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Title: Auszug aus der Alten, Mittleren und Neueren Geschichte
Author: Plœtz, Karl, Hoffmann, Max, Kähler, Friedrich
Language: German
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Anmerkungen zur Transkription

Fett gedruckter Text ist gekennzeichnet mit ~Tilde~, kursiver und
gesperrter mit +Plus+.



 AUSZUG
 AUS DER
 ALTEN, MITTLEREN UND NEUEREN
 GESCHICHTE.

 VON
 DR. KARL PLŒTZ (†),
 EHEM. PROFESSOR AM FRANZÖSISCHEN GYMNASIUM IN BERLIN.

 NEU BEARBEITET VON PROF. DR. MAX HOFFMANN (†)
 UND
 PROFESSOR DR. FRIEDRICH KÄHLER,

 SIEBZEHNTE AUFLAGE.

 LADENPREIS: GEBUNDEN 3 MARK.

 LEIPZIG 1912.
 VERLAG VON A.G. PLŒTZ.

 Alle Rechte vorbehalten.
 Copyright 1912 by A.G. Plœtz, Leipzig.



Vorwort zur 16. Auflage.


Das vorliegende geschichtliche Handbuch, seit der neunten Auflage
von dem jetzigen Herausgeber bearbeitet, ist durch Umgestaltung und
Vermehrung des Inhalts bei den wiederholten Auflagen mehr und mehr
ein Werk des Herausgebers geworden, von ihm zu vertreten hinsichtlich
seiner Eigenheiten und Mängel. Doch ist die übersichtliche Anlage
und Einrichtung des Buches ein bleibendes Verdienst des Verfassers;
auf dem von ihm gelegten Grunde ließ sich leicht weiterbauen.
Prof. Dr. +Plœtz+, 1848–1852 Oberlehrer am Katharineum zu Lübeck,
dann Prof. am Französischen Gymnasium in Berlin, weithin bekannt
durch seine Lehrbücher der französischen Sprache, hatte dieses
Buch als Leitfaden für den Geschichtsunterricht an höheren Schulen
entworfen, ausgehend von dem Grundsatz, daß »nur das Tatsächliche in
möglichst übersichtlicher Gruppierung vorzuführen sei«, weil »ein
Leitfaden, der zusammenhängende Erzählung bietet, dem Vortrage des
Lehrers notwendigerweise Eintrag tut«. Er hatte es aber auch für den
Privatgebrauch bestimmt, »um ein rasches Orientieren über historische,
dem Gedächtnis augenblicklich nicht gegenwärtige Verhältnisse zu
ermöglichen«. Die späteren Auflagen haben diesen letzteren Zweck
mehr berücksichtigt und sind über die dem Schulunterricht gesteckten
Grenzen hinausgegangen; doch ist dem Lehrer die Auswahl dessen, was
gelernt werden soll, leicht gemacht durch die Einrichtung des Druckes.
Strebsamen Schülern ist es vielleicht willkommen, manches hier zu
finden, was bei späteren Studien näher ins Auge gefaßt werden kann.

Für die neueste Zeit seit 1866 ist den späteren Auflagen sehr
schätzbare Mitarbeit von militärischer Seite zugute gekommen; diese
Mitarbeit erstreckt sich bei der vorliegenden auch auf die deutschen
Kolonien, deren Entwickelung von so hoher Bedeutung für Deutschlands
Weltstellung ist. Auch sonst ist hier und da gebessert, um die
Brauchbarkeit des Buches zu erhöhen. Möge es auch ferner Nutzen stiften
als Führer durch ein weites, fast unermeßliches Gebiet, dessen Kenntnis
doch unentbehrlich ist.

+Lübeck+, 9. Oktober 1909.

~Max Hoffmann.~



Vorwort zur 17. Auflage.


Als ich nach dem 1910 erfolgten Tode des langjährigen Herausgebers
dieses Buches, des Herrn Professors Dr. +Hoffmann+ in +Lübeck+, von
dem Herrn Verleger den ehrenvollen Auftrag erhielt, die Besorgung
der neuen Auflage zu übernehmen, habe ich mich dieser dankenswerten
Aufgabe um so lieber und eifriger unterzogen, als ich bereits die
letzten Ausgaben mit regem Interesse verfolgt hatte. Bei meinen
nahen persönlichen Beziehungen zu dem verdienstvollen bisherigen
Herausgeber glaubte ich anfangs, aus Rücksichten der Pietät für die
17. Auflage noch von größeren Änderungen Abstand nehmen zu müssen.
Jedoch drängte sich mir je länger, je mehr die Erkenntnis auf, daß
die Geschichte Asiens, besonders Ostasiens, infolge der erheblich
lebhafter gewordenen Beziehungen zu Europa und Amerika notwendig eine
eingehendere Behandlung und Würdigung verlange und zweitens, daß der
Wunsch nach einer übersichtlicheren Einteilung und Gliederung des
neuesten Geschichtsstoffes nicht wohl unberücksichtigt gelassen werden
könne. Nach beiden Seiten hin bin ich bestrebt gewesen, entsprechende
Änderungen durchzuführen. Was ich sonst im einzelnen im »Auszug aus der
Geschichte« wie im »Anhang« gekürzt, erweitert oder berichtigt habe,
wird der aufmerksame Leser leicht erkennen.

Möge das Buch in dieser neuen Fassung die gleiche wohlwollende Aufnahme
finden wie die früheren Auflagen! Möge es ihm gelingen, das Interesse
für die Geschichte und insonderheit die Liebe zur Geschichte +unseres+
Volkes, die Erkenntnis und Wertschätzung der Grundlagen seiner Kultur
und das Verständnis für seine Größe und seine Ziele in immer weitere
Kreise zu tragen!

Herrn Professor +Fischer+ in Blaubeuren und Herrn +R.A. Plœtz+ in
Margate (England) sage ich auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen
Dank für wertvolle Notizen zur deutschen und englischen Geschichte.

+Husum+, 18. Februar 1912.

~Friedrich Kãhler.~



 Inhalt

                                                                Seite
 Einteilung der allgemeinen Weltgeschichte                          1
 Die Rassen in der Weltgeschichte                                   2


 ~I. Alte Geschichte.~


 A. Die ägyptisch-semitischen Völker.

 § 1. Ägypter                                                       3
 § 2. Babylonier und Assyrer                                        6
 § 3. Juden (Hebräer, Israeliten)                                  11
 § 4. Phöniker und Karthager                                       13


 B. Die asiatischen Arier.

 § 1. Völker Kleinasiens                                           15
 § 2. Inder                                                        16
 § 3. Iranier                                                      17


 C. Die Völker Ostasiens                                           21


 D. Die Griechen.

 § 1. Mythische Zeit                                               23
 § 2. Staaten und Kolonien                                         27
 § 3. Perserkriege und Blütezeit Athens                            38
 § 4. Peloponnesischer Krieg                                       47
 § 5. Makedoniens Emporkommen                                      53
 § 6. Alexander der Große                                          59
 § 7. Hellenistische Zeit                                          63
 § 8. Griechische Kunst und Wissenschaft                           69


 E. Die Römer.

 § 1. Zeit der Königsherrschaft                                    71
 § 2. Rom als Republik                                             75
 § 3. Unterwerfung Italiens                                        82
 § 4. Die Punischen Kriege                                         87
 § 5. Ausbreitung der römischen Herrschaft                         94
 § 6. Bürgerliche Unruhen                                         100
 § 7. Marius und Sulla                                            103
 § 8. Pompejus und Cäsar                                          107
 § 9. Untergang der Republik                                      118
 § 10. Kunst und Literatur bei den Römern                         120
 § 11. Kaiserzeit bis zum Untergang des weströmischen Reiches     121


 ~II. Mittlere Geschichte.~


 A. Bis zum Vertrage von Verdun (375–843).

 § 1. Völkerwanderung                                             139
 § 2. Frankenreich unter den Merowingern                          145
 § 3. Das oströmische Reich                                       147
 § 4. Mohammed und das Kalifat                                    148
 § 5. Frankenreich unter den Karolingern                          150


 B. Bis zum Beginn der Kreuzzüge (843–1096).

 § 1. Italien und Deutschland (Karolinger, sächsische,
        fränkische Kaiser)                                        155
 § 2. Frankreich                                                  169
 § 3. England und der Norden                                      169
 § 4. Die Pyrenäische Halbinsel                                   171
 § 5. Der Osten                                                   172


 C. Das Zeitalter der Kreuzzüge (1096–1270).

 § 1. Kreuzzüge                                                   173
 § 2. Deutschland und Italien (Hohenstaufen)                      179
 § 3. Frankreich                                                  191
 § 4. England                                                     192
 § 5. Die Pyrenäische Halbinsel                                   194
 § 6. Der Osten                                                   194


 D. Bis zur Entdeckung Amerikas (1270–1492).

 § 1. Deutschland bis auf Maximilian I                            195
 § 2. Frankreich bis auf Karl VIII                                207
 § 3. Italien                                                     210
 § 4. England bis auf Heinrich VII                                211
 § 5. Die Pyrenäische Halbinsel                                   214
 § 6. Der Norden und Osten                                        215


 ~III. Neuere Geschichte.~


 A. Bis zum Westfälischen Frieden (1492–1648).

 § 1. Erfindungen, Entdeckungen und Kolonien                      221
 § 2. Die Reformation in Deutschland                              224
 § 3. Frankreich bis auf Ludwig XIV.                              234
 § 4. Italien                                                     239
 § 5. Die Pyrenäische Halbinsel und die Niederlande               241
 § 6. England und Schottland                                      245
 § 7. Der Norden und Osten                                        249
 § 8. Deutschland, Dreißigjähriger Krieg                          251


 B. Bis zur französischen Revolution (1648–1789).

 § 1. Frankreich unter Ludwig XIV.                                261
 § 2. Deutschland unter Leopold I.                                265
 § 3. Der Norden und Osten                                        267
 § 4. England                                                     269
 § 5. Der spanische Erbfolgekrieg                                 272
 § 6. Der Nordische Krieg                                         274
 § 7. Deutschland, Friedrich der Große                            278
 § 8. Der Norden und Osten                                        292
 § 9. Großbritannien und Nordamerika                              298
 § 10. Südeuropa                                                  303
 § 11. Frankreich unter Ludwig XV. und XVI.                       305


 C. Bis zum Wiener Kongress (1789–1815).

 § 1. Die Revolution in Frankreich                                306
 § 2. Frankreichs Kriege gegen das Ausland                        313
 § 3. Machtentfaltung des ersten französischen Kaiserreiches      321
 § 4. Sturz des ersten französischen Kaiserreiches. Deutscher
        Befreiungskrieg                                           331
 § 5. Herstellung des europäischen Staatensystems                 339


 D. Bis auf unsere Zeit.

 § 1. Neue Erfindungen                                            343
 § 2. Verfassungs- und Unabhängigkeitskämpfe                      345
 § 3. Die Zeit von 1830–1848                                      348
 § 4. Die Revolutionszeit 1848–1852                               354
 § 5. Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhundert                   363
 § 6. Machtentfaltung des zweiten französischen Kaiserreichs.
        Nationale Einigung Italiens                               365
 § 7. Deutschlands Einigung durch Preußen                         371
 § 8. Deutsch-französischer Krieg 1870–1871                       381
 § 9. Das Deutsche Reich seit 1871                                393
 § 10. Österreich-Ungarn                                          397
 § 11. Rußland                                                    399
 § 12. Die dritte französische Republik                           403
 § 13. England                                                    406
 § 14. Holland, Luxemburg, Belgien, Dänemark, Skandinavien,
        Schweiz                                                   410
 § 15. Italien                                                    411
 § 16. Die Pyrenäische Halbinsel                                  413
 § 17. Die Balkanhalbinsel                                        414
 § 18. Amerika                                                    416
 § 19. Asien                                                      419
 § 20. Entwickelung der deutschen Kolonien                        423


 Anhang. I. Brandenburgisch-preußische Geschichte                 427
        II. Die andern Staaten des Deutschen Reiches              434


 Namen- und Sachregister                                          439



~Einteilung der allgemeinen Weltgeschichte.~


Bis ~375~ n. Chr. I. ~Alte Geschichte,~ von der Zeit der ersten
geschichtlichen Kunde bis zum Beginn der Völkerwanderung.

~375–1492.~ II. ~Mittlere Geschichte,~ vom Beginn der Völkerwanderung
bis zur Entdeckung Amerikas.

Seit ~1492.~ III. ~Neuere Geschichte,~ von der Entdeckung Amerikas bis
auf unsere Zeit.

Die ~alte~ Geschichte gliedert sich nach den hervortretenden Völkern in
+fünf Abschnitte+. Diese Völker sind:

1. ~Die ägyptisch-semitischen Völker.~ 2. ~Die asiatischen Arier.~ 3.
~Die Völker Ostasiens.~ 4. ~Die Griechen.~ 5. ~Die Römer.~

Die ~mittlere~ Geschichte teilt man nach den hervorragenden Ereignissen
in +vier Perioden+:

~375–843.~ 1. Vom Beginn der ~Völkerwanderung~ bis zum ~Vertrag von
Verdun~.

~843–1096.~ 2. Vom ~Vertrag zu Verdun~ bis zum Beginn der ~Kreuzzüge~.

~1096–1270.~ 3. Das Zeitalter der ~Kreuzzüge~.

~1270–1492.~ 4. Vom Ende der ~Kreuzzüge~ bis zur ~Entdeckung Amerikas~.

Die ~neuere~ Geschichte gliedert sich ebenfalls in +vier Perioden:+

~1492–1648.~ 1. Von der ~Entdeckung Amerikas~ bis zum ~Westfälischen
Frieden~.

~1648–1789.~ 2. Vom ~Westfälischen Frieden~ bis zum Beginn der
~französischen Revolution~.

~1789–1815.~ 3. Vom Beginn der ~französischen Revolution~ bis zum
~Wiener Kongreß~.

Seit ~1815~. 4. Vom ~Wiener Kongreß~ bis auf unsere Zeit.



~Die Rassen in der Weltgeschichte.~


Die Naturforschung bestimmt die Rassenunterschiede des
Menschengeschlechts nach körperlichen Merkmalen; anders müssen
sie von der geschichtlichen Forschung aufgefaßt werden. Reine
Rassen im Sinne der Naturforschung liegen für den Zeitraum unserer
Weltgeschichte nirgends vor. Nur die Nachklänge der Rasseneinheiten,
die man für vorgeschichtliche Zeiten voraussetzen darf, nämlich der
Durchschnitt der körperlichen und geistigen Eigentümlichkeiten, und als
Haupteinteilungsprinzip die Sprache, sind die Merkmale der Rasse im
Sinne des Historikers. In Betracht kommen dabei hauptsächlich folgende
Rassen:

I. Die +sumerische+ Rasse, die Urbewohner von Babylonien.

II. Die +ägyptisch-semitische+ (Semiten im weiteren Sinne), deren
Ursitz Arabien gewesen zu sein scheint.

III. Die +zagrische+ mit dem Hauptsitze um die Grenzgebirge zwischen
der heutigen Türkei und Persien (die herrschende Bevölkerung in Elam).

IV. Die +kleinasiatische+ (Hethiter), die mit der +indo-atlantischen+
verwandt zu sein scheint (Urarthier, Mitanier).

V. Die +arische+ (indo-europäische): Iranier, Inder, Phryger, Griechen,
Italiker, Kelten, Germanen, Litu-Slaven. Diese Völker sind die
Hauptträger der geschichtlichen Entwickelung.

VI. Von der +altaischen+ Rasse haben die Chinesen und Japaner im Osten
einen eigenen Kulturkreis gebildet, die Bulgaren, Magyaren und Türken
in Europa eine gewisse Bedeutung gewonnen.

Andere Rassen (Ainos, Dravidas, Malaien, Iberer, Basken, Amerikaner,
Neger) haben eine mehr passive Rolle gespielt als zurückweichende
Urbevölkerung.



~I. Alte Geschichte.~



~A. Die ägyptisch-semitischen Völker.~


§ 1. Ägypter.

~Ägypten~, das von Höhenzügen und Wüsten eingeschlossene, oberhalb
des Delta nur wenige Stunden breite, etwa 1100 km lange Tal des
untern ~Nil~, der alljährlich vom Juli an auf fast 4 Monate seine
Ufer überflutet und so das Land befruchtet. Zwei Landesteile:
~Unter-Ägypten~ mit der Hauptstadt +Memphis+ und dem Deltalande;
~Ober-Ägypten~ mit der Hauptstadt +Theben+ (Nu-Amôn), Südgrenze die
Stromschnellen bei +Syene+, jetzt Assuan. Beide bestanden ursprünglich
als selbständige Staaten nebeneinander. Ackerbau, Handwerk und Kunst
erscheinen im vierten Jahrtausend v. Chr., wo die geschichtlichen
Nachrichten beginnen, schon hoch entwickelt.

~Staatswesen~: Erbliches Königtum, die Könige gelten als Söhne des
Sonnengottes +Râ+ selbst für göttliche Wesen. Glänzende Hofhaltung,
viele Beamte, das Land in bestimmte Gaue geteilt. Bedeutender Einfluß
der Priester, denen auch die Pflege der Wissenschaften (Sternkunde,
Heilkunde, Rechtskunde) obliegt. Frühzeitige Feststellung des
+Sonnenjahres+. Strenge Regelung des gesamten Lebens durch religiöse
Satzungen. Erbliche +Stände+, nicht völlig gegeneinander abgeschlossene
Kasten.

~Religion~: Verehrung der persönlich gedachten Naturkräfte, verbunden
mit symbolischem Tierdienst. Die einzelnen Gaugötter schließen sich
allmählich zu Götterkreisen zusammen. Oberster Gott der Sonnengott +Râ+
ihm sind die Obelisken geweiht. Neben ihm andere Gottheiten der Sonne,
des Mondes, des Nils usw. Besondere Verehrung des +Ptah+ in Memphis,
des +Amôn+ in Theben, der +Neit+ in Saïs. Der Kampf der dem Menschen
heilsamen und feindlichen Naturkräfte, wie er sich in dem alljährlichen
Aufblühen, Absterben und Wiedererwachen der belebten Natur ausprägt,
wird dargestellt in dem Mythus von +Osiris+. Osiris, der Gott des
Lebens, wird von +Set (Typhon)+, dem Dämon der verzehrenden Gluthitze,
getötet, von seiner trauernden Gemahlin +Isis+ gesucht; endlich
überwindet +Hôrus+, der Sohn beider, den Set. +Osiris+, wieder
belebt, herrscht in der Unterwelt über die Seelen der Abgeschiedenen
(Totengericht).

Sorgfältige Bestattung der Toten, die für die einmal wiederkehrenden
Seelen durch Einbalsamierung in Felsengräbern und Pyramiden erhalten
wurden (Mumien). Heilige Tiere: der Stier +Hapis+ in Memphis als Abbild
des Ptah verehrt; die Kühe der Isis, die Katzen der Bast, die Sperber
dem Hôrus geheiligt.

Die ~Hieroglyphenschrift~,[1] ursprünglich Bilderschrift, hat
Buchstaben-, Silben- und Wortzeichen; oft wird dem mit Buchstaben- und
Silbenzeichen geschriebenen Worte ein Bild zur Verdeutlichung angefügt.
Sie wurde hauptsächlich zu Inschriften an den Wänden der Tempel und
Grabkammern benutzt; für den gewöhnlichen Gebrauch schrieb man auf
Papyrusblättern mit einer abgekürzten, der +hieratischen+ Schrift,
später mit der noch mehr verkürzten +demotischen+ Schrift.

[vor Chr. Vor ~3000.~]

Das ~alte~ Reich,

begründet von König ~Mena~ durch Vereinigung der beiden Landesteile.
Wechselnde Residenzen der Könige in der Gegend von +Memphis+ (oberhalb
Kairo). Ihre Grabdenkmäler sind die ~Pyramiden~; über 70 noch
erhalten. Die höchsten (bei dem Dorfe Gizeh) sind von den Königen
der +4. Dynastie+[2] (um 2800) erbaut: +Snofru+, +Chufu+ (Cheops bei
Herodot),[3] +Chafrâ+, +Menkaurâ+. Unter der 6. Dynastie zerfällt
die Einheit des Reiches; mehrere Könige herrschen nebeneinander.
Herstellung der Einheit durch die von +Theben+ in Ober-Ägypten
ausgehende 11. Dynastie.

[Um 2100.]

Das ~mittlere~ Reich,

die klassische Zeit Ägyptens. Blüte der Baukunst und der Literatur
(religiöse, medizinische, biographische Schriften; Märchen, Fabeln
und Lieder). Handelsverkehr mit Syrien und dem Weihrauchlande Punt
(Südarabien). Residenzen in der Landschaft +Fajjûm+ oberhalb +Memphis+.

+Amenemhât I+. (12. Dynastie) baut den Amôntempel in Theben, seine
Nachfolger unterwerfen das Land Kusch (Nubien), +Wesertôsen III.+
ist der in der griechischen Sage hervortretende Sesostris. +Amenemhât
III.+ legt im Fajjûm den +Moeris-See+ an, um die Überschwemmungen des
Nils zu regeln, und erbaut dort einen großen Reichstempel, von den
Griechen Labyrinth genannt. Auch diese Dynastie hat Pyramiden gebaut;
Felsengräber von Priestern und hohen Beamten bei Beni-Hassan.

[Um 1800.]

Eroberung Ägyptens durch die ~Hyksôs~, Hirtenkönige semitischer
Abkunft, die über die Landenge von Suez eindrangen. Sie beherrschten
hauptsächlich das untere Land, Ober-Ägypten wurde von einheimischen
Statthaltern verwaltet. Einer von diesen, +Ahmôse+, Statthalter in
Theben, vertreibt endlich im 16. Jahrhundert die Hyksôs und herrscht
dann als König.

[Um 1530.]

Das ~neue~ Reich (Hauptstadt +Theben+)

erhebt sich bald zu bedeutender Macht und Größe. König ~Dhutmôse I.~
(Thutmosis) aus der 18. Dynastie macht Nubien zur Provinz und dringt
in Syrien bis zum Euphrat vor. Seine Tochter +Hatschepsowet+ sendet
Schiffe aus nach dem Weihrauchlande Punt. ~Dhutmôse III.~ macht
+Syrien+ und +Palästina+ zu Provinzen: höchste Machtfülle Ägyptens.

Seine Nachfolger erhalten diesen Umfang des Reiches aufrecht.
~Amenhotep III.~ schmückt Theben mit glänzenden Bauten; Ruinen bei den
jetzigen Dörfern +Karnak+, +Luksor+ und +Medinet-Abu+; bei letzterem
noch jetzt zwei sitzende Kolosse, Statuen des Amenhotep, deren eine von
den Griechen die +tönende Säule des Memnon+ genannt ward.

[Um 1400.]

~Amenhotep IV.~ führt einen Sonnen-Monotheismus ein; alle anderen
Götter sollen dem +Râ+ weichen. Er gründet eine neue Residenz in
Mittel-Ägypten (Ruinen von El-Amarna), steht in freundschaftlichen
Beziehungen zu den Königen von +Babel+ und +Assur+. Nach seinem Tode
Wiederherstellung der früheren Götterverehrung, zumal des Amôn von
Theben.

[Um 1300–1270.]

~Seti I.~ und sein Sohn ~Ramsês II.~ (19. Dynastie) kämpfen mit den
+Hethitern+ (Cheta), die in Nordsyrien ein Reich gegründet haben (S.
15). Ramsês siegt in der Schlacht bei +Kadêsch+ am Orontes, deren
epische Beschreibung (der Schreiber Pentaur) in Tempelinschriften
erhalten ist. Blüte des Reichs unter seiner fernerhin friedlichen
Regierung; Residenz zu +Tanis+ im Deltalande, Tempelbauten zu Theben
und Abu-Simbel (in Nubien), Nilkanal bis zum Timsah-See.

[Um 1180.]

~Ramsês III.~ (20. Dynastie) behauptet das Ansehen des Reichs durch
Kämpfe gegen die »Seevölker«, welche in Syrien eindringen, und gegen
die Libyer im Westen.

~Zeit des Verfalles~ unter den folgenden Herrschern, Syrien wird
unabhängig, in Nubien erhebt sich das Reich von +Napăta+. Die
Priesterschaft des Amôn von Theben wird allmächtig, und endlich stößt
der Oberpriester +Hĕrihôr+ den letzten Ramsês (XII.) vom Throne. Gegen
seine Nachfolger erhebt sich eine neue Dynastie (21.) in +Tanis+.
Kriegerisch tritt noch einmal König +Scheschonk I.+ auf (22. Dynastie),
der um 920 für kurze Zeit +Jerusalem+ erobert. Dann Schwäche der
Königsmacht gegenüber den Gaufürsten.

[Um 775.]

+Pianchi+, König von +Napăta+, erobert Ägypten; doch wird es nach
einiger Zeit wieder selbständig. Dauernde Eroberung 728 durch
+Schabăka+, König von Napăta, der die 25. Dynastie begründet. Sein
zweiter Nachfolger +Taharka+ tritt den Assyrern in Syrien entgegen.

[670.]

~Assurachiddin~, König von Assur, erobert Ägypten und ernennt 22
Statthalter, meist ägyptische Gaufürsten; doch hat er, wie auch sein
Nachfolger Assurbanipal, gegen den von Napăta zurückkehrenden +Taharka+
und dessen Nachfolger +Tantamôn+ um den Besitz des Landes zu kämpfen.
Nach des letzteren Tode treten die ägyptischen Statthalter wieder in
ihre Rechte.

[645.]

+Herstellung des Reiches.+ ~Psamêtik~ von Sais, einer der Statthalter,
macht sich mit Hilfe karischer und ionischer Söldner unabhängig
von Assyrien (S. 10), residiert zu +Sais+ im Deltalande (26.
Dynastie), öffnet das Land dem Fremdenverkehr (Syrer, Karer, Ionier).
Unzufriedenheit im Stande der Krieger, ein Teil derselben wandert nach
Nubien aus. Sein Sohn

[610–594.]

~Neko~ (Necho) setzt den Bau des Kanals vom Timsah-See bis zum Roten
Meere fort, ohne ihn zu vollenden, läßt durch phönikische Seeleute
Afrika umfahren, versucht Syrien wiederzuerobern, wird aber 605 von
den Babyloniern unter Nebukadnezar II. bei +Gargămisch+ am Euphrat
zurückgeschlagen. Sein Enkel +Wahabrê+ (bei Herodot Apries) wird
entthront von

[570–526.]

~Ahmôse~ (Amāsis), dessen Regierung die letzte Glanzzeit Ägyptens
ist. Freundschaft mit den Griechen von +Kyrēne+ und mit +Polykrătes
von Samos+; den ionischen Griechen wird die Ansiedlung in +Naukrătis+
gestattet. Tempelbauten in Sais und Memphis. Sein Sohn

[525.]

~Psamêtik III.~ wird in der Schlacht bei ~Pelusium~ von ~Kambyses~
besiegt. ~Ägypten persische Provinz.~


§ 2. Babylonier und Assyrer.

Ebenso alt wie im Niltal ist die Kultur in der fruchtbaren Ebene am
Unterlauf des +Euphrat+ (Purat) und +Tigris+ (Diglat), welche später
nach ihrer Hauptstadt ~Babylonien~ hieß. Träger dieser bis ins fünfte
Jahrtausend vor Chr. nachweisbaren Kultur sind die nichtsemitischen
~Sumerer,~ doch sind zu der Zeit, wo die geschichtlichen Nachrichten
beginnen, schon +semitische Stämme+ eingedrungen, zumal in Nord
Babylonien, und haben sich die vorgefundene Kultur angeeignet.

Die Entwickelung von Gewerbtätigkeit und Handel führt frühzeitig zur
Ausbildung eines genauen Gewichts- und Maßsystems, bei welchem die
Zahl 60 der Einteilung zugrunde liegt (Sexagesimal-System); an die
Beobachtung der Sterne knüpft sich genaue Zeitrechnung, doch auch der
Aberglaube der Sterndeutung (Astrologie).

~Religion~: Von der Verehrung der leuchtenden Himmelskörper ausgehend
bildet sich eine vielgestaltige Götterwelt. Oberster Gott +Ellit,+
später +Bêl+ genannt, Sohn des Himmelsgottes +Anu+; seine Gemahlin
+Belit+. Andere Götter +Samas,+ der Sonnengott, +Sin,+ der Mondgott,
+Rammân,+ der Gott des Gewitters, +Marduk+, der Stadtgott von Babel,
+Nergal, Istar, Nabu+. Hohes Ansehen der Priester, die wie in Ägypten
zugleich Lehrer der Wissenschaft sind.

An der altbabylonischen Kultur nimmt teil das von zagrischen Völkern
bewohnte Land ~Elam~ (Hauptstadt +Susa+ am Choaspes) und allmählich
auch das weiter nördlich am oberen Tigris gelegene Land ~Assur~
(Assyrien). Überall ist die ~Keilschrift~ im Gebrauch, mit Griffeln auf
Tontafeln und Tonzylinder eingeritzt, später in vereinfachter Form von
den Persern angenommen.[4]

[Um ~3000.~]

Stadtkönigtümer im Lande der +Sumerer+ (Südbabylonien), gestützt auf
alte Kultstätten: Ur, Eridu, Larsa, Lagas (Sirpurla), Nipur mit dem auf
Terrassen hochgebauten Tempel des Ellit.

Im Norden Stadtkönigtümer der +Semiten+: Akkad, Sippara, Borsippa,
Babel.

[Um 2800.]

König +Sargon+ von +Akkad+ (Nordbabylonien) gründet ein Reich, das sich
bis nach Syrien erstreckt.

[Um 2600.]

Im Süden erheben sich die Könige von Ur, dann die von Larsa; die
Herrscher dieser Dynastien bezeichnen sich auch als Könige von +Sumer
und Akkad+.

[Um 2300.]

Kudur-Mabuk, König von +Elam+ (Susiana), erobert Ur und Larsa.

[Um 2200.]

~Hammurabi~, König von Babel, befreit den Süden von dem Joch der
Elamiter und zwingt ihn für immer unter die Herrschaft des Nordens;
begründet damit das ~Babylonische Reich~. Die Hauptstadt, ein großes
ummauertes Viereck, vom Euphrat durchströmt; auf der einen Seite des
Flusses die Königsburg, auf der andern ein in 8 Stockwerken sich
erhebender Tempel des Bêl. Sorgfältiger Ackerbau, Anlage von Kanälen.
Eine umfassende +Gesetzgebung+, bekannt geworden durch eine 1901 in
Susa gefundene Inschrift dieses Königs, regelt das bürgerliche Leben:
Landbau, Schiffahrt, Handel, Eherecht, Erbrecht.

[Um 1700.]

Herrschaft der vom Zagrosgebirge her eingedrungenen Kassu (Kossäer)
über Babel;[5] seit etwa 1250 wieder einheimische Könige.

[Um 1500.]

~Reich Assur am oberen Tigris.~ Alte Hauptstadt gleichen Namens;
spätere Residenzen der Könige sind +Ninua+ (Ninive)[6] und +Kalach+.
Ausbildung des Kriegswesens und geordnete Verwaltung; die Jahre werden
nach dem Wechsel der obersten Staatsbeamten (Limu) gezählt.

[Um 1450.]

König +Assurubállit+ von Assur, befreundet mit +Burnaburjasch+ von
Babel, zerstört das Nachbarreich der +Mitani+ am oberen Euphrat. Lange
Zeit bestehen die drei Reiche +Babel+, +Elam+, +Assur+ nebeneinander,
verbunden durch Handelsverkehr, aber auch öfters in Feindschaft.
+Tiglatninib+ von Assur herrscht um 1280 eine Zeitlang auch über Babel,
+Nabukudrossor I.+ (Nebukadnezar I.) von Babel ist um 1130 siegreich
gegen Elam, führt die geraubte Mardukstatue aus Susa zurück.

[Um 1100.]

+Tiglatpilêsar I.+ von Assur schlägt einen Angriff der kleinasiatischen
+Muski+ (S. 15) zurück, dringt erobernd vor nach +Naīri+ (den Gebieten
nördlich vom oberen Tigris) und nach +Nordsyrien+, wo das Reich der
Hethiter (S. 5) sich in kleinere Staaten aufgelöst hat; er erreicht bei
Arwad (Aradus) in Phönizien das Mittelmeer. Die nächstfolgenden Könige
haben diesen Umfang der Herrschaft nicht behauptet; dann aber folgt die
Gründung der ~Assyrischen Großmacht~.

[885–860.]

+Assurnâssirpal+ (III.) erobert die Länder am oberen Euphrat und
Nordsyrien und dringt wieder bis zum Mittelmeer vor. Tyrus und Sidon
zahlen Tribut.

[860–825.]

+Salmanâsar II.+ wiederholt diese Züge, greift zwar +Damaskus+
mehrfach vergeblich an, hält aber Tyros, Sidon und das Reich Israel
(König Jehu) tributpflichtig, ebenso im Osten die indogermanischen
+Madai+ (Meder) (S. 17); in +Babel+ greift er bei einem Thronstreit
mit Heeresmacht ein. Sein zweiter Nachfolger +Râman-nirari III.+ (um
800) erobert auch +Damaskus+ und führt reiche Beute davon. Unter ihm
reicht die assyrische Macht von Medien über ganz Palästina bis nach
Edom. Dann folgt eine Zeit des Niedergangs; +Salmanâsar III.+ (um 780)
kämpft erfolglos gegen das in den nördlichen Bergländern (Armenien)
entstandene Reich +Urarthu.+

[745–727.]

~Tiglatpilêsar III.~ (Pulu), ein Usurpator, stürzt den schwachen König
Assur-nirari und erhebt die assyrische Macht aufs neue. Er bekriegt
das westliche +Medien+, bricht die Macht der +Urarthier+, stellt die
Herrschaft über +Syrien+ wieder her. Die Könige von Damaskus, Israel,
Tyros zahlen ihm Tribut. In +Babel+ bestätigt er zuerst den König
+Nabunâssir+[7] als aber nach dessen Tode Ukînzêr, Fürst der Kaldi
(Chaldäer, im südlichen Babylonien) sich des Thrones bemächtigt,
vertreibt er diesen und macht sich selbst unter dem Namen Pulu zum
König von Babylon, Sumer und Akkad. So wird er der Gründer des
assyrischen Weltreichs, indem er

[~729.~]

~Assur und Babel vereinigt~.

[722–705.]

~Sarrûkîn~ (Sargon), Begründer einer neuen Dynastie, beendet die
von seinem Vorgänger Salmanâsar IV. begonnene Belagerung von
+Samaria+, führt die Einwohner nach Medien, schlägt einen Angriff
des ägyptischen Königs Schabăka (S. 6) bei +Raphia+ (unweit Gaza)
zurück, vernichtet durch Eroberung von +Gargamisch+ (Karchemisch)
den letzten Hethiterstaat in Syrien (S. 8). Dann unterwirft er das
westliche +Medien+, siegt über den König Rusas von +Urarthu+, zwingt
Mita, den König der +Muski+ (Midas von Phrygien, S. 8), zur Huldigung.
Cypern tributpflichtig. Inzwischen hat sich in +Babel+ Mardukbaliddin,
Fürst der Kaldi, von Elam her unterstützt, der Herrschaft bemächtigt;
Sarrûkîn besiegt ihn 710 und stellt die Vereinigung beider Reiche
wieder her. Elam bleibt selbständig. Neue Residenz Dûr-Sarrûkîn
(Chorsâbâd) nördlich von Ninive. Sein Sohn

[705–681.]

~Sinachirib~ (Sanherib) behauptet Syrien gegen die Ägypter, belagert
aber Tyros und Jerusalem vergeblich (König Hiskia), zerstört die Stadt
Babel nach abermaligem Aufstande der Einwohner.

[681–668.]

~Assurachiddin~ (Assarhaddon) stellt Babel wieder her, begünstigt
die Babylonier, unterwirft +Ägypten+ (S. 6, Memphis 670 erobert) und
mehrere +arabische+ Stämme. Sidon erobert und zerstört, wird assyrische
Provinzialstadt. Unter diesem König hat das Reich seine größte
Ausdehnung. Aber schon unter seiner Regierung beginnen nomadische
Indogermanen, die +Skutscha+ und +Gimirai+ (Skythen und Kimmerier), das
Reich vom Norden her zu bedrohen.

[668–626.]

~Assurbanipal~ (Sardanapal) wird durch den Aufstand seines Bruders
+Samassumukîn+, den Assurachiddin zum König von Babel eingesetzt
hatte, genötigt, Ägypten aufzugeben (vgl. S. 6), unterwirft jedoch
+Babel+ wieder und macht dem Reiche ~Elam~ ein Ende durch Eroberung der
Hauptstadt +Susa+. Seine durch Bauten verschönerte Residenzstadt ist
~Ninive~; dort ist in den umfangreichen Ruinen der größte Teil seiner
großartigen Bibliothek aufgefunden worden (Tafeln und Zylinder aus Ton
mit Keilschrift). Nach seinem Tode wird +Babel+ wieder selbständig
und erhebt sich bald zu großer Macht, während das assyrische Reich
durch die verheerenden Kriegszüge der +Skythen+, die bis nach Syrien
vordringen, geschwächt wird.

[~626–539.~]

~Das Neu-Babylonische (chaldäische) Reich.~

[626–605.]

~Nabupalôssor~, ein Chaldäerfürst, König von Babel, erkennt die
assyrische Oberhoheit nicht mehr an, verbündet sich mit dem König der
+Meder+ Kyaxāres (S. 17).

[606.]

~Ende des assyrischen Reiches,~ die vier Residenzstädte, namentlich
+Ninive+, von den Medern unter Kyaxāres zerstört. König +Neko+ von
Ägypten, welcher Syrien zu erobern versucht (609 Schlacht bei Megiddo,
wo König Josia von Juda fällt), wird von +Nabukudrossor+, Nabupalôssors
Sohn, zurückgeschlagen.

[605–561.]

~Nabukudrossor II.~ (Nebukadnezar) läßt die vergrößerte Stadt Babel
(Babylon) mit einer doppelten Mauer umziehen, legt die sogen.
schwebenden Gärten der Semiramis (Terrassen) an, stellt den Tempel
des Bêl und die das Land vor Versumpfung schützenden Kanäle wieder
her (Wasserbecken bei +Sippāra+), sichert das Land im Norden durch
die vom Euphrat bis zum Tigris reichende medische Mauer. Amasis von
Ägypten, der sich mit griechischen Inselmächten verbündet hat, 605 bei
Karchemisch besiegt. Krieg gegen Juda. 586 Jerusalem zerstört, die
Einwohner am Euphrat angesiedelt, 573 Tyros unterworfen.

Nach dem Tode des großen Königs Verfall des Reiches durch Thronstreit.
Kurze Regierungen der drei Nachfolger aus Nebukadnezars Familie; dann
wird die chaldäische Dynastie von den Priestern gestürzt, die einen
Babylonier +Nabunêd+ auf den Thron erheben. Dieser bemüht sich um
Herstellung der Tempel und Einkünfte der Priester, erliegt aber dem
Angriffe der +Perser+.

[539.]

~Babylon von Kyros erobert~; Babylonien wird zunächst ein Kronland der
Perserkönige, dann nach einem Aufstand unter Xerxes persische Provinz.
Der Marduktempel von Xerxes zerstört, bleibt seitdem in Trümmern.


§ 3. Juden (Hebräer, Israeliten).

~Syrien~, von semitischen Völkern bewohnt, hat nach dem Verfalle der
Macht der +Hethiter+ (S. 8) keine zusammenfassende Staatsbildung
aufzuweisen; im 9. Jahrhundert wird es von den +Assyrern+ abhängig.
Doch behalten die Einwohner ihre alte Religion und Sprache; in
Nordsyrien herrscht die +aramäische+ Sprache.

Geschichtlich bedeutsam durch seine +Religion+ ist das im Lande
~Kanaan~ (Palästina) wohnende jüdische Volk, dessen ältere Geschichte
sagenhaft ist. Stammväter: +Abraham+, +Isaak+, +Jakob+; Auswanderung
nach Ägypten, Rückkehr unter +Mose+, Gesetzgebung am +Sinai+. Unter
+Josuas+ Führung werden die Völker Kanaans besiegt; Verteilung des
Landes zu beiden Seiten des +Jordan+ unter die 12 Stämme; der Stamm
Levi zur Priesterschaft bestimmt. Verehrung des einigen unsichtbaren
Gottes +Jahveh+ (Jehovah); sein Heiligtum die tragbare Stiftshütte,
darin die Bundeslade, in welcher die Gesetztafeln aufbewahrt werden.
Das Gesetz Jahvehs beherrscht das ganze bürgerliche Leben. (Theokratie.)

Weitere Kämpfe mit den Völkern Kanaans unter Führung der ~Richter~:
Gideon, Jephtah, Simson, Samuel.

[Um 1000.]

Auf Verlangen des Volkes salbt Samuel den ~Saul~ (aus dem Stamme
Benjamin) zum +König+. Saul, siegreich gegen die Nachbarvölker,
entzweit sich bald mit dem Priestertume. Samuel salbt einen andern
König, +David+, aus dem Stamme Juda. Diesen nötigt Saul zur Flucht,
tötet sich aber selbst nach einem unglücklichen Kampfe gegen die
Philister.

[Um 980.]

~David~ treibt die Feinde zurück, entreißt den Jebusitern +Jerusalem+,
wohin die Bundeslade gebracht wird, und macht diese Stadt zur
Hauptstadt.

[Um 950.]

~Salomo~ baut den Tempel zu Jerusalem; Freundschaft mit dem König
Hirôm I. von Tyros, gemeinsame Seefahrten nach dem Lande +Ophir+
(Ostarabien?); glänzende Regierung. Nach seinem Tode

[Um 925.]

~Teilung~ des Reiches der Juden. Die Stämme Juda und Benjamin halten zu
+Rehabeam,+ dem Sohne Salomos, die andern zehn Stämme unter +Jerobeam+
bilden das Reich +Israel+ (Hauptstadt Sichem, später seit Ahab Samaria).

Im Reiche ~Israel~ gelangt unter König +Ahab+ (um 870) durch den
Einfluß seiner Gemahlin +Isebel+, Tochter +Itobaals I.+ von Tyros,
der phönikische Baal- und Astartedienst zu großer Verbreitung. Kampf
der ~Propheten~ (~Elîa~, +Elisa+ u. a.) gegen das götzendienerische
Königtum. Ahab fällt im Kampf gegen Damaskus. Der Feldhauptmann
+Jehu+, von Elisa gesalbt, tötet Isebel, rottet das Geschlecht Ahabs
aus, macht sich zum König und verbietet den Baaldienst; er wird 842
dem +assyrischen+ Könige Salmanâsar II. tributpflichtig (S. 9).
Dann Bedrängnis durch die Könige von +Damaskus+, glücklichere Zeit
unter +Jerobeam II.+ König +Menachem+ wird 738 wiederum den Assyrern
untertan; König +Hosea+ wird, als er sich der assyrischen Herrschaft zu
entziehen sucht, 724 von Salmanâsar IV. geschlagen und gefangen. Nach 3
jähriger Belagerung wird

[~722.~]

+Samaria+ von +Sarrûkin+ (S. 9) erobert, das ~Reich Israel zerstört;~
über 27000 Einwohner weggeführt und in Assyrien und Medien angesiedelt.

Das Reich ~Juda~ wird noch unter +Rehabeams+ Regierung von den Ägyptern
unter +Scheschonk+ (S. 6) mit Krieg überzogen. König +Josaphat+ (um
870) vermählt, um ein friedliches Verhältnis mit dem Reiche Israel
herzustellen, seinen Sohn mit +Athalja+, der Tochter Ahabs von
Israel und der Isebel. Athalja bemächtigt sich 843 in Jerusalem der
Herrschaft, ermordet, um Davids Stamm auszurotten, ihre eigenen Enkel
(nur +Joas+ wird wunderbar gerettet und im Tempel Jehovahs auferzogen)
und führt in Jerusalem den Baaldienst ein. Sie wird 837 von dem
Hohenpriester +Jojada+ gestürzt und getötet, der junge +Joas+ auf den
Thron gesetzt, der Baaldienst aufgehoben.

König +Hiskia+ (um 700), der Leitung des Propheten ~Jesaja~ folgend,
verbannt aufs neue die Abgötterei, verweigert den Assyrern den Tribut
und verbindet sich mit Ägypten. Die Assyrer unter +Sinachirib+ belagern
vergeblich Jerusalem, führen aber viele Bewohner des offenen Landes in
die Gefangenschaft.

Unter +Josia+ (640–609) verheeren die +Skythen+ (s. S. 10) das Land.
Herstellung des Jehovahdienstes nach Auffindung des Gesetzbuches im
Tempel (621); der Prophet ~Jeremia~. König Josia fällt im Kampfe gegen
den ägyptischen König +Neko+ (s. S. 10) bei +Megiddo+ 609. Das Reich
Juda wird den Ägyptern und nach der Schlacht bei +Gargamisch+ (S. 6)
den Babyloniern Untertan. Ein Versuch des letzten Königs +Zedekia+,
die Unabhängigkeit wieder zu gewinnen, mißlingt trotz ägyptischer Hilfe.

[v. Chr. 586.]

~Nabukudrossor~, König von Babylon, ~zerstört Jerusalem~. Viele Juden
in die +babylonische Gefangenschaft+ geführt.

[539.]

~Kyros~ gestattet den Juden die Rückkehr nach Palästina und die
Wiederherstellung eines Staates Juda. Jerusalem und der Tempel wieder
aufgebaut. Herstellung des mosaischen Gesetzes durch +Esra+ 458,
Mauerbau unter +Nehemia+ 445. An der Spitze des kleinen Staates steht
unter persischer Oberhoheit der +Hohepriester+; Feindschaft gegen
+Samaria+, wo Vermischung mit anderen Völkern eingetreten ist.


§ 4. Phöniker und Karthager.

~Phönikien~, der schmale, hafenreiche Küstenstrich westlich vom Gebirge
Libanon, bewohnt von einem semitischen Volke, welches frühzeitig Städte
gründete: +Arwad+ (Arados), +Gubal+ (Byblos), +Berut+ (Berytos),
+Sidon+, +Zor+ (Tyros). ~Sidon~ seit etwa 1500 v. Chr. die bedeutendste
Stadt.

Die +Religion+ der Phönīker mit der babylonischen verwandt, durch
Ausschweifung und Grausamkeit entstellt. Hauptgötter +Baal+, +Astarte+
und +Moloch+, der Feuergott, welchem Menschenopfer dargebracht wurden.
In Tyros +Melkart+ besonders verehrt, in Gubal der Frühlingsgott
+Adonis+.

Die Phöniker trugen als +Handelsvolk+ die in Ägypten und Babylonien
begründete Kultur nach den Ländern des Westens. Ihre Häfen standen
durch Karawanenstraßen (über Damaskus und Thadmor) mit dem Euphratlande
in Verbindung. Mannigfache +Gewerbtätigkeit+: Weberei, Purpurfärberei,
Glasbereitung, Bergbau, Bearbeitung der Metalle. Ausbildung der
(konsonantischen) Lautschrift, von der die europäischen und neueren
asiatischen »Alphabete« abstammen.

Gründung zahlreicher ~Kolonieen~ auf Cypern, Rhodos, Kreta, Kythera,
auf Inseln des Ägäischen Meeres, auf Sicilien, an der Nordküste von
+Afrika+ (Utica, Leptis), an der Südküste von +Spanien+ (Gades).
Weitere Handelsfahrten teils nach der Westküste Afrikas, teils nach
Britannien und der deutschen Seeküste, wo sie u. a. den Bernstein
fanden.

[Um 1100.]

~Tyros~ gelangt an Stelle von Sidon zum Vorrang unter den phönikischen
Seestädten.

[Um 950.]

Blüte von +Tyros+ unter König ~Hirôm I.~, dem Freunde Salomos (S. 11).
+Neu-Tyros+, auf einer Insel der Altstadt gegenüber gelegen, wird
erweitert, befestigt und durch einen Damm mit dem Festlande verbunden.
Später entstehen innere Zwistigkeiten; ein großer Teil der alten
Geschlechter verläßt unter Führung der Königstochter +Elissa+ die Stadt
Tyros und gründet

[v. Chr. Um 814.]

~Karthāgo~, punisch +Kartchadast+ (d. h. die neue Stadt), an der
Meeresbucht zwischen dem +Schönen+ und dem +Hermäischen+ Vorgebirge,
nicht weit von dem heutigen +Tunis+ (Doppelhafen, Burg +Byrsa+). Die
Gründerin +Elissa+ wird später als Göttin +Dido-Astarte+ (Beschützerin
der Kolonisation) verehrt.

Verfassung Karthagos: Aristokratische Republik, die Herrschaft in der
Hand der reichen Großkaufleute und Gewerbetreibenden, an der Spitze
zwei jährlich erwählte +Suffeten+, d. h. Richter, auch Könige genannt,
ein engerer und ein weiterer Senat; die Bürgerschaft hat das Wahlrecht
und wird bei wichtigen Entscheidungen befragt.

Allmähliches Sinken der Städte des Mutterlandes; sie geraten unter die
Botmäßigkeit der +Assyrer+, dann der +Babylonier+; nur +Tyros+ erhält
sich bis 573 frei. Währenddessen breiten sich die +Griechen+, welche
schon früher (um 1000 v. Chr.) die Phöniker aus dem Ägäischen Meere
verdrängt hatten, an den Küsten und Inseln des westlichen Mittelmeeres
aus und bedrohen die phönikischen Niederlassungen mit Vernichtung.

[Um ~600~.]

Gegenüber dieser Gefahr beginnt ~Karthago~ die Phöniker des Westens
unter seiner Führung zu sammeln und gründet ein ~seemächtiges Reich~
in +Nordafrika+, +Westsicilien+ und +Südspanien+. Grenzkriege mit
den Griechen von +Kyrēne+; die Altäre der Philänen (östlich von
Groß-Leptis) als Grenze festgestellt. Auch +Sardinien+ wird von den
Karthagern besetzt; aus +Korsika+ vertreiben sie, im Bunde mit den
Etruskern, die Griechen von Phokäa (Seeschlacht bei Alalia 540).

[586–573.]

~Tyros~ hält eine dreizehnjährige Einschließung (von der Landseite)
durch +Nabukudrossor+ aus, muß aber zuletzt die Oberherrschaft des
Königs von Babylon anerkennen (S. 10).

[539.]

Nach Zerstörung des Babylonischen Reiches durch +Kyros+ werden die
Phöniker den Persern Untertan, sie stellen fortan den Hauptteil der
+persischen Seemacht+. ~Sidon~ wird nunmehr wieder die erste Stadt
Phönikiens. +Tripolis+ als Bundesstadt gegründet von Arados, Sidon und
Tyros.

[332.]

Nach der Eroberung von Tyros durch +Alexander d. Gr.+ wird Phönikien
und ganz Syrien, bald auch Ägypten und Babylonien ein Teil der großen
~griechisch-makedonischen~ Monarchie.

Fussnoten:

[1] Die Entzifferung der Hieroglyphen gelang zuerst dem französischen
Gelehrten +Champollion+ 1822 mit Hilfe des 1799 von Napoleons I.
Soldaten bei +Rosette+ aufgefundenen Steines, der eine Inschrift aus
der Ptolemäerzeit in ägyptischer und griechischer Sprache enthält.

[2] Einunddreißig +Dynastien+ ägyptischer Könige, mit +Menes+
beginnend, bis auf Alexander d. Gr. verzeichnete um 280 v. Chr. der
Priester +Manĕtho+ zu Heliopolis (On) in einem griechisch geschriebenen
Werke über Ägyptens alte Geschichte.

[3] +Herodot+, welcher um 450 v. Chr. Ägypten bereiste, nennt die
Könige Cheops, Chephren, Mykerinos. Seine Angaben über die ältere
Geschichte Ägyptens sind sagenhaft; wertvoll ist seine Schilderung des
Landes und der Volkssitten.

[4] Die Entzifferung der Keilschrift begann +G. F. Grotefend+ 1802,
indem er in den Inschriften von Persepolis die persischen Königsnamen
erkannte. Weitere Fortschritte namentlich durch +Rawlinson+, welcher
1846 die persische Inschrift von Bagistana (Behistun) (s. S. 20)
herausgab.

[5] Die fünfte Dynastie bei +Berōssos+, der um 280 v. Chr. die Sagen
der babylonischen Urzeit (große Flut) und die Königsreihen in einem
griechisch geschriebenen Geschichtswerk verzeichnete.

[6] Die Ruinen von +Ninive+ bei Môssul (am Tigris) zuerst 1842 von dem
Franzosen Botta, 1845 von dem Engländer Layard erforscht, die Ruinen
von +Babylon+ 1853 von Oppert und Rawlinson. Deutsche Ausgrabungen
1886, dann seit 1901.

[7] Mit Nabunâssirs Regierungsantritt 747 v. Chr. beginnt der in dem
astronomischen Werke des Alexandriners +Ptolemaios+ (um 150 nach Chr.)
erhaltene +astronomische Kanon+, ein Verzeichnis der Herrscher, die
über Babylon regiert haben, bis Antonius Pius, mit genauer Angabe der
Regierungszeiten.



~B. Die asiatischen Arier.~


Ein neues Zeitalter beginnt mit dem Auftreten der ~Arier~
(Indoeuropäer). Zuerst treten die +asiatischen+ Zweige dieser
Völkergruppe hervor in Iran, Kleinasien, Armenien, Indien, dann die
+südeuropäischen+ (Griechen und Italiker), weiterhin die Kelten und
Germanen, zuletzt die Slaven und Letten.


§ 1. Völker Kleinasiens.

Um 1500 v. Chr. erscheinen zuerst die den Phrygern verwandten +Muski+
und Stämme der iranischen +Saken+ (Skythen) in Kleinasien. Sie
verdrängen die +Hethiter+ (S. 5, 8, 9), von deren früherer gewaltiger
Herrschaft sich Denkmäler westlich vom Halys in Syrien, Mesopotamien,
Kilikien, Kappadokien, auch am Sipylos finden. Das ~Phrygische Reich~,
dessen König Mita (Midas) 710 den Assyrern huldigt (S. 9), erliegt bald
darauf dem Ansturm der +Kimmerier+ (S. 10), die ebenso wie die +Saken+
oder +Skythen+ iranische Stämme sind, die nicht seßhaft werden. Als
selbständige seßhafte Stämme erscheinen die Armenier, Kappadokier,
Lykier; an der Westküste bildet sich das ~Lydische Reich~ und gewinnt
dann weitere Ausdehnung.

[Um 670.]

König ~Gyges~, Begründer der +Mermnaden+-Dynastie, huldigt dem
assyrischen Reiche, fällt im Kampf gegen die +Kimmerier+, welche die
Hauptstadt +Sardes+ bis auf die Burg erobern, dann aber zurückweichen.
Seine Nachfolger unterwerfen +Mysien+ und +Phrygien+, bekämpfen die
Griechenstädte. ~Alyattes~, der vierte Mermnade, gerät in Krieg mit
Kyaxâres von Medien.

[~585.~]

Unentschiedene Schlacht am Halys zwischen +Alyattes+ und +Kyaxâres+
(Sonnenfinsternis, vorhergesagt von Thales von Milet). Der +Halys+ wird
als Grenze zwischen dem lydischen und dem medischen Reiche festgesetzt.
Des +Alyattes+ Tochter wird mit +Astyages+, dem Sohne des +Kyaxâres+,
vermählt. +Alyattes+ unterwirft +Bithynien+, +Paphlagonien+, +Karien+,
auch die meisten Griechenstädte, zerstört +Smyrna+. Aufhäufung großer
Schätze in der Königsburg von Sardes.

[~554–541.~]

~Kroisos~, Sohn des Alyattes; er unterwirft nach der Einnahme von
+Ephĕsos+ alle griechischen Küstenstädte, mit Ausnahme von +Milet+, mit
dem er das von Alyattes erzwungene Bundesverhältnis erneuert. Reger
Verkehr mit dem europäischen Griechenland.

Nach der Entthronung seines Schwagers +Astyages+ von Medien durch den
Perser +Kyros+ überzieht +Kroisos+ das persische Reich mit Krieg. Auf
den (zweideutigen) Rat des delphischen Orakels überschreitet er den
+Halys+. Unentschiedene Schlacht bei +Pterĭa+. Kroisos geht unschlüssig
nach Sardes zurück. Kyros folgt ihm, siegt in einer zweiten Schlacht,
erobert Sardes und nimmt Kroisos gefangen.

[Um ~545.~]

~Untergang des lydischen Reichs,~ das mit dem persischen vereinigt wird.


§ 2. Die Inder.

Um 1500 v. Chr. Einwanderung +arischer+ Stämme in das Tiefland des
~Indus~; sie breiten sich allmählich aus über das +Ganges+land, über
die Halbinsel +Dekhan+ und die Insel +Ceylon+ (Singhala), überall
eine dunkelfarbige Urbevölkerung (+Dravidas+) verdrängend. Gründung
zahlreicher Staaten.

Der alt-arische Götterglaube, den die Eroberer mitbrachten, bilderlose
Verehrung der Naturmächte (der Himmelsgott +Diausch-Asura,+ der Gott
des allumfassenden Weltraumes +Váruna,+ der Feuergott +Agni+, der
Gewittergott +Indra+ u. a.), ward unter dem Einfluß der Priester
allmählich zu der mehr monotheistischen ~Brahma~-Religion umgebildet,
die das gesamte Denken und Leben in strenge Satzungen einfügte. Viele
Vorschriften der Reinigung, Lehre von der Seelenwanderung. Das Volk
wird in vier streng geschiedene Stände (Kasten) geteilt: Priester
(+Brahmanen+), Krieger (+Kschatrija+), Ackerbauer und Gewerbetreibende
(+Vaiçja+), die unterworfenen Ureinwohner als Dienende (+Çudra+): am
niedrigsten stehen die als unrein verachteten +Paria+. Die Könige gehen
aus dem Kriegerstande hervor, sie wählen ihre Ratgeber und Beamten aus
den Brahmanen.

Reiche Entwickelung der Literatur; +Sanskrit+ die Schriftsprache, von
der Volkssprache unterschieden. +Vedas+ die heiligen Bücher (Hymnen,
Gebete, Sprüche), Gesetzbuch des +Manu+. Die epischen Dichtungen
+Mahabhârata+ und +Ramâjana+ schildern die Heldentaten der Kriegszeit,
doch hat ihr ursprünglicher Inhalt manche Umbildung in priesterlichem
Sinne erfahren. In Baukunst und Skulptur ist seit dem 6. Jahrhundert
+persischer+ Einfluß erkennbar.

[Um 520.]

~Buddha,~ ein Königssohn (seine Heimat an den Vorhöhen des Himâlaya),
tritt als Reformator auf, verwirft die strengen Satzungen und
Kastenunterschiede, lehrt sittliche Vervollkommnung durch Entsagung
und Mitleid, stellt als Ziel die Ruhe der Seele (Nirwāna) auf. Er wird
später selbst als Gott verehrt, sein Bild in den Tempeln aufgestellt.

[Um 450.]

Das Reich von ~Magādha~ im Gangeslande erhebt sich nach Unterwerfung
mehrerer Nachbarstaaten zu größerer Bedeutung: seine Könige nehmen den
Buddhismus an. Residenz +Pataliputra+ (Patna).

[317–291.]

+Tschandragupta+, ein Flüchtling aus Magadha, vertreibt die Makedonier
aus dem +Indus+lande, macht sich zum König von Magadha und erweitert
das Reich fast über die ganze vorderindische Halbinsel. Sein Enkel

[263–226.]

+Açoka+ durch milde und sorgsame Regierung berühmt. Blütezeit des
Buddhismus; die +Stupa+, Kuppelbauten zum Schutz der Reliquien Buddhas,
+Bhagavāti+ die pyramidenförmig aufsteigenden Tempel (Pagoden). Anlage
von Straßen, Brunnen, Krankenhäusern (auch für Tiere). Inschriften
bezeugen seine Beziehungen zu den Herrschern der Diadochenreiche.

Im Reiche Magadha lebte im 6. Jahrhundert +nach+ Chr. der Dramendichter
Kalidâsa (Sakuntăla). Im 3. Jahrhundert gelangt die +Brahma+lehre
wieder zur Herrschaft; der Buddhismus breitet sich nach Hinterindien,
Tibet, China, Japan aus. Das Eindringen fremder Eroberer beginnt erst
in der Zeit des Islam.


§ 3. Die Iranier.

Das Hochland +Iran+ (Ariân, Land der Arier) ist ein Land der
Gegensätze; zwischen schneebedeckten Gebirgen und glühenden Sandwüsten
liegen oasenartig Strecken fruchtbarsten Bodens, die natürlichen
Mittelpunkte des Landes. Am stärksten bewohnt sind die Gebirgsländer
am Rande des Hochlandes; im Westen +Medien+ und +Persien+, im Norden
+Hyrkanien+ und +Parthien+, im Osten +Baktrien+ und +Arachosien+; dort
hat sich in der Landschaft +Arīa+ (Herat) auch der alte Gesamtname
erhalten.

Der alte Götterglaube erfuhr auch hier eine priesterliche Umbildung
durch die Lehre des +Zarathuschtra+ (Zoroaster), der in unbekannter
Zeit unter einem Fürsten +Vistâspa+ lebte. Als Staatsreligion erscheint
diese Lehre erst unter Dareios I., um 520. Über die anderen Götter
erhebt sich +Ahura-Mazda+ (Ormuzd), Beschützer des Ackerbaues und
Verteidiger der Wahrheit; ihm stehen zur Seite die 6 guten Geister,
+Amĕscha-Spenta+. Sein Dienst fordert die Bekämpfung der verderblichen
Mächte, an deren Spitze +Angramanjusch+ (Ahriman) steht. Keine
Götterbilder und Tempel; nur Feueraltäre im Freien, namentlich auf
Bergen; das Feuer gilt als heiliges Symbol der Reinheit. Später
(um 400 v. Chr.) finden auch Götter der alten Volksreligion wieder
große Verehrung, namentlich +Mithra+, der Gott des Sonnenlichts, und
+Anāhĭta+, Göttin der Gewässer, denen man auch Bilder und Tempel
errichtet. Heiliges Buch +Avesta+, nur zum Teil erhalten in einer aus
der Sassanidenzeit (3. Jahrhundert nach Chr.) stammenden Bearbeitung.
Die Priester (Magier) zu einer erblichen Kaste vereinigt.

Die ~Meder~ im nordwestlichen Gebirgslande, seit 835 den +Assyrern+
Untertan (S. 9), doch oft sich empörend, befreien sich zur Zeit des
Einbruchs der +Skythen+ (S. 10). Schon um 670 wird +Kastarita+, ein
medischer Fürst, von den Assyrern als gefürchteter Gegner genannt. Nach
Herodot ist +Deiokes+ (700 bis 647) als der Begründer des medischen
Reiches anzusehen. Der Befreier Mediens von den unter +Partatua+
(Protothyas bei Herodot) infolge des babylonisch-assyrischen Krieges in
großen Scharen (S. 10) eingedrungenen +Skutscha+ (Skythen), die unter
Madyas, dem Sohn Partatuas, 28 Jahre über »Asien« herrschten, war

[624–585.]

~Kyaxâres~, vermutlich ein Nachkomme Kastaritas. Er ist wohl der
eigentliche +Gründer des Mederstaates+, schuf ein stehendes Heer, stand
im Bunde mit Babylonien (S. 10). Er zerstört Ninive, kämpft mit den
Lydern (S. 15) und dehnt seine Herrschaft über andere iranische Stämme
(Sagartier, Hyrkanier, Parther) aus. Sein Reich vom Halys im Westen
bis an die Grenze Elams (zu Babylon) im Südosten. Residenz Hagmatâna
(Agbatana). Sein Nachfolger ist

[584–550.]

~Astyages~ (babylonisch Ischtuvegu). Er macht einen Vorstoß gegen das
neubabylonische Reich und belagert um 555 +Harrân+. Seine Erfolge
werden vereitelt durch den Aufstand der +Perser+, eines medischen
Vasallenstaates in Elam, unter +Kurusch II+.

[Um 630.]

Die ~Perser~ dringen aus ihrem Gebirgslande im Südwesten Irans nach
+Elam+ vor und gründen hier unter dem Achämeniden +Tschischpisch+
(Teïspes bei Herodot) das Königreich +Antschan+. Hier herrschen die
Könige +Kurusch I.+ und +Kambudschija I.+, dann des letzteren Sohn

[~558–529.~]

~Kyros~ (+Kurusch II.+), welcher 550 seinen Lehnsherrn +Astyages+
stürzt und die medische Hauptstadt +Hagmatâna+ erobert. Er vereinigt
die persischen Stämme unter seiner Herrschaft und gründet das große

[~559–330.~]

~Persische Reich,~

welches die Völker Vorderasiens zu einer politischen Einheit
zusammenfaßt. Ihm gehorchen die früher den Medern unterworfenen
Völker Irans, die Armenier und Kappadoker; er stürzt das lydische
Reich (S. 16), und während seine Feldherren Mazares und Arpagos die
Griechenstädte an der kleinasiatischen Küste unterwerfen, erobert er
+Babylon+. Das babylonische Reich wird dem persischen angegliedert (S.
11), jedoch in Sitte und Religion nicht angetastet. Die phönikischen
Städte und die Kilikier behalten ihre einheimischen Könige unter
persischer Oberhoheit, in den Griechenstädten werden persisch
gesinnte Fürsten (Tyrannen) eingesetzt, den Juden wird die Rückkehr
nach Palästina gestattet. Hauptstadt zunächst wohl Susa, denn Kyros’
Stammland Antschan gehörte zu Elam.

Die +Meder+ sind in diesem Reiche zunächst den Persern gleichgestellt,
ebenso wie die Babylonier; auch aus ihnen nimmt der König seine
Beamten. Bei den +Persern+ herrschen einfache Sitten; als kräftiges
Gebirgsvolk sind sie den in der Kultur vorgeschrittenen Nachbarvölkern
überlegen. Kyros fällt 529 im Kampfe gegen die Nomaden im Nordosten des
Reiches (+Massageten+, ihre Königin Tomyris nach Herodot); sein Grabmal
zu +Pasargădã+ ist erhalten. Sein Sohn und Nachfolger

[~529–522~.]

~Kambyses~ (+Kambudschĭja)+ tötet seinen jüngeren Bruder (Smerdis)
+Baraĭja+, der sich an die Spitze eines Aufstandes der östlichen
Reichshälfte gestellt hat. (Kyros hatte sich nicht auf das Persertum
gestützt, sondern auf die alten Kulturländer; erst unter Dareios gewann
das Persertum die führende Stellung im Reich.) Er erobert +Ägypten+ (S.
6), zieht den Nil aufwärts gegen +Napata+, das sich unterwirft. Die
Griechen in +Kyrene+ erkennen ebenfalls die Oberherrschaft der Perser
an, aber eine beabsichtigte Unternehmung gegen +Karthago+ scheitert an
der Weigerung der Phöniker, gegen ihre Pflanzstadt Schiffe zu stellen.
Inzwischen empört sich in Medien der Magier (Priester) +Gaumâta+, indem
er sich für den getöteten ~Bardija~ ausgibt. Kambyses stirbt auf der
Rückkehr aus Ägypten; der falsche Bardija wird nach kurzer Herrschaft
gestürzt von den sieben Stammfürsten der Perser, deren +erster+ König
wird, der Sohn des Achämeniden Vischtâspa (Hystaspes),[8]

[521–485.]

~Dareios I.~ (+Darijavahusch+). Aufstände im ganzen Reiche, zuerst in
Elam und Babylon, dann empören sich die Meder, Sagarter, Hyrkanier und
Parther unter angeblichen Nachkommen des +Kyaxâres+, die Armenier, in
Persien selbst ein zweiter falscher +Bardija+. Die Niederwerfung aller
dieser Aufstände (Babylon durch die List des Zopyrus erobert) berichtet
die dreisprachige Keilinschrift (persisch, elamitisch, babylonisch)
an der Felswand von +Bagistâna+ (Behistun, südwestlich von Agbatana am
oberen Choaspes).

Darauf Neuordnung des Reiches; es wird in 20 +Satrapien+ geteilt,
die bestimmte Steuern zu entrichten haben in Geld und Naturalien.
Nur die eigentlichen Perser sind steuerfrei, nicht mehr die früher
ihnen gleichgestellten Meder. Die Perser bilden den Kern des Heeres.
Die übrigen Reichsvölker stellen Truppen oder Schiffe. Einheitliche
Reichswährung, deren Einheit der Dareikos (Goldmünze von etwa 23 M.
Wert) bildet, der auch in Griechenland und Indien in Umlauf kommt.
300 Dareiken gleich einem babylonischen Silbertalent, 7030 M. unseres
Geldes. Große Heerstraßen angelegt, namentlich die Königsstraße von
+Sardes+ nach +Susa+ mit Stationen für die reitenden Boten des Königs.
Palastbauten in +Susa+ und der neuen Hauptstadt +Persepŏlis+; auch
+Babylon+ und +Agbatāna+ bleiben Residenzen des Großkönigs.

Dareios erweitert das Reich durch Unterwerfung des +Indus+landes,
läßt von der Indusmündung aus Arabien umfahren und den Nilkanal nach
dem Roten Meer (S. 6) vollenden. Karthago zahlt Tribut. Nach Westen
vordringend überschreitet er 514 mit Heeresmacht den +Bosporus+, dann
auch die untere Donau, dringt in das Skythenland ein, muß jedoch
umkehren (Histiaios, Tyrann von Milet, rettet die Donaubrücke gegen den
Rat des Atheners Miltiades) (S. 36); sein Feldherr Megabazos unterwirft
+Thrakien+ und +Makedonien+. Von den griechischen Inseln werden
+Lemnos+ und +Imbros+ Untertan, wie früher schon +Lesbos+, +Chios+,
+Samos+.

[500–494.]

~Aufstand der ionischen Griechen~,

angestiftet durch den mit einem Fürstentum in Thrakien beschenkten,
dann aber bei Dareios verdächtigten und nach Susa berufenen Tyrannen
+Histiaios von Milet+ und dessen Schwiegersohn +Aristagŏras+. Mit Hilfe
von +Athen+ und +Eretria+ wird +Sardes+ eingenommen, die Stadt geht in
Flammen auf. Aber bald werden die Ionier von dem persischen Landheere
geschlagen, von den Bundesgenossen aus Athen und Eretria verlassen, die
ionische Flotte wird bei der Insel +Lade+ (vor Milet, 494) besiegt.
Nach Unterwerfung der Ionier +Milet zerstört+, die noch übrigen
Einwohner an der Mündung des Tigris angesiedelt. Histiaios gekreuzigt.
492 folgt die Wiederunterwerfung von Thrakien und Makedonien (S. 38).

[490.]

Seezug der Perser, um die Unterwerfung der griechischen Inseln zu
vollenden; die Landung in Attika mißlingt. Weitere Unternehmungen gegen
Griechenland gehemmt durch einen Aufstand der +Ägypter+.

[485–465.]

~Xerxes I~. (Khsijârscha) unterwirft Ägypten, sein Zug gegen
Griechenland mißlingt; die Herrschaft über Thrakien, Makedonien,
die Inseln, die kleinasiatischen Griechenstädte geht verloren.
Schwelgerisches Leben am Königshofe; die alten einfachen Sitten der
Perser schwinden. Xerxes und sein ältester Sohn werden von Artabān, dem
Führer der Leibwache, in Susa ermordet. Es folgt der zweite Sohn

[465–424.]

~Artaxerxes I.~ (Artachschâtra) mit dem Beinamen Langhand (Longimănus).
Zweiter Aufstand der Ägypter unter +Inărōs+, von den Athenern
unterstützt, von +Megabyzos+, dem Satrapen von Syrien, unterdrückt (S.
44). Friede mit den Griechen nach 449; Empörung des Megabyzos durch
Verhandlungen beigelegt. Sein Sohn +Xerxes II.+ wird im zweiten Monat
seiner Regierung ermordet von seinem jüngeren Bruder +Sogdianos+;
diesen stürzt der Halbbruder

[424–405.]

~Dareios II.~ (Nothos), der dann mit Satrapenaufständen zu kämpfen
hat. Dritter Aufstand der +Ägypter+, die über 60 Jahre lang ihre
Unabhängigkeit behaupten.

[405–359.]

Artaxerxes II. (Mnemon) besiegt seinen jüngeren Bruder +Kyros+, der
als Statthalter in Kleinasien sich empört hat, 401 bei +Kunaxa+ unweit
Babylon, nimmt die Griechenstädte in Kleinasien wieder unter seine
Herrschaft (S. 55).

[359–338.]

~Artaxerxes III.~ (Ochos) unterwirft die Phönīker, nach drei Kriegen
auch die Ägypter, herrscht als tatkräftiger Despot, wird endlich
von seinem Günstling, dem Ägypter +Bagoas+, vergiftet. Dieser setzt
+Arses+, des Königs jüngsten Sohn, auf den Thron, beseitigt ihn aber
nach zwei Jahren und macht den Enkel eines Bruders von Artaxerxes II.,

[336–330.]

~Dareios III.~ (Kodomannos), zum König. Bagoas muß den Giftbecher
trinken. Dareios regiert wohlwollend, erliegt aber dem Angriff der
makedonischen Macht.

[330.]

~Vernichtung des Perserreiches~ durch ~Alexander d. Gr.~ Die
griechische Kultur kommt in Vorderasien zum Siege.

Fussnoten:

[8] Stammtafel der Achämeniden:

                  Tschischpisch.
               _____|      |__________
              |                       |
          Kurusch I.              Anjarâmna.
              |                       |
        Kambudschija I.           Arschâma.
              |                       |
          Kurusch II.             Vischtâspa.
        _____|  |_____                |
       |              |               |
 Kambudschija II.  Bardija.     Darijavahusch.



~C. Die Völker Ostasiens.~


Durch die weiten Hochflächen des inneren Asiens von den westlichen
Kulturvölkern getrennt entsteht frühzeitig in ~China~ ein bedeutendes
Reich, gegründet auf den +Ackerbau+ in den fruchtbaren Flußtälern
des Hoangho und Jantsekiang. Die sagenhafte Überlieferung stellt an
den Anfang fünf große Kaiser, die in der Zeit von 3300–2207 v. Chr.
regiert haben sollen. Als Gründer des Reiches gilt ~Fohi~, der seine
Untertanen den Gebrauch der Haustiere und die Schriftzeichen lehrte;
+Schinnung+ führte den Ackerbau ein, +Hoang-ti+ lehrte die Zeitrechnung
und ordnete die Verwaltung der Provinzen, seine Gemahlin begründete die
Seidenweberei.

Zwei Dynastieen regieren von 2207–1122 v. Chr.; unter der zweiten wird
die Macht des Kaisers durch die großen Lehnsträger sehr beschränkt.
+Wu-wang+, Begründer der dritten Dynastie (1122–256). Diese erwirbt zu
dem ursprünglichen Reichsgebiet am unteren Hoangho auch die Länder am
Jantsekiang, verliert aber alle Macht an die großen Feudalherren.

[551–478.]

In einer Zeit des Verfalls und innerer Wirren tritt ~Kong-fu-tse~
(Confucius) als religiöser Reformator auf. Er sammelt Sittensprüche
und Lieder der älteren Zeit in den fünf heiligen Büchern (King);
seine Lehre wird zu seinen Lebzeiten nicht beachtet, später jedoch
unter der Dynastie Han zur Staatsreligion erhoben. Die Grundzüge der
alten Religion (Verehrung des Himmels, der mächtigen Geister und der
Ahnen) hat er nicht verändert. Er will die Menschen glücklich machen
als Mitglieder der Familie und des Staates. Das Einzelindividuum hat
sich der Gewalt und Autorität der Älteren und Höheren unbedingt zu
unterwerfen.

[255–206.]

Der Kaiser +Schi-huang-ti+, Begründer der vierten Dynastie, bricht die
Feudalherrschaft der Großen, stellt die Einheit des »Reiches der Mitte«
her, beginnt den Bau der +Großen Mauer+ (2500 km lang, mit Wachttürmen)
zur Abwehr der Einfälle nördlicher Mongolenvölker.

[206 vor Chr. bis 263 nach Chr.]

Die +Han+-Dynastie gibt dem Reiche seine größte Ausdehnung und
höchste Blüte im Innern. Im Süden werden Tongking, Anam, Cochinchina
unterworfen, im Westen das Tarim-Gebiet, im Nordosten Korea.

[Seit 65 n. Chr.]

Eindringen des +Buddhismus+. Handelsverbindungen nach dem Westen; den
Römern wird die Seide (vestis Serĭca) bekannt. Der römische Kaiser
Marcus Aurelius soll 166 eine Gesandtschaft nach China geschickt haben.

[220–617.]

Zeit innerer Kriege; es bilden sich mehrere Reiche, die aber unter
+Wuti+, dem Stifter der Dynastie Tsin (263–420) und dem großen Kaiser
+Taitsung+ (627–659) aus der Dynastie +Tang+ (618–906) vorübergehend
wieder vereinigt werden. Später China unter tatarischen und
mandschurischen Dynastien.

Die chinesische Kultur verbreitet sich namentlich nach ~Japan~, dessen
Geschichte um 600 v. Chr. mit der Gründung eines Reiches auf der Insel
+Kiusiu+ beginnt.



~D. Die Griechen.~


Einen großen Fortschritt in der weltgeschichtlichen Entwickelung hat
das hochbegabte Griechenvolk bewirkt. Gegenüber der religiösen und
politischen Gebundenheit der asiatischen Völker zeigt es die +freie+
Entwickelung der menschlichen Kräfte und hat in Staat, Kunst und
Wissenschaft eine noch jetzt in vieler Beziehung vorbildliche Höhe
erreicht. Die griechische Kultur, begünstigt durch ein wohlgelegenes,
reich gegliedertes Land, stand noch in Blüte, als das +Christentum+ in
die Welt eintrat, und hat ihm die Wege gebahnt.


§ 1. Mythische Zeit.

Der Name +Griechen+ ist deutsche Umformung des von den Römern
gebrauchten Namens +Graeci+.[9] Sie selbst nannten sich +Hellenen+;
als Ureinwohner ihres Landes bezeichneten sie die +Pelasger+. Alte
Heiligtümer des pelasgischen Zeus waren zu +Dodōna+ in Epirus und auf
dem Berge +Lykaios+ in Arkadien. Der Name ~Hellenen~ erscheint bei
Homer noch nicht als Gesamtname des Volkes; die später gewöhnliche
Ansicht unterschied vier Hauptstämme des hellenischen Volkes: +Äŏler+,
+Achäer+, +Dorier+, +Ionier+.

Merkwürdige Überreste aus der hellenischen Vorzeit sind seit 1870
durch die von +Schliemann+ und seinen Nachfolgern zuerst in +Troja+
(Hissarlik), dann in +Amyklä+, +Mykenä+, +Orchomenos+, +Tiryns+
veranstalteten Ausgrabungen zu Tage gekommen. Man fand in den
Unterbauten weit ausgedehnter Königspaläste und in wohlerhaltenen
Gräbern vielerlei Waffen, eine erstaunliche Menge Goldschmuck,
Wandmalereien, bemalte Tongefäße und anderes. »Schatzhaus des
Atreus«, Löwentor in Mykenä. Weitere Grabungen auf den +Inseln+,
namentlich Cypern, Rhodos, Thera, Kreta, haben gezeigt, daß eine
frühe altertümliche Kultur die Küsten und Inseln des Ägäischen Meeres
umfaßte und unter orientalischem Einfluß, hauptsächlich infolge der
regen Handelsbeziehungen mit den Phönīkern, sich höher entwickelte.
Die Zeit dieser +Mykenischen Kultur+, deren bedeutsamster Mittelpunkt
+Kreta+ war (König +Minos+), ist 1500 bis 12 v. Chr.; eine jüngere
Zeit schildern die +Homerischen Gedichte+. Von alters her viele kleine
Staaten unter kriegerischen Königen, aber kein grausamer Despotismus
wie bei den Assyrern; milde Behandlung der Sklaven.

~Religion~. Die den arischen Völkern gemeinsame Verehrung der
Naturkräfte bildet sich bei den Griechen frühzeitig um zur Verehrung
+persönlich+ gedachter Götter. Aus dem +Chaos+ sollen Himmel und
Erde (+Urănos+ und +Gaia+) entstanden sein, von diesen stammt das
Göttergeschlecht der +Titanen (Krŏnos, Rhea, Promētheus+ u. a.). Dieses
verdrängen die +olympischen Götter+, an ihrer Spitze der Himmelsgott
+Zeus+, Sohn des Kronos und der Rhea, welcher die Herrschaft der
Welt mit seinen Brüdern +Poseidon+ (Meer) und +Hades+ oder +Pluton+
(Unterwelt) teilt. Als +olympische Götter+ werden besonders folgende
12 zusammengefaßt: +Zeus+, +Hera+, +Poseidon+, +Demēter+, +Hestia+,
+Hephaistos+, +Ares+, +Apollon+, +Artĕmis+, +Pallas Athene+,
+Aphrodite+, +Hermes+ (die letzten 7 gelten als Kinder des Zeus).
Andere Gottheiten: +Persephŏne+ (Tochter von Zeus und Demeter, Gemahlin
Plutons), +Eros+, der ständige Begleiter der Aphrodite, +Dionysos+ oder
+Bakchos+ (Sohn des Zeus und der thebanischen Königstochter +Semĕle+),
in seinem Gefolge der Hirtengott +Pan+, die Satyrn und Nymphen;
+Asklepios+ (Sohn des Apollon), die 9 +Musen+ (Klio, Euterpe, Thalīa,
Melpomĕne, Terpsichŏre, Erăto, Polymnia, Urania, Kalliŏpe, Töchter des
Zeus und der Mnemosy̆ne), ferner +Eos+, +Iris+; die Meergottheiten
+Nereus+ (seine Töchter die Nereĭden), +Amphitrīte+, +Triton+,
+Proteus+, +Glaukos+.

Die Abhängigkeit des Menschengeschlechts von den Göttern gibt sich kund
in +Gebeten, Opfern, Festzügen+; durch +Orakel, Vorzeichen+ (Weissagung
aus dem Vogelflug und aus den Eingeweiden der Opfertiere) geben die
Götter ihren Willen kund. Glaube an ein Fortleben nach dem Tode
(Elysion, Tartăros).

Reiche Entwickelung der +Götter- und Heldensage+, ein Schatz für die
griechische Poesie der folgenden Zeiten.

Die Erinnerung an die Tatsache, daß Griechenland die Anfänge höherer
Kultur von den Völkern des Ostens erhalten hat, spiegelt sich wieder in
den +Einwanderungssagen+:

~Danăos~, Gründer der Burg von +Argos+, soll aus +Ägypten+ gekommen
sein, seine 50 Töchter, die +Danaiden+, ermorden ihre Männer, die
Söhne des Äigyptos; nur Hypermnestra rettet den Lynkeus. Ihr Nachkomme
+Perseus+, Sohn des Zeus und der Danae, gründet nach der Rückkehr von
seinen Heldentaten (Medusa getötet, Andromĕda befreit) die Burg von
+Mykēnä+ als Herrschersitz. Aus seinem Geschlecht stammen +Eurystheus+
und +Herăkles+.

~Pelops~, Sohn des Königs +Tantălos+, soll aus +Lydien+ nach Elis
gekommen sein. Seine Söhne +Atreus+ und +Thyestes+ bemächtigen sich,
nachdem Eurystheus im Kampfe gegen die Herakliden gefallen ist (s. S.
25), der Herrschaft in +Mykenä+. Atreus’ Sohn +Agamemnon+ herrscht nach
ihm in Mykenä, der jüngere Sohn +Menelāos+ in +Sparta+ als Erbe des
Königs Tyndareos, dessen Tochter Helĕna ihm vermählt ist.

~Kadmos~, Sohn des phönikischen Königs Agenor von +Sidon+, gründet die
Burg von +Theben+ (Kadmēa), wo seine Nachkommen herrschen; er soll den
Griechen die Buchstabenschrift gebracht haben.

In Attika gilt als uralter +einheimischer+ König ~Kekrops~, Gründer der
Burg von Athen; an ihn knüpft sich die attische Königsreihe, in welcher
+Erichthonios+, +Erechtheus+, +Jon+, +Ägeus+, +Theseus+ hervortreten.
Unter Ägeus soll Attika der Seeherrschaft des Königs ~Minos~ von
+Kreta+ untertan geworden sein. Letzterem wird, wie dem Kadmos,
+phönikische+ Abstammung zugeschrieben; er gilt als Sohn des Zeus und
der +Europa+, Tochter des Königs Agenor.

Nationalhelden der griechischen Sage sind +Herăkles+ und +Theseus+.

~Herăkles~ (+Hercŭles+), Sohn des Zeus und der +Alkmēne+ aus Perseus’
Stamm, in +Theben+ geboren, wird seinem Vetter +Eurystheus+ in +Mykenä+
dienstbar,[10] zieht in Gemeinschaft mit +Telămon+ und +Peleus+,
den Söhnen des Königs +Aiăkos+ von Ägina, gegen +Troja+ (König
Laomĕdon, Vater des Priamos), besiegt den König +Neleus+ in +Pylos+.
In +Kaly̆don+ heiratet er die Königstochter +Dejaneira+, welche ihm
später das mit dem Blut des Kentauren +Nessos+ getränkte Gewand sendet;
er verbrennt sich selbst auf dem +Öta+ und wird unter die Götter
aufgenommen. Die ~Dorier~ haben ihn zu ihrem ~Stammheros~ gemacht;
ihre Könige nannten sich seine Nachkommen, von ihm leiten sie ihr
Recht auf den Besitz der Peloponnes ab. Seine Söhne, die +Herakliden+,
sollen gegen die Verfolgungen des Eurystheus bei +Theseus+ in Athen
Schutz gefunden haben; sie versuchen vergebens die Rückkehr, erst den
Nachkommen gelingt sie (dorische Wanderung, S. 28).

~Theseus~; Sohn des Kekropiden +Ägeus+, ist der Stammheros der
~Ionier~, insbesondere der ~Athener~. Er fährt nach +Kreta+, tötet dort
den +Minotauros+ und rettet mit Hilfe der Königstochter +Ariadne+ die
demselben zum Opfer bestimmten athenischen Jünglinge und Jungfrauen.
Bei der Rückfahrt bleibt Ariadne auf +Naxos+ zurück und wird Gemahlin
des Gottes Dionysos; Theseus vergißt das schwarze Segel mit dem weißen
zu vertauschen, Ägeus stürzt sich in das nach ihm benannte Meer.
Theseus wird +König von Athen+, vereinigt die Bewohner Attikas zu
+einem+ Staate. Er stirbt auf der Insel +Skyros+ im Kampf gegen den
König Lykomēdes.

Als Gründer des attischen Staates soll er das Volk in drei +Stände+
geschieden haben: +Eupatriden+ (Adel), +Geomoren+ (Bauern) und
+Demiurgen+ (Gewerbtreibende). Dagegen wird die Einrichtung der vier
alten +Phylen+ (d. i. Stämme): +Geleonten+, +Hoplēten+, +Argadeis+,
+Aigikoreis+ (die Glänzenden, Wehrhaften, Feldarbeiter, Ziegenhirten),
deren jede wieder in drei Phratrien zerfiel, auf +Ion+, den mythischen
Stammvater des ionischen Stammes, zurückgeführt.

Drei gemeinsame Unternehmungen in der heroischen Zeit sind durch Sagen
verherrlicht, die den Hauptstoff für die griechische Poesie bilden.

1. Der ~Argonautenzug~. +Phrixos+, Sohn des Minyerkönigs +Athămas+ von
+Orchomĕnos+, flüchtet vor der Stiefmutter Ino mit seiner Schwester
+Helle+ auf dem Widder mit goldenem +Vlies+, den beide von ihrer Mutter
+Nephĕle+ erhalten haben. +Helle+ stürzt auf der Flucht bei Abȳdos
ins Meer, welches nun +Hellespontos+, d. h. »Meer der Helle«, heißt.
+Phrixos+ kommt nach ~Kolchis~ (am +Pontos Euxeinos+, Schwarzen Meere)
zum Könige +Aiētes+. Der Widder wird geopfert, das goldene Vlies in
einem Haine des Gottes Ares von einem Drachen bewacht. -- +Iason+ aus
+Iolkos+, von seinem Oheim +Pelĭas+ aufgefordert, fährt auf dem Schiffe
~Argo~ an der Spitze einer Heldenschar nach Kolchis, um das Vlies zu
holen; es wird mit Hilfe der Zauberin +Medeia+, Tochter des +Aiētes+,
gewonnen. Rückkehr nach +Iolkos+; +Pelĭas+ auf Antrieb der +Medeia+
getötet. --

2. ~Krieg der Sieben gegen Theben~. +Ödipus+, Sohn des +Laïos+, Königs
von Theben aus Kadmos’ Stamm (die Labdakiden) und der +Jokaste+, wird
infolge eines unheilverkündenden Orakels von den Eltern ausgesetzt, in
Korinth von +Poly̆bos+ erzogen. Er tötet bei Delphi den Vater, ohne
ihn zu kennen, löst das Rätsel der +Sphinx+, wird König in Theben und
heiratet seine eigene Mutter. Als ihm der Greuel entdeckt wird, beraubt
er sich selbst des Augenlichts. Seine Töchter +Antigŏne+ und +Ismēne+
geleiten ihn in die Verbannung. +Theseus+ gewährt ihm Aufnahme; sein
Grab am Hügel +Kolōnos+ bei Athen. In Theben Bruderzwist seiner Söhne
Eteŏkles und Polyneikes.

Mit dem vertriebenen +Polyneikes+ ziehen gegen Theben: +Adrastos+
(König von Argos), +Tydeus+, +Amphiarāos+, +Kapăneus+, +Hippomĕdon+,
+Parthenopaios+. Die feindlichen Brüder fallen im Zweikampf, auch die
andern Fürsten alle bis auf +Adrastos+ kommen um. +Kreon+, der Oheim
der Brüder, wird König von Theben, verurteilt +Antigŏne+ zum Tode, weil
sie den Polyneikes bestatten wollte.

Zehn Jahre später Zug der +Epigonen+ (Söhne der +Sieben+). Theben
wird eingenommen; +Thersandros+, des +Polyneikes+ Sohn, als König
eingesetzt.

3. ~Trojanischer Krieg~.[11] +Priămos+, König von +Troja+ oder +Ilios+;
seine Gemahlin +Hekăbe (Hekŭba)+. Von seinen Söhnen treten in der Sage
hervor: +Hektor+ (Gem. +Andromăche+) und +Paris+ (+Alexandros+). Dieser
entführt +Helĕna+, die Gemahlin des +Menelāos+ von +Sparta+. Um sie
zurückzuholen, vereinigen sich die edelsten Fürsten aller griechischen
Gaue: des +Menelāos+ Bruder +Agamemnon+ von +Mykēnä+, Anführer der
Griechen: +Nestor+ von +Pylos+; +Achilleus+, König der +Myrmidonen+ aus
+Phthia+ in Thessalien, Sohn des +Peleus+ und der Nereïde +Thĕtis+;
sein Freund +Patroklos+; +Aias+ und +Teukros+, Söhne Telamons aus
+Salămis+; der jüngere +Aias+ des Oïleus Sohn, Anführer der Lokrer;
+Diomedes+ von +Argos+, des +Tydeus+ Sohn; +Odysseus+ von +Ithăka+, des
+Laërtes+ Sohn; +Idomĕneus+ von Kreta, Enkel des Minos, u. a.

Bundesgenossen der Troer: Thraker, Päoner, Paphlagonier, Myser,
Phryger, Lyder, Karer; die Lykier unter +Sarpēdon+ und +Glaukos+;
später die Amazonen unter ihrer Königin +Penthesileia+, die Äthiopen
unter +Memnon+.

Abfahrt der Griechen vom böotischen Hafen +Aulis+ (der Seher +Kalchas+;
Opferung der +Iphigeneia+, welche nach +Tauris+ entrückt wird).
Schiffslager an der troischen Küste, Beutezüge in die Umgegend. Im
zehnten Jahre Streit zwischen +Agamemnon+ und +Achilleus+ wegen
der Sklavin +Brisēis+, Achilleus zieht sich vom Kampfe zurück. Die
Troer dringen unter +Hektors+ Führung siegreich in das Schiffslager
ein, werden aber zurückgetrieben, als +Achilleus+, um den Tod des
+Patroklos+ zu rächen, wieder am Kampfe teilnimmt. Hektor von Achilleus
getötet, dieser durch einen Pfeil des +Paris+. Das hölzerne Pferd auf
+Odysseus’+ Rat gezimmert. Bei der Einnahme Trojas tötet +Neoptolĕmos+,
Achills Sohn, den greisen Priamos. +Aeneas+ entkommt, rettet seinen
Vater +Anchīses+. Irrfahrten der heimkehrenden Helden (+Odysseus+).

+Agamemnon+ wird nach der Rückkehr von seiner Gemahlin +Klytämnestra+
und +Aigisthos+ getötet; sein Sohn +Orestes+ rächt ihn, wird von den
+Erinnyen+, den strafenden Göttinnen der Unterwelt, verfolgt, in Athen
auf dem Areopag freigesprochen, nachdem er seine Schwester Iphigeneia
aus Tauris zurückgeführt hat. Er herrscht dann in +Mykenä+.


§ 2. Staaten und Kolonien.

Eine große Umwandlung trat ein durch die +Wanderungen+ hellenischer
Stämme. Die aus Epīrus in das nach ihnen benannte Land einwandernden
+Thessăler+ verdrängen die +Böoter+ aus ihren Wohnsitzen in Arne;
diese nehmen nach Unterwerfung der Kadmeer und Minyer die fortan nach
ihnen benannte Landschaft +Böotien+ in Besitz. Ebenso wandern die am
Pindos in Thessalien ansässigen +Dorier+ nach Süden; ein Teil von
ihnen bleibt in dem Berglande +Doris+ am Öta, die anderen ziehen,
durch +Ätōler+ verstärkt, bei +Naupaktos+ über die Meerenge nach der
Peloponnes. Diese

[~1104~ (?)]

~dorische Wanderung~

hat die Gründung +dorischer Staaten+ zur Folge. Nach der Sage sind die
+Herakliden+ Tēmenos, Kresphontes, Aristodēmos Anführer der Dorier;
Temenos wird König in +Argos+, Kresphontes in +Messenien+; die Söhne
des Aristodemos, Eurysthĕnes und Prokles, herrschen gemeinsam in
+Sparta+. Oxylos, Anführer der Ätōler, wird König in +Elis+. Ein Teil
der älteren achäischen Bevölkerung zieht sich nach +Achaja+ zurück
und vertreibt die dort wohnenden Ionier, die sich nach Attika wenden,
in +Arkadien+ bleiben die alten Einwohner; dorisch dagegen werden,
+Korinth+, +Sikyon+, +Phlius+, +Epidauros+, +Megara+, +Ägina+, +Kreta+.

[1066 (?)]

~Kodros~, König von Athen, fällt, nach der Sage sich freiwillig
opfernd, im Kampf gegen die aus der Peloponnes nach Norden
vordringenden +Dorier+; Attika wird von ihnen nicht unterworfen.

[~1000–900~.]

~Äolische, ionische, dorische Kolonien~ an der Küste Kleinasiens und
auf den Inseln.

Äŏler und Achäer gründen +Mytilēne+ und +Methymna+ auf der Insel
+Lesbos+; +Kyme+, +Smyrna+ u. a. Städte auf dem kleinasiatischen
Festlande; Smyrna wird später ionisch.

~Ionier~, nach der Sage meist von Athen ausgewandert unter Führung der
Söhne des Kodros, besetzen die Inseln +Chios+ und +Samos+ und gründen
an der lydischen und karischen Küste 12 Städte, namentlich +Milet+,
+Ephĕsos+, +Kolŏphōn+, +Klazomĕnä+, +Phokäa+. Gemeinsames Heiligtum
(+Panionion+) der Tempel des Poseidon am Vorgebirge Mykăle.

~Dorier~ besetzen die Inseln +Melos+, +Thera+, +Kōs+ und +Rhodos+ und
gründen an der karischen Küste +Halikarnassos+ und +Knidos+. Auch Kreta
galt als dorisch.

Auf +Cypern+ sind Ansiedlungen von Peloponnesiern aus +vor+-dorischer
Zeit nachgewiesen; nach +Euböa+ und den +Kykladen+ sind die Ionier
früher als nach Asien gekommen.

In Ionien entstanden in der Zeit von 900–800 v. Chr. die ~homerischen
Gesänge~ (Ilias, Odyssee, Hymnen). +Homēros+ nach der Sage ein blinder
Sänger aus +Smyrna+ oder +Chios+; Sängerschule der +Homeriden+ auf
Chios. Wandernde +Rhapsoden+ sangen dem Volk und den Edlen von
den Taten der Götter und Helden und erweiterten allmählich die
überlieferten Sagenkreise. Die epische Dichtung wurde die Grundlage
hellenischer Bildung und Gesittung. Zu dem heroischen Epos trat
ergänzend hinzu das +Lehrgedicht+; +Hesiodos+ aus Askra in Böotien um
700: Theogonie, Werke und Tage.

~Staatsverfassungen~. Das patriarchalische +Königtum+ der heroischen
Zeit wird allmählich verdrängt durch die Herrschaft der Edlen
(+Aristokratie+). Diese entartet oft zu einer drückenden Herrschaft
weniger (+Oligarchie+), gegen welche sich in manchen Staaten +Tyrannen+
als Führer der Gemeinde (Demos) erheben; in andern findet friedlicher
Ausgleich durch einen erwählten Schiedsrichter (+Aisymnētes+) statt.
Tyrann heißt der nicht auf gesetzliche Weise zur Herrschaft gelangte
Herrscher, ursprünglich ohne die Nebenvorstellung willkürlicher oder
grausamer Regierung. Auf die Tyrannis folgt meist eine gemäßigtere
Aristokratie oder +Demokratie+. In der Demokratie entscheidet die
Mehrzahl der +Bürger+ über die Staatsangelegenheiten; die +Fremden+ und
+Sklaven+ sind von politischen Rechten ausgeschlossen.

Der +spartanische Staat+ wurde das Vorbild der +Aristokratie+,
besonders für die +dorischen+ Staaten, der +athenische Staat+ das
Vorbild der +Demokratie+, besonders für die +ionischen+ Staaten.

~In dem dorischen Sparta~ bestand die Bevölkerung aus drei streng
geschiedenen Klassen: 1. +Spartiaten+, die dorischen Eroberer, welche
die fruchtbarsten Teile des lakonischen Landes, das Eurotastal
und die Niederungen bis zum Meere, besaßen. 2. +Periöken+ (d. h.
Herumwohnende), Nachkommen der +vertragsmäßig+ unterworfenen Achäer.
Sie waren persönlich freie, aber zinspflichtige Eigentümer ohne
politische Rechte, wurden jedoch zum Kriegsdienst herangezogen. 3.
+Heloten+, Leibeigene des Staats. Sie waren auf die Landlose der
Spartiaten verteilt, bestellten deren Äcker und lieferten ihren Herren
einen bestimmten Teil des Ertrages ab. Im Kriege dienten sie als
Schildknappen und Leichtbewaffnete.

[~820.~ (?)]

~Lykurgische Verfassung und Gesetzgebung.~

~Lykurgos~, nach sagenhafter Überlieferung aus königlichem Geschlecht,
Vormund des jungen Königs +Charilāos+, schlichtet die Streitigkeiten
und ordnet das Verhältnis der drei Klassen der Bevölkerung zu einander.
Seine Gesetze, auf die Autorität des delphischen Orakels gegründet
und nur mündlich in kurzen Aussprüchen überliefert, gelten als die
Grundlage spartanischer Tüchtigkeit.

An der Spitze des Staats bleiben zwei +erbliche Könige+ aus
heraklidischem Geschlecht, der eine ein +Agiade+ (von +Agis+, nach
der Sage Sohn des +Eurysthenes+), der andere ein +Eurypontide+ (von
+Eurypon+, Enkel des +Prokles+, s. S. 28). Sie bringen die Staatsopfer
dar, entscheiden Streitigkeiten des Familienrechts, führen das Heer,
ernennen die Beamten, namentlich die 5 +Ephoren+ (d. h. Aufseher,
ursprünglich wohl für die 5 Bezirke des Periökengebietes).

Der Rat der Alten (+Gerusia+), bestehend aus 28, mindestens 60 Jahre
alten, auf Lebenszeit gewählten Geronten unter dem Vorsitz der beiden
Könige, hat: 1. die Vorberatung über alles der Volksversammlung
Vorzulegende, 2. die Gerichtsbarkeit über Kapitalverbrechen.

Die +Volksversammlung+, bestehend aus allen über 30 Jahre alten
+Spartiaten+, beschließt endgültig über Gesetze, Verträge, Krieg und
Frieden, doch ohne Beratung und Abstimmung, nur durch Zuruf.

Die Spartiaten sollen unter sich +gleich+ sein in Besitz und
Kriegstüchtigkeit. Jeder Spartiatenfamilie wird aus dem nach
Kriegsrecht von den Doriern gewonnenen Landbesitz ein unveräußerliches
Erbgut +(Klēros+, d. h. Los) zugewiesen, dessen Bestellung den Heloten
obliegt. Man zählte 4500, später 9000 Landlose der Spartiaten, 30000
der Periöken. Verbot der +Reisen+ und des +Fremdenverkehrs+ in Sparta;
+eisernes Geld+, nur der Staat darf Gold und Silber besitzen.

Gemeinschaftliche +Erziehung+ der +Knaben+ vom 7. Jahre an, auf
Abhärtung und kriegerische Übung gerichtet, doch wurden auch die
homerischen Gesänge und Chorlieder lyrischer Dichter (Tyrtaios)
gelernt. Zusammenleben der +Männer+; die Zeltgenossenschaften hatten
auch im Frieden ihre gemeinsamen Mahlzeiten (+Syssitien+).

Sehr ähnliche Gesetze galten in ~Kreta~, wo zahlreiche selbständige
dorische Städte bestanden. Später dort auch +schriftliche+ Gesetze;
eine 1884 gefundene Inschrift enthält das Recht der Stadt +Gortyn+,
Bestimmungen über Familienrecht, Erbrecht, Stellung der Sklaven u. a.

[~776.~]

~Erste Olympiade,~

Beginn einer gemeinsamen griechischen Zeitrechnung, die sich an
die alle 4 Jahre dem höchsten Gotte +Zeus+ zu Ehren in ~Olympia~
gefeierten Spiele knüpfte. In +Elis+, am Flusse Alpheios, lag der
ummauerte heilige Bezirk, die +Altis+, mit Altar und Tempel des Zeus,
Säulenhallen und Schatzhäusern, wo die Weihgeschenke aufgestellt
wurden.[12] Die Spiele fanden außerhalb der Altis statt im +Stadion+
(Springen, Laufen, Diskoswerfen, Speerwerfen, Ringen) und im
+Hippodrom+ (Wettfahren der Viergespanne). Den Siegern wurden Kränze
von Ölzweigen zuteil; Dichter verherrlichten sie im Liede. Unter dem
Schutze +Spartas+ gewannen die ~Olympischen Spiele~ große Bedeutung
für die Erhaltung des Nationalbewußtseins unter dem politisch sehr
zersplitterten Griechenvolke.

Ähnliche Spiele, doch vermehrt durch musische Wettkämpfe der Sänger
und Zitherspieler, wurden seit 586 bei ~Delphi~ dem +Apollon+ zu Ehren
gefeiert, in jedem dritten Olympiadenjahr (+Pythische+ Spiele). Das
~Orakel zu Delphi~, oft befragt bei wichtigen Unternehmungen, z.B.
Gründungen von Kolonien, Kriegszügen, stand unter dem Schutze der
delphischen +Amphiktyonie+ (Umwohnerschaft), zu welcher die Phokier,
Lokrer, Böoter, Thessaler u. a. gehörten.

Dem Poseidon zu Ehren wurden auf dem +Isthmos+, dem Zeus zu Ehren zu
+Nemea+ in Argolis alle zwei Jahre Spiele gefeiert. Die Wettkämpfe
stählten die Volkskraft und weckten den Sinn für freie Entwickelung der
Persönlichkeit.

Die Hellenen, ihrer körperlichen und geistigen Überlegenheit über
die Barbaren sich bewußt, breiten sich, +Städte gründend+, weit über
die Grenzen des Mutterlandes aus. Die Ansiedlungen an den Küsten des
Ägäischen Meeres genügen nicht mehr, Milet allein sendet gegen 80
Kolonien aus.

[~750–550.~]

~Ionische, dorische, achäische Kolonien~

an den pontischen Küsten und im westlichen Teile des Mittelmeers.

+Ionier+ von Milet gründen +Abȳdos+ und +Lampsăkos+ am Hellespont,
+Kyzĭkos+ an der Propontis, +Sinōpe+ und +Trapĕzūs+ an der Südküste
des Schwarzen Meeres, +Olbia+, +Istros+, +Odessos+ an der Westecke,
+Pantikapaion+ und +Theodosia+ auf der Krim (Chersonēsus Taurica),
+Tanais+ am Asowschen Meer (Palus Mäotis), +Phasis+ und +Dioskurias+ an
der Ostküste des Schwarzen Meeres. Zu +Naukrătis+ in Ägypten gemeinsame
Kolonie der kleinasiatischen Griechen.

+Dorier+ von Megara gründen +Chalkēdon+ und +Byzantion+ (659) am
Bosporus, +Herakleia+ an der Südküste des Schwarzen Meeres, +Megăra+
(Tochterstadt +Selinūs+) auf Sicilien.

+Ionier+ von Chalkis auf Euböa besiedeln die Chalkidike mit mehr als 30
Städten, darunter +Olynthos+ (+Poteidaia+ korinthische Niederlassung),
gründen +Kyme+ (Cumae) in Campanien (Tochterstadt Neapolis), +Naxos+
auf Sicilien (Tochterstädte Leontini und Katăna), +Zankle+ (später
Messana) und gegenüber auf dem Festlande +Rhegion+.

+Dorier+ von Korinth gründen 734 +Syrakūs+, später Kerkyra, Dorier
von Sparta 708 +Tarent+; Dorier von Rhodos +Gela+; und +Akrăgas+ auf
Sicilien; Dorier von Thera +Kyrēne+ (um 630) und +Barka+ in Afrika.

+Achäer+ gründen +Sybăris+, +Kroton+, +Metapontion+, Lokrer das
epizephyrische +Lokri+ in Unteritalien (Groß-Griechenland).

Am weitesten nach Westen gehen die +Ionier+ von +Phokäa+; ihre
Kolonien sind +Massalia+ (600) an der gallischen Küste, +Mainăke+ im
südlichen Spanien, +Alalia+ auf Korsika. Als die Küste Kleinasiens
unter persische Herrschaft kam (s. S. 18), verließen die Phokäer ihre
Stadt und segelten zuerst nach Korsika; von dort vertrieben (S. 14),
gründeten sie +Elĕa+ in Unteritalien.

Infolge dieser Kolonisation griechische Kultur über einen großen Teil
der Mittelmeerküsten verbreitet. Lebhafter Seeverkehr und Eintausch
von Rohprodukten gegen die Erzeugnisse der griechischen Kunst und
Industrie. An die Stelle der Naturalwirtschaft tritt nach und nach die
Geldwirtschaft.


~Spartas Hegemonie in der Peloponnes.~

In älterer Zeit +Argos+ der bedeutendste Staat. König ~Pheidon~ von
Argos leitet die Festfeier zu Olympia (748, nach anderer Ansicht erst
668), ordnet Maß und Gewicht (dem babylonischen (S. 20) entsprechend,
Vermittler die Phöniker), läßt zuerst in Ägina Münzen prägen. Bald
aber erhebt sich ~Sparta~ zu höherer Macht durch die Eroberung der
argivischen Landschaft Kynuria und Messeniens. Argos seitdem für immer
mit Sparta verfeindet.

[Um 740.]

~Erster Messenischer Krieg.~ Tapfere Gegenwehr der Messenier unter
ihrem Könige +Aristodēmos+, namentlich auf der Bergfeste +Ithōme+.
Ein Teil ihres Landes wird von den Spartanern in Besitz genommen, das
übrige zinspflichtig.

[708.]

Die aus Sparta infolge von Zwistigkeiten auswandernden +Parthenier+
gründen ~Tarent~. Seitdem Auswanderung in Sparta verboten. Um diese
Zeit Beschränkung des spartanischen Königtums durch die vergrößerte
Macht der +Ephoren+, welche fortan jährlich von der Spartiatengemeinde
erwählt werden.

[Um 640.]

~Zweiter Messenischer Krieg.~ +Aristomĕnes+ Held der Messenier; 11
Jahre lang wird die Feste +Eira+ verteidigt. Der athenische (?) Sänger
+Tyrtaios+ begeistert die Spartaner durch seine Marschlieder. Nach dem
Fall von Eira flüchten viele Messenier nach Unteritalien (+Rhegion+);
die nicht auswandernden werden +Heloten+. Von Rhegion aus besetzen
später (um 500) Nachkommen der Ausgewanderten die Stadt Zankle auf
Sicilien, die dann den Namen ~Messana~ erhält.

[Um 600.]

Aufschwung ~Korinths~ unter dem Tyrannen ~Periander~, dem Sohne
des +Kypsĕlos+, der um 650 die Adelsherrschaft der +Bakchiaden+
gestürzt hat. Entfaltung der Seemacht; Korinth wird erste Handelsstadt
Griechenlands. Zu der älteren korinthischen Kolonie auf +Kerkyra+
kommen unter Kypselos hinzu +Leukas+ und +Ambrakia+, unter Periander
+Epidamnos+ und +Apollonia+ an der illyrischen Küste, +Poteidaia+
auf der Halbinsel Chalkidĭke. Perianders Neffe +Psammetich+ wird 582
gestürzt, die Aristokratie hergestellt.

In ~Megăra~ um 630 Tyrannis des ~Theagĕnes~, nach dessen Sturz
Parteikämpfe (der Dichter +Theognis+ um 540), endlich siegt die
Aristokratie.

In ~Sikyon~ um 600 Tyrannis des ~Kleisthĕnes~, welcher die Genossen
der delphischen Amphiktyonie zum ~ersten heiligen Kriege~ gegen die
phokischen Städte +Krisa+ und +Kirrha+ (Hafenstadt) vereinigt. Beide
Städte zerstört, ihr Gebiet dem pythischen Apollon geweiht. Nach
Kleisthenes’ Tode wird die Aristokratie hergestellt.

Auch in Milet, Ephesos u. a. Koloniestädten herrschen um dieselbe Zeit
vorübergehend Tyrannen, in +Mytilene+ auf Lesbos waltet um 600 der
weise +Pittăkos+ als Äsymnet. Vergl. S. 37.

[~Um 550.~]

~Sparta~ vereinigt die peloponnesischen Staaten (außer +Argos+ und
+Achaja+) zum ~peloponnesischen Bunde~ unter seiner Hegemonie. Die
Griechenstädte an der Westküste Kleinasiens stehen unter lydischer (S.
15), seit 545 unter persischer Herrschaft (S. 18). Auch die Inseln
+Cypern+, +Chios+, +Lesbos+ werden den Persern untertan; +Samos+ erst
522 nach dem Sturz des mächtigen Tyrannen +Polykrates+.


~Athens Emporkommen.~

Nach Kodros’ Tode (S. 28) wird das Königtum eingeschränkt, aber nicht
beseitigt; Adelsherrschaft der +Eupatriden+ (S. 26). Den Königen treten
erwählte Beamte zur Seite; seit 683 werden +jährlich neun Archonten+
erwählt. Der erste, +Archon epōny̆mos+, führt den Vorsitz und wacht
über das Familien- und Erbrecht; der zweite, +Basileus+, bringt die
früher den Königen obliegenden Opfer dar, hütet das heilige Recht
und leitet den Areopag; der dritte, +Polemarchos+, ist Heerführer
und Gerichtsherr für die Metöken und Fremden, die andern sechs,
+Thesmotheten+ genannt, leiten die bürgerliche Gerichtsbarkeit. Die
Oberaufsicht über das gesetzliche Verhalten der Bürger führt der
~Areopag~, der auf dem Areshügel vor der +Burg (Akropŏlis)+ sich
versammelnde Gerichtshof, aus früheren Archonten gebildet; er richtet
auch über die schwersten Verbrechen, Mord und Brandstiftung.

[Um 632.]

~Aufstand Kylons~, der sich, unterstützt von seinem Schwiegervater
+Theagĕnes+ von Megara, an der Spitze des über die Bedrückung der
Adligen (s. u.) empörten Volkes der Akropolis bemächtigt. Er wird
von dem Archon +Megăkles+, aus dem Geschlecht der +Alkmäoniden+,
vertrieben, seine an den Altären Schutz suchenden Anhänger werden
ermordet. Wegen dieses Frevels Verbannung der Alkmäoniden. Der Priester
+Epimenĭdes+ aus Phaistos auf Kreta berufen, um die Stadt durch
Sühnopfer zu reinigen,

[Um 620.]

~Gesetzgebung Drakons.~ Die bestehenden Übelstände nicht beseitigt. Die
Adelsherrschaft bleibt; geschriebene Gesetze, aber sehr hart; das Recht
von den adligen Richtern auch weiterhin nicht selten gebeugt; seit
Einführung der Geldwirtschaft Geld nur gegen hohe Zinsen ausgeliehen;
daher wachsende Unzufriedenheit der ärmeren Bürger, besonders über das
strenge Schuldrecht. ~Solon~, aus Kodros’ Geschlecht stammend, 594
zum ersten Archon erwählt, erhält Vollmacht, durch neue Anordnungen
Frieden zu stiften. Er war dadurch zu Ansehen gelangt, daß er die
Wiedereroberung der von den Megarern besetzten Insel +Salamis+
bewirkte; auch hatte auf seinen Antrieb Athen am +heiligen Kriege+
teilgenommen, und das delphische Orakel war ihm deshalb günstig gesinnt.

[~594.~]

~Gesetzgebung Solons.~ 1. +Entlastung+ der ärmeren Bürger
(+Seisachtheia+): die auf dem Grundbesitz haftenden Schulden werden
aufgehoben, alle Schuldsklaven in Freiheit gesetzt, Schuldknechtschaft
für die Zukunft verboten Festsetzung eines Höchstmaßes von Grundbesitz,
damit das attische Land nicht in den Besitz weniger Reicher komme,
Abzahlung anderer Schulden erleichtert durch Herabsetzung des
Münzfußes; 100 Drachmen neuen Geldes = 73 älteren; das +euböische+
Talent, der persischen Goldwährung entsprechend tritt an die Stelle des
+äginetischen+ (S. 32).[13]

2. Bestimmung der bürgerlichen Pflichten und Rechte nach dem +Ertrage
des Grundbesitzes+. Die Bürger werden in vier Klassen geteilt:
1. +Pentakosiomedimnen+, deren Güter 500 Scheffel Getreide bezw.
Maß Öl und Wein oder mehr bringen; 2. +Ritter+, 300–500 Scheffel;
3. +Zeugiten+, d. h. die mit einem Gespann wirtschaften, 150–300
Scheffel; 4. +Thēten+, die ärmeren. Nach der Absicht des Gesetzgebers
sollten alle Bürger Grundbesitz haben; bei steigender Bedeutung des
Geldbesitzes wurde der Ertrag des Getreides in Geld umgerechnet und
danach die Klasseneinteilung bestimmt.

Die Mitglieder der +drei ersten+ Klassen dienen im Kriege als
+Hoplīten+ (schwerbewaffnete Fußsoldaten), die der +zwei ersten+
Klassen auch als +Reiter+; für die Ausrüstung der Flotte bestand
schon eine Einteilung der Bürger in 48 +Naukrarien+. Die +Theten+
sollen nur zur Verteidigung des Landes als Leichtbewaffnete oder
(seit Themistokles) zur Bemannung der Flotte aufgeboten werden. Eine
regelmäßige +Besteuerung+ der Vollbürger gab es nicht, die Ämter wurden
umsonst verwaltet, die Staatsausgaben durch den Ertrag der Bergwerke,
die Strafgelder, das +Kopfgeld der Metöken+, d. h. der eingewanderten
Kaufleute und Handwerker, durch Markt- und Hafenzölle bestritten.
+Außerordentliche Steuern+ wurden in Zeiten der Not auf Volksbeschluß
nach den Vermögensklassen erhoben, die vierte war steuerfrei.

3. An der Spitze des Staates bleiben die ~neun Archonten~, jährlich
erwählt aus den Bürgern der +ersten+ Vermögensklasse. Neu eingerichtet
wird der ~Rat der Vierhundert~, jährlich erwählt aus den über 30
Jahre alten Bürgern der +drei+ ersten Klassen. Die ~Volksversammlung~
(Ekklesia) besteht aus +allen+ über 20 Jahre alten Bürgern. Sie erwählt
die +Beamten+ und entscheidet über die durch +Vorbeschluß des Rates+ an
sie gebrachten Angelegenheiten. Zur Entscheidung wichtigerer Prozesse
werden Geschworenengerichte aus der +richtenden Bürgerschaft+, der
~Heliaia~ (Gesamtzahl 6000) gebildet. Der ~Areopag~ behält seine
Gerichtsbarkeit und Oberaufsicht über das Privatleben der Bürger sowie
über das gesamte Staatsleben.

Diese Verfassung wird als ~Timokratie~ bezeichnet; erst später
entstand durch Aufhebung der Klassenunterschiede volle +Demokratie+.
Ausgeschlossen von politischen Rechten blieben auch später die
+Schutzverwandten+ (Metöken), die vor Gericht eines Bürgers als
Vertreter bedurften, und die sehr zahlreichen +Sklaven+, die jedoch
durch Gesetz und Sitte gegen Mißhandlung geschützt waren.

Solon gab auch ~Gesetze für das bürgerliche Leben~ (Familienrecht,
Strafrecht, Beschränkung des Luxus, Schutz des Ackerbaues und der
Ölbaumzucht, Sorge für die körperliche Ausbildung der Jünglinge in den
3 +Gymnasien+: Akademie, Lykeion, Kynosarges). Nach Vollendung der
Gesetzgebung verließ er Athen auf 10 Jahre und unternahm Reisen nach
Ägypten, Cypern, Kleinasien. Rechtfertigung seiner Maßnahmen in seinen
Elegieen.

~Neue Parteiungen~ in Athen. Den Grundbesitzern in der Ebene (Pediäer)
treten gegenüber die handeltreibenden Küstenbewohner (Parăler)
und die ärmeren Gebirgsbewohner (Diakrĭer), letztere geführt von
+Peisistrătos+, der trotz der Gegenbemühungen +Solons+ immer mehr
Anhang gewinnt und sich zuletzt der +Akropolis+ bemächtigt.

[~560–527~.]

~Peisistrătos~, Tyrann von Athen.

Auswanderung von athenischen Adligen, zum Teil nach der thrakischen
Chersŏnēs, unter des +älteren Miltiădes+ Führung. Solon † 559,
wahrscheinlich in Athen, nach anderen in Soloi auf +Cypern+
(Unterredung mit Kroisos in Sardes?).

+Peisistrătos+ regiert in Athen innerhalb der Formen der solonischen
Verfassung, +die er nicht aufhebt+. Er versteht es, das Volk Archonten
wählen zu lassen, welche ihm genehm sind. Zweimal durch Bündnis der
Gegenparteien vertrieben, gewinnt er zuletzt eine dauernde Herrschaft.
Die durch Solon zurückgeführten +Alkmāoniden+ (S. 34) gehen abermals
in die Verbannung, da ihr Führer +Megăkles+ (an der Spitze der
Parăler) sich gegen Peisistrătos nicht behaupten kann. Er erhöht das
auswärtige Ansehen Athens: +Sigeion+ am Eingang in den Hellespont
athenische Kolonie, Schutzherrschaft über +Delos+, Befreundung mit den
Tyrannen +Lygdămis+ von Naxos und +Polykrătes+ von Samos. Er erweitert
und schmückt die Stadt Athen durch Bauten (der große Zeustempel
bleibt unvollendet), baut eine Wasserleitung, ordnet die Feier der
+Panathenäen+ und der +Dionysien+ (die Dithyramben des +Thespis+
Anfänge der Tragödie), zieht Dichter an seinen Hof, z.B. Simonides,
Anakreon, läßt die homerischen Gesänge schriftlich aufzeichnen und
ordnen. Er vererbt die Herrschaft auf seinen Sohn

[527–510.]

~Hippĭas~. Dieser herrscht gemäßigt im Sinne des Vaters, bis sein
Bruder +Hipparchos+ von +Harmodios+ und +Aristogeiton+ aus Privatrache
am Panathenäenfest ermordet wird (514). Hippias übt grausame
Vergeltung, wird von dem ausgewanderten Adel +(Kleisthĕnes+ an der
Spitze der +Alkmäoniden+) in Verbindung mit einem spartanischen Heere
unter +Kleomĕnes+ vertrieben (510). Er begibt sich nach Sigeion und
sucht später Hilfe beim Perserkönige Dareios.

[~509~.]

~Gesetzgebung des Kleisthĕnes~ (Sohn des Megăkles, Enkel des
Kleisthĕnes von Sikyon); die solonische Verfassung wird in
demokratischem Sinne weiter gebildet. Die 4 Vermögensklassen bleiben
bestehen, an Stelle der 4 alten Phylen (S. 26) treten ~zehn Phylen~
(Bezirke), deren Unterabteilungen die +Demen+ (Ortsgemeinden) sind.
Dadurch soll der Einfluß des Adels gebrochen und das Wiederaufleben
der früheren Parteien verhindert werden. Jede Phyle wählt jährlich 50
Mitglieder in den ~Rat~, dessen Zahl also von 400 auf 500 erhöht wird.
Die 10 Abteilungen des Rats wechseln in der Geschäftsleitung ab, so
daß das Amtsjahr nach dem Wechsel der 50 Ratsvorsteher (Prytanen) in
10 Prytanieen zerfällt. Die Besetzung der meisten ~Ämter~ wird fortan
durch das +Los+ entschieden, nach Vorwahl durch die Phylen; durch
+Abstimmung+ erwählt wurden die Archonten und die 10 Feldherrn. Für
alle Ämter war eine Prüfung in bezug auf das bürgerliche Verhalten
vor dem Amtsantritt und Rechenschaft nach Ablauf des Amtsjahres
vorgeschrieben. Die ~Volksversammlung~ hat nach wie vor die
Entscheidung über Gesetze, Bündnisse, Krieg und Frieden.

[508.]

Die Eupatriden unter Führung des Archon +Isagŏras+ rufen abermals
die Spartaner zu Hilfe, um die Durchführung dieser Staatsordnung zu
hindern. +Kleisthĕnes+ flüchtet, die Akropolis wird den Spartanern
überliefert. Aber ein Aufstand des athenischen Volks zwingt den König
Kleomĕnes zum Abzug. Die adligen Parteiführer werden hingerichtet;
Kleisthĕnes zurückberufen.

[507.]

Ein Feldzug der Spartaner gegen Athen unter den Königen +Kleomĕnes+ und
+Demarātos+ scheitert infolge des plötzlichen Abzugs der Korinther und
der Uneinigkeit der spartanischen Könige. Die mit Sparta verbündeten
+Böoter+ und +Chalkidier von Euböa+ werden von den Athenern geschlagen.
Diese erobern einen Teil von +Euböa+, wo 4000 Bauerngüter an ärmere
attische Bürger (Kleruchen) verteilt werden. So gewinnt Athen nach
Befestigung seiner inneren Verfassung auch Ansehen nach außen.

Damit nicht eine Tyrannis wiederkehre, ordnet Kleisthĕnes den
~Ostrakismos~ an: die Volksversammlung ist befugt, mittels +geheimer
Abstimmung+ durch Tonscherben (Ostrăka) die Verbannung eines die
Freiheit gefährdenden Bürgers zu beschließen; doch müssen 6000 Stimmen
abgegeben sein.

Auch in den ~westgriechischen Städten~ herrschen zeitweise ~Tyrannen~:
+Phalăris+ in +Akrăgas+ (Agrigentum) um 570, +Anaxĭlas+ in +Rhegion+
494. Zu besonderem Ansehen gelangt +Syrakus+ unter der Herrschaft
+Gelons+ (seit 485), der mit Theron von Akragas befreundet ist. Die
unteritalischen Städte behaupten sich gegen Angriffe der einheimischen
Völkerschaften; die Bürger von +Kroton+ zerstören 510 die reiche
Nachbarstadt +Sybaris+.

~Entwickelung der Kultur~. +Baukunst+ und +bildende Kunst+ besonders
zur Ausschmückung der Tempel geübt (dorische, später ionische Säulen,
Weihgeschenke aus Erz, Marmor, Gold und Elfenbein). Erhalten sind
namentlich der Tempel von Pästum am Tyrrhenischen Meer und die
Skulpturen des Athenetempels zu +Ägina+ (aus der Zeit um 510, jetzt in
München).

Zu hoher Blüte entfaltete sich die +Dichtkunst+; bei den +Ioniern+
namentlich die Elegie: +Kallīnos+ von Ephĕsos um 670, +Mimnermos+ von
Kolŏphon um 600, +Tyrtaios+ und +Solon+ von Athen, auch +Theognis+ von
Megara (S. 33) dichtete in ionischem Dialekt;

bei den +Doriern+ der lyrische Chorgesang: +Terpander+ von Lesbos um
676 in Sparta, +Alkmān+ von Sardes um 650 ebendaselbst, +Stesichŏros+
von Himera um 600, +Arion+ von Lesbos, Freund des Periander, +Iby̆kos+
von Rhegion um 550;

bei den +Äŏlern+ der lyrische Einzelgesang: +Alkaios+ und +Sappho+
von Lesbos um 600; der Ionier +Anakrĕon+ von Teos um 540. Jambische
Spottgedichte des +Archilŏchos+ von Paros (um 650) und +Hippōnax+
von Ephesos (um 540). Die Vollendung der lyrischen Dichtung in
mannigfaltigen Formen zeigt sich in +Simonĭdes+ von Keos und +Pindăros+
von Theben, beide zur Zeit der Perserkriege.

Anfänge der +Philosophie+ (zunächst Naturforschung) und der Himmels-,
Erd- und Völkerkunde bei den Ioniern: +Thales+ von Milet (s. S.
15). Herakleitos von Ephesos um 500: »Alles ist in ewigem Wechsel«.
+Pythagŏras+ von Samos wandert um 530 nach Kroton aus (Bund der
Pythagoreer), +Xenophănes+ von Kolophon um dieselbe Zeit nach Elĕa in
Unteritalien (seine Schüler Parmenides, Zeno). +Hekataios+ von Milet um
510.

In späterer Überlieferung werden als die +sieben Weisen+ dieser
Zeit genannt: +Thales+ von Milet, +Bias+ von Priēne, +Pittăkos+ von
Mytilene, +Periander+ von Korinth, +Cheilon+ von Sparta, +Kleobūlos+
von Lindos, +Solon+ von Athen.


§ 3. Perserkriege und Blütezeit Athens.

[~500–449~.]

~Perserkriege.~

[500–494.]

Aufstand der ionischen Griechen gegen die Perser (s. S. 20). Der von
+Athen+ und +Eretrĭa+ ihnen geleistete Beistand ist die ~Veranlassung~
zu dem Versuch der Perser, auch das europäische Griechenland zu
unterwerfen.

[~492~.]

Erster Zug der Perser unter ~Mardonios~.

Das Landheer unterwirft das Küstenland von +Thrakien+, die Flotte die
Insel +Thasos+. König Alexander von +Makedonien+ erkennt die persische
Hoheit an. Dann aber erleidet das Landheer große Verluste im Kampf mit
den Thrakern, und ein großer Teil der Flotte wird am Vorgebirge ~Athōs~
durch Sturm vernichtet; dies bestimmt den Mardonios zur Rückkehr.

An der thrakischen Küste werden feste Plätze angelegt als Stützpunkt
für spätere Feldzüge; +Byzanz+, +Sēstos+, +Abdēra+ erhalten persische
Besatzungen.

[491.]

Persische Herolde, welche Erde und Wasser als Zeichen der Unterwerfung
verlangen, werden in Sparta und Athen getötet. Die +Kykladen+ und
+Ägīna+ dagegen, auch manche Gemeinden des Festlandes versprechen dem
Perserkönige Unterwerfung. Der spartanische König +Kleomĕnes+ zwingt
die Ägineten, den Athenern Geiseln zu stellen.

[~490~.]

Zweiter Zug der Perser unter ~Datis~ und ~Artaphernes~, dem jungen
Neffen des Dareios.

Eine große Flotte (nach Herodot 600 Trieren) durchfährt das Ägäische
Meer, landet auf +Naxos+, dann auf +Euböa+, wo die Stadt +Eretria+
zerstört wird, dann an der Ostküste von +Attika+. Hippias (S. 36)
im Gefolge des Artaphernes. Das athenische Heer, 9000 Hopliten und
außerdem leichtbewaffnete Sklaven (eine tüchtige Reiterei nur bei
den Thessalern), geführt vom Polemarchos und den 10 Feldherrn, unter
welchen +Aristides+ und der vor den Persern aus der Chersones (S. 36,
20) geflüchtete (jüngere) +Miltiades+, lagert mehrere Tage dem Feinde
gegenüber in verschanzter Stellung. Durch 1000 +Platäer+ verstärkt,
greift es, ohne die Ankunft der Spartaner abzuwarten, unter Führung des
~Miltiădes~ an und siegt in der

[~490~. (Sept.)]

~Schlacht bei Marăthon~.

Der Plan der Perser, Athen von der Seeseite zu überraschen, wird
durch schleunigen Rückmarsch des Heeres nach der Stadt vereitelt. Die
persische Flotte kehrt nach Kleinasien zurück. +Hippias+ stirbt auf
Lemnos.

[489.]

Unglücklicher Zug des Miltiădes gegen +Paros+. Verwundet nach Athen
zurückgekehrt, wird er von +Xanthippos+ angeklagt und zur Erlegung
der Kosten des Unternehmens (50 Talente) verurteilt, welche sein Sohn
+Kimon+ nach dem Tode des Vaters zahlt.

~Parteikämpfe in Athen~; 487 Wahl der Archonten durch das +Los+
eingeführt, 485 Xanthippos durch Ostrakismos verbannt, 483 der
bedächtige und am Althergebrachten hängende ~Aristides~. ~Themistokles~
erhält dadurch freie Hand zur Durchführung seines Planes, Athen zur
ersten +Seemacht+ Griechenlands zu machen. Schon 493 hatte er als
Archon die Befestigung des Hafens +Piraieus+ durchgesetzt; jetzt
werden, zunächst um gegen Ägina Krieg zu führen, auf seinen Antrag
die bisher zur Austeilung an die Bürger bestimmten Einkünfte aus den
Silberbergwerken von +Laurion+ dazu verwendet, die Flotte bis auf
200 Trieren zu bringen. Die bisherigen Naukrarien (S. 35) werden
aufgehoben und durch die Einrichtung der ~Trierarchie~ ersetzt. Der
Staat liefert die Schiffe; den wohlhabenderen Bürgern liegt ihre
Ausrüstung als +Staatsleistung+ (Liturgie) ob; dafür erhält der
Trierarch die Anführung des von ihm ausgerüsteten Schiffes. Die Theten
zum Flottendienst herangezogen,

[480.]

Dritter Zug der Perser unter König ~Xerxes~.

Große Rüstungen, das Landheer sammelt sich schon 481 bei Kritalla in
Kappadokien, von dort führt Xerxes es nach +Sardes+. Zwei Schiffbrücken
über den +Hellespont+ geschlagen, für die Flotte Kanal bei +Akanthos+
gegraben, um das Vorgebirge Athos zu vermeiden. Im Frühjahr 480
Aufbruch von Sardes; Demaratos, der abgesetzte König von Sparta, und
Peisistratos, Sohn des Hippias, begleiten den König. Musterung des
Heeres bei Doriskos in +Thrakien+, nach Herodots übertreibender Angabe
1700000 Mann Fußvolk, 80000 Reiter und zahlreicher Troß; eine Flotte
von 1207 Trieren.

Nachdem die Griechen den Plan, den Paß von +Tempe+ zu verteidigen,
aufgegeben haben, durchzieht das persische Heer Thessalien, ohne
Widerstand zu finden. Die +Thessăler+ und die böotischen Städte, mit
Ausnahme von +Platää+ und +Thespiä+, senden dem Könige Zeichen der
Unterwerfung. +Argos+, +Achaja+ und das +westliche Mittelgriechenland+
nehmen am Kampfe gegen ihn nicht teil.

[~480.~ (Juli.)]

~Schlacht bei Thermopylä.~

Der spartanische König ~Leonĭdas~ an der Spitze von etwa ~6000~
Schwerbewaffneten (Hopliten) (darunter 300 +Spartiaten+, 1000
lakedämonische +Periöken+ und 700 +Thespier+) verteidigt 2 Tage lang
den Engpaß, während 1000 Phokier den Fußpfad über den Kallidrŏmos
bewachen. Die Perser, durch den Verräter Ephialtes auf diesen Pfad
geführt, vertreiben die Phokier und kommen dem griechischen Heere in
den Rücken. ~Leonidas~ befiehlt den Periöken und den Bundesgenossen,
nach Hanse zu gehen und stirbt mit den noch übrigen ~Spartiaten~ und
~Thespiern~, welche sich weigern, ihn zu verlassen, den Heldentod.
Bekannte Grabschrift des Simonides. (S. Schillers »Spaziergang«). Die
gezwungen (?) mit Leonidas fechtenden +Thebaner+ strecken die Waffen,
werden teils niedergemacht, teils auf des Königs Befehl gebrandmarkt
nach Theben zurückgeschickt.

Zu gleicher Zeit unentschiedene ~Seegefechte bei Artemision~, einem
Vorgebirge und Tempel an der Nordspitze von Euböa. Dreitägige Kämpfe;
Verluste der Perser namentlich durch den Untergang der um die Südspitze
von Euböa herum entsandten Schiffe. Auf die Kunde von der Einnahme des
Passes von Thermopy̆lä zieht die hellenische Flotte sich zurück nach
der Bucht von Salămis. Das peloponnesische Landheer beginnt am Isthmos
den Bau einer Schutzmauer.

Xerxes durchzieht Mittelgriechenland. Die +Lokrer+ und +Dorier+
unterwerfen sich. Das Gebiet der +Phokier+ wird verwüstet, die gegen
+Delphi+ geschickte Truppe soll durch Gewittersturm zurückgeschreckt
worden sein. +Böotien+ wird als Freundesland behandelt, nur +Thespiä+
und +Platää+ werden zerstört.

Die Athener verlassen ihre Stadt, nur die Akropolis bleibt besetzt.
Die waffenfähigen Bürger besteigen die Flotte, die »hölzerne Mauer«;
Greise, Frauen und Kinder werden mit der beweglichen Habe nach
+Salămis+, +Ägina+ und +Troizen+ gebracht. Den Verbannten wird die
Rückkehr gestattet. Die Akropolis wird von den Persern erstürmt;
~Zerstörung der Stadt Athen.~

[~480.~ (Ende Sept.)]

~Seeschlacht bei Salămis.~

Die vereinigte hellenische Flotte (378 Trieren, 7 Fünfzigruderer)
steht unter dem Oberbefehl des Spartaners ~Eurybiădes~. Uneinigkeit im
Kriegsrat; der athenische Feldherr ~Themistŏkles~ bewirkt durch eine
geheime Botschaft an Xerxes, daß die Griechen in der Meerenge zwischen
Salamis und Attika von der persischen Flotte eingeschlossen werden.
Xerxes schaut von dem Berge +Ägāleos+ dem Kampfe zu. Glänzender Sieg
der Griechen. ~Aristides~, von Ägina herbeigeeilt, nimmt während des
Flottenkampfes die von den Persern besetzte kleine Insel Psyttaleia,
macht viele vornehme Gefangene.

Die persische Flotte sammelt sich in der Bucht von Phalēron, Xerxes
beschließt den ~Rückzug~. In Thessalien bleibt +Mardonios+ mit einem
großen Teil des Heeres zurück. Xerxes erreicht nach großen, durch
Seuchen und Mangel an Lebensmitteln verursachten Verlusten den
Hellespont, wo er die Flotte findet, die das Heer übersetzt, da die
Brücke vom Sturm zerstört worden ist.

Die griechische Flotte, statt, wie Themistokles wollte, die persische
zu verfolgen, wendet sich gegen die Inseln, belagert +Andros+
vergeblich und löst sich beim Eintritt des Winters auf. Rückkehr der
Athener nach ihrer Stadt, deren Wiederaufbau sofort begonnen wird.

[~480.~]

~Schlacht bei Himera,~

Sieg der ~sicilischen Griechen~ unter +Gelon+ von Syrakus und +Theron+
von Akragas (S. 37) über die mit Persien verbündeten +Karthager+. Diese
sollen den Frieden durch Zahlung von 2000 Talenten erkauft haben; sie
bleiben im Besitz ihrer sicilischen Städte (Panormos, Soloeis, Motye).

[479.]

Nachdem ~Mardonios~ den Athenern durch Alexander von Makedonien (s. S.
38) vergebens einen Sonderfrieden angeboten hat, rückt er, verstärkt
durch +griechische Bundesgenossen+ (Thessăler, Böoter, Lokrer, Phokier)
in Attika ein. Die Athener retten sich wieder nach +Salămis+. Was in
der Stadt aufgebaut worden, wird von den Persern von neuem zerstört.
Endlich rückt die ganze peloponnesische Streitmacht (30000 Hopliten und
zahlreiche Leichtbewaffnete) über den Isthmos vor, +Mardonios+ geht
zurück und nimmt eine vorteilhafte Stellung in Böotien am +Asōpos+
ein. Mehr als 10000 +Athener+, +Platäer+ und +Thespier+ vereinigen
sich mit dem peloponnesischen Heere. Anführer der gesamten Streitmacht
(angeblich 110000 Mann, doch keine Reiterei) war ~Pausanïas~ (Regent in
Sparta für den unmündigen Sohn des Leonidas).

[~479.~ (Sept.)]

~Schlacht bei Platää.~

Nach längerem Zaudern entschließt sich Pausanias zum Kampfe. Glänzender
Sieg, Mardonios fällt. Die Griechen erobern das persische Lager;
von der reichen Beute wird den Göttern der Zehnte geweiht.[14] Das
griechische Heer rückt vor +Theben+, die Häupter der persischen Partei
werden ausgeliefert und auf dem Isthmos hingerichtet.

Die hellenische Flotte unter dem Oberbefehl des Spartanerkönigs
+Leotychĭdas+ (die athenischen Schiffe unter +Xanthippos+) eröffnet
den ~Angriffskrieg gegen die Perser~, der mit Unterbrechungen bis 445
dauert. Der persische Flottenführer +Mardontes+, den kleinasiatischen
Griechen in seinem Heere mißtrauend, wagt nicht, die ihm bei +Samos+
angebotene Seeschlacht anzunehmen. Er läßt dieser Insel gegenüber bei
dem Vorgebirge +Mykăle+ die Schiffe aufs Land ziehen und verschanzt
sich. Die Griechen landen und siegen in der

[~479.~ (Ende Sept.)]

~Schlacht bei Mykăle,~

nehmen das Lager und stecken die persischen Schiffe in Brand. Mehrere
Inselstädte (namentlich +Samos+, +Lesbos+ und +Chios+), dann die
Küstenstädte Kleinasiens, auch das hergestellte +Milet+ (S. 20), werden
als Bundesgenossen aufgenommen. Die Peloponnesier fahren nach Hause
zurück, die +Athener+ und +Ionier+ erobern +Sēstos+ (S. 38).

Wiederaufbau der Stadt Athen; sie wird trotz des Einspruchs der
Peloponnesier mit einer starken Mauer von vergrößertem Umfang (60
Stadien) umgeben. List des +Themistokles+, der als Gesandter nach
Sparta geht.

[478.]

Unter Anführung des Spartaners +Pausanĭas+ vertreibt die vereinigte
Flotte der Peloponnesier, Athener und Ionier persische Besatzungen von
der Insel ~Cypern~, fährt dann nach ~Byzanz~ und befreit diese Stadt.
Hochmut des +Pausanias+ gegen die Bundesgenossen, er tritt mit dem
persischen Hofe in geheime Verbindung. Das gewinnende Auftreten der
Anführer der Athener, +Aristides+ und +Kimon+, hat nach Abberufung des
Pausanias durch die Ephoren zur Folge, daß die Führung (+Hegemonie+)
zur See von Sparta auf Athen übergeht,

[477.]

~Gründung des attischen Seebundes.~

Die Insel- und Küstenstädte des Ägäischen Meeres schließen ein
dauerndes Bündnis mit Athen; die größeren stellen Schiffe zum Kampf
gegen die Perser, die kleineren zahlen Geldbeiträge. Organisation des
Bundes durch Aristides. Bundeskasse im Apollotempel zu +Delos+.

+Themistokles+, bei den olympischen Spielen 476 von den versammelten
Hellenen geehrt, gerät bei den Athenern allmählich in Mißgunst, wird
470 durch den Ostrakismos verbannt und geht nach +Argos+. Dort wird er
der Teilnahme an den fortgesetzten hochverräterischen Umtrieben des
+Pausanias+ verdächtig. Dieser, von den Ephoren mit Verhaftung bedroht,
rettet sich in Sparta in den Tempel der Athene und stirbt durch Hunger
(468). Themistokles muß aus Argos fliehen, geht nach Kerkȳra, dann nach
Epīrus, endlich nach Susa zum Perserkönig +Artaxerxes+ (s. S. 21),
dem er seine Dienste anbietet. Er erhält eine fürstliche Schenkung in
Kleinasien, stirbt (460) zu Magnesia (am Maiandros).

Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Perser unter Führung ~Kimons~,
des Sohnes des Miltiades (S. 39). Er erobert mit der Bundesflotte die
noch von den Persern besetzt gehaltenen Plätze an der thrakischen
Küste, namentlich +Eïon+ an der Strymonmündung, besetzt die Insel
+Skyros+ (die Gebeine des Theseus von dort nach Athen gebracht),
unterwirft die vom Bunde abgefallene Insel +Naxos+, besiegt Flotte und
Landheer der Perser in der

[466.]

~Doppelschlacht am Eurymĕdon~

in Pamphylien. Darauf vertreibt er die Perser von der thrakischen
+Chersŏnēs+, stellt die athenische Kolonie daselbst wieder her und
unterwirft die abtrünnige Insel +Thasos+. -- Bauten in Athen; Stoa
Poikile am Markt mit Wandgemälden von Polygnōtos, Befestigung der
Akropolis, Bau der +langen Mauern+ nach dem Peiraieus und nach Phalēron.

[464.]

Erdbeben in Sparta, Aufstand der unterdrückten ~Messenier~ und
~Heloten~. Die Spartaner bitten Athen um Hilfe; sie wird auf Kimons
Antrag gewährt. Aber bald schicken die Spartaner aus Argwohn das
athenische Hilfsheer zurück. Dadurch beleidigt, treten die Athener in
ein Bündnis mit Argos. Mit Mühe unterdrücken die Spartaner 455 den
Aufstand (dritter Messenischer Krieg) (S. 44).

In Athen erhebt sich gegen Kimons Politik, die auf gutes Einvernehmen
mit Sparta, Fortsetzung des Kriegs gegen Persien und Mäßigung der
Demokratie im Sinne Solons gerichtet ist, die +demokratische+ Partei,
geleitet von +Ephialtes+ und ~Perikles~, dem Sohne des Xanthippos (S.
39).

[461.]

Beschränkung des +Areopags+; ein Gesetz des Ephialtes entzieht ihm
die altherkömmliche Oberaufsicht über die bürgerliche Ordnung und
die Staatsverwaltung und läßt ihm nur die +richterliche+ Tätigkeit.
Zugleich Ausdehnung der Volksgerichtsbarkeit; auf +Perikles’+ Antrag
wird den +Heliasten+ (S. 35) ein +Richtersold+ aus der Staatskasse
gewährt. +Kimon+ durch Ostrakismos +verbannt+.

Weitere Maßregeln der durch den Areopag nicht mehr gehemmten
demokratischen Partei: Einführung des +Ratssoldes+ und des
+Schaugeldes+ (Theorikon) für die Theateraufführungen an Festtagen;
das Archontat wird auch der +dritten+ Vermögensklasse zugänglich.
Einschätzung in die Vermögensklassen nicht mehr nach dem Grundbesitz,
sondern nach dem Gesamtvermögen.

[459.]

Fortsetzung des +Krieges gegen Persien+; eine athenische Flotte
fährt nach +Cypern+ und leistet dann den aufständischen +Ägyptern+
unter Inaros Hilfe (S. 21). Das Unternehmen endet 455 unglücklich;
die Athener, auf einer Nilinsel eingeschlossen, müssen sich ergeben.
Zwiespalt der Griechen untereinander kommt den Persern zustatten.

[459–445.]

~Kriege der Peloponnesier~ und ~Böoter~ gegen ~Athen~.

Athen nimmt das benachbarte +Megara+ in seine Symmachie auf, befestigt
den Hafen. +Korinth+ und +Ägina+ dadurch bedroht, erklären den Krieg.
Seesieg der Athener bei der Insel Kekryphaleia. Nunmehr kommt ein
spartanisches Heer 457 den +Doriern+ in Mittelgriechenland (S. 28)
gegen einen Angriff der +Phokier+ zu Hilfe; die Athener verlegen ihm
den Rückweg, werden aber bei ~Tanăgra~ in Böotien von den Spartanern
besiegt. Die Spartaner kehren nach Hause zurück; die Athener dringen
abermals in Böotien ein, siegen bei +Oinophy̆ta+ über die Thebaner und
gewinnen die andern böotischen Städte, die Phokier und die opuntischen
Lokrer zu Bundesgenossen. +Ägina+ muß sich nach langer Belagerung
unterwerfen (456), die Kriegsschiffe ausliefern und dem attischen
Seebunde beitreten.

[455.]

Die attische Flotte unter +Tolmides+ umfährt die Peloponnes, verbrennt
die spartanische Schiffswerft bei Gytheion, landet an den Küsten
von Ätolien und Sikyon, siedelt die Messenier (S. 43), welchen die
Spartaner freien Abzug aus Ithome bewilligen, in +Naupaktos+ am
Eingang in den Korinthischen Meerbusen an.

[454.]

Verlegung der Bundeskasse von +Delos+ nach +Athen+. Die Bundesgenossen,
zu regelmäßigen Beiträgen verpflichtet (jährlich 460 Talente) und der
Gerichtshoheit Athens unterworfen, werden tatsächlich zu Untertanen.
Athen ist Hauptstadt eines ansehnlichen +Insel- und Küstenreiches+,
welches nach den erhaltenen Tributlisten in 5 Provinzen geteilt war:
Hellespont, Thrakien, Ionien, Karien, Inseln.

[453.]

Seezug des +Perikles+ von dem megarischen Hafen Pagä aus, die +Achäer+
schließen sich dem athenischen Bunde an; ein Angriff auf Öniadä (an
der akarnanischen Küste) mißlingt. Aussöhnung zwischen +Perikles+ und
+Kimon+, welcher aus der Verbannung zurückberufen wird. Durch Kimons
Einfluß kommt 451 ein +Waffenstillstand+ zwischen Athen und Sparta
zustande.

Neuer ~Seezug gegen die Perser~. Kimon fährt mit 200 Schiffen nach
Cypern, sendet 60 davon nach Ägypten, stirbt aber während der
Belagerung von +Kition+ an einer Krankheit. Seine Truppen erringen in
der

[~449.~]

~Doppelschlacht bei Salamis~ auf Cypern einen glänzenden Sieg über
die +persische+ (d. h. phönikisch-kilikische) Flotte und die am Lande
befindlichen feindlichen Truppen, kehren dann aber nach Hause zurück.
Alsbald erneut sich der Krieg in Mittel-Griechenland.

[447.]

~Schlacht bei Koroneia~; Sieg der von Athen abgefallenen Böoter. Gleich
darauf Einfall eines spartanischen Heeres in Attika, um einen Aufstand
auf +Euböa+ gegen Athen zu unterstützen. Perikles bewirkt durch
Bestechung des spartanischen Königs Pleistoanax den Abzug des Heeres,
unterwirft darauf Euböa, ist aber zum Frieden und zum Verzicht auf die
Landhegemonie bereit.

[~445.~]

~Dreißigjähriger Friede zwischen Athen und Sparta.~

Gegenseitige Anerkennung der +peloponnesischen+ und der +athenischen+
Bundesgenossenschaft.

Um diese Zeit (jedenfalls +nach Kimons Tode+) finden auch
Friedensverhandlungen zwischen Athen und ~Persien~ statt, eine
athenische Gesandtschaft unter +Kallias+ geht nach Susa. Doch wird kein
förmlicher Friede geschlossen, man begnügt sich mit stillschweigender
Anerkennung des Besitzstandes. Die Athener geben Cypern auf und
schicken den aufständischen Ägyptern keine weitere Hilfe. Später
erzählte man von einem ~Kimonischen Frieden~, in welchem der
Perserkönig die Unabhängigkeit der kleinasiatischen Griechen anerkannt
und versprochen haben soll, kein Kriegsschiff mehr ins Ägäische Meer zu
schicken.

~Folgen der Perserkriege~: 1. Die +politische Freiheit+ der Griechen in
Asien und Europa ist gesichert gegen die Machtansprüche des persischen
Despotismus. 2. Die +griechische Kultur+ entfaltet sich zu ihrer
höchsten Blüte in Gewerbtätigkeit und Handel, Kunst und Wissenschaft,
besonders in +Athen+, während Sparta zurückbleibt.

[~444–429~]

Nachdem +Thukydĭdes+ (Sohn des Melesias, nicht der gleichnamige
Geschichtschreiber), eine Zeitlang Führer der kimonischen Partei,
durch den Ostrakismos verbannt ist, beginnt die ~Blütezeit Athens~
unter der Verwaltung des ~Perikles~, welcher, obwohl niemals Archon,
den Staat durch seinen Einfluß als Redner in der Volksversammlung und
in amtlicher Eigenschaft als +Strateg+, als +Finanzvorsteher+ und
+Vorsteher der öffentlichen Bauten+ leitet.

Unbestrittene Herrschaft Athens im Gebiet seines Seebundes; nur
+Samos+ versucht 441 einen Aufstand. Verstärkung der Kolonie auf der
thrakischen +Chersones+ (S. 36, 43), Flottenfahrt des Perikles nach
dem +Schwarzen Meere+ zur Unterstützung der dortigen Griechenstädte
Sinōpe, Amīsos, Pantikapaion (letztere wichtig für den Getreidehandel
nach Athen). Neue Kolonien +Thurii+ in Unter-Italien, an der Stelle
des zerstörten +Sybăris+ (443), und +Amphipŏlis+ am Strymon (437).
-- Vollendung der Befestigung Athens durch eine +dritte+ lange Mauer
(parallel mit der nach dem Peiraieus führenden, s. S. 43). Neubau der
+Hafenstadt+ Peiraieus, Tempel zu +Eleusis+, in Athen das +Odeion+
neben dem vergrößerten +Dionysostheater+ am Südabhang der Akropolis, in
der Nähe das noch gut erhaltene Theseion.

Prachtbauten auf der ~Akropolis~: Der +Parthĕnon+, von Iktīnos und
Kallikrătes erbaut, von dem Bildhauer ~Pheidĭas~ mit dem Standbild
der Göttin Athene aus Gold und Elfenbein, an den Außenseiten mit
Marmorskulpturen geschmückt;[15] die Karyatidenhalle des +Erechtheion+;
die +Propyläen+, als Eingangstor von Mnesĭkles erbaut; daneben die
+Pinakŏthek+ mit Wandgemälden von +Polygnōtos+. Tempel der Athena Nike.
Auf dem freien Platz vor den beiden Tempeln das große eherne Standbild
der +Athene Promăchos+ von ~Pheidias~, welcher auch nach +Olympia+
berufen wurde, um dort das Standbild des Zeus aus Gold und Elfenbein
aufzurichten.

Athen jetzt der Brennpunkt des wirtschaftlichen Lebens in Hellas.
Handel nach allen Plätzen des Mittelmeeres. Großindustrie durch Sklaven
betrieben. Bedeutende Ausfuhr von Erzeugnissen des Gewerbefleißes,
Einfuhr von Getreide, Schiffsbauholz und Rohstoffen aller Art.

Blüte der +dramatischen Dichtung+: Die drei Tragiker ~Aischy̆los~
(526–455, die Perser 472, die Oresteia 458, eine Trilogie), ~Sŏphŏkles~
(496–405, Antigone 441, Ödipus auf Kolōnos), ~Euripĭdes~ (480–406,
Medeia 431. Iphigeneia in Tauris 412). Etwas später entfaltet sich die
+Komödie+; besonders bedeutend sind die +politischen+ Komödien des
~Aristophănes~ in der Zeit des Peloponnesischen Krieges (die Ritter
424, die Wolken 423, der Friede 421, die Vögel 414). Dramatische
Aufführungen fanden statt an den +Diony̆sosfesten+ (kleine Dionysien
oder Lenäen, große Dionysien); die Ausstattung des Chores war eine den
reicheren Bürgern obliegende +Liturgie+ (vgl. S. 39).

Geschichtschreibung: ~Herodot~ von Halikarnaß (484–424?), Teilnehmer an
der Koloniegründung in Thurii; ~Thukydĭdes~ von Athen (470–400?).

Philosophie: ~Anaxagŏras~ von Klazomĕnä, Lehrer des Perikles
(+Empedŏkles+ in Akragas. +Demokritos+ in Abdēra, um 450). ~Protagŏras~
von Abdera, neben +Gorgias+ von Leontini und +Prodikos+ von Keos der
berühmteste unter den +Sophisten+, welche als Lehrer der Weisheit und
der Redekunst auftraten. ~Sokrătes~ von Athen (469–399), Gegner der
Sophisten. Ihrer subjektiven Richtung (der Mensch ist das Maß der
Dinge) stellt er das Streben nach objektivem, begriffsmäßigem Wissen
entgegen.


§ 4. Peloponnesischer Krieg. (431–404 v. Chr.)

Nach kurzer Friedenszeit erneuert sich die Feindschaft der auf
Athens politisches und wirtschaftliches Übergewicht eifersüchtigen
aristokratischen Peloponnesier gegen die attische Demokratie; es
beginnt ein fast dreißigjähriger, für Griechenland verderblicher Krieg.

~Veranlassungen~: 1. Einmischung Athens in den Krieg, welcher
zwischen +Kerkyra+ und +Korinth+ wegen der Kolonie +Epidamnos+ (S.
33) entstanden war.[16] Die Athener erklären sich für Kerkyra und
nehmen (zunächst mit 10 Schiffen) teil an der +Schlacht bei Sybŏta+
(432) zwischen den Korinthern und Kerkyräern, in der die Korinther
erst Sieger sind, sich aber nach dem Erscheinen weiterer 20 attischer
Trieren zurückziehen. 2. Die Bewohner von +Poteidaia+ (S. 33) fallen
vom athenischen Bunde ab (432), werden von Korinth unterstützt, aber
von den Athenern geschlagen und in ihrer Stadt belagert.

Die Korinther, unterstützt durch Beschwerden der +Megărer+, welche von
allen attischen Häfen und Märkten ausgeschlossen worden waren, und der
Ägineten, klagen gegen die Athener in Sparta. Die Volksversammlung
der Spartiaten erklärt, daß die Athener die Verträge gebrochen haben,
worauf die +peloponnesische Tagsatzung+ Kriegsbereitschaft beschließt.

~Streitkräfte beider Parteien~: +Achaja+ und +Argos+ bleiben zunächst
neutral; mit den ~Peloponnesiern~ verbündet: die +Megărer+, +Böoter+,
+opuntischen Lokrer+, +Phokier+. -- Selbständige Bundesgenossen der
~Athener~: +Platää+, +Naupaktos+, +Kerkyra+, +Zakynthos+, +Chios+,
+Lesbos+, die +Thessăler+ und +Akarnanen+. Flotte von 300 Trieren,
Bürgerheer von 29000 Hopliten, Staatsschatz von 6000 Talenten,
Jahrestribut aus dem Bundesgebiet 600 Talente.

Perikles behauptet sein Ansehen gegen alle Anfeindungen (Anklagen gegen
Pheidias, Anaxagoras, gegen seine Gemahlin Aspasia, endlich gegen ihn
selbst wegen der Verwaltung des Staatsschatzes). Sein Kriegsplan:
Verteidigung in der befestigten Stadt, Angriff mit der Flotte.

[431.]

~Der Archidamische Krieg. 431–421.~ Der Krieg beginnt mit einem
Überfall von +Platää+ durch die Thebaner, welche zurückgeschlagen
werden. Darauf ~Einfall der Peloponnesier in Attika~ unter dem
Spartanerkönig +Archidāmos+. Verwüstung des Landes. Die Landbewohner
flüchten in die befestigte Stadt Athen oder lagern zwischen den langen
Mauern. Die athenische Flotte verheert die Küsten der Peloponnes und
nimmt +Ägina+ in Besitz; das Gebiet von +Megăra+ von dem Landheer
verwüstet.

[430.]

~Zweiter Einfall~ der Peloponnesier, in Athen bricht die ~Pest~ aus
(der Arzt +Hippokrătes+ aus Kōs). Perikles verheert mit der Flotte die
Küste von +Argolis+, wird im Rechenschaftsprozeß verurteilt, aber für
das nächste Jahr wieder zum Feldherrn erwählt.

[429.]

Die Athener nehmen +Poteidaia+ ein; ihre Flotte unter +Phormion+ ist
siegreich im korinthischen Meerbusen bei Naupaktos.

~Perikles stirbt an der Pest~. An die Spitze der demokratischen Partei
tritt +Kleon+, der »Gerber«, d. i. Besitzer einer durch Sklaven
betriebenen Lederwarenfabrik, an die Spitze der aristokratischen
+Nikĭas+.

[428.]

+Dritter Einfall+ der Peloponnesier, dann Abfall der Stadt +Mytilēne+
auf Lesbos vom athenischen Seebunde (Methymna bleibt den Athenern
treu). Die Spartaner belagern +Platää+.

[427.]

Während des +vierten Einfalls+ der Peloponnesier in Attika wird
+Mytilēne+ auf Lesbos von der athenischen Flotte zur Übergabe
gezwungen. Die athenische Volksversammlung beschließt auf +Kleons+
Antrag, +alle Bürger+ von Mytilēne, am andern Tage jedoch, +nur die
Aristokraten+ hinrichten zu lassen. Über +tausend+ werden getötet, die
Mauern der Stadt geschleift, die Äcker der Insel, mit Ausnahme des
Gebiets von +Methymna+, an attische Bürger verteilt.

Die Spartaner nehmen +Platää+ ein, die letzten 225 tapferen Verteidiger
der Stadt werden hingerichtet. -- Blutige Parteikämpfe in +Kerkyra+, wo
zuletzt mit Hilfe Athens die Demokraten Sieger bleiben.

[426.]

Glückliche Kämpfe der Athener unter +Demosthĕnes+ in +Akarnanien+ gegen
die von den Peloponnesiern unterstützten +Ambrakioten+.

[425.]

+Fünfter Einfall+ der Peloponnesier. +Demosthenes+, mit einer nach
Sicilien (S. 50) bestimmten Flotte aussegelnd, landet in Messenien
und besetzt die verfallene Burg von ~Pylos~. Die Peloponnesier
(+Brasĭdas+) besetzen die gegenüberliegende Insel +Sphakteria+, werden
aber durch die athenische Flotte abgeschnitten. Der von spartanischen
Gesandten in Athen angebotene Friede auf +Kleons+ Antrag verworfen.
Kleon und Demosthenes erobern +Sphakteria+; 292 Hopliten, darunter
120 Spartiaten, werden nach Athen gebracht. Die Athener drohen diese
hinzurichten, wenn ein neuer Einfall in Attika geschehe.

[424.]

Die Insel +Kythēra+ von den Athenern unter Nikias besetzt. Von Kythēra
und von +Pylos+ aus beunruhigen sie fortwährend das lakonische Gebiet.
Ihr Landheer bei +Delion+ in Böotien von den Böotern geschlagen
(Sokrates von Alkibiades gerettet).

~Brasĭdas~, der durch Böotien und Thessalien nach +Makedonien+ und
+Thrakien+ gezogen ist, bringt die dortigen Küstenstädte zum Abfall
von Athen, nimmt auch +Amphipŏlis+ ein. Der athenische Feldherr
+Thukydĭdes+ (der Geschichtschreiber), der mit einem Geschwader bei
Thasos lag und diesen Verlust nicht hatte verhindern können, wird
deshalb verbannt. Nach abermals vergeblichen Friedensverhandlungen
senden die Athener Kleon nach Thrakien. Er wird in der

[~422.~]

~Schlacht bei Amphipŏlis~

von Brasidas geschlagen und fällt auf der Flucht, Brasidas stirbt an
seinen Wunden.

[~421~.]

~Friede des Nikĭas~,

geschlossen auf 50 Jahre. Beide Teile geben die Gefangenen und die
Eroberungen heraus, doch wird diese Bestimmung nur unvollständig
ausgeführt. Schon nach +drei+ Jahren bricht der Krieg wieder aus,
da ~Alkibiădes~ die Athener beredet, dem Bündnis beizutreten,
welches +Argos+ mit anderen peloponnesischen Staaten (Elis und
Mantineia) geschlossen hatte, um dem drückenden Übergewicht Spartas
entgegenzutreten.

Die vereinigten +Argiver+ und +Athener+ werden in der

[~418~.]

~Schlacht bei Mantineia~

geschlagen. Die Spartaner stellen durch diesen Sieg ihre Herrschaft
über die Peloponnes wieder her. In Athen bekämpfen sich die Parteien
des +Nikias+ und +Alkibiădes+; durch Anwendung des Ostrakismos wird nur
der unruhige +Hyperbŏlos+ verbannt.

[416.]

Die Athener nehmen +Mēlos+ und töten +alle+ Bürger der Insel.

[~415–413~.]

Unternehmung der Athener gegen ~Syrakus~.

Syrakus, nach dem Siege bei +Himĕra+ über die Karthager (S. 41)
aufblühend unter der milden Herrschaft +Hierons+ (Bruder des +Gelon+)
seit 466 mit demokratischer Verfassung, steht an der Spitze der
sicilischen Griechenstädte.

[427.]

Hilfsgesuch der Stadt +Leontini+ (der Redner und Sophist +Gorgias+) bei
den Athenern gegen Syrakus; eine athenische Flotte wird nach +Rhegion+
gesandt, doch gelingt es den Athenern nicht, sich auf Sicilien
festzusetzen. Der Syrakusaner +Hermokrătes+ vermittelt 424 Frieden
unter den sicilischen Städten.

[416.]

Hilfsgesuch der Stadt +Egesta+ und der vertriebenen Leontiner gegen
Selinus und Syrakus, bei den Athenern von +Alkibiădes+ befürwortet, von
+Nikias+ widerraten. Eine Flotte von 134 Trieren fährt unter Anführung
von +Alkibiădes+, +Nikias+ und +Lamăchos+ nach Sicilien. Nachdem
+Naxos+ und +Katăna+ besetzt sind, wird Alkibiades zurückgerufen,
abwesend angeklagt wegen Teilnahme an Religionsfreveln, die kurz
vor Abfahrt der Flotte begangen waren (Verstümmelung der Hermen.
Verspottung der eleusinischen Mysterien). Er flieht nach Argos, wird
abwesend zum Tode verurteilt, seine Güter werden eingezogen. Hierauf
begibt er sich, um Rache an Athen zu nehmen, nach Sparta.

[Sidenote:
414.]

Die Athener erfechten einen Sieg vor +Syrakus+ und beginnen mit
Erfolg die Belagerung der Stadt, wobei +Lamăchos+ fällt. Die
Spartaner schicken auf Alkibiades’ Antrieb ein kleines Geschwader
unter +Gylippos+ den Syrakusanern zu Hilfe. Die Athener werden
zurückgedrängt, leiden durch Krankheit und Mangel. Nikias der Lage
nicht gewachsen.

[413.]

Sie erhalten Verstärkung aus Athen (73 Trieren, 5000 Hopliten) unter
+Demosthĕnes+, werden aber bei einem nächtlichen Angriff auf die
Höhen von +Epipŏlä+ besiegt. Der Abmarsch beschlossen, verzögert
durch abergläubische Bedenken des Nikias wegen einer Mondfinsternis
(27. August). Unglückliche +Seeschlacht+ in dem von den Feinden
gesperrten Hafen von Syrakus; das zu Lande abziehende Heer wird am
Flusse +Assinăros+ teils niedergemacht, teils gefangen. +Nikĭas+
und +Demosthĕnes+ in Syrakus hingerichtet, 7000 Gefangene in die
Steinbrüche gesteckt, wo viele elend umkommen, oder als Sklaven
verkauft.

[413. (März.)]

Auf Alkibiădes’ Rat halten die Spartaner, gereizt durch eine Landung
attischer Schiffe in Lakonien, den Flecken +Dekeleia+ in Attika
besetzt. Von dort aus machen sie (unter König +Agis+) oft wiederholte
Streifzüge. Die dauernde Besetzung wirksamer als die früheren
vorübergehenden Einfälle, Die letzten 9 Jahre des +Peloponnesischen
Krieges+ heißen deshalb der

[413–404.]

~Dekeleïsche~ Krieg.

Bedrängnis der Athener, Flucht vieler Sklaven, Geldnot des Staates. Die
aristokratische Partei kommt wieder zu Ansehen. Einsetzung einer neuen
Behörde von 10 +Vorberatern+. Ordnung der Finanzen; die Tribute der
Bundesgenossen werden in Hafenzölle umgewandelt. Neue Rüstungen.

Alkibiădes bewirkt den Abfall von +Chios+, +Erythrä+, +Klazomĕnä+
und +Milēt+ vom athenischen Bunde. Er bringt ein Bündnis zustande
zwischen den Spartanern, die sich bereit erklären, dem Perserkönig
alle ihm ehemals untertänigen Griechenstädte wieder zu überlassen, und
dem persischen Satrapen +Tissaphernes+ in Sardes, der den Spartanern
Hilfsgelder zahlt.

[412.]

Eine neue athenische Flotte erscheint an der ionischen Küste; die
Peloponnesier werden im Landkampf bei +Milēt+ geschlagen, aber die
Einnahme der Stadt wird durch das Erscheinen syrakusischer Schiffe
(unter Hermokrates) gehindert. Die athenische Flotte, wieder auf 104
Schiffe gebracht, ankert vor +Samos+. Alkibiădes, von den Spartanern
angefeindet und beargwöhnt, begibt sich zu Tissaphernes, auf den er
bald großen Einfluß gewinnt. Zugleich knüpft er Unterhandlungen mit den
Oligarchen (Gegnern der Demokratie) im athenischen Heere an.

[411. (März.)]

~Verfassungsänderung in Athen~,

von der oligarchischen Partei +(Antĭphon+, +Theramĕnes+) gewaltsam
durchgesetzt. Rat von 400 Mitgliedern eingesetzt, die Volksversammlung
auf 5000 Bürger beschränkt, alle Staatsbesoldungen, mit Ausnahme
des Soldes der im Heere dienenden Bürger, werden abgeschafft.
Friedensverhandlungen mit Sparta. Aber das Heer bei Samos weigert
sich, die Verfassungsänderung anzuerkennen, erwählt neue Feldherren
(+Thrasybūlos+) und ~ruft Alkibiades zurück~. Dieser übernimmt den
Oberbefehl, weigert sich aber, die Flotte gegen die Oligarchen nach
Athen zu führen, und verlangt, daß sie vor dem Feinde bleibe. In Athen
wird auch ohne Eingreifen des Heeres die Oligarchie nach kurzer Dauer
gestürzt, der alte Rat der 500 wieder eingesetzt, bald auch der Zutritt
aller Bürger zur Volksversammlung wieder hergestellt.

Die Spartaner brechen jede Verbindung mit Tissaphernes ab und schließen
ein Bündnis mit +Pharnabāzos+, dem Satrapen von Bithynien. Aber die
peloponnesische Flotte (unter +Mindăros+) wird von den Athenern in zwei

[411.]

Seegefechten bei ~Abȳdos~ geschlagen und schließlich unter
+Alkibiădes’+ Oberbefehl vernichtet in der

[410.]

~Doppelschlacht bei Kyzĭkos~ (Mindaros † im Landkampf an der Küste).
Alkibiădes sichert die athenische Herrschaft auf der thrakischen
+Chersones+, erobert +Chalkēdon+, schließt Vertrag mit Pharnabazos,
erobert endlich auch die von dem Spartaner +Klearchos+ verteidigte, für
die Getreidezufuhr aus den Pontusländern wichtige Stadt +Byzanz+ (409).

[~408~.]

~Alkibiădes kehrt nach Athen zurück.~

Seine Verurteilung wird widerrufen, die Athener ernennen ihn zum
unumschränkten Feldherrn zu Wasser und zu Lande. Er schützt mit seinem
Heere den langentbehrten Festzug nach Eleusis, fährt dann an der Spitze
der athenischen Flotte wieder nach Kleinasien. Dort hatte unterdessen
der Spartaner +Lysander+ den Oberbefehl erhalten, und des persischen
Königs Dareios II. jüngerer Sohn +Kyros+, Freund der Spartaner, war
Satrap in Sardes geworden. Während Alkibiădes sich an einer Belagerung
von +Phokäa+ beteiligt, wird die von seinem Unterfeldherrn Antiochos
befehligte Flotte von +Lysander+ in dem

[407.]

~Seetreffen bei Notion~ im Golf von Ephĕsos geschlagen. Wegen dieses
unverschuldeten Unglücks wird Alkibiădes von den Athenern des
Oberbefehls entsetzt. Er zieht sich nach der thrakischen Chersones
zurück.

Der neue spartanische Nauarch (Admiral) +Kallikratĭdas+ schließt die
athenische Flotte unter +Konon+ im Hafen von +Mytilene+ ein. Die
Athener rüsten mit äußerster Anstrengung eine neue Flotte aus; diese
schlägt die Peloponnesier in der großen

[~406~. (Sept.)]

~Seeschlacht bei den Arginusen~,

kleinen Inseln an der Küste Kleinasiens, südöstlich von Lesbos; von
120 peloponnesischen Schiffen entkommen nur 43. Aber die siegreichen
Feldherren werden in Athen angeklagt, weil sie die Schiffbrüchigen
bei dem nach der Schlacht eingetretenen Sturm nicht gerettet und die
Leichen nicht bestattet haben; 6 von ihnen, die sich dem Gericht
stellen, werden zum Tode verurteilt. Vergeblicher Widerspruch des
+Sokrates+, der am zweiten Verhandlungstage Vorsteher der Prytanen
(S. 36) war, gegen das abgekürzte (summarische) Gerichtsverfahren.
~Lysander~, wiederum Anführer der spartanischen Flotte, vernichtet die
athenische Flotte in der

[405. (August.)]

~Schlacht bei Aigospotamoi~ (Ziegenflüsse), Lampsăkos am Hellespont
gegenüber. Nur +Konon+ rettet sich mit wenigen Schiffen.
Niedermetzelung von 3000 gefangenen Athenern. Lysander vernichtet die
athenische Herrschaft über die Küsten und Inseln, richtet überall
oligarchische Verfassungen ein, die durch spartanische Statthalter
(Harmosten) überwacht werden, erscheint dann mit seiner Flotte vor
dem Peiraieus, während die Landtruppen unter den beiden spartanischen
Königen +Agis+ und +Pausanias+ Athen von der Landseite einschließen.
Unterhandlungen durch +Theramĕnes+. Endlich bewirkt der Hunger die

[~404~. (Frühjahr.)]

~Übergabe Athens, Ende des Krieges.~

Die Mauern des Peiraieus und die langen Mauern zwischen Stadt
und Häfen werden niedergerissen. Anerkennung der spartanischen
Hegemonie, Verzicht auf alle auswärtigen Besitzungen, Auslieferung der
Kriegsschiffe bis auf 12. Nach Annahme dieser Friedensbedingungen wird
unter +Lysanders+ Einfluß die Neuordnung des Staates +dreißig Männern+
der oligarchischen Partei (Tyrannen) übertragen.

~Folgen des peloponnesischen Krieges~: 1. Fortdauernde Zersplitterung
der Griechen, Beginn ihres politischen Niedergangs, erfolgreiche
Einmischung Persiens. 2. +Sparta+ ist mit persischer Hilfe wiederum
im Besitze der +Hegemonie+, aber durch Auflösung der altspartanischen
Zucht entartet. 3. +Athen+, die Siegerin über den Nationalfeind, ist
gedemütigt, hat jedoch noch Kraft zu neuer Erhebung und bleibt die
geistige Hauptstadt Griechenlands.


§ 5. Makedoniens Emporkommen.

Da Sparta seine Hegemonie gegen die Abneigung der anderen Staaten,
besonders gegen das aufstrebende +Theben+ nicht behaupten kann,
erheben sich neue Kriege unter den griechischen Staaten, bis sie der
Herrschaft +Makedoniens+ untertan werden, welches unter den Königen
+Perdikkas II.+ (454–413) und +Archelāos+ (413–399) allmählich
erstarkt war, dann unter Thronstreitigkeiten zu leiden hatte bis zum
Regierungsantritt +Philipps+ 359.

[~404–403.~]

Herrschaft der ~Dreißig~ in Athen.

Sie nehmen eine spartanische Besatzung in die Akropolis auf, verhängen
Verbannung und Hinrichtung über mißliebige Bürger, die von Angebern
(Sykophanten) angeklagt sind. +Theramenes+, der als Mitglied der
+Dreißig+ zur Mäßigung rät, wird auf Betreiben des leidenschaftlichen
+Kritias+ ebenfalls hingerichtet. Darauf sammelt ~Thrasybūlos~ in
+Theben+ die aus Athen entflohenen Anhänger der Demokratie, besetzt
mit ihnen die Bergfeste +Phyle+ im Parnēsgebirge, schlägt die Truppen
der Dreißig und bemächtigt sich der Hafenstadt Munychia (403); Kritias
fällt. An Stelle der 30 wählen die Bürger in Athen 10 gemäßigtere
Oligarchen. Unter Vermittelung des Spartanerkönigs +Pausanĭas+ kommt
ein Vergleich zwischen diesen und Thrasybūlos zustande. Die vereinigten
Bürger ziehen gegen +Eleusis+, wo die meisten der Dreißig getötet
werden, dann wird +Amnestie+ verkündigt.

[403.]

Herstellung der Demokratie; neue Aufzeichnung der Gesetze unter dem
Archon ~Eukleides.~ Bald werden auch die Besoldungen und Schaugelder
(S. 44) wieder eingeführt, erstere sogar vermehrt durch den
+Volksversammlungssold+.

[401.]

Aufstand des von Sparta unterstützten ~Kyros~ (S. 21) gegen König
+Artaxerxes Mnemon+. Alkibiădes, welcher schon im Jahre 404 den König
hatte warnen wollen, war auf der Reise zu ihm in Phrygien auf Betreiben
Lysanders getötet worden. 13000 griechische Söldner kämpfen für Kyros
in der Schlacht bei ~Kunaxa~ (unweit Babylon); mühsamer Rückzug unter
Führung des Atheners ~Xenophon.~ Nicht ganz 10000 erreichen bei
Trapezūs das Schwarze Meer, die meisten treten bei dem spartanischen
Feldherrn +Thibron+ (s. u.) in Dienst.

[399.]

~Sokrates~ in Athen zum Tode verurteilt und durch Gift hingerichtet.
Sein Schüler ~Platon~ erhebt die Philosophie zur umfassenden
Wissenschaft.

[399–394.]

~Krieg der Spartaner gegen Persien,~ gehemmt durch Zwiespalt unter den
Griechen.

Der persische Satrap +Tissaphernes+ will die griechischen Städte
Kleinasiens für ihren Anschluß an die Sache des Kyros züchtigen. Die
Spartaner kommen den Städten zu Hilfe, erst unter +Thibron+, dann
unter +Derkyllĭdas+, endlich unter dem König ~Agesilaos.~ Dieser
dringt 396 siegreich in Asien vor, schlägt am +Paktōlos+ die Reiter
des Tissaphernes, der auf Befehl des Großkönigs von seinem Nachfolger
+Tithraustes+ hingerichtet wird. Aber +Athen,+ +Theben,+ +Korinth,+
+Argos+ verbünden sich, durch persisches Geld unterstützt, gegen
Sparta, dessen Harmosten sich überall verhaßt gemacht hatten.

[395.]

Lysander fällt bei +Haliartos+ (in Böotien) im Kampf gegen die Thebaner.

[394.]

Seeschlacht bei +Knidos+; die spartanische Flotte wird von der
persischen, von dem Athener Konon geführten Flotte besiegt. Vertreibung
der Harmosten aus den griechischen Städten Kleinasiens. ~Agesilāos,~
aus Asien +zurückberufen+, zieht durch Thrakien, Makedonien und
Thessalien, schlägt die Verbündeten in der

[394.]

~Schlacht bei Koroneia~ (im westl. Böotien)

und gelangt in die Peloponnes zurück. Konon stellt mit persischem
Gelde die ~2 langen Mauern~ zwischen Athen und dem Peiraieus wieder
her. Darauf Landkrieg in der Gegend von +Korinth+, das den Zugang zur
Peloponnes beherrscht; die athenischen Peltasten +Iphikrătes+ bringen
den Spartanern schwere Verluste bei.

Der Spartaner +Antalkĭdas+ gewinnt die Gunst des persischen Satrapen
Tiribazos; Sparta sendet nochmals eine Flotte nach der asiatischen
Küste aus, die aber vor der athenischen unter +Thrasybūlos+
zurückweicht. Endlich entscheidet der Perserkönig; die griechischen
Staaten nehmen die von ihm gestellten Bedingungen an.

[~387.~]

~Friede des Antalkĭdas.~ Die Griechenstädte +Kleinasiens+, sowie die
Inselstadt +Klazomĕnä+ und +Cypern+ werden den Persern ~preisgegeben.~
Die Athener behalten nur die Herrschaft über +Lemnos,+ +Imbros+ und
+Skyros+, alle übrigen Staaten und Inseln sollen selbständig sein.
Messenien jedoch bleibt unter spartanischer Herrschaft. Gewalttätiges
Auftreten der Spartaner zur Durchführung dieser Bestimmungen.

[379–362.]

Krieg zwischen ~Theben~ und ~Sparta,~

veranlaßt durch die Besetzung der +Kadmeia+ (383). Ein spartanisches
Heer war gegen die Stadt +Olynthos+ gesandt, welche ihre Hegemonie
über die kleineren Städte der Halbinsel Chalkidĭke nicht aufgeben
wollte. +Phöbĭdas+, mit einer zweiten Abteilung nachgesandt,
besetzt die Kadmeia, die Burg von Theben, im Einverständnis mit der
aristokratischen Partei daselbst. Olynth wird 379 von den Spartanern
erobert.

[~379.~]

Thebanische Flüchtlinge, die in +Athen+ Aufnahme gefunden haben,
befreien von dort aus unter Führung des ~Pelopĭdas~ ihre Vaterstadt
und nötigen, unter Mitwirkung des ~Epameinondas~, die Spartaner zum
Abzug aus der Kadmeia.

[~378.~]

Die spartanischen Könige +Kleombrŏtos+ und +Agesilāos+ ziehen
gegen Theben zu Felde, kämpfen aber ohne Erfolg. Der Versuch eines
spartanischen Unterfeldherrn, sich des Peiraieus zu bemächtigen,
veranlaßt die Athener zum +Bündnis mit Theben+. Darauf gründen sie
den ~zweiten athenischen Seebund~ (Chios, Lesbos, Rhodos, Byzanz,
Euböa, Kerkyra, chalkidische Städte, Kykladen; keine Kleruchieen
in bundesgenössischem Gebiet, geringere Geldbeiträge). Seesiege
des +Chabrias+ (bei Naxos) und +Timotheos+ (bei Leukas) über die
peloponnesische Flotte. +Olynth+ wird wieder selbständig. Sparta
und Athen als Vertreter ihrer Bundesgenossen schließen 371 Frieden;
+Theben+ aber weigert sich, seine Hegemonie über Böotien aufzugeben,
soll von den Spartanern dazu gezwungen werden.

[~371.~]

~Schlacht bei Leuktra.~

Der spartanische König +Kleombrotos+ von ~Epameinondas~ besiegt.
Schiefe Schlachtordnung, +Pelopĭdas+ mit der heiligen Schar auf dem
linken Flügel bringt durch sein Vordringen den Kampf zur Entscheidung.

[~370.~]

~Angriff der Thebaner auf Sparta.~ Spartas Hegemonie wird durch den
Abfall der +Arkăder+ und die von Epameinondas angeordnete ~Befreiung
der Messenier~ schwer erschüttert. Gründung der Städte +Megalopŏlis+
in Arkadien und +Messēne+ am Fuß der Berges Ithōme. Die offene Stadt
+Sparta+ wird von +Agesilaos+ erfolgreich verteidigt; ein athenisches
Heer kommt den Spartanern zu Hilfe; Rückzug der Thebaner.

[369–367.]

Epameinondas zieht noch zweimal nach der +Peloponnes+, um den erlangten
Einfluß zu sichern; Pelopidas bekämpft in +Thessalien+ den Tyrannen
Alexander von Pherā und schlichtet einen Thronstreit in +Makedonien+,
wird auf dem Rückweg unweit Pherä gefangen genommen, aber von
Epameinondas befreit.

[367.]

Gesandte der griechischen Staaten gehen nach +Susa+; Thebens Versuch,
einen Vertrag auf Grund der vom Perserkönige gutgeheißenen Vorschläge
zustande zu bringen, mißlingt.

[364.]

Pelopidas fällt im Kampfe gegen den Tyrannen von Pherä bei
+Kynoskephălä+; Epameinondas unternimmt mit einer neugebildeten Flotte
eine Fahrt bis +Byzanz+, um der athenischen Seemacht entgegenzutreten.
Unterdessen neue Streitigkeiten in der Peloponnes; Epameinondas
unternimmt einen +vierten+ Zug dorthin.

[~862.~]

~Schlacht bei Mantineia,~

Epameinondas fällt als Sieger im Kampfe gegen die Spartaner und ihre
Bundesgenossen (darunter 6000 Athener). Damit endet die kurze Zeit der
+thebanischen Hegemonie+ (371 bis 362).

Friedensvertrag unter den griechischen Staaten, doch treten die
Spartaner nicht bei, da sie die Unabhängigkeit Messeniens nicht
anerkennen wollen. +Agesilāos+ geht nach Ägypten zur Unterstützung der
Aufständischen gegen die Perser (s. S. 21), deren Flotte der Athener
+Chabrĭas+ befehligt. Agesilāos stirbt auf der Rückfahrt (360).

[~359–336.~]

~Philipp, König von Makedonien,~

Sohn des Königs Amyntas, war von Pelopidas als Geisel auf 3 Jahre
nach Theben gebracht worden und hatte dort griechische Bildung und
Kriegskunst kennen gelernt. Er wird, 23 Jahre alt, nach dem Tode seines
älteren Bruders Perdikkas, König von Makedonien. Tapfer und staatsklug
befestigt er seinen Thron in dem von Parteikämpfen zerrissenen Lande,
sichert die Grenzen gegen die unruhigen Nachbarvölker (+Päŏner+,
+Illyrier+) und richtet ein stehendes Heer ein (+Phalanx+). Hauptwaffe
die Sarissa, ein 5 m langer Speer. Dann beginnt er die Ausbreitung
seiner Herrschaft an der thrakischen Küste und greift in das
Bundesgebiet der Athener ein, die er durch schlaue Unterhandlungen
täuscht.

[357–356.]

Philipp erobert +Amphipŏlis+ (reiche Goldbergwerke in der Nähe),
+Pydna+, +Poteidaia+, schließt Bündnis mit +Olynth+. Athen unterdessen
bedrängt durch Abfall der Bundesgenossen. Chios, Kos, Rhodos, Byzanz
sagen sich vom Seebunde los. Nach kraftloser Kriegführung (+Chabrias+
† im Hafen von Chios) erkennt Athen 355 auf Antrag des +Eubūlos+ ihre
Selbständigkeit an. Der Seebund fortan unbedeutend. Eubūlos Vertreter
der Friedenspolitik; die Überschüsse der Staatsverwaltung werden auf
seinen Antrag der Festgelderkasse (S. 54) überwiesen.

[~355–346.~]

(Zweiter) ~Heiliger Krieg~ gegen die Phokier,

die wegen Benutzung des dem delphischen Gotte geweihten Landes von
Kirrha (s. S. 33) von den Amphiktyonen zu einer hohen Geldstrafe
verurteilt waren. Die Thebaner übernehmen die Eintreibung dieser
Geldstrafe, die Phokier aber bemächtigen sich der Schätze des
delphischen Tempels, verstärken sich durch Söldner und verteidigen sich
längere Zeit mit Erfolg.

[352.]

+Onomarchos+, Feldherr der Phokier, fällt in Thessalien im Kampfe gegen
~Philipp~, welcher von den mit Theben verbündeten Thessălern zu Hilfe
gerufen war. Ein +athenisches+ Heer hindert durch Besetzung des Passes
von +Thermopy̆lä+ Philipp am Einmarsch in Mittel-Griechenland; die
Phokier behaupten sich noch weiter.

Philipp wendet sich wieder nach Thrakien und greift +Olynth+ an.
+Demosthĕnes+, seit 351 (erste Philippika) Führer des nationalen
Widerstandes gegen die drohende makedonische Macht, veranlaßt
Hilfssendungen der Athener nach Olynth.

[~348.~]

~Philipp erobert Olynth~

durch Verrat, zerstört diese Stadt sowie eine große Zahl kleinerer Orte
auf der Halbinsel Chalkidike und verkauft die Einwohner als Sklaven.

[346.]

Friede zwischen Philipp und den Athenern auf Antrag des +Philokrătes+.
Demosthenes und Äschines Gesandte an Philipp. Dieser zieht, abermals
von den Thessalern und Thebanern zu Hilfe gerufen, nach +Phokis+ und
gewährt dem phokischen Feldherrn Phalaikos und seinen Söldnern freien
Abzug.

[~346.~]

~Philipp unterwirft die Phokier,~

zerstört ihre Städte, wird an ihrer Stelle in den +Amphiktyonen+bund
aufgenommen. In Athen Unwille über sein gewaltsames Vordringen;
Demosthenes’ Rede vom Frieden.

[344.]

Philipp tritt an die Spitze des +thessalischen+ Bundes, unterstützt
+Argos, Messenien, Elis+ gegen Sparta. Demosthenes’ zweite Philippika.

[343.]

Philipp bringt +Epirus+ und einen Teil von +Euböa+ in Abhängigkeit.
Äschines, von Demosthenes wegen seines Verhaltens bei der Gesandtschaft
angeklagt, wird freigesprochen.

[342–341.]

Philipp dringt in Thrakien bis zum Pontos vor, gründet +Philippopolis+
am Hebros, unterstützt die Stadt +Kardia+ in ihrem Streit mit den
athenischen Kolonisten der thrakischen Chersones (S. 46). Die nationale
Partei in Athen (Demosthenes’ dritte Philippika) bringt ein ~Bündnis
hellenischer Staaten~ (Megarer, Korinther, Euböer, Achäer, Akarnanen
u. a.) unter Athens Leitung gegen Philipp zustande.

[340.]

Philipp belagert vergeblich +Perinthos+ und +Byzanz+. Die Athener
erklären ihm den Krieg, schicken zwei Flotten mit Hilfstruppen (unter
+Chares+ und +Phokion+) nach Byzanz und erzwingen die Aufhebung der
Belagerung.

[339–338.]

(Dritter) ~Heiliger Krieg~ gegen Amphissa, nachdem die Amphiktyonen,
auf Veranstaltung des von Philipp bestochenen +Äschines+, die Lŏkrer
von Amphissa wegen Aneignung eines dem delphischen Gotte geheiligten
Ackers in Strafe genommen hatten. Philipp, von den Amphiktyonen
mit der Ausführung des Beschlusses beauftragt, besetzt die Stadt
+Elateia+, welche den Zugang zu Böotien beherrscht. Große Bestürzung
in Griechenland. Die Athener rüsten Flotte und Landheer; Demosthenes
bringt ein ~Bündnis mit Theben~ zustande. Philipp +zerstört Amphissa+
und besiegt die verbündeten Athener, Thebaner, Phokier, Korinther,
Achäer in der

[~338.~ (Aug.)]

~Schlacht bei Chaironeia.~

Sein Sohn +Alexander+ entscheidet die Schlacht durch Vernichtung
der +heiligen Schar+ der Thebaner. Philipp straft die Thebaner hart
(Aufhebung der Hegemonie über Böotien, Rückkehr der Verbannten,
makedonische Besatzung in der Burg Kadmeia); den Athenern bewilligt
er einen günstigen Frieden. Er rückt in die Peloponnes ein, nimmt den
Spartanern einen großen Teil ihres Gebietes und gibt es den Messeniern,
Argivern und Arkadern.

~Makedonische Hegemonie.~ Auf einer Nationalversammlung zu +Korinth+,
an der nur die Spartaner nicht teilnehmen, läßt sich Philipp zum
unumschränkten Heerführer der Griechen gegen die Perser wählen. Im
übrigen behalten die griechischen Staaten ihre Selbständigkeit; eine
Bundesversammlung (Synedrion) zu Korinth soll ihre Streitigkeiten
schlichten.


§ 6. Alexander der Große.

Philipp, der bereits Truppen nach Asien gesandt hat, um den Krieg
gegen die Perser zu beginnen, wird 336 von +Pausanias+, einem seiner
Leibwächter, ermordet. Ihm folgt sein von ~Aristotĕles~ gebildeter
zwanzigjähriger Sohn

[~336–323.~]

~Alexander der Große.~

Er zieht mit Heeresmacht nach +Korinth+ (Diogenĕs) und läßt sich die
Machtstellung seines Vaters übertragen, sichert dann die Nordgrenze
seines Reiches durch einen Zug gegen die +Triballer+, +Geten+ und
+Illyrier+, wobei er die Donau überschreitet. Auf die Nachricht
von einer Erhebung der Griechen erscheint er 335 zum zweitenmal in
Griechenland, schlägt die Thebaner, zerstört +Theben+ mit Ausnahme der
Kadmeia, der Tempel und des Hauses des Dichters ~Pindar~ (522–422), und
läßt die Einwohner als Sklaven verkaufen. Die +Athener+ unterwerfen
sich und erhalten Verzeihung. +Antipăter+ bleibt als Reichsverweser in
Makedonien zurück.

[~334.~]

~Zug Alexanders gegen Persien.~

Alexander fährt mit 30000 Fußsoldaten und 5000 Reitern (Feldherren
Perdikkas, Kleitos, Parmenion, Hephaistion, Kratĕros, Ptolemaios,
Antigŏnos) bei +Abȳdos+ über den Hellespont, schlägt die persischen
Satrapen und +Memnon+, den Führer der griechischen Söldner des Dareios,
in der

[~334.~ (Mai.)]

~Schlacht am Granīkos,~

einem kleinen Flusse in +Troas+. Rettung Alexanders durch +Kleitos+.

Alexander zieht südwärts, erklärt die griechischen Städte und Inseln
für frei von der persischen Herrschaft (S. 55), erobert +Milet+
und +Halikarnassos+. Weiterer Marsch durch Karien und Lykien, dann
nordwärts in das Innere; Aufenthalt zu +Gordion+ in Phrygien, wo
Verstärkungen seines Heeres eintreffen; er löst den gordischen Knoten
mit dem Schwert.

[333.]

Zug durch Kappadokien nach Kilikien, Erkrankung in +Tarsos+ (Bad im
Flusse Kydnos, der Arzt Philippos); durch die +syrischen Pforten+ nach
der Küstenstadt +Myriandros+ in Syrien. Unterdes ist König ~Dareios
III.~ (Kodomannos) mit einem großen Heere vom Euphrat herangezogen und
den Makedoniern in den Rücken gekommen. Auf die Kunde hiervon kehrt
Alexander um und erficht über die Perser in der

[~333.~ (Nov.)]

~Schlacht bei Issos~

an der Küste von +Kilikien+ einen glänzenden Sieg. Dareios entkommt,
seine Mutter, Gemahlin und Kinder fallen in die Hände des Siegers.

Um die persische Seemacht aufzulösen, erobert Alexander +Syrien+ und
+Phönikien+ (7monatige Belagerung der Inselstadt +Tyros+) dringt dann
in Ägypten ein, wird in +Memphis+ als Befreier begrüßt. Gründung der
Stadt ~Alexandreia~ in trefflich gewählter Lage. Zug durch die libysche
Wüste nach der Oase +Siwah+ zum Orakel des +Zeus Ammon+. Von Ägypten
zieht Alexander 331 zurück nach Tyros, dann durch Syrien zum +Euphrat+,
den er bei Thapsakos überschreitet, dann durch Mesopotamien. Jenseits
des +Tigris+ schlägt er mit 47000 Mann das vielfach überlegene Heer der
Perser in der

[~331.~ (Okt.)]

~Schlacht bei Gaugamēla~ oder ~Arbēla~

nicht weit von den Ruinen von +Ninive+. Während Dareios nach Medien
entflieht, wendet sich Alexander nach Süden, zieht, ohne Widerstand
zu finden, in +Babylon+ ein, nimmt darauf +Susa+, dringt durch die
persischen Pässe, zieht als Sieger in +Persepŏlis+ und +Pasargădä+ ein.
Verbrennung des Königspalastes der Achämeniden in Persepolis,

[~330.~]

~Alexander zerstört das Perserreich.~

Dareios flieht weiter nach Osten; Alexander zieht in +Agbatana+ ein,
gelangt dann durch die kaspischen Pässe nach +Parthien+. Dareios wird
in der Nähe von Hekatompylos von dem Satrapen ~Bessos~ ermordet, der
nach Baktrien entweicht und den Königstitel annimmt. Die Leiche des
Königs auf Alexanders Befehl feierlich in Pasargadä bestattet. In
+Hyrkanien+ unterwerfen sich dem Sieger die noch übrigen griechischen
Söldner des Dareios. Alexander zieht weiter durch +Areia+ nach
+Drangiana+; hier wird in +Prophthasia+ die Verschwörung des ~Philōtas~
entdeckt. Er wird vom Heere verurteilt und hingerichtet, sein Vater
~Parmenion~ wird auf Alexanders Befehl in +Agbatana+ getötet. Dann Zug
durch +Arachosien+ bis zum Fuße des +Paropamīsos+ (Hindukusch).

[329.]

Alexander überschreitet den Paropamisos und dringt in +Baktrien+
ein; Bessos wird ihm ausgeliefert und hingerichtet. Dann Zug durch
+Sogdiana+ bis zum +Jaxartes+ (Sir Darja), wo er an der Grenze
gegen die Skythen die Stadt +Alexandreia Eschăte+ gründet. Durch
einen gefährlichen Aufstand unter ~Spitamĕnes~ wird er längere Zeit
in diesen Gegenden festgehalten. In +Marakanda+ (jetzt Samarkand)
ersticht er im Jähzorn den Kleitos 328. In +Baktra+ Vermählung mit
~Roxane~, der Tochter eines baktrischen Fürsten. Alexander beginnt
orientalische Kleidung und Lebensweise anzunehmen. Verurteilung seines
Jugendgefährten ~Kallisthĕnes~, der dies mißbilligte.

[~327–325.~]

~Zug Alexanders nach Indien.~

Mit seinem durch asiatische Truppen ansehnlich verstärkten Heere
gelangt Alexander unter harten Kämpfen mit den Bergvölkern zum +Indus+,
überschreitet den Strom und betritt das Fünfstromland (+Pendschab+).
Vereint mit dem indischen Fürsten von +Taxila (Taxĭles)+, der sich ihm
unterwirft, besiegt er in der

[~326.~]

~Schlacht am Hydaspes~

den +Pōros+, der gefangen, großmütig behandelt und als Vasall wieder in
seine Herrschaft eingesetzt wird.

Gründung der Städte +Nikäa+ und +Bukephăla+. Alexander rückt nach
Osten bis zum +Hyphăsis+ vor. Hier weigern sich die Makedonier weiter
zu marschieren; Alexander entschließt sich zur +Umkehr+, führt aber
seinen Vorsatz, den Ozean zu erreichen, durch. Bau einer großen Flotte,
auf der ein Teil des Heeres den +Hydaspes+ hinab in den +Akesĭnes+
einfährt, während der andere (mit 200 Elefanten) am Flußufer entlang
marschiert. Kampf mit den +Mallern+; Alexanders tollkühne Tapferkeit
und schwere Verwundung. Nach seiner Genesung setzt er Marsch und Fahrt
fort und gelangt zum Einfluß der +vereinigten Pendschabströme+ in den
+Indus+.

[325.]

Fahrt und Zug den +Indus+ hinunter. +Kratĕros+ tritt mit einem Teile
des Heeres auf dem näheren Wege nach Westen den Rückzug nach Persien
an, Alexander marschiert und fährt mit dem andern Teile bis zum
Indus-Delta. Hier läuft die Flotte unter +Nearchos+ in den Indischen
Ozean ein (+Ebbe und Flut+). Nearchos fährt die Küste nach Westen
entlang in den Persischen Meerbusen, während Alexander mit dem Landheer
durch das wüste +Gedrosien (Belutschistan)+ zieht. Nach beschwerlichem
Marsche kommt er in +Karmanien+ an, trifft mit +Kratĕros+ zusammen und
später an der Küste mit +Nearchos+, der dann weiter fahren und die
Mündung des Euphrat und Tigris erkunden muß. Damit ist der Seeweg von
Babylon nach Indien erforscht.

[324. (Jan.)]

Rückkehr Alexanders nach Persien und Strafgericht über habsüchtige und
grausame Statthalter, die den König und sein Heer für verloren gehalten
hatten. Ankunft in +Susa+. Hier enthüllt Alexander seinen großen Plan,
den ~Orient zu hellenisieren~, Sieger und Besiegte zu +einer+ Nation
zu verschmelzen und ein ~großes makedonisch-persisches Weltreich~ zu
gründen. Er vermählt sich mit Stateira, der älteren Tochter des Königs
Dareios III., sein Feldherr +Hephästion+ mit der jüngeren; viele
Offiziere des Heeres und über 10000 Soldaten nehmen asiatische Frauen.
Große Pläne zur Eröffnung neuer Handelswege (Umfahrt Arabiens), zum Bau
von Verkehrsstraßen für die mehr als 70 in allen Provinzen des Reiches
gegründeten +griechischen Städte+. Alexander beansprucht als Nachfolger
des »Großkönigs« göttliche Verehrung.

[324. (Juli.)]

Aufstand des makedonischen Heeres in +Opis+ am Tigris, durch Alexanders
Mut und Klugheit beschwichtigt. Entlassung der reich belohnten
Veteranen unter +Kratĕros+ nach Makedonien, während +Antipăter+
von dort neue Truppen herbeiführen soll. -- Zug nach Agbatana,
wo Hephästion stirbt. Im Lager unweit +Babylon+ erscheinen vor
Alexander zahlreiche Gesandtschaften aus Griechenland, Italien und
Afrika (Karthago). Von Babylon aus wird eine Erforschung des Euphrat
unternommen.

[~323.~ (Juni.)]

~Tod Alexanders des Großen~

in dem zur Hauptstadt des neuen Weltreichs bestimmten Babylon.

In ~Griechenland~ erheben sich 330 die Spartaner unter ihrem Könige
Agis III., +Antipăter+ besiegt sie in der blutigen Schlacht bei
+Megalopŏlis+. Gleich darauf in Athen Prozeß des +Äschines+ gegen
Ktesiphon, welcher 336 einen Ehrenkranz für +Demosthenes+ beantragt
hatte. Äschines geht nach der glänzenden Verteidigungsrede des
Demosthenes in die Verbannung nach Rhodos. Neue Aufregung 324, als
Alexanders Schatzmeister +Harpălos+ nach Griechenland flüchtet
und Alexander das Gebot verkünden läßt, ihn als Gott zu verehren
und die Verbannten wieder aufzunehmen. +Demosthenes+, fälschlich
angeklagt wegen Veruntreuung der dem Harpalos abgenommenen Gelder,
wird nun verbannt, kehrt aber bald zurück und bewirkt, als die Kunde
von Alexanders Tode kommt, in Gemeinschaft mit +Leosthĕnes+ und
+Hypereides+ eine Erhebung der Griechen unter Athens Führung,

[~323–322.~]

~Lamischer Krieg.~

Die Hellenen kämpfen anfangs glücklich unter Leosthĕnes und schließen
Antipăter in +Lamia+ ein, doch wird er durch ein von Leonnātos
herangeführtes Entsatzheer befreit. Auch +Kratĕros+ mit den Veteranen
Alexanders kommt ihm zu Hilfe; beide vereinigt siegen bei +Krannon+
in Thessalien (322). Das griechische Heer zerstreut sich, die Staaten
unterwerfen sich einzeln. Die Athener müssen eine makedonische
Besatzung in +Munychia+ aufnehmen und die demokratische Verfassung
beschränken (+Phokion+ und +Demādes+ an der Spitze des Staats), das
Bürgerrecht wird an einen Census geknüpft. +Demosthenes+ flüchtig,
nimmt auf der Insel +Kalaurĭa+ (an der Küste von Argŏlis) Gift (322).


§ 7. Hellenistische Zeit.

[323–301.]

~Kämpfe der Diadochen (Nachfolger Alexanders).~

Diese langen und verwickelten Kämpfe, die unmittelbar nach Alexanders
Tode ausbrechen, zerstören das kaum gegründete makedonisch-persische
Weltreich, führen aber das von Alexander begonnene Werk der
Hellenisierung des Orients, der Ausbreitung griechischer Kultur und
Sprache, in anderer Weise erfolgreich weiter.

~Perdikkas~ wird 323 zum Reichsverweser ernannt für die
regierungsunfähigen »Könige«, Alexanders Halbbruder +Philipp
Arrhidaios+ († 317) und seinen nachgeborenen Sohn von der Roxane,
+Alexander+ († 311). Die Verwaltung +Makedoniens+ und seiner
Nebenländer führen ~Antipăter~ und ~Kratĕros~. Auch die übrigen
Feldherren erhalten Statthalterschaften, namentlich ~Ptolemaios~:
+Ägypten+; ~Antigŏnos~: +Groß-Phrygien, Pamphylien+ und +Lykien+;
~Eumĕnes~, Alexanders Geheimschreiber: +Paphlagonien+ und
+Kappadokien+, die er noch erobern soll; ~Leonnātos~ († 322): das
+hellespontische Phrygien+; ~Lysimachos~: +Thrakien+. Der Plan des
Perdikkas, sich selbst zum Könige zu machen, bewirkt ein Bündnis der
meisten übrigen Feldherren gegen ihn; er wird auf einem Zuge gegen
Ptolemaios von seinen eigenen Truppen getötet.

[321.]

~Antipăter~ Reichsverweser, neue Verteilung der Statthalterschaften,
wobei namentlich ~Seleukos~ die Satrapie +Babylon+ erhält. Krieg
zwischen Antigŏnos und Eumĕnes.

[319.]

~Polysperchon~ Reichsverweser, gelangt zu keinem Ansehen. In den
fortdauernden Kämpfen siegt ~Antigŏnos~ in Kleinasien über Eumĕnes;
~Kassander~, Antipaters Sohn, gewinnt die Herrschaft in Makedonien,
läßt Alexanders Mutter +Olympias+ töten und vermählt sich mit
Alexanders Schwester +Thessalonīke+, gründet ihr zu Ehren eine bald
aufblühende Handelsstadt (jetzt Saloniki).

Da Antigŏnos das ganze Reich unter seine Botmäßigkeit bringen will, so
entsteht ein.

[315–301.]

Krieg zwischen ~Antigŏnos~ und den übrigen Statthaltern.

~Antigŏnos~ und sein Sohn ~Demetrĭos Poliorkētes~ (der Städtebelagerer)
nehmen 306 den ~Königstitel~ an. Diesem Beispiele folgen +Ptolemaios+,
+Seleukos+, +Lysimachos+, +Kassander+.[17]

Demetrios belagert 304 vergeblich die feste Stadt +Rhodos+, sucht dann
sich in Griechenland festzusetzen.

[301.]

~Schlacht bei Ipsos~ (in Phrygien).

Antigŏnos fällt, sein Sohn +Demetrĭos+ entflieht und führt mehrere
Jahre lang ein abenteuerliches Freibeuterleben.

In Asien für die nächste Zeit Friede; in Europa dauern die Kämpfe fort.
Nach +Kassanders+ Tode (297) bemächtigt sich +Demetrios+ der Herrschaft
in Makedonien, wird aber 287 vertrieben und stirbt als Gefangener in
der Gewalt des +Seleukos+ in Syrien. Sein Sohn ~Antigŏnos Gonātas~
behauptet sich nach wechselvollen Kämpfen im Besitz Makedoniens.

Aus dem Weltreich Alexanders d. Gr. sind +drei große Monarchien+
entstanden (Ägypten, Syrien, Makedonien), in denen ~Griechisch~ die
Sprache des Hofes, der Regierung und der Gebildeten ist. Daneben
mehrere kleinere Monarchien, griechische Freistädte und im Osten
+halb+griechische Staaten (S. 65ff).


1. ~Ägypten~ unter den ~Ptolemäern~.

[323–285.]

+Ptolemaios I. Lagi+ (d. h. Sohn des Lagos), auch +Sotēr+ genannt, weil
er den Rhodiern Hilfe brachte, sorgt für gute Verwaltung, herrscht
auch über +Cypern+, setzt in +Kyrene+ seinen Stiefsohn +Magas+ ein.

[285–247.]

+Ptolemaios II. Philadelphos+ gründet in der Hauptstadt +Alexandrīa+
das Museum und die Bibliothek, gewinnt im Kriege gegen das
Seleukidenreich +Phönikien+, +Cölesyrien+ und die Südküste
+Kleinasiens+.

[247–221.]

+Ptolemaios III. Euergĕtes+ (der Wohltäter) behauptet noch den Umfang
des Reiches, fördert Wissenschaften und Künste. Mit Ptolemaios IV.
Philopātor (221–205) beginnt der Verfall; unter Ptolemaios V. Epiphănes
(205–181) beginnt die Abhängigkeit von den Römern, doch erst 30 v. Chr.
wird Ägypten römische Provinz.


2. ~Syrien~ unter den ~Seleukiden~.

[321–281.]

+Seleukos I. Nikātor+ herrscht weithin nach Osten bis zu den durch
Alexander festgesetzten Grenzen; nur das +Indus+land wird aufgegeben
(S. 16). Viele griechische Städte gegründet (Seleukeia am Tigris,
Edessa, Hekatompylos); Residenz Seleukeia neben +Antiochīa+ am Orontes.
Durch den Sieg bei Ipsos gewinnt er einen großen Teil Kleinasiens,
erweitert dies Gebiet 281 durch den Sieg in der Koros-Ebene (im
hellespontischen Phrygien) über +Lysimăchos+, fällt aber bald darauf
durch Mörderhand.

[281–261.]

+Antiochos I. Soter+ schlägt die +Gallier+ zurück (s. S. 66), behauptet
noch den Umfang des Reiches. Unter +Antiochos II. Theos+ (261–248)
entstehen selbständige Königreiche in +Baktrien+ und +Parthien+.

[222–187.]

+Antiochos III. der Große+ kämpft gegen Ägypten, gegen die Parther und
Baktrer, wird 190 von den Römern gedemütigt, behält aber immer noch ein
ansehnliches Reich.

[167–130.]

Befreiungskampf der ~Juden~ unter Führung der ~Makkabäer~ (Mattathias
und seine Söhne) gegen +Antiochos IV. Epiphănes+ und dessen Nachfolger.
Palästina wird ein unabhängiger Priesterstaat, seit 63 unter römischem
Schutze.

[83.]

+Tigrānes+, König von +Armenien+, macht dem durch das Vordringen der
Parther geschwächten Seleukidenreiche ein Ende.

[64.]

Syrien wird römische Provinz.

Das Reich der ~Parther~, die unter den +Arsakiden+ (250 vor Chr.
bis 226 nach Chr.) alle Länder zwischen Euphrat und Indus erobern,
bildet im Orient einen Damm erst gegen den Hellenismus, dann gegen die
Römerherrschaft.


3. ~Die kleinasiatischen Länder.~

a) ~Bithynien,~ das sich 298 von dem thrakischen Reich des Lysimachos
losriß; Residenz +Nikomedeia+, gegründet um 264 von König Nikomedes I.
Nikomedes III. setzt 74 die Römer zu Erben ein.

b) Das ~pergamenische Reich~ unter den ~Attaliden~ mit der Hauptstadt
~Pergămon~ in Mysien,[18] nach Lysimachos’ Tode 281 selbständig,
aufblühend unter König +Attălos I.+ († 197), der die Galater (s. u.)
zurückschlug und die Bibliothek gründete, und seinem Sohne +Eumenes
II.+ († 159), dem treuen Bundesgenossen der Römer. Attalos III. setzt
133 die Römer zu Erben ein.

c) Die ~griechischen Seestädte,~ namentlich +Sinōpe+, +Herakleia+ am
Pontus, +Lampsăkos+, +Smyrna+, +Ephesos+, +Rhodos+.

d) Der Bundesstaat der ~Galăter,~ gegründet von gallischen Heerhaufen,
welche 280 in Makedonien und Griechenland einbrachen, dann den
Hellespont überschritten und sich in +Phrygien+ niederließen; drei
Stämme (Tolistobojer, Tektosagen, Trokmer) unter je 4 Tetrarchen;
Hauptstädte Ankȳra (Angora) und Pessinūs.

e) ~Kappadokien, Pontus, Armenien,~ drei Königreiche unter
einheimischen Dynastien, welche ebenso wie die Galăter nur zum Teil
griechische Kultur annahmen.


4. ~Makedonien~ unter den ~Antigoniden.~

+Antigonos Gonātas+ (277–239) beruhigt das durch die Thronkämpfe
und den Einfall der Gallier verwüstete Land, gibt die Ansprüche auf
Herrschaft über +Griechenland+ nicht auf. Sein zweiter Nachfolger
+Antigonos Doson+ (229–220) befestigt diese Herrschaft aufs neue (s.
S. 68); +Philipp V.+ (220–179) muß 197 darauf verzichten. +Perseus+
(179–168) wird von den Römern entthront; 146 wird Makedonien römische
Provinz.


5. ~Die altgriechischen Länder.~

In ~Italien~ (Großgriechenland) behaupten sich die Griechenstädte,
besonders +Tarent+, +Thurii+, +Metapont+, +Lokri+, öfters vom
Mutterlande her unterstützt (338 Archidamos von Sparta, Sohn des
Agesilaos, 330 Alexander von Epirus, Bruder der Olympias), gegen
Angriffe der Lukaner und Bruttier; ebenso in ~Gallien~ +Massalia+
gegen die einheimischen Stämme. Später treten sie unter römische
Schutzherrschaft, Massalia erst 125 v. Chr.

~Syrakus~ behauptet nach Abwehr des athenischen Angriffs (S. 50) noch
lange eine bedeutende Stellung.

[406–367.]

+Dionysios I.+, +Tyrann+ nach glücklicher Abwehr der Karthager. Er
vereinigt die sicilischen Griechenstädte unter seiner oft grausamen
Herrschaft, unterwirft auch Rhegion und Kroton, bekämpft noch dreimal
die Karthager. Auf Veranlassung seines Schwagers +Dion+ verweilt der
athenische Philosoph +Platon+ eine Zeitlang an seinem Hofe. Ihm folgt
sein Sohn

[367–344.]

+Dionysios II.+, anfangs unter Leitung des Dion und Platon. Er wird 357
von Dion vertrieben, wendet sich nach Lokri, kehrt 346 zurück, wird 344
von dem korinthischen Feldherrn +Timoleon+ besiegt und nach Korinth
gesandt, wo er noch einige Jahre als Privatmann lebt.

[339.]

+Timoleon+, der Befreier Siciliens, schlägt die Karthager am Flusse
+Krimīsos+.

[317–289.]

+Agathŏkles+, Tyrann von Syrakus, bekämpft die Karthager in Afrika,
erkennt aber schließlich ihre Herrschaft über den Westen Siciliens an.

[278–276.]

+Pyrrhos+, König von Epirus, schützt die sicilischen Städte gegen
Angriffe der Karthager.

[270–215.]

+Hieron II.+, König von Syrakus, schließt mit den Römern ein Bündnis.
Unter seiner milden Regierung blüht die Stadt wieder auf.

[212.]

Syrakus von den Römern erobert, wird zinspflichtige Provinzialstadt.

In ~Athen~ kommt während des Kampfes gegen Kassander (S. 64) die
demokratische Partei noch einmal zur Herrschaft; +Phokion+ wird 318 zum
Giftbecher verurteilt. Bald aber muß Athen sich der makedonischen Macht
wieder unterwerfen. +Demetrios von Phalēron+ regiert als Statthalter
Kassanders, wird 307 von +Demetrios Poliorkētes+ vertrieben. Nach der
Schlacht bei Ipsos versucht Athen seine Freiheit wieder herzustellen,
wird aber 294 dem +Demetrios Poliorkētes+ als König von Makedonien
untertan.

[266–263.]

Befreiungskrieg der Athener unter +Glaukon+ und +Chremonides+, doch
ohne Erfolg.

[229.]

König Antigonos Doson zieht, auf Verwendung des +Aratos+ (s. S. 68),
die makedonische Besatzung zurück. Athen ist fortan selbständig,
aber ohne politische Macht, es bleibt jedoch Sitz der Bildung und
Gelehrsamkeit.

~Theben,~ von Kassander wieder hergestellt (vgl. S. 59), sendet 278
zusammen mit Athen, Phokis, Lokris und den Ätolern ein Heer zur
Verteidigung des +Thermopylenpasses+ gegen die durch Makedonien
vordringenden +Gallier+ (S. 66); diese erobern den Paß, kehren aber um
nach einer Niederlage bei Delphi. Thessalien, Euböa, Korinth sind um
diese Zeit +makedonisch+. Die vollständige Unterwerfung Griechenlands
unter die makedonische Herrschaft verhindert der um

[280.]

erweiterte ~Ätolische Bund~ und der zur selben Zeit erneuerte
~Achäische Bund~.

Letzterer gelangt zu ansehnlicher Macht durch den von ~Arātos~
bewirkten Beitritt der Städte +Sikyon+ und +Korinth+; aus Korinth wird
243 die makedonische Besatzung vertrieben. Bald schließen sich Megara,
Megalopolis, Argos u. a. peloponnesische Städte dem Achäischen Bunde
an. +Verfassung+ des Bundes: An der Spitze ein jährlich gewählter
Feldherr (Strategos), ihm zur Seite ein Kanzler (Grammateus) und ein
Rat von 10 Demiurgen; in den Bundesversammlungen (zu Ägion) dürfen alle
über 30 Jahre alten Bürger der verbündeten Städte erscheinen, jede
Stadt hat +eine+ Stimme. Ähnlich ist die Verfassung des +Ätolischen
Bundes+, zu welchem auch Lokris, Phokis, Teile von Akarnanien und
Thessalien gehören.

In ~Sparta~, das unter der Herrschaft einer reichen Oligarchie entartet
ist, büßt der junge König +Agis IV.+ den Versuch, die lykurgischen
Einrichtungen herzustellen, mit dem Leben (241). Besseren, aber nur
vorübergehenden Erfolg hat der gleiche Versuch des Königs +Kleomĕnes
III.+, welcher die Ephoren überfallen und töten läßt, 80 Oligarchen
verbannt und eine Verfassungsreform durchsetzt (226). Aber unheilvoll
ist die Feindschaft zwischen Sparta und dem +Achäischen Bunde+. Arātos
ruft den makedonischen König +Antigŏnos Doson+ herbei und übergibt ihm
die Burg von Korinth. Die Spartaner werden in der

[~221.~]

~Schlacht bei Sellasĭa~

geschlagen; Kleomĕnes flieht, stirbt 220 in Ägypten. Antigonos
rückt in Sparta ein und stellt dort die Herrschaft der Oligarchen
wieder her. Die ~makedonische Oberhoheit~ wird durch Abschluß eines
makedonisch-hellenischen Bundes befestigt. Dagegen erhebt sich ein
neuer Krieg von Seiten des +Ätolischen+ Bundes, mit welchem die
Spartaner sich verbinden; die Peloponnes wird furchtbar verwüstet
(220–217).

Nach kurzer Friedenszeit abermals Krieg (211–205) der mit +Rom+
verbündeten Ätōler und Spartaner gegen +Philipp V.+ von Makedonien;
dieser behauptet die Herrschaft über Thessalien, Euböa, Phokis, Lokris,
Korinth. Im dritten Kriege (200–197) schließt sich auch der Achäische
Bund den Feinden Philipps an.

[~197.~]

~Aufhebung der makedonischen Herrschaft über Griechenland.~ Die +Römer+
walten fortan als Schiedsrichter über den griechischen Staaten.

[192.]

~Philopoimen,~ Feldherr des Achäischen Bundes, bringt +Sparta+ zum
Anschluß an den Bund, nachdem der von ihm bekämpfte Tyrann +Nabis+
gefallen ist. Bald schließen auch Elis und Messenien sich an; die
Freundschaft mit Rom wird aufrecht erhalten.

[189.]

Die +Ätoler+ wegen feindlicher Erhebung gegen Rom bestraft.

[183.]

+Philopoimen+ von den abtrünnigen Messeniern gefangen und getötet; der
Achäische Bund durch Streitigkeiten zerrüttet.

[167.]

Tausend angesehene Achäer werden zur Verantwortung nach Rom gefordert.

[146.]

Krieg des Achäischen Bundes gegen +Rom+, veranlaßt durch Klagen der
Spartaner gegen den Bund. Der Bundesfeldherr +Kritolāos+ wird von Q.
Caecilius Metellus bei +Skarpheia+ am Malischen Meerbusen besiegt, sein
Nachfolger +Diaios+ von L. Mummius bei +Leukopĕtra+ auf dem Isthmos.

[~146.~]

~Korinth von den Römern erobert und zerstört.~

Die griechischen Staaten werden zum Teil tributpflichtig; sie behalten
ihre eigene Verfassung und Verwaltung, stehen aber fortan unter der
Aufsicht des römischen Statthalters von Makedonien.

[27.]

Einrichtung der römischen Provinz +Achaja+ (Peloponnes,
Mittel-Griechenland, Thessalien und Epirus).


§ 8. Griechische Kunst und Wissenschaft.

Das in Griechenland frühzeitig entwickelte Geistesleben (S. 28 f., 37
f.), welches in Athen zu Perikles’ Zeit zu hoher Blüte gelangte (S.
46), hat auch nachher noch mannigfaltige und bedeutende Erscheinungen
aufzuweisen.

In der bildenden Kunst sind berühmte Zeitgenossen des Pheidias +Myron+
von Eleutherä in Böotien (Diskobolos) und +Polykleitos+ von Argos (Hera
in Argos); Schüler des Pheidias +Alkamĕnes+ und +Paionios+ (Skulpturen
in Olympia). Dann folgen +Skopas+ von Paros (Mausoleum zu Halikarnaß
350, Niobegruppe) und +Praxitĕles+ von Athen (Hermes zu Olympia);
in Alexanders Zeit der Erzgießer +Lysippos+ von Sikyon. Nach den
Diadochenkämpfen die +pergamenische Kunstschule+ (Zeusaltar zu Pergamon,
der sterbende Fechter) und die +rhodische Kunstschule+ (Laokoongruppe,
farnesischer Stier).

Als Maler ragen hervor +Zeuxis+ von Herakleia, +Parrhasios+ von
+Ephesos+ (beide in Athen zu Sokrates’ Zeit), +Apelles+ von Kos in
Alexanders Zeit.

In ~Athen~ entfaltete sich Philosophie, Geschichtschreibung und
Beredsamkeit zur höchsten Blüte; +Platon+ von Athen (427–347) und
seine Nachfolger (Akademiker) lehrten in der +Akademie+, +Aristoteles+
von Stageira, Lehrer Alexanders des Großen (388–322), lehrte im
+Lykeion+; seine Schüler die Peripatetiker. Um 300 gründete +Zenon+
von Kition in der +Stoa+ (Halle) die Schule der +Stoiker+, +Epikūros+
von Samos die Schule der +Epikureer+. Diese vier Philosophenschulen
erhalten sich bis weit in die römische Kaiserzeit hinein.

Geschichtschreiber: +Xenophon+ von Athen, +Ephŏros+ von Kyme,
+Theopompos+ von Chios († um 320), +Timaios+ von Tauromenion († um
250). Redner: +Antĭphon+, +Lysias+, +Isokrătes+ († 338), +Demosthenes+
(† 322), +Äschines+, +Hypereides+, +Lykurgos+.

Dichter der neuern Komödie: +Philēmon+ und +Menander+ um 300 zu Athen.

In ~Alexandria~ um 270 die Dichter +Kallimachos+ von Kyrene, +Theokrit+
von Syrakus, +Apollonios+, der später in Rhodos lebte; der Mathematiker
+Eukleides+ um 300, der Geograph +Eratosthĕnes+ um 240, die Grammatiker
+Zenodotos+ um 280, +Aristarchos+ um 180 (Erklärung des Homer).

Für die Aufnahme der griechischen Bildung bei den Römern waren
besonders wirksam der Stoiker +Panaitios+ von Rhodos und der
Geschichtschreiber +Polybios+ von Megalopolis, beide mit dem jüngeren
Scipio befreundet (um 146). Nachblüte der griechischen Literatur und
Kunst in der römischen Kaiserzeit.

Fussnoten:

[9] Diese Bezeichnung wahrscheinlich herzuleiten von dem Volk der
+Graer+ in Böotien, das bei der Gründung der Kolonie Kyme (Cumä) in
Campanien durch Auswanderer aus Chalkis auf Euböa beteiligt gewesen zu
sein scheint.

[10] Die +12 Arbeiten+: Nemeischer +Löwe+, lernäische +Hydra+,
erymanthischer +Eber+, kerynitische +Hirschkuh+, stymphalische +Vögel+,
Gürtel der +Amazonenkönigin+ Hippoly̆ta, Stall des +Augīas+, kretischer
+Stier+, Rosse des +Diomēdes+, Rinder des +Geryŏnes+, Äpfel der
+Hesperiden+, +Kerbĕros+.

[11] Nach der Berechnung des alexandrinischen Gelehrten +Eratosthĕnes+
ist die Zerstörung Trojas 1184 v. Chr. zu setzen.

[12] Die nähere Kenntnis dieses griechischen Nationalheiligtums
verdanken wir den Ausgrabungen, welche auf Veranstaltung des Deutschen
Reiches 1875–81 unter Leitung von +E. Curtius+ daselbst angestellt
worden sind.

[13] ~Attisches Münzwesen~: Kleinste Silbermünze der +Obŏlos+ (13
Pf.); 6 Obolen = l +Drachme+; größere Silbermünze das +Tetradrachmon+.
Gepräge: Pallaskopf, auf der Rückseite Eule und Ölzweig. Goldmünze der
+Stater+, entsprechend dem persischen +Dareikos+ = 20 Drachmen. Größere
Summen werden nach +Minen+ zu 100 Drachmen und +Talenten+ berechnet;
ein Talent = 6000 Drachmen = 4715 Mark unseres Geldes.

[14] Von dem nach Delphi geweihten goldnen Dreifuß ist das eherne
Untergestell erhalten (1856 in Konstantinopel ausgegraben), drei sich
umeinander windende Schlangen, darauf die Inschrift, welche die Namen
der gegen die Perser verbündeten griechischen Staaten enthält (Thukyd.
I, 132).

[15] Die erhaltenen Reste derselben seit 1816 (Lord Elgin) im
Britischen Museum zu +London+.

[16] Die Gemeinde von +Epidamnos+ (späterer Name +Dyrrhachium+),
bedrängt von den aus der Stadt vertriebenen, mit den illyrischen
Barbaren verbündeten Adligen, bittet die Mutterstadt +Kerkyra+
vergebens um Hilfe, erhält aber Beistand von +Korinth+, der Mutterstadt
Kerkyras. Deswegen nehmen die Kerkyräer für die aus Epidamnos
Vertriebenen Partei, besiegen die Korinther bei +Aktion+ (Actium, 434)
und nehmen Epidamnos ein. Korinth und Kerkyra bewerben sich beide um
athenische Hilfe.

[17] Seit dieser Zeit wurde es üblich, nach persischer Sitte das
Bildnis des Königs auf die +Münzen+ zu prägen. Auf den Münzen
Alexanders d. Gr. erscheinen noch nach dem älteren Brauch Götterbilder
(Zeus, Athene, Herakles).

[18] Die Bedeutung der Stadt +Pergamon+ bis in die römische Kaiserzeit
hinein ist durch die von +K. Humann+ 1870–1886 unternommenen
Ausgrabungen in helles Licht getreten. Der von Eumenes II. nach einem
abermaligen Siege über die Galater errichtete +Zeusaltar+ war mit
Skulpturen geschmückt, welche den Kampf der hellenischen Götter gegen
die Giganten darstellen (jetzt im Museum zu Berlin).



~E. Die Römer.~


~Italia,~[19] ursprünglich Name des südlichsten Teils der Halbinsel,
wird allmählich Gesamtname. Ursprünglich von sehr verschiedenen
Völkerschaften bewohnt, gelangt Italien durch die Machtausbreitung
der Stadt +Rom+ zu nationaler und politischer +Einheit+, ohne die
landschaftlichen Unterschiede zu verlieren.

Als älteste Einwohner erscheinen in Ober-Italien westlich die
+Ligŭrer+, östlich die +Venĕter+, beides illyrische Stämme. Ihnen
verwandt sind in Unter-Italien die +Japyger+. Die Mitte der Halbinsel
bewohnen westlich die +Latiner+ und +Ausoner+ (Latium und Campanien),
östlich die +Umbrer+ und die +sabellischen Stämme,+ welche sich
erobernd ausbreiten: nach Latium dringen die +Aequer+ und +Volsker+
vor, in südlicher Richtung die +Samniten+ und +Lucaner+, im Stammlande
bleiben die +Sabiner+.

Höhere Kultur entwickelt sich zuerst bei den ~Etruskern~ oder
~Tyrrhenern~ (etrusk. Rasenna), die in Etrurien und in der mittleren
Po-Ebene wohnen, unter phönikischem Einfluß (s. S. 13). Sie gründen
+Städte+ und stehen seit etwa 750 v. Chr. in lebhaftem Handelsverkehr
mit Karthagern und Griechen. In den Gräbern (Gewölbebauten) bei
Tarquinii, Caere, Clusium, Bononia (jetzt Bologna) haben sich
bedeutende Reste ihrer Kultur erhalten: Wandmalereien, Goldschmuck,
Waffen, Tongefäße. Sie dringen um 600 v. Chr. erobernd vor nach Latium
und Campanien, werden aber gehemmt durch die selbständige Entwickelung
+Roms+ und verlieren seit 438 Campanien an die vordringenden
+Sabeller+. In die Po-Ebene dringen um diese Zeit +keltische+ Stämme
von Norden her ein; nach ihnen heißt dieses Land fortan +Gallia
cisalpina+.

In ~Latium~ bestand in alter Zeit ein Bund von 30 Gemeinden mit
jährlichem Bundesfest auf dem Albanerberge zu Ehren des höchsten Gottes
Juppiter; Vorort war +Alba longa+, auf halber Höhe des Berges gelegen.
+Rom+, als Grenzplatz gegen die Etrusker gegründet, verstärkt durch
Aufnahme von Sabinern, erhebt sich zur herrschenden Stadt. An der
Spitze der Latiner unterwirft es die andern Völker Italiens nach und
nach und wird dann Mittelpunkt eines Weltreiches. Die ältere Geschichte
Roms ist in der Überlieferung sagenhaft ausgeschmückt.


§ 1. Zeit der Königsherrschaft. (753–510.)

~Gründungssage~: König +Numĭtor+ von +Alba longa+, Nachkomme des mit
trojanischen Flüchtlingen in +Latium+ gelandeten +Aenēas+, wird von
seinem Bruder +Amulĭus+ des Thrones beraubt, sein Sohn getötet, seine
Tochter +Rea Silvia+, damit das Geschlecht des Numĭtor aussterbe, unter
die vestalischen Jungfrauen aufgenommen. Die Zwillinge ~Romŭlus~ und
~Remus,~ Söhne der Rea Silvia und des +Kriegsgottes Mars+, befiehlt
Amulĭus in den über die Ufer getretenen +Tiber+ zu werfen. Die Kinder
werden gerettet, von einer Wölfin gesäugt und von dem königlichen
Hirten +Faustŭlus+ auferzogen. Zu Jünglingen herangewachsen, machen
Romulus und Remus an der Spitze anderer Hirten Jagd- und Beutezüge.
Remus wird gefangen und vor Numitor geführt, dieser erkennt seine
Enkel. Sie töten den Amulius, setzen Numitor wieder als König ein und
gründen mit seiner Erlaubnis an der Stelle des Tiberufers, wo sie
einst ausgesetzt wurden, eine Stadt. Bei dem Streit darüber, wer sie
nach seinem Namen nennen und beherrschen soll, wird +Remus+ getötet;
~Romulus,~ alleiniger König, gründet die Stadt ~Roma~ auf dem Hügel
+Palatinus+. Als Gründungstag galt seit Varro (1 Jahrh. vor Chr.) der
21. April (Fest der Hirtengöttin +Pales+) des Jahres 753 v. Chr.

~Romulus,~ kriegerischer König, nimmt Flüchtlinge aus anderen Städten
auf (Asyl auf dem Mons Capitolinus), erwählt einen +Senat+ von 100
Mitgliedern. Raub der Sabinerinnen beim Fest der Consualia; deshalb
Krieg mit den Nachbarstädten Caenina, Antemnae, Crustumerium (Romulus
gewinnt die ersten spolia opima) und mit den +Sabinern+, deren König
+Titus Tatius+ sich durch den Verrat der +Tarpeia+ des Burgfelsens
bemächtigt. Die Schlacht zwischen Römern und Sabinern wird durch die
geraubten Sabinerinnen unterbrochen. Vereinigung der Römer und Sabiner
zu +einem+ Staate unter gemeinschaftlicher Regierung des Romulus und
Tatius bis zu des letzteren Tode. Romulus führt Kriege gegen die
+Etruskerstädte Fidenae+ und +Veii+. Er wird während eines Gewitters zu
den Göttern entrückt und fortan als Gott +Quirīnus+ verehrt.

~Numa Pompilius,~ aus +Cures+, nach +einjährigem Interregnum+ von den
+Römern+ aus den +Sabinern+ erwählt. Friedlicher König, Ordner des
römischen Gottesdienstes, nach dem Rat der Camene +Egerĭa+, seiner
Gemahlin. +Janustempel+, ein in Kriegszeiten geöffnetes Tor zwischen
den beiden Ansiedelungen auf dem Palatinus und Quirinalis, am Fuße der
gemeinschaftlichen Burg auf dem +Capitol+. Einsetzung der +Pontifices+,
+Augŭres+, +Flamĭnes+, +Salii+, +Fetiales+, +virgines Vestales+.

~Tullus Hostilius,~ kriegerischer König. Krieg mit +Veii+ und
+Fidenae+, Verrat des Diktators von Alba, +Mettius Fuffetius+, der
von Pferden gevierteilt wird. +Alba longa+ zerstört (Horatier und
Curiatier), die Bewohner siedeln nach Rom über.

~Ancus Marcius,~ Enkel des Numa, zugleich friedlicher und kriegerischer
König (»et Numae et Romuli memor«). Er stellt die von seinem Vorgänger
vernachlässigten gottesdienstlichen Ordnungen wieder her und verpflanzt
die Einwohner kleiner latinischer Ortschaften nach Rom, gilt deshalb
als Begründer der +Plebs+ (S. 74). Befestigung des Ianiculum, Bau der
Pfahlbrücke (+pons sublicius+) über den Tiber. Gründung der Hafenstadt
+Ostĭa+.

~Tarquinius Priscus,~ aus der etruskischen Stadt +Tarquinii+ mit seiner
Gemahlin +Tanaquil+ nach Rom eingewandert (ihm wird +griechische+
Abstammung von dem +Bakchiaden+ Demaratus aus Korinth zugeschrieben),
wird Vormund der Söhne des Ancus und zum römischen Könige gewählt. Er
beginnt den Bau des Juppitertempels auf dem Kapitol, der +Kloaken+
(Abzugsgräben für die Niederungen zwischen den Hügeln der Stadt) der
Stadtmauer und des +Circus maximus+. Der Senat wird auf 300 Mitglieder
gebracht (+patres minorum gentium+). Verdoppelung der Zahl der
Ritter; der Augur +Attus Navius+ widersetzt sich der Bildung neuer
Rittercenturien. Kriege gegen +Sabiner+ und +Latiner+. Nach Ermordung
des Tarquinius durch die Söhne des +Ancus+ wird durch die List der
+Tanaquil+ König

~Servius Tullius,~ Sohn der Sklavin +Ocrisia+ und eines Gottes, von
Tanaquil infolge eines Wunderzeichens königlich erzogen, Schwiegersohn
des Tarquinius. Krieg gegen +Veii,+ Aufnahme Roms in den +latinischen
Bund+. Bau der +Ringmauer+ um die 7 Hügel der Stadt (Palatinus,
Capitolinus, Aventinus, Caelius, Esquilinus, Viminalis, Quirinalis),
Einrichtung des Census und der ~Centurieneinteilung~ (s. S. 74).
Servius Tullius wird ermordet von seinem Schwiegersohn

~Tarquinius Superbus,~ den die Sage als grausamen Despoten darstellt.
Er befragt den Senat nicht und zwingt das Volk zu Frondiensten beim
Bau des kapitolinischen Tempels; er unterwirft sich den latinischen
Bund, bemächtigt sich durch die List und den Verrat seines Sohnes
+Sextus+ der Stadt +Gabii.+ Er erwirbt die +sibyllinischen Bücher+,
sendet aber seine Söhne auch zum delphischen Orakel, wohin sie ihr
Vetter +L. Iunius Brutus+ begleitet, der den Spruch des Orakels
am besten versteht. Während der Belagerung von +Ardĕa+ Frevel des
+Sextus+ Tarquinius gegen +Lucretia,+ die Gemahlin des +L. Tarquinius
Collatinus+. Diese tötet sich selbst; ~Brutus~ ruft vor ihrem Leichnam
das Volk in Rom zu den Waffen und wiegelt das Heer gegen den König auf,
der die Tore der Stadt verschlossen findet und in die Verbannung geht.

Die letzten drei Könige gehören einer +etruskischen+ Dynastie an; durch
ihre Vertreibung wird Rom wieder eine +latinische+ Stadt.

~Religion.~ Die altitalischen Götter wurden nicht wie die griechischen
menschenähnlich gedacht, sondern als unsichtbare Gewalten; Tempel und
Götterbilder wurden allmählich eingeführt unter griechischem Einfluß,
zuerst bei den Etruskern. +Janus, Saturnus, Juppiter, Mars+ (Quirinus),
+Juno, Vesta, Ceres, Minerva+ sind italische Gottheiten, die später
mit griechischen Göttern gleichgestellt wurden; ihre Verehrung wurde
von besonderen Priestern geleitet (drei +Flamines+: Dialis, Martialis,
Quirinalis: zwölf +Salii,+ Diener des Mars, Träger der heiligen
Schilde, ancilia; sechs +Vestalinnen+). Neben diesen Hauptgöttern viele
andere, die als Beschützer des Landbaues an bestimmten Festen und
heiligen Stätten verehrt wurden: +Pales, Consus, Ops, Faunus, Silvanus,
Terminus, Feronia, Flora, Pomona, Vertumnus+ u. a. Als Beschützer des
Hauses und der Vorräte wurden die +Lares+ und +Penates+ angerufen.
Auch sittliche Begriffe wurden als Götter gedacht und verehrt: Fides,
Pietas, Honor, Virtus, Fortuna, Concordia.

Den Willen der Götter erforschten die +Augŭres+ aus Himmelszeichen
(Donner und Blitz), Vogelflug (Auspicien) und anderen Zeichen;
aus Etrurien kamen die +Haruspĭces+ hinzu, die namentlich aus den
Eingeweiden der Opfertiere weissagten. Besondere Priester hatten
die im kapitolinischen Tempel aufbewahrten +sibyllinischen Bücher+
aufzuschlagen. Die Aufsicht über den gesamten Götterdienst, auch über
die von einzelnen Geschlechtern und Genossenschaften (z. B. den
fratres Arvales) dargebrachten Opfer hatten die +Pontifices+; ihnen lag
daher auch die Ordnung des +Kalenders+ ob. Verträge mit fremden Völkern
unter heiligen Gebräuchen zu schließen und zu lösen war die Aufgabe der
+Fetiales+.

~Älteste Verfassung~: Das Bürgerrecht umfaßt +commercium, conubium,
suffragium, honores+ (Berechtigung zu Ämtern). Die Hausväter (+patres+)
mit ihren nächsten Angehörigen (+patricii+) bilden die Bürgergemeinde
(+populus+) und zugleich die Kriegerschaft (+Quintes+). Sie sind
eingeteilt in drei Stämme (+tribus+), die Ramnes, Tities und Luceres,
jeder Stamm in 10 +curiae+, jede Curie in 10 +gentes+ (Geschlechter).
Die vom Könige zu einer Mitteilung oder Befragung berufene
Bürgergemeinde der ~Patrizier~ bildet die ~comitia curiata~. Der von
ihnen erwählte ~König~ übt die Befehlsgewalt (+Imperium+) als oberster
Priester, Richter und Heerführer aus. Beratend steht ihm zur Seite der
~Senat~ (Rat der Ältesten); er bestellt, wenn das Königtum erledigt
ist, aus seiner Mitte den ~interrex~, alle 5 Tage wechselnd. Die
außerhalb der Geschlechter stehenden +Schutzverwandten+, welche einen
Beschützer (patronus) haben müssen, heißen diesem gegenüber ~clientes~
(Hörige, von cluēre). Ihre Nachkommen, vermehrt durch Einwohner der im
Kriege unterworfenen latinischen Nachbargemeinden, bilden allmählich
eine Gemeinde der Nichtbürger (~plebs~ oder plebes, verwandt mit
pleo, plenus, die Menge). Sie sind ohne politische Rechte. Ihre erste
Ansiedelung auf dem Aventinus.

Die Änderung dieser Verfassung beginnt mit der Heranziehung der
Plebejer zum +Kriegsdienst+ durch die dem ~Servius Tullius~
zugeschriebene Heeres- und Steuerverfassung. Er bildet 18
Reitercenturien und 80 Centurien schwerbewaffnete Fußsoldaten;
Besitzmaß 20 Morgen Land, nach späterem Ansatz in Geld 100000 As.[20]
Zu dieser ersten Klasse der Bürger treten vier weitere hinzu, 90
Centurien mit leichterer Bewaffnung, ohne Panzer, dem geringeren
Besitz entsprechend; 2 besondere Centurien bilden die Schmiede und
Zimmerleute (fabri), ebenso die Hornbläser und Trompeter (cornicines
et tubicines); die Armen ohne Grundbesitz (proletarii) bilden als
Ersatzmannschaft +eine+ große Centurie. Gesamtzahl 193 Centurien.

In der Volksversammlung (comitia centuriata) fortan Abstimmung der
Bürger nach Centurien. Die Begüterten haben also mit 98 Stimmen stets
das Übergewicht über die anderen 95 Centurien.

Das Fußvolk bildet 2 Legionen für den Felddienst (centuriae iuniorum)
und 2 für die Stadtverteidigung (centuriae seniorum). Behufs der
Aushebung und Entrichtung der Kriegssteuer (+tributum+) wird Stadt und
Gebiet in eine Anzahl von Quartieren (+tribus+) geteilt. Alle 4, später
alle 5 Jahre findet eine neue Einschätzung (+census+) der Bürger nach
dem Vermögen statt; sie schließt mit einem Reinigungsopfer (+lustrum+).
Die nicht in Tribus aufgenommenen Einwohner ohne Bürgerrecht sind vom
Kriegdienst frei und zahlen ein Schutzgeld +(aerarii).+

Diese Kriegsverfassung, getragen von Sittenstrenge und bürgerlicher
Zucht, machte die Römer ihren Nachbarn überlegen.


§ 2. Rom als Republik.

[~510.~ (?)]

~Vertreibung der Tarquinier.~

An die Spitze des Staates treten 2 +consŭles+, auf +ein+ Jahr gewählt;
die ersten waren ~L. Iunius Brutus~ und ~L. Tarquinius Collatinus.~
Der letztere, als Verwandter der vertriebenen Königsfamilie beim Volke
unbeliebt, wird bald ersetzt durch ~P. Valerius Poplicŏla,~ den ersten
+consul suffectus,+ der sich durch die +lex Valeria de provocatione+
die Gunst des Volkes sicherte.

Die ~consŭles~ üben während ihres Amtsjahres die früher den Königen
zustehende Gewalt aus: +imperium+ und +auspicia publica,+ d. h.
Befragung der Götter von Staats wegen. Für gewisse Opfer, welche früher
die Könige dargebracht hatten, wird ein Priester als +rex sacrificulus+
bestellt und dem +pontĭfex maximus+ untergeordnet. Jeder Konsul kann
die Maßnahmen des andern durch das ius intercedendi unwirksam machen.
Gehilfen der Konsuln für Kriminalgerichtsbarkeit und Verwaltung des
Staatsschatzes (+aerarium+) sind die 2 +quaestores+. Die Konsuln
haben als äußere Zeichen ihrer Amtsgewalt den Amtssessel (+sella
curulis+) und das Obergewand mit Purpurstreif (+toga praetexta+); ihnen
schreiten vorauf 12 +lictores,+ welche in Rutenbündeln (+fasces+) Beile
(+secures+) tragen, doch nicht im Stadtgebiet, weil in Friedenszeit die
obrigkeitliche Gewalt der Konsuln durch das +Berufungsrecht+ beschränkt
ist. Nach der +lex Valeria de provocatione+[21] steht es dem zum
Tode oder zu körperlicher Züchtigung verurteilten Bürger frei, die
Entscheidung der Volksversammlung, der ~comitia centuriata,~ anzurufen.

Hauptrechte dieser Volksversammlung sind die +Beamtenwahl,+ die
+Gesetzgebung+ und die +Entscheidung über Krieg und Frieden.+ Bei der
Abstimmung haben die 6 alten, +vorwiegend+ patrizischen Rittercenturien
das Vorstimmrecht (centuriae +praerogativae+). Sind die Centurien der
+ersten+ Klasse (S. 74 f.) mit den Rittern einig, so werden die übrigen
Klassen nicht befragt. Die +comitia curiata+ verlieren ihre frühere
Bedeutung, doch bleibt ihnen das Recht, die gewählten Konsuln zu
bestätigen (+lex curiata de imperio+).

Der ~Senat,~ früher nur aus Patriziern bestehend, wird durch
zugeschriebene +Plebejer+ (daher die Formel: +patres (et) conscripti+)
ergänzt, und zwar aus den +Rittern+, d. h. den Reichen. Der
Senatsbeschluß (+senatūs consultum+) ist für die Konsuln maßgebend, hat
aber nicht +Gesetzes+kraft. Zur Zeit besonderer Gefahr tritt an die
Spitze des Staates ein ~Dictator~, ohne Mitwirkung der Bürgerschaft,
aber mit Beirat des Senats von einem der Konsuln +ernannt+ (dictatorem
+dicere+). Die Konsuln sind ihm untergeordnet; er ernennt seinen
Gehilfen, den +magister equitum+; beide dürfen ihr Amt nicht länger als
sechs Monate führen.

[509.]

Verschwörung junger Patrizier zur Herstellung des Königtums. Der Konsul
+L. Junius Brutus+ läßt seine eigenen Söhne als Teilnehmer an der
Verschwörung hinrichten. Darauf Krieg mit den +Etruskern+ von Veii und
Tarquinii; +Brutus+ fällt im Zweikampf mit +Aruns Tarquinius+ vor der
Schlacht am Walde +Arsia+. An seine Stelle wird zuerst +Sp. Lucretius,+
nach dessen Tode +M. Horatius+ gewählt, welcher den in der Königszeit
erbauten Tempel des Juppiter Capitolinus weiht.

[508.]

Unglücklicher Krieg der Römer gegen den etruskischen König +Porsenna+
von +Clusium+; sie müssen den Frieden durch Gebietsabtretung und
Entwaffnung erkaufen. Römische Sagen von +Horatius Cocles+, dem
tapferen Verteidiger der Tiberbrücke, von dem Heldenmute des +Mucius
Scaevola+ und der +Cloelia+. Die weiter in Latium vorrückenden Etrusker
werden vor +Aricia+ von den Latinern und ihren Bundesgenossen, den
Griechen aus +Cumae+ (unter +Aristodemos+), geschlagen und können
sich auf dem linken Tiberufer nicht behaupten. Rom erlangt bald seine
frühere Machtstellung wieder. König Tarquinius stirbt in Cumae.

Vielleicht in dieser Zeit schon Handelsvertrag zwischen Rom und
Karthago. Die Küstenstädte bis Terracina unter Roms Oberhoheit (S. 82).

[496.]

Sagenhafter Sieg der Römer über die Latiner und Tarquinius am See
+Regillus+ (bei +Tusculum+); der Dictator +Aulus Postumius+ siegt mit
Hilfe der +Dioskuren+ (Kastor und Pollux), denen alsbald ein Tempel in
Rom errichtet wird.

[~494.~]

~Auswanderung der Plebejer auf den Heiligen Berg~ (+secessio plebis in
Montem sacrum+).

Die Plebejer waren durch häufigen +Kriegsdienst,+ durch das strenge
+Schuldrecht,+ welches auch die Person des Schuldners in die Gewalt des
Gläubigers gab, und durch Verweigerung eines Anteils am +Gemeindelande+
(ager publicus) in Not geraten. Sie wollen eine neue Stadt gründen,
werden aber durch Vermittelung des Patriziers +Menenius Agrippa+ zur
Rückkehr bewogen. Darauf Erlaß der drückendsten Schulden, Einsetzung
besonderer plebejischer Beamter: Die ~Volkstribunen~ +(tribuni plebis,+
anfangs 2, dann 5, endlich 10) sind +unverletzlich+ (sacro-sancti) und
haben das Recht des Schutzes (+ius auxilii+) für jeden Plebejer gegen
Unbill eines Beamten. Daraus entwickelt sich ein Verbietungsrecht
+(Veto,+ ius intercedendi) gegen Senatsbeschlüsse und Befehle der
Beamten; nur gegen das +imperium militare,+ also gegen den Dictator und
gegen die Konsuln außerhalb der Stadt gilt der tribunicische Einspruch
nicht. Ferner haben sie das Recht, Widerstrebende zu verhaften +(ius
prensionis)+ und das Recht, mit der von ihnen vertretenen Gemeinde
zu verhandeln (+ius agendi cum plebe+). Damit hängt die Einrichtung
der ~comitia tributa~ zusammen: Versammlungen der Plebejer nach den
Wohnbezirken (+tribus+). Man unterschied 4 +tribus urbanae,+ 17
+rusticae+; bei wachsendem Gebiet wurde die Zahl bis auf 35 erhöht.
Jede Tribus hat in den Komitien +eine+ Stimme, innerhalb der Tribus
wird nach Köpfen (+virītim+) gestimmt.

Als Gehilfen stehen den Tribunen 2 ~Volksädilen~ (aediles plebis)
zur Seite; sie üben Polizeigerichtsbarkeit, namentlich über den
Marktverkehr, und verwahren die schriftlich aufgezeichneten
Volksbeschlüsse (+plebiscīta+) im Tempel der Ceres am Abhang des
Aventin.

[493.]

Der Konsul +Spurius Cassius+ erneuert das Bündnis zwischen Rom und
den +latinischen Städten+ auf Grund der Gleichberechtigung (+foedus
aequum+). Erst allmählich gewinnt Rom die Hegemonie über die Latiner
wieder. Fortwährende Fehden mit +Etruskern, Sabinern, Äquern,
Volskern.+

Im Innern dauern die Kämpfe zwischen ~Patriziern~ und ~Plebejern~ fort;
letztere streben auch nach +politischer+ Gleichberechtigung. Einen
Versuch zur Beseitigung des Tribunats macht der Patrizier

[491.]

~Cn. Marcius Coriolanus,~ der während einer Hungersnot vorschlägt, den
Plebejern Getreide aus Staatsmitteln nur gegen Verzichtleistung auf
das Tribunat zu bewilligen. Von den Tribunen vor die ~comitia tributa~
gefordert, erscheint Coriolan nicht, wird abwesend verbannt, geht zu
den Volskern, führt sie gegen Rom, gibt aber auf das ernste Wort seiner
Mutter +Veturia+ und auf die Bitten seiner Gemahlin +Volumnia+ den
Kampf gegen die Vaterstadt auf.

[486.]

~Spurius Cassius,~ zum dritten Male Konsul, beantragt das erste
~Ackergesetz~ (+lex agraria+): Verteilung von Gemeindeland an
bedürftige Plebejer und +latinische Bundesgenossen+. Die Patrizier und
die reichen Plebejer vereinigen sich gegen ihn; er wird nach Ablauf
seines Amtsjahres verurteilt und hingerichtet.

[479.]

Das Geschlecht der ~Fabier~ (+gens Fabia+), aus welchem mehrere Jahre
nacheinander immer ein Konsul erwählt war, zerfällt mit den anderen
patrizischen Geschlechtern; der Konsul +Kaeso Fabius+ befürwortet die
Ackerverteilung an die Plebejer. Auszug der Fabier mit ihren Klienten
(zusammen 306), um den Krieg gegen die +Etrusker+ zu führen; sie werden
am Bache +Cremĕra+ überfallen und fast sämtlich vernichtet.

[471.]

Die Plebejer erhalten durch den Gesetzvorschlag des Volkstribunen
+Volĕro Publilius+ das Recht, ihre Beamten fortan in den Tributkomitien
zu wählen (~lex Publilia~: +ut plebei magistratus tributis comitiis
fierent+).

[462.]

Antrag des Volkstribunen +C. Terentilius Arsa+ auf Ernennung einer
Kommission zur schriftlichen Aufzeichnung der Gesetze. Heftiger
Widerstand der Patrizier. ~L. Quinctius Cincinnatus,~ 458 zum
Dictator gewählt, befreit ein von den +Äquern+ am Berge +Algidus+
eingeschlossenes römisches Heer und zwingt die Feinde, unter dem Joch
durchzugehen.

[~451.~]

~Decemvirn zur Aufzeichnung der Gesetze.~

(+Decemviri consulari potestate legibus scribundis+), mit zeitweiliger
Aufhebung des Konsulats, des Tribunats und des Provocationsrechts. Die
Gesetze werden vom Volke angenommen, in zehn Erztafeln eingegraben
und auf dem Forum aufgestellt. Da noch ein Nachtrag nötig erscheint,
so werden 450 noch einmal Decemvirn (davon drei Plebejer) ernannt,
welche noch zwei Tafeln hinzufügen. Die in den ~Zwölftafelgesetzen~
enthaltenen Bestimmungen über Familienrecht, Erbrecht, Schuldrecht usw.
sind bleibende Grundlagen des +römischen Rechts+ geworden (Liv. III,
34: +fons omnis publici privatique iuris+).

[449.]

~Zweite secessio plebis,~

veranlaßt durch Gewalttaten der Decemvirn, die nach Vollendung
der Gesetzgebung ihr Amt nicht sogleich niederlegten. Ungerechter
Richterspruch des +Appius Claudius+ über +Virginia+, die infolgedessen
von ihrem Vater auf dem Forum getötet wird. Neugewählte Konsuln, L.
Valerius und M. Horatius, vermitteln den Ausgleich durch drei Gesetze
(+leges Valeriae Horatiae+): 1. Gleichstellung der Beschlüsse der
Tributkomitien (+plebiscita+) mit denen der Centuriatkomitien +(ut
quod tributim plebs iussisset, populum teneret).+ 2. Herstellung
des Provocationsrechts. 3. Herstellung der Unverletzlichkeit des
Volkstribunen, welche auch auf die Ädilen und die Richter über
Privatklagen (+decemviri litibus iudicandis+) ausgedehnt wird.

[445.]

Gesetz des Tribunen ~Canuleius~, welches die Ehen zwischen Patriziern
und Plebejern für gültig erklärt +(lex Canuleia de conubio)+: die
Kinder folgen fortan dem Stande des Vaters (nicht mehr der pars
deterior). Dagegen wird der zweite Antrag der Tribunen, daß auch
+Plebejer+ zu +Konsuln+ gewählt werden dürfen, abgelehnt. Es findet
ein Vergleich statt: an Stelle der Konsuln können einige der jährlich
erwählten Legionsanführer (in der Regel 6) mit konsularischer Gewalt
ausgestattet werden (~tribuni militum consulari potestate~): hierzu
sind auch Plebejer berechtigt.

[443.]

Einsetzung der ~Censur~, eines neuen ~patrizischen~ Amtes. Die
+zwei+ Censoren werden in den +Centuriatkomitien+ erwählt, alle 4
oder 5 Jahre; doch wird ihre Amtsdauer auf 18 Monate beschränkt, so
daß das Amt in der Zwischenzeit ruht. Befugnisse der ~Censoren~: 1.
Abhaltung des +Census+; die Bürger werden in die Klassen und Centurien
eingeordnet (+discriptio classium et centuriarum+), die Ritter
gemustert (+recognitio equitum+), die Senatsliste wird von ihnen
aufgestellt (+lectio senatus+): 2. Verwaltung des Staatseigentums; die
Abgaben vom Gemeindelande (+vectigalia+) und die Zölle (+portoria+)
werden verpachtet, die Ausführung von Bauten (Tempeln, Heerstraßen
(via Appia des Ap. Claudius Caecus), Wasserleitungen) an Unternehmer
verdungen; 3. in Verbindung mit dem Census Aufsicht über die Sitten
+(regimen morum+: senatu movere, equum adimere, tribu movere et
aerarium facere; +nota censoria).+ Durch diese letztere Befugnis
gelangt das Amt der Censur zu einer hohen moralischen und politischen
Bedeutung.

[~439.~]

+Spurius Maelius,+ ein reicher Plebejer, der während einer Teuerung
Getreide zu geringem Preise abgibt, wird beschuldigt, nach der
Königsherrschaft zu streben, und von +C. Servilius Ahāla,+ dem Magister
equitum des achtzigjährigen Dictators +L. Quinctius Cincinnātus,+ auf
der Straße erschlagen.

[421.]

Die Zahl der ~Quästoren~, denen die Verwaltung der Staatskasse
(+aerarium+) obliegt, auf 4 vermehrt; die Plebejer erhalten Zutritt zu
diesem Amte.

[~396.~]

Ein erster großer Erfolg in den Nachbarfehden ist die Eroberung der
Etruskerstadt ~Veii~ durch den Dictator ~M. Furius Camillus.~ Er wird
aber wegen ungerechten Verfahrens bei Verteilung der Beute angeklagt
und geht in die Verbannung. Die Macht der Etrusker, durch den Einbruch
der Gallier (Kelten) und den Seesieg der Syrakusaner unter Hieron I.
(S. 50) bei Cumae schon 474 geschwächt, ist seitdem gebrochen.

~Einfall der Gallier~ (+Senonen+) ~in Latium,~

veranlaßt durch Teilnahme römischer Gesandter an dem Kampfe der
Etrusker von +Clusium+ gegen dieselben.

[~388.~ (18. Juli.)]

~Schlacht an der Allia,~

einem Bache, der 15 km nördlich von Rom in den Tiber fließt. Niederlage
und Flucht der Römer auf das rechte Tiberufer, wodurch die Stadt
preisgegeben wird.

Das von den Einwohnern verlassene Rom (nur der +Mons Capitolinus+
bleibt besetzt) wird von den Galliern (unter +Brennus+) eingenommen,
geplündert und niedergebrannt. Vergeblich versuchen sie, das Kapitol
zu ersteigen, die Gänse der Juno; +M. Manlius Capitolinus.+ Nach
7monatiger Einschließung des Burgfelsens wird der Abzug der Gallier
durch Gold erkauft. Nach der römischen Sage verbietet der aus der
Verbannung zurückgerufene +Camillus+ als Dictator das Abwägen des
Goldes (Vae victis!) und vertreibt die Feinde. -- Rückkehr der
Bewohner. Der Plan, nach +Veii+ auszuwandern, wird von Camillus
vereitelt. Rascher, aber unregelmäßiger Aufbau der Stadt, die bald
wieder in ihrer alten gebietenden Machtstellung dasteht, nachdem
+Camillus+ die Äquer, Volsker, Etrusker besiegt hat.

~Ausgleich der Stände, Entstehung der Nobilität.~

Der Ständekampf beginnt aufs neue; die reicheren Plebejer streben nach
Gleichberechtigung und Zutritt zu den Staatsämtern, die ärmeren nach
Erleichterung des Schuldrechts und Anteil am Gemeindeland.

[384.]

Der Patrizier ~M. Manlius Capitolinus,~ der mit seinem Vermögen
plebejische Schuldner löst, wird beschuldigt, nach der Königswürde
zu streben, als Hochverräter verurteilt und vom Tarpejischen Felsen
herabgestürzt.

[~366.~]

~L. Sextius Lateranus, erster plebejischer Konsul,~ nach zehnjährigem
Kampfe um die von ihm und +C. Licinius Stolo+ als Volkstribunen
beantragten Gesetze (+leges Liciniae Sextiae+), welche anordnen: 1.
Erleichterung der +Schuldner+ durch Abzug der gezahlten Zinsen vom
Kapital, dessen Rest dann binnen drei Jahren in gleichen Raten zu
zahlen ist; 2. Niemand soll mehr als 500 Morgen +Gemeindeland+ in
Besitz haben; 3. Aufhebung der tribuni militum consulari potestate;
einer der Konsuln soll unbedingt +Plebejer+ sein.

Als neues +patrizisches+ Amt wird die ~Prätur~ eingerichtet zur Leitung
der +Rechtspflege+, die bisher den Konsuln oblag. Der Prätor, von 6
Liktoren begleitet, ist auch Stellvertreter der Konsuln, wenn sie
von Rom abwesend sind. Später außer dem praetor urbanus ein praetor
inter peregrinos (für die Ausländer) eingesetzt. Ferner treten den
plebejischen Ädilen zwei ~kurulische Ädilen~ zur Seite; sie üben
gemeinsam mit ihnen die Markt- und Straßenpolizei und veranstalten die
öffentlichen Festspiele, namentlich die +ludi Romani+ alljährlich im
September (+cura annonae, cura urbis, cura ludorum+); in der Führung
dieses Amtes wechseln Patrizier und Plebejer Jahr um Jahr ab.

Nach und nach werden +alle Ämter den Plebejern zugänglich,+ die Censur
351, die Prätur 337. Auch zu den Priesterkollegien der +Pontifices+ und
+Augures+ erhalten die Plebejer Zutritt (300 +lex Ogulnia+).

Nach diesem Ausgleich entwickelt sich allmählich ein neuer Gegensatz
zwischen dem +Amtsadel+ (~Optimates, Nobiles~), der die Patrizier
und reicheren Plebejer umfaßt, und dem +Bürgerstande+ (~Plebs~ im
späteren Sinne). Doch kann sich der Amtsadel (+ius imaginum+) nicht
so schroff wie der bisher geltende Geburtsadel gegen den Bürgerstand
abschließen, sondern ergänzt sich fortwährend durch Aufnahme neuer
Mitglieder (+homines novi+). Durch Volkswahl gelangt der Bewerber
(+candidatus+) zu den Ämtern, durch das Vertrauen der Censoren in den
Senat. Reihenfolge der Ämter: +Quästor, Ädil, Prätor, Konsul, Censor+.
Über das gesetzmäßige Alter s. S. 96.

Der ~Senat~ leitet namentlich die auswärtige Politik und die
Finanzverwaltung. Die oberste Entscheidung in der +Gesetzgebung+
und bei +Kriminalprozessen+ steht nach wie vor bei den ~Komitien~,
und zwar sowohl bei den +Centuriat+- wie bei den +Tribut+-Komitien,
welche +alle+ Bürger, Patrizier und Plebejer, jedoch mit verschiedener
Abstimmungsordnung, umfassen. Hinsichtlich des +Wahlrechts+ bleibt
der Unterschied, daß die +magistratus maiores+ (Konsuln, Prätoren,
Censoren) in den +Centuriat+-Komitien, die +magistratus minores+
(Ädilen und Quästoren) sowie die Volkstribunen in den +Tribut+-Komitien
gewählt werden.

Die ~Volkstribunen~ erscheinen fortan nicht mehr in so scharfem
Gegensatz zum Senat wie während des Ständekampfes; sie nehmen an seinen
Sitzungen teil, berufen ihn auch bisweilen.

Der Not der +armen+ Plebejer, die auch nach den Licinischen Gesetzen
wiederkehrt, wird durch +Ackerverteilungen+ und Gründung von
+Bürgerkolonien+ nach glücklich geführten Kriegen abgeholfen. Aufhebung
der Schuldknechtschaft durch das Gesetz des Konsuls +C. Poetelius+ 326.

Im Jahre 287 secessio plebis auf den Janiculus. Durch die lex Hortensia
werden die plebiscita (S. 77) der concilia plebis den populiscita der
Centuriat-Komitien gleichgestellt.

Umgestaltung der ~Heeresverfassung~, hauptsächlich von +Camillus+
veranlaßt. Die Legion wird in 30 +Manipel+ zu je 2 +Centurien+
eingeteilt, ihre Aufstellung in drei Treffen (+hastati, principes,
triarii+) gegliedert. Die so zusammengesetzte Schlachtordnung
übertrifft die alte Phalanx bedeutend an Beweglichkeit. Die Bewaffnung
gleichmäßiger als nach der servianischen Ordnung. Die Stoßlanze
(+hasta+) wird bald auf das dritte Treffen (+triarii+) beschränkt;
die beiden vorderen Treffen erhalten einen kürzeren Wurfspeer
(+pilum+); gemeinsam für alle Schwerbewaffneten sind Schwert, Schild,
Helm und Panzer. Die Legion zählt in der Regel 4200 Mann, darunter
1200 Leichtbewaffnete (+velĭtes+) ohne Panzer, mit leichtem Schild,
Lederhelm und leichten Wurfspeeren; dazu kommen 300 Reiter. Zwei
Legionen, begleitet von Truppen der Bundesgenossen, bilden gewöhnlich
ein konsularisches Heer.

[367–349.]

Wiederholte Kämpfe mit den ~Galliern,~ welche sich in Ober-Italien
(+Gallia cisalpina+) bleibend niedergelassen haben und von dort
häufig Einfälle in Mittel-Italien machen. Zweikämpfe des +T. Manlius
Torquatus+ und +M. Valerius Corvus+ mit gallischen Kriegern.

[348.]

Erster Handelsvertrag zwischen ~Rom~ und ~Karthago~,[22]

in welchem Rom als Vorort der mittelitalischen Westküste erscheint.


§ 3. Unterwerfung Italiens.

[~343–341.~]

~Erster Samnitenkrieg.~

~Veranlassung~: Die +Sidicīner+ in +Teānum+ und die +Campāner+ in
+Capua+, beide Nachkommen ausgewanderter samnitischer Volksstämme,
suchen Schutz bei den Römern gegen ihre eigenen Stammgenossen, die
~Samniten des Gebirges~, welche in dem eigentlichen Samnium eine
Eidgenossenschaft bildeten und von dort aus in immer neuen Schwärmen
die ~Ebene~ (Campania) brandschatzten.

Nach römischer Überlieferung erfechten die Römer drei Siege, doch wird
ein Vergleich geschlossen, welcher den Römern +Capua+, den Samniten
+Teanum+ überliefert. Die Samniten werden zu diesem Vergleiche bestimmt
durch einen Krieg mit +Tarent+, die Römer durch den

[~340–338.~]

~Krieg der Latiner~,

welche sich gegen Roms Hegemonie auflehnen und vollständige
Gleichstellung mit den Römern verlangen: +ein+ Konsul und der +halbe+
Senat sollen Latiner sein. Capua und die Volsker mit den Latinern
verbündet, die Samniten mit den Römern.

Kampf in Campanien; der Konsul +T. Manlius Torquatus+ läßt seinen
Sohn hinrichten, weil er dem Verbot zuwider sich in einen Zweikampf
eingelassen, und siegt, von den Samniten unterstützt, in einer Schlacht
unweit des ~Vesuv~; Opfertod des andern Konsuls +P. Decius Mus+.
Entscheidungsschlacht bei ~Trifanum~ unweit +Minturnae+, Sieg des
+Manlius+ über die Latiner und Campaner.

~Auflösung des latinischen Bundes~. Den latinischen Städten wird
gegenseitiges +Commercium+ und +Conubium+ untersagt, sie müssen
einzeln mit Rom Verträge schließen und Land abtreten (so +Tibur+ und
+Praeneste+); einige erhalten römisches Bürgerrecht (so +Lanuvium+ und
+Aricia+). Die Volskerstadt +Antium+ wird +römische Kolonie+; mit den
Schnäbeln der erbeuteten Schiffe dieser Stadt wird die Rednerbühne auf
dem Forum Romanum geziert (daher +rostra+ genannt). +Capua+ und andere
Städte Campaniens erhalten römisches Bürgerrecht ohne Stimmrecht.

Bald jedoch wird den nunmehr abhängigen Latinern Anteil an den
römischen Eroberungen gewährt; +Cales+ und +Fregellae+ werden als
+latinische+ Kolonien eingerichtet.

[~326–304.~]

~Zweiter Samnitenkrieg.~

~Veranlassung~: Übergriffe der Römer am Liris, namentlich die
Einrichtung der Kolonie +Fregellae+; ferner die Besetzung der
Griechenstadt +Palaeapolis+ (neben +Neapolis+) durch Q. Publilius Philo
(den ersten +Prokonsul+).

Bündnis der Römer mit den +Apŭlern+ und +Lukanern+; zum erstenmal
überschreiten römische Heere den Apennin. Die Römer sind zu Anfang des
Krieges im Vorteil. Aber

[~321.~]

~Niederlage in den Caudinischen Pässen.~ Die beiden Konsuln werden,
als sie der apulischen Stadt +Luceria+ von Campanien aus zu Hilfe
eilen wollen, von dem samnitischen Heerführer +Gavius Pontius+ in den
+furculae Caudinae+ eingeschlossen und zur Ergebung genötigt. Sie
beschwören einen Friedensvertrag; 600 römische Ritter bleiben als
Geiseln zurück, das Heer darf unter dem Joch abziehen. Der römische
Senat verweigert die Anerkennung dieses Vertrages und liefert die
Konsuln den Samniten aus, welche sie nicht annehmen.

Die Samniten erobern +Luceria+ und +Fregellae+. Durch äußerste
Kraftanstrengung gewinnen die Römer wieder die Oberhand. Im Jahre
319 soll der Konsul +L. Papirius Cursor+ Luceria wiedererobert, die
römischen Geiseln befreit und die samnitische Besatzung unter das Joch
geschickt haben; 314 wird Luceria römische Kolonie.

[~312.~]

Bau der ~Via Appia~, einer großen Heerstraße von Rom nach Capua durch
die pomptinischen Sümpfe, begonnen von dem Censor +Appius Claudius
Caecus+. Derselbe legt auch die erste Wasserleitung (aqua Appia) in Rom
an.

[310.]

Sieg des Konsuls +Q. Fabius Maximus Rullianus+ über die zu spät sich
erhebenden +Etrusker+ und +Marser+ am +Vadimonischen See+.

[309.]

Erstes Erscheinen einer +römischen Kriegsflotte+ bei der Belagerung der
campanischen Stadt +Nuceria.+

[305.]

+Bovianum+, Hauptwaffenplatz der Samniten, eingenommen.

[304.]

Friede; die Samniten erlangen gleich ihren sabellischen Bundesgenossen
Freiheit innerhalb ihrer Stammesgrenzen; Erneuerung der +alten+
Verträge zu +gleichem+ Recht (foedus aequum).

Zur Befestigung ihrer Herrschaft legen die Römer wiederum mehrere
+Kolonien+ und neue +Heerstraßen+ an, so +Narnia+ in Umbrien (spätere
+via Flaminia+) und +Alba Fucentia+ am +Lacus Fucĭnus+ (spätere +via
Valeria+).

[~298–290.~]

~Dritter Samnitenkrieg.~

Die Samniten schließen mit den +Lukanern+ ein Bündnis, um einen
letzten Kampf für Italiens Unabhängigkeit zu wagen. Neue Erhebung der
+Etrusker+ und +Umbrer+.

Der Konsul +L. Cornelius Scipio+[23] nötigt 298 die Lukaner, dem
Bündnis mit Samnium zu entsagen. Die Samniten stellen mit äußerster
Kraftanstrengung drei Heere ins Feld, eins zur Verteidigung ihres
Gebiets, das zweite für Campanien; das dritte führt ihr Feldherr
+Gellius Egnatius+ durch das +marsische+ und +umbrische+ Gebiet nach
+Etrurien+. Gallische Stämme schließen sich dem +Bündnis der Italiker
gegen Rom+ an. Große Rüstungen in Rom. Die Konsuln +Q. Fabius Maximus
Rullianus+ und +P. Decius Mus+ rücken mit 60000 Mann nach Umbrien vor.

[~295.~]

~Entscheidungsschlacht bei Sentinum~, Todesweihe des jüngeren +P.
Decius Mus+.

Die Umbrer unterwerfen sich, die Etrusker bitten um Frieden und
werden Rom Untertan; die Samniten kämpfen weiter, werden aber 293 bei
+Aquilonia+ besiegt. Endlich erneuert der Konsul +M’. Curius Dentatus+
das Bündnis mit ihnen; sie behalten ihr Gebiet, lassen aber fortan den
Römern freie Hand, ihre Herrschaft im übrigen Italien zu befestigen.

Abermals +Kolonien+ gegründet: +Minturnae+ und +Sinuessa+ im Gebiet
der Aurunker (römische Bürgerkolonien), +Hatria+ in Picenum, +Venusia+
in Apulien (latinische Kolonien). Die +Sabiner+ müssen römisches
Bürgerrecht ohne Stimmrecht annehmen. Gegen die Gallier wird 283 die
Bürgerkolonie +Sena Gallica+ in Umbrien eingerichtet. Der Schutz,
welchen Rom der von Lukanern und Bruttiern angegriffenen Griechenstadt
+Thurii+ gewährt, führt herbei den

[~282–272.~]

~Krieg mit Tarent.~

~Veranlassung~: Ältere Verträge mit Tarent, der reichsten und
mächtigsten Griechenstadt in Unter-Italien, untersagten den Römern,
mit Kriegsschiffen über das +Lacinische Vorgebirge+ bei Kroton
hinauszufahren. Trotzdem erscheint eine nach der umbrischen Küste
bestimmte römische +Kriegsflotte+ im Hafen von Tarent. Die Tarentiner
greifen sie an, nehmen fünf Schiffe, vertreiben die römische Besatzung
aus +Thurii+. Römische Gesandte, welche Genugtuung verlangen, werden in
Tarent beschimpft; darauf Kriegserklärung.

Die Tarentiner rufen den König ~Pyrrhos von Epirus~ zu Hilfe; dieser
schickt zuerst seinen Feldherrn +Milon+ mit 3000 Epiroten nach Tarent
(281), im folgenden Jahre landet er selbst mit einem aus +Epiroten,
Makedonen, Griechen+ bestehenden Söldnerheere von 25000 Mann und 20
Elefanten in Italien. Strenges militärisches Auftreten des Königs in
Tarent; die Bürger werden zum Kriegsdienst gezwungen.

[~280.~]

~Schlacht bei Herakleia~ (am Meerbusen von Tarent); die römische
Manipularordnung erliegt dem Angriff der makedonischen Phalanx und der
Elefanten. Die Griechenstädte, die Bruttier, Lukaner und +Samniten+
schließen sich Pyrrhos an. Er bietet den Römern Frieden an; sein
Gesandter +Kineas+ wird abgewiesen (Rede des blinden Konsulars +Appius
Claudius+ im Senat). Pyrrhos rückt durch Campanien bis +Anagnia+ vor,
kehrt aber um, da die Bundesgenossen der Römer diesen treu bleiben. +C.
Fabricius+ Gesandter an Pyrrhos wegen Auswechselung der Gefangenen.

[~279.~]

~Schlacht bei Asculum~ in Apulien;

Pyrrhos siegt wiederum, doch mit großen Verlusten. Er folgt einem
Hilferuf der von den +Karthagern+ bedrängten +Syrakusaner+ (S. 67),
läßt nur eine Besatzung in Tarent zurück. Kriegsbündnis zwischen +Rom+
und +Karthago+, doch lehnen die Römer die Landung einer karthagischen
Flotte in Italien ab und bekämpfen allein die Griechenstädte. Pyrrhos
kehrt 276 nach Tarent zurück. Als er den Samniten Hilfe bringen will,
wird er von +M’. Curius Dentatus+ in der

[~275.~]

~Schlacht bei Beneventum~

völlig geschlagen und kehrt nach Epirus zurück († 272 in Argos). Erst
nach seinem Tode überliefert +Milon+ Stadt und Burg von Tarent den
Römern unter der Bedingung freien Abzugs. Die Tarentiner müssen Waffen
und Schiffe ausliefern und die Mauern niederreißen, behalten aber ihre
eigene Stadtverwaltung.

Nach Tarents Fall Unterwerfung der +Samniten, Lukaner+ und +Bruttier+.
Alle müssen Teile ihres Gebiets abtreten und +Kolonien+ aufnehmen
(Beneventum und Aesernia in Samnium). Im J. 270 Einnahme von +Rhegium+,
welches 10 Jahre in den Händen aufständischer campanischer Soldaten
gewesen war, die jetzt mit dem Tode bestraft werden. ~Italien~ (bis zum
Apennin) ~geeinigt unter römischer Herrschaft~. Verlängerung der +Via
Appia+(S. 84) von +Capua+ über +Venusia+ und +Tarent+ bis +Brundisium+.
In bezug auf das Verhältnis der unterworfenen Gemeinden zu Rom sind zu
unterscheiden:

1. ~Municipien~ (+municipia+), d. h. Gemeinden mit beschränktem
römischem Bürgerrecht (+civitas sine suffragio et iure honorum+). Sie
haben also +commercium+ und +conubium+, römische Rechtsprechung und
römischen Kriegsdienst.

2. ~Kolonien~ (+coloniae+), d. h. römische Festungen. Viele
unterworfene Orte müssen einen Teil ihrer Ländereien abtreten. Dieses
Land wird an +römische Bürger+ verteilt, die ihr volles Bürgerrecht
behalten und fortan in der Kolonie die herrschende Gemeinde, gleichsam
die +Patrizier+, bilden, während die alten Einwohner zu +Insassen+
ohne politische Rechte herabsinken. Die Rechtspflege wird in den
+Municipien+ wie in den +Kolonien+ durch Präfekten (+praefecti iure
dicundo+) ausgeübt, welche der +praetor urbanus+ (s. S. 81) ernennt.

3. ~Verbündete~ (+socii, civitates foederatae+), deren Verhältnis zu
Rom durch +Verträge+ geordnet ist. Sie haben eigene Verwaltung und
Gerichtsbarkeit und sind vom Dienst in der Legion befreit, müssen
dagegen +Hilfstruppen+ oder +Schiffe+ stellen. Tribut wird nicht von
ihnen gefordert. Am meisten begünstigt sind die +Latiner+, sie können
unter gewissen Bedingungen römisches Bürgerrecht erwerben und werden
zusammen mit römischen Bürgern in +latinische Kolonien+ ausgesandt.


§ 4. Die Punischen Kriege.

[~264–241.~]

~Erster Punischer Krieg.~ Kampf um Sicilien.

(Die frühere Geschichte der +Karthager+ oder +Punier+ siehe S. 131, 41,
67.)

Karthago mit seiner +oligarchischen+ Verfassung, welche der
Bürgergemeinde geringen Einfluß gewährt und die Untertanen durch
Tributforderung drückt, und mit seinen +Söldnerheeren+ ist trotz
seines Reichtums im Nachteil gegen Rom, wo gleichmäßigere Verteilung
der bürgerlichen Rechte und allgemeine Verpflichtung zum Kriegsdienst
besteht.

~Veranlassung~: Die +Mamertiner+, d. h. +Marsmänner+, ehemalige
campanische Söldner des Agathŏkles (S. 67), hatten sich der Stadt
+Messana+ bemächtigt. Sie werden von König +Hiero II.+ von +Syrakus+
bekriegt. Ein Teil von ihnen ruft die +Karthager,+ ein anderer
die Römer zu Hilfe. Der römische Senat schwankt, die Bürgerschaft
beschließt, den Mamertinern Hilfe zu gewähren. Eine römische
Kriegsflotte, meist aus Schiffen der süditalischen Bundesgenossen
bestehend, setzt Truppen von Rhegium nach +Messana+ über; die
karthagische Besatzung wird aus der Burg vertrieben.

[~264.~]

Die Karthager und +Hiero+ von Syrakus belagern die Römer in Messana,
müssen aber zurückweichen. Hiero schließt sich bald den vordringenden
Römern an. Nach Eroberung der Stadt +Agrigentum+ (Akrăgas, s. S. 32)
262 beschließen die Römer den Bau einer großen +Kriegsflotte+. Sie
bauen Schiffe mit fünf Ruderreihen (Pentēren) nach dem Muster eines
gestrandeten karthagischen Kriegsschiffs.

[~260.~]

~Erster Seesieg der Römer~ unter ~C. Duilius~ bei ~Mylae,~ westlich
von Messana, mit Hilfe der Enterbrücken. Zum Andenken an den Sieg die
+columna rostrata+ auf dem Forum errichtet.

[256.]

Nach einem zweiten Seesiege bei ~Eknomos~ an der Südküste Siciliens
landen die Konsuln ~M. Atilius Regulus~ und +L. Manlius Volso+ an der
afrikanischen Küste. Die Karthager, durch Verwüstung ihres Gebiets
erschreckt, bitten um Frieden; Regulus stellt zu hohe Forderungen,
wird 255 bei +Tunes+ geschlagen und gefangen.

Fortsetzung des Krieges in Sicilien; die Römer erobern +Panormus+ und
behaupten es durch einen Sieg des Konsuls +L. Caecilius Metellus+
(251), der bei seinem Triumph in Rom über 100 Elefanten aufführt.

Friedensgesandtschaft der Karthager nach Rom. Nach der römischen
Legende soll Regulus die Annahme des Friedens widerraten haben und
in Karthago unter Martern getötet worden sein. Die Römer nehmen den
Seekrieg wieder auf, belagern aber vergeblich die starke karthagische
Seefestung ~Lilybaeum~. Der Konsul +P. Claudius Pulcher+ (die heiligen
Hühner) wird in der

[~249~.]

~Seeschlacht bei Drepăna~

von den Karthagern geschlagen. Darauf in den nächsten Jahren nur
+Landkrieg+ auf der Westseite Siciliens. Der karthagische Feldherr
~Hamilkar~, genannt ~Barkas~ (d. h. der +Blitz+), verteidigt sich 6
Jahre mit Erfolg gegen die Römer, erst auf dem Berge +Eirkte+ (Monte
Pellegrino bei +Palermo+), dann auf dem +Eryx+ bei Drepana, beunruhigt
auch durch Kaper die Küsten Italiens. Durch das Zusammentreten reicher
Bürger in Rom wird endlich aus Privatmitteln eine neue Flotte gebaut.
Mit dieser erringt der Konsul ~C. Lutatius Catulus~ den entscheidenden

[~241~.]

~Seesieg bei den Agatischen Inseln~

(gegenüber Lilybaeum) über die karthagische Flotte unter Hanno.

~Friede~: 1. Die Karthager verzichten auf ganz ~Sicilien~. 2. Sie
zahlen 3200 Talente (16½ Mill. Mark) Kriegsentschädigung in zehn
Jahren. -- Der größere, ~westliche Teil Siciliens~ wird die ~erste
römische Provinz~ unter der Verwaltung eines Prätors; der kleinere
+südöstliche Teil+ bleibt unter der Hoheit des mit Rom verbündeten
+Königs Hiero von Syrakus+.

[238.]

~Karthago~ in großer Gefahr durch den +Aufstand der Söldner+ und der
+libyschen Untertanen+, welcher endlich von +Hamilkar+ unterdrückt
wird. Die Römer benutzen dies, um von den Karthagern die Abtretung
von ~Sardinien~ und Zahlung von 1200 Talenten zu erzwingen. Die Insel
wird mit dem früher +etruskischen+ ~Korsika~ zu +einer+ Provinz
vereinigt. Doch besetzen die Römer nur die Küsten dieser Inseln; die
Gebirgsbewohner im Inneren werden gelegentlich bekriegt, um Sklaven zu
erbeuten.

[236.]

+Hamilkar+ beginnt Eroberungen in ~Spanien~, um neues Gebiet für
Karthago zu gewinnen; sein Schwiegersohn +Hasdrubal+, Nachfolger im
Oberbefehl, gründet 227 +Neu-Karthago+ (Cartagena).

[229–228.]

Krieg der Römer gegen die seeräuberischen ~Illyrier~ von Skodra. Eine
römische Flotte beschützt die Griechenstädte Kerkyra, Apollonia,
Epidamnos; die Königin Teuta muß Tribut zahlen und Gebiet abtreten.

[225–222.]

Die Römer unterwerfen Nord-Italien, ~Gallia cisalpina~, gereizt
durch einen Einfall gallischer Stämme in +Etrurien+. Diese werden
bei +Telamon+ an der etruskischen Küste vernichtet. Der Konsul Cn.
Cornelius Scipio besiegt die Bojer und Cenomanen und erobert 222
+Mediolanum+ (Mailand), die Hauptstadt der Insŭbrer. Zur Sicherung des
neuen Gebietes werden die latinischen Kolonien Placentia, Cremona,
Mutĭna angelegt. Die schon früher gebaute Heerstraße nach +Spoletium+
wird weiter geführt über den Apennin bis an das Adriatische Meer, dann
die Küste entlang bis +Arimĭnum+ (~Via Flaminia~). Weitere Maßregeln
zur Befestigung ihrer Herrschaft im cisalpinischen Gallien unterbricht
der

[~218–201.~]

~Zweite Punische Krieg.~

~Ursachen~: Eifersucht der Römer auf die durch Erwerbungen in Spanien
neu aufblühende Macht Karthagos; Bestreben des Hauses Barkas, an Rom
Rache zu nehmen.

~Veranlassung~: Die Eroberung der mit Rom verbündeten spanischen Stadt
+Saguntum+ (Murviedro, nördlich von Valencia) durch ~Hannibal~, den
Sohn Hamilkars, 219. Eine römische Gesandtschaft fordert in Karthago
Hannibals Auslieferung; diese wird verweigert, obgleich ein großer Teil
des karthagischen Senats der Machtstellung der Familie Barkas abgeneigt
ist. Darauf Kriegserklärung der Römer.

Den römischen Kriegsplan, mit dem Hauptheere von Sicilien aus
eine Landung in +Afrika+ zu machen, während ein zweites Heer die
karthagischen Truppen in +Spanien+ beschäftigen soll, vereitelt

[218.]

~Hannibals kühner Zug nach Italien~ auf dem Landwege. Er überschreitet
nach Zurücklassung genügender Truppen in Spanien unter seinem Bruder
Hasdrubal, die östlichen +Pyrenäen+ mit 50000 Mann Fußvolk, 9000
Reitern, 37 Elefanten und durchzieht das südliche Gallien. Der römische
Konsul +P. Cornelius Scipio+, welcher auf der Fahrt nach Spanien in
Massilia angelegt hatte, kann Hannibals Übergang über den +Rhodănus+
(Rhône) nicht hindern, kehrt nach Italien zurück, sendet aber seinen
Bruder +Cn. Scipio+ mit dem Hauptteil des Heeres nach Spanien.
Hannibal zieht am Rhodanus aufwärts bis zum Nebenfluß Isăra (Isère),
dann östlich durch die Gebiete der +Allobrŏger+ und +Ceutronen+,
überschreitet kämpfend die +Alpen+ (Paß des +Mont Genèvre+ oder des
+Kleinen St. Bernhard+) und gelangt nach unsäglichen Mühen mit nur
26000 Mann und wenigen Elefanten nach Ober-Italien.

[~218.~ (Sept.)]

~Reitertreffen am Ticinus~, +linkem+ Nebenfluß des Po. Scipio
verwundet, wird durch seinen 17jährigen Sohn, den späteren
»+Africanus+«, gerettet. Verstärkt durch aufständische Gallier (S 89),
schlägt Hannibal in der

[~218.~ (Dez.)]

~Schlacht an der Trebia~ (+rechtem+ Nebenfluß des Po) den andern Konsul
+Tib. Sempronius Longus+, der, aus Sicilien zurückberufen, die beiden
vereinigten römischen Heere befehligte.

Hannibal befördert den nationalen Aufstand der cisalpinischen Gallier,
entläßt alle gefangenen römischen Bundesgenossen, überschreitet den
Apennin und vernichtet ein römisches Heer von 30000 Mann unter dem
Konsul +C. Flaminius+ in der

[~217.~]

~Schlacht am Trasimenischen See~. Schrecken in Rom; man rüstet sich
aber zur Verteidigung der Stadt. ~Q. Fabius Maximus~ zum +Dictator+
ernannt. Hannibal wendet sich nach Osten, um den Abfall der römischen
Bundesgenossen allgemein zu machen, zieht durch +Picenum+ nach
+Apulien+. Fabius folgt ihm in gemessener Entfernung, eine Schlacht
vermeidend (daher +Cunctator+, der Zauderer, genannt). Als Hannibal,
wieder den Apennin überschreitend, nach Campanien vordringt, hindert
Fabius ihn nicht an der Plünderung der reichen Landschaft, verlegt ihm
aber den Rückweg bei +Casilīnum+ am +Volturnus+. Hannibal gewinnt durch
eine List freie Bahn und kehrt nach +Apulien+ zurück.

Die römische Bürgerschaft, mit Fabius’ Kriegführung unzufrieden, gibt
dem magister equitum +M. Minucius+, der bei +Gerunium+ glückliche
Gefechte gegen die Karthager besteht, als zweitem +Dictator+ einen
unabhängigen Oberbefehl über die Hälfte des Heeres. Er greift
Hannibal an, wird geschlagen und nur durch +Fabius+ vor vollständiger
Vernichtung gerettet.

Zu Konsuln des Jahres 216 werden der als Feldherr bewährte ~L. Aemilius
Paullus~ von der Optimatenpartei und der unfähige ~C. Terentius Varro~
von der Volkspartei erwählt, um mit einem Heere von 86000 Römern und
Bundesgenossen Hannibal zu vernichten. Varro greift an dem Tage, wo er
den Oberbefehl hat, unvorsichtig an.

[~216.~]

~Schlacht bei Cannae~ (in Apulien, am +Aufidus+), furchtbare Niederlage
der Römer; gegen 50000 werden getötet, darunter mehr als 80 Männer
senatorischen Ranges und der Konsul +L. Aemilius Paullus+, die übrigen
werden gefangen oder zersprengt. +Varro+ rettet sich mit einer kleinen
Schar nach Venusia und sammelt allmählich einen Rest von 10000 Mann.

In demselben Jahre wird auch eine nach dem cisalpinischen Gallien
geschickte Legion vernichtet. Der ~Abfall von Capua~, die Lossagung
der Samniten, Lukaner, Bruttier und vieler unteritalischer Städte vom
römischen Bündnis ist die unmittelbare Folge der Schlacht bei +Cannae+.

Bewundernswürdige Haltung des römischen Senats. Die Trauer um die
Gefallenen wird auf 30 Tage beschränkt, Hannibals Gesandten, welche die
Lösung der Gefangenen anbieten, der Eintritt in die Stadt verboten;
mit Heranziehung aller irgend Waffenfähigen, selbst Sklaven, wird ein
neues Heer gebildet und zum Teil mit alten Beutestücken aus den Tempeln
bewaffnet. Der Prätor ~M. Claudius Marcellus~, schon im gallischen
Kriege erprobt, und der Dictator +M. Junius Pera+ verteidigen die
römischen Stellungen bei +Neapolis+, +Cumae+ und +Nola+. Hannibal
bezieht Winterquartiere in +Capua+. Karthago schließt Bündnis mit
+Philipp V.+ von Makedonien und +Hieronymus+, dem Enkel und Nachfolger
des Königs Hiero in Syrakus (S. 88).

[~215.~]

Wendung des Krieges zugunsten der Römer. Hannibal, bei +Nola+ von
+Marcellus+ zurückgeschlagen, geht nach +Apulien+ und gibt den
Angriffskrieg auf. Aus Karthago erhält er, mit Ausnahme einer Sendung
von 4000 Mann, keine Unterstützung. Die Römer dagegen bringen ihre
Kriegsmacht bald auf 21 Legionen; ihre +Flotte+ beherrscht von
Lilybaeum aus das Meer und macht öfters Landungen an der afrikanischen
Küste. Hannibals Hoffnung auf Zuzug aus Spanien wird vereitelt durch den

[~218–206.~]

~Krieg der Römer gegen die Karthager in Spanien.~

Die Feldherrn +P.+ und +Cn. Cornelius Scipio+ besiegen +Hasdrubal+,
Hannibals Bruder, 216 am +Ibērus+ (Ebro) und dringen bis in das Gebiet
des +Baetis+ (Guadalquivir) vor, wo sie sich unter wechselvollen
Kämpfen ~bis 211~ im ganzen siegreich behaupten. Zugleich bedrängen
sie durch ihren Bundesgenossen +Syphax+, König von Westnumidien, die
Karthager in Afrika. Das Bündnis mit Philipp von Makedonien bringt dem
Unternehmen Hannibals ebenfalls keine Hilfe.

[215–205.]

~Erster Makedonischer Krieg,~

von den Römern mit geringen Streitkräften glücklich geführt. Der
unentschlossene König +Philipp+ wagt nicht, die versprochene Landung
in Italien auszuführen. Die Römer bringen gegen ihn ein Bündnis
+griechischer+ Staaten zustande (die ~Ätōler~ an der Spitze), dem sich
+illyrische+ und +thrakische+ Häuptlinge, sowie König +Attălos+ von
Pergamon anschließen.

[214–210.]

~Krieg in Sicilien (Belagerung von Syrakus),~

durch ~Marcellus~ zugunsten der Römer entschieden. Nach Vernichtung
des karthagischen Entsatzheeres unter +Himilko+ durch Niederlagen und
Seuchen in den sumpfigen Niederungen des +Anāpos+ wird trotz tapferer
Verteidigung (+Archimēdēs+)

[~212.~]

~Syrakus erobert und geplündert.~

In Italien nimmt Hannibal die Stadt ~Tarent~ ein, mit Ausnahme der
Burg, und kämpft glücklich in Lukanien.

[211.]

Unglück der Römer in ~Spanien~. Beide Scipionen werden von den
Karthagern und ihrem Verbündeten +Massinissa+, Sohn des Königs von
Ostnumidien (selbst König 208), geschlagen und getötet; ihre Truppen
weichen nach Norden über den Ebro zurück.

Hannibal greift das römische Belagerungsheer vor ~Capua~ an, wird
aber zurückgeschlagen. Um die Römer zur Aufhebung der Belagerung zu
bewegen, rückt er gerade auf Rom los und schlägt am Anio ein Lager auf
(+Hannibal ad portas!+), geht aber nach Verwüstung der Umgegend, da die
Römer zur Verteidigung bereit sind, nach Unter-Italien zurück, ohne
seinen Zweck erreicht zu haben.

~Capua muss sich den Römern ergeben~, welche über die Stadt ein
furchtbares Strafgericht ergehen lassen (viele Bürger als Sklaven
verkauft, 53 Senatoren enthauptet, die Selbstständigkeit der Gemeinde
vernichtet). Hannibals Angriff auf +Rhegium+ und auf die +Burg von
Tarent+ mißlingt; seine italischen Bundesgenossen beginnen ihn zu
verlassen.

[210.]

Der junge ~P. Cornelius Scipio~ (Sohn und Neffe der in Spanien
gefallenen Brüder) wird als Prokonsul nach Spanien geschickt; er geht
209 über den Ebro und erobert +Neukarthago+, während in Italien Q.
Fabius Maximus +Tarent+ wiedergewinnt.

[208.]

Marcellus fällt in einem Reitertreffen bei +Venusia+. Ausharren der
Römer trotz der durch die Dauer des Krieges sich fühlbar machenden
Erschöpfung der Kräfte. Zwölf latinische Kolonien erklären sich außer
stande, fernerhin Geld und Mannschaften zu liefern, 18 andere dagegen
halten treu zu Rom.

In ~Spanien~ dringt Scipio siegreich bis zum Süden vor, kämpft aber bei
+Baecula+ ohne Entscheidung mit +Hasdrubal+ und kann ihn nicht hindern,
über die (westlichen) Pyrenäen zu gehen, um seinem Bruder Hannibal
Hilfe zuzuführen.

[~207.~]

Hasdrubal, in Ober-Italien angelangt, ruft die cisalpinischen Gallier
aufs neue zu den Waffen. Große Rüstungen in Rom (23 Legionen auf den
verschiedenen Kriegsschauplätzen), um die Gefahr abzuwehren. Gegen
Hasdrubal wird der Konsul +M. Livius Salinator+, gegen Hannibal der
Konsul +C. Claudius Nero+ gesendet. Dieser entschließt sich, während
Hannibal ihm gegenüber in +Apulien+ lagert, zu einem Eilmarsch mit 7000
Mann auserlesener Truppen und vereinigt sich mit seinem Amtsgenossen.
Beide Konsuln siegen in der

[~207.~]

~Schlacht bei Sena Gallica~, nicht weit vom Flusse ~Metaurus~.
+Hasdrubal+ fällt. Auf die Nachricht von dieser Niederlage (die Römer
werfen den karthagischen Vorposten den Kopf des +Hasdrubal+ zu) zieht
Hannibal nach dem Bruttierlande zurück.

[206.]

Die Karthager räumen +Gades+ (Cadix), ihre letzte Besitzung in Spanien.

[205.]

~Scipio~, zum Konsul erwählt, bereitet in Sicilien einen Zug nach
Afrika vor. +Mago+, Hannibals jüngster Bruder, landet mit den Trümmern
des spanischen Heeres der Karthager bei +Genua+ und ruft die Ligurer zu
den Waffen. Sofort werden drei römische Heere gegen ihn aufgeboten.

[204.]

Scipios Landung in Afrika. Den Kern seines Heeres bilden die Reste des
einst bei Cannae besiegten Heeres (2 Legionen). Mit ihm vereinigt sich
Massinissa, der von den Karthagern und dem jetzt mit ihnen verbündeten
+Syphax+ (Gemahl der Karthagerin +Sophonĭba+) aus seinem Reiche
vertrieben war.

[203.]

+Scipio+ schlägt die Karthager und Numider durch nächtlichen Überfall
(das Lager in Brand gesteckt) und bedroht Karthago. +Syphax+ wird in
der Nähe seiner Hauptstadt +Cirta+ (Constantine) von einer römischen
Heeresabteilung unter +C. Laelius+ und den numidischen Reitern unter
+Massinissa+ besiegt und gefangen. Friedensunterhandlungen ohne
Ergebnis. Die Karthager rufen +Hannibal+ und +Mago+ nach Afrika zurück;
Mago stirbt auf der Überfahrt. Hannibal schifft sich in +Kroton+ ein,
nachdem er die italischen Soldaten, die ihm nicht folgen wollen, hat
niedermachen lassen, und landet bei Leptis. Nach einer fruchtlosen
persönlichen Unterhandlung zwischen Scipio und Hannibal kommt es zur

[~202.~]

~Entscheidungsschlacht bei Zama~,

in der das karthagische Heer geschlagen und vernichtet wird. Hannibal
flüchtet nach +Hadrumētum+.

[~201.~]

Scipio gewährt den Karthagern ~Frieden~ unter folgenden Bedingungen: 1.
Abtretung der spanischen Besitzungen und der Inseln des Mittelmeeres.
2. Übergabe des numidischen Reiches an +Massinissa+. 3. Zahlung eines
+jährlichen+ Tributs von 200 Talenten (etwa 1 Mill. Mark) +fünfzig+
Jahre lang. 4. Auslieferung und Verbrennung aller Kriegsschiffe bis
auf 10. 5. Verbot, ohne Erlaubnis der Römer irgendwo Krieg zu führen.
-- +P. Cornelius Scipio+, der den Beinamen ~Africanus~ erhält, feiert
in Rom einen glänzenden Triumph (+Syphax+).

Die italischen Bundesgenossen Hannibals werden zu bedeutenden
Gebietsabtretungen verurteilt: in diesen Gebieten werden +Kolonien+
gegründet (+Puteoli+, +Salernum+, +Croton+, +Vibo+); das Gebiet von
+Capua+ bleibt ager publicus. Nach einer nochmaligen Erhebung der
cisalpinischen Gallier und der Ligurer wird

[200–191.]

~Ober-Italien~ nach schwerem Kampfe ~wieder unterworfen~.
Wiederherstellung der Kolonien +Placentia+, +Cremona+, +Mutina+;
~Via Aemilia~ von Ariminum bis Placentia; Kolonie +Aquileia+ an der
Nordostgrenze.

~Folgen des zweiten Punischen Krieges~: 1. Durch den glücklichen
Ausgang des Kampfes, bei welchem der Bestand des römischen Staats
gefährdet war, ist die nationale Einigung und Unabhängigkeit Italiens
unter Roms Herrschaft sichergestellt. 2. Rom gewinnt außeritalische
+Provinzen+ und beschreitet, durch keinen ebenbürtigen Gegner mehr
gehindert, die Bahn zur +Weltherrschaft+.


§ 5. Ausbreitung der römischen Herrschaft.

In ~Spanien~ werden 197 ~zwei Provinzen~ eingerichtet: +Hispania
citerior+ (Tarraconensis) und +Hispania ulterior+ (Baetica). Doch
bedarf es noch oft wiederholter Feldzüge (195 der Konsul +M. Porcius
Cato+), um die römische Herrschaft zu befestigen.

Durch Unterwerfung der griechischen Länder des Ostens entsteht ein
mächtiges, zweisprachiges Reich, welches die +Mittelmeer+länder zu
einer großen Einheit zusammenschließt.

[~200–197.~]

~Zweiter Makedonischer Krieg.~

~Veranlassung~: Makedonische Söldner hatten bei Zama gegen die Römer
gekämpft. Außerdem bitten König +Attălos+ von +Pergămon+ und die Städte
+Rhodos+ und +Athen+ die Römer um Hilfe gegen Philipp, der im Bunde mit
Antiochos III. von Syrien Ägypten bekriegt und auch sie schwer bedrängt.

Zwei römische Legionen unter +P. Sulpicius Galba+ landen in Illyrien
bei +Apollonia+. Die römische Flotte schützt den Peiraieus und
bedroht Euböa. Philipp, vor Athen zurückgeschlagen, wird gezwungen,
Mittel-Griechenland zu verlassen. Erfolglose Kriegführung der Römer
in +Illyrien+; die Flotte versucht vergebens eine Landung auf der
Halbinsel +Chalkidike+. Aber der Konsul ~T. Quinctius Flamininus~
(198) gewinnt, nach Umgehung der festen Stellung Philipps, Epirus,
besetzt dann Phokis und Böotien und siegt endlich in der

[~197.~]

~Schlacht bei Kynoskephălae~ in Thessalien.

~Friede~: Philipp muß die Hegemonie über Griechenland sowie überhaupt
alle Besitzungen außerhalb des eigentlichen Makedoniens aufgeben und
in 10 Jahren 1000 Talente zahlen; ferner darf er nur 5000 Soldaten und
5 Kriegsschiffe halten und nur mit römischer Erlaubnis Krieg führen.
-- Bei den Isthmischen Spielen läßt +Flamininus+ den Senatsbeschluß
verkünden, welcher die bisher Philipp untertänigen ~griechischen
Staaten für frei~ erklärt. Die meisten treten in den Achäischen Bund;
die Römer beschränken die Herrschaft des Tyrannen +Nabis+ von Sparta,
lassen sie aber als Gegengewicht gegen den Achäischen Bund bestehen (s.
S. 69).

[195.]

Die oligarchische Partei in ~Karthago~, wo auf Hannibals Anregung eine
demokratische Reform der Verfassung stattgefunden hat, verdächtigt
diesen beim römischen Senat, der seine Auslieferung verlangt. Hannibal
flüchtet nach Tyrus, von da zum König Antiochos.

[~192–189.~]

~Krieg mit Antiochos III. von Syrien.~

Antiochos, herbeigerufen von den mit Roms Schutzherrschaft
unzufriedenen +Ätōlern+, eröffnet den Krieg mit einer Landung in
Thessalien. Von da geht er nach Euböa. Die meisten Griechen, namentlich
der +Achäische+ Bund, bleiben den Römern treu, mit denen sich auch
+Philipp von Makedonien, Eumĕnes von Pergamon+ und +Rhodos+ verbinden.
Landung des Konsuls M’. Acilius Glabrio in Epirus und Marsch nach
Thessalien.

[191.]

~Schlacht bei Thermopylae.~ Der Konsular und Besieger der Spanier,
+M. Porcius Cato,+ welcher als Kriegstribun im römischen Heere dient,
überrumpelt die Ätoler auf dem Bergpfade des Ephialtes (S. 40), der
Konsul +Acilius+ nimmt den Hauptpaß und zersprengt das Heer des
Antiochos, der mit wenigen Truppen nach +Chalkis+ entkommt und sich
dort nach +Ephĕsus+ einschifft.

[190.]

Eine +rhodische+ Flotte besiegt die von +Hannibal+ geführte Flotte des
Königs an der Mündung des +Eurymedon+ (s. S. 43), die römische Flotte
siegt am Vorgebirge +Myonnesos+ unweit Ephesus. Das römische Landheer
unter +L. Cornelius Scipio,+ welchen sein Bruder +Scipio Africanus+ als
Legat begleitet, marschiert durch Makedonien und Thrakien, setzt über
den Hellespont und schlägt den Antiochos bei ~Magnesia~ am Sipy̆los,
nicht weit von Smyrna.

[189.]

Friedensschluß: Antiochos tritt +Kleinasien+ bis zum Taurusgebirge ab,
zahlt in zwölf Jahren 15000 Talente (über 70 Mill. Mark) Kriegskosten,
liefert seine Kriegsschiffe bis auf zehn aus. +Hannibal+ entflieht nach
Bithynien zum Könige Prusias, tötet sich dort 183 durch Gift.

In Rom glänzender Triumph des +L. Cornelius Scipio+, der den
Beinamen +Asiaticus+ annimmt. Der Senat beschließt, vor der Hand
keine unmittelbaren Besitzungen in Asien zu erwerben, verteilt die
abgetretenen Länder an die Bundesgenossen, namentlich an +Eumĕnes+
von Pergamon und die +Rhodier+, und nimmt die griechischen Städte
Asiens in Schutz gegen die +Galăter+ (189 Zug des Konsuls +Cn.
Manlius Volso+ von Ephĕsus aus). In Griechenland werden die +Ätōler+
besiegt und unterworfen, die übrigen Staaten behalten vorläufig ihre
Selbständigkeit. Die inneren Zwistigkeiten dauern unter den Griechen
fort, der römische Senat wird als Schiedsrichter angerufen,

[186.]

Senatus consultum +de bacchanalibus+ gegen die Ausartung griechischer
Götterdienste.

[184.]

~M. Porcius Cato~ (234–149) strenger Censor in Rom, bekämpft als
Vertreter altrömischer Sittenstrenge die zugleich mit der griechischen
Bildung sich ausbreitenden Laster der Nobilität (+ambitio, avaritia,
luxuria+), erbaut nach griechischem Vorbilde die erste Säulenhalle am
Forum, Basilica Porcia. +P. Cornelius Scipio Africanus+, mit seinem
Bruder L. Scipio von zwei Volkstribunen angeklagt wegen willkürlicher
Verwendung der von Antiochos gezahlten Gelder, schlägt durch sein
Ansehen den Prozeß nieder, verläßt dann Rom und stirbt 183 auf seinem
Landgute zu Liternum in Campanien.

[180.]

~Lex Villia annalis~, beantragt von dem Tribunen +L. Villius,+ zur
Beschränkung der Ämtersucht (ambitio). Sie setzt ein bestimmtes Alter
für die kurulischen Ämter fest: nach zehnjährigem Kriegsdienst Ädilität
im 37. Lebensjahre, Prätur im 40., Konsulat im 43. Von der Bewerbung
um die Ädilität waren Unvermögende schon dadurch ausgeschlossen, daß
die Kosten für die +öffentlichen Spiele+ (ludi Romani, ludi plebei,
Megalesia, Cerealia, Floralia) größtenteils von den Ädilen selbst
getragen wurden.

[~171–168.~]

~Dritter Makedonischer Krieg.~

Philipps V. Sohn ~Perseus~ will Makedoniens Macht über Griechenland
herstellen; König Eumĕnes von Pergamon verklagt ihn in Rom. Die
römische Kriegführung in Thessalien anfangs erfolglos, so daß unter den
Griechen sich Neigung zum Abfall zeigt; dann aber dringt ~L. Aemilius
Paullus~, Sohn des bei Cannae gefallenen Konsuls, nachdem er die
Mannszucht im Heere hergestellt hat, in Makedonien ein und gewinnt die
entscheidende

[~168.~]

~Schlacht bei Pydna.~

Perseus entflieht zu Schiff, ergibt sich dann auf der Insel Samothrake
den Römern. Glänzender Triumph des Aemilius Paullus. Die nach Rom
gebrachte Beute ist so bedeutend, daß fortan den Bürgern das +Tributum+
(s. S. 75) erlassen werden kann.

~Makedonien~ wird noch nicht zur Provinz gemacht, sondern in 4 von
Rom abhängige Bezirke aufgelöst, die untereinander weder +commercium+
noch +conubium+ haben; ebenso +Illyrien+ nach Besiegung des Königs
+Genthios+, eines Bundesgenossen des Perseus, in 3 Bezirke. Über
+Epirus+ wird ein grausames Strafgericht verhängt (70 Städte zerstört,
die Einwohner als Sklaven verkauft); die +griechischen Staaten+ werden
in das Verhältnis der Untertänigkeit herabgedrückt. 1000 vornehme
Achäer werden zur Untersuchung nach Rom geführt (unter ihnen der
Geschichtschreiber +Polybios+) und dann 16 Jahre in italischen Städten
in Gewahrsam gehalten. Die alten Bundesgenossen der Römer, Eumĕnes
von ~Pergamon~ und die ~Rhodier~, welche im Kriege eine vermittelnde
Stellung hatten einnehmen wollen, werden gedemütigt und den letzteren
ihre Besitzungen auf dem Festlande abgenommen. In einem zwischen
~Syrien~ und ~Ägypten~ ausgebrochenen Kriege schreitet der Senat zum
Schutze der Ptolemäer ein. Der römische Gesandte +C. Popillius Laenas+
(168) befiehlt dem König +Antiochus IV.+ von Syrien vor Alexandrīa in
herrischer Weise den Rückzug.

[~149–146.~]

~Dritter Punischer Krieg.~

~Veranlassung~: Streitigkeiten der Karthager mit König +Massinissa+,
der ihr Gebiet schmälert; sie bekämpfen ihn ohne römische Erlaubnis.
Der Senat beschließt Krieg auf Betreiben des greisen +M. Porcius Cato+:
Ceterum censeo Carthaginem esse delendam († 149).

Zwei konsularische Heere landen bei +Utĭca+; die Karthager unterwerfen
sich, liefern Schiffe und Waffen aus. Als aber gefordert wird, daß sie
ihre Stadt verlassen und sich 2 Meilen vom Meere neu anbauen sollen,
entschließen sie sich zu verzweifeltem Widerstande. Mit äußerster
Anstrengung aller Bewohner Karthagos wird eine neue Kriegsrüstung
zustande gebracht, Tag und Nacht werden Waffen geschmiedet, im
inneren Hafen wird eine neue Flotte gebaut. Ein Sturm der Römer wird
zurückgeschlagen. Belagerung Karthagos.

[147.]

~P. Cornelius Scipio Aemilianus,~ Sohn des L. Aemilius Paullus, durch
Adoption Enkel des Scipio Africanus[24] erhält den Oberbefehl. Er
schließt die Stadt von der Land- und Seeseite vollständig ein.

[~146.~]

~Einnahme und Zerstörung Karthagos.~

Sechstägiger Straßenkampf und 17tägiger Brand. Die überlebenden
Einwohner werden als Sklaven verkauft.

Das Land vom +Tusca+fluß, gegenüber der Insel +Galatha+, bis zur
kleinen Syrte wird unter dem Namen ~Africa~ römische Provinz
(Hauptstadt +Utĭca+). Das übrige Land kommt an das verbündete
Königreich +Numidien+. Glänzender Triumph Scipios, der den Beinamen
+Africanus+ (minor) erhält.

[146.]

~Makedonien wird römische Provinz~

nach Besiegung des +Andriskos+, der sich für einen Sohn des Perseus
ausgibt, durch +Q. Caecilius Metellus.+

[140.]

~Einnahme und Zerstörung von Korinth~

nach einem kurzen Kriege des Achäischen Bundes gegen die Römer. Der
Konsul +L. Mummius+ siegt bei +Leukopetra+, besetzt Korinth und
zerstört es auf Befehl des Senats. Die Kunstschätze werden nach Rom
geschickt, sämtliche Einwohner als Sklaven verkauft. Das Gebiet der
Stadt wird teils an +Sikyon+ gegeben, teils für römisches Gemeindeland
erklärt.

Die anderen griechischen Städte werden im allgemeinen mit Milde
behandelt, doch sind sie dem in +Thessalonike+ residierenden
+Statthalter von Makedonien+ untergeordnet (s. S. 69).

Die ersten ~vier Provinzen~ (+Sicilia+, +Sardinia+ nebst +Corsica+,
+Hispania citerior+ und +ulterior+) wurden anfänglich von ~Prätoren~
verwaltet, so daß es mit dem +Praetor urbanus+ und dem +Praetor inter
peregrinos+ (seit 241), welche stets in Rom blieben, ~6~ jährlich
erwählte Prätoren gab. Später wird es üblich, daß alle Prätoren während
des Amtsjahres in Rom bleiben als Vorsitzende der aus Senatoren
gebildeten +Gerichtshöfe+ (+quaestiones perpetuae+). Im +nächsten+
Jahre gehen dann die Prätoren als ~Proprätoren~, begleitet von
+Quästoren+ als Finanzbeamten, in die ihnen durch das Los zugefallenen
Provinzen; doch werden in solche Provinzen, wo noch Krieg zu führen
ist, in der Regel die +Prokonsuln+ gesandt. Neben der Verwaltung steht
den Prokonsuln und Proprätoren die höchste Militär- und Justizgewalt zu.

[149.]

Einsetzung des Gerichtshofs über Erpressungen (+de repetundis+) zur
Abstellung der aus den Provinzen kommenden Klagen.

Im Jahre 146 bestanden ~acht Provinzen~, außer den vier oben genannten
noch +Gallia cisalpina+, +Illyricum+, +Africa+, +Macedonia+. Die
Einrichtung einer Provinz wird in der Regel von dem erobernden
Feldherrn und einer Kommission von 10 Senatoren vorgenommen. Die
Provinzen sind im Gegensatz zu Italien +steuerpflichtige+ Gebiete.
Doch behalten einige Städte auf Grund eines Vertrages (+civitates
foederatae+), andere auf Grund eines Senats- oder Volksbeschlusses
(+civitates liberae et immunes+) Steuerfreiheit, eigene Gerichtsbarkeit
und Verwaltung durch selbstgewählte Behörden (divide et impera!).[25]
Die Abgaben der Provinz [Grundsteuer (tributum); Pacht- und Weidegelder
von Staatsländereien (vectigal, scriptura); Hafenzölle (portoria)]
werden an ~Abgabenpächter (publicani)~ verpachtet, meist Gesellschaften
von römischen Bürgern aus dem Ritterstande (+ordo equester+, S. 102),
von denen viele auch als Bankiers (+negotiatores+) und Großkaufleute
(+mercatores+) in der Provinz Handelsgeschäfte trieben. Dem Amtsadel
(+ordo senatorius+) waren Geld und Handelsgeschäfte untersagt; er legte
sein Geld in Ländereien an, die durch Sklaven bearbeitet wurden.

In Italien bleibt der Gegensatz zwischen +römischen Bürgern+ und
+Bundesgenossen+; die Municipien (S. 86) erhalten nach und nach
römisches Bürgerrecht. Die Herrschaft der ~Nobilität~ mit ihrem
regelmäßigen Ämterwechsel ist so befestigt, daß Ernennung von
+Dictatoren+ lange Zeit nicht mehr vorkommt. Seit 153 v. Chr. treten
die Konsuln ihr Amt stets am 1. Januar an (früher am 1. März). In
Zeiten der Gefahr überträgt der Senat ihnen diktatorische Gewalt durch
den Beschluß: +Videant consules, ne quid detrimenti respublica capiat+.

Zunehmende Verweichlichung und Genußsucht in Rom seit dem Ende des
zweiten Punischen Krieges. Beginn des Großkapitalismus und der
Latifundienwirtschaft. Vergebliche Bestrebungen von Männern wie M.
Porcius Cato Censorius (234–149).


§ 6. Bürgerliche Unruhen.

[~153–133.~]

~Unterwerfung Spaniens.~

Wiederholte Einfälle der freien +Lusitaner+ (in Portugal) in die
südliche Provinz. Ihr Feldherr +Viriāthus+, in mehreren Schlachten
siegreich, wird 139 durch Verräter aus seiner Umgebung ermordet. In der
nördlichen Provinz ist die Stadt ~Numantia~ (unweit +Soria+ am oberen
+Duero+) Mittelpunkt des Widerstandes. Endlich erhält den Oberbefehl
+P. Cornelius Scipio Aemilianus Africanus+ (minor), der die Mannszucht
im Heere wiederherstellt und nach 15monatiger Einschließung die Stadt
aushungert. Verzweifelte Verteidigung.

[~133.~]

~Übergabe und Zerstörung von Numantia.~

Scipios Beiname Numantinus. Seit dem Fall von Numantia ist ganz
Spanien, mit Ausnahme der nördlichen Bergvölker, der römischen
Herrschaft unterworfen.

[135–132.]

~Erster Sklavenkrieg.~

Aufstand der mißhandelten Sklaven in Sicilien unter dem Syrer +Eunūs+,
der sich König +Antiochos+ nennt, glücklich gegen mehrere römische
Heere kämpft, endlich aber gefangen und mit einer großen Anzahl
Aufständischer hingerichtet wird.

[~133–121.~]

~Gracchische Unruhen,~

hervorgerufen durch die auf gewaltsame Weise betriebenen politischen
und sozialen +Reformen+ der Brüder +Tiberius+ und +Gaius Sempronius
Gracchus.+

Fortwährende Vermehrung der großen, durch Sklaven bewirtschafteten
Güter (+Latifundia+). Billiges Getreide aus den Provinzen. Dadurch
schmilzt der freie Bauernstand zusammen; viele arme Bürger ziehen
nach Rom, gelockt durch die Aussicht auf Getreidespenden und
Wahlbestechungen. Deshalb stellt

[~133.~]

~Tib. Sempronius Gracchus,~ durch seine Mutter +Cornelia+ Enkel des
Siegers von Zama, als Volkstribun den Antrag auf Erneuerung des in
Vergessenheit geratenen ~Licinischen Ackergesetzes~ (S. 81), doch
sollen außer den 500 Morgen für zwei Söhne noch je 250 vom Gemeindeland
von den Besitzern behalten und für die auf dem zurückzugebenden Lande
ausgeführten Bauten und Anlagen Entschädigungen gezahlt werden. Aus dem
dadurch frei gewordenen Gemeindeland sollen unveräußerliche Bauerngüter
von je 30 Morgen gebildet und zur Bewirtschaftung gegen einen mäßigen
Erbzins an arme Bürger verteilt werden. Nachdem Tib. Gracchus den
Volkstribunen +M. Octavius+, der dagegen beharrlich Einspruch erhebt,
durch Volksbeschluß widerrechtlich hat absetzen lassen, wird das
Gesetz vom Volke angenommen; mit seiner Ausführung werden beauftragt:
+Tib. Gracchus+, sein Schwiegervater +Appius Claudius+ und sein Bruder
+C. Gracchus+ (tresviri agris dandis assignandis).

[~133.~]

Tod des Königs +Attălos III. von Pergămon+, der sein Reich (fortan
~römische Provinz Asia~) und seine Schätze den Römern hinterläßt (S.
66).

Tib. Gracchus beantragt gegen das bestehende Herkommen, wonach der
+Senat+ über auswärtige Angelegenheiten entscheidet, beim +Volke+, den
pergamenischen Schatz an die neuen Landbesitzer behufs Anschaffung des
nötigen Inventars zu verteilen.

Vorbereitung weiterer volkstümlicher Gesetze (Abkürzung der Dienstzeit,
Ausdehnung des Provokationsrechtes u. a.).

Tib. Gracchus will sich +entgegen dem bestehenden Gesetz+ für das
folgende Jahr wieder zum Tribunen wählen lassen, wird aber mit 300
seiner Anhänger von den Optimaten unter Führung des P. Cornelius Scipio
Nasica auf dem Forum ~erschlagen~. Die Konsuln des folgenden Jahres
schreiten gegen die Volkspartei (+populares+) mit Hinrichtungen und
Verbannungen ein, die beschlossene Ackerverteilung aber kommt zur
Ausführung.

[131.]

Der Volkstribun +C. Papirius Carbo+ setzt, um den Einfluß der Optimaten
auf die Tributkomitien zu brechen, schriftliche geheime Abstimmung in
denselben durch (lex tabellaria), welche für die Wahlen schon seit 139
angeordnet war. Seinen weiteren Vorschlägen tritt ~P. Cornelius Scipio
Aemilianus~ (Gemahl der Sempronia, Schwester der Gracchen, S. 98),
entgegen; auch hemmt er die weitere Tätigkeit der tresviri agris dandis
assignandis, indem er bewirkt, daß ihnen die richterliche Entscheidung
über streitiges Land entzogen wird.

[129.]

Am Tage nach einer aufgeregten Verhandlung wird +Scipio+ in seinem
Hause tot (ermordet?) gefunden.

[125.]

Der Konsul +M. Fulvius Flaccus+, welcher im Sinne der gracchischen
Partei beantragt, den italischen Bundesgenossen römisches Bürgerrecht
zu gewähren, wird vom Senat der von gallischen Stämmen bedrängten
Stadt +Massilia+ (S. 66) zu Hilfe geschickt. Bald darauf werden, um
den Landweg von Italien nach Spanien zu sichern, römische Kolonien in
+Aquae Sextiae+ und +Narbo+ gegründet, zur Sicherung des Seeverkehrs
werden die +Balearischen Inseln+ besetzt.

[121.]

~Gallia Narbonensis römische Provinz~ (Massilia +civitas foederata+).

[~123.~]

~Gaius Sempronius Gracchus~ erneuert als Volkstribun das +Ackergesetz+
seines Bruders und knüpft daran eine Reihe von Gesetzen, welche die
Herrschaft der Optimaten zu stürzen bestimmt sind. Er gewinnt die
Menge der ärmeren Bürger für sich, indem er die persönliche Freiheit
sichert (+lex Sempronia de civibus Romanis+: ne de capite civium
Romanorum iniussu populi iudicaretur), den Kriegsdienst erleichtert
(+lex militaris+) und Getreideverkauf von Staats wegen an die Bürger zu
billigem Preise anordnet (~lex frumentaria~). Für 122 wird er auf Grund
eines Gesetzes, welches bei Mangel an Bewerbern um das Tribunat dem
Volke freie Wahl gestattet, wieder zum Tribunen gewählt.

Durch die ~lex iudiciaria~ überträgt C. Gracchus die Besetzung
der Geschworenengerichte (quaestiones perpetuae, S. 98) vom
~Senatorenstand~ (+ordo senatorius+) auf den ~Ritterstand~ (+ordo
equester+). Dieser umfaßte die reicheren Bürger, welche als Besitzer
eines Vermögens von mindestens 400 000 sestertii (70 000 Mark) zum
Kriegsdienst zu Pferde eingeschätzt waren; die Senatoren aber waren
seit 129 gesetzlich verpflichtet, mit ihrem Eintritt in den Senat aus
den Rittercenturien auszuscheiden. Die einflußreichen Mitglieder der
+Geldaristokratie+ (publicani und negotiatores, S. 99) saßen also
fortan auch über Senatoren zu Gericht.

Auch die Besetzung der +Statthalterschaften+ in den Provinzen wird
(durch die ~lex de provinciis~) der freien Verfügung des Senats
entzogen; die Provinz +Asia+ wird durch die Anordnung, daß die
Verpachtung der Abgaben in Rom durch die Censoren geschehen soll,
der Habsucht der +publicani+ aus dem Ritterstande ausgeliefert. Um
die Ackerverteilung zu fördern, wird Aussendung von +Kolonien+ durch
Volksbeschluß angeordnet (~lex de coloniis deducendis~). Während
Gracchus von Rom abwesend ist, um die Gründung der Kolonie +Iunonia+
an der Stelle des zerstörten +Karthago+ zu leiten, tritt der Tribun
+M. Livius Drusus+ mit Gegenvorschlägen, besonders die Gründung von
Kolonien in Italien betreffend, auf und wird vom Senat unterstützt

Der Antrag des Gracchus, den Latinern volles Bürgerrecht, den übrigen
Italikern latinisches Recht zu bewilligen (+lex de civitate sociis
danda+), kommt bei dem vereinigten Widerstande der Optimaten und eines
großen Teiles der Bürgerschaft nicht zur Annahme. Gracchus wird für das
Jahr 121 nicht wieder zum Tribunen erwählt.

[121.]

Bürgerkampf in der Stadt, veranlaßt durch einen von einem Anhänger des
Gracchus verübten Mord. Die Volkspartei besetzt den +Aventin+, der
Senat erteilt dem Konsul +L. Opimius+ durch das +Senatus consultum
ultimum+ (S. 99) Vollmacht zu Gewaltmaßregeln. Der Aventin wird von
Bewaffneten erstürmt, ~C. Gracchus~ und ~M. Fulvius~ werden ~auf der
Flucht erschlagen~. Gegen 3000 Anhänger des Gracchus werden bei der
folgenden Untersuchung verhaftet und getötet.

Herstellung der Senatsherrschaft; die Kolonien (außer +Narbo+) kommen
nicht zur Ausführung. Das verteilte Gemeindeland wird 111 durch
Volksbeschluß in zinsfreies Eigentum umgewandelt, kann also von
reicheren Bürgern wieder angekauft werden.


§ 7. Marius und Sulla.

Die Behauptung des zu ansehnlicher Ausdehnung gelangten römischen
Reiches macht immer wieder Kriege notwendig, deren Führung durch die
inneren Parteikämpfe beeinflußt wird.

[~111–105.~]

~Jugurthinischer Krieg.~ Jugurtha, Enkel Massinissas, hatte seine
Vettern und Miterben Adherbal und Hiempsal aus dem Besitz +Numidiens+
vertrieben und getötet. Der Krieg gegen ihn wird anfangs von
bestochenen Anführern nachlässig geführt; ein Sieg des Caecilius
Metellus (Numidicus) am Flusse +Muthul+ ist nicht entscheidend. +C.
Marius+, Unterfeldherr des Q. Caecilius Metellus, aus niederem Stande,
Sohn eines Bauern aus der Gegend von Arpinum, 107 zum Konsul erwählt,
nötigt Jugurtha, zum Könige Bocchus von +Mauretanien+ zu fliehen. Von
diesem erlangt der optimatische Quästor +L. Cornelius Sulla+ durch
geschickte Unterhandlungen die Auslieferung des Feindes. Jugurtha wird
in Rom im Triumph aufgeführt, dann im Gefängnis (Tullianum) getötet.
+Numidien+ wird zwischen +Bocchus+ und Jugurthas Halbbruder +Gauda+,
dem letzten noch lebenden Enkel Massinissas, geteilt.

[~113–101.~]

~Krieg gegen die Cimbern und Teutonen.~

Der +germanische+ Stamm der +Cimbern+, von Norden her aus der
+Chersonesus Cimbrica+ (Schleswig und Jütland) auswandernd, dringt
in die Alpengegenden ein, schlägt 113 bei +Noreja+ (in Kärnten) den
Konsul +Cn. Papirius Carbo+, wendet sich darauf nach Westen dem Rhein
zu, überschreitet diesen Strom und schlägt 109 in Gallien den Konsul
+M. Junius Silanus+. Große Niederlage zweier römischer Heere 105 bei
~Arausio~ (Orange) an der Rhone. Schrecken in Rom; die Volkspartei
setzt für 104 die Erwählung des ~Marius~ zum Konsul durch; er wird auch
in den folgenden Jahren wiedergewählt und rüstet sich, während die
Cimbern nach Spanien ziehen, in der Provinz +Gallia Narbonensis+ zur
Abwehr.

Die Cimbern, nach Gallien zurückgekehrt, vereinigen sich mit dem
gleichfalls germanischen Volke der ~Teutonen~ und mit +helvetischen+
(keltischen) Stämmen, namentlich den Tigurinern. Einbruch in Italien
beschlossen; die Cimbern und Tiguriner ziehen nach Kärnten, um von
Norden her die Alpen zu überschreiten; die Teutonen mit den Ambronen,
der Kernschar der Cimbern, ziehen durch die römische Provinz an
Marius’ Lager vorüber, um die Pässe der Westalpen zu erreichen.

[102.]

~Schlacht bei Aquae Sextiae~ (Aix in der Provence, s. S. 101); Marius
vernichtet in gewaltigem Kampfe die Teutonen und Ambronen. Dann zieht
er über die Alpen dem optimatischen Konsul +Q. Lutatius Catulus+ zu
Hilfe, der vor den Cimbern in die Gegend am oberen Po zurückgewichen
war.

[~101.~]

~Schlacht bei Vercellae~ (nördlich am oberen Po), Sieg der beiden
Konsuln; das Hauptverdienst gebührt Marius.

Man erwartet von ihm, daß er die Herrschaft der Optimaten stürze. Im
Jahre 100 zum sechsten Male Konsul, tritt er in Verbindung mit den
Führern der Volkspartei, dem Prätor +C. Servilius Glaucia+ und dem
Volkstribunen +L. Saturninus+, entzweit sich aber bald mit ihnen und
unterdrückt schließlich, der Aufforderung des Senats Folge leistend,
die von ihnen erregten Unruhen mit Waffengewalt, geht dann auf einige
Zeit nach der Provinz Asia.

[91.]

Zur Versöhnung der Parteien beantragt der Volkstribun ~M. Livius
Drusus~: 1. Rückgabe der Geschworenengerichte (S. 102) an den Senat,
der aber durch 300 Mitglieder des Ritterstandes vermehrt werden soll;
2. Ackerverteilung und ein neues Getreidegesetz. Heftige Erörterungen
darüber im Senat. Als er dann den Italikern die Erteilung des
Bürgerrechts in Aussicht stellt, gilt er wie C. Gracchus als Aufrührer
und wird durch Meuchelmord beseitigt. Die Italiker aber erheben sich
nun zum Kriege gegen Rom.

[~91–88.~]

~Marsischer oder Bundesgenossenkrieg.~

+Corfinium+ im Gebirgslande, östlich vom Fucinus-See, wird zur
Hauptstadt des neuen Staates bestimmt; dort soll ein Senat von 500
Mitgliedern aus allen italischen Stämmen tagen; zwei Konsuln treten an
die Spitze. Aber die Latiner, Etrusker und Umbrer halten zu Rom; es
kommt nicht zu großen Entscheidungskämpfen, da der Antrag des Konsuls
+L. Julius Caesar+, den treu gebliebenen Bundesgenossen das Bürgerrecht
zu verleihen, bald dahin erweitert wird, daß es allen Abgefallenen,
die sich binnen 60 Tagen melden, gewährt werden soll (+lex Plautia
Papiria+, von zwei Volkstribunen des Jahres 89 vorgeschlagen). Damit
wird die Bevölkerung Italiens zur Teilnahme an der Weltherrschaft
Roms zugelassen. Die nach Annahme dieser Anträge noch Widerstrebenden
werden von +Sulla+ und anderen Feldherrn nach und nach besiegt. Ein
auswärtiger Feind erhebt sich, und durch neuen inneren Hader kommt der
römische Staat in die größte Gefahr.

[~88–84.~]

~Erster Mithradatischer Krieg.~

Gleichzeitig ~Bürgerkrieg~ zwischen Optimaten und Volkspartei.

+Mithradates VI.+, König von +Pontus+ (S. 66), hatte seine Herrschaft
bis nach Kolchis und dem Kimmerischen Bosporus (Krim) ausgedehnt, den
König von Bithynien vertrieben und war dann in der römischen Provinz
+Asia+ als Befreier aufgetreten. Auf seinen in Ephesus erlassenen
Befehl werden alle in der Provinz sich aufhaltenden Italiker ermordet.

In Rom beantragt der Volkstribun +P. Sulpicius+ Verteilung der
Neubürger in alle 35 Tribus und Übertragung des Oberbefehls gegen
Mithradates an Marius. ~Sulla~, als Konsul des Jahres 88 entschlossen,
sich den Oberbefehl nicht entreißen zu lassen, führt seine 6 Legionen
von Nola aus ~gegen Rom~ und erstürmt die Stadt. Sulpicius auf der
Flucht getötet, Marius entkommt über Minturnae nach +Afrika+. Sulla
stellt die alte, um 241 abgeschaffte Stimmordnung der Servianischen
Verfassung für die Centuriatkomitien wieder her und bestimmt, daß
fortan in der Bürgerschaft über keinen Antrag ohne Vorbeschluß des
Senats abgestimmt werden darf.

[87.]

Nachdem Sulla zur Kriegführung gegen Mithradates abgereist ist,
beruft der aus der Volkspartei erwählte Konsul L. Cornelius +Cinna+
den flüchtigen Marius zurück und beginnt mit ihm eine revolutionäre
Schreckensherrschaft in Rom. Viele Optimaten werden getötet, ihr
Vermögen eingezogen. Marius, zum siebenten Male Konsul 86, stirbt zu
Anfang des Jahres; Cinna führt seine Willkürherrschaft weiter, wird 84
in Ancona getötet, als er die Flotte gegen Sulla führen will.

Mithradates’ Feldherr +Archelaos+ hat inzwischen einen großen Teil
Griechenlands zum Abfall von der römischen Herrschaft gebracht. Sulla
schlägt ihn in Böotien, nimmt 86 nach längerer Belagerung +Athen+ ein,
schlägt Mithradates’ Truppen nochmals bei +Chaironeia+ und 85 bei
+Orchomenos+, geht dann nach Asien hinüber.

[84.]

Friede mit Mithradates zu +Dardănos+ in Troas; er muß die besetzten
Gebiete (die Provinz +Asia+, die Königreiche +Bithynien+ und
+Paphlagonien+) räumen, alle Kriegsschiffe ausliefern und 3000 Talente
zahlen. Darauf wendet sich Sulla gegen das Heer der Volkspartei,
welches 86 nach Asien gekommen war, aber nichts ausgerichtet hatte;
die Soldaten fallen ihm zu, der Anführer C. Flavius Fimbria tötet sich
selbst.

[83.]

Sulla landet mit etwa 40000 Mann in +Brundisium+, sichert den
Bundesgenossen das volle Bürgerrecht zu, schlägt in mehreren Treffen,
unterstützt von dem jungen +Cn. Pompeius,+ der ihm ein Heer von
Freiwilligen zuführt, die Heere der Volkspartei.

[82.]

Sulla nimmt ~Rom~ ohne Widerstand ein, schlägt die +Samniten+,
welche noch immer das Bürgerrecht verschmähen, in einer Schlacht
am ~Kollinischen Tor~, verhängt über aufständische Städte ein
Strafgericht. In Rom verfügt er als ~Dictator~ blutige Verfolgung der
Marianischen Partei; es werden +Proskriptionslisten+ aufgestellt; die
Zahl der Geächteten steigt auf 4700. Ihre Güter werden eingezogen und
die Sklaven freigelassen, ihre Kinder von allen Ämtern ausgeschlossen.
Nach Beendigung des Bürgerkrieges folgen Landanweisungen an die
Veteranen des Heeres; in die besiegten italischen Städte (Faesulae,
Praeneste, Pompeii u. a.) werden ganze Kolonien geschickt. Seine
Unterfeldherrn besiegen die Marianer in Spanien, Sicilien und Afrika.
+Pompeius+, aus Afrika 81 zurückkehrend, zieht im Triumph in Rom ein
und wird von Sulla mit dem Beinamen +Magnus+ begrüßt.

~Gesetzgebung Sullas~ (+leges Corneliae+) zur Befestigung der
+Optimatenherrschaft+: 1. Der an Zahl sehr zusammengeschmolzene +Senat+
wird durch 300 von den Tributkomitien erwählte Mitglieder ergänzt; für
die Zukunft wird der Eintritt in den Senat gesetzlich an die Bekleidung
der +Quästur+ geknüpft. Die Zahl der jährlich von den Tributkomitien
zu erwählenden +Quästoren+ wird auf 20 erhöht. Das Amt der +Censur+
mit seiner Befugnis, alle fünf Jahre die Senatsliste neu aufzustellen,
hört tatsächlich auf. Die von C. Gracchus dem Ritterstande übertragenen
+Geschwornengerichte+ werden dem Senat zurückgegeben.

2. Die +Komitien+ behalten das Recht, Gesetze zu bestätigen und
Beamte zu wählen; den Priesterkollegien (S. 81) wird das Recht der
Selbstergänzung zurückgegeben. Die im J. 88 versuchte Wiederherstellung
der Servianischen Stimmordnung wird aufgegeben.

3. Das Recht der +Volkstribunen+, Gesetzvorschlage an die Komitien zu
bringen, wird an die Genehmigung des Senats geknüpft; Mißbrauch ihres
Einspruchsrechts wird mit schweren Geldbußen bedroht; wer das Tribunat
bekleidet, ist +zur Übernahme anderer Ämter unfähig.+

4. Die Zahl der +stehenden Gerichtshöfe+ (+quaestiones perpetuae+, S.
98) wird +vermehrt+, daran schließt sich die Vermehrung der +Prätoren+
auf 8 und eine umfassende Kriminalgesetzgebung.

[81.]

Sulla läßt Konsuln wählen, führt aber selbst als +Dictator+ die
Regierung weiter. Für das Jahr 80 läßt er sich selbst und seinen
Waffengenossen +Q. Metellus+ (Sohn des Numidicus, S. 103) zu Konsuln
erwählen, und bahnt so den Übergang zur verfassungsmäßigen Ordnung an.

[~79.~]

~Sulla legt freiwillig die Dictatur nieder~ und tritt ins Privatleben
zurück († 78).


§ 8. Pompeius und Cäsar.

Die Sullanische Staatsordnung gewinnt keinen festen Bestand, da
der Senat auf die Dauer nicht imstande ist, den Ehrgeiz einzelner
Machthaber zu zügeln.

+Pompeius+ bekämpft 77–72 in Spanien den Marianer +Q. Sertorius+,
der sich dort eine unabhängige Herrschaft gegründet hat, schließlich
aber durch Verschworene ermordet wird. Bei der Rückkehr 71 vernichtet
er flüchtige Scharen aufständischer +Sklaven+, die unter Führung des
Thrakers +Spartăcus+ seit 73 Italien stark beunruhigt hatten, aber von
+M. Licinius Crassus+ bereits besiegt worden waren (2. +Sklavenkrieg+,
s. S. 100).

[70.]

Umsturz der Sullanischen Verfassung. Die Konsuln ~Pompeius~ und
~Crassus~ stellen die von Sulla beschränkte +tribunicische Gewalt+
wieder her. Auf Antrag des Prätors +L. Aurelius Cotta+ werden die
+Gerichte+ fortan zu gleichen Teilen aus Senatoren, Rittern und Männern
des Bürgerstandes gebildet. Auch werden wieder +Censoren+ erwählt; bei
Aufstellung der Senatsliste werden 64 von Sulla ernannte Senatoren
ausgestoßen. Der Volksgunst verdankt +Pompeius+ zweimalige Übertragung
des Oberbefehls in den damals entstandenen Kriegen.

[~78–67.~]

~Krieg gegen die Seeräuber.~ Seit Zerstörung Karthagos war die römische
Kriegsflotte vernachlässigt. Erpressungen der Statthalter in Asien
trugen dazu bei, daß das Unwesen des Seeraubes den Handelsverkehr auf
dem ganzen Mittelmeer gefährdete. Die italischen Küstenstädte von ihnen
gebrandschatzt, eine römische Flotte vor Ostia geschlagen. +Kreta+
und +Cilicien+ Hauptsitze der Seeräuber. Nachdem im J. 103 ein Teil
Ciliciens zur Provinz gemacht war, besetzt der Prokonsul +P. Servilius
Vatia+ 78–75 auch die westlich angrenzenden Landschaften Pamphylien,
Pisidien, Isaurien und zerstört viele Seeräuberstädte, +Kreta+ wird
nach längeren Kämpfen 67 zur Provinz gemacht (bald mit +Cyrenaica+
vereinigt). Da indes das Piratenunwesen noch fortdauert, so erhält

[67.]

~Pompeius~ auf Antrag des Volkstribunen +A. Gabinius+ (+lex Gabinia+)
auf drei Jahre ~den unumschränkten Oberbefehl~ über das ganze
Mittelmeer und über alle Küsten desselben bis 10 Meilen (75 km)
landeinwärts; alle Staatskassen, alle Hilfsmittel der Provinzen und der
Schutzstaaten werden ihm zur unbedingten Verfügung gestellt. Pompeius
säubert mit 120000 Mann und 500 Schiffen in drei Monaten (durch 2
kurze Feldzüge) erst das westliche, dann das östliche Mittelmeer,
nimmt viele Seeräuber gefangen und siedelt sie meist landeinwärts an
(+Pompeiopolis+, bisher +Soloi+, in Cilicien).

[~74–64.~]

~Dritter Mithradatischer Krieg.~

Gegen den König von +Pontus+ hatte der Proprätor +L. Licinius Murena+
83–81 einen zweiten Krieg geführt, um ihn zu völliger Ausführung
des Friedens zu Dardanos zu zwingen. Nach Sullas Tode erhebt sich
+Mithradates+ von neuem, verbündet mit seinem Schwiegersohn +Tigranes+
von Armenien, der dem Reiche Syrien (S. 65) ein Ende macht. Mithradates
besetzt +Bithynien+, das König Nikomedes den Römern vermacht hatte (S.
66), wird aber von dem Prokonsul +L. Licinius Lucullus+ 72 bei +Kabira+
geschlagen und aus seinem Reiche vertrieben. Lucullus siegt 69 auch
über Tigranes bei +Tigranokerta+ und besetzt die Landschaft Kommagēne
am oberen Euphrat, wird aber 68 bei dem Zuge durch die armenischen
Berge gegen die Hauptstadt +Artaxăta+ durch Meuterei seiner Soldaten
zur Umkehr genötigt. Alle Erfolge gehen verloren; Mithradates kehrt in
sein Reich zurück. Lucullus vom Senat zurückgerufen.

[66.]

~Pompeius~ erhält den Oberbefehl in Asien auf Antrag des Tribunen
+C. Manilius+ (Ciceros Rede +de imperio Cn. Pompei+ oder +pro lege
Manilia+). Er schließt ein Bündnis mit den +Parthern+, besiegt
Mithradates in einer nächtlichen Schlacht am Flusse +Lykos+, verfolgt
ihn bis zum +Phasis+ und wendet sich dann nach Armenien. Bei +Artaxata+
unterwirft sich Tigranes; er bleibt König von Armenien, muß aber auf
alle Eroberungen verzichten und 6000 Talente Kriegskosten zahlen.

[65.]

Pompeius kämpft mit den kriegerischen Bergvölkern im +Kaukasus+, gibt
aber die weitere Verfolgung des nach der Taurischen Chersones (Krim)
geflüchteten Mithradates auf und zieht nach Pontus, von da nach Syrien.

[~64–63.~]

~Einrichtung des asiatischen Römerstaates durch Pompeius.~

Neue Provinzen: 1. ~Pontus~, bestehend aus Bithynien, der Küste
von Paphlagonien und dem westlichen Teil des früheren Reiches des
Mithradates. 2. ~Syria~, zunächst nur das Küstenland, vom Meerbusen
von Issus bis +Damaskus+, später bedeutend erweitert. Neugeordnet wird
die schon bestehende Provinz ~Cilicia~ (mit Pamphylien und Isaurien,
S. 107). Die asiatischen Provinzen sind vielfach durchbrochen und
umgeben von unabhängigen +Stadtgebieten+, sowie von fürstlichen und
priesterlichen (Pessinūs, Komana) +Herrschaften+ unter römischer
Oberhoheit. Von den Vasallenkönigen sind die bedeutendsten der König
von +Kappadokien+ und der König +Deiotărus+ von Galatien (S. 66). In
Palästina setzt Pompeius nach Einnahme Jerusalems und des Tempels den
von seinem Bruder Aristobulos vertriebenen Makkabäer +Hyrkanos+ als
Hohenpriester und dem römischen Volke tributpflichtigen Herrscher ein.

[63.]

Auf die Nachricht, daß +Mithradates+ sich in +Pantikapaion+ infolge
des Aufstandes seines Sohnes +Pharnăces+ den Tod gegeben, zieht
Pompeius wieder nach Pontus; er bestätigt den Pharnăces im Besitz des
bosporanischen Reiches.

[61.]

Pompeius, nach Italien zurückgekehrt, entläßt in Brundisium sein Heer
und kommt als Privatmann nach Rom. Einige Monate später zweitägiger
prachtvoller Triumph.

[~66–63.~]

~Catilinarische Verschwörung.~

Bund der +Volkspartei+ mit den Anhängern des verschuldeten Patriziers
~L. Sergius Catilina~, welche durch gewaltsamen Umsturz des Staates und
Schuldentilgung +(tabulae novae+) Besitz und Macht zu erlangen hoffen.

Die erste Verschwörung im J. 66, nach welcher die Konsuln des J. 65
ermordet, darauf +Crassus+ (S. 107) zum Dictator, +C. Julius Cäsar+[26]
zum magister equitum erhoben werden sollen, kommt wegen Unschlüssigkeit
einiger Teilnehmer und sonstiger Hindernisse nicht zur Ausführung. Für
das Jahr ~63~ soll die Erwählung des +Catilina+ und des +C. Antonius+
zu Konsuln durchgesetzt werden, aber nur der letztere wird gewählt;
sein Amtsgenosse wird der als Redner und Anwalt beliebte, bisher keiner
Partei vollständig angehörige ~M. Tullius Cicero~.[27] Dieser sichert
dem verschuldeten Antonius durch eigene Verzichtleistung im voraus die
einträgliche Statthalterschaft +Makedonien+ zu und macht ihn dadurch
den Verschworenen abwendig.

Cicero verhindert während seines Konsulates mehrere Anträge der
Volkspartei, namentlich ein weitgehendes Ackergesetz, überwacht die
Anschläge der Verschwörung und vereitelt den Versuch Catilinas, bei
der Konsulwahl für 62 die Mitbewerber und ihn selbst, den die Wahl
leitenden Konsul, zu ermorden. Der Senat, von der Bildung eines
aufständischen Heeres unter G. Manlius in +Etrurien+ unterrichtet,
erteilt den Konsuln Vollmacht zur Rettung des Staates (S. 99).
Catilinas Plan, Cicero in seinem Hause ermorden zu lassen, wird
ebenfalls verraten und mißlingt. ~Cicero enthüllt die Verschwörung~ in
der Senatssitzung am 8. Nov. 63 (erste Catilinarische Rede); Catilina
verläßt darauf die Stadt und geht zu dem Heere nach Etrurien. Seine
Mitverschworenen, der Prätor +Lentulus+, +Cethegus+, +Gabinius+ u. a.,
lassen sich mit den Gesandten der Allobreger (in der provincia
Narbonensis) in Verhandlungen ein; diese werden bei der Abreise von Rom
angehalten; auf Grund der bei ihnen gefundenen schriftlichen Beweise
wird am 5. Dez. im Senat über die Verschworenen Gericht gehalten. Der
Senat beschließt trotz +Cäsars+ Gegenrede, durch +Cicero+ (vierte
Catilinarische Rede) und +M. Porcius Cato+ (Urenkel des M. Porcius Cato
Censorius) bestimmt, die fünf Verhafteten hinrichten zu lassen; das
Urteil wird am Abend des 5. Dez. im Tullinanum vollzogen. Cicero vom
Volke als +pater patriae+ begrüßt.

Mit der Kriegführung gegen das Catilinarische Heer wird der Konsul +C.
Antonius+ beauftragt. Dessen Legat +M. Petreius+ schlägt den Catilina
bei ~Pistoria~ (~62~). Catilina und 3000 seiner Anhänger fallen.

[61.]

~Cäsar~ gewinnt seinen ersten Kriegsruhm als Proprätor in der Provinz
+Hispania ulterior+, verzichtet aber nach seiner Rückkehr (60) auf den
Triumph, um als Bewerber um das Konsulat auftreten zu können.

Die Weigerung des Senats, die von ~Pompeius~ beantragte Ackerverteilung
an seine Veteranen zu bewilligen und seine in Asien getroffenen
Anordnungen zu bestätigen, führt einen vollständigen Bruch zwischen
Pompeius und den Optimaten herbei. Die drei mächtigsten Männer Roms
verbinden sich zu gegenseitiger Unterstützung:

[~60~.]

~Das erste Triumvirat~, +Pompeius+, +Cäsar+ und +Crassus+.

[~59~.]

~Cäsar Konsul~, bringt die von Pompeius gewünschten Anträge an die
Komitien: sie werden trotz des Widerstandes, den der andere Konsul +M.
Calpurnius Bibulus+ leistet, vom Volke angenommen. Die Freundschaft
zwischen ~Cäsar~ und ~Pompeius~ wird durch Vermählung des lezteren mit
Cäsars Tochter +Julia+ befestigt.

Auf Antrag des Tribunen P. Vatinius erhält Cäsar durch Volksbeschluß
die Statthalterschaft von +Gallia cisalpina+ und +Illyricum auf 5
Jahre+; auf Pompeius’ Antrag fügt der bestürzte Senat noch ~Gallia
Narbonensis~ (S. 101) hinzu. Die Ausführung des Ackergesetzes wird
einer Kommission übertragen, an deren Spitze +Pompeius+ und +Crassus+
stehen. Ehe Cäsar in seine Provinzen abgeht, wird

[58.]

~Catos~ und ~Ciceros~ Entfernung aus Rom auf Cäsars Betreiben
durchgesetzt von dem durch Adoption aus einem Patrizier zum Plebejer
gemachten Volkstribunen ~P. Clodius~, Nachkommen des App. Claudius
Caecus. Cato wird durch Volksbeschluß beauftragt, die den Römern
durch Testament des Königs von Ägypten zugewiesene Insel +Cypern+ zu
übernehmen. +Cicero+ wird +geächtet+, weil er römische Bürger ohne
gerichtliches Urteil habe hinrichten lassen; er geht nach Thessalonike
in Makedonien.

[~58–51.~]

~Eroberung Galliens durch Cäsar.~

Gallien bewohnt von +keltischen+ Stämmen, die sich zu Gauverbänden
vereinigt haben (im N. die +Belger+, im S. die +Aquitaner+, in der
Mitte die +Äduer+, +Arverner+, +Sequaner+ mit ihren Genossen). Zur
Ausgleichung der Streitigkeiten jährliche Landtage im Gebiet der
+Carnuten+ unter Leitung der Priester (+Druiden+). Die Arverner und
Sequaner aber haben im Streit mit den Äduern +germanische+ Stämme,
+Sueben+ unter dem König +Ariovist+, herbeigerufen und ihnen Land
abtreten müssen. Cäsar schützt, indem er zunächst für die Sicherheit
der römischen Provinz sorgt, die Gallier in ihren Wohnsitzen.

[58.]

Cäsar siegt über die in Gallien einbrechenden ~Helvetier~ bei
+Bibracte+ (unweit Autun), dann über den Germanenfürsten ~Ariovist~
nordöstlich von +Vesontio+ (Besançon), in der Gegend von +Mülhausen+ im
Elsaß.

[57.]

Unterwerfung der meisten +belgischen+ Volksstämme nach einem schwer
errungenen Siege über die +Nervier+ am Flusse +Sabis+ (Sambre). Im
Süden vergeblicher Versuch, durch Besetzung von +Octodurus+ (Martigny
in Wallis) den Alpenübergang über den Paß des +Großen St. Bernhard+ zu
sichern.

[56.]

Unterwerfung der Seestaaten, namentlich der +Venĕter+, in +Arĕmorĭca+
(Bretagne und Normandie) durch schwere Kämpfe Cäsars zu Lande und zur
See. Im Süden unterwirft der Legat +P. Crassus+, Sohn des Triumvirs,
die +Aquitaner+.

[55.]

Cäsar treibt die germanischen Stämme der +Usipĕter+ und +Tenktĕrer+
über den Rhein zurück. Übergang über den Strom auf einer Pfahlbrücke
(in der Gegend von Neuwied). Rückkehr nach 18tägigem Verweilen auf dem
rechten Ufer.

Erste Überfahrt nach +Britannien+ mit 2 Legionen, Landung nordöstlich
von +Dover+, doch baldige Rückkehr. Cäsars Legaten unterwerfen die
nördlichsten gallischen Küstenvölker, die +Morĭner+ und +Menapier+.

[54.]

Zweite Überfahrt nach +Britannien+ mit 5 Legionen. Der Äduer
+Dumnorix+, der die Mitfahrt verweigert, wird getötet. Cäsar landet,
dringt in das Innere vor, überschreitet die Themse, kämpft glücklich
gegen die britischen Kelten unter +Cassivellaunus+. Unterdessen Angriff
auf sein Schiffslager; er kehrt zurück, nachdem Cassivellaunus sich
unterworfen und Geiseln gestellt hat.

Im Winter Aufstand mehrerer gallischer Völkerschaften, veranlaßt von
dem Trevĕrer +Indutiomārus+. Die +Eburonen+ unter Ambiorix vernichten
15 römische Kohorten (unter +Sabinus+ und +Cotta+) bei Aduatŭca und
bestürmen mit den Nerviern das Winterlager des Legaten +Q. Tullius
Cicero+ (Bruder des Redners), der tapfer standhält und von Cäsar
befreit wird. Indutiomārus fällt bei einem Angriff auf das Winterlager
des +T. Labienus+.

[53.]

Labienus unterwirft die Trevĕrer, Cäsar überschreitet zum zweiten Male
den +Rhein+, um die Sueben abzuwehren. Nach der Rückkehr Strafgericht
über die Eburonen.

[52.]

Allgemeiner Aufstand der Gallier unter dem Arverner ~Vercingetŏrix~.
Cäsar erobert +Cenăbum+ (Orléans) und +Avarĭcum+ (Bourges), entsendet
den Legaten T. Labienus zur Besetzung von +Lutetia Parisiorum+ (Paris),
belagert aber vergeblich +Gergovia+ (in der Nähe von Clermont in der
Auvergne). Aufstand der bisher ihm treu ergebenen +Äduer+. Cäsar
vereinigt sich wieder mit Labienus, schließt Vercingetorix in +Alesia+
(Alise Sainte-Reine nordwestlich von Dijon) ein. Harter Kampf gegen
ein großes, aus allen Teilen Galliens zusammengebrachtes Entsatzheer,
welches zurückgeschlagen wird. Vercingetorix muß sich ergeben (6 Jahre
später in Rom hingerichtet). Bestrafung der Aufständischen.

[51.]

Vollendung der Unterwerfung des transalpinischen Galliens, welches
Cäsar mit 10 über das ganze Land verteilten Legionen im Gehorsam erhält.

~Ergebnisse und weltgeschichtliche Bedeutung der achtjährigen Kämpfe
Cäsars:~ 1. Das römische Reich wird durch die Unterwerfung des großen
+Kelten+landes erweitert und gegen Angriffe der nordischen Völker
gesichert. 2. Die Ausbreitung des römischen Handels (Massilia) und
der griechisch-römischen Kultur über West- und Mitteleuropa wird
durch Erschließung +Galliens, Britanniens+ und +Germaniens+ wesentlich
gefördert. 3. Cäsar gewinnt ein ihm ergebenes, kriegsgeübtes Heer, um
die notwendig gewordene Umgestaltung der römischen Republik in eine
Monarchie durchzuführen.

Während diese großartigen Erfolge Cäsars den alten Kriegsruhm des
Pompeius in Schatten stellen, bemüht sich dieser vergebens, in Rom die
von +P. Clodius+ erregten Unruhen der Volkspartei zu unterdrücken. Doch
wird im J. 57 die Zurückberufung Ciceros durchgesetzt, und die beiden
Tribunen +T. Annius Milo+ und +P. Sestius+ treten mit bewaffneten
Anhängern den Scharen des in Cäsars Diensten stehenden Clodius entgegen.

[~56.~]

~Erneuerung des Triumvirats zu Lucca~ (in Etrurien). Cäsar, Pompeius
und Crassus vereinigen sich dort mit ihren Anhängern (über 200
Senatoren). Infolge der getroffenen Verabredungen werden für das J.
55 mit Anwendung von Gewalt als Konsuln durchgesetzt ~Pompeius~ und
~Crassus~. Durch Volksbeschluß erhält dann auf 5 Jahre Pompeius die
Statthalterschaft +beider Spanien+, Crassus die von +Syrien+, während
Cäsars Oberbefehl in +Gallien+ auf +weitere 5 Jahre verlängert+ wird.
Die Optimaten müssen sich diesen Beschlüssen fügen.

[53.]

~Crassus~ unternimmt einen Kriegszug gegen die +Parther+ (S. 65), wird
aber bei ~Carrhae~ in Mesopotamien von ihnen geschlagen und bald darauf
bei einer Verhandlung getötet. Sein Heer nahezu aufgerieben, römische
Feldzeichen von den Parthern erbeutet (S. 123).

Pompeius bleibt in Rom, erbaut dort das erste steinerne Theater,
veranstaltet glänzende Spiele, läßt seine spanischen Provinzen durch
Legaten verwalten.

[52.]

+Clodius getötet+ bei einem Zusammenstoß mit der Bande des +Milo+ auf
der Via Appia. Aufstand in Rom bei der Leichenfeier für Clodius, die
+Curia Hostilia+ in Brand gesteckt. ~Pompeius~, zum alleinigen Konsul
erwählt (+consul sine collega+), stellt die Ruhe wieder her. Auf Grund
der von ihm beantragten Gesetze +de ambitu+ und +de vi+ wird Milo
trotz Ciceros Verteidigungsrede verurteilt und geht in die Verbannung.
+Cicero+ als Prokonsul Statthalter von Cilicien (51–50) und damit
wieder aus Rom entfernt.

Pompeius, seit dem Tode der Julia (54) dem Cäsar entfremdet,
heiratet die Tochter des Optimaten +Q. Metellus Scipio+, der für die
letzten 5 Monate des Jahres 52 sein Mitkonsul wird. Er läßt sich die
Statthalterschaft in Spanien auf 5 Jahre erneuern.

Verhandlungen im Senat (51–50) über die durch widersprechende
Bestimmungen unlösbar verwickelte Frage, ob Cäsar seine
Statthalterschaft am 1. +März+ 49 oder erst +Ende+ 49 niederzulegen
habe. Cäsars Gegner bestehen, um ihn zu stürzen, auf dem früheren
Termin, wollen auch einen Volksbeschluß, der ihm gestattete, sich
abwesend um das Konsulat (für das Jahr 48) zu bewerben, nicht
anerkennen. Cäsar fügt sich dem Verlangen, daß er zwei Legionen
(darunter eine früher von Pompeius entliehene) zum Partherkrieg
abgebe, läßt aber durch den ihm gleich Clodius ergebenen Volkstribunen
+C. Scribonius Curio+ die Forderung stellen, daß er und Pompeius
gleichzeitig am 1. März 49 den Oberbefehl niederlegen sollen.

[vor Chr ~49–46.~]

~Bürgerkrieg zwischen Cäsar und den Optimaten.~

[49. (1. Jan.)]

Der Senat erklärt nach Abweisung wiederholter Vermittelungsvorschläge
Cäsar für einen Reichsfeind (+hostis+), wenn er nicht innerhalb einer
bestimmten kurzen Frist seine Provinzen an die ernannten Nachfolger
übergebe und sein Heer entlasse. Ein zweiter Senatsbeschluß (7.
Jan.) gibt den Konsuln und Prokonsuln Vollmacht zu außerordentlichen
Maßregeln (S. 99). Die Cäsar ergebenen Volkstribunen fliehen zu ihm
nach +Ravenna+.

Cäsar geht mit +einer+ Legion über den Bach ~Rubico~, die Grenzscheide
zwischen seiner Provinz und Italien, und beginnt damit den Bürgerkrieg.

Große Bestürzung in Rom. Pompeius, dessen Rüstungen erst begonnen
haben, entweicht mit den Konsuln und einem Teile des Senats (darunter
Cicero) nach +Capua+, dann nach +Brundisium+ (Staatskasse in Rom
zurückgelassen). Cäsar zieht durch Umbrien und Picenum, zwingt, durch 2
nachgekommene und 3 neugebildete Legionen verstärkt, den +L. Domitius+
in +Corfinium+ zur Übergabe und rückt vor +Brundisium+. Pompeius
entkommt mit der Flotte nach +Dyrrhachium+. Cäsar ordnet den Bau neuer
Schiffe an und wendet sich zunächst nach +Rom+; dort beschwichtigt
er die Besorgnis vor Wiederkehr der Greuel des ersten Bürgerkrieges.
Großmütiges Verfahren gegen seine Feinde.

[Sidenote:49.]

Cäsar geht auf dem Landwege nach Spanien zur Bekämpfung der Legaten des
Pompeius: ein Teil seines Heeres belagert +Massilia+. Die Legaten +L.
Afranius+ und +M. Petreius+ werden bei +Ilerda+, nördlich vom Ebro, zur
Übergabe gezwungen, ihr Heer wird aufgelöst.

+M. Terentius Varro+, der in +Hispania ulterior+ den Oberbefehl führt,
zieht sich nach +Gades+ zurück und ergibt sich ohne Kampf, da die
meisten Städte der Provinz sich für Cäsar erklären. Als dieser nach
Italien zurückmarschiert, unterwirft sich ihm die ausgehungerte und
mit Erstürmung bedrohte Stadt +Massilia+. Während dieser Zeit hat sein
Legat +C. Scribonius Curio+ Sicilien unterworfen. Derselbe setzt
nach Afrika über, siegt erst bei +Utĭca+, wird aber von +Iuba+, König
von Numidien, der sich für Pompeius erklärt hatte, am +Bagradasfluß+
geschlagen und fällt.

Cäsar wird (abwesend) in Rom von dem Prätor +M. Aemilius Lepidus+
zum +Dictator+ ernannt, legt aber die Dictatur nach 11 Tagen nieder,
nachdem er für das Jahr

[~48.~]

zum Konsul erwählt ist (zusammen mit +P. Servilius Isauricus+), während
der nach dem Osten geflüchtete Teil des Senats (in +Thessalonike+) dem
Pompeius und allen Beamten des letzten Jahres die Amtsgewalt verlängert.

Landung Cäsars an der Küste von Epirus; er rückt nach +Illyrien+ vor
und nimmt die Städte Oricum und Apollonia ein. Sein Legat +M. Antonius+
kann erst nach einigen Monaten mit dem anderen Teil des Heeres folgen,
da die pompejanische Flotte das Meer beherrscht. Cäsar schließt das
Heer des Pompeius bei ~Dyrrhachium~ ein, aber seine Verschanzungen
werden durchbrochen. ~Cäsar, geschlagen~ und zum Rückzug gezwungen,
geht nach +Thessalien+, wohin ihm Pompeius folgt. +Cato+ und +Cicero+
bleiben in Dyrrhachium zurück. In der thessalischen Ebene kommt es zur

[~48.~ (9. Aug.)]

~Schlacht bei Pharsālus.~

Cäsar schlägt mit etwa 22000 Mann das mehr als doppelt so starke Heer
des Pompeius und zersprengt es vollständig. 20000 Pompejaner strecken
die Waffen, Pompeius flieht nach der Küste, geht zu Schiff über
+Lesbos+ nach +Ägypten+. Dort wird er bei der Landung auf Befehl des
Ministers des jungen Königs Ptolemäus XII. ermordet. Cäsar landet mit
4000 Mann in Alexandria.

In Rom wird dem Sieger Cäsar die ~Dictatur~ auf unbestimmte Zeit (wie
früher Sulla, S. 106), das ~Konsulat~ auf 5 Jahre, die ~tribunicische
Gewalt~ auf Lebenszeit übertragen. Er nimmt das Konsulat erst
wieder für das Jahr 46 an und sendet den +M. Antonius+ als seinen
Stellvertreter (magister equitum) nach Rom.

[~48–47.~]

~Alexandrinischer Krieg.~

Aufstand der Einwohner von Alexandrīa, unterstützt durch das seit
Zurückführung des Königs +Ptolemäus Aulētes+ (55) dort befindliche
römische Besatzungsheer. Cäsar, in der Königsburg belagert, gerät in
die größte Gefahr, aus der ihn nur seine Verwegenheit rettet. Er läßt
die ägyptische Flotte in Brand stecken, wobei ein Teil der Stadt in
Feuer aufgeht, auch die berühmte alexandrinische Bibliothek (s. S.
65). Er verläßt die Stadt, nachdem er sich den Besitz der den Hafen
beherrschenden Leuchtturminsel Pharos gesichert hat, und schlägt mit
Hilfe eines aus Asien herbeigekommenen Entsatzheeres das ägyptische
Heer am Nil. Der junge König +Ptolemäus+ ertrinkt auf der Flucht.
Die Regierung wird, +unter römischer Oberhoheit+, seiner Schwester
+Kleopatra+ und ihrem jüngsten Bruder übergeben, in Alexandrīa bleibt
eine römische Besatzung. Cäsar geht nach Kleinasien und beendet in
einem +fünftägigen+ Feldzug (+veni, vidi, vici+) den

[~47.~]

~Krieg gegen Pharnăces~,

Sohn des Mithradates (s. S. 109), welcher +Pontus+, +Klein-Armenien+
und +Kappadokien+ besetzt hatte. Cäsar besiegt ihn bei +Zela+ und
zwingt ihn zur Rückkehr in sein bosporanisches Reich, wo er bald
umkommt. Ordnung der asiatischen Verhältnisse. +Deiotărus+ (S. 109),
der bei Pharsalus gegen Cäsar gefochten hatte, verliert den größten
Teil seiner Herrschaft.

Rückkehr Cäsars nach Rom. +Cicero+, von ihm begnadigt und ehrenvoll
behandelt, zieht sich auf sein Tusculanum zurück, bleibt aber sein
Gegner. Nach Beschwichtigung eines Aufstandes der in Campanien
stehenden Legionen unternimmt Cäsar den

[~46.~]

~Krieg in Afrika~

gegen die Pompejaner (+Cn.+ und +Sextus Pompeius+, +Q. Metellus
Scipio+, +Cato+, +Labienus+, +Petreius+, König +Iuba+). Er landet bei
Hadrumētum, gerät in Gefahr, da der größte Teil der Truppen infolge
eines Sturmes erst später eintrifft, führt dann den Krieg mit Vorsicht
gegen die an Zahl überlegenen Feinde, siegt endlich in der blutigen
~Schlacht bei Thapsus~. +Cato+ tötet sich in +Utĭca+, um den Untergang
der Republik nicht zu überleben, daher »Uticensis« genannt. Labienus
und Sextus Pompeius entkommen nach Spanien. -- Ein Teil +Numidiens+
wird von Cäsar mit der Provinz Afrika vereinigt, der andere an König
+Bocchus+ von Ost-Mauretanien gegeben.

Rückkehr Cäsars nach Rom, wo er ~vier~ Triumphe feiert (+Gallien+,
+Ägypten+, +Pharnăces+, +Afrika+). Bewirtung des Volkes an 22000
Tischen, prächtige Festspiele, Geld- und Getreidespenden. Cäsars
+Dictatur+ wird zunächst auf 10 Jahre, später auf Lebenszeit (dictator
perpetuus) verlängert. Er beginnt die ~Neuordnung des zerrütteten
Staatswesens~: Census der Bürgerschaft; Beschränkung der Zahl derer,
welche regelmäßig Getreidespenden empfangen, auf 150000; Bestimmungen
über die Verfassung der Bürgerstädte (lex Iulia municipalis);
Herstellung des Senats; Ackerverteilung an die Veteranen. ~Verbesserung
des Kalenders~ mit Hilfe des alexandrinischen Astronomen +Sosigĕnes+.
Das Jahr 46 wird durch Einschaltung um 67 Tage verlängert; an Stelle
des bisher üblichen Mondjahres mit Schaltmonaten tritt das Sonnenjahr
von 365¼ Tagen (alle 4 Jahre ein Schaltjahr).

Nochmals erheben sich in ~Spanien~ die Söhne des Pompeius und Cäsars
früherer Legat Labienus; Cäsar siegt nach hartnäckigem Widerstande in
der

[~45.~]

~Schlacht bei Munda~ (in der südlichen Provinz, zwischen Cordŭba und
Gades), setzt dann in Rom als ~Dictator~ und ~Imperator~ (letzterer
Titel früher nur zeitweise von siegreichen Feldherren bis zum Tage
des Triumphes geführt) sein großartiges Reformwerk fort. Die alten
Formen der republikanischen Verfassung behält er bei, in der Tat aber
waltet Cäsar als Alleinherrscher. Als +Pontifex maximus+ hat er die
Oberaufsicht über das Religionswesen, als Inhaber der +tribunicia
potestas+ das Vorschlagsrecht bei der Gesetzgebung und das Ansehen
eines unverletzlichen Vertreters und Beschützers des Volkes. Den
+Komitien+ bleibt die Bestätigung der Gesetze als ein nur formelles
Recht; ihr Wahlrecht wird durch das Vorschlagsrecht des Dictators
sehr beschränkt. Der +Senat+, auf 900 Mitglieder vermehrt, wird
wieder, wie zur Königszeit, zu einem nur beratenden Reichsrat. Die
oberste +Gerichtsgewalt+ steht, ebenfalls wie in der Königszeit, dem
Alleinherrscher zu (Prozesse des +Ligarius+ und +Deiotărus+, bei
welchen Cicero als Anwalt auftritt).

Großartige Bauten in Rom (Basilica Iulia an der Südseite des Forums;
die Nordseite wird erweitert durch das Forum Iulium mit dem Tempel
der Venus Genetrix). Gründung einer öffentlichen Bibliothek. Neue
Provinzialordnung zum Schutz der Provinzen gegen die Willkür der
Statthalter; Gründung von Kolonien in den Provinzen, +Karthago+ und
+Korinth+ hergestellt. Luxusgesetze, Kriminalgesetzgebung.

Durch weitgehende Ehrenbeschlüsse (Bildsäulen von ihm in allen Tempeln,
seine Statue neben denen der sieben Könige, Münzen mit seinem Bildnis
(S. 74, Anm.), Feier seines Geburtstages am 12. des Monats Quinctilis,
der nun +Iulius+ genannt wurde, alle fünf Jahre Spiele ihm zu Ehren
u. a.) wird Cäsars Alleinherrschaft beim Volke unbeliebt. Das von +M.
Antonius+ am Lupercalienfeste (15 Februar 44) ihm öffentlich angebotene
Königsdiadem weist er zurück. Während der Vorbereitungen zu einem
Rachekrieg gegen die +Parther+ (S. 113), welcher die Ostgrenze des
Reichs sichern soll, bildet sich unter den Senatoren eine Verschwörung
(+C. Cassius Longinus+, +M. Iunius Brutus+, +C. Trebonius+, +Decimus
Brutus+, +L. Tillius Cimber+, +P. Servilius Casca+ u. a.).

[~44.~ (15. März.)]

~Ermordung Cäsars in der Senats-Sitzung~,

die an jenem Tage zufällig in der an das Theater des Pompeius
anstoßenden +Curia Pompeia+ gehalten wurde. Cäsar fällt, von 23 Stichen
durchbohrt, an der Bildsäule des Pompeius nieder.


§ 9. Untergang der Republik.

Für kurze Zeit übernimmt der Senat wieder die Staatsleitung. Er verfügt
zugleich die Aufrechterhaltung der Gesetze Cäsars und Straflosigkeit
(Amnestie) für dessen Mörder. Allein das Volk der Hauptstadt, aufgeregt
durch die +Leichenrede des Consuls M. Antonius+, verübt Gewalttaten
gegen die Verschworenen. Die Häupter der Verschwörung verlassen Rom,
um in die ihnen (noch von Cäsar selbst) angewiesenen Provinzen zu
gehen: ~M. Brutus~ nach +Makedonien+, ~Cassius~ nach +Syrien+, ~Decimus
Brutus~ nach +Gallia cisalpina+.

In Rom maßt sich ~M. Antonius~ (Konsul mit +P. Cornelius Dolabella+) im
Besitz der testamentarischen Bestimmungen Cäsars, unter dem Vorwande,
den letzten Willen des Dictators auszuführen, eine unumschränkte
Gewalt an, ändert die Verteilung der Provinzen, läßt sich namentlich
die Provinz +Gallia cisalpina+ durch Volksbeschluß zuerteilen.
Dagegen tritt der 19jähr. ~C. Octavius~ (geb. 63), der Großneffe und
Adoptivsohn Cäsars, daher fortan ~C. Julius Cäsar Octavianus~ genannt,
in Verbindung mit dem Senat. Bei den Soldaten beliebt, sammelt er
zahlreiche Veteranen Cäsars um sich und bestimmt 2 Legionen des
Antonius, sich unter seinen Befehl zu stellen. Durch die einander
entgegengesetzten Bestrebungen der Machthaber wird das römische Reich
in +neue Bürgerkriege+ gestürzt.

[44–43.]

Gegen Antonius, der den Decimus Brutus in +Mutĭna+ belagert und ihm
seine Provinz entreißen will, werden auf Betreiben +Ciceros+ (die
+Philippischen+ Reden) die beiden Konsuln Hirtius und Pansa ausgesandt,
mit ihnen der junge ~Octavian~ als Proprätor (+Mutinensischer Krieg+).
Beide Konsuln fallen; Dec. Brutus verfolgt den besiegten Antonius
nach Gallia transalpina. Octavian aber führt das ganze Heer nach Rom,
erzwingt vom Senat seine Erwählung zum Konsul, Widerruf der Amnestie
für die Verschworenen und ihre Verurteilung. Hierauf zieht er zum
Schein gegen +Antonius+, mit dem er schon geheime Unterhandlungen
angeknüpft hatte. Auf einer Zusammenkunft bei +Bononia+ wird das

[~43.~ (Nov.)]

~zweite Triumvirat~

geschlossen zwischen ~Antonius~, ~Octavian~ und ~M. Ämilius Lepidus~
(Statthalter in Gallia Narbonensis). Die drei Machthaber (+tresviri
reipublicae constituendae+) lassen ihre angemaßte Gewalt von den
Komitien auf 5 Jahre bestätigen und beginnen ihre Herrschaft mit
grausamen ~Proskriptionen~: 130 Senatoren und 2000 Männer vom
Ritterstande werden geächtet und größtenteils getötet (u. a. +Cicero+
und sein Bruder +Quintus+, S. 112), ihr Vermögen eingezogen. Darauf

[~43–42.~]

~Krieg gegen die republikanische Partei.~

+Antonius+ und +Octavianus+ ziehen gegen +M. Brutus+ und +C. Cassius+,
welche in Makedonien und Syrien eine bedeutende Kriegsmacht gesammelt
hatten. In der (+ersten+)

[~42.~]

~Schlacht bei Philippi~

in Thrakien besiegt +Antonius+, welcher den rechten Flügel befehligt,
den linken Flügel des republikanischen Heeres unter ~Cassius~, während
+Octavian+ vor den Truppen des ~Brutus~ zurückweichen muß. Auf die
falsche Nachricht von einer Niederlage des Brutus läßt sich ~Cassius~
durch einen Sklaven töten. ~Brutus~, 20 Tage später in einer +zweiten
Schlacht+ von +Antonius+ geschlagen, tötet sich selbst.

~Antonius~ brandschatzt die Provinzen +Asien+ und +Syrien+ und
folgt dann der Königin ~Kleopatra~ (S. 116), die er nach +Tarsus+
vorgefordert hatte, nach +Ägypten+. Währenddessen nimmt ~Octavian~ in
Italien die den Veteranen versprochenen Ackerverteilungen vor; +L.
Antonius+, Bruder des Triumvir, der ihm dabei entgegentritt, wird in
+Perusia+ belagert und muß sich ergeben. +M. Antonius+ landet mit einem
Heere bei Brundisium; es kommt in Brundisium zu einem Vergleich, nach
welchem die Verwaltung des Reiches so geteilt wird, daß

[40.]

~Octavian~ den +Westen+, ~Antonius~ den +Osten+ (Grenzlinie geht
durch Illyrien), ~Lepidus~ +Afrika+ erhält. +Sextus Pompeius+, der
sich von Sicilien aus eine Seeherrschaft über die italischen Inseln
gegründet hatte (sein Bruder Cn. bei Munda †), wird (36) von +M.
Vipsanius Agrippa+, dem Unterfeldherrn Octavians, bei +Mylae+ besiegt.
+Lepidus+, der nun auf Sicilien Anspruch erhebt, verliert nach einem
kurzen Feldzuge auch Afrika an Octavian, ihm bleibt nur die Würde eines
Pontifex maximus.

+Octavian+ sorgt für friedliche Verwaltung Italiens, bekämpft aber
auch, um Norditalien zu sichern, die Dalmatier und Pannonier, erobert
35 die Stadt Siscia an der Save.

+Antonius+, mit Octavians Schwester +Octavia+ vermählt, unternimmt 38
und 37 wenig erfolgreiche Züge gegen die +Parther+, schwelgt dann in
Ägypten am Hofe der +Kleopatra+, zieht 34 gegen +Armenien+ und führt
den König Artavasdes als Gefangenen in Alexandria im Triumph auf,
verschenkt endlich römische Provinzen an seine Kinder mit der Kleopatra
und schickt der Octavia den Scheidebrief. Octavian läßt in Rom durch
Volksbeschluß dem Antonius den Oberbefehl entziehen und an Kleopatra
den Krieg erklären.

[~31–30.~]

~Krieg zwischen Octavian und Antonius.~

Während Antonius und Kleopatra lange in +Ephĕsos, Samos, Athen+ und
+Patrae+ (in Achaja) verweilen, vollendet Octavian seine Rüstungen
und setzt das Landheer nach Epirus über; seine 250 Schiffe starke, von
+Agrippa+ geführte Flotte besiegt die an Zahl der Schiffe überlegene
Flotte des Antonius und der Kleopatra in der

[~31.~ (2. Sept.)]

~Seeschlacht bei Actium.~

Kleopatra flieht mit ihren Schiffen, ehe die Schlacht entschieden ist;
Antonius folgt ihr. Sein Landheer ergibt sich nach 7 Tagen dem Octavian
ohne Kampf.

[30.]

Octavian geht nach Asien, wo er sein 4. Konsulat antritt, kehrt zur
Beschwichtigung einer Meuterei der Veteranen auf kurze Zeit nach
Italien zurück, begabt sich dann wieder zu seinem Heere und führt es
durch +Syrien+ nach +Ägypten+. Antonius, von seinen Truppen verlassen,
tötet sich auf die falsche Nachricht vom Tode der Kleopatra. Diese
tötet sich bald darauf durch Gift, als sie sieht, daß Octavian sie nur
schont, um sie in Rom im Triumph aufzuführen. Octavian macht ~Ägypten
zur römischen Provinz,~ ordnet dann die Verhältnisse in Vorderasien und
kehrt 29 im Monat Sextilis (nachher ihm zu Ehren +Augustus+ genannt)
nach Rom zurück. Dreitägiger Triumph, der Janustempel geschlossen (vgl.
S. 72).

~Alleinherrschaft Octavians,~ in der von ~Cäsar~ begründeten Weise,
jedoch so, daß die +Dictatur+ ersetzt wird durch das von ihm
anfangs ständig bekleidete +Konsulat+, dann durch das +allgemeine
prokonsularische Imperium+. Das römische Reich, nach Beendigung der
Bürgerkriege im Frieden aufblühend, schützt noch mehrere Jahrhunderte
lang unter der Herrschaft der Kaiser die Kulturvölker des Altertums
gegen die Angriffe der Barbaren.


§ 10. Kunst und Literatur bei den Römern.

Die Anfänge nationaler Baukunst und Dichtung bei Etruskern und Latinern
entwickeln sich erst durch die Bekanntschaft mit griechischer Kultur
zu höherer Blüte. Griechischer Baustil erscheint in den Tempeln und
Säulenhallen, mit welchen Rom sich schmückte, als es zur Großstadt
heranwuchs. Griechische Statuen wurden nach Eroberung griechischer
Städte (Tarent 272, Syrakus 212, Korinth 146) zahlreich nach Rom
gebracht; seit 146 arbeiteten viele griechische Künstler in Rom. Drei
griechische Philosophen (+Karneades, Diogenes, Kritolaos+) 156 als
athenische Gesandte in Rom.

Anfänge der römischen Literatur: Gottesdienstliche Lieder der
+Salii+ (S. 73) und +Fratres arvales+, religiöse und geschichtliche
Aufzeichnungen der Priester (libri pontificum, fasti consulares
und triumphales), Erklärungen der Zwölf-Tafelgesetze (S. 78 f).
Volkstümliche Bühnendarstellungen werden zuerst 364 erwähnt als
Bestandteil der Festspiele (ludi scaenici). Griechische Tragödien und
Komödien in lateinischer Bearbeitung brachte +Livius Andronīcus+, ein
Grieche aus Tarent, seit 240 in Rom zur Aufführung, nach ihm +Cn.
Naevius+ aus Campanien, der auch nationale Stoffe dramatisch darstellte
(+fabulae praetextae+) und den ersten Punischen Krieg in einem Epos (in
saturnischen Versen) besang; ferner +Q. Ennius+ aus Rudiä in Calabrien
(† 169), der ebenfalls in einem Epos in Hexametern (+Annales+) die
Geschichte Roms bis auf seine Zeit darstellte, befreundet mit Scipio
Africanus maior. Erhalten sind die Bearbeitungen griechischer Komödien
von +T. Maccius Plautus+ († 184) und +P. Terentius+ († 159).

Die ältesten römischen Geschichtschreiber (Annalisten) schrieben
griechisch. Als erster Schriftsteller in lateinischer Prosa ist +M.
Porcius Cato+ († 149, +Origines+, +de re rustica+, Reden) zu nennen.
Besonders gepflegt wurde die Rechtsgelehrsamkeit (Sex. Aelius Catus,
Konsul 198, +Q. Mucius Scaevola augur+, Konsul 117, Lehrer Ciceros)
und die Beredsamkeit (+C. Gracchus+ † 121, +L. Licinius Crassus+ † 91,
+M. Antonius+ † 87, +Q. Hortensius+ † 50). Die nationalen Altertümer
erforschte +M. Terentius Varro+ (116–27, de lingua Latina, antiquitates
rerum humanarum et divinarum). Als Geschichtschreiber ragen hervor +C.
Iulius Cäsar+ († 44) und +C. Sallustius Crispus+ († 34). Den Reichtum
und die Schönheit der lateinischen Sprache entfaltet besonders +M.
Tullius Cicero+ († 43) als Redner und philosophischer Schriftsteller
(Tusculanae disputationes, de officiis u. a.). Als Dichter sind in
Ciceros Zeit zu nennen +T. Lucretius Carus+ († 55), Verfasser eines
philosophischen Lehrgedichts +de rerum natura+, und der Lyriker +C.
Valerius Catullus+ († 54).


§ 11. Kaiserzeit bis zum Untergang des weströmischen Reiches.

(Von ~31 vor~ Chr. bis ~476 nach~ Chr.)

[vor nach Chr. ~31–68.~]

~Das Julisch-claudische Herrscherhaus.~

[~31–14.~]

~Cäsar Octavianus Augustus.~

Der Beiname +Augustus+ (der +Erlauchte+, +Erhabene+), den ihm (27 vor
Chr.) der Senat erteilte, ist auf seine Nachfolger übergegangen und
ebenso wie +Princeps+, +Cäsar+, +Imperator+, zum Titel der römischen
Herrscher geworden.[28]

Augustus beschränkt den Senat auf 600 Mitglieder und knüpft die
Senatorwürde an einen hohen Census (1 Million Sest. = etwa 180000 M.).
Das +Konsulat+ bleibt bestehen, wird anfangs von Augustus ständig,
später von ihm und seinen Nachfolgern noch bisweilen bekleidet, gilt
aber nur als Ehrenamt und wird in seiner Dauer verkürzt, zuletzt
in der Regel auf 2 Monate. Auch die andern republikanischen Ämter
bleiben, doch mit beschränktem Geschäftskreis; die +Censur+ wird von
den Kaisern übernommen, wie sie schon Cäsar unter dem Titel Praefectus
morum ausgeübt hatte. Dem Senat bleibt ein gewisser Anteil an der
Herrschergewalt.

Die kaiserliche Herrschaft beruht auf dem Heerbefehl, der
tribunicischen Gewalt und der obersten Gerichtsgewalt. Seit dem Tode
des Lepidus (13) war Augustus auch Pontifex maximus. Einflußreiche
kaiserliche Beamte sind der +Praefectus urbi+ (Polizeipräsident) und
die beiden +Praefecti praetorio+ (Befehlshaber der aus 9 Kohorten
bestehenden kaiserlichen Garde). Einteilung Roms in 14, Italiens in
11 +regiones+. Einrichtung einer +Reichspost (cursus publicus)+ für
die von Staats wegen reisenden Beamten. Schutz der Provinzen gegen
die Übergriffe der Beamten. Fürsorge für die Armen. Ansiedelung
unbemittelter Bürger in Kolonien.

[27.]

Neue +Einteilung der Provinzen+ in senatorische, d. h. völlig
beruhigte, welche ohne Kriegsheer von Prokonsuln und Proprätoren
verwaltet werden können und vom Senat verliehen werden (+Africa, Asia,
Achaja, Illyricum, Macedonia, Sicilia, Creta+ und +Cyrenaica, Bithynia,
Sardinia, Hispania Baetica+), und in +kaiserliche+, die Augustus durch
Legaten an der Spitze von Legionen verwalten läßt und daher selber
verteilt: +(Hispania Tarraconensis, Lusitania+, die vier gallischen:
+Narbonensis, Lugdunensis, Aquitania+ und +Belgica+ mit +Germania
superior et inferior, Syria, Cilicta, Cyprus, Aegyptus+). In dieser
Teilung ist später mehreres geändert worden. Alle nach 27 vor Chr.
begründeten Provinzen fielen dem Kaiser zu. Zwei Staatskassen, das vom
Senat verwaltete +aerarium+ (Einnahmen aus den senatorischen Provinzen)
und +fiscus+ (Einnahmen aus den kaiserlichen Gütern und Provinzen).
Das Heer auf 25 Legionen (etwa 250000 Mann) gebracht. Dazu eine starke
Flotte in Misenum und Ravenna.

~Blütezeit der römischen Literatur.~ +C. Cilnius Maecenas+ († 8 vor
Chr.), Freund des Augustus, Gönner und Beschützer der Dichter: +P.
Vergilius Maro+ (70–19 vor Chr.). +Q. Horatius Flaccus+ (65–8 vor
Chr.). Die Elegiker +Albius Tibullus, S. Propertius+ und +P. Ovidius
Naso+ (9 nach Chr. nach +Tomi+ am Pontus Euxīnus (Constanza i. d.
Dobrudscha) verbannt, † 17). Der Geschichtschreiber +T. Livius+ (59
vor Chr. bis 17 nach Chr.) gibt dem römischen Volke eine ausführliche
Gesamtdarstellung seiner Geschichte. Der Architekt +Vitruvius+, die
Juristen +M. Antistius Labeo+ und +C. Ateius Capito+.

 ~Familie des Augustus.~

 ~C. Julius Cäsar Octavianus Augustus,~ geb. 63 v. Chr., †14 n. Chr.
 Gemahlinnen: 1. Claudia.   2. Scribonia.        3. Livia, Mutter des
                                |                Tiberius u. Drusus,
                                |                Söhne v. Tiberius
                                |                 Claudius Nero.
                       ~Iulia,~ †14 n. Chr.
 Gem.: 1. Marcellus,   2. M. Vipsanius Agrippa.    3. Tiberius.
 Sohn d. Octavia.      †12 v. Chr.
 †23 v. Chr.                    |
                                |
 ______________________________________________________________________
 Gaius Cäsar.  Lucius Cäsar. Agrippina.   Julia.       Agrippa Postumus.
 †4 n. Chr.    †2 n. Chr.    †33 n. Chr.  †28 n. Chr.  †14 n. Chr.

In der ersten Hälfte der Regierung des Augustus ist sein Schwiegersohn
+Agrippa+ seine Hauptstütze. Census in allen Provinzen, Vermessung
des Reiches durch Agrippa, Bauten in Rom: Forum Augusti, Thermae
Agrippae mit dem +Pantheon+, Tempel des Apollo, des Mars und der Venus.
Wiederherstellung der verfallenen Heiligtümer und Wiederbelebung der
alten Religiosität. Agrippas Söhne +Gaius Cäsar+ und +Lucius Cäsar+
werden 17 vor Chr. von Augustus adoptiert. Ihre Mutter +Iulia+ heiratet
in dritter Ehe den Stiefsohn des Augustus, +Tiberius+, wird aber
schließlich wegen ihrer Sittenlosigkeit verbannt. Nach dem Tode seiner
beiden ältesten Enkel adoptiert Augustus den +Tiberius+ und bezeichnet
ihn als Nachfolger.

[27–25.]

Augustus ordnet persönlich die Verhältnisse der +gallischen+ und
+spanischen+ Provinzen. Unterwerfung der Cantabrer und Asturer.
+Lugdunum+ (Lyon) Hauptstadt in Gallien, +Tarraco+ und +Corduba+
Hauptstädte in Spanien.

[22–19.]

Augustus ordnet persönlich die Verhältnisse des römischen +Asiens+. Der
Partherkönig +Phraates+ gibt auf die Nachricht von seiner Ankunft in
Syrien die bei der Niederlage des Crassus (S. 113) erbeuteten römischen
Feldzeichen zurück. Durch +Tiberius+ wird +Tigrānes+ in sein Reich
Armenien wieder eingesetzt.

Nach Rom zurückgekehrt erläßt Augustus Gesetze zur Bekämpfung des Luxus
und der Ehelosigkeit (+lex Iulia sumptuaria, lex Iulia de maritandis
ordinibus+).

[15.]

+Tiberius+ und +Drusus+, die Stiefsöhne des Kaisers, unterwerfen
die Alpenvölker und das Gebiet zwischen den Alpen und der Donau;
Einrichtung der Provinzen ~Raetia~ (Hauptort +Augusta Vindelicorum+,
jetzt Augsburg) und ~Noricum~ (Kärnten und Steiermark). Schon einige
Jahre früher war von Makedonien aus das untere Donaugebiet ~Mösien~
unterworfen worden.

[12–9.]

+Tiberius+ unterwirft ~Pannonien~ (das südwestliche Ungarn). Damit ist
die +Donaugrenze+ des Reiches festgestellt; sie wird ebenso wie die
+Rheingrenze+ durch Standlager der Legionen, aus denen später Städte
geworden sind, beschützt. Standlager am Rhein: Moguntiacum (Mainz),
Civitas Ubiorum (später Colonia Agrippinensis, Köln), Castra vetera
(Xanten), Standlager an der Donau: Regina castra (Regensburg), Batava
castra (Passau), später auch Vindobona (Wien) und Juvavum (Salzburg).

[12–9.]

+Drusus+ unternimmt vom Rhein aus vier Feldzüge in das +innere
Germanien,+ das erstemal zur See, vom lacus Flevo (Zuyder-See) in
die +Ems+mündung hinein, dann zu Lande die +Lippe+ aufwärts (Castell
+Aliso+ bei Haltern), dann von Mainz aus gegen die Chatten, zuletzt von
Mainz bis zur Elbe. Er stirbt auf dem Rückmarsch infolge eines Sturzes
mit dem Pferde.

[8–7.]

+Tiberius+, sein Nachfolger im Oberbefehl, bringt einen Teil der
germanischen Völkerschaften auf dem rechten Rheinufer zur Anerkennung
der römischen Oberhoheit. Er zieht sich dann (6) nach +Rhodus+ zurück
und kommt erst 7 Jahre später nach Verbannung seiner Gemahlin Julia
wieder nach Rom.

~Christus geboren~ vier oder sechs Jahre vor dem Beginn unserer
Zeitrechnung.[29]

Das Christentum, langsam sich ausbreitend im römischen Reiche,
entfaltet nach dem Untergange desselben seine weltbezwingende Macht.

[nach Chr. 4–5.]

+Tiberius+, in den letzten Jahren der Regierung des Augustus schon
beinahe Mitregent, durchzieht von neuem das nördliche Germanien,
besiegt die +Langobarden+ an der unteren Elbe. Römische Statthalter
verwalten das Gebiet zwischen Rhein und Elbe. Der unter Tiberius’
Anführung schon begonnene Angriff auf das +suebische+ Reich des
+Marbod+ (in Böhmen) wird unterbrochen (6–9) durch einen gefährlichen
Aufstand der illyrischen und pannonischen Völkerschaften.

[~9.~]

Drei römische Legionen unter ~P. Quinctilius Varus~ werden im
~Teutoburger Walde~ von dem Cheruskerfürsten ~Arminius~ vernichtet.
Germanien bis zum Rhein befreit, +Tiberius+ aber sichert die
Rheingrenze.

[14.]

Augustus stirbt in +Nola+ im 76. Lebensjahre. Eine von ihm selbst
verfaßte Übersicht seiner Taten (+Res gestae divi Augusti+) ist
in einer Tempelinschrift zu Ancyra (Angora) in Galatien erhalten
(+monumentum Ancyranum+).

[14–37.]

~Tiberius~ (vollständig: +Tiberius Claudius Nero+), des Augustus
Stief- und Adoptivsohn, geb. 42, tüchtiger Herrscher, jedoch hart
und argwöhnisch. Das Recht der Beamtenwahlen und die Bestätigung
der Gesetze wird von den +Komitien+ auf den +Senat+ übertragen. Die
an republikanischen Erinnerungen festhaltende Aristokratie wird in
strenger Abhängigkeit gehalten, besonders durch Anklagen +de maiestate+
(die auch schon zur Zeit der Republik vorkamen) bei der kleinsten
Beleidigung des Fürsten; Belohnung der Angeber (+delatores+). Gute
Verwaltung in den Provinzen.

[14–16.]

Drei Feldzüge des Neffen des +Tiberius, Drusus Cäsar Germanicus+, (von
Köln aus) über den Rhein gegen die Germanen, der zweite und dritte mit
einer Flottenfahrt in die Emsmündung verbunden. Beim zweiten wird die
Stätte der Niederlage des Varus berührt; beim dritten Sieg der Römer
auf dem +Campus Idisiaviso+ jenseits der +Weser+ über Arminius, aber
keine Unterwerfung des Landes. Die Flotte bei der Rückkehr durch Sturm
zerstreut.

[17.]

Germanicus, von Tiberius abgerufen und nach dem Orient gesandt, setzt
in Armenien einen König ein, macht +Kappadokien+ zur römischen Provinz,
gerät in Syrien mit dem Statthalter L. Calpurnius Piso in Streit. Sein
Tod im 34. Lebensjahr (19 in Antiochia an Gift?) in Rom sehr beklagt.

In Deutschland Krieg zwischen +Armin+ und +Marbod+, letzterer aus
seinem Reiche vertrieben, findet bei den Römern Aufnahme († zu
Ravenna). Armin wird von seinen eigenen Verwandten, die ihn des
Strebens nach der Königsherrschaft beschuldigen, 37 Jahre alt, getötet
(21).

[23.]

+L. Aelius Seianus+, Befehlshaber der +Prätorianer+ (S. 122), erhebt
sich zum übermächtigen Günstling des alternden Kaisers, der 27 seinen
Aufenthalt dauernd auf der Insel +Capreae+ (Capri) nimmt. Sejan
vergiftet +Drusus+, den einzigen Sohn des Kaisers, und bewirkt die
Verbannung der +Agrippina+, Witwe des Germanicus.

[31.]

Sturz Sejans; nach ihm werden viele Senatoren als Teilnehmer an seiner
Verschwörung hingerichtet. +Macro+, nunmehr Praefectus praetorio,
bleibt von der Willkür des mißtrauischen Kaisers abhängig.

[~37–68.~]

~Das Claudische Herrscherhaus,~ durch Adoption mit dem Julischen
verbunden:

 +Tiberius+ Claudius Nero.      Nero Claudius +Drusus+.
    †37 n. Chr.                         †9 v. Chr.
       |                     _____________|_________
       |                    |                       |
 Drusus †23   +Drusus Germanicus.+    Tib. +Claudius+ Nero.
 n. Chr.          †19 n. Chr.                 †54.
                  Gem. Agrippina.               |
         ___________|________                   |
        |                    |              Octavia, Britanniens.
   Agrippina d. j.,       +Caligula+.
        |                   †41.
        |
   L. Domitius (+Nero+)
    †68.

[~37–41.~]

~Caligula~ (+Gaius Cäsar Germanicus+),

der jüngste Sohn des Germanicus, von den Soldaten als Knabe +Caligula+
(Stiefelchen) benannt, zeigt sich bald als grausamer (+oderint,
dum metuant!+), jeder Schranke spottender Despot. Schwelgerei,
Selbstvergötterung, unnütze Feldzüge nach der Rheingrenze und der
gallischen Küste. Nach seiner Ermordung durch die Prätorianer wird von
diesen zum Imperator ausgerufen sein Oheim

[~41–54.~]

~Claudius~ (+Tiberius Claudius Nero Germanicus+),

jüngerer Bruder des Germanicus, ein wohlmeinender, aber schwacher
Fürst, beherrscht von Günstlingen und von seinen Gemahlinnen: 1. der
sittenlosen +Messalina+ und, nachdem er diese (48) hat töten lassen, 2.
der herrschsüchtigen +Agrippina+, Tochter des Germanicus.

[43.]

Beginn der Eroberung +Britanniens+ unter dem Oberbefehl des +A.
Plautius+ (dessen Legat +T. Flavius Vespasianus+); der südliche Teil
wird römische Provinz.

Unter Claudius’ Regierung werden außerdem folgende Provinzen
eingerichtet: in Afrika +Mauretania+, im Orient +Lycia+ und +Thracia+.
+Iudaea+, von 40 vor Chr. bis 6 nach Chr. und dann wieder 41–44 nach
Chr. abhängiges Königreich, wird wieder zur Provinz +Syrien+ gezogen.

+Agrippina+ überredet den Claudius, den +L. Domitius+, ihren Sohn aus
früherer Ehe, zu adoptieren (bei der Adoption erhält er den Namen
+Nero+) und zum Thronfolger zu ernennen an Stelle seines eigenen Sohnes
+Britannicus+ (von der +Messalina+), dessen Schwester +Octavia+ zur
Gemahlin Neros bestimmt wird. Als Neros Adoption den Kaiser gereut,
vergiftet ihn Agrippina.

[~54–68.~]

~Nero~ (+Nero Claudius Cäsar Drusus Germanicus+),

von den Prätorianern zum Imperator ausgerufen, in den ersten Jahren
geleitet von dem Praefectus praetorio +Afranius Burrus+ und seinem
Lehrer +L. Annaeus Seneca+.

Er vergiftet (55) seinen Stiefbruder +Britannicus+, mit dessen Erhebung
zum Imperator ihm Agrippina gedroht hatte, läßt (59) seine Mutter
+Agrippina+ selbst töten, verstößt seine Gemahlin +Octavia+, die
er später ebenfalls töten läßt, und heiratet +Poppaea Sabina+, die
Gemahlin Othos. Ausschweifungen und Grausamkeiten; er tritt öffentlich
im Wettkampf als Wagenlenker, Schauspieler und Sänger auf. Kriechende
Unterwürfigkeit des Senats,

[61.]

Aufstand in Britannien, von +Suetonius Paulinus+ unterdrückt.

[58–63.]

Krieg gegen die Parther und Armenier. Nach Einnahme und Zerstörung von
+Artaxăta+ bringt +Domitius Corbŭlo+ in Armenien den König +Tiridates+
zur Anerkennung der römischen Oberhoheit.

[~64.~]

Eine sechstägige und bald darauf eine nochmalige dreitägige
+Feuersbrunst+ (nach unbegründetem Gerücht auf Neros Befehl angelegt)
zerstört einen großen Teil der Stadt Rom. Nero beschuldigt die +Juden+
und die +Christengemeinde+ Roms der Brandstiftung und verhängt grausame
Strafen über sie (+erste Christenverfolgung+). Großartige Neubauten in
Rom, breitere Straßen. Der Kaiserpalast wird vom Palatin bis über den
Esquilin ausgedehnt (+domus aurea+).

[65.]

Verschwörung des +C. Calpurnius Piso+ entdeckt, viele Hinrichtungen;
+Seneca+ genötigt, sich selbst zu töten.

[68.]

Aufstand in Gallien (+C. Julius Vindex+) und im diesseitigen Spanien,
dessen Statthalter, der 73jährige +Sulpicius Galba+, zum Imperator
ausgerufen wird. Nero, erst kürzlich von einer großen Kunstreise nach
Griechenland zurückgekehrt, flieht und tötet sich auf dem Landgute
eines seiner Freigelassenen in der Nähe von Rom.

Das Reich wird nach dieser verderblichen Regierung abermals durch
+Bürgerkriege+ zerrüttet:

[~68–69.~ Juni–Jan.]

~Galba~ (+Servius Sulpicius Galba+),

der sich bald durch unzeitige Strenge und Sparsamkeit verhaßt macht.
Die Prätorianer ermorden ihn und erheben an seiner Stelle

[~69.~ Jan.–Apr.]

~Otho~ (+Marcus Salvius Otho+),

einen ehemaligen Günstling Neros. Schon vorher war von den Legionen am
Rhein zum Imperator ausgerufen

[~69.~ Apr.–Dez.]

~Vitellius~ (+Aulus Vitellius+),

der, nachdem seine Legaten den Otho bei +Bedriacum+ (östlich von
+Cremona+) besiegt haben und dieser sich selbst getötet hat, in
Rom einrückt und die Stadt zum Schauplatze seiner Prasserei und
Verschwendung macht. Er wird bei einem Straßenkampf in Rom umgebracht.

[~69–96.~]

~Die drei Flavier~:

[~69–79.~]

~Vespasianus~ (+Titus Flavius Vespasianus+),

besonders auf Betreiben des Statthalters von Syrien, +Licinius
Mucianus+, zum Imperator ausgerufen, während er in Palästina seit
66 gegen die aufständischen Juden Krieg führt. Er übergibt seinem
Sohne +Titus+ den Oberbefehl und kommt nach längerem Aufenthalt in
+Alexandrīa+ nach Rom, wo inzwischen Vitellius durch das siegreiche
Eindringen der Donauarmee (+Antonius Primus+) beseitigt ist. --
Wiederherstellung der Mannszucht im Heere, der Ordnung in den Finanzen.
Der Kaiser gibt das Beispiel strengerer und einfacher Sitte, sorgt für
öffentlichen Unterricht von Staats wegen (Grammatik und Rhetorik).

[~69–71.~]

~Aufstand der Batāver unter Claudius Civīlis,~

einem ihrer Häuptlinge aus fürstlichem Geschlecht. Die Aufständischen
geben anfangs vor, nicht gegen das römische Reich, sondern +gegen
Vitellius+ und +für Vespasianus+ zu kämpfen. Dadurch gelingt es
ihnen, einen Teil der römischen Soldaten für sich zu gewinnen.
+Civilis+ schlägt die Römer wiederholt und dringt, durch beutelustige
rechtsrheinische Germanen unterstützt, weit in Gallien vor. Ein
großer Teil der gallischen Völkerschaften fällt ihm zu; es tritt
der Plan hervor, ein unabhängiges +gallisches Reich+ zu gründen.
Nachdem aber die Herrschaft Vespasians in Rom befestigt ist, macht
+Petilius Cerialis,+ begünstigt durch die unter den verbündeten Völkern
ausgebrochenen Zwistigkeiten, dem Aufstand ein Ende und unterwirft ganz
Gallien wieder der römischen Herrschaft.

[~70.~ (Septbr.)]

~Titus erobert und zerstört Jerusalem~ nach langer, hartnäckiger
Verteidigung. Schreckliches Strafgericht über die zum Osterfest dort
zusammengekommenen Juden. Triumphbogen in Rom errichtet im Anschluß an
andere Bauten Vespasians (Templum Pacis; +Amphitheatrum Flavium,+ auch
+Colosseum+ genannt).

[78.]

+Gn. Iulius Agricola,+ Schwiegervater des Geschichtschreibers
+Tacitus+, wird Statthalter in Britannien. Dem Vespasian folgt sein Sohn

[~79–81.~]

~Titus~ (+Titus Flavius Vespasianus+),

der die ihm entgegengebrachten Befürchtungen durch milde und sorgsame
Regierung glänzend widerlegt (+»amor et deliciae generis humani«+).

[79.]

Ausbruch des Vesuvs. +Herculanĕum+ durch Lava, +Pompeii+ durch Asche
und Schlamm verschüttet (Ausgrabungen seit 1719 und 1748). Tod des
älteren +Plinius,+ Anführers der römischen Flotte in Misenum. -- Dem
Titus folgt sein ihm unähnlicher Bruder

[~81–96.~]

~Domitianus~ (+Titus Flavius Domitianus+),

der mit der Zeit immer mehr zum habsüchtigen und grausamen Despoten
wird.

[84.]

Feldzug gegen die Chatten. Im Anschluß daran wird der großartige
Grenzwall (+limes+) zwischen dem mittleren Rhein und der oberen Donau
(von Rheinbrohl bis Kehlheim) begonnen. Eins der dazu gehörenden
Kastelle ist in der +Saalburg+ wieder erstanden. Das dahinter liegende
Land als Zehntland (+agri decumates+) mit der Provinz +Germania
superior+ (Hauptstadt Moguntiacum, Mainz) verbunden.

[81–84.]

Glückliche Feldzüge des ~Agricola~ in Britannien, die römische
Herrschaft bis nach Schottland hinein ausgedehnt.

[86–90.]

Erfolgloser Krieg gegen die Dacier; Domitian soll vom Könige
+Decebălus+ den Frieden erkauft haben.

[96.]

Domitian durch eine Palastverschwörung ermordet.

[~96–192.~]

~Nerva und seine Adoptivfamilie~:

[~96–98.~]

~Nerva~ (+Marcus Cocceius Nerva+),

ein 64 jähriger Senator, durch die Mörder Domitians und den Senat auf
den Thron erhoben, stellt die Majestätsprozesse ab, ruft die Verbannten
zurück, vermindert die Abgaben, legt den Grund zur Einrichtung der
+Alimentatio+, d. h. Staatsunterstützung zur Erziehung der Kinder, in
Italien. Er adoptiert und ernennt zu seinem Mitregenten und Nachfolger

[~98–117.~]

~Trajan~ (+Marcus Ulpius Traianus+),

Statthalter der Provinz +Germania superior+, geboren 53 in der
römischeu Kolonie +Italica+ in Spanien, den ersten Nicht-Italiker auf
dem Throne der Cäsaren. Trefflicher Regent und Feldherr. Großartige
Bauten in Rom (+Forum Traiani+); Straßen und Häfen in den Provinzen,
der Hauptteil des germanischen Grenzwalls gebaut.

[101–107.]

Unterwerfung des Landes ~Dacien~ (Rumänien und Siebenbürgen). Die
römischen Legionen dringen aus Mösien und Pannonien (Kolonie +Sirmium+
an der Save) über die Donau vor, erstürmen Sarmizegethusa, die
Hauptstadt des +Decebălus+; eine steinerne Brücke wird (unterhalb
Orsova) über die Donau gebaut. Decebalus unterwirft sich (102), doch
wird 105 neuer Krieg nötig; 107 wird das Land römische +Provinz+.
Ansiedlung zahlreicher Kolonisten, von denen die heutigen +Rumänen+
abstammen. Darstellung des Krieges auf den Reliefs der Trajanssäule in
Rom.

[105.]

Einrichtung der römischen Provinz ~Arabia~ durch den Statthalter
von +Syrien+, A. Cornelius Palma, (das Land östlich und südlich von
Damaskus und Judäa, bis zum Roten Meere; Hauptstadt +Petra+).

[114–116.]

Krieg Trajans gegen die ~Parther~.

Der Neffe des Partherkönigs +Chosroës+ wird aus Armenien vertrieben.
+Armenia+, +Mesopotamia+, +Assyria+ römische Provinzen. Trajan erobert
+Seleucia+ und +Ktesiphon+ am Tigris, fährt zu Schiff den Tigris
hinunter bis zum Persischen Meerbusen, setzt bei den Parthern einen
Vasallenkönig ein, stirbt auf der Rückkehr in +Cilicien.+

[~117–138.~]

~Hadrian~ (+Publius Aelius Hadrianus+),

von seinem Verwandten Trajan adoptiert. Friedliebend, auf sorgsame
Verwaltung des Reiches bedacht, gelehrt und kunstliebend. Er gibt die
neuen Provinzen +Armenia+, +Mesopotamia+ und +Assyria+ wieder auf,
so daß der Euphrat die östliche Grenze des Reiches bildet, stellt in
+Mösien+ und +Dacien+ die Ruhe wieder her, regiert in Rom in gutem
Einverständnis mit dem Senat.

+Rundreisen+ durch die Provinzen des Reiches (121–126, 129–134),
um überall die Wohlfahrt zu fördern; sein Günstling und Begleiter
Antinous; längerer Aufenthalt in +Athen+, wo er einen neuen Stadtteil
anlegt und den Zeustempel (S. 36) vollendet. In Rom erbaut er den
Doppeltempel der Venus und Roma; sein großes Grabmal Mausoleum
Hadriani, jetzt die Engelsburg. Seine Villa bei +Tibur+ (Tivŏli) mit
prächtigen Gartenanlagen. In Britannien +Grenzwall+ gegen die Picten
und Scoten (von Newcastle bis zum Solwaybusen).

Sammlung der Edikte früherer Prätoren (+Edictum perpetuum+) durch den
Rechtsgelehrten +Salvius Iulianus+; daran knüpft sich die weitere
Ausbildung der Rechtsgelehrsamkeit, welche für den inneren Bestand des
großen Reiches von der höchsten Bedeutung war.

[132–135.]

Aufstand der ~Juden~ wegen Anlegung der Kolonie +Aelia Capitolina+
an der Stelle des zerstörten Jerusalem. Ihr Anführer Bar-Kochba.
Verzweifelter Kampf; Niederlage und +Zerstreuung+ der Juden. Eine
+christliche+ Gemeinde sammelt sich bald wieder an der heiligen Stätte;
der Name +Jerusalem+ wird später wieder hergestellt.

[~138–161.~]

~Antoninus Pius~ (+Titus Aurelius Antoninus Pius+),

von Hadrian adoptiert. Friedliche, segensreiche Regierung, jedoch die
Grenzen des Reiches kräftig gegen die Angriffe der Barbaren geschützt.
Zweiter Grenzwall in Britannien (vom Forth zum Clyde). Gemäß der von
Hadrian festgesetzten Erbfolgeordnung folgt ihm sein Neffe

[~161–180.~]

~Marcus Aurelius Antoninus~, weiser und tätiger Regent, hochgebildet
(Schüler des Redners +Cornelius Fronto+), stoischer Philosoph, bis 169
gemeinschaftlich mit seinem Adoptivbruder, dem ausschweifenden ~Lucius
Verus~.

[162–165.]

Krieg gegen die ~Parther~, unter Oberleitung des +L. Verus+, der sich
aber bald in Antiochia dem Wohlleben hingibt, während seine Legaten den
Krieg glücklich führen. Ein +Teil+ Mesopotamiens wird wieder römische
Provinz (S. 130).

[166–180.]

Krieg mit den ~Markomannen~ und ~Quaden~ (in Böhmen).

Marcus Aurelius kämpft mit wechselndem Glück gegen die immer von
neuem andringenden Barbaren. Während eines kurzen Friedens mit ihnen
Besiegung des aufständischen +Avidius Cassius+ in Syrien, 175. Triumph
in Rom 176; der Senat errichtet dem Kaiser eine Reiterstatue, die noch
heute das Kapitol schmückt. Ehe es dem Kaiser gelingt, die Grenze
des Reiches an der Donau völlig zu sichern, stirbt er in +Vindobŏna+
(Wien). Ihm folgt sein entarteter Sohn

[180–192.]

~Commodus~,

der mit den Germanen Frieden schließt und sich in Rom, die Regierung
meist den Praefectis praetorio (S. 122) überlassend, Ausschweifungen
und seinem immer mehr hervortretenden Hange zu Grausamkeiten hingibt.
Er wird endlich von seiner Umgebung ermordet.


~Silbernes Zeitalter der römischen Literatur.~

Philosophische Schriften und Briefe des Stoikers +L. Annaeus Seneca+
(† 65); sein Neffe +M. Annaeus Lucanus+ verfaßt ein Epos Pharsalia.
Epigramme des +Martialis+, Satiren des +Persius+ und +Iuvenalis+. M.
Fabius +Quintilianus+ Lehrer der Rhetorik, Verfasser der Institutio
oratoria. Ein Werk umfassender Gelehrsamkeit ist die Naturalis historia
des +C. Plinius Secundus+ († 79). Briefsammlung seines Neffen, des
+jüngeren Plinius+, welcher mit dem Geschichtschreiber +Cornelius
Tacitus+ († 117), dem hervorragendsten Schriftsteller dieser Zeit,
befreundet war; Tacitus’ Germania 98, Plinius Statthalter in Bithynien
111. -- Kaiserbiographien des +C. Suetonius+.


~Nachblüte der griechischen Literatur.~

Unter Augustus der Geograph +Strabo+ aus Amaseia in Pontus, der
Altertumsforscher +Dionysios von Halikarnaß+, beide in Rom. Unter
Trajan und Hadrian der Philosoph und Geschichtschreiber +Plutarchos+
von Chaironeia, der Perieget +Pausanias+. Um 150 der Geograph
+Ptolemaios+ zu Alexandrīa, um 180 der Satiriker +Lukianos+ von
Samosata, um 220 der Geschichtschreiber +Cassius Dio+.


~Ausbreitung des Christentums.~

Wirksamkeit der +Apostel+ im ersten Jahrhundert. +Paulus+ predigt in
Antiochia (42), in Athen und Korinth (53), in Ephesos (55), wird 61
nach +Rom+ geführt, erleidet dort gleichwie +Petrus+ den Märtyrertod.
Verfolgungen im zweiten und dritten Jahrhundert können die zahlreichen
christlichen Gemeinden nicht ausrotten; das Beispiel der +Märtyrer+
(+Ignatius+ Bischof von Antiochia 115, +Polykarpos+ Bischof von Smyrna
167 und viele andere) wirkt erhebend. Christliche Schriftsteller:
+Clemens+, Bischof von Rom (um 90), +Clemens+ in Alexandria (200),
+Tertullianus+ in Karthago (200), +Origenes+ in Alexandria (230),
+Cyprianus+ in Karthago (230), +Lactantius+ in Nicomedia (300),
+Eusebios+, Bischof von Cäsarea (330), +Augustinus+, Bischof von Hippo
Regius (354–430), s. S. 141.

[~193–284~.]

~Zeit der Soldatenkaiser.~

Der Mangel einer festen Erbfolge stürzt das römische Reich oftmals in
Verwirrung; dennoch behauptet es sich noch lange gegen die andringenden
Barbaren. Nach den kurzen Regierungen der von den Prätorianern
erhobenen Kaiser +Pertinax+ und +Didius Iulianus+ folgt der von den
illyrischen Legionen zum Kaiser ausgerufene Statthalter von Pannonien

[~193–211.~]

~Septimius Severus~,

welcher vom Senat anerkannt wird und sich gegen die anderen
Prätendenten (+Pescennius Niger+ im Orient, +Clodius Albinus+ in
Britannien und Gallien) behauptet. Umwandlung der bisher aus Italikern
bestehenden +Prätorianer+ in eine aus allen Provinzlegionen sich
ergänzende Truppe. Verbesserung der Rechtspflege (die Juristen
+Papinianus, Ulpianus, Paulus+). Erfolgreicher Krieg gegen die
+Parther+, ihre Hauptstadt +Ktesiphon+ 197 zerstört; die Provinz
+Mesopotamien+ wiederhergestellt. (Hauptstädte Edessa und Nisibis).
Zug nach Britannien 208; der Grenzwall Hadrians wiederhergestellt.
+Septimius+ stirbt in +Eburācum+ (York). Sein Sohn

[211–217.]

~Caracalla~ (+M. Aurelius Antoninus+)

ermordet seinen Bruder und Mitregenten ~Geta~ mit Tausenden seiner
Anhänger, darunter +Papinianus+. Durch die +Constitutio Antoniniana+
212 Erteilung des römischen Bürgerrechts an alle freien Provinzialen.
Aber auch von der Grausamkeit und Habsucht des Kaisers werden die
Provinzen in weitem Umfange betroffen (das Blutbad in +Alexandrīa+ 215).

Caracalla bekämpft 213 die +Alamannen+ jenseits des Grenzwalls, 214
die +Goten+ an der unteren Donau, greift 216 die Parther an, wird
in Mesopotamien auf Anstiften des Praefectus praetorio ~Macrinus~
ermordet. Dieser, vom Heere zum Nachfolger erwählt, erkauft von
den Parthern den Frieden. Die Soldaten rufen zum Imperator aus den
14jährigen +Varius Avitus Bassianus+, genannt

[218–222.]

~Elagabălus~, Sonnenpriester zu Emĕsa in Syrien, der für einen Sohn
Caracallas ausgegeben wird. Macrinus, bei Antiochia besiegt, wird in
Kleinasien verhaftet und hingerichtet. Elagabalus überläßt sich in
Rom den schändlichsten Ausschweifungen; die Regierung führt seine
Großmutter +Julia Maesa+, Schwester der Mutter Caracallas. Er wird von
den Prätorianern ermordet; ihm folgt sein Vetter

[~222–235.~]

~Alexander Severus~,

von den besten Absichten beseelt, aber schwankend und nicht energisch,
geleitet von seiner Mutter +Julia Mamaea+, Tochter der Julia Maesa,
und von den Rechtsgelehrten +Domitius Ulpianus+ und +Julius Paulus+.
Seine Maßregeln zur Herstellung der Mannszucht im Heere veranlassen
Empörungen; bei einer derselben wird +Ulpianus+, der Befehlshaber der
Prätorianer, ermordet.

[~226.~]

Infolge der Auflösung des +Partherreiches+ unter den Arsakiden (S. 65)
und Stiftung des ~Neupersischen Reichs~ (Dynastie der +Sassaniden+)
erwächst dem römischen Reiche ein neuer gefährlicher Feind im Orient,
doch wird im Kriege (231–33) die Reichsgrenze vorerst noch behauptet,
Nach Ermordung des Alexander Severus am Rhein erheben die Soldaten auf
den Thron ihren Feldherrn

[235–238.]

~Maximinus Thrax~,

einen Thraker von außerordentlicher Größe und Stärke. Siegreicher
Zug über den Rhein, dann nach der untern Donau. Unterdessen wird in
Afrika zum Imperator ausgerufen der 80jährige Senator +Gordianus I.+,
der seinen Sohn +Gordianus II.+ zum Mitregenten ernennt, bald aber
sich selbst tötet, nachdem der Sohn in Afrika kämpfend gefallen.
+Maximinus+, vom Senat für abgesetzt erklärt, wird bei der Belagerung
von +Aquileia+ von den Soldaten getötet. -- Die Prätorianer erheben
Gordians I. Enkel, ~Gordianus III.~, auf den Thron. Dieser wird nach
glücklicher Beendigung eines Krieges gegen die Neuperser 244 ermordet
auf Veranlassung des Praefectus praetorio ~Philippus Arabs~, eines
Mannes von semitischer Abkunft, welcher 248 das +tausendjährige
Bestehen+ des römischen Reiches feiert, 249 von den mösischen Legionen
unter ihrem Feldherrn ~Decius~ besiegt und getötet wird. Unter diesem
Kaiser

[~250.~]

Allgemeine ~Christenverfolgung~, nachdem man längere Zeit die Christen
hatte gewähren lassen. Decius schlägt die +Goten+, welche +Thrakien+
plündern, verliert aber Sieg und Leben, als er sie nach der Donau hin
verfolgt (251). Die Legionen erwählen den Feldherrn ~Gallus~, unter
dessen ebenfalls kurzer Regierung die Pest in mehreren Provinzen
des Reiches wütet. Er wird 253 ermordet von dem gegen die +Goten+
siegreichen ~Aemilianus~, dieser nach kaum 4 Monaten von

[253–260.]

~Valerianus~,

der seinen Sohn ~Gallienus~ zum Mitregenten annimmt. Beide kämpfen
gegen die fortwährend erneuten Einfälle germanischer Heerhaufen,
namentlich der +Franken+ in Gallien und Spanien, der +Alamannen+ in
Ober-Italien (bei Mailand besiegt), der +Goten+ in die Balkan-Halbinsel
und Kleinasien. Unglücklicher Feldzug des +Valerianus+ gegen
die Perser; er wird bei +Edessa+ geschlagen, gefangen und (als
70jähriger Greis) bis zu seinem Tode von dem König Sapores als Sklave
umhergeschleppt. Gegen ihn und seinen Sohn

[260–268.]

~Gallienus~

tritt eine große Anzahl von Gegenkaisern auf, während die Barbaren ihre
Einfälle in das römische Gebiet fortsetzen. Längere Zeit behaupten
sich +Postumus+ in Gallien und +Odaenathus+ (aus Palmȳra) in Syrien.
Letzterer wird von Gallienus als Mitregent für den Orient anerkannt;
nach seiner Ermordung (267) herrscht seine Gemahlin +Zenobia+ in
Palmȳra. Gallienus wird vor Mediolanum, wo er den Prätendenten
+Aureŏlus+ belagert, von Verschwörern ermordet. Diese erheben auf den
Thron

[268–270.]

~Claudius II.~,

einen erfahrenen Feldherrn, der nach Hinrichtung des Aureolus die
+Alamannen+ am Gardasee, +die Goten+ bei Naissus in Mösien (an der
Morawa) besiegt. Ihm folgt

[~270–275~.]

~Aurelianus~, der Hersteller des Reiches (+Restitutor orbis+). Er
schließt mit den Goten Frieden, indem er die Provinz +Dacien+ aufgibt.
Die Donau von jetzt ab Reichsgrenze; der größte Teil der römischen
Kolonisten wird nach +Mösien+ zurückversetzt. Aurelian vertreibt
die abermals in Italien eingedrungenen Alamannen und Markomannen
und beginnt zum Schutze Roms vor den Barbaren den Bau einer neuen
+Stadtmauer+, welche die erweiterte +Kaiserstadt+ umfaßt. Er unterwirft
+Syrien+, belagert und zerstört +Palmyra+ (273), nimmt Zenobia gefangen
und erobert +Ägypten+ wieder. Nachdem er so den Orient unterworfen,
wendet er sich gegen +Tetricus+ in Gallien, der, bei Châlons besiegt,
sich ergibt. Nach kurzem Aufenthalt in Rom reist er wieder in die
östlichen Provinzen, wird aber unweit Byzanz von Verschwörern ermordet.
Auf Ansuchen des Heeres ernennt der Senat in Rom zum Augustus den
75jährigen Senator

[275–276.]

~Tacitus~,

der die +Alanen+ und +Goten+, welche in Kleinasien eingefallen waren,
schlägt, aber bald von den Soldaten ermordet wird.

[276–282.]

~Probus~

schlägt am Rhein die +Franken+ und +Alamannen+, an der Donau die
+Burgunder+, +Vandalen+ und +Goten+ zurück, stellt den Grenzwall
(+limes+) zwischen Rhein und Donau wieder her, fördert den Weinbau
in Gallien, am Rhein und an der Mosel, sichert auch Syrien und
Mesopotamien gegen die Perser. Starke Ansiedelung von Barbaren in den
Grenzgebieten des Reiches. Als er in Pannonien die Soldaten zu Kanal-
und Wegebauten nötigt, wird er bei Sirmium von ihnen erschlagen,

[282–284.]

~Carus~

besiegt an der unteren Donau die +Sarmaten+ und dringt, während der
germanische Grenzwall mit den +agri decumates+ an die +Alamannen+
verloren geht, erfolgreich gegen die +Perser+ vor, stirbt aber bald
nach der Einnahme von +Ktesiphon+ (vom Blitze erschlagen?). Das
heimkehrende Heer wählt in Chalkēdon zum Kaiser den Feldherrn

[~284–305.~]

~Diocletianus~,

welcher dem römischen Reiche eine neue Verfassung gibt auf Grund
der ~unbeschränkten Monarchie~. Der Senat verliert allen Einfluß
auf die Regierung, +Rom+ nicht mehr Wohnsitz des Kaisers. Strenges
Hofceremoniell nach orientalischer Art. Der Kaiser trägt das Diadem,
läßt sich mit Dominus anreden. Neuordnung der Verwaltung, die Provinzen
verkleinert und an Zahl vermehrt (101 Provinzen, in 12 +Diöcesen+
geordnet; auch Italien in Provinzen geteilt). Steigender Abgabendruck.
Zum +Mitregenten+ (mit dem Titel Augustus) ernennt Diocletian, indem
er sich außer der allgemeinen Oberleitung die Regierung des Ostens
vorbehält (Residenz +Nicomedia+ in Bithynien), seinen Waffengefährten
~Maximianus~ (Residenz +Mediolanum+, Mailand).

[293.]

~Diocletian~ ernennt zwei Cäsaren: 1. ~Constantius Chlorus~, der seine
Gemahlin +Helĕna+, eine Christin, verstoßen und die Stieftochter
Maximians heiraten muß; er erhält die Verwaltung von +Gallien,
Britannien+ und +Spanien+ (Residenzen +Augusta Treverorum+ (Trier)
und +Eburācum+ (York)), während +Maximianus+ die Verwaltung von
+Italien+ und +Afrika+ behält; 2. ~Galerius~, welcher Diocletians
Schwiegersohn wird und die Verwaltung von +Illyricum+ (mit Makedonien
und Griechenland, Residenz +Sirmium+ a. d. Save) übernimmt.

Die vier Regenten sorgen im Einverständnis miteinander für die
Verwaltung und den Grenzschutz, Diocletian selbst namentlich in
Ägypten, Galerius am Euphrat gegen die +Perser+. Der Tigris als
Grenzfluß festgesetzt. +Edictum de pretiis+ 301 zur Abstellung des
Wuchers. Glänzende Bauten in +Trier+.

[~303.~]

Allgemeine ~Christenverfolgung~, durch Constantius in seinen Provinzen
gemildert.

[305.]

+Diocletian+ († 313 in Salona in Dalmatien) und +Maximian+ danken
ab, ~Constantius~ und ~Galerius~ werden Augusti; letzterer setzt
die Christenverfolgung fort. Die beiden nach seinem Vorschlag von
Diocletian ernannten Cäsaren kommen nicht zu Ansehen; in den westlichen
Provinzen übernimmt 306 ~Constantinus~, Sohn des Constantius und der
Helena, nach dem Tode des Vaters die Regierung, in Rom erheben die
Prätorianer ~Maxentius~, den Sohn Maximians.

[312.]

Nach Galerius’ Tode Krieg zwischen Maxentius und +Konstantin+; dieser
dringt in Italien ein und siegt bei +Turin+ und bei +Saxa rubra+ unweit
Rom +(hoc signo vince!+); Maxentius ertrinkt auf der Flucht im Tiber.
Konstantin erkennt ~Licinius~ an, welchen Galerius zum Mitregenten des
Ostens ernannt hatte, und erläßt 313 in Mailand ein ~Edikt zum Schutze
der Christen~. Nach einiger Zeit entsteht Krieg zwischen den beiden
Herrschern; Licinius, 323 in zwei Schlachten, bei Adrianopel und bei
Chalkēdon, besiegt, ergibt sich und wird 325 hingerichtet.

[~328–337.~]

~Konstantin der Große Alleinherrscher.~

Das ~Christentum~ wird vom ~Staate anerkannt~ und dem Heidentum
gegenüber begünstigt.

[~325.~]

Erste ~allgemeine Kirchenversammlung~ (ökumenisches Konzil), unter
Vorsitz des Kaisers zu ~Nicaea~ in Bithynien. Der +Arianismus+, d. h.
die Lehre des +Arius+, ehemaligen Presbyters in +Alexandria+, von der
Gott dem Vater nur +ähnlichen+ Natur Christi wird verworfen; die Lehre
des +Athanasius+ (späteren Bischofs von Alexandria) von der Gott dem
Vater +gleichen+ Natur Christi wird durch das +Symbŏlum Nicaenum+ zum
Dogma der Kirche erhoben.

[330.]

Konstantin erwählt +Byzantium+ unter dem Namen ~Constantinopolis~
zur Hauptstadt. Die Reichsverwaltung wird auf den von +Diocletian+
geschaffenen Grundlagen abschließend geordnet; Einteilung in 4
Präfekturen (+Oriens, Illyricum, Italia, Galliae+), mit 14 Diöcesen und
~117~ Provinzen. Strenge Rangordnung der Beamten, 7 Minister bekleiden
die obersten Hofämter, Staatsrat (+consistorium principis+), Trennung
der Zivil- und Militärgewalt. Neue Abgabenordnung. Abschaffung der
Prätorianer. Verminderung der Truppenzahl der Legionen, dafür Erhöhung
der Anzahl der Legionen auf 175. Den Oberbefehl führen 2 Kronfeldherren
(magistri militum), 5 magistri der Reiterei und des Fußvolkes, unter
ihnen stehen die Comites und Duces (Grafen und Herzoge).

Konstantin empfängt kurz vor seinem Tode die Taufe und teilt die
Verwaltung des Reiches unter seine drei Söhne als +Augusti+ und zwei
Neffen als +Cäsaren+. Nachdem er in Nikomedia gestorben ist, werden
die beiden Cäsaren getötet. Die drei Augusti geraten bald in Streit:
+Constantinus II.+ wird 340 bei Aquileia erschlagen, als er gegen
+Constans+, der in Italien herrscht, zu Felde zieht. ~Constantius II.~
schützt den Osten gegen die Perser, vereinigt nach Constans’ Tode
350 das ganze Reich. Sein Vetter +Julianus+ besiegt als Statthalter
Galliens 357 die Alamannen bei +Argentoratum+ (Straßburg) und bekämpft
erfolgreich die Franken; die Soldaten rufen ihn 361 zum Kaiser aus.
Constantius stirbt auf dem Zuge gegen ihn.

[361–363.]

~Iulianus~, genannt +Apostăta+, weil er als Anhänger der heidnischen
Philosophie (Schule der Cyniker) das Christentum verläßt und eine
Wiederherstellung des heidnischen Götterdienstes in gereinigter Form
versucht. Er muß bald einen Krieg gegen die +Perser+ beginnen, besiegt
sie bei +Ktesiphon+, stirbt aber auf dem Rückzuge an einer Wunde. Die
Soldaten erheben zum Kaiser den +Christen+ ~Iovianus~, der mit den
Persern Frieden schließt, aber schon 364 stirbt.

[364–375.]

~Valentinianus~, in +Nicaea+ erwählt, ebenfalls Christ, teilt
abermals das Reich, ernennt seinen Bruder ~Valens~, einen Arianer,
zum Mitregenten für den Osten; beide um gute Verwaltung des Reiches
bemüht. Herabsetzung der Steuern. Edikt gegen die Schenkungen an den
Klerus und die Kirche. Religiöse Duldung auch gegen die Heiden geübt.
Die Regierung des Westens übernimmt 375 Valentinians Sohn ~Gratianus~,
schon vorher Mitregent.

[375.]

~Beginn der Völkerwanderung~ (s. S. 140). Nachdem Valens bei
+Adrianopel+ (378) gegen die Westgoten gefallen ist, erhebt Gratianus
den Spanier

[379–395.]

~Theodosius~ zum Mitregenten und übergibt ihm die Verwaltung des
Ostens. Theodosius schreitet mit wachsender Entschiedenheit gegen das
Heidentum ein. Gratian fällt 383 im Kampfe gegen den in Britannien
von den Soldaten erhobenen ~Maximus~; Theodosius erkennt diesen als
Herrscher des Westens an, doch soll Italien dem Bruder Gratians,
+Valentinian II.+, verbleiben. Als Maximus dennoch in Italien
eindringt, wird er 388 von den Truppen des Theodosius in Aquileia
getötet. Gute Reichsverwaltung, glänzende Bauten in Konstantinopel.
381 Konzil zu Konstantinopel. Die athanasianische Lehre als allein
berechtigt anerkannt.

[390.]

Aufstand in Thessalonike, von Theodosius grausam bestraft; 7000
Menschen im Cirkus getötet. Deshalb schließt der Bischof ~Ambrosius~
von ~Mailand~ den Kaiser von der christlichen Kommunion aus, bis er (8
Monate später) öffentlich Buße getan hat.

[392.]

Allgemeines +Verbot der heidnischen Opfer+, die sich auf dem Lande
länger halten als in den Städten; die Heiden werden in dieser Zeit
+pagani+ genannt. Letzte Feier der Spiele zu +Olympia+ (s. S. 30).

[394.]

Theodosius siegt bei Aquileia über den Franken +Arbogast+, der
Valentinian II. gestürzt und getötet und einen Schattenkaiser ernannt
hat. Das römische Reich nochmals vereinigt.

[~395.~]

~Bleibende Reichsteilung~ nach Theodosius’ Tode. Sein älterer Sohn

~Arcadius~ erhält das ~oströmische Reich~ (395–1453), auch
~byzantinisches~ oder ~griechisches~ Kaisertum genannt; Hauptstadt:
+Byzanz+ oder +Konstantinopel+.

~Honorius~, der jüngere Sohn, erhält das ~weströmische Reich~
(395–476); Hauptstadt +Rom+, seit 402 +Ravenna+ kaiserliche Residenz.
Die Grenze bildet etwa die Verlängerung der Linie Budapest-Draumündung.

Beide Reiche werden durch das Eindringen germanischer Völker gefährdet;
der größte Ansturm wendet sich gegen das weströmische.

[395–423.]

~Honorius~, anfangs unter Vormundschaft des Vandalen +Stilicho+,
unfähig, das Reich zu schützen.

[425–455.]

~Valentinian III.~, lange unter Vormundschaft seiner Mutter +Placidia+,
sieht sich auf den unsicheren Besitz Italiens beschränkt. Auf ihn
folgen in schnellem Wechsel ohnmächtige Kaiser, die teils von dem
+Sueben+ ~Ricimer~ († 472), dem Anführer der germanischen Soldtruppen,
teils vom oströmischen Kaiser ernannt werden. Zuletzt wird

[476.]

~Romulus Augustus~, der Sohn eines Feldherrn +Orestes+ aus Pannonien,
von den Truppen seines Vaters auf den Thron erhoben, jedoch von
~Odovakar~, dem Anführer der germanischen Truppen, abgesetzt. Odovakar
beherrscht Italien, dem Namen nach unter Oberhoheit des oströmischen
Kaisers +Zeno+, der ihm den Titel eines +Patricius+ verleiht und die
Verwaltung der Diöcese Italien überträgt.

Fussnoten:

[19] Der Name herzuleiten von vitulus = Rinderland, vgl. Böotien.

[20] ~Römisches Münzwesen~: Anfänglich schweres Kupfergeld, 1 As = 1
Pfund Kupfer; seit 268 v. Chr. Silbergeld: Sestertius = 2½ As, Denarius
= 10 As; seit 217 v. Chr. Goldmünzen zu 20–100 Sestertien. Nach öfterem
Sinken des Münzfußes war seit 217 v. Chr. der Wert des Sestertius
17½ Pf., des Denarius 70 Pf. unseres Geldes, also 100000 As = 7000
Mark. Gepräge der ältesten Kupfermünzen: Vorderteil eines Schiffes
und Januskopf; Gepräge der späteren Münzen: Kopf der Göttin Roma,
Victoria auf dem Zweigespann. Mit Cäsar beginnt die Sitte, den Kopf des
Herrschers auf die Münzen zu prägen, nach griechischem Vorbilde, s. S.
64.

[21] Cic. de rep. 2, 31, 54: +ne quis magistratus civem Romanum
adversus provocationem necaret neve verberaret.+

[22] +Polybios+ setzt diesen Vertrag schon in das erste Jahr der
Republik (509), doch hat die auf +Livius+ beruhende Angabe mehr
Wahrscheinlichkeit.

[23] Die Inschrift seines noch erhaltenen Sarkophags lautet (in
saturnischem Versmaß): +Cornéliús Lucius Scipiȯ Barbátus || Gnaivód
patre prognátus fórtis vir sapiénsque || quoiús fórma virtutei
parisuma+ (parissima) +fúit || consól censȯr aidilis quei fuit apúd vos
|| Taurásiá Cisaúna Sámnió cépit || subigit omné Loucánam ópsidésque
abdoúcit+.

[24] Stammtafel:

                 P. Cornelius Scipio, †211.
                          |
       ___________________________________
       |                                 |
 P. Cornelius Scipio Africanus    L. Cornelius Scipio
 (maior), †183.                    Asiaticus.
       |
    ____________________________________
    |                                  |
 P. Cornelius Scipio,              Cornelia
 Augur 180.                        Gem. Tib. Sempronius Gracchus,
 Adoptivsohn:                      Consul 177 und 163.
 P. Cornelius Scipio                   |
 Aemilianus Africanus (minor)  ____________________
 Numantinus †129.              |                  |
 Gem. Sempronia.               Tib. Sempronius    C. Sempronius
                               Gracchus †133.    Gracchus †121.

[25] +Civitates foederatae+ waren Messana, Tauromenium, Tarrăco, Gades,
Athen, Sparta, in Italien Neapolis, Rhegium, Heraclea u. a., +civitates
liberae et immunes+ waren Panormus, Segesta, Dyrrhachium, Thessalonike,
Amphipolis, Utica, Hadrumetum. Das Gebiet der zerstörten Städte, wie
Karthago und Korinth, war +ager publicus+.

[26] ~C. Julius Cäsar~, geb. 102 v. Chr., 82 als Schwiegersohn
Cinnas von Sulla geächtet, dann begnadigt, tut Kriegsdienste bei der
Belagerung der aufständischen Stadt +Mytilene+ und in +Cilicien+ unter
P. Servilius, tritt nach Sullas Tode in +Rom+ als Redner vor Gericht
auf, reist 76 nach +Rhodus+, um den Rhetor Molo zu hören (unterwegs
von Seeräubern gefangen, die er später hinrichten läßt), 68 Quästor in
Spanien, 65 Ädil, 63 Pontifex maximus, nachdem das Recht der Komitien,
die Priesterkollegien zu wählen (S. 106), wiederhergestellt war.

[27] ~M. Tullius Cicero~, geb. 106 auf einem Gut bei +Arpinum+, tut
89 Kriegsdienste im marsischen Kriege, hört dann in Rom griechische
Philosophen, tritt 80 als Anwalt des S. +Roscius+ zuerst in einer causa
publica vor Gericht auf, reist 79–77 nach Athen und Rhodus, 75 Quästor
in Sicilien, 70 Ankläger des +C. Verres+, 69 Ädil, 66 Praetor urbanus.

[28] Als Erbe Cäsars nannte sich der erste Alleinherrscher +Imperator
Caesar Augustus divi Iuli filius+.

[29] Der Abt Dionysius in Rom (532), dessen Berechnung durch das
Ansehen der Päpste maßgebend wurde, hat die Regierung des Königs
+Herodes+ (40–4 v. Chr.) unrichtig angesetzt. Herodes starb im Jahre
750 Roms: Christi Geburt ist früher.



~II. Mittlere Geschichte~



~A. Vom Beginn der Völkerwanderung bis zum Vertrage von Verdun.
375–843.~


§ 1. Völkerwanderung.

In den Kulturkreis des Altertums dringen die ~Germanen~ mit frischer
Volkskraft ein, zunächst vieles zerstörend. Bald aber gründen sie neue
Staaten, in welche die antike Kultur aufgenommen wird. Der Schauplatz
der Geschichte erweitert sich über ganz Europa; es scheiden sich
+romanische+ und +germanische+ Staaten; im Osten treten die +Slaven+
hinzu.

~Sitze germanischer Volksstämme um 375 nach Chr.~

+Ostgoten+ im südlichen Rußland, +Westgoten+ in Dacien (+östl.+ Ungarn,
Rumänien), +Vandalen+ in Pannonien (+südwestl.+ Ungarn), +Sueben+ in
Mähren, Böhmen und Bayern, +Burgunder+ am Neckar und Main, +Alamannen+
am Oberrhein, +ripuarische Franken+ zu beiden Seiten des Niederrheins
(bei Köln), +salische Franken+ in Belgien und an den Rheinmündungen,
+Sachsen+ von der Elbe bis fast an den Rhein, +Thüringer+ in
Mitteldeutschland, +Langobarden+ an der untern Elbe, +Friesen+ an der
Nordseeküste.

~Religion und Staatswesen der Germanen~:

Verehrung der Götter auf Bergen oder in heiligen Hainen; keine Tempel
und Götterbilder. +Wodan+ der Himmelsgott, +Donar+ der Donnergott,
+Ziu+ der Kriegsgott. Glaube an ein Fortleben der Helden nach dem Tode
in +Walhalla+.

Keine Städte; die Volksstämme teilen sich nach der Lage der
vereinzelten Wohnstätten in +Gaue+. Unvollkommener Ackerbau, meist den
+Hörigen+ (Unfreien) überlassen. Jagd und Krieg die Hauptbeschäftigung
der +Freien+.

Die +Versammlung der Freien+ entscheidet über Krieg und Frieden
und schwere Rechtsfälle; sie wählt Gauvorsteher (Richter) und für
den Kriegsfall Herzöge, meist aus den +Edlen+, die aber keinen
geschlossenen Stand mit besonderen Vorrechten bilden. Kampflustige
Freie schließen sich als +Gefolge+, zur Treue verpflichtet, an
hervorragende Edle an.

Größere Kriege führen zur Ausbildung des +Königtums+, welches während
der Völkerwanderung bei den meisten germanischen Völkern durchdringt.
Grenzkriege mit den Römern am Rhein und an der Donau; germanische
Heerscharen oft in römischem Solde. Die +Goten+, welche um 180 von der
Weichsel nach der unteren Donau vordringen, sind bis 270 gefährliche
Feinde des römischen Reiches; dann meist friedliches Verhältnis. Eine
Schar christlicher (arianischer) +Westgoten+ unter dem Bischof ~Ulfila~
wird 348 in +Mösien+ angesiedelt; Ulfilas +Bibelübersetzung+ das erste
Schriftwerk in gotischer Sprache; er stirbt 381 in Konstantinopel.

[~375.~]

~Anfang der Völkerwanderung.~

Die ~Hunnen~, ein +mongolisches, nomadisches Reitervolk+, unterwerfen,
nachdem sie etwa 372 die Wolga überschritten und die nichtgermanischen
+Alanen+ besiegt haben, das ~Ostgotenreich~ (am Dnjepr, König
Ermanarich aus dem Geschlechte der Amăler) und stürzen sich dann auf
die ~Westgoten~. Der heidnische Teil der Westgoten unter +Athanarich+
zieht sich nach Siebenbürgen und in die Karpathen zurück, der
christliche unter +Fritigern+ und +Alaviv+ erhält von Kaiser +Valens+
Sitze in Mösien und Thrakien zugesichert. Streitigkeiten mit den
römischen Beamten nach dem Übergang über die Donau führen zum Kampf,
die Goten dringen verwüstend vor.

[378.]

~Schlacht bei Adrianopel.~ +Valens+ besiegt und getötet.

Sein Nachfolger +Theodosius+ schließt Frieden mit den Westgoten, welche
gegen Sold und Wohnsitze in Mösien und Thrakien als +foederati+ die
Grenze des römischen Reiches schützen sollen. Das ~Reich der Hunnen~
breitet sich in den Ländern +nördlich der Donau+ aus.

[395.]

~Alarich~, König der Westgoten, verwüstet, da nach Theodosius’ Tode
+Arcadius+ den Sold nicht zahlt, Makedonien, Illyrien und Griechenland
und dringt bis in die Peloponnes vor. ~Stilicho~, Feldherr des
weströmischen Reiches, kommt dem oströmischen zu Hilfe, schließt die
Westgoten am Gebirge Pholoë in +Arkadien+ ein, läßt sie aber entkommen.
Alarich zieht nach Illyrien, wird vom Kaiser Arcadius zum +Dux+ von
Illyricum orientale ernannt. Das Vordringen der germanischen Völker
richtet sich nun gegen das +west+römische Reich.

[401.]

Alarichs erster ~Einfall in Italien~, Stilicho tritt ihm entgegen.
Schlacht bei +Pollentia+ (402); Alarich kehrt nach Illyrien zurück.

[405.]

Germanische Heerhaufen, namentlich +Ostgoten+ unter +Radagais+, fallen
in Italien ein, werden aber von Stilicho mit Hilfe der rheinischen
Legionen bei +Fäsulä+ besiegt und durch Kampf und Hunger aufgerieben.
Die Rheingrenze seitdem verloren.

[406.]

Heerhaufen von ~Vandalen~, ~Sueben~ und ~Alanen~ ziehen aus den
Donauländern unter hartem Kampf mit den Franken über den Rhein und
brechen dann 409 in ~Spanien~ ein. Die Vandalen besetzen den südlichen
Teil (Andalusien = Vandalicia), die Alanen den Südwesten (Lusitanien),
die Sueben den Nordwesten (Gallaecia).

Um dieselbe Zeit breiten sich die ~salischen Franken~ im nördlichen
Gallien aus; die ~Burgunder~ setzen sich am mittleren Rhein fest,
+Worms+ ihre Hauptstadt.

[408.]

Stilicho gestürzt und auf Befehl des Kaisers Honorius ermordet.
~Alarichs~ zweiter Einfall in Italien, er belagert Rom, zieht aber
gegen Lösegeld ab. Da der kaiserliche Hof zu Ravenna sich weigert,
den Goten Landbesitz in Noricum zu gewähren, rückt +Alarich+ zum
zweiten Male vor Rom (409) und erzwingt vom Senate die Ernennung des
Stadtpräfekten +Attălus+ zum Gegenkaiser. +Alarich+ belagert +Honorius+
vergeblich in +Ravenna+, entzweit sich mit Attalus, setzt ihn ab und
rückt zum dritten Male vor Rom.

[410.]

Einnahme und Plünderung ~Roms~ durch Alarich. Er zieht darauf nach
Unteritalien, um nach Sicilien und von da nach Afrika überzusetzen,
stirbt aber unterwegs (im +Busento+ bei Cosenza begraben).

[410–415.]

~Athaulf~, Alarichs Schwager, führt die Westgoten nach Gallien,
vermutlich infolge eines Übereinkommens mit dem Kaiser Honorius zur
Bekämpfung der dort eingedrungenen Germanen. Er vermählt sich in Narbo
414 mit +Placidia+, Schwester des Honorius, wird aber bald darauf
von dem kaiserlichen Feldherrn +Constantius+ angegriffen, zieht nach
+Spanien+, erobert +Barcelona+, wird dort ermordet. Sein Bruder

[415–419.]

~Wallia~ schließt wiederum Vertrag mit Honorius, sendet Placidia zurück
und kämpft für die Römer gegen Vandalen, Alanen und Sueben. Ihm wird
das südliche +Gallien+ unter römischer Hoheit abgetreten.

[~415–711.~]

~Westgotenreich~ in Südgallien und Spanien, bald von Rom unabhängig.
Hauptstadt +Tolosa+ (Toulouse), später +Toledo+.

[429.]

König +Genserich+ führt die +Vandalen+ aus Spanien nach Afrika hinüber,
herbeigerufen von dem abtrünnigen römischen Statthalter +Bonifatius+,
der nachher vergeblich die Eingedrungenen bekämpft. +Augustinus+,
Bischof von Hippo Regius, † 430 während der Belagerung dieser Stadt
durch die Vandalen. +Karthago+, die Hauptstadt der römischen Provinz,
wird erst 439 von ihnen erobert.

[~429–534.~]

~Vandalenreich~ in Afrika.

Die Vandalen (Arianer) gründen eine Seemacht und beginnen die Küsten
und Inseln des Mittelmeeres zu plündern. Ihre früheren Wohnsitze in
+Spanien+ werden von den Westgoten in Besitz genommen.

[443.]

Die ~Burgunder~, unter ihrem König +Gundahar+, von dem römischen
Feldherrn +Aëtius+ mit Hilfe hunnischer Söldner besiegt, erhalten
Wohnsitze an der oberen Rhone und Saône. Die ~Alamannen~ breiten sich
(an Stelle der Burgunder) über die frühere römische Provinz +Germania
superior+ (Elsaß) und die Schweizer Ebene aus.

[~449.~]

+Britannien+ besetzt von ~Sachsen~, ~Angeln~ und ~Jüten~, die von den
Briten gegen die räuberischen Stämme der nördlichen Gebirge (+Picten+
und +Scoten+) zu Hilfe gerufen werden. Sie setzen (nach der Sage unter
den Führern +Hengist+ und +Horsa+) nach Britannien über und gründen
dort 7 Staaten: +Kent+, +Sussex+, +Wessex+, +Essex+, +Ostangeln+,
+Mercia+, +Northumbria+. Die christlichen +Briten+ werden teils nach
der Westseite der Insel (+Wales+, Sagen von König Artus) gedrängt,
teils siedeln sie nach der Küstenlandschaft +Aremorica+ (Bretagne) in
Gallien über.

[~451.~]

~Attila~ (+Etzel+), König der ~Hunnen~, bricht verheerend in Gallien
ein; in seinem Gefolge auch die Heerscharen der ihm unterworfenen
+germanischen+ Völker, +Ostgoten+, (Attila gotisch = Väterchen)
+Gepiden+, +Heruler+, +Rugier+ u. a. Er belagert vergeblich +Orléans+
(Civitas Aureliani).

[451.]

~Schlacht~ auf den ~Katalaunischen Feldern~ (nach +Catalaunum+, d.
i. +Châlons-sur-Marne+, das Schlachtfeld selbst näher bei +Troyes+).
Attila von dem römischen Heer unter ~Aëtius~ und den +Westgoten+ (mit
Hilfstruppen der +Burgunder+, +Franken+ u. a.) in gewaltigem Kampfe
besiegt, geht über den Rhein zurück.

[452.]

~Attila~ zieht nach ~Italien~, zerstört +Aquileia+, dessen Bewohner in
die Lagunen flüchten (Entstehung der Stadt +Venedig+). Er verwüstet die
Po-Ebene, +bedroht Rom+, kehrt aber um auf Bitten einer Gesandtschaft,
an deren Spitze der römische Papst Leo I. steht.

[453.]

Attila stirbt in Pannonien; nach seinem Tode ~Zerfall des
Hunnenreiches~. Die bisher den Hunnen unterworfenen germanischen
Völker werden frei; die +Gepiden+ begründen ein Reich in Dacien, die
+Ostgoten+ in Pannonien.

Vordringen ~slavischer Völker~ in die von den Germanen verlassenen
Gebiete bis zur +Elbe+.

[455.]

Rom nach Ermordung Valentinians III. 14 Tage lang von den ~Vandalen~
geplündert, welche Eudoxia, die Witwe Valentinians, herbeigerufen haben
soll. Die Vandalen beherrschen die Nordküste Afrikas bis Kyrēne und
die Inseln des westlichen Mittelmeeres.

[~476.~]

~Odovakar~, Anführer von Herŭlern und anderen Germanen in römischem
Solde, wird nach Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Herrscher
in Italien (vgl. S. 138).


Gründung des ~Frankenreiches~ in Gallien.

[486.]

Der Merowinger ~Chlodwig~ (Chlodovech), König der +salischen Franken+
(481–511), besiegt bei ~Soissons~ den römischen Statthalter +Syagrius+
und vernichtet dadurch den letzten Rest des weströmischen Reiches.

[~496.~]

Chlodwig besiegt die ~Alamannen~ im Elsaß (+nicht+ bei Zülpich,
wo früher ein Kampf zwischen Alamannen und ripuarischen Franken
stattgefunden hatte). Chlodwig gelobt in der Schlacht, +Christ+ zu
werden, nimmt mit seinem Volke die +katholische+ Lehre an, wird in
+Reims+ vom Bischof Remigius getauft.

[500.]

Chlodwig besiegt die ~Burgunder~ bei +Dijon+, doch behauptet König
Gundobad seine Herrschaft. Durch List und Gewalt macht Chlodwig sich
zum Alleinherrscher +aller+ Franken, s. unten und S. 145 ff.

[~493–553.~]

~Ostgotenreich~ in Italien.

~Theoderich der Große~, christlicher König der Ostgoten, führt nach
Übereinkunft mit dem oströmischen Kaiser +Zeno+, der ihm den Rang
eines Patricius (S. 138) und Konsuls verlieh, sein Volk aus Pannonien
nach Italien, siegt über Odovakar am Isonzo 489, belagert ihn in
+Ravenna+, läßt ihn 493 nach Einnahme der festen Stadt hinrichten. Er
sorgt in Italien für Erhaltung der römischen Kultur und friedliches
Zusammenleben von Römern und Goten. Seine Regierung für Italien eine
Zeit des Glückes und Wohlstandes. Sein Minister +Cassiodorius+ schreibt
die Geschichte der Goten und verkündet Gesetze in lateinischer Sprache.
Doch bleibt der Zwiespalt zwischen beiden Nationen, da die Goten
+Arianer+ sind. Boëthius und Symmachus 525 hingerichtet wegen geheimer
Verbindungen mit dem oströmischen Kaiser.

Theoderich schließt Frieden mit den +Vandalen+, welche ihre Raubzüge
gegen Italien aufgeben, nimmt die +Alamannen+ und +Westgoten+ gegen die
wachsende Macht des Frankenreiches in Schutz, waltet als Friedenshort
und Völkerhirt unter seinen germanischen (arianischen) Stammverwandten.

[507.]

Chlodwig besiegt die ~Westgoten~ bei +Voullon+ oder +Voullé+ (unweit
Poitiers) und besetzt ihr Land bis zur Garonne: in +Arles+ behaupten
sie sich mit Hilfe der Ostgoten. Theoderich vereinigt die Provence
mit seinem Reiche und übernimmt die vormundschaftliche Regierung
für seinen Enkel +Amalarich+, den Sohn des bei Voullon gefallenen
Westgotenkönigs Alarich II.

[526.]

Theoderich † zu +Ravenna+; sein Grabmal dort erhalten. In den deutschen
Heldenliedern erscheint er als +Dietrich von Bern+ (Verona).

Das +Westgotenreich+ behauptet sich in +Spanien+ (Hauptstadt +Toledo+)
bis 711. Gegen das +Vandalen+reich und das +Ostgoten+reich erhebt sich
die wieder erstarkte Macht des ~oströmischen Kaisertums~.

[534.]

~Belisar~, Feldherr des oströmischen Kaisers Justinian (S. 147),
zerstört das ~Vandalenreich~ in Afrika.

Verfall des Vandalenreichs seit Genserichs Tode (477). Den letzten
König +Gelimer+ nimmt Belisar gefangen.

[535–553.]

Vernichtungskrieg +Justinians+ gegen das ~Ostgotenreich.~

~Veranlassung~: +Amalaswintha+, Tochter Theoderichs d. Gr., 526–534
Regentin für ihren unmündigen Sohn Athalarich, wird nach dessen Tode
ermordet von +Theodahad+, den sie zum Mitregenten angenommen hat.
Kaiser Justinian tritt als ihr Rächer auf.

[535–540.]

~Belisar~ erobert zuerst Sicilien, dann Neapel, bekämpft +Vitigis+, den
die Ostgoten an Stelle Theodahads zum König erwählt haben, erobert Rom
und führt Vitigis als Gefangenen nach Konstantinopel. Während er dann
im Osten des Reichs die +Perser+ bekämpft, erobern die Ostgoten unter
König +Totila+ den größten Teil Italiens wieder.

[544–549.]

Belisar, aufs neue nach Italien gesandt, kämpft mit wechselndem Erfolge
gegen Totila. Nach Belisars zweiter Abberufung wird Rom von Totila
wieder erobert.

[552.]

~Narses~, Belisars Nachfolger, siegt mit germanischen Hilfstruppen
über Totila bei +Tagīnä+ (in Umbrien, nicht weit von Sentinum); Totila
fällt. +Teja+, der letzte Ostgotenkönig, fällt im Verzweiflungskampfe
am +Mons lactarius+ (in der Nähe des Vesuv); die Reste seines Heeres
erhalten freien Abzug.

[553.]

Scharen von +Franken+ und +Alamannen+, welche über die Alpen in Italien
eindringen, werden von +Narses+ zurückgeschlagen, die letzten am
+Volturnus+ vernichtet. Italien wird Provinz des oströmischen Reiches
(+Exarchat+). Narses erster Exarch, sein Sitz in Ravenna.

[~568–774.~]

~Langobardenreich~ in Italien.

~Alboin~, König der seit etwa 500 in Pannonien ansässigen
+Langobarden+, zerstört mit Hilfe der +Avaren+, eines den Hunnen
verwandten, asiatischen Volkes, welches bis zur Donau vorgedrungen
ist, das Reich der +Gepiden+ (566) und führt bald darauf (568) sein
Volk nach +Italien+, vielleicht von Narses, der am byzantinischen Hof
in Ungnade gefallen war, herbeigerufen. +Pavīa+ (Ticīnum), erst nach
dreijähriger Belagerung erobert, wird Hauptstadt seines Reiches. Unter
seinen Nachfolgern werden langobardische Herzogtümer in +Friaul+,
+Spoleto+, +Benevent+ gegründet. Unter oströmischer Herrschaft bleiben
nur +Venedig+, +Ravenna+, +Neapel+, und +Kalabrien+.

Die Bischöfe von ~Rom~ wissen ihrem Gebiete, dem ~Patrimonium Petri~,
die Unabhängigkeit zu sichern (später Berufung auf eine +Schenkung
Konstantins+ in den um die Mitte des 9. Jahrh. entstandenen,
gefälschten pseudo-isidorischen Dekretalen).

[589.]

+Authari+ (Sohn +Klephs+), der 3. König des Langobardenreiches,
vermählt mit Theodelinde, Tochter des +Bayern+herzogs Garibald,
durch deren Einfluß der Übertritt der Langobarden vom +Arianismus+
zur +katholischen Lehre+ bewirkt wird. Gleichzeitig vollzieht sich
dieselbe Umwandlung im spanischen ~Westgotenreich~, welches 585 durch
Unterwerfung des +Suebenreiches+ erweitert ist.

[590–604.]

~Gregor I.~ (der Große), Bischof von Rom, befestigt das Ansehen des
~Papsttums~. (Pápa, d. h. Vater, früher der Name jedes christlichen
Bischofs, bald dem Nachfolger +Petri+ ausschließlich beigelegt.) --
Sendung von Glaubensboten zu den Angelsachsen nach +England+ (597), der
Abt +Augustinus+ begründet das Erzbistum +Canterbury+. -- Ausbreitung
der ~Klöster~; Mönchsregel des h. +Benedikt+ von Nursia, der 529
das Mutterkloster des Benediktiner-Ordens auf dem Monte Cassino in
Kampanien gründete. Nach dem Untergang des weströmischen Reiches ist
die +römische Kirche+ von größter Bedeutung für die Erhaltung und
Fortbildung der aus dem Altertum überlieferten +Kultur+.


§ 2. Frankenreich unter den Merowingern.

(Vgl. S. 143.)

[511.]

Nach Chlodwigs Tode +erste+ Teilung (doch nicht völlige
Gebietstrennung) des Frankenreiches. Seine vier Söhne herrschen
gemeinsam, aber mit gesondertem Hofhalt zu +Metz+, +Orléans+, +Paris+,
+Soissons+.

[531–532.]

Das Reich der ~Thüringer~ wird von Theoderich, dem ältesten der Brüder,
durch den Sieg bei +Scheidungen+, das der ~Burgunder~ von den jüngeren
Söhnen Chlodwigs: +Chlodomer+, +Childebert+, +Chlotar+, erobert.

Der +nördliche+ Teil Thüringens (bis zur +Unstrut+) fällt an die
+Sachsen+ als Bundesgenossen der Franken in dem Kriege; in das
+Main+gebiet, welches ebenfalls zum alten Thüringerreich gehörte,
ziehen fränkische Ansiedler ein (Ost+franken+).

Nach dem Untergang des ostgotischen Reiches Erwerbung der +Provence+
(536); auch die +Bayern+ (entstanden aus Vereinigung der Markomannen
und Quaden (S. 131) mit anderen Volks-Stämmen) schließen sich dem
Frankenreiche an; sie behalten aber ihr heimisches Herzogsgeschlecht,
die Agilolfinger.

[558–561.]

Das Frankenreich wieder vereinigt unter ~Chlotar I.~, Chlodwigs
jüngstem Sohn, der seine Brüder überlebt. Nach seinem Tode +zweite+
Teilung, zuerst in vier, dann in drei Reichsteile: Austrasien,
Neustrien, Burgund. Es folgt eine Zeit der Zerrüttung; +Brunhild+,
eine westgotische Königstochter, veranlaßt ihren Gemahl +Sigibert+ von
Austrasien zum Kriege gegen seinen Bruder +Chilperich+ von Neustrien,
der ihre Schwester verstoßen und sich mit +Fredegunde+ vermählt hat.
Chilperich ermordet 584, darauf Kampf der Adelsparteien.

[613–628.]

Zweite Wiedervereinigung des ganzen Frankenreiches durch ~Chlotar II.~
von Neustrien, Sohn der Fredegunde. Brunhild gefangen, gemartert und zu
Tode geschleift.

~Verfassung des Frankenreiches~: Das Land ist in +Gaue+ (+pagi+)
eingeteilt, deren Vorsteher die vom König ernannten +Grafen+
(+comites+) sind; die Gaue zerfallen in +Hundertschaften+ (+centenae+).
Jede Hundertschaft hat ihre Gerichtsstätte, +Malberg+ genannt, wo unter
Leitung ihres Vorstehers (centenarius) oder des Grafen die Freien
zum Gerichtstag (+Ding+) erscheinen. Das Volksrecht aufgezeichnet
als +lex Salica+ (schon unter Chlodwig) und +lex Ripuaria+; das
Deutsche war Volkssprache, aber nicht Schriftsprache. Altgermanisches
Gerichtsverfahren: Eideshelfer, Zweikampf, Gottesurteile durch
siedendes Wasser oder glühendes Eisen. Totschlag kann durch Wergeld
gesühnt werden. Oberstes Gericht das Hofgericht des Königs.

Stände des Volkes: Freie, Halbfreie oder Hörige (+liti+) und
Unfreie (+Leibeigene+). Die Mitglieder des königlichen Gefolges
(+antrustiones+) haben das dreifache +Wergeld+ der Freien. Freie, die
sich in den Schutz eines Mächtigeren oder des Königs begeben, sind
dessen +Vasallen+. Sie empfangen von ihm Grundbesitz zum Nießbrauch;
daraus entwickelt sich in der karolingischen Zeit das +Lehnswesen+
(+beneficium+ oder +feudum+, das Lehngut, im Gegensatz zum Eigengut,
+allodium+).

Die aus römischer Zeit vorhandenen +Städte+ behalten eine gewisse
Bedeutung als Bischofsitze; die Einwohner sind aber meistens Halbfreie
oder Unfreie. Die zahlreichen +Kirchengüter+ erhalten allmählich
Befreiung von der Gerichtsbarkeit der Grafen (+Immunität+); ein von dem
Bischof oder Abt erwählter Schutzherr (+advocatus+, +Vogt+) übt dann
die Gerichtsbarkeit.

Zum Kriegsdienst sind alle Freien verpflichtet (+Heerbann+); die
Vasallen ziehen unter Führung ihres Beschützers (+senior+) zu Felde,
die übrigen unter Führung des Grafen. In Reichsteilen, die früher
selbständig waren (Aquitanien, Bretagne, Bayern, Thüringen), hat
der +Herzog+ (+dux+) den Oberbefehl über den Heerbann mehrerer
Grafschaften. Bei der jährlichen Heeresmusterung (+Märzfeld+, später
+Maifeld+) versammelt der König die Großen zu Beratungen (+placita+)
und verkündet mit ihrer Zustimmung +Gesetze+.

Die wichtigsten Hofämter sind: Seneschall, Marschall (comes stabuli),
Kämmerer, Mundschenk, Kanzler, Pfalzgraf (+comes palatii+ oder
+palatinus+). Der +Majordomus+, ursprünglich Vorsteher der königlichen
Hofhaltung, gewinnt allmählich die größte Macht als Stellvertreter des
bald hier, bald dort residierenden Königs.

Unter +Chlotar II.+ hat jeder der drei großen Reichsteile einen eigenen
+Majordomus+; unter seinem Sohne +Dagobert+ kommt ~Pippin~ (der Ältere)
zu besonderem Ansehen in Austrasien. Dessen Enkel ~Pippin~ (der
Mittlere) macht sich durch den

[687.]

Sieg bei +Testri+ (unweit St. Quentin) über den Majordomus von
Neustrien zum +Majordomus des ganzen Frankenreiches.+

Sein Sohn ~Karl Martel~ gilt, obgleich er noch nicht den Königstitel
annahm, als Begründer der Dynastie, welche das entartete Haus der
Merowinger verdrängte.


§ 3. Das oströmische Reich.

Nach Attilas Tode (S. 142) Aufhören der Bedrängnis durch die +Hunnen+.
Das wieder erstarkende Reich bewahrt unter despotischen, aber oft
von ihrer Umgebung abhängigen Herrschern noch Jahrhunderte lang die
griechische Kultur.

[~527–565~]

~Justinian I.~ läßt durch seinen Minister +Tribonianus+ aus den
Gesetzen früherer Kaiser und den Schriften früherer Rechtsgelehrter ein
umfassendes Gesetzbuch, ~Corpus iuris civilis~, zusammenstellen. Teile
desselben: 1. +Institutiones+, 2. +Pandectae+ oder +Digesta+, 3. +Codex
Justinianeus+, 4. +Novellae+ später hinzugefügt.

[~532.~]

~Nika-Aufstand~ in Konstantinopel, veranlaßt durch die Parteien der
Rennbahn, die sich mit dem Schlachtruf +Nika+ gegen die Regierung
erheben, aber bald unter sich uneinig werden. Die +Blauen+, von
+Belisars+ Truppen unterstützt, siegen über die +Grünen+. Ein großer
Teil der Stadt durch Brand zerstört, dann schöner wiederhergestellt.
Großartige Prachtbauten, z.B. 25 neue Kirchen, darunter die
+Sophienkirche+.

Kriege gegen die +Germanen+ (s.S. 144); Afrika und Italien für die
oströmische Herrschaft wiedergewonnen. Im Osten Bedrängnis durch die
~Perser~, welche in Syrien eindringen. Blüte des Sassanidenreiches (S.
133) unter König +Kosru I.+, die altpersische +Masda+religion (S. 17)
herrscht dort in neuer Kraft. Die Donaugrenze wird mit Mühe geschützt
gegen Einfälle der +Bulgaren+ und +slavischen+ Stämme; zu deren
Bekämpfung wird das mongolische Volk der +Avaren+ gewonnen, welches
seine Wohnsitze in den Steppen an der Donau und Theiß nimmt, wo früher
die Hunnen hausten.

Unter den folgenden Kaisern Verfall des Reiches. Italien geht
größtenteils verloren (S. 145); +Bulgaren+ und +Serben+ siedeln sich
südlich der Donau an, doch unter Oberhoheit des Reiches.

[627.]

~Heraklios II.~ besiegt die +Perser+ bei den Ruinen von +Ninive,+
verliert aber bald darauf Syrien und Ägypten durch das erobernde
Vordringen der Araber. Der übrige Bestand des Reiches ist gesichert.

[668–675.]

Unter Kaiser +Konstantin IV.+ Abwehr der wiederholten Angriffe der
Araber auf +Konstantinopel+ (das griechische Feuer).

[726.]

+Leo III.+ verbietet nach abermaliger Abwehr der Araber den
+Bilderdienst.+ Dadurch werden langdauernde kirchliche Streitigkeiten
veranlaßt; die Parteien der Bilderdiener und Bilderstürmer
bekämpfen einander, bis die Kaiserin +Irene+ 787 den Bilderdienst
wiederherstellt. Nach ihrem Tode erneuter Streit: +Leo V.,+ siegreich
gegen die Bulgaren, verbietet 815 den Bilderdienst, wird 820 von
Verschwörern ermordet; endlich entscheidet 842 die Kaiserin +Theodora+
zu Gunsten des Bilderdienstes.


§ 4. Mohammed und das Kalifat.

Die ~Arăber~, lange Zeit durch die Natur ihres Landes vom Völkerverkehr
ferngehalten, erheben sich unter der Einwirkung einer neuen +Religion+
aus der Stammverfassung zur Gründung einer Reichsmacht. Diese tritt in
Kampf gegen das christliche Europa.

~Mohammed,~ geb. 571 zu Mekka, aus dem Stamme Kureïsch, lernt auf
Handelsreisen nach Syrien die jüdische und die christliche Religion
kennen, zieht sich öfters in die Einsamkeit zurück, tritt dann
unter seinem Stamme als Prophet auf. Hauptsatz seiner Lehre, des
~Islâm~: Es ist nur ein Gott (Allah), und Mohammed sein Prophet. Die
Gläubigen (+Moslemin+) sind zu Gebeten, Fasten, Almosen, Wallfahrten
verpflichtet; Gerechtigkeit die Haupttugend. Vielweiberei gestattet.
Glaube an Vorherbestimmung (Fatalismus), sinnliche Vorstellungen vom
Fortleben im Paradiese.

[622.]

Mohammeds Flucht (~Hedschra~) von +Mekka+ nach +Medina+ Anfang einer
neuen Zeitrechnung bei den Völkern, die den Islam annehmen.

[630.]

Mohammeds Rückkehr; er reinigt die +Káaba+, das alte Heiligtum in
Mekka, von Götzenbildern. Bald ganz Arabien ihm untertan. Er stirbt
632, sein Grab in Medīna. Seine Nachfolger die ~Kalifen~:

[632–634.]

~Abu Bekr~, Schwiegervater des Propheten. Entstehung des 114 Suren
umfassenden ~Koran~, der später ergänzt wird durch Aufzeichnung
mündlich überlieferter Aussprüche des Propheten (die +Sunna+). Spaltung
der Gläubigen in +Sunniten+, welche diese anerkennen, und +Schiiten+,
welche sie verwerfen und ~Ali~, den Schwiegersohn Mohammeds, als dessen
einzig rechtmäßigen Nachfolger betrachten. (Die Perser z. B. sind
Schiiten, die Türken Sunniten.)

[634–644.]

~Omar~, Begründer der arabischen Herrschaft im Orient: 1. Zerstörung
des +Neupersischen Reiches+ der Sassaniden; der Feldherr Saad zieht 636
als Sieger in Ktesiphon ein.

2. Dem +oströmischen+ Reiche entreißt Omar +Syrien+ und +Palästina+
(Damaskus 635, Jerusalem 637); sein Feldherr Amru erobert +Ägypten+
(Alexandria 641). Gründung der Städte +Kairo+ und +Basra+ (am Schatt
el Arab). Die erobernden Araber nehmen vieles von der persischen und
griechischen Kultur an, machen aber ihre Religion und Sprache zur
herrschenden.

Innere Kriege unter den beiden folgenden Kalifen; +Othman+ wird 656 in
einem Aufstande zu Medina ermordet, +Ali+, Mohammeds Schwiegersohn, 661
durch Verschwörer.

[~661–750.~]

~Die Omaijaden.~

+Muawija+, Urenkel des Omaija, eines Verwandten Mohammeds, gründet
eine +sunnitische+ Dynastie, verlegt die Residenz von Medina nach
~Damaskus~. Seine Feldherrn belagern Konstantinopel vergeblich; in
Kleinasien beginnen langdauernde Kämpfe, da das byzantinische Reich
starken Widerstand leistet. +Nordafrika+ wird von den Arabern gewonnen;
697 zerstören sie Karthago.

[711.]

Der Feldherr +Tarik+ setzt nach +Spanien+ über, herbeigerufen von
Graf Julian, dem Statthalter von Ceuta, gegen den Westgotenkönig
Roderich. Er landet bei dem nach ihm benannten Berge Dschebel al-Tarik
(Gibraltar) und vernichtet durch die siebentägige Schlacht am Guadalete
und Saladofluß bei ~Xeres de la Frontera~ das +Westgotenreich+. Nur ein
kleines christliches Königreich +Asturien+ behauptet sich im Norden der
Halbinsel.

[717.]

Konstantinopel wiederum vergeblich belagert; dagegen wird das
Indusland, Baktrien, Sogdiana dem Islam unterworfen. Im Innern
häufige Kämpfe mit den Anhängern Alis; Entfaltung der Künste und
Wissenschaften, namentlich unter +Welid I.+ (705–715), welcher die
prachtvolle Moschee zu Damaskus baut.

[750.]

Merwan II. wird in der blutigen Schlacht am +Zab+ (Nebenfluß des
Tigris) besiegt von +Abul Abbas+, der das Geschlecht der Omaijaden
ausrottet; nur +Abdurrahman+ entkommt nach +Spanien+ und gründet dort
ein selbständiges Kalifat in Cordova. Hier wie in Granada (Alhambra)
großartige Baudenkmäler aus jener Zeit erhalten.

[~750–1258.~]

~Die Abbassiden.~

Neue Residenz ~Bagdad~; glänzende Regierung +Harun al Raschids+
786–809, von den Dichtern gepriesen. Blüte des Handels, der Architektur
und der Wissenschaften (Philosophie, Mathematik, Geographie,
Naturforschung, Medizin) unter seinem Sohne +Mamun+ 813–833. Bagdad,
Damaskus, Mekka, Kairo Mittelpunkte der arabischen Kultur. Die
Nachfolger haben mit Aufständen zu kämpfen.


§ 5. Frankenreich unter den Karolingern.

~Karl Martel~ (der Hammer, Majordomus 714–741) unterwirft die
unbotmäßigen Großen des Reiches, bekämpft die +Friesen+ und +Sachsen+,
sichert das Frankenreich gegen die vordringenden +Araber+ durch die
siebentägige

[732.]

Schlacht ~zwischen Tours und Poitiers.~

Er regiert seit 737 ohne König, seine beiden Söhne +Karlmann+ und
+Pippin+ setzen 743 wieder einen König (Childerich III.) ein. Karlmann
tritt 747 von der Regierung zurück.

[~751–768.~]

~Pippin, König der Franken,~

nachdem Childerich III. unter Zustimmung des Papstes Zacharias durch
die zu +Soissons+ versammelten fränkischen Großen abgesetzt und in ein
Kloster geschickt ist. Pippin wird auf den Schild erhoben, dann von den
Bischöfen gesalbt. 753 Kriegszug gegen die +Sachsen+.

[754.]

Papst Stephan II., der als Schutzflehender erscheint, wiederholt zu
St. Denys (bei Paris) die Salbung an Pippin und seinen Söhnen. Pippin
zieht darauf nach +Italien+ und drängt den Langobardenkönig +Aistulf+
zurück, welcher +Rom+ seinem Reiche einverleiben will. Pippin bestätigt
den Papst in dem Besitz des Ducats von Rom (Kirchenstaat, S. 145)
und erweitert ihn durch Schenkung des +Exarchats Ravenna+ und der
+Pentapolis+ (Gebiet von +Ancona+ und +Rimini+). Er beansprucht für
sich und erhält vom Papst den Titel +Patricius+ von Rom (S. 138, 143).

[719–754.]

~Bonifatius~, der Apostel der Deutschen.

Im inneren Deutschland hatten in der Merowingerzeit ~irische~ und
~fränkische~ Missionare, gestützt auf die aus römischer Zeit her
bestehenden Bistümer in Basel, Konstanz, Straßburg, Augsburg, Mainz,
Trier, Köln, an mehreren Orten Kirchen und Klöster gegründet: +Columba+
und +Gallus+ um 610 bei den Alamannen am Bodensee (Kloster St. Gallen),
+Pirmin+ (Kloster Reichenau), +Emmeram+ in Regensburg, +Kilian+ in
Würzburg, +Rupert+ in Salzburg u. a.

~Bonifatius~ (sein ursprünglicher Name +Winfried+), ein ~Angelsachse~
aus Wessex, erhält 719 in Rom von Papst Gregor II. den Auftrag, in den
noch heidnischen Gegenden Deutschlands das Christentum zu verkündigen.
Er predigt zuerst in Gemeinschaft mit seinem Landsmann +Wilibrord+,
dem Bischof von Utrecht, in +Friesland+, wendet sich dann nach
Ostfranken, Thüringen, Hessen, Bayern. Bei Geismar in Hessen fällt
er die Wodanseiche. Seit 722 Bischof, 732 Erzbischof ohne bestimmten
Bischofsitz, bringt er alle neu gegründeten Bistümer (Salzburg,
Regensburg, Freising, Passau, Würzburg, Eichstätt, Erfurt, letzteres
bald zu Mainz gezogen) und Klöster (Fritzlar, Fulda, Ohrdruf) in
strenge Abhängigkeit vom römischen Stuhle. Auch im westlichen Teile
des Frankenreichs ordnet er die verfallenen kirchlichen Einrichtungen
wieder. Er wird 748 ~Erzbischof von Mainz~, 755 bei einer letzten
Missionsreise von den heidnischen Friesen bei Dokkum erschlagen;
begraben in +Fulda+.

[~768–814.~]

~Karl der Große~,

anfangs gemeinschaftlich mit seinem Bruder +Karlmann+ regierend,
nach dessen Tode 771 Alleinherrscher. Karlmanns Söhne fliehen zu
+Desiderius+, dem König der Langobarden, dessen Tochter Desiderata
Karl geheiratet, dann verstoßen hatte. Zur Sicherung der Reichsgrenze
beginnt Karl die langwierigen ~Sachsenkriege~; durch die Unterwerfung
der noch heidnischen +Sachsen+ (geteilt in Westfalen, Engern,
Ostfalen, Nordalbinger) wird die Einigung der deutschen Volksstämme im
Frankenreiche vollendet.

[772.]

~Erster Sachsenkrieg.~ Maifeld zu +Worms+, von da aus Zug gegen
die +Engern+. Eroberung der +Eresburg+ (Stadtberge an der Diemel),
Zerstörung der +Irminsul+, eines heiligen Denkmals.

[773–774.]

Zug nach +Italien+; ~Zerstörung des Langobardenreiches~.

Da Papst Hadrian I. sich weigert, Karlmanns Söhne zu Königen der
Franken zu krönen, besetzt Desiderius die +Pentapolis+ und bedroht
Rom. Karl als +Patricius+ von Rom kommt dem Papst zu Hilfe. Einnahme
von +Pavīa+ nach langwieriger Belagerung; Desiderius in ein Kloster
gebracht. Karl krönt sich mit der eisernen Krone der Langobarden
und wird König von +Italien+ (Langobardenreich, also Nord- und
Mittel-Italien; Süd-Italien bleibt teils im Besitz der Byzantiner,
teils selbständig unter dem Herzog von Benevent). Karl bestätigt dem
Papst die Schenkung seines Vaters.

[775–777.]

Fortsetzung des ~Sachsenkrieges~: 775 Zug von Düren aus nach
+Westfalen+, Eroberung der +Sigiburg+ (Hohensyburg am Einfluß der Lenne
in die Ruhr). 776 von Worms aus Wiederherstellung der von den Sachsen
zerstörten +Eresburg+ und Zug bis zur Lippe, 777 Maifeld in +Paderborn+.

[778.]

Zug nach +Spanien+, veranlaßt durch ein Hilfsgesuch des Emirs von
Saragossa gegen den Kalifen von Cordŏva. Pamplona erobert, Saragossa
belagert. Beim Rückzuge überfallen die Basken im Tal +Roncesvalles+ die
Nachhut des Heeres. Tod des in der Sage gefeierten Helden +Roland+.
Infolgedessen die spanischen Eroberungen verloren.

Inzwischen neue Erhebung der ~Sachsen~ unter +Widukind+. Karl siegt
779 bei +Bocholt+ an der Aa (nördlich von Wesel), zieht 780 von der
Eresburg aus nach Lippspringe und von da bis zur Elbe. Die Sachsen
unterwerfen sich, Einführung des Christentums.

[781.]

Zug nach +Italien+, Zusammenkunft mit dem Papste in Rom.

[782.]

Abermals Aufstand der ~Sachsen~ unter +Widukind+. Sie vernichten ein
fränkisches Heer, welches mit ihnen zusammen die wendischen +Sorben+
bekämpfen soll, am Berge +Süntel+. Deshalb Strafgericht zu +Verden+
an der Aller, 4500 Sachsen getötet. 783 infolge dieser Bluttat neuer,
furchtbarer Aufstand. Karl siegt erst bei +Detmold+, dann an der
+Hase+, dringt bis zur +Elbe+ verwüstend vor. 785 unterwirft sich
Widukind und wird Christ.

Einführung der fränkischen +Grafschafts+verfassung in Sachsen. Anfänge
des städtischen Lebens knüpfen sich an die nach und nach gegründeten
+Bischofsitze+: Bremen, Münster, Paderborn, später Osnabrück, Verden,
Minden; unter Ludwig dem Frommen Hildesheim und Halberstadt.

[787.]

Zug nach +Italien+; Herzog Arichis von Benevent unterwirft sich.

[788.]

Aufhebung des Herzogtums +Bayern+ nach zweimaliger Auflehnung des
Herzogs +Tassilo+; dieser wird in ein Kloster geschickt.

[789.]

Krieg gegen die ~Slaven~ (Wenden); Karl zieht von Köln aus durch
Sachsen, überschreitet die Elbe, besiegt den Stamm der Wilzen, dringt
bis zur +Peene+ vor.

[791.]

Krieg gegen die ~Avaren~ (S. 148), welche Tassilo unterstützt hatten;
Zug von Regensburg aus bis zur Raab.

[794.]

Karl und sein gleichnamiger ältester Sohn unterdrücken einen neuen
Aufstand der ~Sachsen~, mit zwei getrennten Heeren eindringend. Fernere
Züge 795–799, viele Sachsen hinweggeführt und in fränkischem Gebiet
angesiedelt.

[795.]

Karls Sohn Ludwig bekämpft die Mauren, gründet bis 811 die +spanische+
Mark (Barcelona 801 erobert).

[796.]

Karls Sohn Pippin erstürmt den Königsring (Hauptlager) der +Avaren+
zwischen Donau und Theiß. Das Land zwischen +Enns+ und +Raab+ wird als
Avarische Mark mit deutschen Ansiedlern besetzt, +Salzburg+ 798 zum
Erzbistum erhoben, ebenso um dieselbe Zeit +Köln.+

[~800.~ 25. Dezbr.]

~Karl erneuert das weströmische Kaisertum.~

Papst Leo III., von Verwandten seines Vorgängers Hadrian bei einem
Aufstande mißhandelt und verjagt, sucht Schutz bei Karl im Lager
zu Paderborn (799). Karl läßt ihn mit bewaffnetem Geleit nach Rom
zurückführen, begibt sich zunächst nach +Aachen+, dann nach der
+Nordseeküste+, um eine Flotte und befestigte Küstenplätze einzurichten
zur Abwehr der seeräuberischen +Normannen+, zieht dann nach Italien
und wird am Weihnachtsfest 800 in der Peterskirche zu +Rom+ vom Papste
als römischer Kaiser gekrönt. Gesandte des Kalifen +Harun al Raschid+
begrüßen ihn 801 in Ivrea, Gesandte des oströmischen Reiches 802 in
Aachen.

[804.]

Letzter Feldzug gegen die ~Sachsen~; Karl zieht von Aachen aus nach
Lippspringe, hält dort das Maifeld ab, dringt dann bis zur unteren Elbe
(bei Harburg) vor.

[806.]

Karl der Jüngere besiegt den slavischen Stamm der ~Sorben~ (zwischen
Elbe und Saale); Grenzfesten werden bei Magdeburg und Halle angelegt.
+Sorbische Mark+ gegründet.

[808.]

Karl der Jüngere bekämpft jenseits der Elbe die ~Dänen~; ihr König
+Götrik+ befestigt das +Danewerk+ (westlich von Schleswig) zum Schutz
seiner Grenze, wird 810, als der Kaiser selbst gegen ihn zieht, von
seinen Untertanen ermordet. 811 Friede mit seinem Nachfolger Hemming an
der +Eider+. Bei diesen Expeditionen werden +Hamburg+ und +Itzehoe+ und
nördlich von der Eider die +Dänische Mark+ angelegt.

[811.]

Maifeld zu +Aachen+; dann besichtigt der Kaiser die in +Boulogne+ zur
Abwehr der ~Normannen~ gerüstete Flotte.

[813.]

Nach dem Tode der beiden älteren Söhne Karl und Pippin krönt Karl
zu +Aachen+ seinen jüngsten Sohn +Ludwig+ als Nachfolger. Er stirbt
daselbst, 72 Jahre alt, am 28. Januar 814. Sein Grab in dem von ihm
dort erbauten Münster.

Grenzen des Frankenreiches: Ebro -- Raab, Eider -- Garigliano.
Grenzmarken: die spanische und bretonische (S. 142) im Westen,
die avarische und sorbische im Osten, die sächsische und dänische
im Norden. Während seiner ganzen Regierung sorgt Karl d. Gr. für
+Gesetzgebung+ und +Verwaltung+. Aufzeichnung der noch ungeschriebenen
Volksrechte (lex Saxonum); die in den verschiedenen Reichsteilen
geltenden älteren Volksrechte der Franken, Westgoten, Burgunder,
Alamannen, Bayern, Langobarden werden ergänzt durch die +Capitularia+,
die bei den Versammlungen der geistlichen und weltlichen Großen
(+Placita, Conventus generales+) verkündet werden. Aufsicht über die
von den Bischöfen, Gaugrafen und Markgrafen (marchiones) geführte
Verwaltung durch die +Königsboten+ (missi regis, missi dominici);
die Herzogswürde ist abgeschafft. Bei wachsender Ausbildung des
+Lehnswesens+ ruht doch die Hauptkraft des Heeres noch auf dem
+Heerbann+ der +Freien+; die ärmeren Freien werden geschützt gegen die
Versuche der Großen, sie gewaltsam zu abhängigen Lehnsträgern zu machen.

Zur Förderung der Bildung im Frankenreiche werden ausländische
Geistliche berufen, besonders der Angelsachse +Alcuin,+ Abt von
Tours. +Hofschule+ zur Ausbildung tüchtiger Beamten; zahlreiche
+Klosterschulen+ (Fulda, St. Gallen). Paul, Warnefrieds Sohn (+Paulus
Diacŏnus+) Geschichtschreiber der Langobarden; der Franke +Einhard+,
Verfasser der +Vita Carŏli imperatoris+. Karl d. Gr. selbst bemüht sich
um die Grammatik der deutschen Sprache, gibt den Monaten und den Winden
deutsche Namen, läßt die alten Heldenlieder sammeln. Sorge für den
Landbau (Capitulare de villis). Anlage eines Kanals von der Donau zum
Main, 793 in Regensburg angeordnet, aber nicht vollendet. Residenzen
des Herrschers die +Pfalzen+ (palatia) zu Aachen, Ingelheim, Worms,
Nimwegen, Heristal, Diedenhofen, Attigny u. a.

[~814–840.~]

~Ludwig der Fromme.~ Die Reichsverwaltung wird zunächst in der von
Karl d. Gr. begründeten Weise weitergeführt, doch wird der Einfluß der
Geistlichen überwiegend. Ludwig läßt sich 816 in +Reims+ nochmals vom
+Papste+ Stephan IV. krönen; sein ältester Sohn +Lothar+, schon 817 zum
Mitregenten ernannt, übernimmt die Verwaltung +Italiens+ und wird 823
in Rom zum +Kaiser+ gekrönt.

[826.]

Taufe des Dänenkönigs Harald zu +Mainz+; der Mönch +Ansgar+ von Corvey
predigt das Christentum in Dänemark, dann auch in Schweden.

[830.]

Empörung der drei älteren Söhne, Lothar, Pippin und Ludwig, als der
Kaiser die früher beschlossene Reichsteilung abändert zu Gunsten
des jüngsten Sohnes Karl (aus zweiter Ehe mit Judith, die aus dem
alamannischen Geschlecht der +Welfen+ stammte). Eine Reichsversammlung
zu +Nimwegen+ setzt den Kaiser wieder in volle Macht ein.

[831.]

Gründung des Erzbistums +Hamburg+; Ansgar erster Erzbischof.

[833.]

Zweite Empörung der Söhne. Der Kaiser, auf dem +Lügenfelde+ bei Colmar
im Elsaß von seinem Heere verlassen, wird gefangen und von Lothar zu
öffentlicher Kirchenbuße in +Soissons+ genötigt, bald aber von Ludwig
und Pippin befreit und wieder auf den Thron gesetzt.

[838.]

Pippin †, Ludwig erhebt sich gegen den Vater, der jetzt an Lothar eine
Stütze findet.

[840.]

Ludwig der Fromme † auf einer Rheininsel bei Ingelheim; der Zwist der
Söhne dauert fort.

[841.]

Schlacht bei +Fontenay+ (unweit Auxerre an der Yonne); Ludwig und Karl
siegen über Lothar.

Sie befestigen ihr Bündnis 842 durch die Eide zu +Straßburg,+ in
welchen die Scheidung der deutschen und französischen Sprache im
Frankenreiche deutlich hervortritt.

[~843.~]

~Vertrag zu Verdun~, Teilung des Reiches.

Kaiser ~Lothar~ erhält +Italien+ und +Mittelfranken+, begrenzt östlich
vom Rhein, westlich von Rhone, Saône, Maas und Schelde, mit den
Hauptstädten +Rom+ und +Aachen+;

~Ludwig der Deutsche~ erhält +Ostfranken+, das rechtsrheinische Land,
dazu auf dem linken Rheinufer die Gaue von Mainz, Worms, Speier
(propter vini copiam).

~Karl der Kahle~ erhält +Westfranken+ (Neustrien, Aquitanien, Burgund).

In Ludwigs Reich überwiegt die +germanische+, in Karls Reich die
+romanische+ Bevölkerung. So entwickeln sich fortan +Deutschland+ und
+Frankreich+ als nationale Staaten. Die Ostfranken nennen ihre Sprache
im Gegensatz zu der römischen Sprache der gelehrten Geistlichkeit
die +deutsche+, d. h. die volkstümliche; allmählich werden die
deutschredenden Stämme als +Deutsche+ vereinigt.



~B. Vom Vertrage zu Verdun bis zum Beginn der Kreuzzüge. 843–1096.~


§ 1. Italien und Deutschland.

[~843–875.~]

~Karolinger[30] in Italien.~

+Lothar+ regiert bis 855, nach ihm sein ältester Sohn +Ludwig II.+
als Kaiser bis 875; er herrscht über Italien; von den beiden jüngeren
Söhnen erhält Lothar II. das Gebiet von der Nordsee bis zur Rhone
und Saône (Lothari regnum, +Lothringen+), Karl den südlichen Teil.
Die nordafrikanischen ~Araber~ (Sarazenen), seit 827 im Besitze
+Siciliens+, beunruhigen durch Seezüge die Küsten Italiens. Rom
gesichert durch die aurelianische Mauer (S. 134); Papst +Leo IV.+ läßt
auch den Stadtteil auf dem rechten Tiberufer (Peterskirche und Vatikan)
ummauern.

Papst +Nikolaus I.+ (858–867), gestützt auf die +pseudo-isidorischen
Dekretalen+ (S. 145) (Bischof Isidor von Sevilla, um 600, hatte zuerst
päpstliche Entscheidungen gesammelt), bringt die päpstliche Macht
gegenüber den Bischöfen und den karolingischen Herrschern zu hohem
Ansehen, kann aber die durch dogmatische Streitigkeiten veranlaßte
Loslösung der +griechisch-katholischen Kirche+ von der Oberhoheit Roms
nicht verhindern. Der Patriarch +Photius+ in Konstantinopel tritt 863
dem päpstlichen Bann entgegen; völlige Trennung der beiden Kirchen erst
1054.

Die Slavenapostel +Methodius+ und +Cyrillus+, 863 aus Thessalonich
nach +Mähren+ berufen, erkennen Roms Oberhoheit an; von Mähren aus
verbreitet sich das Christentum um 900 nach +Böhmen+ und +Polen+.

[875.]

+Karl der Kahle+ von Frankreich gewinnt in Rom die Kaiserkrone, † 877
+(Karl II.).+

[~843–911.~]

~Karolinger in Deutschland.~

[~843–876.~]

~Ludwig der Deutsche~ führt Grenzkriege gegen die +Slaven+ (Abodriten
in Mecklenburg, Sorben, Czechen), setzt in Mähren den Herzog Rastislav
ein.

[845.]

+Hamburg+ zerstört von den +Normannen+, die schon mehrmals die
friesische Küste heimgesucht hatten; das Erzbistum wird nach +Bremen+
verlegt. Die ferneren Raubzüge der Normannen richten sich gegen das
westfränkische Reich.

[870.]

~Vertrag zu Mersen~ (an der Maas) mit Karl dem Kahlen; nach dem
Tode der beiden jüngeren Söhne Lothars I. wird deren Erbe zwischen
Deutschland und Frankreich geteilt. Der germanische Teil (Friesland,
Lothringen, Elsaß) kommt an Deutschland, der romanische (Flandern,
Brabant, Verdun, Burgund, Provence) an Frankreich.

[874.]

Swatopluk, Fürst von Mähren, zur Huldigung genötigt.

[~876–887.~]

~Karl der Dicke~ regiert zuerst gemeinsam mit seinen älteren Brüdern
Karlmann und Ludwig. Letzterer weist durch den Sieg bei +Andernach+
am Rhein 876 Karls des Kahlen Ansprüche auf Lothringen zurück. Karl
zieht 879 und 881 nach Italien, erlangt 881 in Rom die Kaiserkrone
(+Karl III.+) wird 884 auch in Westfranken zum König gewählt. So
vereinigt er noch einmal ~Karls des Großen Monarchie~ mit Ausnahme von
+Niederburgund+ (Rhônegebiet), wo 879 Boso von Vienne, Schwiegersohn
Kaiser Ludwigs II., zum König erwählt war (Hauptstadt +Arles+, daher
der Name Arelatisches Reich). Aber er verliert bald sein Ansehen,
weil er den +Paris+ belagernden +Normannen+ ein Lösegeld von 7000
Pfund Silber bewilligt und Burgund verpfändet; er wird von den zu
+Tribur+ (südöstlich von Mainz auf dem rechten Rheinufer) versammelten
Fürsten des ostfränkischen Reiches abgesetzt und stirbt bald
darauf. +Hochburgund+ (Westschweiz und Franche-Comté) wird 888 ein
selbständiges Reich unter dem Welfen Rudolf.

[~887–899.~]

~Arnulf von Kärnten,~ Sohn Karlmanns, schlägt die Normannen bei +Löwen+
an der +Dyle+ 891 und kämpft im Bunde mit dem finnischen Reitervolke
der ~Magyaren~ (Ungarn), das vom Ural her in die früheren Wohnsitze
der Avaren eingedrungen ist, gegen +Swatopluk+ von +Mähren+, dessen
slavisches Reich nach seinem Tode (894) zerfällt. Arnulf zieht zweimal
nach Italien, wird 896 in Rom zum Kaiser gekrönt, stirbt aber, ehe er
sein Reich befestigen kann. Ihm folgt sein sechsjähriger Sohn

[~899–911.~]

~Ludwig das Kind~ unter Leitung des Erzbischofs +Hatto+ von Mainz.
Furchtbare Verheerung Deutschlands durch die Raubzüge der +Magyaren+;
wiederholt durchziehen sie Bayern (907 Herzog Luitpold, Stammvater der
+Wittelsbacher+ samt seinem Heer vernichtet), Thüringen und Sachsen.
Zugleich innere Fehden: Graf Adalbert von +Babenberg+ kämpft gegen die
in Franken und Hessen begüterten +Konradiner+; er wird besiegt und vor
seiner Burg hingerichtet.

In verschiedenen Reichsteilen erhebt sich wieder das durch Karl
den Großen beseitigte +Stammesherzogtum+; es bilden sich die
Stammherzogtümer ~Sachsen, Franken, Bayern, Schwaben, Lothringen~.
Nach Ludwigs Tode lehnt der greise +Otto der Erlauchte+, Herzog von
Sachsen, die Königskrone ab und lenkt die Wahl der Großen auf den mit
den Karolingern nahe verwandten Konradiner

[~911–918.~]

~Konrad I. von Franken~. Einfälle der Dänen, Slaven und Magyaren.
Konrad kämpft vergeblich um die Anerkennung der Königsgewalt,
namentlich gegen +Heinrich+, Ottos des Erlauchten Sohn, seit 912 Herzog
von Sachsen. +Lothringen+ wendet sich dem westfränkischen Reiche zu,
+Elsaß+ bleibt mit Schwaben verbunden.

In ~Italien~, welches von Raubzügen der Magyaren und der Araber
heimgesucht wird, hat nach Arnulfs Tode +Berengar von Friaul+ ein
Königtum begründet, er erlangt 915 auch die Kaiserwürde. Gegen ihn
tritt 922 +Rudolf II.+ von Hochburgund auf, gegen diesen +Hugo+ von
Niederburgund. Rudolf II. schließt 933 Vertrag mit Hugo, der zum König
von Italien gekrönt, auf Niederburgund verzichtet; vereinigtes ~Reich
Burgund~ (Hauptstadt Arles) 933–1033. Dagegen gewinnt das italische
Königtum keinen festen Bestand; Hugo wird 945 von +Berengar von Ivrea+
vertrieben; Hugos Sohn Lothar, mit Rudolfs II. Tochter +Adelheid+
(deren zweiter Gemahl Otto der Große) vermählt, sucht nach dem Tode
seines Schwiegervaters vergebens dessen Reich wiederzugewinnen, † 950.
Das +Papsttum+ ist in dieser Zeit in tiefem Verfall, abhängig von
streitenden römischen Adelsparteien.

[~919–1024.~]

~Sächsische Könige und Kaiser.~

            Heinrich I. †936.
 ________________|_________________________________________
 Thankmar   ~Otto I.~ †973  Heinrich,               Brun,
  †938.        |            Herzog v. Bayern †955.  Erzb. v.
 ______________|_________  ________|___________     Köln.
   Lindolf  ~Otto II.~ †983.   Heinrich d. Zänker,
    †957       |                Herzog v. Bayern †995.
             __|__                   __|__
     ~Otto III.~          ~Heinrich II.~ †1024.
      †1002.

Auf Wunsch des sterbenden Konrad und auf Betreiben +Eberhards+, seines
Bruders, wird zu +Fritzlar+ an der +Eder+ von den +Franken+ und
+Sachsen+ erwählt

[~919–936.~]

~Heinrich I., der Begründer des Deutschen Reiches.~

Er nötigt durch Kriegszüge die Herzöge Burkhard von +Schwaben+ und
Arnulf von +Bayern+ zur Anerkennung seiner Oberhoheit, schließt 924
mit den +Magyaren+ (Ungarn) einen 9jährigen Waffenstillstand, welcher
gegen Tribut +Sachsen+ und +Thüringen+ sicher stellt, bringt 925 durch
einen Kriegszug über den Rhein +Lothringen+ wieder zum Reiche; Herzog
+Giselbert+ wird sein Schwiegersohn.

In +Sachsen+ sorgt er für Befestigung älterer Ortschaften (Merseburg,
Goslar) und Anlage neuer Burgen (Quedlinburg); die Sachsen gewöhnen
sich allmählich an +städtisches+ Leben und an +Reiter+dienst im Kriege.

[928.]

Glückliche Kämpfe gegen die +Wenden+; Brennabor, Stadt der Heveller, im
Winter erobert; im Lande der Daleminzier die Feste +Meißen+ gegründet.

[929.]

Zug nach +Prag+, Herzog Wenzel von +Böhmen+ zur Huldigung genötigt.
Währenddessen Aufstand der nördlichen Wenden; sie werden von den
sächsischen Grafen Bernhard und Thietmar bei +Lenzen+ (unweit Dömitz an
der Elbe) geschlagen.

[932.]

Unterwerfung der Wenden in der +Lausitz+.

[933.]

~Sieg~ Heinrichs über die ~Ungarn~ an der Unstrut (bei Riade); Sachsen
fortan vor ihnen gesichert.

[934.]

Zug gegen die +Dänen+ unter König Gorm; Wiederherstellung der Grenzmark
zwischen Eider und Schlei, später Mark +Schleswig+ genannt.

[936.]

Heinrich † zu +Memleben+ an der Unstrut, begraben in dem von
ihm gegründeten Münster zu Quedlinburg. Ihm folgt sein mit der
angelsächsischen Königstochter +Editha+ vermählter Sohn

[~936–973.~]

~Otto I., der Grosse.~ Krönung in +Aachen+ durch den Erzbischof
von Mainz; die Herzöge verwalten dabei die Hofämter: Giselbert von
Lothringen +Kämmerer+, Eberhard von Franken +Truchseß+, Hermann von
Schwaben +Mundschenk+, Arnulf von Bayern +Marschall+. Otto, erst 24
Jahre alt, sucht die Selbständigkeit der Herzöge zu beschränken.

[937.]

Einfall der Ungarn in +Franken+; von Otto zurückgeschlagen ziehen sie
nach Westen, verheeren große Strecken von Frankreich und Burgund,
dringen auch in Italien ein.

[938.]

Aufstand des zu einer Strafe verurteilten Frankenherzogs +Eberhard+
in Gemeinschaft mit Ottos Halbbruder +Thankmar+, der in der Eresburg
getötet wird. Eberhard unterwirft sich und erhält Verzeihung; Otto
schlägt einen Einfall der Ungarn in +Sachsen+ zurück und zieht dann
nach Bayern gegen die Söhne des Herzogs Arnulf († 937), die ihm
Huldigung verweigern; er setzt Arnulfs Bruder Berthold als Herzog,
einen der Söhne als +Pfalzgrafen+ in Bayern ein zur Ausübung der
höchsten Gerichtsbarkeit und Aufsicht über die königlichen Besitzungen
und Einkünfte im Lande.

[939.]

Abermaliger Aufstand +Eberhards+ in Gemeinschaft mit Ottos jüngerem
Bruder +Heinrich+ und dessen Schwager Herzog +Giselbert+ von
Lothringen. Eberhard fällt im Kampfe bei +Andernach+, Giselbert
ertrinkt auf der Flucht im Rhein; Heinrich entkommt nach Frankreich,
kehrt aber bald zurück und erhält Verzeihung.

[940.]

König Ludwig IV. von ~Frankreich~, mit Giselberts Witwe vermählt,
versucht +Lothringen+ an sich zu reißen. Otto dringt mit Heeresmacht
in Frankreich ein bis zur Seine, sichert Lothringen dem deutschen
Reiche. Er gibt dieses Herzogtum 944 an +Konrad den Roten+ (Ahnherrn
des fränkisch-salischen Königshauses), der sein Schwiegersohn wird.
Zum Herzog von Bayern ernennt er nach Bertholds Tode 947 seinen Bruder
+Heinrich+, zum Herzog von Schwaben 950 seinen Sohn +Liudolf+; Franken
und Sachsen behält er selbst.

+Hermann Billung+, Markgraf gegen die nördlichen Wenden und Dänen,
erhält später die Herzogsgewalt in Sachsen. Die Mark an der mittleren
Elbe verwaltet Markgraf +Gero+, unter dessen Schutze im Wendenlande die
Bistümer +Havelberg+ und +Brandenburg+ gegründet werden.

[946.]

Zweiter Zug Ottos nach +Frankreich+ bis Rouen, diesmal zur
Unterstützung König +Ludwigs IV.+, besonders gegen +Hugo+, den Herzog
von Francien (beide seine Schwäger).

Die bedeutende Machtstellung, welche Otto errungen hat, legt es dem
tatkräftigen Herrscher nahe, nun auch in die zerrütteten Verhältnisse
~Italiens~ einzugreifen.

[951.]

Erster Zug nach +Italien+ (über den Brennerpaß) gegen Berengar von
Ivrea (S. 158). Otto befreit und heiratet (in zweiter Ehe) die
burgundische Königstochter ~Adelheid~ (s. S. 158). Er empfängt in
+Pavia+ die Huldigung der italischen Großen, Berengar unterwirft sich
ihm als Vasall.

[953.]

+Liudolf+ von Schwaben und sein Schwager +Konrad+ von Lothringen
empören sich gegen den König und verbinden

[954.]

sich mit den +Ungarn+, die durch Bayern und Franken bis nach Lothringen
streifen. Sie werden nach hartem Kampfe besiegt und verlieren ihre
Herzogtümer, sind fortan dem Könige getreu.

[~955.~ 10. Aug.]

~Sieg Ottos über die Ungarn auf dem Lechfelde bei Augsburg.~ Konrad,
für den König kämpfend, fällt in der Schlacht. Die bayrische
+Ostmark+ (aus der später das Herzogtum +Österreich+ hervorgeht) wird
wiederhergestellt. Das Herzogtum +Bayern+ geht nach dem Tode Heinrichs
955 auf dessen Sohn über (Heinrich der Zänker), in +Schwaben+ regiert
Heinrichs Schwiegersohn Burkhard; +Lothringen +verwaltet Ottos jüngster
Bruder, Erzbischof Brun von Köln. Ottos Sohn Wilhelm ist Erzbischof
von +Mainz+. So suchte Otto das Reich zu festigen, indem er die
Herzogtümer seinen Verwandten gab. Zur Beaufsichtigung und Beschränkung
der herzoglichen Gewalt setzte er überall Pfalzgrafen ein, die das
Königsgut verwalteten.

[Okt.]

Zug Ottos gegen die +Wenden+, Sieg an der +Recknitz+ (in Mecklenburg)
im Verein mit Markgraf Gero.

[957.]

+Liudolf zieht+ im Auftrage des Vaters nach Italien gegen +Berengar+,
besiegt ihn, stirbt aber vor der Rückkehr.

[961–965.]

Zweiter Zug Ottos nach Italien, da Papst Johann XII. um Hilfe gegen
Berengar bittet.

[~962.~ 2. Febr.]

~Kaiserkrönung Ottos I. in Rom.~ Während Kaiser Otto in der Lombardei
gegen Berengar kämpft, versucht Papst Johann XII. sich der kaiserlichen
Schutzherrschaft zu entziehen. Otto kehrt mit Heeresmacht nach Rom
zurück (Nov. 963); der Papst entflieht und wird abgesetzt. Otto
zieht wieder nach Oberitalien; Berengar unterwirft sich und wird als
Gefangener nach Bayern gesandt, stirbt 966 in Bamberg. Inzwischen wird
der von Otto eingesetzte Papst Leo VIII. aus Rom vertrieben; Otto zieht
zum dritten Mal dorthin und sendet den Gegenpapst Benedikt V. als
Gefangenen nach Hamburg.

[965.]

Rückkehr des Kaisers nach Deutschland. Fürstentag in +Ingelheim+; dann
in +Köln+ Zusammenkunft mit seiner Schwester Gerberga, der Königin
von Frankreich, und ihrem Sohne, König Lothar. Er begibt sich nach
+Sachsen+ und teilt nach dem Tode Geros dessen Gebiet in sechs Marken,
die später in drei zusammengezogen werden: +Nordmark+ (Altmark) an der
mittleren Elbe, +Ostmark+ (Lausitz) weiter südlich die Mark +Meißen+.
Der Tod des Erzbischofs Brun veranlaßt den Kaiser 966 zu einem
abermaligen Zuge nach +Köln+; er ordnet die Verhältnisse in Lothringen
und hält dann einen Reichstag zu +Worms+.

[966–972.]

Dritter Zug nach Italien (über Chur und den Septimerpaß). Ottos Sohn,
Otto II. (geb. 955), schon 961 als deutscher König gekrönt, empfängt
in Rom die Kaiserkrone. Die Huldigung der Herzöge von Capua und
Benevent (s. S. 152) gibt Anlaß zu Feldzügen nach +Apulien+ gegen die
oströmische Herrschaft. 968 Synode zu Ravenna; dort wird die Gründung
des Erzbistums +Magdeburg+ und der Bistümer Merseburg, Zeitz, Meißen
beschlossen. Der Kaiser residiert längere Zeit in +Pavia+, schickt
nach abermaligen Kämpfen in Apulien Gesandte nach Konstantinopel; 972
wird in +Rom+ die Vermählung seines Sohnes Otto mit der oströmischen
Prinzessin +Theophano+ gefeiert. Apulien und Calabrien, Neapel und
Salerno bleiben unter oströmischer, Capua und Benevent unter deutscher
Herrschaft.

[972.]

Rückkehr nach Deutschland; Synode in Ingelheim, Fürstentag in
Frankfurt. Im März 973 ist der Kaiser in Magdeburg, dann in Quedlinburg
und Merseburg; er stirbt am 7. Mai 973 in Memleben, wird im Dom zu
Magdeburg neben seiner ersten Gemahlin Editha bestattet.

~Verfassung des deutschen Reiches~: +Wahlkönigtum+; die Königsmacht
beruht auf bedeutenden Reichsgütern in allen Teilen des Reiches,
besonders in Franken und Sachsen, zu deren Verwaltung der König
+Pfalzgrafen+ ernennt. Keine feste Residenz; der König ordnet überall
die wichtigen Angelegenheiten persönlich. Oberste Beamte sind die
+Herzöge+, dem Könige ebenso zur Lehnstreue verpflichtet wie die
ihnen untergeordneten Grafen und kleineren Vasallen. Da diese jedoch
starke partikularistische Gelüste zeigen, so sucht der Kaiser die
Reichseinheit später auf die Kirche zu gründen. Er stützt sich auf die
nur von ihm ernannten +Erzbischöfe+ und +Bischöfe+, welche bedeutende
Reichslehen empfangen und nun einen neuen geistlichen Beamtenstand
bilden, dessen Lehen nicht erblich sind. Diese vom Könige eingesetzten
geistlichen Fürsten erweisen sich als bessere Stützen des Reiches,
als die nach Erblichkeit der Lehen strebenden weltlichen Fürsten. Die
Zahl der unabhängigen +Freien+ ist vermindert; der Heerbann tritt
allmählich zurück gegen das +Lehnsaufgebot+. Die Städte sind noch
unbedeutend. Das +Kaisertum+ gibt den deutschen Königen als obersten
Herrschern über das römische Reich deutscher Nation Anspruch auf
Oberhoheit über die benachbarten Länder und Schutzherrschaft über die
Kirche.

[~973–983.~]

~Otto II.~ erhält die von seinem Vater begründete Kaisermacht
aufrecht. 974 Zug gegen +Dänemark+ bis zum Danewerk, 976 Absetzung des
aufständischen Herzogs Heinrich des Zänkers von +Bayern+. Bayern wird
verkleinert durch Abtrennung des Herzogtums +Kärnten+ mit der Mark
Verona, sowie durch Errichtung einer Mark im +Nordgau+, nördlich von
Regensburg. Die früher schon errichtete Mark +Österreich +erhält der
Babenberger (s.S. 157) Luitpold. Herzog Boleslav von +Böhmen+ huldigt
978 zu Magdeburg.

[978.]

König Lothar von Frankreich überfällt den Kaiser in +Aachen+, versucht
Lothringen zu erobern, verzichtet aber darauf, nachdem Otto mit
Heeresmacht bis +Paris+ vorgedrungen ist.

[980–983]

Krieg in Italien. Der Kaiser dringt von Rom aus nach Unter-Italien
vor, siegt 982 über die Griechen und Sarazenen am Kap Colonne, südlich
von Cotrone (Kroton), muß aber nach einer vernichtenden Niederlage
bei +Squillace+ an der +Küste von Calabrien+ umkehren. Reichstag zu
+Verona+. Ottos dreijähriger Sohn zum König gewählt.

[983.]

Aufstand der +Dänen+ und +Wenden+; Hamburg und die Bistümer Havelberg,
Brandenburg, Zeitz zerstört. Otto II. stirbt in Rom 28 Jahre alt, wird
in der Peterskirche begraben.

[~983–1002.~]

~Otto III.,~ beim Tode des Vaters 3 Jahre alt. Heinrichs des
Zänkers Anspruch auf die Vormundschaft, ja sogar auf die Krone,
wird zurückgewiesen, doch erhält er Bayern zurück. Ottos Mutter,
die Griechin +Theophano+, herrscht in Deutschland, seine Großmutter
+Adelheid+ in Italien. Wachsende Selbständigkeit der Großen des
Reiches, doch wird der Reichsfriede erhalten. Nach Theophanos Tode
(991) führen Adelheid und der Erzbischof +Willigis+ von Mainz die
Regierung, bis der junge Fürst 995 sie selbst übernimmt.

[996.]

Otto III. wird in Rom durch den von ihm eingesetzten deutschen Papst
+Gregor V.+ gekrönt, befreundet sich mit +Adalbert von Prag+ und
Erzbischof +Gerbert+ von Reims, der bald nach Deutschland kommt und in
Magdeburg Ottos Lehrer wird.

[997.]

Adalbert von den heidnischen +Preußen+ erschlagen.

[998–999.]

Ottos zweiter Zug nach Rom, Gerbert als Papst eingesetzt (Silvester
II.); Ottos Plan, als Kaiser in +Rom+ seinen Wohnsitz zu nehmen und von
hier aus die Christenheit als einen theokratischen Universalstaat zu
beherrschen.

[1000.]

Ottos III. Wallfahrt zum Grabe des heiligen Adalbert in +Gnesen+, wo er
in Gemeinschaft mit Herzog Boleslav von Polen ein Erzbistum errichtet:
dann nach +Aachen+ zum Grabe Karls d. Gr. Von da reist er nach Rom.

[1001.]

Papst Silvester II. verleiht dem +Ungarn+fürsten +Stephan dem
Heiligen+, der sein Volk zum Christentum bekehrt, die Königskrone
(Stephanskrone). Otto III., durch Aufstand +aus Rom vertrieben+,
begibt sich mit dem Papste nach Ravenna, versucht vergebens Rom
wiederzuerobern.

[1002.]

Otto † in Paterno (am Fuße des Sorakte), in Aachen bestattet. Silvester
kehrt nach Rom zurück.

[~1002–1024.~]

~Heinrich II.~ (der Heilige), Herzog von Bayern, Sohn Heinrichs des
Zänkers und der Schwester König Rudolfs III. von Burgund, zu Mainz zum
König erwählt und gekrönt, im Gegensatz zu Otto III. eine nüchterne,
praktische Herrschernatur. Er stellt das erschütterte Ansehen der
Kaisergewalt wieder her und behauptet das +deutsch-italische+ Reich.

[1004.]

Erster Zug nach Italien gegen +Arduin+ von Ivrea. Heinrich unterwirft
Ober-Italien und wird in Pavia zum König von Italien gekrönt.

[1004–1018.]

Kriege gegen +Boleslav Chrobry (der Kühne)+ von ~Polen~, der Böhmen
aufgeben muß, aber die Lausitz behält. Die +Wenden+ im Havellande
bleiben unabhängig.

[1007.]

Gründung des Bistums +Bamberg+. Förderung der von dem französischen
Kloster +Cluny+ ausgehenden, auf strengste mönchische Zucht und eine
Erneuerung und Vertiefung des religiösen Lebens gerichteten Reform
des Mönchtums. Die Bischöfe dienen, wie unter Otto I., der geordneten
Reichsverwaltung.

[1014.]

Zweiter Zug nach Italien, Heinrich in Rom zum +Kaiser+ gekrönt. Arduin
gibt den Widerstand auf († 1015).

[1016–1018.]

Kämpfe und Verhandlungen Heinrichs, um sein Erbrecht auf +Burgund+ zur
Anerkennung zu bringen.

[1022.]

Dritter Zug nach Italien. Heinrich unterwirft +Benevent, Capua,
Salerno+, wird beim Kampfe gegen die Griechen in Apulien von den nach
einem Zuge nach Jerusalem dort unlängst eingewanderten +Normannen+
unterstützt.

[1023.]

Fürstentag zu +Aachen+, dann Zusammenkunft mit König Robert von
+Frankreich+ zu Ivois am Chiers (Nebenfluß der Maas, südöstlich von
Sedan).

[1024.]

Tod des Kaisers in der Pfalz zu +Grona+ (bei Göttingen). Sein Grab im
Dom zu Bamberg.

 ~1024–1125 Fränkische oder salische Kaiser.~

                   Otto der Grosse †973
                             |
 Konrad der Rote †955.   Luitgard.
 |______________________________|
                        |
                      ~Konrad II.~ †1039.
                      Gem. Gisela.
                        |
                      ~Heinrich III.~ †1056.
                      Gem. Agnes von Poitou.
                        |
                      ~Heinrich IV.~ †1106.
 _______________________|___________________________
 Konrad       ~Heinrich V.~ †1125. Agnes, Gem.
 †1101.                            Friedrich von Büren,
                                   Herzog von Schwaben.

Königswahl durch die Fürsten +aller+ Stämme auf der Rheinebene zwischen
Mainz und Worms (bei Kamba). Die Wahl richtet sich auf die beiden
+Konrade+, Brudersöhne, Urenkel Konrads des Roten (S. 159); nach kurzem
Schwanken wird der ältere erwählt.

[~1024–1039.~]

~Konrad II.~ unternimmt nach der Krönung zu Mainz einen Umritt durch
das Reich (Aachen, Nimwegen, Dortmund, Hildesheim, Goslar, Magdeburg,
Augsburg, Konstanz, Basel, Straßburg, Worms), hält dann einen
Fürstentag in Tribur.

[1026.]

Zug nach +Italien+, Krönung zum lombardischen König, Kaiserkrönung
zu Rom 1027 in Gegenwart +Knuds des Großen,+ Königs von England und
Dänemark, und +Rudolfs III.+ von Burgund. In Apulien huldigen ihm die
Fürsten von Benevent, Capua, Salerno. Rückkehr über Ravenna und Verona.
Unterdessen Fürstenerhebung in Deutschland. In Ulm unterwirft sich
ihm sein Stiefsohn +Ernst, Herzog von Schwaben,+ welcher Ansprüche
auf Burgund erhoben hatte, weil seine Mutter Gisela eine Nichte des
kinderlosen Königs Rudolf III. war. Er kommt in Haft nach der Burg
Giebichenstein bei Halle, wird nach einiger Zeit begnadigt, dann aber
geächtet, weil er sich weigert, seinen Freund Werner von Kiburg zu
bekämpfen; beide fallen 1030 in einem Gefecht im Schwarzwald.

[1030.]

Einfall der +Polen+ unter Herzog Miesco; sie verwüsten das Land
zwischen Elbe und Saale, werden von dem Grafen Dietrich von Wettin
vertrieben. Der Kaiser unternimmt zunächst einen Zug nach +Ungarn+, um
die bayrischen Marken gegen Einfalle zu sichern, zieht dann 1031 nach
+Polen.+ Miesco muß die Lausitz zurückgeben, huldigt dem Kaiser 1033 zu
Merseburg.

[1033]

~Burgund mit dem deutschen Reiche vereinigt.~ Konrad gewinnt das
+arelatische+ Königreich (S. 158) nach dem Tode Rudolfs III. durch drei
Feldzüge gegen den Grafen +Odo+ von Champagne, Neffen Rudolfs III,
nach Abschluß eines Bündnisses mit König Heinrich I. von Frankreich. In
+Zürich+ und +Genf+ huldigen ihm die burgundischen Großen.

[Sidenote:1035]

Konrad verlobt zu Bamberg seinen Sohn +Heinrich+, Herzog von Bayern
(später auch von Schwaben) mit der Tochter Knuds von +Dänemark+ und
überläßt diesem die Mark +Schleswig+; die Eider wieder Reichsgrenze.

[1037–1038.]

Zweiter Zug nach Italien. Die +Erblichkeit+ der kleineren +Lehen+ wird
für Italien durch Gesetz festgestellt. Der Normanne +Rainulf+ wird mit
der Grafschaft +Aversa+ in Campanien belehnt.

[1039.]

Konrad † in Utrecht, begraben in dem von ihm gegründeten Dom zu
+Speier+. Er war einer der bedeutendsten Herrscher des Mittelalters,
reich an Erfolgen. Gegen die großen Vasallen suchte er ein Gegengewicht
in den Inhabern der kleinen Lehen, für deren Erblichkeit er eintrat.
Von den neu ernannten Kirchenfürsten verlangte er eine Abgabe. Ihm
folgt sein schon als Knabe in Aachen zum König gekrönter Sohn

[~1039–1056.~]

~Heinrich III.~ Hohe Machtstellung des Kaisertums. König Heinrich
ist beim Beginn seiner Regierung Herzog von +Bayern, Schwaben+ und
+Franken+, setzt aber später in Bayern und Schwaben wieder andere
Herzöge ein. In +Sachsen+ ist die Kaiserpfalz zu +Goslar+ oft sein
Wohnsitz.

[1041.]

Unterwerfung des Herzogs Bretislav von ~Böhmen.~

[1042.]

Zug nach +Burgund+, Herstellung des Landfriedens daselbst im Anschluß
an die in Frankreich verkündete +Treuga Dei+ (s. S. 169).

[1042–1044.]

In ~Ungarn~ wird König Peter, von Heinrich durch drei Feldzüge wieder
eingesetzt, ein Vasall des Reiches. Vergrößerung der bayrischen
Ostmark bis zur +Leitha+. Die Lehnshoheit über Ungarn wird nicht lange
behauptet.

[1046.]

Zug nach +Italien+. Heinrich läßt durch die Synode zu +Sutri+ drei
gleichzeitige, der Simonie (Verkauf geistlicher Ämter) schuldige Päpste
absetzen, ernennt einen Deutschen (Clemens II.), der ihn zum Kaiser
krönt, und weiterhin noch +drei+ deutsche Päpste, belehnt +Drogo+, Sohn
des Normannen +Tankred von Hauteville,+ mit ~Apulien.~

[1048.]

+Oberlothringen+ wird nach Absetzung des Herzogs Gottfried an
den elsässischen Grafen +Gerhard,+ Stammvater des lothringischen
Herzogshauses, gegeben.

[1055.]

Zweiter Zug nach Italien; die Markgräfin +Beatrix von Tuscien+, mit
welcher sich Gottfried vermählt hat, um in Italien neue Macht zu
gewinnen, muß dem Kaiser nach Deutschland folgen. Unterdrückung einer
Fürstenverschwörung; Gottfried unterwirft sich dem Kaiser.

[1056.]

Sieg der Wenden über ein sächsisches Heer bei +Pritzlava+ an der
Havelmündung. Heinrich, erst 39 Jahre alt, auf der Burg +Bodfeld+ im
Harz. Ihm folgt sein 6jähriger, bereits 1054 zu Aachen gekrönter Sohn.

[~1056–1106.~]

~Heinrich IV.~ Seine Mutter +Agnes+ von Poitou, Reichsverweserin, gibt
Schwaben an ihren Schwiegersohn +Rudolf von Rheinfelden+, Kärnten an
+Berthold von Zähringen+, Bayern an den sächsischen Grafen +Otto von
Nordheim.+ Die Macht der Fürsten erhebt sich bald gegen das Kaisertum.

[1062.]

Entführung des jungen Königs von +Kaiserswert+ nach +Köln+ durch
Erzbischof +Anno+ von Köln, der die Erziehung des Königs übernimmt,
aber bald seinen Einfluß mit Erzbischof +Adalbert+ von Bremen teilen
muß. König Heinrich, 1065 mündig erklärt, entfernt auf Verlangen der
Fürsten Adalbert aus seiner Umgebung, richtet alsbald seinen Unwillen
gegen die sächsischen Großen.

[1070.]

+Otto von Nordheim,+ eines Mordanschlags auf den König angeklagt,
verliert das Herzogtum Bayern; es kommt an seinen Schwiegersohn +Welf+,
den Sohn des Markgrafen Azzo von Este und der letzten Welfin, der nach
dem Aussterben des Mannsstammes eine neue Linie des +Welfenhauses+ (S.
154) begründet. +Magnus+, Sohn des Sachsenherzogs Ordulf, wird als
Bundesgenosse Ottos in Haft gehalten.

[1073.]

+Aufstand der Sachsen+ gegen die von Heinrich in ihrem Lande angelegten
+Burgen+; Flucht Heinrichs von der +Harzburg+, demütigender Friede zu
Gerstungen, Zerstörung der Harzburg. Heinrich findet Hilfe bei den
Bürgern von +Worms+ und mehreren Fürsten, besiegt die Sachsen an der
+Unstrut+ 1075. Bald aber gerät er in Streit mit

[1073–1085.]

~Papst Gregor VII.~ (Hildebrand), aus einer Bauernfamilie in
Toskana stammend, aufgewachsen in Rom unter dem Einfluß der von dem
französischen Kloster +Cluny+ (westlich der Saône, unweit Mâcon)
ausgehenden streng kirchlichen Richtung. Er hatte als Archidiakonus und
Kanzler unter +fünf+ Päpsten die weltlichen Geschäfte des römischen
Stuhles geleitet. Unter seinem Einfluß erließ 1059 Nikolaus II. das
Dekret über die Papstwahl durch die +Kardinäle+.

Gregors Ziel ist die von allen Cluniazensern angestrebte ~Erhebung
der Kirche über die Staaten~, des ~Papsttums~ über das ~Kaisertum.~
Er gebietet strenge Durchführung des +Cölibats+ (Ehelosigkeit) der
Geistlichen, verbietet die von Heinrich ebenso wie von Konrad II.
geübte +Simonie+ (Geldzahlung für den Empfang eines geistlichen Amtes.
Apostelgesch. 8, 18) und die +Laieninvestitur+ (kein Bischof oder Abt
soll die Belehnung mit +Ring+ und +Stab+ aus Laienhand empfangen).

[1076.]

Heinrich läßt den Papst durch eine Synode deutscher Bischöfe in +Worms+
für abgesetzt erklären; darauf spricht Gregor gegen ihn den +Bann+ aus.
Ein Fürstentag zu +Tribur+ erklärt den König für abgesetzt, wenn er
nicht binnen Jahresfrist sich vom Banne löse.

[1077. Januar.]

~Heinrich büßt~ vor dem Papst ~in Canossa~, einem Schlosse bei Reggio
nell’ Emilia, der Markgräfin ~Mathilde~ von Tuscien, Tochter der
Beatrix, gehörig (S. 165). Der Papst löst ihn vom Banne unter der
Bedingung, daß er in seinem Streit mit den Fürsten die Entscheidung des
Papstes anerkenne. Heinrich bleibt in Oberitalien, verhindert die Reise
des Papstes nach Deutschland. Die Fürsten wählen +Rudolf von Schwaben+
zum deutschen König.

[1077–1080.]

Krieg in Deutschland zwischen Heinrich IV. und seinem Schwager Rudolf,
letzterer wird in der Schlacht an der +Elster+ 1080 tödlich verwundet;
sein Herzogtum +Schwaben+ hat +Friedrich von Hohenstaufen+, Heinrichs
Schwiegersohn, bereits 1079 erhalten.

[1081.]

Heinrich, zum +zweiten Mal+ gebannt, zieht nach Italien, erobert Rom
1084, wird durch den von ihm erhobenen Gegenpapst Clemens III. zum
Kaiser gekrönt. Gregor in der Engelsburg belagert, durch die ihm treu
ergebenen Normannen unter +Robert Guiscard+ befreit, stirbt 1085 in
Salerno. Seine letzten Worte »+Dilexi iustitiam et odi iniquitatem,
propterea morior in exilio+«.

Deutschland durch Bürgerkrieg zerrüttet. Kaiser Heinrich erobert 1084
Augsburg, zieht dann nach Metz, läßt 1085 durch eine Synode zu +Mainz+
den Gottesfrieden für das ganze Reich verkünden. In +Sachsen+ bekämpft
er den Gegenkönig +Hermann von Salm+, welcher 1088 abdankt; die Sachsen
unterwerfen sich nach Anerkennung ihrer alten Rechte.

[1090–1097.]

Heinrich kämpft in Italien gegen die Markgräfin +Mathilde+ und Papst
Urban II. Abfall seines Sohnes Konrad († 1101). In Deutschland ist
Herzog +Welf+ von Bayern Führer der päpstlichen Partei. Der Kaiser
verweilt fast machtlos in Italien, während Urban II. als Gebieter der
ganzen Christenheit auftritt und das große Unternehmen des ersten
Kreuzzuges (S. 173) ins Werk setzt. Nach Aussöhnung mit Herzog +Welf+
kehrt der Kaiser nach Deutschland zurück, stellt den Landfrieden zum
Schutze der Bürger und Bauern wieder her und besetzt die Bistümer nach
seinem Ermessen. Aber die Bischöfe fast immer auf der Seite seiner
Gegner.

[1104.]

Empörung seines zweiten Sohnes Heinrich, der ihn in der Burg
+Böckelheim+ (an der Nahe) gefangen setzt und zur Verlesung eines
Sündenbekenntnisses und Abdankung zwingt (Fürstentag zu +Ingelheim+).
Der Kaiser entflieht nach +Lüttich+, wo er 1106 stirbt, während das
deutsche Bürgertum für ihn zum Kriege rüstet; die Leiche erst 1111 vom
Bann gelöst und im Dom zu +Speier+ beigesetzt.

[~1106–1125.~]

~Heinrich V.~, durch die päpstliche Partei zum Thron gelangt, aber
entschlossen, sein Herrscherrecht zu behaupten. Nachdem er die
Grenzländer des Reiches im Westen und Osten (Lothringen und Böhmen)
durch Feldzüge gesichert hat, zieht er nach Rom, nimmt den Papst
Paschālis II. gefangen, erzwingt die Kaiserkrönung und das Recht der
+Investitur+ (1111). Sobald aber der Kaiser Italien verlassen hat,
erklärt ein zu Rom im Lateran versammeltes Konzil den Vertrag für
erzwungen und nichtig; ein zweites Konzil zu +Vienne+ spricht den Bann
über Heinrich aus.

Neuer Aufstand der +Sachsen+ unter ihrem Herzog +Lothar+ von
Supplinburg, der die Billunger (S. 159) beerbt hatte; die Erzbischöfe
von Mainz und Köln u. a. Fürsten schließen sich an. Sieg der Sachsen
am +Welfesholze+ bei Mansfeld 1115. +Friedrich+ und +Konrad+ von
+Staufen+ verteidigen die Sache des Kaisers, während dieser zum zweiten
Mal nach Italien zieht, dort die der Kirche vererbten Mathildischen
Güter in Besitz nimmt und einen Gegenpapst aufstellt (1118). Der
~Investiturstreit~ wird nach langen Verhandlungen mit dem Papste
+Calixtus II.+ beendigt durch das

[~1122.~]

~Wormser Konkordat~: Kirchliche Wahl der Bischöfe und Äbte für
Deutschland in Gegenwart des Kaisers oder seiner Abgesandten,
+kaiserliche+ Belehnung +vor+ der Weihe, aber +nicht+ mit Ring und
Stab, sondern mit dem +Scepter+; für Italien und Burgund die gleiche
Belehnung erst +nach+ erfolgter Wahl und Weihe. Die geistlichen Fürsten
bleiben Lehnsträger des Reiches; sie erscheinen auch fernerhin vielfach
als treue Stützen der kaiserlichen Macht.

Die +Verbindung Deutschlands mit Italien+, trotz der vielfachen Kämpfe
segensreich für beide Länder, aber in Italien mehr und mehr als
Fremdherrschaft empfunden, dauert fort. Handel und Gewerbe entfalten
sich in den aufblühenden Städten, z. B. Worms, Köln, Augsburg u. a. m.
(S. 190). Kunst und Wissenschaft, von der Kirche gefördert, tragen in
Deutschland noch römisches Gepräge, entwickeln sich aber selbständig.
+Romanischer Baustil+: Dome zu Mainz und Speier, Kaiserpfalz zu Goslar.
Der kunstsinnige Bischof Bernward von Hildesheim († 1022). Dichtung und
Geschichtschreibung in lateinischer Sprache: das Waltharilied, Roswitha
von Gandersheim, Widukind von Corvey, Lambert von Hersfeld u. a. Die
Volkssprache wird erst allmählich zur Schriftsprache.


§ 2. Frankreich.

[~843–987.~]

~Karolinger~ in Frankreich.

+Karl der Kahle+ behauptet sich mit Mühe gegen die aufständischen
Großen, erlangt 875 in Italien den Kaisertitel, † 877. Sein Enkel
+Ludwig III.+ besiegt 881 die +Normannen+ bei Saulcourt (Ludwigslied
in deutscher Sprache). +Karl der Dicke+ machtlos gegen sie; nach
seiner Absetzung (S. 157) wird Graf +Odo+ von Paris, der sich bei
der Verteidigung von Paris gegen die Normannen tapfer gezeigt hat,
zum König erwählt, † 898. Eine Gegenpartei erwählt 893 +Karl den
Einfältigen+, Bruder Ludwigs III., der nach Odos Tode allgemein
anerkannt wird. Durch ihn erhalten normannische Scharen, die bereit
sind, das Christentum anzunehmen, 912 feste Wohnsitze in dem oft von
ihnen heimgesuchten Küstenlande. +Rolf+, getauft +Robert+, erster
Herzog der +Normandie+, herrscht als Vasall des französischen Königs
auch über die +Bretagne+.

Häufige Empörungen gegen das schwache Königtum; Karls Sohn +Ludwig IV.+
(d’Outre-mer genannt, weil er nach England geflüchtet war) wird von
Herzog +Hugo von Francien+, dem Neffen Odos, bedrängt, von Otto I. von
Deutschland unterstützt (S. 159). Letzte Karolinger: +Lothar+ († 986).
+Ludwig V.+ (Fainéant) † 987.

[~987–1328.~]

~Capetinger.~

~Hugo Capet~, Sohn Hugos von Francien, von den Großen erwählt, dann
in +Reims+ gekrönt, bringt das Königtum wieder zu Ansehen. Er hat
den Vasallen gegenüber noch keine bedeutende Macht, hält aber die
Lehnshoheit fest. Seine Nachfolger +Robert+, +Heinrich I.+, +Philipp
I.+, († 1108) wissen die Erblichkeit des Königtums zu wahren. Heinrich
I. gibt das +Herzogtum Burgund+ (Hauptstadt Dijon, zu unterscheiden
von dem mit Deutschland vereinigten Königreich Burgund, S. 164) seinem
jüngeren Bruder Robert als Lehen. Zur Sicherung des Landfriedens
verkündet der Klerus (zuerst 1040 in Aquitanien) die ~Treuga Dei~, den
Gottesfrieden, einen von der Kirche gebotenen Stillstand aller Fehden
während der kirchlichen Festzeiten und der zweiten Hälfte jeder Woche
(von Mittwoch Abend bis Montag früh).


§ 3. England und der Norden.

[~827–1066.~]

England unter ~sächsischen Königen.~

[827.]

+Egbert+ von +Wessex+ vereinigt die sieben Reiche (S. 142) als erster
König von ~England~. Einfälle und Ansiedlungen der heidnischen
+Normannen+ (+Dänen+). Sein Enkel

[871–901.]

~Alfred der Große~ bekämpft glücklich die Dänen und stellt die alte
+Grafschafts+verfassung wieder her; das Grafschaftsgericht unter
Leitung des vom König ernannten +Ealdorman+, dessen Stellvertreter der
+shirgerefa+ (sherif). Blüte des Reiches noch unter seinem Sohne und
seinem Enkel, dann Verfall und neue Bedrängnis durch die Dänen.

[1002.]

~Ermordung der Dänen~ auf englischem Boden an +einem+ Tage (dänische
Vesper), auf Befehl König +Ethelreds II.+ Infolge davon neue Rachezüge
der Dänen nach England und endlich

[1016–1042.]

~dänische Herrschaft~ über England unter ~Knud dem Grossen~ (S. 164),
der als Sieger Milde übt und in Dänemark das Christentum zum Siege
bringt († 1035), und unter seinen Söhnen +Harald I.+ und +Hardiknud+.

[1042–1066.]

Das Regiment der angelsächsischen Könige wiederhergestellt. ~Eduard
der Bekenner~, Sohn +Ethelreds+, aus der Normandie zurückgekehrt,
begünstigt die Normannen an seinem Hofe, die aber von seinem
Schwiegervater +Godwin+ vertrieben werden. Sein Feldherr Siward besiegt
+Macbeth+, der sich in +Schottland+ nach der Ermordung des Königs
+Duncan+ des Thrones bemächtigt hat (1054). Duncans Sohn Malcolm nimmt
Schottland von Eduard zu Lehen. Nach Eduards Tode wird +Harald II.+,
Godwins Sohn, zum König ausgerufen, verliert aber Thron und Leben in der

[1066.]

~Schlacht bei Hastings~ (spr. Hēstings) gegen ~Wilhelm den Eroberer~,
Herzog von der ~Normandie~, der sich in Westminster zum König von
England krönen läßt. König Malcolm von Schottland schließt mit ihm
Vertrag.

+Dänemark+, +Norwegen+, +Schweden+ bestehen seit Anfang des 11.
Jahrhunderts als christliche Königreiche (Olaf der Heilige in Norwegen
† 1030) nebeneinander, noch oft von wildem Streit erfüllt. Am meisten
kommt +Dänemark+ empor unter dem Neffen Knuds d. Gr. +Svend Estridson+
(† 1076) und dessen Söhnen.

~Fernere Staatengründungen der Normannen~:

1. Schwedische +Waräger+ fahren über die Ostsee; ihr Fürst +Rurik+
gründet 862 durch Vereinigung slavischer Stämme das ~russische Reich~
(Hauptstadt +Nowgorod+, dann +Kiew+). Rußland entwickelt sich unter
den +Ruriks+ (862–1598) als +slavischer+ Staat im Anschluß an das
oströmische Reich. Großfürst +Wladimir+ der Große, vermählt mit der
Tochter eines oströmischen Kaisers, führt 988 das Christentum nach
griechischer Lehre ein.

2. Norwegische +Wikinger+ kommen um 860 nach Island, 983 nach Grönland
(Erich der Rote), um 1000 nach der Küste Nordamerikas (Vinland).
Diese Niederlassungen von den Eskimos zerstört. Bestand hat dagegen
der Freistaat auf der Insel ~Island~. Hier werden um 1100, als das
Christentum bereits eingeführt ist, die nordischen Götter- und
Heldensagen in der poetischen oder Lieder-+Edda+ aufgezeichnet (ergänzt
durch die jüngere prosaische Edda von dem Isländer Snorri Sturluson um
1230). Island wird 1262 mit Norwegen vereinigt.

3. Der Normannenstaat in ~Unteritalien~, um 1020 von christlichen
Normannen aus der Normandie gegründet (vgl. S. 163), nimmt italienische
und arabische Kultur an. Bald treten sie in enge Beziehungen zum Papst.
Von Robert Guiskard (S. 167) wird das ganze unteritalische Festland,
von seinem Bruder Roger Sicilien den Sarazenen entrissen. Herzog
+Roger+ wird 1130 vom Papste in Palermo als +König von Neapel+ und
+Sicilien+ gekrönt.


§ 4. Die Pyrenäische Halbinsel.

[~955–1031.~]

~Kalifat von Cordŏva~, gegründet von dem Omaijaden +Abdurrahman+ (s. S.
150). Glänzendste Zeit im 10. Jahrh. (Abdurrahman III, Hakem II., der
Feldherr +Almansur+). Das volkreiche +Cordŏva+ Sitz der Wissenschaften
und Künste.

[1031.]

Auflösung des Kalifats von Cordŏva in eine Menge kleiner Herrschaften.
Die +Morabethen+ aus Mauretanien zu Hilfe gerufen, stellen sich mit
Erfolg dem Andrängen der Christen entgegen (1086 Schlacht bei +Salaka+
unweit Badajoz) und reißen dann die Herrschaft des mohammedanischen
Spaniens an sich.

~Christliche Reiche~: +Asturien+, seit Alfons III. († 910) bis zum
Duero reichend, nach der neuen Residenz auch Königreich Leon genannt,
mit dem Grenzgebiet +Kastilien+, das seinen Namen von den gegen die
Araber errichteten Kastellen hat. ~Navarra~, ursprünglich fränkische
Grafschaft, seit 905 Königreich, erweitert durch Eroberung der
Landschaft +Aragon+ am oberen Ebro. ~Barcelona~, ebenfalls fränkische
Grafschaft (S. 152), seit etwa 900 unabhängig unter einer erblichen
Dynastie.

[1035.]

+Sancho III.+, der Große, König von +Navarra+, auch über +Kastilien+
herrschend, teilt sein Reich unter seine Söhne. Der zweite, welcher
Kastilien erhält, gewinnt bald auch Leon hinzu; der dritte erhält
Aragon als Königreich. Daher fortan die drei Königreiche ~Navarra~,
~Kastilien~, ~Aragon~, daneben die Markgrafschaft ~Barcelona~
(Katalonien).

König +Alfons VI.+ von +Kastilien+, Enkel Sanchos d. Gr., erobert 1085
+Toledo+; der kastilische Ritter +Rodrigo Diaz+, von den Arabern ~Cid~,
d. h. Herr, genannt, erobert 1094 +Valencia+, doch fällt es nach seinem
Tode wieder in die Hände der Araber.


§ 5. Der Osten.

[~867–1057.~]

Das ~oströmische Reich~ unter der ~makedonischen Dynastie.~

+Basilius I.+ (867–886), durch Ermordung seines Vorgängers Michael
III. auf den Thron gelangt, regiert kraftvoll, wehrt die Araber in
Kleinasien und zur See ab, mildert den Steuerdruck, verbessert die
Rechtspflege. Seine beiden Nachfolger +Leo VI.+ und +Konstantin VII.
Porphyrogennetos+ Beschützer der Wissenschaften. +Nikëphoros II.+
(963–969) kämpft glücklich gegen Araber und +Bulgaren+; +Basilius II.+
(976–1025) unterwirft die Bulgaren in blutigen Kämpfen.

[1043.]

Die ~Serben~, ein im 7. Jahrhundert eingewandertes slavisches Volk,
machen sich unabhängig von Ostrom; Königreich +Serbien+ bis 1458.

[~1057–1204.~]

Haus der ~Komnenen~.

+Alexius I.+ (1081–1118) tritt dem von der Donau her vordringenden
türkischen Stamme der +Petschenegen+ erfolgreich entgegen. Den
+Seldschuken+ (s. u.) kann Kleinasien nicht wieder entrissen werden.

Das ~Kalifat von Bagdad~ gerät seit 861 durch Emporkommen von
Teilfürsten in Verfall. Die +Abbassiden+ werden von den Anführern ihrer
türkischen Leibwache abhängig.

[935.]

Die aus Persien stammenden +Bujiden+ reißen die Würde des +Emir
al Omra+ (Fürst der Fürsten) an sich; der Kalif bleibt nur noch
geistliches Oberhaupt

[969.]

+Ägypten+ sondert sich ab als eigenes Kalifat unter den +Fatimiden+
(Schiiten, vergl. S. 149). Kairo glänzende Hauptstadt, Syrien bald
hinzuerobert.

[998–1030.]

Sultan +Mahmud+, Herrscher des +Gasnaviden+reichs, gewinnt die früher
von den +Samaniden+ (unter Oberhoheit der Kalifen) beherrschten Gebiete
um Buchara und Samarkand, dringt erobernd nach +Indien+ vor. An seinem
Hofe zu Gasna (in Afghanistan) der persische Dichter +Firdusi+ und der
arabische Philosoph +Ibn Sina+ (Avicenna), Erklärer des Aristoteles.

[1058.]

+Togrulbeg+, Sultan der +seldschukischen+, aus der Bucharei stammenden
+Türken+, befreit den Kalifen von der Übermacht der Bujiden. Er
vererbt die Würde des Emir al Omra auf seinen Neffen +Alp Arslan+ und
dessen Sohn +Malekschah+; dieser stellt die Einheit des Kalifenreiches
wieder her, entreißt den Fatimiden Syrien, den Gasnaviden Buchara und
Samarkand, residiert zu Ispahan.

[1092.]

Nach Malekschahs Tode +Teilung der Seldschukenherrschaft+; besondere
Sultanate in Iran, Karman (östliches Persien), Aleppo, Damaskus,
Iconium. Trotzdem wird der Bestand des Kalifats durch die nun folgenden
Angriffe der Christen nicht wesentlich erschüttert.

+Bagdad+ bleibt glänzender Herrschersitz bis zum Eindringen der
Mongolen (S. 195).



~C. Das Zeitalter der Kreuzzüge. (1096–1270).~


§ 1. Die Kreuzzüge.

~Veranlassung~: Die Wallfahrten der Christen nach dem +heiligen Grabe+
(die Kirche über demselben erbaut von +Helĕna+, der Mutter Konstantins
d. Gr.) werden gestört, seitdem die +Fatimiden+, und mehr noch seitdem
die +Seldschuken+ über Palästina herrschen. Mißhandlungen der Pilger,
Hilferufe des bedrängten byzantinischen Reiches; das neu erstarkte
Papsttum schenkt ihnen Gehör und ruft mit Benutzung der asketisch
angeregten und zugleich kriegerischen Stimmung im Abendlande eine
großartige Völkerbewegung hervor.

[1095.]

Papst +Urban II.+ ruft auf den Kirchenversammlungen zu +Piacenza+
und zu +Clermont+ in der Auvergne die Gläubigen zum Kreuzzug auf;
allgemeine Begeisterung. (+Gott will es!+). Der Eremit +Peter von
Amiens+ predigt in Frankreich mit großem Erfolge das Kreuz. Die von
ihm und dem Ritter +Walter Senzaveir+ (Habenichts) geführten Scharen
gelangen unter großen Verlusten nach Kleinasien und werden dort im
Kampfe aufgerieben, andere gehen schon in Ungarn und Bulgarien zugrunde.

[~1096–1099.~]

~Erster Kreuzzug.~ Königreich Jerusalem. Anführende Fürsten: +Gottfried
von Bouillon+, Herzog von Nieder-Lothringen; seine Brüder +Balduin+
und +Eustachius+; +Robert+, Herzog der Normandie, Sohn Wilhelms des
Eroberers; +Robert+ von Flandern; +Stephan+ von Blois; +Raimund+,
Graf von Toulouse; +Hugo von Vermandois+, Bruder Philipps I., Königs
von Frankreich; +Boëmund+ von Tarent, Sohn Robert Guiscards; sein
Neffe +Tankred+. Sie führen über 200000 Krieger, meist Franzosen und
Normannen, nach dem Orient. Der Bischof +Adhemar von Puy+, der in
Clermont zuerst sich das Kreuz anheftete, nimmt als päpstlicher Legat
am Zuge Teil († 1098).

Die Fürsten ziehen auf verschiedenen Wegen (Gottfried von Bouillon die
Donau abwärts, Raimund von Toulouse durch Oberitalien und Dalmatien,
die Nordfranzosen und Normannen von Apulien aus zur See) nach
Konstantinopel; sie leisten mit Ausnahme Raimunds dem Kaiser +Alexius
Komnenus+ den Lehnseid für die zu erobernden Länder und werden auf
griechischen Schiffen übergesetzt.

[1097.]

+Nicäa,+ von den Kreuzfahrern belagert, ergibt sich dem griechischen
Kaiser. Sieg der Kreuzfahrer bei +Doryläum+ über den Sultan von
+Iconium. Balduin+ trennt sich vom Hauptheere, zieht über den Euphrat
und erwirbt sich die Herrschaft in +Edessa.+

[1097–1098. Okt. Juni.]

Das Hauptheer belagert lange vergeblich Antiochīa am Orontes, endlich
verrät ein armenischer Renegat die Stadt an +Boemund+ von Tarent.

[1098.]

+Kerboga,+ Emir von Mosul, rückt mit einem ungeheuren Heere heran
und belagert in Antiochīa die durch Krankheit und Mangel erschöpften
Kreuzfahrer. Siegreicher Ausfall der Christen (die heilige Lanze!), das
Heer der Seldschuken wird in die Flucht geschlagen und zerstreut. Lange
Rast und Streitigkeiten der Kreuzfahrer in Antiochīa.

[~1099.~]

Zug an der Küste entlang nach Jerusalem. Am 7. Juni erblicken die
Kreuzfahrer (nur noch 21500 kampffähige Krieger) die heilige Stadt,
welche im J. 1098 den Seldschuken durch die +Fatimiden+ wieder
entrissen worden war. Nach fünfwöchiger Belagerung.

[15. Juli.]

~Erstürmung Jerusalems.~ Furchtbares Blutbad, Wallfahrt nach der Kirche
des heiligen Grabes.

Das +christliche Königreich Jerusalem+ wird als Lehnsstaat nach
französischem Vorbild eingerichtet; kleinere Lehnsstaaten: das
Fürstentum +Antiochīa,+ die Grafschaften +Edessa+ und +Tripolis.+
Sammlung der Gesetze in den +Assises du royaume de Jérusalem.+ Zwei
Patriarchen, in +Jerusalem+ und in +Antiochīa.+

Gottfried von Bouillon, +Beschützer des heiligen Grabes.+ Er besiegt
den Sultan von Ägypten bei +Askalon+ 1099; † 1100. Sein Bruder +Balduin
I.+ nimmt den +Königs+titel an. Akkon, Tripolis, Beirut, Sidon mit
Hilfe der Pisaner und Genuesen erobert, etwas später +Tyrus+ mit Hilfe
der Venetianer.

Auf Balduin I. († 1118) folgen +Balduin II.+ († 1131), +Fulco+
von Anjou († 1143), unter dem das Königreich Jerusalem die größte
Ausdehnung gewinnt, +Balduin III.+ († 1162), +Amalrich+ († 1173),
+Balduin IV.+ († 1184), +Balduin V.+ (unmündig, † 1186), +Guido+ von
Lusignan († 1195) s. S. 175.

[~1147–1149.~]

~Zweiter Kreuzzug.~ Ohne Erfolg. ~Veranlassung~: Eroberung +Edessas+
durch +Imadeddin Zenki,+ Emir von Mosul (1144), und nochmals durch
dessen Sohn +Nureddin+ (1146). Abt +Bernhard+ von Clairvaux predigt das
Kreuz.

+Konrad III.+ von Deutschland und +Ludwig VII.+ von Frankreich brechen,
jener von +Regensburg,+ dieser etwas später von Metz aus, nach
Palästina auf. Sie ziehen nacheinander durch Ungarn nach Kleinasien.
Das +deutsche+ Heer dringt bis Doryläum vor, erleidet aber durch Mangel
und Kämpfe mit dem Sultan von Iconium schwere Verluste. Die nach Nicäa
Entkommenen kehren zum Teil heim; mit den übrigen schließt sich Konrad
dem Zuge des +französischen+ Heeres +an der Küste entlang+ an, kehrt
aber zur Herstellung seiner Gesundheit nochmals nach Konstantinopel
zurück. +Ludwig+ fährt mit dem französischen Adel zu Schiffe nach
Antiochīa. Das übrige Heer setzt den Weg zu Lande fort, wobei es durch
Hunger und feindliche Angriffe vollends aufgerieben wird. +Konrad+
kommt 1148 zur See nach dem Heiligen Lande und macht zusammen mit den
Franzosen einen vergeblichen Angriff auf +Damaskus+.

[~1189–1192.~]

~Dritter Kreuzzug.~ Eroberung von Akkon.

~Veranlassung: Saladin~, Sohn des Kurden Ejub, Gründer der Dynastie der
+Ejubiden+ in Ägypten, erobert Nureddins Reich, schlägt die Christen
in der blutigen Schlacht bei +Hittin+ (Tiberias) am See Genezareth,
~erobert Jerusalem~ 1187. Die christlichen Einwohner großmütig
behandelt, König Guido von Lusignan und viele Ritter geraten in
Gefangenschaft.

~Kaiser Friedrich I.~, der als Jüngling am zweiten Kreuzzug
teilgenommen hatte, tritt als Greis im Frühjahr 1189 den Zug von
Regensburg aus an, zieht durch Ungarn, erzwingt den Durchzug durch das
griechische Kaiserreich, bleibt den Winter in Adrianopel, setzt 1190
nach Kleinasien über, erobert Iconium und zieht nach Cilicien; dort
ertrinkt er (10. Juni) im +Kalykadnus+ (Saleph). Sein Sohn, Herzog
+Friedrich+ von Schwaben, führt einen Teil der Pilger (viele kehren um)
über Tarsus, Antiochīa und Tyrus nach +Akkon+. Er stirbt 1191 während
der Belagerung dieser Stadt, welche der frei gewordene König +Guido+
leitet.

~Richard Löwenherz~, König von England, und ~Philipp II.~ +Augustus+,
König von Frankreich, fahren zur See, Richard von Marseille, Philipp
von Genua aus nach dem Heiligen Lande (1190); Beteiligung von +Genua+,
+Pisa+ und +Venedig+. Nach längerem Aufenthalt in Sicilien kommen die
beiden Könige vor +Akkon+ an, welches Lusignan schon fast zwei Jahre
belagerte. Die Stadt wird nun schnell zur Übergabe gezwungen (Juli
1191).

Philipp, mit Richard entzweit, kehrt nach Frankreich zurück.
Heldentaten und Grausamkeiten Richards, der zweimal vor Jerusalem
umkehren muß. Waffenstillstand mit Saladin (1192): der Küstenstrich
von +Joppe bis Akkon+ wird an die Christen abgetreten, der Besuch der
heiligen Orte gestattet. +Cypern+ wird von Richard, der es 1191 erobert
hatte, an Guido von Lusignan zu Lehen gegeben, der seine Würde als
»König von Jerusalem« an +Heinrich von Champagne+ überläßt.

Richard leidet auf der Rückkehr Schiffbruch bei Aquileja, wird trotz
seiner Verkleidung bei Wien erkannt, von Herzog +Leopold VI. von
Österreich+, den er vor Akkon tödlich beleidigt hatte, festgenommen und
an Kaiser +Heinrich VI.+ ausgeliefert. Dieser hält ihn in der Feste
+Trifels+ (westlich von Landau in der Pfalz) gefangen und gibt ihn
erst nach 13 Monaten gegen ein Lösegeld von 100000 Mark Silbers und
Lehnshuldigung frei.

[~1202–1204~.]

~Vierter Kreuzzug~.

Lateinisches Kaisertum 1204–1261.

Auf Anregung des Papstes +Innocenz III.+ (1198–1216) (Kreuzpredigt des
+Fulco+ von Neuilly) unternehmen mächtige französische Barone zusammen
mit dem Grafen +Balduin+ von Flandern und dem Markgrafen +Bonifacius+
von Montferrat einen Kreuzzug, der ursprünglich gegen Ägypten gerichtet
war. Die Kreuzfahrer übernehmen für die Venetianer (Doge +Heinrich
Dandolo+), zum Teil als Preis der Überfahrt, die Eroberung von +Zara+
in Dalmatien.

Auf Bitten des byzantinischen Prinzen +Alexius+ für seinen Vater, den
entthronten Kaiser +Isaak Angelus+, fahren die Kreuzfahrer auf der
venetianischen Flotte nach ~Konstantinopel~, nehmen die Stadt ein
und setzen Alexius und seinen Vater auf den Thron (1203). Aber die
Erfüllung der eingegangenen Bedingungen (Vereinigung der griechischen
Kirche mit der römischen, Zahlung bedeutender Geldsummen) scheitert an
dem Widerstande der Bevölkerung. Streitigkeiten, bei denen die Stadt in
Brand gerät. Zweite Einnahme der Stadt; Plünderung, wobei viele Werke
der alten Kunst zugrunde gehen (1204).

Errichtung des ~Lateinischen Kaisertums~ (+Balduin+ Kaiser). Viele
Küstenstriche und Inseln kommen an die +Venetianer+; Korfu, Zante,
Kandia, ein großer Teil von Morea (Peloponnes). Gewaltiges Aufblühen
des venetianischen Handels. Der Markgraf von Montferrat wird König von
+Thessalonich+, französische Herzöge in +Athen+, +Theben+, +Achaja+;
Villehardouin, der Geschichtschreiber des Kreuzzuges, Marschall des
Reiches.

Ein +griechisches+ Kaisertum behauptet sich in +Nicäa+, ein zweites
in +Trapezunt+ am Schwarzen Meere. Von Nicäa aus macht +Michael
Paläolŏgus+ 1261, von +Genua+ unterstützt, dem Lateinischen Kaisertum
ein Ende. Er erkennt 1274 die Suprematie des Papstes an. Aber der
griechische Klerus und das Volk gegen die Ansprüche der Päpste. Schon
1280 wurde diese Union wieder gelöst (S. 218).

[1212.]

+Kinderkreuzzug+. Tausende von Knaben und Mädchen aus Frankreich und
Deutschland ziehen nach Marseille und Genua; viele kommen unterwegs um,
manche werden zur Rückkehr genötigt, andere in Alexandria als Sklaven
verkauft.

[1217.]

Kreuzzug des Königs +Andreas II.+ von Ungarn; er versucht von Akkon aus
vorzudringen, doch ohne Erfolg.

Neue Pilgerscharen, die sich in +Akkon+ sammeln, unternehmen einen
Angriff auf Ägypten, erobern +Damiette+ 1219, müssen es aber 1221
wieder räumen.

[~1228–1229.~]

~Fünfter Kreuzzug.~ Jerusalem auf kurze Zeit wiedergewonnen.

~Friedrich II.~, römischer Kaiser, wegen verzögerter Erfüllung seines
Versprechens, einen Kreuzzug zu unternehmen, im päpstlichen Banne,
fährt zur See nach Akkon, erhält von dem ägyptischen Sultan +Elkâmil+
durch Vertrag +Jerusalem+ (wo er sich krönt[31]) und +Nazareth+, sowie
die Landstriche von da bis zur Küste, nebst +Sidon+.

[1244.]

+Jerusalem+ durch die Chowaresmier (S. 195) im Dienste des Sultans von
Ägypten erobert und den Christen auf immer verloren.

[~1248–1254.~]

~Sechster Kreuzzug.~ Ohne Erfolg.

Ludwig IX., der Heilige, König von Frankreich, fährt zur See nach
+Cypern+ und verweilt dort den Winter. Um die Sarazenenherrschaft
in ihrem Hauptsitze ~Ägypten~ zu vernichten, fährt er im Frühjahr
1249 nach +Damiette+ und nimmt die Stadt ein. Auf dem Zuge nach
+Kairo+ wird Ludwig geschlagen, von Damiette abgeschnitten und mit
dem ganzen französischen Heere gefangen (April 1250). Die Ausführung
des Friedensvertrages, wonach der König gegen Räumung von Damiette
und bedeutendes Lösegeld frei kommen soll, gefährdet vorübergehend
der Sturz der Ejubiden (S. 175) durch die +Mamelucken+. Ludwig fährt
nach Palästina, befestigt während eines fast vierjährigen Aufenthalts
+Akkon+ und andere Küstenstädte, kehrt 1254 nach Frankreich zurück.

[1268.]

+Antiochīa+ von dem Sultan Bibars von Ägypten erobert.

[~1270.~]

~Siebenter Kreuzzug.~ Ohne Erfolg.

Ludwig IX. fährt zur See nach +Tunis+, wo ihn und einen großen Teil des
Heeres Krankheit hinwegrafft.

[1291.]

+Akkon+ wird von den Mamelucken erstürmt, die letzten Besitzungen in
Palästina (+Tyrus+, +Beirut+, +Sidon+) werden von den Christen geräumt.

~Folgen der Kreuzzüge~: 1. Erhöhtes Ansehen der Kirche und des
+Papsttums+. 2. Ausbildung des +Rittertums+, welches sowohl für den
Staat wie für das gesellschaftliche Leben hohe Bedeutung erlangt. 3.
Aufschwung des Seehandels und Entwickelung der +Städte+, zunächst in
Italien (Venedig und Genua). 4. Fortschreiten der geistigen Bildung
durch die im Orient gewonnenen neuen Anschauungen und Kenntnisse
(besonders der Philosophie des Aristoteles, Geographie und Naturkunde).

Stützen der kirchlichen Macht, zugleich Förderer des Ackerbaues,
der Künste und Wissenschaften sind die neugebildeten ~Mönchsorden~:
+Cistercienser+ 1098 (Citeaux unweit Dijon), +Prämonstratenser+
1120 (Prémontré bei Laon), die Bettelorden der +Dominikaner+ 1216,
+Franziskaner+ 1223 (Franz von Assisi in Umbrien) und +Augustiner+
1244. Ausbildung der ~Scholastik~ (Philosophie im Dienste der Kirche)
durch die beiden Dominikaner +Albertus Magnus+ (Albert von Bollstädt
in Schwaben, lehrte in Paris und Köln, † 1280) und +Thomas von Aquino+
(lehrte in Paris, Köln, Rom, Neapel, † 1274).

Die kräftigsten Vorkämpfer der christlichen Staaten im Orient waren


~Die geistlichen Ritterorden.~

1. ~Tempelherren~ oder ~Templer~ (so genannt nach ihrem nahe der Stelle
des salomonischen +Tempels+ gelegenen Ordenshause in Jerusalem),
hervorgegangen aus einem 1118 geschlossenen Bunde 8 französischer
Ritter (+Hugo de Payens+). Zu den drei Mönchsgelübden (Armut,
Keuschheit, Gehorsam) wird die Verpflichtung zum Kampfe gegen die
Ungläubigen hinzugefügt. +Weißer+ Mantel, +rotes+ Kreuz. Der Orden wird
1291 nach Cypern verlegt, 1312 auf dem Konzil zu +Vienne+ durch Papst
Clemens V. aufgehoben.

2. ~Johanniter~, entstanden aus der Brüderschaft des Hospitals des
heiligen Johannes in Jerusalem, welches Kaufleute aus +Amalfi+ um
1048 gestiftet hatten. Die Brüderschaft wird erweitert nach dem
ersten Kreuzzuge, dann nach dem Vorbild der Templer zum Ritterorden
umgestaltet (+Raimund Dupuis+). +Schwarzer+ Mantel, +weißes+ Kreuz. Der
Orden wird verlegt nach Cypern 1291, nach Rhodus 1310, nach Malta 1526,
wo er bis 1798 seinen Sitz hat (daher Malteser genannt).

3. ~Deutscher Orden~, aus einer bei der Belagerung von ~Akkon~ 1190
gestifteten Brüderschaft für Krankenpflege[32] zum ritterlichen Orden
umgewandelt 1198. +Weißer+ Mantel, +schwarzes+ Kreuz. Ordenssitz in
+Akkon+. Unter dem Hochmeister +Hermann von Salza+ wird 1226 der
Orden von dem polnischen Herzog +Konrad von Masovien+ zur Bekämpfung
der heidnischen ~Preussen~ eingeladen, von Kaiser +Friedrich II.+
dazu bevollmächtigt und im Besitz des Landes Kulm sowie der künftigen
Eroberungen bestätigt. +Hermann Balk+, erster +Landmeister+ in
Preußen, welches durch blutige Kämpfe 1230–1283 unterworfen wird. Im
Jahre 1291 wird der Sitz des Hochmeisters nach +Venedig+, 1309 nach
+Marienburg+, 1457 nach +Königsberg+ verlegt. 1525 wird das Ordensland
weltliches Herzogtum. Die katholisch bleibenden Ritter behaupten sich
im Besitz der deutschen Güter; Sitz ihres Hochmeisters zu +Mergentheim+
in Franken. Der Orden wird 1809 aufgehoben.

In allen drei Orden: +Ritter+, +Priester+, +dienende Brüder+.


§ 2. Deutschland und Italien.

[~1125–1137.~]

~Lothar von Sachsen~, gewählt auf Betreiben der Erzbischöfe von Mainz
und Köln, (er läßt seine Wahl vom Papst bestätigen) im Gegensatz zu den
Neffen Heinrichs V., +Friedrich+ und +Konrad+ von Staufen. Er bekämpft
sie mit Hilfe seines Schwiegersohnes +Heinrichs des Stolzen+, Herzogs
von Bayern, aus dem +Welfen+hause (S. 166). Konrad läßt sich in Italien
zum König krönen, wird aber bald von seinen Anhängern verlassen;
Friedrich verteidigt sein Herzogtum +Schwaben+; beide unterwerfen sich
erst 1135.

[Sidenote 1130.]

Lothar entscheidet bei einer zwiespältigen Papstwahl für +Innocenz
II.+, zieht dann 1131 nach +Dänemark+ und benutzt einen Thronstreit
daselbst, um den König Magnus zum Vasallen des Reiches zu machen; dann
1132 Zug nach +Italien+.

[1133.]

Lothar, in Rom von Innocenz II. zum Kaiser gekrönt, nimmt die Allodien
der Markgräfin +Mathilde von Tuscien+ († 1115) vom Papste zu Lehen,
kehrt nach Deutschland zurück, ohne den Gegenpapst +Anaklet+, der sich
auf die +Normannen+ stützt (S. 171), aus Rom vertrieben zu haben.

[1136–1137.]

Zweiter Zug nach +Italien+. Lothar vertreibt den Normannenfürsten
+Roger II.+ auf kurze Zeit vom italischen Festlande, stirbt auf dem
Rückwege in Bayern, nachdem er +Heinrich dem Stolzen+ die Mathildischen
Güter und das Herzogtum Sachsen übertragen hat.

Unter Lothars Regierung erfolgreicher Wiederbeginn der ~deutschen
Kolonisation~ im Norden und Osten des Reiches. Drei Fürstenhäuser,
welche dafür viel geleistet haben, verdanken ihm ihre Einsetzung:
die +Schauenburger+ in ~Holstein~, die +Wettiner+ in ~Meissen~, die
+Askanier+ in ~Brandenburg~ (Albrecht der Bär 1134, Markgraf der
Nordmark, (Altmark)). Bei den wendischen Pommern predigt Bischof +Otto
von Bamberg+ 1124 und 1127 das Christentum.

[~1138–1254.~]

~Haus der Hohenstaufen~ (Staufer), nach der Burg +Staufen+ in Schwaben
benannt.

[~1188–1152.~]

~Konrad III.~, von der dem sächsischen Hause feindlichen Partei ohne
Beteiligung der +Sachsen+ und +Bayern+ gewählt.

Kampf der ~Welfen~ gegen die ~Staufer~ (letztere auch +Waiblinger+
genannt nach der Burg Waiblingen in Schwaben). In Italien heißen die
Parteinamen +Guelfen+ und +Ghibellinen+.

König Konrad spricht über +Heinrich den Stolzen+ die Acht aus und
verleiht das Herzogtum Sachsen an +Albrecht den Bären+, Bayern an
+Leopold IV.+, Markgrafen von Österreich. Während des Kampfes stirbt
Heinrich der Stolze 1139. Die sächsischen Großen halten zu seinem
10jährigen Sohne Heinrich; in Bayern und Schwaben kämpft sein Bruder
Welf VI. für seinen Neffen.

[1140.]

+Schlacht bei Weinsberg+ (unweit Heilbronn), Sieg Konrads über Welf
VI., die Stadt muß sich ergeben. (Die treuen Weiber von Weinsberg).

Nach dem Tode Leopolds von Österreich kommt Bayern an seinen Bruder
+Heinrich Jasomirgott+,[33] welcher +Gertrud+, Heinrichs des Stolzen
Witwe, heiratet (1142). Des letzteren Sohn +Heinrich der Löwe+ erhält
Sachsen zurück. Albrecht der Bär entsagt seinen Ansprüchen auf das
Herzogtum Sachsen, erhält seine anhaltischen Besitzungen zurück,
regiert in der Nordmark und (seit Pribislavs Tode 1150) im Havellande
als +Markgraf von Brandenburg+ (S. »Anhang«).

[1147.]

Während Konrad III. den zweiten Kreuzzug nach Palästina unternimmt,
herrscht in Italien große Verwirrung. Der Mönch +Arnold von Brescia+
im Kampf mit dem Papst. In Rom eine Republik gegründet, der Papst
vertrieben. In Norddeutschland ~Wendenkreuzzug~: Heinrich der
Löwe gegen den Obotritenfürsten +Niklot+, dessen Söhne später das
Christentum annehmen; Albrecht der Bär und Konrad von Wettin gegen
den Pommernfürsten +Ratibor+, der 1149 sich zum Christentum bekennt.
Seitdem deutsche Einwanderung in +Mecklenburg+ und +Pommern+, welche
deutsche Reichsländer werden.

Konrad III. empfiehlt zum Nachfolger seinen Neffen +Friedrich von
Schwaben+, der von den Fürsten einstimmig in +Frankfurt+ gewählt, dann
in +Aachen+ gekrönt wird. Im Gegensatz zu Lothar und Konrad III. zeigt
er dem Papst seine Wahl nur an.

[~1152–1190.~]

~Friedrich I., Barbarossa~, durch Tapferkeit und Gerechtigkeit
hervorragend. Reichstag zu Merseburg 1152, Entscheidung des dänischen
Thronstreits: +Svend+ wird König von Dänemark als Vasall des Reiches.

 ~Welfen.~

 Welf IV.,
 Hz. v. Bayern, †1101.
      |
 Heinrich d. Schwarze,
 Hz. v. Bayern, †1126.
 Gem. Wulfhild, T. des Magnus Billung.
  _____________|_______________________
      |                     |     |
 Heinrich der Stolze,  Welf VI.  Judith, Gem. v. Friedrich Hz.
 Hz. v. Bayern u.      †1191.                   v. Schwaben,
 Sachsen, †1139.                                †1147.
 Gem. Gertrud, T.
 Lothars v. Sachsen.
      |
 ~Heinrich~ der Löwe
 Herzog v. Sachsen u. Bayern, †1195.
  ____|__________________
    |                    |
 ~Otto IV.,~          Wilhelm
  †1218.                 |
 1. Gem. Beatrix         |
 2. Maria            Otto das Kind,
 v. Brabant          erster Hz. v.
                     Braunschweig-Lüneburg.


 ~Hohenstaufen (Staufer).~

 Friedrich, Herzog von Schwaben, †1105.
 Gem. Agnes, Tochter Kaiser Heinrichs IV.
  _____________|_________________
 |                               |
 Friedrich Hz.          ~Konrad III.,~
 v. Schwaben, †1147.    †1152.
      |
 ~Friedrich I.,~ Barbarossa
    †1190.
   ___|___________________________________
    |                        |            |
 ~Heinrich VI.,~       Friedrich        ~Philipp~
 †1197.                Hz. v. Schwaben  von Schwaben
 Gem. Konstanze.       †1191.           †1208.
    |                          ___________|________
 ~Friedrich II.,~          Beatrix,         Beatrix,
 †1250.                    Gem. Otto IV.    Gem. Ferdinand III.
    |                                       von Kastilien.
  __|______________________________________________      |____
 |              |               |           |      |          |
 Heinrich, ~Konrad IV.,~ Margarete, †1270, Enzio,  Manfred, Alfons X.
 †1242.   †1254.            Gem. Albrecht      †1272. †1266.  von
                |              von Thüringen.          |  Kastilien.
                |             __|__________            |
             Konradin        Friedrich.  Diezmann.  Constantia,
             †1268.                                 Gem. Peter III. von
                                                    Aragon.

Friedrichs Hauptbestreben ist, das Ansehen des ~Kaisertums~
wiederherzustellen. Daher Streit mit den zu mächtigen Republiken
gewordenen ~lombardischen Städten~. Sechs Züge nach ~Italien~, bei
welchen das deutsche +Rittertum+ seine Kraft entfaltet.

[1154–1155.]

+Erster Zug.+ Friedrich zerstört einige kleine Orte, die sich ihm
widersetzen, und wird in Rom von Hadrian IV. zum Kaiser gekrönt.
Tapferer Kampf +Heinrichs des Löwen+ gegen die aufständischen Römer.
+Arnold von Brescia+ (Schüler des Scholastikers +Abälard+), der gegen
die weltliche Herrschaft der Geistlichen und den Güterbesitz der Kirche
aufgetreten war, wird verurteilt und verbrannt.

Auf dem Rückwege von Rom erstürmt +Otto von Wittelsbach+ den Engpaß im
Etschtale bei +Verona+.

[1156.]

Heinrich der Löwe erhält auch Bayern zurück. +Österreich+ bleibt im
Besitze der +Babenberger+ (S. 162) als ein auch in weiblicher Linie
erbliches +Herzogtum+.

Gegenüber der welfischen Machtstellung in Sachsen und Bayern stützt
die kaiserliche Macht sich auf die Stammgüter in +Schwaben+ und
auf die von den Saliern ererbten Güter in +Franken+, außerdem auf
bedeutende +Reichsgüter+ in anderen Landschaften, besonders in der
Rheingegend. Das »goldene Mainz« Mittelpunkt des Handels und Verkehrs.
Die Verwaltung dieser Güter werden +Ministerialen+ übertragen, d. h.
den Gehülfen (ministri) der Ritter und freien Herren, die ursprünglich
unfrei gewesen waren, dann aber infolge ihrer gehobenen Stellung sich
mehr und mehr von ihren hörigen Standesgenossen abhoben und schließlich
den freien Rittern gleich geachtet wurden. ~Kaiserliche Pfalzen~ zu
Hagenau (im Elsaß), Trifels und Kaiserslautern (in der Rheinpfalz),
Ingelheim, Gelnhausen, Aachen, Dortmund, Goslar, Tilleda (am
Kyffhäuser), Nürnberg u. a. Die +Pfalzgrafschaft am Rhein+ überträgt
Friedrich 1156 seinem Halbbruder Konrad, der die Burg +Heidelberg+
gründet.

[1156]

vermählt Friedrich sich mit +Beatrix+, der Erbin von Hochburgund.

[1157.]

Zug Friedrichs über die Oder nach +Polen+. Herzog Boleslav IV.
unterwirft sich, räumt um 1163 seinen Neffen besondere Fürstentümer in
~Schlesien~ ein; seitdem deutsche Einwanderung in dieses Land.

[Sept.]

Reichstag zu +Würzburg+; es erscheinen Gesandtschaften aus dem
byzantinischen Reich, aus England, Dänemark, Ungarn, Italien,
~Burgund~. Auf dem Reichstage zu +Besançon+ (Okt.) huldigen die
burgundischen Großen. Der Kanzler des Kaisers, Graf +Rainald von
Dassel+, tritt gegen den Kardinal +Roland von Siena+ auf, welcher auf
Grund eines päpstlichen Schreibens die Kaiserkrone für ein päpstliches
Lehen (+beneficium+) erklärt.

[1158.]

Fürstentag zu +Regensburg+; Herzog Wladislav von ~Böhmen~ erhält von
Friedrich die +Königskrone+.

[1158–1162.]

+Zweiter Zug+ nach ~Italien~. Die lombardischen Städte, auch
Mailand, unterwerfen sich. Reichstag auf den +Ronkalischen Feldern+
(bei Piacenza), die kaiserlichen Hoheitsrechte über die Städte in
Oberitalien auf Grund des +römischen Rechts+ festgestellt. Die
Mailänder empören sich von neuem. Streit des Kaisers mit dem Papste
über die kaiserlichen Rechte in Rom. Krieg gegen Mailand, das sich nach
längerer Belagerung ergeben muß. Auf Befehl des Kaisers wird

[1162.]

~Mailand zerstört~ durch die Einwohner der Nachbarstädte.

[1159–1177.]

Kirchenspaltung. Papst ~Alexander III.~ (Roland von Siena) von der
Mehrzahl der Kardinale gewählt, Viktor IV. von der kaiserlich gesinnten
Minderheit. Friedrich entscheidet auf dem Konzil zu Pavia (+Rainald+,
Erzbischof von Köln) für Viktor. Alexander III., im Bunde mit den
lombardischen Städten, spricht über den Kaiser den +Bann+ aus, sieht
sich aber genötigt, nach Frankreich zu entweichen.

[1163.]

+Dritter Zug+. Der Kaiser ohne Heer. Er bestätigt die Anordnungen
seines Kanzlers +Rainald+. Bald neue Unruhen in Italien, Alexander III.
kehrt nach Rom zurück.

[1166–1168.]

+Vierter Zug+. Paschalis III., Viktors Nachfolger, wird von Friedrich
nach Rom geführt; Alexander entflieht nach Benevent, findet Schutz im
Normannenreich (S. 171). Unterdessen stellen die Lombarden +Mailand+
wieder her, erbauen +Alessandria+ (dem Papste zu Ehren benannt) und
besetzen die Alpenpässe. Der Kaiser, dessen Heer durch eine in Rom
ausgebrochene +Seuche+ fast aufgerieben war, entkommt nur mit Mühe nach
Deutschland.

Fehde zwischen +Heinrich dem Löwen+, der seine Herzogsgewalt über
Mecklenburg und Pommern ausgedehnt hat, und den ihm feindlichen Fürsten
(den Erzbischöfen von Magdeburg und Bremen, Albrecht dem Bären, Otto
von Meißen, Ludwig dem Eisernen von Thüringen u. a.). Der Kaiser
schlichtet den Streit zu Gunsten Heinrichs des Löwen, bringt aber
durch Vertrag mit dem kinderlosen Welf VI. die +welfischen Stammgüter+
in Schwaben (Altorf und Ravensburg) an sich, um seine Hausmacht zu
vermehren. Heinrich der Löwe unternimmt eine Wallfahrt nach Jerusalem
(1172).

[1174–1178.]

+Fünfter Zug+ Friedrichs nach Italien. Er belagert vergeblich das
feste +Alessandria+. Heinrich der Löwe verweigert auf den Anruf
des Kaisers die Heeresfolge (Zusammenkunft in +Partenkirchen+ oder
+Chiavenna+). Der Kaiser greift die Lombarden an, wird aber in der

[1176.]

~Schlacht bei Legnano~ besiegt. Unterhandlungen und Waffenstillstand
mit Alexander III. und den lombardischen Städten.

[1177.]

Aussöhnung zwischen Kaiser und Papst in +Venedig+. Alexander III. wird
durch Erzbischof Christian von Mainz im Auftrage des Kaisers nach Rom
zurückgeführt. Friedrich ordnet die Verhältnisse Italiens, empfängt
1178 in +Arles+ die burgundische Krone, kehrt dann nach Deutschland
zurück, um seinen Vetter +Heinrich den Löwen+ zu demütigen.

[~1180.~]

~Heinrich der Löwe geächtet~ und seiner Lehen verlustig erklärt,
nachdem er auf viermalige Vorladung nicht erschienen ist. Friedrich
zieht mit Heeresmacht gegen ihn, dringt 1181 durch Sachsen bis +Lübeck+
vor und nimmt diese Stadt ein, darauf unterwirft sich Heinrich der Löwe
zu +Erfurt+. Er behält seinen Allodialbesitz von mütterlicher Seite,
Braunschweig und Lüneburg, muß aber auf drei Jahre in die Verbannung
gehen, begibt sich nach +England+ zu seinem Schwiegervater König
Heinrich II.

~Teilung des Herzogtums Sachsen~. +Westfalen+ kommt größtenteils an
das Erzbistum Köln; die Grafen von +Holstein, Schwerin, Oldenburg,
Teklenburg+ u. a. werden reichsunmittelbar; ebenso die Stadt +Lübeck+,
während +Hamburg+ den Grafen von Holstein, +Bremen+ seinem Erzbischof
noch Untertan bleibt.[34]

Das +östliche Sachsen+ (Wittenberg und Lauenburg) mit der Herzogswürde
erhält +Bernhard von Askanien,+ Sohn Albrechts des Bären; ~Bayern~
(ohne +Steiermark+, welches selbständiges Herzogtum wird, bald aber an
Österreich kommt) erhält +Otto von Wittelsbach+ († 1183).

[1183.]

Friede mit den lombardischen Städten zu +Konstanz+. Die meisten
beanspruchten Rechte (namentlich freie Wahl der Stadtobrigkeit,
Consules) werden ihnen gegen Anerkennung der Oberhoheit des deutschen
Reiches zugestanden.

[1184.]

Glänzendes Reichsfest in der Rheinebene bei +Mainz+; der Kaiser erteilt
seinen beiden ältesten Söhnen den Ritterschlag. ~Einheit und Macht des
deutschen Reiches überall anerkannt.~

[1184–1186.]

+Sechster+ (friedlicher) Zug nach Italien. Der Kaiser vermählt in
+Mailand+ seinen schon längst zum deutschen König gewählten 21jährigen
Sohn ~Heinrich~ mit ~Konstanze,~ der Erbin des +Normannenreiches+ in
Unteritalien.

[1189–1190.]

+Friedrichs Kreuzzug+ und +Tod+ (s. S. 175). Sein Sohn Heinrich
Reichsverweser. +Heinrich der Löwe,+ der bei des Kaisers Aufbruch
abermals auf 3 Jahre das Reich hatte verlassen müssen, kehrt
eigenmächtig aus England zurück. Da im Nov. 1189 König Wilhelm II. von
Sicilien gestorben ist, so beeilt sich König Heinrich, mit Heinrich dem
Löwen einen Vertrag zu schließen. Mittlerweile kommt die Nachricht von
Kaiser Friedrichs Tode nach Deutschland.

[~1190–1197.~]

~Heinrich VI.,~ ein staatskluger, hochgebildeter Fürst, aber streng und
rücksichtslos.

[1191.]

+Erster Zug+ nach +Italien.+ Heinrich empfängt die Kaiserkrone in
Rom und zieht nach Neapel, um das Erbe seiner Gemahlin Konstanze dem
Normannen +Tankred+ +von Lecce+ zu entreißen. Vergebliche Belagerung
von Neapel. Krankheiten in seinem Heere zwingen den Kaiser zur Rückkehr
nach Deutschland. Dort

[1192–1194.]

neuer Krieg mit Heinrich dem Löwen, der den Vertrag nicht gehalten hat.
Den Krieg beendet ein Vergleich, welcher erleichtert wird durch die
Freigebung von Heinrichs des Löwen Schwager, +Richard Löwenherz+ von
England (s. S. 176). Heinrich der Löwe stirbt 1195 zu Braunschweig.

[1194.]

+Zweiter Zug+ nach +Italien+; das Königreich beider Sicilien
unterworfen, Krönung zu +Palermo+. ~Kaiserliche Herrschaft über ganz
Italien,~ deutsche Statthalter in Tuscien, Ancona, Spoleto.

[1196.]

Reichstag zu +Würzburg+. Der Plan Heinrichs, Deutschland (vereinigt
mit dem Königreich beider Sicilien) zum +Erbreich+ zu machen, wogegen
ebenso alle Lehen, auch in weiblicher Linie, erblich werden sollen,
scheitert an dem Widerstande der geistlichen und weltlichen Fürsten.

[1197.]

+Dritter Zug+ Heinrichs nach +Italien+. Er unterdrückt eine
Verschwörung mit grausamer Härte. Inmitten großartiger Pläne (Eroberung
des oströmischen Reiches, Gründung einer Weltherrschaft, Kreuzzug)
stirbt er, erst 32 Jahre alt, plötzlich in Messina. Sein Sohn
Friedrich, noch nicht 3 Jahre alt, schon vor seiner Taufe von den
deutschen Fürsten zum Nachfolger seines Vaters ernannt.

In Deutschland Doppelwahl;

[~1198–1208.~]

~Philipp von Schwaben~ (jüngster Sohn Friedrich Barbarossas).

[~1198–1215.~]

~Otto IV. von Braunschweig~ (Sohn Heinrichs des Löwen).

[1198–1215.]

Thronkrieg zwischen +Staufern+ und +Welfen+.[35]

Otto IV. von Papst ~Innocenz III.~ anerkannt, von seinem durch den
Papst gebannten Gegenkönig Philipp besiegt und fast auf Braunschweig
beschränkt.

[1208.]

Philipp wird +zu Bamberg+ ermordet von dem bayrischen Pfalzgrafen
+Otto von Wittelsbach+ (Privatrache). Darauf wird ~Otto IV.~, der
sich mit Philipps junger Tochter verlobt, allgemein anerkannt und von
Papst Innocenz III. in Rom 1209 zum Kaiser gekrönt, nachdem er dem
päpstlichen Stuhle die Mathildischen Güter (S. 179) überlassen und
andere Zugeständnisse gemacht hat. Bald aber gerät er in Streit mit dem
Papste, welcher im Verein mit der staufischen Partei in Deutschland
gegen ihn 1212 als König aufstellt seinen Mündel ~Friedrich~, Sohn
Heinrichs VI. Friedrich verspricht, Sicilien, das die Kurie als ein
päpstliches Lehen ansah, nie mit dem Reich zu vereinigen.

[1214.]

Otto IV., als Bundesgenosse Englands von Philipp II. Augustus von
Frankreich bei +Bouvines+ (unweit +Lille+) besiegt (S. 193), zieht sich
in seine Erblande zurück († 1218 auf der Harzburg).

Hohes Ansehen des ~Papsttums~ unter ~Innocenz III.~ (1198 bis 1216),
der als Statthalter Christi auf Erden auch zwischen Frankreich
und England (S. 193), in Aragon und Portugal, Ungarn und den
skandinavischen Reichen als Schiedsrichter auftritt. Herstellung des
+Kirchenstaats+, Krieg gegen die Ketzer in Südfrankreich (S. 191),
Einsetzung der +Inquisition+ auf dem Laterankonzil zu Rom 1215.

Blüte der ritterlichen ~Dichtkunst~ in Deutschland: Heinrich von
Veldeke, Hartmann von Aue; +Wolfram von Eschenbach+ und +Walther von
der Vogelweide+ am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen († 1217)
auf der Wartburg. Schriftliche Aufzeichnung des +Nibelungenliedes+.

[~1212(15)–1250.~]

~Friedrich II., zugleich König beider Sicilien~, der geistig
bedeutendste Fürst des Mittelalters, leidenschaftlich, mehr Italiener
als Deutscher (in Sicilien geboren, von seiner italienischen Mutter
erzogen), entschiedener Gegner der geistlichen Herrschaft.

Er wird von einem Teile der Fürsten 1212 in Frankfurt zum König
gewählt, verleiht 1214 die +Pfalzgrafschaft am Rhein+ (S. 182) dem
Herzog Ludwig I. von Bayern, dem Sohne Ottos von Wittelsbach, und
bestätigt dem König Waldemar II. von +Dänemark+ den Besitz der Länder
jenseits der +Elbe+ und +Elde+ (Holstein und Mecklenburg), welche
dieser während des deutschen Thronstreits an sich gerissen hatte.

[~1215~.]

Friedrich II. allgemein anerkannt und zu +Aachen+ gekrönt. Er gelobt
einen Kreuzzug und verläßt Deutschland 1220, nachdem er die Wahl seines
jungen Sohnes +Heinrich+ zum römischen König erreicht hat.

[1220.]

Kaiserkrönung Friedrichs II. in +Rom+ nach erneutem Versprechen eines
Kreuzzugs; darauf ordnet er die Verhältnisse des sicilischen Reiches.
In Deutschland Erzbischof +Engelbert von Köln+ Reichsverweser († 1225),
dann König Heinrich.

[1223.]

+Waldemar II. von Dänemark+ wird von dem Grafen Heinrich von Schwerin
gefangen genommen und nach Deutschland geführt. +Hermann von Salza+,
Hochmeister des Deutschen Ordens, vermittelt im Auftrage des Kaisers
seine Freilassung, die erst 1225 gegen hohes Lösegeld und Verzicht auf
die deutschen Gebiete erfolgt.

[1226.]

Der Kaiser bevollmächtigt den Deutschen Orden zur Eroberung +Preußens+
(S. 178). Reichstag zu +Cremona+, Streitigkeiten mit den lombardischen
Städten.

[1227.]

Das in Apulien versammelte Kreuzheer löst sich auf wegen Ausbruchs der
Pest. Ludwig, Landgraf von Thüringen, Gemahl der heiligen Elisabeth,
stirbt. Papst Gregor IX. (1227–41) spricht den Bann über den Kaiser aus.

[1227.]

~Schlacht bei Bornhöved~ in Holstein. Waldemar II., der Sieger, besiegt
von den Grafen von Holstein und Schwerin, Herzog Albert von Sachsen,
dem Erzbischof von Bremen und den Bürgern von Lübeck und Hamburg. Das
Land bis zur Eider für Deutschland gerettet.

[1228–1229.]

~Kreuzzug~ Friedrichs II. (S. 177). Nach der Rückkehr vertreibt er
die in sein italisches Reich eingedrungenen päpstlichen Truppen
(Schlüsselsoldaten genannt).

[1230.]

Friede mit dem Papste zu ~San Germano~, Aufhebung des Bannes.
Gesetzgebung Friedrichs II. für das unteritalische Reich (Constitutio
Monarchiae Siculae); geordnete Verwaltung und Rechtspflege; auf den
Landtagen erscheinen neben dem Adel Vertreter der Städte; direkte
und indirekte Steuern eingeführt; Beamtentum, Söldnerheer und Flotte
geschaffen; staatliche Universität in Neapel gegründet.

[1231.]

In Deutschland wird die ~Landeshoheit~ der geistlichen und weltlichen
~Fürsten~ über ihre Gebiete befestigt durch die von Friedrich II.
genehmigten Beschlüsse des Reichstags zu +Worms+.

[1233.]

Der Dominikaner +Konrad von Marburg+, Beichtvater der Landgräfin
Elisabeth von Thüringen (1207–1231), welcher in Deutschland als
Ketzerrichter auftrat, wird erschlagen; aber ein Kreuzheer besiegt und
vernichtet 1234 die der Ketzerei beschuldigten +Stedinger+ Bauern in
Oldenburg.

[1235.]

Friedrich II. kommt wegen Empörung seines Sohnes Heinrich nach
Deutschland, schickt ihn als Gefangenen nach Italien († 1242), erläßt
auf dem +Reichstag zu Mainz+ ein ~Landfriedensgesetz~ (+erste+
Veröffentlichung eines Reichsgesetzes auch in +deutscher+ Sprache)
und verleiht dem Welfen +Otto+, Neffen Ottos IV., das Herzogtum
+Braunschweig-Lüneburg+.

[Sidenote 1236.]

Siegreicher Kampf Friedrichs gegen die +lombardischen Städte+, in
welchen die Partei der ~Guelfen~ herrscht. Sein Verbündeter der
grausame +Ezzelino da Romano+, Markgraf von Verona, an der Spitze
der ~Ghibellinen~. Der Kaiser zieht noch einmal nach Deutschland, um
Herzog Friedrich den Streitbaren von +Österreich+ wegen Empörung zu
strafen und die Wahl seines zweiten Sohnes Konrad zum römischen König
durchzusetzen.

[1237.]

Glänzender Sieg Friedrichs über die Lombarden bei ~Cortenuova~. Seine
zu weit gehenden Forderungen vereiteln jedoch die völlige Unterwerfung
der Lombardei. Sein Sohn Enzio mit der Erbin von Sardinien vermählt,
über das die Kurie die Lehnshoheit beanspruchte. Papst Gregor IX.
beschuldigt ihn der Ketzerei und bannt ihn 1239 abermals. Er dringt
1240 vor bis in die Nähe Roms, wendet sich dann nach Ancona und
belagert Faenza.

[1241.]

Seesieg seines Sohnes +Enzio+ bei +Elba+ über die genuesische Flotte,
viele zum Konzil nach Rom fahrende Geistliche gefangen. Gregor IX. †.
Sein Nachfolger Innocenz IV. verhandelt mit dem Kaiser, entflieht aber
1244 nach Genua und weiter nach Lyon. (Bedrohung Deutschlands durch die
Mongolen, s. S. 195).

[~1245.~]

~Absetzung des Kaisers~ durch Beschluß des +Konzils zu Lyon+. Innocenz
IV. erneuert den Bann gegen ihn und fordert die deutschen Fürsten zu
einer Neuwahl auf. Die Bettelmönche (Franziskaner und Dominikaner)
predigen das Kreuz gegen ihn.

[1246–1247.]

~Heinrich Raspe~, Landgraf von Thüringen, Schwager der heiligen
Elisabeth, der sie mit ihren Kindern von der Wartburg vertrieb, als
Gegenkönig anfangs siegreich gegen Konrad, Friedrichs Sohn, dann
aber bei Ulm zurückgeschlagen, stirbt 1247 auf der Wartburg. Mit ihm
erlischt das landgräfliche Haus von Thüringen, dessen +östlicher+ Teil
mit der Markgrafschaft +Meißen+ vereinigt wird; aus dem +westlichen+
geht die Landgrafschaft +Hessen+ hervor.

[1247–1256.]

~Wilhelm von Holland~, zweiter Gegenkönig, der jedoch kein Ansehen in
Deutschland erlangt.

~Friedrich~ kämpft 1248 in Italien anfangs glücklich, wird aber vor
Parma zurückgeschlagen. Sein Sohn +Enzio+ gerät 1249 beim Kampfe gegen
Bologna in Gefangenschaft († nach 23jähriger Haft im Kerker). Der
Kanzler +Petrus von Vinea+ wird wegen geheimer Verhandlungen mit dem
Papste als Verräter geblendet, † 1249.

[1250.]

Friedrich stirbt zu Fiorentino (in Apulien) in den Armen seines Sohnes
Manfred. Ihm folgt in Deutschland sein Sohn

[~1250–1254.~]

~Konrad IV.~ (Gegenkönig Wilhelm von Holland), der aber schon 1251 nach
Italien zieht, um gemeinsam mit Manfred um das unteritalische Erbreich
zu kämpfen. Er erobert 1253 Neapel, stirbt aber im folgenden Jahre am
Fieber.

[1256.]

Wilhelm von Holland fällt im Kampfe gegen die Friesen.

[~1256–1273.~]

~Interregnum in Deutschland.~

Graf +Richard von Cornwallis+, Bruder Heinrichs III. von England,
Schwager Kaiser Friedrichs II., von einem Teil der Fürsten erwählt, in
Aachen gekrönt, kommt nur am Rhein zur Anerkennung († 1272). +Alfons X.
von Kastilien+, Enkel des Hohenstaufen Philipp von Schwaben, von andern
Fürsten gewählt, kommt nie nach Deutschland.

~Verfall des deutschen Reiches.~ Die Reichsgüter (S. 182) werden teils
von den Fürsten in Besitz genommen, teils reichsfreier Besitz von
Rittern, Städten und Klöstern. Fehden und Raubrittertum namentlich
am Rhein und in Schwaben. 1254 Stiftung des +rheinischen Bundes+
(ausgehend von den Städten Mainz und Worms; die Erzbischöfe von Mainz,
Trier, Köln, mehrere Bischöfe, Grafen und Städte schließen sich an) zur
Wahrung des Landfriedens und Beseitigung ungerechter Zölle.

~Befestigung der Landeshoheit~ in den größeren fürstlichen Gebieten:
die +Wittelsbacher+ in Bayern und der Rheinpfalz (Residenz Heidelberg,
S. 186), die +Welfen+ in Braunschweig-Lüneburg (S. 188), die +Askanier+
in Sachsen-Wittenberg und Sachsen-Lauenburg, Anhalt und Brandenburg
(S. 180, 184), die +Wettiner+ in Meißen und Thüringen (S. 188). In den
östlichen Landschaften Fortschreiten der deutschen +Kolonisation+ (S.
179).

Bei dem Mangel geordneter Rechtsprechung von Reichs wegen gewinnt das
von dem sächsischen Schöffen +Eike von Repgow+ um 1230 aufgezeichnete
Rechtsbuch, der +Sachsenspiegel+, bald große Verbreitung; in ähnlicher
Weise wird das in Oberdeutschland geltende Land- und Lehnsrecht um 1276
im +Schwabenspiegel+ aufgezeichnet. In Westfalen entwickeln sich aus
den alten Grafschaftsgerichten die +Femgerichte+; der Erzbischof von
Köln Oberstuhlherr, Freischöffen im ganzen Reiche.

Allmähliches ~Aufblühen der Städte~: sie streben, zum Teil auf frühere
kaiserliche Privilegien gestützt, nach +Selbstregierung+ durch den von
den Bürgern erwählten +Rat+. Worms und Köln treten schon unter Heinrich
IV. und V. hervor. Die Bürger von +Köln+ behaupten ihre Rechte im
Streit gegen den Erzbischof 1258–1271 und in der Schlacht bei Worringen
1288, die Bürger von +Straßburg+ siegen über den Bischof 1262 bei
Hausbergen. Diese und andere +bischöfliche+ Städte (Worms, Speier,
Augsburg, Regensburg) werden gleich den früher von +königlichen+
Beamten (Burggrafen oder Vögten) regierten Städten (Frankfurt, Aachen,
Dortmund, Lübeck, Goslar, Nürnberg, Ulm u. a.) allmählich zu ~freien
Reichsstädten~. Andere bleiben unter bischöflicher oder +fürstlicher+
Hoheit (Mainz, Magdeburg, Würzburg, München, Braunschweig, Stralsund
u. a.), erlangen aber doch bedeutende Rechte zur Sicherung ihres
Handels und Gewerbefleißes.

~Aufblühen der Baukunst.~ Den romanischen Rundbogenstil (Dome zu Mainz,
Worms, Speier und Bamberg; Wartburg) verdrängt allmählich der zuerst
von den Arabern angewandte sog. gotische Spitzbogenstil: Dom zu +Köln+
1248 vom Erzbischof Konrad von Hochstaden an Stelle eines älteren Doms
gegründet; Erwin von Steinbach beginnt 1277 die Westfront des Münsters
zu +Straßburg.+

[~1266–1268.~]

~Untergang des staufischen Herrscherhauses in Italien.~

~Manfred~ verteidigt das Königreich beider Sicilien zuerst als
Reichsverweser für Konradin, den in Deutschland zurückgebliebenen Sohn
Konrads IV., seit 1258 als König. Er fällt 1266 in der +Schlacht bei
Benevent+ im Kampfe gegen +Karl von Anjou+, Bruder Ludwigs IX. von
Frankreich, welchem der Papst das Königreich zu Lehen gegeben hat.

~Konradin~ geht 1267 mit +Friedrich von Baden+ (als Sohn der
babenbergischen Erbtochter von Österreich auch Friedrich +von
Österreich+ genannt) nach Italien. Er wird 1268 bei ~Tagliacozzo~ (nahe
dem +Logo di Celano+, Fuciner-See) geschlagen und auf Befehl Karls von
Anjou in Neapel hingerichtet.

Die Grausamkeit des Königs erregt Unruhen in Sicilien.

[~1282.~ 30. März.]

~Sicilianische Vesper,~ so genannt, weil der Aufstand am Ostermontag
gegen Abend ausbrach. Ermordung aller Franzosen in +Palermo+, dann in
ganz Sicilien, angestiftet von dem Ghibellinen Johann von +Procida+.
König Pedro III. von +Aragon+, Schwiegersohn Manfreds, vereinigt
Sicilien mit seinem Reiche; Karl von Anjou behält das Königreich
Neapel.


§ 3. Frankreich.

Allmähliches Erstarken des Königtums. Die Macht der ~Capetinger~ ist
noch auf ihr Herzogtum +Francien+ (Isle de France und Orléanais)
beschränkt, doch halten sie die Lehnshoheit über die großen Vasallen
fest.

+Philipp I.+ (1060–1108) mit Gregor VII. in Streit wegen der
Hoheitsrechte über die Bischöfe, während des ersten Kreuzzuges im Bann
wegen Verstoßung seiner Gemahlin, vererbt doch die königlichen Rechte
auf seinen Sohn +Ludwig VI.+ (1108–1137). Dieser bringt mit Hilfe des
staatsklugen Abtes +Suger+ von St.-Denis die königliche Gerichtsbarkeit
über die Vasallen zu Ansehen und fördert die Städte. Veredlung des
+Rittertums+ durch die Kreuzzüge; Aufblühen der ritterlichen Dichtkunst
(+Troubadours+ in der Provence, Trouvères in Nordfrankreich). +Ludwig
VII.+ (1137–1180) unternimmt den zweiten Kreuzzug (S. 174f.), läßt sich
von seiner Gemahlin +Eleonore+ von Aquitanien scheiden; diese heiratet
Heinrich II. Plantagenet, König von England, der dadurch +Poitou+,
+Guyenne+ und +Gascogne+ u. a.m. erhält.

[~1180–1223.~]

~Philipp II.~ Augustus. Dritter Kreuzzug mit Richard Löwenherz (S.
175f.). Siegreiche Kriege gegen England nach der Rückkehr (S. 193);
Mehrung der Königsmacht.

[1209–1229.]

~Albigenserkriege~ in Südfrankreich, veranlaßt durch die Predigten der
Cistercienser und Dominikaner (S. 178) gegen die kirchlichen Sekten
der +Katharer+ (in Deutschland +Ketzer+ genannt) und +Waldenser+
(Petrus Waldus zu Lyon 1173). Graf Raimund VI. von +Toulouse+ nimmt
sich der Bedrängten an, welche grausam verfolgt werden (Einwohnerschaft
des erstürmten Béziers, 20000 Seelen, umgebracht), muß vor Simon von
Montfort zurückweichen, gewinnt aber schließlich seine Besitzungen
wieder. Philipp II., Augustus, vermeidet die Einmischung in den Krieg;
sein Sohn +Ludwig VIII.+ (1223–1226) folgt dem Hilferuf Amalrichs
von Montfort gegen Raimund VII., stirbt aber vor Beendigung des
Kriegszuges. Die päpstliche Inquisition vollendet die gewaltsame
Bekehrung der Albigenser.

[~1226–1270.~]

~Ludwig IX., der Heilige,~ anfangs unter Vormundschaft seiner Mutter
Blanka von Kastilien. Raimund VII. unterwirft sich 1229; die Grafschaft
+Toulouse+ mit der Krone vereinigt, ebenso andere Provinzen durch
Vertrag oder Erbanfall. Friedliche Regierung, Verbot der Fehden,
Fürsorge für die Rechtspflege; Gottesurteile abgeschafft; die
Gerichtsbarkeit der großen Vasallen beschränkt durch die Oberaufsicht
der königlichen Gerichte (Parlamente). Aufblühen der Universität
+Paris+. Ludwigs Kaplan Robert von Sorbon gründet die +Sorbonne+,
berühmt als Hauptsitz der theologischen Studien. Sechster und siebenter
Kreuzzug (S. 177).


§ 4. England.

[~1066–1154.~]

~Normannische Könige.~

[~1066–1087.~]

~Wilhelm I.~, der Eroberer, Sohn Roberts II, des Teufels, vollendet
in blutigen Kämpfen die Unterwerfung der Angelsachsen und richtet
den normannischen Lehnsstaat ein, aber mit Beibehaltung der
angelsächsischen Grafschaftseinteilung und Gerichtsverfassung.
Aufzeichnung der Rechtsverhältnisse und Abgaben der Grundbesitzer im
+Domesdaybook+ (von domus dei): Ritterlehen, Kirchengüter, städtischer
Besitz, freie Bauerngüter, Höfe der Unfreien. Zwei Volksstämme und
zwei Sprachen, die +sächsische+ und die +französische,+ bestehen noch
lange Zeit in England nebeneinander; König und Adel sind französische
Normannen.

Wilhelms I. ältester Sohn Robert erbt die +Normandie+; in England
folgen die jüngeren Söhne, zuerst +Wilhelm II.+, dann +Heinrich I.+,
welcher 1106 auch die Normandie in Besitz nimmt. Ihm folgt sein
Schwestersohn +Stephan von Blois+, gegen welchen Heinrichs Tochter
Mathilde, vermählt mit dem Grafen Gottfried von Anjou, Erbansprüche
erhebt. Langwierige Kämpfe; endlich wird Mathildens Sohn Heinrich von
Anjou als Thronfolger anerkannt.

[~1154–1399.~]

~Haus Anjou-Plantagenet.~[36]

[~1154–1189.~]

~Heinrich II.~ besitzt große französische Lehen: 1. +Normandie+ und
+Bretagne+ als Erbe der normannischen Könige, 2. +Anjou+, +Maine+,
+Touraine+ von seinem Vater, 3. durch Heirat mit +Eleonore+ (1152, s.
S. 191) +Poitou+, +Guyenne+ und +Gascogne+, also im ganzen mehr als
halb Frankreich.

[1164.]

Reform der Rechtspflege durch die Beschlüsse von +Clarendon+,
namentlich werden die Vorrechte der Geistlichen beschränkt. Deswegen
Streit mit dem Erzbischof +Thomas Becket+ von Canterbury, welcher von
Anhängern des Königs 1170 ermordet wird.

[1171.]

Kriegszug nach +Irland+, die Fürsten der Insel unterwerfen sich der
englischen Lehnshoheit. Durch einen Aufstand wird ein Teil wieder
selbständig.

[1174.]

Heinrichs Buße am Grabe des auf sein Anstiften ermordeten
Erzbischofs; seine aufständischen Söhne müssen sich unterwerfen. Die
Gerichtsbarkeit über die Geistlichen wird durch Verträge mit Papst
Alexander III. geregelt.

[~1189–1199.~]

~Richard Löwenherz~, in ritterlichen Kämpfen hervorragend, aber ohne
Mäßigung. Kreuzzug, Gefangenschaft in Deutschland (S. 176), dann Kriege
mit Philipp II. Augustus von Frankreich. Richards Bruder

[~1199–1216.~]

~Johann~ (ohne Land) läßt seinen Neffen +Arthur von der Bretagne+, der
ihm den Thron streitig macht, ermorden, wird deshalb als französischer
Vasall (S. 192) von Philipp II. vor den französischen Lehnsgerichtshof
geladen, verliert 1204 die Normandie, bald auch die übrigen
französischen Lehen bis auf Guyenne an die Krone Frankreich. -- Streit
mit Papst Innocenz III. über die Wahl eines Erzbischofs von Canterbury
(1205). England mit dem Interdikt, Johann mit dem Bann belegt. Der
König unterwirft sich dem Papst und leistet ihm den Lehnseid (1213).
Während er dann von La Rochelle aus die verlorenen Gebiete in
Frankreich zurückzuerobern versucht, werden seine Verbündeten, der Graf
von Flandern und Otto IV. von Deutschland, bei +Bouvines+ geschlagen
(1214 s. S. 186). Aufstand der großen Vasallen; sie erzwingen auf der
Wiese Runnymede bei +Windsor+ die Bewilligung der

[1215.]

~Magna charta libertatum~, +Grundlage der englischen Verfassung+: Freie
Wahl der Bischöfe und Äbte durch die Geistlichen; Erblichkeit der
Lehen; Steuern anstatt der Lehnsdienste (Schildgeld) und Hilfsgelder
sollen nur mit Zustimmung der Prälaten und Barone erhoben werden; jeder
Freie soll nur von seinesgleichen nach Landesrecht gerichtet werden;
die Städte sollen ihre Privilegien behalten und die Kaufleute freien
Verkehr haben.

[~1216–1272.~]

~Heinrich III.~, anfangs unter Vormundschaft des Grafen Wilhelm von
+Pembroke+. Ein französisches Heer, das in England gelandet war, wird
zum Abzug genötigt. Vertrag mit Frankreich 1259; Guyenne als englischer
Besitz anerkannt.

Öftere Streitigkeiten mit den zum +Parlament+ versammelten Baronen;
das Land bedrückt durch die Geldforderungen päpstlicher Legaten, um
Heinrichs jüngstem Sohn Edmund die Herrschaft über Neapel und Sicilien
zu verschaffen. +Simon von Montfort,+ Graf von +Leicester+ (spr.
Lester), nimmt 1264 den König gefangen, beruft 1265 auch Vertreter der
Grafschaften (zwei Ritter aus jeder Grafschaft) und der Städte zum
Parlament, wird aber bei +Evesham+ von dem Kronprinzen Eduard besiegt.
Der König befreit; darauf erneute Bestätigung der +Magna charta.+ In
dieser Zeit allmähliche Vermischung und Ausgleichung der Angelsachsen
und Normannen.


§ 5. Die Pyrenäische Halbinsel.

Fortdauernde Kämpfe zwischen Christen und Mohammedanern. König Alfons
VI. von ~Kastilien~ überträgt dem Grafen +Heinrich von Burgund+ 1095
die Grafschaft ~Portugal~ (zwischen Minho und Duero) als Lehen.
Heinrichs Sohn Alfons macht sich von der Lehnspflicht frei und
nennt sich 1140 ~König von Portugal~. Deutsche Kreuzfahrer aus den
Rheinlanden, welche zur See nach Palästina ziehen, helfen 1147 zur
Eroberung +von Lissabon.+

[1118.]

König Alfons I. von ~Aragon~ vertreibt die Araber aus +Saragossa+.
Durch die Vermählung seiner Nichte mit dem Markgrafen von Barcelona
werden 1137 die Länder Aragon und Katalonien vereinigt.

[1157.]

~Kastilien~ geschwächt durch Abtrennung von Leon. Dem erneuten
Anstürmen der Araber treten die drei bald darauf gegründeten
~Ritterorden~ von +Alcántara+ (am Tajo), +Calatrāva+ (am Guadiana),
+San Jago di Compostella+ (in Galicien) erfolgreich entgegen.

[1212.]

Großer Sieg der vereinigten Könige und Ritter bei ~Tolosa~ (in der
Sierra Morena).

[1230.]

+Ferdinand III.+ vereinigt Leon wieder mit Kastilien, erobert 1236
+Cordova+, 1248 +Sevilla+. Sein Sohn +Alfons X.+, der Weise (S. 189)
erweitert sein Reich auf Kosten der Mauren. Selbst Philosoph und
Astronom (seine Verbesserung der Ptolemäischen Planetentafeln), ist er
ein eifriger Förderer der Wissenschaften; Universität Salamanca. Alfons
1282 abgesetzt, † 1284 als Flüchtling bei den Mauren in Sevilla.

[1238.]

Jakob I. von Aragon erobert +Valencia+, bald darauf vertreibt Alfons
III. von Portugal die Araber aus +Algarbe+. Nur in Andalusien behauptet
sich das arabische Königreich ~Granāda~ bis 1492.


§ 6. Der Osten.

Das ~oströmische Reich~ ist unter den letzten Komnenen (S. 172) durch
Thronstreitigkeiten geschwächt; die +Bulgaren+ machen sich 1186
unabhängig. Das 1204 von den Kreuzfahrern errichtete +Lateinische
Kaisertum+ (S. 176) gewinnt keinen festen Bestand; griechische Sprache
und Sitte behauptet sich. Unter dem Hause der ~Paläologen~ seit 1261
bleibt das Reich von dem Ansturm der Mongolen verschont, wird aber bald
danach von den Türken bedrängt.

[1206.]

Die ~Mongolen~ erheben am Amur den Stammfürsten +Temudschin+ zu ihrem
Oberhaupt, ~Tschingis Chan~ † 1226. Er beginnt große Eroberungszüge,
unterwirft Nord-China und vernichtet nach Westen zu das Reich der
+Chowaresmier,+ welche seit 1150 die meisten seldschuckischen Sultanate
und das frühere Gasnavidenreich (S. 172) erobert hatten. Sein Sohn
+Oktai+ macht +Karakorum+ zum Herrschersitz. Sein Enkel +Kublai
Chan+ (1260–1294) begründet in China die mongolische Dynastie +Jüan+
(1280–1367), sucht auch Japan zu erobern (S. 220). An Kublais Hofe in
Peking der venezianische Reisende +Marco Polo+ (S. 221).

[1237.]

Temudschins Enkel +Batu+ dringt vom +Chanat Kiptschak+ (Reich der
Goldenen Horde) aus erobernd in Rußland ein. Moskau und Kiew verbrannt,
dann Zug durch Polen und Angriff auf +Schlesien+. Ein deutsches
Ritterheer unter +Heinrich dem Frommen,+ Herzog von Liegnitz, tritt den
Mongolen entgegen.

[1241.]

~Schlacht bei Wahlstatt~ (Liegnitz). Die Mongolen, obwohl Sieger,
ziehen nach Südosten ab durch Ungarn, nehmen ihre Wohnsitze im +Chanat
Kiptschak+; Hauptstadt Sarai (Gouv. Astrachan). +Rußland+ bleibt ihnen
Untertan bis 1480.

[~1258.~]

~Vernichtung des Kalifats~ durch die asiatischen Mongolen, welche
+Bagdad+ zerstören. Ihrem Vordringen nach Syrien treten die
+Mamelucken+ (S. 177) entgegen. Das große Reich der Mongolen, welche
größtenteils den Islam annehmen, löst sich in einzelne Chanate auf;
China wird 1368 durch +Taitsu+, einen buddhistischen Priester, von der
Mongolenherrschaft befreit. Mit ihm beginnt die Dynastie der +Ming+
(1368–1644).

Fussnoten:

[30] Stammtafel:

               ~Karl der Grosse †814~
 Karl †811    Pippin †810 ~Ludwig der Fromme †840~
 ________________________________|____________________________
 ~Lothar I.~ †855 Ludwig der Deutsche †876    ~Karl d.~       |
      |                                   |   ~Kahle~ †877    |
 _____|_________________________    ______|______________  ___|_____
 ~Ludwig II.~ Lothar II. Karl  Karlmann  Ludwig ~Karl~     Französische
 †875.        v. Lothr.   v.d.  †880.  †882     ~d. Dicke~ Karolinger,
              †869.   Provence  |               †888.      erloschen
                              Arnulf                       987.
                               †899.
                                |
                         Ludwig das Kind †911.

[31] Friedrichs Nachfolger in der Kaiserwürde führen seitdem den Titel:
König von Jerusalem (seit 1806 die Kaiser von Österreich).

[32] Ein deutsches Hospital hatte in Jerusalem seit etwa 1110
bestanden, war aber 1187 mit zu Grunde gegangen.

[33] So genannt von der Beteuerung, die er stets im Mund führte.

[34] +Lübeck+, zunächst +kaiserliche+ Stadt, erhielt das Privilegium
als +freie Reichsstadt+ 1226; +Hamburg+ und +Bremen+, seit 1473
bisweilen zu Reichstagen berufen, erhielten die ausdrückliche
Anerkennung als freie Reichsstädte erst 1510 bezw. 1646.

[35] Vgl. die Lieder Walthers v. d. Vogelweide.

[36] So genannt von dem +Ginsterzweig+ (planta genista), welchen
+Gottfried+ von Anjou, Vater Heinrichs II., als Helmzier zu tragen
pflegte.



D. Vom Ende der Kreuzzüge bis zur Entdeckung Amerikas. (1270–1492.)


§ 1. Deutschland.

[~1273–1347.~]

~Könige und Kaiser aus verschiedenen Häusern.~

[~1273–1291.~]

~Rudolf I., Graf von Habsburg~, reich begütert im Aargau und am
Vierwaldstättersee, Landgraf im Elsaß, wird in +Frankfurt+ von den
sieben angesehensten Reichsfürsten zum römischen König gewählt,
besonders auf Betreiben seines Verwandten, des Burggrafen Friedrich
III. von Nürnberg (aus dem Hause +Hohenzollern+). Krönung zu +Aachen,+
erster Reichstag 1274 zu +Nürnberg+; Beschluß, das Reichsgut
zurückzufordern. Doch kommt dieser Beschluß nur in geringem Maße zur
Ausführung; der König sieht sich auf Vergrößerung seiner +Hausmacht+
angewiesen.

[1276.]

Krieg gegen ~Ottokar~, König von Böhmen, welcher nach dem Aussterben
der Babenberger (1246) +Österreich+ in Besitz genommen, von den Ungarn
+Steiermark+ wieder erobert, +Kärnten+ und +Krain+ durch Erbschaft
erworben hatte. Ottokar wird geächtet, unterwirft sich, erneuert aber
bald den Krieg.

[~1278.~]

~Sieg Rudolfs auf dem Marchfelde~ (bei Dürnkrut), Ottokar fällt.
Vergleich mit dem Vormunde seines Sohnes +Wenzel+. Dieser behält
+Böhmen+, später bekommt er auch +Mähren+ zurück. Bildung der
~habsburgischen Hausmacht~: +Österreich+, +Steiermark+ und +Krain+
kommen als Reichslehen an die Söhne Rudolfs, +Kärnten+ an Graf
+Meinhard+ von Tirol, seinen Schwager.

[1281.]

Rudolf verkündet +Landfriedens+ordnungen in Bayern, Franken und am
Rhein. In Schwaben leisten Graf Eberhard von +Württemberg+ und Markgraf
Rudolf von +Baden+ (Stammburg +Zähringen+ bei Freiburg im Breisgau)
der Absicht des Königs, das Herzogtum Schwaben wiederherzustellen,
erfolgreich Widerstand.

[1289.]

Feldzug nach +Burgund+; die Freigrafschaft (+Franche-Comté+, Hauptstadt
Besançon) für das deutsche Reich wiedergewonnen. Die Provence und
Avignon bleiben im Besitz Karls von Anjou (S. 190).

[1290.]

Rudolf residiert zu +Erfurt+, schlichtet Streitigkeiten in Thüringen,
läßt 29 Raubritter enthaupten und 66 Burgen brechen.

[1291.]

Rudolf † zu +Speier+. Zum Nachfolger wird nicht sein Sohn Albrecht
gewählt, sondern auf Betreiben des Erzbischofs von Mainz, Gerhard v.
Eppstein, ein mit diesem verwandter, minder mächtiger Graf,

[~1292–1298.~]

~Adolf von Nassau~. Dieser will den Streit zwischen Landgraf +Albrecht+
dem Entarteten von Thüringen und seinen Söhnen +Friedrich+ und
+Diezmann+ (S. 181) benutzen, um die Mark +Meißen+ als erledigtes
Reichslehen einzuziehen, wird aber, ehe er dies durchführen kann, durch
eine von Erzbischof Gerhard v. Eppstein berufene Fürstenversammlung
+abgesetzt+ und fällt in der Schlacht bei +Göllheim+ (am Donnersberge)
im Kampfe gegen den nun zum Throne berufenen

[~1298–1308.~]

~Albrecht I. von Österreich,~ Sohn Rudolfs I. Papst Bonifacius VIII.
verweigert ihm die Anerkennung; Albrecht schließt ein Bündnis mit
König Philipp IV. von Frankreich und demütigt die vier +rheinischen
Kurfürsten+ (Mainz, Trier, Köln, Pfalz), indem er 1301 zu Gunsten der
Städte die willkürlichen Rheinzölle aufhebt.

[1303.]

Aussöhnung mit dem Papste, dessen Recht auf Bestätigung der deutschen
Königswahl Albrecht anerkennt. Gleich darauf ~Sturz der päpstlichen
Macht~ (S. 207), doch unternimmt Albrecht keinen Zug nach Italien,
sondern versucht +Böhmen+ für seine +Hausmacht+ zu gewinnen. Das von
ihm nach Meißen entsandte Heer wird 1307 von Friedrich und Diezmann bei
+Lucka+ unweit Altenburg geschlagen.

[1308.]

Albrecht wird von seinem Neffen +Johann+ (Parricīda), dem er sein Erbe
vorenthielt, zwischen Aar und Reuß, nahe bei der +Habsburg+ ermordet.
Die Königswahl lenkt der Erzbischof von Trier auf seinen Bruder:

[~1308–1313.~]

Heinrich VII., Graf von ~Luxemburg~. Dieser stellt die Rheinzölle zu
Gunsten der Fürsten wieder her. Den Söhnen Albrechts bestätigt er den
Besitz ihrer Lehen, erkennt aber 1309 die ~Schweizer Waldstätte~ als
~reichsunmittelbar~ an.


~Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft.~

Schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts treten die Waldorte dem
Bestreben der Grafen von Habsburg, die mit der Grafschaft verbundene
Vogtei zu einer vollständigen Landeshoheit über sie auszubilden,
entgegen. König Heinrich (S. 187) erteilt 1231 einen Freibrief für
+Uri+, Kaiser Friedrich II. 1240 für +Schwyz+. König Rudolf erkennt
den Freibrief für Uri an, ernennt in Schwyz nur einheimische Amtleute.
Gleich nach seinem Tode, am 1. August 1291, schließen die drei Waldorte
+Uri+, +Schwyz+, +Unterwalden+ zur Erhaltung ihrer Freiheit einen
+ewigen Bund,+ fügen sich aber zunächst noch der Herrschaft König
Albrechts.

Die von der Volksdichtung ausgeschmückte Erzählung, welche die Tatsache
des +allmählichen+ Erringens der +Reichsunmittelbarkeit+ der Waldstätte
auf ein kurzes Zeitmaß zusammendrängt, erscheint erst nach und nach
sich ausbildend in Chroniken des 15. Jahrhunderts und steht vielfach
in Widerspruch mit den Urkunden. Weder der +Schwur auf dem Rütli+
(1307, Werner Stauffacher, Walter Fürst, Arnold vom Melchtal), noch die
Vertreibung der Vögte am 1. Januar 1308 ist historisch verbürgt. Ein
Landvogt +Geßler+ hat weder in Uri noch in Küßnacht regiert. Die Sage
vom Apfelschuß findet sich auch in Norwegen, Island, Dänemark, am Rhein
und in England; sie ist eine allgemein germanische Sage. Das älteste
Lied von +Tell+ stammt aus der Zeit der burgundischen Kriege (1477);
die uns geläufige Tradition gibt erst der Chronist +Tschudi+ (um 1550).

[~1310.~]

Heinrichs VII. Sohn +Johann+ wird König von ~Böhmen~, gewählt durch
die böhmischen Stände entgegen den Ansprüchen der Habsburger (der
Mannesstamm der +Prschemysliden+ in Böhmen war 1306 ausgestorben,
Johann heiratet den letzten weiblichen Sproß); dadurch erhalten
die Luxemburger eine +Hausmacht+. Seitdem Gegensatz zwischen den
Habsburgern und Luxemburgern.

[1310–1313.]

Heinrichs VII. Römerzug. Er wird von den +Ghibellinen+ (+Dante+, 1302
aus Florenz verbannt) herbeigerufen, schlichtet die Parteikämpfe in
Mailand (die +Visconti+ hier seit 1277), unterwirft Brescia, wird
in Genua und Pisa freudig aufgenommen, in +Rom+ zum Kaiser gekrönt,
belagert aber vergeblich die guelfisch gesinnte Stadt +Florenz+ und
stirbt auf dem Zuge gegen Neapel.

In dieser Zeit bringt König Philipp IV. von Frankreich die
+Freigrafschaft Burgund+ (S. 196) durch Heirat an sich und zwingt den
Erzbischof von +Lyon+ zur Huldigung.

[~1314–1347.~}]

~Ludwig der Bayer~ (Haus Wittelsbach).

[~1314–1330.~}]

~Friedrich von Österreich~, Sohn Albrechts. Doppelwahl durch Parteiung
der Fürsten; beide Könige sind Enkel Rudolfs von Habsburg. Friedrichs
Macht wird geschwächt durch den

[1315.]

Sieg der Schweizer Eidgenossen am Berge ~Morgarten~ über +Leopold
von Österreich+, Friedrichs Bruder. Darauf bestätigt der von der
luxemburgischen Partei gewählte Herzog Ludwig von Oberbayern, der kurz
vorher (1313) die Österreicher bei Gammelsdorf a. d. Isar besiegt
hatte, den Waldstätten ihre Reichsunmittelbarkeit.

[1322.]

Schlacht bei ~Ampfing~ oder ~Mühldorf~. Friedrich von Österreich
geschlagen (Sage von Schweppermann) und als Gefangener nach der Burg
+Trausnitz+ geführt.

[1324.]

Papst +Johann XXII.+, in Avignon (s. S. 207) unter französischem
Einfluß, mischt sich in den Thronstreit und spricht den Bann über
+Ludwig+ aus, doch bleibt derselbe unwirksam, da durch die sittliche
Entartung des päpstlichen Hofes in Avignon das Ansehen des Papsttums
überhaupt gesunken ist.

Ludwig gibt die durch Aussterben der Askanier 1320 erledigte Mark
+Brandenburg+ (S. 179) seinem Sohne +Ludwig+, mit dem er später
+Margarete Maultasch+, Erbin von Tirol und Kärnten, vermählt, nachdem
diese ihre Ehe mit einem Sohne Johanns von Böhmen getrennt hat. Kärnten
kommt, ehe die Vermählung stattfindet, an die Herzöge von +Österreich+
(1335). Tirol wird von Margarete Maultasch nach dem Tode ihres zweiten
Gemahls Ludwig doch dem Hause Habsburg vermacht (S. 200).

[1325.]

Friedrich wird gegen Verzichtleistung auf den Thron in Freiheit
gesetzt, stellt sich wieder als Gefangener, wird von Ludwig als
Mitkönig anerkannt, stirbt 1330.

[1327–1330.]

Ludwigs Römerzug. Er wird in Rom zum Kaiser gekrönt, stellt einen
Gegenpapst auf, kann aber die kaiserlichen Herrschaftsrechte nur wenig
zur Geltungbringen, In Deutschland Streitigkeiten mit den Fürsten.
Frankreich und dem Papste gegenüber einigen sich endlich die Kurfürsten
zur Unterstützung Ludwigs:

[~1338.~]

Der ~Kurverein zu Rense~ (am Rhein, oberhalb Koblenz) erklärt jeden
rechtmäßig gewählten deutschen König auch ohne päpstliche Krönung für
den rechtmäßigen ~römischen Kaiser.~

Ludwigs eigenmächtiges Verfahren zur Vergrößerung seiner Hausmacht
(Brandenburg, Tirol, Holland) führt im Verein mit päpstlichen und
französischen Umtrieben 1346 zur Wahl eines Gegenkönigs: +Karl+ a.
d. Hause Luxemburg, Sohn des bei +Crecy+ im Kampfe für Frankreich
gefallenen Königs Johann von Böhmen (S. 208). Kaiser Ludwig † 1347 (auf
der Bärenjagd bei München), +Karl+ wird allgemein anerkannt.

[~1347–1437.~]

~Luxemburgische Kaiser.~

[~1347–1378.~]

~Karl IV.,~ ein staatskluger Fürst, gelehrt und kunstsinnig. Die
bayrische Partei stellt 1349 den Grafen +Günther von Schwarzburg+ als
Gegenkönig auf; doch stirbt dieser schon nach wenigen Monaten. In
+Brandenburg+ tritt, von Karl begünstigt, der +falsche Waldemar+ gegen
die bayrischen Markgrafen auf. (S. Anhang.) 1350 Aussöhnung mit den
Wittelsbachern.

[1349–50.]

~Pest~ (schwarzer Tod) in Deutschland und in fast ganz Europa.
Erbitterte Verfolgungen der durch Verleihen von Geld gegen Zinsen reich
gewordenen Juden. Sie sollten die Brunnen vergiftet haben. Umzüge der
Geißler (Flagellanten).

Karls Hauptsorge ist auf sein Erbland ~Böhmen~ gerichtet. Er zieht
deutsche Ansiedler heran, baut in +Prag+ den Dom und die Burg
Hradschin, stiftet daselbst 1348 nach dem Muster von Paris (S. 192)
eine ~Universität~ mit vier Fakultäten, die erste in Deutschland. Durch
Verträge mit den schlesischen Fürsten (S. 182) vollendet er die schon
von seinem Vater angebahnte Vereinigung +Schlesiens+ mit Böhmen; auch
die +Lausitz+ kommt zu Böhmen.

[1353.]

Zutritt +Berns+ zur Eidgenossenschaft, welche nun, immer noch zum
deutschen Reich gehörig, Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern, Zürich,
Glarus, Zug und Bern (die sogenannten 8 +alten+ Orte) umfaßt.

[1354–1355.]

Erster Zug Karls IV. nach Italien. Während der Abwesenheit der Päpste
in Avignon hatte +Cola di Rienzi+ sich zum »Volkstribunen« gemacht und
die altrömische Republik wieder aufgerichtet (S. 211). Karl empfängt
die Huldigung der lombardischen Städte, verweilt aber in Rom nur einen
Tag, um die Kaiserkrone zu empfangen.

[~1356.~]

~Goldene Bulle~,[37] +Reichsgrundgesetz+, beschlossen auf zwei
Reichstagen zu +Nürnberg+ und +Metz+. Die Kaiserwahl wird endgültig
den 7 Kurfürsten übertragen, welche sie schon seit längerer Zeit
tatsächlich ausübten;[38] +drei geistliche+: 1. Erzbischof von ~Mainz~
(Erzkanzler für Deutschland), 2. Erzbischof von ~Trier~ (Erzkanzler
für Burgund), 3. Erzbischof von ~Köln~ (Erzkanzler für Italien); +vier
weltliche+: 4. König von ~Böhmen~ (Erzschenk), 5. ~Pfalz~graf bei Rhein
(Erztruchseß), 6. Herzog von ~Sachsen~-Wittenberg (Erzmarschall), 7.
Markgraf von ~Brandenburg~ (Erzkämmerer).

Die Kurfürstentümer, welche im Mannesstamme auf den Erstgeborenen
forterben und gewisse Regalien erhalten (Privilegium +de non
appellando,+ Münzrecht, Bergwerks- und Salzhoheit, Judenzoll u. a.
m.), sollen unteilbar sein. Bestimmungen über den +Landfrieden+; den
Städten wird die Bildung besonderer Städtebündnisse und die Aufnahme
von Pfahlbürgern (die in der Stadt nicht ansässig sind) untersagt.

[1363.]

Österreich erwirbt +Tirol+ durch Vertrag mit Margarete Maultasch.

[1365.]

Karl IV. reist nach +Avignon+, um den Papst zur Rückkehr nach Rom zu
bewegen, und läßt sich in +Arles+ krönen, um die Oberhoheit über die
tatsächlich an Frankreich gekommenen burgundischen Gebiete festzuhalten
(S. 196, 198).

[1368.]

Zweiter Römerzug. Karl IV. führt Papst Urban V. nach Rom, aber bald
nach seinem Abzuge kehrt der Papst nach Avignon zurück.

[1373.]

Durch den Vertrag zu +Fürstenwalde+ überläßt +Otto der Finne+ (Faule),
der letzte bayrische Markgraf von Brandenburg, die Mark gegen ein
Jahrgehalt an Karl IV.


~Städtebünde.~

Die ~Hanse.~ Verbindungen deutscher Kaufleute im Auslande, namentlich
zu +Wisby+ auf der Insel Gotland und in +London+ schon im 12.
Jahrhundert, haben Handelsbündnisse ihrer Heimatstädte zur Folge. 1241
Bündnis zwischen +Lübeck+ und +Hamburg+. Um 1294 tritt ~Lübeck~ an die
Spitze eines Bundes von Seestädten an der Nord- und Ostseeküste (von
+Bremen+ bis +Reval+), denen sich zahlreiche norddeutsche Binnenstädte
(Köln, Osnabrück, Braunschweig, Magdeburg, Berlin, Thorn, Breslau u. a.)
anschließen, später auch die niederländischen Seestädte (Kampen,
Deventer u. a.) Zweck des Bundes: Sicherung der Straßen zu Wasser und
zu Lande, Erwerbung und Erhaltung von Handelsprivilegien im Auslande.
+Hansetage+ meist zu +Lübeck+ gehalten. Auswärtige Niederlassungen
(Kontore) zu +Brügge+, +London+, +Bergen+, +Nowgorod.+ In Wisby,
Stockholm, Kopenhagen, Malmö, Riga zahlreiche deutsche Kaufleute
ansässig. Jährlicher Markt zur Zeit des Heringsfangs an der Küste von
+Schonen+. Einteilung des Bundes in 3 Drittel, im 16. Jahrhundert in 4
Quartiere mit den Vororten Lübeck, Köln, Braunschweig, Danzig.

[1361–1362.]

Krieg gegen Waldemar IV., König von Dänemark, welcher +Wisby+
eingenommen und geplündert hatte. Die Kriegsflotte der Hanse hat
anfangs Erfolge, wird aber vor +Helsingborg+ geschlagen. Ihr Führer,
der Lübecker Bürgermeister Johann +Wittenborg+, wird deshalb angeklagt
und in Lübeck hingerichtet.

[1367–1370.]

Zweiter Krieg; Waldemar IV. flüchtet aus seinem Reiche. Kopenhagen,
Helsingör u. a. Städte erobert. Im Frieden zu +Stralsund+ 1370 wird die
Küste von Schonen auf 15 Jahre an die Hanse abgetreten; auch verspricht
der dänische Reichsrat, den Nachfolger Waldemars nur mit Zustimmung der
Städte zu erwählen. Bis ins 16. Jahrhundert behauptet der Hansebund
die Handelsherrschaft über Skandinavien, Rußland, England. Da er
sich aber nicht an einen starken Staat anlehnte, so zerfiel er, als
die nordischen Staaten mehr und mehr erstarkten. Die im Binnenlande
gelegenen deutschen Städte wurden durch ihre Landesfürsten teilweise
zum Austritt aus der Hanse gezwungen, wie z. B. Berlin durch Kurfürst
Friedrich II.

Im Innern zeigt sich in den ~Hansestädten,~ in welchen der Großhandel
die Gewerbtätigkeit übertrifft, das Festhalten an der aristokratischen
Regierung des sich selbst ergänzenden +Rats+, während in den
~süddeutschen Städten~ die nach +Zünften+ geordneten Handwerker
bedeutenden Anteil an der meist jährlichen Neuwahl des Rats erhalten.
+Zunftkämpfe+ in Ulm 1292, Speier 1327, Straßburg 1332, Regensburg
1334, Augsburg 1368; in Nürnberg behaupten die Patrizier 1349 das
Übergewicht, ebenso in Köln 1370, doch siegen dort die Zünfte 1396.

Nicht von gleicher Dauer wie der Hansebund waren die ~süddeutschen
Städtebündnisse~, welche die Selbständigkeit der Städte gegen die
+Fürsten+ und die +Reichsritter+ sichern sollten: der 1254 geschlossene
~rheinische Bund~ (S. 189) öfters von seiten der Städte erneuert; der
~schwäbische Städtebund~, zuerst 1331, dann wiederum 1376 geschlossen,
namentlich gegen den Grafen von Württemberg +Eberhard den Greiner+ (d.
h. Zänker), auch der Rauschebart genannt.

~Adelsbündnisse~ in Schwaben, Franken und am Rhein gegen Fürsten
und Städte gerichtet (der +Löwenbund+, der +St. Georgsbund+, die
+Schlegler+).

[~1377–1389.~]

~Süddeutscher Städtekrieg.~

[1377.]

Sieg der schwäbischen Städte (Vorort +Ulm+) bei +Reutlingen+ über
Eberhards Sohn Ulrich. Der schwäbische Städtebund vom Kaiser anerkannt.

[1378.]

Tod Karls IV., nachdem er seine Länder unter seine drei Söhne so
geteilt hat, daß +Wenzel+ Böhmen und Schlesien (später fällt ihm auch
Luxemburg zu), +Sigismund+ die Mark Brandenburg, +Johann+ die Lausitz
erhält. In +Mähren+ herrschen 2 Neffen Karls, +Jobst+ und +Prokop+ als
Markgrafen. Zum deutschen König war schon gewählt worden

[~1378–1400.~]

~Wenzel~, Karls IV. ältester Sohn.

[1381.]

Der +schwäbische+ Städtebund vereinigt sich mit den +rheinischen+
und schließt bald auch ein Bündnis mit einem Teil der Schweizer
Eidgenossenschaft.

[1384.]

Wenzel bringt einen Landfrieden auf vier Jahre zustande (Fürstentag
zu +Heidelberg+), doch beginnen die Fehden, sobald er nach Böhmen
zurückgekehrt ist, aufs neue. Herzog +Leopold III.+ von +Österreich+
bekriegt im Bunde mit dem süddeutschen Adel die Eidgenossen. Das
Ritterheer wird in der

[~1386.~]

~Schlacht bei Sempach~ (+Arnold Winkelried?+) gänzlich geschlagen,
ebenso 1388 in der Schlacht bei +Näfels+. Die Herzöge von Österreich
verzichten auf die Unterwerfung der Schweiz.

[1388.]

Erneuerung des Städtekrieges. Eberhard der Greiner siegt über die
schwäbischen Städte bei +Döffingen+ (wo sein einziger Sohn +Ulrich+
fällt), Pfalzgraf +Ruprecht+ über die rheinischen bei +Worms+.

[1389.]

Landfriede zu +Eger+, von König Wenzel verkündet. Die Städte behalten
ihre Reichsfreiheit, müssen aber auf Sonderbündnisse verzichten.

[1400.]

Wenzel, in Böhmen durch Härte (der Generalvikar des Erzbischofs von
Prag, Johann von Nepomuk, Beichtvater der Gemahlin Wenzels, in die
Moldau gestürzt) und Trägheit verhaßt, aus Anlaß innerer Zerwürfnisse
wiederholt gefangen gesetzt, wird von den am Königsstuhl bei Rense
versammelten rheinischen Kurfürsten der deutschen Königswürde entsetzt.
Er stirbt 1419 als König von Böhmen.

[~1400–1410.~]

~Ruprecht von der Pfalz~ vermag selbst bei seiner Partei kaum das
königliche Ansehen zur Geltung zu bringen.

[1401.]

Unglücklicher Zug Ruprechts nach Italien. Das deutsche Heer wird bei
+Brescia+ geschlagen von +Johann Galeazzo Visconti,+ den König Wenzel
zum erblichen Herzog von Mailand ernannt hatte (1395) (S. 198).

[1409.]

Infolge der hussitischen Streitigkeiten (s. S. 204) in Prag und einer
Veränderung der Universitätsstatuten zu Gunsten der czechischen Nation
verlassen die deutschen Professoren und Studenten die Universität Prag
und gehen meist nach +Leipzig+, wo +Friedrich der Streitbare+ von
Meißen (S. 204) eine Universität stiftet.

[1409.]

~Konzil zu Pisa,~ berufen zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit
(seit 1378 +zwei+ Päpste, einer in +Rom+, einer in +Avignon+). Der vom
Konzil erwählte Papst Alexander V. vermag die beiden anderen nicht zur
Abdankung zu nötigen.

[~1410–1437.~]

~Sigismund,~ Wenzels Bruder, Markgraf von +Brandenburg+ und König von
+Ungarn+ (als Gemahl der Tochter König Ludwigs des Großen, S. 217),
gewählt besonders auf Betreiben des Burggrafen +Friedrich VI. von
Nürnberg,+ doch nur durch drei Kurstimmen, während die anderen für
+Jobst von Mähren+ abgegeben werden und +Wenzel+ als dritter noch
Ansprüche auf die Krone erhebt. Jobst † 1411; darauf zweite Wahl
einstimmig für Sigismund. Dieser zieht nach Italien und einigt sich
mit Papst +Johann XXIII.+, Alexanders V. Nachfolger, über die Berufung
eines allgemeinen Konzils nach einer +deutschen+ Stadt.

[~1414–1418.~]

~Kirchenversammlung zu Konstanz,~ zahlreich besucht von Fürsten und
Prälaten, hat eine dreifache Aufgabe zu lösen: 1. Beseitigung der
Kirchenspaltung (+causa unionis+), 2. Verbesserung der kirchlichen
Zustände +(causa reformationis),+ 3. Abstellung der Ketzerei +(causa
fidei).+

Von der Reformpartei wird die Abstimmung nach +Nationen+ (deutsche,
franz., engl., italien., je eine +Kuriatstimme+) durchgesetzt. Papst
Johann XXIII., der persönlich erschienen war, wird zu öffentlicher
Abdankung bewogen, entflieht dann aber mit Hilfe des Herzogs Friedrich
von Österreich. Dieser, in die Acht erklärt, muß sich unterwerfen.
Das Konzil spricht auf Antrag +Gersons+, des Kanzlers der Pariser
Universität, den Grundsatz aus, +daß das Konzil über dem Papste stehe+;
Johann XXIII. wird abgesetzt, Gregor XII. in Rom verzichtet freiwillig.

Inzwischen ist der Tscheche +Johann Hus,+ Professor in Prag, Anhänger
der Lehren des Engländers +Wycliffe+ (S. 312, Verwerfung des Ablasses,
der Ohrenbeichte, der Transsubstantiation), seit 1412 im Bann, im
Vertrauen auf das von Sigismund ihm gewährte sichere Geleit in Konstanz
erschienen; er wird als Ketzer verurteilt.

[~1415.~ 6. Juli.]

~Hus verbrannt,~ 1416 sein Freund +Hieronymus+ von Prag. Sigismund
reist nach Spanien, um Benedikt XIII., der sich von Avignon nach der
Burg Peniscola (unweit Valencia) zurückgezogen hat, zur Abdankung
zu bewegen. Dies mißlingt, aber die spanische Geistlichkeit sagt
sich von Benedikt los. Sigismund reist über Paris nach England, um
zwischen Frankreich und England Frieden zu vermitteln (S. 209),
doch ohne Erfolg. Nach seiner Rückkehr 1417 Beratung über die
+Kirchenverbesserung+ (Beschränkung der päpstlichen Willkür in der
Verleihung kirchlicher Ämter, Aufhebung drückender Abgaben, Besserung
des Lebens der Geistlichen).

Dem Verlangen der Reformpartei, daß diese Verbesserung +vor+ der
Wahl eines neuen Papstes zum Abschluß komme, treten die Anhänger des
Papsttums in den romanischen Nationen, verstärkt durch die Spanier
als +fünfte+ Nation, entgegen. Der neugewählte Papst +Martin V.+
(Kardinal Colonna, S. 211) bringt +drei Konkordate+, mit den Deutschen,
Engländern und Romanen, zum Abschluß, die aber nicht zur Abstellung der
Mißbräuche führen.

[~1415.~]

Sigismund überträgt in +Konstanz+ dem Burggrafen +Friedrich VI. von
Nürnberg+, als Belohnung für wichtige, ihm und dem Reiche geleistete
Dienste die ~Mark Brandenburg~ mit der Kur- und Erzkämmererwürde
(Belehnung 1417).

[1423.]

Sigismund belehnt +Friedrich den Streitbaren+, Markgrafen von +Meißen+,
aus dem Hause +Wettin+ (s. S. 179, 203) mit dem Kurfürstentum
~Sachsen-Wittenberg~, nach dem Aussterben der dort regierenden Askanier
(S. 189). In Sachsen-Lauenburg regieren Askanier noch bis 1689, dann
kommt das Land an Hannover.

[~1419–1436.~]

~Hussitenkrieg.~ Entrüstung der Böhmen über Hus’ Hinrichtung. Seine
Anhänger, +Hussiten+, auch +Utraquisten+ genannt (weil sie das
Abendmahl +sub utraque specie+, Brot und Wein, auch für die Laien
verlangen), wollen die Ausübung ihrer vom Konzil verworfenen Lehre
mit Gewalt durchsetzen. König Wenzel sucht zu vermitteln; nach seinem
Tode 1419 Aufstand in Prag. +Ziska+, Anführer der Hussiten. Sigismund,
Erbe der böhmischen Krone, wird zwar in Prag gekrönt, muß aber das
Land bald verlassen. Die 1421 in Böhmen eindringenden Reichstruppen
werden zurückgeschlagen, Sigismunds Heer wird 1422 bei +Deutsch-Brod+
vernichtet. Verheerende Züge der Hussiten in die umliegenden
Länder (Österreich, Bayern, Franken, Sachsen, Schlesien, Lausitz,
Brandenburg); öftere Niederlagen der gegen sie aufgebotenen Reichsheere.

[~1431–1449.~]

~Konzil zu Basel~, zur Wiederherstellung des Friedens und zur
Durchführung der kirchlichen Reformen berufen. Durch Gesandte des
Konzils wird ein Vergleich mit den gemäßigten Hussiten (Kalixtinern,
Utraquisten) geschlossen: +Prager Kompaktaten+ 1433; die +Taboriten+,
(Tabor, Stadt in Böhmen), welche den Vergleich nicht annehmen, werden
bei +Böhmisch-Brod+ 1434 besiegt, Sigismund zieht 1436 in Prag ein.

Während dieser Bedrängnis des deutschen Reiches im Osten erhebt sich
im Westen die Macht der französischen Herzöge von ~Burgund,~ welche
ansehnliche deutsche Reichslehen an sich bringen. Philipp der Kühne (S.
208) verschafft seinem zweiten Sohne die Nachfolge in +Brabant+ und
+Limburg+; sein Enkel Philipp der Gute erbt diese Länder und außerdem
1428 die Grafschaften +Holland+, +Seeland+, +Hennegau+, bald auch
+Luxemburg+. Auch das Herzogtum ~Lothringen~ kommt nach dem Aussterben
des Mannesstammes (S. 165) 1431 an eine +französische+ Dynastie, da die
Erbin sich mit +René von Anjou+, Graf von Provence, Titularkönig von
Neapel (S. 211) vermählt.

Im Innern des deutschen Reiches Verwirrung, Fehden und Selbsthilfe. Bei
der herrschenden Rechtsunsicherheit erlangen die +Femgerichte+ (S. 190)
für einige Zeit große Bedeutung.

[~1438–1740.~]

~Kaiser aus dem Hause Habsburg.~

[~1438–1439.~]

~Albrecht II.~, der tatkräftige Schwiegersohn Sigismunds, dem er auch
in +Böhmen+ und +Ungarn+ folgt, stirbt nach der Rückkehr von einem
Türkenzuge.

[~1440–1493.~]

~Friedrich III.~ von Steiermark, (Vetter Albrechts), der letzte in Rom
(1452) gekrönte deutsche Kaiser. Ein durchaus unfähiger Herrscher, läßt
er sich durch seinen Ratgeber +Aeneas Silvius Piccolomini+ (später
Papst +Pius II.+) bewegen, in dem Streit zwischen dem ~Baseler Konzil~
und Papst Eugen IV. auf die Seite des Papstes zu treten. Die von dem
Konzil beschlossenen kirchlichen Reformen werden durch das +Wiener
Konkordat+ 1448 vereitelt; das Konzil löst sich auf 1449.

Bürgerkrieg in der +Schweiz+ 1440–1450; Zürich mit Österreich
verbündet. Auf Kaiser Friedrichs Bitte schickt Karl VII. von Frankreich
den Dauphin (als König Ludwig XI.) mit den zügellosen Scharen der
+Armagnacs+ gegen +Basel+. Heldentod von 1600 Eidgenossen bei ~St.
Jakob~ 1444. Die Armagnacs plündern darauf im Elsaß, bis der Kurfürst
von der Pfalz sie vertreibt. Friede der Schweizer mit Frankreich. Das
Haus Habsburg verliert seine letzten Besitzungen in der Schweiz; es
behält seine Besitzungen im Elsaß und in Schwaben (Vorder-Österreich).

~Fehden im deutschen Reiche~, denen der Kaiser untätig zusieht. In
+Sachsen+ Bruderkrieg zwischen Kurfürst Friedrich dem Sanftmütigen und
seinem Bruder Wilhelm (1446–50); im Anschluß daran der +Prinzenraub+:
Ritter Kunz von Kaufungen entführt 1455 die beiden Söhne Friedrichs
aus dem Schloß zu Altenburg, wird aber von Köhlern im Walde gefangen.
Der Erzbischof von Köln führt Krieg gegen die Stadt +Soest+ (Soester
Fehde 1444–1449), Kurfürst +Albrecht Achilles+ von Brandenburg gegen
+Nürnberg+ (1449–1453), Pfalzgraf +Friedrich der Siegreiche+ gegen den
Erzbischof von +Mainz+, den Grafen von Württemberg und den Markgrafen
von Baden (Pfälzer Fehde 1462). Zur Herstellung des Friedens in
Deutschland ist der +schwäbische Bund+ förderlich, 1488 auf Betreiben
des Kaisers von Fürsten, Rittern und Städten geschlossen.

[Um ~1450.~]

~Johann Gutenberg~ (in Mainz) erfindet die Buchdruckerkunst. (+Johann
Fust, Peter Schöffer.+)

In ~Böhmen~ Parteikämpfe während der Unmündigkeit des jungen Königs
+Ladislaus Postumus+ (Sohn Albrechts II.), für den Friedrich III. die
Vormundschaft führt. +Georg Podiebrad+ wird 1452 zum Reichsverweser,
1458 nach Ladislaus’ Tode zum König gewählt, aber als Utraquist
angefeindet († 1471). +Matthias Corvinus+ wird König von Ungarn (S.
218), besetzt die Nebenländer Mähren, Schlesien, Lausitz; schließt 1478
Frieden mit Georgs Nachfolger +Wladislav+ (Sohn Kasimirs IV. von Polen).

[1474–1475.]

+Karl der Kühne+ von ~Burgund~, durch Verpfändung im Besitz der
habsburgischen Teile des +Elsaß+, dringt in das Erzbistum +Köln+ ein,
um den abgesetzten Erzbischof zurückzuführen, belagert +Neuß+, wird
aber durch das Anrücken eines Reichsheeres unter Friedrich III. und
durch den Angriff der Schweizer auf Héricourt zum Abzug bewogen.

[1476.]

Karl der Kühne stürzt sich, nachdem er sich +Lothringens+ bemächtigt
und den Herzog Renatus vertrieben hat, auf die Schweizer, wird bei
+Granson+ und bei +Murten+ geschlagen.

[1477.]

Karl der Kühne fällt im Kampfe gegen den zurückgekehrten Herzog
von Lothringen vor +Nancy+; seine Tochter Maria vermählt sich mit
Friedrichs III. Sohn, Erzherzog +Maximilian+. Dieser gewinnt dadurch
die ~Niederlande~ und die ~Freigrafschaft Burgund~ (S. 198) für die
+habsburgische Hausmacht,+ verteidigt diese Erwerbung im Kriege gegen
Ludwig XI. von Frankreich, der die burgundischen Städte in der Picardie
und das +Herzogtum Burgund+ als erledigte Mannslehen einzieht.

[1490.]

Friedrich III., von +Matthias Corvinus+ aus Wien vertrieben (1485),
wird nach dessen Tode († 1490) von seinem Sohn +Maximilian+
zurückgeführt.

[1491.]

+Wladislav IV.+ von Böhmen, nach Corvinus’ Tode auch König von
+Ungarn+, sichert im Frieden zu +Preßburg+ dem Hause Habsburg die
Nachfolge zu.

    Albrecht II. †1439.
    Gem. Elisabeth, Tochter Sigismunds.
    _______________|__________________
        |                             |
    Elisabeth,                     Ladislaus Postumus,
    Gem. Kasimir IV. von Polen.    †1457.
                       |
                 Wladislav,
 1471 König v. Böhmen, 1490 König v. Ungarn.
             __________|__________________
            |                              |
    Ludwig II. †1526.                    Anna,
 Gem. Maria v. Österreich.               Gem. Ferdinand I.


§ 2. Frankreich.

[~1270–1285.~]

~Philipp III.~, +der Kühne+ (+le Hardi+), vermählt seinen

[~1285–1314.~]

Sohn ~Philipp IV.~, +den Schönen+ (+le Bel+), mit +Johanna+, Erbin
von Navarra. Kampf mit Papst +Bonifacius VIII.+, der dem König die
Besteuerung der französischen Geistlichkeit untersagt. Der Papst wird
1313 in Anagni von Verschwörern gefangen genommen, doch von seinen
Anhängern befreit, stirbt bald darauf.

[1309.]

Papst +Clemens V.+, vorher Bischof von Bordeaux, verlegt die päpstliche
Residenz nach ~Avignon~ (an der Rhone); das Papsttum von Frankreich
abhängig (Babylonische Gefangenschaft (1309–1377)).

[1312.]

Aufhebung des +Tempelherrn+ordens durch Clemens V., auf Antrieb des
nach den Schätzen und Gütern des Ordens lüsternen Königs. In Paris
werden 54 Ritter verurteilt und verbrannt, zuletzt auch der Großmeister
+Jakob+ von +Molay+ (1314). Erwerbung burgundischer Gebiete (s. S.
198). Auf +Philipp IV.+ folgen hintereinander seine drei Söhne Ludwig
X., Philipp V., Karl IV., dann nach dem +salischen Gesetz+, welches die
Frauen von der Thronfolge ausschließt[39] (Beschluß der Reichsstände
von 1317), das

[~1328–1498.~]

~Haus Valois~ (Nebenlinie der Capetinger).

[~1328–1350.~]

~Philipp VI.,~ Sohn Karls von Valois, eines Bruders Philipps IV. Gegen
ihn erhebt Ansprüche auf den französischen Thron ~Eduard III.~ von
England, als Sohn einer Tochter Philipps IV., daher

[~1339–1453.~]

mehr als ~hundertjähriger Krieg~ zwischen Frankreich und England.

[1340.]

Seesieg der Engländer bei ~Sluys~, dem Hafenort von Brügge. Die
flandrischen Städte, geleitet von +Jakob von Artevelde+, mit ihnen
verbündet.

[1346.]

Sieg der Engländer bei ~Crécy~ in der Picardie, Anwendung von
+Geschützen+; Tod des blinden Königs +Johann von Böhmen+ (S. 199).
+Calais+ erobert 1347

[~1350–1364.~]

~Johann II., der Gute.~

[1356.]

Sieg des +Schwarzen Prinzen+ (Sohn Eduards III.) bei +Maupertuis+
unweit +Poitiers+. Johann 4 Jahre lang in England Gefangener.
Währenddessen in Frankreich Verwirrung und furchtbare innere Kämpfe, da
der junge Dauphin[40]

als Statthalter nicht durchzugreifen vermag.

[1357–1358.]

Aufstand in Paris, geleitet von +Etienne Marcel+, dem Vorsteher der
Innungen (+prévôt des marchands+), der mit +Karl dem Bösen+, König von
Navarra, in Verbindung tritt.

[1358.]

Bauernkrieg mit furchtbaren Greueltaten, +Jacquerie+ genannt nach dem
Anführer +Guillaume Caillet+, mit dem Beinamen +Jacques Bonhomme+,
welcher dann zum Spottnamen des französischen niederen Volks wurde. Der
Adel schart sich um den Dauphin; nach Unterwerfung der Bauern wird auch
der Aufstand in Paris blutig unterdrückt.

[1360.]

+Friede+ mit England zu +Bretigny+ (bei +Chartres+): Eduard III.
verzichtet auf die französische Krone und erhält +Poitou+, +Guyenne+
und +Gascogne+ als unabhängigen Besitz ohne Lehnspflicht (S. 192).

[1363.]

Johann gibt das Herzogtum +Burgund+ seinem jüngeren Sohn +Philipp dem
Kühnen+ (burgundische Nebenlinie der Valois). Dieser legt durch seine
Heirat mit der Erbtochter des Grafen von +Flandern+ den Grund zur
Herrschaft des burgundischen Hauses in den Niederlanden (S. 205).

[~1364–1380.~]

~Karl V., der Weise~. Beruhigung der inneren Verhältnisse, dann
Erneuerung des Krieges; die meisten früheren (S. 192) englischen
Besitzungen in Frankreich werden wiedergewonnen.

Ritter +Bertrand du Guesclin+, seit 1370 Connétable von Frankreich,
siegreich gegen die Engländer.

[~1380–1422.~]

~Karl VI.~, verfällt in Wahnsinn, seine Oheime, die Herzoge von Orléans
und Burgund, Reichsverweser, 2 Parteien: +Burgund+ und +Orléans+
(Armagnacs) (S. 205).

[1407.]

Der Herzog von Orléans wird auf Befehl des Herzogs +Johann+ von
Burgund ermordet. Die dadurch veranlaßten Parteikämpfe erleichtern das
abermalige Vordringen der Engländer.

[1415.]

Sieg +Heinrichs V.+, Königs von England, bei ~Azincourt~ (unweit
Crécy), darauf Eroberung der Normandie.

[1419.]

Johann von Burgund auf der Brücke von Montereau durch die Begleiter des
Dauphin Karl (+Duchâtel+) ermordet. Johanns Sohn +Philipp+ schließt
deshalb mit Beistimmung der Königin +Isabeau+ mit den Engländern den
Vertrag von +Troyes+; Heinrich V. heiratet +Katharina+, Tochter Karls
VI., und wird als Regent und Nachfolger auf dem Thron Frankreichs
anerkannt, † 1422.

Unter +Johann+ und seinem Sohne +Philipp dem Guten+ erreicht das
burgundische Herzogshaus den Gipfel seiner Macht. Blüte des Handels,
der Gewerbe und der Künste in den flandrischen Städten, besonders in
+Brügge+ und +Gent+ (die Maler Hubert und Johann van Eyck um 1420).
Philipp bemächtigt sich der Erbschaft der Gräfin Jakobäa von +Holland+
(S. 205).

[~1422–1461.~]

~Karl VII.~, zunächst nur südlich von der Loire anerkannt, im Norden
der minderjährige +Heinrich VI.+, König von England, geb. 1421.

[1429.]

~Johanna d’Arc~ (geb. 1412 in Domremy an der Maas), genannt die
~Jungfrau von Orléans~, weil sie dieser Stadt Entsatz bringt.
Die Engländer und Burgunder zurückgetrieben, Karl VII. in Reims
gekrönt. +Johanna+ 1430 bei Compiègne von den Burgundern gefangen,
den Engländern ausgeliefert, 1431 in Rouen von einem geistlichen
Gerichtshof als Zauberin und Ketzerin verurteilt und verbrannt. Das
ungerechte Urteil wird später (1456) auf Befehl des Papstes widerrufen.
Ihre Seligsprechung durch Papst Leo XIII. 1894.

[1435.]

Friede zu +Arras+ zwischen Karl VII. und Philipp von Burgund. Die
Engländer verlieren schließlich +alle+ französischen Besitzungen außer
+Calais+ (S. 236), ihr Feldherr +Talbot+ † 1453 in dem Treffen bei
+Castillon+. Errichtung der Ordonnanz-Kompanien, Anfang der stehenden
Heere.

[~1461–1483.~]

~Ludwig XI.~ bricht durch Klugheit und Treulosigkeit die Macht der
großen Vasallen, welche gegen ihn die +Ligue du bien public+ schließen
(Herzöge von Burgund, Bretagne, Orléans, Anjou, Nemours, Bourbon,
Grafen von Charollais u. a.) und legt den Grund zur +unumschränkten+
Monarchie. Nach dem Tode Karls des Kühnen (1477, s. S. 206) zieht er
das Herzogtum +Burgund+ als erledigtes Lehen ein, während die andern
Besitzungen des Herzogs an Deutschland kommen; nach dem Tode Renés
von Anjou (1480) werden +Anjou+, +Maine+ und die +Provence+ mit den
Kronländern vereinigt.

[~1483–1498.~]

~Karl VIII.~ gewinnt die +Bretagne+ durch Vermählung mit der Tochter
des letzten Herzogs (S. 235), zieht 1494 nach Italien, um die Ansprüche
des Hauses Anjou auf das Königreich +Neapel+ geltend zu machen (S.
190). Er erobert das Königreich, wird aber durch ein Bündnis zwischen
dem Papste, dem Kaiser, dem Herzog von Mailand, Venedig und Spanien zum
Rückzuge genötigt.


§ 3. Italien.

Entwickelung selbständiger Staaten seit dem Sinken der deutschen
Kaisermacht (1250).

~Mailand~, seit Kaiser Heinrich VII. (1310) unter den +Visconti+ als
kaiserlichen Statthaltern, seit 1395 als +Herzögen+ (S. 203). Nach
dem Aussterben der Visconti bemächtigt sich der von den Mailändern in
Sold genommene Condottiere +Franz Sforza+ der Herrschaft und wird 1450
Herzog von Mailand.

Die Grafen von ~Savoyen~, deren Ahnherr Graf Humbert Weißhand 1032
mit Burgund unter die Herrschaft der deutschen Könige kam, seit etwa
1050 durch Heirat auch im Besitz von Piemont, erhalten 1416 von Kaiser
Sigismund die +Herzogs+würde. Die Markgrafen von +Este+ (S. 166) werden
1452 von Friedrich III. zu Herzögen von ~Modena~ und +Reggio+ erhoben;
Papst Paul II. belehnt sie 1471 mit dem Herzogtum +Ferrara+.

~Venedig~, seit 697 durch Vereinigung der Inselgemeinden +ein+
Staat unter einem +Dogen+ (dux), seit etwa 1000 Beherrscherin des
Adriatischen Meeres, wächst während der Kreuzzüge an Macht und Ansehen
(s. S. 176, 178). Nach Beendigung der Seekriege mit +Genua+ (1381)
ist Venedig Herrin des Mittelmeeres und des Levantehandels. Sein
Festlandsgebiet erstreckt sich über Padua und Verona bis Brescia; seine
Seemacht stützt sich auf den Besitz von Dalmatien, Kandia und Korfu.
~Verfassung~ streng aristokratisch. 1172 Einsetzung des +großen+ Rates
(450 bis 500 Mitglieder), dann des +kleinen+ Rates (Signoria), der die
Macht des Dogen noch mehr beschränkt. 1298 +Schließung+ des +großen
Rates+, die Namen der ratsfähigen Familien (Nobili) werden in dem
+Goldenen Buch+ verzeichnet. Zur Unterdrückung von Verschwörungen 1310
der +Rat der Zehn+ eingerichtet; Hinrichtung des Dogen +Marino Falieri+
1355. Seit 1539 ernennt der Rat der Zehn die drei +Staatsinquisitoren+,
deren strenge Herrschaft aber erst 1583 beginnt.

~Genua~, seit Herstellung des griechischen Kaisertums (1261) im Orient
mächtig, nach dem Siege über Pisa (1284) auch im Besitz der Inseln
Sardinien, Korsika, Elba, dann aber durch die Kriege mit Venedig und
innere Unruhen geschwächt, seit 1396 bald von Frankreich, bald von
Mailand abhängig.

~Florenz~, seit 1282 mit demokratischer Verfassung (die +Priori delle
arti+ bilden die +Signoria+), öfters durch Parteikämpfe erschüttert,
gewinnt allmählich die Herrschaft über die Landschaft +Toskana+; Pisa
erst 1429 unterworfen. Seit 1400 gelangt das Geschlecht der ~Medici~
zu hohem Ansehen und fürstlicher Stellung. +Johann von Medici+, reicher
Bankier, Begründer der Macht des Hauses. Sein Sohn +Cosĭmo+, der +Vater
des Vaterlandes+, († 1464), Beschützer der Künste (Brunelleschi,
Ghiberti, Donatello u. a.), Begründer der platonischen Akademie und der
mediceischen Bibliothek. Unter dessen Enkel +Lorenzo+ (il Magnifico, †
1492) die glänzendste Zeit für Florenz.

Entfaltung der ~italienischen Literatur~ durch die drei florentinischen
Dichter +Dante+ Alighieri († 1321), +Petrarca+ († 1374), +Boccaccio+
(† 1375). Von Petrarca besonders angeregt entwickelt sich das erneute
Studium der Wissenschaft und Poesie des Altertums (+Humanismus+),
gefördert durch griechische Gelehrte, die nach der Eroberung
Konstantinopels (S. 218) aus dem byzantinischen Reiche vor den Türken
geflohen waren. Hand in Hand damit geht der Aufschwung der ~bildenden
Kunst~ (+Renaissance+) zuerst in Florenz, dann in Rom (Peterskirche).

Der ~Kirchenstaat~, in der Langobardenzeit begründet, durch die von
Karl d. Gr. bestätigte Schenkung Pippins (s. S. 150) und andere
Erwerbungen erweitert, seit Innocenz III. vom deutschen Reiche völlig
unabhängig. Zerrüttung durch Adelskämpfe (die Orsini und Colonna),
während die Päpste in +Avignon+ residieren (1309–1376). +Cola di
Rienzi+ tritt 1347 als Volkstribun auf, wird vertrieben, kehrt 1354 als
päpstlicher Senator zurück, wird aber durch Volksaufstand getötet (S.
199). Herstellung der Einheit der Kirche durch das Konzil zu Konstanz
(S. 203f.), des Kirchenstaats erst durch Papst +Nikolaus V.+ (1447 bis
1455), der als Freund der Wissenschaften die vatikanische Bibliothek
begründet.

In ~Neapel~ Haus +Anjou+ bis 1435. ~Sicilien~ 1282–1295 mit +Aragon+
verbunden (S. 190), dann unter einer Nebenlinie des aragonischen
Hauses, seit 1409 wieder bei Aragon, dessen König +Alfons V.+ 1435–1442
auch Neapel erobert. Glänzende Hofhaltung, Pflege des Humanismus
(+Laurentius Valla+). Nach Alfons’ Tode (1458) kommt +Neapel+ ohne
Sicilien an seinen natürlichen Sohn Ferdinand I. und dessen Nachkommen;
in Sicilien aragonische Dynastie bis 1504. Von 1504–1713 Neapel und
Sicilien bei Spanien (S. 235).


§ 4. England.

[~1272–1307.~]

~Eduard I.~, Sohn Heinrichs III. (S. 193), unterwirft +Wales+
vollständig (Prinz von Wales, Titel seines ältesten Sohnes und fortan
jedes Thronerben), mischt sich als Lehnsherr in die schottischen
Thronstreitigkeiten, beruft Vertreter der Grafschaften und Städte zum
Parlament; Anfang des Unterhauses.

[~1307–1327.~]

~Eduard II.~, von den Schotten geschlagen, muß Robert Bruce als
schottischen König anerkennen. Er wird auf Anstiften der Königin und
ihres Günstlings +Mortimer+ vom Parlament abgesetzt und später auf
grausame Weise ermordet. Ihm folgt der tatkräftige

[~1327–1377.~]

~Eduard III.~ König +David Bruce+ von Schottland als Gefangener in
London, gegen Lösegeld freigelassen. Seit 1371 Haus +Stuart+ in
Schottland; Robert II., 1371–1390, Tochtersohn von Robert Bruce,
nicht mehr lehnsabhängig von England. -- Trennung des englischen
Parlaments in +Oberhaus+ und +Unterhaus+. Steuerbewilligungsrecht und
Petitionsrecht des Unterhauses. Ausbildung des +Selfgovernment+ in den
Grafschaften (das Friedensrichteramt). Krieg mit Frankreich s. S. 207.
Geoffrey +Chaucer+, Begründer der englischen Literatur, † 1400.

[~1377–1399.~]

~Richard II.~, Enkel Eduards III. Die Bestrebungen des Reformators
+Wycliffe+ (Prof. in Oxford, 1382 abgesetzt, vgl. S. 203) werden
vereitelt durch den gefährlichen Aufstand der Bauern unter +Wat Tyler+
1381. Richard zur Abdankung genötigt von seinem Vetter +Heinrich von
Lancaster+, † im Gefängnis.

[1399–1461.]

~Haus Lancaster~ (Nebenlinie des Hauses Plantagenet).

[~1399–1413.~]

~Heinrich IV.~, Enkel Eduards III. Kämpfe gegen Empörungen des hohen
Adels (Heinrich Percy); der König behauptet sich im Bunde mit der
Kirche. Grausame Verfolgung der Anhänger Wycliffes.

[~1413–1422.~]

~Heinrich V.~, als Prinz der Genosse wüster Gesellen, als König
energisch und tapfer. Aufstand der +Lollharden+ (Anhänger Wycliffes)
unterdrückt. Krieg in Frankreich s. S. 209.

[~1422–1461.~]

~Heinrich VI.~, beim Regierungsantritt unmündig, später von
Günstlingen geleitet, kann den Übermut des Adels nicht im Zaum halten.
Unglücklicher Ausgang des Krieges in Frankreich. Sein Vetter +Richard
von York+, zweimal wegen Krankheit des Königs zum Protektor des Reiches
erwählt, erhebt zuerst 1452 offen Anspruch auf die Krone. Gegen ihn
die Königin +Margarete+ (aus dem Hause +Anjou+) und der Herzog von
+Somerset+ († 1454).

[1459–1485.]

~Bürgerkrieg in England~; Parteien der +Roten Rose+ (Lancaster) und
der +Weißen Rose+ (York). Richard von York bei Wakefield besiegt und
getötet 1460. Dennoch behauptet sich seine Partei im Felde und ruft
1461 in London seinen Sohn +Eduard+ zum König aus.

 Die Familien ~Lancaster~, ~York~ und ~Tudor~.

             Eduard III. †1377.
   _____________________|__________________________________...
  |                    |                      |            |
 Eduard,              Lionel          Johann von Gent,    Edmund,
 (der Schwarze Prinz) Hz. v. Clarence Hz. ~v. Lancaster~, Hz. ~v. York~,
 †1376.               †1368.          †1399.              †1402.
  |                    |            ____|__________
 ~Richard II.~,        |           |               |
 abgesetzt 1399,       |      ~Heinrich IV.~ John Bedford.
 †1400.                |        †1413              |
                       |           |               |
                       |           |               |
                       |    ~Heinrich V.~  John Bedford.
                       |    †1422 Gem. Kath.       |
                       |     v. Frankreich         |
                       |           |               |
                     Seine      ~Heinrich VI.~    ~Margarete.~
                     Urenkelin  -- 1461,          Gem. Edm. ~Tudor~
                     Anna       ermordet          (Sohn v. Owen Tudor
                     Mortimer,   1471.            u. Kath. v.
                     Gem. v.        |             Frankreich,
                     Richard v. Eduard,           Witwe
                     Cambridge  Prinz v. Wales,   Heinrichs V.).
                                ermordet 1471.           |
                                                         |
                                                 ~Heinrich VII.~ †1509.
                                                 Tudor.
                                       ___________|________
                                      |                    |
                             ~Heinrich VIII.~      Margarete,
                             †1547.      Gem. Jakob IV. Stuart
                              |              v. Schottland.
                           ___|______________________
                          |               |          |
                   ~Maria~ die      ~Elisabeth~ ~Eduard VI.~
                   Katholische †1558.   †1603.     †1553.


           ... Edmund,
               Hz. ~v. York~,
               1402.
        ________|_______
       |                |
     Eduard,          Richard,
     Hz. v. York      Gr. v. Cambridge.
                  Gem. Anna Mortimer.
                        |
         _________________________
        Richard, Hz. v. York, 1460
         ________|________
        |                 |
  ~Eduard IV.~      ~Richard III.~
  1483      (Hz. v. Gloucester)
   |              1485
  |_______________________________________
 |                       |                |
 Elisabeth,          ~Eduard V.~  Richard.
 Gem. Heinr. Tudor.  ermord.           ermord.
                     1483              1483

[1461–1485.]

~Haus York~ (Nebenlinie des Hauses Plantagenet).

[~1461–1483.~]

~Eduard IV.~ sichert seine Herrschaft durch die Siege bei +Towton+ 1461
und +Hexham+ 1464, nimmt Heinrich VI. gefangen, doch wird er 1470 von
+Margarete+ und Graf +Warwick+ (dem »Königsmacher«), der früher das
meiste zu seiner Erhebung beigetragen hatte, vertrieben und Heinrich
VI. wieder auf den Thron gesetzt. Eduard IV. kehrt bald zurück, besiegt
das Haus Lancaster bei +Barnet+ (Warwick †) und +Tewkesbury+ 1471 und
rottet es fast aus; nur +Heinrich Tudor+ entkommt. König Heinrich VI.
im Tower ermordet 1471.

[~1483.~]

~Eduard V.~, Sohn Eduards IV., mit seinem jungen Bruder +Richard+ im
Tower erstickt auf Befehl seines Oheims, des grausamen +Richard von
Gloucester+ (spr. Gloster), welcher den Thron besteigt als

[~1483–1485.~]

~Richard III.~ Er wird bei +Bosworth+ 1485 besiegt von einem Sprößling
des Hauses Lancaster, ~Heinrich Tudor~, Grafen von Richmond, welcher
durch seine Heirat mit +Elisabeth von York+, Tochter Eduards IV.,
die Ansprüche beider Häuser vereinigt. Nach Beendigung der blutigen
Adelskriege erstarkt das +Königtum+ unter dem Hause +Tudor+ (1485–1603).


§ 5. Die Pyrenäische Halbinsel.

Den vier christlichen Königreichen steht noch immer das durch Ackerbau
und Kunstfleiß blühende arabische (maurische) Königreich +Granāda+
gegenüber (S. 194).

~Navarra~, 1285–1329 mit Frankreich vereinigt (s. S. 207), 1425–1431
mit Aragon, bleibt ein unbedeutendes Grenzland.

König Pedro III. von ~Aragon~ (S. 190) unterstützt die Sicilianische
Vesper, gewährt 1283, um die Kriegskosten zu bestreiten, den
Reichsständen (Cortes) große Rechte durch das Privilegium von
Saragossa. Pedro IV. erhöht 1348 die Macht des Königtums und erobert
die Balearen, bewilligt aber die Einsetzung eines Oberrichters
(Justicia), der Streitigkeiten zwischen König und Reichsständen zu
entscheiden hat.

Alfons XI. von ~Kastilien~ besiegt 1340 die Araber, bringt aber
den Krieg nicht zu Ende. Zwiespalt unter seinen Söhnen +Pedro dem
Grausamen+ und +Heinrich von Trastamara+; letzterer findet bei
Aragon Hilfe und vertreibt mit französischen Söldnern den Gegner.
Pedro wird 1367 durch einen Kriegszug des Schwarzen Prinzen (S.
208) zurückgeführt, aber nach Erneuerung des Kampfes 1369 besiegt
und getötet. Heinrich herrscht darauf bis 1379 in Freundschaft mit
Frankreich. Sein Sohn +Johann I.+ versucht vergebens 1385 ~Portugal~
zu erobern. Unter +Johann II.+ tritt der Connétable +Alvaro de Luna+
der großen Macht des Adels entgegen, wird aber 1453 gestürzt. Johanns
Tochter +Isabella+ vermählt sich 1469 mit +Ferdinand+, dem Thronfolger
von +Aragon+, wird 1474 Königin von Kastilien.

[1479–1516.]

Ferdinand II., der Katholische, von Aragon. Vereinigung der beiden
Reiche +Kastilien+ und +Aragon+, doch regiert Isabella in Kastilien
selbständig. Die Großmeisterwürde der drei Ritterorden (S. 194) wird
mit der Krone vereinigt, die Willkür des Adels durch Erneuerung des
Friedensbundes der Städte (+Hermandad+) eingeschränkt. Mit päpstlicher
Genehmigung Erneuerung der ~Inquisition~ (S. 186) zur Verfolgung der
Ketzer, besonders gegen die Moriscos (Nachkommen der Mauren, span.
Moros) und Juden gerichtet. Der Dominikaner +Torquemada+ 1483 zum
Großinquisitor ernannt; Tausende zum Feuertode verurteilt (Autos da fé).

[1492.]

Eroberung von ~Granada~; der letzte König Abdallah (Boabdil) zieht sich
nach Afrika zurück.

~Portugal~ im Aufblühen unter der unecht burgundischen Dynastie
seit 1385. Unter König Johann I. wird +Ceuta+ erobert 1415; sein
Sohn +Heinrich der Seefahrer+ fördert die Entdeckungsfahrten längs
der afrikanischen Küste. 1455 wird +Cap Verde+ erreicht, 1482 die
Kongomündung: an dieser Fahrt nahm der um die Nautik und Geographie
(sein Globus in Nürnberg) sehr verdiente Nürnberger Kaufmann Martin
Behaim teil, Freund des Columbus und Magelhães, († 1506 in Lissabon).
1487 umfährt ~Bartolomeo Diaz~ das +Cabo tormentoso+, von König Johann
II. +Cabo de boã esperanza+ (Kap der guten Hoffnung) genannt.


§ 6. Der Norden und Osten.

~Dänemark~, seit +Knud+ dem Großen (S. 170) ein christliches Reich,
entfaltet seine Seemacht unter +Waldemar I.+, der 1168 Rügen erobert,
und Waldemar II., dem Sieger, der 1219 Estland gewinnt, auch bis 1227
über Holstein und den angrenzenden Teil von Mecklenburg herrscht (S.
187). Dann folgen schwächere Könige; erst +Waldemar IV.+ beseitigt
die innere Zerrüttung. Er überläßt 1346 Estland dem Deutschen Orden,
gewinnt 1360 von Schweden die Landschaft Schonen zurück, muß dann vor
der Seemacht der deutschen Hanse weichen (S. 201).

+Margareta+, Tochter Waldemars IV., Gemahlin Hakons VI. von Norwegen,
regiert seit 1375 in Dänemark für ihren unmündigen Sohn Olaf († 1387),
nach Hakons Tode 1380 auch in ~Norwegen~, wird 1388 von einem Teil des
schwedischen Adels zur Regentin ~Schwedens~ erwählt. Sie besiegt ihren
Gegner Albrecht von Mecklenburg (seit 1364 König von Schweden), dessen
Anhänger sich mit Hilfe der seeräuberischen +Vitalienbrüder+ noch
einige Jahre in Stockholm behaupten, bis die deutsche +Hanse+ dagegen
einschreitet.

[1397.]

~Kalmarische Union~. Die Stände der drei Reiche beschließen zu +Kalmar+
die Vereinigung unter einem gemeinsamen Wahlkönigtum. +Margareta+
regiert mit hohem Ansehen, † 1412.

[1409–1435.]

Krieg um ~Schleswig~. Dieses Herzogtum, schon seit 1326 nach der sogen.
Waldemarschen Konstitution, nach der es nie wieder mit Reich und Krone
von Dänemark vereinigt werden sollte, größtenteils im erblichen Besitz
der deutschen Grafen von +Holstein+ (aus dem Hause Schauenburg, S.
179), 1386 von Margareta dem Grafen Gerhard VI. zu Lehen gegeben,
wird von seinen Söhnen mit Hilfe der Hanse behauptet gegen Margaretas
Nachfolger +Erich VII+.

[1460.]

König +Christian I.+ von Dänemark (aus dem Hause der Grafen von
Oldenburg, Schwestersohn Adolfs VIII. von Holstein) wird von
den Ständen von +Schleswig-Holstein+ nach dem Aussterben des
Schauenburgischen Hauses zum Herzog erwählt, nachdem er die
Waldemarsche Konstitution beschworen hat. Personal-Union mit Dänemark
bis 1863.

Als Unionskönig kann Christian I. die Herrschaft über +Schweden+ gegen
den dort erwählten Reichsvorsteher +Sten Sture+ nicht behaupten, doch
wird unter seinem Nachfolger +Johann+ die Union der drei Reiche wieder
hergestellt.

[1500.]

Schlacht bei +Hemmingstedt+; die +Dithmarschen+, wie die Stedinger (S.
188), eine Art Bauernrepublik unter dem Schutze des Stiftes Bremen,
behaupten ihre Freiheit gegen das dänisch-holsteinische Adelsheer.

~Rußland,~ nach dem Tode Wladimirs des Großen (S. 170) in mehrere
Fürstentümer geteilt unter Oberhoheit des Großfürsten von +Kiew+,
kommt 1237 unter die Herrschaft der +Mongolen+ (S. 195). Der Chan der
»Goldenen Horde« ernennt den Großfürsten und die Teilfürsten, empfängt
von ihnen Tribut. Um 1330 wird Moskau Residenz des Großfürsten, als
Kiew von den +Litauern+ erobert worden ist.

[~1480.~]

~Iwan III., der Große~, Zar von Großrußland, Begründer der
einheitlichen Monarchie, macht der Mongolenherrschaft ein Ende, nachdem
er 1478 die mit der deutschen Hanse verbündete Republik +Nowgorod+
unterworfen hat.

~Polen,~ seit etwa 840 unter Fürsten aus dem Hause der Piasten,
christlich seit 965, oft in Kampf mit dem deutschen Reiche, mit den
heidnischen Preußen (später dem Deutschen Orden) und mit Rußland. An
Stelle der Teilfürstentümer begründet +Wladislaw Lokietek+ 1320 ein
einheitliches +Königtum+, Residenz +Krakau+.

[1333–1370.]

~Kasimir der Große~, trefflicher Regent, sorgt für den Bauernstand,
gründet Städte, zieht deutsche Ansiedler herbei. Ihm folgt sein
Schwestersohn +Ludwig der Große+ (s. unten) von Ungarn († 1382); dessen
Tochter Hedwig vermählt sich 1386 mit dem bisher noch heidnischen
Großfürsten +Jagello von Litauen+. Seitdem Polen und Litauen vereinigt
unter den Jagellonen 1386–1572. Ludwigs zweite Tochter Maria, Erbin von
Ungarn, mit dem deutschen König Sigismund vermählt (S. 203).

~Preußen~ wird 1230–1283 in langem Kampfe von dem ~Deutschen Orden~
(s. S. 178f.) erobert; durch den Anschluß des in Livland vom Bischof
von Riga gegründeten +Schwertbrüder+ordens (1237) erweitert sich das
Ordensgebiet über Kurland, Livland, Estland hin. +Königsberg+ 1255
gegründet; seit 1309 die ~Marienburg~ Sitz des Hochmeisters. Blüte des
Ordens unter +Winrich von Kniprode+ (1351–1382), dann allmählicher
Verfall. Verhängnisvoll für den Orden wurde die Vereinigung Litauens
mit Polen 1386.

[~1410.~]

~Schlacht bei Tannenberg,~ Sieg der ~Polen~ über den Orden. +Heinrich
von Plauen+ verteidigt die Marienburg, schließt als Hochmeister den
noch günstigen +ersten+ Frieden zu Thorn, wird aber 1413 von den
Ordensrittern abgesetzt. Unzufriedenheit des Landadels und der Städte
mit der Ordensherrschaft, sie treten in Verbindung mit +Polen+. Neuer
Krieg 1454, König Kasimir II. erobert 1457 die Marienburg und behauptet
sie in heftigem Kampfe 1460; der Hochmeister zieht sich nach Königsberg
zurück.

[~1466.~]

~Zweiter Friede zu Thorn~: Westpreußen mit Ermeland an Polen
abgetreten, +Ostpreußen+ bleibt dem Orden als +polnisches Lehen+.

In ~Livland~ behauptet ein Teil des Ordens unter dem Landmeister Wolter
von +Plettenberg+ (1494–1535) seine Unabhängigkeit gegen Rußland.

~Ungarn~ gegen Ende des 9. Jahrhunderts von den ~Magyaren~ (S.
158, 160) in Besitz genommen, bis 1301 unter dem Regentenhause der
+Arpaden+. Einführung des Christentums durch Herzog +Geisa+ und seinen
Sohn +Stephan den Heiligen+, ersten +König+ von Ungarn (S. 163).
Einwanderung zahlreicher Deutscher, namentlich in +Siebenbürgen+
unter König Geisa II. um 1150. Bildung einer mächtigen Aristokratie
(+Magnaten+). Die +Goldene Bulle+, dem Könige +Andreas II.+ 1222 nach
seiner Rückkehr von einem Kreuzzuge (S. 177) abgenötigt, bildet die
Grundlage der Privilegien des ungarischen Adels.

Nach dem Erlöschen der Arpaden regiert in Ungarn das Haus ~Anjou~
(1308–1382), Blütezeit unter ~Ludwig dem Großen~ (1342–1382, s. oben),
der 1370 auch den polnischen Thron besteigt.

Unter König +Sigismund+, Ludwigs d. Gr. Schwiegersohn aus dem Hause
Luxemburg (1387–1437), beginnender Verfall des Reiches. Albrecht von
Österreich 1438–1439, dann 1440 +Wladislaw III.+ von Polen gewählt, der
bei +Varna+ 1444 gegen die Türken fällt, darauf Albrechts unmündiger
Sohn +Ladislaus Postumus+ (vgl. S. 206). Der Reichsverweser +Johann
Hunyadi+ besiegt die Türken bei Belgrad 1456; sein Sohn ~Matthias
Corvinus~ wird zum König erwählt. Nach dessen glänzender Regierung
(1458–1490) wird Ungarn unter +Wladislaw+, dem Sohn Kasimirs IV. von
Polen, mit Böhmen vereinigt und dem Erzherzog Maximilian (S. 206) die
Nachfolge zugesichert.

Reich der ~Osmanischen Türken~, um 1300 durch +Osman I.+ in Kleinasien
begründet. Sein Sohn +Urchan+ erobert 1330 +Nicäa+, bildet aus
dem Knabenzins unterworfener christlicher Völker das Fußvolk der
+Janitscharen+, unternimmt Landungen an der europäischen Küste. +Murad
I.+ macht Adrianopel 1365 zu seiner Residenz, unterwirft Bulgarien (S.
194).

[1389.]

Sieg Murads über die +Serben+ auf dem Amselfelde bei +Kossova+; Serbien
wird tributpflichtig (S. 172).

[1396.]

Sieg Bajazets I. bei +Nikopoli+ an der Donau über ein großes Kreuzheer
ungarischer, deutscher und französischer Ritter unter Führung König
Sigismunds. Seitdem Schrecken des türkischen Namens im christlichen
Abendlande.

Die weitere Entfaltung der osmanischen Macht wird vorübergehend gehemmt
durch eine neue Erhebung der ~Mongolen~ in Asien unter +Timur Lenk+,
welcher in gewaltigem Siegeszuge Persien (bei Ispahan 70000 Köpfe
erschlagener Feinde zusammengeschichtet), das Indusland, Syrien,
Kleinasien unterwirft. Bagdad zerstört. Hauptstadt seines Reiches
+Samarkand+.

[1402.]

Schlacht bei +Angora+ in Kleinasien; Bajazet besiegt und gefangen.

Nach Timurs Tode (1405) zerfällt sein Reich; die Osmanen stellen ihre
Herrschaft in Kleinasien und der griechischen Halbinsel wieder her.
Erste Belagerung von Konstantinopel 1422.

Die Donaugrenze wird von den ~Ungarn~ heldenmütig verteidigt. Öftere
Verhandlungen der oströmischen Kaiser mit den Päpsten über Herstellung
der kirchlichen Einheit (S. 176); die Beschlüsse des (in Ferrara 1438
eröffneten) +Unionskonzils+ zu +Florenz+ 1439 werden in Konstantinopel
von der Geistlichkeit und dem Volke nicht angenommen. Papst Eugen
IV. läßt das Kreuz predigen gegen die Türken, aber die Schlacht bei
Varna (s. oben) lähmt den Kriegseifer. Sultan Mohammed II. macht dem
oströmischen Reiche ein Ende durch die

[~1453.~]

~Eroberung Konstantinopels.~

[~29. Mai.~]

Tapfere Verteidigung durch den letzten Kaiser +Konstantin XII.+ und den
Genuesen +Giustiniani+. Griechische Gelehrte flüchten nach Italien (s.
S. 211).

+Athen+ wird 1456 von den Türken besetzt, die Halbinsel +Morea+ 1460
verwüstet. In +Albanien+ leistet Georg Castriota (Skanderbeg) tapferen
Widerstand, † 1467. +Bosnien+ und die +Walachei+ werden 1462–1464
unterworfen, bald auch Albanien. Belgrad (S. 218) bleibt noch bis 1521
(s. unten) ungarische Grenzfeste.

[1463–1479.]

Seekrieg der +Venetianer+ gegen die Türken; sie behalten Kandia, Korfu
und mehrere Plätze in Morea, verpflichten sich aber zur Tributzahlung,
um ihren Handel zu behalten.

[1480.]

Rhodus von den +Johannitern+ rühmlich verteidigt. Sultan Bajazet II.
überläßt 1489 den Venetianern die Insel +Cypern+ (Katharina Cornaro,
Gemahlin des letzten Fürsten aus dem Hause Lusignan, s. S. 175),
vertreibt sie aber 1500 aus Morea. Kriegszug nach der +Moldau+ 1497.

Sultan Selim I. unterwirft 1515–1517 Mesopotamien, Syrien und Ägypten.
Die Ausbreitung der Türkenherrschaft versperrt die alten Handelswege
nach Indien.

Die von den +Türken+ dem christlichen Europa drohende Gefahr steigert
sich unter Sultan Soliman II., der 1521 +Belgrad+ erobert (vgl. S. 230).

In ~Persien~ erst 1505 die Mongolenherrschaft beseitigt und eine
einheimische Dynastie wieder eingesetzt. Begründung des neupersischen
Reiches. 1582–1627 regiert der Schah Abbas der Große. Residenz Ispahan.

In ~Indien~ begründet Baber, ein Nachkomme Timurs, 1525 das Reich des
Großmogul; Hauptstadt Delhi. Blüte dieses Reiches unter Dschelaleddin
Mohammed (Akbar) 1556–1605.

In ~China~ unter der Ming-Dynastie (1368–1644) wird die bis 1911
noch geltende Regierungsform ausgebildet. Der Kaiser, »der Sohn des
Himmels«, besitzt unumschränkte Gewalt über alle Untertanen, ist
geistliches Oberhaupt, höchster Richter und Anführer im Kriege.
Er genießt abgöttische Verehrung (Kotau). Strenges Zeremoniell.
Gelbe Kleidung äußeres Zeichen seiner Würde. Der Nachfolger von ihm
aus seinen Söhnen gewählt, falls diese fehlen, aus den nächsten
Verwandten. Dem Kaiser stehen Minister zur Seite, auf deren Anregung
und Verantwortung er die Gesetze erläßt. In Wirklichkeit jedoch ist
die Regierung des Reiches der Mitte in eine Willkürherrschaft der
Provinzvorstände (Vizekönige) ausgeartet.

~Japan~, wohin um die Mitte des 6. Jahrhunderts nach Chr. von China
aus (über Korea) der Buddhismus und zugleich chinesische Civilisation
gekommen, wird aus einem Geschlechterstaat in einen Beamtenstaat nach
chinesischem Muster umgewandelt. Der +Mikado+ wird unumschränkter
Herrscher des Reiches. Hauptstadt Kioto. Der Großkanzler (Daijo
Daijin) und die Minister führen die Regierung des Landes, die Provinzen
von Statthaltern verwaltet. Alle Beamten mit erblichem Landbesitz
ausgestattet. Einzelne Familien sichern sich den erblichen Besitz der
wichtigsten Ämter. So bildet sich ein Hausmeiertum aus. Der Mikado von
den Ministern, die Provinzialstatthalter von den Großgrundbesitzern in
den Provinzen, d. h. von den Ministern allmählich bei Seite geschoben.
Militär- und Zivilgewalt getrennt. Der Oberfeldherr des aus den Hörigen
der mächtigsten Geschlechter hervorgegangenen Soldatenstandes, der
+Shogun+, bringt schließlich auch das Amt des Großkanzlers in seinen
Besitz. Nach langen erbitterten Kämpfen fällt das Shogunat, d. h. der
Inbegriff aller Regierungsgewalt, der Familie der Minamoto zu. Der
Kaiser in Kioto in strenger Abhängigkeit gehalten, bleibt nur im Besitz
gewisser Ehrenrechte. Residenz der Shogune in Kamakura.

[1275.]

Vergebliche Expedition des Mongolenfürsten Kublai-Chans zur
Unterwerfung Japans. Eine zweite Flotte gleichfalls zurückgeschlagen,
durch einen Taifun völlig vernichtet (S. 195). Gegen Ende des 15.
Jahrhunderts werden die Militärgouverneure in den Provinzen (Shugo)
nach Beseitigung der Statthalter unabhängige Territorialherren
(Daimyo).

Fussnoten:

[37] so genannt nach den goldenen Siegelkapseln.

[38] Streitig war das Kurrecht zwischen den beiden sächsischen und
den beiden nach dem Tode Ludwigs des Strengen 1294 entstandenen
wittelsbachischen Linien. Dasselbe ward nun Sachsen-+Wittenberg+ und
+Pfalz+ zuerkannt, Sachsen-+Lauenburg+ und +Bayern+ aber abgesprochen
(S. 189).

[39] +De terra vero salica in mulierem nulla portio transit, sed hoc
virilis sexus acquirit+ (bezieht sich eigentlich auf +Allodial+besitz
und weder auf Lehen noch auf die Thronfolge).

[40] Titel des Thronfolgers seit 1349, da der letzte Graf von +Vienne+
sein Gebiet (le Dauphiné) dem französischen Königshause übertrug.



~III. Neuere Geschichte.~



~A. Von der Entdeckung Amerikas bis zum Westfälischen Frieden.
(1492–1648.)~


§ 1. Erfindungen, Entdeckungen u. Kolonien.

Drei noch dem +Mittelalter+ angehörige ~Erfindungen~, die mit dem
Beginn der neueren Zeit zu allgemeinerer Anwendung kommen, sind
auf die Umgestaltung der Welt von großem Einfluß gewesen. 1. Der
~Kompaß~ (um 1310 durch +Flavio Gioja+ von Amalfi erfunden?), fördert
Sicherheit der Schiffahrt und ermöglicht die Entdeckungsfahrten.
2. Das ~Schießpulver~, wahrscheinlich aus Asien (China, Indien,
Arabien) nach Europa gekommen, nach einer unhaltbaren Überlieferung
erfunden durch den Mönch +Berthold Schwarz+ zu Freiburg im Breisgau
(1354?), jedenfalls um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Europa zuerst
angewendet. Durch diese Erfindung eine allmähliche Umgestaltung des
+Kriegswesens+ und der Untergang des +Rittertums+ herbeigeführt (S.
226). 3. Die ~Buchdruckerkunst~ (S. 206), allgemeiner verbreitet,
seitdem sich nach der Eroberung von Mainz (1462 in der Pfälzer Fehde,
s. S 206) die Gehilfen +Fusts+ in verschiedene Länder zerstreut hatten,
das wichtigste Mittel zur Verbreitung geistiger Bildung, Förderung des
Humanismus und der +Reformation+.

[~1492.~]

~Entdeckung Amerikas~ durch ~Columbus~.

~Cristoforo Columbo~ (er selbst nannte und schrieb sich, seit er
Spanier geworden, stets ~Cristobal Colon~), aus +Genua+, seit seiner
frühesten Jugend Seefahrer, will einen westlichen Seeweg nach +Indien+
und namentlich nach der Wunderinsel +Zipangu+ (Japan) suchen, welche
der Venetianer +Marco Polo+ (Reisen von 1271–1295, S. 206) in dem
Buche +Mirabilia mundi+ beschrieben hatte. Vom Könige von Portugal
abgewiesen, tritt Colon 1486 in den Dienst der Königin Isabella
von +Kastilien+ (S. 214). Erst nach der Einnahme Granādas werden
notdürftige Mittel für das große Unternehmen beschafft. Vertrag mit
+Colon+, dem der Adel, die erbliche Würde eines Admirals und Vizekönigs
und ⅒ der Einkünfte der neuen Länder zugestanden werden. Er
unternimmt 4 Reisen.

~Erste Reise~ 1492. Abfahrt von Palos mit 3 kleinen Schiffen am 3.
Aug. 1492, von den Kanarischen Inseln am 6. September. Am 12. Oktober
Landung auf +Guanahani+ (San Salvador), einer von den Bahama-Inseln.
Entdeckung von +Cuba+ und +Haïti+; erste Kolonie Española auf Haïti
gegründet.

~Zweite Reise~ 1493–1496 von Cadiz aus. Entdeckung der Kleinen
+Antillen+ und der Insel +Jamaika+; Niederwerfung des Aufstandes in
Española.

~Dritte Reise~ 1498–1500. +Trinidad+ und das Festland von
Südamerika[41] (die Mündung des +Orinoko+) entdeckt; dann Fahrt
nach Española. Colon, als Ausländer, auch durch Härte und nicht
abzuleugnende Habsucht verhaßt, wird bei Hofe angeklagt. +Bobadilla+,
mit Vollmacht als Oberrichter nach der Kolonie gesendet, schickt ihn in
Ketten nach Spanien. Dort wird Colon sofort in Freiheit gesetzt und mit
Auszeichnung behandelt, behält auch die +Admirals+würde, wird aber als
+Statthalter+ durch +Ovando+ ersetzt.

~Vierte Reise~ 1502–1504. Küste von Honduras entdeckt, Schiffbruch,
trauriger Aufenthalt bei den Wilden auf Jamaika, endlich Rückkehr von
Haïti aus.

Columbus stirbt in Valladolid 1506, ohne zu wissen, daß er einen +neuen
Erdteil+ entdeckt hat; er hielt jene Länder für Teile Asiens (Indien).
Sein Sohn +Diego Colon+, 1509 Admiral und Vizekönig von Española (†
1526). Die Admiralswürde vererbt sich auf seinen Enkel und Urenkel.

Der gelehrte Florentiner ~Amerigo Vespucci~ gibt nach mehreren Fahrten
mit den Portugiesen nach Südamerika (die Küste von Venezuela durch den
Spanier +Hojeda+ entdeckt) Karten und Beschreibungen der neu entdeckten
Länder heraus. +Nach+ ihm, nicht durch ihn erhält der neue Erdteil den
Namen ~Amerika~.

[~1498.~]

~Seeweg nach Ostindien~ von ~Vasco da Gama~ entdeckt. Die Portugiesen
behalten die schon seit längerer Zeit von ihnen verfolgte Richtung der
Entdeckungsfahrten (S. 215) bei; +Vasco da Gama+ landet um Weihnachten
1497 an der +Costa Natal+, dann in +Melinde+; von da gelangt er unter
Führung eines arabischen Lotsen nach +Calicut+ an der Küste +Malabar+.

[~1500.~]

~Brasilien~ entdeckt von ~Cabral~, dessen Schiffe bei der zweiten Fahrt
nach Indien in die westliche Meeresströmung geraten; er landet dann in
Calicut und Cotschin.

[1505–1515.]

Begründung portugiesischer Kolonien in Asien durch die Vizekönige
+Almeida+ und +Albuquerque+. Hauptort +Goa+, andere Ansiedlungen in
Diu, Malakka, Ceylon, Macao (der Dichter +Camoëns+ 1555).

[1513.]

Der Spanier +Balboa+ dringt vom Meerbusen von +Darien+ aus zum +Stillen
Ozean+ vor.

[1515.]

Der Spanier +Diaz de Solis+ erreicht die +La Plata+-Mündung.

[~1519–1522.~]

~Erste Erdumsegelung~ unter ~Ferdinand Magalhães~ (spr. Magaliängs),
einem in spanische Dienste getretenen Portugiesen. Durchfahrt nach dem
Stillen Ozean durch die +Magalhães+straße. Er selbst wird 1521 auf
einer der Philippineninseln erschlagen (S. 215).

[1519–1521.]

Eroberung von ~Mexiko~ durch ~Hernan Cortez~. Dieser segelt mit 600
spanischen Soldaten von Cuba nach dem Hafenort Veracruz, wo er seine
Schiffe versenkt. Dann marschiert er mit den Tlaskalanern verbündet auf
+Mexiko+, die Residenz des Königs der Azteken, +Montezuma+, der ihn
in die Stadt einläßt. Er nimmt den König in seinem Palast gefangen.
Infolgedessen Aufstand der Mexikaner, Tod Montezumas. Die Spanier
verlassen die Stadt, nächtlicher Kampf auf einem der Dämme des Sees,
furchtbare Verluste (+Noche triste+). Sieg der Spanier. Von Tlaskala,
wohin er sich zurückgezogen, kehrt Cortez bald mit Verstärkungen
vor die Hauptstadt zurück. Einnahme von Mexiko nach hartnäckigem
Belagerungskampf 1521. Der König +Guatmotzin+ hingerichtet. Cortez
anfangs unumschränkter Statthalter von +»Neuspanien«+, dann auf die
militärische Oberleitung beschränkt, entdeckt +Kalifornien+ 1535,
stirbt in Spanien 1547.

[1532.]

Eroberung von ~Peru~ durch ~Pizarro~.

Die »Conquistadoren« (Eroberer) finden in dem silberreichen Peru,
wie in Mexiko, eine schon lange bestehende einheimische Kultur vor.
Adelsherrschaft bei den +Inkas+, die sich »Söhne der Sonne« nannten.
Sonnentempel in der Hauptstadt +Cuzko+, reich mit Gold geschmückt.
Pizarro nimmt den König +Atahualpa+ vor seinem Heere gefangen und
läßt ihn, nachdem er ein ungeheueres Lösegeld von ihm erpreßt hat,
hinrichten. Gründung von +Lima+ 1535, Fehden zwischen den spanischen
Anführern. Pizarros Nebenbuhler +Almagro+, aus +Chile+ zurückgekehrt,
wird 1538 von ihm besiegt und hingerichtet, er selbst von dessen
Freunden 1541 in einem Aufstande erschlagen. Die Krone übernimmt die
Verwaltung des Landes 1548.

Drei spanische Vizekönigreiche: +Mexiko+, +Peru+, +Neu-Granada+, später
ein viertes für das +La Plata+-Gebiet; für die westindischen Inseln das
Generalkapitanat +Cuba+.

~China~ und ~Japan~ werden den Portugiesen im 16. Jahrh. gleichfalls
geöffnet (+Ningpo+, +Macao+), später auch den Spaniern und
Niederländern (+Formosa+). Der Handelsverkehr mit Europa von den
+Daimyo+ in Japan (S. 220) sehr begünstigt. Das +Christentum+ (schon
Papst Clemens V. hatte 1307 ein Erzbistum in Peking und 1313 ein Bistum
in Zeitun eingerichtet) (S. 195), findet in China (Jesuiten Franz
Xaver, Ruggieri) und ebenso in Japan schnell Verbreitung.


~Folgen der Entdeckungen.~

1. Die Ausbreitung des Christentums und der europäischen Kultur
über die ganze Erde ist ermöglicht. 2. Aufschwung von Handel und
Gewerbe durch die Verwertung der überseeischen Erzeugnisse, Sinken
des Geldwertes durch die Ausbeutung der Gold- und Silberbergwerke
in Südamerika. 3. Bereicherung der Wissenschaften, besonders der
Geographie und Naturkunde. 4. Im europäischen Staatensystem kommen die
+Seemächte+ durch den Besitz von +Kolonien+ zu besonderer Geltung.
Spanien und Portugal treten jedoch am Ende des 16. Jahrh. zurück gegen
die Niederlande und England. 5. Auswanderung aus den übervölkerten
Teilen Europas nach Amerika.


§ 2. Die Reformation in Deutschland.

[~1493–1519.~]

~Maximilian I.~ zieht nicht mehr zur Krönung nach Rom, nennt sich
+»erwählter römischer Kaiser«+.

[1495.]

Reform der Reichsverfassung durch die Beschlüsse des Reichstags zu
+Worms+: ~Ewiger Landfriede~, Reichssteuer (gelangt nicht zu bleibender
Einführung), ~Reichskammergericht~ (erst in +Frankfurt+, dann in
+Speier+, seit 1693 in +Wetzlar+). Besserung der Rechtsprechung durch
Annahme des +römischen Rechts+ (S. 147), welches seit Friedrich I. (S.
183) noch immer als kaiserliches Recht galt.

Auf den +Reichstagen+ werden, nachdem die Berufung der Reichsstädte
(seit 1487) üblich geworden ist, die kaiserlichen Vorschläge in 3
+Kollegien+ beraten: Kurfürsten, Fürsten (geistliche und weltliche),
Reichsstädte. Der Kaiser verkündet die Beschlüsse im +Reichsabschied+.

[1512.]

Reichstag zu +Köln+, Einteilung des deutschen Reiches in 10
~Landfriedenskreise~:

1. der +österreichische+, 2. +bayrische+, 3. +schwäbische+, 4.
+fränkische+ (Maingebiet, Burggrafschaft Nürnberg), 5. +oberrheinische+
(Lothringen, Hessen u. a.), 6. +kurrheinische+ (Mainz, Trier, Köln,
Pfalz), 7. +burgundische+ (Niederlande), 8. +westfälische+, 9.
+niedersächsische+ (Braunschweig, Lüneburg, Lauenburg, Holstein,
Mecklenburg u. a.), 10. +obersächsische+ (Sachsen, Brandenburg, Pommern
u. a.).

+Böhmen+ (mit seinen Nebenländern Mähren, Schlesien, Lausitz) und
die +Schweiz+ bleiben außerhalb der Kreisverfassung; das Ordensland
+Preußen+ steht unter +polnischer+ Oberhoheit (S. 217).

Wenig erfolgreiche Teilnahme Maximilians an den +italienischen+ Kriegen
(S. 285, 239); +Mailand+ kommt an Frankreich, die +Schweiz+ wird
tatsächlich unabhängig vom deutschen Reiche, da den Eidgenossen (seit
1501 dreizehn Orte, außerdem die »zugewandten Orte«) Freiheit von
Reichssteuern und vom Reichskammergericht zugestanden wird (S. 260).

~Bildung der habsburgischen Hausmacht.~ Durch Verträge und Heiraten
gewinnt Maximilian seinem Hause die Herrschaft über +Spanien+ mit
seinen Nebenländern, sowie über +Böhmen+ und +Ungarn+.

 ~Maximilian I.~, ~Maria~  ~Ferdinand~, ~Isabella~,
 Kaiser,          v. Burgund,   K. v. Aragon,     K. v. Kastilien,
 †1519.           †1482.       †1516.           †1504
 |__________________|          |__________________|
          |                               |
  ~Philipp der Schöne~,          ~Johanna die Wahnsinnige~,
  Erzhz. v. Österr., †1506.          K. v. Aragon u. Kast., †1555.
  |_____________________________________________|
                                     |
  ~Karl V.~ (I.), †1558,            ~Ferdinand I.~, †1564,
  Gem. Isabella v. Portugal         Gem. Anna von Ungarn.
              |                              |
  ~Philipp II.~, K. v. Spanien.     ~Maximilian II.~, Kaiser,
  †1598.                                †1576.

Maximilians Sohn, Erzherzog +Philipp+, heiratet +Johanna+, die Erbin
der spanischen Monarchie (Aragon, Kastilien, Neapel [s. S. 235] und die
amerikanischen Kolonien), nimmt 1504 den Titel König von Kastilien an,
stirbt aber, ehe sein Anspruch mit dem Recht König Ferdinands auf die
Regentschaft über Kastilien ausgeglichen ist (S. 241).

Philipps ältester Sohn +Karl+, 1516 König des vereinigten ~Spaniens~,
erbt 1519 von Maximilian die ~habsburgischen Erblande~ (Österreich,
Steiermark, Kärnten, Krain, Vorderösterreich am Oberrhein, Tirol) und
die ~Niederlande~, überträgt die ersteren 1521 bezw. 1522 an seinen
Bruder +Ferdinand+. Dieser heiratet +Anna+, Schwester Ludwigs II., des
letzten Königs von +Böhmen+ und +Ungarn+ (dessen Gemahlin +Maria+ ist
Ferdinands Schwester) und erwirbt 1526 die Herrschaft über ~Böhmen~ und
~Ungarn~ (S. 207, 230).

Die ~Umbildung des Rechts~ unter dem beherrschenden Einfluß des
römischen (S. 224) bewirkt in Deutschland allmählich eine Stärkung
der fürstlichen Gewalt. Das römische Recht, das der jetzt allgemein
durchgeführten Geld Wirtschaft mehr entspricht als das der früheren
Naturalwirtschaft angepaßte deutsche Recht, mißt den Landesherren
unumschränkte Gewalt zu (S. 183), schließt das Volk und den Adel von
der Teilnahme an der Rechtsprechung und Verwaltung aus und überträgt
diese den römisch gebildeten Juristen. So bildet sich im Laufe der Zeit
überall ~der fürstliche Absolutismus~ aus, wie ihn in Italien Friedrich
II. begründete (S. 187). In Deutschland werden die Fürsten nach und
nach absolute Territorialherren, deren Selbständigkeit die Kaiser nicht
zu bezwingen vermögen. Unter dem Einfluß des römischen Rechts wird
auch die Erstgeburtserbfolge und die Aufhebung der Landesteilungen
allmählich durchgeführt, z. B. für Brandenburg in der Constitutio
Achillea von 1473, für Bayern 1506 usw.

An die Stelle des alten ritterlichen Lehnsaufgebots tritt das
~Söldnerheer~ (+Landsknechte+), das weniger durch den Fahneneid als
durch die Soldzahlung an die Fürsten gekettet (vgl. S. 229), die
sicherste Stütze des Absolutismus wird. Der Unterhalt dieser stehenden
Heere durch Steuern aufgebracht, deren Bewilligung den Landständen
(Vertretung der Geistlichkeit, der Vasallen und Städte) vorbehalten
bleibt.

Das ~Rittertum~ verliert den militärischen Vorrang seit der Einführung
der Feuerwaffen an die Landsknechte und die bürgerliche Artillerie.
Die Burgen gewähren keinen sicheren Schutz mehr. Infolge der
veralteten Art der Bewirtschaftung (Dreifelderwirtschaft) ist der
Ackerbau unrentabel geworden, zumal im Verhältnis zu den städtischen
Erwerbszweigen. Hierdurch und durch die fortgesetzten Erbteilungen der
Adelsgüter verschlechtert sich auch die materielle Lage der Ritter.
Daher Erhöhung der Leistungen und Abgaben der ~Bauern~, die infolge
der Bevölkerungszunahme auch vielfach die Hufen teilen müssen, da sie
von jedem gewerblichen Betrieb der Bürger ausgeschlossen sind. In den
~Städten~ blühen Handel und Gewerbe. Ansammlung großer Kapitalien
in den Händen der patrizischen Geschlechter, z. B. der +Welser+
und +Fugger+ in Augsburg (S. 234). Blüte der Kunst und Literatur.
Pflege des Meistergesanges (+Hans Sachs+ in Nürnberg). In den Städten
geordnete Verwaltung, Sorge für Unterricht, Arme und Kranke, während
der fürstliche Staat für die Volkswohlfahrt wenig leistet, weil es ihm
an Beamten fehlt.

~Aufblühen der Wissenschaften und Künste in Deutschland~, angeregt
durch den von Italien aus sich verbreitenden +Humanismus+ (S. 211).
Deutsche Humanisten: +Johann v. Dalberg+, 1483 Kanzler der Universität
Heidelberg und Bischof von Worms, +Konrad Celtis+, 1497 Prof. in Wien,
+Wilibald Pirkheimer+, Ratsherr in Nürnberg, +Konrad Peutinger+ in
Augsburg, +Johann Reuchlin+, Prof. in Tübingen, 1482 mit Graf Eberhard
in Italien, 1502 Richter des schwäbischen Bundes (S. 206), gerät 1510
mit den Dominikanern von Köln in Streit über die Religionsbücher der
Juden: viele Humanisten nehmen an dem Streit teil, namentlich der
Ritter +Ulrich von Hutten+, als Mitverfasser der +Epistolae obscurorum
virorum+ 1516. +Erasmus von Rotterdam+, bekannt durch seine satirische
Schrift +Laus stultitiae+, gibt 1516 das griechische Neue Testament
heraus.

Nikolaus +Kopernikus+ (geb. zu Thorn 1473, Domherr zu Frauenburg am
Frischen Haff, † 1543), angeregt durch die Schriften des Astronomen
+Johannes Müller+ von Königsberg in Franken (+Regiomontanus+, 1471 in
Nürnberg, † 1476), begründet die richtige Lehre vom Sonnensystem, Seine
Nachfolger Joh. +Kepler+ aus Württemberg († 1630) und +Galilei+ aus
Pisa († 1642).

Blüte der bildenden Künste namentlich in +Nürnberg+: der Holzschnitzer
+Veit Stoß+ († 1533), der Bildhauer +Adam Kraft+ († 1507), der
Erzgießer +Peter Vischer+ († 1529), der Maler +Albrecht Dürer+ (geb.
1471, † 1528); in Augsburg die Maler +Hans Holbein,+ Vater und Sohn, †
1524 im Elsaß, bezw. 1543 in London.

Auch die ~Baukunst~ strebte die Wiedergeburt der griechisch-römischen
Bauweise im Anschluß an die erhaltenen Baudenkmäler an
(~Renaissancestil~) (S. 211). In Deutschland vermischte sich der antike
Stil vielfach mit nationalen, der Gotik entlehnten Elementen, z.B.
Türmchen und Erkern. (+Heidelberger Schloß+.)

[~1517.~]

Beginn der ~Reformation~ durch ~Luther.~

~Martin Luther,~ geb. 10. Nov. 1483 in Eisleben, Sohn eines Bergmanns,
studiert seit 1501 in +Erfurt+, geht 1505 ins Augustinerkloster
daselbst, wird 1508 Professor an der Universität +Wittenberg+, 1511 in
Angelegenheiten seines Ordens nach Rom geschickt. Da der Dominikaner
+Johann Tetzel+ im Auftrage des Erzbischofs Albrecht von Mainz Ablaß
verkaufend umherzieht, schlägt Luther am 31. Oktober 1517 seine
95 Sätze (Thesen) gegen den Mißbrauch des Ablasses an die Tür der
Schloßkirche zu Wittenberg.

[1518.]

In der +Schweiz+ Beginn der Reformation durch Ulrich ~Zwingli~ in
Zürich, veranlaßt durch den Ablaßkrämer Bernardin +Samson+.

+Luther+, vor den Kardinal Thomas de Vio aus Gaëta (+Cajetanus+) nach
Augsburg gefordert, weigert sich zu widerrufen, appelliert an den
Papst.[42] Vermittelung durch den päpstlichen Kämmerer +v. Miltitz+
(Gespräch zu +Altenburg+). Luther geschützt von Kurfürst +Friedrich dem
Weisen+ von Sachsen (+Ernestinische+ Linie des Hauses Wettin), während
Herzog Georg (+Albertinische+ Linie) ihm abgeneigt bleibt.[43] Philipp
+Melanchthon+ (Schwarzerd), ein Verwandter Reuchlins, geb. 1497 zu
Bretten in Baden, seit 1518 als Professor in Wittenberg, Luthers
Mitarbeiter († 1560).

[1519.]

+Disputation zu Leipzig+; Joh. +Eck+, Prof. zu Ingolstadt, gegen
+Karlstadt+ (Andreas Bodenstein aus Karlstadt) und +Luther+. Letzterer
bekennt, daß Papst und Konzilien nicht unfehlbar seien, und daß sich in
Hussens Lehre viel Wahres finde. Das war der Bruch mit Rom. Eck reist
darauf nach Rom und erwirkt eine päpstliche Verdammungsbulle gegen 41
Artikel aus Luthers Schriften.

[1520.]

Luther veröffentlicht 3 reformatorische Schriften: 1. An den
christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes
Besserung, 2. Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche, 3.
Von der Freiheit eines Christenmenschen, verbrennt die päpstlichen
Dekretalen und die Bannbulle vor dem Elstertore zu Wittenberg.

[~1519–1556.~]

~Karl V.~, Enkel Maximilians, abwesend gewählt von den in Frankfurt
versammelten Kurfürsten, 1520 in Aachen gekrönt. +Friedrich der Weise+
hatte die Kaiserkrone wegen hohen Alters abgelehnt.

[~1521.~ 18. April]

~Reichstag zu Worms.~ Luther verteidigt seine Lehre vor dem Kaiser,
der ihm das freie Geleit hält. Doch wird er in die Reichsacht
erklärt und auf Befehl +Friedrichs des Weisen+ aus Vorsicht auf die
+Wartburg+ gebracht. Das +Wormser Edikt+ verbietet alle Neuerungen.
-- Luther beginnt die ~Bibelübersetzung~ (vollendet 1534). Er kehrt
auf die Nachricht von +Karlstadts+ Unordnungen nach Wittenberg zurück
(Frühjahr 1522) und predigt gegen die +Bilderstürmer+, richtet dann
den Gottesdienst mit deutscher Predigt und Abendmahl unter beiderlei
Gestalt in Kursachsen ein. Die Ausbreitung der Reformation in
Deutschland wird dadurch gefördert, daß Karl V. bald nach Spanien
zurückkehrt und dann durch Kriege mit Franz I. von Frankreich in
Anspruch genommen ist.

[1522–1523.]

Reichstag zu Nürnberg. Die Durchführung des Wormser Edikts für
unmöglich erklärt. Die Berufung eines Konzils verlangt.

[~1522–1523.~]

~Ritterkrieg~ im Rheinlande. +Franz von Sickingen+ an der Spitze eines
Ritterbundes gegen die geistlichen Fürstentümer, belagert vergeblich
+Trier+, wird in seiner Burg +Landstuhl+ (bei Kaiserslautern)
eingeschlossen und fällt. Sein Freund +Ulrich von Hutten+ stirbt als
Flüchtling auf der Insel Ufnau im Zürchersee.

[~1524–1525.~]

~Bauernkrieg~ in Schwaben und Franken, begleitet von furchtbaren
Greueln. Die 12 +Artikel+ der Bauern fordern Wahl der Pfarrer durch
die Gemeinde, Beschränkung der Abgabe des Zehnten auf den Kornzehnt,
Aufhebung der Leibeigenschaft, Freiheit der Jagd und des Fischfanges
u. a. Luther ermahnt anfangs zum Frieden, schreibt dann heftig »wider
die mördischen und raubischen Bauern«. Die Aufständischen werden
geschlagen (namentlich bei Königshofen a. d. Tauber) und blutig
bestraft. -- Die +Wiedertäufer+ in Thüringen mit den Bauern verbündet;
sie werden bei Frankenhausen geschlagen, ihr Führer +Thomas Münzer+ mit
25 anderen Anführern in Mühlhausen in Thüringen hingerichtet.

[1525.]

Kurfürst Friedrich der Weise †. Ihm folgt sein Bruder Johann der
Beständige (1525–1532). Reformation in +Preußen+. Hochmeister +Albrecht
von Brandenburg+ wird +Herzog+ in Preußen unter polnischer Lehnshoheit.

Luthers Vermählung mit Katharina von Bora. Kirchenvisitation in
Sachsen, Sorge für die Schulen, Katechismus 1529.

[~1521–1526.~]

~Erster Krieg~ Karls V. gegen Franz I. von Frankreich. Karl erhebt
Ansprüche auf +Mailand+ und das +Herzogtum+ Burgund (S. 206), Franz
auf das spanische Navarra und auf Neapel (S. 235). Die Franzosen
werden aus Mailand vertrieben, welches +Franz Sforza+ (S. 210) 1522
erhält. Der französische +Connétable Karl von Bourbon+ geht zu Karl
V. über. Mißglückter Einfall der Franzosen in Italien (1523–1524, auf
dem Rückzuge fällt +Bayard+, S. 235), darauf Einfall der Kaiserlichen
in das südliche Frankreich. Franz I. geht über den Mont Cenis, nimmt
Mailand wieder.

[1525.]

~Schlacht bei Pavīa~, Sieg der Spanier unter +Pescara+ und der
deutschen Landsknechte unter +Georg von Frundsberg+; Franz I. gefangen.

[1526.]

Friede zu ~Madrid~. Franz entsagt allen Ansprüchen auf Mailand und
Neapel, sowie der Lehnshoheit über Flandern und Artois, willigt in die
Herausgabe des Herzogtums Burgund, stellt seine Söhne als Geiseln.
Gleichzeitig zeichnet er einen feierlichen Protest gegen den Frieden
auf, läßt sich dann vom Papst von seinem Eide lösen und erklärt die
in Madrid beschworenen Bedingungen als erzwungen für nichtig. Papst
Clemens schließt (Mai 1526) mit Frankreich, Venedig, Florenz und
Mailand die +Heilige Liga+ von +Cognac+ gegen Karl V.

[~1526.~]

~Erster Reichstag zu Speier.~ Die Evangelischen, an der Spitze Kurfürst
Johann der Beständige von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen,
erwirken einen der Ausbreitung der neuen Lehre günstigen Reichsabschied.

[~1527–1529.~]

~Zweiter Krieg~ zwischen Karl V. und Franz I. Das kaiserliche (nicht
bezahlte und aufrührerische) Heer unter dem Connétable von Bourbon
nimmt Rom mit Sturm, Bourbon fällt, der Papst wird in der Engelsburg
belagert (1527), doch erfolgt bald die Aussöhnung mit dem Hofe zu
Madrid. Vergeblicher Einfall der Franzosen in Neapel.

[1529.]

Damenfriede zu ~Cambrai~. +Margarete von+ Österreich, Tante Karls,
und +Luise von Savoyen+, Mutter des Königs von Frankreich. Letzterer
zahlt 2 Millionen Kronen und entsagt den Ansprüchen auf Italien. Karl
verspricht seine Ansprüche auf Burgund +für jetzt+ nicht geltend zu
machen und entläßt die französischen Prinzen.

[1529.]

~Zweiter Reichstag zu Speier~, wo Ferdinand (S. 225) und die
katholische Partei infolge der siegreichen Machtstellung des Kaisers
energischer auftreten. Der Reichstagsbeschluß von 1526 wird aufgehoben.
Strenge Durchführung des +Wormser Edikts+ in den evangelischen
Territorien beschlossen. Hiergegen protestieren die evangelischen
Stände (daher Protestanten genannt). Darauf +Religionsgespräch zu
Marburg+ zwischen Luther und Zwingli. Einigung über 14 Artikel, doch
nicht über die Lehre vom Abendmahl.

[~1526–1532.~]

~Krieg mit den Türken.~ Sultan +Soliman II.+, welcher 1522 die
Johanniter (S. 219) aus Rhodus vertrieben hat, fällt in Ungarn ein;
König Ludwig II. von Ungarn und Böhmen † in der +Schlacht bei Mohacz+
(1526). Eine Partei des ungarischen Adels wählt +Ferdinand+, Karls
Bruder, die andere +Johann Zapolya+ von Siebenbürgen, zu dessen Schutze
Soliman abermals erscheint, jedoch +Wien+ vergeblich belagert (1529).

[1530.]

Karl V. in +Bologna+ gekrönt; letzte Krönung eines deutschen Kaisers
durch den Papst.

Glänzender ~Reichstag zu Augsburg~ unter persönlichem Vorsitz des
Kaisers. Überreichung der von +Melanchthon+ verfaßten ~Augsburgischen
Konfession~ (Confessio Augustana). Der Reichsabschied gebietet die
Aufhebung aller Neuerungen. Deshalb

[Dez.]

~Schmalkaldischer Bund~ der meisten protestantischen Fürsten und
Reichsstädte.

[1531.]

Treffen bei +Kappel+; die Züricher von den katholischen Waldkantonen
geschlagen, Zwingli †, doch behauptet sich seine Lehre.

Karl V. läßt seinen Bruder +Ferdinand+ in Köln zum römischen König
wählen und in Aachen krönen. Der Kurfürst von Sachsen protestiert
im Namen der Evangelischen dagegen. Infolge der von neuem drohenden
Türkengefahr kommt zustande der

[~1532.~]

~Religionsfriede zu Nürnberg.~ Den Protestanten wird bis zu einem
allgemeinen Konzil freie Religionsübung zugestanden.

Soliman II. fällt verheerend in Ungarn ein. Heldenmütige Verteidigung
von +Güns+. Ein großes Reichsheer sammelt sich bei Wien, Soliman geht
zurück. Karl V. reist wieder nach Spanien.

[1534–1535.]

Unruhen der ~Wiedertäufer~ in ~Münster~ (Jan Matthys aus Harlem, dann
+Johann Bockelson+ aus Leyden, »König von Zion«).

[1534.]

Landgraf Philipp von Hessen führt den 1519 vom schwäbischen Bunde
vertriebenen (lutherischen) Herzog Ulrich von ~Württemberg~ in sein
Herzogtum zurück, mit welchem der Kaiser seinen Bruder +Ferdinand+
belehnt hatte. Dieser verzichtet im Frieden zu Kadan auf den ferneren
Besitz Württembergs, wird dafür von den Evangelischen als römischer
König anerkannt. Landgraf Philipp leistet darauf dem Bischof von
+Münster+ Hilfe zur Unterwerfung der Stadt; Johann von Leyden nebst
anderen Anführern grausam hingerichtet.

Württemberg, Pommern, Anhalt und mehrere Reichsstädte treten dem
Schmalkaldischen Bunde bei (1536).

[1535.]

Karls V. Zug gegen +Tunis+ (Seeräuber +Chaireddin Barbarossa+). Tunis
erobert und alle Christensklaven befreit.

[~1536–1538.~]

~Dritter Krieg~ zwischen Karl V. und Franz I., letzterer erneuert seine
Ansprüche auf +Mailand+ nach dem Tode des Herzogs Franz Sforza. Er
verbündet sich mit +Soliman II.+, der Ungarn bedrängt und durch seine
Flotte die Küste Italiens plündern läßt.

[1538.]

+Waffenstillstand zu Nizza+ auf Grund des Besitzstandes. Darauf reist
Karl V., um einen Aufruhr in seiner Geburtsstadt +Gent+ zu bekämpfen,
durch Frankreich, wo er von Franz I. ausgezeichnet empfangen wird.

Einführung der Reformation im +Herzogtum+ Sachsen (Herzog Georg †
1539), im Kurfürstentum Brandenburg (1539), im Herzogtum Mecklenburg
(1540).

[1540.]

Der ~Jesuiten-~Orden, von dem Spanier +Ignatius von Loyōla+ 1534
gestiftet zur Ausbreitung der katholischen Lehre, wird von Papst Paul
III. bestätigt.

[~1541.~]

~Reformation in Genf~ durch ~Johann Calvin.~ Jean +Cauvin+ aus Noyon
in der Picardie, geb. 1509, tritt 1532 in Paris als Reformator auf,
findet Schutz bei Margarete von Navarra, Schwester Franz’ I. (S.
236). Aus Frankreich 1534 vertrieben, lebt Calvin abwechselnd in
Basel, Genf, Straßburg, von 1541 bis zu seinem Tode 1564 in +Genf+.
Die Anhänger Zwinglis schließen sich ihm allmählich an. Calvinische
+Kirchenverfassung+: Die Gemeinde von den erwählten Geistlichen
und +Ältesten+ (Presbyterium) regiert, mehrere Gemeinden durch die
+Synode+; strenge Kirchenzucht. Der Arzt Servet 1553 als Irrlehrer (De
trinitatis erroribus) verbrannt.

[1541.]

Verlängerung des Religionsfriedens auf dem Reichstag zu +Regensburg+ in
Gegenwart Karls V.

Soliman II. setzt in +Ofen+ einen türkischen Pascha ein. Karls V.
unglücklicher Zug nach +Algier+.

[1542.]

Vertreibung des Herzogs +Heinrich+ von Braunschweig-Wolfenbüttel durch
den Schmalkaldischen Bund.

[~1542–1544.~]

~Vierter Krieg~ Karls V. gegen Franz I., der wiederum mit Soliman II.
verbündet ist. Der Kaiser unterwirft den Herzog von +Cleve+, der sich
an Frankreich angeschlossen hat, und dringt bis +Soissons+ vor.

[1544.]

Friede zu ~Crespy~ (spr. +Crépi+): Der Herzog von Orléans, zweiter Sohn
des französischen Königs, soll eine kaiserliche Prinzessin heiraten und
Mailand erhalten. Da er aber schon 1545 stirbt, so bleibt +Mailand+ dem
Kaiser, der es seinem Sohne +Philipp+ zu Lehen gibt.

[1545.]

+Hermann von Wied+, Erzbischof von +Köln+, welcher +Melanchthon+ zu
sich berufen hatte, um in seinem Erzstift die Reformation einzuführen,
wird vom Kaiser verwarnt und sucht Hilfe beim Schmalkaldischen Bunde.

[~1545–1563.~]

~Kirchenversammlung zu Trient~ (Tridentum) in Tirol, von den
Protestanten nicht beschickt, vom Papste zweimal vertagt. Kirchliche
Reformen, zugleich genauere Feststellung der katholischen Lehre.

[1546.]

18. Febr. Tod Luthers in Eisleben.

[~1546–1547.~]

~Schmalkaldischer Krieg.~ Karl V. will die reichsständische
Selbständigkeit in Deutschland brechen und zugleich im Bunde mit
dem Papste, der ihm Geld und Truppen sendet, die kirchliche Einheit
wiederherstellen. Die Häupter des Schmalkaldischen Bundes, +Johann
Friedrich+, Kurfürst von Sachsen, und Landgraf +Philipp+ von Hessen
werden in die Acht erklärt. Herzog +Moritz+ von Sachsen, Philipps
Schwiegersohn, schließt sich der Sache des Kaisers an.

[1546.]

Unentschlossene Kriegführung der Verbündeten an der +Donau+. Johann
Friedrich wird durch einen Einfall des Herzogs Moritz in sein Land
zur Rückkehr veranlaßt. Die süddeutschen Protestanten (Ulm, Augsburg,
Straßburg, Herzog Ulrich von Württemberg u. a.) unterwerfen sich,
Hermann von Wied wird aus Köln vertrieben. Karl V. zieht mit seinem aus
Spaniern (Herzog +Alba+) und Italienern gebildeten Heere nach Sachsen,
geht über die Elbe, schlägt in der

[~1547.~ 24. April.]

~Schlacht bei Mühlberg~ (auf der Lochauer Heide, bei Torgau) den
Kurfürsten von Sachsen, nimmt ihn gefangen und zieht als Sieger
in +Wittenberg+ ein. Vergleich unter Vermittelung Joachims II.
von Brandenburg. Die Kurwürde und die Kurländer kommen an die
+Albertinische+ Linie des Hauses Wettin (Herzog Moritz); die
Ernestinische Linie behält nur die thüringischen Gebiete (+Weimar+,
+Jena+, +Eisenach+, +Gotha+ u. a., S. 227). +Philipp von Hessen+
unterwirft sich in +Halle+ und wird, obgleich sich Moritz und Joachim
II. für seine Freiheit verbürgt hatten, gefangen gehalten.

[1548.]

Auf dem +Reichstag+ zu +Augsburg+ dekretiert der Kaiser, da das
Tridentiner Konzil vom Papste nach Bologna verlegt ist, das ~Interim,~
welches den Protestanten aufgezwungen werden soll. Einstweilen wird
ihnen die Priesterehe und das Abendmahl unter beiderlei Gestalt
zugestanden. Sonst soll Lehre und Kirchenverfassung im wesentlichen
katholisch bleiben. Die Stadt +Magdeburg+, als Mittelpunkt des
Widerstandes in die Reichsacht erklärt, wird vom Kurfürsten ~Moritz von
Sachsen~ 1550–51 belagert, unterwirft sich ihm, ohne Glaubenszwang zu
erleiden. Moritz, erbittert über die Behandlung seines Schwiegervaters
und besorgt für seine Stellung und die »Libertät« aller deutschen
Fürsten, rüstet heimlich gegen den Kaiser und nötigt ihn, nach Abschluß
eines Bündnisses mit +Heinrich II.+ von Frankreich, zur

[~1552.~]

Flucht aus +Innsbruck+. Das in +Trient+ wieder versammelte Konzil
vertagt sich und tritt erst 1562 wieder zusammen. In Passau tritt ein
Fürstentag zusammen. König +Ferdinand+ vermittelt den

~Passauer Vertrag~: Das Interim abgeschafft. Freilassung Philipps
von Hessen, der Religionsfriede soll auf dem nächsten +Reichstage+
festgestellt werden. Auch Kurfürst Johann Friedrich wird freigelassen.

[1552.]

~Karl V.~ zieht mit Heeresmacht gegen ~Heinrich II.~ von Frankreich,
welcher als Moritz’ Verbündeter die ~lothringischen Bistümer~ +Metz+,
+Toul+ und +Verdun+ besetzt hat. Vergebliche Belagerung von +Metz+,
welches Franz von Guise mit Erfolg verteidigt. Frankreich bleibt im
Besitz der drei Bistümer, während das +Herzogtum+ Lothringen nach wie
vor beim deutschen Reiche bleibt.

[1553.]

Moritz siegt bei +Sievershausen+ (unweit Hannover) über seinen
bisherigen Verbündeten +Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach+
(der den Passauer Vertrag nicht anerkennen will), wird aber tödlich
verwundet.

Karl V. zieht sich verstimmt nach den Niederlanden zurück, überläßt die
Herstellung des Friedens in Deutschland seinem Bruder Ferdinand.

[~1555.~]

~Augsburger Religionsfriede~. Die +Landesherren+ und +freien Städte+,
welche sich zur +Augsburgischen Konfession+ bekennen, erhalten
Religionsfreiheit und das Recht, in ihren Gebieten die Konfession ihrer
Untertanen zu bestimmen: cuius regio, eius religio. Den andersgläubigen
Untertanen soll das Recht auszuwandern gewahrt bleiben. Zu Gunsten
der katholischen Kirche ~geistlicher Vorbehalt~ (+Reservatum
ecclesiasticum+), daß geistliche Reichsstände, welche protestantisch
werden, Amt, Gebiet und Einkünfte verlieren sollen (S. 232). Die
Evangelischen fügen sich dieser Bestimmung gegen eine +Deklaration+,
daß evangelische Untertanen geistlicher Reichsstände bei ihrer
Religion gelassen werden sollen. Die Reformierten sind von dem Frieden
ausgeschlossen.


~Wirkungen der Reformation.~

Die von Deutschland ausgehende religiöse Bewegung führt in den meisten
europäischen Ländern 1. zur +Abschaffung kirchlicher Mißbräuche+
und Vertiefung des religiösen Lebens, 2. zu erhöhter Pflege der von
den Fesseln der Kirche befreiten +Wissenschaften+, Verbesserung des
Schulwesens, Verbreitung geistiger Bildung, 3. zur Stärkung der Gewalt
der Territorialfürsten und durch den Gegensatz der Konfessionen zu
+politischen Kämpfen+, in denen das europäische +Staatensystem+ sich
ausbildet.

~Luthers Lehre~ verbreitet sich nach Dänemark, Schweden, Norwegen und
den Ostseeprovinzen, +Calvins+ Lehre (die ~reformierte Kirche~) nach
Frankreich, den Niederlanden, Schottland; in Deutschland findet sie
namentlich im Kurfürstentum Pfalz (Heidelberger Katechismus 1563), in
Hessen und Bremen Eingang.

Hebung des Wohlstandes in Deutschland, namentlich in den oberdeutschen
+Reichsstädten+; die Kaufmannshäuser Fugger und Welser in +Augsburg+.
Aufblühen der +deutschen Literatur+: Hans Sachs († 1576) in +Nürnberg+,
Joh. Fischart in +Straßburg+ († 1591); das protestantische Kirchenlied.
Die Maler Lukas Kranach, Vater und Sohn, in +Wittenberg+, später in
Weimar († 1553 bezw. 1586).

[~1550.~]

~Abdankung Karls V.~ in Brüssel. Die Krone ~Spanien~ (mit den
Kolonien), dazu +Neapel+, +Mailand+, Freigrafschaft +Burgund+ und die
Niederlande kommen an seinen Sohn +Philipp+, die Kaiserwürde an seinen
Bruder +Ferdinand I.+ (s. S. 225). Karl lebt in der Nähe des Klosters
S. Just (in Estremadura, nördlich vom Tajo) als Privatmann (nicht
Mönch), stirbt 1558.


§ 3. Frankreich.

[~1498–1589.~]

Häuser ~Orléans~ und ~Angoulême~.

Nebenlinien des Hauses Valois (s. S. 208), deren Zusammenhang mit der
Hauptlinie die folgende Stammtafel darstellt.

 ~Karl V.~ (dritter K. aus dem Hause +Valois+) †1380.
 ___________________|_______________________
 ~Karl VI.~ †1422.     Ludwig, Hz. v. Orléans.
             |               Gem. Valentine Visconti.
             |               ______|__________________
 ~Karl VII.~ †1461.    Karl, Hz.      Johann, Graf
             |         v. Orléans.    v. Angoulême.
             |            |                 |
 ~Ludwig XI.~ †1483.  ~Ludwig XII.~       Karl, Graf v. Angoulême.
              |       †1515. Gem. Anna v. Gem. Louise v. Savoyen.
              |       d. Bretagne, Witwe    |
              |       Karls VIII.           |
              |          |                  |
 ~Karl VIII.~ †1498.  Claudia.       ~Franz I.~ †1547.
 Gem. Anna v. d. Bretagne. |________________|
                                         |
                            ~Heinrich II.~ †1559.
                            Gem. Katharina v. Medici.
  _______________________________|_______________________________
 |                    |      |           |             |         |
 ~Franz II.~   Elisabeth, ~Karl IX.~ ~Heinrich III.~ Franz,   Margarete,
 †1560. Gem.   Gem.       †1574.     (Hz. v. Anjou)  Hz. v.   Gem.
 Maria Stuart. Philipp II.           K. v. Polen.    Alençon. Heinrich IV.
              K. v. Spanien.        †1589.

Die französische Monarchie, nach Zeiten schwerer Erschütterung wieder
erstarkt, beginnt schon unter +Karl VIII.+ (S. 209) eine gegen
+Italien+ gerichtete Eroberungspolitik, doch ohne dauernden Erfolg.

[1498–1515.]

~Ludwig XII.~ heiratet Anna von der +Bretagne+, Karls VIII. Witwe,
um dieses Herzogtum bei der Krone zu erhalten, macht Ansprüche auf
~Mailand~ als Enkel von +Valentine Visconti+, verjagt den Herzog
+Ludovico Moro+ (aus dem Hause +Sforza+, s. S. 211), der, als er nach
Mailand zurückkehrt, gefangen wird (1500).

[1501.]

+Ludwig XII.+ erobert im Bunde mit +Ferdinand dem Katholischen+,
König von Aragon, das Königreich ~Neapel~. Spanier und Franzosen bald
uneinig, die letzteren von dem spanischen Feldherrn +Gonsalvo de
Cordŏva+ am +Garigliano+ geschlagen (1504). Ludwig XII. verzichtet auf
Neapel, behauptet aber die Schutzherrschaft über +Genua+. Neapel und
Sicilien bis 1713 in spanischem Besitz. Gonsalvo erster Vizekönig.

[1508.]

Teilnahme Ludwigs an der +Liga zu Cambrai+ gegen Venedig, aber Papst
Julius II., Ferdinand der Katholische und Venedig verbinden sich 1511
zur +Heiligen Liga+, um die Franzosen aus Italien zu vertreiben. Diese
führen den Krieg unter +Gaston de Foix+, Neffen Ludwigs XII., anfangs
glücklich, nehmen 1512 +Brescia+ mit Sturm (~Bayard~, der Ritter ohne
Furcht und Tadel, S. 229), schlagen mit Hilfe von 5000 deutschen
Landsknechten das spanisch-päpstliche Heer bei +Ravenna+, werden aber
1513 von den Schweizern bei +Novāra+ geschlagen und räumen Italien.

[~1515–1547.~]

~Franz I.~

[1515.]

Er erobert +Mailand+ wieder durch den glänzenden Sieg über die
Schweizer bei ~Marignano~.

[1520.]

Zusammenkunft mit Heinrich VIII. von England (+Camp du drap d’or+) in
der Nähe von Calais.

Kriege mit +Karl V.+ (s. S. 229–232): +Mailand+ verloren. Künste
und Wissenschaften werden gefördert durch den Verkehr mit Italien.
Schloßbauten: der +Louvre+ in Paris.

Erhöhung der königlichen Macht durch ein Konkordat mit dem Papste
(1516), welches die Wahl der Bischöfe und Äbte im wesentlichen dem
König überläßt; dagegen Wiedereinführung der +Annaten+ (Gebühren für
die Bestätigung durch den Papst in der Höhe eines Jahreseinkommens) und
Verzichtleistung auf den Grundsatz des Konstanzer und Baseler Konzils,
daß ein allgemeines Konzil +über+ dem Papste stehe (s. S. 203).
Verfolgung der Protestanten und grausame Hinrichtungen.

[~1547–1559.~]

~Heinrich II.~ Wachsende Macht der ~Guisen~, eines Nebenzweiges
des Hauses Lothringen, (+Franz+, Herzog von Guise, und +Karl+, der
»Kardinal von Lothringen«). Verfolgung der Protestanten in Frankreich,
aber Unterstützung der +deutschen+ Protestanten. 1552 +Metz+, +Toul+,
+Verdun+ gewonnen, Krieg mit Karl V. (s. S 233).

[1556–1559.]

Krieg mit +Philipp II.+ von Spanien. Die Franzosen von den Spaniern
(mit Hilfe der Engländer) bei +St. Quentin+ 1557 und durch den Grafen
+Egmont+ bei +Gravelingen+ 1558 geschlagen. +Franz von Guise+ nimmt
+Calais+, die letzte Besitzung der Engländer in Frankreich (S. 209).

[1559.]

Im Frieden zu +Cateau Cambrésis+ geben die Franzosen alle Eroberungen,
außer +Calais+, heraus. Philipp II. heiratet Elisabeth, älteste Tochter
Heinrichs II. Auf Heinrich II., der an einer Turnierwunde stirbt,
folgen hintereinander seine drei schwachen Söhne.

[~1559–1560.~]

~Franz II.~, erster Gemahl der +Maria Stuart+ von Schottland, einer
Nichte der Guisen. Verfolgung der Protestanten, grausame Hinrichtungen
(+Chambres ardentes+). Des Königs Mutter ~Katharina von Medici~ mit den
Guisen verbündet, während die Prinzen aus dem Hause +Bourbon+, Anton,
König von Navarra,[44] und Ludwig von Condé, sich der Protestanten
annehmen.

[~1560–1574.~]

~Karl IX.~, 10 Jahre alt, ebenfalls unter der Leitung seiner Mutter
+Katharina von Medici+,

[1562–1598.]

~Hugenottenkriege.[45]~

Die Verletzung eines den Reformierten gewährten Toleranzedikts durch
+Franz von Guise+ (Blutbad zu +Vassy+ in der Champagne 1562) und
grausame Verfolgungen in mehreren Städten veranlassen eine bewaffnete
Erhebung der Reformierten unter Führung des Prinzen von +Condé+ und
des Admirals +Coligny+. Sie erkämpfen in +drei Kriegen+ (bis 1570) das
Zugeständnis bedingter Religionsfreiheit, welches durch Einräumung
von 4 Sicherheitsplätzen (namentlich der Hafenstadt +La Rochelle+)
gewährleistet wird.

[~1572.~ 23.–24. Aug.]

~Die Bartholomäusnacht~ oder ~Pariser Bluthochzeit.~ Bei Gelegenheit
der Vermählung +Heinrichs von Bourbon+ und +Navarra+, der nach Condés
Tode an die Spitze der Hugenotten getreten war, mit der Schwester des
Königs Karl IX., Margarete von Valois, zuerst ein Mordanschlag auf
+Coligny+ gemacht, dann Ermordung aller in Paris anwesenden Hugenotten,
geleitet von +Heinrich von Guise+ und der Königin-Mutter +Katharina
von Medici+. Heinrich von Navarra rettet sein Leben durch Übertritt
zur katholischen Kirche. In der Hauptstadt werden über 2000, in ganz
Frankreich gegen 20000 Hugenotten ermordet. Diese Bluttat entzündet
den +vierten+ Krieg (1572–1573). La Rochelle, von Herzog +Heinrich von
Anjou+, Bruder des Königs Karl IX., belagert, verteidigt sich tapfer
(Graf Montgomery). Die Wahl des Herzogs von Anjou zum König von Polen
bewirkt einen Vergleich.

Karl IX. stirbt 1574. Sein Bruder, der aus Polen entweicht, wird König
von Frankreich als

[~1574–1589.~]

~Heinrich III.~ Der +fünfte+ Krieg, während dessen Heinrich von Navarra
wieder zum reformierten Glauben übertritt, wird 1576 unter Bedingungen
beendigt, die für die Hugenotten günstiger sind als die früheren
Friedensschlüsse. Daher Unzufriedenheit der strengen Katholiken; die
~Heilige Ligue~ beabsichtigt im Bunde mit +Philipp II.+ Vernichtung der
reformierten Partei und Erhebung der Guisen auf den Thron. Der König
erklärt sich aus Furcht vor der Ligue zum Haupt derselben und verbietet
den reformierten Gottesdienst in ganz Frankreich.

Daher nochmals +drei Kriege+, der letzte (1585–1589) genannt ~Krieg der
drei Heinriche~ (+Heinrich III.+ von Valois, +Heinrich+ von Navarra,
+Heinrich+ von Guise). In Paris bildet sich die ~Ligue der Sechzehn~,
welche die Absetzung des schwachen Königs bezweckt. Volksaufstand,
Tag der Barrikaden 12. Mai 1588. Heinrich III. entflieht nach +Blois+,
wohin er die Reichsstände (États-généraux) zusammenruft. Da er bei
diesen keinen Beistand gegen die Ligue findet, läßt er den Herzog
+Heinrich von Guise+ und dessen Bruder, den +Kardinal Ludwig+,
ermorden. Aufstand der Katholiken, an dessen Spitze sich der Bruder der
Ermordeten, Herzog +Karl von Mayenne+, stellt. Heinrich III. flieht zu
Heinrich von Navarra in das Lager der Hugenotten, wird vor Paris, in
St. Cloud, von dem Mönch +Jakob Clément+ ermordet (1589).

[~1589–1792.~]

~Haus Bourbon~ (stammt ab von einem jüngeren Sohne Ludwigs IX., des
Heiligen).

[~1589–1610.~]

~Heinrich IV.~ Die katholische Partei verweigert ihm die Anerkennung.
Heinrich IV. siegt über Karl von Mayenne bei ~Ivry~ 1590, belagert
aber vergeblich Paris, welches von Mayenne und dem Herzog von Parma
(s. S. 243) entsetzt wird. Erst nachdem Heinrich in St.-Denis abermals
seinen Übertritt zur katholischen Kirche erklärt hat, öffnet ihm Paris
die Tore (1594). Darauf Aufhebung des päpstlichen Bannes, Friede mit
Philipp II. von Spanien. Die Religionskriege werden beendet durch das

[~1598.~]

~Edikt von Nantes~, welches den Reformierten gleiche +bürgerliche+
Rechte mit den Katholiken gibt, aber keineswegs vollständig freie
Religionsübung. Es gestattet den reformierten Kultus den +Edelleuten+
mit selbständiger Gerichtsbarkeit (+seigneurs hauts justiciers+) und
den +Bürgern+ in einer +bestimmten+ Anzahl von Städten und Flecken,
untersagt ihn aber in allen bischöflichen und erzbischöflichen Städten,
am Hofe des Königs, in Paris, sowie im Umkreise von 5 Meilen um die
Hauptstadt. Die Reformierten werden zu öffentlichen Ämtern zugelassen
und behalten ihre Sicherheitsplätze. Das Edikt wird erst nach
langer Weigerung von den Parlamenten (d. h. höchsten Gerichtshöfen)
registriert.

Heinrichs IV. Minister, der Herzog von ~Sully~, trifft Maßregeln
zur Wiederherstellung des zerrütteten Wohlstandes und der Finanzen.
Förderung des Ackerbaues und Gewerbes, des Seehandels; Kolonien in
+Kanada+ (Quebec 1608). Der König beabsichtigt, als Verbündeter der
protestantischen +Union+ in den Jülich-Cleveschen Erbstreit (S. 252)
einzugreifen, wird aber von dem Fanatiker Franz +Ravaillac+ in Paris
ermordet. Sein Sohn

[~1610–1643.~]

~Ludwig XIII.~, 9 Jahre alt. Regentschaft seiner Mutter +Maria von
Medici+. Sully vom Amte entfernt; an die Spitze der Geschäfte tritt
der Italiener +Concini+ (Maréchal +d’Ancre+), nach dessen Ermordung
1617 der Herzog von +Luynes+, endlich der große Staatsmann ~Kardinal
Richelieu~ (Armand-Jean du Plessis, geb. 1585 in Poitou, 1607 Bischof
von Luçon, 1616 Staatssekretär, 1622 Kardinal, † 1642). Von 1624–1642
verwaltet ~Richelieu~ eigentlich allein das Reich; nur einmal (11. Nov,
1630, +journée des dupes+) glaubt Maria von Medici ihn gestürzt zu
haben, doch beherrscht er von da an den König sicherer als je.

Richelieus Ziel ist die Erhebung Frankreichs zur ersten Macht Europas
und die Begründung der Allgewalt des Königs. Er bricht die Macht des
Adels, macht die Krone unabhängig von den +Reichsständen+, die nicht
mehr berufen werden, besiegt die Hugenotten (Belagerung und Einnahme
von +La Rochelle+ 1628), welche fortan nicht mehr eine bewaffnete
politische Partei, sondern eine +geduldete Sekte+ sind. Unruhen,
erregt von +Gaston von Orléans+, Bruder des Königs, enden mit dem
vollständigen Siege Richelieus; die Königin-Mutter wird verbannt,
Gaston entflieht nach +Lothringen+, versucht vergebens gewaltsame
Rückkehr mit Hilfe des Herzogs von +Montmorency+, des Statthalters von
Languedoc; dieser wird 1632 in Toulouse hingerichtet.

[1633.]

Das Herzogtum +Lothringen+ (vgl. S. 206, 233) von französischen Truppen
besetzt (bis 1659). Der Dreißigjährige Krieg bietet Gelegenheit,
Frankreichs Macht auf Kosten Deutschlands zu erhöhen.

+Richelieu+ legt den Grund zur Machtstellung Ludwigs XIV. Frankreich
verdankt ihm die Segnungen einer geordneten +Verwaltung+ und das
Aufblühen seiner klassischen +Literatur+. Stiftung der französischen
Akademie 1635, der maßgebenden Behörde in Sachen der Sprache und des
Stils; +Corneilles+ Cid 1636.


§ 4. Italien.

Das Herzogtum ~Mailand~ ist seit 1556 (s. S. 234) ein Nebenland von
+Spanien+, dem Namen nach deutsches Reichslehen. In ~Mantua~ herrscht
seit 1328 das Haus +Gonzaga+; nach dessen Aussterben der Mantuanische
Erbfolgekrieg 1628–1631. +Richelieu+ zieht persönlich gegen die
Kaiserlichen zu Felde und setzt die Ansprüche der französischen
Nebenlinie +Nevers+ auf das Herzogtum durch.

Glänzender Hof der Herzöge von ~Ferrara~ (S. 210). Nach dem Tode
Alfons’ II. 1597 wird Ferrara als päpstliches Lehen mit dem
Kirchenstaate vereinigt; ~Modena~ und Reggio verbleiben einer
Nebenlinie des Hauses +Este+.

~Parma~ und Piacenza früher zu Mailand gehörig, 1512 vom Papst Julius
II. für den Kirchenstaat in Besitz genommen, bilden seit 1545 ein
selbständiges Herzogtum im Besitz des Hauses +Farnese+ bis 1731.

~Venedig~ ist 1508 gefährdet durch die Liga von +Cambrai+ (Papst Julius
II., Kaiser Maximilian I., Ludwig XII., Ferdinand der Katholische);
doch wendet sich der Krieg bald gegen Frankreich (S. 235). Während der
folgenden Kriege ist Venedig meist mit Karl V. verbündet. Gegenüber dem
Vordringen der +Türken+ schließt es sich an Spanien an, muß aber trotz
des mit den Spaniern gemeinsam erfochtenen Sieges bei Lepanto (S. 242)
1573 den Türken +Cypern+ abtreten; es behält von seinem Inselbesitz nur
+Kandia+ und die +Ionischen Inseln.+

~Genua~ macht sich 1529 unter dem Dogen +Andrea Doria+, welcher
der Republik eine neue Verfassung gibt, frei von der französischen
Schutzherrschaft (S. 235). Verschwörung des+Fiesco+ 1547. +Giannettino
Doria+, der Neffe des Dogen, wird ermordet, Andrea Doria muß flüchten.
Schon sind die Verschworenen im Besitz fast der ganzen Stadt, als
Fiesco durch Zufall ertrinkt. Rückkehr des Dogen, Wiederherstellung der
Verfassung.

Die Herzöge von ~Savoyen~, welche auch +Piemont+ besitzen (S. 210),
sind unter den einheimischen Fürsten von Nord-Italien die mächtigsten.
Doch verlieren sie 1536 das +Waadtland+ an Bern und geraten während der
Kriege Frankreichs mit Karl V. und Philipp II. in Bedrängnis. Nach dem
Frieden von Cateau-Cambrésis (1559, S. 236) wird +Emanuel Philibert+ in
sein Herzogtum zurückgeführt.

In ~Florenz~ wird 1494 Pietro von Medici, Lorenzos Sohn, weil er mit
dem erobernd vordringenden Karl VIII. von Frankreich (S. 209 f.) einen
Vertrag geschlossen hatte, vertrieben. Haupt der demokratischen Partei
der Dominikaner +Savonarōla+. Er bewirkt auf kurze Zeit eine Wendung
zur Sittenstrenge, verfällt aber dem päpstlichen Bann und wird 1498
hingerichtet. Infolge des Sieges der Heiligen Liga (S. 235) werden 1512
die +Medici+ wiedereingesetzt. Zweite Vertreibung 1527, die Republik
auf kurze Zeit wiederhergestellt. Karl V. setzt 1531 +Alessandro+ von
Medici als erblichen Herzog ein. Dessen Nachfolger +Cosimo+ vereinigt
die Republik +Siena+ mit seinem Gebiete und wird 1569 vom Papst Pius
V. zum ~Großherzog von Toskana~ erhoben (bestätigt von Kaiser Rudolf
II. 1576). Unter Cosimos II. Regierung lehrt in Florenz +Galileo
Galilei+, der 1633 von der Inquisition in Rom gezwungen wird, das
+Kopernikanische Sonnensystem+ abzuschwören († 1642 in Arcetri bei
Florenz).

Die ~Päpste~ dieser Zeit sind mit Erfolg bestrebt, den Kirchenstaat zu
vergrößern und ihr geistliches Ansehen zu erhöhen.

[1492–1502.]

+Alexander VI.+ aus dem Hause +Borgia+, durch Ausschweifungen
berüchtigt; sein Sohn +Cesar Borgia+ herrscht grausam in der Romagna.

[1503–1513.]

+Julius II.+, kriegerisch und kunstliebend, beginnt den Neubau der
Peterskirche, beruft dazu den Baumeister Bramante, den Bildhauer
Michelangelo (an Julius’ II. Grab Statue des Moses) und den Maler
Raffael nach Rom.

[1513–1521.]

+Leo X.,+ Sohn Lorenzos von Medici (S. 211), kunstliebend und gelehrt.

[1521–1523.]

+Hadrian VI.,+ aus Utrecht, früher Lehrer Karls V., auf Abstellung
kirchlicher Mißbräuche bedacht.

[1523–1534.]

+Clemens VII.,+ Neffe Lorenzos von Medici, klug, aber nicht tatkräftig.

[1555–1559.]

+Paul IV.,+ streng kirchlich, hat 1542 als Kardinal unter Paul III. die
Herstellung der +Inquisition+ (S. 186) und die Einrichtung des Index
librorum prohibitorum bewirkt.

[1572–1585.]

+Gregor XIII.+ ordnet 1582 den +verbesserten Kalender+ an (Ausfall
des Schaltjahres am Ende des Jahrhunderts, mit Ausnahme jedes vierten
Jahrhunderts).

[1575–1590.]

+Sixtus V.+ unterdrückt das Räubertum im Kirchenstaat; Vollendung der
Peterskirche.

~Neapel~ ist von 1504–1713 ein Nebenland Spaniens (s. S. 235). Der
Aufstand des Fischers +Tommaso Aniello,+ genannt +Masaniello+ (1647),
wird schnell unterdrückt.

~Blütezeit der italienischen Kunst und Literatur.~

Maler: +Leonardo da Vinci+ († 1519), +Raffael Santi+ († 1520), +Antonio
Allegri,+ genannt +Correggio+ († 1534), +Michelangelo Buonarotti+ (†
1564), zugleich Bildhauer und Architekt, +Tizian+ († 1576), +Paul
Veronese+ († 1588). Musiker: +Palestrina+ († 1594). Dichter: +Ariosto+
(† 1533), +Torquato Tasso+ († 1595). Unter den Prosaschriftstellern
ragt hervor der Politiker +Macchiavelli+ († 1527 in Florenz: Il
Principe, Buch vom Fürsten).


§ 5. Pyrenäische Halbinsel und Niederlande,

[~1479–1516.~]

~Ferdinand der Katholische,~ König von +Aragon,+ übernimmt 1504
nach dem Tode seiner Gemahlin +Isabella+ (S. 215) die Regierung in
+Kastilien+ für seine abwesende Tochter +Johanna+, Gemahlin des
Erzherzogs Philipp von Österreich (S. 225). Philipp und Johanna
kommen 1506 nach Kastilien; Ferdinand tritt in einem Vertrage die
Regentschaft an Philipp ab, aber bald darauf stirbt dieser plötzlich
1506. Johanna, schon früher schwermütig, verfällt in Wahnsinn, lebt
im Schlosse +Tordesillas+ in Haft bis zu ihrem Tode (1555). Ferdinand
übernimmt wieder die Regentschaft, erweitert 1512 das Reich Aragon
durch Eroberung des kleinen Königreichs +Navarra+; nur der nördlich von
den Pyrenäen gelegene Teil desselben bleibt dem französischen Grafen
+Jean d’Albret+ (S. 236). Befestigung der Monarchie in dem nunmehr
vereinigten ~Königreich Spanien~ mit Hilfe des staatsklugen Kardinals
+Ximenez+.

[~1516–1556.~]

~Karl I.~ (als deutscher Kaiser +Karl V.,+ s. S. 228) begründet nach
Niederwerfung eines Aufstandes in Kastilien (1521) die unbeschränkte
Königsgewalt in +Spanien+; die Cortes fortan ohne Bedeutung. Durch
Erwerbung großer Gebiete in +Amerika+ (S. 223) gelangt Spanien zu hoher
Machtstellung.

[~1556–1598.~]

~Philipp II.~, viermal vermählt, mit: 1. +Maria+ von Portugal (Mutter
des Don Carlos), 2. +Maria der Katholischen+ von England (S. 246),
3. +Elisabeth+ von Valois (S. 236), 4. +Anna+, Tochter Maximilians
II. Unter seinem starren Despotismus erschöpfen sich die Kräfte des
spanischen Reiches.

Krieg mit Frankreich (S. 236). Blutige Verfolgung der Moriskos und der
Protestanten in Spanien; die Schrecken der Inquisition (S. 215) dauern
fort. Zwist zwischen dem König und seinem Erben +Don Carlos+; dieser
wird verhaftet und stirbt im Gefängnis 1568. Über die +Türken+, welche
1565 vergeblich die dem Johanniterorden (S. 178) gehörige Insel +Malta+
angreifen (tapfere Verteidigung durch den Großmeister +La Valette+),
erficht +Don Juan d’ Austria+, Karls I. (V.) natürlicher Sohn, den
großen

[~1571.~]

~Seesieg bei Lepanto~ (Naupaktos, S. 44). In demselben Jahre werden die
+Philippinen+-Inseln in Besitz genommen (1898 an die Union abgetreten).

[~1568–1648.~]

~Freiheitskrieg der Niederlande.~

~Veranlassung~: Die seit Karls V. Abdankung an Spanien gekommenen
niederländischen Provinzen (S. 225) waren seit alter Zeit im Besitz
bedeutender Privilegien; die +Stände+ (+Staaten+, +États+) hatten
Steuern und Truppen zu bewilligen. Aber Druck der spanischen
Besatzungen, Strafedikte gegen die Ketzer, die geplante Gründung
neuer Bistümer, Furcht vor Einführung der spanischen Inquisition
bewirken unter der Statthalterin +Margarete von Parma+ (1559–1567),
der Halbschwester des Königs Philipp II. (ihr Ratgeber Bischof
+Granvella+), heftige Erregung. Bund des Adels (Kompromiß zu +Breda+)
zur Verteidigung der Privilegien. Im Staatsrat sind Graf +Egmont+,
Statthalter von Flandern, und Wilhelm von +Nassau-Oranien[46]+,
Statthalter von Holland und Seeland, um Erhaltung des Friedens bemüht.

[1566.]

Überreichung einer Bittschrift an die Statthalterin in +Brüssel+ durch
300 Vertreter des niederen Adels (~Geusen~, Bettler, ihr Parteiname,
entstanden durch den verächtlichen Ausruf des Grafen von Barlaimont:
+Ce n’est qu’un tas de gueux+). Volksunruhen, veranlaßt durch
calvinische Prediger; Bildersturm und Plünderung der Kirchen. Egmont
und Wilhelm von Oranien treten diesen Unordnungen entgegen.

Obwohl die Ruhe schließlich wiederhergestellt war, wird

[1567.]

Herzog ~Alba~ mit einem spanischen Heere über +Genua, Savoyen, Burgund+
nach den Niederlanden gesandt. Wilhelm von Oranien entflieht nach
Nassau. Tausende von Niederländern verlassen ihr Vaterland. Alba
übernimmt die Regierung; der von ihm in Brüssel eingesetzte Gerichtshof
arbeitet entsetzlich, vom Volk als »Blutrat« bezeichnet.

[1568.]

Hinrichtung der Grafen +Egmont+ und +Hoorn+.

~Wilhelm von Oranien~ macht mit Flüchtlingen und deutschen Söldnern,
die er in Nassau um sich gesammelt hat, einen Einfall in die
Niederlande, wird aber von Alba zurückgeschlagen.

Die willkürlichen, von Alba auferlegten Steuern (der 10te Pfennig
von jeder verkauften Ware, der 100ste vom Vermögen) erregen einen
neuen Aufstand. Einnahme von +Briel+ (an der Maasmündung) durch die
Wassergeusen 1572. Schnelle Ausbreitung des Aufstandes, besonders in
den nördlichen Provinzen, wo Wilhelm von Oranien nach seiner Rückkehr
aus Deutschland an die Spitze tritt. Herzog Alba wird auf seinen
eigenen Antrag 1573 zurückberufen.

Sein Nachfolger +Luis de Requesens+ siegt zwar 1574 auf der Mooker
Heide, wo zwei Brüder des Prinzen von Oranien fallen, belagert
aber +Leyden+ vergeblich (Durchstechung der Deiche, Gründung der
Universität) und kann des Aufstandes nicht Herr werden († 1576).
Plünderungen der Städte Antwerpen, Mastricht, Gent u. a. durch die
königlichen Truppen führen die

[~1576.~]

~Pazifikation von Gent~ herbei, einen Vertrag +aller+ Provinzen,
durch welchen sie sich, ungeachtet der religiösen und nationalen
Unterschiede, vereinigen, um die spanischen Soldaten aus dem Lande zu
treiben.

Der neue Statthalter +Don Juan d’Austria+, Philipps II. Halbbruder,
wird von den meisten Provinzen nicht anerkannt, doch entsteht unter
ihnen bald Uneinigkeit. Ihm folgt +Alexander Farnese von Parma+,
Margaretes Sohn (1578–1592), ein staatskluger Fürst und trefflicher
Feldherr. Dieser unterwirft unter dem Versprechen der Herstellung ihrer
alten politischen Freiheiten die +südlichen+, katholischen Provinzen
(Belgien). Die sieben +nördlichen+, überwiegend calvinischen (Holland,
Seeland, Utrecht, Geldern, Overyssel, Groningen, Friesland) schließen

[~1579.~]

die ~Utrechter Union~, sagen sich 1581 gänzlich von Spanien los und
übertragen die Leitung +Wilhelm von Oranien+. Nach dessen Ermordung
zu +Delft+ 1584 durch den Fanatiker Balthasar Gerard tritt sein Sohn,
der 17jährige ~Moritz von Oranien~, an die Spitze. Kriegsglück
Alexanders von Parma, Einnahme von +Antwerpen+ 1585. Die den Holländern
geleistete englische Hilfe (+Leicester+ Statthalter) bestimmt Philipp
zur Ausrüstung der ~Armāda~, welche, angeführt vom Herzog Medina
Sidonia, furchtbaren Stürmen und der Tapferkeit der Engländer erliegt
(1588). Seitdem Niedergang der spanischen Seeherrschaft. Moritz erobert
Breda 1590, dann Nimwegen und Groningen, die Spanier erobern 1604 nach
dreijähriger Belagerung Ostende. Endlich wird unter König

[~1598–1621.~]

~Philipp III.~

[1609.]

ein zwölfjähriger ~Waffenstillstand~ geschlossen. Unter dem schwachen,
von Günstlingen beherrschten Könige sinkt Spaniens Macht und Wohlstand
weiter, namentlich auch infolge der Austreibung von 500000 Moriskos.
Nach Ablauf des Waffenstillstandes mit den Niederländern wird der Kampf
wieder aufgenommen, bis unter König

[~1621–1665.~]

~Philipp IV.~ die ~Republik der Niederlande~ im Westfälischen Frieden
1648 (s. S. 260) die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit von seiten
Spaniens und des Deutschen Reiches erlangt.

In dem aufblühenden neuen Staate fehlt es nicht an inneren Parteiungen;
der +oranischen+ Partei steht die +Generalstaaten+-Partei gegenüber,
den strengen Calvinisten (Gomarianern) die gemäßigten (Arminianer).
Die Synode zu +Dordrecht+ verurteilt 1619 den verdienten Staatsmann
+Olden Barneveld+, welcher Moritz von Oranien entgegengetreten war, zum
Tode; +Hugo Grotius+, zur Haft verurteilt, flieht 1621 nach Frankreich
(sein Buch +de iure belli ac pacis+ Grundlage des Völkerrechts, 1635
schwedischer Gesandter in Paris, † 1645). Die Statthalterwürde wird
1650 aufgehoben, 1672 wiederhergestellt.

     Wilhelm I. von Nassau-Oranien,
                 †1584.
    _______________|_____________
   |                             |
 Moritz,                Friedrich Heinrich,
 †1625.                      †1647.
                     ____________|___________
                    |                        |
                Wilhelm II.,       Luise Henriette, †1667.
                  †1650.           Gem. Friedrich Wilhelm
                    |                   v. Brandenburg.
                    |                        |
                Wilhelm III.,           Friedrich I.
                  †1702.               von Preußen.

~Aufschwung der niederländischen Seemacht~: Ostindische Kompagnie 1602
gegründet, +Neu-Amsterdam+ (New York, S. 270) 1612, +Batavia+ auf Java
1619, +Kapstadt+ 1651, +Ceylon+ besetzt 1656, 1634–54 auch +Brasilien+.
+Tasman+ umfährt Australien (Neu-Holland) 1642.

Blüte der Wissenschaften auf der Universität +Leyden+ (gegr. 1575). Der
Philosoph +Baruch Spinoza+ geb. zu Amsterdam 1632, † 1677.

Blüte der Malerei (+Rembrandt+ † 1669, +Ruysdael+ † 1682, +Hobbema+ †
1709), der Dichtkunst (+Vondel+ † 1679) und Musik (Roland de Lattre
[Orlandus Lassus] † 1594 in München).

In den spanischen Niederlanden die Maler +Rubens+, geb. in Siegen 1577,
† in Antwerpen 1640; +van Dyk+ † 1641; +Teniers+ der Ältere † 1649,
+Teniers+ der Jüngere † 1690; +Snyders+ † 1657.

Auch in ~Spanien~ Blüte der Literatur (+Cervantes+ † 1616, +Lope de
Vega+ † 1635, +Calderon+ † 1681) und Malerei +(Velasquez+ † 1660,
+Murillo+ † 1682), aber das Volk verarmt und unwissend; Gewerbfleiß,
Handel und Seemacht im Niedergang begriffen.

~Portugal~ im Besitz ansehnlicher Kolonien, blühend unter +Emanuel
dem Großen+ (1495–1521). Sein Urenkel +Sebastian+ fällt 1578 in der
unglücklichen Schlacht bei +Alkassar+ in Marokko. Philipp II. von
Spanien erhebt Erbansprüche als Sohn einer Tochter Emanuels, nimmt
1580 das Land in Besitz. Als ~spanische Provinz (1580–1640)~ verliert
Portugal einen großen Teil seiner Kolonien (Molukken, Sunda-Inseln,
Ceylon) an die Niederländer. 1640 Erhebung gegen die spanische
Herrschaft; eine fast unblutige Revolution erhebt das Haus ~Braganza~
(König Johann IV.) auf den Thron, das ihn bis 1910 behauptet.


§ 6. England und Schottland.

[~1485–1603.~]

~Haus Tudor~ (s. s. 213).

[1485–1509.]

~Heinrich VII.~ erhöht das Ansehen der Krone, indem er dem Adel
verbietet, bewaffnetes Gefolge zu halten (Gerichtshof der +Sternkammer+
gegen Aufruhrversuche) und die Finanzen ordnet. Er versucht ganz Irland
zu unterwerfen (S. 192). Seine Tochter +Margarete+ vermählt mit +Jakob
IV.+, König von Schottland (aus dem Hause +Stuart+, s. S. 212).

[~1509–1547.~]

~Heinrich VIII.~, grausam und tyrannisch. Er ist sechsmal vermählt,
nämlich mit: 1. +Katharina von Aragon+, Schwester der »wahnsinnigen«
Johanna (S. 225), Witwe seines Bruders +Arthur+, Mutter von +Maria
der Katholischen+ (geschieden). 2. +Anna Boleyn+, Mutter der
+Elisabeth+ (hingerichtet). 3. +Johanna Seymour+ († nach der Geburt
ihres Sohnes +Eduard VI.+). 4. +Anna von Cleve+ (geschieden). 5.
+Katharina Howard+ (hingerichtet). 6. +Katharina Parr+ (überlebt den
König). Die verweigerte Scheidung von der ersten Gemahlin (Kardinal
+Wolsey+, gestürzt 1529) wird für den anfangs streng katholischen König
(+Defensor fidei+) Grund zur Trennung der +englischen Kirche+ vom
Papsttum (1531). Der König kirchliches Oberhaupt. Blutige Verfolgung
aller den +Suprematseid+ Verweigernden (der Kanzler Thomas More †
1535); Einziehung vieler Klöster, aber Beibehaltung katholischer Lehren
(die 6 Artikel).

~Stammtafel der Familien Tudor und Stuart~ (S. 213):

     ~Heinrich VII.~ †1509.
   ____________|_____________________________________
  |                             |                    |
  ~Heinrich VIII.~       Margarete,           Maria,
  †1547.                     Gem. Jakob IV.       Gem. Hz.
     |                        v. Schottland.       v. Suffolk
 ~Maria d. Katholische~     |                    |
  †1558.                     ~Jakob V.~         |
 ~Elisabeth~ †1603.     v. Schottland        Franziska,
 ~Eduard VI.~ †1553.    †1542.              Gem. Henry Gray.
                              Gem. Maria                   |
                              v. Guise.                Johanna Gray
                                  |                    †1554.
                          ~Maria (Stuart)~ †1587.
                          Gem. Darnley.
                                  |
                          ~Jakob VI.~ v. Schottland †1625.

[~1547–1553.~]

~Eduard Vl.~, 10 Jahre alt. Die Regierung geleitet von dem Protektor
Herzog von +Somerset+, dann von Graf +Warwick+, Herzog von
+Northumberland+. Nun erst finden die +Lehren+ der Reformation in
England Eingang. Gründung der episkopalen Hochkirche (High Church).
+Book of common prayer+ und Glaubensbekenntnis in 42 Artikeln, verfaßt
von Thomas +Cranmer+, Erzbischof von Canterbury.

[~1553–1558.~]

~Maria die Katholische~, »die Blutige«. +Northumberlands+ Versuch,
+Johanna Gray+, die Gemahlin seines Sohnes, auf den Thron zu setzen,
mißlingt; alle drei werden hingerichtet. Maria vermählt sich mit
Philipp II. von Spanien, dem aber keine Regierungsrechte zugestanden
werden. Wiederherstellung der katholischen Religion. Grausame
Verfolgung der Protestanten, Erzbischof +Cranmer+ und viele andere
verbrannt. +Calais+ an Frankreich verloren (s. S. 236).

[~1558–1603.~]

~Elisabeth.~ Wiederherstellung der ~anglikanischen Kirche~
(Episkopalkirche), protestantische Lehre mit Beibehaltung der
katholischen Hierarchie und teilweise des Kultus. Glaubensbekenntnis
die ~39 Artikel~. Zahlreiche +Dissenters+ (Presbyterianer, Puritaner).
Handel und Schiffahrt entwickeln sich, besonders seit der Vernichtung
der Armada. Entdeckungsreisen (+Franz Drake+, zweite Erdumsegelung 1577
bis 1580, S. 223). Ansiedelungen in Nordamerika, +Walther Raleigh+
gründet die Kolonie +Virginia+ 1584. Ostindische Kompagnie 1600. Die
Kaufleute der deutschen Hanse werden 1598 aus ihrem Hause in London,
dem +Stalhof+, vertrieben, erhalten es jedoch später noch einmal
zurück. -- Unter Elisabeths Regierung lebt der große dramatische
Dichter ~William Shakespeare~ (1564 bis 1616 und der Philosoph Franz
Bacon von Verulam, 1561 bis 1626).

[1587. 8. Febr.]

~Hinrichtung~ der Königin ~Maria Stuart~.

+Maria Stuart+, Tochter +Jakobs V.+ von Schottland und der +Maria von
Guise+ (S. 236), Urenkelin Heinrichs VII. von England, geb. 1542,
zuerst vermählt mit +Franz II.+ von Frankreich († 1560), nimmt nach
dem Tode der Königin +Maria der Katholischen+ den Titel +Königin
von England+ an. Nach dem Tode ihres Gemahls Franz übernimmt sie
die Regierung in ~Schottland~ (1561). Streit mit den schottischen
Calvinisten. (+John Knox+, in Genf mit +Calvin+ befreundet, † 1572).
Maria heiratet ihren Vetter +Heinrich Darnley+, der ihren Günstling
+Riccio+ ermorden läßt (1566) und dann unter Mitwissenschaft der
Königin von +Bothwell+ ermordet wird (1567). Maria heiratet gleich
darauf in dritter Ehe den Mörder +Bothwell+. Aufstand der Schotten,
Maria gefangen, ihr und Darnleys einjähriger Sohn +Jakob+ als König
anerkannt. Maria entflieht nach England (1568). Hier wird sie bis
1587 gefangen gehalten und zuletzt in Fotheringhay wegen Teilnahme an
Verschwörungen gegen das Leben Elisabeths hingerichtet.

[1588.]

Krieg mit Spanien, Vernichtung der spanischen ~Armada~ (130 große
Schiffe) durch Seegefechte im +Kanal+ und durch Stürme an den Küsten
von Schottland und Irland (S. 244). Eine englische Flotte (unter
Graf +Essex+ und Admiral +Howard+) erobert 1596 +Cadiz+ und kehrt
mit reicher Beute zurück. Graf +Essex+, Günstling der Königin, wird
darauf nach +Irland+ gesandt, um den Aufstand dort zu dämpfen, kehrt
eigenmächtig zurück, wird wegen Empörung hingerichtet (1601). Die von
Spanien unterstützten katholischen Iren 1601 besiegt. Irland damit
endgültig unterworfen (S. 245, 192). Nach Elisabeths Tode folgt in
England als Erbe des Hauses Tudor das in Schottland (S. 212) seit 1371
regierende

[~1603–1649 (1714).~]

~Haus Stuart.~ Personal-Union zwischen England und Schottland.

[~1603–1625.~]

~Jakob I.~ (als König von Schottland Jakob VI.), Sohn der Maria
Stuart, in Schottland +calvinisch+ erzogen, bekennt sich dann zur
+anglikanischen+ Kirche. Das Fehlschlagen der Hoffnungen, welche die
Katholiken auf ihn als Sohn der Maria Stuart gesetzt hatten, bewirkt
die sogenannte ~Pulververschwörung~ (1605). Doch wird der Plan, König
und Parlament in die Luft zu sprengen, noch rechtzeitig vereitelt.
Streitigkeiten mit dem Parlament wegen der schlechten Finanzwirtschaft
des Königs und der geplanten Vermählung des Thronfolgers mit einer
spanischen Infantin.

[~1625–1649.~]

~Karl I.~, Gemahl der katholischen +Henriette+ von Frankreich, strebt
nach unumschränkter Gewalt des Königtums. Geldverlegenheiten nötigen
ihn zur Erhöhung des »Tonnen- und Pfundgeldes«, einer Steuer für ein-
und ausgeführte Waren, und dann nach vergeblicher Auflösung von zwei
Parlamenten zur Bewilligung der +Bitte um Recht+ (~Petition of Right~
1628) gegen willkürliche Besteuerung und Verhaftung englischer Bürger.
Karls Günstling, der Herzog von +Buckingham+, wird ermordet, als er in
Portsmouth den Befehl über die zum Entsatz von +La Rochelle+ (s. S.
239) bestimmte Flotte übernehmen will.

Nach Auflösung des dritten Parlaments (1629) regiert Karl 11 Jahre
lang willkürlich ohne Parlament. Seine Ratgeber Lord ~Strafford~,
früher Mitglied der Oppositionspartei im Unterhause, und Erzbischof
~Laud~. Willkürliche Erhebung des »Schiffsgeldes«, einer Geldabfindung
der Seestädte für die Stellung von Schiffen zum Küstenschutz; +John
Hampden+ verweigert die Zahlung dieser Abgabe, wird gerichtlich dazu
verurteilt. Dieser Prozeß ruft große Aufregung hervor. Auswanderung
bedrückter +Puritaner+ (John Milton ihr Dichter † 1674) nach den
amerikanischen Kolonien, +Boston+ gegründet 1630.

[1637.]

Der unkluge Versuch, die Liturgie und Verfassung der englischen
Episkopalkirche in Schottland einzuführen, bewirkt offenen Aufruhr
und einen förmlichen ~Bund der Schotten~ (+Covenant+) zum Schutze der
religiösen und politischen Rechte und Freiheiten ihres Landes. Um Geld
zum Kriege gegen die Schotten zu erlangen, beruft der König (April
1640) ein Parlament. Dieses bewilligt nichts, sondern erneuert die
alten Beschwerden. Ein kleines, durch freiwillige Spenden und Darlehen
der königlich Gesinnten aufgebrachtes Heer marschiert gegen die
Schotten, wird aber zurückgeschlagen.

[1640. Nov.]

Karl beruft von neuem ein Parlament. Dieses, das sogenannte ~Lange
Parlament~, wird bald mächtiger als der König. Der Minister
+Strafford+, vom Unterhause vor dem Oberhause angeklagt, wird trotz
seiner glänzenden Verteidigung verurteilt und hingerichtet. Erzbischof
+Laud+ verhaftet und später ebenfalls hingerichtet. Ein Aufstand
der katholischen +Irländer+ vermehrt den Unwillen des englischen
Volkes. Der Versuch des Königs, 5 Häupter der Opposition persönlich
im Parlament zu verhaften, bringt den Aufruhr in London zum Ausbruch
(1642). Parteinamen der +Kavaliere+ (Royalisten) und der +Rundköpfe+
(Republikaner). Karl verläßt London und geht nach York.

[1642–1649.]

~Bürgerkrieg in England~; den Truppen des Königs tritt ein
+Parlamentsheer+ entgegen. Der König, anfangs siegreich, beruft das
Parlament nach +Oxford+ (1644), wo sich 83 Lords und 165 Mitglieder
des Unterhauses einfinden. Dagegen Vereinigung der +Schotten+ mit dem
englischen +Parlamentsheere+. Die Königlichen werden bei +Marstonmoor+
(der Reiterführer +Cromwell+) und 1645 bei +Naseby+ geschlagen. Karl,
in Oxford belagert, flieht zu den Schotten, die ihn an das englische
Parlament ausliefern (Januar 1647).

Während des Bürgerkrieges wird die +Episkopalkirche+ in England
+aufgehoben+; gegen die +Presbyterianer+ aber, die zum Vergleich mit
dem Könige geneigt sind, erhebt sich die Partei der ~Independenten~,
an ihrer Spitze ~Oliver Cromwell~. Sie erlangen das Übergewicht im
Heere und bemächtigen sich auch des gefangenen Königs. Cromwell schlägt
die jetzt +zu Gunsten Karls+ in England einfallenden +Schotten+ bei
+Preston+ und verjagt seine presbyterianischen Gegner aus dem Parlament
(1648). Das nunmehrige +Rumpfparlament+ (+Rump-Parliament+) setzt den
König ab und läßt ihn durch einen Gerichtshof verurteilen.

[~1049.~]

30. Jan. ~Karl I.~ zu Whitehall in London ~hingerichtet~.

Abschaffung des Oberhauses. England wird ~Republik~, geleitet von dem
Parlament und einem Staatsrat von 42 Mitgliedern.


§ 7. Der Norden und Osten.

~Christian II.~ von ~Dänemark~ (1513–23) versucht Schweden zu
unterwerfen (vgl. S. 216), aber das ~Stockholmer Blutbad~ (1520) führt
die vollständige Auflösung der +skandinavischen Union+ herbei. Aufstand
der Talbewohner (+Dalkarlar+) unter ~Gustav Wasa~ (geb. 1496, als
Geisel nach Dänemark geführt 1518, flüchtet 1519 nach Lübeck, kehrt
1520 insgeheim zurück). Er wird 1521 zum Reichsverweser, 1523 zum König
erwählt, nimmt +Stockholm+ ein mit Hilfe der hansischen, von Lübeck und
Danzig gestellten Kriegsflotte.

[~1523–1654.~]

Haus ~Wasa in Schweden~. Unter +Gustav I.+ Wasa (1523–1560) Einführung
der Reformation. Der Thron erblich; die Handelsprivilegien der
deutschen Hanse werden bald beschränkt, schließlich aufgehoben (S. 201,
246).

[1561.]

Auflösung des deutschen Ordensstaates in Kurland, ~Livland~ und Estland
(S. 217). Der größte Teil seines Gebiets kommt an +Polen+, Estland an
+Schweden+; der letzte Landmeister Gotthard Kettler wird als Herzog von
+Kurland+ polnischer Vasall.

Gustav Wasas ältester, geisteskranker Sohn +Erich XIV+. wird 1568
entthront von seinem Bruder +Johann III.+ Dessen Sohn +Sigismund+
katholisch und seit 1587 König von Polen, wird in Schweden 1598
verdrängt von seinem Oheim +Karl IX.+, dem jüngsten Sohne Gustavs I.
Dieser ordnet die zerrüttete Verwaltung des Landes und behauptet gegen
Polen den Besitz Estlands. Sein Sohn

[~1611–1632.~]

~Gustav II. Adolf~ gewinnt im Kriege mit Rußland +Karelien+ und
+Ingermanland+ (1617), im Kriege mit Polen (S. 256), +Livland+ (1621),
schließt 1629 unter Richelieus Vermittelung mit Polen Waffenstillstand,
um den Krieg in Deutschland (S. 256) zu beginnen. Ihm folgt, zuerst
unter Vormundschaft des Reichsrats, seine Tochter

[~1632–1654.~]

~Christine,~ gelehrt, aber ohne Lust für die Regierungsgeschäfte.
Sie dankt 1654 ab zu Gunsten ihres Vetters +Karl Gustav+ von
Pfalz-Zweibrücken (Sohn einer Schwester Gustav Adolfs), wird dann
katholisch, stirbt in Rom 1689.

~Dänemark~ und ~Norwegen~ bleiben bis 1815 vereinigt. Schon unter
Christian II., Schwager Kaiser Karls V., dringt die Reformation
in Dänemark ein. Christian von seinem Oheim, dem Herzog von
Schleswig-Holstein, verdrängt, der als +Friedrich I.+ (1523–1533)
mit Hülfe Lübecks den dänischen Thron besteigt und die Reformation
begünstigt.

[1534–1536.]

Die +Grafenfehde+: Jürgen Wullenwever, protestantischer Bürgermeister
von +Lübeck+, unterstützt den Grafen Christoph von Oldenburg
gegen Friedrichs I. Sohn +Christian III.+ Dieser aber behauptet
die Herrschaft in Dänemark (1534–1559) und führt die Reformation
vollständig durch. Wullenwever vom Erzbischof von Bremen verhaftet,
an den Herzog von Braunschweig ausgeliefert, 1537 in Wolfenbüttel
hingerichtet.

[1559–1588.]

+Friedrich II.+ beginnt seine Regierung mit der Unterwerfung der
+Dithmarschen+ (S. 216), führt

[1563–1570]

im Bunde mit Lübeck Krieg gegen +Schweden+, beschränkt die Privilegien
der Hansa.

[1588–1648.]

+Christian IV.,+ nimmt am 30jährigen Kriege teil (s. S. 255). Im
Frieden zu +Brömsebro+ 1645 werden von ihm an Schweden die Provinzen
Jämtland und Herjedalen, die Inseln Gotland und Ösel abgetreten, auch
wird den schwedischen Schiffen Freiheit vom +Sundzoll+ zugestanden.

~Polen~ gewinnt unter den ~Jagellonen (1386–1572)~ seine größte
Ausdehnung (Ostsee, Karpathen, Schwarzes Meer), doch schon in dieser
Zeit entwickelt sich durch die +Privilegien des zahlreichen Adels+ der
Keim des Verfalls. Seit 1572 ist Polen ~Wahlreich~. Einführung des
+liberum veto+ auf den Reichstagen. Wahlkönige: +Heinrich von Anjou+
(s. S. 237), +Stephan Bathŏry+ von Siebenbürgen, dann (1587–1668) 3
Könige aus dem Hause +Wasa: Sigismund III.+ † 1632, +Wladislaw IV.+ †
1648, +Johann Kasimir+ (dankt ab 1668).

~Rußland~ unter ~Iwan IV.,~ +dem Schrecklichen+ (1533 bis 1584)
vergrößert durch Eroberung der Reiche +Kasan+ und +Astrachan+; der
Kosakenhetman Jermak beginnt 1581 die Eroberung +Sibiriens+. Nach dem
Aussterben des Hauses ~Rurik~ mit Iwans IV. Sohn +Feodor I.+ 1598
(Feodors jüngerer Bruder Demetrius war von Boris Godunow [Zar von
1598–1605] umgebracht worden) mehrjähriger Thronstreit; 1605–1606
regiert der von Polen unterstützte +falsche Demetrius+, dem dann
noch zwei andere folgen. Ein Reichstag zu Moskau erhebt 1613 Michael
~Romanow~ auf den Thron, dessen Haus bis 1762 regiert.

Das Reich der ~osmanischen Türken~ erreicht seine höchste Blüte unter
~Soliman II.~ (1520–1566), dem Zeitgenossen Kaiser Karls V. (vgl. S.
230–232). Er stirbt in Ungarn bei der Belagerung der von +Zriny+ tapfer
verteidigten Feste +Szigeth+ (1566). Unter seinen Nachfolgern beginnt
der Verfall, namentlich infolge der Unbotmäßigkeit der +Janitscharen+.

In China kommt die Dynastie der +Mandschu+ oder +Tsing+ zur Regierung
(1644 bis jetzt noch). Im 17. Jahrh. der größte Teil der Dsungarei,
ganz Turkestan und Tibet erobert. Auch den Russen, Franzosen und
Engländern (Kanton) Handelsverkehr gestattet (S. 223f.).

~Japan~ wird nach Abschaffung des Shogunats (1573–1603) dem Mikado nach
und nach wieder Untertan. Ende des mehr als 500jährigen Bürgerkrieges.
Begünstigung des Christentums. Unglücklicher Eroberungskrieg gegen
~Korea~ 1598.

[1603.]

Das Shogunat wird vom Mikado der Familie Tokugawa erblich
übertragen. Ihre Residenz Tokio. Seitdem 250jähriger Friede und hohe
Kulturentwickelung. Seiden- und Baumwollenindustrie, Aufschwung der
Porzellanfabrikation. Unter den Tokugawa (1603–1867) Abschließung
Japans gegen das Ausland. Fernhaltung der Fremden. 1614 die fremden
Priester für Landesfeinde erklärt und Ausrottung des Christentums
befohlen; grausame Verfolgungen. Erst seit dem Niedergang der
Tokugawa-Herrschaft Handelsbeziehungen mit Europa und Amerika
angeknüpft und von 1854 an einzelne Häfen geöffnet.


§ 8. Deutschland, Dreißigjähriger Krieg.

[~1556–1564.~]

~Ferdinand I.~, seit 1526 König von +Böhmen+ und +Ungarn+; doch muß er
die größere Hälfte Ungarns den Türken überlassen. Unter ihm und seinem
Nachfolger Friedenszeit in Deutschland, aber die +Ostseeprovinzen+ (S.
249) und die +Niederlande+ (S. 242ff.) gehen dem Deutschtum verloren.
Während die Protestanten sich durch theologische Streitigkeiten
entzweien (Haß der strengen Lutheraner an der 1548 eröffneten
Universität Jena gegen den »Kryptocalvinismus« Melanchthons), befestigt
sich der Katholizismus durch das eifrige Wirken der +Jesuiten+ (S.
231) und das Tridentinum (S. 232). Beginn der +Gegen+reformation in
Österreich, Bayern und den geistlichen Fürstentümern.

[~1564–1576.~]

~Maximilian II.,~ mild und den Protestanten zugetan, denen er in seinen
Erblanden freie Religionsübung gestattet. Doch wird Herzog +Johann
Friedrich+ von Sachsen-Gotha, der im Bunde mit dem gewalttätigen
Reichsritter +v. Grumbach+ die Länder seines Vaters (S. 232 f.)
wiederzugewinnen trachtet, 1566 geächtet und bis an seinen Tod (1595)
in Österreich gefangen gehalten (Grumbachsche Händel).

[~1576–1612.~]

~Rudolf II.,~ von den Jesuiten erzogen, gelehrt, aber unfähig zu
regieren. Die Astronomen +Tycho de Brahe+ (aus Schonen, † 1601) und
+Kepler+ (S. 227) an seinem Hofe in Prag.

Im Reiche nehmen Streitigkeiten überhand. Sonderung der Lutheraner von
den Reformierten durch die +Konkordienformel, +1580 zuerst in Sachsen
verkündet, aber nicht von allen lutherischen Landeskirchen angenommen.
Auf den Reichstagen Streit über den geistlichen Vorbehalt (S. 234).
Der Kurfürst von +Köln+ Gebhard Truchseß von Waldburg 1583 vertrieben,
weil er zum Protestantismus übertritt. In +Straßburg+ 1592 zwiespältige
Bischofswahl; der von den Protestanten gewählte Administrator muß 1604
zurücktreten. Die Reichsstadt +Donauwörth+, vom Kaiser in die Acht
erklärt, weil das Volk eine katholische Prozession gestört hatte, wird
von +Maximilian von Bayern,+ der die Acht vollstreckt (1607), besetzt
und mit Bayern vereinigt. Deshalb

[1608.]

Gründung der protestantischen ~Union~; Oberhaupt der reformierte
Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz;

[1609.]

Katholische ~Liga,~ Oberhaupt Herzog Maximilian von Bayern. Beide
Fürsten sind +Wittelsbacher+ (S. 200, Anm. 2); Sachsen bleibt der Union
fern.

[~1609–1014.~]

~Jülich-Clevescher Erbfolgestreit.~ Johann Sigismund von +Brandenburg+
und Wolfgang Wilhelm von +Pfalz-Neuburg+ nehmen das Land als das Erbe
ihrer Gemahlinnen nach dem Tode des letzten Herzogs Johann Wilhelm
gemeinsam in Besitz und werden von der Union gegen den vom Kaiser
gesandten Erzherzog Leopold Wilhelm geschützt. Später entzweien sie
sich, Wolfgang Wilhelm wird +katholisch+ und ruft die Hilfe der +Liga+
und +Spaniens+ an. Johann Sigismund tritt zur +reformierten+ Lehre über
und findet Rückhalt an +Holland+ und Heinrich IV. von Frankreich (†
1610, S. 238), doch wird ein Krieg vermieden.

Vertrag zu +Xanten+ 1614: +Cleve, Mark+ und +Ravensberg+ kommen an
Brandenburg, +Jülich+ und +Berg+ an Pfalz-Neuburg. Spanische und
holländische Besatzungen bleiben noch längere Zeit, erst 1666 wird der
Vertrag vollständig ausgeführt.

Kaiser Rudolf, von seinem Bruder +Matthias+ gezwungen, ihm Ungarn,
Mähren und Österreich zu überlassen, gibt den Böhmen, um sie für sich
zu gewinnen, den

[1609.]

~Majestätsbrief~. Dieser gestattet +allen Bewohnern+ Böhmens den
Anschluß an die »utraquistische«, auf entschieden protestantischem
Standpunkt stehende +Böhmische Konfession+ von 1575 und erlaubt den 3
Ständen der +Herren+, +Ritter+ und +königlichen Städte+ den Bau von
Kirchen. Der zugleich abgeschlossene, vom Kaiser anerkannte ständische
+Vergleich+ gibt diese Erlaubnis auch den +Untertanen+ auf den
+königlichen Gütern+.

[1611.]

Rudolf verliert auch die Herrschaft über Böhmen, stirbt 1612 machtlos
in Prag.

[~1612–1619.~]

~Matthias~ verschafft, da er kinderlos ist und seine Brüder Verzicht
leisten, seinem streng katholischen, von den Jesuiten erzogenen Vetter
~Ferdinand~, Herzog von Steiermark, Kärnten und Krain, die Nachfolge
auch in Böhmen und Ungarn, trotz des Widerwillens der protestantischen
Stände.

[~1618–1648.~]

~Der Dreißigjährige Krieg.~

Versuch des Hauses +Habsburg+, im Bunde mit der katholischen Kirche die
Machtstellung des Kaisertums zu erhöhen. In den drei ersten Abschnitten
des Krieges überwiegt die +religiöse+ Parteiung; aus dem Aufstand in
Böhmen entwickelt sich ein großer Kampf des katholischen Europa gegen
das protestantische. Zuletzt führen Schweden und Frankreich im Kampf
gegen das Haus Habsburg +Eroberungs+kriege +auf deutschem Boden+.


~1. Böhmisch-pfälzischer Krieg 1618–1623.~

~Veranlassung~: Schließung der utraquistischen Kirche in Braunau
im Gebiet des dortigen Abts und Niederreißung der Kirche in
Klostergrab im Sprengel des +Erzbischofs von Prag+, also in Gebieten
+geistlicher+ Stände, welche nach Auffassung der Protestanten kraft
der böhmischen Landesverfassung als +königliche Güter+ zu betrachten
waren. Versammlung der 1609 mit Zustimmung des Kaisers eingesetzten
+Defensoren+ und der protestantischen Stände.

[~1618.~ 23. Mai.]

~Aufstand in Prag~; an der Spitze steht Graf +Matthias von Thurn+.
Die Statthalter +Martinitz+ und +Slawata+ und der Geheimschreiber
+Fabricius+ werden aus den Fenstern der kaiserlichen Burg
hinausgestürzt, kommen aber mit dem Leben davon. Die Aufständischen
übertragen die Regierung Böhmens an 30 +Direktoren+. Aus Italien kommt
Graf +Ernst von Mansfeld+ zu Hilfe, gesandt vom Herzog von Savoyen; aus
Schlesien zieht Markgraf Johann Georg von +Jägerndorf+ herbei.

[1619.]

Kaiser Matthias stirbt; Graf Thurn zieht gegen +Wien+. Die
österreichischen, meist protestantischen Stände stellen drohende
Forderungen an +Ferdinand+, der durch die Ankunft einiger Truppen aus
der gefährlichsten Lage gerettet wird. Thurn wird durch eine ungünstige
Wendung des Krieges in Böhmen zum Abzug bewogen. Ferdinand begibt sich
nach +Frankfurt+, wird dort von den drei geistlichen Kurfürsten und den
Gesandten von Pfalz, Sachsen, Brandenburg zum Kaiser gewählt.

[~1619–1637.~]

~Ferdinand II.~ Unterdessen sprechen die Böhmen seine Absetzung als
König von Böhmen aus und wählen den jungen ~Friedrich V.~, Kurfürsten
von der Pfalz, Oberhaupt der Union und der deutschen +Calvinisten+,
Schwiegersohn Jakobs I., Königs von England.

Graf Thurn zum zweitenmal vor Wien, mit +Bethlen Gabor+, Fürsten von
Siebenbürgen, vereinigt (Nov. 1619). Kälte, Mangel und der Einfall
eines kaiserlichen Parteigängers in Ungarn bewirken den Rückzug.

Ferdinand verbündet sich mit seinem Jugendfreunde ~Maximilian~,
Herzog von ~Bayern~, dem Haupt der katholischen Liga, welcher ihm die
österreichischen Stände unterwerfen hilft, mit Spanien (Spinŏla bricht
in die Kurpfalz ein) und mit dem lutherischen Kurfürsten +Johann Georg+
von Sachsen, welcher die Lausitz und Schlesien wieder unterwirft.
Maximilian von Bayern zieht mit dem Heere der Liga (+Tilly+) nach
Böhmen, vereinigt sich mit dem kaiserlichen Feldherrn +Buquoi+. Beide
siegen in der

[~1620.~ 8. Nov.]

~Schlacht~ auf dem ~Weißen Berge~ bei ~Prag~ über Friedrichs V.,
vom Fürsten +Christian von Anhalt+ geführte Truppen. Friedrich,
der »Winterkönig«, entflieht nach Holland, wird vom Kaiser trotz
kurfürstlichen Protestes geächtet, ebenso Christian von Anhalt und
der Markgraf von Jägerndorf. Strenges Walten der Sieger in +Böhmen+;
die Häupter des Aufstandes hingerichtet, viele Güter eingezogen, der
Protestantismus ausgerottet. Gewaltsame +Gegenreformation+ auch in
Österreich und (weniger hart) in Schlesien.

Die protestantische +Union+ löst sich auf, als die Kriegsgefahr näher
rückt. Das Kurfürstentum ~Pfalz~ wird in Vollstreckung der Reichsacht
von Maximilians Feldherrn ~Tilly~ mit Hilfe spanischer Truppen unter
+Spinŏla+ erobert. Heidelberg erstürmt, die Bibliothek (Palatina) nach
Rom gebracht. Tilly, 1622 bei +Wiesloch+ von Mansfeld geschlagen, siegt
bald darauf bei +Wimpfen+ über den Markgrafen von Baden-Durlach, bei
+Höchst+ über Christian von Braunschweig, Administrator des Bistums
Halberstadt.

[1623.]

Tilly dringt nach +Westfalen+ vor, siegt bei +Stadtlohn+ abermals
über Christian, bleibt mit seinen Truppen im niedersächsischen
Kreise zum Schutz der geistlichen Gebiete. Herzog Maximilian erhält
auf dem Fürstentag zu Regensburg die pfälzische +Kurwürde+ und die
+Oberpfalz+, Sachsen die +Lausitz+ (zunächst als Pfand).


~2. Dänisch-niedersächsischer Krieg 1625–1629.~

~Christian IV.~, König von Dänemark (S. 250) und Herzog von Holstein,
als Oberster des niedersächsischen Kreises (S. 224) an der Spitze
der Protestanten, von +Holland+ und +England+ zur Wiedereinsetzung
Friedrichs V. angetrieben, aber unzureichend unterstützt.

Albrecht von ~Wallenstein~ (eig. +Waldstein+) geb. 1583 in Böhmen, aus
utraquistischer Familie, aber katholisch erzogen, 1619 Oberst, 1623
Fürst, 1625 Herzog von +Friedland+, wird kaiserlicher Obergeneral über
ein von ihm selbst errichtetes, durch ein Raubsystem zu erhaltendes
Söldnerheer.

[~1626.~]

+Wallenstein+ schlägt +Mansfeld+ bei der ~Dessauer Brücke~, verfolgt
ihn durch Schlesien und Mähren nach Ungarn, wo sich Mansfeld mit
+Bethlen Gabor+ vereinigt, aber von diesem keine Hilfe erhält. Mansfeld
stirbt in Bosnien. (»Imperatorem decet stantem mori!«)

[1626. Aug.]

Tilly schlägt Christian IV. bei ~Lutter am Barenberge~ in Braunschweig.
Tilly und Wallenstein erobern +Holstein+ (1627), Wallenstein allein
+Schleswig+ und +Jütland+. Er besetzt +Mecklenburg+, wird vom Kaiser
1628 mit diesem Herzogtum belehnt und zum General des Baltischen und
Ozeanischen Meeres ernannt. Er zwingt den Herzog von +Pommern+ zur
Unterwerfung, erhält aber von den Hansestädten keine Schiffe und
belagert vergebens ~Stralsund~ (1628), dessen Bürger sich mit dänischer
und schwedischer Hilfe zehn Wochen lang tapfer verteidigen. Sein
Unterfeldherr +Arnim+ zieht darauf mit 15000 Mann nach Westpreußen, um
die Polen gegen Gustav Adolf (S. 250) zu unterstützen.

[~1629.~]

~Friede zu Lübeck~ zwischen dem Kaiser und Christian IV. Dieser erhält
seine Länder zurück, entsagt aber jeglicher Teilnahme an den deutschen
Streitigkeiten. Ferdinand II. erläßt das

~Restitutionsedikt~: 1. Auf Grund des +geistlichen Vorbehaltes+ (S.
234) sollen die seit dem Passauer Vertrage 1552 von protestantischen
Fürsten in Besitz genommenen geistlichen Güter herausgegeben werden.
Dies betrifft 2 Erzbistümer: +Magdeburg+ und +Bremen+; 12 Bistümer:
+Minden+, +Verden+, +Halberstadt+, +Lübeck+, +Ratzeburg+, +Meißen+,
+Merseburg+, +Naumburg+ (diese drei werden jedoch dem +Kurfürsten von
Sachsen+ ausnahmsweise belassen), +Brandenburg+, +Havelberg+, +Lebus+
und +Kammin+, außerdem viele Klöster und Stifter. 2. +Nur+ die Bekenner
der +Augsburgischen+ Konfession sollen freie Religionsübung haben,
alle anderen »Sekten« -- also auch die Reformierten -- sollen aufhören.
-- Anfang rücksichtsloser Ausführung des Resitutionsedikts durch die
Truppen der Liga und Wallensteins.

[~1630.~]

~Kurfürstentag zu Regensburg.~

Die katholischen Kurfürsten, gestützt auf die lauten Klagen aller
Reichsstände über die von Wallensteins Truppen verübten Grausamkeiten
und Erpressungen, erlangen vom Kaiser Ferdinand II. die +Absetzung
Wallensteins+.


~3. Schwedischer Krieg 1630–1635.~

[~1630.~ Juni]

~Gustav II. Adolf~, König von Schweden, landet auf der Insel Usedom.

+Zwecke und Gründe seiner Einmischung+: Schutz der unterdrückten
Protestanten; Wiedereinsetzung der Herzöge von Mecklenburg, seiner
Verwandten; Sicherung seiner Herrschaft gegen die mit dem Kaiser
verbündete polnische Linie des Hauses Wasa (s. S. 250); Besorgnis vor
der Begründung einer kaiserlichen Seemacht auf der Ostsee.

Damalige +Machtstellung+ Schwedens: Finnland, Karelien, Ingermanland,
Estland, Livland (S. 249 f.), gehörten zu Gustav Adolfs Reiche,
Kurland stand unter schwedischem Einfluß. Es lag für einen ehrgeizigen
Monarchen nahe, an die Erwerbung von +Preußen+ und +Pommern+ zu denken,
welche das Baltische Meer völlig unter den beherrschenden Einfluß
Schwedens gebracht hätte.

Nach der Eroberung der Inseln +Usedom+, +Wollin+ und +Rügen+ besetzt
Gustav Adolf +Stettin+, schließt ein Bündnis mit Herzog Bogislaw XIV.,
vertreibt die kaiserlichen Truppen aus Pommern. Subsidienvertrag mit
Frankreich (+Richelieu+). Er rückt an der Oder vor, wo ihm Tilly
entgegentritt (1631), wendet sich nach Mecklenburg, dann zur Oder
zurück, nimmt die Stadt Frankfurt ein. Inzwischen hat Tilly +Magdeburg+
zu belagern begonnen. Gustav Adolf unterhandelt mit seinem Schwager
+Georg Wilhelm+, Kurfürsten von +Brandenburg+, der Bedenken trägt, vom
Kaiser abzufallen; endlich wird ihm die Festung +Spandau+ eingeräumt.
Weitere Unterhandlungen mit Kurfürst Johann Georg von +Sachsen+, der
neutral zu bleiben versucht. Währenddessen

[~1631.~]

(10./20. Mai.) Eroberung ~Magdeburgs~ durch Tilly. Der Sturm geleitet
von +Pappenheim+. Furchtbares Blutbad und Plünderung durch die
zügellosen Soldaten Tillys. Durch eine plötzlich an verschiedenen
Stellen ausbrechende Feuersbrunst wird die Stadt Magdeburg mit Ausnahme
des Domes in Asche gelegt (+nicht+ auf Tillys Befehl).

Tilly will den Kurfürsten von Sachsen zum Anschluß an den Kaiser
zwingen. Johann Georg ruft Schwedens Hilfe an.

[~1631.~ 7. / 17.Sept.]

~Schlacht bei Leipzig~ oder ~Breitenfeld~. Zuerst werden die Sachsen
von Tilly in die Flucht geschlagen, dann glänzender Sieg Gustav Adolfs.

Die Sachsen unter +Arnim+, dem früheren Unterfeldherrn Wallensteins,
rücken in +Böhmen+ ein und nehmen +Prag+. Gustav Adolf zieht durch
+Thüringen+ und +Franken+ nach dem Rhein (über Erfurt, Würzburg, Hanau,
Frankfurt). Die Pfalz erobert. ~Mainz~ besetzt, hier Winterquartiere.

+Wallenstein+, vom Kaiser wieder zum Kommando und unbeschränkten
Oberbefehl über alle kaiserlichen Truppen berufen, wirbt ein neues Heer
und vertreibt (Mai 1632) die Sachsen aus Böhmen. Gustav Adolf zieht
nach +Nürnberg+ und siegt über Tilly bei +Rain+ am Lech (5./15. April).
Tilly, tödlich verwundet, stirbt in Ingolstadt.

Gustav Adolf nimmt +Augsburg+ ein, belagert vergeblich Maximilian in
Ingolstadt, zwingt ~München~ zur Übergabe. Wallenstein von Maximilian
zu Hilfe gerufen.

[~1632.~ Juli–Sept.]

~Festes Lager bei Nürnberg.~ Gustav Adolf und Wallenstein lagern
einander 7 Wochen gegenüber. Ein Angriff der Schweden auf Wallensteins
Verschanzungen wird blutig zurückgeschlagen. Darauf rückt Gustav
Adolf gegen die Donau, Wallenstein nach Sachsen. Auf den Hilferuf des
Kurfürsten kommt Gustav Adolf in Eilmärschen herbei, vereinigt sich
mit +Bernhard von Weimar+ und greift, als er hört, daß Wallenstein von
Leipzig aus Pappenheim nach Nordwesten abgesandt hat, die Kaiserlichen
(etwa 18000 gegen 20000 Schweden) an.

[6./16. Nov.]

~Schlacht bei Lützen.~ ~Gustav Adolf fällt.~ +Pappenheim+, der,
schnell zurückgerufen, von 3 Uhr ab mit seinen Reitern an der Schlacht
teilgenommen hatte, war kurz vor dem König tödlich verwundet worden.
Der Sieg der Schweden wird durch Bernhard von Weimar vollendet.

+Bernhard+, +Gustav Horn+ und +Banér+ erhalten den Befehl über die
schwedischen Heere. Die politische Leitung übernimmt der schwedische
Reichskanzler ~Axel Oxenstierna~; er schließt den +Heilbronner Bund+:
Schweden an der Spitze der 4 oberdeutschen Reichskreise (Baden,
Württemberg, Hessen-Kassel, die süddeutschen Reichsstädte).

[~1633.~]

Zug +Bernhards’ von Weimar+ nach Franken. Er läßt sich von dem
schwedischen Kanzler mit den Bistümern Würzburg und Bamberg als
+Herzogtum+ ~Franken~ belehnen und besetzt die Oberpfalz.

Wallenstein rückt aus Böhmen nach +Schlesien+ vor, nimmt bei +Steinau+
an der Oder ein schwedisches Korps gefangen, kehrt dann aber nach
Böhmen zurück und weigert sich, dem Kurfürsten Maximilian von Bayern
abermals zu Hilfe zu kommen, obgleich +Regensburg+ (14. Nov.) von
Bernhard von Weimar besetzt ist. Spannung zwischen +Wallenstein+
und dem kaiserlichen Hofe. Die ihm feindliche ligistisch-spanische
Partei will ihn vom Oberbefehl entfernen. Wallenstein führt geheime
Unterhandlungen mit den Sachsen, Schweden und Franzosen. Er
beabsichtigt, sich durch sein Heer (Revers der Obersten in +Pilsen+)
eine +unabhängige Stellung+ zu verschaffen, den Kaiser von der
Herrschaft der spanischen Partei zu befreien und den Reichsfrieden
herzustellen.

Der Wiener Hof macht ihm die Hauptführer der Truppen (Gallas,
Piccolomini, Aldringen, Maradas, Colloredo) abwendig; Ilow, Terzka,
Kinsky bleiben Wallenstein treu. Ein kaiserliches Patent vom 18.
Februar 1634 erklärt Wallenstein für abgesetzt, weil »er eine
Konspiration anzuspinnen sich angemaßt, Uns und Unser hochlöbliches
Haus von unserem Erbkönigreich, Land und Leuten zu vertreiben«.
Wallenstein verläßt Pilsen und zieht nach +Eger+, wohin auch Bernhard
von Weimar und Arnim kommen sollen.

[~1634.~ 25. Febr.]

~Wallenstein ermordet zu Eger~ auf Veranstaltung des irischen Obersten
+Butler+, der mit Gallas und Piccolomini im Einverständnis war. Der
Kaiser hat den Mord nicht befohlen, aber die Mörder mit Ehren und
Reichtümern belohnt.

[6./16. Sept.]

Schlacht bei ~Nördlingen~, Sieg der mit einem spanischen Hilfskorps
vereinigten Kaiserlichen (unter +Ferdinand+, des Kaisers Sohn, und
+Gallas+) und Bayern (+Johann von Werth+) über die Schweden unter Horn
und Bernhard von Weimar. Die süddeutschen Protestanten suchen Hilfe bei
Frankreich.

[~1635.~]

~Friede zu Prag~, zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten von Sachsen:
1. Der Kurfürst von Sachsen erhält die +Lausitz+ erblich, das Erzbistum
Magdeburg für seinen zweiten Sohn +August+ auf Lebenszeit. 2. Die
+geistlichen Güter+ (s. S. 255) sollen den protestantischen Besitzern
auf 40 Jahre verbleiben. 3. Gemeinsame Bekämpfung der Schweden und
ihrer Bundesgenossen. -- +Brandenburg+ und andere protestantische
Reichsstände treten diesem Frieden bei; einige aber bleiben dem Bündnis
mit Schweden treu.


~4. Schwedisch-französischer Krieg 1635–1648.~

Frankreich, durch +Richelieus+ Politik mit Schweden eng verbündet (S.
256), erklärt dem Kaiser, bald auch dem König von Spanien den Krieg.
Subsidienvertrag mit +Bernhard von Weimar+, welcher sich, da er infolge
der Schlacht bei Nördlingen sein Herzogtum Franken verloren hat, im
+Elsaß+ einen neuen Staat zu erobern sucht. Einnahme von +Breisach+
1638. Nach seinem Tode 1639 bemächtigt sich Frankreich seines Heeres
und seiner Eroberungen.

[~1636.~]

Sieg der Schweden (nachdem sie fast bis an die Ostsee
zurückgedrängt gewesen waren) unter Banér bei ~Wittstock~ über das
kaiserlich-sächsische Heer.

[1637.]

Kaiser Ferdinand II. †. Sein Sohn

[~1037–1657.~]

~Ferdinand III.~, zum Frieden geneigt. Das +pommersche+ Herzoghaus
erlischt (1637).

[1640.]

Georg Wilhelm †. ~Friedrich Wilhelm~, Kurfürst von Brandenburg (der
~Große Kurfürst~, 1640–1688. S. auch Anhang):

[1641.]

Friedensverhandlungen in +Hamburg+, ein Kongreß verabredet.

[~1642.~]

~Zweite~ Schlacht bei ~Leipzig~ (Breitenfeld), Banérs Nachfolger
~Torstenson~ siegt über die Kaiserlichen unter Erzherzog +Leopold
Wilhelm+ und +Piccolomini+, dringt darauf durch Böhmen nach Mähren
vor. Die feindliche Haltung des auf Schwedens Erfolge eifersüchtigen
Dänenkönigs Christian IV. (S. 255) veranlaßt ihn zur Umkehr.

[1643. Sept.]

Torstenson zieht in Eilmärschen durch Schlesien, Sachsen, Braunschweig
nach dem Norden, erobert Holstein und Schleswig, rückt in Jütland ein.

Unterdessen dringen die Franzosen in Schwaben vor, werden aber bei
+Tuttlingen+ von einem österreichisch-bayrischen Heere (unter +Mercy+
und +Johann von Werth+) geschlagen.

[1644.]

Die Gesandten der Krieg führenden Staaten versammeln sich in +Münster+
und +Osnabrück+; langwierige Vorverhandlungen. Der Marschall ~Turenne~
und der 23jährige Herzog von +Enghien+, später Prinz ~Condé~, erhalten
den Oberbefehl über die französischen Truppen. Sie zwingen die Bayern
zum Rückzug und erobern einen großen Teil der Rheinlande (Worms, Mainz,
Bingen u. a. Städte).

[~1645.~ Jan.]

Ein den Dänen zu Hilfe gesandtes kaiserliches Heer unter +Gallas+ wird
von +Torstenson+ aus Holstein zurückgetrieben und bei Magdeburg fast
vernichtet. Glänzender Sieg +Torstensons+ über die Kaiserlichen

[März.]

bei ~Jankau~ (in Böhmen), worauf er, mit dem siebenbürgischen Fürsten
+Rakoczy+ verbündet, Mähren erobert und bis nahe vor Wien rückt.

+Turenne+, von +Mercy+ und +Johann von Werth+ bei +Mergentheim+ (in
Franken) geschlagen, siegt mit Condé vereinigt bei +Allerheim+ (unweit
Nördlingen).

Friede zwischen +Schweden+ und +Dänemark+ zu +Brömsebro+ (s. S. 250).

Nach dem Mißlingen der Belagerung von Brünn geht +Torstenson+ nach
Böhmen zurück und legt wegen Krankheit den Oberbefehl nieder, welchen
+Wrangel+ erhält.

[1646.]

Schweden und Franzosen rücken in +Bayern+ ein, zwingen den Kurfürsten
Maximilian (1647), einen Waffenstillstand zu schließen.

[1648.]

Zweiter Einfall der Schweden und Franzosen in +Bayern+, nachdem
Maximilian den Waffenstillstand gekündigt hat; furchtbare Verheerung
des Landes. Der schwedische General +Königsmark+ nimmt die
+Kleinseite+ von +Prag+ auf dem linken Moldauufer ein.

[~1648.~]

~Westfälischer Friede.~ Unterhandlungen von 1645 bis 1648 zu +Münster+
mit den Franzosen, zu +Osnabrück+ mit den Schweden. Der kaiserliche
Gesandte Graf +Trautmannsdorf+.


+A. Entschädigungen.+

1. ~Schweden~ erhält als ~Reichslehen~: +Vorpommern+ mit Stettin,
Rügen, Usedom und Wollin, die bisher mecklenburgische Stadt +Wismar+
und die Bistümer +Bremen+ (~nicht~ die Stadt) und +Verden+ (spr.
+Fērden+) als weltliche Herzogtümer, dazu 5 Millionen Taler.

2. ~Frankreich~ erhält den Besitz der schon 1552 (s. S. 233) gewonnenen
lothringischen Bistümer +Metz, Toul+ und +Verdun+ bestätigt; der
Streit mit dem seit 1634 vertriebenen +Herzog+ +von+ ~Lothringen~
bleibt unerledigt (bis 1659, vgl. S. 262). Im ~Elsaß~ erhält es die
österreichische +Landgrafschaft+ (S. 195), den +Sundgau+ und die
+Landvogtei+ über 10 Reichsstädte; diese Städte selbst verbleiben dem
Reiche, ebenso Stadt und Bistum +Straßburg+. Auf dem rechten Rheinufer
erhält Frankreich die Stadt +Breisach+ und das Besatzungsrecht von
+Philippsburg+.

3. ~Bayern~ bleibt im Besitz der +Oberpfalz+, ~Sachsen~ im Besitz
der +Lausitz+; ~Brandenburg~ erhält +Hinterpommern+ mit dem
Bistum +Kammin+, die Bistümer +Halberstadt+ und +Minden+ und die
Anwartschaft auf das Erzbistum +Magdeburg+ (erworben 1680, S. 258).
+Hessen-Kassel+ erhält die Abtei Hersfeld und einen Teil der Grafschaft
Schauenburg, +Mecklenburg+ die Bistümer Schwerin und Ratzeburg,
+Braunschweig-Lüneburg+ ein Anrecht auf das Bistum Osnabrück, wo bis
1803 abwechselnd ein katholischer und ein evangelischer Bischof regiert.


+B. Weltliche Reichsangelegenheiten.+

1. Allgemeine Amnestie und Wiedereinsetzung in den Stand von 1618,
doch bleibt die +bayrische+ Linie des Hauses Wittelsbach im Besitz
der Kurwürde; für die +pfälzische+ wird eine neue, +achte+ Kurwürde
errichtet. 2. Den Reichsständen wird im Verhältnis zum Kaiser die
+Landeshoheit (Superioritas territorialis)+ zuerkannt, namentlich das
Recht, Bündnisse unter sich und mit Auswärtigen, außer gegen Kaiser und
Reich, zu schließen. 3. Die Republik der ~Niederlande~ (S. 244) und die
~Schweiz~ (S. 225) werden als ~unabhängig vom Reiche~ anerkannt.

+C. Geistliche Angelegenheiten.+

1. Der +Augsburger+ Religionsfriede wird bestätigt und auf die
+Reformierten+ ausgedehnt. 2. In betreff der geistlichen Güter und der
Religionsübung wird der 1. Januar ~1624 (Annus normalis)~ als maßgebend
festgesetzt.

Frankreich und Schweden ~garantieren~ den Frieden. Ihre Truppen
verlassen erst 1650 nach Abzahlung der Kriegsentschädigungen das
deutsche Gebiet.


~Folgen des Dreißigjährigen Krieges.~

1. Deutschland ist verwüstet und kommt nur langsam wieder empor. Das
+Deutsche Reich+ ist nach außen ohnmächtig, im Innern geschwächt durch
die Selbständigkeit der vielen kleinen Staaten. Sinken der Städte, der
Hansebund ist aufgelöst.[47]

2. Die Religionsfreiheit ist für Deutschland und dadurch auch für das
übrige Europa gesichert. 3. +Frankreich+ und +Schweden+ gelangen zu
besonderem Ansehen im europäischen Staatensystem.

Der ~brandenburgisch-preußische~ Staat beginnt sich zu entfalten. Er
übernimmt fortan in Deutschland den Schutz der vom Kurfürsten von
Sachsen preisgegebenen protestantischen Sache.

Fussnoten:

[41] Das Festland von +Nord-Amerika+ hatten schon um 1000 die Normannen
(S. 170), dann wieder 1497 John und Sebastian ~Cabot~, gebürtig aus
der Nähe von +Genua+, bez. aus +Venedig+, seit etwa 1490 in +Bristol+
ansässig, entdeckt.

[42] +De Papa male informato ad Papam melius informandum.+

[43]

 Friedrich der Sanftmütige. (S. 205, 204.)
 _______________|____________________________
 Ernst.                                Albert.
 _____|________________________________ __|__________________
 Friedrich der Weise    Johann †1532.   Georg   Heinrich †1541
 †1525.                      |          †1539.           |
                      Johann Friedrich              Moritz †1553.
                            †1554.

[44]

      ~Jean d’Albret~, K. von Navarra † 1516.
                     |
         ~Henri d’Albret~, K. von Navarra,
 Gem. ~Margarete~, Schwester Franz’ I. von Frankreich.
                     |
       ~Jeanne d’Albret~, Erbin von Navarra,
          Gem. Anton von ~Bourbon~.
                     |
   ~Heinrich IV.~, K. v. Frankreich † 1610.
        Gem. ~Margarete von Valois~.

[45] +Hugenotten+ (+Huguenots+) soll ein Spottname sein, abgeleitet
von +König Hugo+, einem Gespenst, das nach dem Volksglauben nächtlich
die Straßen von +Tours+ durchzog; danach die Protestanten von ihren
nächtlichen Zusammenkünften +Huguenots+ genannt. Nach andern ist der
Name verdorben aus +Eidgenossen+.

[46] Geb. 1533 zu Dillenburg in Nassau, besaß durch Erbschaft das
souveräne Fürstentum +Orange+ an der Rhone.



~B. Vom Westfälischen Frieden bis zur französischen Revolution.
(1648–1789.)~


§ 1. Frankreich.

[~1643–1715.~]

~Ludwig XIV.~, beim Tode seines Vaters Ludwig XIII. (S. 238) 5 Jahre
alt, zunächst unter Vormundschaft seiner Mutter +Anna+, Tochter
Philipps III. von Spanien; die Regierung leitet der Kardinal ~Mazarin~.

[1648–1653.]

Unruhen der ~Fronde~, veranlaßt durch den Widerstand des Pariser
Parlaments gegen Mazarins Verordnungen. Eine unzufriedene Adelspartei
schließt sich dem Widerstand an; Prinz +Condé+, anfangs für die
Regierung kämpfend, entzweit sich ebenfalls mit Mazarin; dieser geht
1651 für kurze Zeit in die Verbannung. 1652 Kampf zwischen Condé und
+Turenne+, der die königlichen Truppen befehligt, im +Faubourg St.
Antoine+; Condé dringt in die Stadt Paris ein, wird aber bald beim
Volke unbeliebt. Der Hof kehrt nach Paris zurück, Condé entweicht nach
Spanien. +Mazarin+ befestigt das Ansehen der Monarchie.

[1648.]

Frankreichs Erwerbungen im Westfälischen Frieden s. S. 260.

Der 1635 ausgebrochene +Krieg mit Spanien+ (Sieg Condés bei Rocroy
1643) wird beendet durch den

[~1659.~]

~Pyrenäischen Frieden~:[48] 1. Frankreich erhält die Grafschaft
+Roussillon+ (im NO. der Pyrenäen) und mehrere Plätze in +Artois+ und
+Flandern+. 2. Der +Herzog von Lothringen+, Spaniens Verbündeter, wird
in sein Herzogtum wieder eingeführt, muß jedoch den Franzosen eine
Heerstraße von Metz nach dem Elsaß zugestehen. 3. Prinz +Condé+ kehrt
zurück; Ludwig XIV. heiratet +Maria Theresia+, älteste Tochter Philipps
IV. von Spanien, welche jedoch ihren Erbansprüchen entsagt.

[~1661.~]

~Tod Mazarins~. ~Ludwigs Selbstregierung~ (1661 bis 1715), ohne
Reichsstände (+États généraux+), ohne Beachtung der Einsprüche des
Pariser Parlaments, nach persönlicher Willkür (+L’État c’est moi+).
+Colbert+ Finanzminister, Förderung der Gewerbtätigkeit und des Handels
durch das +Merkantilsystem+ (Schutzzölle zur Abwehr ausländischer
Erzeugnisse, Verbesserung der Wege, Kanalbauten). +Kolonien+ auf den
Kleinen Antillen, in Canada, Cayenne, Louisiana, Pondichery. Große
Handels- und Kriegsflotte. +Louvois+ Kriegsminister; starkes stehendes
Heer. +Vauban+ genialer Festungsbaumeister.

Um Frankreichs Ansehen vor dem übrigen Europa zur Geltung zu bringen,
unternimmt Ludwig XIV. eine Reihe von +Eroberungskriegen+ gegen die
Nachbarstaaten.

[~1667–1668.~]

~Raubkrieg gegen Spanien~ (Devolutionskrieg). Nach dem Tode Philipps
IV. (1665) erhebt Ludwig XIV., gestützt auf das in einigen belgischen
Provinzen geltende +Devolutionsrecht+, wonach die Töchter erster Ehe
ein den Söhnen zweiter Ehe vorangehendes Erbrecht haben, Ansprüche auf
die spanischen Niederlande. +Turenne+ erobert einen Teil von Flandern
und Hennegau, +Condé+ besetzt die nicht verteidigte Freigrafschaft
Burgund (Franche-Comté). Die von dem holländischen Ratspensionär
+Jan de Witt+ zustande gebrachte ~Tripelallianz~ (England, Holland,
Schweden) führt den Frieden zu +Aachen+ herbei: Frankreich erhält eine
Anzahl von Grenzstädten, darunter +Lille+, welches von Vauban zu einer
starken Festung umgeschaffen wird, gleichwie das 1662 von England (S.
270) erworbene +Dünkirchen+.

[~1672–1678.~]

~Raubkrieg gegen Holland.~ Ludwig XIV. schließt Bündnisse und
Subsidienverträge mit +England+ (S. 270), +Schweden+ und mehreren
deutschen Reichsfürsten (besonders den geistlichen Fürsten von +Köln+
und +Münster+), vertreibt den Herzog Karl IV. von +Lothringen+ 1670.
Verbündeter der niederländischen Republik ist Kurfürst +Friedrich
Wilhelm+ von +Brandenburg+ (s. S. 244).

Schnelle Eroberung eines großen Teiles der Niederlande (+Turenne+,
+Condé+, der König an der Spitze von über 100000 Mann). Die Brüder +de
Witt+, Führer der aristokratisch-republikanischen Partei, in einem
Aufstande vom Volke getötet; +Wilhelm III. von Oranien+ an die Spitze
der Republik gestellt. Die Öffnung der Schleusen rettet die Provinz
Holland und die Stadt Amsterdam.

Kurfürst Friedrich Wilhelm schließt mit Kaiser +Leopold+ (S. 265) ein
Bündnis gegen Frankreich, wird aber von dem kaiserlichen Feldherrn
+Montecuccoli+ in seinen Truppenbewegungen gehemmt. +Turenne+, in
Westfalen vordringend, nötigt ihn 1673 zu einem Frieden, den Ludwig
XIV. in +Vossem+ (unweit Löwen) bestätigt: Der Kurfürst erhält das von
den Franzosen besetzte Land +Cleve+ (S. 252) zurück mit Ausnahme der
Festungen Wesel und Rees.

Auch +Spanien+ nimmt an dem Kriege teil. 1674 erfolgt die
Kriegserklärung des +Deutschen Reiches+ an Frankreich. Ludwig XIV.
besetzt die Franche-Comté; Condé kämpft gegen den Prinzen von Oranien
in der unentschiedenen Schlacht bei +Seneffe+ (südlich von Brüssel),
Turenne gegen den kaiserlichen General Bournonville bei +Enzheim+
im Elsaß. Kurfürst Friedrich Wilhelm erscheint mit 20000 Mann im
Elsaß, kann sich aber mit Bournonville nicht einigen über gemeinsames
Vordringen; beide werden von +Turenne+ zum Rückzug über den Rhein
genötigt. Friedrich Wilhelm, durch den Einfall der mit Ludwig XIV.
verbündeten Schweden in sein Land zurückgerufen, besiegt die Schweden
in der

[~1675~ (18./28. Juni).]

~Schlacht bei Fehrbellin~ (Derfflinger). In demselben Jahre (Juli)
fällt +Turenne+ bei +Sasbach+ in Baden. Die Franzosen gehen über den
Rhein zurück, dringen aber bald wieder vor. Friedrich Wilhelm erobert
bis 1679 Stettin und ganz Schwedisch-Pommern nebst Rügen, treibt die
Schweden auch aus Preußen bis nach Livland zurück.

[~1678–1679.~]

~Friede zu Nimwegen~: 1. Die +Republik der Niederlande+ erhält
ihr ganzes Gebiet zurück gegen das Versprechen der Neutralität.
2. +Spanien+ tritt an Frankreich die +Franche-Comté+ und abermals
Grenzplätze seines niederländischen Gebiets ab (u. a. +Valenciennes+
und +Cambrai+). 3. Der Kaiser tritt Freiburg an Frankreich ab,
welches das Besatzungsrecht von +Philippsburg+ (S. 260) aufgibt.
4. +Lothringen+ wird dem Herzog Karl V. unter sehr beschränkenden
Bedingungen zurückgegeben; da er diese nicht annimmt, bleibt es von den
Franzosen besetzt. Den vom Kaiser und Reich preisgegebenen Kurfürsten
von Brandenburg zwingt Ludwig XIV. zu dem

[~1679.~]

~Frieden zu Saint Germain en Laye~, in welchem dieser den Schweden
fast alle seine Eroberungen in Pommern (Stettin, Stralsund, Rügen)
herausgeben muß. Bald darauf +Bündnis+ des gegen den Kaiser erbitterten
Kurfürsten[49]

mit Frankreich, bis 1685.

Infolge der Schwäche des Deutschen Reiches steigt der Übermut Ludwigs
XIV. so weit, daß er 1680 ~Reunionskammern~ in +Metz+, +Breisach+,
+Besançon+, +Tournay+ einsetzt. Diese französischen Gerichtshöfe
untersuchen und entscheiden, was jemals zu den in den letzten vier
Friedensschlüssen an Frankreich abgetretenen Ländern und Plätzen gehört
hat. Der König vollstreckt mit seinen Truppen die Reunionsbeschlüsse,
indem er zu der Gewalttat mitten im Frieden den Hohn einer Rechtsform
fügt.

[~1681.~ 30. Sept.]

~Die Franzosen besetzen Straßburg~ im Einverständnis mit dem
+Bischof Franz Egon von Fürstenberg+. Einfall in die spanischen
Niederlande 1683. Besetzung von +Luxemburg+ und +Trier+ 1684. Diesen
Rechtsverletzungen tritt das Deutsche Reich nur mit leeren Protesten
entgegen; schließlich wird 1684 zu +Regensburg+ ein +zwanzigjähriger+
~Waffenstillstand~ mit Ludwig XIV. abgeschlossen, wonach er alle bis
zum 1. August 1681 besetzten Gebiete, dazu auch Straßburg behält.

[1684.]

Eine französische Flotte bombardiert +Genua+, um es für seine
Verbindung mit Spanien zu strafen.

[~1685.~]

~Aufhebung des Edikts von Nantes~ (s. S. 238). Die Ausübung des
+reformierten+ Bekenntnisses in Frankreich wird untersagt, die
Erziehung der Kinder in der katholischen Religion befohlen, die
Auswanderung verboten. Über 50000 Familien entkommen indes nach
Holland, England, Brandenburg. Die +Protestanten im Elsaß+ behalten die
ihnen zugesicherte Religionsfreiheit.

[~1688–1697.~]

~Raubkrieg gegen Deutschland~ (Pfälzischer Krieg). Nach dem Tode des
Kurfürsten Karl von der +Pfalz+ (1685), dessen Schwester Elisabeth
Charlotte (Liselotte) mit dem Herzog Philipp von Orléans, Bruder
Ludwigs XIV., vermählt war, erhebt Frankreich gegenüber der Linie
Pfalz-Neuburg Ansprüche auf einen großen Teil des Landes. Im Erzbistum
+Köln+ will Ludwig XIV. die Wahl des Straßburger Bischofs Wilhelm von
Fürstenberg gegen den Prinzen Clemens von Bayern durchsetzen. Bündnis
zu +Augsburg+ 1686 gegen Frankreich zwischen dem +Kaiser+, +Spanien+,
+Schweden+ und den bedeutendsten +Reichsfürsten+, nach der in England
1688 erfolgten Thronveränderung (S. 271) zu der +Großen Allianz+
erweitert, der +England+, +Holland+ und +Savoyen+ beitreten.

Die französischen Heere rücken in die Rheinlande ein (Sept. 1688).
~Furchtbare Verheerung der Pfalz~ durch ~Mélac~ auf Befehl von Louvois
(März-Juni 1689); die Städte +Heidelberg+, +Mannheim+, +Speier+,
+Worms+ und Hunderte von kleineren Orten verbrannt. Das deutsche
Reichsheer erobert +Mainz+ und +Bonn+, kann aber am Oberrhein die
Franzosen nicht vertreiben; der Markgraf +Ludwig von Baden+ erobert
Heidelberg wieder, hält sich dann aber meist allzu vorsichtig hinter
seiner festen Verteidigungsstellung bei Heilbronn.

In den Niederlanden siegt der Marschall +von Luxembourg+ bei
+Fleurus+ 1690, +Steenkerken+ 1692, +Neerwinden+ 1693, doch behauptet
+Wilhelm III.+ durch zähe Ausdauer das Feld. Eine französische
Landung in +Irland+ zu Gunsten des vertriebenen +Jakob II.+ hat nur
vorübergehenden Erfolg (s. S. 272).

[1692.]

Seesieg der verbündeten +englischen+ und +holländischen+ Flotte über
die französische bei ~La Hougue~ (Ostseite der Halbinsel Cotentin).

[~1697.~]

~Friede zu Ryswyk~ (spr. +Reisweik+, Dorf beim Haag): 1. Frankreich
behält die +im Elsaß+ besetzten Gebiete, gibt aber +Freiburg+ zurück
(S. 263); die pfälzische Erbschaftssache wird einem Schiedsgericht
übergeben. 2. Der Herzog von +Lothringen+ wird vollständig wieder
eingesetzt (S. 263). 3. Spanien erhält +Luxemburg+ zurück, tritt aber
einige Grenzgebiete seiner Niederlande ab. 4. +Wilhelm III.+ wird als
König von England anerkannt.

Blüte der ~französischen Literatur~ im Zeitalter Ludwigs XIV.
+Corneille+ († 1684), +Racine+ († 1699), +Molière+ († 1673), +La
Fontaine+ († 1695), +Boileau+ († 1711), +Bossuet+ († 1704), +Fléchier+
(† 1710), +Fénelon+ († 1715).

Ludwigs Hofleben in +Versailles+, +Marly+, +Trianon+ das Vorbild
der europäischen Höfe. Bauten, Luxus, Maitressen (+La Vallière+,
+Montespan+, +Fontange+). Nach dem Tode seiner Gemahlin +Maria
Theresia+ von Spanien († 1683) vermählt sich Ludwig insgeheim mit
+Françoise d’ Aubigné+, Witwe des Dichters +Scarron+, die er zur
Marquise von +Maintenon+ erhebt. Seitdem Frömmelei am Hofe. Die
Finanzen geraten nach Colberts Tode (1683) in Unordnung, zunehmende
Willkürherrschaft im Innern. Beginn des wirtschaftlichen Niedergangs.


§ 2. Deutschland.

[~1658–1705.~]

~Leopold I.~ (Sohn Ferdinands III.), mehr auf die Mehrung der
habsburgischen Hausmacht bedacht, als auf die Wiederaufrichtung des
geschwächten Deutschen Reiches. Unter den Reichsfürsten ragt ~Friedrich
Wilhelm~, der ~Große Kurfürst~ von ~Brandenburg~ (1640–1688) hervor
als Verteidiger der Selbständigkeit Deutschlands, während andere,
namentlich die drei geistlichen Kurfürsten zu gegenseitigem Schutze mit
Frankreich 1658 den +Rheinbund+ schließen (aufgelöst 1667).

Seit 1663 +dauernder+ ~Reichstag zu Regensburg~, von den Gesandten der
8 Kurfürsten, der 33 geistlichen, der 61 weltlichen Fürsten (dazu 2
Kurien der Prälaten, 4 Kurien der Reichsgrafen) und der 51 Reichsstädte
gebildet. Für Religionssachen getrennte Beratung, Corpus +Catholicorum+
und Corpus +Evangelicorum+. Neben dem Reichskammergericht in Wetzlar
(S. 224) gilt auch der +Reichshofrat+ zu +Wien+ als oberstes Gericht.
Kriegswesen und Finanzen in schlechtem Zustande, weil alles von der
Bewilligung der so zahlreichen Reichsstände abhängt. Doch kämpfen die
Reichstruppen tapfer mit in den von Österreich mit Nachdruck geführten
~Türkenkriegen~.

[1664.]

Sieg des kaiserlichen Feldherrn +Montecuccoli+ über die Türken bei +St.
Gotthard+ an der +Raab+. Darauf Friedensschluß; die größere Hälfte von
Ungarn bleibt unter türkischer Hoheit (vgl. S. 232). Eine Verschwörung
ungarischer Magnaten gegen die habsburgische Herrschaft wird 1670
entdeckt und bestraft; Aufstand unter Führung des Grafen +Tököly+ 1678;
dieser ruft die Türken zu Hilfe.

[~1683.~]

~Belagerung Wiens durch die Türken.~ Heldenmütige Verteidigung,
geleitet durch +Rüdiger von Starhemberg+. Glücklicher Entsatz durch
die +Schlacht am Kahlen Berge+; Sieg des vereinigten deutschen und
polnischen Heeres unter +Karl V. von Lothringen+ und dem Polenkönig
+Johann Sobieski+. 1684 Beitritt +Venedigs+ zum Kriegsbündnis gegen die
Türkei.

[1686.]

+Ofen+ erobert von kaiserlichen und brandenburgischen Truppen. Sieg
Karls von Lothringen bei +Mohacz+.

[1687.]

Der Reichstag zu Preßburg überträgt dem österreichischen Mannesstamm
die erbliche Thronfolge in Ungarn.

[1691.]

Sieg des Markgrafen +Ludwig von Baden+ bei +Slankamen+ unweit
Peterwardein, des Prinzen +Eugen von Savoyen+ bei +Zenta+ an der Theiß
1697.

[~1699.~]

~Friede zu Karlowitz~: +Ungarn+ und +Siebenbürgen+ kommen an
Österreich, türkisch bleibt nur das Gebiet von +Temesvar+. Morea kommt
an Venedig, Asow an Rußland.

~Standeserhöhungen deutscher Fürsten~ am Ende des 17. und am Anfang des
18. Jahrhunderts:

[1692.]

1. Herzog +Ernst August+ von Braunschweig-Lüneburg (Haus der +Welfen+,
s. S. 184) erhält als Kurfürst von ~Hannover~ die +neunte+ Kurwürde.

[1697.]

2. +Friedrich August I.+, Kurfürst von +Sachsen+, wird nach dem Tode
Johann Sobieskis zum ~König von Polen~ erwählt als +August II.+ (+der
Starke+).

3. Kurfürst +Friedrich III. von Brandenburg+ (1688 bis 1713), Sohn des
Großen Kurfürsten, nimmt

[~1701.~ 18. Jan.]

mit Zustimmung des Kaisers (S. 272) den Titel ~König in Preußen
(Friedrich I.)~ an und krönt sich in +Königsberg+.

Wiederherstellung des ~Geisteslebens in Deutschland~ nach der
Zerrüttung des Dreißigjährigen Krieges:

+Paul Gerhard+ († 1676), +Ph. J. Spener+ († 1705), +A.H. Franke+
(gründet 1698 das Waisenhaus in Halle). Der Philosoph, Mathematiker
und Geschichtsforscher +G.W. Leibniz+ (geb. 1646 zu Leipzig, 1676
in Hannover, 1700 in Berlin, † 1716 in Hannover). +Chr. Thomasius+
in Halle († 1728) hält zuerst deutsche Vorlesungen, bekämpft die
Hexenprozesse und die Anwendung der Folter.


§ 3. Der Norden und Osten.

~Schweden~, durch den Besitz bedeutender Nebenländer (S. 256, 260) fast
rund um die Ostsee ausgedehnt, ist seit dem Dreißigjährigen Kriege die
erste Macht des Nordens.

[1654–1718.]

Haus Pfalz-Zweibrücken (s. S. 250).

[~1655–1660.~]

~Schwedisch-Polnischer Krieg.~

~Karl X. Gustav~ (1654–1660) beginnt Krieg mit Polen, weil +Johann
Kasimir+ (aus der +katholischen+ Linie des Hauses +Wasa+) ihn ebenso
wenig anerkennen will, wie früher Sigismund III. Gustav Adolf (S. 250).
Er dringt von Pommern her in Polen ein, nimmt Warschau und Krakau;
Johann Kasimir flüchtet nach Schlesien. Kurfürst +Friedrich Wilhelm+
von Brandenburg sieht sich genötigt, im Vertrage zu +Königsberg+ 1656
sein Herzogtum Preußen von +Schweden+, wie bisher von +Polen+ (S. 229),
zu Lehen zu nehmen; dazu erhält er das Bistum +Ermeland+. In Polen
Aufstand gegen die Schweden. +Karl Gustav+ und +Friedrich Wilhelm+
gewinnen die dreitägige

[~1656~ (Juli).]

~Schlacht bei Warschau~ gegen die Polen.

Um sich die weitere Hilfe des Kurfürsten von Brandenburg zu sichern,
gesteht +Karl Gustav+ diesem in dem Vertrage zu +Labiau+ die
+Souveränität+ (lehnsfreie Herrschaft) über Ostpreußen und Ermeland
zu. Allein es erklären sich gegen Schweden: +Rußland+, +Dänemark+,
der +Kaiser Leopold I.+ und bald auch der +Kurfürst von Brandenburg+,
dem Polen im Vertrage zu +Wehlau+ 1657 ebenfalls die Souveränität
über Ostpreußen (ohne Ermeland) zusichert. Die Schweden werden bald
aus Polen zurückgedrängt, nur Polnisch-Preußen bleibt von ihnen
besetzt. Karl Gustav greift ~Dänemark~ an und erzwingt durch schnelles
Vordringen (Übergang über die gefrorenen +Belte+, Januar 1658) den

[~1658.~]

~Frieden zu Roeskild~: Dänemark tritt den südlichen Teil der
skandinavischen Halbinsel (+Schonen+, +Halland+, +Blekingen+), das
Stift +Dronthjem+ und die Insel +Bornholm+ an Schweden ab.

Noch in demselben Jahre zweiter Angriff Karl Gustavs, aber die
belagerte Hauptstadt +Kopenhagen+ verteidigt sich tapfer. Eine
holländische Flotte (die Holländer Handelsrivalen der Schweden)
kommt zu Hilfe; kaiserliche, polnische und brandenburgische Truppen
vertreiben die Schweden aus Holstein und Schleswig. Die Brandenburger
besetzen unter Führung des Kurfürsten die Insel +Alsen+. Karl X. hebt
die Belagerung von Kopenhagen auf, stirbt bald darauf zu Gotenburg. Ihm
folgt sein minderjähriger Sohn Karl XI. (1660–1697).

[~1660.~]

~Friede zu Olīva~ (Kloster bei Danzig).

Johann Kasimir entsagt allen Ansprüchen auf den schwedischen Thron,
sowie auf +Livland+ und +Estland+; der Herzog von +Kurland+ wird als
polnischer Vasall wieder eingesetzt. Die ~Souveränität Preußens~ wird
von +Schweden+ und +Polen+ bestätigt.

Gleich darauf ~Friede zu Kopenhagen~ mit Dänemark; der Roeskilder
Frieden bestätigt, aber Dronthjem und Bornholm an Dänemark
zurückgegeben.

In ~Dänemark~ wird gleich nach dem Frieden von dem der Adelsherrschaft
überdrüssigen +dritten+ Stande (Bürger) und der +Geistlichkeit+ dem
Könige Friedrich III. (1648–1670) eine ganz unumschränkte Gewalt
übertragen. Im Anschluß daran erklärt das +Königsgesetz+ 1665 Dänemark
für ein Erbreich in männlicher und weiblicher Linie; es gilt aber nicht
für die Herzogtümer Schleswig-Holstein, welche auch ihren eigenen
Landtag behalten. Das Herzogtum +Oldenburg+ 1667 nach dem Aussterben
der dort regierenden Linie (S. 216) mit Dänemark vereinigt.

Auch in ~Schweden~ übertragen die Stände, der übermäßigen Gewalt des
Reichsrats müde, 1682 dem großjährig gewordenen Könige Karl XI. eine
fast unumschränkte Gewalt.

In ~Polen~ dagegen ist seit der Einführung der Wahlmonarchie 1572
(S. 250) die königliche Macht zum Schatten herabgesunken, der Staat
ist tatsächlich eine +Adelsrepublik+. Der aus dem +Senat+ (Bischöfe,
Woiwoden, Kastellane) und den gewählten +Landboten+ (Abgeordnete des
Adels) bestehende Reichstag übt alle Gewalt aus. Das +liberum veto+,
d. h. das Recht +jedes+ einzelnen Mitgliedes, einen Reichstagsbeschluß
durch seinen Einspruch ungültig zu machen, führt zu Bestechung,
Gewalttat und schließlich fast zur Anarchie; nur selten kommt ein
Beschluß zustande.

Nach +Johann Kasimirs+, des letzten der 3 katholischen Wasas Abdankung
blutige Thronstreitigkeiten; dann regiert +Johann Sobieski+ 1674–1696,
der den kriegerischen Adel durch Feldzüge gegen die Türken (vgl. S.
266) an sich fesselt. Ihm folgt +August II.+ von Sachsen 1697–1733;
Friede mit den Türken zu +Karlowitz+.

~Rußland~ unter dem Hause ~Romānow~ (1613–1762) wachsend an Macht und
Ansehen. +Michael Romānow+ (1613 bis 1645) kämpft zwar unglücklich
gegen Polen, ordnet aber die innere Verwaltung. Sein Sohn +Alexei+
(1645–1676) gewinnt die Länder am Dnjepr (Smolensk und Kiew) von Polen
zurück, unterwirft Sibirien bis zum äußersten Osten und das Amurland
(S. 250) und fängt an, europäische Kultur in Rußland zu verbreiten.
Nach dem Tode seines ältesten Sohnes +Feodor+ (1682) werden von den
+Strelitzen+, der adligen Leibwache des Zaren, dessen beide Brüder
+Iwan+ und ~Peter~ unter Vormundschaft ihrer älteren Schwester
+Sophia+ zu Zaren ausgerufen. Peter in +Preobraschensk+ (bei Moskau)
mit militärischen Übungen beschäftigt; aus seinen Spielgefährten
(Poteschnie) wird später die Garde des Heeres gebildet. Sophia, die ihn
vom Thron ausschließen will, wird 1689 in ein Kloster geschickt.

[~1689–1725.~]

~Peter der Große~, regiert als Alleinherrscher, da der geistesschwache
Bruder Iwan bis zu seinem Tode (1696) ohne jede Macht bleibt. Er ist
der Gründer des russischen Staates.

Peter beginnt seine Reformen mit Hilfe des Schotten +Gordon+ und des
Genfers +Lefort+. +Asow+ erobert 1696 (S. 266). Grausame Bestrafung
eines Aufruhrs der +Strelitzen+. Darauf +Reise+ des Zaren durch
Deutschland über Königsberg und Berlin nach Holland, wo er in
+Zaandam+ als Schiffszimmermann arbeitet, dann nach England. Anwerbung
ausländischer Handwerker, Künstler, Offiziere. Fortsetzung der Reise
über Dresden nach Wien; im Begriff nach Venedig abzureisen, wird der
Zar durch die Nachricht von einem abermaligen Aufruhr der Strelitzen
zurückgerufen. Blutiges Strafgericht; das ganze Korps wird aufgelöst,
das Heer nach europäischer Weise gebildet.

Nach Leforts Tode 1699 +Menschikow+ Günstling und Minister des Zaren,
bemüht um weitere Einführung der westeuropäischen Kultur in Rußland,
doch auch habsüchtig und bestechlich. Peters Entschluß zu dem Kriege
gegen Schweden (S. 274) wird entscheidend für Rußlands weiteren
Aufschwung.


§ 4. England.

[~1649–1660.~]

~England Republik~ (+Commonwealth+).

~Cromwell~ (s. S. 249) unterwirft nach blutigem Kampfe die über die
Hinrichtung des zum Katholizismus hinneigenden Königs Karl erbitterten
Iren, dann durch die Siege bei +Dunbar+ (1650) und bei +Worcester+
(spr. u+͡__ustĕr, 1651) das aufständische Schottland (S. 249), von wo
er des hingerichteten Königs Sohn, +Karl II.+, vertreibt. In England
löst Cromwell das Rumpf-Parlament und das von ihm selbst berufene, aus
eifrigen Independenten bestehende +Barebone+-Parlament auf. Durch das
Heer wird

[1653–1658.]

~Cromwell Lord-Protektor~ der drei Reiche (England, Schottland,
Irland). Seine Regierung hält die Ordnung im Innern aufrecht und macht
England zur ersten protestantischen Macht in Europa.

[1651.]

~Navigationsakte~, welche den Fremden auf ihren eigenen Schiffen
nur die Einfuhr eigener Erzeugnisse erlaubt und namentlich den
+holländischen+ Zwischenhandel schwer trifft, da die Erzeugnisse der
englischen Kolonien nur auf englischen Schiffen nach England gebracht
werden dürfen. Daher Krieg mit +Holland+ (1652–1654), aus welchem die
Engländer als Sieger hervorgehen. England seitdem die erste Seemacht;
Holland tritt mehr zurück (S. 244). Im Kriege mit +Spanien+ (1655–1658)
Eroberung +Jamaikas+ und Einnahme von +Dünkirchen+.

Nach +Oliver Cromwells+ Tode folgt ihm als Protektor sein ihm
unähnlicher Sohn +Richard Cromwell+, der schon nach 8 Monaten abdankt.
Zwistigkeiten unter den Befehlshabern des Heeres führen zur

[~1660.~]

~Herstellung des Königtums.~ General +Monk+ versammelt ein neues
Parlament (Oberhaus und Unterhaus, S. 249), welches auf den Thron ruft
Karls I. Sohn, den gewissenlosen, verschwenderischen und ausschweifenden

[~1660–1685.~]

~Karl II.~ Herstellung der Episkopalkirche; von der +Amnestie+
werden diejenigen ausgenommen, welche Karl I. zum Tode verurteilt
hatten. Cromwells Leiche an den Galgen gehängt. 1662 +Dünkirchen+ an
Frankreich verkauft; 1664–1667 abermaliger +Seekrieg mit Holland+; 1664
New-York (1612 von den Holländern als Neu-Amsterdam gegründet) von den
Engländern besetzt. 1666 Pest und große Feuersbrunst in London. 1667
dringt Admiral Ruyter (1607–1676) in die Themse ein.

Der Minister +Clarendon+ 1667 verbannt; das +Cabal+-Ministerium
(~C~lifford, ~A~rlington, ~B~uckingham, ~A~shley, ~L~auderdale)
bewegt den König, für französische Jahrgelder aufs neue +Krieg gegen
Holland+ (1672–74, s. S. 262) zu führen und zu Gunsten der Katholiken
die +Indulgenzerklärung+ zu erlassen. Allgemeine Entrüstung; das
Parlament setzt 1673 die ~Testakte~ durch, welche jeden Engländer,
der ein Amt bekleiden will, zur Anerkennung der Oberhoheit des Königs
über die englische Kirche und zu einer Erklärung gegen die katholische
Abendmahlslehre zwingt. Der katholische Bruder des Königs, +Jakob,
Herzog von York+, legt sein Amt als Großadmiral nieder. 1674 das
Cabal-Ministerium gestürzt, Friede mit Holland.

Neue Streitigkeiten mit dem Parlament, in welchem sich das Verlangen
erhebt, den +Herzog von York+ als »Papisten« von der Thronfolge
auszuschließen. Unter dem Ministerium +Shaftesbury+ wird 1679 die
~Habeascorpusakte~ (Schutz gegen willkürliche Verhaftung) durchgesetzt.

Entstehung der Parteinamen ~Whigs~ (Liberale) und ~Tories~
(Konservative), ursprünglich Spottnamen, der erstere ein +schottischer+
für Anhänger des Covenants (S. 248), der zweite ein +irischer+ für
Anhänger des +Papismus+.

Die +Ausschließungsbill+ wird im Unterhause von den Whigs durchgesetzt,
im Oberhause verworfen. Die Entdeckung einer Verschwörung gegen den
König hat strenge Maßregeln gegen die Whigs zur Folge; Lord +Will.
Russell+ und +Algernon Sidney+ hingerichtet, der Herzog von +Monmouth+
(natürlicher Sohn des Königs) flüchtet nach Holland. Karl II. stirbt
1685, nachdem er auf dem Totenbette Katholik geworden ist.

[~1685–1688.~]

~Jakob II.,~ Bruder Karls II., bei der überlieferten Politik seines
Hauses verharrend, sucht die +unumschränkte+ Königsgewalt und den
Katholizismus in England wieder herzustellen. +Monmouth+ landet in
England, wird bei +Sedgemoor+ geschlagen, gefangen und hingerichtet
(1685). Blutige Assisen (Gerichtssitzungen), geleitet von dem grausamen
und habsüchtigen Oberrichter +Jeffreys+.

Anstellung von Katholiken unter Erlassung des durch die Testakte
verlangten Eides. Dann Aufhebung der Testakte; Religionsfreiheit
verkündet. Sieben anglikanische Bischöfe weigern sich, die
Indulgenzerklärung zu verkündigen. Prozeß und Freisprechung der
Bischöfe. Durch die Geburt eines katholischen +Prinzen von Wales+ (von
Jakobs +zweiter+ Gemahlin Maria d’Este, Prinzessin von Modena) wird die
Aussicht auf protestantische Thronfolge vereitelt; die beiden Töchter
Jakobs aus erster Ehe, +Maria+ und +Anna+, waren protestantisch.
+Whigs+ und +Tories+ wenden sich an +Wilhelm von Oranien,+ Gemahl der
+Maria,+ und durch seine Mutter Enkel Karls I. (vgl. die Stammtafel S.
299).

[1688. 5. Nov.]

Landung Wilhelms, der von Friedrich III. von Brandenburg und andern
norddeutschen Fürsten unterstützt wird, in +Torbay+; das Heer und die
ganze Nation fallen ihm zu, Jakob entflieht nach Frankreich.

[~1689–1702.~]

~Wilhelm III.~ (und ~Maria~ bis 1694), durch Parlamentsakte auf
den Thron erhoben. Personalunion zwischen England und Holland. Die
Regierung führt Wilhelm III. allein. Das ~Gesetz der Rechte~ (+Bill of
rights+ 1689) sichert die verfassungsmäßigen Freiheiten der Nation.

Aufstand der katholischen Iren für Jakob, der daselbst landet und fast
ein Jahr herrscht. Wilhelm schlägt ihn 1690 am +Boynefluß+. Teilnahme
am Kriege gegen Ludwig XIV., s. S. 264; Englands Seemacht gesichert.
1701 Ordnung der Thronfolge: die katholischen Stuarts ausgeschlossen,
erbberechtigt ist das protestantische Haus +Hannover+ (S. 299).

Aufschwung der Literatur und Wissenschaft: Die Dichter +Milton+ (†
1674) und +Dryden+ († 1700); der Theosoph +Bunyan+ († 1688); die
Philosophen +Hobbes+ († 1679) und +Locke+ († 1704), der Naturforscher
+Newton+ († 1722).


[~1701–1714.~]

§ 5. Der spanische Erbfolgekrieg.

 ~Philipp III.,~ König von Spanien, †1621.
 _________|_________________________________________
 ~Anna,~       ~Philipp IV.,~ †1665. ~Maria Anna,~
 Gem. Ludwig XIII.        |          Gem. Ferdinand III.
       |            ______|_____________            |
 ~Ludwig XIV.~ Maria      ~Karl II.,~ Marg.    ~Leopold I.,~
         |     Theresia.  †1700.      Theresia. †1705.
         |___________|                  |_________|
                |                             |
                |                             |
 ~Ludwig, Dauphin~, †1711.           ~Maria Antonie,~
                |                    Gem. Max Emanuel v. Bayern.
                |                             |
 ~Philipp von Anjou,~                ~Joseph Ferdinand,~
 als K. v. Spanien ~Philipp V.,~     †1699,
 †1746.                              Kurprinz v. Bayern.

Kaiser Leopold I. hatte außer seiner Tochter Maria Antonie zwei +Söhne+
aus dritter Ehe, +Joseph I.+ (Kaiser 1705–1711) und +Karl VI.+ (Kaiser
1711–1740). Er nimmt als Vertreter der deutschen Linie des Hauses
Habsburg das spanische Erbe für den zweiten Sohn in Anspruch. Ludwig
XIV. dagegen fordert es für seinen zweiten Enkel +Philipp von Anjou.+
Wilhelm III. an der Spitze der +Seemächte+ (England und Holland)
schließt mit Ludwig XIV. 1698 einen +Teilungsvertrag+: Haupterbe
soll der Kurprinz Joseph Ferdinand von Bayern sein, Frankreich und
Österreich die Nebenländer erhalten. Dagegen setzt Karl II. den
Kurprinzen durch Testament zum Erben der +gesamten+ Monarchie ein.
Nach dessen plötzlichem Tode 1699 neue Unterhandlungen; endlich
unterzeichnet Karl II. ein Testament, welches +Philipp von Anjou+ zum
Erben einsetzt. ~Große Allianz~ der +Seemächte+ (1701) mit Kaiser
+Leopold+, zunächst um dem Hause Österreich die spanischen Besitzungen
in den +Niederlanden+ und in +Italien+ zu verschaffen. Auf Frankreichs
Seite stehen die Herzöge von +Savoyen+ und +Mantua+, die Kurfürsten von
+Bayern+ und +Köln+ (zwei Brüder); die übrigen deutschen Reichsstände
und +Preußen+ (Friedrich III. von Brandenburg durch den »Krontraktat«
die Annahme der Königswürde gestattet) sind mit dem Kaiser verbündet.
+Portugal+ tritt der großen Allianz bei, endlich auch +Savoyen+ (1703).

Vier Kriegsschauplätze: +Spanien+, +Italien+, +Niederlande+,
+Deutschland+.

Philipp von Anjou wird in Spanien als König ~Philipp V.~ anerkannt.
Seine Hauptstütze ist +Kastilien+.

[1701.]

Prinz ~Eugen von Savoyen~ (1663–1736) als Feldherr Kaiser Leopolds
eröffnet den Krieg siegreich in Oberitalien, wird aber 1702 vom Herzog
von Vendôme in seinem Vordringen gehemmt.

[1703.]

Die Bayern fallen als Verbündete Frankreichs in +Tirol+ ein, werden
aber zurückgetrieben. Der englische Feldherr ~Marlborough~ dringt in
den Niederlanden vor.

[1704.]

Erzherzog Karl landet in Portugal, die Engländer erobern ~Gibraltar~.
Prinz +Eugen+ und +Marlborough+ vereinigen sich an der Donau und siegen
(unweit Donauwörth) über die Franzosen und Bayern in der

[~1704.~]

~Schlacht bei Höchstädt und Blindheim~. Bayern von den kaiserlichen
Truppen besetzt.

[1706.]

Erzherzog Karl gewinnt auf kurze Zeit +Madrid+; Marlborough siegt bei
~Ramillies~ (nördlich von Namur), Prinz Eugen bei ~Turin~ mit Hilfe der
+Preußen+ unter +Leopold von Dessau+. Die Franzosen werden aus Italien
verdrängt, +Mantua+ (s. S. 239) von Österreich in Besitz genommen, dann
auch +Neapel+ (S. 241).

[~1708.~]

Sieg Marlboroughs und Prinz Eugens bei ~Oudenarde~; +Lille+ belagert
und genommen. Strenger Winter in Frankreich.

+Friedensverhandlungen+. Die Verbündeten fordern Herausgabe
der spanischen Monarchie an Erzherzog Karl von Österreich, der
niederländischen Grenzfestungen an die Holländer, für das Deutsche
Reich Wiederherstellung des im +Westfälischen Frieden+ festgesetzten
Besitzstandes. Dies alles wird +von Ludwig XIV. bewilligt+. Aber die
Forderung, daß er seinen Enkel Philipp mit +französischen Waffen+ aus
Spanien vertreiben soll, bewirkt den Abbruch der Verhandlungen.

Fortgang des Krieges. Die Franzosen aufs neue gedemütigt durch den

[~1709.~]

Sieg Prinz Eugens und Marlboroughs bei ~Malplaquet~. Neue
Friedensanträge Ludwigs, der sogar Hilfsgelder gegen seinen Enkel
zahlen will, während die Verbündeten verlangen, daß er ihn durch seine
+Heere+ vertreiben soll.

Der Fall des +Whigministeriums+ in England (1710) und der Tod
Kaiser ~Josephs I.~ (1711) ändern alle Verhältnisse zu Gunsten
Ludwigs XIV. Marlborough abberufen; Erzherzog Karl verläßt Spanien,
um die österreichischen Erblande zu übernehmen. England beginnt
Friedensverhandlungen (S. 299).

[1712.]

Kongreß zu Utrecht. Der französische Feldherr Villars siegt bei
+Denain+ (an der Schelde) über einen Teil von Prinz Eugens Heer.

[~1713.~]

~Friede zu Utrecht~ (ohne Beteiligung Kaiser Karls VI.):

1. ~Philipp V.~, Enkel Ludwigs XIV., wird als König von +Spanien+
anerkannt. Die meisten +Nebenländer+ (Niederlande, Mailand, Neapel,
Sardinien) sollen ~Karl VI.~ zufallen, Sicilien als Königreich dem
Herzog von +Savoyen+.

2. ~England~ erhält von Frankreich +Neufundland+, +Neuschottland+
(Akadien) und die +Hudsonsbailänder+, von Spanien +Gibraltar+ und
+Menorka+. Anerkennung der protestantischen Thronfolge versprochen (S.
284).

3. ~Holland~ erhält das Besatzungsrecht in einigen Grenzfestungen der
bisher spanischen Niederlande, +Lille+ wird an Frankreich zurückgegeben.

4. ~Preußen~ erlangt Anerkennung des Königstitels und des Besitzes von
+Neuchâtel+ und Valengin (aus der oranischen Erbschaft nach Wilhelms
III. Tode 1702, vgl. die Stammtafel S. 244), dazu +Obergeldern+ (an der
Maas). Es überläßt an Frankreich seine Ansprüche auf das Fürstentum
+Oranien+ oder +Orange+ (an der Rhone, S. 242 Anm.).

Karl VI. verweigert seine Zustimmung, der Krieg wird am Rhein
weitergeführt. Villars erobert Landau und Freiburg. Darauf

[~1714.~]

~Friede zu Rastatt und Baden~ (im Aargau, Schweiz). Karl VI. nimmt die
ihm bestimmten Länder an. Österreich gewinnt damit nach der Erwerbung
Ungarns unter Leopold I. (S. 266) unter dessen Sohn Karl VI. auch noch
die Niederlande und die Herrschaft in Italien. Für das +Deutsche Reich+
wird nur der Friede von Ryswyk bestätigt; +Landau+ bleibt französisch.
Die in die Reichsacht erklärten Kurfürsten von +Bayern+ und +Köln+
werden in ihre Würden und Länder wieder eingesetzt.


[~1700–1721.~]

§ 6. Der Nordische Krieg.

~Peter der Große~ (S. 269) will Rußland zur +Seemacht+ erheben und
Schwedens Herrschaft über die Ostsee (S. 256) brechen. Er schließt
unter Vermittelung des livländischen Edelmanns +Patkul+ ein Bündnis
mit +August dem Starken+ (S. 266), welcher Livland wieder für Polen
beansprucht (S. 249, 268). Friedrich IV. von +Dänemark+ schließt
sich an, um das Haus Holstein-Gottorp (jüngere Linie des dänischen
Königshauses) aus dem Mitbesitz von Schleswig-Holstein zu verdrängen.

~Karl XII., König von Schweden~ (geb. 1682, reg. 1697 bis 1718), Enkel
Karls X. Gustav von Pfalz-Zweibrücken (S. 250), nimmt sich des Herzogs
von Holstein-Gottorp, seines Schwagers, an, landet 1700 auf Seeland,
bedroht Kopenhagen und erzwingt den ~Frieden zu Travendal~ (in Holstein
a. d. Trave); Dänemark gibt den Angriff auf. Dann wendet er sich gegen
Peter d. Gr. und besiegt mit 8000 Schweden 40000 Russen bei ~Narwa~ (in
Ingermanland). +Sächsische+ Truppen haben inzwischen +Riga+ belagert.
Karl XII. dringt 1701 in +Polen+ ein und verlangt Absetzung Augusts
II., zieht 1702 in Warschau ein, siegt bei +Klissow+ und 1703 bei
+Pultusk+ über sächsische und polnische Truppen.

[1704.]

+Stanislaus Lesczinski+ vom polnischen Reichstag zum König gewählt.

Währenddessen legt +Peter+ den Grund zu der neuen Hauptstadt ~St.
Petersburg~ 1703 und erobert +Narwa+ 1704.

Fortgang des Krieges in Polen und Litauen, Siege Karls XII. bei
+Punitz+ 1704 und seines Generals +Rehnskjöld+ bei Fraustadt 1706. Karl
dringt durch Schlesien in Sachsen ein und erzwingt den

[~1706.~]

~Frieden zu Altranstädt~ (bei Leipzig): 1. August II. entsagt der
polnischen Krone und erkennt +Stanislaus Lesczinski+ als König von
Polen an. 2. Er gibt das Bündnis mit dem Zaren auf und liefert dessen
Bevollmächtigten +Patkul+ aus (welchen Karl grausam hinrichten
läßt). 3. +Sachsen+ sorgt den Winter über für Unterhalt und Sold des
schwedischen Heeres.

Karl bricht dann gegen den russischen Zaren auf (Sept. 1707),
der die Zeit zur Festsetzung an der Ostsee und zur Bildung eines
kriegstüchtigen Heeres trefflich benutzt hatte. Der Weg nach Moskau
versperrt durch Verwüstung des Landes. Durch den von Rußland
abgefallenen Kosakenhetman +Mazeppa+ läßt sich Karl verleiten, über
den Dnjepr (1708) nach der +Ukraine+ zu gehen. Vergebliche Belagerung
+Pultawas+; Peter eilt zum Entsatz herbei und schlägt mit überlegener
Streitmacht die durch Märsche und Mangel ermatteten Schweden in der

[1709 (8. Juli).]

~Schlacht bei Pultāwa,~ welche Schwedens Übermacht mit einem Schlage
vernichtet. Das schwedische Heer völlig aufgelöst und größtenteils
gefangen. Karl flüchtet zu den Türken.

[1709–1714.]

Karl XII. +in der Türkei+ (Lager bei +Bendēr+), sucht die Pforte zum
Kriege gegen Rußland zu bewegen. Dies gelingt endlich 1711. Peter,
verbündet mit dem +Fürsten der Moldau,+ geht über den Dnjestr, wird am
+Pruth+ eingeschlossen, erkauft von den Türken durch Bestechung des
Großwesirs (auf Rat seiner Gemahlin +Katharina+) den

[~1711.~]

~Frieden am Pruth~: 1. +Asow+ an die Pforte zurückgegeben (S. 266) 2.
Dem Könige von Schweden freie Rückkehr in seine Staaten zugesichert.

Karl XII., über diesen Frieden entrüstet, verweigert starrsinnig die
Abreise, wird 1713 von den Türken in seinem Lager bei +Bender+ gefangen
genommen und nach +Demotika+ (bei Adrianopel) gebracht. Währenddessen
nutzen seine Feinde die Zeit aus. August II. vertreibt den König
Stanislaus aus Polen; die Dänen suchen (allerdings vergeblich) die
südlichen Provinzen Schwedens zu erobern. +Peter der Große+ nimmt
+Livland, Estland, Ingermanland, Karelien, Finnland+ vollständig in
Besitz.

Im +Haager Konzert+ (1710) war, um den Krieg von Deutschlands Grenzen
fern zu halten, die Neutralität aller +deutsch-schwedischen+ Provinzen,
sowie +Schleswigs+ und +Jütlands+ festgesetzt worden. Da aber Karl
XII. gegen diesen Vertrag von der Türkei aus protestiert, so nehmen
die Dänen dem Herzog von Holstein-Gottorp +Schleswig+ weg und erobern
die seit 1648 (S. 260) schwedischen Herzogtümer +Bremen+ und +Verden+
(1712), welche dann gegen eine Geldzahlung dem Kurfürsten von Hannover
überlassen werden.

[1712. Dez.]

Der schwedische General +Stenbock+ besiegt die Dänen bei +Gadebusch+
(in Mecklenburg), rückt dann nach Holstein vor, verbrennt +Altona+,
wird aber (Febr. 1713) von Dänen und Russen bei +Tönning+ a. d. Eider
gefangen.

[1713.]

König +Friedrich Wilhelm I.+ von ~Preußen~ (S. 279) schließt sich
den Feinden Schwedens an und besetzt +Stettin+ nach Abschluß eines
Vertrages mit dem russischen General Menschikow, wonach Stettin und
Vorpommern gegen Zahlung von 400000 Talern vorläufig von Preußen
beschlagnahmt (sequestriert) werden.

[1714.]

Karl XII. kehrt endlich in seine Staaten zurück. Abenteuerlicher Ritt
durch Ungarn und Deutschland über Wien, Nürnberg, Braunschweig nach
+Stralsund+.

[1715.]

Belagerung von +Stralsund+ durch preußische, dänische und sächsische
Truppen. Der preußische Feldmarschall Fürst Leopold von Dessau erobert
die Insel +Rügen+.

Karl XII. gibt Stralsund auf und kehrt nach Schweden zurück.

[~1716–1717.~]

Peters d. Gr. +zweite Reise+ (vgl. S. 269) nach Deutschland, Dänemark,
Holland, Frankreich.

Karl XII. unterhandelt mit Peter d. Gr. durch den Freiherrn +von
Görz+, der trotz des Hasses der schwedischen Großen auch an die Spitze
der inneren Verwaltung Schwedens gestellt wird. Vor Abschluß der
Verhandlungen, die ihm Aussicht auf russische Hilfe geben, beginnt Karl
einen neuen Krieg gegen +Dänemark+, indem er in +Norwegen+ einfällt,
wird aber bei der

[~1718.~]

Belagerung von +Frederikshall+ durch eine Kugel getötet. Ende des
Hauses Pfalz-Zweibrücken (seit 1654) in Schweden.

Der schwedische Reichsrat, schon lange mit Karls Regierung unzufrieden,
beruft nicht den Sohn seiner älteren Schwester, Karl Friedrich von
+Holstein-Gottorp+ (S. 293), zur Regierung, sondern die jüngere
Schwester Ulrike Eleonore und deren Gemahl, Prinz +Friedrich+ von
+Hessen-Kassel+ (1720–1751).

+Görz+ wird verurteilt und hingerichtet (1719). Das Königtum wird
gänzlich abhängig von dem Reichsrat, dessen nächste Sorge auf
Herstellung des Friedens gerichtet ist.

Den Nordischen Krieg beenden die Friedensschlüsse zu ~Stockholm
1719~ mit +Hannover+, welches +Bremen+ und +Verden+ behält und an
Schweden 1 Mill. Taler zahlt; ~1720~ mit +Preußen,+ welches +Stettin+,
+Vorpommern bis an die Peene+, die Inseln +Usedom+ und +Wollin+ erhält
und 3 Mill. Taler zahlt; zu ~Friedrichsburg~ auf Seeland ~1720~ mit
+Dänemark+, welches alle Eroberungen zurückgibt. Dafür zahlt Schweden
600000 Taler, entsagt der Zollfreiheit im Sunde (s. S. 250) und gibt
den Herzog von Holstein-Gottorp preis, dem Dänemark seinen Anteil an
+Schleswig+ nimmt. Mit +Polen+ bleibt es bei dem 1719 geschlossenen
Waffenstillstand. +August der Starke+ als König anerkannt. Stanislaus
Lescynski führt den Königstitel weiter und erhält 1 Mill. Taler (S.
279).

[~1721.~]

Friede zu ~Nystadt~ zwischen +Schweden+ und +Rußland+: 1. Schweden
tritt an Rußland ab: +Livland,+ +Estland,+ +Ingermanland,+ +Karelien+
und die dazu gehörigen Inseln (+Ösel,+ +Dagö+ u. a.). 2. Rußland gibt
+Finnland+ zurück und zahlt 2 Mill. Taler.

Schweden, seiner früheren Machtstellung beraubt, behält doch noch
deutsche Gebiete: +Wismar+, welches erst 1803 durch Verpfändung (1903
endgültig) an Mecklenburg kommt, und +Vorpommern+ nördlich der Peene
mit +Rügen+ (1815 an Preußen). Karl Friedrich von Holstein-Gottorp geht
nach Rußland, vermählt sich mit +Anna+, Tochter Peters d. Gr. Sein Sohn
ist der Zar Peter III., 1728 in Kiel geboren, Stammvater des russischen
Kaiserhauses (S. 293).

~Rußland~ hat sich an Schwedens Stelle zur ~europäischen Großmacht~
erhoben und nach langem Ringen die Ostsee erreicht. Peters d. Gr.
innere Regierung ist auf Förderung von Handel und Gewerbe, Bergwesen
und Forstkultur, Volksbildung, Ordnung der Verwaltung gerichtet.
Dem Erbadel setzt er einen +Amtsadel+ zur Seite; 14 Rangstufen der
Offiziere und Beamten (Tschin), die oberen adlig. Oberste Behörde
der +Senat+, 1711 an Stelle des früheren Rats der Bojaren errichtet;
zur Leitung der Kirche der +Heilige Synod+ 1721 errichtet, dessen
Mitglieder der Zar ernennt. Die Zahl der Klöster eingeschränkt. Mönche
und Nonnen zu nützlicher Tätigkeit angehalten.

Peters d. Gr. letzte Kriegstat ist eine Heerfahrt gegen +Persien+
und die Eroberung von +Derbent+ (am Kaspischen Meere) 1722; doch
wird dieser Küstenstrich 1732 an Persien zurückgegeben. Die
Küstenlandschaften am Schwarzen Meere sind noch ganz im Besitz der
+Türken+; den Grenzschutz leistet das Reitervolk der +Kosaken+ in der
Ukraine.


§ 7. Deutschland.

Das +Deutsche Reich+ vermag in den europäischen Kriegen das Eindringen
fremder Truppen nicht abzuwehren, ist aber selbst nicht Gegenstand des
Angriffs. Die letzten habsburgischen Kaiser (S. 272) sind nur auf ihre
Hausmacht bedacht; Ausbildung der +österreichischen Monarchie+.

[~1711–1740.~]

Kaiser ~Karl VI.~ erwirbt 1714 die spanischen Nebenländer (S. 274).
Im Bunde mit Venedig 1715–1718 glücklicher +Türkenkrieg+. Prinz Eugen
siegt 1716 bei +Peterwardein+, 1717 bei +Belgrad+. Der Besitz dieser
Stadt und eines Teils von Serbien samt der Kleinen Walachei und dem
Banat von Temesvar im Frieden zu +Passarowitz+ 1718 bestätigt. Venedig
behält Korfu und die eroberten Plätze in Dalmatien und Albanien,
verliert Morea (S. 304).

[1720.]

Ein Versuch Philipps V. von +Spanien+, die verlorenen Nebenländer
(S. 274) wiederzugewinnen, wird durch die 1718 geschlossene
+Quadrupelallianz+ (England, Frankreich, Österreich, Holland)
vereitelt. Der Herzog von Savoyen muß +Sicilien+ (S. 274) an
+Österreich+ überlassen, erhält dafür +Sardinien+ und nimmt den Titel
+König von Sardinien+ an.

Kaiser Karl VI., ohne männliche Nachkommen, setzt eine Erbfolgeordnung
fest unter dem Titel ~Pragmatische Sanktion~, welche 1. die
Unteilbarkeit der zur österreichischen Monarchie gehörigen Länder
anordnet, 2. dieselben in Ermangelung männlicher Nachkommen auf Karls
Töchter (die älteste ~Maria Theresia~) und deren Nachkommen nach dem
Erstgeburtsrecht vererbt, 3. im Fall des Aussterbens dieser Linie die
Töchter +Josephs I.+ (vermählt mit Friedrich August II. von Sachsen (in
Polen August III.) und Kurfürst Karl Albert von Bayern, S. 282) und
deren Nachkommen zu Erben einsetzt.

[1725.]

Bündnis zwischen +Österreich+ und +Spanien+ zum Schutz der
Pragmatischen Sanktion; Gegenbündnis (zu Herrenhausen bei Hannover)
zwischen +England+, +Frankreich+ und +Preußen+. Doch tritt Preußen
bald wieder auf die Seite Karls VI., der 1728 in dem Berliner Vertrag
verspricht, nach dem Aussterben des Pfalz-Neuburger Hauses Preußen zum
Besitz des Herzogtums Berg (S. 252) zu verhelfen. (In einem geheimen
Vertrage versprach Karl VI. 1739 die Erbnachfolge in Jülich und Berg
der Linie Pfalz-Sulzbach, aus der auch Karl Theodor 1743 das Erbe
antrat.) Auch England erkennt 1731 die Pragmatische Sanktion an.

[~1733–1735.~]

~Polnischer Thronfolgekrieg.~

Von Frankreich geleitet, wählt nach dem Tode Augusts II. von Sachsen
1733 die Mehrheit des polnischen Adels den König ~Stanislaus
Lesczinski~, welcher Schwiegervater +Ludwigs XV.+ geworden war, zum
zweiten Male (S. 277). +Rußland+ und +Österreich+ lassen von einer
Minderheit den Kurfürsten von Sachsen (Augusts II. Sohn) als ~August
III.~ wählen und halten die Wahl in Polen mit ihren Truppen aufrecht.
Dagegen treten +Frankreich+, +Spanien+ und +Sardinien+ für Stanislaus
mit den Waffen ein.

Hauptschauplatz des Krieges +Italien+, wo +Mailand+, +Neapel+ und
+Sicilien+ erobert werden, die Österreicher also alles bis auf +Mantua+
verlieren. Am +Oberrhein+ kämpft der alte +Prinz Eugen+ († 1736) ohne
Glück, nur Herzog +Franz Stephan+ von Lothringen, der spätere Gemahl
Maria Theresias, hält die Ehre der kaiserlichen Waffen aufrecht.
+Lothringen+ von den Franzosen besetzt. Friedenspräliminarien 1735 und
nach weiteren Unterhandlungen

[~1738.~]

~Friede zu Wien~: 1. +Stanislaus Lesczinski+ verzichtet zum zweiten
Mal auf den polnischen Thron, erhält als Entschädigung die Herzogtümer
~Lothringen~ und ~Bar~, welche ~nach seinem Tode Frankreich zufallen~
(Stanislaus † 1766). 2. Der Herzog von Lothringen +Franz Stephan+,
Gemahl der Maria Theresia, wird durch das Großherzogtum ~Toskana~
entschädigt, wo 1737 das Haus +Medici+ (S. 240) ausgestorben war. 3.
Österreich überläßt ~Neapel~ und ~Sicilien~ als eine +Sekundogenitur+
(so daß dieses Königreich nicht mit der Krone Spanien vereinigt werden
darf) an die spanische Linie des Hauses +Bourbon+; es erhält dafür
+Parma+ und +Piacenza+ (nach dem Aussterben der +Farnese+ (S. 239) 1731
durch Erbschaft an Spanien gekommen). 4. Frankreich garantiert die
Pragmatische Sanktion.

[1736–1739.]

Unglücklicher ~Türkenkrieg~ Österreichs (im Bunde mit Rußland, s. S.
295); ~Friede zu Belgrad~: +Orsowa+, +Belgrad+, +Serbien+ und die
Kleine +Walachei+ den Türken zurückgegeben (S. 278). Temesvar bleibt
bei Österreich.

[~1713–1740.~]

~Friedrich Wilhelm I., König von Preußen~, Sohn Friedrichs I. (S. 267)
erschließt durch gute Verwaltung und soldatische Zucht die natürlichen
Hilfsquellen des Landes und hebt dessen Ertragsfähigkeit (s. +Anhang+).
Bei nur 2½ Mill. Einwohnern hinterläßt er ein vorzügliches Heer von
83000 Mann (+Fürst Leopold von Anhalt-Dessau+) und einen Staatsschatz
von 10 Mill. Talern. +Seine Regierung bereitet die künftige Größe
Preußens vor.+

[~1740–1786.~]

~Friedrich II., der Große,~[50]

vereint die strenge Staatsordnung mit vielseitigen Kulturbestrebungen
(S. Anhang): »Der König ist der erste Diener seines Staates« (Schrift
+Anti-Macchiavell+). Kluge Fürsorge für sein Land und Heer, hohe
Feldherrnbegabung und politisches Talent wirken zusammen zu großen
Erfolgen.

[~1740.~ Okt.]

Mit dem Tode ~Karls VI. erlischt der Mannesstamm~ des Hauses
~Habsburg~. (Stammtafel S. 282). Die deutsche +Kaiser+würde bleibt
erledigt bis 1742.

[~1740–1780.~]

~Maria Theresia~, Königin von Böhmen und Ungarn, Erzherzogin von
Österreich, geb. 1717, vermählt 1736 mit +Franz Stephan+ aus dem Hause
~Lothringen~, seit 1738 Großherzog von Toskana (Mitregent).

[~1740–1748.~]

~Österreichischer Erbfolgekrieg.~ Auf das habsburgische Erbe erhebt
Anspruch Kurfürst +Karl Albert von Bayern+, der die Pragmatische
Sanktion nicht anerkannt hatte, als Nachkomme einer Tochter Kaiser
Ferdinands I. auf Grund eines Testaments von 1547. Er wird unterstützt
von +Frankreich+, welches auch Philipp V. von Spanien und Friedrich
August II. von Sachsen (Gemahl der ältesten Tochter Josephs I., S. 278,
282) veranlaßt, Ansprüche zu erheben.

Friedrich II. von Preußen erbietet sich, gegen Anerkennung seiner
Ansprüche auf Teile Schlesiens +für+ Österreich zu kämpfen; durch
die Zurückweisung seines Anerbietens entsteht noch vor Eröffnung der
Feindseligkeiten durch die übrigen Prätendenten der

[~1740–1742.~]

~Erste Schlesische Krieg.~

+Preußische Ansprüche+ auf Teile Schlesiens: 1. Das Fürstentum
+Jägerndorf+ war 1523 von der Ansbacher Linie des Hauses Hohenzollern
erworben, später (1596) mit Brandenburg vereinigt, aber Fürst +Johann
Georg+ wurde 1621 als Anhänger +Friedrichs V.+ von der Pfalz von
Kaiser Ferdinand II. in die Acht erklärt und vertrieben (S. 253 f.).
2. Mit dem Herzog von +Liegnitz+, +Brieg+ und +Wohlau+ hatte Kurfürst
+Joachim II.+ ~1537~ eine Erbverbrüderung geschlossen, der jedoch
Ferdinand I. als König von Böhmen und Oberlehnsherr widersprochen
hatte. Nach dem Aussterben des herzoglichen Hauses der Piasten 1675
setzte sich Österreich in den Besitz ihrer Länder. 1686 entsagte
Kurfürst +Friedrich Wilhelm+ den schlesischen Herzogtümern gegen
Abtretung des +Schwiebuser+ Kreises und Erteilung einer Anwartschaft
auf +Ostfriesland+. Der Schwiebuser Kreis ward aber Österreich in einem
+geheimen Vertrag mit dem Kurprinzen+ wieder zugesichert und von diesem
(als Kurfürst Friedrich III.) 1695 wieder zurückgegeben.

[1740. (Dez.)]

Friedrich besetzt einen großen Teil Schlesiens.

[~1741.~]

Einzug Friedrichs in +Breslau+ (3. Jan.), Erstürmung der Festung
+Glogau+ (9. März, Erbprinz Leopold von Dessau). Sieg bei ~Mollwitz~
(10. April, Feldmarschall +Schwerin+) über ein österreichisches Heer
unter Neipperg, welches aber ungehindert aus Schlesien abzieht. Bündnis
mit +Frankreich+ (5. Juni).

+Franzosen+ und +Bayern+ rücken in Österreich ein und besetzen
+Linz+ (15. Sept.); Maria Theresia ruft in +Preßburg+ die Hilfe des
ungarischen Adels an und läßt durch Neipperg zu +Klein-Schnellendorf+
einen Waffenstillstand mit Preußen schließen (9. Okt.), indem sie
Niederschlesien aufgibt. Die Franzosen, Bayern und Sachsen erobern
+Prag+ (16. Nov.); Karl Albert läßt sich als König von Böhmen huldigen,
wird bald darauf in Frankfurt als

[~1742–1745.~]

~Karl VII.~ zum deutschen Kaiser gewählt.

[~1742.~]

Die Österreicher rücken in +Bayern+, die Preußen in +Mähren+ ein.
Friedrichs Sieg bei ~Chotusitz und Czaslau~ (17. Mai) führt zu dem

~Frieden zu Breslau~: Österreich tritt an Preußen +Ober-+ und
+Niederschlesien+ und die +Grafschaft Glatz+ ab, es behält nur die
Fürstentümer +Teschen+, +Troppau+ und (zum Teil) +Jägerndorf+.

Österreich führt nun den Krieg gegen Frankreich und Bayern mit mehr
Glück; die Franzosen räumen +Prag+ (Dez. 1742), Karl VII. muß aus
München entfliehen (Juni 1743). Ein neues französisches Heer wird
von König Georg II. von England (1727–1760), der als Bundesgenosse
Österreichs die sog. +Pragmatische Armee+ (Engländer, Hannoveraner,
Hessen) heranführt, besiegt in der

[~1743.~]

~Schlacht bei Dettingen~ (am Main unweit Aschaffenburg). Kaiser Karl
VII. lebt als Flüchtling in Frankfurt.

       Deutsche Linie des Hauses Habsburg.

           Ferdinand I. (1556–1564).
   __________________|________________________________________
 Maximilian II. (1564–1576). Ferdinand v. Tirol. Karl von Steiermark.
 __________________|____________________________       |
 Rudolf II.   Matthias     Maximilian.  Albrecht,   Ferdinand II.
 (1576–1612). (1612–1619).              Statth.     (1619–1637).
                                        d. span.       |
                                        Niederlande, Ferdinand III.
                                        1595–1621.   (1637–1657).
                                                       |
                                                    Leopold I.
                                                    (1658–1705).
 ___________________________________________________|___________________
 Maria Antonie,         Joseph I. (1705–1711).      Karl VI. (1711–1740).
 Gem. Max Em.                  |                         |
 v. Bayern.                    |                         |
       |                _______|________                 |
 Joseph Ferdinand,  Maria Josepha,    Maria Amalia,     Maria Theresia
 Kurpr. v. Bayern   Gem. August III.  Gem. Karl Albert  (1740–1780).
 (†1699).          v. Sachsen-Polen, v. Bayern
                                       (Kais. Karl VII.).


             Haus Lothringen.

 Franz I., Großhzg. v. Toskana 1738, deutscher Kaiser 1745–1765.
 Gem. Maria Theresia, Tochter Karls VI, des letzten Habsburgers.
 _______________________|_______________________
 Joseph II.,     Leopold II.,               Ferdinand,
 1765–1790.      Großhzg. v. Toskana        Gem. d. Erbin v.
                 seit 1765, deutscher       Modena.
                 Kaiser 1790–1792.            _______________________
 __________________|_____________________________________________    |
 Franz II (I.),   Ferdinand, Karl,   Joseph, Johann, Rainer, Ludwig, |
 deutscher Kaiser Grhzg. v.  †1847. †1847. Reichs- †1853. †1864. Franz IV.,
 1792–1806,       Toskana,    |              verweser                Herzog v.
 Kaiser v.        †1824.   Albrecht,        1848–1849,              Modena.
 Österreich         |       †1895.          †1859.                   |
 1804–1835.       Leopold II., Grhzg. v. Toskana.           Franz V. Ferdinand,
 _______|_________________________________   |               1859 vertrieben,
 Marie Luise,     Ferdinand I., Franz Karl  Ferdinand IV.,   †1875.
 Gem.  1835–1848, †1875.       Gem. Sophie letzter Grhz.
 Napoleons I.,                  v. Bayern.  v. Toskana.
 Hzgn. v. Parma,                     |      †1908.
 †1847.                              |
                                     |
 ____________________________________|_________________________
 Franz Joseph I., Ferdinand       Karl Ludwig, †1896.       Ludwig.
 Gem. Elisabeth   Maximilian,     ___|______________________________
 v. Bayern,       Ks. v. Mexiko,  Franz Ferdinand,  Otto, †1906.  Ferdinand.
 †1898.          †1867.         (Thronfolger).      |
 ____|___________________         Gem. Sophie, _____|__________
 Gisela,  Rudolf, Valerie,        Hzgn. v.     Karl Franz   Maximilian
 Gem.     †1889.  Gem. Franz      Hohenberg.   Joseph,      Eugen Ludwig.
 Leopold          Salvator,                    präsumpt
 von Bayern.      Neffe Ferdinands IV.         Thronerbe.
                                               Gem. Zita v.
                                               Bourbon-Parma.

         Haus Hohenzollern.

 ~Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst~ (1640–1688)
 Gem. Luise Henriette von Oranien †1667.
 ~Friedrich III. (I.)~ 1688 (1701)–1713.
 ~Friedrich Wilhelm I.,~ 1713–1740.
  ___________|_____________________________
 |               |                |        |
 Friedrich II., August Wilhelm, Heinrich, Ferdinand,
 d. Große,      †1758.          †1802.    †1813.
 1740–1786.      |                        ____|_______
                 |                         |         |
          ~Friedrich Wilhelm II.~, Louis Ferdinand,  August,
          1786–1797.                    †1806.       †1843.
  _________________|_____________________________________________________
 |                                |       |           |           |      |
 ~Friedrich Wilhelm III.,~ Ludwig, Wilhelmine, Auguste,   Heinrich, Wilhelm,
 1797–1840.                †1796.  Königin d.  Kurfürstin †1846.   †1851.
 Gem. Luise v. Mecklenburg,        Niederl.    v. Hessen,          |
  †1810.                           †1837.      †1841. _____________|__
           |                                         |    |           |
           |                                  Adalbert, Waldemar, Maria,
           |                                  †1873.    †1849.    †1889.
           |                                                     Gem. Max. II.,
           |                                                     K. v. Bayern.
  _________|______________________________________________________...
 |               |                  |               |
 ~Friedrich~    ~Wilhelm I.,~    Charlotte,        Karl.
 ~Wilhelm IV.,~ 1861–1888,       †1860,            †1883.
 1840–1861.     1871 ~deutsch.~  Gem. Nikolaus I., Gem. Maria
 Gem. Elisabeth ~Kaiser,~        Ks. v. Russland.  v. S.-Weimar.
 v. Bayern.     Gem. Augusta                             |
                v. Sachs.-Weimar,                        |
                †1890.                                   |
    _______________|_____                      Friedrich Karl,
      |                  |                     †1885.
 ~Friedrich III.,~  Luise,         ___________|_______
 †1888,             Gem. Grhz.    |                   |
 als Kronprinz      v. Baden,  Luise Margarete,  Friedr. Leopold,
 Friedrich Wilhelm. †1907.     Gem. Artur.       Gem. Luise Sophie
 Gem. Viktoria,                     Hz. v. Connaught. v. Holst-Augustenb.
 Princess Royal
 v. England,
 †1901.
  _______________________________________________________________________
 ~Wilhelm II.,~        Charlotte,    Heinrich,  Viktoria,  Sophie,   Margarete,
 seit 1888.            Gem. Erbprinz Gem. Irene Gem. Prinz Gem.      Gem. Prinz
 Gem. Auguste Viktoria v. Meiningen. v. Hessen, Adolf v.   Kronprinz Karl v.
 v. Holstein-                _________|         Schbg.     v.        Hessen.
 Augustenburg.        ______|_______            -Lippe.   Griechenland.
     |               |              |
     |         ~Waldemar.~  Sigismund.
  ___|___________________________________________________________________
 |                 |            |          |             |       |       |
 Wilhelm,        Eitel        Adalbert. August Wilhelm. Oskar. Joachim. Viktoria
 Gem. Cecilie    Friedrich,             Gem. Alexandra                   Luise.
 V. Mecklenburg. Gem. Sophie            v. Schl.-Holstein.
       |         Charlotte
       |         v. Oldenburg.
  _____|___________________________________________
 |               |                  |              |
 Wilhelm.   Louis Ferdinand.   Hubertus Karl.   Friedrich


 ~Friedrich Wilhelm III.,~
 1797–1840.
 Gem. Luise v. Mecklenburg,
 †1810.
 ...__|_________________________________________
         |                |                     |
     Alexandrine,       Luise,              Albrecht,
     †1892.             †1870.              †1872.
     Gem. Grh. Paul     Gem. Friedrich,     Gem. Marianne,
     Friedr.v.Meckl.    Prz. d. Niederl.    Przin. d. Niederl.
                                                |
                                            Albrecht,
                                            Regent v. Braunschw.
                                            †1906.
                                                |
                                            Friedr. Heinr.
                                            Joachim Albrecht.
                                            Friedrich Wilhelm.
                                            Gem. Agathe
                                            v. Ratibor
                                            u. Corvey.

Diese Erfolge Österreichs und dessen Verträge mit +Sardinien+ und
+Sachsen+ gegen Preußen machen den König Friedrich für seine neue
Erwerbung besorgt. Er schließt abermals ein Bündnis mit +Frankreich+
und +Karl VII.+ und beginnt, nachdem er (1744) +Ostfriesland+ nach dem
Aussterben des Fürstenhauses der Cirksena mit seinem Staate vereinigt
hat (S. 281), den

[~1744–1745.~]

~Zweiten Schlesischen Krieg.~

Mit 80 000 Mann »kaiserlicher Hilfstruppen« rückt der König durch
Sachsen in Böhmen ein, erobert +Prag+, wird aber bald darauf infolge
des Rückzuges der Franzosen, die ihn ohne Beistand lassen, nach
Schlesien zurückgedrängt (1744).

[~1745.~]

Nach Karls VII. Tode in München entsagt sein Sohn +Max Joseph+
(1745–1777) im ~Frieden zu Füßen~ allen Erbansprüchen auf Österreich
und verspricht dem Gemahl der Maria Theresia, +Franz Stephan+, seine
Stimme bei der Kaiserwahl.

Die Franzosen unter dem Marschall +Moritz von Sachsen+, einem Sohne
Augusts II. und der Gräfin Aurora Königsmark, dringen nach dem Siege
bei +Fontenoy+ in die +österreichischen Niederlande+ ein und erobern
Brüssel.

[~1745.~]

Friedrichs Siege bei ~Hohenfriedeberg~ (in Schlesien, 4. Juni, über
Herzog Karl von Lothringen, Bruder Franz Stephans) und bei ~Soor~ (im
nordöstl. Böhmen, 30. Sept.) beweisen aufs neue die Überlegenheit
der preußischen Waffen. Nach einem dritten Siege, den der alte
Feldmarschall +Leopold von Dessau+ († 1747) bei ~Kesselsdorf~ (unweit
Dresden, 15. Dez.) über die Sachsen davonträgt, folgt der

~Friede zu Dresden~: Bestätigung des Besitzes von +Schlesien+;
Friedrich erkennt den Gemahl Maria Theresias als Kaiser an.

[~1745–1765.~]

~Franz I.~ deutscher Kaiser ~(Haus Lothringen- Toskana~ 1745–1806).

+Beendigung des Österreichischen Erbfolgekriegs+: Nachdem die besten
englischen Truppen nach England gegen den von Frankreich unterstützten
Prätendenten +Karl Eduard+ (S. 299) abberufen sind, vollendet der
Marschall Moritz von Sachsen durch den Sieg bei ~Raucoux~ 1746 die
Eroberung der österreichischen Niederlande. Maria Theresia schließt
ein Bündnis mit Elisabeth von +Rußland+ (S. 295), die 1748 Truppen
nach Deutschland sendet. Frankreichs Verluste in dem gleichzeitigen
+Seekriege+ mit England (S. 299f.) dämpfen die Kriegslust der Franzosen.

[~1748.~]

~Friede zu Aachen~: 1. Österreich tritt +Parma+ und +Piacenza+ an
den spanischen Infanten +Don Philipp+ ab (zweite Sekundogenitur
der +spanischen+ Bourbons in Italien, S. 279). 2. Gewährleistung
+Schlesiens+ für +Preußen+, der +Pragmatischen Sanktion+ für
+Österreich+, der +britischen Thronfolge+ für das Haus +Hannover+ (S.
272).

Veränderung des europäischen Staatensystems durch den Eintritt Preußens
in die Reihe der Hauptmächte. ~Friedrichs d. Gr. Friedensregierung~
(s. +Anhang+) wird ein Vorbild für andere Staaten. -- In +Sanssouci+
(1745–1747 erbaut) lebt 1750–1763 +Voltaire+; auch die Gelehrten
Maupertuis, d’Argens, La Mettrie und Algarotti werden herangezogen.

In ~Österreich~ durch Maria Theresia Abstellung vieler Mißstände,
Hebung der Finanzen, Bildung eines tüchtigen Heeres (Daun). Sparsame
Hofhaltung. Sorge für Handel, Industrie und Ackerbau. Erleichterung der
Leibeigenschaft. Gründung der Volksschule. Abschaffung der Folter.

In ~Dresden~ glänzende Hofhaltung Augusts des Starken († 1733) und
Augusts III. († 1763). Italienische Oper, Gründung der Gemälde-Gallerie
1746. Minister Graf +Brühl+ († 1763).

Aufblühen der ~deutschen Literatur~: Albrecht von +Haller+ in Bern,
dann in Göttingen (Universität gegr. 1737; † 1777 in Bern). Fr. von
+Hagedorn+ in Hamburg († 1754), +Gottsched+ († 1766) und +Gellert+
(† 1769) in Leipzig; +Gleim+ in Halberstadt († 1803), +Ramler+ (†
1798) und Ewald von +Kleist+ in Berlin († 1759 in Frankfurt a.
O.). +Klopstock+ geb. 1724 zu Quedlinburg (1748 der Messias), 1751
in Kopenhagen († 1803 in Hamburg). +Lessing+ geb. 1729 zu Kamenz
(Oberlausitz), 1751 in Berlin († 1781 in Braunschweig).

[~1756–1763.~]

~Siebenjähriger (Dritter Schlesischer) Krieg.~

Maria Theresia, seit 1746 mit +Rußland+ verbündet, sucht auch
Frankreich zu gewinnen. Fürst +Kaunitz+ (1740–1753 österreichischer
Gesandter in Paris, dann Reichskanzler in Wien) bewirkt eine
Aussöhnung der Jahrhunderte lang feindseligen (S. 206) Kabinette
von Wien und Versailles; die +Marquise von Pompadour+ begünstigt
das Bündnis. +England+, 1750 dem österreichisch-russischen Bündnis
angeschlossen, tritt 1755 mit Rußland in besonderen Bund, aber erneute
Feindseligkeiten Frankreichs wegen der Besitzungen in Nordamerika
veranlassen Georg II., im Jan. 1756 den Vertrag von +Westminster+ mit
+Preußen+ abzuschließen. Beide Mächte garantieren sich ihren Besitz.
Für den Fall eines Krieges verspricht England Hilfsgelder. Darauf
Bündnis zwischen +Frankreich+ (Ludwig XV. 1715–1774) und +Österreich+
(Mai 1756).

Friedrich d. Gr., von den Plänen seiner Feinde unterrichtet,
entschließt sich ihnen zuvorkommen und eröffnet den Krieg, ehe die
Rüstungen der Gegner beendet sind.

[~1756.~]

(29. Aug.) Einfall +Friedrichs+ in Sachsen mit 67000 Mann. Dresden
besetzt, das sächsische Heer bei +Pirna+ eingeschlossen. Friedrich
zieht mit 24000 Mann den +Österreichern+ entgegen und gewinnt den

[1. Okt.]

~Sieg bei Lobositz~ (in Böhmen).

[16. Okt.]

17000 Sachsen ergeben sich als Kriegsgefangene und werden zum Dienst im
preußischen Heere gezwungen. Kurfürst Friedrich August II. verläßt die
Festung Königstein und entflieht nach Warschau (S. 279).

[~1757.~]

Erklärung des +Reichskrieges+ an Preußen; doch bleiben Hannover,
Hessen, Braunschweig, Sachsen-Gotha mit Preußen verbunden. +Österreich+
und +Rußland+ (Elisabeth, Tochter Peters d. Gr. 1741–1762) schließen
einen. Angriffs- und Teilungsvertrag gegen Preußen (Febr.), ebenso
+Österreich+ und +Frankreich+ (Mai). König Adolf Friedrich von
+Schweden+ (1751–1771, S. 294) tritt gegen das Versprechen, Pommern
zu bekommen, dem Bunde gegen seinen Schwager Friedrich bei; seine
Teilnahme am Kriege ist jedoch unbedeutend. Bündnis zwischen +Preußen+
und +England+; letzteres verpflichtet sich 1758 zur Zahlung von
Hilfsgeldern (4 Millionen Taler jährlich).

[April.]

Die Preußen rücken in vier Heeresabteilungen (über Trautenau,
Reichenberg, Nollendorf, Komotau, zusammen 117000 Mann) in Böhmen ein.

[6. Mai.]

~Sieg Friedrichs bei Prag~ über die Österreicher (Herzog Karl von
Lothringen und Browne). ~Schwerin †.~

Friedrich belagert +Prag+, greift mit einem Teil seines Heeres den zum
Einsatz anrückenden +Daun+ an, erleidet aber eine bedeutende

[18. Juni.]

~Niederlage bei Kolin.~ Prag und ganz Böhmen aufgegeben, Rückzug nach
der Lausitz. Die Franzosen dringen bis zur Weser vor.

[26. Juli.]

~Schlacht bei Hastenbeck~, Sieg der +Franzosen+ über Friedrichs
Verbündete (unter dem +Herzog von Cumberland+, zweitem Sohne König
Georgs II.).

Die Russen (+Apraxin+) greifen in Ostpreußen den Feldmarschall Lehwaldt
mit überlegener Macht an und siegen (30. Aug.) bei ~Großjägersdorf~,
gehen aber wegen Verpflegungssorgen und Krankheit der Kaiserin
Elisabeth nach der preußisch-polnischen Grenze zurück.

Friedrich läßt die größere Hälfte seines Heeres (unter dem Herzog von
+Braunschweig-Bevern+ und General +v. Winterfeld+) in der Lausitz
zurück und zieht mit 25000 Mann nach Thüringen. Winterfeld † im Gefecht
bei +Moys+ (unweit Görlitz, 7. Sept.).

[8. Sept.]

Vertrag zu ~Kloster Zeven~ (Herzog von +Cumberland+ und +Richelieu+),
wonach die Franzosen +Hannover+ besetzen. Ein +zweites+ französisches
Heer unter +Soubise+ vereinigt sich mit dem +Reichsheere+, um Sachsen
zu befreien. Friedrich zieht diesen Feinden entgegen; General +v.
Seydlitz+ mit der Vorhut vertreibt sie (19. Sept.) aus +Gotha+.

[5. Nov.]

~Sieg Friedrichs bei Roßbach~ (westlich von der Saale, unweit
Merseburg) mit 22000 Mann (die Reiterei unter ~Seydlitz~) über
+Soubise+ und das +Reichsheer+ (64000 Mann).

Der Vertrag von Zeven wird von der englischen Regierung verworfen.
Herzog ~Ferdinand von Braunschweig~ erhält den Oberbefehl gegen die
Franzosen. Friedrich zieht in Eilmärschen nach Schlesien, wo die
+Österreicher+ den Herzog von +Braunschweig-Bevern+ in der

[22. Nov.]

+Schlacht bei Breslau+ geschlagen und gefangen hatten.

[5. Dez.]

~Sieg Friedrichs bei Leuthen~ mit 32000 Mann über 80000 +Österreicher+
(Karl von Lothringen und Daun). +Breslau+ wiedergewonnen.

[~1758.~]

Friedrich erobert Schweidnitz, dringt in +Mähren+ ein, belagert
+Olmütz+ vergeblich, muß sich, da Daun heranrückt, nach Schlesien
zurückziehen. Im Osten Vorrücken der Russen (+Fermor+), die sich mit
den Österreichern zu vereinigen suchen. Im Westen treibt +Ferdinand von
Braunschweig+ die Franzosen über den Rhein zurück, schlägt sie in der

[23. Juni.]

~Schlacht bei Krefeld~ und verteidigt sich dann, durch englische
Truppen (8500 Mann) verstärkt, in +Westfalen+ gegen zwei französische
Heere.

Die Russen dringen nach Eroberung Ostpreußens bis zur Oder vor und
belagern +Küstrin+. Friedrich läßt einen Heeresteil in Sachsen unter
seinem Bruder, dem Prinzen +Heinrich+, zurück, einen andern in
Schlesien unter dem Feldmarschall +Keith+ und zieht gegen die Russen.

[25. Aug.]

~Sieg Friedrichs~ (+Seydlitz+) ~bei Zorndorf~ (unweit Küstrin) über die
Russen (42000 Mann unter +Fermor+ gegen 36000 Preußen).

Die Österreicher rücken nach der Lausitz vor; der König kommt seinem
Bruder Heinrich zu Hilfe.

[14. Okt.]

~Niederlage Friedrichs bei Hochkirch~ (unweit Bautzen) durch ~Daun.~
Dennoch behauptet er Sachsen und Schlesien und entsetzt +Neiße+.

[~1759.~]

Herzog +Ferdinand von Braunschweig+, von den Franzosen unter dem Herzog
von Broglie bei +Bergen+ (unweit Frankfurt am Main) zurückgeschlagen
(13. April), behauptet, das Wesergebiet durch seinen

[1. Aug.]

~Sieg bei Minden.~ Erneutes Vorrücken der Russen (+Soltykow+), sie
schlagen den General +v. Wedell+, dem der König die Vollmacht eines
Dictators gegeben hatte, bei ~Kay~ unweit Züllichau (23. Juli).
Friedrich kann ihre Vereinigung mit den +Österreichern+ unter +Laudon+
nicht hindern. Schwere

[12. Aug.]

~Niederlage Friedrichs bei Kunersdorf~ (bei Frankfurt a. d. Oder)
durch die +Österreicher+ und die im Anfange bereits geschlagenen
+Russen+. Aber +Daun+ mit dem zweiten österreichischen Heere bleibt in
der Lausitz stehen, wird von Prinz +Heinrich+ am Vorrücken gehindert.
Friedrichs Lager bei +Fürstenwalde+. Er folgt den in der Richtung auf
+Glogau+ abziehenden Russen und wendet sich dann nach Sachsen.

[4. Sept.]

+Dresden+ von Österreichern und Reichstruppen eingenommen. Der
General Schmettau erhält freien Abzug. Friedrich versucht die Stadt
wiederzugewinnen; aber das von ihm nach ~Maxen~ (unweit Pirna)
entsandte Korps des General +Finck+ (12000 Mann) wird von Daun
eingeschlossen

[20. Nov.]

und gefangen. Friedrich behauptet seine Winterquartiere in der Gegend
zwischen Freiberg und Meißen.

[~1760.~]

+Fouqué+ von +Laudon+ in der

[23. Juni.]

~Schlacht bei Landshut~ geschlagen und mit 8000 Mann gefangen. Nach
vergeblicher Belagerung +Dresdens+ zieht der König nach Schlesien, wo
+Breslau+ vom General +v. Tauenzien+ tapfer verteidigt wird.

[15. Aug.]

~Sieg Friedrichs bei Liegnitz~ über die +Österreicher+ unter +Laudon+.
Er hindert die Vereinigung der Russen mit den Österreichern.

[Sept.]

+Kolberg+ behauptet sich gegen die belagernden Russen, wird entsetzt
durch den raschen Zug des Generals von Werner.

[Okt.]

Besetzung +Berlins+ durch Russen (+Tottleben+) und Österreicher. Beim
Heranrücken des Königs ziehen sich die Feinde zurück. Darauf blutiger

[3. Nov.]

~Sieg Friedrichs bei Torgau~ über die +Österreicher+ unter +Daun+.
General +v. Zieten+ entscheidet den Sieg durch Erstürmung der Süptitzer
Höhen.

[~1761.~]

Friedrich im Lager bei ~Bunzelwitz~ (bei Schweidnitz) den vereinigten
+Österreichern+ (Laudon) und +Russen+ (Buturlin) gegenüber, die
nichts Entscheidendes gegen ihn wagen. Trennung der verbündeten
Heere. +Schweidnitz+ wird von den Österreichern, +Kolberg+ von den
Russen genommen. Friedrich im Lager bei +Strehlen+, um Breslau zu
decken. In Sachsen behauptet sich Prinz Heinrich, an der Weser Herzog
Ferdinand von Braunschweig. Bedrängte Lage Friedrichs, der infolge
der Thronbesteigung +Georgs III.+ (1760–1820) auch die englischen
Hilfsgelder verliert. Der

[~1762.~ 5. Jan.]

~Tod der Kaiserin Elisabeth~ von Rußland bringt eine günstige Wendung.
Ihr Nachfolger +Peter III.+ (S. 277, 293), ein Verehrer Friedrichs,
schließt mit Preußen Frieden, bald darauf ein +Bündnis+, doch wird
dieses durch seine Entthronung und Ermordung (Juli) wieder aufgehoben.
Seine Nachfolgerin +Katharina II.+ ruft ihre Truppen von Friedrichs
Heer ab, doch tragen die Russen unter Czernitschew noch durch ihre
untätige Gegenwart zu dem

[21. Juli.]

~Sieg Friedrichs bei Burkersdorf~ über die +Österreicher+ bei.
Schweidnitz wiedergewonnen. Nachdem Herzog Ferdinand die Franzosen
bei +Wilhelmsthal+ unweit Kassel (24. Juni), Prinz Heinrich die
Österreicher und Reichstruppen bei ~Freiberg~ (29. Okt.) besiegt hat
und General v. Kleist bis +Nürnberg+ vorgedrungen ist (29. Nov.), tritt
Waffenruhe ein. Da England und Frankreich miteinander Frieden schließen
und die französischen Truppen Deutschland räumen, ist auch Maria
Theresia zum Frieden geneigt.

[~1763.~ 15. Febr.]

~Friede zu Hubertusburg~ (Jagdschloß unweit Grimma): Friedrich d. Gr.
behält Schlesien, räumt den noch besetzten Teil Sachsens, verspricht
seine Kurstimme für die Wahl des Erzherzogs +Joseph+ zum römischen
König.

~Preußen~ hat im Siebenjährigen Kriege den Kampf um sein Dasein
ruhmvoll bestanden und Deutschland gegen die Angriffe des Auslandes
verteidigt. Das gesunkene deutsche Nationalgefühl richtet sich wieder
an Friedrichs Heldentum auf.

Durch die Eroberung von Schlesien, die Erwerbung Westpreußens bei der
ersten polnischen Teilung (S. 296), -- Friedrich nennt sich seitdem
König +von+ Preußen -- und die Aufrechterhaltung des deutschen
Reichssystems gegen die Bestrebungen Kaiser Josephs II. (S. 290f.)
wird Preußen eine +europäische Großmacht+. Alle Welt bewunderte das
Resultat, aber das preußische Staatswesen besaß bereits nicht mehr die
Zuneigung der Zeitgenossen. -- Friedrichs Fürsorge für sein Land, s.
Anhang.

[~1765–1790.~]

~Joseph II., deutscher Kaiser~, für die österreichischen Länder bis
~1780~ nur +Mitregent+ seiner Mutter +Maria Theresia+ und wie sein
Vater ohne bedeutenden Einfluß auf die innere Regierung.

[1767.]

Versuch einer Reform des Reichskammergerichts zu +Wetzlar+.

[1769.]

Zusammenkunft mit Friedrich II. in +Neiße+, der 1770 ein Gegenbesuch in
+Mährisch-Neustadt+ folgt.

[~1778–1779.~]

~Bayrischer Erbfolgekrieg.~ Veranlassung: Aussterben der bayrischen
Kurlinie mit +Max Joseph+ (1777). +Karl Theodor+, 1743–1799 (S. 279),
Kurfürst von der Pfalz und Herzog von Jülich und Berg, als Haupt der
älteren Linie des Hauses +Wittelsbach+ (vgl. S. 186) rechtmäßiger Erbe
der bayrischen Länder, läßt sich von Kaiser Joseph II. bewegen, alte
Ansprüche Österreichs auf +Niederbayern+ und auf Teile der +Oberpfalz+
anzuerkennen.

Vertrag zu Wien (1778, Januar). Besetzung von Niederbayern durch
österreichische Truppen. +Karl Theodor+ war kinderlos; mit seinem
Erben, dem Herzog Karl von +Pfalz-Zweibrücken+, tritt Friedrich
der Große in Verbindung und ermutigt ihn zum Widerstande gegen die
österreichischen Ansprüche.

Friedrich rückt mit Truppen in +Böhmen+ ein; es kommt zu keiner
Schlacht.

[~1779.~]

~Friede zu Teschen~: Österreich behält von Bayern nur das +Innviertel+
und willigt in die künftige (1791 erfolgte) Vereinigung der
Markgrafschaften +Ansbach+ und +Baireuth+ mit der +preußischen
Monarchie+. Bayern und +Pfalz+ (mit Jülich und Berg, s. S. 252, 279)
bleiben vereinigt.

[~1780–1790.~]

~Joseph II.~ in Österreich. Auf die durch manche Verbesserungen der
Verwaltung für Österreich segensreiche Regierung Maria Theresias
(S. 285) folgt das stürmische Vorgehen Josephs. Von dem Ideal eines
starken Einheitsstaates erfüllt, strebt er danach, die Macht der
bevorrechtigten Stände (Geistlichkeit und Adel) zu brechen, alle
provinzielle Selbständigkeit zu beseitigen und +Einheit+ der Verwaltung
(Zentralisation) herzustellen. Die deutsche Sprache auch in Ungarn als
Amtssprache eingeführt.

[1781.]

+Toleranzedikt+ zu Gunsten der nicht katholischen Untertanen. Über
700 +Klöster+ aufgehoben, für die noch verbleibenden (mehr als
1300) Staatsaufsicht vorgeschrieben. Beschränkung des Verkehrs
der Geistlichkeit mit Rom; der Besuch des jesuitischen Collegium
germanicum in Rom verboten (Jesuitenorden 1773 durch Papst Clemens XIV.
aufgehoben); landesherrliches +Placet+ für die päpstlichen Erlasse
eingeführt. Vergebliche Reise des Papstes Pius VI. nach Wien 1782, um
diese Neuerungen abzuwenden.

+Aufhebung der Leibeigenschaft+, doch bleiben noch manche
Dienstverpflichtungen der Bauern bestehen. Reform des Gerichtswesens.

[~1785.~]

Kaiser Josephs Plan eines Ländertausches, wonach +Karl Theodor+ ganz
+Bayern+ an Österreich abtreten und dafür die +österreichischen
Niederlande+ (Belgien) außer +Luxemburg+ und +Namur+ als ~Königreich
Burgund~ erhalten soll. Frankreich verhält sich gleichgültig, Rußland
sucht durch Zureden und Drohungen den bayrischen Thronerben, den Herzog
Karl von +Pfalz-Zweibrücken+, zur Einwilligung zu bewegen. Dieser
wendet sich um Hilfe an +Friedrich den Großen+, welcher noch ein Jahr
vor seinem Tode († 1786, 17. Aug.), den

[~1785.~]

~deutschen Fürstenbund~ zwischen +Preußen+, +Sachsen+, +Hannover+
zustande bringt, dem dann viele kleinere Staaten beitreten nach dem
Vorgang »des einstigen Schmalkaldischen« (S. 230ff.).

Damit die deutsche Reichsverfassung und die Dynastien gegen die Pläne
des Kaisers sicher gestellt. Ebenso Widerstand gegen Josephs Reformen
in den österreichischen Niederlanden und in Ungarn. Die Aufhebung der
Verfassung von Brabant bewirkt einen Aufstand der belgischen Provinzen
(1789). Joseph, aus dem gemeinschaftlich mit Rußland unternommenen
Türkenkriege (S. 297) krank zurückgekehrt, stirbt kinderlos Febr. 1790,
nachdem er fast alle Neuerungen wieder aufgehoben hatte.

[~1786–1797.~]

~Friedrich Wilhelm II., König von Preußen~, Neffe Friedrichs d. Gr.,
nicht von gleicher Tätigkeit und Entschlossenheit wie seine beiden
Vorgänger. Die Finanzen des Staates kommen in Unordnung, das Heerwesen
verfällt (s. Anhang).

[1791.]

Ansbach und Bayreuth durch Erbanfall gewonnen.

[~1790–1792.~]

~Leopold II. Kaiser~, Josephs Bruder und Nachfolger, seit 1765
Großherzog von Toskana. Er unterdrückt den Aufstand in Belgien, indem
er zugleich die alten Verfassungen und Privilegien wiederherstellt.
Manche Reformen Josephs noch von Leopold II. beseitigt, doch bleibt
das Toleranzedikt und die Aufhebung der Leibeigenschaft. Durch die
Konferenzen in +Reichenbach+ 1790 wird ein Krieg mit +Preußen+
abgewendet, welches mit den +Türken+ und mit +Polen+ Bündnisse
geschlossen hatte (Minister +v. Hertzberg+), um Rußland und Österreich
entgegenzuwirken (S. 297). Der Fürstenbund gesprengt. Preußen wieder im
Schlepptau der österreichischen Politik.


~Entfaltung d. deutschen Literatur u. Wissenschaft.~

+Winkelmann+ 1717–1768, Geschichte der Kunst des Altertums 1764.
+Lessings+ Laokoon 1766, Hamburgische Dramaturgie 1767, Nathan 1779;
+Goethes+ Götz v. Berlichingen 1773, Iphigenie 1787, Hermann und
Dorothea 1797; +Schillers+ Räuber 1781, Don Carlos 1787, Glocke und
Wallenstein 1799. +Kant+ 1724–1804 in Königsberg i. Pr.; Kritik der
reinen Vernunft 1781; F. A. +Wolf+ 1759–1824, Prolegomena ad Homerum
1792.

~Klopstock~ s. S. 285. ~Lessing~ 1729 in Kamenz geb., 1760 in Breslau,
1767 in Hamburg, 1770 in Wolfenbüttel, † 1781. ~Wieland~ 1772–1813
(geb. 1733), ~Goethe~ 1775, ~Herder~ 1776 bis 1803 (geb. 1744) in
~Weimar~ am Hofe des Herzogs +Karl August+. ~Goethe~ geb. 1749 in
Frankfurt a. M., † 1832 in Weimar. ~Schiller~ geb. 1759 in Marbach,
1782 Flucht aus Stuttgart, 1785 in Dresden, 1789 in Jena, 1799 in
Weimar, † 1805.

Zu nationaler und allgemeiner Bedeutung gelangt auch die ~deutsche
Musik~: +Seb. Bach+ in Leipzig († 1750, Matthäuspassion 1729), +Händel+
(geb. in Halle a. Saale, † in London 1759, Messias 1741), +Gluck+ († in
Wien 1787), +Haydn+ († in Wien 1809, die Schöpfung 1797), +Mozart+ (†
in Wien 1791).

Auch an dem Aufschwung der ~Naturwissenschaften~ nimmt Deutschland
teil. +Linné+ 1741 in Upsala, +Jussieu+ und +Buffon+ in Paris. +Euler+
1741 in Berlin, 1766 in Petersburg, +Blumenbach+ 1780 in Göttingen;
+Herschel+, 1781 Entdeckung des Planeten Uranus in Greenwich. +Celsius+
1730 in Upsala, +Réaumur+ in Paris. +Galvani+ 1780 in Bologna, +Volta+
in Pavia. +Lavoisier+ 1794 in Paris hingerichtet. Französische
Gradmessung zur Bestimmung des Erdumfangs 1792–1808.


§ 8. Der Norden und Osten.

~Dänemark~ (mit ~Norwegen~), seit Beendigung des Nordischen Krieges
im vollständigen Besitz +Schleswigs+ (S. 277), erfreut sich unter
+Friedrich IV.+, +Christian VI.+, +Friedrich V.+, +Christian VII.+,
(Graf +Bernstorff+ Minister 1751–1770) eines langen inneren und äußeren
Friedens. Unter dem schwachen +Christian VII.+ beginnt 1770 der
Minister ~Struensee~ (geb. in Halle, Arzt in Altona, Reisebegleiter
des Königs, Erzieher des Kronprinzen, Günstling der Königin +Karoline
Mathilde+) übereilte Reformen nach dem Vorbild Friedrichs II. und
Josephs II. Er wird 1772 durch eine Verschwörung der Adelsaristokratie
(Königin-Mutter +Juliane Marie+) gestürzt und mit seinem Freunde
+Brandt+ enthauptet.

Der jüngere +Bernstorff+ (Neffe des vorigen), Minister 1773 bis
1780 und wiederum 1784–1797, beendigt den Streit mit dem Hause
Holstein-Gottorp 1773 durch einen Vertrag mit der in +Rußland+
regierenden älteren Linie desselben: Abtretung des Stammlandes
+Oldenburg+ (S. 268) an die jüngere Linie, welche im Besitz des Bistums
+Lübeck+ (S. 255, Hauptort Eutin) war; dafür ganz +Holstein+ mit
Dänemark vereinigt.

~Schweden~ im Innern zerrüttet und geschwächt durch die Zwistigkeiten
der den Reichstag beherrschenden Adelsparteien (+Hüte+ für Frankreich,
+Mützen+ für Rußland). Die königliche Gewalt unbedeutend unter
+Friedrich+ von Hessen-Kassel (1720 bis 1751, S. 277). Unglücklicher
~Krieg gegen Rußland~ 1741 bis 1743, beendigt durch den Frieden
zu ~Åbo~: 1. Abtretung des südlichen Finnland, der +Kymmene+-Fluß
wird Grenze zwischen Schweden und Rußland, dadurch gesicherte Lage
Petersburgs. 2. Prinz +Adolf Friedrich+ von Holstein-Gottorp (S.
293), Verwandter des russischen Kaiserhauses, wird zum Thronfolger in
Schweden bestimmt.

 ~Das dänische Königshaus und das Haus Holstein-Gottorp.~

 Christian I., K. v. Dänemark, † 1481.
  _________________|___________
 |                             |
 Johann, K. v.     Friedrich I., K. v. Dänemark, † 1533.
 Dänemark, † 1513.       |
      |            ______|____________
      |           |                   |
 Christian II.,   Christian III., Adolf, Hz. zu Gottorp.
 K. v. Dänemark,  K. v. Dänemark,     |
 abgesetzt 1523.  † 1559.             |
      ___________|__       Sein Urenkel
     |              |      Christian Albrecht,
 Friedrich II.,  Johann,   Stifter der Universität Kiel 1665.
 K. v. Dänemark. Hg. zu       _____|________________
 |               Sonderburg.  Friedrich IV.,    Christian August,
 Königliche Linie        |    Hz. zu. Gottorp.  Bischof v. Lübeck.
 bis Friedrich VII.,  ___|_          |           |
 † 1863   ___________|     |         |    _______|____________________
          |                |         |   |          |                 |
     Augustenburger Glücksburger     | Adolf Friedr., Friedr. Aug., Georg
     Linie.         Linie.    _______| K. v.         Bischof        Ludwig.
                             |         Schweden.     v. Lübeck,
                     Karl Friedrich,   Gem. Luise    1773 Hz.
                     Gem. Anna, d.     Ulrike        v. Oldenburg.
                     ält. Tochter      v. Preußen.
                     Peters d. Gr.
                                             |                      |
                     Peter III., † 1762,     |                      |
                     Zar von Rußland.    Schwedische             Peter,
                     Gem. Katharina II.  Linie bis 1818.     Begründer der
                     v. Anhalt Zerbst, † 1796.               Oldenburger
                          |                                  Linie.
                     Russische Linie.

[~1751–1818.~]

~Haus Holstein-Gottorp~ in Schweden.

Unter Adolf Friedrich (1751–1771) unrühmliche Teilnahme am
Siebenjährigen Kriege. Sein Sohn ~Gustav III.~ (1771–1792) stürzt durch
einen unblutigen Staatsstreich 1772 die Macht des Adels; die +Stände+
(Adel, Geistlichkeit, Bürger, Bauern) beraten fortan nur über die vom
König gemachten Vorschläge und haben das Recht des Einspruchs gegen
einen Angriffskrieg.

[1788–1790.]

~Krieg gegen Rußland~, um die Ostseeprovinzen wiederzugewinnen. Nach
dem unentschiedenen Seetreffen bei der Insel +Hogland+ rückt Gustav
III. in den an Rußland 1743 abgetretenen Teil Finnlands ein; die
Offiziere verweigern ihm den Gehorsam. Er findet Unterstützung in
Stockholm und Dalarne; die Stände bewilligen ihm (+gegen+ den Adel)
das Recht des +Angriffskrieges+. Trotz glänzender Waffentaten Gustavs
(Seesieg bei Svenskasund 1790) Friede zu +Werelä+ ohne Vorteil für
Schweden.

[1792.]

+Gustav III.+ von +Ankarström+, einem ehemaligen Offizier, ermordet;
Regentschaft eingesetzt für seinen minderjährigen Sohn Gustav IV.

~Rußland~ und ~Polen~.

          Alexei, †1676.
  ____________|_________________________________
 |                    |                |        |
 ~Feodor III.~, ~Iwan V.~, Sophia. ~Peter der Große~,
 †1682.              †1696.                  †1725. Gem.
           _________|____                    ~Katharina I.~,
          |              |                   †1727.
    Katharina,       ~Anna~,    ________|________________
    Herzogin v.      †1740.       Alexei,        Anna,     ~Elisabeth~,
    Meckl.-Schwerin.              †1718.         Gem. Karl †1762.
       |                           |             Friedr. v.
    Anna,                      ~Peter II.~, Holstein-Gottorp.
    Herzogin v. Braunschweig.  †1730.              |
       |                                      ~Peter III.~,
    ~Iwan VI.~ bis 1741, † 1764.          †1762. Gem.
                                                 ~Katharina II.~,
                                                 † 1796.

Auf +Peter den Großen+, dessen zur altrussischen Partei neigender Sohn
+Alexei+, vom Vater zum Tode verurteilt, im Gefängnis gestorben war
(1718), folgt kraft eines von Peter 1722 erlassenen Gesetzes, welches
den jedesmaligen Herrscher zur Ernennung seines Nachfolgers ermächtigte
(später durch Paul I. wieder aufgehoben), seine Gemahlin

[~1725–1727.~]

~Katharina I.~, geleitet von Fürst ~Menschikow~, (S. 269), der durch
seine Herrschsucht sich den Haß der altrussischen Partei zuzieht.

[~1727–1730.~]

~Peter II.~, 12 Jahre alt, Enkel Peters d. Gr. Menschikow durch die
Familie +Dolgoruki+ gestürzt und nach Sibirien verbannt, wo er 1729
stirbt. Die Residenz nach Moskau zurückverlegt.

[~1730–1740.~]

~Anna Iwanowna~, Nichte Peters d. Gr., von +Münnich, Ostermann+ und
ihrem Günstling +Biron+ (eigentlich +Bühren+) geleitet. Rückkehr
des Hofes nach St. Petersburg; Biron herrscht bald unumschränkt und
unterdrückt die +Dolgoruki+; 1737 wird er auf Wunsch der Kaiserin
von August III., König von Polen (1733–1763), zum +Herzog von
Kurland+ ernannt. Rußlands Einfluß in Polen wird durch den polnischen
Thronfolgekrieg (s. S. 279f.) begründet. In dem mit Österreich
gemeinschaftlich (s. S. 279) geführten +Türkenkrieg+ wird trotz der
Siege des Feldmarschalls +Münnich+ nur +Asow+ wieder gewonnen (S. 275).
Auf die Kaiserin Anna folgt ihr Großneffe, der unmündige

[~1740–1741.~]

~Iwan VI.~, dessen Mutter +Anna von Braunschweig+ nach dem durch
+Münnich+ bewirkten Sturz Birons kurze Zeit die Regierung führt (Biron
nach Sibirien). Durch einen Soldatenaufstand erlangt den Thron

[~1741–1762.~]

~Elisabeth~, die jüngste Tochter Peters des Großen. +Iwan+ wird
gefangen. +Münnich+ und +Ostermann+ werden nach Sibirien geschickt,
+Biron+ kommt zurück. Launenhafte Regierung unter dem Einfluß der
Günstlinge; der preußenfreundliche +L’Estocq+, dem die Kaiserin
hauptsächlich den Thron verdankt, wird 1748 durch +Bestuschew+, den
Freund Österreichs, gestürzt, Bestuschew fällt 1758 in Ungnade.
Rußlands Teilnahme am Siebenjährigen Kriege s. S. 285–289.
Nach Elisabeths Verfügung gelangt ihr Neffe Peter, Herzog von
Holstein-Gottorp, zum Thron.

Seit ~1762. Haus Holstein-Gottorp~ in Rußland.

               Peter III., †1762,
               Gem. Katharina II., †1796.
                            |
                     Paul I., †1801.
  ______________________|__________________
 Alexander I.,    Konstantin,    Nikolaus I.
    †1825.          †1831.        †1855.
                                 Gem. Charlotte v. Preußen,
                                  †1860.
  _________________________________|_________________
 Alexander II.,    Konstantin,   Nikolaus,  Michael,
 †1881.            †1892.        †1891.     †1909.
 Gem. Maximiliane v. Hessen.
  ______|________________________________________________
 Alexander III.,    Wladimir,   Alexei,   Sergius,  Paul.
 †1894.             †1909. |    †1908.    †1905.       |
 Gem. Dagmar v. Dänemark,  |_______________________    |
         |                Kyrill.   Boris.   Andreas.  Demetrius
    _____|__________________________________
    Nikolaus II.,        Georg,    Michael.
    1894-x               †1899
   Gem. Alix v. Hessen.
         |
       Alexei.

[1762.]

~Peter III.~ beginnt unvorsichtig ins Werk gesetzte Neuerungen, wird
nach 6 Monaten entthront und gefangen gesetzt von seiner Gemahlin
(Prinzessin von Anhalt-Zerbst), der energischen und sittenlosen

[~1762–1796.~]

~Katharina II.~ Die Brüder Gregor und Alexei +Orlow+, Günstlinge
Katharinas, lassen den Kaiser erdrosseln; +Iwan VI.+ wird im Gefängnis
zu Schlüsselburg getötet. +Münnich+, unter Peter III. zurückgekehrt,
bleibt in Ansehen († 1767).

Katharina, zugleich auf innere Reformen und auf Erhöhung der
Machtstellung Rußlands bedacht, wendet sich bald gegen +Polen+. Sie
fordert und erhält von König August III. +Kurland+ zurück für +Biron+,
der das Herzogtum unter russischem Einfluß verwaltet und auf seinen
Sohn vererbt.

Nach dem Tode +Augusts III.+ 1763 setzt Katharina in Verbindung mit
Friedrich II. die Wahl ihres Schützlings

[~1764–1795.~]

~Stanislaus Poniatowski~ († 1798) zum König von Polen durch. Auf
Rußlands und Preußens Betreiben erhalten die +Dissidenten+ (Anhänger
der +griechischen+ Kirche und +Protestanten+) gleiche Rechte mit den
Katholiken. Der russenfreundliche Teil des Adels schließt 1767 die
+Konföderation von Radom+, der auch der König beitritt. Dagegen 1768
Bund des national gesinnten Teils des Adels, die +Konföderation von
Bar+ »zum Schutze der Religion und Freiheit Polens«. Mißglückter
Versuch derselben, den König zu entführen. In dem Bürgerkriege wird
der König durch ein russisches Heer gegen die Konföderation von Bar
unterstützt. Die Türken erklären als Verbündete dieser Konföderation
den Russen den Krieg (1768–1774). Rußlands Erfolge in demselben
erregen +Preußens+ und +Österreichs+ Eifersucht. Um eine gleichmäßige
Machtvergrößerung der drei Mächte herbeizuführen, erfolgt die

[~1772.~]

~erste Teilung Polens~: 1. ~Rußland~ erhält das Land jenseits der
Düna und des Dnjepr (110000 qkm). 2. ~Österreich~: Ostgalizien und
Lodomirien (70000 qkm); (die Zips schon 1770 besetzt). 3. ~Preußen~:
+Westpreußen+ mit Ausnahme von Danzig und Thorn, das Bistum +Ermeland+
und den +Netzedistrikt+ (35000 qkm), vgl. Anhang. Der polnische
Reichstag gibt widerstrebend 1773 seine Zustimmung.

[~1768–1774.~]

~Krieg gegen die Türken.~ Die türkische Flotte wird von der russischen
(unter Alexei +Orlow+) in der Bucht von +Tschesme+ (der Insel Chios
gegenüber) 1770 geschlagen und verbrannt. Während des Krieges Aufstand
des Kosaken +Pugatschew+, der sich für Peter III. ausgibt. +Romanzows+
Erfolge, der die Walachei erobert und den türkischen Großvezier bei
+Schumla+ einschließt, bewirken den ~Frieden von Kutschuck Kainardsche:~

1. +Rußland+ erhält +Kinburn+ an der Dnjeprmündung, +Jenikale+ und
+Kertsch+ in der Krim, freie Handelsschiffahrt auf allen türkischen
Meeren. 2. Die +Tataren+ in der +Krim+ und am +Kuban+ werden für
»unabhängig« erklärt. 3. Rückgabe der russischen Eroberungen in
der Moldau und Walachei an ihre Fürsten, welche Rußland +fortan in
Konstantinopel der Pforte gegenüber vertritt.+

Reformen in der Verwaltung Rußlands: Neue Einteilung der Gouvernements,
Städteordnung, Milderung der Leibeigenschaft, Verwaltung der
Kirchengüter durch eine kaiserliche Behörde. An die Stelle des Gregor
+Orlow+ tritt +Potemkin+ als mächtiger Günstling der Kaiserin.

[~1780.~]

~Bewaffnete Seeneutralität~, zur Sicherung des Handelsverkehrs während
des nordamerikanischen Krieges (s. S. 300f.). Von Rußland angeregt,
treten ihr nach und nach bei: +Dänemark+, +Schweden+, +Preußen+,
+Österreich+, +Portugal+; Spanien und Frankreich erkennen sie an. Dem
Beitritt +Hollands+ kommt England durch eine Kriegserklärung zuvor.

Forderungen der bewaffneten Neutralität: 1. Freie Schiffahrt neutraler
Schiffe von Hafen zu Hafen und an den Küsten Krieg führender Mächte; 2.
Feindliches Eigentum ist frei in neutralen Schiffen mit Ausnahme der
+Kriegszufuhr+; 3. Genaue Bestimmung, was ein +blockierter+ Hafen ist;
eine Hafensperre, die nicht durch mehrere Kriegsschiffe in der Nähe des
betreffenden Hafens aufrecht erhalten wird, ist ungültig.

[1783.]

Die +Krim+ wird russische Provinz (Gouvernement Taurien); die
christlichen Fürsten von +Georgien+ und +Mingrelien+ (südlich vom
Kaukasus) treten unter russischen Schutz.

[~1787–1792.~]

~Zweiter Türkenkrieg.~ Bündnis mit Österreich, Zusammenkunft Katharinas
und Josephs II. in der neugegründeten Stadt +Cherson+ am Dnjepr
(1787). +Potemkin+ erstürmt +Oczakow+ 1788, +Suwōrow+ erstürmt Ismail
(am Donaudelta) 1790. Die Österreicher kämpfen anfangs unglücklich,
doch erobert General +Laudon+ 1789 Belgrad. Österreich schließt 1791
den ~Frieden von Sistowa~ mit den Türken und erhält wenig mehr als
Alt-Orsowa (an der Donau, Paß des Eisernen Tores). Rußland erhält
1792 im ~Frieden zu Jassy~ das Küstenland am Schwarzen Meere bis
zum +Dnjestr+. An dieser Küste wird 1793 die schnell aufblühende
Handelsstadt ~Odessa~ gegründet.

[~1793.~]

~Zweite Teilung Polens~. Die Polen hatten den Türkenkrieg Rußlands
und Österreichs und die anscheinend günstige Stimmung Preußens zu
benutzen gesucht, um ihrer Abhängigkeit von den Nachbarstaaten und den
anarchischen inneren Zuständen ein Ende zu machen. Bündnis mit Preußen
1790 (s. S. 291).

Die neue ~Verfassung von 1791~ verwandelt 1. das +Wahlreich+ in ein
+Erbreich+, erklärt den Kurfürsten von +Sachsen+ zum Nachfolger des
Königs Stanislaus Poniatowski und den Thron für erblich im +sächsischen
Hause+, überträgt 2. dem Könige und einem Staatsrate die +ausübende+,
einem Reichsrate in zwei Kammern die +gesetzgebende+ Gewalt +unter
Aufhebung des liberum veto+, macht 3. dem Bürger- und Bauernstande
+einige+ Zugeständnisse, ermöglicht namentlich den Eintritt in den
Adelsstand, dessen Privilegien im übrigen +bestätigt werden.+

Gegen diese Verfassung tritt unter dem Schutze Rußlands die
+Konföderation von Targowitz+ auf. Vordringen eines russischen Heeres
in Polen 1791. Tapferer, aber vergeblicher Widerstand unter Fürst
+Poniatowski+, dem Neffen des Königs, und +Kosciuszko+; beide werden
bei +Dubienka+ 1792 geschlagen. Der König tritt der Konföderation
von Targowitz bei, die neue Verfassung wird aufgehoben. +Preußen+
verständigt sich mit Rußland und sendet ebenfalls Truppen nach Polen.
Auf dem Reichstage zu +Grodno+ wird die Einwilligung der Nation zu den
neuen Abtretungen erzwungen:

~Rußland~ nimmt den noch übrigen Teil +Litauens+, +Wolhynien+ und
+Podolien+ (236000 qkm), Preußen nimmt +Danzig+ und +Thorn+, +Posen+
und +Kalisch+ (Südpreußen) (55000 qkm). Außerdem erzwingt Rußland einen
+Unionsvertrag+, durch welchen es 1. freien Einmarsch seiner Truppen in
Polen, 2. die Leitung aller künftigen Kriege, 3. das Bestätigungsrecht
aller Verträge Polens mit auswärtigen Mächten erhält.

[1794.]

Aufstand in Polen, ~Kosciuszko~ an der Spitze. Die Russen unter
+Igelström+ in Warschau teils niedergemetzelt, teils zur Stadt
hinausgeschlagen. Preußische und russische Truppen siegen über
Kosciuszko bei +Sczekozyn+; die Preußen unter Friedrich Wilhelm II.
nehmen +Krakau+, belagern Warschau vergeblich. +Suwōrow+ siegt bei
+Brzesc+ und bei +Macziejovice+, wo Kosciuszko gefangen wird (1797
entlassen); erstürmt dann +Praga+, die Vorstadt von Warschau.

[~1795.~]

~Dritte und letzte Teilung Polens.~ ~Preußen~ nimmt +Masovien+
mit +Warschau+, das Land zwischen +Weichsel+, +Bug+ und
+Niemen+ (+Neu-Ostpreußen+), einen Teil des Gebiets von Krakau
(+Neu-Schlesien+); ~Österreich~ +Westgalizien+ und +Krakau+; ~Rußland~
alles übrige, auch das Herzogtum +Kurland+. Durch die drei Teilungen
erhalten die Mächte etwa folgenden Zuwachs:

 +Rußland+     465000 qkm  (8500 □ Meil.) mit  6   Mill. Einw.
 +Österreich+  115000  „   (2100 □  „   )  „   4     „     „
 +Preußen+     145000  „   (2700 □  „   )  „   2½    „     „


§ 9. Großbritannien und Nordamerika.

Auf +Wilhelm III.+ (s. S. 271), welcher kinderlos stirbt folgt seine
Schwägerin

[~1702–1714.~]

~Anna~, zweite Tochter Jakobs II., unter welcher lange Zeit die
Partei der +Whigs+ die Regierung leitet. +John Churchill+, Herzog
von +Marlborough+, siegreich als Feldherr (S. 273), seine Gemahlin
beherrscht den Hof.

[~1707.~]

Vereinigung Englands und Schottlands (+Großbritannien+) durch +ein+
Parlament an Stelle der bisherigen Personal-Union. Schottland nimmt an
dem Aufschwung Englands teil.

[1710.]

Das Whigministerium durch ein Toryministerium (Lord +Bolingbroke+)
ersetzt, dann Friede mit Frankreich nach dem spanischen Erbfolgekrieg.
Vergebliche Bemühungen der Tories und der Königin, ihrem Stiefbruder,
dem Prätendenten +Jakob Eduard+, genannt +Jakob III.+, die Thronfolge
zu verschaffen. Nach dem Gesetze von 1701 (S. 272) folgt das
+protestantische+ Haus ~Hannover~.

[~1714–1901.~]

~Haus Hannover~ (s. S. 352).

 Jakob I. (~Stuart~), †1625.
  _________|______________
 |                        |
 ~Elisabeth~,        ~Karl I.~,
 Gem. Friedrichs V.   †1649.
 von der Pfalz.         __|________________________________
     |                 |                    |              |
 ~Sophia~,        ~Karl II.~,       ~Maria~,           ~Jakob II.~,
 Gem. Ernst Augusts †1685           Gem. Wilhelms II. vertrieben 1688,
 von Hannover.                       von Oranien.      †1701.
  ___|_________________                      |______      |
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 ~Georg I.~,   ~Sophie Charlotte~, †1705,           |     |
 †1727.            Gem. Friedrichs I. v. Preußen.   |     |
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 ~Georg II.~,  ~Sophie Dorothea~, †1757,            |     |
 †1760.        Gem. Friedrich Wilhelms I.           |     |
               von Preußen. ________________________|     |
                           |         _____________________|______
 Friedrich    ~Wilhelm III.~, verm. ~Maria~, ~Anna~, Jakob Eduard,
 Ludwig,    †1702.            m.    †1694.   †1714.  Prätendent,
 Prinz von                                   Gem. Georgs  †1766.
 Wales,                                      v. Dänemark.    |
 1751.                                                  _____|__
                                                        |       |
 ~Georg III.~,                                 Karl Eduard,  Heinrich,
 †1820.                                        Prätendent,   †1807.
                                               †1788.

Unter ~Georg I.~ (1714–1727) Herrschaft der Whigs, ebenso unter ~Georg
II.~ (1727–1760). Der Minister +Walpole+ (bis 1742) sorgt für Erhaltung
des Friedens und Förderung des Handels. 1739 Seekrieg gegen +Spanien+,
1744–1747 gegen +Frankreich+.

Der von Frankreich unterstützte Versuch des Prätendenten +Karl Eduard+,
die Ansprüche des Hauses +Stuart+ nochmals zur Geltung zu bringen,
hat anfangs Erfolg in +Schottland+, wo die kriegerischen Hochländer
sich erheben, wird aber durch den Sieg des Herzogs von Cumberland bei
+Culloden+ 1746 vereitelt (S. 284).

[1755–1763.]

~Krieg gegen Frankreich~, durch Grenzstreitigkeiten in Nord-Amerika
entstanden, zu Lande in Amerika und Deutschland, zur See in allen
Weltteilen geführt. Ministerium des ~älteren Pitt~ 1757–1761, Bündnis
mit +Preußen+ (s. S. 286). Die Engländer sind fast überall im Vorteil
gegen die Franzosen.

[1759.]

Landsieg des englischen Generals +Wolfe+ bei +Quebec+, +Kanada+
erobert. Seesiege bei +Lagos+ in Portugal und +Quibéron+.

[~1760–1820.~]

~Georg III.~, Enkel Georgs II., zum Frieden geneigt. Frankreich
verbündet sich mit +Spanien+ (Bourbonischer Familienpakt 1761);
+Pitt+ tritt aus dem Ministerium, weil nicht sofort Krieg an Spanien
erklärt wird. Sein Nachfolger +Bute+ sucht den Frieden herbeizuführen,
sieht sich aber doch zur Kriegserklärung gegen Spanien genötigt. Die
englische Flotte erobert 1762 Martinique, Havanna, Manila; Spaniens
Seemacht fast vernichtet.

[1763.]

~Friede zu Paris~: 1. ~Frankreich~ tritt +Louisiana+ östlich vom
Mississippi (seit 1682 französische Kolonie), +Kanada+ und die Insel
+Cap Breton+, sowie seine afrikanischen Besitzungen am +Senegal+
an England ab, erhält seinen Besitz in Ostindien (Pondichery und
Chandarnagar) zurück. 2. ~Spanien~ erhält Cuba und die Philippinen
zurück, tritt +Florida+ an England ab, erhält von Frankreich Louisiana
westlich vom Mississippi.

[1757–1784.]

~Eroberung Ostindiens.~ Die ostindische Kompagnie (S. 246) hatte
1639 +Madras+, 1664 +Bombay+ erworben, um 1700 +Kalkutta+ angelegt.
~Robert Clive~ siegt 1757 bei +Plassey+ über den mit Frankreich
verbündeten Nabob von +Bengalen+ und erobert dieses reiche Land. Der
Großmogul in Delhi (S. 219) behält nur den Schein der Herrschaft; die
indischen Fürsten müssen hohen Tribut zahlen. Clive 1765 abermals nach
Indien gesandt, unterdrückt Aufstände und erweitert das englische
Gebiet. ~Warren Hastings~, seit 1773 General-Gouverneur, besiegt die
+Mahratten+ und den Sultan +Hyder Ali+ von +Mysore+ 1781, unterwirft
dadurch den größten Teil von Dekhan.

[1784.]

+East-India-Bill+ des ~jüngeren Pitt~ (Minister 1783 bis 1801); die
Kompagnie wird in militärischen und politischen Angelegenheiten einer
königlichen Aufsichtsbehörde untergeordnet, behält aber die Verwaltung
der ausgedehnten Gebiete in eigner Hand (bis 1858).

[1799.]

Hyder Alis Sohn +Tippu Sahib+, der sich nochmals gegen die englische
Herrschaft erhoben hat, fällt bei der Erstürmung seiner Hauptstadt
+Seringapatam+.

Durch diese Erfolge ist England zur vorherrschenden ~See- und
Kolonialmacht~ geworden. Zugleich bedeutende Entwickelung der
Industrie, +Birmingham+ und +Manchester+ entwickeln sich als
Fabrikstädte, +London+ und +Liverpool+ als Haupthandelsplätze. Einen
Verlust erleidet England durch den Abfall seiner nordamerikanischen
Kolonien.

[~1775–1783.~]

~Nordamerikanischer Freiheitskrieg~

Das englische Parlament, in welchem die Kolonien nicht vertreten
sind, beschließt 1765 die Einführung einer Stempel-Abgabe, 1760 eine
Steuer auf Tee, Glas, Papier und Farben. Die Kolonien widersetzen
sich einer Besteuerung ohne ihre Zustimmung; im Hafen von +Boston+
wird 1773 eine Teeladung ins Meer geworfen. Die englische Regierung
verhängt Hafensperre über Boston und verändert die Verfassung der
Kolonie +Massachusetts+; ein Kongreß von Abgeordneten der Kolonien in
~Philadelphia~ 1774 beschließt das Aufhören des Handelsverkehrs mit dem
Mutterlande.

1775 erstes Gefecht bei +Lexington+. Die Engländer, in +Boston+
belagert, räumen diese Stadt im Frühjahr 1776, werden durch 12000 von
ihrem Landesherrn verkaufte Hessen und andere deutsche Mietstruppen
verstärkt, besetzen +Long-Island+ und die Stadt +New-York+. ~George
Washington~ (geb. 1732 in Virginien, † 1799, am Ende des französischen
Krieges +Oberst+) erhält den Oberbefehl und bildet ein Heer.

[~1776.~ 4. Juli.]

~Unabhängigkeits-Erklärung der 13 Vereinigten Staaten.~

+Washington+, von französischen Freiwilligen (Marquis +v. Lafayette+)
begleitet, kämpft zunächst mit wechselndem Erfolge. Der früher
preußische Major +v. Steuben+ unterstützt ihn bei der kriegsmäßigen
Ausbildung der Truppen.

[1777.]

General +Gates+ nimmt ein englisches Korps von 6000 Mann bei +Saratoga+
(am Hudson) gefangen.

[~1778.~]

~Bündnis Frankreichs~ mit den amerikanischen Freistaaten, abgeschlossen
durch ~Benjamin Franklin~ (geb. 1706 in Boston, Buchdrucker,
Schriftsteller, Erfinder des Blitzableiters, General-Postmeister der
Kolonien, seit 1776 Gesandter in Versailles). Bald tritt +Spanien+ dem
Bündnis bei; andererseits erklärt England den Krieg an +Holland+ (S.
297).

[1779–1782.]

+Gibraltar+ von Franzosen und Spaniern vergeblich belagert, von
+Elliot+ tapfer verteidigt; dagegen nehmen die Spanier 1782 die Insel
+Menorka+ (S. 274).

Seesiege des englischen Admirals +Rodney+ bei +S. Vincent+ 1780 und
+Dominika+ 1782. Unentschiedene Seeschlacht zwischen Engländern und
Holländern an der +Doggerbank+ in der Nordsee 1781.

[1781.]

Entscheidung des Landkrieges zu Gunsten der Amerikaner; Washington und
Lafayette nehmen ein englisches Korps von 7200 Mann bei +Yorktown+ (in
Virginien) gefangen.

[~1783.~]

~Friede zu Versailles~: 1. Anerkennung der Unabhängigkeit der 13
Vereinigten Staaten. Das +Western Territory+ erhalten die Amerikaner,
die Schiffahrt auf dem Mississippi bleibt gemeinschaftlich. 2.
+England+ tritt an Frankreich in Westindien ab: +Tabago+; in Afrika:
das Gebiet des +Senegal+;

3. +Spanien+ bleibt im Besitz von +Menorka+ und +Florida+ (S. 300),
verzichtet auf Gibraltar (S. 274).

[1789–1797.]

~George Washington~, erster Präsident der ~Vereinigten Staaten~
(+United States+ of America).

Verfassung des Bundesstaates: Über Krieg und Frieden, Heer und Flotte,
Verträge mit fremden Staaten, Münze, Maß und Gewicht, Zölle und Steuern
beschließt der +Kongreß+, bestehend aus Senat und Repräsentantenhaus.
Die Einzelstaaten verwalten nur ihre inneren Angelegenheiten. Der
Präsident, auf 4 Jahre durch Wahlmänner aus allen Staaten erwählt,
ernennt die Beamten und leitet die Regierung nach den Beschlüssen des
Kongresses. Gegen dieselben steht ihm ein aufschiebendes +Veto+ zu, bis
der Kongreß mit Zweidrittelmajorität entscheidet.

Aufblühen des neuen Staatswesens durch Einwanderung. Vordringen
der Ansiedler nach Westen, +Cincinnati+ 1791 gegründet, die
Bundeshauptstadt +Washington+ 1793. Auf dem Kapitol hält der Kongreß
seine Sitzungen, das Weiße Haus die Amtswohnung des Präsidenten.

[1812–1815.]

~Krieg mit England~ (S. 331). Die Amerikaner dringen in +Kanada+ ein.
Die Engländer treiben sie zurück, besetzen +Washington+ und zerstören
das Kapitol, werden aber nach einer Landung bei +New-Orleans+ besiegt
(Jan. 1815). Unterdessen bereits (Dez. 1814) Friede zu +Gent+. Die
Eroberungen gegenseitig zurückgegeben.

Die 13 Staaten vermehren sich bis 1821 auf 26; +Louisiana+, von Spanien
1800 an Frankreich zurückgegeben, wird 1803 von den Vereinigten Staaten
durch Kauf erworben, ebenso +Florida+ 1819, +Texas+ und +Kalifornien+
1848 durch Krieg gegen Mexiko. +Alaska+ 1867 durch Kauf von Rußland,
+Portorico+ und die +Philippinen+ 1898 durch Krieg gegen Spanien, 1900
+Sandwichinseln+ annektiert. Jetzt 47 Staaten, 3 Territorien und 1
Bundesdistrikt.

Neuen Machtzuwachs für England bringt die Erschließung der seit
1600 durch Portugiesen, Spanier (Torres) und Holländer (Tasman)
entschleierten +australischen Inselwelt+ durch die Entdeckungsreisen
von ~James Cook~ 1768–1779. Er wird bei der dritten Reise auf +Hawaii+,
der größten der +Sandwich+inseln, von den Eingeborenen 1779 erschlagen.
Andere bisher unbekannte Gebiete werden erschlossen durch die Reisen
des Schotten +Bruce+ (Abessinien) und +Mungo Park+ (Nigerstrom).

[1788.]

+Sydney+ erste englische Kolonie in Australien. ~Weitere Entfaltung
der englischen Literatur und Wissenschaft~: Shaftesbury, Pope, Swift,
Prior, Defoe, Addison, Steele, (»Tatler«, »Spectator« erste moralische
Wochenschriften), Sterne, Fielding, Goldsmith, Richardson, Gray, Sam.
Johnson (Macphersons +Ossian+ 1760). Der Naturforscher Robert +Boyle+
(† 1691 in London), der Philologe Rich. +Bentley+ in Oxford und
Cambridge († 1742), der Philosoph und Geschichtschreiber David +Hume+
in Edinburg († 1776), der Geschichtschreiber +Gibbon+ († 1794); Adam
+Smith+, Prof. in Glasgow, begründet 1776 die Volkswirtschaftslehre.
Aufschwung der englischen Malerei: +Hogarth+ († 1764), +Joshua
Reynolds+ († 1792), +Gainsborough+ († 1788).


§ 10. Südeuropa.

~Portugal~, unter den ersten Königen aus dem Hause +Braganza+ (S. 245)
wieder zu einiger Macht gelangt, seit dem Besitz +Brasiliens+ 1500
(S. 222) als Kolonialmacht nicht unbedeutend, gerät durch einen 1703
geschlossenen Handelsvertrag in Abhängigkeit von +England+. Große Macht
der Geistlichkeit unter Johann V. (1706–1750); wohltätige Reformen
unter Joseph I. (1750–1777) durch den Minister Carvalho, Marquis von
~Pombal~.

[1755. 1. Nov.]

+Lissabon+ durch +Erdbeben+ größtenteils zerstört, Pombal sorgt für die
Wiederherstellung.

[1759.]

Vertreibung der +Jesuiten+ infolge eines Mordversuchs gegen den König.

[1762–1763.]

Im Bunde mit England Krieg gegen Spanien. Pombal beruft den Grafen
+Wilhelm von Schaumburg-Lippe+ nach Portugal. Dieser organisiert Heer
und Flotte. Im +Frieden von Paris+ 1763 gibt Spanien die eroberten
Plätze zurück.

Unter der Königin Maria, der Tochter Josephs I. (1777 bis 1792),
Wiederherstellung der geistlichen Macht, Pombal vor Gericht gestellt,
aber begnadigt, † 1782.

~Spanien~, seit 1701 unter Königen aus dem Hause +Bourbon+ (S. 274), in
der auswärtigen Politik mit Frankreich verbündet, gelangt nicht wieder
zu seiner früheren Machtstellung. Unter Karl III. (1759–1788) Reformen
des Ministers +Aranda+, welcher 1767 die Jesuiten vertreibt.

~Sardinien~, Königreich seit 1720 (S. 278), tritt unter Karl Emanuel
I. (1730–1773) im Polnischen Thronfolgekrieg kriegerisch gegen, im
Österreichischen Erbfolgekrieg für Österreich auf, erwirbt 1748 durch
den Frieden zu Aachen (S. 284), einen Teil des Herzogtums Mailand.

Die Republik ~Genua~ hat fortdauernd ihre Unabhängigkeit gegen mächtige
Nachbarn (+Savoyen+, +Frankreich+, +Österreich+) zu verteidigen. Die
Bewohner der seit Ende des 11. Jahrh. von den Pisanern und Genuesen
umstrittenen Insel ~Korsika,~ seit 1300 unter genuesischer Herrschaft,
empören sich 1729. Nach wechselvollem Kampfe, wobei ein deutscher
Abenteurer, +Baron Neuhof+ aus Westfalen, kurze Zeit als +König Theodor
I.+ von Korsika auftritt (1736), ruft Genua Frankreichs Hilfe an; die
Insel wird 1739 unterworfen. Doch bald neue Kämpfe, seit 1755 +Pasquale
Paoli+ an der Spitze. Genua tritt 1768 die Insel an +Frankreich+ ab;
Paoli flieht 1769 nach England, versucht 1790–1796 nochmals Korsika zu
befreien, † in England 1807.

~Venedig~ kann die frühere Blüte nicht wieder erreichen, doch werden
noch ruhmvolle Kriege gegen die ~Türken~ geführt:

[1645–1669.]

Krieg um ~Kandia~ (Kreta); die Türken mehrmals von der venetianischen
Flotte besiegt; trotz tapferer Verteidigung, welche +Morosini+ leitet,
endet der Krieg mit dem Verlust der Insel für Venedig.

[1685–1699.]

Krieg um ~Morea~ (Peloponnes). Venedig mit Kaiser Leopold I. und Polen
verbündet (S. 266). +Morosini+, verstärkt durch deutsche Mietstruppen
unter Graf +Königsmark+, vertreibt die Türken aus Morea, erobert
1687 +Athen+, bei dessen Belagerung der Mittelbau des Parthenon (S.
46) durch eine venetianische Bombe zerstört wird. Darauf zum Dogen
erwählt, kehrt er 1693 auf den Kriegsschauplatz zurück, stirbt aber
1694 in Nauplia. Im Frieden zu +Karlowitz+ (S. 266) bleibt Morea den
Venetianern, welche die Halbinsel durch griechische Kolonisten neu
bevölkern und bessere Verwaltung einführen.

[1715.]

Die Türken erobern Morea für immer (vgl. S. 278); nach dem Frieden
von +Passarowitz+ 1718 bleibt Venedig immer noch im Besitz eines
ansehnlichen Festlandsgebietes (Verona, Brescia, Bergamo, Udine,
Istrien, Dalmatien) und der Ionischen Inseln.

~Toskana~, nach dem Aussterben des Hauses Medici 1737 österreichische
Sekundogenitur (S. 279), erfreut sich des Wohlstandes unter dem
Großherzog +Leopold+ (1765–1790), dem zweiten Sohne Maria Theresias und
nachmaligen Kaiser Leopold II. Diesem folgt sein zweiter Sohn Ferdinand
III. (1790 bis 1824).

~Parma~ mit Piacenza und Guastalla seit 1748 spanische Sekundogenitur
(S. 284); ~Modĕna~ im Besitz des Hauses +Este+ (S. 210); am Hofe des
Herzogs Franz III. lebt der Geschichtsforscher +Muratori+ († 1750).

Der ~Kirchenstaat~ behauptet sein ansehnliches Gebiet (das alte Latium,
Umbrien, die Marken, Ancona, Rimini, Ravenna, Bologna, Ferrara) in
gutem Einvernehmen mit Österreich und Spanien.

[1773.]

+Papst Clemens XIV.+, dem Andringen katholischer Staaten nachgebend,
hebt den +Jesuiten-Orden+ auf, nachdem der Ordensgeneral +Ricci+ jede
Reform abgelehnt hat (+sint, ut sunt, aut non sint+).

Neapel mit ~Sicilien~ unter Königen aus dem Hause ~Bourbon~ (1735–1799,
dann wieder 1815–1860). +Karl IV.+, bis 1759 (als +Karl III.+, König
von Spanien, S. 303), verbessert die Verwaltung mit Hilfe des Ministers
+Tanucci+, der auch unter Karls Sohn +Ferdinand IV.+ (1759–1825) bis
1777 im Amte bleibt; 1767 Vertreibung der Jesuiten. Nach Tanuccis Sturz
führt die Königin +Caroline Marie+, Tochter der +Maria Theresia+,
die Regierung. Ihr Minister +Arcton+. 1799 muß der König vor den
eindringenden Franzosen nach Sicilien entweichen (S. 317).


§ 11. Frankreich.

[~1715–1774.~]

~Ludwig XV.~, Urenkel Ludwigs XIV., dessen Sohn und Enkel vor ihm
gestorben waren (S. 349). Während der Minderjährigkeit führt der Herzog
+Philipp von Orléans+, Sohn der +Elisabeth Charlotte von der Pfalz+
(† 1721), die Regentschaft; dieser gibt durch seine Ausschweifungen
dem Volke ein übles Beispiel († 1723). Mißglückter Versuch des
Schotten +John Law+, durch Gründung einer Bank (1718) und Ausgabe von
Papiergeld die zerrütteten Finanzen in Ordnung zu bringen. Gemäßigte
Staatsverwaltung des Kardinals +Fleury+ 1726–1743, dann Herrschaft
der Buhlerinnen (Marquise von +Pompadour+ 1745–1764, Gräfin +Dubarry+
1769–1774).

Lothringen erworben 1738 (S. 279); erfolglose Teilnahme am
österreichischen Erbfolgekrieg und am Siebenjährigen Krieg,
unglücklicher Krieg mit England (S. 299f.). Verlust der Kolonien in
Nordamerika (S. 300). Vertreibung der Jesuiten 1761 durch den Minister
+Choiseul+. Opposition des höchsten Gerichtshofs, des Parlaments zu
Paris; Aufhebung der Parlamente 1771. Beim Tode des Königs 4000 Mill.
Livres Staatsschulden; der Staat heillos zerrüttet.

[~1774–1792.~]

~Ludwig XVI.~, dessen redlicher Wille bei dem Mangel an Tatkraft
den herannahenden Sturm der Revolution nicht mehr durch schwache
Reformversuche zu beschwichtigen vermag. Wiederherstellung der
Parlamente 1774. Ludwig XVI., Enkel seines Vorgängers, persönlich
ehrbar und sittenrein. Seine Gemahlin +Marie Antoinette+, Tochter
+Maria Theresias+ von Österreich, anfangs beim Volke nicht unbeliebt,
wird bald Gegenstand der gehässigsten Verleumdungen, namentlich infolge
des anstößigen Halsbandprozesses (Kardinal +Rohan+, Gräfin +Lamotte+).
Frankreichs Teilnahme am +Nordamerikanischen Freiheitskriege+ (S. 301)
verschärft den alten Gegensatz gegen England.

Die französische ~Literatur~ im 18. (+philosophischen+) Jahrhundert
ist ein getreues Abbild der Sitten des französischen Hofes und Volkes:
+Lesage+ († 1747), +Montesquieu+ († 1755), +Voltaire+ (1694–1778),
+Rousseau+ (1712–1778), +B. de St-Pierre+ († 1814), +A. Bertin+ (†
1790), +Beaumarchais+ († 1799). Als +Maler+ verdienen Erwähnung:
+Watteau+ (Hauptmeister des Rokoko, † 1721), +Boucher+ († 1770),
+Fragonard+ († 1806).

Fussnoten:

[47] Doch bleiben die drei Seestädte +Lübeck+, +Hamburg+, +Bremen+
durch ein 1630 geschlossenes Bündnis als +Hansestädte+ vereinigt.

[48] Geschlossen auf einer Insel in dem Grenzfluß +Bidassoa+, der in
den westlichen Pyrenäen entspringt.

[49] Er ließ eine Denkmünze prägen mit der Umschrift: Exoriare aliquis
nostris ex ossibus ultor.

[50] Geb. 24. Januar 1712. Strenge Erziehung; Vorliebe des Prinzen für
französische Literatur und Musik, Abneigung gegen militärische Übungen,
Jagden, Tabakskollegium; der Vater hält ihn daher für untüchtig.
Nachdem der Plan einer Vermählung Friedrichs mit einer Tochter
Georgs II. von England (S. 299) gescheitert ist, +Fluchtversuch+
1730 unweit Mannheim, während einer Reise mit dem König. Verhör in
+Wesel+, Kriegsgericht; der Kronprinz kommt als Gefangener nach
+Küstrin+ (+Katte+ hingerichtet), arbeitet dort in der Kriegs- und
Domänenkammer. 1732 Aussöhnung; der Prinz erhält die Führung eines in
+Neu-Ruppin+ stehenden Regiments, heiratet 1733 Elisabeth Christine
von Braunschweig-Bevern, lebt dann mit seinen Freunden im Schloß
+Rheinsberg+ unweit Ruppin. Briefwechsel mit +Voltaire+.



C. Vom Beginn der französischen Revolution bis zum Wiener Kongress.
(1789–1815.)


§ 1. Die Revolution in Frankreich.

~Ursachen~: 1. Der auf Vernichtung oder Umbildung des Bestehenden
gerichtete Geist des 18. Jahrhunderts. Angriffe französischer
Schriftsteller auf Staat und Kirche. +Montesquieu+ (Esprit des lois
1748) und +Rousseau+ (Contrat social 1762) bekämpfen das unbeschränkte
Königtum und stellen neue Staatslehren auf. +Voltaire+ (Henriade 1723,
Prozeß des Jean Calas 1762) bekämpft die religiöse Unduldsamkeit und
das Christentum überhaupt; die +Enzyklopädie+, ein philosophisches
Wörterbuch, 1751–1780 herausgegeben von +Diderot+ und +d’Alembert+,
verbreitet die Lehren der Aufklärung und Freigeisterei.

2. Die großen Mißbräuche im französischen Staatswesen, verschuldet
durch die willkürliche und entartete Regierung, während in allen
übrigen europäischen Staaten Verbesserungen durchgeführt werden. Seit
1614 die altherkömmlichen +Reichsstände+ (États-généraux) nicht mehr
einberufen (s. S. 238). Verfügung über die Freiheit der Untertanen
durch willkürliche Verhaftsbefehle (lettres de cachet, +Bastille+),
über ihr Vermögen durch willkürliche Besteuerung. Gegen den Anspruch
des Pariser Parlaments, die Eintragung der Steueredikte verweigern
zu können, wendet der Hof +königliche Thronsitzungen+ (+lits de
justice+) und Verweisung der Parlamentsmitglieder an. +Käuflichkeit+
der Offizierstellen im Heere, der Sitze in den Parlamenten, der höheren
Ämter, aber meist nur für den +Adel+. Die +bevorrechtigten Stände+
(+Adel+ und +Geistlichkeit+) sind bei den direkten Abgaben sehr
begünstigt, obgleich keineswegs ganz frei von denselben; die Bauern
durch Frondienste gedrückt, die Entwickelung von Handel und Gewerbe
durch Zunftzwang gehemmt.

~Veranlassung~: Die ungeheure +Staatsschuld+. Entstanden durch
die Kriege Ludwigs XIV., seine kostspieligen Bauten und seine
verschwenderische Hofhaltung, wächst der jährliche Fehlbetrag durch die
Verschwendung Ludwigs XV. und die Kosten des nordamerikanischen Krieges
unter Ludwig XVI. bis fast auf die Hälfte der jährlichen Einnahme.

+Turgots+ Maßregeln zur Verbesserung der Verwaltung (Aufhebung der
Binnenzölle, Abschaffung der Wegefronden und der Zünfte) werden mit
seiner Entlassung 1776 aufgegeben. +Necker+ (bis 1781) sucht durch
Anleihen und Sparsamkeit zu helfen, +Calonne+ (1783–1787) wirtschaftet
sorgloser und beruft zuletzt eine +Notabelnversammlung+, die keine
durchgreifenden Beschlüsse zu fassen wagt. +Necker+, 1788 wieder
berufen, veranlaßt die

[~1789.~ 5. Mai.]

~Berufung der Reichsstände nach Versailles~, mit einer +doppelten
Vertretung+ des Bürgerstandes (+tiers état+): Geistlichkeit 300, Adel
300, Bürger 600. Streit über die Art der Beratung und Abstimmung, ob
nach +Ständen+ oder nach +Köpfen+. Bei der Prüfung der Vollmachten
verlangen Geistlichkeit und Adel eine getrennte, der Bürgerstand eine
gemeinschaftliche Prüfung. Auf ~Sieyès’~ Vorschlag erklären sich die
Abgeordneten des Bürgerstandes als ~Nationalversammlung~ (Assemblée
nationale) und laden die beiden anderen Stände zum Beitritt ein.

[20. Juni.]

~Eid im Ballspielhaus~ (Jeu de paume). Die Abgeordneten des dritten
Standes schwören, sich nicht zu trennen, bis sie dem Lande eine
Verfassung gegeben.

[23. Juni.]

Fruchtlose königliche Sitzung. Der Befehl des Königs, daß die drei
Stände +getrennt+ beraten sollen, wird nicht ausgeführt infolge des
von ~Mirabeau~[51] erhobenen Widerspruchs. Der König gibt nach;
Geistlichkeit und Adel vereinigen sich mit dem dritten Stand. Die
Versammlung beginnt eine neue +Verfassung+ für Frankreich zu beraten,
wird deshalb bezeichnet als

[~1789–1791.~]

~Verfassunggebende Versammlung~ (Assemblée constituante).

Gerüchte von einer beabsichtigten Auflösung der Nationalversammlung und
die Entlassung +Neckers+ (11. Juli) veranlassen Unruhen in Paris.

[~1789.~ 14. Juli.]

~Einnahme und Zerstörung der Bastille.~ Necker zurückberufen,
+Lafayette+ Befehlshaber der neuerrichteten Bürgerwehr
(+Nationalgarde+).

Unruhen in den +Provinzen+, Schlösser und Klöster verwüstet. Viele
Adlige verlassen Frankreich. Karl Philipp, Graf von +Artois+, zweiter
Bruder des Königs, an der Spitze der +Emigranten+, seit 1791 in
+Koblenz+ am Hofe des Kurfürsten von Trier.

[~1789.~ 4. Aug.]

Freiwillige Verzichtleistung (Vicomte de +Noailles+) der Abgeordneten
des Adels auf alle Feudalrechte, der Geistlichkeit auf den Zehnten.
Abschaffung des Feudalstaates. Gleichheit der Besteuerung und gleiche
Zulassung aller Bürger zu allen öffentlichen Ämtern wird festgesetzt.
Öffentliche Werkstätten eingerichtet.

[27. Aug.]

Erklärung der +Menschenrechte+ (Freiheit, Eigentum, Sicherheit,
Widerstand gegen Unterdrückung) auf +Lafayettes+ Antrag.

[5. Okt.]

Aufstand in ~Paris~, hervorgerufen durch Brotmangel und Gerüchte von
einer beabsichtigten Reaktion. Zug der durch Agenten des Herzogs
+Philipp+ von +Orléans+ aufgeregten Volksmenge zum König nach
+Versailles+. Die königliche Familie, von +Lafayette+ durch die
Nationalgarde gerettet, muß nach ~Paris~ übersiedeln, ebenso die
Nationalversammlung; 200 Mitglieder scheiden aus. Der Pariser Pöbel
beherrscht seitdem die Versammlung.

Die von der Assemblée constituante ausgearbeitete ~Verfassung~
überträgt die gesetzgebende Gewalt der Nationalversammlung und gesteht
dem König nur ein aufschiebendes Veto zu. Er darf die Versammlung,
die Inhaberin der Souveränität, nicht auflösen, ja nicht einmal
mit Gesetzesvorschlägen an sie herantreten, geschweige denn ihre
Beschlüsse rundweg ablehnen. Er ist vielmehr nur der Vollstrecker
dieser Beschlüsse. Da aber den nach Aufhebung der alten Provinzen neu
geschaffenen 83 Departements nahezu volle Selbstverwaltung und auch
das Recht der Beamtenwahlen verliehen wurde, so war Frankreich in 83
fast souveräne Republiken aufgelöst, in denen es königliche Beamte, d.
h. Vollstrecker des königlichen Willens nicht mehr gab. Der König also
tatsächlich machtlos.

Die Ausübung des +Aktivbürgerrechts+ an die Entrichtung einer direkten
Steuer, ein Alter von 25 Jahren und einjährigen Wohnsitz in der
Gemeinde geknüpft. Die aus den Urwahlversammlungen hervorgehenden
+Wahlmänner+ wählen die Volksvertreter für eine Legislatur von
2 Jahren, desgleichen die Behörden der Departements und ihrer
Distrikte; die Gemeindebeamten und die Richter werden ebenfalls
von den +Aktivbürgern+ gewählt. Aufhebung der Parlamente; neue
Gerichtsverfassung mit +Geschworenengerichten+. Abschaffung des
+Adels+, der Titel und Wappen, sowie der Beschränkung der Presse.

Um der Finanznot abzuhelfen, erklärt man die geistlichen Güter für
Nationaleigentum und gibt Papiergeld aus (~Assignaten~, Anweisungen
auf den Wert der Nationalgüter). Der Staat übernimmt den Unterhalt der
Geistlichen.

Auch die Geistlichen werden fortan von den Aktivbürgern gewählt
(+Constitution civile du clergé+), jedes Departement bildet ein Bistum.
Nur ⅓ der Geistlichkeit unterwirft sich der neuen Verfassung durch den
geforderten Eid, daher fortan kirchlicher Zwiespalt.

Die Aufregung wird vorübergehend beschwichtigt durch das
+Verbrüderungsfest+ (Föderationsfest, 14. Juli 1790), zu welchem
Tausende aus den Provinzen nach Paris kommen. Lafayette schwört im
Namen sämtlicher Nationalgarden der Nation, dem Gesetz, dem König treu
zu sein. Der König gelobt die von der Nationalversammlung beschlossene
und von ihm angenommene Verfassung anzuwenden.

Mit diesem Gang der Dinge sind die demokratischen ~Klubs~ nicht
zufrieden. Ihr Ziel ist die völlige Beseitigung der Monarchie und die
Gründung einer Republik. Der zahlreichste und einflußreichste ist der
nach seinem Versammlungsort, einem aufgehobenen Jakobinerkloster,
genannte Klub der ~Jakobiner~ (+Robespierre+); zu den in einem
Franziskanerkloster Sitzung haltenden ~Cordeliers~ gehören +Danton+,
+Marat+, +Camille Desmoulins+, +Hébert+; ihnen gegenüber die
gemäßigten, am Königtum festhaltenden ~Feuillants~ (+Lafayette+,
+Bailly+).

Verbindung des Hofes mit +Mirabeau+, der, nachdem die konstitutionelle
Monarchie begründet ist, die Revolution hemmen und den Umsturz des
Thrones verhindern will. +Necker+ tritt aus dem Ministerium (Sept.
1790), da er die Finanzen nicht in Ordnung zu bringen vermag.

[1791 (April).]

Mirabeau †. ~Flucht des Königs~ (20. Juni). Er wird mit seiner Familie
in +Varennes+ (unweit Verdun) angehalten, nach Paris zurückgebracht,
suspendiert und eine Zeitlang in den Tuilerien streng bewacht, dann
wieder eingesetzt, nachdem er am 14. Sept. den Eid auf die revidierte
Verfassung geleistet hat. Die Nationalversammlung löst sich auf,
nachdem sie auf +Robespierres+ Antrag beschlossen hat, daß keins ihrer
Mitglieder für die folgende Versammlung wählbar sei.

[~1791–1792.~ Okt. Sept.]

~Gesetzgebende Versammlung~ (Assemblée législative).

745 neue Abgeordnete. Parteien: die +rechte+ Seite (Feuillants)
wird täglich schwächer. Die +linke+, herrschende Seite zerfällt in
1. gemäßigte Republikaner (~Ebene~, la plaine), darunter die Gruppe
der ~Girondisten~, so genannt wegen hervorragender Mitglieder aus
+Bordeaux+, dem Departement der +Gironde+: +Vergniaud+, +Brissot+
u. a., meist Anhänger der Föderativ-Republik, 2. ~Bergpartei~ (la
montagne, les montagnards), Radikale, Anhänger der +einen+, unteilbaren
Republik (une et indivisible).

Der König wird unbeliebt, da er gegen die Beschlüsse über Bestrafung
der den Eid verweigernden +Priester+ und über Nötigung der +Emigranten+
zur Rückkehr von seinem +Veto+ Gebrauch macht und auf Hilfe von
+Österreich+ hofft.

[~1792.~ April.]

Ein girondistisches Ministerium (+Roland+, +Dumouriez+) nötigt den
König, ~Österreich den Krieg zu erklären~. Vermehrte Aufregung, da
der Krieg (S. 313ff.) bei dem zerrütteten Zustande des französischen
Heerwesens anfangs ungünstig verläuft.

[10. Aug.]

Aufruhr in Paris, ~Erstürmung der Tuilerien~. Der König flüchtet sich
in den Sitzungssaal der Gesetzgebenden Versammlung, sendet an die treue
Schweizer-Garde den Befehl, das Feuern einzustellen. Die abziehenden
Schweizer vom Volk ermordet. Der König wird wieder suspendiert und als
Gefangener in den +Temple+ (früheres Ordenshaus der Tempelherren, S.
207) gebracht.

Berufung eines Nationalkonvents zur Feststellung einer ~neuen
Verfassung~.

[Sept.]

Ermordung von etwa 3000 »Verdächtigen« in den Gefängnissen von Paris,
auf Anstiften des Gemeinderates (la Commune) und des Justizministers
+Danton+. Die dadurch eingeschüchterte Bevölkerung wählt nur Radikale
in den Convent.

[~1792–1795.~]

~Nationalkonvent (Convention nationale).~

[Sept. Okt.]

Parteien: +Girondisten+ und +Bergpartei+.

[~1792.~ 21. Sept.]

~Abschaffung des Königtums, Frankreich wird für eine Republik erklärt.~

[Dez.]

Ludwig XVI. vor dem Konvent +angeklagt+ wegen Verrats an der Freiheit
der Nation. Meisterhafte Verteidigungsrede von +de Sèze+; Robespierre
dringt auf Verurteilung des Königs, Vergniaud fordert vergebens
Entscheidung durch Volksabstimmung.

[~1793.~ Jan.]

Die Mehrheit des Konvents erklärt den König für schuldig; bei der
Abstimmung über die Strafe stimmen 361, unter ihnen der Herzog Philipp
von Orléans (Égalité) unbedingt für den Tod, 360 für Gefängnis,
Verbannung oder Aufschub der Todesstrafe.

[21. Jan.]

~Ludwig XVI. hingerichtet.~ Die Guillotine stand unweit der Tuilerien
auf dem Revolutionsplatze, der später +Place de la Concorde+ genannt
und mit dem Obelisken von +Luxor+ geziert wurde.

[März.]

Royalistischer Aufstand in der ~Vendée~ südlich von der Loiremündung.
Der im Temple gefangen gehaltene Dauphin wird als König ~Ludwig XVII.~
ausgerufen. Heftige Kämpfe bis zu Ende des Jahres, endlich siegen die
Republikaner (12. Dez. bei Le Mans) und üben blutige Rache.

Im Konvent bekämpfen sich +Girondisten+ und +Bergpartei+, letztere
erlangt das Übergewicht. Die Regierung führt in diktatorischer
Weise der aus 9 Mitgliedern bestehende ~Wohlfahrtsausschuß~ (Comité
du salut public); an der Spitze +Danton+, später +Robespierre+.
Das Revolutionstribunal (+Fouquier-Tinville+) eingesetzt als
außerordentlicher Gerichtshof zur Verurteilung der »Verdächtigen«.
Zwangskurs für die Assignaten, Maximum des Kornpreises beschlossen.

[~1793.~ 2. Juni.]

Ein von dem Pariser Gemeinderat geleiteter Pöbelaufstand erzwingt vom
Konvent die Verhaftung von 32 Girondisten.

Die vom Konvent beschlossene +zweite+, völlig demokratische Verfassung
geht an die Urwählerversammlungen zur Bestätigung, kommt aber nie zur
Ausführung.

[13. Juli.]

+Marat+ von +Charlotte Corday+, einer Anhängerin der +Girondisten+,
ermordet.

[~1793–1794.~]

~Schreckensherrschaft~ in Frankreich.

~Robespierre~ an der Spitze. +Revolutionsausschüsse+ im ganzen
Lande. Kommissare des Wohlfahrtsausschusses wüten in den großen
Provinzialstädten (+Tallien+ in Bordeaux, +Lebon+ in Arras, +Carrier+
in Nantes, +Chalier+ in Lyon). In Toulon Erhebung der Bürger gegen den
Konvent, Aufnahme einer englisch-spanischen Flotte in die vom Konvent
geächtete Stadt.

[1793. Okt.]

Hinrichtung der Königin ~Marie Antoinette~ und der verhafteten
+Girondisten+. Schändung der Königsgräber in St. Denis. Einführung
des republikanischen +Kalenders+ (Beginn des Jahres und der neuen
Zeitrechnung mit dem 22. Sept. 1792; Monate: Vendémiaire, Brumaire,
Frimaire; Nivose, Pluviose, Ventose; Germinal, Floréal, Prairial;
Messidor, Thermidor, Fructidor). ~Lyon~ von einer Revolutionsarmee
erobert und zum Teil zerstört (Commune affranchie).

[Nov.]

Philipp Egalité, der Herzog von Orléans, Bailly u. a. hingerichtet.
Abschaffung des christlichen Gottesdienstes, Einrichtung des Kultus der
Vernunft.

[Dez.]

Eroberung der von englischen, spanischen, sardinischen,
neapolitanischen Truppen verteidigten Seefestung ~Toulon~,
hauptsächlich durch die geschickten Anordnungen des
Artillerie-Hauptmanns ~Napoléon Bonaparte~.[52]

Greueltaten der Republikaner in der Vendée.

[~1794.~]

+Robespierre+ stürzt seine beiden Gegenparteien, den
»ultrarevolutionären« +Gemeinderat+ und die »gemäßigten« +Dantonisten+.
Nach einem mißlungenen Aufstandsversuch werden zuerst die
Ultrarevolutionären (+Chaumette+, +Hébert+, +Cloots+ u. a.), dann die
»Gemäßigten« und »Verderbten« (~Danton~, +Camille Desmoulins+ u. a.)
aufs Blutgerüst geschickt. Robespierre macht dem Vernunftkultus ein
Ende und läßt durch den Konvent das Dasein eines +höchsten Wesens+
(Être suprême) anerkennen, dessen Fest im Tuileriengarten er als
Oberpriester leitet. Eine Verschwörung unter den Mitgliedern des an
Zahl bereits sehr verringerten Konvents führt

[~1794.~]

27. Juli (9. Thermidor) den ~Sturz Robespierres~ herbei. Im Konvent von
+Tallien+ angeklagt und verhaftet, von den Truppen der +Commune+ (S.
310) befreit, wird er im Stadthause nach kurzem Kampfe überwältigt und
am folgenden Tage mit 21 seiner Anhänger hingerichtet; am 29. Juli noch
71 hingerichtet, fast die ganze Commune.

[~1794–1795.~]

Der ~Nationalkonvent~ unter der Herrschaft der ~Gemäßigteren~.

Öffnung der Gefängnisse; gegen den Pöbel und die Jakobiner tritt
die Jugend der wohlhabenden Stände (+Jeunesse dorée+) auf, der
Jakobinerklub wird geschlossen, die noch lebenden Girondisten werden in
den Konvent zurückberufen. Zwei Pöbelaufstände in Paris (1. April und
20. Mai 1795) zu Gunsten der Jakobiner werden von der Nationalgarde und
herbeigerufenen Linientruppen unterdrückt.

[~1795.~ 8. Juni.]

Tod des schändlich mißhandelten 10jährigen Dauphins (Ludwig XVII.) im
+Temple+.

[Aug.]

Verkündigung einer ~neuen (dritten) Verfassung~: Die ausübende Gewalt
wird einem +Direktorium+ von fünf Personen, die gesetzgebende dem +Rate
der Alten+ (250) und dem +Rate der Fünfhundert+ übertragen, doch sollen
für diesmal ⅔ der Mitglieder beider Räte aus den Konventsmitgliedern
gewählt werden. Gegen diese Wahlbeschränkung erheben sich die von
den Royalisten bearbeiteten Pariser +Sektionen+ (Stadtviertel) zum
Aufstande. Auf +Barras’+ Antrag wird General ~Bonaparte~ an die Spitze
der Truppen des Konvents gestellt.

[5. Okt.]

Blutiger +Sieg in den Straßen von Paris+. Darauf Vollziehung der
Wahlen, der Konvent löst sich auf.

[~1795–1799.~]

~Direktorialregierung in Frankreich.~

Vergebliche Versuche, die zerrüttete Staatsordnung wieder herzustellen.
Den entwerteten Assignaten immer neue hinzugefügt. Unerhörtes
Raubsystem in den besetzten oder eroberten Ländern angeordnet, um Geld
und Kunstschätze aller Art nach Paris zu bringen. Unterdrückung der
Royalisten und der kommunistischen Verschwörung des +Gracchus Babeuf+
(1796).


~Wirkungen der französischen Revolution~:

l. Frankreich ist nach dem Sturz des unbeschränkten Königtums und nach
schweren inneren Kämpfen zu einer freieren, aber noch wenig befestigten
Verfassung gelangt. 2. Frankreichs +Eroberungslust+, genährt durch
die Notstände im Innern, gefährdet den Bestand des europäischen
Staatensystems. 3. In den übrigen europäischen Staaten (mit Ausnahme
Englands) macht sich das Streben nach Einführung +freier Verfassungen+
geltend, doch lehren die zunächst folgenden Kriegszeiten auch den Wert
einer starken Monarchie erkennen.


§ 2. Frankreichs Kriege gegen das Ausland.

[~1792–1797.~]

~Erster Koalitionskrieg.~

~Veranlassung~: Zusammenkunft des Kaisers +Leopold II.+ und des Königs
+Friedrich Wilhelm II.+ von Preußen zu ~Pillnitz~ bei Dresden (Aug.
1791); auch Vertreter der +Emigranten+ (S. 307) erscheinen dort.
Eine gebieterische +Erklärung+ gegen Frankreich wird beschlossen und
veröffentlicht. Leopold II. ist noch um Erhaltung des Friedens bemüht,
schließt aber (Febr. 1792) mit Preußen ein Verteidigungsbündnis. Sein
Sohn und Nachfolger

[~1792–1806.~]

~Franz II.~ (als Kaiser von Österreich +Franz I.+ bis 1835) empfängt
von +Frankreich+ die Kriegserklärung (S. 310). Der erste Angriff der
Franzosen auf das österreichische +Belgien+ mißlingt. +Lafayette+ führt
seine Absicht, mit Truppen der Nordarmee dem bedrängten König Ludwig
XVI. zu Hilfe zu kommen, nicht aus, wird auf der Flucht (19. Aug.) von
den Österreichern ergriffen und als Gefangener nach Olmütz gebracht
(1797 entlassen).

[~1792.~ 25. Juli.]

Drohendes Manifest des Herzogs +Karl Wilhelm Ferdinand von
Braunschweig+, welcher mit 80000 Mann Preußen und Österreichern von
Koblenz aus langsam in Frankreich einrückt. Die Festungen Longwy und
Verdun genommen.

[20. Sept.]

Treffen bei +Valmy+; der Herzog von Braunschweig bricht den Kampf ab.
Rückzug durch die Champagne.

Im Süden +Savoyen+ und +Nizza+ von den Franzosen besetzt, da der König
von Sardinien sich dem Bündnis gegen Frankreich angeschlossen hat.

[Okt.]

Der französische General +Custine+ dringt +über den Rhein+ vor, erobert
Speier, Worms, Mainz und Frankfurt. Nur Frankfurt wird von preußischen
und hessischen Truppen bald wieder gewonnen.

[Nov.]

Der französische General +Dumouriez+ besiegt die Österreicher bei
+Jemappes+ und erobert +Belgien+.

[~1793.~]

Nach der Hinrichtung Ludwigs XVI. treten +England+, +Holland+,
+Spanien+, +Neapel+, das +Deutsche Reich+ dem Bündnis gegen Frankreich
bei.

[März.]

+Dumouriez+, von den Österreichern (unter dem Prinzen Friedrich Josias
von Koburg) bei +Neerwinden+ geschlagen, flüchtet mit dem Herzog
von Chartres (Ludwig Philipp, Sohn des Herzogs von Orléans) in das
österreichische Lager, später nach England.

[Juli.]

Die Österreicher erobern die Festungen Condé und Valenciennes.
+Custine+, welcher nach Dumouriez’ Flucht in Belgien befehligt, deshalb
abgesetzt und bald darauf in Paris hingerichtet.

Die Preußen erobern nach längerer Belagerung +Mainz+. Der französische
General +Beauharnais+ bringt zu spät Hilfe, wird abgesetzt und
hingerichtet.

[Aug.]

Der Konvent verfügt die Aushebung aller Waffenfähigen vom 18.–25.
Lebensjahre (levée en masse). Energie des Wohlfahrtsausschusses;
~Carnot~ stellt 600000 Mann unter Waffen.

Erfolgreiche Wendung des Krieges für die Franzosen; die Nordarmee
(General +Jourdan+) siegt bei +Hondschoote+ (unweit Dünkirchen) über
die Engländer, Hannoveraner und Hessen, bei +Wattignies+ (an der
Sambre) über die Österreicher; die Moselarmee (General +Hoche+) erobert
die von General +Wurmser+ besetzten +Weißenburger Linien+ im Elsaß
wieder.

[~1794.~]

Jourdan siegt bei +Fleurus+ über den Prinzen von Koburg und erobert
+Belgien+.

Die Preußen, zweimal siegreich bei +Kaiserslautern+ in der Rheinpfalz
(Mai und Sept., +Blüchers+ Reiterangriffe), gehen dann doch über den
Rhein zurück; die Franzosen besetzen die Reichsstädte +Aachen+ und
+Köln+.

[~1795.~ Jan.]

Der französische General +Pichegru+ erobert Holland. Flucht des
Erbstatthalters +Wilhelm V.+ (aus dem Hause Nassau-Diez, welches
1748 dem Hause Nassau-Oranien in der Statthalterwürde gefolgt war)
nach England, Begründung der ~Batavischen Republik~ (1795–1806). Die
Engländer besetzen die holländischen Kolonien +Kapland+ und +Ceylon+.

[April.]

~Friede zu Basel~ zwischen +Frankreich+ und +Preußen+. +Öffentliche
Bedingungen+: 1. Frankreich bleibt bis zum endgültigen Frieden mit dem
Deutschen Reich im Besitz des +preußischen+ Gebiets am linken Rheinufer
(halb Cleve, Mörs, Obergeldern). 2. Eine Demarkationslinie (vom Main
bis nach Schlesien) setzt die Neutralität, des nördlichen Deutschlands
fest. +Geheime Bedingung+: Für den Fall, daß beim allgemeinen Frieden
das linksrheinische Deutschland an Frankreich abgetreten wird, erhält
Preußen eine Entschädigung aus rechtsrheinischem Gebiet zugesichert.

Auch +Spanien+ schließt mit Frankreich Frieden zu +Basel+, indem es
seinen Anteil an der Insel San Domingo abtritt; der Minister +Godoy+
erhält den Titel Friedensfürst. Die Verwaltung Spaniens unter Karl IV.
(1788–1808) zerrüttet, die Seemacht durch die Engländer fast vernichtet.

[~1795.~]

England (Minister William Pitt der Jüngere) verspricht den
Österreichern Subsidiengelder. Wurmser und +Clerfait+ halten die
Rheinlinie gegen Jourdan und Pichegru.

[~1796.~]

Erzherzog ~Karl von Österreich~, Bruder des Kaisers Franz, besiegt
den französischen General Jourdan bei +Amberg+ (in der bayrischen
Oberpfalz) und +Würzburg+, wendet sich dann gegen Moreau, der sich
durch den Schwarzwald zurückzieht. Zur selben Zeit

~Napoleon Bonapartes glänzender Feldzug in Italien.~ Er besiegt wenige
Wochen nach seiner Vermählung mit +Josephine+, Witwe des Generals
+Beauharnais+ (S. 314), von Nizza aus vordringend, die Österreicher
bei +Millesimo+, die Sardinier bei +Mondovi+ und zwingt den König
+Viktor Amadeus+ von Sardinien zum +Frieden+; Abtretung von +Savoyen+
und +Nizza+ an Frankreich. Nach Erstürmung der Addabrücke bei +Lodi+
(10. Mai) zieht er in +Mailand+ ein und erobert die ganze +Lombardei+
bis auf +Mantua+. Die Herzöge von +Parma+ und +Modĕna+, der +Papst+
und +Neapel+ erkaufen Waffenstillstand und Frieden durch Geld und
Kunstschätze. Papst Pius VI. tritt im Frieden zu +Tolentino+ (Febr.
1797) Avignon und Venaissin, die Romagna und Ancona, Bologna und
Ferrara ab.

[~1796–1797.~ Juli–Febr.]

~Belagerung von Mantua.~ Die Österreicher versuchen, die Festung
(General Wurmser) zu entsetzen, werden aber in mehreren Schlachten,
namentlich bei ~Arcole~ (Nov. 1796) und ~Rivoli~ (Jan. 1797) besiegt.

[~1797.~ März]

Nach dem Falle Mantuas dringt +Bonaparte+ über die Ostalpen vor gegen
Wien, während +Hoche+ und +Moreau+ wieder über den Rhein gehen.

Die Bewohner des +venetianischen+ Gebiets erheben sich gegen die
Franzosen, in +Tirol+ und +Böhmen+ wird die Bevölkerung unter die
Waffen gerufen. +Bonaparte+, in Gefahr abgeschnitten zu werden, knüpft
Unterhandlungen an; Friedenspräliminarien zu ~Leoben~ (an der Mur).

[Mai.]

Bonaparte kehrt nach Oberitalien zurück und erklärt der Republik
~Venedig~ den Krieg, besetzt Stadt und Gebiet ohne bedeutenden
Widerstand.

In Oberitalien wird die ~Cisalpinische Republik~ (Mailand, Modĕna,
Ferrara, Bologna, Romagna) eingerichtet; die Republik +Genua+ wird
umgewandelt in die ~Ligurische Republik~; beide von Frankreich abhängig.

[~1797.~ Sept.]

Staatsstreich in Paris, die Royalisten aus dem Rat der Alten und dem
Rat der Fünfhundert ausgestoßen, zwei Mitglieder des Direktoriums
(+Carnot+ und +Barthélemy+) zur Deportation verurteilt. Die Republik
wird dadurch auf Betreiben des von Bonaparte nach Paris abgesandten
Generals +Augereau+ befestigt.

[Okt.]

~Friede zu Campo Formio~ (bei Udine) zwischen Frankreich und
Österreich. +öffentliche Bedingungen+: 1. Österreich tritt die
+Lombardei+ und die +Niederlande+ (Belgien und Luxemburg, S. 274)
ab, erhält +Venedig+ und dessen Gebiet, S. 304 (Venetien, Istrien,
Dalmatien, aber nicht die Ionischen Inseln). 2. Zur Herstellung des
Reichsfriedens und Festsetzung der Entschädigungen tritt ein Kongreß
zu +Rastatt+ zusammen. +Geheime Bedingung+: Österreich willigt in die
Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich; die beeinträchtigten
Fürsten sollen +in Deutschland entschädigt werden+.

[~1797–1840.~]

~Friedrich Wilhelm III., König von Preußen~ (s. Anhang).

[1797–1799. Dez. April.]

~Kongreß zu Rastatt~, keine Einigung erzielt.

[~1798.~ Febr.]

Die Franzosen besetzen und brandschatzen +Rom+. Errichtung der
~Römischen Republik~. Papst +Pius VI.+ wird als Gefangener nach Valence
(an der Rhone) geführt, wo er im folgenden Jahre stirbt.

Agitationen in der Schweiz (Waadtland) gegen die Regierung in Bern.
Eindringen der Franzosen.

[April.]

Der Bund der Eidgenossen wird in die ~Helvetische Republik~ (19
gleichberechtigte Kantone, S. 225) umgewandelt; der Bundesschatz (16
Mill. Francs) ausgeliefert; +Genf+ an Frankreich abgetreten.

[~1798–1799.~]

~Bonapartes Zug nach Ägypten~, vorbereitet unter der Maske einer
Unternehmung gegen England, dessen Seeherrschaft zu brechen am ersten
im Mittelländischen Meere gelingen konnte.

Auslaufen der Flotte aus +Toulon+ (Mai 1798), mit 35000 Mann
unter ~Bonaparte~, +Berthier+, +Kléber+, +Desaix+. Die bisher dem
Johanniterorden (S. 242) gehörige Insel +Malta+ wird für Frankreich in
Besitz genommen. Landung in Ägypten, Einnahme von +Alexandrīa+. Sieg
über die +Mamelucken+ in der Schlacht bei den ~Pyramiden~ (21. Juli),
darauf die Hauptstadt +Kairo+ besetzt. Desaix dringt nach Oberägypten
vor. Französische Gelehrte (+Denon+, Generaldirektor der Museen, unter
ihm die Vendômesäule errichtet) beginnen die Altertümer Ägyptens zu
erforschen (S. 4, Anm. 1).

[~1798.~ 1. Aug.]

~Seeschlacht bei Abukir~ (+Nelson+). Die französische Flotte von den
Engländern fast vernichtet, dem Landheere die Verbindung mit Frankreich
abgeschnitten. Kriegserklärung der Türkei an Frankreich.

Bonaparte unterdrückt einen Aufstand in +Kairo+ und zieht darauf nach
+Syrien+, erstürmt +Jaffa+, kann aber das mit Hilfe von Engländern
verteidigte +St. Jean d’Acre+ (+Akkon+) nicht nehmen. Pest im
französischen Heere, Rückzug nach Ägypten; Landung und Niederlage der
Türken bei ~Abukir~ 1799.

[~1799–1802.~]

~Zweiter Koalitionskrieg.~

Der englische Minister +William Pitt+ (S. 300) gewinnt +Österreich+,
+Rußland+, +Neapel+, +Portugal+, +die Türkei+ zum Bündnis gegen
Frankreich. Kaiser ~Paul von Russland~ (1796 bis 1801) wird 1798
zum Großmeister des Malteserordens erwählt; eine russisch-türkische
Flotte vertreibt die Franzosen von den Ionischen Inseln. Preußen unter
Friedrich Wilhelm III. bleibt neutral.

Eröffnung des Krieges Ende 1798 durch einen Einfall der Neapolitaner
unter dem österreichischen General +Mack+ in die Römische Republik.
Der Einfall wird zurückgeschlagen, der König Ferdinand IV. von Neapel
(S. 305) flieht nach Palermo, sein festländisches Gebiet wird von den
Franzosen besetzt und in die

[~1799.~ Jan.]

~Parthenopeische Republik~ verwandelt. Auch der Großherzog Ferdinand
III. von +Toskana+ wird verjagt. Der König Karl Emanuel IV. von
+Sardinien+ entflieht aus Turin nach der Insel Sardinien, seine
festländischen Besitzungen werden in französische Verwaltung genommen
und 1802 in Frankreich einverleibt.

[März.]

+Jourdan+, von Erzherzog +Karl+ bei +Ostrach+ und bei +Stockach+
(nördlich vom Bodensee) geschlagen, geht über den Rhein zurück.

[April.]

Auflösung des Kongresses zu Rastatt. Zwei von den abreisenden
französischen Gesandten werden von österreichischen Husaren ermordet.

[Juni.]

+Masséna+ bei ~Zürich~ von Erzherzog +Karl+ geschlagen, behauptet aber
seine Stellung am Vierwaldstätter See. Inzwischen ist ein russisches
Heer unter ~Suwōrow~ (geb. 1729) in Italien erschienen und hat sich mit
den Österreichern (unter +Melas+) vereinigt. Die Siege bei ~Cassano~
und an der ~Trebbia~ bewirken die Auflösung der Cisalpinischen,
Römischen und Parthenopeischen Republik. In Neapel grausames
Blutvergießen nach der mit Unterstützung +Nelsons+ erfolgten Rückkehr
Ferdinands IV.

Ein neues französisches Heer unter Joubert wird bei ~Novi~ (15.
Aug.) ebenfalls geschlagen; dann muß Suwōrow auf Betreiben des
österreichischen Ministers +Thugut+ Italien räumen und über die Alpen
ziehen (berühmter Marsch über den St. Gotthardpaß), um sich mit dem
zweiten russischen Heere unter +Korsakow+ in der Schweiz zu vereinigen.
Aber dieses Heer war, da Erzherzog +Karl+ sich nach dem Rhein gewandt
hatte, vor Suwōrows Ankunft von Masséna in der +zweiten+ Schlacht bei
~Zürich~ (25. 26. Sept.) geschlagen. Suwōrow gelangt nach weiteren
erstaunlich beschwerlichen Märschen und Kämpfen im Okt. in das
Rheintal, führt dann voll Erbitterung gegen Österreich sein Heer nach
Rußland zurück († 1800).

[~1799.~ Okt.]

Ein +englisch-russisches+ Heer unter dem Herzog von +York+ (Sohn
Georgs III.), welches in Holland gelandet war, wird von den Franzosen
zurückgedrängt und durch die Kapitulation bei +Alkmar+ zum Abzug
genötigt.

+Bonaparte+ eilt, nachdem er den Befehl in Ägypten an +Kléber+
(ermordet 1800) übertragen hat, mit wenigen Begleitern nach
Frankreich zurück, um das Mißgeschick der französischen Waffen wieder
gutzumachen. Er stürzt im Einverständnis mit den Direktoren +Sieyès+
und +Roger-Ducos+ und seinem Bruder +Lucian Bonaparte+, Präsidenten des
Rates der Fünfhundert,

[9. Nov.]

durch den ~Staatsstreich des 18. Brumaire~ das Direktorium und treibt
am folgenden Tage den Rat der Fünfhundert auseinander.

[~1799–1804.~]

~Konsularregierung~,

~Napoléon Bonaparte~ an der Spitze des Staates als ~erster Konsul~ +auf
10 Jahre+; neben ihm zwei von ihm ernannte Konsuln mit nur beratender
Stimme.

Die ~neue (vierte) Verfassung~, von +Sieyès+ entworfen, aber von
Napoleon bedeutend verändert, durch Abstimmung von der ganzen Nation
angenommen, läßt den +Schein einer Republik+ bestehen, schafft aber in
Wirklichkeit eine +Militärmonarchie+. Ein +Senat+ (80 reich besoldete
und wenig beschäftigte Senatoren) ernennt aus den von den Departements
eingesandten Namenlisten die +Mitglieder der gesetzgebenden Gewalt+,
die obersten Beamten und Richter. Gesetzgebende Gewalt +ohne+
Vorschlagsrecht: a) +Tribunat+ (100), verhandelt über die Vorschläge
der Regierung, ohne abzustimmen; b) +Gesetzgebender Körper+ (300),
hat diese Vorschläge +ohne Debatte+ anzunehmen oder abzulehnen. Die
+ausübende Gewalt+ hat der +erste Konsul+, dem ein Staatsrat zur Seite
steht. ~Talleyrand~ (früher Bischof von Autun, dann im Dienst der
Revolution) Minister des Auswärtigen (bis 1807).

Die Verwaltung wird neu geordnet und wieder zentralisiert (S. 308):
strenge Abhängigkeit der +Präfekten+ in den Departements und ihrer
Unterbeamten von der Regierung in Paris. Ordnung der Finanzen
hergestellt; Verbesserung der Rechtspflege, Ausarbeitung eines neuen
Gesetzbuches (+Code Napoléon+ 1804).

Die Friedensanträge des ersten Konsuls werden zurückgewiesen, nur
Kaiser +Paul+ von Rußland wendet sich von der Koalition ab. Er erneuert
die bewaffnete Seeneutralität (S. 297). Denselben Zweck verfolgt die
+Nordische Konvention+ zwischen Rußland, Schweden, Dänemark, Preußen
(1800), gegen England gerichtet.

[~1800.~]

+Napoleon+ führt sein Heer (32000 Mann) über den +Großen St. Bernhard+
(Umgehung des Forts +Bard+), schlägt die Österreicher unter +Melas+
bei ~Marengo~ (14. Juni, Gen. Desaix †, als er Napoleon im kritischen
Augenblick noch zu Hilfe kommt) und stellt die Cisalpinische Republik
wieder her.

In Deutschland dringt General +Moreau+ unter siegreichen Gefechten
bis +München+ vor, schlägt (3. Dez.) die Österreicher nochmals bei
~Hohenlinden~ (östlich von München), schließt dann Waffenstillstand zu
+Steyer+.

[~1801.~]

~Friede zu Lunéville~: 1. +Kaiser und Reich+ willigen in die ~Abtretung
des linken Rheinufers an Frankreich~; die Fürsten, welche Gebiet
verlieren, sollen +in Deutschland entschädigt+ werden. 2. Anerkennung
der Batavischen, Cisalpinischen, Ligurischen, Helvetischen Republik.
-- Deutschland verliert durch diesen Frieden mit Einschluß des
belgischen Gebietes (vgl. S. 225, 316) 63000 qkm. (1150 □ Meil.) mit
beinahe 3½ Mill. Einwohnern. Die schmachvollen Unterhandlungen über die
Entschädigungen ziehen sich ~2 Jahre~ hin.

+Toskana+ endlich wird zu Gunsten des in +Parma+ regierenden
spanisch-bourbonischen Herzogs Ludwig I. (S. 284) in ein von Frankreich
abhängiges +Königreich Etrurien+ verwandelt. Ferdinand III. von Toskana
erhält dafür das vergrößerte Erzbistum Salzburg und die Kurwürde.
Ebenso tauscht Herzog +Herkules III.+ von +Modena+ (S. 341) gegen sein
Land den Breisgau und die Ortenau ein.

[~1801–1825.~]

~Alexander I., Kaiser von Russland~, nach Ermordung seines Vaters Paul
I. durch Verschworene. Aussöhnung Rußlands mit +England+, Auflösung der
Nordischen Konvention.

[~1801.~]

~Die Franzosen räumen Ägypten~; das Heer wird auf englischen Schiffen
nach Frankreich zurückgebracht.

~Konkordat~ zwischen dem neuen (S. 316) Papst +Pius VII.+ und der
französischen Republik. Der Papst erkennt die Einziehung der
Kirchengüter an, willigt ein, daß die Erzbischöfe und Bischöfe von
der französischen Regierung ernannt werden, und behält sich nur die
Bestätigung vor, begnügt sich mit dem Besitz des +verkleinerten+
Kirchenstaats (S. 315).

[~1802.~ März.]

~Friede zu Amiens~ zwischen Frankreich und England (nach Rücktritt des
Ministers +Pitt+):

1. Herausgabe aller von England gemachten Eroberungen an Frankreich
und seine Verbündeten mit Ausnahme von +Trinidad+, welches Spanien,
und +Ceylon+ (S. 314), welches die Batavische Republik abtritt. 2.
+Malta+ (von den Engländern 1800 erobert) soll dem Johanniterorden
zurückgegeben werden. Infolge dieses Friedens ebenfalls +Friede+
zwischen +Frankreich+ und der +Pforte+.

Stiftung des +Ordens der Ehrenlegion+; monarchisches Auftreten
+Napoleons+. Er läßt sich zum Präsidenten der +Italienischen+ (bisher
Cisalpinischen) Republik wählen und übernimmt auf Grund einer
Volksabstimmung in Frankreich (3½ Millionen Stimmen) das

[~1802.~ Aug.]

~Konsulat auf Lebenszeit~. +Elba+ und +Piemont+ werden mit Frankreich
vereinigt. Die +Helvetische Republik+ erhält durch die +Mediationsakte+
eine neue Verfassung (1803).

Für die inneren Verhältnisse ~Deutschlands~ wird der Friede zu
Lunéville nach einem von +Frankreich+ und +Rußland+ festgesetzten
Entschädigungsplan zur Ausführung gebracht durch den

[~1803.~ Febr.]

~Reichsdeputations-Hauptschluß~ zu Regensburg. Von +geistlichen+
Ständen bleiben nur: 1. der bisherige Kurfürst von Mainz, von jetzt
ab +Kurerzkanzler+ und Fürst Primas (v. Dalberg), mit einem Gebiet,
gebildet aus Überresten des Erzstifts Mainz auf dem +rechten+
Rheinufer, dem Bistum +Regensburg+ und den Städten +Regensburg+,
+Aschaffenburg+ und +Wetzlar+; 2. der +Johanniter+- und der
+Deutschordensmeister+. Von den 52 freien +Reichsstädten+ bestehen
nur ~6~ fort, die 3 Hansestädte +Lübeck+, +Hamburg+, +Bremen+,
ferner +Frankfurt+, +Augsburg+, +Nürnberg+. Alle übrigen geistlichen
Gebiete und Reichsstädte werden zu Entschädigungen verwendet.
Die Kurfürstentümer +Trier+ und +Köln+ gehen ein. +Vier neue
Kurfürstentümer+: Hessen-Kassel, Baden, Württemberg, Salzburg.

+~Hauptsächlichste Entschädigungen~+: 1. Großherzog von ~Toskana~:
+Salzburg+ und +Berchtesgaden+. 2. Herzog von ~Modĕna~: +Breisgau+
(wofür Österreich die Stifter +Trient+ u. +Brixen+ erhält). 3.
~Bayern~: Bistümer +Würzburg+, +Bamberg+, +Freising+, +Augsburg+,
Abteien und Reichsstädte in Franken und dem östlichen Schwaben. 4.
~Baden~ erhält den rechtsrheinischen Teil der +Pfalz+ (Heidelberg,
Mannheim) und der Bistümer Straßburg, Speier, Basel, Konstanz.
5. ~Württemberg~: mehrere Klöster und Reichsstädte, besonders
+Reutlingen+, +Eßlingen+, +Heilbronn.+ 6. ~Preußen~: die Bistümer
+Münster,+ +Paderborn,+ +Hildesheim,+ das mainzische +Thüringen+
(Eichsfeld und Erfurt), mehrere Abteien, besonders +Quedlinburg+, und
die Reichsstädte +Mühlhausen,+ +Nordhausen,+ +Goslar.+ 7. ~Oldenburg~:
Bistum +Lübeck.+ 8. ~Hannover~: Bistum +Osnabrück+. 9. ~Wilhelm~ von
~Oranien,~ Sohn des Erbstatthalters von Holland: Stifter +Fulda+
und +Corvey.+ Im allgemeinen +gewinnen+ die entschädigten Fürsten
bedeutend an Gebiet und Untertanen, z.B. erhält Preußen 13000 qkm (240
□ Meilen), für 2600 qkm (48 □ Meilen); die übergroße Zahl der deutschen
Kleinstaaten wird vermindert.


§ 3. Machtentfaltung des ersten französischen Kaiserreiches.

[1803.]

Neuer Bruch zwischen +Frankreich+ und +England+. England gibt Malta
nicht heraus, fordert die Entfernung französischer Truppen aus der
Batavischen Republik und der Schweiz, auch Herausgabe von Piemont.
Aufenthalt der bourbonischen Prinzen in London. Die Franzosen ~besetzen
Hannover;~ das Lager bei +Boulogne+ bedroht England mit einer Landung.
William +Pitt+ wiederum leitender Minister in England († 1806).

[1804.]

Verschwörung gegen das Leben des ersten Konsuls entdeckt. +Pichegru+
erdrosselt im Gefängnis gefunden, +George Cadoudal+ hingerichtet,
+Moreau+ verbannt, geht nach Amerika. Der +Herzog von Enghien+
(bourbonischer Prinz von der Nebenlinie Condé) wird als an der
Verschwörung beteiligt aus Ettenheim in Baden mit Gewalt entführt und
auf Napoleons Befehl in Vincennes (bei Paris) erschossen. Tribunat
und Senat beschließen die Umwandlung der Republik Frankreich in ein
erbliches +Kaiserreich+; der Beschluß wird durch +Volksabstimmung+ (mit
über 3½ Mill. Stimmen) genehmigt.

[1804. 2. Dez.]

+Napoleon+ krönt sich und seine Gemahlin +Josephine Beauharnais+ in der
Kirche +Notre-Dame+ zu Paris, nachdem Papst Pius VII. die Ceremonie der
Salbung vollzogen hat.

[~1804–1814(15).~]

~Napoleon I., Kaiser der Franzosen.~ Einrichtung eines glänzenden
Hofstaates. Großwürdenträger, 18 Maréchaux de l’Empire. Neuer Adel.
+Senat+ und +gesetzgebender Körper+ bleiben, aber ohne selbständige
Befugnisse, das Tribunat wird 1807 aufgehoben.

[1805.]

+Napoleon+, ~König von Italien.~ Sein Stiefsohn +Eugen+ +Beauharnais,
Vizekönig+ von Italien. Die +Ligurische Republik+ wird in Frankreich
einverleibt.

 ~Die Familie Bonaparte.~

    Carlo Bonaparte, †1785, Gem. Maria Lätitia Ramolino, †zu Rom 1836.
  ____________________________|________________________________...
 |                       |                |             |
 ~Joseph,~     ~Napoléon I.~  Lucian,        Elise,
 K. v. Neapel 1806, 1804–1814,          F. v. Canino,  Fürstin von
 K. v. Span. 1808,  †1821.              †1840.         Piombino,
 †als Gr. v.        Gem.                 |             †1820.
 Sur-villiers      1. Josephine          |
 1844.             Beauharnais,       Karl Lucian,
                   †1814.             F. v. Canino.
                   2. Marie Luise v.
                   Österreich, †1847.
                   (Hzgin. v. Parma.)
   ______________|______________________________
  |                              |              |
 Stiefkinder:                Adoptiert:    Eigenes Kind:
 a) Eugen,    b) Hortense,   c) Stephanie, Napoleon (II.),
 Vizek. v.    Gem. v. Ludw., Großhzgin.    König v. Rom,
 Italien      K. v. Holland, v. Baden,     †als Hz.
 (Gem. Przn.  †1837.         †1860.        v. Reichstadt
 v. Bayern),                               1832.
 †als Hz. v.
 Leuchtenberg
 1824.
  |_____________________________________________________________________
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 Josephine   Eugenie         August,      Amalie          Theodelinde  Max,
 (Gem. Oskar (Gem. Fürst von Hz. v.       (Gem. Pedro I., (Gem. Gr. v. Hz. v.
 I., König   Hohenzollern-   Leuchtenberg Kaiser         Württemberg) Leuchtenberg,
 von         Hechingen),     (Gem. d.     v.             †1857.       †1852.
 Schweden)   †1847.          Kgin. v.     Brasilien),
 †1876.                      Portugal).   †1873.
                             †1835.


     Carlo Bonaparte, †1785, Gem. Maria Lätitia Ramolino, †zu Rom 1836.
 ...____________________________|_________________
          |        |              |               |
 ~Ludwig,~       Pauline,      Karoline,      Jérôme,
 K. v. Holland   (Gem. Fürst   (Gem. Joachim  K. v. Westf.
 (Gem. Hortense, v. Borghese), Murat, K. von  (Gem. Przn.
 Stieftochter    †1825.        Nepal),        v. Württemb.),
 Napoleons I.).                †1839.         †1860.
 †1846.                                         |
    |                                           |
  __|____________                          Jérôme Napoléon, †1891,
 |               |                    Gem. Clotilde v. Italien, †1911.
 Ludwig,     Karl Ludwig                _____________|_____________
 Großhzg. v. (seit dem                 |             |             |
 Berg u.     Tode seines          Napoleon Victor,  Louis.   Maria Lätitia,
 Cleve,      Bruders gen.         Gem. Clementine            Gem. Amadena,
 †1831.      ~Louis Napoléon~)    v. Belgien.                Hz. v. Aosta,
             als Kaiser                                      †1890 (König v.
             ~Napoléon III.~, Gem. Eugenie Montijo,          Spanien
             1852–1870. †1873.     Gräfin v. Teba.           1870–1873).
                  |____________________|
                        |
                   Napoleon (Prince-Impérial),
                   †1879.

Napoleons Pläne zur Vernichtung Englands (die Flotte in +Brest+ soll
die Landung des Heeres in England decken, die Geschwader in +Toulon+
und +Rochefort+ die englische Flotte nach Westindien locken) werden
vereitelt durch +Nelsons+ energische Maßregeln und durch den

[~1805.~]

~Dritten Koalitionskrieg.~

+England, Rußland, Österreich+ und +Schweden+ (+Gustav IV+., 1792–1809)
einigen sich zur Herstellung des europäischen Gleichgewichts. +Spanien+
mit Frankreich verbündet.

Das Lager bei +Boulogne+ wird aufgehoben. Die französischen Heere
rücken unter +Davout, Soult, Lannes, Ney+ nach dem Rhein zu gegen
Österreich, +Napoleon+ vereingt seine Truppen (200000 Mann) an der
oberen Donau. +Bernadotte+, von Hannover kommend, marschiert durch das
neutrale ansbachische Gebiet Preußens. ~Bayern, Württemberg, Baden~
verstärken Napoleons Heer. Nach mehreren unglücklichen Treffen wird der
österreichische General

[~1805.~ Okt.]

~Mack~ in ~Ulm~ mit 25000 Mann zur Ergebung genötigt und kriegsgefangen.

Der Seekrieg (seit 1803) von England glänzend beendet durch

[21. Okt.]

~Nelsons Seesieg bei Trafalgar~ unweit Cadiz über die französische und
spanische Flotte, welche auf Napoleons bestimmten Befehl aus Cadiz
ausgelaufen war. +Nelson+ † (»England expects every man to do his
duty«).

Die Franzosen marschieren auf ~Wien~, das Napoleons Schwager +Murat+
ohne Widerstand einnimmt. Erzherzog +Karl,+ der in Italien mit
+Masséna+ gekämpft hat, zieht sich über die Ostalpen zurück; ein
russisches Heer unter +Kutūsow+, ein zweites unter +Kaiser Alexander+
rückt heran.

[3. Nov.]

Bündnis Alexanders mit Friedrich Wilhelm III. zu +Potsdam+ (am Sarge
Friedrichs d. Gr.).

[2. Dez.]

~Drei-Kaiser-Schlacht bei Austerlitz~ (in Mähren). +Napoleon+ siegt
über die vereinigten +Russen+ und +Österreicher+, ehe Erzherzog Karl
angekommen ist. Waffenstillstand mit Österreich, Rückzug der Russen.

[15. Dez.]

Vertrag +Preußens+, das soeben noch bereit war, der Koalition
beizutreten, mit +Napoleon+ zu +Schönbrunn+ (Gesandter Graf Haugwitz).
Preußen tritt an Frankreich den rechtsrheinischen Rest von +Cleve+
(+Wesel+) und +Neuchâtel,+ an Bayern, das +Berg+ an Frankreich
überläßt, +Ansbach+ ab, erhält dafür (das den Engländern erst
abzuringende) +Hannover,+ schließt mit Frankreich ein Schutz- und
Trutzbündnis.

[26. Dez.]

~Friede zu Preßburg~: 1. Österreich tritt +Venedig+ nebst Gebiet (S.
316) an das Königreich +Italien+ ab, als dessen König es ~Napoleon~
anerkennt. 2. Österreich tritt an ~Bayern~ ab: +Tirol,+ +Vorarlberg,+
+Burgau,+ +Lindau,+ ferner die Bistümer +Brixen, Trient, Eichstädt,
Passau+; außerdem erhält Bayern die freie Stadt +Augsburg+. 3. Von
Österreich erhalten ~Württemberg~ und ~Baden~ die noch übrigen
vorderösterreichischen Besitzungen in Oberschwaben, den Breisgau, die
Stadt +Konstanz+ u. a., dazu kommen die Gebiete des Deutschen Ordens
und der Johanniter (Malteser) in Süddeutschland (Mergentheim, s. S.
179). 4. Bayern und Württemberg werden als ~Königreiche~ anerkannt. 5.
Österreich erhält als Entschädigung: +Salzburg, Berchtesgaden+ und die
Güter des +Deutschen Ordens+; der Kurfürst von +Salzburg+ bekommt von
Bayern +Würzburg+ als Entschädigung. ~Rußland~ bleibt im Kriegsstande,
ebenso England und Schweden.

[~1805.~ Dez.]

Das Haus Bourbon in +Neapel+ (S. 305) wird durch eine Verfügung
Napoleons aus Schönbrunn (+La dynastie de Naples a cessé de régner+)
entthront. Von Paris aus verfügt er weiter über die unterworfenen
Länder.

[~1806.~]

~Joseph~, Napoleons älterer Bruder, wird König von Neapel. Der Hof von
Neapel zieht sich nach +Palermo+ zurück. Sicilien ist für Napoleon
unerreichbar, da die Engländer das Meer beherrschen.

~Joachim Murat,~ Schwager Napoleons, wird Großherzog von +Berg+ (bisher
zu Bayern gehörig, S. 289, 323). Marschall ~Berthier~ wird Fürst von
+Neuchâtel+. ~Louis~ Bonaparte, Napoleons dritter Bruder, Gemahl seiner
Stieftochter +Hortense Beauharnais,+ wird König von ~Holland~ (frühere
Batavische Republik). Seine Schwestern +Elise+ und +Pauline+ erhalten
die Fürstentümer +Piombino+ (mit +Lucca+ und +Carrara+) und +Guastalla+.

[Juli.]

~Errichtung des Rheinbundes~ (s. S. 266).

Napoleon ~Protektor.~ Der bisherige Kurerzkanzler des Reiches +Fürst
Primas+ des Rheinbundes, die Könige vor +Bayern+ und +Württemberg+,
Großherzöge von +Baden, Hessen Darmstadt+ und +Berg+, Herzog von
+Nassau+ u. a. treten bei. Die andern regierenden deutschen Fürsten
schließen sich nach und nach an mit Ausnahme derer von +Österreich,
Preußen, Braunschweig+ und +Kurhessen+.

Viele bis jetzt reichsunmittelbare Fürsten (Fürstenberg, Öttingen,
Hohenlohe, Thurn und Taxis, Leiningen, Solms, Sayn-Wittgenstein
u. a.), Grafen (Castell, Erbach, Stolberg, Metternich u. a.) und
Ritter (Reichsfreiherr vom +Stein+) werden als +Mediatisierte+ den
Rheinbundfürsten untertan; die bisherige Reichsstadt +Nürnberg+ kommt
an Bayern, +Frankfurt+ an den Fürsten Primas +Dalberg+ (+Großherzog von
Frankfurt+). Der Rheinbund hat dem französischen Kaiserreich 63000 Mann
Truppen zu stellen.

Kaiser +Franz+, der schon 1804 den Titel ~Kaiser von Österreich~
angenommen hatte, legt (6. Aug.) die deutsche Kaiserwürde nieder. ~Ende
des alten Deutschen Reiches~.

[~1806–1807.~]

~Krieg Frankreichs gegen Preußen und Rußland.~

+Gründe der preußischen Kriegserklärung+: Errichtung des Rheinbundes,
Wegnahme von +Essen+ und +Werden+ durch den Großh. von Berg; Anerbieten
Napoleons an England, Preußen das ihm soeben aufgedrängte Land
+Hannover+ wieder abzunehmen, während er Preußen zur Bildung eines
+norddeutschen Bundes+ auffordert (den betreffenden Fürsten aber
heimlich abrät).

Gefahrvolle Lage Preußens beim Ausbruch des Krieges. Das Heerwesen
veraltet (Kanton- und Werbesystem), die Leitung unentschlossen. Keine
Bundesgenossen außer +Kursachsen, Weimar+ (Herzog +Karl August+),
+Oldenburg, Mecklenburg+ und dem fernen +Rußland+; dazu Entzweiung mit
England wegen Hannover.

[~1806.~ Sept.]

Zusammenziehung des preußischen Heeres in Thüringen unter Anführung des
+Herzogs von Braunschweig+ (S. 313).

[10. Okt.]

Die Vorhut der Preußen bei ~Saalfeld~ geschlagen, Prinz +Louis
Ferdinand+, Neffe Friedrichs des Großen (geb. 1772), fällt. Das
Hauptheer wird in der

[14. Okt.]

~Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt~ vollständig besiegt. Bei +Jena+
kämpft Napoleon selbst gegen den Heeresteil des Fürsten Hohenlohe,
bei +Auerstädt+ Marschall Davout gegen den Herzog von Braunschweig
und König Friedrich Wilhelm III. Rückzug des geschlagenen Heeres
über Magdeburg; die Festung +Erfurt+ ergibt sich am 16. Oktober. Die
Reservearmee unter Prinz Eugen von Württemberg wird am 17. Oktober
bei +Halle+ von Bernadotte geschlagen. +Spandau+ ergibt sich am 25.
Oktober, am 27. zieht Napoleon in ~Berlin~ ein. Friedrich Wilhelm III.
flüchtet mit der königlichen Familie über Küstrin und Graudenz nach
Königsberg.

Hohenlohe kapituliert mit 10000 Mann bei +Prenzlau+ (28. Okt.).
+Blücher+[53] schlägt sich mit 18000 Mann durch bis +Lübeck+, wird
dort von französischer Übermacht besiegt (6. Nov.) und ergibt sich
mit dem Rest seiner Truppen (9400 Mann) bei +Ratekau+ (7. Nov.). Sehr
bald ergeben sich die Festungen +Stettin+, +Küstrin+, +Magdeburg+,
+Hameln+; dagegen ~Kolberg~ (+Gneisenau+, +Schill+, +Nettelbeck+) und
~Graudenz~ (+Courbière+) halten sich tapfer bis zum Frieden.

Ganz Norddeutschland von den Franzosen besetzt. Der bei Auerstädt
schwer verwundete Herzog von Braunschweig stirbt als Flüchtling (10.
Nov.) zu Ottensen bei Hamburg.

[21. Nov.]

Von Berlin aus verfügt Napoleon die ~Kontinentalsperre~ gegen England.
Einmarsch der Franzosen, Bayern und Württemberger in +Schlesien+, wo
nur die Festungen +Kosel+ und +Glatz+ sich behaupten.

[Dez.]

Napoleon schließt in +Posen+ Frieden und Bündnis mit dem Kurfürsten
+Friedrich August III.+ von ~Sachsen~, welcher als König dem Rheinbunde
beitritt. Inzwischen sind zwei +russische Heere+ herangekommen; blutige
Gefechte bei +Pultusk+ zwischen Russen und Franzosen. Letztere beziehen
Winterquartiere an der Weichsel (Napoleon 2. Jan. in Warschau), dringen
dann nach Ostpreußen vor.

[~1807.~ 7. u. 8. Febr.]

~Schlacht bei Preußisch-Eylau.~ Der mörderische Kampf bleibt
unentschieden, doch schlagen die Preußen (unter +L’Estocq+ und
+Scharnhorst+) den rechten Flügel der Franzosen zurück. Abermals
Winterquartiere. König +Friedrich Wilhelm III.+ geht mit seiner
Gemahlin +Luise+, Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz (geb. 1776) und
seinen Kindern nach +Memel+

[26. Mai.]

~Danzig~ nach tapferer Verteidigung (Gen. +v. Kalkreuth+) von den
Franzosen genommen. Nach mehreren unentschiedenen Treffen siegt
Napoleon in der

[14. Juni.]

~Schlacht bei Friedland~ über die +Russen+. +Königsberg+ und das Land
bis zum +Niemen+ von Napoleon besetzt. Waffenstillstand. Zusammenkunft
+Napoleons+, +Alexanders+ und +Friedrich Wilhelms III.+ auf dem
+Niemen+. Vergeblicher Versuch der Königin Luise, Napoleon zu milden
Friedensbedingungen zu bewegen.

[7. u. 9. Juli.]

~Friede zu Tilsit. A. Rußland~ erkennt 1. das Herzogtum +Warschau+
(gebildet aus bisher preußischen Gebieten, S. 298) unter dem
Könige von Sachsen an. +Danzig+ wird freie Stadt, ein Teil von
+Neu-Ostpreußen+ (+Bialystock+) an Rußland abgetreten. 2. Rußland
erkennt +Joseph Bonaparte+ als König von Neapel, +Louis Bonaparte+
als König von Holland, +Jérôme Bonaparte+ als König des neu zu
bildenden Königreichs +Westfalen+, ferner den Rheinbund an. 3. Es
nimmt Napoleons Vermittelung zum Frieden mit den Türken an (1806
russische Kriegserklärung an die Türkei wegen Verletzung des Friedens
von +Jassy+, S. 297), +Napoleon+ dagegen die Vermittelung +Alexanders+
zum Frieden mit England. In einem +geheimen+ Artikel verpflichtet
sich Alexander, falls England den Frieden nicht annimmt, zu einem
Bündnis mit Frankreich gegen England ~B. Preußen~ tritt ab: a) zur
freien Verfügung Napoleons +alle Länder zwischen Rhein und Elbe,+
b) an +Sachsen+ den Kottbuser Kreis, c) zur Bildung des Herzogtums
+Warschau+ alle nach 1772 von Polen gewonnenen Länder, auch +Danzig+
und Gebiet. 2. Es erkennt die drei Brüder Napoleons als Könige an. 3.
Alle preußischen Häfen sind bis zum Frieden mit England dem britischen
Handel verschlossen. -- Über die Rückgabe und Räumung der preußischen
Provinzen und Festungen bestimmt der +Vertrag zu Königsberg+ (12.
Juli), daß erst alle rückständigen Kriegsentschädigungen von Preußen
abgetragen werden müssen.

Die Entschädigungen, nach preußischer Rechnung noch 19 Millionen
Franks, nach französischer 154, werden 1808 durch den +Vertrag zu
Paris+ auf 140 Millionen festgesetzt; auch wird bestimmt, daß Preußen
nur ein Heer von 42 000 Mann halten dürfe. Starke französische
Besatzungen bleiben in den Oderfestungen +Stettin, Küstrin, Glogau+;
das übrige Land wird Ende 1808 geräumt. Bis dahin muß der von 5570 auf
2877 □ Meilen verminderte preußische Staat 150000 Franzosen ernähren.

[1807. Aug.]

Gründung des ~Königreichs Westfalen~ (Hauptstadt +Kassel+) durch
eine Verfügung Napoleons, der sich die Hälfte der Domänen vorbehält.
+Hannover+ bleibt von den Franzosen besetzt, ebenso die Städte +Danzig+
und +Erfurt+.

~Schweden~ unter +Gustav IV.+ (1792–1809) verharrt in Feindschaft gegen
Frankreich. +Stralsund+ und +Rügen+ werden von französischen Truppen
besetzt (1807, Aug.), +Finnland+ von russischen.

Gewalttat der Engländer gegen ~Dänemark~, das aufgefordert war, ein
Bündnis zu schließen und seine Flotte den Engländern in Gewahrsam zu
geben. Eine englische Flotte beschießt (1807, Sept.) +Kopenhagen+ und
führt die dänische Flotte weg. Die Insel +Helgoland+ wird englische
Seestation. Bündnis +Dänemarks+ mit Frankreich; +Rußland+ erklärt den
Krieg an England.

~Portugal~, welches, mit England verbündet, dem Kontinentalsystem
nicht beitreten will, wird von einem französischen Heere unter +Junot+
besetzt (1807, Nov.). Die königliche Familie flieht nach Brasilien.

In ~Spanien~ rücken unter dem Vorwande, die Küsten gegen die Engländer
zu schützen, 80000 Franzosen ein. König +Karl IV.+ dankt infolge eines
gegen seinen Günstling +Godoy+ (S. 315) ausgebrochenen Aufstandes zu
Gunsten seines Sohnes +Ferdinand VII.+ ab (1808, März). Vater und Sohn
geraten in Streit, werden von Napoleon nach +Bayonne+ gelockt und
gezwungen, dem Throne zu entsagen (Mai). Napoleon ernennt seinen Bruder
~Joseph~ zum König von Spanien; an Josephs Stelle wird Murat König von
Neapel. +Etrurien+ (S. 319) mit Frankreich vereinigt.

Allgemeiner ~Aufstand der Spanier~; der französische General Dupont
wird bei +Baylen+ (in der Sierra Morena) mit 20000 Mann gefangen
(1808, Juli). Die Engländer unter +Wellesley+ (geb. 1769, anfangs in
holländischen Diensten, dann 1796–1805 Offizier in Ostindien, † 1852)
landen in Portugal und zwingen Junot bei +Cintra+ zur Ergebung (Aug.);
er wird mit 21000 Mann auf englischen Schiffen nach Frankreich gebracht.

[~1808–1814.~]

~Krieg Napoleons in Spanien und Portugal.~

Napoleon, seit dem ~Fürstentag zu Erfurt~ (1808, Okt.), wo ihm 4
+Könige+ und 34 +Fürsten+ und Prinzen aus Deutschland ihre Huldigungen
darbringen, enger mit +Kaiser Alexander+ verbündet, eilt selbst mit
150000 Mann nach Spanien, rückt bis +Madrid+ vor, vertreibt (mit
+Soult+) die Engländer aus Spanien, kehrt dann nach Paris zurück
(1809, Jan.). Fortdauernder Volkskrieg (Guerilla) der Spanier, von den
Engländern unterstützt. Die Festung +Saragossa+ wird nach heldenmütiger
Verteidigung (General +Palafox+) im Februar 1809 von den Franzosen
erobert. General +Wellesley+ nötigt den Marschall Soult zum Abzug aus
+Oporto+, wird nach dem Siege über +Joseph+ bei +Talavera+ (1809, Juli)
zum ~Lord Wellington~ erhoben und leitet die fernere Kriegführung in
Spanien mit Ausdauer und Umsicht (S. 331, 337 ff.).

[~1807–1811.~]

~Neubau des preußischen Staates.~

König Friedrich Wilhelm III. beruft den Freiherrn ~vom Stein~[54] als
leitenden Minister nach Königsberg. +Aufhebung der Erbuntertänigkeit+
1807 (9. Okt.), +Städteordnung+ 1808 (19. Nov.). Vereinfachung der
Ministerien und Verwaltungbehörden. Auf Verlangen Napoleons Stein
entlassen Nov. 1808; dann durch ein Dekret Napoleons aus Madrid
geächtet flieht er nach Österreich. Sein Nachfolger ~v. Hardenberg~[55]
ordnet die Steuern, führt +Gewerbefreiheit+ ein. Gleichzeitig
+Neuordnung des Heeres+ auf Grund der ~allgemeinen Wehrpflicht~ (1814
gesetzlich eingeführt) durch ~Scharnhorst~.[56] Seine Mitarbeiter +v.
Gneisenau+, +v. Grolmann+, +v. Boyen+, +v. Clausewitz+ u. a.

In +Berlin+ hält +Fichte+, während noch französische Besatzung dort
liegt, seine »Reden an die deutsche Nation«. Friedrich Wilhelm III.
kehrt Ende 1809 von Königsberg nach Berlin zurück. ~1810~, am ~19.
Juli~, Tod der edlen Königin +Luise+ in Hohenzieritz. Errichtung der
+Berliner Universität+ (W. v. Humboldt, Fichte, Niebuhr, Savigny,
Schleiermacher). 1811 eröffnet +F. L. Jahn+ den ersten +Turnplatz+ in
der Hasenheide bei Berlin.

Die Befreiung Deutschlands und Europas von dem französischen Joche
wird vorbereitet. (+E. M. Arndts+ Schrift: Geist der Zeit, die
Lieder +Th. Körners+, +Fr. Rückerts+ [Geharnischte Sonette], +M. v.
Schenkendorfs+.) Vergebens versucht Österreich (leitender Minister seit
1805 Graf +Stadion+) allein diese Befreiung, als Napoleon durch den
Kampf in Spanien gehemmt zu sein scheint.

[~1809.~]

~Krieg gegen Österreich.~

Erzherzog +Karl+, als Befehlshaber des nach +Bayern+, Erzherzog
+Johann+ an der Spitze des nach +Italien+ vorrückenden österreichischen
Heeres, fordern die deutschen Völker auf zur Teilnahme an dem Kampfe
gegen die französische Herrschaft. Nur +Tirol+ erhebt sich (+Andreas
Hofer+, +Speckbacher+, +Haspinger+).

Napoleon greift, namentlich mit ~deutschen~ Truppen, den Erzherzog
+Karl+ in Bayern an, drängt ihn nach

[April.]

fünftägigen Gefechten bei +Abensberg+, +Landshut+, +Eckmühl+ und
+Regensburg+ über die Donau nach

[13. Mai.]

Böhmen und besetzt ~Wien~ zum zweitenmal. Sein Versuch, von der Insel
+Lobau+ aus das linke Donauufer zu besetzen, wird vereitelt durch die
blutige

[21. u. 22. Mai]

~Schlacht bei Aspern und Eßling~. Napoleon zum erstenmal +geschlagen+
von Erzherzog +Karl+. Er muß über die Donau zurückweichen (+Masséna+),
behauptet aber Wien und vereinigt sich mit dem Vizekönig +Eugen+,
welcher den Erzherzog +Johann+ aus Ober-Italien nach Ungarn verfolgt
und bei +Raab+ besiegt hatte. Mit 180000 Mann geht Napoleon wieder über
die Donau, schlägt den Erzherzog +Karl+ in der mörderischen

[5. u. 6. Juli.]

~Schlacht bei Wagram~ und verfolgt ihn nach Mähren. Waffenstillstand
zu +Znaim+. An die Stelle des Grafen +Stadion+ tritt +Metternich+ als
leitender Minister Österreichs.

[~14. Okt.~]

~Friede zu Wien (Schönbrunn)~: Österreich tritt ein Gebiet von 110000
qkm (2000 □ Meilen) ab: +Salzburg+ und das +Innviertel+ an +Bayern+,
+Westgalizien+ an das Herzogtum Warschau, einen Teil +Ostgaliziens+ an
Rußland, die +Länder jenseits der Sau+ nebst +Istrien+ und +Dalmatien+
an Napoleon, der daraus einen neuen +Staat der illyrischen Provinzen+
bildet.

Die +Tiroler+, welche dreimal die Feinde aus +Innsbruck+ vertrieben
hatten (Kämpfe am Berge Isel), kämpfen tapfer weiter, unterliegen aber
der Übermacht (Nov.). ~Hofer~ wird verraten und (1810, Febr.) von
den Franzosen ~in Mantua erschossen~. Tirol bleibt unter bayrischer
Herrschaft; +Süd-Tirol+ kommt an das +Königreich Italien+.

[~1809.~ 28. April.]

Kühner Zug des preußischen Majors ~v. Schill~, der mit seinem
Husarenregiment von +Berlin+ auszieht und die Deutschen zum
Freiheitskampf aufruft. Oberst +Dörnberg+ will Jérômes Regierung in
Kassel stürzen. Die Nachrichten von Napoleons ersten Siegen vereiteln
diese Unternehmung. Dörnberg rettet sich nach Böhmen. Schill kämpft
bei +Dodendorf+ (unweit Magdeburg) gegen westfälische Truppen, zieht
weiter nach +Dömitz+ (an der unteren Elbe), fällt tapfer kämpfend
in +Stralsund+ (31. Mai). 11 seiner Offiziere werden in +Wesel+
kriegsrechtlich erschossen, die gefangenen Soldaten auf Napoleons
Befehl zur Zwangsarbeit verurteilt und nach Frankreich geschleppt.

Rachezug +des Herzogs+ ~Friedrich Wilhelm von Braunschweig~ gegen
die Räuber seines Landes. Er sammelt eine Freischar in Schlesien
und Böhmen, zieht durch Sachsen, erstürmt Halberstadt, zieht in
Braunschweig ein (31. Juli), muß aber alsbald vor der feindlichen
Übermacht weichen, kämpft tapfer bei +Oelper+, erreicht die +Weser+ bei
Elsfleth (unterhalb Bremen), führt seine »schwarze Schar« zu Schiffe
nach England. Der Herzog und die meisten seiner Getreuen treten dann in
die englisch-deutsche Legion, welche in Spanien kämpft.

[März.]

König +Gustav IV.+ von ~Schweden~, erbitterter Feind der Revolution
und Napoleons, seit 1808 in unglücklichem Kriege mit +Rußland+, wird
durch einen Militäraufstand zur Abdankung gezwungen. Sein Oheim +Karl
XIII.+ übernimmt die Regierung, schließt Frieden mit Rußland, indem
er +Finnland+ abtritt (S. 277, 327), adoptiert 1810 den französischen
Marschall +Bernadotte+ als Thronfolger.

[Mai.]

~Der Kirchenstaat mit Frankreich vereinigt~ durch Dekret Napoleons
von Schönbrunn, weil Papst Pius VII. (S. 319f.) die Forderung, seine
Häfen den Engländern zu verschließen, standhaft ablehnt. Er spricht
den Bann aus, wird verhaftet und nach Grenoble, von da nach +Savona+
(bei Genua) geführt. Dort lebt er als Gefangener, während Napoleon
ein Konzil der Bischöfe seines Reichs nach Paris beruft (1811). In
+Fontainebleau+ unterzeichnet Pius (1813, Jan.) ein +Konkordat,+
widerruft es aber bald und wird nach +Savona+ zurückgebracht, wo er bis
zu Napoleons Sturz 1814 verbleibt.

[~1810.~ April]

~Napoleon,~ von +Josephine Beauharnais+ († 1814) geschieden, heiratet
+Marie Luise,+ die Tochter des Kaisers +Franz I.+ von Österreich.

[Juli.]

Abdankung und Flucht des Königs +Louis Bonaparte+ von Holland, der sein
Land nicht durch die Kontinentalsperre zugrunde richten will. +Holland+
dem französischen Kaiserreich +einverleibt+, ebenso bald darauf der
Kanton +Wallis+.

[Dez.]

Das nördliche +Hannover, Oldenburg,+ die +Hansestädte+ dem
französischen Kaiserreich +einverleibt+ zur strengeren Durchführung der
Kontinentalsperre.

In ~Spanien~ dringen die Marschälle Soult, Viktor, Mortier nach
+Andalusien+ vor; vergebliche Belagerung von +Cadiz+, wo die
spanischen Cortes (Landstände) zusammentreten und eine +neue
Verfassung+ beschließen (vollendet 1812). +Wellington+ zieht sich auf
die befestigten Höhen von +Torres Vedras+ zwischen dem Tejo und der
portugiesischen Küste zurück, von wo er 1811 gegen +Masséna+ siegreich
vordringt.

[~1811.~ März.]

Geburt eines Sohnes Napoleons, dem der Titel ~König von Rom~ verliehen
wird († 1832).

Napoleon I. auf dem Gipfel seiner Macht.

Im Seekriege mit England hat Frankreich (und Holland) nur Verluste.
Die Engländer erobern 1806 das +Kapland+, 1809 +Cayenne, Martinique,
Senegal, San Domingo,+ 1810 +Guadeloupe, Isle Bourbon, Isle de France+,
1811 +Java+.

Die Vereinigten Staaten, am Handel mit Frankreich durch die englische
Flotte gehindert, beginnen 1812 Krieg gegen England, werden aber 1814
durch Besetzung der Hauptstadt Washington zum Frieden genötigt (S. 302).


§ 4. Sturz des ersten französischen Kaiserreichs.

[~1812.~]

~Krieg Frankreichs gegen Rußland.~

Die Weigerung Rußlands, das +Kontinentalsystem,+ welches Napoleon
selbst durch käufliche +Lizenzen+ umging, streng durchzuführen,
erregt den Unwillen des Gewalthabers. Die Vergrößerung des Herzogtums
+Warschau+ durch Westgalizien (S. 330) erfüllt den Kaiser Alexander
mit Besorgnis vor einer Wiederherstellung Polens; die Absetzung des
Herzogs von +Oldenburg+, seines nahen Verwandten, (S. 293) wird von
ihm als schwere Beleidigung empfunden.

Bündnis Napoleons mit +Preußen+, welches 20000 Mann, und mit
+Österreich+, welches 30000 Mann zu dem russischen Zuge stellen muß.
Schweden (+Bernadotte+) benutzt die Gelegenheit, um sich von der
französischen Abhängigkeit zu befreien und durch ein Bündnis mit
Rußland sich +Norwegen+ als Ersatz für Finnland zu sichern. +England+
und die +Türkei+ schließen Frieden mit Rußland; die Türkei tritt im
Frieden von +Bukarest+ das Land zwischen Dnjestr und +Pruth+ an Rußland
ab.

[~1812.~ Mai.]

Napoleon wird in +Dresden+ von Kaiser Franz I., König Friedrich Wilhelm
III. und den Rheinbundfürsten begrüßt, reist von da über Posen und
Thorn nach +Königsberg+ zu seiner Armee, deren Durchzug Preußen schwer
belastet. +Berlin+ hat wiederum französische Besatzung.

Die +große Armee+ (über 600000 Mann) vereinigt Franzosen, Deutsche,
Italiener, Schweizer, Niederländer, Polen. Beim Vormarsch bilden die
+Österreicher+ unter +Schwarzenberg+, zusammen mit Franzosen und
Sachsen unter +Reynier+, den +rechten+ Flügel, welcher nach Wolhynien
vorrückt; die +Preußen+ unter +York+ gehören dem +linken+ Flügel an,
welcher unter +Macdonalds+ Oberbefehl nach Livland zieht, um Riga
zu belagern. Das +Hauptheer+ überschreitet Ende Juni den Niemen;
Napoleon verweilt 18 Tage in +Wilna+; die Hoffnung der +Polen+ auf
Wiederherstellung ihres Staates verwirklicht sich nicht.

Die +Russen+ (260000 Mann in 3 Heeren) weichen kämpfend zurück.
Ihre Hauptmacht unter +Barclay de Tolly+ kämpft am 17. August bei
~Smolensk~; die brennende Stadt wird den Franzosen (18. Aug.)
überlassen. Unter +Kutūsows+ Oberbefehl

[7. Sept.]

~Schlacht bei Borodinó~ an der Moskwa: beide Teile erleiden ungeheuere
Verluste. Rückzug der Russen in guter Ordnung bis hinter +Moskau+. Das
französische Hauptheer, auf 100000 Mann zusammengeschmolzen, besetzt
die von den Einwohnern verlassene Stadt. Napoleon im +Kreml+.

[15.–20. Sept.]

~Brand von Moskau~ (der Gouverneur +Rostopschin+). Plünderung der Stadt
unter Schutt und Trümmern; der Kreml wird gegen das Feuer geschützt.
Kaiser +Alexander+ lehnt auf +Steins+ Rat Friedensanträge Napoleons ab.
Nach +fünfwöchigem+ Aufenthalt in Moskau

[19. Okt.]

~Rückzug aus Rußland~, von ~Napoleon~ erst nach Südwesten, dann in der
Richtung auf +Smolensk+ angetreten, beunruhigt durch das russische
Hauptheer unter +Kutūsow+ und zahllose Kosakenschwärme.

[6. Nov.]

~Eintreten der Kälte.~ Furchtbares Elend durch Hunger und Frost.
Fortwährende Gefechte, namentlich bei +Krasnoi+ (Ney) und +Borissow+
(Oudinot).

[~1812.~ 26.–28. Nov.]

Schrecklicher ~Übergang über die Beresina~.

Brückenbau bei Studienka; +Ney+ und +Oudinot+ wehren am 28. die
andringenden Russen auf dem rechten Ufer ab, +Viktor+ auf dem linken,
doch fallen Tausende von Nachzüglern den Russen in die Hände. Von da ab
völlige Auflösung des Heeres bei erneuter Kälte; Napoleon verläßt das
Heer (5. Dez.) und eilt nach +Paris+. +Murat+, dann +Eugen Beauharnais+
leiten den Rückzug.

[30. Dez.]

~York~ schließt zu ~Tauroggen~ (nahe der preußischen Grenze) einen
Neutralitätsvertrag mit dem russischen General +Diebitsch+.

Schwarzenberg führt sein Heer fast ohne Verluste nach Galizien zurück
(Febr. 1813).

[~1813 und 1814.~]

~Der deutsche Befreiungskrieg.~

[~1813.~ 3. Febr.]

König ~Friedrich Wilhelm III.~ erläßt in +Breslau+ einen Aufruf zur
Bildung freiwilliger Jäger-Abteilungen. Begeisterte Erhebung in
Preußen. Männer und Jünglinge jedes Standes eilen zu den Waffen.

[7. Febr.]

Der ostpreußische Landtag zu +Königsberg+ beschließt Ausrüstung von
30000 Mann Linie und Landwehr.

[28. Febr.]

Bündnis zu ~Kalisch~ zwischen +Rußland+ und +Preußen+. Das
russisch-preußische Hauptheer sammelt sich in +Schlesien+.

Die Franzosen räumen +Berlin+ und +Hamburg+. Die Herzöge von
+Mecklenburg+ sagen sich vom Rheinbund los. +Tettenborn+ mit den
Kosaken zieht als Befreier in Hamburg ein (18. März).

[17. März.]

~Aufrufe Friedrich Wilhelms III.~ ~»An mein Volk«~ und ~»An mein
Kriegsheer«~; Verordnung zur Errichtung der Landwehr und des
Landsturmes. ~Eisernes Kreuz~ gestiftet.

[27. März.]

+Dresden+ wird nach Abzug des Marschall +Davout+ durch +Russen+ und
+Preußen+ unter +Wittgenstein+ und +Blücher+ besetzt. Flucht des Königs
von Sachsen.

[2. April.]

Gefecht bei +Lüneburg+ (+Johanna Stegen+). Der französische General
+Morand+ mit 2000 Mann von Russen und Preußen gefangen. Die Erhebung in
+Bremen+ wird von General +Vandamme+ unterdrückt.

[5. April.]

Gefecht bei +Möckern+ (östlich von Magdeburg). +Eugen Beauharnais+,
(S. 329) von Preußen (unter York, Bülow und Borstell) und Russen
geschlagen, zieht sich auf das linke Elbufer zurück. Französische
Besatzungen behaupten sich in Magdeburg, Stettin, Küstrin, Glogau,
Danzig, Modlin, Zamosc.

Napoleon führt ein neugebildetes Heer (120000 Mann) über den Rhein,
zieht die Truppen der Rheinbundfürsten an sich, überschreitet den
Thüringer Wald, wird beim Vorrücken nach Sachsen von den Russen und
Preußen (85000 Mann) angegriffen.

[~1813.~ 2. Mai.]

~Schlacht bei Groß-Görschen oder Lützen.~ Der Sieg bleibt trotz
größerer Verluste den Franzosen. Die Verbündeten ziehen sich über
+Dresden+ nach der +Lausitz+ zurück. +Scharnhorst+, in der Schlacht
verwundet, stirbt in +Prag+ (28. Juni).

Napoleon zieht in +Dresden+ ein, führt den aus Prag zurückgekehrten
König von Sachsen dorthin zurück.

[18. Mai.]

+Schwedische+ Truppen unter Führung des +Kronprinzen+ (Bernadotte)
landen in Pommern.

[20. u. 21. Mai.]

~Schlacht bei Bautzen.~ Napoleon erzwingt den Übergang über die Spree
und siegt mit großen Verlusten. Die Verbündeten ziehen sich nach
~Schlesien~ zurück. Blüchers Reitergefecht bei +Haynau+ (26. Mai).

[30. Mai.]

+Hamburg+ nach Abzug der Russen von +Davout+ besetzt und furchtbar
gebrandschatzt.

[4. Juni.]

~Waffenstillstand~ zu +Poischwitz+ (bei Striegau) auf sechs Wochen,
verlängert bis zum 10. August. Beide Teile erschöpft, erwarten
Verstärkung und bewerben sich um +Österreichs+ Bundesgenossenschaft.

[14. u. 15. Juni.]

Subsidienverträge +Englands+ mit +Preußen+ und +Rußland+ zu
+Reichenbach+.

[17. Juni.]

Franzosen und Rheinbundtruppen überfallen die Reiterei der +Lützowschen
Freischar+ bei +Kitzen+ (unweit Lützen).

Verhandlungen zu ~Prag~. Österreich übernimmt die Vermittelung;
Napoleon geht auf +Metternichs+ Bedingungen (Auflösung des Herzogtums
Warschau, Rückgabe der illyrischen Provinzen an Österreich, Räumung der
preußischen Festungen, der Hansestädte und Oldenburgs) nicht ein.

[12. Aug.]

~Österreich erklärt den Krieg an Frankreich.~ Die Verbündeten, durch
englische Hilfsgelder unterstützt, stellen ~drei Heere~ auf:

1. Das ~Böhmische~ oder ~Hauptheer~ unter Fürst ~Schwarzenberg~: 123000
Österreicher, 75000 Russen unter +Wittgenstein+, 49000 Preußen unter
+Kleist+. Beim Heere befinden sich die drei verbündeten Monarchen
~Alexander~, ~Franz~, ~Friedrich Wilhelm~.

2. Das ~Schlesische Heer~ unter ~Blücher~: 38000 Preußen unter +York+,
61000 Russen unter +Sacken+ und +Langeron+; +Gneisenau+ Chef des
Generalstabes.

3. Das Nordheer unter dem Kronprinzen +Karl Johann+ von Schweden
(~Bernadotte~): 75000 Preußen unter +Bülow+ und +Tauenzien+, 30000
Russen unter +Winzingerode+, 20000 Schweden, 27000 Mann gemischte
Truppen (russisch-deutsche Legion, Kosaken, Hannoveraner,
Mecklenburger, Hanseatische Legion, Lützowsche Freischar) unter
+Wallmoden+.

~Im ganzen~ 485000 gegen 440000 Franzosen und Rheinbundtruppen.

~Napoleon~ beginnt die Feindseligkeiten mit einem Angriff auf
+Blücher+, der hinter die Katzbach zurückgeht. Indessen rückt
+Schwarzenberg+ aus Böhmen gegen Dresden vor. +Napoleon+ eilt dorthin
und läßt +Macdonald+ gegen +Blücher zurück+. Ehe es auf diesen beiden
Punkten zur Schlacht kommt, wird +Oudinot+, dessen Angriff auf Berlin
durch +Davout+ von Hamburg aus unterstützt werden sollte, in der

[~1813.~ 23. Aug.]

~Schlacht bei Großbeeren~ von +Bülow+ geschlagen, während der Kronprinz
von Schweden untätig zusieht, +Berlin+ wird durch diesen Sieg vor
Einnahme und Plünderung gerettet.

Davout kehrt nach einigen Gefechten gegen die Truppen des Generals
+Wallmoden+ (+Th. Körner+ † 26. Aug. bei +Gadebusch+) nach Hamburg
zurück. Ein von Magdeburg gegen Berlin heranziehendes Korps von 9000
Mann wird bei +Hagelberg+ 27. August von der kurmärkischen Landwehr
vernichtet.

[26. Aug.]

~Schlacht an der Katzbach~. Macdonald, der mit 80000 Mann in Schlesien
vorrückt, wird von den Preußen und Russen unter +Blücher+ (später zum
Fürsten von +Wahlstatt+ ernannt) entscheidend geschlagen.

Indessen mißglückt der Angriff der +Böhmischen Armee+ auf +Dresden+.
+Napoleon+ erkämpft in der

[26. u. 27. Aug.]

~Schlacht bei Dresden~ nochmals einen großen Sieg auf deutschem Boden.
Doch wird General +Vandamme+, welcher der Böhmischen Armee den Rückzug
abschneiden will, in der

[29. u. 30. Aug.]

~Schlacht bei Kulm und Nollendorf~, nicht weit von Teplitz, von Russen
und Österreichern geschlagen und durch das rechtzeitige Erscheinen
der Preußen in seinem Rücken (General +v. Kleist+) mit 10000 Mann zur
Ergebung genötigt.

[6. Sept.]

~Schlacht bei Dennewitz~ (unweit Jüterbog).

Marschall Ney, welcher mit 70000 Mann Berlin besetzen soll, von +Bülow+
und +Tauenzien+ geschlagen.

~Napoleon~ zieht nach +Bautzen+ gegen Blücher, der ihm ausweicht,
dann gegen die Böhmische Armee, die ihm bei +Nollendorf+ (17. Sept.)
erfolgreich Widerstand leistet, dann nochmals gegen Blücher (Gefecht
bei +Bischofswerda+). ~Blücher~ gibt dem Feldzug die entscheidende
Wendung durch seinen Übergang über die ~Elbe~.

[~1813.~ 3. Okt.]

Tapferer Kampf des Yorkschen Korps bei ~Wartenburg~ gegenüber der
Einmündung der Schwarzen Elster. Auch die unter Bernadottes Führung
zögernde Nordarmee überschreitet nun die Elbe.

[8. Okt.]

+Vertrag zu Ried+ zwischen +Österreich+ und +Bayern+, welches sich vom
Rheinbunde lossagt und dem Bündnis gegen Napoleon beitritt. Dafür wird
dem König +Max Joseph+ von Bayern (1799–1825) die Erhaltung seines
durch Napoleon vergrößerten Gebietes zugesichert.

Als die 3 Hauptheere der Verbündeten eine Vereinigung im Rücken
Napoleons versuchen, verläßt dieser +Dresden+, zieht nach +Düben+
(an der Mulde) gegen +Blücher+, der ihm ausweicht, versammelt dann
seine Truppen bei +Leipzig+ gegen die inzwischen durch die Elbpässe
gedrungene Böhmische Armee. Reitergefecht bei +Libertwolkwitz+ (14.
Okt.).

[~16. 18. 19. Okt.~]

~Völkerschlacht bei Leipzig.~

Am 16. Okt. unentschiedener Kampf Napoleons gegen die Böhmische Armee
(Schwarzenberg) bei ~Wachau~ (südl. von Leipzig); Sieg +Blüchers+ bei
~Möckern~ (nördl. von Leipzig) über Marmont.

Am 17. Stillstand des Kampfes; Napoleon schickt Friedensanträge
an Kaiser +Franz+, die jedoch wegen ihrer Unzulänglichkeit keine
Berücksichtigung finden. Gegen Abend Vereinigung der +vier+ Heere
der Verbündeten: die Nordarmee und die russische Reservearmee (unter
Bennigsen) schließen den Kreis nördlich, östlich und südlich von
Leipzig (die Straße im Westen nach Lindenau nicht besetzt); 255000
gegen 160000 Mann.

Am 18. ~allgemeiner Angriff~ und nach neunstündigem Kampfe
~vollständiger Sieg~ der Verbündeten. Kampf um +Probstheida+ südlich,
+Schönfeld+ an der Parthe und +Paunsdorf+ östlich von Leipzig; bei
Paunsdorf gehen die meisten +Sachsen+ und +Württemberger+ zu den
Verbündeten über.

Am 19. Erstürmung von +Leipzig+ und Gefangennehmung des Königs von
Sachsen. Nach Verlust von mehr als 60000 Mann tritt das geschlagene
Heer Napoleons den Rückzug an. Voreilige Zerstörung der Elsterbrücke.
Viele Fliehende, unter ihnen der tapfere Fürst +Poniatowski+, Neffe des
letzten polnischen Königs, finden ihren Tod in der Elster.

Auf dem Rückzuge Kampf Napoleons an der +Unstrut+ gegen +Yorks+ Vorhut;
Sieg bei ~Hanau~ (30. und 31. Okt.) über ein österreichisch-bayrisches
Heer unter +Wrede+.

Unmittelbare Folgen der Schlacht bei Leipzig: Flucht des Königs
+Jérôme+ aus Kassel, Ende des Königreichs +Westfalen+, der
Großherzogtümer +Frankfurt+ und +Berg+. Wiederherstellung der
alten Regierungen in +Hessen-Kassel+, +Braunschweig+, +Hannover+,
+Oldenburg+. Die »Zentralverwaltung für die in Deutschland eroberten
Länder«, unter dem Freiherrn +vom Stein+, sorgt in Sachsen, Frankfurt
und Berg für die weiteren Rüstungen.

[~1813. Nov.~]

Napoleon geht bei +Mainz+ über den +Rhein+ zurück. ~Württemberg~,
~Hessen-Darmstadt~, ~Baden~ und die noch übrigen Glieder des
Rheinbundes schließen sich den Verbündeten an. Allmählich werden
die von den Franzosen besetzten Festungen befreit: +Dresden+ (11.
Nov.), +Stettin+ (21. Nov.), +Lübeck+ (5. Dez.), +Zamosc+, +Modlin+,
+Torgau+ (26. Dez.), +Danzig+ (30. Dez.), +Wittenberg+ (12. Jan. 1814),
+Küstrin+ (7. März).

In +Glogau+, +Magdeburg+, ~Hamburg~ (+Davout+), +Erfurt+, +Würzburg+,
+Wesel+, +Mainz+ halten sich die französischen Besatzungen bis zum
Frieden.

Aufstand in ~Holland~ (Nov.), die französischen Behörden verjagt. Ein
Teil der +Nordarmee+ unter +Bülow+ rückt in Holland ein, während der
+Kronprinz von Schweden in Holstein+ einfällt und in einem kurzen
Winterfeldzug ~Dänemark~ zum Verzicht auf +Norwegen+ zwingt (Friede zu
+Kiel+, Jan. 1814).

Aus ~Spanien~ werden die Franzosen, nachdem sie schon 1812 den Süden
des Landes und vorübergehend auch Madrid hatten aufgeben müssen,
während des Jahres ~1813~ fast ganz verdrängt. Entscheidender Sieg
+Wellingtons+ bei +Vittoria+ (21. Juni).

In Deutschland erfolgt, da Napoleon auf ein von Metternich gemachtes
Anerbieten, welches ihm die +Alpen-+ und +Rheingrenze+ verspricht,
nicht ernstlich eingeht, am

[1. Dez.]

der Beschluß, den Krieg energisch weiterzuführen und den Rhein zu
überschreiten. Das Hauptheer unter +Schwarzenberg+ geht Ende Dez. bei
+Basel+ über den Rhein, um die Hochebene von +Langres+ zu erreichen,
das Schlesische Heer unter Blücher in der Neujahrsnacht 1814 bei
+Mannheim+, +Kaub+ und +Koblenz+.

[~1814.~]

~Feldzug in Frankreich.~

[29. Jan.]

Um die Vereinigung der verbündeten Heere zu verhindern, greift
+Napoleon+ bei ~Brienne~ +Blücher+ an, der sich zurückziehen muß, sich
aber dann mit Teilen des Hauptheeres (Kronprinz von Württemberg, Wrede)
vereinigt und den Kaiser in der

[1. Febr.]

~Schlacht bei La Rothière~ schlägt und über die +Aube+ zurückdrängt.
Darauf wieder Trennung; das Hauptheer soll an der +Seine+, das
Schlesische an der +Marne+ entlang nach Paris vorrücken. Napoleon läßt
40000 Mann gegen Schwarzenberg zurück, wirft sich mit 30000 auf die
getrennten Teile des +Schlesischen+ Heeres, schlägt

[10.–14. Febr.]

sie in +vier+ Treffen bei +Champaubert+, ~Montmirail~,
+Château-Thierry+ und +Vauchamps+ und zwingt +Blücher+ zum Rückzug über
+Etoges+. Dann wendet

[~1814.~ 17. u. 18. Febr.]

er sich gegen die vorgeschobenen Teile des Hauptheeres und schlägt
sie bei +Nangis+ und ~Montereau~; Schwarzenberg ordnet den Rückzug
nach +Troyes+ an. Beide Heere der Verbündeten vereinigen sich wieder
auf kurze Zeit an der +Aube+. Mittlerweile waren Bevollmächtigte der
Verbündeten mit dem Gesandten Napoleons, +Caulaincourt+, zu einem

[5. Febr. bis 19. März.]

~Kongreß in Châtillon~ (an der Seine) zusammengetreten, auf dem man
Napoleon den Besitz +Frankreichs+ mit den Grenzen von 1792 zugestanden
hätte; allein die Verhandlungen werden infolge seines übermütigen und
zweideutigen Benehmens abgebrochen.

Die beiden Heere trennen sich wieder. Das Hauptheer unter
+Schwarzenberg+ siegt in der

[27. Febr.]

~Schlacht bei Bar-sur-Aube~ über +Oudinot+ und +Macdonald+, rückt aber
dann nur langsam vor.

Blücher dringt vor bis in die Nähe von +Meaux+ (an der Marne),
wendet sich dann nordwärts und vereinigt sich bei +Soissons+ mit dem
+Nordheer+ unter +Bülow+ und +Winzingerode+, welches inzwischen Holland
und Belgien befreit hat. Die vereinigten Heere besiegen Napoleon in der

[9. u. 10. März]

~Schlacht bei Laon~, doch ohne ihn vernichten zu können. Er zieht mit
30000 Mann gegen das +Hauptheer+, welches ihn in der

[20. u. 21. März.]

~Schlacht bei Arcis-sur-Aube~ besiegt. Unterdes von der +spanischen+
Seite her gleichfalls siegreiches Vordringen +Wellingtons+ gegen
+Soult+. Besetzung von +Bordeaux+ (12. März), wo die königliche Fahne
der Bourbons zuerst aufgepflanzt wird.

+Napoleon+ faßt den verwegenen Plan, sich den Verbündeten in den
Rücken, nach +Lothringen+, zu werfen, die Besatzungen der Festungen an
sich zu ziehen und die gesamte Bevölkerung zu den Waffen zu rufen. Die
Verbündeten senden ihm 8000 Reiter nach, die übrigen Truppen, 170000
Mann, ziehen gegen +Paris+. Die Marschälle Marmont und Mortier werden
bei ~La Fère Champenoise~ (25. März) zurückgeschlagen und ziehen sich
nach Paris zurück. Die Regentin +Marie Luise+ entflieht nach +Blois+.

[30. März.]

~Schlacht bei Paris~, auf der Ostseite (Pantin, Vincennes), zuletzt
Erstürmung des Berges +Montmartre+ auf der Nordseite.

[31. März.]

~Einzug der Verbündeten in Paris~, wo der Senat auf Veranstaltung
+Talleyrands+ den Kaiser und seine Familie des Thrones für verlustig
erklärt. +Napoleon+ war, seiner Hauptstadt zu Hilfe eilend, wenige
Stunden zu spät gekommen. Da ihm zu einem verzweifelten Sturme
auf Paris die Marschälle den Gehorsam verweigern, entsagt er in
+Fontainebleau+ der Krone (6. und 11. April). Er erhält von den
Verbündeten die Insel +Elba+ als Fürstentum mit 2 Millionen Franks
Einkünften aus Frankreich; 800 seiner alten Soldaten dürfen ihn
begleiten. Seine Gemahlin erhält das Herzogtum +Parma+; beide behalten
den kaiserlichen Titel.

[~1814.~ 10. April.]

~Wellington~ besiegt +Soult+ in der ~Schlacht bei Toulouse~.

[4. Mai.]

Ankunft +Napoleons+ auf +Elba+. Rückkehr der ~Bourbons~ nach
Frankreich. Ludwigs XVI. Bruder, der sich als König

[~1814–1824.~]

~Ludwig XVIII.~ nennt, erteilt dem Lande eine der englischen
nachgebildete, gemäßigte +Verfassung+ (Charte octroyée: +Pairskammer+
und +Deputiertenkammer+) und schließt mit den Verbündeten den

[~1814.~ 30. Mai.]

~Ersten Frieden zu Paris~: 1. ~Frankreich~ nimmt im allgemeinen seine
Grenzen von 1792 wieder an (gegen 1790 Vermehrung um 8200 qkm [150 □
Meilen]: +Avignon+ und +Venaissin+, +Teile+ von Savoyen, Elsaß und
Belgien). 2. +England+ gibt die französischen Kolonien zurück mit
Ausnahme von +Tabago+, +St. Lucie+ und +Isle de France+, behält ferner
+Malta+ (S. 320f) und die früher holländischen Kolonien +Kapland+ (S.
331) und +Ceylon+. 3. Die ~Verbündeten~ +verzichten auf alle Summen+,
welche sie als Entschädigung für französische Erpressungen zu fordern
haben (!).

Nach dem Pariser Frieden kehrt Papst +Pius VII.+ nach +Rom+, der König
von Sardinien +Viktor Emanuel+ nach +Turin+, der König von Spanien
+Ferdinand VII.+ nach +Madrid+ zurück. In +Spanien+ beginnt, nachdem
der König die sehr freisinnige Verfassung der +Cortes+ vom Jahre 1812
verworfen hat, sofort ein grausamer Kampf der unumschränkten Gewalt
gegen die liberale Partei. -- Pius VII. stellt den +Jesuitenorden+ (s.
S. 304) wieder her.

Besuch Kaiser +Alexanders+ und König +Friedrich Wilhelms III.+ in
+London+ (Juni 1814), begleitet von ihren siegreichen Feldherren
(+Blücher+); begeisterter Empfang von seiten der englischen Nation.


§ 5. Wiederherstellung des europäischen Staatensystems.

[~1814–1815.~ Sept. Juni.]

~Wiener Kongreß~,

unter persönlicher Teilnahme der Kaiser von +Österreich+ und +Rußland+,
der Könige von +Preußen+, +Dänemark+, +Bayern+ und +Württemberg+ und
vieler deutscher Fürsten. Vertreten sind alle Staaten Europas, mit
Ausnahme der Türkei. Die geschäftliche Leitung der Verhandlungen hat
der österreichische Staatskanzler Fürst +Metternich+; für Frankreich
weiß +Talleyrand+ als Gesandter Ludwigs XVIII. großen Einfluß zu
gewinnen. Streit entsteht namentlich über die künftige Gestaltung
+Sachsens+ und +Polens+, doch ist der Ausgleich schon gefunden, ehe die
Nachricht von Napoleons Entweichen aus Elba anlangt.


~Hauptbestimmungen der Wiener Kongreßakte (8. Juni 1815):~

1. ~Österreich~ erhält seine alten Gebiete zurück: +Tirol, Vorarlberg,
Kärnten, Krain, Triest, Galizien, Mailand,+ dazu das 1797 erworbene
+venetianische Gebiet+ und das 1805 erworbene Erzbistum +Salzburg+,
tritt aber den +Breisgau+ und seine oberschwäbischen Besitzungen an
Baden und Württemberg, +Belgien+ an Holland ab.

2. ~Preußen~ erhält zurück: einen Teil des Herzogtums Warschau (Provinz
+Posen+) und +Danzig+, die alten Besitzungen in Westfalen und am
Rhein, auch +Neuchâtel+. Zur Entschädigung für nicht zurückerhaltene
frühere Besitzungen (+Ansbach+ und +Baireuth+ an Bayern, +Ostfriesland,
Goslar, Hildesheim+ an Hannover, +polnische+ Gebiete an Rußland) werden
die +Rheinprovinz+ und +Westfalen+ außer anderem besonders durch die
Herzogtümer +Jülich+ und +Berg+, die Kurlande +Köln+ und +Trier+
vergrößert, ferner +Schwedisch-Pommern+ mit Rügen und die Hälfte des
Königreichs +Sachsen+ hinzugefügt.

3. ~Bayern~ wird durch +Ansbach+ und +Baireuth, Aschaffenburg,
Würzburg+ und die +linksrheinische Pfalz+ vergrößert; die
rechtsrheinische mit +Heidelberg+ und +Mannheim+ bleibt bei +Baden+ (S.
320).

4. Ein ~Königreich der Niederlande~ wird gebildet aus der früheren
+Republik+ der Niederlande (+Holland+) und dem früher österreichischen
+Belgien+. König +Wilhelm I.+, Sohn des letzten Erbstatthalters von
Holland (S. 314, 321), erhält zum Ersatz für seine nassauischen
Stammlande auch das +Großherzogtum Luxemburg.+

5. Die deutsche +Kaiserwürde+ nicht wiederhergestellt. Der ~Deutsche
Bund~ tritt an die Stelle des früheren +Deutschen Reiches,+ gebildet
von 35 souveränen Fürsten und 4 freien Städten. Grundgesetz
die +Bundesakte+ vom 8. Juni 1815, ergänzt durch die +Wiener
Schlußakte+ 1820. Oberste Behörde der ~Bundestag zu Frankfurt a.
M.~, eine Versammlung von Gesandten der Bundesstaaten unter Vorsitz
des österreichischen Gesandten. Bundesheer aus Kontingenten der
Einzelstaaten; Bundesfestungen: Mainz, Luxemburg, Landau, Ulm,
Rastatt. +Österreich+ und +Preußen+ gehören nicht mit ihrem ganzen
Gebiet zum Bunde, ersteres nicht mit seinen polnischen, ungarischen
und italienischen Gebieten, letzteres nicht mit Preußen und Posen.
+Bayern+, +Württemberg+, +Sachsen+ (letzteres verkleinert) bleiben
+Königreiche+; dazu kommt das frühere Kurfürstentum +Hannover+
(vergrößert) ebenfalls als Königreich, in Personal-Union mit England
(seit 1714, vgl. S. 299). Der König von England ist als König von
Hannover, der König von +Dänemark+ als Herzog von Holstein und
Lauenburg, der König der +Niederlande+ als Großherzog von Luxemburg am
Deutschen Bunde beteiligt.

6. ~Rußland~ erhält den größten Teil des Herzogtums +Warschau+
als ~Königreich Polen~. +Krakau+ wird Freistaat unter dem Schutze
+Rußlands+, +Österreichs+ und +Preußens+.

7. ~England~ behält +Malta+, +Helgoland+, die ihm früher zugesicherten
+Kolonien+ (S. 339) und die Schutzherrschaft über die Republik der 7
+Ionischen Inseln+ (S. 316). Auf Englands Antrag gemeinsame Erklärung
der Großmächte gegen den +Sklavenhandel+.

8. ~Schweden~ wird, gemäß dem Kieler Frieden (S. 337), mit +Norwegen+
durch Personal-Union vereinigt; ~Dänemark~ wird entschädigt durch
Schwedisch-Pommern mit Rügen, wofür es das von Hannover an Preußen
abgetretene +Lauenburg+ eintauscht (bis 1689 deutsches Herzogtum,
vgl. S. 189, 204, dann mit Hannover vereinigt, 1803 von den Franzosen
besetzt).

9. Die 19 Kantone der Schweiz (S. 316) werden durch +Genf+, +Wallis+
und +Neuchâtel+ (zugleich +Kanton+ und +Fürstentum+ im Besitz der Krone
+Preußen+, S. 274) auf 22 vermehrt, die Bundesverfassung neu geordnet.

10. ~Wiederherstellung~ der alten Dynastien in +Spanien+, +Portugal+,
+Sardinien+ (das durch +Genua+ vergrößert wird) und +Toskana+. +Moděna+
wird gleich Toskana österreichisches Nebenfürstentum, da die Erbtochter
des letzten Herzogs aus dem Hause +Este+ (Herkules III., S. 304) sich
mit dem Erzherzog Ferdinand vermählt hat (S. 282). +Parma+, +Piacenza+
und +Guastalla+ (S. 304) kommen an Napoleons Gemahlin, die Erzherzogin
+Marie Luise+, sollen aber nach ihrem Tode († 1847 als Witwe des Grafen
+v. Neipperg+) an die in +Lucca+ herrschenden Bourbonen zurückfallen.
Auch der +Kirchenstaat+ wiederhergestellt, dagegen wird in +Neapel+
Murat (S. 327) als König anerkannt.

Nachrichten von der Mißstimmung in Frankreich gegen die Regierung
der Bourbons und von den beim Wiener Kongreß besonders wegen der
polnisch-sächsischen Frage ausgebrochenen Streitigkeiten ermutigen
Napoleon zur Rückkehr nach Frankreich.

[~1815.~ 1. März.]

~Landung Napoleons bei Cannes~ mit 7 Schiffen. Schneller Marsch auf
+Paris+. Alle gegen ihn gesandten Truppen, auch +Ney+ mit seinem Korps,
gehen zu ihm über. Ludwig XVIII. entflieht nach Gent.

[~1815.~ 20. März.]

Einzug Napoleons in +Paris+ (+les cent jours+). Die auf dem Wiener
Kongreß vertretenen Staaten erlassen eine gemeinschaftliche
+Achtserklärung+ gegen ihn und schließen ein neues Kriegsbündnis.

[Mai.]

Napoleon macht der liberalen Partei in Frankreich einige Zugeständnisse
durch die in einer großen Volks- und Heeresversammlung bei Paris
(+Maifeld+) verkündete +Zusatzakte+ zur Verfassung des Kaiserreichs,
in +Belgien+ wird ein +preußisches+ Heer unter ~Blücher~ und ein
+englisch-deutsches+ unter ~Wellington~ gegen ihn zusammengezogen.

+Murat+, der sich wieder für Napoleon erklärt, wird von den
Österreichern bei +Tolentino+ (3. Mai) geschlagen und entflieht
nach Frankreich. Ferdinand IV. (aus dem Hause +Bourbon+) kehrt von
+Sicilien+ (S. 304, 324) nach Neapel zurück, nennt sich als »König
beider Sicilien« fortan +Ferdinand I.+ († 1825).

[16. Juni.]

~Schlacht bei Ligny.~ Napoleon, in Belgien vorrückend, schlägt
die Preußen trotz tapferer Gegenwehr. +Blücher+ in Lebensgefahr,
von seinem Adjutanten +Nostiz+ gerettet. +Gneisenau+ befiehlt den
Rückzug nach +Wavre+. An demselben Tage wird Marschall +Ney+ von
+Wellington+, dessen Truppen erst nach und nach auf dem Kampfplatz
erscheinen, bei ~Quatre-Bras~ zurückgeschlagen. (Herzog Friedrich
Wilhelm von Braunschweig †.) Napoleon sendet 32000 Mann unter Grouchy
zur Verfolgung des preußischen Heeres ab in der Richtung auf Namur und
wendet sich mit über 72000 Mann gegen Wellington.

[18. Juni.]

~Schlacht bei Belle-Alliance (Waterloo).~ Am Nachmittag ist Wellingtons
Heer (24000 Engländer, 13000 Niederländer, 30000 Hannoveraner,
Braunschweiger, Nassauer) an mehreren Punkten bereits zum Weichen
gebracht, als ~Blücher~ mit den +Preußen+ (über 40000) anlangt und den
Sieg nach mehrstündigem, erbittertem Kampfe zu Gunsten der Verbündeten
entscheidet. Vollständige Niederlage der Franzosen, ihr von +Gneisenau+
verfolgtes Heer wird gänzlich zersprengt. Zur selben Zeit kämpft
+Grouchy+, auf dessen Hilfe Napoleon gerechnet hatte, fruchtlos gegen
ein preußisches Korps bei +Wavre+. Napoleon eilt nach +Paris+, wo er zu
Gunsten seines +Sohnes+ abdankt; dieser ist genötigt, in Österreich zu
bleiben († 1832 als Herzog von Reichstadt).

[7. Juli.]

~Zweite Einnahme von Paris.~ Einzug +Blüchers+ und +Wellingtons+, bald
darauf Rückkehr +Ludwigs XVIII.+, Ankunft der beiden Kaiser und des
Königs von Preußen.

Unterdes flüchtet +Napoleon+ nach +Rochefort+, wo er sich nach
vergeblichen Versuchen, nach Amerika zu entkommen, dem britischen
Admiral +Hotham+ ausliefert, der ihn an Bord des +»Bellérophon«+ nach
England bringt. Von dort wird er, nach gemeinschaftlichem Beschluß der
verbündeten Mächte, als Kriegsgefangener nach +St. Helena+ gebracht (†
5. Mai 1821. Seine Leiche seit 1840 im Invalidendom zu Paris, S. 353).

[~1815.~ 26. Sept.]

Auf Kaiser Alexanders Wunsch Stiftung der ~Heiligen Allianz~ zur
Erhaltung des Friedens in Europa, zunächst zwischen +Rußland+,
+Österreich+ und +Preußen+; bald schließen sich die übrigen
europäischen Staaten an, mit Ausnahme Englands, der Türkei und des
Kirchenstaates.

[Okt.]

+Murat+, der in Kalabrien gelandet ist, um das Königreich +Neapel+
wiederzuerobern, wird gefangen und kriegsrechtlich erschossen.

[~20. Nov.~]

~Zweiter Friede zu Paris~: 1. ~Frankreich~ tritt die Festungen
+Philippeville+ und +Marienburg+ an das Königreich der Niederlande,
+Saarlouis+ und +Saarbrücken+ an Preußen, +Landau+ an Bayern, den im
ersten Pariser Frieden belassenen Teil von +Savoyen+ an das Königreich
Sardinien ab. 2. Die Nord- und Ostgrenze Frankreichs +mit+ 17
+Festungen+ bleibt (auf höchstens 5 Jahre) von 150000 Mann verbündeter
Truppen auf Kosten Frankreichs besetzt. 3. ~Frankreich~ bezahlt 700
Millionen Franks Kriegskosten. Außerdem werden die nach der ersten
Einnahme von +Paris+ dort +belassenen+, von den Franzosen weggeführten
Kunstschätze zurückgenommen.

Dem Verlangen deutscher Patrioten, auch des preußischen Staatskanzlers
+v. Hardenberg+, Frankreich wenigstens einen Teil der alten Vorlande
des Deutschen Reichs, +Lothringen+ und +Elsaß+, namentlich +Straßburg+,
wieder abzunehmen und es dadurch seiner +Angriffsstellung+ gegen
Deutschland zu berauben, wird auch diesmal nicht entsprochen.

Fussnoten:

[51] +Riquetti+, Graf von +Mirabeau+, geb. 1749, † 1791, von seltenem
Talent, aber sittenlos, verschuldet, mit seiner Familie zerfallen,
gewählt in der Provence als Abgeordneter des dritten Standes.

[52] ~Napoléon Bonaparte~ geb. 15. Aug. 1769 in Ajaccio auf
+Korsika+ (S. 303f.), 1779 auf der Kriegsschule zu Brienne, dann in
Paris, 1785 Leutnant in Valence, 1789–92 meist auf Korsika, wo damals
Aufstand gegen die französische Herrschaft war, 1793 Hauptmann, dann
in Paris mit den Jakobinern in Beziehung, vor Toulon zum Oberst, nach
der Einnahme zum Brigadegeneral der Artillerie befördert, 1794 in
Robespierres Sturz verwickelt und verhaftet, aber wieder freigelassen,
1795 wegen Insubordination aus den Listen der Armee gestrichen.
~»Seine militärische Begabung erhob ihn zum Beherrscher Europas«.~

[53] Gebhard Leberecht ~v. Blücher~, geb. 1742 zu Rostock, tritt
1758 bei den schwedischen Husaren in Vorpommern ein, 1760 bei den
preußischen Husaren, kämpft mit bei Freiberg 1762, nimmt 1773 als
Rittmeister seinen Abschied, tritt 1787 als Major wieder ein,
führt 1794 als General sein Regiment bei Kaiserslautern; 1802–1806
kommandierender General in Münster, Okt. 1813 Feldmarschall, † 1819.

[54] Karl Freiherr vom ~Stein~, geb. 1757 zu Nassau, seit 1780 im
preußischen Staatsdienst, 1796 Oberpräsident der westfälischen Kammer
in Minden, 1804 Finanzminister, Januar 1807 vom König in Ungnaden
entlassen, nach dem Tilsiter Frieden zurückberufen. Minister bis 1808,
1812 von Kaiser Alexander nach Petersburg berufen, 1813–14 einflußreich
im Hauptquartier der Verbündeten und auf dem Wiener Kongreß, † 1831 zu
Kappenberg in Westfalen.

[55] Karl August ~v. Hardenberg~, geb. 1750 zu Essenroda im
Hannoverschen, seit 1792 im preußischen Staatsdienst, 1804–06 Minister
des Auswärtigen, 1810 Staatskanzler, 1814 in den Fürstenstand erhoben,
† 1822.

[56] Gerhard David ~Scharnhorst~, geb. 1755 zu Bordenau
im Hannoverschen, seit 1802 preußischer Offizier, 1806
Generalquartiermeister beim Herzog von Braunschweig, in Lübeck
gefangen, doch bald ausgewechselt, † 28. Juni 1813 in Prag.



~D. Vom Wiener Kongress bis auf unsere Zeit.~


§ 1. Neue Erfindungen.

Aufschwung der Gewerbetätigkeit und des Verkehrs, auch politische
Annäherung der Nationen durch praktische Anwendung der
Naturwissenschaften:

1. Die ersten Versuche, den ~Dampf~ als bewegende Kraft zu verwenden,
reichen ins 17. Jahrhundert zurück. Die Franzosen schreiben die
Erfindung dem Physiker +Denis Papin+ aus Blois (um 1690), die Engländer
dem Marquis +von Worcester+ (1663) und dem Kapitän +Savery+ (1698)
zu. Benutzung einer Dampfmaschine beim Bergbau durch +Newcomen+ 1706
in Devonshire. Hauptverbesserer der +Dampfmaschine+, durch dessen
Erfindungen es erst möglich wurde, dieselbe in den verschiedensten
Gewerben zu verwenden, war ~James Watt~ (1769 in +Birmingham+, † 1819).

2. Versuche mit +Dampfschiffen+ wurden (nach Papins Vorgang 1707) 1774
und 1775 auf der +Seine+, 1786 durch Symington in +Edinburg+ gemacht.
Den ersten regelmäßigen Dampfschiffsverkehr richtete der Amerikaner
~Fulton 1807~ auf dem Hudsonflusse ein, 1818 ging das erste Dampfschiff
von +New-York+ nach +Liverpool+. Dampfschiffahrt auf dem Rhein seit
1825. Hamburg-Amerika-Linie 1847, Norddeutscher Lloyd in +Bremen+ 1857
gegründet.

3. Gewaltige Entwickelung des Landverkehrs durch die ~Eisenbahnen~.
Holzbahnen mit Eisenschienen seit 1767 in englischen Bergwerken
gebräuchlich. Erfinder der +Lokomotive+ George ~Stephenson 1814~
(in Newcastle am Tyne). Erste größere Eisenbahnlinie für den
Personenverkehr +Liverpool-Manchester+ 1830, in Deutschland
+Nürnberg-Fürth+ 1835, +Leipzig-Dresden+ 1837, +Berlin-Potsdam+ 1838,
+Berlin-Hamburg+ 1845.

4. Den +elektrischen Telegraphen+ erfand 1809 +Sömmering+ in München;
den Elektromagnetismus benutzten 1833 +Gauß+ und +Weber+ in Göttingen
zuerst für Fernverständigung; die ersten für Verkehrszwecke brauchbaren
Apparate baute 1837 +Wheatstone+ in London. Den Schreibtelegraphen
erfand +Morse+ in New-York 1837. Erstes unterseeisches Kabel 1851 von
+Dover+ nach +Calais+; erste ozeanische Verbindung 1866 von der Insel
+Valencia+ (an der Westküste von Irland) nach +Neufundland+.

5. ~Erweiterte Anwendung der elektrischen Kraft~: +Fernsprecher+
(Telephon), erfunden 1861 von Philipp Reis in Friedrichsdorf bei
Homburg. +Elektrische Beleuchtung+ (1879 Edison in New-York) neben
der seit 1814 (zuerst in London, 1826 in Berlin) üblich gewordenen
Gasbeleuchtung. +Elektrische Eisenbahn+ (1879 Werner Siemens in
Berlin). +Drahtlose Telegraphie+: Elektrische Wellen im Luftraum,
hergestellt und beobachtet 1887 von +H. Hertz+ in Karlsruhe, zu
telegraphischen Zwecken seit 1897 benutzt von +Marconi+ u. a.

6. Die ~Motorwagen~ (Automobile), seit 1895 in Frankreich beliebt,
dann auch in andern Ländern immer mehr eingeführt, fördern schnellen
Verkehr, ohne an Schienenwege gebunden zu sein.

7. ~Motor-Luftschiffahrt~, seit 1907 erfolgreich betrieben von Graf
+Zeppelin+ (Friedrichshafen am Bodensee), Major +v. Parseval+ (Berlin),
Major +Groß+ (Berlin, Militär-Luftschiff). Auch andere Staaten benutzen
das lenkbare Luftschiff zu Kriegszwecken, ebenso wie in neuester Zeit
auch die ~Flugmaschine~ (Aeroplan). Die Gebrüder +Wright+ in Amerika
u. a..


§ 2. Verfassungs- und Unabhängigkeitskämpfe.

[1817.]

Dreihundertjährige Jubelfeier der +Reformation+. Begründung der
~Evangelischen Union~ durch König Friedrich Wilhelm III. von Preußen.
Das von deutschen Studenten am 18. Okt. veranstaltete +Wartburgfest+
erregt Befürchtungen wegen »demagogischer Umtriebe« gegen die deutsche
+Bundesverfassung+ und die Souveränität der Bundesfürsten.

[1818.]

Kongreß zu ~Aachen.~ Die Großmächte beschließen, die Besatzungstruppen
aus Frankreich zurückzuziehen.

Verfassungen (mit Volksvertretung in zwei Kammern, vgl. S. 339) werden
1818 in +Sachsen-Weimar+, +Bayern+ und +Baden+, 1819 in +Württemberg+,
1820 in +Hessen-Darmstadt+ eingeführt; in +Preußen+ 1823 nur
Provinzialstände.

[1819.]

Der russische Staatsrat +Kotzebue+, der regelmäßige Berichte über die
nationalen Bestrebungen in Deutschland an seine Regierung sandte, von
dem Studenten +Sand+ aus politischen Gründen in Mannheim ermordet.
+Ministerkongreß+ in ~Karlsbad~. Auf Antrag des österreichischen
Ministers ~Metternich~ wird Zensur für Bücher und Zeitungen, Verbot
des Turnens, Beaufsichtigung der Universitäten, Verbot der 1815
in Jena gestifteten +deutschen Burschenschaft+ beschlossen und
vom Bundestag in +Frankfurt+ genehmigt. Die Bundesversammlung in
Frankfurt wird für die oberste Gesetzgebung in Deutschland erklärt.
Zentral-Untersuchungskommission in +Mainz+ eingesetzt, um die
Bundesbeschlüsse gegen widerstrebende Bevölkerungen und Regierungen
durchzusetzen.

[1820.]

+Wiener Schlußakte+ (s. S. 340) gegen die landständischen Verfassungen
gerichtet, zur Sicherung der Souveränität der deutschen Bundesfürsten.

In +Spanien+ Erhebung der Liberalen für die aufgehobene Verfassung von
1812, welche wiederhergestellt wird (S. 339).

[1820.]

[1821.]

Kongreß zu ~Troppau~}

Kongreß zu ~Laibach~} wegen der aufständischen Bewegungen in +Neapel+
und +Piemont+, wo die Verfassung und alle französischen Einrichtungen
nach der Rückkehr der Herrscher wieder aufgehoben worden waren,
+österreichische+ Truppen rücken in Neapel und in das Königreich
Sardinien ein zur Wiederherstellung des unumschränkten Königtums.
+Viktor Emanuel+ von Sardinien dankt ab zu Gunsten seines Bruders +Karl
Felix+.

[1822.]

Kongreß zu ~Verona~ wegen der spanischen und griechischen Unruhen (S.
346f.).

[1823.]

Französische Truppen (95000 Mann) rücken in +Spanien+ ein, dringen
unter dem Neffen Ludwigs XVIII., Herzog von +Angoulême+, bis Cadiz
vor (31. Aug., der +Trocadero+ erstürmt, eine befestigte Landzunge in
der Bai von Cadiz) und befreien den dort gefangen gehaltenen König
+Ferdinand VII.+ Absolutismus wiederhergestellt. Grausame Reaktion,
zahlreiche Hinrichtungen.

[~1810–1825.~]

~Befreiungskrieg der spanischen Kolonien in Amerika.~

Der Beginn des Kampfes gehemmt durch das +Erdbeben von Caracas+ 1812;
1813 zieht ~Bolivar~ als Befreier in Caracas ein, muß dann vor den
Spaniern nach Neu-Granada entweichen, wird 1819 zum Präsidenten der
Bundesrepublik +Colombia+ erwählt, befreit 1822 +Quito+, 1823–1824
+Peru+. +Chile+ erklärt sich 1816, +Argentina+ 1817 unabhängig, später
auch +Paraguay+ und +Uruguay+. In +Mexiko+ tritt 1821 +Iturbide+ als
Kaiser Augustin I. auf, 1823 wird das Land Bundesrepublik, ebenso die
5 Staaten von +Mittel-Amerika+. England (Lord +Canning+ leitender
Minister +Georgs IV.+) erkennt zuerst die neuen Freistaaten an und
schließt mit ihnen Handelsverträge. Die Vereinigten Staaten von Amerika
(Präsident +Monroe+) erlassen 1823 die Erklärung, keine Einmischung
Europas in die politische Gestaltung Amerikas dulden zu wollen
(+Monroe-Doktrin+). Colombia teilt sich 1830 (Bolivar †) in die drei
Republiken +Neu-Granada+ (1861 wieder Colombia genannt), +Venezuela+,
+Ecuador+.

Brasilien, bisher portugiesische Kolonie, wird 1822 unabhängiges
Kaisertum unter +Dom Pedro I.+, dem Sohne Johanns VI., letzterer kehrt
nach Portugal zurück (vgl. S. 327). Sein jüngerer Sohn +Dom Miguel+
erregt Unruhen in ~Portugal~, um die Cortes zu beseitigen, herrscht
nach dem Tode des Vaters (1826) gewalttätig und grausam, wird 1834 von
+Dom Pedro I.+ vertrieben. Dieser überläßt die Regierung Brasiliens
seinem Sohne Pedro II., in Portugal setzt er seine Tochter +Maria da
Gloria+ ein, deren Gemahl Ferdinand von Sachsen-Koburg wird (S. 352).
Verfassung vom Jahre 1826, abgeändert 1838.

[~1821–1829.~]

~Griechischer Befreiungskrieg~, vorbereitet durch die +Hetärie+ einen
1814 von griechischen Kaufleuten in Odessa gestifteten Geheimbund zur
Befreiung der Griechen von der türkischen Herrschaft. Fürst Alexander
+Ypsilanti+ (russischer General und Adjutant Kaiser Alexanders I.)
an der Spitze eines Griechenaufstandes in der Moldau und Walachei
(März-Juni 1821), wird geschlagen, rettet sich nach Österreich, wird 6
Jahre in Munkacz und Theresienstadt gefangen gehalten, † in Wien 1828.

[1821. April.]

Aufstand in Morea (+Mainoten+) und auf den Inseln. Wüten der Türken
gegen die Griechen in Konstantinopel. Der Patriarch +Gregorios+
aufgeknüpft.

[1822.]

Blutbad auf der Insel +Chios+, die Türken ermorden über 20000 Griechen.
+Kanaris+ verbrennt einen Teil der türkischen Flotte an der Küste von
Chios. Der tapfere Widerstand der Griechen (Miaulis aus Hydra. Marcus
Bozzaris u. a.) erregt überall Teilnahme. Freiwillige (Philhellenen)
eilen aus Deutschland, Italien, Frankreich herbei; der englische
Dichter Lord +Byron+ landet mit zwei Schiffen bei der bedrohten Festung
+Missolunghi+ (1824); der Genfer Bankier +Eynard+ organisiert die
Hilfsvereine. +Wilhelm Müllers+ Griechenlieder.

[1825.]

Mehemed Ali, Pascha von Ägypten, sendet dem Sultan Mahmud II. seinen
Sohn +Ibrahim+ zu Hilfe, welcher in +Morea+ grausam wütet. Aussicht auf
russische Hilfe für die Griechen erst nach dem Tode des kinderlosen
Alexander I. (1. Dez.). Ihm folgt sein Bruder als

[~1825–1855.~]

~Nikolaus I., Kaiser von Rußland~, nach Verzichtleistung des älteren
Bruders +Konstantin+ (S. 295).

[1826.]

Die Türken erobern die heldenmütig verteidigte Festung +Missolunghi+.

[~1827.~]

+England+, +Rußland+ und +Frankreich+ schließen auf Betreiben des
englischen Ministers +George Canning+ ein Bündnis zum Schutze der
Griechen.

[Juni.]

Aufstand der +Janitscharen+ in Konstantinopel; sie werden auf Befehl
des Sultans teils getötet, teils nach Asien abgeführt.

[20. Okt.]

~Schlacht bei Navarin.~

Die türkische Flotte wird von der englischen, französischen und
russischen zerstört (»untoward event«). Französische Truppen landen in
Morea, Ibrahim zum Abzug genötigt.

Russische Truppen besetzen 1828 die Donaufürstentümer, General
+Diebitsch+ überschreitet 1829 den Balkan und besetzt Adrianopel,
während in Asien General +Paskjewitsch+ Kars und Erzerum erobert.

Im ~Frieden zu Adrianopel~ 1829 erhält Rußland die Inseln vor der
Donaumündung, in Asien das Gebiet von Achalzik südlich vom Kaukasus.
Den Donaufürstentümern +Serbien+, +Moldau+, +Walachei+ wird das Recht,
christliche Statthalter (Hospodare) unter türkischer Oberhoheit zu
wählen, bestätigt. Die Türkei erkennt im voraus die Beschlüsse der
+Londoner Konferenz+ an, welche 1830 die ~Unabhängigkeit Griechenlands~
aussprechen.

Graf +Capodistrias+ (1814–22 russischer Minister) führt vorläufig als
Präsident die Verwaltung; er wird 1831 in +Nauplĭa+, dem Sitz der
Regierung, ermordet. Darauf erheben die Schutzmächte (England, Rußland,
Frankreich) zum König von Griechenland den Sohn König Ludwigs I. von
Bayern, ~Otto I.~, welcher 1832–1862 regiert, dann durch einen Aufstand
vertrieben wird († 1867). ~Athen~ erhebt sich als Residenzstadt zu
neuer Bedeutung.

~Rußland~ beginnt, nachdem 1795 +Derbent+ (S. 278) abermals besetzt,
1801 +Georgien+ (S. 297) zur Provinz gemacht, 1813 die Südwestküste des
Kaspischen Meeres mit +Baku+, 1827 +Eriwan+ den Persern entrissen ist,
langwierige Kämpfe zur Unterwerfung der +Kaukasus+völker.

[1829.]

In ~England,~ wo 1820–1830 +Georg IV.+ regiert, unter dem Ministerium
des Herzogs von +Wellington+ nach Aufhebung der Testakte (S. 270)
+Emanzipation der Katholiken+, d. h. Zulassung derselben zum Parlament
und zu Staatsämtern. Nach lebhaften Verhandlungen folgt 1832 unter
König +Wilhelm IV.+ (1830–1837) die ~Parlamentsreform~; 56 kleine Orte
verlieren das Wahlrecht, eine Anzahl von Grafschaften und größeren
Städten wählt dafür fortan mehr Vertreter ins Unterhaus.


§ 3. Die Zeit von 1830–1848.

Abermals geht von ~Frankreich~ eine Erschütterung der europäischen
Verhältnisse aus, die jedoch leichter überwunden wird als die frühere.
~König Karl X.~ (1824–1830, Bruder Ludwigs XVI. und XVIII., früher
Graf von Artois, s. S. 307) regiert wie sein Bruder, der Talleyrand
entlassen, den Marschall Ney zum Tode und alle Mitglieder der Familie
Bonaparte nebst den »Königsmördern« zur Verbannung verurteilt hatte,
und erregt durch sein Streben nach Herstellung des unbeschränkten
Königtums wachsende Mißstimmung, die auch durch einen Erfolg der
auswärtigen Politik, die Eroberung des Seeräuberstaates ~Algier~ (Juni
und Juli 1830) nicht vermindert wird.

[~1830.~]

~Pariser Julirevolution.~ Durch das ultraroyalistische Ministerium
+Polignac+ wird der König am 25. Juli 1830 zur Unterzeichnung
von 5 Ordonnanzen (Verfügungen) bewogen, welche 1. die letzten
oppositionellen Kammerwahlen für ungültig erklären, 2. das +Wahlgesetz+
zu einem Privilegium der reichsten Grundbesitzer machen (262
Abgeordnete statt der früheren 430) und 3. die +Preßfreiheit+ aufheben.
Diese Verletzung der Verfassung erregt einen Aufstand in Paris. Nach
dreitägigem Straßenkampf (27.–29. Juli) ziehen die Truppen sich zurück.
Karl X. dankt ab zu Gunsten seines Enkels, des 1820 geborenen Herzogs
Heinrich von Bordeaux, +Graf von Chambord+, dessen Vater, der Herzog
von Berry, 1820 (Febr.) ermordet worden war; aber durch Beschluß der
Pairs und Deputierten wird auf den Thron erhoben der Sohn Philipp
Egalités, +Herzog Ludwig Philipp von Orléans+ aus der jüngeren Linie
des Hauses Bourbon (s. S. 349) als

[~1830–1848.~]

~Ludwig Philipp I.,~ König der Franzosen.

[1830.]

~Belgischer Aufstand.~ Das vom Wiener Kongreß geschaffene Königreich
der +Niederlande+ hat keinen Bestand; die Belgier, durch Sprache,
Konfession und Beschäftigung verschieden, fühlen sich unter der
holländischen Regierung zurückgesetzt und hoffen auf Frankreichs
Hilfe.

  ~Häuser Bourbon älterer und jüngerer Linie (Orléans).~

  ~Heinrich IV.~, erster König aus dem Hause Bourbon, †1610.
                       |
           ~Ludwig XIII.,~ †1643.
                       |___________________...
                       |
          ~Ludwig XIV.~, †1715.
                       |
            Ludwig, Dauphin, †1711.
       ________________|_________________
      |                                  |
 Ludwig, Hz. v. Bourgogne,    Philipp V., K. v. Spanien,
    †1712.                    Stammvater der Bourbons
      |                    in Spanien, Neapel u. Parma, †1746.
      |
 ~Ludwig XV.~, †1774.
      |
 Ludwig, Dauphin, †1765.
      ______|__________________________
     |                  |              |
 ~Ludwig XVI.~, ~Ludwig XVIII.~, ~Karl X.~,
 †1793.         †1824.                †1836.
     |                                 |
 Ludwig (XVII.),                 Karl Ferdinand,
 †1795.                          Hz. v. Berry,
                                 †1820.
                                       |
                                 Heinrich V.,
                                 Graf v. Chambord,
                                 †1883.


  ~Heinrich IV.~, erster König aus dem Hause Bourbon, †1610.
                      |
          ~Ludwig XIII.,~ †1643.
                 ...__|______________________
                                            |
                  Philipp, Hz. v. Orléans, †1701.
                  Gem. Elisabeth Charlotte v. d. Pfalz, †1721.
                                            |
                          Philipp, Regent, †1723.
                                            |
                                      Ludwig, †1752.
                                            |
                                 Ludwig Philipp, †1785.
                                            |
                             L. Philipp (Égalité), †1793.
                                            |
                                 ~Ludwig Philipp~,
                                 K. d. Franzosen, †1850.
  _____________________________________________________________
 |                   |           |        |         |          |
 Ferdinand,      Ludwig,   Klementine,  Franz,     Heinrich, Anton,
 Hz. v. Orléans, Hz. v.    Gem. August  Hz. v.     Hz. v.    Hz. v.
 †1842.          Nemours,  v. Koburg,   Joinville, Aumale,   Montpensier.
   |            †1896.     †1907.       †1900.     †1897.    †1890.
   |              |______________                  |__            |
 __|__________________         __|___________         |           |
 Ludw. Philipp,     Robert,    Gaston,    Ferdinand, Peter,     Anton,
 Graf v. Paris,     Hz. v.    Graf v. Eu. Hz. v.     Hz. v.     Infant v.
 †1894.             Chartres.             Alençon.   Penthièvre Spanien.
   |                __|___________                                |
   |                Johann,       |                      _________|__________
   |                Hz. v. Guise. 1. Pedro,  Emanuel,  Alfons. Louis Ferdinand.
   |                              2. Ludwig, Hz. v.
 __|__________________________    3. Anton.  Vendôme.
 Ludw. Philipp,  Ferdinand,    3 Kinder.
 Hz. v. Orléans. Hz. v. Montpensier.         Karl Philipp.

[25. Aug.]

Aufstand in +Brüssel+, bald auch im ganzen Lande. Prinz +Friedrich+,
der zweite Sohn König Wilhelms I., wird gezwungen, mit den
holländischen Truppen Brüssel zu verlassen; General +Chassé+ behauptet
die Citadelle von +Antwerpen+, indem er die Stadt beschießen läßt. 18.
Nov. +Unabhängigkeitserklärung+ des belgischen Nationalkongresses.
Provisorische Regierung.

Die +Londoner+ Konferenz der Großmächte (Lord +Palmerston+ englischer
Minister) bewirkt Einstellung der Feindseligkeiten und erkennt den
neuen Staat an (Jan. 1831), der sich eine freisinnige monarchische
Verfassung gibt. Nachdem +Ludwig Philipp+ die auf seinen zweiten Sohn
gefallene Königswahl abgelehnt hat, wird zum +König der Belgier+ gewählt

[1831–1865.]

~Leopold I.~ von Sachsen-Koburg (S. 352), der sich mit einer Tochter
Ludwig Philipps vermählt. Fortgang des Kampfes mit Holland bis 1833.
Einmarsch eines französischen Heeres. Belagerung und Einnahme der
Citadelle von +Antwerpen+. Friede 1839.

In ~Deutschland~ wird 1830 Herzog Karl von +Braunschweig+ vertrieben (†
1873 in Genf); sein Bruder Wilhelm übernimmt nach einem Beschluß des
Bundestages die Regierung. Unruhen in +Sachsen+ und +Kurhessen+; in
beiden Ländern wird 1831 eine neue Verfassung verkündet, in +Hannover+
1833.

[~1830–1831.~]

~Polnischer Aufstand.~ Erhebung in Warschau (1830, 29. Nov.). Ein
Mordversuch gegen den Großfürsten +Konstantin+, Bruder des Kaisers
Nikolaus (S. 347), mißlingt. Provisorische Regierung mit Fürst +Adam
Czartoryski+ an der Spitze. Kaiser Nikolaus durch den Reichstag
abgesetzt (1831, Jan.). Ein russisches Heer von 118000 Mann unter
General +Diebitsch+ dringt in Polen ein; blutige ~Gefechte bei Grochow~
(19.–25. Febr. 1831), wo die Polen der russischen Übermacht lange
Widerstand leisten, sich aber doch zuletzt auf Praga zurückziehen
müssen. Der Aufstand verbreitet sich über Litauen und Podolien.
Diebitsch siegt in der Schlacht bei ~Ostrolenka~ (26. Mai), stirbt
aber bald darauf an der Cholera. Uneinigkeit der Polen, Bluttat der
demokratischen Partei in Warschau. Dadurch wird dem neuen russischen
Oberfeldherrn +Paskjewitsch+ das Vordringen erleichtert, er erobert
Warschau (Sept. 1831). Bald wird der Aufstand im ganzen Lande
unterdrückt. Polen verliert die von Kaiser Alexander I. 1815 verliehene
Verfassung und wird fortan als russische Provinz mit Strenge regiert.

[1831.]

Aufstände in +Modĕna+, +Parma+ und der +Romagna+, mit österreichischer
Hilfe unterdrückt.

[1833–1840.]

In ~Spanien~ Bürgerkrieg nach dem Tode Ferdinands VII. Durch
+Espartero+ siegt nach blutigem Kampfe die +Verfassungs+partei
(Christinos) für die unmündige Königin +Isabella II.+ (1833–1868) und
deren Mutter +Marie Christine+ (von Neapel) über die »Karlisten«, d. h.
die Anhänger des Prinzen Don +Carlos+ (Bruder Ferdinands VII.), welcher
1839 zur Flucht nach Frankreich genötigt wird († 1855 in Triest).
Verkündigung einer Verfassung.

[1837.]

+Espartero+ Regent (1841–1843), dann sein persönlicher Feind +Narvaez+;
dieser ruft die von Espartero vertriebene Königin Marie Christine
zurück und verstärkt durch die abgeänderte Verfassung (1845) die
königliche Gewalt.

[1833.]

Aufstandsversuch in +Frankfurt a. M.+ gegen den deutschen Bundestag.
Hierdurch und durch das im Jahre vorher von der demokratischen Partei
in Rheinbayern veranstaltete +Hambacher Fest+ werden wiederum (S. 345)
die Einsetzung politischer Untersuchungskommissionen, Verhaftungen und
Verurteilungen herbeigeführt.

[1833.]

Gründung des ~deutschen Zollvereins,~ angeregt durch das +preußische
Zollgesetz+ von 1818, welches alle Zollgrenzen im Innern des Landes
aufhob und alle Zollstellen an die Grenzen verlegte. Besondere Vereine
der kleineren Staaten, namentlich der 1828 gegründete mitteldeutsche
Handelsverein haben keinen Bestand. Nach und nach werden Verträge mit
Preußen abgeschlossen.

+Österreich+, wo 1835–1848 ~Kaiser Ferdinand I.~ regiert, bleibt
ausgeschlossen. Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Mecklenburg-Strelitz
und Schaumburg-Lippe bilden 1834 den +Steuerverein+ und treten dem
deutschen Zollverein erst 1851 bei. Der Zollanschluß der Hansestädte
Bremen und Hamburg erfolgt erst 1888.

[~1837.~]

Nach dem Tode Wilhelms IV., Königs von England (1830–1837),
folgt in +Hannover+ nach dem salischen Gesetze (s. S. 207) sein
Bruder +Ernst August+ (1837–1851), welcher die 1833 für Hannover
verkündigte Verfassung aufhebt, weil sie ohne seine, des damaligen
Thronerben, Zustimmung zustande gekommen sei. Absetzung der 7 dagegen
protestierenden Göttinger Professoren (+Jakob+ und +Wilhelm Grimm+,
+Dahlmann+, +Gervinus+, +Ewald+, +Albrecht+ und +Weber+). Abgeänderte
Verfassung 1840.

[1837 u. 1838.]

Streit der preußischen Regierung mit den Erzbischöfen von +Köln+ und
+Gnesen-Posen+, besonders wegen der konfessionellen Erziehung der
Kinder aus gemischten Ehen.

   ~Georg III.,~
   K. v. England u. Hannover,
   †1820.
  _____|______________________________________________
 |                      |              |              |
 ~Georg IV.,~ ~Wilhelm IV.,        ~ Eduard~,    ~Ernst August,~
 K. v. E. u. H.,   K. v. E. u. H., Hz. v. Kent,  K. v. Hannover,
 †1830.            †1837.              †1820.        †1851.
   |                                    |              |
   |                          ~Viktoria,~       ~Georg V.,~
   |                          K. v. England,    K. v.
   |                          †1901,            Hannover,
 Charlotte,                   Gem. Albert       †1878.
 †1817,                       v. Koburg,            |
 Gem. Leopold I.              †1861.            Ernst August,
 v. Koburg,                                     Hz. v.
 †1865.                                         Cumberland.
                                               _____|______
                                     Georg Wilhelm.     Ernst August.

                                               Albert,
                                               †1861,
                                               Gem.
                                               Viktoria
                                               v. Engl.,
                                               †1901.
  _______________________________________________|________
 Viktoria,    ~Eduard VII.,~ ~Alfred,~  Arthur,     Leopold
 †1901,       †1910.         Hz. v.     Hz. v.      Hz. v. Albany,
 Gem.         K. v. England, Koburg,    Connaught.  †1884.
 Friedr. III. Gem. Alexandra †1900.                   |
 v. Preußen.  v. Dänemark.                        ~Karl Eduard,~
                 |                                Hz. v. Koburg.
           ~Georg V.,~                                |
           Gem. Mary v. Teck.                    Johann Leopold.
  _______________|___________________________________
 Eduard, Prinz v. Wales; Albert, Heinrich, Georg, Johann.


       ~Franz,~
       Hz. v. Koburg,
       †1806.
  _______|___________________________________________________
 |                       |                           |
 ~Ernst I.~            Ferdinand                   ~Leopold I.,
 Hz. v. Koburg,        Gem. Fürstin v. Kohary,     K. d. Belgier,
 †1844.                †1851.                      †1865.
  __|_______________      __|_________________      __|______________
 |                  |    |          |         |    |                 |
 ~Ernst II.,~ Albert,   ~Ferdinand II.,~ August,    ~Leopold II.,~ Philipp,
              †1861,    †1885, G.        Gem.       K. d. Belgier, G. v.
              Gem.      Maria da         Klementine †1909.         Flandern,
              Viktoria  Gloria, K.       v.                        †1905.
              v. Engl., v. Portugal      Orléans,
              †1901.    †1853.           †1907.
       ___________________|__              |
      |                      |      _______|________
    ~Pedro V.,~ ~Ludwig I.,~       |                |
    K. v.       K. v.            Philipp,  ~Ferdinand,~
    Portugal,   Portugal,        Prinz v.  1887 Fürst,
    †1861.      †1889.           Koburg.   1908 K. v.
                    |                      Bulgarien.
               ~Karl I.,~                      |
               K. v. Portugal              1. Boris,
               †1908.                      Prinz v.
                  |                        Tirnowa.
                  |                        2. Kyrill.
             ~Manuel II.,~
             K. v. Portugal,
             vertrieben 1910.            ~Albert I.,~
                                         K. d. Belgier.
                                     _________|________
                                    |                  |
                                  Leopold.           Karl.

[~1840–1861.~]

~Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen,~ bei seinem
Regierungsantritt mit großen Erwartungen begrüßt. Amnestie für
politische Vergehen, Freilassung der verhafteten Erzbischöfe von Köln
und Gnesen-Posen. 1847 Berufung des +ersten vereinigten Landtags+ nach
Berlin (s. Anhang).

[~1837–1901.~]

~Viktoria, Königin von England,~ Nichte +Wilhelms IV.+, 1840 vermählt
mit +Albert+ von Sachsen-Koburg (prince-consort, † 1861). Vgl. die
Stammtafel S. 352. In Irland vergebliche Bestrebungen für den Widerruf
(+repeal+) der seit 1801 bestehenden parlamentarischen Vereinigung mit
England (+O’Connell,+ † 1847). In England Bewegung für den Freihandel
(Richard +Cobden+ in Manchester); die Abschaffung der beschränkenden
Korngesetze wird 1846 erreicht.

Krieg gegen +Afghanistan+ 1839–1842; durch zwei Kriege gegen die
+Sikhs+ (1845–1849) wird das Pendschab-Gebiet unterworfen. Krieg gegen
+China+ 1810 wegen Verbots der Opiumeinfuhr aus Indien (+Opiumkrieg+);
1842 werden fünf chinesische Häfen den Europäern geöffnet, der
Opiumhandel gestattet, die Insel +Hongkong+ an England abgetreten.
In +Hinterindien+ erwirbt England durch Kriege gegen das Reich
+Birma+ 1826 die Küste von Arakan und die Landschaft Assam, 1853 das
Mündungsgebiet des Irawadi (Pegu), 1886 ganz Birma (s. § 13).

In ~Frankreich~ versucht während der Regierung Ludwig Philipps der
Neffe Napoleons I., ~Louis Napoleon,~[57] 1836 in +Straßburg+ und
1840 in +Boulogne+ einen Aufstand. Er wird das erstemal auf einem
französischen Kriegsschiff nach Amerika geschickt, das zweitemal zu
lebenslänglicher Haft verurteilt, entkommt aber 1846 aus der Festung
Ham.

[~1840.~]

Beginn der +Befestigung von Paris+ unter dem Ministerium +Thiers+ aus
Anlaß einer Kriegsgefahr, welche dadurch entstanden war, daß Frankreich
sich des aufständischen +Mehemed Ali+ von Ägypten (s. S. 347) gegen den
Sultan annahm. Frankreichs Kriegsdrohung gegen Deutschland erregt das
Nationalgefühl gewaltig. Nik. +Beckers+ Rheinlied, +Schneckenburgers+
»Wacht am Rhein«. Bündnis der 4 anderen Großmächte; Frankreich gibt
nach, an Stelle von Thiers tritt +Guizot+ (Okt. 1840). Mehemed Ali,
dessen Sohn Ibrahim die Türken 1839 bei +Nisib+ in Syrien besiegt
hatte, muß auf Verlangen Englands (Lord +Palmerston+) Syrien räumen und
behält nur die +erbliche+ Herrschaft über +Ägypten+ unter Oberhoheit
der Pforte.

[~1840.~ 15. Dez.]

Die Überreste Napoleons I., durch den Prinzen von Joinville, dritten
Sohn Ludwig Philipps, von St. Helena nach Paris gebracht, werden dort
im Dom der Invaliden feierlich beigesetzt.

Langwierige Kriege in ~Algier~ (S. 348) zur Eroberung des inneren
Landes (Marschall +Bugeaud+, General aus Napoleons Schule).
+Abd-el-Kader+, Anführer der Araber und Kabylen, wird 1847 gefangen,
1852 nach Kleinasien entlassen.

[1846.]

Der Freistaat ~Krakau~ wird wegen erneuter polnischer Aufstandsversuche
durch Beschluß der Schutzmächte (S. 341) dem Kaiserreich +Österreich+
einverleibt.

[~1847.~]

~Sonderbundskrieg in der Schweiz.~ Sieben katholische Kantone sagen
sich von der Eidgenossenschaft los, werden aber von den Bundestruppen
unter General Dufour besiegt. Darauf (1848) Umgestaltung des
+Staatenbundes+ (S. 341) souveräner Kantone zu einem +Bundesstaat+
(Föderativrepublik von 25 Staaten, vgl. S. 302). An die Stelle
der bisherigen Tagsatzung, in der abwechselnd Zürich, Bern und
Luzern Vorort gewesen war, tritt die ~Bundesversammlung~ in ~Bern~,
bestehend aus 1. +Ständerat+ (44 Vertreter der einzelnen Kantone),
2. +Nationalrat+ (Vertreter der ganzen Schweizer Bevölkerung, nach
Maßgabe der Volkszahl gewählt). Die vollziehende Gewalt übt der von
der Bundesversammlung gewählte ~Bundesrat~ (7 Mitglieder, auf 3 Jahre
gewählt). Bundesgericht, einheitliches +Militär-, Post-+und +Münzwesen+
(s. § 14).


§ 4. Die Revolutionszeit 1848–1852.

In Frankreich führt die Unzufriedenheit mit der Politik des
Ministeriums +Guizot+ und den noch bestehenden Beschränkungen des
+Wahlrechts+ zur

[~1848.~ 22.–24. Febr.]

~Pariser Februarrevolution.~ Straßenkampf gegen die Truppen; Barrikaden
erbaut. Die Nationalgarde bleibt untätig, die Truppen geben den
Kampf bald auf. +Ludwig Philipp+ flieht nach England († 1850). Seine
Thronentsagung zu Gunsten seines Enkels, des +Grafen von Paris+ (S.
349), wird nicht beachtet, sondern die Republik proklamiert. Die
Deputiertenkammer wählt eine provisorische Regierung. +Lamartine+
als Mitglied derselben hindert Verwüstung und Plünderung. Eine
+Nationalversammlung+ wird nach Paris berufen, um die Verfassung der
Republik festzustellen. Die Forderungen der Sozialisten (+Louis Blanc+)
führen zur Einrichtung von +Nationalwerkstätten+ in Paris, in denen
jedem französischen Bürger vom Staate Arbeit und Lohn geboten werden
soll. Diese erweisen sich jedoch bald als kostspielig und zwecklos.

[~1848.~ 23.–26. Juni.]

Blutiger Straßenkampf in Paris nach Schließung der Nationalwerkstätten.
General +Cavaignac+ erhält durch Beschluß der Nationalversammlung
diktatorische Gewalt und wirft den Aufstand der Arbeiter nieder (gegen
10000 getötet, viele deportiert).

[10. Dez.]

Prinz ~Louis Napoleon~ (S. 353) wird infolge der Furcht aller
Besitzenden vor dem Sozialismus und unter dem Einfluß der Geistlichkeit
durch +Volksabstimmung+ (Plebiscit) mit fast 6 Millionen Stimmen zum
+Präsidenten+ der französischen Republik erwählt. Seine Regierung
findet Beifall, doch weigert sich die Nationalversammlung, die
Verfassung abzuändern, welche die Wiederwahl desselben Präsidenten erst
nach 4 Jahren gestattet.

[~1851.~ 2. Dez.]

~Staatsstreich Louis Napoleons.~ Er läßt die angesehensten Mitglieder
der Nationalversammlung verhaften, erklärt diese für aufgelöst,
fordert wiederum +Volksabstimmung+, läßt Aufstandsversuche in Paris
am 3. und 4. Dez. blutig niederwerfen. Er wird mit mehr als 7
Mill. Stimmen zum +Präsidenten auf 10 Jahre+ erwählt. Am 14. Jan.
1852 verkündet er eine neue, der des ersten Kaiserreiches ähnliche
Verfassung (Senat, gesetzgebender Körper, s. S. 318). Feierliche
Friedensversicherungen gegenüber den europäischen Staaten, besonders
durch eine Rede in Bordeaux (»+L’Empire c’est la paix+«). Auf Grund
eines Senatsbeschlusses und einer +dritten Volksabstimmung+ besteigt er
als

[~1852.~ 2. Dez.]

~Napoleon III., Kaiser der Franzosen~ (1852–1870) den Thron und wird
bald von allen Mächten anerkannt.

[~1848.~ Frühjahr.]

~Revolutionäre Bewegungen in Deutschland und Österreich.~ Eine badische
Volksversammlung bei +Mannheim+ (27. Febr.) fordert Preßfreiheit,
Schwurgerichte, Vereinsrecht, Volksbewaffnung, deutsches Parlament.
Ähnliche Versammlungen finden in Württemberg, Hessen-Darmstadt, Nassau
u. a. Staaten statt. Die Regierungen zeigen sich nachgiebig; der
+Bundestag in Frankfurt+ hebt die Zensur für Druckschriften auf.

[13.–15. März.]

Aufstand in Wien. Metternich, seit 1809 leitender Minister Österreichs,
wird vertrieben. +Bürgerwehr+ und +Studenten+ herrschen in der Stadt.

[18. März.]

Straßenkampf in Berlin, obwohl der König +Friedrich Wilhelm IV.+ schon
aus freien Stücken eine Verfassung und Preßfreiheit versprochen hatte.
Die +unbesiegten,+ aber ermatteten Truppen verlassen auf Befehl des
Königs am 19. ihre Stellungen und marschieren aus der Stadt. Bildung
einer Bürgerwehr. Berufung einer +preußischen Nationalversammlung+ nach
Berlin. Prinz +Wilhelm+ geht auf Befehl seines Bruders nach England.

[~1848.~ 20. März.]

Infolge wiederholter Unruhen in ~München~ dankt König +Ludwig I.+ (†
1868) zu Gunsten seines Sohnes +Maximilian II.+ (1848–1864) ab.

[15. Mai.]

+Zweiter+ Aufstand in ~Wien~, welcher die Einberufung eines
+österreichischen Reichstags+ erzwingt. Kaiser Ferdinand I. verläßt
Wien und geht nach +Innsbruck+.

[Juni.]

~Slavenkongreß~ in Prag, von den ~Tschechen~ (+Palacki+)
ausgeschrieben, um die Bestrebungen der slavischen Völker Österreichs
+gegen das Deutschtum+ zu vereinigen. Im Anschluß daran tschechische
Erhebung in ~Prag~, besiegt durch Fürst +Windischgrätz+.

[31. Okt.]

Einnahme des aufständischen ~Wien~ durch kaiserliche Truppen
(+Windischgrätz,+ +Jellachich+ Ban von Kroatien). +Robert Blum+,
Mitglied des Frankfurter Parlaments, und viele andere werden
erschossen. Der Reichstag wird nach +Kremsier+ verlegt. Fürst Felix
+Schwarzenberg+ übernimmt das Ministerium.

[9. Nov.]

Die preußische Nationalversammlung in ~Berlin~ wird auf Befehl des
Königs (Ministerium +Brandenburg-Manteuffel+) vertagt und zum 27. Nov.
nach +Brandenburg+ berufen.

[10. Nov.]

General +Wrangel+ rückt, ohne Widerstand zu finden, in +Berlin+ ein.
Erklärung des Belagerungszustandes, Entwaffnung der Bürgerwehr. -- Da
die Nationalversammlung in Brandenburg nicht in beschlußfähiger Zahl
zusammenkommt, befiehlt der König

[5. Dez.]

+Auflösung+ der Nationalversammlung und Verkündigung einer preußischen
+Verfassung+, welche nach Beratung durch die neu zu wählenden Kammern
in Gültigkeit treten soll.

[~1848–1849.~]

~Aufstand in Oberitalien gegen Österreich~.

Beginn der Erhebung in +Mailand+ (18. März 1848) die österreichischen
Truppen ziehen sich nach der Festung +Verona+ zurück. König +Karl
Albert+ von +Sardinien+ (1831–1849), welcher Italien befreien will,
wird bei ~Custozza~ (25. Juli) von dem Feldmarschall ~Radetzki~
vollständig geschlagen. +Mailand+ von den Österreichern wieder
eingenommen.

Waffenstillstand bis 20. März 1849, darauf erzwingt +Radetzki+ durch
die Siege bei +Mortara+ (21. März) und ~Novara~ (23. März) den
Frieden. +Karl Albert+ dankt zu Gunsten seines Sohnes +Viktor Emanuel+
(1849–1878) ab. Einnahme von +Brescia+ nach furchtbarem Straßenkampf;
Grausamkeit des Generals +Haynau+ gegen die Gefangenen.

In ~Venedig~ nach Abzug der österreichischen Besatzung (1848, März)
erst +provisorische+ Regierung im Namen des +Königs von Sardinien+,
dann nach der Niederlage des italienischen Heeres +Republik+
(Präsident +Manin+). Belagerung und Einnahme Venedigs durch die
Österreicher (August 1849). Das ganze lombardo-venetianische Königreich
ist der Herrschaft Österreichs wieder unterworfen.

[~1848–1849.~]

~Aufstand der Ungarn gegen Österreich.~ Die Ungarn (Magyaren) verlangen
und erhalten ein eigenes Ministerium (1848, April). Graf +Batthyany+
Ministerpräsident, ~Kossuth~ (spr. +Kóschūt+) Finanzminister. Reichstag
in Pest unter Vorsitz des Erzherzogs +Stephan+ als +Palatin+. Der
+Widerstand+ der +slavischen+ Bevölkerung und der +Nebenländer+
der Krone Ungarn (+Kroatien, Siebenbürgen+) gegen die magyarischen
Ansprüche, ihre Forderung politischer Gleichberechtigung werden vom
Wiener Hofe unterstützt. +Jellachich+, zum +Ban von Kroatien+ ernannt,
fällt mit Heeresmacht in Ungarn ein; Erzherzog +Stephan+ legt sein Amt
nieder. Graf +Lamberg, kaiserlicher Statthalter+ von Ungarn, wird in
Pest ermordet (Sept.); der Kaiser verfügt die Auflösung des Reichstages.

Nach Abdankung +Ferdinands I.+ (2. Dez. 1848) besteigt den Thron sein
Neffe (S. 282)

[~Seit 1848.~]

~Franz Joseph I.~, Kaiser von Österreich. Der ungarische Reichstag
erkennt den Thronwechsel nicht an. Fürst +Windischgrätz+ rückt mit
einem österreichischen Heere in Ungarn ein. +Kossuth+ zieht sich mit
den magyarischen Behörden nach +Debreczin+ zurück, Windischgrätz
besetzt Pest (1849, Jan.), besiegt ein ungarisches, von dem polnischen
General +Dembinski+ geführtes Heer bei +Kapolna+ (Febr.). In
Siebenbürgen ist der polnische General +Bern+, welchem Kossuth ein
Kommando übergeben hatte, siegreich gegen österreichische Truppen und
die von diesen zu Hilfe gerufenen +Russen+. Der ungarische General
+Görgey+ überschreitet mit 50000 Mann die Theiß, entsetzt die belagerte
Festung +Komorn+. Windischgrätz von der Regierung in Wien abberufen,
Pest geräumt; in +Ofen+ bleibt eine österreichische Besatzung. Infolge
der Verkündigung einer

[~1849.~ 4. März.]

~Gesamtverfassung für Österreich~, welche die alte ungarische
Verfassung aufhebt, spricht auf Kossuths Antrag der Reichstag die
Absetzung des Hauses +Habsburg-Lothringen+ aus. +Kossuth+ wird als
»Gouverneur« zum Haupt der magyarischen Regierung ernannt. +Görgey+
erstürmt +Ofen+ (21. Mai); Kossuth und der Reichstag halten einen
pomphaften Einzug in Pest. Unterdes wird bei einer Zusammenkunft der
+Kaiser+ von +Österreich+ und +Rußland+ in +Warschau+ die ~russische
Intervention~ verabredet und ein gemeinsamer Kriegsplan für die
Unterwerfung Ungarns festgestellt.

Ein russisches Heer von 80000 Mann unter +Paskjewitsch+ überschreitet
die Karpathen (Juni), ein zweites rückt von der Walachei aus vor, von
Westen her die Österreicher unter +Haynau+. Die magyarische Regierung
zieht sich nach +Szegedin+ zurück. +Kossuth+ legt bald darauf die
Regierungsgewalt nieder, die Diktatur wird +Görgey+ übertragen. Dieser
entschließt

[~1849.~ 13. Aug.]

sich zur ~Kapitulation von Vilagos~ und streckt mit 25000 Mann vor dem
russischen General +Rüdiger+ die Waffen. Die meisten andern ungarischen
Führer ergeben sich auf Gnade und Ungnade; nur +Klapka+, der Komorn
verteidigt, erhält eine ehrenvolle Kapitulation. +Kossuth, Bem,
Dembinski+ retten sich auf türkisches Gebiet. Haynau verhängt über die
gefangenen Häupter des Aufstandes ein furchtbares Strafgericht. Graf
Batthyany nebst vielen anderen hingerichtet, ihre Güter eingezogen.
Aufhebung der ungarischen Verfassung, Siebenbürgen und Kroatien werden
von Ungarn getrennt.

Die +Gesamtverfassung für Österreich,+ welche nie wirklich ins Leben
getreten war, wird am 31. Dez. 1851 für aufgehoben erklärt.

[~1848–1850.~]

~Versuche, Deutschland zu einigen.~

[~1848.~ 31. März.]

Mit Zustimmung des Bundestages tritt in +Frankfurt am Main+
ein aus Mitgliedern deutscher Ständeversammlungen gebildetes
~Vorparlament~ zusammen und beschließt die Berufung einer +deutschen
Nationalversammlung+ zur Feststellung der deutschen Reichsverfassung.

[April.]

Eine republikanische Erhebung in +Baden+ (Hecker, Struve, Herwegh) wird
durch deutsche Bundestruppen schnell unterdrückt.

[18. Mai.]

~Deutsche Nationalversammlung (Parlament)~ in Frankfurt am Main
(Paulskirche). Auf des Präsidenten +Heinrich von Gagern+ Vorschlag
wird ~Erzherzog Johann~ von Österreich zum ~Reichsverweser~
erwählt; der Bundestag löst sich auf. Erzherzog Johann ernennt ein
Reichsministerium; doch zeigt sich bald, daß die neu geschaffene
+Zentralgewalt+ weder den +Einzelstaaten+ noch dem +Auslande+ gegenüber
wirkliche Macht hat.

[18. Sept.]

Volksaufstand in Frankfurt, veranlaßt durch die Annahme des
Waffenstillstandes mit Dänemark (s. S. 362). Zwei Mitglieder der
Nationalversammlung, Fürst +Lichnowski+ und General +v. Auerswald,+ von
Volkshaufen ermordet.

[~1849.~ März.]

Vollendung der ~deutschen Reichsverfassung~ nach lebhaften
Parteikämpfen in der Nationalversammlung (»+Großdeutsche+«,
welche Österreich an der Spitze Deutschlands erhalten wollen, und
»+Kleindeutsche+«, welche Ausschluß Österreichs und engeren Bund
unter Preußens Führung anstreben). An der Spitze des Reichs soll ein
erblicher +Kaiser+ stehen, neben ihm ein Reichstag, bestehend aus
+Staatenhaus+ (zur Hälfte von den Regierungen, zur Hälfte von den
Volksvertretungen der Einzelstaaten zu ernennen) und +Volkshaus+ (aus
allgemeinen und direkten Wahlen hervorgehend). Kaiserwahl am 28. März.

[~1849.~ 3. April.]

König +Friedrich Wilhelm IV.+ von Preußen erklärt die ihm angetragene
Würde eines ~Kaisers der Deutschen~ nur mit Zustimmung +aller+
deutschen Regierungen annehmen zu können. Endgültige Ablehnung am 28.
April, nachdem inzwischen 28 kleinere Staaten zugestimmt haben.

[Mai.]

Aufstand in ~Dresden,~ um die Einführung der Reichsverfassung zu
erzwingen, mit preußischer Hilfe niedergeworfen.

In ~Baden~ und der bayrischen ~Pfalz~ republikanischer Aufstand
unter Beteiligung des Heeres. Preußische und deutsche Bundestruppen
rücken ein unter dem Oberbefehl des Prinzen +Wilhelm+ von Preußen.
Die Aufständischen in mehreren Treffen besiegt, die Festung +Rastatt+
(22. Juli) zur Übergabe gezwungen. Abberufung und Austritt einer
großen Zahl Abgeordneter aus der Frankfurter Nationalversammlung. Das
»+Rumpfparlament+«, welches seinen Sitz in +Stuttgart+ nimmt, wird (18.
Juni) von der württembergischen Regierung aufgelöst.

[Dez.]

Erzherzog +Johann+ legt die Würde des Reichsverwesers nieder.

Die Fürsten von +Hohenzollern+ (Hechingen und Sigmaringen) legen die
Regierung nieder; ihre Gebiete werden mit +Preußen+ vereinigt.

[~1850.~ 6. Febr.]

In Preußen wird die revidierte Verfassung von dem Könige und den
Kammern feierlich beschworen. Die gesetzgebende Gewalt wird fortan
»gemeinschaftlich durch den König und die beiden Häuser des +Landtags+
ausgeübt«. Der König ist unverantwortlich und wird von verantwortlichen
Ministern beraten. Jeder Regierungsakt des Königs muß von einem
Minister gegengezeichnet sein. An Stelle der »ersten Kammer« tritt
1854 das +Herrenhaus+, bestehend aus Mitgliedern, welche der König
erblich oder auf Lebenszeit ernennt. Das +Abgeordnetenhaus+ geht aus
öffentlichen, indirekten Dreiklassenwahlen (Wahlmänner) hervor. Jetzt
433 Mitglieder. Die Legislaturperioden früher dreijährig, seit 1888
fünfjährig. Die Abgeordneten erhalten Tagegelder und Reisekosten.

Preußens Versuch, eine ~deutsche Union~ mit Ausschluß Österreichs zu
schaffen (General +v. Radowitz+), gestützt auf den am 26. Mai 1849
mit Sachsen und Hannover geschlossenen +Dreikönigsbund,+ gefördert
durch eine Versammlung von Mitgliedern der früheren erbkaiserlichen
Partei des Frankfurter Parlaments zu +Gotha+ (Juni 1849) und durch den
Beitritt der meisten kleineren Staaten, führt zu dem

[~1850.~ 20. März.]

~Erfurter Parlament~, welches die Beratung über die Verfassung der
deutschen Union schnell zu Ende führt. Darauf

[Mai.]

~Fürstenkongreß zu Berlin~, aber keine Einigung, zumal da Sachsen und
Hannover sich schon vorher von dem Dreikönigsbund losgesagt und auf
Österreichs Betreiben mit Bayern und Württemberg den »Vierkönigsbund«
geschlossen haben.

Den preußischen Unionsbestrebungen tritt Österreich nach der
Niederwerfung des ungarischen Aufstandes (S. 357f.) entschlossener
entgegen durch Berufung einer Konferenz der ihm anhängenden Staaten
nach Frankfurt (10. Mai) und Einladung zur

[1. Sept.]

~Wiedereröffnung des Frankfurter Bundestages.~

Verfassungskampf im +Kurfürstentum Hessen+; Kurfürst +Friedrich
Wilhelm+ sucht durch seinen Minister +Hassenpflug+ die Verfassung
von 1831 zu beseitigen. Wiederholte Auflösung der Ständeversammlung;
Kriegszustand über das Land verhängt (7. Sept.). Widerstand der
Behörden und Gerichte. Der Kurfürst verläßt das Land und erhält die
Hilfe des von Österreich wiederhergestellten, von Preußen und seinen
Bundesgenossen nicht beschickten Bundestages zugesagt.

Bruch zwischen +Österreich und Preußen+, das die Intervention des
Bundestages in Hessen nicht dulden will. Kaiser Franz Joseph hat
in +Bregenz+ eine Zusammenkunft mit den Königen von Bayern und
Württemberg, darauf in +Warschau+ (28. Okt.) mit Kaiser Nikolaus
von Rußland, der den preußischen Gesandten Graf Brandenburg zum
Nachgeben ermahnt. Bundesexekution gegen +Hessen+ durch bayrische und
österreichische Truppen wird in Frankfurt beschlossen. Auch preußische
Truppen rücken in Hessen ein, ziehen sich aber nach einem Zusammenstoß
der Vorposten bei +Bronnzell+ (8. Nov.) zurück. Friedrich Wilhelm IV.
entläßt den Minister v. Radowitz und gibt die Unionsbestrebungen auf.

[29. Nov.]

~Vertrag zu Olmütz~ (+Manteuffel+ und +Schwarzenberg+). Preußen fügt
sich allen Forderungen Österreichs. +Schleswig-Holstein+ wird den Dänen
überlassen, in +Hessen+ die unumschränkte Herrschaft des Kurfürsten
wiederhergestellt. Preußen verzichtet auf seine Pläne hinsichtlich
der Neugestaltung Deutschlands; für die deutsche Verfassung werden
Konferenzen in +Dresden+ anberaumt, welche die

[~1851.~]

~Wiederherstellung des deutschen Bundes~ beschließen. Österreich
hat in den deutschen Verhältnissen ebenso wie in seinen inneren
Kämpfen gegen die nationalen Aufstände gesiegt. Doch hält Preußen den
+Zollverein+ (S. 351) aufrecht, welchem nun auch Hannover und Oldenburg
beitreten, und begründet allmählich eine +preußische Kriegsflotte+,
indem es mehrere von den 1852 im Auftrage des Bundestages versteigerten
Schiffen übernimmt, welche die deutsche Nationalversammlung 1849 als
+deutsche Flotte+ gegen Dänemark zusammengebracht hatte (S. 361). Ein
Gebiet an der +Jahdemündung+ wird 1853 durch Vertrag mit Oldenburg
erworben zur Anlage des Kriegshafens +Wilhelmshaven+, an der Nordsee.

[~1848–1850.~]

~Schleswig-Holsteins Erhebung gegen Dänemark.~

~Veranlassung~: »Offener Brief« des Königs Christian VIII.
(1839–1848) vom 8. Juli 1846, welcher den Fortbestand der Union
der +Herzogtümer+ mit +Dänemark+ trotz des in den beiden Staaten
verschiedenen Erbfolgerechts (s. S. 268) verfügt. Ein Aufstand in
Kopenhagen (30. März 1848) zwingt seinen Nachfolger Friedrich VII.,
die ~Einverleibung Schleswigs~ in Dänemark auszusprechen. Nach der
bis dahin nie bezweifelten Thronfolge mußten die Herzogtümer nach dem
Aussterben des Königlichen Mannesstammes an den Herzog +Christian+ von
Sonderburg-Augustenburg fallen. Daher Aufstand in den Herzogtümern und
Bildung einer +provisorischen Landesregierung+.

[~1848.~ April.]

Preußische und andere deutsche Bundestruppen kommen den
Schleswig-Holsteinern, welche sich eine Armee neu bilden müssen, zu
Hilfe. General +v. Wrangel+ vertreibt die Dänen aus dem +Danewerk+
bei +Schleswig+ (23. April) und dringt bis nach Jütland vor.
Aber die Verluste des Ostseehandels durch die dänische Blockade
und englisch-russischer Einfluß bewirken den Abschluß eines
Waffenstillstandes zu ~Malmö~. Eine +»gemeinschaftliche Regierung«+
wird für die Herzogtümer eingesetzt. Unzufriedenheit mit diesem
Waffenstillstand in ganz Deutschland; die Nationalversammlung zu
Frankfurt genehmigt ihn nach heftigen Verhandlungen.

[~1849.~ März.]

Einsetzung einer +Statthalterschaft+ für Schleswig-Holstein durch die
deutsche Zentralgewalt.

Bei +Eckernförde+ wird das Linienschiff +Christian VIII.+ in Brand
geschossen und die Fregatte +Gefion+ genommen (5. April). Erstürmung
der Düppeler Höhen durch bayrische und sächsische Truppen (13. April).
Das schleswig-holsteinische Heer, geführt von dem preußischen General
+v. Bonin+, besiegt die Dänen bei +Kolding+ (23. April). Doch wiederum
wird die Weiterführung des Krieges durch die Drohungen Englands und
Rußlands gelähmt. Die neu gegründete +deutsche Flotte+ liefert den
Dänen ein Seetreffen bei +Helgoland+ (5. Juni), ist aber dann genötigt,
untätig in der Wesermündung zu bleiben. Das schleswig-holsteinische
Heer belagert die Festung +Fridericia+, erleidet aber durch einen
glücklichen Ausfall der Dänen bedeutende Verluste.

[~1849.~ Juli.]

Waffenstillstand zwischen +Preußen+ und +Dänemark+; Schleswig soll
im Norden von schwedischen, im Süden von preußischen Truppen besetzt
und von einer dänisch-preußischen Kommission verwaltet werden. Die
schleswig-holsteinische Armee geht über die Eider zurück; Holstein
bleibt noch unter der Statthalterschaft. Nach Abschluß des Friedens
zwischen Preußen und Dänemark (Juli 1850) werden alle preußischen
Offiziere aus der schleswig-holsteinischen Armee abberufen.

[~1850.~]

Die von Deutschland verlassenen Schleswig-Holsteiner kämpfen allein
weiter. Der ehemalige preußische General +v. Willisen+ übernimmt
den Oberbefehl über ihr Heer. Er wird bei ~Idstedt~ (24. und 25.
Juli) geschlagen, Schleswig von den Dänen besetzt. In dem Gefecht
bei +Missunde+ (12. Sept.) werden die Schleswig-Holsteiner ebenfalls
besiegt, auch beim Sturm auf +Friedrichstadt+ (4. Okt.) mit Verlust
zurückgeschlagen.

Der inzwischen wiederhergestellte ~deutsche Bund~ erzwingt unter dem
Einfluß Österreichs die Einstellung der Feindseligkeiten. Holstein wird
mit preußischer Zustimmung von österreichischen Truppen besetzt (Jan.
1851) und den Dänen gegen das Versprechen »die Rechte der Herzogtümer
zu wahren« überlassen (Febr. 1852).

[~1852.~ 8. Mai.]

~Londoner Vertrag~ (Protokoll), unterzeichnet von den fünf
+Großmächten+, +Schweden+ und +Dänemark+. Um den Bestand des dänischen
Gesamtstaates zu wahren, wird eine neue Thronfolgeordnung für das
Königreich +Dänemark+ und die +Herzogtümer+ festgestellt. Prinz
+Christian von Sonderburg-Glücksburg+, Gemahl der Prinzessin +Luise+
von +Hessen-Kassel+, einer Schwestertochter Christians VIII. von
Dänemark, wird zum Erben des kinderlosen Königs Friedrich VII. für
die gesamte Monarchie bestimmt. Der Herzog Christian von Augustenburg
verspricht, der neuen Erbfolgeordnung in Dänemark nicht entgegentreten
zu wollen, überträgt 1863 seine Erbansprüche auf seinen Sohn
+Friedrich+ (Vater der Kaiserin +Auguste Viktoria+).

Die deutsche Nationalität in den Herzogtümern wird von den Dänen fortan
schwer bedrückt.


~Einwirkung der Revolution von 1848 auf die übrigen europäischen
Staaten.~

König Karl Albert von +Sardinien+ verleiht seinem Staat im Februar 1848
eine Verfassung, ebenso der Großherzog Leopold II. von +Toskana+ und
Papst Pius IX. (1846–1878) dem +Kirchenstaat+. Sicilien erklärt seinen
Abfall vom Königreich +Neapel+, obgleich König Ferdinand II. daselbst
schon im Januar 1848 eine Verfassung verkündigt hat. Nach dem Siege
der Schweizertruppen im Straßenkampf zu Neapel (Mai) wird Sicilien mit
großer Härte unterworfen (5tägige Beschießung der Stadt +Messina+ im
Sept.), darauf die Verfassung des Königreichs wieder aufgehoben. --
Papst Pius IX., in dem manche vorübergehend den Schöpfer der Einheit
Italiens gesehen hatten, flieht im Nov. 1848, als in Rom sein Minister
Rossi ermordet worden war, nach Gaëta. +Römische Republik+ errichtet
(Mazzini), welcher sich auch Toskana nach Vertreibung des Großherzogs
anschließt. Aber +österreichische+ Truppen besetzen Toskana und die
zum Kirchenstaat gehörige Romagna, +französische+ Truppen stellen in
Rom die weltliche Herrschaft des Papstes wieder her. ~Französische
Besatzung in Rom.~

+Spanien+ und +Portugal+ werden von den Erschütterungen des Jahres
1848 wenig berührt. In Spanien neue Parteikämpfe nach dem Sturz
des Ministers Narvaez (S. 351) 1851, der 1856 zurückkehrt und noch
öfters die Leitung des Ministeriums übernimmt († 1868, sein Gegner
+O’Donnell+). In Portugal Revision der Verfassung 1852; auf die Königin
Maria (S. 346) folgt 1853 ihr Sohn +Pedro V.+, für welchen bis 1855
sein Vater +Ferdinand+ die Regierung führt (S. 352).

Das Königreich der +Niederlande+ erhält im November 1848, +Dänemark+
1849 eine repräsentative Verfassung. In +Schweden+ bleibt die
+ständische+ Verfassung (Adel, Geistlichkeit, Bürger, Bauern) vom Jahre
1809, in +Norwegen+ die repräsentative von 1814. Zweikammersystem in
Schweden 1866 eingeführt durch König Karl XV. (1859–1872), Enkel von
Karl XIV. Johann (Bernadotte).

In +England+ wird der Versuch der Chartisten, durch eine Massenpetition
das allgemeine Wahlrecht einzuführen, durch die entschlossene Haltung
der Londoner Bevölkerung (10. April 1848) vereitelt.


§ 5. Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhundert.

Neues Aufblühen der +bildenden Künste+ durch Vereinigung der Künstler
aus verschiedenen Nationen in +Rom+, besonders Carstens aus Schleswig
(1792–1798 †), Thorwaldsen aus Kopenhagen (1797, † 1844), der Italiener
Canova († 1822), die deutschen Maler Overbeck († 1869), Cornelius (†
1867) und Schnorr von Carolsfeld († 1841).

Nachblüte der Malerei in +Frankreich+ während des ersten Kaiserreichs:
David († 1825), Horace Vernet, Delaroche, Prudhon, Gérard, Isabey, Mme.
Lebrun; in Belgien Wappers, L. Gallait, Alma Tadema (lebt in England).

Französische Maler nach dem ersten Kaisertum: Delacroix, Scheffer,
Jugres; der Bildhauer Carpeaux. Maler der neuesten Zeit: Millet,
Cabanel († 1889), Meissonier († 1891), Baudry († 1886). In der
+Schweiz+: Calame († 1864).

Kunsttätigkeit in +München+ unter König Ludwig I. (reg. 1825–1848):
Cornelius, Kaulbach, v. Schwind, Schwanthaler, v. Klenze. Neuere
Münchener Malerschule: Piloty, Makart († in Wien 1884), Piglhein,
Defregger, Lenbach († 1904).

In +Berlin+ unter Friedrich Wilhelm III: Schinkel, Gottfr. Schadow,
Rauch; unter Friedrich Wilhelm IV.: Cornelius, Kaulbach, Stüler; unter
Wilhelm I. und Wilhelm II. Ad. Menzel, Reinhold Begas, Anton v. Werner.

In +Dresden+: Gottfried Semper († 1879), Rietschel († 1861).

Malerakademie in +Düsseldorf+: W. Schadow, Bendemann, K. F. Lessing,
Achenbach, Camphausen.

Die deutschen +Stilisten+: Böcklin († 1901), Thoma, Klinger.

+Musik+: Vollendung der klassischen +deutschen Musik+ (S. 292) durch
Beethoven († in Wien 1827). Ausbildung der +Oper+ durch K. M. v. Weber
(† 1826), Spohr, Cherubini, Spontini, Rossini, Meyerbeer, Auber,
Berlioz, Gounod, Bizet, Richard Wagner († 1883), Verdi († 1901). F.
Mendelssohns +Oratorium+ Paulus 1836, Elias 1846; Franz Schubert (†
1828), Robert Schumann († 1856), Joh. Brahms († 1897).

+Dichter+ des Befreiungskrieges: E. M. Arndt († 1860), Th. Körner (†
1813), v. Schenkendorf. -- +Romantische Schule+: A. W. Schlegel, L.
Tieck, Heinr. v. Kleist, Ad. v. Chamisso. -- Platen, Heine, Rückert,
Uhland, Geibel, Scheffel, G. Freytag († 1895), Grillparzer, Hebbel, E.
v. Wildenbruch († 1909).

+Französische+ Literatur: Mme. de Staël († 1817), Chateaubriand,
Courier, Lamartine, Béranger, Scribe, Victor Hugo, Delavigne, Musset,
George Sand, A. Dumas, Augier. +Englische+ Literatur: Byron (s. S.
347), Keats, Shelley, Wordsworth, Walter Scott († 1832), Thomas Moore,
Tennyson, Swinburne, Bulwer, Dickens, Thackeray, Meredith, Stevenson,
Kipling.

+Norwegische+ Dichter: Ibsen († 1906), Björnson († 1910).

+Russische+ Dichter: Alex. Puschkin († 1837), Turgenjew († 1883), Graf
Leo Tolstoi († 1910). (Der Maler Wereschtschagin.)

+Geschichtschreibung+: In Deutschland Quellensammlung der +Monumenta
Germaniae+, 1819 vom Freiherrn v. Stein begründet; Niebuhr († 1831),
Schlosser, Dahlmann, Ranke († 1886), v. Sybel, v. Treitschke († 1896),
Mommsen († 1903). In Frankreich: Barante, Guizot, Mignet, Aug. Thierry,
Thiers, Tocqueville, Taine. In England: Grote, Buckle, Carlyle,
Macaulay.

+Altertumsforschung+ und +Sprachwissenschaft+: Franz Bopp, Wilh. v.
Humboldt († 1835), Gottfr. Hermann, Aug. Böckh, E. Curtius, Th. Mommsen
(† 1903); H. Schliemann. -- +Deutsches Altertum+: Jakob und Wilhelm
Grimm, K. Müllenhoff.

Preußisches Archäologisches Institut in +Rom+ 1829 begründet, 1871 vom
Deutschen Reiche übernommen. Deutsches Archäologisches Institut in
+Athen+ seit 1874 (vgl. S. 30).

+Philosophie+: Fichte († 1814 in Berlin), Schelling, Hegel († 1831 in
Berlin), Herbart, Schopenhauer, J. S. Mill, Lotze, Wundt.

Protestantische +Theologie+: Schleiermacher († 1834 in Berlin),
Neander, David Strauß (1835 Leben Jesu), Tholuck († 1877 in Halle),
Beyschlag († 1901 in Halle), Harnack.

+Naturforschung+: Laplace († 1827), Ampère, Arago, Cuvier († 1832);
Berzelius, Nobel († 1896); Wöhler, J. v. Liebig, Bunsen, Pasteur,
Curie (Radium); Alex. v. Humboldt († 1859 in Berlin). Darwin (†
1882), Wallace, Virchow, Robert Koch († 1910); Volta, Faraday, Mayer,
Helmholtz, Röntgen, Edison.

+Astronomie+: Gauß, Bessel, Herschel, Leverrier, Schiaparelli.

+Erdkunde+: Karl Ritter († 1859 in Berlin); die Entdeckungsreisenden
Livingstone († 1863), Burton, Baker, Stanley († 1904), Barth, Rohlfs,
Schweinfurth, Nachtigal († 1885), Emin Pascha (Schnitzer), Wißmann (†
1905). Die Nordpolfahrer Roß († 1856), Parry, Franklin: Nordenskjöld
(Umsegelung Asiens), Nansen, Peary; die Südpolfahrer Borchgrevink und
Shackleton; der Erforscher Zentralasiens Sven Hedin.


§ 6. Machtentfaltung des zweiten französischen Kaiserreiches.

~Napoleon III.~, 1853 vermählt mit der spanischen Gräfin +Eugenie
von Montijo+ und Teba (1856 Geburt des Thronfolgers Louis, † 1879),
beschließt, den Plänen +Rußlands+ in der Türkei entgegenzutreten (s.
S. 296). Kaiser +Nikolaus I.+, stolz auf seine Erfolge in Ungarn (S.
357f.) und gegenüber Preußen (S. 360), sendet den Fürsten +Menschikow+
nach Konstantinopel und fordert die Schutzherrschaft über alle
griechischen Christen im türkischen Reiche; dagegen einigen sich
+Frankreich+ und +England+ zur Unterstützung des Sultans.

[~1853.~ Juni]

Eine französisch-englische Beobachtungsflotte wird am Eingang der
Dardanellen, später im Bosporus aufgestellt.

[Juli.]

80000 Russen gehen über den Pruth und besetzen die Donaufürstentümer.

[Sept.]

Zusammenkunft des Kaisers Nikolaus mit dem Kaiser von +Österreich+ in
Olmütz, dann mit dem König von +Preußen+ in Berlin, doch erreicht er
nicht das gewünschte Bündnis, sondern nur Versicherung der Neutralität
unter bestimmten Voraussetzungen.

[Okt.]

Die Pforte erklärt den Krieg an Rußland. +Omer Pascha+ geht bei Widdin
über die Donau und behauptet sich gegen die Russen bei +Oltenitza+ (4.
Nov.). Die russische Flotte überfällt und vernichtet ein türkisches
Geschwader bei +Sinōpe+ (30. Nov.). Auf die Weigerung des Kaisers,
die Donaufürstentümer zu räumen, folgt, nachdem in England ein
Whigministerium (~Palmerston~) ans Ruder gekommen ist, ein Bündnis der
Westmächte (Frankreich und England) mit der Türkei (1854, März).

[~1854–1856.~]

~Krieg der Westmächte gegen Rußland (Krimkrieg).~

Der russische Feldherr +Paskjewitsch+ überschreitet die Donau,
belagert aber vergeblich +Silistria+. Frankreich und England schicken
Truppen nach der Türkei, welche bei +Gallipoli+ und +Varna+ landen.
+Österreich+, mit Preußen verbündet, verlangt, daß die Russen die
Donaufürstentümer räumen; Kaiser Nikolaus befiehlt die Räumung aus
»strategischen Gründen« (1854, Juli). Eine zweite französisch-englische
Flotte erscheint in der Ostsee, vermag jedoch nichts gegen die Festung
+Kronstadt+ auszurichten und nimmt nur die kleine Festung +Bomarsund+,
auf einer der Alands-Inseln.

[~1854.~ 14. Sept.]

Landung der Franzosen und Engländer (zusammen 55000 Mann unter
Marschall St. Arnaud und Lord Raglan) an der Küste der ~Halbinsel
Krim~; auch 6000 Türken nehmen an dem Feldzuge teil.

[20. Sept.]

~Schlacht an der Alma~, Sieg über die Russen.

[~1854–1855.~ Okt. Sept.]

~Belagerung von Sebastopol~, welches die Russen unter +Menschikow+
mit neuen Befestigungen (unter +Totlebens+ Leitung) umgeben, während
der Hafen durch Versenkung von Kriegsschiffen gesperrt wird. Nachdem
+Menschikow+ Verstärkung erhalten hat, greift er die Verbündeten von
neuem an, wird aber nach blutigem Kampfe in der

[~1854.~ 5. Nov.]

~Schlacht bei Inkerman~ zurückgeschlagen. Langsamer Fortgang der
Belagerungsarbeiten während des Winters. +Österreich+ tritt trotz der
früheren Dienste Rußlands in Ungarn und gegen Preußen (Dez. 1854) dem
Bunde der Westmächte bei und stellt ansehnliche Streitkräfte an der
russischen Grenze auf, ohne jedoch wirklich den Krieg zu beginnen.
Seitdem +Spannung zwischen Rußland+ und +Österreich+. Preußen verharrt
(trotz Olmütz) in seiner neutralen Stellung, gewinnt damit ein
Anrecht auf Rußlands Dank. König +Viktor Emanuel II. von Sardinien+
schließt ein Bündnis mit den Westmächten und schickt 15000 Mann unter
+Lamarmora+ nach der Krim. Die Belagerungsarmee wird bis zu 174000 Mann
verstärkt (28000 Türken).

[1855, 2. März.]

Tod +Nikolaus’ I.+, Kaisers von Rußland. Sein Sohn

[~1855–1881.~]

~Alexander II.~ läßt die Verteidigung Sebastopols durch Fürst
+Gortschakow+ weiterführen. Große Verluste der Belagerer durch
Krankheit, Entbehrungen und tägliche Kämpfe. Endlich nach dreitägiger
starker Beschießung

[~1855.~ 8. Sept.]

~Erstürmung des Malakowturms~ durch die Franzosen (unter +Pélissier+),
des ~Redan~ durch die Engländer, die aber von den Russen wieder
hinausgeschlagen werden.

[11. Sept.]

Die Russen ziehen sich mittels einer Schiffbrücke in den nördlichen
Teil der Festung zurück. Besetzung der Stadt +Sebastopol+ durch die
Verbündeten.

In Asien Einnahme der Festung +Kars+ durch die

[28. Nov.]

Russen.

[~1856.~ 30. März.]

~Friede zu Paris~: 1. +Rußland+ tritt die +Donaumündungen+ mit
einem kleinen, am linken Ufer der untern Donau gelegenen Teil von
+Bessarabien+ ab. 2. Es entsagt der besonderen Schutzherrschaft
über die Christen in der Türkei (deren Gleichstellung mit der
mohammedanischen Bevölkerung von der Pforte zugesichert wird)
und über die Donaufürstentümer (deren Verhältnis später geregelt
werden soll). 3. Es gibt +Kars+ zurück und verspricht, am Schwarzen
Meere keine Waffenplätze anzulegen und dort nicht mehr Schiffe als
die Pforte zu halten. 4. Die Westmächte geben +Sebastopol+ nach
Zerstörung der Hafenbauten und Befestigungen an Rußland zurück. -- Die
Moldau und Walachei werden 1859 vereinigt als Fürstentum +Rumänien+
unter Oberhoheit des türkischen Sultans. Seit 1866 Fürst +Karl von
Hohenzollern+ (1881 König).

Das ~zweite französische Kaiserreich~ gelangt durch diesen Krieg zu
hohem Ansehen in Europa. Zugleich Sorge Napoleons für die innere
Verwaltung. Glänzende Bauten in +Paris+, 1855 Weltausstellung daselbst
(nach dem Vorbilde der Weltausstellung in London 1851).

[1856–1857.]

Zerwürfnis zwischen dem Könige von +Preußen+ und der +Schweiz+
infolge einer Erhebung der königlich gesinnten Partei in +Neuchâtel+
(Neuenburg) gegen die daselbst 1848 eingerichtete republikanische
Verfassung (S. 274, 354). Unter französischer Vermittelung wird durch
+Freilassung der Gefangenen+ seitens der Schweiz und +Verzichtleistung
auf Neuchâtel+ durch den König von Preußen der Streit beigelegt.

[~1857.~ Okt.]

Wegen schwerer Erkrankung König +Friedrich Wilhelms IV.+ übernimmt sein
Bruder ~Wilhelm~, Prinz von Preußen, die Stellvertretung, ein Jahr
darauf die +Regentschaft+.

~Dänemark~ verzichtet auf Verlangen der am Ostseehandel beteiligten
Staaten auf die fernere Erhebung des +Sundzolls+ (S. 250) gegen eine
Entschädigung von 30 Mill. dän. Talern.

[~1857–1858.~]

~Aufstand in Ostindien~, erst nach furchtbarem Blutvergießen von
den Engländern unterdrückt. Die einheimischen Truppen (+Sepoys+),
geführt von dem Großmogul +Mohammed Bahadur Schah+, verteidigen sich
hartnäckig in der alten Residenzstadt +Delhi+, belagern die Engländer
in +Lucknow+. Delhi wird erstürmt, Lucknow entsetzt. Nach Herstellung
der Ruhe wird die Ostindische Kompagnie (S. 300) aufgelöst und die
Verwaltung der englischen Krone übertragen; seitdem steht ein Vizekönig
an der Spitze des Landes. 1876 nimmt die Königin +Viktoria+ den Titel
»+Kaiserin von Indien+« an.

[~1857–1860.~]

~Englisch-französischer Krieg gegen China.~

+Veranlassung+: Verletzungen des englisch-chinesischen Handelsvertrages
von 1842 seitens der Chinesen führen im Oktober 1856 zu
Feindseligkeiten zwischen den Engländern und den chinesischen Behörden
von +Kanton+. Die französische Regierung, welche ebenfalls eine
Änderung ihrer Handelsverträge mit China wünscht, schließt sich den
englischen Forderungen an.

[1857.]

Dez. +Kanton+ durch die Verbündeten besetzt.

[1858. Juni.]

Vertrag von +Tientsin+, welcher dem europäischen Handel und den
Missionen Zutritt in das Innere von China gewährt und stehende
Gesandtschaften in der Hauptstadt +Peking+ gestattet.

Da die Ratifikation dieses Vertrages von den Chinesen unter nichtigen
Vorwänden hinausgeschoben wird, während die Forts von +Taku+ am Peiho
befestigt werden, landen französische und bald auch englische Truppen
und dringen (Sept. 1860) gegen +Peking+ vor. Schlacht bei +Palikao+;
der kaiserliche Sommerpalast vor Peking geplündert und verbrannt.
Darauf Friede von +Peking+ geschlossen; der Vertrag von Tientsin wird
erneuert, China zahlt an England 60 Mill. Franks, an Frankreich 30
Mill. als Entschädigung für die Kriegskosten. Für die auswärtigen
Angelegenheiten wird eine besondere Behörde (Tsunglijamen) eingesetzt
und dieser auch das von den Europäern geleitete Seezollamt unterstellt.

~Japan~ öffnet sich dem Verkehr mit anderen Staaten williger als China.
Handelsverträge mit den Vereinigten Staaten und mit England 1854,
mit Rußland 1855, mit +Preußen+ 1861 (ostasiatische Expedition unter
Führung des Grafen +Eulenburg+ 1859–62, der auch mit China und Siam
Handelsverträge schließt). Seit Anfang 1867 Mikado +Mutsuhito+ (geb.
1852). Widerstand der Großen (Daimios) gegen die Zulassung der Fremden
(S. 220, 251), 1868 unterdrückt. Schon 1867 Abdankung des Shoguns (S.
251) und Wiederherstellung der Macht des Kaisers (S. 220); Berufung
einer Volksvertretung 1869. Der Mikado verlegt seine Residenz von Kioto
nach Tokio. Beginn der neuen Ära für Japan. Regelmäßige Parlamente
seit 1890. Viele Einrichtungen europäischer Kultur eingeführt; erste
Eisenbahn 1872. Das Heerwesen zuerst nach französischem, dann nach
preußischem Muster eingerichtet.

~Frankreich~ nimmt 1862 das Mündungsgebiet des +Mekong+ in
+Hinterindien+ in Besitz (+Cochinchina+). Napoleon III., bemüht, die
Kolonialmacht seines Reiches zu entwickeln, ordnet 1865 persönlich die
Verhältnisse der Kolonie +Algier+ (S. 348, 354); General Mac-Mahon
1864–1870 Gouverneur daselbst.

~Rußland~ erwirbt 1860 von China das +Amur+gebiet, unterwirft 1859
die +Kaukasus+völker, nimmt 1865–68 +Turkestan+ (Städte Taschkent
und Samarkand) in Besitz, verkauft +Alaska+ 1867 für 7 Mill. Dollar
an die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Innern ~Aufhebung der
Leibeigenschaft~ 1861 durch weise Maßregeln Kaiser Alexanders II.
begonnen.

~Polen~ verliert nach Niederwerfung des Aufstandes von 1863 (S. 372)
seine letzten Freiheiten. Seitdem russische Sprache und Gesetze
eingeführt (S. 350).


~Die nationale Einigung Italiens.~

+Napoleon III.+ unterstützt das Königreich +Sardinien+ zu erneutem
Angriff auf die Herrschaft +Österreichs+ in Oberitalien (s. S. 356).
(+Orsinis+ Attentat und »Testament«.) Graf +Cavour+, Minister des
Königs Viktor Emanuel II., verfolgt zugleich den Plan, den trostlosen
Zuständen in den andern italienischen Staaten ein Ende zu machen und
Italien politisch zu einigen.

[~1859.~]

~Krieg Frankreichs und Sardiniens gegen Österreich.~ Napoleon III.
übernimmt selbst den Oberbefehl über die französischen Truppen, zieht
nach dem Siege bei ~Magenta~ (4. Juni, Gen. +Mac-Mahon+) zusammen mit
Viktor Emanuel in Mailand ein.

[24. Juni.]

~Schlacht bei Solferino~ (südlich vom Gardasee), 111000 Franzosen und
50000 Sardinier gegen 140000 Österreicher unter Kaiser Franz Joseph.
Die feste Stellung der Österreicher wird erstürmt; sie ziehen sich in
das +Festungsviereck+ (Mantua, Peschiera, Verona, Legnago) zurück. Der
Prinzregent von Preußen zur Hilfeleistung bereit, verlangt aber für
sich den Oberbefehl über die +gesamte deutsche Streitmacht+ und völlige
Selbständigkeit. Österreich dagegen fordert von ihm Unterordnung
unter die Befehle des Bundestages. Zusammenkunft der beiden Kaiser in
Villafranca, dann Waffenstillstand von +Villafranca+ (Juli) und (10.
Nov.) ~Friede zu Zürich~: 1. Österreich tritt die +Lombardei+ (mit
Ausnahme von +Mantua+ und +Peschiera+) an +Napoleon II.+ ab, der sie
an +Sardinien+ gibt. 2. Italien soll einen +Staatenbund+ bilden unter
dem Ehrenvorsitz des Papstes. 3. Die während des Krieges vertriebenen
Herrscher von +Toskana+ und +Modĕna+ sollen wieder eingesetzt, die
aufständischen +Legationen+ (Bologna usw.) dem Papst zurückgegeben
werden, aber »ohne fremde Intervention«.

Trotz dieser Bestimmungen des Züricher Friedens werden durch
Volksabstimmung

[~1860.~]

+Toskana+, +Parma+ (wo der Herzog gleichfalls hatte fliehen müssen),
+Modĕna+ und die päpstlichen +Legationen+ mit der Monarchie Viktor
Emanuels vereinigt, wogegen dieser +Savoyen+ und +Nizza+ an Frankreich
abtreten muß.

Landung ~Garibaldis~ in +Sicilien+ (11. Mai) mit 1000 Freiwilligen,
deren Zahl sich schnell vermehrt. Palermo und Messina ohne großen
Widerstand eingenommen. Er setzt nach dem Festlande über (20. Aug.);
König Franz II. verläßt seine Hauptstadt +Neapel+ und zieht sich mit
40000 Mann hinter den +Volturno+ zurück. Unterdes waren +sardinische+
Truppen in Umbrien und die Marken eingerückt. Der in päpstliche Dienste
getretene französische General +Lamoricière+ wird in dem

[18. Sept.]

~Treffen bei Castelfidardo~ von +Cialdini+ geschlagen.

Der Kirchenstaat mit Ausnahme des Gebietes um Rom (+Patrimonium Petri+)
wird von Viktor Emanuel besetzt, der alsdann in das neapolitanische
Gebiet einrückt und sich mit Garibaldi vereinigt. König +Franz II.+
zieht sich mit seinen Truppen nach ~Gaëta~ zurück. Belagerung dieser
Festung; sie ergibt sich Febr. 1861.

[~1861.~ 17. März.]

~Viktor Emanuel II. König von Italien.~ Mit Ausnahme von +Venetien+ und
dem Gebiet um +Rom+ (Patrimonium Petri) ist die ganze Halbinsel unter
+einem+ Scepter vereinigt. Die meisten der vertriebenen Fürsten wenden
sich nach Österreich. Tod +Cavours+ 6. Juni 1861.

[1862.]

Neuer Freischarenzug +Garibaldis+, um gegen den Willen der Regierung
Rom zu befreien. Er wird am +Aspromonte+, der Südspitze Italiens,
verwundet und gefangen, zieht sich dann nach der Insel +Caprera+ (bei
Sardinien) zurück.

[~1864.~ 15. Sept.]

Vertrag zwischen +Frankreich+ und +Italien+: die Dauer der
französischen Besetzung Roms (s. S. 363) auf noch 2 Jahre festgesetzt,
zur Hauptstadt Italiens wird ~Florenz~ bestimmt; die italienische
Regierung übernimmt den Schutz des Patrimonium Petri gegen jeden
fremden Einfall.

[~1861–1867.~]

~Krieg in Mexiko.~ Der 1861 in den Vereinigten Staaten von Amerika
ausgebrochene Bürgerkrieg (s. u. § 18) veranlaßt +Napoleon III.+ zu
einem weitausschauenden Unternehmen. Frankreich verbündet sich mit
+England+ und +Spanien+, um die Republik +Mexiko+ (Präsident +Juarez+)
zur Erfüllung vertragsmäßiger Verpflichtungen gegen Kaufleute dieser
Länder zu zwingen. Nach Besetzung der Hafenstadt +Veracruz+ kommt ein
Vertrag zustande; die französischen Truppen aber dringen weiter vor.
England und Spanien nehmen an dem nun beginnenden Kriege nicht teil.

[1863.]

Die Franzosen erobern +Puebla+, dann auch die Hauptstadt +Mexiko+; eine
dorthin berufene Nationalversammlung wählt den Erzherzog ~Maximilian~,
Bruder des Kaisers von Österreich (S. 282), zum ~Kaiser von Mexiko~.
Dieser erscheint 1864, kämpft gegen die republikanischen Truppen,
unterstützt von den Franzosen unter +Bazaine+, kann aber des Landes
nicht Herr werden. Die +Vereinigten Staaten+, wo mittlerweile der Krieg
zu Ungunsten der Südstaaten entschieden ist, schreiten zu Gunsten der
Republik ein, nach dem von +Monroe+ (S. 346) ausgesprochenen Grundsatz.

[1867.]

Abzug der Franzosen aus Mexiko. Kaiser Maximilian setzt allein den
Kampf fort, wird nach tapferer Gegenwehr in +Queretaro+ eingeschlossen,
durch Verrat gefangen, auf Juarez’ Befehl vor ein Kriegsgericht
gestellt und erschossen. +Juarez+, 1871 als Präsident wiedergewählt,
hat mit Parteikämpfen zu ringen, † 1872. Geordnete Zustände stellt der
Präsident Porfirio +Diaz+ (1877–1911) her (s. u. § 18).

Napoleons III. Ansehen in Frankreich durch das Fehlschlagen der
Expedition nach Mexiko schwer erschüttert; er versucht es durch
+Einmischung in die deutschen Verhältnisse+ wiederherzustellen.


§ 7. Deutschlands Einigung durch Preußen.

[~1861.~ 26. Febr.]

In ~Österreich~ wird eine neue ~Gesamtstaatsverfassung~ verkündigt
(engerer Reichsrat für die deutsch-slavischen Länder, weiterer
Reichsrat durch Hinzutritt der ungarischen Abgeordneten für die
gemeinsamen Angelegenheiten). Widerstand gegen diese Verfassung
besonders von seiten der +Ungarn+, welche die Wiederherstellung ihrer
besonderen Verfassung mit eigenem Ministerium und die politische
Wiedervereinigung der seit 1849 abgetrennten Länder Siebenbürgen,
Kroatien, Slawonien und der Militärgrenze mit dem Königreich Ungarn
verlangen (S. 357 f.)

[2. Jan.]

In ~Preußen~ nach dem Tode Friedrich Wilhelms IV. König ~Wilhelm
I.~;[58] Krönung in +Königsberg+ 18. Okt. Bald darauf bricht
infolge der von der Regierung auf Veranlassung des Königs
durchgeführten +Verstärkung des Heeres+ (Kriegsminister +v. Roon+) ein
~Verfassungsstreit~ aus.

[~1862.~]

Auflösung des Abgeordnetenhauses. Die oppositionelle Mehrheit kehrt
infolge der Neuwahlen verstärkt zurück.

[23. Sept.]

Ministerpräsident ~v. Bismarck.~[59] Die Verstärkung des Heeres wird
aufrecht erhalten; das +Staatshaushaltsgesetz+ kommt in diesem und den
nächsten Jahren nicht zustande.

Der Kurfürst von +Hessen+ (S. 360) wird genötigt, die vom deutschen
Bundestage nunmehr gebilligte Verfassung von 1831 anzuerkennen.

[~1863.~]

+Aufstand in Polen.+ Intervention der drei Mächte England, Frankreich,
Österreich zu Gunsten der Polen ohne Erfolg. Preußen schließt einen
Vertrag mit Rußland und sperrt seine Grenzen für die Aufständischen
aufs strengste ab. Damit erwirbt es sich ein weiteres Anrecht auf
Rußlands Dank (S. 366).

[Aug.]

~Fürstentag zu Frankfurt am Main~ unter Vorsitz des Kaisers +Franz
Joseph,+ zur Beratung einer +Reform des Deutschen Bundes+ (Direktorium
von 5 Fürsten und Bundesrat unter Österreichs Vorsitz, Parlament aus
Abgesandten der Landtage der Einzelstaaten). Die Beratungen bleiben
erfolglos, da +Preußen+ die Beteiligung ablehnt.

Durch die wiederholte Verletzung des Londoner Protokolls, besonders
aber durch das dänische Patent vom 30. März 1863 und die in Kopenhagen
von den »+Eiderdänen+« durchgesetzte gemeinsame +Verfassung+ für
Dänemark und Schleswig, welche +Schleswig+ mit ~Dänemark~ vereinigt,
also von Holstein trennt und die Rechte der holsteinischen Stände (S.
362) auf ein geringes Maß herabdrückt, wird die seit 1852
gegenüber den Übergriffen der Dänen oft bewährte Geduld des deutschen
+Bundestages+ erschöpft; er beschließt (1. Okt. 1863) ~Bundesexekution~
gegen Dänemark.

[~1863.~ 15. Nov.]

Tod Friedrichs VII.; nach dem Londoner Protokoll (S. 362) folgt
+Christian IX.+ († 1906). Dieser bestätigt die Gesamtstaatsverfassung.
Große Aufregung in Deutschland; man fordert vollständige +Trennung+
Schleswig-Holsteins von Dänemark und sofortige Besetzung des ganzen
Landes durch deutsche Bundestruppen. Aber auf Antrag +Österreichs+ und
+Preußens+, welche sich durch das Londoner Protokoll gebunden erklären,
bringt der Bundestag nur seinen früheren Beschluß zur Ausführung und
läßt 12000 +Hannoveraner+ und +Sachsen+ in die zum Bunde gehörigen
Herzogtümer +Holstein+ und +Lauenburg+ einrücken. In Holstein wird
+Friedrich VIII.+ von Augustenburg (S. 362) als Herzog ausgerufen.

[~1864.~]

~Krieg gegen Dänemark.~

+Österreich+ und +Preußen+ verlangen (Jan. 1864) die Aufhebung
der neuen dänischen Verfassung, weil sie den 1852 übernommenen
Verpflichtungen widerspreche. Da Dänemark sich weigert, rücken 37000
Preußen und 23000 Österreicher unter dem Oberbefehl des preuß.
Feldmarschalls +v. Wrangel+ in Schleswig ein. Holstein bleibt von den
Bundestruppen besetzt. Die Österreicher rücken auf das +Danewerk+
los; die Preußen gehen nach einem vergeblichen Versuch bei +Missunde+
bei +Arnis+ über die +Schlei+. Darauf Rückzug der dänischen Truppen
(35000 Mann) aus dem Danewerk; der größte Teil zieht nach +Düppel+.
General +v. Moltke+[60] trifft beim Oberkommando der Verbündeten ein.
Die Österreicher unter +Gablenz+ dringen nach siegreichem Kampfe bei
+Översee+ (6. Febr.) vereint mit einem Teil der Preußen in +Jütland+
ein; die preußischen Hauptkräfte übernehmen die Belagerung der Düppeler
Schanzen.

[~18. Apr.~]

~Die Preußen erstürmen die Düppeler Schanzen~ (118 Geschütze erobert).
Die Dänen ziehen sich nach Alsen, Fünen und Nordjütland zurück, räumen
auch die Festung Fridericia.

[12. Mai bis 25. Juni.]

~Waffenruhe~, Verhandlungen zu ~London~. Da man sich weder über eine
+Personal-Union+ der Herzogtümer mit der Krone Dänemark, noch über eine
+Teilung Schleswigs+ nach den Nationalitäten einigen kann (Dänemark
hofft vergeblich auf Hilfe von England und Rußland), so sagt Preußen
sich von dem durch Dänemark so oft gebrochenen Londoner Protokoll
los, und der Krieg beginnt von neuem. -- Die +Preußen+ unter General
+Herwarth von Bittenfeld+ bewerkstelligen bei Nacht auf Kähnen den

[~1864. 29. Juni.~]

~Übergang nach der Insel Alsen~, schlagen die Dänen auf allen Punkten
und treiben sie nach Fünen hinüber. Auch Nordjütland wird von den
Verbündeten besetzt.

Zur See hatten am 17. März drei preußische Schiffe bei +Jasmund+ (an
der Ostseite von Rügen), am 9. Mai zwei österreichische und drei
preußische Schiffe bei +Helgoland+ gegen die Dänen gekämpft; vom 13.
bis 17. Juli gelang mit Hilfe der Kanonenboote die Besetzung der Inseln
+Sylt+ und +Föhr+.

[20. Juli.]

Waffenstillstand, Verhandlungen in Wien.

[22. Aug.]

~Genfer Konvention~ zum Schutz der Verwundeten und Kranken im Kriege,
von den meisten europäischen Staaten unterzeichnet (das Rote Kreuz).

[30. Okt.]

~Friede zu Wien~: König Christian IX. von Dänemark tritt die
Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an +Österreich+ und
+Preußen ab+.

Die Bundestruppen verlassen Holstein; Österreich und Preußen setzen für
die Herzogtümer eine +gemeinschaftliche Regierung+ ein. Mißstimmung
darüber in den Herzogtümern und vielfach in Deutschland; man wünscht
ein +selbständiges Schleswig-Holstein+. Österreich begünstigt die
Einsetzung des Prinzen Friedrich von Augustenburg; der preußische
Minister +v. Bismarck+ verlangt (Febr. 1865) für den Fall, daß zu den
in Deutschland vorhandenen Kleinstaaten ein neuer hinzutreten soll:
1. Daß dessen gesamte Streitkräfte ein Teil der preußischen Armee und
Flotte werden, 2. Seine Eisenbahnen, sein Post- und Telegraphenwesen
unter preußische Leitung kommen, 3. Eintritt der Herzogtümer in den
Zollverein und Abtretung einiger militärisch wichtiger Orte, namentlich
Friedrichsort an der Kieler Förde und Sonderburg.

Um Streitigkeiten zwischen den Regierungskommissaren der beiden
Großmächte fernerhin zu vermeiden, schließen Österreich und Preußen den

[~1865.~ 14. Aug.]

~Vertrag zu Gastein~: 1. Beide Mächte behalten die gemeinschaftliche
Oberhoheit über +beide+ Herzogtümer; +Österreich+ übernimmt +vorläufig+
die Verwaltung in Holstein, +Preußen+ in Schleswig. +Rendsburg+ soll
Bundesfestung, +Kiel+ Bundeshafen werden; die Benutzung dieses Hafens
bleibt gemeinschaftlich, doch erhält +Preußen+ dort den Oberbefehl;
auch werden ihm zwei Militärstraßen, Telegraphen- und Postlinien durch
Holstein zugesichert. 3. Österreich tritt das Herzogtum +Lauenburg+
(S. 341) an Preußen ab gegen Zahlung von 2½ Millionen dänischer
Taler. Bald zeigt sich, daß diese Einigung keinen Bestand haben kann.
Österreich, entschlossen, eine wesentliche Machtvergrößerung Preußens
nicht zuzugeben, verständigt sich mit den +deutschen Mittelstaaten+;
Preußen, welches eine kriegerische Entscheidung der deutschen Frage
als unvermeidlich ansieht, tritt mit +Italien+ in Unterhandlung. Es
beginnt ein +Krieg,+ der durch das energische Vorgehen der preußischen
Heeresmacht schnell zu Ende geführt wird.


~1866. Der deutsche Krieg.~

Verbündete ~Preußens~: Die +kleineren norddeutschen+ Staaten und
+Italien+ (s. S. 379).

Verbündete ~Österreichs~: +Bayern, Württemberg, Sachsen, Hannover,
Baden, beide Hessen.+

~Ursache~: Das Verlangen der deutschen Nation nach größerer Einheit.
Eine Neugestaltung Deutschlands mit starker Bundesgewalt gegenüber den
Einzelstaaten war unmöglich, solange sich im Deutschen Bunde +zwei+
Großmächte gegenüberstanden, von welchen die eine größtenteils +nicht
deutsche+ Bevölkerung und +nicht deutsche+ Interessen hatte.

~Veranlassung~: Der Streit über die Zukunft der Herzogtümer Schleswig
und Holstein.

[~1866.~ 9. April.]

Preußen stellt bei dem +Bundestage+ in Frankfurt den
Antrag auf +Reform der Verfassung des Deutschen Bundes+ unter Mitwirkung
eines aus allgemeinem Wahlrecht hervorgehenden +Parlaments.+

Die von +Frankreich, England+ und +Rußland+ (24. Mai) angebotene
Vermittelung wird vereitelt durch die Forderung Österreichs, daß auf
der etwaigen +Friedenskonferenz+ von keiner +Gebietsveränderung+ die
Rede sein solle.

Österreich stellt (1. Juni) die Entscheidung der
schleswig-holsteinischen Erbfolgefrage dem +Deutschen Bunde+ anheim
und läßt durch den Gouverneur +v. Gablenz+ die holsteinische
Ständeversammlung einberufen. Preußen erklärt dies für einen Bruch des
Gasteiner Vertrages; Gen. +v. Manteuffel,+ Gouverneur von Schleswig,
rückt mit Truppen in Holstein ein. Gablenz mit den österreichischen
Truppen zieht sich unter Protest zurück.

[10. Juni.]

Preußen legt den deutschen Regierungen den Entwurf einer
neuen +bundesstaatlichen+ Verfassung unter preußischer Leitung mit
Ausschluß Österreichs vor. Der Bundestag zu Frankfurt beschließt auf
Österreichs Antrag

[14. Juni.]

~Mobilmachung~ der gesamten ~Bundesarmee~ mit Ausnahme der
drei preußischen Bundesarmeekorps. Austritt Preußens und ~Auflösung~
des ~Deutschen Bundes~.

[~1866.~ 15. Juni.]

Aufforderung +Preußens+ an +Sachsen, Hannover+ und +Kurhessen+, von dem
Bundesbeschluß zurückzutreten, ihre Truppen auf Friedensfuß zu setzen
und sich dem vorgeschlagenen neuen Bunde unter preußischer Leitung
anzuschließen. Diese Aufforderung wird abgelehnt.


~A. Östlicher (Haupt-) Kriegsschauplatz.~


~Preußen gegen Österreicher und Sachsen.~

~Preußen~: +Erste Armee+ (~Prinz Friedrich Karl~) i. d. +Lausitz,+
93000 M. +Elbarmee+ (General +Herwarth v. Bittenfeld+) i. d. Provinz
+Sachsen+, 46000 M. +Erstes Reserve-Korps+ (General +v. d. Mülbe+) bei
+Berlin+, 24000 M. +Zweite Armee+ (~Kronprinz Friedrich Wilhelm~) in
+Schlesien+, 115000 M.

~Österreich~: +Nordarmee+ (~Feldzeugmeister v. Benedek~) in +Böhmen+
und +Mähren+, 240000 M.

+Sächsische Armee (Kronprinz Albert)+ 24000 M.

[16. Juni.]

Einmarsch der preußischen Elbarmee in Sachsen. König Johann begleitet
seine Truppen nach +Böhmen+; nur die Festung +Königstein+ bleibt von
sächsischen Truppen besetzt.

[19. Juni.]

Die Elbarmee besetzt +Dresden+; bei ihrem weiteren Vormarsch bleibt die
1. Division des +Korps v. d. Mülbe+ als Besatzung in Sachsen.

[23. Juni.]

Die preußische Elb- und die erste Armee überschreiten die
+österreichische Grenze ohne Gefecht,+ die zweite Armee folgt am 26.
Juni; gemeinsames Ziel +Gitschin+.

Erstes Zusammentreffen an der +Iser+: Siegreiche Gefechte der
Preußen am 26. Juni bei +Podol+ (Teile der +ersten Armee+) und bei
+Hühnerwasser+ (Teile der +Elbarmee+); dann gewinnen beide Armeen
Anschluß und sind bei +Münchengrätz+ (28. Juni) und +Gitschin+ (29.
Juni) siegreich.

Das zur preußischen +zweiten Armee+ gehörige Korps v. Bonin wird am
27. Juni von den Österreichern bei +Trautenau+ geschlagen, aber die
preußische Garde dringt siegreich vor bei +Soor+ (28. Juni) und besetzt
+Königinhof+ (29. Juni). Vereinigung mit dem Korps des Generals von
Steinmetz, welcher drei österreichische Korps bei +Nachod+ (27. Juni),
+Skalitz+ (28. Juni), +Schweinschädel+ (29. Juni) zurückgeschlagen hat.

~König Wilhelm I.~ trifft am 1. Juli in Gitschin ein und übernimmt den
~Oberbefehl~ über ~alle preußischen Heere~; Chef des Generalstabes
~General v. Moltke.~ Es wird beschlossen, mit vereinten Kräften die
Österreicher anzugreifen, welche hinter dem Flüßchen +Bistritz+ auf den
Höhen von +Chlum+, im Rücken gedeckt durch die Festung +Königgrätz,+
ihre Aufstellung genommen hatten (206000 Mann mit über 500 Geschützen).

[~1866.~ 3. Juli.]

~Schlacht bei Königgrätz.~ Harter Kampf der ersten preußischen
Armee bei +Sadowa+ und +Benatek+ gegen die Österreicher; große
Verluste erleidet die Division des Generals v. Fransecky im Walde
von +Masloved+. Auf dem rechten Flügel kämpft die ~Elbarmee~ bei
+Nechanitz+ gegen Sachsen und Österreicher. Am Nachmittag kommt die
zweite (schlesische) Armee unter dem +Kronprinzen+ nach anstrengendem
Marsche von links her den Österreichern in die Flanke; das Gardekorps
erstürmt die Höhe von +Chlum+. Rückzug der Österreicher nach
+Königgrätz+, die Preußen erbeuten 5 Fahnen, 161 Geschütze, machen
20000 Gefangene. Weiterer Rückzug nach +Olmütz+.

Kaiser +Franz Joseph+ ruft Frankreichs Vermittelung an und tritt
+Venetien+ an Napoleon III. ab; der von Frankreich begehrte
Waffenstillstand wird jedoch von +Preußen+ und von +Italien+
zurückgewiesen. Ein großer Teil der österreichischen Südarmee wird aus
Italien zum Schutze der bedrohten Hauptstadt +Wien+ herangezogen. Die
Preußen besetzen ~Prag~ (8. Juli) und ~Brünn~ (12. Juli); die erste
Armee rückt von Brünn aus rasch gegen +Wien+ vor, während die zweite
nach dem Treffen bei +Tobitschau+ (15. Juli, General v. Bonin) durch
Besetzung von +Prerau+ die Eisenbahnverbindung zwischen Olmütz und Wien
abschneidet.

Benedek führt seine Truppen über die +Kleinen Karpathen+, um Wien auf
dem Umwege durch das Waagtal zu erreichen. Das preußische Hauptquartier
wird am 18. Juli nach +Nikolsburg+ (südlich der Taya) verlegt. Das
Treffen bei ~Blumenau~ (unweit +Preßburg+) am 22. Juli (General +v.
Fransecky+) entscheidet sich bereits zu Gunsten der Preußen, als es um
12 Uhr abgebrochen werden muß infolge der mittlerweile abgeschlossenen
+fünftägigen Waffenruhe+. Darauf

[~26. Juli.~]

~Waffenstillstand zu Nikolsburg~, nachdem ohne Frankreichs Mitwirkung,
aber mit Rücksicht auf seine Forderungen, die +Friedenspräliminarien+
unterzeichnet worden sind.


~B. Westlicher Kriegsschauplatz.~


~a) Preußen gegen Hannover und Kurhessen.~

~Preußische Westarmee~: General ~Vogel v. Falckenstein~; sie ist
zunächst noch getrennt: Division Goeben bei +Minden+, Division
Manteuffel in +Holstein+, Division Beyer bei +Wetzlar+, zusammen 48000
M.

+Hannoveraner+ 21000 M., +Kurhessen+ 8000 M.

[~1866.~ 16.–18. Juni.]

Die preußische Westarmee besetzt +Hannover+ und +Kurhessen+.

Abmarsch der +hannoverschen+ Truppen über +Göttingen+ nach
+Heiligenstadt+ zur Vereinigung mit den süddeutschen Bundeskorps,
die aber nicht erreicht wird. König +Georg V.+ begleitet sein Heer.
Die +Kurhessen+ gewinnen durch schleunigen Abmarsch Anschluß an
die Süddeutschen, finden im Laufe des Feldzuges als Besatzung von
+Mainz+ Verwendung. +Kurfürst Friedrich Wilhelm+ von Hessen kommt als
Gefangener nach +Stettin+.

[~1866. 27. Juni.~]

Gefecht bei ~Langensalza~ zwischen 20500 +Hannoveranern+ und 8500
+Preußen+ und +Koburg-Gothaern+ (Gen. +v. Flies+). Die Preußen müssen
sich nach 7stündigem, hartem Kampfe zurückziehen; aber durch schnelles
Herbeiziehen von Verstärkungen (Generale +v. Manteuffel+ und +v.
Beyer+) wird der Zweck erreicht, der hannoverschen Armee den Weg zu
ihren süddeutschen Verbündeten zu verlegen.

[29. Juni.]

~Kapitulation von Laugensalza~. Das Heer wird aufgelöst und entwaffnet
(mit Ausnahme der Offiziere); König +Georg V.+ begibt sich nach
Österreich.


~b) Preußen gegen die Süddeutschen.~

~Die preußische Mainarmee,~ bisher Westarmee (S. 377) 45000 M. Bei
dem später eintreffenden Korps des Großherzogs +Friedrich Franz+ von
Mecklenburg-Schwerin die Truppen von Mecklenburg, Sachsen-Altenburg und
Braunschweig.

Nach Langensalza erhält die +Mainarmee+ den Auftrag, über Fulda auf
Schweinfurt zu marschieren, um die Vereinigung der beiden süddeutschen
Korps zu verhindern und zunächst die Bayern zu schlagen.

~Für Österreich~: Das VII. Bundes-Armeekorps (+Bayern+-Versammlung
bei Schweinfurt) 40000 M. und das VIII. Bundes-Armeekorps
(Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau und eine österreichische
Brigade-Versammlung bei +Frankfurt a. M.+) 46000 M. Oberbefehl: Prinz
+Karl von Bayern.+

Die +Mainarmee+ besiegt die +Bayern+ bei ~Dermbach~ (4. Juli) und an
der Fränkischen Saale (Kissingen 10. Juli), die +Hessen+ bei ~Laufach~
(13. Juli) und das +VIII+. Korps bei ~Aschaffenburg~ (14. Juli).
Dadurch werden die Verbündeten (dauernd getrennt) auf das +linke
Mainufer+ gedrängt; am 16. Juli besetzt General +v. Falckenstein+
Frankfurt, von wo sich der Bundestag nach +Augsburg+ geflüchtet hat.

Fortsetzung des Feldzuges unter dem Oberbefehl des Gen. ~v.
Manteuffel~. Gefechte bei +Tauberbischofsheim+ gegen die Württemberger
und bei +Werbach+ gegen die Badener (24. Juli), bei +Roßbrunn+ gegen
die Bayern (26. Juli). Die Bayern behaupten noch die Citadelle von
+Würzburg+, aber das von Leipzig her vorrückende Reservekorps des
Großherzogs von Mecklenburg (25000 M.) besetzt ~Nürnberg~ (31. Juli).
Waffenstillstand am 2. August.


~C. Krieg zwischen Österreich und Italien.~

Italien zum Bündnis mit Preußen veranlaßt durch die günstige
Gelegenheit, +Venetien+ zu gewinnen.

Die österreichische Südarmee (138000 Mann) unter Erzherzog +Albrecht+
sammelt sich bei Verona. Von den Italienern (210000 Mann) rückt ein
Korps von Bologna her gegen den Po vor, der größte Teil überschreitet
unter Führung des Königs +Viktor Emanuel+ den Mincio, wird aber am
24. Juni bei ~Custozza~ geschlagen. Neues Vorgehen der Italiener,
nachdem ein großer Teil der österreichischen Truppen zum Schutze Wiens
abberufen ist. Die italienische Flotte wird am 20. Juli bei der Insel
~Lissa~ von der österreichischen (Admiral +Tegethof+) geschlagen.
Waffenstillstand am 25. Juli.

[~1866.~ 23. Aug.]

~Friede zu Prag~ zwischen +Preußen+ und +Österreich+: 1. Der Kaiser
von Österreich erkennt die +Auflösung des Deutschen Bundes+ an, gibt
seine Zustimmung zu einer ~Neugestaltung Deutschlands ohne Österreich~,
erkennt im voraus die in Norddeutschland von +Preußen+ vorzunehmenden
Gebietsveränderungen an, bedingt aber dem Königreich Sachsen
unveränderten Bestand (als Glied des neuen Norddeutschen Bundes) aus.
2. +Österreich+ überträgt seine Rechte auf +Schleswig-Holstein+ an
+Preußen+, nur soll der nördliche Teil Schleswigs mit Dänemark wieder
vereinigt werden, wenn die Bevölkerung den Wunsch dazu durch freie
Abstimmung zu erkennen gibt (aufgehoben 1878). 3. +Österreich+ zahlt
20 Millionen Taler Kriegskosten. 4. +Preußen+ bedingt die Übergabe
+Venetiens+ an Italien aus.

~Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau~ und die freie Stadt
~Frankfurt~ werden mit der preußischen Monarchie vereinigt. Die
süddeutschen Staaten und Sachsen müssen einzeln Frieden schließen und
Kriegskosten zahlen. -- Von den beabsichtigten Gebietsabtretungen der
Südstaaten wird in der Hauptsache Abstand genommen (nur Bayern und
Hessen müssen Grenzstriche abtreten, jenes +Orb+ und +Gersfeld+, dieses
die eben geerbte Landgrafschaft +Hessen-Homburg+), weil Napoleon III.
Deutschland gegenüber das Verlangen nach einer +»Grenzberichtigung«+
zeigt (s. S. 377).

Zwischen ~Preußen~ und den ~Südstaaten~ werden Schutz- und
Trutzbündnisse geschlossen: Gegenseitige Garantie des Gebiets, die
süddeutschen Staaten stellen für den Fall eines Krieges ihre gesamten
Streitkräfte unter den Oberbefehl des Königs von Preußen. Das
Verlangen Napoleons III. (Abtretung der bayrischen Rheinpfalz und des
linksrheinischen Hessen mit +Mainz+) wird zurückgewiesen.

[3. Okt.]

~Friede zu Wien~ zwischen +Österreich+ und +Italien.+ Venetien wird mit
dem Königreich Italien vereinigt.

[~1866.~ 3. Sept.]

Beilegung des +Verfassungsstreits+ in Preußen (S. 372) durch ein vom
Landtage angenommenes +Indemnitätsgesetz+ wegen der seit 1862 ohne
Staatshaushaltsgesetz geführten Verwaltung.

Der ~Norddeutsche Bund~, gebildet von +Preußen+, den im Kriege mit
ihm verbündet gewesenen Staaten, dem Königreich +Sachsen+ und der
nördlichen Hälfte des Großherzogtums +Hessen.+ Erster ~Reichstag~
des Norddeutschen Bundes 1867 in ~Berlin~; die Verfassung wird
vereinbart. Bundesleitung bei der Krone ~Preußen~, welche den Bund
völkerrechtlich vertritt, in seinem Namen Krieg erklärt, Frieden
und Bündnisse schließt, Gesandte beglaubigt. Die Vertretung der
Regierungen bildet der ~Bundesrat~, in dem Preußen 17, die übrigen 21
Bundesglieder zusammen 26 Stimmen haben. Reichstag aus +allgemeinen+
und +direkten+ Wahlen. Einheitliches Heer unter dem Oberbefehl des
Königs von Preußen (allgemeine Wehrpflicht), einheitliche Zoll-, Post-
und Telegraphenverwaltung. Graf +Bismarck+ ~Bundeskanzler~.

[~1868.~]

Deutsches +Zollparlament+. Abgeordnete aus den süddeutschen Staaten
erscheinen im norddeutschen Reichstag, um die durch Vertrag zwischen
den Regierungen 1867 angebahnte Wiederherstellung des +Zollvereins+ (S.
361) durchzuführen.

Die preußische Flotte (S. 361) wird zur +norddeutschen Kriegsflotte+;
Kriegshäfen werden in +Kiel+ und +Wilhelmshaven+ angelegt. Bestand
der Flotte 1870: 3 Panzerfregatten, 2 Panzerfahrzeuge, 9 Korvetten, 2
Avisos, 22 Kanonenboote.

[~1867.~]

Streit über Luxemburg. Napoleon III. unterhandelt, um für Frankreich
doch eine Vergrößerung zu gewinnen (S. 379), mit dem König der
Niederlande über +Abtretung des Großherzogtums Luxemburg an Frankreich+
gegen eine Geldentschädigung und verlangt, daß die früher zum Deutschen
Bunde (S. 341), nicht aber zu dem neuen Norddeutschen Bunde gehörende
Festung Luxemburg von der +preußischen Besatzung+ geräumt werde.

Ausgleich durch Beschluß einer Konferenz der Großmächte zu London
(+Italien+ als sechste Großmacht anerkannt): 1. Die Neutralität des
Großherzogtums wird von den Großmächten +gemeinsam+ gewährleistet;
2. Die preußische Besatzung räumt die Stadt +Luxemburg+, deren
Festungswerke geschleift werden.

~Ende des Kirchenstaates~. +Italienische+ Freischaren machen mit
stillschweigender Gutheißung ihrer Regierung 1867 (Sept.) einen Angriff
auf das päpstliche Gebiet. Napoleon III. erklärt den früheren Vertrag
(S. 370) für gebrochen und schickt dem Papste Hilfe. Die Freischaren
werden bei +Mentana+ geschlagen; ihr Führer +Garibaldi+ wird nach
kurzer Haft wiederum nach +Caprera+ entlassen. ~Rom~ erhält von neuem
eine ~französische Besatzung~ (S. 363, 370).

[~1869.~ 8. Dez.]

Eröffnung des ~Vatikanischen Konzils~ in Rom, durch welches das
Ansehen des Papsttums nach der Einschränkung seiner weltlichen
Herrschaft gesichert und erhöht werden soll. Verkündung des
+Unfehlbarkeits-Dogmas+ am 18. Juli 1870. Am 20. Sept. 1870 wird Rom
von den italienischen Truppen besetzt, da die französische Besatzung
zurückgezogen ist (s. S. 385). ~Aufhebung des Kirchenstaates.~ +Rom
wird Hauptstadt des geeinigten Italiens.+


§ 8. Deutsch-französischer Krieg 1870–1871.

~Ursache~: Die Meinung der Franzosen, daß ihrer Nation auf dem
europäischen Festlande eine herrschende Machtstellung zukomme. Letztere
hatte die Schwäche der Nachbarstaaten, vor allem Deutschlands zur
Voraussetzung. Die Begründung des italienischen Einheitsstaates und
die Entstehung eines mächtigen deutschen Bundesreiches erschien den
Franzosen wie eine Schmälerung ihres Ruhmes.

~Veranlassungen~: 1. Die inneren Verlegenheiten der Regierung Napoleons
III., welcher, für seinen Thron fürchtend, dem gesetzgebenden Körper
(S. 355) erweiterte Rechte zögernd zugesteht; 2. Die Ablehnung der seit
1866 wiederholt verlangten Ausgleichungen für die Vergrößerung Preußens
an Land und Macht (S. 379, 380). Der von Napoleon durch Benedetti
1867 schriftlich in Berlin eingereichte Vertragsentwurf, nach welchem
Napoleon Luxemburg und Belgien besetzen und dafür Preußen die Aufnahme
der süddeutschen Staaten in den Norddeutschen Bund gestatten wollte,
war von Bismarck »dilatorisch« behandelt worden.

~Vorwand~: Die Übertragung der spanischen Krone an den Prinzen +von
Hohenzollern+ (s. u. § 16), die in Paris als eine +preußische+,
Frankreich gefährdende Intrige dargestellt wird.

Das durch den französischen Botschafter +Benedetti+ in Ems (9. Juli)
an König Wilhelm I. gestellte Verlangen, »dem Prinzen von Hohenzollern
die Annahme der spanischen Krone zu verbieten«, wird zurückgewiesen.
Nach dem freiwilligen Rücktritt des Prinzen verlangt die französische
Regierung eine Erklärung des Königs, »daß er die Bewerbung des Prinzen
um die spanische Krone in Zukunft niemals wieder zulassen werde«.
König Wilhelm weist den französischen Botschafter ab (13. Juli);
Graf Bismarck läßt die Nachricht davon gebende »Emser Depesche«
in verkürzter Form alsbald durch die Zeitungen verbreiten. Darauf
Kriegserklärung Frankreichs (19. Juli). Die +süddeutschen Staaten+
schließen sich unverzüglich auf Grund der bestehenden Bündnisse (S.
379) der Kriegsrüstung des Norddeutschen Bundes an.


A. Krieg gegen die kaiserliche Armee.


~Deutsche Streitkräfte, Oberbefehl König Wilhelm I.~

+Chef des Generalstabes+: General ~v. Moltke.~

Am 31. Juli stehen bereit:

I. Armee (General ~v. Steinmetz~) +südlich+ von +Trier+, 60000 M.

II. Armee (Prinz ~Friedrich Karl~) +südlich+ von +Mainz+, 194000 M.
einschl. Reserve.

III. Armee (hierbei zwei Bayr. Korps, sowie Württemb. und Badische
Div.; ~Kronprinz von Preußen~) +zwischen Landau+ und +Speier+, 130000 M.

Drei Armeekorps (100000 M.) werden Anfang August zur Verstärkung
herangezogen.

Zur +Küstenverteidigung+: General-Gouverneur +Vogel v. Falckenstein+,
17. Division und Landwehr.

Zusammen (einschl. aller Besatzungs- und Ersatztruppen) nahezu eine
Million Mann.

~Feldzugsplan~: Eroberung von Paris, auf dem Wege dahin Abdrängen des
Feindes von dem reichen Süden in das engere Hinterland des nördlichen
Frankreichs. +Angreifen+ unter Zusammenhalten der Kräfte, wo sich der
Feind stellt.

~Französische Streitkräfte~: 300000 M., vorläufig als Rheinarmee unter
Oberbefehl des Marschalls +Bazaine+. Davon stehen:

Marschall ~Mac-Mahon~ bei +Straßburg+ mit 100000 M.,

Marschall ~Bazaine~ bei +Metz+ mit 150000 M.,

Reserven bei +Nancy+ und +im Lager von Châlons-sur-Marne+,

zusammen 50000 M. Außerdem können noch 115 Bataillone ins Feld rücken,
sobald die +Nationalgarde+ sie im Innern des Landes ersetzt.

Auch der französische Feldzugsplan geht auf +überraschenden Angriff+
aus, wird aber zu langsam ausgeführt.

Eine +französische Flotte+ erscheint in der +Ostsee+, bald darauf
eine zweite in der +Nordsee+; es kommt aber zu keiner Landung. Die
+norddeutsche Flotte+ bewacht die Flußmündungen; 17. Aug. Gefecht
der +Grille+, von 3 Kanonenbooten unterstützt, bei +Rügen+ gegen 8
französische Schiffe. Im Sept. ziehen beide französische Flotten sich
zurück. 9. Nov. Kampf des Kanonenboots +Meteor+ bei +Havanna+ gegen ein
größeres französisches Schiff, das zum Rückzug in den Hafen genötigt
wird. Im Januar 1871 nimmt die Korvette +Augusta+ in der +Gironde+
französische Transportschiffe weg, muß dann aber in einem spanischen
Hafen Schutz suchen.

+Bismarck+ erreicht (29. Juli) durch eine aktenmäßige Enthüllung
der Anerbietungen Napoleons auf Kosten Süddeutschlands, Luxemburgs
und Belgiens, daß England, Dänemark, Österreich und Italien neutral
bleiben. Rußland tritt diplomatisch für Preußen in Wien ein.

[~1870.~ 2. Aug.]

Die Franzosen, von +Metz+ her vorrückend, besetzen durch ein Armeekorps
in Gegenwart des Kaisers Napoleon die nur von 1500 Mann preußischer
Truppen verteidigte Stadt ~Saarbrücken~

[4. Aug.]

Treffen bei ~Weißenburg~. Die Vorhut der ~III. Armee~ (Preußen und
Bayern) erstürmt Weißenburg und den stark befestigten +Geisberg+.

~Mac-Mahon~ vereinigt seine Truppen und erwartet den Feind in starker
Stellung, erleidet aber in der

[6. Aug.]

~Schlacht bei Wörth~ durch das Heer des Kronprinzen ~Friedrich Wilhelm~
eine vollständige Niederlage. +Mac-Mahon+ zieht sich auf das befestigte
Lager bei +Châlons+ zurück.

Daselbst trifft bald auch Kaiser +Napoleon III.+ ein und überträgt
~Mac-Mahon~ den Oberbefehl über die neugebildete Armee.

[6. Aug.]

~Schlacht bei Spichern~ (+Saarbrücken+). Teile der I. und II. Armee
(Gen. v. Kameke, v. Alvensleben, v. Goeben) erstürmen die stark
verschanzten Spicherer Höhen.

Der Kronprinz mit der ~III. Armee~ rückt, nach Absendung eines Korps
unter General v. Werder zur Belagerung von +Straßburg+, durch die
unverteidigten Pässe des +Wasgen-Waldes+ nach +Nancy+. Die ~I. Armee~
marschiert auf +Metz+, die ~II. Armee~ auf +Pont à Mousson+ mit der
Absicht, das französische Heer in und bei Metz von Paris abzuschneiden.

Um dem zuvorzukommen, beschließt ~Bazaine~ den Rückzug über +Verdun+
nach +Châlons-sur-Marne+, zur Vereinigung mit +Mac-Mahon+ und neu
herangezogenen Truppen. +Napoleon III.+ eilt voraus nach Châlons.
+Bazaine+ nimmt, als ihn unweit Metz die Vorhut der I. Armee angreift,
den Kampf auf dem +rechten+ Moselufer an. Durch die

[14. Aug.]

+Schlacht bei Colombey-Nouilly+ wird deutscherseits der Zweck erreicht,
den Abzug des Gegners auf Verdun zu verzögern. Der Abmarsch wird
gänzlich vereitelt durch die

[~16. Aug.~]

~Schlacht bei Vionville -- Mars la Tour~, in welcher Prinz +Friedrich
Karl+ mit Teilen der II. Armee (die Brandenburger unter Gen. v.
Alvensleben) die weit überlegenen feindlichen Streitkräfte bei Metz
festhält. Verlust 16000 Mann, ebensoviel auf französischer Seite.

Nachdem die übrigen Truppen der I. und II. Armee herangekommen sind,
werden die Franzosen in ihren +befestigten Stellungen+ westlich von
Metz von neuem angegriffen.

[~1870 18. Aug.~]

~Schlacht bei Gravelotte-Saint Privat.~ 180000 Deutsche unter dem
Oberbefehl +König Wilhelms+ gegen mindestens ebensoviel Franzosen.
Mörderischer Kampf auf dem linken Flügel; die preußische Garde, von
den Sachsen unterstützt, erstürmt die Höhen von +St. Privat+. Verlust
der Deutschen 20000, der Franzosen 13000. Bazaines Armee wird in die
Festung +Metz+ gedrängt und daselbst eingeschlossen.

Prinz +Friedrich Karl+ leitet die ~Belagerung von Metz,~ während die
III. Armee (Kronprinz) von Nancy her gegen +Châlons+ vorrückt. Mit ihr
wirkt zusammen eine von der II. Armee (die vor Metz bleibt) abgetrennte
IV. +(Maas-) Armee+ unter ~Kronprinz Albert von Sachsen.~

+Mac-Mahon+ verläßt, von Napoleon III. begleitet, Châlons und versucht
auf dem Umwege über Reims +Metz+ zu erreichen, um sich mit Bazaine zu
vereinigen. Dies Unternehmen wird deutscherseits rechtzeitig entdeckt;
die III. und IV. Armee schwenken deshalb vom Vormarsch gegen Paris
rechts ab; die +IV. Armee+ erreicht die Franzosen an der +Maas+, greift
an und verhindert durch die siegreiche

[30. Aug.]

~Schlacht bei Beaumont~ den geplanten Entsatzversuch von Metz, drängt
auch die Mac-Mahonsche Armee in eine äußerst ungünstige Lage.

+Bazaine+ versucht die Einschließung von Metz zu durchbrechen, wird
aber durch die

[31. Aug. u. 1. Sept.]

~Schlacht bei Noisseville~ zurückgetrieben.

Gleichzeitig wird Mac-Mahon von der III. und IV. deutschen Armee bei
+Sedan+ an der Maas eingeschlossen (über 200000 Deutsche gegen 124000
Franzosen).

[~1. Sept.~]

~Schlacht bei Sedan.~ Heftiger Kampf der Bayern bei +Bazeilles+, der
Sachsen bei +Daigny+, der Preußen bei +Givonne+, +Illy+ und +Floing+.
Die Franzosen werden in die Stadt hineingedrängt. Nach Beginn der
Beschießung wird in der Stadt die weiße Fahne aufgezogen. ~Napoleon
III.~ gibt sich gefangen, verläßt die Stadt am 2. Sept. früh.
Zusammentreffen mit Graf Bismarck bei +Donchery+, wo während der Nacht
über die Bedingungen der Übergabe verhandelt war (+Moltke,+ +Bismarck,+
+Wimpffen,+ Mac-Mahon war verwundet).

[~2. Sept.~]

~Übergabe von Sedan,~ 39 Generale, über 2300 Offiziere, 83000 Mann
(außerdem schon während der Schlacht über 20000 M.) kriegsgefangen, 419
Feld- und 139 Festungsgeschütze erbeutet.

3090 Mann erreichen die belgische Grenze und werden dort entwaffnet;
das Korps Vinoy entkommt von Mézières nach Paris.

Zusammenkunft zwischen Kaiser ~Napoleon III.~ und ~König Wilhelm I.~ in
dem Schlosse +Bellevue+ bei +Donchery+; Napoleon als Kriegsgefangener
nach +Wilhelmshöhe+ (bei Kassel) gebracht.

[~1870. 4. Sept.~]

~Frankreich Republik~ (+Dritte Republik+). Provisorische »Regierung
der nationalen Verteidigung«: +Trochu+ Präsident und Gouverneur von
Paris, +Favre+ Auswärtiges, +Gambetta+ Inneres. Für den Krieg »bis aufs
Äußerste« wird die ganze Nation zu den Waffen gerufen, die Flotten
werden aus der Nordsee und Ostsee zurückgezogen. Die Kaiserin Eugenie
flieht mit ihrem Sohn nach England.

Alle deutschen Truppen, welche bei Sedan gekämpft haben, marschieren
gegen Paris und erreichen bis 19. Sept. die Einschließung (S. 387ff.).


~B. Krieg gegen die republikanischen Heere.~

In zahlreichen Festungen Frankreichs stehen noch kaiserliche Truppen,
die sich aber den Geboten der Republik fügen. Nach dem Sturz des
Kaisertums zunächst Friedensverhandlungen in +Ferières+ zwischen
Bismarck und Favre. Sie bleiben erfolglos, da Frankreich jede
Gebietsabtretung verweigert. +Thiers+ bereist die europäischen Höfe,
findet aber keine Unterstützung (S. 382f.). Besonders aus England
erhält Frankreich starke Zufuhr an Waffen und Munition.

Das Korps des +Großherzogs von Mecklenburg+ (s. S. 378), bisher zum
Schutz der deutschen Küste tätig, sichert die +Eisenbahnverbindung+
nach Deutschland durch Einnahme der Festungen +Toul+ und +Soissons+.
Demselben Zwecke dient die nach und nach folgende Einnahme der
Festungen Schlettstadt, Verdun (8. Nov.), Diedenhofen, Montmédy,
Mézières u. a. Schwieriger Schutz der Etappenstraßen gegen Überfälle
französischer +Franctireurs+. Das besetzte französische Gebiet wird in
4 General-Gouvernements eingeteilt.

[27. Sept.]

~Übergabe von Straßburg~ nach längerer Belagerung (bei der
die wertvolle Bibliothek zerstört wurde) durch preußische und
badische Truppen unter Gen. +v. Werder.+ Besatzung von 17000 Mann
kriegsgefangen. Die preußische Garde-Landwehr zieht gegen Paris; mit
der badischen Division und einigen preußischen Regimentern marschiert
Gen. +v. Werder+ durch den Wasgau nach Südwesten (Epinal -- Vesoul --
Dijon, S. 387ff.).

~Gambetta~, welcher Paris im Luftballon verlassen hat, übernimmt (9.
Okt.) die Diktatur in ~Tours.~ Seinem Organisationstalent gelingt es,
im Laufe der nächsten vier Monate etwa 800000 M. ins Feld zu stellen:
aus Resten der alten Armee, Zuzügen aus Algier, Marinetruppen und
durch Massenaufgebot. Es entstehen vier neue Heere; die +Loire-Armee+
bei Orléans, die +Westarmee+ bei Rouen, die +Nordarmee+ bei Lille,
die +Ostarmee+ bei Besançon. ~Eroberung oder Rettung von Paris bleibt
Hauptziel des Krieges.~

[~1870. 27. Okt.~]

~Übergabe von Metz~ (belagert seit 19. August). Nach mehreren
vergeblichen Ausfällen ergibt sich +Bazaine+, durch Hunger gezwungen,
mit seiner großen Armee; 6000 Offiziere, 187000 Mann kriegsgefangen,
622 Feld-, 876 Festungsgeschütze erbeutet.

~Prinz Friedrich Karl~ mit der II. Armee marschiert gegen die
französische +Loire-Armee+, General ~v. Manteuffel~ mit einer neu
eingeteilten I. Armee gegen die +französische Nordarmee+ (S. 387).

+a) Der Feldzug an der Loire und gegen Le Mans.+

[Okt.]

Die ~Loire-Armee~ (etwa 30000 M. stark und noch nicht kriegsbereit)
ergreift in den ersten Oktobertagen von ~Orléans~ aus die Offensive auf
~Paris.~ Gegen sie marschiert südlich von Paris General ~v. d. Tann~
mit dem I. bayrischen Korps und der 22. Division, drängt die Franzosen
nach empfindlicher Niederlage bei +Artenay+ (10. Okt.) zurück +und
besetzt Orléans+ (11. Okt.).

[Nov.]

Zweite Offensive der auf 200000 Mann verstärkten +Loire-Armee+, welche
den General v. d. Tann bei +Coulmiers+ (9. Nov.) zum Rückzug auf
Artenay und zur +Räumung von Orléans+ nötigt, v. d. Tann gewinnt (nicht
verfolgt) Anschluß an den +Großherzog von Mecklenburg+, tritt in den
Verband der diesem unterstellten ~Armee-Abteilung~ (50000 M.), welche
die Einschließung von Paris gegen Westen und Süden sichern soll. Sie
drängt zunächst ein von Westen her anrückendes französisches Korps in
beschwerlichem Kleinkriege gegen Freischaren nach +Le Mans+ zurück.

Inzwischen hat die +Loire-Armee+ sich befestigte Stellungen nördlich
von Orléans geschaffen; von deutscher Seite aber rückt Prinz ~Friedrich
Karl~ heran, und der ~Großherzog von Mecklenburg~ kommt von Westen her
zu gemeinsamem Angriff. Das erneute Vorrücken der Loire-Armee wird
durch die

[28. Nov.]

+Schlacht bei Beaune la Rolande+ (II. Armee) und die

[2. Dez.]

+Schlacht bei Loigny-Poupry+ (Großherzog von Mecklenburg) rechtzeitig
vereitelt.

Nach weiteren harten Kämpfen der beiden deutschen Heere wird ~Orléans~
+von ihnen besetzt+.

Von der Loire-Armee entweicht ein Teil nach Süden, wo +General
Bourbaki+ neue Streitkräfte organisiert (vgl. S. 388), der andere wird
durch General +Chanzy+ nach +Westen+ zurückgeführt und auch durch
Verstärkungen neu gefestigt. Chanzy versucht, über +Vendôme+ auf Paris
zu ziehen; dies vereitelt die deutsche Armee-Abteilung durch schwere
Kämpfe

[7.–10. Dez.]

bei +Beaugency-Cravant+. Chanzy geht hinter die Loir auf +Le Mans+
zurück. Deutsche Erkundungsgefechte: Das Detachement +Boltenstern+ bei
+Montoire+ (27. Dez.). Die Regierung von Tours wird nach +Bordeaux+
verlegt. (Gambetta in Bourges.)

[~1871.~ Jan.]

Die Armee-Abteilung wird aufgelöst und findet teils bei der II. Armee,
teils bei Orléans und Paris Verwendung. ~Prinz Friedrich Karl~,
unaufhaltsam vorrückend trotz der Winterkälte, vernichtet die Armee des
General +Chanzy+ (150000 M.) in der

[~10.–12. Jan.~]

~Schlacht vor Le Mans~ (20000 Gefangene). Die deutsche II. Armee
bleibt bei Le Mans und an der Loire, das Korps des Großherzogs von
Mecklenburg-Schwerin marschiert nach Rouen.


+b) Der Feldzug im Norden und Nordwesten Frankreichs.+

Um die Einschließung von +Paris+ gegen Truppenansammlungen im Norden
Frankreichs zu sichern, rückt die I. Armee, drei preußische Korps unter
General ~v. Manteuffel~, von Metz aus in nordwestlicher Richtung vor
(S. 386). Sie schlägt die aus Marinetruppen und Mobilgarden gebildete
französische +Nord+armee in der

[~1870.~ 27. Nov.]

~Schlacht bei Amiens~, nimmt diese Stadt ein und besetzt dann ~Rouen~
(5. Dez.); die dort auftretende französische +West+armee (S. 385)
weicht ernsten Kämpfen aus. Die +Nordarmee+, von General +Faidherbe+
wieder gesammelt und verstärkt, rückt wieder gegen +Amiens+ vor.

[23. u. 24. Dez.]

~Schlacht an der Hallue~ (Nebenfluß der Somme). Die Franzosen ziehen
sich unter Mangel und Kälte auf +Arras+ zurück. Die Deutschen belagern
darauf die Festung +Péronne+; Faidherbes Versuch, diese zu entsetzen,
wird vereitelt durch die Schlacht bei ~Bapaume~ (3. Jan. 1871);
Péronne ergibt sich 9. Jan. Die bei Rouen verbliebenen Ostpreußen (I.
A.-K.) zerstreuen eine Ansammlung der Westarmee durch das Gefecht bei
+Robert-le-Diable+ (4. Jan.).

Am 8. Jan. hat für den zum südöstlichen Kriegsschauplatz abberufenen
Gen. v. Manteuffel Gen. ~v. Goeben~ den Oberbefehl übernommen.
Der Plan der Franzosen, über +St. Quentin und Reims auf Paris+ zu
marschieren, wird rechtzeitig erkannt; sie werden durch das Gefecht bei
+Tertry-Poeuilly+ (18. Jan.) aufgehalten.

[~1871. 19. Jan.~]

~Schlacht von St. Quentin~, in welcher General v. Goeben die Nordarmee
entscheidend schlägt. Die +Nordfestungen+ verhindern ausgiebige
Verfolgung.


+c) Der Feldzug im Osten Frankreichs.+

[~1870~ (Okt.).]

General ~v. Werder~ wendet sich nach der Einnahme von Straßburg (S.
385) gegen die Franctireurs in den +Vogesen+ und die französische
~Ostarmee~ in +Ober-Elsaß und Burgund+, insbesondere um den Heeren vor
Paris und Metz die Verbindung nach Deutschland zu sichern. Die Ostarmee
will den Abstieg aus den Vogesen bei +St. Dié+ verwehren, wird aber auf
Besançon zurückgedrängt. Die badischen Truppen besetzen ~Dijon~ (31.
Okt.); die aus dem Elsaß nachrückende Landwehr-Division v. Tresckow
schließt die Festung ~Belfort~ ein (8. Nov.).

Die Franzosen verstärken sich durch Heranziehung der vor Orléans (S.
386) geschlagenen und bei Bourges wieder gesammelten Loire-Truppen;
den Oberbefehl übernimmt Gen. ~Bourbaki~. Gen. v. Werder tritt den von
Süden her anrückenden Feinden bei +Nuits+ entgegen (18. Dez.), räumt
dann aber freiwillig +Dijon+, um die Belagerung von Belfort zu decken,
und vereinigt sein Korps in starker Stellung bei +Vesoul+ (30. Dez.).
Bourbaki, von Gambetta getrieben, aber durch mangelnde Ausrüstung der
Truppen gehemmt, beginnt seinen Vormarsch. Dijon wird von den unter
+Garibaldis+ (S. 370, 381) Befehl stehenden Freischaren besetzt.

[~1871.~ 9. Jan.]

Treffen bei +Villersexel+, anfangs glücklich für die Franzosen, aber
bei Abbruch des Nachtgefechts ist die Stadt in deutscher Hand.

General v. Werder durchkreuzt die Absicht Bourbakis, ihn von Belfort
abzudrängen, durch Abmarsch hinter die +Lisaine+ (Nebenfluß des Doubs)
und schiebt sich in einer Stellung Héricourt-Montbéliard zwischen die
französische Ostarmee und Belfort.

[~15.–17. Jan.~]

~Schlacht an der Lisaine.~ In dreitägigem Kampfe bei strenger Kälte
gelingt es den Franzosen (140000 M.) nicht, die deutschen Linien
(43000 M., Badener und preußische Landwehr) zu durchbrechen; in voller
Auflösung strömt die Ostarmee auf Besançon zurück.

Zu derselben Zeit erreichen die zur Unterstützung gesandten deutschen
Truppen (II. und VII. A.-K.) unter General ~v. Manteuffel~ die Gegend
westlich +Vesoul+. Auf die Nachricht von Werders Sieg wendet sich
Manteuffel sofort südlich nach Besançon; Werder schließt sich diesem
Vormarsch an. Weitestes Vordringen einer deutschen ~Südarmee~.

Hierdurch ist für Bourbaki der Rückzug nach Westen oder Süden
abgeschnitten; nach seiner Absetzung führt General +Clinchant+
die Ostarmee auf Pontarlier, in der Hoffnung, längs der Grenze zu
entkommen. Durch den +Jura+ drängen aber die Deutschen kräftig nach,
und unter letzten Gefechten bei +La Cluse+ und +Pontarlier+ tritt die
Ostarmee (80000 Mann) auf ~Schweizer Gebiet~ (1.–3. Febr.) über und
gerät damit in Kriegsgefangenschaft. Nur Teile der Division Cremer
entkommen nach Südfrankreich.

Beim Vormarsch auf Belfort (Vesoul) hatte General v. Manteuffel die
Brigade +v. Kettler+ gegen ~Dijon~ geschickt. Das dort stehende Korps
+Garibaldi+ (20000 M.) beschränkt sich darauf, die Angriffe dieser 5
Bataillone am 21. und 23. Januar abzuwehren (Verlust der +einzigen+
deutschen Fahne -- aufgefunden unter Leichen). Als Verstärkung für
General v. Kettler anrückt, ziehen sich Garibaldis Scharen mit
Benutzung der Eisenbahn nach +Lyon+ zurück.

[~1871.~ 16. Febr.]

~Übergabe von Belfort.~ Selbst während der Schlacht an der Lisaine
waren die Angriffsarbeiten nicht unterbrochen worden. Den tapferen
Verteidigern (Oberst +Denfert+) wird freier Abzug gewährt.


+d) Belagerung von Paris.+

Starke Befestigungen: Ringmauer von 34 km Umfang mit Umwallung,
davor ein Gürtel von Forts, namentlich auf der Ost- und Südseite; im
Westen der stark befestigte +Mont Valérien+, im Norden der befestigte
Vorort +St. Denis+, im Osten der steile +Mont Avron+, »der Schlüssel
von Paris«. Besatzung 72000 M. Linien- und Marinetruppen, 115000 M.
Mobilgarden aus der Provinz, über 130000 M. Nationalgarde.

Einschließung durch die III. und IV. deutsche Armee (S. 385) in
einem Gürtel von 82 km Umfang, anfangs nur 130000 M., bald auf
240000 M. verstärkt. Hauptquartier König Wilhelms in +Versailles+.
Alle Entsatzversuche der französischen Loire- und Nordarmee werden
vereitelt, ebenso die zahlreichen Ausfälle der Belagerten.

[~1870.~ 21. Okt.]

Ausfallgefecht bei +La Malmaison+ (im Westen), General Ducrot wird
zurückgeschlagen.

[30. Okt.]

Erstürmung von +Le Bourget+ (im Nordosten) durch die preußische Garde.
Dies Dorf lag unter den Geschützen von 5 Forts und war am 28. Okt.
(deutscherseits schwach besetzt) von den Franzosen genommen. Fernere
Gefechte bei Le Bourget am 21. Dez. und 13. Jan.

Der ernstlichste Versuch zur Befreiung beginnt am 30. Nov. General
Ducrot geht mit 40000 M. auf das linke Marne-Ufer und erobert,
unterstützt durch Scheinangriffe anderer Abteilungen im Norden (Epinay)
und Südosten (Mont Mesly), die östlich gelegenen Dörfer +Brie+ und
+Champigny+.

[2. u. 3. Dez.]

~Schlacht b. Champigny-Yilliers.~ Ducrots Truppen, die auf den Anmarsch
der Loire-Armee gehofft hatten (S. 386), werden in heftigem Kampfe
zurückgeworfen (Württemberger und Sachsen unter dem preußischen General
+v. Fransecky+).

Nachdem sich die Erwartung, Paris durch Hunger zu bezwingen, als falsch
erwiesen hat, beginnt am

[~1870.~ 27. Dez.]

~die Beschießung von Paris,~ zunächst gegen die +Ostfront+ aus
verschanzter Stellung, dem +Mont Avron+ gegenüber, der von den
Franzosen bald geräumt wird, sodann seit Anfang Januar auch gegen
+die Südfront, die Nordforts und St. Denis+. Infolge des Eingreifens
der schweren Artillerie gestaltet sich die Lage der Deutschen
erheblich günstiger, weil die Verteidiger die Stellungen im Vor- und
Zwischengelände räumen müssen.

[~1871.~ 18. Jan.]

Erneuerung der ~deutschen Kaiserwürde~ im Spiegelsaal des Schlosses
zu ~Versailles~, nachdem die süddeutschen Staaten sich zu dauernder
Vereinigung mit dem Norddeutschen Bunde bereit erklärt haben und König
Ludwig II. von Bayern, der Aufforderung +Bismarcks+ entsprechend, im
Namen der Fürsten und freien Städte Deutschlands dem König +Wilhelm I.
von Preußen+ die Kaiserwürde angetragen hat.


~Wilhelm I. Deutscher Kaiser 1871–1888.~

[19. Jan.]

~Schlacht am Mont Valérien~ (im Westen). Letzter großer Ausfall, bei
dem auch die bisher geschonten Nationalgarden Verwendung finden. Die
Franzosen nehmen +St. Cloud+, aber ihr Angriff (90000 M. unter General
+Trochu+) scheitert, bevor er die Hauptstellung der Deutschen erreicht.
Die tapferen Verteidiger von St. Cloud, beim Rückzug vergessen, ergeben
sich am nächsten Tage.

Da jede Hoffnung auf Entsatz geschwunden ist und die Not der
Bevölkerung von Paris bedenklich steigt, wird durch Unterhandlungen
zwischen +Favre+ und +Bismarck+ die

[~28. Jan.~]

~Übergabe von Paris~ zum Abschluß gebracht. Bedingungen: 1. Übergabe
sämtlicher Forts mit dem Kriegsmaterial an die deutschen Truppen,
Entwaffnung der Ringmauer. 2. Alle französischen +Soldaten+ in Paris
gelten als Kriegsgefangene und werden entwaffnet, mit Ausnahme
von 12000 Mann, welche mit der Nationalgarde die Ordnung aufrecht
erhalten; für die Verproviantierung sorgen die französischen Behörden.
3. Die Stadt Paris zahlt 200 Millionen Francs Kriegssteuer. 4.
Waffenstillstand auf allen Kriegsschauplätzen, mit Ausnahme der
Departements +Doubs, Jura+ und +Côte d’or+, auf +drei+ Wochen, um die
Wahlen zu einer französischen +Nationalversammlung+ zu ermöglichen,
welche in +Bordeaux+ zusammentreten und über Krieg und Frieden
entscheiden soll.

~Gambettas~ Widerstand gegen diese Übereinkunft wird bald gebrochen;
er legt sein Amt als Mitglied der Regierung nieder (6. Febr.).
~Thiers,~ von der Nationalversammlung in +Bordeaux+ an die Spitze der
französischen Regierung gestellt, führt die Unterhandlungen mit Graf
~Bismarck.~

[~1871.~ 26. Febr.]

~Friedenspräliminarien zu Versailles~: 1. Frankreich tritt
an Deutschland ab: das ~Elsaß~ außer +Belfort+, ferner
~Deutsch-Lothringen~ mit +Metz+ und +Diedenhofen+ (+Thionville+),
zusammen 14500 qkm mit 1½ Mill. Einwohnern; 2. Frankreich zahlt in drei
Jahren +5 Milliarden+ Francs Kriegsentschädigung; zur Sicherstellung
der Zahlung bleiben die östlichen Départements besetzt.

[~1. März.~]

~Einzug~ von 30000 Mann deutscher Truppen ~in Paris~ und Besetzung
eines Teils der großen Stadt. Nachdem die Friedensbedingungen noch an
demselben Tage von der französischen Nationalversammlung angenommen
worden sind, wird am 2. März Paris von den Deutschen geräumt. Kaiser
~Wilhelm~ verläßt das Hauptquartier +Versailles+ am 7. März und kehrt
nach +Berlin+ zurück.

Die Friedensbedingungen werden bestätigt und im einzelnen näher
bestimmt (Austausch eines französischen Bezirks bei +Belfort+ gegen
einen deutschen in +Lothringen+) in dem

[~10. Mai.~]

~Frieden zu Frankfurt a. M.~ Die drei großen Ergebnisse des blutigen
Krieges sind: 1. Das Aufhören der +vorherrschenden+ Machtstellung
Frankreichs. 2. Deutschland gewinnt eine sichere Westgrenze. 3. Die
seit langen Jahren erstrebte ~Einigung Deutschlands~ ist verwirklicht.

[14. April.]

Der nach ~Berlin~ berufene Reichstag genehmigt fast einstimmig
folgende ~Reichsverfassung~: 1. An der Spitze des Reiches steht als
~Deutscher Kaiser~ der +König von Preußen+; die Kaiserwürde ist mit
der Krone Preußens fortan +erblich+ verbunden. Der Kaiser vertritt das
Reich völkerrechtlich, erklärt Krieg und Frieden (mit Zustimmung des
Bundesrats), schließt Bündnisse und Verträge, führt den Oberbefehl
über die gesamte deutsche Land- und Seemacht. 2. Die Vertretung
der 25 Staaten bildet der ~Bundesrat~ (im ganzen 58, seit 1911 61
Stimmen: +Preußen+ 17, +Bayern+ 6, +Sachsen+ und +Württemberg+ je 4,
+Baden+, +Hessen+ und +Elsaß-Lothringen+ je 3, +Mecklenburg-Schwerin+
und +Braunschweig+ je 2, die übrigen je 1); den Vorsitz führt der
~Reichskanzler~ (der erste: ~Fürst Bismarck~). 3. Die Vertretung der
Bevölkerung bildet der zum 21. März 1871 zum erstenmal nach Berlin
berufene deutsche ~Reichstag~, bestehend aus 382 (seit Hinzutreten
der Elsaß-Lothringischen 397) Abgeordneten, die aus allgemeinen und
direkten geheimen Wahlen hervorgehen. Einheitliches Heerwesen mit
+allgemeiner Wehrpflicht+: Im stehenden Heere 7 Jahre; hiervon aktiv
bei Kavallerie und reitender Feldartillerie 3 Jahre, sonst seit
1893 2 Jahre; die übrige Zeit in der Reserve. Landwehrpflicht (I.
und II. Aufgebot) bis zum vollendeten 39. und Landsturmpflicht bis
zum vollendeten 45. Lebensjahre. Das Reich bildet +ein+ Zollgebiet
(S. 351). Gemeinsames Post- und Telegraphenwesen, gleichmäßige
Verwaltung der Eisenbahnen. Einheitliches Dezimal-, Münz-, Maß- und
Gewichtssystem; Einheit des Rechts. Bayern und Württemberg haben sich
Sonderrechte, namentlich in der Heeres- und Postverwaltung, vorbehalten.

Das Gebiet des neuen ~Deutschen Reiches~ umfaßt 544000 qkm; 1871:
41 Millionen, 1910: rund 65 Millionen (Preußen 40 Mill.) Einwohner.
Das ~Reichsland Elsaß-Lothringen~ wird seit 1879 von einem
+Statthalter+ des Kaisers regiert (Gen. +v. Manteuffel+ bis 1885, Fürst
+Hohenlohe-Schillingsfürst+ bis 1894, Fürst +Hohenlohe-Langenburg+ bis
1907, seitdem Graf +v. Wedel+). Anfangs im Bundesrat nicht vertreten,
erhält es 1911 als 26. selbständiger Bundesstaat 3 Stimmen eingeräumt
(S. 397).

Ihre ~Einkünfte~ erhalten die Einzelstaaten hauptsächlich aus direkten
Steuern und aus der Verwaltung der Eisenbahnen, das +Reich+ aus den
Zöllen und indirekten Steuern, sowie aus Beiträgen der Einzelstaaten,
soweit erforderlich (Matrikularbeiträge). Das Reich bestreitet die
Ausgaben für Heer und Kriegsflotte. Grundlagen der Reichseinheit sind
das deutsche +Handelsgesetzbuch+, schon 1861–65 in den meisten Staaten
des Deutschen Bundes eingeführt, das deutsche +Strafgesetzbuch+ von
1870, die Gesetze des Norddeutschen Bundes über Freizügigkeit 1867, die
Gewerbeordnung 1869, das Bürgerliche Gesetzbuch (B.G.B.) 1900 u. a. (s.
S. 394 ff.).

[~1871.~ März-Mai.]

~Herrschaft der sozialistischen Kommune in Paris.~ Nach der
Kapitulation hatten sich die als Nationalgarde bewaffneten Arbeiter
vieler Kanonen bemächtigt und die nordöstlichen Teile der Stadt
(namentlich +Montmartre+ und +Belleville+) fast in Festungen
verwandelt. Der Versuch der Linientruppen, ihnen die Kanonen wieder
abzunehmen, führt zu einem Aufstand; die Linientruppen räumen die
Stadt und die Forts der Südseite. Der von den Aufständischen erwählte
+Gemeinderat+ (la +Commune+) verfügt Erpressungen und Gewaltmaßregeln.
Schreckensherrschaft der Sozialisten unter Mitwirkung eines Ausschusses
der +»Internationale«+ (s. S. 394). Plünderung der Kirchen, Verhaftung
des Erzbischofs +Darboy+ und anderer »Geiseln«; fast alle werden
schließlich ermordet. Ein Angriff auf die zum Schutze der jetzt in
+Versailles+ tagenden französischen Nationalversammlung vereinigten
Truppen mißlingt, hauptsächlich infolge des Geschützfeuers vom Mont
Valérien.

[6. April.]

~Zweite Belagerung von Paris~, unter Leitung +Mac-Mahons+, von Süden
und Westen her, während die +deutschen+ Truppen unter Beobachtung
strenger Neutralität die nördlichen und östlichen Forts besetzt
halten. Fort +Issy+ genommen (9. Mai). Endlich dringen die Versailler
Truppen in die Stadt ein; verzweifelter Barrikadenkampf (21.–28.
Mai). Die Hauptgebäude der Stadt (+Tuilerien+, +Finanzministerium+,
+Polizeipräfektur+, +Stadthaus+ u. a.) werden von den Aufständischen
in Brand gesteckt, die Vendômesäule (S. 317) zerstört. Blutige
Niederwerfung des Aufstandes; gegen 17 000 getötet, 50 000 gefangen;
viele später zur Verbannung nach Neu-Kaledonien verurteilt.

[~1873.~ Sept.]

Die deutschen Truppen verlassen nach beschleunigter Abzahlung der
Kriegsentschädigung das französische Gebiet.


§ 9. Das Deutsche Reich seit 1871.

Das Deutsche Reich, als Bundesstaat geeinigt, bewährt sich als
Hort des Friedens in Europa. Durch die mächtige Entwickelung der
~Gewerbetätigkeit~ und des ~überseeischen Handels~, sowie die Erwerbung
von ~Kolonien~ (seit 1884, s. § 20) nimmt es den ihm gebührenden Platz
unter den +Weltmächten+ ein. Der Aufschwung des wirtschaftlichen Lebens
vermehrt die Klassengegensätze und gibt Anlaß zu einer ~sozialen
Gesetzgebung~ (S. 395), die in anderen Ländern Nachahmung findet.

Bedeutsame Einwirkungen ergeben sich aus Streitigkeiten mit der
katholischen Kirche und durch das Anwachsen der +Sozialdemokratie+,
welche mit Hilfe des allgemeinen Wahlrechts den Staat und die
Eigentumsverhältnisse umgestalten will (Lassalles Allgemeiner deutscher
Arbeiterverein 1863, Internationale Arbeitervereinigung 1864 in London
von K. Marx begründet, Gothaer Programm 1875).

[1872.]

Das Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit (S. 381) veranlaßt in
Deutschland, der Schweiz und Österreich die Bildung +alt+katholischer
Gemeinden, die sich von der römisch-katholischen Kirche lossagen.
Ausweisung des +Jesuiten+-Ordens aus dem Deutschen Reiche; in Preußen
Schulaufsichtsgesetz.

[1873–1875.]

Kirchengesetze in Preußen (Kultusminister Falk), welchen die
katholische Geistlichkeit Widerstand leistet. Die Bischöfe werden
nach und nach abgesetzt; erledigte Pfarrämter können nicht wieder
besetzt werden. Papst Pius IX. geht auf Verhandlungen nicht ein; sein
Nachfolger Leo XIII. (1878–1903) zeigt sich nachgiebiger, gesteht die
Anzeigepflicht bei Besetzung der Bistümer und Pfarrämter zu. Fürst
+Bismarck+ bewirkt 1880 Milderung der Kirchengesetze, 1886 und 1887
weitere Zugeständnisse, doch bleibt das Aufsichtsrecht des Staates über
kirchliche Angelegenheiten.

[1872.]

+Dreikaiserbund+, von den drei Kaisern Wilhelm I., Franz Joseph und
Alexander II. bei einer Zusammenkunft in Berlin geschlossen zur
Aufrechterhaltung des Friedens. Dies Bündnis löste sich infolge des
russisch-türkischen Krieges und des Berliner Kongresses (s. S. 401).

[1872–1875.]

Verwaltungsreform in Preußen; +Kreisordnung+ und +Provinzialordnung+.
Die Kreise und Provinzen erhalten in mancher Hinsicht Selbstverwaltung;
den Regierungsbehörden treten Kreistag und Kreisausschuß,
Provinziallandtag und Provinzialausschuß zur Seite. Landgemeindeordnung
s. S. 396.

[1873.]

Synodal-Ordnung für die evangelische Kirche in Preußen; 1874 Einführung
der bürgerlichen Eheschließung und der Standesregister in Preußen, 1875
im ganzen Deutschen Reiche, 1876 General-Synodalordnung.

[1874.]

+Reichs-Militärgesetz+; die Friedenspräsenzstärke festgesetzt auf
401659 Mann, eingeteilt in 18 Armeekorps (14 preußische, 2 bayrische,
l sächsisches, l württembergisches). In der Folgezeit wird die Zahl
mehrmals erhöht, entsprechend der Zunahme der Bevölkerung; sie beträgt
1911 über 600000 Mann, eingeteilt in 23 Armeekorps (17, 3, 2, 1).

[~1874.~ Okt.]

~Begründung des Weltpostvereins.~ Auf Anregung der +deutschen+
Reichspostverwaltung (Staatssekretär +v. Stephan+) einigen sich die
europäischen und die meisten außereuropäischen Staaten auf einem
+Kongreß zu Bern+ über gemeinsame, dem Verkehr günstige Grundsätze der
Postverwaltung.

[~1878.~]

Gesetz gegen die Ausschreitungen der +Sozialdemokratie+, veranlaßt
durch zwei Mordversuche auf Kaiser Wilhelm I. der bei dem zweiten
schwer verwundet wird. Verbot sozialdemokratischer Vereine und
Zeitungen; Ausweisung der Parteiführer und ihrer Agenten aus den
größeren Städten. Das Gesetz, zunächst für 2½ Jahre erlassen, dann
verlängert, wird 1890 aufgehoben.

[~1879.~]

Neuer +Zolltarif+ des Deutschen Reiches, vom Fürsten +Bismarck+
veranlaßt, um durch Erschwerung der Einfuhr ausländischer Erzeugnisse
die einheimische Produktion zu schützen und die Einkünfte des Reiches
zu erhöhen (Schutzzollpolitik). +Hamburg+ und +Bremen+, bisher
Freihäfen, werden 1881 und 1885 zum Eintritt in die Zollgemeinschaft
des Reiches (zum Okt. 1888), mit Vorbehalt eines beschränkten
Freihafengebietes, veranlaßt. Seit dem Ende der 70er Jahre
+Verstaatlichung der Eisenbahnen+ in Preußen nach und nach durchgeführt
(Minister Maybach). Später Betriebsgemeinschaft der preußischen und
hessischen Bahnen eingerichtet.

[1. Okt.]

Die neuen +Justizgesetze+ für das ganze Deutsche Reich
(Gerichts-Verfassung, Zivil-Prozeß, Strafprozeß) treten in Kraft.
Oberstes +Reichsgericht+ in Leipzig. Bürgerliches Gesetzbuch (S. 396).

[~1879.~ 7. Okt.]

Infolge der Spannung zwischen Deutschland und Rußland nach dem Berliner
Kongreß (S. 401 f.) ~Schutzbündnis zwischen dem Deutschen Reich und
Österreich~ nach einem Besuch des Fürsten +Bismarck+ in Wien (Graf
+Andrassy+). ~Italien~, durch Eröffnung der Gotthardbahn 1882 mit den
nördlichen Ländern besser verbunden, schließt sich 1883 an; ~Dreibund~
zur Erhaltung des europäischen Friedens.

1884 Zusammenkunft der 3 Kaiser: +Wilhelms I.+, +Franz Josephs+ und
+Alexanders III.+ in +Skierniewice+ in Polen; Neutralitätsvertrag mit
+Rußland+ (nach Bismarcks Rücktritt 1890 nicht wieder erneuert).

[~1881.~ 19. Nov.]

Kaiserliche Botschaft an den Reichstag, betreffend die Gesetzgebung
zur ~Förderung des Wohles der Arbeiter~. Darauf 1883 Gesetz über
Krankenversicherung, 1884–87 Gesetze über Unfallversicherung. (1908
waren 13 Mill. Reichsangehörige gegen Krankheit, 24 Mill. gegen Unfall
versichert, S. 396).

[~1884.~]

~Gründung deutscher Kolonien~ in Südwestafrika, Togo, Kamerun, 1885 in
Ostafrika und auf den australischen Inseln (s. S. 423 ff.).

[1884–85.]

~Kongo-Konferenz~ in Berlin unter dem Vorsitz des Fürsten +Bismarck+
(s. S. 410).

Nach dem Tode des unvermählten Herzogs +Wilhelm+ († 1884) ist 1885–1896
Prinz +Albrecht+ von Preußen Regent des Herzogtums +Braunschweig+, da
der erbberechtigte Herzog Ernst August von Cumberland, Sohn Georgs
V. (S. 378), seine Ansprüche auf Hannover nicht aufgeben will. Sein
Nachfolger 1907 Herzog +Johann Albrecht+ von Mecklenburg.

[1886.]

+Ansiedlungsgesetz+ für die Provinzen Posen und Westpreußen zur
Stärkung des Deutschtums, erneuert und ergänzt 1898, 1902, zuletzt 1908
mit Einführung eines beschränkten staatlichen Enteignungsrechts. Bis
Ende 1907 wurden für über 300 Mill. Mark 335383 ha angekauft und darauf
15751 Ansiedlerstellen angelegt.

[1888.]

+Landwehr- und Landsturmgesetz+ veranlaßt durch die in Frankreich
(Kriegsminister Boulanger) und Rußland stattfindenden Kriegsrüstungen.
Fürst +Bismarcks+ Rede im Reichstag 6. Februar: »Wir Deutschen fürchten
Gott, sonst nichts auf der Welt«. Der Friede bleibt erhalten.

[~1888.~ 9. März.]

~Tod Kaiser Wilhelms des Großen.~ Sein Sohn, krank in San Remo, kommt
nach Charlottenburg und übernimmt die Regierung.

[15. Juni.]

~Friedrich III., Deutscher Kaiser, König von Preußen †.~


~Kaiser Wilhelm II. 1888-x.~

+Fortsetzung+ der Reichsgesetzgebung zum Wohle der Arbeiter:
1889 Gesetz über Invaliditäts- und Altersversicherung, 1891
Arbeiterschutzgesetz (Sonntagsruhe, Arbeitszeit der Frauen und Kinder
beschränkt).

[1890. März.]

Europäische Arbeiterschutz-Konferenz zu +Berlin+: Beratung über
allgemeine Maßregeln zur Verbesserung der Lage des Arbeiterstandes.

[20. März.]

+Fürst Bismarck+ scheidet aus seinen Ämtern als Reichskanzler und
preußischer Ministerpräsident. Sein Nachfolger General +v. Caprivi+
bis Okt. 1894, dann Fürst +Hohenlohe+ (vorher Statthalter des
Reichslandes); Okt. 1900 Graf +Bülow+ (seit 1905 Fürst).

[1890.]

Grenzregulierung in +Ostafrika+ zwischen Deutschland und +England+.
+Helgoland+ kommt an Preußen (Kreis Süder-Dithmarschen, s. S. 407).
1894 Abgrenzung des Hinterlandes von Kamerun durch Verträge mit
+Frankreich+ und +England+. Das deutsche Gebiet erreicht von Süden her
den +Schari+ und den +Tsadsee+.

[1891.]

+Handelsverträge+ mit Österreich, Italien, Belgien, bald auch mit
anderen Staaten; Herabsetzung der Zölle, wodurch eine schwierige Lage
für die deutsche Landwirtschaft entsteht. In Preußen Fortsetzung der
Verwaltungsreform: Landgemeinde-Ordnung (Minister Herrfurth); Reform
der Steuern (Finanzminister Miquel).

[~1895.~]

Vollendung des +Nord-Ostseekanals+ (von Brunsbüttel an der Elbe nach
Holtenau bei Kiel 97 km) nach achtjähriger Bauzeit (Baukosten 156
Mill. Mark). Es folgt 1899 der Dortmund-Ems-Kanal und der Ausbau
des Hafens von Emden, 1900 der Elb-Trave-Kanal. Der preußische
Landtag genehmigt außer anderem 1905 den Bau eines Kanals vom Rhein
(bei Duisburg) zur Weser bis nach Hannover (Mittellandkanal) und
eines Großschiffahrtsweges von Berlin nach Stettin. Von Bayern und
Elsaß-Lothringen Kanalisierung des Main und der Mosel angeregt.
Verbesserungen der Wasserstraßen im Oberlauf des Rheins, der Elbe
und Oder von den anliegenden Staaten erwogen. -- Für die seit 1907
ausgeführte +Erweiterung+ und +Vertiefung+ des +Kaiser-Wilhelms-Kanals+
sind 223 Mill. Mark bewilligt.

[~1898.~]

Pachtvertrag mit +China+ über +Kiautschou+ auf 99 Jahre (s. S. 420,
426).

[30. Juli.]

+Fürst Bismarck+ † in Friedrichsruh.

Das Deutsche Reich erwirbt von +Spanien+ die +Karolinen+, +Marianen+
und +Palau-Inseln+, (S. 413).

[1900. 1. Jan.]

Das +Bürgerliche Gesetzbuch+ tritt für das Deutsche Reich in Kraft.

[~1900.~ März.]

Erwerbung von +Deutsch-Samoa+ (s. S. 407, 426). +Deutschland+,
+England+, +Frankreich+, +Rußland+, +Italien+, +Amerika+, +Japan+
treffen Abmachungen über die +»Politik der offenen Tür«+ in +China+.

+Flottengesetz+ zum Schutze des deutschen Welthandels (die
Transportfähigkeit der deutschen Handelsflotte hat sich von 1876–1909
versiebenfacht). Bis 1917 soll die Kriegsflotte auf 38 Linienschiffe,
14 große, 38 kleine Kreuzer gebracht werden; dazu die Wacht- und
Schulschiffe und die seit 1880 ansehnlich vermehrten Kanonen- und
Torpedoboote.

[1902.]

Neuer +Zolltarif+ als Grundlage für fernere Handelsverträge.

[1906.]

Erhöhung der Reichssteuern und beschleunigte Vermehrung der
Kriegsflotte beschlossen.

[1908–1909.]

+Reichsfinanzreform+. An die Stelle des Fürsten Bülow tritt 1909 (Juli)
Reichskanzler +v. Bethmann Hollweg+.

[1910.]

Besuch des Kaisers Nikolaus II. in Potsdam.

Verständigung mit +Rußland+. Keine der beiden Mächte will sich einer
Staatenvereinigung anschließen, die ihre Spitze gegen die andere
richtet.

[1911. März.]

Verfassungs- und Wahlgesetz für +Elsaß-Lothringen+. Die Staatsgewalt
übt der Kaiser durch einen von ihm ernannten Statthalter aus (s. S.
392). Zwei-Kammersystem eingeführt. Die 41 Mitglieder der ersten Kammer
werden von dem Kaiser auf Vorschlag des Bundesrats ernannt; die zweite
Kammer (60) geht aus allgemeinen direkten Wahlen (an einem Sonntag) mit
geheimer Abstimmung hervor.

[Aug.]

+Vertrag mit Rußland+ über die Abgrenzung der Interessen der beiden
Mächte in +Persien+. Deutschland verfolgt nur Handelsziele: Eisenbahn-,
Wegebau-, Schiffahrts-, Telegraphenkonzessionen (s. S. 416, 419).

[Nov.]

Abkommen mit +Frankreich+ über +Marokko+ und +Äquatorialafrika+ (s. S.
405).

[Dez.]

Schiffahrtsabgabengesetz. Privatbeamten-Versicherungsgesetz.

[1912. 1. Jan.]

Die Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911 tritt in Kraft.


§ 10. Österreich-Ungarn.

[1867.]

Nach dem unglücklichen Kriege mit Preußen und Italien von 1866
(S. 375 ff.) gelingt es dem Reichskanzler Graf +Beust+ (1853–1866
Ministerpräsident in Sachsen), den Verfassungsstreit in +Österreich+
(S. 357 f., 371) durch den ~Ausgleich mit Ungarn~ auf der Grundlage
des +Dualismus+ beizulegen. +Ungarn+, mit +Siebenbürgen+ und +Kroatien+
wieder vereinigt (S. 371), erhält einen besonderen +Reichstag+ (in
+Pest+) und ein eigenes Ministerium. Die ungarische Verfassung wird
wiederhergestellt. Kaiser +Franz Joseph+ am 8. Juni in Pest als +König
von Ungarn+ gekrönt. Die +cisleithanischen+ Länder (nebst +Galizien+)
im +Reichsrat+ (in +Wien+) vertreten. Zur Beschlußfassung über die
gemeinsamen Angelegenheiten (Heerwesen, Finanzen, auswärtige Politik)
treten jährliche Abgesandte (Delegationen) aus beiden Reichstagen
zusammen. Von den gemeinsamen Ausgaben, soweit sie nicht aus dem Ertrag
der Zölle bestritten werden, trägt Österreich zunächst 70%, Ungarn 30%.
Ministerpräsident in Österreich Graf Beust (bis 1871), in Ungarn Graf
+Andrassy+ (bis 1879).

Der Doppelstaat wird in seiner inneren Entwickelung vielfach gehemmt
durch die widerstrebenden Interessen und durch Nationalhaß der
Tschechen, Polen und Magyaren gegen die Deutschen. Bemühungen der
Tschechen um die Selbständigkeit der böhmischen (Wenzels-) Krone
und die Wiederherstellung des sog. Böhmischen Staatsrechts. 1874
Kirchengesetze an Stelle des Konkordats von 1855.

[1878.]

Besetzung der bis dahin türkischen Provinzen +Bosnien+ und
+Herzegowina+ (S. 401) zum Teil nach blutigem Widerstande.

[1879.]

Das Sandschak +Novipazar+ auf Grund eines Abkommens mit der Türkei
besetzt.

[1879.]

Bündnis mit dem Deutschen Reich, 1883 auch mit Italien (S. 395).

[1880.]

+Taaffes+ Sprachenverordnung für Böhmen zu Ungunsten des deutschen
Elements. Die Universität +Prag+ 1882 in eine deutsche und tschechische
Hochschule geteilt.

[1890.]

Böhmischer Ausgleich. -- 1883 magyarisches Schulgesetz in Ungarn. 1887
Kranken- und Unfallversicherung in Österreich. 1891 Krankenversicherung
in Ungarn.

[1888.]

Das Wehrgesetz von 1879 durch ein neues ersetzt. Steigerung der
Rekrutenzahl. 1892 Erhöhung der Friedenspräsenz. 1893 Ergänzung zum
Landwehrgesetz von 1883. Neue Rekrutenvorlage 1909 bewilligt.

[1889 (30. Jan.).]

Tod des Kronprinzen +Rudolf+ (geb. 1858).

[1897.]

+Badenis+ Sprachenverordnungen für Böhmen und Mähren. Obstruktion der
Deutschen im Reichsrat bei der Herstellung des Ausgleichs mit Ungarn.

[1898 (10. Sept.).]

Die Kaiserin +Elisabeth+ in Genf ermordet.

[1899.]

Aufhebung der Sprachenverordnungen für Böhmen und Mähren.

[1901.]

Wasserstraßenvorlage zur Verbindung der Donau mit der Elbe und Oder
genehmigt.

[1906.]

Bewilligung eines eigenen Zolltarifs für Ungarn. Damit sind nach
heftigen parlamentarischen Kämpfen in beiden Reichshälften die Magyaren
der angestrebten Auflösung der Gemeinschaft mit Österreich einen
Schritt näher gekommen.

[1907.]

Reform des Wahlgesetzes für die cisleithanischen Länder.

[~1908.~ Okt.]

Aufnahme +Bosniens+ und der +Herzegowina+ in den Staatsverband der
österreichischen Monarchie. Zunächst bilden die beiden Provinzen
(51110 qkm) ein Verwaltungsgebiet für sich. 1910 besondere Verfassung
für Bosnien und Herzegowina erlassen. Das Sandschak +Novipazar+ den
Türken als Entschädigung zurückgegeben. Kriegsdrohungen in +Serbien+
und +Montenegro+ wegen Vernichtung der groß-serbischen Hoffnungen. Im
Febr. 1909 Anerkennung der Annexion durch die Pforte gegen Zahlung von
2½ Mill. türkischen Pfund (60 Mill. Frs.) für die ehemals türkischen
Staatsgüter. Infolge der energischen Unterstützung der österreichischen
Politik durch das Deutsche Reich lassen die Mächte in Belgrad erklären,
daß Serbien auf die Hilfe von Rußland, Frankreich und England nicht zu
rechnen habe. Daraufhin stellt Serbien die Rüstungen ein (März 1909);
Kronprinz Georg verzichtet zu Gunsten seines Bruders Alexander.

[1911.]

Stapellauf des ersten österreichisch-ungarischen Dreadnought: Viribus
unitis.


§ 11. Rußland.

In Rußland unter Kaiser Alexander II. manche Reformen der Verwaltung
(vgl. S. 369); die auswärtige Politik bleibt auf die Balkanhalbinsel,
wo das türkische Reich immer schwächer wird, und auf Asien gerichtet.

[~1877–1878.~]

~Russisch-türkischer Krieg.~

~Veranlassung~: Die Fürsten +Nikita+ von +Montenegro+ und +Milan+ von
+Serbien+ beginnen 1876 Krieg gegen die Türkei zur Unterstützung eines
in der +Herzegowina+ gegen die türkischen Grausamkeiten ausgebrochenen
Aufstandes. Eine Erhebung der +Bulgaren+ wird von den Türken blutig
unterdrückt, die +Serben+ werden an der Morawa zurückgeschlagen. Die
Großmächte, namentlich +Rußland+ und +England+, verhandeln mit der
Türkei über Reformen der Regierung und Sicherung der christlichen
Untertanen. Da die Verhandlungen erfolglos bleiben, erklärt +Rußland+
den Krieg.

Nach Abschluß eines Vertrages mit +Rumänien+ (Fürst +Karl+ von
Hohenzollern-Sigmaringen, s. S. 367) geht ein russisches Korps bei
+Galacz+ über die Donau und besetzt die Dobrudscha; das Hauptheer, bei
welchem Kaiser +Alexander II.+ sich befindet, erzwingt den

[1877. 27. Juni.]

~Übergang über die Donau bei Sistowa~. Während ein fliegendes Korps
unter General +Gurko+ schnell auf einem unbesetzten Nebenpaß den Balkan
überschreitet und durch einen Angriff von Süden her (17.–19. Juli)
die türkische Besatzung von dem wichtigen ~Schipka-Paß~ vertreibt,
macht der eine Hauptteil des Heeres unter dem +Großfürsten-Thronfolger
Alexander+ Front nach Osten und verhindert in monatelangen, schweren
Kämpfen an den Flüssen +Jantra+ und +Lom+ den von dorther zu
befürchtenden Durchbruch eines türkischen Heeres.

Der andere Teil des russischen Heeres nimmt +Nikopoli+ (15. Juli),
wird aber vor ~Plewna~ (südwestlich von Nikopoli), wo +Osman Pascha+
türkische Streitkräfte gesammelt hat und starke Befestigungen anlegt,
blutig zurückgewiesen (20. und 30. Juli) und muß Verstärkungen abwarten.

Währenddessen bestürmt +Suleiman Pascha+ von Süden her mit überlegener
Macht, aber vergeblich (Hauptkämpfe am 23. Aug. und 17. Sept.) den
~Schipka-Paß~. Er erhält dann den Oberbefehl über die türkische
Ost-Armee am +Lom+, kann aber Plewna nicht entsetzen.

Eintreffen der Truppen +Rumäniens+ und russischer Verstärkungen vor
+Plewna+. Nach dem Mißlingen eines neuen Gewaltangriffs (7.–12. Sept.)
wird zur regelmäßigen Belagerung (Gen. +Totleben+) geschritten und

[~10. Dez.~]

~Plewna genommen~ durch General +Skobeleff+. +Osman Pascha+ muß sich
nach einem vergeblichen Durchbruchsversuch mit 44000 Mann ergeben.
Rückkehr der +Rumänen+ in ihr Land, des Kaisers +Alexander II.+ nach
Petersburg. ~Serbien~ erklärt von neuem den Krieg an die Pforte.

Die russischen Heere rücken vom Balkan aus vor bis nahe an
Konstantinopel.

Auf dem asiatischen Kriegsschauplatz werden die Russen zuerst von
+Muchtar Pascha+ mehrfach geschlagen, dringen dann aber nach Erstürmung
von +Kars+ (18. Nov.) siegreich bis +Erzerum+ vor.

Die Türkei ruft die Vermittelung Englands an, sieht sich aber durch die
Bedrohung von Konstantinopel genötigt, sich mit Rußland zu verständigen.

[~1878~. 3. März.]

~Friede zu San Stefano~ (unweit Konstantinopel): 1. +Montenegro+ und
+Serbien+, beide durch türkisches Gebiet erheblich vergrößert, werden
als unabhängig anerkannt, ebenso +Rumänien+. 2. +Bulgarien+, bis zum
Ägäischen Meere vergrößert, bleibt der Pforte tributpflichtig, erhält
aber einen christlichen Fürsten und eigene Verwaltung; ein russischer
Kommissar mit 50000 Mann bleibt auf 2 Jahre im Lande. 3. Die Pforte
führt in dem ihr verbleibenden geringen Rest ihrer europäischen
Besitzungen (159000 qkm) gewisse Reformen ein. 4. Sie zahlt an Rußland
300 Millionen Rubel und tritt in +Asien+ bedeutende Teile +Armeniens+,
in +Europa+ die +Dobrudscha+ ab; letztere wird von Rußland als Ersatz
für den von ihm 1856 abgetretenen und jetzt zurückzunehmenden Teil von
+Bessarabien+ (s. S. 367) an +Rumänien+ gegeben.

Widerspruch ~Englands~ gegen diese Bedingungen; auch +Österreich+ will
Rußlands Übermacht auf der Balkanhalbinsel nicht zugeben. Die Türkei
ruft den Schutz Englands an und gibt die Insel +Cypern+ in englische
Verwaltung.

Nachdem unter Deutschlands Vermittelung, um einen neuen Krieg zu
verhüten, Rußland und England sich über die wichtigsten Streitpunkte
vorläufig verständigt haben, tritt unter dem Vorsitz des ~Fürsten
Bismarck~ zusammen der

[~1878.~ 13. Juni bis 13. Juli.]


~Berliner Kongreß.~

+Hauptsächlichste Bestimmungen+: 1. ~Montenegro, Serbien~ und
~Rumänien~ werden unabhängig, doch werden die an beide erstere Staaten
zu machenden Abtretungen beschränkt, das von Rumänien für Bessarabien
einzutauschende Gebiet etwas vergrößert. 2. Das ~Fürstentum Bulgarien~
wird auf das Land +zwischen Donau und Balkan,+ jedoch einschließlich
+Sofia+ und Gebiet, beschränkt. 3. Der südliche Teil Bulgariens,
jedoch nach Westen und Süden erheblich enger begrenzt, bleibt als
Provinz ~Ostrumelien~ unter der Botmäßigkeit des Sultans, erhält
aber eigene Verwaltung unter einem +christlichen Generalgouverneur.+
4. Die russischen Truppen sollen Ostrumelien und Bulgarien
innerhalb 9 +Monaten+, Rumänien innerhalb eines Jahres räumen. 5.
~Österreich~ übernimmt die Besetzung und Verwaltung +Bosniens+ und
der +Herzegowina+. 6. Der Türkei wird die Abtretung eines Teils von
+Epirus+ und +Thessalien+ an ~Griechenland~ empfohlen. 7. ~Rußland~
begnügt sich in Asien mit +Batum+ (als Freihafen), +Kars, Adaghan+
und einigen angrenzenden Gebieten. 8. In der Türkei und allen von
ihr losgelösten Staaten soll +politische Gleichberechtigung aller
Konfessionen+ herrschen. 9. Der 1841 zwischen den 5 Großmächten und der
Pforte abgeschlossene Vertrag (vgl. S. 353), wonach kein Kriegsschiff
in die Dardanellen einlaufen darf (bestätigt im Pariser Frieden von
1856, S. 367), wird erneuert. Die Schließung der Dardanellen für fremde
Kriegsschiffe wird der Pforte zur Pflicht gemacht.

[1872 - 1876]

hatte Rußland bereits seine asiatische Provinz ~Turkestan~ (Taschkent
und Samarkand, S. 369) durch Unterwerfung des Chans von +Khiwa+, des
Emirs von +Bochara+ und des Chans von +Kokand+ (Ferghana) erweitert,
1875 durch Vertrag mit Japan sich den Besitz der Insel +Sachalin+
gesichert.

Nach dem Berliner Kongreß zeigt Rußland (Minister Fürst Gortschakow)
feindselige Haltung gegen Deutschland, welches deshalb das bisherige
engere Verhältnis zu Rußland (S. 393f.) löst und sich mit Österreich
verbündet (S. 395). Kaiser Alexander II., im Begriff, eine
Volksvertretung zu berufen, wird 1881 durch Verschwörer (Nihilisten)
ermordet.

[1881–1894.]

~Alexander III.~ (Gem. Dagmar -- Maria Feodorowna -- von Dänemark)
ordnet strenge Maßregeln an gegen das Deutschtum in den Ostseeprovinzen
(Russifizierung der Universität +Dorpat+), schließt trotz des
Neutralitätsvertrages mit Deutschland Freundschaft mit Frankreich
(S. 395, 404). 1893 Zollkrieg gegen Deutschland, der aber 1894 durch
Handelsvertrag beigelegt wird.

[1885.]

Vertrag mit England über die Nordgrenze von +Afghanistan+, nachdem
Rußland 1884 das Gebiet von +Merw+ besetzt hat. 1887 nimmt Rußland
noch +Pendschdeh+. Bau der Transkaspischen Eisenbahn, 1888 bis
Samarkand vollendet. Rußland nimmt dann 1892–1895 den größten Teil des
+Pamir+hochlandes in Besitz, baut die Sibirische Eisenbahn, 1901 bis
Wladiwostock vollendet.

~Nikolaus II.~ (Gem. Alix -- Alexandra Feodorowna -- von Hessen), seit
Nov. 1894, stellt bessere Beziehungen zu Deutschland her.

[1899.]

+Kongreß im Haag+; auf Rußlands Wunsch wird ein Schiedsgericht für
internationale Streitigkeiten eingesetzt.

[1904–1905.]

Nach dem unglücklichen Verlauf des Krieges gegen +Japan+ (s. S.
422f.) bedrohliche Unruhen im russischen Reiche: Attentate auf
Mitglieder der Zarenfamilie (Großfürst +Sergius+, Oheim des Zaren, †
1905) und andere einflußreiche Persönlichkeiten, Judenverfolgungen,
Plünderungen. Der Zar verkündet (19. Aug. 1905) die Berufung einer
+Duma+ (Reichsversammlung). In +Livland+ Aufstand der Letten gegen die
deutschen Gutsbesitzer.

[1906.]

~Verfassung~ eingeführt (Reichsrat und Duma). Die erste Duma wird
nach stürmischen Verhandlungen aufgelöst, ebenso 1907 die zweite.
Reformdekrete der Regierung (Minister +Stolypin+, 1911 ermordet),
namentlich zur Besserung der Lage des Bauernstandes; strenge Maßregeln
gegen Polen und Livland. Die dritte Duma 1908 bewilligt eine bedeutende
Anleihe.

[1910–1911.]

Abkommen mit Deutschland über +Persien+ (S. 397).

[1911.]

Neues Abkommen mit +Japan+ über die +Mandschurei+ (vgl. S. 422f.).

Verständigung (Entente) mit +Japan+ und endgültiger Ausgleich aller
durch den Krieg von 1904–1905 bedingten Ansprüche ohne Hilfe
eines Schiedsgerichts. -- Rußland, das mit England noch 1907 die
Unantastbarkeit und Unabhängigkeit +Persiens+ verkündet, aber bereits
1909 ein gemeinsames Einschreiten gegen die Regierung des Schah und
eine Teilung des Landes in eine russische (Norden) und englische
(Süden) Interessenzone vereinbart hat, greift 1911 in die persischen
Wirren ein (s. S. 419).

Abschluß einer Militärkonvention mit +Bulgarien+.

[1912.]

Rußland erkennt die Unabhängigkeit der +Mongolei+ (s. S. 422) an und
gesteht der Regierung in China nur die Aufsicht zu über die auswärtigen
Beziehungen des Landes.


§ 12. Die dritte französische Republik.

~Frankreich~ Republik seit 1871; ein Versuch, den Grafen Chambord
(S. 349) als König einzusetzen, scheitert an dessen Weigerung,
bestimmte Versprechungen zu geben und die Tricolore anzunehmen (1873,
Okt.) Gesetz über allgemeine Wehrpflicht 1872. Organisationsgesetz
1873. Frankreich in 18 Regionen eingeteilt, denen je ein Armeekorps
entspricht; das 19. in Algier. (1897 Einteilung in 19 Regionen; daher
20. Armeekorps eingerichtet.)

[1873–1879.]

Präsident +Mac-Mahon+, Nachfolger von Thiers. Marschall +Bazaine+,
vom Kriegsgericht wegen der Übergabe von Metz zum Tode verurteilt,
vom Präsidenten zu zwanzigjähriger Haft begnadigt, entkommt 1874
nach Spanien, stirbt dort 1888. Feststellung der +Verfassung+ 1875:
Präsident auf 7 Jahre, Senat, Deputiertenkammer. -- +Napoleon III.+
stirbt im Januar 1873 zu Chislehurst in England; sein Sohn fällt
1879 im Kriege der Engländer gegen die Zulukaffern, als Freiwilliger
kämpfend.

[1879–1887.]

Präsident +Grévy+, 1885 wiedergewählt. Unterrichtsgesetz 1880 zur
Beschränkung des Einflusses der Geistlichkeit; Ausweisung der Jesuiten,
doch nicht streng durchgeführt. +Gambetta+ Nov. 1881 Ministerpräsident,
tritt aber nach zwei Monaten zurück, da die von ihm vorgeschlagene
Änderung des Wahlgesetzes (Listenwahl statt Einzelwahl) abgelehnt
wird. Starke Heeresrüstung, doch wird der Rachekrieg gegen Deutschland
vertagt; der Kriegsminister +Boulanger+ tritt zurück (Mai 1887),
Frankreich wendet sich einer ~weitgreifenden Kolonialpolitik~ zu. Grévy
dankt 1. Dez. 1887 ab.

[1883.]

+Brazza+ legt die Station +Brazzaville+ am +Stanley Pool+ an und stellt
eine Verbindung der Küste mit dem +Kongo+ her. Auf der Kongo-Konferenz
1885 setzt Frankreich die Ausdehnung der bisherigen Kolonie +Gabun+ bis
zum rechten Ufer des +Kongo+ durch. Von hier -- +»Französisch-Kongo«+
-- aus dringen die Franzosen bis zum +Tsadsee+ vor und gewinnen durch
Vertrag mit dem Deutschen Reich 1894 das Hinterland von Kamerun bis
über den +Schari+ hinaus (Äquatorial-Afrika, S. 396). 1908 die Grenze
zwischen Französisch-Kongo, Kamerun und dem Kongostaat endgültig
festgelegt.

[1881.]

~Frankreich~ nimmt ~Tunis~ in Besitz, ohne die Proteste der Türkei und
die Verstimmung Italiens zu beachten.

[1883.]

Das Reich ~Anam~ in Hinterindien (vgl. S. 369) tritt die Provinz
+Tonking+ an Frankreich ab und wird bald darauf französischer
Schutzstaat. Frankreich behauptet diese Erwerbung im Kriege gegen China
(1884–1885).

[1885.]

Die Insel ~Madagaskar~ kommt unter französische Schutzherrschaft; die
Regierung der Königin der malaiischen +Hova+, +Ranavalo Manjaka III.+,
in +Tananarivo+ 1896 aufgehoben.

[1887–1894.]

Präsident +Carnot+; Wehrgesetz, Freundschaft mit Rußland. Carnot
wird von einem Italiener ermordet, sein Nachfolger +Périer+ dankt
Jan. 1895 ab, dann folgt +Faure+, 1899–1906 +Loubet+, beide bemüht,
die Freundschaft mit Rußland zu erhalten. 1897 Unfallversicherung,
1901 Vereinsgesetz zur Beschränkung der geistlichen Orden und
Kongregationen. 1903 Unterrichtsgesetz, Einrichtung weltlicher
Volksschulen an Stelle der von Geistlichen geleiteten. 1905 Gesetz über
Trennung von Kirche und Staat; deshalb Streit mit der katholischen
Kirche. Der Kirchenbesitz wird den Gemeinden überwiesen. Gesetz über
Altersunterstützung und Sonntagsruhe. Seit 1906 Präsident +Fallières+.
1907 und 1911 Winzerunruhen. Die Beziehungen Frankreichs zu England
gestalten sich immer enger; das Bündnis mit Rußland bleibt erhalten.

[1890.]

Frankreichs Herrschaft im Gebiet des mittleren +Niger+ (Sudan), der
westlichen und mittleren +Sahara+ von England anerkannt (S. 407) und
1904 erweitert (s. S. 405).

[1891.]

~Tahiti~, schon früher französischer Schutzstaat, wird nach dem Tode
des englisch-protestantischen Königs Pomare V. französisches Gebiet.

[1892.]

+Behanzin+, König von +Dahomey+, (Ober-Guinea) besiegt. Sein Reich wird
französische Kolonie.

[1893.]

In Hinterindien weiter vordringend nimmt Frankreich einen großen
Teil des Reiches ~Siam~ in Besitz. 1904 der +Menam+ als Grenze der
französischen und englischen Einflußsphäre festgesetzt. 1907 wieder 3
Provinzen an der Grenze von Kambodscha an Frankreich abgetreten.

[1898.]

Frankreich versucht vom Kongo aus vordringend +Faschoda+ am oberen
Nil zu besetzen (General +Marchand+), wird aber durch Kriegsdrohung
Englands und Einmarsch des Gen. +Kitchener+ genötigt, dies aufzugeben.

[1905.]

Nach +Abschluß eines Vertrages mit England+ (8. April 1904), der alle
kolonialen Differenzen aus dem Wege räumt (Frankreich erkennt Englands
Herrschaft in Ägypten an, England räumt den Franzosen die Vorherrschaft
in +Marokko+ ein u. a. m.), sucht Frankreich die Schutzherrschaft über
das Reich ~Marokko~ zu erwerben. Widerspruch ~Deutschlands~; Reise
Kaiser Wilhelms II. nach +Tanger+. Eine Konferenz der am Handel mit
Marokko beteiligten Staaten in +Algeciras+ (bei Gibraltar) beschließt
(Febr. 1906) Reformen für Marokko unter gemeinsamer Aufsicht der in
Tanger wohnenden Gesandten. Frankreich erhält eine bevorzugte Stellung
in Marokko.

Ein östlicher, an Tunis angrenzender Teil des Reiches Marokko bleibt
von den Franzosen besetzt; 1907 besetzen sie auch die Hafenstadt
+Casablanca+ und das benachbarte Schauja-Gebiet. Sultan Muley Hafid,
seit 1908 von den europäischen Staaten anerkannt, sucht sich ihren
Forderungen zu entziehen. 1909 Krieg +Spaniens+ gegen die +Rifkabylen+.
Schwere Kämpfe um +Melilla+ (s. S. 413). Die Häuptlinge unterwerfen
sich. Gleichzeitig der Thronprätendent +Bu Hamara+ im Kampfe gegen
Muley Hafid. Ersterer besiegt und gefangen. Die Konsuln der Mächte
schreiten ein gegen Muley Hafids Grausamkeiten.

[1911.]

Neue Unruhen in Marokko. Der Sultan, von feindlichen Stämmen in +Fez+
eingeschlossen, ruft +Frankreichs+ Hilfe an. Darauf französische
Expedition nach Fez, angeblich zum Schutz der bedrohten Europäer.
Der Sultan gerät ganz in die Gewalt der Franzosen. Diese treten
ziemlich unbeschränkt im Lande auf. (Juli) Entsendung eines deutschen
Kriegsschiffes nach +Agadir+ zur Verteidigung bedrohter deutscher
Interessen. Nach schwierigen Unterhandlungen, wobei Frankreich von
dem verbündeten England geleitet und unterstützt wird, 4. Nov.
~Marokkoabkommen zwischen Deutschland und Frankreich~: +Deutschland
verzichtet auf jeden Landerwerb im Scherifenreich+ (+Sus+-Provinz),
nachdem seine handelspolitischen und wirtschaftlichen Interessen nach
Möglichkeit sicher gestellt sind. +Frankreich übernimmt das Protektorat
in Marokko+, tritt von ~Äquatorial-Afrika~ ein Gebiet von etwa
300000qkm im Süden und Osten von +Kamerun+ mit Zugang zum +Kongo+ und
+Ubangi+ an das Deutsche Reich ab. Das Dreieck zwischen +Logone+ und
+Schari+ (12000 qkm) von Deutschland an Frankreich überlassen.

Frankreich erwirbt einen erheblichen Teil der Negerrepublik +Liberia+.
Östlich von Tunis besetzt es die Oase +Djanet+ (zu Tripolis gehörig).


§ 13. England.

~England~ 1837–1901 unter der ~Königin Viktoria~ (S. 353) ist
hauptsächlich bestrebt, sein ungeheures ~Kolonialreich~ zu erhalten und
zu erweitern.

[1867.]

Krieg gegen Negus +Theodor von Abessinien+. Magdala von Sir Robert
+Napiers+ mit indischen Truppen erstürmt; Theodor †. Abessinien wird
von den Engländern geräumt.

[~1869.~]

~Der Suez-Kanal~ eröffnet, 160 km lang; nach zehnjähriger Bauzeit
vollendet unter Leitung des Franzosen Ferdinand +de Lesseps+ (früher
franz. Konsul in Kairo). Abkürzung des Seewegs nach Indien, Ostasien,
Australien. Jährlich benutzen den Kanal jetzt gegen 4000 Schiffe.

[1876.]

Die Königin Viktoria nimmt auch den Titel ~Kaiserin von Indien~ an.
Seitdem nach jedem Thronwechsel besondere Krönungsfeierlichkeiten in
+Delhi+ (S. 219).

[1877–1881.]

Krieg in ~Afghanistan,~ um die dem Emir 1869 auferlegte
Schutzherrschaft zu erhalten General +Roberts+ besetzt 1879 die
Hauptstadt Kabul und dringt bis Kandahar vor (s. S. 419f.).

[~1877.~]

Erweiterung des Besitzes in ~Südafrika.~ Die +Transvaalrepublik+,
begründet 1848 von holländischen Buren, die aus der +Kapkolonie+[61]
auswanderten, wird dem englischen Kolonialgebiet einverleibt; bald
wird auch ein großer Teil des Kaffernlandes englischer Schutzstaat.
Unabhängig bleibt der 1854 von England anerkannte +Oranje-Freistaat+.

[1878.]

England nimmt +Cypern+ in Verwaltung (S. 401).

[1879.]

Krieg gegen die +Zulukaffern+ (Cetewayo). Prinz Louis Napoleon † (S.
403).

[~1881.~]

Erhebung der ~Buren~ gegen die englische Herrschaft und Sieg bei
+Majubahill+. Die Transvaalrepublik (Südafrikanische Republik) wieder
hergestellt, doch behält England in dem 1884 geschlossenen Vertrage
sich die Genehmigung der Verträge dieses Staates mit anderen Staaten
vor.

[1882.]

Besetzung von ~Ägypten~, veranlaßt durch einen Militäraufstand in
Alexandrien unter +Arabi Pascha+ gegen den Khedive +Tewfik+ und durch
die Ermordung vieler Europäer; Arabi bei +Tel-el-Kebir+ von +Wolseley+
besiegt und gefangen. Dem Namen nach bleibt die Regierung des dem
türkischen Sultan tributpflichtigen Vizekönigs (Khedive); tatsächlich
wird ~Ägypten ein englischer Schutzstaat.~ Neuordnung der Verwaltung
und des Heeres (+Baring+ und +Kitchener+); Nilstauwerk bei +Assuan+.

[1883–1885.]

Aufstand des ägyptischen Sudan gegen die Engländer unter Führung
des ~Mahdi~, eines mohammedanischen Propheten. Vernichtung eines
ägyptischen Heeres von 11000 Mann (+Hicks Pascha+) bei +El Obeïd+. Der
englische General +Gordon+ versucht +Khartum+ zu behaupten, wird bei
der Eroberung der lange belagerten Stadt von den Truppen des Mahdi
getötet (Jan. 1885). Fruchtlose Nilexpedition der Engländer; sie
behalten im Sudan nur den Hafen +Suakin+, verteidigen aber Ägypten mit
Erfolg gegen wiederholte Angriffe der Mahdisten (1885–1898). In der
+Äquatorprovinz (Wadelai)+ hält sich der deutsche Afrikaforscher +Emin
Pascha+ (Dr. Schnitzer) als Statthalter des Khedive, bis er 1889 von
+Stanley+ nach der Küste (Bagamoyo) geführt wird. 1893 wird Emin bei
einem Versuch, bis zum Kongo vorzudringen, ermordet.

[1884.]

Britisch ~Neu-Guinea~ wird unter englischen Schutz gestellt.

[1886.]

England erweitert sein indisches Reich durch völlige Unterwerfung von
~Birma~ in Hinterindien (S. 353).

[~1889.~]

Vertrag mit Deutschland und den Vereinigten Staaten über die
~Samoa~-Inseln.

[~1890.~]

Vertrag mit Deutschland über ~Ostafrika.~ Das Wituland, Uganda und
Sansibar englisch; das deutsche Gebiet zwischen Kilimandscharo und
Rovumafluß reicht im Innern bis zu den großen Seen.

Vertrag mit Frankreich über ~Westafrika~: England herrscht im Gebiet
des unteren Niger (+Nigeria+) bis zum Tsadsee. Abgrenzung der
englischen und französischen Gebiete gegen das Deutsche Hinterland von
~Kamerun~ durch Verträge mit dem Deutschen Reiche 1893 und 1894.

[1890–1893.]

England erweitert sein Gebiet in ~Südafrika~ durch Unterwerfung des
+Betschuana+- und +Matabele-+Landes. +Cecil Rhodes+, Leiter der
Britischen Südafrika-Gesellschaft, seit 1890 Minister der Kapkolonie,
verfolgt noch weitergreifende Pläne, findet aber Widerstand bei den
+Buren+-Republiken (S. 408). Transvaal wehrt einen Einfall englischer
Streifscharen (800 Mann) unter +Jameson+ bei +Krügersdorp+ ab (1. Jan.
1896). Jameson gefangen, an England ausgeliefert, zu längerer Haft
verurteilt, aber bald begnadigt.

[1897.]

Die Engländer besetzen +Tirah+, ein afghanisches Grenzgebiet.

[1898.]

England gewinnt die Herrschaft über den ~ägyptischen Sudan~ zurück;
General Kitchener siegt bei +Omdurman+ und erobert +Khartum+.

[1899.]

Abermaliger Vertrag über die ~Samoa~-Inseln; sie werden geteilt
zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten. England verzichtet
auf einen Anteil, erhält dafür bedeutenden Gebietszuwachs im
Hinterlande von Togo, außerdem die +Tonga+inseln und die Inseln
+Choiseul+ und +lsabel+ (Salomoninseln).

[1899–1902.]

~Krieg Englands gegen die Buren in Südafrika.~

Äußerer Anlaß: Zurücksetzung der Ausländer in Transvaal. Die Buren
in Transvaal (Präsident +Krüger+) schließen ein Bündnis mit dem
Oranje-Freistaat (Präsident +Steijn+) und erklären den Engländern den
Krieg. Sie dringen in das englische Gebiet +Natal+ ein und führen den
Krieg anfangs erfolgreich. Einschließung einer englischen Division
in +Ladysmith+; die Entsatzversuche des Gen. +Buller+ werden (Dez.)
bei +Colenso+ und (Jan. 1900) am +Spion-Kop+ abgeschlagen. Ebenso
werden englische Truppen, die in den westlichen Teil von Transvaal
eingedrungen sind, in +Kimberley+ und +Mafeking+ eingeschlossen.

[1900.]

Umschwung zu Gunsten der Engländer, nachdem Lord +Roberts+ den
Oberbefehl übernommen hat; ihr Heer wird bald auf 100000 Mann
gebracht, gegen etwa 45000 Buren. Doch erschwert die weite Ausdehnung
des Kriegsschauplatzes die Erfolge. Im Febr. wird +Kimberley+
entsetzt, Gen. +Cronje+ mit 4000 Buren am Modderfluß gefangen. Auch
+Ladysmith+ wird von Gen. Buller entsetzt. Roberts mit der Hauptmacht
besetzt +Blomfontein+, Hauptstadt des Oranje Freistaats, dann weiter
+Johannesburg, Pretoria+, Hauptstadt von Transvaal, Middelburg,
Lydenburg. Im Rücken des englischen Heeres beginnen die Burenführer +de
Wet+ und +Olivier+ einen erfolgreichen Kleinkrieg; in der Kapkolonie
erheben sich die +Afrikander+ zu Gunsten der Buren. Präsident +Krüger+
reist nach Europa, um Hilfe zu suchen, wird in Frankreich und den
Niederlanden begeistert aufgenommen, erlangt aber keine Einmischung in
den Krieg. († 1904 in der Schweiz.)

[1901–1902.]

Fortdauer des Kleinkrieges. Die Engländer unter +Kitchener+ (über
200000 Mann) versuchen vergeblich die von +Botha, de Wet+ u. a.
geführten Streifscharen der Buren einzuschließen, führen aber
viele Gefangene, namentlich Frauen und Kinder, hinweg in die durch
Stacheldraht eingehegten Konzentrationslager. Andere werden nach
Ceylon, Indien, St. Helena gebracht. Unterstützung mit Geldmitteln und
Kriegsbedarf aus den Niederlanden, Frankreich und Deutschland reicht
nicht aus, um den Buren zum Siege zu verhelfen. Friedensschluß 31.
Mai 1902: die Burenstaaten sind aufgehoben: die Buren müssen in die
Einverleibung ihrer beiden Staaten in das britische Südafrika willigen;
jedoch wird ihnen baldige Selbstverwaltung versprochen (S. 409). Sie
erhalten als englische Untertanen zur Herstellung zerstörter Wohnorte
eine Beihilfe von 3 Mill. Pfund Sterling (60 Mill. Mark).

[1900.]

Die englischen Kolonien in ~Australien~ (S. 302) werden durch eine
Bundesverfassung zu +einem+ Staat (Commonwealth) vereinigt.

Unter der langen Regierung der Königin Viktoria wechseln konservative
und liberale Ministerien miteinander. 1843 irische Waffenbill
(verbietet Einführung von Waffen nach Irland). 1845 Steuer- und
Zollreform. 1869 Aufhebung der irischen Staatskirche. 1881 irische
Landbill, vom Minister +Gladstone+ beantragt, um die Mißstände und
Unruhen in Irland zu bessern. 1885 Parlamentsreform (vgl. S. 348),
nachdem schon 1867 das Wahlrecht erweitert war; Bildung gleichmäßiger
Wahlkreise, das Wahlrecht bleibt an den Nachweis einer eigenen, wenn
auch gemieteten Wohnung geknüpft (Minimalmietzins 10 Pfund Sterling).
Der 1886 mit großer Mehrheit verworfene Antrag Gladstones, für Irland
ein eigenes Parlament einzurichten (+Home-rule-bill+) wird 1893 vom
Unterhaus angenommen, vom Oberhaus und dann von den Wählern verworfen.
1897 Haftpflichtgesetz zum Schutze der Arbeiter.

[~1901–1910.~ Jan. Mai.]

~König Eduard VII.~ (S. 352). Der Minister +Chamberlain+ betreibt
einen engeren Anschluß der Kolonien an das Mutterland (Zollbund und
Beiträge zur Unterhaltung der Kriegsflotte), tritt aber 1903 zurück.
Neue irische Landbill 1903; die Pächter können mit Beihilfe des Staates
Landeigentümer werden. Die Einsetzung eines Verwaltungsrats für Irland,
1907 vom Unterhause beschlossen, wird nicht vollzogen, da die Iren
Widerspruch erheben und ein eigenes Parlament fordern. 1908 Gesetz über
Altersunterstützung. 1909–1910 sozialpolitische Gesetzgebung. +Lord
Roberts’+ Antrag auf Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1909 vom
Oberhaus abgelehnt.

[1904.]

Englisch-französischer Vertrag über Ägypten und Marokko (s. S. 405).
Die Neutralität des Suezkanals durch England garantiert.

[1904.]

Englische Expedition von Indien aus nach ~Tibet.~ +Lhassa+, Residenz
des +Dalai-Lama+, des Oberhauptes der Buddhisten, erreicht. Ergebnis:
Tibet darf ohne Englands Zustimmung kein Gebiet an eine fremde
Macht abtreten und keine Erlaubnis zur Anlage von Eisenbahnen,
Telegraphenlinien und Bergwerken geben.

[1909.]

Englisch-russisches Abkommen über +Persien+ (s. S. 403). Das englische
Parlament genehmigt eine Bundesverfassung für die ~Südafrikanische
Union~ mit Einschluß der früheren Burenstaaten, welche die 1902
versprochene Selbstregierung 1906 erhielten. +Botha+ Premier-Minister.

+Siam+ tritt die Staaten +Kelantan, Trengganu+ und +Kedah+ (auf
Malakka) an England ab.

[1910-x.]

~König Georg V.~

[1911.]

Englisch-amerikanischer Schiedsvertrag. Infolgedessen Revision des
englisch-japanischen Bündnisses (s. S. 423).

Japan nähert sich Rußland wieder (s. S. 402).

Durch die radikale Parlamentsbill (+Vetobill+) des Ministers +Asquith+
wird das Oberhaus fast aller seiner Rechte beraubt; es behält nur ein
aufschiebendes Veto.

Während des Krönungsdurbar in Indien (Delhi) wird der alte
Herrschersitz ~Delhi~ (S. 219, 300, 368) von König Georg V. an Stelle
von +Kalkutta+ zur ~Hauptstadt Indiens~ erhoben.

Englisch-ägyptische Truppen besetzen den Hafen und das Gebiet von
+Solum+ im Osten der +Cyrenaica+ (Tripolis).


§ 14. Holland, Luxemburg, Belgien, Dänemark, Skandinavien, Schweiz.

Das Königreich der ~Niederlande~ unter +Wilhelm III.+ 1849 bis 1890
(vgl. S. 340 u. 363). 1873–1879 Krieg gegen den Sultan von +Atschin+
auf Sumatra. Der Widerstand der Atschinesen erst 1895 gebrochen.
1887 Verfassungsrevision. Nach dieser folgt dem König seine Tochter
+Wilhelmina+, bis 1898 unter Vormundschaft der Mutter +Emma+ von
Waldeck, seit 1901 mit dem Prinzen Heinrich von Mecklenburg-Schwerin
vermählt. 1911 Gesetz über Alters- und Invalidenversicherung.

Das Großherzogtum ~Luxemburg~ (S. 380), seit 1842 im deutschen
Zollverein, kommt 1890 durch männliche Erbfolge an +Adolf+, den
früheren Herzog von +Nassau+ (S. 379). Ihm folgt 1905 sein Sohn
+Wilhelm+, der letzte männliche erbberechtigte Oranier. Regentin die
Großherzogin +Maria Anna+ von Braganza. Thronerbin: Prinzessin +Marie+
(kath.).

~Belgien~ unter +Leopold II.+ (1865–1909, s. S. 350) in friedlicher
Entwickelung als Industriestaat, doch nicht ohne Parteikämpfe (Liberale
und Klerikale) und Arbeiterunruhen.

[Sidenote:

 1884–1885.
 Nov. Febr.]

~Konferenz zu Berlin~ unter Vorsitz des Fürsten +Bismarck+ über das
durch +Stanleys+ Reise 1876 bis 1877 erschlossene ~Kongo~-Gebiet. Ein
neutraler +Kongostaat+ wird gegründet unter der Oberhoheit Leopolds
II., Königs der Belgier.

[1908.]

Der ~Kongostaat~ wird Kolonialgebiet des Königreichs ~Belgien.~

[1909-x.]

König +Albert I.+ Neffe Leopolds II. (S. 352). Gemahlin +Elisabeth+,
Herzogin in Bayern.

[1910.]

Weltausstellung in +Brüssel+, zum Teil durch Feuer zerstört.

In ~Dänemark~ unter +Christian IX.+ (1863–1906) lange Zeit Zwiespalt
zwischen Regierung und Volksvertretung, besonders wegen der Befestigung
von Kopenhagen, 1901 beigelegt durch Nachgeben des Königs. Kopenhagen
befestigt. Herstellung freundlicher Beziehungen zu Deutschland seit dem
Tode der Königin +Luise+ 1898 (S. 362). König +Friedrich VIII.+ seit
1906, vermählt mit +Luise+ von Schweden. Befestigung der Verbindung
mit den auswärtigen Besitzungen. 1904 neue Verfassung für +Island+.
Reise des Königs +Friedrich VIII.+ nach +Island+. Eifrige Pflege der
Handels- und Verkehrsbeziehungen. 1903 Dampffähre für Eisenbahnzüge
zwischen +Warnemünde+ und +Gjedser+ eröffnet. (Direkte Dampferlinie
+Kopenhagen-Bangkok+.) Entsendung des Prinzen Waldemar zur Krönung des
Königs von +Siam+ 1911.

~Schweden,~ 1872–1907 unter +Oskar II.+, Bruder Karls XV. (S. 363),
kann die seit 1814 bestehende Personalunion mit Norwegen nicht
behaupten. Norwegen sagt sich 1905 los. Prinz Karl von Dänemark, Sohn
Friedrichs VIII., Großneffe Oskars II., nennt sich als König von
Norwegen +Hakon VII.+ (s. S. 215). Seine Gemahlin +Maud+, Tochter
Eduards VII. von England. In +Schweden+ seit 1907 +Gustav V.+, Gemahlin
+Viktoria+ von Baden. 1909 Dampffähre zwischen +Trelleborg+ und
+Saßnitz+ (Rügen) eröffnet.

In der ~Schweiz~ 1874 Änderung der Bundesverfassung; für neue Gesetze
wird der Bundesversammlung (S. 354) die Entscheidung entzogen und
+Volksabstimmung+ (Referendum) vorgeschrieben, wenn 8 Kantone
oder 30000 Bürger sie verlangen. Ein Gesetz über Kranken- und
Unfallversicherung wird 1900 durch Volksabstimmung verworfen, 1912
angenommen.

1905 Internationale Arbeiterschutz-Konferenz in Bern. Durchstich des
+Simplon+ 1906 vollendet, neue Eisenbahnverbindung mit Italien, für
Frankreich erwünscht seit der Eröffnung der St. Gotthardbahn 1882.
Bundespräsident ist seit 1903 Dr. +Deucher+.


§ 15. Italien.

~Italien,~ seit 1861 einheitliches Königreich unter ~Viktor Emanuel
II.~ (S. 370, 379, 381).

Dem ~Papste~ ist durch das Garantiegesetz von 1870 der Besitz
der Peterskirche, des Vatikan- und des Lateranpalastes, dazu ein
Jahreseinkommen von über 3 Mill. Francs gesichert; aber der Anspruch
auf Herstellung des Kirchenstaats wird von päpstlicher Seite nicht
aufgegeben. Aufhebung vieler Klöster, doch bleiben die Ordensgenerale
und die geistlichen Seminare in Rom unter dem Schutz des Papstes.

Unter König ~Humbert~ (1878–1900) schließt der Minister +Robilant+
1887 den +Dreibund+ (S. 395), den der Ministerpräsident +Crispi+, mit
Bismarck persönlich befreundet, aufrecht erhält. Sorge für Besserung
der Finanzen, Ausbau der Eisenbahnen, Anbau der römischen Campagna,
Ausgrabungen und Neubauten in Rom. Der König wird 1900 (Juli) von einem
Anarchisten in Monza ermordet.

[1885.]

~Italien~ nimmt den Hafen +Massaua+ am Roten Meer in Besitz.
Erweiterung des Gebiets im Kriege gegen den +Negus+ Negesti +Johannes+
von Abessinien 1887–1889 zur +Colonia Eritrea+. Neue Kämpfe mit dem
Negus +Menelik+ (reg. 1889–1910 in Addis Abeba, seitdem sein Enkel
+Lidj Jeassu+ [geb. 1896], zunächst unter Vormundschaft). 1896
Niederlage der Italiener bei +Adua+, nur Massaua mit dem Küstengebiet
(118000 qkm.) wird behauptet.

[1887.]

Italien erwirbt das +Somali+gebiet.

[1900-x.]

~Viktor Emanuel III.~ (Gem. +Elena+ von Montenegro). Der Dreibund wird
trotz aller Vorliebe der Italiener für die Franzosen aufrechterhalten.
(1909 Begegnung des Königs mit Zar Nikolaus II. in +Racconigi+.)

[1906]

Verderblicher Ausbruch des Vesuv.

[1907, 28. u. 29. Dez.]

Messina und Reggio durch Erdbeben zerstört.

[1903.]

Papst Leo XIII. † (S. 393). Ihm folgt ~Pius X.,~ der sich 1907 in einer
Allocution und einer Encyclica gegen den +Reformkatholizismus+ und die
sog. +Modernisten+ wendet.

[1911–1912.]

~Krieg Italiens gegen die Türkei~: Italien, schon lange auf Ausbreitung
seiner Macht in +Nordafrika+ bedacht (S. 404), erhält 1901 von
Frankreich (und bald darauf auch von England) die Anerkennung seiner
Anwartschaft auf +Tripolis+. Zunächst nur wirtschaftliche Durchdringung
des Landes geplant. Infolge des deutsch-französischen Abkommens über
Marokko 1911 will Italien seine Entschädigung in Tripolis suchen.
Die Stadt Tripolis nach kurzem Bombardement besetzt (Okt.), ebenso
+Benghasi, Derna+ und andere Hafenplätze. Im Nov. die unwiderrufliche
Besitzergreifung von Tripolis und Cyrenaica verfügt und den Mächten
angezeigt. Das Deutsche Reich übernimmt den Schutz der Italiener in der
Türkei und der türkischen Untertanen in Italien. Einspruch von Rußland,
Frankreich und England gegen eine Blockade der Dardanellen (S. 401).
Unterstützung der Türken durch die Araber und die islamitische Welt.
Die Eroberung des tapfer verteidigten Hinterlandes (Oasen Ain Zara,
Tadjura, Birtobras, Gargaresch) geht nur langsam vorwärts. Im +Roten
Meer+ werden Jan. 1912 sieben türkische Kanonenboote durch italienische
Torpedobootzerstörer vernichtet. Der Krieg dauert noch fort.


§ 16. Die Pyrenäische Halbinsel.

~Spanien~: 1868 (Sept.) ~Aufstand~; +Königin Isabella II.+ (S. 351,
363) vertrieben, flüchtet nach Frankreich. Die nach Madrid einberufenen
+Cortes+ beschließen, trotz des Widerstandes der republikanischen
Partei, eine neue konstitutionell-+monarchische+ Verfassung; Marschall
+Serrano+ einstweilen Regent. Nach mehrfachen Verhandlungen mit
auswärtigen Fürsten nimmt Prinz +Leopold+ von Hohenzollern-Sigmaringen
1870 die spanische Krone an. Nach seinem Rücktritt wird während des
deutsch-französischen Krieges der +Herzog von Aosta+, +zweiter+ Sohn
des Königs +Viktor Emanuel II.+ von Italien, von den Cortes zum König
gewählt und besteigt als ~Amadeo I.~ 1870 (s. a. S. 381) den spanischen
Thron. Jedoch fortdauernde Parteikämpfe veranlassen Amadeo schon 1873
zur Abdankung. Dann Bürgerkrieg; gegen die in Madrid eingesetzte
republikanische Regierung kämpfen die Anhänger des +Don Carlos+ (Enkel
des S. 351 erwähnten). Herstellung der Monarchie 1875; König ~Alfons
XII.~, Sohn der 1868 vertriebenen Königin Isabella bringt dem Lande
Frieden, unterstützt von dem Minister +Canovas+. Don Carlos entflieht
nach Frankreich. Alfons XII. stirbt 1885; für seinen Sohn ~Alfons
XIII.~ regiert bis 1902 die Mutter Marie Christine von Österreich,
unterstützt von dem Minister +Sagasta+.

[1898.]

+Krieg mit den Vereinigten Staaten von Amerika+ (S. 418).

[1899.]

An Deutschland werden gegen eine Geldentschädigung überlassen: die
+Marianen+, +Karolinen+ (schon 1885 von Deutschland besetzt, aber
durch Schiedsspruch des Papstes Leo XIII. den Spaniern zuerkannt) und
+Palau-Inseln+ (S. 396). Spanien behält von seinem alten Kolonialbesitz
nur noch die Kanarischen Inseln, Span. Guinea (Rio Muni, Fernando
Po, Corisco), die Küste von Rio de Oro und die 5 +Presidios+ (Ceuta,
Velez de la Gomera, Alhucemas, Melilla, Chafarinas) an der +Küste von
Marokko+.

[1903 u. 1904.]

Sozialistische Aufstände, namentlich in +Barcelona+; doch bleibt die
Monarchie erhalten.

[1906.]

Vermählung des Königs mit Viktoria +Eugenie+ (Ena) von Battenberg
(Nichte Eduards VII. von England). Bombenattentat am Hochzeitstage des
Königpaares.

[1909.]

Tod des Prätendenten Don Carlos.

[1909–1910.]

~Krieg gegen die Rifkabylen in Marokko~, die ein 300 km langes, 100
km breites Gebiet vom Kap Tres Forcas, unweit Melilla, bis an die
Straße von Gibraltar beherrschen. Blutige Kämpfe um +Melilla+. Infolge
der Truppensendungen nach Afrika schwere Ruhestörungen in Barcelona
und ganz Katalonien. Der »Freiheitsapostel« +Ferrer+ trotz vieler
Protestkundgebungen hingerichtet.

[1910.]

Erneuerte Kämpfe um ~Melilla~. 1911 (Jan.) Reise des Königs Alfons
XIII. nach Marokko. Endlich (Nov.) Friedensvertrag mit den Kabylen.

Unterdessen und besonders infolge des deutsch-französischen
Marokkoabkommens (S. 405) auch manche Reibereien zwischen Spaniern
und Franzosen in Marokko. Die Verhandlungen mit Frankreich über die
Abgrenzung der spanischen Besitzungen und Rechte in Marokko sind zur
Stunde noch nicht abgeschlossen.

~Portugal~ (S. 363) gelangt nach früheren Bürgerkriegen zu ruhigeren
Zuständen unter den Königen aus dem Hause +Koburg+, seit 1853
(S. 352). Doch erhebt sich 1907 eine starke Bewegung gegen den
Ministerpräsidenten Franco; am 1. Febr. 1908 wird König +Karl I.+, mit
ihm der Kronprinz Ludwig Philipp von Verschwörern erschossen. Sein
zweiter Sohn und Nachfolger +Manuel II.+ wird 1910 (Okt.) durch eine
Revolution vertrieben, lebt in England. Portugal als ~Republik~ von
den Mächten anerkannt. Trennung von Kirche und Staat durchgeführt.
Bewegungen zu Gunsten der Monarchie mehrfach unterdrückt. Präsident:
+Manuel d’Arriaga+ (seit 1911).


§ 17. Die Balkanhalbinsel.

~Rumänien~ (S. 367, 399ff.) nimmt auf fast allen Gebieten einen
erfreulichen Aufschwung. Eifrige Sorge des Fürsten Karl für Heer und
Landesbefestigungen, Finanzen und Unabhängigkeit des Landes, Handel und
Ackerbau, Volksbildung und Gesetzlichkeit. 1881 erklären die Kammern
Rumänien als +Königreich+. ~König Karl I.~ erhält gute Beziehungen zum
Dreibund, schließt eine Militärkonvention mit Österreich.

In ~Serbien~ nimmt Fürst +Milan+ (Obrenowitsch) 1882 den +Königstitel+
an, dankt aber 1889 ab zu Gunsten seines 12jährigen Sohnes +Alexander+.
Dieser erklärt sich bereits 1893 für mündig, wird 1903 samt seiner
Gemahlin +Draga+ durch eine Verschwörung ermordet. Milan, von seiner
Gemahlin +Natalie+ geschieden, † 1901 in Wien. Seit 1903 ~Peter I.~
(Karageorgiewitsch) ~König~ von ~Serbien~ (s. S. 399).

In ~Montenegro~ seit 1860 Fürst ~Nikita~ (Nikolaus). Bei der Feier
seines Regierungsjubiläums 1910 nimmt er ebenfalls den +Königstitel+ an.

In ~Bulgarien~ wird 1879 Prinz +Alexander+ von Battenberg (Hessen),
ein Neffe des russischen Kaisers Alexander II. von der Sobranje
(Deputiertenkammer) zum Fürsten erwählt.

[1885.]

Erhebung der +Bulgaren+ gegen die Türken; +Ostrumelien+ (S. 401)
vereinigt sich mit dem Fürstentum +Bulgarien+, gegen Rußlands Willen.
+Serbien+ (König Milan) beginnt Krieg gegen Bulgarien. Fürst Alexander
besiegt die Serben bei +Slivnitza und Pirot+ (Nov. 1885), schließt
aber auf Verlangen Österreichs Frieden. Er wird 1886 von der russischen
Partei vertrieben, doch bleibt Ostrumelien mit Bulgarien vereinigt.
Sein Nachfolger ~Ferdinand I.~ von Koburg-Kohary (S. 352) stützt sich
zunächst auf Österreich, wird 1896 auch von Rußland anerkannt. Seine
Diplomatie und das Ansehen seines Heeres setzen ihn in den Stand, 1908
die +Erhebung+ ~Bulgariens~ (mit Ostrumelien) zu einem von der Türkei
völlig unabhängigen ~Königreich~ ohne Schwertstreich durchzusetzen.
Seitdem entschiedene Anlehnung an Rußland.

~Griechenland~, seit 1863 unter ~König Georg I.~ (v. Dänemark), 1864
durch Abtretung der +Ionischen Inseln+ von seiten Englands (s. S. 341)
vergrößert, erhält 1881, da die Großmächte ihr Verlangen an die Türkei
(S. 401) erneuern, Thessalien und einen kleinen Teil von Epirus.

[1897.]

+Krieg Griechenlands gegen die Türkei+, veranlaßt durch einen Aufstand
auf der Insel +Kreta+ gegen die türkische Herrschaft. Die Griechen
werden in Thessalien und Epirus geschlagen, müssen Frieden schließen
und Kriegskosten zahlen. Kreta erhält auf Verlangen der europäischen
Großmächte selbständige Verwaltung unter türkischer Oberhoheit;
Prinz Georg von Griechenland Gouverneur bis 1906. Die Nichtbenutzung
der Gelegenheit, die Insel Kreta in dem Augenblick anzugliedern, wo
Österreich und Bulgarien 1908 Bosnien und Ostrumelien einverleibten,
ruft in Griechenland lebhafte Erregung hervor, besonders im Heere.
Mehrere Prinzen scheiden 1909 aus Armee und Flotte aus und erhalten
mehrjährigen Auslandsurlaub. Auf Kreta (August 1909) überall die
griechische Flagge gehißt. Die türkische Oberhoheit bleibt jedoch
erhalten.

Das ~türkische Reich~, seit 1878 (russisch-türkischer Krieg, s. S.
399ff.) in seinem europäischen Bestande sehr eingeschränkt (S. 401),
hat immer wieder mit Empörungen seiner christlichen Untertanen zu
kämpfen.

[1895.]

Blutige Verfolgung der +Armenier+ und der +syrischen Christen+;
England, Frankreich und Rußland gebieten Einhalt.

[1903.]

Aufstand in ~Macedonien~, von den +Bulgaren+ unterstützt; Österreich
und Rußland nötigen die türkische Regierung zu Reformen, die aber nur
halb zur Ausführung kommen. Der Kriegszustand dauert fort.

[1908.]

Für die ~Türkei~ erzwingt ein Militäraufstand (Jungtürken) vom Sultan
+Abdul Hamid+ (1876–1909) die Gewährung einer +Verfassung+ (Senat und
Deputiertenkammer), die schon 1876 verkündet, aber nach kurzer Zeit
wieder aufgehoben worden war. Bosnien (S. 398 f.), Ostrumelien (s.
oben) verloren; Novipazar wieder gewonnen (S. 398, 399).

[1909.]

Sultan Abdul Hamid ebenso wie 1876 sein älterer Bruder Sultan +Murad
V.+ abgesetzt. Seitdem Sultan ~Mohammed V.~

[1911.]

Die türkische Regierung beschränkt die Weiterführung der von
Konstaninopel ausgehenden +Anatolischen Eisenbahn+ (~Bagdadbahn~;
ihre Erbauung 1893 durch +Georg von Siemens+ für die deutsche Arbeit
[Deutsche Bank] gesichert, zunächst bis Kaisarie gestattet, 1902 einem
deutsch-französischen Syndikat übertragen) auf die Strecke +El Halif+
(zwischen Harran und Mosul) bis +Bagdad+. Später soll +Kuweit+ am
Persischen Meerbusen Endpunkt sein. Zweigbahn nach +Alexandrette+,
Anschluß an die +Hedschas+bahn von +Damaskus+ nach +Medina-Mekka+ und
die russisch-persischen Bahnen über Teheran nach Bagdad gesichert (S.
397).

[1911–1912.]

+Italienisch-türkischer Krieg+ (s. S. 412).


§ 18. Amerika.

Die ~Vereinigten Staaten~ von Amerika, deren Gebiet seit 1848 bis
zum Stillen Ozean reicht (S. 301 f.), an Volkszahl schnell wachsend
durch Einwanderung aus Europa (1860: 31½ Mill. Einwohner), aufblühend
durch Handel und großstädtische Industrie, geraten in schwere Gefahr
durch Zwiespalt zwischen den Nordstaaten und den Sklaven haltenden
Südstaaten. Die Wahl +Abraham Lincolns+ zum Präsidenten der Union von
seiten der Nichtsklavenstaaten führt zum

[~1861–1865.~]

~Bürgerkrieg~. Die 11 Südstaaten erklären ihren Austritt (secession)
aus der Union und schließen einen +Sonderbund+. +Jefferson Davis+
Präsident. Sie erklären die Fortdauer der Negersklaverei wegen des
Plantagenbaues (Zucker, Reis, Tabak, Baumwolle) für notwendig.
Hauptschauplatz des Krieges der zu den Südstaaten gehörige Staat
+Virginia+ und das angrenzende +Maryland+. Die Sonderbundstruppen
bedrohen 1861 nach dem Siege bei +Bull-Run+ und 1862 nach der
siebentägigen Schlacht bei +Richmond+ die Bundeshauptstadt Washington,
werden jedoch wieder zurückgedrängt. Die Unionstruppen erobern 1862
+New-Orleans+, 1863 +Vicksburg+ am Mississippi.

[1863. 1. Jan.]

Eine Proklamation Lincolns erklärt alle Sklaven der Südstaaten
für frei. Der Südstaatengeneral +Lee+ siegt bei +Fredericksburg+
(Virginia), überschreitet den Grenzfluß Potomac, wird aber bei
+Gettysburg+ in Pennsylvanien zurückgeschlagen.

[1864.]

Der Nordstaatengeneral +Grant+ kämpft gegen Lee in der +Wilderness+
und bei +Spotsylvania+, belagert ihn dann in der starken Stellung
zwischen den Festungen +Richmond+ und +Petersburg+. Ein zweites Heer
der Nordstaaten unter +Sherman+ siegt bei +Atlanta+ im Staate Georgia,
dringt bis zur Küste vor nach Savannah, zieht im Frühjahr 1865 gegen
Petersburg heran.

[1865. April.]

General Lee räumt Richmond und Petersburg, kapituliert mit 26000 Mann,
bald darauf ergeben sich auch die übrigen Truppen der Südstaaten.
Die Union bleibt erhalten, doch fügen die Südstaaten sich nicht
bedingungslos.

Präsident +Lincoln+, der umsichtige Leiter der Union, wird von einem
Anhänger der Südstaaten ermordet (14. April); sein Nachfolger +Johnson+
zeigt sich nachgiebiger in der Sklavenfrage und gerät deshalb in
Konflikt mit dem Kongreß, welcher die Aufhebung der Sklaverei im
ganzen Unionsgebiet als Gesetz verkündet und den Negern Bürgerrecht
und Stimmrecht verleiht. Daraus ergeben sich Übelstände, die zur Folge
haben, daß unter dem Präsidenten +Grant+ (1869–1877) die Südstaaten in
mancher Hinsicht noch unter der Diktatur des Kongresses bleiben.

Aussöhnung erst unter Präsident +Hayes+ (1877–1881), der auch die bei
großer Steigerung des Handelsreichtums eingerissene Bestechlichkeit und
Ämterjagd bekämpft, unterstützt von dem Deutschen +Karl Schurz+ als
Minister des Innern. Sein Nachfolger +Garfield+, der diese Bestrebungen
weiterführt, wird nach wenigen Monaten ermordet (1881).

[1867.]

Erwerbung des russischen Amerika (Alaska) für 7200000 Dollar.

[1869.]

Eröffnung der ersten +Pacificbahn+ (Omaha bis San Francisco).
Schnellere Verbindung zwischen den Küsten des Atlantischen und des
Großen Ozeans.

Auf die Streitigkeiten der +mittel-+ und +südamerikanischen Republiken+
wirkt die Union oft vermittelnd ein, so 1869 bei dem Frieden zwischen
Spanien und dem erfreulich aufstrebenden ~Chile~, das 1879–1884 Bolivia
und Peru niederwirft, aber 1891 in einen gefährlichen Bürgerkrieg
hineingerissen wird. In ~Brasilien~ wird 1889 eine Föderativrepublik
von 20 Staaten (Vereinigte Staaten von Brasilien) eingerichtet (1888
die Sklaverei plötzlich abgeschafft); Kaiser Pedro II. (S. 346) zieht
sich nach Portugal zurück. Seit 1910 Präsident +Hermes da Fonseca+.
Gegenüber den europäischen Staaten nimmt die Union öfters eine
feindliche Haltung an; s. Frankreich S. 371. Streit mit +England+ über
Schadenersatz, weil während des Bürgerkrieges Kaperschiffe für die
Südstaaten in England ausgerüstet waren; ein Schiedsgericht zu Genf
entscheidet 1872, daß England über 3 Mill. Pfund Sterling zu zahlen
habe.

In der Union stark anwachsende Bevölkerung; 1890: 63 Mill., 1910:
88 Mill. Einwohner. Viele Eisenbahnen gebaut, um das weite Gebiet
aufzuschließen (vgl. S. 421). Die Mac Kinley-Bill 1890 erhöht den
Zolltarif der Vereinigten Staaten, um die europäische Einfuhr zu
beschränken; 1891 Gesetz gegen die Einwanderung unbemittelter Personen.

[1896–1901.]

Präsident +Mac Kinley+; die Union beginnt auswärtige Besitzungen zu
erwerben, zuerst 1897 die +Sandwich-Inseln+ annektiert (seit 1900
Territorium).

[1898.]

~Krieg gegen Spanien~ zur Unterstützung der schon 1895 auf +Cuba+ und
den seit 1569 spanischen +Philippinen+ (S. 223, 242) ausgebrochenen
Aufstände. Die spanische Flotte wird in zwei Seetreffen, bei +Cavite+
(Insel Luzon) und +Santiago+ (Insel Cuba) vernichtet. Im Frieden zu
+Paris+ tritt Spanien Puerto Rico und die Philippinen gegen eine
Geldentschädigung an die Union ab. +Cuba wird eine Republik+, muß
aber der Union gewisse Aufsichtsrechte und mehrere Flottenstationen
einräumen (Insel Guam s. S. 426).

[1899.]

Bei der Teilung der +Samoa+-Inseln (S. 407) nimmt die Union +Tutuila+
mit dem Hafen Pago-Pago und die Manuagruppe (203 qkm).

[1901–1909.]

Präsident +Roosevelt+, Nachfolger des ermordeten Mac Kinley. Das
Deutsche Reich tritt in engere Beziehungen zur Union. Als Deutschland,
England und Italien wegen Handelsstörungen mit der Republik +Venezuela+
(Präsident +Castro+) in Streit geraten und ihre Küste durch
Kriegsschiffe blockieren, Vermittlung durch den Vertrag zu +Washington+
(Juli 1903); Venezuela muß bedeutende Entschädigung zahlen.

[1903.]

Vertrag der Union mit +Colombia+ (S. 346) über Gebietsabtretung zum
Ausbau des 1881 von französischen Kapitalisten (Panamagesellschaft,
1889 aufgelöst) begonnenen +Panama+-Kanals. Da in Colombia sich
Widerspruch erhebt, bildet sich eine besondere Republik +Panama+ unter
dem Schutze der Vereinigten Staaten. Der Kanal (Schleusenkanal) soll
am 1. Jan. 1915 eröffnet werden, wie der Suezkanal neutral und allen
Völkern unter den gleichen Bedingungen geöffnet sein.

[1906.]

+San Franzisko+ durch Erdbeben größtenteils zerstört, doch bald
wiederhergestellt.

[1907.]

Verschärftes Gesetz über die Einwanderung.

[Seit 1909.]

Präsident +Taft+, vorher Kriegsminister und Gouverneur der Philippinen,
hält das gute Einvernehmen mit dem Deutschen Reiche aufrecht.

[1910–1911.]

Aufstand in ~Mexiko~. Verschwörung gegen den Präsidenten +Porfirio
Diaz+ (S. 371). Die Vereinigten Staaten ziehen Truppen an der Grenze
zusammen. Porfirio Diaz dankt 1911 ab. +Madero+, der Hauptführer der
Aufständischen, wird zu seinem Nachfolger gewählt, Ende des Aufstandes.
1912 neue Unruhen.

[1911.]

Englisch-amerikanischer Schiedsvertrag. ~Japan~ (Spannung seit der
Besetzung der Sandwich-Inseln und der Philippinen, durch den Bau
des Panamakanals noch gesteigert) knüpft wieder freundschaftliche
Beziehungen mit den Vereinigten Staaten an.


§ 19. Asien.

In ~Persien~ (S. 219), das auf eine fast 2500 Jahre alte Kultur
zurückblickt, hat das autokratische Regiment die Entwickelung und die
Wohlfahrt des Volkes sehr beeinträchtigt. Von persischen Gebieten sind
jedoch bisher nur +Georgien+, +Transkaukasien+ und ein Teil +Armeniens+
an Rußland verloren gegangen (S. 297, 348).

[~1906.~]

Verfassung eingeführt. Doch gerät der Schah +Mohammed Ali+ bald in
Streit mit dem Parlament (+Medschlis+) und löst es auf. Daher Aufstand
im Lande.

[~1909.~]

+England+ und +Rußland+ als die Nachbarn fordern vom Schah
Wiederberufung des Medschlis, Gewährung einer Verfassung und Reform
der Verwaltung als Bedingung für die Zulassung einer Anleihe. Diese
Einmischung abgelehnt. Einmarsch russischer Truppen in +Täbris+;
englische besetzen +Abuscher+ am Persischen Golf. Straßenkämpfe in
+Teheran+. Mohammed Ali abgesetzt, begibt sich nach Rußland. Der
Titel Schah abgeschafft. Seitdem +Sultan Ahmed Mirsa+ (geb. 1897).
Regent Ali Reza Chan. Verfassung wiederhergestellt. Schwierigkeit
für das Parlament, das Reichsbudget im Gleichgewicht zu halten.
Anleihe in Rußland und England genehmigt gegen Verpfändung persischer
Zolleinkünfte. England und Rußland grenzen ihre Interessensphären
ab (S. 403, vgl. Deutsch-russisches Abkommen über Persien, S.
397). Berufung belgischer Beamten für Zoll- und Postverwaltung,
amerikanischer Beiräte für die Ordnung der Finanzen. Der Amerikaner
+Morgan Shuster+ Generalschatzmeister. Protest der Jungperser gegen die
russisch-englischen Pläne.

[~1910.~]

Tod des Regenten. Sein Nachfolger +Nasr el Mulk+. Landung englischer
Truppen am Persischen Golf.

[~1911.~]

Rückkehr des Exschahs Mohammed Ali. Im Norden Persiens wechselvolle
Kämpfe zwischen seinen Anhängern und den Regierungstruppen. Russisches
Ultimatum; u. a. Morgan Shusters Entlassung gefordert. Landung und
Vormarsch russischer Truppen von +Rescht+ aus. Alle russischen
Forderungen erfüllt. Nordpersien gerät immer mehr in Abhängigkeit von
Rußland. Die Wirren dauern fort.

Der Emir von ~Afghanistan~ (S. 353) beherrscht trotz des Verlustes
weiter Gebiete an Rußland (S. 402) und England (S. 406 f.) noch ein
Land von 624000 qkm. -- 1893 Vertrag zwischen dem Emir +Abdurrhaman+
und der englischen Regierung, die ihm eine jährliche Rente von etwa 3½
Mill. Mark bewilligt.

[1907.]

Englisch-russischer Vertrag mit dem Emir +Habib Ullah+ (seit 1901) über
die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Besitz- und Rechtsstandes in
Afghanistan.

Das Königreich ~Siam~ in Hinterindien ist trotz der Begehrlichkeit
seiner Nachbarn, England (S. 409) und Frankreich (S. 404), immer noch
größer als das Deutsche Reich (600000 qkm, 6½ Mill. Einwohner). König
~Maha Chulalongkorn~ (1868 bis 1910) war ein großer Freund Europas
und seiner Sitten (sein Besuch bei Bismarck in Friedrichsruh 1897),
schuf eine moderne Armee und Flotte, Eisenbahnen und Dampferlinien,
richtete Steuer-, Post- und Münzwesen nach europäischem Muster ein und
suchte seine Unabhängigkeit durch Verträge mit England und Frankreich
sicher zu stellen. Handelsverträge zwischen Siam und Europa seit Mitte
des vorigen Jahrhunderts (S. 368, 411). Seit 1910 ~Maha Wajirawudh~
Herrscher im Reiche des weißen Elefanten.

~China~, seit 1842 dem europäischen Handel geöffnet (S. 353), bald
auch mit den Vereinigten Staaten in Handelsbeziehungen, nimmt nicht
wie +Japan+ (S. 369) an den Fortschritten europäischer Kultur teil; im
Volke Haß gegen die Fremden verbreitet. Verlust des Amurgebietes (S.
369).

[1894–1895.]

~Krieg Japans gegen China~ wegen der Schutzherrschaft über +Korea+
(S. 251). Korea wird unabhängig, Japan gewinnt die Insel +Formosa+
(Taiwan). Die im Frieden zu +Schimonoseki+ durch +Li-hung-tschang+
zugestandene Abtretung der Halbinsel +Liau-tung+ mit dem Hafen +Port
Arthur+ wird durch Rußland, Deutschland und Frankreich rückgängig
gemacht.

[1897. Nov.]

Deutschland besetzt das Hafengebiet +Kiau-tschou+; ein Pachtvertrag mit
China auf 99 Jahre wird 1898 geschlossen.

[1898.]

Rußland besetzt den Hafen +Port Arthur+ an der Einfahrt zum Meerbusen
von Petschili, England den gegenüberliegenden Hafen +Wei-hai-wei+.

[1900.]

~Aufstand in China gegen die Christen und Ausländer~ (vergl. S. 251),
geleitet von weitverzweigten Geheimbünden (Boxer). Zweideutige Haltung
der chinesischen Regierung; da sie weder Ordnung noch Genugtuung
schafft, vereinigen sich hierzu Deutschland, England, Rußland,
Frankreich, Österreich, Italien, Japan und die Vereinigten Staaten.
Kriegsschiffe der Verbündeten erscheinen vor der Mündung des Peiho und
entsenden eine Schutzwache für die Gesandten nach +Peking+.

Da die Unruhen fortdauern, zieht der englische Admiral +Seymour+ mit
2000 Mann gegen Peking, muß aber, da die Eisenbahn zerstört ist und
starke Scharen ihm entgegentreten, umkehren. Beim Marsch auf Tientsin
stete Gefechte, in schwierigster Lage »the Germans to the front«.
Inzwischen in Peking der +deutsche Gesandte+ v. Ketteler ermordet (20.
Juni).

[17. Juni.]

Erstürmung der +Taku-Forts+ (S. 368), um eine Landung zu ermöglichen
(das deutsche Kanonenboot +Iltis+). +Tientsin+ nach schweren Kämpfen
erobert; +Peking+ erreicht (14. Aug.), die Gesandten befreit. Der
Kaiser und die Kaiserinwitwe fliehen nach Sianfu.

[20. Sept.]

Erstürmung der +Peitang-Forts+ nahe der Küste, Besetzung des Hafens
Schan-hai-kwan, für die Russen »Tor zur Mandschurei«.

[27. Sept.]

Der deutsche Feldmarschall ~Graf Waldersee~ übernimmt den Oberbefehl
über die verbündeten Truppen (zuletzt 64000 Mann, darunter 19000
Deutsche). Die Amerikaner zurückgerufen; die Russen wenden sich
hauptsächlich nach der +Mandschurei+, um dort den Bau der Eisenbahn zu
schützen.

Während des Winters Kriegszüge von Peking und Tientsin aus.
+Paoting-fu+, Hauptstation der Boxer, 19. Okt. besetzt; Erstürmung der
Bergfeste +Tse-kin-kwa+ 29. Okt. Russen und Engländer geraten in Streit
über den Besitz der Eisenbahn Tientsin-Peking; Waldersee erreicht die
Fertigstellung der Bahn bis Mitte Dezember.

[1901. März.]

Vorrücken der Deutschen bis zur +Großen Mauer+. 23. April Sieg bei
+Huolu+.

[Mai.]

Nach Besetzung eines großen Teils der Provinz Petschili und Flucht
ihrer Truppen hinter die Große Mauer bewilligt die chinesische
Regierung alle Forderungen: Bestrafung der Urheber des Aufruhrs,
Befestigung der Gesandtschaftsgebäude in Peking, Schutzwachen der
verbündeten Mächte daselbst, Schutz der Eisenbahn von Peking bis
zur Küste durch befestigte Plätze mit Garnisonen, Schleifung der
Küstenforts, Zahlung von 450 Mill. Taels (1350 Mill. Mark) in 39
Jahren aus den Erträgen der Seezölle, deren Verwaltung von Beamten der
verbündeten Mächte geleitet wird (S. 368).

Nach dem Abzug der verbündeten Truppen bleiben größere Besatzungen,
namentlich in Tientsin und Schanghai. Prinz +Tschun+, Bruder des
Kaisers von China, überreicht (Sept.) dem Deutschen Kaiser in Potsdam
ein Entschuldigungsschreiben wegen Ermordung des Gesandten; diesem in
Peking ein Denkmal errichtet.

Die Erschließung Chinas in den folgenden Jahren durch, eine Reihe von
Eisenbahnbauten (auch amerikanisches Kapital beteiligt) gefördert. 1906
schon 6300 engl. Meilen in Betrieb. Lebhafter Dampfschiffsverkehr auf
den großen Strömen.

[1905.]

Die +Mandschurei+ an China zurückgegeben (S. 423). »Offene Tür«
daselbst allen Mächten garantiert.

[1909.]

Streitigkeiten mit +Rußland+ und +Japan+ über die Abgrenzung der Rechte
in der Mandschurei geregelt. Der +Tumen+fluß als Grenze zwischen
der Mandschurei und Korea festgesetzt. 1911 Pest in der Mandschurei
(Charbin).

Das Eindringen der europäischen Kultur und der Vergleich mit Japan
erwecken in weiten Kreisen den Wunsch nach zeitgemäßen Reformen. Manche
Vizekönige Anhänger dieser Reformpartei, z. B. +Juanschikai+. Er
wird 1909 abgesetzt, weil er die Gleichstellung der Mandschu mit den
Chinesen und die Beseitigung ihrer Renten gefordert hatte. 1910 die
Abschaffung der Sklaverei von der Regierung verfügt. Vorbereitungen für
die Berufung eines Parlaments getroffen. Kaiserlicher Erlaß über die
Bildung eines verantwortlichen Ministeriums.

[1911.]

In den südlichen Provinzen (+Kanton+) bricht eine Revolution aus.
Beseitigung der Mandschudynastie gefordert. +Hankau+ erobert
(Eingreifen deutscher Marinetruppen zu Gunsten der Regierung), ebenso
+Nanking+. Dr. +Sunyatsen+ Leiter der Revolutionäre. Juanschikai erhält
Vollmacht zu allen ihm geeignet erscheinenden Maßregeln. Kaiserlicher
Erlaß verheißt Einführung einer Verfassung und Amnestie. Juanschikai
Ministerpräsident. Der Prinzregent Tsaifeng (Kaiser +Pu Yi+ geb. 1906)
leistet den Eid auf die Verfassung. Waffenstillstand. In +Schanghai+
Versammlung der Abgeordneten der 14 südlichen Provinzen. Sunyatsen
vorläufig zum Präsidenten der »+Vereinigten Staaten von China+«
gewählt. +Abfall der Mongolei+ (S. 403). Juanschikai sucht eine
konstitutionelle Monarchie unter den Mandschu zu erhalten. Als die
Aufständischen Truppen gegen die nördlichen Provinzen senden, erfolgt
die

[1912. Febr.]

~Abdankung der Mandschudynastie~ (S. 251). ~China Republik~.
+Juanschikai Präsident+.

~Japan~ seit seinem Siege über China (S. 420) die herrschende Macht in
Ostasien. Korea gerät immer mehr unter japanischen Einfluß.

[~1904–1905.~]

~Krieg zwischen Rußland und Japan~ wegen der beiderseitigen Ansprüche
auf +Korea+ und die +Mandschurei+. +Japan seit 1902 mit England
verbündet+, doch greift England in den Krieg nicht ein. Die japanische
Flotte blockiert +Port Arthur+ und +Wladiwostok+; japanische
Landtruppen besetzen einen Teil von Korea, dringen nach der Mandschurei
vor, siegen 1. Mai 1904 am +Jalu+fluß. Eine zweite Armee landet auf der
Halbinsel Liau-tung und schließt Port Arthur von der Landseite ein. Die
russische Flotte versucht die Blockade zu brechen, wird 10. August mit
großem Verlust zur Rückkehr genötigt. Verstärkungen des Landheeres
kommen auf der Sibirischen Eisenbahn nur langsam heran.

[1904. 24.–31. Aug.]

Schlacht bei +Liau-jang+ in der Mandschurei. Die Japaner (160000 Mann
unter Marschall +Ojama+) drängen die Russen (Gen. +Kuropatkin+) in
hartnäckigen Kämpfen zurück.

[15.–18. Okt.]

Schlacht am Flusse +Schaho+; Kuropatkins Angriffe mißlingen.

[1905. 2. Jan.]

+Port Arthur+, von Gen. +Stössel+ verteidigt, kapituliert (Gen.
+Nogi+); über 40000 Mann kriegsgefangen.

[24. Febr. bis 10. März.]

Schlacht bei +Mukden+; die Russen müssen nach starken Verlusten (90000
Mann) weichen, behaupten sich aber noch in der Mandschurei.

[1905. 27.–28. Mai.]

Seeschlacht bei +Tschuschima+ (Insel in der Straße von Korea). Die
russische Ostsee-Flotte (16 große Schiffe, 4 kleine Kreuzer) von
Admiral +Togo+ annähernd vernichtet.

[Juli.]

Die Japaner besetzen den südlichen Teil der Insel +Sachalin+.

[~1905.~ 5. Sept.]

~Friede zu Portsmouth~ (amerikanische Küstenstadt unweit Boston)
unter Vermittlung des Präsidenten +Roosevelt+. Japan erhält
die Schutzherrschaft über Korea, Port Arthur mit umliegendem
Gebiet, Sachalin bis zum 50. Breitengrad. Rußland zahlt keine
Kriegsentschädigung, behält Wladiwostok und sein Amur-Gebiet. Die
Mandschurei soll an +China+ zurückgegeben werden, doch behalten Japan
und Rußland ihre dort angelegten Eisenbahnen (s. S. 422).

In den folgenden Jahren macht Japan, dessen Heer überall Bewunderung
erweckt hat, weitere Fortschritte auf dem Wege finanzieller Erstarkung
und politischer Vorherrschaft auf +Korea+. 1909 Koreanische
Gerichtshoheit, 1910 Polizeigewalt auf Japan übertragen. Fürst +Ito+,
früher Generalresident in Korea, 1909 von einem Koreaner ermordet. 1910
die Annexion Koreas durchgeführt; Kaiser +Ytschak+ dankt ab.

[1911.]

Bündnis zwischen Rußland und Japan (S. 402 f.). Infolgedessen Revision
des englisch-japanischen Bündnisses von 1902 (S. 422). Anknüpfung
freundschaftlicher Beziehungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika
(S. 419).


§ 20. Entwickelung der deutschen Kolonien.

+Gründung+ s. S. 395. +Zweck+: Gewinnung von Rohprodukten;
Absatzgebiete für den heimischen Handel und Besiedelung. Das Reich
stellte auf Nachsuchen die kaufmännischen Niederlassungen unter
seinen Schutz, zur Sicherung gegen fremde Herrschaft (+Deutsche
Schutzgebiete+). Die Kolonisation begann an den Küsten und dehnte
sich allmählich in das Innere aus; hierfür von größtem Einfluß
die Erschließung durch +Eisenbahnen+ und die +Wasserversorgung+.
Sicherung durch Schutzverträge mit den einheimischen Häuptlingen mit
Handelsvorteilen, namentlich für europäische Waren. Verwaltung durch
+Gouverneure+ mit Bezirksämtern und Stationen; militärische Sicherung
durch die +Schutztruppen+.

+Erweiterung der Kolonien+ (S. 396, 397, 405). Der deutsche
Kolonialbesitz ist jetzt über fünfmal größer als das Heimatsgebiet,
hat aber kaum ein Viertel der Einwohnerzahl. Am +Handelsergebnis+ der
Kolonien (Einfuhr und Ausfuhr) +war Deutschland 1910 mit 66,3 v. H.
beteiligt+. Regelmäßige +Seeverbindung+ durch Hamburg-Amerika- und
Woermann-Linie nach der afrikanischen Westküste, Norddeutschen Lloyd
(Bremen) und Reichspostdampfer nach Ostafrika, Australien und Ostasien.
+Telegraphische Verbindung+ fehlt noch nach den Besitzungen in der
Südsee; deutsche +Seekabelverbindung+ schreitet kräftig fort, ist aber
nur nach Ostasien von fremden Leitungen unabhängig; besonders nach
Ostafrika sind englische Kabel beteiligt. +Funkenstationen+ in allen
afrikanischen Kolonien und in Kiautschou.

+Deutsche Kolonialgesellschaft+ in Berlin (Herzog Johann Albrecht von
Mecklenburg), Kolonialinstitut in Hamburg und mehrere Kolonialschulen.

1. ~Südwestafrika~ (835100 qkm). Missionsstationen bestanden seit 1860
im Damara- und Namaqualande; das Küstengebiet Angra Pequena wurde 1883
von dem Bremer Kaufmann Lüderitz erworben; 1884 Erweiterung durch
Verträge mit den einheimischen Häuptlingen; 1893 der Hafen Swakopmund
angelegt.

[1894.]

Gouverneur +Leutwein+ geht mit der verstärkten Schutztruppe gegen
unzuverlässige Häuptlinge vor. Nach den Gefechten bei +Naukluft+
verbündet sich Hendrik +Witboi+ mit den Deutschen und leistet Hilfe bei
ferneren Kämpfen, so noch 1903 gegen die Bondelzwarts-Hottentotten.

[~1904–1906.~]

Allgemeiner +Aufstand+ gegen die auf weites Gebiet verteilte
Schutztruppe. Die Hereros zerstören die Eisenbahn Swakopmund–Windhuk
und ermorden viele Ansiedler. Mühsame Kriegführung in dem wasserarmen,
vielfach gebirgigen Lande. Die Schutztruppe verteidigt Omaruru und
andere Stationen, wird unterstützt durch ein Landungskorps vom Kreuzer
Habicht, dann durch das Seebataillon; bald erscheint eine kriegsstarke
Division, gebildet aus Freiwilligen des ganzen deutschen Heeres.

[1904. 11. u. 12. Aug.]

Sieg des Generals v. Trotha am +Waterberge+; er drängt die Hereros
nach Osten in die Kalahariwüste, wo viele umkommen. Darauf allmähliche
Unterwerfung des nördlichen Landesteils, aber im Süden erhebt sich nun
+Witboi+ gegen die Deutschen.

[1905.]

Hartnäckige Kämpfe um die Wasserstelle bei Groß-Nabas, dann in den
Karasbergen und am Großen Fischfluß; Witboi †. Der deutsche Reichstag
bewilligt den Bau der Eisenbahn Lüderitzbucht–Kubub (100km).

[1906.]

Kämpfe am Oranjefluß; Oberstlt. v. Estorff drängt die Hottentotten nach
Osten. Ihr Führer +Morenga+ flüchtet auf englisches Gebiet, versucht
1907 nochmals in das inzwischen unterworfene Land einzudringen, wird in
einem Gefecht mit englischen Truppen getötet. Der Reichstag bewilligt 5
Mill. Mark für die Verluste der Ansiedler.

+Gesamtbevölkerung+ 1911: rund 14000 Weiße und 72000 Farbige, also
nur 0,1 Einwohner auf l qkm. Jede Selbständigkeit der Häuptlinge
hat aufgehört. +Regierungssitz+: Windhuk. +Wassererschließung+
schreitet fort. +Eisenbahnen+: 1909 km im Betrieb, 217 km im Bau.
+Ausfuhr+ vornehmlich: +Diamanten+ und Kupfererze, ferner Blei, Häute,
Straußenfedern und Vieh. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für über 34½
Mill. Mark. Einfuhr für rund 44½ Mill. Mark.

2. ~Ostafrika~ (995000 qkm). Verkehr nach Sansibar seit etwa 1860;
+Landerwerbungen+ 1884 im Auftrage der Gesellschaft für deutsche
Kolonisation durch K. Peters, Jühlke, Graf Pfeil, 1885 vom Sultan von
Sansibar anerkannt nach dem Erscheinen deutscher Kriegsschiffe.

[1888–1890.]

Aufstand der Eingeborenen, veranlaßt durch arabische Sklavenhändler
(Buschiri), niedergeworfen durch Kriegszüge des Reichskommissars Major
+Wißmann+ unter Mitwirkung von Kriegsschiffen.

[1889.]

+K. Peters+ dringt nach +Uganda+ vor (Nordufer des Victoria-Nyanza) und
schließt dort Verträge; die Ostafrikanische Handelsgesellschaft erwirbt
das +Witu+land (nördlich von Sansibar); beide Gebiete werden 1890 an
England überlassen (S. 407).

[1905–1906.]

Aufstände im Süden durch die Schutztruppe niedergeschlagen.

+Gesamtbevölkerung+ 1911: 4230 Weiße und etwa 10 Mill. Farbige. Gute
Häfen, hierunter der Regierungssitz +Daressalam+ und +Tanga+, welche
Ausgangspunkte der beiden Bahnlinien sind (1199 km im Betrieb, die
Zentralbahn wird von +Tabora+ nach dem +Tanganjika-See+ weitergeführt).
Die Siedelungen am +Viktoria-See+ sind noch auf Karawanenstraßen und
die englische Ugandabahn angewiesen. Die Sultane westlich des Sees
stehen unter Kaiserlichen Residenten.

+Wirtschaftlich+ maßgebend sind Ackerbau und Viehzucht. Der Hauptertrag
wird im Lande verzehrt. Zur +Ausfuhr+ kommen vornehmlich: +Kautschuk+,
Hanf, Häute, Kopra. +Handelsergebnis+ 1910: Einfuhr für fast 38½ Mill.
Mark, Ausfuhr für 20¾ Mill. Mark.

3. ~Kamerun~, bisher 495600 qkm mit rund 1450 Weißen und über 2½ Mill.
Farbigen, also 5,4 Einw. auf 1 qkm. Regierungssitz +Buea+, Hafen
+Duala+. Eisenbahnen 160 km im Betrieb, 360 km im Bau. Zur +Ausfuhr+
kommen vornehmlich: +Kautschuk+, Palmkerne, Kakao, Palmöl, Elfenbein.
+Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für rund 20 Mill. Mark, Einfuhr für
rund 25½ Mill. Mark.

[~1911.~]

+Nordmakas+ Aufstand (Major Dominik †). Erweiterung usw. durch das
+Marokkoabkommen+ (s. S. 405).

4. ~Togo~, 87200 qkm mit rund 360 Weißen und 1 Mill. Farbigen.
Regierungssitz und Haupthafen +Lome+, von wo drei Bahnen ausgehen (im
Ganzen 323 km im Betrieb). Vornehmliche +Ausfuhr+: Palmkerne, Palmöl,
Kautschuk, Baumwolle. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für rund 7¼ Mill.
Mark, Einfuhr für rund 11½ Mill. Mark.

5. ~Neu-Guinea~, Regierungssitz Rabaul (Neupommern). a) +Altes
Schutzgebiet+, erworben 1884/85: +Kaiser Wilhelmsland und
Bismarck-Archipel+: zusammen 240000 qkm mit rund 750 Weißen und 530000
Farbigen. +Friedrich Wilhelmshafen+, keine Eisenbahnen. Vornehmliche
+Ausfuhr+: Kopra, Paradiesvögel, Perlmutter, Kakao. +Handelsergebnis+
1910: Ausfuhr für fast 3¾ Mill. Mark, Einfuhr für fast 4 Mill. Mark; b)
+Inselgebiet+ seit 1898 erworben: +Ost- und Westkarolinen+, +Palau+,
+Marianen+, +Marschall-Inseln+, zusammen 2476 qkm mit rund 1000 Weißen
und 65000 Farbigen (Insel Guam gehört zur Union).

[~1910–1911.~ Dez. Febr.]

Aufstand auf Ponape und +Dschokadsch+ (Ostkarolinen) niedergeworfen
durch Landungstruppen von 4 deutschen Kriegsschiffen. Vornehmliche
+Ausfuhr+: Phosphat, Kopra, Trepang. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr
für rund 10 Mill. Mark, Einfuhr für rund 2 Mill. Mark.

6. ~Samoa-Inseln~ (2572 qkm) mit 491 Weißen und 40000 Farbigen (1911).
Schon 1879 erwarb das Deutsche Reich hier eine Marinestation, um den
von Hamburger Kaufleuten begründeten Handel zu schützen. 1889 Vertrag
mit England und Nordamerika, um den Parteikämpfen der einheimischen
Könige ein Ende zu machen; 1899 Aufhebung des Königtums. Deutschland
erwirbt die vier westlichen Inseln (S. 407). Hafenstadt +Apia+ auf
der Insel Upolu. Fruchtbares Land; +Ausfuhr+ von Kopra und Kakao.
+Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr und Einfuhr für +je+ rund 3½ Mill.
Mark. Das Christentum schon seit 1830 eingeführt durch englische
Missionare.

7. ~Kiautschou~ (550 qkm), 1898 +auf 99 Jahre gepachtet+, jetzt
1680 Weiße (ohne Truppen) und 162000 Eingeborene. Hafenstadt
+Tsingtau+, gute Handels- und Flottenstation, Ausgangspunkt
der nordost-chinesischen Eisenbahnen. Im Hinterlande reiche
Steinkohlenlager.

Fussnoten:

[57] Geb. 1808 zu Paris, Sohn des Königs von Holland Louis Napoleon und
der Hortense Beauharnais, folgte 1815 seiner Mutter in die Verbannung
und besuchte 8 Jahre das Gymnasium zu Augsburg (S. 365).

[58] ~Wilhelm,~ Prinz von Preußen, geb. 22 März 1797 in Berlin,
1806–9 mit den Eltern in Königsberg und Memel, dann wieder in Berlin,
1813 in Breslau, erwirbt 1814 das Eiserne Kreuz in der Schlacht bei
Bar-sur-Aube; nach dem Friedensschluß unablässig um die Ausbildung
der preußischen Truppen bemüht, 1825 kommandierender General des 3.
Armeekorps, 1829 vermählt mit +Augusta+ von Sachsen-Weimar, übernimmt
1838 das Gardekorps, reist im März 1848 nach England, leitet 1849 den
Feldzug in Baden, lebt dann in Koblenz als Gouverneur von Rheinland und
Westfalen, 1858 Prinz-Regent.

[59] ~Otto v. Bismarck,~ geb. 1. April 1815 in Schönhausen bei Stendal,
1847 und 1848 Mitglied des Vereinigten Landtags, 1849 und 1850 der
zweiten Kammer, 1851 Gesandter beim deutschen Bundestag in Frankfurt,
1859 Gesandter in St. Petersburg, Mai 1862 in Paris.

[60] ~Helmut v. Moltke~, geb. 1800 zu Parchim, anfangs in dänischen
Diensten, dann Hauptmann im preußischen Generalstab, 1835–39 in der
Türkei mit geographischen Forschungen und Besserung des türkischen
Heerwesens beschäftigt, 1845–46 in Rom als Adjutant des Prinzen
Heinrich von Preußen, 1857 an die Spitze des Generalstabs gestellt.

[61] Die +Kapkolonie+ wurde 1601 angelegt und 1795 von den Engländern
besetzt (S. 314), dann nach dem Frieden von Amiens zurückgegeben (S.
320) und 1806 von neuem erobert (S. 331).



~Anhang.~


I. Brandenburgisch-preußische Geschichte.

[Um 780.]

Grenzmarken des deutschen Reiches an der +Elbe+ und +Saale+ zum
Schutz gegen die Wenden gegründet von ~Karl d. Gr.~ Befestigung und
Erweiterung derselben durch die Feldzüge +Heinrichs I.+ (928).

[937–965.]

Markgraf ~Gero~, von König ~Otto I.~ eingesetzt, unterwirft das
Wendenland bis zur Oder. Bistümer +Havelberg+ und +Brandenburg+. Nach
Geros Tode Teilung des Gebiets der Mark: Nordmark, Ostmark, Meißen.

[~983.~]

Aufstand der Wenden, die +Nordmark+ auf das +linke Elbufer+ beschränkt,
Residenz der Markgrafen zu +Salzwedel+.

[~1134–1320.~]

~Askanische (anhaltische) Markgrafen.~

[1134–1170.]

~Albrecht der Bär~, von Kaiser +Lothar+ mit der +Nordmark+ (+Altmark+)
belehnt, erobert die +Priegnitz+ auf dem rechten Elbufer, erwirbt das
+Havelland+ durch Vertrag mit dem christlichen Wendenfürsten Pribislav,
der ihn zum Erben einsetzt, und nennt sich Markgraf von ~Brandenburg~
(S. 179). Wiederherstellung der beiden Bistümer, deutsche Ansiedler
namentlich aus den Niederlanden herbeigezogen.

[1220–1267.]

~Johann I.~ und ~Otto III.~, als Brüder gemeinsam regierend, erweitern
die +Mittelmark+ durch das Gebiet zu beiden Seiten der unteren Spree
(Barnim und Teltow) und gewinnen die +Uckermark+ und +Neumark+ hinzu;
Otto III. erwirbt die +Oberlausitz+ durch Vermählung mit der Schwester
Ottokars von Böhmen. Viele Städte gegründet: Spandau, +Berlin+ um 1240,
Frankfurt a. O., Landsberg u. a.

[1166–1309.]

~Otto IV.~ (mit dem Pfeil) führt Krieg mit dem Erzbistum +Magdeburg+,
bis er die Erwählung seines jüngeren Bruders Erich zum Erzbischof
durchsetzt, erwirbt die +Niederlausitz+.

[1309–1319.]

Markgraf ~Waldemar der Große~ kämpft rühmlich gegen die Nachbarfürsten
(Pommern, Mecklenburg, Meißen), nimmt die Hansestadt +Stralsund+ in
Schutz gegen Dänemark und den Fürsten von Rügen.

[1320–1324.]

Interregnum in der Mark nach dem Erlöschen des +askanischen+ Hauses.
Als Verwandte erheben die Herzöge von Sachsen-Wittenberg (S. 184) und
die Fürsten von Anhalt Ansprüche, aber Kaiser +Ludwig der Bayer+ zieht
das Land als erledigtes Lehen ein (S. 198). Die Lausitz kommt wieder an
Böhmen.

[~1314–1373.~]

~Bayrische Markgrafen.~

+Ludwig I.+, Sohn des Kaisers Ludwig des Bayern; gegen ihn 1348–50 der
+falsche Waldemar+ (S. 199).

+Ludwig II.+ (der Römer) wird 1356 Kurfürst. +Otto+ (der Faule) tritt
1373 das Land an Kaiser Karl IV. ab.

[~1373–1415.~]

~Luxemburgische Markgrafen.~

+Karl IV.+ vereinigt die Mark mit seinem Königreich +Böhmen+,
ordnet die Verwaltung durch Anlegung des +Landbuchs+. Residenz
Tangermünde. Sein Sohn +Sigismund+ (1378) wird König von Ungarn
(1387) und verpfändet die Mark an +Jobst von Mähren+, die Neumark
an den +Deutschen Ritterorden+. Zerrüttung des Landes durch die
Willkürherrschaft des Adels.

[1411–1414.]

+Friedrich VI.+, Burggraf von Nürnberg, aus dem Hause +Hohenzollern+,
als Statthalter von Sigismund eingesetzt, bricht die Macht des
märkischen Raubadels (Dietrich +v. Quitzow+ auf Burg +Friesack+).

[~1415–1701.~]

~Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern.~

Die schwäbischen Grafen von Zollern (Ahnherr: Burchard von Zolorin, †
1061) seit 1192 Burggrafen von +Nürnberg+. 1227 Teilung in zwei Linien:
die +schwäbische+ behält die Stammgüter Hechingen und Sigmaringen, die
+fränkische+ erweitert ihren Besitz zu den Fürstentümern +Ansbach+ und
+Baireuth+.

[~1415–1440.~]

~Friedrich I.~, von Kaiser Sigismund als Kurfürst eingesetzt, belehnt
zu Konstanz 1417 (S. 204), erkämpft von Pommern die +Uckermark+, von
Mecklenburg die +Priegnitz+ zurück, wendet sich dann wieder seinen
fränkischen Fürstentümern zu und bekämpft als Reichsfeldherr die
Hussiten. Sein Sohn +Johann+ Statthalter in der Mark, kann sie gegen
die Hussiten nicht schützen. Ihm folgt in Brandenburg der zweite Sohn

[~1440–1470.~]

~Friedrich II.~ (der Eiserne). Er unterwirft die Städte, namentlich
+Berlin-Kölln+, gründet das Schloß zu Kölln an der Spree, kauft 1455
die +Neumark+ vom Deutschen Orden zurück, erwirbt 1462 von Böhmen einen
Teil der Niederlausitz (+Kottbus+ und +Peitz+).

[~1470–1486.~]

~Albrecht~ (Achilles). 1473 ~Hausordnung~ (+Disposito Achillea+). Die
+Mark+ soll ungeteilt an den ältesten Sohn fallen, in den +fränkischen+
Fürstentümern +nur+ 2 Regenten. Die schlesischen Herzöge (vgl. S. 182)
treten 1482 +Krossen+ und +Züllichau+ an Brandenburg ab. Streit mit
Herzog Bogislav X. von +Pommern+ wegen der Lehnshoheit über Pommern.

[~1486–1499.~]

~Johann~ (Cicero). Die fränkischen Fürstentümer kommen an seine
jüngeren Brüder. +Zossen+ 1490 durch Vertrag mit dem König von Böhmen
erworben. Sorge für die Landesverwaltung im Einverständnis mit den
+Landständen+ (Vertreter des Adels und der Städte).

[~1499–1535.~]

~Joachim I.~ Räubereien des Adels streng bestraft; +Universität+ in
+Frankfurt a. O.+ gestiftet 1506. Judenverfolgung 1510. +Kammergericht
in Berlin+. Vertrag zu +Grimnitz+ 1529: Die Herzöge von +Pommern+
erkennen das Erbfolgerecht Brandenburgs an; dieses verzichtet auf die
Lehnshoheit. +Joachim I.+ eifriger Gegner der Reformation. Sein Bruder
+Albrecht+, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, sendet +Tetzel+ aus (s.
S. 227).

[~1535–1571.~]

~Joachim II.~ In der +Neumark+ sein Bruder Markgraf +Johann+ von
Küstrin.

[1537.]

Erbverbrüderung mit dem Herzog von +Liegnitz+, +Brieg+ und +Wohlau+;
diesem werden Krossen, Kottbus, Peitz und Zossen zugesagt für den Fall,
daß das kurfürstliche Haus aussterbe (vgl. S. 281).

[1539.]

~Einführung der Reformation.~ Vom König von Polen erlangt Joachim die
Mitbelehnung über +Preußen+. Seine beiden jüngeren Söhne nacheinander
evangelische Erzbischöfe in +Magdeburg+. (S. auch S. 233.)

[~1190.~]

Der ~Deutsche Ritterorden~ gestiftet bei der Belagerung von Akkon (s.
S. 178f.).

[1230–1283.]

Unterwerfung des Landes ~Preußen~ (s. S. 217).

[1525.]

Umwandlung des Ordensstaates in ein ~weltliches Herzogtum~ unter
polnischer Oberlehnshoheit; Einführung der Reformation. Erster
Herzog der bisherige Hochmeister ~Albrecht von Brandenburg~ (aus der
Ansbachischen Linie).

[~1571–1598.~]

~Johann Georg~ vereint als Kurfürst von Brandenburg wieder die ganze
Mark. 1578 die Mitbelehnung über +Preußen+ erneuert (s. o.). Sein Enkel
+Johann Sigismund+ vermählt sich mit +Anna+, der ältesten Tochter des
Herzogs Albrecht Friedrich von +Preußen+, durch ihre Mutter Nichte und
Erbin des Herzogs Johann Wilhelm von +Jülich+ (S. 252).

[~1598–1608.~]

~Joachim Friedrich~, seit 1566 Administrator des Erzbistums
+Magdeburg+; diese Würde geht 1598 auf seinen Sohn +Christian Wilhelm+
über. ~Geraischer Vergleich~ (1599) mit dem kinderlosen Markgrafen
+Georg Friedrich+ aus der fränkischen Linie: Die +Mark+ verbleibt
ungeteilt der kurfürstlichen Linie, die Stiefbrüder des Kurfürsten
erhalten +Ansbach+ und +Baireuth+, sein zweiter Sohn das schlesische
Fürstentum +Jägerndorf+ (1523 von der fränkischen Linie erworben).

[1604.]

Der +Geheime Rat+ als oberste Regierungsbehörde eingesetzt. Seit 1605
regiert der Kurfürst mit Zustimmung des Königs von Polen in +Preußen+
als +Administrator+ für den geisteskranken Herzog +Albrecht Friedrich+.

[~1608–1619.~]

~Johann Sigismund.~ Nach dem Tode des Herzogs +Johann Wilhelm
von Jülich+ ~Erbfolgestreit~ (1609) zwischen +Pfalz-Neuburg+ und
+Brandenburg+. +Johann Sigismund+ tritt 1613 zur +reformierten+ Kirche
über.

[1614.]

Vertrag zu ~Xanten~ wegen der +jülichschen Erbschaft+: +Cleve+, +Mark+
und +Ravensberg+ an Brandenburg, die ersten Erwerbungen im +Westen+
Deutschlands (s. S. 252).

[1618.]

+Johann Sigismund+ nach +Albrecht Friedrichs+ Tode ~Herzog von Preußen~.

[~1619–1640.~]

~Georg Wilhelm~, geleitet von dem kaiserlich gesinnten Grafen +Adam v.
Schwarzenberg+. Furchtbare Zerrüttung des Landes im Dreißigjährigen
Kriege. +Jägerndorf+ von Kaiser Ferdinand II. eingezogen (S. 280 f.).
+Gustav Adolf+ mit der Schwester des Kurfürsten vermählt, zwingt ihn
zum Bündnis 1631 (S. 256). Brandenburg tritt dem +Prager Frieden+ bei
1635 (S. 258).

[1637.]

Erlöschen des +pommerschen+ Herzogshauses. Brandenburg kann trotz
kaiserlicher Hilfe sein Erbrecht auf Pommern gegen die Schweden nicht
durchsetzen.

[~1640–1688.~]

~Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst~ erhebt den
+brandenburgisch-preußischen Staat+ zu einer europäischen Macht,
begründet durch Einschränkung der Rechte der Landstände die
+unbeschränkte Monarchie+ (s. auch S. 265).

Als Kurprinz hatte er in den Niederlanden (1634–1638)
Staatsverwaltung und Kriegskunst gelernt. Er schützt sein Land durch
Waffenstillstandsverträge mit den Schweden, sorgt für den Ackerbau,
begründet ein +stehendes Heer+ (miles perpetuus). Seine Gemahlin +Luise
Henriette+ von Oranien (s. S. 244).

[~1648.~]

Erwerbungen im ~Westfälischen Frieden~: +Hinterpommern+, +Halberstadt+,
+Minden+, +Magdeburg+ (s. S. 260). Magdeburg zunächst noch im
Besitz des Administrators August von Sachsen, wird 1666 besetzt
(der Bürgermeister +Otto von Guericke+). +Postverbindung+ zwischen
den getrennten Landesteilen eingerichtet, ohne Rücksicht auf das
Reichspostprivilegium der Fürsten von Thurn und Taxis. Ordnung der
+Steuern+, Accise für die Städte eingeführt. Universität +Duisburg+
1655 gegründet (1818 aufgehoben), Bibliothek im Schlosse zu +Berlin+.
+Friedrich-Wilhelms-Kanal+ zwischen Oder und Spree 1662–1668 erbaut.

[~1656.~]

Sieg bei ~Warschau~ über die +Polen+, im Bunde mit Schweden (s. S.
267).

[1657.]

Erwerbung von +Lauenburg+ und +Bütow+ in Hinterpommern durch den
Vertrag zu +Wehlau+.

[~1660.~]

Friede zu ~Oliva~; das ~Herzogtum Preußen souverän,~ d. h. frei von
polnischer Lehnshoheit (S. 268). Der Widerstand der preußischen Stände
(Hieronymus Roth, v. Kalkstein) wird durch strenge Maßregeln gebrochen.

[1672.]

Teilnahme am Reichskrieg gegen +Frankreich+, 1674 Feldzug im +Elsaß+
(s. S. 263).

[~1675.~]

Sieg bei ~Fehrbellin~ über die +Schweden+ (Prinz Friedrich von Homburg,
Feldmarschall Derfflinger, der Stallmeister Froben). Der Kurfürst
vertreibt die Schweden aus +Pommern+, erobert 1677 Stettin, 1678 Rügen
und Stralsund, vergilt einen Einfall der Schweden von Livland her durch
einen Kriegszug über das +Frische+ und +Kurische Haff+ (Jan. 1679), muß
aber fast alle Eroberungen im

[1679.]

Frieden zu +St. Germain en Laye+ (S. 263 f.) an Schweden zurückgeben
und schließt noch 1679 ein +Bündnis+ mit +Frankreich+.

[1683.]

Gründung einer +Kolonie+ an der Goldküste von +Guinea+ (Fort
Großfriedrichsburg), nachdem eine Kriegsflotte mit Hilfe des
Holländers Raule eingerichtet war. Kriegshafen +Pillau+; Afrikanische
Handelsgesellschaft in +Emden+.

[1685.]

Bruch mit Frankreich. Aufnahme französischer Protestanten, namentlich
in Berlin.

[1686.]

Vertrag mit +Kaiser Leopold I.+ über Schlesien (S. 281).

[~1688–1713.~]

~Friedrich III.,~ als König ~Friedrich I.~ Das Testament des Großen
Kurfürsten, das den Söhnen aus zweiter Ehe Länderbesitz erteilt, wird
aufgehoben, da es der von Albrecht Achilles gegebenen Hausordnung und
dem Geraischen Vergleich widerspricht.

[1688.]

Brandenburgische Truppen unterstützen +Wilhelms III.+ von Oranien Zug
nach England (S. 271).

Universität +Halle+ gestiftet 1694; ebenda gründet +Aug. Herm.
Francke+ das Waisenhaus. Der +Schwiebuser+ Kreis 1695 an den Kaiser
zurückgegeben (S. 281). Der Minister +Danckelmann,+ gestürzt 1697.
+Charlottenburg+ für des Kurfürsten Gemahlin, die geistvolle +Sophie
Charlotte+ von Hannover, angelegt. Ausbau des Schlosses zu Berlin
(+Schlüter+). Akademie der Künste 1696 gegründet, Akademie der
Wissenschaften 1700 auf Veranlassung des Philosophen +Leibnitz+.

[Sidenote:~1701. 18. Januar~]

~Preußen wird Königreich~ (s. S. 267). Krönung zu +Königsberg+,
Stiftung des +Schwarzen Adlerordens+. Anteil am Spanischen
Erbfolgekriege (s. S. 272 f.). Streit um die +oranische Erbschaft+
nach dem Tode Wilhelms III. (1702). Preußen erlangt 1702 +Mörs+
und +Lingen+, +Neuchâtel+ und +Valengin+. Durch Kauf erworben das
Schutzrecht über die Abtei +Quedlinburg+, Grafschaft +Tecklenburg+ in
Westfalen.

[~1713–1740.~]

~Friedrich Wilhelm I.~ Strenge Sparsamkeit; der glänzende Hofhalt
des Vaters sogleich aufgelöst. Neuordnung der Steuern; auch den
Rittergütern wird 1717 eine Abgabe (statt des Lehnsdienstes zum
Kriege) auferlegt. Oberste Finanzbehörde das +General-Direktorium+
1723; unter ihm die Kriegs- und Domänenkammern. Sorge für den
+Landbau+, besonders in +Ostpreußen+; hier 1732 die aus dem Erzbistum
+Salzburg+ vertriebenen Protestanten angesiedelt. Schutz der Bauern
gegen Willkür der Gutsherrn und der königlichen Beamten. Sorge für
die +Volksschulen+, 1717 der Grundsatz der allgemeinen +Schulpflicht+
verkündet. Beträchtliche Vermehrung des +stehenden Heeres+;
Kanton-Einteilung des Landes 1733 zum Zwecke der Aushebung; daneben die
Anwerbung beibehalten. Die Riesengarde in Potsdam. Fürst Leopold von
Anhalt-Dessau (s. auch S. 280).

Teilnahme am Nordischen Kriege (S. 276 f.). Stettin und Vorpommern bis
zur Peene erworben 1720; die afrikanische Kolonie 1717 (überlassen
1721) an die Holländer verkauft.

[~1740–1786.~]

~Friedrich II., der Große~ (S. 280–291), erwirbt +Schlesien+ 1742,
+Ostfriesland+ 1744, +Westpreußen+ 1772 und erhebt seinen Staat zu
einer europäischen Großmacht. Friedrichs eifrige +Fürsorge für sein
Land,+ um die Wunden der Kriege zu heilen: Verteilung der Vorräte
aus den Magazinen, Steuererlaß für einzelne Provinzen; Gründung der
Landschaftsbanken, der Bank und der Seehandlung in Berlin. 1766
+strenges Steuersystem+ (Regie meist mit französischen Beamten); viele
Verbrauchsgegenstände besteuert, besonders Kaffee und Tabak.

Sorge für die +Rechtspflege+: die Folter 1740 abgeschafft, neue
Gerichtsordnung 1747 (codex Fridericianus, der Justizminister v.
Cocceji). Allgemeines preußisches Landrecht (v. Carmer, Suarez)
erst 1794 vollendet. Sorge für den +Landbau+: das Oderbruch urbar
gemacht 1746–53, das Netzebruch 1773–80. Sorge für +Fabriken+ in
den Städten (1751 Berliner Porzellanmanufaktur), Förderung des
Verkehrs durch +Kanäle+: Plauescher, Finow- und Bromberger Kanal.
General-+Landschul+-Reglement 1763. Erlaß über das Unterrichtswesen
1779. Bauwerke in Berlin (Opernhaus, Dom, Bibliothek) und Potsdam
(Sanssouci, Neues Palais). Unermüdliche Tätigkeit des Königs für
+Verwaltung+ und +Heer+ (150000 Mann stark); jährliche Reisen in die
Provinzen.

[~1786–1797.~]

~Friedrich Wilhelm II.~ (S. 291, 297f., 313f.) erwirbt +Ansbach+ und
+Baireuth+ 1791, +Posen+ 1793, Südpreußen mit +Warschau+ 1795.

Hertzberg 1791 entlassen. Die drückende Regie aufgehoben. Üppigkeit am
Hofe, sorglosere Verwaltung, doch wird der Verkehr durch Anlage von
+Kunststraßen+ (Chausseen) gefördert, das Schulwesen durch Einsetzung
eines Ober-Schulkollegiums. +Religionsedikt+ des Ministers Wollner
1788. Brandenburger Tor 1789–1793 erbaut.

[~1797–1840.~]

~Friedrich Wilhelm III.~ (S. 316 ff.) erwirbt +Münster+, +Paderborn+,
+Hildesheim+ u. a. 1803 (S. 321), tritt Ansbach ab 1805 (S. 323), alles
Land links der Elbe und die polnischen Gebiete 1807 (S. 327), erwirbt
halb +Sachsen+, Schwedisch-+Pommern+, einen großen Teil +Westfalens+
und der +Rheinprovinz+ 1815 (S. 340).

Aufhebung des Religionsedikts 1797. ~Große Reformen von 1807–1811~ s.
S. 328, 329: Die Aufhebung der Erbuntertänigkeit und Feststellung des
bäuerlichen Grundbesitzes befreien den +Bauernstand+; die Aufhebung
des Zunftzwanges, Gewöhnung an Selbstverwaltung (Städteordnung)
und Einführung der Gewerbefreiheit fördern den +Bürgerstand+; die
Einführung der allgemeinen Wehrpflicht kommt der sittlichen Erziehung
des ganzen Volkes zugute. Einziehung der geistlichen Güter. Einteilung
des Staates in 8 Provinzen und 25 Regierungsbezirke 1815. Vereinigung
der lutherischen und reformierten Kirche zu einer +evangelischen+
Landeskirche (+Union+) 1817. Zollgesetz 1818. Neuordnung der Steuern
und des Staatsschuldenwesens 1820. Einrichtung der Provinzial-Landtage
1823. +Deutscher Zollverein+ 1833. Gesetz über die Anlage von
+Eisenbahnen+ 1838. -- Universitäten zu Berlin 1810, Breslau 1811, Bonn
1818; Entwickelung der Gymnasien unter dem Minister v. Altenstein seit
1817; Museum zu Berlin 1830.

[~1840–1861.~]

~Friedrich Wilhelm IV.~ (S. 353ff.) erwirbt +Hohenzollern+ 1849 (S.
359), das +Jahdegebiet+ 1853 (S. 361), verzichtet auf Neuchâtel 1857
(S. 367).

Gesetz über die Armenpflege 1842, Gewerbe-Ordnung 1845, Vereinigter
Landtag 1847 (S. 353). Neue Gerichtsordnung (Geschworenengerichte)
1849. ~Verfassung~ des preußischen Staats 1850 (S. 359). Evangelischer
Ober-Kirchenrat 1850. Gründung einer +preußischen Kriegsflotte+ 1853.
Sorge für Kunst und Wissenschaft; das Neue Museum in Berlin 1855.

[~1861–1888.~]

~Wilhelm I., der Große~, 1857–1861 Prinz-Regent (S. 367), erwirbt 1866
+Schleswig-Holstein+, +Hannover+, +Kurhessen+, +Nassau+, +Frankfurt+
(S. 371–380), wird 1871 ~Deutscher Kaiser~ (S. 381–393).

Neugestaltung des Heerwesens 1860–1862 (S. 372). Umbildung der
preußischen Flotte zu einer +deutschen+ Kriegsflotte seit 1867 (S.
380). Kirchengesetze 1873–1875 (S 393). Verwaltungsreform in den (seit
1. Jan. 1878) 12 Provinzen 1872 bis 1875 (S. 394). Ansiedlungsgesetz
für Posen und Westpreußen (S. 395). Vollendung des Kölner Doms 1880;
Denkmal auf dem Niederwald 1883. Begründung deutscher Kolonien (S. 395).

[~1888.~]

~Friedrich III.~ (März bis Juni) als Kronprinz siegreicher Feldherr (S.
375ff., 382ff.).

[Seit ~1888.~]

~Wilhelm II.~ (S. 396–397). Vermehrung der deutschen Kolonien. Ausbau
der Wasserstraßen in Preußen (S. 396). Fortführung der Gesetzgebung
zum Wohle der Arbeiter, Fortsetzung der Verwaltungsreform (S. 396)
und der Ansiedlungstätigkeit (S. 395). Förderung des Schulwesens,
besonders der technischen Hochschulen. Universität in +Münster+
1902, Akademie in +Posen+ 1903. Technische Hochschulen in +Danzig+
1904, +Breslau+ 1909. Denkmäler in der Siegesallee zu +Berlin+;
Neubau des Doms daselbst 1905 vollendet. Bau einer Pfalz in +Posen+
(1910 vollendet). Erweiterungsbauten der Königlichen Museen,
Neubau der Königlichen Bibliothek in +Berlin+. 1910 Gründung der
+Kaiser-Wilhelms-Gesellschaft+ in +Berlin+ zur +Förderung der
Wissenschaften+.


II. Die andern Staaten des Deutschen Reiches.

~Bayern,~ altes Stammherzogtum, seit 1180 unter Herzögen aus dem Hause
+Wittelsbach+ (S. 184). Herzog Ludwig I. wird 1214 durch Erwerbung der
+Rheinpfalz+ auch +»Pfalzgraf bei Rhein«+ (S. 186, 189). Kaiser +Ludwig
der Bayer+. Bayerische Markgrafen in Brandenburg (S. 198–200). Seit dem
Hausvertrag von Pavia 1329 +Bayern+ und +Pfalz+ getrennt. Bayern 1392
unter drei Linien geteilt, 1503 wieder vereinigt: weitere Teilungen
durch das Primogeniturgesetz 1506 verboten (S. 226).

Herzog +Maximilian I.+, Oberhaupt der katholischen Liga im
Dreißigjährigen Kriege (S. 252 ff.), wird 1623 +Kurfürst+ und erwirbt
die Oberpfalz (S. 254f.). +Maximilian II. Emanuel+ tapfer in den
Türkenkriegen 1683–1688, Statthalter der spanischen Niederlande 1691,
aus Bayern vertrieben 1704, wiedereingesetzt 1714, † 1726. Sein Sohn
+Karl Albert+ 1742–1745 deutscher Kaiser (S. 280ff.). +Maximilian
III. Joseph+ (1745–1777) sorgt für gute Verwaltung, stiftet 1758 die
Akademie der Wissenschaften in München; mit ihm stirbt die bisher in
Bayern regierende Linie aus. +Karl Theodor+ (1777–1799) vereinigt Pfalz
und Bayern (S. 289 ff.), verliert 1797 das linksrheinische Gebiet (S.
316 u. 319).

Maximilian IV. Joseph (1799–1825), seit 1806 +König Maximilian I.+,
erwirbt 1803 und 1805 große Gebiete hinzu (S. 320, 324, vgl. S. 340)
und tritt 1806 dem Rheinbunde bei (S. 324), erwirbt 1806 Ansbach,
1809 Baireuth, schließt sich vor der Schlacht bei Leipzig dem Bunde
gegen Frankreich an (S. 336), erhält 1815 die linksrheinische Pfalz
zurück (S. 340). Verfassung des Königreichs 1818. +Ludwig I.+ (1825
bis 1848) fördert Kunst und Wissenschaft: Pinakothek und Glyptothek
in München, Walhalla bei Regensburg. Universität Ingolstadt 1826 nach
München verlegt. +Maximilian II.+ (1848 bis 1864): Nationalmuseum in
München, Historische Kommission bei der Akademie der Wissenschaften.
+Ludwig II.+ (1864 bis 1886): Schloßbauten in den bayrischen Alpen,
Bühnenfestspielhaus in Baireuth. Für den geisteskranken König +Otto+
(seit 1886) regiert sein Oheim Prinz +Luitpold+, Bruder Maximilians II.

~Sachsen~, hervorgegangen aus der Markgrafschaft +Meißen+ (S. 161),
einem Vorlande des alten Stammherzogtums Sachsen. Seit 1089 regiert
in Meißen das Haus +Wettin+ (S. 179 u. 189). Heinrich der Erlauchte
erwirbt 1247 die Landgrafschaft +Thüringen+, Friedrich der Streitbare
(1381–1428) 1423 das +Kurfürstentum Sachsen Wittenberg+ (S. 204),
einen Teil des alten Stammherzogtums (S. 184). Er gründet 1409 die
Universität +Leipzig+ (S. 203). Kurfürst +Friedrich der Sanftmütige+
(1428 bis 1464, S. 205, 227). Unter seinem Sohn Kurfürst +Ernst+
(1464–1486) Teilung 1485: die +Ernestinische Linie+ (S. 227) erhält
Sachsen-Wittenberg mit der daran haftenden Kurwürde und Thüringen, die
+Albertinische Linie+ Meißen. Die Kurfürsten +Friedrich der Weise+
(1486–1525), +Johann der Beständige+ (1525–1532) und +Johann Friedrich
der Großmütige+ (1532 bis 1547), Luthers Beschützer (S. 227 ff.).
Umwandlung 1547, Sachsen-Wittenberg mit der Kurwürde kommt an die
+Albertinische+ Linie, S. 232f. (Kurfürst +Moritz+, Gründer der drei
Fürstenschulen zu Meißen, Grimma und Pforta).

Kurfürst +Friedrich August I.+ wird 1697 König von +Polen+ (August
II., S. 266), ebenso 1733 sein Sohn +Friedrich August II.+ (August
III., S. 279). Kunstpflege in Dresden (S. 285). Friedrich August
III. (1763–1827) sorgt für bessere Verwaltung, tritt im Dez. 1806
als +König Friedrich August I.+ dem Rheinbunde bei (S. 326), erhält
1807 das Herzogtum Warschau, wird 1813 nach der Schlacht bei Leipzig
als Gefangener nach Preußen geführt, 1815 in die Regierung seines
verkleinerten Landes wieder eingesetzt. Verfassung 1831 unter König
+Anton+ (1827 bis 1836); ihm folgen +Friedrich August II.+ (1836–1854),
+Johann+ (1854–1873), +Albert+, 1870–71 als Kronprinz ruhmreicher
Feldherr (1873–1902), +Georg+ (1902–1904), +Friedrich August III.+ seit
1904.

~Württemberg,~ ursprünglich Grafschaft im alten Stammherzogtum
+Schwaben+, das sich während des Interregnums auflöst. +Eberhard der
Erlauchte+ (1265–1325) und sein Nachfolger vergrößern das Gebiet,
+Eberhard der Greiner+ (1344 bis 1392) kämpft gegen Ritter und
Reichsstädte, +Eberhard im Barte+ stiftet 1477 die Universität
Tübingen und wird 1495 +Herzog.+ +Ulrich+ 1519 vom schwäbischen Bunde
vertrieben, 1534 durch Philipp von Hessen wieder eingesetzt, führt
die Reformation ein; sein Sohn +Christoph+ (1550–1568) sorgt für
Kirche und Schule. Verwüstung im Dreißigjährigen Kriege; Mißregierung
unter +Eberhard Ludwig+ (1677–1733) und +Karl Alexander+ (1733–1737);
Wendung zum Besseren unter dem allerdings despotischen +Karl Eugen+
(1737–1793), der 1770 die Karlsschule gründet. Prinz +Eugen+ von
Württemberg (1788 bis 1857) trat früh in russische Kriegsdienste,
erprobter Heerführer in den Befreiungskriegen. Herzog +Friedrich+
(1797–1816) wird 1803 Kurfürst (S. 320), 1806 +König+ (S. 324); seine
Nachfolger +Wilhelm I.+ (1816–1864), +Karl I.+ (1864–1891), +Wilhelm
II.+ seit 1891.

~Baden~, Markgrafschaft im alten Herzogtum Schwaben. Die Grafen von
+Zähringen+ nannten sich seit 1112 Markgrafen von Baden. Teilung 1535
in die beiden Linien Baden-Baden und Baden-Durlach. +Ludwig Wilhelm+
von Baden-Baden (reg. 1677–1707) zeichnet sich als Feldherr in den
Türkenkriegen aus, leistet 1693 und 1702–1704 den Franzosen rühmlich
Widerstand (S. 265 f.). +Karl Friedrich+ von Baden-Durlach (1738 bis
1811) erbt nach dem Aussterben der andern Linie 1771 deren Besitz,
sorgt für gute Verwaltung, erhält 1803 den rechtsrheinischen Teil
des früheren Kurfürstentums +Pfalz+ (Heidelberg und Mannheim, S.
320, vgl. S. 340), wird 1806 +Großherzog+ (S. 324). Seine Nachfolger
+Karl+ (1811–1818), +Ludwig+ (1818 bis 1830), +Leopold+ (1830–1852),
+Friedrich I.+ (1852–1907), ein hervorragender Herrscher und
Mitbegründer des Deutschen Reiches. Seit 1907 +Friedrich II.+

~Hessen~, ein Teil des alten Herzogtums Franken, kam 1130 an die
Landgrafen von Thüringen und bildete nach deren Aussterben 1247 eine
eigene +Landgrafschaft+; erster Landgraf +Heinrich v. Brabant+,
Residenz Kassel. Seine Nachkommen vergrößern das Gebiet. +Philipp der
Großmütige+ (1509–1567) Beschützer der Reformation; von seinen Söhnen
stammen die beiden Linien Hessen-+Kassel+ und Hessen-+Darmstadt+;
ein Zweig der letzteren regierte 1622–1866 in Hessen-+Homburg+. Die
Landgrafschaft Hessen-Kassel, 1803 zum Kurfürstentum erhoben, wird
1866 mit Preußen vereinigt, ebenso Hessen-Homburg. Landgraf Ludwig X.
von Hessen-Darmstadt wird 1806 Großherzog (Ludwig I.), erhält 1815 ein
ansehnliches linksrheinisches Gebiet. Großherzog +Ludwig III.+ tritt
1866 einen Grenzstrich an Preußen ab, schließt sich dem Norddeutschen
Bunde an. Seine Nachfolger +Ludwig IV.+ (1877–1892), +Ernst Ludwig+
seit 1892.

~Mecklenburg~. Die Nachkommen des Wendenfürsten +Niklot+ (S. 180)
teilen sich 1229 in mehrere Linien; durch Aussterben der jüngeren
Linien wird im 15. Jahrhundert das Land wieder vereinigt. +Albrecht
II.+ wird 1348 +Herzog+, erwirbt 1359 die Grafschaft +Schwerin+. Sein
Sohn Albrecht III. 1364–1389 König von +Schweden+ (S. 215). Stiftung
der Universität +Rostock+ 1419, Einführung der Reformation 1523–1540.
Teilung in die Linien Schwerin und Güstrow 1621. +Wallenstein+ Herzog
1628–1630. Teilung in die Linien +Schwerin+ und +Strelitz+ 1701. Beide
Landesteile werden 1815 vom Wiener Kongreß als +Großherzogtümer+
anerkannt. Großherzog +Friedrich Franz II.+ von Mecklenburg-Schwerin
Feldherr im Kriege 1870/71. Seit 1897 +Friedrich Franz IV.+ in
Schwerin; in Strelitz seit 1904 +Adolf Friedrich.+

~Oldenburg~, Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen, vergrößert durch
Kämpfe mit den +Friesen+, 1667–1773 mit +Dänemark+ vereinigt, 1773
Herzogtum (s. S. 292), 1810–1813 französisch, 1815 Großherzogtum. Seit
1900 +Friedrich August.+

~Die sächsischen Herzogtümer~, entstanden aus dem Erbe, das 1547 der
+Ernestinischen+ Linie des Hauses +Wettin+ verblieb. Herzog +Bernhard+
von +Sachsen-Weimar+ (1604–1639) einer der berühmtesten Helden des
Dreißigjährigen Krieges (S. 257f.) +Weimar+ seit 1815 Großherzogtum;
Großherzog +Karl August+ 1775–1828, +Karl Alexander+ 1853–1901. Seitdem
+Wilhelm Ernst+. In Sachsen-Altenburg seit 1908 +Ernst II.+; in
Sachsen-Koburg-Gotha seit 1900 +Karl Eduard+ in Sachsen-Meiningen seit
1866 +Georg II.+

~Herzogtum Braunschweig~, ein Teil des Gebietes, das 1235 dem
+Welfenhause+ verblieb (S. 184, 188). Teilungen der Linien Braunschweig
und Lüneburg 1267, 1409, 1635. Das Lüneburger Gebiet 1692 zum
Kurfürstentum +Hannover+ erhoben, 1866 mit Preußen vereinigt. Aus
der Braunschweiger Linie sind eine Reihe von berühmten Heerführern
hervorgegangen: Herzog +Christian+ (1599–1626) kühner Heerführer im
Dreißigjährigen Kriege (S. 254f.), Herzog +Ferdinand+ (1721–1792)
preußischer Generalfeldmarschall unter +Friedrich dem Großen+ (S.
287ff.), Herzog +Karl Wilhelm Ferdinand+ (1735–1806), Neffe des
vorigen, Oberbefehlshaber des preußischen Heeres 1792–1794 (S. 313f.)
und 1806 (S. 325f.), Herzog +Friedrich Wilhelm+ (1771–1815), Sohn
des letzteren, bekannter Held der Freiheitskriege (S. 330, 342). Mit
dessen Sohn. Herzog +Wilhelm+ (1806 bis 1884), starb die Linie aus.
Regentschaft s. S. 395.

~Herzogtum Anhalt~, entstanden aus Grenzmarken des alten Herzogtums
Sachsen. +Otto der Reiche+, Graf von Aschersleben und Ballenstedt,
† 1123, sein Sohn +Albrecht der Bär+ (S. 179f.). Von dessen älterem
Sohne Otto stammen die Brandenburgischen Askanier (bis 1320), von
dem jüngeren Sohne Bernhard die Herzöge von Sachsen-Wittenberg und
Sachsen-Lauenburg (ausgestorben 1422 und 1689) und das fürstliche Haus
+Anhalt+, welches sich in mehrere Linien teilt. Hauptteilung 1603:
Dessau, Bernburg, Zerbst, Cöthen. Die Linie Zerbst stirbt 1793 aus,
Cöthen 1847, Bernburg 1863. Herzogtümer seit 1806 und 1807; zu +einem+
Herzogtum vereinigt 1863. Fürst +Christian+ (1568–1630) s. S. 254.
Fürst +Leopold+ (1693–1747) preußischer Feldherr (S. 273, 284), Leopold
+Friedrich Franz+ (1751–1817), Begründer des Philanthropins in Dessau
1774, des Parks zu Wörlitz 1796. Seit 1904 Friedrich II.

~Fürstentümer Schwarzburg,~ hervorgegangen aus der alten Landgrafschaft
Thüringen. Teilung der Grafschaft Schwarzburg 1599 in die Gebiete
+Sondershausen+ und +Rudolstadt,+ Erhebung der Grafen in den
Fürstenstand 1697 und 1709. Seit 1909 beide Länder durch Personalunion
vereinigt. Fürst +Günther+ von Schw.-Rudolstadt seit 1890.

~Fürstentümer Reuß,~ entstanden aus dem einst zu Thüringen gehörigen
Besitz der Reichsvögte von Plauen, Weida und Gera. Teilung 1564,
Hauptlinien +Greiz+ und +Gera+. Erhebung in den Fürstenstand 1778 u.
1790. In Greiz (ä. L.) Fürst +Heinrich XXIV.+ seit 1902, in Gera (j.
L.) Fürst +Heinrich XIV.+ seit 1867; Regent für beide Staaten Erbprinz
+Heinrich XXVII.+ (j. L.)

~Fürstentümer Lippe,~ Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen. Teilung
1603, Linien +Detmold+ und +Bückeburg+; die letztere erbt 1640 die
Grafschaft +Schaumburg+. Graf +Wilhelm+ von Schaumburg-Lippe († 1777)
Erbauer der Festung +Wilhelmstein+ im Steinhuder Meer und Gründer einer
berühmten Kriegsschule (s. S. 303). Erhebung in den Fürstenstand 1720
und 1807. In Lippe Fürst +Leopold IV.+ aus der +Biesterfelder+ Linie
seit 1904; in Schaumburg-Lippe Fürst +Adolf+ seit 1911.

~Fürstentum Waldeck,~ Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen. 1712
Fürstentum. Graf +Georg Friedrich v. Waldeck+ († 1692), Staatsmann
und Feldherr im Dienste des Großen Kurfürsten von Brandenburg. Durch
Vertrag von 1868 ist die Verwaltung des Landes an Preußen übertragen.
Seit 1893 Fürst +Friedrich+.

~Die drei Hansestädte~ (S. 200 f.), seit 1630 nach dem Aufhören des
Hansebundes besonders verbündet, 1815 als Freie Städte Mitglieder des
Deutschen Bundes (vgl. S. 320).

~Elsaß-Lothringen.~ +Elsaß+ ein Teil des alten Herzogtums Schwaben;
+Straßburg+ 1205 freie Reichsstadt. Die österreichischen Besitzungen
im Elsaß kommen 1648 an Frankreich, Straßburg 1681, die letzten noch
deutschen Teile des Elsaß 1792. Das ganze Elsaß ~1870~ wieder gewonnen.
+Lothringen+ altes Herzogtum des deutschen Reiches, seit 1431 unter
einer französischen Dynastie (S. 205); +Metz+ seit dem 13. Jahrhundert
freie Reichsstadt, 1552 von den Franzosen besetzt. Ganz Lothringen
1766 französisch (S. 279), der östliche Teil ~1870~ wieder gewonnen.
Betreffs der Regierung des Landes s. S. 392, 397.



Namen- und Sachregister


 B. = Bündnis.
 Bl. = Belagerung.
 Br. = Brandenburg.
 D. = Deutschland.
 Dn. = Dänemark,
 E. = England.
 Erzb.= Erzbischof, Erzbistum.
 f. = folgende Seite.
 F. = Friede.
 Fr. = Frankreich.
 Gr. = Große.
 Grh. = Großherzog, Großherzogtum.
 H. = Haus.
 Hz. = Herzog, Herzogtum.
 K. = König, Königin.
 Kapit. = Kapitulation.
 Kf.= Kurfürst, Kurfürstentum.
 Kgr. = Königreich.
 Ko. = Kongreß, Konferenz.
 Konz. = Konzil.
 Kr. = Krieg.
 Ks. = Kaiser, Kaiserin.
 Ö. = Österreich.
 P. = Papst.
 Pr. = Preußen.
 R. = Rußland.
 Rchst. = Reichstag.
 S. = Schlacht.
 Schw. = Schweden.
 Sp. = Spanien.
 St. = Stammtafel.
 V. = Vertrag.
 W. = Waffenstillstand.

 ~A.~

 Aachen 153–155. 159. 162 f. 180. 187. 189 f. 195. 228. 230;
   F. 262;
   F. 284. 314. 345, Ko.
 Abbassiden 150. 172.
 Abd-el-Kader 354.
 Abdurrahman 150. 171. 420.
 Abessinien 302. 406. 412.
 Åbo F. 292.
 Abu-Bekr 149.
 Abukir S. 317.
 Abuscher 419.
 Abydos 31. 52, S. 59.
 Achäer 23. 28. 31 f. 45. 58 f. 97.
 Achäischer Bund 68. 95–97. 98.
 Achaja 28. 33. 40. 48;
   röm. Prov. 98. 122, 176, Hz.
 Achämeniden 19.
 Ackergesetze 78. 81 f. 100 f. 110 f.
 Actium S. 47. 120.
 Adalbert v. Bremen 166.
 -- v. Prag 162.
 Adelheid Ks. 158. 160. 162.
 Adolf v. Nassau 196.
 -- Fr. K. v. Schw. 292
 -- v. Lippe 438.
 Adrianopel 175. 218;
   F. 347, S. 136 f. 140.
 Aedilen 77. 81. 96.
 Aegat. Inseln S. 88.
 Aegina 25. 28. 37–41. 44. 48.
 Aigospotamoi S. 53.
 Aegypten 3–6. 9 f. 11. 19–21. 24. 31. 44 f. 57. 60. 63. 94. 97.
       115 f. 119;
   röm. Prov. 120. 122. 134;
   im Mittelalter 149. 172. 175. 178;
   in der Neuzeit 219. 316. 319. 353, 405–409.
 Aemilius Paulus 90. 96.
 Aeneas 27. 71.
 -- Silvius 205.
 Aeoler 23. 28. 38.
 Aequer 70. 77 f. 80.
 Aeschines 58. 62. 70.
 Aeschylos 47.
 Aëtius 142.
 Aetoler 28. 68. 91, 95 f.
 Afghanistan 172. 353. 406. 407. 419 f.
 Africa, röm. Prov. 98. 105. 116. 119. 122. 133. 135. 142.
 Agadir 405.
 Agamemnon 27.
 Agathokles 67. 87.
 Agbatana 18 f. 61. 62.
 Agesilaos 56 f.
 Agis 29. 51. 53. 62. 68.
 Agricola 128 f.
 Agrigent, Akragas 32. 37. 47. 87.
 Agrippa 77. 119. 123.
 Agrippina 123. 125 f.
 Akkon 175. 177 f. 314.
 Akropolis 33. 36. 41. 43. 46. 54.
 Alalia S. 14. 32.
 Alamannen 132–135. 137. 139. 143. 150.
 Alanen 134. 140 f.
 Alarich 140 f. 144.
 Alaska 302. 417.
 Alba Hz. 232. 243.
 -- Longa 71 f.
 Albert K. v. Sachsen 384. 435.
 Albert v. Koburg 353.
 -- K. v. Belgien 410.
 Albertus Magnus 178.
 Albigenser 191.
 Alboin 144.
 Albrecht I. K. v. D. 196 f.
 -- II. 205. 218.
 -- Achilles 206. 428.
 -- d. Bär 179 f. 415. 427.
 -- Erzh. 379.
 -- Hz. v. Meckl. 215. 437.
 -- Hz. V. Pr. 228. 429.
 -- Prinz v. Pr. 395. 437.
 Albuquerque 222.
 Alcuin 154.
 Alesia Bl. 112.
 Alessandria 183.
 Alexander K. v. Mak. 38. 41.
 -- d. Gr. 14. 21. 58–62.
 -- III. P. 183. 193.
 -- VI. 240.
 -- I. Ks. v. R. 319. 323. 326. 328. 331 f. 334. 339. 343. 347.
 -- II. 366. 369. 399 ff.
 -- III. 400. 402.
 -- v. Bulgarien 414 f.
 -- v. Parma 238. 243.
 -- v. Pherä 56.
 -- v. Serbien 399. 414.
 -- Severus Ks. 133.
 Alexandria 60. 65. 97. 115 f. 128. 131. 136. 149. 177. 316. 406.
 Alexei 269. 294.
 Alexius Ks. 172.
 Alfons K. v. Kastilien 171. 189. 194. 214.
 -- K. v. Neapel 211.
 -- K. v. Sp. 413 ff.
 Alfred d. Gr. 170.
 Algeciras 405.
 Algier 232. 348. 354. 369.
 Ali 149.
 Aliso 124.
 Alkassar S. 245.
 Alkibiades 50–52. 54.
 Alkmäoniden 34. 36.
 Alkmar Kapit. 318.
 Allia 8. 80.
 Alsen 268. 373 f.
 Altenburg 197. 206. 227;
   Hz. 378. 437.
 Altmark 161. 427.
 Altranstädt F. 275.
 Amberg S. 315;
 Ambrosius 137.
 Amerigo Vespucci 222.
 Amiens F. 320, S, 387.
 Ampfing S. 198.
 Amphiktyonien 31. 33. 57–59.
 Amphipolis 46. 57. 99;
   S. 49.
 Amphissa 59.
 Amsterdam 244. 263.
 Anakreon 38.
 Anaxagoras 47.
 Ancus Marcius 72.
 Andernach S. 156. 159.
 Andreas K. v. Ung. 177. 217.
 Angelsachsen 142. 145. 151. 154. 159. 169. 192.
 Anglikan. Kirche 246. 249. 270.
 Angora S. 218.
 Anhalt Hz. 180. 231. 437.
 Anjou 190. 209.
 -- H. in E. 192;
   in Neapel 190. 205. 211;
   in Ungarn 217.
 Anna Boleyn 245.
 -- v. Bretagne 235.
 -- K. v. E. 298.
 -- Ks. v. R. 294.
 Ansbach 290. 323. 340. 428. 429. 432. 434.
 Ansgar 154.
 Antalkidas F. 55.
 Antigonos 60. 63 f. 66
   bis 68.
 Antiochia 65. 125. 130
   bis 132. 174. 177.
 Antiochos 65. 95. 97. 100.
 Antipater 59. 62–64.
 Anton v. Navarra 236.
 -- K. v. Sachsen 435.
 Antoninus Pius Ks. 9. 130.
 Antonius C. 110.
 -- M. 115–120.
 Antwerpen 243. 350.
 Apelles 69.
 Apia 426
 Appius Claudius 79. 84. 86. 101.
 Apulien 85. 90 f. 93. 161. 163. 165. 173. 189.
 Aquae Sextiae 101;
   S. 104.
 Aquileja 94. 133. 137. 142. 176;
   S. 138.
 Aquitanien 111 f. 122. 146. 155. 170.
 Araber 148–150. 156. 171. 215.
 Arabia röm. Prov. 129.
 Arabi Pascha 406.
 Aragon 171. 190. 194. 214 f.
 Aranda 303.
 Aratos 68.
 Arausio S. 103.
 Arbela S. 60.
 Arbogast 138.
 Arcadius Ks. 138. 149.
 Archelaos 54. 105.
 Archidamos 48. 66.
 Archilochos 38.
 Archimedes 92.
 Archonten 33–36. 39. 44.
 Arcis-sur-Aube S. 338.
 Arcole S. 315.
 Arelat. Kgr. 158. 164.
 Areopag 33. 35. 44.
 Arginusen S. 53.
 Argonauten 26.
 Argos 24. 26. 28. 32 f. 43. 50. 55. 58. 69. 86.
 Arianismus 136. 142 f.
 Arier 15–17. 24.
 Arion 38.
 Ariovist 111.
 Aristagoras 20.
 Aristarchos 70.
 Aristides 39. 41 f. 43.
 Aristodemos 28. 32. 76
 Aristogeiton 36.
 Aristomenes 32.
 Aristophanes 47.
 Aristoteles 59. 70. 172.
 Arkadien 23. 28. 56. 59. 140.
 Arles 143. 184. 200.
 Armada 244. 247.
 Armagnacs 205. 208.
 Armenien 9. 15. 65. 108. 116. 119. 123. 125. 127;
   röm. Prov. 129;
   in der Neuzeit 401. 415.
 Armin 124 f.
 Arminianer 244.
 Arnold v. Brescia 182.
 Arnulf Ks. 157.
 -- Hz. v. Bayern 159.
 Arpaden 217.
 Arras 387, F. 209.
 Arsakiden 65.
 Artaphernes 39.
 Artaxata 108. 127.
 Artaxerxes I. 21. 43.
 -- II. 21. 54.
 -- III. 21.
 Artemision S. 40.
 Artevelde 207.
 Artois 229. 262. 307.
 Aschaffenburg S. 378.
 Asculum S. 86.
 Asia röm. Prov. 101. 104 f. 119. 122 f.
 Askalon S. 174.
 Askanier 179. 184. 189. 198. 204. 427 f. 437 f.
 Asow 269. 275. 295.
 Aspern S. 329.
 Assignaten 308. 311. 312.
 Assyrien 7–10. 12. 18. 129.
 Asturien 123. 149. 171.
 Athaulf 141.
 Athen 25 f. 28. 33–59. 62 f. 67. 69 f. 85. 99. 105. 110. 119. 130.
       176. 219. 304. 347.
 Athos 38.
 Atschin 410.
 Attila 142.
 Augsburg 123. 150. 164. 167. 190. 227. 233. 257. 320. 324. 378;
   B. 264;
   F. 233. 260;
   Rchst. 230;
   S. 160.
 August II. K. v. Polen 266. 274–276. 285. 424.
 -- III. 279. 285. 295 f. 435.
 Augustinus 132. 141. 145.
 Augustus Ks. 121–125.
 Aurelianus Ks. 134.
 Austerlitz S. 323.
 Australien 244. 302. 406. 409.
 Austrasien 146 f.
 Avaren 144. 148. 153. 158.
 Aversa 165.
 Avesta 17.
 Avignon 196. 199 f. 203. 207. 211. 315. 339.
 Azincourt S. 209.


 ~B.~

 Babenberger 157. 162. 180. 196.
 Babylon 7–11. 18–20. 60. 62. 64.
 Baden F. 274.
 -- Markgr. 190. 196. 254;
   Kf. 320. 323.
 -- Grh. 324. 345. 359. 375. 378. 436.
 Badeni 398.
 Bagdad 150. 172. 196.
 Bagdadbahn 416.
 Bajazet 218.
 Bakchiaden 33. 72.
 Baktrien 17. 61. 65. 149.
 Balboa 223.
 Balduin 174. 176.
 Bamberg 160. 163. 179. 257. 320.
 Banér 257.
 Bar, Konföd. 296.
 Barcelona 141. 152. 171. 194. 413.
 Barnet S. 214.
 Barneveld 244.
 Bar-sur-Aube S. 338. 371.
 Bartholomäusnacht 237.
 Basel 151. 164. 231. 234. 339;
   F. 314;
   Konz. 204. 236.
 Bastille 307.
 Bataver 128.
 Batav. Rep. 314. 320. 324.
 Bauernkrieg deutscher 228;
   engl. 212;
   frz. 208.
 Bautzen S. 334.
 Bayard 229. 235.
 Bayern Hz. 146. 152. 158. 160. 162 f. 165. 167. 179 bis 182. 184.
       186. 189. 252. 254. 434.
 -- Kf. 255. 257–259. 272 bis 274. 280 f. 289 f. 320. 434.
 Bayern Kgr. 323 f. 336. 340 f. 345. 356. 364. 375. 378 f. 382. 390.
       392. 428. 434 f.
 Baylen Kapit. 328.
 Bayrische Markgr. in Br. 178–200. 428.
 Bazaine 371. 382–384. 403.
 Beaugency S. 386.
 Beauharnais 314. 321. 331.
 Beaumont S. 384.
 Beaune la Rolande S. 386.
 Behanzin 404.
 Belfort 388 f. 391.
 Belgien 243. 290. 313. 319. 340–342;
   Kgr. 350. 396. 410.
 Belgrad 218. 219. 278. 297;
   F. 279.
 Belisar 144.
 Belle-Alliance S. 342.
 Benedek 376 f.
 Benedikt 145.
 -- P. 160. 203.
 Benevent S. 86. 190.
 -- Hz. 145. 151 f. 161. 163.
 Berengar 157. 160.
 Beresina 333.
 Berg Hz. 252. 289. 324. 336.
 Bergen 201, S. 287.
 Berlin 200. 267. 285. 288. 325. 329. 332 f. 335. 343. 355 f. 364.
       376. 380. 391. 424. 427. 429. 430 ff.
   Ko. 360. 394. 396. 410.
 Bern 144. 199. 341. 354;
   Ko. 394. 411.
 Bernadotte 323. 330. 332. 334. 337. 363.
 Bernhard v. Askan. 184.
 -- v. Clairvaux 174.
 -- v. Weimar 257 f.
 Bernstorff 292.
 Bernward 168.
 Besançon 111. 182. 196. 264. 388.
 Bethlen Gabor 254 f.
 Bilderstreit 148.
 Bill of rights 271.
 Biron 294 f.
 Bismarck 372. 374. 381. 390. 391. 393–396. 401. 410. 412.
 Bithynien 15. 52. 66. 96. 105. 108. 131. 135.
 Blücher 314. 325. 333 bis 338. 339. 342.
 Bocchus 103. 116.
 Bocholt S. 152.
 Boëmund 173 f.
 Böhmen 139. 156. 158. 162 f. 165;
   Kgr. 183. 196. 197–200. 202–206. 225;
   östr. 225. 251–254. 257 f. 284. 286. 334 f. 376. 398.
 Boleslav 163. 182.
 Bolivar 346.
 Bologna 71. 118. 189. 230. 304. 315. 370.
 Bonaparte 311. 315–317;
   St. 322.
 Bonifacius 176.
 -- VIII. P. 196. 207.
 Bonifatius 141. 151.
 Bordeaux 207. 309. 311. 338. 355. 387. 390.
 Borgia 240.
 Bornhöved S. 187.
 Borodino S. 332.
 Bosnien 219. 255. 398 f. 401.
 Bosporus 20. 31. 105. 109.
 Boston 248. 301.
 Bosworth S. 214.
 Bothwell 247.
 Bourbaki 388 f.
 Bourbon Conn. 229 f.
 -- H. in Fr. 236. 278 f. 305. 309 f. 339;
   St. 349.
 -- in Neapel 279. 305. 324. 342.
 -- in Sp. 274. 303. 339. 351. 413.
 -- Familienpakt 300.
 Bouvines S. 186. 193.
 Bovianum S. 84.
 Boyne S. 272.
 Braganza H. 245. 303.
 Brandenburg 159. 162. 179. 255. 356.
 -- Mark 180. 199. 206. 427 ff.
 -- Kf. 200. 224. 231. 252. 256. 258. 260. 262 f. 265 bis 267.
       427–436.
 Brasidas 49.
 Brasilien 223. 244. 303. 327. 346. 417.
 Braunschweig 186. 190. 200.
 -- Hz. 184. 188. 224. 232. 260. 286. 324. 336. 350. 391. 395. 437.
 Brazza, Brazzaville 403.
 Breisach 258. 260. 264.
 Breitenfeld S. 256. 259.
 Bremen 152. 200. 233. 261. 320. 333. 344. 394.
 -- Erzb. 156. 166. 183. 187. 255;
   Hz. 260. 276 f.
 Brennus 80.
 Brescia 182. 198. 210. 304. 356;
   S. 202. 235.
 Breslau 200. 333. 433. 434;
   F. 281;
   S. 287.
 Bretigny F. 208.
 Brienne 311, S. 337.
 Britannicus 126.
 Britannien 13. 112. 126. 128 f. 132. 135. 142.
 Brömsebro F. 250. 259.
 Brügge 201. 209.
 Brun Erzb. 160 f.
 Brundisium 86. 105. 109. 114.
   V. 119.
 Brunhild 146.
 Brüssel 233. 242. 350.
 Brutus Dec. 118.
 -- L. 73. 75 f.
 -- M. 118 f.
 Buchdr.-Kunst 206. 221.
 Buckingham 248.
 Buddhismus 16 f. 22. 219.
 Bu Hamara 405.
 Bulgarien 148. 172. 194. 400–403. 414 f.
 Bülow Gen. 333. 334–338.
 -- Kanzler 396 f.
 Bundesg.-Kr. 57. 104.
 Buren 406 ff.
 Bürgerkrieg, amerik. 416 f.
 -- engl. 212. 248 f.
 -- frz. 208 f. 237. 306 bis 312. 354 f. 392 f.
 -- röm. 103. 105 f. 114 bis 117. 118–120. 127.
 Bürgerkrieg in der Schweiz 205. 354.
 Burgund 145. 155, Hz. 169. 206. 208. 229.
 -- Kgr. 158. 164 f. 168. 182. 184. 196. 200. 290.
 -- Freigrafschaft 196. 198. 206. 234. 262 f.
 Burgunder 139. 141–143.
 Burkersdorf S. 289.
 Byron 347. 364.
 Byzanz 31. 38. 42. 52. 56. 136.


 ~C.~

 Cabal Min. 270.
 Cabral 222.
 Cadiz 13. 93. 222. 247. 331. 346.
 Caecilius Met. 69. 88. 98. 103. 106.
 Caesar C. Jul. 109–117. 121.
 -- C. u. L. 123.
 -- L. 105.
 Calais 208. 236. 246. 344.
 Calderon 245.
 Caligula Ks. 126.
 Calixtus II. P. 168.
 Calvin 230. 234. 247.
 Cambrai 263, B. 235. 239;
   F. 230.
 Camillus 80. 82.
 Camoëns 223.
 Campanien 70 f. 83. 90. 165.
 Campo Formio F. 316.
 Cannae S. 90.
 Canning 346 f.
 Canossa 167.
 Canovas 413.
 Canterbury 145. 192. 246.
 Canuleius 79.
 Capetinger 169. 191.
 Capodistrias 347.
 Capua 83. 86. 90 ff. 94. 114. 161. 163.
 Caracalla Ks. 132.
 Caracas 346.
 Carnot 314, 410.
 Carrhae S. 113.
 Carus Ks. 135.
 Cassano S. 317.
 Cassius C. 118 f.
 -- Sp. 77 f.
 -- Dio 131.
 Cateau-Cambr. F. 236.
 Catilina 109 f.
 Cato 95 f. 97. 121.
 -- d. jung. 110 f. 116.
 Catullus 121.
 Catulus 88. 104.
 Cavaignac 355.
 Cavour 369 f.
 Censoren 79. 81. 96. 106 f. 122.
 Census 63. 75. 116. 123.
 Centurien 74 f.
 Cervantes 245.
 Cetewayo 406.
 Ceuta 413.
 Ceylon 16. 223. 245. 314. 320. 341. 408.
 Chabrias 56 f.
 Chaironeia S. 59. 105.
 Chalkedon 31. 52. 135 f.
 Chalkidike 31. 55. 57. 94.
 Châlons 382 f., S. 134. 142.
 Chatillon Ko. 338.
 Chersones, taur. 31. 108.
 -- thrak. 36. 46. 52. 58.
 Childerich 150.
 China 21 f. 194 f. 219. 223. 251. 353. 368. 420–422.
 Chios 20. 28. 33. 51. 56 f. 70. 296. 347.
 Chlodwig 143 f.
 Chowaresmier 177. 195.
 Chremonides 67.
 Christentum 23. 124. 131 f. 136. 145. 151. 156. 163. 171. 173.
       224. 306. 312. 415. 426.
 Christenverfolgung 127. 131. 133. 135.
 Christian v. Anhalt 254.
 -- v. Braunschw. 254.
 -- T. K. v. Dn. 216.
 -- II. u. III. 249 f.
 -- IV. 250. 255.
 -- VI u. VII. 292.
 -- VIII. 361.
 -- IX. 373 f. 411.
 Christine K. v. Schw. 250.
 Chulalongkorn 420.
 Cicero 109 f. 113–118. 121.
 Cid 171.
 Cimbern 103.
 Cincinnatus 78. 80.
 Cinna 105.
 Cintra Kapit. 328.
 Cirta 93.
 Cisalpin. Rep. 316 f. 319 f.
 Civilis 128.
 Claudius Ks. 126. 134.
 -- Nero 93. 123. 125.
 -- Pulcher 88.
 Clemens V. P. 207.
 -- VII. 229 f. 241.
 -- XIV. 304.
 Clermont 112. 173.
 Cleve 232. 252. 263. 323. 430.
 Clive 300.
 Clodius 111. 113.
 Cluny 163. 166.
 Cobden 353.
 Colbert 262. 265.
 Cölibat 166.
 Coligny 237.
 Collatinus 73. 75.
 Colombey S. 383.
 Colombia 346. 418.
 Colonne S. 162.
 Colosseum 128.
 Columbus 221 f.
 Comitia cent. 76. 79. 81 f. 105. 117. 125.
 -- cur. 74. 76.
 -- trib. 77. 79. 81 f. 101. 106.
 Commodus Ks. 131.
 Commune v. Paris 310. 392.
 Concini 238.
 Condé 237. 259. 261–263.
 Constantius Ks. 136.
 Constituante 307.
 Cook 302.
 Corday, Charl. 311.
 Cordova 152. 171. 194.
 Corfinium 104. 114.
 Coriolan 78.
 Corneille 239. 265.
 Cornelia 98. 100.
 Corpus iuris 147.
 Cortenuova S. 188.
 Cortez 223 f.
 Coulmiers S. 386.
 Covenant 248.
 Cranmer 246.
 Crassus 107. 109. 111 bis 113. 121. 123.
 Crécy S. 208.
 Cremera S. 78.
 Cremona 89. 94. 127. 187.
 Crespy F. 232.
 Crispi 412.
 Cromwell 248 f. 269 f.
 Cuba 222 f. 300. 418.
 Culloden S. 299.
 Curius Dentatus 85 f.
 Custine 313 f.
 Custozza S. 356. 379.
 Cypern 13. 23. 28. 33. 35. 42. 44 f. 55. 65. 111. 122. 177 f.
       219. 401. 406.
 Czaslau S. 281.


 ~D.~

 Dacien 129. 134. 139. 142.
 Dagobert 147.
 Dahomey 404.
 Dalai Lama 409.
 Damaskus 9. 12. 108. 129. 149 f. 173. 175.
 Damenfriede 230.
 Damiette 177.
 Dampfschiffahrt 344. 424.
 Dandolo 176.
 Dänemark 162. 165. 170. 179 f. 182. 187. 201. 215 f. 234. 249 f. 255.
       268. 274. 276 f. 292. 327. 337. 361 f. 373 f. 411.
 Dänen 153. 158. 162. 169 f.
 Danewerk 153. 162. 373.
 Dante 198. 211.
 Danton 309–312.
 Danzig 201. 249. 296. 326 f. 333. 337. 340.
 Dardanellen 401.
 Dardanos F. 105.
 Dareios I. 19. 38.
 -- II. 21.
 -- III. 21. 60 f.
 Dauphiné 208.
 Davout 323. 325. 333 bis 335. 337.
 Decebalus 129.
 Decemvirn 78 f.
 Decius Ks. 133.
 -- Mus 83. 85.
 Deiotarus 109. 116. 117.
 Dekeleia 51.
 Dekretalen 156. 228.
 Delhi 219. 300. 368. 410.
 Delion S. 49.
 Delos 36. 43. 45.
 Delphi 15. 31. 34. 41. 57. 67. 73.
 Demaratos 37. 40.
 Demetrios v. Phal. 67.
 -- Poliork. 64. 67.
 -- in Rußl. 251.
 Demosthenes 49. 51.
 -- Redner 58. 62 f. 70.
 Denain S. 274.
 Dennewitz S. 335.
 Desiderius 151.
 Dessauer Brücke S. 255.
 Detmold S. 152.
 Dettingen S. 281.
 Deutsch-Brod S. 204.
 Deutsche Flotte 361. 380. 397. 433.
 -- Literatur 140. 144. 154. 168. 186. 234. 285. 291. 329. 364.
 Deutscher Bund 340. 345. 351. 355. 359 f. 372 f. 375.
 -- Krieg 375–379.
 -- Orden 178 f. 217. 320. 429.
 Deutsches Reich 155 bis 168. 179–190. 195–206. 224. 234. 251–261.
       263 bis 267. 274. 278–285. 289–292. 313. 319–321. 324 f.
       358. 390–397. 423 ff.;
   Verfassung 161. 189. 200. 224 f. 260. 266. 320. 391 f. 397.
 Deutsch-frz. Kr. 381 bis 393.
 Devolutionskr. 262.
 Diadochen 63 f.
 Diaz 215. 371.
 Dictatur 76. 90. 99. 106 f. 115.
 Diebitsch 333. 347. 350.
 Dijon 169;
   S. 143. 388 f.
 Diocletian Ks. 135.
 Dionysios I. u. II. 67.
 Direktorium in Fr. 312. 316. 318.
 Dithmarschen 216. 250.
 Döffingen S. 202.
 Doge 176. 210. 240. 304.
 Doggerbank S. 301.
 Domesdaybook 192.
 Dominika S. 301.
 Dominikaner 178. 188. 191. 227.
 Domitian Ks. 128 f.
 Donaufürstentümer 219. 296. 346 f. 365–367. 399 ff.
 Donauwörth 252.
 Don Carlos 242. 351. 413.
 Doria 240.
 Dorische Wanderung 28.
 Doryläum S. 174.
 Drake 246.
 Drakon 34.
 Dreibund 395. 411.
 Dreißigj. F. 45.
 -- Kr. 251–261.
 Dreißig in Athen 53 f.
 Drepana S. 88.
 Dresden 284 f. 288. 333 bis 335. 359. 376;
   F. 284;
   S. 335.
 Drusus 102. 104. 123–126.
 Duchatel 209.
 Duilius 87.
 Dumouriez 314.
 Dünkirchen 262. 270.
 Düppel S. 361. 373.
 Dürer 227.
 Dyle S. 157.
 Dyrrhachium 47. 99. 114;
   S. 115.


 ~E.~

 Eberhard v. Franken 158 f.
 -- v. Württ. 196. 201 f. 226. 435.
 Eckmühl S. 329.
 Edda 171.
 Edessa 65. 132. 134. 174.
 Eduard d. Bek. 170.
 Eduard I.-III. K. v. E. 207. 211 f.
 -- IV. u. V. 212–214.
 -- VI. 246.
 -- VII. 409.
 -- d. schw. Pr. 208. 214.
 Egbert v. Wessex 169.
 Eger 258;
   F. 202.
 Egmont 236. 242 f.
 Eidgenossen 197–199. 224. 237.
 Einhard 154.
 Eisenbahnen 344. 369. 391 f. 394. 397. 411 f. 416 f. 421. 425 f.
 Eknomos S. 87.
 Elagabalus Ks. 132.
 Elam 7–10. 18.
 Elba 188. 210. 320. 339.
 Eleonore v. Poitou 192.
 Eleusis 46. 52.
 Elisabeth K. v. E. 246 f.
 -- Ks. v. R. 284. 288. 295.
 -- Charl. 264. 305.
 Elsaß 142 f. 156. 182. 205 f. 258;
   an Fr. 260. 262. 264. 343;
   wieder deutsch 392. 397. 438.
 Elster S. 167.
 Emanuel K. v. Port. 245.
 Emigranten 307. 313.
 Emin Pascha 407.
 Emir al Omra 172.
 Engelsburg 130. 167. 230.
 Enghien 259. 321.
 England 169 f. 175. 184. 192 f. 201. 204. 207–209. 211–214. 245.
       249. 254. 256. 262. 264. 269–274. 281. 284–288. 298–303.
       314–321. 323. 327 f. 330 f. 334. 339. 341 f. 346–348. 353.
       361–371. 375. 396 f. 399 ff. 405. 406–411. 412. 414. 415.
       417. 419 ff. 422 f.
 Engl. Lit. 212. 272. 302 f. 364.
 Ennius 121.
 Entdeckungen 221–224 302. 365.
 Enzio 188 f.
 Epameinondas 56 f.
 Ephesos 15. 28. 37. 66. 95. 105. 131.
 Ephialtes 40. 44.
 Ephoren 29. 43. 68.
 Epigonen 26.
 Epikur 70.
 Epimenides 34.
 Epirus 27. 43. 66 f. 85 f. 95. 97. 115. 120. 401.
 Erasmus 226.
 Eratosthenes 27. 70.
 Erbfolgekrieg, bayr. 289 f.
 -- österr. 280 f. 284.
 -- span. 272–274.
 Eresburg 152. 159.
 Eretria 20. 39.
 Erfindungen 221. 343 f.
 Erfurt 151. 184. 196. 227. 321. 325. 327. 337;
   Ko. 328;
   Parl. 360.
 Ernestiner 227. 233. 435.
 Ernst August 266. 351. 395.
 -- v. Schwaben 164.
 Erwin v. Steinbach 190.
 Erzämter 147. 159. 200.
 Espartero 351.
 Essex 142. 247.
 Este H. 166. 210. 239. 304.
 Estland 215. 217. 249. 276 f.
 Etrurien 71. 88. 110.
   Kgr. 319. 327.
 Etrusker 71. 73. 76–78. 80. 84. 104. 120.
 Eugen v. Savoyen 266. 273. 278 f.
 -- v. Württemberg 436.
 Eukleides 54. 70.
 Eumenes 63. 66. 97.
 Eupatriden 26. 33. 37.
 Euripides 47.
 Eurymedon S. 43. 95.
 Exarchat 144. 145.
 Eylau S. 326.
 Ezzelino 188.


 ~F.~

 Fabier 78.
 Fabius Cunct. 90. 92.
 -- Rullianus 84 f.
 Fabricius 86.
 Faschoda 404.
 Fatimiden 172 f.
 Fehrbellin S. 263. 431.
 Femgerichte 190. 205.
 Ferdinand I. Ks. 225. 230 f. 252.
 -- II. 253–258.
 -- III. 259.
 -- I. Ks. v. Ö. 351. 356. 357.
 -- d. Kathol. 214 f. 239 f. 241.
 -- IV. K. v. Neapel 305. 317.
 -- VII. K. v. Sp. 327. 339.
 -- v. Braunschw. 287 bis 289.
 -- v. Bulgarien 415.
 Ferrara 210. 239. 304.

 Fiesco 240.
 Fimbria 105.
 Finnland 256. 276 f. 294. 330.
 Firdusi 172.
 Flamininus 95.
 Flaminius 90.
 Flandern 156. 173. 193. 207–209. 229. 242. 262.
 Fleurus S. 265. 314.
 Fleury 305.
 Florenz 198. 210 f. 240. 370;
   Konz. 218.
 Florida 300. 302.
 Fontenoy S. 155. 284.
 Franken 134. 139. 142. 144.
 -- Hz. 157. 159 f. 165. 183. 257 f.
 Frankenhausen S. 229.
 Frankenreich 143. 145 bis 147. 150–156.
 Frankfurt a. M. 180. 186. 190. 195. 224. 254. 257. 281. 313. 324;
   Bundestag 340. 345. 351. 355. 360. 372. 375. 378;
   Parl. 358;
   Ko. 372;
   F. 391.
 Fränkische Ks. 157. 164 bis 168.
 Franklin 300.
 Frankreich 155. 159. 162 f. 169. 173. 177. 191. 205. 207–209.
       229 f. 232 f. 234–239. 255 f. 258 bis 265. 272–274. 278–280.
       284–289. 297. 301. 305 bis 343. 347–349. 353 bis 355. 365–371.
       379 bis 393. 397. 402–405. 420;
   Kaiserreich 321. 355;
   Rep. 310. 385–405.
 Franz I. Ks. 284.
 -- II. 313. 325. 334. 336.
 -- I. K. v. Fr. 229. 232. 235 f.
 -- II. 236.
 -- II. K. v. Neapel 370.
 -- Joseph Ks. v. Ö. 357. 369. 372. 377. 398 f.
 -- v. Guise 233. 236 f.
 -- Sforza 210.
 Franz. Lit. 239. 265. 305 f. 363 f.
 Freiberg S. 289.
 Freiburg 196. 221. 263 f.
 Freiheitskrieg, deutscher 333–339.
 -- griech. 346 f.
 -- niederl. 242 f.
 -- amerik. 300–302.
 Friedland 255;
   S. 326.
 Friedrich I. Ks. 175. 180–185.
   II. 177. 186–189.
 Friedrich III. 205 f.
 -- v. Baden 190.
 -- Grh. v. Baden 436.
 -- v. Meißen 196 f. 204.
 -- v. Nürnb. 195. 203 f. 428.
 -- v. Öst. 188. 190. 198. 203.
 -- v. d. Pfalz 206. 254.
 -- v. Staufen 167. 179.
 -- d. Weise 227 f.
 -- I. Kf. v. Br. 204. 428.
 -- II. 428.
 -- I. K. v. Pr. 267. 272 bis 276. 431 f.
 -- II. d. Gr. 280–290. 432.
 -- III. 395. 434.
 -- I u. II. K. v. Dn. 250.
 -- III. 268.
 -- IV. 274. 292.
 -- VII. 361 f.
 -- VIII. 411.
 -- K. v. Schw. 277. 292.
 -- Aug. K. v. Sachsen 326. 333. 336. 435.
 -- Franz Grh. v. Meckl. 378. 385 ff. 437.
 -- Karl 376. 382–387.
 Friedr. Wilh. d. Gr. Kf. 244. 259. 262 f. 265 bis 267 f. 430 f.
 -- -- I. K. v. Pr. 276. 279. 431 f.
 -- -- II. 291. 313. 421. 432 f.
 -- -- III. 316. 323–328. 332–339. 342. 343. 364. 433.
 -- -- IV. 353. 355 f. 359 f. 364. 367. 371. 433.
 -- -- Kronprinz 376 ff. 382 ff. 434.
 -- -- v. Braunschweig 330. 342. 437.
 Friesland 139. 151. 156.
 Fronde 261.
 Frundsberg 229.
 Fulda 151. 154.
 Fürstenbund 291.
 Fürstenwalde 288;
   V. 200.
 Füßen F. 284.


 ~G.~

 Gadebusch S. 276. 335.
 Gades 13. 93. 114.
 Gaëta 227. 370.
 Galater 66. 96. 109.
 Galba Ks. 127.
 Galerius Ks. 135.
 Galilei 227. 240.
 Galizien 296. 298. 330. 340.
 Gallas 258.
 Gallia cisalpina 71. 82. 89. 94, 99. 118.
 Gallier 80. 82. 89 f. 111 bis 113. 123. 128.
 Gambetta 385 f. 388. 390. 403.
 Garibaldi 370. 381. 388 f.
 Garigliano 153;
   S. 235.
 Gasnaviden 172. 195.
 Gastein V. 374.
 Gelon 37. 41. 50.
 Genf 165. 231. 247. 316. 341. 417;
   V. 374.
 Genserich 141.
 Gent 209. 231. 341;
   V. 243.
 Genua 93. 175 f. 198. 210. 221. 240. 264. 303 316. 321. 341.
 Georg I. K. v. E. 299.
 -- II. 281. 299.
 -- III. 300.
 -- IV. 346.
 -- V. 410.
 -- V. K. v. Hann. 378.
 -- Podiebrad 206.
 -- Wilh. v. Br. 256. 430.
 -- I. v. Gr. 415.
 Gepiden 142. 145.
 Geraischer Vergl. 429.
 Gerbert 162.
 Gergovia Bl. 112.
 Germanen 13. 103 f. 111 f. 124 f. 134 f. 139–147.
 Germanicus 125.
 Gero 159 f. 427.
 Gerson 204.
 Geusen 242.
 Ghibellinen 180. 188. 198.
 Gibraltar 149. 273 f.;
   Bl. 301.
 Girondisten 309–312.
 Giselbert 158 f.
 Gitschin S 376.
 Gjedser 411.
 Gladstone 409.
 Gneisenau 326. 334. 342.
 Godoy 315. 327.
 Goethe 291.
 Goldene Bulle 200. 217.
 Göllheim S. 196.
 Gonsalvo 235.
 Gordianus Ks. 133.
 Gordon 269. 407.
 Gorgias 50.
 Görz 276 f.
 Goslar 158. 164. 165. 168. 182. 190. 321. 340.
 Goten 132 f. 139–144.
 Gotha 233. 252. 285 f. 360.
 Gottesfriede 165. 167. 169.
 Gottfried v. Anjou 192.
 -- v. Bouillon 173 f.
 -- v. Lothringen 165.
 Göttingen 163. 285. 344. 351.
 Gracchen 100. 103.
 Granada 194. 214 f. 221.
 Granikos S. 60.
 Granson S. 206.
 Granvella 242.
 Gratianus Ks. 137.
 Gravelingen S. 236.
 Gravelotte S. 384.
 Gregor I. P. 145.
 -- V. 162.
 -- VII. 166 f.
 -- IX. 187 f.
 -- XIII. 241.
 Griechenland 15. 20. 23. 28. 31. 47. 59. 66. 95. 97. 99. 105 f.
       127. 136. 148. 218;
   Kgr. 346. 415.
 Griech. Kirche 156. 170. 176. 218.
 -- Kunst u. Lit. 28. 37. 46. 69 f. 131. 147. 218.
 Grochow S. 350.
 Großbeeren S. 335.
 Groß-Görschen S. 334.
 Großjägersdorf S. 286.
 Großmogul 219. 300.
 Grotius 244.
 Grumbach 252.
 Guam 418. 426.
 Guelfen 181. 189. 198.
 Guesclin 208.
 Guisen 236–238.
 Guizot 353. 364.
 Günther v. Schwarzb. 199
 Gustav Wasa 249.
 -- II. Adolf 249. 256 bis 258. 430.
 -- III. 294.
 -- IV. 327.
 -- V. 411.
 Gutenberg 206.
 Gyges 15.
 Gylippos 50.


 ~H.~

 Haag V. 276;
   Ko. 402.
 Habeasc.-Akte 271.
 Habsburg H. 195 f. 205 bis 207. 253. 272;
   St. 225. 282. 357.
 Hadrian Ks. 130.
 -- IV. P. 182.
 -- VI. 241.
 Hakon VI. K. v. Norw. 215.
 -- VII. 411.
 Haliartos S. 55.
 Halle 153. 164. 233. 267. 325. 365.
 Hallue S. 387.
 Hamburg 154. 156. 160. 184. 187. 200. 259. 320. 333 f. 344. 394.
       424. 426.
 Hamilkar 88 f.
 Hampden 248.
 Hamurrabi 8.
 Hanau S. 336.
 Hannibal 89–94. 96.
 Hannover Kf. 266. 276. 286. 291. 321–325. 331. 336;
   Kgr. 341. 351. 359 f. 379. 375. 377–379.
 Hanse 200. 215 f. 246. 249. 261.
 Hansestädte 200. 255. 320. 331. 351. 394. 438.
 Harald K. v. E. 170.
 Hardenberg 328. 343.
 Harun al R. 150. 153.
 Harzburg 166. 186.
 Hasdrubal 88. 91. 93.
 Hase S. 152.
 Hastenbeck S. 286.
 Hastings S. 170.
 Hatto v. Mainz 157.
 Hausmeier, s. Major domus.
 Haynau 356. 358.
 Hedschra 148.
 Heidelberg 182. 189. 202. 226. 234. 265. 320. 436.
 Heilbronn 180. 265. 321;
   B. 257.
 Heilige Allianz 343.
 H. Berg 77.
 -- Krieg 33. 57.
 H. Liga 235 f. 237.
 Heinrich I. K. v. D. 158.
 -- II. Ks. 163.
 -- III.-V. 165–168.
 -- VI. 185.
 -- VII. 197.
 -- I.-III. K. v. E. 192 f.
 -- IV.-VI. 212.
 -- VII. 245.
 -- VIII. 236. 245.
 -- I. K. v. Fr. 169.
 -- II. 233. 236.
 -- III. u. IV. 237 f.
 -- Hz. v. Bayern 159. 162.
 -- v. Braunschw. 232.
 -- d. Fromme 195.
 -- v. Guise 237.
 -- Jasomirgott 180.
 -- d. Löwe 182–185.
 -- v. Plauen 217.
 -- Prinz v. Pr. 288 f.
 -- Raspe 188.
 -- d. Seefahrer 215.
 -- d. Stolze 179.
 -- v. Trastamara 214.
 -- d. Zänker 160. 162.
 Helena 24. 27. 135 f. 173.
 Helgoland 327. 361. 374. 396.
 Heliaia 35. 44.
 Heloten 29. 32.
 Helvetier 103. 111.
 Helvet. Rep. 316. 319 f.
 Hemmingstedt S. 216.
 Herakleia 31. 66;
   S. 85.
 Herakliden 25. 28.
 Heraklios Ks. 148.
 Hermandad 215.
 Hermann Balk 179.
 -- Billung 159.
 -- v. Salm 167.
 -- v. Salza 178. 187.
 -- v. Thüringen 186.
 -- v. Wied 232 f.
 Herodes 124.
 Herodot 4. 6. 18. 39. 47.
 Herrenhausen V. 278.
 Hessen 151. 157. 188. 224. 229. 231. 257. 260. 281. 286.
       301. 313. 436.
 -- Grh. 324. 337. 355. 375. 379. 391. 436.
 -- Kf. 320. 324. 327. 336. 350. 360. 375. 377. 379. 436.
 Hiero 50. 67. 87. 91.
 Hildesheim 152.168. 321. 340.
 Himera S. 41.
 Hippias 36. 39.
 Hippokrates 48.
 Histiaios 20.
 Hochkirch S. 287.
 Höchst S. 254.
 Höchstädt S. 273.
 Hofer 329 f.
 Hohenfriedeberg S. 284.
 Hohenlinden S. 319.
 Hohenlohe 325 f. 392. 396.
 Hohenstaufen 167 f. 179 bis 190;
   St. 181.
 Hohenzollern 195. 359. 428–434;
   St. 283.
 Holbein 227.
 Holland 189. 199. 205. 209. 242 f. 262. 268. 270. 272. 274.
       301. 314;
   Kgr. 324. 331. 410.
 Holstein 179. 184. 187. 216. 224. 255. 276. 341. 361. 373–375.
 -- Gottorp H. 274. 277. 294. 295;
   St. 293.
 Homer 28.
 Honorius Ks. 138. 141.
 Horatius 76. 79. 122.
 Hubertusb. F. 289.
 Hugenotten 237–239.
 Hugo Capet 169.
 -- v. Francien 160. 169.
 Humanisten 211. 226.
 Humboldt 329. 365.
 Hunnen 140. 142 f.
 Hunyadi 218.
 Hus, Hussiten 204 f. 428.
 Hutten 226. 228.
 Hydaspes S. 61.
 Hyder Ali 300.
 Hypereides 63. 70.


 ~I.~

 Iconium 173. 174.
 Idisiaviso S. 125.
 Idstedt S. 362.
 Ilerda Kapit. 114.
 Illyrien 33. 57. 89. 94. 97. 330;
   röm. Prov. 99. 111. 115. 122. 132. 135. 140.
 Inaros 21. 44.
 Independenten 249. 270.
 Index 241.
 Indien 15–17. 61. 65. 172. 219. 222. 300. 353. 368. 406. 410.
 Ingelheim 155. 161. 168. 182.
 Innocenz II. P. 79.
 -- III. 176. 186.
 -- IV. 188.
 Inquisition 186. 215. 241.
 Interim 233.
 Interregnum 72. 74. 189. 426.
 Invest.-Streit 166–168.
 Ionier 6. 20. 23. 25. 31 f. 37. 42.
 Ionische Inseln 240. 304. 316 f. 341.
 Iphikrates 55.
 Ipsos S. 64. 67.
 Iran 15. 17. 172.
 Irene Ks. 148.
 Irland 192. 247 f. 270. 272. 353. 409.
 Isaak Ang. Ks. 176.
 Isabeau K. 209.
 Isabella v. Kast. K. 214 f. 221. 241.
 -- K. v. Sp. 351. 413.
 Isagoras 37.
 Islam 148. 195.
 Island 171.
 Issos S. 60.
 Italien 32. 62. 66. 70. 84. 86. 89. 94. 98. 103. 119. 122. 134–138;
   im M.-Alter 140. 142–145. 152 f. 155 f. 160–168. 171. 179.
       182–190. 198 f. 210 f.;
   in der Neuzeit 235. 239 f. 273 f. 279. 284. 303 f. 315. 317.
       341. 345. 356. 362. 369.
 -- Kgr. 157. 321. 370. 379. 411.
 Italien, Kunst u. Lit. 211. 241
 Iuba 115–117.
 Ivry S. 233
 Iwan III. Ks. 216
 -- IV. 250
 -- VI. 295 f.


 ~J.~

 Jacquerie 208.
 Jagellonen 217. 250.
 Jägerndorf 253 f. 280 f. 429.
 Jakob I. K. v. E. 247.
 -- II. 271.
 -- d. Prät. 299 f.
 Jakobäa 209.
 Jakobiner 309. 312.
 Jan de Witt 262 f.
 Janitscharen 218. 251. 347.
 Jankau S. 259.
 Japan 22. 219. 223. 251. 368. 410. 420–423.
 Jassy F. 297.
 Jemappes S. 314.
 Jena 233. 345;
   S. 325.
 Jérome Bonap. 326. 336.
 Jerusalem 6. 11 f. 109. 130. 149.
 -- Kgr. 174 f. 177.
 Jesaja 12.
 Jesuiten 231. 251 f. 303. 304. 339. 393. 403.
 Joachim I. Kf. 429.
 -- II. 232. 281. 429.
 -- Friedrich 429.
 Jobst v. Mähren 203. 428.
 Johann K. v. Böhmen 197 f. 208.
 -- II. K. v. Fr. 208.
 -- Hz. v. Burgund 208 f.
 -- ohne Land 193.
 -- Kasimir K. v. Polen 250. 267.
 -- Sobieski K. 266. 268.
 -- XII. P. 160.
 -- XXII. 198.
 -- XXIII. 203.
 -- Erzh. 329. 358 f.
 -- Kf. v. Br. 429.
 -- v. Leyden 231.
 -- Parricida 197.
 -- Albrecht Hz. v. Meckl. 395. 424. 437.
 -- Friedrich Kf. 232. 252.
 -- Georg Kf. 254. 256.
 -- -- v. Jägerndorf 253 f.
 -- -- Kf. v. Br. 429.
 -- Sigismund Kf. 252, 430.
 -- v. Werth 258 f.
 -- Zapolya 230.
 Johanna Grey 246.
 -- K. v. Sp. 225. 241.
 Johanniter 178. 219. 230. 242. 316. 320.
 Joseph I. Ks. 272.
 -- II. 289 f.
 -- K. v. Sp. 324. 327.
 Jourdan 314 f. 317.
 Juan d’Austria 212. 243.
 Juanschikai 422.
 Juarez 371.
 Juden 11 f. 19. 65. 130. 215.
 Jugurtha 103.
 Julia 110. 123 f.
 Julianus Ks. 137.
 Jülich 252. 290. 430.
 Juli-Rev. 348.
 Julius II. P. 240.
 Jungfrau v. Orl. 209.
 Justinian Ks. 144. 147.


 ~K.~

 Kabira S. 108.
 Kairo 149. 172. 177. 316.
 Kaiserslautern 182;
   S. 314.
 Kalabrien 121. 145. 162. 343.
 Kalender 74. 116. 241. 311.
 Kalifat 148 f. 171 f. 195.
 Kalifornien 223. 302.
 Kalisch 298;
   B. 333.
 Kalixtiner 205.
 Kalmar. Union 216.
 Kanada 238. 300.
 Kandia 176. 210. 219. 240. 304.
 Kant 291.
 Kapitol 72. 80. 131.
 Kapland 215. 244. 314. 331. 339. 406. 407.
 Karl d. Dicke Ks. 156. 169.
 -- d. Einf. K. 169.
 -- d. Große Ks. 151–154.
 -- d. Kahle Ks. 156 f. 169.
 -- Martel 147. 150.
 -- IV. Ks., 199–203. 428.
 -- V. 228–234.
 -- VI. 272–274. 278. 280.
 -- VII. 281. 434.
 -- I. K. v. E. 247 f.
 -- II. 270.
 -- V. u. VI. K. v. Fr. 208.
 -- VII. 209.
 -- VIII. 209. 235.
 -- IX. 236.
 -- X, 348.
 -- IX. K. v. Schw. 249.
 -- X. u. XI. 267 f.
 -- XII. 274 f.
 -- XIII. 330.
 -- XIV. u. XV. 363.
 -- I. K. v. Sp. 241.
 -- II. 272.
 -- III. 303.
 -- IV. 315. 327.
 -- Albert K.  v. Sard. 356. 362.
 -- v. Anjou 190. 196.
 -- Aug. v. Weimar 291. 325. 437.
 -- d. Böse 208.
 -- v. Bourbon 229 f.
 -- Eduard 299 f.
 -- Erzh. 315. 317. 323. 329.
 -- d. Kühne 206. 209.
 -- v. Lothr. 266. 284. 286.
 -- v. Rumänien 399. 414.
 -- Theodor v. d. Pfalz 289 f.
 -- Wilh. Ferd. v. Br. 313. 325. 437.
 Karlowitz F. 266. 304.
 Karlsbad Ko. 345.
 Kärnten 103. 123. 157.
   Hz. 162. 166. 196;
   östr. 198. 225. 253.
 Karolinger 150–158. 169;
   St. 155.
 Karthago 14 f. 19. 41. 67. 82. 87–89. 91. 93 f. 98. 102.
       117. 141. 149.
 Kasimir K. v. Polen 216.
 Kassander 64 f. 67.
 Kastilien 171. 194. 215 f. 221. 273.
 Katalaun. F., S. 142.
 Katharina v. Aragon 245.
 -- v. Medici 236 f.
 Katharina I. Ks. v. R. 274. 294.
 -- II., 295 f.
 Katzbach S. 335.
 Kaukasus 108. 297. 348. 369.
 Kaunitz 285.
 Keilschrift 7. 19.
 Kelantan 409.
 Kelten 15. 71. 111. 113.
 Kepler 227. 252.
 Kerkyra 31. 43. 47 f. 56.
 Kesselsdorf S. 284.
 Kiel 292. 371. 377. 394;
   F. 337. 341.
 Kiew 170. 195. 216.
 Kimon 39. 43–45.
 Kinderkreuzzug 176.
 Kirchenstaat 145. 150. 151. 186. 211. 240. 304. 315. 320. 330.
       341. 362 f. 370. 381. 411.
 Kleisthenes 33. 36 f.
 Kleomenes 37–39. 68.
 Kleon 48 f.
 Kleopatra 116. 119 f.
 Klissow S. 275.
 Klopstock 285.
 Klöster 145. 150. 151. 154. 163. 245. 290. 309. 321. 400.
 Knidos 28;
   S. 55.
 Knox 247.
 Knud d. Gr. 165. 170.
 Koalitionskr. 313. 317. 323.
 Koblenz 199. 307. 313. 337. 372.
 Koburg H. 350. 401. 414. 415;
   St. 352. 437.
 -- Prinz 314.
 Kodros 28. 33.
 Kolberg Bl. 288. 326.
 Kolin S. 286.
 Köln, 124 f. 150. 152. 161. 179. 190. 200. 201. 230. 314;
   Rchst. 224.
   Erzb. 153. 160 f. 166. 183. 184. 189 f. 351;
   Kf. 200. 206. 232. 252. 272. 274. 320.
 Kolonien, griech. 13. 27 f. 31. 46. 62.
 -- röm. 82–87. 89. 92 ff. 102. 117.
 -- span. 222–224. 300. 301 f. 346. 413.
 -- holl. 244. 314. 320. 331. 339.
 -- engl. 246. 270. 274. 300 ff. 339. 353. 368. 406–410.
 -- frz. 238. 262. 300. 331. 348. 354. 369. 403–405.
 -- portug. 222 f. 346.
 -- deutsche 395 ff. 423 ff.
 -- belg. 410.
 -- ital. 412.
 Komnenen H. 172. 194.
 Kong-fu-tse (Confucius) 22.
 Kongostaat 395. 410.
 Königgrätz S. 377.
 Königsberg 179. 217. 267. 325 f. 332 f. 431;
   V. 267. 327.
 Königsgesetz 268.
 Königsmark 260. 304.
 Konkordat, frz. 236. 319. 331.
 -- östr. 398.
 -- Wiener 205.
 -- Wormser 168.
 Konkordienformel 252.
 Konon 52 f. 55.
 Konrad I. K. v. D. 157 f.
 -- II. Ks. 164 f.
 -- III. 174 f. 180.
 Konrad IV. 189.
 -- v. Hochstaden 190.
 -- v. Marburg 188.
 -- v. Masovien 178.
 -- d. Rote 159 f.
 -- v. Staufen 168. 179.
 -- v. Wettin 180.
 Konradin 190.
 Konstantin d. Gr. 136 f. 145.
 Konstantinopel 42. 136. 144. 147–149. 156. 173. 176. 218. 296.
       347. 365. 400.
 Konstanz 150. 164, F. 184;
 Konz. 203 f.
 Konstanze 185.
 Konsulat 75. 78 f. 81. 99. 122;
   in Fr. 318.
 Kontinentalsperre 326. 331.
 Konvent 310–312.
 Kopenhagen 201. 268. 275. 285. 327. 361. 411.
 Kopernikus 227.
 Koran 149.
 Korea 251. 420. 422 ff.
 Korfu 176. 210. 220, s. Ion. Inseln.
 Korinth 26. 28. 31 f. 44. 47 f. 55. 59. 68 f. 72. 98. 117.
 Körner 335. 364.
 Koroneia S. 45. 55.
 Korsika 14. 32. 88. 210. 303. 311.
 Kosciuszko 298.
 Kossuth 357 f.
 Krakau 216. 267. 298. 341. 354.
 Krannon S. 63.
 Krateros 60. 62 f.
 Krefeld S. 287.
 Kreta 13. 23. 25. 28. 30. 107. 122. 415, vgl. Kandia.
 Kreuzzüge 173–179.
 Krim 31. 105. 108. 296.
 Krimkrieg 366 f.
 Krimisos S. 67.
 Kritias 54.
 Kroisos 15 f.
 Kroton 32. 37. 94. 162.
 Kulm S. 335.
 Kunaxa S. 21. 54.
 Kunersdorf S. 288.
 Kurfürsten 196. 200. 224. 254. 256. 260. 266. 320.
 Kurland 217. 249. 256. 268. 295 f. 298.
 Kutschuck Kain. F. 296.
 Kutusow 323–332.
 Kylon 33 f.
 Kyme 31. 76.
 Kynoskephalä S. 56. 95.
 Kypselos 32.
 Kyrene 6. 14. 19. 31. 65. 107. 122. 143.
 Kyros 11. 13. 15 f. 18 f.
 -- d. jüng. 21. 52. 54.
 Kythera 13. 49.
 Kyzikos 31, S. 52.


 ~L.~

 Labiau V. 267.
 Labienus 112. 116.
 Lade S. 20.
 Ladislaus 206. 218.
 Laelius 93.
 Lafayette 301. 307. 313.
 Lagos S. 300.
 La Hougue S. 265.
 Laibach Ko. 345.
 Lamartine 354. 364.
 Lamischer Kr. 63.
 Lancaster H. 212–214.
 Landau 274. 340. 343.
 Landfriede 165. 167. 188. 196. 200. 206. 224.
 Landshut S. 288.
 Langensalza S. 378.
 Langobarden 124. 139. 144 f. 151.
 Laon S. 338.
 La Rochelle 193. 237. 239. 248.
 La Rothière S. 337.
 Lat. Kaisert. 176. 194.
 Latiner 70 f. 77. 83. 87. 92. 102. 104.
 Land 248.
 Laudon 288. 297.
 Lauenburg 184. 189. 200. 204. 224. 341. 373 f. 431.
 Lausitz 158. 161. 163 f. 199. 202. 224. 254. 258. 286 f. 334.
       376. 427.
 La Valette 242.
 Law 305.
 Lechfeld S. 160.
 Leicester 193. 244.
 Leipzig 203. 228. 285. 394;
 S. 256. 259. 336.
 Le Mans S. 310. 387.
 Lenzen S. 158.
 Leo I. P. 142.
 -- III. 153.
 -- IV. 156.
 -- VIII. 160.
 -- X. 241.
 -- XIII. 393.
 Leoben F. 315.
 Leon Kgr. 171. 194.
 Leonidas 40.
 Leopold I. Ks. 263. 265.
 -- II. 291. 313.
 -- L K. d. Belgier 350.
 -- II. 410.
 Leopold v. Dessau 273. 280. 284. 432. 438.
 -- v. Öst. 176. 198. 202.
 Lepanto S. 240. 242.
 Lepidus 115. 118 f.
 Lesbos 20. 28. 33. 38. 42. 48. 115.
 Lessing 285. 291.
 Leuktra S. 56.
 Leuthen S. 287.
 Lexington S. 301.
 Leyden 231. 244.
 Licinische Ges. 81. 100.
 Licinius Ks. 136.
 Lidj Jeassu 412.
 Liegnitz Hz. 195. 281. 429;
   S. 288.
 Liga 235. 252. 254.
 Ligue 209. 237.
 Ligurer 70. 93 f.
 Ligurische Rep. 316. 321.
 Limes 129. 134 f.
 Lisaine S. 388.
 Lissa S. 379.
 Lissabon 194. 215. 303.
 Litauen 217. 275. 298.
 Livius 82. 122 f.
 -- Drusus 102. 104.
 Livland 217. 249. 268. 274. 276 f. 402.
 Lobositz S. 286.
 Lokrer 27. 32. 40. 44. 48. 59. 66 f.
 Lollharden 212.
 Lombardei 151. 188. 315 f. 356 f. 369.
 Lombard. Städte 182 f. 188. 199.
 London 200. 212. 246. 248. 270. 300. 321. 339. 363;
   Ko. 347. 350. 373. 380;
   V. 362.
 Lothar Ks. 155 f.
 -- v. Sachsen 168. 179.
 Lothringen Hz. 157 bis 162. 165. 168. 173. 205 f. 224. 233;
   an Frankreich 239;
   wieder deutsch 260. 262–265;
   an Frankreich 279. 343;
   wieder deutsch 391. 438.
 -- H. 284, St. 282.
 Louis Bonap. 324. 331.
 -- Nap. 322. 353–355.
 Louisiana 262. 300. 302.
 Löwen S. 157.
 Lübeck 184. 187. 190. 200 f. 249 f. 320. 325. 337, F. 255.
 -- Bistum 255. 292. 321.
 Lucaner 70. 83 f. 92.
 Lucian 131.
 Lucian Bonap. 318. 322.
 Lucka S. 197.
 Lucretia 73.
 Lucullus 108.
 Ludov. Moro 235.
 Ludwig d. Bayer 198 f. 428.
 -- d. Deutsche 156.
 -- d. Fromme 154 f.
 -- d. Kind 157.
 -- I. K. v. Bayern 347. 356. 364. 435.
 -- II. 390. 435.
 -- III. K. v. Fr. 169.
 -- IV. u. V. 169.
 -- VI. 191.
 -- VII. 174 f. 191.
 -- VIII. 191.
 -- IX. 177. 191.
 -- X. 207.
 -- XI. 209.
 -- XII. 235.
 -- XIII. 238 f.
 -- XIV. 261–265. 272 bis 274.
 -- XV. 279. 305.
 -- XVI 305–310.
 -- (XVII.) 310. 312.
 -- XVIII. 339.
 -- d. Gr. K. v. Ung. 217.
 -- v. Baden 265.
 -- Philipp K. v. Fr. 314. 348. 353 f.
 Lügenfeld S. 154.
 Luise K. v. Pr. 326. 329.
 -- v. Savoyen 230.
 Lunéville F. 319.
 Lusignan 174 f. 219.
 Luther 227–230. 232;
 Lutter a. B., S. 255.
 Lützen S. 257. 334.
 Lützower 334 f.
 Luxemburg 197. 202. 205. 264 f. 290;
   Grh. 340. 380. 410.
 -- Marschall 265.
 Luynes 238.
 Lydien 15 f. 24. 33.
 Lykurgos 29.
 Lyon 123. 198. 311. 389;
   Konz. 188.
 Lysander 52. 54.
 Lysimachos 63–66.


 ~M.~

 Macbeth 170.
 Macchiavelli 241.
 Macdonald 332. 335.
 Mack 317. 323.
 Mac-Mahon 369. 382 bis 384. 392. 403.
 Madagaskar 404.
 Madrid 273. 328. 337. 413;
   F. 229.
 Maecenas 122.
 Magalhães 223.
 Magdeburg 153. 161 f. 183. 190. 255 f. 258 f. 325. 337. 427. 429 f.
 Magenta S. 369.
 Mag. equitum 76. 80. 90. 115.
 Magna Charta 193.
 Magnesia 43;
   S. 95.
 Magyaren 157 f. 357. 398.
 Mahdi 407.
 Mähren 139. 156 f. 196. 202. 224. 259. 281. 287. 323. 376. 398.
 Maifeld 147. 151. 342.
 Mailand 89. 134 f. 137. 183–185. 198. 315. 356. 369.
 -- Hz. 203. 210. 225. 229. 231 f. 234 f. 239. 274. 303. 340.
 Mainz 124. 129. 163 f. 167 f. 184. 190. 257. 265. 337. 340. 378;
   Bl. 314;
   Rchst. 188.
 -- Erzb. 151. 160. 190. 196. 206. 227;
   Kf. 200. 206. 224. 320.
 Majestätsbrief 253.
 Majordomus 147. 150.
 Makedonien 20. 38. 49. 53. 56–59. 63 f. 66–68. 91;
   röm. Prov. 98. 110. 118. 122. 123. 135;
   in der Neuzeit 415.
 Makedon. Kr. 91. 94 f. 96 f.
 -- Ks. 172.
 Makkabäer 65. 109.
 Malakka 223. 409.
 Malmö 201;
   W. 361.
 Malplaquet S. 273.
 Malta 178. 242.
 Mamelucken 177. 195.
 Mamertiner 87.
 Mandschudynastie 251. 422.
 Manfred 189 f.
 Manlius Cap. 80.
 -- Torquatus 82 f.
 Mansfeld 253–255.
 Manteuffel Min. 360.
 -- Gen. 375. 378. 386–389. 392
 Mantineia S. 50. 57.
 Mantua 239. 272 f. 279. 330. 369;
   Bl. 315.
 Manuel K. v. Port. 414.
 Marathon S. 39.
 Marbod 124 f.
 Marburg 188. 230.
 M. Aurelius Ks. 130 f.
 Marcellus 91 f.
 Marchfeld S. 196.
 Marco Polo 195. 221.
 Mardonios 38. 41 f.
 Marengo S. 319.
 Margarete v. Anjou 212. 214.
 -- v. Dn. 215 f.
 -- Maultasch 198.
 -- v. Navarra 231.
 -- v. Parma 242.
 -- v. Valois 237.
 Maria v. Burgund 206. 225.
 -- d. Kathol. 245 f.
 -- v. Medici 238.
 -- Stuart 235. 246 f.
 -- v. Ungarn 225.
 -- Theresia v. Öst. 278 bis 282. 284 f. 289 f.
 -- -- v. Sp. 262. 265.
 Marie Ant. 305. 311.
 -- Louise v. Ö. 331. 338.
 Marienburg 179. 217.
 Marignano S. 235.
 Marius 103–105.
 Markomannen 131. 146.
 Marlborough 273. 298.
 Marokko 245. 405. 409. 413 f.
 Marschall v. Sachsen 284.
 Marsischer Kr. 104.
 Mars-la-Tour S. 383.
 Martin V. P. 204.
 Masaniello 241.
 Masséna 317. 329.
 Massilia 32. 66. 89. 101. 114.
 Massinissa 92 f. 97.
 Mathilde v. Tuse. 167. 179.
 Mathild. Güter 168. 179. 186.
 Matthias Ks. 253.
 -- Corvinus 206. 218.
 Maupertuis S. 208.
 Mauretanien 103. 116. 126. 171.
 Mausoleum 69.
 Maxen Kapit. 288.
 Maxentius Ks. 136.
 Maximilian I. Ks. 206. 224 f. 228. 239.
 -- II. 252.
 -- Hz. v. Bayern 252. 254. 257.
 -- K. v. Bayern 324. 435.
 -- Ks. v. Mexiko 371.
 Max Joseph Kf. v. Bayern 284. 289.
 Mayenne 238.
 Mazarin 261 f.
 Mazeppa 275.

 Mecklenburg 180. 183. 187. 224. 231. 255. 260. 276. 333;
   Grh. 351. 378. 391. 436 f.
 Meder 9 f. 15. 17–20.
 Medici 211. 240 f. 279.
 Megakles 34. 36.
 Megalopolis 56. 68.
 Megara 28. 31. 33. 44. 48. 68.
 Mehemed Ali 347. 353.
 Meißen 158. 161. 179. 188 f. 196 f. 255. 435.
 Mélac 265.
 Melanchthon 227. 230. 232.
 Melilla 405. 413 f.
 Menelik 412.
 Menorka 274. 301.
 Menschikow 269. 276. 294. 365 f.
 Merowinger 143. 145 bis 147.
 Merseburg 158. 161. 180. 255.
 Mersen V. 156.
 Missolunghi 347.
 Mesopotamien 6. 60. 113;
   röm. Prov. 129–132. 135.
 Messalina 126.
 Messana 31. 87. 99.
 Messenien 28. 56. 58. 69.
 Messen. Kr. 32. 43.
 Messina 363. 412.
 Metaurus S. 93.
 Metternich 329. 334. 340. 345. 355.
 Metz 145. 167. 175. 200;
   an Frankreich 233. 236. 260. 264. 380 f. 384;
   wieder deutsch 386. 391. 438.
 Mexiko 223. 302. 346. 370 f. 418.
 Michelangelo 241.
 Milan 399. 414.
 Milet 15. 20. 28. 31. 38. 42. 51. 60.
 Milo 85. 113.
 Miltiades 36. 39.
 Ming-Dynastie 219.
 Minden 152. 255. 260. 430;
   S. 287.
 Mirabeau 307. 309.
 Mithradates 105. 108 f.
 Möckern S. 333. 336.
 Modena 118. 210. 239. 271. 315. 341. 370.
 Mohacz S. 230. 266.
 Mohammed 148 f. 416.
 Moldau 219. 275. 296. 346. 367.
 Mollwitz S. 281.
 Moltke 373. 376. 382. 384.
 Mönchsorden 145. 178. 411.
 Mongolen 22. 140. 148. 194 f. 216.
 Monk 270.
 Monmouth 271.
 Monroe 346. 371.
 Montecuccoli 263. 266.
 Montenegro 399 f. 414.
 Montereau 209;
   S. 338.
 Montesquieu 305.
 Montmartre S. 338.
 Montmirail S. 337.
 Montmorency 239.
 Morea 176. 219. 304. 347.
 Moreau 315. 319. 321.
 Morenga 425.
 Morgarten S. 198.
 Moritz v. Or. 244.
 -- v. Sachsen 232 f. 435.
 Morosini 304.
 Mösien 123. 134. 140.
 Moskau 195. 216. 251. 269. 275. 294. 332.
 Mucius Scaevola 76.
 Mühlberg S. 232.
 Mühldorf S. 198.
 Muley Hafid 405.
 Mummius 98.
 München 190. 257. 284. 319. 356. 364. 434 f.
 Münchengrätz S. 376.
 Munda S. 117.
 Municipien 86. 116.
 Münnich 294 f.
 Münster 152. 231. 262. 321. 434;
   F. 260.
 Münzwes., griech. 32. 34. 64.
 -- röm. 74.
 Murat 323 f. 327. 341. 343.
 Murten S. 206.
 Mutina 89. 94;
   S. 118.
 Mutsuhito 368.
 Mykale S. 42.
 Mykenä 23–25. 27.
 Mylae S. 87.
 Mytilene 28. 33. 48 f. 52. 109.


 ~N.~

 Nabis 69. 95.
 Nabukudrossor 8. 10. 13.
 Nachod S. 376.
 Naevius 121.
 Näfels S. 202.
 Nantes, Edikt 238. 264.
 Napoleon I. 311 f. 315 f. 318–343.
 -- III. 353. 355. 365–371. 377. 380–384. 403.
 Narses 144 f.
 Narvaez 351. 363.
 Narwa S. 275.
 Nassau 196. 242. 324. 378 f. 410.
 Naukrarien 35. 39.
 Naukratis 6. 31.
 Naupaktos 28. 44. 48.
 Navarin S. 347.
 Navarra 171. 207. 211. 229. 231. 236–238.
 Navig.-Akte 270.
 Neapel 31. 83. 145. 185. 189.
 -- Kgr. 185. 187. 211. 225. 235. 241. 273 f. 279. 305. 315. 317.
       324. 327. 341. 343. 345. 363. 370.
 Necker 307. 309.
 Neerwinden S. 265. 314.
 Nelson 317. 323.
 Nero Ks. 126 f.
 Nerva Ks. 129.
 Neuchâtel 274. 323 f. 340 f. 367. 432 f.
 Neupers. Reich 133. 135. 137. 144. 149.
 Neustrien 146 f. 155.
 Newton 272.
 New-York 270. 301. 344.
 Nicäa 137. 174. 176. 218;
   Konz. 136.
 Niederlande 206. 225. 251.
 -- span. 242–244. 262. 265.
 -- österr. 225. 274. 284. 290.
 -- Rep. 242–244. 260. 263. 314.
 -- Kgr. 340. 349. 363. 410.
 Niger 302. 404. 407.
 Nika in Konst. 147.
 Nikias 48. 50.
 Nikita 399. 414.
 Nikolaus I. P. 156.
 -- II. 166.
 -- V. 211.
 -- I. Ks. v. R. 347. 357. 360. 365 f.
 -- II. 402.
 Nikolsburg W. 377.
 Nikomedes 66.
 Nikomedia 66. 135 f.
 Nikopoli S. 218.
 Nimwegen 154. 164;
   F. 263.
 Ninive 8–10;
   S. 60.
 Nisib S. 353.
 Nizza 313. 315. 370;
   W. 231.
 Nobilität 81. 96. 99.
 Nogi 423.
 Noisseville S. 384.
 Nola 105. 125;
   S. 91.

 Nordamer. Kr. 300 bis 302. 331. 416 f.
 Norddeutscher Bund 325. 380. 382. 390.
 Nordische Konv. 319 f.
 Nord. Krieg 274–277.
 Nördlingen S. 258.
 Nordmark 161. 180. 427.
 Normannen 153. 156 f. 170 f. 173. 192.
 Norm. K. in E. 192.
 Norwegen 170. 215 f. 234. 250. 276. 332. 337. 341. 364. 411.
 Notion S. 52.
 Novara S. 235. 356.
 Novi S. 318.
 Nowgorod 170. 201. 216.
 Numantia 100.
 Numidien 91–93. 98. 103. 116.
 Nürnberg 182. 190. 201. 206. 226. 234. 257. 289. 320. 324. 378;
   F. 230;
   Rchst. 196.
 -- Burggrafen 196. 203. 224. 428.
 Nystadt F. 277.


 ~O.~

 Octavian 118–125.
 Odessa 297. 346.
 Odo v. Paris 169.
 Odovakar 138. 143.
 Ofen 232. 266. 357.
 Oinophyta S. 44.
 Oldenburg 216, Hz. 268. 292. 321. 331. 336, Grh. 351. 361. 437.
 Oliva F. 268. 431.
 Olmütz 287. 313. 377;
   V. 360.
 Olympia 30. 43. 46. 69. 138.
 Olympias 64. 66.
 Olynth 31. 55. 57 f.
 Omar 149.
 Omaijaden 149 f.
 Onomarchos 57.
 Optimaten 81. 90. 101 f. 105 f. 110. 114.
 Orchomenos 23. 26, S. 105.
 Orléans 112. 142. 145;
   S. 386.
 -- Hz. 208 f. 239. 264. 305. 310. 314. 348, St. 349.
 Orlow 295–297.
 Osmanen 218, s. Türken.
 Osnabrück 152. 200. 321;
   F. 260.
 Ostende Bl. 244.
 Österreich Hz. 162. 180. 182. 196. 198. 202. 225.
 -- Kaisert. 272. 278–281. 284–291. 295–298. 313
   bis 320. 323–325. 329
   bis 332. 334–343. 345. 351. 354–358. 360. 362 f. 365 f. 369–379.
       395 bis 399. 401 f. 413–415. 420.
 Ostfriesland 281. 284. 340. 432.
 Ostgoten 140–144.
 Ostindien 222. 300. 368.
 Ostind. Komp. 244. 246. 300. 368.
 Ostmark 161. 165. 427.
 Ostrach S. 317.
 Ostrakismos 37. 39. 43 f. 50.
 Ostrolenka S. 350.
 Oström. Reich 138. 140. 144. 147 f. 153. 172 f. 176. 194. 218.
 Ostseeprov. 217. 234. 251. 256. 276 f. 294. 401.
 Otho Ks. 127.
 Otto I. Ks. 159–161.
 -- II. 162.
 -- III. 162 f.
 -- IV. 186.
 -- K. v. Griechenland 347.
 -- v. Bamberg 179.
 -- v. Nordheim 166.
 -- v. Wittelsbach 182. 184.
 -- -- Pfalzgr. 186.
 Ottokar 196.
 Oudenarde S. 273.
 Ovidius 122.
 Oxenstierna 257.
 Oxford 212. 248. 303.


 ~P.~

 Paläologen 176. 194.
 Palästina 5. 11. 13. 19. 65. 109. 128. 173–175. 177.
 Palermo 185. 190. 317. 324. 370.
 Palmerston 350. 353. 366.
 Palmyra 134.
 Panamakanal 418.
 Pannonien 124. 135. 139. 142–144.
 Panormus 41, S. 88.
 Pantheon 123.
 Paoli 304.
 Papirius Garbo 101. 103.
 -- Cursor 84.
 Papsttum 145. 156. 158. 160. 166. 173. 177. 186. 196. 207. 211.
       227 f. 231. 236. 245. 315. 330 f. 339. 362 f. 370 f. 411 f.
 Paris 112. 145. 150. 157. 162. 169. 192. 199. 203. 208. 236–238.
       261. 306
   bis 312. 319. 321. 324. 348. 353 f. 385;
   F. 300. 339. 343. 367. 418;
   S. 338;
   Bl. 157. 389 f. 392 f.
 Parlament in E. 193. 211 f. 247 f. 348. 353. 409 f.
 -- deutsches 358 f.
 -- in Fr. 238. 261 f. 305. 308.
 Parma 189. 239. 279. 284. 304. 319. 339. 341. 370.
 Parmenion 60 f.
 Parthenier 32.
 Parthenon 46. 304.
 Parth. Rep. 317.
 Parther 17. 65. 113 f. 117. 119. 123. 130. 132 f.
 Paschalis II. P. 168.
 Paskjewitsch 347. 350. 366.
 Passarowitz F. 278.
 Passau 124, V. 233.
 Patkul 274 f.
 Patrizier 74. 76–79. 81. 109.
 Paul IV. P. 241.
 -- Ks. v. R. 317. 319.
 Paulus 131.
 Pausanias 42 f. 53. 59. 131.
 Pavia 145. 151. 160. 183.
   S. 229.
 Pedro K. v. Aragon 190. 214.
 -- Ks. v. Bras. 346. 417.
 Peisistratos 35 f.
 Peking 195. 368. 420 f.
 Pelopidas 56.
 Peloponnes 25. 28. 32 f. 40. 59. 69. 140. 304.
 Pelop. Kr. 44. 47–53.
 Pelusium S. 6.
 Perdikkas 54. 60. 63.
 Pergamon 66. 69. 94 bis 97. 101.
 Periander 32. 38.
 Perikles 44–48.
 Periöken 29. 40.
 Perserkr. 38–46.
 Perseus 24. 66. 96 f.
 Persien 17–21. 33. 51
   bis 55. 60–62. 133 bis 135. 137. 144. 172. 218 f. 278. 348.
       402 f. 409. 419.
 Peru 223. 346. 417.
 Pest 357. 398.
 Peter v. Amiens 173.
 -- d. Gr. 269. 271–278. 294.
 -- II. 294.
 -- III. 288. 295.
 -- K. v. Ung. 165.
 -- v. Vinea 189.
 Petersburg 275. 292. 295. 400.
 Pet. of rights 247.
 Petrarca 211.
 Petreius 110. 111.
 Pfalzen in D. 154. 161. 165. 182.
 Pfalz Kf. 182. 186. 189. 200. 206. 224. 234. 252. 254 f. 260.
       264 f. 289. 320. 434 ff.
 Pfalz-Zweibrücken H. 250. 267. 290.
 Pfälzischer Kr. 253. 264.
 Pharnabazos 52.
 Pharnaces 109. 116.
 Pharsalus S. 115.
 Pheidon 32.
 Phidias 46.
 Philipp II. v. Mak. 57
   bis 59.
 -- V. 66. 68. 91. 94–96.
 -- v. Schwaben 186.
 -- I. K. v. Fr. 169. 191.
 -- II. 175. 191.
 -- III.–VI. 207.
 -- II. K. v. Sp. 235. 242
   bis 244.
 -- III. u. IV. 244.
 -- v. 272–274.
 -- Hz. v. Burg. 205. 208 f.
 -- v. Hessen 229. 231
   bis 233. 436.
 -- v. Orl. 305. 308. 310.
 -- v. Öst. 225. 241.
 Philippi S. 119.
 Philippinen 223. 242. 300, 418.
 Phil. Arabs Ks. 133.
 Philokrates F. 58.
 Philopoimen 69.
 Philotas 61.
 Phöbidas 55.
 Phokäa 14. 28. 32.
 Phokier 31. 44. 48.
 Phokion 63. 67.
 Phöniker 13 f. 19. 21. 45. 60.
 Phrygien 15. 54. 60. 63. 65 f.
 Phylen 26. 36.
 Piasten 216.
 Piccolomini 205. 258.
 Pillnitz B. 313.
 Pindar 38. 59.
 Pippin 147. 150. 153 bis 155. 211.
 Pirna Kapit. 285.
 Pisa 171 f. 198. 210.
   Konz. 203.
 Pitt 299 f.
 -- d. j. 300. 320 f.
 Pittakos 38.
 Pius II. P. 205.
 -- VI. 290. 316.
 -- VII. 319. 321. 330 f. 339.
 -- IX. 362. 393.
 -- X. 412.
 Pizarro 223.
 Placidia 138. 141.
 Plantagenet H. 192 f. 211 f.
 Platää 39 f. 48, S. 42.
 Platon 54. 67. 69;
 Plautus 121.
 Plebejer 74. 76–82. 111.
 Plewna Bl. 400.
 Plinius 128. 131.
 Plutarch 131.
 Poitiers S. 150.
 Polen 156. 163 f. 182. 195. 350. 369. 397, Kgr. 216 f. 249 f.
       267–269. 274 bis 277. 294–298. 332. 311. 402. 429 ff.
 Pollentia S. 140.
 Polybios 70. 82. 97.
 Polykrates 6. 36.
 Pombal 303.
 Pommern 179 f. 224. 231. 255. 259 f. 264. 276 f. 286. 327.
       340. 428–433.
 Pompadour 285. 305.
 Pompeji 106. 128.
 Pompejus Cn. 106–108. 110. 113–115.
 -- S. 116. 119.
 Poniatowski 296. 298. 336.
 Pontifices 72. 81. 120.
 Pontus Kgr. 66. 105,
   röm. Prov. 108. 116.
 Porsenna 76.
 Portugal 194. 215. 222. 245. 273. 303. 327. 331. 346. 363. 414.
 Posen 298. 226. 340. 395. 432. 434.
 Poteidaia 33. 48. 57.
 Potemkin 297.
 Prag 158. 162. 199. 203 bis 205. 252 f. 284. 334. 377. 398;
   F. 258. 379. 430;
   Ko. 334. 356, S. 254. 286.
 Pragm. Sanktion 278. 281. 284.
 Prätoren 81. 98. 107.
 Prätorianer 122. 126. 132. 137.
 Praxiteles 69.
 Presbyterianer 246. 249.
 Preßburg 266. 281. 377;
   F. 206. 323.
 Preußen 162. 178. 217. 225.
   Hz. 229. 267. 429 f.
 -- Kgr. 267. 276 f. 279 bis 281. 284–291. 296–299. 313 f. 317.
       321. 323–343. 351. 353. 355 f. 359–367. 371–397. 429–434.
 Probus Ks. 134.
 Proskriptionen 106. 118.
 Protestanten 230. 233. 236. 246. 251. 264.
 Provence 143. 156. 191. 196. 209. 307.
 Pruth F. 275.
 Prytanen 36. 52.
 Psametik 6. 33.
 Ptolemäer 64. 115 f.
 Ptolemaios 9. 131.
 Pultawa S. 275.
 Pultusk S. 275. 326.
 Pulververschw. 247.
 Panische Kr. 87–94. 97 f.
 Puritaner 246 f.
 Pydna 57, S. 97.
 Pylos 25. 27. 49.
 Pyramiden 4, S. 316.
 Pyrenäen 89. 92, F. 262.
 Pyrrhos 85 f.
 Pythagoras 38.


 ~Q.~

 Quästoren 75. 80 f. 106.
 Quatre-Bras S. 342.
 Quebec 238, S. 300.
 Quedlinburg 158. 285. 321. 432.
 Quibéron S. 300.
 Quintilian 131.


 ~R.~

 Raab 152 f., S. 329.
 Radagais 140.
 Radetzki 356.
 Raffael 240.
 Raimund v. T. 173. 191.
 Rainald v. Dassel 182 f.
 Ramillies S. 273.
 Rastatt 340. 359, F. 274;
   Ko. 316 f.
 Raucoux S. 284.
 Ravenna 114. 125. 141. 143–145. 151. 163, S. 235.
 Recknitz S. 160.
 Reformation 227–234. 246. 249 f. 429. 436.
 Ref. Kirche 234. 237 f. 260. 430. 433.
 Regensburg 124. 151 f. 154. 174 f. 190. 201. 257. 320. 329. 435;
   W. 204;
   Rchst. 232. 266. 320.
 Regillus S. 77.
 Regulus 87.
 Reichenbach V. 291, 334.
 Reichsdep. H. 320.
 Reichsgericht 394.
 Reichskammergericht 224. 266. 289.
 Reichsstädte 190. 201 f. 224. 266. 320.
 Reims 143. 154. 169. 209, 384. 387.
 Rembrandt 245.
 Renaissance 211.
 René v. Anjou 205. 209.
 Rense 202, V. 199.
 Requesens 243.
 Restitutionsedikt 255.
 Reuchlin 226.
 Reunionen 264.
 Reutlingen S. 202.
 Revol., engl. 248 f. 269 f.
 -- frz. 306–313. 348. 354;
 Rheinischer B. 189. 201 f;
 Rheinbund 266. 324. 333. 337
 Rhodus 13. 23. 28. 56 f. 64. 66. 96 f. 109. 124. 178. 219. 230.
 Richard v. Cornw. 189.
 -- Löwenherz 175 f. 193.
 -- II. 212.
 -- III. 214.
 Richelieu 238 f. 256. 258.
 Richmond S. 416 f.
 Ricimer 138.
 Ried V. 336.
 Rienzi 211.
 Rifkabylen 405. 413.
 Riga 217. 275. 332.
 Ritter, athen. 34, röm. 74. 84. 102. 104.
 Ritterorden 178. 194. 215. 217. 320. 429.
 Rittertum 177. 182. 186. 191. 221. 228.
 Robert Guisc. 168.
 -- v. d. Norm. 169. 173.
 Robespierre 309–312.
 Rocroy S. 261.
 Roeskild F. 268.
 Roger 171. 179.
 Roland 152.
 Rom 70–86. 90 f. 94. 96. 100–103. 105 f. 110. 115. 117 f. 120–124.
       127 bis 130. 132. 134–136, im
   Mittelalter 141. 144 f. 150. 153. 155. 160–164. 167. 179. 182 f.
       185. 188. 198 f. 205. 211, in der
   Neuzeit 227. 229. 240 f. 316. 331. 339. 363. 370. 381. 411.
 Romanow H. 251. 269.
 Römische K. 71–74.
 -- Ks. 121–138.
 Röm. Gerichtswesen 74 f. 107. 117.
 -- Heerwesen 74. 82. 122. 124. 132.
 -- Lit. 121. 122. 131.
 -- Prov. 88. 94. 99. 102. 108. 122. 126. 135. 136.
 -- Recht 78 f. 130. 147. 225.
 -- Rep. 75. 81. 100. 106. 118. 125. 316 f. 363.
 Rosen, Kr. der 212.
 Roßbach S. 287.
 Rousseau 306.
 Rubens 245.
 Rudolf v. Burg. 157. 164 f.
 -- v. Hahsb. 195 f.
 -- II. Ks. 252 f.
 -- v. Schwaben 166. 167.
 Rügen 215. 263. 276 f. 327. 340. 374. 382.
 Rumänien 129. 139. 367. 399–401. 414.
 Ruprecht v. d. Pfalz 202.
 Rurik H. 170. 216. 250.
 Rußland 170. 195. 216. 250 f. 269. 274–278. 292. 294–298.
       317–320. 323
   bis 325. 331–343. 347 f. 350 f. 357. 361. 365 bis 367.
       375. 399–403. 414
   bis 416. 419–423.
 Ryswijk F. 265. 274.


 ~S.~

 Saarbrücken 383.
 Sabiner 71 f. 77. 85.
 Sachsen 139. 142. 150 bis 153.
 -- Hz. 158–161. 165 bis 168. 180 f. 182–184. 187. 189.
       227. 231. 435. 437.
 -- Kf. 200. 204. 224. 227 f. 232. 250 f. 254–258. 266. 275.
       284–289. 291. 325. 435.
 -- Kgr. 326. 333 f. 336. 340. 350. 360. 376. 379. 391. 435.
 Sachsenspiegel 189.
 Sächsische Ks. 158–163.
 -- K. in E. 169 f.
 Sagunt Bl. 89.
 Saladin 175.
 Salamis 34, S. 41. 45.
 Salische Franken 139. 143.
 -- Ks. 164–168.
 Salisches Gesetz 146. 207.
 Salzburg 151. 153. 320. 324. 340. 432.
 Samarkand 172. 218. 369. 401.
 Samniten 70. 82–86. 91. 106.
 Samoa-Inseln 397. 407. 418. 426.
 Samos 20. 28. 33. 36 f. 51.
 Sancho d. Gr. 171.
 S. Germano F. 187.
 St. Gotthard S. 266.
 St. Jakob S. 205.
 S. Stefano F. 400.
 S. Vincent S. 301.
 St. Germain F. 263.
 St. Privat S. 384.
 St. Quentin S. 236. 387.
 Sansibar 407. 425.
 Saragossa 194. 214, Bl. 152. 328.
 Saratoga Kapit. 301.
 Sardes 15. 20. 38. 40. 52.
 Sardinien 14. 88. 122. 210. 274.
 -- Kgr. 277. 313. 315. 317. 339. 345. 356. 362. 366. 369.
 Sasbach S. 263.
 Sassaniden 17. 133. 147.
 Saturninus 104.
 Savonarola 240.
 Savoyen 210. 240. 253. 272. 274. 278. 313. 339. 343. 370.
 Scharnhorst 326.329.334.
 Schießpulver 221.
 Schill 326. 330.
 Schiller 291.
 Schipka-Paß 400.
 Schlesien 182. 199. 202. 224. 255. 257. 280. 284
   bis 289. 325. 334. 376. 432.
 Schlesische Kr. 280. 284. 285.
 Schleswig 158. 165. 255. 276 f. 292, 373.
 -- -Holstein 217. 250. 268. 360 f. 372–374. 379. 433
 Schmalkald. B. 230.
 -- Kr. 232.
 Scholastik 178.
 Schönbrunn 324, V. 323.
 Schonen 201. 215. 268.
 Schottland 142.170. 212 f. 245. 247–249. 270. 299 f.
 Schwaben Hz. 158–160. 164 f. 167. 180. 183. 186. 189. 196. 435.
 Schwab. Bund 206. 226. 231.
 Schwarzenberg, brdb.
   Min. 430.
 Schwarzenberg, östr.
   Gen. 332. 334. 337–338.
 -- östr. Min. 360.
 Schwarzer Tod 199.
 Schweden 154. 170. 215. 234. 249 f. 256–261. 263. 267 f. 274–277.
       286. 323. 327. 332. 334. 337. 341. 363. 411. 431.
 Schweiz 142. 195. 197. 199. 202. 205. 225. 227. 260. 316 f. 320.
       341. 354. 367. 388. 411.
 Schwerin, Gen. 281. 286.
 Schwiebus 281. 431.
 Scipio 84. 89–91, St. 97.
 -- Afr. 90. 92–94. 96 f. 121.
 -- Aemil. 98. 100 f.
 Sebastian K. v. Port. 245.
 Secessio pl. 77. 79.
 Sedan S. 384.
 Seeneutralität 297. 319.
 Seeräuber Kr. 107 f.
 Seisachtheia 34.
 Seldschuken 173. 174.
 Seleukiden 65.
 Sellasia S. 68.
 Sempach S. 202.
 Sena Gallica 85. S. 93.
 Senat 72. 76. 81. 86 f. 91. 96 f. 101–107. 110 f. 113 f. 117 f.
       122. 125. 130. 135.
 -- frz. 318. 321. 338. 355. 403.
 Seneca 127. 131.
 Seneffe S. 263.
 Sentinum S. 85.
 Septim. Sev. Ks. 132.
 Serbien 148. 172. 218. 347. 399–401. 414.
 Sertorius 107.
 Serv. Tullius 72 f.
 Sebastopol Bl. 366 f.
 Seydlitz 287 f.
 Sforza H. 210. 229. 235.
 Shakespeare 246.
 Siam 368. 404. 409. 420.
 Sibirien 250. 295 f. 402.
 Sicilien 13 f. 31. 41. 50. 67 f. 87;
   röm. Prov. 88. 92. 98. 115. 119. 122;
   im Mittelalter 144. 156. 175;
   in der Neuzeit 305. 324. 363. 370.
 -- Kgr. 171. 186. 190. 211. 274. 279. 342.
 Sickingen 228.
 Siebenbürgen 129. 217. 230. 250. 254. 266. 357.
 Siebenj. Kr. 285–289.
 Sieben Weise 38.
 Sievershausen S. 233.
 Sigismund Ks. 203 f. 217 f. 428.
 -- K. v. Polen 250 f.
 Silvester II. P. 163.
 Simon v. Montfort 191. 193.
 Simonie 166.
 Sirmium 129. 135 f.
 Sixtus V. P. 241.
 Sklavenkr. 100. 107.
 Skopas 69.
 Skythen 10. 15. 18. 20. 61.
 Slaven 15. 139. 142. 152. 156. 170.
 Sluys S. 207.
 Soissons 145. 150. 154. 232. 385, S. 143.
 Sokrates 47. 53. 54.
 Solferino S. 369.
 Soliman 219. 230–232. 251.
 Solon 34 f.
 Soor S. 284. 370.
 Sophisten 47. 50.
 Sophokles 47.
 Sophoniba 93.
 Sorbonne 192.
 Sozialdemokr. 393.
 Spanien 13. 32. 88. 91 bis 93;
   röm. Prov. 94. 98 f. 106. 110. 113. 114. 117. 122 f. 127.
       129. 134. 135;
   im Mittelalter 141 f. 144. 150. 152. 171. 194.
 -- Kgr. 214. 221. 225. 234. 241–245. 254. 261 f. 270. 278.
       299. 303. 314. 315. 327 f. 331. 337. 341. 346. 351.
       363. 413 f.
 Span. Erbf.-Kr. 272–274.
 Sparta 24. 27–33. 37 bis 45. 47–50. 68. 95.
 Spartacus 107.
 Speier 165. 168. 190. 196. 201. 224. 382, Rchst. 229 f.
 Spichern S. 383.
 Spinoza 244.
 Städtebünde, griech. 28. 33. 43. 45.
 -- deutsche 200–202.
 Stadtlohn S. 254.
 Stanislaus Lesc. 275 f. 279 f.
 -- Poniat. 296. 297.
 Stanley 407.
 Stedinger 188.
 Steiermark 123. 184. 196. 225. 253.
 Stein 328. 337. 364.
 Sten Sture 216.
 Stephan II. P. 150.
 -- Bathory 250.
 Stephan v. Blois 192.
 -- d. Heilige 163. 217.
 Stettin 256. 260. 264. 276 f. 325. 327. 337. 396. 431 f.
 Stilicho 138. 140 f.
 Stockholm 202. 215. 249. 294, F. 277.
 Stössel 423.
 Stoiker 70. 131.
 Strafford 248.
 Stralsund 190. 264. 327. 330. 431, Bl. 255. 276;
   F. 201.
 Straßburg 150. 155. 190, 201. 231 f. 252. 260;
   an Frankr. 264. 343. 353;
   wied. deutsch 385. 438.
 Strelitzen 269.
 Struensee 292.
 Stuart H. 212. 245. 246 f. 270. 299.
 Südamer. Rep. 346. 417.
 Sueben 111. 124. 138 f. 141. 145.
 Suez-Kanal 406. 409.
 Suger 191.
 Sulla 103–107.
 Sully 238.
 Sulpicius 105.
 Sundzoll 250. 277. 368.
 Susa 7 f. 10. 19 f. 45. 56. 60.
 Sutri 165.
 Suworow 297. 317 f.
 Syagrius 143.
 Sybaris 32. 37. 46.
 Sybota S. 47.
 Sykophanten 54.
 Syphax 91. 93.
 Syrakus 31. 37. 50. 67 f. 86 f. 92. 120.
 Syrien 5. 8–10. 65. 95. 97;
   röm. Prov. 108. 113. 118 f. 122 f. 125. 129. 132 f.;
   im Mittelalter 149. 172. 219;
   in der Neuzeit 317. 353.
 Syrischer Kr. 95.
 Szigeth 250.


 ~T.~

 Taboriten 205.
 Tacitus 128. 131 f., Ks. 134.
 Tagliacozzo S. 190.
 Talavera S. 328.
 Talbot 209.
 Talleyrand 318. 338. 340.
 Tanagra S. 44.
 Tankred 165. 173.
 -- v. Lecce 185.
 Tannenberg S. 217.
 Tarent 31. 66. 85 f. 92.
 Targowitz 298.
 Tarquinius 72 f. 75 f.
 Tassilo 152.
 Tasso 241.
 Tauroggen V. 333.
 Telegraph 344.
 Teil 197.
 Tempelherren 178. 207.
 Terentius 121.
 -- Varro 90. 114. 121.
 Teschen 281, F. 290.
 Testakte 270 f. 348.
 Testri S. 147.
 Teutob. Wald S. 124.
 Teutonen 103 f.
 Thales 15. 38.
 Thapsus S. 116.
 Theagenes 33.
 Theben 3–5. 25. 26. 38. 40. 42. 48. 53–59. 67.
 Themistokles 39–43.
 Theoderich d. Gr. 143.
 Theodosius Ks. 137. 140.
 Theophano 162 f.
 Theramenes 51. 53.
 Thermopylä 58, S. 40. 67. 95.
 Theron 37. 41.
 Theseus 25 f.
 Thessalien 27. 31. 40. 48. 55. 56. 68 f. 95. 115. 401.
 Thessalonike 64. 98. 115. 137.
 Thiers 353. 364. 385 f. 390.
 Thomas v. Aquino 178.
 -- Becket 192.
 Thomasius 267.
 Thorn 200. 227, F. 217.
 Thrakien 20. 38. 45. 49. 52. 55. 57. 63. 95;
   röm. Prov. 126. 140.
 Thrasybulos 52. 54.
 Thukydides 46 f. 49.
 Thurii 46. 66. 85.
 Thüringen 139. 145. 151. 158. 188. 233. 257. 286. 321.
       325. 435. 436. 438.
 Thurn 253.
 Tiberius Ks. 123–126.
 Tibet 409.
 Ticinus S. 90.
 Tigranes 65. 108. 123.
 Tilly 254–257.
 Tilsit F. 326.
 Timoleon 67.
 Timur 218 f.
 Tirol 196. 198. 200. 225. 273. 315. 329. 340.
 Tissaphernes 51. 54.
 Titus Ks. 128 f.
 Tizian 241.
 Togo 408. 423. 426.
 Tököly 266.
 Tolentino F. 315.
 Tolosa 141. S. 194.
 Tonking 404.
 Torgau 337, S. 232. 288.
 Tories 271. 299.
 Torstenson 259.
 Toskana (Tuscien) 166. 179. 210. 240. 279. 304. 317.
       319. 341. 362. 370.
 Totila 144 f.
 Toulouse 141. 173. 191;
   S. 339.
 Tours 154. 385, S. 150.
 Trafalgar S. 323.
 Trajan Ks. 129 f.
 Transvaal 406. 407 f.
 Trapezunt 31. 176.
 Trasim. See S. 90.
 Trautenau S. 376.
 Travendal F. 275.
 Trebia S. 90. 317.
 Trelleborg 411.
 Treuga Dei 169;
 Tribunat 77–79. 101 f. 104–106. 117.
 -- in Fr. 318. 321.
 Tribur 157. 164.
 Tribus 75. 77.
 Trident. Konz. 232 f.
 Trier 135. 150. 382, Erzb. 189. 196, Kf. 200. 224. 228. 264. 320.
 Trierarchie 39.
 Trifanum S. 83.
 Trifels 176. 182.
 Triumvirat 111. 118.
 Troja 23. 27.
 Troppau 281, Ko. 345.
 Troubadours 191.
 Tschesme S. 296.
 Tschingis Khan 194.
 Tudor H. 214. 245, St. 246.
 Tunis 88. 177. 231. 404.
 Turenne 259. 261–263.
 Turgot 307.
 Turin 317. 339, S. 136. 273.
 Türken, Türkei 172. 219 f. 230. 232. 240. 251. 275. 317.
       320. 347. 365–367. 400. 415 f.
 Türkenkr., österr. 230. 251. 266. 278. 297.
 -- russ. 275. 295. 296. 332. 347. 365. 399 f.
 -- venetian. 219. 240. 304.
 Tyrannis 29. 32 f. 36–37. 67.
 Tyrtaios 32. 37.
 Tyrus 9–11. 13 f. 60. 95. 174. 177.


 ~U.~

 Uganda 407. 425.
 Ulfila 140.
 Ulm 164. 188. 190. 201 f. 232. 340, Kapit. 323.
 Ulpianus 133.
 Ulrich v. Würt. 202. 231.
 Ungarn 157–160, Kgr. 163–165. 173. 175. 195. 203. 205. 217.
       225. 230 f. 253. 255. 266. 291. 329. 357 f. 397 f.
 Union, deutsche 359.
 -- ev. 345. 433.
 -- prot. 252. 254.
 Unstrut S. 158. 166.
 Urban II. P. 167. 173.
 Utica 13. 98. 116.
 Utraquisten 204 f.
 Utrecht 165. 243, F. 274.


 ~V.~

 Vadimon. See S. 84.
 Valens Ks. 137. 140.
 Valentinian Ks. 137 f.
 Valerius Corvus 82.
 -- Poplicola 75.
 Valmy S. 313.
 Valois H. 207.
 Vandalen 139. 141–144.
 Varna 366, S. 218 f.
 Varus 124.
 Vasallen 146. 161. 169. 191.
 Vasco de Gama 222.
 Vatikan. Konz. 381.
 Veii 72. 80.
 Vendée 310.
 Venedig 142. 175–176. 179 f. 184. 210. 219. 235. 239. 266.
       304. 315 f. 323. 340. 356. 379.
 Vercellae S. 104.
 Vercingetorix 112 f.
 Verden 152 f. 255. 260. 277 f.
 Verdun 156. 233. 236. 260. 313. 383. 385, V. 155.
 Verein. Staaten 301 f. 331. 346. 370. 407 f. 416 bis 419.
       420 f. 426.
 Vergilius 122.
 Virginia 79.
 Verona 144. 162. 182. 304. 369, Ko. 345.
 Versailles 265. 285. 307. 389–392, F. 301.
 Vesontio S. 111.
 Vespasian Ks. 128.
 Vesuv 128. 412, S. 83. 144.
 Via Aemilia 94.
 -- Appia 84. 86. 113.
 Vienne 208, Konz. 168. 178.
 Viktor Eman. 339. 356. 366. 369 f. 379. 411 f.
 Viktoria K. v. E. 353. 406
   bis 409.
 Vilagos Kapit. 358.
 Villars 274.
 Vionville S. 383.
 Viriathus 100.
 Visconti H. 203. 210.
 Vitalienbrüder 215.
 Vitellius Ks. 127.
 Vittoria S. 337.
 Völkerw. 137. 140–145.
 Volsker 70. 77 f. 80.
 Voltaire 285. 306.
 Vorbehalt, geistl. 234, 252. 255.
 Vossem F. 263.
 Voullon S. 143.


 ~W.~

 Wachau S. 336.
 Wagram S. 329.
 Wahlstatt S. 195. 335.
 Wajirawudh 420.
 Walachei 219. 278 f. 296. 346. 366 f.
 Waldemar II. K. v. Dn. 187. 215.
 -- IV. 201. 215.
 -- v. Br. 199. 427.
 Waldenser 191.
 Waldersee 421.
 Waldstätte 197.
 Wales 142.
 Wallia 141.
 Wallenstein 255–258. 437.
 Walpole 299.
 Walther v. d. V. 186.
 Warschau 275. 298. 350. 360, S. 267. 430.
 -- Hz. 327. 330 f. 341.
 Wartburg 186. 188. 190. 228. 345.
 Wartenburg S. 336.
 Warwick 214, 246.
 Wasa H. 249 f. 267.
 Washington 301 f. 321. 416, V. 418.
 Waterloo S. 342.
 Wat Tyler 212.
 Watt 344.
 Wehlau V. 267. 431.
 Weimar 233. 257. 291. 325. 437.
 Weinsberg S. 180.
 Weißenburg S. 314. 383.
 Weißer Berg S. 254;
 Welfen 154. 157. 166. 179–180. 182 f. 189. 266. 437, St. 181.
 Welfesholz S. 168.
 Wellington 328. 331. 337. 339. 342. 348.
 Wenden 152. 158. 160. 162. 180.
 Wenzel Ks. 202.
 Werder 383. 385. 387 f.
 Westfalen 151. 184. 189. 224. 254. 287. 340. 433;
   Kgr. 326 f. 336.
 Westfäl. F. 260. 273.
 Westgoten 139–142. 143 f. 149.
 Weström. Reich 138. 141. 143.
 Wettin H. 164. 179 f. 189. 204. 227. 233. 435. 437;
   St. 227.
 Wetzlar 224. 289. 320.
 Whigs 271. 273. 298.
 Widukind 152. 168.
 Wiedertäufer 229. 231.
 Wien 124. 131. 196. 205. 253. 259. 266. 292. 323. 329. 355 f.;
   Bl. 230. 266;
   F. 279. 330. 374. 379 f.;
   Ko. 340, V. 290.
 Wikinger 156. 170 f.
 Wilhelm I. K. v. E. 170. 192.
 -- II. 192.
 -- III. 263. 265. 271 f.
 -- IV. 348. 351.
 -- v. Holland 189.
 -- v. Oranien 243 f.
 -- K. d. Niederl. 340. 410.
 -- I. K. v. Pr. 355. 359. 367. 371. 376. 381. 384.
   Deutscher Ks. 390 bis 395. 433 f.
 -- II. 396. 434.
 -- v. Schaumburg 303. 438.
 Willigis 168.
 Wimpfen S. 254.
 Winfried 151.
 Winkelried 202.
 Winrich v. Kniprode 217.
 Wisby 200 f.
 Wismar 260. 277.
 Wißmann 425.
 Witboi 424 f.
 Wittelsbach H. 184. 186. 189. 252. 260. 289 f. 434 f.
 Wittenberg 227 f. 232 f. 337
 Wittstock S. 258.
 Witu 407. 425.
 Wladimir 170. 216.
 Wladislav 183. 206. 216. 218. 250.
 Worringen S. 190.
 Worms 151. 154 f. 164. 166. 190. 259. 265;
   Konk. 168;
   Rchst. 161. 187. 224. 228;
   S. 202.
 Wörth S. 383.
 Wrangel 259. 356. 361.
 Wrede 336 f.
 Wullenwever 250.
 Württemberg 196. 201 f. 206. 231 f. 321;
   Kgr. 323 f. 337. 341. 360. 375. 378. 382. 391. 435 f.
 Würzburg 151. 190. 257. 324. 378;
   Rchst. 182. 185.
 Wycliffe 203. 212.


 ~X.~

 Xanten 124, V. 252. 430.
 Xanthippos 39. 42 f.
 Xenophon 54. 70.
 Xeres de la Fr. S. 149.
 Xerxes 20. 40 f.
 Ximenez 241.


 ~Y.~

 York Gen. 332 f. 334 bis 336.
 -- H. 212–214.
 Hz. 212. 271. 318.
 Yorktown Kapit. 301.
 Ypsilanti 346.


 ~Z.~

 Zähringen H. 166. 196. 436.
 Zama S. 93.
 Zapolya 230.
 Zela S. 116.
 Zeno Ks. 138. 143.
 Zenobia 134.
 Zenta S. 266.
 Zeven V. 286.
 Ziska 205.
 Zollverein 351. 361. 380.
 Zorndorf S. 287.
 Zriny 251.
 Zülpich S. 143.
 Zünfte 201. 208. 210. 306.
 Zürich 165. 199. 205. 227. 230,
   F. 369,
   S. 317.
 Zwingli 227. 230.
 Zwölf Tafeln 78. 120.



Anmerkungen zur Transkription


Die folgenden gedruckten Berichtigungen sind in den Text eingeflossen:

~Berichtigungen:~

 Seite 16, Zeile 16 von oben lies: +Agni+.

    „  17,   „    4  „    „    „   Makedonier.

    „  17,   „   18  „    „    „   Hinterindien.

    „  33,   „   18  „    „    „   +Mytilene+.

    „  36,   „    7  „    „    „   Soloi.

    „  53,   „   13  „    „    „   ~Aigospotamoi.~

    „ 173,   „   10  „  unten  „   +Boëmund+.

    „ 283. Der jüngste Sohn des Kronprinzenpaares heißt Friedrich.

Die folgenden angenommenen Fehler wurden ebenfalls korrigiert:

S. 19 "su stellen" geändert zu "zu stellen"

S. 44 "Boöter" geändert zu "Böoter"

S. 59 "Im folgt" geändert zu "Ihm folgt"

S. 81 "s. S. 96)." geändert zu "s. S. 96."

S. 100 "Mutter-+Cornelia+" geändert zu "Mutter +Cornelia+"

S. 118 "Pausa" geändert zu "Pansa"

S. 121 "+Origenes+" geändert zu "+Origines+"

S. 123 "Serviltus" geändert zu "Servilius"

S. 123 "ermordert" geändert zu "ermordet"

S. 135 "(York)" geändert zu "(York))"

S. 141 "Haupstadt" geändert zu "Hauptstadt"

S. 147 "Sohn Sohn ~Karl Martel~" geändert zu "Sein Sohn ~Karl Martel~"

S. 179 "(Altmark)." geändert zu "(Altmark))."

S. 196, 315 "Osterreich" geändert zu "Österreich"

S. 199 "auf der Bärenjagd" geändert zu "(auf der Bärenjagd"

S. 207 "(1309-1377)" geändert zu "(1309-1377))"

S. 219 "Skanderbeg)" geändert zu "(Skanderbeg)"

S. 220 "Hausmeiertum" geändert zu "Hausmeistertum"

S. 224 "eingerichtet" geändert zu "eingerichtet)"

S. 235 "Heinrich IV" geändert zu "Heinrich IV."

S. 244 "wiederhergellt" geändert zu "wiederhergestellt"

S. 247 "rigths" geändert zu "Right"

S. 270 "Reiche England," geändert zu "Reiche (England,"

S. 299 "s. S. 286)" geändert zu "(s. S. 286)"

S. 302 "Johnsen" geändert zu "Johnson"

S. 311 "in Lyon" geändert zu "in Lyon)"

S. 319 "Agypten" geändert zu "Ägypten"

S. 323 "Erzherog" geändert zu "Erzherzog"

S. 324 "vom +Stein+" geändert zu "vom +Stein+)"

S. 331 "die Absetung" geändert zu "die Absetzung"

S. 392 "+v. Wedel+" geändert zu "+v. Wedel+)"

S. 406 "+Kapkolonie+[60]) auswanderten" geändert zu "+Kapkolonie+[60]
auswanderten"

S. 430 "perpetuns" geändert zu "perpetuus"

S. 437 "+Ernst II+" geändert zu "+Ernst II.+"

S. 439 "Abbasiden" geändert zu "Abbassiden"

S. 439 "Fr.. K. v. Schw." geändert zu "Fr. K. v. Schw."

S. 440 "Alkuin" geändert zu "Alcuin" und in alphabetischer Reihenfolge
geordnet

S. 440 "Amphiktionen" geändert zu "Amphiktyonien"

S. 440 "Aristarch" geändert zu "Aristarchos"

S. 442 "Cisalpin Rep." geändert zu "Cisalpin. Rep."

S. 442 "Corpus juris" geändert zu "Corpus iuris"

S. 443 "Dejotarus 66. 109." geändert zu "Deiotarus 109. 116. 117."

S. 443 "Deutschbrod" geändert zu "Deutsch-Brod"

S. 443 "Dionys" geändert zu "Dionysios"

S. 443 "Doggersbank" geändert zu "Doggerbank"

S. 445 "Großgörschen" geändert zu "Groß-Görschen"

S. 446 "Hermann Balke" geändert zu "Hermann Balk"

S. 446 "Histiäos" geändert zu "Histiaios"

S. 446 "Höchstedt" geändert zu "Höchstädt"

S. 447 "Juba" geändert zu "Iuba" und in alphabetischer Reihenfolge
geordnet

S. 447 "Kongfutse" geändert zu "Kong-fu-tse"

S. 448 "Kosciusko" geändert zu "Kosciusko"

S. 449 "Lüneville" geändert zu "Lunéville"

S. 449 "Lykurg" geändert zu "Lykurgos"

S. 449 "Malaka" geändert zu "Malakka"

S. 450 "Mesolongi" geändert zu "Missolunghi"

S. 450 "Mingdynastie" geändert zu "Ming-Dynastie"

S. 450 "Minorka" geändert zu "Menorka" und in alphabetischer
Reihenfolge geordnet

S. 450 "Mohacs" geändert zu "Mohacz"

S. 450 "Mylä" geändert zu "Mylae"

S. 451 "Oenophyta" geändert zu "Oinophyta" und in alphabetischer
Reihenfolge geordnet

S. 451 "Paskiewitsch" geändert zu "Paskjewitsch"

S. 452 "Petrejus" geändert zu "Petreius"

S. 452 "Philopömen" geändert zu "Philopoimen"

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unleserlich, und wurden unter Bezugnahme auf die Ausgabe von 1910
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