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Title: Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. - Achter Band: enthaltend Kapitel 15 und 16.
Author: Macaulay, Thomas Babington Macaulay, Baron
Language: German
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  |                                                              |
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  | Eine Liste der Änderungen befindet sich am Ende des Buchs.   |
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                      Thomas Babington Macaulay's



                        Geschichte von England
                               seit der
                 Thronbesteigung Jakob's des Zweiten.

                          Aus dem Englischen.

                     Vollständige und wohlfeilste

                         +Stereotyp-Ausgabe+.


                             Achter Band:
                     enthaltend Kapitel 15 und 16.

                            Leipzig, 1856.
                           G. H. Friedlein.



Funfzehntes Kapitel.

Wilhelm und Marie.


Inhalt.

                                                                   Seite
  Zusammenkunft des Parlaments. -- Rücktritt Halifax'                  5
  Geldbewilligungen                                                    6
  Die Rechtsbill angenommen                                            6
  Untersuchung der Uebelstände bei der Marineverwaltung                8
  Untersuchung wegen der Führung des irländischen Kriegs               8
  Walker's Empfang in England                                          9
  Edmund Ludlow                                                       11
  Heftigkeit der Whigs                                                13
  Anklagen                                                            14
  Johann Hampden's Böswilligkeit                                      16
  Die Corporationsbill                                                18
  Debatten über die Indemnitätsbill                                   22
  Der Fall Sir Robert Sawyer's                                        23
  Der König beabsichtigt sich nach Holland zurückzuziehen             26
  Er wird zur Aenderung seiner Absicht bestimmt                       27
  Die Whigs widersetzen sich seiner Reise nach Irland.                27
  Er prorogirt das Parlament                                          28
  Freude der Tories                                                   29
  Auflösung und allgemeine Wahl                                       30
  Veränderungen in den executiven Verwaltungszweigen                  32
  Caermarthen erster Minister                                         33
  Sir Johann Lowther                                                  34
  Ursprung und Fortschreiten der parlamentarischen Bestechung in
    England                                                           35
  Sir Johann Trevor                                                   39
  Godolphin tritt ab                                                  40
  Veränderungen bei der Admiralität                                   40
  Veränderungen bei den Milizen                                       40
  Stimmung der Whigs                                                  42
  Verkehr einiger Whigs mit Saint-Germains. Shrewsbury; Ferguson      43
  Hoffnungen der Jakobiten                                            44
  Zusammentritt des neuen Parlaments                                  44
  Feststellung des Staatseinkommens                                   45
  Jahrgeld der Prinzessin von Dänemark                                47
  Bill, welche die Acte des vorhergehenden Parlaments für gültig
    erklärte                                                          52
  Debatten über die Veränderungen bei den Milizen                     53
  Abschwörungsbill                                                    53
  Begnadigungsacte                                                    57
  Das Parlament prorogirt                                             59
  Rüstungen für den ersten Krieg                                      60
  Jakob's Verwaltung in Dublin                                        60
  Ein Hülfscorps von Frankreich nach Irland gesandt                   62
  Plan der englischen Jakobiten; Clarendon, Aylesbury, Dartmouth      64
  Penn                                                                64
  Preston                                                             65
  Die Jakobiten von Fuller verrathen                                  66
  Crone verhaftet                                                     67
  Schwierigkeiten Wilhelm's                                           69
  Benehmen Shrewsbury's                                               69
  Der Neunerrath                                                      71
  Clarendon's Verhalten                                               72
  Penn muß Caution erlegen                                            73
  Unterredung zwischen Wilhelm und Burnet                             73
  Wilhelm reist nach Irland ab                                        74
  Crone's Prozeß                                                      74
  Gefahr einer Invasion und Insurrection. Tourville's Flotte im
    Kanal                                                             76
  Verhaftung verdächtiger Personen                                    76
  Torrington erhält Befehl, Tourville eine Schlacht zu liefern        77
  Schlacht bei Beachy Head                                            79
  Aufregung in London                                                 80
  Schlacht bei Fleurus                                                80
  Geist der Nation                                                    80
  Verhalten Shrewsbury's                                              82


[_Zusammenkunft des Parlaments. -- Rücktritt Halifax'._] Während die
Convention auf der einen Seite von Old Palace Yard debattirte,
debattirte das Parlament auf der andren Seite noch heftiger. Die beiden
Häuser hatten sich, nachdem sie am 20. August auseinandergegangen, am
19. October wieder versammelt. Am Tage des Zusammentritts fiel Jedermann
eine wichtige Veränderung auf: Halifax saß nicht mehr auf dem Wollsack.
Er hatte Grund zu erwarten, daß die Verfolgung, der er während der
vorigen Session mit genauer Noth entgangen war, jetzt erneuert werden
würde. Die während der Ferien eingetretenen Ereignisse und ganz
besonders der unglückliche Verlauf des Feldzugs in Irland hatte seinen
Verfolgern neue Mittel in die Hand gegeben, ihm zu schaden. Seine
Verwaltung war nicht glücklich gewesen, und wenn dies auch zum Theil
Ursachen zugeschrieben werden mußte, gegen welche keine menschliche
Einsicht hätte ankämpfen können, so war es doch theilweis auch den
Eigenthümlichkeiten seines Characters und seines Geistes zuzuschreiben.
Daß eine zahlreiche Partei im Hause der Gemeinen versuchen würde, ihn zu
beseitigen, war ausgemacht, und auf den Schutz seines Gebieters konnte
er sich nicht mehr verlassen. Es war sehr natürlich, daß ein Prinz, der
durch und durch ein Mann der That war, eines Ministers überdrüssig
wurde, der ein Mann der Spekulation war. Karl, der in den Staatsrath
ging, wie er ins Theater ging, lediglich zu seiner Unterhaltung, war
ganz entzückt über einen Rathgeber, der über jede Frage nach beiden
Seiten hin hundert angenehme und geistreiche Dinge zu sagen wußte.
Wilhelm aber war kein Freund von philosophischen Untersuchungen und
Disputationen, mochten sie auch noch so lebhaft und scharfsinnig geführt
werden, weil sie viel Zeit kosteten und zu nichts führten. Man erzählte
sich und es klingt nicht unwahrscheinlich, daß er einmal sich nicht habe
enthalten können, am Rathstische seinen Unwillen über das was er eine
krankhafte, gewohnheitsmäßige Unentschiedenheit nannte, in scharfen
Worten zu äußern.[1] Aergerlich über sein Mißgeschick im öffentlichen
Leben, durch häusliche Schicksalsschläge gebeugt, durch die Furcht vor
einer Anklage beunruhigt und nicht mehr durch die königliche Gunst
gehalten, wurde Halifax des öffentlichen Lebens müde und begann sich
nach der Stille und Einsamkeit seines Landsitzes in Nottinghamshire zu
sehnen, einer alten, in Wäldern tiefvergrabenen Cistercienserabtei.
Anfangs October wurde es bekannt, daß er nicht länger im Oberhause
präsidiren wolle; zu gleicher Seit raunte man sich als ein großes
Geheimniß zu, daß er sich gänzlich von den Geschäften zurückzuziehen
gedenke und daß er das Geheimsiegel nur bis zur erfolgten Ernennung
eines Nachfolgers noch behalte. Der erste Baron Atkyns ward zum Sprecher
der Lords erwählt.[2]


[_Geldbewilligungen._] Ueber einige wichtige Punkte schien in der
gesetzgebenden Versammlung keine Meinungsverschiedenheit zu herrschen.
Die Gemeinen beschlossen einstimmig, den König in dem Werke der
Wiedereroberung Irland's kräftig zu unterstützen und ihn in den Stand zu
setzen, den Krieg gegen Frankreich mit Energie fortzuführen.[3] Mit der
nämlichen Einhelligkeit votirten sie eine außerordentliche Verwilligung
von zwei Millionen.[4] Es wurde beschlossen, daß der größere Theil
dieser Summe durch eine Besteuerung des Grundeigenthums aufgebracht
werden solle. Der Rest sollte theils durch eine Kopfsteuer, theils durch
neue Abgaben auf Thee, Kaffee und Chokolade gedeckt werden. Es wurde
auch vorgeschlagen, hunderttausend Pfund von den Juden zu erheben, und
das Haus nahm diesen Vorschlag anfangs günstig auf; dann aber tauchten
Schwierigkeiten auf. Die Juden reichten eine Petition ein, worin sie
erklärten, daß sie außer Stande seien eine solche Summe zu bezahlen und
daß sie lieber das Königreich verlassen als darin zu Grunde gehen
würden. Einsichtsvollen Politikern konnte es nicht entgehen, daß eine
specielle Besteuerung einer nicht zahlreichen Klasse, welche zufällig
reich, unpopulär und wehrlos ist, in Wirklichkeit Confiscation genannt
werden und schließlich den Staat eher ärmer als reicher machen muß. Nach
einiger Discussion wurde die Judensteuer aufgegeben.[5]


[_Die Rechtsbill angenommen._] Die Rechtsbill, die man in der vorigen
Session, nachdem sie viel Streit zwischen den beiden Häusern verursacht,
hatte fallen lassen, wurde aufs neue eingebracht und rasch angenommen.
Die Peers bestanden jetzt nicht mehr darauf, daß ein Nachfolger auf dem
Throne mit Namen bezeichnet werden müsse, wenn Marie, Anna und Wilhelm
alle Drei ohne Nachkommenschaft sterben sollten. Elf Jahre lang hörte
man nichts mehr von den Ansprüchen des Hauses Braunschweig.

Die Rechtsbill enthielt einige Bestimmungen, welche besondere Erwähnung
verdienen. Die Convocation hatte erklärt, daß es dem Interesse des
Königreichs zuwider sei, von einem Papisten regiert zu werden, hatte
aber keine Maßregel vorgeschrieben, durch welche ermittelt werden
konnte, ob ein Fürst ein Papist war oder nicht. Diese Lücke wurde jetzt
ausgefüllt durch die Verordnung, daß jeder englische Souverain in
vollem Parlament und bei der Krönung die Erklärung gegen die
Transsubstantiation wiederholen und unterschreiben solle.

Außerdem wurde verordnet, daß Niemand, der einen Papisten oder eine
Papistin heirathete, fähig sein sollte, in England zu regieren und
daß, wenn der Souverain oder die Souverainin eine Papistin oder einen
Papisten heirathete, der Unterthan seines Treuschwures entbunden
sein sollte. Burnet rühmte sich, daß dieser Theil der Rechtsbill
sein Werk sei. Doch hatte er wenig Ursache, stolz darauf zu sein,
denn ein erbärmlicheres Stück legislativer Arbeit wird es so leicht
nicht geben. Erstens ist keine Prüfungsmaßregel vorgeschrieben. Ob
der Gemahl einer Souverainin oder die Gemahlin eines Souverains den
Suprematseid geleistet, die Erklärung gegen die Transsubstantiation
unterschrieben, nach dem Ritual der englischen Kirche communicirt hat,
sind sehr einfache factische Fragepunkte. Ob aber der Gemahl einer
Souverainin oder die Gemahlin eines Souverains Papist ist oder nicht,
ist eine Frage, über welche die Leute ewig streiten können. Was ist ein
Papist. Das Wort hat weder juristisch noch theologisch eine definitive
Bedeutung. Es ist nichts weiter als ein gebräuchlicher Spottname und
hat im Munde verschiedener Leute einen ganz verschiedenen Sinn. Ist
jeder ein Papist, der dem Bischof von Rom unter den christlichen
Prälaten ein Primat zugesteht? Wenn das ist, so waren Jakob I., Karl
I., Laud und Heylyn Papisten.[6] Oder beschränkt sich die Benennung
nur auf Personen, welche den ultramontanen Doctrinen bezüglich der
Autorität des heiligen Stuhles huldigen? Wenn das ist, so war weder
Bossuet noch Pascal ein Papist.

Was ist ferner der legale Sinn der Worte, welche den Unterthan eines
Unterthaneneides entbinden? Ist damit gemeint, daß ein des Hochverraths
Angeklagter als Zeuge auftreten könne, um zu beweisen, daß der Souverain
eine papistische Person geheirathet habe? Würde zum Beispiel Whistlewood
ein Recht auf Freisprechung gehabt haben, wenn er hätte beweisen können,
daß König Georg IV. mit Mrs. Fitzherbert vermählt und daß Mrs.
Fitzherbert eine Papistin war? Es ist schwer zu glauben, daß irgend ein
Gerichtshof sich auf eine solche Frage eingelassen haben würde. Wozu
aber dann verordnen, daß der Unterthan in einem gewissen Falle seines
Unterthaneneides entbunden sein solle, wenn das Tribunal, vor das er
wegen Verletzung seines Unterthaneneides gestellt wird, gar nicht auf
die Frage eingeht, ob jener Fall stattgefunden hat?

Die Angelegenheit des Dispensationsrechts wurde ganz anders behandelt,
reiflich erwogen und schließlich auf die einzige Art erledigt, auf die
sie erledigt werden konnte. Die Rechtserklärung war nicht weiter
gegangen, als daß sie das Dispensationsrecht so wie es unlängst ausgeübt
worden, für ungesetzlich erklärte. Daß der Krone eine gewisse
Dispensationsbefugniß zustand, war eine Behauptung, welche durch
Autoritäten und Präcedenzfälle sanctionirt war, von denen selbst
whiggistische Juristen nicht ohne Achtung sprechen konnten; über die
Ausdehnung dieser Befugniß aber waren nicht zwei Juristen gleicher
Meinung, und jeder Versuch eine bestimmte Definition festzustellen, war
gescheitert. Durch die Rechtsbill endlich wurde die anomale Prärogative,
welche so viel heftigen Streit verursacht hatte, unbedingt und für immer
aufgehoben.[7]


[_Untersuchung der Uebelstände bei der Marineverwaltung._] Im Hause der
Gemeinen fand, wie dies kaum anders zu erwarten war, eine Reihe scharfer
Debatten über das Mißgeschick des Herbstes statt. Die Nachlässigkeit
oder Bestechlichkeit der Marinebeamten, die Betrügereien der
Lieferanten, die Habgier der königlichen Schiffskapitains, die Verluste
der londoner Kaufleute, waren Themata für viele heftige Reden. Grund zu
Unwillen war in der That vorhanden. Eine strenge Untersuchung, von
Wilhelm persönlich im Schatzamte geleitet, hatte so eben die Thatsache
constatirt, daß ein großer Theil des Salzes, mit welchem das der Flotte
gelieferte Fleisch eingepökelt worden, zufällig mit Gallus, wie er zur
Tintenfabrikation gebraucht wird, vermischt gewesen war. Die Lieferanten
schoben die Schuld auf die Ratten und behaupteten, daß die so gewürzten
Speisen allerdings unangenehm schmeckten, der Gesundheit aber nicht
nachtheilig seien.[8] Die Gemeinen waren jedoch nicht in der Stimmung,
um solche Entschuldigungen gelten zu lassen. Mehrere Personen, welche an
dem gegen die Regierung verübten Betruge und an dem Vergiften der
Seeleute Theil genommen, wurden durch den Sergeanten ins Gefängniß
abgeführt.[9] Dem Hauptsünder Torrington aber wurde ein Tadelsvotum
zuerkannt, und es scheint nicht, daß nur eine einzige Stimme sich gegen
ihn erhob. Er hatte unter beiden Parteien Freunde, besaß viele populäre
Eigenschaften, und selbst seine Fehler waren keine solchen, welche
öffentlichen Haß erwecken. Das Volk verzieh es einem tapferen und
treuherzigen Seemanne gern, daß er seine Flasche, seine Zechgenossen und
seine Maitressen zu sehr liebte, und bedachte nicht hinreichend, wie
groß die Gefahren eines Landes sein mußten, dessen Wohl und Wehe von
einem in sorglose Trägheit versunkenen, durch den Wein abgestumpften,
durch Ausschweifungen entnervten, durch Verschwendung ruinirten und
durch Schmarotzer und Buhlerinnen beherrschten Manne abhing.


[_Untersuchung wegen der Führung des irländischen Kriegs._] Die Leiden
der Armee in Irland riefen laute Aeußerungen der Theilnahme und des
Unwillens hervor. Die Gemeinen ließen der Energie und Umsicht, womit
Schomberg den schwierigsten aller Feldzüge geleitet hatte, Gerechtigkeit
widerfahren. Daß er nicht mehr erreicht, wurde hauptsächlich den
Schurkereien des Kriegscommissariats Schuld gegeben. Die Epidemie, sagte
man, würde kein großes Unglück gewesen sein, wenn sie nicht durch die
Schlechtigkeit der Menschen verschlimmert worden wäre. Die Krankheit
habe in der Regel Diejenigen verschont, welche mit warmer Kleidung und
Betten versehen gewesen, habe aber Die, welche leicht gekleidet gewesen
und auf dem feuchten Erdboden geschlafen, zu Tausenden hingerafft.
Ungeheure Summen seien aus dem Schatze gezogen worden und doch sei der
Sold der Truppen in Rückstand. Der Staat habe Hunderte von Pferden,
viele Tausend Paar Schuhe angeschafft, und doch sei die Bagage wegen
Mangel an Zugvieh zurückgelassen worden und die Soldaten seien barfuß
durch den Schlamm gewatet. Siebzehnhundert Pfund Sterling seien der
Regierung für Arzeneien angerechnet, und doch habe es in dem mit Kranken
angefüllten Lager an den einfachsten Medicamenten gefehlt, die jede
Apotheke in dem kleinsten Marktflecken führe. Drohende Stimmen erhoben
sich gegen Shale. Es wurde dem Throne eine Adresse überreicht, welche
verlangte, daß er nach England geschickt und seine Rechnungen und
Papiere mit Beschlag belegt werden sollten. Der König sagte dies
bereitwilligst zu, die whiggistische Majorität aber war nicht
zufriedengestellt. Von wem war Shales für einen so wichtigen Posten wie
der des Generalcommissars empfohlen worden? Er war in den schlimmsten
Zeiten ein Günstling des Hofes und ein eifriger Vertheidiger der
Indulgenzerklärung gewesen. Warum hatte man dieser Creatur Jakob's die
Verproviantirung der Armee Wilhelm's anvertraut? Einige von Denen,
welche gern alle Tories und Trimmers aus dem Staatsdienste vertreiben
wollten, schlugen vor, Se. Majestät zu fragen, auf wessen Rath ein das
Vertrauen des Königs so wenig verdienender Mann angestellt worden sei.
Die gemäßigteren und einsichtsvolleren Whigs wiesen darauf hin, wie
taktlos und unhöflich es sein würde, den König zu befragen und ihn in
die Nothwendigkeit zu versetzen, entweder seine Minister anzuklagen oder
sich mit den Vertretern seines Volks zu veruneinigen. »Rathen Sie Se.
Majestät, wenn Sie wollen,« sagte Somers, »daß er Denen, welche ihm
diese unglückliche Wahl empfohlen, sein Vertrauen entziehe. Wird dieser
Rath so gegeben, wie wir ihn wahrscheinlich geben würden, das heißt
einstimmig, so muß derselbe großes Gewicht bei ihm haben. Aber legen Sie
ihm nicht eine Frage vor, die kein Privatmann gern beantworten würde,
zwingen Sie ihn nicht, zur Wahrung seines persönlichen Ansehens die
Männer in Schutz zu nehmen, die Sie beseitigt zu sehen wünschen.« Nach
einem zweitägigen harten Kampfe und mehreren Abstimmungen wurde die
Adresse mit hundertfünfundneunzig Stimmen gegen hundertsechsundvierzig
angenommen.[10] Wie vorauszusehen war, weigerte sich der König, zum
Angeber zu werden und das Haus drang nicht weiter in ihn.[11] Auf eine
andre Adresse, welche darum ansuchte, daß eine Commission abgesandt
werden möchte, um die Lage der Dinge in Irland zu untersuchen, gab
Wilhelm hingegen eine sehr gnädige Antwort und bat die Gemeinen, selbst
die Mitglieder der Commission zu ernennen. Um dem Könige an Artigkeit
nicht nachzustehen, lehnten die Gemeinen dies ab und stellten es der
Weisheit Sr. Majestät anheim, die geeignetsten Personen auszuwählen.[12]


[_Walker's Empfang in England._] Inmitten der heftigen Debatten über den
irländischen Krieg erregte ein erfreulicher Zwischenfall auf einen
Augenblick gute Laune und Einmüthigkeit. Walker war in London angekommen
und daselbst mit grenzenloser Begeisterung empfangen worden. Sein
Portrait prangte in jedem Bilderladen, Neuigkeitsbriefe, in denen seine
Persönlichkeit und seine Haltung beschrieben waren, wurden in jeden
Winkel des Reichs gesandt, Flugblätter, die ihn in Prosa und in Versen
priesen, wurden in jeder Straße ausgeboten. Die Gilden London's
veranstalteten ihm zu Ehren glänzende Festmähler in ihren Hallen, das
Volk drängte sich danach ihn zu sehen wo er sich blicken ließ, und
erdrückte ihn fast mit unsanften Liebkosungen. Beide Universitäten
verliehen ihm den Grad eines Doctors der Theologie. Einige von seinen
Bewunderern riethen ihm, sich in der Uniform im Palaste vorzustellen, in
welcher er die mehrmaligen Ausfälle seiner Mitbürger commandirt hatte.
Doch mit richtigerem Takt als er zuweilen an den Tag gelegt, erschien er
in Hampton Court in dem friedlichen Kleide seines Standes, wurde sehr
gut aufgenommen und mit einer Anweisung auf fünftausend Pfund beschenkt.
»Und glauben Sie nicht, Herr Doctor,« sagte Wilhelm mit liebenswürdiger
Freundlichkeit zu ihm, »daß diese Summe eine Bezahlung für Ihre Dienste
sein soll. Ich versichere Ihnen, daß ich Ihre Ansprüche an mich
keineswegs als im geringsten vermindert betrachte.«[13]

Doch inmitten des allgemeinen Beifalls ließ sich auch die Stimme der
Verleumdung hören. Die Vertheidiger Londonderry's waren Leute von zwei
verschiedenen Nationen und Religionen gewesen. Während der Belagerung
hatte der Haß gegen die Irländer alle Sachsen und der Haß gegen den
Papismus alle Protestanten zusammengehalten. Als aber die Gefahr vorüber
war, begannen Engländer und Schotten, Episkopalen und Presbyterianer
über die Vertheilung des Lobes und der Belohnungen zu mäkeln. Die
Dissentergeistlichen, welche Walker in der Stunde der Gefahr kräftig
unterstützt hatten, beklagten sich darüber, daß er in den von ihm
veröffentlichten Bericht über die Belagerung zwar anerkannt, daß sie
gute Dienste geleistet, aber unterlassen habe, ihre Namen zu nennen. Die
Klage war begründet und würde auch wahrscheinlich einen merklichen
Eindruck auf die öffentliche Meinung gemacht haben, wäre sie in einer
Sprache erhoben worden, wie sie sich für Christen und Gentlemen ziemte.
Aber Walker's Ankläger setzten in ihrem Grolle Wahrheitsliebe und
Schicklichkeit aus den Augen, bedienten sich unanständiger Ausdrücke,
brachten verleumderische Beschuldigungen vor, welche siegreich widerlegt
wurden, und verscherzten sich so den Vortheil wieder, den sie gehabt
hatten. Walker vertheidigte sich mit Mäßigung und Freimüthigkeit. Seine
Freunde stritten tapfer für ihn und übten nachdrückliche
Wiedervergeltung gegen seine Angreifer. In Edinburg mag die öffentliche
Meinung gegen ihn gewesen sein; in London aber scheint der Streit seinen
Ruf nur gehoben zu haben. Er wurde als ein anglikanischer Geistlicher
von großen Verdiensten betrachtet, der, nachdem er seine Religion gegen
ein Heer papistischer Rapparees heldenmüthig vertheidigt, von einem
Haufen schottischer Covenanters gemißhandelt wurde.[14]

Er überreichte den Gemeinen eine Petition, welche die traurige Lage
schilderte, in der sich die Wittwen und Waisen einiger während der
Belagerung gefallenen tapferen Männer jetzt befanden. Die Gemeinen
erkannten ihm auf der Stelle ein Dankvotum zu und beschlossen eine
Adresse an den König, worin er ersucht wurde, zehntausend Pfund unter
die Familien vertheilen zu lassen, deren Leiden so ergreifend
geschildert waren. Am folgenden Tage verbreitete sich unter der
Versammlung das Gerücht, Walker sei im Vorzimmer. Er ward hereingerufen
und der Sprecher theilte ihm mit großer Würde und Freundlichkeit mit,
daß das Haus sich beeilt habe, seinem Gesuche zu willfahren, belobte ihn
in den schmeichelhaftesten Ausdrücken, daß er es auf sich genommen habe,
eine von ihren eigenen Behörden und Vertheidigern verlassene Stadt zu
verwalten und zu vertheidigen, und trug ihm auf, Denen, welche unter ihm
gefochten, zu sagen, daß ihre Treue und Tapferkeit den Gemeinen
England's stets in dankbarer Erinnerung bleiben werde.[15]


[_Edmund Ludlow._] Um die nämliche Zeit brachte eine andre merkwürdige
und interessante Episode, welche, wie die erstere, aus den Ereignissen
des irischen Kriegs entsprang, eine kleine Diversion in den
parlamentarischen Geschäftsgang. Im vergangenen Frühjahr, als jeder Bote
aus Irland schlimme Nachrichten brachte und als Jakob's Autorität in
allen Theilen des Königreichs anerkannt war, ausgenommen hinter den
Wällen von Londonderry und an den Ufern des Ernesee's, war es natürlich,
daß die Engländer sich erinnerten, mit welcher furchtbaren Energie die
großen puritanischen Krieger der vorigen Generation den Aufstand des
celtischen Stammes niedergeworfen hatten. Die Namen Cromwell's, Ireton's
und der anderen Heerführer der siegreichen Armee waren in aller Munde.
Einer von diesen Heerführern, Edmund Ludlow, war noch am Leben. Mit
zweiundzwanzig Jahren war er als Freiwilliger in die Parlamentsarmee
eingetreten und in seinem dreißigsten Lebensjahre war er zum
Generalleutnant befördert worden. Jetzt war er alt, seine geistige Kraft
aber war noch ungeschwächt. Sein Muth war vom besten Schlage, sein
Verstand scharf, aber beschränkt. Was er sah, das sah er klar, aber er
sah nicht viel auf einen Blick. Zu einer Zeit der Treulosigkeit und
Unbeständigkeit hatte er trotz mannichfacher Versuchungen und Gefahren
fest an den Grundsätzen seiner Jugend gehalten. Selbst seine Feinde
konnten nicht in Abrede stellen, daß sein Leben consequent gewesen und
daß er mit dem nämlichen Muthe, mit dem er gegen die Stuarts
aufgetreten, auch gegen die Cromwells aufgetreten war. Nur ein Flecken
haftete auf seinem Ruhme, und dieser Flecken war in den Augen der großen
Mehrheit seiner Landsleute einer von denen, welche kein Verdienst
aufwiegen und keine Zeit verwischen konnte. Sein Name und sein Siegel
standen unter dem Todesurtheile Karl's I.

Nach der Restauration fand Ludlow ein Asyl an den Ufern des Genfer Sees,
wohin ihn ein andres Mitglied des hohen Gerichtshofes, Johann Lisle,
der Gatte jener Alice Lisle, deren Tod einen unauslöschlichen
Schandfleck auf das Gedächtniß Jakob's II. geworfen, begleitete. Doch
selbst in der Schweiz waren die beiden Königsmörder nicht sicher. Es
wurde ein hoher Preis auf ihre Köpfe gesetzt, und eine Reihe irischer
Abenteurer, durch nationalen und religiösen Haß entflammt, versuchte es,
den Blutpreis zu verdienen. Lisle fiel von der Hand eines dieser Mörder,
Ludlow aber entrann glücklich allen Machinationen seiner Feinde. Ein
kleines Häuflein heftiger und entschlossener Whigs zollte ihm eine
Verehrung, die sich mit den Jahren steigerte, und ließ ihn als den fast
einzigen, sicherlich als den berühmtesten Ueberlebenden eines mächtigen
Stammes von Männern, den Siegern in einem furchtbaren Bürgerkriege, den
Richtern eines Königs und Gründern einer Republik, zurück. Mehr als
einmal war er von den Feinden des Hauses Stuart eingeladen worden, sein
Asyl zu verlassen, ihr Feldherr zu werden und das Signal zum Aufstande
zu geben, er aber hatte es weislich abgelehnt, sich an den verzweifelten
Unternehmungen zu betheiligen, über welche die Wildman und Ferguson
unablässig brüteten.[16]

Die Revolution eröffnete ihm eine neue Aussicht. Das Recht des Volks,
sich der Tyrannei zu widersetzen, ein Recht, das viele Jahre hindurch
Niemand geltend machen konnte, ohne sich kirchlichen Anathemen und
bürgerlichen Strafen auszusetzen, war von den Ständen des Reichs
feierlich anerkannt und durch Herolde auf der nämlichen Stelle
proklamirt worden, wo man vierzig Jahre früher das denkwürdige Schaffot
errichtet. Jakob war zwar nicht, wie Karl, den Tod des Verräthers
gestorben, doch schien die Strafe des Sohnes sich mehr dem Grade als dem
Prinzipe nach von der des Vaters zu unterscheiden. Die, welche kürzlich
Krieg gegen einen Tyrannen geführt, ihn aus seinem Palaste vertrieben,
ihn aus seinem Lande verstoßen, ihn seiner Krone beraubt hatten, meinten
wahrscheinlich, daß das Verbrechen, noch einen Schritt weiter gegangen
zu sein, durch eine dreißigjährige Verbannung hinlänglich gesühnt sei.
Ludlow's Verehrer, von denen einige sehr hohe öffentliche Stellungen
bekleideten, versicherten ihm, daß er es getrost wagen könne, über den
Kanal zu kommen, daß er sogar erwarten dürfe, mit einem hohen Commando
nach Irland geschickt zu werden, wo sein Name bei seinen Soldaten und
deren Kindern noch immer in liebevollem Andenken stehe.[17] Er kam, und
zu Anfang Septembers erfuhr man, daß er in London war.[18] Allein es
zeigte sich bald, daß er und seine Freunde sich in der Stimmung des
englischen Volks geirrt hatten. Alle, mit Ausnahme einer kleinen
extremen Section der Whigpartei, betrachteten den Act, in welchem er
eine unvergeßliche Rolle gespielt hatte, nicht nur mit der einer groben
Verletzung des Gesetzes und der Gerechtigkeit gebührenden Mißbilligung,
sondern mit einem Abscheu, wie ihn selbst die Pulververschwörung nicht
erregt hatte. Das alberne und fast gottlose Gebet, das noch heute am
30. Januar in unseren Kirchen verlesen wird, hatte in den Gemüthern
des großen Haufens eine wunderliche Ideenverbindung hervorgerufen.
Die Leiden Karl's wurden den Leiden des Erlösers der Menschheit
gleichgestellt, und jeder Königsmörder war ein Judas, ein Kaiphas
oder ein Herodes. Allerdings war Ludlow, als er in dem Tribunal zu
Westminster Hall saß, ein heißblütiger Enthusiast von achtundzwanzig
Jahren, und jetzt kehrte er als ein siebzigjähriger Greis aus dem
Exil zurück. Hätte er sich demnach damit begnügt, in strenger
Zurückgezogenheit zu leben und die Oeffentlichkeit zu meiden, so würden
vielleicht selbst eifrige Royalisten dem alten Republikaner ein Grab in
seinem heimathlichen Boden nicht mißgönnt haben. Allein er dachte gar
nicht daran, sich zu verbergen. Man erzählte sich bald, daß einer von
den Mördern, welche auf England eine Schuld gebracht hätten, wegen der
es alljährlich im Bußgewande Gott bitte, daß er darüber nicht mit ihm
richten möge, in den Straßen seiner Hauptstadt einherstolzire und sich
rühme, daß er über kurz oder lang seine Armee commandiren werde, seine
Wohnung sollte angeblich das Hauptquartier der angesehensten Feinde
der Monarchie und des Episkopats sein.[19] Die Sache kam vor das Haus
der Gemeinen. Die toryistischen Mitglieder forderten laut, daß an dem
Verräther Gerechtigkeit geübt werde, und keiner der Whigs wagte es,
ein Wort zu seiner Vertheidigung zu sagen. Einige wenige äußerten zwar
schüchtern Zweifel, ob die Thatsache seiner Zurückkunft durch solche
Zeugen bewiesen sei, die ein parlamentarisches Verfahren rechtfertigen;
aber der Einwand wurde nicht beachtet und ohne Abstimmung beschlossen,
daß der König ersucht werden solle, einen Fahndungsbefehl gegen Ludlow
zu erlassen. Seymour überreichte die Adresse und der König versprach,
dem Verlangen zu willfahren. Es vergingen jedoch einige Tage, ehe
die Bekanntmachung erschien.[20] Ludlow hatte Zeit, zu entkommen und
er verbarg sich wieder in seinem Alpenschlupfwinkel, um nie wieder
hervorzukommen. Englische Reisende besuchen noch heute sein dicht
am See gelegenes Haus und sein Grab in einer Kirche zwischen den
Weingärten, welche die kleine Stadt Vevay umgeben. An dem Hause war
früher eine Inschrift zu lesen, welche besagte, daß Demjenigen, der
Gott zum Vater habe, jedes Land ein Vaterland sei,[21] und das Epitaph
auf dem Grabe bezeugt noch die Gefühle, mit denen der strenge alte
Puritaner das irische Volk und das Haus Stuart betrachtete.


[_Heftigkeit der Whigs._] Tories und Whigs hatten dazu beigetragen,
Walker zu ehren und Ludlow ein Brandmal aufzudrücken, oder sie hatten
wenigstens so gethan. Aber die Fehde zwischen den beiden Parteien war
heftiger als je. Der König hatte die Hoffnung genährt, daß die
Animositäten, welche in der vorhergehenden Session die Annahme einer
Indemnitätsacte verhindert hatten, während der Ferien sich einigermaßen
gelegt haben würden. An dem Tage, an welchem die beiden Häuser wieder
zusammentraten, hatte er sie dringend aufgefordert, der Angst und
Uneinigkeit ein Ende zu machen, welche nothwendig fortbestehen mußten,
so lange eine große Anzahl Leute ihres Eigenthums und ihrer Freiheit,
nicht wenige selbst ihres Lebens nicht sicher seien. Seine Ermahnung
blieb jedoch fruchtlos. October, November und December vergingen, und
noch war nichts gethan. Es war zwar eine Indemnitätsbill eingebracht und
einmal verlesen worden; seitdem aber hatte sie beständig vernachlässigt
auf dem Tische des Hauses gelegen.[22] So erbittert die Stimmung gewesen
war, in der die Whigs Westminster verlassen hatten, die Stimmung, in der
sie zurückkehrten, war noch erbitterter. Den Schmerz früherer Leiden
noch fühlend, von neuerem Glücke berauscht, von unversöhnlichem
Rachedurst erfüllt und auf ihre unwiderstehliche Kraft bauend, waren sie
nicht weniger heftig und starrsinnig als in den Tagen der
Ausschließungsbill. Das Jahr 1680 war noch einmal wiedergekehrt.
Abermals wurde jede Verständigung zurückgewiesen. Abermals wurden die
Stimmen der einsichtsvolleren und rechtschaffeneren Freunde der Freiheit
durch das Geschrei der hitzköpfigen und hinterlistigen Agitatoren
übertäubt. Abermals wurde Mäßigung als Feigheit verachtet oder als
Verrath verabscheut. Alle Lehren, die eine schmerzliche Erfahrung
gegeben, waren vergessen. Die nämlichen Männer, welche durch Jahre der
Demüthigung, der Einsperrung, der Entbehrung und der Verbannung die
Thorheit gebüßt hatten, mit der sie der ihnen durch die papistische
Verschwörung in die Hand gegebenen Vortheil gemißbraucht hatten,
mißbrauchten jetzt mit gleicher Thorheit den ihnen durch die Revolution
gegebenen Vortheil. Die zweite Thorheit würde aller Wahrscheinlichkeit
nach, wie die erste, mit ihrer Proscription, Vertreibung und Decimirung
geendet haben, hätte nicht die Weisheit und Hochherzigkeit des großen
Fürsten, der nur auf die Erfüllung seiner Mission bedacht und gegen
Schmeicheleien wie gegen Beleidigungen gleich unempfindlich war, sie
kalt und unbeugsam wider ihren Willen gerettet.


[_Anklagen._] Es schien als ob nur Blut sie zufriedenstellen könnte. Das
Aussehen und die Stimmung des Hauses der Gemeinen erinnerte an die Zeit
des Einflusses Oates', und um die Aehnlichkeit vollkommen zu machen, war
Oates selbst anwesend. Als Zeuge konnte er zwar jetzt nicht dienen, aber
er hatte Blut gerochen und war gekommen, um das Gemetzel, an dem er
nicht mehr thätigen Antheil nehmen konnte, wenigstens mit anzusehen. Man
sah wieder täglich sein widerliches Gesicht, und täglich hörte man in
den Vorzimmern und auf der Galerie sein wohlbekanntes +»Ah Laard, ah
Laard!«+ (O Herr, o Herr!)[23] Das Haus fiel zuerst über die Renegaten
der vorigen Regierung her. Unter diesen Renegaten standen die Earls von
Peterborough und Salisbury im Range am höchsten, hinsichtlich des
Verstandes aber am tiefsten, denn Salisbury war von jeher ein
Schwachkopf gewesen und Peterborough war schon längst ein kindischer
Greis. Gleichwohl erklärten die Gemeinen, daß Beide durch ihren Anschluß
an die römische Kirche sich des Hochverraths schuldig gemacht hätten und
daß sie deshalb in Anklagestand versetzt werden sollten.[24] Zu dem Ende
wurde den Lords eine Benachrichtigung zugesandt. Der alte Peterborough
ward alsbald verhaftet und an einer Krücke wankend und in wollene
Kleider eingehüllt in den Tower geschickt. Am folgenden Tage wurde
Salisbury vor die Schranken seiner Peers gestellt. Er stammelte einige
Worte von seiner Jugend und seiner ausländischen Erziehung hervor und
wurde dann abgeführt, um Peterborough Gesellschaft zu leisten.[25] Die
Gemeinen waren mittlerweile zu Verbrechern bescheideneren Standes und
höherer Geistesbildung übergegangen. Sir Eduard Hales wurde vor sie
gebracht. Er hatte allerdings, indem er der Testacte zum Trotz ein Amt
bekleidete, schwere Geldstrafe verwirkt. Aber diese Geldstrafen genügten
dem rachsüchtigen Character der siegreichen Partei bei weitem nicht und
er wurde daher als Verräther eingezogen.[26] Nach ihm wurde Obadja
Walker eingeführt. Er benahm sich mit einer Kleinmüthigkeit und
Falschheit, die ihm jeden Anspruch auf Achtung oder Mitleid entzogen. Er
betheuerte, daß er nie seine Religion gewechselt habe, daß seine
Glaubensansichten stets die einiger hochachtbaren Geistlichen der Kirche
von England gewesen seien und daß er in mehreren Punkten von den
Papisten abweiche. Trotz dieses Wortschwalls wurde er des Hochverraths
schuldig erklärt und ins Gefängniß geschickt.[27] Nach ihm wurde
Castlemaine vor die Schranke gefordert, verhört und kraft eines
Verhaftsbefehls, der ihn des Kapitalverbrechens beschuldigte, eine
Aussöhnung des Königreichs mit der römischen Kirche versucht zu haben,
in Gewahrsam gebracht.[28]

Inzwischen hatten die Lords einen Ausschuß ernannt, welcher untersuchen
sollte, wer für den Tod Russell's, Sidney's und einiger anderer
angesehener Whigs verantwortlich sei. Präsident dieses Ausschusses, der
allgemein der Mordausschuß genannt wurde, war der Earl von Stamford, ein
Whig, der in die von seiner Partei gegen die Stuarts geschmiedeten
Complots tief verwickelt gewesen war.[29] Die Bücher des Geheimraths
wurden untersucht, die Schriftführer befragt und einige Thatsachen
ermittelt, welche den Richtern, den Prokuratoren des Schatzes, den
Kronzeugen und den Kerkermeistern der Staatsgefängnisse keine Ehre
machten; für die Bestechung der Geschwornen aber fand man keine Beweise.
Die Sheriffs bewahrten ihr Geheimniß. Sir Dudley North insbesondere
bestand ein strenges Verhör mit characteristischer Besonnenheit und
Festigkeit und behauptete standhaft, daß er sich niemals um die
politischen Ansichten der Leute gekümmert, die er auf eine
Geschwornenliste gesetzt, sondern sich nur danach erkundigt habe, ob sie
wohlhabende Bürger seien. Er sprach allerdings nicht die Wahrheit und
einige von den Whigpeers sagten ihm das in sehr verständlichen Worten
und mit sehr lauter Stimme; aber obgleich sie moralisch von seiner
Schuld überzeugt waren, konnten sie doch keine Beweise entdecken, auf
die sie eine Criminalklage gegen ihn hätten basiren können. Der
unauslöschliche Schandfleck bleibt jedoch auf einem Gedächtniß haften
und wird immer noch schmerzlich beklagt von Denen, welche bei allem
Abscheu vor seiner Ehrlosigkeit und Grausamkeit nicht vergessen können,
daß er einer der originellsten, gründlichsten und accuratesten Denker
seiner Zeit war.[30]

Halifax war glücklicher als Dudley North, denn er reinigte sich
vollkommen von jeder nicht blos legalen, sondern auch moralischen
Schuld. Er war die Hauptzielscheibe des Angriffs, und doch brachte die
strenge Untersuchung nichts zu Tage, was ihm nicht zur Ehre gereicht
hätte. Tillotson wurde als Zeuge aufgerufen. Er schwor, daß er das
Verbindungsglied zwischen Halifax und Russell gewesen sei, als Russell
Gefangener im Tower war. »Mylord Halifax,« sagte der Doctor, »zeigte ein
sehr theilnehmendes Interesse für Mylord Russell, und Mylord Russell
beauftragte mich, Mylord Halifax für seine Menschenfreundlichkeit und
Güte zu danken.« Es wurde ferner bewiesen, daß der unglückliche Herzog
von Monmouth ein ähnliches Zeugniß für Halifax' Gutherzigkeit abgegeben
habe.


[_Johann Hampden's Böswilligkeit._] Doch auch ein feindlicher Zeuge trat
auf: Johann Hampden, der durch kriechende Bitten und enorme Bestechungen
seinen Hals vom Strange gerettet hatte. Er war jetzt ein mächtiger und
angesehener Mann, gehörte zu den Häuptern der dominirenden Partei im
Hause der Gemeinen und war bei alledem einer der unglücklichsten
Menschen auf Gottes Erde. Die Erinnerung an die jämmerliche Figur, die
er vor den Schranken der Old Bailey gespielt, verbitterte sein Gemüth
und trieb ihn an, sich ohne Gnade an Denen zu rächen, welche direct oder
indirect etwas zu seiner Demüthigung beigetragen hatten. Er war von
allen Whigs der intoleranteste und allen Amnestieplänen am
hartnäckigsten opponirende. Das Bewußtsein, sich eine Blöße gegeben zu
haben, machte ihn eifersüchtig auf seine Würde und ungemein empfindlich.
Er paradirte beständig mit seinen Diensten und seinen Leiden, als ob er
durch diese prahlerische Darlegung den Schandfleck, den nichts vor
seinen eigenen Augen verbergen konnte, wenigstens vor Andern zu
verbergen gehofft hätte. Nachdem er schon seit mehreren Monaten im Hause
der Gemeinen heftig gegen Halifax haranguirt hatte, trat er jetzt auf,
um vor den Lords gegen ihn den Zeugeneid zu leisten. Die Scene war
interessant. Der Zeuge sagte von sich selbst, er habe sein Vaterland
gerettet, habe die erste Idee der Revolution gehabt und habe Ihre
Majestäten auf den Thron gesetzt. Dann versuchte er zu beweisen, daß
durch die Machinationen des Lord Geheimsiegelbewahrers sein Leben
gefährdet worden sei, ein Versuch, der sein Ziel gänzlich verfehlte und
auf Den zurückfiel, von dem er ausgegangen. Hampden mußte eingestehen,
daß er seine Gattin zu dem Manne, gegen den er jetzt auftrat, geschickt
hatte, um seine Fürsprache zu erbitten. »Ist es nicht sonderbar,« sagte
Halifax, »daß Sie die Verwendung eines Mannes nachsuchten, dessen
Machinationen Ihren Kopf in Gefahr gebracht hatten?« -- »Keineswegs,«
erwiederte Hampden, »denn an wen anders hätte ich mich wenden sollen als
an die Männer, welche am Ruder waren? Ich wendete mich an Lord Jeffreys,
ich wendete mich an Pater Petre und zahlte ihnen sechstausend Pfund für
ihre Dienste.« -- »Nahm Lord Halifax ebenfalls Geld?« -- »Nein, das
kann ich nicht sagen.« -- »Und sandten Sie nicht Ihre Gemahlin zu ihm,
Mr. Hampden, um ihm für seine Güte zu danken?« -- »Ja, ich glaube,
dies that ich,« antwortete Hampden; »aber ich wüßte nicht daß diese
Güte einen reellen Nutzen für mich gehabt hätte. Wäre dem nicht so, so
würde ich Mylord verbunden sein, wenn er mir sagen wollte, worin dieser
Nutzen bestanden hätte.« So schmählich das Auftreten dieses entarteten
Erben eines berühmten Namens vor den Schranken der Old Bailey gewesen
war, vor dem Mordausschusse spielte er eine noch schmählichere
Figur.[31] Es ist eine erfreuliche Erscheinung, daß eine Person, die
viel schwerere Unbill erfahren hatte, deren Character aber von dem
seinigen weit verschieden war, die hochherzige Lady Russell, gegen
die Ungerechtigkeit remonstrirte, mit der die extremen Whigs Halifax
behandelten.[32]

Johann Hampden's Bosheit war indessen weder ermüdet noch beschämt.
Wenige Tage später hielt er in einem Ausschusse des gesammten Hauses der
Gemeinen zur Inbetrachtnahme der Lage der Nation eine hämische Rede, in
der er alles Mißgeschick des Jahres dem Einflusse der Männer zuschrieb,
welche in den Tagen der Ausschließungsbill vom Parlamente getadelt
worden seien, der Männer, die zwischen Jakob und Wilhelm die Vermittler
hätten spielen wollen. Der König, sagte er, müsse sämmtliche drei
Cavaliere, welche nach Hungerford gesandt worden seien, um mit ihm zu
unterhandeln, aus seinem Staatsrathe und aus seiner Nähe entfernen.
Hierauf sprach er von der Gefahr, Männer von republikanischen
Grundsätzen anzustellen. Dies sollte ohne Zweifel eine Anspielung auf
den Hauptgegenstand seiner unversöhnlichen Bosheit sein, denn es war
wohlbekannt, daß Halifax, obwohl von Natur gewaltsamen Veränderungen
abgeneigt, in seinen politischen Ansichten ein Republikaner war und oft
sehr geistreich und humoristisch gegen die erbliche Monarchie sprach.
Die einzige Wirkung des gegen ihn gerichteten Ausfalls bestand jedoch
darin, daß er ein höhnisches Gelächter hervorrief. Wie konnte ein
Hampden, der Enkel des großen Führers des Langen Parlaments, ein Mann,
der sich rühmte, mit Algernon Sidney gegen das königliche Haus
conspirirt zu haben, das Wort Republikaner als einen Ausdruck des
Vorwurfs gebrauchen! Als der Sturm des Gelächters sich gelegt hatte,
standen mehrere Mitglieder auf, um den angeklagten Staatsmann zu
rechtfertigen. Seymour erklärte, daß, so sehr er auch die Art und Weise,
wie die Verwaltung in der letzten Zeit geführt worden sei, mißbillige,
er dem vom Johann Hampden vorgeschlagenen Beschlusse doch nicht
beitreten könne. »Blicken Sie wohin Sie wollen,« sagte er, »auf Irland,
auf Schottland, auf die Flotte, auf die Armee, überall werden Sie
reichliche Beweise von schlechter Verwaltung finden. Wenn der Krieg von
den nämlichen Händen fortgeführt wird, so haben wir nichts Besseres als
eine Wiederholung der nämlichen Unfälle zu erwarten. Aber ich bin nicht
geneigt, Männer wegen der besten Handlung, die sie in ihrem Leben
gethan, zu verdammen, Männer deshalb zu verdammen, weil sie versuchten,
durch rechtzeitiges Vermitteln einer Revolution vorzubeugen.« Ein andrer
Sprecher sagte ganz richtig, daß Halifax und Nottingham ins holländische
Lager gesandt worden seien, weil sie das Vertrauen der Nation besessen
und weil sie allgemein als Feinde der Dispensationsgewalt, der
papistischen Religion und des französischen Einflusses bekannt gewesen
seien. Es wurde endlich beschlossen, daß der König in allgemeinen
Ausdrücken ersucht werden solle, die Urheber der neuerlichen Mißgriffe
ausfindig zu machen und zu entfernen.[33] Es wurde ein Ausschuß zur
Entwerfung der Adresse ernannt, und Johann Hampden, als Präsident
desselben, setzte eine Vorstellung in so hämischen Ausdrücken auf, daß
bei Verlesung derselben im Hause der Gemeinen sein eigner Vater sich
mißbilligend darüber äußerte und ein Mitglied ausrief: »Das soll eine
Adresse sein? Ein Libell ist es!« Nach einer heißen Debatte wurde die
Adresse wieder an den Ausschuß verwiesen und nicht wieder erwähnt.[34]

Die Erbitterung, welche ein großer Teil des Hauses gegen Halifax
empfunden, begann in der That nachzulassen. Es war bekannt, daß er
bereits aufgehört hatte, ein vertrauter Rathgeber der Krone zu sein,
obgleich er das Geheimsiegel noch nicht förmlich abgegeben. Die Macht,
die er während der ersten Monate der Regierung Wilhelm's und Mariens
besessen, war auf den kühneren, minder skrupulösen und praktischeren
Caermarthen übergegangen, gegen dessen Einfluß Shrewsbury vergebens
ankämpfte. Persönlich stand Shrewsbury sehr hoch in der königlichen
Gunst; aber er war ein Oberhaupt der Whigs und wurde, wie alle
Parteiführer, oft wider seinen Willen von Denen vorwärts getrieben, die
ihm folgen zu wollen schienen. Er selbst war zu einer milden und
gemäßigten Politik geneigt, aber er besaß nicht die nöthige Festigkeit,
um der geräuschvollen Zudringlichkeit, mit der Politiker wie Johann Howe
und Johann Hampden Rache an ihren Feinden verlangten, Widerstand zu
leisten. Sein Rath hatte daher zu dieser Zeit wenig Gewicht bei seinem
Gebieter, der die Tories zwar weder liebte noch ihnen traute, aber fest
entschlossen war, sie nicht zu proscribiren.

Unterdessen beschlossen die Whigs, die sich bewußt waren, neuerdings in
der Meinung des Königs sowohl wie der Nation gesunken zu sein, einen
kühnen und schlauen Versuch zu machen, von Beiden unabhängig zu werden.
Ein genauer Bericht über diesen Versuch kann aus dem spärlichen und weit
verstreuten Material, das auf uns gekommen ist, nicht zusammengestellt
werden. Doch ist die Geschichte auch so wie sie auf uns gekommen,
immerhin interessant und lehrreich.


[_Die Corporationsbill._] Eine Bill zur Wiederherstellung der Rechte
derjenigen Corporationen, welche unter den beiden letzten Regierungen
ihre Gemeindeverfassungen der Krone zurückgegeben hatten, war im Hause
der Gemeinen eingebracht, von Männern aller Parteien mit allgemeinem
Beifall begrüßt, zweimal verlesen und einem gewählten Ausschuß
überwiesen worden, dessen Präsident Somers war. Am 2. Januar erstattete
Somers seinen Bericht. Die Tories waren nur in geringer Zahl anwesend,
denn da keine wichtige Discussion in Aussicht stand, hatten viele
Landgentlemen die Stadt verlassen, um am Kamin ihrer Schlösser das
Weihnachtsfest heiter zu feiern. Die eifrigen Whigs dagegen waren stark
vertreten. Sobald der Bericht über die Bill erstattet war, erhob sich
Sacheverell, der in den stürmischen Parlamenten Karl's II. als einer der
Talentvollsten und Heftigsten unter den Exclusionisten berühmt gewesen
war, und beantragte die Hinzufügung einer Klausel, welche bestimmte, daß
jeder Municipalbeamte, der in irgend einer Weise an der Abtretung der
Gerechtsame eines Burgfleckens Theil gehabt, sieben Jahre lang unfähig
sein sollte, ein Amt in diesem Burgflecken zu bekleiden. Die Verfassung
fast jeder incorporirten Stadt in England war während des glühenden
Anfalls von Loyalität, der auf die Entdeckung des Ryehousecomplots
gefolgt war, umgestaltet worden, und in fast jeder solchen Stadt hatten
die Tories dafür gestimmt, den Freibrief zurückzugeben und Alles der
väterlichen Fürsorge des Souverains zu überlassen. Die Wirkung von
Sacheverells Klausel war daher die, daß einige Tausend der reichsten und
angesehensten Männer des Königreichs sieben Jahre hindurch unfähig
waren, an der Verwaltung ihrer Wohnorte irgend welchen Antheil zu
nehmen, und daß der Whigpartei auf sieben Jahre ein überwiegender
Einfluß bei den Burgfleckenwahlen gesichert wurde.

Die Minorität protestirte laut gegen die grobe Ungerechtigkeit, zu
einer Zeit wo London verödet war, mit hastiger Eil und wie durch
Ueberrumpelung ein Gesetz von höchster Wichtigkeit zu erlassen,
ein Gesetz, das rückwirkend eine harte Strafe über viele hundert
achtbare Gentlemen verhängte, ein Gesetz, als in jeder Stadt, von
Berwick bis St. Ives die heftigsten Leidenschaften aufregen und das
einen sehr ernsten Einfluß auf die Zusammensetzung des Hauses selbst
haben mußte. Die einfachsten Schicklichkeitsrücksichten verlangten
wenigstens einen Aufschub. Dieser wurde beantragt, der Antrag aber
mit hundertsiebenundzwanzig gegen neunundachtzig Stimmen verworfen.
Hierauf wurde die Frage gestellt, ob Sacheverell's Klausel einen
Bestandtheil der Bill bilden solle, und mit hundertdreiunddreißig gegen
sechsundsechzig Stimmen bejaht. Sir Robert Howard stellte nun sofort
den Antrag, daß Jeder, der, nachdem er nach der Sacheverell'schen
Klausel zur Bekleidung eines städtischen Amtes unfähig geworden, sich
dennoch erkühne, ein solches Amt zu übernehmen, eine Geldbuße von
fünfhundert Pfund verwirken und für seine ganze Lebenszeit unfähig
sein sollte, irgend ein öffentliches Amt, welcher Art es auch sei, zu
bekleiden. Die Tories wagten es nicht, darüber abstimmen zu lassen.[35]
Nach den Regeln des Hauses stand es in der Macht einer Minorität,
den Gang einer Bill zu hemmen, und dies war gewiß eine von den sehr
seltenen Gelegenheiten, wo die Ausübung dieser Befugniß ganz am rechten
Orte gewesen wäre. Die parlamentarischen Taktiker der damaligen Zeit
scheinen jedoch nicht gewußt zu haben, in wie weit eine kleine Anzahl
Mitglieder den Gang eines Geschäfts aufhalten kann, ohne irgend eine
Form zu verletzen.

Es wurde auf der Stelle beschlossen, daß die durch Sacheverell's und
Howard's Klauseln erweiterte Bill mundirt werden solle. Die heftigsten
Whigs hätten sie am liebsten binnen achtundvierzig Stunden definitiv
angenommen. Es stand allerdings nicht zu erwarten, daß die Lords sie mit
günstigen Augen ansehen würden; aber einige desperate Männer schienen
sich vorgenommen zu haben, die Geldbewilligungen vorzuenthalten, bis sie
angenommen war, ja sogar sie der Bewilligungsbill einzuverleiben und so
das Oberhaus in die Nothwendigkeit zu versetzen, entweder in eine
umfassende Proscription der Tories zu willigen, oder der Regierung die
Mittel zur Fortsetzung des Kriegs zu verweigern.[36] Viele Whigs waren
jedoch so rechtschaffen, daß sie der Gegenpartei offenes Spiel gönnen
wollten, und klug genug, um zu wissen, daß ein durch Gewalt und List
erlangter Vortheil nicht von Dauer sein konnte. Diese Männer bestanden
darauf, daß man bis zur dritten Lesung mindestens acht Tage verstreichen
lassen solle, und sie setzten dies auch durch. Ihre minder skrupulösen
Verbündeten beklagten sich bitter, daß die gute Sache verrathen werde.
Was seien dies für neue Kriegsgesetze? Warum wolle man gegen Feinde, die
keine Kriegslist für unmoralisch hielten und welche nie Pardon gegeben
hätten, eine chevalereske Courtoisie beobachten? Und sei etwas
geschehen, was nicht in genauester Uebereinstimmung mit der
Parlamentsordnung stehe? Diese Ordnung wisse nichts von kurzen und
langen Notificationen, von schwach besetzten und vollen Häusern. Es sei
Pflicht des Volksvertreters an seinem Platze zu sein. Wenn es ihm
beliebe, auf seinem Landsitze zu jagen und zu zechen, während zu
Westminster wichtige Dinge berathen würden, mit welchem Rechte könne er
dann darüber murren, daß redlichere und fleißigere Diener der
Oeffentlichkeit in seiner Abwesenheit eine Bill annahmen, die ihnen für
das Gemeinwohl nothwendig erschienen war? Da sich indessen ein Aufschub
von einigen Tagen als unvermeidlich herausstellte, so leugneten
Diejenigen, welche beabsichtigt hatten, den Sieg durch eine List zu
erringen, jetzt diese Absicht. Sie versicherten dem Könige, der nicht
umhin konnte, einiges Mißfallen an ihrer Handlungsweise zu äußern und
dessen Unwillen viel stärker war als er ihn blicken ließ, auf das
Feierlichste, daß sie der Ueberraschung nichts verdankten und daß sie
auch in dem gefülltesten Hause einer Majorität ganz gewiß seien.
Sacheverell soll mit großer Lebhaftigkeit erklärt haben, daß er seinen
Sitz verwetten und nie wieder sein Gesicht im Parlamente zeigen wolle,
wenn er sich geirrt habe. Anfangs war man in der That allgemein der
Ansicht, daß die Whigs den Sieg davon tragen würden. Bald aber zeigte es
sich klar, daß ein harter Kampf bevorstehe. Die Briefposten hatten nach
allen Richtungen hin die Nachricht mitgenommen, daß die Gemeinen am
2. Januar ein rückwirkendes Strafgesetz gegen die ganze Torypartei
bewilligt hätten und daß dieses Gesetz am 10. zum letzten Male in
Erwägung genommen werden solle. Das ganze Königreich von Northumberland
bis Cornwall gerieth in Aufruhr. Hundert Ritter und Squires verließen
ihre mit Mistel- und Stechpalmenzweigen geschmückten Hallen und ihre
unter der Last der Bratenteller und Suppenschüsseln zusammenbrechenden
Tafeln und eilten, die kurzen Tage, das kalte Wetter, die schlechten
Wege und die schurkischen Whigs verwünschend, nach der Hauptstadt. Auch
die Whigs zogen Verstärkung an sich, doch nicht in gleichem Umfange,
denn die Klauseln waren im allgemeinen unpopulär, und das nicht ohne
guten Grund. Kein Billigdenkender, welcher Partei er auch angehören
möge, wird leugnen, daß die Tories einen großen Fehler begingen,
indem sie alle Municipalgerechtsame des Landes und damit zugleich die
Befugniß, die Verfassung des Hauses der Gemeinen zu ändern, der Krone
zurückgaben. Doch hatte die Nation an diesem Fehler selbst mit Schuld.
Wenn die Mayors und Aldermen, deren Bestrafung jetzt beantragt wurde,
sich zu der Zeit, als die Loyalitätsfluth am höchsten stand, trotzig
geweigert hätten, dem Willen ihres Souverains nachzukommen, so würde
man sie auf offener Straße als schurkische Rundköpfe bezeichnet haben,
der Rector würde auf der Kanzel vor ihnen gewarnt haben, sie würden
in Spottliedern verhöhnt und wahrscheinlich vor ihren eigenen Thüren
+in effigie+ verbrannt worden sein. Es ist allerdings ein großer
Uebelstand, daß eine Gesellschaft abwechselnd durch die Furcht vor
Tyrannei und durch die Furcht vor Anarchie zu Verirrungen getrieben
werden kann. Aber diesem Uebelstande ist nicht dadurch abzuhelfen, daß
man wegen solcher Verirrungen einige Personen bestraft, welche mit den
Uebrigen fehlten und später ihren Fehler mit den Uebrigen bereueten.
Auch hätte man nicht vergessen sollen, daß die Uebelthäter, gegen
welche Sacheverell's Klausel gerichtet war, die Sünden, die sie 1683
begangen, im Jahre 1688 reichlich wieder gut gemacht hatten. Sie hatten
sich, als Gesammtheit, energisch gegen das Dispensationsrecht erhoben,
und die meisten von ihnen waren wirklich von Jakob ihrer städtischen
Aemter entsetzt worden, weil sie sich geweigert hatten, seine Politik
zu unterstützen. Es ist daher kein Wunder, daß der Versuch, über alle
diese Männer ohne Ausnahme eine schimpfliche Strafe zu verhängen,
einen Sturm des öffentlichen Unwillens heraufbeschwor, dem viele
whiggistische Mitglieder des Parlaments nicht geneigt waren zu trotzen.

Mit dem Herannahen des entscheidenden Kampfes und dem Anwachsen der
zurückkehrenden Tories vermehrte sich die Besorgniß Sacheverell's und
seiner Verbündeten. Sie sahen ein, daß sie kaum auf einen vollständigen
Sieg hoffen durften, daß sie ein Zugeständniß machen, die Zurückweisung
der Bill an den Ausschuß vorschlagen und sich bereit erklären mußten zu
erwägen, ob zwischen den Hauptsündern und den Vielen, welche durch böses
Beispiel verleitet worden waren, ein Unterschied zu machen sei. Aber in
dem Maße wie der Muth der einen Partei sank, stieg der Muth der andren.
Die von nur zu gerechtem Unwillen erfüllten Tories beschlossen, auf
keine Vergleichsvorschläge zu hören.

Der 10. Januar erschien und noch vor dem späten Tagesanbruch dieser
Jahreszeit war das Haus gedrängt voll. Mehr als hundertsechzig
Mitglieder waren binnen einer Woche nach der Hauptstadt gekommen. Von
der Morgendämmerung an bis die Lichter tief herabgebrannt waren, blieben
die Reihen dicht geschlossen, und nur wenige Mitglieder verließen ihre
Plätze, außer auf einige Augenblicke, um ein Stück Brod oder ein Glas
Wein zu sich nehmen. Boten standen bereit, um das Resultat nach
Kensington zu bringen, wo Wilhelm trotz eines heftigen Hustens in
gespannter Erwartung bis Mitternacht aufsaß und an Portland schrieb, den
er in einer wichtigen Angelegenheit nach dem Haag geschickt hatte.

Der einzige noch vorhandene Bericht über die Debatte ist unvollständig
und verworren. Doch läßt sich soviel daraus erkennen, daß die Aufregung
groß war und daß sehr starke Aeußerungen fielen. Ein junges
whiggistisches Mitglied führte eine so heftige Sprache, daß er in
Gefahr war, vor die Schranke gefordert zu werden. Der Sprecher wurde
mehrmals getadelt, daß er seinen Freunden zuviel Freiheit gestatte. Es
kam jedoch eigentlich nicht viel darauf an, ob er die Uebertreter zur
Ordnung rief oder nicht. Das Haus war schon längst völlig unlenksam, und
alte Mitglieder vermißten schmerzlich den würdevollen Anstand der
Debatte und die Autorität des Präsidentenstuhls vergangener Zeiten.[37]
Daß Somers die Heftigkeit der Partei, der er angehörte, nicht billigte,
kann man sowohl aus dem ganzen Laufe seines öffentlichen Lebens, wie aus
dem sehr bezeichnenden Umstande schließen, daß er, obgleich ihm die
Durchsetzung der Corporationsbill oblag, die Strafklauseln nicht
beantragte, sondern dieses unangenehme Amt ungestümeren und minder
scharfsinnigen Männern als er war überließ. Doch ließ er seine
Bundesgenossen deshalb nicht im Stich, sondern sprach für sie und
versuchte aus einer schlechten Sache so viel als möglich zu machen. Das
Haus stimmte mehrere Male ab. Bei der ersten Abstimmung waren
hundertvierundsiebzig Stimmen für Sacheverell und hundertneunundsiebzig
gegen ihn. Der Kampf wurde hartnäckig fortgesetzt; aber die Majorität
stieg von fünf auf zehn, von zehn auf zwölf, und von zwölf auf achtzehn
Stimmen. Jetzt endlich gaben sich die Whigs nach einer vierzehnstündigen
stürmischen Sitzung für besiegt. Es war kurz vor Mitternacht, als der
Sekretär zum unaussprechlichen Jubel und Triumphe der Tories von dem
Pergamente, auf welches die Bill abgeschrieben worden war, die
gehässigen Klauseln Sacheverell's und Howard's abriß.[38]


[_Debatten über die Indemnitätsbill._] Durch diesen großen Sieg dreist
gemacht, versuchten die Tories nun, die Indemnitätsbill, welche seit
vielen Wochen unbeachtet bei Seite gelegen hatte, wieder zur Sprache zu
bringen.[39] Aber die Whigs bildeten trotz ihrer eben erlittenen
Niederlage noch immer die Majorität des Hauses, und viele Mitglieder,
welche die Unpopularität gescheut hatten, die sie sich durch
Unterstützung der Sacheverell'schen und Howard'schen Klauseln zugezogen
haben würden, waren vollkommen bereit, zur Verzögerung einer allgemeinen
Amnestie beizutragen. Sie brachten noch immer ihre Lieblingsalternative
vor. Wie, fragten sie, sei es möglich, diesen Amnestieplan zu
vertheidigen, ohne die Revolution zu verdammen? Könne man behaupten, daß
Verbrechen, welche schwer genug gewesen waren, um Widerstand zu
rechtfertigen, nicht schwer genug gewesen seien, um Bestrafung zu
verdienen? Und wenn diese Verbrechen von solcher Größe wären, daß sie
mit Recht an dem Souverain heimgesucht werden dürften, den die
Verfassung von jeder Verantwortlichkeit entbinde, nach welchem Prinzip
könne seinen Rathgebern und Werkzeugen, welche doch ohne Zweifel
verantwortlich seien, Straflosigkeit gewährt werden? Ein joviales
Mitglied kleidete dieses Argument in eine eigenthümliche Form. Er wußte
auf den Stuhl des Präsidenten ein Papier zu bringen, das sich bei der
Untersuchung als eine Indemnitätsbill für König Jakob herausstellte, mit
einer spöttischen Einleitung über die Milde, welche seit der Revolution
gegen schwere Verbrecher geübt worden sei, und über die Nachsicht,
welche einem Könige gebühre, der sein Volk nur tyrannisirt habe, weil
alle Könige es thäten.[40]

An dem nämlichen Tage, an welchem diese persiflirte Indemnitätsbill die
Heiterkeit der Gemeinen erregte, wurde der Antrag gestellt, daß das Haus
sich zur Berathung der wirklichen Bill zu einem Ausschusse erklären
sollte. Die Whigs verwarfen den Antrag durch eine Majorität von
hundertdreiundneunzig Stimmen gegen hundertsechsundfunfzig. Hierauf
beschlossen sie, daß eine Strafbill gegen Delinquenten unverzüglich
eingebracht und mit der Indemnitätsbill verbunden werden sollte.[41]


[_Der Fall Sir Robert Sawyer's._] Wenige Stunden später ging ein
Beschluß durch, welcher deutlicher als irgend etwas bis dahin
Geschehenes bewies, wie wenig Aussicht vorhanden war, daß die
öffentliche Meinung durch eine Amnestie schnell begütigt werden würde.
Wenige Personen standen in der Achtung der Torypartei höher als Sir
Robert Sawyer. Er war ein Mann von großem Vermögen und aristokratischen
Verbindungen, von orthodoxen Glaubensansichten und regelmäßigem Wandel,
ein talentvoller und erfahrener Jurist, ein tüchtiger Gelehrter und, ein
wenig Prahlsucht abgerechnet, ein guter Redner. Er war zur Zeit der
Entdeckung des Ryehousecomplots Generalfiscal gewesen, war bei den
darauffolgenden Untersuchungen im Interesse der Krone verwendet worden,
und hatte diese Untersuchungen mit einer Energie betrieben, welche
heutzutage von allen Parteien Grausamkeit genannt werden würde, die aber
seiner Zeit und seiner Partei nur als ein lobenswerther Eifer erschien.
Seine Freunde behaupteten zwar, er sei in Dingen, wo es sich um Leben
und Tod handle, peinlich gewissenhaft,[42] doch ist dies ein Lob, das
Männer, welche die Staatsprozesse des 17. Jahrhunderts mit Augen des
19. Jahrhunderts prüfen und studiren, nicht recht begreifen werden. Die
einzige Entschuldigung, die sich für diese Periode seines Lebens geltend
machen läßt, ist, daß er den Schandfleck unschuldigen Blutes mit fast
allen ausgezeichneten Staatsmännern jener schlimmen Zeit gemein hatte.
Wenn wir ihn tadeln, weil er den Prozeß Russell's geführt, so dürfen wir
nicht vergessen, daß Russell den Prozeß Stafford's geführt hatte.

So groß Sawyer's Vergehen waren, er hatte sie großentheils wieder gut
gemacht. Er war mit Entschiedenheit gegen Papismus und Despotismus
aufgetreten, hatte sich im Audienzzimmer selbst auf das Bestimmteste
geweigert, im Widerspruch mit Parlamentsacten Verhaftsbefehle zu
erlassen, hatte lieber sein einträgliches Amt niedergelegt, als daß er
in Westminster Hall als Verfechter des Dispensationsrechts erschienen
wäre, war der erste Rechtsbeistand für die sieben Bischöfe gewesen und
hatte am Tage ihres Prozesses seine Pflicht mit Gewandtheit,
Rechtschaffenheit und Unerschrockenheit gethan. Er war daher ein
Liebling der Hochkirchlichen, und man hätte denken sollen, daß auch die
Whigs ihm wohl verzeihen konnten. Aber die Whigs waren jetzt nicht zum
Vergeben gestimmt und Sawyer wurde wegen seines Verfahrens bei dem
Prozesse Sir Thomas Armstrong's zur Verantwortung gezogen.

Wenn Armstrong nicht verleumdet worden ist, so war er in die
schlimmsten Geheimnisse des Ryehousecomplots tief eingeweiht und
einer von Denen, die es übernommen hatten, die beiden königlichen
Brüder zu ermorden. Als die Verschwörung entdeckt war, floh er auf den
Continent und wurde außerhalb des Gesetzes erklärt. Die Behörden der
Stadt Leyden ließen sich durch Bestechung bewegen ihn auszuliefern;
er wurde schleunigst auf ein englisches Schiff gebracht, nach London
transportirt und vor die Kings Bench gestellt. Sawyer trug darauf
an, daß der Gerichtshof auf Vollziehung der Acht erkenne, wogegen
Armstrong geltend machte, daß seit seiner Aechtung noch kein Jahr
verstrichen sei und daß, laut einer unter der Regierung Eduard's VI.
erlassenen Verordnung, ein Geächteter, der sich binnen Jahresfrist
stellte, berechtigt sei, auf Cassation seines Urtels anzutragen und an
sein Vaterland zu appelliren. Darauf wurde erwiedert, daß Armstrong
sich nicht selbst gestellt habe, sondern als Gefangener vor Gericht
geführt worden sei und daß er daher keinen Anspruch auf ein Recht habe,
welches offenbar nur Denjenigen zuzugestehen sei, die sich freiwillig
den Händen der Gerechtigkeit überlieferten. Jeffreys und die anderen
Richter verwarfen einstimmig Armstrong's Einwand und genehmigten den
Vollziehungsantrag. Nun ereignete sich eine der entsetzlichsten von
den vielen entsetzlichen Scenen, welche damals unsere Gerichtshöfe
schändeten. Die Tochter des Unglücklichen stand an seiner Seite.
»Mylord,« rief sie aus, »Sie werden meinen Vater nicht morden! Denn
dies wäre ein Mord!« »Was soll das heißen?« brüllte der Oberrichter.
»Wer ist dieses Weib? Ergreift sie, Kerkermeister, und führt sie fort!«
Sie wurde mit Gewalt hinausgeführt und rief im Fortgehen: »Gott der
Allmächtige wird Euch richten!« -- »Gott der Allmächtige wird die
Verräther richten!« sagte Jeffreys. »Solch' Geschrei kann mich Gott sei
Dank nicht beirren.« Als sie fort war, berief sich ihr Vater nochmals
auf sein vermeintliches Recht. »Ich verlange nichts weiter,« sagte er,
»als die Wohlthat des Gesetzes.« -- »Und die soll Euch, bei der Gnade
Gottes zu Theil werden,« versetzte der Richter. »Herr Sheriff, Sie
werden dafür sorgen, daß die Execution nächsten Freitag stattfindet.
Das ist die Wohlthat des Gesetzes für Euch!« Am darauf folgenden
Freitage wurde Armstrong gehängt, geschleift und geviertheilt und sein
Kopf auf Westminster Hall ausgesteckt.[43]

Jeffrey's Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit erregen, selbst noch nach
einer so langen Reihe von Jahren, einen Unwillen, der es einem schwer
macht, gerecht gegen ihn zu sein. Einem vollkommen vorurtheilsfreien
Richter wird es indessen vielleicht durchaus nicht klar scheinen, daß
das Executionsurtheil gesetzwidrig war. Einen Präcedenzfall gab es
nicht, und der Wortlaut der Acte Eduard's VI. kann, ohne ihm Gewalt
anzuthun, so ausgelegt werden, wie der Gerichtshof ihn auslegte. Hätte
die Strafe nur in einer Geldbuße oder in Gefängnißhaft bestanden, so
würde in der That Niemand in dem Verfahren etwas Verwerfliches erblickt
haben. Aber einen Menschen als Hochverräther an den Galgen zu schicken,
ohne ihn mit seinen Anklägern zu confrontiren, ohne seine Vertheidigung
zu hören, einzig und allein deshalb, weil eine Verzagtheit, die mit der
Unschuld wohl vereinbar ist, ihn getrieben hatte, sich zu verbergen, ist
sicherlich eine Verletzung, wenn nicht eines geschriebenen Gesetzes, so
doch der großen Prinzipien, mit denen alle Gesetze in Einklang stehen
müssen. Der Fall wurde vor das Haus der Gemeinen gebracht. Die verwaiste
Tochter Armstrong's erschien vor der Schranke, um Rache zu fordern, und
es folgte eine heiße Debatte. Sawyer wurde heftig angegriffen und
kräftig vertheidigt. Die Tories erklärten, ihrer Ansicht nach habe er
nur das gethan, wozu er als Anwalt der Krone verbunden war, und seine
Pflicht gegen Gott, gegen den König und gegen den Gefangenen erfüllt.
Wenn das Erkenntniß gesetzlich sei, könne man Niemandem einen Vorwurf
machen, und sei es ungesetzlich, so treffe der Vorwurf nicht den
Generalfiskal, sondern die Richter. Es würde mit aller Redefreiheit vor
Gericht vorbei sein, wenn ein Advokat deshalb bestraft werden solle,
weil er ein streng ordnungsmäßiges Gesuch an einen Gerichtshof gestellt
und dargethan habe, daß gewisse Worte eines Gesetzes in einem gewissen
Sinne zu verstehen seien. Die Whigs hingegen nannten Sawyer einen
Mörder, einen Bluthund, einen Henker. Wenn mit der von den Advokaten
beanspruchten Redefreiheit die Freiheit gemeint sei, die Leute an den
Galgen zu haranguiren, so sei es hohe Zeit, daß die ganze Nation
aufstände und das ganze Geschlecht der Juristen vertilge. »Es wird nicht
eher besser werden,« sagte ein Redner, »als bis an einigen Mitgliedern
dieses Standes ein Exempel statuirt wird.« -- »Es soll kein Verbrechen
sein, Execution zu verlangen!« rief Johann Hampden. »Nächstens wird man
uns sagen, daß es kein Verbrechen von den Juden gewesen sei zu rufen
'Kreuziget ihn.'« Ein einsichtsvoller und gerechter Mann würde
wahrscheinlich der Meinung gewesen sein, daß dies kein Fall war, wo
Strenge geübt werden durfte. Sawyer's Verfahren mochte bis zu einem
gewissen Punkte wohl strafbar gewesen sein; aber wenn eine
Indemnitätsacte überhaupt erlassen wurde, so wurde sie doch im Interesse
solcher Personen erlassen, deren Verhalten strafbar gewesen war. Es
fragte sich nicht, ob er schuldlos war, sondern ob seine Schuld so
absonderlich schwer war, daß er trotz aller seiner Opfer und Dienste
speciell von der Amnestie ausgenommen werden mußte, welche vielen
Tausenden von Uebelthätern zu Theil werden sollte. Besonnene und
unparteiische Richter würden diese Frage wahrscheinlich zu seinen
Gunsten entschieden haben. Es wurde jedoch beschlossen, daß er von der
Amnestie ausgenommen und aus dem Hause gestoßen werden solle.[44]

Am folgenden Morgen wurde die nunmehr in eine Straf- und Bußbill
verwandelte Amnestiebill nochmals berathen. Die Whigs willigten ein, daß
sie einem Ausschusse des ganzen Hauses überwiesen werde, schlugen aber
vor, dem Ausschusse zu bedeuten, daß er seine Arbeiten mit der
Anfertigung einer Liste der zu proscribirenden Uebelthäter beginnen
solle. Die Tories beantragten die vorläufige Frage. Das Haus stimmte ab,
und die Whigs trugen mit hundertneunzig gegen hundertdreiundsiebzig
Stimmen den Sieg davon.[45]


[_Der König beabsichtigt sich nach Holland zurückzuziehen._] Der König
verfolgte diese Ereignisse mit einer peinlichen Spannung. Er war seiner
Krone müde. Er hatte es versucht, beiden streitenden Parteien gerecht zu
werden; aber mit der Gerechtigkeit war keine von beiden zufrieden. Die
Tories haßten ihn, weil, er die Dissenters protegirte, und die Whigs
haßten ihn, weil er die Tories protegirte. Die Amnestie schien in
weitere Ferne hinausgerückt, als sie es vor zehn Monaten war, da er sie
zuerst vom Throne herab empfahl. Der letzte Feldzug in Irland war
unglücklich ausgefallen, und es konnte wohl sein, daß der nächste noch
unglücklicher ausfiel. Die Mißbräuche in der Verwaltung, welche mehr als
die Ausdünstungen der Sümpfe von Dundalk dazu beigetragen hatten, die
Wirksamkeit der englischen Truppen zu neutralisiren, waren aller
Wahrscheinlichkeit nach so monströs als je. Jeder Verwaltungszweig war
gründlich desorganisirt, und die Leute wunderten sich und ärgerten sich
darüber, daß ein vor Kurzem zu ihnen gekommener Ausländer, der sie nur
unvollkommen kannte und beständig in seinen Bewegungen von ihnen
behindert wurde, in einem Jahre nicht die ganze Regierungsmaschine in
Ordnung gebracht hatte. Die meisten seiner Minister bemühten sich,
anstatt ihn zu unterstützen, Adressen und Anklagen gegen einander
aufzubringen. Und doch brachen alle englischen Factionen in ein
allgemeines Wuthgeschrei aus, wenn er sich seiner Landsleute bediente,
auf deren Treue und Anhänglichkeit er sich verlassen konnte. Die
Schurkerei des englischen Kriegscommissariats hatte eine Armee
vernichtet, und doch hatte das Gerücht, daß er beabsichtige, einen
geschickten, erfahrenen und zuverlässigen Commissar aus Holland
anzustellen, allgemeine Unzufriedenheit erregt. Der König sah ein, daß
er unter solchen Umständen der großen Sache, der er mit ganzer Seele
zugethan war, keine Dienste leisten könne. Schon begann der Ruhm, den er
sich durch glückliche Durchführung des wichtigsten Unternehmens jener
Zeit erworben, zu erbleichen, und selbst seine Freunde fingen an zu
zweifeln, ob er wirklich den Scharfblick und die Energie besitze, welche
einige Monate zuvor seinen Feinden unwillkürliche Bewunderung
abgenöthigt hatten. Aber er wollte seine glänzende Sklaverei nicht
langer ertragen. Er wollte in sein Geburtsland zurückkehren und sich
damit begnügen, der erste Bürger einer Republik zu sein, der der Name
Oranien theuer war. Als solcher konnte er noch immer eine bedeutende
Rolle spielen unter Denen, die sich zur Vertheidigung der Freiheiten
Europa's verbündet hatten. Was die unruhigen und undankbaren Insulaner
betraf, die ihn verabscheuten, weil er es nicht zulassen wollte, daß sie
sich gegenseitig in Stücken zerrissen, so sollte Marie zusehen, wie sie
mit ihnen fertig würde. Sie war auf ihrem Boden geboren, sie sprach ihre
Sprache, sie war einigen Theilen ihrer Liturgie, die sie für wesentlich
hielten und die ihm im besten Falle harmlos erschienen, nicht abhold.
Verstand sie auch wenig von Politik und Krieg, so besaß sie dafür
Eigenschaften, die ihr nützlicher werden konnten: weibliche Anmuth und
Takt, ein sanftes Gemüth und für Jedermann ein Lächeln und ein
freundliches Wort. Ihr gelang es vielleicht, die Streitigkeiten zu
schlichten, welche Staat und Kirche zerrütteten, und Holland unter
seiner und England unter ihrer Verwaltung konnten in herzlichem
Einvernehmen zusammen gegen den gemeinsamen Feind agiren.


[_Er wird zur Aenderung seiner Absicht bestimmt._] Er ließ in aller
Stille die Vorbereitungen zu seiner Abreise treffen. Nachdem er dies
gethan, berief er eine kleine Anzahl seiner vornehmsten Räthe zusammen
und theilte ihnen sein Vorhaben mit. Ein Geschwader, sagte er, liege in
Bereitschaft, um ihn in sein Vaterland zurück zu bringen. Er habe nichts
mehr mit ihnen zu thun und hoffe, daß die Königin glücklicher sein
werde. Die Minister waren wie vom Donner gerührt. Alle Streitigkeiten
waren mit einem Male bei Seite gesetzt. Der Tory Caermarthen auf der
einen, der Whig Shrewsbury auf der andren Seite, baten und beschworen
ihn mit einer rührenden Eindringlichkeit, wie sie in den Conferenzen von
Staatsmännern selten vorkommt. Es wurde manche Thräne vergossen. Endlich
ließ der König sich bewegen, seinen Plan, die Regierung niederzulegen,
wenigstens für den Augenblick aufzugeben. Zugleich aber kündigte er eine
andre Absicht an, die er sich fest vorgenommen hatte nicht aufzugeben.
Da er noch an der Spitze der englischen Verwaltung bliebe, wollte er
selbst nach Irland gehen und versuchen, ob die ganze königliche
Autorität, auf dem Punkte, wo das Geschick des Reichs entschieden werden
sollte, mit Nachdruck geltend gemacht, hinreichen würde, um Betrügereien
zu verhindern und die Disciplin aufrecht zu erhalten.[46]


[_Die Whigs widersetzen sich seiner Reise nach Irland._] Daß er
ernstlich im Sinne gehabt hatte, sich nach Holland zurückzuziehen, blieb
nicht allein der Menge, sondern selbst der Königin noch lange ein
Geheimniß.[47] Daß er aber beschlossen hatte, das Commando seiner Armee
in Irland zu übernehmen, wurde bald in ganz London bekannt. Man wußte,
daß sein Lagergeräth angefertigt wurde und daß Sir Christoph Wren mit
der Construction eines hölzernen Hauses beschäftigt war, das der König,
auf zwei Wagen gepackt, mit sich nehmen und das überall aufgeschlagen
werden sollte, wo er sein Hauptquartier zu nehmen gedachte.[48] Die
Whigs schrieen Zeter über den ganzen Plan. Da sie nicht wußten oder
wenigstens vorgaben es nicht zu wissen, daß Wilhelm und Wilhelm ganz
allein diesen Plan gefaßt und daß keiner seiner Minister es gewagt
hatte, ihm zu rathen, daß er sich den irischen Schwertern und dem
irischen Klima aussetzen solle, so behauptete die ganze Partei mit
Zuversicht, irgend ein Verräther im Cabinet, ein Tory der die Revolution
und alles aus der Revolution Hervorgegangene hasse, habe ihn dazu
überredet. Würde ein wahrer Freund Seiner Majestät bei seiner
schwankenden Gesundheit wohl gerathen haben, sich nicht allein den
Gefahren des Kriegs, sondern auch dem bösartigen Einflusse eines Klima's
auszusetzen, das neuerdings Tausenden von weit kräftigeren Leuten
verderblich geworden war? Im Familienkreise lächelte der König spöttisch
über diese ängstliche Besorgniß um seine Gesundheit, denn in seinen
Augen war sie nichts weiter als die Besorgniß eines harten Herrn,
welcher fürchtet, daß seine Sklaven arbeitsunfähig werden möchten. Die
Whigs, schrieb er an Portland, fürchteten ihr Werkzeug zu verlieren,
bevor ihr Werk fertig sei. »Was ihre Freundschaft anlangt,« setzte er
hinzu, »so wissen Sie was diese werth ist.« Er sagte seinem Freunde, daß
sein Entschluß unwiderruflich feststehe. Es stehe Alles auf dem Spiele
und gehen müsse er, selbst wenn das Parlament ihn durch eine Adresse
bitten sollte zu bleiben.[49]


[_Er prorogirt das Parlament._] Er erfuhr bald, daß unverzüglich in
beiden Häusern eine solche Adresse beantragt und durch die ganze Macht
der Whigpartei unterstützt werden sollte. Diese Nachricht überzeugte
ihn, daß es Zeit war, einen entscheidenden Schritt zu thun. Er wollte
die Whigs nicht von sich stoßen, aber ihnen eine Lection geben, die
ihnen sehr Noth that. Er wollte die Kette zerreißen, in die sie ihn
geschmiedet zu haben glaubten. Sie sollten nicht im ausschließlichen
Besitz der Macht sein und die besiegte Partei nicht verfolgen. Ihnen zum
Trotz wollte er das Commando seiner Armee in Irland übernehmen. Er
entwarf seinen Plan mit der ihm eigenen Besonnenheit, Festigkeit und
Verschwiegenheit. Einen einzigen Engländer mußte er ins Vertrauen
ziehen, denn er war unsrer Sprache nicht hinreichend mächtig, um in
derselben mit seinen eigenen Worten die beiden Häuser vom Throne herab
anzureden, und er pflegte deshalb bei wichtigen Gelegenheiten seine Rede
französisch niederzuschreiben und sie dann ins Englische übersetzen zu
lassen. Es steht fest, daß der König den bedeutungsvollen Entschluß, den
er gefaßt hatte, wirklich nur einer einzigen Person mittheilte, und es
kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß diese Person Caermarthen war.

Am 27. Januar klopfte der schwarze Stab an die Thür des Hauses der
Gemeinen, und Sprecher und Mitglieder begaben sich in das Haus der
Lords. Der König war bereits auf dem Throne. Er ertheilte der
Bewilligungsbill seine Genehmigung, dankte den beiden Häusern dafür,
kündigte seine Absicht an, nach Irland zu gehen, und prorogirte das
Parlament. Niemand konnte zweifeln, daß der Prorogation sehr bald die
Auflösung folgen werde. Bei den Schlußworten: »Ich habe es für
zweckdienlich gehalten, jetzt dieser Session ein Ziel zu setzen«,
brachen die Tories sowohl diesseits als jenseits der Schranke in einen
stürmischen Jubel aus, und der König überschaute inzwischen sein
Auditorium vom Throne herab mit dem scharfen Adlerblicke, dem nichts
entging. Man kann es ihm wohl verzeihen, wenn er ein wenig Schadenfreude
darüber empfand, Diejenigen quälen zu können, die ihn so grausam gequält
hatten. »Ich sah ellenlange Gesichter,« schrieb er den Tag darauf an
Portland. »Einige wechselten vor Aerger wohl zwanzigmal die Farbe,
während ich sprach.«[50]


[_Freude der Tories._] Wenige Stunden nach der Prorogation vereinigte
ein Abschiedsmahl hundertfunfzig toryistische Mitglieder des Parlaments
in der Apollo-Taverne in Fleetstreet. Sie waren jetzt besser auf Wilhelm
zu sprechen als zu der Zeit, da sein Schwiegervater aus Whitehall
vertrieben worden war. Sie hatten sich noch kaum von dem freudigen
Erstaunen erholt, mit der sie vom Throne herab die Ankündigung
vernommen, daß die Session zu Ende sei. Die Erinnerung an ihre Gefahr
und das Gefühl der Befreiung war noch frisch in ihnen. Sie sprachen
davon, sich in Pleno in den Palast zu begeben, um ihren Dank
auszusprechen, gaben diese Absicht aber aus triftigen Gründen wieder
auf, denn eine Schaar Squires, welche von einem Gastmahle kamen, bei dem
weder Ale noch Claret gespart worden war, würde gewiß einiges unpassende
Geräusch im Audienzzimmer gemacht haben. Sir Johann Lowther, der an
Reichthum und Einfluß keinem Landgentleman der damaligen Zeit nachstand,
wurde mit dem Danke der Versammlung in den Palast gesandt. Er spreche,
sagte er zum Könige, die Gesinnung einer großen Anzahl loyaler Gentlemen
aus. Seine Majestät dürfe überzeugt sein, daß sie in ihren Grafschaften
ihr Möglichstes thun würden, um ihm zu dienen, und sie ließen ihm von
Herzen eine glückliche Reise nach Irland, einen vollständigen Sieg, eine
baldige Zurückkunft und eine lange und glückliche Regierung wünschen. Im
Laufe der folgenden Woche gingen Viele, die sich seit der Revolution
nicht im Zirkel von St. James hatten blicken lassen, zum Handkuß. Die,
welche bis dahin als halbe Jakobiten betrachtet worden waren, drückten
ihre Billigung der Politik der Regierung mit solcher Wärme aus, daß die
entschiedenen Jakobiten sehr entrüstet waren und sich bitter über die
traurige Verblendung beklagten, welche über die Söhne der Kirche
England's gekommen zu sein scheine.[51]

Alle damaligen Handlungen Wilhelm's verriethen seinen Entschluß, die
Heftigkeit der Whigs fortdauernd, wenn auch mild zu zügeln und sich wo
möglich die Zuneigung der Tories zu erwerben. Mehrere Personen, welche
die Whigs wegen Hochverraths ins Gefängniß geworfen hatten, wurden gegen
Caution in Freiheit gesetzt.[52] Die Prälaten, welche der Ansicht waren,
daß sie Jakob noch Unterthanentreue schuldeten, wurden mit einer in der
Geschichte der Revolutionen seltenen Schonung behandelt. Innerhalb einer
Woche nach der Prorogation kam der 1. Februar, der Tag, an welchem
diejenigen Geistlichen, die sich weigerten, den Eid zu leisten,
definitiv ihrer Aemter entsetzt werden sollten. Mehrere von den
suspendirten Geistlichen schwuren noch in den letzten Augenblicken, um
sich vor dem Bettelstab zu retten. Der Primas und fünf seiner Suffragane
aber blieben unbeugsam. Sie verwirkten demnach ihre Bisthümer, aber
Sancroft wurde benachrichtigt, daß der König noch nicht die Hoffnung
aufgegeben habe, daß es ihm gelingen werde, ein Arrangement zu treffen,
welches ihn der Nothwendigkeit überhebe, Nachfolger zu ernennen, und daß
die nichtschwörenden Prälaten für jetzt in ihren Palästen wohnen bleiben
könnten. Ihre Einnehmer wurden zu Einnehmern für die Krone ernannt und
erhoben nach wie vor die Einkünfte der erledigten Sitze.[53] Gleiche
Nachsicht wurde einigen Geistlichen untergeordneten Ranges bewiesen. So
bewohnte Sherlock auch nach seiner Entsetzung fortwährend ungestört sein
Amtshaus nahe der Templekirche.


[_Auflösung und allgemeine Wahl._] Jetzt erschien eine Proklamation,
welche das Parlament auflöste. Es wurden Ausschreiben zu einer
allgemeinen Wahl erlassen und bald war das ganze Königreich in Gährung.
Van Citters, der eine Reihe von ereignißvollen Jahren in England
zugebracht hatte, erklärte, er habe London nie heftiger bewegt
gesehen.[54] Die Aufregung wurde durch Schriften aller Art, von
Predigten in sechzehn Abschnitten bis herab zu leiernden
Straßenballaden, genährt. Stimmlisten wurden, zum ersten Male in unsrer
Geschichte, zur Benachrichtigung der Wahlbürger gedruckt und verbreitet.
Zwei von diesen Listen kann man noch heute in allen Bibliotheken sehen.
Die eine davon, welche von den Whigs in Circulation gesetzt war,
enthielt die Namen derjenigen Tories, welche gegen die Erklärung der
Thronerledigung gestimmt hatten. Die andre von den Tories in Umlauf
gesetzte Liste enthielt die Namen derjenigen Whigs, welche die
Sacheverell'sche Klausel unterstützt hatten.

Es zeigte sich bald, daß die öffentliche Meinung im Laufe des seit dem
Zusammentritt der Convention verflossenen Jahres einen großen Umschwung
erfahren hatte, und man kann nicht leugnen, daß dieser Umschwung,
wenigstens zum Theil, die natürliche Folge und die gerechte Strafe des
maßlosen und rachsüchtigen Gebahrens der Whigs war. Der City von London
glaubten sie gewiß zu sein. Die Bürgerschaft hatte im vergangenen Jahre
vier eifrige Whigs ohne Kampf gewählt; aber alle vier hatten für die
Sacheverell'sche Klausel gestimmt, und durch diese Klausel würden viele
von den Handelsfürsten von Lombard Street und Cornhill, Männer von
großem Gewicht, neben denen die Goldschmiede mit gezogenem Hute unter
den Arkaden der Börse auf und ab gingen, mit allen Unehren aus dem
Collegium der Aldermen und aus dem Gemeinderathe gestoßen worden sein.
Es war ein Kampf auf Leben und Tod; keine Anstrengungen, keine
Kunstgriffe wurden gespart. Wilhelm schrieb an Portland, daß die Whigs
der City in ihrer Verzweiflung sich aus nichts ein Gewissen machten und
daß sie, wenn sie es so fort trieben, eine Indemnitätsacte eben so
nöthig brauchen würden als die Tories. Es wurden jedoch vier Tories
gewählt, und zwar mit einer so entschiedenen Majorität, daß der Tory,
welcher die wenigsten Stimmen hatte, dem Whig, der die meisten hatte, um
vierhundert Stimmen überlegen war.[55] Die Sheriffs, welche den Triumph
ihrer Feinde so weit als möglich hinauszuschieben wünschten, bewilligten
ein Scrutinium; aber obwohl die Majorität sich verminderte, blieb das
Resultat unverändert.[56] Zu Westminster wurden zwei Gegner der
Sacheverell'schen Klausel ohne Kampf gewählt.[57] Nichts aber bewies
schlagender das durch die Proceduren des letzten Hauses der Gemeinen
erregte Mißfallen, als die Vorgänge an der Universität Cambridge. Newton
zog sich in sein stilles Observatorium über dem Thore von Trinity
College zurück. Zwei Tories wurden mit überwiegender Majorität gewählt.
Die meisten Stimmen hatte Sawyer, der erst wenige Tage vorher von der
Indemnitätsbill ausgenommen und aus dem Hause der Gemeinen gestoßen
worden war. Die Acten der Universität enthalten interessante Beweise
dafür, daß die unkluge Härte, mit der er behandelt worden, ein
enthusiastisches Gefühl für ihn geweckt hatte. Newton stimmte ebenfalls
für Sawyer, und dieser bemerkenswerthe Umstand berechtigt uns zu der
Annahme, daß auch der große Philosoph, auf dessen Genie und Tugend die
Whigpartei mit Recht stolz ist, das starrsinnige und rachsüchtige
Benehmen dieser Partei mit Schmerz und Mißfallen betrachtet hatte.[58]

Es stellte sich bald klar heraus, daß die Tories im neuen Hause der
Gemeinen das Uebergewicht haben würden.[59] Indessen erlangten alle
leitenden Whigs, bis auf einen einzigen, einen Sitz darin. Johann
Hampden blieb ausgeschlossen und seine Abwesenheit wurde nur von den
intolerantesten und unvernünftigsten Mitgliedern seiner Partei
bedauert.[60]


[_Veränderungen in den executiven Verwaltungszweigen._] Unterdessen traf
der König in fast jedem Zweige der ausübenden Verwaltung Aenderungen,
welche der durch die allgemeine Wahl in der Beschaffenheit des
gesetzgebenden Körpers bewirkten entsprachen. An die Bildung eines
Ministeriums nach unseren jetzigen Begriffen dachte er jedoch nicht.
Insbesondere behielt er sich die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten
noch immer selbst vor und überwachte mit größter Aufmerksamkeit alle
Anstalten für den bevorstehenden Feldzug in Irland. In seinen
vertraulichen Briefen beklagte er sich, daß er mit wenig oder gar keinem
Beistande die Organisation der desorganisirten militärischen
Einrichtungen bewerkstelligen müsse. Es sei ein schweres Stück Arbeit,
sagt er; aber es müsse durchgeführt werden, denn Alles hänge davon
ab.[61] Im Allgemeinen war die Verwaltung noch immer in unabhängige
Departements eingetheilt und in jedem Departement waren noch immer Whigs
und Tories mit einander vermischt, wenn auch nicht ganz in dem früheren
Verhältnisse. Im Jahre 1689 war das whiggistische Element entschieden
vorherrschend gewesen; im Jahre 1690 herrschte das toryistische Element
vor, obwohl nicht so entschieden.

Halifax hatte das Geheimsiegel abgegeben und es wurde Chesterfield
angetragen, einem Tory, der in der Convention für eine Regentschaft
gestimmt hatte. Chesterfield aber weigerte sich, sein Landhaus und seine
Gärten in Derbyshire mit dem Hofe und dem Berathungszimmer zu
vertauschen, und das Siegel wurde daher einer Commission anvertraut.[62]
Caermarthen war jetzt der Hauptrathgeber der Krone in allen auf die
innere Verwaltung und auf die Leitung der beiden Parlamentshäuser
bezüglichen Angelegenheiten. Den weißen Stab und die damit verbundene
ungeheure Macht aber war Wilhelm noch immer entschlossen niemals einem
einzelnen Unterthan zu übertragen.


[_Caermarthen erster Minister._] Caermarthen blieb daher nach wie vor
Lordpräsident, bezog aber eine Reihe von Gemächern in St. James Palace,
was für eine nur dem Premierminister zustehende Bevorzugung galt.[63] Er
hatte während des vorhergehenden Jahres sein seltenes Erscheinen im
Staatsrathe mit schwankender Gesundheit entschuldigt, und die
Entschuldigung war nicht unbegründet, denn seine Verdauungsorgane hatten
einige krankhafte Eigenthümlichkeiten, welche das ganze Collegium der
Aerzte außer Fassung brachten; seine Gesichtsfarbe war blaß, seine
Gestalt hager und sein Gesicht, obgleich hübsch und geistvoll, hatte
einen verstörten Ausdruck, der eben so wohl ein fortwährendes Leiden wie
einen rastlosen Ehrgeiz verrieth.[64] Sobald er jedoch wieder Minister
war, widmete er sich eifrig den Staatsgeschäften und arbeitete täglich
vom frühen Morgen bis zum Abend mit einer Energie, welche Jedermann, der
seine geisterhaften Züge und seinen unsicheren Gang sah, in Erstaunen
setzte.

Hatte er nun auch für sich selbst das Schatzmeisteramt nicht erlangen
können, so war doch sein Einfluß im Schatzamte groß. Monmouth, der erste
Commissar, und Delamere, der Kanzler der Schatzkammer, zwei der
heftigsten Whigs in England, gaben ihre Sitze auf. Bei dieser, wie bei
vielen anderen Gelegenheiten zeigte es sich, daß sie nichts als ihren
Whiggismus mit einander gemein hatten. Der oberflächliche Monmouth, der
sich wohl bewußt war, daß er keine von den Eigenschaften eines
Finanzmannes besaß, scheint sich nicht persönlich verletzt gefühlt zu
haben, daß er von einem Posten entfernt wurde, den er nie hätte
einnehmen sollen. Er nahm mit Dank eine Pension an, die er bei seinen
verschwenderischen Gewohnheiten sehr gut brauchen konnte, und fuhr fort,
den Staatsrathssitzungen beizuwohnen, den Hof zu frequentiren und die
Functionen eines Kammerherrn zu versehen.[65] Auch versuchte er sich in
militärischen Angelegenheiten nützlich zu machen, die er wenn nicht gut,
doch besser verstand als die meisten seiner vornehmen Standesgenossen,
und er bezeigte einige Monate lang Caermarthen große Achtung. Delamere
war dagegen in ganz andrer Stimmung. Umsonst bezahlte man ihm seine
Dienste überreichlich mit Ehren und Reichthümern. Er wurde zum Earl von
Warrington creirt und erhielt alle Jesuiten gehörenden Ländereien,
welche in fünf oder sechs Grafschaften entdeckt werden konnten. Eine von
ihm geltend gemachte Forderung wegen Ausgaben, die er zur
Revolutionszeit gehabt, wurde ihm ebenfalls zugestanden und er nahm als
Lohn für seine patriotischen Anstrengungen eine Summe mit sich in seine
Zurückgezogenheit, die der Staat schwer entbehren konnte. Doch sein
Unmuth war dadurch nicht zu beschwichtigen und er beklagte sich bis an
sein Ende bitter über den Undank, mit dem man ihm und seiner Partei
gelohnt habe.[66]


[_Sir Johann Lowther._] Sir Johann Lowther wurde erster Lord des
Schatzes und er war Derjenige, dem Caermarthen hauptsächlich die Leitung
der ostensiblen Geschäfte im Hause der Gemeinen überließ. Lowther war
ein Mann von altem Adel, von bedeutendem Vermögen und von großem
parlamentarischen Einfluß. Obwohl noch kein alter Mann, war er doch
schon ein alter Senator, denn er war noch vor erreichter Volljährigkeit
seinem Vater als Parlamentsmitglied für die Grafschaft Westmoreland
gefolgt. Die Vertretung von Westmoreland war in der That fast eben so
gut ein Erbtheil der Familie Lowther, wie ihr Stammschloß. Sir John
besaß höchst achtungswerthe Talente, sein Benehmen war, obwohl es in
gleichzeitigen Schmähschriften zu ceremoniös genannt wird, ungemein
artig, sein persönlicher Muth war nur zu bereit sich durch die That zu
dokumentiren und seine Moralität war tadellos. Seine Zeit war zwischen
nützlicher Thätigkeit und anständigen Vergnügungen getheilt, seine
Hauptbeschäftigungen bestanden im Besuche des Hauses der Gemeinen und im
Präsidiren auf der Richterbank; seine Hauptvergnügungen waren Lectüre
und Gartenbau. Seiner politischen Meinung nach war er ein sehr
gemäßigter Tory. Er war der erblichen Monarchie und der Staatskirche
zugethan, hatte aber an der Revolution Theil gehabt und hegte keine
Skrupel wegen Wilhelm's und Mariens Rechtstitel; er hatte ihnen ohne
stillschweigenden Vorbehalt Treue geschworen und scheint seinen Eid
streng gehalten zu haben. Mit Caermarthen war er nahe befreundet. Sie
hatten bei dem Aufstande im Norden in herzlichem Einvernehmen gewirkt
und stimmten in ihren politischen Ansichten soweit überein, als ein
schlauer Staatsmann und ein ehrlicher Landgentleman in diesem Punkte
übereinstimmen konnten.[67] Durch Caermarthen's Einfluß wurde Lowther
jetzt auf einen der wichtigsten Posten im Königreiche erhoben.
Unglücklicherweise war es ein Posten, der ganz andere Eigenschaften
erheischte, als man braucht, um ein schätzbares Parlamentsmitglied und
ein tüchtiger Präsident bei Quartalsitzungen zu sein. Der neue erste
Lord des Schatzes besaß weder die für sein Amt nöthige Beredtsamkeit,
noch war sein Character dazu hinreichend gestählt. Er hatte weder die
nöthige Gewandtheit, um die Spötteleien und Vorwürfe, denen er in seiner
neuen Eigenschaft als Hofmann und Staatsbeamter ausgesetzt war, zu
pariren, noch die nöthige Kraft, dieselben zu ertragen. Und dann hatte
er etwas zu thun, wozu er zu gewissenhaft war, etwas, was Wolsey oder
Burleigh nie gethan hatten, etwas, was kein englischer Staatsmann unsrer
Generation je gethan hat, was aber von den Zeiten Karl's II. bis zu den
Zeiten Georg's III. eine der wichtigsten Obliegenheiten eines Ministers
war.


[_Ursprung und Fortschreiten der parlamentarischen Bestechung in
England._] Die Geschichte des Ursprungs, der Zunahme und Abnahme der
parlamentarischen Bestechung in England ist noch von Niemandem
geschrieben worden. Kein Gegenstand hat eine größere Menge beredtsamen
Tadels und beißender Sarkasmen veranlaßt. Drei Generationen ernster und
humoristischer Schriftsteller haben über die Feilheit des Senats geweint
und gelacht. Diese Feilheit wurde auf der Wahlbühne getadelt, auf der
Kanzel mit dem Bannfluche belegt und auf der Bühne verspottet, von Pope
in glänzenden Versen und von Bolingbroke in eleganter Prosa, von Swift
mit wildem Hasse und von Gay mit launiger Bosheit angegriffen. Die
Stimmen von Tories und Whigs, von Johnson und Akenside, von Smollett und
Fielding verstärkten das Geschrei. Aber keiner der Scheltenden oder
Scherzenden nahm sich die Mühe die Erscheinung zu erklären, oder sie auf
ihre wirklichen Ursachen zurückzuführen.

Zuweilen wurde das Uebel der Verderbtheit eines einzelnen Ministers
zugeschrieben; wenn er aber vom Ruder verdrängt war und wenn Diejenigen,
die ihn laut beschuldigt, an seiner Statt regierten, ergab es sich, daß
der Wechsel der Personen keine Veränderung des Systems herbeigeführt
hatte. Anderemale wurde das Uebel der Ausartung des Nationalcharacters
zugeschrieben. Verschwendungssucht und Habgier, sagte man, hätten in
unsrem Vaterlande die nämliche Wirkung erzeugt, die sie vor Alters in
der römischen Republik erzeugten. Der moderne Engländer verhalte sich zu
dem Engländer des 16. Jahrhunderts wie Verres und Curio zu Dentatus und
Fabricius. Diejenigen welche diese Sprache führten, waren so unwissend
und oberflächlich wie Leute, welche die Vergangenheit auf Kosten der
Gegenwart herausstreichen, es in der Regel sind. Ein einsichtsvoller
Mann würde bemerkt haben, daß, wenn die Engländer aus der Zeit Georg's
II. wirklich schmutziger und ehrloser gewesen wären als ihre Vorfahren,
die Verschlechterung sich nicht an einer Stelle allein gezeigt haben
würde. Die Feilheit der Justiz und die Feilheit der Beamten würde mit
der Feilheit des Parlaments gleichen Schritt gehalten haben. Allein es
ist nichts gewisser als daß die Gerichtshöfe und die öffentlichen
Behörden immer reiner und reiner wurden, während die Feilheit der
Legislatur zunahm. Die Vertreter des Volks waren zu den Zeiten
Hardwicke's und Pelham's unzweifelhaft käuflicher als zu den Zeiten der
Tudors. Aber die Kanzler der Tudors machten sich kein Gewissen daraus
von Rechtsuchenden Silbergeschirr und Juwelen anzunehmen, und Hardwicke
würde jeden Rechtsuchenden, der es gewagt hätte, ihm ein Geschenk zu
bringen, haben verhaften lassen. Die Schatzmeister der Tudors erwarben
sich durch den Verkauf von Stellen, Titeln und Begnadigungen fürstliches
Vermögen, und Pelham würde Jedem, der ihm für eine Pairie oder ein
Zollcommissariat Geld geboten hatte, durch seine Dienerschaft aus dem
Hause haben werfen lassen. Es liegt somit auf der Hand, daß das
Vorherrschen der Bestechlichkeit im Parlament nicht einer allgemeinen
Sittenverderbniß zugeschrieben werden darf. Die Krankheit war eine
örtliche, wir müssen uns daher nach einer örtlichen Ursache umsehen, und
eine solche wird nicht schwer zu finden sein.

Unter unseren früheren Regenten hatte das Haus der Gemeinen mit der
ausübenden Verwaltung wenig zu thun; der Sprecher war beauftragt es
nicht zu dulden, daß die Mitglieder sich in Staatsangelegenheiten
mischten. War einer der Herren gar nicht zur Ruhe zu bringen, so wurde
er vor den Geheimen Rath gefordert und zur Rede gesetzt, erhielt einen
Verweis und wurde in den Tower geschickt, um dort über sein
pflichtwidriges Benehmen nachzudenken. Die Gemeinen suchten sich zwar
nach Möglichkeit zu schützen, indem sie ihre Berathungen geheim hielten,
Fremden keinen Zutritt gestatteten und die Wiedererzählung dessen was
hinter den Thüren geschah, zu einem Verbrechen stempelten. Aber diese
Vorsichtsmaßregeln halfen nicht viel. In einer so zahlreichen
Versammlung gab es immer Ohrenbläser, weiche bereit waren, ihre Collegen
im Palaste anzuschwärzen. Dem Hofe zu opponiren war daher ein
gefährliches Ding. Von Kaufen der Stimmen war damals natürlich noch
wenig oder gar nicht die Rede. Ein ehrlicher Mann ließ sich nicht
erkaufen, und ein Schurke war wohlfeiler einzuschüchtern oder zu
zwingen, als zu erkaufen.

Aus einem ganz andren Grunde hat in neuerer Zeit, so weit die Erinnerung
der gegenwärtigen Generation zurückreicht, kein directes Kaufen von
Stimmen stattgefunden. Das Haus der Gemeinen ist jetzt die höchste
Behörde im Staate; aber es ist der Nation verantwortlich. Selbst
diejenigen Mitglieder, welche nicht durch große Wahlkörper gewählt sind,
werden durch die öffentliche Meinung in Schranken gehalten. Alles wird
gedruckt. Alles wird diskutirt, jedes im Laufe der Debatte gesprochene
Wort wird am nächsten Morgen von einer Million Menschen gelesen. Wenige
Stunden nach einer wichtigen Abstimmung werden die Listen der Majorität
und der Minorität in jeder Stadt, von Plymouth bis Inverneß, kritisirt
und analysirt. Findet man einen Namen da, wo er nicht sein sollte, so
kann der Apostat gewiß sein, daß er sehr nachdrücklich an die
Versprechungen und Versicherungen, denen er untreu geworden, erinnert
werden wird. Heutzutage kann sich daher eine Regierung die Majorität des
repräsentativen Körpers am besten dadurch sichern, daß sie das Vertrauen
der Nation gewinnt.

Zwischen der Zeit aber, wo unsere Parlamente aufhörten, durch die
königliche Prärogative gezügelt zu werden, und der Zeit, wo sie
andauernd und wirksam durch die öffentliche Meinung gezügelt zu werden
begannen, lag ein langer Zwischenraum. Nach der Restauration wagte keine
Regierung wieder zu den Mitteln zu greifen, durch welche vor dem
Bürgerkriege die Redefreiheit beschränkt worden war. Kein Mitglied
konnte mehr wegen seiner Reden oder seiner Vota zur Rechenschaft gezogen
werden. Er konnte die Annahme von Bewillungsbills hintertreiben, er
konnte die ganze auswärtige Politik des Landes angreifen; er konnte
Anklageschriften gegen sämmtliche erste Minister auf den Tisch des
Hauses niederlegen, und er lief nicht die mindeste Gefahr, so behandelt
zu werden, wie Morrice von Elisabeth, oder Eliot von Karl I. behandelt
worden war. Der Senator fürchtete den Hof nicht mehr. Dessenungeachtet
wurden alle Schutzwehren, hinter denen sich die schwachen Parlamente des
16. Jahrhunderts gegen die Angriffe der Prärogative verschanzt hatten,
nicht nur aufrecht erhalten sondern noch erweitert und verstärkt. Kein
Politiker scheint erkannt zu haben, daß diese Schutzwehren ihrem
ursprünglichen Zwecke nicht mehr dienten und angefangen hatten, einem
ganz andren Zwecke zu dienen. Die Regeln, welche ursprünglich dazu
bestimmt gewesen waren, treue Volksvertreter gegen das Mißfallen des
Souverains zu schützen, dienten jetzt dazu, treulose Volksvertreter
gegen das Mißvergnügen der Nation zu schützen und erwiesen sich zu dem
letzteren Zwecke als viel wirksamer als sie es zu dem ersteren gewesen
waren. Daß in einem gesetzgebenden Körper, der von den Beschränkungen
des 16. Jahrhunderts befreit, aber noch nicht den Beschränkungen des
19. Jahrhunderts unterworfen war, in einem gesetzgebenden Körper, der
weder den König noch das Volk fürchtete, Bestechlichkeit herrschte, war
natürlich, ja unvermeidlich.

Die Pestbeule begann in den Tagen der Cabale sichtbar und greifbar zu
werden. Clifford, der Kühnste und Heftigste von den bösen Fünf, hatte
das Verdienst, die Entdeckung zu machen, daß ein lärmender Patriot, der
nicht mehr eingesperrt werden durfte, durch eine Goldschmiedsnote in
einen Höfling verwandelt werden könne. Es wurde bald ein Sprüchwort,
daß das Parlament einer Pumpe gleiche. Wenn eine Pumpe ausgetrocknet
sei, sagten die Witzlinge, brauche man nur eine kleine Quantität Wasser
hineinzuschütten, damit sie eine große Quantität Wasser von sich gebe;
ebenso bedürfe es bei einem sich knauserig zeigenden Parlamente oft nur
der zweckmäßigen Vertheilung von zehntausend Pfund, um eine Million
bewilligt zu erhalten. Durch die Revolution, welche unser Land von
so manchem andren Uebel befreit, wurde das Uebel nicht vermindert,
sondern sogar verschlimmert. Das Haus der Gemeinen war jetzt der Krone
gegenüber mächtiger als je und doch war es der Nation nicht strenger
verantwortlich als früher. Die Regierung hatte einen neuen Beweggrund,
die Mitglieder zu erkaufen, und die Mitglieder hatten keinen neuen
Beweggrund, sich nicht erkaufen zu lassen. Wilhelm hatte zwar einen
Widerwillen gegen die Bestechung; er beschloß, sich derselben zu
enthalten, und während des ersten Jahres seiner Regierung führte er
diesen Vorsatz auch durch. Leider aber ermuthigten die Ereignisse
dieses Jahres ihn nicht, in seiner guten Absicht zu beharren. Sobald
Caermarthen an die Spitze der inneren Verwaltung des Reichs gestellt
war, trat eine vollständige Aenderung ein. Er war in der That kein
Neuling in der Kunst des Stimmenkaufens. Vor sechzehn Jahren war er
Clifford's Nachfolger im Schatzamte geworden, hatte Clifford's Taktiken
geerbt, sie verbessert und sie in einer Ausdehnung angewendet, die den
Erfinder in Erstaunen gesetzt haben würde. Von dem Tage, an welchem
Caermarthen zum zweiten Male zur Oberleitung der Staatsangelegenheiten
berufen wurde, ward die parlamentarische Bestechung fortwährend fast
ohne Unterbrechung von einer langen Aufeinanderfolge von Staatsmännern
bis zur Beendigung des amerikanischen Kriegs ausgeübt. Keine der
beiden großen englischen Parteien kann der andren in diesem Punkte
speciell die Schuld beimessen. Die Tories waren die Ersten, die das
System einführten, und die Letzten, die daran festhielten, seinen
größten Umfang aber erreichte es zur Zeit des Uebergewichts der Whigs.
In welchem Umfange die Unterstützung des Parlaments mit Geld erkauft
wurde, läßt sich nicht genau ermitteln. Doch ist es wahrscheinlich, daß
die Anzahl der Söldlinge durch das Gerücht sehr übertrieben wurde und
niemals groß, wenn auch oft beträchtlich genug war, um bei wichtigen
Abstimmungen den Ausschlag zu geben. Ein gewissenloser Minister nahm
die Dienste dieser Söldlinge mit eifriger Bereitwilligkeit an, und ein
rechtschaffener Minister unterwarf sich im Interesse des Gemeinwohls
einem Gebrauche, den er als eine schmachvolle Erpressung betrachtete.
Aber viele Jahre hindurch verstand sich jeder Minister, mochte sein
persönlicher Character sein welcher er wollte, wohl oder übel dazu das
Parlament auf die einzige Manier zu behandeln, auf die es behandelt
werden konnte. Es wurde endlich eben so notorisch, daß im Schatzamte
ein Stimmenmarkt, wie daß in Smithfield ein Viehmarkt gehalten ward.
Zahlreiche Demagogen die nicht im Amte waren, eiferten gegen diesen
schmählichen Handel, jeder von diesen Demagogen aber sah sich, sobald
er ans Ruder kam, durch eine Art von Fatalität getrieben, an dem Handel
Theil zu nehmen, oder ihn wenigstens stillschweigend zu gestatten.
Hin und wieder weigerte sich vielleicht ein Mann, der romanhafte
Begriffe von Staatsdienertugend hatte, selbst der Zahlmeister der
bestochenen Schaar zu sein und wendete den Blick ab, während seine
minder skrupulösen Collegen thaten was er als unerläßlich kannte,
obwohl er fühlte, daß es erniedrigend war. Doch waren Fälle solcher
Prüderie nur selten. Das allgemein, selbst unter rechtschaffenen und
ehrenwerthen Politikern angenommene Prinzip war, daß es schimpflich
sei, Bestechungen zu nehmen, aber nothwendig, solche zu vertheilen.
Es ist eine bemerkenswerthe Thatsache, daß das Uebel seinen Höhepunkt
während der Verwaltung Heinrich Pelham's erreichte, eines Staatsmannes
vom besten Willen, von makelloser Moralität in seinem Privatleben und
von exemplarischer Uneigennützigkeit. Es ist nicht schwer zu errathen,
durch welche Argumente er und andere wohlmeinende Männer, welche die
Mode ihres Zeitalters mitmachten, ihr Gewissen beruhigten. Kein noch so
strenger Casuist hat geleugnet, daß es eine Pflicht sein kann, etwas zu
geben, was zu nehmen eine Sünde ist. Es war schändlich von Jeffreys,
für das Leben der unglücklichen Gefangenen, die er in Dorchester und
Taunton verurtheilte, Geld zu verlangen. Aber es war nicht schändlich,
nein es war sogar lobenswerth von den Verwandten und Freunden eines
Gefangenen, nach ihren Kräften beizusteuern, um für Jeffreys eine
Börse zu füllen. Der Corsar von Sallee, der einen gefangenen Christen
zu Tode zu prügeln drohte, wenn er kein Lösegeld herbeischaffte, war
ein nichtswürdiger Schurke. Aber einen gefangenen Christen von einem
Sallee Corsaren loskaufen, war nicht nur eine unschuldige, sondern
eine höchst verdienstliche Handlung. In solchen Fällen würde die
Anwendung des Wortes Bestechung ganz unpassend sein. Diejenigen,
welche den schmutzigen Gewinn annehmen, sind schon verdorben; wer sie
besticht, macht sie nicht erst schlecht, er findet sie bereits so,
und er verhindert nur, daß ihre bösen Neigungen schlimme Wirkungen
erzeugen. Konnte nicht dasselbe Argument zur Entschuldigung eines
Ministers geltend gemacht werden, der, weil kein andres Mittel etwas
nützte, habsüchtige und niedrigdenkende Männer bezahlte, damit sie ihr
Vaterland nicht ruinirten?

Durch ein ähnliches Raisonnement wurden auch Wilhelm's Skrupel
beschwichtigt. Der ehrliche Burnet nahm sich mit dem unhöfischen Muthe,
der ihn auszeichnete, die Freiheit, dem Könige Vorstellungen deshalb zu
machen. »Niemand,« antwortete Wilhelm, »haßt die Bestechung mehr als
ich. Aber ich habe es mit einer Art Menschen zu thun, mit denen nur auf
diesem unedlen Wege etwas anzufangen ist. Ich muß mich wohl oder übel
dazu entschließen, oder das Land ist verloren.«[68]


[_Sir Johann Trevor._] Der Lordpräsident mußte im Hause der Gemeinen
einen Agenten für das Erkaufen der Mitglieder haben, und Lowther war für
ein solches Geschäft zu unbeholfen und zu gewissenhaft. Aber ein Mann,
der Klugheit und Verworfenheit in hohem Grade in sich vereinigte, ward
ohne Mühe gefunden. Es war der Staatsarchivar Sir Johann Trevor, der in
dem einzigen Parlamente, welches Jakob gehalten, Sprecher gewesen war.
So hoch Trevor sich in der Welt emporgeschwungen hatte, es gab Leute,
die ihn gekannt hatten, als er noch ein wunderlich aussehender
Advokatenschreiber im innern Temple gewesen war. In der That, wer ihn
einmal gesehen hatte, konnte ihn so leicht nicht vergessen, denn seine
grotesken Gesichtszüge und sein abscheuliches Schielen machten ihn zu
einer lebenden Karrikatur. Seine nicht gewöhnlichen natürlichen Anlagen
hatten ihn befähigt, es in der Kunst der Chikane schon frühzeitig zur
Meisterschaft zu bringen. Spiel und Wetten waren sein Vergnügen und er
wußte daraus viel praktischen Nutzen für seinen Beruf zu ziehen. Denn
seine Ansicht über eine aus einer Wette oder einem Hazardspiele
entsprungene Streitfrage hatte eben so viel Autorität als der Ausspruch
irgend eines Gerichtshofes in Westminster Hall. Er erhob sich bald zu
einem der heiteren Gesellschafter, welche Jeffreys am Abend bei der
Flasche in fröhlicher Weinlaune umarmte und am andren Morgen im
Gerichtssaale verwünschte und heruntermachte. Unter einem solchen
Lehrmeister machte Trevor rasche Fortschritte in der eigenthümlichen Art
von Rhetorik, die sich in den Prozessen Baxter's und der Alice Lisle
entfaltet hatte. Man erzählte sich in der That von einigen
Schimpfwettkämpfen zwischen dem Kanzler und seinem Freunde, in denen der
Schüler keine geringere Zungenfertigkeit und Gemeinheit an den Tag
gelegt hatte als der Meister. Diese Zänkereien fanden jedoch erst statt,
als der jüngere Glücksritter sich soviel Reichthümer und Würden erworben
hatte, daß er der Protection, die ihn emporgehoben, nicht mehr
bedurfte.[69] Unter den Hochkirchlichen genoß Trevor trotz seines
notorischen Mangels an Grundsätzen damals eine gewisse Popularität, die
er hauptsächlich ihrer Ueberzeugung verdankt zu haben scheint, daß, wie
falsch er im allgemeinen auch sein mochte, sein Haß gegen die Dissenters
wenigstens wahr und aufrichtig sei. Es stand kaum zu bezweifeln, daß er
in einem Hause der Gemeinen, in welchem die Tories das Uebergewicht
hatten, mit Unterstützung des Hofes leicht zum Sprecher gewählt werden
konnte. Er wünschte sehnlichst, seinen früheren Posten wieder zu
erhalten, den er vortrefflich zu einem der einträglichsten im
Königreiche zu machen verstand, und er übernahm daher bereitwillig das
geheime und schmachvolle Amt, für welches Lowther ganz untauglich war.

Richard Hampden wurde zum Kanzler der Schatzkammer ernannt. Diese
Ernennung sollte wahrscheinlich ein Beweis von der Dankbarkeit des
Königs für sein gemäßigtes Verhalten und für seine Bemühungen sein, die
Heftigkeit seiner whiggistischen Freunde, und besonders seines Sohnes,
zu brechen.


[_Godolphin tritt ab._] Godolphin verließ freiwillig das Schatzamt,
warum, wissen wir nicht. Wir können kaum daran zweifeln, daß die
Auflösung des Parlaments und das Ergebniß der allgemeinen Wahl ihm
Freude gemacht haben mußten; denn seine politischen Ansichten neigten
sich zum Toryismus hin und er hatte unter der vorigen Regierung Manches
gethan, was zwar kein großes Verbrechen war, aber doch einer Amnestie
sehr bedurfte. Er hielt es wahrscheinlich nicht für vereinbar mit seiner
persönlichen Würde, im Staatsrathe unter Lowther zu sitzen, der ihm im
Range nachstand.[70]


[_Veränderungen bei der Admiralität._] Es wurde eine neue
Admiralitätscommission ernannt, und an die Spitze der Marineverwaltung
wurde Thomas Herbert, Earl von Pembroke, gestellt, ein Mann von
vornehmer Geburt und ausgezeichneter Bildung, der zur Torypartei gehört,
für eine Regentschaft gestimmt und die Tochter Sawyers geheirathet
hatte. Daß Pembroke's Toryismus jedoch nicht engherziger und illiberaler
Art war, wird hinreichend durch den Umstand bewiesen, daß Johann Locke
ihm unmittelbar nach der Revolution seinen +Essay on the Human
Unterstanding+ widmete, zum Zeichen der Dankbarkeit für in schlimmen
Zeiten geleistete freundliche Dienste.[71]

Es wurde nichts unterlassen, um Torrington über diese Veränderung zu
trösten. Denn wenn er sich auch als ein unfähiges Verwaltungsmitglied
erwiesen hatte, stand er doch als Seemann in der allgemeinen Achtung so
hoch, daß die Regierung seine Dienste nicht verlieren wollte. Man
versicherte ihm, daß er durchaus nicht habe zurückgesetzt werden sollen.
Er könne dem Vaterlande nicht zu gleicher Zeit auf dem Meere und in
Westminster dienen, und man habe es für minder schwer gehalten, ihn im
Amte zu ersetzen, als auf dem Verdeck seines Flaggenschiffs. Er war
anfangs höchlich entrüstet und reichte wirklich seine Entlassung ein;
aber man machte seinem Stolze einige Zugeständnisse. Eine Pension von
dreitausend Pfund und zehntausend Acres Kronland in der Ebene von
Peterborough waren für seine Habgier unwiderstehliche Köder, und in
einer für England bösen Stunde willigte er ein, an der Spitze der
Seemacht zu bleiben, von der die Sicherheit unserer Küsten abhing.[72]


[_Veränderungen bei den Milizen._] Während diese Veränderungen in den
Aemtern um Whitehall vorgingen, wurden auch die Statthalterschaftsposten
im ganzen Königreiche revidirt. Die Tories beklagten sich seit einem
Jahre, daß ihr Antheil an der Verwaltung der Districte, die sie
bewohnten, in keinem Verhältniß zu ihrer Anzahl, zu ihrem Reichthum und
zu dem Ansehen stehe, dessen sie in der Gesellschaft genössen. Zu ihrer
großen Freude erlangten sie jetzt ihre frühere Stellung in ihren
Grafschaften wieder. Die Whigs schrieen, der König sei schändlich
hintergangen und durch schlechte Rathgeber bewogen worden, das Schwert
Männern in die Hand zu geben, die es, sobald sich eine günstige
Gelegenheit darböte, gegen ihn selbst kehren würden. In einem Dialoge,
für dessen Autor man den neu creirten Earl von Warrington hielt und
welcher damals sehr verbreitet war, der aber schon längst vergessen ist,
sprach der redend eingeführte Lordlieutenant einer Grafschaft die
Besorgniß aus, daß die Mehrzahl seiner Untergebenen im Herzen Verräther
seien.[73] Nirgends aber war die durch die neue Vertheilung der Gewalt
erregte Unzufriedenheit so groß als in der Hauptstadt. Durch eine
unmittelbar nach der Revolution veröffentlichte Commission of
Lieutenancy waren die Milizen der City unter das Commando entschiedener
Whigs gestellt worden. Die mächtigen und reichen Bürger,
welche übergangen waren, klagten, daß die Liste mit Aeltesten
puritanischer Congregationen, mit Shaftesbury's Feuerköpfen, und mit
Ryehouseverschwörern angefüllt sei und daß es kaum möglich sei, unter
dieser Masse von Fanatikern und Gleichmachern (+Levellers+) einen
einzigen der Monarchie und der Staatskirche aufrichtig ergebenen Mann zu
finden. Jetzt erschien eine neue, von Caermarthen und Nottingham
zusammengestellte Liste. Sie hatten Compton, den Bischof der Diöcese, zu
Rathe gezogen, und Compton war eben kein sehr vorsichtiger Rathgeber. Er
war ursprünglich ein Hochkirchlicher und ein Tory gewesen, die Härte,
mit der man ihm unter der vorigen Regierung begegnet war, hatte ihn in
einen Latitudinarier und Rebellen verwandelt, und jetzt war er aus
Eifersucht auf Tillotson wieder Hochkirchlicher und Tory geworden. Die
Whigs beklagten sich, daß sie undankbarerweise von einer Regierung, die
ihnen ihre Existenz verdanke, proscribirt, daß einige von den besten
Freunden König Wilhelm's mit Schimpf und Schande entlassen worden seien,
um einigen seiner schlimmsten Feinde Platz zu machen, Männern, die des
Vertrauens eben so unwürdig seien wie ein irischer Rapparee, Männern,
welche den Freibrief und die uralten Privilegien der City einem Tyrannen
überliefert hätten, Männern, die sich durch die Grausamkeit hervorgethan
hätten, mit der sie die Strafgesetze gegen die protestantischen
Dissenters zur Anwendung gebracht, Männern, welche Mitglieder der Juries
gewesen seien, die Russell und Cornish schuldig befunden hatten.[74] Die
Mißstimmung war so groß, daß sie eine kurze Zeit lang dem Staate
Geldverlegenheit zu bereiten drohte. Die von dem vorigen Parlamente
bewilligten Steuern gingen langsam ein, und die Bedürfnisse des
öffentlichen Dienstes waren dringend. Unter solchen Umständen wendete
sich die Regierung immer an die Bürger London's um Beistand, und
Wilhelm's Regierung hatte sich bisher vorzugsweise an diejenigen Bürger
gewendet, welche whiggistischen Ansichten huldigten. Jetzt sah es anders
aus. Einige angesehene Whigs weigerten sich in ihrem ersten Unmuth kurz
und mürrisch, Geld vorzustrecken; ja ein paar zogen sogar ganz
unerwartet bedeutende Summen aus der Schatzkammer zurück.[75] Die
finanziellen Verlegenheiten hätten leicht sehr ernsthaft werden können,
hätten nicht einige reiche Tories, die, wenn Sacheverell's Klausel zum
Gesetz erhoben worden wäre, von allen municipalen Ehrenstellen
ausgeschlossen worden sein würden, dem Schatze hunderttausend
Pfund vorgestreckt und versprochen, noch eine größere Summe
herbeizuschaffen.[76]

Während die City in diesem aufgeregten Zustande war, kam ein durch
königliche Proklamation angeordneter allgemeiner Fasttag. Die zur
Motivirung dieses feierlichen Andachtsactes angeführten Gründe waren der
beklagenswerthe Zustand Irland's und die bevorstehende Abreise des
Königs. Es wurden Gebete für das persönliche Wohl Sr. Majestät und für
den Erfolg seiner Waffen zum Himmel emporgesandt. Die Kirchen London's
waren gedrängt voll, und die ausgezeichnetsten Kanzelredner der
Hauptstadt, welche fast ohne Ausnahme entweder gemäßigte Tories oder
gemäßigte Whigs waren, bemühten sich, das Volk zu beschwichtigen und
ermahnten ihre Heerden in diesem kritischen Zeitpunkte dem Fürsten, mit
dessen Geschick das Geschick der ganzen Nation verkettet sei, eine
herzliche Unterstützung nicht vorzuenthalten. Burnet erzählte einer
zahlreichen Gemeinde von der Kanzel herab, wie die Griechen, als der
Großtürke Anstalt machte, Constantinopel zu belagern, nicht bewogen
werden konnten, einen Theil ihres Reichthums der gemeinsamen
Vertheidigung zum Opfer zu bringen und wie bitter sie nachher ihren Geiz
bereueten, als sie gezwungen wurden, den siegreichen Ungläubigen die
Schätze auszuliefern, die sie den Bitten des letzten christlichen
Kaisers abgeschlagen hatten.[77]


[_Stimmung der Whigs._] Die Whigs in ihrer Gesammtheit bedurften jedoch
einer solchen Mahnung nicht, denn bei all' ihrem Aerger und Unmuth
erkannten sie doch sehr wohl, daß von der Stabilität des Thrones
Wilhelm's Alles abhing, was ihnen am höchsten galt. Wozu einige von
ihnen sich vielleicht hätten verleiten lassen, wenn sie einen andren
Führer hätten finden können, wenn zum Beispiel ihr protestantischer
Herzog, ihr König Monmouth noch am Leben gewesen wäre, mag dahin
gestellt bleiben. Jetzt hatten sie keine andre Wahl als zwischen dem
Fürsten, den sie auf den Thron gesetzt, und dem Fürsten, den sie vom
Throne gestoßen hatten. Es wäre wahrhaftig sehr sonderbar gewesen, wenn
sie für Jakob Partei genommen hätten, um Wilhelm zu bestrafen, dem sie
keinen schlimmeren Fehler zur Last legen konnten, als daß er die
rachsüchtigen Gefühle nicht theilte, mit denen sie der Tyrannei Jakob's
gedachten. So sehr ihnen die Amnestiebill mißfiel, sie hatten die
blutigen Assisen nicht vergessen. Sie blieben daher trotz ihrer
Verstimmung ihrem eigenen Könige treu und waren, obgleich sie über ihn
murrten, bereit, ihm mit Gut und Blut wider seinen Gegner
beizustehen.[78]


[_Verkehr einiger Whigs mit Saint-Germains. Shrewsbury; Ferguson._] Es
gab allerdings Ausnahmen, aber es waren ihrer nur sehr wenige und sie
kamen fast nur in zwei Klassen vor, deren gesellschaftliche Stellung
zwar weit von einander verschieden war, die sich aber in Lauheit der
Grundsätze sehr ähnelten. Alle die Whigs, von denen man weiß, daß sie
mit Saint-Germains in Unterhandlung standen, gehörten nicht dem
Hauptkörper der Partei, sondern entweder dem Kopfe oder dem Schweife
derselben an. Es waren entweder Patrizier von hohem Range und hoher
amtlicher Stellung, oder Lumpe, die schon seit langer Zeit zu den
unsaubersten Parteizwecken benutzt wurden. Zur ersteren Klasse gehörte
Shrewsbury, die hervorragendste Persönlichkeit der letzteren war Robert
Ferguson. Von dem Tage, an welchem das Conventionsparlament aufgelöst
wurde, fing Shrewsbury an in seiner Treue zu wanken; im Publikum aber
bekam man davon erst lange nachher eine Ahnung. Daß Ferguson wenige
Monate nach der Revolution ein wüthender Jakobit geworden, war Niemandem
ein Geheimniß und konnte eigentlich auch Niemanden Wunder nehmen.
Er konnte für seinen Abfall nicht einmal den erbärmlichen
Entschuldigungsgrund anführen, daß er zurückgesetzt worden sei. Die
schmachvollen Dienste, die er früher seiner Partei als Spion, als
Anstifter von Unruhen, als Vertheiler von Bestechungen, als Verfasser
von Libellen, als Einbläser falscher Zeugen geleistet hatte, waren für
die Ehre der neuen Regierung nur zu freigebig belohnt worden. Ein hohes
Amt konnte er daher unmöglich bekleiden. Aber es war für ihn eine
Sinekure mit fünfhundert Pfund jährlichem Gehalte im Departement der
Accise creirt worden. Er besaß daher was nach seinen Begriffen Reichthum
war; aber Reichthum befriedigte ihn nicht. Zwar hatte er nie Bedenken
getragen, für Geld Betrügereien, welche durch Heuchelei noch erschwert
wurden, zu verüben; doch war die Liebe zum Gelde nicht seine stärkste
Leidenschaft. Lange Gewohnheit hatte in ihm einen moralischen
Krankheitszustand entwickelt, von dem Leute, welche die politische
Agitation zu ihrem Lebensberufe erwählt haben, selten ganz frei sind. Er
konnte nicht Ruhe halten. Das Aufwiegeln, das ursprünglich sein Geschäft
gewesen, war dadurch auch sein Vergnügen geworden. Er konnte eben so
wenig leben, ohne Unheil zu stiften, wie ein alter Branntweintrinker
oder ein alter Opiumesser ohne seine tägliche Portion Gift leben kann.
Gerade die Unbequemlichkeiten und Gefahren eines gesetzwidrigen Lebens
hatten einen unwiderstehlichen Reiz für ihn. Er konnte eben so wenig in
einen friedlichen und loyalen Unterthan verwandelt werden, wie der Fuchs
in einen Schäferhund verwandelt werden oder wie die Weihe die
Gewohnheiten des Hausgeflügels erlernen kann. Wie der rothe Indianer
seine Jagdgründe cultivirten Feldern und schönen Städten vorzieht, wie
der Zigeuner, wenn er unter einem behaglichen Dache wohnt und eine
gesunde, frische Nahrung hat, sich noch immer nach dem zerrissenen Zelte
auf dem Moor und nach der Mahlzeit von verdorbenem Fleisch zurücksehnt,
eben so wurde Ferguson des Ueberflusses und der Sicherheit, seines
Gehalts, seines Hauses, seiner Tafel und seiner Equipage müde und sehnte
sich danach, wieder der Präsident von Gesellschaften, in welche Niemand
ohne die Parole eingelassen wurde, der Vorsteher geheimer Druckereien,
der Verbreiter aufrührerischer Flugschriften zu sein, die Mauern mit
Signalements seiner Person und mit Belohnungsanerbietungen für seine
Festnehmung bedeckt zu sehen, sechs bis sieben Namen mit einer andren
Perrücke und einem andren Rocke für jeden derselben zu führen und drei
Mal die Woche mitten in der Nacht die Wohnung zu wechseln. Seine
Feindschaft galt nicht dem Papismus oder dem Protestantismus, dem
monarchischen oder dem republikanischen System, dem Hause Stuart oder
dem Hause Nassau, sondern überhaupt allem zur Zeit Bestehenden.


[_Hoffnungen der Jakobiten._] Den Jakobiten war dieser neue Verbündete
sehr willkommen, denn sie beschäftigten sich gerade mit Plänen, bei
denen sie der Hülfe eines alten erfahrenen Verschwörers dringend
bedurften. Von dem Tage, an welchem bekannt gemacht worden war, daß
Wilhelm beschlossen habe, das Commando in Irland zu übernehmen, war
eine große Bewegung unter ihnen entstanden und sie sahen seiner Abreise
mit ungeduldiger Hoffnung entgegen. Er war ein Fürst, gegen den man es
nicht leicht wagte, die Fahne der Empörung aufzupflanzen. Sein Muth,
sein Scharfblick, die Verschwiegenheit seiner Räthe, der Erfolg, der
bis dahin alle seine Unternehmungen gekrönt hatte, imponirten der
Menge, und selbst seine erbittertsten Feinde fürchteten ihn mindestens
eben so sehr als sie ihn haßten. So lange er noch in Kensington war,
bereit, jeden Augenblick zu Pferde zu steigen, begnügten sich die
Uebelgesinnten, denen ihr Kopf und ihr Vermögen lieb war, damit,
ihrem Hasse dadurch Luft zu machen, daß sie auf den Untergang seiner
Habichtsnase tranken und mit bedeutungsvoller Energie die Orange,
das Emblem seines Hauses, zusammendrückten. Aber ihr Muth stieg bei
dem Gedanken, daß nun bald das Meer zwischen ihm und unsrer Insel
liegen würde. Bei den militärischen und politischen Berechnungen der
damaligen Zeit hatten dreißig Meilen Wasser ebenso viel zu bedeuten
wie jetzt dreihundert Meilen. Wind und Wellen unterbrachen häufig
alle Communication zwischen England und Irland. Es geschah zuweilen,
daß zwei bis drei Wochen lang keine Nachricht von London nach Dublin
gelangte. Zwanzig englische Grafschaften konnten unter den Waffen
stehen, bevor man in Ulster nur erfuhr, daß ein Aufstand befürchtet
werde. Zu Anfang des Frühjahrs versammelten sich daher die dirigirenden
Mißvergnügten in London, um einen umfassenden Operationsplan zu
entwerfen, und correspondirten eifrig sowohl mit Frankreich als mit
Irland.


[_Zusammentritt des neuen Parlaments._] So war die Stimmung der
englischen Parteien, als das neue Parlament am 20. März seine Sitzungen
eröffnete. Das erste Geschäft welches die Gemeinen vorzunehmen hatten,
war die Wahl eines Sprechers. Lowther schlug Trevor vor, der auch ohne
Opposition gewählt und mit dem herkömmlichen Ceremoniell vorgestellt und
bestätigt wurde. Hierauf hielt der König eine Rede, in der er den beiden
Häusern ganz besonders zwei wichtige Gegenstände zur Berathung
anempfahl: die Feststellung der Staatseinkünfte und die Bewilligung
einer Amnestie. Er hob nachdrücklich die Nothwendigkeit der
Beschleunigung hervor. Jeder Tag sei kostbar, der Augenblick zum
Handeln rücke heran. »Lassen Sie uns nicht,« sagte er, »die Zeit mit
Debatten hinbringen, während unsere Feinde im Felde stehen.«[79]


[_Feststellung des Staatseinkommens._] Der erste Gegenstand, den die
Gemeinen in Berathung nahmen, war der Stand des Staatseinkommens. Ein
großer Theil der Steuern war seit der Thronbesteigung Wilhelm's und
Mariens unter der Autorität von auf kurze Zeit erlassenen Acten erhoben
worden, und es war jetzt Zeit, endgültige Anordnungen zu treffen. Es
wurde dem Hause ein Verzeichniß der Besoldungen und Pensionen vorgelegt,
für welche Deckung zu beschaffen war, und der Betrag der dafür
ausgeworfenen Summen rief wohlbegründete Klagen seitens der unabhängigen
Mitglieder hervor, unter denen sich Sir Karl Sedley durch seinen
sarkastischen Humor auszeichnete. Eine geistreiche Rede, die er gegen
die Stelleninhaber hielt, wurde heimlich gedruckt und weit verbreitet;
sie ist seitdem oft neu aufgelegt worden und beweist, daß seine
Zeitgenossen sich nicht irrten, indem sie ihn für einen Mann von Talent
und lebendigem Geiste hielten, was man bei Lesung seiner Gedichte und
Schauspiele versucht wird zu bezweifeln. Leider verpuffte die üble
Laune, welche der Anblick der Civilliste erregte, in Späßen und
Invectiven, ohne irgend eine Reform herbeizuführen.

Das ordentliche Einkommen, welches der Regierung vor der Revolution zur
Verfügung gestanden hatte, war theils erblich gewesen, theils aus
Steuern gezogen worden, welche jedem Souverain auf Lebenszeit bewilligt
waren. Das erbliche Einkommen war mit der Krone auf Wilhelm und Marien
übergegangen. Es floß aus den Erträgnissen der königlichen Domainen, aus
Sporteln, Geldbußen und Weinlicenzen, aus den Erstlingen und Zehnten der
Pfründen, aus den Einnahmen des Postamts und aus demjenigen Theile der
Accise, welcher unmittelbar nach der Restauration Karl II. an Stelle der
unseren früheren Königen schuldigen Lehndienste für alle Zeiten
bewilligt worden war. Das Einkommen aus allen diesen Quellen wurde auf
vier- bis fünfhunderttausend Pfund geschätzt.[80]

Die Accis- und Zolleinnahmen, welche Jakob auf Lebenszeit bewilligt
worden waren, hatten am Schlusse seiner Regierung die Summe von ungefähr
neunhunderttausend Pfund erreicht. Wilhelm wünschte natürlich dieses
Einkommen in derselben Weise zu beziehen, wie sein Oheim es genossen
hatte, und seine Minister thaten ihr Möglichstes, um seine Wünsche zu
befriedigen. Lowther beantragte, daß die Bewilligung für des Königs und
der Königin gemeinschaftliche und für jedes Einzelnen Lebenszeit gelten
solle, und er sprach wiederholt und nachdrücklich zur Vertheidigung
dieses Antrags. Er hob Wilhelm's Ansprüche auf die öffentliche
Dankbarkeit und das öffentliche Vertrauen hervor, die Befreiung der
Nation von Papismus und Willkürherrschaft, die Befreiung der Kirche von
Verfolgung und die der Verfassung gegebene feste Grundlage. Könnten die
Gemeinen einem Fürsten gegenüber knausern, der mehr für England gethan
habe, als irgend einer seiner Vorgänger in so kurzer Zeit für dasselbe
gethan, mit einem Fürsten, der jetzt im Begriff stehe, sich feindlichen
Waffen und einem ungesunden Klima auszusetzen, um die englische Colonie
in Irland zu erhalten, mit einem Fürsten, für den man in jedem Winkel
der Welt bete, wo sich eine protestantische Gemeinde zum Gottesdienste
versammeln dürfe?[81] Doch über diesen Gegenstand sprach Lowther
umsonst. Sowohl Whigs als Tories waren der festen Meinung, daß die
Freigebigkeit der Parlamente die Hauptursache des Unheils der letzten
dreißig Jahre sei; daß der Freigebigkeit des Parlaments von 1660 die
schlechte Verwaltung der Cabale, der Freigebigkeit des Parlaments von
1685 die Indulgenzerklärung zugeschrieben werden müsse und daß es
unverantwortlich von dem Parlamente von 1690 sein würde, wenn es eine
lange, schmerzliche und unveränderliche Erfahrung nicht benutzte. Nach
langer Discussion kam ein Vergleich zu Stande. Der Theil der Accise,
welcher Jakob auf Lebenszeit bewilligt gewesen war und den man auf
dreihunderttausend Pfund jährlich schätzte, wurden Wilhelm und Marien
auf gemeinschaftliche und auf jedes Einzelnen Lebenszeit bewilligt. Man
nahm an, daß Ihre Majestäten mit dem erblichen Einkommen und mit den
dreihunderttausend Pfund aus der Accise, unabhängig von
parlamentarischer Controle zwischen sieben- und achthunderttausend Pfund
jährlich haben würden. Von diesem Einkommen waren die Kosten des
königlichen Haushaltes und diejenigen Civilämter zu bestreiten, von
denen dem Hause eine Liste vorgelegt worden war. Daher wurde dieses
Einkommen die Civilliste genannt. Jetzt ist der Aufwand für den
königlichen Haushalt von den Kosten der Civilverwaltung völlig getrennt;
aber durch eine sonderbare Sinnverdrehung ist der Name Civilliste dem
zur Bestreitung des königlichen Haushalts bestimmten Theile der
Einkünfte geblieben. Noch sonderbarer ist es, daß mehrere Nachbarvölker
diesen unpassendsten Namen von der Welt der Entlehnung werth gehalten
haben. Diejenigen Zollgebühren, welche Karl und Jakob nach einander auf
Lebenszeit zuerkannt worden waren und die sich in dem Jahre vor der
Revolution auf sechshunderttausend Pfund belaufen hatten, wurden der
Krone nur auf vier Jahre bewilligt.[82]

Wilhelm gefiel dieses Arrangement keineswegs. Es schien ihm ungerecht
und undankbar, daß ein Volk, welches er gerettet hatte, die Höhe seines
Einkommens von seinem guten Verhalten abhängig machte. »Die Herren
Engländer,« sagte er zu Burnet, »trauten Jakob, der ein Feind ihrer
Religion und ihrer Gesetze war, und mir, dem sie die Erhaltung ihrer
Religion und ihrer Gesetze verdanken, wollen sie nicht trauen.« Burnet
erwiederte ihm sehr richtig, daß es keinen Beweis von persönlichem
Vertrauen gebe, den Se. Majestät nicht zu verlangen berechtigt wäre,
daß aber die hier vorliegende Frage keine Frage des persönlichen
Vertrauens sei. Die Stände des Reichs wünschten ein allgemeines Prinzip
festzustellen; sie wünschten einen Präcedenzfall zu haben, der die
späte Nachwelt gegen Uebel sichere, wie sie die sorglose Freigebigkeit
früherer Parlamente erzeugt habe. »Von diesen Uebeln hat Eure Majestät
die gegenwärtige Generation befreit. Durch Annahme der Gabe der
Gemeinen unter den offerirten Bedingungen wird Eure Majestät auch ein
Befreier zukünftiger Generationen sein.« Wilhelm war nicht überzeugt,
aber er besaß zuviel Weltklugheit und Selbstbeherrschung, um seiner
üblen Laune freien Lauf zu lassen und er nahm mit freundlicher Miene,
an was er nicht umhin konnte als unfreundlich gegeben zu betrachten.[83]


[_Jahrgeld der Prinzessin von Dänemark._] Die Civilliste war mit einer
Annuität von zwanzigtausend Pfund für die Prinzessin von Dänemark
belastet, als Zuschuß zu den dreißigtausend Pfund, die ihr zur Zeit
ihrer Vermählung ausgesetzt worden waren. Dieses Arrangement war das
Resultat eines Vergleichs, der mit vieler Mühe und nach langen heftigen
Streitigkeiten zu Stande gebracht worden war. Der König und die Königin
hatten seit dem Antritte ihrer Regierung niemals auf besonders gutem
Fuße mit ihrer Schwester gestanden. Daß Wilhelm einer Frau nicht
gefallen konnte, die eben nur so viel Verstand hatte, um zu bemerken,
daß ihm ein mürrisches Wesen und ein abstoßendes Benehmen eigen waren,
und die seine höheren Eigenschaften durchaus nicht zu würdigen
vermochte, ist nicht zu verwundern. Für Marien aber war es ein Bedürfniß
geliebt zu werden. Eine so liebenswürdige und geistvolle Frau konnte
nicht viel Vergnügen an dem Umgange mit Anna finden, die, wenn bei guter
Laune, heiter einfältig, wenn bei schlechter Laune mürrisch einfältig
war. Indessen würde die Königin, die auch der geringste ihrer
Dienstleute wegen ihrer Herzensgüte liebte, sich schwerlich eine Person
zum Feinde gemacht haben, deren Freundschaft zu gewinnen ihre Pflicht
und ihr Interesse erheischte, wäre nicht ein ungewöhnlich mächtiger und
ungewöhnlich bösartiger Einfluß unablässig bemüht gewesen, den Frieden
des königlichen Hauses zu stören. Die Zuneigung der Prinzessin Anna zu
Lady Marlborough war so stark, daß man dieselbe in einem abergläubischen
Zeitalter einem Talisman oder einem Zaubertranke zugeschrieben haben
würde. Nicht nur daß die beiden Freundinnen in ihrem vertraulichen
Verkehr mit einander alle Ceremonien und Titel bei Seite geworfen hatten
und schlechtweg Mrs. Morley und Mrs. Freeman geworden waren, selbst
Prinz Georg, der sich um das Ansehen seiner Geburt eben so wenig
kümmerte wie um irgend etwas Andres außer Claret und marinirten Lachs,
ließ es sich gefallen, Mr. Morley genannt zu werden. Die Gräfin rühmte
sich, den Namen Freeman deshalb gewählt zu haben, weil er der Offenheit
und Keckheit ihres Characters ganz besonders entspreche, und man muß ihr
die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie ihre despotische
Herrschaft über die schwache Prinzessin nicht durch gewöhnliche
Höflingskünste begründete und lange behauptete. Sie besaß wenig von dem
Takte, der das characteristische Talent ihres Geschlechts ist, und sie
war viel zu heftig, um schmeicheln oder sich verstellen zu können; aber
ein seltener Zufall hatte sie einem Character entgegengeführt, auf den
gebieterisches Wesen und Widerspruch wie Zaubertränke wirkten. In dieser
grotesken Freundschaft waren Hingebung, Geduld und Selbstverleugnung
ganz auf Seiten der Herrin, während die Launen, der übermüthige Stolz
und die Ausbrüche von Heftigkeit auf Seiten der Dienerin waren.

Höchst merkwürdig ist das Verhältniß, in welchem die beiden Frauen zu
Mr. Freeman standen, wie sie Marlborough nannten. Im Auslande wußte fast
Jedermann, daß Anna von den Churchill geleitet wurde. Ebenso bekannt war
es, daß der Mann, der sich ihrer Gunst in so hohem Grade erfreute,
nicht nur ein großer Feldherr und Staatsmann, sondern auch einer der
schönsten Cavaliere seiner Zeit war, daß er von Gesicht und Gestalt
auffallend hübsch, daß sein Character zugleich sanft und entschlossen,
seine Manieren zugleich gewinnend und edel waren. Nichts war
natürlicher, als daß körperliche und geistige Vorzüge wie die seinigen
ein weibliches Herz leicht erobern mußten. Viele Leute auf dem Festlande
glaubten daher auch, er sei Anna's begünstigter Anbeter, und er wurde in
gleichzeitigen französischen Libellen, welche längst vergessen sind, als
solcher dargestellt. In England jedoch fand diese Verleumdung selbst bei
dem großen Haufen niemals Glauben, und man findet selbst in dem
gemeinsten Gassenhauer, der in unseren Straßen gesungen wurde, keine
Spur davon. Die Prinzessin scheint sich in der That nie eines mit ihren
ehelichen Pflichten unverträglichen Gedankens schuldig gemacht zu haben.
In ihren Augen war Marlborough mit all' seiner Genialität und
Tapferkeit, seiner Schönheit und Liebenswürdigkeit nichts weiter als der
Gatte ihrer Freundin. Einen directen Einfluß auf Ihre Königliche Hoheit
besaß er nicht; nur durch Vermittelung seiner Gattin konnte er auf sie
einwirken, und seine Gattin war kein passives Werkzeug. Obgleich es
nicht möglich ist, in irgend etwas was sie gethan, gesagt oder
geschrieben hat, das geringste Anzeichen von höherer Verstandesbildung
zu entdecken, setzten ihre heftigen Leidenschaften und ihr starker Wille
sie doch oftmals in den Stand, einen Gatten zu beherrschen, der zum
Gebieter über ernste Senate und über mächtige Heere geboren war. Sein
Muth, ein Muth, den die gefahrvollsten Situationen des Kriegs nur noch
kälter und unerschütterlicher machten, verließ ihn beim Anblick der
leichtfließenden Thränen und wortreichen Vorwürfe, der schmollenden
Lippen und des traurig gesenkten Hauptes seiner Sara. Die Geschichte
führt uns wenige Schauspiele vor, welche merkwürdiger waren, als das
eines großen und gelehrten Mannes, der, wenn er weitumfassende und
tiefdurchdachte politische Pläne entworfen hatte, dieselben nur dadurch
ins Werk setzen konnte, daß er ein oft unlenksames, thörichtes Weib
vermochte, ein andres noch thörichteres Weib zu lenken.

In einem Punkte stimmten der Earl und die Gräfin vollkommen überein: sie
liebten Beide den Geldgewinn, nur daß er das gewonnene gern aufhäufte,
sie aber nicht abgeneigt war, es wieder auszugeben.[84] Die Gunst der
Prinzessin betrachteten sie Beide als ein werthvolles Besitzthum. Schon
unter der Regierung ihres Vaters hatten sie angefangen, durch Anna's
Freigebigkeit reich zu werden. Sie war von Natur zur Sparsamkeit geneigt
und selbst als sie auf dem Throne saß, waren ihre Equipagen und ihre
Tafel keineswegs prächtig.[85] Man sollte daher meinen, daß, während sie
noch Unterthanin war, dreißigtausend Pfund jährlich und eine Wohnung im
Palaste für alle ihre Bedürfnisse mehr als ausreichend hätte sein
müssen. Es gab vielleicht im ganzen Königreiche nicht zwei Edelleute,
die ein solches Einkommen besaßen. Aber um den Gelddurst Derer zu
stillen, die sie beherrschten, war kein Einkommen groß genug. Sie hatte
zu wiederholten Malen Schulden gemacht, welche Jakob immer bezahlte,
doch nicht ohne sein Erstaunen und Mißfallen darüber zu äußern.

Die Revolution eröffnete den Churchill eine neue und unbegrenzte
Aussicht auf Gewinn. Das ganze Verhalten ihrer Gebieterin bei dieser
großen Krisis hatte bewiesen, daß sie keinen andren Willen, kein
andres Urtheil, keine andre Ueberzeugung hatte als die ihrigen.
Ihnen hatte sie Neigungen, Vorurtheile, Gewohnheiten und Interessen
aufgeopfert. Auf ihren Befehl hatte sie an der Verschwörung gegen
ihren Vater Theil genommen, war mitten im Winter durch Eis und Koth
in einem Miethwagen von Whitehall in's Lager der Rebellen geflohen und
hatte eingewilligt, ihre Stelle in der Thronfolgeordnung dem Prinzen
von Oranien abzutreten. Sie sahen mit Vergnügen, daß das Weib, auf
das sie einen so unbegrenzten Einfluß ausübten, wieder auf Andere
einen nicht gewöhnlichen Einfluß ausübte. Die Revolution war kaum
vollbracht, so zeigten viele Tories, denen der neue König so wenig
gefiel wie der vertriebene, und die in Zweifel waren, ob ihre Religion
von den Jesuiten oder von den Latitudinariern mehr zu fürchten hatte,
eine entschiedene Neigung, sich um Anna zu schaaren. Die Natur hatte
sie zur Bigotten geschaffen. Ihre Seelenverfassung war von der Art,
daß sie, ohne zu prüfen und ohne zu zweifeln, fest an der Religion
ihrer Kindheit hing bis sie in ihren Sarg gelegt wurde. Am Hofe
ihres Vaters war sie taub gegen Alles gewesen, was zu Gunsten der
Transsubstantiation und der Ohrenbeichte geltend gemacht werden konnte.
Diese Apathie und Hartnäckigkeit gaben ihr eine gewisse Bedeutung.
Es war etwas Wichtiges, das einzige Glied der königlichen Familie
zu sein, das Papisten und Presbyterianer mit gleichem Widerwillen
betrachtete. Während eine zahlreiche Partei geneigt war, sie zu
vergöttern, betrachteten ihre beiden schlauen Diener sie lediglich als
eine Puppe. Sie wußten, daß sie es in ihrer Macht hatte, der Regierung
ernste Ungelegenheiten zu bereiten, und sie beschlossen, diese Macht zu
benutzen, um dem Namen nach für sie, factisch aber für sich selbst Geld
zu erpressen. Während Marlborough die englischen Streitkräfte in den
Niederlanden befehligte, war die Ausführung des Planes natürlich seiner
Gattin überlassen, und sie ging dabei nicht wie er ohne Zweifel gethan
haben würde, mit Vorsicht und Mäßigung zu Werke, sondern, wie aus ihrer
eignen Erzählung deutlich hervorgeht, mit abscheulicher Heftigkeit und
Schamlosigkeit. Allerdings hatte sie Leidenschaften zu befriedigen,
von denen er gänzlich frei war. Er war zwar einer der habsüchtigsten,
aber auch einer der mindest boshaften Menschen; bei ihr dagegen war die
Bosheit eine viel stärkere Leidenschaft als die Habsucht. Sie haßte
leicht und ihr Haß war gründlich, unversöhnlich. Zu den Gegenständen
ihres Hasses gehörten alle Verwandten ihrer Gebieterin, sowohl von
väterlicher als von mütterlicher Seite. Niemand, der ein natürliches
Interesse an der Prinzessin nahm, konnte ohne Besorgniß die sonderbare
Verblendung mit ansehen, die sie zum Sklaven eines herrschsüchtigen und
rücksichtslosen Zankteufels machte. Das wußte die Gräfin sehr wohl. In
ihren Augen waren die königliche Familie und die Familie Hyde, wie sehr
sie auch in anderen Punkten differiren mochten, gegen sie verbündet,
und sie verabscheute sie alle, Jakob, Wilhelm und Marien, Clarendon und
Rochester. Jetzt war der rechte Augenblick gekommen, um dem seit Jahren
aufgesammelten Groll Luft zu machen. Es war nicht genug, für Anna ein
großes, ein königliches Einkommen zu erlangen, dieses Einkommen mußte
durch Mittel und Wege erlangt werden, welche die von der Favoritin
verabscheuten Personen kränkten und demüthigten. Es durfte nicht als
ein Zeichen brüderlicher Güte erbeten und angenommen, sondern es mußte
in trotzigem Tone gefordert und widerstrebenden Händen mit Gewalt
entrissen werden. Ein directes Gesuch wurde weder an den König noch
an die Königin gerichtet, aber sie erfuhren mit Erstaunen, daß Lady
Marlborough die toryistischen Mitglieder des Parlaments unermüdlich
bearbeitete, daß sich eine Prinzessinpartei bilde und daß im Hause der
Gemeinen beantragt werden solle, Ihrer Königlichen Hoheit ein von der
Krone unabhängiges bedeutendes Einkommen auszusetzen. Marie fragte
ihre Schwester, was dieses Verfahren bedeute. »Ich höre,« antwortete
Anna, »daß meine Freunde beabsichtigen, mir ein festes Einkommen
zu sichern.« Die Königin soll hierauf, schwer verletzt durch einen
Ausdruck, mit dem man sagen zu wollen schien, daß sie und ihr Gemahl
nicht zu den Freunden ihrer Schwester gehörten, mit ungewohnter Härte
entgegnet haben: »Von was für Freunden sprichst Du? hast Du andere
Freunde als den König und mich?«[86] Der Gegenstand wurde dann zwischen
den beiden Schwestern nie wieder erwähnt. Marie sah wahrscheinlich
ein, daß sie einen Mißgriff gethan, indem sie sich an eine Person
gewendet, die nur ein passives Werkzeug in den Händen Anderer war. Es
wurde ein Versuch gemacht, mit der Gräfin zu unterhandeln. Nachdem
einige untergeordnete Agenten ihr umsonst Vorstellungen gemacht hatten,
begab sich Shrewsbury zu ihr. Man konnte wohl erwarten, daß seine
Intervention den gewünschten Erfolg haben werde, denn wenn man der
damaligen +chronique scandaleuse+ glauben darf, so hatte er hoch, nur
zu hoch in ihrer Gunst gestanden.[87] Er war vom Könige ermächtigt,
der Prinzessin zu versprechen, daß, wenn sie davon abstehen wolle, das
Haus der Gemeinen um Unterstützung ihrer Sache anzugehen, ihr Einkommen
von dreißigtausend auf funfzigtausend Pfund erhöht werden solle. Die
Gräfin schlug dieses Anerbieten rund ab. Sie war schamlos genug, die
Andeutung fallen zu lassen, daß das Wort des Königs keine genügende
Sicherheit biete. »Ich bin fest überzeugt,« sagte Shrewsbury, »daß
Seine Majestät seine Verpflichtungen pünktlich erfüllen wird. Thut er
dies nicht, so will ich ihm keine Stunde länger dienen.« -- »Das würde
Ihnen zu großer Ehre gereichen, für die Prinzessin aber ist es ein sehr
armseliger Trost,« entgegnete das hartnäckige Weib. Nachdem Shrewsbury
sich vergebens bemüht hatte, die Dienerin zu bewegen, erlangte er
endlich eine Audienz bei der Gebieterin. Anna sagte ihm mit Worten, die
ihr wahrscheinlich von ihrer Freundin Sara in den Mund gelegt waren,
die Sache sei bereits zu weit gediehen, als daß sie rückgängig gemacht
werden könnte, und müsse der Entscheidung der Gemeinen überlassen
bleiben.[88]

Das Wahre an der Sache war, daß die Einbläser der Prinzessin vom
Parlamente eine viel größere Summe als die vom König angebotene zu
erlangen hofften. Sie wollten nur mit siebzigtausend Pfund zufrieden
sein. Doch sie gingen zu weit in ihrer Geldgier. Das Haus der Gemeinen
schien zwar geneigt, Ihre Königliche Hoheit zu befriedigen; als aber
ihre allzu eifrigen Freunde die Summe zu nennen wagten, die sie
bewilligt zu sehen wünschten, erhob sich lautes Murren. Siebzigtausend
Pfund jährlich zu einer Zeit, wo die nothwendigen Ausgaben des Staats
sich täglich mehrten, wo der Ertrag der Zölle sich täglich verminderte,
wo jeder Gutsherr und jeder Pächter den Aufwand für seine Tafel und
seinen Keller beschränkte! Die allgemeine Ansicht des Hauses war, daß
die Summe, die der König, wie man wußte, zu bewilligen geneigt war,
vollkommen hinreichend sei.[89] Endlich wurde von beiden Seiten etwas
zugestanden. Die Prinzessin mußte sich mit funfzigtausend Pfund jährlich
begnügen und Wilhelm willigte darein, daß ihr diese Summe durch eine
Parlamentsacte gesichert werde. Sie belohnte die Dienste der Lady
Marlborough mit einem Jahrgelde von tausend Pfund;[90] doch ist dies
aller Wahrscheinlichkeit nach nur ein sehr kleiner Theil dessen, was die
Churchill bei diesem Geschäft verdienten.

Nachdem diese Angelegenheit geordnet war, lebten die beiden königlichen
Schwestern viele Monate hindurch auf einem artigen und sogar anscheinend
freundschaftlichen Fuße. Marie aber empfand, obwohl sie gegen Anna
keinen Groll gehegt zu haben scheint, unzweifelhaft gegen Lady
Marlborough einen so starken Haß, wie ihn ein sanftes Gemüth überhaupt
zu fühlen vermag. Marlborough hatte einen großen Theil der Zeit, während
der seine Gattin die Tories bearbeitet, im Auslande zugebracht, und war,
obgleich er unzweifelhaft im Einvernehmen mit ihr gehandelt, doch wie
immer mit Mäßigung und Anstand zu Werke gegangen. Er erhielt daher nach
wie vor von Wilhelm mancherlei Gunstbezeigungen, die von keiner
Mißfallensäußerung begleitet waren.

In der Debatte über die Feststellung des Einkommens trat der Unterschied
zwischen Whigs und Tories nicht sehr auffallend hervor. In der That,
wenn die beiden Parteien in irgend etwas übereinstimmten, so war es
darin, daß sie es für zweckmäßig hielten, die Zölle der Krone auf nicht
mehr als vier Jahre zu bewilligen. Aber es gab andere Fragen, welche die
alte Feindschaft in aller Stärke wieder hervorriefen. Die Whigs bildeten
jetzt die Minorität, aber eine durch ihre Anzahl furchtbare und durch
ihre Talente noch furchtbarere Minorität. Sie führten den
parlamentarischen Krieg mit nicht geringerer Erbitterung, als da sie die
Majorität bildeten, aber noch etwas geschickter. Sie stellten mehrere
Anträge, die ein Hochkirchlicher nicht wohl unterstützen, denen aber ein
Diener Wilhelm's und Marien's nicht wohl opponiren konnte. Der Tory, der
für diese Anträge stimmte, lief große Gefahr von den starrsinnigen
Cavalieren seiner Grafschaft als ein Abtrünniger bezeichnet zu werden;
der Tory, der gegen dieselben stimmte, lief große Gefahr in Kensington
unfreundlich empfangen zu werden.


[_Bill, welche die Acte des vorhergehenden Parlaments für gültig
erklärte._] Augenscheinlich in Verfolgung dieser Politik legten die
Whigs auf den Tisch der Lords eine Bill nieder, welche alle durch das
vorige Parlament erlassenen Gesetze für gültig erklärte. Diese Bill war
nicht sobald gelesen, als auch die Polemik des vergangenen Frühjahrs
sich erneuerte. Die Whigs hatten bei dieser Gelegenheit fast alle
diejenigen Cavaliere zu Bundesgenossen, welche mit der Regierung in
Connection standen. Die strengen Tories, mit Nottingham an der Spitze,
erklärten sich bereit zu verordnen, daß jedes im Jahre 1689 erlassene
Gesetz dieselbe Kraft haben solle, die es gehabt haben würde, wenn es
von einem in regelmäßiger Weise einberufenen Parlamente erlassen worden
wäre; nichts aber würde sie bewegen anzuerkennen, daß eine ohne
Autorität des großen Siegels zusammengetretene Versammlung von Lords und
Gentlemen verfassunggemäß ein Parlament sei. Wenige Fragen scheinen
stärkere Leidenschaften erregt zu haben, als die in praktischer
Beziehung ganz unwichtige Frage, ob die Bill declaratorisch sein sollte
oder nicht. Nottingham, stets rechtschaffen und ehrenwerth, aber ein
Bigotter und Formalist, war in diesem Punkte ganz besonders obstinat und
unbeugsam. Bei einer Debatte verlor er seine Selbstbeherrschung, setzte
die Schicklichkeit aus den Augen, die er sonst streng zu beobachten
pflegte, und wäre bei einem Haare unter Aufsicht des schwarzen Stabes
gestellt worden.[91] Nach langem Kampfe behaupteten die Whigs mit einer
Majorität von sieben Stimmen das Feld.[92] Viele Peers unterzeichneten
einen von Nottingham entworfenen energischen Protest. In diesem Protest
war die Bill, welche in der That der sprachlichen Kritik Blößen darbot,
unhöflicherweise als weder in gutem Englisch noch in verständlichem
Style abgefaßt bezeichnet. Die Majorität faßte den Beschluß, daß der
Protest gestrichen werden solle, und gegen diesen Beschluß protestirten
Nottingham und seine Anhänger abermals.[93] Dem Könige mißfiel die
Hartnäckigkeit seines Staatssekretärs, sie mißfiel ihm so sehr, daß
Nottingham erklärte, er gedenke die Siegel abzugeben; doch der Streit
wurde bald geschlichtet. Wilhelm war zu einsichtsvoll, als daß er den
Werth eines redlichen Mannes in einem unredlichen Zeitalter nicht zu
schätzen gewußt hätte, denn gerade die Gewissenhaftigkeit, welche
Nottingham zum Widerspenstigen machte, war eine Gewähr dafür, daß er nie
ein Verräther werden würde.[94]

Die Bill kam ins Unterhaus und man erwartete mit Gewißheit, daß der
Kampf dort lang und heftig sein würde; aber eine einzige Rede brachte
die Sache ins Reine. Somers setzte mit einer logischen Schärfe und
Beredtsamkeit, über welche selbst ein Auditorium erstaunte, das
gewohnt war, ihn mit Vergnügen anzuhören, die Ungereimtheit des
von den Hochtories festgehaltenen Prinzips auseinander. »Wenn die
Convention,« -- so argumentirte er, -- »kein Parlament war, wie
können wir ein Parlament sein? Eine Verordnung Elisabeth's bestimmt,
daß Niemand in diesem Hause Sitz und Stimme haben solle, bis er den
alten Suprematseid geleistet habe. Nicht Einer von uns hat diesen Eid
geleistet. Anstatt dessen haben wir Alle den neuen Eid geleistet, den
das vorige Parlament an die Stelle des alten gesetzt hat. Es ist sonach
ein Widerspruch, wenn man sagt, daß die Acte des vorigen Parlaments
jetzt nicht mehr gültig seien, und gleichwohl von uns verlangt, daß
wir ihre fortdauernde Gültigkeit dekretiren sollen. Denn entweder sind
sie schon gültig, oder wir können sie nicht gültig machen.« Dieses
Raisonnement, das in der That so unwiderleglich war wie das des Euklid,
machte der Debatte sehr bald ein Ende. Die Bill wurde von den Gemeinen
achtundvierzig Stunden nach ihrer ersten Lesung angenommen.[95]


[_Debatten über die Veränderungen bei den Milizen._] Dies war der
einzige Sieg, den die Whigs während der ganzen Session errangen. Im
Unterhause beschwerten sie sich laut über die Veränderung, welche in der
militärischen Verwaltung der City vorgenommen worden war. Die Tories,
sich ihrer Stärke bewußt und durch Rachedurst erhitzt, weigerten sich
nicht allein, das Geschehene zu tadeln, sondern beschlossen sogar, dem
Könige öffentlich und feierlich dafür zu danken, daß er so viele
Schismatiker entfernt und so viele Mitglieder der Staatskirche an deren
Stelle gesetzt habe. Clarges, Mitglied für Westminster, der als Freund
Caermarthen's bekannt war, beantragte eine Dankadresse. »Die
Veränderungen, welche in der City vorgenommen worden sind,« sagte
Clarges, »beweisen die warme Fürsorge Sr. Majestät für uns. Ich hoffe er
wird in allen Grafschaften des Landes ähnliche Veränderungen vornehmen.«
Die Minorität wehrte sich tapfer. »Wollen Sie dem Könige dafür danken,«
sagte sie, »daß er das Schwert seinen gefährlichsten Feinden in die Hand
giebt? Einige von Denen, die man ihm gerathen hat mit einem
militärischen Commando zu betrauen, haben sich noch nicht einmal
entschließen können, ihm Treue zu schwören. Andere waren zu einer
schlimmen Zeit als zuverlässige Geschworene bekannt, die gewiß waren,
einen Exclusionisten auf jeden Beweis oder auch auf gar keinen Beweis
hin schuldig zu finden.« Auch unterließen die whiggistischen Redner
nicht, solche Themata zur Sprache zu bringen, über welche alle Parteien
in der Stunde der Gefahr mit Beredtsamkeit sprechen, die aber jede in
der Stunde des Glücks nur zu bereit ist leicht zu nehmen. »Fassen wir
nicht einen Beschluß,« sagten sie, »welcher einen Tadel gegen einen
großen Theil unserer Landsleute enthält, die gute Unterthanen und gute
Protestanten sind. Der König muß das Oberhaupt seines ganzen Volkes
sein. Machen wir ihn nicht zum Oberhaupte einer Partei.« Das war eine
ganz vortreffliche Doctrin; nur klang sie sonderbar im Munde von
Männern, die sich wenige Wochen früher der Indemnitätsbill widersetzt
und für die Sacheverell'sche Klausel gestimmt hatten. Die Adresse wurde
mit hundertfünfundachtzig gegen hundertsechsunddreißig Stimmen
angenommen.[96]


[_Abschwörungsbill._] Sobald die Zahlen verkündet waren, stellten die
Whigs im Aerger über ihre Niederlage einen Antrag, der die toryistischen
Staatsdiener in nicht geringe Verlegenheit setzte. Der Huldigungseid,
sagten die Whigs, sei in viel zu laxen Ausdrücken abgefaßt. Er halte
wohl einige wenige ehrenwerthe Jakobiten, die viel zu unbedeutend seien,
um schädlich werden zu können, von öffentlichen Aemtern fern, vermöge
aber durchaus nicht, die biegsamen und glatten Gewissen schlauer
Priester zu binden, die sich zwar stellten, als ob sie die Jesuiten
verabscheuten, es aber in der unmoralischen Casuistik, welche den
schlimmsten Theil des Jesuitismus bilde, sehr weit gebracht hätten.
Einige angesehene Geistliche hätten öffentlich ausgesprochen, andere
sogar es zu schreiben gewagt, daß sie Wilhelm in einem ganz andren Sinne
Treue geschworen hätten als Jakob. Jakob hätten sie die ganze Treue
geschworen, die ein loyaler Unterthan einem rechtmäßigen Souverain
schuldet; als sie aber versprochen, Wilhelm zu gehorchen, hätten sie nur
gemeint, daß sie, so lange es in seiner Macht liege, sie wegen
Rebellirens und Conspirirens gegen ihn aufhängen zu lassen, sich nicht
der Gefahr aussetzen würden, gehängt zu werden. Niemand dürfe sich
darüber wundern, daß die Vorschriften und das Beispiel der mißvergnügten
Geistlichen die mißvergnügten Laien verdorben habe. Wenn Domherren und
Rectoren sich nicht schämten zu gestehen, daß sie das Neue Testament mit
zweideutigen Gedanken geküßt, dürfe man schwerlich erwarten, daß
Advokaten und Steuereinnehmer gewissenhafter sein würden. Die Folge
davon sei, daß es in jedem Verwaltungszweige von Verräthern wimmele, daß
Männer, die das Brot des Königs äßen, Männer, denen die Eintreibung und
Abführung seiner Revenuen, die Verproviantirung seiner Schiffe, die
Bekleidung seiner Soldaten, die Ausrüstung seiner Artillerie für den
Felddienst anvertraut sei, ihn einen Usurpator zu nennen und auf seinen
baldigen Sturz zu trinken pflegten. Könne wohl eine Regierung sicher
sein, die von ihren eigenen Dienern gehaßt und betrogen würde? Und sei
nicht die englische Regierung Gefahren ausgesetzt, die ernste
Besorgnisse erwecken müßten, selbst wenn alle ihre Diener treu wären?
Eine angefochtene Thronfolge, Krieg mit Frankreich, Krieg in Schottland,
Krieg in Irland, sei dies Alles nicht schon genug, auch ohne Verrath in
jedem Arsenale und in jedem Zollhause? Es bedürfe eines Eides, der in zu
bestimmte Ausdrücke gefaßt sei, um hinwegerklärt werden zu können, in
Ausdrücken, die kein Jakobit nachsprechen könne, ohne sich eines
Meineids bewußt zu sein. Wenn auch die Eiferer für das unveräußerliche
erbliche Recht im allgemeinen kein Bedenken trügen, Wilhelm Treue zu
schwören, so würden sie doch wahrscheinlich nicht Lust haben, Jakob
abzuschwören. Auf diese Gründe hin wurde eine Abschwörungsbill von
äußerster Strenge im Hause der Gemeinen eingebracht. Es wurde beantragt,
zu verordnen, daß Jeder, der ein bürgerliches, militärisches oder
geistliches Amt bekleide, bei Strafe der Entlassung den verbannten König
feierlich abschwören solle, daß jeder Friedensrichter den
Abschwörungseid von jedem Unterthan verlangen könne und daß, wenn
derselbe verweigert würde, der Widerspenstige ins Gefängniß geworfen
werden und so lange darin bleiben solle, bis sein Starrsinn gebrochen
sei.

Die Härte dieser letzten Bestimmung wurde allgemein und mit vollem
Rechte getadelt. Jeden unwissenden, dienstfertigen Magistratsbeamten in
einen Staatsinquisitor zu verwandeln, darauf zu bestehen, daß ein
schlichter Mann, der ruhig und in Frieden lebte, der den Gesetzen
gehorchte, der seine Abgaben bezahlte, der nie ein öffentliches Amt
bekleidet und keine Aussicht hatte, jemals ein solches zu bekleiden,
der sich nie über Probleme der Staatswissenschaft den Kopf zerbrochen
hatte, unter eidlicher Bekräftigung eine bestimmte Ansicht über einen
Gegenstand abgeben sollte, über den die gelehrtesten Doctoren des
Jahrhunderts ganze Bibliotheken polemischer Werke geschrieben hatten,
und ihn in einem Kerker verfaulen zu lassen, wenn er sich nicht
entschließen konnte zu schwören: dies wäre gewiß der höchste Grad von
Tyrannei gewesen. Die Klausel welche von den öffentlichen Beamten
verlangte, den entthronten König abzuschwören, war nicht den nämlichen
Einwendungen ausgesetzt. Doch auch gegen diese Klausel wurden einige
gewichtige Argumente geltend gemacht. Wer, sagte man, einen
rechtschaffenen Character und einen gesunden Verstand hat, ist durch den
jetzigen Eid hinreichend gebunden. Indem ein solcher Mann dem Könige
Wilhelm Treue und Gehorsam schwört, schwört er selbstverständlich König
Jakob ab. Es mag allerdings unter den Dienern des Staats und selbst
unter den Dienern der Kirche einige geben, die weder Ehrgefühl noch
Religion haben und welche bereit sind, für Geld meineidig zu werden. Es
mag Andere geben, welche die verderbliche Gewohnheit haben, die
heiligsten Pflichten der Moral wegzuphilosophiren, und die der
Ueberzeugung sind, daß sie ohne zu sündigen mit einem stillschweigenden
Vorbehalt ein Versprechen geben können, das ohne solchen Vorbehalt
sündhaft sein würde. Gegen diese beiden Klassen von Jakobiten gewährt
der gegenwärtige Eid allerdings keine Sicherheit. Aber wird der neue
Test, wird überhaupt irgend ein Test wirksamer sein? Wird Jemand, der
kein Gewissen hat, oder Jemand, dessen Gewissen sich durch unmoralische
Sophismen beschwichtigen läßt, Bedenken tragen, jedwede Phrase, die man
ihm vorsagt, nachzusprechen? Der erstere wird die Heilige Schrift ohne
jeden Gewissensscrupel küssen, und die Scrupel des Andren werden sehr
leicht zu heben sein. Heute schwört er dem einen Könige mit einem
stillschweigenden Vorbehalt Treue, morgen wird er dem andren Könige mit
einem stillschweigenden Vorbehalt Treue schwören. Man hoffe nicht, daß
der Scharfsinn der Gesetzgeber jemals einen Eid ersinnen wird, den der
Scharfsinn der Casuisten nicht zu umgehen wüßte. Welchen Werth hat
überhaupt irgend ein Eid in solchen Dingen? Unter den vielen Lehren,
welche die Unruhen der vorigen Generation uns hinterlassen haben, ist
keine einleuchtender als die, daß keine noch so genau bestimmte
Wortformel, kein noch so feierlicher Schwur jemals eine Regierung vom
Untergange gerettet hat noch jemals retten wird. Wurde nicht der
Feierliche Bund und Covenant unter dem Hurrahgeschrei vieler Tausende,
die ihn selbst unterschrieben, vom Henker verbrannt? Wie viele von den
Staatsmännern und Kriegern, welche die Hauptrolle bei der
Wiedereinsetzung Karl's II. spielten, hatten ihn nicht zu wiederholten
Malen abgeschworen? Ist es sogar nicht wohlbekannt, daß einige von
diesen Männern prahlend versicherten, daß sie ihn nie hätten
wiedereinsetzen können, wenn sie ihn nicht abgeschworen hätten?

Die Debatten waren heftig und der Ausgang schien kurze Zeit zweifelhaft,
denn einige von den im Amte befindlichen Tories hatten keine Lust, ein
Votum abzugeben, das ihnen als ein Zeichen von Lauheit in der Sache des
Königs, dem sie dienten, ausgelegt werden konnte. Wilhelm erklärte
jedoch, daß er nicht wünsche, seinen Unterthanen einen neuen Eid
aufzudringen. Einige Worte aus seinem Munde entschieden den Ausgang des
Kampfes. Die Bill wurde sechsunddreißig Stunden nachdem sie eingebracht
worden, mit hundertzweiundneunzig gegen hundertfünfundsechzig Stimmen
verworfen.[97]

Selbst nach dieser Niederlage kehrten die Whigs hartnäckig zum Angriffe
zurück. Da sie in dem einen Hause geschlagen worden waren, erneuerten
sie den Kampf in dem andren. Fünf Tage nach Verwerfung der
Abschwörungsbill bei den Gemeinen, wurde eine andre, etwas mildere, aber
immer noch sehr harte Abschwörungsbill auf den Tisch der Lords
gelegt.[98] Der nunmehrige Vorschlag ging dahin, daß Niemand in einem
der beiden Parlamentshäuser Sitz und Stimme haben noch ein bürgerliches,
militärisches oder richterliches Amt bekleiden solle, der nicht die
Erklärung abgebe, Wilhelm und Marien gegen Jakob und seine Anhänger
beizustehen. Jeder männliche Bewohner des Königreichs, der das
sechzehnte Lebensjahr erreicht hatte, sollte bis zu einem bestimmten
Tage die nämliche Erklärung abgeben, that er es nicht, so sollte er
doppelte Steuern bezahlen und des Wahlrechts verlustig gehen.

An dem zur zweiten Lesung festgesetzten Tage kam der König ins Haus der
Peers. Er gab seine formelle Zustimmung zu mehreren Gesetzen, legte
seinen Königsmantel ab, ließ sich auf einen für ihn bereit gestellten
Sessel nieder und hörte der Debatte mit großer Aufmerksamkeit zu. Zum
allgemeinen Erstaunen sprachen zwei Cavaliere, die sich durch ihren
Eifer für die Revolution ausgezeichnet hatten, gegen den vorgeschlagenen
Huldigungseid. Lord Wharton, ein Puritaner, der für das Lange Parlament
gefochten, sagte mit ergötzlicher Naivität, er sei ein sehr alter Mann,
habe viel unruhige Zeiten durchlebt, habe seiner Zeit eine große Menge
Eide geleistet und fürchte sehr, daß er sie nicht alle gehalten habe. Er
bat den Himmel, daß ihm dies nicht als Sünde angerechnet werden möchte,
und erklärte, daß er sich nicht dazu verstehen könne, seiner eignen
Seele wie den Seelen seiner Nächsten noch mehr Schlingen zu legen. Der
Earl von Macclesfield, der Anführer der englischen Freiwilligen, welche
Wilhelm von Helvoetluys nach Torbay begleitet hatten, erklärte, daß er
sich ganz in dem nämlichen Falle befinde wie Lord Wharton. Marlborough
unterstützte die Bill und sagte, er wundre sich, daß Macclesfield, der
eine so hervorragende Rolle bei der Revolution gespielt habe, dagegen
sei. Gereizt durch die Beschuldigung der Inconsequenz, erwiederte
Macclesfield mit rücksichtsloser Heftigkeit: »Der edle Earl übertreibt
die Bedeutsamkeit der Rolle, die ich bei der Befreiung unsres
Vaterlandes gespielt habe. Ich war allerdings bereit und werde stets
bereit sein, zur Vertheidigung der Gesetze und Freiheiten desselben mein
Leben zu wagen. Aber es giebt Grenzen, über die ich, selbst um seiner
Gesetze und Freiheiten willen, nie hinausgehen könnte. Ich lehnte mich
nur gegen einen schlechten König auf: ich kenne Leute, die weit mehr
thaten.« Obwohl Marlborough nicht leicht aus der Fassung zu bringen war,
die Spitze dieses Sarkasmus mußte er nothwendig fühlen. Wilhelm sah
ungehalten aus und die Stimmung des ganzen Hauses war verdüstert. Mit
einundfunfzig gegen vierzig Stimmen wurde beschlossen, die Bill an den
Ausschuß zu verweisen, und sie kam auch wirklich in den Ausschuß, allein
es wurde kein Bericht darüber erstattet. Nach vielen harten Kämpfen
zwischen den Whigs unter Leitung Shrewsbury's und den Tories unter
Leitung Caermarthen's war sie so verstümmelt, daß wenig mehr als der
Name von ihr übrig blieb und daß Die, welche sie eingebracht hatten, sie
eines weiteren Streites nicht für werth hielten.[99]


[_Begnadigungsacte._] Die Niederlage der Whigs wurde durch eine
Mittheilung von Seiten des Königs vervollständigt. Caermarthen erschien
im Hause der Lords mit einem von Wilhelm unterzeichneten Pergament in
der Hand. Es war eine Begnadigungsacte für politische Vergehen.

Eine vom Souverain ausgehende Begnadigungsacte und eine von den Ständen
des Reichs ausgehende Indemnitätsacte unterscheiden sich in einigen
wesentlichen Punkten von einander. Eine Indemnitätsacte geht durch alle
Stadien, die andere Gesetze durchlaufen müssen und kann auf diesem Wege
von beiden Häusern abgeändert werden. Eine Begnadigungsacte wird mit
besonderer Ehrerbietung aufgenommen, wird nur einmal bei den Lords und
einmal bei den Gemeinen gelesen und muß entweder ganz verworfen oder so
wie sie ist angenommen werden.[100] Dem vorigen Parlamente hatte Wilhelm
eine solche Acte nicht vorzulegen gewagt. In dem neuen Parlamente aber
war er der Majorität gewiß und die Minorität gab keinen Grund zu
Besorgnissen. Der Starrsinn, der zwei Sessionen hindurch den Fortschritt
der Indemnitätsbill gehemmt hatte, war endlich durch Niederlagen und
Demüthigungen gebrochen. Beide Häuser hörten die Lesung der
Begnadigungsacte stehend und entblößten Hauptes an und genehmigten sie
ohne eine einzige dissentirende Stimme.

Diese Einstimmigkeit würde nicht stattgefunden haben, wären nicht einige
große Verbrecher von der Amnestie ausgeschlossen gewesen. Unter diesen
standen in erster Reihe die noch lebenden Mitglieder des hohen
Gerichtshofes, der Karl I. verurtheilt hatte. Ihnen reihten sich die
beiden namenlosen Scharfrichter an, welche mit maskirten Gesichtern auf
dem Schaffot vor dem Bankethause ihr Henkeramt verrichtet. Niemand wußte
wer und welchen Standes sie waren. Vielleicht lebten sie schon längst
nicht mehr. Dennoch hielt man es für nothwendig zu erklären, daß, wenn
sie jetzt, nach einem Zeitraum von einundvierzig Jahren entdeckt würden,
sie noch immer der Strafe für ihr großes Verbrechen unterliegen sollten.
Vielleicht würde es kaum nöthig gewesen sein, diese Männer zu erwähnen,
wären nicht durch das kürzliche Erscheinen Ludlow's in England die
Animositäten der vorhergehenden Generation wieder angefacht worden.
Außerdem wurden etwa dreißig von den Werkzeugen der Tyrannei Jakob's dem
Gesetz überlassen. Mit diesen wenigen Ausnahmen wurden alle bis zu dem
Tage, an welchem der Acte die königliche Namensunterschrift beigefügt
worden, mit dem Mangel der Vergessenheit bedeckt.[101] Selbst diejenigen
Verbrecher, welche mit Namen ausgenommen waren, hatten wenig zu
fürchten. Viele von ihnen lebten im Auslande, und die in England
befindlichen waren überzeugt, daß man sie nicht behelligen würde, wenn
sie sich keines neuen Vergehens schuldig machten.

Die Begnadigungsacte verdankte die Nation Wilhelm allein und sie ist
einer seiner reinsten und edelsten Ruhmestitel. Vom Beginn der
bürgerlichen Unruhen des 17. Jahrhunderts bis zur Revolution war auf
jeden von der einen oder der andren Partei gewonnenen Sieg eine blutige
Proscription gefolgt. Als die Rundköpfe über die Cavaliere siegten, als
die Cavaliere über die Rundköpfe siegten, als die Fabel von der
papistischen Verschwörung den Whigs das Uebergewicht gab, als die
Entdeckung des Ryehousecomplots das Uebergewicht den Tories zurückgab,
war Blut, wieder Blut und immer wieder Blut geflossen. Jeder große
Ausbruch und jeder große Umschwung des Volksgeistes war von strengen
Maßregeln begleitet gewesen, denen die herrschende Partei seiner Zeit
lauten Beifall zollte, welche aber die Geschichte und die Nachwelt bei
ruhiger Betrachtung gemißbilligt haben. Kein einsichtsvoller und humaner
Mann, welcher politischen Meinung er auch huldigen mag, spricht jetzt
ohne Tadel von dem Tode Laud's oder Vane's, Stafford's oder Russell's.
Von den wechselseitigen Schlächtereien ist die letzte und schlimmste
die, welche untrennbar mit den Namen Jakob und Jeffreys verbunden ist.
Sie würde aber sicherlich nicht die letzte, und vielleicht auch nicht
die schlimmste gewesen sein, hätte Wilhelm nicht soviel Tugend und
Festigkeit besessen, dem Drängen seiner eifrigsten Anhänger entschieden
zu widerstehen. Diese Männer wollten für Alles was sie während sieben
unheilvoller Jahre erduldet hatten, furchtbare Wiedervergeltung üben.
Das Schaffot Sidney's, der Galgen Cornish's, der Scheiterhaufen, auf
welchem Elisabeth Gaunt in den Flammen umgekommen war, weil sie einen
Flüchtling beherbergt, die Portale der Kirchen von Somersetshire, über
denen die Köpfe und Gliedmaßen ermordeter Landleute ausgesteckt waren,
die Kielräume der Jamaikaschiffe, aus denen jeden Tag der Leichnam eines
vor Durst und verdorbener Luft umgekommenen Gefangenen den Haifischen
vorgeworfen worden war: dies Alles war bei der Partei, welche der
Revolution auf einige Zeit die Herrschaft im Staate verschafft hatte,
noch in frischem Andenken. Einige Oberhäupter dieser Partei hatten ihr
Leben durch hohe Lösegelder erkauft; Andere hatten lange in Newgate
geschmachtet; noch Andere hatten Winter auf Winter in den Mansarden von
Amsterdam gedarbt und gefroren. Es war ganz natürlich, daß sie zur Zeit
ihrer Macht und ihres Glücks einen Theil der ertragenen Leiden ihren
Feinden zurückzugeben wünschten. Ein ganzes Jahr lang verfolgten sie
ihren Racheplan. Es gelang ihnen, eine Indemnitätsbill nach der andren
zu Schanden zu machen, und nichts stand zwischen ihnen und ihren Opfern
als Wilhelm's unerschütterlicher Entschluß, daß der Ruhm der großen
Befreiung, die er bewerkstelligt, nicht durch Grausamkeiten befleckt
werde. Seine Milde war eine nur ihm eigene. Es war nicht die Milde eines
damit Prahlenden, oder eines Sentimentalen, oder eines Sanftmüthigen.
Sie war kalt, schroff, unbeugsam. Sie brachte keine schönen
theatralischen Effecte hervor, sie zog ihm heftige Schmähungen von
Seiten Derjenigen zu, deren böswillige Leidenschaften er nicht
befriedigen wollte, und trug ihm keinen Dank von Seiten Derer ein, die
ihm Vermögen, Freiheit und Leben verdankten. Während die heftigen Whigs
über seine Nachsicht spöttelten, machten ihm die Agenten der gestürzten
Regierung, sobald sie ihre Stellungen gesichert sahen, anstatt ihre
Verpflichtungen gegen ihn anzuerkennen, in beleidigender Sprache
Vorwürfe wegen der Milde, die er auf sie ausgedehnt hatte. Seine
Begnadigungsacte, sagten sie, habe seine Erklärung vollständig
widerlegt. Könne man wohl glauben, daß er, wenn an den Beschuldigungen,
die er gegen die vorige Regierung erhoben, etwas Wahres sei, den
Schuldigen Straflosigkeit gewährt haben würde? Er selbst gestehe jetzt
mit seiner eigenhändigen Unterschrift ein, daß die Geschichten, durch
welche er und seine Freunde die Nation getäuscht und die königliche
Familie vertrieben hätten, bloße Verleumdungen seien, die er zur
Erreichung seines Zweckes ersonnen. Jetzt, nachdem dieser Zweck erreicht
sei, würden die Beschuldigungen, durch die er den Volksgeist bis zum
Wahnsinn erhitzt habe, kalt zurückgenommen.[102] Doch er ließ sich durch
nichts von dem Allen irre machen. Er hatte wohl gethan. Er hatte seine
Popularität bei Leuten, die seine wärmsten Verehrer gewesen waren, aufs
Spiel gesetzt, um Leuten, die seinen Namen nie anders als mit einer
Verwünschung nannten, Ruhe und Sicherheit zu verschaffen, und hatte
Denen, die er beschützt, keine geringere Wohlthat erwiesen als Denen,
die er um ihre Rache gebracht. Die eine Partei hatte er vor einer
Proscription, die andre vor einer Reaction bewahrt, die eine solche
Proscription unvermeidlich erzeugt haben würde. Schlimm genug für sein
Volk, wenn es seine Politik nicht gebührend würdigte. Er hatte seine
Pflicht gegen dasselbe erfüllt, und er scheute weder Tadel, noch
verlangte er Dank.


[_Das Parlament prorogirt._] Am 20. Mai wurde die Begnadigungsacte
angenommen. Der König kündigte hierauf den beiden Häusern an, daß er
seine Reise nach Irland nicht länger aufschieben könne, daß er daher
beschlossen habe, sie zu prorogiren, und daß, wenn nicht ein
unerwartetes Ereigniß ihm ihren Rath und Beistand nöthig machte, er sie
bis zum nächsten Winter nicht von ihren Wohnsitzen zurückrufen würde.
»Dann,« sagte er, »hoffe ich, so Gott will, auf ein glückliches
Wiedersehen.«

Das Parlament hatte eine Acte erlassen, welche bestimmte daß, sobald er
England verließe, Marie berechtigt sein sollte, die Regierung des
Königreichs in seinem und ihrem Namen zu verwalten. Nichtsdestoweniger
aber sollte er während seiner Abwesenheit seine ganze Autorität
behalten. Es wurden gegen diese Anordnung einige Einwendungen erhoben.
In diesem Falle, sagte man, gebe es also zwei oberste Gewalten im
Staate; ein öffentlicher Beamter könne vom König und der Königin
einander direct widerstreitende Befehle erhalten und nicht wissen,
welchen er nachkommen solle. Der Einwurf war ohne allen Zweifel
theoretisch wohl begründet; allein es bestand ein so vollkommenes
Vertrauen und eine so innige Zuneigung zwischen dem königlichen Paare,
daß ein praktischer Nachtheil nicht zu befürchten war.[103]


[_Rüstungen für den ersten Krieg._] In Bezug auf Irland waren die
Aussichten Wilhelm's jetzt viel erfreulicher, als sie es einige Monate
früher gewesen. Die Thätigkeit, mit der er die Rüstungen für den
nächsten Feldzug persönlich betrieben, hatte Außerordentliches bewirkt.
Die Nerven der Regierung waren neu gestählt, in jedem Zweige der
Militärverwaltung war der Einfluß eines energischen Geistes zu erkennen.
Reiche Vorräthe von Lebensmitteln, Bekleidungsstücken und Arzeneien von
ganz andrer Qualität als die, welche Shales geliefert hatte, wurden über
den St. Georgskanal geschickt. Tausend Bagagewagen waren mit großer Eil
angefertigt oder herbeigeschafft worden, und einige Wochen lang war die
Straße zwischen London und Chester mit denselben bedeckt. Massen von
Rekruten wurden abgesandt, um die Lücken auszufüllen, welche Krankheit
in die englischen Reihen geschlagen hatte; frische Regimenter aus
Schottland, Cheshire, Lancashire und Cumberland wurden in der Bai von
Belfast ausgeschifft, und die Uniformen und Waffen der Neuankommenden
verriethen deutlich den mächtigen Einfluß des Auges des Gebieters.
Zugleich mit den britischen Bataillonen trafen auch mehrere kühne
Schaaren deutscher und skandinavischer Söldlinge ein, und so belief sich
vor Ende Mai die in Ulster versammelte englische Streitmacht auf
dreißigtausend kampffähige Männer. Eine weitere kleine Anzahl Truppen
und eine ungeheuere Masse von Kriegsvorräthen befanden sich an Bord
einer Flotte, welche in der Mündung des Dee lag und bereit war die Anker
zu lichten, sobald der König sich eingeschifft haben würde.[104]


[_Jakob's Verwaltung in Dublin._] Jakob hätte die Zeit, während seine
Truppen in ihren Winterquartieren lagen, eben so gut anwenden sollen.
Strenge Disciplin und regelmäßige Waffenübungen hätten die athletischen
und begeisterten Landleute, die unter seinem Banner versammelt waren, in
gute Soldaten verwandeln können. Aber man ließ die Gelegenheit unbenutzt
vorübergehen. Der Hof von Dublin beschäftigte sich während dieser Zeit
der Unthätigkeit mit Spiel und Wein, mit Liebesbriefen und
Herausforderungen. Die Hauptstadt gewährte zwar keinen sehr glänzenden
Anblick, denn die Gesammtzahl der Equipagen, welche daselbst aufgebracht
werden konnten, die des Königs und der französischen Gesandtschaft mit
eingerechnet, betrug keine vierzig.[105] Aber trotz des geringen Glanzes
herrschte doch große Ausschweifung. Ernste Katholiken schüttelten die
Köpfe und sagten, das Schloß sehe nicht aus wie der Palast eines Königs,
der sich rühme der Vorkämpfer einer Kirche zu sein.[106] Die
militärische Verwaltung war noch eben so traurig bestellt als je. Die
Cavallerie wurde zwar durch die Bemühungen einiger tapferer Offiziere
auf einer hohen Stufe der Tüchtigkeit erhalten; aber ein
Infanterieregiment unterschied sich durch nichts als den Namen von einer
starken Bande Rapparees. Ja, eine Bande Rapparees belästigte sogar die
friedlichen Bürger weniger und fügte dem Feinde mehr Schaden zu als ein
Regiment Infanterie. Avaux schilderte in einer Denkschrift, die er Jakob
überreichte, mit nachdrücklichen Worten die Mißbräuche, welche das
irische Fußvolk zu einem Fluche und zu einer Schmach für Irland machten.
Ganze Compagnien, sagt der Gesandte, verlassen auf dem Marsche ihre
Fahnen und machen Abstecher nach Rechts und Links, um zu plündern und zu
verwüsten; der Soldat sorgt nicht für Instandhaltung seiner Waffen, der
Offizier kümmert sich nie darum, ob die Waffen in gutem Stande sind und
die Folge davon ist, daß jeder dritte Mann sein Gewehr verloren hat und
jeder andre dritte Mann ein Gewehr besitzt, das nicht losgeht. Avaux
beschwor den König, das Maraudiren zu verbieten, anzubefehlen, daß die
Truppen regelmäßig exercirt würden und jeden Offizier zu bestrafen, der
es duldete, daß seine Leute ihre Waffen und Monturen vernachlässigten.
Wenn dies geschehe, dürfe Se. Majestät hoffen, zum bevorstehenden
Frühjahr eine Armee zu commandiren, mit der der Feind sich gar nicht
werde messen können. Der Rath war ganz gut, Jakob aber so weit entfernt,
denselben anzunehmen, daß er ihn kaum geduldig anhören wollte. Noch ehe
ihm acht Zeilen vorgelesen waren, gerieth er in Zorn und beschuldigte
den Gesandten der Uebertreibung. »Diese Schrift, Sire, ist nicht für die
Oeffentlichkeit geschrieben,« sagte Avaux, »sondern nur zur Aufklärung
Eurer Majestät, und in einer Schrift, welche den Zweck hat, Eure
Majestät aufzuklären, sind Schmeichelei und Beschönigung nicht
angewandt. Doch ich will nicht darauf bestehen, etwas vorzulesen, was
Ihnen so unangenehm ist.« -- »Lesen Sie weiter,« versetzte Jakob
ärgerlich, »ich will das Ganze hören.« Er wurde nach und nach ruhiger,
nahm die Denkschrift an sich, und versprach einige der darin enthaltenen
Winke zu benutzen. Aber sein Versprechen war bald wieder vergessen.[107]

Seine Finanzverwaltung war das genaue Ebenbild seiner Militärverwaltung.
Seine einzige fiskalische Hülfsquelle war directe oder indirecte
Beraubung. Jeder Protestant, der in irgend einem Theile der drei
südlichen Provinzen Irland's zurückgeblieben war, wurde direct beraubt
durch den einfachen und kurzen Prozeß, daß man ihm sein Geld aus dem
Kasten, seinen Wein aus dem Keller, sein Brennmaterial vom Hofe und
seine Kleider aus der Garderobe nahm. Indirect wurde er durch eine neue
Verausgabung von Münzen beraubt, welche kleiner und geringhaltiger waren
als irgend welche die bisher das Bildniß und die Legende Jakob's
getragen hatten. Selbst das Kupfergeld begann in Dublin selten zu
werden, und man sah sich genöthigt, Ludwig um Unterstützung anzugehen,
der seinem Verbündeten großmüthig eine alte geborstene Kanone schenkte,
um Kronen und Schillinge daraus prägen zu lassen.[108]


[_Ein Hülfscorps von Frankreich nach Irland gesandt._] Doch der
französische König hatte beschlossen, einen Succurs ganz andrer Art
hinüberzuschicken. Er erbot sich vier irische Regimenter in seinen
Dienst zu nehmen und durch die beste damals in der Welt bekannte
Disciplin ausbilden zu lassen. Sie sollten von Macarthy commandirt
werden, der bei Newton Butler schwer verwundet und gefangen genommen
worden war. Er war von seinen Wunden genesen und hatte durch Wortbruch
seine Freiheit wieder erlangt. Diesen schimpflichen Wortbruch hatte er
durch erbärmliche Winkelzüge und sophistische Entschuldigungen, die
einem Jesuiten besser angestanden haben würden als einem Edelmann und
Soldaten, noch schimpflicher gemacht. Ludwig wollte es sich gefallen
lassen, daß ihm die Leute in Lumpen gehüllt und unbewaffnet zugeschickt
würden, nur bestand er darauf, daß die Gemeinen kräftige Burschen und
die Offiziere keine bankerottirten Kaufleute und fortgejagte Lakaien,
sondern womöglich Leute von guter Familie wären, die Pulver gerochen
hätten. Für diese Truppen, deren Zahl sich auf nicht ganz viertausend
Mann belief, verpflichtete er sich, zwischen sieben- und achttausend
vortreffliche französische Infanteristen nach Irland zu schicken, welche
in einer Schlacht voraussichtlich von größerem Nutzen sein würden,
als sämmtliche Kernes von Leinster, Munster und Connaught
zusammengenommen.[109]

Einen großen Fehler beging er dabei. Die Armee, die er Jakob zur
Unterstützung sandte, war zwar klein im Vergleich zu der Armee in
Flandern oder zu der Rheinarmee, aber sie war zu einem Dienste bestimmt,
von welchem das Schicksal Europa's abhängen konnte, und hätte daher von
einem ausgezeichneten General befehligt werden sollen. Es fehlte in
Frankreich nicht an solchen Generälen; aber Jakob und seine Königin
baten dringend um Lauzun, und sie setzten seine Ernennung durch, trotz
Avaux' energischer Gegenvorstellungen, trotz Louvois' Rath und trotz
Ludwig's gegentheiliger Meinung.

Als Lauzun sich in Louvois' Cabinet begab, um seine Instructionen in
Empfang zu nehmen, führte der kluge Minister eine Sprache, welche
deutlich bewies, wie wenig Vertrauen er in den eitlen und excentrischen
fahrenden Ritter setzte. »Lassen Sie Sich um des Himmels willen nicht
durch Ihre Kampflust hinreißen. Setzen Sie Ihren ganzen Ruhm darein, die
Engländer zu ermüden und vor Allem halten Sie strenge Mannszucht.«[110]


Lauzun's Ernennung war nicht nur an sich ein Mißgriff, sondern man mußte
auch, um einen Mann an einen Posten zu stellen, dem er nicht gewachsen
war, zwei andere Männer von Posten entfernen, für die sich beide ganz
vorzüglich eigneten. So unmoralisch und hartherzig Rosen und Avaux immer
sein mochten, so war doch Rosen ein geschickter Feldherr und Avaux ein
gewandter Diplomat. Obwohl es nicht wahrscheinlich ist, daß sie im
Stande gewesen wären, Irland's Schicksal abzuwenden, so würden sie doch
wahrscheinlich den Kampf haben in die Länge ziehen können, und daß der
Kampf in die Länge gezogen wurde, lag offenbar im Interesse
Frankreich's. Es würde jedoch eine Beleidigung für den greisen General
gewesen sein, wenn man ihn unter Lauzun's Oberbefehl gestellt hätte, und
zwischen Lauzun und dem Gesandten bestand eine so heftige Feindschaft,
daß ein herzliches Zusammenwirken von ihnen nicht zu erwarten gewesen
wäre. Rosen und Avaux wurden daher Beide unter vielen besänftigenden
Versicherungen der königlichen Zufriedenheit und Gunst nach Frankreich
zurückberufen. Zu Anfang des Frühjahrs segelten sie mit der Flotte,
welche Lauzun nach Irland gebracht hatte, von Cork ab.[111] Lauzun war
nicht sobald gelandet, als er sich überzeugte, daß nichts zu seinem
Empfange vorbereitet war, obgleich man ihn seit längerer Zeit erwartet
hatte. Es waren keine Quartiere für seine Leute, keine Magazine zur
Aufnahme seiner Vorräthe, keine Pferde, keine Fuhrwerke besorgt.[112]
Seine Truppen mußten die Beschwerden eines langen Marsches durch eine
Wüste ertragen, ehe sie nach Dublin gelangten. Hier fanden sie
allerdings leidliche Verpflegung. Sie erhielten freies Quartier bei
Protestanten, hatten reichlich Brot und drei Pence täglich. Lauzun wurde
zum Oberbefehlshaber der irischen Armee ernannt und nahm seine Residenz
im Schlosse.[113] Sein Gehalt war der nämliche wie der des Vicekönigs,
achttausend Jakobus, gleich zehntausend Pfund Sterling jährlich. Diese
Summe erbot sich Jakob nicht in Kupfermünze mit seinem Bildniß, sondern
in französischem Golde zu bezahlen. Lauzun aber, zu dessen Fehlern die
Habsucht nicht gehörte, weigerte sich, seine Kasse aus einem fast leeren
Schatze zu füllen.[114]

Auf ihn und die ihn begleitenden Franzosen machten das Elend des
irischen Volks und die Verkehrtheit der irischen Regierung einen
Eindruck, den sie schwer beschreiben konnten. Lauzun schrieb an Louvois,
der Hof und das ganze Land befänden sich in einem Zustande, von welchem
sich derjenige, der immer in wohlgeordneten Staaten gelebt habe, keinen
Begriff machen könne. Es sei, sagte er, ein Chaos wie das, von dem er im
ersten Buche Mosis gelesen habe. Die öffentlichen Beamten thäten weiter
nichts, als daß sie sich mit einander stritten und die Regierung und das
Volk ausplünderten. Nachdem er etwa einen Monat im Schlosse zugebracht,
erklärte er, daß er um Alles in der Welt keinen zweiten solchen Monat
durchleben möchte, und seine tüchtigsten Offiziere bestätigten seine
Aussage.[115] Einer von ihnen war allerdings so ungerecht, das irische
Volk nicht nur als unwissend und träge, was es in der That war, sondern
auch als hoffnungslos dumm und gefühllos zu schildern, was es sicherlich
nicht war. Die englische Politik, sagte er, habe sie so vollkommen
verthiert, daß man sie kaum noch menschliche Geschöpfe nennen könne. Sie
seien unempfindlich gegen Lob und Tadel, gegen Versprechungen und
Drohungen; und doch sei es schade um sie, denn sie seien in physischer
Hinsicht der schönste Menschenschlag in der Welt.[116]


[_Plan der englischen Jakobiten; Clarendon, Aylesbury, Dartmouth._]
Inzwischen hatte Schomberg den Feldzug unter günstigen Auspicien
eröffnet. Mit geringer Mühe hatte er Charlemont, die letzte wichtige
Festung, welche die Irländer noch in Ulster behaupteten, genommen; aber
das große Werk der Wiedereroberung der drei südlichen Provinzen der
Insel verschob er bis zu Wilhelm's Ankunft. Wilhelm beschäftigte sich
unterdessen mit den Anordnungen zur Regierung und Vertheidigung
England's während seiner Abwesenheit. Er wußte sehr wohl, daß die
Jakobiten auf ihrer Hut waren. Bis vor ganz Kurzem waren sie noch keine
zusammenhängende und organisirte Faction gewesen. Es hatte, um Melfort's
Ausdruck zu gebrauchen, zahlreiche Trupps gegeben, welche alle entweder
mit Jakob im Dubliner Schlosse, oder mit Marien von Modena in
Saint-Germains in Verbindung standen, unter einander aber keine
Connection hatten und sich gegenseitig nicht trauten.[117] Seitdem es
aber bekannt geworden war, daß der Usurpator über den Kanal zu gehen
beabsichtige und daß er sein Scepter in weiblichen Händen zurücklassen
wolle, hatten sich diese Trupps eng aneinander angeschlossen und eine
ausgedehnte Verbindung zu bilden begonnen. Clarendon, der die Eide
verweigert, und Aylesbury, der sie ehrloser Weise geleistet hatte,
gehörten zu den Hauptverräthern. Dartmouth war, obgleich er den im
Besitz der Macht befindlichen Souverainen Treue geschworen, einer ihrer
thätigsten Feinde und er übernahm was man das Marinedepartement des
Complots nennen kann. Sein Geist war beständig mit einem englischen
Seemann eben nicht zur Ehre gereichenden Plänen zur Zerstörung der
englischen Flotten und Arsenale beschäftigt. Er stand in enger
Verbindung mit einigen Seeoffizieren, welche der neuen Regierung zwar
dienten, aber doch nur ungern und mit halbem Herzen, und er schmeichelte
sich, daß er diese Männer durch das Versprechen großer Belohnungen und
durch geschicktes Anschüren des neidischen Hasses, mit dem sie die
holländische Flagge betrachteten, dazu bewegen werde, zu desertiren und
ihre Schiffe in einen französischen oder irländischen Hafen zu
bringen.[118]


[_Penn._] Penn's Benehmen war kaum minder schändlich. Er war ein
eifriger und geschäftiger Jakobit, und seine neue Lebensbahn war der
moralischen Reinheit noch ungünstiger, als es die vorige gewesen war.
Es war kaum möglich, zu gleicher Zeit ein consequenter Quäker und ein
Höfling zu sein; ganz und gar unmöglich aber war es, ein consequenter
Quäker und ein Verschwörer zu sein. Es ist schmerzlich es sagen zu
müssen, daß Penn, während er selbst den Vertheidigungskrieg für sündhaft
zu halten erklärte, doch Alles that was in seiner Macht stand, um eine
fremde Armee ins Herz seines eignen Landes zu bringen. Er schrieb Jakob,
daß die Anhänger des Prinzen von Oranien nichts so sehr fürchteten als
einen Aufruf zu den Waffen, und daß, wenn jetzt von Frankreich oder
Irland aus ein Einfall in England unternommen würde, die Zahl der
Royalisten sich größer herausstellen werde als sie je gewesen. Avaux
hielt diesen Brief für so wichtig, daß er Ludwig eine Abschrift davon
einsandte.[119] Diese und ähnliche Mittheilungen, schrieb der schlaue
Gesandte, hätten auf die Stimmung König Jakob's einen guten Eindruck
gemacht, Se. Majestät sei endlich überzeugt, daß er seine Lande nur mit
dem Schwerte in der Hand wieder erlangen könne. Es ist ein interessanter
Umstand, daß es dem großen Friedensprediger vorbehalten sein sollte,
diese Ueberzeugung im Geiste des alten Tyrannen hervorzurufen.[120]
Penn's Verfahren war der Aufmerksamkeit der Regierung nicht entgangen.
Man hatte Verhaftsbefehle gegen ihn erlassen und er war eingezogen
worden; es hatten aber keine Beweise gegen ihn aufgebracht werden
können, die eine Anklage auf Hochverrath begründet hätten; er hatte bei
jeder Partei viele Freunde, die er auch trotz aller seiner Fehler zu
haben verdiente, und er wurde daher bald wieder in Freiheit gesetzt, um
zu seinen Comploten zurückzukehren.[121]


[_Preston._] Der Hauptverschwörer war jedoch Richard Graham, Viscount
Preston, der unter der vorigen Regierung Staatssekretär gewesen war.
Obgleich schottischer Peer, war er doch nur englischer Baronet. Er hatte
zwar von Saint-Germains ein englisches Hochadelsdiplom erhalten; aber
das Diplom war von einem späteren Datum als die Flucht, welche die
Convention für eine Abdankung erklärt hatte. Die Lords hatten sich
deshalb nicht nur geweigert, ihn ihrer Privilegien theilhaftig werden zu
lassen, sondern sie schickten ihn sogar ins Gefängniß, weil er sich
unbefugterweise einen der Ihrigen genannt habe. Da er indessen klein
beigegeben und seinen Anspruch zurückgezogen, hatte er seine Freiheit
wieder erlangt.[122] Obgleich die demüthige Sprache, die er bei dieser
Gelegenheit zu führen sich herabgelassen, keineswegs einen Märtyrersinn
verrieth, so betrachtete ihn doch seine Partei und die Welt überhaupt
als einen Mann von Muth und Ehre. Er führte noch die Siegel seines Amtes
und wurde von den Anhängern des unveräußerlich erblichen Rechts noch
immer als der wirkliche Staatssekretär angesehen. Er stand in hoher
Gunst bei Ludwig, an dessen Hofe er früher gelebt, und die französische
Regierung hatte ihm seit der Revolution bedeutende Geldsummen zu
politischen Zwecken anvertraut.[123]

Während Preston in der Hauptstadt mit den anderen Häuptern der Partei
Berathungen pflog, häuften die auf dem Lande wohnenden Jakobiten Waffen
auf, hielten Musterungen und formirten sich in Compagnien, Schwadronen
und Regimenter. In Worcestershire zeigten sich beunruhigende Symptome.
In Lancashire hatten viele Gentlemen von Jakob ausgestellte
Offizierpatente erhalten, nannten sich Obersten und Hauptleute und
entwarfen lange Listen von Unteroffizieren und Gemeinen. Briefe aus
Yorkshire brachten die Nachricht, daß starke Männerschaaren, die sich in
keiner guten Absicht versammelt zu haben schienen, auf den Sümpfen bei
Knaresborough gesehen worden seien. Briefe aus Newcastle berichteten von
einem großen Wettballspiele, das in Northumberland gehalten worden sei
und von dem man stark vermuthe, das es nur als Vorwand zu einer
Versammlung der Mißvergnügten gedient habe. Es sollten sich unter der
Menge hundertfunfzig wohl berittene und bewaffnete Reiter befunden
haben, von denen viele Papisten gewesen wären.[124]

Unterdessen gingen Briefpackete voll Verrath zwischen Kent und der
Picardie und zwischen Wales und Irland beständig hin und her. Einige der
Boten waren aufrichtige Fanatiker, andere aber waren bloße Miethlinge,
welche aus den ihnen zur Besorgung anvertrauten Geheimnissen Gewinn
zogen.


[_Die Jakobiten von Fuller verrathen._] Der interessanteste unter diesen
zweifachen Verräthern war Wilhelm Fuller. Dieser Mann hat uns selbst
erzählt, daß ihm in seiner Kindheit ein Buch in die Hände gefallen sei,
das eine Beschreibung des verbrecherischen Lebens und des entsetzlichen
Todes Dangerfield's enthielt. Die Phantasie des Knaben wurde dadurch
erhitzt; er verschlang das Buch und lernte es fast auswendig; eine
seltsame Ahnung stieg in ihm auf und verfolgte ihn seitdem beständig,
daß sein Schicksal dem des schändlichen Abenteurers gleichen werde,
dessen Geschichte er so eifrig gelesen hatte.[125] Man hätte meinen
sollen, daß die Aussicht, mit zerfleischtem Rücken und ausgeschlagenem
Auge in Newgate zu sterben, eben nicht viel Lockendes gehabt haben
könnte; allein die Erfahrung lehrt, daß es überspannte Köpfe giebt, für
welche eine gewisse Berühmtheit, selbst wenn sie mit Schmerz und Schande
begleitet ist, einen unwiderstehlichen Reiz hat. Von diesem
verwerflichen Ehrgeize beseelt, erreichte Fuller sein Vorbild und
übertraf es vielleicht noch. Er war im römisch-katholischen Glauben
erzogen und war Page bei Lady Melfort gewesen, als Lady Melfort als eine
der schönsten Frauen im Hofstaate Mariens von Modena in Whitehall
glänzte. Nach der Revolution begleitete er seine Gebieterin nach
Frankreich, wurde wiederholt zu delikaten und gefährlichen Aufträgen
verwendet und galt in Saint-Germains für einen treuen Diener des Hauses
Stuart. In Wirklichkeit aber hatte er sich auf einer seiner Reisen nach
London der neuen Regierung verkauft und den Glauben abgeschworen, in
welchem er erzogen war. Die Ehre, wenn man es so nennen darf, aus einem
werthlosen Papisten einen werthlosen Protestanten aus ihm gemacht zu
haben, schrieb er mit characteristischer Unverschämtheit der klaren
Logik und dem tadellosen Wandel Tillotson's zu.

Im Frühjahr 1690 wünschte Marie von Modena ihren Correspondenten in
London einige sehr wichtige Depeschen zukommen zu lassen. Da diese
Depeschen zu voluminös waren um in den Kleidern eines einzelnen Boten
verborgen werden zu können, mußte man sich zweier Vertrauten bedienen.
Der Eine war Fuller, der Andre war ein eifriger junger Jakobit, Namens
Crone. Vor ihrer Abreise erhielten sie noch genaue Instructionen von der
Königin selbst. Bei einer gewöhnlichen Untersuchung war an ihnen kein
Schnitzchen Papier zu entdecken; aber ihre Knöpfe enthielten mit
unsichtbarer Tinte geschriebene Briefe.

Das Paar reiste nach Calais. Der Gouverneur dieser Stadt lieferte ihnen
ein Boot, das sie unter dem Schutze der Nacht an der flachen und
sumpfigen Küste von Kent unweit des Leuchtthurmes von Dungeneß absetzte.
Von hier gingen sie nach einer Meierei, verschafften sich Pferde und
schlugen verschiedene Wege nach London ein. Fuller eilte nach Schloß
Kensington und überreichte dem Könige die ihm anvertrauten Papiere. Der
erste Brief, den Wilhelm entfaltete, schien nur überschwengliche
Complimente zu enthalten; aber es wurden Holzkohlen angezündet und eine
den damaligen Diplomaten wohlbekannte Flüssigkeit auf das Papier
gebracht; das Zimmer füllte sich mit einem übelriechenden Dampfe und
Zeilen sehr ernsten Inhalts begannen sichtbar zu werden.


[_Crone verhaftet._] Die Hauptsache war jetzt vor Allem, daß man Crone's
habhaft zu werden suchte. Unglücklicherweise hatte er Zeit gehabt, seine
Briefe abzugeben, bevor er festgenommen wurde; aber man hatte ihm eine
Schlinge gelegt, in die er leicht ging. Die aufrichtigen Jakobiten waren
im Allgemeinen sehr unzuverlässige Verschwörer; es gab unter ihnen eine
ungewöhnlich große Anzahl Dummköpfe, Prahler und Schwätzer, und dazu
gehörte auch Crone. Wäre er klug und vorsichtig gewesen, so würde er
öffentliche Orte gemieden, seine Zunge streng bewacht und sich bei
Tische mit einer Flasche begnügt haben. Anstatt dessen sahen die Agenten
der Regierung, wie er an einer Wirthshaustafel in Gracechurch Street auf
die Gesundheit König Jakob's trank und bombastisch von der kommenden
Restauration, von der französischen Flotte und den Tausenden
rechtschaffener Engländer sprach, welche nur das Zeichen erwarteten, um
sich für ihren rechtmäßigen Souverain bewaffnet zu erheben. Er wurde in
das Sekretariatsbureau nach Whitehall gebracht. Anfangs schien er ganz
ruhig und unbefangen zu sein; als er aber unter den Umstehenden Fuller
in Freiheit und elegant gekleidet, mit einem Degen an der Seite
erblickte, sank dem Gefangenen der Muth und er war kaum im Stande ein
Wort hervorzubringen.[126]

Die Nachricht, daß Fuller als Königszeuge aufgetreten, Crone verhaftet
und Wilhelm wichtige Briefe aus Saint-Germains in die Hände gefallen
seien, flog rasch durch ganz London und verbreitete Schrecken unter
Allen, die sich schuldig fühlten.[127] Allerdings war die Aussage eines
Zeugen, wäre dieser Zeuge auch ein achtbarerer Mann als Fuller gewesen,
gesetzlich nicht hinreichend, um Jemanden des Hochverraths zu
überführen. Aber Fuller hatte die Sache so einzurichten gewußt, daß
mehrere Zeugen vorgeführt werden konnten, die seine Aussage gegen Crone
bestärkten, und wenn Crone in der Todesangst Fuller's Beispiel
nachahmte, so fielen die Köpfe der Oberhäupter der Verschwörung in die
Gewalt der Regierung. Der Muth der Jakobiten wuchs jedoch, als sie
erfuhren, daß Crone, obgleich zu wiederholten Malen von Denen verhört,
die ihn in ihrer Gewalt hatten, und obgleich überzeugt, daß nichts als
ein offenes Geständniß ihm das Leben retten konnte, ein entschlossenes
Stillschweigen bewahrt habe. Welchen Eindruck eine Verurtheilung und die
nahe Aussicht des Todes auf ihn machen würde, stand noch zu erwarten.
Seinen Complicen war durchaus nichts daran gelegen, daß seine
Standhaftigkeit auf eine so harte Probe gestellt werde, und sie wendeten
daher eine Menge erlaubter und unerlaubter Kunstgriffe an, um eine
Ueberführung zu hintertreiben. Eine Frau, Namens Clifford, bei der er
gewohnt hatte und die einer der thätigsten und schlauesten Agenten der
jakobitischen Partei war, wurde mit dem Geschäft betraut, ihn standhaft
zu erhalten und ihm Dienste zu leisten, vor denen skrupulöse oder
ängstliche Agenten zurückgeschreckt sein würden. Als der gefürchtete Tag
kam, war Fuller zu unwohl, um in der Zeugenloge zu erscheinen und die
Sitzung wurde daher verschoben. Er behauptete, daß seine Krankheit keine
natürliche sei, daß man ihm in einer Speise etwas Schädliches
beigebracht habe, daß seine Nägel sich entfärbt hätten, daß ihm die
Haare ausfielen und daß geschickte Aerzte ihn für vergiftet erklärten.
Aber solche Geschichten müssen, selbst wenn sie sich auf eine bessere
Autorität als auf die eines Fuller gründen, stets mit großem Mißtrauen
aufgenommen werden.

Während Crone seiner Untersuchung entgegensah, wurde auf dem Wege
zwischen Dover und London ein zweiter Agent des Hofes von
Saint-Germains, Namens Tempest, verhaftet, und er erwies sich als der
Ueberbringer zahlreicher Briefe an Mißvergnügte in England.[128] Es
stellte sich mit jedem Tage klarer heraus, daß der Staat von Gefahren
umgeben war, und doch war es durchaus nothwendig, daß das geschickte und
entschlossene Staatsoberhaupt in diesem kritischen Augenblicke seinen
Posten verließ.


[_Schwierigkeiten Wilhelm's._] Mit peinlicher Besorgniß, die nur ein
Mann wie er unter dem Anschein stoischer Heiterkeit zu verbergen
vermochte, traf Wilhelm seine Anstalten zur Abreise. Marie war tief
bekümmert, und ihr Kummer ging ihm mehr zu Herzen als Diejenigen
ahneten, die aus seinem Benehmen auf den Zustand seines Innern
schlossen.[129] Er wußte auch, daß er sie umringt von Schwierigkeiten,
mit denen zu kämpfen ihre Gewohnheiten sie nicht befähigt hatten,
zurücklassen sollte. Sie bedurfte gewiß beständig einsichtsvollen und
wohlmeinenden Rathes; und wo war solcher Rath zu finden? Es gab zwar
unter seinen Dienern viel tüchtige und auch einige tugendhafte Männer;
aber selbst wenn er anwesend war, hatten ihre politischen und
persönlichen Animositäten nur zu oft sowohl ihre Talente wie ihre
Tugenden nutzlos für ihn gemacht. Konnte man also wohl erwarten, daß die
sanfte Marie im Stande sein werde, den Parteigeist und die
Eifersüchteleien zu zügeln, welche ihr energischer und kluger Gemahl nur
sehr unvollkommen hatte in Schranken halten können? Hätte man das innere
Cabinet, das die Königin unterstützen sollte, ausschließlich aus Whigs
oder aus Tories zusammengesetzt, so würde die halbe Nation unzufrieden
gewesen sein. Bestand es aus Whigs und Tories, so konnte man wieder
gewiß sein, daß beständige Uneinigkeit herrschen werde. Wilhelm befand
sich in einer Lage, die ihm nur die Wahl zwischen verschiedenen Uebeln
ließ.


[_Benehmen Shrewsbury's._] Alle diese Schwierigkeiten wurden noch
vermehrt durch das Benehmen Shrewsbury's. Das Studium des Characters
dieses Mannes ist höchst interessant. Er schien das verwöhnte Schooßkind
der Natur wie des Glücks zu sein. Vornehme Geburt, hoher Rang, große
Besitzungen, schöne Talente, umfassende Kenntnisse, angenehme
Persönlichkeit, ungemein anmuthige und gewinnende Manieren vereinigten
sich bei ihm, um ihn zu einem Gegenstande der Bewunderung und des Neides
zu machen. Aber trotz aller dieser Vorzüge hatte er einige moralische
und intellectuelle Eigenheiten, die ihn sich selbst und Allen, welche
mit ihm in Berührung kamen, zur Last machten. Sein Benehmen zur Zeit der
Revolution hatte der Welt eine hohe Meinung nicht nur von seinem
Patriotismus, sondern auch von seinem Muthe, seiner Energie und seiner
Entschiedenheit beigebracht. Doch wahrscheinlich hatten damals seine
jugendliche Begeisterung und die durch öffentliche Sympathie und Beifall
verursachte Freude ihn über sich selbst erhoben. Fast keine andre Epoche
seines Lebens war mit diesem glänzenden Anfang aus einem Gusse. Er war
kaum Staatssekretär geworden, als es sich auch schon zeigte daß seine
Kräfte für einen solchen Posten nicht ausreichten. Die tägliche
Anstrengung, die schwere Verantwortlichkeit, die Täuschungen, die
Kränkungen und der Tadel, welche von der Macht unzertrennlich sind,
brachen seinen Muth, verbitterten seine Gemüthsstimmung und untergruben
seine Gesundheit. Naturen wie die seinige scheinen der aufrechthaltenden
Kraft starker religiöser Grundsätze ganz besonders zu bedürfen, und
leider hatte Shrewsbury, indem er das Joch des Aberglaubens
abschüttelte, in dem er erzogen war, sich auch von heilsameren Banden
befreit, welche seinen von Haus aus schwachen Character vielleicht zur
Festigkeit und Rechtschaffenheit gestählt haben würden. Da er dieser
Stütze entbehrte, war er bei all' seinen ausgezeichneten Gaben ein
schwacher Mensch und konnte trotz vieler liebenswürdiger und gewinnender
Eigenschaften ein braver Mann nicht genannt werden. Um glücklich zu sein
hätte er entweder viel besser oder viel schlechter sein müssen. So wie
er war, kannte er weder den edlen Seelenfrieden, der der Lohn der
Rechtschaffenheit ist, noch den verächtlichen Seelenfrieden, der aus
Schamlosigkeit und Unempfindlichkeit entspringt. Wenige Leute, die so
wenig Kraft hatten, der Versuchung zu widerstehen, haben von Reue und
Scham so grausam gelitten wie er.

Für einen Mann von solchem Character muß die Stellung eines
Staatsministers während des auf die Revolution folgenden Jahres eine
beständige Qual gewesen sein. Die Schwierigkeiten, von denen die
Regierung auf allen Seiten umlagert war, die Böswilligkeit ihrer Feinde,
die Unbilligkeit ihrer Freunde, die Erbitterung mit der die feindlichen
Parteien über einander und über jeden Vermittler, der sie zu trennen
versuchte, herfielen, hätten allerdings auch einen entschlossenen
Character entmuthigen können. Shrewsbury war noch kein halbes Jahr im
Amte, als er Herz und Kopf vollständig verloren hatte. Er begann Briefe
an Wilhelm zu schreiben, von denen sich kaum denken läßt, daß ein so
energischer Fürst sie ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung
gelesen haben kann. »Ich fühle,« -- dies war der stete Refrain dieser
Episteln -- »daß ich meinem Posten nicht gewachsen bin. Ich bin keiner
Anstrengung mehr fähig. Ich bin nicht mehr der Nämliche, der ich vor
einem halben Jahre war. Meine Gesundheit wird immer schwankender, meine
Seele leidet Folterqualen, mein Gedächtniß ist geschwächt; nur Ruhe und
Zurückgezogenheit kann mich wiederherstellen.« Wilhelm gab freundliche
und besänftigende Antworten, und eine Zeit lang beruhigten diese
Antworten das zerrüttete Gemüth seines Ministers.[130] Endlich aber
versetzten die Auflösung des Parlaments, die allgemeine Wahl, die
Veränderungen in den Friedensrichterstellen und in den Milizen, und
schließlich die Debatten über die beiden Abschwörungsbills Shrewsbury in
einen an Wahnsinn grenzenden Zustand. Er zürnte den Whigs, daß sie den
König schlecht behandelten, und doch zürnte er noch mehr dem Könige, daß
er die Tories begünstigte. In welchem Augenblicke und durch welchen
Einfluß der unglückliche Mann bewogen wurde, einen Verrath zu begehen,
dessen Bewußtsein einen dunklen Schatten auf sein ganzes ferneres Leben
warf, ist nicht genau bekannt. Sehr wahrscheinlich aber ist es, daß
seine Mutter, die, obgleich das verworfenste Weib von der Welt, große
Gewalt über ihn hatte, eine schwache Stunde, wo er erbittert darüber
war, daß man seinen Rath verschmäht und den von Danby und Nottingham
vorgezogen hatte, in verderblicher Weise benutzte. Sie war noch Mitglied
der Kirche, von der ihr Sohn sich losgesagt, und meinte vielleicht
dadurch daß sie ihn von seinen Empörungsgedanken zurückbrachte, die
Verletzung ihres Ehegelübdes und den Mord ihres Gemahls einigermaßen
wieder gut zu machen.[131] Gewiß ist soviel, daß Shrewsbury noch vor
Ende des Frühjahrs 1690 Jakob seine Dienste angeboten und Jakob sie
angenommen hatte. Man verlangte einen Beweis von der Aufrichtigkeit des
Convertiten: er mußte die Siegel aufgeben, die er aus der Hand des
Usurpators angenommen.[132] Es ist wahrscheinlich, daß Shrewsbury seinen
Fehler kaum begangen hatte, als er ihn auch schon zu bereuen begann.
Aber er besaß nicht Characterstärke genug, um auf dem Wege des Bösen
umzukehren. Seine eigne Schändlichkeit verabscheuend, eine Entdeckung
fürchtend, die seiner Ehre verderblich werden mußte, vor dem Weitergehen
eben so wohl wie vor dem Umkehren zurückschreckend, litt er Qualen, an
die man unmöglich ohne Mitleid zurückdenken kann. Die wahre Ursache
seiner Seelenangst war noch ein tiefes Geheimniß; seine inneren Kämpfe
und seine Ansichtswechsel aber waren allgemein bekannt und lieferten der
Stadt einige Wochen lang Stoff zur Unterhaltung. Eines Nachts, als er
eben in sehr aufgeregtem Gemüthszustande mit den Siegeln in der Hand
sich in den Palast begeben wollte, wurde er durch Burnet überredet,
seine Demission noch um einige Stunden zu verschieben. Einige Tage
später wurde Tillotson's Beredtsamkeit zu dem nämlichen Zwecke
angewendet.[133] Drei- oder viermal legte der Earl die Insignien seines
Amtes auf den Tisch des königlichen Cabinets und eben so oft ließ er
sich durch das freundliche Zureden des Gebieters, dem Unrecht gethan zu
haben er sich bewußt war, bewegen, dieselben wieder mit sich zu nehmen.
So verzögerte sich sein Rücktritt bis zum letzten Tage vor der Abreise
des Königs. Die fortwährende Gemüthsbewegung hatte Shrewsbury ein
schleichendes Fieber zugezogen, so daß Bentinck, der noch einen letzten
Versuch machen wollte, ihn zur Fortführung seines Amtes zu bewegen, ihn
im Bett und zu unwohl fand, um mit ihm sprechen zu können.[134] Die so
oft eingereichte Entlassung wurde daher endlich angenommen und einige
Monate lang war Nottingham der einzige Staatssekretär.


[_Der Neunerrath._] Es war keine kleine Vermehrung der Sorgen Wilhelm's,
daß in einem solchen Augenblicke seine Regierung durch diesen Austritt
geschwächt würde. Er that indessen sein Möglichstes mit den ihm noch
verbleibenden Kräften und wählte schließlich neun Mitglieder des
Geheimen Raths, deren Rathschläge Marie befolgen sollte. Vier davon,
Devonshire, Dorset, Monmouth und Eduard Russell, waren Whigs; die
übrigen fünf, Caermarthen, Pembroke, Nottingham, Marlborough und
Lowther, waren Tories.[135]

Wilhelm beschied die Neun in das Bureau des Staatssekretariats. Als sie
hier versammelt waren, trat er mit der Königin ein, ersuchte sie, sich
niederzusetzen und richtete einige ernste und gehaltvolle Worte an sie.
»Es fehlt ihr an Erfahrung,« sagte er; »aber ich hoffe diesem Mangel
abgeholfen zu haben, indem ich Sie zu ihren Rathgebern erwählt. Ich lege
mein Königreich in Ihre Hände. Nichts von den äußeren wie von den
inneren Angelegenheiten soll vor Ihnen geheim gehalten werden. Ich
beschwöre Sie, umsichtig und einig zu sein.«[136] Privatim sagte er
seiner Gemahlin, wie er über den Character der Neun dachte, und aus
ihren Briefen an ihn läßt sich schließen, daß nur wenige darunter waren,
denen er eine hohe Achtung bezeigte. Marlborough sollte ihr Rathgeber in
militärischen Angelegenheiten sein und die Truppen in England
commandiren. Russell, welcher Admiral der blauen Flagge war und zum Lohn
für die Dienste, die er zur Zeit der Revolution geleistet, den
einträglichen Posten des Schatzmeisters der Flotte erhalten hatte,
eignete sich ganz zu ihrem Rathgeber in allen das Seewesen betreffenden
Fragen. Caermarthen aber war ihr als Derjenige bezeichnet, auf den sie
sich bei vorkommender Meinungsverschiedenheit hauptsächlich verlassen
sollte. Caermarthen's Scharfblick und Erfahrung waren unbestreitbar;
seine Grundsätze waren allerdings locker; aber wenn es eine Person in
der Welt gab, von der man annehmen durfte, daß er ihr treu sein werde,
so war diese Person Marie. Er war seit langer Zeit ihr specieller Freund
und Diener; er hatte sich durch das Zustandebringen ihrer Verbindung mit
Wilhelm ihre Gunst in hohem Grade erworben und hatte in der Convention
seinen Eifer für ihre Interessen bis zu einem Punkte getrieben, den sie
selbst als das rechte Maß überschreitend getadelt hatte. Es war daher
aller Grund zu der Hoffnung vorhanden, daß er ihr in dieser kritischen
Zeitperiode mit aufrichtiger Ergebenheit dienen werde.[137]


[_Clarendon's Verhalten._] Einer ihrer nächsten Verwandten war dagegen
einer ihrer bittersten Feinde. Aus den in den Händen der Regierung
befindlichen Beweismittel ging unbestreitbar hervor, daß Clarendon in
die jakobitischen Insurrectionspläne tief verwickelt war. Die Königin
aber wollte durchaus nicht, daß man gegen einen ihrer Verwandten mit
Strenge verfuhr, und Wilhelm, der sich erinnerte, welche Bande sie um
seinetwillen zerrissen und welche Vorwürfe sie sich zugezogen hatte,
überließ bereitwillig Leben und Freiheit ihres Oheims ihrer persönlichen
Fürsprache. Bevor aber der König nach Irland abreiste, sprach er sehr
ernsthaft mit Rochester. »Ihr Bruder,« sagte er zu ihm, »hat gegen mich
conspirirt. Ich bin dessen gewiß, denn ich habe schriftliche Beweise,
die von seiner eignen Hand herrühren. Man drang in mich, ihn nicht mit
in die Begnadigungsacte aufzunehmen, aber ich wollte nicht etwas thun,
was die Königin tief bekümmert haben würde. Um ihretwillen vergebe ich
das Geschehene, aber Mylord Clarendon wird wohl thun in Zukunft
vorsichtiger zu sein, sonst wird er erfahren, daß solche Dinge kein Spaß
sind.« Rochester theilte Clarendon die Ermahnung mit. Clarendon, der in
fortwährender Correspondenz mit Dublin und Saint-Germains stand,
betheuerte, daß es sein einziger Wunsch sei, ruhig zu leben, und daß die
bestehende Regierung, obwohl er wegen der Eide bedenklich gewesen sei,
doch keinen gehorsameren Unterthanen habe als er zu sein sich
vorgenommen.[138]


[_Penn muß Caution erlegen._] Unter den Briefen, welche die Regierung
aufgefangen, befand sich auch einer von Jakob an Penn. Dieser Brief war
zwar kein legaler Beweis dafür, daß der Adressat sich des Hochverraths
schuldig gemacht; aber er erweckte Verdacht, der, wie wir jetzt wissen,
wohl begründet war. Penn wurde vor den Geheimen Rath gestellt und
verhört. Er sagte sehr richtig, daß er Niemanden hindern könne an ihn zu
schreiben und daß er für das was man ihm schreibe, nicht verantwortlich
sei. Dagegen gab er auch zu, daß er durch Bande der Dankbarkeit und
Zuneigung, die kein Wechsel des Glücks lösen könne, an den vorigen König
geknüpft sei. »Ich würde mich freuen, wenn ich ihm in seinen
Privatangelegenheiten einen Dienst leisten könnte, aber ich habe eine
heilige Pflicht gegen mein Vaterland, und deshalb war ich nie so ehrlos,
daß ich nur den Gedanken gehegt hätte, ihn zurückzurufen.« Dies war eine
Lüge und Wilhelm wußte das wahrscheinlich. Doch er wollte nicht streng
gegen einen Mann verfahren, der viele Ansprüche auf Achtung hatte und
der schwerlich ein gefährlicher Verschwörer wurde. Er erklärte sich
daher für befriedigt und schlug vor, den Gefangenen von der Anklage zu
entbinden. Dagegen remonstrirten jedoch einige Mitglieder des Geheimen
Raths und Penn mußte Caution stellen.[139]


[_Unterredung zwischen Wilhelm und Burnet._] Am Tage vor seiner Abreise
ließ Wilhelm Burnet in sein Cabinet kommen und sprach in festem aber
wehmüthigem Tone von den Gefahren, welche das Land von allen Seiten
bedrohten, von der Heftigkeit der streitenden Parteien und von dem
schlechten Geiste, der nur zu viele Mitglieder des Klerus zu beseelen
scheine. »Doch ich vertraue auf Gott. Ich will mein Werk durchführen
oder darin umkommen. Nur um die arme Königin ist mir bange,« und mit
ungewohnter Innigkeit wiederholte er noch einmal: »Die arme Königin!«
»Wenn Sie mich lieben,« setzte er hinzu, »so besuchen Sie sie recht oft
und helfen Sie ihr wo Sie können. Ich für meine Person würde mich, wenn
Eins nicht wäre, darauf freuen, wieder zu Pferde steigen und unter dem
Zelte wohnen zu können. Denn ich bin überzeugt, daß ich mich besser
dazu eigne, einen Feldzug zu dirigiren, als Eure Häuser der Lords und
Gemeinen zu leiten. Obwohl ich aber weiß, daß ich den Weg der Pflicht
gehe, ist es doch hart für meine Frau, daß ihr Vater und ich einander im
Felde gegenüberstehen müssen. Gott gebe, daß ihm nichts zustößt. Beten
Sie für mich, Doctor.« Burnet entfernte sich tief ergriffen und sprach
wahrscheinlich mit nicht gewöhnlicher Inbrunst die Gebete, um die sein
Gebieter ihn ersucht hatte.[140]


[_Wilhelm reist nach Irland ab._] Am folgenden Tage, dem 4. Juni, reiste
der König nach Irland ab. Prinz Georg hatte seine Dienste angeboten,
hatte sich mit einem großen Kostenaufwande equipirt und erwartete mit
Gewißheit, einen Platz im Wagen des Königs zu erhalten. Aber Wilhelm,
der sich von der Unterhaltung mit Sr. Königlichen Hoheit wenig Vergnügen
oder Nutzen versprach und der selten etwas auf Zuvorkommenheiten gab,
wählte Portland zum Reisegesellschafter und schien während dieses ganzen
ereignißvollen Feldzuges von der Anwesenheit des Prinzen nicht die
geringste Notiz zu nehmen.[141] Wäre Georg sich allein überlassen
gewesen, so würde er die Kränkung schwerlich bemerkt haben. Aber wenn
auch er selbst zu stumpfsinnig war, um so etwas zu fühlen, so fühlte
seine Gemahlin für ihn, und ihr Haß wurde durch Unheilstifter von nicht
gewöhnlicher Geschicklichkeit fortwährend angeschürt. Bei dieser, wie
bei mancher andren Gelegenheit erwiesen sich die Mängel von Wilhelm's
Character als sehr nachtheilig für die hochwichtigen Interessen, die er
zu wahren hatte. Seine Regierung würde viel glücklicher gewesen sein,
wenn er neben seinem Muthe, seiner Capacität und seiner Seelengröße ein
wenig von der ungezwungenen Heiterkeit und Courtoisie seines Oheims Karl
besessen hätte.

Am vierten Tage traf der König in Chester ein, wo eine Flotte von
Transportschiffen das Zeichen zum Absegeln erwartete. Am 11. Juni
schiffte er sich ein und wurde von einem Geschwader von Kriegsschiffen
unter den Befehlen Sir Cloudesley Shovel's über den St. Georgskanal
begleitet.[142]


[_Crone's Prozeß._] Der Monat, welcher auf Wilhelm's Abreise von London
folgte, war einer der ereignißreichsten und angstvollsten in der ganzen
Geschichte England's. Wenige Stunden nachdem er aufgebrochen, wurde
Crone vor die Schranke der Old Bailey gestellt. Eine große Anzahl
Richter saß auf der Bank. Fuller hatte sich wieder hinreichend erholt,
um vor Gericht erscheinen zu können, und der Prozeß begann. Die
Jakobiten waren unermüdlich in ihren Anstrengungen gewesen, die
politische Meinung der Personen zu ermitteln, deren Namen auf der
Geschwornenliste standen. Es wurden so viele verworfen, daß es einige
Mühe machte, die erforderliche Zahl von zwölfen zusammenzubringen, und
unter diesen zwölf war nur einer, auf den die Mißvergnügten sich
verlassen zu können glaubten. Sie irrten sich darin auch nicht ganz,
denn dieser Mann hielt sich gegen seine elf Collegen die ganze Nacht und
den halben folgenden Tag, und er würde sie wahrscheinlich durch Hunger
zum Nachgeben gezwungen haben, wäre nicht Mrs. Clifford, die mit ihm im
Einverständniß war, dabei betroffen worden, wie sie ihm Confect durch
das Fenster zuwarf. Da er nichts mehr zu essen bekam, gab er nach und es
erfolgte das Verdict Schuldig, das angeblich zweien von den Geschwornen
das Leben gekostet haben soll. Es wurde nun sofort auf Sistirung des
Urtheils angetragen, und zwar auf den Grund hin, weil ein auf der
Rückseite der Anklageschrift stehendes lateinisches Wort unrichtig
geschrieben war. Dies war allerdings ein nichtssagender Einwand.
Jeffreys würde denselben ohne weiteres durch einen Strom von Flüchen
verworfen haben und zu dem angenehmsten Theile seiner Amtspflicht
übergegangen sein: dem Gefangenen die ganze Procedur des Halbhängens,
Ausweidens, Verstümmelns und Viertheilens zu beschreiben. Aber Holt und
seine Collegen erinnerten sich, daß sie jetzt zum ersten Male seit der
Revolution einen des Hochverraths Angeklagten aburtheilten. Es war daher
nöthig, in einer nicht mißzuverstehenden Weise zu zeigen, daß eine neue
Aera begonnen hatte und daß die Tribunale in Zukunft eher auf Seite der
Humanität irren als das Beispiel der grausamen Eile und Leichtfertigkeit
nachahmen würden, womit Cornish, als er vor Gericht um sein Leben
kämpfte, von servilen Richtern zum Schweigen gebracht wurde. Die
Verkündigung des Urtels wurde daher aufgeschoben, es wurde ein Tag zur
Erwägung des von Crone erhobenen Einwandes festgesetzt und der Anwalt
des Angeklagten bedeutet, seine Beschwerde einzureichen. »Dies würde
unter keiner der beiden letzten Regierungen geschehen sein, Mr. Crone,«
sagte der Lord Oberrichter mit bedeutungsvoller Miene. Nach
vollständiger Anhörung der Betheiligten erklärten die Richter einstimmig
den Schreibfehler für unwesentlich, und der Gefangene wurde zum Tode
verurtheilt. Er erkannte an, daß sein Prozeß unparteiisch geführt worden
sei, dankte den Richtern für ihre Geduld und bat sie, sich bei der
Königin für ihn zu verwenden.[143]

Er wurde bald benachrichtigt, daß sein Schicksal in seiner Hand liege.
Die Regierung war geneigt, ihn zu begnadigen, wenn er sich dessen durch
ein unumwundenes Geständniß würdig machen wollte. Der Kampf in seinem
Innern war furchtbar und zweifelhaft. Einmal berichtete Mrs. Clifford,
welche Zutritt in seine Zelle hatte, den jakobitischen Oberhäuptern, daß
er in großer Seelenangst sei. Er könne nicht sterben, sollte er gesagt
haben, er sei zu jung, um ein Märtyrer zu werden.[144] Am nächsten
Morgen fand sie ihn heiter und entschlossen.[145] Er hielt sich bis zum
Vorabende des zu seiner Hinrichtung festgesetzten Tages; da ließ er
endlich um eine Unterredung mit dem Staatssekretär bitten. Nottingham
begab sich nach Newgate; aber noch ehe er daselbst ankam, war Crone
schon wieder andren Sinnes geworden und entschlossen nichts zu sagen.
»Dann,« sagte Nottingham, »sehe ich Sie nicht wieder; denn der morgende
Tag ist ganz bestimmt Ihr letzter.« Nachdem jedoch Nottingham sich
entfernt hatte, kam Monmouth in's Gefängniß, und er schmeichelte sich,
den Entschluß des Gefangenen erschüttert zu haben. Spät in dieser Nacht
kam der Befehl, die Execution um acht Tage zu verschieben.[146] Die
Woche verging jedoch, ohne daß der Gefangene Enthüllungen machte; der
Galgen und der Block zum Viertheilen waren in Tyburn bereit, Strang und
Beil harrten am Thore von Newgate, ganz Holborn Hill und die Straße nach
Oxford waren mit Schaulustigen bedeckt: da brachte ein Bote einen neuen
Aufschub, und Crone wurde, anstatt nach dem Richtplatze geschleift zu
werden, in das Berathungszimmer nach Whitehall gebracht. Seine
Standhaftigkeit war endlich durch die nahe Aussicht auf den Tod besiegt
worden, und er gab bei dieser Gelegenheit wichtige Aufschlüsse.[147]


[_Gefahr einer Invasion und Insurrection. Tourville's Flotte im Kanal._]
Solcher Enthüllungen wie er sie zu geben vermochte, bedurfte man
allerdings in diesem Augenblicke sehr dringend, denn man erwartete
stündlich eine Invasion und einen Aufstand.[148] Wilhelm war kaum von
London abgereist, als eine große französische Flotte unter den Befehlen
des Grafen von Tourville den Hafen von Brest verließ und in den
britischen Kanal einlief. Tourville war der beste Marinecommandeur, den
sein Vaterland damals besaß. Er hatte alle Zweige seines Berufs studirt.
Man sagte von ihm, daß er befähigt sei, jeden Posten an Bord
auszufüllen, vom Schiffszimmermann bis hinauf zum Admiral, sowie auch
daß er mit dem unerschrockenen Muthe eines Seemannes die
Liebenswürdigkeit und Artigkeit eines vollendeten Cavaliers
verbinde.[149] Er segelte jetzt nach der englischen Küste und kam
derselben so nahe, daß seine Schiffe auf den Wällen von Plymouth
deutlich gesehen werden konnten. Von Plymouth steuerte er langsam die
Küste von Devonshire und Dorsetshire entlang, und man hatte starken
Grund zu der Befürchtung, daß seine Bewegungen mit den englischen
Mißvergnügten verabredet waren.[150]

Die Königin und ihr Cabinetsrath beeilten sich Maßregeln zur
Vertheidigung des Landes gegen fremde wie einheimische Feinde zu
treffen. Torrington übernahm das Kommando der in den Dünen liegenden
Flotte und segelte nach St. Helen, wo er sich mit einem holländischen
Geschwader unter Evertsen's Commando vereinigte. Es hatte den Anschein
als würden die Klippen der Insel Wight Zeugen eines der größten
Seetreffen werden, von denen uns die Geschichte erzählt. Hundertfunfzig
Linienschiffe konnten auf dem Wachtthurme von St. Catharine gezählt
werden. Oestlich von der westlichen Küstenwand von Black Gang Chine und
im Angesicht der reich bewaldeten Felsen von St. Lawrence und Ventnor
war die vereinigte Seemacht England's und Holland's aufgestellt.
Westlich bis zu dem weißen Vorgebirge, wo die Wogen zwischen den Nadeln
brausen, lag die französische Flotte.


[_Verhaftung verdächtiger Personen._] Es war am 26. Juni, noch nicht
vierzehn Tage nachdem Wilhelm nach Irland abgesegelt war, als die
feindlichen Flotten diese Stellungen einnahmen. Wenige Stunden vorher
war in Whitehall eine wichtige und angstvolle Sitzung des Geheimen Raths
gehalten worden. Die mit Frankreich verbündeten Mißvergnügten waren
wachsam und voll der besten Hoffnung. Marie hatte auf ihrer Spazierfahrt
bemerkt, daß es in Hydepark von ihnen wimmelte. Der ganze Staatsrath war
der Meinung, daß es nothwendig sei, einige Personen, von deren Schuld
die Regierung Beweise habe, zu verhaften. Als Clarendon genannt wurde,
sprach sein Freund und Verwandter, Sir Heinrich Capel, einige Worte zu
seinen Gunsten. Die anderen Räthe stutzten, blieben aber still, denn es
war keine angenehme Aufgabe, einen Verwandten der Königin in ihrer
Anwesenheit anzuklagen. Marie hatte bisher in den Sitzungen des Geheimen
Raths kaum ein Mal den Mund geöffnet; jetzt aber, wo sie klare Beweise
von der Verrätherei ihres Oheims von seiner eignen Hand besaß und wußte,
daß nur die Achtung vor ihrer Person ihre Rathgeber abhielt, etwas zu
beantragen, was das öffentliche Wohl erheischte, brach sie ihr
Stillschweigen. »Sir Henry,« sagte sie, »ich weiß, und jeder der hier
anwesenden weiß so gut wie ich, daß zuviel gegen Mylord Clarendon
vorliegt, als daß man ihn frei ausgehen lassen könnte.« Der
Verhaftsbefehl wurde aufgesetzt und Capel unterzeichnete ihn wie alle
Uebrigen. »Ich bin besorgter um Lord Clarendon,« schrieb Marie an ihren
Gemahl, »als man vielleicht glaubt.« Noch denselben Abend wurden
Clarendon und mehrere andere angesehene Jakobiten im Tower
einquartiert.[151]


[_Torrington erhält Befehl, Tourville eine Schlacht zu liefern._] Als
der Geheimerath seine Sitzung aufgehoben, hatte die Königin mit dem
Neunerrath eine Frage von größter Wichtigkeit zu erwägen. Welche Befehle
sollten Torrington übersandt werden? Das Wohl des Staats konnte von
seinem Urtheil und von seiner Geistesgegenwart abhängen, und einige von
Mariens Rathgebern fürchteten, daß er der Situation nicht gewachsen sei.
Ihre Besorgniß nahm zu, als die Nachricht kam, daß er die Küste der
Insel Wight den Franzosen preisgegeben habe und sich vor ihnen in der
Richtung der Meerenge von Dover zurückziehe. Der scharfsichtige
Caermarthen und der unternehmende Monmouth tadelten übereinstimmend
diese Vorsichtstaktik. Torrington hatte zwar nicht so viele Schiffe als
Tourville, aber Caermarthen war der Ansicht, daß es in einem solchen
Augenblicke rathsam sei selbst gegen eine Uebermacht zu kämpfen, und
Monmouth war während seines ganzen Lebens dafür, zu jeder Zeit und gegen
jede Uebermacht zu kämpfen. Russell, der unbestreitbar einer der besten
Seeleute seines Jahrhunderts war, meinte, die Ungleichheit der Zahlen
sei nicht so groß, um einem Offizier, der englische und holländische
Marinesoldaten befehligte, Besorgniß einzuflößen. Er schlug deshalb vor,
dem Admiral einen Verweis zukommen zu lassen, der in so nachdrücklichen
Worten abgefaßt war, daß die Königin sich nicht entschließen konnte, ihn
zu unterschreiben. Die Ausdrücke wurden zwar bedeutend gemildert, in der
Hauptsache aber wurde Russell's Rath befolgt. Torrington erhielt
bestimmten Befehl, sich nicht weiter zurückzuziehen und unverweilt eine
Schlacht zu liefern. Devonshire war damit noch nicht zufriedengestellt.
»Es ist meine Pflicht, Madame,« sagte er, »Ihrer Majestät unverhohlen zu
sagen, wie ich über eine Angelegenheit von solcher Wichtigkeit denke,
und ich denke, daß Mylord Torrington nicht der Mann ist, in dessen Hände
man das Geschick dreier Königreiche legen kann.« Devonshire hatte Recht;
aber seine Collegen waren einstimmig der Meinung, daß es sehr gefährlich
sein würde, einen Befehlshaber Angesichts des Feindes und am Vorabend
einer allgemeinen Schlacht abzusetzen, und man kann schwerlich sagen,
daß sie Unrecht hatten. »Sie müssen ihn entweder lassen wo er ist,«
sagte Russell, »oder ihn als Gefangenen zurückholen lassen.« Es wurden
mehrere Auswege angedeutet. Caermarthen schlug vor, Russell zur
Unterstützung Torrington's abzusenden. Monmouth bat dringend um die
Erlaubniß, zur Flotte abgehen zu dürfen, gleichviel in welcher
Eigenschaft, als Kapitain oder als Freiwilliger. »Lassen Sie mich nur
erst an Bord sein,« sagte er, »und ich setze meinen Kopf zum Pfande, daß
es zur Schlacht kommt.« Nach langem Hin- und Herreden und Zaudern wurde
beschlossen, daß Russell und Monmouth nach der Küste abgehen
sollten.[152] Sie reisten ab, aber es war zu spät. Die Depesche welche
Torrington befahl zu kämpfen, war ihnen vorausgeeilt. Er erhielt
dieselbe, als er sich auf der Höhe von Beachy Head befand. Nachdem er
sie gelesen, war er in großer Verlegenheit. Lieferte er keine Schlacht,
so machte er sich eines directen Ungehorsams schuldig. Lieferte er eine
Schlacht, so lief er seiner Ansicht nach große Gefahr, geschlagen zu
werden. Er vermuthete wahrscheinlich, -- denn er war argwöhnischen und
neidischen Characters, -- daß die Instructionen, die ihn in ein so
peinliches Dilemma brachten, von Feinden und Nebenbuhlern in der Absicht
entworfen waren, seinem Glücke und seinem Rufe zu schaden. Besonders
erbitterte ihn der Gedanke, daß er sich von Russell hofmeistern lassen
sollte, der ihm im Range nachstand, gleichwohl aber als Mitglied des
Neunerraths eine Oberaufsicht über alle Zweige des öffentlichen Dienstes
ausübte. Es scheint kein Grund vorhanden, Torrington des Mangels an
gutem Willen zu beschuldigen, und noch weniger kann man annehmen, daß es
einem Offizier, der sein ganzes Leben unter Gefahren hingebracht und der
sich stets tapfer benommen, an dem persönlichen Muthe gefehlt haben
sollte, den Hunderte von Matrosen auf jedem von ihm befehligten Schiffe
besaßen. Aber es giebt einen höheren Muth, der Torrington gänzlich
abging. Er scheute jede Verantwortlichkeit, die Verantwortlichkeit des
Kämpfens wie die Verantwortlichkeit des Nichtkämpfens, und es gelang
ihm, einen Mittelweg zu finden, der alle Nachtheile, denen er ausweichen
wollte, in sich vereinigte. Er wollte dem Buchstaben seiner
Instructionen nachkommen, wollte aber nicht Alles aufs Spiel setzen.
Einige von seinen Schiffen sollten mit dem Feinde scharmützeln, die
Hauptmacht seiner Flotte aber sollte nicht gefährdet werden. Es lag auf
der Hand, daß die Schiffe, welche mit den Franzosen anbanden, in eine
höchst gefährliche Situation kommen mußten und große Verluste zu
erwarten hatten, und man hat nur zu guten Grund zu glauben, daß
Torrington schändlich genug war, seine Anordnungen so zu treffen, daß
Gefahr und Verlust fast ausschließlich auf die Holländer fielen. Er
konnte sie nicht leiden und sie waren in England so unpopulär, daß die
Vernichtung ihres ganzen Geschwaders sehr wahrscheinlich geringeres
Murren erregt haben würde als die Wegnahme einer von unseren eigenen
Fregatten.


[_Schlacht bei Beachy Head._] Es war am 29. Juni, als der Admiral den
Befehl zum Losschlagen erhielt. Am folgenden Tage, um vier Uhr Morgens
rückte er gegen die französische Flotte vor und formirte seine Schiffe
in Schlachtordnung. Er hatte keine sechzig Linienschiffe, während die
Franzosen deren mindestens achtzig hatten, aber seine Schiffe waren
stärker bemannt als die des Feindes. Er placirte die Holländer ins
Vordertreffen und gab ihnen das Zeichen zur Eröffnung des Feuers. Diesem
Befehl wurde prompt Folge geleistet und Evertsen und seine Landsleute
kämpften mit einem Muthe, dem sowohl ihre englischen Verbündeten wie
ihre französischen Feinde trotz nationaler Vorurtheile volle
Gerechtigkeit widerfahren ließen. In keiner der Schlachten Van Tromp's
oder De Ruyter's war die Ehre der batavischen Flagge glänzender
behauptet worden. Mehrere Stunden lang hielt das Vordertreffen den
ungleichen Kampf mit sehr geringer Unterstützung von Seiten irgend eines
andren Theiles der Flotte aus, bis endlich der holländische Admiral sich
zurück zog, dem Feinde einen zerschossenen und entmasteten Rumpf
überlassend. Sein Nächster im Commando und mehrere hohe Offiziere waren
gefallen. Nach diesem unglücklichen und schimpflichen Gefecht war es
unmöglich, die See gegen die Franzosen zu behaupten. Die holländischen
Schiffe, welche aus dem Treffen zurückkehrten, waren in einem kläglichen
Zustande. Torrington ließ einige derselben zerstören, nahm die übrigen
ins Schlepptau und floh dann die Küste von Kent entlang, um in der
Themse eine Zuflucht zu suchen. Sobald er im Flusse war, ließ er alle
Bojen entfernen und machte dadurch die Schifffahrt so gefährlich, daß
die Verfolger es nicht wagen durften ihm nachzukommen.[153]

Viele und insbesondere die französischen Minister, waren jedoch der
Meinung, daß die alliirte Flotte hätte vernichtet werden können, wenn
Tourville unternehmender gewesen wäre. Er scheint in einem Punkte nur zu
große Aehnlichkeit mit seinem besiegten Gegner gehabt zu haben. Obwohl
persönlich tapfer, war er doch ein ängstlicher Commandeur. Sein Leben
setzte er mit sorgloser Heiterkeit aufs Spiel, aber man sagte er sei
krankhaft ängstlich und kindisch vorsichtig, wenn sein Ruf als Seemann
gefährdet sei. Diese Vorwürfe verdrossen ihn so sehr, daß er zum Unglück
für sein Vaterland bald bis zur Verwegenheit kühn wurde.[154]


[_Aufregung in London._] London hat kaum jemals einen so traurigen Tag
erlebt als den, an welchem die Nachricht von der Schlacht bei Beachy
Head eintraf. Die Schande war unerträglich und die Gefahr drohend. Wie,
wenn der siegreiche Feind das that was De Ruyter gethan hatte? Wie, wenn
die Seemagazine von Chatham wieder zerstört wurden? Wie, wenn der Tower
selbst bombardirt werden sollte? Wie, wenn der große Wald von Masten und
Raaen unterhalb der Londonbrücke in Flammen aufging?


[_Schlacht bei Fleurus._] Und dies war noch nicht Alles. Auch aus
den Niederlanden waren so eben schlimme Nachrichten eingelaufen. Die
verbündeten Truppen unter Waldeck hatten in der Nähe von Fleurus die
Franzosen unter den Befehlen des Herzogs von Luxemburg angegriffen. Man
hatte lange und heftig um die Palme des Siegs gestritten; doch endlich
hatte die Geschicklichkeit des französischen Generals und die ungestüme
Tapferkeit der französischen Cavallerie die Oberhand behalten.[155] So
war zu gleicher Zeit die Armee Ludwig's in Flandern siegreich und seine
Flotte im unbestrittenen Besitz des Kanals. Der Marschall Humieres lag
mit einer ansehnlichen Streitmacht nicht weit von der Meerenge von
Dover. Es war ausgesprengt worden, daß er im Begriff stehe, sich mit
Luxemburg zu verbinden. Die Mittheilungen aber, welche die englische
Regierung von geschickten Militärs in den Niederlanden und von Spionen
unter den Jakobiten erhielt und die einem so großen Meister in der
Kriegskunst wie Marlborough ernster Beachtung werth schienen, lauteten
dahin, daß die Armee Humieres' unverzüglich nach Dünkirchen marschiren
und dort von der Flotte Tourville's an Bord genommen werden würde.[156]
Zwischen der Küste von Artois und der Nore durfte kein einzelnes
Schiff, das das rothe Kreuz des Heiligen Georg in seiner Flagge
führte, sich zu zeigen wagen. Die Einschiffung konnte binnen wenigen
Stunden bewerkstelligt sein und ein paar weitere Stunden genügten zur
Ueberfahrt. So konnte London jeden Augenblick durch die Nachricht
erschreckt werden, daß dreißigtausend französische Veteranen in Kent
gelandet seien und daß die Jakobiten der Hälfte der Grafschaften des
Königreichs unter den Waffen ständen. Sämmtliche reguläre Truppen,
welche zur Vertheidigung der Insel ausgebracht werden konnten, beliefen
sich auf nicht mehr als zehntausend Mann. Es darf bezweifelt werden, ob
unser Vaterland jemals eine beunruhigendere Krisis durchgemacht hat als
die der ersten Juliwoche des Jahres 1690.


[_Geist der Nation._] Doch das Uebel brachte sein Heilmittel selbst mit
sich. Der kannte England schlecht, der da glaubte, daß es zu gleicher
Zeit von einem Aufstande und von einer Invasion bedroht sein könnte,
denn die Gefahr einer Invasion war eigentlich die beste Sicherheit gegen
die Gefahr eines Aufstandes. Die Sache Jakob's war die Sache
Frankreich's und obgleich in den Augen flüchtiger Beobachter die
französische Allianz seine Hauptstütze zu sein schien, so war sie doch
in Wirklichkeit gerade das Hinderniß, das seine Restauration unmöglich
machte. In dem Patriotismus, dem nur zu oft unfreundlichen und
ungeselligen Patriotismus unserer Vorfahren lag zu gleicher Zeit das
Geheimniß von Wilhelm's Schwäche und von seiner Stärke. Sie waren
eifersüchtig auf seine Liebe zu Holland, aber sie sympathisirten
aufrichtig mit seinem Hasse gegen Ludwig. Ihrem starken Nationalgefühle
müssen fast alle die kleinen Widerwärtigkeiten zugeschrieben werden,
welche den Thron des Befreiers von seinem Regierungsantritte bis zu
seinem Tode zu einem so unbehaglichen Sitze machten. Dem nämlichen
Gefühle aber ist es auch zuzuschreiben, daß sein Thron, obgleich
fortwährend bedroht und oft erschüttert, doch niemals umgestürzt wurde.
Denn so sehr auch sein Volk seine fremden Günstlinge haßte, seine
fremden Feinde haßte es noch mehr. Die Holländer waren Protestanten, die
Franzosen waren Papisten; die Holländer wurden als selbstsüchtige,
habgierige, übermüthige Alliirte betrachtet, die Franzosen waren
Todfeinde. Das Schlimmste was von den Holländern zu befürchten stand,
war, daß sie einen zu großen Antheil an dem Patronat der Krone erlangen,
daß sie einen zu großen Theil der Kriegslasten auf uns wälzen, daß sie
auf unsere Kosten commercielle Vortheile erlangen konnten. Die Franzosen
aber konnten uns besiegen; die Franzosen konnten uns zu Sklaven machen;
die Franzosen konnten Drangsale über uns bringen gleich denen, welche
die schönen Gefilde und Städte der Pfalz in eine Wüste verwandelt
hatten. Es konnte den Hopfenpflanzungen von Kent ergehen wie es den
Weinbergen am Neckar ergangen war. Die High Street von Oxford und der
Domplatz von Salisbury konnten mit Trümmern bedeckt werden wie die,
welche die Stätten bedeckten, wo einst die Paläste und Kirchen
Heidelberg's und Mannheim's gestanden hatten. Das von dem alten
Kirchthurm beschattete Pfarrhaus, die zwischen Bienenkörben und
blühenden Apfelbäumen hervorblickende Pächterwohnung, das von hohen
Ulmen umgebene gutsherrliche Schloß konnten einer Soldateska
preisgegeben werden, die von Mitleid gegen gebrechliche Greise, gegen
zarte Frauen und gegen Säuglinge nichts wußte. Die Worte: »Die Franzosen
kommen!« unterdrückten sofort alles Murren über Abgaben und Mißbräuche,
über Wilhelm's unfreundliches Wesen und Portland's einträgliche Stellen,
und erweckten einen eben so hohen und unbesiegbaren Muth, wie er hundert
Jahre früher die Reihen beseelte, welche Elisabeth bei Tilbury musterte.
Wäre die Armee Humieres' gelandet, so würde ihr sicherlich fast jedes
männliche Individuum, das fähig war, die Waffen zu tragen,
entgegengetreten sein. Nicht nur die Gewehre und Piken, sondern auch die
Sensen und Heugabeln würden noch nicht hingereicht haben für die
Hunderttausende, die sich, jeden Glaubens- und Parteiunterschied
vergessend, wie ein Mann erhoben haben würden, um den englischen Boden
zu vertheidigen.

Die unmittelbare Folge der Niederlagen im Kanal und in Flandern war
daher, daß sich die große Masse des Volks für einen Augenblick fest
zusammenschaarte. Die nationale Abneigung gegen die Holländer schien
suspendirt zu sein. Ihr tapferes Benehmen bei Beachy Head fand lauten
Beifall und Torrington's Unthätigkeit wurde laut getadelt. London ging
mit dem Beispiele der Einigkeit und Kraftäußerung voran, die durch die
letzte Wahl hervorgerufene Gereiztheit legte sich plötzlich, alle
Parteiunterschiede schwanden. Der Lordmayor wurde zur Königin
beschieden. Sie ersuchte ihn so bald als möglich zu ermitteln, was die
Hauptstadt thun würde, wenn der Feind es wagen sollte, eine Landung zu
unternehmen. Er rief die Vertreter der Stadtviertel zusammen, besprach
sich mit ihnen und kehrte nach Whitehall zurück, um zu berichten, daß
sie sich einmüthig verpflichtet hätten, mit Gut und Blut der Regierung
beizustehen, daß hunderttausend Pfund bereit lägen, um in die
Schatzkammer eingezahlt zu werden, daß zehntausend wohlbewaffnete und
ausgerüstete Londoner bereit seien, jeden Augenblick zu marschiren und
daß ein Verstärkungsheer von sechs Infanterieregimentern, einem starken
Reiterregiment und tausend Dragonern augenblicklich ausgehoben werden
würde, ohne daß es der Krone einen Farthing kosten sollte. Von Ihrer
Majestät verlange die Stadt nichts weiter, als daß sie geruhen möge,
diese Truppen unter die Befehle von Offizieren zu stellen, auf die sie
sich verlassen könne. Der nämliche Geist zeigte sich in allen anderen
Theilen des Landes. Obgleich in den südlichen Grafschaften die Ernte
bevorstand, eilten die Landleute mit ungewöhnlicher Freudigkeit zu den
Sammelplätzen der Miliz. Die jakobitischen Landgentlemen, welche seit
mehreren Monaten Vorbereitungen zu der allgemeinen Erhebung trafen,
welche stattfinden sollte, sobald Wilhelm abgereist und Beistand aus
Frankreich angelangt sein würde, verbrannten jetzt, da Wilhelm gegangen
war und eine französische Invasion stündlich erwartet wurde, ihre von
Jakob unterzeichneten Offizierspatente und versteckten ihre Waffen in
verborgenen Wandschränken oder in Heuschobern. Die Jakobiten in den
Städten wurden insultirt wo sie sich blicken ließen und mußten sich vor
dem erbitterten Pöbel in ihre Häuser einschließen.[157]


[_Verhalten Shrewsbury's._] Nichts ist für Diejenigen, welche gern die
Falten des menschlichen Herzens studiren, interessanter als die Wirkung,
welche die öffentliche Gefahr auf Shrewsbury hervorbrachte. Einen
Augenblick war er wieder der Shrewsbury von 1688. Sein Character war,
obwohl beklagenswerth unbeständig, doch nicht unedel, und der Gedanke,
daß er durch entschlossenes Vorangehen in der Vertheidigung seines
Vaterlandes in so gefahrvoller Krisis seinen großen Fehler wieder gut
machen und sich wieder Achtung erwerben könne, verlieh seinem Körper und
seinem Geiste neue Energie. Er hatte sich nach Epsom zurückgezogen, in
der Hoffnung daß Ruhe und reine Luft einen heilsamen Einfluß auf seine
erschütterte Gesundheit und auf seinen geschwächten Geist ausüben werde.
Aber wenige Stunden nach dem Eintreffen der Nachricht von der Schlacht
bei Beachy Head war er in Whitehall und bot der Königin seine Börse und
seinen Degen an. Man hatte die Idee gehabt, die Flotte unter den
Oberbefehl eines vornehmen Edelmanns zu stellen, dem zwei erfahrene
Seeoffiziere als Rathgeber beigegeben werden sollten. Shrewsbury bat
darum, daß er ernannt werden möchte, wenn ein solches Arrangement zu
Stande käme. Das Interesse und die Ehre jedes Bewohners des Königreichs,
sagte er, sei dabei betheiligt, den Feind nicht siegreich im Kanale
umherfahren zu lassen, und er werde freudig sein Leben wagen, um den
verlornen Ruhm der englischen Flagge wiederherzustellen.[158]

Sein Anerbieten wurde nicht angenommen. Ueberhaupt wurde der Plan, das
Commando der Seemacht zwischen einem vornehmen Manne, der die Striche
des Compasses nicht kannte, und zwei wettergebräunten alten Seeleuten,
die vom Kajütenjungen bis zum Admiralsrange emporgestiegen waren,
wohlweislich bei Seite gelegt. Dagegen wurden energische Anstrengungen
gemacht, um die verbündeten Geschwader zum Dienste auszurüsten, und
nichts unterlassen, was den natürlichen Groll der Holländer besänftigen
konnte. Die Königin schickte ein Mitglied des Geheimen Raths mit einer
speciellen Mission an die Generalstaaten ab. Er war der Ueberbringer
eines Schreibens, in welchem sie den Muth von Evertsen's tapferem
Geschwader lobte. Sie versicherte ihnen, daß ihre Schiffe auf den
englischen Werften ausgebessert und daß die verwundeten Holländer eben
so sorgsam verpflegt werden sollten wie verwundete Engländer. Es wurde
angekündigt, daß eine strenge Untersuchung der Ursachen der letzten
Niederlage eingeleitet werden solle, und Torrington, der sich in der
That damals nicht öffentlich hätte zeigen dürfen, wenn er sich nicht der
Gefahr aussetzen wollte, in Stücken zerrissen zu werden, wurde in den
Tower geschickt.[159]

Während der ersten drei Tage nach dem Eintreffen der Unglücksbotschaften
von Beachy Head hatte London ein unheimliches und aufgeregtes Aussehen.
Am vierten Tage aber war Alles verändert. Die Glocken läuteten, Flaggen
wurden aufgezogen, in die Fenster wurden Lichter zu einer Illumination
bereit gestellt, und die Leute in den Straßen schüttelten einander
freudig die Hände. Es war an diesem Morgen ein Courier mit wichtigen
Nachrichten aus Irland angekommen.


Fußnoten.

[1] +»Halifax a eu une reprimande sévère publiquement dans le conseil
par le Prince d'Orange pour avoir trop balancé.«+ -- Avaux an De
Croissy, Dublin, 16. (26.) Juni 1689. »Sein quecksilberartiger Geist,«
sagt Burnet, II. 4., »vertrug sich nicht gut mit dem Phlegma des
Königs.«

[2] +Clarendon's Diary, Oct. 10. 1689; Lords' Journals, Oct. 19. 1689.+

[3] +Commons' Journals, Oct. 24. 1689.+

[4] +Commons' Journals, Nov. 2. 1689.+

[5] +Commons' Journals Nov. 7. 19., Dec. 30. 1689.+ Es war damals
Regel des Hauses, daß keine Petition gegen die Auflegung einer Steuer
angenommen werden durfte. Diese Regel wurde nach einem sehr harten
Kampf im Jahre 1842 aufgehoben. Die Petition der Juden wurde nicht
angenommen und ist in den Protokollen nicht erwähnt. Etwas aber erfährt
man darüber in N. Luttrell's +Diary+ und in Grey's +Debates+ unterm
19. Nov. 1689.

[6] Jakob sagt in der nämlichen Schrift, in der er zu beweisen
versuchte, daß der Papst der Antichrist sei: »Ich für meine Person
würde, wenn dies jetzt noch ein fraglicher Punkt wäre, von ganzem
Herzen darein willigen, daß der Bischof von Rom den ersten Sitz habe.«
Jakob schrieb einen interessanten Brief über diesen Gegenstand an Karl
und Buckingham, als sie in Spanien waren. Heylyn sagt, als er von
Laud's Unterhandlung mit Rom spricht: »So daß also der Papst sich bei
uns in England mit einer Priorität anstatt einer Superiorität über die
Bischöfe, und mit einem Primat anstatt einem Supremat in denjenigen
Theilen des Christenthums begnügen sollte, welche meiner Ansicht nach
kein Mann von Bildung und Mäßigung ihm zuzugestehen sich gesträubt
haben würde.«

[7] +Stat. 1 W. & M. sess. 2. c. 2.+

[8] +Treasury Minute Book, Nov. 3. 1689.+

[9] +Commons' Journals+ und +Grey's Debates, Nov. 13. 14. 18. 19. 23.
28. 1689.+

[10] +Commons' Journals+ und +Grey's Debates, Nov. 26. 27. 1689.+

[11] +Commons' Journals, Nov. 28., Dec. 2. 1689.+

[12] +Commons' Journals+ und +Grey's Debates, Nov. 30., Dec. 2. 1689.+

[13] +London Gazette, Sept. 2. 1689.; Observations upon Mr. Walker's
Account of the Siege of Londonderry, licensed Oct. 4. 1689; Narcissus
Luttrell's Diary; Mr. J. Mackenzie's Narrative a False Libel, a Defence
of Mr. G. Walker written by his Friend in his Absence, 1690.+

[14] +Walker's True Account, 1689; An Apology for the Failures charged
on the True Account, 1689; Reflections on the Apology, 1689; A
Vindication of the True Account by Walker, 1689; Mackenzie's Narrative,
1690; Mr. Mackenzie's Narrative a False Libel, 1690; Dr. Walker's
Invisible Champion foyled by Mackenzie, 1690; Welwood's Mercurius
Reformatus, Dec. 4. 11. 1689.+ Der oxforder Herausgeber von Burnet's
Geschichte äußert sein Erstaunen über das Stillschweigen, das der
Bischof in Bezug auf Walker beobachtet. In dem Burnet'schen Manuscript,
Harl. 6584. befindet sich eine warme Lobrede auf Walker. Warum diese
nicht in der Geschichte vorkommt, vermag ich nicht zu sagen.

[15] +Commons' Journals Nov. 18. 19. 1689+ und +Grey's Debates.+

[16] +Wade's Confession, Harl. MS. 6845.+

[17] Siehe die Vorrede zur ersten Ausgabe seiner Memoiren, Vevay, 1698.

[18] »Oberst Ludlow, ein alter Oliverianer und einer von den Richtern
Karl's I., ist kürzlich aus der Schweiz in diesem Königreiche
angelangt.« +Narcissus Luttrell's Diary, Septbr. 1689.+

[19] +Third Caveat against the Whigs, 1702.+

[20] +Commons' Journals Nov. 6. 8. 1689.; Grey's Debates; London
Gazette, Nov. 18.+

[21] +»Omnia solum forti patria, quia patris.«+ Siehe Addison's
+Travels+. Es ist ein bemerkenswerther Umstand, daß Addison, obgleich
ein Whig, von Ludlow in einem Tone spricht, der sich besser für einen
Tory geziemt haben würde, und über die Inschrift als scheinheiliges
Geschwätz spottet.

[22] +Commons' Journals, Nov. 1. 7. 1689.+

[23] +Roger North's Life of Dudley North.+

[24] +Commons' Journals, Oct. 26. 1689.+

[25] +Lords' Journals, Oct. 26, 27. 1689.+

[26] +Commons' Journals Oct. 26. 1689.+

[27] +Commons' Journals, Oct. 26. 1689; Wood's Athenae Oxonienses;
Dodd's Church History VIII. II. 3.+

[28] +Commons' Journals, Oct 28. 1689+; die Prozeßverhandlungen findet
man in der +Collection of State Trials+.

[29] +Lords Journals, Nov. 2. 6. 1689.+

[30] +Lords' Journals, Dec. 20. 1689; Life of Dudley North.+

[31] Der Bericht befindet sich in den Protokollen der Lords vom
20. Dec. 1689. Hampden's Vernehmung fand am 18. Nov. statt.

[32] Dies geht meiner Ansicht nach klar hervor aus einem Briefe von
Lady Montague an Lady Russell, datirt vom 23. Dec. 1689, drei Tage nach
der Berichterstattung des Mordausschusses.

[33] +Commons' Journals, Dec. 14. 1689; Grey's Debates; Boyer's Life of
William.+

[34] +Commons' Journals, Dec. 21; Grey's Debates; Oldmixon.+

[35] +Commons' Journals, Jan. 2. 1689/90.+

[36] So müssen, wie ich glaube, einige bedeutsame Worte in einem Briefe
verstanden werden, den Wilhelm den Tag nach Sacheverell's kühnem und
unerwarteten Antrage an Portland schrieb. Wilhelm berechnet die Summe
der Geldbewilligungen und sagt dann: +»S'il n'y mettent des conditions
que vous savez, c'est une bonne affaire: mais les Wigges sont si
glorieux d'avoir vaincu qu'ils entreprendront tout.«+

[37] »Da die Autorität des Präsidentenstuhls, die Achtung und
Ehrfurcht vor der Ordnung und das geziemende Verfahren bei der Debatte
durch das ordnungswidrige und tumultuarische Benehmen des Hauses
unwiederbringlich verloren sind.« Sir J. Trevor an den König, im
Anhange zu Dalrymple's Memoiren, II. Thl. 4. Buch.

[38] +Commons' Journals, Jan. 18. 1689/90.+ Ich habe mein Möglichstes
gethan, um aus sehr lückenhaften Materialien einen Bericht über diesen
Kampf zusammenzustellen. Burnet's Erzählung enthält mehr Irrthümer als
Seiten. Er verließ sich offenbar auf sein Gedächtniß, und dieses war
ihm völlig untreu. Meine Hauptautoritäten sind die Protokolle; Grey's
Debatten; Wilhelm's Briefe an Portland; die Depeschen Van Citters';
+A Letter concerning the Disabling Clauses, lately offered to the
House of Commons, for regulating Corporations, 1690; The True Friends
to Corporations vindicated, in an answer to a letter concerning the
Disabling Clauses, 1690+; und +Some Queries concerning the Election
of Members for the ensuing Parliament 1690+. Letzterem Pamphlet ist
eine Liste Derer angehängt, welche für Sacheverell's Klausel stimmten.
Siehe auch +Clarendon's Diary, Jan. 10. 1689/90+, und den dritten Theil
des +Caveat against the Whigs, 1712+. Wilhelm's Brief vom 10. Januar
schließt folgendermaßen. (Es war erst die Nachricht von der ersten
Abstimmung nach Kensington gelangt.) +»Il est à présent onze eures de
nuit, et à dix eures la Chambre Basse estoit encore ensemble. Ainsi
je ne vous puis escrire par cette ordinaire l'issue de l'affaire. Les
previos questions les Tories l'ont emporté de cinq vois. Ainsi vous
pouvez voir que la chose est bien disputée. J'ay si grand somiel, et
mon toux m'incomode que je ne vous en saurez dire davantage. Jusques à
mourir à vous.«+

In der nämlichen Nacht schrieb Van Citters an die Generalstaaten. Er
sagt die Debatte sei sehr heiß gewesen. Die Absicht der Whigs, die
er die Presbyterianer nennt, habe in nichts Geringerem bestanden,
als ihre Gegner von allen Aemtern auszuschließen und sich in den
ausschließlichen Besitz der Macht zu bringen.

[39] +Commons' Journals, Jan. 11. 1689/90.+

[40] +Narcissus Luttrell's Diary, Jan. 16. 1690;+ Van Citters an die
Generalstaaten, 21. (31.) Januar.

[41] +Commons' Journals, Jan. 16. 1689/90.+

[42] +Roger North's Life of Guildford.+

[43] Siehe den Bericht über den Prozeß in der +Collection of State
Trials.+

[44] +Commons' Journals, Jan. 20. 1689/90; Grey's Debates, Jan. 18. 20.+

[45] +Commons' Journals, Jan. 21. 1689/90.+ An dem nämlichen Tage
schrieb Wilhelm von Kensington an Portland: +»C'est aujourd'hui le
grand jour à l'éguard du Bill of Indemnité. Selon tout ce que je puis
aprendre, il y aura beaucoup de chaleur, et rien déterminer; et de
la manière que la chose est entourré, il n'y a point d'aparence que
cette affaire viene à aucune conclusion. Et ainsi il se pouroit que
la cession fast fort courte; n'ayant plus d'argent à espérer; et les
esprits s'aigrissent l'un contre l'autre de plus en plus.«+ Drei Tage
später schrieb Van Citters an die Generalstaaten, daß die Aufregung
wegen der Indemnitätsbill sehr groß sei.

[46] Burnet II. 39; Handschriftliches Memoir von dem ersten Lord
Lonsdale unter den +Mackintosh Papers+.

[47] +Burnet II. 40.+

[48] +Narcissus Luttrell's Diary+, Januar, Februar.

[49] Wilhelm an Portland, 10. (20.) Jan. 1690. +»Les Wiges ont peur
de me perdre trop tost, avant qu'ils n'ayent fait avec moi ce qu'ils
veulent: car, pour leur amitié, vous savez ce qu'il y a à compter
là-dessus en ce pays icy.«+

+14. (24.) Jan. -- »Me voilà le plus embarassé du monde, ne sachant
quel parti prendre, estant toujours persuadé que, sans que j'aille
en Irlande, l'on n'y faira rien qui vaille. Pour avoir du conseil en
cette affaire, je n'en ay point à attendre, personne n'ausant dire ses
sentimens. Et l'on commence déjà à dire ouvertement que ce sont des
traitres qui m'ont conseillé de prendre cette résolution.«+

+21. (31.) Jan. »Je n'ay encore rien dit,«+ -- dem Parlamente, meint
er, -- +»de mon voyage pour l'Irlande. Et je ne suis point encore
déterminé si j'en parlerez, mais je crains que nonobstant j'aurez une
adresse pour n'y point aller; ce qui m'embarasserez beaucoup, puis que
c'est une nécessité absolue que j'y aille.«+

[50] Wilhelm an Portland, 28. Jan. (7. Febr.) 1690. Van Citters an
die Generalstaaten von dem nämlichen Tage; +Evelyn's Diary; Lords'
Journals, Jan. 27.+ Ich will Wilhelm's eigene Worte anführen: +»Vous
voirez mon harangue imprimée: ainsi je ne vous en direz rien. Et pour
les raisons qui m'y ont obligé je les reserverez à vous les dire
jusques à vostre retour. Il semble que les Tories en sont bien aise,
mais point les Wiggs. Ils estoient tous fort surpris quand je leur
parlois, n'ayant communiqué mon dessin qu'à une seule personne. Je vis
de visages long comme une aune, changé de couleur vingt fois pendant
que je parlois. Tous ces particularités jusques à vostre heureux
retour.«+

[51] +Evelyn's Diary; Clarendon's Diary, Feb. 9. 1690+; Van Citters an
die Generalstaaten 31. Jan. (10. Febr.); Lonsdale-Manuscript, citirt
von Dalrymple.

[52] +Narcissus Luttrell's Diary.+

[53] +Clarendon's Diary, Febr. 11. 1690.+

[54] Van Citters an die Generalstaaten, 14. (24.) Febr. 1690; +Evelyn's
Diary+.

[55] Wilhelm an Portland, 28. Febr. (10. März) 1690; Van Citters an die
Generalstaaten, 4. (14.) März; +Narcissus Luttrell's Diary.+

[56] Van Citters, 11. (21.) März; 1689/90; +Narcissus Luttrell's Diary.+

[57] Van Citters an die Generalstaaten 11. (21.) März 1689/90.

[58] Die Stimmen waren: für Sawyer 165, für Finch 141, für Bennet, von
dem ich vermuthe, daß er ein Whig war, 87. An der Universität giebt
jeder Abstimmende sein Votum schriftlich ab. Eines der bei dieser
Gelegenheit abgegebenen Voten lautete: +»Henricus Jenkes, ex amore
justitiae, eligit virum consultissimum Robertum Sawyer.«+

[59] Van Citters an die Generalstaaten, 18. (28.) März 1690.

[60] Es ist ergötzlich, wie ausländische Tagesschriftsteller, welche
den wirklichen Zustand der Dinge in England nicht kannten, die
Wichtigkeit Johann Hampden's, dessen Namen sie nicht einmal richtig
schreiben konnten, übertrieben. In einem französischen Gespräch
zwischen Wilhelm und dem Schatten Monmouth's sagt Wilhelm: +»Entre ces
membres de la Chambre Basse étoit con certain homme hardy, opiniâtre
et zélé à l'excès pour sa créance; on l'appelle Embden également
dangereux par son esprit et par son crédit ... Je ne trouvay point de
chemin plus court pour me délivrer de cette traverse que de casser le
parlement, en convoquer un autre, et empescher que cet homme, qui me
faisoit tant d'ombrages, ne fust nommé pour un des deputez au nouvel
parlement.«+ -- +»Ainsi,«+ sagt hierauf der Geist, +»cette cassation de
Parlament qui a fait tant de bruit et a produit tant de raisonnemens
et de spéculations, n'estoit que pour exclure Embden. Mais s'il estoit
si adroit et si zélé, comment as-tu pu trouver le moyen de le faire
exclure du nombre des deputez?«+ Auf diese sehr verständige Frage
antwortet der König: +»Il m'a fallu faire d'étranges manoeuvres pour en
venir à bout.«+ -- +L'Ombre de Monmouth, 1690.+

[61] +»A présent tout dépendra d'un bon succès en Irlande, et à quoy
il faut que je m'aplique entièrement pour régler le mieux que je puis
toutte chose ... Je vous asseure que je n'ay pas peu sur les bras,
estant aussi mal assisté que je suis.«+ Wilhelm an Portland, 28. Jan.
(7. Febr.) 1690.

[62] Van Citters, 14. (24.) Febr. 1689/90, +Memoir of the Earl
of Chesterfield, by himself+; Halifax an Chesterfield, 6. Febr.;
Chesterfield an Halifax, 8. Febr. Der Herausgeber der Briefe des
zweiten Earls von Chesterfield hat sich im Datum dieser Correspondenz
um ein Jahr geirrt, weil er die Veränderung der Zeitrechnung nicht
beachtete.

[63] Van Citters an die Generalstaaten, 11. (21.) Febr. 1690.

[64] Eine sonderbare Eigenthümlichkeit seiner Constitution wird in
einer wenige Monate nach seinem Tode erschienenen Schilderung von ihm
erwähnt. Siehe das Werk betitelt: +»Lives and Characters of the most
Illustrious Persons, British and Foreign, who died in the year 1712.«+

[65] Monmouth's Pension und das gute Einvernehmen zwischen ihm und dem
Hofe werden in einem Briefe von einem jakobitischen Agenten in England
erwähnt, der sich in den Archiven des französischen Kriegsministeriums
befindet. Er ist datirt vom 8. (18.) April 1690.

[66] Die Schenkungen von Grundeigenthum, welche Delamere erhielt,
werden von Narcissus Luttrell erwähnt. Aus dem Briefbuche des
Schatzamts geht hervor, daß Delamere auch nach seinem Rücktritt noch
beständig die Regierung um Geld anging. Bezüglich seines allgemeinen
Characters darf man sich nicht auf die Schilderungen der Satyriker
verlassen. Seine eigenen Schriften aber sowie die Eingeständnisse des
Geistlichen, der seine Grabrede hielt, beweisen, daß sein Character
nicht der sanfteste war. Clarendon bemerkt (17. Dec. 1688), daß eine
Kleinigkeit hinreichte, um Lord Delamere aufzubringen. In einem
Gedicht, betitelt: +The King of Hearts+, wird Delamere geschildert als

  »Nie zufrieden, selbst wenn Andren vorgezogen.«

Sein Gedicht bot der Satyre Stoff:

  »Sein Blick verräth ein schwaches Hirn,
  Es thront der blasse Neid auf seiner Stirn.«

[67] Ich habe mein Urtheil über Lowther hauptsächlich nach zwei von
ihm verfaßten Abhandlungen gebildet, von denen die eine zwar gedruckt,
meines Wissens aber nicht in den Buchhandel gekommen ist. Eine Copie
der andren befindet sich unter den Mackintosh-Handschriften. Einiges
habe ich auch gleichzeitigen Satyren entlehnt. Daß Lowther nur zu
bereitwillig war, sein Leben in Zweikämpfen aufs Spiel zu setzen, wird
durch die Thatsache genügend bewiesen, daß er, als er erster Lord des
Schatzes war, die Herausforderung eines Zollbeamten annahm, den er
abgesetzt hatte. Es fand ein Zweikampf statt und Lowther wurde schwer
verwundet. Der Vorfall ist in Luttrell's Tagebuche vom April 1690
erwähnt.

[68] Burnet II. 76.

[69] +Roger North's Life of Guildford.+

[70] Bis einige Jahre nach dieser Zeit war immer das vornehmste
Mitglied des Staatsraths erster Lord des Schatzes. So nahmen Monmouth,
Delamere und Godolphin ihre Stellen nach der Rangordnung ein, in der
sie als Peers standen.

[71] Die Dedication wurde jedoch für zu überschwenglich gehalten. »Das
Einzige,« pflegte Pope zu sagen, »was er seinem philosophischen Meister
nie vergeben konnte, war die Widmung zu dem Essay.« -- +Ruffhead's Life
of Pope+.

[72] Van Citters an die Generalstaaten, 23. April (5. Mai) 1690;
+Narcissus Luttrell's Diary; Treasury Letter Book, Feb. 4. 1689/90.+

[73] Dieser +Dialogue between a Lord Lieutenant and his Deputies+
findet sich nicht in der Sammlung von Warrington's Schriften, welche im
Jahre 1694 wie es scheint mit Genehmigung seiner Familie erschien.

[74] Van Citters an die Generalstaaten 18. (28.) März, 4. (14.) April
1690; +Narcissus Luttrell's Diary; Burnet II. 72.; The Triennial Mayor,
or the Rapparees, a Poem, 1691+. Der Dichter sagt von einem der neuen
Civilbeamten:

  Sein Anspruch auf Gewissen muß wohl schwinden,
  Da seinen Namen wir in einer blut'gen Jury finden
  Die einen Publius erwürgt wie einen Schurken.

[75] +Treasury Minute Book, Feb. 5. 1689/90.+

[76] Van Citters, 11. (21.) Febr., 14. (24.) März, 18. (28.) März 1690.

[77] Van Citters, 14. (24.) März; 1690. Die Predigt ist noch vorhanden.
Sie wurde in der Bowkirche vor dem Collegium der Aldermen gehalten.

[78] +Welwood's Mercurius Reformatus, Febr. 12. 1690.+

[79] +Commons Journals', March 20, 21, 22. 1689/90.+

[80] +Commons Journals', March 28. 1690, March 1, 20. 1688/89.+

[81] +Grey's Debates, March 27, 28. 1690.+

[82] +Commons' Journals, March 28. 1690.+ Einen sehr klaren und genauen
Bericht über die Art und Weise, wie das Einkommen festgestellt wurde,
übersandte Van Citters unterm 7, (17.) April 1690 den Generalstaaten.

[83] Burnet II. 43.

[84] In einem damaligen Spottgedicht kommen folgende Zeilen vor:

  O glücklich Paar, in ihrem Leben
  Wird's keine Spur von Zwietracht geben;
  Ihr Seelenheil verkaufen sie zur Stelle,
  Lohnt Geldgewinn dafür, der Hölle.
                +The Female Nine, 1690.+

[85] Swift erwähnt den Mangel an Gastfreundschaft und Prunk in ihrem
Haushalte. +Journal to Stella, Aug. 8. 1711.+

[86] +The Duchess of Marlborough's Vindication.+ Die Herzogin war
jedoch eine so freche Lügnerin, daß man ihr nicht glauben darf, außer
wenn sie sich selbst anklagt.

[87] Siehe +The Female Nine.+

[88] +The Duchess of Marlborough's Vindication.+ Mit der
gewohnheitsmäßigen Ungenauigkeit, die es selbst da wo sie gar keinen
Grund zu lügen hat, nothwendig macht, jedes von ihr geschriebene Wort
mit Argwohn zu lesen, creirt sie Shrewsbury zum Herzog und titulirt ihn
»Ew. Gnaden.« Er wurde erst 1694 zum Herzog ernannt.

[89] +Commons' Journals, Dec. 17. 18. 1689.+

[90] +Duchess of Marlborough's Vindication.+

[91] Van Citters, 8. (18.) April 1690.

[92] Van Citters, 8. (18.) April; +Narcissus Luttrell's Diary.+

[93] +Lord's Journals, April 8. 10. 1690; Burnet II. 41.+

[94] Van Citters, 25. April (5. Mai) 1690.

[95] +Commons' Journals, April 8. 9. 1690; Grey's Debates; Burnet II.
42.+ Van Citters erwähnt in einem Briefe vom 8., daß man einen heißen
Kampf im Unterhause erwarte.

[96] +Commons' Journals, April 24. 1690; Grey's Debates.+

[97] +Commons' Journals, April 24, 25, 26; Grey's Debates; Narcissus
Luttrell's Diary.+ Narcissus ist ungewöhnlich entrüstet. Er nennt die
Bill »einen arglistigen Streich der Fanatiker, die Bischöfe und die
meisten Geistlichen der englischen Kirche zu vertreiben.« In einem
whiggistischen Pasquill betitelt: +»A speech intended to have been
spoken on the Triennial Bill on Jan. 28. 1692/93«+, heißt es vom
Könige, er sei höchst ungehalten über die Abschwörungsbill gewesen.

[98] +Lords' Journals, May 1. 1690.+ Diese Bill befindet sich in den
Archiven des Hauses der Lords. Burnet verwechselt sie mit der Bill,
welche die Gemeinen in der vorhergehenden Woche verworfen hatten.
Ralph, der wohl sah, daß Burnet einen Fehler gemacht, aber nicht
merkte, wo der Fehler lag, machte bei dem Versuche, denselben zu
verbessern, noch mehrere andere dazu, und der Oxforder Herausgeber des
Burnet ist durch Ralph confus geworden.

[99] +Lords' Journals, May 2., 3. 1690;+ Van Citters vom 2. Mai;
+Narcissus Luttrell's Diary;+ Burnet II. 44 und Dartmouth's Note. Die
von dem Ausschusse vorgenommenen Abänderungen kann man an der Bill
selbst in den Archiven des Oberhauses sehen.

[100] Diese Unterschiede wurden seiner Zeit viel besprochen. Van
Citters, 20. (30.) Mai 1690.

[101] +Stat. W. & M. sess. I. c. 10.+

[102] Roger North war einer von den vielen Mißvergnügten, welche nicht
müde wurden, diese Saite anzuschlagen.

[103] +Stat. 2. W. & M. sess. 1. c. 6; Grey's Debates, April 29., May
1., 5., 6., 7., 1690.+

[104] +Story's Impartial History; Narcissus Luttrell's Diary.+

[105] Avaux, 15. (25.) Jan. 1690.

[106] +Macariae Excidium+. Dieses höchst interessante Werk ist unlängst
mit großer Sorgfalt und großem Fleiße von Mr. O'Callaghan herausgegeben
worden. Ich verdanke seiner Gelehrsamkeit und seinem Fleiße so viel,
daß ich sehr gern die nationale Parteilichkeit entschuldige, welche
zuweilen, wie mir scheint, seinem Urtheile eine falsche Richtung giebt.
Wenn ich das +Macariae Excidium+ anführe, so führe ich stets den
lateinischen Text an. Die englische Lesart ist meiner Ueberzeugung nach
nichts als eine Uebersetzung aus dem Lateinischen, und zwar eine sehr
nachlässige und unvollständige Uebersetzung.

[107] Avaux, 14. (24.) Nov. 1689.

[108] Louvois schreibt an Avaux unterm 26. Dec. (5. Jan.) 1689/90:
+»Comme le Roy a veu par vos lettres que le Roy d'Angleterre craignoit
de manquer de cuivre pour faire de la monnoye, Sa Majesté a donné ordre
qu'on mist sur le bastiment qui portera cette lettre une pièce de canon
du calibre de deux qui est éventée, de laquelle ceux qui travaillent
à la monnoye du Roy d'Angleterre pourront se servir pour continuer à
faire de la monnoye.+«

[109] Louvois an Avaux, 1. (11.) Nov. 1689. Aus den Listen
im französischen Kriegsministerium geht hervor, daß die Zahl
der Truppen, welche Ludwig nach Irland schickte, sich auf
siebentausendzweihunderteinundneunzig Mann aller Grade belief. Im
französischen Kriegsministerium befindet sich ein Brief vom Marschall
d'Estrées, der die vier irischen Regimenter bald nach ihrer Landung in
Brest sah. Er schildert sie als +»mal chaussés, mal vêtus, et n'ayant
point d'uniforme dans leurs habits, si ce n'est qu'ils sont tous
fort mauvais.«+ Ein sehr genauer Bericht über Macarthy's Wortbruch
findet sich in Mr. O'Callaghan's +History of the Irish Brigades+. Ich
muß bedauern, daß ein Schriftsteller, dem ich so viel verdanke, ein
Benehmen zu vertheidigen sucht, das nach seiner eigenen Darstellung
desselben im höchsten Grade ehrlos war.

[110] Lauzun an Louvois, 28. Mai (7. Juni) und 16. (26.) Juni 1690 im
französischen Kriegsministerium.

[111] Siehe die späteren Briefe von Avaux.

[112] Avaux an Louvois, 14. (24.) März 1690; Lauzun an Louvois,
23. März (3. April).

[113] +Story's Impartial History;+ Lauzun an Louvois, 20. (30.) Mai
1690.

[114] Lauzun an Louvois, 28. Mai (7. Juni) 1690.

[115] Lauzun an Louvois, 2. (12.) April, 10. (20.) Mai 1690. La
Hoguette, der den Rang eines Maréchal de Camp bekleidete, schrieb um
die nämliche Zeit in demselben Sinne an Louvois.

[116] +»La politique des Anglois a été de tenir ces peuples cy comme
des esclaves, et si bas qu'il ne leur estoit pas permis d'apprendre à
lire et à écrire. Cela les a rendu si bestes qu'ils n'ont presque point
d'humanité. Rien ne les esmeut. Ils sont peu sensibles à l'honneur; et
les menaces ne les estonnent point. L'interest même ne les peut engager
au travail. Ce sont pourtant les gens du monde les mieux faites.«+
Desgrigny an Louvois, 27. Mai (6. Juni) 1690.

[117] Siehe Melfort's Briefe an Jakob, geschrieben im October 1689.
Sie befinden sich unter den +Nairne Papers+ und wurden von Macpherson
gedruckt.

[118] +Life of James, II. 443. 450;+ Prozesse Ashton's und Preston's.

[119] Avaux schrieb unterm 5. Juni 1689 folgendermaßen an Ludwig:
+»Il nous est venu des nouvelles assez considérables d'Angleterre et
d'Escosse. Je me donne l'honneur d'en envoyer des mémoires à vostre
Majesté, tels que je les ay receus du Roy de la Grande Bretagne.
Le commencement des nouvelles dattées d'Angleterre est la copie
d'une lettre de M. Pen, que j'ay veue en original.«+ Das +Mémoire
des Nouvelles d'Angleterre et d'Escosse+, das mit dieser Depesche
eingesandt wurde, beginnt mit folgenden Sätzen, welche Penn's Briefen
entnommen sein müssen: +»Le Prince d'Orange commence d'estre fort
dégoutté de l'humeur des Anglois; et la face des choses change bien
viste, selon la nature des insulaires; et sa santé est fort mauvaise.
Il y a un nuage qui commence à se former au nord des deux royaumes,
où le Roy a beaucoup d'amis, ce qui donne beaucoup d'inquiétude au
principaux amis du Prince d'Orange, qui, estant riches, commencent
à estre persuadez que ce sera l'espée qui décidera de leur sort, ce
qu'ils ont tant taché d'éviter. Ils appréhendent une invasion d'Irlande
et de France; et en ce cas le Roy aura plus d'amis que jamais.«+

[120] +»Le bon effet, Sire, que ces lettres d'Escosse et d'Angleterre
ont produit, est qu'elles ont enfin persuadé le Roy d'Angleterre qu'il
ne recouvrera ses estats que les armes à la main; et ce n'est pas peu
de l'en avoir convaincu.«+

[121] Van Citters an die Generalstaaten 1. (11.) März 1689; Van Citters
nennt Penn +»den bekenden Archquaker.«+

[122] Siehe seinen Prozeß in der +Collection of State Trials+, und die
Protokolle der Lords vom 11. 12. und 27. Nov. 1689.

[123] Eine Sendung von zweitausend Pistolen ist in einem Schreiben
von Croissy an Avaux vom 16. (26.) Febr. 1689 erwähnt. Jakob befiehlt
Preston in einem vom 26. Jan. 1689 datirten Briefe, sich noch immer,
trotz Melfort's Ernennung, als Staatssekretär zu betrachten.

[124] +Narcissus Luttrell's Diary; Commons' Journals, May 14., 15., 20.
1690. Kingston's True History, 1697.+

[125] +»The Whole Life of Mr. William Fuller, being an Impartial
Account of his Birth, Education, Relations and Introduction into
the Service of the late King James and his Queen, together with a
True Discovery of the Intrigues for which he lies now confined; as
also of the Persons that employed and assisted him therein, with his
Hearty Repentance for the Misdemeanours he did in the late Reign, and
all others whom he hath injured; impartially writ by Himself during
his Confinement in the Queen's Bench, 1703.«+ Ich werde dieses Buch
natürlich mit Vorsicht benutzen.

[126] +Fuller's Life of himself.+

[127] +Clarendon's Diary, March 6, 1690; Narcissus Luttrell's Diary.+

[128] +Clarendon's Diary, May 10. 1690.+

[129] Er schrieb an Portland: +»Je plains la povre reine, qui est en
des terribles afflictions.«+

[130] Siehe die Briefe Shrewsbury's in Coxe's Correspondenz, Theil I.
Kap. 1.

[131] Daß Lady Shrewsbury eine Jakobitin war und ihr Möglichstes that,
um auch ihren Sohn zu einem solchen zu machen, geht mit Gewißheit
aus einer Schrift Lloyd's vom Mai 1694 hervor, die sich unter den
Nairne'schen Manuscripten befindet und von Macpherson abgedruckt wurde.

[132] Dies wird durch einige Worte in einer Schrift bewiesen, welche
Jakob im November 1692 der französischen Regierung vorlegte. +»Il y
a,«+ sagt er, +»le Comte de Shrusbery, qui, étant Secrétaire d'Etat du
Prince d'Orange, s'est défait de sa charge par mon ordre.«+ Eine Copie
dieser höchst werthvollen Schrift befindet sich in den Archiven des
französischen Kriegsministeriums, eine andre unter den Nairne'schen
Manuscripten in der Bodlejanischen Bibliothek. Eine englische
Uebersetzung findet man in Macpherson's Sammlung.

[133] Burnet II. 45.

[134] Shrewsbury an Somers, 22. Sept. 1697.

[135] Unter den +State Poems (vol. II. p. 211.)+ findet sich ein
Gedicht, dem ein unwissender Herausgeber den Titel gegeben hat: +»A
Satyr written when the K-- went to Flanders and left nine Lords
Justices.«+ Ich habe eine augenscheinlich gleichzeitige Abschrift von
dieser Satyre mit der Jahrzahl 1690. Es springt in der That auf den
ersten Blick in die Augen, daß die neun Personen, welche den Gegenstand
der Satyre bilden, die neun Mitglieder des inneren Raths sind, welche
Wilhelm ernannte, um Marien zu unterstützen, als er nach Irland ging.
Einige von ihnen waren niemals Lords Justices.

[136] Aus einer von Lowther geschriebenen Erzählung, die sich unter den
Mackintosh-Manuscripten befindet.

[137] Siehe Mariens Briefe an Wilhelm, veröffentlicht von Dalrymple.

[138] +Clarendon's Diary, May 30. 1690.+

[139] Gerhard Croese.

[140] Burnet II. 46.

[141] +The Duchess of Marlborough's Vindication.+

[142] London Gazette vom 5., 12., 16. Juni 1690; Hop an die
Generalstaaten aus Chester vom 9. (19.) Juni. Hop begleitete Wilhelm
als Gesandter der Generalstaaten nach Irland.

[143] +Clarendon's Diary, June 7., 12. 1690; Narcissus Luttrell's
Diary;+ Baden, der holländische Legationssekretär an Van Citters,
10. (20.) Juni, +Fuller's Life of himself; Welwood's Mercurius
Reformatus, June 11. 1690.+

[144] +Clarendon's Diary, June 8. 1690.+

[145] +Clarendon's Diary, June 10.+

[146] Baden an Van Citters, 20. (30.) Juni 1690; +Clarendon's Diary,
June 19.; Narcissus Luttrell's Diary.+

[147] +Clarendon's Diary, June 25.+

[148] +Narcissus Luttrell's Diary.+

[149] Memoiren Saint-Simons.

[150] London Gazette, 26. Juni 1690; Baden an Van Citters, 24. Juni
(4. Juli).

[151] Marie an Wilhelm, 26. Juni 1690; +Clarendon's Diary+ von
demselben Datum; +Narcissus Luttrell's Diary.+

[152] Marie an Wilhelm, 28. Juni und 2. Juli 1690.

[153] Bericht der Commission der Admiralität an die Königin, datirt
aus Sheerneß vom 18. Juli 1690; Aussagen der Kapitains Cornwall,
Jones, Martin und Hubbard, und des Viceadmirals Delaval; Burnet II.
52, und Sprecher Onslow's Note; +Mémoires du Maréchal de Tourville;
Memoirs of Transactions at Sea by Josiah Burchett Esq., Secretary
to the Admiralty, 1703; London Gazette, July 3.; Historical and
Political Mercury for July 1690;+ Marie an Wilhelm vom 2. Juli;
Torrington an Caermarthen, 1. Juli. Den Bericht über die Schlacht in
der Pariser Gazette vom 15. Juli 1690 kann man nicht ohne Beschämung
lesen: +»On a sceu que les Hollandois s'estoient très bien battus et
qu'ils s'estoient comportez en cette occasion en braves gens, mais
que les Anglois n'en avoient pas agi de même.«+ In der französischen
offiziellen Darstellung der Schlacht auf der Höhe von Cap Bevézier --
eine sonderbare Corruption von Pevensey -- lauten einige Stellen in dem
nämlichen Sinne: +»Les Hollandois combattirent avec beaucoup de courage
et de fermeté; mais ils ne furent pas bien secondez par les Anglois.«
-- »Les Anglois se distinguèrent des vaisseaux de Hollande par le peu
de valeur qu'ils montrèrent dans le combat.«+

[154] +Life of James, II. 409; Burnet, II. 5.+

[155] +London Gazette, June 30. 1690; Historical and Political Mercury
for July 1690.+

[156] Nottingham an Wilhelm vom 15. Juli 1690.

[157] +Burnet II. 53. 54.; Narcissus Luttrell's Diary, July 7., 11.,
1690; London Gazette, July 14. 1690.+

[158] Marie an Wilhelm, 3., 10. Juli 1690; Shrewsbury an Caermarthen,
15. Juli.

[159] Marie an die Generalstaaten, 12. Juli; +Burchett's Memoirs; An
important Account of some remarkable Passages in the Life of Arthur,
Earl of Torrington, 1691.+



Sechzehntes Kapitel.

Wilhelm und Marie.


Inhalt.

                                                                   Seite
  Wilhelm landet in Carrickfergus und begiebt sich nach Belfast        5
  Zustand Dublin's                                                     6
  Wilhelm's militärische Maßregeln                                     6
  Wilhelm marschirt südwärts                                           8
  Die irländische Armee zieht sich zurück                              8
  Die Irländer halten am Boyne Stand                                   9
  Die Armee Jakob's                                                   10
  Die Armee Wilhelm's                                                 11
  Walker, nunmehriger Bischof von Derry, begleitet die Armee          12
  Wilhelm recognoscirt die Stellung der Irländer                      13
  Wilhelm wird verwundet                                              13
  Schlacht am Boyne                                                   14
  Jakob's Flucht                                                      18
  Verlust der beiden Armeen                                           20
  Fall von Drogheda                                                   20
  Zustand von Dublin                                                  20
  Jakob's Flucht nach Frankreich                                      22
  Dublin wird von den französischen und irischen Truppen geräumt      22
  Wilhelm's Einzug in Dublin                                          23
  Eindruck der Nachrichten aus Irland in Frankreich                   23
  Eindruck der Nachrichten aus Irland in Rom                          24
  Eindruck der Nachrichten aus Irland in London                       25
  Jakob's Ankunft in Frankreich; sein Empfang daselbst                26
  Tourville versucht eine Landung in England                          27
  Teignmouth wird zerstört                                            30
  Erbitterung der englischen Nation gegen die Franzosen               31
  Die jakobitische Presse                                             32
  Die jakobitische Gebets- und Demüthigungsformel                     33
  Entrüstung gegen die eidverweigernden Bischöfe                      34
  Militärische Operationen in Irland; Waterford genommen              36
  Die irische Armee bei Limerick zusammengezogen. Lauzun erklärt,
    daß der Platz nicht zu halten sei                                 37
  Die Irländer bestehen auf der Vertheidigung von Limerick            38
  Tyrconnel ist gegen die Vertheidigung von Limerick                  39
  Limerick wird von den Irländern allein vertheidigt                  40
  Sarsfield überrumpelt die englische Artillerie                      41
  Ankunft Baldearg O'Donnel's in Limerick                             42
  Die Belagerer leiden vom Regen                                      44
  Erfolgloser Sturm auf Limerick; die Belagerung aufgehoben           44
  Tyrconnel und Lauzun gehen nach Frankreich                          45
  Wilhelm kehrt nach England zurück                                   46
  Wilhelm's Empfang in England                                        46
  Expedition nach dem Süden Irland's                                  47
  Marlborough nimmt Cork                                              47
  Marlborough nimmt Kinsale                                           48
  Die schottischen Angelegenheiten                                    49
  Intriguen Montgomery's mit den Jakobiten                            49
  Krieg in den Hochlanden                                             50
  Fort William erbaut                                                 51
  Zusammentritt des schottischen Parlaments                           52
  Melville Lord Obercommissar                                         52
  Die Regierung erlangt die Majorität                                 52
  Kirchliche Gesetzgebung                                             54
  Auflösung der Coalition zwischen dem Club und den Jakobiten         58
  Die Häupter des Clubs verrathen einander                            59
  Allgemeine Ergebung in die neue Kirchenverfassung                   62
  Klagen der Episkopalen                                              62
  Die presbyterianischen Eidverweigerer                               63
  Wilhelm unzufrieden mit den kirchlichen Einrichtungen in
    Schottland                                                        66
  Zusammentritt der Generalversammlung der schottischen Kirche        67
  Lage der Dinge auf dem Continent                                    68
  Der Herzog von Savoyen schließt sich der Coalition an               68
  Steuerbewilligungen                                                 69
  Mittel und Wege                                                     70
  Verfahren gegen Torrington                                          71
  Torrington's Prozeß und Freisprechung                               72
  Erbitterung der Whigs gegen Caermarthen                             73
  Ein jakobitisches Complot                                           75
  Zusammenkunft der Hauptverschwörer                                  76
  Die Verschwörer beschließen, Preston nach Saint-Germains zu
    schicken                                                          77
  Die Preston anvertrauten Papiere                                    77
  Caermarthen von dem Complot unterrichtet                            79
  Verhaftung Preston's und seiner Begleiter                           79


[_Wilhelm landet in Carrickfergus und begiebt sich nach Belfast._]
Wilhelm war das ganze Frühjahr mit Ungeduld in Ulster erwartet worden.
Falsche Gerüchte von seiner Ankunft hatten im Laufe des Monats Mai die
protestantischen Niederlassungen längs der Küste dieser Provinz zu
wiederholten Malen in Bewegung gesetzt. Erst am Nachmittag des 14. Juni
landete er in Carrickfergus. Die Bewohner der Stadt hatten sich in der
Hauptstraße versammelt und begrüßten ihn mit lautem Jubel, aber sie
sahen ihn nur auf einen Augenblick. Sobald er festen Boden unter seinen
Füßen hatte, stieg er in seinen Wagen und reiste nach Belfast. Unterwegs
begegnete er Schomberg. Das Zusammentreffen fand dicht bei einem weißen
Hause statt, der einzigen menschlichen Wohnung, welche damals auf einer
Strecke von vielen Meilen an dem öden Strande der Bucht des Laggan zu
sehen war. Gegenwärtig erheben sich auf der Stelle, wo damals das weiße
Haus stand, ein Dorf und eine Baumwollenfabrik und das ganze Ufer ist
mit Landhäusern, Parkanlagen und Gärten besäumt. Belfast ist einer der
größten und blühendsten Sitze des Gewerbfleißes auf den britischen
Inseln geworden und hat jetzt eine betriebsame Bevölkerung von
achtzigtausend Seelen. Die Zölle, welche jährlich im Zollhause bezahlt
werden, übersteigen die, welche in den günstigsten Jahren der Regierung
Karl's II. im Zollhause zu London entrichtet wurden. Andere irische
Städte mögen dem Auge einen malerischeren Anblick darbieten; aber
Belfast ist die einzige große Stadt Irland's, in der der Reisende nicht
durch den widerlichen Anblick und Geruch langer Reihen menschlicher
Höhlen abgeschreckt wird, welche an Comfort und Sauberkeit den in
glücklicheren Ländern für das Vieh bestimmten Wohnungen bei weitem
nachstehen. In keiner andren großen irischen Stadt herrscht eine solche
Reinlichkeit, keine andre ist so gut gepflastert und so glänzend
erleuchtet. Anstatt der Kuppeln und Thürme sieht man Gebäude, welche dem
Geschmack zwar weniger zusagen, aber nicht minder von Wohlstand zeugen,
gewaltige Fabriketablissements, die um mehrere Stockwerke über die
Schornsteine der Wohnhäuser emporragen und die Luft mit dem Getöse ihrer
Maschinen erfüllen. Das Belfast, in welches Wilhelm einzog, war eine
kleine englische Niederlassung von ungefähr dreihundert Häusern, von
einem längst verschwundenen stattlichen Schlosse beherrscht, dem
Stammsitze der edlen Familie Chichester. In diesem Schlosse, das einige
Aehnlichkeit mit dem Palaste von Whitehall gehabt haben soll und das
durch seine sich auf der Flußseite weit hinab erstreckenden Terrassen
und Gartenanlagen berühmt war, hatte man Vorbereitungen zum Empfange des
Königs getroffen. Am nördlichen Eingange wurde er von den Behörden und
Gemeinderäthen in ihrer Amtstracht bewillkommnet, und die Menge drängte
sich mit dem Rufe: »Gott segne den protestantischen König!« um seinen
Wagen. Denn die Stadt war eines der Bollwerke des reformirten Glaubens,
und als zwei Generationen später die Einwohner zum ersten Male gezählt
wurden, ergab es sich, daß die Katholiken nicht mehr als ein Funfzehntel
der Bevölkerung bildeten.[1]

Die Nacht brach herein, aber die protestantischen Grafschaften waren
wach und auf den Beinen. Eine Geschützsalve vom Schlosse zu Belfast
hatte die Ankunft des Königs verkündet. Sie wurde wiederholt durch
Kanonen, welche Schomberg in weiten Entfernungen von einander
aufgepflanzt hatte, um von einem Posten zum andren Signale geben zu
können. Ueberall wo die Schüsse gehört wurden, wußte man, daß König
Wilhelm angekommen war, und noch vor Mitternacht loderten auf allen
Höhen von Antrim und Down Freudenfeuer. Der Feuerschein wurde am andren
Ufer der Buchten von Carlingford und Dundalk gesehen und verkündete den
Vorposten des Feindes, daß die entscheidende Stunde herannahte. Am
zweiten Tage nach Wilhelm's Landung reiste Jakob von Dublin ins irische
Lager ab, das unweit der nördlichen Grenze von Leinster aufgeschlagen
war.[2]


[_Zustand Dublin's._] In Dublin war die Aufregung furchtbar. Niemand
konnte mehr daran zweifeln, daß die entscheidende Krisis bevorstand, und
die Qual der Ungewißheit steigerte die Leidenschaften der beiden
feindlichen Racen auf den Höhepunkt. Die Mehrheit konnte in den Blicken
und Reden der unterdrückten Minderheit unschwer Zeichen entdecken,
welche die Hoffnung auf eine baldige Befreiung und eine furchtbare Rache
verriethen. Simon Luttrell, unter dessen Obhut die Hauptstadt gestellt
war, beeilte sich die Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen, welche Angst und
Haß ihm eingaben. Es erschien eine Proklamation, welche allen
Protestanten einschärfte, von Einbruch der Dunkelheit bis zum
Tagesanbruch zu Hause zu bleiben, und ihnen bei Todesstrafe verbot, sich
an irgend welchem Orte und zu irgend welchem Zwecke in Gruppen von mehr
als fünf Personen zu versammeln. Selbst gegen diejenigen Geistlichen der
Landeskirche, welche nie aufgehört hatten, die Lehre vom
Nichtwiderstande zu predigen, wurde keine Nachsicht geübt. Doctor
Wilhelm King, der, nachdem er lange standhaft geblieben, seit kurzem in
seinem politischen Glauben wankend zu werden begann, wurde gefänglich
eingezogen. Kein Gefängniß war groß genug, um nur die Hälfte von Denen
aufzunehmen, welche der Gouverneur in Verdacht schlimmer Absichten
hatte. Das Collegium und mehrere Pfarrkirchen wurden dazu benutzt, und
in diesen Gebäuden waren Leute, denen nichts zur Last gelegt werden
konnte als ihre Religion, in solchen Massen zusammengepfercht, daß sie
kaum athmen konnten.[3]


[_Wilhelm's militärische Maßregeln._] Inzwischen betrieben die beiden
rivalisirenden Fürsten eifrig die Zusammenziehung ihrer Truppen.
Loughbrickland war der Ort, den Wilhelm zum Sammelplatz für die
zerstreuten Divisionen seiner Armee bestimmt hatte. Während seine
Truppen sich sammelten, arbeitete er unermüdlich darauf hin, ihre
Disciplin zu verbessern und für ihren Unterhalt zu sorgen. Er hatte aus
England zweihunderttausend Pfund Sterling baares Geld und eine große
Menge Kriegsbedarf und Lebensmittel mitgebracht. Alles Plündern wurde
bei strenger Strafe verboten. Zu gleicher Zeit wurden reichlich
Lebensmittel vertheilt und alle Regimentszahlmeister waren angewiesen,
ihre Rechnungen immer sofort einzureichen, damit keine Rückstände
blieben.[4] Thomas Coningsby, Parlamentsmitglied für Leominster, ein
thätiger und nicht skrupulöser Whig, begleitete den König und fungirte
als Generalzahlmeister. Es verdient besonders erwähnt zu werden, daß
Wilhelm zu dieser Zeit den Zolleinnehmer von Belfast ermächtigte, jedes
Jahr zwölfhundert Pfund an einige der angesehensten dissentirenden
Geistlichen von Down und Antrim zu zahlen, als Unterstützung für sie und
ihre Amtsbrüder. Der König erklärte, daß er diese Summe den
nonconformistischen Geistlichen theils als Belohnung für ihre ihm
bewiesene ausgezeichnete Loyalität, theils als eine Entschädigung für
ihre neuerlichen Verluste aussetze. Dies ist der Ursprung der Schenkung,
welche die Regierung noch jetzt alljährlich den presbyterianischen
Geistlichen von Ulster zukommen läßt.[5]

Wilhelm war wieder ganz er selbst. Seine Lebensgeister, zu Boden
gedrückt durch eine anderthalbjährige Existenz in unerfreulichen
Verhältnissen und inmitten von Factionen und Intriguen, welche er nur
halb verstand, hoben sich wieder beim Anblick der Zelte und Fahnen.[6]
Es war merkwürdig, wie rasch dieser in Westminster so unpopuläre Mann
eine vollkommene Herrschaft über die Herzen seiner Waffenbrüder
erlangte. Sie sahen mit Bewunderung, daß er trotz seiner Kränklichkeit
alle Mühen und Beschwerden theilte, die sie selbst ertragen mußten, daß
er mehr an ihre Bequemlichkeit als an die seinige dachte, daß er einigen
Offizieren, die über ihren Eifer, ihm Leckerbissen für seine Tafel zu
verschaffen, die Bedürfnisse der gemeinen Soldaten vernachlässigten,
nachdrücklich tadelte; daß er von dem Augenblicke an wo er ins Feld
rückte, nicht ein einziges Mal in einem Hause wohnte, sondern selbst in
der Nähe von Städten und Palästen in seiner kleinen transportabeln
Bretterhütte schlief; daß keine Bitten ihn bewegen konnten, sich an
einem heißen Tage und bei heftigem Winde aus der erstickenden Staubwolke
zu entfernen, die über der marschirenden Colonne hing und minder zarte
Lungen als die seinige auf eine harte Probe stellte. Jeder unter seinen
Befehlen Dienende wurde mit seiner Persönlichkeit und mit seiner Stimme
vertraut, denn es gab kein Regiment, das er nicht mit der sorgfältigsten
Aufmerksamkeit inspicirt hätte. Seine freundlichen Mienen und Reden
blieben lange in der Erinnerung. Ein wackerer Soldat hat in seinem
Tagebuche der liebenswürdigen Freundlichkeit gedacht, mit der der König
einen Korb mit den ersten Kirschen des Jahres von ihm annahm, so wie der
Heiterkeit, mit der Se. Majestät sich beim Abendessen mit Denen
unterhielt, welche um die Tafel herum standen.[7]


[_Wilhelm marschirt südwärts._] Am 27. Juni, dem zehnten Tage nach
seiner Landung, marschirte Wilhelm mit allen seinen Truppen von
Loughbrickland in südlicher Richtung ab. Er hatte sich fest vorgenommen,
die erste Gelegenheit zu einer Schlacht zu ergreifen. Schomberg und
einige andere Offiziere empfahlen Vorsicht und Aufschub; der König aber
entgegnete ihnen, daß er nicht nach Irland gekommen sei, um Gras unter
seinen Füßen wachsen zu lassen. Der Ausgang des Feldzugs scheint zu
beweisen, daß er als General richtig urtheilte, und daß er als
Staatsmann richtig urtheilte, kann nicht bezweifelt werden. Er wußte,
daß die englische Nation mit der Art der bisherigen Kriegführung
unzufrieden war, daß nur ein rascher und glänzender Erfolg den
Enthusiasmus seiner Freunde wieder beleben und den Muth seiner Feinde
brechen und daß eine Niederlage seinem Rufe und seinen Interessen kaum
nachtheiliger sein konnte als ein langwieriger und unentschiedener
Feldzug.

Die Gegend, durch die er marschirte, war seit achtzehn Monaten von
Soldaten und von Rapparees entsetzlich verwüstet worden. Alles Vieh
war geschlachtet, die Anpflanzungen niedergehauen, die Umzäunungen und
Häuser in Trümmern. Kein menschliches Wesen war längs der Marschroute
zu sehen, außer einigen wenigen halbnackten und ausgehungerten
Jammergestalten, die keine andre Nahrung hatten als Haferhülsen, welche
sie, wie die Hühner, aus Schmutz und Asche heraussuchten.[8] Gleichwohl
konnten die natürliche Fruchtbarkeit des Bodens, das üppige Grün der
Erde, die für den Handel so vortheilhaft gelegenen Buchten und Flüsse,
trotz des nachtheiligen Lichtes, in welchem sich Alles darstellte,
dem aufmerksamen Blicke des Königs nicht entgehen. Er mochte wohl bei
sich denken, wie ganz anders diese Gegend ausgesehen haben würde, wenn
sie mit einer Regierung und einer Religion gesegnet gewesen wäre,
welche sein heimisches Holland zu einem Weltwunder gemacht hatten;
welche endlose Reihe von Landhäusern, Blumengärten und Meierhöfen die
Straße von Lisburn nach Belfast besäumt, wie viele Hunderte von Barken
beständig den Laggan auf und ab gefahren sein, welcher Wald von Masten
den öden Hafen von Newry belebt, und welche riesigen Waarenmagazine und
stattlichen Wohnhäuser den Boden bedeckt haben würden, den jetzt die
schmutzigen Gassen von Dundalk einnahmen. »Das Land,« hörte man ihn
sagen, »ist werth, daß man darum kämpft.«


[_Die irländische Armee zieht sich zurück._] Jakob scheint ursprünglich
beabsichtigt zu haben, an der Grenze zwischen Leinster und Ulster das
Glück einer Schlacht zu versuchen. Dieser Plan wurde jedoch, wie es
scheint auf Lauzun's Vorstellungen hin, wieder aufgegeben, denn ihm
klangen Louvois' Ermahnungen noch immer in den Ohren, obgleich er sehr
wenig geneigt und sehr wenig geschickt dazu war, einen Feldzug nach dem
Fabianischen System zu führen.[9] Obwohl Jakob entschlossen war, Dublin
nicht ohne eine Schlacht aufzugeben, willigte er doch ein sich bis zu
einer Stelle zurückzuziehen, wo er den Vortheil des Terrains für sich
hatte. Als daher Wilhelm's Vorhut Dundalk erreichte, war von der
irländischen Armee nichts als eine große Staubwolke zu sehen, die sich
langsam in südlicher Richtung gegen Ardee hin wälzte. Die Engländer
campirten eine Nacht in der Nähe des Ortes, wo Schomberg im vorigen
Jahre sein Lager aufgeschlagen hatte, und manche schmerzliche
Erinnerungen wurden durch den Anblick des öden Sumpfes geweckt, der das
Grab vieler tausend tapferer Männer geworden war.[10]

Wilhelm rückte jedoch weiter vor und die Irländer zogen sich fortwährend
vor ihm zurück, bis seine Armee, in drei Colonnen marschirend, am Morgen
des 30. Juni den Kamm eines Höhenzuges unweit der Südgrenze der
Grafschaft Louth erreichte. Zu ihren Füßen lag ein Thal, jetzt so
fruchtbar und lieblich, daß der hinabsehende Engländer sich in einen der
bevorzugtesten Theile seines bevorzugten Vaterlandes versetzt glauben
kann. Weizenfelder, Waldungen und blumige Wiesen ziehen sich sanft
abfallend bis ans Ufer des Boyne hinunter. Dieser schöne und ruhige
Strom, der die Grenze von Louth und Meath bildet, ergießt sich, nachdem
er viele Meilen zwischen grünen, mit modernen Palästen und mit den
verfallenen Burgen der unter englischer Oberhoheit gestandenen
normännischen Barone bedeckten Ufern dahin geströmt ist, nicht weit von
hier in das Meer. Fünf Meilen westlich von der Stelle, wo Wilhelm auf
den Fluß hinabsah, erhebt sich jetzt am grünenden Ufer, von stolzen
Forsten umgeben, Slane Castle, das Schloß des Marquis von Conyngham.
Zwei Meilen östlich lagert eine Rauchwolke aus den Schornsteinen der
Fabriken und Dampfschiffe über der lebhaften Stadt und dem Hafen von
Drogheda. Auf der Meather Seite des Boyne steigt der Boden, noch immer
allenthalben mit Kornfeldern, Wiesen, Blumen und Bäumen bedeckt, sanft
zu einer Anhöhe auf, die mit einer Gruppe von Eschen gekrönt ist, welche
die verfallene Kirche und den verödeten Gottesacker von Donore
beschatten.[11]

Im 17. Jahrhundert gewährte die Landschaft einen ganz andren Anblick.
Von Kunst und Industrie waren nur wenige Spuren vorhanden. Auf dem
Flusse sah man kaum ein andres Fahrzeug als die rohen Fischerböte von
mit Pferdehäuten überzogenem Flechtwerk, deren sich das celtische
Landvolk zum Forellen- und Lachsfang bediente. Drogheda, das gegenwärtig
zwanzigtausend betriebsame Einwohner zählt, war damals ein kleiner
Knäuel enger und schmutziger Gassen, von einem Graben und einem Walle
umgeben. Die Häuser waren von Holz, mit hohen Giebeln und vorspringendem
Obergestocke. Außerhalb der Stadtmauer war kaum eine menschliche Wohnung
zu sehen, außer an einer Stelle Namens Oldbridge. Bei Oldbridge war der
Fluß passirbar und südlich von der Furth standen einige Lehmhütten und
ein einziges aus festeren Materialien erbautes Haus.


[_Die Irländer halten am Boyne Stand._] Als Wilhelm das Thal des Boyne
erblickte, konnte er einen Ausruf und eine Bewegung der Freude nicht
unterdrücken. Er hatte gefürchtet, daß der Feind eine entscheidende
Schlacht vermeiden und den Krieg so lange hinziehen würde, bis die
Herbstregen mit ihrem Gefolge von Krankheiten wiederkehrten. Diese
Besorgniß schwand jetzt, und er hatte die Gewißheit, daß der Kampf heiß
und kurz sein würde. Jakob's Zelt war auf der Höhe von Donore
aufgeschlagen und die Fahnen des Hauses Stuart und des Hauses Bourbon
wehten nebeneinander herausfordernd auf den Wällen von Drogheda. Das
ganze südliche Flußufer war mit den Lagerzelten und Batterien der
feindlichen Armee bedeckt. Tausende von Kriegern bewegten sich durch die
Zeltgassen und jeder Soldat, ob Reiter oder Infanterist, ob Franzos oder
Irländer, hatte ein weißes Feldzeichen am Hut. Diese Farbe war aus
Artigkeit gegen das Haus Bourbon gewählt worden. »Ich bin erfreut Euch
zu sehen, Gentlemen,« sagte der König, als sein scharfes Auge die
irischen Reihen überblickte. »Wenn Ihr mir jetzt entkommt, so ist es
meine eigne Schuld.«[12]


[_Die Armee Jakob's._] Jeder der beiden einander feindlich
gegenüberstehenden Fürsten hatte einige Vortheile über seinen Rivalen.
Jakob hatte, in der Defensive, hinter Verschanzungen und mit einem
Flusse vor sich, die stärkere Position;[13] aber seine Truppen standen
hinsichtlich der Anzahl wie der Brauchbarkeit denen seines Gegners nach.
Er mochte über etwa dreißigtausend Mann zu verfügen haben. Ungefähr ein
Drittel dieser Streitmacht bestand aus vortrefflicher französischer
Infanterie und vortrefflicher irischer Cavallerie; der Rest seiner Armee
aber war das Gespött von ganz Europa. Die irischen Dragoner waren
schlecht; die irische Infanterie noch schlechter. Man sagte damals, ihre
gewöhnliche Art zu fechten bestehe darin, daß sie ihre Gewehre einmal
abfeuerten und dann mit dem Geheul »Pardon!« und »Mord!« davonliefen.
Ihre Unbrauchbarkeit wurde damals von ihren Feinden wie von ihren
Verbündeten allgemein natürlicher Feigheit Schuld gegeben. Wie
ungegründet diese Beschuldigung war, ist seitdem durch viele
Heldenthaten in allen Weltgegenden glänzend bewiesen worden. Es hätte in
der That selbst im 17. Jahrhundert verständigen Männern wohl einleuchten
können, daß ein Volk, das mit die beste Reiterei von der Welt lieferte,
bei richtiger Ausbildung gewiß auch gute Fußsoldaten liefern würde. Der
größte unserer Feldherren erklärte zu wiederholten Malen und ganz
entschieden, daß selbst die herrliche Armee, die sich unter seinen
Befehlen von Torres Vedras bis Toulouse durchschlug, binnen wenigen
Wochen zu allen militärischen Zwecken untauglich geworden sein würde,
wenn man ihr gestattet hätte, sich das Plündern anzugewöhnen. Was konnte
man also wohl von Truppen erwarten, denen man vom ersten Tage ihres
Eintritts in die Armee nicht nur erlaubt, sondern die man sogar
aufgefordert hatte, sich für den geringen Sold durch Plündern zu
entschädigen? Sie waren, wie es kaum anders sein konnte, ein bloßer
Haufen Gesindel, zwar wüthend und lärmend in ihrem Eifer für die Sache,
der sie sich geweiht hatten, aber unfähig einem wohlorganisirten
Truppencorps beharrlichen Widerstand zu leisten. In der That, die
Disciplin, wenn man es so nennen darf, der Armee Jakob's hatte für den
celtischen Kerne weiter nichts gethan als daß sie ihn erniedrigte und
entnervte. Nach einem anderthalbjährigen nominellen Soldatendienste war
er factisch noch eben so weit davon entfernt, ein Soldat zu sein, wie an
dem Tage, da er seine Hütte mit dem Feldlager vertauschte.


[_Die Armee Wilhelm's._] Wilhelm hatte unter seinen Befehlen nahe an
sechsunddreißigtausend Mann, die aus vieler Herren Länder stammten und
vielerlei Sprachen redeten. Kaum eine einzige protestantische Kirche,
kaum eine einzige protestantische Nation war nicht vertreten in dieser
Armee, welche durch eine wunderbare Kette von Ereignissen dahin gebracht
worden war, auf der entlegensten Insel des Westens für den
protestantischen Glauben zu kämpfen. Ungefähr die Hälfte der Truppen
waren geborene Engländer. Unter ihnen befand sich Ormond mit den
Leibgarden und Oxford mit den Blauen. Sir Johann Lanier, ein Offizier,
der sich auf dem Continent militärische Erfahrung erworben hatte und
dessen kluge Umsicht hoch geschätzt wurde, stand an der Spitze des
Reiterregiments der Königin, jetzt das elfte der Dragonergarden. Ferner
war Beaumont's Infanterie dabei, die sich Jakob's Befehl zum Trotz
geweigert hatte, irische Papisten in ihre Reihen aufzunehmen, und
Hastings' Infanterie, die an dem unglücklichen Tage von Killiecrankie
den militärischen Ruf des sächsischen Stammes gerettet hatte. Ferner die
beiden Tangerschen Bataillone, bis dahin nur durch Gewaltthätigkeiten
und Räubereien bekannt, aber dazu bestimmt, am folgenden Morgen eine
lange Ruhmeslaufbahn zu beginnen. Die schottischen Garden kämpften unter
dem Commando ihres Landsmannes Jakob Douglas. Zwei schöne englische
Regimenter, welche im Dienste der Generalstaaten gestanden und unter
Wilhelm's Anführung schon oft dem Tode ins Angesicht geblickt hatten,
begleiteten ihn in diesem Feldzuge nicht nur als ihren General, sondern
auch als ihren vaterländischen König. Sie heißen gegenwärtig das fünfte
und sechste der Linie. Das erstere wurde von einem Offizier geführt, der
nur geringe Kenntniß von den höheren Zweigen der Kriegswissenschaft
hatte, den aber die ganze Armee als den Tapfersten der Tapferen
anerkannte, von Johann Cutts. Unter den holländischen Truppen zeichneten
sich Portland's und Ginkell's Reiter und Solms' blaues Regiment, aus
zweitausend Mann der schönsten Infanterie von Europa bestehend,
namentlich aus. Deutschland hatte einige seinen vornehmsten Familien
entsprossene Krieger ins Feld geschickt. Prinz Georg von
Hessen-Darmstadt, ein tapferer Jüngling, der seine Lehrzeit in der
Kriegskunst bestand, ritt zur Seite des Königs. Eine starke Brigade
dänischer Söldlinge wurde vom Herzog Karl Friedrich von Würtemberg
befehligt, einem nahen Verwandten des Oberhauptes seiner erlauchten
Familie. Man sagte, daß die Irländer unter allen Soldaten Wilhelm's
diese an meisten fürchteten. Denn Jahrhunderte sächsischer Oberhoheit
hatten die Erinnerung an die Gewaltthätigkeit und Grausamkeit der
skandinavischen Seekönige nicht verwischt, und eine alte Prophezeiung,
daß die Dänen dereinst die Kinder des Landes vernichten würden, wurde
noch immer mit abergläubischem Entsetzen wiederholt.[14] Unter den
fremden Hülfstruppen befanden sich ein brandenburgisches und ein
finnländisches Regiment. Doch in diesem großen, aus so verschiedenen
Elementen zusammengesetzten Heere waren zwei Corps von einem ganz
besonders wilden und unversöhnlichem Geiste beseelt: die französischen
Hugenotten, welche nach dem Blute der Franzosen lechzten, und die
irischen Engländer, die es nicht erwarten konnten, die eingeborenen
Irländer niederzutreten. Die Reihen der Refugiés waren von Spionen und
Verräthern wirksam gesäubert worden und bestanden aus Männern, wie sie
im vorhergehenden Jahrhundert gegen die Macht des Hauses Valois und
gegen das Genie des Hauses Lothringen gekämpft hatten. Alle furchtlosen
Männer der unbesiegbaren Colonie hatten sich in Wilhelm's Lager begeben;
so Mitchelburne mit den hartnäckigen Vertheidigern Londonderry's, und
Wolseley mit den Kriegern, welche am Tage von Newton Butler einstimmig
»Vorrücken« gerufen hatten. Sir Albert Conyngham, der Ahnherr der edlen
Familie, deren Stammschloß jetzt auf den Boyne herniedersieht, hatte aus
der Umgegend des Ernesees ein tapferes Dragonerregiment herbeigeführt,
das noch heute stolz ist auf den Namen Enniskillen und das an den Ufern
des Schwarzen Meeres bewiesen hat, daß es seit der Schlacht am Boyne
noch nicht ausgeartet ist.[15]


[_Walker, nunmehriger Bischof von Derry, begleitet die Armee._] Walker
begleitete trotz seines vorgerückten Alters und seines friedlichen
Berufs die Männer von Londonderry und suchte durch Wort und Beispiel
ihren Eifer anzuspornen. Er war jetzt ein angesehener Prälat. Hesekiel
Hopkins war vor den papistischen Verfolgern und presbyterianischen
Rebellen nach London geflüchtet, hatte es über sich gewonnen, der
Regierung Treue zu schwören, hatte eine Pfarre erhalten und war in der
Ausübung der bescheidenen Amtspflichten eines Pfarrgeistlichen
gestorben.[16] Wilhelm erfuhr auf seinem Marsche durch Louth, daß das
reiche Bisthum Derry zu seiner Verfügung stand, und er ernannte sofort
Walker zum neuen Bischofe. Der wackere Greis wurde während der wenigen
Stunden, die ihm noch zu leben vergönnt waren, mit Huldigungen und
Beglückwünschungen überhäuft. Unglücklicherweise war bei ihm von der
Belagerung her, in der er sich so glänzend ausgezeichnet, eine
Leidenschaft für das Kriegshandwerk zurück geblieben, und er redete sich
leicht ein, daß er eine Pflicht gegen sein Vaterland und gegen seine
Religion erfülle, wenn er sich dieser Leidenschaft hingebe. Er hätte
bedenken sollen, daß die außergewöhnlichen Umstände, die ihn damals
berechtigt hatten, die Waffen zu ergreifen, nicht mehr existirten und
daß ein kämpfender Priester in einer disciplinirten Armee, welche von
erfahrenen und berühmten Generälen geführt wird, viel wahrscheinlicher
im Wege ist als etwas nützen kann. Der neuerwählte Bischof hatte sich
vorgenommen, überall zu sein wo die Gefahr am größten war, und die Art
und Weise, wie er sich der Gefahr aussetzte, erregte das äußerste
Mißfallen seines königlichen Gönners, der einen Zudringlichen eben so
wenig leiden konnte wie einen Feigling. Ein Soldat, der aus der Schlacht
davonlief, und ein Geistlicher, der sich in die Schlacht drängte, waren
die beiden Dinge, welche Wilhelm am meisten verdrossen.


[_Wilhelm recognoscirt die Stellung der Irländer._] Es war noch früh am
Tage. Der König ritt langsam am nördlichen Ufer des Flusses hin und
beobachtete aufmerksam die Stellung der Irländer, von denen er zuweilen
nur durch einen Zwischenraum von wenig mehr als zweihundert Fuß getrennt
war. Er war begleitet von Schomberg, Ormond, Sidney, Solms, Prinz Georg
von Hessen, Coningsby und Anderen. »Ihre Armee ist nur klein,« sagte
einer der holländischen Offiziere. Sie schien in der That aus nicht mehr
als sechzehntausend Mann zu bestehen. Aus dem Munde von Ueberläufern
wußte man aber, daß viele Regimenter durch die Erhabenheiten des
Terrains verborgen wurden. »Sie sind vielleicht stärker als sie
aussehen,« bemerkte Wilhelm; »aber mögen sie schwach oder stark sein,
ich werde bald ins Reine darüber kommen.«[17]

Endlich stieg er an einer Stelle, Oldbridge fast gerade gegenüber, ab,
setzte sich ins Gras nieder, um auszuruhen und rief nach dem Frühstück.
Die Saumrosse wurden ihrer Bürde entledigt, die Feldflaschen geöffnet
und ein Tischtuch auf den Rasen gebreitet. Der Ort wird durch einen
Obelisk bezeichnet, der zu einer Zeit errichtet wurde, als viele
Veteranen, die sich der Ereignisse jenes Tages erinnern konnten, noch am
Leben waren.


[_Wilhelm wird verwundet._] Während Wilhelm das Frühstück einnahm,
zeigte sich auf dem andern Ufer dicht am Wasser ein Trupp Reiter. Man
konnte darunter einige erkennen, die einst bei den Revuen in Hydepark
und auf den Bällen in der Gallerie von Whitehall geglänzt hatten: den
jugendlichen Berwick, den kleinen Lauzun mit seinen schönen Haaren,
Tyrconnel, vor Zeiten von den Hoffräulein als das Ideal männlicher Kraft
und Schönheit bewundert, jetzt aber vom Alter gebeugt und vom Podagra
gelähmt, und über Alle emporragend das stolze Haupt Sarsfield's.

Die Anführer der irischen Armee entdeckten bald, daß der Mann, der, von
einer glänzenden Suite umgeben, am entgegengesetzten Ufer frühstückte,
der Prinz von Oranien war, und sie schickten sofort nach Artillerie.
Zwei Feldstücke, durch einen Reitertrupp maskirt, wurden fast bis an den
Rand des Flusses gebracht und hinter einer Hecke aufgefahren. Wilhelm,
der eben aufgestanden und wieder zu Pferde gestiegen war, war der
Zielpunkt für beide Geschütze. Der erste Schuß traf eines der
Pistolenholster des Prinzen Georg von Hessen und riß sein Pferd zu Boden
»O,« rief der König, »der arme Prinz ist todtgeschossen!« Kaum waren
diese Worte über seine Lippen, so traf ihn selbst eine zweite Kugel, ein
Sechspfünder. Sie zerriß ihm den Rock, streifte seine Schulter und
entzog ihm einige Unzen Blut. Beide Armeen sahen, daß der Schuß
getroffen hatte, denn der König sank einen Augenblick auf den Hals
seines Pferdes nieder. Im irischen Lager erscholl ein lautes
Jubelgeschrei; die Engländer und ihre Verbündeten erschraken. Solms
warf sich auf die Erde nieder und brach in Thränen aus. Wilhelm's
Haltung beruhigte jedoch seine Freunde bald wieder. »Es ist mir nichts
geschehen,« sagte er; »aber die Kugel kam gerade nahe genug.« Coningsby
legte sein Taschentuch auf die Wunde, es wurde nach einem Wundarzt
geschickt, der einen Verband anlegte, und sobald dies geschehen war,
ritt der König unter lauten Zurufen durch alle Posten seiner Armee. Die
Energie seines Geistes war so groß, daß er trotz seiner Kränklichkeit
und trotz der eben erhaltenen Verletzung an diesem Tage neunzehn Stunden
auf dem Pferde zubrachte.[18]

Die Kanonade wurde auf beiden Seiten bis zum Abend unterhalten. Wilhelm
beobachtete mit besonderer Aufmerksamkeit den Eindruck, den die irischen
Schüsse auf diejenigen englischen Regimenter machten, welche noch nie im
Feuer gestanden hatten, und er erklärte sich mit dem Resultate seiner
Beobachtungen zufrieden. »Es geht Alles gut,« sagte er, »sie halten
Stand im Feuer.« Lange nach Sonnenuntergang inspicirte er seine Truppen
noch einmal bei Fackelschein und gab Befehl, daß alle nöthigen
Vorkehrungen getroffen wurden, um am nächsten Morgen den Uebergang über
den Fluß zu erzwingen. Jeder Soldat sollte einen grünen Zweig am Hute
tragen, das Gepäck und die Ueberröcke wurden unter der Obhut einer Wache
zurückgelassen, die Parole war Westminster.

Der Entschluß des Königs, die Irländer anzugreifen, wurde nicht von
allen seinen Unteranführern gebilligt. Schomberg insbesondere erklärte
das Unternehmen für zu gewagt und zog sich, da er überstimmt wurde,
nicht in der besten Laune in sein Zelt zurück. Als ihm der Befehl zum
Kampfe überbracht wurde, brummte er vor sich hin, er sei mehr gewöhnt,
solche Befehle zu geben, als zu empfangen. Diese kleine Anwandlung von
Verdruß, welche man einem General, der große Siege erfochten hatte, als
sein Gebieter noch ein Kind war, wohl verzeihen konnte, machte der
tapfere Veteran am folgenden Morgen glänzend wieder gut.


[_Schlacht am Boyne._] Der 1. Juli brach an, ein Tag, der seitdem nie
wiedergekehrt ist, um in den beiden Völkerstämmen, die sich in Irland
theilen, die verschiedenartigsten Gefühle zu erwecken. Die Sonne ging
strahlend an einem wolkenlosen Himmel auf. Bald nach vier Uhr waren
beide Armeen in Bewegung. Wilhelm befahl seinem rechten Flügel unter den
Befehlen Meinhart Schomberg's, eines Sohnes des Herzogs, nach der Brücke
von Slane, einige Meilen stromaufwärts, zu marschiren, den Fluß zu
passiren und den linken Flügel der irischen Armee zu umgehen. Meinhart
Schomberg hatte Portland und Douglas zur Seite. Jakob, der eine solche
Absicht vermuthete, hatte schon ein Dragonerregiment unter dem Commando
Sir Neill's O'Neill nach der Brücke abgesandt. O'Neill benahm sich als
tapferer Offizier, wurde aber bald tödtlich verwundet; seine Leute
ergriffen die Flucht, und der rechte Flügel der Engländer ging über den
Fluß.

Diese Bewegung beunruhigte Lauzun. Wie, wenn der englische rechte
Flügel in den Rücken der Armee Jakob's gelangte? Ungefähr vier Meilen
südlich vom Boyne lag ein Ort Namens Duleek, wo die Straße nach Dublin
so schmal war, daß nicht zwei Wagen einander ausweichen konnten, und wo
zu beiden Seiten der Straße ein Sumpf war, der dem Fuße keinen festen
Halt bot. Wenn Meinhart Schomberg diese Stelle besetzte, so war den
Irländern der Rückzug abgeschnitten und sie mußten entweder siegen oder
sich bis auf den letzten Mann niederhauen lassen. In Folge dieser
Befürchtung brach der französische General mit seinen Landsleuten und
mit Sarsfield's Reitern nach der Brücke von Slane auf, und die
Vertheidigung der Furthen bei Oldbridge blieb den Irländern allein
überlassen.

Es war jetzt bald zehn Uhr. Wilhelm stellte sich an die Spitze seines
linken Flügels, der ausschließlich aus Reiterei bestand, und traf
Anstalten, nicht weit oberhalb Drogheda den Fluß zu passiren; das
Centrum seiner Armee, das fast lediglich aus Infanterie bestand, wurde
dem Commando Schomberg's anvertraut und Oldbridge gegenüber aufgestellt.
Bei Oldbridge war die ganze irische Infanterie versammelt, das Meather
Ufer wimmelte von Piken und Bayonetten. Die französischen Ingenieurs
hatten aus den Hecken und Gebäuden eine Fortificationslinie gebildet und
dicht am Wasser eine Brustwehr aufgeworfen.[19] Hier befand sich
Tyrconnel; unter ihm commandirten Richard Hamilton und Antrim.

Schomberg gab die Parole und Solms' Blaue setzten sich zuerst in
Bewegung. Unter Trommelwirbel rückten sie muthig bis an den Rand des
Flusses vor. Dann schwiegen die Trommeln und die Leute gingen zehn Mann
hoch ins Wasser. Nach ihnen stiegen die Regimenter Londonderry und
Enniskillen ins Wasser. Ein wenig links von diesen beiden Regimentern
durchwatete Caillemot an der Spitze einer langen Colonne französischer
Refugiés den Strom. Zur Linken Caillemot's und seiner Refugiés arbeitete
sich das Gros der englischen Infanterie, bis unter die Arme im Wasser,
durch den Fluß. Noch weiter stromabwärts fanden die Dänen noch eine
Furth. Binnen wenigen Minuten war der Boyne eine Viertelmeile weit mit
Gewehren und grünen Zweigen bedeckt.

Erst als die Angreifenden die Mitte des Flusses erreicht hatten,
erkannten sie die ganze Schwierigkeit und Gefahr des begonnenen
Unternehmens. Sie hatten bisher noch wenig mehr als die Hälfte der
feindlichen Armee gesehen; jetzt schienen ganze Infanterie- und
Cavallerieregimenter aus der Erde zu wachsen. Ein wildes
herausforderndes Geschrei ertönte das ganze Ufer entlang und einen
Augenblick schien der Ausgang zweifelhaft; aber die Protestanten drangen
entschlossen vorwärts und im nächsten Augenblicke wich die ganze irische
Schlachtlinie zurück Tyrconnel sah in rathloser Verzweiflung zu. Es
fehlte ihm nicht an persönlicher Tapferkeit, aber seine militärischen
Kenntnisse waren so gering, daß er kaum einmal sein Regiment im
Phönixpark die Revue passiren ließ, ohne einen Fehler zu machen, und die
rings umher sich öffnenden Reihen wieder zu sammeln, war keine Aufgabe
für einen General, der die Energie seines Körpers und seines Geistes
überlebt und doch noch die Anfangsgründe seiner Berufswissenschaft zu
lernen hatte. Mehrere von seinen besten Offizieren fielen, während sie
umsonst ihre Soldaten dahin zu bringen versuchten, den holländischen
Blauen ins Angesicht zu blicken. Richard Hamilton beorderte eine
Abtheilung Fußvolk, über die französischen Refugiés herzufallen, welche
noch tief im Wasser standen. Er trat selbst an ihre Spitze und ging,
begleitet von mehreren tapferen Offizieren mit gezogenem Degen ins
Wasser. Aber weder seine Befehle, noch sein Beispiel konnten diesem
Haufen von Viehdieben Muth einhauchen. Er wurde fast allein gelassen und
zog sich in Verzweiflung vom Ufer zurück. Weiter stromabwärts lief
Antrims' Division gleich einer Heerde Schaafe beim Anrücken der
englischen Colonne davon. Ganze Regimenter warfen Waffen, Fahnen und
Monturstücke fort und flohen ins Gebirge, ohne einen Schlag gethan oder
einen Schuß abgefeuert zu haben.[20]

Es bedurfte vieler Jahre und vieler Heldenthaten, um den Vorwurf
zu verwischen, den diese schimpfliche Flucht an dem irischen Namen
zurückließ. Und doch wurde es noch vor dem Ende des Tages glänzend
bewiesen, daß der Vorwurf ungerecht war. Richard Hamilton stellte sich
an die Spitze der Cavallerie und sie machte unter seinem Commando
einen tapferen, wenn auch fruchtlosen Versuch, die Ehre des Tags zu
retten. Sie bestand einen verzweifelten Kampf im Flusse mit Solms'
Blauen, trieb die dänische Brigade ins Wasser zurück und fiel ungestüm
über die hugenottischen Regimenter her, welche zu weichen begannen, da
sie nicht mit Piken versehen waren, deren sich die Infanterie damals
gewöhnlich bediente, um einen Reiterangriff zurückzuschlagen. Caillemot
erhielt, während er seine Mitverbannten anfeuerte, eine tödtliche Wunde
in den Schenkel. Vier von seinen Leuten trugen ihn durch die Furth
zurück in sein Zelt. Auf diesem traurigen Wege trieb er die letzten
Reihen, welche noch bis in die Brust im Wasser standen, noch immer zum
Vorrücken an. »Weiter, weiter, meine Burschen! zum Ruhm, zum Ruhm!«
Schomberg, der am nördlichen Ufer geblieben war und von hier aus das
Vorrücken seiner Truppen mit dem Auge eines Generals überwacht hatte,
meinte jetzt, daß die Lage der Dinge die persönliche Anstrengung des
Soldaten von ihm verlange. Seine Umgebung drang vergebens in ihn, daß
er den Küraß anlegen möchte. Ohne die schützende Rüstung ritt er durch
den Fluß und sammelte die Refugiés wieder, welche Caillemot's Fall in
Verwirrung gebracht hatte. »Vorwärts, meine Herren, vorwärts!« rief er,
auf die papistischen Schwadronen zeigend, in französischer Sprache,
»dort sind Ihre Verfolger!« dies waren seine letzten Worte. Während er
sprach, drang ein Trupp irischer Reiter auf ihn ein und umringte ihn
auf einen Augenblick. Als sie sich wieder entfernten, lag er am Boden.
Seine Freunde hoben ihn auf, aber er war schon eine Leiche. Er hatte
zwei Säbelhiebe am Kopfe und eine Carabinerkugel im Halse. Fast in dem
nämlichen Augenblicke wurde Walker, als er eben die Colonisten von
Ulster ermahnte, sich als Männer zu zeigen, todtgeschossen. Ziemlich
eine halbe Stunde lang wüthete der Kampf am südlichen Flußufer fort.
Rauch, Staub und Getöse erfüllten die Luft. Alte Soldaten hörte man
sagen, daß sie selten in den Niederlanden heißere Arbeit gesehen
hätten. Gerade in diesem Augenblicke kam Wilhelm mit dem linken Flügel
an. Die Passage durch den Fluß hatte ihn wegen der starken Strömung
viel Mühe gekostet. Sein Pferd hatte schwimmen müssen und war fast im
Schlamme stecken geblieben. Sobald der König wieder auf festem Boden
stand, nahm er sein Schwert in die linke Hand, -- denn den rechten Arm
konnte er wegen seiner Wunde und wegen des Verbandes nicht gebrauchen,
-- und führte seine Leute dahin wo das Gefecht am hitzigsten war.
Seine Ankunft entschied den Ausgang der Schlacht. Die irischen Reiter
zogen sich jedoch nur hartnäckig fechtend zurück. Man erinnerte sich
noch lange unter den Protestanten von Ulster, daß Wilhelm inmitten
des Getümmels an die Spitze der Enniskillener ritt. »Was wollt Ihr
für mich thun?« rief er aus. Er wurde nicht gleich erkannt und ein
Reiter, der ihn für einen Feind hielt, wollte schon auf ihn feuern.
Wilhelm schob den Carabiner sanft zur Seite und sagte: »Wie? kennt Ihr
Eure Freunde nicht?« -- »Es ist Seine Majestät!« rief der Oberst. Ein
freudiges Hurrah erscholl in den Reihen der standhaften Protestanten.
»Gentlemen,« sagte Wilhelm, »Ihr sollt heute meine Garden sein. Ich
habe viel von Euch gehört, laßt mich einmal etwas sehen.« Es war
eine der merkwürdigsten Eigenthümlichkeiten dieses für gewöhnlich so
finsteren und schweigsamen Mannes, daß die Gefahr eine ähnliche Wirkung
wie der Wein auf ihn äußerte, ihm das Herz öffnete, die Zunge löste
und seinem Benehmen jeden Anschein von Gezwungenheit entzog. An diesen
denkwürdigen Tagen sah man ihn überall wo die Gefahr am größten war.
Eine Kugel traf die Kappe seines Pistols, eine andre riß den Absatz
seines Stiefels fort; aber seine Leutnants drangen vergeblich in ihn,
daß er sich auf einen Posten zurückziehen möchte, von wo er seine
Befehle ertheilen konnte, ohne ein für ganz Europa so kostbares Leben
zu gefährden. Durch sein Beispiel angespornt, gewannen seine Truppen
sehr bald Boden. Die irische Reiterei machte zum letzten Male Halt bei
einem Hause Namens Plottin Castle, ungefähr anderthalb Meilen südlich
von Oldbridge. Hier wurden die Enniskillener mit einem Verluste von
funfzig Mann geworfen und hitzig verfolgt, bis Wilhelm sie wieder
sammelte und die Verfolgung umkehrte. In diesem Gefecht wurde Richard
Hamilton, der Alles gethan hatte was Tapferkeit thun konnte, um
seinen durch Treulosigkeit verwirkten Ruf wieder zu erlangen, schwer
verwundet, gefangen genommen und auf der Stelle durch Pulverdampf und
Gemetzel vor den Fürsten geführt, gegen den er so schwer gesündigt
hatte.[21] Bei keiner Gelegenheit zeigte sich Wilhelm's Character
augenfälliger. »Sind wir fertig,« sagte er zu ihm, »oder werden Ihre
Reiter noch länger kämpfen?« -- »Bei meiner Ehre, Sire,« antwortete
Hamilton, »ich glaube sie werden es.« -- »Ihre Ehre!« murmelte Wilhelm;
»Ihre Ehre!« Dieser halbunterdrückte Ausruf war die einzige Rache, die
er für eine Beleidigung zu nehmen sich herabließ, für welche mancher in
seinem gewöhnlichen Umgange viel freundlichere und huldreichere Fürst
eine furchtbare Wiedervergeltung geübt haben würde. Hierauf befahl er,
sich gewaltsam bezwingend, seinem eignen Wundarzte, die Verletzungen
des Gefangenen zu untersuchen.[22]

Die Schlacht war vorüber. Hamilton irrte sich, indem er glaubte seine
Reiter würden den Kampf fortsetzen. Ganze Corps waren zusammengehauen
worden. Ein schönes Regiment hatte nur noch dreißig nicht verwundete
Leute. Es war genug, daß diese tapferen Soldaten das Feld behauptet, bis
sie keine Unterstützung, keine Hoffnung, keine Leitung mehr hatten, bis
ihr tapferster Anführer gefangen und ihr König geflohen war.


[_Jakob's Flucht._] Ob Jakob seinen früheren Ruf der Tapferkeit dem
Zufalle und der Schmeichelei verdankte, oder ob sein Character mit den
vorgerückten Jahren sich veränderte, ist ungewiß. Gewiß ist, daß man in
seiner Jugend von ihm glaubte, er besitze nicht nur das gewöhnliche Maß
von Tapferkeit, das einen Soldaten befähigt, einen Feldzug ohne Schande
zu bestehen, sondern auch die höhere und heitere Unerschrockenheit,
welche den großen Feldherrn characterisirt.[23] Eben so gewiß ist aber,
daß er in seinen späteren Jahren zu wiederholten Malen bei
Gelegenheiten, wie sie oftmals zaghafte und schwache Frauen mit einem
heroischen Muthe beseelt haben, eine kleinmüthige Besorgniß um seine
persönliche Sicherheit an den Tag legte. Die Blicke seiner Zeitgenossen
und der Nachwelt, von Freunden, die seiner Sache treu ergeben waren, und
von Feinden, die seine Demüthigung mit Ungeduld erwarteten, waren auf
ihn gerichtet. Er hatte seiner Meinung nach geheiligte Rechte zu
behaupten und schwere Unbilden zu rächen. Er war ein König, der gekommen
war, um drei Königreiche zu kämpfen. Er war ein Vater, der gekommen war,
um das Geburtsrecht seines Kindes zu kämpfen. Er war ein eifriger
Katholik, der gekommen war, im heiligsten aller Kreuzzüge zu fechten.
Wenn alles dies noch nicht genug war, so hatte er von der sicheren
Stellung, die er auf der Anhöhe von Donore einnahm, einen Anblick vor
sich, von dem man hätte denken sollen, daß er den stumpfsinnigsten
Menschen hätte zum Wetteifer anspornen müssen. Er sah seinen Nebenbuhler
schwach, kränklich und verwundet durch den Fluß schwimmen, sich durch
den Schlamm kämpfen, den Angriff leiten, die Flucht aufhalten, das
Schwert in die linke Hand nehmen und die Zügel mit einem verbundenen
Arme führen. Aber nichts von dem Allen machte einen Eindruck auf diese
schwerfällige und unedle Natur. Aus sicherer Entfernung beobachtete er
den Anfang der Schlacht, von welcher sein und seines Hauses Schicksal
abhing. Als es klar wurde, daß die Schlacht einen für Irland ungünstigen
Ausgang nahm, bemächtigte sich seiner die Befürchtung, daß ihm die
Flucht abgeschnitten werden könnte, und er brach daher im Galopp nach
Dublin auf. Er war begleitet von einer Leibgarde unter dem Commando
Sarsfield's, der an diesem Tage keine Gelegenheit gehabt hatte, die
Geschicklichkeit und den Muth zu entfalten, welche selbst seine Feinde
ihm nicht absprechen.[24] Die französischen Hülfstruppen, welche den
ganzen Morgen dazu verwendet worden waren, Wilhelm's rechten Flügel in
Schach zu halten, deckten die Flucht der geschlagenen Armee. Sie waren
in der That in Gefahr, durch den Strom der Fliehenden, von denen jeder
zuerst den Engpaß von Duleek erreichen wollte, durchbrochen und mit
fortgerissen zu werden, und sie mußte deshalb zu wiederholten Malen auf
diese verachtungswerthen Bundesgenossen feuern.[25] Indessen wurde der
Rückzug mit geringerem Verlust bewerkstelligt, als man hätte erwarten
sollen. Denn selbst Wilhelm's Bewunderer gestanden zu, daß er die
Verfolgung nicht mit der Energie betrieben, die er, wie selbst seine
Verleumder anerkannten, in der Schlacht gezeigt halte. Vielleicht hatten
seine Kränklichkeit, seine Wunde und die bestandenen Strapatzen ihn zu
körperlicher und geistiger Anstrengung unfähig gemacht. Er hatte von
den letzten vierzig Stunden fünfunddreißig auf dem Pferde zugebracht,
und Schomberg, der ihn hätte ersetzen können, war nicht mehr. Man sagte
im Lager, daß der König nicht Alles thun könne und daß was er nicht
thäte, überhaupt gar nicht gethan würde.


[_Verlust der beiden Armeen._] Das Gemetzel war geringer gewesen als auf
irgend einem andren Schlachtfelde von gleicher Wichtigkeit und
Berühmtheit. Von den Irländern waren nur etwa funfzehnhundert Mann
gefallen; aber fast lauter Cavaliere, die Elite der Armee, tapfere und
wohl disciplinirte Leute, die so leicht nicht zu ersetzen waren. Wilhelm
gab strenge Ordre, daß kein unnöthiges Blutvergießen stattfinden solle,
und verlieh diesem Befehle durch einen Act lobenswerther Strenge
Nachdruck. Einer seiner Soldaten hieb, nachdem der Kampf vorüber war,
noch drei wehrlose Irländer nieder, die um Pardon baten. Der König
befahl, den Mörder auf der Stelle zu hängen.[26]

Der Verlust der Sieger überstieg nicht fünfhundert Mann; aber der größte
Feldherr Europa's war darunter. Seinem Leichname wurde jede erdenkliche
Ehre erwiesen. Die einzige Ruhestätte, die einem so berühmten Krieger,
der im Kampfe für die Freiheiten und die Religion England's gefallen
war, gebührte, war die durch den Staub vieler Generationen von Fürsten,
Helden und Dichtern geheiligte und ehrwürdige Abtei. Es wurde bekannt
gemacht, daß der tapfere Veteran ein öffentliches Leichenbegängniß zu
Westminster haben solle. Einstweilen wurde sein Leichnam mit soviel
Geschicklichkeit als im Lager zu finden war, einbalsamirt und in einen
bleiernen Sarg gelegt.[27]

Walker wurde minder ehrerbietig behandelt. Wilhelm betrachtete ihn als
einen unruhigen Kopf, der gebührend dafür bestraft worden war, daß er
sich ohne einen Ruf der Pflicht in Gefahr begeben, und er äußerte diese
Gesinnung auf dem Schlachtfelde mit characteristischer Derbheit. »Sire,«
sagte einer von seinen Begleitern, »der Bischof von Derry ist bei der
Furth durch eine Kugel getödtet worden.« -- »Wer hieß ihn hingehen?«
brummte der König.


[_Fall von Drogheda._] Die siegreiche Armee marschirte diesen Tag noch
bis Duleek und brachte hier die warme Sommernacht unter freiem Himmel
zu. Die Zelte und die Bagagewagen befanden sich noch auf der Nordseite
des Flusses. Wilhelm's Wagen war herübergeholt worden, und er schlief
darin, umgeben von seinen Soldaten. Am folgenden Tage ergab sich
Drogheda ohne Schwertstreich und die dreizehnhundert Mann starke
Besatzung zog ohne Waffen ab.[28]


[_Zustand von Dublin._] Inzwischen hatte in Dublin eine heftige
Aufregung geherrscht. Am 30. Juni wurde es bekannt, daß die beiden
Armeen, durch den Boyne getrennt, einander gegenüber standen und daß
eine Schlacht fast unvermeidlich war. Am Abend desselben Tages kam die
Nachricht, daß Wilhelm verwundet war. Es hieß zuerst, die Wunde sei
tödtlich. Man glaubte und erzählte es mit Zuversicht weiter, daß der
Usurpator nicht mehr sei, und Couriere wurden abgeschickt, um die frohe
Botschaft von seinem Tode den in den Häfen von Munster liegenden
Schiffen zu überbringen. Am 1. Juli waren die Straßen Dublin's vom
frühen Morgen an mit Leuten angefüllt, welche begierig nach Neuigkeiten
fragten und solche erzählten. Tausend tolle Gerüchte circulirten unter
der Menge. Von dem Berge Howth wollte man eine Flotte von Kriegsschiffen
unter weißer Flagge gesehen haben. In Kent sollte ein Armeecorps unter
den Befehlen eines Marschalls von Frankreich gelandet sein. Der Kampf am
Boyne sollte heiß gewesen sein, die Irländer aber sollten gesiegt haben;
der englische rechte Flügel sei geschlagen und der Prinz von Oranien
gefangen genommen worden. Während die Katholiken diese Geschichten an
allen öffentlichen Orten anhörten und wiedererzählten, schlossen sich
die wenigen noch auf freiem Fuße befindlichen Protestanten in ihre
Wohnungen ein, denn sie fürchteten in Stücke zerrissen zu werden. Gegen
fünf Uhr Nachmittags aber kamen einige Deserteurs auf ermüdeten Pferden
an und brachten schlimme Nachrichten. Um sechs Uhr wußte man, daß Alles
verloren war. Bald nach Sonnenuntergang ritt Jakob, von zweihundert
Reitern begleitet, in das Schloß ein. Auf der Schwelle kam ihm
Tyrconnel's Gattin, einst die lebensfrohe und schöne Fanny Jennings, die
reizendste Kokette in dem glänzenden Whitehall der Restauration,
entgegen. Der besiegte König hatte ihr den Untergang ihres und seines
eignen Glückssternes anzukündigen. Inzwischen kam der Strom der
Fliehenden rasch heran. Bis Mitternacht waren alle nördlichen Zugänge
der Hauptstadt durch Wagenzüge und durch Schaaren von erschöpften und
mit Staub bedeckten Dragonern verstopft. Einige hatten ihre
Feuergewehre, Andere ihre Säbel verloren, noch Andere waren durch
frische Wunden entstellt. Um zwei Uhr Morgens war es still in Dublin,
aber noch vor dem frühen Anbruch des Sommertages wurden die Schlafenden
durch Trompetenstöße geweckt: die Reiter, welche am vorhergehenden Tage
die Ehre ihres Vaterlandes so wacker gerettet hatten, ergossen sich mit
furchtbar gelichteten Reihen, aber doch noch immer einen Schein von
militärischer Ordnung beobachtend, durch die Straßen. Zwei Stunden
später ließen sich Lauzun's Trommeln vernehmen, und die französischen
Regimenter rückten in ungebrochener Ordnung in die Stadt ein.[29] Viele
glaubten, daß mit einer solchen Streitmacht noch immer Widerstand
geleistet werden könne. Aber noch vor sechs Uhr wurden der Lord Mayor
und einige der angesehensten katholischen Bürger eiligst ins Schloß
beschieden, und hier nahm Jakob mit einer Rede, die ihm wenig Ehre
machte, Abschied von ihnen. Er sei oft, sagte er, darauf aufmerksam
gemacht werden, daß die Irländer trotz ihres guten und kräftigen
Aussehens sich auf dem Schlachtfelde niemals gut halten würden, und er
habe sich jetzt überzeugt, daß die Warnung nur zu gegründet gewesen sei.
Er habe das Unglück gehabt, sich binnen weniger als zwei Jahren von zwei
Armeen verlassen zu sehen. Seinen englischen Truppen habe es nicht an
Muth, aber an Loyalität gefehlt. Seine irischen Truppen seien ohne
Zweifel seiner Sache ergeben, da es auch die ihrige sei; aber sobald sie
einem Feinde gegenüber gestellt würden, liefen sie davon. Der Verlust
sei allerdings gering gewesen; aber desto schimpflicher sei es für
Diejenigen, welche bei so unbedeutendem Verlust schon die Flucht
ergriffen hätten. »Ich werde nie wieder eine irische Armee commandiren.
Ich muß jetzt auf meine Sicherheit bedacht sein, und auch Sie müssen für
Sich selbst sorgen.« Nachdem er so seine Soldaten heruntergemacht, daß
sie der Pöbel waren, zu welchem seine eigne verkehrte Behandlung sie
gemacht hatte, und daß sie das Beispiel der Feigheit nachgeahmt, das er
selbst ihnen gegeben, sprach er noch einige eines Königs würdigere
Worte. Er wisse, sagte er, daß einige seiner Anhänger erklärt hätten,
sie würden Dublin eher niederbrennen als es in die Hände der Engländer
fallen lassen. Eine solche That würde ihn in den Augen der ganzen
Menschheit entehren, denn Niemand würde glauben, daß seine Freunde ohne
seine Einwilligung so weit gehen könnten. Auch würde eine solche That
Denen, die sie begingen, eine strenge Behandlung zuziehen, welche sie
außerdem nicht zu befürchten hätten, denn Unmenschlichkeit gegen
besiegte Feinde gehöre nicht zu den Fehlern des Prinzen von Oranien. Aus
diesen Gründen forderte Jakob seine Zuhörer bei ihrer Unterthanenpflicht
auf, die Stadt weder zu plündern noch zu zerstören.[30]


[_Jakob's Flucht nach Frankreich._] Er reiste hierauf ab, ging eiligst
über das Wicklowgebirge und hielt nicht eher an als bis er funfzig
Meilen von Dublin entfernt war. Kaum war er abgestiegen, um etwas zu
sich zu nehmen, so wurde er durch das alberne Gerücht erschreckt, daß
die Verfolger ihm dicht auf den Fersen seien. In Folge dessen reiste er
sofort weiter, ritt die ganze Nacht durch und gab Befehl, daß die
Brücken hinter ihm abgebrochen werden sollten. Am Morgen des 3. Juli
erreichte er den Hafen von Waterford und ging von hier zu Wasser nach
Kinsale, wo er sich auf einer französischen Fregatte einschiffte und
nach Brest segelte.[31]


[_Dublin wird von den französischen und irischen Truppen geräumt._]
Nach seiner Abreise nahm die Verwirrung in Dublin mit jeder Stunde
zu. Während des ganzen Tages nach der Schlacht kamen beständig
fliehende Fußsoldaten, ermüdet und mit Staub bedeckt, in die Stadt, und
katholische Bürger verließen dieselbe mit ihren Frauen, ihren Kindern
und ihrem Hausgeräth. In einigen Theilen der Hauptstadt herrschte
noch ein Ueberrest von militärischer Ordnung und Kriegsbereitschaft.
Die Thore waren bewacht, das Schloß von einem starken Truppencorps
besetzt, und man glaubte allgemein, daß der Feind nicht ohne Kampf
hereingelassen werden würde. Einige Großsprecher, die wenige Stunden
zuvor von dem Brustwerke bei Oldbridge weggelaufen waren, ohne einen
Hahn zu spannen, schworen in der That jetzt, daß sie die Stadt eher
in Asche legen als sie dem Prinzen von Oranien überliefern würden.
Aber gegen Abend sammelten Tyrconnel und Lauzun alle ihre Truppen und
verließen die Stadt auf der Straße, welche nach der großen Weidestrecke
führte, die die ganze Hochebene am Kildare umfaßt. Die Gestalt der
Dinge in Dublin gewann augenblicklich ein andres Aussehen. Allenthalben
kamen die Protestanten aus ihren Verstecken hervor. Einige von ihnen
gingen in die Häuser ihrer Verfolger und verlangten Waffen. Die Thore
der Gefängnisse wurden geöffnet. Die Bischöfe von Meath und von
Limerick, Doctor King und Andere, welche lange an der Doctrin des
passiven Gehorsams festgehalten, die aber endlich durch die Tyrannei in
gemäßigte Whigs verwandelt worden waren, bildeten eine provisorische
Regierung und schickten einen Boten in Wilhelm's Lager, um ihm sagen
zu lassen, daß Dublin bereit sei, ihn willkommen zu heißen. Noch
denselben Abend um acht Uhr rückte eine Schwadron englischer Dragoner
ein. Die ganze Bevölkerung ging ihr bis College Green entgegen, wo
jetzt die Statue des Befreiers steht. Hunderte umarmten die Soldaten
und die Hälse der Pferde und liefen, einander die Hände schüttelnd,
freudetrunken umher. Am andren Morgen traf ein starkes Cavalleriecorps
ein und von allen Seiten kamen Nachrichten von dem Eindrucke, den
der Sieg am Boyne gemacht hatte. Jakob hatte die Insel verlassen;
Wexford hatte sich für König Wilhelm erklärt; in einem Umkreise von
fünfundzwanzig Meilen von der Hauptstadt gab es keinen bewaffneten
Papisten mehr. Fast sämmtliche Bagage und Vorräthe der geschlagenen
Armee waren den Siegern in die Hände gefallen. Die Enniskillener hatten
nicht weniger als dreihundert Wagen weggenommen und hatten unter der
Beute zehntausend Pfund baares Geld, eine Menge Silbergeschirr und
Schmucksachen, sowie die ganze prächtige Feldequipage Tyrconnel's und
Lauzun's gefunden.[32]


[_Wilhelm's Einzug in Dublin._] Wilhelm nahm sein Hauptquartier in
Ferns, ungefähr zwei Meilen von Dublin. Von da ritt er am Morgen des
6. Juli, einem Sonntage, mit großem Gepränge nach der Kathedrale
und richtete dort, mit der Krone auf dem Haupte, in dem Chore, das
jetzt mit den Bannern der Ritter von St. Patrick behangen ist, ein
öffentliches Dankgebet zu Gott. King predigte mit dem ganzen Feuer
eines Neophyten über die große Befreiung, mit der Gott die Kirche
beglückt habe. Die protestantischen Behörden der Stadt erschienen nach
langer Zeit wieder mit dem Prunke ihres Amtes. Wilhelm ließ sich nicht
bewegen, im Schlosse zu übernachten, sondern er kehrte am Abend ins
Lager zurück und schlief dort in seiner hölzernen Hütte.[33]


[_Eindruck der Nachrichten aus Irland in Frankreich._] Die Kunde von
diesen wichtigen Ereignissen verbreitete sich rasch und brachte ganz
Europa in heftige Aufregung. Die Nachricht von Wilhelm's Verwundung
ging überall der Nachricht von seinem Siege um einige Stunden voraus.
Paris wurde mitten in der Nacht durch die Ankunft eines Couriers
geweckt, der die frohe Botschaft brachte, daß der Ketzer, der
Vatermörder, der Todfeind der Größe Frankreich's, im Angesicht beider
Armeen von einer Kanonenkugel tödtlich getroffen worden sei. Die
Polizeicommissare liefen in der Stadt umher, klopften an die Hausthüren
und forderten die Leute auf zu illuminiren. In Zeit von einer Stunde
strahlten die Straßen, die Quais und die Brücken in hellem
Lichterglanze, Trommeln wirbelten und Trompeten schmetterten; die
Glocken von Notre-Dame läuteten und Kanonenschüsse donnerten von den
Batterien der Bastille. In den Straßen wurden Tafeln aufgeschlagen und
allen Vorübergehenden Wein gereicht. Eine Strohpuppe, welche den Prinzen
von Oranien darstellte, wurde durch den Koth geschleift und schließlich
den Flammen übergeben. Sie war begleitet von einem widerlichen Abbilde
des Teufels, der einen Zettel trug, auf dem geschrieben stand: »Ich habe
Dich seit zwei Jahren erwartet.« Die Läden mehrerer Hugenotten, welche
durch Einquartierung gezwungen worden waren, sich für Katholiken zu
erklären, die aber in dem Verdachte standen, im Herzen noch immer Ketzer
zu sein, wurden vom Pöbel geplündert. Es war gefährlich, die Wahrheit
der Nachricht, welche die Menge so freudig willkommen geheißen hatte, in
Zweifel zu ziehen. Bald jedoch wagten es einige nüchterne Leute zu
bemerken, daß das Factum des Todes des Tyrannen noch nicht so ganz
ausgemacht sei als man wohl wünschen könnte. Da entspann sich eine
heftige Polemik über die Wirkung solcher Verwundungen, denn der große
Haufe meinte, daß Jemand, der von einer Kanonenkugel an der Schulter
getroffen worden sei, nicht wieder aufkommen könne. Die Streitenden
appellirten an medizinische Autoritäten, und die Thüren der
renommirtesten Chirurgen und Aerzte wurden belagert, als ob, wie man
scherzhaft sagte, eine Epidemie in Paris geherrscht hätte. Die Frage
wurde bald durch ein Schreiben von Jakob entschieden, worin er seine
Niederlage und seine Ankunft in Brest meldete.[34]


[_Eindruck der Nachrichten aus Irland in Rom._] In Rom machten die
Nachrichten aus Irland eine Sensation ganz andrer Art. Auch dort
fand die Kunde von Wilhelm's Tode eine kurze Zeit lang Glauben.
Im französischen Gesandtschaftshotel herrschte nichts als Freude
und Triumph; die Gesandten des Hauses Oesterreich aber waren in
Verzweiflung, und das Aussehen des päpstlichen Hofes verrieth
nichts weniger als Jubel.[35] Melfort schrieb in einem Anfall von
Freudentaumel einen Beglückwünschungsbrief an Marie von Modena. Dieser
Brief ist noch vorhanden und würde allein hinreichen zu erklären,
warum er der Günstling Jakob's war. Herodes -- so war Wilhelm genannt
-- sei nicht mehr. Es müsse eine Restauration stattfinden und diese
Restauration müsse eine furchtbare Rache und die Herstellung des
Despotismus nach sich ziehen. Die Macht der Geldbewilligung müsse den
Gemeinen entzogen werden. Politische Verbrecher dürften nicht durch
Juries, sondern durch Richter abgeurtheilt werden, auf die sich die
Krone verlassen könne. Die Habeascorpusacte müsse aufgehoben, die
Urheber der Revolution mit schonungsloser Strenge bestraft werden.
»Wenn,« schrieb der gefühllose Apostat, »der König gezwungen ist zu
begnadigen, so mögen es so wenig Schurken sein als möglich.«[36]
Nach Verlauf einiger angstvoller Stunden stieg ein Bote, der neuere
und authentischere Nachrichten brachte, in dem Palaste ab, den der
Vertreter des katholischen Königs bewohnte. In einem Augenblicke war
Alles verändert, die Feinde Frankreich's -- und das war die ganze
Bevölkerung mit Ausnahme der Franzosen und der britischen Jakobiten
-- wünschten einander von Herzen Glück. Die sämmtlichen Sekretäre
und Schreiber der spanischen Gesandtschaft reichten nicht hin, um
Abschriften der Depeschen für die Cardinäle und Bischöfe zu fertigen,
die es nicht erwarten konnten, Ausführlicheres über den Sieg zu
erfahren. Die erste Abschrift wurde dem Papste zugesandt und sie war
ihm ohne Zweifel willkommen.[37]


[_Eindruck der Nachrichten aus Irland in London._] Die guten Nachrichten
aus Irland trafen in London in einem Augenblicke ein, wo gute
Nachrichten dort sehr nöthig waren. Die englische Flagge hatte in den
englischen Meeren keine Ehre eingelegt, ein auswärtiger Feind bedrohte
die Küsten, Verräther bearbeiteten das Land im Innern. Marie hatte sich
über ihre Kräfte angestrengt. Ihre zarte Constitution war den heftigen
Gemüthsbewegungen ihrer Stellung nicht gewachsen, und sie beklagte sich,
daß sie von den Geschäften keinen Augenblick Zeit erübrigen könne, um
sich durch Gebet zu beruhigen. Ihre Angst stieg aufs Höchste, als sie
erfuhr, daß die beiden Lager ihres Vaters und ihres Gatten nahe bei
einander aufgeschlagen seien und daß man stündlich die Nachricht von
einer Schlacht zu gewärtigen habe. Sie stahl sich die Zeit zu einem
Ausfluge nach Kensington und brachte drei ruhige Stunden in dem Garten
zu, welcher damals noch eine ländliche Einsamkeit war.[38] Aber die
Erinnerung an die Tage, die sie dort mit dem Manne verlebt, den sie
vielleicht nie wiedersehen sollte, überwältigte sie. »Der Ort,« schrieb
sie an ihn, »erinnert mich daran, wie glücklich ich war, als ich hier in
Ihrer theuren Gesellschaft zubrachte. Doch ich will nicht mehr sagen,
denn ich würde meinen Augen schaden, die ich jetzt nöthiger brauche als
je. Leben Sie wohl. Denken Sie an mich und lieben Sie mich so wie ich
Sie, den ich mehr liebe als mein Leben.«[39]

Früh am Morgen nachdem diese zärtlichen Zeilen abgeschickt waren, wurde
Whitehall durch die Ankunft einer Post aus Irland geweckt. Nottingham
wurde aus dem Bett geholt. Man benachrichtigte die Königin, welche eben
in die Kapelle gegangen war, wo sie täglich dem Gottesdienst beiwohnte,
daß Wilhelm verwundet worden sei. Sie hatte viel geweint, aber bis
diesen Augenblick hatte sie nur in der Stille geweint und sich bemüht,
ihrem Hofe und ihrem Staatsrathe ein heiteres Antlitz zu zeigen. Als
aber Nottingham ihr den Brief ihres Gemahls überreichte, brach sie in
Thränen aus. Sie zitterte noch vor heftiger Bewegung und hatte kaum
einen Brief an Wilhelm beendigt, in welchem sie mit der natürlichen
Beredtsamkeit ihres Geschlechts ihre Liebe, ihre Besorgnisse und ihre
Dankbarkeit ausdrückte, als ein andrer Bote mit der Nachricht ankam, daß
die englische Armee den Uebergang über den Boyne erzwungen habe, daß die
Irländer in wilder Flucht begriffen seien und daß der König sich wohl
befinde. Doch war sie sichtbar unruhig, bis Nottingham ihr versichert
hatte, daß auch Jakob unversehrt sei. Der ernste Staatssekretär, der sie
wirklich geachtet und geliebt zu haben scheint, schilderte nachmals mit
viel Gefühl diesen Kampf zwischen der Kindespflicht und Gattenliebe.
Noch den nämlichen Tag schrieb sie an ihren Gemahl und beschwor ihn
dafür zu sorgen, daß ihrem Vater kein Leid geschehe. »Ich weiß,« sagte
sie, »ich brauche Sie nicht erst zu bitten, darauf zu sehen, daß man
seiner schont, denn ich bin überzeugt, Sie werden dies schon um
Ihretwillen thun. Aber erweisen Sie mir die Güte und lassen Sie die
Leute um meinetwillen noch besonders wissen, Sie wünschten nicht, daß
seiner Person das geringste Leid zugefügt werde.«[40] Diese Fürsorge
war, so sehr man sie loben muß, überflüssig. Ihr Vater wußte selbst am
besten für seine Sicherheit zu sorgen. Er hatte sich während der
Schlacht nicht ein einziges Mal der Möglichkeit ausgesetzt, verwundet zu
werden, und während seine Tochter bei dem Gedanken an die Gefahren
schauderte, von denen sie ihn in Irland umgeben glaubte, war er schon
auf halbem Wege nach Frankreich.

Die erfreulichen Nachrichten trafen zufällig an dem Tage in Whitehall
ein, bis zu welchem das Parlament prorogirt worden war. Der Sprecher und
mehrere in London anwesende Mitglieder des Hauses der Gemeinen
versammelten sich nach der hergebrachten Form um zehn Uhr Morgens und
wurden durch den schwarzen Stab vor die Schranken der Peers entboten.
Hierauf wurde das Parlament in Auftrag des Königs von neuem prorogirt.
Sobald diese Ceremonie vorüber war, überreichte der Kanzler der
Schatzkammer dem Sekretär die eben aus Irland angelangte Depesche und
der Sekretär las sie den anwesenden Lords und Gentlemen mit lauter
Stimme vor.[41] Die frohe Botschaft verbreitete sich rasch von
Westminster Hall durch alle Kaffeehäuser und wurde mit Jubel
aufgenommen. Denn diejenigen Engländer, welche durch die Franzosen und
Irländer eine englische Armee geschlagen und eine englische Colonie
vertilgt zu sehen wünschten, bildeten selbst unter der jakobitischen
Partei die Minderzahl.


[_Jakob's Ankunft in Frankreich; sein Empfang daselbst._] Am neunten
Tage nach der Schlacht am Boyne landete Jakob in Brest mit
vortrefflichem Appetit und in heiterer, sehr gesprächiger Laune. Er
erzählte die Geschichte seiner Niederlage Jedem, der sie hören wollte.
Aber französische Offiziere, welche den Krieg verstanden und seine
Erzählung mit anderen Berichten verglichen, erklärten, daß Se.
Majestät, obgleich er die Schlacht mit angesehen habe, doch nichts
weiter davon wisse, als daß seine Armee geschlagen worden sei.[42] Von
Brest begab er sich nach Saint-Germains, wo ihn Ludwig einige Stunden
nach seiner Ankunft besuchte. Der König von Frankreich besaß zu viel
Takt und Edelsinn als daß er ein Wort hätte äußern sollen, das wie ein
Vorwurf klang. Er erklärte, daß es der königlichen Familie von England,
soweit seine Kräfte reichten, an nichts fehlen solle, was zu ihrem
Comfort beitragen könne. Von den politischen und militärischen Plänen
seines unglücklichen Gastes aber wollte er durchaus nichts hören. Jakob
empfahl eine sofortige Landung in England. Dieses Königreich sei durch
die Anforderungen Irland's von Truppen entblößt, und die noch daselbst
befindlichen sieben- oder achttausend Mann könnten einer großen
französischen Armee keinen Widerstand leisten. Die Bevölkerung schäme
sich ihrer Verirrung und wünsche sehnlichst, dieselbe wieder
gutzumachen. Sobald ihr rechtmäßiger König sich zeige, würde sie sich in
Massen um ihn schaaren.[43] Ludwig war zu artig und gutherzig um
auszusprechen was er gefühlt haben muß. Er begnügte sich kalt zu
erwiedern, daß er sich über keinen Plan in Bezug auf die britischen
Inseln entscheiden könne, bevor er Mittheilungen von seinen Generälen in
Irland erhalten habe. Jakob wurde zudringlich und schien sich dadurch
verletzt zu fühlen, daß man ihm vierzehn Tage nachdem er von einer Armee
weggelaufen, nicht schon eine andre anvertrauen wollte. Ludwig ließ sich
nicht verleiten, ein unfreundliches oder unhöfliches Wort zu äußern;
aber sein Entschluß stand fest, und um weiterem ihm peinlichen Andringen
aus dem Wege zu gehen, schützte er Unpäßlichkeit vor. Eine Zeit lang
erhielt Jakob, so oft er nach Versailles kam, den ehrerbietigen
Bescheid, Seine Allerchristlichste Majestät sei jetzt nicht im Stande,
sich mit Geschäftsangelegenheiten zu befassen. Die tapferen und
geistreichen Edelleute, welche täglich die Vorzimmer füllten, konnten
sich eines höhnischen Lächelns nicht erwehren, wenn sie sich bis zur
Erde vor dem königlichen Gaste verbeugten, den seine Feigheit und
Beschränktheit zum zweiten Male zu einem Verbannten und Bettler gemacht
hatten. Sie flüsterten sogar ihre Sarkasmen laut genug, um das stolze
Blut der Guelphen in die Wangen Mariens von Modena zu treiben. Aber
Jakob's Unempfindlichkeit war nicht gewöhnlicher Art; sie hatte sich
schon längst gegen Vernunftgründe wie gegen das Mitleid bewährt. Jetzt
bestand sie noch eine härtere Probe und sie erwies sich selbst gegen die
Verachtung gestählt.[44]


[_Tourville versucht eine Landung in England._] Während er so mit
unwürdiger Standhaftigkeit den höflichen Spott der französischen
Aristokratie ertrug und sein Möglichstes that, die Geduld und Artigkeit
seines Wohlthäters zu ermüden, indem er beständig wiederholte, daß dies
der günstige Augenblick zu einem Einfall in England sei und daß die
ganze Insel ihre fremden Befreier mit Sehnsucht erwarte, ereigneten sich
Dinge, welche deutlich bewiesen, wie wenig der verbannte Despot den
Character seiner Landsleute kannte.

Tourville war nach der Schlacht bei Beachy Head ungehindert im Kanal
umher gefahren. Am 21. Juli wurden seine Masten auf den Felsen von
Portland gesehen. Am 22. ankerte er im Hafen von Torbay angesichts der
nämlichen Höhen, welche nicht viele Monate früher die Flotte Wilhelm's
geschützt hatten. Die französische Flotte, die jetzt eine beträchtliche
Anzahl Truppen an Bord hatte, bestand aus hundertelf Segeln. Die
Galeeren, welche einen großen Theil dieser Streitmacht bildeten, glichen
eher den Schiffen, mit denen Alcibiades und Lysander sich die Herrschaft
im ägäischen Meere streitig machten, als denen, welche am Nil und bei
Trafalgar kämpften. Die Galeere war sehr lang und sehr schmal, das
Verdeck nicht mehr als zwei Fuß über dem Wasserspiegel. Jede Galeere
wurde durch funfzig bis sechzig mächtige Ruder in Bewegung
gesetzt, an deren jedem fünf bis sechs Sklaven arbeiteten.
Die volle Sklavenbemannung eines solchen Fahrzeugs betrug
dreihundertsechsunddreißig, die volle Zahl der Offiziere und Matrosen
hundertfunfzig Mann. Von den unglücklichen Ruderknechten waren einige
Verbrecher, welche verdientermaßen zu einem Leben harter Arbeit und
Gefahren verurtheilt worden; einige andere hatten sich weiter nichts zu
Schulden kommen lassen, als daß sie beharrlich der hugenottischen
Gottesverehrung anhingen; die große Mehrzahl aber waren gekaufte
Sklaven, meist Türken und Mohren. Sie brüteten natürlich fortwährend
über Plänen, wie sie ihre Tyrannen ermorden und aus der Knechtschaft
entspringen könnten, und waren nur durch beständige Züchtigungen und
durch häufige Todesstrafen von den qualvollsten Formen in Ordnung zu
halten. Ein Engländer, der einmal zufällig unter zwölfhundert dieser
unglücklichen und verzweifelten Geschöpfe gerieth, welche auf dem Wege
von Marseille waren, um zu Tourville's Geschwader zu stoßen, hörte wie
sie schwuren, daß, wenn sie einem Kriegsschiffe zu nahe kommen sollten,
das das St. Georgskreuz trüge, sie nie wieder einen französischen Hafen
sehen würden.[45]

Im mittelländischen Meere waren die Galeeren allgemein in Gebrauch, aber
noch nie waren sie auf dem stürmischen Ocean gesehen worden, der unsre
Insel umtobt. Ludwig's Schmeichler sagten, daß das Erscheinen eines
solchen Geschwaders im atlantischen Meere eines von den Wundern sei, die
seiner Regierung vorbehalten wären, und in Paris wurde zum Gedächtniß
dieses kühnen Versuchs im Seekriege eine Denkmünze geprägt.[46]
Englische Seeleute prophezeiten mit mehr Grund, daß der erste Windstoß
diese ganze Schönwetterflotte auf den Grund des Kanals schicken werde.
Die Galeere hielt sich in der That, wie die alte Trireme, im
allgemeinen dicht am Ufer und wagte sich nur bei ganz ruhigem Wasser
und heiterem Himmel in die offene See. Aber die Eigenschaften, welche
diese Art Schiffe untauglich zum Kampfe gegen Sturm und Wogen machten,
machten sie ganz besonders brauchbar zum Landen von Soldaten. Tourville
beschloß zu versuchen, welche Wirkung eine Landung hervorbringen würde.
Die englischen Jakobiten, die sich nach Frankreich geflüchtet hatten,
glaubten alle zuversichtlich, daß die ganze Bevölkerung der Insel bereit
sei, sich einer Invasionsarmee anzuschließen, und er traute ihnen
wahrscheinlich zu, daß sie die Stimmung ihrer Landsleute kannten.

Doch es konnte keinen größeren Irrthum geben. Auch soll der
französische Admiral der Sage nach schon als er sich noch auf offener
See befand, eine Lection bekommen haben, die ihn hätte lehren können,
auf die Versicherungen von Verbannten nicht allzu viel zu geben. Er
nahm ein Fischerboot weg und befragte den Eigenthümer, einen schlichten
Sussexer, über die Gesinnungen der Nation. »Seid Ihr,« sagte er zu
ihm, »für König Jakob.« -- »Davon verstehe ich nicht viel,« antwortete
der Fischer. »Ich habe nichts gegen König Jakob, er ist gewiß ein
sehr würdiger Herr. Gott segne ihn!« -- »Ein braver Mann!« sagte
Tourville. »Ihr werdet also gewiß nichts dagegen einzuwenden haben,
bei uns Dienste zu nehmen.« -- »Wie?« rief der Gefangene, »mit den
Franzosen gegen Engländer sollen wir kämpfen? Euer Ehren möge es mir
nicht übel nehmen, aber ich könnte das nicht, und wenn es mich mein
Leben kostete.«[47] Dieser arme Fischer, mochte er nun eine wirkliche
oder fingirte Person sein, sprach die Gesinnung der Nation aus. Die
Feuerwarte auf dem Bergrücken, welcher Teignmouth beherrschte, wurde
angezündet; der High Tor und Cansland antworteten und bald loderten
Feuer auf allen Bergspitzen des Westens. Reitende Boten eilten
die ganze Nacht hindurch von einem Vicestatthalter zum andren. Am
folgenden Morgen in der Frühe versammelten sich, ohne Anführer und
ohne Aufforderung, fünfhundert bewaffnete und berittene Gentlemen und
Freisassen auf dem Gipfel des Haldon, und binnen vierundzwanzig Stunden
hatte sich ganz Devonshire erhoben. Jede Straße in der Grafschaft
von einer Meeresküste zur andren war mit Massen kampffähiger Männer
bedeckt, die alle nach der Torbaybucht zogen. Die Besitzer von hundert
Schlössern, stolz auf ihre langen Stammbäume und auf ihre alten
Wappen, rückten an der Spitze ihrer Vasallen ins Feld: die Drake, die
Prideaux und die Rolle, Fowell von Fowelscombe und Fulford von Fulford,
Sir Bourchier Wray von Tawstock Park und Sir William Courtenay von
Powderham Castle. Briefe von mehreren der Vicestatthalter, welche in
dieser angstvollen Woche am thätigsten waren, sind noch vorhanden.
Alle diese Briefe rühmen einstimmig den Muth und die Begeisterung des
Volks. Aber alle äußern auch einstimmig die schmerzlichste Besorgniß
hinsichtlich des Resultats eines Zusammenstoßes zwischen einer
ungeübten Miliz und Veteranen, welche unter Turenne und Luxemburg
gedient hatten, und alle verlangen den Beistand regulärer Truppen
in einer Sprache, die ganz anders klingt als sie die damaligen
Landgentlemen über stehende Heere zu führen pflegten, so lange sie das
Andringen der Gefahr nicht fühlten.


[_Teignmouth wird zerstört._] Als Tourville sah, daß die ganze
Bevölkerung wie ein Mann gegen ihn aufgestanden war, begnügte er sich
damit seine Galeeren abzuschicken, um Teignmouth, jetzt ein freundlicher
Badeort von zwölfhundert Häusern, damals aber noch ein unbekanntes Dorf
von etwa vierzig Hütten, zu zerstören. Die Einwohner waren geflohen.
Ihre Häuser wurden angezündet, die ehrwürdige Pfarrkirche geplündert,
die Kanzel und der Altar zertrümmert, die Bibeln und Gebetbücher
zerrissen und auf den Straßen umhergestreut, alles Vieh geschlachtet und
einige kleine Fahrzeuge, welche zum Fischfang oder zum Küstenhandel
benutzt wurden, vernichtet. Unterdessen hatten sechzehn- bis
siebzehntausend Männer von Devonshire nahe an der Küste ein Lager
aufgeschlagen und alle benachbarten Grafschaften hatten sich erhoben.
Die Zinngruben von Cornwall hatten eine große Anzahl rauher und kühner
Männer, Todfeinde des Papismus, geschickt. Zehntausend von ihnen hatten
eben eine Adresse an die Königin unterzeichnet, worin sie versprachen,
ihr gegen jeden Feind beizustehen, und sie hielten jetzt ihr Wort.[48]
In der That, die ganze Nation war in Aufruhr. Zweiundzwanzig
Reitertrupps aus Suffolk, Essex, Hertfordshire und Buckinghamshire
passirten bei Hounslow vor Marien Revue und wurden von Marlborough wegen
ihres kriegerischen Aussehens belobt. Die Milizen von Kent und Surrey
campirten auf Blackheath.[49] Van Citters berichtete an die
Generalstaaten, daß ganz England sich zu Fuß und zu Roß bewaffnet
erhoben habe, daß der unglückliche Ausgang der Schlacht von Beachy Head
das Volk keineswegs entmuthigt, sondern noch mehr erbittert habe und daß
jede Compagnie Soldaten, der er auf der Straße begegnet, wie aus einem
Munde gerufen habe: »Gott segne König Wilhelm und Königin Marie.«[50]

Charles Granville, Lord Lansdowne, der älteste Sohn des Earl von Bath,
kam mit einigen Truppen der Garnison von Plymouth an, um das Commando
der tumultuarischen Armee, die sich um das Wasserbecken von Torbay
versammelt, zu übernehmen. Lansdowne war kein Neuling. Er hatte mehrere
beschwerliche Feldzüge gegen den gemeinsamen Feind der Christenheit
mitgemacht und war zum Lohn für die Tapferkeit, die er an dem von
Filicaja und von Waller besungenen denkwürdigen Tage entfaltet, an
welchem die Ungläubigen von den Mauern Wien's abzogen, zum Grafen des
Römischen Reichs creirt worden. Er traf Vorbereitungen zum Gefecht, aber
die Franzosen hielten es nicht für gerathen ihn anzugreifen und
wünschten sogar sehnlichst wieder abzuziehen. Durch Hindernisse
verzögerte sich ihr Weggang. Einmal war der Wind den Segelschiffen
ungünstig; ein andermal ging die See zu hoch für die Galeeren. Endlich
stach die Flotte in See. Als die Reihe der Schiffe das hohe Vorgebirge
umsegelte, welches Torquay beherrscht, ereignete sich ein Vorfall, der,
obwohl an sich unbedeutend, die Tausende, welche am Ufer versammelt
waren, sehr interessirte. Zwei unglückliche Sklaven machten sich von
einem Ruder los und sprangen über Bord. Der eine kam um; der andre aber
erreichte, nachdem er über eine Stunde mit den Wellen gekämpft,
glücklich den englischen Boden und wurde von der Bevölkerung, in deren
Augen die Galeerendisciplin etwas Fremdartiges und Widerliches war,
herzlich willkommen geheißen. Er war ein Türke und wurde großmüthig in
sein Vaterland zurückgeschickt.


[_Erbitterung der englischen Nation gegen die Franzosen._] In der
Gazette de Paris erschien eine pomphafte Beschreibung der Expedition. In
Wahrheit aber waren Tourville's Thaten ruhmlos und noch weniger ruhmlos
als unpolitisch gewesen. Der Schaden, den er zugefügt, stand in keinem
Verhältniß zu dem Hasse, den er erweckt hatte. Bisher hatten die
Jakobiten sich bemüht, die Nation zu überreden, daß die Franzosen als
Freunde und Befreier kommen, strenge Mannszucht halten, die Tempel und
Gebräuche der Landesreligion achten und wieder abziehen würden, sobald
der holländische Despot vertrieben und die alte Verfassung des Reichs
wiederhergestellt war. Der kurze Besuch Tourville's an unsrer Küste
hatte bewiesen, wie wenig man von Ludwig's Soldaten eine solche Mäßigung
erwarten durfte. Sie waren nur einige Stunden auf unsrer Insel gewesen
und hatten nur wenige Acker Bodenfläche innegehabt. Aber in diesen
wenigen Stunden und auf diesem kleinen Raume hatten sie die Verwüstung
der Pfalz im Kleinen wiederholt. Das Geschehene wurde dem ganzen
Königreiche viel schneller mitgetheilt als es durch Zeitungen und
Neuigkeitsbriefe möglich gewesen wäre. Eine Bitte um Unterstützung der
Bewohner von Teignmouth wurde in sämmtlichen zehntausend Kirchen des
Landes verlesen. Keine Gemeinde konnte ohne schmerzliche Bewegung hören,
daß die papistischen Raubhorden die Wohnungen friedlicher und
bescheidener Landsleute zerstört, die Altäre des Herrn geschändet, das
Evangelium und die Gebetbücher in Stücke zerrissen hatten. Eine Straße,
welche von den Beiträgen der Mildthätigen auf der Stelle der von den
Eingedrungenen zerstörten Wohnungen erbaut wurde, führt noch heute den
Namen der französischen Straße.[51]

Das Geschrei des Unwillens gegen Diejenigen, von denen man mit gutem
Grunde argwöhnte, daß sie den Feind aufgefordert hätten, eine Landung an
unseren Küsten zu versuchen, war heftig und allgemein und wurde durch
viele Stimmen verstärkt, welche noch kürzlich laut gegen Wilhelm's
Regierung gemurrt hatten. Die Frage hatte aufgehört eine Frage zwischen
zwei Dynastien zu sein, und war eine Frage zwischen England und
Frankreich geworden. Das nationale Gefühl war so stark, daß
Eidverweigerer und Papisten es theilten oder sich wenigstens stellten
als theilten sie es. Nicht lange nach der Einäscherung von Teignmouth
legte Dryden ein Schauspiel mit einer höchst geistreichen, kunstvollen
und beredten Widmung Halifax zu Füßen. Der Dichter gratulirte seinem
Gönner, daß er sich aus den Stürmen des öffentlichen Lebens in einen
ruhigen Hafen zurückgezogen, und pries in kräftiger und schöner Sprache
das Glück des Staatsmannes, der das geräuschvolle Treiben des
Staatsdienstes und den Ruhm der Rednerbühne mit philosophischen Studien
und häuslichen Genüssen vertauschte. England dürfe sich nicht darüber
beklagen, daß ihm Dienste entzogen würden, auf die es ein Recht habe.
Selbst die strenge Zucht des alten Rom habe einem Soldaten gestattet,
nach einer Reihe von Feldzügen um seine Entlassung zu bitten, und
Halifax habe gewiß genug für sein Vaterland gethan, um das nämliche
Recht beanspruchen zu dürfen. Aber der Dichter setzte hinzu, daß es
einen Fall gegeben habe, in welchem der römische Veteran selbst nach
seiner Entlassung seinen Schild und sein Pilum wieder ergreifen mußte,
und dieser eine Fall war eine Invasion der Gallier. Daß ein
Schriftsteller, der Jakob's Gunst durch Apostasie erkauft hatte, der von
Wilhelm's Hofe verstoßen worden war, der ein größeres Interesse an der
Restauration des exilirten Königshauses hatte als irgend ein andrer
berufsmäßiger Schriftsteller, eine solche Sprache führte, ob aufrichtig
oder unaufrichtig, ist gleich, dies ist ein Factum, welches uns
überzeugen muß, daß der Entschluß, sich nie durch Fremdlinge unterjochen
zu lassen, im Herzen des Volks feststand.[52]


[_Die jakobitische Presse._] Es gab zwar eine jakobitische Literatur,
in der keine Spur von diesem patriotischen Geiste zu entdecken
ist, eine Literatur, deren Ueberreste beweisen, daß es Engländer
gab, welche sehr geneigt waren, die englische Flagge entehrt, den
englischen Boden in fremder Gewalt, die englische Hauptstadt geplündert
und die englische Krone auf dem Haupte eines Vasallen Ludwig's zu
sehen, wenn sie sich nur an ihren Feinden und speciell an Wilhelm
rächen konnten, den sie mit einer zum Theil furchtbaren, zum Theil
lächerlichen Erbitterung haßten. Aber diese Literatur war durchaus
ein Werk der Finsterniß. Das Gesetz, durch welches das Parlament
Jakob's die Presse der Ueberwachung von Censoren unterworfen hatte,
war noch in Kraft, und obgleich die Beamten, denen es oblag, die
Uebertretung dieses Gesetzes zu verhüten, nicht allzu streng jede
Unregelmäßigkeit von Seiten eines Buchhändlers aufstachen, der die
Kunst verstand, einen Händedruck durch eine Guinee zu versüßen,
konnten sie doch den offenen Verkauf uncensirter Pamphlets, die voll
roher Insulten gegen den Souverain und directer Aufforderungen zur
Empörung waren, nicht ruhig mit ansehen. Aber schon seit langer Zeit
verbargen die Dachstuben London's eine Klasse von Buchdruckern, welche
unverdrossen und mit einer Vorsicht, wie nur Falschmünzer und Fälscher
sie beobachten können, in ihrem Berufe thätig waren. Frauen waren als
Wachen ausgestellt, um durch ihr Geschrei Alarm zu geben, sobald ein
Beamter sich in der Nähe der Werkstätte zeigte. Die Presse wurde dann
sogleich in ein hinter dem Bett angebrachtes Kabinet geschoben, die
Lettern wurden in den Ofenkasten geworfen und mit Asche bedeckt, und
der Setzer verschwand durch eine Fallthür im Dache und entkam über die
Dächer der Nachbarhäuser. In diesen Höhlen wurden hochverrätherische
Werke aller Art und von jedem Umfange fabricirt, von Halbpennyblättern
mit Knittelversen bis zu dickleibigen Quartanten voll hebräischer
Citate. Solche Preßerzeugnisse offen auszulegen war natürlich nicht
rathsam, und sie wurden nur durch zuverlässige Agenten ganz im Geheimen
verkauft. Einige Flugschriften, von denen man sich eine große Wirkung
versprach, wurden auf Kosten reicher Jakobiten in Massen von Exemplaren
vertheilt. Eine solche Schrift wurde bald unter eine Thür geschoben,
bald unbemerkt auf den Tisch eines Kaffeehauses gelegt. Einmal gingen
tausend Exemplare eines gemeinen Pamphlets mit den Briefbeuteln fort,
ein andermal sahen die Krämer, wenn sie am frühen Morgen ihre Laden
öffneten, ganz Fleetstreet und den Strand mit aufrührerischen Zetteln
beschneit.[53]


[_Die jakobitische Gebets- und Demüthigungsformel._] Von den
zahlreichen Schriften, welche auf solchen Schleichwegen unter die
Leute gebracht wurden, machte keine größeres Aufsehen als ein kleines
Buch, welches eine Gebets- und Demüthigungsformel zum Gebrauche der
verfolgten Kirche enthielt. Es unterlag keinem Zweifel, daß eine
bedeutende Summe auf dieses Werk verwendet worden war. Zehntausend
Exemplare waren durch allerhand Mittel und Wege im ganzen Lande
verbreitet worden. Es wurde nie ein lügenhafteres, hämischeres und
gottloseres Libell geschrieben. Obgleich die Regierung ihre Feinde
bisher mit einer in der Geschichte unsres Landes beispiellosen Milde
und Nachsicht behandelt, obgleich seit der Revolution kein Mensch wegen
eines politischen Vergehens die Todesstrafe erlitten hatte, schämten
sich die Verfasser dieser Liturgie doch nicht, Gott zu bitten, daß
er den unersättlichen Blutdurst ihrer Feinde stillen oder, wenn noch
mehr von ihnen durch das rothe Meer in das gelobte Land gehen sollten,
er sie für die Reise vorbereiten solle.[54] Sie beklagten sich, daß
die englische Kirche, einst das Schöne in höchster Vollendung, zum
Spott und Gelächter, ein Trümmerhaufen, ein Weinberg mit wilden Reben
geworden sei; daß ihre Uebungen nicht mehr den Namen des öffentlichen
Gottesdienstes verdienten; daß das Brot und der Wein, die sie spende,
keine sakramentliche Kraft mehr habe; daß ihre Priester, indem sie dem
Usurpator Treue gelobt, den geheiligten Character verloren hätten,
den die Ordination ihnen verliehen.[55] Jakob wurde profanerweise
der Stein genannt, den thörichte Baumeister verworfen hätten, und
es wurde die inbrünstige Bitte ausgesprochen, daß die Vorsehung ihn
wieder zum Schlußstein machen möge. Die Segnungen, die auf unser
Vaterland herabgerufen wurden, waren ganz absonderlicher Art. Es kam
etwas darin vor, was große Aehnlichkeit mit der Bitte um eine neue
blutige Rundreise hatte: »Gieb dem Könige die Hälse seiner Feinde;«
etwas Andres klang ganz wie eine Bitte um eine französische Invasion:
»Verschaffe ihnen auswärts Freunde;« und endlich enthielt das Buch
ein noch mysteriöseres Gebet, dessen besten Commentar später das
Ermordungscomplot lieferte: »Thue etwas Großes für ihn, was wir nicht
näher zu bezeichnen wissen.«[56]


[_Entrüstung gegen die eidverweigernden Bischöfe._] Diese Liturgie wurde
geschrieben, verbreitet und soll in einigen Gemeinden jakobitischer
Schismatiker verlesen worden sein, bevor Wilhelm nach Irland aufbrach,
erregte aber erst dann allgemeine Aufmerksamkeit, als das Erscheinen
einer fremden Flotte an unsrer Küste den Nationalgeist aufgerüttelt
hatte. Da erhob sich ein Geschrei des Unwillens gegen die Engländer,
welche unter dem scheinheiligen Vorwande des Gebets Flüche über England
herabzurufen gewagt hatten. Man hatte, nicht ohne einen Anschein von
Grund, die abgesetzten Prälaten in Verdacht, denn die Eidverweigerer
waren ohne eine einzige Ausnahme eifrige Episkopalen. Ihr Prinzip war,
daß in kirchlichen Angelegenheiten von wichtiger Bedeutung ohne die
Sanction des Bischofs nichts zweckmäßig gethan werden könne. Konnte man
also glauben, daß Jemand, der es mit diesem Grundsatze hielt, ohne die
Genehmigung Sancroft's, den die ganze Partei nicht allein als den wahren
Primas von ganz England, sondern auch als einen Heiligen und als einen
Bekenner verehrte, eine Liturgie verfassen, drucken, verbreiten und beim
öffentlichen Gottesdienste wirklich benutzen würde? Es war bekannt, daß
die Prälaten, welche die Eidesleistung verweigert, unlängst zu Lambeth
mehrere Berathungen gepflogen hatten. Der Gegenstand dieser Berathungen,
sagte man jetzt, sei leicht zu errathen. Die heiligen Väter hätten sich
damit beschäftigt, Gebete um die Vernichtung der protestantischen
Colonie in Irland, um die Niederlage der englischen Flotte im Kanal und
um die baldige Ankunft seiner französischen Armee in Kent zu entwerfen.
Die extreme Section der Whigpartei betrieb diese Anschuldigung mit
rachsüchtigem Eifer. Das, sagten diese unversöhnlichen Politiker, sei
also die Frucht von König Wilhelm's Nachsicht und Milde. Nie habe er
sich vollständiger geirrt, als indem er die Hoffnung genährt, daß die
Herzen des Klerus durch Milde und Mäßigung zu gewinnen seien. Er habe es
nicht für gut befunden, Männern Glauben zu schenken, welche durch
langjährige und bittere Erfahrungen gelernt hätten, daß keine Güte die
finstre Grausamkeit einer Priesterschaft besänftigen könne. Er habe
gestreichelt und gefüttert, wo er die Wirkung von Ketten und Hunger
hätte versuchen sollen. Er habe durch Protegirung seiner schlimmsten
Feinde die Zuneigung seiner besten Freunde aufs Spiel gesetzt. Die
Bischöfe, die sich öffentlich geweigert, ihn als ihren Souverain
anzuerkennen, und welche durch diese Weigerung ihre Würden und Einkünfte
verwirkt hätten, lebten noch immer ungestört in Palästen, die von
besseren Männern bewohnt sein sollten, und welchen Dank habe er für
diese Nachsicht, eine in der Geschichte der Revolutionen beispiellose
Nachsicht, geerntet? Keinen andren als den, daß die Männer, die er mit
so großer Schonung vor verdienter Strafe geschützt, noch die Frechheit
hätten, ihn in ihren Gebeten als einen mit dem Blute Gerechter
Befleckten zu bezeichnen; sie bäten Gott um die Kraft, seine blutige
Tyrannei standhaft zu ertragen; sie erflehten vom Himmel eine fremde
Flotte und Armee, um sie von seinem Joche zu erlösen; ja, sie deuteten
sogar einen Wunsch an, der so abscheulich sei, daß sie selbst nicht die
Stirn hätten, ihn offen auszusprechen. Ein Schriftsteller drückte in
einem Pamphlet, das großes Aufsehen machte, seine Verwunderung aus, daß
das Volk, als Tourville siegreich in den Kanal einfuhr, die
eidverweigernden Prälaten nicht dewittet[57] habe. Bei der damaligen
gereizten Stimmung des Volks stand zu befürchten, daß diese Andeutung
einen wüthenden Pöbelhaufen nach Lambeth führen würde. In Norwich stand
das Volk auch wirklich auf, griff den Palast an, den der Bischof noch
bewohnen durfte, und würde ihn zerstört haben, wenn die Milizen nicht
zur rechten Zeit eingeschritten wären.[58] Die Regierung zog den
Verfasser des Werks, das einen so beunruhigenden Landfriedensbruch
veranlaßt hatte, gebührenderweise in Criminaluntersuchung.[59]
Währenddem veröffentlichten die abgesetzten Prälaten eine Vertheidigung
ihres Benehmens. In dieser Schrift erklärten sie auf das Feierlichste
und im Angesicht Gottes, daß sie keinen Antheil an der neuen Liturgie
hatten, daß sie nicht wüßten wer sie verfaßt habe, daß sie dieselbe nie
gebraucht, daß sie nie weder in directem noch indirectem Verkehr mit dem
französischen Hofe gestanden hätten, daß sie in kein Complot, gegen die
bestehende Regierung verwickelt seien und daß sie bereitwillig eher ihr
Blut vergießen als England durch einen fremden Fürsten unterjocht sehen
würden, der in seinem eignen Lande ihre protestantischen Brüder grausam
verfolgt habe. Was den Verfasser anlange, der sie durch ein
entsetzliches, nur zu wohl verstandenes Wort der öffentlichen Rache
bezeichnet habe, so empföhlen sie ihn der göttlichen Gnade und beteten
aus vollem Herzen, daß seine große Sünde ihm vergeben werden möge. Die
meisten von Denen, welche diese Schrift unterzeichneten, thaten es ohne
Zweifel mit vollkommener Aufrichtigkeit; aber es zeigte sich bald, daß
wenigstens einer von ihnen dem Verbrechen des Verraths an seinem
Vaterlande das Verbrechen hinzugefügt hatte, seinen Gott zum Zeugen
einer Lüge anzurufen.[60]


[_Militärische Operationen in Irland; Waterford genommen._] Die im
Kanale und auf dem Continent vorgehenden Ereignisse nöthigten Wilhelm
wiederholte Abänderungen in seinen Plänen zu treffen. Im Laufe der
Woche, welche auf seinen triumphirenden Einzug in Dublin folgte, kamen
Boten mit schlimmen Nachrichten rasch hintereinander aus England. Zuerst
kam die Nachricht von Waldeck's Niederlage bei Fleurus. Der König war
tief betrübt darüber. Alle Freude über seinen eigenen Sieg, sagte er,
werde ihm dadurch verleidet. Gleichwohl setzte er sich mit der hinter
seiner finstren Außenseite verborgenen Hochherzigkeit noch im
Augenblicke des ersten Unmuths nieder und schrieb einen freundlichen und
ermuthigenden Brief an den unglücklichen General.[61] Drei Tage darauf
kamen noch beunruhigendere Nachrichten. Die verbündete Flotte war
schimpflich geschlagen. Das Meer von den Dünen bis Land's End war im
Besitz des Feindes. Die nächste Post konnte die Nachricht von einem
feindlichen Einfall in Kent bringen. Ein französisches Geschwader konnte
im St. Georgskanal erscheinen und mit Leichtigkeit alle in der Bai von
Dublin vor Anker liegenden Transportschiffe verbrennen. Wilhelm beschloß
nach England zurückzukehren; zuvor aber wünschte er sich einen guten
Hafen an der Ostküste von Irland zu sichern. Waterford war der seinem
Zwecke am besten entsprechende Platz und er richtete denn auch
unverzüglich seinen Marsch dahin. Clonmel und Kilkenny wurden von den
irischen Truppen verlassen, sobald es bekannt ward, daß er heranrückte.
In Kilkenny wurde er am 19. Juli vom Herzoge von Ormond in dem alten
Schlosse der Butler bewirthet, das vor nicht langer Zeit von Lauzun
bewohnt gewesen war und das daher trotz der allgemeinen Verwüstung noch
Tische und Stühle in den Zimmern, Tapeten an den Wänden und Claret im
Keller hatte. Am 21. bequemten sich zwei in Waterford liegende
Regimenter nach einem schwachen Anschein von Widerstand zum Abzuge;
einige Stunden später wurde das Fort Duncannon übergeben, das sich am
Eingange des Hafens auf einem felsigen Vorgebirge erhob, und Wilhelm war
Herr des ganzen sicheren und geräumigen Beckens, das von den vereinigten
Gewässern des Suir, des Nore und des Barrow gebildet wird. Er kündigte
hierauf seine Absicht an, sofort nach England zurückzukehren, und
nachdem er den Grafen Solms zum Oberbefehlshaber der Armee in Irland
ernannt hatte, reiste er nach Dublin ab.[62]

Unterwegs trafen ihn jedoch gute Nachrichten. Tourville war an der Küste
von Devonshire erschienen, hatte einige Truppen ans Land gesetzt und
Teignmouth zerstört; allein er hatte damit nichts weiter erreicht, als
daß die ganze Bevölkerung der westlichen Grafschaften sich bewaffnet
gegen die Eingedrungenen erhoben. Der Feind war wieder abgezogen,
nachdem er gerade so viel Schaden angerichtet, um die Sache Jakob's den
Tories sowohl als den Whigs eine Zeit lang verhaßt zu machen. Wilhelm
änderte daher abermals seinen Plan und eilte zu seiner Armee zurück, die
sich während seiner Abwesenheit westwärts bewegt hatte und bei der er in
der Nähe von Cashel wieder eintraf.[63]

Um diese Zeit erhielt er einen Brief von Marien, worin sie ihn ersuchte,
eine wichtige Frage zu entscheiden, über welche der Rath der Neun
getheilter Meinung war. Marlborough war der Ansicht, daß jede Gefahr
einer Invasion für dieses Jahr vorüber sei. Das Meer, sagte er, sei
frei, denn die französischen Schiffe seien nach Hause zurückgekehrt, wo
sie ausgebessert würden. Jetzt sei es Zeit, eine englische Flotte mit
fünftausend Mann Truppen an Bord nach dem südlichen Ende von Irland zu
schicken. Eine solche Streitmacht könne Cork und Kinsale, zwei der
wichtigsten Plätze, die sich noch in der Gewalt der Truppen Jakob's
befänden, ohne Schwierigkeit nehmen. Nottingham unterstützte Marlborough
kräftig; eben so energisch aber opponirten ihm die übrigen Mitglieder
des Staatsraths mit Caermarthen an ihrer Spitze. Die Königin berichtete
die Sache ihrem Gemahl. Er billigte den Plan entschieden und gab Befehl,
daß er von dem General, der ihn entworfen, ausgeführt werden solle.
Caermarthen fügte sich, wenn auch mit Widerstreben und über die
ausnehmende Parteilichkeit Sr. Majestät für Marlborough murrend.[64]


[_Die irische Armee bei Limerick zusammengezogen. Lauzun erklärt,
daß der Platz nicht zu halten sei._] Inzwischen rückte Wilhelm gegen
Limerick vor. In diese Stadt hatte die am Boyne geschlagene Armee sich
geworfen, zwar entmuthigt und mit Schande bedeckt, der Zahl nach aber
nur unbedeutend geschwächt. Er würde nicht die Mühe gehabt haben, sie
zu belagern, wenn der Rath Lauzun's und seiner Landsleute befolgt
worden wäre. Sie lachten über den Gedanken, solche Festungswerke
vertheidigen zu wollen und gestanden überhaupt gar nicht zu, daß man
den Namen Befestigungswerke Erdhaufen geben könne, die allerdings wenig
Aehnlichkeit mit den Werken von Valenciennes und Philipsburg hatten.
»Die Engländer,« sagte Lauzun mit einem Schwure, »brauchen nicht erst
Kanonen gegen eine Festung wie diese aufführen zu lassen. Was Ihr Eure
Wälle nennt, könnte man mit gebratenen Aepfeln zusammenschießen.«
Er stimmte daher für die Räumung Limerick's und erklärte daß er
entschlossen sei, auf keinen Fall das Leben der Tapferen, die sein
Gebieter seiner Obhut anvertraut habe, in einem nutzlosen Widerstande
aufzuopfern.[65] Die persönlichen Neigungen des glänzenden und
kühnen Franzosen hatten allerdings nicht geringen Einfluß auf seinen
Ausspruch. Er und seine Waffengefährten waren Irland's müde. Sie
waren bereit, muthig, ja freudig auf einem Schlachtfelde dem Tode ins
Angesicht zu schauen; aber das unthätige, schmutzige und barbarische
Leben, das sie nun schon seit mehreren Monaten führten, war mehr
als sie ertragen konnten. Sie waren der civilisirten Welt eben so
weit entrückt, als wenn sie nach Dahomey oder Spitzbergen verbannt
gewesen wären. Das Klima untergrub ihre Gesundheit und ertödtete
ihre Lebensgeister. In diesem durch einen jahrelangen Raubkrieg
ausgesogenen unglücklichen Lande vermochte die Gastfreundschaft wenig
mehr zu bieten als ein Strohlager, ein Stück halb rohes und halb
verbranntes Fleisch und einen Schluck saure Milch. Eine Brotrinde und
eine Flasche Wein waren kaum für schweres Geld zu erlangen. Ein Jahr
solcher Strapatzen und Entbehrungen war eine Ewigkeit für Männer,
welche von jeher gewohnt waren, allen Luxus von Paris mit ins Feld zu
nehmen: weiche Betten, kostbare Decken, Silbergeschirr, Körbe voll
Champagner, Operntänzerinnen, Köche und Musiker. Besser ein Gefangener
in der Bastille, besser ein Mönch in La Trappe, als Generalissimus der
halbnackten Wilden, die sich im Schlamme der öden Sümpfe von Munster
wälzten. Jeder Vorwand war willkommen, der als Entschuldigung für die
Rückkehr in das Land der Kornfelder und Weingärten, der vergoldeten
Karossen und der Spitzenkragen, der Ballsäle und Theater dienen
konnte.[66]


[_Die Irländer bestehen auf der Vertheidigung von Limerick._] Ganz
anders war die Gesinnung der Söhne des Landes. Die Insel, welche in den
Augen französischer Hofleute ein trostloser Verbannungsort war, war des
Irländers Heimath. Hier waren alle Gegenstände seiner Liebe und seines
Ehrgeizes vereinigt und hier hoffte er, daß sein Staub sich einst mit
dem Staube seiner Väter vermischen werde. Für ihn hatten selbst der
durch die Dünste des Oceans verschleierte Himmel, die schwarzen
Binsendickichte und stehenden Gewässer, die Lehmhütten, in denen die
Landleute ihre Wurzelmahlzeit mit den Schweinen theilten, einen Reiz,
der den sonnigen Tagen, den wogenden Feldern und den stattlichen
Palästen der Seine fehlte. Er konnte sich keine schönere Wohnstätte
denken als sein Vaterland, wenn es erst einmal von der Tyrannei der
Sachsen erlöst sein würde; und jede Hoffnung, sein Vaterland von dem
Tyrannenjoche der Sachsen erlöst zu sehen, mußte schwinden, wenn
Limerick übergeben wurde.

Das Verhalten der Irländer während der letzten zwei Monate hatte ihren
militärischen Ruf auf die tiefste Stufe herabgezogen. Sie waren, mit
Ausnahme einiger tapferer Cavallerieregimenter, am Boyne schimpflich
geflohen und hatten sich dadurch die Verachtung ihrer Feinde sowohl wie
ihrer Verbündeten zugezogen. Die Engländer, die sich in Saint-Germains
befanden, nannten die Irländer nie anders als ein Volk von Memmen und
Verräthern.[67] Die Franzosen waren so erbittert gegen die unglückliche
Nation, daß irische Kaufleute, die schon seit vielen Jahren in Paris
etablirt waren, sich nicht in den Straßen zeigen durften, wenn sie vom
Pöbel nicht insultirt werden wollten.[68] Das Vorurtheil war so stark,
daß alberne Geschichten erfunden wurden, um die Unerschrockenheit, mit
der die Reiter gefochten, zu erklären. Bald sagte man, die Reiter seien
nicht Männer von celtischem Geblüt, sondern Nachkommen der alten
Engländer des Sachsengebiets;[69] bald wieder, sie seien kurz vor der
Schlacht mit Branntwein berauscht worden.[70] Nichts ist jedoch
gewisser, als daß sie zum größten Theil irischer Abstammung gewesen sein
müssen; auch hatte der sich gleichbleibende Muth, den sie in einem
langen und fast hoffnungslosen Kampfe entfalteten, nicht die mindeste
Aehnlichkeit mit der Wuth eines durch geistige Getränke zu momentaner
Tapferkeit erhitzten Feiglings. Selbst bei der Infanterie, so
undisciplinirt und desorganisirt sie war, fand sich viel Muth, nur wenig
Ausdauer. Anfälle von Begeisterung und Anfälle von Entmuthigung
wechselten mit einander ab. Das nämliche Bataillon, das jetzt in
panischem Schrecken die Waffen wegwarf und um Pardon bat, focht bei
einer andren Gelegenheit mit großer Tapferkeit. In der Schlacht am Boyne
war der Muth der ungeübten und schlecht commandirten Kernen auf den
Nullpunkt gesunken. Als sie sich in Limerick wieder gesammelt hatten,
war ihr Blut in Aufruhr. Patriotismus, Fanatismus, Scham, Rachedurst und
Verzweiflung hatten sie über sich selbst erhoben. Offiziere und
Mannschaften verlangten einstimmig, daß die Stadt bis aufs Aeußerste
vertheidigt werde. An der Spitze Derer, welche für den Widerstand waren,
stand der tapfere Sarsfield, und seine Ermahnungen erweckten in allen
Reihen einen Muth, der dem seinigen gleichkam. Sein Vaterland zu retten,
lag außer seiner Macht. Er konnte nichts weiter thun, als den letzten
Todeskampf um ein blutiges und unheilvolles Jahr verlängern.[71]


[_Tyrconnel ist gegen die Vertheidigung von Limerick._] Tyrconnel
war vollkommen unfähig, die Frage, über welche die Franzosen und
die Irländer getheilter Meinung waren, zu entscheiden. Die einzigen
militärischen Tugenden, die er jemals besessen, waren persönliche
Tapferkeit und Geschicklichkeit im Gebrauche des Degens. Diese
Eigenschaften hatten ihn in früherer Zeit befähigt, Nebenbuhler von den
Thüren seiner Maitressen fern zu halten und bei Hahnenkämpfen und am
Spieltische den Hektor zu spielen. Um aber über die Möglichkeit einer
Vertheidigung von Limerick sich ein Urtheil zu bilden, dazu gehörte
mehr. Wäre sein Blut noch so heiß gewesen wie in den Tagen, da er mit
Grammont würfelte und dem alten Herzoge von Ormond den Hals zu brechen
drohte, würde er wahrscheinlich dafür gestimmt haben, das Aeußerste zu
wagen. Aber Alter, Mühen und Krankheit hatten von dem bramarbasirenden,
polternden und rauflustigen Dick Talbot der Restauration wenig mehr
übrig gelassen. Er war sehr schwach geworden und einer energischen
Anstrengung nicht mehr fähig. Die französischen Offiziere erklärten
ihn für gänzlich unwissend in der Kriegskunst. Sie hatten bemerkt,
daß er am Boyne ganz bestürzt ausgesehen, unfähig selbst Anordnungen
zu treffen, ja sogar unfähig, sich über die von Anderen gemachten
Vorschläge zu entscheiden.[72] Die Niederlagen, welche seitdem rasch
aufeinander gefolgt, waren nicht geeignet, die Lebenskraft eines so
kläglich geschwächten Geistes wieder zu heben. Seine Gattin war mit
den spärlichen Ueberresten seines einst großen Vermögens schon in
Frankreich, er wünschte ihr dahin zu folgen, und daher stimmte er für
das Aufgeben der Stadt.


[_Limerick wird von den Irländern allein vertheidigt._] Schließlich
wurde ein Uebereinkommen getroffen. Lauzun und Tyrconnel zogen sich mit
den französischen Truppen nach Galway zurück, und die Hauptmacht der
eingebornen Armee, etwa zwanzigtausend Mann, blieb in Limerick. Das
Obercommando wurde hier Boisseleau übertragen, der den Character der
Irländer besser kannte und sie in Folge dessen günstiger beurtheilte als
irgend einer ihrer Landsleute. Im Allgemeinen sprachen die französischen
Offiziere von ihren Verbündeten mit grenzenloser Verachtung und Abscheu,
wodurch sie sich bei ihnen ebenso verhaßt machten wie die Engländer.[73]

Lauzun und Tyrconnel waren kaum abgezogen, als die Vorhut von Wilhelm's
Armee sichtbar wurde. Bald kam der König selbst, von Auverquerque und
Ginkell nebst einer Eskorte von dreihundert Reitern begleitet,
herangeritten, um die Festungswerke in Augenschein zu nehmen. Die Stadt,
damals die zweite in Irland, hat, obwohl weniger verändert, als die
meisten anderen großen Städte auf den britischen Inseln, seitdem doch
eine große Umgestaltung erfahren. Die Neustadt existirte damals noch
nicht. Der Boden, der jetzt mit den schön gepflasterten breiten Straßen,
den reizenden Gärten und den eleganten Läden bedeckt ist, welche von
rothen Backsteinen glänzen und in deren Auslagen Shawls und
Porzellanwaaren das Auge erfreuen, war damals eine außerhalb der Mauern
liegende unbebaute Wiese. Die alte Stadt bestand aus zwei Theilen,
welche seit mehreren Jahrhunderten die englische und die irische Stadt,
genannt wurden. Die englische Stadt liegt auf einer vom Shannon
gebildeten Insel und besteht aus einem Knäuel alterthümlicher Häuser mit
Giebelenden, welche dicht zusammengedrängt eine ehrwürdige Kathedrale
umgeben. Das Aussehen der Straßen ist von der Art, daß der Reisende der
sie durchwandert, sich leicht in die Normandie oder nach Flandern
versetzt glauben kann. Nicht weit von der Kathedrale blickt ein altes,
von Unkraut und Epheu überwuchertes Schloß auf den Fluß hernieder. Ein
schmaler und reißender Strom, über den im Jahre 1690 nur eine einzige
Brücke führte, scheidet die englische Stadt von dem Stadttheile, den
ehemals die Hütten der eingebornen Bevölkerung bedeckten. Die Aussicht
vom Thurme der Kathedrale erstreckt sich jetzt meilenweit über ein
großes Gebiet von Feldern und Gärten, durch das sich der größte der
irischen Ströme zwischen künstlichen Ufern dahin schlängelt. Im
17. Jahrhundert aber waren diese Ufer noch nicht gebaut, und die weite
Ebene, deren Gras, üppiger noch als selbst das von Munster, gegenwärtig
Viehheerden der schönsten Art in Europa nährt, war damals fast
beständig ein Sumpf und oft ein See.[74]

Als es bekannt wurde, daß die französischen Truppen Limerick verlassen
hatten und daß nur die irischen zurückgeblieben waren, erwartete man im
englischen Lager allgemein, daß die Stadt leicht zu nehmen sein
werde.[75] Diese Erwartung war auch keine überspannte, denn selbst
Sarsfield verzweifelte. Nur eine Möglichkeit gab es nach seiner Ansicht
noch. Wilhelm hatte nur kleine Kanonen mitgebracht. Mehrere große
Belagerungsgeschütze, eine große Menge Proviant und Munition und eine
Brücke von zinnernen Booten, deren man in der wasserreichen Ebene des
Shannon häufig bedurfte, folgten langsam von Cashel. Wenn die Kanonen
und das Schießpulver weggenommen und vernichtet werden könnten, meinte
Sarsfield, so dürfe man einige Hoffnung hegen. Wenn nicht, so sei Alles
verloren, und ein tapferer, hochherziger irischer Gentleman könne dann
nichts Besseres thun als das Vaterland, das er vergebens zu vertheidigen
versucht habe, vergessen und in einem fremden Lande eine Heimath oder
ein Grab suchen.


[_Sarsfield überrumpelt die englische Artillerie._] Wenige Stunden
nachdem die englischen Zelte vor Limerick aufgeschlagen waren, brach
Sarsfield demgemäß unter dem Schutze der Dunkelheit mit einem starken
Trupp Reiter und Dragoner auf. Er schlug die Straße nach Killaloe ein
und ging dort über den Shannon. Den Tag über hielt er sich mit seiner
Schaar in einem wilden Gebirgszuge versteckt, der nach den Silberminen,
welche er enthält, benannt wird. Diese Gruben waren vor vielen Jahren
durch englische Unternehmer mit Hülfe von Ingenieuren und Arbeitern, die
sie vom Festlande mit herübergebracht, ausgebeutet worden. Aber in dem
Aufstande von 1641 hatte die eingeborne Bevölkerung die Werke zerstört
und die Arbeiter niedergemacht, und die damals angerichteten
Zerstörungen waren nicht wieder reparirt worden. In dieser wüsten Gegend
fehlte es Sarsfield nicht an Kundschaftern und Führern, denn das ganze
Landvolk von Munster war entschieden auf seiner Seite. Am Abend erfuhr
er, daß das Detachement, welches die englische Artillerie eskortirte,
etwa sieben Meilen von Wilhelm's Lager auf einem grünen Wiesenplan unter
den verfallenen Mauern eines alten Schlosses für die Nacht Halt gemacht
habe, daß Offiziere und Mannschaften sich anscheinend vollkommen sicher
glaubten, daß die Pferde abgezäumt worden seien, um zu weiden, und daß
selbst die Schildwachen schliefen. Als es dunkel geworden, verließen
die irischen Reiter ihr Versteck und wurden von den Leuten der Gegend
nach dem Orte geführt, wo die Eskorte um die Kanonen herum im Schlafe
lag. Der Ueberfall gelang vollkommen. Einige von den Engländern sprangen
zu ihren Waffen und machten einen Versuch zum Widerstande, aber
vergebens. Etwa sechzig Mann fielen, ein einziger wurde lebend gefangen
genommen, die übrigen ergriffen die Flucht. Die siegreichen Irländer
schoben die Wagen und Geschütze zu einem ungeheuren Haufen zusammen,
jeder Kanonenlauf wurde voll Pulver gepfropft und mit der Mündung in die
Erde befestigt und so die ganze Masse in die Luft gesprengt. Der einzige
Gefangene, ein Leutnant, wurde von Sarsfield mit großer Artigkeit
behandelt. »Wenn mir dieser Versuch mißlungen wäre,« sagte der tapfere
Irländer, »würde ich nach Frankreich gegangen sein.«[76]

In Wilhelm's Lager war die Nachricht gelangt, daß Sarsfield sich
heimlich aus Limerick entfernt habe und in der Gegend umherstreife. Der
König errieth die Absicht seines tapferen Feindes und schickte
fünfhundert Reiter zum Schutze der Kanonen ab. Unglücklicherweise
entstand eine Verzögerung des Abmarsches, welche die Engländer,
jederzeit geneigt von den holländischen Höflingen das Schlimmste zu
denken, der Nachlässigkeit oder dem Eigensinne Portland's zuschrieben.
Um ein Uhr Morgens brach das Detachement auf, hatte aber das Lager kaum
verlassen, als ein blitzähnlicher Lichtschein und ein donnerähnliches
Krachen dem breiten Thale des Shannon verkündete, daß Alles vorüber
war.[77]

Sarsfield war schon längst der Liebling seiner Landsleute, und diese zur
rechten Seit klug ersonnene und energisch ausgeführte Waffenthat hob ihn
noch höher in ihrer Achtung. Ihr Muth wuchs, während der der Belagerer
zu sinken begann, Wilhelm that sein Möglichstes, um den erlittenen
Verlust zu ersetzen. Zwei von den in die Luft gesprengten Kanonen wurden
noch brauchbar befunden, zwei andere wurden von Waterford geholt und
Batterien aus kleinen Feldstücken gebildet, die zwar gegen eine Festung
des Hennegau oder Brabant's nichts ausgerichtet haben würden, auf die
schwachen Vertheidigungswerke von Limerick aber doch einige Wirkung
äußerten. Mehrere Außenwerke wurden mit Sturm genommen und es begann
sich in dem Walle der Stadt eine Bresche zu zeigen.


[_Ankunft Baldearg O'Donnel's in Limerick._] Während dieser Operation
wurde die englische Armee durch einen Vorfall in Staunen und Heiterkeit
versetzt, der zwar keine sehr erheblichen Folgen hatte, aber auf das
Treffendste das wahre Wesen des irischen Jakobitismus characterisirt. In
der ersten Reihe der vornehmen celtischen Familien, welche bis zu Ende
der Regierung Elisabeth's in Ulster den Ton angaben, standen die
O'Donnel. Das Oberhaupt dieses Hauses hatte sich der Gewandtheit und
Energie Mountjoy's gefügt, hatte Jakob I. die Hand geküßt und sich dazu
bequemt die rohe Unabhängigkeit eines Miniaturfürsten mit einer sehr
angesehenen Stellung unter den britischen Unterthanen zu vertauschen.
Eine kurze Zeit lang bekleidete der besiegte Häuptling den Rang eines
Earls und war Gutsherr einer ungeheuren Besitzung, deren Souverain, er
einst gewesen. Bald aber begann er zu argwöhnen, daß die Regierung gegen
ihn conspirire, und aus Rache oder Nothwehr conspirirte er gegen die
Regierung. Seine Pläne scheiterten, er flüchtete auf den Continent, sein
Titel und seine Güter wurden eingezogen und auf dem Gebiete, das er
beherrscht hatte, ward eine angelsächsische Colonie gegründet.
Inzwischen suchte er am spanischen Hofe eine Freistätte. Zwischen diesem
Hofe und den eingebornen Irländern hatte während des langen Kampfes
zwischen Philipp und Elisabeth ein freundschaftliches Verhältniß
bestanden. Der verbannte Häuptling wurde daher in Madrid als ein vor
seinen ketzerischen Verfolgern geflohener guter Katholik in Madrid
freundlich aufgenommen. Seine vornehme Abkunft und sein fürstlicher
Rang, die den Engländern lächerlich erschienen, sicherte ihm die Achtung
der castilischen Granden. Seine Ehren und Würden erbte eine Reihenfolge
verbannter Nachkommen, welche fern von dem Lande lebten und starben, wo
das Gedächtniß seiner Familie bei dem rauhen Landvolke in Liebe bewahrt
und durch die Lieder der Minstrels und die Erzählungen der Bettelmönche
aufgefrischt wurde. Endlich, im dreiundachtzigsten Jahre der Verbannung
dieser alten Dynastie wurde es in ganz Europa bekannt, daß die Irländer
wieder für ihre Unabhängigkeit kämpften. Baldearg O'Donnel, der sich
»der O'Donnel« nannte, ein in den Augen seines Geschlechts viel
vornehmerer Titel als der eines Marquis oder eines Herzogs, war in
Spanien aufgewachsen und stand im Dienste der spanischen Regierung. Er
suchte bei dieser Regierung um die Erlaubniß nach, sich nach Irland zu
begeben, die ihm aber verweigert wurde, weil das Haus Oesterreich jetzt
durch enge Bande mit England verknüpft war. Der O'Donnel entwich daher
heimlich und gelangte auf einem weiten Umwege, auf dem er die Türkei
besuchte, nach Kinsale, wenige Tage nachdem Jakob von dort nach
Frankreich abgesegelt war. Der Eindruck, den die Ankunft dieses einsamen
Wanderers auf die eingeborne Bevölkerung machte, war wunderbar. Seit der
Wiedereroberung Ulster's durch die Engländer waren große Massen der
irischen Bewohner dieser Provinz nach dem Süden ausgewandert und führten
jetzt in Connaught und Munster ein nomadisirendes Leben. Diese Leute,
von Kindheit auf daran gewöhnt, von der guten alten Zeit erzählen zu
hören, wo der O'Donnel durch den Nachfolger St. Columban's auf den
Felsen von Kilmacrenan feierlich eingesetzt, den Fremden des sächsischen
Gebiets zum Trotz über die Gebirge von Donegal regiert hatte, schlossen
sich dem Banner des zurückgekehrten Verbannten an. Er stand bald an der
Spitze von sieben- bis achttausend Rapparees oder Creaghts, wie sie in
Ulster genannt wurden, und seine Anhänger hielten zu ihm mit einer
Hingebung, welche auffallend mit dem lauen Gefühle contrastirte, das der
sächsische König Jakob einzuflößen vermocht hatte. Priester und sogar
Bischöfe sah man in dem Gefolge des Abenteurers. Der ihm zu Theil
gewordene Empfang machte ihn so stolz, daß er Agenten nach Frankreich
schickte, welche den Ministern Ludwig's versicherten, daß der O'Donnel,
wenn man ihm Waffen und Munition lieferte, dreißigtausend Celten aus
Ulster ins Feld stellen würde und daß die Celten von Ulster in allen
militärischen Eigenschaften denen von Leinster, Munster und Connaught
bei weitem überlegen seien. Baldearg bediente sich keines Ausdrucks,
welcher verrathen hätte, daß er sich als einen Unterthan betrachtete. Er
war offenbar der Meinung, das Haus O'Donnel sei eben so ächt und
unveräußerlich königlich wie das Haus Stuart, und nicht wenige von
seinen Landsleuten waren der nämlichen Ansicht. Er hielt einen
pomphaften Einzug in Limerick und sein Erscheinen steigerte die
Hoffnungen der dortigen Besatzung auf eine unglaubliche Höhe. Man
erinnerte sich zahlreicher Prophezeiungen oder erfand solche. Ein
O'Donnel mit einem rothen Maale sollte der Befreier seines Vaterlandes
werden, und der Name Baldearg bedeutete ein rothes Maal. Ein O'Donnel
sollte bei Limerick eine große Schlacht über die Engländer gewinnen, und
der O'Donnel stand jetzt in Limerick den Engländern gegenüber.[78]


[_Die Belagerer leiden vom Regen._] Während diese Prophezeiungen von den
Vertheidigern der Stadt eifrig wiederholt wurden, begannen schlimme
Vorzeichen, die sich aber nicht auf barbarische Orakel, sondern auf
gewichtige militärische Gründe stützten, Wilhelm und seine erfahrensten
Offiziere zu beunruhigen. Der von Sarsfield geführte Schlag hatte
empfindlich getroffen; die Artillerie hatte nur langsam gewirkt und
nichts Vollkommenes erreicht; der Pulvervorrath war zusammengeschmolzen
und die Herbstregen stellten sich ein. Die in den Laufgräben arbeitenden
Soldaten standen bis an die Knie im Schlamme. Keine Vorsichtsmaßregel
wurde verabsäumt; aber obgleich Kanäle zur Ableitung des Wassers
gegraben wurden und Kessel voll Usquebaugh und Brandy die ganze Nacht in
den Zelten über Feuer standen, waren doch schon Fieberfälle vorgekommen
und man hatte allen Grund zu befürchten, daß, wenn die Armee nur noch
einige Tage auf diesem sumpfigen Boten zubrachte, eine verheerendere
Seuche ausbrechen würde als die, welche ein Jahr früher unter den Mauern
von Dundalk gewüthet hatte.[79] Es wurde ein Kriegsrath gehalten. Man
beschloß eine große Anstrengung zu machen und, falls diese Anstrengung
nicht gelang, die Belagerung aufzuheben.


[_Erfolgloser Sturm auf Limerick; die Belagerung aufgehoben._] Am
27. August um drei Uhr Nachmittags, wurde das Zeichen zum Angriff
gegeben. Fünfhundert Grenadiere stürmten aus den Laufgräben gegen die
Contrescarpe, feuerten ihre Geschütze ab und warfen ihre Granaten. Die
Irländer flohen in die Stadt und wurden von den Angreifenden verfolgt,
die in ihrem Siegestaumel auf keine Befehle warteten. Hier entspann
sich nun ein furchtbarer Straßenkampf. Sobald die Irländer sich von dem
ersten Schrecken erholt hatten, hielten sie tapfer Stand, und die durch
die Uebermacht erdrückten Engländer wurden mit großem Verlust nach der
Contrescarpe zurückgetrieben. Hier fand ein langer und verzweifelter
Kampf statt. Wann hätte auch der katholische Celte kämpfen sollen, wenn
er nicht an diesem Tage kämpfte? Selbst die Frauen von Limerick nahmen
am Kampfe Theil, hielten im heftigsten Feuer aus und warfen Steine
und zerbrochene Flaschen auf den Feind. In dem Augenblicke wo der
Kampf am heftigsten war, explodirte eine Mine und sprengte ein schönes
Grenadierbataillon in die Luft. Vier Stunden dauerte das Gemetzel und
Schlachtgetümmel. Die dicke Rauchwolke, die von der Bresche aufstieg,
wurde Meilen weit vom Winde fortgetragen und verschwand hinter den
Bergen von Clare. Spät am Abend zogen sich die Belagerer langsam und
mißmuthig in ihr Lager zurück. Sie hofften, daß am nächsten Morgen
ein zweiter Angriff gemacht werden würde, und die Soldaten schwuren,
die Stadt zu nehmen oder zu sterben. Aber der Pulvervorrath war jetzt
fast gänzlich erschöpft und der Regen fiel in Strömen; die schwarzen
Wolkenmassen welche aus Südwesten herangezogen, drohten mit mehr Tod
und Verderben als das Schwert, und man hatte mehr Grund zu befürchten,
daß die schon jetzt mit tiefem Kothe bedeckten Straßen bald in einem
Zustande sein würden, der das Fortkommen von Räderfuhrwerken unmöglich
machte. Der König beschloß die Belagerung aufzuheben und seine Truppen
in eine gesündere Gegend zu bringen. Er war in der That schon lange
genug geblieben, denn nur mit großer Anstrengung konnten seine Kanonen
und Wagen durch lange Ochsengespanne fortbewegt werden.[80]

Die Geschichte der ersten Belagerung von Limerick hat in mancher
Beziehung große Aehnlichkeit mit der Geschichte der Belagerung von
Londonderry. Die Stadt des Südens war, wie die des Nordens, das letzte
Asyl einer Kirche und einer Nation. Beide Orte waren mit Flüchtlingen
aus allen Theilen Irland's angefüllt. Beide schienen Männern, welche die
Kriegswissenschaft regelrecht studirt hatten, unfähig einem Feinde
Widerstand zu leisten. Beide wurden im Augenblicke der höchsten Gefahr
von den Befehlshabern verlassen, die sie hätten vertheidigen sollen.
Lauzun und Tyrconnel gaben Limerick preis, wie Cunningham und Lundy
Londonderry preisgegeben hatten. In beiden Fällen kämpften religiöse und
patriotische Begeisterung ohne Beistand gegen eine große Uebermacht, und
in beiden Fällen erreichten religiöse und patriotische Begeisterung was
erfahrene Krieger nur zu versuchen für Wahnsinn erklärt hatten.


[_Tyrconnel und Lauzun gehen nach Frankreich._] Es war keine
angenehme Ueberraschung für Lauzun und Tyrconnel, als sie in Galway
den glücklichen Ausgang des Kampfes erfuhren, an welchem sie Theil
zu nehmen sich geweigert hatten. Sie hatten Irland satt, und da
sie überdies fürchteten, daß ihr Benehmen in Frankreich ungünstig
beurtheilt werden möchte, beschlossen sie ihren Anklägern zuvorzukommen
und schifften sich zusammen nach dem Continent ein.

Bevor Tyrconnel abreiste, übertrug er seine Civilautorität einem
Collegium, seine militärische Autorität einem andren. Der junge Herzog
von Berwick wurde zum Oberbefehlshaber erklärt; doch war diese Würde
blos nominell. Sarsfield, der unbestreitbar der erste irische Soldat
war, nahm in der Liste des Rathes, dem die Leitung des Kriegs übertragen
war, die letzte Stelle ein, und Manche glaubten, daß er gar nicht in
derselben figurirt haben würde, hätte der Vicekönig nicht gefürchtet,
durch Weglassung eines so populären Mannes eine Meuterei herbeizuführen.


[_Wilhelm kehrt nach England zurück._] Wilhelm war inzwischen in
Waterford angekommen und von hier nach England gesegelt. Vor seiner
Einschiffung übertrug er die Verwaltung Irland's drei Lords Justices.
Heinrich Sidney, jetzt Viscount Sidney, war der erste Commissar, und ihm
standen Coningsby und Sir Karl Porter zur Seite. Porter hatte früher das
große Siegel bewahrt, es war ihm aber, lediglich weil er Protestant war,
von Jakob abgenommen worden, und jetzt erhielt er es von Wilhelm wieder.


[_Wilhelm's Empfang in England._] Am 6. September landete der König nach
einer vierundzwanzigstündigen Ueberfahrt in Bristol. Von da reiste er
nach London, unterwegs in den Schlössern einiger vornehmen Lords
einsprechend, und man bemerkte, daß Alle, denen diese Auszeichnung
widerfuhr, Tories waren. Den einen Tag wurde er in Badminton vom Herzoge
von Beaufort bewirthet, von dem man vermuthete, daß es ihm große
Ueberwindung gekostet habe, die Eide zu leisten; an einem der folgenden
Tage in einem großen Hause unweit Marlborough, das in unsrer Zeit, vor
der gewaltigen Revolution, welche die Eisenbahnen hervorgebracht, als
einer der besten Gasthöfe England's berühmt war, das aber im
17. Jahrhundert ein Landsitz des Herzogs von Somerset war. Wilhelm
wurde allenthalben mit Zeichen der Achtung und Freude empfangen. Sein
Feldzug hatte zwar nicht ganz so glücklich geendet wie er begonnen,
im Ganzen aber war sein Erfolg über Erwarten groß gewesen und hatte
deutlich gezeigt, wie weise er gehandelt, indem er sich selbst an die
Spitze seiner Armee stellte. Auch war die Plünderung von Teignmouth
bei den Engländern noch in frischem Andenken und hatte Alle, bis auf
die fanatischesten Jakobiten, sowohl mit einander als auch mit dem
Throne ausgesöhnt. Die Magistratur und die Geistlichkeit der Hauptstadt
begaben sich nach Kensington, um dem Könige ihre Danksagungen und
Glückwünsche darzubringen. Das Volk läutete die Glocken und zündete
Freudenfeuer an. An die Stelle des Papstes, den die guten Protestanten
sonst zu verbrennen pflegten, trat bei dieser Gelegenheit der
französische König, wahrscheinlich zur Vergeltung für die schimpfliche
Behandlung, welche der pariser Pöbel dem Bilde Wilhelm's hatte zu Theil
werden lassen. Eine Wachspuppe, jedenfalls eine abscheuliche Carricatur
des liebenswürdigsten und majestätischesten Fürsten, den es je gegeben,
wurde auf einem Karren nach Westminster gefahren. Darüber waren in
großen Buchstaben die Worte zu lesen: »Ludwig, von vierzehn Tyrannen
der größte.« Nach der Prozession wurde die Figur unter lauten Hurrahs
in Coventgarden den Flammen übergeben.[81]


[_Expedition nach dem Süden Irland's._] Als Wilhelm in London ankam, war
die nach Cork bestimmte Expedition bereit, von Portsmouth abzusegeln,
und Marlborough war schon seit einiger Zeit an Bord in Erwartung
günstigen Windes. Grafton begleitete ihn. Dieser junge Mann war
unmittelbar nach Jakob's Abreise und während der Thron noch unbesetzt
war, von Wilhelm zum Obersten des ersten Gardeinfanterieregiments
ernannt worden. Die Revolution war kaum vollbracht, als sich in diesem
Regimente, das wegen seines besonderen Dienstes wie auch wegen seiner
numerischen Stärke das wichtigste von allen Regimentern der Armee war,
Zeichen von Mißstimmung bemerklich zu machen begannen, und man glaubte,
der Oberst habe diesen schlechten Geist nicht mit der gehörigen Energie
unterdrückt. Man wußte, daß er mit der neuen Ordnung der Dinge nicht
ganz zufrieden war, denn er hatte für eine Regentschaft gestimmt, und es
circulirte das vielleicht grundlose Gerücht, daß er mit Saint-Germains
in Verbindung stehe. Das ehrenvolle und einträgliche Commando, zu dem er
eben erst ernannt worden war, wurde ihm wieder entzogen.[82] Obwohl tief
gekränkt, benahm er sich doch als ein Mann von Einsicht und Takt. Um zu
beweisen, daß der auf ihm ruhende Verdacht unbegründet war, und von dem
ehrenwerthen Wunsche beseelt, sich in seinem Berufe auszuzeichnen, hatte
er die Erlaubniß nachgesucht und erhalten, als Freiwilliger unter
Marlborough in Irland zu dienen.

Am 18. September sprang endlich der Wind um. Die Flotte ging in See und
erschien am 21. vor den Hafen von Cork. Die Truppen landeten und
vereinigten sich alsbald mit mehreren von der Armee, welche kurz zuvor
Limerick belagert hatte, detachirten holländischen, dänischen und
französischen Regimentern unter den Befehlen des Herzogs von Würtemberg.
Der Herzog machte sofort einen Anspruch geltend, der der Expedition sehr
nachtheilig hätte werden können, wenn der englische General nicht ein
Mann von seltener Einsicht und Mäßigung gewesen wäre. Seine Hoheit
behauptete, daß er als Prinz eines souverainen Fürstenhauses zur Führung
des Obercommandos berechtigt sei. Marlborough setzte ihm mit aller Ruhe
und Artigkeit auseinander, daß sein Anspruch unbillig sei. Es entspann
sich ein Streit, in welchem der Deutsche sich mit rücksichtsloser
Heftigkeit, der Engländer mit der ritterlichen Festigkeit benommen haben
soll, der er vielleicht mehr noch als seinen ausgezeichneten Talenten
seinen Erfolg im Leben verdankte. Endlich schlug ein hugenottischer
Offizier einen Vergleich vor. Marlborough verstand sich dazu, einen
Theil seiner Rechte nachzulassen und dem Herzoge einen Tag um den andern
den Vorrang einzuräumen. Den ersten Morgen an welchem Marlborough das
Obercommando hatte, gab er die Parole »Würtemberg.« Das Herz des Herzogs
wurde durch diese Artigkeit gewonnen, und am folgenden Tage gab er die
Parole »Marlborough.«


[_Marlborough nimmt Cork._] Doch wer auch die Parole geben mochte, das
Genie behauptete seine unveräußerliche Ueberlegenheit. Marlborough war
jeden Tag der wirkliche General. Cork wurde mit Energie angegriffen und
ein Außenwerk nach dem andren rasch genommen. In achtundvierzig Stunden
war Alles vorüber. Die Spuren des kurzen Kampfes sind heute noch
sichtbar. Das alte Fort, wo die Irländer am hartnäckigsten kämpften,
liegt in Trümmern. Die dorische Kathedrale, welche dem alten Thurme so
unschön angebaut ist, nimmt die Stelle eines gothischen Bauwerkes ein,
welches durch die englischen Kanonen zertrümmert wurde. Auf dem nahen
Kirchhofe zeigt man noch die Stelle, wo viele Jahrhunderte hindurch
einer jener runden Thürme stand, die den Alterthumsforschern viel
Kopfzerbrechens verursacht haben. Dieses ehrwürdige Baudenkmal theilte
das Schicksal der benachbarten Kirche. Eine andre Stelle, welche jetzt
die Mall heißt und mit den stattlichen Häusern von Bank-, Eisenbahn- und
Versicherungsgesellschaften besetzt ist, die abermals ein unter dem
Namen Rape Marsh bekannter Sumpf war, rückten vier englische Regimenter,
bis unter die Arme im Wasser watend, tapfer zum Sturme vor. Grafton,
stets der Erste in der Gefahr, wurde, während er sich durch den Schlamm
arbeitete, von einem feindlichen Schusse getroffen und sterbend
zurückgetragen. Die Stelle wo er fiel, damals etwa hundert Schritt weit
außerhalb der Stadt, gegenwärtig aber im Mittelpunkte des
Geschäftsverkehrs und der Bevölkerung gelegen, heißt noch jetzt Grafton
Street. Die Stürmenden hatten den Sumpf durchwatet und der Kampf Mann
gegen Mann sollte eben beginnen, als das Zeichen zum Parlamentiren
gegeben wurde. Die Bedingungen der Kapitulation waren bald festgesetzt.
Die aus vier- bis fünftausend Mann bestehende Besatzung wurde als
gefangen betrachtet. Marlborough versprach, sich für sie sowohl als auch
für die Einwohner beim Könige zu verwenden und Gewaltthätigkeiten und
Plünderung nicht zu gestatten. Es gelang ihm seine Truppen im Zaume zu
halten; aber Schaaren von Matrosen und Lagertroß drangen durch die
Bresche in die Stadt und die Häuser vieler Katholiken wurden demolirt,
ehe die Ordnung wieder hergestellt werden konnte.


[_Marlborough nimmt Kinsale._] Kein Feldherr hat es jemals besser
verstanden einen Sieg zu benutzen als Marlborough. Wenige Stunden
nachdem Cork gefallen, war seine Reiterei schon auf dem Wege nach
Kinsale. Es wurde ein Trompeter abgesandt, um die Stadt zur Uebergabe
aufzufordern. Die Irländer drohten ihn zum Lohn für diese Botschaft
aufzuhängen, zündeten die Stadt an und zogen sich in zwei Forts, das
alte und das neue genannt, zurück. Die englische Reiterei kam gerade
noch zur rechten Zeit an, um das Feuer zu löschen. Ihr folgte
Marlborough mit seiner Infanterie auf dem Fuße. Das alte Fort wurde
erstürmt und funfzig Mann, die es vertheidigten, sämmtlich getödtet oder
gefangen genommen. Das neue Fort mußte systematischer angegriffen
werden. Es wurden Batterien aufgefahren, Laufgräben eröffnet und Minen
gesprengt; in wenigen Tagen waren die Belagerer Herren der Contrescarpe,
und Alles war zum Sturme bereit, als der Gouverneur sich erbot zu
kapituliren. Die zwölfhundert Mann starke Besatzung durfte sich nach
Limerick zurückziehen, aber die Sieger ergriffen Besitz von den
Vorräthen, welche einen bedeutenden Werth hatten. Von allen irischen
Häfen war Kinsale für den Verkehr mit Frankreich am günstigsten gelegen,
und es herrschte daher dort ein in allen anderen Theilen von Munster
unbekannter Ueberfluß. In Limerick waren Brot und Wein ein Luxus, den
sich selbst Generäle und Staatsräthe nicht immer verschaffen konnten. Im
neuen Fort von Kinsale aber fand Marlborough tausend Barrels Weizen und
achtzig Pipen Claret.

Sein Sieg war vollständig und rasch gewesen, und rasch mußte er auch
sein, sonst wäre er nicht vollständig gewesen. So kurz sein Feldzug war,
hatte er doch lange genug gedauert, um der feuchten Erde und Luft von
Irland Zeit zum Beginn des tödtlichen Werkes zu lassen, von welchem die
englischen Soldaten damals zur Herbstzeit selten verschont blieben. Die
Krankheit, welche die Reihen der Armee Schomberg's bei Dundalk gelichtet
und Wilhelm gezwungen hatte, sich eiligst von der Mündung des Shannon
zurückzuziehen, hatte sich in Kinsale zu zeigen begonnen. So rasch und
energisch Marlborough seine Operationen betrieb, verlor er doch viel
mehr Leute durch diese Krankheit, als durch das Feuer des Feindes. Nur
fünf Wochen nach seiner Abfahrt von Portsmouth machte er in Kensington
seine Aufwartung und wurde sehr freundlich empfangen. »Kein lebender
Offizier,« sagte Wilhelm, »der so wenig Dienstjahre aufzuweisen hat wie
Mylord Marlborough, ist so wie er zu großen Commandos befähigt.«[83]


[_Die schottischen Angelegenheiten._] In Schottland hatte sich die
Gestalt der Dinge, wie in Irland, während dieses denkwürdigen Sommers
bedeutend in gutem Sinne geändert. Der Club mißvergnügter Whigs, der im
vorhergehenden Jahre das Parlament beherrscht, die Minister
eingeschüchtert, die Steuern verweigert und die Functionen des
Staatssiegels gehemmt hatte, war der allgemeinen Verachtung
anheimgefallen und hatte endlich aufgehört zu existiren. Der Souverain
harmonirte mit den Ständen und der lange Kampf zwischen zwei Formen des
Kirchenregiments war auf dem einzigen, mit der Ruhe und dem Gedeihen des
Landes vereinbaren Wege beendigt worden.


[_Intriguen Montgomery's mit den Jakobiten._] Dieser glückliche
Umschwung der Dinge muß hauptsächlich den Fehlgriffen des perfiden,
unruhigen und rachsüchtigen Montgomery zugeschrieben werden. Einige
Wochen nach dem Schlusse der Session, während der er eine unbegrenzte
Autorität über das schottische Parlament ausgeübt hatte, begab er sich
mit seinen beiden Hauptverbündeten, dem Earl von Annandale und Lord Roß,
nach London. Die Drei hatten eine Audienz bei Wilhelm und überreichten
ihm ein Manifest, in welchem ihre Forderungen für das Gemeinwohl
dargelegt waren. Sie würden sehr bald einen andren Ton angenommen haben,
wenn er ihnen bewilligt hätte, was sie für sich selbst verlangten. Aber
er zürnte ihnen heftig wegen ihres Benehmens und war entschlossen, sie
dafür daß sie ihm geschadet, nicht noch zu bezahlen. Der Empfang, der
ihnen zu Theil wurde, überzeugte sie, daß sie keine Gunst von ihm zu
erwarten hatten. Montgomery war ein Mann von heftigen Leidenschaften, er
war arm und brauchte dringend Geld, und wenn er sich nicht bald in ein
einträgliches Amt drängen konnte, so lief er Gefahr, im Gefängnisse zu
verfaulen. Da keine Aussicht mehr war, daß Wilhelm seine Dienste kaufen
würde, so mußten sie Jakob angeboten werden. Ein Vermittler wurde bald
gefunden. Montgomery war ein alter Bekannter Ferguson's. Die beiden
Verräther verständigten sich bald. Sie waren verwandte Geister, zwar
weit verschieden in Bezug auf Intelligenz, aber in gleichem Grade eitel,
ruchlos, falsch und böswillig. Montgomery wurde Neville Payne, einem der
gewandtesten und entschlossensten Agenten des verbannten Königshauses,
vorgestellt. Payne war seit langer Zeit in der Stadt als ein Kannegießer
in Poesie und Politik bekannt. Er war ein intimer Freund des indiscreten
und unglücklichen Coleman gewesen und hatte als Theilnehmer an der
papistischen Verschwörung in Newgate gesessen. Sein moralischer
Character war nicht weit her; aber er hatte bald Gelegenheit zu
beweisen, daß er einen Muth und eine Treue besaß, die einer besseren
Sache als der Sache Jakob's und eines besseren Bundesgenossen als
Montgomery's würdig gewesen wären.

Die Unterhandlung endete sehr bald in einen Allianzvertrag. Payne
versprach Montgomery mit Bestimmtheit nicht nur Verzeihung, sondern auch
Reichthum, Macht und Ehren. Mit eben so großer Zuversicht machte
Montgomery sich verbindlich, das schottische Parlament zur Zurückrufung
des rechtmäßigen Königs zu bestimmen. Roß und Annandale genehmigten
bereitwillig Alles was ihr geschickter und thätiger College vorschlug.
Ein Abenteurer, der sich bald Simpson, bald Jones nannte, der stets
bereit war, für Geld jeder Regierung zu dienen und jede Regierung zu
verrathen und der gleichzeitig von Portland und von Neville Payne
besoldet wurde, nahm es auf sich, Jakob die Anerbietungen des Clubs zu
überbringen. Montgomery und seine beiden edlen Complicen kehrten nach
Edinburg zurück und schritten dort zur Bildung einer Coalition mit
ihren alten Feinden, den Vertheidigern der Prälatur und der
Willkürherrschaft.[84]


[_Krieg in den Hochlanden._] Die schottische Opposition, ein
wunderliches Gemisch von zwei Parteien, deren eine aller Freiheit feind
war, während die andre von keiner Regierung etwas wissen wollte,
schmeichelte sich eine Zeit lang mit der Hoffnung, daß der Krieg in den
Hochlanden mit verdoppelter Wuth wieder ausbrechen werde. Aber diese
Hoffnung wurde getäuscht. Im Frühjahr 1690 kam ein Offizier Namens
Buchan aus Irland in Lochaber an. Er hatte ein Patent bei sich, das ihn
zum Oberbefehlshaber aller Truppen ernannte, die im ganzen Königreiche
Schottland für König Jakob unter den Waffen standen. Cannon, der seit
Dundee's Tode die erste Stelle bekleidet und sich derselben nicht
gewachsen gezeigt hatte, wurde der Zweite im Commando. Es wurde jedoch
durch diesen Wechsel nicht viel gewonnen. Es war keine leichte Aufgabe,
die gälischen Fürsten zur Wiederaufnahme des Kampfes zu bewegen. In der
That, ohne den Einfluß und die Beredtsamkeit Lochiel's würde nicht ein
einziges Schwert für das Haus Stuart gezogen worden sein. Nicht ohne
Mühe überredete er die Häuptlinge, welche das Jahr vorher bei
Killiecrankie gefochten hatten, zu dem Entschlusse zu kommen, daß sie
vor Ende des Sommers alle ihre Anhänger aufbieten und in das Niederland
einrücken wollten. Inzwischen wurden zwölfhundert Bergschotten
verschiedener Stämme unter Buchan's Commando gestellt, der sich
verpflichtete, mit dieser Truppe die englischen Garnisonen beständig
durch Scheinangriffe und Streifzüge zu beunruhigen, bis die Zeit zu
wichtigeren Operationen gekommen sein würde. Zu dem Ende rückte er in
Strathspey ein. Aber alle seine Pläne wurden sehr bald durch die
Kühnheit und Gewandtheit Sir Thomas Livingstone's vereitelt, der
Inverneß für König Wilhelm besetzt hielt. Unter der Führung und dem
Beistande der Grants, welche der neuen Regierung treu ergeben waren, kam
Livingstone mit einem starken Corps Reiterei und Dragonern in
Eilmärschen und über steile Gebirgspässe zu der Stelle, wo die Jakobiten
ihre Quartiere aufgeschlagen hatten. Mitten in der Nacht erreichte er
die Lagerfeuer. Der erste Alarm wurde durch das Einstürmen der
Cavallerie über die entsetzten Schildwachen hinweg mitten unter die
Celten gegeben, welche in ihre Plaids gehüllt schliefen. Buchan entkam
im bloßen Kopfe und ohne Degen. Cannon lief im Hemd davon. Vierhundert
Hochländer wurden erschlagen oder gefangen genommen, und die übrigen
flohen in ihre Berge und Nebel.[85]

Dieses Ereigniß machte allen Gedanken an einen Bürgerkrieg ein Ende, und
die für den Sommer beabsichtigte Zusammenziehung der Mannschaften fand
nicht statt. Lochiel war, wenn er auch gewollt hätte, nicht im Stande,
die im Fallen begriffene Sache länger zu halten. Er war durch einen
Unfall aufs Krankenlager geworfen worden, der allein hinreichte, um zu
beweisen, wie wenig durch eine Conföderation der kleinen Gebirgskönige
ausgerichtet werden konnte. Bei einer Berathung zwischen den
jakobitischen Anführern sprach ein Gentleman aus dem Niederlande sehr
hart von jenen Schmarotzern, die ihren Glauben gewechselt, um sich bei
König Jakob einzuschmeicheln. Glengarry war einer von Denen, die es für
ehrenvoll halten anzunehmen, daß Jedermann beständig die Absicht habe,
sie zu beleidigen. Er setzte es sich in den Kopf, daß man auf ihn habe
anspielen wollen. »Ich bin ein eben so guter Protestant als Sie,« rief
er aus, und setzte ein Wort hinzu, das ein Mann von Ehrgefühl nicht
ruhig hinnehmen konnte. In einem Nu waren beide Schwerter aus der
Scheide. Lochiel warf sich zwischen die Kämpfenden und während er sie
auseinander zu reißen suchte, erhielt er eine Wunde, die man zuerst für
tödtlich hielt.[86]


[_Fort William erbaut._] Der Muth der mißvergnügten Clans war so
wirksam gebrochen, daß Mackay ohne auf Widerstand zu stoßen von Perth
nach Lochaber marschirte, in Inverlochy sein Hauptquartier aufschlug
und zur Ausführung seines Lieblingsplanes schritt, hier eine Festung
zu erbauen, welche die aufsätzigen Camerons und Macdonalds in Schach
halten konnte. Binnen wenigen Tagen waren die Mauern fertig, die
Gräben angelegt und die Pallisaden eingeschlagen, die Brustwehren mit
Feldschlangen von einem Kriegsschiffe besetzt, und der General reiste
ab, einen Offizier Namens Hill als Commandant einer ausreichenden
Besatzung zurücklassend. Innerhalb der Mauern fehlte es nicht an
Hafermehl, Pöcklingen und Rindfleisch, und an Branntwein war Ueberfluß
vorhanden. Die neue Festung, welche, so eilig und kunstlos sie erbaut
war, den Bewohnern der Umgegend ohne Zweifel als das größte Wunderwerk
erschien, das die Macht im Verein mit der Wissenschaft je ins Leben
gerufen, wurde zu Ehren des Königs Fort William genannt.[87]


[_Zusammentritt des schottischen Parlaments._] Mittlerweile war das
schottische Parlament in Edinburg wieder zusammengetreten. Wilhelm hatte
sich überzeugt, daß es kein leichtes Ding sei zu entscheiden, wie er es
mit dieser launenhaften und unlenksamen Versammlung halten sollte. Die
Gemeinen England's hatten ihn zuweilen aufgebracht. Doch sie hatten ihm
Millionen bewilligt und von ihm niemals Concessionen verlangt, wie sie
die schottische Legislatur, die ihm wenig geben konnte und ihm gar
nichts gegeben hatte, gebieterisch gefordert. Die englischen
Staatsmänner standen im allgemeinen nicht hoch in seiner Achtung und sie
verdienten es auch nicht. Aber wenige unter ihnen waren so durch und
durch falsch und schamlos wie die leitenden Staatsmänner Schottlands.
Hamilton stand in Bezug auf Moralität und Ehrgefühl eher über als unter
seinen Collegen, und auch er war wankelmüthig, falsch und habgierig.
Wilhelm ließ sich einst zu der Aeußerung hinreißen: »Ich wollte
Schottland läge tausend Meilen weit von hier und der Herzog von Hamilton
wäre König davon. Dann wäre ich sie beide los.«


[_Melville Lord Obercommissar._] Nach reiflicher Ueberlegung beschloß
Wilhelm, Melville als Lord Obercommissar nach Edinburg zu schicken.
Melville war weder ein großer Staatsmann, noch ein großer Redner; er sah
nicht aus wie der Repräsentant des Königs, sein Character hatte nur das
Durchschnittsmaß der Reinheit, und dieses Durchschnittsmaß war bei den
schottischen Senatoren nicht groß; aber es fehlte ihm nicht an
Besonnenheit und Mäßigung, und er reussirte im Ganzen besser, als ein
Mann von weit glänzenderen Eigenschaften reussirt haben würde.


[_Die Regierung erlangt die Majorität._] Während der ersten Tage der
Session waren die Freunde der Regierung muthlos und die Häupter der
Opposition gaben sich sanguinischen Hoffnungen hin. Die Triumphe des
vorhergehenden Jahres hatten Montgomery den Kopf verrückt, obwohl er
keineswegs zu den Schwachen gehörte. Er glaubte seine Intriguen und
seine schönen Reden hätten die Stände vollständig besiegt. Nachdem er
eine unbegrenzte Herrschaft im Parlamente ausgeübt hatte, als die
Jakobiten abwesend waren, schien es ihm unmöglich, daß er jetzt, wo sie
anwesend und bereit waren, jeden seiner Vorschläge zu unterstützen,
geschlagen werden könnte. Es war ihm allerdings nicht leicht geworden,
sie zum Erscheinen zu bewegen. Denn sie konnten ihre Sitze nicht
einnehmen, ohne die Eide zu leisten. Einige unter ihnen trugen ein wenig
Bedenken, meineidig zu werden, und Viele, die nicht wußten, was ein
Gewissensskrupel war, fürchteten den rechtmäßigen König zu beleidigen,
wenn sie dem faktischen Könige Treue schwuren. Einige Lords aber, die
für Vertraute Jakob's galten, versicherten, ihres Wissens wünsche er,
daß seine Freunde falsch schwörten, und diese Versicherung bewog die
Mehrzahl der Jakobiten, mit Balcarras an der Spitze, sich einer durch
Gottlosigkeit erschwerten Treulosigkeit schuldig zu machen.[88]

Es stellte sich jedoch bald heraus, daß Montgomery's Partei, selbst mit
dieser Verstärkung, nicht mehr die Majorität in der gesetzgebenden
Versammlung bildete. Für Jeden den er gewonnen, hatte er Zwei verloren.
Er hatte einen Fehler begangen, der in der britischen Geschichte mehr
als einmal großen parlamentarischen Führern verderblich geworden ist. Er
hatte geglaubt, daß, sobald es ihm einfiele, sich mit Denen zu
verbinden, denen er vor kurzem noch feindlich gegenübergestanden hatte,
alle seine Anhänger seinem Beispiele folgen würden. Allein er überzeugte
sich bald, daß es viel leichter war, Erbitterung hervorzurufen als sie
zu beschwichtigen. Die große Masse der Whigs und Presbyterianer scheute
sich davor, mit den Jakobiten gemeinschaftliche Sache zu machen. Einige
Unschlüssige wurden von der Regierung erkauft, und zwar um einen sehr
mäßigen Preis, denn eine Summe, die im englischen Staatsschatze kaum
vermißt wurde, war für die armen Barone des Nordens sehr bedeutend.[89]
So sank die Wagschale auf der andren Seite, und in den schottischen
Parlamenten der damaligen Zeit war das Sinken der Wagschale Alles; die
Majoritäten hatten stets die Tendenz zu wachsen, die Minoritäten die
Tendenz sich zu vermindern.

Die erste Frage, über welche eine Abstimmung vorgenommen wurde,
bezog sich auf die Wahl für einen Burgflecken. Die Minister trugen
mit sechs Stimmen den Sieg davon.[90] In einem Augenblicke war Alles
verändert, der Zauber war zerstört, der Club wurde von einem Popanz
zur Zielscheibe des Spotts, die Aengstlichen und die Käuflichen
gingen massenhaft von der schwächeren zur stärkeren Seite über.
Umsonst versuchte die Opposition, die Streitigkeiten vom vorigen
Jahre wieder anzuregen. Der König hatte Melville wohlweislich
ermächtigt, den Artikelausschuß aufzugeben. Die Stände auf der
andren Seite bezeigten keine Lust, eine zweite Incapacitätsacte zu
erlassen, die Regierung wegen Eröffnung der Gerichtshöfe zu tadeln,
oder das Recht des Souverains, Richter zu ernennen, in Frage zu
stellen. Es wurde eine außerordentliche Steuer bewilligt, die nach
den Begriffen der englischen Finanzmänner zwar klein, nach den
Hülfsquellen Schottland's aber bedeutend war. Die bewilligte Summe war
hundertzweiundsechzigtausend Pfund Sterling, binnen vier Jahren zu
entrichten.[91]

Die Jakobiten, welche nun sahen, daß sie ohne Nutzen meineidig geworden
waren, schämten und ärgerten sich, während Montgomery, der sich und sie
getäuscht und der in seiner Wuth zwar nicht seine Talente und seinen
Redefluß, wohl aber alles Anstandsgefühl und alle Selbstbeherrschung
verloren hatte, wie ein Wasserträger schimpfte und von Sir Johann
Dalrymple mit gleicher Heftigkeit und mit mehr als gleicher Gewandtheit
ebenso behandelt wurde.[92]


[_Kirchliche Gesetzgebung._] Die wichtigsten Acte dieser Session waren
die, welche die kirchliche Verfassung Schottland's feststellten. Durch
die Rechtsforderung war erklärt worden, daß die Autorität der Bischöfe
eine unerträgliche Last sei, und Wilhelm hatte sich durch Annahme der
Krone verpflichtet, eine Institution, welche durch das nämliche
Instrument, von dem sein Recht auf die Krone abhing, verurtheilt wurde,
nicht aufrecht zu erhalten. Aber die Rechtsforderung hatte die Form des
Kirchenregiments nicht bestimmt, welche an die Stelle des Episkopats
treten sollte, und während der stürmischen Session im Sommer 1689 hatte
die Heftigkeit des Clubs alle Gesetzgebung unmöglich gemacht. Viele
Monate lang war daher Alles in Verwirrung gewesen. Eine Verfassung war
umgestürzt, aber keine andre dafür aufgerichtet worden. In dem
westlichen Niederlande waren die Pfarrgeistlichen so wirksam
gemißhandelt worden, daß kaum einer von ihnen auf seinem Posten
geblieben war. In Berwickshire, den drei Lothians und Stirlingshire
waren die meisten Curaten durch den Geheimen Rath ihres Amtes entsetzt
worden, weil sie dem Beschlusse der Convention, der allen
Pfarrgeistlichen bei Strafe der Absetzung vorschrieb, Wilhelm und Marien
zum Könige und zur Königin von Schottland zu proklamiren, nicht Folge
geleistet hatten. So wurde in einem großen Theile des Reichs kein
öffentlicher Gottesdienst gehalten, außer von presbyterianischen
Geistlichen, welche bald in Zelten predigten, bald ohne gesetzliche
Berechtigung von den Kirchen Besitz nahmen. Aber es gab auch große
Districte, besonders nördlich vom Tay, wo das Volk seinen so starken
Widerwillen gegen das Episkopat empfand, und viele Priester, die nicht
geneigt waren, ihre Häuser und ihre Gehalte um König Jakob's willen zu
verlieren. Hunderte von alten Curaten, die weder vom Pöbel gemißhandelt,
noch vom Staatsrathe abgesetzt worden waren, verrichteten daher noch
ihre geistlichen Functionen. Während dieser Uebergangsperiode stand es
jedem Geistlichen frei, den Gottesdienst zu leiten und die Sakramente
darzureichen wie es ihm beliebte. Es gab keine Aufsichtsbehörde, denn
die Legislatur hatte die Jurisdiction der Bischöfe aufgehoben, aber die
Jurisdiction der Synoden nicht eingeführt.[93]

Dieser Anarchie ein Ende zu machen, war eine der ersten Pflichten des
Parlaments. Melville hatte mit dem mächtigen Beistande Carstairs', trotz
der Gegenvorstellungen englischer Tories, die Ermächtigung erlangt, zu
denjenigen kirchlichen Einrichtungen, welche die schottische Nation
befriedigen würden, seine Zustimmung zu geben. Eines der ersten Gesetze,
das der Lord Commissar mit dem Scepter berührte, hob die Sacramentsacte
auf. Hierauf ertheilte er die königliche Genehmigung einem Gesetze,
welches anordnete, daß diejenigen presbyterianischen Geistlichen, die
zur Zeit des Covenants Gemeindepfarrer gewesen und nach der Restauration
abgesetzt worden waren, weil sie sich geweigert die bischöfliche
Autorität anzuerkennen, wieder eingesetzt werden sollten. Die Zahl
dieser Pastoren hatte sich ursprünglich auf dreihundertfunfzig belaufen,
aber nicht mehr als sechzig waren noch am Leben.[94]

Die Stände gingen nun zur Feststellung des nationalen Glaubens über.
Das von der Theologenversammlung zu Westminster entworfene
Glaubensbekenntniß, der große und kleine Katechismus und das Directory
wurden von jedem guten Protestanten als die Richtschnuren der Orthodoxie
betrachtet, und man hoffte, daß die Legislatur sie als solche anerkennen
werde.[95] Diese Hoffnung wurde jedoch theilweis getäuscht. Das
Glaubensbekenntniß wurde unter großer Theilnahmlosigkeit vom Anfang bis
zu Ende vorgelesen und unverändert angenommen. Als aber darauf
angetragen wurde, daß auch die Katechismen und das Directory in Betracht
gezogen werden sollten, äußerte sich der Unmuth der Versammlung durch
Murren. Denn die schottische Aristokratie fand nicht, wie das
schottische Volk, Gefallen an langen Sermonen. Das Parlament hatte schon
drei Stunden lang trockne Theologie angehört und hatte nicht Lust, noch
mehr über Erbsünde und Gnadenwahl zu hören. Der Herzog von Hamilton
sagte, die Stände hätten alles Wesentliche bereits gethan. Sie hätten
einer Zusammenstellung der großen Prinzipien des Christenthums ihre
Genehmigung ertheilt, und das Weitere könne füglich der Kirche
überlassen bleiben. Die ermüdete Majorität stimmte bereitwillig bei,
trotz des Murrens einiger eifriger presbyterianischer Geistlichen,
welche zugezogen worden waren, um die Debatte mit anzuhören, und die
sich zuweilen kaum enthalten konnten, an derselben Theil zu nehmen.[96]

Das denkwürdige Gesetz, welches die Kirchenverfassung Schottland's
feststellte, wurde vom Earl von Sutherland eingebracht. Durch dieses
Gesetz wurde das Synodalsystem wieder eingeführt und die Leitung der
kirchlichen Angelegenheiten den sechzig ausgestoßenen Geistlichen,
welche eben wieder eingesetzt worden waren, und denjenigen Geistlichen
oder Kirchenältesten übertragen, welche die Sechzig zur Theilnahme an
der Gewalt für geeignet erachten würden. Die Sechzig und die von ihnen
Ernannten waren ermächtigt, sämmtliche Kirchspiele des Landes zu
visitiren und alle Geistlichen zu entfernen, denen es an der Befähigung
für ihr Amt fehlte, deren sittliche Führung anstößig oder deren Glauben
unlauter war; diejenigen Pfarreien, welche während des Interregnums von
ihren Pastoren verlassen worden waren, oder richtiger gesagt diejenigen
Pfarreien, deren Pastoren der Pöbel durch Mißhandlungen vertrieben
hatte, wurden für erledigt erklärt.[97]

Gegen die Klausel, welche die Synodalverfassung wieder einführte, wurde
keine ernstliche Opposition erhoben. Aber drei Tage verstrichen mit
Discussionen über die Frage, ob der Souverain die Befugniß haben solle,
kirchliche Versammlungen einzuberufen und aufzulösen, und dieser Punkt
wurde schließlich in gefährlicher Ungewißheit gelassen. Einige andere
Klauseln wurden lange und heftig debattirt. Es ward gesagt, daß die den
Sechzig verliehene große Gewalt mit dem Grundprinzipe der Verfassung,
welche die Stände eben feststellen sollten, unvereinbar sei. Dieses
Prinzip bestehe darin, daß alle Presbyter einander gleich seien und daß
keine Klasse von Dienern der Religion über der der Presbyter stehen
solle. Was komme darauf an, ob die Sechzig Prälaten genannt würden oder
nicht, wenn sie Gottes Erbe mit mehr als prälatistischer Autorität
beherrschen dürften? Auf das Argument, daß das vorgeschlagene
Arrangement unter den ganz eigenthümlichen kirchlichen Verhältnissen das
zweckmäßigste sei, das getroffen werden könne, erwiederten die Gegner,
daß ein solches Raisonnement wohl dem Munde eines Erastianers anstehe,
daß aber alle orthodoxen Presbyterianer die Gleichheit der Geistlichen
als von Christus vorgeschrieben betrachteten und daß, wo Christus
gesprochen habe, es Christen nicht zieme zu erwägen was zweckmäßig
sei.[98]

Mit noch viel größerer Heftigkeit und viel triftigerem Grunde griff die
Minorität die Klausel an, welche das gesetzlose Treiben der Fanatiker
des Westens guthieß. Ein vom Pöbel vertriebener Curat, wurde gesagt,
könne doch gewiß auch der strengen Prüfung der sechzig Inquisitoren
überlassen werden. Fehle es ihm an der nöthigen Begabung oder
wissenschaftlichen Bildung, führe er einen lockeren Lebenswandel, oder
sei er heterodox in seinen Glaubensansichten, so würden diese strengen
Richter nicht verfehlen, ihn zu entlarven und abzusetzen. Sie würden
dann wahrscheinlich ein Kegelspiel, ein der englischen Liturgie
entlehntes Gebet oder eine Predigt, in welcher der leiseste Anflug von
Arminianismus zu entdecken sei, als einen genügenden Grund ansehen, um
seine Pfründe für erledigt zu erklären. Sei es, nachdem man ein Tribunal
errichtet, von dem er kaum die nackte Gerechtigkeit erwarten dürfe,
nicht monströs, ihn zu verurtheilen, ohne ihm nur zu gestatten, vor
diesem Tribunale zu erscheinen, ihn ohne Untersuchung, ja ohne alle
Anklage zu verurtheilen? Habe jemals so lange die Welt stehe, ein
ernster Senat einen Menschen bloß deshalb als einen Verbrecher
behandelt, weil er ausgeplündert, mit Steinen geworfen, hin und her
gestoßen, durch Schnee und Koth geschleift und mit dem Tode bedroht
worden sei, wenn er in das Haus zurückkehre, das sein gesetzlich
anerkanntes Eigenthum war? Der Herzog von Hamilton, der sich freute,
eine so gute Gelegenheit zu einem Angriff auf den neuen Lord Commissar
zu haben, sprach mit großer Heftigkeit gegen diese gehässige Klausel. Es
wird uns erzählt, daß Niemand versucht habe, ihm zu antworten, und
obgleich Diejenigen, die uns das sagen, eifrige Episkopalen waren, so
dürfen wir doch ihrer Aussage Glauben schenken, denn war es überhaupt
möglich etwas darauf zu erwiedern? Melville, auf dem die
Hauptverantwortlichkeit ruhte, saß während dieser ganzen stürmischen
Debatte stumm auf seinem Throne. Wahrscheinlich ließ er sich bei seinem
Verhalten durch Betrachtungen leiten, welche auszusprechen Klugheit und
Scham ihm verboten. Der Zustand der südwestlichen Grafschaften war von
der Art, daß es nicht möglich gewesen wäre, die vom Pöbel vertriebenen
Geistlichen wieder in den Besitz ihrer Wohnungen und Kirchen zu setzen,
ohne eine Militärmacht aufzubieten, ohne in jedes Pfarrhaus eine
Besatzung zu legen, ohne jede Kanzel mit einer Wache zu umgeben und ohne
einige wilde Fanatiker dem Generalprofoß zu überliefern, und es würde
keine leichte Aufgabe für die Regierung gewesen sein, zu gleicher Zeit
die Jakobiten des Hochlandes und die Covenanters des Niederlandes durch
Waffengewalt niederzuhalten. Die Majorität, welche aus Gründen, die sich
nicht wohl aussprechen ließen, ihren Entschluß gefaßt hatte, verlangte
ungeduldig nach der Fragstellung. »Keine Debatte mehr!« war der
allgemeine Ruf; »wir haben genug gehört! zur Abstimmung! zur
Abstimmung!« Die Frage wurde gestellt und lautete der schottischen Form
gemäß: »Wird der Artikel gebilligt oder nicht?« Hamilton bestand darauf,
daß die Frage so gestellt werde: »Wird die gewaltsame Vertreibung der
Geistlichen gebilligt oder nicht?« Nach langem Hin- und Herreden wurde
er überstimmt und die Klausel wurde angenommen. Nur funfzehn oder
sechzehn Mitglieder stimmten mit ihm. Unter oftmaligen zornigen
Unterbrechungen rief er laut und nachdrücklich, er bedaure es
schmerzlich, daß ein schottisches Parlament sich durch solche
Ungerechtigkeit entehren könne, und verließ dann mit mehreren seiner
Freunde das Haus. Man kann der Entrüstung, die er aussprach, unmöglich
seine Theilnahme versagen; allein man darf nicht vergessen, daß es in
der Natur der Ungerechtigkeit liegt, neue Ungerechtigkeit zu erzeugen.
Es giebt Unbilden, die fast unmöglich wieder gut zu machen sind ohne
neue Unbilden zu begehen, und eine solche Unbill war dem schottischen
Volke unter der vorigen Generation zugefügt worden. Weil das Parlament
der Restauration mit seinen Gesetzen der Ansicht der Nation übermüthig
Trotz geboten hatte, mußte sich das Parlament der Revolution vor dem
Pöbel erniedrigen.

Als Hamilton und seine Anhänger sich entfernt hatten, rief einer von den
Predigern, welche in den Saal eingelassen worden waren, den ihm zunächst
sitzenden Mitgliedern zu: »Pfui! Pfui! Verlieren Sie keine Zeit. Beeilen
Sie Sich und erledigen Sie Alles ehe er zurückkommt.« Dieser Rath wurde
befolgt. Vier oder fünf unerschütterliche Prälatisten blieben, um ein
letztes Votum gegen den Presbyterianismus abzugeben. Eben so blieben
vier oder fünf unerschütterliche Covenanters, um ihr Mißfallen an dem
was ihnen ein Vergleich zwischen dem Herrn und Baal dünkte, zu äußern.
Doch die Acte wurde mit einer erdrückenden Majorität angenommen.[99]

Zwei Ergänzungsacte folgten bald nach. Die eine derselben, welche jetzt
glücklicherweise wieder aufgehoben ist, verlangte von Jedem, der an
irgend einer Universität Schottland's ein Amt bekleidete, daß er das
Glaubensbekenntniß unterzeichne und seinen Beitritt zur neuen Form des
Kirchenregiments erkläre.[100] Die andre erledigte die wichtige und
delikate Frage des Patronats. Knox hatte im +First Book of Discipline+
behauptet, daß jede christliche Gemeinde das Recht habe, sich ihren
Pastor selbst zu wählen. Melville war im +Second Book of Discipline+
nicht ganz so weit gegangen, hatte aber erklärt, daß ein Pastor einer
Gemeinde wider ihren Willen gesetzlich nicht aufgedrungen werden könne.
Das Patronatsrecht war im Jahre 1649 durch ein Covenantsparlament
abgeschafft, und im Jahre 1661 durch ein royalistisches Parlament
wiederhergestellt worden. Es war nicht leicht zu entscheiden, was 1690
geschehen mußte. Es gab kaum eine andre Frage, welche Wilhelm so große
Sorge gemacht hätte. Er hatte in seinen geheimen Instructionen den Lord
Commissar ermächtigt in die Abschaffung des Patronats zu willigen, wenn
die Stände nicht anders zufrieden zu stellen wären. Aber diese
Ermächtigung wurde nur sehr ungern gegeben, und der König hoffte, daß
kein Gebrauch davon gemacht werden würde. »Es heißt,« sagte er, »den
Leuten ihr Eigenthum wegnehmen.« Es gelang Melville, einen Vergleich zu
Stande zu bringen. Das Patronat wurde abgeschafft; aber es wurde
decretirt, daß jeder Patron sechshundert schottische Mark, was ungefähr
so viel war als fünfunddreißig Pfund Sterling, als Entschädigung für
seine Rechte bekommen sollte. Die Summe sieht lächerlich klein aus. Wenn
man indessen den Charakter des Eigenthums und die Armuth des Landes in
Betracht zieht, so darf man zweifeln, ob ein Patron bei freiem Verkauf
viel mehr bekommen haben würde. Die größte Summe, welche ein Mitglied
vorzuschlagen wagte, war neunhundert Mark, etwas mehr als funfzig Pfund
Sterling. Das Recht, einen Geistlichen vorzuschlagen, wurde einem aus
den protestantischen Grundbesitzern und Kirchenältesten bestehenden
Gemeindeconcil verliehen. Die Gemeinde konnte gegen den in Vorschlag
Gebrachten Einwendungen erheben, und das Presbyterium hatte über die
Einwendungen zu entscheiden. Diese Anordnung gab dem Volke nicht einmal
ganz diejenige Macht, die ihm das +Second Book of Discipline+ zuerkannt
hatte. Aber das verhaßte Wort Patronat war beseitigt; man dachte
wahrscheinlich, daß die Aeltesten und Grundbesitzer selten auf der
Ernennung eines Mannes bestehen würden, gegen den die Majorität der
Gemeinde triftige Einwendungen erheben konnte, und in der That wurde, so
lange die Acte von 1690 in Kraft war, der Friede der Kirche nie durch
Streitigkeiten gestört, wie die, welche die Schismen von 1732, von 1756
und von 1843 hervorriefen.[101]


[_Auflösung der Coalition zwischen dem Club und den Jakobiten._]
Montgomery hatte Alles was in seiner Macht stand gethan, um die
Feststellung der kirchlichen Verfassung des Reichs durch die Stände zu
verhindern. Er hatte die eifrigen Covenanters angereizt, Forderungen zu
stellen, von denen er wußte, daß die Regierung sie nie bewilligen würde.
Er hatte gegen jeden Erastianismus, gegen jeden Vergleich protestirt.
Der holländische Presbyterianismus, sagte er, passe nicht für
Schottland; es müsse das System von 1649 wieder haben. Dieses System sei
dem Worte Gottes entlehnt; es sei der mächtigste Zügel, der jemals gegen
die Tyrannei schlechter Könige ersonnen worden, und es müsse, ohne etwas
hinzuzufügen noch hinwegzunehmen, wieder eingeführt werden. Seine
jakobitischen Verbündeten konnten ihr Mißfallen und ihren Verdruß, ihn
eine solche Sprache führen zu hören, nicht verbergen, und waren mit den
Erklärungen, die er ihnen privatim gab, keineswegs zufrieden. Während
sie sich über diesen Gegenstand mit ihm stritten, kam ein Bote mit
wichtigen Depeschen von Jakob und von Marien von Modena in Edinburg an.
Diese Depeschen waren in der zuversichtlichen Erwartung geschrieben, daß
die großen Versprechungen Montgomery's erfüllt werden und daß die
schottischen Stände unter seiner geschickten Leitung sich für den
rechtmäßigen Souverain gegen den Usurpator erklären würden. Jakob war
so dankbar für den unerwarteten Beistand seiner früheren Feinde, daß er
die Dienste seiner alten Freunde völlig vergaß und keine Rücksicht auf
ihre Gefühle nahm. Die drei Oberhäupter des Clubs waren, obgleich
Rebellen und Puritaner, seine Lieblinge geworden. Annandale sollte
Marquis, Gouverneur des edinburger Schlosses und Lord Obercommissar
werden; Montgomery sollte Earl von Ayr und Staatssekretär, Roß ebenfalls
Earl und Commandant der Garden werden. Ein characterloser Jurist, Namens
Jakob Stewart, der bei der Insurrection Argyle's stark betheiligt
gewesen war, der die Farbe gewechselt und das Dispensationsrecht
unterstützt, der hierauf zum zweiten Male die Farbe gewechselt und an
der Revolution Theil genommen, und der jetzt zum dritten Male die Farbe
gewechselt hatte und eine Restauration herbeizuführen strebte, sollte
Lord Advokat werden. Der Geheime Rath, der Court of Session und die
Armee sollten mit Whigs gefüllt werden. Ein Fünferrath wurde ernannt,
dem alle loyalen Unterthanen zu gehorchen hatten, und in diesem Rathe
bildeten Annandale, Roß und Montgomery die Majorität. Marie von Modena
benachrichtigte Montgomery, daß ihm fünftausend Pfund Sterling
angewiesen worden seien und daß weitere fünftausend Pfund bald
nachfolgen würden. Es war unmöglich, daß Balcarras und Diejenigen,
welche mit ihm agirt hatten, die ihnen zu Theil werdende Behandlung
nicht schmerzlich hätten empfinden sollen. Ihre Namen waren gar nicht
erwähnt; Alles was sie gethan und gelitten hatten, schien aus der
Erinnerung ihres Gebieters verwischt zu sein. Er hatte ihnen jetzt
geradezu gesagt, daß, wenn es ihnen mit Gefahr ihres Grundeigenthums und
ihres Lebens gelänge ihn wieder einzusetzen, Alles was er zu geben
hatte, Denen gegeben werden würde, die ihn abgesetzt hatten. Als sie
seine Briefe lasen, wußten sie überdies, was er, als die Briefe
geschrieben wurden, nicht wußte, daß er durch die zuversichtlichen
Prahlereien und Versprechungen der abtrünnigen Whigs dupirt worden war.
Er glaubte, der Club sei in Edinburg allmächtig, und in Wirklichkeit war
derselbe ein Gegenstand der Verachtung geworden. Die toryistischen
Jakobiten fanden leicht Vorwände, um den presbyterianischen Jakobiten,
denen der verbannte König seine Autorität delegirt hatte, den Gehorsam
zu verweigern. Sie beschwerten sich, daß Montgomery ihnen nicht alle
Depeschen gezeigt habe, die er erhalten, und äußerten den Verdacht, daß
er sich an den Siegeln vergriffen habe. Er rief Gott den Allmächtigen
zum Zeugen an, daß dieser Verdacht ungegründet sei, aber Eide wurden von
Männern, welche eben einem Könige Treue geschworen hatten, gegen den sie
conspirirten, ganz natürlich als ungenügende Bürgschaften betrachtet. Es
gab auf beiden Seiten heftige Ausbrüche der Leidenschaft; die Coalition
wurde aufgelöst, die Papiere ins Feuer geworfen, und binnen wenigen
Tagen wurden die schändlichen Triumvirn, welche in dem kurzen Zeitraum
von einem Jahre heftige Wilhelmiten und heftige Jakobiten gewesen waren,
abermals Wilhelmiten und versuchten durch gegenseitige Anschuldigungen
die Gunst der Regierung zu erlangen.[102]


[_Die Häupter des Clubs verrathen einander._] Roß war der Erste, der zum
Angeber wurde. Nach der Manier der Schule, in der er erzogen war, beging
er diese Nichtswürdigkeit mit allen Formen der Heiligkeit. Er gab vor,
sich in großer Seelenangst zu befinden, schickte nach einem berühmten
presbyterianischen Geistlichen, Namens Dunlop, und jammerte kläglich:
»Es liegt eine Last auf meinem Gewissen, ich weiß ein Geheimniß, das ich
enthüllen sollte, aber ich kann es nicht über mich gewinnen.« Dunlop
betete lange und inbrünstig. Roß schluchzte und weinte, bis endlich der
Himmel durch das heftige Flehen erstürmt worden zu sein schien. Die
Wahrheit kam heraus, und mit ihr viele Lügen. Der Geistliche und der
Bußfertige vereinigten dann ihre Dankgebete. Dunlop eilte mit der
Nachricht zu Melville, Roß begab sich nach England, um sich mit dem Hofe
auszusöhnen, und er kam wohlbehalten am Orte seiner Bestimmung an,
obgleich einige seiner Complicen, die von seinem reumüthigen
Geständnisse gehört hatten, aber wenig davon erbaut worden waren,
Anschläge geschmiedet hatten, ihm unterwegs die Gurgel abzuschneiden. In
London betheuerte er bei seiner Ehre und auf sein Wort als Gentleman,
daß er wider seinen Willen in das Complot gezogen worden sei, daß er
dasselbe stets verabscheut habe und daß Montgomery und Ferguson die
wirklichen Schuldigen seien.[103]

Inzwischen pries Dunlop überall wohin er kam, die göttliche Güte, die
durch ein so bescheidenes Werkzeug wie er eine vornehme Person auf den
rechten Weg zurückgeführt habe. Kaum hörte Montgomery von diesem
wundervollen Gnadenwerke, so begann auch er Reue zu empfinden. Er ging
zu Melville, legte demselben ein mit dem Roß'schen nicht ganz
übereinstimmendes Geständniß ab und erhielt einen Paß nach England.
Wilhelm war damals in Irland und Marie regierte anstatt seiner. Ihr warf
sich Montgomery zu Füßen. Er versuchte ihr Mitleid rege zu machen, indem
er von seinem zerrütteten Vermögen sprach, und sich bei ihr
einzuschmeicheln, indem er ihr liebreiches, huldvolles Wesen pries. Er
bezeichnete ihr die Namen seiner Mitverschwornen und gelobte sein ganzes
Leben ihrem Dienste zu weihen, wenn sie ihm eine Anstellung verschaffte,
die ihm eine anständige Existenz sicherte. Sie wurde so gerührt durch
seine Bitten und Schmeicheleien, daß sie ihn der Nachsicht ihres Gemahls
empfahl; Wilhelm aber konnte das gerechte Mißtrauen und den Abscheu,
womit er Montgomery betrachtete, nicht überwinden.[104]

Bevor der Verräther bei der Königin vorgelassen wurde, hatte er die
Zusage erlangt, unbehindert wieder abreisen zu dürfen. Diese Zusage
wurde gehalten. Er hielt sich noch mehrere Monate in London verborgen
und es gelang ihm in Unterhandlung mit der Regierung zu treten. Er erbot
sich unter der Bedingung, daß er eine gute Stelle bekäme, als Zeuge
gegen seine Mitschuldigen aufzutreten. Wilhelm aber wollte nichts weiter
als Begnadigung gewähren, und so wurden die Unterhandlungen endlich
abgebrochen. Montgomery ging auf einige Zeit nach Frankreich, kehrte
aber bald wieder nach London zurück und brachte den freudenleeren Rest
seines Lebens damit hin, daß er Complote schmiedete, die nicht zur
Ausführung kamen, und Libelle schrieb, die sich durch einen eleganten
und kräftigen Styl von den meisten Erzeugnissen der jakobitischen
Presse vortheilhaft unterscheiden.[105]

Als Annandale erfuhr, daß seine beiden Complicen zu Angebern geworden
waren, zog er sich nach Bath zurück und gab vor, die dortige Kur zu
brauchen. Von da wurde er durch einen Verhaftsbefehl bald nach London
gebracht. Er gestand ein, daß er sich zum Hochverrath habe verleiten
lassen, erklärte aber, daß er zu den Plänen Anderer nur Amen gesagt habe
und daß seine fast kindliche Einfalt von Montgomery, diesem
schändlichsten, falschesten und unruhigsten Menschen, den es gebe,
benutzt worden sei. Der edle Büßer versuchte sodann seine eigne Schuld
durch Anklagen anderer Leute, Engländer und Schotten, Whigs und Tories,
Schuldiger und Unschuldiger, zu sühnen. Einige klagte er auf eignes
Wissen hin, Andere nach bloßem Hörensagen an. Unter Denen, die er auf
eignes Wissen hin anklagte, befand sich Neville Payne, der, wie es
scheint, weder von Roß, noch von Montgomery erwähnt worden war.[106]

Der durch Boten und Verhaftsbefehle verfolgte Payne war so übel
berathen, daß er nach Schottland flüchtete. Wäre er in England
geblieben, so würde ihm nichts geschehen sein, denn obwohl die
moralischen Beweise seiner Schuld vollkommen waren, lag doch kein
legaler Beweis gegen ihn vor, der eine Jury hätte überzeugen können, daß
er Hochverrath begangen; er konnte der Folter nicht unterworfen werden,
um ihn zur Selbstanklage zu zwingen, und eben so wenig durfte er lange
in Haft gehalten werden, ohne daß man ihn vor Gericht stellte. Von dem
Augenblicke an aber, wo er die Grenze überschritt, befand er sich in der
Gewalt der Regierung, deren Todfeind er war. Die Rechtsforderung hatte
in Fällen wie der seinige die Folter als ein statthaftes Mittel,
Aufschluß zu erlangen, anerkannt, und keine Habeascorpusacte schützte
ihn vor einer langen Detention. Der Unglückliche wurde festgenommen,
nach Edinburg gebracht und vor den Geheimen Rath gestellt. Man war
allgemein der Ansicht, daß er ein Schurke und Feigling sei und daß der
bloße Anblick der spanischen Stiefeln und Daumenschrauben ihm alle die
strafwürdigen Geheimnisse entlocken werde, die man ihm anvertraut hatte.
Aber Payne besaß viel mehr Muth als die hochgebornen Verschwörer, mit
denen er zu seinem Unglück in Verbindung gestanden hatte. Zweimal wurde
er den fürchterlichsten Martern unterworfen, aber nicht ein Wort, durch
das er sich selbst oder irgend jemand Andren angeklagt hätte, konnte ihm
entrissen werden. Einige Räthe verließen schaudernd den Sitzungssaal.
Aber der fromme Crawford präsidirte. Er ließ sich, wo ein Amalekiter im
Spiele war, von der Schwäche des Mitleids nicht leicht übermannen, und
zwang den Folterknecht, einen Keil nach dem andren zwischen die Knie des
Gefangenen einzutreiben, bis der Schmerz so groß war, als der
menschliche Körper ihn ertragen kann, ohne die Lebensfähigkeit zu
verlieren. Payne wurde dann in das edinburger Schloß gebracht, wo er
lange blieb, gänzlich vergessen von Denen, um derentwillen er, wie er in
rührenden Worten beklagte, mehr als die Qual des Todes erduldet hatte.
Doch keine Undankbarkeit vermochte die Gluth seiner fanatischen Treue zu
dämpfen und noch Jahre lang entwarf er in seinem Kerker Insurrections-
und Invasionspläne.[107]


[_Allgemeine Ergebung in die neue Kirchenverfassung._] Vor Payne's
Verhaftung waren die Stände nach einer der bedeutungsvollsten Sessionen,
welche Schottland je gesehen, vertagt worden. Die Nation fügte sich
allgemein in die neue kirchliche Verfassung. Die Indifferenten, welche
in jeder Gesellschaft einen beträchtlichen Theil bilden, freuten sich,
daß die Anarchie vorüber war, und bequemten sich der presbyterianischen
Kirche an, wie sie sich der bischöflichen Kirche anbequemt hatten. Die
gemäßigten Presbyterianer waren mit der getroffenen Einrichtung im
Ganzen zufrieden, und auch die meisten strengen Presbyterianer gewannen
es über sich, sie unter Protest als eine starke Abschlagszahlung auf die
ihnen zukommende Schuld anzunehmen. Sie vermißten zwar was sie als die
vollkommene Schönheit und Symmetrie der Kirche ansahen, welche vierzig
Jahre früher der Stolz Schottland's gewesen war. Obgleich aber der
zweite Tempel dem ersten nicht gleichkam, konnte sich das erwählte Volk
nicht des Gedankens freuen, daß es nach einer langen Gefangenschaft in
Babylon das Haus Gottes, wenn auch unvollkommen, auf den alten
Grundmauern wieder erbauen durfte; auch konnte es ihm nicht schlecht
anstehen, für den latitudinarischen Wilhelm eine dankbare Zuneigung zu
fühlen, wie die zurückgeführten Juden sie für den heidnischen Cyrus
gefühlt hatten.


[_Klagen der Episkopalen._] Zwei Parteien jedoch betrachteten die
Ordnung von 1690 mit unversöhnlichem Abscheu. Solcher Schotten, welche
aus Ueberzeugung und mit Begeisterung Episkopalen waren, gab es nur
wenige, aber es befanden sich darunter einige Personen, die wenn auch
vielleicht nicht in natürlicher Begabung, so doch in Gelehrsamkeit,
Geschmack und Schreibfertigkeit den Theologen der jetzt zur Herrschaft
gelangten Secte überlegen waren. Es würde für die abgesetzten Curaten
und Professoren nicht rathsam gewesen sein, ihrem Zorne in ihrem eignen
Lande Luft zu machen. Aber die englische Presse stand ihnen offen und
sie waren des Beifalls eines großen Theils des englischen Volkes gewiß.
Mehrere Jahre hindurch peinigten sie ihre Feinde und unterhielten das
Publikum durch eine Reihe geistreicher und kecker Flugschriften. In
einigen dieser Schriften sind die Drangsale, welche die gemißhandelten
Priester der westlichen Grafschaften erduldet hatten, mit einer
Eindringlichkeit geschildert, die unwiderstehlich Mitleid und Unwillen
erregt. In anderen ist die Grausamkeit, mit der die Covenanters unter
den Regierungen der beiden letzten Könige des Hauses Stuart behandelt
worden waren, durch alle erdenklichen Kunstgriffe der Sophistik
gemildert. Viel wird darin über das schlechte Latein einiger
presbyterianischer Professoren gewitzelt, die auf Lehrstühlen saßen,
welche vor kurzem große Gelehrte innegehabt hatten. Auch wurde viel über
die unwissende Geringschätzung gesprochen, welche die siegreichen
Barbaren gegen die Wissenschaft und Literatur an den Tag legten. Sie
wurden beschuldigt, daß sie über die modernen Systeme der
Naturwissenschaft als verwerflicher Ketzereien das Anathema
aussprächen, daß sie die Mathematik als ein seelenverderbendes Studium
verdammten und selbst von dem Studium der Sprachen abriethen, in denen
die heiligen Bücher geschrieben seien. Gelehrsamkeit, wurde gesagt,
werde in Schottland bald nicht mehr zu finden sein; die Universitäten
siechten unter ihren neuen Leitern dahin und müßten bald zu Grunde
gehen. Die Buchhändler seien schon halb ruinirt, sie kämen zu der
Einsicht, daß der ganze Ertrag ihres Geschäfts die Ladenmiethe nicht
mehr decken werde, und schickten sich an, in ein Land auszuwandern, wo
die Wissenschaften von Denen, welche dazu berufen seien, das Volk zu
belehren, in Ehren gehalten würden. Unter den Dienern der Religion gebe
es keinen Bücherkäufer mehr. Der bischöfliche Geistliche sei froh, wenn
er für ein Stück Brot den Ueberrest seiner Bibliothek verkaufen könne,
der von den Pöbelhaufen der letzten Weihnachtszeit nicht zerrissen oder
verbrannt worden sei, und die ganze Bibliothek eines presbyterianischen
Geistlichen bestehe aus einer Erklärung der Apokalypse und aus einem
Kommentar zum Hohen Liede.[108] Die Kanzelberedtsamkeit der siegreichen
Partei war ein unerschöpflicher Stoff zu Spötteleien. Ein kleines
Büchlein betitelt: +The Scotch Presbyterian Eloquence Displayed+, machte
im Süden, bei den Hochkirchlichen sowohl wie bei den Spöttern ungeheures
Aufsehen und ist noch jetzt nicht ganz vergessen. Es war in der That ein
Buch, das ganz für den Lesetisch eines Squire paßte, dessen Religion
darin bestand, daß er extemporirte Gebete und näselndes Psalmensingen
haßte. An einem regnerischen Tage, wenn es unmöglich war, zu jagen oder
zu schießen, würden weder Karten- noch Bretspiel in den Pausen zwischen
der Flasche und der Pastete eine so angenehme Unterhaltung gewährt
haben. Man findet vielleicht nirgends eine so reichhaltige Sammlung
lächerlicher Citate und Anekdoten auf einem so kleinen Raume
zusammengedrängt. Einige ernste Männer jedoch, die der calvinistischen
Lehre und Kirchenzucht nicht hold waren, schüttelten den Kopf über
dieses sprudelnde Witzbuch und äußerten sich dahin, daß der Verfasser,
indem er die absurde Rhetorik, durch welche niedrigdenkende und
unwissende Menschen dunkle theologische Fragen zu erörtern und
religiöses Gefühl bei der Menge zu wecken versuchten, dem Spotte
preisgab, zuweilen die den heiligen Dingen gebührende Ehrerbietung aus
den Augen gesetzt habe. Der Eindruck, den solche Schriften auf die
öffentliche Meinung in England machten, ließ sich nicht vollkommen
würdigen, so lange England und Schottland unabhängig von einander waren,
zeigte sich aber sehr bald nach der Vereinigung der beiden Königreiche
in einer Weise, die zu beklagen wir noch jetzt Ursache haben und auch
wahrscheinlich unsere Nachkommen noch lange Ursache haben werden.


[_Die presbyterianischen Eidverweigerer._] Die extremen Presbyterianer
waren eben so mißvergnügt wie die extremen Prälatisten und eben so wenig
wie die extremen Prälatisten geneigt, Wilhelm und Marien den
Huldigungseid zu leisten. Und in der That, obgleich der jakobitische
Eidverweigerer und der cameronische Eidverweigerer ganz
entgegengesetzter Ansichten waren, obgleich sie einander mit tödtlicher
Aversion betrachteten, obgleich keiner von Beiden Bedenken getragen
haben würde, den Andren zu verfolgen, hatten sie doch viel mit einander
gemein. Sie waren vielleicht die beiden auffallendsten Beispiele von
verkehrter Absurdität, welche die Welt aufzuweisen hatte. Jeder von
ihnen betrachtete seine Lieblingsform der Kirchenverfassung nicht als
ein Mittel sondern als einen Zweck, als das einzig Nothwendige, als die
Quintessenz der christlichen Religion. Jeder von ihnen glaubte
kindischerweise, in seiner Bibel eine Theorie der Civilregierung
gefunden zu haben, und Keiner von Beiden erschrak vor den furchtbaren
Consequenzen, zu denen seine Theorie führte. Auf alle Einwendungen
hatten Beide nur die eine Antwort: So spricht der Herr. Beide stimmten
in der prahlerischen Behauptung überein, daß die Argumente, welche
atheistischen Politikern unwiderlegbar schienen, dem Heiligen keine
Schwierigkeit darboten. Es möge vollkommen wahr sein, daß er durch
Milderung der Strenge seiner Grundsätze sein Vaterland vor Knechtschaft,
Anarchie und allgemeinem Ruin retten könne, aber es sei nicht sein
Lebenszweck, sein Vaterland zu retten, sondern seine Seele. Er gehorche
den Geboten Gottes und stelle das Weitere Gott anheim. Die eine der
beiden fanatischen Secten war der Meinung, die Nation sei bis ans Ende
aller Zeiten verpflichtet, dem Erben der Stuarts zu gehorchen; die andre
glaubte, die Nation sei bis ans Ende aller Zeiten durch den feierlichen
Bund und Covenant gebunden, und in Folge dessen betrachteten Beide die
neuen Souveraine als Usurpatoren.

Von den presbyterianischen Eidverweigerern hat man außerhalb
Schottland's kaum etwas gehört, und vielleicht ist es jetzt selbst
in Schottland nicht allgemein bekannt, wie lange sie noch eine
abgesonderte Klasse bildeten. Sie meinten ihr Vaterland stehe in einem
Vorvertrag mit dem Allerhöchsten und könne niemals, so lange die Welt
existire, eine mit diesem Vorvertrage unvereinbare Verpflichtung
eingehen. Ein Erastianer, ein Latitudinarier, ein Mann, der das Brot
und den Wein knieend aus den Händen von Bischöfen empfange und der es
sich, wenn auch ungern, gefallen ließ, in der Kirche Chorsänger in
weißen Gewändern singen zu hören, könne nicht König eines unter dem
Covenant stehenden Reiches sein. Wilhelm habe überdies alles Anrecht
auf die Krone dadurch verloren, daß er die Sünde begangen, wegen der
in alter Zeit eine auf widernatürliche Weise auf den Thron erhobene
Dynastie auf widernatürliche Weise entthront worden sei. Er habe
seinen Schwiegervater, diesen Götzendiener, diesen Mörder, diesen Mann
Belial's, der vor den Augen des Herrn hätte in Stücken zerhackt werden
sollen, wie Agag, geflissentlich entkommen lassen. Wilhelm's Verbrechen
sei sogar noch schlimmer als das des Königs Saul. Saul habe nur einen
Amalekiter verschont und habe die übrigen alle erschlagen. Welchen
Amalekiter habe Wilhelm erschlagen? Die reine Kirche sei achtundzwanzig
Jahre der Verfolgung preisgegeben gewesen, ihre Kinder seien ins
Gefängniß geworfen, transportirt, gebrandmarkt, erschossen, gehängt,
ersäuft, gefoltert worden. Und doch habe Der, der sich ihren Befreier
nenne, ihr nicht gestattet, sich an ihren Feinden zu rächen.[109]
Der blutdürstige Claverhouse sei in St. James freundlich aufgenommen
worden. Der blutige Mackenzie habe bei den Uebelgesinnten in Oxford
eine sichere und glänzende Freistätte gefunden. Der jüngere Dalrymple,
der die Heiligen angeklagt, und der ältere Dalrymple, der über die
Heiligen zu Gericht gesessen, seien groß und mächtig. Sorglose Gallios
sagten, man habe nur die Wahl zwischen Wilhelm und Jakob und es sei
weise, von zwei Uebeln das kleinere zu wählen. Dies sei allerdings die
Weisheit dieser Welt. Aber die Weisheit, die von Oben komme, lehre
uns, daß wir von zwei Dingen, welche beide in den Augen Gottes Uebel
seien, gar keines wählen sollten. Sobald Jakob wieder eingesetzt werde,
sei es Pflicht, ihn nicht anzuerkennen und sich ihm zu widersetzen.
Gegenwärtig sei es Pflicht, seinen Schwiegersohn nicht anzuerkennen
und sich ihm zu widersetzen. Es dürfe nichts gesagt und nichts gethan
werden, was als eine Anerkennung der Autorität des Mannes aus Holland
ausgelegt werden könne. Die Gottesfürchtigen dürften ihm keine
Abgaben bezahlen, dürften unter ihm kein Amt bekleiden, dürften keine
Besoldungen von ihm annehmen, dürften keine Dokumente unterzeichnen,
in denen er König genannt werde. Anna folgte Wilhelm auf dem Throne
und Anna wurde von Denen, die sich den Ueberrest der wahren Kirche
nannten, als die vermeintliche Königin, als das schlechte Weib, als
die Jesabel bezeichnet. Georg I. folgte Anna auf dem Throne, und Georg
I. war der angebliche König, das deutsche Thier.[110] Georg II. folgte
Georg I. auf dem Throne, und Georg II. war ebenfalls ein angeblicher
König und wurde beschuldigt, die Ruchlosigkeit seiner ruchlosen
Vorgänger noch übertroffen zu haben, indem er ein dem göttlichen
Gesetze, welches befiehlt, daß keine Hexe am Leben gelassen werden
dürfe, Hohn sprechendes Gesetz genehmigt habe.[111] Georg III. folgte
Georg II. auf dem Throne, und noch immer fuhren diese Leute fort, mit
unverminderter Beharrlichkeit, wenn auch in weniger heftiger Sprache
als früher, einem nicht unter dem Covenant stehenden Souverain jede
Anerkennung zu verweigern.[112] Noch im Jahre 1806 erklärten sie es
öffentlich für eine Sünde, die Regierung eines solchen Königs durch
Entrichtung der Abgaben, durch Annahme von Accislicenzen, durch
Anschluß an die Freiwilligen oder durch Arbeiten bei öffentlichen
Werken anzuerkennen.[113] Die Zahl dieser Zeloten verminderte sich
immer mehr, bis sie endlich so dünn über Schottland verstreut waren,
daß sie nirgends mehr zahlreich genug waren, um ihr eignes Bethaus
haben zu können, weshalb man sie Nichthörer nannte. Sie versammelten
sich jedoch noch zu Andachtsübungen in Privathäusern und betrachteten
sich fortwährend als das auserwählte Geschlecht, als die königliche
Priesterschaft, als die heilige Nation, als das besondere Volk, das
inmitten der allgemeinen Entartung allein den Glauben an ein besseres
Zeitalter beibehalten hatte. Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich,
daß dieser Aberglaube, der unvernünftigste und ungeselligste, zu
welchem das protestantische Christenthum je durch menschliche
Vorurtheile und Leidenschaften verfälscht worden, in einigen obscuren
Pächterwohnungen noch immer fortbesteht.


[_Wilhelm unzufrieden mit den kirchlichen Einrichtungen in Schottland._]
Der König war mit der Art und Weise, wie die kirchliche Verfassung
Schottland's geordnet worden, nur theilweis zufrieden. Er meinte die
Episkopalen seien hart behandelt worden, und fürchtete sie könnten noch
härter behandelt werden, wenn das neue System erst vollständig
organisirt sei. Er hatte dringend gewünscht, daß die Acte, welche die
presbyterianische Kirche als Staatsreligion einführte, von einer andren
Acte begleitet sei, welche Nichtmitgliedern dieser Kirche gestattete,
ihre religiösen Versammlungen ungehindert zu halten, und er hatte
Melville speciell beauftragt, dafür zu sorgen.[114] Einige populäre
Prediger aber haranguirten in Edinburg so heftig gegen die
Gewissensfreiheit, die sie das Mysterium der Unbilligkeit nannten, daß
Melville den Instructionen seines Gebieters nicht nachzukommen wagte.
Der Entwurf einer Toleranzacte wurde dem Parlamente durch ein
Privatmitglied vorgelegt, aber kalt aufgenommen und fallen
gelassen.[115]


[_Zusammentritt der Generalversammlung der schottischen Kirche._]
Wilhelm war jedoch fest entschlossen es nicht zuzugeben, daß die
herrschende Religionspartei ihre Verfolgungsgelüste befriedigte und er
nahm sehr bald Gelegenheit, diesen seinen Entschluß kund zu thun. Die
erste Generalversammlung der neueingeführten Landeskirche fand bald nach
seiner Zurückkunft aus Irland statt. Es war nothwendig, daß er einen
Commissar ernannte und ein Handschreiben erließ. Einige eifrige
Presbyterianer hofften, daß Crawford dieser Commissar werden würde, und
die edinburger Geistlichen veröffentlichten eine Schrift, in der sie
sehr verständlich andeuteten, daß dies ihr Wunsch sei. Wilhelm wählte
jedoch Lord Carmichael, einen Edelmann, der sich durch Einsicht,
Humanität und Mäßigung auszeichnete.[116] Das königliche Schreiben an
die Versammlung war höchst verständigen Inhalts und in sehr
eindringlicher Sprache abgefaßt. »Wir hoffen,« schrieb der König, »Ihr
Benehmen wird von der Art sein, daß wir keine Ursache haben zu bereuen
was wir gethan. Wir konnten nie der Meinung sein, daß Gewaltthätigkeit
der Ausbreitung wahrer Religiosität förderlich sei; auch haben wir nicht
die Absicht, unsre Autorität jemals zum Werkzeuge der zügellosen
Leidenschaften irgend einer Partei werden zu lassen. Mäßigung ist es was
die Religion vorschreibt, was die Nebenkirchen von Ihnen erwarten und
was wir Ihnen anempfehlen.« Die Sechzig und ihre Genossen würden
wahrscheinlich gern in einer Sprache geantwortet haben, ähnlich
derjenigen, welche, wie einige von ihnen sich noch recht wohl erinnern
konnten, der Klerus gegen Karl II. während seines Aufenthalts in
Schottland geführt hatte. Aber sie hatten eben erst erfahren, daß man in
England entschieden für die gemißhandelten Curaten eingenommen sei und
daß es unter solchen Umständen von einer Körperschaft, welche die
presbyterianische Kirche repräsentirte, Wahnsinn gewesen sein würde,
sich mit dem Könige zu verfeinden.[117] Die Versammlung gab daher eine
dankende und ehrerbietige Antwort auf das königliche Schreiben und
versicherte Sr. Majestät, daß sie zu viel von Unterdrückung gelitten
hätten, um jemals Unterdrücker werden zu können.[118]


[_Lage der Dinge auf dem Continent._] Unterdessen bezogen die Truppen
auf dem ganzen Kontinent ihre Winterquartiere. Der Feldzug war überall
unentschieden geblieben. Der Sieg, den Luxemburg bei Fleurus erfochten,
hatte keinen erheblichen Eindruck gemacht. Am Oberrheine hatten große
Armeen einander Monate lang gegenüber gestanden, ohne einen Schlag zu
thun. In Catalonien waren einige kleine Festungen genommen worden. Im
Osten Europa's waren auf einigen Punkten die Türken, auf anderen die
Christen siegreich gewesen, und das Ende des Kampfes schien ferner zu
sein als je. Die Coalition hatte im Laufe des Jahres ein werthvolles
Mitglied verloren, und ein andres gewonnen. Der Herzog von Lothringen,
der geschickteste Feldherr in kaiserlichen Diensten, war nicht
mehr. Er war gestorben, wie er gelebt hatte: als ein umherirrender
Verbannter, und hatte seinen Kindern nichts als seinen Namen und seine
Rechte hinterlassen. Man pflegte zu sagen, die Coalition hätte eher
dreißigtausend Soldaten entbehren können als einen solchen General.
Doch die verbündeten Hofe hatten kaum Trauer um ihn angelegt, als
sie durch die Nachricht getröstet wurden, daß ein andrer Prinz, an
Macht ihm überlegen und weder an Feldherrntalent noch an Muth ihm
nachstehend, dem Bunde gegen Frankreich beigetreten sei.


[_Der Herzog von Savoyen schließt sich der Coalition an._] Dies war
Victor Amadeus Herzog von Savoyen. Er war noch jung, aber schon wohl
erfahren in den Künsten, in denen sich die Staatsmänner Italiens seit
dem 13. Jahrhunderte stets ausgezeichnet hatten, den Künsten, durch
welche Castruccio Castracani und Franz Sforza zu Macht und Ansehen
gelangten und welche Macchiavel in ein System brachte. Kein Souverain im
modernen Europa hat mit einem so kleinen Ländchen während eines so
langen Zeitraums einen so großen Einfluß ausgeübt. Mit einem Anschein
von Freudigkeit, aber mit geheimem Widerwillen und Groll hatte er sich
eine Weile dem französischen Einflusse gefügt. Als der Krieg ausbrach,
erklärte er sich für neutral, knüpfte aber in der Stille Unterhandlungen
mit dem Hause Oesterreich an. Wahrscheinlich würde er sich noch lange
verstellt haben, bis sich ihm eine Gelegenheit dargeboten hatte, einen
unerwarteten Schlag zu führen, wären seine schlauen Pläne nicht durch
Ludwig's Entschiedenheit und Energie vereitelt worden. Ein französisches
Armeecorps unter den Befehlen Catinat's, eines Offiziers von großem
Talent und Muth, rückte in Piemont ein. Der Herzog erfuhr, daß sein
Verhalten Verdacht erweckt habe, den er nur durch Zulassung fremder
Besatzungen in Turin und Vercelli beseitigen könne. Er überzeugte sich,
daß er entweder der Sklave oder der offene Feind seines mächtigen und
herrschsüchtigen Nachbars sein mußte. Seine Wahl war bald getroffen, und
es begann ein Krieg, der sieben Jahre lang einige der besten Generäle
und besten Truppen Ludwig's beschäftigte. Ein außerordentlicher
Gesandter Savoyen's begab sich nach dem Haag, ging von da nach London,
überreichte im Bankethause seine Accreditive und hielt an Wilhelm eine
Anrede, welche sofort in mehrere Sprachen übersetzt und in allen Theilen
Europa's gelesen wurde. Der Redner wünschte dem Könige Glück zu dem
Gelingen des großen Unternehmens, welches England seine frühere Stellung
unter den Nationen wiederverschafft und Europa aus seinen Ketten befreit
habe. »Daß mein Gebieter,« sagte er, »es endlich wagen darf, Gesinnungen
auszusprechen, die er seit langer Zeit in den Tiefen seines Herzens
verbarg, ist ein Theil der Schuld, die er Eurer Majestät abzutragen
hat. Sie haben ihm, nach so vielen Jahren der Knechtschaft, mit der
Hoffnung auf Freiheit beseelt.«[119]

Es war beschlossen worden, daß im Laufe des herannahenden Winters ein
Congreß sämmtlicher Frankreich feindlich gesinnten Mächte im Haag
gehalten werden sollte. Wilhelm konnte es kaum erwarten, sich dahin zu
begeben. Aber er mußte zuvor eine Parlamentssession halten. Anfang
October versammelten sich die beiden Häuser wieder in Westminster. Die
Mitglieder waren durchgehends in guter Stimmung gekommen. Diejenigen
Tories welche überhaupt zu gewinnen waren, waren durch die
Begnadigungsacte und durch den großen Antheil, den sie von den
Gunstbezeigungen der Krone erhalten hatten, gewonnen worden. Diejenigen
Whigs, welche überhaupt für Lehren empfänglich waren, hatten aus der
Lection, welche Wilhelm ihnen gegeben, viel gelernt, und erwarteten
nicht mehr, daß er vom Range eines Königs zu dem eines Parteiführers
herabsteigen werde. Whigs wie Tories waren mit wenigen Ausnahmen durch
die Aussicht auf eine französische Invasion beunruhigt und durch die
Nachricht von dem Siege am Boyne erfreut worden. Der Souverain, der für
ihre Nation und ihre Religion sein Blut vergossen hatte, stand in diesem
Augenblicke in der öffentlichen Achtung höher als zu irgend einer Zeit
seit seiner Thronbesteigung. Seine Thronrede erzwang sich den lauten
Beifall der Lords und der Gemeinen.[120] Beide Häuser votirten dem
Könige für seine Thaten in Irland und der Königin für die Umsicht, mit
der sie während seiner Abwesenheit England regiert hatte, ihren
Dank.[121] So begann eine Session, die sich unter den Sessionen dieser
Regierung durch Eintracht und Ruhe auszeichnete. Es ist kein Bericht
über die Debatten auf uns gekommen, man müßte denn ein längst
vergessenes Libell, in welchem einige von den am ersten Tage gehaltenen
Reden in Knittelversen persiflirt werden, einen Bericht nennen.[122]


[_Steuerbewilligungen._] Die Gemeinen scheinen ihre Zeit hauptsächlich
mit der Erörterung von Fragen hingebracht zu haben, welche aus den
Wahlen des vergangenen Frühjahrs erwuchsen. Die zur Bestreitung der
Kriegskosten nöthigen Gelder wurden, obwohl sie sehr bedeutend waren,
gern bewilligt. Die Anzahl der regulären Truppen wurde für das nächste
Jahr auf siebzigtausend festgesetzt, wovon zwölftausend Reiter oder
Dragoner sein sollten. Der Kostenaufwand für diese Armee, der größten,
welche England je unterhalten hatte, betrug zwei Millionen
dreihunderttausend Pfund, die Unterhaltungskosten der Flotte ungefähr
achtzehnhunderttausend Pfund. Die Kosten der Artillerie waren in diesen
Summen mit inbegriffen und wurden auf ungefähr ein Achtel des Flotten-
und ein Fünftel des Militäraufwandes geschätzt.[123] Die Gesammtsumme
der dem Könige bewilligten außerordentlichen Gelder belief sich auf mehr
als vier Millionen.

Die Gemeinen waren mit Recht der Ansicht, daß die außergewöhnliche
Liberalität, mit der sie die Regierung unterstützt, sie auch
berechtige, außergewöhnliche Sicherheiten gegen Verschwendung und
Unterschleif zu verlangen. Es wurde eine Bill eingebracht, welche neun
Commissare ermächtigte, die öffentlichen Rechnungen zu prüfen und
festzustellen. Die Neun waren in der Bill genannt, und sie waren
sämmtlich Mitglieder des Unterhauses. Die Lords traten der Bill ohne
Amendements bei und der König genehmigte sie.[124]


[_Mittel und Wege._] Die Debatten über die Mittel und Wege zur
Aufbringung der bewilligten Summen füllten einen beträchtlichen Theil
der Session aus. Es wurde beschlossen, daß sechshundert und
funfzigtausend Pfund durch eine directe monatliche Grundsteuer
aufgebracht werden sollten. Ferner wurden die Accisabgaben auf Ale und
Bier verdoppelt und die Eingangszölle auf rohe Seide, Leinwand, Bauholz,
Glaswaaren und einige andere Artikel erhöht.[125] Soweit fand geringe
Meinungsverschiedenheit statt. Bald aber wurde der ruhige Geschäftsgang
durch einen Vorschlag gestört, der bei weitem populärer war als gerecht
und human. Obwohl Steuern von noch nicht dagewesener Höhe ausgeschrieben
waren, konnte man doch mit gutem Grunde zweifeln, ob diese Steuern
ausreichen würden. Warum, fragte man, sollten nicht die irischen
Insurgenten die Kosten des irischen Kriegs tragen? Die ganze Welt wisse,
wie diese Insurgenten in ihrem Schattenparlamente gehandelt hätten, und
es sei nicht mehr als recht und billig, daß man ihnen mit ihrem eigenen
Maaße messe. Sie müßten so behandelt werden, wie sie die sächsische
Colonie behandelt hätten. Jeder Acker Land, den die Ansiedlungsacte
ihnen gelassen, müßte vom Staate confiscirt werden, um die Geldausgaben
zu bestreiten, die ihr Ungestüm und ihre Verkehrtheit nothwendig gemacht
hätten. Es ist nicht zu verwundern, daß ein Plan, der zu gleicher Zeit
den Nationalgroll befriedigte und eine pekuniäre Erleichterung hoffen
ließ, mit großer Freude begrüßt wurde. Es ward eine Bill eingebracht,
die nur zu große Aehnlichkeit mit einigen von den jakobitischen
Gesetzgebern in Dublin erlassenen Gesetzen hatte. Diese Bill bestimmte,
daß das Eigenthum eines Jeden, der sich gegen den König und die Königin
seit dem Tage ihrer Proklamation aufgelehnt, eingezogen und der Erlös
desselben zur Fortführung des Kriegs verwendet werden sollte. Eine
Ausnahme war zu Gunsten derjenigen Protestanten gemacht, die sich nur
überlegener Gewalt gefügt hatten; gegen die Papisten aber wurde keine
Nachsicht geübt. Das königliche Begnadigungsrecht wurde beschränkt. Zwar
durfte der König, wenn es ihm gefiel, das Leben seiner besiegten Feinde
schonen; aber es war ihm nicht gestattet, den geringsten Theil ihres
Vermögens der allgemeinen Confiscation zu entziehen. Es sollte nicht in
seiner Macht stehen, eine Capitulation zu bewilligen, welche den
irischen Katholiken den Genuß ihres erblichen Grundbesitzes sicherte.
Ja, er sollte sogar sein Wort gegen Diejenigen nicht halten dürfen, die
er bereits zu Gnaden angenommen, die seine Hand geküßt und aus seinem
Munde das Versprechen des Schutzes erhalten hatten. Es wurde ein Versuch
gemacht, eine Klausel zu Gunsten Lord Dover's einzuschalten. Dover, der
bei allen seinen Fehlern nicht ohne einige Gefühle für England war,
hatte sich durch Vertheidigung der Interessen seines Geburtslandes in
Dublin sowohl den Irländern als den Franzosen verhaßt gemacht. Nach der
Schlacht am Boyne war seine Lage traurig geworden. Weder in Limerick
noch in Saint-Germains durfte er hoffen gut aufgenommen zu werden. In
seiner Verzweiflung warf er sich Wilhelm zu Füßen, versprach ruhig zu
leben und erhielt die gnädige Zusicherung, daß er nichts zu fürchten
habe. Obgleich diesem unglücklichen Manne das königliche Wort verpfändet
zu sein schien, beschlossen die Gemeinen dennoch mit hundertneunzehn
gegen hundertzwölf Stimmen, daß sein Eigenthum von der allgemeinen
Confiscation nicht ausgenommen sein solle.

Die Bill kam vor die Peers; aber die Peers waren nicht gemeint, sie ohne
erhebliche Abänderungen anzunehmen, und zu solchen Abänderungen war
jetzt keine Zeit. Zahlreiche Erben, Anwartschaftsinhaber und Gläubiger
baten das Oberhaus flehentlich, Klauseln einzuschalten, welche den
Unschuldigen gegen jede Gefahr, mit dem Schuldigen zu leiden, sicher
stellten. Einige Bittsteller verlangten durch das Organ ihres Anwalts
gehört zu werden. Der König hatte alle Vorbereitungen zu einer Reise
nach dem Haag getroffen, der Tag, über welchen hinaus er seine Abreise
nicht verschieben konnte, rückte immer näher, und so wurde die Bill zum
Glück für die Ehre der englischen Legislatur in das dunkle Repositorium
verwiesen, in welchem die abortiven Statuten vieler Generationen einen
Schlaf schlafen, der nur selten von dem Geschichtsschreiber oder
Alterthumsforscher gestört wird.[126]


[_Verfahren gegen Torrington._] Eine andre Frage, welche die Ruhe dieser
kurzen Session vorübergehend, aber auch nur vorübergehend störte,
entsprang aus der unglücklichen und schimpflichen Schlacht von Beachy
Head. Torrington war unmittelbar nach dieser Schlacht in den Tower
geschickt worden und saß noch darin. Es hatte sich eine technische
Schwierigkeit bezüglich des gegen ihn einzuleitenden Verfahrens erhoben.
Einen Lord Großadmiral gab es nicht, und ob die Commissare der
Admiralität befugt waren, das Kriegsrecht auszuüben, darüber waren
manche Juristen nicht völlig im Klaren. Die Mehrzahl der Richter meinte,
die Commissare seien competent; um aber jeden Zweifel zu beseitigen,
wurde eine Bill im Oberhause eingebracht, und gegen diese Bill
opponirten mehrere Lords aus höchst nichtigen Gründen. Das
vorgeschlagene Gesetz, sagten sie, sei ein rückwirkendes Strafgesetz und
lasse deshalb Einwendungen zu. Wenn sie dieses Argument aus Ueberzeugung
geltend machten, so kannten sie die ersten Anfangsgründe der
Gesetzgebungswissenschaft nicht. Ein Gesetz deshalb machen, um etwas zu
bestrafen, was zu der Zeit wo es gethan wurde, nicht strafbar war,
widerstreitet jedem gesunden Prinzipe. Ein Gesetz aber, das lediglich
das Strafverfahren änderte, kann vollkommen schicklicherweise auf
vergangene sowohl wie auf zukünftige Vergehen angewendet werden. Es
würde die gröbste Ungerechtigkeit gewesen sein, dem Gesetz, welches den
Sclavenhandel für Felonie erklärte, eine rückwirkende Kraft zu geben.
Aber es lag nicht die geringste Ungerechtigkeit in der Verordnung, daß
der Centralcriminalgerichtshof Felonien untersuchen solle, welche lange
vor dem Bestehen dieses Gerichtshofes begangen worden waren. In
Torrington's Falle blieb das substantielle Gesetz das was es stets
gewesen war; die Definition des Vergehens und das Strafmaß blieben
unverändert. Die einzige Aenderung bezog sich auf die Form des
Verfahrens, und die Legislatur war vollkommen berechtigt, diese
Aenderung rückwirkend zu machen. Man kann in der That kaum glauben, daß
einige von Denen, die sich der Bill widersetzten, durch den Trugschluß
verblendet worden sein sollten, von dem sie Gebrauch zu machen sich
herabließen. Der Kastengeist war bei den Lords sehr stark und es dünkte
ihnen eine Erniedrigung ihres ganzen Standes, daß einer der Ihrigen
durch einen aus Plebejern bestehenden Gerichtshof auf Tod und Leben
gerichtet werden sollte. Wenn ihr hochgeborner College sich vergangen
hatte, so mußten Anklageartikel gegen ihn aufgesetzt werden; Westminster
Hall mußte hergerichtet werden, seine Peers mußten sich in ihrem
Richterornate versammeln und auf ihr Ehrenwort ihren Wahrspruch abgeben;
ein Lord Oberrichter mußte das Urtel verkündigen und den Stab
zerbrechen. Es war vorbei mit dem Privilegium, wenn ein Earl durch
Theerjacken, welche um einen Tisch in einer Schiffskajüte saßen, zum
Tode verurtheilt werden konnte. Diese Gefühle äußerten einen solchen
Einfluß, daß die Bill im Oberhause mit einer Majorität von nur zwei
Stimmen durchging.[127] Im Unterhause, wo die Würden und Immunitäten des
hohen Adels nicht mit freundlichem Auge betrachtet wurden, herrschte nur
geringe Meinungsverschiedenheit. Torrington verlangte vor der Schranke
gehört zu werden und sprach daselbst sehr ausführlich, aber schwach und
verworren. Er rühmte sich seiner Dienste, seiner Opfer und seiner Wunden
und schmähte die Holländer, die Admiralität und den Staatssekretär. Doch
die Bill durchlief ohne Abstimmung alle Stadien.[128]


[_Torrington's Prozeß und Freisprechung._] Zu Anfang Decembers wurde
Torrington unter Eskorte den Strom hinab nach Sheerneß geschickt. Hier
versammelte sich das Kriegsgericht an Bord einer Fregatte, der Kent
genannt. Die Untersuchung dauerte drei Tage, und während dieser drei
Tage war die Aufregung in London groß. An der Börse, in den
Kaffeehäusern und selbst an den Kirchthüren hörte man von nichts als von
Torrington sprechen. Alle Parteien waren heftig aufgeregt, es wurden
ungeheure Wetten gemacht, jede Stunde kamen Gerüchte zu Lande oder zu
Wasser, und jedes Gerücht wurde unterwegs übertrieben oder entstellt.
Von dem Tage, an welchem die Nachricht von der schimpflichen Schlacht
eintraf, bis zum Vorabende der Prozeßverhandlung war die öffentliche
Meinung dem Gefangenen sehr ungünstig gewesen. Gleichzeitige
Pamphletisten erzählen uns, daß sein Name fast nie ohne eine
Verwünschung genannt wurde. Als aber der Augenblick, in welchem sein
Schicksal sich entscheiden sollte, heranrückte, trat eine Reaction ein,
wie dies in unsrem Lande sehr häufig geschieht. Man erinnerte sich aller
seiner Verdienste, seines Muthes, seiner Gutherzigkeit, seiner treuen
Anhänglichkeit an den protestantischen Glauben in den schlimmen Zeiten.
Daß er in Trägheit und Genußsucht versunken war, daß er um seiner
Vergnügungen willen das wichtigste Geschäft vernachlässigte und daß er
einem Zechgenossen oder einer Maitresse nichts abschlagen konnte, war
unmöglich zu leugnen; aber man fand Entschuldigungen und milde
Bezeichnungen für diese Fehler. Seine Freunde wendeten ohne Bedenken
alle Mittel an, welche ein Nationalgefühl zu seinen Gunsten erwecken
konnten, und ihre Bemühungen erhielten eine mächtige Stütze durch die
Nachricht, daß der Haß, den man in Holland gegen ihn empfand, sich in
Unanständigkeiten gegen einige seiner Landsleute Luft gemacht habe. Das
allgemeine Geschrei war, ein tapferer, lebenslustiger, freigebiger
englischer Gentleman, dem man nichts Schlimmeres nachsagen könne als daß
er Wein und Weiber liebte, sollte erschossen werden, um den Rachedurst
der Holländer zu stillen. Der Verlauf des Prozesses war ganz geeignet,
das Volk in dieser Ansicht zu bestärken. Die meisten Zeugen, welche
gegen den Gefangenen auftraten, waren holländische Offiziere. Der
holländische Contreadmiral, der die Rolle des Anklägers übernahm, vergaß
sich soweit, daß er die Richter der Parteilichkeit beschuldigte. Als
endlich Torrington am Abend des dritten Tages für nicht schuldig erklärt
wurde, schienen Viele, die noch vor kurzem sein Blut verlangt hatten,
sich über seine Freisprechung zu freuen. Er kehrte frei und mit dem
Degen an der Seite nach London zurück. Als er auf seiner Yacht die
Themse hinauffuhr, salutirte ihm jedes Schiff, an dem er vorüberkam. Er
nahm seinen Sitz im Hause der Lords ein und wagte es sogar, bei Hofe zu
erscheinen. Aber die meisten Peers begegneten ihm mit Kälte, Wilhelm
ließ ihn nicht vor sich und befahl ihn seines Dienstes zu entheben.[129]


[_Erbitterung der Whigs gegen Caermarthen._] Es gab noch einen
Gegenstand, über den von keinem der beiden Häuser ein Beschluß gefaßt
wurde, über den aber sehr wahrscheinlich in beiden eine lebhafte
Discussion stattfand. Waren auch die Whigs minder heftig als im
vorhergehenden Jahre, so konnten sie es doch nicht geduldig mit ansehen,
wie Caermarthen so nahe daran war Premierminister zu sein, als es ein
englischer Unterthan unter einem Fürsten von Wilhelm's Character
überhaupt sein konnte. Obgleich Niemand eine hervorragendere Stelle in
der Revolution gespielt, und obgleich Niemand von einer Contrerevolution
mehr zu fürchten hatte als der Lord Präsident, konnten doch seine alten
Feinde nicht glauben, daß er im Herzen den Willkürdoctrinen entsagt
habe, denen er einst eifrig angehangen, oder daß er einer aus dem
Widerstande hervorgegangenen Regierung wirklich treu sein könne. Während
der letzten Hälfte des Jahres 1690 wurde er in Spottliedern arg
mitgenommen. Bald war er König Thomas, bald Tom der Tyrann.[130] Man
beschwor Wilhelm, nicht nach dem Kontinent zu gehen und seinen
schlimmsten Feind als Rathgeber der Königin zurückzulassen. Halifax, den
die Whigs im vorhergehenden Jahre ungroßmüthig und undankbar verfolgt
hatten, wurde jetzt mit Achtung und Bedauern von ihnen genannt, denn er
war der Feind ihres Feindes.[131] Das Gesicht, die Gestalt, die
körperlichen Gebrechen Caermarthen's wurden lächerlich gemacht.[132] Der
Verkehr mit dem französischen Hofe, in den er vor zwölf Jahren mehr
durch sein Unglück als durch eigne Schuld verwickelt worden war, wurde
in den schwärzesten Farben geschildert. Sein Anklageprozeß und seine
Gefangenschaft wurden ihm vorgeworfen. Einmal sei er glücklich davon
gekommen; aber die Rache könne ihn immer noch ereilen und London das
lange hinausgeschobene Vergnügen genießen, den alten Verräther an dem
blauen Bande, das er entehre, von der Leiter gestoßen zu sehen.
Sämmtliche Mitglieder seiner Familie, Gattin, Sohn und Töchter, wurden
mit wüthenden Schmähungen und beleidigenden Sarkasmen überhäuft.[133]
Jeder, von dem man vermuthete, daß er durch politische Bande an ihn
geknüpft war, erhielt seinen Theil von diesen Schmähungen, und Niemand
wurde reichlicher bedacht als Lowther. Die Gesinnung, die sich in diesen
Satyren aussprach, war unter den Whigs im Parlamente stark vertreten.
Mehrere von ihnen beriethen sich über einen Angriffsplan und waren der
Hoffnung, daß es ihnen gelingen werde, einen Sturm heraufzubeschwören,
der es ihm unmöglich machte, an der Spitze der Geschäfte zu bleiben.
Sein Einfluß im königlichen Cabinet scheint damals nicht mehr so groß
gewesen zu sein, als er früher war. Godolphin, den er nicht liebte und
über den er keine Gewalt hatte, dessen finanziellen Kenntnisse aber
während des Sommers schmerzlich vermißt worden waren, kehrte wieder ins
Schatzamt zurück und wurde zum ersten Commissar ernannt. Lowther, die
rechte Hand des Lord Präsidenten, saß zwar noch im Collegium, führte
aber nicht mehr den Vorsitz darin. Allerdings war damals kein solcher
Unterschied zwischen dem ersten Lord und seinen Collegen als jetzt. Doch
war die Aenderung immerhin wichtig und bezeichnend. Marlborough, dem
Caermarthen ebenfalls nicht gewogen war, genoß in militärischen
Angelegenheiten nicht weniger Vertrauen als Godolphin in finanziellen
Dingen. Die Siegel, welche Shrewsbury im Sommer abgegeben hatte, lagen
seitdem in Wilhelm's geheimem Schubfache. Der Lordpräsident erwartete
wahrscheinlich zu Rathe gezogen zu werden, ehe sie vergeben wurden;
allein er sah sich in dieser Erwartung getäuscht. Man ließ Sidney aus
Irland kommen und ihm wurden die Siegel übergeben. Die erste Anzeige,
welche der Lordpräsident von dieser wichtigen Ernennung erhielt,
erfolgte nicht in einer Weise, welche geeignet gewesen wäre, seine
Gefühle zu besänftigen. »Begegneten Sie dem neuen Staatssekretär, als er
fortging?« fragte Wilhelm. »Nein, Sire,« antwortete der Lordpräsident,
»ich begegnete Niemandem als Mylord Sidney.« -- »Er ist der neue
Sekretär,« sagte Wilhelm. »Er wird genügen, bis ich einen geeigneten
Mann finde, und sobald ich einen solchen Mann finde, wird er bereit sein
zu resigniren. Jeder Andre, den ich ernennen könnte, würde sich
beleidigt halten, wenn ich ihn wieder entfernen wollte.« Hätte Wilhelm
Alles gesagt was er dachte, so würde er wahrscheinlich hinzugesetzt
haben, daß Sidney zwar kein großer Redner oder Staatsmann, wohl aber
einer von den wenigen englischen Politikern war, auf die man sich eben
so fest verlassen konnte, wie auf Bentinck oder Zulestein. Caermarthen
vernahm die Mittheilung mit einem bitteren Lächeln. Es sei etwas Neues,
sagte er später, einen Edelmann in das Sekretariat gesetzt zu sehen, wie
man einen Bedienten in eine Theaterloge setze, nur um einen Platz so
lange einzunehmen, bis man einen Besseren gefunden habe. Doch hinter
diesem Scherze verbarg sich eine ernste Kränkung und Besorgniß. Die
Stellung des Premierministers war unangenehm und selbst gefährlich, und
die Dauer seiner Macht würde wahrscheinlich kurz gewesen sein, hätte das
Glück ihm nicht gerade in diesem Augenblicke die Mittel in die Hand
gegeben, seine Gegner durch einen wichtigen Dienst, den er dem Staate
leistete, zu beschämen.[134]


[_Ein jakobitisches Complot._] Im August hatte es geschienen, als ob die
Jakobiten vollständig niedergeworfen worden wären. Der Sieg am Boyne und
der durch das Erscheinen von Tourville's Geschwader an der Küste von
Devonshire veranlaßte unwiderstehliche Ausbruch des Nationalgefühls
hatten auch die kühnsten Vorkämpfer des erblichen Rechts entmuthigt. Die
Mehrzahl der Hauptverschwörer brachte einige Wochen in Haft oder in
Verstecken zu. Doch so weit die Verzweigungen der Verschwörung sich auch
erstreckten, nur ein Verräther erlitt die Strafe für seine Verbrechen.
Dies war ein Mann, Namens Gottfried Croß; der am Strande unweit Rye
einen Gasthof besaß und der Tourville mit Kundschaft versehen hatte, als
die französische Flotte an der Küste von Sussex lag. Als es sich zeigte,
daß dieses einzelne Beispiel für genügend erachtet wurde, als die Gefahr
einer Invasion vorüber war, als die durch diese Gefahr entzündete
Begeisterung des Volks sich gelegt und als die Nachsicht der Regierung
einigen Verschwörern erlaubt, ihre Gefängnisse zu verlassen, und Andere
ermuthigt hatte, sich aus ihren Verstecken hervorzuwagen, begann die
Partei, welche zu Boden geworfen und betäubt gewesen war, neue
Lebenszeichen von sich zu geben. Die alten Verräther hielten wieder
Zusammenkünfte an den alten Versammlungsorten, wechselten
bedeutungsvolle Blicke und hastiges Geflüster und zogen aus ihren
Taschen Pasquille auf den Hof von Kensington und mit Milch und
Citronensaft geschriebene Briefe vom Hofe von Saint-Germains. Preston,
Dartmouth, Clarendon, Penn gehörten zu den geschäftigsten. Mit ihnen war
der eidverweigernde Bischof von Ely verbunden, den die Regierung noch
immer in dem ihm nicht mehr gehörenden Palaste zu wohnen erlaubte und
der noch vor kurzem den Himmel zum Zeugen angerufen hatte, daß ihm der
Gedanke, Fremde zu einer Invasion in England aufzufordern ein Greuel
sei. Eine günstige Gelegenheit sei versäumt worden, aber es stehe eine
andre in Aussicht, und die dürfe man sich nicht entgehen lassen. Der
Usurpator würde bald wieder außerhalb England's sein und die Verwaltung
in den Händen einer schwachen Frau und eines getheilten Rathes liegen.
Das zu Ende gehende Jahr sei allerdings ein unglückliches gewesen, aber
das neue könne glückbringender sein.


[_Zusammenkunft der Hauptverschwörer._] Im December wurde eine
Zusammenkunft der leitenden Jakobiten gehalten. [135] Die Ansicht
der Versammlung, welche ausschließlich aus Protestanten bestand, war
die, daß etwas unternommen werden müsse, daß aber die Schwierigkeiten
groß seien. Keiner wagte dazu zu rathen, daß Jakob ohne Begleitung
von fremden Truppen herüberkommen solle. Dennoch aber fürchteten
Alle, durch die Erfahrung des vergangenen Sommers belehrt, den
Eindruck, den der Anblick französischer Uniformen und Fahnen auf
englischem Boden machen würde. Es wurde eine Schrift aufgesetzt,
von der man hoffte, daß sie sowohl Jakob als Ludwig überzeugen
werde, daß eine Restauration ohne die aufrichtige Mitwirkung der
Nation nicht bewerkstelligt werden könne. Frankreich -- dies war
der wesentliche Inhalt dieses interessanten Schriftstückes -- könne
die Insel möglicherweise in einen Trümmerhaufen, nie aber in eine
unterworfene Provinz verwandeln. Wer die Stimmung des Volksgeistes
nicht beobachtet habe, könne sich schwerlich einen Begriff von der
wilden und finstren Entschlossenheit machen, mit der die Leute aller
Klassen, Sekten und Parteien bereit seien, jedem fremden Potentaten,
der es versuchen sollte, das Land durch Waffengewalt zu erobern,
Widerstand zu leisten. Auch könne England nicht als ein katholisches
Land regiert werden. Es gebe fünf Millionen Protestanten und keine
hunderttausend Papisten im Königreiche; daß eine solche Minorität eine
solche Majorität niederhalten könne, sei physisch unmöglich, und der
physischen Unmöglichkeit müßten alle anderen Rücksichten weichen. Jakob
werde daher wohlthun, wenn er unverzüglich solche Maßregeln ergriffe,
welche erkennen ließen, daß er entschlossen sei, die bestehende
Landesreligion zu schützen. Leider enthalte jeder Brief aus Frankreich
etwas, was darauf hinziele, Gefühle aufzureizen, deren Beschwichtigung
höchst wünschenswerth sei. Ueberall circulirten Geschichten von
Kränkungen, welche in Saint-Germains Protestanten erfahren hätten, die
den höchsten Beweis von Loyalität gegeben, indem sie einen Gebieter,
der sich zu einem andren Glauben als dem ihrigen bekenne, in die
Verbannung begleitet hätten. Die gegen die Hugenotten erlassenen Edicte
könnten allenfalls durch die anarchischen Meinungen und Handlungen
dieser Sectirer gerechtfertigt werden, aber es sei ein Uebermaß von
Ungerechtigkeit und Ungastfreundlichkeit, diese Edicte gegen Männer
anzuwenden, welche einzig und allein wegen ihrer Anhänglichkeit an
einen katholischen König aus ihrem Vaterlande vertrieben worden seien.
Söhnen der anglikanischen Kirche, die gehorsam ihrer Lehre Alles was
ihnen auf Erden theuer sei, der Sache des Königs zum Opfer gebracht
hätten, dürfe man es doch sicherlich nicht länger verwehren, sich
in einem bescheidenen Hause zu versammeln, um die Gebräuche dieser
Kirche zu üben und ihre Tröstungen zu empfangen. Eine Ankündigung,
daß Ludwig auf Jakob's Ansuchen den englischen Verbannten gestattet
habe, Gott nach ihren nationalen Formen zu verehren, werde die beste
Einleitung zudem großen Versuche sein. Dieser Versuch müsse zu Anfang
des Frühjahrs gemacht werden. Ein französisches Truppencorps müsse
allerdings Se. Majestät begleiten; aber er müsse erklären, daß er diese
Truppen nur zum Schutze seiner Person und seiner getreuen Unterthanen
mitbringe und daß, sobald die fremden Tyrannen vertrieben seien, die
fremden Befreier entlassen werden würden. Auch müsse er versprechen,
den Gesetzen gemäß zu regieren, und müsse alle Punkte, welche zwischen
ihm und seinem Volke streitig gewesen seien, der Entscheidung eines
Parlaments anheimgeben.


[_Die Verschwörer beschließen, Preston nach Saint-Germains zu
schicken._] Es wurde beschlossen, daß Preston die Resolutionen und
Vorschläge der Verschwörer nach Saint-Germains bringen solle. Johann
Ashton, ein Mann, der Geheimsekretär Mariens von Modena gewesen, als sie
auf dem Throne saß, und den Interessen der verbannten Familie mit Leib
und Seele ergeben war, nahm es auf sich, für die Beförderungsmittel zu
sorgen, und gewann zu dem Ende die Mitwirkung eines heißblütigen jungen
Jakobiten Namens Elliot, der nur im Allgemeinen erfuhr, daß der guten
Sache ein etwas gefährlicher Dienst zu leisten sei.

Ein Schiff, dessen Eigenthümer sich wegen des Zweckes, zu dem es
verwendet werden sollte, keine Sorge machte, war im Hafen von London
nicht schwer zu finden. Ashton und Elliot wurden dem Kapitain einer
Schmacke vorgestellt, welche der »Jakob und Elisabeth« hieß. Die
jakobitischen Agenten gaben sich für Schmuggler aus und sprachen von
mehreren tausend Pfunden, welche durch eine einzige glückliche Fahrt
nach Frankreich und wieder zurück zu gewinnen seien. Das Geschäft wurde
abgeschlossen, ein Sixpencestück zerbrochen und alle Anstalten zur Reise
getroffen.


[_Die Preston anvertrauten Papiere._] Preston hatte von seinen
Freunden ein Packet bekommen, das mehrere wichtige Papiere enthielt.
Darunter befand sich eine Liste der englischen Flotte, von Dartmouth
angefertigt, der mit einigen seiner alten Waffengefährten in Verbindung
stand, ein Protokoll über die Beschlüsse, welche bei der Zusammenkunft
der Verschwörer angenommen worden waren, und die Hauptpunkte einer
Erklärung, deren Veröffentlichung man für wünschenswerth hielt, sobald
Jakob gelandet sein würde. Außerdem befanden sich sechs bis sieben
Briefe von angesehenen Personen der jakobitischen Partei darunter.
Die meisten von diesen Briefen waren Parabeln, aber Parabeln, die
nicht schwer zu verstehen waren. Ein Verschwörer bediente sich des
juristischen Styls. Es sei Hoffnung vorhanden, daß Mr. Jackson bald
wieder in den Besitz seines Gutes gelangen werde. Der neue Gutsherr sei
ein harter Mann und habe seine Pächter gegen sich aufgebracht. Eine
Kleinigkeit werde die Besitzung von ihrem Joche erlösen. Die Ansicht
der besten Advokaten sei zu Gunsten Mr. Jackson's. Es bedürfe weiter
nichts als seines persönlichen Erscheinens in Westminster Hall. Die
Schlußverhandlung müsse noch vor Ablauf des Ostertermins stattfinden.
Andere Briefschreiber affectirten den kaufmännischen Geschäftsstyl. Es
sei starke Nachfrage nach einer Ladung von der rechten Sorte. Man habe
Grund zu hoffen, daß die alte Firma bald vortheilhafte Verbindungen
mit Häusern anknüpfen werde, mit denen sie bisher keine Geschäfte
gemacht habe. Dies war offenbar eine Anspielung auf die mißvergnügten
Whigs. Aber, hieß es weiter, die Verladungen dürften nicht verzögert
werden. Nichts sei gefährlicher als den Markt zu lange warten zu
lassen. Wenn die erwarteten Güter nicht bis zum 10. März einträfen,
sei der ganze Gewinn des Jahres verloren. Bezüglich der Details
könne man dem vortrefflichen Geschäftsführer, welcher das Schreiben
überbringe, volles Vertrauen schenken. Clarendon spielte die Rolle
eines Ehestifters. Es sei große Hoffnung, daß das Geschäft, welches
er eingeleitet, zu Stande kommen und daß die Aussteuer gut angelegt
werden würde. »Ihre Verwandten,« schrieb er in Anspielung auf seine
kürzliche Haft, »haben mir vorigen Sommer hart zugesetzt; aber sobald
ich wieder ohne Gefahr ausgehen konnte, betrieb ich das Geschäft.«
Katharine Sedley vertraute Preston einen Brief an, in welchem sie
sich ohne Allegorie oder Umschreibung beklagte, daß ihr Geliebter
ihr eine Tochter zurückgelassen habe, die sie erhalten müsse, und
dringend um Geld bat. Die beiden wichtigsten Depeschen aber waren vom
Bischof Turner. Sie waren an Mr. und Mrs. Redding gerichtet, aber in
einem Tone geschrieben, der jedem Andren als einem Könige gegenüber
eines Gentleman unwürdig gewesen wäre. Der Bischof versicherte Ihren
Majestäten, daß er ihrer Sache treu ergeben sei, daß er dringend
eine wichtige Gelegenheit herbeiwünsche, um seinen Eifer beweisen zu
können und daß er von seiner Pflicht gegen sie eben so wenig abweichen
werde, wie er seiner Hoffnung auf den Himmel entsagen könne. In zwar
bildlicher, aber vollkommen verständlicher Sprache setzte er hinzu, daß
er das Organ mehrerer eidverweigernder Prälaten und speciell Sancroft's
sei. »Ich spreche im Plural, Sir,« -- dies sind die Worte des an Jakob
gerichteten Briefes, -- »weil ich sowohl die Gesinnungen meines älteren
Bruders wie auch meine eigenen und die aller übrigen Mitglieder unsrer
Familie ausdrücke.« Der Brief an Marie von Modena ist in demselben
Sinne gehalten. »Ich sage dies im Namen meines älteren Bruders und
aller meiner übrigen nächsten Verwandten, wie in meinem eigenen
Namen.«[136]

Sämmtliche Preston anvertraute Briefe verwiesen den Hof von
Saint-Germains wegen näherer Auskunft an den Ueberbringer. Er hatte
eigenhändig geschriebene Notizen bezüglich der Gegenstände bei sich,
über die er mit seinem Gebieter und mit den Ministern Ludwig's sprechen
wollte. Diese Notizen, obwohl kurz und flüchtig, sind größtentheils
nicht schwer zu verstehen. Die verwundbaren Punkte der Küste sind
erwähnt. Gosport ist nur durch Pallisaden geschützt. Die Besatzung von
Portsmouth ist klein. Die französische Flotte muß im April auslaufen und
losschlagen, bevor die Holländer im Kanal sind. Es kommen einige
abgebrochene Worte vor, aus denen sich klar ergiebt, daß wenigstens
einige von den eidverweigernden Bischöfen eine Unwahrheit sagten, als
sie vor Gott erklärten, daß sie den Gedanken, die Franzosen herüber zu
rufen, verabscheuten.[137]


[_Caermarthen von dem Complot unterrichtet._] Alles war jetzt zu
Preston's Abreise bereit. Aber in dem Eigenthümer des »Jakob und
Elisabeth« war der Verdacht aufgestiegen, daß die Expedition, zu deren
Behufe seine Schmacke gemiethet worden, mehr politischer als
commercieller Natur sein könne. Es fiel ihm ein, daß er durch
Denuncirung seiner Passagiere vielleicht mehr verdienen werde als durch
sichere Beförderung derselben. In Folge dessen benachrichtigte er den
Lordpräsidenten von dem Vorgange. Keine Nachricht konnte diesem
willkommener sein. Er sah zu seiner großen Freude, daß es in seiner
Macht stand, einen glänzenden Beweis von seiner Anhänglichkeit an die
Regierung zu geben, welche zu verrathen seine Feinde ihn beschuldigten.
Mit gewohnter Energie und Umsicht traf er seine Maßregeln. Sein ältester
Sohn, der Earl von Danby, ein verwegener, sorgloser und etwas
excentrischer junger Mann, der ein großer Freund des Seelebens war und
viel mit Seeleuten umging, besaß eine kleine Yacht von außerordentlicher
Schnelligkeit. Dieses Fahrzeug wurde, wohl bemannt, unter das Commando
eines zuverlässigen Offiziers, Namens Billop gestellt und stromabwärts
gesandt, wie um Matrosen zu pressen.


[_Verhaftung Preston's und seiner Begleiter._] Mitten in der Nacht, der
letzten Nacht des Jahres 1690, begaben sich Preston, Ashton und Elliot
unweit des Tower an Bord ihrer Schmacke. Sie waren in großer Angst, daß
sie entweder von einer vor Woolwich liegenden Fregatte oder von der beim
Blockhause von Gravesend postirten Wache angehalten und durchsucht
werden möchten; als sie aber die Fregatte und das Blockhaus hinter sich
hatten, ohne angerufen worden zu sein, faßten sie wieder Muth; sie
bekamen starken Appetit, packten einen mit Roastbeef, Fleischpasteten
und Weinflaschen wohlgefüllten Korb aus und hatten sich eben zur
Sylvestermahlzeit niedergesetzt, als ihnen gemeldet wurde, daß ein von
Tilbury her kommendes Schiff sie verfolge. Sie hatten kaum Zeit gehabt,
sich in einer dunklen Höhlung unter dem Kies, den ihr Schiff als Ballast
mit sich führte, zu verbergen, als die Jagd schon vorüber war und Billop
an der Spitze eines Militärpikets an Bord kam. Die Luken wurden
geöffnet, die Verschwörer festgenommen und ihre Kleider genau
untersucht. Preston hatte in der Bestürzung sein Amtssiegel und das ihm
anvertraute Packet auf den Kies fallen lassen. Das Siegel wurde da
gefunden wohin es gefallen war. Ashton, der die Wichtigkeit der Papiere
kannte, hob sie auf und versuchte sie zu verbergen; aber sie wurden bald
auf seiner Brust entdeckt.

Die Gefangenen versuchten nun, Billop für sich zu gewinnen und zu
bestechen. Sie ließen Wein bringen, stießen mit ihm an, lobten sein
cavaliermäßiges Benehmen und versicherten ihm, daß, wenn er sie
begleiten oder ihnen nur gestatten wolle, eine kleine Papierrolle über
Bord in die Themse zu werfen, sein Glück gemacht sei. Die politische
Fluth, sagten sie, sei im Fallen begriffen, die Dinge könnten nicht so
fortgehen wie bisher und es stehe in der Macht des Kapitains so hoch zu
steigen und so reich zu werden als er es nur wünschen könne. Billop aber
blieb, obwohl sehr artig, unbeugsam. Die Verschwörer begannen nun
einzusehen, daß ihre Hälse in großer Gefahr schwebten. Der Drang der
Noth brachte den wahren Character aller Drei, der unter anderen
Umständen vielleicht für immer unbekannt geblieben wäre, ans Tageslicht.
Preston hatte jederzeit für einen muthigen und tapferen Cavalier
gegolten; aber die nahe Aussicht auf Kerker und Galgen raubte ihm alle
Energie; Elliot tobte und lästerte, schwur hoch und theuer, daß, wenn er
je wieder frei würde, er sich rächen wolle, und rief unter entsetzlichen
Flüchen den Donner des Himmels an, daß er die Yacht treffen, und die
Londonbrücke, daß sie einstürzen und das Fahrzeug zerschmettern möge.
Ashton allein benahm sich wie ein Mann.

Spät am Abend erreichte die Yacht die Treppe von Whitehall, und die
Gefangenen wurden unter starker Bedeckung in das Staatssekretariat
gebracht. Nottingham und Caermarthen untersuchten noch diese Nacht die
auf Ashton's Brust gefundenen Papiere und Caermarthen händigte dieselben
am folgenden Morgen dem Könige ein.

Bald war es in ganz London bekannt, daß ein Complot entdeckt, daß die
Boten, welche Jakob's Anhänger abgesandt, um den Beistand einer
Invasionsarmee von Frankreich zu erbitten, durch die Agenten des
wachsamen und energischen Lordpräsidenten verhaftet worden seien und daß
die Regierung schriftliche Beweise in Händen habe, die das Leben einiger
hochgestellten Männer in Gefahr bringen könnten. Die Jakobiten waren in
Todesangst; das Geschrei der Whigs gegen Caermarthen verstummte
plötzlich und die Session endete in vollkommener Eintracht. Am 5. Januar
dankte der König den beiden Häusern für ihre Unterstützung und
versicherte ihnen, daß er kein verfallenes Eigenthum in Irland
anderweitig vergeben werde, bis sie wieder zusammentreten würden. Er
spielte auf das so eben entdeckte Complot an und sprach die Hoffnung
aus, daß die Freunde England's in einem solchen Augenblicke nicht minder
thätig und nicht minder eng verbunden sein würden als seine Feinde. Dann
bedeutete er ihnen, daß es sein Wunsch sei, das Parlament zu vertagen.
Am folgenden Tage reiste er, von einem glänzenden Gefolge von Edelleuten
begleitet, zum Congresse im Haag ab.[138]


Fußnoten.

[1] +London Gazette, June 19. 1690; History of the Wars in Ireland by
an Officer in the Royal Army 1690; Villare Hibernicum, 1690; Story's
Impartial History, 1691; Historical Collections relating to the town
of Belfast, 1817.+ Dieses Werk enthält interessante Auszüge aus
Handschriften des 17. Jahrhunderts. Im Britischen Museum befindet sich
ein Plan von Belfast vom Jahre 1685, der so genau ist, daß man die
Häuser zählen kann.

[2] Lauzun an Louvois, 16. (26.) Juni. Der Bote welcher Lauzun die
Nachricht brachte, hatte die Kanonenschüsse gehört und die Freudenfeuer
gesehen. +History of the Wars in Ireland, by an Officer of the Royal
Army, 1690; Life of James II. 392. Orig. Mem.; Burnet II. 47.+ Burnet
irrt sich gewaltig, indem er sagt, Wilhelm sei bereits sechs Tage in
Irland gewesen, ehe Jakob seine Ankunft erfahren habe.

[3] +A True and Perfect Journal of the Affairs of Ireland by a Person
of Quality, 1690; King III. 18.+ Luttrell's Proklamation findet man im
Anhange zu King.

[4] +Villare Hibernicum, 1690.+

[5] Der Befehl an den Zolleinnehmer findet sich in Dr. Reid's +History
of the Presbyterian Church in Ireland.+

[6] +»La gayeté peinte sur son visage,«+ sagt Dumont, der ihn in
Belfast sah, +»nous fit tous espérer pour les heureux succès de la
campagne.«+

[7] +Story's Impartial Account; MS. Journal of Colonel Bellingham; The
Royal Diary.+

[8] +Story's Impartial Account.+

[9] Lauzun an Louvois, 23. Juni (3. Juli) 1690; +Life of James, II.
393. Orig. Mem.+

[10] +Story's Impartial Account; Dumont MS.+

[11] Viele interessante Mittheilungen über das Schlachtfeld und dessen
Umgebung findet man in Mr. Wilde's trefflichem Werke, betitelt: +The
Beauties of the Boyne and Blackwater.+

[12] Memorandum von der Hand Alexander's, Earl von Marchmont. Die
Quelle seiner Mittheilungen war Lord Selkirk, der in Wilhelm's Armee
diente.

[13] Jakob sagt (+Life of James II. 393. Orig. Mem.+) daß die ganze
Gegend keine bessere Stellung dargeboten habe. King erzählte in
einer Danksagungsrede, die er nach Beendigung des Feldzugs in Dublin
hielt, seinen Zuhörern, daß »der Vortheil der Position der Irländer
sich nach der Ansicht aller Sachkundigen, zu der der Engländer wie
Drei zu Eins verhalten habe.« Siehe King's Danksagungsrede, gehalten
am 16. Nov. 1690 vor den Lords Justices. Dies ist ohne Zweifel eine
absurde Uebertreibung. Aber Herr de la Hoguette, einer der vornehmsten
französischen Offiziere, welche der Schlacht am Boyne beiwohnten,
berichtete an Louvois, daß die irische Armee eine gute Defensivstellung
einnehme. -- Brief von La Hoguette aus Limerick vom 31. Juli (10. Aug.)
1690.

[14] +Narcissus Luttrell's Diary, March 1690.+

[15] Siehe die +Historical Records+ von den Regimentern der britischen
Armee, und Story's Liste der Armee Wilhelm's, wie sie acht Tage vor der
Schlacht bei Finglas die Revue passirte.

[16] Siehe seine Gedächtnißpredigt, gehalten am 24. Juni 1690 in der
Kirche von Saint Mary Aldermary.

[17] +Story's Impartial History; History of the Wars in Ireland by
an Officer of the Royal Army;+ Hop an die Generalstaaten, 30. Juni
(10. Juli) 1690.

[18] +London Gazette, July 7. 1690; Story's Impartial History; History
of the Wars in Ireland by an Officer of the Royal Army; Narcissus
Luttrell's Diary;+ Lord Marchmont's Memorandum; Burnet II. 50, und
Danksagungspredigt; Dumont Manuscript.

[19] La Hoguette an Louvois, 31. Juli (10. Aug.) 1690.

[20] Daß ich der irischen Infanterie nicht unrecht thue, ergiebt
sich aus den Berichten, welche die bei der Armee Jakob's am Boyne
stehenden französischen Offiziere an ihre Regierung und an ihre
Familien einsandten. La Hoguette sagt in einem am 4. (14.) Juli
eilig geschriebenen Briefe an Louvois: +»Je vous diray seulement,
Monseigneur, que nous n'avons pas esté battus, mais que les ennemys ont
chaussés devant eux les troupes Irlandoises comme des moutons, sans
avoir essayé un seul coup de mousquet.«+

In einem mehrere Wochen später aus Limerick geschriebenen
ausführlicheren Briefe sagt er: +»J'en meurs de honte.«+ Er giebt zu,
daß es im glücklichsten Falle nicht leicht gewesen sein würde, die
Schlacht zu gewinnen. +»Mais il est vray aussi,«+ setzt er hinzu, +»que
les Irlandois ne firent pas la moindre resistance, et plièrent sans
tirer un seul coup.«+ Zurlauben, Oberst eines der schönsten Regimenter
in französischen Diensten, schrieb in gleichem Sinne, ließ aber dem
Muthe der irischen Reiterei Gerechtigkeit widerfahren, welche La
Hoguette gar nicht erwähnt.

Im französischen Kriegsministerium befindet sich ein Brief, den
Boisseleau, der Zweite im Commando nach Lauzun, nach der Schlacht
hastig an seine Gattin schrieb. Er sagt: +»Je me porte bien, ma chère
feme. Ne t'inquieste pas de moy. Nos Irlandois n'ont rien fait qui
vaille. Ils ont tous laché le pié.«+

Desgrigny, der unterm 10. (20.) Juli schrieb, giebt mehrere Gründe
für die Niederlage an. +»La première et la plus forte est la fuite
des Irlandois qui sont en vérité des gens sur lesquels il ne faut pas
compter du tout.«+ In dem nämlichen Briefe schreibt er: +»Il n'est
pas naturel de croire qu'une armée de vingt cinq mille hommes qui
paroissoit de la meilleure vollonté du monde, et qui à la veue des
ennemis faisoit des cris de joye, dût être entièrement défaite sans
avoir tiré l'épée et un seul coup de mousquet. Il y a eu tel regiment
tout entier qui a laissé ses habits, ses armes, et ses drapeaux sur le
champ de bataille, et a gagné les montagnes avec ses officiers.«+

Ich habe mich vergebens nach der Depesche umgesehen, in welcher Lauzun
einen ausführlichen Rapport über die Schlacht an Louvois erstattet
haben muß.

[21] Lauzun schrieb unterm 16. (26.) Juli 1690 an Seignelay: +»Richard
Amilton a été fait prisonnier, faisant fort bien son devoir.«+

[22] Meine Hauptmaterialien für die Geschichte dieser Schlacht
sind +Story's Impartial Account+ und Fortsetzung dazu; +History
of the War in Ireland by an Officer of the Royal Army+; die
Depeschen im französischen Kriegsministerium; +Life of James,
Orig. Mem.+; Burnet II. 50. 60; +Narcissus Luttrell's Diary;+ die
London Gazette vom 10. Juli 1690; die Depeschen Hop's und Baden's;
eine Erzählung, wahrscheinlich von Portland, welche Wilhelm den
Generalstaaten übersandte; Portland's Privatbrief an Melville; Capitain
Richardson's Erzählung und Plan der Schlacht; das Dumont- und das
Bellingham-Manuscript. Auch habe ich einen Bericht von der Schlacht
in einem Tagebuche gelesen, das in schlechtem Latein und in kaum
zu entziffernder Schrift von einem Offizier der geschlagenen Armee
abgefaßt war, der ein verdorbener Schulmeister gewesen zu sein scheint.
Dieses Tagebuch wurde mir von Mr. Walker, dem es gehört, freundlichst
geliehen. Der Verfasser erzählt das Mißgeschick seines Vaterlandes in
einem Style von dem eine kleine Probe genügen mag. »1. Juli 1690. +O
diem illum infandum, cum inimici potiti sunt pass apud Oldbridge et nos
circumdederunt et fregerunt prope Plottin. Hinc omnes fugimus Dublin
versus. Ego mecum tuli Cap Moore et Georgium Ogle, et venimus hac nocte
Dub.«+

[23] Siehe +Pepys's Diary, June 4. 1664.+ »Er erzählt mir vor Allem vom
Herzoge von York, daß er inmitten eines verzweifelten Unternehmens mehr
er selbst und urtheilsfähiger ist als zu andern Zeiten.« Clarendon sagt
zu wiederholten Malen das Nämliche. Swift schrieb an den Rand seines
Exemplars von Clarendon an einer Stelle: »Wie alt war er (Jakob) als er
ein Papist und ein Feigling wurde?« An einer andren: »Er erwies sich
als ein feiger papistischer König.«

[24] Der Pater Orléans erwähnt, daß Sarsfield Jakob begleitete. Die
Schlacht am Boyne war kaum geschlagen, als sie auch schon den Stoff
zu einem Drama hergeben mußte, betitelt: +The Royal Flight, or the
Conquest of Ireland, a Farce, 1690.+ Etwas Erbärmlicheres ist nie
geschrieben worden. Es verdient aber bemerkt zu werden, daß, obgleich
die Irländer allgemein als Feiglinge dargestellt werden, in diesem
elenden Stücke zu Gunsten Sarsfield's eine Ausnahme gemacht ist.
»Dieser Bursche,« sagt Jakob für sich, »wird mich am Ende wider meinen
Willen noch tapfer machen.« -- »Fluch meinem Unsterne,« sagt Sarsfield
nach der Schlacht, »daß ich detachirt werden mußte! Ich würde den
Händen der ketzerischen Fortuna den Sieg noch entrissen haben.«

[25] Sowohl La Hoguette als auch Zurlauben berichteten ihrer Regierung,
daß es nothwendig gewesen sei, auf die irischen Ausreißer zu feuern, da
sie sonst die französischen Reihen in Verwirrung gebracht haben würden.

[26] Baden an Van Citters, 8. (18.) Juli 1690.

[27] +New and Perfect Journal, 1690; Narcissus Luttrell's Diary.+

[28] Story; London Gazette vom 10. Juli 1690.

[29] +True and Perfect Journal; Villare Hibernicum; Story's Impartial
History.+

[30] Story; +True and Perfect Journal;+ London Gazette vom 10. Juli
1690; Burnet II. 51; +Leslie's Answer to King+.

[31] +Life of James II. 404. Orig. Mem.; Monthly Mercury, August 1690.+

[32] +True and Perfect Journal; London Gazette, July 10. 14. 1690;
Narcissus Luttrell's Diary.+ In dem +Life of James Bonnell, Accountant
General of Ireland, 1703+, kommt eine interessante religiöse
Betrachtung vor, aus der ich eine kurze Stelle anführen will. »Wir
sahen, wie die Protestanten an dem großen Tage unsrer Revolution,
Donnerstag den 3. Juli, einem Tage, dessen wir uns ewig mit der größten
Dankbarkeit erinnern werden, einander beglückwünschten und umarmten,
wenn sie sich begegneten, wie Leute, die vom Tode erstanden waren, wie
Brüder und Schwestern, die nach langer Trennung wieder vereinigt werden
und von Haus zu Haus gehen, um sich über Gottes große Gnade zu freuen
und einander zu fragen, wie sie die vergangenen Tage der Noth und des
Schreckens verlebt, welche Befürchtungen sie gehabt, welche Angst und
Gefahren sie bestanden; Die, welche im Gefängniß gesessen, wie sie ihre
Freiheit wiedererlangt hatten, wie sie behandelt worden waren und was
sie dann und wann von dem Stande der Dinge gedacht hatten.«

[33] +London Gazette, July 14. 1690; Story; True and Perfect Journal;+
Dumont-Manuscript. Dumont ist der Einzige, der die Krone erwähnt. Da
er anwesend war, konnte er sich nicht irren. Es war wahrscheinlich die
Krone, welche Jakob zu tragen pflegte, wenn er auf dem Throne in King's
Inns erschien.

[34] Monthly Mercury, August 1690; Burnet, II. 50; Dangeau, 2. August
1690, und Saint Simon's Note; +The Follies of France, or a true
Relation of the extravagant Rejoicings etc.+ datirt Paris, 8. Aug. 1690.

[35] +»Me tiene,«+ sagt der Marquis von Cogolludo, spanischer Minister
in Rom, über diese Nachricht, +»en sumo cuidado y desconsuelo, pues
esta seria la ultima ruina de la causa comun.«+ Cogolludo an Ronquillo,
Rom, 2. Aug. 1690.

[36] +Original Letters, published by Sir Henry Ellis.+

[37] »+Del sucesso de Irlanda doy a v. Exca la enorabuena, y le
aseguro no ha bastado casi la gente que tengo en la Secretaria para
repartir copias dello, pues le he enbiado a todo el lugar, y la primera
el Papa.+« Cogolludo an Ronquillo, Nachschrift zu dem Briefe vom
2. August. Cogolludo bedient sich natürlich des neuen Styls. Daher
hatte die Nachricht von der Schlacht drei Wochen Zeit gebraucht, ehe
sie nach Rom gelangte.

[38] Evelyn nennt es (25. Febr. 1689/90) »eine reizende Villa.«

[39] Marie an Wilhelm, 5. Juli 1690.

[40] Marie an Wilhelm, 6. und 7. Juli 1690; Burnet II. 55.

[41] Baden an Van Citters, 8. (18.) Juli 1690.

[42] Siehe zwei Briefe, welche den Memoiren des Intendanten Foucault
angehängt und in dem Werke des Herrn von Sirtema des Grovestins
abgedruckt sind. Im französischen Kriegsministerium befindet sich ein
Schreiben des Grafen von Bouridal aus Brest vom 11. (21.) Juli 1690,
worin der Graf sagt: +»Par la relation du combat que j'ay entendu faire
au Roy d'Angleterre et à plusieurs de sa suite en particulier, il ne
me paroit pas qu'il soit bien informé de tout ce qui s'est passé dans
cette action, et qu'il ne sçait que la déroute de ses troupes.«+

[43] Jakob führte diese Sprache nicht bei dieser Gelegenheit allein.
Aus einem der in der vorigen Anmerkung erwähnten Briefe geht hervor,
daß er auf seiner Reise von Brest nach Paris Jedermann sagte, die
Engländer erwarteten ihn mit Ungeduld. +»Ce pauvre prince croit que ses
sujets l'aiment encore.«+

[44] +Life of James, II. 411, 412.+ Burnet II. 57 und Dartmouth's Note.

[45] Siehe die Artikel +Galère+ und +Galérien+ in der +Encyclopédie+,
und die Abbildungen; +A True Relation of the Cruelties and Barbarities
of the French upon the English Prisoners of War, by R. Hutton, licensed
June 27, 1690.+

[46] Siehe die Sammlung von Denkmünzen Ludwig's XIV.

[47] Diese Anekdote, mag sie wahr oder erdichtet sein, circulirte
damals oder bald nachher. Im Jahre 1745 wurde sie als eine Geschichte
erwähnt, die alte Leute in ihrer Jugend gehört. Im Gentleman's Magazine
des genannten Jahres wird sie aus einer periodischen Schrift citirt.

[48] London Gazette vom 7. Juli 1690.

[49] +Narcissus Luttrell's Diary.+

[50] Ich gebe diese interessante Stelle in Van Citters' eigenen Worten:
+»Door geheel het zyk alles te voet en te paarde in de wapenen op was;
en't gene een seer groote gerustheyt gaf was dat alle en een yder even
seer tegen de Franse door de laatste voorgevallen bataille verbittert
en geanimeert waren. Gelyk door de troupes, dewelke ik op de weg alomme
gepasseert ben, niet anders heb konnen hooren als een eenparig en
general geluydt van God bless King William en Queen Mary.«+ 25. Juli
(4. Aug.) 1690.

[51] Ueber diese Expedition habe ich zu Rathe gezogen: Die Londoner
Gazette vom 24., 28., 31. Juli und 4. Aug. 1690; +Narcissus Luttrell's
Diary; Welwood's Mercurius Reformatus+ vom 5. Sept.; die Gazette de
Paris; einen Brief von Mr. Duke, einem Vicestatthalter von Devonshire,
an Hampden vom 25. Juli; einen Brief von Mr. Fulford von Fulford an
Lord Nottingham, vom 26. Juli; einen Brief vom nämlichen Datum von den
Vicestatthaltern von Devonshire an den Earl von Bath; einen Brief vom
nämlichen Datum von Lord Lansdowne an den Earl von Bath. Diese vier
Briefe befinden sich unter den Handschriften der Royal Irish Academy.
Auszüge aus der Fürbitte sind in Lyson's +Britannia+ enthalten.
Dangeau schrieb unterm 16. Aug. eine Reihe extravaganter Unwahrheiten
in sein Tagebuch. Tourville sollte die Miliz geschlagen, ihre Kanonen
und Fahnen erobert, Kriegsfahrzeuge verbrannt, reich befrachtete
Kauffahrteischiffe weggenommen haben und im Begriff stehen, Plymouth zu
zerstören. Es ist dies ein hübsches Pröbchen von Dangeau's englischen
Nachrichten. Er beklagt sich aber auch, daß es kaum möglich sei,
Zuverlässiges aus England zu erfahren.

[52] Widmung zu »Arthur.«

[53] Siehe die Berichte über Anderson's Prozeß, 1693; den Postman vom
12. März 1695/96; die Flying Post vom 7. März 1700; +Some Discourses
upon Dr. Burnet and Dr. Tillotson, by Hickes, 1695.+ Der Anhang zu
diesen Reden enthält einen interessanten Aufsatz über die Haussuchung
in den Druckereien unter dem Censurgesetz.

[54] Dies war die gewöhnliche Phrase der Jakobiten. Ein whiggistischer
Schriftsteller hatte im vorhergehenden Jahre sehr richtig gesagt:
»Sie nennen albernerweise unsren David einen Blutmenschen, obgleich
er bis diesen Augenblick noch nicht einen Tropfen vergossen hat.« --
+Mephibosheth and Ziba, licensed Aug. 30. 1689.+

[55] »Gieb uns die öffentliche Verehrung Deines Namens, die
ehrerbietige Darreichung Deiner Sacramente wieder. Stelle das frühere
Regiment in Kirche und Staat wieder her, damit wir nicht länger ohne
König, ohne Priester und ohne Gott in der Welt stehen.«

[56] +A Form of Prayer and Humiliation for God's Blessing upon His
Majesty, and for Removing and Avorting of God's Judgements from this
Church and State, 1690.+

[57] Anspielung auf das Schicksal der Gebrüder De Witt. -- Der Uebers.

[58] Brief von Lloyd, Bischof von Norwich, an Sancroft in den
Tanner'schen Handschriften.

[59] +Narcissus Luttrell's Diary+.

[60] +A Modest Inquiry into the Causes of the present Disasters in
England, and who they are that brought the French into the English
Channel described, 1690; Reflections upon a Form of Prayer lately
set out for the Jacobites, 1690; A Midnight Touch at an Unlicensed
Pamphlet, 1690.+ Die von den eidverweigernden Bischöfen veröffentlichte
Schrift ist oft neugedruckt worden.

[61] Wilhelm an Heinsius, 4. (14.) Juli 1690.

[62] Story; London Gazette vom 4. Aug. 1690; Dumont-Manuscript.

[63] Story; Wilhelm an Heinsius, 31. Juli (10. Aug.) 1690; London
Gazette vom 11. August.

[64] Marie an Wilhelm, 7. (17.) Aug., 22. Aug. (1. Sept.), 26. Aug.
(5. Sept.) 1690.

[65] +Macariae Excidium; Mac Geoghegan; Life of James, II. 420; London
Gazette, Aug. 14. 1690.+

[66] Die Ungeduld Lauzun's und seiner Landsleute, aus Irland
fortzukommen, wird in einem in den Memoiren Jakob's, II. 421
angeführten Briefe vom 21. Oct. 1690 erwähnt. +»Asimo,«+ sagt Oberst
Kelley, der Verfasser des +Macariae Excidium+, +»diuturnam absentiam
tam aegre molesteque ferebat ut bellum in Cypro protrahi continuarique
ipso ei auditu acerbissimum esset. Nec incredibile est ducum in illius
exercitu nonnullos, potissimum qui patrii coeli dulcedinem impatientius
suspirabant, sibi persuasisse desperatas Cypri res nulla humana ope
defendi sustentarique posse.«+ Asimo ist Lauzun und Cyprus Irland.

[67] +»Pauci illi ex Cilicibus aulicis, qui cum regina in Syria
commorante, remanserant, ... non cessabant universam nationem foede
traducere, et ingestis insuper convitiis lacerare, pavidos et malefidos
proditores ac mortalium consceleratissimos publice appellando.«+ --
+Macariae Excidium.+ Die Cilicier sind die Engländer. Syrien ist
Frankreich.

[68] +»Tanta infamia tam operoso artificio et subtili commento in
vulgus sparsa, tam constantibus de Cypriorum perfidia atque opprobrio
rumoribus, totam, qua lata est, Syriam ita pervasit, ut mercatores
Cyprii, ... propter inustum genti dedecus, intra domorum septa clausi
nunquam prodire auderent; tanto eorum odio populus in universum
exarserat.+« -- +Macariae Excidium.+

[69] Ich habe diese Behauptung in einer gleichzeitigen Flugschrift
gelesen, deren Titel mir entfallen ist.

[70] Story; Dumont-Manuscript.

[71] +Macariae Excidium.+ Boisseleau bemerkte die Ebbe und Fluth der
Tapferkeit unter den Irländern. Ich habe bereits einen seiner Briefe an
seine Gattin angeführt. Es ist nicht mehr als billig auch einen andren
anzuführen. +»Nos Irlandois n'avoient jamais vu le feu; et cela les
a surpris. Presentement, ils sont si fâchés de n'avoir pas fait leur
devoir que je suis bien persuadé qu'ils feront mieux pour l'avenir.«+

[72] La Hoguette sagt in einem Briefe an Louvois, den er unterm
31. Juli (10. Aug.) 1690 aus Limerick schrieb, von Tyrconnel: +»Il a
d'ailleurs trop peu de connoissance des choses de notre metier. Il a
perdu absolument la confiance des officiers du pays, surtout depuis le
jour de notre déroute; et, en effet, Monseigneur, je me crois obligé
de vous dire que dès le moment où les ennemis parurent sur le bord de
la rivière le premier jour, et dans toute la journée du lendemain,
il parut à tout le monde dans une si grande léthargie qu'il étoit
incapable de prendre aucun parti, quelque chose qu'on lui proposât.«+

[73] Desgrigny sagt von den Irländern: +»Ils sont toujours prêts de
nous égorger par l'antipathie qu'ils ont pour nous. C'est la nation du
monde la plus brutale, et qui a le moins d'humanité.«+ 12. (22.) Aug.
1690.

[74] +Story; Account of the Cities in Ireland that are still possessed
by the Forces of King James, 1690.+ Im Britischen Museum befinden sich
einige interessante alte Pläne von Limerick.

[75] Story; Dumont-Manuscript.

[76] Story; Jakob II. 416; Burnet II. 56; Dumont-Manuscript.

[77] Story; Dumont-Manuscript.

[78] Siehe die Abhandlung über die O'Donnel in Sir Wilhelm Betham's
+Irish Antiquarian Researches+. Es ist sonderbar, daß er Baldearg,
dessen Erscheinen in Irland das außerordentlichste Ereigniß in der
ganzen Geschichte des Volks ist, gar nicht erwähnt. Siehe auch Story's
+Impartial History; Macariae Excidium+ und Mr. O'Callaghan's Note;
+Life of James, II. 434+; den Brief O'Donnel's an Avaux und die
Denkschrift: +»Mémoire donnée par un homme du Comte O'Donnel à M.
d'Avaux.«+

[79] Der Leser wird sich der Erklärung des Corporals Trim von innerer
Wärme und innerer Feuchtigkeit erinnern. Sterne ist in diesen Dingen
eine nicht zu verachtende Autorität. Er verlebte seine Jugendjahre in
den Kasernen, hörte beständig die Erzählungen alter Soldaten an, welche
unter König Wilhelm gedient hatten, und benutzte ihre Geschichten mit
wahrer Genialität.

[80] Story; Wilhelm an Waldeck, 22. Sept. 1690; London Gazette vom
4. Sept. Berwick behauptet daß, als die Belagerung aufgehoben wurde,
seit vier Wochen kein Tropfen Regen gefallen sei, daß es auch die
darauffolgenden drei Wochen nicht geregnet habe und daß Wilhelm
das schlechte Wetter nur vorgeschützt habe, um die Schande seiner
Niederlage zu verdecken. Story, der mit an Ort und Stelle war, sagt:
»Der ganze Himmel war mit Wolken umzogen und es regnete sehr stark, so
daß Jedermann wegen der Folgen besorgt zu werden begann;« dann wieder:
»Der bisher gefallene Regen hatte die Straßen durchweicht ... Das war
einer der Hauptgründe für die Aufhebung der Belagerung, denn hätten wir
dies nicht gethan und das Wetter wäre schlecht geblieben, so hätten wir
entweder die Stadt nehmen oder unsere Kanonen im Stich lassen müssen.«
Dumont, ebenfalls ein Augenzeuge, sagt, daß es vor der Aufhebung der
Belagerung äußerst heftig geregnet habe, daß der Shannon angeschwollen,
die Erde durchweicht gewesen sei und daß die Pferde keinen festen Grund
mehr gehabt hätten.

[81] London Gazette vom 11. Sept. 1690; +Narcissus Luttrell's Diary.+
Ich habe eine damals erschienene Abbildung von Coventgarden mit der
Scene dieser Nacht gesehen.

[82] Van Citters an die Generalstaaten, 19. (29.) März 1689.

[83] Ueber Marlborough's Expedition siehe Story's +Impartial History;
Life of James II. 419, 420;+ London Gazette vom 6., 13., 16., 27.,
30. Oct. 1690; Monthly Mercury, Nov. 1690; +History of King William,
1702; Burnet II. 60; The Life of Joseph Pike, a Quaker of Cork.+

[84] Balcarras; Annandale's Bekenntniß in den +Leven and Melville
Papers+; Burnet II. 35. Ueber Payne siehe die +Second Modest Inquiry
into the Cause of the present Disasters+, 1690.

[85] +Balcarras; Mackay's Memoirs; History of the late Revolution in
Scotland, 1690;+ Livingstone's Rapport vom 1. Mai; London Gazette vom
12. Mai 1690.

[86] +History of the late Revolution in Scotland, 1690.+

[87] Mackay's Memoiren und Briefe an Hamilton vom 20. und 24. Juni
1690; Oberst Hill an Melville von 10. und 26. Juli; London Gazette vom
17. und 21. Juli. In Bezug auf Inverlochy siehe unter den +Culloden
Papers+ einen damals von dem Vater des Präsidenten Forbes entworfenen
Plan zur Aufrechthaltung der Ruhe in den Hochlanden.

[88] Balcarras.

[89] Siehe die Instructionen des Lord Obercommissars in den +Leven and
Melville Papers+.

[90] Balcarras.

[91] +Act. Parl. June 7. 1690.+

[92] Balcarras.

[93] +Faithful Contendings Displayed; Case of the present Afflicted
Episcopal Clergy in Scotland, 1690.+

[94] +Act. Parl. April 25. 1690.+

[95] Siehe die +Humble Address of the Presbyterian Ministers and
Professors of the Church of Scotland to His Grace His Majesty's High
Commissioner and to the Right Honourable the Estates of Parliament.+

[96] Siehe den +Account of the late Establishment of Presbyterian
Government by the Parliament of Scotland, Anno 1690+. Diese Darstellung
ist im bischöflichen Sinne geschrieben. +Act. Parl. May 26. 1690.+

[97] +Act. Parl. June 7. 1690.+

[98] +An Historical Relation of the late Presbyterian General Assembly
in a Letter from a Person in Edinburgh to his Friend in London. London,
licensed April 20. 1691.+

[99] +Account of the late Establishment of the Presbyterian Government
by the Parliament of Scotland, 1690.+

[100] +Act. Parl. July 7, 1690.+

[101] +Act. Parl. July 19. 1690;+ Lockhart an Melville, 29. April 1690.

[102] Balcarras; Annandale's Bekenntniß in den +Leven and Melville
Papers+.

[103] Balcarras; Anmerkungen zu Roß' Bekenntniß in den +Leven and
Melville Papers+.

[104] Balcarras; Mariens Erzählung ihrer Unterredung mit Montgomery,
gedruckt in den +Leven and Melville Papers+.

[105] Vergleiche Balcarras mit Burnet II. 62. Das Pamphlet: +Great
Britain's Just Complaint+ ist eine gute Probe von Montgomery's
Schreibweise.

[106] Balcarras; Annandale's Bekenntniß.

[107] Burnet II. 62; Lockhart an Melville, 30. Aug. 1690, und Crawford
an Melville, 11. Dec. 1690 in den +Leven and Melville Papers+; Neville
Payne's Brief vom 3. Dec. 1692, gedruckt 1693.

[108] +Historical Relation of the late Presbyterian General Assembly,
1691; The Presbyterian Inquisition as it was lately practised against
the Professors of the College of Edinburgh, 1691.+

[109] Eine der interessantesten unter den vielen interessanten
Schriften, welche von den Covenanters der damaligen Generation
veröffentlicht wurden, ist betitelt: +Nathaniel, or the Dying Testimony
of John Matthieson in Closeburn+. Matthieson starb erst 1709, sein
+Testimony+ aber wurde einige Jahre früher geschrieben, als er dem
Tode entgegensah. »Und jetzt,« sagt er, »will ich, als ein Sterbender,
Euch, die Ihr nach mir leben sollt, mit wenigen Worten meine Gedanken
über die jetzigen Zeiten sagen. Als ich sah, oder vielmehr hörte,
daß der Prinz und die Prinzessin von Oranien auf den Thron erhoben
worden, daß er aber allen Mördern der Heiligen verziehen, daß er alle
die blutigen Bestien, Soldaten und Andere, alle jene Beamten ihres
Staates und Heeres und alle die blutigen Rathgeber, bürgerliche und
geistliche, wieder aufgenommen und daß er jenen Sohn Belial's, seinen
Schwiegervater, der nach allen göttlichen und menschlichen Gesetzen
hätte sterben sollen, habe entkommen lassen, da wußte ich, daß er die
Sache und das Werk Gottes nicht fördern werde.«

[110] Siehe das +Dying Testimony of Mr. Robert Smith, Student of
Divinity, who lived in Douglas Town, in the Shire of Clydesdale,
who died about two o'clock in the Sabbath morning, Dec. 13. 1724,
aged 58 years+, und das +Dying Testimony of William Wilson, sometime
Schoolmaster of Park in the Parish of Douglas, aged 68, who died May 7.
1757.+

[111] Siehe das in der vorigen Anmerkung erwähnte +Dying Testimony
of William Wilson+. Es muß bemerkt werden, daß die Theologen des
Vereinigten Presbyteriums bezüglich des Hexenwesens ebenso verkehrte
Ansichten hatten wie dieser geistesschwache Pfarrer. Siehe ihre +Act,
Declaration and Testimony, published in 1773 by Adam Gib.+

[112] Im Jahre 1791 schrieb Thomas Henderson von Paisley zur
Vertheidigung einiger Separatisten, die sich die reformirten
Presbyterianer nannten, gegen einen Schriftsteller, der sie beschuldigt
hatte, daß sie »den gegenwärtigen vortrefflichen Souverain nicht als
den rechtmäßigen König von Großbritannien anerkennen wollten.« »Die
reformirten Presbyterianer und ihre Freunde sind gerade nicht gewohnt,
den Fürsten schmeichelhafte Titel zu geben« ... »Sie empfinden jedoch
keinen Haß gegen die Person des jetzigen Gewalthabers noch gegen
irgend eine der guten Eigenschaften, die er besitzt. Sie wünschen
aufrichtig, daß er sich durch andere Dinge als durch den bloßen äußeren
Königstitel auszeichne, daß er mit dem Ebenbilde Christi geschmückt
sei etc. etc. etc.« »Aber als rechtmäßigen König über diese unter dem
Covenant stehenden Lande können sie weder ihn noch irgend Einen von
bischöflicher Glaubensrichtung unter keinen Umständen anerkennen.«

[113] Ein Fanatiker, Namens Georg Calderwood, beschuldigt in seiner
Vorrede zu einer im Jahre 1806 erschienenen +Collection of Dying
Testimonies+ selbst die reformirten Presbyterianer verwerflicher
Nachgiebigkeit. »Was die reformirten Presbyterianer betrifft,« sagt
er, »so haben sie, obgleich sie das Märtyrerzeugniß vollständig
anzuerkennen behaupten, jetzt so viele neue Unterscheidungen angenommen
und die alten aufgegeben, daß sie dadurch klar bewiesen haben, daß
sie jetzt weder das Märtyrerzeugniß, noch selbst das, welches diese
Presbyterianer anfangs adoptirt hatten, aufrechterhalten. Als die
reformirten Presbyterianer noch in der Kindheit waren und einigen
Anschein von Aufrichtigkeit und Gläubigkeit zeigten, wurden sie von
allen anderen Parteien deshalb getadelt, daß sie Unterscheidungen
aufstellten, die kein Mensch rechtfertigen könne, das heißt Diejenigen
nicht in ihre Gemeinschaft aufnehmen wollten, welche die Landsteuer
bezahlten oder sich schriftlich dazu verpflichteten; jetzt aber können
sie in ihre Gemeinschaften sowohl Vorgesetzte als auch Mitglieder
aufnehmen, welche freiwillig alle Steuern bezahlen und Steuercontracte
unterschreiben ...« »Wir verweisen nur auf die Bücher der Regierung,
wie viele ihrer Mitglieder seit dem Beginn des französischen Kriegs
Vertrauensstellen angenommen haben, um jeden Augenblick dem Rufe der
Regierung zu folgen, wie z.B. als Waffenträger, als Viehtreiber, zum
Wegesperren etc., und was ist ihre ganze Handelsfreiheit zu Wasser und
zu Lande Andres als ein Dienen unter einer Regierung?«

[114] Der König an Melville, 22. Mai 1690 in den +Leven and Melville
Papers+.

[115] +Account of the Establishment of Presbyterian Government.+

[116] Carmichael's gute Eigenschaften werden von den Episkopalen
vollkommen anerkannt. Siehe die +Historical Relation of the late
Presbyterian General Assembly and the Presbyterian Inquisition.+

[117] Siehe in den +Leven and Melville Papers+ die Briefe, welche
Melville damals aus London an Crawford, Rule, Williamson und andere
heftige Presbyterianer schrieb. Er sagt: »Die vertriebenen und zu
uns herübergekommenen Geistlichen beschweren sich laut, und Viele
hier ermuthigen sie dazu und freuen sich darüber. Es bedarf jetzt der
größtmöglichen Besonnenheit und Mäßigung, wenn wir uns nicht der Gefahr
eines allgemeinen Umsturzes aussetzen wollen; nehmen Sie dies in vollem
Ernste und nicht als bloße Hirngespinnste und leere Befürchtungen.«

[118] +Principal Acts of the General Assembly of the Church of
Scotland held in and begun at Edinburgh the 16the day of October 1690,
Edinburgh, 1691.+

[119] Monthly Mercury; London Gazette vom 3. und 6. Nov. 1690.

[120] Van Citters an die Generalstaaten, 3. (13.) Oct. 1690.

[121] +Lords' Journals, Oct. 6. 1690; Commons' Journals, Oct. 8.+

[122] Ich weiß nicht, ob dieses Libell je gedruckt worden ist. Ich habe
es nur in zwei gleichzeitigen Handschriften gesehen. Es ist betitelt:
+The Opening of the Session, 1690.+

[123] +Commons' Journals, Oct. 9. 10. 13. 14. 1690.+

[124] +Commons' Journals+ vom December 1690, namentlich vom 26.; +Stat.
2 W. & M. sess. 2. c. 11.+

[125] +Stat. 2 W. & M. sess. 2. c. 1, 3, 4.+

[126] Burnet II. 67. Siehe die Protokolle beider Häuser, besonders die
der Gemeinen vom 19. Dec. und die der Lords vom 30. Dec. und 1. Januar.
Die Bill selbst findet man in den Archiven des Hauses der Lords.

[127] +Lords' Journals, Oct. 30. 1690.+ Die Zahlen sind in den
Protokollen der Lords niemals angegeben. Daß die Majorität nur zwei
Stimmen betrug, wird von Ralph versichert, der vermuthlich eine Quelle
hatte, die ich nicht habe ausfindig machen können.

[128] Van Citters an die Generalstaaten, 14. (24.) Nov, 1690. Rede des
Earl von Torrington vor dem Hause der Gemeinen, 1710.

[129] Burnet II. 67, 68.; Van Citters an die Generalstaaten, 20. Nov.
(1. Dec.), 9. (19.), 12. (22.), 16. (26.) Dec. 1690; +An impartial
Account of some remarkable Passages in the Life of Arthur, Earl
of Torrington, together with some modest Remarks on the Trial and
Acquitment, 1691; Reasons for the Trial of the Earl of Torrington by
Impeachment, 1690; The Parable of the Bearbaiting, 1690; The Earl of
Torrington's Speech to the House of Commons, 1710.+ Daß Torrington von
den Peers kalt aufgenommen wurde, ersah ich aus einem Artikel in den
+Noticias Ordinarias+ vom 6. Februar 1691, Madrid.

[130] In einem whiggistischen Spottgedicht von diesem Jahre kommen die
Strophen vor:

  »Wir glaubten David folgte Saul,
  Als Wilhelm stieg nach Jakob's Falle;
  Doch König Thomas lenkt sie Alle.«

In einem andren heißt es:

  »Als Karl den Thron schien einzunehmen,
  Mußt England über den Tyrannen Tom sich grämen.«

Ein drittes sagt:

  »Der Tom aus Yorkshire ward ein großer Mann
  Wie und warum Euch Niemand sagen kann;
  Falsch wie er gegen seinen Herrn und König war,
  Wird er auch gegen euch sein immerdar.«

[131] Ein whiggistischer Dichter vergleicht die beiden Marquis, wie sie
oft genannt wurden und giebt Georg den Vorzug vor Thomas:

  »Muß es durchaus ein Marquis sein
    So nehmt 'nen bessern an,
  Der, wenn du fehlst, uns kann erfreun
    und ist ein weis'rer Mann.«

[132] »Ein hagrer Geist den König in seinen Klauen hält.«

[133] »Sein blaues Band schlingt ihm um Hals und Ohr
      Und zieht ihn an den Galgen hoch empor;
      Und für Mylady einen Karren bringt herbei
      Deß Zugthier ihr Herr Sohn und Erbe sei.«

[134] Ueber die Pläne der Whigs gegen Caermarthen sehe man Burnet II.
68, 69, und einen sehr bedeutsamen Protest in den Protokollen der Lords
vom 30. October 1690. Ueber das Verhältniß zwischen Caermarthen und
Godolphin siehe Godolphin's Brief an Wilhelm vom 20. März 1691 bei
Dalrymple.

[135] Mein Bericht über diese Verschwörung ist hauptsächlich den
mündlichen und schriftlichen Aussagen entlehnt, welche bei dem Prozesse
der Verschwörer vorgebracht wurden. Siehe auch Burnet II. 69, 70,
und +Life of James, II. 441.+ Narcissus Luttrell bemerkt, daß zu den
Berathungen der Verschwörer kein Katholik zugelassen worden sei.

[136] Die Aechtheit dieser Briefe wurde einmal aus sehr unhaltbaren
Gründen bestritten. Der Brief von Turner an Sancroft aber, der sich
unter den Tannerschen Papieren in der Bodlejanischen Bibliothek
befindet und den man in +The Life of Ken, by a Layman+ nachlesen kann,
muß auch den Ungläubigsten überzeugen.

[137] Die Worte sind: »Die +Modest Inquiry+ -- Des Bischofs Antwort --
Nicht ihr Erkalten -- Nur um Freunde zufriedenzustellen.« Die +Modest
Inquiry+ war das Pamphlet, das vom Dewitten sprach.

[138] +Lord's and Commons' Journals, Jan. 5. 1690/91; London Gazette,
Jan. 8.+


    Stereotypie und Druck von Philipp Reclam +jun.+ in Leipzig.


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  | Anmerkungen zur Transkription                                |
  |                                                              |
  | Eigentümliche und falsche Schreibseisen des Autors wurden    |
  | belassen, wenn sie durchgängig benutzt wurden, wie           |
  | beispielsweise: Strapatzen, erwiedern, Schaffot.             |
  |                                                              |
  | Inkonsistenzen wurden nicht geändert, wenn beide             |
  | Schreibweisen gebräuchlich waren, wie:                       |
  |                                                              |
  | andere -- andre                                              |
  | aufsässigen -- aufsätzigen                                   |
  | blos -- bloß                                                 |
  | Brod -- Brot                                                 |
  | Character -- Charakter                                       |
  | Edinburg -- Edinburgh                                        |
  | eigne -- eigene                                              |
  | eingeborenen -- eingebornen                                  |
  | Ernesees -- Ernesee's                                        |
  | factisch -- faktisch                                         |
  | Feldzuges -- Feldzugs                                        |
  | finstren -- finsteren                                        |
  | Galerie -- Gallerie                                          |
  | Generalfiscal -- Generalfiskal                               |
  | Geschworene -- Geschwornen                                   |
  | Gewissensskrupel -- Gewissensscrupel                         |
  | ins -- in's                                                  |
  | Offizierpatente -- Offizierspatente                          |
  | oxforder -- Oxforder                                         |
  | Sacramente -- Sakramente                                     |
  | Sclavenhandel -- Sklaven                                     |
  | Secten -- Sekten                                             |
  | Tanner'schen -- Tannerschen                                  |
  | ungeheuere -- ungeheure                                      |
  | unsere -- unsre                                              |
  | Urtel -- Urtheil                                             |
  | Werks -- Werkes                                              |
  |                                                              |
  | Die folgenden Korrekturen wurden vorgenommen:                |
  |                                                              |
  | Kapitel 15                                                   |
  | Die Whigs widersetzen sich seiner Reise nach Irland.      27 |
  |     (im Inhaltsverzeichnis ergänzt)                          |
  | Das Parlament prorogirt                                   95 |
  |     (falsche Seitennummer geändert in 59)                    |
  | XV.7  »communicrt« durch »communicirt« ersetzt.              |
  | XV.7  »Thistlewood« durch »Whistlewood« ersetzt.             |
  | XV.9  »Baggage« durch »Bagage« ersetzt.                      |
  | XV.10 »Fluglätter« durch »Flugblätter« ersetzt.              |
  | XV.12 »Anatemen« durch »Anathemen« ersetzt.                  |
  | XV.12 »Memorien« durch »Memoiren« ersetzt (2. Fußnote).      |
  | XV.16 »Verbingungsglied« durch »Verbindungsglied« ersetzt.   |
  | XV.18 »Royer's« durch »Boyer's« ersetzt (1. Fußnote).        |
  | XV.22 »unwiderbringlich« durch »unwiederbringlich« ersetzt   |
  |       (1. Fußnote).                                          |
  | XV.28 »là dessus« durch »là-dessus« ersetzt (3. Fußnote).    |
  | XV.29 »vairez« durch »voirez« ersetzt (1. Fußnote).          |
  | XV.36 »analisirt« durch »analysirt« ersetzt.                 |
  | XV.38 »Salee« durch »Sallee« ersetzt.                        |
  | XV.45 »Seitens« durch »seitens« ersetzt.                     |
  | XV.45 »unabängigen« durch »unabhängigen« ersetzt.            |
  | XV.48 »Fernale« durch »Female« ersetzt (1. Fußnote).         |
  | XV.59 »Verläumdungen« durch »Verleumdungen« ersetzt.         |
  | XV.60 »Baggagewagen« durch »Bagagewagen« ersetzt.            |
  | XV.61 »nonnoye« durch »monnoye« ersetzt (2. Fußnote).        |
  | XV.65 »Memoire« durch »Mémoire« ersetzt (1. Fußnote).        |
  | XV.69 »intellectulle« durch »intellectuelle« ersetzt.        |
  | XV.72 »Mitglider« durch »Mitglieder« ersetzt (1. Fußnote).   |
  | XV.78 »Russel« durch »Russell« ersetzt.                      |
  |                                                              |
  | Kapitel 16                                                   |
  | Wilhelm's Einzug in Dublin                                33 |
  |       (falsche Seitennummer geändert in 23)                  |
  | Klagen der Episkopalen                                    63 |
  |       (falsche Seitennummer geändert in 62)                  |
  |                                                              |
  | XVI.12 »Refugié's« durch »Refugiés« ersetzt.                 |
  | XVI.13 »Finglaß« durch »Finglas« ersetzt (2. Fußnote).       |
  | XVI.13 »die eine Pistolenholster« durch »eines der           |
  |        Pistolenholster« ersetzt.                             |
  |        (im engl. Original:  »one of the holsters«).          |
  | XVI.23 »Neophiten« durch »Neophyten« ersetzt.                |
  | XVI.23 »Bonnel« durch »Bonnell« ersetzt (erste Fußnote).     |
  | XVI.25 »embiado« durch »enbiado« ersetzt (2. Fußnote).       |
  | XVI.27 »Bauridal« durch »Bouridal« ersetzt (1. Fußnote).     |
  | XVI.31 »zerrißen« durch »zerrissen« ersetzt.                 |
  | XVI.38 »Cyro« durch »Cypro« ersetzt (1. Fußnote).            |
  | XVI.38 »centinuarique« durch »continuarique« ersetzt         |
  |        (1. Fußnote).                                         |
  | XVI.38 »mercatorus« durch »mercatores« ersetzt (3. Fußnote). |
  | XVI.43 »Reihefolge« durch »Reihenfolge« ersetzt.             |
  | XVI.44 »Granaden« durch »Granaten« ersetzt.                  |
  | XVI.48 »sichtbbar« durch »sichtbar« ersetzt.                 |
  | XVI.55 »Adress« durch »Address« ersetzt (1. Fußnote).        |
  | XVI.65 »Testymony« durch »Testimony« ersetzt (2. Fußnote).   |
  | XVI.71 »flehendlich« durch »flehentlich« ersetzt.            |
  |                                                              |
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