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Title: Die Aquarell-Malerei - Bemerkungen über die Technik derselben in ihrer Anwendung auf die Landschaftsmalerei. Dritte Auflage.
Author: Schmidt, Max
Language: German
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Internet Archive (https://archive.org)



Note: Images of the original pages are available through
      Internet Archive. See
      https://archive.org/details/dieaquarellmaler00schm


Hinweise zur Transkription:

      Im Original gesperrter Text ist _so ausgezeichnet_.

      Im Original fettgedruckter Text ist =so ausgezeichnet=.

      Weitere Hinweise finden sich am Ende des Textes.



DIE AQUARELL-MALEREI.

Bemerkungen über die Technik derselben
in ihrer Anwendung auf die Landschafts-Malerei.

von

MAX SCHMIDT,

ordentl. Mitglied der Königlichen Academie der Künste zu Berlin,
Professor an der Königl. Kunst-Academie zu Königsberg in Pr.

Dritte Auflage.



Berlin.
Verlag von Theobald Grieben.
1874.



Einleitung.


Unter den mannigfaltigen Darstellungsweisen in der bildenden Kunst
hat sich seit den letzten zwanzig Jahren die Aquarell-Malerei einen
bedeutenden Platz erworben.

Die Technik derselben ist, im Vergleich zu ihrem früheren Standpunkt,
so ausserordentlich vervollkommnet worden, dass sie in gewisser
Beziehung und auf bestimmte Zwecke angewendet, der Oelmalerei
ebenbürtig zur Seite steht.

Während Deutschland verhältnissmässig wenig für die Aquarell-Malerei
gethan hat ist sie in Frankreich und Belgien schon seit langer Zeit
sorgfältig cultivirt worden. Vor Allem aber sind es die Engländer,
welche ihr durch eine ausgedehnte Anwendung auf alle Genres der Malerei
sowohl, als durch Vervollkommnung der technischen Materialien, jene
anziehende Blüthe abgerungen haben, welche die heutigen Werke in dieser
Manier auszeichnet. Man kann mit Recht sagen: abgerungen; denn während
sie auf der einen Seite eine Anzahl liebenswürdiger Eigenschaften
besitzt, denen sie eben diesen hervorragenden Platz verdankt, ist sie
anderseits ein widerspenstiges Wesen mit tückischen Launen, die ihr
abgelernt werden müssen, um in ein freundschaftliches Verhältniss mit
ihr zu treten.

In England ist die Aquarell-Malerei ausserordentlich verbreitet
und begehrt. London besitzt zwei grosse Künstlergesellschaften,
(Society of British artists in water colours), deren Mitglieder
fast ausschliesslich in dieser Manier arbeiten und jährlich mehrere
Ausstellungen ihrer Werke veranstalten. Es gehört in England zur
guten Erziehung von Frauen, einigermassen mit der Technik der
Aquarell-Malerei Bescheid zu wissen. Selten wird man einen gebildeten
Engländer finden, der ohne alle Erfahrung darin wäre; mindestens kennt
Jung und Alt die Namen und Werke der ausgezeichneten Meister, wie
Forster, Fielding, Harding, Stanfield, Bonnington, Penley etc.

Es ist eine interessante Frage, warum es gerade die Engländer
sein mussten, welche der Aquarell-Malerei diesen hohen Grad von
Vollkommenheit gaben? Zur Beantwortung derselben ist es nicht
unwahrscheinlich, dass die natürliche Beschaffenheit jenes
Landes wesentlich zu der Vorliebe beigetragen hat, welche seinen
Bewohnern inne wohnt. Vom Meere umflossen, stets von einem reichen
atmosphärischen Leben umweht, mit einer kräftigen Vegetation bedeckt,
welche sich auf den mannigfaltigsten Terrainbildungen entwickelt,
hat England seinen Kindern ein besonders starkes Gefühl für
landschaftliche Schönheit mitgegeben. Walter Scott ist nicht allein
ein grosser Dichter, er ist auch ein hochpoetischer Landschaftsmaler;
die ganze Roman-Literatur Englands folgt, mit mehr oder weniger Glück,
seinem Beispiel. Sie verweilt oft und ausführlich bei der Beschreibung
ihrer landschaftlichen Schauplätze; aber sie begnügt sich nicht mit der
sachlichen Darstellung und der äusseren Gestaltung derselben, sondern
geht tief in ihre malerischen Stimmungen und Wirkungen ein, die durch
Tages- und Jahreszeit, Atmosphäre und Wolkenbildung hervorgebracht
werden, und hier ist der Punkt, wo die Aquarell-Malerei ihre Vorzüge
geltend gemacht hat. Luft, Licht, weicher Glanz sind Eigenschaften, die
ihr ganz besonders angehören, und zwar in viel höherem Masse als der
Oelmalerei.

Wie die al fresco-Farbe, vermöge der Rauhheit ihres Kalkgrundes,
einen stärkeren Grad von Licht ausstrahlt, als die Oelfarbe, so ist
eine glanzvolle und duftige Atmosphäre auf dem grainirten Papier mit
Aquarellfarben auch viel schneller herzustellen, als auf der Leinwand.

Die Landschafts-Malerei macht vorzugsweise die Forderung an
Luftperspective und Glanz geltend, und so dürfte für sie, so lange
sie sich auf gewisse Dimensionen beschränkt, diese Technik besonders
anwendbar sein, und zwar nicht nur in ausgeführten Werken, sondern
jetzt, nachdem die technischen Mittel so trefflich ausgebildet sind,
auch beim Studium des Künstlers vor der Natur. Wenn nun Licht und Luft
besonders leicht und glänzend in der Aquarell-Malerei hergestellt
werden können, so ist es erklärlich, dass das neblige und wolkige
England diese Technik mehr als die Binnenländer ausgebildet hat, zumal
die englischen Landschafts-Maler mit Vorliebe Scenerien aus ihrem
eigenen Lande darstellen.

Aber auch das Portrait und die Genre-Malerei, so lange sie sich nicht
über eine gewisse Grösse erheben, finden in der Aquarell-Malerei eine
liebenswürdige und nicht besonders schwierige Darstellungsweise, und
für die Blumen-Malerei, welche die Anforderung an Farbenpracht, Glanz
und Licht aufs Höchste steigert, dürfte schwerlich eine zweckmässigere
Manier gefunden werden.

Was die speciellen technischen Vortheile der Aquarell-Malerei
betrifft, so sind diese mannigfacher Art. Einer der wesentlichsten
ist: Schnelligkeit der Arbeit. Während in der Oelmalerei das langsame
aber nothwendige Austrocknen der Farbe, ehe man zu weiterer Vollendung
vorschreiten kann, einen lästigen Aufenthalt giebt, geschieht dies bei
der Wasserfarbe so schnell, dass man nach kurzen Pausen die Arbeit
ungehindert fortsetzen kann.

Ferner fällt das lästige Einschlagen und Blindwerden der Farbe, wie es
in Oel unausbleiblich ist, wenn man eine zweite Lage über die erste
bringt, gänzlich fort.

Der zuerst genannte Umstand des schnelleren Trocknens der Farbe
bringt noch den andern Vortheil mit sich, dass man die Arbeit in
jedem Augenblicke abbrechen und wieder aufnehmen kann, ohne ihrem
technischen Zusammenhang zu schaden, während es bei der Oelfarbe oft
eine unabweisliche Forderung ist, ein gewisses Quantum Zeit vor sich
zu haben, um eine aus weichen Uebergängen bestehende Partie des Bildes
nass in nass fertig machen zu können.

Auch für den zeichnerischen Theil der Arbeit, für die sorgsame
Ausbildung der Form bietet die Aquarellfarbe Vortheile dar. So lange
man sich in kleinen Dimensionen bewegt, giebt der Wasserfarbenpinsel
die Präcision der Zeichnung ungleich leichter und schneller wieder, als
dies die consistente Oelfarbe gestattet; besonders fühlbar ist dieser
Vortheil bei allen Architectur-Darstellungen, beim Portrait in kleinen
Verhältnissen und in Blumenstücken.

Auch mag hier noch eine Bequemlichkeit erwähnt werden, welche dem
in freier Natur studirenden Landschaftsmaler besonders zu Statten
kommt; es ist die Geringfügigkeit der Geräthschaften und ihre leichte
Tragbarkeit.

Höher aber, als diese erleichternden Eigenschaften äusserlicher
Natur ist der Umstand anzuschlagen, dass für die Gesammtstimmung und
harmonische Abtönung des Werks in der Aquarelltechnik so bequeme Mittel
dargeboten sind. Durch dünne, breite Farbenlagen ist es möglich,
den Ton ganzer Partien des Bildes zu erhöhen, zu erwärmen, oder
herabzudrücken, ohne der bereits vorhandenen Zeichnung im mindesten
zu schaden. Es wird hierdurch sowohl, als auch oft durch Waschungen
mit reinem Wasser jene Vergeistigung des Gesammttons und der Farbe
erreicht, die zu den specifischen Eigenschaften der Aquarell-Malerei
gehört.

Den Bequemlichkeiten und Vortheilen gegenüber zeigen sich aber auch
einige oft recht empfindliche Nachtheile, die nur durch Vorsicht und
durch eine zu erwerbende Geschicklichkeit der Hand zu überwinden sind.

Dahin gehört namentlich in der Landschafts-Malerei die Schwierigkeit
der Behandlung der Luft, sobald dieselbe an Wolkenbildung und Farbe
reich ist.

Grosse Veränderungen in derselben vorzunehmen, wie dies in der
Oelmalerei unzählige Male wiederholt werden kann, ohne der Leinwand zu
schaden, wird auf der zarten Oberfläche des Papiers oft unmöglich und
ein solcher Fall endigt in der Regel damit, dass man die ganze Arbeit
verwirft und zu neuem Papier greift. Zwar ist der Schwamm in solcher
Noth ein vortrefflicher Freund, doch kann auch er nicht helfen, wenn
die Textur des Papiers durch scharfes Waschen zu sehr zerstört ist.

Aenderungen der Arbeit an weniger zarten Stellen, als der Luft,
bewerkstelligen sich bei weitem leichter durch Schwamm und Tuch.
Alle Aenderungen und Reparaturen sind aber zeitraubend und mühselig,
weit mehr als bei der Oelfarbe, wo der Lappen und das Schabemesser
oft ebenso viel thun, wie der Pinsel, und wo ein gänzliches Verderben
des Bildes absolut zu verhindern ist, wenn auch noch so viele
Aenderungen auf demselben vorgenommen sind. Um so mehr wird es in der
Aquarell-Malerei für den Künstler Nothwendigkeit, sich seiner Aufgabe
klar bewusst zu sein, um in der ganzen Disposition des Bildes, in der
allgemeinen Vertheilung von Hell und Dunkel, fest zu bleiben.



Geräthschaften.[1]

Was die Geräthschaften zur Aquarell-Malerei angeht, so ist es
keineswegs gleichgültig, welche Wahl man unter der Masse des zum
Kauf ausgebotenen Materials trifft. Das Schaffen eines Kunstwerks
ist an und für sich schwierig genug, als dass man es sich durch ein
unzweckmässiges Material noch erschweren sollte.

Von der grössten Wichtigkeit ist die Wahl des Papiers. Die besten
Arten sind die von den Engländern in vorzüglicher Güte fabricirten
Aquarellpapiere, unter welchen besonders zu empfehlen sind:

1. Whatman, double elephant, extra thick.

2. Whatman, double elephant, die dünnere Gattung.

3. Harding paper, thick.

Letzteres ist von weicherer Beschaffenheit, als die Whatman-Papiere,
und verleiht vermöge seiner milden Textur den Lufttönen eine überaus
zarte Leuchtbarkeit. Hinreichend nass behandelt, lassen sich auf keinem
andern Papiere breite Farbenlagen so fleckenlos herstellen.

Eine dünnere Gattung desselben Namens ist für kleine Dimensionen gut
anwendbar. Beide haben im Gegensatze zu den oben genannten Papieren
einen warmen, gelblichen Ton.

4. Creswick paper, ein gelbliches, mässig dickes Papier mit starkem und
etwas weicherem Grain, als das Whatman, besonders geeignet für grössere
Dimensionen.

5. Griffin paper von Windsor & Newton, ohne Zweifel das beste aller
Aquarellpapiere, aber auch das theuerste.

Um bequemer und sauberer zu arbeiten, ist es nöthig, das Papier auf ein
Bret zu spannen. Solche Bretter lässt man am besten von starker oder
doppelter Pappe anfertigen: dieselbe wirft sich nicht und ist, weil
ohne Querleisten, leicht zu transportiren.

Hinsichtlich der Fabrikation der Aquarellfarben sind die Engländer
wiederum Meister. Nicht dass ihre Pigmente besser wären als die
unsrigen, aber die englische Präparation für den Gebrauch ist die
zweckmässigste und trotz mancher Versuche von unsern Fabrikanten leider
noch nicht erreicht.

Die beste Gattung Farben sind die unter dem Namen Moist colours von
_Windsor & Newton_ in London verfertigten, und unter diesen die in
kleine Porcellankästchen (Pans) gefüllten. Sie sind in Blechkästen
von verschiedener Grösse, je nach der Anzahl der Farben, gelegt. Der
geöffnete Kasten enthält in seinem Deckel drei oder vier Vertiefungen,
welche man zum Mischen der grösseren Farbentöne gebraucht, und auf der
andern Seite eine Blechplatte, welche als Palette dient.

Diese Kasten sind leicht zu transportiren; die Farben bröckeln
nicht, wie alle andern Gattungen, welche man für den Gebrauch erst
in Tuschnäpfchen einreiben muss, und geben bei der leichtesten
Berührung des genässten Pinsels an. Die gebräuchlichsten und in ihrer
Haltbarkeit gegen die Einwirkung des Lichts erprobten sind:

    1. Yellow Ochre.
    2. Indian Yellow.
    3. Mars Yellow.
    4. Raw Sienna.
    5. Gamboge.
    6. Rose Madder.
    7. Light Red.
    8. Indian Red.
    9. Brown Madder.
    10. Cobalt.
    11. French Blue.
    12. Indigo.
    13. Burnt Sienna.
    14. Vandycke Brown.
    15. Sepia.
    16. Brown Pink.
    17. Ivory Black oder Lamp Black.
    18. Olive Green.

Seltner gebraucht, aber doch in gewissen Fällen unentbehrlich sind
Minium oder Rouge de Saturne und Cendre verte, welche beide man am
besten in kleinen trockenen Tafeln aus der Fabrik von _Chenal_ bezieht,
Permanent Chinese White von _Windsor & Newton_, in Zinnbüchschen,
feucht präparirt.

Gänzlich zu vermeiden sind folgende, leider sehr gebräuchliche Farben:

    1. Preussisch Blau. Es dunkelt und blaut schon in kurzer Zeit sehr
       nach und verzehrt die mit ihm gemischten Farben.

    2. Carmin, Crimson-Lake, Purple Lake und alle aus Cochenille
       fabricirten Farben; dem Lichte ausgesetzt, bleichen sie in
       kurzer Zeit und verschwinden mit der Zeit ganz.

    3. Gallstone, Dragon Blood, Hooker's Green, Italian Pink, Scarlet
       sind gleichfalls undauerhaft.

Die vorzüglichste Art von Pinseln für die Aquarell-Malerei sind die
von _Windsor & Newton_ fabricirten Sable Brushes, rund in Federkiel.
Weniger gut, wiewohl immerhin brauchbar und für den zehnten Theil des
Preises käuflich sind die gewöhnlichen französischen Aquarell-Pinsel.
Neben ihnen wird man mit Vortheil die braunen Marderpinsel, in Blech
gefasst, anwenden, welche sich durch eine ungleich grössere Elasticität
auszeichnen.

Sehr zu empfehlen sind Camel-Hair-Pinsel von _Windsor & Newton_, die
in Güte und Preis zwischen den Sable Brushes und den französischen
Aquarell-Pinseln stehen.



Betrachtung der einzelnen Theile einer Landschaft.


Um die Entstehung eines Aquarell-Gemäldes, wie es seine verschiedenen
Phasen, zu immer grösserer Vollendung fortschreitend, durchläuft, zu
veranschaulichen, wird es nothwendig sein, zuvor auf seine einzelnen
Theile specieller einzugehen. Um dies mit Erfolg zu können, reicht es
nicht aus, die Technik als völlig isolirten Theil der Arbeit allein zu
betrachten; es wird, zum näheren Verständniss derselben, oft auf die
künstlerische Auffassungsweise der Natur hingewiesen werden müssen.

Gar häufig ist der Künstler geneigt, wenn die Arbeit nicht nach
Wunsch gelingen will, die Schuld der mangelhaft bewältigten Technik
beizumessen, während in den meisten solcher Fälle die unrichtige oder
unklare Auffassung des Natureindrucks, den er geben will, der Grund
ist, dass die angewendeten technischen Mittel ihre Wirkung versagen.

Alle Technik muss aus einer innern Nothwendigkeit entspringen; sie
soll die Dienerin des malerischen Gedankens sein; ihm soll sie sich
unterordnen als das von ihm abhängige Wesen, wie in der Musik die
Melodie von den begleitenden Stimmen nicht übertönt und verdunkelt
werden darf. Diese Forderung schliesst keineswegs aus, dass auch der
Technik ein gewisses Recht auf Selbständigkeit zuerkannt werde; sie
wird immerhin ein Spiegelbild der individuellen Eigenthümlichkeit jedes
einzelnen Künstlers bleiben, und wie sollte man nicht mit Vergnügen
und Bewunderung einer geistreichen und ausdrucksvollen Pinselführung
bis in die kleinsten Details folgen, sobald sie nicht mit der koketten
Prätension moderner Virtuosität auftritt, die nur dazu dient, das
eigentliche Wesen und die Innerlichkeit des Kunstwerks zu verwischen,
oft sogar zu vernichten. _Rembrandt_, _Teniers_, _Ruysdael_, _Hobbema_
sind wahrlich auch Techniker gewesen, nirgend aber tritt in ihren
Werken das Machwerk überwiegend auf; überall dient es nur, um den
malerischen Gedanken auf's Kräftigste in die Erscheinung treten zu
lassen.

In der Landschafts-Malerei, für welche sich bei kleinen Dimensionen
vorzugsweise die Aquarell-Technik eignet und welche somit bei
der folgenden Entwickelung zur Grundlage dienen mag, ist es in
unendlich vielen Fällen die Luft, welche sich unserm Auge vor allem
Andern bemerkbar macht. Ihre Stofflosigkeit im Verhältniss zu der
körperlichen Erde und ihren Erzeugnissen scheidet sie wesentlich von
letzterer. Sie ist für uns das Bild der Unendlichkeit und stellt
sich hin als stärkster Gegensatz zu den festbegrenzten greifbaren
Formen der Erdrinde. In der Luft und ihren Veränderungen liegen
die grossartigsten, ergreifendsten Natureindrücke, welche die
menschliche Seele aufzufassen fähig ist. Das eigentliche, innerste
Wesen des malerischen Gedankens ist zwar niemals durch Worte völlig
wiederzugeben, -- es wäre dann ja auch unnütz zu zeichnen, zu malen, zu
meisseln, das Wort würde ausreichen; aber es lässt sich im Allgemeinen
sagen, dass die unendliche Reihe unserer Gemüthsstimmungen von der
harmlosen Heiterkeit bis zur tiefsten Schwermuth eine Ausdrucksweise
im atmosphärischen Leben unsers Erdballs findet, oder richtiger, die
Seele für ihre verschiedensten Stimmungen entsprechende Wiederklänge
in den Wandlungen unserer Atmosphäre. Nicht hoch genug kann die
Vorsicht sein, mit der der Künstler an diesen Theil seines Werkes
geht. Ein richtig angeschlagener Ton der Luft wird ihm der Führer für
die Harmonie des Ganzen. Selbstverständlich gilt dies nur für solche
Vorwürfe, welche einen besondern Accent der Wirkung der Luft erfordern
und in denen diese dann immer einen verhältnissmässig grossen Raum
einnimmt, wie bei Darstellungen des Meeres, des Strandes, der flachen
Haide, von Wiesengründen mit Gewässern etc. Im andern Falle, wo die
festen Gegenstände den grössten Theil des Bildes decken, wird die Luft
nur von secundärer Wirkung sein.

Alle Luft, mag sie noch so bewölkt sein, erfordert vermöge ihrer
leichten, körperlosen Natur eine andere technische Behandlungsweise,
als feste Gegenstände; auch in ihren stärksten Gegensätzen wird sie
immer weich und zart bleiben müssen.

Im klaren Aether sind die Uebergänge von einem in den andern Ton
ohne bestimmte Grenze. Dunstschichten durchziehen sie in scheinbarer
Willkür, sie verschwinden und verlieren sich als leichter Hauch. Die
Schatten der Wolken sind mit Lichtern und Halblichtern durchwebt,
welche weich in dieselben verlaufen. Solchem Wenig körperhaften Wesen
gegenüber liegt für den Darsteller die Gefahr nahe, formlos zu werden
und aus Furcht vor Härten sich in Verblasenheit zu verlieren. Hier ist
es die Aufgabe, bestimmt im Unbestimmten zu sein, die Form fest und
sicher zu zeichnen, aber mit den verwandtesten Mitteln, mit gering
unterschiedenen Tönen. Abgesehen vom Aquarell finden wir hohe Beispiele
dieser Art bei Claude de Lorrain; seine Lüfte schwimmen im Sonnenglanz,
nichts Compactes und Erdiges mischt sich in sie hinein, und dennoch
können wir jedes Wölkchen in seinen Umrissen verfolgen. Angewendet auf
die Aquarell-Malerei wird es zur Erreichung dieses Zweckes rathsam
sein, die Luft mit sehr hellen Tönen zu beginnen, die Form der Wolken
von vorn herein fest zu bestimmen und nach und nach die Töne zur
beabsichtigten Kraft zu steigern. Durch diese allmähliche Verstärkung
des Tones erreicht man am leichtesten den nothwendigen ätherischen
Hauch; die Poren des Papieres werden gleichmässiger gedeckt, die
Farbe vergeistigt sich. Indess kann man dasselbe Resultat auch auf
die entgegengesetzte Weise erreichen: man setze die ersten Lagen der
Luft um einen starken Grad kräftiger ein, als sie sein sollen, mit
voller Beobachtung der Form; nachdem das Papier gut trocken geworden,
passire man das Ganze, mit einem breiten Pinsel, wiederum mit Wasser
und bearbeite dann die einzelnen Töne mit einem weichen Schwamm der
Art, dass der ganze Ton vermindert wird und alle Härten und Schärfen
schwinden. Nachdem das Papier wieder trocken geworden, wird man an den
zu matt gewordenen Stellen noch einige Kraft nachzusetzen haben; das
Ganze aber wird hauchig und zart geworden sein.

Einige Beispiele mögen das Gesagte noch deutlicher machen. Die
einfachste, wiewohl keineswegs die leichteste Aufgabe ist, eine heitere
blaue Tagesluft ohne Gewölk darzustellen. Dem ungeübten Auge erscheint
das Blau des Tageshimmels eine einfache Abschattirung von Dunkel nach
Hell; nach genauer Prüfung wird aber gefunden werden, dass es dreimal
seine Natur wechselt, und um dies recht entschieden zu erkennen, neige
man den Kopf tief auf die Seite: diese ungewohnte Stellung zeigt die
Farben-Unterschiede am deutlichsten. Man beginne mit reinem Blau
(Cobalt, Indigo) und stelle durch wiederholte schwache Lagen eine zarte
Abschattirung von oben nach unten her, so dass dasselbe am Horizont
ganz verschwindet. Dann nehme man zwei Töne von Yellow Ochre, den einen
viel heller als den andern, gebe dem Bret eine etwas schräge Lage von
oben nach unten, bediene sich eines möglichst grossen Pinsels und
beginne mit einem Strich reinen Wassers vom Zenith abwärts, setze den
hellen Ton ein und mische, weiter nach unten vorschreitend, mit jeder
Pinsellage ein wenig vom Dunkleren zum Helleren, so dass, am Horizont
angekommen, das Gelb allmählich an Intensität zugenommen hat.

Diese Operation lässt sich auch in entgegengesetzter Weise herstellen,
indem man das Bret umdreht, mit dem starken Ton am Horizont beginnt
und, durch stetiges Zusetzen von reinem Wasser, ihn nach dem Zenith
zu in grösster Zartheit auslaufen lässt. Nachdem er trocken, übergehe
man die ganze Luft mit einem breiten Pinsel mit reinem Wasser, um alle
Unreinheiten noch fortzunehmen. Diese Waschungen mit reinem Wasser,
nach den einzelnen Farbenlagen angewendet, sind sehr zu empfehlen und
dienen wesentlich zur Erreichung von Glanz und Duft.

Sodann mische man einen leichten Ton von Light Red und Rose Madder,
setze ihn am Horizont ein und verwasche ihn nach dem Mittelgrunde der
Luft; einen andern Ton von Rose Madder rein, aber sehr hell, setze man
am Zenith ein und lasse ihn abwärts zart auslaufen. Wenn alles dies
fleckenlos geglückt, wird die Luft immerhin noch einen blauen Eindruck
machen, aber sie wird den sonnigen Hauch der Natur erlangt, den
Eindruck der Fläche verloren und den der Wölbung gewonnen haben.

Um die Mittagszeit, wo die Luft bei vollständiger Klarheit am meisten
blau, werden die farbigen Töne nur von äusserster Zartheit angewendet
werden dürfen. Je mehr die Stunde von der Mittagszeit entfernt ist,
nimmt das Blau an Ausdehnung und Intensität ab und macht den gelben
und rothen Tönen mehr und mehr Platz.

Erfordert der Vorwurf Wolken in der Luft, so beginnt man am besten mit
dem blauen Aether und spart die Wolken in ihrem ganzen Umfange mit
bestimmten Contouren aus. Nachdem das Blau in seiner ganzen Abstufung
tadellos hergestellt ist, mische man einen Ton von Yellow Ochre und
Brown Madder, sehr hell, und übergehe das ganze Papier eintönig
mit demselben, nur mit Auslassung absolut weisser Gegenstände des
Vorgrundes; dieselben sind positiv heller als die Lichter der Wolken.
Dieser allgemeine Ton mildert die Rohheit und Schärfe des weissen
Lichts und steigert die Transparenz und Duftigkeit der Luft. Für die
Schatten der Wolken mische man einen Ton von Cobalt mit Light Red oder
von Brown Madder, Yellow Ochre und Cobalt, sehr hell, und modellire
die Wolken indem man mit demselben ihre Mitteltöne und Schatten
gleichmässig bedeckt; an einigen Stellen wird der Ton durch Auswaschen
zart und ohne sichtbare Grenze in das Licht hinein zu ziehen sein. Ein
zweiter Ton aus Light Red und Cobalt, oder Cobalt und Brown Madder,
oder Cobalt und Rose Madder, je nachdem die Mitteltöne warm oder kalt
sind, diene für die Kernschatten.

Sehr zu beachten für das Gelingen einer weithin ausgedehnten Luft ist
die Veränderung des Tons der Lichter und Schatten, je nachdem sie sich
vom Vorgrunde entfernen; sie wechseln in weitester Ferne geradezu
ihr Verhältniss: während die zunächst über uns schwebenden Wolken
die hellsten und kältesten Lichter neben warmen Schattentönen haben,
nehmen die Lichter in dem Masse wie sie sich in die Ferne ziehen, einen
wärmeren und tieferen Ton an, der sich bis zum röthlichen steigert;
die Schatten dagegen verlieren an Wärme und neigen sich dem Grau zu.
Selbstverständlich kann diese Veränderung des Farbenverhältnisses nur
für eine und dieselbe Wolkenschicht gemeint sein.

Befinden wir uns beim Sinken der Sonne in freier Natur, so wendet
sich der Blick unwillkürlich dem Westen zu. So tausendfältig wir
dieses Schauspiel beobachtet haben, behauptet es doch immer auf's Neue
seinen unbeschreiblichen Zauber. Die Sonne ist in unsern Gesichtskreis
getreten; unverhüllt ist unser Auge nicht im Stande, ihre Strahlen zu
ertragen, wir schützen es durch die vorgehaltene Hand und schwelgen
in der tiefer liegenden Farbenpracht. Ein thörichtes Unternehmen wäre
es, im klaren Aether die unverhüllte Sonne selbst malen zu wollen; was
wir nicht ohne Schmerz im Auge sehen können, ist auch für die Malerei
nicht darstellbar. Dagegen wird uns die ganze Farbenscala vom Zenith
bis zum Horizont bequem sichtbar, wenn ein Gewölk oder Dunstmassen
die Sonnenkugel verdecken. Wir sehen ihre Wirkung auf Aether, Wolken
und Erde und ahnen nur den hellsten Fleck, der hinter der Wolke
steckt. Solche Augenblicke sind annähernd darstellbar und wir können
wohl sagen, dass sie das Aeusserste von Schönheit und Pracht in sich
schliessen, was unsere Erde zu bieten vermag. Unwillkürlich wird sich
der Künstler aufgefordert fühlen, seine Kräfte an dieser Aufgabe
zu erproben, aber auch dem Geschicktesten und Begabtesten gelingt
es nur selten, eine glückliche Darstellung dieser Naturstimmung zu
erreichen. Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein Schritt, und
neben dem höchsten Grad von Schönheit liegt die Karikatur; der höchste
Farbenglanz um einen Grad übertrieben, fällt aus der Harmonie und wird
Rohheit. Je entschiedener und intensiver die Farben auftreten, um so
schwieriger wird es, das rohe Material der Palette zu überwinden und zu
vergeistigen, so dass an die Stelle farbiger Flecken und Uebergänge der
Eindruck des Lichts entsteht.

Leicht ist es, alle pikanten Natureffecte skizzenhaft so wiederzugeben,
dass der Beschauer erkennt, was man gewollt; aber einen Abend oder
Morgen in seiner ganzen Pracht und Erhabenheit darzustellen, erfordert
die höchste Sammlung und Anspannung der malerischen Kräfte. Es ist ein
gewaltiger, lang austönender Accord der reichsten Harmonie.

Danach wird der Versuch, mit Worten die technische Art und Weise
zu beschreiben, wie derartige Wirkungen herzustellen sind, immer
unzulänglich sein. Nur der einfachste Vorwurf kann einigermassen
den Weg zeigen, wie man zu verfahren hat; bei reicheren Aufgaben
mit verschiedenen Wolkenschichten kommt zuviel auf die individuelle
Auffassungsweise des Künstlers an, als dass man die Entstehungsweise
genau beschreiben könnte. Die Aufgabe sei: eine klare Abendluft,
die Sonne links ausserhalb des Bildes, etwa eine halbe Stunde vor
Sonnenuntergang.

Man präparire einen hellen Ton von Yellow Ochre und ein wenig Rose
Madder, und übergehe das Papier gleichmässig mit demselben. Sodann
drehe man dasselbe um und beginne am Horizont mit einem leichten Ton
von Brown Madder, treibe denselben etwa bis zu einem Drittel in den
Mittelgrund und lasse ihn daselbst zart verlaufen. Nachdem er trocken,
bringe man das Papier wieder in die ursprüngliche Lage, präparire einen
Ton von Yellow Ochre und einen zweiten von Yellow Ochre und Light Red,
übergehe das Papier von oben mit reinem Wasser, beginne im Mittelgrunde
den ersten Ton einzusetzen, mische dann nachgerade von dem zweiten dazu
und gehe nach unten ganz in ihn über. Alsdann lege man reinen Cobalt
über den oberen Theil der Luft, lasse ihn nach dem Mittelgrunde zart
verlaufen, steigere ihn dagegen nach oben mit Rose Madder.

Die Reihefolge von Tönen, welche sich auf diese Weise erzeugt haben,
ist folgende: Der obere Theil beginnt mit einem gebrochenen Blau, geht
durch einen grünlichen Hauch in Gelb über; dann steigert sich das Gelb
an Intensität und geht in Orange über; dem untersten Theil gebe man
durch eine Lage Rose Madder und ein wenig Permanent Chinese White mehr
Tiefe und Duft.

Waschungen, mit reinem Wasser und einem breiten Pinsel ausgeführt,
werden, zwischen den verschiedenen Farbenlagen angewendet, der Harmonie
und Zartheit des Ganzen einen höheren Grad verleihen.

Wirken die verschiedenen Farbenlagen nicht ausreichend, so wiederhole
man sie in helleren Mischungen. Je näher die Sonne am Sinken ist, desto
mehr wird der untere Theil der Luft an Intensität der Farbe zunehmen
müssen, während das Blau nach oben einem fast farblosen Perlgrau weicht.

Der glänzendste Theil einer solchen Luft ist der Mittelgrund, der aus
einem fast reinen gelben Ton besteht; er nimmt verhältnissmässig nur
einen sehr kleinen Raum ein, steigert sich abwärts nach stärkerem Gelb,
Orange und Purpur, verliert sich dagegen aufwärts durch Apfelgrün nach
Perlgrau.

Ohne besondere Schwierigkeit kann man in eine so gestimmte Luft einiges
Gewölk bringen, sobald sich dasselbe in allen Theilen als dunklerer
Ton auf dem dahinter liegenden Aether absetzen soll. Als Lichtton wird
Light Red und Yellow Ochre, Light Red und Rose Madder dienen, je nach
der Lage der Wolken, und als Schattenton Cobalt mit Light Red oder Rose
Madder. Ist das Gewölk sehr verschwimmend gedacht, so thut man gut,
den ganzen Aether mit Wasser zu passiren und wenn dasselbe abgedampft
ist, den Lichtton einzusetzen, der sich dann auf das Zarteste verziehen
lässt. Die Schatten sind besser in's Trockene zu setzen und an einigen
Stellen zu verwaschen.

Leichte, helle Wölkchen im oberen Theil der Luft sind durch
Herauswaschen zu erzeugen; man bezeichnet dieselben mit reinem Wasser,
trocknet die genässten Stellen mit feinem Löschpapier sorgsam ab und
reibt alsdann mit Brodkrume leicht darüber hin.

Die auf diese Weise hell gewordenen Flecken colorirt man mit einem
entsprechenden Ton, doch muss man hierbei vorsichtig die Conturen inne
halten, um nicht dunklere Ränder zu erzeugen.

Bei Weitem schwieriger wird eine Abendluft, wenn dieselbe mit starkem
Gewölk, welches sich hell und dunkel gegen den Aether absetzt,
beabsichtigt ist. Der sicherste Weg hierbei wird der sein, bevor man
an irgend einen Farbenton denkt, die ganze Luft in Blau (Cobalt oder
Indigo) fertig zu modelliren. Die grösste Zurückhaltung ist dabei
anzuwenden, um den farbigen Tönen, die man nachher darüber legt, ihre
volle Lichtwirkung zu bewahren.

Eine zweite Aufgabe sei: eine neblige Abendluft nach Westen; die Sonne
in der Mitte des Bildes, etwa zwischen dem ersten und zweiten Drittheil
der Luft von oben.

Man gebe dem ganzen Papier nach oben beschriebener Art eine Lage Gelb,
am oberen Rand sehr hell anfangend, nach unten gleichmässig an Kraft
zunehmend. (Indian Yellow und Indian Yellow mit Yellow Ochre.) Sodann
markire man die Stelle der Sonnenkugel durch einen Kreis leicht mit
Bleistift und präparire darauf einen sehr hellen Ton von Mennige und
Rose Madder. Nachdem man mit reinem Wasser einen etwa pinseldicken
Kreis concentrisch um die Sonne gezogen hat, beginne man, den genannten
Ton von oben über das Papier zu legen, so dass er die Sonne bis auf
einen schmalen Gürtel Gelb, in welchen er sich zart verlaufen muss,
kreisrund einschliesst, und treibe ihn dann gleichmässig durch das
ganze Papier.

Einen Ton von Brown Madder lege man alsdann vom Horizont beginnend bis
in die Gegend der Sonne, wo er sich unmerklich verlieren muss. Mit
einem andern sehr hellen Ton von Cobalt töne man beide oberen Ecken
des Papiers ab und nähere sich mit demselben kreisförmig der Sonne in
verschwimmender Weise; links und rechts lasse man ihn da verschwinden,
wo der Ton von Brown Madder sein Ende gefunden hat, so dass zwischen
beiden ein schmaler Raum mattes Gelb übrig bleibt. Um nun den unteren
Theil der Luft die dieser Stimmung eigenthümliche Undurchsichtigkeit zu
geben, präparire man einen Ton von Cobalt, ein wenig Rose Madder mit
einem Zusatze von Weiss, setze ihn am Horizont ein und lasse ihn nach
oben zu verschwinden.

Zur Vollendung der Wirkung fehlt noch die hellste Stelle der Sonne.
Nachdem der Bleistiftstrich, welcher die Sonnenkugel markirt, mit
Gummi entfernt, reibe man mit Radirgummi oder pulverisirtem Bimsstein
das Gelb der ersten Lage aus der Sonne selbst hinweg, der Art, dass
die Mitte der Sonne völlig weiss wird, der Lichtschimmer aber in den
Nebenton hineinstrahlt; Dasselbe ist mit einem sehr scharfen runden
Radirmesser zu erreichen. Der Effect ist überraschend blendend und
doch nicht beleidigend; ein leises Ueberreiben der nächsten Umgebung
der Sonne mit pulverisirtem Bimsstein oder geschabtem Leder steigert
noch die Zartheit der Wirkung.

Graue Lüfte wird man am leichtesten durch eine Mischung von Cobalt oder
Indigo, Sepia und Brown Madder in verschiedenen Abstufungen herstellen.

Das Gewölk zeigt sich in denselben an den hellsten Stellen in reinem
Weiss, d. h. in dem Papierton. Tiefer schwebende Wolken werden wieder
mit einem Ton von Sepia, Brown Madder und Indigo zu geben sein und ihre
Schattentöne aus Brown Madder und Cobalt. Die wärmeren Töne am Horizont
sind mit Yellow Ochre, Light Red und Indian Red herzustellen.

In unserm nordischen Klima spielt die graue und weisse Luft für die
Landschafts-Malerei eine grosse Rolle. Das viel und mannigfaltig
abgestufte Grün steht zu keinem andern Farben-Gegensatz so harmonisch,
als zu Grau und Weiss. Ein bedeckter feuchter Tag am schilfigen Ufer
eines Sees mit dunklen Wolkenschatten über einem und dem andern Theil
der Scene ist ein Thema, welches unendlich mannigfaltig bearbeitet
werden kann und immer wieder unser innerstes Gemüth ansprechen
wird. Diesen Gegensatz zu Grau und Grün hat schon Ruysdael auf das
Eminenteste ausgebildet. Seine schwarzgrünen Eichen erheben sich mit
heroischer Kraft in die Atlastöne der Luft und seine weissschäumenden
Wasserfälle sind aus demselben Harmoniegefühl entsprungen.

Es sei gestattet, an dieser Stelle Troyon zu nennen, einen unlängst
verstorbenen Meister in Paris, der in seinen Thierstücken mit grosser
landschaftlicher Umgebung an Glanz und Zartheit der Farbenwirkung
noch unübertroffen ist. Seine Lüfte sind meistens aus Silbergrau
gestimmt, welches er in den feinsten Combinationen und Abstufungen
zu seinem Zwecke verwendete, um dem Grün der Landschaft und dem
starkfarbigen Fell der Thiere den höchsten realen Glanz zu geben.
Diese hervorstechende Eigenschaft seiner Bilder, eine leuchtende
Realität ohne Rohheit, ist für alle Künstler von höchstem Interesse.
Begreiflicher Weise hat er einen Schwarm von Nachahmern hervorgerufen,
die ihr einziges Heil in Grau und Grün suchen, sich aber selten über
die gewöhnlichste Prosa erheben, weil ihnen eben die Ursprünglichkeit
ihres Vorbildes abgeht.

Es bleiben nun noch die Mondnächte zu erwähnen. Als künstlerischer
Vorwurf steht der Mondschein sicherlich hoch, sein Wesen ist Stimmung;
über seine Auffassung lässt sich aber wenig sagen, sie beruht eben auf
eigner innerer Empfindung. Technisch wird man wohlthun, zur Erreichung
der nothwendigen Tiefe der Luft sich nicht mehr des Cobalts zu
bedienen, sondern den Indigo und Ivory Black an seine Stelle zu setzen.
Dünne Lasuren von French Blue werden dem grünlichen Ton des Indigo, wo
derselbe nicht erwünscht ist, mit Erfolg entgegenwirken.

Als practische Regel ist auch hier wieder hervorzuheben, dass man
mit leichten Tönen beginnend, erst allmählich in die Tiefe geht und
stets im Auge behält, welche Kraft man im Vorgrund nöthig hat, um die
irdischen Gegenstände fest und stofflich wirken zu lassen.

Sehr häufig werden schön gedachte Mondschein-Darstellungen dadurch
wirkungslos, dass die Luft in ihrem Gesammtton zu dunkel gegen die
festen Gegenstände des Vorgrundes gehalten ist. Ebenso ökonomisch, wie
in den Tiefen, muss man im Licht verfahren. Leicht ist man geneigt, die
silbernen Bänder der Wolken glänzend hell zu geben, um sie eben recht
silbern erscheinen zu lassen; man bedenkt in solchem Falle aber nicht,
dass die Mondscheibe selbst unendlich viel heller ist, als irgend
eine, auch die am nächsten liegende Wolke. So wird es practisch sein,
gleich zu Anfang die ganze Luft mit Ausnahme der Mondscheibe und ihres
Lichtscheins (Hof) mit einem neutralen Ton zu bedecken, der den Grad
der Helligkeit der lichtesten Wolken hat. In diesen Ton setze man den
Aether mit einer leichten Lage von Indigo ein und weise den lichten
Wolkenmassen durch Aussparung ihre Stellen an. Dunststreifen setzen
sich in ihrer ganzen Ausdehnung hell gegen den Aether; ihre Schatten
nehmen einen wärmeren Ton an, als der Aether. Uns näher liegende
Wolkenschichten wirken wegen ihrer grösseren Dicke als dunklere
Flecken auf den Aether, und sind von hellen Rändern und Einschnitten
umgeben, die sich durch einen wärmeren Mittelton in den dunkelgrauen
Kernschatten verlieren. Sepia mit Brown Madder und Indigo sind mit
Erfolg dafür anzuwenden; zu den tiefsten Punkten setze man ein wenig
French Blue. Den Aether verstärke man mehr und mehr mit Indigo, Ivory
Black und French Blue.

Von der grössten Wichtigkeit für die Leuchtbarkeit einer Mondluft ist
das stetige Abnehmen der Intensität des Lichts auf den Wolkenrändern,
je mehr sie sich vom Monde entfernen, und dem entsprechend die
Verminderung der Dunkelheit in den Schatten der Wolken, so dass an
den am tiefsten und am meisten seitwärts liegenden Stellen Licht und
Schatten fast in einen Ton zusammen fliessen.

In unmittelbarer Verbindung mit dem Eindruck der Luft steht die
Ferne und meistentheils auch der Mittelgrund einer Landschaft. Für
die technische Behandlung dieser Theile des Werks ist hauptsächlich
anzuführen, dass man sich für sie derselben Farbenmittel als in der
Luft bediene; man wird dadurch am leichtesten in der Harmonie bleiben.
Cobalt, Rose Madder, Light Red und Yellow Ochre sind fast durchgängig
ausreichend dafür; an die Stelle des Rose Madder ist Indian Red fast
noch mehr zu empfehlen. Bei glänzenden Effecten, wie Sonnen-Untergang
und Dämmerung, wird noch Purple Madder und French Blue nöthig werden.
Waschungen mit reinem Wasser über den unteren Theil der Luft mit
der Ferne zugleich werden zu jener verschwimmenden Weichheit, die
hauptsächlich ihren Zauber ausmacht, viel beitragen.

Wenn die Ferne im Allgemeinen einen tieferen Ton hat, als die daran
reichende Luft, so ist es immer vortheilhaft, den Luftton zuvor durch
die ganze Ferne zu legen, dann den hellsten Ton der Ferne darauf, und
in diesen den Schatten, der an seinen dunkelsten Stellen fast immer
auch am kältesten wirkt. Um die Luftigkeit der Schatten in der Ferne zu
erreichen, wird es häufig nothwendig, dem aus Cobalt und Light Red oder
Rose Madder gemischten Ton ein wenig Weiss zuzusetzen.

Bei der Anlage des Mittelgrundes verfahre man ganz in derselben
Weise; da sich aber hier bereits Mitteltöne zu zeigen anfangen,
die, je weiter nach vorn, desto verschiedener werden, so wird man
wohl thun, dieselben, ehe man die Schatten einsetzt, zuvor über die
Lichtsilhouette zu legen. In die Schatten nehme man ebenfalls ein wenig
Weiss, um nicht durch die beiden darunter liegenden Töne zu schwer und
stofflich zu wirken.

Unter den Gegenständen, welche einer Landschaft Reichthum und Anmuth
verleihen, nehmen die Bäume stets einen Hauptrang ein. Ein kräftiger
Baumwuchs auf leicht bewegtem Terrain, ein stilles Wasser und ein Blick
in die Ferne sind Elemente, die eine unendliche Reihe eindrucksvoller
Zusammenstellungen zulassen.

Die Art, wie man Bäume und überhaupt Vegetation technisch am
leichtesten darstellt, ist folgende: Nachdem man die äussere Form
des Baumes durch einen leichten, in den Proportionen aber sehr
gewissenhaften Bleistiftcontur angedeutet, auch die hauptsächlichsten
inneren Laubpartien sowie den Gang des Stammes und der Hauptäste fest
hingestellt hat, beginne man mit dem allgemeinen Lichtton, und übergehe
mit demselben die ganze Masse des Baumes dergestalt, dass die lockeren
von der Luft durchblitzten Aussenpartien gleich in ihrer vollen
Charakteristik ausgedrückt sind. In den geschlossenen inneren Partien
führe man den Ton einfach durch, so dass hierdurch eine einfarbige,
in ihrem Aussencontur möglichst vollendete Silhouette des Baumes
entsteht. Mit einem leichten graubraunen Ton (etwa Sepia und Cobalt)
stelle man nun die Stämme und Aeste in ihren sichtbarsten Haupttheilen
fest. Sodann gehe man zum Mittelton über. Derselbe hat in der Regel
eine etwas wärmere, transparentere Natur; also zu einem Lichtton von
Olive Green würde ein Mittelton von Olive Green und Indian Yellow
stimmen. Mit demselben modellire man die Lichtsilhouetten in derselben
zeichnenden Weise, so dass nicht nur alle Mitteltöne, sondern auch
die Schatten davon bedeckt sind. In gleicher Weise verstärke man die
Stämme und Aeste mit einem tieferen Ton. Der dritte Ton, welcher die
eigentlichen Schatten markiren soll, muss um ein gut Theil neutraler
gemischt sein, als der Mittelton, etwa einfach aus Ivory Black oder
Indigo mit Indian Red, oder Light Red mit Cobalt.

Die Reflexlichter auf der Schattenseite des Baumes, welche einen
verhältnissmässig kälteren Ton haben, werden dadurch erzeugt, dass
man sie mit Wasser zeichnet und mit einem seidenen Tuch vorsichtig
herauswischt; die dadurch entstandenen hellen Stellen colorirt man mit
einem neutralen Ton von Indigo oder Cobalt mit einem leichten warmen
Zusatz.

Die gröbste Operation ist nun vollendet und wenn sie geschickt mit
Verständniss der Form und Modellirung ausgeführt ist, muss der Baum in
einiger Entfernung schon so eine plastische und charaktervolle Wirkung
machen. Aber es ist noch viel zu thun, ihm vollends den Ausdruck
des Lebens zu geben und ihn über die rein decorative Darstellung zu
erheben. Ueber diesen Theil der Durchbildung lassen sich kaum bestimmte
Regeln geben. Es ist der Takt und das Naturgefühl des Künstlers, der
hier und da ein zu starkes Licht herabdrückt, dagegen ein anderes
heraushebt und ihm einen wärmeren oder kälteren Ton giebt. Der feine
Glanz auf den Lichtpartien des Laubes muss durch Herausnehmen mit dem
Tuch und durch Einsetzen des Lufttones erzeugt werden.

Die harten Uebergänge vom Licht zum Schatten müssen an manchen Stellen
mit dem Pinsel und reinem Wasser zusammengewaschen werden, damit die
Kernpunkte um so energischer wirken. Die Ausladungen werden durch
Zusatz oder Wegnahme verfeinert, und alles Feste, was der Natur
des Laubes zuwider ist, muss aufgelockert werden. Oekonomie in der
Anwendung des sogenannten Baumschlags (ein abscheulicher Ausdruck, der
nur für Kinderschulen passt), oder besser, sparsame Entfaltung der
eigentlichen Blattform ist in hohem Grade anzurathen, wenn der Baum
nicht im nächsten Vorgrunde steht.

Eine andere, in vielen Fällen practische Methode, einem Baum möglichst
schnell seinen Charakter-Ausdruck zu geben, besteht darin, dass man in
dem ziemlich bestimmt gezeichneten Bleistiftcontur mit einem neutralen
Ton zuerst die tiefsten Schatten einsetzt, auch den Stämmen ihre
Dunkelheit giebt, darauf den ganzen Baum mit Einschluss der Schatten
mit seinem Lichtton übergeht und dann erst die verbindenden Mitteltöne
einsetzt. Dieser Weg ist besonders bei den Bäumen und Sträuchern
des Vorgrundes zu empfehlen, die sich durch entschiedene Dunkelheit
auszeichnen. Die Verfeinerung der Arbeit wird dann auch hier in der
oben beschriebenen Weise vor sich gehen müssen.

Was nun die Durchbildung des eigentlichen Vorgrundes betrifft, so
tritt mehr und mehr die Forderung der speciellen Kenntniss aller der
Dinge auf, die denselben bilden. Während für Ferne und Mittelgrund
oft ein lebendiges Naturgefühl ausreicht, verlangt der Vorgrund
neben diesem noch eine gründliche Wissenschaft. Hier ist es, wo sich
der durchgebildete Künstler am meisten zeigt. Jeder Gegenstand muss
plastisch, organisch und greifbar sein, und doch darf der Uebergang, wo
sich das Allgemeine zum Speciellen gestaltet, nicht besonders bemerkt
werden. In demselben Masse, wie der Luftton, in der Ferne beginnend,
nach vorn immer mehr von seiner Körperlosigkeit verliert und in den
wirklichen Localton übergeht, steigert sich auch die Deutlichkeit der
eigentlichen Formation der Gegenstände bis zur Greifbarkeit. Demgemäss
muss auch die Technik des Vorgrundes eine andere werden; sie muss
loser, gleichsam poröser werden, so dass sie jeden Gegenstand je nach
der Beschaffenheit seiner Oberfläche charakterisirt.

Nehmen wir als einfachstes Beispiel ein flaches, kiesiges Terrain.
In der Ferne erscheint es uns als ein geschlossener glatter Ton, im
Mittelgrunde bemerken wir seine Rauheit und in nächster Nähe treten die
einzelnen Unebenheiten, Steine und Steinchen, aus denen es besteht,
deutlich zu Tage. Um diese Stofflichkeit mit einer massenhaften
Behandlung wiederzugeben, ist eine andere Pinselführung nöthig, als bei
völlig glattem Ton. Man wird den Pinsel, der nicht allzu voll mit Farbe
überladen sein darf, seitwärts auf das Papier bringen und durch ein
leichtes Darüberfahren die Fläche porös übergehen. Die auf diese Weise
absichtlich hervorgerufenen Zufälligkeiten von Hell und Dunkel wird
man im Sinne der Sache ausbeuten, indem man den verschieden geformten
hellen Punkten kleine Schatten giebt und andere Stellen, die zu offen,
mit dem entsprechenden Ton mehr zusammen zieht. Das perspectivische
Gefühl muss den Künstler leiten, den Einzelheiten, je mehr sie sich ihm
nähern, grössere Dimensionen zu geben, und es ist hier der Punkt, wo
sich seine Phantasie in Hervorbringung mannigfacher charakteristischer
Formen zu bekunden hat. Was den Lichtern noch an Helligkeit fehlt, muss
mit dem Tuch herausgenommen und entsprechend colorirt werden.

In ähnlicher Weise ist ein mit Vegetation bedeckter Boden zu behandeln.

Eine Wiese oder Angerfläche, die uns in der Ferne wie weicher Sammet
erscheint, zeigt in grösserer Nähe die einzelnen Partien der Gras-
und Halmbüschel, bis zum deutlichen Erkennen der einzelnen Stauden
und Halme. Auch hier ist die Behandlung mit der Seite des Pinsels
vortheilhaft, die dann durch das Hervorheben einzelner bestimmter
Lichter und Schatten vollendet werden muss. Nicht jeder Pinsel thut
für diesen Zweck dieselben Dienste; besonders brauchbar sind dazu die
braunen Marderpinsel, lang gebunden, in Blech gefasst, die bei einer
grossen Elasticität sich vorn leicht spalten und hierdurch mehrere
Striche und Formen auf einmal hervorbringen.

Ein sehr dankbarer Theil der Behandlung des nächsten Vorgrundes ist
das Zeichnen einzelner Halme, Blätter und Ranken an den für ihre
Wirksamkeit passendsten Stellen. Ein scharf gespitzter Zobel- oder
Marderpinsel von schlanker Taille führt das reine Wasser so scharf
über die dunklere, darunter liegende Fläche, dass durch ein kurzes
und kräftiges Wischen mit dem seidenen Tuch oder Waschleder die
hervorgekommenen Formen die Präcision sorgsam aufgesetzter Lichter
haben. Die Punkte, welche man am glänzendsten wünscht, werden noch
einmal genässt, gut abgewischt und mit dem Gummi nachgerieben, wodurch
sie dann fähig sind, jede beliebige Farbe anzunehmen. Die zu breit und
ungeschickt gewordenen Lichter sind leicht mit dem daneben stehenden
Ton zu beschneiden und zu verbessern.

Mauerwerk, helle Wände, altes Holz, grosse Steine, Baumstämme etc.
haben sämmtlich eine mehr oder weniger rauhe Oberfläche, je nach ihrer
speciellen Natur, und werden auf ähnliche Weise zur grössten Realität
zu bringen sein.

Erst durch strenge Beobachtung dieser Handgreiflichkeit des Vorgrundes
erhalten die weicheren und geschlossenen Töne der Ferne ihren vollen
Zauber.

Ein Element von hoher Wichtigkeit und phantastischem Reiz in der
Landschafts-Malerei ist Wasser. Vermöge seiner Bewegungsfähigkeit
bildet es einen natürlichen Gegensatz gegen das Starre. Sein
fortwährendes Bestreben, seine glatte Oberfläche herzustellen,
verleiht ihm die Eigenschaft des Spiegelns, und zwar in dem Masse
seiner eigenen Ruhe. Der schäumende Giessbach, der rinnende Strom,
der streifige Landsee, der schilfumgebene, mit Wasserblumen bedeckte
Weiher, dessen stille Buchten spiegelglatt in der Sonne brüten, können
an und für sich schon malerische Sujets von höchster Wirkung sein.
Ueber die poetische Auffassung entscheiden allein Tact und Naturgefühl
des Künstlers, jedes Wort darüber wäre unnütz; aber in Betreff der
technischen Behandlung lassen sich einige practische Regeln angeben,
die freilich wieder mehr in einem richtigen Erkennen der Ton- und
Farben-Verhältnisse bestehen, als gerade in besonderen technischen
Handgriffen.

Eine vollkommen farblose Spiegelfläche reflectirt die Gegenstände nach
den Gesetzen der Perspective mit absoluter Genauigkeit in Form, Ton und
Farbe.

Eine derartige Spiegelung existirt in der Natur nur höchst selten,
und wenn sie ja einmal vorkommt, ist ihre Wirkung die bei weitem am
wenigsten malerische. Durch die vollkommene Identität mit dem Sujet
wirkt sie mit derselben Kraft, als dieses, und nimmt ihm somit seine
Bedeutung, sein Auge. Das Wasser zeigt in dieser vollkommensten Ruhe
auch nicht seine Wesenheit, das Flüssige und Nasse.

Hat das Wasser bei vollkommener Ruhe dagegen einen dunkleren Localton,
so tritt schon eine entschiedene Unterordnung des Reflexes gegen die
Wirklichkeit ein und es wird somit malerisch berechtigter. Die Technik
hat dabei keine andere Aufgabe zu lösen, als die Töne der Wirklichkeit
herabzustimmen durch ein gemeinsames Medium, schwärzlich, grünlich,
bräunlich, je nach der Natur des Wassers. Zu bemerken ist nur, dass die
Schatten des Reflexes niemals dunkler werden, als die der Wirklichkeit,
weil mit dem dunkleren Localton des Wassers auch allemal ein gewisser
Grad von Trübheit verbunden ist.

Seinen vollen malerischen Werth aber gewinnt Wasser erst durch eine
Bewegung seiner Oberfläche, sei dieselbe durch Wind oder durch
Fliessen hervorgebracht. Erst durch Bewegung wird die Oberfläche als
horizontale Ebene sichtbar und es tritt für den Beschauer sofort der
Eindruck perspectivischer Verkürzung, das Gefühl des Raumes ein,
das Hauptwirkungsmittel aller Landschafts-Malerei. Mit der Bewegung
hört die Spiegelung keineswegs auf, aber sie mildert sich in ihrer
mathematischen Strenge: die Contoure verschwimmen und verzittern in
einander, die Töne und Farben brechen sich mit dem Luftton; der ganze
Reflex, in seinem Bau ein wenig länger gestreckt und in jedem Theile
gemildert, läuft der Wirklichkeit nicht mehr den Rang ab und bildet
ganz für sich jenes flüssige, räthselhafte Wesen, welches wieder und
wieder auf uns Menschenkinder seinen unwiderstehlichen Reiz ausübt.

Je stärker die Bewegung wird, je mehr verschwindet die Spiegelung und
es tritt an ihre Stelle der Luftton ein.

Die technische Behandlung eines vom Winde leicht bewegten Gewässers
würde etwa folgende sein: Nachdem man mit dem Bleistift die sich
spiegelnden Gegenstände nach den Regeln der Perspective in ihren
Hauptmassen festgestellt hat, beginne man damit, dem ganzen Wasser
einen leichten Localton zu geben, im Vorgrunde am kräftigsten, nach
hinten allmählich verschwimmend (Raw Sienna mit Cobalt oder Vandyck
Brown, oder Vandyck Brown mit Indigo). Hierauf lege man die sich
spiegelnden Gegenstände in ihrem Localton an, der ein wenig neutraler
gehalten sein muss, als in der Wirklichkeit; durch ein allmähliches
Verlaufenlassen desselben nach vorn in einer horizontalen Strichweise
deute man die zitternde Bewegung des Wassers an. Danach setze man in
ähnlicher Weise die entsprechenden Mitteltöne und Schatten ein und
verstärke dieselben nach dem Ansatz der Spiegelung hin mehr und mehr,
so dass sie der Wirklichkeit zunächst, ihr auch am ähnlichsten sind an
Kraft und Farbe, jedoch beide nicht völlig erreichen.

Wenn auf diese Weise die leicht bewegte Spiegelung hergestellt ist,
wird man die Luftlichter, welche durch Wind oder sonstige Bewegung der
Oberfläche an einzelnen Stellen als helle Streifen hervortreten, am
besten mit dem Tuch herausnehmen und mit dem entsprechenden Luftton
coloriren. Der Grundcharakter dieser Lichter ist die horizontale Linie,
die sich in leisen perspectivischen Verschiebungen über die Theile
der Spiegelung hinzieht, welche man für die malerische Wirkung am
günstigsten hält. An einigen Stellen werden sie scharf hervortreten,
an andern zart und unmerklich in den Grundton verschwinden müssen.
Schilfpartien des nächsten Vorgrundes, die nicht als Masse, sondern
als einzelne Halme wirken sollen, werden am besten zuletzt mit Farbe
eingesetzt, ihre hellen Theile danach mit dem Tuche herausgenommen und
colorirt.

Auf heftig fliessendem Wasser nehmen die Luftlichter statt des
streifigen Liniencharakters mehr die Form der sich vor einander
herschiebenden Wellen an. Ein immer erneutes Naturstudium ist nöthig,
um denselben die leichte rinnende Bewegung zu geben, und der Typus
ihrer Form wird sich wesentlich danach richten, ob das Wasser entgegen,
abwärts oder seitwärts fliesst. Bei stark bewegten Gewässern oder
Wasserfällen, wo sich Schaummassen bilden, thut man wohl, letztere in
ihrer Hauptform auszusparen und sodann mit dem Tuch oder einem scharfen
Radirmesser zu verfeinern.

Das völlig still liegende Meer ist eine seltene Naturerscheinung;
es spiegelt, wie jedes andere stille Wasser, die Wirklichkeit mit
perspectivischer Genauigkeit wieder. Ein leiser Windhauch zieht
leise Streifen darüber hin, welche den Ton und die Farbe der höher
liegenden Theile der Luft annehmen. Es ist hierbei gleichgültig, an
welcher Stelle des Meeres der Wind sich zeigt; wir sehen oft eine
glatte See mit einem oder mehreren dunklen Streifen am Horizont, die
eine Verwandtschaft mit dem Ton des Zeniths haben, ein Beweis, dass
der die Streifen erzeugende Wind ziemlich heftig sein muss. Steht
in solchem Falle die Sonne in oder über dem Bilde, so wird dieser
bewegte Streif senkrecht unter der Sonne glänzend hell, wie die
Sonne selbst, vorausgesetzt, dass die Bewegung stark genug ist, die
einzelnen Wellenflächen bis gegen die Sonnenhöhe zu kehren. Man nennt
dies häufig den Silberblick des Meeres. So ist denn, je nachdem der
Wind stärker oder schwächer, für die Farbe der bewegten Streifen die
ganze Farbenscala der Luft vom Horizont bis zum Zenith möglich. Bei
klarem Tageshimmel und leichtem Wind sieht man daher das Meer blau, je
stärker der Wind, je dunkler wird dasselbe. Technisch ist hierbei nur
zu bemerken, dass schmale, weiche Streifen sich am leichtesten mit dem
Tuch herausnehmen; sind sie dagegen scharf und bestimmt, so wird man
besser thun, sie auszusparen. Ein sehr gutes Mittel, aus einem dunklen
Meer einen hellen Streifen herauszuwaschen, besteht darin, dass man aus
einem starken Blatt Papier einen Streifen herausschneidet, dasselbe auf
die entsprechende Stelle der Malerei legt und mit dem gut ausgedrückten
Schwamm der Länge lang über die offene Stelle hinfährt. Die Wirkung ist
unfehlbar und man hat nachher nur noch den gleichmässig hell gewordenen
Ton zu modificiren.



Zusammenwirkung.


Nach diesen Bemerkungen über die einzelnen Theile der Landschaft
und deren technische Behandlung will ich versuchen, den allgemeinen
Gang der Arbeit zu beschreiben, wie er für die Entstehung eines
Aquarellbildes am zweckmässigsten erscheint.

Während die Oelfarbe vermöge einer Anzahl von Eigenschaften für den
Beginn eines Bildes, ob derselbe im Vordergrunde, Mittelgrunde,
Hintergrunde oder bei der Luft erfolgt, jede Willkür gestattet, da
die Leinwand eine ziemlich rücksichtslose Behandlung mit dem Lappen
und dem Kratzmesser verträgt, erfordert das zartere Material der
Aquarell-Malerei eine grössere Vorsicht; unzweckmässiges Vorgehen
bringt Unsauberkeit und Zeitverlust mit sich und führt oft zum
gänzlichen Verwerfen des Bildes.

Es ist hier nicht die Rede von Skizzen und leichten Entwürfen, die nur
als Vorarbeit zu einem vollendeten Werke dienen sollen; hier wird der
Künstler, ohne alle Rücksicht auf Sauberkeit und Reinheit, nur die
Hauptwirkung im Auge haben und diese mit möglichst wenigen Farbenlagen
zu bewirken suchen. Ob ihm dabei Schwamm, Messer und Tuch Dienste
thun, die die Structur des Papiers völlig vernichten, oder ob er
deckende Farben für seine Lichter zur Hilfe nimmt, wer will ihm daraus
einen Vorwurf machen, sobald er nur zu seinem Zweck kommt? Handelt es
sich dagegen um ein durchgeführtes Bild, so tritt die Nothwendigkeit
ein, mit einiger Berechnung zu Werke zu gehen.

Es sind wesentlich zwei Prinzipien, welche von ausgezeichneten
Aquarellmalern für die Durchführung vollendeter Werke angewendet
werden. Die Einen beginnen mit dem Localton der Gegenstände, die
Andern mit dem Schatten derselben. Beide Arten haben ihre Vorzüge,
aber auch ihre Mängel, sobald man pedantisch an ihnen hängt. Mir
scheint die Verschmelzung beider am leichtesten zu einem Resultat zu
führen. Man wird immer gut thun, Gegenstände von starkem Localton mit
diesem zu beginnen, weil derselbe, abgesehen von seinem Schatten, als
auffallender und daher wirksamer Fleck im Bilde erscheint, während
Gegenstände von hellem Localton und bestimmtem Schatten am besten mit
diesem zu beginnen sind, da sie vorwiegend durch ihre Modellirung
wirken.

Einige Beispiele mögen den fortschreitenden Gang eines Aquarellbildes
klar machen.

Die Aufgabe sei eine ländliche Idylle einfachster Art. Auf einem
flachen grünen Anger erhebt sich zur Rechten des Bildes im nahen
Mittelgrunde ein ländliches Gehöft; mehrere hohe Bäume beschatten
einen Theil des vorderen Hauses; unmittelbar daran schliesst sich der
fernere Mittelgrund, bestehend aus Feld und Wiese mit Gesträuchen, in
der Ferne geschlossen von einem duftigen Höhenzug, der an mehreren
Stellen von fernen Bäumen durchschnitten wird. Zur Linken im Vorgrund
liegt ein Teich mit schilfigem Ufer; zwischen ihm und dem Gehöft weiden
einige Kühe und Schafe. Die Luft ist theils mit Gewölk bedeckt, welches
den Mittelgrund bis zur Ferne in Schatten legt, während Gehöft und
Vorgrund von der Sonne beschienen sind.

Nachdem die ganze Situation mit Bleistift leicht aber bestimmt
entworfen ist, beginne man mit der Luft und vollende dieselbe so gut
als möglich. Während die verschiedenen Lagen derselben trocknen, lege
man über das ganze Terrain und die Gebäude (mit Auslassung der hellsten
Lichter in letzteren) einen gemeinsamen Ton von Sepia, Light Red und
Cobalt, der etwa die Kraft der Lichter des Terrains hat; nach der Ferne
zu verwasche man ihn ein wenig. Es wird dadurch zunächst die Sonderung
des Stofflichen von der Luft erreicht. Hierauf gebe man den Häusern
ihre Schatten mit einem Neutralton von Cobalt und Light Red, etwa in
halber Kraft der Wirklichkeit, nur um sie zunächst auf ihren Plätzen
als Dinge zu zeigen. Das Nächste werden die Bäume sein. Jeden derselben
lege man in seinem Localton an und beginne hierbei mit dem vordersten.
Sodann setze man mit einem neutralen Grau den beabsichtigten
Wolkenschatten in den Mittelgrund und verwasche ihn da, wo er sich
weich verlieren soll.

Durch diese wenigen Lagen wird man eine Idee der Erscheinung des
Ganzen erreicht haben; die Luft ist von der Erde gesondert, Bäume
und Häuser stehen, die dunkle Masse ist von der hellen getrennt. Es
beginnt nun das genauere Coloriren der einzelnen Terrainpartien, von
der duftigen Ferne bis zum Vorgrund und umgekehrt. Die Gebäude bekommen
ihre Localfarbe, das Vieh auf dem Anger Farbe und Schatten, die Bäume
Mittelton und Kernschatten, der Teich den entsprechenden Luftton und
die Spiegelung der am Rande stehenden Gegenstände.

Nachdem dies bewirkt, wird sich zeigen, ob die Luft ausreichende Kraft
hat, oder ob man durch Zusatz von Blau im Aether oder durch stärkeren
Schatten in den Wolken ihre Plastik zu erhöhen hat.

Die nun folgende Arbeit ist das eigentliche Fertigmachen, das
Ausgleichen und Beseitigen aller unnützen, noch stehen gebliebenen
Lichtflecke, die der ruhigen Haltung des Ganzen Eintrag thun: die
Specialisirung des Vorgrundes durch Herausnehmen schärferer Lichter
und Zusatz stärkerer Schatten; das Zusammenwaschen fleckig gebliebener
Partien theils mit reinem Wasser, theils mit entsprechenden dünnen
Farbenlagen; das sorgsame Reinigen der Ferne und des Mittelgrundes von
allen störenden Flecken und Rändern, die von der Anlage her stehen
geblieben sind.

Man wird leicht erkennen, dass das Grundprincip dieser Arbeitsfolge aus
dem Bemühen entspringt, das Werk in allen Stadien seiner Vollendung
in möglichst gleichem Grade der Ausbildung zu erhalten. Das Bild,
welches der Phantasie vorgeschwebt hat, noch ehe ein Pinselstrich daran
geschehen, soll so wenig als möglich durch vorzeitige Ausbildung der
Einzelheiten abgeschwächt werden; ein gleichmässiges Fortschreiten in
allen Theilen soll das Gefühl für die Totalwirkung frisch erhalten und
keinen Augenblick der Ermattung oder des mechanischen Fortarbeitens
aufkommen lassen.

Schon die erste Anlage sondert die grossen Gegensätze von einander; der
zweite Zustand giebt allen Theilen ihre Localfarbe; der dritte bringt
die silhouettenhaften Massen zu voller Verständlichkeit; der vierte
gleicht die Mängel und Rohheiten aus. Selbstverständlich wird man diese
Zustände nicht pedantisch von einander trennen können; unwillkürlich
wird, aus technischen Rücksichten, der eine in den andern greifen.

Wo z. B. Bäume in eine helle Luft ragen, ist es wohlgethan, letztere
zuvor möglichst fertig zu machen, weil das Bessern mit breiten Tönen in
der Luft sehr leicht die Ausladungen der Bäume auflöst, die dann einen
grünlichen oder gelblichen Schein um sich verbreiten; nur durch grosse
Geschicklichkeit in der Pinselführung ist ein solcher Uebelstand zu
vermeiden. Bei dunkleren Lüften ist diese Vorsicht weniger nöthig.

Die Oelmalerei thut geflissentlich das Gegentheil; das Gegenmalen der
Luft gegen die Bäume ist fast geboten, um deren Ausladungen weich und
plastisch zu machen.

Als ein anderes Beispiel diene folgende Aufgabe: Wir stehen in einem
Torfmoor; eine weite, theils grüne, theils mit Haidekraut bedeckte
Ebene liegt vor uns. Zur Rechten im fernen Mittelgrunde zieht sich
ein dunkler Waldsaum entlang, dessen letzte Bäume sich vereinzeln und
den Durchblick zwischen den Stämmen in Luft und Ferne gestatten. Der
Vorgrund wird von einer schilfigen Lache durchschnitten, an deren Rand
einige Reiher ihr Wesen treiben. Die Sonne ist seit einigen Minuten
hinter dem Walde untergegangen; schwere Dünste lagern über der Ferne,
während aufwärts der Himmel in glänzender Klarheit strahlt.

Stimmungen, wie die vorliegenden, hat Jeder oft erlebt; sie gehören zu
dem Ergreifendsten, was uns die Natur bieten kann. Zu keiner andern
Tageszeit ist der Gegensatz zwischen Luft und Erde energischer, als
vor Aufgang und nach Untergang der Sonne. Der Himmel glänzt in der
wärmsten Farbenscala, die Erde dagegen empfängt keinen Sonnenstrahl
mehr und nimmt deshalb, obwohl noch Tageshelle auf ihr herrscht, einen
sehr tiefen Generalton an. Die ersten Operationen müssen also darauf
gerichtet sein, diesen Gegensatz energisch und zweifellos herzustellen.
Nachdem das ganze Papier einen Ton von Yellow Ochre empfangen, der
oben beginnend, sich nach dem Horizont zu leise verstärkt, mische man
einen violettgrauen Ton (Brown Madder, Cobalt und Sepia), setze ihn
unterhalb der fernsten Höhenzüge ein und übergehe das ganze Erdreich
(mit Auslassung des Wassers) dergestalt, dass man ihn durch Zusatz
von Wasser nach vorn an Kraft vermindert. Dieser Ton ist geeignet,
jede tiefere Farbe, welche man darüber legt, wirken zu lassen und
dient nur dazu, das Dunkelheitsverhältniss von Erde zu Luft annähernd
herzustellen.

Man gehe nun an das weitere Vollenden der Luft, steige von dem sehr
schmalen glänzendgelben Theil des Mittelgrundes der Luft durch tieferes
Gelb, Orange und Roth nach dunstigem Grau nieder, dagegen aufwärts vom
Mittelgrunde durch einen Hauch Apfelgrün nach Perlgrau.

Die Wolken, wenn man deren anbringen will, werden in dieser Stimmung
gewöhnlich als tieferer Ton auf dem Aether stehen; man lege sie also
in ihrem Lichtton an und setze die Schatten mit Tönen von Rose Madder
und Cobalt, Light Red und Cobalt, Brown Madder und Cobalt hinein. Jeder
dieser Töne gewinnt an Zartheit, wenn man ihnen eine Kleinigkeit Weiss
beimischt.

Es werden alsdann alle Partien des Erdbodens ihre Localtöne empfangen
müssen, die, je weiter nach hinten, mehr und mehr einen Ton
neutral-violetter Dunkelheit in sich tragen. Nur im nahen Vorgrunde
treten die Farben in ihrer vollen Realität auf. Das Wasser spiegelt
den entsprechenden Ton der Luft und wo es bewegt sein soll, empfängt
es Töne der höher gelegenen Luftregionen. Der Wald im Mittelgrunde
des Bildes wird, als senkrecht stehende Masse, noch tiefer betont
werden müssen, als das horizontale Erdreich, welches vom Aether einen
erhellenden Reflex bekommt. (Cobalt und Indigo mit Brown Madder.)

Die materiell tiefsten Stellen des Bildes liegen in den Spalten und
senkrechten Flächen des Vorgrundes und sind mit dem saftigsten und
vollsten Braun wiederzugeben. Van-Dyck-Brown, Burnt Sienna, Brown Pink,
Purple Madder als Schatten, zu Lichtern von Indian Yellow mit Indigo,
Indian Yellow mit Burnt Sienna, Indian Yellow mit Indian Red.



Schlussbemerkungen.


Das Studiren in Aquarellfarben vor der Natur weicht in der
Behandlungsweise von dem Arbeiten im Zimmer wenig ab.

Ist es die Absicht, ein vollendetes, abgeschlossenes Kunstwerk vor der
Natur zu schaffen, so wird der Gang der Arbeit völlig derselbe sein.
Am häufigsten aber geht der Künstler in die Natur hinaus, um Studien
und Notizen zu sammeln, die er späteren Werken zum Grunde legt. In
diesem Falle tritt eine bei Weitem freiere Behandlungsweise ein: jedes
Mittel, welches möglichst schnell zum Zweck führt, ist das richtige; es
kann ihm nur darauf ankommen, die charakteristischen Töne und Accente
seines Motivs voll und deutlich wiederzugeben und zu Gunsten dieses
höheren Zwecks muss er abstehen von der Sauberkeit und Klarheit, welche
nothwendige Eigenschaften vollendeter Werke sind. Ganz besonders in
der Luft, wenn sie farbiger Natur ist, dürften sich Schwierigkeiten
herausstellen, die nur durch ein langsames und vorbedachtes
Vorschreiten mit einer Anzahl dünner Farbenlagen zu überwinden sind;
während des Trocknens derselben ist der Effect, der vor dem Künstler
steht, längst entschwunden. Will er aus unmittelbarer Anschauung eine
farbige, mit Gewölk durchwebte Luft schnell zu Papier bringen, so
bleibt nichts Anderes übrig, als statt der langsamen Präparation mit
über einander gelegten Tönen, die Farben direct zu mischen, nass in
nass neben einander zu stellen und zu verarbeiten. Es wird niemals
gelingen, auf diese Weise den Hauch der Natur zu erreichen; aber das
Resultat wird hinreichend sein, um nach demselben ein selbständiges
Werk zu beginnen.

Was das Mass der Kraft, welches einem Aquarellbilde zu geben ist,
betrifft, so kann man darin nicht vorsichtig und ökonomisch genug sein.
Die Mittel, welche unsere Palette bietet, sind unendlich geringer, als
die der Natur; daraus folgt, dass sie weise verwerthet werden müssen,
um einen der Natur sich annähernden Effect zu erreichen. Man arbeite
so lange als möglich mit Mitteltönen, auch in den tiefsten Stellen
des Bildes, und spare die äusserste Kraft, die die Farben bieten, für
wenige, wohl erwogene Stellen auf. Zu grosse Dimensionen energischer
Dunkelheit werden nicht mehr als Kraft, sondern als Schwärze wirken,
und wie die hellste Lichtpartie noch ihren Focus haben muss, ist auch
für den Schatten ein Kernpunkt wohlthuend. Das stumpfe Auftrocknen
der dunklen Farben lässt oft ihre Unterschiede nicht genug erkennen;
um sie zu verdeutlichen und saftiger erscheinen zu lassen, hat man
vielfach einen leisen Ueberzug von Gummi arabicum angewendet: ein nicht
besonders gutes Mittel. Es wirkt meist als ein zu glänzender Fleck
ohne zarten Uebergang, der aus der Tonscala fällt; man thut besser,
an seiner Stelle eine unbedeutende Kleinigkeit Leinöl zu nehmen,
die man mit dem Finger sanft auf die tiefste Stelle reibt und in die
Umgebung verbreitet.

Alle Technik, der glänzendste Vortrag, die meisterhaft ausgeführten
Einzelheiten werden werthlos, wenn sie nicht einem malerischen
Grundgedanken entsprungen und demselben untergeordnet sind. Ein solcher
lebt in dem Künstler von Beruf, gleichgültig ob bewusst oder unbewusst,
und wenn er es versteht, ihn durch künstlerische Mittel auszudrücken,
so werden seine Werke Kunstwerke. Niemand aber darf hoffen, durch das
Erlernen einer Methode Künstler zu werden; fehlt ihm die productive
Kraft, so dürfte der Inhalt dieser Zeilen für ihn von geringem Werthe
sein. Nur für das Copiren bereits vorhandener Kunstwerke wird er aus
ihnen einigen Nutzen ziehen können.


Druck der _Franz Krüger_'schen Buchdruckerei in Berlin.



Verlag von Theobald Grieben in Berlin.


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    =Klein, H. J.=, Dr., =Populäre astronomische Encyclopädie=.
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    =Winter, K. F., Die Bedeutung der Vor- oder Taufnamen.= Cart. 3 Sgr.



Druck der _Franz Krüger_'schen Buchdruckerei in Berlin.



Fußnoten


[1] Sämmtliche genannten Materialien sind echt zu haben bei _W. A.
Lantz & Co._ in Berlin, W., Leipzigerstrasse 22.



      *      *      *      *      *      *



Weitere Anmerkungen zur Transkription:

    Die Schreibweisen _Zenit_ und _Zenith_ wurden zu _Zenith_
        vereinheitlicht.

    S. 4, letzte Zeile: fehlendes Wort ergänzt:
        ... guten Erziehung _von_

    S. 20 _Kunstwerck_ zu _Kunstwerk_:
        die Innerlichkeit des _Kunstwerks_

    S. 24 _breite Pinnsel zu breiten Pinsel_:
        ..., mit einem _breiten Pinsel_,

    S. 27 Abstände wurden als normale Absätze behandelt.

    S. 34: _gländzendste_ zu _glänzendste_:
        Der _glänzendste_ Theil einer solchen Luft

    S. 45: _Purpel_ zu _Purple_:
        wird noch _Purple_ Madder und French

    S. 62: Hinter _blau_ Komma ergänzt:
        leichtem Wind sieht man das Meer blau_,_

    S. 71 _Dnrchblick_ zu _Durchblick_:
        vereinzeln und den _Durchblick_ zwischen den

    S. 71 _dnrchschnitten_ zu _durchschnitten_:
        _durchschnitten_, an deren Rand ...

    S. 74 _Purpel_ zu _Purple_:
        Burnt Sienna, Brown Pink, _Purple_ Madder

    S. 77/78 _unbebedeutende_ zu _unbedeutende_:
        an seiner Stelle eine _unbedeutende_ Kleinigkeit





*** End of this LibraryBlog Digital Book "Die Aquarell-Malerei - Bemerkungen über die Technik derselben in ihrer Anwendung auf die Landschaftsmalerei. Dritte Auflage." ***

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