von ihm Unterordnung unter die Befehle des Bundestages. Zusammenkunft der beiden Kaiser in Villafranca, dann Waffenstillstand von +Villafranca+ (Juli) und (10. Nov.) ~Friede zu Zürich~: 1. Österreich tritt die +Lombardei+ (mit Ausnahme von +Mantua+ und +Peschiera+) an +Napoleon II.+ ab, der sie an +Sardinien+ gibt. 2. Italien soll einen +Staatenbund+ bilden unter dem Ehrenvorsitz des Papstes. 3. Die während des Krieges vertriebenen Herrscher von +Toskana+ und +Modĕna+ sollen wieder eingesetzt, die aufständischen +Legationen+ (Bologna usw.) dem Papst zurückgegeben werden, aber »ohne fremde Intervention«. Trotz dieser Bestimmungen des Züricher Friedens werden durch Volksabstimmung [~1860.~] +Toskana+, +Parma+ (wo der Herzog gleichfalls hatte fliehen müssen), +Modĕna+ und die päpstlichen +Legationen+ mit der Monarchie Viktor Emanuels vereinigt, wogegen dieser +Savoyen+ und +Nizza+ an Frankreich abtreten muß. Landung ~Garibaldis~ in +Sicilien+ (11. Mai) mit 1000 Freiwilligen, deren Zahl sich schnell vermehrt. Palermo und Messina ohne großen Widerstand eingenommen. Er setzt nach dem Festlande über (20. Aug.); König Franz II. verläßt seine Hauptstadt +Neapel+ und zieht sich mit 40000 Mann hinter den +Volturno+ zurück. Unterdes waren +sardinische+ Truppen in Umbrien und die Marken eingerückt. Der in päpstliche Dienste getretene französische General +Lamoricière+ wird in dem [18. Sept.] ~Treffen bei Castelfidardo~ von +Cialdini+ geschlagen. Der Kirchenstaat mit Ausnahme des Gebietes um Rom (+Patrimonium Petri+) wird von Viktor Emanuel besetzt, der alsdann in das neapolitanische Gebiet einrückt und sich mit Garibaldi vereinigt. König +Franz II.+ zieht sich mit seinen Truppen nach ~Gaëta~ zurück. Belagerung dieser Festung; sie ergibt sich Febr. 1861. [~1861.~ 17. März.] ~Viktor Emanuel II. König von Italien.~ Mit Ausnahme von +Venetien+ und dem Gebiet um +Rom+ (Patrimonium Petri) ist die ganze Halbinsel unter +einem+ Scepter vereinigt. Die meisten der vertriebenen Fürsten wenden sich nach Österreich. Tod +Cavours+ 6. Juni 1861. [1862.] Neuer Freischarenzug +Garibaldis+, um gegen den Willen der Regierung Rom zu befreien. Er wird am +Aspromonte+, der Südspitze Italiens, verwundet und gefangen, zieht sich dann nach der Insel +Caprera+ (bei Sardinien) zurück. [~1864.~ 15. Sept.] Vertrag zwischen +Frankreich+ und +Italien+: die Dauer der französischen Besetzung Roms (s. S. 363) auf noch 2 Jahre festgesetzt, zur Hauptstadt Italiens wird ~Florenz~ bestimmt; die italienische Regierung übernimmt den Schutz des Patrimonium Petri gegen jeden fremden Einfall. [~1861–1867.~] ~Krieg in Mexiko.~ Der 1861 in den Vereinigten Staaten von Amerika ausgebrochene Bürgerkrieg (s. u. § 18) veranlaßt +Napoleon III.+ zu einem weitausschauenden Unternehmen. Frankreich verbündet sich mit +England+ und +Spanien+, um die Republik +Mexiko+ (Präsident +Juarez+) zur Erfüllung vertragsmäßiger Verpflichtungen gegen Kaufleute dieser Länder zu zwingen. Nach Besetzung der Hafenstadt +Veracruz+ kommt ein Vertrag zustande; die französischen Truppen aber dringen weiter vor. England und Spanien nehmen an dem nun beginnenden Kriege nicht teil. [1863.] Die Franzosen erobern +Puebla+, dann auch die Hauptstadt +Mexiko+; eine dorthin berufene Nationalversammlung wählt den Erzherzog ~Maximilian~, Bruder des Kaisers von Österreich (S. 282), zum ~Kaiser von Mexiko~. Dieser erscheint 1864, kämpft gegen die republikanischen Truppen, unterstützt von den Franzosen unter +Bazaine+, kann aber des Landes nicht Herr werden. Die +Vereinigten Staaten+, wo mittlerweile der Krieg zu Ungunsten der Südstaaten entschieden ist, schreiten zu Gunsten der Republik ein, nach dem von +Monroe+ (S. 346) ausgesprochenen Grundsatz. [1867.] Abzug der Franzosen aus Mexiko. Kaiser Maximilian setzt allein den Kampf fort, wird nach tapferer Gegenwehr in +Queretaro+ eingeschlossen, durch Verrat gefangen, auf Juarez’ Befehl vor ein Kriegsgericht gestellt und erschossen. +Juarez+, 1871 als Präsident wiedergewählt, hat mit Parteikämpfen zu ringen, † 1872. Geordnete Zustände stellt der Präsident Porfirio +Diaz+ (1877–1911) her (s. u. § 18). Napoleons III. Ansehen in Frankreich durch das Fehlschlagen der Expedition nach Mexiko schwer erschüttert; er versucht es durch +Einmischung in die deutschen Verhältnisse+ wiederherzustellen. § 7. Deutschlands Einigung durch Preußen. [~1861.~ 26. Febr.] In ~Österreich~ wird eine neue ~Gesamtstaatsverfassung~ verkündigt (engerer Reichsrat für die deutsch-slavischen Länder, weiterer Reichsrat durch Hinzutritt der ungarischen Abgeordneten für die gemeinsamen Angelegenheiten). Widerstand gegen diese Verfassung besonders von seiten der +Ungarn+, welche die Wiederherstellung ihrer besonderen Verfassung mit eigenem Ministerium und die politische Wiedervereinigung der seit 1849 abgetrennten Länder Siebenbürgen, Kroatien, Slawonien und der Militärgrenze mit dem Königreich Ungarn verlangen (S. 357 f.) [2. Jan.] In ~Preußen~ nach dem Tode Friedrich Wilhelms IV. König ~Wilhelm I.~;[58] Krönung in +Königsberg+ 18. Okt. Bald darauf bricht infolge der von der Regierung auf Veranlassung des Königs durchgeführten +Verstärkung des Heeres+ (Kriegsminister +v. Roon+) ein ~Verfassungsstreit~ aus. [~1862.~] Auflösung des Abgeordnetenhauses. Die oppositionelle Mehrheit kehrt infolge der Neuwahlen verstärkt zurück. [23. Sept.] Ministerpräsident ~v. Bismarck.~[59] Die Verstärkung des Heeres wird aufrecht erhalten; das +Staatshaushaltsgesetz+ kommt in diesem und den nächsten Jahren nicht zustande. Der Kurfürst von +Hessen+ (S. 360) wird genötigt, die vom deutschen Bundestage nunmehr gebilligte Verfassung von 1831 anzuerkennen. [~1863.~] +Aufstand in Polen.+ Intervention der drei Mächte England, Frankreich, Österreich zu Gunsten der Polen ohne Erfolg. Preußen schließt einen Vertrag mit Rußland und sperrt seine Grenzen für die Aufständischen aufs strengste ab. Damit erwirbt es sich ein weiteres Anrecht auf Rußlands Dank (S. 366). [Aug.] ~Fürstentag zu Frankfurt am Main~ unter Vorsitz des Kaisers +Franz Joseph,+ zur Beratung einer +Reform des Deutschen Bundes+ (Direktorium von 5 Fürsten und Bundesrat unter Österreichs Vorsitz, Parlament aus Abgesandten der Landtage der Einzelstaaten). Die Beratungen bleiben erfolglos, da +Preußen+ die Beteiligung ablehnt. Durch die wiederholte Verletzung des Londoner Protokolls, besonders aber durch das dänische Patent vom 30. März 1863 und die in Kopenhagen von den »+Eiderdänen+« durchgesetzte gemeinsame +Verfassung+ für Dänemark und Schleswig, welche +Schleswig+ mit ~Dänemark~ vereinigt, also von Holstein trennt und die Rechte der holsteinischen Stände (S. 362) auf ein geringes Maß herabdrückt, wird die seit 1852 gegenüber den Übergriffen der Dänen oft bewährte Geduld des deutschen +Bundestages+ erschöpft; er beschließt (1. Okt. 1863) ~Bundesexekution~ gegen Dänemark. [~1863.~ 15. Nov.] Tod Friedrichs VII.; nach dem Londoner Protokoll (S. 362) folgt +Christian IX.+ († 1906). Dieser bestätigt die Gesamtstaatsverfassung. Große Aufregung in Deutschland; man fordert vollständige +Trennung+ Schleswig-Holsteins von Dänemark und sofortige Besetzung des ganzen Landes durch deutsche Bundestruppen. Aber auf Antrag +Österreichs+ und +Preußens+, welche sich durch das Londoner Protokoll gebunden erklären, bringt der Bundestag nur seinen früheren Beschluß zur Ausführung und läßt 12000 +Hannoveraner+ und +Sachsen+ in die zum Bunde gehörigen Herzogtümer +Holstein+ und +Lauenburg+ einrücken. In Holstein wird +Friedrich VIII.+ von Augustenburg (S. 362) als Herzog ausgerufen. [~1864.~] ~Krieg gegen Dänemark.~ +Österreich+ und +Preußen+ verlangen (Jan. 1864) die Aufhebung der neuen dänischen Verfassung, weil sie den 1852 übernommenen Verpflichtungen widerspreche. Da Dänemark sich weigert, rücken 37000 Preußen und 23000 Österreicher unter dem Oberbefehl des preuß. Feldmarschalls +v. Wrangel+ in Schleswig ein. Holstein bleibt von den Bundestruppen besetzt. Die Österreicher rücken auf das +Danewerk+ los; die Preußen gehen nach einem vergeblichen Versuch bei +Missunde+ bei +Arnis+ über die +Schlei+. Darauf Rückzug der dänischen Truppen (35000 Mann) aus dem Danewerk; der größte Teil zieht nach +Düppel+. General +v. Moltke+[60] trifft beim Oberkommando der Verbündeten ein. Die Österreicher unter +Gablenz+ dringen nach siegreichem Kampfe bei +Översee+ (6. Febr.) vereint mit einem Teil der Preußen in +Jütland+ ein; die preußischen Hauptkräfte übernehmen die Belagerung der Düppeler Schanzen. [~18. Apr.~] ~Die Preußen erstürmen die Düppeler Schanzen~ (118 Geschütze erobert). Die Dänen ziehen sich nach Alsen, Fünen und Nordjütland zurück, räumen auch die Festung Fridericia. [12. Mai bis 25. Juni.] ~Waffenruhe~, Verhandlungen zu ~London~. Da man sich weder über eine +Personal-Union+ der Herzogtümer mit der Krone Dänemark, noch über eine +Teilung Schleswigs+ nach den Nationalitäten einigen kann (Dänemark hofft vergeblich auf Hilfe von England und Rußland), so sagt Preußen sich von dem durch Dänemark so oft gebrochenen Londoner Protokoll los, und der Krieg beginnt von neuem. -- Die +Preußen+ unter General +Herwarth von Bittenfeld+ bewerkstelligen bei Nacht auf Kähnen den [~1864. 29. Juni.~] ~Übergang nach der Insel Alsen~, schlagen die Dänen auf allen Punkten und treiben sie nach Fünen hinüber. Auch Nordjütland wird von den Verbündeten besetzt. Zur See hatten am 17. März drei preußische Schiffe bei +Jasmund+ (an der Ostseite von Rügen), am 9. Mai zwei österreichische und drei preußische Schiffe bei +Helgoland+ gegen die Dänen gekämpft; vom 13. bis 17. Juli gelang mit Hilfe der Kanonenboote die Besetzung der Inseln +Sylt+ und +Föhr+. [20. Juli.] Waffenstillstand, Verhandlungen in Wien. [22. Aug.] ~Genfer Konvention~ zum Schutz der Verwundeten und Kranken im Kriege, von den meisten europäischen Staaten unterzeichnet (das Rote Kreuz). [30. Okt.] ~Friede zu Wien~: König Christian IX. von Dänemark tritt die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an +Österreich+ und +Preußen ab+. Die Bundestruppen verlassen Holstein; Österreich und Preußen setzen für die Herzogtümer eine +gemeinschaftliche Regierung+ ein. Mißstimmung darüber in den Herzogtümern und vielfach in Deutschland; man wünscht ein +selbständiges Schleswig-Holstein+. Österreich begünstigt die Einsetzung des Prinzen Friedrich von Augustenburg; der preußische Minister +v. Bismarck+ verlangt (Febr. 1865) für den Fall, daß zu den in Deutschland vorhandenen Kleinstaaten ein neuer hinzutreten soll: 1. Daß dessen gesamte Streitkräfte ein Teil der preußischen Armee und Flotte werden, 2. Seine Eisenbahnen, sein Post- und Telegraphenwesen unter preußische Leitung kommen, 3. Eintritt der Herzogtümer in den Zollverein und Abtretung einiger militärisch wichtiger Orte, namentlich Friedrichsort an der Kieler Förde und Sonderburg. Um Streitigkeiten zwischen den Regierungskommissaren der beiden Großmächte fernerhin zu vermeiden, schließen Österreich und Preußen den [~1865.~ 14. Aug.] ~Vertrag zu Gastein~: 1. Beide Mächte behalten die gemeinschaftliche Oberhoheit über +beide+ Herzogtümer; +Österreich+ übernimmt +vorläufig+ die Verwaltung in Holstein, +Preußen+ in Schleswig. +Rendsburg+ soll Bundesfestung, +Kiel+ Bundeshafen werden; die Benutzung dieses Hafens bleibt gemeinschaftlich, doch erhält +Preußen+ dort den Oberbefehl; auch werden ihm zwei Militärstraßen, Telegraphen- und Postlinien durch Holstein zugesichert. 3. Österreich tritt das Herzogtum +Lauenburg+ (S. 341) an Preußen ab gegen Zahlung von 2½ Millionen dänischer Taler. Bald zeigt sich, daß diese Einigung keinen Bestand haben kann. Österreich, entschlossen, eine wesentliche Machtvergrößerung Preußens nicht zuzugeben, verständigt sich mit den +deutschen Mittelstaaten+; Preußen, welches eine kriegerische Entscheidung der deutschen Frage als unvermeidlich ansieht, tritt mit +Italien+ in Unterhandlung. Es beginnt ein +Krieg,+ der durch das energische Vorgehen der preußischen Heeresmacht schnell zu Ende geführt wird. ~1866. Der deutsche Krieg.~ Verbündete ~Preußens~: Die +kleineren norddeutschen+ Staaten und +Italien+ (s. S. 379). Verbündete ~Österreichs~: +Bayern, Württemberg, Sachsen, Hannover, Baden, beide Hessen.+ ~Ursache~: Das Verlangen der deutschen Nation nach größerer Einheit. Eine Neugestaltung Deutschlands mit starker Bundesgewalt gegenüber den Einzelstaaten war unmöglich, solange sich im Deutschen Bunde +zwei+ Großmächte gegenüberstanden, von welchen die eine größtenteils +nicht deutsche+ Bevölkerung und +nicht deutsche+ Interessen hatte. ~Veranlassung~: Der Streit über die Zukunft der Herzogtümer Schleswig und Holstein. [~1866.~ 9. April.] Preußen stellt bei dem +Bundestage+ in Frankfurt den Antrag auf +Reform der Verfassung des Deutschen Bundes+ unter Mitwirkung eines aus allgemeinem Wahlrecht hervorgehenden +Parlaments.+ Die von +Frankreich, England+ und +Rußland+ (24. Mai) angebotene Vermittelung wird vereitelt durch die Forderung Österreichs, daß auf der etwaigen +Friedenskonferenz+ von keiner +Gebietsveränderung+ die Rede sein solle. Österreich stellt (1. Juni) die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Erbfolgefrage dem +Deutschen Bunde+ anheim und läßt durch den Gouverneur +v. Gablenz+ die holsteinische Ständeversammlung einberufen. Preußen erklärt dies für einen Bruch des Gasteiner Vertrages; Gen. +v. Manteuffel,+ Gouverneur von Schleswig, rückt mit Truppen in Holstein ein. Gablenz mit den österreichischen Truppen zieht sich unter Protest zurück. [10. Juni.] Preußen legt den deutschen Regierungen den Entwurf einer neuen +bundesstaatlichen+ Verfassung unter preußischer Leitung mit Ausschluß Österreichs vor. Der Bundestag zu Frankfurt beschließt auf Österreichs Antrag [14. Juni.] ~Mobilmachung~ der gesamten ~Bundesarmee~ mit Ausnahme der drei preußischen Bundesarmeekorps. Austritt Preußens und ~Auflösung~ des ~Deutschen Bundes~. [~1866.~ 15. Juni.] Aufforderung +Preußens+ an +Sachsen, Hannover+ und +Kurhessen+, von dem Bundesbeschluß zurückzutreten, ihre Truppen auf Friedensfuß zu setzen und sich dem vorgeschlagenen neuen Bunde unter preußischer Leitung anzuschließen. Diese Aufforderung wird abgelehnt. ~A. Östlicher (Haupt-) Kriegsschauplatz.~ ~Preußen gegen Österreicher und Sachsen.~ ~Preußen~: +Erste Armee+ (~Prinz Friedrich Karl~) i. d. +Lausitz,+ 93000 M. +Elbarmee+ (General +Herwarth v. Bittenfeld+) i. d. Provinz +Sachsen+, 46000 M. +Erstes Reserve-Korps+ (General +v. d. Mülbe+) bei +Berlin+, 24000 M. +Zweite Armee+ (~Kronprinz Friedrich Wilhelm~) in +Schlesien+, 115000 M. ~Österreich~: +Nordarmee+ (~Feldzeugmeister v. Benedek~) in +Böhmen+ und +Mähren+, 240000 M. +Sächsische Armee (Kronprinz Albert)+ 24000 M. [16. Juni.] Einmarsch der preußischen Elbarmee in Sachsen. König Johann begleitet seine Truppen nach +Böhmen+; nur die Festung +Königstein+ bleibt von sächsischen Truppen besetzt. [19. Juni.] Die Elbarmee besetzt +Dresden+; bei ihrem weiteren Vormarsch bleibt die 1. Division des +Korps v. d. Mülbe+ als Besatzung in Sachsen. [23. Juni.] Die preußische Elb- und die erste Armee überschreiten die +österreichische Grenze ohne Gefecht,+ die zweite Armee folgt am 26. Juni; gemeinsames Ziel +Gitschin+. Erstes Zusammentreffen an der +Iser+: Siegreiche Gefechte der Preußen am 26. Juni bei +Podol+ (Teile der +ersten Armee+) und bei +Hühnerwasser+ (Teile der +Elbarmee+); dann gewinnen beide Armeen Anschluß und sind bei +Münchengrätz+ (28. Juni) und +Gitschin+ (29. Juni) siegreich. Das zur preußischen +zweiten Armee+ gehörige Korps v. Bonin wird am 27. Juni von den Österreichern bei +Trautenau+ geschlagen, aber die preußische Garde dringt siegreich vor bei +Soor+ (28. Juni) und besetzt +Königinhof+ (29. Juni). Vereinigung mit dem Korps des Generals von Steinmetz, welcher drei österreichische Korps bei +Nachod+ (27. Juni), +Skalitz+ (28. Juni), +Schweinschädel+ (29. Juni) zurückgeschlagen hat. ~König Wilhelm I.~ trifft am 1. Juli in Gitschin ein und übernimmt den ~Oberbefehl~ über ~alle preußischen Heere~; Chef des Generalstabes ~General v. Moltke.~ Es wird beschlossen, mit vereinten Kräften die Österreicher anzugreifen, welche hinter dem Flüßchen +Bistritz+ auf den Höhen von +Chlum+, im Rücken gedeckt durch die Festung +Königgrätz,+ ihre Aufstellung genommen hatten (206000 Mann mit über 500 Geschützen). [~1866.~ 3. Juli.] ~Schlacht bei Königgrätz.~ Harter Kampf der ersten preußischen Armee bei +Sadowa+ und +Benatek+ gegen die Österreicher; große Verluste erleidet die Division des Generals v. Fransecky im Walde von +Masloved+. Auf dem rechten Flügel kämpft die ~Elbarmee~ bei +Nechanitz+ gegen Sachsen und Österreicher. Am Nachmittag kommt die zweite (schlesische) Armee unter dem +Kronprinzen+ nach anstrengendem Marsche von links her den Österreichern in die Flanke; das Gardekorps erstürmt die Höhe von +Chlum+. Rückzug der Österreicher nach +Königgrätz+, die Preußen erbeuten 5 Fahnen, 161 Geschütze, machen 20000 Gefangene. Weiterer Rückzug nach +Olmütz+. Kaiser +Franz Joseph+ ruft Frankreichs Vermittelung an und tritt +Venetien+ an Napoleon III. ab; der von Frankreich begehrte Waffenstillstand wird jedoch von +Preußen+ und von +Italien+ zurückgewiesen. Ein großer Teil der österreichischen Südarmee wird aus Italien zum Schutze der bedrohten Hauptstadt +Wien+ herangezogen. Die Preußen besetzen ~Prag~ (8. Juli) und ~Brünn~ (12. Juli); die erste Armee rückt von Brünn aus rasch gegen +Wien+ vor, während die zweite nach dem Treffen bei +Tobitschau+ (15. Juli, General v. Bonin) durch Besetzung von +Prerau+ die Eisenbahnverbindung zwischen Olmütz und Wien abschneidet. Benedek führt seine Truppen über die +Kleinen Karpathen+, um Wien auf dem Umwege durch das Waagtal zu erreichen. Das preußische Hauptquartier wird am 18. Juli nach +Nikolsburg+ (südlich der Taya) verlegt. Das Treffen bei ~Blumenau~ (unweit +Preßburg+) am 22. Juli (General +v. Fransecky+) entscheidet sich bereits zu Gunsten der Preußen, als es um 12 Uhr abgebrochen werden muß infolge der mittlerweile abgeschlossenen +fünftägigen Waffenruhe+. Darauf [~26. Juli.~] ~Waffenstillstand zu Nikolsburg~, nachdem ohne Frankreichs Mitwirkung, aber mit Rücksicht auf seine Forderungen, die +Friedenspräliminarien+ unterzeichnet worden sind. ~B. Westlicher Kriegsschauplatz.~ ~a) Preußen gegen Hannover und Kurhessen.~ ~Preußische Westarmee~: General ~Vogel v. Falckenstein~; sie ist zunächst noch getrennt: Division Goeben bei +Minden+, Division Manteuffel in +Holstein+, Division Beyer bei +Wetzlar+, zusammen 48000 M. +Hannoveraner+ 21000 M., +Kurhessen+ 8000 M. [~1866.~ 16.–18. Juni.] Die preußische Westarmee besetzt +Hannover+ und +Kurhessen+. Abmarsch der +hannoverschen+ Truppen über +Göttingen+ nach +Heiligenstadt+ zur Vereinigung mit den süddeutschen Bundeskorps, die aber nicht erreicht wird. König +Georg V.+ begleitet sein Heer. Die +Kurhessen+ gewinnen durch schleunigen Abmarsch Anschluß an die Süddeutschen, finden im Laufe des Feldzuges als Besatzung von +Mainz+ Verwendung. +Kurfürst Friedrich Wilhelm+ von Hessen kommt als Gefangener nach +Stettin+. [~1866. 27. Juni.~] Gefecht bei ~Langensalza~ zwischen 20500 +Hannoveranern+ und 8500 +Preußen+ und +Koburg-Gothaern+ (Gen. +v. Flies+). Die Preußen müssen sich nach 7stündigem, hartem Kampfe zurückziehen; aber durch schnelles Herbeiziehen von Verstärkungen (Generale +v. Manteuffel+ und +v. Beyer+) wird der Zweck erreicht, der hannoverschen Armee den Weg zu ihren süddeutschen Verbündeten zu verlegen. [29. Juni.] ~Kapitulation von Laugensalza~. Das Heer wird aufgelöst und entwaffnet (mit Ausnahme der Offiziere); König +Georg V.+ begibt sich nach Österreich. ~b) Preußen gegen die Süddeutschen.~ ~Die preußische Mainarmee,~ bisher Westarmee (S. 377) 45000 M. Bei dem später eintreffenden Korps des Großherzogs +Friedrich Franz+ von Mecklenburg-Schwerin die Truppen von Mecklenburg, Sachsen-Altenburg und Braunschweig. Nach Langensalza erhält die +Mainarmee+ den Auftrag, über Fulda auf Schweinfurt zu marschieren, um die Vereinigung der beiden süddeutschen Korps zu verhindern und zunächst die Bayern zu schlagen. ~Für Österreich~: Das VII. Bundes-Armeekorps (+Bayern+-Versammlung bei Schweinfurt) 40000 M. und das VIII. Bundes-Armeekorps (Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau und eine österreichische Brigade-Versammlung bei +Frankfurt a. M.+) 46000 M. Oberbefehl: Prinz +Karl von Bayern.+ Die +Mainarmee+ besiegt die +Bayern+ bei ~Dermbach~ (4. Juli) und an der Fränkischen Saale (Kissingen 10. Juli), die +Hessen+ bei ~Laufach~ (13. Juli) und das +VIII+. Korps bei ~Aschaffenburg~ (14. Juli). Dadurch werden die Verbündeten (dauernd getrennt) auf das +linke Mainufer+ gedrängt; am 16. Juli besetzt General +v. Falckenstein+ Frankfurt, von wo sich der Bundestag nach +Augsburg+ geflüchtet hat. Fortsetzung des Feldzuges unter dem Oberbefehl des Gen. ~v. Manteuffel~. Gefechte bei +Tauberbischofsheim+ gegen die Württemberger und bei +Werbach+ gegen die Badener (24. Juli), bei +Roßbrunn+ gegen die Bayern (26. Juli). Die Bayern behaupten noch die Citadelle von +Würzburg+, aber das von Leipzig her vorrückende Reservekorps des Großherzogs von Mecklenburg (25000 M.) besetzt ~Nürnberg~ (31. Juli). Waffenstillstand am 2. August. ~C. Krieg zwischen Österreich und Italien.~ Italien zum Bündnis mit Preußen veranlaßt durch die günstige Gelegenheit, +Venetien+ zu gewinnen. Die österreichische Südarmee (138000 Mann) unter Erzherzog +Albrecht+ sammelt sich bei Verona. Von den Italienern (210000 Mann) rückt ein Korps von Bologna her gegen den Po vor, der größte Teil überschreitet unter Führung des Königs +Viktor Emanuel+ den Mincio, wird aber am 24. Juni bei ~Custozza~ geschlagen. Neues Vorgehen der Italiener, nachdem ein großer Teil der österreichischen Truppen zum Schutze Wiens abberufen ist. Die italienische Flotte wird am 20. Juli bei der Insel ~Lissa~ von der österreichischen (Admiral +Tegethof+) geschlagen. Waffenstillstand am 25. Juli. [~1866.~ 23. Aug.] ~Friede zu Prag~ zwischen +Preußen+ und +Österreich+: 1. Der Kaiser von Österreich erkennt die +Auflösung des Deutschen Bundes+ an, gibt seine Zustimmung zu einer ~Neugestaltung Deutschlands ohne Österreich~, erkennt im voraus die in Norddeutschland von +Preußen+ vorzunehmenden Gebietsveränderungen an, bedingt aber dem Königreich Sachsen unveränderten Bestand (als Glied des neuen Norddeutschen Bundes) aus. 2. +Österreich+ überträgt seine Rechte auf +Schleswig-Holstein+ an +Preußen+, nur soll der nördliche Teil Schleswigs mit Dänemark wieder vereinigt werden, wenn die Bevölkerung den Wunsch dazu durch freie Abstimmung zu erkennen gibt (aufgehoben 1878). 3. +Österreich+ zahlt 20 Millionen Taler Kriegskosten. 4. +Preußen+ bedingt die Übergabe +Venetiens+ an Italien aus. ~Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau~ und die freie Stadt ~Frankfurt~ werden mit der preußischen Monarchie vereinigt. Die süddeutschen Staaten und Sachsen müssen einzeln Frieden schließen und Kriegskosten zahlen. -- Von den beabsichtigten Gebietsabtretungen der Südstaaten wird in der Hauptsache Abstand genommen (nur Bayern und Hessen müssen Grenzstriche abtreten, jenes +Orb+ und +Gersfeld+, dieses die eben geerbte Landgrafschaft +Hessen-Homburg+), weil Napoleon III. Deutschland gegenüber das Verlangen nach einer +»Grenzberichtigung«+ zeigt (s. S. 377). Zwischen ~Preußen~ und den ~Südstaaten~ werden Schutz- und Trutzbündnisse geschlossen: Gegenseitige Garantie des Gebiets, die süddeutschen Staaten stellen für den Fall eines Krieges ihre gesamten Streitkräfte unter den Oberbefehl des Königs von Preußen. Das Verlangen Napoleons III. (Abtretung der bayrischen Rheinpfalz und des linksrheinischen Hessen mit +Mainz+) wird zurückgewiesen. [3. Okt.] ~Friede zu Wien~ zwischen +Österreich+ und +Italien.+ Venetien wird mit dem Königreich Italien vereinigt. [~1866.~ 3. Sept.] Beilegung des +Verfassungsstreits+ in Preußen (S. 372) durch ein vom Landtage angenommenes +Indemnitätsgesetz+ wegen der seit 1862 ohne Staatshaushaltsgesetz geführten Verwaltung. Der ~Norddeutsche Bund~, gebildet von +Preußen+, den im Kriege mit ihm verbündet gewesenen Staaten, dem Königreich +Sachsen+ und der nördlichen Hälfte des Großherzogtums +Hessen.+ Erster ~Reichstag~ des Norddeutschen Bundes 1867 in ~Berlin~; die Verfassung wird vereinbart. Bundesleitung bei der Krone ~Preußen~, welche den Bund völkerrechtlich vertritt, in seinem Namen Krieg erklärt, Frieden und Bündnisse schließt, Gesandte beglaubigt. Die Vertretung der Regierungen bildet der ~Bundesrat~, in dem Preußen 17, die übrigen 21 Bundesglieder zusammen 26 Stimmen haben. Reichstag aus +allgemeinen+ und +direkten+ Wahlen. Einheitliches Heer unter dem Oberbefehl des Königs von Preußen (allgemeine Wehrpflicht), einheitliche Zoll-, Post- und Telegraphenverwaltung. Graf +Bismarck+ ~Bundeskanzler~. [~1868.~] Deutsches +Zollparlament+. Abgeordnete aus den süddeutschen Staaten erscheinen im norddeutschen Reichstag, um die durch Vertrag zwischen den Regierungen 1867 angebahnte Wiederherstellung des +Zollvereins+ (S. 361) durchzuführen. Die preußische Flotte (S. 361) wird zur +norddeutschen Kriegsflotte+; Kriegshäfen werden in +Kiel+ und +Wilhelmshaven+ angelegt. Bestand der Flotte 1870: 3 Panzerfregatten, 2 Panzerfahrzeuge, 9 Korvetten, 2 Avisos, 22 Kanonenboote. [~1867.~] Streit über Luxemburg. Napoleon III. unterhandelt, um für Frankreich doch eine Vergrößerung zu gewinnen (S. 379), mit dem König der Niederlande über +Abtretung des Großherzogtums Luxemburg an Frankreich+ gegen eine Geldentschädigung und verlangt, daß die früher zum Deutschen Bunde (S. 341), nicht aber zu dem neuen Norddeutschen Bunde gehörende Festung Luxemburg von der +preußischen Besatzung+ geräumt werde. Ausgleich durch Beschluß einer Konferenz der Großmächte zu London (+Italien+ als sechste Großmacht anerkannt): 1. Die Neutralität des Großherzogtums wird von den Großmächten +gemeinsam+ gewährleistet; 2. Die preußische Besatzung räumt die Stadt +Luxemburg+, deren Festungswerke geschleift werden. ~Ende des Kirchenstaates~. +Italienische+ Freischaren machen mit stillschweigender Gutheißung ihrer Regierung 1867 (Sept.) einen Angriff auf das päpstliche Gebiet. Napoleon III. erklärt den früheren Vertrag (S. 370) für gebrochen und schickt dem Papste Hilfe. Die Freischaren werden bei +Mentana+ geschlagen; ihr Führer +Garibaldi+ wird nach kurzer Haft wiederum nach +Caprera+ entlassen. ~Rom~ erhält von neuem eine ~französische Besatzung~ (S. 363, 370). [~1869.~ 8. Dez.] Eröffnung des ~Vatikanischen Konzils~ in Rom, durch welches das Ansehen des Papsttums nach der Einschränkung seiner weltlichen Herrschaft gesichert und erhöht werden soll. Verkündung des +Unfehlbarkeits-Dogmas+ am 18. Juli 1870. Am 20. Sept. 1870 wird Rom von den italienischen Truppen besetzt, da die französische Besatzung zurückgezogen ist (s. S. 385). ~Aufhebung des Kirchenstaates.~ +Rom wird Hauptstadt des geeinigten Italiens.+ § 8. Deutsch-französischer Krieg 1870–1871. ~Ursache~: Die Meinung der Franzosen, daß ihrer Nation auf dem europäischen Festlande eine herrschende Machtstellung zukomme. Letztere hatte die Schwäche der Nachbarstaaten, vor allem Deutschlands zur Voraussetzung. Die Begründung des italienischen Einheitsstaates und die Entstehung eines mächtigen deutschen Bundesreiches erschien den Franzosen wie eine Schmälerung ihres Ruhmes. ~Veranlassungen~: 1. Die inneren Verlegenheiten der Regierung Napoleons III., welcher, für seinen Thron fürchtend, dem gesetzgebenden Körper (S. 355) erweiterte Rechte zögernd zugesteht; 2. Die Ablehnung der seit 1866 wiederholt verlangten Ausgleichungen für die Vergrößerung Preußens an Land und Macht (S. 379, 380). Der von Napoleon durch Benedetti 1867 schriftlich in Berlin eingereichte Vertragsentwurf, nach welchem Napoleon Luxemburg und Belgien besetzen und dafür Preußen die Aufnahme der süddeutschen Staaten in den Norddeutschen Bund gestatten wollte, war von Bismarck »dilatorisch« behandelt worden. ~Vorwand~: Die Übertragung der spanischen Krone an den Prinzen +von Hohenzollern+ (s. u. § 16), die in Paris als eine +preußische+, Frankreich gefährdende Intrige dargestellt wird. Das durch den französischen Botschafter +Benedetti+ in Ems (9. Juli) an König Wilhelm I. gestellte Verlangen, »dem Prinzen von Hohenzollern die Annahme der spanischen Krone zu verbieten«, wird zurückgewiesen. Nach dem freiwilligen Rücktritt des Prinzen verlangt die französische Regierung eine Erklärung des Königs, »daß er die Bewerbung des Prinzen um die spanische Krone in Zukunft niemals wieder zulassen werde«. König Wilhelm weist den französischen Botschafter ab (13. Juli); Graf Bismarck läßt die Nachricht davon gebende »Emser Depesche« in verkürzter Form alsbald durch die Zeitungen verbreiten. Darauf Kriegserklärung Frankreichs (19. Juli). Die +süddeutschen Staaten+ schließen sich unverzüglich auf Grund der bestehenden Bündnisse (S. 379) der Kriegsrüstung des Norddeutschen Bundes an. A. Krieg gegen die kaiserliche Armee. ~Deutsche Streitkräfte, Oberbefehl König Wilhelm I.~ +Chef des Generalstabes+: General ~v. Moltke.~ Am 31. Juli stehen bereit: I. Armee (General ~v. Steinmetz~) +südlich+ von +Trier+, 60000 M. II. Armee (Prinz ~Friedrich Karl~) +südlich+ von +Mainz+, 194000 M. einschl. Reserve. III. Armee (hierbei zwei Bayr. Korps, sowie Württemb. und Badische Div.; ~Kronprinz von Preußen~) +zwischen Landau+ und +Speier+, 130000 M. Drei Armeekorps (100000 M.) werden Anfang August zur Verstärkung herangezogen. Zur +Küstenverteidigung+: General-Gouverneur +Vogel v. Falckenstein+, 17. Division und Landwehr. Zusammen (einschl. aller Besatzungs- und Ersatztruppen) nahezu eine Million Mann. ~Feldzugsplan~: Eroberung von Paris, auf dem Wege dahin Abdrängen des Feindes von dem reichen Süden in das engere Hinterland des nördlichen Frankreichs. +Angreifen+ unter Zusammenhalten der Kräfte, wo sich der Feind stellt. ~Französische Streitkräfte~: 300000 M., vorläufig als Rheinarmee unter Oberbefehl des Marschalls +Bazaine+. Davon stehen: Marschall ~Mac-Mahon~ bei +Straßburg+ mit 100000 M., Marschall ~Bazaine~ bei +Metz+ mit 150000 M., Reserven bei +Nancy+ und +im Lager von Châlons-sur-Marne+, zusammen 50000 M. Außerdem können noch 115 Bataillone ins Feld rücken, sobald die +Nationalgarde+ sie im Innern des Landes ersetzt. Auch der französische Feldzugsplan geht auf +überraschenden Angriff+ aus, wird aber zu langsam ausgeführt. Eine +französische Flotte+ erscheint in der +Ostsee+, bald darauf eine zweite in der +Nordsee+; es kommt aber zu keiner Landung. Die +norddeutsche Flotte+ bewacht die Flußmündungen; 17. Aug. Gefecht der +Grille+, von 3 Kanonenbooten unterstützt, bei +Rügen+ gegen 8 französische Schiffe. Im Sept. ziehen beide französische Flotten sich zurück. 9. Nov. Kampf des Kanonenboots +Meteor+ bei +Havanna+ gegen ein größeres französisches Schiff, das zum Rückzug in den Hafen genötigt wird. Im Januar 1871 nimmt die Korvette +Augusta+ in der +Gironde+ französische Transportschiffe weg, muß dann aber in einem spanischen Hafen Schutz suchen. +Bismarck+ erreicht (29. Juli) durch eine aktenmäßige Enthüllung der Anerbietungen Napoleons auf Kosten Süddeutschlands, Luxemburgs und Belgiens, daß England, Dänemark, Österreich und Italien neutral bleiben. Rußland tritt diplomatisch für Preußen in Wien ein. [~1870.~ 2. Aug.] Die Franzosen, von +Metz+ her vorrückend, besetzen durch ein Armeekorps in Gegenwart des Kaisers Napoleon die nur von 1500 Mann preußischer Truppen verteidigte Stadt ~Saarbrücken~ [4. Aug.] Treffen bei ~Weißenburg~. Die Vorhut der ~III. Armee~ (Preußen und Bayern) erstürmt Weißenburg und den stark befestigten +Geisberg+. ~Mac-Mahon~ vereinigt seine Truppen und erwartet den Feind in starker Stellung, erleidet aber in der [6. Aug.] ~Schlacht bei Wörth~ durch das Heer des Kronprinzen ~Friedrich Wilhelm~ eine vollständige Niederlage. +Mac-Mahon+ zieht sich auf das befestigte Lager bei +Châlons+ zurück. Daselbst trifft bald auch Kaiser +Napoleon III.+ ein und überträgt ~Mac-Mahon~ den Oberbefehl über die neugebildete Armee. [6. Aug.] ~Schlacht bei Spichern~ (+Saarbrücken+). Teile der I. und II. Armee (Gen. v. Kameke, v. Alvensleben, v. Goeben) erstürmen die stark verschanzten Spicherer Höhen. Der Kronprinz mit der ~III. Armee~ rückt, nach Absendung eines Korps unter General v. Werder zur Belagerung von +Straßburg+, durch die unverteidigten Pässe des +Wasgen-Waldes+ nach +Nancy+. Die ~I. Armee~ marschiert auf +Metz+, die ~II. Armee~ auf +Pont à Mousson+ mit der Absicht, das französische Heer in und bei Metz von Paris abzuschneiden. Um dem zuvorzukommen, beschließt ~Bazaine~ den Rückzug über +Verdun+ nach +Châlons-sur-Marne+, zur Vereinigung mit +Mac-Mahon+ und neu herangezogenen Truppen. +Napoleon III.+ eilt voraus nach Châlons. +Bazaine+ nimmt, als ihn unweit Metz die Vorhut der I. Armee angreift, den Kampf auf dem +rechten+ Moselufer an. Durch die [14. Aug.] +Schlacht bei Colombey-Nouilly+ wird deutscherseits der Zweck erreicht, den Abzug des Gegners auf Verdun zu verzögern. Der Abmarsch wird gänzlich vereitelt durch die [~16. Aug.~] ~Schlacht bei Vionville -- Mars la Tour~, in welcher Prinz +Friedrich Karl+ mit Teilen der II. Armee (die Brandenburger unter Gen. v. Alvensleben) die weit überlegenen feindlichen Streitkräfte bei Metz festhält. Verlust 16000 Mann, ebensoviel auf französischer Seite. Nachdem die übrigen Truppen der I. und II. Armee herangekommen sind, werden die Franzosen in ihren +befestigten Stellungen+ westlich von Metz von neuem angegriffen. [~1870 18. Aug.~] ~Schlacht bei Gravelotte-Saint Privat.~ 180000 Deutsche unter dem Oberbefehl +König Wilhelms+ gegen mindestens ebensoviel Franzosen. Mörderischer Kampf auf dem linken Flügel; die preußische Garde, von den Sachsen unterstützt, erstürmt die Höhen von +St. Privat+. Verlust der Deutschen 20000, der Franzosen 13000. Bazaines Armee wird in die Festung +Metz+ gedrängt und daselbst eingeschlossen. Prinz +Friedrich Karl+ leitet die ~Belagerung von Metz,~ während die III. Armee (Kronprinz) von Nancy her gegen +Châlons+ vorrückt. Mit ihr wirkt zusammen eine von der II. Armee (die vor Metz bleibt) abgetrennte IV. +(Maas-) Armee+ unter ~Kronprinz Albert von Sachsen.~ +Mac-Mahon+ verläßt, von Napoleon III. begleitet, Châlons und versucht auf dem Umwege über Reims +Metz+ zu erreichen, um sich mit Bazaine zu vereinigen. Dies Unternehmen wird deutscherseits rechtzeitig entdeckt; die III. und IV. Armee schwenken deshalb vom Vormarsch gegen Paris rechts ab; die +IV. Armee+ erreicht die Franzosen an der +Maas+, greift an und verhindert durch die siegreiche [30. Aug.] ~Schlacht bei Beaumont~ den geplanten Entsatzversuch von Metz, drängt auch die Mac-Mahonsche Armee in eine äußerst ungünstige Lage. +Bazaine+ versucht die Einschließung von Metz zu durchbrechen, wird aber durch die [31. Aug. u. 1. Sept.] ~Schlacht bei Noisseville~ zurückgetrieben. Gleichzeitig wird Mac-Mahon von der III. und IV. deutschen Armee bei +Sedan+ an der Maas eingeschlossen (über 200000 Deutsche gegen 124000 Franzosen). [~1. Sept.~] ~Schlacht bei Sedan.~ Heftiger Kampf der Bayern bei +Bazeilles+, der Sachsen bei +Daigny+, der Preußen bei +Givonne+, +Illy+ und +Floing+. Die Franzosen werden in die Stadt hineingedrängt. Nach Beginn der Beschießung wird in der Stadt die weiße Fahne aufgezogen. ~Napoleon III.~ gibt sich gefangen, verläßt die Stadt am 2. Sept. früh. Zusammentreffen mit Graf Bismarck bei +Donchery+, wo während der Nacht über die Bedingungen der Übergabe verhandelt war (+Moltke,+ +Bismarck,+ +Wimpffen,+ Mac-Mahon war verwundet). [~2. Sept.~] ~Übergabe von Sedan,~ 39 Generale, über 2300 Offiziere, 83000 Mann (außerdem schon während der Schlacht über 20000 M.) kriegsgefangen, 419 Feld- und 139 Festungsgeschütze erbeutet. 3090 Mann erreichen die belgische Grenze und werden dort entwaffnet; das Korps Vinoy entkommt von Mézières nach Paris. Zusammenkunft zwischen Kaiser ~Napoleon III.~ und ~König Wilhelm I.~ in dem Schlosse +Bellevue+ bei +Donchery+; Napoleon als Kriegsgefangener nach +Wilhelmshöhe+ (bei Kassel) gebracht. [~1870. 4. Sept.~] ~Frankreich Republik~ (+Dritte Republik+). Provisorische »Regierung der nationalen Verteidigung«: +Trochu+ Präsident und Gouverneur von Paris, +Favre+ Auswärtiges, +Gambetta+ Inneres. Für den Krieg »bis aufs Äußerste« wird die ganze Nation zu den Waffen gerufen, die Flotten werden aus der Nordsee und Ostsee zurückgezogen. Die Kaiserin Eugenie flieht mit ihrem Sohn nach England. Alle deutschen Truppen, welche bei Sedan gekämpft haben, marschieren gegen Paris und erreichen bis 19. Sept. die Einschließung (S. 387ff.). ~B. Krieg gegen die republikanischen Heere.~ In zahlreichen Festungen Frankreichs stehen noch kaiserliche Truppen, die sich aber den Geboten der Republik fügen. Nach dem Sturz des Kaisertums zunächst Friedensverhandlungen in +Ferières+ zwischen Bismarck und Favre. Sie bleiben erfolglos, da Frankreich jede Gebietsabtretung verweigert. +Thiers+ bereist die europäischen Höfe, findet aber keine Unterstützung (S. 382f.). Besonders aus England erhält Frankreich starke Zufuhr an Waffen und Munition. Das Korps des +Großherzogs von Mecklenburg+ (s. S. 378), bisher zum Schutz der deutschen Küste tätig, sichert die +Eisenbahnverbindung+ nach Deutschland durch Einnahme der Festungen +Toul+ und +Soissons+. Demselben Zwecke dient die nach und nach folgende Einnahme der Festungen Schlettstadt, Verdun (8. Nov.), Diedenhofen, Montmédy, Mézières u. a. Schwieriger Schutz der Etappenstraßen gegen Überfälle französischer +Franctireurs+. Das besetzte französische Gebiet wird in 4 General-Gouvernements eingeteilt. [27. Sept.] ~Übergabe von Straßburg~ nach längerer Belagerung (bei der die wertvolle Bibliothek zerstört wurde) durch preußische und badische Truppen unter Gen. +v. Werder.+ Besatzung von 17000 Mann kriegsgefangen. Die preußische Garde-Landwehr zieht gegen Paris; mit der badischen Division und einigen preußischen Regimentern marschiert Gen. +v. Werder+ durch den Wasgau nach Südwesten (Epinal -- Vesoul -- Dijon, S. 387ff.). ~Gambetta~, welcher Paris im Luftballon verlassen hat, übernimmt (9. Okt.) die Diktatur in ~Tours.~ Seinem Organisationstalent gelingt es, im Laufe der nächsten vier Monate etwa 800000 M. ins Feld zu stellen: aus Resten der alten Armee, Zuzügen aus Algier, Marinetruppen und durch Massenaufgebot. Es entstehen vier neue Heere; die +Loire-Armee+ bei Orléans, die +Westarmee+ bei Rouen, die +Nordarmee+ bei Lille, die +Ostarmee+ bei Besançon. ~Eroberung oder Rettung von Paris bleibt Hauptziel des Krieges.~ [~1870. 27. Okt.~] ~Übergabe von Metz~ (belagert seit 19. August). Nach mehreren vergeblichen Ausfällen ergibt sich +Bazaine+, durch Hunger gezwungen, mit seiner großen Armee; 6000 Offiziere, 187000 Mann kriegsgefangen, 622 Feld-, 876 Festungsgeschütze erbeutet. ~Prinz Friedrich Karl~ mit der II. Armee marschiert gegen die französische +Loire-Armee+, General ~v. Manteuffel~ mit einer neu eingeteilten I. Armee gegen die +französische Nordarmee+ (S. 387). +a) Der Feldzug an der Loire und gegen Le Mans.+ [Okt.] Die ~Loire-Armee~ (etwa 30000 M. stark und noch nicht kriegsbereit) ergreift in den ersten Oktobertagen von ~Orléans~ aus die Offensive auf ~Paris.~ Gegen sie marschiert südlich von Paris General ~v. d. Tann~ mit dem I. bayrischen Korps und der 22. Division, drängt die Franzosen nach empfindlicher Niederlage bei +Artenay+ (10. Okt.) zurück +und besetzt Orléans+ (11. Okt.). [Nov.] Zweite Offensive der auf 200000 Mann verstärkten +Loire-Armee+, welche den General v. d. Tann bei +Coulmiers+ (9. Nov.) zum Rückzug auf Artenay und zur +Räumung von Orléans+ nötigt, v. d. Tann gewinnt (nicht verfolgt) Anschluß an den +Großherzog von Mecklenburg+, tritt in den Verband der diesem unterstellten ~Armee-Abteilung~ (50000 M.), welche die Einschließung von Paris gegen Westen und Süden sichern soll. Sie drängt zunächst ein von Westen her anrückendes französisches Korps in beschwerlichem Kleinkriege gegen Freischaren nach +Le Mans+ zurück. Inzwischen hat die +Loire-Armee+ sich befestigte Stellungen nördlich von Orléans geschaffen; von deutscher Seite aber rückt Prinz ~Friedrich Karl~ heran, und der ~Großherzog von Mecklenburg~ kommt von Westen her zu gemeinsamem Angriff. Das erneute Vorrücken der Loire-Armee wird durch die [28. Nov.] +Schlacht bei Beaune la Rolande+ (II. Armee) und die [2. Dez.] +Schlacht bei Loigny-Poupry+ (Großherzog von Mecklenburg) rechtzeitig vereitelt. Nach weiteren harten Kämpfen der beiden deutschen Heere wird ~Orléans~ +von ihnen besetzt+. Von der Loire-Armee entweicht ein Teil nach Süden, wo +General Bourbaki+ neue Streitkräfte organisiert (vgl. S. 388), der andere wird durch General +Chanzy+ nach +Westen+ zurückgeführt und auch durch Verstärkungen neu gefestigt. Chanzy versucht, über +Vendôme+ auf Paris zu ziehen; dies vereitelt die deutsche Armee-Abteilung durch schwere Kämpfe [7.–10. Dez.] bei +Beaugency-Cravant+. Chanzy geht hinter die Loir auf +Le Mans+ zurück. Deutsche Erkundungsgefechte: Das Detachement +Boltenstern+ bei +Montoire+ (27. Dez.). Die Regierung von Tours wird nach +Bordeaux+ verlegt. (Gambetta in Bourges.) [~1871.~ Jan.] Die Armee-Abteilung wird aufgelöst und findet teils bei der II. Armee, teils bei Orléans und Paris Verwendung. ~Prinz Friedrich Karl~, unaufhaltsam vorrückend trotz der Winterkälte, vernichtet die Armee des General +Chanzy+ (150000 M.) in der [~10.–12. Jan.~] ~Schlacht vor Le Mans~ (20000 Gefangene). Die deutsche II. Armee bleibt bei Le Mans und an der Loire, das Korps des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin marschiert nach Rouen. +b) Der Feldzug im Norden und Nordwesten Frankreichs.+ Um die Einschließung von +Paris+ gegen Truppenansammlungen im Norden Frankreichs zu sichern, rückt die I. Armee, drei preußische Korps unter General ~v. Manteuffel~, von Metz aus in nordwestlicher Richtung vor (S. 386). Sie schlägt die aus Marinetruppen und Mobilgarden gebildete französische +Nord+armee in der [~1870.~ 27. Nov.] ~Schlacht bei Amiens~, nimmt diese Stadt ein und besetzt dann ~Rouen~ (5. Dez.); die dort auftretende französische +West+armee (S. 385) weicht ernsten Kämpfen aus. Die +Nordarmee+, von General +Faidherbe+ wieder gesammelt und verstärkt, rückt wieder gegen +Amiens+ vor. [23. u. 24. Dez.] ~Schlacht an der Hallue~ (Nebenfluß der Somme). Die Franzosen ziehen sich unter Mangel und Kälte auf +Arras+ zurück. Die Deutschen belagern darauf die Festung +Péronne+; Faidherbes Versuch, diese zu entsetzen, wird vereitelt durch die Schlacht bei ~Bapaume~ (3. Jan. 1871); Péronne ergibt sich 9. Jan. Die bei Rouen verbliebenen Ostpreußen (I. A.-K.) zerstreuen eine Ansammlung der Westarmee durch das Gefecht bei +Robert-le-Diable+ (4. Jan.). Am 8. Jan. hat für den zum südöstlichen Kriegsschauplatz abberufenen Gen. v. Manteuffel Gen. ~v. Goeben~ den Oberbefehl übernommen. Der Plan der Franzosen, über +St. Quentin und Reims auf Paris+ zu marschieren, wird rechtzeitig erkannt; sie werden durch das Gefecht bei +Tertry-Poeuilly+ (18. Jan.) aufgehalten. [~1871. 19. Jan.~] ~Schlacht von St. Quentin~, in welcher General v. Goeben die Nordarmee entscheidend schlägt. Die +Nordfestungen+ verhindern ausgiebige Verfolgung. +c) Der Feldzug im Osten Frankreichs.+ [~1870~ (Okt.).] General ~v. Werder~ wendet sich nach der Einnahme von Straßburg (S. 385) gegen die Franctireurs in den +Vogesen+ und die französische ~Ostarmee~ in +Ober-Elsaß und Burgund+, insbesondere um den Heeren vor Paris und Metz die Verbindung nach Deutschland zu sichern. Die Ostarmee will den Abstieg aus den Vogesen bei +St. Dié+ verwehren, wird aber auf Besançon zurückgedrängt. Die badischen Truppen besetzen ~Dijon~ (31. Okt.); die aus dem Elsaß nachrückende Landwehr-Division v. Tresckow schließt die Festung ~Belfort~ ein (8. Nov.). Die Franzosen verstärken sich durch Heranziehung der vor Orléans (S. 386) geschlagenen und bei Bourges wieder gesammelten Loire-Truppen; den Oberbefehl übernimmt Gen. ~Bourbaki~. Gen. v. Werder tritt den von Süden her anrückenden Feinden bei +Nuits+ entgegen (18. Dez.), räumt dann aber freiwillig +Dijon+, um die Belagerung von Belfort zu decken, und vereinigt sein Korps in starker Stellung bei +Vesoul+ (30. Dez.). Bourbaki, von Gambetta getrieben, aber durch mangelnde Ausrüstung der Truppen gehemmt, beginnt seinen Vormarsch. Dijon wird von den unter +Garibaldis+ (S. 370, 381) Befehl stehenden Freischaren besetzt. [~1871.~ 9. Jan.] Treffen bei +Villersexel+, anfangs glücklich für die Franzosen, aber bei Abbruch des Nachtgefechts ist die Stadt in deutscher Hand. General v. Werder durchkreuzt die Absicht Bourbakis, ihn von Belfort abzudrängen, durch Abmarsch hinter die +Lisaine+ (Nebenfluß des Doubs) und schiebt sich in einer Stellung Héricourt-Montbéliard zwischen die französische Ostarmee und Belfort. [~15.–17. Jan.~] ~Schlacht an der Lisaine.~ In dreitägigem Kampfe bei strenger Kälte gelingt es den Franzosen (140000 M.) nicht, die deutschen Linien (43000 M., Badener und preußische Landwehr) zu durchbrechen; in voller Auflösung strömt die Ostarmee auf Besançon zurück. Zu derselben Zeit erreichen die zur Unterstützung gesandten deutschen Truppen (II. und VII. A.-K.) unter General ~v. Manteuffel~ die Gegend westlich +Vesoul+. Auf die Nachricht von Werders Sieg wendet sich Manteuffel sofort südlich nach Besançon; Werder schließt sich diesem Vormarsch an. Weitestes Vordringen einer deutschen ~Südarmee~. Hierdurch ist für Bourbaki der Rückzug nach Westen oder Süden abgeschnitten; nach seiner Absetzung führt General +Clinchant+ die Ostarmee auf Pontarlier, in der Hoffnung, längs der Grenze zu entkommen. Durch den +Jura+ drängen aber die Deutschen kräftig nach, und unter letzten Gefechten bei +La Cluse+ und +Pontarlier+ tritt die Ostarmee (80000 Mann) auf ~Schweizer Gebiet~ (1.–3. Febr.) über und gerät damit in Kriegsgefangenschaft. Nur Teile der Division Cremer entkommen nach Südfrankreich. Beim Vormarsch auf Belfort (Vesoul) hatte General v. Manteuffel die Brigade +v. Kettler+ gegen ~Dijon~ geschickt. Das dort stehende Korps +Garibaldi+ (20000 M.) beschränkt sich darauf, die Angriffe dieser 5 Bataillone am 21. und 23. Januar abzuwehren (Verlust der +einzigen+ deutschen Fahne -- aufgefunden unter Leichen). Als Verstärkung für General v. Kettler anrückt, ziehen sich Garibaldis Scharen mit Benutzung der Eisenbahn nach +Lyon+ zurück. [~1871.~ 16. Febr.] ~Übergabe von Belfort.~ Selbst während der Schlacht an der Lisaine waren die Angriffsarbeiten nicht unterbrochen worden. Den tapferen Verteidigern (Oberst +Denfert+) wird freier Abzug gewährt. +d) Belagerung von Paris.+ Starke Befestigungen: Ringmauer von 34 km Umfang mit Umwallung, davor ein Gürtel von Forts, namentlich auf der Ost- und Südseite; im Westen der stark befestigte +Mont Valérien+, im Norden der befestigte Vorort +St. Denis+, im Osten der steile +Mont Avron+, »der Schlüssel von Paris«. Besatzung 72000 M. Linien- und Marinetruppen, 115000 M. Mobilgarden aus der Provinz, über 130000 M. Nationalgarde. Einschließung durch die III. und IV. deutsche Armee (S. 385) in einem Gürtel von 82 km Umfang, anfangs nur 130000 M., bald auf 240000 M. verstärkt. Hauptquartier König Wilhelms in +Versailles+. Alle Entsatzversuche der französischen Loire- und Nordarmee werden vereitelt, ebenso die zahlreichen Ausfälle der Belagerten. [~1870.~ 21. Okt.] Ausfallgefecht bei +La Malmaison+ (im Westen), General Ducrot wird zurückgeschlagen. [30. Okt.] Erstürmung von +Le Bourget+ (im Nordosten) durch die preußische Garde. Dies Dorf lag unter den Geschützen von 5 Forts und war am 28. Okt. (deutscherseits schwach besetzt) von den Franzosen genommen. Fernere Gefechte bei Le Bourget am 21. Dez. und 13. Jan. Der ernstlichste Versuch zur Befreiung beginnt am 30. Nov. General Ducrot geht mit 40000 M. auf das linke Marne-Ufer und erobert, unterstützt durch Scheinangriffe anderer Abteilungen im Norden (Epinay) und Südosten (Mont Mesly), die östlich gelegenen Dörfer +Brie+ und +Champigny+. [2. u. 3. Dez.] ~Schlacht b. Champigny-Yilliers.~ Ducrots Truppen, die auf den Anmarsch der Loire-Armee gehofft hatten (S. 386), werden in heftigem Kampfe zurückgeworfen (Württemberger und Sachsen unter dem preußischen General +v. Fransecky+). Nachdem sich die Erwartung, Paris durch Hunger zu bezwingen, als falsch erwiesen hat, beginnt am [~1870.~ 27. Dez.] ~die Beschießung von Paris,~ zunächst gegen die +Ostfront+ aus verschanzter Stellung, dem +Mont Avron+ gegenüber, der von den Franzosen bald geräumt wird, sodann seit Anfang Januar auch gegen +die Südfront, die Nordforts und St. Denis+. Infolge des Eingreifens der schweren Artillerie gestaltet sich die Lage der Deutschen erheblich günstiger, weil die Verteidiger die Stellungen im Vor- und Zwischengelände räumen müssen. [~1871.~ 18. Jan.] Erneuerung der ~deutschen Kaiserwürde~ im Spiegelsaal des Schlosses zu ~Versailles~, nachdem die süddeutschen Staaten sich zu dauernder Vereinigung mit dem Norddeutschen Bunde bereit erklärt haben und König Ludwig II. von Bayern, der Aufforderung +Bismarcks+ entsprechend, im Namen der Fürsten und freien Städte Deutschlands dem König +Wilhelm I. von Preußen+ die Kaiserwürde angetragen hat. ~Wilhelm I. Deutscher Kaiser 1871–1888.~ [19. Jan.] ~Schlacht am Mont Valérien~ (im Westen). Letzter großer Ausfall, bei dem auch die bisher geschonten Nationalgarden Verwendung finden. Die Franzosen nehmen +St. Cloud+, aber ihr Angriff (90000 M. unter General +Trochu+) scheitert, bevor er die Hauptstellung der Deutschen erreicht. Die tapferen Verteidiger von St. Cloud, beim Rückzug vergessen, ergeben sich am nächsten Tage. Da jede Hoffnung auf Entsatz geschwunden ist und die Not der Bevölkerung von Paris bedenklich steigt, wird durch Unterhandlungen zwischen +Favre+ und +Bismarck+ die [~28. Jan.~] ~Übergabe von Paris~ zum Abschluß gebracht. Bedingungen: 1. Übergabe sämtlicher Forts mit dem Kriegsmaterial an die deutschen Truppen, Entwaffnung der Ringmauer. 2. Alle französischen +Soldaten+ in Paris gelten als Kriegsgefangene und werden entwaffnet, mit Ausnahme von 12000 Mann, welche mit der Nationalgarde die Ordnung aufrecht erhalten; für die Verproviantierung sorgen die französischen Behörden. 3. Die Stadt Paris zahlt 200 Millionen Francs Kriegssteuer. 4. Waffenstillstand auf allen Kriegsschauplätzen, mit Ausnahme der Departements +Doubs, Jura+ und +Côte d’or+, auf +drei+ Wochen, um die Wahlen zu einer französischen +Nationalversammlung+ zu ermöglichen, welche in +Bordeaux+ zusammentreten und über Krieg und Frieden entscheiden soll. ~Gambettas~ Widerstand gegen diese Übereinkunft wird bald gebrochen; er legt sein Amt als Mitglied der Regierung nieder (6. Febr.). ~Thiers,~ von der Nationalversammlung in +Bordeaux+ an die Spitze der französischen Regierung gestellt, führt die Unterhandlungen mit Graf ~Bismarck.~ [~1871.~ 26. Febr.] ~Friedenspräliminarien zu Versailles~: 1. Frankreich tritt an Deutschland ab: das ~Elsaß~ außer +Belfort+, ferner ~Deutsch-Lothringen~ mit +Metz+ und +Diedenhofen+ (+Thionville+), zusammen 14500 qkm mit 1½ Mill. Einwohnern; 2. Frankreich zahlt in drei Jahren +5 Milliarden+ Francs Kriegsentschädigung; zur Sicherstellung der Zahlung bleiben die östlichen Départements besetzt. [~1. März.~] ~Einzug~ von 30000 Mann deutscher Truppen ~in Paris~ und Besetzung eines Teils der großen Stadt. Nachdem die Friedensbedingungen noch an demselben Tage von der französischen Nationalversammlung angenommen worden sind, wird am 2. März Paris von den Deutschen geräumt. Kaiser ~Wilhelm~ verläßt das Hauptquartier +Versailles+ am 7. März und kehrt nach +Berlin+ zurück. Die Friedensbedingungen werden bestätigt und im einzelnen näher bestimmt (Austausch eines französischen Bezirks bei +Belfort+ gegen einen deutschen in +Lothringen+) in dem [~10. Mai.~] ~Frieden zu Frankfurt a. M.~ Die drei großen Ergebnisse des blutigen Krieges sind: 1. Das Aufhören der +vorherrschenden+ Machtstellung Frankreichs. 2. Deutschland gewinnt eine sichere Westgrenze. 3. Die seit langen Jahren erstrebte ~Einigung Deutschlands~ ist verwirklicht. [14. April.] Der nach ~Berlin~ berufene Reichstag genehmigt fast einstimmig folgende ~Reichsverfassung~: 1. An der Spitze des Reiches steht als ~Deutscher Kaiser~ der +König von Preußen+; die Kaiserwürde ist mit der Krone Preußens fortan +erblich+ verbunden. Der Kaiser vertritt das Reich völkerrechtlich, erklärt Krieg und Frieden (mit Zustimmung des Bundesrats), schließt Bündnisse und Verträge, führt den Oberbefehl über die gesamte deutsche Land- und Seemacht. 2. Die Vertretung der 25 Staaten bildet der ~Bundesrat~ (im ganzen 58, seit 1911 61 Stimmen: +Preußen+ 17, +Bayern+ 6, +Sachsen+ und +Württemberg+ je 4, +Baden+, +Hessen+ und +Elsaß-Lothringen+ je 3, +Mecklenburg-Schwerin+ und +Braunschweig+ je 2, die übrigen je 1); den Vorsitz führt der ~Reichskanzler~ (der erste: ~Fürst Bismarck~). 3. Die Vertretung der Bevölkerung bildet der zum 21. März 1871 zum erstenmal nach Berlin berufene deutsche ~Reichstag~, bestehend aus 382 (seit Hinzutreten der Elsaß-Lothringischen 397) Abgeordneten, die aus allgemeinen und direkten geheimen Wahlen hervorgehen. Einheitliches Heerwesen mit +allgemeiner Wehrpflicht+: Im stehenden Heere 7 Jahre; hiervon aktiv bei Kavallerie und reitender Feldartillerie 3 Jahre, sonst seit 1893 2 Jahre; die übrige Zeit in der Reserve. Landwehrpflicht (I. und II. Aufgebot) bis zum vollendeten 39. und Landsturmpflicht bis zum vollendeten 45. Lebensjahre. Das Reich bildet +ein+ Zollgebiet (S. 351). Gemeinsames Post- und Telegraphenwesen, gleichmäßige Verwaltung der Eisenbahnen. Einheitliches Dezimal-, Münz-, Maß- und Gewichtssystem; Einheit des Rechts. Bayern und Württemberg haben sich Sonderrechte, namentlich in der Heeres- und Postverwaltung, vorbehalten. Das Gebiet des neuen ~Deutschen Reiches~ umfaßt 544000 qkm; 1871: 41 Millionen, 1910: rund 65 Millionen (Preußen 40 Mill.) Einwohner. Das ~Reichsland Elsaß-Lothringen~ wird seit 1879 von einem +Statthalter+ des Kaisers regiert (Gen. +v. Manteuffel+ bis 1885, Fürst +Hohenlohe-Schillingsfürst+ bis 1894, Fürst +Hohenlohe-Langenburg+ bis 1907, seitdem Graf +v. Wedel+). Anfangs im Bundesrat nicht vertreten, erhält es 1911 als 26. selbständiger Bundesstaat 3 Stimmen eingeräumt (S. 397). Ihre ~Einkünfte~ erhalten die Einzelstaaten hauptsächlich aus direkten Steuern und aus der Verwaltung der Eisenbahnen, das +Reich+ aus den Zöllen und indirekten Steuern, sowie aus Beiträgen der Einzelstaaten, soweit erforderlich (Matrikularbeiträge). Das Reich bestreitet die Ausgaben für Heer und Kriegsflotte. Grundlagen der Reichseinheit sind das deutsche +Handelsgesetzbuch+, schon 1861–65 in den meisten Staaten des Deutschen Bundes eingeführt, das deutsche +Strafgesetzbuch+ von 1870, die Gesetze des Norddeutschen Bundes über Freizügigkeit 1867, die Gewerbeordnung 1869, das Bürgerliche Gesetzbuch (B.G.B.) 1900 u. a. (s. S. 394 ff.). [~1871.~ März-Mai.] ~Herrschaft der sozialistischen Kommune in Paris.~ Nach der Kapitulation hatten sich die als Nationalgarde bewaffneten Arbeiter vieler Kanonen bemächtigt und die nordöstlichen Teile der Stadt (namentlich +Montmartre+ und +Belleville+) fast in Festungen verwandelt. Der Versuch der Linientruppen, ihnen die Kanonen wieder abzunehmen, führt zu einem Aufstand; die Linientruppen räumen die Stadt und die Forts der Südseite. Der von den Aufständischen erwählte +Gemeinderat+ (la +Commune+) verfügt Erpressungen und Gewaltmaßregeln. Schreckensherrschaft der Sozialisten unter Mitwirkung eines Ausschusses der +»Internationale«+ (s. S. 394). Plünderung der Kirchen, Verhaftung des Erzbischofs +Darboy+ und anderer »Geiseln«; fast alle werden schließlich ermordet. Ein Angriff auf die zum Schutze der jetzt in +Versailles+ tagenden französischen Nationalversammlung vereinigten Truppen mißlingt, hauptsächlich infolge des Geschützfeuers vom Mont Valérien. [6. April.] ~Zweite Belagerung von Paris~, unter Leitung +Mac-Mahons+, von Süden und Westen her, während die +deutschen+ Truppen unter Beobachtung strenger Neutralität die nördlichen und östlichen Forts besetzt halten. Fort +Issy+ genommen (9. Mai). Endlich dringen die Versailler Truppen in die Stadt ein; verzweifelter Barrikadenkampf (21.–28. Mai). Die Hauptgebäude der Stadt (+Tuilerien+, +Finanzministerium+, +Polizeipräfektur+, +Stadthaus+ u. a.) werden von den Aufständischen in Brand gesteckt, die Vendômesäule (S. 317) zerstört. Blutige Niederwerfung des Aufstandes; gegen 17 000 getötet, 50 000 gefangen; viele später zur Verbannung nach Neu-Kaledonien verurteilt. [~1873.~ Sept.] Die deutschen Truppen verlassen nach beschleunigter Abzahlung der Kriegsentschädigung das französische Gebiet. § 9. Das Deutsche Reich seit 1871. Das Deutsche Reich, als Bundesstaat geeinigt, bewährt sich als Hort des Friedens in Europa. Durch die mächtige Entwickelung der ~Gewerbetätigkeit~ und des ~überseeischen Handels~, sowie die Erwerbung von ~Kolonien~ (seit 1884, s. § 20) nimmt es den ihm gebührenden Platz unter den +Weltmächten+ ein. Der Aufschwung des wirtschaftlichen Lebens vermehrt die Klassengegensätze und gibt Anlaß zu einer ~sozialen Gesetzgebung~ (S. 395), die in anderen Ländern Nachahmung findet. Bedeutsame Einwirkungen ergeben sich aus Streitigkeiten mit der katholischen Kirche und durch das Anwachsen der +Sozialdemokratie+, welche mit Hilfe des allgemeinen Wahlrechts den Staat und die Eigentumsverhältnisse umgestalten will (Lassalles Allgemeiner deutscher Arbeiterverein 1863, Internationale Arbeitervereinigung 1864 in London von K. Marx begründet, Gothaer Programm 1875). [1872.] Das Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit (S. 381) veranlaßt in Deutschland, der Schweiz und Österreich die Bildung +alt+katholischer Gemeinden, die sich von der römisch-katholischen Kirche lossagen. Ausweisung des +Jesuiten+-Ordens aus dem Deutschen Reiche; in Preußen Schulaufsichtsgesetz. [1873–1875.] Kirchengesetze in Preußen (Kultusminister Falk), welchen die katholische Geistlichkeit Widerstand leistet. Die Bischöfe werden nach und nach abgesetzt; erledigte Pfarrämter können nicht wieder besetzt werden. Papst Pius IX. geht auf Verhandlungen nicht ein; sein Nachfolger Leo XIII. (1878–1903) zeigt sich nachgiebiger, gesteht die Anzeigepflicht bei Besetzung der Bistümer und Pfarrämter zu. Fürst +Bismarck+ bewirkt 1880 Milderung der Kirchengesetze, 1886 und 1887 weitere Zugeständnisse, doch bleibt das Aufsichtsrecht des Staates über kirchliche Angelegenheiten. [1872.] +Dreikaiserbund+, von den drei Kaisern Wilhelm I., Franz Joseph und Alexander II. bei einer Zusammenkunft in Berlin geschlossen zur Aufrechterhaltung des Friedens. Dies Bündnis löste sich infolge des russisch-türkischen Krieges und des Berliner Kongresses (s. S. 401). [1872–1875.] Verwaltungsreform in Preußen; +Kreisordnung+ und +Provinzialordnung+. Die Kreise und Provinzen erhalten in mancher Hinsicht Selbstverwaltung; den Regierungsbehörden treten Kreistag und Kreisausschuß, Provinziallandtag und Provinzialausschuß zur Seite. Landgemeindeordnung s. S. 396. [1873.] Synodal-Ordnung für die evangelische Kirche in Preußen; 1874 Einführung der bürgerlichen Eheschließung und der Standesregister in Preußen, 1875 im ganzen Deutschen Reiche, 1876 General-Synodalordnung. [1874.] +Reichs-Militärgesetz+; die Friedenspräsenzstärke festgesetzt auf 401659 Mann, eingeteilt in 18 Armeekorps (14 preußische, 2 bayrische, l sächsisches, l württembergisches). In der Folgezeit wird die Zahl mehrmals erhöht, entsprechend der Zunahme der Bevölkerung; sie beträgt 1911 über 600000 Mann, eingeteilt in 23 Armeekorps (17, 3, 2, 1). [~1874.~ Okt.] ~Begründung des Weltpostvereins.~ Auf Anregung der +deutschen+ Reichspostverwaltung (Staatssekretär +v. Stephan+) einigen sich die europäischen und die meisten außereuropäischen Staaten auf einem +Kongreß zu Bern+ über gemeinsame, dem Verkehr günstige Grundsätze der Postverwaltung. [~1878.~] Gesetz gegen die Ausschreitungen der +Sozialdemokratie+, veranlaßt durch zwei Mordversuche auf Kaiser Wilhelm I. der bei dem zweiten schwer verwundet wird. Verbot sozialdemokratischer Vereine und Zeitungen; Ausweisung der Parteiführer und ihrer Agenten aus den größeren Städten. Das Gesetz, zunächst für 2½ Jahre erlassen, dann verlängert, wird 1890 aufgehoben. [~1879.~] Neuer +Zolltarif+ des Deutschen Reiches, vom Fürsten +Bismarck+ veranlaßt, um durch Erschwerung der Einfuhr ausländischer Erzeugnisse die einheimische Produktion zu schützen und die Einkünfte des Reiches zu erhöhen (Schutzzollpolitik). +Hamburg+ und +Bremen+, bisher Freihäfen, werden 1881 und 1885 zum Eintritt in die Zollgemeinschaft des Reiches (zum Okt. 1888), mit Vorbehalt eines beschränkten Freihafengebietes, veranlaßt. Seit dem Ende der 70er Jahre +Verstaatlichung der Eisenbahnen+ in Preußen nach und nach durchgeführt (Minister Maybach). Später Betriebsgemeinschaft der preußischen und hessischen Bahnen eingerichtet. [1. Okt.] Die neuen +Justizgesetze+ für das ganze Deutsche Reich (Gerichts-Verfassung, Zivil-Prozeß, Strafprozeß) treten in Kraft. Oberstes +Reichsgericht+ in Leipzig. Bürgerliches Gesetzbuch (S. 396). [~1879.~ 7. Okt.] Infolge der Spannung zwischen Deutschland und Rußland nach dem Berliner Kongreß (S. 401 f.) ~Schutzbündnis zwischen dem Deutschen Reich und Österreich~ nach einem Besuch des Fürsten +Bismarck+ in Wien (Graf +Andrassy+). ~Italien~, durch Eröffnung der Gotthardbahn 1882 mit den nördlichen Ländern besser verbunden, schließt sich 1883 an; ~Dreibund~ zur Erhaltung des europäischen Friedens. 1884 Zusammenkunft der 3 Kaiser: +Wilhelms I.+, +Franz Josephs+ und +Alexanders III.+ in +Skierniewice+ in Polen; Neutralitätsvertrag mit +Rußland+ (nach Bismarcks Rücktritt 1890 nicht wieder erneuert). [~1881.~ 19. Nov.] Kaiserliche Botschaft an den Reichstag, betreffend die Gesetzgebung zur ~Förderung des Wohles der Arbeiter~. Darauf 1883 Gesetz über Krankenversicherung, 1884–87 Gesetze über Unfallversicherung. (1908 waren 13 Mill. Reichsangehörige gegen Krankheit, 24 Mill. gegen Unfall versichert, S. 396). [~1884.~] ~Gründung deutscher Kolonien~ in Südwestafrika, Togo, Kamerun, 1885 in Ostafrika und auf den australischen Inseln (s. S. 423 ff.). [1884–85.] ~Kongo-Konferenz~ in Berlin unter dem Vorsitz des Fürsten +Bismarck+ (s. S. 410). Nach dem Tode des unvermählten Herzogs +Wilhelm+ († 1884) ist 1885–1896 Prinz +Albrecht+ von Preußen Regent des Herzogtums +Braunschweig+, da der erbberechtigte Herzog Ernst August von Cumberland, Sohn Georgs V. (S. 378), seine Ansprüche auf Hannover nicht aufgeben will. Sein Nachfolger 1907 Herzog +Johann Albrecht+ von Mecklenburg. [1886.] +Ansiedlungsgesetz+ für die Provinzen Posen und Westpreußen zur Stärkung des Deutschtums, erneuert und ergänzt 1898, 1902, zuletzt 1908 mit Einführung eines beschränkten staatlichen Enteignungsrechts. Bis Ende 1907 wurden für über 300 Mill. Mark 335383 ha angekauft und darauf 15751 Ansiedlerstellen angelegt. [1888.] +Landwehr- und Landsturmgesetz+ veranlaßt durch die in Frankreich (Kriegsminister Boulanger) und Rußland stattfindenden Kriegsrüstungen. Fürst +Bismarcks+ Rede im Reichstag 6. Februar: »Wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt«. Der Friede bleibt erhalten. [~1888.~ 9. März.] ~Tod Kaiser Wilhelms des Großen.~ Sein Sohn, krank in San Remo, kommt nach Charlottenburg und übernimmt die Regierung. [15. Juni.] ~Friedrich III., Deutscher Kaiser, König von Preußen †.~ ~Kaiser Wilhelm II. 1888-x.~ +Fortsetzung+ der Reichsgesetzgebung zum Wohle der Arbeiter: 1889 Gesetz über Invaliditäts- und Altersversicherung, 1891 Arbeiterschutzgesetz (Sonntagsruhe, Arbeitszeit der Frauen und Kinder beschränkt). [1890. März.] Europäische Arbeiterschutz-Konferenz zu +Berlin+: Beratung über allgemeine Maßregeln zur Verbesserung der Lage des Arbeiterstandes. [20. März.] +Fürst Bismarck+ scheidet aus seinen Ämtern als Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident. Sein Nachfolger General +v. Caprivi+ bis Okt. 1894, dann Fürst +Hohenlohe+ (vorher Statthalter des Reichslandes); Okt. 1900 Graf +Bülow+ (seit 1905 Fürst). [1890.] Grenzregulierung in +Ostafrika+ zwischen Deutschland und +England+. +Helgoland+ kommt an Preußen (Kreis Süder-Dithmarschen, s. S. 407). 1894 Abgrenzung des Hinterlandes von Kamerun durch Verträge mit +Frankreich+ und +England+. Das deutsche Gebiet erreicht von Süden her den +Schari+ und den +Tsadsee+. [1891.] +Handelsverträge+ mit Österreich, Italien, Belgien, bald auch mit anderen Staaten; Herabsetzung der Zölle, wodurch eine schwierige Lage für die deutsche Landwirtschaft entsteht. In Preußen Fortsetzung der Verwaltungsreform: Landgemeinde-Ordnung (Minister Herrfurth); Reform der Steuern (Finanzminister Miquel). [~1895.~] Vollendung des +Nord-Ostseekanals+ (von Brunsbüttel an der Elbe nach Holtenau bei Kiel 97 km) nach achtjähriger Bauzeit (Baukosten 156 Mill. Mark). Es folgt 1899 der Dortmund-Ems-Kanal und der Ausbau des Hafens von Emden, 1900 der Elb-Trave-Kanal. Der preußische Landtag genehmigt außer anderem 1905 den Bau eines Kanals vom Rhein (bei Duisburg) zur Weser bis nach Hannover (Mittellandkanal) und eines Großschiffahrtsweges von Berlin nach Stettin. Von Bayern und Elsaß-Lothringen Kanalisierung des Main und der Mosel angeregt. Verbesserungen der Wasserstraßen im Oberlauf des Rheins, der Elbe und Oder von den anliegenden Staaten erwogen. -- Für die seit 1907 ausgeführte +Erweiterung+ und +Vertiefung+ des +Kaiser-Wilhelms-Kanals+ sind 223 Mill. Mark bewilligt. [~1898.~] Pachtvertrag mit +China+ über +Kiautschou+ auf 99 Jahre (s. S. 420, 426). [30. Juli.] +Fürst Bismarck+ † in Friedrichsruh. Das Deutsche Reich erwirbt von +Spanien+ die +Karolinen+, +Marianen+ und +Palau-Inseln+, (S. 413). [1900. 1. Jan.] Das +Bürgerliche Gesetzbuch+ tritt für das Deutsche Reich in Kraft. [~1900.~ März.] Erwerbung von +Deutsch-Samoa+ (s. S. 407, 426). +Deutschland+, +England+, +Frankreich+, +Rußland+, +Italien+, +Amerika+, +Japan+ treffen Abmachungen über die +»Politik der offenen Tür«+ in +China+. +Flottengesetz+ zum Schutze des deutschen Welthandels (die Transportfähigkeit der deutschen Handelsflotte hat sich von 1876–1909 versiebenfacht). Bis 1917 soll die Kriegsflotte auf 38 Linienschiffe, 14 große, 38 kleine Kreuzer gebracht werden; dazu die Wacht- und Schulschiffe und die seit 1880 ansehnlich vermehrten Kanonen- und Torpedoboote. [1902.] Neuer +Zolltarif+ als Grundlage für fernere Handelsverträge. [1906.] Erhöhung der Reichssteuern und beschleunigte Vermehrung der Kriegsflotte beschlossen. [1908–1909.] +Reichsfinanzreform+. An die Stelle des Fürsten Bülow tritt 1909 (Juli) Reichskanzler +v. Bethmann Hollweg+. [1910.] Besuch des Kaisers Nikolaus II. in Potsdam. Verständigung mit +Rußland+. Keine der beiden Mächte will sich einer Staatenvereinigung anschließen, die ihre Spitze gegen die andere richtet. [1911. März.] Verfassungs- und Wahlgesetz für +Elsaß-Lothringen+. Die Staatsgewalt übt der Kaiser durch einen von ihm ernannten Statthalter aus (s. S. 392). Zwei-Kammersystem eingeführt. Die 41 Mitglieder der ersten Kammer werden von dem Kaiser auf Vorschlag des Bundesrats ernannt; die zweite Kammer (60) geht aus allgemeinen direkten Wahlen (an einem Sonntag) mit geheimer Abstimmung hervor. [Aug.] +Vertrag mit Rußland+ über die Abgrenzung der Interessen der beiden Mächte in +Persien+. Deutschland verfolgt nur Handelsziele: Eisenbahn-, Wegebau-, Schiffahrts-, Telegraphenkonzessionen (s. S. 416, 419). [Nov.] Abkommen mit +Frankreich+ über +Marokko+ und +Äquatorialafrika+ (s. S. 405). [Dez.] Schiffahrtsabgabengesetz. Privatbeamten-Versicherungsgesetz. [1912. 1. Jan.] Die Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911 tritt in Kraft. § 10. Österreich-Ungarn. [1867.] Nach dem unglücklichen Kriege mit Preußen und Italien von 1866 (S. 375 ff.) gelingt es dem Reichskanzler Graf +Beust+ (1853–1866 Ministerpräsident in Sachsen), den Verfassungsstreit in +Österreich+ (S. 357 f., 371) durch den ~Ausgleich mit Ungarn~ auf der Grundlage des +Dualismus+ beizulegen. +Ungarn+, mit +Siebenbürgen+ und +Kroatien+ wieder vereinigt (S. 371), erhält einen besonderen +Reichstag+ (in +Pest+) und ein eigenes Ministerium. Die ungarische Verfassung wird wiederhergestellt. Kaiser +Franz Joseph+ am 8. Juni in Pest als +König von Ungarn+ gekrönt. Die +cisleithanischen+ Länder (nebst +Galizien+) im +Reichsrat+ (in +Wien+) vertreten. Zur Beschlußfassung über die gemeinsamen Angelegenheiten (Heerwesen, Finanzen, auswärtige Politik) treten jährliche Abgesandte (Delegationen) aus beiden Reichstagen zusammen. Von den gemeinsamen Ausgaben, soweit sie nicht aus dem Ertrag der Zölle bestritten werden, trägt Österreich zunächst 70%, Ungarn 30%. Ministerpräsident in Österreich Graf Beust (bis 1871), in Ungarn Graf +Andrassy+ (bis 1879). Der Doppelstaat wird in seiner inneren Entwickelung vielfach gehemmt durch die widerstrebenden Interessen und durch Nationalhaß der Tschechen, Polen und Magyaren gegen die Deutschen. Bemühungen der Tschechen um die Selbständigkeit der böhmischen (Wenzels-) Krone und die Wiederherstellung des sog. Böhmischen Staatsrechts. 1874 Kirchengesetze an Stelle des Konkordats von 1855. [1878.] Besetzung der bis dahin türkischen Provinzen +Bosnien+ und +Herzegowina+ (S. 401) zum Teil nach blutigem Widerstande. [1879.] Das Sandschak +Novipazar+ auf Grund eines Abkommens mit der Türkei besetzt. [1879.] Bündnis mit dem Deutschen Reich, 1883 auch mit Italien (S. 395). [1880.] +Taaffes+ Sprachenverordnung für Böhmen zu Ungunsten des deutschen Elements. Die Universität +Prag+ 1882 in eine deutsche und tschechische Hochschule geteilt. [1890.] Böhmischer Ausgleich. -- 1883 magyarisches Schulgesetz in Ungarn. 1887 Kranken- und Unfallversicherung in Österreich. 1891 Krankenversicherung in Ungarn. [1888.] Das Wehrgesetz von 1879 durch ein neues ersetzt. Steigerung der Rekrutenzahl. 1892 Erhöhung der Friedenspräsenz. 1893 Ergänzung zum Landwehrgesetz von 1883. Neue Rekrutenvorlage 1909 bewilligt. [1889 (30. Jan.).] Tod des Kronprinzen +Rudolf+ (geb. 1858). [1897.] +Badenis+ Sprachenverordnungen für Böhmen und Mähren. Obstruktion der Deutschen im Reichsrat bei der Herstellung des Ausgleichs mit Ungarn. [1898 (10. Sept.).] Die Kaiserin +Elisabeth+ in Genf ermordet. [1899.] Aufhebung der Sprachenverordnungen für Böhmen und Mähren. [1901.] Wasserstraßenvorlage zur Verbindung der Donau mit der Elbe und Oder genehmigt. [1906.] Bewilligung eines eigenen Zolltarifs für Ungarn. Damit sind nach heftigen parlamentarischen Kämpfen in beiden Reichshälften die Magyaren der angestrebten Auflösung der Gemeinschaft mit Österreich einen Schritt näher gekommen. [1907.] Reform des Wahlgesetzes für die cisleithanischen Länder. [~1908.~ Okt.] Aufnahme +Bosniens+ und der +Herzegowina+ in den Staatsverband der österreichischen Monarchie. Zunächst bilden die beiden Provinzen (51110 qkm) ein Verwaltungsgebiet für sich. 1910 besondere Verfassung für Bosnien und Herzegowina erlassen. Das Sandschak +Novipazar+ den Türken als Entschädigung zurückgegeben. Kriegsdrohungen in +Serbien+ und +Montenegro+ wegen Vernichtung der groß-serbischen Hoffnungen. Im Febr. 1909 Anerkennung der Annexion durch die Pforte gegen Zahlung von 2½ Mill. türkischen Pfund (60 Mill. Frs.) für die ehemals türkischen Staatsgüter. Infolge der energischen Unterstützung der österreichischen Politik durch das Deutsche Reich lassen die Mächte in Belgrad erklären, daß Serbien auf die Hilfe von Rußland, Frankreich und England nicht zu rechnen habe. Daraufhin stellt Serbien die Rüstungen ein (März 1909); Kronprinz Georg verzichtet zu Gunsten seines Bruders Alexander. [1911.] Stapellauf des ersten österreichisch-ungarischen Dreadnought: Viribus unitis. § 11. Rußland. In Rußland unter Kaiser Alexander II. manche Reformen der Verwaltung (vgl. S. 369); die auswärtige Politik bleibt auf die Balkanhalbinsel, wo das türkische Reich immer schwächer wird, und auf Asien gerichtet. [~1877–1878.~] ~Russisch-türkischer Krieg.~ ~Veranlassung~: Die Fürsten +Nikita+ von +Montenegro+ und +Milan+ von +Serbien+ beginnen 1876 Krieg gegen die Türkei zur Unterstützung eines in der +Herzegowina+ gegen die türkischen Grausamkeiten ausgebrochenen Aufstandes. Eine Erhebung der +Bulgaren+ wird von den Türken blutig unterdrückt, die +Serben+ werden an der Morawa zurückgeschlagen. Die Großmächte, namentlich +Rußland+ und +England+, verhandeln mit der Türkei über Reformen der Regierung und Sicherung der christlichen Untertanen. Da die Verhandlungen erfolglos bleiben, erklärt +Rußland+ den Krieg. Nach Abschluß eines Vertrages mit +Rumänien+ (Fürst +Karl+ von Hohenzollern-Sigmaringen, s. S. 367) geht ein russisches Korps bei +Galacz+ über die Donau und besetzt die Dobrudscha; das Hauptheer, bei welchem Kaiser +Alexander II.+ sich befindet, erzwingt den [1877. 27. Juni.] ~Übergang über die Donau bei Sistowa~. Während ein fliegendes Korps unter General +Gurko+ schnell auf einem unbesetzten Nebenpaß den Balkan überschreitet und durch einen Angriff von Süden her (17.–19. Juli) die türkische Besatzung von dem wichtigen ~Schipka-Paß~ vertreibt, macht der eine Hauptteil des Heeres unter dem +Großfürsten-Thronfolger Alexander+ Front nach Osten und verhindert in monatelangen, schweren Kämpfen an den Flüssen +Jantra+ und +Lom+ den von dorther zu befürchtenden Durchbruch eines türkischen Heeres. Der andere Teil des russischen Heeres nimmt +Nikopoli+ (15. Juli), wird aber vor ~Plewna~ (südwestlich von Nikopoli), wo +Osman Pascha+ türkische Streitkräfte gesammelt hat und starke Befestigungen anlegt, blutig zurückgewiesen (20. und 30. Juli) und muß Verstärkungen abwarten. Währenddessen bestürmt +Suleiman Pascha+ von Süden her mit überlegener Macht, aber vergeblich (Hauptkämpfe am 23. Aug. und 17. Sept.) den ~Schipka-Paß~. Er erhält dann den Oberbefehl über die türkische Ost-Armee am +Lom+, kann aber Plewna nicht entsetzen. Eintreffen der Truppen +Rumäniens+ und russischer Verstärkungen vor +Plewna+. Nach dem Mißlingen eines neuen Gewaltangriffs (7.–12. Sept.) wird zur regelmäßigen Belagerung (Gen. +Totleben+) geschritten und [~10. Dez.~] ~Plewna genommen~ durch General +Skobeleff+. +Osman Pascha+ muß sich nach einem vergeblichen Durchbruchsversuch mit 44000 Mann ergeben. Rückkehr der +Rumänen+ in ihr Land, des Kaisers +Alexander II.+ nach Petersburg. ~Serbien~ erklärt von neuem den Krieg an die Pforte. Die russischen Heere rücken vom Balkan aus vor bis nahe an Konstantinopel. Auf dem asiatischen Kriegsschauplatz werden die Russen zuerst von +Muchtar Pascha+ mehrfach geschlagen, dringen dann aber nach Erstürmung von +Kars+ (18. Nov.) siegreich bis +Erzerum+ vor. Die Türkei ruft die Vermittelung Englands an, sieht sich aber durch die Bedrohung von Konstantinopel genötigt, sich mit Rußland zu verständigen. [~1878~. 3. März.] ~Friede zu San Stefano~ (unweit Konstantinopel): 1. +Montenegro+ und +Serbien+, beide durch türkisches Gebiet erheblich vergrößert, werden als unabhängig anerkannt, ebenso +Rumänien+. 2. +Bulgarien+, bis zum Ägäischen Meere vergrößert, bleibt der Pforte tributpflichtig, erhält aber einen christlichen Fürsten und eigene Verwaltung; ein russischer Kommissar mit 50000 Mann bleibt auf 2 Jahre im Lande. 3. Die Pforte führt in dem ihr verbleibenden geringen Rest ihrer europäischen Besitzungen (159000 qkm) gewisse Reformen ein. 4. Sie zahlt an Rußland 300 Millionen Rubel und tritt in +Asien+ bedeutende Teile +Armeniens+, in +Europa+ die +Dobrudscha+ ab; letztere wird von Rußland als Ersatz für den von ihm 1856 abgetretenen und jetzt zurückzunehmenden Teil von +Bessarabien+ (s. S. 367) an +Rumänien+ gegeben. Widerspruch ~Englands~ gegen diese Bedingungen; auch +Österreich+ will Rußlands Übermacht auf der Balkanhalbinsel nicht zugeben. Die Türkei ruft den Schutz Englands an und gibt die Insel +Cypern+ in englische Verwaltung. Nachdem unter Deutschlands Vermittelung, um einen neuen Krieg zu verhüten, Rußland und England sich über die wichtigsten Streitpunkte vorläufig verständigt haben, tritt unter dem Vorsitz des ~Fürsten Bismarck~ zusammen der [~1878.~ 13. Juni bis 13. Juli.] ~Berliner Kongreß.~ +Hauptsächlichste Bestimmungen+: 1. ~Montenegro, Serbien~ und ~Rumänien~ werden unabhängig, doch werden die an beide erstere Staaten zu machenden Abtretungen beschränkt, das von Rumänien für Bessarabien einzutauschende Gebiet etwas vergrößert. 2. Das ~Fürstentum Bulgarien~ wird auf das Land +zwischen Donau und Balkan,+ jedoch einschließlich +Sofia+ und Gebiet, beschränkt. 3. Der südliche Teil Bulgariens, jedoch nach Westen und Süden erheblich enger begrenzt, bleibt als Provinz ~Ostrumelien~ unter der Botmäßigkeit des Sultans, erhält aber eigene Verwaltung unter einem +christlichen Generalgouverneur.+ 4. Die russischen Truppen sollen Ostrumelien und Bulgarien innerhalb 9 +Monaten+, Rumänien innerhalb eines Jahres räumen. 5. ~Österreich~ übernimmt die Besetzung und Verwaltung +Bosniens+ und der +Herzegowina+. 6. Der Türkei wird die Abtretung eines Teils von +Epirus+ und +Thessalien+ an ~Griechenland~ empfohlen. 7. ~Rußland~ begnügt sich in Asien mit +Batum+ (als Freihafen), +Kars, Adaghan+ und einigen angrenzenden Gebieten. 8. In der Türkei und allen von ihr losgelösten Staaten soll +politische Gleichberechtigung aller Konfessionen+ herrschen. 9. Der 1841 zwischen den 5 Großmächten und der Pforte abgeschlossene Vertrag (vgl. S. 353), wonach kein Kriegsschiff in die Dardanellen einlaufen darf (bestätigt im Pariser Frieden von 1856, S. 367), wird erneuert. Die Schließung der Dardanellen für fremde Kriegsschiffe wird der Pforte zur Pflicht gemacht. [1872 - 1876] hatte Rußland bereits seine asiatische Provinz ~Turkestan~ (Taschkent und Samarkand, S. 369) durch Unterwerfung des Chans von +Khiwa+, des Emirs von +Bochara+ und des Chans von +Kokand+ (Ferghana) erweitert, 1875 durch Vertrag mit Japan sich den Besitz der Insel +Sachalin+ gesichert. Nach dem Berliner Kongreß zeigt Rußland (Minister Fürst Gortschakow) feindselige Haltung gegen Deutschland, welches deshalb das bisherige engere Verhältnis zu Rußland (S. 393f.) löst und sich mit Österreich verbündet (S. 395). Kaiser Alexander II., im Begriff, eine Volksvertretung zu berufen, wird 1881 durch Verschwörer (Nihilisten) ermordet. [1881–1894.] ~Alexander III.~ (Gem. Dagmar -- Maria Feodorowna -- von Dänemark) ordnet strenge Maßregeln an gegen das Deutschtum in den Ostseeprovinzen (Russifizierung der Universität +Dorpat+), schließt trotz des Neutralitätsvertrages mit Deutschland Freundschaft mit Frankreich (S. 395, 404). 1893 Zollkrieg gegen Deutschland, der aber 1894 durch Handelsvertrag beigelegt wird. [1885.] Vertrag mit England über die Nordgrenze von +Afghanistan+, nachdem Rußland 1884 das Gebiet von +Merw+ besetzt hat. 1887 nimmt Rußland noch +Pendschdeh+. Bau der Transkaspischen Eisenbahn, 1888 bis Samarkand vollendet. Rußland nimmt dann 1892–1895 den größten Teil des +Pamir+hochlandes in Besitz, baut die Sibirische Eisenbahn, 1901 bis Wladiwostock vollendet. ~Nikolaus II.~ (Gem. Alix -- Alexandra Feodorowna -- von Hessen), seit Nov. 1894, stellt bessere Beziehungen zu Deutschland her. [1899.] +Kongreß im Haag+; auf Rußlands Wunsch wird ein Schiedsgericht für internationale Streitigkeiten eingesetzt. [1904–1905.] Nach dem unglücklichen Verlauf des Krieges gegen +Japan+ (s. S. 422f.) bedrohliche Unruhen im russischen Reiche: Attentate auf Mitglieder der Zarenfamilie (Großfürst +Sergius+, Oheim des Zaren, † 1905) und andere einflußreiche Persönlichkeiten, Judenverfolgungen, Plünderungen. Der Zar verkündet (19. Aug. 1905) die Berufung einer +Duma+ (Reichsversammlung). In +Livland+ Aufstand der Letten gegen die deutschen Gutsbesitzer. [1906.] ~Verfassung~ eingeführt (Reichsrat und Duma). Die erste Duma wird nach stürmischen Verhandlungen aufgelöst, ebenso 1907 die zweite. Reformdekrete der Regierung (Minister +Stolypin+, 1911 ermordet), namentlich zur Besserung der Lage des Bauernstandes; strenge Maßregeln gegen Polen und Livland. Die dritte Duma 1908 bewilligt eine bedeutende Anleihe. [1910–1911.] Abkommen mit Deutschland über +Persien+ (S. 397). [1911.] Neues Abkommen mit +Japan+ über die +Mandschurei+ (vgl. S. 422f.). Verständigung (Entente) mit +Japan+ und endgültiger Ausgleich aller durch den Krieg von 1904–1905 bedingten Ansprüche ohne Hilfe eines Schiedsgerichts. -- Rußland, das mit England noch 1907 die Unantastbarkeit und Unabhängigkeit +Persiens+ verkündet, aber bereits 1909 ein gemeinsames Einschreiten gegen die Regierung des Schah und eine Teilung des Landes in eine russische (Norden) und englische (Süden) Interessenzone vereinbart hat, greift 1911 in die persischen Wirren ein (s. S. 419). Abschluß einer Militärkonvention mit +Bulgarien+. [1912.] Rußland erkennt die Unabhängigkeit der +Mongolei+ (s. S. 422) an und gesteht der Regierung in China nur die Aufsicht zu über die auswärtigen Beziehungen des Landes. § 12. Die dritte französische Republik. ~Frankreich~ Republik seit 1871; ein Versuch, den Grafen Chambord (S. 349) als König einzusetzen, scheitert an dessen Weigerung, bestimmte Versprechungen zu geben und die Tricolore anzunehmen (1873, Okt.) Gesetz über allgemeine Wehrpflicht 1872. Organisationsgesetz 1873. Frankreich in 18 Regionen eingeteilt, denen je ein Armeekorps entspricht; das 19. in Algier. (1897 Einteilung in 19 Regionen; daher 20. Armeekorps eingerichtet.) [1873–1879.] Präsident +Mac-Mahon+, Nachfolger von Thiers. Marschall +Bazaine+, vom Kriegsgericht wegen der Übergabe von Metz zum Tode verurteilt, vom Präsidenten zu zwanzigjähriger Haft begnadigt, entkommt 1874 nach Spanien, stirbt dort 1888. Feststellung der +Verfassung+ 1875: Präsident auf 7 Jahre, Senat, Deputiertenkammer. -- +Napoleon III.+ stirbt im Januar 1873 zu Chislehurst in England; sein Sohn fällt 1879 im Kriege der Engländer gegen die Zulukaffern, als Freiwilliger kämpfend. [1879–1887.] Präsident +Grévy+, 1885 wiedergewählt. Unterrichtsgesetz 1880 zur Beschränkung des Einflusses der Geistlichkeit; Ausweisung der Jesuiten, doch nicht streng durchgeführt. +Gambetta+ Nov. 1881 Ministerpräsident, tritt aber nach zwei Monaten zurück, da die von ihm vorgeschlagene Änderung des Wahlgesetzes (Listenwahl statt Einzelwahl) abgelehnt wird. Starke Heeresrüstung, doch wird der Rachekrieg gegen Deutschland vertagt; der Kriegsminister +Boulanger+ tritt zurück (Mai 1887), Frankreich wendet sich einer ~weitgreifenden Kolonialpolitik~ zu. Grévy dankt 1. Dez. 1887 ab. [1883.] +Brazza+ legt die Station +Brazzaville+ am +Stanley Pool+ an und stellt eine Verbindung der Küste mit dem +Kongo+ her. Auf der Kongo-Konferenz 1885 setzt Frankreich die Ausdehnung der bisherigen Kolonie +Gabun+ bis zum rechten Ufer des +Kongo+ durch. Von hier -- +»Französisch-Kongo«+ -- aus dringen die Franzosen bis zum +Tsadsee+ vor und gewinnen durch Vertrag mit dem Deutschen Reich 1894 das Hinterland von Kamerun bis über den +Schari+ hinaus (Äquatorial-Afrika, S. 396). 1908 die Grenze zwischen Französisch-Kongo, Kamerun und dem Kongostaat endgültig festgelegt. [1881.] ~Frankreich~ nimmt ~Tunis~ in Besitz, ohne die Proteste der Türkei und die Verstimmung Italiens zu beachten. [1883.] Das Reich ~Anam~ in Hinterindien (vgl. S. 369) tritt die Provinz +Tonking+ an Frankreich ab und wird bald darauf französischer Schutzstaat. Frankreich behauptet diese Erwerbung im Kriege gegen China (1884–1885). [1885.] Die Insel ~Madagaskar~ kommt unter französische Schutzherrschaft; die Regierung der Königin der malaiischen +Hova+, +Ranavalo Manjaka III.+, in +Tananarivo+ 1896 aufgehoben. [1887–1894.] Präsident +Carnot+; Wehrgesetz, Freundschaft mit Rußland. Carnot wird von einem Italiener ermordet, sein Nachfolger +Périer+ dankt Jan. 1895 ab, dann folgt +Faure+, 1899–1906 +Loubet+, beide bemüht, die Freundschaft mit Rußland zu erhalten. 1897 Unfallversicherung, 1901 Vereinsgesetz zur Beschränkung der geistlichen Orden und Kongregationen. 1903 Unterrichtsgesetz, Einrichtung weltlicher Volksschulen an Stelle der von Geistlichen geleiteten. 1905 Gesetz über Trennung von Kirche und Staat; deshalb Streit mit der katholischen Kirche. Der Kirchenbesitz wird den Gemeinden überwiesen. Gesetz über Altersunterstützung und Sonntagsruhe. Seit 1906 Präsident +Fallières+. 1907 und 1911 Winzerunruhen. Die Beziehungen Frankreichs zu England gestalten sich immer enger; das Bündnis mit Rußland bleibt erhalten. [1890.] Frankreichs Herrschaft im Gebiet des mittleren +Niger+ (Sudan), der westlichen und mittleren +Sahara+ von England anerkannt (S. 407) und 1904 erweitert (s. S. 405). [1891.] ~Tahiti~, schon früher französischer Schutzstaat, wird nach dem Tode des englisch-protestantischen Königs Pomare V. französisches Gebiet. [1892.] +Behanzin+, König von +Dahomey+, (Ober-Guinea) besiegt. Sein Reich wird französische Kolonie. [1893.] In Hinterindien weiter vordringend nimmt Frankreich einen großen Teil des Reiches ~Siam~ in Besitz. 1904 der +Menam+ als Grenze der französischen und englischen Einflußsphäre festgesetzt. 1907 wieder 3 Provinzen an der Grenze von Kambodscha an Frankreich abgetreten. [1898.] Frankreich versucht vom Kongo aus vordringend +Faschoda+ am oberen Nil zu besetzen (General +Marchand+), wird aber durch Kriegsdrohung Englands und Einmarsch des Gen. +Kitchener+ genötigt, dies aufzugeben. [1905.] Nach +Abschluß eines Vertrages mit England+ (8. April 1904), der alle kolonialen Differenzen aus dem Wege räumt (Frankreich erkennt Englands Herrschaft in Ägypten an, England räumt den Franzosen die Vorherrschaft in +Marokko+ ein u. a. m.), sucht Frankreich die Schutzherrschaft über das Reich ~Marokko~ zu erwerben. Widerspruch ~Deutschlands~; Reise Kaiser Wilhelms II. nach +Tanger+. Eine Konferenz der am Handel mit Marokko beteiligten Staaten in +Algeciras+ (bei Gibraltar) beschließt (Febr. 1906) Reformen für Marokko unter gemeinsamer Aufsicht der in Tanger wohnenden Gesandten. Frankreich erhält eine bevorzugte Stellung in Marokko. Ein östlicher, an Tunis angrenzender Teil des Reiches Marokko bleibt von den Franzosen besetzt; 1907 besetzen sie auch die Hafenstadt +Casablanca+ und das benachbarte Schauja-Gebiet. Sultan Muley Hafid, seit 1908 von den europäischen Staaten anerkannt, sucht sich ihren Forderungen zu entziehen. 1909 Krieg +Spaniens+ gegen die +Rifkabylen+. Schwere Kämpfe um +Melilla+ (s. S. 413). Die Häuptlinge unterwerfen sich. Gleichzeitig der Thronprätendent +Bu Hamara+ im Kampfe gegen Muley Hafid. Ersterer besiegt und gefangen. Die Konsuln der Mächte schreiten ein gegen Muley Hafids Grausamkeiten. [1911.] Neue Unruhen in Marokko. Der Sultan, von feindlichen Stämmen in +Fez+ eingeschlossen, ruft +Frankreichs+ Hilfe an. Darauf französische Expedition nach Fez, angeblich zum Schutz der bedrohten Europäer. Der Sultan gerät ganz in die Gewalt der Franzosen. Diese treten ziemlich unbeschränkt im Lande auf. (Juli) Entsendung eines deutschen Kriegsschiffes nach +Agadir+ zur Verteidigung bedrohter deutscher Interessen. Nach schwierigen Unterhandlungen, wobei Frankreich von dem verbündeten England geleitet und unterstützt wird, 4. Nov. ~Marokkoabkommen zwischen Deutschland und Frankreich~: +Deutschland verzichtet auf jeden Landerwerb im Scherifenreich+ (+Sus+-Provinz), nachdem seine handelspolitischen und wirtschaftlichen Interessen nach Möglichkeit sicher gestellt sind. +Frankreich übernimmt das Protektorat in Marokko+, tritt von ~Äquatorial-Afrika~ ein Gebiet von etwa 300000qkm im Süden und Osten von +Kamerun+ mit Zugang zum +Kongo+ und +Ubangi+ an das Deutsche Reich ab. Das Dreieck zwischen +Logone+ und +Schari+ (12000 qkm) von Deutschland an Frankreich überlassen. Frankreich erwirbt einen erheblichen Teil der Negerrepublik +Liberia+. Östlich von Tunis besetzt es die Oase +Djanet+ (zu Tripolis gehörig). § 13. England. ~England~ 1837–1901 unter der ~Königin Viktoria~ (S. 353) ist hauptsächlich bestrebt, sein ungeheures ~Kolonialreich~ zu erhalten und zu erweitern. [1867.] Krieg gegen Negus +Theodor von Abessinien+. Magdala von Sir Robert +Napiers+ mit indischen Truppen erstürmt; Theodor †. Abessinien wird von den Engländern geräumt. [~1869.~] ~Der Suez-Kanal~ eröffnet, 160 km lang; nach zehnjähriger Bauzeit vollendet unter Leitung des Franzosen Ferdinand +de Lesseps+ (früher franz. Konsul in Kairo). Abkürzung des Seewegs nach Indien, Ostasien, Australien. Jährlich benutzen den Kanal jetzt gegen 4000 Schiffe. [1876.] Die Königin Viktoria nimmt auch den Titel ~Kaiserin von Indien~ an. Seitdem nach jedem Thronwechsel besondere Krönungsfeierlichkeiten in +Delhi+ (S. 219). [1877–1881.] Krieg in ~Afghanistan,~ um die dem Emir 1869 auferlegte Schutzherrschaft zu erhalten General +Roberts+ besetzt 1879 die Hauptstadt Kabul und dringt bis Kandahar vor (s. S. 419f.). [~1877.~] Erweiterung des Besitzes in ~Südafrika.~ Die +Transvaalrepublik+, begründet 1848 von holländischen Buren, die aus der +Kapkolonie+[61] auswanderten, wird dem englischen Kolonialgebiet einverleibt; bald wird auch ein großer Teil des Kaffernlandes englischer Schutzstaat. Unabhängig bleibt der 1854 von England anerkannte +Oranje-Freistaat+. [1878.] England nimmt +Cypern+ in Verwaltung (S. 401). [1879.] Krieg gegen die +Zulukaffern+ (Cetewayo). Prinz Louis Napoleon † (S. 403). [~1881.~] Erhebung der ~Buren~ gegen die englische Herrschaft und Sieg bei +Majubahill+. Die Transvaalrepublik (Südafrikanische Republik) wieder hergestellt, doch behält England in dem 1884 geschlossenen Vertrage sich die Genehmigung der Verträge dieses Staates mit anderen Staaten vor. [1882.] Besetzung von ~Ägypten~, veranlaßt durch einen Militäraufstand in Alexandrien unter +Arabi Pascha+ gegen den Khedive +Tewfik+ und durch die Ermordung vieler Europäer; Arabi bei +Tel-el-Kebir+ von +Wolseley+ besiegt und gefangen. Dem Namen nach bleibt die Regierung des dem türkischen Sultan tributpflichtigen Vizekönigs (Khedive); tatsächlich wird ~Ägypten ein englischer Schutzstaat.~ Neuordnung der Verwaltung und des Heeres (+Baring+ und +Kitchener+); Nilstauwerk bei +Assuan+. [1883–1885.] Aufstand des ägyptischen Sudan gegen die Engländer unter Führung des ~Mahdi~, eines mohammedanischen Propheten. Vernichtung eines ägyptischen Heeres von 11000 Mann (+Hicks Pascha+) bei +El Obeïd+. Der englische General +Gordon+ versucht +Khartum+ zu behaupten, wird bei der Eroberung der lange belagerten Stadt von den Truppen des Mahdi getötet (Jan. 1885). Fruchtlose Nilexpedition der Engländer; sie behalten im Sudan nur den Hafen +Suakin+, verteidigen aber Ägypten mit Erfolg gegen wiederholte Angriffe der Mahdisten (1885–1898). In der +Äquatorprovinz (Wadelai)+ hält sich der deutsche Afrikaforscher +Emin Pascha+ (Dr. Schnitzer) als Statthalter des Khedive, bis er 1889 von +Stanley+ nach der Küste (Bagamoyo) geführt wird. 1893 wird Emin bei einem Versuch, bis zum Kongo vorzudringen, ermordet. [1884.] Britisch ~Neu-Guinea~ wird unter englischen Schutz gestellt. [1886.] England erweitert sein indisches Reich durch völlige Unterwerfung von ~Birma~ in Hinterindien (S. 353). [~1889.~] Vertrag mit Deutschland und den Vereinigten Staaten über die ~Samoa~-Inseln. [~1890.~] Vertrag mit Deutschland über ~Ostafrika.~ Das Wituland, Uganda und Sansibar englisch; das deutsche Gebiet zwischen Kilimandscharo und Rovumafluß reicht im Innern bis zu den großen Seen. Vertrag mit Frankreich über ~Westafrika~: England herrscht im Gebiet des unteren Niger (+Nigeria+) bis zum Tsadsee. Abgrenzung der englischen und französischen Gebiete gegen das Deutsche Hinterland von ~Kamerun~ durch Verträge mit dem Deutschen Reiche 1893 und 1894. [1890–1893.] England erweitert sein Gebiet in ~Südafrika~ durch Unterwerfung des +Betschuana+- und +Matabele-+Landes. +Cecil Rhodes+, Leiter der Britischen Südafrika-Gesellschaft, seit 1890 Minister der Kapkolonie, verfolgt noch weitergreifende Pläne, findet aber Widerstand bei den +Buren+-Republiken (S. 408). Transvaal wehrt einen Einfall englischer Streifscharen (800 Mann) unter +Jameson+ bei +Krügersdorp+ ab (1. Jan. 1896). Jameson gefangen, an England ausgeliefert, zu längerer Haft verurteilt, aber bald begnadigt. [1897.] Die Engländer besetzen +Tirah+, ein afghanisches Grenzgebiet. [1898.] England gewinnt die Herrschaft über den ~ägyptischen Sudan~ zurück; General Kitchener siegt bei +Omdurman+ und erobert +Khartum+. [1899.] Abermaliger Vertrag über die ~Samoa~-Inseln; sie werden geteilt zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten. England verzichtet auf einen Anteil, erhält dafür bedeutenden Gebietszuwachs im Hinterlande von Togo, außerdem die +Tonga+inseln und die Inseln +Choiseul+ und +lsabel+ (Salomoninseln). [1899–1902.] ~Krieg Englands gegen die Buren in Südafrika.~ Äußerer Anlaß: Zurücksetzung der Ausländer in Transvaal. Die Buren in Transvaal (Präsident +Krüger+) schließen ein Bündnis mit dem Oranje-Freistaat (Präsident +Steijn+) und erklären den Engländern den Krieg. Sie dringen in das englische Gebiet +Natal+ ein und führen den Krieg anfangs erfolgreich. Einschließung einer englischen Division in +Ladysmith+; die Entsatzversuche des Gen. +Buller+ werden (Dez.) bei +Colenso+ und (Jan. 1900) am +Spion-Kop+ abgeschlagen. Ebenso werden englische Truppen, die in den westlichen Teil von Transvaal eingedrungen sind, in +Kimberley+ und +Mafeking+ eingeschlossen. [1900.] Umschwung zu Gunsten der Engländer, nachdem Lord +Roberts+ den Oberbefehl übernommen hat; ihr Heer wird bald auf 100000 Mann gebracht, gegen etwa 45000 Buren. Doch erschwert die weite Ausdehnung des Kriegsschauplatzes die Erfolge. Im Febr. wird +Kimberley+ entsetzt, Gen. +Cronje+ mit 4000 Buren am Modderfluß gefangen. Auch +Ladysmith+ wird von Gen. Buller entsetzt. Roberts mit der Hauptmacht besetzt +Blomfontein+, Hauptstadt des Oranje Freistaats, dann weiter +Johannesburg, Pretoria+, Hauptstadt von Transvaal, Middelburg, Lydenburg. Im Rücken des englischen Heeres beginnen die Burenführer +de Wet+ und +Olivier+ einen erfolgreichen Kleinkrieg; in der Kapkolonie erheben sich die +Afrikander+ zu Gunsten der Buren. Präsident +Krüger+ reist nach Europa, um Hilfe zu suchen, wird in Frankreich und den Niederlanden begeistert aufgenommen, erlangt aber keine Einmischung in den Krieg. († 1904 in der Schweiz.) [1901–1902.] Fortdauer des Kleinkrieges. Die Engländer unter +Kitchener+ (über 200000 Mann) versuchen vergeblich die von +Botha, de Wet+ u. a. geführten Streifscharen der Buren einzuschließen, führen aber viele Gefangene, namentlich Frauen und Kinder, hinweg in die durch Stacheldraht eingehegten Konzentrationslager. Andere werden nach Ceylon, Indien, St. Helena gebracht. Unterstützung mit Geldmitteln und Kriegsbedarf aus den Niederlanden, Frankreich und Deutschland reicht nicht aus, um den Buren zum Siege zu verhelfen. Friedensschluß 31. Mai 1902: die Burenstaaten sind aufgehoben: die Buren müssen in die Einverleibung ihrer beiden Staaten in das britische Südafrika willigen; jedoch wird ihnen baldige Selbstverwaltung versprochen (S. 409). Sie erhalten als englische Untertanen zur Herstellung zerstörter Wohnorte eine Beihilfe von 3 Mill. Pfund Sterling (60 Mill. Mark). [1900.] Die englischen Kolonien in ~Australien~ (S. 302) werden durch eine Bundesverfassung zu +einem+ Staat (Commonwealth) vereinigt. Unter der langen Regierung der Königin Viktoria wechseln konservative und liberale Ministerien miteinander. 1843 irische Waffenbill (verbietet Einführung von Waffen nach Irland). 1845 Steuer- und Zollreform. 1869 Aufhebung der irischen Staatskirche. 1881 irische Landbill, vom Minister +Gladstone+ beantragt, um die Mißstände und Unruhen in Irland zu bessern. 1885 Parlamentsreform (vgl. S. 348), nachdem schon 1867 das Wahlrecht erweitert war; Bildung gleichmäßiger Wahlkreise, das Wahlrecht bleibt an den Nachweis einer eigenen, wenn auch gemieteten Wohnung geknüpft (Minimalmietzins 10 Pfund Sterling). Der 1886 mit großer Mehrheit verworfene Antrag Gladstones, für Irland ein eigenes Parlament einzurichten (+Home-rule-bill+) wird 1893 vom Unterhaus angenommen, vom Oberhaus und dann von den Wählern verworfen. 1897 Haftpflichtgesetz zum Schutze der Arbeiter. [~1901–1910.~ Jan. Mai.] ~König Eduard VII.~ (S. 352). Der Minister +Chamberlain+ betreibt einen engeren Anschluß der Kolonien an das Mutterland (Zollbund und Beiträge zur Unterhaltung der Kriegsflotte), tritt aber 1903 zurück. Neue irische Landbill 1903; die Pächter können mit Beihilfe des Staates Landeigentümer werden. Die Einsetzung eines Verwaltungsrats für Irland, 1907 vom Unterhause beschlossen, wird nicht vollzogen, da die Iren Widerspruch erheben und ein eigenes Parlament fordern. 1908 Gesetz über Altersunterstützung. 1909–1910 sozialpolitische Gesetzgebung. +Lord Roberts’+ Antrag auf Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1909 vom Oberhaus abgelehnt. [1904.] Englisch-französischer Vertrag über Ägypten und Marokko (s. S. 405). Die Neutralität des Suezkanals durch England garantiert. [1904.] Englische Expedition von Indien aus nach ~Tibet.~ +Lhassa+, Residenz des +Dalai-Lama+, des Oberhauptes der Buddhisten, erreicht. Ergebnis: Tibet darf ohne Englands Zustimmung kein Gebiet an eine fremde Macht abtreten und keine Erlaubnis zur Anlage von Eisenbahnen, Telegraphenlinien und Bergwerken geben. [1909.] Englisch-russisches Abkommen über +Persien+ (s. S. 403). Das englische Parlament genehmigt eine Bundesverfassung für die ~Südafrikanische Union~ mit Einschluß der früheren Burenstaaten, welche die 1902 versprochene Selbstregierung 1906 erhielten. +Botha+ Premier-Minister. +Siam+ tritt die Staaten +Kelantan, Trengganu+ und +Kedah+ (auf Malakka) an England ab. [1910-x.] ~König Georg V.~ [1911.] Englisch-amerikanischer Schiedsvertrag. Infolgedessen Revision des englisch-japanischen Bündnisses (s. S. 423). Japan nähert sich Rußland wieder (s. S. 402). Durch die radikale Parlamentsbill (+Vetobill+) des Ministers +Asquith+ wird das Oberhaus fast aller seiner Rechte beraubt; es behält nur ein aufschiebendes Veto. Während des Krönungsdurbar in Indien (Delhi) wird der alte Herrschersitz ~Delhi~ (S. 219, 300, 368) von König Georg V. an Stelle von +Kalkutta+ zur ~Hauptstadt Indiens~ erhoben. Englisch-ägyptische Truppen besetzen den Hafen und das Gebiet von +Solum+ im Osten der +Cyrenaica+ (Tripolis). § 14. Holland, Luxemburg, Belgien, Dänemark, Skandinavien, Schweiz. Das Königreich der ~Niederlande~ unter +Wilhelm III.+ 1849 bis 1890 (vgl. S. 340 u. 363). 1873–1879 Krieg gegen den Sultan von +Atschin+ auf Sumatra. Der Widerstand der Atschinesen erst 1895 gebrochen. 1887 Verfassungsrevision. Nach dieser folgt dem König seine Tochter +Wilhelmina+, bis 1898 unter Vormundschaft der Mutter +Emma+ von Waldeck, seit 1901 mit dem Prinzen Heinrich von Mecklenburg-Schwerin vermählt. 1911 Gesetz über Alters- und Invalidenversicherung. Das Großherzogtum ~Luxemburg~ (S. 380), seit 1842 im deutschen Zollverein, kommt 1890 durch männliche Erbfolge an +Adolf+, den früheren Herzog von +Nassau+ (S. 379). Ihm folgt 1905 sein Sohn +Wilhelm+, der letzte männliche erbberechtigte Oranier. Regentin die Großherzogin +Maria Anna+ von Braganza. Thronerbin: Prinzessin +Marie+ (kath.). ~Belgien~ unter +Leopold II.+ (1865–1909, s. S. 350) in friedlicher Entwickelung als Industriestaat, doch nicht ohne Parteikämpfe (Liberale und Klerikale) und Arbeiterunruhen. [Sidenote: 1884–1885. Nov. Febr.] ~Konferenz zu Berlin~ unter Vorsitz des Fürsten +Bismarck+ über das durch +Stanleys+ Reise 1876 bis 1877 erschlossene ~Kongo~-Gebiet. Ein neutraler +Kongostaat+ wird gegründet unter der Oberhoheit Leopolds II., Königs der Belgier. [1908.] Der ~Kongostaat~ wird Kolonialgebiet des Königreichs ~Belgien.~ [1909-x.] König +Albert I.+ Neffe Leopolds II. (S. 352). Gemahlin +Elisabeth+, Herzogin in Bayern. [1910.] Weltausstellung in +Brüssel+, zum Teil durch Feuer zerstört. In ~Dänemark~ unter +Christian IX.+ (1863–1906) lange Zeit Zwiespalt zwischen Regierung und Volksvertretung, besonders wegen der Befestigung von Kopenhagen, 1901 beigelegt durch Nachgeben des Königs. Kopenhagen befestigt. Herstellung freundlicher Beziehungen zu Deutschland seit dem Tode der Königin +Luise+ 1898 (S. 362). König +Friedrich VIII.+ seit 1906, vermählt mit +Luise+ von Schweden. Befestigung der Verbindung mit den auswärtigen Besitzungen. 1904 neue Verfassung für +Island+. Reise des Königs +Friedrich VIII.+ nach +Island+. Eifrige Pflege der Handels- und Verkehrsbeziehungen. 1903 Dampffähre für Eisenbahnzüge zwischen +Warnemünde+ und +Gjedser+ eröffnet. (Direkte Dampferlinie +Kopenhagen-Bangkok+.) Entsendung des Prinzen Waldemar zur Krönung des Königs von +Siam+ 1911. ~Schweden,~ 1872–1907 unter +Oskar II.+, Bruder Karls XV. (S. 363), kann die seit 1814 bestehende Personalunion mit Norwegen nicht behaupten. Norwegen sagt sich 1905 los. Prinz Karl von Dänemark, Sohn Friedrichs VIII., Großneffe Oskars II., nennt sich als König von Norwegen +Hakon VII.+ (s. S. 215). Seine Gemahlin +Maud+, Tochter Eduards VII. von England. In +Schweden+ seit 1907 +Gustav V.+, Gemahlin +Viktoria+ von Baden. 1909 Dampffähre zwischen +Trelleborg+ und +Saßnitz+ (Rügen) eröffnet. In der ~Schweiz~ 1874 Änderung der Bundesverfassung; für neue Gesetze wird der Bundesversammlung (S. 354) die Entscheidung entzogen und +Volksabstimmung+ (Referendum) vorgeschrieben, wenn 8 Kantone oder 30000 Bürger sie verlangen. Ein Gesetz über Kranken- und Unfallversicherung wird 1900 durch Volksabstimmung verworfen, 1912 angenommen. 1905 Internationale Arbeiterschutz-Konferenz in Bern. Durchstich des +Simplon+ 1906 vollendet, neue Eisenbahnverbindung mit Italien, für Frankreich erwünscht seit der Eröffnung der St. Gotthardbahn 1882. Bundespräsident ist seit 1903 Dr. +Deucher+. § 15. Italien. ~Italien,~ seit 1861 einheitliches Königreich unter ~Viktor Emanuel II.~ (S. 370, 379, 381). Dem ~Papste~ ist durch das Garantiegesetz von 1870 der Besitz der Peterskirche, des Vatikan- und des Lateranpalastes, dazu ein Jahreseinkommen von über 3 Mill. Francs gesichert; aber der Anspruch auf Herstellung des Kirchenstaats wird von päpstlicher Seite nicht aufgegeben. Aufhebung vieler Klöster, doch bleiben die Ordensgenerale und die geistlichen Seminare in Rom unter dem Schutz des Papstes. Unter König ~Humbert~ (1878–1900) schließt der Minister +Robilant+ 1887 den +Dreibund+ (S. 395), den der Ministerpräsident +Crispi+, mit Bismarck persönlich befreundet, aufrecht erhält. Sorge für Besserung der Finanzen, Ausbau der Eisenbahnen, Anbau der römischen Campagna, Ausgrabungen und Neubauten in Rom. Der König wird 1900 (Juli) von einem Anarchisten in Monza ermordet. [1885.] ~Italien~ nimmt den Hafen +Massaua+ am Roten Meer in Besitz. Erweiterung des Gebiets im Kriege gegen den +Negus+ Negesti +Johannes+ von Abessinien 1887–1889 zur +Colonia Eritrea+. Neue Kämpfe mit dem Negus +Menelik+ (reg. 1889–1910 in Addis Abeba, seitdem sein Enkel +Lidj Jeassu+ [geb. 1896], zunächst unter Vormundschaft). 1896 Niederlage der Italiener bei +Adua+, nur Massaua mit dem Küstengebiet (118000 qkm.) wird behauptet. [1887.] Italien erwirbt das +Somali+gebiet. [1900-x.] ~Viktor Emanuel III.~ (Gem. +Elena+ von Montenegro). Der Dreibund wird trotz aller Vorliebe der Italiener für die Franzosen aufrechterhalten. (1909 Begegnung des Königs mit Zar Nikolaus II. in +Racconigi+.) [1906] Verderblicher Ausbruch des Vesuv. [1907, 28. u. 29. Dez.] Messina und Reggio durch Erdbeben zerstört. [1903.] Papst Leo XIII. † (S. 393). Ihm folgt ~Pius X.,~ der sich 1907 in einer Allocution und einer Encyclica gegen den +Reformkatholizismus+ und die sog. +Modernisten+ wendet. [1911–1912.] ~Krieg Italiens gegen die Türkei~: Italien, schon lange auf Ausbreitung seiner Macht in +Nordafrika+ bedacht (S. 404), erhält 1901 von Frankreich (und bald darauf auch von England) die Anerkennung seiner Anwartschaft auf +Tripolis+. Zunächst nur wirtschaftliche Durchdringung des Landes geplant. Infolge des deutsch-französischen Abkommens über Marokko 1911 will Italien seine Entschädigung in Tripolis suchen. Die Stadt Tripolis nach kurzem Bombardement besetzt (Okt.), ebenso +Benghasi, Derna+ und andere Hafenplätze. Im Nov. die unwiderrufliche Besitzergreifung von Tripolis und Cyrenaica verfügt und den Mächten angezeigt. Das Deutsche Reich übernimmt den Schutz der Italiener in der Türkei und der türkischen Untertanen in Italien. Einspruch von Rußland, Frankreich und England gegen eine Blockade der Dardanellen (S. 401). Unterstützung der Türken durch die Araber und die islamitische Welt. Die Eroberung des tapfer verteidigten Hinterlandes (Oasen Ain Zara, Tadjura, Birtobras, Gargaresch) geht nur langsam vorwärts. Im +Roten Meer+ werden Jan. 1912 sieben türkische Kanonenboote durch italienische Torpedobootzerstörer vernichtet. Der Krieg dauert noch fort. § 16. Die Pyrenäische Halbinsel. ~Spanien~: 1868 (Sept.) ~Aufstand~; +Königin Isabella II.+ (S. 351, 363) vertrieben, flüchtet nach Frankreich. Die nach Madrid einberufenen +Cortes+ beschließen, trotz des Widerstandes der republikanischen Partei, eine neue konstitutionell-+monarchische+ Verfassung; Marschall +Serrano+ einstweilen Regent. Nach mehrfachen Verhandlungen mit auswärtigen Fürsten nimmt Prinz +Leopold+ von Hohenzollern-Sigmaringen 1870 die spanische Krone an. Nach seinem Rücktritt wird während des deutsch-französischen Krieges der +Herzog von Aosta+, +zweiter+ Sohn des Königs +Viktor Emanuel II.+ von Italien, von den Cortes zum König gewählt und besteigt als ~Amadeo I.~ 1870 (s. a. S. 381) den spanischen Thron. Jedoch fortdauernde Parteikämpfe veranlassen Amadeo schon 1873 zur Abdankung. Dann Bürgerkrieg; gegen die in Madrid eingesetzte republikanische Regierung kämpfen die Anhänger des +Don Carlos+ (Enkel des S. 351 erwähnten). Herstellung der Monarchie 1875; König ~Alfons XII.~, Sohn der 1868 vertriebenen Königin Isabella bringt dem Lande Frieden, unterstützt von dem Minister +Canovas+. Don Carlos entflieht nach Frankreich. Alfons XII. stirbt 1885; für seinen Sohn ~Alfons XIII.~ regiert bis 1902 die Mutter Marie Christine von Österreich, unterstützt von dem Minister +Sagasta+. [1898.] +Krieg mit den Vereinigten Staaten von Amerika+ (S. 418). [1899.] An Deutschland werden gegen eine Geldentschädigung überlassen: die +Marianen+, +Karolinen+ (schon 1885 von Deutschland besetzt, aber durch Schiedsspruch des Papstes Leo XIII. den Spaniern zuerkannt) und +Palau-Inseln+ (S. 396). Spanien behält von seinem alten Kolonialbesitz nur noch die Kanarischen Inseln, Span. Guinea (Rio Muni, Fernando Po, Corisco), die Küste von Rio de Oro und die 5 +Presidios+ (Ceuta, Velez de la Gomera, Alhucemas, Melilla, Chafarinas) an der +Küste von Marokko+. [1903 u. 1904.] Sozialistische Aufstände, namentlich in +Barcelona+; doch bleibt die Monarchie erhalten. [1906.] Vermählung des Königs mit Viktoria +Eugenie+ (Ena) von Battenberg (Nichte Eduards VII. von England). Bombenattentat am Hochzeitstage des Königpaares. [1909.] Tod des Prätendenten Don Carlos. [1909–1910.] ~Krieg gegen die Rifkabylen in Marokko~, die ein 300 km langes, 100 km breites Gebiet vom Kap Tres Forcas, unweit Melilla, bis an die Straße von Gibraltar beherrschen. Blutige Kämpfe um +Melilla+. Infolge der Truppensendungen nach Afrika schwere Ruhestörungen in Barcelona und ganz Katalonien. Der »Freiheitsapostel« +Ferrer+ trotz vieler Protestkundgebungen hingerichtet. [1910.] Erneuerte Kämpfe um ~Melilla~. 1911 (Jan.) Reise des Königs Alfons XIII. nach Marokko. Endlich (Nov.) Friedensvertrag mit den Kabylen. Unterdessen und besonders infolge des deutsch-französischen Marokkoabkommens (S. 405) auch manche Reibereien zwischen Spaniern und Franzosen in Marokko. Die Verhandlungen mit Frankreich über die Abgrenzung der spanischen Besitzungen und Rechte in Marokko sind zur Stunde noch nicht abgeschlossen. ~Portugal~ (S. 363) gelangt nach früheren Bürgerkriegen zu ruhigeren Zuständen unter den Königen aus dem Hause +Koburg+, seit 1853 (S. 352). Doch erhebt sich 1907 eine starke Bewegung gegen den Ministerpräsidenten Franco; am 1. Febr. 1908 wird König +Karl I.+, mit ihm der Kronprinz Ludwig Philipp von Verschwörern erschossen. Sein zweiter Sohn und Nachfolger +Manuel II.+ wird 1910 (Okt.) durch eine Revolution vertrieben, lebt in England. Portugal als ~Republik~ von den Mächten anerkannt. Trennung von Kirche und Staat durchgeführt. Bewegungen zu Gunsten der Monarchie mehrfach unterdrückt. Präsident: +Manuel d’Arriaga+ (seit 1911). § 17. Die Balkanhalbinsel. ~Rumänien~ (S. 367, 399ff.) nimmt auf fast allen Gebieten einen erfreulichen Aufschwung. Eifrige Sorge des Fürsten Karl für Heer und Landesbefestigungen, Finanzen und Unabhängigkeit des Landes, Handel und Ackerbau, Volksbildung und Gesetzlichkeit. 1881 erklären die Kammern Rumänien als +Königreich+. ~König Karl I.~ erhält gute Beziehungen zum Dreibund, schließt eine Militärkonvention mit Österreich. In ~Serbien~ nimmt Fürst +Milan+ (Obrenowitsch) 1882 den +Königstitel+ an, dankt aber 1889 ab zu Gunsten seines 12jährigen Sohnes +Alexander+. Dieser erklärt sich bereits 1893 für mündig, wird 1903 samt seiner Gemahlin +Draga+ durch eine Verschwörung ermordet. Milan, von seiner Gemahlin +Natalie+ geschieden, † 1901 in Wien. Seit 1903 ~Peter I.~ (Karageorgiewitsch) ~König~ von ~Serbien~ (s. S. 399). In ~Montenegro~ seit 1860 Fürst ~Nikita~ (Nikolaus). Bei der Feier seines Regierungsjubiläums 1910 nimmt er ebenfalls den +Königstitel+ an. In ~Bulgarien~ wird 1879 Prinz +Alexander+ von Battenberg (Hessen), ein Neffe des russischen Kaisers Alexander II. von der Sobranje (Deputiertenkammer) zum Fürsten erwählt. [1885.] Erhebung der +Bulgaren+ gegen die Türken; +Ostrumelien+ (S. 401) vereinigt sich mit dem Fürstentum +Bulgarien+, gegen Rußlands Willen. +Serbien+ (König Milan) beginnt Krieg gegen Bulgarien. Fürst Alexander besiegt die Serben bei +Slivnitza und Pirot+ (Nov. 1885), schließt aber auf Verlangen Österreichs Frieden. Er wird 1886 von der russischen Partei vertrieben, doch bleibt Ostrumelien mit Bulgarien vereinigt. Sein Nachfolger ~Ferdinand I.~ von Koburg-Kohary (S. 352) stützt sich zunächst auf Österreich, wird 1896 auch von Rußland anerkannt. Seine Diplomatie und das Ansehen seines Heeres setzen ihn in den Stand, 1908 die +Erhebung+ ~Bulgariens~ (mit Ostrumelien) zu einem von der Türkei völlig unabhängigen ~Königreich~ ohne Schwertstreich durchzusetzen. Seitdem entschiedene Anlehnung an Rußland. ~Griechenland~, seit 1863 unter ~König Georg I.~ (v. Dänemark), 1864 durch Abtretung der +Ionischen Inseln+ von seiten Englands (s. S. 341) vergrößert, erhält 1881, da die Großmächte ihr Verlangen an die Türkei (S. 401) erneuern, Thessalien und einen kleinen Teil von Epirus. [1897.] +Krieg Griechenlands gegen die Türkei+, veranlaßt durch einen Aufstand auf der Insel +Kreta+ gegen die türkische Herrschaft. Die Griechen werden in Thessalien und Epirus geschlagen, müssen Frieden schließen und Kriegskosten zahlen. Kreta erhält auf Verlangen der europäischen Großmächte selbständige Verwaltung unter türkischer Oberhoheit; Prinz Georg von Griechenland Gouverneur bis 1906. Die Nichtbenutzung der Gelegenheit, die Insel Kreta in dem Augenblick anzugliedern, wo Österreich und Bulgarien 1908 Bosnien und Ostrumelien einverleibten, ruft in Griechenland lebhafte Erregung hervor, besonders im Heere. Mehrere Prinzen scheiden 1909 aus Armee und Flotte aus und erhalten mehrjährigen Auslandsurlaub. Auf Kreta (August 1909) überall die griechische Flagge gehißt. Die türkische Oberhoheit bleibt jedoch erhalten. Das ~türkische Reich~, seit 1878 (russisch-türkischer Krieg, s. S. 399ff.) in seinem europäischen Bestande sehr eingeschränkt (S. 401), hat immer wieder mit Empörungen seiner christlichen Untertanen zu kämpfen. [1895.] Blutige Verfolgung der +Armenier+ und der +syrischen Christen+; England, Frankreich und Rußland gebieten Einhalt. [1903.] Aufstand in ~Macedonien~, von den +Bulgaren+ unterstützt; Österreich und Rußland nötigen die türkische Regierung zu Reformen, die aber nur halb zur Ausführung kommen. Der Kriegszustand dauert fort. [1908.] Für die ~Türkei~ erzwingt ein Militäraufstand (Jungtürken) vom Sultan +Abdul Hamid+ (1876–1909) die Gewährung einer +Verfassung+ (Senat und Deputiertenkammer), die schon 1876 verkündet, aber nach kurzer Zeit wieder aufgehoben worden war. Bosnien (S. 398 f.), Ostrumelien (s. oben) verloren; Novipazar wieder gewonnen (S. 398, 399). [1909.] Sultan Abdul Hamid ebenso wie 1876 sein älterer Bruder Sultan +Murad V.+ abgesetzt. Seitdem Sultan ~Mohammed V.~ [1911.] Die türkische Regierung beschränkt die Weiterführung der von Konstaninopel ausgehenden +Anatolischen Eisenbahn+ (~Bagdadbahn~; ihre Erbauung 1893 durch +Georg von Siemens+ für die deutsche Arbeit [Deutsche Bank] gesichert, zunächst bis Kaisarie gestattet, 1902 einem deutsch-französischen Syndikat übertragen) auf die Strecke +El Halif+ (zwischen Harran und Mosul) bis +Bagdad+. Später soll +Kuweit+ am Persischen Meerbusen Endpunkt sein. Zweigbahn nach +Alexandrette+, Anschluß an die +Hedschas+bahn von +Damaskus+ nach +Medina-Mekka+ und die russisch-persischen Bahnen über Teheran nach Bagdad gesichert (S. 397). [1911–1912.] +Italienisch-türkischer Krieg+ (s. S. 412). § 18. Amerika. Die ~Vereinigten Staaten~ von Amerika, deren Gebiet seit 1848 bis zum Stillen Ozean reicht (S. 301 f.), an Volkszahl schnell wachsend durch Einwanderung aus Europa (1860: 31½ Mill. Einwohner), aufblühend durch Handel und großstädtische Industrie, geraten in schwere Gefahr durch Zwiespalt zwischen den Nordstaaten und den Sklaven haltenden Südstaaten. Die Wahl +Abraham Lincolns+ zum Präsidenten der Union von seiten der Nichtsklavenstaaten führt zum [~1861–1865.~] ~Bürgerkrieg~. Die 11 Südstaaten erklären ihren Austritt (secession) aus der Union und schließen einen +Sonderbund+. +Jefferson Davis+ Präsident. Sie erklären die Fortdauer der Negersklaverei wegen des Plantagenbaues (Zucker, Reis, Tabak, Baumwolle) für notwendig. Hauptschauplatz des Krieges der zu den Südstaaten gehörige Staat +Virginia+ und das angrenzende +Maryland+. Die Sonderbundstruppen bedrohen 1861 nach dem Siege bei +Bull-Run+ und 1862 nach der siebentägigen Schlacht bei +Richmond+ die Bundeshauptstadt Washington, werden jedoch wieder zurückgedrängt. Die Unionstruppen erobern 1862 +New-Orleans+, 1863 +Vicksburg+ am Mississippi. [1863. 1. Jan.] Eine Proklamation Lincolns erklärt alle Sklaven der Südstaaten für frei. Der Südstaatengeneral +Lee+ siegt bei +Fredericksburg+ (Virginia), überschreitet den Grenzfluß Potomac, wird aber bei +Gettysburg+ in Pennsylvanien zurückgeschlagen. [1864.] Der Nordstaatengeneral +Grant+ kämpft gegen Lee in der +Wilderness+ und bei +Spotsylvania+, belagert ihn dann in der starken Stellung zwischen den Festungen +Richmond+ und +Petersburg+. Ein zweites Heer der Nordstaaten unter +Sherman+ siegt bei +Atlanta+ im Staate Georgia, dringt bis zur Küste vor nach Savannah, zieht im Frühjahr 1865 gegen Petersburg heran. [1865. April.] General Lee räumt Richmond und Petersburg, kapituliert mit 26000 Mann, bald darauf ergeben sich auch die übrigen Truppen der Südstaaten. Die Union bleibt erhalten, doch fügen die Südstaaten sich nicht bedingungslos. Präsident +Lincoln+, der umsichtige Leiter der Union, wird von einem Anhänger der Südstaaten ermordet (14. April); sein Nachfolger +Johnson+ zeigt sich nachgiebiger in der Sklavenfrage und gerät deshalb in Konflikt mit dem Kongreß, welcher die Aufhebung der Sklaverei im ganzen Unionsgebiet als Gesetz verkündet und den Negern Bürgerrecht und Stimmrecht verleiht. Daraus ergeben sich Übelstände, die zur Folge haben, daß unter dem Präsidenten +Grant+ (1869–1877) die Südstaaten in mancher Hinsicht noch unter der Diktatur des Kongresses bleiben. Aussöhnung erst unter Präsident +Hayes+ (1877–1881), der auch die bei großer Steigerung des Handelsreichtums eingerissene Bestechlichkeit und Ämterjagd bekämpft, unterstützt von dem Deutschen +Karl Schurz+ als Minister des Innern. Sein Nachfolger +Garfield+, der diese Bestrebungen weiterführt, wird nach wenigen Monaten ermordet (1881). [1867.] Erwerbung des russischen Amerika (Alaska) für 7200000 Dollar. [1869.] Eröffnung der ersten +Pacificbahn+ (Omaha bis San Francisco). Schnellere Verbindung zwischen den Küsten des Atlantischen und des Großen Ozeans. Auf die Streitigkeiten der +mittel-+ und +südamerikanischen Republiken+ wirkt die Union oft vermittelnd ein, so 1869 bei dem Frieden zwischen Spanien und dem erfreulich aufstrebenden ~Chile~, das 1879–1884 Bolivia und Peru niederwirft, aber 1891 in einen gefährlichen Bürgerkrieg hineingerissen wird. In ~Brasilien~ wird 1889 eine Föderativrepublik von 20 Staaten (Vereinigte Staaten von Brasilien) eingerichtet (1888 die Sklaverei plötzlich abgeschafft); Kaiser Pedro II. (S. 346) zieht sich nach Portugal zurück. Seit 1910 Präsident +Hermes da Fonseca+. Gegenüber den europäischen Staaten nimmt die Union öfters eine feindliche Haltung an; s. Frankreich S. 371. Streit mit +England+ über Schadenersatz, weil während des Bürgerkrieges Kaperschiffe für die Südstaaten in England ausgerüstet waren; ein Schiedsgericht zu Genf entscheidet 1872, daß England über 3 Mill. Pfund Sterling zu zahlen habe. In der Union stark anwachsende Bevölkerung; 1890: 63 Mill., 1910: 88 Mill. Einwohner. Viele Eisenbahnen gebaut, um das weite Gebiet aufzuschließen (vgl. S. 421). Die Mac Kinley-Bill 1890 erhöht den Zolltarif der Vereinigten Staaten, um die europäische Einfuhr zu beschränken; 1891 Gesetz gegen die Einwanderung unbemittelter Personen. [1896–1901.] Präsident +Mac Kinley+; die Union beginnt auswärtige Besitzungen zu erwerben, zuerst 1897 die +Sandwich-Inseln+ annektiert (seit 1900 Territorium). [1898.] ~Krieg gegen Spanien~ zur Unterstützung der schon 1895 auf +Cuba+ und den seit 1569 spanischen +Philippinen+ (S. 223, 242) ausgebrochenen Aufstände. Die spanische Flotte wird in zwei Seetreffen, bei +Cavite+ (Insel Luzon) und +Santiago+ (Insel Cuba) vernichtet. Im Frieden zu +Paris+ tritt Spanien Puerto Rico und die Philippinen gegen eine Geldentschädigung an die Union ab. +Cuba wird eine Republik+, muß aber der Union gewisse Aufsichtsrechte und mehrere Flottenstationen einräumen (Insel Guam s. S. 426). [1899.] Bei der Teilung der +Samoa+-Inseln (S. 407) nimmt die Union +Tutuila+ mit dem Hafen Pago-Pago und die Manuagruppe (203 qkm). [1901–1909.] Präsident +Roosevelt+, Nachfolger des ermordeten Mac Kinley. Das Deutsche Reich tritt in engere Beziehungen zur Union. Als Deutschland, England und Italien wegen Handelsstörungen mit der Republik +Venezuela+ (Präsident +Castro+) in Streit geraten und ihre Küste durch Kriegsschiffe blockieren, Vermittlung durch den Vertrag zu +Washington+ (Juli 1903); Venezuela muß bedeutende Entschädigung zahlen. [1903.] Vertrag der Union mit +Colombia+ (S. 346) über Gebietsabtretung zum Ausbau des 1881 von französischen Kapitalisten (Panamagesellschaft, 1889 aufgelöst) begonnenen +Panama+-Kanals. Da in Colombia sich Widerspruch erhebt, bildet sich eine besondere Republik +Panama+ unter dem Schutze der Vereinigten Staaten. Der Kanal (Schleusenkanal) soll am 1. Jan. 1915 eröffnet werden, wie der Suezkanal neutral und allen Völkern unter den gleichen Bedingungen geöffnet sein. [1906.] +San Franzisko+ durch Erdbeben größtenteils zerstört, doch bald wiederhergestellt. [1907.] Verschärftes Gesetz über die Einwanderung. [Seit 1909.] Präsident +Taft+, vorher Kriegsminister und Gouverneur der Philippinen, hält das gute Einvernehmen mit dem Deutschen Reiche aufrecht. [1910–1911.] Aufstand in ~Mexiko~. Verschwörung gegen den Präsidenten +Porfirio Diaz+ (S. 371). Die Vereinigten Staaten ziehen Truppen an der Grenze zusammen. Porfirio Diaz dankt 1911 ab. +Madero+, der Hauptführer der Aufständischen, wird zu seinem Nachfolger gewählt, Ende des Aufstandes. 1912 neue Unruhen. [1911.] Englisch-amerikanischer Schiedsvertrag. ~Japan~ (Spannung seit der Besetzung der Sandwich-Inseln und der Philippinen, durch den Bau des Panamakanals noch gesteigert) knüpft wieder freundschaftliche Beziehungen mit den Vereinigten Staaten an. § 19. Asien. In ~Persien~ (S. 219), das auf eine fast 2500 Jahre alte Kultur zurückblickt, hat das autokratische Regiment die Entwickelung und die Wohlfahrt des Volkes sehr beeinträchtigt. Von persischen Gebieten sind jedoch bisher nur +Georgien+, +Transkaukasien+ und ein Teil +Armeniens+ an Rußland verloren gegangen (S. 297, 348). [~1906.~] Verfassung eingeführt. Doch gerät der Schah +Mohammed Ali+ bald in Streit mit dem Parlament (+Medschlis+) und löst es auf. Daher Aufstand im Lande. [~1909.~] +England+ und +Rußland+ als die Nachbarn fordern vom Schah Wiederberufung des Medschlis, Gewährung einer Verfassung und Reform der Verwaltung als Bedingung für die Zulassung einer Anleihe. Diese Einmischung abgelehnt. Einmarsch russischer Truppen in +Täbris+; englische besetzen +Abuscher+ am Persischen Golf. Straßenkämpfe in +Teheran+. Mohammed Ali abgesetzt, begibt sich nach Rußland. Der Titel Schah abgeschafft. Seitdem +Sultan Ahmed Mirsa+ (geb. 1897). Regent Ali Reza Chan. Verfassung wiederhergestellt. Schwierigkeit für das Parlament, das Reichsbudget im Gleichgewicht zu halten. Anleihe in Rußland und England genehmigt gegen Verpfändung persischer Zolleinkünfte. England und Rußland grenzen ihre Interessensphären ab (S. 403, vgl. Deutsch-russisches Abkommen über Persien, S. 397). Berufung belgischer Beamten für Zoll- und Postverwaltung, amerikanischer Beiräte für die Ordnung der Finanzen. Der Amerikaner +Morgan Shuster+ Generalschatzmeister. Protest der Jungperser gegen die russisch-englischen Pläne. [~1910.~] Tod des Regenten. Sein Nachfolger +Nasr el Mulk+. Landung englischer Truppen am Persischen Golf. [~1911.~] Rückkehr des Exschahs Mohammed Ali. Im Norden Persiens wechselvolle Kämpfe zwischen seinen Anhängern und den Regierungstruppen. Russisches Ultimatum; u. a. Morgan Shusters Entlassung gefordert. Landung und Vormarsch russischer Truppen von +Rescht+ aus. Alle russischen Forderungen erfüllt. Nordpersien gerät immer mehr in Abhängigkeit von Rußland. Die Wirren dauern fort. Der Emir von ~Afghanistan~ (S. 353) beherrscht trotz des Verlustes weiter Gebiete an Rußland (S. 402) und England (S. 406 f.) noch ein Land von 624000 qkm. -- 1893 Vertrag zwischen dem Emir +Abdurrhaman+ und der englischen Regierung, die ihm eine jährliche Rente von etwa 3½ Mill. Mark bewilligt. [1907.] Englisch-russischer Vertrag mit dem Emir +Habib Ullah+ (seit 1901) über die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Besitz- und Rechtsstandes in Afghanistan. Das Königreich ~Siam~ in Hinterindien ist trotz der Begehrlichkeit seiner Nachbarn, England (S. 409) und Frankreich (S. 404), immer noch größer als das Deutsche Reich (600000 qkm, 6½ Mill. Einwohner). König ~Maha Chulalongkorn~ (1868 bis 1910) war ein großer Freund Europas und seiner Sitten (sein Besuch bei Bismarck in Friedrichsruh 1897), schuf eine moderne Armee und Flotte, Eisenbahnen und Dampferlinien, richtete Steuer-, Post- und Münzwesen nach europäischem Muster ein und suchte seine Unabhängigkeit durch Verträge mit England und Frankreich sicher zu stellen. Handelsverträge zwischen Siam und Europa seit Mitte des vorigen Jahrhunderts (S. 368, 411). Seit 1910 ~Maha Wajirawudh~ Herrscher im Reiche des weißen Elefanten. ~China~, seit 1842 dem europäischen Handel geöffnet (S. 353), bald auch mit den Vereinigten Staaten in Handelsbeziehungen, nimmt nicht wie +Japan+ (S. 369) an den Fortschritten europäischer Kultur teil; im Volke Haß gegen die Fremden verbreitet. Verlust des Amurgebietes (S. 369). [1894–1895.] ~Krieg Japans gegen China~ wegen der Schutzherrschaft über +Korea+ (S. 251). Korea wird unabhängig, Japan gewinnt die Insel +Formosa+ (Taiwan). Die im Frieden zu +Schimonoseki+ durch +Li-hung-tschang+ zugestandene Abtretung der Halbinsel +Liau-tung+ mit dem Hafen +Port Arthur+ wird durch Rußland, Deutschland und Frankreich rückgängig gemacht. [1897. Nov.] Deutschland besetzt das Hafengebiet +Kiau-tschou+; ein Pachtvertrag mit China auf 99 Jahre wird 1898 geschlossen. [1898.] Rußland besetzt den Hafen +Port Arthur+ an der Einfahrt zum Meerbusen von Petschili, England den gegenüberliegenden Hafen +Wei-hai-wei+. [1900.] ~Aufstand in China gegen die Christen und Ausländer~ (vergl. S. 251), geleitet von weitverzweigten Geheimbünden (Boxer). Zweideutige Haltung der chinesischen Regierung; da sie weder Ordnung noch Genugtuung schafft, vereinigen sich hierzu Deutschland, England, Rußland, Frankreich, Österreich, Italien, Japan und die Vereinigten Staaten. Kriegsschiffe der Verbündeten erscheinen vor der Mündung des Peiho und entsenden eine Schutzwache für die Gesandten nach +Peking+. Da die Unruhen fortdauern, zieht der englische Admiral +Seymour+ mit 2000 Mann gegen Peking, muß aber, da die Eisenbahn zerstört ist und starke Scharen ihm entgegentreten, umkehren. Beim Marsch auf Tientsin stete Gefechte, in schwierigster Lage »the Germans to the front«. Inzwischen in Peking der +deutsche Gesandte+ v. Ketteler ermordet (20. Juni). [17. Juni.] Erstürmung der +Taku-Forts+ (S. 368), um eine Landung zu ermöglichen (das deutsche Kanonenboot +Iltis+). +Tientsin+ nach schweren Kämpfen erobert; +Peking+ erreicht (14. Aug.), die Gesandten befreit. Der Kaiser und die Kaiserinwitwe fliehen nach Sianfu. [20. Sept.] Erstürmung der +Peitang-Forts+ nahe der Küste, Besetzung des Hafens Schan-hai-kwan, für die Russen »Tor zur Mandschurei«. [27. Sept.] Der deutsche Feldmarschall ~Graf Waldersee~ übernimmt den Oberbefehl über die verbündeten Truppen (zuletzt 64000 Mann, darunter 19000 Deutsche). Die Amerikaner zurückgerufen; die Russen wenden sich hauptsächlich nach der +Mandschurei+, um dort den Bau der Eisenbahn zu schützen. Während des Winters Kriegszüge von Peking und Tientsin aus. +Paoting-fu+, Hauptstation der Boxer, 19. Okt. besetzt; Erstürmung der Bergfeste +Tse-kin-kwa+ 29. Okt. Russen und Engländer geraten in Streit über den Besitz der Eisenbahn Tientsin-Peking; Waldersee erreicht die Fertigstellung der Bahn bis Mitte Dezember. [1901. März.] Vorrücken der Deutschen bis zur +Großen Mauer+. 23. April Sieg bei +Huolu+. [Mai.] Nach Besetzung eines großen Teils der Provinz Petschili und Flucht ihrer Truppen hinter die Große Mauer bewilligt die chinesische Regierung alle Forderungen: Bestrafung der Urheber des Aufruhrs, Befestigung der Gesandtschaftsgebäude in Peking, Schutzwachen der verbündeten Mächte daselbst, Schutz der Eisenbahn von Peking bis zur Küste durch befestigte Plätze mit Garnisonen, Schleifung der Küstenforts, Zahlung von 450 Mill. Taels (1350 Mill. Mark) in 39 Jahren aus den Erträgen der Seezölle, deren Verwaltung von Beamten der verbündeten Mächte geleitet wird (S. 368). Nach dem Abzug der verbündeten Truppen bleiben größere Besatzungen, namentlich in Tientsin und Schanghai. Prinz +Tschun+, Bruder des Kaisers von China, überreicht (Sept.) dem Deutschen Kaiser in Potsdam ein Entschuldigungsschreiben wegen Ermordung des Gesandten; diesem in Peking ein Denkmal errichtet. Die Erschließung Chinas in den folgenden Jahren durch, eine Reihe von Eisenbahnbauten (auch amerikanisches Kapital beteiligt) gefördert. 1906 schon 6300 engl. Meilen in Betrieb. Lebhafter Dampfschiffsverkehr auf den großen Strömen. [1905.] Die +Mandschurei+ an China zurückgegeben (S. 423). »Offene Tür« daselbst allen Mächten garantiert. [1909.] Streitigkeiten mit +Rußland+ und +Japan+ über die Abgrenzung der Rechte in der Mandschurei geregelt. Der +Tumen+fluß als Grenze zwischen der Mandschurei und Korea festgesetzt. 1911 Pest in der Mandschurei (Charbin). Das Eindringen der europäischen Kultur und der Vergleich mit Japan erwecken in weiten Kreisen den Wunsch nach zeitgemäßen Reformen. Manche Vizekönige Anhänger dieser Reformpartei, z. B. +Juanschikai+. Er wird 1909 abgesetzt, weil er die Gleichstellung der Mandschu mit den Chinesen und die Beseitigung ihrer Renten gefordert hatte. 1910 die Abschaffung der Sklaverei von der Regierung verfügt. Vorbereitungen für die Berufung eines Parlaments getroffen. Kaiserlicher Erlaß über die Bildung eines verantwortlichen Ministeriums. [1911.] In den südlichen Provinzen (+Kanton+) bricht eine Revolution aus. Beseitigung der Mandschudynastie gefordert. +Hankau+ erobert (Eingreifen deutscher Marinetruppen zu Gunsten der Regierung), ebenso +Nanking+. Dr. +Sunyatsen+ Leiter der Revolutionäre. Juanschikai erhält Vollmacht zu allen ihm geeignet erscheinenden Maßregeln. Kaiserlicher Erlaß verheißt Einführung einer Verfassung und Amnestie. Juanschikai Ministerpräsident. Der Prinzregent Tsaifeng (Kaiser +Pu Yi+ geb. 1906) leistet den Eid auf die Verfassung. Waffenstillstand. In +Schanghai+ Versammlung der Abgeordneten der 14 südlichen Provinzen. Sunyatsen vorläufig zum Präsidenten der »+Vereinigten Staaten von China+« gewählt. +Abfall der Mongolei+ (S. 403). Juanschikai sucht eine konstitutionelle Monarchie unter den Mandschu zu erhalten. Als die Aufständischen Truppen gegen die nördlichen Provinzen senden, erfolgt die [1912. Febr.] ~Abdankung der Mandschudynastie~ (S. 251). ~China Republik~. +Juanschikai Präsident+. ~Japan~ seit seinem Siege über China (S. 420) die herrschende Macht in Ostasien. Korea gerät immer mehr unter japanischen Einfluß. [~1904–1905.~] ~Krieg zwischen Rußland und Japan~ wegen der beiderseitigen Ansprüche auf +Korea+ und die +Mandschurei+. +Japan seit 1902 mit England verbündet+, doch greift England in den Krieg nicht ein. Die japanische Flotte blockiert +Port Arthur+ und +Wladiwostok+; japanische Landtruppen besetzen einen Teil von Korea, dringen nach der Mandschurei vor, siegen 1. Mai 1904 am +Jalu+fluß. Eine zweite Armee landet auf der Halbinsel Liau-tung und schließt Port Arthur von der Landseite ein. Die russische Flotte versucht die Blockade zu brechen, wird 10. August mit großem Verlust zur Rückkehr genötigt. Verstärkungen des Landheeres kommen auf der Sibirischen Eisenbahn nur langsam heran. [1904. 24.–31. Aug.] Schlacht bei +Liau-jang+ in der Mandschurei. Die Japaner (160000 Mann unter Marschall +Ojama+) drängen die Russen (Gen. +Kuropatkin+) in hartnäckigen Kämpfen zurück. [15.–18. Okt.] Schlacht am Flusse +Schaho+; Kuropatkins Angriffe mißlingen. [1905. 2. Jan.] +Port Arthur+, von Gen. +Stössel+ verteidigt, kapituliert (Gen. +Nogi+); über 40000 Mann kriegsgefangen. [24. Febr. bis 10. März.] Schlacht bei +Mukden+; die Russen müssen nach starken Verlusten (90000 Mann) weichen, behaupten sich aber noch in der Mandschurei. [1905. 27.–28. Mai.] Seeschlacht bei +Tschuschima+ (Insel in der Straße von Korea). Die russische Ostsee-Flotte (16 große Schiffe, 4 kleine Kreuzer) von Admiral +Togo+ annähernd vernichtet. [Juli.] Die Japaner besetzen den südlichen Teil der Insel +Sachalin+. [~1905.~ 5. Sept.] ~Friede zu Portsmouth~ (amerikanische Küstenstadt unweit Boston) unter Vermittlung des Präsidenten +Roosevelt+. Japan erhält die Schutzherrschaft über Korea, Port Arthur mit umliegendem Gebiet, Sachalin bis zum 50. Breitengrad. Rußland zahlt keine Kriegsentschädigung, behält Wladiwostok und sein Amur-Gebiet. Die Mandschurei soll an +China+ zurückgegeben werden, doch behalten Japan und Rußland ihre dort angelegten Eisenbahnen (s. S. 422). In den folgenden Jahren macht Japan, dessen Heer überall Bewunderung erweckt hat, weitere Fortschritte auf dem Wege finanzieller Erstarkung und politischer Vorherrschaft auf +Korea+. 1909 Koreanische Gerichtshoheit, 1910 Polizeigewalt auf Japan übertragen. Fürst +Ito+, früher Generalresident in Korea, 1909 von einem Koreaner ermordet. 1910 die Annexion Koreas durchgeführt; Kaiser +Ytschak+ dankt ab. [1911.] Bündnis zwischen Rußland und Japan (S. 402 f.). Infolgedessen Revision des englisch-japanischen Bündnisses von 1902 (S. 422). Anknüpfung freundschaftlicher Beziehungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika (S. 419). § 20. Entwickelung der deutschen Kolonien. +Gründung+ s. S. 395. +Zweck+: Gewinnung von Rohprodukten; Absatzgebiete für den heimischen Handel und Besiedelung. Das Reich stellte auf Nachsuchen die kaufmännischen Niederlassungen unter seinen Schutz, zur Sicherung gegen fremde Herrschaft (+Deutsche Schutzgebiete+). Die Kolonisation begann an den Küsten und dehnte sich allmählich in das Innere aus; hierfür von größtem Einfluß die Erschließung durch +Eisenbahnen+ und die +Wasserversorgung+. Sicherung durch Schutzverträge mit den einheimischen Häuptlingen mit Handelsvorteilen, namentlich für europäische Waren. Verwaltung durch +Gouverneure+ mit Bezirksämtern und Stationen; militärische Sicherung durch die +Schutztruppen+. +Erweiterung der Kolonien+ (S. 396, 397, 405). Der deutsche Kolonialbesitz ist jetzt über fünfmal größer als das Heimatsgebiet, hat aber kaum ein Viertel der Einwohnerzahl. Am +Handelsergebnis+ der Kolonien (Einfuhr und Ausfuhr) +war Deutschland 1910 mit 66,3 v. H. beteiligt+. Regelmäßige +Seeverbindung+ durch Hamburg-Amerika- und Woermann-Linie nach der afrikanischen Westküste, Norddeutschen Lloyd (Bremen) und Reichspostdampfer nach Ostafrika, Australien und Ostasien. +Telegraphische Verbindung+ fehlt noch nach den Besitzungen in der Südsee; deutsche +Seekabelverbindung+ schreitet kräftig fort, ist aber nur nach Ostasien von fremden Leitungen unabhängig; besonders nach Ostafrika sind englische Kabel beteiligt. +Funkenstationen+ in allen afrikanischen Kolonien und in Kiautschou. +Deutsche Kolonialgesellschaft+ in Berlin (Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg), Kolonialinstitut in Hamburg und mehrere Kolonialschulen. 1. ~Südwestafrika~ (835100 qkm). Missionsstationen bestanden seit 1860 im Damara- und Namaqualande; das Küstengebiet Angra Pequena wurde 1883 von dem Bremer Kaufmann Lüderitz erworben; 1884 Erweiterung durch Verträge mit den einheimischen Häuptlingen; 1893 der Hafen Swakopmund angelegt. [1894.] Gouverneur +Leutwein+ geht mit der verstärkten Schutztruppe gegen unzuverlässige Häuptlinge vor. Nach den Gefechten bei +Naukluft+ verbündet sich Hendrik +Witboi+ mit den Deutschen und leistet Hilfe bei ferneren Kämpfen, so noch 1903 gegen die Bondelzwarts-Hottentotten. [~1904–1906.~] Allgemeiner +Aufstand+ gegen die auf weites Gebiet verteilte Schutztruppe. Die Hereros zerstören die Eisenbahn Swakopmund–Windhuk und ermorden viele Ansiedler. Mühsame Kriegführung in dem wasserarmen, vielfach gebirgigen Lande. Die Schutztruppe verteidigt Omaruru und andere Stationen, wird unterstützt durch ein Landungskorps vom Kreuzer Habicht, dann durch das Seebataillon; bald erscheint eine kriegsstarke Division, gebildet aus Freiwilligen des ganzen deutschen Heeres. [1904. 11. u. 12. Aug.] Sieg des Generals v. Trotha am +Waterberge+; er drängt die Hereros nach Osten in die Kalahariwüste, wo viele umkommen. Darauf allmähliche Unterwerfung des nördlichen Landesteils, aber im Süden erhebt sich nun +Witboi+ gegen die Deutschen. [1905.] Hartnäckige Kämpfe um die Wasserstelle bei Groß-Nabas, dann in den Karasbergen und am Großen Fischfluß; Witboi †. Der deutsche Reichstag bewilligt den Bau der Eisenbahn Lüderitzbucht–Kubub (100km). [1906.] Kämpfe am Oranjefluß; Oberstlt. v. Estorff drängt die Hottentotten nach Osten. Ihr Führer +Morenga+ flüchtet auf englisches Gebiet, versucht 1907 nochmals in das inzwischen unterworfene Land einzudringen, wird in einem Gefecht mit englischen Truppen getötet. Der Reichstag bewilligt 5 Mill. Mark für die Verluste der Ansiedler. +Gesamtbevölkerung+ 1911: rund 14000 Weiße und 72000 Farbige, also nur 0,1 Einwohner auf l qkm. Jede Selbständigkeit der Häuptlinge hat aufgehört. +Regierungssitz+: Windhuk. +Wassererschließung+ schreitet fort. +Eisenbahnen+: 1909 km im Betrieb, 217 km im Bau. +Ausfuhr+ vornehmlich: +Diamanten+ und Kupfererze, ferner Blei, Häute, Straußenfedern und Vieh. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für über 34½ Mill. Mark. Einfuhr für rund 44½ Mill. Mark. 2. ~Ostafrika~ (995000 qkm). Verkehr nach Sansibar seit etwa 1860; +Landerwerbungen+ 1884 im Auftrage der Gesellschaft für deutsche Kolonisation durch K. Peters, Jühlke, Graf Pfeil, 1885 vom Sultan von Sansibar anerkannt nach dem Erscheinen deutscher Kriegsschiffe. [1888–1890.] Aufstand der Eingeborenen, veranlaßt durch arabische Sklavenhändler (Buschiri), niedergeworfen durch Kriegszüge des Reichskommissars Major +Wißmann+ unter Mitwirkung von Kriegsschiffen. [1889.] +K. Peters+ dringt nach +Uganda+ vor (Nordufer des Victoria-Nyanza) und schließt dort Verträge; die Ostafrikanische Handelsgesellschaft erwirbt das +Witu+land (nördlich von Sansibar); beide Gebiete werden 1890 an England überlassen (S. 407). [1905–1906.] Aufstände im Süden durch die Schutztruppe niedergeschlagen. +Gesamtbevölkerung+ 1911: 4230 Weiße und etwa 10 Mill. Farbige. Gute Häfen, hierunter der Regierungssitz +Daressalam+ und +Tanga+, welche Ausgangspunkte der beiden Bahnlinien sind (1199 km im Betrieb, die Zentralbahn wird von +Tabora+ nach dem +Tanganjika-See+ weitergeführt). Die Siedelungen am +Viktoria-See+ sind noch auf Karawanenstraßen und die englische Ugandabahn angewiesen. Die Sultane westlich des Sees stehen unter Kaiserlichen Residenten. +Wirtschaftlich+ maßgebend sind Ackerbau und Viehzucht. Der Hauptertrag wird im Lande verzehrt. Zur +Ausfuhr+ kommen vornehmlich: +Kautschuk+, Hanf, Häute, Kopra. +Handelsergebnis+ 1910: Einfuhr für fast 38½ Mill. Mark, Ausfuhr für 20¾ Mill. Mark. 3. ~Kamerun~, bisher 495600 qkm mit rund 1450 Weißen und über 2½ Mill. Farbigen, also 5,4 Einw. auf 1 qkm. Regierungssitz +Buea+, Hafen +Duala+. Eisenbahnen 160 km im Betrieb, 360 km im Bau. Zur +Ausfuhr+ kommen vornehmlich: +Kautschuk+, Palmkerne, Kakao, Palmöl, Elfenbein. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für rund 20 Mill. Mark, Einfuhr für rund 25½ Mill. Mark. [~1911.~] +Nordmakas+ Aufstand (Major Dominik †). Erweiterung usw. durch das +Marokkoabkommen+ (s. S. 405). 4. ~Togo~, 87200 qkm mit rund 360 Weißen und 1 Mill. Farbigen. Regierungssitz und Haupthafen +Lome+, von wo drei Bahnen ausgehen (im Ganzen 323 km im Betrieb). Vornehmliche +Ausfuhr+: Palmkerne, Palmöl, Kautschuk, Baumwolle. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für rund 7¼ Mill. Mark, Einfuhr für rund 11½ Mill. Mark. 5. ~Neu-Guinea~, Regierungssitz Rabaul (Neupommern). a) +Altes Schutzgebiet+, erworben 1884/85: +Kaiser Wilhelmsland und Bismarck-Archipel+: zusammen 240000 qkm mit rund 750 Weißen und 530000 Farbigen. +Friedrich Wilhelmshafen+, keine Eisenbahnen. Vornehmliche +Ausfuhr+: Kopra, Paradiesvögel, Perlmutter, Kakao. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für fast 3¾ Mill. Mark, Einfuhr für fast 4 Mill. Mark; b) +Inselgebiet+ seit 1898 erworben: +Ost- und Westkarolinen+, +Palau+, +Marianen+, +Marschall-Inseln+, zusammen 2476 qkm mit rund 1000 Weißen und 65000 Farbigen (Insel Guam gehört zur Union). [~1910–1911.~ Dez. Febr.] Aufstand auf Ponape und +Dschokadsch+ (Ostkarolinen) niedergeworfen durch Landungstruppen von 4 deutschen Kriegsschiffen. Vornehmliche +Ausfuhr+: Phosphat, Kopra, Trepang. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für rund 10 Mill. Mark, Einfuhr für rund 2 Mill. Mark. 6. ~Samoa-Inseln~ (2572 qkm) mit 491 Weißen und 40000 Farbigen (1911). Schon 1879 erwarb das Deutsche Reich hier eine Marinestation, um den von Hamburger Kaufleuten begründeten Handel zu schützen. 1889 Vertrag mit England und Nordamerika, um den Parteikämpfen der einheimischen Könige ein Ende zu machen; 1899 Aufhebung des Königtums. Deutschland erwirbt die vier westlichen Inseln (S. 407). Hafenstadt +Apia+ auf der Insel Upolu. Fruchtbares Land; +Ausfuhr+ von Kopra und Kakao. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr und Einfuhr für +je+ rund 3½ Mill. Mark. Das Christentum schon seit 1830 eingeführt durch englische Missionare. 7. ~Kiautschou~ (550 qkm), 1898 +auf 99 Jahre gepachtet+, jetzt 1680 Weiße (ohne Truppen) und 162000 Eingeborene. Hafenstadt +Tsingtau+, gute Handels- und Flottenstation, Ausgangspunkt der nordost-chinesischen Eisenbahnen. Im Hinterlande reiche Steinkohlenlager. Fussnoten: [57] Geb. 1808 zu Paris, Sohn des Königs von Holland Louis Napoleon und der Hortense Beauharnais, folgte 1815 seiner Mutter in die Verbannung und besuchte 8 Jahre das Gymnasium zu Augsburg (S. 365). [58] ~Wilhelm,~ Prinz von Preußen, geb. 22 März 1797 in Berlin, 1806–9 mit den Eltern in Königsberg und Memel, dann wieder in Berlin, 1813 in Breslau, erwirbt 1814 das Eiserne Kreuz in der Schlacht bei Bar-sur-Aube; nach dem Friedensschluß unablässig um die Ausbildung der preußischen Truppen bemüht, 1825 kommandierender General des 3. Armeekorps, 1829 vermählt mit +Augusta+ von Sachsen-Weimar, übernimmt 1838 das Gardekorps, reist im März 1848 nach England, leitet 1849 den Feldzug in Baden, lebt dann in Koblenz als Gouverneur von Rheinland und Westfalen, 1858 Prinz-Regent. [59] ~Otto v. Bismarck,~ geb. 1. April 1815 in Schönhausen bei Stendal, 1847 und 1848 Mitglied des Vereinigten Landtags, 1849 und 1850 der zweiten Kammer, 1851 Gesandter beim deutschen Bundestag in Frankfurt, 1859 Gesandter in St. Petersburg, Mai 1862 in Paris. [60] ~Helmut v. Moltke~, geb. 1800 zu Parchim, anfangs in dänischen Diensten, dann Hauptmann im preußischen Generalstab, 1835–39 in der Türkei mit geographischen Forschungen und Besserung des türkischen Heerwesens beschäftigt, 1845–46 in Rom als Adjutant des Prinzen Heinrich von Preußen, 1857 an die Spitze des Generalstabs gestellt. [61] Die +Kapkolonie+ wurde 1601 angelegt und 1795 von den Engländern besetzt (S. 314), dann nach dem Frieden von Amiens zurückgegeben (S. 320) und 1806 von neuem erobert (S. 331). ~Anhang.~ I. Brandenburgisch-preußische Geschichte. [Um 780.] Grenzmarken des deutschen Reiches an der +Elbe+ und +Saale+ zum Schutz gegen die Wenden gegründet von ~Karl d. Gr.~ Befestigung und Erweiterung derselben durch die Feldzüge +Heinrichs I.+ (928). [937–965.] Markgraf ~Gero~, von König ~Otto I.~ eingesetzt, unterwirft das Wendenland bis zur Oder. Bistümer +Havelberg+ und +Brandenburg+. Nach Geros Tode Teilung des Gebiets der Mark: Nordmark, Ostmark, Meißen. [~983.~] Aufstand der Wenden, die +Nordmark+ auf das +linke Elbufer+ beschränkt, Residenz der Markgrafen zu +Salzwedel+. [~1134–1320.~] ~Askanische (anhaltische) Markgrafen.~ [1134–1170.] ~Albrecht der Bär~, von Kaiser +Lothar+ mit der +Nordmark+ (+Altmark+) belehnt, erobert die +Priegnitz+ auf dem rechten Elbufer, erwirbt das +Havelland+ durch Vertrag mit dem christlichen Wendenfürsten Pribislav, der ihn zum Erben einsetzt, und nennt sich Markgraf von ~Brandenburg~ (S. 179). Wiederherstellung der beiden Bistümer, deutsche Ansiedler namentlich aus den Niederlanden herbeigezogen. [1220–1267.] ~Johann I.~ und ~Otto III.~, als Brüder gemeinsam regierend, erweitern die +Mittelmark+ durch das Gebiet zu beiden Seiten der unteren Spree (Barnim und Teltow) und gewinnen die +Uckermark+ und +Neumark+ hinzu; Otto III. erwirbt die +Oberlausitz+ durch Vermählung mit der Schwester Ottokars von Böhmen. Viele Städte gegründet: Spandau, +Berlin+ um 1240, Frankfurt a. O., Landsberg u. a. [1166–1309.] ~Otto IV.~ (mit dem Pfeil) führt Krieg mit dem Erzbistum +Magdeburg+, bis er die Erwählung seines jüngeren Bruders Erich zum Erzbischof durchsetzt, erwirbt die +Niederlausitz+. [1309–1319.] Markgraf ~Waldemar der Große~ kämpft rühmlich gegen die Nachbarfürsten (Pommern, Mecklenburg, Meißen), nimmt die Hansestadt +Stralsund+ in Schutz gegen Dänemark und den Fürsten von Rügen. [1320–1324.] Interregnum in der Mark nach dem Erlöschen des +askanischen+ Hauses. Als Verwandte erheben die Herzöge von Sachsen-Wittenberg (S. 184) und die Fürsten von Anhalt Ansprüche, aber Kaiser +Ludwig der Bayer+ zieht das Land als erledigtes Lehen ein (S. 198). Die Lausitz kommt wieder an Böhmen. [~1314–1373.~] ~Bayrische Markgrafen.~ +Ludwig I.+, Sohn des Kaisers Ludwig des Bayern; gegen ihn 1348–50 der +falsche Waldemar+ (S. 199). +Ludwig II.+ (der Römer) wird 1356 Kurfürst. +Otto+ (der Faule) tritt 1373 das Land an Kaiser Karl IV. ab. [~1373–1415.~] ~Luxemburgische Markgrafen.~ +Karl IV.+ vereinigt die Mark mit seinem Königreich +Böhmen+, ordnet die Verwaltung durch Anlegung des +Landbuchs+. Residenz Tangermünde. Sein Sohn +Sigismund+ (1378) wird König von Ungarn (1387) und verpfändet die Mark an +Jobst von Mähren+, die Neumark an den +Deutschen Ritterorden+. Zerrüttung des Landes durch die Willkürherrschaft des Adels. [1411–1414.] +Friedrich VI.+, Burggraf von Nürnberg, aus dem Hause +Hohenzollern+, als Statthalter von Sigismund eingesetzt, bricht die Macht des märkischen Raubadels (Dietrich +v. Quitzow+ auf Burg +Friesack+). [~1415–1701.~] ~Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern.~ Die schwäbischen Grafen von Zollern (Ahnherr: Burchard von Zolorin, † 1061) seit 1192 Burggrafen von +Nürnberg+. 1227 Teilung in zwei Linien: die +schwäbische+ behält die Stammgüter Hechingen und Sigmaringen, die +fränkische+ erweitert ihren Besitz zu den Fürstentümern +Ansbach+ und +Baireuth+. [~1415–1440.~] ~Friedrich I.~, von Kaiser Sigismund als Kurfürst eingesetzt, belehnt zu Konstanz 1417 (S. 204), erkämpft von Pommern die +Uckermark+, von Mecklenburg die +Priegnitz+ zurück, wendet sich dann wieder seinen fränkischen Fürstentümern zu und bekämpft als Reichsfeldherr die Hussiten. Sein Sohn +Johann+ Statthalter in der Mark, kann sie gegen die Hussiten nicht schützen. Ihm folgt in Brandenburg der zweite Sohn [~1440–1470.~] ~Friedrich II.~ (der Eiserne). Er unterwirft die Städte, namentlich +Berlin-Kölln+, gründet das Schloß zu Kölln an der Spree, kauft 1455 die +Neumark+ vom Deutschen Orden zurück, erwirbt 1462 von Böhmen einen Teil der Niederlausitz (+Kottbus+ und +Peitz+). [~1470–1486.~] ~Albrecht~ (Achilles). 1473 ~Hausordnung~ (+Disposito Achillea+). Die +Mark+ soll ungeteilt an den ältesten Sohn fallen, in den +fränkischen+ Fürstentümern +nur+ 2 Regenten. Die schlesischen Herzöge (vgl. S. 182) treten 1482 +Krossen+ und +Züllichau+ an Brandenburg ab. Streit mit Herzog Bogislav X. von +Pommern+ wegen der Lehnshoheit über Pommern. [~1486–1499.~] ~Johann~ (Cicero). Die fränkischen Fürstentümer kommen an seine jüngeren Brüder. +Zossen+ 1490 durch Vertrag mit dem König von Böhmen erworben. Sorge für die Landesverwaltung im Einverständnis mit den +Landständen+ (Vertreter des Adels und der Städte). [~1499–1535.~] ~Joachim I.~ Räubereien des Adels streng bestraft; +Universität+ in +Frankfurt a. O.+ gestiftet 1506. Judenverfolgung 1510. +Kammergericht in Berlin+. Vertrag zu +Grimnitz+ 1529: Die Herzöge von +Pommern+ erkennen das Erbfolgerecht Brandenburgs an; dieses verzichtet auf die Lehnshoheit. +Joachim I.+ eifriger Gegner der Reformation. Sein Bruder +Albrecht+, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, sendet +Tetzel+ aus (s. S. 227). [~1535–1571.~] ~Joachim II.~ In der +Neumark+ sein Bruder Markgraf +Johann+ von Küstrin. [1537.] Erbverbrüderung mit dem Herzog von +Liegnitz+, +Brieg+ und +Wohlau+; diesem werden Krossen, Kottbus, Peitz und Zossen zugesagt für den Fall, daß das kurfürstliche Haus aussterbe (vgl. S. 281). [1539.] ~Einführung der Reformation.~ Vom König von Polen erlangt Joachim die Mitbelehnung über +Preußen+. Seine beiden jüngeren Söhne nacheinander evangelische Erzbischöfe in +Magdeburg+. (S. auch S. 233.) [~1190.~] Der ~Deutsche Ritterorden~ gestiftet bei der Belagerung von Akkon (s. S. 178f.). [1230–1283.] Unterwerfung des Landes ~Preußen~ (s. S. 217). [1525.] Umwandlung des Ordensstaates in ein ~weltliches Herzogtum~ unter polnischer Oberlehnshoheit; Einführung der Reformation. Erster Herzog der bisherige Hochmeister ~Albrecht von Brandenburg~ (aus der Ansbachischen Linie). [~1571–1598.~] ~Johann Georg~ vereint als Kurfürst von Brandenburg wieder die ganze Mark. 1578 die Mitbelehnung über +Preußen+ erneuert (s. o.). Sein Enkel +Johann Sigismund+ vermählt sich mit +Anna+, der ältesten Tochter des Herzogs Albrecht Friedrich von +Preußen+, durch ihre Mutter Nichte und Erbin des Herzogs Johann Wilhelm von +Jülich+ (S. 252). [~1598–1608.~] ~Joachim Friedrich~, seit 1566 Administrator des Erzbistums +Magdeburg+; diese Würde geht 1598 auf seinen Sohn +Christian Wilhelm+ über. ~Geraischer Vergleich~ (1599) mit dem kinderlosen Markgrafen +Georg Friedrich+ aus der fränkischen Linie: Die +Mark+ verbleibt ungeteilt der kurfürstlichen Linie, die Stiefbrüder des Kurfürsten erhalten +Ansbach+ und +Baireuth+, sein zweiter Sohn das schlesische Fürstentum +Jägerndorf+ (1523 von der fränkischen Linie erworben). [1604.] Der +Geheime Rat+ als oberste Regierungsbehörde eingesetzt. Seit 1605 regiert der Kurfürst mit Zustimmung des Königs von Polen in +Preußen+ als +Administrator+ für den geisteskranken Herzog +Albrecht Friedrich+. [~1608–1619.~] ~Johann Sigismund.~ Nach dem Tode des Herzogs +Johann Wilhelm von Jülich+ ~Erbfolgestreit~ (1609) zwischen +Pfalz-Neuburg+ und +Brandenburg+. +Johann Sigismund+ tritt 1613 zur +reformierten+ Kirche über. [1614.] Vertrag zu ~Xanten~ wegen der +jülichschen Erbschaft+: +Cleve+, +Mark+ und +Ravensberg+ an Brandenburg, die ersten Erwerbungen im +Westen+ Deutschlands (s. S. 252). [1618.] +Johann Sigismund+ nach +Albrecht Friedrichs+ Tode ~Herzog von Preußen~. [~1619–1640.~] ~Georg Wilhelm~, geleitet von dem kaiserlich gesinnten Grafen +Adam v. Schwarzenberg+. Furchtbare Zerrüttung des Landes im Dreißigjährigen Kriege. +Jägerndorf+ von Kaiser Ferdinand II. eingezogen (S. 280 f.). +Gustav Adolf+ mit der Schwester des Kurfürsten vermählt, zwingt ihn zum Bündnis 1631 (S. 256). Brandenburg tritt dem +Prager Frieden+ bei 1635 (S. 258). [1637.] Erlöschen des +pommerschen+ Herzogshauses. Brandenburg kann trotz kaiserlicher Hilfe sein Erbrecht auf Pommern gegen die Schweden nicht durchsetzen. [~1640–1688.~] ~Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst~ erhebt den +brandenburgisch-preußischen Staat+ zu einer europäischen Macht, begründet durch Einschränkung der Rechte der Landstände die +unbeschränkte Monarchie+ (s. auch S. 265). Als Kurprinz hatte er in den Niederlanden (1634–1638) Staatsverwaltung und Kriegskunst gelernt. Er schützt sein Land durch Waffenstillstandsverträge mit den Schweden, sorgt für den Ackerbau, begründet ein +stehendes Heer+ (miles perpetuus). Seine Gemahlin +Luise Henriette+ von Oranien (s. S. 244). [~1648.~] Erwerbungen im ~Westfälischen Frieden~: +Hinterpommern+, +Halberstadt+, +Minden+, +Magdeburg+ (s. S. 260). Magdeburg zunächst noch im Besitz des Administrators August von Sachsen, wird 1666 besetzt (der Bürgermeister +Otto von Guericke+). +Postverbindung+ zwischen den getrennten Landesteilen eingerichtet, ohne Rücksicht auf das Reichspostprivilegium der Fürsten von Thurn und Taxis. Ordnung der +Steuern+, Accise für die Städte eingeführt. Universität +Duisburg+ 1655 gegründet (1818 aufgehoben), Bibliothek im Schlosse zu +Berlin+. +Friedrich-Wilhelms-Kanal+ zwischen Oder und Spree 1662–1668 erbaut. [~1656.~] Sieg bei ~Warschau~ über die +Polen+, im Bunde mit Schweden (s. S. 267). [1657.] Erwerbung von +Lauenburg+ und +Bütow+ in Hinterpommern durch den Vertrag zu +Wehlau+. [~1660.~] Friede zu ~Oliva~; das ~Herzogtum Preußen souverän,~ d. h. frei von polnischer Lehnshoheit (S. 268). Der Widerstand der preußischen Stände (Hieronymus Roth, v. Kalkstein) wird durch strenge Maßregeln gebrochen. [1672.] Teilnahme am Reichskrieg gegen +Frankreich+, 1674 Feldzug im +Elsaß+ (s. S. 263). [~1675.~] Sieg bei ~Fehrbellin~ über die +Schweden+ (Prinz Friedrich von Homburg, Feldmarschall Derfflinger, der Stallmeister Froben). Der Kurfürst vertreibt die Schweden aus +Pommern+, erobert 1677 Stettin, 1678 Rügen und Stralsund, vergilt einen Einfall der Schweden von Livland her durch einen Kriegszug über das +Frische+ und +Kurische Haff+ (Jan. 1679), muß aber fast alle Eroberungen im [1679.] Frieden zu +St. Germain en Laye+ (S. 263 f.) an Schweden zurückgeben und schließt noch 1679 ein +Bündnis+ mit +Frankreich+. [1683.] Gründung einer +Kolonie+ an der Goldküste von +Guinea+ (Fort Großfriedrichsburg), nachdem eine Kriegsflotte mit Hilfe des Holländers Raule eingerichtet war. Kriegshafen +Pillau+; Afrikanische Handelsgesellschaft in +Emden+. [1685.] Bruch mit Frankreich. Aufnahme französischer Protestanten, namentlich in Berlin. [1686.] Vertrag mit +Kaiser Leopold I.+ über Schlesien (S. 281). [~1688–1713.~] ~Friedrich III.,~ als König ~Friedrich I.~ Das Testament des Großen Kurfürsten, das den Söhnen aus zweiter Ehe Länderbesitz erteilt, wird aufgehoben, da es der von Albrecht Achilles gegebenen Hausordnung und dem Geraischen Vergleich widerspricht. [1688.] Brandenburgische Truppen unterstützen +Wilhelms III.+ von Oranien Zug nach England (S. 271). Universität +Halle+ gestiftet 1694; ebenda gründet +Aug. Herm. Francke+ das Waisenhaus. Der +Schwiebuser+ Kreis 1695 an den Kaiser zurückgegeben (S. 281). Der Minister +Danckelmann,+ gestürzt 1697. +Charlottenburg+ für des Kurfürsten Gemahlin, die geistvolle +Sophie Charlotte+ von Hannover, angelegt. Ausbau des Schlosses zu Berlin (+Schlüter+). Akademie der Künste 1696 gegründet, Akademie der Wissenschaften 1700 auf Veranlassung des Philosophen +Leibnitz+. [Sidenote:~1701. 18. Januar~] ~Preußen wird Königreich~ (s. S. 267). Krönung zu +Königsberg+, Stiftung des +Schwarzen Adlerordens+. Anteil am Spanischen Erbfolgekriege (s. S. 272 f.). Streit um die +oranische Erbschaft+ nach dem Tode Wilhelms III. (1702). Preußen erlangt 1702 +Mörs+ und +Lingen+, +Neuchâtel+ und +Valengin+. Durch Kauf erworben das Schutzrecht über die Abtei +Quedlinburg+, Grafschaft +Tecklenburg+ in Westfalen. [~1713–1740.~] ~Friedrich Wilhelm I.~ Strenge Sparsamkeit; der glänzende Hofhalt des Vaters sogleich aufgelöst. Neuordnung der Steuern; auch den Rittergütern wird 1717 eine Abgabe (statt des Lehnsdienstes zum Kriege) auferlegt. Oberste Finanzbehörde das +General-Direktorium+ 1723; unter ihm die Kriegs- und Domänenkammern. Sorge für den +Landbau+, besonders in +Ostpreußen+; hier 1732 die aus dem Erzbistum +Salzburg+ vertriebenen Protestanten angesiedelt. Schutz der Bauern gegen Willkür der Gutsherrn und der königlichen Beamten. Sorge für die +Volksschulen+, 1717 der Grundsatz der allgemeinen +Schulpflicht+ verkündet. Beträchtliche Vermehrung des +stehenden Heeres+; Kanton-Einteilung des Landes 1733 zum Zwecke der Aushebung; daneben die Anwerbung beibehalten. Die Riesengarde in Potsdam. Fürst Leopold von Anhalt-Dessau (s. auch S. 280). Teilnahme am Nordischen Kriege (S. 276 f.). Stettin und Vorpommern bis zur Peene erworben 1720; die afrikanische Kolonie 1717 (überlassen 1721) an die Holländer verkauft. [~1740–1786.~] ~Friedrich II., der Große~ (S. 280–291), erwirbt +Schlesien+ 1742, +Ostfriesland+ 1744, +Westpreußen+ 1772 und erhebt seinen Staat zu einer europäischen Großmacht. Friedrichs eifrige +Fürsorge für sein Land,+ um die Wunden der Kriege zu heilen: Verteilung der Vorräte aus den Magazinen, Steuererlaß für einzelne Provinzen; Gründung der Landschaftsbanken, der Bank und der Seehandlung in Berlin. 1766 +strenges Steuersystem+ (Regie meist mit französischen Beamten); viele Verbrauchsgegenstände besteuert, besonders Kaffee und Tabak. Sorge für die +Rechtspflege+: die Folter 1740 abgeschafft, neue Gerichtsordnung 1747 (codex Fridericianus, der Justizminister v. Cocceji). Allgemeines preußisches Landrecht (v. Carmer, Suarez) erst 1794 vollendet. Sorge für den +Landbau+: das Oderbruch urbar gemacht 1746–53, das Netzebruch 1773–80. Sorge für +Fabriken+ in den Städten (1751 Berliner Porzellanmanufaktur), Förderung des Verkehrs durch +Kanäle+: Plauescher, Finow- und Bromberger Kanal. General-+Landschul+-Reglement 1763. Erlaß über das Unterrichtswesen 1779. Bauwerke in Berlin (Opernhaus, Dom, Bibliothek) und Potsdam (Sanssouci, Neues Palais). Unermüdliche Tätigkeit des Königs für +Verwaltung+ und +Heer+ (150000 Mann stark); jährliche Reisen in die Provinzen. [~1786–1797.~] ~Friedrich Wilhelm II.~ (S. 291, 297f., 313f.) erwirbt +Ansbach+ und +Baireuth+ 1791, +Posen+ 1793, Südpreußen mit +Warschau+ 1795. Hertzberg 1791 entlassen. Die drückende Regie aufgehoben. Üppigkeit am Hofe, sorglosere Verwaltung, doch wird der Verkehr durch Anlage von +Kunststraßen+ (Chausseen) gefördert, das Schulwesen durch Einsetzung eines Ober-Schulkollegiums. +Religionsedikt+ des Ministers Wollner 1788. Brandenburger Tor 1789–1793 erbaut. [~1797–1840.~] ~Friedrich Wilhelm III.~ (S. 316 ff.) erwirbt +Münster+, +Paderborn+, +Hildesheim+ u. a. 1803 (S. 321), tritt Ansbach ab 1805 (S. 323), alles Land links der Elbe und die polnischen Gebiete 1807 (S. 327), erwirbt halb +Sachsen+, Schwedisch-+Pommern+, einen großen Teil +Westfalens+ und der +Rheinprovinz+ 1815 (S. 340). Aufhebung des Religionsedikts 1797. ~Große Reformen von 1807–1811~ s. S. 328, 329: Die Aufhebung der Erbuntertänigkeit und Feststellung des bäuerlichen Grundbesitzes befreien den +Bauernstand+; die Aufhebung des Zunftzwanges, Gewöhnung an Selbstverwaltung (Städteordnung) und Einführung der Gewerbefreiheit fördern den +Bürgerstand+; die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht kommt der sittlichen Erziehung des ganzen Volkes zugute. Einziehung der geistlichen Güter. Einteilung des Staates in 8 Provinzen und 25 Regierungsbezirke 1815. Vereinigung der lutherischen und reformierten Kirche zu einer +evangelischen+ Landeskirche (+Union+) 1817. Zollgesetz 1818. Neuordnung der Steuern und des Staatsschuldenwesens 1820. Einrichtung der Provinzial-Landtage 1823. +Deutscher Zollverein+ 1833. Gesetz über die Anlage von +Eisenbahnen+ 1838. -- Universitäten zu Berlin 1810, Breslau 1811, Bonn 1818; Entwickelung der Gymnasien unter dem Minister v. Altenstein seit 1817; Museum zu Berlin 1830. [~1840–1861.~] ~Friedrich Wilhelm IV.~ (S. 353ff.) erwirbt +Hohenzollern+ 1849 (S. 359), das +Jahdegebiet+ 1853 (S. 361), verzichtet auf Neuchâtel 1857 (S. 367). Gesetz über die Armenpflege 1842, Gewerbe-Ordnung 1845, Vereinigter Landtag 1847 (S. 353). Neue Gerichtsordnung (Geschworenengerichte) 1849. ~Verfassung~ des preußischen Staats 1850 (S. 359). Evangelischer Ober-Kirchenrat 1850. Gründung einer +preußischen Kriegsflotte+ 1853. Sorge für Kunst und Wissenschaft; das Neue Museum in Berlin 1855. [~1861–1888.~] ~Wilhelm I., der Große~, 1857–1861 Prinz-Regent (S. 367), erwirbt 1866 +Schleswig-Holstein+, +Hannover+, +Kurhessen+, +Nassau+, +Frankfurt+ (S. 371–380), wird 1871 ~Deutscher Kaiser~ (S. 381–393). Neugestaltung des Heerwesens 1860–1862 (S. 372). Umbildung der preußischen Flotte zu einer +deutschen+ Kriegsflotte seit 1867 (S. 380). Kirchengesetze 1873–1875 (S 393). Verwaltungsreform in den (seit 1. Jan. 1878) 12 Provinzen 1872 bis 1875 (S. 394). Ansiedlungsgesetz für Posen und Westpreußen (S. 395). Vollendung des Kölner Doms 1880; Denkmal auf dem Niederwald 1883. Begründung deutscher Kolonien (S. 395). [~1888.~] ~Friedrich III.~ (März bis Juni) als Kronprinz siegreicher Feldherr (S. 375ff., 382ff.). [Seit ~1888.~] ~Wilhelm II.~ (S. 396–397). Vermehrung der deutschen Kolonien. Ausbau der Wasserstraßen in Preußen (S. 396). Fortführung der Gesetzgebung zum Wohle der Arbeiter, Fortsetzung der Verwaltungsreform (S. 396) und der Ansiedlungstätigkeit (S. 395). Förderung des Schulwesens, besonders der technischen Hochschulen. Universität in +Münster+ 1902, Akademie in +Posen+ 1903. Technische Hochschulen in +Danzig+ 1904, +Breslau+ 1909. Denkmäler in der Siegesallee zu +Berlin+; Neubau des Doms daselbst 1905 vollendet. Bau einer Pfalz in +Posen+ (1910 vollendet). Erweiterungsbauten der Königlichen Museen, Neubau der Königlichen Bibliothek in +Berlin+. 1910 Gründung der +Kaiser-Wilhelms-Gesellschaft+ in +Berlin+ zur +Förderung der Wissenschaften+. II. Die andern Staaten des Deutschen Reiches. ~Bayern,~ altes Stammherzogtum, seit 1180 unter Herzögen aus dem Hause +Wittelsbach+ (S. 184). Herzog Ludwig I. wird 1214 durch Erwerbung der +Rheinpfalz+ auch +»Pfalzgraf bei Rhein«+ (S. 186, 189). Kaiser +Ludwig der Bayer+. Bayerische Markgrafen in Brandenburg (S. 198–200). Seit dem Hausvertrag von Pavia 1329 +Bayern+ und +Pfalz+ getrennt. Bayern 1392 unter drei Linien geteilt, 1503 wieder vereinigt: weitere Teilungen durch das Primogeniturgesetz 1506 verboten (S. 226). Herzog +Maximilian I.+, Oberhaupt der katholischen Liga im Dreißigjährigen Kriege (S. 252 ff.), wird 1623 +Kurfürst+ und erwirbt die Oberpfalz (S. 254f.). +Maximilian II. Emanuel+ tapfer in den Türkenkriegen 1683–1688, Statthalter der spanischen Niederlande 1691, aus Bayern vertrieben 1704, wiedereingesetzt 1714, † 1726. Sein Sohn +Karl Albert+ 1742–1745 deutscher Kaiser (S. 280ff.). +Maximilian III. Joseph+ (1745–1777) sorgt für gute Verwaltung, stiftet 1758 die Akademie der Wissenschaften in München; mit ihm stirbt die bisher in Bayern regierende Linie aus. +Karl Theodor+ (1777–1799) vereinigt Pfalz und Bayern (S. 289 ff.), verliert 1797 das linksrheinische Gebiet (S. 316 u. 319). Maximilian IV. Joseph (1799–1825), seit 1806 +König Maximilian I.+, erwirbt 1803 und 1805 große Gebiete hinzu (S. 320, 324, vgl. S. 340) und tritt 1806 dem Rheinbunde bei (S. 324), erwirbt 1806 Ansbach, 1809 Baireuth, schließt sich vor der Schlacht bei Leipzig dem Bunde gegen Frankreich an (S. 336), erhält 1815 die linksrheinische Pfalz zurück (S. 340). Verfassung des Königreichs 1818. +Ludwig I.+ (1825 bis 1848) fördert Kunst und Wissenschaft: Pinakothek und Glyptothek in München, Walhalla bei Regensburg. Universität Ingolstadt 1826 nach München verlegt. +Maximilian II.+ (1848 bis 1864): Nationalmuseum in München, Historische Kommission bei der Akademie der Wissenschaften. +Ludwig II.+ (1864 bis 1886): Schloßbauten in den bayrischen Alpen, Bühnenfestspielhaus in Baireuth. Für den geisteskranken König +Otto+ (seit 1886) regiert sein Oheim Prinz +Luitpold+, Bruder Maximilians II. ~Sachsen~, hervorgegangen aus der Markgrafschaft +Meißen+ (S. 161), einem Vorlande des alten Stammherzogtums Sachsen. Seit 1089 regiert in Meißen das Haus +Wettin+ (S. 179 u. 189). Heinrich der Erlauchte erwirbt 1247 die Landgrafschaft +Thüringen+, Friedrich der Streitbare (1381–1428) 1423 das +Kurfürstentum Sachsen Wittenberg+ (S. 204), einen Teil des alten Stammherzogtums (S. 184). Er gründet 1409 die Universität +Leipzig+ (S. 203). Kurfürst +Friedrich der Sanftmütige+ (1428 bis 1464, S. 205, 227). Unter seinem Sohn Kurfürst +Ernst+ (1464–1486) Teilung 1485: die +Ernestinische Linie+ (S. 227) erhält Sachsen-Wittenberg mit der daran haftenden Kurwürde und Thüringen, die +Albertinische Linie+ Meißen. Die Kurfürsten +Friedrich der Weise+ (1486–1525), +Johann der Beständige+ (1525–1532) und +Johann Friedrich der Großmütige+ (1532 bis 1547), Luthers Beschützer (S. 227 ff.). Umwandlung 1547, Sachsen-Wittenberg mit der Kurwürde kommt an die +Albertinische+ Linie, S. 232f. (Kurfürst +Moritz+, Gründer der drei Fürstenschulen zu Meißen, Grimma und Pforta). Kurfürst +Friedrich August I.+ wird 1697 König von +Polen+ (August II., S. 266), ebenso 1733 sein Sohn +Friedrich August II.+ (August III., S. 279). Kunstpflege in Dresden (S. 285). Friedrich August III. (1763–1827) sorgt für bessere Verwaltung, tritt im Dez. 1806 als +König Friedrich August I.+ dem Rheinbunde bei (S. 326), erhält 1807 das Herzogtum Warschau, wird 1813 nach der Schlacht bei Leipzig als Gefangener nach Preußen geführt, 1815 in die Regierung seines verkleinerten Landes wieder eingesetzt. Verfassung 1831 unter König +Anton+ (1827 bis 1836); ihm folgen +Friedrich August II.+ (1836–1854), +Johann+ (1854–1873), +Albert+, 1870–71 als Kronprinz ruhmreicher Feldherr (1873–1902), +Georg+ (1902–1904), +Friedrich August III.+ seit 1904. ~Württemberg,~ ursprünglich Grafschaft im alten Stammherzogtum +Schwaben+, das sich während des Interregnums auflöst. +Eberhard der Erlauchte+ (1265–1325) und sein Nachfolger vergrößern das Gebiet, +Eberhard der Greiner+ (1344 bis 1392) kämpft gegen Ritter und Reichsstädte, +Eberhard im Barte+ stiftet 1477 die Universität Tübingen und wird 1495 +Herzog.+ +Ulrich+ 1519 vom schwäbischen Bunde vertrieben, 1534 durch Philipp von Hessen wieder eingesetzt, führt die Reformation ein; sein Sohn +Christoph+ (1550–1568) sorgt für Kirche und Schule. Verwüstung im Dreißigjährigen Kriege; Mißregierung unter +Eberhard Ludwig+ (1677–1733) und +Karl Alexander+ (1733–1737); Wendung zum Besseren unter dem allerdings despotischen +Karl Eugen+ (1737–1793), der 1770 die Karlsschule gründet. Prinz +Eugen+ von Württemberg (1788 bis 1857) trat früh in russische Kriegsdienste, erprobter Heerführer in den Befreiungskriegen. Herzog +Friedrich+ (1797–1816) wird 1803 Kurfürst (S. 320), 1806 +König+ (S. 324); seine Nachfolger +Wilhelm I.+ (1816–1864), +Karl I.+ (1864–1891), +Wilhelm II.+ seit 1891. ~Baden~, Markgrafschaft im alten Herzogtum Schwaben. Die Grafen von +Zähringen+ nannten sich seit 1112 Markgrafen von Baden. Teilung 1535 in die beiden Linien Baden-Baden und Baden-Durlach. +Ludwig Wilhelm+ von Baden-Baden (reg. 1677–1707) zeichnet sich als Feldherr in den Türkenkriegen aus, leistet 1693 und 1702–1704 den Franzosen rühmlich Widerstand (S. 265 f.). +Karl Friedrich+ von Baden-Durlach (1738 bis 1811) erbt nach dem Aussterben der andern Linie 1771 deren Besitz, sorgt für gute Verwaltung, erhält 1803 den rechtsrheinischen Teil des früheren Kurfürstentums +Pfalz+ (Heidelberg und Mannheim, S. 320, vgl. S. 340), wird 1806 +Großherzog+ (S. 324). Seine Nachfolger +Karl+ (1811–1818), +Ludwig+ (1818 bis 1830), +Leopold+ (1830–1852), +Friedrich I.+ (1852–1907), ein hervorragender Herrscher und Mitbegründer des Deutschen Reiches. Seit 1907 +Friedrich II.+ ~Hessen~, ein Teil des alten Herzogtums Franken, kam 1130 an die Landgrafen von Thüringen und bildete nach deren Aussterben 1247 eine eigene +Landgrafschaft+; erster Landgraf +Heinrich v. Brabant+, Residenz Kassel. Seine Nachkommen vergrößern das Gebiet. +Philipp der Großmütige+ (1509–1567) Beschützer der Reformation; von seinen Söhnen stammen die beiden Linien Hessen-+Kassel+ und Hessen-+Darmstadt+; ein Zweig der letzteren regierte 1622–1866 in Hessen-+Homburg+. Die Landgrafschaft Hessen-Kassel, 1803 zum Kurfürstentum erhoben, wird 1866 mit Preußen vereinigt, ebenso Hessen-Homburg. Landgraf Ludwig X. von Hessen-Darmstadt wird 1806 Großherzog (Ludwig I.), erhält 1815 ein ansehnliches linksrheinisches Gebiet. Großherzog +Ludwig III.+ tritt 1866 einen Grenzstrich an Preußen ab, schließt sich dem Norddeutschen Bunde an. Seine Nachfolger +Ludwig IV.+ (1877–1892), +Ernst Ludwig+ seit 1892. ~Mecklenburg~. Die Nachkommen des Wendenfürsten +Niklot+ (S. 180) teilen sich 1229 in mehrere Linien; durch Aussterben der jüngeren Linien wird im 15. Jahrhundert das Land wieder vereinigt. +Albrecht II.+ wird 1348 +Herzog+, erwirbt 1359 die Grafschaft +Schwerin+. Sein Sohn Albrecht III. 1364–1389 König von +Schweden+ (S. 215). Stiftung der Universität +Rostock+ 1419, Einführung der Reformation 1523–1540. Teilung in die Linien Schwerin und Güstrow 1621. +Wallenstein+ Herzog 1628–1630. Teilung in die Linien +Schwerin+ und +Strelitz+ 1701. Beide Landesteile werden 1815 vom Wiener Kongreß als +Großherzogtümer+ anerkannt. Großherzog +Friedrich Franz II.+ von Mecklenburg-Schwerin Feldherr im Kriege 1870/71. Seit 1897 +Friedrich Franz IV.+ in Schwerin; in Strelitz seit 1904 +Adolf Friedrich.+ ~Oldenburg~, Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen, vergrößert durch Kämpfe mit den +Friesen+, 1667–1773 mit +Dänemark+ vereinigt, 1773 Herzogtum (s. S. 292), 1810–1813 französisch, 1815 Großherzogtum. Seit 1900 +Friedrich August.+ ~Die sächsischen Herzogtümer~, entstanden aus dem Erbe, das 1547 der +Ernestinischen+ Linie des Hauses +Wettin+ verblieb. Herzog +Bernhard+ von +Sachsen-Weimar+ (1604–1639) einer der berühmtesten Helden des Dreißigjährigen Krieges (S. 257f.) +Weimar+ seit 1815 Großherzogtum; Großherzog +Karl August+ 1775–1828, +Karl Alexander+ 1853–1901. Seitdem +Wilhelm Ernst+. In Sachsen-Altenburg seit 1908 +Ernst II.+; in Sachsen-Koburg-Gotha seit 1900 +Karl Eduard+ in Sachsen-Meiningen seit 1866 +Georg II.+ ~Herzogtum Braunschweig~, ein Teil des Gebietes, das 1235 dem +Welfenhause+ verblieb (S. 184, 188). Teilungen der Linien Braunschweig und Lüneburg 1267, 1409, 1635. Das Lüneburger Gebiet 1692 zum Kurfürstentum +Hannover+ erhoben, 1866 mit Preußen vereinigt. Aus der Braunschweiger Linie sind eine Reihe von berühmten Heerführern hervorgegangen: Herzog +Christian+ (1599–1626) kühner Heerführer im Dreißigjährigen Kriege (S. 254f.), Herzog +Ferdinand+ (1721–1792) preußischer Generalfeldmarschall unter +Friedrich dem Großen+ (S. 287ff.), Herzog +Karl Wilhelm Ferdinand+ (1735–1806), Neffe des vorigen, Oberbefehlshaber des preußischen Heeres 1792–1794 (S. 313f.) und 1806 (S. 325f.), Herzog +Friedrich Wilhelm+ (1771–1815), Sohn des letzteren, bekannter Held der Freiheitskriege (S. 330, 342). Mit dessen Sohn. Herzog +Wilhelm+ (1806 bis 1884), starb die Linie aus. Regentschaft s. S. 395. ~Herzogtum Anhalt~, entstanden aus Grenzmarken des alten Herzogtums Sachsen. +Otto der Reiche+, Graf von Aschersleben und Ballenstedt, † 1123, sein Sohn +Albrecht der Bär+ (S. 179f.). Von dessen älterem Sohne Otto stammen die Brandenburgischen Askanier (bis 1320), von dem jüngeren Sohne Bernhard die Herzöge von Sachsen-Wittenberg und Sachsen-Lauenburg (ausgestorben 1422 und 1689) und das fürstliche Haus +Anhalt+, welches sich in mehrere Linien teilt. Hauptteilung 1603: Dessau, Bernburg, Zerbst, Cöthen. Die Linie Zerbst stirbt 1793 aus, Cöthen 1847, Bernburg 1863. Herzogtümer seit 1806 und 1807; zu +einem+ Herzogtum vereinigt 1863. Fürst +Christian+ (1568–1630) s. S. 254. Fürst +Leopold+ (1693–1747) preußischer Feldherr (S. 273, 284), Leopold +Friedrich Franz+ (1751–1817), Begründer des Philanthropins in Dessau 1774, des Parks zu Wörlitz 1796. Seit 1904 Friedrich II. ~Fürstentümer Schwarzburg,~ hervorgegangen aus der alten Landgrafschaft Thüringen. Teilung der Grafschaft Schwarzburg 1599 in die Gebiete +Sondershausen+ und +Rudolstadt,+ Erhebung der Grafen in den Fürstenstand 1697 und 1709. Seit 1909 beide Länder durch Personalunion vereinigt. Fürst +Günther+ von Schw.-Rudolstadt seit 1890. ~Fürstentümer Reuß,~ entstanden aus dem einst zu Thüringen gehörigen Besitz der Reichsvögte von Plauen, Weida und Gera. Teilung 1564, Hauptlinien +Greiz+ und +Gera+. Erhebung in den Fürstenstand 1778 u. 1790. In Greiz (ä. L.) Fürst +Heinrich XXIV.+ seit 1902, in Gera (j. L.) Fürst +Heinrich XIV.+ seit 1867; Regent für beide Staaten Erbprinz +Heinrich XXVII.+ (j. L.) ~Fürstentümer Lippe,~ Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen. Teilung 1603, Linien +Detmold+ und +Bückeburg+; die letztere erbt 1640 die Grafschaft +Schaumburg+. Graf +Wilhelm+ von Schaumburg-Lippe († 1777) Erbauer der Festung +Wilhelmstein+ im Steinhuder Meer und Gründer einer berühmten Kriegsschule (s. S. 303). Erhebung in den Fürstenstand 1720 und 1807. In Lippe Fürst +Leopold IV.+ aus der +Biesterfelder+ Linie seit 1904; in Schaumburg-Lippe Fürst +Adolf+ seit 1911. ~Fürstentum Waldeck,~ Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen. 1712 Fürstentum. Graf +Georg Friedrich v. Waldeck+ († 1692), Staatsmann und Feldherr im Dienste des Großen Kurfürsten von Brandenburg. Durch Vertrag von 1868 ist die Verwaltung des Landes an Preußen übertragen. Seit 1893 Fürst +Friedrich+. ~Die drei Hansestädte~ (S. 200 f.), seit 1630 nach dem Aufhören des Hansebundes besonders verbündet, 1815 als Freie Städte Mitglieder des Deutschen Bundes (vgl. S. 320). ~Elsaß-Lothringen.~ +Elsaß+ ein Teil des alten Herzogtums Schwaben; +Straßburg+ 1205 freie Reichsstadt. Die österreichischen Besitzungen im Elsaß kommen 1648 an Frankreich, Straßburg 1681, die letzten noch deutschen Teile des Elsaß 1792. Das ganze Elsaß ~1870~ wieder gewonnen. +Lothringen+ altes Herzogtum des deutschen Reiches, seit 1431 unter einer französischen Dynastie (S. 205); +Metz+ seit dem 13. Jahrhundert freie Reichsstadt, 1552 von den Franzosen besetzt. Ganz Lothringen 1766 französisch (S. 279), der östliche Teil ~1870~ wieder gewonnen. Betreffs der Regierung des Landes s. S. 392, 397. Namen- und Sachregister B. = Bündnis. Bl. = Belagerung. Br. = Brandenburg. D. = Deutschland. Dn. = Dänemark, E. = England. Erzb.= Erzbischof, Erzbistum. f. = folgende Seite. F. = Friede. Fr. = Frankreich. Gr. = Große. Grh. = Großherzog, Großherzogtum. H. = Haus. Hz. = Herzog, Herzogtum. K. = König, Königin. Kapit. = Kapitulation. Kf.= Kurfürst, Kurfürstentum. Kgr. = Königreich. Ko. = Kongreß, Konferenz. Konz. = Konzil. Kr. = Krieg. Ks. = Kaiser, Kaiserin. Ö. = Österreich. P. = Papst. Pr. = Preußen. R. = Rußland. Rchst. = Reichstag. S. = Schlacht. Schw. = Schweden. Sp. = Spanien. St. = Stammtafel. V. = Vertrag. W. = Waffenstillstand. ~A.~ Aachen 153–155. 159. 162 f. 180. 187. 189 f. 195. 228. 230; F. 262; F. 284. 314. 345, Ko. Abbassiden 150. 172. Abd-el-Kader 354. Abdurrahman 150. 171. 420. Abessinien 302. 406. 412. Åbo F. 292. Abu-Bekr 149. Abukir S. 317. Abuscher 419. Abydos 31. 52, S. 59. Achäer 23. 28. 31 f. 45. 58 f. 97. Achäischer Bund 68. 95–97. 98. Achaja 28. 33. 40. 48; röm. Prov. 98. 122, 176, Hz. Achämeniden 19. Ackergesetze 78. 81 f. 100 f. 110 f. Actium S. 47. 120. Adalbert v. Bremen 166. -- v. Prag 162. Adelheid Ks. 158. 160. 162. Adolf v. Nassau 196. -- Fr. K. v. Schw. 292 -- v. Lippe 438. Adrianopel 175. 218; F. 347, S. 136 f. 140. Aedilen 77. 81. 96. Aegat. Inseln S. 88. Aegina 25. 28. 37–41. 44. 48. Aigospotamoi S. 53. Aegypten 3–6. 9 f. 11. 19–21. 24. 31. 44 f. 57. 60. 63. 94. 97. 115 f. 119; röm. Prov. 120. 122. 134; im Mittelalter 149. 172. 175. 178; in der Neuzeit 219. 316. 319. 353, 405–409. Aemilius Paulus 90. 96. Aeneas 27. 71. -- Silvius 205. Aeoler 23. 28. 38. Aequer 70. 77 f. 80. Aeschines 58. 62. 70. Aeschylos 47. Aëtius 142. Aetoler 28. 68. 91, 95 f. Afghanistan 172. 353. 406. 407. 419 f. Africa, röm. Prov. 98. 105. 116. 119. 122. 133. 135. 142. Agadir 405. Agamemnon 27. Agathokles 67. 87. Agbatana 18 f. 61. 62. Agesilaos 56 f. Agis 29. 51. 53. 62. 68. Agricola 128 f. Agrigent, Akragas 32. 37. 47. 87. Agrippa 77. 119. 123. Agrippina 123. 125 f. Akkon 175. 177 f. 314. Akropolis 33. 36. 41. 43. 46. 54. Alalia S. 14. 32. Alamannen 132–135. 137. 139. 143. 150. Alanen 134. 140 f. Alarich 140 f. 144. Alaska 302. 417. Alba Hz. 232. 243. -- Longa 71 f. Albert K. v. Sachsen 384. 435. Albert v. Koburg 353. -- K. v. Belgien 410. Albertus Magnus 178. Albigenser 191. Alboin 144. Albrecht I. K. v. D. 196 f. -- II. 205. 218. -- Achilles 206. 428. -- d. Bär 179 f. 415. 427. -- Erzh. 379. -- Hz. v. Meckl. 215. 437. -- Hz. V. Pr. 228. 429. -- Prinz v. Pr. 395. 437. Albuquerque 222. Alcuin 154. Alesia Bl. 112. Alessandria 183. Alexander K. v. Mak. 38. 41. -- d. Gr. 14. 21. 58–62. -- III. P. 183. 193. -- VI. 240. -- I. Ks. v. R. 319. 323. 326. 328. 331 f. 334. 339. 343. 347. -- II. 366. 369. 399 ff. -- III. 400. 402. -- v. Bulgarien 414 f. -- v. Parma 238. 243. -- v. Pherä 56. -- v. Serbien 399. 414. -- Severus Ks. 133. Alexandria 60. 65. 97. 115 f. 128. 131. 136. 149. 177. 316. 406. Alexei 269. 294. Alexius Ks. 172. Alfons K. v. Kastilien 171. 189. 194. 214. -- K. v. Neapel 211. -- K. v. Sp. 413 ff. Alfred d. Gr. 170. Algeciras 405. Algier 232. 348. 354. 369. Ali 149. Aliso 124. Alkassar S. 245. Alkibiades 50–52. 54. Alkmäoniden 34. 36. Alkmar Kapit. 318. Allia 8. 80. Alsen 268. 373 f. Altenburg 197. 206. 227; Hz. 378. 437. Altmark 161. 427. Altranstädt F. 275. Amberg S. 315; Ambrosius 137. Amerigo Vespucci 222. Amiens F. 320, S, 387. Ampfing S. 198. Amphiktyonien 31. 33. 57–59. Amphipolis 46. 57. 99; S. 49. Amphissa 59. Amsterdam 244. 263. Anakreon 38. Anaxagoras 47. Ancus Marcius 72. Andernach S. 156. 159. Andreas K. v. Ung. 177. 217. Angelsachsen 142. 145. 151. 154. 159. 169. 192. Anglikan. Kirche 246. 249. 270. Angora S. 218. Anhalt Hz. 180. 231. 437. Anjou 190. 209. -- H. in E. 192; in Neapel 190. 205. 211; in Ungarn 217. Anna Boleyn 245. -- v. Bretagne 235. -- K. v. E. 298. -- Ks. v. R. 294. Ansbach 290. 323. 340. 428. 429. 432. 434. Ansgar 154. Antalkidas F. 55. Antigonos 60. 63 f. 66 bis 68. Antiochia 65. 125. 130 bis 132. 174. 177. Antiochos 65. 95. 97. 100. Antipater 59. 62–64. Anton v. Navarra 236. -- K. v. Sachsen 435. Antoninus Pius Ks. 9. 130. Antonius C. 110. -- M. 115–120. Antwerpen 243. 350. Apelles 69. Apia 426 Appius Claudius 79. 84. 86. 101. Apulien 85. 90 f. 93. 161. 163. 165. 173. 189. Aquae Sextiae 101; S. 104. Aquileja 94. 133. 137. 142. 176; S. 138. Aquitanien 111 f. 122. 146. 155. 170. Araber 148–150. 156. 171. 215. Arabia röm. Prov. 129. Arabi Pascha 406. Aragon 171. 190. 194. 214 f. Aranda 303. Aratos 68. Arausio S. 103. Arbela S. 60. Arbogast 138. Arcadius Ks. 138. 149. Archelaos 54. 105. Archidamos 48. 66. Archilochos 38. Archimedes 92. Archonten 33–36. 39. 44. Arcis-sur-Aube S. 338. Arcole S. 315. Arelat. Kgr. 158. 164. Areopag 33. 35. 44. Arginusen S. 53. Argonauten 26. Argos 24. 26. 28. 32 f. 43. 50. 55. 58. 69. 86. Arianismus 136. 142 f. Arier 15–17. 24. Arion 38. Ariovist 111. Aristagoras 20. Aristarchos 70. Aristides 39. 41 f. 43. Aristodemos 28. 32. 76 Aristogeiton 36. Aristomenes 32. Aristophanes 47. Aristoteles 59. 70. 172. Arkadien 23. 28. 56. 59. 140. Arles 143. 184. 200. Armada 244. 247. Armagnacs 205. 208. Armenien 9. 15. 65. 108. 116. 119. 123. 125. 127; röm. Prov. 129; in der Neuzeit 401. 415. Armin 124 f. Arminianer 244. Arnold v. Brescia 182. Arnulf Ks. 157. -- Hz. v. Bayern 159. Arpaden 217. Arras 387, F. 209. Arsakiden 65. Artaphernes 39. Artaxata 108. 127. Artaxerxes I. 21. 43. -- II. 21. 54. -- III. 21. Artemision S. 40. Artevelde 207. Artois 229. 262. 307. Aschaffenburg S. 378. Asculum S. 86. Asia röm. Prov. 101. 104 f. 119. 122 f. Askalon S. 174. Askanier 179. 184. 189. 198. 204. 427 f. 437 f. Asow 269. 275. 295. Aspern S. 329. Assignaten 308. 311. 312. Assyrien 7–10. 12. 18. 129. Asturien 123. 149. 171. Athaulf 141. Athen 25 f. 28. 33–59. 62 f. 67. 69 f. 85. 99. 105. 110. 119. 130. 176. 219. 304. 347. Athos 38. Atschin 410. Attila 142. Augsburg 123. 150. 164. 167. 190. 227. 233. 257. 320. 324. 378; B. 264; F. 233. 260; Rchst. 230; S. 160. August II. K. v. Polen 266. 274–276. 285. 424. -- III. 279. 285. 295 f. 435. Augustinus 132. 141. 145. Augustus Ks. 121–125. Aurelianus Ks. 134. Austerlitz S. 323. Australien 244. 302. 406. 409. Austrasien 146 f. Avaren 144. 148. 153. 158. Aversa 165. Avesta 17. Avignon 196. 199 f. 203. 207. 211. 315. 339. Azincourt S. 209. ~B.~ Babenberger 157. 162. 180. 196. Babylon 7–11. 18–20. 60. 62. 64. Baden F. 274. -- Markgr. 190. 196. 254; Kf. 320. 323. -- Grh. 324. 345. 359. 375. 378. 436. Badeni 398. Bagdad 150. 172. 196. Bagdadbahn 416. Bajazet 218. Bakchiaden 33. 72. Baktrien 17. 61. 65. 149. Balboa 223. Balduin 174. 176. Bamberg 160. 163. 179. 257. 320. Banér 257. Bar, Konföd. 296. Barcelona 141. 152. 171. 194. 413. Barnet S. 214. Barneveld 244. Bar-sur-Aube S. 338. 371. Bartholomäusnacht 237. Basel 151. 164. 231. 234. 339; F. 314; Konz. 204. 236. Bastille 307. Bataver 128. Batav. Rep. 314. 320. 324. Bauernkrieg deutscher 228; engl. 212; frz. 208. Bautzen S. 334. Bayard 229. 235. Bayern Hz. 146. 152. 158. 160. 162 f. 165. 167. 179 bis 182. 184. 186. 189. 252. 254. 434. -- Kf. 255. 257–259. 272 bis 274. 280 f. 289 f. 320. 434. Bayern Kgr. 323 f. 336. 340 f. 345. 356. 364. 375. 378 f. 382. 390. 392. 428. 434 f. Baylen Kapit. 328. Bayrische Markgr. in Br. 178–200. 428. Bazaine 371. 382–384. 403. Beaugency S. 386. Beauharnais 314. 321. 331. Beaumont S. 384. Beaune la Rolande S. 386. Behanzin 404. Belfort 388 f. 391. Belgien 243. 290. 313. 319. 340–342; Kgr. 350. 396. 410. Belgrad 218. 219. 278. 297; F. 279. Belisar 144. Belle-Alliance S. 342. Benedek 376 f. Benedikt 145. -- P. 160. 203. Benevent S. 86. 190. -- Hz. 145. 151 f. 161. 163. Berengar 157. 160. Beresina 333. Berg Hz. 252. 289. 324. 336. Bergen 201, S. 287. Berlin 200. 267. 285. 288. 325. 329. 332 f. 335. 343. 355 f. 364. 376. 380. 391. 424. 427. 429. 430 ff. Ko. 360. 394. 396. 410. Bern 144. 199. 341. 354; Ko. 394. 411. Bernadotte 323. 330. 332. 334. 337. 363. Bernhard v. Askan. 184. -- v. Clairvaux 174. -- v. Weimar 257 f. Bernstorff 292. Bernward 168. Besançon 111. 182. 196. 264. 388. Bethlen Gabor 254 f. Bilderstreit 148. Bill of rights 271. Biron 294 f. Bismarck 372. 374. 381. 390. 391. 393–396. 401. 410. 412. Bithynien 15. 52. 66. 96. 105. 108. 131. 135. Blücher 314. 325. 333 bis 338. 339. 342. Bocchus 103. 116. Bocholt S. 152. Boëmund 173 f. Böhmen 139. 156. 158. 162 f. 165; Kgr. 183. 196. 197–200. 202–206. 225; östr. 225. 251–254. 257 f. 284. 286. 334 f. 376. 398. Boleslav 163. 182. Bolivar 346. Bologna 71. 118. 189. 230. 304. 315. 370. Bonaparte 311. 315–317; St. 322. Bonifacius 176. -- VIII. P. 196. 207. Bonifatius 141. 151. Bordeaux 207. 309. 311. 338. 355. 387. 390. Borgia 240. Bornhöved S. 187. Borodino S. 332. Bosnien 219. 255. 398 f. 401. Bosporus 20. 31. 105. 109. Boston 248. 301. Bosworth S. 214. Bothwell 247. Bourbaki 388 f. Bourbon Conn. 229 f. -- H. in Fr. 236. 278 f. 305. 309 f. 339; St. 349. -- in Neapel 279. 305. 324. 342. -- in Sp. 274. 303. 339. 351. 413. -- Familienpakt 300. Bouvines S. 186. 193. Bovianum S. 84. Boyne S. 272. Braganza H. 245. 303. Brandenburg 159. 162. 179. 255. 356. -- Mark 180. 199. 206. 427 ff. -- Kf. 200. 224. 231. 252. 256. 258. 260. 262 f. 265 bis 267. 427–436. Brasidas 49. Brasilien 223. 244. 303. 327. 346. 417. Braunschweig 186. 190. 200. -- Hz. 184. 188. 224. 232. 260. 286. 324. 336. 350. 391. 395. 437. Brazza, Brazzaville 403. Breisach 258. 260. 264. Breitenfeld S. 256. 259. Bremen 152. 200. 233. 261. 320. 333. 344. 394. -- Erzb. 156. 166. 183. 187. 255; Hz. 260. 276 f. Brennus 80. Brescia 182. 198. 210. 304. 356; S. 202. 235. Breslau 200. 333. 433. 434; F. 281; S. 287. Bretigny F. 208. Brienne 311, S. 337. Britannicus 126. Britannien 13. 112. 126. 128 f. 132. 135. 142. Brömsebro F. 250. 259. Brügge 201. 209. Brun Erzb. 160 f. Brundisium 86. 105. 109. 114. V. 119. Brunhild 146. Brüssel 233. 242. 350. Brutus Dec. 118. -- L. 73. 75 f. -- M. 118 f. Buchdr.-Kunst 206. 221. Buckingham 248. Buddhismus 16 f. 22. 219. Bu Hamara 405. Bulgarien 148. 172. 194. 400–403. 414 f. Bülow Gen. 333. 334–338. -- Kanzler 396 f. Bundesg.-Kr. 57. 104. Buren 406 ff. Bürgerkrieg, amerik. 416 f. -- engl. 212. 248 f. -- frz. 208 f. 237. 306 bis 312. 354 f. 392 f. -- röm. 103. 105 f. 114 bis 117. 118–120. 127. Bürgerkrieg in der Schweiz 205. 354. Burgund 145. 155, Hz. 169. 206. 208. 229. -- Kgr. 158. 164 f. 168. 182. 184. 196. 200. 290. -- Freigrafschaft 196. 198. 206. 234. 262 f. Burgunder 139. 141–143. Burkersdorf S. 289. Byron 347. 364. Byzanz 31. 38. 42. 52. 56. 136. ~C.~ Cabal Min. 270. Cabral 222. Cadiz 13. 93. 222. 247. 331. 346. Caecilius Met. 69. 88. 98. 103. 106. Caesar C. Jul. 109–117. 121. -- C. u. L. 123. -- L. 105. Calais 208. 236. 246. 344. Calderon 245. Caligula Ks. 126. Calixtus II. P. 168. Calvin 230. 234. 247. Cambrai 263, B. 235. 239; F. 230. Camillus 80. 82. Camoëns 223. Campanien 70 f. 83. 90. 165. Campo Formio F. 316. Cannae S. 90. Canning 346 f. Canossa 167. Canovas 413. Canterbury 145. 192. 246. Canuleius 79. Capetinger 169. 191. Capodistrias 347. Capua 83. 86. 90 ff. 94. 114. 161. 163. Caracalla Ks. 132. Caracas 346. Carnot 314, 410. Carrhae S. 113. Carus Ks. 135. Cassano S. 317. Cassius C. 118 f. -- Sp. 77 f. -- Dio 131. Cateau-Cambr. F. 236. Catilina 109 f. Cato 95 f. 97. 121. -- d. jung. 110 f. 116. Catullus 121. Catulus 88. 104. Cavaignac 355. Cavour 369 f. Censoren 79. 81. 96. 106 f. 122. Census 63. 75. 116. 123. Centurien 74 f. Cervantes 245. Cetewayo 406. Ceuta 413. Ceylon 16. 223. 245. 314. 320. 341. 408. Chabrias 56 f. Chaironeia S. 59. 105. Chalkedon 31. 52. 135 f. Chalkidike 31. 55. 57. 94. Châlons 382 f., S. 134. 142. Chatillon Ko. 338. Chersones, taur. 31. 108. -- thrak. 36. 46. 52. 58. Childerich 150. China 21 f. 194 f. 219. 223. 251. 353. 368. 420–422. Chios 20. 28. 33. 51. 56 f. 70. 296. 347. Chlodwig 143 f. Chowaresmier 177. 195. Chremonides 67. Christentum 23. 124. 131 f. 136. 145. 151. 156. 163. 171. 173. 224. 306. 312. 415. 426. Christenverfolgung 127. 131. 133. 135. Christian v. Anhalt 254. -- v. Braunschw. 254. -- T. K. v. Dn. 216. -- II. u. III. 249 f. -- IV. 250. 255. -- VI u. VII. 292. -- VIII. 361. -- IX. 373 f. 411. Christine K. v. Schw. 250. Chulalongkorn 420. Cicero 109 f. 113–118. 121. Cid 171. Cimbern 103. Cincinnatus 78. 80. Cinna 105. Cintra Kapit. 328. Cirta 93. Cisalpin. Rep. 316 f. 319 f. Civilis 128. Claudius Ks. 126. 134. -- Nero 93. 123. 125. -- Pulcher 88. Clemens V. P. 207. -- VII. 229 f. 241. -- XIV. 304. Clermont 112. 173. Cleve 232. 252. 263. 323. 430. Clive 300. Clodius 111. 113. Cluny 163. 166. Cobden 353. Colbert 262. 265. Cölibat 166. Coligny 237. Collatinus 73. 75. Colombey S. 383. Colombia 346. 418. Colonne S. 162. Colosseum 128. Columbus 221 f. Comitia cent. 76. 79. 81 f. 105. 117. 125. -- cur. 74. 76. -- trib. 77. 79. 81 f. 101. 106. Commodus Ks. 131. Commune v. Paris 310. 392. Concini 238. Condé 237. 259. 261–263. Constantius Ks. 136. Constituante 307. Cook 302. Corday, Charl. 311. Cordova 152. 171. 194. Corfinium 104. 114. Coriolan 78. Corneille 239. 265. Cornelia 98. 100. Corpus iuris 147. Cortenuova S. 188. Cortez 223 f. Coulmiers S. 386. Covenant 248. Cranmer 246. Crassus 107. 109. 111 bis 113. 121. 123. Crécy S. 208. Cremera S. 78. Cremona 89. 94. 127. 187. Crespy F. 232. Crispi 412. Cromwell 248 f. 269 f. Cuba 222 f. 300. 418. Culloden S. 299. Curius Dentatus 85 f. Custine 313 f. Custozza S. 356. 379. Cypern 13. 23. 28. 33. 35. 42. 44 f. 55. 65. 111. 122. 177 f. 219. 401. 406. Czaslau S. 281. ~D.~ Dacien 129. 134. 139. 142. Dagobert 147. Dahomey 404. Dalai Lama 409. Damaskus 9. 12. 108. 129. 149 f. 173. 175. Damenfriede 230. Damiette 177. Dampfschiffahrt 344. 424. Dandolo 176. Dänemark 162. 165. 170. 179 f. 182. 187. 201. 215 f. 234. 249 f. 255. 268. 274. 276 f. 292. 327. 337. 361 f. 373 f. 411. Dänen 153. 158. 162. 169 f. Danewerk 153. 162. 373. Dante 198. 211. Danton 309–312. Danzig 201. 249. 296. 326 f. 333. 337. 340. Dardanellen 401. Dardanos F. 105. Dareios I. 19. 38. -- II. 21. -- III. 21. 60 f. Dauphiné 208. Davout 323. 325. 333 bis 335. 337. Decebalus 129. Decemvirn 78 f. Decius Ks. 133. -- Mus 83. 85. Deiotarus 109. 116. 117. Dekeleia 51. Dekretalen 156. 228. Delhi 219. 300. 368. 410. Delion S. 49. Delos 36. 43. 45. Delphi 15. 31. 34. 41. 57. 67. 73. Demaratos 37. 40. Demetrios v. Phal. 67. -- Poliork. 64. 67. -- in Rußl. 251. Demosthenes 49. 51. -- Redner 58. 62 f. 70. Denain S. 274. Dennewitz S. 335. Desiderius 151. Dessauer Brücke S. 255. Detmold S. 152. Dettingen S. 281. Deutsch-Brod S. 204. Deutsche Flotte 361. 380. 397. 433. -- Literatur 140. 144. 154. 168. 186. 234. 285. 291. 329. 364. Deutscher Bund 340. 345. 351. 355. 359 f. 372 f. 375. -- Krieg 375–379. -- Orden 178 f. 217. 320. 429. Deutsches Reich 155 bis 168. 179–190. 195–206. 224. 234. 251–261. 263 bis 267. 274. 278–285. 289–292. 313. 319–321. 324 f. 358. 390–397. 423 ff.; Verfassung 161. 189. 200. 224 f. 260. 266. 320. 391 f. 397. Deutsch-frz. Kr. 381 bis 393. Devolutionskr. 262. Diadochen 63 f. Diaz 215. 371. Dictatur 76. 90. 99. 106 f. 115. Diebitsch 333. 347. 350. Dijon 169; S. 143. 388 f. Diocletian Ks. 135. Dionysios I. u. II. 67. Direktorium in Fr. 312. 316. 318. Dithmarschen 216. 250. Döffingen S. 202. Doge 176. 210. 240. 304. Doggerbank S. 301. Domesdaybook 192. Dominika S. 301. Dominikaner 178. 188. 191. 227. Domitian Ks. 128 f. Donaufürstentümer 219. 296. 346 f. 365–367. 399 ff. Donauwörth 252. Don Carlos 242. 351. 413. Doria 240. Dorische Wanderung 28. Doryläum S. 174. Drake 246. Drakon 34. Dreibund 395. 411. Dreißigj. F. 45. -- Kr. 251–261. Dreißig in Athen 53 f. Drepana S. 88. Dresden 284 f. 288. 333 bis 335. 359. 376; F. 284; S. 335. Drusus 102. 104. 123–126. Duchatel 209. Duilius 87. Dumouriez 314. Dünkirchen 262. 270. Düppel S. 361. 373. Dürer 227. Dyle S. 157. Dyrrhachium 47. 99. 114; S. 115. ~E.~ Eberhard v. Franken 158 f. -- v. Württ. 196. 201 f. 226. 435. Eckmühl S. 329. Edda 171. Edessa 65. 132. 134. 174. Eduard d. Bek. 170. Eduard I.-III. K. v. E. 207. 211 f. -- IV. u. V. 212–214. -- VI. 246. -- VII. 409. -- d. schw. Pr. 208. 214. Egbert v. Wessex 169. Eger 258; F. 202. Egmont 236. 242 f. Eidgenossen 197–199. 224. 237. Einhard 154. Eisenbahnen 344. 369. 391 f. 394. 397. 411 f. 416 f. 421. 425 f. Eknomos S. 87. Elagabalus Ks. 132. Elam 7–10. 18. Elba 188. 210. 320. 339. Eleonore v. Poitou 192. Eleusis 46. 52. Elisabeth K. v. E. 246 f. -- Ks. v. R. 284. 288. 295. -- Charl. 264. 305. Elsaß 142 f. 156. 182. 205 f. 258; an Fr. 260. 262. 264. 343; wieder deutsch 392. 397. 438. Elster S. 167. Emanuel K. v. Port. 245. Emigranten 307. 313. Emin Pascha 407. Emir al Omra 172. Engelsburg 130. 167. 230. Enghien 259. 321. England 169 f. 175. 184. 192 f. 201. 204. 207–209. 211–214. 245. 249. 254. 256. 262. 264. 269–274. 281. 284–288. 298–303. 314–321. 323. 327 f. 330 f. 334. 339. 341 f. 346–348. 353. 361–371. 375. 396 f. 399 ff. 405. 406–411. 412. 414. 415. 417. 419 ff. 422 f. Engl. Lit. 212. 272. 302 f. 364. Ennius 121. Entdeckungen 221–224 302. 365. Enzio 188 f. Epameinondas 56 f. Ephesos 15. 28. 37. 66. 95. 105. 131. Ephialtes 40. 44. Ephoren 29. 43. 68. Epigonen 26. Epikur 70. Epimenides 34. Epirus 27. 43. 66 f. 85 f. 95. 97. 115. 120. 401. Erasmus 226. Eratosthenes 27. 70. Erbfolgekrieg, bayr. 289 f. -- österr. 280 f. 284. -- span. 272–274. Eresburg 152. 159. Eretria 20. 39. Erfindungen 221. 343 f. Erfurt 151. 184. 196. 227. 321. 325. 327. 337; Ko. 328; Parl. 360. Ernestiner 227. 233. 435. Ernst August 266. 351. 395. -- v. Schwaben 164. Erwin v. Steinbach 190. Erzämter 147. 159. 200. Espartero 351. Essex 142. 247. Este H. 166. 210. 239. 304. Estland 215. 217. 249. 276 f. Etrurien 71. 88. 110. Kgr. 319. 327. Etrusker 71. 73. 76–78. 80. 84. 104. 120. Eugen v. Savoyen 266. 273. 278 f. -- v. Württemberg 436. Eukleides 54. 70. Eumenes 63. 66. 97. Eupatriden 26. 33. 37. Euripides 47. Eurymedon S. 43. 95. Exarchat 144. 145. Eylau S. 326. Ezzelino 188. ~F.~ Fabier 78. Fabius Cunct. 90. 92. -- Rullianus 84 f. Fabricius 86. Faschoda 404. Fatimiden 172 f. Fehrbellin S. 263. 431. Femgerichte 190. 205. Ferdinand I. Ks. 225. 230 f. 252. -- II. 253–258. -- III. 259. -- I. Ks. v. Ö. 351. 356. 357. -- d. Kathol. 214 f. 239 f. 241. -- IV. K. v. Neapel 305. 317. -- VII. K. v. Sp. 327. 339. -- v. Braunschw. 287 bis 289. -- v. Bulgarien 415. Ferrara 210. 239. 304. Fiesco 240. Fimbria 105. Finnland 256. 276 f. 294. 330. Firdusi 172. Flamininus 95. Flaminius 90. Flandern 156. 173. 193. 207–209. 229. 242. 262. Fleurus S. 265. 314. Fleury 305. Florenz 198. 210 f. 240. 370; Konz. 218. Florida 300. 302. Fontenoy S. 155. 284. Franken 134. 139. 142. 144. -- Hz. 157. 159 f. 165. 183. 257 f. Frankenhausen S. 229. Frankenreich 143. 145 bis 147. 150–156. Frankfurt a. M. 180. 186. 190. 195. 224. 254. 257. 281. 313. 324; Bundestag 340. 345. 351. 355. 360. 372. 375. 378; Parl. 358; Ko. 372; F. 391. Fränkische Ks. 157. 164 bis 168. Franklin 300. Frankreich 155. 159. 162 f. 169. 173. 177. 191. 205. 207–209. 229 f. 232 f. 234–239. 255 f. 258 bis 265. 272–274. 278–280. 284–289. 297. 301. 305 bis 343. 347–349. 353 bis 355. 365–371. 379 bis 393. 397. 402–405. 420; Kaiserreich 321. 355; Rep. 310. 385–405. Franz I. Ks. 284. -- II. 313. 325. 334. 336. -- I. K. v. Fr. 229. 232. 235 f. -- II. 236. -- II. K. v. Neapel 370. -- Joseph Ks. v. Ö. 357. 369. 372. 377. 398 f. -- v. Guise 233. 236 f. -- Sforza 210. Franz. Lit. 239. 265. 305 f. 363 f. Freiberg S. 289. Freiburg 196. 221. 263 f. Freiheitskrieg, deutscher 333–339. -- griech. 346 f. -- niederl. 242 f. -- amerik. 300–302. Friedland 255; S. 326. Friedrich I. Ks. 175. 180–185. II. 177. 186–189. Friedrich III. 205 f. -- v. Baden 190. -- Grh. v. Baden 436. -- v. Meißen 196 f. 204. -- v. Nürnb. 195. 203 f. 428. -- v. Öst. 188. 190. 198. 203. -- v. d. Pfalz 206. 254. -- v. Staufen 167. 179. -- d. Weise 227 f. -- I. Kf. v. Br. 204. 428. -- II. 428. -- I. K. v. Pr. 267. 272 bis 276. 431 f. -- II. d. Gr. 280–290. 432. -- III. 395. 434. -- I u. II. K. v. Dn. 250. -- III. 268. -- IV. 274. 292. -- VII. 361 f. -- VIII. 411. -- K. v. Schw. 277. 292. -- Aug. K. v. Sachsen 326. 333. 336. 435. -- Franz Grh. v. Meckl. 378. 385 ff. 437. -- Karl 376. 382–387. Friedr. Wilh. d. Gr. Kf. 244. 259. 262 f. 265 bis 267 f. 430 f. -- -- I. K. v. Pr. 276. 279. 431 f. -- -- II. 291. 313. 421. 432 f. -- -- III. 316. 323–328. 332–339. 342. 343. 364. 433. -- -- IV. 353. 355 f. 359 f. 364. 367. 371. 433. -- -- Kronprinz 376 ff. 382 ff. 434. -- -- v. Braunschweig 330. 342. 437. Friesland 139. 151. 156. Fronde 261. Frundsberg 229. Fulda 151. 154. Fürstenbund 291. Fürstenwalde 288; V. 200. Füßen F. 284. ~G.~ Gadebusch S. 276. 335. Gades 13. 93. 114. Gaëta 227. 370. Galater 66. 96. 109. Galba Ks. 127. Galerius Ks. 135. Galilei 227. 240. Galizien 296. 298. 330. 340. Gallas 258. Gallia cisalpina 71. 82. 89. 94, 99. 118. Gallier 80. 82. 89 f. 111 bis 113. 123. 128. Gambetta 385 f. 388. 390. 403. Garibaldi 370. 381. 388 f. Garigliano 153; S. 235. Gasnaviden 172. 195. Gastein V. 374. Gelon 37. 41. 50. Genf 165. 231. 247. 316. 341. 417; V. 374. Genserich 141. Gent 209. 231. 341; V. 243. Genua 93. 175 f. 198. 210. 221. 240. 264. 303 316. 321. 341. Georg I. K. v. E. 299. -- II. 281. 299. -- III. 300. -- IV. 346. -- V. 410. -- V. K. v. Hann. 378. -- Podiebrad 206. -- Wilh. v. Br. 256. 430. -- I. v. Gr. 415. Gepiden 142. 145. Geraischer Vergl. 429. Gerbert 162. Gergovia Bl. 112. Germanen 13. 103 f. 111 f. 124 f. 134 f. 139–147. Germanicus 125. Gero 159 f. 427. Gerson 204. Geusen 242. Ghibellinen 180. 188. 198. Gibraltar 149. 273 f.; Bl. 301. Girondisten 309–312. Giselbert 158 f. Gitschin S 376. Gjedser 411. Gladstone 409. Gneisenau 326. 334. 342. Godoy 315. 327. Goethe 291. Goldene Bulle 200. 217. Göllheim S. 196. Gonsalvo 235. Gordianus Ks. 133. Gordon 269. 407. Gorgias 50. Görz 276 f. Goslar 158. 164. 165. 168. 182. 190. 321. 340. Goten 132 f. 139–144. Gotha 233. 252. 285 f. 360. Gottesfriede 165. 167. 169. Gottfried v. Anjou 192. -- v. Bouillon 173 f. -- v. Lothringen 165. Göttingen 163. 285. 344. 351. Gracchen 100. 103. Granada 194. 214 f. 221. Granikos S. 60. Granson S. 206. Granvella 242. Gratianus Ks. 137. Gravelingen S. 236. Gravelotte S. 384. Gregor I. P. 145. -- V. 162. -- VII. 166 f. -- IX. 187 f. -- XIII. 241. Griechenland 15. 20. 23. 28. 31. 47. 59. 66. 95. 97. 99. 105 f. 127. 136. 148. 218; Kgr. 346. 415. Griech. Kirche 156. 170. 176. 218. -- Kunst u. Lit. 28. 37. 46. 69 f. 131. 147. 218. Grochow S. 350. Großbeeren S. 335. Groß-Görschen S. 334. Großjägersdorf S. 286. Großmogul 219. 300. Grotius 244. Grumbach 252. Guam 418. 426. Guelfen 181. 189. 198. Guesclin 208. Guisen 236–238. Guizot 353. 364. Günther v. Schwarzb. 199 Gustav Wasa 249. -- II. Adolf 249. 256 bis 258. 430. -- III. 294. -- IV. 327. -- V. 411. Gutenberg 206. Gyges 15. Gylippos 50. ~H.~ Haag V. 276; Ko. 402. Habeasc.-Akte 271. Habsburg H. 195 f. 205 bis 207. 253. 272; St. 225. 282. 357. Hadrian Ks. 130. -- IV. P. 182. -- VI. 241. Hakon VI. K. v. Norw. 215. -- VII. 411. Haliartos S. 55. Halle 153. 164. 233. 267. 325. 365. Hallue S. 387. Hamburg 154. 156. 160. 184. 187. 200. 259. 320. 333 f. 344. 394. 424. 426. Hamilkar 88 f. Hampden 248. Hamurrabi 8. Hanau S. 336. Hannibal 89–94. 96. Hannover Kf. 266. 276. 286. 291. 321–325. 331. 336; Kgr. 341. 351. 359 f. 379. 375. 377–379. Hanse 200. 215 f. 246. 249. 261. Hansestädte 200. 255. 320. 331. 351. 394. 438. Harald K. v. E. 170. Hardenberg 328. 343. Harun al R. 150. 153. Harzburg 166. 186. Hasdrubal 88. 91. 93. Hase S. 152. Hastenbeck S. 286. Hastings S. 170. Hatto v. Mainz 157. Hausmeier, s. Major domus. Haynau 356. 358. Hedschra 148. Heidelberg 182. 189. 202. 226. 234. 265. 320. 436. Heilbronn 180. 265. 321; B. 257. Heilige Allianz 343. H. Berg 77. -- Krieg 33. 57. H. Liga 235 f. 237. Heinrich I. K. v. D. 158. -- II. Ks. 163. -- III.-V. 165–168. -- VI. 185. -- VII. 197. -- I.-III. K. v. E. 192 f. -- IV.-VI. 212. -- VII. 245. -- VIII. 236. 245. -- I. K. v. Fr. 169. -- II. 233. 236. -- III. u. IV. 237 f. -- Hz. v. Bayern 159. 162. -- v. Braunschw. 232. -- d. Fromme 195. -- v. Guise 237. -- Jasomirgott 180. -- d. Löwe 182–185. -- v. Plauen 217. -- Prinz v. Pr. 288 f. -- Raspe 188. -- d. Seefahrer 215. -- d. Stolze 179. -- v. Trastamara 214. -- d. Zänker 160. 162. Helena 24. 27. 135 f. 173. Helgoland 327. 361. 374. 396. Heliaia 35. 44. Heloten 29. 32. Helvetier 103. 111. Helvet. Rep. 316. 319 f. Hemmingstedt S. 216. Herakleia 31. 66; S. 85. Herakliden 25. 28. Heraklios Ks. 148. Hermandad 215. Hermann Balk 179. -- Billung 159. -- v. Salm 167. -- v. Salza 178. 187. -- v. Thüringen 186. -- v. Wied 232 f. Herodes 124. Herodot 4. 6. 18. 39. 47. Herrenhausen V. 278. Hessen 151. 157. 188. 224. 229. 231. 257. 260. 281. 286. 301. 313. 436. -- Grh. 324. 337. 355. 375. 379. 391. 436. -- Kf. 320. 324. 327. 336. 350. 360. 375. 377. 379. 436. Hiero 50. 67. 87. 91. Hildesheim 152.168. 321. 340. Himera S. 41. Hippias 36. 39. Hippokrates 48. Histiaios 20. Hochkirch S. 287. Höchst S. 254. Höchstädt S. 273. Hofer 329 f. Hohenfriedeberg S. 284. Hohenlinden S. 319. Hohenlohe 325 f. 392. 396. Hohenstaufen 167 f. 179 bis 190; St. 181. Hohenzollern 195. 359. 428–434; St. 283. Holbein 227. Holland 189. 199. 205. 209. 242 f. 262. 268. 270. 272. 274. 301. 314; Kgr. 324. 331. 410. Holstein 179. 184. 187. 216. 224. 255. 276. 341. 361. 373–375. -- Gottorp H. 274. 277. 294. 295; St. 293. Homer 28. Honorius Ks. 138. 141. Horatius 76. 79. 122. Hubertusb. F. 289. Hugenotten 237–239. Hugo Capet 169. -- v. Francien 160. 169. Humanisten 211. 226. Humboldt 329. 365. Hunnen 140. 142 f. Hunyadi 218. Hus, Hussiten 204 f. 428. Hutten 226. 228. Hydaspes S. 61. Hyder Ali 300. Hypereides 63. 70. ~I.~ Iconium 173. 174. Idisiaviso S. 125. Idstedt S. 362. Ilerda Kapit. 114. Illyrien 33. 57. 89. 94. 97. 330; röm. Prov. 99. 111. 115. 122. 132. 135. 140. Inaros 21. 44. Independenten 249. 270. Index 241. Indien 15–17. 61. 65. 172. 219. 222. 300. 353. 368. 406. 410. Ingelheim 155. 161. 168. 182. Innocenz II. P. 79. -- III. 176. 186. -- IV. 188. Inquisition 186. 215. 241. Interim 233. Interregnum 72. 74. 189. 426. Invest.-Streit 166–168. Ionier 6. 20. 23. 25. 31 f. 37. 42. Ionische Inseln 240. 304. 316 f. 341. Iphikrates 55. Ipsos S. 64. 67. Iran 15. 17. 172. Irene Ks. 148. Irland 192. 247 f. 270. 272. 353. 409. Isaak Ang. Ks. 176. Isabeau K. 209. Isabella v. Kast. K. 214 f. 221. 241. -- K. v. Sp. 351. 413. Isagoras 37. Islam 148. 195. Island 171. Issos S. 60. Italien 32. 62. 66. 70. 84. 86. 89. 94. 98. 103. 119. 122. 134–138; im M.-Alter 140. 142–145. 152 f. 155 f. 160–168. 171. 179. 182–190. 198 f. 210 f.; in der Neuzeit 235. 239 f. 273 f. 279. 284. 303 f. 315. 317. 341. 345. 356. 362. 369. -- Kgr. 157. 321. 370. 379. 411. Italien, Kunst u. Lit. 211. 241 Iuba 115–117. Ivry S. 233 Iwan III. Ks. 216 -- IV. 250 -- VI. 295 f. ~J.~ Jacquerie 208. Jagellonen 217. 250. Jägerndorf 253 f. 280 f. 429. Jakob I. K. v. E. 247. -- II. 271. -- d. Prät. 299 f. Jakobäa 209. Jakobiner 309. 312. Jan de Witt 262 f. Janitscharen 218. 251. 347. Jankau S. 259. Japan 22. 219. 223. 251. 368. 410. 420–423. Jassy F. 297. Jemappes S. 314. Jena 233. 345; S. 325. Jérome Bonap. 326. 336. Jerusalem 6. 11 f. 109. 130. 149. -- Kgr. 174 f. 177. Jesaja 12. Jesuiten 231. 251 f. 303. 304. 339. 393. 403. Joachim I. Kf. 429. -- II. 232. 281. 429. -- Friedrich 429. Jobst v. Mähren 203. 428. Johann K. v. Böhmen 197 f. 208. -- II. K. v. Fr. 208. -- Hz. v. Burgund 208 f. -- ohne Land 193. -- Kasimir K. v. Polen 250. 267. -- Sobieski K. 266. 268. -- XII. P. 160. -- XXII. 198. -- XXIII. 203. -- Erzh. 329. 358 f. -- Kf. v. Br. 429. -- v. Leyden 231. -- Parricida 197. -- Albrecht Hz. v. Meckl. 395. 424. 437. -- Friedrich Kf. 232. 252. -- Georg Kf. 254. 256. -- -- v. Jägerndorf 253 f. -- -- Kf. v. Br. 429. -- Sigismund Kf. 252, 430. -- v. Werth 258 f. -- Zapolya 230. Johanna Grey 246. -- K. v. Sp. 225. 241. Johanniter 178. 219. 230. 242. 316. 320. Joseph I. Ks. 272. -- II. 289 f. -- K. v. Sp. 324. 327. Jourdan 314 f. 317. Juan d’Austria 212. 243. Juanschikai 422. Juarez 371. Juden 11 f. 19. 65. 130. 215. Jugurtha 103. Julia 110. 123 f. Julianus Ks. 137. Jülich 252. 290. 430. Juli-Rev. 348. Julius II. P. 240. Jungfrau v. Orl. 209. Justinian Ks. 144. 147. ~K.~ Kabira S. 108. Kairo 149. 172. 177. 316. Kaiserslautern 182; S. 314. Kalabrien 121. 145. 162. 343. Kalender 74. 116. 241. 311. Kalifat 148 f. 171 f. 195. Kalifornien 223. 302. Kalisch 298; B. 333. Kalixtiner 205. Kalmar. Union 216. Kanada 238. 300. Kandia 176. 210. 219. 240. 304. Kant 291. Kapitol 72. 80. 131. Kapland 215. 244. 314. 331. 339. 406. 407. Karl d. Dicke Ks. 156. 169. -- d. Einf. K. 169. -- d. Große Ks. 151–154. -- d. Kahle Ks. 156 f. 169. -- Martel 147. 150. -- IV. Ks., 199–203. 428. -- V. 228–234. -- VI. 272–274. 278. 280. -- VII. 281. 434. -- I. K. v. E. 247 f. -- II. 270. -- V. u. VI. K. v. Fr. 208. -- VII. 209. -- VIII. 209. 235. -- IX. 236. -- X, 348. -- IX. K. v. Schw. 249. -- X. u. XI. 267 f. -- XII. 274 f. -- XIII. 330. -- XIV. u. XV. 363. -- I. K. v. Sp. 241. -- II. 272. -- III. 303. -- IV. 315. 327. -- Albert K. v. Sard. 356. 362. -- v. Anjou 190. 196. -- Aug. v. Weimar 291. 325. 437. -- d. Böse 208. -- v. Bourbon 229 f. -- Eduard 299 f. -- Erzh. 315. 317. 323. 329. -- d. Kühne 206. 209. -- v. Lothr. 266. 284. 286. -- v. Rumänien 399. 414. -- Theodor v. d. Pfalz 289 f. -- Wilh. Ferd. v. Br. 313. 325. 437. Karlowitz F. 266. 304. Karlsbad Ko. 345. Kärnten 103. 123. 157. Hz. 162. 166. 196; östr. 198. 225. 253. Karolinger 150–158. 169; St. 155. Karthago 14 f. 19. 41. 67. 82. 87–89. 91. 93 f. 98. 102. 117. 141. 149. Kasimir K. v. Polen 216. Kassander 64 f. 67. Kastilien 171. 194. 215 f. 221. 273. Katalaun. F., S. 142. Katharina v. Aragon 245. -- v. Medici 236 f. Katharina I. Ks. v. R. 274. 294. -- II., 295 f. Katzbach S. 335. Kaukasus 108. 297. 348. 369. Kaunitz 285. Keilschrift 7. 19. Kelantan 409. Kelten 15. 71. 111. 113. Kepler 227. 252. Kerkyra 31. 43. 47 f. 56. Kesselsdorf S. 284. Kiel 292. 371. 377. 394; F. 337. 341. Kiew 170. 195. 216. Kimon 39. 43–45. Kinderkreuzzug 176. Kirchenstaat 145. 150. 151. 186. 211. 240. 304. 315. 320. 330. 341. 362 f. 370. 381. 411. Kleisthenes 33. 36 f. Kleomenes 37–39. 68. Kleon 48 f. Kleopatra 116. 119 f. Klissow S. 275. Klopstock 285. Klöster 145. 150. 151. 154. 163. 245. 290. 309. 321. 400. Knidos 28; S. 55. Knox 247. Knud d. Gr. 165. 170. Koalitionskr. 313. 317. 323. Koblenz 199. 307. 313. 337. 372. Koburg H. 350. 401. 414. 415; St. 352. 437. -- Prinz 314. Kodros 28. 33. Kolberg Bl. 288. 326. Kolin S. 286. Köln, 124 f. 150. 152. 161. 179. 190. 200. 201. 230. 314; Rchst. 224. Erzb. 153. 160 f. 166. 183. 184. 189 f. 351; Kf. 200. 206. 232. 252. 272. 274. 320. Kolonien, griech. 13. 27 f. 31. 46. 62. -- röm. 82–87. 89. 92 ff. 102. 117. -- span. 222–224. 300. 301 f. 346. 413. -- holl. 244. 314. 320. 331. 339. -- engl. 246. 270. 274. 300 ff. 339. 353. 368. 406–410. -- frz. 238. 262. 300. 331. 348. 354. 369. 403–405. -- portug. 222 f. 346. -- deutsche 395 ff. 423 ff. -- belg. 410. -- ital. 412. Komnenen H. 172. 194. Kong-fu-tse (Confucius) 22. Kongostaat 395. 410. Königgrätz S. 377. Königsberg 179. 217. 267. 325 f. 332 f. 431; V. 267. 327. Königsgesetz 268. Königsmark 260. 304. Konkordat, frz. 236. 319. 331. -- östr. 398. -- Wiener 205. -- Wormser 168. Konkordienformel 252. Konon 52 f. 55. Konrad I. K. v. D. 157 f. -- II. Ks. 164 f. -- III. 174 f. 180. Konrad IV. 189. -- v. Hochstaden 190. -- v. Marburg 188. -- v. Masovien 178. -- d. Rote 159 f. -- v. Staufen 168. 179. -- v. Wettin 180. Konradin 190. Konstantin d. Gr. 136 f. 145. Konstantinopel 42. 136. 144. 147–149. 156. 173. 176. 218. 296. 347. 365. 400. Konstanz 150. 164, F. 184; Konz. 203 f. Konstanze 185. Konsulat 75. 78 f. 81. 99. 122; in Fr. 318. Kontinentalsperre 326. 331. Konvent 310–312. Kopenhagen 201. 268. 275. 285. 327. 361. 411. Kopernikus 227. Koran 149. Korea 251. 420. 422 ff. Korfu 176. 210. 220, s. Ion. Inseln. Korinth 26. 28. 31 f. 44. 47 f. 55. 59. 68 f. 72. 98. 117. Körner 335. 364. Koroneia S. 45. 55. Korsika 14. 32. 88. 210. 303. 311. Kosciuszko 298. Kossuth 357 f. Krakau 216. 267. 298. 341. 354. Krannon S. 63. Krateros 60. 62 f. Krefeld S. 287. Kreta 13. 23. 25. 28. 30. 107. 122. 415, vgl. Kandia. Kreuzzüge 173–179. Krim 31. 105. 108. 296. Krimkrieg 366 f. Krimisos S. 67. Kritias 54. Kroisos 15 f. Kroton 32. 37. 94. 162. Kulm S. 335. Kunaxa S. 21. 54. Kunersdorf S. 288. Kurfürsten 196. 200. 224. 254. 256. 260. 266. 320. Kurland 217. 249. 256. 268. 295 f. 298. Kutschuck Kain. F. 296. Kutusow 323–332. Kylon 33 f. Kyme 31. 76. Kynoskephalä S. 56. 95. Kypselos 32. Kyrene 6. 14. 19. 31. 65. 107. 122. 143. Kyros 11. 13. 15 f. 18 f. -- d. jüng. 21. 52. 54. Kythera 13. 49. Kyzikos 31, S. 52. ~L.~ Labiau V. 267. Labienus 112. 116. Lade S. 20. Ladislaus 206. 218. Laelius 93. Lafayette 301. 307. 313. Lagos S. 300. La Hougue S. 265. Laibach Ko. 345. Lamartine 354. 364. Lamischer Kr. 63. Lancaster H. 212–214. Landau 274. 340. 343. Landfriede 165. 167. 188. 196. 200. 206. 224. Landshut S. 288. Langensalza S. 378. Langobarden 124. 139. 144 f. 151. Laon S. 338. La Rochelle 193. 237. 239. 248. La Rothière S. 337. Lat. Kaisert. 176. 194. Latiner 70 f. 77. 83. 87. 92. 102. 104. Land 248. Laudon 288. 297. Lauenburg 184. 189. 200. 204. 224. 341. 373 f. 431. Lausitz 158. 161. 163 f. 199. 202. 224. 254. 258. 286 f. 334. 376. 427. La Valette 242. Law 305. Lechfeld S. 160. Leicester 193. 244. Leipzig 203. 228. 285. 394; S. 256. 259. 336. Le Mans S. 310. 387. Lenzen S. 158. Leo I. P. 142. -- III. 153. -- IV. 156. -- VIII. 160. -- X. 241. -- XIII. 393. Leoben F. 315. Leon Kgr. 171. 194. Leonidas 40. Leopold I. Ks. 263. 265. -- II. 291. 313. -- L K. d. Belgier 350. -- II. 410. Leopold v. Dessau 273. 280. 284. 432. 438. -- v. Öst. 176. 198. 202. Lepanto S. 240. 242. Lepidus 115. 118 f. Lesbos 20. 28. 33. 38. 42. 48. 115. Lessing 285. 291. Leuktra S. 56. Leuthen S. 287. Lexington S. 301. Leyden 231. 244. Licinische Ges. 81. 100. Licinius Ks. 136. Lidj Jeassu 412. Liegnitz Hz. 195. 281. 429; S. 288. Liga 235. 252. 254. Ligue 209. 237. Ligurer 70. 93 f. Ligurische Rep. 316. 321. Limes 129. 134 f. Lisaine S. 388. Lissa S. 379. Lissabon 194. 215. 303. Litauen 217. 275. 298. Livius 82. 122 f. -- Drusus 102. 104. Livland 217. 249. 268. 274. 276 f. 402. Lobositz S. 286. Lokrer 27. 32. 40. 44. 48. 59. 66 f. Lollharden 212. Lombardei 151. 188. 315 f. 356 f. 369. Lombard. Städte 182 f. 188. 199. London 200. 212. 246. 248. 270. 300. 321. 339. 363; Ko. 347. 350. 373. 380; V. 362. Lothar Ks. 155 f. -- v. Sachsen 168. 179. Lothringen Hz. 157 bis 162. 165. 168. 173. 205 f. 224. 233; an Frankreich 239; wieder deutsch 260. 262–265; an Frankreich 279. 343; wieder deutsch 391. 438. -- H. 284, St. 282. Louis Bonap. 324. 331. -- Nap. 322. 353–355. Louisiana 262. 300. 302. Löwen S. 157. Lübeck 184. 187. 190. 200 f. 249 f. 320. 325. 337, F. 255. -- Bistum 255. 292. 321. Lucaner 70. 83 f. 92. Lucian 131. Lucian Bonap. 318. 322. Lucka S. 197. Lucretia 73. Lucullus 108. Ludov. Moro 235. Ludwig d. Bayer 198 f. 428. -- d. Deutsche 156. -- d. Fromme 154 f. -- d. Kind 157. -- I. K. v. Bayern 347. 356. 364. 435. -- II. 390. 435. -- III. K. v. Fr. 169. -- IV. u. V. 169. -- VI. 191. -- VII. 174 f. 191. -- VIII. 191. -- IX. 177. 191. -- X. 207. -- XI. 209. -- XII. 235. -- XIII. 238 f. -- XIV. 261–265. 272 bis 274. -- XV. 279. 305. -- XVI 305–310. -- (XVII.) 310. 312. -- XVIII. 339. -- d. Gr. K. v. Ung. 217. -- v. Baden 265. -- Philipp K. v. Fr. 314. 348. 353 f. Lügenfeld S. 154. Luise K. v. Pr. 326. 329. -- v. Savoyen 230. Lunéville F. 319. Lusignan 174 f. 219. Luther 227–230. 232; Lutter a. B., S. 255. Lützen S. 257. 334. Lützower 334 f. Luxemburg 197. 202. 205. 264 f. 290; Grh. 340. 380. 410. -- Marschall 265. Luynes 238. Lydien 15 f. 24. 33. Lykurgos 29. Lyon 123. 198. 311. 389; Konz. 188. Lysander 52. 54. Lysimachos 63–66. ~M.~ Macbeth 170. Macchiavelli 241. Macdonald 332. 335. Mack 317. 323. Mac-Mahon 369. 382 bis 384. 392. 403. Madagaskar 404. Madrid 273. 328. 337. 413; F. 229. Maecenas 122. Magalhães 223. Magdeburg 153. 161 f. 183. 190. 255 f. 258 f. 325. 337. 427. 429 f. Magenta S. 369. Mag. equitum 76. 80. 90. 115. Magna Charta 193. Magnesia 43; S. 95. Magyaren 157 f. 357. 398. Mahdi 407. Mähren 139. 156 f. 196. 202. 224. 259. 281. 287. 323. 376. 398. Maifeld 147. 151. 342. Mailand 89. 134 f. 137. 183–185. 198. 315. 356. 369. -- Hz. 203. 210. 225. 229. 231 f. 234 f. 239. 274. 303. 340. Mainz 124. 129. 163 f. 167 f. 184. 190. 257. 265. 337. 340. 378; Bl. 314; Rchst. 188. -- Erzb. 151. 160. 190. 196. 206. 227; Kf. 200. 206. 224. 320. Majestätsbrief 253. Majordomus 147. 150. Makedonien 20. 38. 49. 53. 56–59. 63 f. 66–68. 91; röm. Prov. 98. 110. 118. 122. 123. 135; in der Neuzeit 415. Makedon. Kr. 91. 94 f. 96 f. -- Ks. 172. Makkabäer 65. 109. Malakka 223. 409. Malmö 201; W. 361. Malplaquet S. 273. Malta 178. 242. Mamelucken 177. 195. Mamertiner 87. Mandschudynastie 251. 422. Manfred 189 f. Manlius Cap. 80. -- Torquatus 82 f. Mansfeld 253–255. Manteuffel Min. 360. -- Gen. 375. 378. 386–389. 392 Mantineia S. 50. 57. Mantua 239. 272 f. 279. 330. 369; Bl. 315. Manuel K. v. Port. 414. Marathon S. 39. Marbod 124 f. Marburg 188. 230. M. Aurelius Ks. 130 f. Marcellus 91 f. Marchfeld S. 196. Marco Polo 195. 221. Mardonios 38. 41 f. Marengo S. 319. Margarete v. Anjou 212. 214. -- v. Dn. 215 f. -- Maultasch 198. -- v. Navarra 231. -- v. Parma 242. -- v. Valois 237. Maria v. Burgund 206. 225. -- d. Kathol. 245 f. -- v. Medici 238. -- Stuart 235. 246 f. -- v. Ungarn 225. -- Theresia v. Öst. 278 bis 282. 284 f. 289 f. -- -- v. Sp. 262. 265. Marie Ant. 305. 311. -- Louise v. Ö. 331. 338. Marienburg 179. 217. Marignano S. 235. Marius 103–105. Markomannen 131. 146. Marlborough 273. 298. Marokko 245. 405. 409. 413 f. Marschall v. Sachsen 284. Marsischer Kr. 104. Mars-la-Tour S. 383. Martin V. P. 204. Masaniello 241. Masséna 317. 329. Massilia 32. 66. 89. 101. 114. Massinissa 92 f. 97. Mathilde v. Tuse. 167. 179. Mathild. Güter 168. 179. 186. Matthias Ks. 253. -- Corvinus 206. 218. Maupertuis S. 208. Mauretanien 103. 116. 126. 171. Mausoleum 69. Maxen Kapit. 288. Maxentius Ks. 136. Maximilian I. Ks. 206. 224 f. 228. 239. -- II. 252. -- Hz. v. Bayern 252. 254. 257. -- K. v. Bayern 324. 435. -- Ks. v. Mexiko 371. Max Joseph Kf. v. Bayern 284. 289. Mayenne 238. Mazarin 261 f. Mazeppa 275. Mecklenburg 180. 183. 187. 224. 231. 255. 260. 276. 333; Grh. 351. 378. 391. 436 f. Meder 9 f. 15. 17–20. Medici 211. 240 f. 279. Megakles 34. 36. Megalopolis 56. 68. Megara 28. 31. 33. 44. 48. 68. Mehemed Ali 347. 353. Meißen 158. 161. 179. 188 f. 196 f. 255. 435. Mélac 265. Melanchthon 227. 230. 232. Melilla 405. 413 f. Menelik 412. Menorka 274. 301. Menschikow 269. 276. 294. 365 f. Merowinger 143. 145 bis 147. Merseburg 158. 161. 180. 255. Mersen V. 156. Missolunghi 347. Mesopotamien 6. 60. 113; röm. Prov. 129–132. 135. Messalina 126. Messana 31. 87. 99. Messenien 28. 56. 58. 69. Messen. Kr. 32. 43. Messina 363. 412. Metaurus S. 93. Metternich 329. 334. 340. 345. 355. Metz 145. 167. 175. 200; an Frankreich 233. 236. 260. 264. 380 f. 384; wieder deutsch 386. 391. 438. Mexiko 223. 302. 346. 370 f. 418. Michelangelo 241. Milan 399. 414. Milet 15. 20. 28. 31. 38. 42. 51. 60. Milo 85. 113. Miltiades 36. 39. Ming-Dynastie 219. Minden 152. 255. 260. 430; S. 287. Mirabeau 307. 309. Mithradates 105. 108 f. Möckern S. 333. 336. Modena 118. 210. 239. 271. 315. 341. 370. Mohacz S. 230. 266. Mohammed 148 f. 416. Moldau 219. 275. 296. 346. 367. Mollwitz S. 281. Moltke 373. 376. 382. 384. Mönchsorden 145. 178. 411. Mongolen 22. 140. 148. 194 f. 216. Monk 270. Monmouth 271. Monroe 346. 371. Montecuccoli 263. 266. Montenegro 399 f. 414. Montereau 209; S. 338. Montesquieu 305. Montmartre S. 338. Montmirail S. 337. Montmorency 239. Morea 176. 219. 304. 347. Moreau 315. 319. 321. Morenga 425. Morgarten S. 198. Moritz v. Or. 244. -- v. Sachsen 232 f. 435. Morosini 304. Mösien 123. 134. 140. Moskau 195. 216. 251. 269. 275. 294. 332. Mucius Scaevola 76. Mühlberg S. 232. Mühldorf S. 198. Muley Hafid 405. Mummius 98. München 190. 257. 284. 319. 356. 364. 434 f. Münchengrätz S. 376. Munda S. 117. Municipien 86. 116. Münnich 294 f. Münster 152. 231. 262. 321. 434; F. 260. Münzwes., griech. 32. 34. 64. -- röm. 74. Murat 323 f. 327. 341. 343. Murten S. 206. Mutina 89. 94; S. 118. Mutsuhito 368. Mykale S. 42. Mykenä 23–25. 27. Mylae S. 87. Mytilene 28. 33. 48 f. 52. 109. ~N.~ Nabis 69. 95. Nabukudrossor 8. 10. 13. Nachod S. 376. Naevius 121. Näfels S. 202. Nantes, Edikt 238. 264. Napoleon I. 311 f. 315 f. 318–343. -- III. 353. 355. 365–371. 377. 380–384. 403. Narses 144 f. Narvaez 351. 363. Narwa S. 275. Nassau 196. 242. 324. 378 f. 410. Naukrarien 35. 39. Naukratis 6. 31. Naupaktos 28. 44. 48. Navarin S. 347. Navarra 171. 207. 211. 229. 231. 236–238. Navig.-Akte 270. Neapel 31. 83. 145. 185. 189. -- Kgr. 185. 187. 211. 225. 235. 241. 273 f. 279. 305. 315. 317. 324. 327. 341. 343. 345. 363. 370. Necker 307. 309. Neerwinden S. 265. 314. Nelson 317. 323. Nero Ks. 126 f. Nerva Ks. 129. Neuchâtel 274. 323 f. 340 f. 367. 432 f. Neupers. Reich 133. 135. 137. 144. 149. Neustrien 146 f. 155. Newton 272. New-York 270. 301. 344. Nicäa 137. 174. 176. 218; Konz. 136. Niederlande 206. 225. 251. -- span. 242–244. 262. 265. -- österr. 225. 274. 284. 290. -- Rep. 242–244. 260. 263. 314. -- Kgr. 340. 349. 363. 410. Niger 302. 404. 407. Nika in Konst. 147. Nikias 48. 50. Nikita 399. 414. Nikolaus I. P. 156. -- II. 166. -- V. 211. -- I. Ks. v. R. 347. 357. 360. 365 f. -- II. 402. Nikolsburg W. 377. Nikomedes 66. Nikomedia 66. 135 f. Nikopoli S. 218. Nimwegen 154. 164; F. 263. Ninive 8–10; S. 60. Nisib S. 353. Nizza 313. 315. 370; W. 231. Nobilität 81. 96. 99. Nogi 423. Noisseville S. 384. Nola 105. 125; S. 91. Nordamer. Kr. 300 bis 302. 331. 416 f. Norddeutscher Bund 325. 380. 382. 390. Nordische Konv. 319 f. Nord. Krieg 274–277. Nördlingen S. 258. Nordmark 161. 180. 427. Normannen 153. 156 f. 170 f. 173. 192. Norm. K. in E. 192. Norwegen 170. 215 f. 234. 250. 276. 332. 337. 341. 364. 411. Notion S. 52. Novara S. 235. 356. Novi S. 318. Nowgorod 170. 201. 216. Numantia 100. Numidien 91–93. 98. 103. 116. Nürnberg 182. 190. 201. 206. 226. 234. 257. 289. 320. 324. 378; F. 230; Rchst. 196. -- Burggrafen 196. 203. 224. 428. Nystadt F. 277. ~O.~ Octavian 118–125. Odessa 297. 346. Odo v. Paris 169. Odovakar 138. 143. Ofen 232. 266. 357. Oinophyta S. 44. Oldenburg 216, Hz. 268. 292. 321. 331. 336, Grh. 351. 361. 437. Oliva F. 268. 431. Olmütz 287. 313. 377; V. 360. Olympia 30. 43. 46. 69. 138. Olympias 64. 66. Olynth 31. 55. 57 f. Omar 149. Omaijaden 149 f. Onomarchos 57. Optimaten 81. 90. 101 f. 105 f. 110. 114. Orchomenos 23. 26, S. 105. Orléans 112. 142. 145; S. 386. -- Hz. 208 f. 239. 264. 305. 310. 314. 348, St. 349. Orlow 295–297. Osmanen 218, s. Türken. Osnabrück 152. 200. 321; F. 260. Ostende Bl. 244. Österreich Hz. 162. 180. 182. 196. 198. 202. 225. -- Kaisert. 272. 278–281. 284–291. 295–298. 313 bis 320. 323–325. 329 bis 332. 334–343. 345. 351. 354–358. 360. 362 f. 365 f. 369–379. 395 bis 399. 401 f. 413–415. 420. Ostfriesland 281. 284. 340. 432. Ostgoten 140–144. Ostindien 222. 300. 368. Ostind. Komp. 244. 246. 300. 368. Ostmark 161. 165. 427. Ostrach S. 317. Ostrakismos 37. 39. 43 f. 50. Ostrolenka S. 350. Oström. Reich 138. 140. 144. 147 f. 153. 172 f. 176. 194. 218. Ostseeprov. 217. 234. 251. 256. 276 f. 294. 401. Otho Ks. 127. Otto I. Ks. 159–161. -- II. 162. -- III. 162 f. -- IV. 186. -- K. v. Griechenland 347. -- v. Bamberg 179. -- v. Nordheim 166. -- v. Wittelsbach 182. 184. -- -- Pfalzgr. 186. Ottokar 196. Oudenarde S. 273. Ovidius 122. Oxenstierna 257. Oxford 212. 248. 303. ~P.~ Paläologen 176. 194. Palästina 5. 11. 13. 19. 65. 109. 128. 173–175. 177. Palermo 185. 190. 317. 324. 370. Palmerston 350. 353. 366. Palmyra 134. Panamakanal 418. Pannonien 124. 135. 139. 142–144. Panormus 41, S. 88. Pantheon 123. Paoli 304. Papirius Garbo 101. 103. -- Cursor 84. Papsttum 145. 156. 158. 160. 166. 173. 177. 186. 196. 207. 211. 227 f. 231. 236. 245. 315. 330 f. 339. 362 f. 370 f. 411 f. Paris 112. 145. 150. 157. 162. 169. 192. 199. 203. 208. 236–238. 261. 306 bis 312. 319. 321. 324. 348. 353 f. 385; F. 300. 339. 343. 367. 418; S. 338; Bl. 157. 389 f. 392 f. Parlament in E. 193. 211 f. 247 f. 348. 353. 409 f. -- deutsches 358 f. -- in Fr. 238. 261 f. 305. 308. Parma 189. 239. 279. 284. 304. 319. 339. 341. 370. Parmenion 60 f. Parthenier 32. Parthenon 46. 304. Parth. Rep. 317. Parther 17. 65. 113 f. 117. 119. 123. 130. 132 f. Paschalis II. P. 168. Paskjewitsch 347. 350. 366. Passarowitz F. 278. Passau 124, V. 233. Patkul 274 f. Patrizier 74. 76–79. 81. 109. Paul IV. P. 241. -- Ks. v. R. 317. 319. Paulus 131. Pausanias 42 f. 53. 59. 131. Pavia 145. 151. 160. 183. S. 229. Pedro K. v. Aragon 190. 214. -- Ks. v. Bras. 346. 417. Peisistratos 35 f. Peking 195. 368. 420 f. Pelopidas 56. Peloponnes 25. 28. 32 f. 40. 59. 69. 140. 304. Pelop. Kr. 44. 47–53. Pelusium S. 6. Perdikkas 54. 60. 63. Pergamon 66. 69. 94 bis 97. 101. Periander 32. 38. Perikles 44–48. Periöken 29. 40. Perserkr. 38–46. Perseus 24. 66. 96 f. Persien 17–21. 33. 51 bis 55. 60–62. 133 bis 135. 137. 144. 172. 218 f. 278. 348. 402 f. 409. 419. Peru 223. 346. 417. Pest 357. 398. Peter v. Amiens 173. -- d. Gr. 269. 271–278. 294. -- II. 294. -- III. 288. 295. -- K. v. Ung. 165. -- v. Vinea 189. Petersburg 275. 292. 295. 400. Pet. of rights 247. Petrarca 211. Petreius 110. 111. Pfalzen in D. 154. 161. 165. 182. Pfalz Kf. 182. 186. 189. 200. 206. 224. 234. 252. 254 f. 260. 264 f. 289. 320. 434 ff. Pfalz-Zweibrücken H. 250. 267. 290. Pfälzischer Kr. 253. 264. Pharnabazos 52. Pharnaces 109. 116. Pharsalus S. 115. Pheidon 32. Phidias 46. Philipp II. v. Mak. 57 bis 59. -- V. 66. 68. 91. 94–96. -- v. Schwaben 186. -- I. K. v. Fr. 169. 191. -- II. 175. 191. -- III.–VI. 207. -- II. K. v. Sp. 235. 242 bis 244. -- III. u. IV. 244. -- v. 272–274. -- Hz. v. Burg. 205. 208 f. -- v. Hessen 229. 231 bis 233. 436. -- v. Orl. 305. 308. 310. -- v. Öst. 225. 241. Philippi S. 119. Philippinen 223. 242. 300, 418. Phil. Arabs Ks. 133. Philokrates F. 58. Philopoimen 69. Philotas 61. Phöbidas 55. Phokäa 14. 28. 32. Phokier 31. 44. 48. Phokion 63. 67. Phöniker 13 f. 19. 21. 45. 60. Phrygien 15. 54. 60. 63. 65 f. Phylen 26. 36. Piasten 216. Piccolomini 205. 258. Pillnitz B. 313. Pindar 38. 59. Pippin 147. 150. 153 bis 155. 211. Pirna Kapit. 285. Pisa 171 f. 198. 210. Konz. 203. Pitt 299 f. -- d. j. 300. 320 f. Pittakos 38. Pius II. P. 205. -- VI. 290. 316. -- VII. 319. 321. 330 f. 339. -- IX. 362. 393. -- X. 412. Pizarro 223. Placidia 138. 141. Plantagenet H. 192 f. 211 f. Platää 39 f. 48, S. 42. Platon 54. 67. 69; Plautus 121. Plebejer 74. 76–82. 111. Plewna Bl. 400. Plinius 128. 131. Plutarch 131. Poitiers S. 150. Polen 156. 163 f. 182. 195. 350. 369. 397, Kgr. 216 f. 249 f. 267–269. 274 bis 277. 294–298. 332. 311. 402. 429 ff. Pollentia S. 140. Polybios 70. 82. 97. Polykrates 6. 36. Pombal 303. Pommern 179 f. 224. 231. 255. 259 f. 264. 276 f. 286. 327. 340. 428–433. Pompadour 285. 305. Pompeji 106. 128. Pompejus Cn. 106–108. 110. 113–115. -- S. 116. 119. Poniatowski 296. 298. 336. Pontifices 72. 81. 120. Pontus Kgr. 66. 105, röm. Prov. 108. 116. Porsenna 76. Portugal 194. 215. 222. 245. 273. 303. 327. 331. 346. 363. 414. Posen 298. 226. 340. 395. 432. 434. Poteidaia 33. 48. 57. Potemkin 297. Prag 158. 162. 199. 203 bis 205. 252 f. 284. 334. 377. 398; F. 258. 379. 430; Ko. 334. 356, S. 254. 286. Pragm. Sanktion 278. 281. 284. Prätoren 81. 98. 107. Prätorianer 122. 126. 132. 137. Praxiteles 69. Presbyterianer 246. 249. Preßburg 266. 281. 377; F. 206. 323. Preußen 162. 178. 217. 225. Hz. 229. 267. 429 f. -- Kgr. 267. 276 f. 279 bis 281. 284–291. 296–299. 313 f. 317. 321. 323–343. 351. 353. 355 f. 359–367. 371–397. 429–434. Probus Ks. 134. Proskriptionen 106. 118. Protestanten 230. 233. 236. 246. 251. 264. Provence 143. 156. 191. 196. 209. 307. Pruth F. 275. Prytanen 36. 52. Psametik 6. 33. Ptolemäer 64. 115 f. Ptolemaios 9. 131. Pultawa S. 275. Pultusk S. 275. 326. Pulververschw. 247. Panische Kr. 87–94. 97 f. Puritaner 246 f. Pydna 57, S. 97. Pylos 25. 27. 49. Pyramiden 4, S. 316. Pyrenäen 89. 92, F. 262. Pyrrhos 85 f. Pythagoras 38. ~Q.~ Quästoren 75. 80 f. 106. Quatre-Bras S. 342. Quebec 238, S. 300. Quedlinburg 158. 285. 321. 432. Quibéron S. 300. Quintilian 131. ~R.~ Raab 152 f., S. 329. Radagais 140. Radetzki 356. Raffael 240. Raimund v. T. 173. 191. Rainald v. Dassel 182 f. Ramillies S. 273. Rastatt 340. 359, F. 274; Ko. 316 f. Raucoux S. 284. Ravenna 114. 125. 141. 143–145. 151. 163, S. 235. Recknitz S. 160. Reformation 227–234. 246. 249 f. 429. 436. Ref. Kirche 234. 237 f. 260. 430. 433. Regensburg 124. 151 f. 154. 174 f. 190. 201. 257. 320. 329. 435; W. 204; Rchst. 232. 266. 320. Regillus S. 77. Regulus 87. Reichenbach V. 291, 334. Reichsdep. H. 320. Reichsgericht 394. Reichskammergericht 224. 266. 289. Reichsstädte 190. 201 f. 224. 266. 320. Reims 143. 154. 169. 209, 384. 387. Rembrandt 245. Renaissance 211. René v. Anjou 205. 209. Rense 202, V. 199. Requesens 243. Restitutionsedikt 255. Reuchlin 226. Reunionen 264. Reutlingen S. 202. Revol., engl. 248 f. 269 f. -- frz. 306–313. 348. 354; Rheinischer B. 189. 201 f; Rheinbund 266. 324. 333. 337 Rhodus 13. 23. 28. 56 f. 64. 66. 96 f. 109. 124. 178. 219. 230. Richard v. Cornw. 189. -- Löwenherz 175 f. 193. -- II. 212. -- III. 214. Richelieu 238 f. 256. 258. Richmond S. 416 f. Ricimer 138. Ried V. 336. Rienzi 211. Rifkabylen 405. 413. Riga 217. 275. 332. Ritter, athen. 34, röm. 74. 84. 102. 104. Ritterorden 178. 194. 215. 217. 320. 429. Rittertum 177. 182. 186. 191. 221. 228. Robert Guisc. 168. -- v. d. Norm. 169. 173. Robespierre 309–312. Rocroy S. 261. Roeskild F. 268. Roger 171. 179. Roland 152. Rom 70–86. 90 f. 94. 96. 100–103. 105 f. 110. 115. 117 f. 120–124. 127 bis 130. 132. 134–136, im Mittelalter 141. 144 f. 150. 153. 155. 160–164. 167. 179. 182 f. 185. 188. 198 f. 205. 211, in der Neuzeit 227. 229. 240 f. 316. 331. 339. 363. 370. 381. 411. Romanow H. 251. 269. Römische K. 71–74. -- Ks. 121–138. Röm. Gerichtswesen 74 f. 107. 117. -- Heerwesen 74. 82. 122. 124. 132. -- Lit. 121. 122. 131. -- Prov. 88. 94. 99. 102. 108. 122. 126. 135. 136. -- Recht 78 f. 130. 147. 225. -- Rep. 75. 81. 100. 106. 118. 125. 316 f. 363. Rosen, Kr. der 212. Roßbach S. 287. Rousseau 306. Rubens 245. Rudolf v. Burg. 157. 164 f. -- v. Hahsb. 195 f. -- II. Ks. 252 f. -- v. Schwaben 166. 167. Rügen 215. 263. 276 f. 327. 340. 374. 382. Rumänien 129. 139. 367. 399–401. 414. Ruprecht v. d. Pfalz 202. Rurik H. 170. 216. 250. Rußland 170. 195. 216. 250 f. 269. 274–278. 292. 294–298. 317–320. 323 bis 325. 331–343. 347 f. 350 f. 357. 361. 365 bis 367. 375. 399–403. 414 bis 416. 419–423. Ryswijk F. 265. 274. ~S.~ Saarbrücken 383. Sabiner 71 f. 77. 85. Sachsen 139. 142. 150 bis 153. -- Hz. 158–161. 165 bis 168. 180 f. 182–184. 187. 189. 227. 231. 435. 437. -- Kf. 200. 204. 224. 227 f. 232. 250 f. 254–258. 266. 275. 284–289. 291. 325. 435. -- Kgr. 326. 333 f. 336. 340. 350. 360. 376. 379. 391. 435. Sachsenspiegel 189. Sächsische Ks. 158–163. -- K. in E. 169 f. Sagunt Bl. 89. Saladin 175. Salamis 34, S. 41. 45. Salische Franken 139. 143. -- Ks. 164–168. Salisches Gesetz 146. 207. Salzburg 151. 153. 320. 324. 340. 432. Samarkand 172. 218. 369. 401. Samniten 70. 82–86. 91. 106. Samoa-Inseln 397. 407. 418. 426. Samos 20. 28. 33. 36 f. 51. Sancho d. Gr. 171. S. Germano F. 187. St. Gotthard S. 266. St. Jakob S. 205. S. Stefano F. 400. S. Vincent S. 301. St. Germain F. 263. St. Privat S. 384. St. Quentin S. 236. 387. Sansibar 407. 425. Saragossa 194. 214, Bl. 152. 328. Saratoga Kapit. 301. Sardes 15. 20. 38. 40. 52. Sardinien 14. 88. 122. 210. 274. -- Kgr. 277. 313. 315. 317. 339. 345. 356. 362. 366. 369. Sasbach S. 263. Sassaniden 17. 133. 147. Saturninus 104. Savonarola 240. Savoyen 210. 240. 253. 272. 274. 278. 313. 339. 343. 370. Scharnhorst 326.329.334. Schießpulver 221. Schill 326. 330. Schiller 291. Schipka-Paß 400. Schlesien 182. 199. 202. 224. 255. 257. 280. 284 bis 289. 325. 334. 376. 432. Schlesische Kr. 280. 284. 285. Schleswig 158. 165. 255. 276 f. 292, 373. -- -Holstein 217. 250. 268. 360 f. 372–374. 379. 433 Schmalkald. B. 230. -- Kr. 232. Scholastik 178. Schönbrunn 324, V. 323. Schonen 201. 215. 268. Schottland 142.170. 212 f. 245. 247–249. 270. 299 f. Schwaben Hz. 158–160. 164 f. 167. 180. 183. 186. 189. 196. 435. Schwab. Bund 206. 226. 231. Schwarzenberg, brdb. Min. 430. Schwarzenberg, östr. Gen. 332. 334. 337–338. -- östr. Min. 360. Schwarzer Tod 199. Schweden 154. 170. 215. 234. 249 f. 256–261. 263. 267 f. 274–277. 286. 323. 327. 332. 334. 337. 341. 363. 411. 431. Schweiz 142. 195. 197. 199. 202. 205. 225. 227. 260. 316 f. 320. 341. 354. 367. 388. 411. Schwerin, Gen. 281. 286. Schwiebus 281. 431. Scipio 84. 89–91, St. 97. -- Afr. 90. 92–94. 96 f. 121. -- Aemil. 98. 100 f. Sebastian K. v. Port. 245. Secessio pl. 77. 79. Sedan S. 384. Seeneutralität 297. 319. Seeräuber Kr. 107 f. Seisachtheia 34. Seldschuken 173. 174. Seleukiden 65. Sellasia S. 68. Sempach S. 202. Sena Gallica 85. S. 93. Senat 72. 76. 81. 86 f. 91. 96 f. 101–107. 110 f. 113 f. 117 f. 122. 125. 130. 135. -- frz. 318. 321. 338. 355. 403. Seneca 127. 131. Seneffe S. 263. Sentinum S. 85. Septim. Sev. Ks. 132. Serbien 148. 172. 218. 347. 399–401. 414. Sertorius 107. Serv. Tullius 72 f. Sebastopol Bl. 366 f. Seydlitz 287 f. Sforza H. 210. 229. 235. Shakespeare 246. Siam 368. 404. 409. 420. Sibirien 250. 295 f. 402. Sicilien 13 f. 31. 41. 50. 67 f. 87; röm. Prov. 88. 92. 98. 115. 119. 122; im Mittelalter 144. 156. 175; in der Neuzeit 305. 324. 363. 370. -- Kgr. 171. 186. 190. 211. 274. 279. 342. Sickingen 228. Siebenbürgen 129. 217. 230. 250. 254. 266. 357. Siebenj. Kr. 285–289. Sieben Weise 38. Sievershausen S. 233. Sigismund Ks. 203 f. 217 f. 428. -- K. v. Polen 250 f. Silvester II. P. 163. Simon v. Montfort 191. 193. Simonie 166. Sirmium 129. 135 f. Sixtus V. P. 241. Sklavenkr. 100. 107. Skopas 69. Skythen 10. 15. 18. 20. 61. Slaven 15. 139. 142. 152. 156. 170. Sluys S. 207. Soissons 145. 150. 154. 232. 385, S. 143. Sokrates 47. 53. 54. Solferino S. 369. Soliman 219. 230–232. 251. Solon 34 f. Soor S. 284. 370. Sophisten 47. 50. Sophokles 47. Sophoniba 93. Sorbonne 192. Sozialdemokr. 393. Spanien 13. 32. 88. 91 bis 93; röm. Prov. 94. 98 f. 106. 110. 113. 114. 117. 122 f. 127. 129. 134. 135; im Mittelalter 141 f. 144. 150. 152. 171. 194. -- Kgr. 214. 221. 225. 234. 241–245. 254. 261 f. 270. 278. 299. 303. 314. 315. 327 f. 331. 337. 341. 346. 351. 363. 413 f. Span. Erbf.-Kr. 272–274. Sparta 24. 27–33. 37 bis 45. 47–50. 68. 95. Spartacus 107. Speier 165. 168. 190. 196. 201. 224. 382, Rchst. 229 f. Spichern S. 383. Spinoza 244. Städtebünde, griech. 28. 33. 43. 45. -- deutsche 200–202. Stadtlohn S. 254. Stanislaus Lesc. 275 f. 279 f. -- Poniat. 296. 297. Stanley 407. Stedinger 188. Steiermark 123. 184. 196. 225. 253. Stein 328. 337. 364. Sten Sture 216. Stephan II. P. 150. -- Bathory 250. Stephan v. Blois 192. -- d. Heilige 163. 217. Stettin 256. 260. 264. 276 f. 325. 327. 337. 396. 431 f. Stilicho 138. 140 f. Stockholm 202. 215. 249. 294, F. 277. Stössel 423. Stoiker 70. 131. Strafford 248. Stralsund 190. 264. 327. 330. 431, Bl. 255. 276; F. 201. Straßburg 150. 155. 190, 201. 231 f. 252. 260; an Frankr. 264. 343. 353; wied. deutsch 385. 438. Strelitzen 269. Struensee 292. Stuart H. 212. 245. 246 f. 270. 299. Südamer. Rep. 346. 417. Sueben 111. 124. 138 f. 141. 145. Suez-Kanal 406. 409. Suger 191. Sulla 103–107. Sully 238. Sulpicius 105. Sundzoll 250. 277. 368. Susa 7 f. 10. 19 f. 45. 56. 60. Sutri 165. Suworow 297. 317 f. Syagrius 143. Sybaris 32. 37. 46. Sybota S. 47. Sykophanten 54. Syphax 91. 93. Syrakus 31. 37. 50. 67 f. 86 f. 92. 120. Syrien 5. 8–10. 65. 95. 97; röm. Prov. 108. 113. 118 f. 122 f. 125. 129. 132 f.; im Mittelalter 149. 172. 219; in der Neuzeit 317. 353. Syrischer Kr. 95. Szigeth 250. ~T.~ Taboriten 205. Tacitus 128. 131 f., Ks. 134. Tagliacozzo S. 190. Talavera S. 328. Talbot 209. Talleyrand 318. 338. 340. Tanagra S. 44. Tankred 165. 173. -- v. Lecce 185. Tannenberg S. 217. Tarent 31. 66. 85 f. 92. Targowitz 298. Tarquinius 72 f. 75 f. Tassilo 152. Tasso 241. Tauroggen V. 333. Telegraph 344. Teil 197. Tempelherren 178. 207. Terentius 121. -- Varro 90. 114. 121. Teschen 281, F. 290. Testakte 270 f. 348. Testri S. 147. Teutob. Wald S. 124. Teutonen 103 f. Thales 15. 38. Thapsus S. 116. Theagenes 33. Theben 3–5. 25. 26. 38. 40. 42. 48. 53–59. 67. Themistokles 39–43. Theoderich d. Gr. 143. Theodosius Ks. 137. 140. Theophano 162 f. Theramenes 51. 53. Thermopylä 58, S. 40. 67. 95. Theron 37. 41. Theseus 25 f. Thessalien 27. 31. 40. 48. 55. 56. 68 f. 95. 115. 401. Thessalonike 64. 98. 115. 137. Thiers 353. 364. 385 f. 390. Thomas v. Aquino 178. -- Becket 192. Thomasius 267. Thorn 200. 227, F. 217. Thrakien 20. 38. 45. 49. 52. 55. 57. 63. 95; röm. Prov. 126. 140. Thrasybulos 52. 54. Thukydides 46 f. 49. Thurii 46. 66. 85. Thüringen 139. 145. 151. 158. 188. 233. 257. 286. 321. 325. 435. 436. 438. Thurn 253. Tiberius Ks. 123–126. Tibet 409. Ticinus S. 90. Tigranes 65. 108. 123. Tilly 254–257. Tilsit F. 326. Timoleon 67. Timur 218 f. Tirol 196. 198. 200. 225. 273. 315. 329. 340. Tissaphernes 51. 54. Titus Ks. 128 f. Tizian 241. Togo 408. 423. 426. Tököly 266. Tolentino F. 315. Tolosa 141. S. 194. Tonking 404. Torgau 337, S. 232. 288. Tories 271. 299. Torstenson 259. Toskana (Tuscien) 166. 179. 210. 240. 279. 304. 317. 319. 341. 362. 370. Totila 144 f. Toulouse 141. 173. 191; S. 339. Tours 154. 385, S. 150. Trafalgar S. 323. Trajan Ks. 129 f. Transvaal 406. 407 f. Trapezunt 31. 176. Trasim. See S. 90. Trautenau S. 376. Travendal F. 275. Trebia S. 90. 317. Trelleborg 411. Treuga Dei 169; Tribunat 77–79. 101 f. 104–106. 117. -- in Fr. 318. 321. Tribur 157. 164. Tribus 75. 77. Trident. Konz. 232 f. Trier 135. 150. 382, Erzb. 189. 196, Kf. 200. 224. 228. 264. 320. Trierarchie 39. Trifanum S. 83. Trifels 176. 182. Triumvirat 111. 118. Troja 23. 27. Troppau 281, Ko. 345. Troubadours 191. Tschesme S. 296. Tschingis Khan 194. Tudor H. 214. 245, St. 246. Tunis 88. 177. 231. 404. Turenne 259. 261–263. Turgot 307. Turin 317. 339, S. 136. 273. Türken, Türkei 172. 219 f. 230. 232. 240. 251. 275. 317. 320. 347. 365–367. 400. 415 f. Türkenkr., österr. 230. 251. 266. 278. 297. -- russ. 275. 295. 296. 332. 347. 365. 399 f. -- venetian. 219. 240. 304. Tyrannis 29. 32 f. 36–37. 67. Tyrtaios 32. 37. Tyrus 9–11. 13 f. 60. 95. 174. 177. ~U.~ Uganda 407. 425. Ulfila 140. Ulm 164. 188. 190. 201 f. 232. 340, Kapit. 323. Ulpianus 133. Ulrich v. Würt. 202. 231. Ungarn 157–160, Kgr. 163–165. 173. 175. 195. 203. 205. 217. 225. 230 f. 253. 255. 266. 291. 329. 357 f. 397 f. Union, deutsche 359. -- ev. 345. 433. -- prot. 252. 254. Unstrut S. 158. 166. Urban II. P. 167. 173. Utica 13. 98. 116. Utraquisten 204 f. Utrecht 165. 243, F. 274. ~V.~ Vadimon. See S. 84. Valens Ks. 137. 140. Valentinian Ks. 137 f. Valerius Corvus 82. -- Poplicola 75. Valmy S. 313. Valois H. 207. Vandalen 139. 141–144. Varna 366, S. 218 f. Varus 124. Vasallen 146. 161. 169. 191. Vasco de Gama 222. Vatikan. Konz. 381. Veii 72. 80. Vendée 310. Venedig 142. 175–176. 179 f. 184. 210. 219. 235. 239. 266. 304. 315 f. 323. 340. 356. 379. Vercellae S. 104. Vercingetorix 112 f. Verden 152 f. 255. 260. 277 f. Verdun 156. 233. 236. 260. 313. 383. 385, V. 155. Verein. Staaten 301 f. 331. 346. 370. 407 f. 416 bis 419. 420 f. 426. Vergilius 122. Virginia 79. Verona 144. 162. 182. 304. 369, Ko. 345. Versailles 265. 285. 307. 389–392, F. 301. Vesontio S. 111. Vespasian Ks. 128. Vesuv 128. 412, S. 83. 144. Via Aemilia 94. -- Appia 84. 86. 113. Vienne 208, Konz. 168. 178. Viktor Eman. 339. 356. 366. 369 f. 379. 411 f. Viktoria K. v. E. 353. 406 bis 409. Vilagos Kapit. 358. Villars 274. Vionville S. 383. Viriathus 100. Visconti H. 203. 210. Vitalienbrüder 215. Vitellius Ks. 127. Vittoria S. 337. Völkerw. 137. 140–145. Volsker 70. 77 f. 80. Voltaire 285. 306. Vorbehalt, geistl. 234, 252. 255. Vossem F. 263. Voullon S. 143. ~W.~ Wachau S. 336. Wagram S. 329. Wahlstatt S. 195. 335. Wajirawudh 420. Walachei 219. 278 f. 296. 346. 366 f. Waldemar II. K. v. Dn. 187. 215. -- IV. 201. 215. -- v. Br. 199. 427. Waldenser 191. Waldersee 421. Waldstätte 197. Wales 142. Wallia 141. Wallenstein 255–258. 437. Walpole 299. Walther v. d. V. 186. Warschau 275. 298. 350. 360, S. 267. 430. -- Hz. 327. 330 f. 341. Wartburg 186. 188. 190. 228. 345. Wartenburg S. 336. Warwick 214, 246. Wasa H. 249 f. 267. Washington 301 f. 321. 416, V. 418. Waterloo S. 342. Wat Tyler 212. Watt 344. Wehlau V. 267. 431. Weimar 233. 257. 291. 325. 437. Weinsberg S. 180. Weißenburg S. 314. 383. Weißer Berg S. 254; Welfen 154. 157. 166. 179–180. 182 f. 189. 266. 437, St. 181. Welfesholz S. 168. Wellington 328. 331. 337. 339. 342. 348. Wenden 152. 158. 160. 162. 180. Wenzel Ks. 202. Werder 383. 385. 387 f. Westfalen 151. 184. 189. 224. 254. 287. 340. 433; Kgr. 326 f. 336. Westfäl. F. 260. 273. Westgoten 139–142. 143 f. 149. Weström. Reich 138. 141. 143. Wettin H. 164. 179 f. 189. 204. 227. 233. 435. 437; St. 227. Wetzlar 224. 289. 320. Whigs 271. 273. 298. Widukind 152. 168. Wiedertäufer 229. 231. Wien 124. 131. 196. 205. 253. 259. 266. 292. 323. 329. 355 f.; Bl. 230. 266; F. 279. 330. 374. 379 f.; Ko. 340, V. 290. Wikinger 156. 170 f. Wilhelm I. K. v. E. 170. 192. -- II. 192. -- III. 263. 265. 271 f. -- IV. 348. 351. -- v. Holland 189. -- v. Oranien 243 f. -- K. d. Niederl. 340. 410. -- I. K. v. Pr. 355. 359. 367. 371. 376. 381. 384. Deutscher Ks. 390 bis 395. 433 f. -- II. 396. 434. -- v. Schaumburg 303. 438. Willigis 168. Wimpfen S. 254. Winfried 151. Winkelried 202. Winrich v. Kniprode 217. Wisby 200 f. Wismar 260. 277. Wißmann 425. Witboi 424 f. Wittelsbach H. 184. 186. 189. 252. 260. 289 f. 434 f. Wittenberg 227 f. 232 f. 337 Wittstock S. 258. Witu 407. 425. Wladimir 170. 216. Wladislav 183. 206. 216. 218. 250. Worringen S. 190. Worms 151. 154 f. 164. 166. 190. 259. 265; Konk. 168; Rchst. 161. 187. 224. 228; S. 202. Wörth S. 383. Wrangel 259. 356. 361. Wrede 336 f. Wullenwever 250. Württemberg 196. 201 f. 206. 231 f. 321; Kgr. 323 f. 337. 341. 360. 375. 378. 382. 391. 435 f. Würzburg 151. 190. 257. 324. 378; Rchst. 182. 185. Wycliffe 203. 212. ~X.~ Xanten 124, V. 252. 430. Xanthippos 39. 42 f. Xenophon 54. 70. Xeres de la Fr. S. 149. Xerxes 20. 40 f. Ximenez 241. ~Y.~ York Gen. 332 f. 334 bis 336. -- H. 212–214. Hz. 212. 271. 318. Yorktown Kapit. 301. Ypsilanti 346. ~Z.~ Zähringen H. 166. 196. 436. Zama S. 93. Zapolya 230. Zela S. 116. Zeno Ks. 138. 143. Zenobia 134. Zenta S. 266. Zeven V. 286. Ziska 205. Zollverein 351. 361. 380. Zorndorf S. 287. Zriny 251. Zülpich S. 143. Zünfte 201. 208. 210. 306. Zürich 165. 199. 205. 227. 230, F. 369, S. 317. Zwingli 227. 230. Zwölf Tafeln 78. 120. Anmerkungen zur Transkription Die folgenden gedruckten Berichtigungen sind in den Text eingeflossen: ~Berichtigungen:~ Seite 16, Zeile 16 von oben lies: +Agni+. „ 17, „ 4 „ „ „ Makedonier. „ 17, „ 18 „ „ „ Hinterindien. „ 33, „ 18 „ „ „ +Mytilene+. „ 36, „ 7 „ „ „ Soloi. „ 53, „ 13 „ „ „ ~Aigospotamoi.~ „ 173, „ 10 „ unten „ +Boëmund+. „ 283. Der jüngste Sohn des Kronprinzenpaares heißt Friedrich. Die folgenden angenommenen Fehler wurden ebenfalls korrigiert: S. 19 "su stellen" geändert zu "zu stellen" S. 44 "Boöter" geändert zu "Böoter" S. 59 "Im folgt" geändert zu "Ihm folgt" S. 81 "s. S. 96)." geändert zu "s. S. 96." S. 100 "Mutter-+Cornelia+" geändert zu "Mutter +Cornelia+" S. 118 "Pausa" geändert zu "Pansa" S. 121 "+Origenes+" geändert zu "+Origines+" S. 123 "Serviltus" geändert zu "Servilius" S. 123 "ermordert" geändert zu "ermordet" S. 135 "(York)" geändert zu "(York))" S. 141 "Haupstadt" geändert zu "Hauptstadt" S. 147 "Sohn Sohn ~Karl Martel~" geändert zu "Sein Sohn ~Karl Martel~" S. 179 "(Altmark)." geändert zu "(Altmark))." S. 196, 315 "Osterreich" geändert zu "Österreich" S. 199 "auf der Bärenjagd" geändert zu "(auf der Bärenjagd" S. 207 "(1309-1377)" geändert zu "(1309-1377))" S. 219 "Skanderbeg)" geändert zu "(Skanderbeg)" S. 220 "Hausmeiertum" geändert zu "Hausmeistertum" S. 224 "eingerichtet" geändert zu "eingerichtet)" S. 235 "Heinrich IV" geändert zu "Heinrich IV." S. 244 "wiederhergellt" geändert zu "wiederhergestellt" S. 247 "rigths" geändert zu "Right" S. 270 "Reiche England," geändert zu "Reiche (England," S. 299 "s. S. 286)" geändert zu "(s. S. 286)" S. 302 "Johnsen" geändert zu "Johnson" S. 311 "in Lyon" geändert zu "in Lyon)" S. 319 "Agypten" geändert zu "Ägypten" S. 323 "Erzherog" geändert zu "Erzherzog" S. 324 "vom +Stein+" geändert zu "vom +Stein+)" S. 331 "die Absetung" geändert zu "die Absetzung" S. 392 "+v. Wedel+" geändert zu "+v. Wedel+)" S. 406 "+Kapkolonie+[60]) auswanderten" geändert zu "+Kapkolonie+[60] auswanderten" S. 430 "perpetuns" geändert zu "perpetuus" S. 437 "+Ernst II+" geändert zu "+Ernst II.+" S. 439 "Abbasiden" geändert zu "Abbassiden" S. 439 "Fr.. K. v. Schw." geändert zu "Fr. K. v. Schw." S. 440 "Alkuin" geändert zu "Alcuin" und in alphabetischer Reihenfolge geordnet S. 440 "Amphiktionen" geändert zu "Amphiktyonien" S. 440 "Aristarch" geändert zu "Aristarchos" S. 442 "Cisalpin Rep." geändert zu "Cisalpin. Rep." S. 442 "Corpus juris" geändert zu "Corpus iuris" S. 443 "Dejotarus 66. 109." geändert zu "Deiotarus 109. 116. 117." S. 443 "Deutschbrod" geändert zu "Deutsch-Brod" S. 443 "Dionys" geändert zu "Dionysios" S. 443 "Doggersbank" geändert zu "Doggerbank" S. 445 "Großgörschen" geändert zu "Groß-Görschen" S. 446 "Hermann Balke" geändert zu "Hermann Balk" S. 446 "Histiäos" geändert zu "Histiaios" S. 446 "Höchstedt" geändert zu "Höchstädt" S. 447 "Juba" geändert zu "Iuba" und in alphabetischer Reihenfolge geordnet S. 447 "Kongfutse" geändert zu "Kong-fu-tse" S. 448 "Kosciusko" geändert zu "Kosciusko" S. 449 "Lüneville" geändert zu "Lunéville" S. 449 "Lykurg" geändert zu "Lykurgos" S. 449 "Malaka" geändert zu "Malakka" S. 450 "Mesolongi" geändert zu "Missolunghi" S. 450 "Mingdynastie" geändert zu "Ming-Dynastie" S. 450 "Minorka" geändert zu "Menorka" und in alphabetischer Reihenfolge geordnet S. 450 "Mohacs" geändert zu "Mohacz" S. 450 "Mylä" geändert zu "Mylae" S. 451 "Oenophyta" geändert zu "Oinophyta" und in alphabetischer Reihenfolge geordnet S. 451 "Paskiewitsch" geändert zu "Paskjewitsch" S. 452 "Petrejus" geändert zu "Petreius" S. 452 "Philopömen" geändert zu "Philopoimen" S. 452 "Psammetik" geändert zu "Psametik" S. 455 "Veji" geändert zu "Veii" S. 455 "Vercellä" geändert zu "Vercellae" S. 455 "Verginia" geändert zu "Virginia" S. 455 "Via Aemilla" geändert zu "Via Aemilia" Seitenfüllende Familienstammbäume wurden neben den von ihnen illustrierten Text bewegt und stimmen eventuell nicht mit den originalen Seitenzahlen überein. Die Scans von S. 171, 173, 265, 282, 283 und 355 waren zum Teil unleserlich, und wurden unter Bezugnahme auf die Ausgabe von 1910 korrigiert. Die Worte "fast 6" auf p. 355 sind Vermutungen. Das erste Datum auf jeder Seite des Abschnitts "Alten Geschichte" enthält "vor Chr." oder "nach Chr."; alle außer die erste Anmerkung wurden entfernt. Diakritische Zeichen werden häufig nur benutzt wenn das Wort in fett oder kursiv hervorgehoben wird und werden regelmäßig im Register weggelassen. Registereinträge wurden ansonsten geändert, um dem Text zu entsprechen. Interpunktion im Register wurde ohne Kommentar regularisiert. Andere Unregelmässigkeiten in der Rechtschreibung und Silbentrennung wurden beibehalten. *** End of this LibraryBlog Digital Book "Auszug aus der Alten, Mittleren und Neueren Geschichte" *** Copyright 2023 LibraryBlog. All rights reserved.