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Title: Der Begriff der Religion im System der Philosophie
Author: Cohen, Hermann
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Der Begriff der Religion im System der Philosophie" ***


Anmerkungen zur Transkription:

Die Rechtschreibung und Zeichensetzung des Originals wurde weitgehend
übernommen, lediglich offensichtliche Druckfehler sowie innerhalb des
Werkes voneinander abweichende Schreibweisen wurden korrigiert. Am
Ende des Textes befindet sich eine Liste korrigierter Druckfehler. Im
Original gesperrt gedruckte Passagen sind hier =so= markiert, kursiv
gedruckte Wörter sind auf _diese_ Weise kenntlich gemacht.



                         DER BEGRIFF DER RELIGION
                         IM SYSTEM DER PHILOSOPHIE

                                    VON

                               HERMANN COHEN


                              [Illustration]


                        VERLAG VON ALFRED TÖPELMANN
                     (VORMALS J. RICKER) GIESSEN 1915



                          PHILOSOPHISCHE ARBEITEN

                             HERAUSGEGEBEN VON

                       HERMANN COHEN UND PAUL NATORP
                         IN BERLIN       IN MARBURG

                              X. BAND 1. HEFT



     Alle Rechte, insbesondere das Recht der Übersetzung, vorbehalten.

                    Copyright 1915 by Alfred Töpelmann
  (Vorgeschriebener Wortlaut für den Schutz des Urheberrechts in Amerika)



                           DER MARBURGER SCHULE

                          IN DANK UND ZUVERSICHT

                                 GEWIDMET



Vorrede.


Die Widmung dieser Schrift ist zu allernächst die schuldige Antwort auf
die Sammlung der »Philosophischen Abhandlungen«, mit der die Freunde
meinen 70. Geburtstag ausgezeichnet haben. Wie ich nun in dieser Schrift
den systematischen Begriff der Religion in dem Begriffe des Individuums
zu begründen suche, so wende ich mich auch an die lieben Freunde, die
persönlichen Träger und Glieder dieser Schule, mit meinem innigen Danke,
mit meinen treuen Wünschen und Hoffnungen für die Erhaltung und
Hochhaltung unserer Arbeitsgemeinschaft, der immer neue Anhänger des
Geistes unserer Methode sich anschließen mögen.

Das Alter ist die Zeit des Gedenkens. Der Greis hängt sich an die
Vergangenheit, wenn er noch so sehr den Blick in die Zukunft sich zu
bewahren strebt. Es teilen sich dem Alter auch immer mehr
Lebensabschnitte ein, die das Gedenken fruchtbar machen sollen. Auch
diese Widmung fällt in die Zeit, in der ich vor funfzig Jahren die
philosophische Doktorwürde erlangte. Und obzwar ich von da ab den
damaligen Verhältnissen des philosophischen Studiums gemäß eine geraume
Wartezeit mir auferlegte, so lenkt sich zugleich jetzt die Erinnerung
unwillkürlich zurück an meine Aufnahme in Marburg, die ich nicht
überschätze, wenn ich sie als ein bedeutsames Beispiel, vielleicht darf
ich sagen, als ein Vorbild in der Geschichte der Habilitationen
bezeichne.

Hier muß ich nun wiederum des herrlichen Mannes zuallererst gedenken,
der, eine lebendige Personifikation des deutschen Idealismus, nicht nur
den Eintritt dort mir ermöglicht, sondern auch mit seinem Ansehen bei
dem gesamten Lehrkörper das allgemeine Vertrauen in mein Wollen und
Streben alsbald mir geworben und befestigt hat.

Mit =Friederich Albert Lange= muß mein Gedenken nun auch alle die Männer
verknüpfen, die durch ihr sachliches Zutrauen und ihre persönliche
Sympathie in diesen ersten Anfängen mein Wirken unterstützten. Alle
diese Männer hatten noch das historische Bewußtsein von der Bedeutung
der Philosophie überhaupt für das wahrhaftige Leben der Universität. Und
wenn sie auch nicht alle meine ersten Arbeiten in eigener Lektüre
begleiteten, so hatten sie doch alle die wissenschaftliche Überzeugung,
daß ein rechter Weg da angebahnt werde, daß der neue Weg zu Kant einen
Einschnitt und einen Aufstieg bedeute in der Laufbahn des deutschen
Geistes. Aus allen Wissenschaften und Fakultäten wurde ich durch
einsichtige Zustimmung zu der angestrebten Arbeitsweise ermutigt. Sie
sind fast alle inzwischen dahingegangen, und ihnen allen habe ich, wenn
auch in verschiedenem Grade, zu danken. Nur die Gruppen seien
bezeichnet. Mit den Philologen verbanden sich die Historiker und nicht
minder die Theologen, aber auch die Naturforscher und Mediziner
schenkten mir ihr Interesse für meine literarische, wie auch für meine
Lehrtätigkeit, sofern sie in dem Studium der wissenschaftlichen Fächer
Blüten hervortrieb.

Die ersten Jahre nach der Gründung des Reiches, der ideale Aufschwung
des Nationalbewußtseins im echten deutschen Geiste begünstigte meine
ersten Schritte. Als dann aber auch in die philosophische Klause, die in
geräuschloser Stille und nur in engen Kreisen arbeiten wollte, die
andere Zeitwendung mit ihrer Mißstimmung und Ungunst hereinbrach, da war
zuvor schon der Beistand erschienen und rastlos erstarkt, ohne den die
Schule nicht zu ihrer Gediegenheit hätte kommen können, der mir selbst
in den schweren Kämpfen, die ich für die Sache der Philosophie, wie wir
sie bekennen, in wachsender Schärfe zu bestehen hatte, ein starker und
zuverlässiger Helfer wurde, und von dessen unermüdlicher Schaffenskraft,
wie von seiner Hingebung an alle die großen und die kleineren Aufgaben
des philosophischen Lehrers die Zukunft der Schule zu allernächst
abhängt: =Paul Natorp= sei an diesem Lebensabschnitt mein Dank aus
tiefster Seele ausgesprochen.

Die Schule besteht von Anfang an nicht nur aus unmittelbaren Schülern,
und der Anschluß von außerhalb dürfte ihr höheres Recht bewähren. Einem
solchen Freunde habe ich hier noch zu danken für das Dokument einer
Gemeinschaft des Geistes und der Gesinnung, das er diesem Büchlein in
dem Kunstwerke des Index gestiftet hat. Möge diese Krönung meiner Arbeit
weithin nicht nur das Studium ihrer selbst erleichtern, sondern auch für
das gesamte System sich als Wegweiser und Führer nützlich erweisen.

So habe ich denn in dem Vorwort dieser Widmung den Weg beschritten, auf
den der Grundgedanke dieser Schrift hinweist. Auch hier ist der Begriff
der Schule kein Kollektivbegriff geblieben, sondern menschliche Personen
hat die Dankbarkeit hervorgehoben: ohne deren Vorarbeit die Schule nicht
hätte ins Leben treten können -- auf deren Erfolg wir nicht
hingearbeitet, nicht hingedacht hatten, deren Erscheinung wir schon
unter der Ungunst der allgemein herrschenden Verhältnisse nicht erwarten
konnten. Daher beirrt uns aber auch die Situation nicht, die inzwischen
eingetreten und der alsbald die große Zeit der Sorgen und der Hoffnungen
gefolgt ist. Der wissenschaftliche Charakter, den eine Universität
einmal, in einer engsten Richtung selbst, angenommen hat, behält seine
Tradition in der Geschichte -- zumal wenn er von einer verwandten
Geistesrichtung als genius loci bestätigt wird. Und solche Hilfe hat die
Theologie in die Annalen der alma mater Philippina für uns eingetragen.
Auch diesen Dank möchte diese Schrift über Religion endlich noch
andeuten dürfen.

Und so lasset uns unverzagt und unentwegt weiter arbeiten, im
unerschütterlichen Vertrauen auf die fortwirkende Gemeinschaft des
Geistes in allen Richtungen des deutschen Schaffens mit seiner
Philosophie.



Inhaltsverzeichnis.


                                                             Seite
    I. Das Problem des Begriffs der Religion im Verhältnis zur
       Religionsgeschichte und zur Metaphysik                    1

   II. Das Verhältnis der Religion zur Logik                    16

  III. Das Verhältnis der Religion zur Ethik                    32

   IV. Das Verhältnis der Religion zur Ästhetik                 85

    V. Das Verhältnis der Religion zur Psychologie             108

  Register                                                     141



I. Das Problem des Begriffs der Religion im Verhältnis zur
Religionsgeschichte und zur Metaphysik.


1. Den =Begriff einer Wissenschaft= zu bestimmen, ist überall eine
schwierige Aufgabe. Und nicht leichter wahrlich ist die
Begriffsbestimmung bei einem Faktum der geistigen Kultur, dessen
Charakter als Wissenschaft zweifelhaft ist. Hier scheint die einzige
Möglichkeit, zu einem Begriffe zu gelangen, bei der =Induktion= gelegen.
Ihr schwebt der Begriff nur als ein =allgemeines Ziel= vor, dem Sammlung
und Sichtung zugehöriger Tatsachen, soweit das Material sich ausdehnt,
dennoch zustreben soll und kann.

Über die Zweideutigkeit, die in dem Symptom der =Zugehörigkeit= liegt,
setzt man sich hinweg. Sie bleibt in der Schwebe mit dem gesuchten
Begriffe. Aber wie anders sollte man diesen Begriff erfassen können,
erfassen wollen, denn als das =Allgemeine=, welches das zu suchende
Material der Tatsachen unter dem Gesichtspunkte der Zugehörigkeit zu
ordnen erdacht wird?

2. So ist in der neueren Zeit die =Religionsgeschichte= in Aufschwung
gekommen, nicht nur kraft des Gewichtes ihres neuen Materials nebst den
Einsichten, die dabei mit aufkamen, sondern auch in einem ernsthaften
Gegensatze zu aller bisherigen Art, das Faktum der Religion zu erhellen
und zu würdigen.

3. Die bisherige Art, die Religion zu beurteilen, war freilich
keineswegs eine einheitliche; sie war sogar von einem inneren
Widerspruch zentraler Kulturmotive beherrscht: sie war nämlich
einerseits =innerhalb der Religion selbst=, wie als eine Entwickelung und
Pflege derselben entstanden und fortgeführt, andererseits aber war sie
auf dem Acker der =Philosophie= gesät und dort gepflügt worden.

Und damit erschöpft sich der Gegensatz noch nicht; denn es ist noch
hinzuzunehmen, daß, was im Gebiete der Philosophie entstanden war, auf
das der Religion verpflanzt wurde. Man muß daher vielleicht von
vornherein ins Auge fassen, daß auch rein religiöses Arbeitsgut in die
Philosophie eingeschlichen war, oder gar mit Bewußtsein und Nachdruck
von ihr übernommen wurde. So durchschlingen sich hier die Probleme und
daher wohl auch die Methoden in Religion und Philosophie.

Schwierige Kreuzungen und Verwirrungen waren dabei unvermeidlich; sie
sind ja überall so schwer zu überwinden, wo immer die =Grenzfrage=
zwischen irgendeiner =Wissenschaft= und der =Philosophie= erhoben wird.
Überall scheint der eine Ausweg nur übrigzubleiben: =daß man allein von
der Philosophie aus den Begriff einer jeden Wissenschaft, als solcher,
zu bilden vermöge=. Es dürfte nicht anders stehen bei den Fragen um den
Begriff der =Mathematik=, wie auch um den der =Rechtswissenschaft=.

So wird es denn begreiflich, daß die =Religionsgeschichte= wie eine neue
Offenbarung erscheinen mochte. Denn die beiden Arten, sich mit der
Religion in Verhältnis zu setzen, haben beide Schiffbruch erlitten:
sowohl die Philosophie innerhalb der angeblich selbständigen
Glaubenslehre, wie die in der Religionsphilosophie, in welcher die
Religion selbst durch Philosophie gebunden war. Beide litten an dem
allgemeinen Fehler der =Deduktion=: an der dogmatischen Voraussetzung
eines =Begriffs= der Religion.

Und dabei hatte sich die Philosophie nicht weniger befangen gezeigt als
die Religion. Diese konnte sich in den neueren Zeiten noch den Schein
historischer =Entwicklung= beilegen, indem sie das Spätere als das Wahrere
erkennen ließ, während die Religionsphilosophie, von der anerkannten
Absolutheit ihrer Methode getragen, auch dem Begriffe der Religion an
dieser Absolutheit Anteil verlieh.

Die Falschheit der Deduktion schien auch hier ihren Gipfel zu erreichen.
Die Religion schien hier aller =Bestimmtheit ihres Inhalts= verlustig zu
gehen. Nur auf die Bergung der Religion im Gesamtgehalt der
=philosophischen Wahrheiten= schien es abgesehen zu sein, mochte darüber
immerhin der Sondergehalt der Religion verdunkelt werden und
verlorengehen. Wenn nur nach der allgemeinen Schablone das =Verhältnis
zwischen Subjekt und Objekt= auch hier zur Aufstellung kommen kann, so
ist mit dem durchherrschenden Grundbegriffe dem =Problem= der Religion
Genüge geschehen.

So standen die Dinge in der Blüte der Religionsphilosophie, die aus
=Hegels= System bei seinen Nachfolgern aufging.

4. Es war begreiflich, daß auf dem Boden der =Theologie= selbst ein
scharfes Mißtrauen und Unbehagen an dieser =Metaphysik der Religion=
entstehen konnte. Und der Grund dieser Abweisung war nicht dahin
mißzuverstehen, als ob er auf der Abneigung gegen Philosophie überhaupt
beruhte. =Albrecht Ritschl= hatte gegen die Metaphysik die =kritische=
Philosophie angerufen. Damit war gegen die Unklarheiten, die mit dem
Schicksal der =Metaphysik= verbunden sind, die Heerstraße der =Ethik=
freigemacht für den selbständigen Weg, den nunmehr die Religion geführt
werden sollte, den sie jetzt erst einschlagen konnte. Aber jetzt zeigte
es sich, daß die Notlage der Religion mehr in der Philosophie als in der
Theologie wurzelt.

Als Ritschl an die Ethik Kants sich anschloß, konnten nur diejenigen
seine wahrhaften Anhänger werden, die die philosophische Reife hatten,
die Ethik Kants in ihrer vollen Systematik zu begreifen und ihr
Begriffsspiel zu beherrschen. Für diese Wenigen war ein genau begrenzter
begrifflicher =Ausgangspunkt= gewonnen, von dem aus die Spekulation ihren
methodischen Weg nehmen konnte, um die =Eigenart= und die =Selbständigkeit=
der Religion sicherzustellen. Denn der Leitgedanke war sicherlich ein
richtiger, der die Selbständigkeit oder zum mindesten die Eigenart der
Religion zum Problem machte.

Über diese engere Frage war noch keine Entscheidung getroffen worden.
Die Hauptfrage mußte erst gestellt und durchberaten werden: =wie steht es
um das Verhältnis zwischen Religion und Ethik?= Nur auf Grund dieser
Verhältnisbestimmung konnte die Forderung aufrechterhalten werden, den
=Begriff= der Religion in ihrer =Eigenart= zu bestimmen.

5. Es braucht nur auf die leidige Tatsache hingewiesen zu werden, daß
die Weisheit =Kants= keineswegs zum Gemeingut unserer wissenschaftlichen
Kultur geworden ist; nicht einmal in der streng theoretischen,
geschweige auf den schweifenden Gebieten einer logischen Methodik. Und
doch muß man zum Ruhme der =protestantischen Theologie= es anerkennen, daß
sie vor allen =Geisteswissenschaften= sich ausgezeichnet hat durch das
Eindringen in den letzten =ethischen= Sinn der Kantischen Lehre, während
man gemeinhin den kategorischen Imperativ nicht um den =Erweis= seiner
Wahrheit befragte, ohne den er aber eine stumpfe, wenn auch blinkende
Waffe bleibt.

So konnte es denn kommen, daß die =Religionsgeschichte= in eine Aufnahme
kam, die sich beinahe mehr gegen die =Philosophie und ihre Ethik= als
gegen die =Theologie= richtete: die ohnehin dadurch nicht allein in ihrer
Dogmatik angegriffen wurde, sondern nicht minder auch in ihren beiden
Sektionen biblischer Exegese. Und wenn man hier einwenden wollte, daß
diese beiden Exegesen auf einen Religionsbegriff beschränkt seien, der
jenen =beiden= Urkunden entspricht, so kann auch dieser Einwand nicht der
Religionsgeschichte zustatten kommen. Denn dieses =Entsprechen= ist keine
einfache Sache, die sich nur dem Buchstaben nach aus jenen Urkunden
herauslesen und deuten ließe. Dem widerspricht schon die =Zweiheit= dieser
Urkunden, deren =Einheit= keineswegs gegeben ist, die vielmehr ebensosehr
ein =vorausgesetzter= Leitbegriff ist, wie der ihr entsprechende
Religionsbegriff, oder aber wie die beiden Religionsbegriffe selbst es
sind, die jenen beiden Urkunden entsprechen.

So ist bei der biblischen Exegese der Religionsbegriff immer ein
deduktives Problem, das als solches gedacht und formuliert werden muß,
wenn die biblische Exegese es gleichsam induktiv bestätigen soll. Schon
daß der Begriff Gottes oder gar des =einzigen= Gottes hier die
=Voraussetzung= bildet, bindet den Religionsbegriff an sie.

6. Die Religionsgeschichte hingegen geht nicht bloß nicht von Gott aus
und nicht von den Göttern, sondern =sie erweitert den Begriff des
Göttlichen durch eine Erweiterung des Seelischen über das gesamte Gebiet
der Natur- und Menschenwelt hinaus=. Man könnte die Religionsgeschichte
geradezu auch =Seelengeschichte= nennen; denn das ganze Gebiet des
Seelenglaubens und Aberglaubens wird hier zum Bereiche der Religion. Der
=Fetisch=, das =Tabu=, der =Totem=, sie alle werden mit dem allgemeinen
=Dämonenglauben= zusammengeführt; und ebenso auch das =Tier-= und das
=Menschenopfer= zugleich mit dem =Hymnus= und dem =Gebet=.

Auch der =Kultus= nämlich läßt sich nicht als ein unterscheidendes
=Kriterium= festhalten. Auch in ihm gehen die Völker in eine allgemeine
Harmonie zusammen, die Inder und die Chinesen, die Ägypter und die
Babylonier, die Griechen und die Israeliten, sie alle vereinigt auch im
Kultus derselbe =Religionsbegriff=, der für die Religionsgeschichte
überall ein ungelöstes Fragezeichen bleibt. Und es kann nicht anders
sein: wo alles Menschliche und alles Göttliche in dem Begriffe alles
Seelischen zusammengefaßt ist, da kann nichts Spezifisches übrigbleiben
für den Begriff der Religion: die in =Seelenkultus= über- und
untergegangen ist.

7. Der genauere Nachweis dieses Urteils kann hier nicht
angestrebt werden, nämlich nicht in einer eingehenden Kritik
der religionsgeschichtlichen Forschung und ihrer Probleme; er soll
positiv hier durch die Begründung des Religionsbegriffs erbracht
werden. Zur Orientierung nur sei auf die Analogie hingewiesen, welche
in dem =Verhältnis der Ethik zur Soziologie= besteht. Auch von dieser
darf die Ethik nicht abhängig, geschweige durch sie erledigt sein. Und
auch die Ethik kann nur durch ihre eigene Begründung die zentrale
Kritik der Soziologie, wie der Religion, durchführen. Auch der Begriff
der =Gesellschaft= bildet das zentrale Problem der Ethik, wie der
Begriff der Religion das der Soziologie.

8. Und auch darin besteht die Analogie: daß das Problem des
Religionsbegriffs ebensosehr das ganze weite =Material= der
Religionsgeschichte als seine Vorbedingung umfaßt, wie der ethische
Begriff der Gesellschaft das ganze weite Material der Soziologie. Aber
darin allein besteht hier, wie dort, der Unterschied: =das Material ist
die negative Vorbedingung; der Begriff aber ist das Problem der
positiven Schöpfung=, die nur der Deduktion, niemals der Induktion
gelingen kann. Die Tatsachen können niemals und nirgends den Begriff
hervorbringen, der selbst vielmehr ihr eigenes geistiges Band -- nein,
schlechthin ihre geistige Erschaffung ist.

Wo immer das Problem des Begriffs entsteht, da ist nichts anderes die
Frage als der Sinn und der Wert eines Ursprünglichen, eines Ewigen,
eines über alle Entwicklungsmöglichkeiten Hinausragenden, das nur
Prinzip sein kann und Prinzip sein muß, ebensosehr für alle Erforschung
der Erfahrung in ihren Tatsachen, wie für alles Erdenken ihrer Probleme.
Es ist überall dieselbe Frage: ob die Forderung des =a priori= ein leerer
Wahn ist, oder ob ohne sie alle Forschung ein blindes Suchen bleibt. Es
ist überall nur die eine Frage: ob der =Begriff= nur als =Idee= gefunden
werden kann, oder ob die Idee ein Trugbild ist und die Induktion allein
den Begriff zu entdecken vermag. Bei jeder philosophischen Frage ist es
das Recht des =Idealismus=, das in Frage steht.

9. So wird der Begriff der Religion zu einem Problem der Philosophie.

Wir fragen hiergegen nicht, ob die Religion selbst und die Theologie,
als Religionswissenschaft, mit dieser Verweisung ihres Begriffs an die
Philosophie einverstanden sein kann; wir setzen vielmehr voraus, daß sie
damit einverstanden sein muß: weil ihre eigene Geschichte, dieser
Überweisung zufolge, als ein =Grenzgebiet= der Philosophie sich vollzogen
hat. Und es war gar nicht einmal immer Überweisung, die dabei stattfand,
sondern in beiden Gebieten war gleichmäßig und urwüchsig dasselbe
Problem lebendig. Im =Mythos= schon, der Urform alles Geistes, war
Göttliches, mit allem Menschlichen verbunden und verwachsen, gleichsam
Religion mit Philosophie. Und als die Kultur sich lichtete und abteilte,
vermochte sich weder die Philosophie von allem Mythos, geschweige von
allem Wesenhaften der Religion abzuschließen, noch die Religion in ihren
=Mysterien= und nicht anders in ihrem offenbaren =Kultus= von den
Spekulationen der Philosophie. Und so ist es für alle Folgezeit
geblieben. Nicht nur die Philosophie hat den urwüchsigen Zusammenhang
mit den religiösen Urgedanken festgehalten und immer neu ausgestattet;
auch die Religion, sofern sie eine wissenschaftliche Gestaltung
anstrebte, mußte in der Philosophie ihren =Wahrheitsgrund= und damit ihren
Lebens- und =Seelengrund= immerdar erkennen und aufsuchen. Was wäre, was
würde die Religion, wenn sie von anderen Quellen sich wollte
entspringen, sich wollte auch nur speisen lassen als von denen, die den
Born der Wahrheit bilden? Was wäre, was würde die Religion, wenn sie
nicht mehr =Wahrheit= sein sollte, sein wollte? Und wie könnte sie anders
ihren Anteil an der Wahrheit gewinnen und behaupten als durch den Anteil
an der Philosophie? Soll es etwa wiederum eine =zwiefache= Wahrheit geben,
eine für das Göttliche und eine andere für das Menschliche? Ist die
Wahrheit nicht, wie unser philosophischer Dichter sagt, eine einzige,
ungeteilte?

10. Die Menschheit hat allezeit den Weg beschritten, den dieser
Wegweiser nicht als Fragezeichen stehen ließ. Die Religion hat sich in
allen ihren Höhepunkten mit echter Philosophie durchdrungen, und die
Philosophie selbst hat nicht nur, wie im Platonischen Altertum, mit der
Poesie der heimatlichen Götterwelt gespielt; und es ist auch nicht
richtig, daß sie ganze Zeitalter hindurch sich nur in stumpfe
Abhängigkeit von der theologischen Religion versetzt hätte; vielmehr ist
eigenes Leben und Fortbilden der Philosophie in allen jenen
Auseinandersetzungen mit der Religion zu erkennen; und es wäre
förderlich auch für die Philosophie, wenn diese Erkenntnis mehr als
bisher zum Problem der =mittelalterlichen= Forschung würde.

Und auch für die =Neuzeit= muß es klarer herausgestellt, genauer zum
eigentlichen Problem gemacht werden, welchen schöpferischen Anteil der
religiöse Gedanke an den Formulierungen hat, die das Aussehen
ursprünglich logischer Forderungen haben. Innerlichen Anteil hat die
Religion an der Philosophie der Neuzeit. Es sei nur an die Ethik
erinnert.

11. Wie könnte es danach auffallen, daß der Philosophie ein innerer
Anteil an der Religion zusteht? Man wird dies nicht so verstehen, daß
demgemäß in der neueren Zeit die =Religionsphilosophie= als ein besonderer
Zweig der Philosophie entstanden ist. Die vielen =Zweige=, die sich heute
an dem alten Stamm ausbreiten, beweisen nichts für das echte Leben des
Stammes, nichts für seine unvergängliche Wurzel; sie beweisen vielmehr
ebenso die =Abirrung der Geschichtsprobleme von der Ethik=, als der
Wurzel, aus der sie ihre Lebenssäfte ziehen, wie ehemals und jetzt
wiederum die =Naturphilosophie= aus dem Mißverhältnis zur reinen Logik
hervorgegangen ist.

12. Der Anteil der Philosophie an der Religion ist beinah so alt wie
beide selbst. Nur haben sich im Altertum schon die Relationen verändert,
welche die Religion zur Philosophie einnehmen wollte. Bei den alten
Klassikern waltet noch der Schleier der Naivetät über den zarten Fragen,
und solange das Heidentum als Volksreligion herrschte, brauchte dieser
Schleier nicht gelüftet zu werden; er kam ebensosehr der Philosophie,
wie der Religion, zugute. Erst als das =Judentum= in Berührung kam mit dem
=Griechentum=, mußte diese Diskretion aufhören; denn jetzt war die Einheit
gebrochen zwischen dem in den Mythen und dem in den Keimen der
Philosophie waltenden Volksgeiste.

13. =Philo= ist gewiß über alle Maßen bestrebt, die Einheit zwischen
=Platon= und =Mose= herzustellen, aber beide müssen ihm dennoch als
verschiedene Autoritäten gelten, während Platon selbst noch ganz naiv
mit den Mythen der Heimat seine Lehrgedanken durchzieht. Bei Philo schon
werden Religion und Philosophie zu =Grenzproblemen=, und wenn auch er
selbst noch die Religion von der Philosophie aufgesogen werden lassen
möchte, so erhebt sich dagegen im jüdischen =Monotheismus= eine heterogene
Potenz, die niemals ohne Rest in aller Idealisierung des Griechentums,
des Platonismus selbst aufgehen kann. Mose wird zum Träger der Religion
und Platon zu dem der Philosophie.

14. Jede Differenz, die unter den Richtungen des Kulturbewußtseins
auftritt, trägt =Konflikte= in sich. So ist es auch hier gekommen. Es ist
aber verkehrt, wenn man die Selbständigkeit der beiden Mächte durch
ihren Konflikt miteinander bedroht glaubt. Es ist falsch, daß durch die
innigere Berührung mit der Philosophie die Religion ihren
Auflösungsprozeß anträte. Es ist ebenso falsch, daß die Philosophie ihre
Methodik und damit ihren logischen Charakter aufgäbe oder auch nur
beeinträchtigte, wenn sie mit der Religion überhaupt ein Verhältnis
eingeht. Dieses Verhältnis ist ihr eingeboren; und es ist ihre dauernde
Aufgabe, stets von neuem dieses Verhältnis zu vollziehen, es zu
kontrollieren und zu berichtigen. Es ist ein verhängnisvolles Vorurteil,
wenn man der Klarstellung dieses Verhältnisses sich entziehen zu dürfen
glaubt. Dadurch würde die Philosophie nur mit =Mystik= belastet, und in
die Religion würde =Intuition= einschleichen.

15. =Die Philosophie muß als ein gleichartiger Faktor der Religion= immer
genauer und bestimmter zur Klarheit gebracht werden, wenn anders
wahrhafte Kulturreife in der Philosophie herrschen soll. Es darf hier
nicht anders vonstatten gehen, als es mit allen Grundmächten der Kultur
ergangen ist. Von ihrer Faktizität gehen wir aus und fragen daraufhin
nach ihrem Rechte. Dieser transzendentalen Inquisition haben sich
=Mathematik= und =Physik= unterwerfen müssen und nicht minder auch
=Recht= und =Staat=; und endlich das Kulturfaktum der =Kunst=: wie
sollte die Religion als ein solches Faktum zu umgehen sein, das sich
der Frage nach dem Rechtsgrunde ihres Bestehens und ihres Bestandes
entziehen könnte?

16. Die =Logik= ist immanent in aller =Wissenschaft=; in =vorbildlicher=
Methodik aber enthüllt sie sich in der =mathematischen Naturwissenschaft=.
In allen =Geisteswissenschaften= ist die Logik immanent; aber als eine
=neue= Logik steigt für sie aus dem Bewußtsein des reinen Denkens herauf
die =Ethik=, in der das reine Denken sich zum reinen =Wollen= entwickelt.

Auch eine neue Art von Mathematik haben wir versucht, der Ethik
zugrunde zu legen, indem wir in der =Rechtswissenschaft= ein Gerüst von
Begriffen auszeichnen können, die in ihrer logischen Struktur einer
ethischen Funktionierung fähig werden. Und in Analogie zur Natur ließe
sich eine Einheit der Rechtsbegriffe in dem großen Problembegriffe des
=Staates= aufstellen.

17. So ist nun auch das =Kulturfaktum der Religion= dieser
transzendentalen Frage zu unterstellen. Diese Fortführung der Frage wäre
nicht möglich, wenn der Anteil der Philosophie an der Religion nicht
vorauszusetzen wäre. Die =Immanenz der Philosophie in allen
Hauptrichtungen der Kultur= ist jedoch die allgemeine Voraussetzung des
philosophierenden Bewußtseins und glücklicherweise auch die jeder
reiferen Bildung. Und so wenig diese Immanenz ein täuschender Schein
ist, so wenig ist die philosophische Lebenskraft der Religion etwa gar
ihr Todeskeim oder auch nur der Keim einer Mißbildung. Schon das
griechische Heidentum hat =Religionsphilosophie= aus sich heraus
entwickelt, und diese Isolierung der philosophischen Motive, ihre
Herausarbeitung aus der Fülle des religiösen Urmaterials, ihre Musterung
und Würdigung nach beiden Seiten hin ist im =Monotheismus= überall
lebendig geblieben; und es sind überall die besten Zeiten religiöser
Kraft und Fruchtbarkeit, sowohl im Judentum, wie im Christentum, in
denen diese natürliche Scholastik in Blüte stand.

18. Dennoch aber kann es darin nicht sein Bewenden haben, daß die
=Immanenz der Philosophie in der Religion= festgestellt, und die
=Auszeichnung der philosophischen Motive in der Religion zum Gegenstande
der Religionsphilosophie= gemacht würde. Damit würde das transzendentale
Geschäft nur oberflächlich ins Werk gesetzt; die Rechnung würde dann
ohne den Wirt gemacht. Der Wirt aber ist überall =das einheitliche System
der Philosophie=.

19. Es muß daher die =neue Frage= werden: =Welche Stellung kommt der
Religion zu im System der Philosophie?= Oder kommt ihr überhaupt =keine
selbständige= Stellung im System zu? -- Steht es vielleicht so mit der
Religion, daß sie einen natürlichen und nicht minder einen methodischen
=Anhang zur Ethik= bildet?

Diese Frage ist von grundlegender Wichtigkeit: sie kann gar nicht
schlechterdings =verneint=, sondern nur in bestimmter Bedingtheit =bejaht=
werden. =Die Religion darf dem lebendigen Zusammenhange mit der Ethik
nicht entrissen werden=, selbst wenn sie deswegen keiner Selbständigkeit
fähig würde.

Die Selbständigkeit kann erst eine spätere Frage werden, wenn die
=Angliederung= der Religion an die Ethik gesichert und unverbrüchlich
festgelegt ist. Dann erst kann die Frage erwogen werden: ob aus diesem
Zusammenhange heraus eine =Eigenart=, und auf diese hin eine Art von
Selbständigkeit für die Religion zu ermitteln sein werde.

20. Das =Kulturfaktum= der Religion an sich bildet keine hinlängliche
Instanz für die transzendentale Anfrage, weil die =Ethik= die erste
Auskunft, die erste und die unumgängliche, zu erteilen hat. Und die
=Einheit des Systems= weist auch keine Lücke auf, welche die Religion
ausfüllen könnte, weder für die Glieder des Systems, die durch die Ethik
befriedigt sind, noch für die den Kulturinhalt erzeugenden =Richtungen
des Bewußtseins=, welche durch =Erkenntnis=, =Wille= und =Gefühl=, alle
drei in =Reinheit= begriffen, erschöpft zu sein scheinen.

Dennoch soll die transzendentale Frage hier einsetzen, weil es gilt, den
philosophischen Anteil der Religion zu entdecken und auf seine
systematische Reinheit zu bestimmen. Dieser systematisch-philosophische
Anteil bildet das Problem, das der transzendentalen Frage den Einlaß
verleiht. Worin besteht er? =Er muß entdeckt werden.= Wäre er selbst in
Anerkanntheit gegeben, so bliebe seine reine Erzeugung, seine
systematische Entdeckung, seine Auszeichnung unter den Grundbegriffen
und Grundrichtungen =des das System der Philosophie bildenden Bewußtseins=
eine berechtigte, eine notwendige Frage.

21. Damit aber tritt das Interesse an der =Selbständigkeit= der Religion
zurück gegen das an ihrer =Eigenart=. Wenn es gelingt, ihre Eigenart
reinzustellen im System der Philosophie und sie in dieses einzugliedern,
so würde die so begründete Eigenart reichlich ersetzen, was an
sogenannter Selbständigkeit verlorenginge. Es würde die Frage entstehen:
ob es überhaupt eine =Selbständigkeit= für eine Richtung des
Kulturbewußtseins geben kann, die nicht in der =Eingliederung= in das
System der Philosophie bestände. Und wenn diese, welche die =Eigenart= zur
Voraussetzung hat, gesichert ist, so kann die Selbständigkeit überhaupt
kein anderes Problem in einer zulässigen Bedeutung bilden. Auf die
Eigenart allein kommt es an. Und diese muß für die Religion, wie für
alle von der Ethik abstammenden Geisteswissenschaften, =durch diese ihre
Abstammung von der Ethik= bedingt sein. =Die Ethik ist für sie alle ihre
zweite Logik.= Dies muß für die =Religion= gelten, wie für =Staat= und
=Recht= und für alle =Philosophie der Geschichte=.

22. Indem wir die transzendentale Methodik hier zu einer neuen Anwendung
bringen wollen, dürfte es für das genaue Verständnis derselben
ersprießlich sein, ihre Differenz von der sogenannten =Metaphysik= und den
inneren Grund für die Ablehnung derselben eingehend zu erwägen; auch für
den rechten Zugang zu dem Begriffe der Religion dürfte dies zweckmäßig
sein. =Es handelt sich bei dieser Ablehnung der Metaphysik immer um die
Behauptung der systematischen Zentralität der Ethik.=

23. Die Ethik rückt seit =Sokrates= in den Mittelpunkt der Philosophie.
Dieses Verhältnis bleibt bei =Platon= ungeschwächt bestehen; der Vorrang
der =Logik= hat eine methodische Bedeutung, durch welche die Position der
Ethik nur bestärkt wird. Und bei der Komposition der Platonischen
Dialoge tut es der Ethik auch keinen Eintrag, daß sie immer durchflossen
und unterströmt wird von den rein logischen Problemen; denn ihre
Eigenart und ihre Prärogative werden überall dabei außer Zweifel
gestellt.

Anders aber stellt sich =Aristoteles= zu dieser Lebensfrage der
Philosophie. Hier ist er mit vollem Selbstbewußtsein ganz und nur
Empirist, der er sonst nur zur Hälfte sein will. Sein Argwohn gegen den
eigentlichen Sinn der =Idee= trifft ins Schwarze: =in der Idee bekämpft er
die Idee des Guten=. Daß es sonstwie Ideen mit Recht geben mag, würde er
gar nicht bestreiten können, aber daß es eine Idee des Guten gebe, das
will er bestreiten; denn die Ethik soll nur eine =Erfahrungslehre= sein,
deren Quintessenz sogar in die =Praxis= gelegt wird: »auf daß wir Gute
werden«. Nicht aber dürfe die Ethik eine Ideallehre sein wollen von dem,
was das Gute sei. In der Idee will Aristoteles hauptsächlich die Idee
des Guten niederschlagen.

24. Und danach kommt nun seine =Metaphysik=, wie die Nachfolger sie in der
Unterscheidung von Logik und von Ethik benannt haben. Denn es bleibt ja
bei dem =Dualismus= des Aristoteles auch für die Ethik nicht einseitig und
eindeutig beim =Empirismus=. Das letzte Wort, das letzte Kapitel dagegen
geht über diese praktische Ethik hinaus; es wird gar nicht mehr an den
Menschen angeschlossen.

Ebenso verhält es sich ja auch in dem Aristotelischen Buche der
=Metaphysik= mit den Problemen des Seins: sie bleiben nicht auf das Sein
der Natur beschränkt. Und wie die Metaphysik mit dem Buche über =Gott=
abschließt, so die =Nikomachische Ethik= mit dem Buche über die =Eudämonie
des Denkens=, die nur dem =göttlichen= Geiste zu eigen ist; die für den
menschlichen Geist in günstigster Deutung eine mystische Zweideutigkeit
bleibt. =Nur der Gegensatz zur systematischen Ethik ist auch hier
festgehalten.=

25. Dieser Gegensatz zu einer reinen, =apriorischen, idealen,
schöpferischen= Ethik dürfte einer der Hauptgründe sein für die
=Subordination der Scholastik= unter die Autorität des Aristoteles. Denn
weder =Gott=, noch das =Gute=, sollten die Eigenprobleme der Ethik bilden.
Schon die Unterscheidung des Guten von Gott wird hier anstößig. Gott ist
selbst das Gute, nicht nur das =höchste=, sondern das =einzige= Gute. Es
soll kein Unterschied gemacht werden zwischen dem Gute und dem Guten,
zwischen dem Guten in Gott und dem Guten für den Menschen.

Daher soll die =Metaphysik=, als eine =zweite Theologie=, den eigentlichen
Schwerpunkt der Philosophie bilden: damit dieser nur durchaus nicht in
die Ethik verlegt werde. Und weil der Ethik diese Präponderanz
bestritten werden soll, wird auch zwischen Logik und Metaphysik die
Differenz behauptet, die jedoch nur durch =Gott= und höchstens noch durch
die =Seele= begründet werden kann, wenn einmal diese beiden Begriffe der
Ethik fremd bleiben sollen. Ohne diese Tendenz gegen die Ethik hätte die
Differenz zwischen Logik und Metaphysik keinen verständlichen Sinn. Nur
eine Art von Theologie, welche der Selbständigkeit der Ethik mißtraut,
leitet überall den Feldzug für die Metaphysik, und der Logik gegenüber
das Feldgeschrei gegen den =Rationalismus= und für die =Intuition=. Die
Feindschaft gegen die Ethik ist und bleibt auch der Grund der
Metaphysik, wie sie =nach Kant= wieder geltend gemacht wird.

26. Im =Mittelalter= freilich mußte die =Metaphysik= auch abgesehen von der
Ethik, ihrer selbst wegen und ihres Verhältnisses zur Theologie wegen,
selbständig bleiben. Das Prinzip des =Christentums= selbst forderte dies.
Denn in ihm bilden =Gott und Mensch= nicht zwei Begriffe, die beide etwa
in die =Ethik=, mithin in den Schwerpunkt des Menschen verlegt werden
könnten, noch die beide, wie immer getrennt oder vereinbart, der
=Metaphysik= überantwortet blieben, sondern diese beiden Begriffe bilden
eine =Einheit im Gottesbegriffe= des Christentums. Daher kann die
Metaphysik nicht nur ohne Beeinträchtigung der =Theologie=
aufrechterhalten werden, sondern sie wird sogar ein wichtiges und
allgemeines =Rüstzeug= derselben. Die Probleme des =Seins= werden dem
=dualistischen Gottesbegriffe= angeschmiegt, dem sie daher auch außerhalb
des Dogmas zu einer =logischen= Begründung dienstbar gemacht werden. Es
ist auch hier =Logik=, was als Metaphysik gebraucht und benannt wird,
daher auch findet der Begriff des =Nichtseins= hier eine vielseitige
Verwendung.

27. Charakteristisch unterscheidet sich hierin die =jüdische= von der
=christlichen= Philosophie. Während die christliche die =Metaphysik=
selbständig bestehen läßt, zieht die jüdische sie gänzlich in ihren
Bereich herein. Schon bei =Philo= bahnt sich dieser Weg an. Es wird keine
Scheidung bei ihm angestrebt zwischen seinem Platonismus und seiner
Theologie; und vielleicht erleichtert ihm auch der Platonismus sein
Streben der Verschmelzung beider Kulturkräfte, während Aristoteles trotz
seiner =Teleologie=, wegen seines Dualismus, zur Ethik immer eine
formalistische Starrheit bewahrt: dem lebendigen Gedanken von Gott sich
entgegenstellt. Und ohnehin ist durch den =Logos=, zwar auch die
=Vermittlung= zwischen Gott und Mensch angebahnt, ebenso aber diese auch
vom =Wesen= Gottes selbst abgetrennt und nur auf die =Wirksamkeit= Gottes,
auf das Verhältnis zur Natur- und Menschenwelt eingeschränkt. Und wie
der Logos, bleibt auch die Philosophie überhaupt mit der Religion nicht
zwar mehr verschmolzen, aber verbunden, keines vom andern getrennt.

28. Und so bleibt es das ganze =jüdische Mittelalter= hindurch, wie es
wohl auch im =Islam=, der für das Judentum in seiner Philosophie die
geistige Führung hat, vorbildlich ist. Die Philosophie soll nicht =neben=
der Theologie, die Theologie nicht =neben= der Philosophie selbständigen
Bestand haben; der Religion wird die Lebenskraft abgegraben, wenn sie
der Philosophie entblößt wird. Diesen Idealismus bringt schon der =erste=
Jude in dieser Kulturgruppe, der =Gaon Saadja=, in dem Titel seines
philosophischen Hauptwerkes zu einem prägnanten Ausdruck. =Emunoth we
Deoth= dürfte als ein ἓν διὰ δυοῖν aufzufassen und zu
übersetzen sein: =die Erkenntnisse der Glaubenslehre=. So werden im Titel
schon beide Geistesrichtungen zueinander in Verhältnis gesetzt; und es
bleibt nur die Zweideutigkeit bestehen, nach welcher Seite das
Übergewicht fällt: ob der =Rationalismus= die =Offenbarung= einschränken,
oder aber schlechterdings decken soll. Immerhin bleibt das Verhältnis
ein =immanentes=; und es bedarf keiner aparten Metaphysik. Durch
=Maimonides= wird diese Immanenz im Judentum befestigt, und der
Rationalismus sucht sich selbst, aller scheinbaren Starrheit des
=Rabbinismus= entgegen, überragend zu behaupten.

29. Vielleicht war es gerade diese =Immanenz der Philosophie in der
Theologie=, welche der christlichen =Scholastik= die =Benutzung der
jüdischen Quellen= erleichtert hat: sie hat nicht sowohl Judentum als
vielmehr Philosophie aus dieser Theologie entlehnt. Und es hatten sich
ja die =beiden= Hauptquellen der antiken Philosophie in diesem Lager
ausgebreitet: der Aristotelismus auf der Platonischen Grundlage, und
andererseits der =Neuplatonismus= mit seiner Tendenz zum =Pantheismus=.
Diese beiden Richtungen durchziehen die gesamte jüdische Philosophie von
ihren Anfängen bis zu ihrem Abschluß in =Spinoza=.

Und von Spinoza geht wieder eine neue Beeinflussung der =deutschen=
Philosophie überhaupt aus, und insbesondere daher auf die =Philosophie
der Religion=, die in den neueren Zeiten unvermeidlicherweise sich aus
dem Gesamtgebiete der Philosophie abzweigen muß.

30. So stehen wir denn wieder da, wohin unsere Erwägung über den =Begriff
der Philosophie= uns bereits geführt hatte. Die =Immanenz= konnte nicht
aufrechterhalten bleiben; die bloße, unbestimmte, nicht systematisch
dirigierte =Abzweigung= aber bleibt haltlos und unmotiviert, wenn nicht
der =Mittelpunkt= bestimmt ist, von dem sie ausstrahlt. Dieser =Mittelpunkt
ist uns im System der Philosophie bestimmt=.

Wir sind daher auch der Frage enthoben, mit welcher =Eigenart des
Bewußtseins= wir der Religion uns versichern und bemächtigen können; denn
=nur aus dem System heraus= kann eine solche Bemächtigung erfolgen, eine
solche Eigenart des Bewußtseins sich begründen. Und diese Einschränkung
muß ergänzt werden durch die positive Bestimmung: =daß die gesuchte
religiöse Eigenart eine neue Erfüllung für den Systembegriff der
Philosophie zu erbringen hat=.

Nicht in einer =Psychologie= des Bewußtseins kann die Eigenart der
Religion begründet werden, sondern nur =innerhalb der Systematik= der
Philosophie.

31. Hier erheben sich nun aber gewichtige Bedenken. Das System der
Philosophie scheint in den =drei= Gliedern, welche =Kant= aufgestellt hat,
geschlossen, und der =vierte= Teil, den unser eigener Systemversuch in
Aussicht genommen hat, kann diese Bedenken nur verstärken. Alle
Richtungen des einen eigenen reinen Inhalt erzeugenden Bewußtseins
scheinen erschöpft zu sein. Was könnte es noch Anderes geben außer der
reinen =Erkenntnis=, dem reinen =Willen=, dem reinen =Gefühle= und der sie
alle zusammenfassenden =Einheit des Bewußtseins=?

Daher bildet die Wahl des =Gefühls= für die Religion ein lehrreiches
Symptom, welches zeigt, daß zum mindesten die =Ästhetik= in Gefahr kommt,
beseitigt oder verkürzt zu werden, wenn die Religion eine selbständige
Stellung im Gefühl antritt: und welche andere seelische Potenz könnte
sonst angesprochen werden? Es scheint daher durchaus aussichtslos, eine
Bewußtseinspotenz zu erdenken, welche die =Eigenart= der Religion
gewährleisten könnte.

32. Indessen schwebt hier eine Unklarheit vor. Ist es denn richtig, daß
man eine =Art des Bewußtseins= für die Religion zu erdenken haben soll?
Und ist es richtig, daß man eine methodische Grundfrage von dem Gelingen
dieser Aufgabe abhängig macht? Ist es denn überhaupt richtig, daß man
eine eigne Art des Bewußtseins auszeichnen müsse, um die =Eigenart= der
Religion zu ermöglichen? Verwechselt man hier nicht die Eigenart mit der
=Selbständigkeit=? Vielleicht aber ist die Eigenart nur mit dem Beding
festzustellen, daß die Selbständigkeit =keine unbedingte= sei, sondern
vielmehr von den drei oder vier systematischen Richtungen des
Bewußtseins getragen werde. Wenn es sich so verhalten sollte, so wäre es
ein verkehrtes Beginnen, für die so bestimmte Eigenart eine eigene und
selbständige Richtung des Bewußtseins zu erfinden.

Jetzt haben wir den Angelpunkt gewonnen, aus dem der =systematische
Begriff der Religion= ermittelt und gehoben werden kann. Und ehe wir die
Betrachtung über die Eigenart des gesuchten Bewußtseins wieder
aufnehmen, haben wir die Vorbedingungen durchzudenken, die in den
systematischen Richtungen des Bewußtseins für die religiöse Eigenart
vorliegen und dem Begriffe des Systems gemäß =verwendet= und aufgesogen
werden müssen.



II. Das Verhältnis der Religion zur Logik.


1. Wie in alter Zeit, wird auch heute noch darüber gestritten, ob der
Religion, weil =Wahrheitsgehalt=, darum auch der Anspruch auf =Erkenntnis=
zusteht. Von unserer Methodik aus kann darüber kein Zweifel aufkommen.
Wenn von der Religion Philosophie möglich werden soll, so kann dieses
Problem nur in dem genauen Sinne statthaft sein, daß =die Religion dem
System der Philosophie eingegliedert werde=. Es gibt nur =eine= Art von
Philosophie: die systematische. Damit aber ist die Frage nach der
Religion, als Erkenntnis, in voller Klarheit aufgelöst. Die Religion
könnte nicht der Philosophie zugehörig werden, wenn nicht auf Grund
ihres Eintrittes in die Philosophie durch die Pforte der Logik.

Wäre die =Logik= etwa nur für die mathematische Naturwissenschaft
vorhanden, oder wäre sie bei den Geisteswissenschaften nur die negative
Vorbedingung, die positiv durch die Ethik zu ersetzen wäre, oder hätte
diese selbst mit der Logik gar keinen positiven Zusammenhang?

Und andererseits, faßt die =Ethik= allein und ausschließlich alle Probleme
der sittlichen Erkenntnis, alle Aufgaben der Wahrheit in sich? Dann wäre
die Religion aus dem Gebiete der Philosophie ausgeschlossen, dem sie ja
nur auf Grund ihres Zusammenhangs mit den aus der Ethik abzweigenden
Geisteswissenschaften angehören kann. Ihr Zusammenhang mit der Ethik
mithin bedingt zugleich ihren Zusammenhang mit der Logik.

2. Aber auch der =Zusammenhang mit der Ethik= ist ja gar nicht über allen
Zweifel sichergestellt. An dem Problem der =Metaphysik= hat sich uns dies
schon aufgedeckt. =Die Frage der Selbständigkeit will hier über die der
Eigenart entscheiden.= Da aber die Selbständigkeit der Religion der Ethik
gegenüber keinen zulässigen Sinn mehr haben kann, so kann die =Eigenart=
nur in den Fragen Problem werden, welche den Begriff des =Sittlichen
scheinbar über die Ethik hinaus= zur Bestimmung bringen, sei es daß sie
den Umfang des Begriffs erweitern, sei es seinen Inhalt verengen. Immer
bildet das Sittliche der Ethik die Grundlage und die Voraussetzung des
Lehrstoffs und des eingeteilten Stoffgebietes. Wenn jedoch diese
Voraussetzung der Ethik uneingeschränkt für die Religion zu gelten hat,
so bleibt in aller Kraft die Frage bestehen: durch die Hinzufügung
welcher Begriffe und welcher Bestimmungen ihres Anwendungsgebietes nicht
zwar über das Sittliche hinaus, sondern =am Sittlichen selbst= die
Religion die =Eigenart eines einen eigenen Inhalt rein erzeugenden
Bewußtseins= zu gewinnen vermag.

3. Daß zwischen =Kunst= und Religion Beziehungen obwalten, und demgemäß
zwischen =Ästhetik= und Religion ein Verhältnis zu bestimmen sein werde,
das setzt die einfachste Überlegung außer Zweifel. Denn alle Gebiete der
Kunst berühren diese Grenze. Früher als =Herrensitze= errichtet die
=Baukunst Göttertempel=. Und dieselbe Priorität vollzieht sich in der
=Plastik=. Nicht allein =Homer= hat den Griechen ihre Götter gegeben,
sondern auch =Phidias= ist an ihrer Entwicklung beteiligt, wennschon das
=Epos= sie erschaffen haben mag. Aber auch das =Drama=, ja sogar auch die
=Lyrik= ist eine Mitschöpferin der Religion; dafür genügt der Gedanke an
die =Psalmen=.

4. Und was sich historisch so leicht überschauen läßt, das wird durch
die schlichteste Erwägung bestätigt. Wenn anders im Unterschiede von
Erkenntnis und Willen das =Gefühl= die Richtung bezeichnet, kraft deren
das Bewußtsein alle Kunstgebilde hervorruft, so kann man den Inhalt
dieses Gefühls noch so unbestimmt denken, ja dieses Gefühl selbst, als
eine Kraft des Bewußtseins, noch so allgemein fassen: man wird dennoch
in dem Gefühl und seinem unmittelbaren Inhalt die Beziehung zur Religion
als eine natürliche, unausweichliche, unersetzliche ansehen, wie
unbestimmt immer man den Begriff der Religion auch denken mag. Auch der
Anspruch der =Metaphysik= auf die Religion gründet sich nicht zuletzt auf
diese universelle Beziehung der Religion zur Kunst, durch die sie erst
ihre Universalität, die in alle Gebiete des Bewußtseins eingreift,
gewinnt und begründet.

5. Dieser Zusammenhang ist ein so intimer, daß daraus eine besondere
Schwierigkeit entstanden ist, nämlich eine =Kollision der Mittel=, die
für die systematische Begründung der Religion verfügbar sind. Wie die
Kunst auf das Gefühl begründet wird, so beruft sich auch die Religion
auf das Gefühl. =Dasselbe Gefühl kann jedoch nicht zwei Probleme der
Systematik vertreten.= Wenn aber dennoch die Religion das Gefühl in
Anspruch nimmt, so erweist sich in diesem Anspruch auf geradem Wege der
=innere Zusammenhang=, der zwischen Religion und Kunst besteht. =Aber es
entsteht daraus für die systematische Begründung der Religion eine
schwere Gefahr.= Bevor wir indessen mit dieser Frage uns befassen,
verfolgen wir zunächst weiter die =Aufgabe der systematischen Begründung=.

6. Die Schwierigkeit, die zwischen Religion und Kunstgefühl sich gezeigt
hat, leitet uns zu einer allgemeineren Erwägung der Schwierigkeiten
hinüber, die für die systematische Begründung der Religion überwunden
werden müssen. Es bestehen nämlich nicht nur =mit allen Richtungen des
reinen Bewußtseins Berührungen= der Religion, sondern diese Berührungen
sind genauer so zu verstehen, daß sie einen Teil des Inhalts zur Deckung
bringen. Daher scheint kein eigenes Problem für die Religion
übrigzubleiben. Sie ist ja in allen Richtungen schon enthalten, sofern
sie sich mit ihnen berührt. Man nimmt keine Latenz an, und es scheint
daher, daß sie in allen schon sich =entfaltet= habe, und daß sie somit als
eigene Richtung erledigt sei.

Diese Inhaltsgleichheit zeigt sich schon an dem allgemeinen Problem der
=Wahrheit=, diesem gemeinsamen Zielpunkt aller systematischen Richtungen.
Wir sagten schon, daß sich ohne dieses Ziel kein Zusammenhang zwischen
Religion und Philosophie herstellen lasse. Das =Apriori= der Religion muß
das Fundament auch dieser philosophischen Methodik bilden. Und durch
dieses Apriori ist die Religion mit der Erkenntnis verbunden. Alle
Bedenken dagegen müssen auf Mißverständnissen beruhen. Die Religion
würde allen echten =Kulturwert= einbüßen, wenn sie der Gemeinschaft mit
der Erkenntnis entrissen würde. Wenn aber ihr Zusammenhang mit der
Erkenntnis unlösbar ist, so ist damit ihr Zusammenhang mit der Logik in
aller Strenge befestigt.

7. Welche Bedenken könnten denn dagegen sich erheben, daß die =gemeinsame
Grundlage des wissenschaftlichen Denkens= auch für die Religion als
=Vorbedingung= gelten müsse? Es ist doch wohl gar nicht anders zu
verstehen, als daß die Einwände gegen diese Grundforderung von
Zielpunkten herkommen, welche der gesamten Richtung der
=wissenschaftlichen Philosophie= zuwiderlaufen.

Wenn die =Intuition= dem Denken der Erkenntnis entgegengestellt wird, so
hat darauf schon Mephisto geantwortet: verachte nur Vernunft und
Wissenschaft. Die =Vernunft= ist die Vernunft der Wissenschaft. Und wenn
anders die Religion auf Vernunft beruhen soll, so kann es für sie keine
andere Unterlage geben als die Wissenschaft, und kein anderes Instrument
und Organ als die Erkenntnis. Die Prediger der Intuition braucht man
nicht erst an ihren Früchten zu erkennen; sie enthüllen sich genugsam in
ihrer Aussaat, bei der sie die Pflugschar der Erkenntnis nicht sowohl
verschmähen, als vielmehr mißbrauchen. Die Verächter der Wissenschaft
sind die schlimmsten Feinde der Religion.

8. Gehen wir nunmehr zur Betrachtung des =Inhalts= über, den die Religion
zur Erzeugung haben kann, und der ihr dennoch mit den =drei= Gliedern des
Systems gemeinsam sein soll, so muß dieser Inhalt samt und sonders an
den Begriffen =Gott= und =Mensch= zur Gestaltung kommen. Vielleicht zwar
ist es nicht durchaus notwendig, daß der Inhalt der Religion schlechthin
=identisch= werde mit den Begriffen von Gott und Mensch. Vielleicht ist es
daher schon nicht richtig, mit der Ausschließung =Gottes= die Religion
aufzuheben. Und vielleicht könnte man diese Konsequenz noch dahin
steigern, daß es sogar nicht durchaus notwendig sei, mit der
Ausschließung des =Menschen= die Religion aufzuheben. Aber man müßte dann
eben für Gott, sowie für den Menschen, Begriffe einsetzen können, welche
den =homogenen= Inhalt der Religion bilden würden. Und dann würde die
Frage entstehen, in welchem Sinne und Grade der =Gleichartigkeit= diese
eingesetzten Grundbegriffe zu denen von Gott und Mensch schließlich in
Relation ständen.

9. Als solche Grundbegriffe der Religion von weiterem Umfang könnten
gedacht werden für Gott das =Universum=, und für den Menschen die =Seele=.
Wenn man aber mit diesen Begriffen die Religion entwickeln wollte, so
würden wir sehen, daß auch von hier aus zu Gott und Mensch der Weg
hinausführt. Und wir wollen zunächst sehen, daß bei dem Anfang mit dem
Universum und der Seele von vornherein und prinzipiell der Weg der
=Erkenntnis= beschritten wird.

10. Um uns für diesen Leitgedanken auf die richtige Fährte zu bringen,
bleiben wir nicht bei den Verallgemeinerungen stehen, die Universum und
Seele bilden, sondern halten uns an den noch allgemeineren Begriff, der
der Grundbegriff aller Philosophie für alle ihre Grundrichtungen ist,
und der daher auch am besten beweisen kann, daß die Religion zur
Philosophie gehört, wenn sie auch zu diesem Grundbegriffe gehörig ist,
wenn sie zum mindesten an dem Problem jenes Grundbegriffes einen
natürlichen und unbestreitbaren Anteil hat.

=Ein solcher Grundbegriff ist der des Seins.=

Für die Religion gehört es sicherlich zu den einleuchtendsten Wegweisern
ihres Rationalismus, daß die =mosaische= Urkunde, und zwar in der =ersten
Offenbarung an Mose=, Gott als den Seienden offenbart. »Ich werde sein,
der ich sein werde«. Und wenn es selbst grammatisch richtiger heißen
sollte: »Ich bin, der ich bin«, so bleibt doch die Verbindung mit dem
Sein bestehen, die in der Tempusform der Zukunft nur noch kräftiger wird
in der Abstraktion, in der Abkehr von allem =Wirklichen= der Gegenwart.
Aber wenn selbst diese Abstraktion nicht im ausdrücklichen Gedanken
vollzogen wäre, so bleibt durch die Verbindung mit dem Sein überhaupt
auch die mit der Zukunft gewahrt, und es ist keinesfalls dabei die
Bindung an die sinnliche Gegenwart bewiesen; vielmehr ist die =Berufung
auf das Sein= in dieser Form der Offenbarung, der ersten
Selbstdarstellung Gottes, ein hinlängliches Merkmal für die Grundtendenz
dieser Gotteslehre: =daß dieser Gott als das Sein sich geltend macht=.

Es ist wie wenn er der Philosophie zurufen wollte: das Sein ist nicht
ausschließlich das Problem der Philosophie, sondern nicht minder auch
das der Religion. Denn ob die Philosophie das Sein zu erkennen vermag,
das sei außer Frage gestellt, hier aber wird die Forderung erhoben: =Gott
ist das Sein=. Und was diese These zu bedeuten habe, das wird zum =Inhalte
der Religion= gemacht. Dabei muß es ganz außer Frage bleiben, welche
Beziehung, welche Gefahr der Beziehung sich aus dieser These für die
Religion und für ihr Verhältnis zur =Wissenschaft= ergeben könne. Diese
Fragen können selbst erst durch die Verbindung der Philosophie mit der
Religion so gestellt, wie gelöst werden.

11. Es ist aber nicht allein für die Religion von grundlegender
Bedeutung, daß sie in Gott das Sein sich zum Problem setzt, sondern,
allen Bedenken der Kulturkonflikte entgegen, ist es von grundlegendem
Werte für den Kulturgeist der Religion, daß sie sich mit diesem Problem
in fundamentale Gemeinschaft versetzt mit der Logik, deren Grundproblem
das Sein der Wissenschaft ist. Es ist verfehlt, hier einzuwenden, daß
der Begriff des Seins in einem =Doppelsinne= von der Religion aufgenommen
werde, und daß dadurch in den Begriff des erkennenden Geistes ein
Doppelsinn, eine Zweideutigkeit eingepflanzt würde. Dieses Bedenken
entspringt einem methodischen Irrtum; denn es wird sich fragen, ob
dieser Doppelsinn nicht vielmehr ein notwendiger, nicht bloß ein
unvermeidlicher ist, sondern daß er den Gedanken einer =zweiten Art des
Seins= in sich enthält. Und gerade dieser Punkt wird zu einer wichtigen
Erörterung führen.

12. Es ist ja freilich bei dem Rekurs auf literarische Nachweise in
einer solchen Grundfrage von nebensächlicher Bedeutung, wie die
=biblische Urkunde= zu dieser philosophischen Grundfrage sich stellt; denn
sie selbst haben wir als ein primitives Literaturprodukt mit aller der
einem solchen eigenen Naivetät wissenschaftlich aufzufassen. Es kommt
aber auf die =Entwicklung= an, welche in der =Geschichte der Religionen=
ein solcher naiver Satz genommen hat. Und wenn nun gar der fragliche
Gedanke an sich die Naivetät des Mythos übersteigt, so kann es nicht
hoch genug geschätzt werden, daß der primitive Gedanke in einer strengen
=Abstraktion= des Ausdrucks zur =Grundformel für den Gottesbegriff= an
jener urkundlichen Stelle gemacht und für alle Zeiten und für alle
Entwicklung in dieser abstrakten Formulierung festgehalten wird.

13. Betrachten wir den Zusammenhang, in dem diese =erste= Offenbarung
Gottes, als des Seins, hervortritt. Mose wird am =Dornbusch= zur Befreiung
seines Volkes aufgerufen. Es ist nun charakteristisch, wie der neue Gott
von dem alten Gotte der Väter sich unterscheidet. Mose sagt: »Siehe, ich
komme zu den Kindern Israels und spreche zu ihnen: der Gott eurer Väter
hat mich gesandt zu euch, da werden sie mir sagen: was ist sein Name?
was soll ich sagen zu ihnen?« Da sprach Gott zu Mose: »Ich bin, der ich
bin .. =ich bin= hat mich gesandt zu euch« (2. M. 3, 13). Hier wird also
deutlich der Gott mit dem neuen Namen unterschieden von dem »Gotte eurer
Väter«. Aber nur der Name ist neu; er ist nur eine neue Bezeichnung für
den Gott der Väter. Dies besagt der folgende Vers, der offenbar für den
neuen Namen in dem Schlußsatze gipfelt: »Dies ist mein Name für immer,
und dies mein Gedächtnis von Geschlecht zu Geschlecht«. Mit solchem
Nachdruck wird der neue Name eingeführt als der für alle Zeiten
geltende.

Es sollte daher nicht mehr vorkommen, daß von dieser Hervorhebung
Gottes, als des Seienden, unterschieden wird »der wahrhaft Seiende im
philosophischen Sinn«. Diese Unterscheidung gehört nicht zur
Bibelexegese. Nicht nur die Bibel, sondern auch die Bibelexegese braucht
nichts von Philosophie zu wissen. Es genügt, daß =Kautzsch= trotz dieser
seiner nicht sachgemäßen Bemerkung dennoch erklärt: »Die Stelle macht
Mose zum =Stifter des israelitischen Monotheismus=«. Es ist nun durchaus
lediglich Sache der Philosophie, das =Verhältnis= klarzustellen, welches
zwischen dem =Monotheismus= und dem Begriffe des =Seins= besteht. Und wenn
auch der Zusammenhang der philosophischen Probleme für das Problem des
Seins eine Unterscheidung von dem Begriffe Gottes fordert, so folgt
daraus keineswegs, daß nicht dennoch der religiöse Gottesbegriff zu dem
philosophischen Seinsbegriff in eine innerliche Beziehung treten kann.

14. Es ist übrigens auch die Bedeutung der =grammatischen= Einsicht nicht
zu überspannen. Wenn dem Futurum die Bedeutung des Präsens zuerteilt
wird, so wird dadurch eben auch die =Differenz zwischen Gegenwart und
Zukunft= verringert. Das Sein wird nicht in der Gegenwart festgelegt,
sondern es schwebt über sie hinaus. =Gegenwart und Zukunft werden in
diesem Sein Gottes verbunden.=

Und es bedarf nur eines Vorblicks auf den Grundgedanken des
prophetischen =Messianismus=, um die Tragweite dieses Seins für den =Gott
der Geschichte= zu erkennen. Aber diese Konsequenz des Urgedankens haben
wir jetzt noch nicht weiter zu betrachten; an diesem Punkte genügt es
uns, die hohe, steile =Abstraktion= zu würdigen, in welcher hier bei der
ersten Offenbarung der monotheistische Gott sich darzustellen wagt. Denn
was hat der Redaktor sich gedacht? Wie soll der schlichte Mensch in
aller bisherigen Zeit, geschweige der Israelit der Vorzeit diese
Abstraktion sich zu Verstande bringen? Dennoch heißt es: »Dies ist mein
Name und dies mein Gedächtnis für alle Zeiten.« Der Text macht es
unbestreitbar, daß das =Wesen des Einzigen Gottes in diesen Begriff des
Seins gelegt wird=. Und so ist es nicht zu verwundern, daß die religiöse
Spekulation über Gott und seine =Einheit= gebunden bleiben mußte an das
Problem des Seins.

15. Damit aber ist festgestellt, =daß die Religion, als Theologie, der
Verbindung mit der Logik sich von vornherein und für alle Folgezeit
nicht entziehen kann=. Denn mochte immerhin innerhalb der reinen
Philosophie der Begriff des Seins nicht ausschließlich, nicht
vornehmlich sich auf Gott beziehen, so fordert dennoch die Gemeinschaft
dieses Begriffes eine Art von Gemeinschaft ihrer anderen, ihrer
untergeordneten Beziehungen; schon die Differenz ist durch diese
Gemeinschaft bedingt.

Aber außerdem wird sich die Frage erheben, ob die Gemeinschaft nicht
auch positiv Unterscheidungen hervorruft, die nicht nur der Religion
zugute kommen dürften. Damit blicken wir schon auf die =Ethik= hinüber.

16. Bleiben wir indessen noch bei dem Verhältnis zur Logik stehen, so
gilt es zunächst, ein =Vorurteil= darin zu erkennen, =daß man für die
Bedeutung des Monotheismus den Schwerpunkt in die Einheit legt: er liegt
im Sein, und zwar in der Einzigkeit des Seins, welches das Sein Gottes
ausmacht=. In diesem Sein werden allerdings die Unterschiede der Zeiten
hinfällig; daher vermag noch am besten die =Zukunft= dieses einzigartige
Sein, das wahrhaft geistige, das göttliche Sein zu beschreiben. Und so
erkennen wir von hier aus, aus der Differenz zwischen der Einheit und
dem Sein, aus der Verwandlung der Einheit in die =Einzigkeit= noch genauer
den uranfänglichen Anteil des =Monotheismus= am Sein, mithin an der Logik,
die der philosophische Mutterboden des Seins ist.

17. Auch der Zusammenhang des Seins mit der =Einheit= ist von historischer
Urbedeutung für den Zusammenhang des Gottesgedankens mit der Logik.
Bevor =Parmenides= Sein und Einheit verknüpfte, hatte =Xenophanes durch die
Einheit Gott und Welt verknüpft=. So war noch vor der Verbindung der
Einheit mit dem =Sein der Natur= die Verbindung mit dem =Sein Gottes=
erdacht worden. Und die =Eleaten= wurden so die Begründer des
=Pantheismus=.

Nicht für Gott wurde die Einheit zuerst erdacht, und auch nicht, wie
durch Parmenides, für die Natur, für den Kosmos, sondern ausdrücklich
wurde =diese Verbindung= als der Sinn der Einheit des Kosmos bezeichnet:
»Diese Einheit sei der Gott.« Die Einheit des Kosmos wurde gleichsam
vorweggenommen, ihr wurde keine genauere Spekulation gewidmet; sie wurde
aber vom Kosmos abgelöst und auf Gott bezogen, in dem diese Einheit des
Kosmos erst zur Realisierung gelange. Am Kosmos hat die Einheit nur die
Bedeutung der Ganzheit, der Gesamtheit ἓν καὶ πᾶν. Erst durch
die Beziehung auf Gott und seine Einheit wird die Einheit des Kosmos
vollzogen: in seiner Einheit mit Gott. Eigentlich also ist es die
=Identität=, der die Bedeutung der Einheit zukommt. Aber auch von dieser
Seite bleibt das Verhältnis unverrückt zwischen den Begriffen =Einheit=,
=Sein= und =Gott=.

18. Parmenides läßt zwar die Identität des Seins mit Gott fallen; die
Einheit wird durch ihn zu anderen Bedeutungen am Sein entwickelt, vorab
zur =Beharrung=; aber die Einheit selbst bleibt in Wirksamkeit, kommt zu
neuer Wirksamkeit am Sein: =die Identität von Denken und Sein= wird
aufgestellt. =Was bedeutet diese Identität, als eine Form der Einheit?=

Eine Epoche des Geistes bezeichnet diese Wendung. Jetzt erst fängt das
Leben und Wirken des Geistes an, das =Selbstbewußtsein des Geistes=. Der
Geist beginnt da selbständig zu werden, wo er von der Natur sich
unterscheidet, um sie sich unterzuordnen. Die Unterscheidung von der
Natur vollzieht sich aber durch die Unterscheidung des Geistes von der
sinnlichen =Empfindung= und Wahrnehmung, und die Unterordnung durch die
Hervorhebung der Spontaneität und Reinheit des =Denkens=, wodurch der
Unterschied von der Empfindung erst vollendet wird.

Das ist der Sinn der Eleatischen =Einheitslehre von Sein und Denken=. Auch
hier bedeutet die Einheit die =Identität= von Denken und Sein, aber sie
beruht auf der =Einheit=, die vorher an dem göttlichen Sein der =Natur=
vollzogen worden war. Jetzt erst vollzieht sich die wahrhafte Begründung
dieser Einheit: =durch das Denken=. Im Denken erst entsteht und setzt sich
die Einheit ins Werk. Vom Denken geht diese Einheit, die das Denken
ausmacht, auf das Sein hinüber, und begründet im Sein die dort schon
pantheistisch vorbereitete Einheit. Jetzt erst wird sie durchgeführt,
und bei dieser Durchführung, nämlich vom Denken auf das Sein und vom
Sein auf das Denken, geht die Einheit wieder in die Identität über.

Aber die Einheit, im Denken, nicht in der Wahrnehmung entstanden, wirkt
sich hier auch am Sein des Kosmos zur =Einzigkeit= durch, und das ist sehr
lehrreich. Die Einheit des Kosmos bedeutet jetzt, den früheren Himmeln
und Welten gegenüber, die Einzigkeit des =Universums= mit dem Einen
=Schwerpunkte= der Kugel und seiner =Beharrung=. =So wird auch hier die
Einheit des Seins zur Einzigkeit der Natur gesteigert.=

19. Diesen Begriff des Seins bringt der Begriff des Denkens zustande,
und in diesem Begriffe des Denkens entsteht der Begriff des =Geistes=. Es
hängen demgemäß auch in der reinen Philosophie der Natur die Einheit und
die Einzigkeit des =Seins= mit der Einheit des =Denkens= und der Einzigkeit
des =Geistes= zusammen. Denn wenn schon das Sein einzig ist, so um so mehr
der Geist, der der bunten Welt der Sinne gegenübersteht. =Nur das im
Denken gegründete Sein bildet keinen Widerspruch gegen den Geist=; denn
die Welt des Denkens ist die Welt des Geistes; die Einheit verbindet
Sein und Denken.

20. Es ist auch zu beachten, wie die Einheit ebenso auch =Denken= und
=Gott= verbindet, was ja schon bei =Xenophanes= sich gezeigt hat. Und
wie die Eleaten durch die Einheit Denken und Sein verbinden, so verbinden
die =Israeliten= durch die Einheit Denken und Gott.

21. Es wird daher auch erklärlich, was man gemeinhin nicht auffällig
genug findet, daß durchgängig in der alten Bibel, vom Pentateuch zu den
Propheten und den Psalmen das Verhältnis zu Gott als =Erkenntnis=
gefordert wird. Es ist nicht genug, daß der =Dienst=, die =Verehrung=, der
=Gehorsam= gegen Gott gefordert wird: mit dem eigentümlichsten Nachdruck
wird alles Gewicht auf die Erkenntnis Gottes gelegt. Und diese Aufgabe
bleibt der Leitgedanke für alle Entwicklung des =Monotheismus=.

22. Aber noch ein =anderes= Motiv wird hieraus verständlich. Nicht nur die
Erkenntnis Gottes wird gefordert, sondern ebenso auch die =Liebe=. Sie
scheint ein ganz neues, ganz anderes Bewußtseinsmotiv zu sein. Und oft
genug tritt daher Kollision und Konflikt zwischen diesen beiden Motiven,
dem intellektuellen und dem emotionalen, ein. Der =Rationalismus= bemüht
sich aber immer, die Einheit dieser beiden durchzusetzen. Und er tut
dies völlig mit Recht. Denn es wird auch gemeinhin nicht als auffällig
empfunden, wie die Liebe zu einem Wesen gedacht werden kann, das jeder
=unmittelbaren= Beziehung mit dem Menschen entrückt ist.

Erkennen wird im =Hebräischen= durchgängig gebraucht für den
=geschlechtlichen Verkehr=, und zwar für den =legitimen=. Es bedeutet
mithin die =innigste Vereinigung=, und daher als Symbol die =wahrhafte=
Erkenntnis, als Vereinigung des Geistes mit seinem Inhalt. =Durch diese
Identität zwischen Erkenntnis und Liebe ist vielleicht die Liebe erklärt=,
die zunächst wenigstens nichts anderes zu bedeuten habe als die Erkenntnis.

Später treten noch andere Motive aus dem Gottesgedanken zu dieser
Grundbedeutung der Liebe hinzu. Aber um so auffälliger wird durch diese
Identität mit der Liebe das Gebot, der Gedanke der Erkenntnis. Wie kann
es verstanden werden, daß der Mensch =eine dieser Innigkeit entsprechende
Erkenntnis von Gott= gewinnen oder auch nur anstreben soll?

23. Darauf gibt es nur eine Antwort, welche wiederum in einer Frage
besteht: wie kann es verständlich werden, daß das Denken mit dem Sein in
Identität kommen soll? Das ist eben der Sinn des Denkens, und das ebenso
der Sinn des Seins, darin besteht die Neuheit, =der neue Wert dieser
beiden Begriffe=, daß sie dieses Wunder als solches einführen. Denn auch
hier muß man fragen: wie kann ein Denken so gedacht werden, daß es
Identität mit dem Sein eingeht? Und wie kann ein Sein so gedacht werden,
daß es mit dem Denken Identität eingehen kann? Das aber ist eben der
eigentliche Sinn dieser beiden neuen Begriffe, bei deren Entdeckung der
dritte neue Begriff, der der Einheit mitgewirkt hat. Wir =schließen= also
von der Bedeutung der Einheit für das =Denken und das Sein der Natur= auf
die Bedeutung der Einheit für die Erkenntnis Gottes. =Dem Eleatischen
Sein entspricht in der Religion der Begriff des Einzigen Gottes, als des
einzigen Seins=.

24. Das ist die neue Folgerung: die =Einzigkeit Gottes= bedeutet von
vornherein nicht seine =Ungeteiltheit=, auch nicht nur seine
=Unvergleichbarkeit= mit anderem Sein, sondern schlechthin seine
=Identität= mit dem Sein, =so daß dieser gegenüber kein anderes Sein in
Geltung bleibt=. Würde die Religion sich in Philosophie entfalten und
ausbreiten, so würde sie danach =Kohelet= zu ihrem Kanon machen, und die
=Skepsis=, den Schein, die Nichtigkeit über alles angebliche Sein
verhängen. Der Monotheismus hat jedoch positive Aufgaben, die ihn von
dieser Negative abrufen.

25. Indessen sahen wir bereits bei =Xenophanes=, daß nicht nur der
Skeptizismus die Konsequenz von der Einheit Gottes ist. Allerdings war
diese Einheit, wenn nicht eine Übertragung, so wenigstens eine Analogie
mit der Einheit des Kosmos, und in dieser Analogie selbst erst
entstanden. Die Welt hat Einheit und Gott hat Einheit. Dieses letztere
bedeutet aber: Gott hat Einheit mit der Welt. Die Einheit wird hier zur
=Identität=, die erst bei =Parmenides= zwischen dem Denken und dem Sein
vollzogen wurde. Bei Xenophanes ist nicht nur Konsequenz, sondern
Mitgedanke: der =Pantheismus=.

26. So treten vom ersten philosophischen Anfang an =Monotheismus und
Pantheismus in Gegensatz= zueinander. So unversöhnlich, so unausbleibbar
erkennen wir hier diesen Widerspruch aus dem Grundgedanken des
Monotheismus heraus. Gott allein, daher der Einzige Gott, ist das Sein.
Die Natur darf sich nicht der Identität mit ihm anmaßen. Er allein ist
das Sein. Seine Einzigkeit bedeutet seine einzige Identität mit dem
Sein, der gegenüber alles andere vermeintliche Sein zur Schattenwelt des
Scheins und der Nichtigkeit herabsinkt.

=Es gibt keinen Ausgleich zwischen Monotheismus und Pantheismus.= Das =Pan=
der Natur ist der absolute Widerspruch zur Einzigkeit Gottes.

Und auch hieran ändert sich nichts dadurch, daß dieses =Pan= für das
Denken der Natur ein wertvoller und notwendiger Begriff ist. Denn man
darf ja niemals vergessen, daß der Monotheismus nur ein Standpunkt des
Geistes zur Welt ist, der durch andere Standpunkte der Ergänzung bedarf.
Der Monotheismus ist ja nicht das Prinzip der Naturwissenschaft.
Freilich ist aber auch die Naturwissenschaft nicht der einzige
Standpunkt des Geistes zur Welt, insofern diese auch die =sittliche Welt=
ist.

Wenn der Pantheismus eine Berechtigung haben sollte, so könnte er sie
nur für die =Ethik= haben; hier aber stehen wir bei dem Verhältnis des
Gottesgedankens zur =Logik=. Und für dieses Verhältnis bildet der
Pantheismus einen Hemmschuh; denn er bringt einen Widerspruch nicht nur
in den Begriff Gottes, sondern auch in den der Natur, indem er beide in
Identität setzt.

27. =Identität= kann bestehen zwischen Denken und Sein und zwischen Gott
und Sein; =aber im letzteren Falle kann es kein anderes Sein geben=. Der
Pantheismus schafft selbst diesen =Doppelsinn= für das Sein, den er aber
wieder aufhebt, indem er das Sein der Natur mit Gott gleichsetzt. Daher
jedoch hebt er den Doppelsinn im Begriffe des Seins nicht auf, sondern
er =befestigt= ihn.

Das ist, von aller Beziehung auf die Ethik, von aller monotheistischen
Bedeutung Gottes abgesehen, der logische Grundfehler im Pantheismus: daß
er den Begriff des Seins =zweideutig= macht. =Deus sive natura=, sagt
=Spinoza=. In diesem Einen Worte liegt sein logischer Grundfehler. =Und
alle Philosophie muß falsch und verkehrt sein, wenn ihr Verhältnis zur
Logik nicht einwandfrei ist.= Diese Einwandfreiheit muß auch bei den
=Definitionen= und den =Axiomen= sich ausweisen. Es darf keine
=Adäquatheit= der Erkenntnis angenommen werden, wenn das =Prinzip=, an
welchem und für welches die Adäquatheit angestrebt werden soll, nicht
als =erstes= Erfordernis der Axiome und der Definitionen befolgt und
klargestellt ist.

28. Der Pantheismus muß daher einen Widerspruch zum =Rationalismus= und
=Idealismus= bilden: er kann immer nur aus Mystik erschlichen sein, und
mit Mystik in Verschleierung bleiben. Mystik aber verträgt sich auch mit
=Materialismus=.

Der Rationalismus der Religion hat noch andere Bundesgenossen und
Leitgedanken empfangen, außer denen der =Einheit=, der =Einzigkeit= und der
innigen =Erkenntnis=. Die =Eleaten= erhalten ihre Fortsetzung in =Platon=.
Denn was an dem Eleatischen Begriffe des Denkens noch unklar blieb, das
wurde auch durch =Sokrates= noch nicht aufgehellt, indem dieser den
=Begriff= in das Denken einsetzte. Die Rätselhaftigkeit dieser Macht des
Denkens wurde dadurch noch nicht aufgeklärt und aufgehoben. Da kam
=Platon= und deckte den Zauber auf, der in dem Denken wirksam wird. Er
entschleierte =das= Geheimnis =und löste das Rätsel dadurch, daß er es als
Rätsel aufhob=. Ihr wundert euch, so könnte er in mündlicher Rede gesagt
haben, über die Zauberei, die ich in das Denken verlege, so daß es
Gebilde zu erzeugen vermag, die aller Wahrnehmung und aller Phantasie
entrückt sind. Wundert euch nicht, sondern lernet es einsehen, wie das
Denken methodisch vonstatten geht, und welcher =Vorbereitungen und
Voraussetzungen es bedarf, um vonstatten gehen zu können=. So kam Platon
zu seiner =Idee=.

29. Er kam zu seiner Idee von der strengen, reinen Wissenschaft aus, von
der =Mathematik=. Und im damaligen Schulgebrauche der Mathematik, der ja
noch in den allerersten Anfängen sich befand, nannte man eine
=Grundlage= und =Voraussetzung= für jede mathematische Arbeit, mochte
sie nun in =Grundsätzen= oder nur in =Grundbegriffen= bestehen, eine
=Hypothesis=. =Die Grundlegung ist mithin das Erste in allem Denken.=
Ohne dieses Erste, ohne diesen Anfang gibt es keinen Anfang, und ohne
den Anfang keinen Fortgang im Denken. Das verhält sich nicht nur so in
der Mathematik, sondern diese =Methode= -- Platon schon brauchte für
seine Idee den Ausdruck der Methode -- gilt für alles Denken des
menschlichen Geistes. Alles Denken besteht und beruht in diesem Setzen
seiner =Aufgabe=, seiner Probleme. =Alle Gedanken sind Vorsätze des
Denkens=, sind Voraussetzungen, Probleme, Vorwürfe, die es zu behandeln
und zu lösen gilt. =So bedarf jede These ihrer Hypothese=, die wiederum
ihre Hypothese =ins Unendliche= alles wissenschaftlichen Denkens hin
fordert.

Dieses =unendliche Denken=, unendlich rückwärts in der Reihe der
Hypothesen, unendlich vorwärts in der Reihe der Thesen, es ist das
echte, =reine=, seinen Inhalt selbst erzeugende Denken. Da aber für alle
Unendlichkeit seiner Gebilde in der Kraft der Hypothesis alles
wissenschaftliche Denken, alles Denken der Idee wurzelt, so ist alles
=Denken der Idee das Denken der Hypothesis=.

30. Der Terminus der =Idee= konnte beibehalten werden, obwohl er nur ein
scheinbar subjektives Moment, das =Schauen= (ἰδεῖν), zum Ausdruck
bringt. Denn ist es nicht auch ein Schauen, in dem die Hypothesis
erdacht wird, und verdient dieses Schauen nicht eine bleibende
Auszeichnung?

Wenn man bedenkt, daß der Stil der größten Geister sich in Antinomien
und Paradoxien an das Licht ringt, so begreift man den Zauber, den das
=Schauen= für Platon hatte: es ist Sehen und wiederum nicht Sehen. Beide
Bedeutungen liegen in der =Aoristform= des griechischen Wortes. Und
beide Bedeutungen bestehen nebeneinander. Von allen Wahrnehmungen ist
=Sehen= die schärfste und objektivste. Aber Denken ist nicht
Wahrnehmung, daher auch nicht Sehen. So vertieft sich im Denken das
Sehen zum Schauen. Und ein Schaugesicht ist die Idee, wie auch die
=Propheten= sich dieses Bildes bedienten, worauf schon =Fichte=
hingewiesen hat. =Eine Schau ist die Idee=, die sich als Hypothesis
allem wissenschaftlichen Denken vorsetzt, zugrunde legt, seinen Vorwurf,
den Inhalt seiner Aufgabe vorbildet.

31. Eine wichtige =Konsequenz= ergibt sich aus dem Nebeneinanderbestehen
dieser beiden Bedingungen des Denkens: =die Idee ist die Hypothesis und
die Hypothesis ist Idee=. Es kann nicht der legitime Sinn der Idee sein,
daß sie zu erschauen wäre anders als im Wege und in der Methodik des
wissenschaftlichen Denkens. Die Idee ist Hypothesis. Ebenso aber kann
die Idee nicht verflüchtigt und nivelliert werden zu irgendeinem Gebild,
sei es der Wahrnehmung, sei es der =Phantasie=, sei es allgemein der
=Vorstellung=, oder gar einer =Eingebung=. =Die Idee gehört schlechterdings
nur zum Apparat des wissenschaftlichen Denkens.= Dieses ist zwar nicht
eingeschränkt auf das mathematische, aber es müssen =Analogien= mit ihm
herstellbar werden, wenn in anderen wissenschaftlichen Problemen der
Begriff der Idee statthaft werden soll.

=Niemals darf die Idee mißbraucht werden zu dem Gebild eines
außerwissenschaftlichen Denkens. Der Rationalismus ist die Vorstufe des
Idealismus.= Wenn das Schauen soll Denken werden können, so kann dies nur
auf dem Grunde des wissenschaftlichen Denkens zustande kommen. Das
Schauen, das griechische Schauen ist im lateinischen Ausdruck zu neuer
Selbständigkeit gekommen, und die neueren Sprachen haben diesen Prozeß
fortgesetzt. So ist die =Intuition= in den Schein gekommen, das Erbgut des
Idealismus zu verwalten. Dieser Schein ist verhängnisvoll für die
Philosophie, für die Religion, für alle Kultur. Die Intuition, in sich
ein Blendwerk, ist der leibhaftige Widerspruch zum echten
wissenschaftlichen Denken. Nicht einmal zur materialistischen
Wahrnehmung bildet sie einen klaren Gegensatz, geschweige, daß sie sich
anmaßen dürfte, das Recht des Idealismus zu vertreten, den sie ja schon
in seinem Ursprung, dem Rationalismus, verleugnet.

Aber mit dem =Pantheismus= kann sich der =Intuitionismus= füglich
verbinden; aus den beiden Zweideutigkeiten entsteht das Monstrum einer
dritten.

32. Wenngleich auch gute und fruchtbare Ansätze der Mystik an dieser
Verbindung Anteil nehmen, so darf dies nur als ein neues Kennzeichen für
die beiden falschen Begriffe angesehen werden. Der =Gottesbegriff=
entsteht für die Religion im natürlichen, primitiven Zusammenhange mit
dem =Denken=. Und seine geschichtliche Entwicklung vollzieht sich in der
Lebendigkeit dieses Zusammenhanges, der sich immer genauer zu dem mit
der =Logik=, wie sie in der vereinigten inneren Geschichte von
Wissenschaft und Philosophie entsteht, entwickelt. =Ohne Zusammenhang mit
der wissenschaftlichen Logik gibt es keine Religion von geschichtlichem
Charakter.= Die Mystik bildet nur Seitenwege der Religion. Und ohne den
Idealismus der Hypothesis gibt es keine Wissenschaft und keine
wissenschaftliche Logik; =daher dürfte ohne sie auch keine Religion zu
erwarten sein! Die Intuition jedoch vermag keine Logik zu schaffen=. Sie
ist nicht nur ein Seitenweg, sie ist ein Abweg des wissenschaftlichen
Denkens. Die Heerstraße des Denkens, die im Lichte der =Geschichte= steht,
vollzieht der Platonische Idealismus kraft der Fruchtbarkeit seiner
Methodik der Hypothesis.

33. Wenn anders auch die =Ethik= von der Logik, mithin von dieser Logik
der Hypothesis-Idee abhängig sein muß, so wird die Frage entstehen, und
wir werden ihr nicht widerstehen, oder gar ihr ausweichen wollen: =wie
stehen die sittlichen Ideen zu dem methodischen Werte der Idee als
Hypothesis=? Und endlich, wenn anders die Religion im Zusammenhange mit
der Ethik steht: =wie steht es um das Verhältnis der Gottesidee zu dem
Platonischen Grundwerte der Idee als Hypothesis=?



III. Das Verhältnis der Religion zur Ethik.


1. Gehen wir nunmehr auf den =Zusammenhang der Religion mit der Ethik=
über, um von ihr aus den Anteil der systematischen Philosophie an der
Religion zu erweisen, so besteht hierin der =Begriff des Monotheismus= und
sein sachlicher =Unterschied vom Polytheismus=: =daß in ihm nicht sowohl
Gott den Hauptinhalt bildet als vielmehr der Mensch=, oder genauer
ausgedrückt: =nicht Gott allein und an sich, sondern immer nur in
Korrelation zum Menschen=, wie freilich daher auch gemäß der Korrelation:
=nicht der Mensch allein, sondern immer zugleich in Korrelation mit Gott=.

2. Schon hierdurch widerlegt sich, daß der =Kultus= ein Kriterium sei
für den Begriff der Religion, wie von der =Religionsgeschichte= dies
angenommen wird. Vielmehr ist der Kultus, der, in welchen Formen immer,
=Opferdienst= ist und bleibt, ein =Überbleibsel des Götterdienstes=, der
den =Zorn= und =Neid= der Götter beschwichtigen und der =Furcht= vor der
Gewalt und der Übeltat der Götter Milderung schaffen soll. Es ändert
sich nichts, wesentlich nichts, wenn allgemach auch =Freundlichkeit= an
den Göttern zutage tritt; denn das alles verbessert nur den
Opportunismus zwischen Gott und Mensch. Religion entsteht erst, =wenn
der Mensch=, soweit es sich um das Problem der Religion handelt,
=gleichsam ebenbürtig Gott zur Seite tritt=.

3. Dann bleibt das Problem nicht das =Wesen Gottes=, als eines =Dämon=,
noch das des =Menschen=, als eines dem =Schicksal= oder dem Götterwillen
=unterworfenen= Wesens, sondern =ein abstrakter Begriff= tritt alsdann
in der Religion auf und deckt sich mit den bisherigen beiden alleinigen
Begriffen der Religion: Gott und Mensch. Diesen Wendepunkt bildet das
bekannte Wort des Propheten =Micha=: »Er hat dir verkündet, =o Mensch,
was gut sei=«. Hier sind die =drei= Begriffe =vereinigt=. =Der Mensch
ist aufgetreten=, an die Stelle des =Israeliten= getreten. Und =Gott=
hat ihn =berufen, um ihm Kunde zu geben= -- wovon? Etwa von sich? Oder
vom Menschen? Von beiden nicht. Die Kunde bezieht sich auf etwas ganz
anderes, auf einen neuen Begriff, auf einen Begriff mit dem
Schwergewicht der Abstraktion: =das Gute=.

Gäbe es eine tiefere, kompliziertere Abstraktion in dem ganzen Schatz
der Begriffe? =Mit diesem Begriffe entsteht die Religion, und zwar als
Monotheismus.= Dieser Begriff läßt scheinbar sowohl Gott zurücktreten,
wie auch den Menschen: als ob beide erst durch den Begriff des Guten
entstünden und zu Recht bestünden.

Der Satz =Michas= ist nur die kurze Formel, in der sich =der ganze
Prophetismus= mit allen seinen Zielen zusammenfassen läßt. Nicht um Gott
dreht sich der Propheten Sinn, ihr Trachten und ihr Handeln, noch auch
um den Menschen in seinem empirischen Dasein, als =Volk= und =Staat=,
sondern ein =neuer= Mensch, =die Menschheit wird ihr Begriff vom Menschen=.
Und mit diesem neuen Menschenbegriffe =vernichten sie die Götterwelt= und
=entdecken= und offenbaren den =Einzigen Gott der Einen Menschheit=.

Was das Gute sei, soll der Gott verkünden. Dazu beruft er den Menschen.
Was ist denn das Gute? Ohne daß wir die Antwort Michas wörtlich
anführen, können wir sicher sein, in Übereinstimmung mit ihr zu kommen,
wenn wir antworten: =das Gute ist für den Menschen die Menschheit=, und um
es so auszuführen: =für Gott= wiederum =auch nur die Menschheit=: ihre
Gewährung und ihre =Gewährleistung= für den Menschen.

4. Das ist der =Inbegriff des Prophetismus=: =die Realisierung der Einen
Menschheit im messianischen Zeitalter=. Und das ist der =Inbegriff des
Messianismus=: die Hoffnung, die =Zuversicht auf diese Zukunft der
Menschheit=. Die ganze =bisherige= Weltgeschichte, und auch die
Jahrtausende, die seitdem verflossen sind, können gar nichts beweisen
gegen diese Zuversicht, welche den Inhalt der =neuen= Religion bildet.

Wie das =Denken= sich abkehrt von der =Wahrnehmung= und der in ihr sich
darstellenden =Wirklichkeit=, so wendet sich die Religion des Messianismus
ab von der =Vergangenheit= und der =Gegenwart=; ein neuer Zeitbegriff wird
von ihr für den Menschen in Korrelation zu Gott geschaffen: die
=Zukunft=. Sie allein erfüllt die Zeit; sie allein macht die Zeit lebend,
wahr und gehaltvoll. Was sonst als Zeitinhalt =erscheint=, ist nur
=Schattengebild=; es schleicht daher und hinkt blutleer nach, während die
Zukunft allein den Pulsschlag des Lebens hat -- des =wahrhaften Seins=,
wie es bei den =Eleaten= im Denken ersteht. Und wie dort der Eine Gott --
der dort jedoch mit dem Kosmos identisch ist -- das Eine Sein
hervorbringt, so bringt er hier die Eine wahrhafte Zeit für die Eine
Menschheit hervor.

5. Haben wir so im =Ursprung= der Religion ihre Blutsgemeinschaft mit der
Ethik erkannt, so ist auf dem Boden der Ethik selbst dieser Zusammenhang
ferner zu betrachten. Auch =Sokrates= geht von dem =Problem des Guten= aus.
Und auch er erfindet dabei den =Begriff des Menschen=; erfindet den
=Begriff überhaupt= am Begriffe des Menschen. Denn über die einzelnen
=Berufsarten= hinweg, in die sich das Leben und Treiben der Menschen
abspaltet, ruft er sie auf und erweckt sie zu der =einheitlichen Aufgabe=
des Menschen. Über alle =Nützlichkeiten= und =Opportunitäten= der
Lebensdienste, denen die Berufssklaven zustreben, fragt er ihnen das
Problem des Guten aus ihrer Seele heraus. So verbindet auch er mit dem
Begriffe des Menschen den Begriff des Guten.

6. Mit =Sokrates= aber ist erst in der reinen Philosophie der =Gedanke= des
Guten aufgekommen; aber seine Begründung konnte der Sokratische =Begriff=
überhaupt, mithin auch der des Guten, noch nicht zu Ende führen. Der
Gedanke tritt wie ein Wunder auf, oder wie ein Kunstgriff des
menschlichen Denkens. =Der Begriff mußte Idee werden.= Das gilt nicht nur
für die Logik und die Wissenschaft, sondern beinahe noch mehr für die
Ethik. Und =Platon= brachte diese Vollendung, in der er der Ethik ihre
=Begründung=, dem Begriffe des Menschen seine =Grundlegung= schuf.

=Denken= war es, was diese Menschen in der Ethik und für sie entdeckten.
Diese Souveränität des ethischen Denkens, entgegen der =Wahrnehmung= in
ihrer =Wirklichkeit=, entgegen den =Trieben= (des =Begehrens=) und
subjektiven =Motiven= offenbart sich in dem methodischen Grundgedanken
der =Republik=. =Die Seele des Menschen=, mithin sein Begriff, seine
=Idee=, lasse sich, sagt Platon, besser und genauer im Makrokosmos des
=Staates= als im Mikrokosmos des menschlichen =Individuums= erkennen.
Wiederum dieselbe Richtung der Grundkraft des Denkens: die Abkehr von
der Wahrnehmung und ihrem Gegenstande, den der empirische Mensch
bildet, und der Aufstieg zum Menschen, wie der =Prophet= sagt; zum
Staate, wie der =Hellene= sagt. Die Menschheit aber, zum Unterschiede
vom Menschen, wird hier, wie dort, der neue Mensch, hier der Ethik, wie
dort der Religion. Der Mensch, als Staat, das ist der Anfang vom
Menschen der Menschheit. Denn auch in der messianischen Zukunft werden
die Völker der Menschheit nicht anders zur ethischen Vereinigung kommen
als in dem =Staatenbunde der Völker= selbst.

7. Indessen erschöpft sich hiermit nicht die Analogie zwischen Ethik und
Religion. =Erstlich= werden wir fragen, =ob in der Ethik kein Platz sei für
Gott=? Ob, wenn =Platon= diesen Platz nicht bestimmt haben sollte, er in
der ganzen Folgezeit dort nicht Raum gewonnen habe? =Ferner= wird zu
fragen sein, wie die =Grenzbestimmungen= erfolgt sein werden unter den
Ideen =für die Idee des Guten=, und daher =zwischen der Ethik und der
Logik=.

Hier stehen wir an der echten =Pforte der Metaphysik=, die an dem
Kreuzungspunkte liegt, wo =Natur- und Geisteswissenschaft= sich scheiden,
wo die Logik zu Ende geht, und die Ethik beginnen wird. Diese Probe ward
auch der =Ideenlehre= gestellt, und =Platon= hat sie bestanden. Er fragte
sich, ob seine =Grundmethodik= dasselbe Gewicht an =Wahrheitsgeltung=
erlangen könne an dem Problem des Guten, wie an den mathematischen Ideen
und kraft ihrer an dem Problem der Natur. Diese Frage erhob sich in
neuer Schärfe. Denn den mathematischen Ideen und Lehrsätzen wird kein
Abbruch getan, wenn man ihre Abhängigkeit von den =Axiomen= anerkennt,
wenn man die Axiome als die =Grundlegungen= begreift, die voraufgehen
müssen, wenn auf ihrem Grunde die Lehrsätze aufgerichtet werden sollen.
Man sagt hierbei nicht, es sei sonach alles auf Flugsand gebaut; denn
das Schwergewicht dieser Grundlegungen wird richtig eingeschätzt. Man
geht auch über den oberflächlichen Einwand zur Tagesordnung der
Forschung über: daß diese Grundlegungen ja nur =relativ= und =provisorisch=
seien. Sei es drum; mögen immer neue Hypothesen zu erdenken sein. =Die=
Einsicht aber hebt die Grundlegung über jeden Verdacht der willkürlichen
Subjektivität hinweg: =daß anders die Forschung überhaupt nicht anfangen
kann=, daß anders die Forschung =ein wahrhaftes Fundament nicht gewinnen
kann=, es sei denn durch die Grundlegung. Die Grundlegung ist der Grund
alles wissenschaftlichen Denkens; es gibt keinen anderen, und dieser
ist der zulängliche.

8. Kann hingegen auch dem Problem des =Sittlichen= gegenüber diese
methodische Einsicht volle Beruhigung geben? =Sucht und fordert die
Realität des Sittlichen keine höhere Bürgschaft=, als welche die Idee,
als Hypothesis, zu gewähren vermag? Steht das Gute auf derselben =Stufe
der Geltung=, der Wissensforderung und des Geltungsanspruchs, auf der die
mathematischen Ideen stehen, insofern sie den Grund der =Natur= bilden?
Darf ich auch hier alle Ruhe zu finden glauben bei dieser Weisheit
letztem Schluß: daß eine bessere =Gewißheit= nur =Illusion= sei, daß die
=letzte Bürgschaft der Wahrheit= auch hier in dem Werte der Idee als
Grundlegung bestehe? Und wenn es richtig sein sollte, daß eine andere
Art der Gewißheit schlechterdings nicht möglich sei: sollte nicht
dennoch wenigstens die =Frage= ein notwendiges =Problem= bilden, damit an
dieser Frage die =Differenz der Probleme= zwischen dem Sittlichen und der
Natur der Wirklichkeit zu einer methodischen Formulierung gebracht
werden könne? Die Frage selbst hat methodische Bedeutung und daher wohl
auch Fruchtbarkeit, wenngleich auch nicht in jedem Sinne ihre positive
Lösung statthaft sein sollte.

=Platon= hat diese Kreuzfrage an seine Methode gestellt, und er hat auf
Grund derselben unter den Ideen die Idee des Guten =ausgezeichnet=. Er hat
sie als die wichtigste Idee (μέγιστον μάθημα) bezeichnet. An
dem =Gleichnis= mit der =Sonne= hat er sie über alle Sichtbarkeit und
=Erkennbarkeit= hinausgehoben, während er ihr, wie der Sonne, nicht nur
den Grund der =Sichtbarkeit=, sondern auch den =Grund des Seins= und des
Wachstums zusprach. Wie man jedoch nicht den =Helios= sehen kann, sondern
nur seinen =Sprößling=, das =Licht=, so könne auch er das Gute selbst nicht
bestimmen, sondern nur seinen Sprößling: der aber ist doch immer =die
Idee des Guten selbst=.

Wie hebt sich nun der Widerspruch, daß der Ideenlehrer das Gute selbst,
wie den Helios, nicht bestimmen könne, dennoch aber in der =Idee= des
Guten seinen Sprößling anerkennt? Die Idee des Guten bleibt also trotz
alledem das echte Ebenbild des Vaters; =die Idee darf auch beim Guten für
das Gute selbst ihr methodisches Zeugnis ablegen=.

9. Der Widerspruch entsteht und hebt sich =im Begriffe der Idee=. Die
Idee, als solche, kann nur methodische Grundlegung sein; aber für die
Idee des Guten entsteht das berechtigte Verlangen, daß sie mehr sein
möchte, mehr bedeuten sollte. Worin liegt die Berechtigung dieses
Verlangens, wenn doch seine methodische Befriedigung versagt bleiben
muß? Sie liegt in dem =Werte=, den der =Geist= dem Guten beilegt über
=alles Natürliche= und seine Wissenschaft hinweg. Dieses Verlangen darf
nicht gestillt, nicht befriedigt werden, weil dieser Wert nicht
geschmälert, nicht erschüttert, nicht verringert werden darf. Dennoch
aber darf diesem Problem kein anderer Grund gelegt werden, als der in
der =Grundlegung= liegt, weil =Ethik und Logik= zwar voneinander im
Inhalte des Problems =unterschieden=, aber im =einheitlichen Denken=
nicht voneinander abgetrennt werden dürfen; weil Natur und Sittlichkeit
als Probleme ihrem Inhalte nach unterschieden, aber als =methodische=
Probleme, als =Probleme der Erkenntnis= vereinigt bleiben müssen in =der
Einheit der Methode=. So dachte =Platon=; =so begründete er den
Idealismus= in seiner =doppelten= Gestalt: als Logik und als Ethik. Und
so zeichnete er die Bahn vor, die nach langen Jahrhunderten =Kant=
wieder einrichtete.

10. =Platon= hat den Unterschied im =Inhalt= und =Werte= zwischen Logik
und Ethik nicht nur durch das Gleichnis beschrieben; seine abstrakte
Dialektik hat an der =Grenzbestimmung dieses Inhalts der Erkenntnis=
denjenigen Begriff geschaffen, =in dem die Metaphysik ihren Ursprung
hat=, und immerfort ihren =Eigenwert= behauptet. Indem er die Idee des
Guten als die =höchste= Idee proklamiert, erhebt er sie auch =über das
Niveau des Seins=, auf dem alle anderen Ideen sich bewegen: die Idee des
Guten sei »jenseit des Seins« (ἐπέκεινα τῆς οὐσίας). Die folgenden
Worte erklären genugsam den Sinn dieses »wundersamen Übertreffens«: nur
die »Kraft der Würde« (δυνάμει καὶ πρεσβείᾳ) soll dieses Übertreffen
bedeuten. Dennoch läßt es sich verstehen, wie die unmittelbare und alle
spätere Folgezeit über diese Einschränkungen hinweggesehen, und nur auf
die Erfüllung geachtet hat, die hier so mächtig, so gewaltig dargereicht
wird für das Verlangen, das in aller Folgezeit an Mächtigkeit nicht
verloren hat.

Es ist aber so aus der =Jenseitigkeit des Seins=, die hier nur bedeutet
die =Jenseitigkeit zu dem durch die mathematischen Ideen begründeten
Sein=, jene =Jenseitigkeit zu allem Denken, zu aller Erkenntnis geworden,
welche das Problem der Metaphysik bildet=, und vermöge dessen ihr die
allgemeine Heimat der =Philosophie= nicht genügt, so daß sie zur =Religion=
hinüberwandert, oder die Religion bei sich aufnimmt.

=So ist aus der Selbstrechtfertigung der Ideenlehre die Transzendenz des
Guten entstanden.= Und so ist es erklärlich, daß man alsbald, da der
=Monotheismus= in das abblühende Griechentum eindrang, in ihm =Gott=
erkannte und mit ihm identifizierte. Dem Gipfel, den die Ideenlehre in
dieser Messung des Guten mit der Idee, als Grundlegung, bildet, wurde
dadurch zwar die Spitze abgebrochen, die ihn mit dem Fundamente seines
Erdreiches verbindet, aber der Gipfel blieb doch in seiner Isoliertheit
und Ferne am Horizonte des Denkens aufragend. Das Gute war nun als das
Problem des Sittlichen ausgezeichnet, und die Ethik war von der Logik
unterschieden, aber durch die Idee mit ihr in Zusammenhang erhalten,
wenngleich dieser wiederum in die Metaphysik gelegt wurde.

11. Es sei hier nur noch kurz daran erinnert, daß dieser Zusammenhang
auch noch durch andere Begriffe festgehalten wurde, methodisch durch den
Begriff des =Zwecks=, dessen Leugnung daher bei =Spinoza= charakteristisch
für seine Ethik und nicht minder auch für ihr Verhältnis zur Logik ist.

Unter den Inhaltsbegriffen aber mußte ja schon der Begriff des Menschen
für die Behauptung des Zusammenhanges mit der Logik sorgen, da der
Mensch =biologisch= und =anthropologisch= nicht von der Logik abgelöst
werden kann, seiner anderen Bedeutung nach aber gänzlich das Gebiet der
Ethik ausfüllt, so daß es bedenklich und daher gänzlich aufgegeben
wurde, =den Begriff Gott neben dem Hauptbegriffe des Menschen in die
Ethik aufzunehmen=. So sehr sollte sie ausschließlich die Lehre vom
Menschen sein. Wenn dadurch nun aber wiederum der Zusammenhang der Ethik
mit der =Religion= aufgehoben wurde, so trat hiergegen die =Metaphysik= in
die Bresche, um diese Lücke zu überbrücken. Vornehmlich hingegen sollte
das Gute, als das Problem des Menschen, den Gegenstand der Ethik bilden.

So ging es durch Altertum und Mittelalter auf die Neuzeit hinüber. Auch
=Kant= hielt den Zusammenhang der Religion mit der Ethik in der präzisen
Weise fest, daß er die =Theologie nur als Ethiko-Theologie= gelten ließ,
die Ethik mithin der Religion als ihre Voraussetzung vorbaute und
unterbaute, dennoch aber auch als ein =besonderes Verhalten des
Bewußtseins sie bestehen ließ=. Wir kommen hierauf zurück; jetzt aber
setzen wir zunächst die =vorläufige= Musterung unter den =Gliedern= des
philosophischen =Systems= fort.

12. =Kant= hatte nämlich als =drittes= Glied des Systems an Logik und Ethik
die =Ästhetik= angefügt. Als ein Systemglied war diese bisher nicht
selbständig geworden, obschon ihre Probleme und ihre Grundbegriffe bei
=Platon= bereits mehr als auftauchten und fortan nicht verschwanden,
sondern bei =Plotin= schon eine bedeutsame Gruppierung erfuhren. Indem
nämlich Plotin =Gott= als den =Urquell des Schönen= annahm, setzte er das
ästhetische Problem in den innigsten Zusammenhang mit der Religion und
bei seiner Platonischen Methodik mit der Ethik und der Logik. Dennoch
war der Gedanke des Systems bei ihm noch nicht reif geworden, und alle
tiefe und sinnige Spekulation über das Schöne und über die Kunst konnte
weder im Altertum, noch selbst in der neueren Zeit, die Selbständigkeit
der Ästhetik hervorrufen, bis sie aus dem Probleme des Systems heraus
bei Kant als Konsequenz sich ergab.

13. Da nun aber für dieses dritte Glied, nachdem für die beiden ersteren
Erkenntnis und Wille, die Grundkräfte des Bewußtseins, aufgeboten waren,
keine andere übrigblieb als das =Gefühl=, so war es unvermeidlich, daß
der Zusammenhang der auf das Gefühl begründeten Ästhetik mit der
Religion noch lebendiger wurde, sogar als Kollision empfunden werden
mußte. Die Religion hat zu ihrem Angelpunkte Gott. Um Gott aber scheint
sich auch in der Kunst alles zu drehen, alle Gegenstände von ihm
durchdrungen, alle Probleme von ihm durchleuchtet zu werden. Welcher
Gott ist nun der echte und welcher der ursprüngliche? Man braucht nur an
das alte Wort =Herodots= zu denken, daß =Homer= den Griechen ihre Götter
gemacht habe, und wie sich dies auch für die Plastik bewährt, um die
Gefahr dieses intimen Zusammenhangs hier zu erkennen. Freilich zerbricht
das Bilderverbot des =Dekalogs= diese anscheinende Identität, und so hat
der =Monotheismus= durchgängig seine Selbständigkeit im Gottesbegriffe
gegenüber allem Mythos und aller Bildnerei behauptet.

14. Indessen hat es ja die Kunst doch nicht allein mit Gott zu tun,
sondern vornehmlich mit dem Menschen, mit der =Natur des Menschen in
Leib und Seele= und mit dem =Menschen der Natur=, in der =Landschaft=
und in seinem =geschichtlichen= Milieu. Und mehr noch als bei Gott in
dem Gefühle eines =Unendlichen=, tritt beim Menschen das Gefühl in der
unmittelbaren =Menschenliebe= zu seiner =Doppelnatur= in Kraft. Nicht
der =Zeichenbildens-= noch überhaupt der =Tätigkeitstrieb= bringt an
sich den =Kunsttrieb= hervor, sondern wenn er nicht durch technische
Mittel vorgebildet und ausgerüstet würde, so würde er zwar verdorren,
aber dennoch aufkeimen aus der Urkraft der Menschenliebe heraus. Der
Mensch sucht den Menschen, die Sehnsucht nach ihm kommt seiner
Auffindung entgegen, und beseelt und begeistet seine Betrachtung. Der
Mensch ist selbst das Geschöpf der Kunst, das gilt für alle Kunst. Wenn
es keine Religion gäbe, so wäre die Kunst die Offenbarung des Menschen,
und wenn es keine Ethik gäbe, so wäre die Kunst der Abdruck dieser
Offenbarung. So unmittelbar hängt im Menschen die Religion mit der
Ästhetik zusammen.

15. Es bedarf nur des kurzen Hinweises andererseits auf den =Kultus=, um
die Durchführung dieses Zusammenhangs bis in die Gefahr der
Verschmelzung hinein zu überschauen. Der Götterdienst schon erfindet
dieses Doppelleben des religiösen und des ästhetischen Menschen, und der
Monotheismus gestaltet das Verhältnis immer durchdringender, so daß der
moderne Mensch in Zweifel kommen konnte, ob seine Religiosität nicht
vielmehr ästhetische Gesinnung sei, und ob daher die Kunst nicht berufen
sei, die alte Religiosität zu entsetzen. In der Tat konnte ja niemals
der Kultus auf Poesie und Musik verzichten, auch wenn er schon dem
Bilderdienst entsagen wollte.

Und was den Menschen und das Menschliche betrifft, so blieben Religion
und Kunst miteinander in Wetteifer. Konnte doch =Schiller= die Losung für
die Kultur ausgeben, daß die =Erziehung der Menschheit zur Sittlichkeit=
der Ästhetik zu überantworten sei, und daß die ästhetische Erziehung
allein zum ethischen Ziel gelangen könne. So ist nicht allein die =Idee
der Humanität= zur Ausbildung gekommen, sondern durch die =Christologie=
nebst ihrem gesamten ästhetischen Apparate in der Geburt und dem Leiden
Christi ist mit dem Menschenbegriffe zugleich auch der =Gottesbegriff
ästhetisch geworden=; er hat nicht nur seine Ausschmückung, sondern auch
eine Art von Begründung im ästhetischen Problem erhalten.

16. Denn dieses ästhetische Problem war ja nicht nur objektiv bestimmt
und ausgezeichnet durch die =Liebe zum Menschen=, sondern auch subjektiv,
vielmehr methodisch durch diese Liebe, durch das =Gefühl=, das nunmehr zu
einer =eigenen Grundrichtung des Bewußtseins= ausgezeichnet wurde. Dieses
Gefühl aber schmiedete von neuem den Zusammenhang zwischen Religion und
Kunst. Denn wo anders im Bewußtsein ist das Strombett, in dem das
Urgefühl der Liebe sich ergießt als in der Schaffenskraft der Kunst?
Wenn nun auch die Religion durch die Liebe zu Gott und zum Menschen an
diesem Grundgefühl Anteil hat, so kommt sie in Gefahr, in Kunstgefühl
sich aufzulösen; so unentrinnbar ist ihr Zusammenhang mit der Ästhetik.

Und es ist ja nicht allein das Gefühl als Liebe, welches diesen Konflikt
herbeiführt, sondern alles Streben über das Endliche, Sinnliche der
Natur und der Menschenwelt hinaus, alle Sehnsucht nach dem Unendlichen
gehört diesem Gefühle an und regt sich unter seinen Schwingen: wie hätte
es da vermieden werden können, daß auch aus dem Gesichtspunkte des
Gefühls die Berührung von Religion und Ästhetik zur Kollision führte?

17. Indessen hier gerade muß der Umschwung der ganzen Betrachtungsweise
sich vollführen lassen. Wenn das Problem des Systems der vorherrschende
Leitgedanke bleibt, jedes Systemglied aber durch eine =reine Richtung des
erzeugenden Bewußtseins= bestimmt und vertreten wird, so kann das Gefühl
nicht zweimal auftreten, nicht für zwei Glieder einzustehen haben. Und
es müßte alsdann entweder die Kunst und demgemäß die Ästhetik in die
Religion aufgehen, oder umgekehrt die Religion in die Kunst. Die
methodische Leitung erweist sich hier in ihrer Differenz von einer
formalistischen Schablone, indem sie vor Verirrung schützt und die
Grenzpfähle ebenso zwischen den =Arten des Bewußtseins=, wie zwischen den
=Gliedern des Systems= aufrechterhält.

Wenn jedoch so als eine systematische die Selbständigkeit der Ästhetik
gewahrt bleibt, so bleibt andererseits der Raum offen für eine
Selbständigkeit der Religion, unabhängig von der Richtung des Gefühls.
Und so wird die =Methodik= des ästhetischen Gefühls positiv fruchtbar für
eine =neue= Selbständigkeit der Religion, und sie beseitigt die Gefahr
einer falschen nicht methodisch-systematisch begründeten
Selbständigkeit.

18. Indessen ist freilich auch noch eine andere Möglichkeit nicht
ausgeschlossen, und diese geht von der Ästhetik zum mindesten auf die
Ethik zurück. Wenn nämlich das Gefühl einmal vergeben ist und nicht
nochmal verteilt werden kann, so könnte daraus die Konsequenz gefolgert
werden, daß die Religion als eine eigene und selbständige Richtung des
Bewußtseins überhaupt nicht aufrechterhalten werden könne, dieweil ja
das Gefühl ihr nicht zuerteilt, eine andere Richtung des Bewußtseins
aber für sie nicht ausfindig gemacht werden kann. Dieser Konsequenz
konnte ich selbst in der in meiner =Ethik des reinen Willens= enthaltenen
Formulierung nicht ausweichen. Und es ist von =Wilhelm Herrmann= anerkannt
worden, daß ich damit nur die Konsequenz gezogen habe, die =Kant= selbst
aus seiner Grundbestimmung der Religion nach ihrem Verhältnis zur Ethik
hätte ziehen müssen. Ich habe die methodische Konsequenz nicht gescheut,
daß die Religion in Ethik sich auflösen müsse. Der Religion war damit
nur ein scheinbarer Schaden zugefügt, vielmehr ein Ruhmestitel
zugesprochen, und für ihre innerste Entwicklung die Losung
ausgesprochen. Denn wie könnte die Religion mehr verherrlicht werden,
als wenn ihre Auflösung in die Ethik ihr eigenes Ziel genannt wird?
Dieses Ziel wäre wahrlich nicht ihr Ende, sondern in ihm und seiner
Formulierung würde nur der Leitstern hell aufleuchten, der bisher nur
dämmerhaft ihren geschichtlichen Weg beschienen hat. Vielleicht wäre
dies sogar auch das wichtigste =Kriterium für den Wahrheitsgehalt= der
Religion: bis zu welchem Grade sie dieser ihrer =Selbstauflösung= in Ethik
fähig ist.

Und wenn noch eine historische Entschuldigung für diese Formulierung
zulässig ist, so könnte ich mich auf =Micha=, als meinen Vorgänger
berufen; denn auch er läßt seinen Gott von seinem Menschen nur Recht und
Gerechtigkeit und Demut fordern. Also löst auch er die Religion in
Sittlichkeit auf. Denn wenn bei ihm nicht das Sittengesetz, sondern Gott
dies fordert, und wenn er die Demut vor Gott fordert, so macht dies für
die Ethik des reinen Willens keinen Unterschied, sofern diese die
=Gottesidee in die Ethik aufgenommen hat=. So könnte ich denn getrost bei
meiner Formulierung verharren, weil sie das Verhältnis Gottes zur Ethik
nicht antastet, damit aber auch jeder weitere Grund für die
Aufrechthaltung der Selbständigkeit der Religion hinwegzufallen scheint.

19. Indessen blieben bei dieser Formulierung mancherlei Punkte in
Unklarheit. Vorab ist es die Bedeutung der =Selbständigkeit=, die =relativ=
bleibt. Was bedeutet sie bei der Religion überhaupt, wenn sie nicht
eingeschränkt wird auf die =systematische= Selbständigkeit? Wenn aber der
Begriff des Systems eintritt, so muß die Frage weiter dahin gehen: ob,
wenn mit der =Selbstauflösung= in die Ethik die systematische
Selbständigkeit aufhört, nicht eo ipso überhaupt der philosophische
Begriff der Religion hinfällig wird, so daß man alsdann bei dem
empirischen Begriffe stehenbleiben müßte, sofern er sich aus der
=Religionsgeschichte= ergibt. Damit müßte die eigentlich philosophische
Behandlung der Religion aufhören, während doch ihre Probleme durchgängig
nach dem Zusammenhange mit der Philosophie hintreiben. Die
=Religionsphilosophie= aber wäre alsdann abgetan.

Es wird beiläufig dabei auch ersichtlich, wie schwankend der Ausdruck
der =Religionsphilosophie= ist, und es wird verständlich, wie tiefere
Theologen gegen diesen hergebrachten Ausdruck ein unüberwindliches
Mißtrauen hegen. Aller Gebrauch der Philosophie ist zweideutig, wenn die
Philosophie nicht als systematische gedacht und gefordert wird. Für
unsere Zeit aber und ihre Verachtung der systematischen Philosophie, die
in ihrer Insuffizienz zu ihr ihren Grund hat, ist es charakteristisch,
daß man nicht genug Verbindungen mit der Philosophie eingehen kann,
wobei diese Verbindungen selbst für die zersplitterten Disziplinen das
geistige Band abgeben sollen. -- So stände es nun aber rechtmäßig um den
Begriff der Religion, wenn es bei unserer bisherigen Formulierung sein
Bewenden haben müßte.

20. Mit einem Schlage konnte diese Formulierung aufgegeben und
überwunden werden, indem anstatt des bloßen =Begriffs= der Philosophie,
die Philosophie in ihrem systematischen Begriffe gedacht, der Begriff
der Religion daher auch im =System= der Philosophie gefordert wurde.
Sobald der Begriff der Religion in dieser systematischen Bestimmtheit
zum Problem wurde, wurden die Bedenken gegen jene Formulierung
unausbleiblich und unabwendlich. Denn wenn die Religion, wie immer
geborgen, in die Ethik eingeht, so behält sie keinen eigenen Anteil am
System der Philosophie; so müssen daher auch alle ihre eigensten
Probleme in die Ethik übergehen und von dieser allein verwaltet und
gelöst werden. Zu dieser Positivität der Fragestellung verhalf die
Krücke der Systematik.

21. Nun müssen wir aber fragen, ob es sich in Wahrheit so verhält, ob in
der Tat die Ethik in der Verfassung ist, alle Probleme zu behandeln, die
hergebrachterweise in der Religion entstehen, und von denen angenommen
werden darf, daß ihr Fortbestand berechtigt und gesichert sei? Steht es
so in der Ethik mit dem Begriffe von Gott, mit dem Begriffe vom
Menschen, und demzufolge mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Gott,
wie zwischen Gott und Mensch, kurz mit der =Korrelation von Gott und
Mensch=? Befriedigt die Ethik, kann sie es ihrer Grundverfassung nach,
alle Anliegenheiten dieser Korrelation, so daß etwa nur ein praktischer
Unterschied zwischen Religion und Ethik bestehen bliebe? Oder aber läßt
sich die Forderung trotz alledem aufrechterhalten, daß der Religion
eigene =Kombinationen an dieser Korrelation= zustehen, die ihr
eigentümlich sind und bleiben, und die der Ethik methodisch fernliegen?
Wäre dies der Fall, so =wäre der Begriff der Religion im System der
Philosophie ein zulässiges Problem=; denn dann würde das System der
Philosophie durch die =Eigenart= der Religion bereichert. Und es brauchte
uns nicht irrezumachen, wie die Ethik ihrerseits gegen diesen Zuwachs
von seiten der Religion in der Fülle ihrer eigenen Selbständigkeit sich
behaupten kann.

22. Indessen tritt hier ein Bedenken auf, welches diese Möglichkeit zu
beseitigen droht. Alle Systemglieder werden durch entsprechende =Arten
des Bewußtseins= getragen: welche derselben könnte hier eintreten, da sie
ja alle vergeben sind? Sollte eine =neue= Bewußtseinsart zur Entdeckung
gebracht werden müssen, um die systematische Selbständigkeit der
Religion zu retten? Und wenn dies Beginnen aussichtslos ist, würde nicht
dadurch wieder das ganze Problem hinfällig?

23. Hier kann uns nun die schon gemachte =Unterscheidung zwischen der
Eigenart und der Selbständigkeit= aus der Schwierigkeit befreien. Und der
Begriff des Systems und des systematischen Gliedes wird hier immer mehr
den Schein der Schablone verlieren, indem die systematische Bereicherung
und Erfüllung =nicht= gebunden zu sein braucht an eine =neue
Bewußtseinsart=, sondern nur bedingt ist durch einen =neuen Inhalt=, durch
eine =neue Modifikation= desjenigen Inhalts, dessen Erzeugung durch eine
reine Bewußtseinsart bereits gesichert ist. Es liegt nicht im
methodischen Begriffe der Systematik, daß, wenn durch das religiöse
Problem am ethischen Problem Modifikationen vorgenommen werden, diese
letzteren selbst eine neue Bewußtseinsart zu fordern hätten. Es genügt,
daß der neu modifizierte Inhalt durch eine reine Bewußtseinsart gedeckt
wird. =Der neue Inhalt allein begründet die Eingliederung in das System.=

24. Dahingegen ist es eine falsche Forderung, für die Neuheit dieses
Inhalts auch eine neue Bewußtseinsart in Anspruch zu nehmen: =wenn dieser
Inhalt in systematischem Zusammenhange bleiben muß mit den bereits
erzeugten Inhalten, oder auch nur mit einem derselben=. Dann würde ja die
geforderte neue Bewußtseinsart diesen Zusammenhang zerreißen, während
die Eingliederung in die voraufgehenden Bewußtseinsarten, oder auch nur
in eine derselben, die =Neuheit= des Inhalts keineswegs aufhebt oder auch
nur beeinträchtigt; nur eingeschränkt wird der Inhalt auf diesen
Zusammenhang, ohne den er seine =Eigenart= nicht ausbilden könnte. Die
=Selbständigkeit wird mithin eingeschränkt auf die Eigenart=; und diese
wird =nicht= durch die Bewußtseinsart, sondern durch den =Inhalt= bestimmt.

25. So ist es vielmehr von methodischem Vorteil für die systematische
Gewinnung der Religion in das Gesamtgebiet der Philosophie, daß keine
neue Bewußtseinsart für sie stabiliert wird. Die Frage des =Gefühls= soll
später noch eingehend behandelt werden. Hier nur sei darauf hingewiesen,
daß der Gesichtspunkt des =Systems= sich deckt mit dem Gesichtspunkte der
=Kultur=. Und so betrachtet, wird die Frage keine ernstliche Schwierigkeit
bereiten, worin größerer =Kulturinhalt= liege für die Religion: ob in
ihrer Auszeichnung durch eine Bewußtseinsart, wenn dies möglich wäre,
oder durch ihre Einbeziehung, wie in das System der Philosophie, so in
den Universalismus der Kultur, und zwar unter dem Vorbehalt, daß ihr
=Inhalt= allen anderen Kulturinhalten gegenüber eine =Eigenart= dartut.

26. Jetzt dürfen wir wiederum rückwärts gehen und das Verhältnis der
Religion zu den Gliedern des Systems in Betracht ziehen.

Wir beginnen mit der =Logik=. Die Berührung mit ihr haben wir in der
Formulierung abgeschlossen, daß =Gott= in der Religion bedeute, was das
=Sein= in der Philosophie. Für das =Denken= erkannten wir die Analogie in
der =Liebe der Erkenntnis=. Und die =Einheit= wurde prägnant in der
=Einzigkeit=.

Nun liegt aber schon in diesem Rekurs auf die Einzigkeit ein großer
Widerspruch zur Logik, weil zu allem ihrem Sein. Wenn nur Gott das Sein
eignet, soll es dann bei dem Urteil sein Bewenden haben, daß alles
andere Sein eitel und nichtig sei? Dadurch würde die Natur vom
Seinswerte entblößt. Und wenn zunächst die Wissenschaft durch dieses
Urteil betroffen wird, so erstreckt es sich doch auch auf die Religion,
die doch mit dem Einzigen Gotte allein nichts anfangen kann, wenn seine
=Korrelation= mit dem Menschen, mithin zunächst mit der =Natur= nicht
gesichert würde. Obwohl also Gott allein das wahrhafte Sein vertritt,
muß ihm dennoch eine =Beziehung auf das Sein der Natur= wegen seiner
notwendigen Korrelation zum Menschen einwohnen. Die Religion wird daher
auch aus dem Gesichtspunkte des Seins zu dem wahrhaften Sein in Gott
das =Sein der Natur hinzufordern= müssen.

27. Damit aber wird die Abhängigkeit von der Logik unbedingt. Denn die
Logik wird zuerst darüber zu lehren haben, daß diese =Unterscheidung am
Sein= nicht die Religion allein befällt. Auch in der Logik besteht sie zu
Recht in der =Unterscheidung zwischen Sein und Dasein=. Und es ist die
Hauptschwierigkeit der reinen Logik, diesen Unterschied festzustellen
und klarzulegen. Das Sein des Planeten hat die Bedeutung eines reinen
Seins auf Grund des Planetensystems. Der =Nachweis des Planeten aber,
über seine Berechnung hinaus, als die Wirklichkeit= eines einzelnen
Gegenstandes, erfordert nicht allein die Bezugnahme auf das =Fernrohr=,
sofern es =im Apparate der mathematischen Erkenntnis= steht, sondern
zugleich auch die Bezugnahme auf die =Empfindung=, mit der auch das
mathematische Fernrohr in Kontakt gesetzt werden muß. Und so rollen sich
alle Schwierigkeiten des Problems der =Wirklichkeit= auch hier auf,
obschon der Ausgang vom reinen Sein genommen wird.

Wenn man nun zu fragen gewohnt ist vom Sein Gottes aus auf das =Dasein
Gottes=, so muß man von der Logik darüber belehrt sein, daß mit dem
Problem des Daseins das Problem der Empfindung eintritt. Wenn man also
=Dasein für Gott= fordert, so muß unumgänglich auch die =Beziehung zur
Empfindung= mitgedacht werden. Und wenngleich der Materialismus sich an
diesen Sensualismus anklammert, so hilft dagegen doch entweder die
=Mystik=, der die Wahrnehmbarkeit Gottes kein Widersinn ist, oder aber es
verbleibt bei der generellen Lösung, daß das Verhältnis des Geistes zu
Gott inkommensurabel sei, und =zwar ebenso im Denken=, wie in der
Empfindung. Die Empfindung bildet keine eigene Schwierigkeit, da sie ja
auch schon für das Denken besteht.

28. Im Grunde ist dies der eigentliche Sinn der sogenannten =negativen
Attribute= und der =docta ignorantia=, wie =Cusa= dies Problem benannte. Er
bezog sich nachdrücklich auf =Maimonides= und stimmt dessen Grundgedanken
zu. Maimonides aber schneidet die Verbindung zwischen Gott und Natur im
Sein entzwei; ihm graut vor dem =Pantheismus=, den Cusa nicht gescheut
hat, dem er aber auch nicht ganz entgangen ist. Maimonides aber
=unterscheidet daher das Sein Gottes vom Leben=. Dies aber bedeutet,
obwohl er diese Bedeutung nicht ausdrücklich ausspricht, die
Unterscheidung zwischen dem =Sein= Gottes und seinem =Dasein=. Nur das Sein
ist Gegenstand unserer Gotteserkenntnis; das Dasein gehört unter die
negativen Attribute, =deren Sinn übrigens eine andere Formulierung
fordert=. Wir dürfen nur denken: Gott hat nicht das Dasein. Damit ist
nach Maimonides gesagt: Gott ist der =Ursprung= des Daseins; ohne ihn gäbe
es kein Dasein. Es enthüllt sich hier eine geistige Gemeinschaft mit dem
Grundgedanken der Logik der reinen Erkenntnis.

Zu solcher Höhe der Einsicht hat sich in Maimonides die Religion
aufgeschwungen; und auch hier steht er selbst auf den Schultern seiner
Vorgänger. Die Gotteserkenntnis hat sich in Abhängigkeit versetzt von
der Logik, diese Abhängigkeit aber in Selbständigkeit verwandelt durch
die Ausbildung eines neuen und eigenen Inhaltes. Denn neue Inhalte
ergeben sich aus diesem Verhältnis des Seins Gottes zum Dasein.

29. Es fehlte bisher noch die Rücksicht auf andere Schätze der Logik.
Wie komme ich überhaupt auf den Gedanken der =Korrelation=, dem wir eine
grundlegende Bedeutung hier zuerkannt und zu beweisen versucht haben?
Die Korrelation ist eine wissenschaftliche Grundform des Denkens, in
unserer Terminologie des Urteils. Ihr allgemeiner Name ist der des
=Zwecks=. Wo eine =Begriffsbildung= angestellt wird, da wird eine
=Zwecksetzung= aufgestellt. Eine Zweckbeziehung ist es, die wir zwischen
Gott und Mensch, wie zwischen Gott und Natur ansetzen. Wenn wir fragten,
wie wir zu der Korrelation von Gott und Mensch kommen, so ist die
Antwort: =so verfährt das Urteil in der Zwecksetzung=, welche ihre
allgemeine Form in der =Begriffsbildung= überhaupt hat. Wenn ich demgemäß
den Begriff von =Gott= bilden will, muß ich zwischen Gott und Mensch eine
Zwecksetzung vornehmen, und so auch den Begriff des =Menschen= aus der
Gliederung im Inhalt des Gottesbegriffs gewinnen, und umgekehrt. =Diese
elementare Bedeutung hat der Zweck für den Begriff überhaupt.= Und schon
aus dieser Rücksicht erweist sich die Bestreitung des Zwecks als ein
Mangel der logischen Einsicht. Aber der Zweck verfolgt =eigene= Zwecke,
außer denen des Begriffs; oder wenigstens bildet er seinen
Begriffsapparat zu =neuen= Problemen und neuen logischen Lösungen aus.

30. Wir hatten soeben den Gedanken der =Schöpfung= gestreift, der ein
Spezialproblem innerhalb der Korrelation von =Gott und Welt= darstellt.
Aber über die Schöpfung hinaus steigert der Zweck die Korrelation von
Gott und Welt; er =steigert die Schöpfung zur Erhaltung=. Die Erhaltung
ist eine neue Schöpfung. Und die Schöpfung bedeutet daher vielleicht im
Grunde nichts anderes als die =Erneuerung der Erhaltung=. Sie bildet das
eigentliche Problem; nicht, wie man oft meint, vornehmlich oder gar
ausschließlich die Schöpfung =aus dem Nichts=.

Die Erhaltung aber erfordert weitere Voraussetzungen. Sie ist nicht nur
die Erhaltung der Gegenwart, als der eigentlichen Wirklichkeit, sondern
sie geht über die Gegenwart hinaus in alle =Zukunft=: geht sie damit nun
auch hinaus über alle =Wirklichkeit=? Dies kann der Sinn nicht sein, wenn
wir über das =Dasein= von der Logik richtig belehrt werden. Welchen Sinn
kann dann aber die Erhaltung haben, wenn er nicht auf die mit der
=Gegenwart= zusammenhängende, auf ihr beruhende Wirklichkeit
eingeschränkt, wenn er auf eine =unendliche Zukunft= bezogen wird?

Wir brauchen hier noch nicht zu sagen, daß wir das Problemgebiet der
Logik mit dieser gesuchten Zwecksetzung überschreiten. Und wir brauchen
auch noch nicht den =positiven= Sinn zu entwickeln, den diese =Zwecksetzung
Gottes für die Zukunft des Daseins= hat. Wir können bei der Logik noch
stehenbleiben, um einen wichtigen Gedanken ihr zu entnehmen.

31. Wir haben den Zweck unter der allgemeinen Bedeutung des =Begriffs=
betrachtet. Hier tritt nun aber die Unterscheidung in eine neue Geltung,
die =Platon= zwischen =Begriff= und =Idee= gemacht hat. =Dem logischen
Verfahren des Zwecks entspricht genauer die Idee.= Der Begriff geht in
das =Gesetz= über und ein. Wo aber mathematisch formulierbare Gesetze
aufhören, da hören nicht etwa auch Zwecke auf, sondern sie fangen da
erst eigentlich an. Wie der eigentliche Sinn des Begriffs in dem Gesetze
sich ausprägt, so der eigentliche Sinn der Idee in dem Zweckverfahren.
Und wenn der Zweck schon an der Grenze der mathematischen
Naturwissenschaft für die =Biologie= entsteht, so eröffnet er das ganze
große Gebiet der =Geisteswissenschaften=, das ohne ihn nicht entstehen,
geschweige bestehen könnte.

32. Und an der =Grenze der Naturerkenntnis= entsteht daher für die
Möglichkeit der =Geisteswissenschaften= und für die Möglichkeit der
=Ethik=, die gleichsam deren Logik ist, die Frage: =Welches Verhältnis
besteht zwischen dem Sein Gottes und dem Dasein der Natur?= Wenn die
Frage lautet: Welches Verhältnis besteht zwischen dem Sein Gottes und
dem =Sein= der Natur, so vollzieht sich in ihr nur die allgemeine Frage
des =Begriffs= in bezug auf seine =Gliederung= bei Gott und bei der
Natur. Wenn dagegen die Frage lautet: Welches Verhältnis besteht
zwischen dem Sein Gottes und dem =Dasein= der Natur, so handelt es sich
nicht mehr allgemein um die Logik des Begriffs, sondern es vollzieht
sich dann eine Zwecksetzung. Der Sinn der Frage ist alsdann: =Welchen
Zweck hat Gott für das Dasein der Natur?= Oder auch: =Welchen Zweck hat
das Dasein der Natur für Gott?= In beiden Fällen vollzieht der Zweck
eine =Idee=; die Idee Gottes, die Idee des Menschen; oder genauer: =der
Zweck vollzieht sich in einer Idee=. In der logischen Tätigkeit besteht
die Identität zwischen Zweck und Idee.

So sehen wir, wie sich die =Abhängigkeit= der Religion von der Logik im
Problem der =Erhaltung= zugleich auch nach der umgekehrten Seite in die
=Selbständigkeit= verwandelt, welche durch die Leitung der Frage die
Religion gewinnt. Hier aber bewegen wir uns schon an der Grenze zwischen
Logik und Ethik, wie denn das ganze Gebiet der =Idee= ein solches
Grenzgebiet ist. Damit aber erkennen wir, daß der eigentliche Gehalt
dieser Frage die =Ethik= voraussetzt.

33. Für die Abhängigkeit der Religion von der Ethik hatten wir
vornehmlich auf den Begriff, oder wie wir jetzt sagen können, auf die
Idee des Menschen Bezug genommen. =Aller Inhalt der Ethik ist der Mensch
und sein Zubehör.= Es entsteht aber die Frage nach den Grenzen dieses
Zubehörs: Gehört vielleicht =Gott= auch zu diesem Zubehör des Menschen?

In dem Grundbegriffe der =Transzendenz= bei =Platon=, aus dem von
=Aristoteles= ab der Begriff des =Absoluten= entstanden ist, erkannten wir
schon die =Entstehung der Gottesidee in der Ethik=. Und wir betrachteten
schon, wie es gekommen sein mag, daß die Eingliederung Gottes in den
Begriffsgehalt der Ethik nicht festgehalten wurde; wir betrachteten
hierbei die Komplikation mit der =Metaphysik=.

34. In der neueren Zeit aber empfahl sich diese Eingliederung aus dem
Grundgedanken der =kritischen= Philosophie nicht, sofern diese schon
zwischen Ethik und Logik eine Grenzscheide aufrichtete, und andererseits
auch zwischen Ethik und Metaphysik, indem sie dieser den wichtigsten,
den ethischen Wert ihrer Grundbegriffe abnahm. Es wäre die Gefahr einer
Verdunkelung entstanden, wenn die Gottesidee in den Lehrgehalt der
Ethik aufgenommen worden wäre.

Dennoch aber ist hier eine Unklarheit bei =Kant= unverkennbar. Sie geht
schon zurück auf die Kritik der =reinen= Vernunft, sofern schon in dieser
=die Zweckidee als die Gottesidee= gewürdigt wird; und sie setzt sich fort
in der Kritik der =praktischen= Vernunft, insofern in dieser Gott neben
Freiheit und Unsterblichkeit aufgenommen wird, während andererseits eine
=Religion innerhalb der bloßen Vernunft= selbständig gemacht wird.

Schon die =Koordination= von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit, als der
=drei Postulate=, läßt die Unklarheit erkennen, da ja die =Freiheit= kein
Postulat ist, sondern vielmehr das =Grundgesetz= der Ethik. Es blieben
dann nur Gott und Unsterblichkeit übrig, welche entweder beide zusammen
der Ethik zugehören, wodurch aber wiederum das Verhältnis zwischen
Freiheit und Unsterblichkeit unklar wird, oder die Unsterblichkeit
bedeutet nichts anderes als die Freiheit, nämlich =die Idee, als die
Seele des Menschen=. Und dann würden nur Gott und Mensch, als der Inhalt
der Ethik, übrigbleiben. Es bliebe dann aber die Frage, welcher Inhalt
für die »=Religion= innerhalb der bloßen Vernunft« alsdann übrigbleibe?

35. Wir waren bei dem Gedanken stehengeblieben, der die Korrelation, als
=Erhaltung Gottes für die Natur und für den Menschen=, in der Form betraf,
daß wir für die Erhaltung der Natur und des Menschen die Gottesidee, die
=Zweckidee Gottes= forderten. Also nicht allein als das =Absolute= muß Gott
in die Ethik eingegliedert werden, sondern die Grundbedingung der
Korrelation schon fordert den Ausweis: was man mit der Schöpfung will
oder mit der Erhaltung, es wird erst in dieser Zwecksetzung die
Korrelation zwischen Gott und Natur zur Bestimmtheit gebracht.

Aus diesem Gesichtspunkte haben wir die Gottesidee zum =Schlußstein=
unserer Ethik des reinen Willens gemacht. Man fragt nach dem Dasein
Gottes. Bei Gott sollte man nur nach seinem Sein fragen. Aber man darf
nicht aufhören, bei der Natur nach ihrem Dasein zu fragen und ihren
Grund zu verlangen. Nicht ihrer selbst wegen ist die Natur der
Gegenstand meiner ethischen Sorge, sondern um des =Guten= willen: daß es
nicht zu einem frommen Wunsch verwelke, sondern in steter Jugendkraft
blühende Wirklichkeit darstelle. Was würde aus dem Guten werden, wenn
die Natur vernichtet würde, wenn sie nicht =in ihrem fortdauernden=
Bestande den =Daseinsgrund= bildete, auf dem das Gute ewiglich wachsen und
gedeihen kann. Die Korrelation zwischen Gott und Natur bedeutet mithin
=schon in der Ethik die Erhaltung der Natur durch Gott=, die Erhaltung des
=Daseins= der Natur und ihrer unaufhörlichen Wirklichkeit in aller Zukunft
für das =Sein= Gottes.

36. =Gott wird daher in der Idee der Erhaltung der Welt zum Urheber ihrer
unaufhörlichen Wirklichkeit.= Die Idee Gottes bedeutet die =Gewähr=, daß
immerdar Dasein sein werde für die unendliche Fortführung der
Sittlichkeit. Ohne diese Gewähr bliebe die Ethik eine Theorie ohne deren
notwendigen Abschluß, den der Hinweis auf ihre unendliche Praxis bilden
muß. Mit der Gottesidee hört die Ethik also keineswegs auf, Theorie zu
sein; sie gewinnt vielmehr erst ihren Abschluß, ihren Gipfel. Es wäre
verkehrt, wenn man meinte, Gott werde hier nur zu einem praktischen
Hilfsmittel, zu einem Hilfsbegriff für die Praxis. Er bleibt vielmehr
ein Grundbegriff, allerdings nicht für den Beginn der Fundamentierung,
sondern allein für ihre Vollendung; aber diese Vollendung könnte ohne
ihn nicht erfolgen. =So bringt der Gott der Religion eine Bereicherung in
die Ethik, ohne die sie ein Torso bliebe.=

37. Es ist gewiß bedeutsam, wie die =jahvistische= Bearbeitung an dem
allgemeinen Mythos der =Sintflut= sich bewährt hat. Durch die Arche
Noahs werden Menschen und Tiere vor dem Untergange gerettet. Zwar die
Natur wird dadurch noch nicht direkt gegen den Untergang gesichert. Aber
die =Natur= gibt ein =Zeichen=, daß die Sintflut =niemals wiederkomme=.
Und auch für den Zusammenhang zwischen den Lebewesen und der Natur wird
die Sicherung vorgesehen: die =Taube= wird ausgesandt, ob sie Ruhe
findet für ihren Fußball. Übrigens sagt Gott es auch »zu seinem Herzen«,
daß er die Erde, also die Natur nicht wieder verfluchen wolle; Sommer
und Winter sollen unaufhörlich abwechseln, wie Tag und Nacht. Und diese
Gesinnung Gottes bestätigt sich alsdann in dem =Bunde=, den er mit
=Noah=, seinen Söhnen und seinen Nachkommen errichtet: »es soll nicht
alles Fleisch ferner vernichtet werden, und nicht ferner eine Sintflut
sein, zu verderben die Erde«. Der Bund wird sodann erweitert auf »jede
lebendige Seele«. Und der =Regenbogen= wird »zum Zeichen des Bundes
zwischen mir und der Erde«. So begründet der ursprüngliche Monotheismus
die Gottesidee mit dem =ewigen Dasein der Welt= für das Leben, =für die
Seele der Lebewesen=.

38. Wenn nun die Ethik schon für den Abschluß ihres Fundamentes der
Gottesidee bedarf, so kündigt sich darin ein entsprechender =Mangel der
Ethik in ihrem Menschenbegriffe= an, insofern dieser außer Zusammenhang
mit Gott in der Ethik durchgeführt wird. =Was ist der Sinn des
Menschenbegriffs in der Ethik?=

Der =Idealismus= der Ethik beruht auf der =Grundlegung des Menschen=.
Welcher Menschenbegriff eignet sich aber zu solcher Grundlegung? Wir
sahen schon, daß =Platon= das =Individuum= verschmähte, und als =Staat= den
ethischen Menschen konstruierte. Der biologische Mensch, der
soziologische, der empirische überhaupt, sie alle werden der Idee des
Menschen nicht gerecht. Sie sind ihr nicht gewachsen: Ein anderes
Wachstum des Menschen muß die =Grundlegung der ethischen Menschenidee=
bilden. Wir haben sie gefunden, indem wir bereits in der Logik der
reinen Erkenntnis die =Allheit nach ihrem Unterschiede von der Mehrheit
erkannten=.

Das =Individuum= ist im günstigsten Falle ein Exemplar der =Mehrheit=, der
es in =Familie=, =Stand= und =Volk= angehört. Der Mensch aber kann auch nur
ein =echtes= Individuum werden kraft der =Allheit=, die ihm im =Staate=
zuwächst. Er soll sein isoliertes Individuum abstreifen lernen und sein
wahres Selbst in der Allheit finden, die der Staat ihm erschließt. Sein
empirisches Ich, gleichviel, ob es Hemmnis, oder doch etwa Sporn und
Vehikel seines ethischen Berufes ist, er soll es überwinden und sich
emporheben zu der Allheit, die ihm nicht eine leere Abstraktion bleibt,
sondern deren Dasein ihm selbst in den Schritten seiner eigenen
Erhebung, seiner durch ihn sich vollziehenden Verwirklichung der Allheit
lebendig wird. Schon im Pfahldorf beginnt dieses wichtigste Mittel der
Zivilisation. Und alle Kultur bleibt an die Entwicklung des Pfahlbürgers
zum Staatsbürger der Menschheit gebunden.

39. An der Grenze dieses Reichtums aber nagt die Sorge, und läßt den
Mangel offenbar werden. =Was ist der Mensch und was fehlt dem Menschen,
wenn er nur Menschheit ist?= Alle Hoheit, alle Wahrhaftigkeit verleiht
nur die Menschheit dem Menschen, der ohne sie in aller seiner sinnlichen
Realität nur ein Schattenbild wäre. Der Menschheit in seiner Person
unterwirft sich der Mensch, indem er in sich, durch sich, für sich, als
sich das =Sittengesetz= erdenkt. =Die Menschheit gibt seiner Person,
die nur eine Maske ist, den geschichtlichen Grund der Persönlichkeit.=
Die Menschheit offenbart ihm auch im =Nebenmenschen= erst den
=Mitmenschen=. Die Menschheit befreit sein Selbst vom =Egoismus= des
Individuums und von allen Gefahren der Selbstsucht, der Eigenliebe und
des Eigendünkels. Nehmt die Menschheit auf in euren Willen, und ihr
errichtet ihren, euren Weltenthron.

40. So hoch kann und soll der Mensch steigen, und nur in dieser Höhe
steht er auf der sittlich wohlgegründeten Erde. Indessen steht er auch
auf der Erde, ohne daß sie diesen sittlichen Grund ihm immer darböte. Er
ist ein von den Drangsalen der Erde heimgesuchtes Lebewesen, und
sittliche Nöte und Krankheiten bedrohen sein Leben und sein Schicksal.
Die Menschheit bleibt nicht sein eindeutiges Feuerzeichen. Freilich nur
in der Mehrheit der Völker scheint sie sein geschichtliches Verhängnis
zu werden. Die Menschheit in ihrer soziologischen Zweideutigkeit wird
zum =Schicksal=, welches den Menschen erhebt, indem es den Menschen
zermalmt. Und sollte das etwa der Höhepunkt der Ethik werden, daß das
Individuum vergehen muß vor und in der Allheit der Menschheit?

So hat man oft die =reine= Ethik mißverstanden, und dies dürfte im letzten
Grunde der Anstoß sein, den man an der Bekämpfung des =Eudämonismus=
nimmt: daß man die =Vernichtung des Individuums= als die notwendige
Konsequenz dieses Gegensatzes ansieht, =so daß die Ethik der Menschheit
mit der Selbstvernichtungslehre identisch würde=.

41. Diese Konsequenz muß ein Irrtum sein; =sie beruht schlechthin auf dem
Mißverständnis der Idee=. Jede Idee erfordert das =Korrelat ihrer
Erscheinung=. So fordert die Menschheit den Menschen, damit in der
Ewigkeit der Selbstentwicklung der Mensch zur Menschheit sich
emporläutere. So kann es daher gar nicht zu verstehen sein, daß der
Mensch durch die Menschheit zunichte werden könnte; vielmehr soll er
durch sie erst das wahrhafte Leben des ewigen sittlichen Strebens, das
=Leben der Ewigkeit= erlangen und immerdar behaupten.

42. Indessen wenngleich nicht die Vernichtung, die Selbstvernichtung des
Menschen der Sinn der Menschheit ist, so rückt die Menschheit den
Menschen doch in das Licht einer =Vereinsamung= und Isoliertheit, einer
Bedürftigkeit und Gebrechlichkeit, die ihm entgehen würde, wenigstens
seinem Bewußtsein, wenn die Menschheit nicht diese Mängel grell
beleuchtete. Man darf nicht sagen, daß die Einsicht in seine Defekte
dem Menschen gar nichts schade, sondern nur nützlich sei. Das gilt nur,
wenn die Einsicht ihn zur Verbesserung befähigt, und somit ihm zum
Beistand und zum Troste wird. Ohne die Möglichkeit solcher Hilfe würde
die Lage des Menschen vielleicht trostlos werden.

43. Man darf auch nicht sagen, daß der Mensch gar nicht =Mitleid= mit sich
selbst empfinden solle. Er gehe seinen Weg, und sehe, daß er nicht
falle. Das ist alles, was er tun kann. Aber er bleibt am Ende, was er
ist. Und an der Erde Brust sind wir zum Leide da. So darf man den
Menschen zurechtweisen, wenn er über Leiden seines Leibes Klage führt,
die ihn auf der Leiter zur Menschheit hemmen. In allen empirischen
Lebenslagen, den =individuell= biologischen, wie den =geschichtlichen=, ist
das =Mitleid= nur ein Schritt der Entgleisung von der sittlichen Bahn,
während der =Pessimismus= eine solche Verirrung, =Verkehrung des
Zielpunktes= der Menschheit bildet. Es ist nicht nur tragische Poesie,
sondern es liegt schon eine positive Aufklärung über den =Sinn des
individuellen Menschenlebens= in dem Satze: an der Erde Brust sind wir
zum Leide da. =Die Träne fließt, die Erde hat mich wieder. So ist das
Mitleid die Bürgschaft des Erdendaseins.=

44. Dahingegen wird es zu einer statthaften Frage, ob der Mensch etwa
auch durch das Mitleid über seine =sittlichen= Fehler und Mängel sich
=trösten= darf: sie gehörten allesamt zu der =Vielseitigkeit= seines
Wesens, an dem nichts zu ändern wäre, und daher auch nicht an diesen
sittlichen Schwächen; oder aber ob er diese mit dem ganzen Schmerze
seiner Seele empfinden muß, so daß er sich nicht nur zeitweise befleckt,
sondern durchweg verkehrt und von Grund aus =verdorben= erscheinen muß.
=Diese Selbsterkenntnis seiner Schwächen ist die Geburtsstätte der
Religion.=

Schon alles Heidentum hat diesen Urtypus der Religion. Der =Opferkultus=
ist der Ausdruck dieser Unglücksstimmung. Der Mensch ist nicht nur ein
Held, sondern die Sünde lagert =vor= seiner Tür. Das Gleichnis hat
Urkraft. Die Sünde wohnt nicht im Hause des Menschen, wie es der Satz
ausdrückt: der Herzenstrieb des Menschen sei böse von seiner Jugend her.
Nur vor der Tür, vor seinem Labyrinth lagert sie, als ob sie zum
Eintritt in das Menschenhaus einladen und verlocken wollte. So ist es
tatsächlich. Die Sünde ist das größte Reizmittel des Menschen; die
positiven Reize der Tugenden verblassen dagegen. Und die Sünde übermannt
den Menschen, und er verliert durch sie seine Menschenwürde, er wird
von der Menschheit Bahn abgelenkt, und schrumpft zu einem Individuum
zusammen. Sollte man mit diesem Menschenlose kein Mitleid empfinden
dürfen? Sollte das Individuum selbst es sich versagen müssen? Man
bedenke doch: das Individuum klagt nicht darüber, daß es sich auflöst,
sondern darüber, daß es Individuum bleibt, als solches verharrt und des
Aufstiegs zur Menschheit verlustig geht. Das Individuum verlautbart die
Klage des Individuums: sein Bleiben, nicht sein Verschwinden.

45. Wollte man hier nun sagen, daß dem Menschen ja in seinem =Streben zur
Allheit= ein Trost gegeben sei gegen diesen Schmerz des Individuums und
gegen seine Furcht, Individuum bleiben zu müssen, so wäre dies ein
Trost, der einer Wirkung in die Ferne gleichkäme; jetzt aber gilt es die
Wirkung in die Nähe. Betrachten wir diesen Aufstieg vom jetzigen Punkte
aus genauer. Das Individuum fühlt sich von seiner Sünde beschwert. Da
soll ihm nun die Ethik helfen mit ihrem Aufruf zur Allheit. Ist denn
aber das Individuum in diesem Stadium seiner Selbsterkenntnis von seiner
Sünde dieses Aufblicks fähig und zu diesem Aufstieg vorbereitet? Wir
wollen hier einmal durch eine aktuelle Anmerkung die Schwierigkeit zu
beleuchten suchen.

46. In der =Politik= meint man oft, die Selbstsucht des =Individualismus=
überwinden zu können durch die Einhebung des Individuums in die =Allheit
des Staates=. Man erfährt aber alsbald, daß man das Kind mit dem Bade
ausgeschüttet, die Überwindung des Individualismus durch den Verlust des
Individuums gewonnen hat. =Das Individuum überhaupt darf nicht
aufgegeben, nur seine Sündhaftigkeit soll abgestreift werden.= Der =Ethik=
aber ist kein anderes Mittel gegen das Individuum gegeben als die
Allheit, die Erhebung des Individuums zu ihr und seine =Auflösung in sie=.
Die Ethik könnte daher dem Sündenbewußtsein nur dadurch Trost bringen,
daß sie das Individuum zum Verschwinden bringt -- wonach die
Selbsterkenntnis der Sünde auch zu verlangen scheint.

Wenn wir aber bedenken, daß der Übergang zur Allheit einer =Zurüstung=
bedarf, =deren das Individuum in seiner Sündhaftigkeit noch ermangelt=, so
darf ja das Individuum nicht schlechthin verschwinden, sondern es muß
dieser =Vorbereitung= auf die Allheit wegen erhalten bleiben. =Das eben ist
es, was der Antinomie zwischen Individuum und Allheit fehlt, wenn sie
nur durch die politische Allheit zur Auflösung gebracht wird=: es fehlt
alsdann jener =Rest des Individuums=, der als Sauerteig für die Allheit,
für ihre Entwicklung und Durchführung in ihr selbst immer erhalten
bleiben muß. So erweist es sich denn nur als eine oberflächliche
Beschwichtigung, wenn das Individuum in dem Momente seiner
Sündigkeitserkenntnis auf seine =Selbstverwandlung in die Allheit=
hingewiesen wird.

47. Es eröffnet sich hier daher die wichtige Einsicht: =daß der Begriff
des Menschen keineswegs allseitig durch die Ethik bestimmt wird dadurch,
daß das Individuum in die Allheit des Staates und des Staatenbundes der
Menschheit aufgehoben wird=. Dieser Übergang erweist sich als ein Sprung,
als eine Durchbrechung der sittlichen =Stetigkeit=. Die Ethik selbst kann
diesen Übergang nur zum Schlußakkord machen; sie selbst bedarf des
Stillstands an der Station der Sünde. Und die Ethik hat von der =Religion=
gelernt, daß die =Propheten=, besonders =Jeremia= und =Ezechiel=, an der
=Selbsterkenntnis der Sünde das Individuum erst zur Entdeckung brachten=.
Und wenn auch das Individuum schließlich in die Allheit sich aufheben
muß, =so muß es doch auch in der Allheit Individuum bleiben=; zwar ein
solches der Allheit, nicht des Egoismus. Und vollends muß das Individuum
selbst erst zur =Erzeugung= gekommen sein, auf dessen =Entwicklung= es
immerfort ankommt.

Bis dahin also bedarf die Ethik selbst dieses Begriffes und seiner
=Erzeugung=. Aber von der Sünde spannt sie eine =direkte Brücke= zur
staatlichen Allheit. Und jetzt kommt es uns darauf an einzusehen, daß
diese Brücke in der Luft schwebt, daß =sie nicht in der Entwicklung des
Individuums ihre Spannung vollzieht=.

48. Die Einwände, welche besonders von =Wilhelm Herrmann= gegen diesen
Stand in der ethischen Frage erhoben wurden, finden sonach hier in
gewisser Begrenzung ihre Billigung. Stände es wirklich ausnahmslos so,
daß das Individuum seinen Halt nur in der Allheit finden kann, so wäre
es, da es diese Allheit niemals vollständig erreicht, sondern immer nur
im Aufschwung zu ihr sich bewegen und bestehen kann, in der Tat nur ein
Auftakt, keine selbständige Note, der ein höherer Wert des Verweilens
beigelegt werden könnte. Das ist es, worauf jene Einwände hinzielen: daß
der =Wert= des Individuums nur in der Allheit Bestand haben soll, während
diese doch immer nur einen ewigen Übergang zu bedeuten hat. Wiederum
zeige es sich, daß mit dem Individualismus auch der unverlierbare Rest
des Individuums preisgegeben wird. Freilich darf das Individuum keine
isolierte Selbständigkeit im sinnlichen, konkreten Sinne werden.
Freilich darf ihm das Anrecht der =Persönlichkeit= in letzter Instanz nur
immer seine höchste =Aufgabe= bedeuten. Andererseits aber darf die
menschliche Person doch nicht schlechthin in die Menschheit sich
auflösen.

49. Schon die =relativen Gemeinschaften=, welche die Ethik des reinen
Willens ausgezeichnet hat, nehmen den Menschen von der Allheit zurück
und verteilen ihn wieder an die =Mehrheiten=, denen er keineswegs allein
von seinem =biologischen= Ich her angehört. Um das Streben zur Allheit
aufrechtzuerhalten, bedarf das Individuum auch seines =Durchgangs= durch
die vielerlei Mehrheiten, welche die =Kultur= hervorbringt. Und in diesen
relativen Mehrheiten selbst pulsiert, als eine derselben, das
Individuum. Wäre dieses ausschließlich das biologische, und nicht
zugleich das =ethische= Selbst, so wäre der Übergang abgebrochen; denn vom
natürlichen Ich gibt es keine Entwicklung zur ethischen Allheit. Wenn
jedoch es sich herausbringen ließ, daß in dem Individuum der Mehrheit
selbst ein solches ethisches Ringen sich offenbarte, so wäre damit die
=Gleichartigkeit des Übergangs= gewonnen; so wäre es ein =sittliches=
Individuum: das =einerseits von der Allheit ermahnt, zugleich= aber von
den =Mehrheiten=, denen es angehört, =zum Verharren in der Individualität
angespornt= wird.

Denn die Sünde bedarf erst der Vertilgung, das Sündenbewußtsein der
=Versöhnung= mit sich selbst, wenn aus der Mehrheit die Allheit sich soll
entwickeln können. Das Individuum will nicht voreilig über sich selbst
hinausgehoben sein; es will auf seinem Stande aushalten, bis es
gerettet, in der Rettung allein getilgt wird. =Die Bedürftigkeit dieser
Rettung ist es, welche den Standpunkt der Sündenerkenntnis auszeichnet.=

50. So entsteht aus der Erkenntnis des =Mangels, als eines mit dem
Begriffe des Menschen zusammenhängenden, an sich zwar noch nicht der
neue Begriff des Menschen=, wohl aber entsteht er durch die =Fortführung=
des Gedankens von dem Mangel zu seiner Deckung, von der Bedürftigkeit
zum Beistand, von der Sündhaftigkeit zur Erlösung und =Versöhnung=. =In
diesen positiven Momenten vollzieht sich der neue Begriff des Menschen=,
den die Erkenntnis vom sittlichen Mangel und von der Sünde herbeigeführt
hat. =So entsteht dieser neue Begriff des Menschen als eine homogene
Ergänzung des Menschenbegriffes der Ethik: eine Ergänzung als
Fortsetzung.=

51. =Wir stehen hier am begrifflichen Ursprung der Religion.= Daher ist
es wichtig, die =Homogeneität= zu wahren, welche diese Fortführung
erfordert. Die Religion darf =nicht im Abbruch ihrer Beziehungen mit der
Ethik= entstehen, sondern vielmehr in der =Festhaltung= derselben in
aller Bestimmtheit und Genauigkeit. Wenn das Individuum auf seiner
Sündhaftigkeit bestehen und daraufhin als =religiöses Selbst= sich
begründen will, so muß das =ethische Problem des Selbst= in
ungeschwächter Kraft bleiben. Die ethische Kraft des Selbst beruht aber
auf der =Autonomie=. =Daher muß die ethische Selbstbestimmung auch auf
das religiöse Selbst übertragbar werden=, wenn anders es nur in der
homogenen Fortbildung des ethischen Selbst entstehen kann.

Diese Folgerung erstreckt sich auch auf die Lösung des religiösen
Problems am Individuum. Wenn seine Bedürftigkeit besser als durch den
Aufschwung in die Allheit, nur durch den Übergang von der Ethik zur
Religion lösbar werden soll, so darf ebensowenig die Befreiung von dem
Schuldbewußtsein gegen die Grundkraft der Ethik verstoßen, wie der
religiöse Aufschrei des =Gewissens= einen solchen Verstoß bilden darf.
=Die Gebrechlichkeit verletzt die Autonomie nicht, sofern diese den
Aufschwung zur Allheit zum Inhalt der Aufgabe des Menschen hat.=

Ebenso darf auch die =Lösung=, welche von der =Religion= erwartet werden
kann, keine geringste Verletzung des Prinzips der Autonomie in sich
bergen. Diese Forderung wird versichert durch die Forderung des
=gleichartigen= Übergangs der Ethik zur Religion. Und dieser Übergang
selbst wird durch die =Gleichartigkeit= noch genauer bestimmbar werden.

52. Im Grunde ist es gar kein Übergang, der hier bevorsteht, sondern
=innerhalb= der Ethik selbst vollzieht sich diese =Erweiterung= des
Problems und seine Lösung. Nicht die Ethik geht hier über in die
Religion, sondern bei der Erweiterung ihrer Probleme, bei der =Ergänzung
des Menschenbegriffs und seines sittlichen Selbstbewußtseins=, daher
auch der Anwendbarkeit seines ethischen Grundgesetzes, =erweitert sich
der Umfang der Ethik mit dem Inhalt der Religion=. Wir werden alsbald
diese Erweiterung und Ergänzung auch für den =andern= Grundbegriff der
Religion im ursprünglichen Material der Ethik zu verfolgen haben.

53. Wir wissen, =die Eigenart der Religion soll nicht ihre Unabhängigkeit
von der Ethik bedeuten=. Wie kann nun der Übergang von dem
Menschenbegriff der Ethik zu dem der Religion diese Eigenart begründen,
die demgemäß auch die =religiöse Eigenart des Menschenbegriffs= bedeutet?

Machen wir uns klar, was dem Menschen auf seiten der Ethik übrigbleibt,
um sich von dem Bewußtsein seiner Sündhaftigkeit zu befreien. Offenbar
nichts anderes, als was die =Autonomie= immer zu leisten und zu
gewährleisten hat. Nun besteht aber darin gerade die Klage des
Individuums, daß es mit aller seiner ethischen Anstrengung über dieses
Selbstbewußtsein seiner Gebrechlichkeit sich nicht zu erheben vermag.
Freilich bleibt es dabei, daß die ethische Arbeit unter der Wacht und
Zucht der Autonomie nicht unterbrochen, geschweige abgebrochen werden
darf; =unaufhörlich muß das Selbst die Aufgabe bleiben=, welche die
Aufgabe des =Sittengesetzes= in sich enthält. Zugleich aber gilt es, die
nicht niederzuschlagende Einsicht zu befriedigen, daß alle diese
sittliche Arbeit Stückwerk bleiben muß bei der Sündhaftigkeit, welche
das Individuum im Grunde seines Wesens erkennt.

54. Wir stehen hier vor einem alten Kreuzwege der religiösen Parole.
Beachten wir genau, wie wir hier unseren Weg nehmen. Wir sagen
keineswegs schlechthin, der Mensch sei böse seinem Wesen, seinem
Grundtriebe nach. Auch bei =Kant= habe ich vor langer Zeit die Bedeutung,
die er dem =radikalen Bösen= gab, gänzlich nach seinem Wortlaut bestimmt
und eingeschränkt auf die »=Verkehrung der Prinzipien=«. Hiernach ist der
=Pessimismus=, der immer nur die Rachsucht oder die Selbstsucht, wenn auch
nur in der Form des Mitleids, als die Triebfeder des Menschen anerkennen
will, das eigentliche radikale Böse. Mithin ist radikal vielmehr im
Menschen das Gute, das jedoch in das Schlechte entstellt und umgedeutet
wird. So ist das Bewußtsein der Sündhaftigkeit des Menschen durchaus
nicht gleichbedeutend mit der Schlechtigkeit seines Wesens. Vielmehr
zeugt das Bewußtsein der Sünde gegen die Schlechtigkeit und für die
Wacht des Guten. Trotz alledem aber gehört es mit in diese unaufhörliche
Kontrolle, daß der Mensch seine Pflege und Wartung der Autonomie als
unzulänglich erkennen darf, erkennen muß.

So wird die Homogeneität des Übergangs immer genauer. Die sittliche
Arbeit darf niemals aufhören; ebensowenig aber auch der Kontrollgedanke,
daß nur ein neuer Weg, ein =neues Ziel= von dem Bewußtsein der
Sündhaftigkeit befreien kann; welches Bewußtsein ebenso unaufhörlich
bleiben muß.

55. Das Eigentümliche der Religion haben wir allgemein erkannt in der
=Korrelation von Mensch und Gott=. So sehen wir nun hier, daß gemäß dem
neuen Menschenbegriffe, der sich beim ersten Schritte der Religion
erhebt, =auch ein neuer Gottesbegriff= entstehen muß; sicherlich ein
solcher, der den der Ethik nicht verletzen darf; der mit diesem vielmehr
immer in Einklang bleiben muß: ihn aber erweitert und ergänzt.

In welcher Bedeutung haben wir den Gottesbegriff in unsere Ethik
aufgenommen? Schon diese Aufnahme ist eine Neuerung, durch welche die
Scheidung zwischen Ethik und Religion aufgehoben, oder, wie wir nunmehr
die These berichtigen, =als Scheidung aufgehoben, aber als Unterscheidung
festgehalten werden soll=.

Wir haben schon betrachtet, in welcher fundamentalen Bedeutung für den
=Ewigkeitswert der Realisierung des Sittlichen= die Ethik der Gottesidee
bedarf. Gott muß die Natur erhalten, damit dem =Sein= der Sittlichkeit
das =Dasein= nicht entzogen werde. Diese Realität Gottes entspricht der
Realität des Menschen, als =Menschheit=. Damit Menschheit wirken könne,
gemäß der =Ewigkeit des Ideals=, dazu bedarf die Ethik der Gottesidee.
=Die Korrelation bedeutet hier die von Gott und Menschheit.= Und es wird
die Frage sein: ob diese Korrelation ausschließlich der Ethik gerecht
wird, oder ob sie auch dem Überschritt in die Religion gerecht bleibt.
Vielmehr aber ist die Frage gelöst, wenn sie gestellt wird. Bisher
haben wir für die Eigenart der Religion nur als Individuum den
Menschen betrachtet, nicht aber als Menschheit. =Die Harmonie von
Ethik und Religion wird eintreten, wenn auch die Religion auf die
Menschheit bezogen wird=, und zwar ohne daß dadurch die volle
=Individualitätsbedeutung= des Menschen verkürzt wird.

56. Es besteht ja keine Kluft zwischen dem Individuum und der
Menschheit. Vielmehr unterhalten die =relativen Gemeinschaften=, die die
Mehrheit vertreten, wie die der =Familie= und des =Stammes=, die Verbindung
zwischen den beiden äußersten Gliedern aufrecht. Und Gott muß auch für
diese relativen Mehrheiten einstehen, in denen das Individuum die
Korrelation zu ihm eingeht. So wird die Korrelation zwischen Gott und
dem Individuum, auch die zwischen der Mehrheit und Gott angebahnt; der
Mehrheit aber gehört auch das Individuum an.

57. Wenn nun das Individuum sich in seiner Sündhaftigkeit erkennt, so
sagt der Mythos: =weh mir, ich bin aus Tantalus' Geschlecht=. Diesem
Aberglauben, der freilich an empirischer Beweiskraft mehr gewonnen als
verloren hat, tritt dennoch die =Religion= entgegen. Nicht der Väter wegen
leiden die Söhne: =ein jeder stirbt in seiner eigenen Sünde=. Aber mit
dieser Korrektur läßt es die Religion nicht bewenden. Sie schreitet zur
positiven Formulierung: =die Seele sündigt=. Die Seele, das ist die
sittliche Person, die, als solche, ihre Sünde erkennt, als solche, die
Sünde sich zurechnet.

58. Was könnte hiergegen der Gott der Allheit helfen, wo sogar der Gott
der Mehrheit vom Übel ist? Hier gilt es vielmehr, die Einheit des
Menschen nicht als Einzelheit in der Herde, in der statistischen Gruppe
der Mehrheit zu erkennen. Hier könnte man versucht werden, die
Einzigkeit Gottes zu imitieren, und die Einheit des Menschen ebenfalls
als Einzigkeit festzunehmen. Denn um diese =Einzigkeit= handelt es sich in
der sittlichen Arbeit. Was andere Leute tun, und ob sie eine moralische
Durchschnittsgruppe bilden, diese statistische Einsicht kann sehr
wertvoll werden; sie ist aber wertlos der Individualität des sündhaften
Menschen gegenüber. Daß alle Kreter Lügner seien, kann das kretensische
Individuum in seiner sittlichen Arbeit nicht behelligen. Der Mensch, der
sich in seiner Einheit, mithin als Seele und Geist, seiner selbst bewußt
ist, erkennt sich nur in seiner Einzigkeit; wie auch bei Gott diese den
Sinn der Einheit ausfüllt. Was leistet nun der einzige Gott dem einzigen
Menschen? Auch in der =Einzigkeit= vollzieht sich die Korrelation von
Mensch und Gott.

59. =Die Einzigkeit aber fällt ganz aus dem Rahmen der Ethik heraus.=

=Hier muß der Überschritt zur Religion eintreten.= Der einzige Gott
vollzieht damit eine neue Bedeutung seiner Einzigkeit: er ist einzig für
den Menschen, =sofern dieser als ein einziger gedacht werden muß=. In
einem synagogalen Gedichte =Jehuda Halewis= findet sich dieser
pantheistische Bezug zwischen Gott und Mensch in der Einzigkeit. Dafür
hat die Religion zu sorgen; deshalb wird der Überschritt zu ihr
unternommen: daß sie dem Individuum, =als solchem=, nicht nur kraft der
Allheit, Hilfe bringt. Der Mensch ist einzig; dies bedeutet =vornehmlich
seine ethische Suffizienz=, die in seiner Individualität sich abschließt.
Ich darf ihn nicht unter dem Gesichtspunkte der Mehrheit allein
betrachten. Und wenn ich ihn unter die Allheit stelle, so führe ich ihn
damit ein in die Triumphbahn seiner Einzigkeit.

60. Aber die Einzigkeit des Individuums bedeutet =ferner= auch seine
=Isoliertheit= und seine =Einsamkeit=, die nicht lediglich aus seiner
Mehrheit herstammt, die etwa ihn im Stiche ließe oder sonstwie seiner
Selbstheit sich widersetzte. Die Einsamkeit kommt jetzt über ihn aus der
Erkenntnis seiner ihn vor sich selbst isolierenden =Sünde=: was hülfe es
ihm da, wenn er sich beschwichtigen wollte damit, daß andere nicht
besser seien, und daß sie ihn verführt haben: dürfen andere die Urheber
seiner Handlungen, seines sittlichen Verhaltens sein? Er =muß= sich also
isoliert denken, sofern er sich sündhaft denkt.

Und nun entsteht die Frage: ob =der einzige Gott= etwa nur für die Allheit
Sorge trägt, oder aber ob er seine Einzigkeit auch da bewährt, =wo der
Mensch= in einer ethischen Bedeutung =sich selbst Einzigkeit= zuerkennen
muß. =Diese Frage aber richtet sich nicht mehr an die Ethik=, von der sie
auch oft genug abgelehnt wird, insofern sie nur in Allheit und Mehrheit
den Menschen kennen will. =Die Sünde indessen ist nur individuell.= Eine
Massensünde ist Krankheit.

Und die Frage richtet sich gar nicht auf eine einzelne Station im Leben
des Menschen, sondern gleichsam auf sein ganzes Menschenleben. Wenn
anders nun diese Frage ethisch berechtigt ist, die ethischen Mittel aber
versagen, auch der Gott der Ethik versagt, sie zu lösen: wird alsdann
=ein neuer Gottesbegriff= zu fordern sein =für den neuen Menschenbegriff
des sündigen Individuums=?

61. Hier stehen wir vor der =Scheidelinie= nicht sowohl zwischen Religion
und Ethik, als vielmehr =zwischen Religion und Polytheismus=. Denn nicht
nur der Mythos nährt sich aus diesem Urgrunde, sondern auch der
=Opferkultus= begründet sich in ihm. Wie kann Gott dem Individuum helfen,
das sich seiner Sünde bewußt wird? Wie anders als durch die =Vergebung=.
Diese aber muß herbeigeführt werden durch Opfer und Bittflehen. Das
Opfer versöhnt sogar nicht nur den neidischen, sondern auch den gnädigen
Gott. Dieser durch Opfer für das Individuum zu gewinnende Gott ist
jedoch =nicht= der Gott der Religion.

62. Der Widerspruch des Opferwesens gegen die Religion beruht in der
=Zweideutigkeit=, als ob Gott durch irgend etwas anderes zur Befreiung des
Menschen von seinem Sündenbewußtsein bewogen werden könnte, es sei denn
durch die sittliche Arbeit des Menschen selbst. Aber wenn und sofern
diese in =unaufhörlichem Vollzuge bleibt=, so bleibt auch die Forderung
wach, daß Befreiung, =Erlösung= ihm zuteil werde, obschon er diese sich
nicht selbst zu erringen vermag. =Das ist das Neue in der Leistung
Gottes: die Erlösung des Individuums.=

Und diese Erlösung beruht auf =zwei= Bedingungen, die einander
auszuschließen scheinen. Die =eine= ist: der Mensch kann sich durch alle
seine sittliche Arbeit nicht selbst von dem Selbstbewußtsein der Sünde
erlösen. Und die =andere=: Gott allein kann ebensowenig diese Erlösung
bewirken. Der =Widerspruch= hebt sich nicht in der =allgemeinen=
Vermittlung von Gott und Mensch auf, so daß beide Begriffe in ihrem
=Zusammenwirken= die Erlösung zur Folge hätten, sondern in der
=abgestuften= Weise vollzieht sich die Ausgleichung: die sittliche
Arbeit des Menschen bleibt die unerläßliche, die unaufhörliche
Voraussetzung. Und bei dieser menschlichen Arbeit kann Gott keineswegs
mitwirken; wie könnte Gott in =Gemeinschaft= treten mit dem Menschen? So
wenig die Erlösung ein =Gnadengeschenk= Gottes sein kann, ebensowenig
kann sie das Produkt seiner =Mitwirkung= bei der sittlichen Arbeit sein,
über die das Wesen Gottes hinausliegt. Aller =Pantheismus= und alle
Ausgleichung und Nivellierung des Gegensatzes zwischen Gott und Mensch
darf hier nicht in Versuch genommen werden.

63. Während der Mensch bei der =Korrelation=, die unsere Aufgabe jetzt
bildet, =nur als tätiger Faktor= gedacht wird, =wird Gott dagegen als das
Ziel gedacht=, auf welches die eigene sittliche Arbeit des Menschen hin
gerichtet wird. So bleibt das Ziel zwar noch der sittlichen Arbeit
angehörig; man könnte sogar von einem Faktor sprechen, den das Ziel
bildet; =aber das Ziel ist nicht mit dem Faktor identisch zu machen=. Alle
Aktivität liegt beim Menschen, dem sie nicht erlassen, kaum erleichtert
werden kann. Aber der =Erfolg= dieser sittlichen Arbeit, der, als ein
innerer, den Begriff der =Handlung= erfüllender, gedacht werden muß, hängt
doch nicht ausschließlich von dem Menschen und seiner Arbeit ab.

So muß, so kann allein die Korrelation von Mensch und Gott hier
aushelfen, wo Gott erdacht wird, aber nicht anders als in der
Korrelation zum Menschen; wo er also bei dem Problem der Erlösung nicht
als ein ebenbürtiger Faktor mitwirken kann. In sittlicher Tätigkeit, in
der =Verwirklichung= des Sittlichen, steht der Mensch allein da. Der Gott,
der in dieser Verwirklichung, in dieser Befreiung dem Menschen helfen
soll, kann und darf den Menschen nicht von seiner Menschenwürde ablösen;
dies geschähe aber, wenn er von der Gewissensarbeit entbunden oder sie
ihm auch nur erleichtert werden könnte. Gott macht dem Menschen seine
eigene Gewissensqual nicht überflüssig; er stellt sich ihm nicht zur
Seite und hilft ihm nicht bei dem Geschäfte der Reue und der Buße.

=Aber diese hat zur Voraussetzung, daß ein Gott da sei, auf den die
Korrelation in dieser Form der Sünde sich richtet=; und der die
Korrelation zu dem =neuen= Sinne bringt, daß die Befreiung, die der Mensch
selbst nicht vollbringen kann, =in dieser neuen Korrelation zu Gott= in
Vollzug trete. =Der neue Sinn Gottes entspricht dem neuen Begriffe des
sündigen Menschen.= Und dazu entsteht zuvörderst die Korrelation des zur
=Seligkeit= befreiten Menschen.

64. Das =ist= der neue Gott, =der Gott der Religion, im Unterschiede von
dem Gotte der Menschheit in der Ethik=. Die Erlösung befreit von der
Sünde. Und im Hinblick auf diesen Gott der Erlösung breitet der Mensch
die Sündenfülle seines Herzens vor sich aus, weil dieser Hinblick ihm
zugleich die Gewißheit bringt, daß diese seine sittliche Bußarbeit nicht
verlorene Liebesmühe sei, sondern daß sie das Ziel erreichen kann, das
ihr ohne Gott unerreichbar bliebe. Der Mensch bleibt in der Arbeit, aber
Gott, =der an dieser Arbeit selbst nicht teilnimmt=, wird als das
Wahrzeichen gedacht, das die Befreiung von der Sünde bewirkt.

65. Wie der Begriff des =Menschen= eine andere Bedeutung erlangt hat als
in der Ethik, so auch der Begriff =Gottes=. Aber wie der religiöse Begriff
des Menschen trotz der Differenz zwischen Individuum und Menschheit, und
trotz der Differenz zwischen unaufhörlicher sittlicher Arbeit und dem
Ziel der Befreiung von der Angst des Gewissens, dennoch in der
=selbständig bleibenden= sittlichen Arbeit auch bei dieser Befreiung in
Zusammenhang mit der Aufgabe der Sittlichkeit verbleibt, so verhält es
sich auch mit Gott. Wie er in der Ethik für die Menschheit die
Verwirklichung des Guten gewährleistet, so leistet er auch in der
Religion diese Verwirklichung am Individuum. In der Ethik umstrahlt Gott
die Menschheit mit der Zuversicht der Sittlichkeit auf Erden; in der
Religion das Individuum mit der Zuversicht seiner persönlichen Befreiung
von Schuld und Sühne, seiner =Wiederherstellung= zur Aufgabe der
sittlichen Freiheit. Auch hier behauptet sich die =Gleichartigkeit der
Idee= für die Ethik und für die Religion.

66. Man wird doch nicht etwa den schalen Gedanken einwenden, daß diese
Gleichartigkeit nur eine Illusion bleibe, während der sittliche Mensch
dieses Durchgangs durch das Bewußtsein der Sünde =gar nicht bedürfte=.

Es ist ein schwerer Fehler der modernen Kultur, daß sie die Argumente
der Religion als veraltet und als geschichtliches Material der
Mythologie ansieht. Die Reaktion auf diese Vorurteile einseitiger
Bildung zeigt sich alsbald sogar im engeren Betriebe der Philosophie.
Der =Pessimismus=, dieses Hemmnis wahrhafter Ethik, hätte nicht so um
sich greifen und in Schwärmerei und Obskurantismus ausarten können, wenn
die religiöse Spekulation innerhalb ihrer ethischen Grenzen nach ihrer
wissenschaftlichen Bedeutung anerkannt würde. =Die Sünde ist ein Ferment
der Sittlichkeit=, und das Sündenstadium des =Individuums= daher ein
unentsetzbares Glied in der Begriffskette des sittlichen Menschen. Und
ebenso ist der =Gott der Vergebung=, der =Erlösung= und der =Versöhnung=
nicht etwa ein Mythos, sondern, wie er eine notwendige Ergänzung zum
Gotte der Ethik bildet, so ermöglicht er auch jene befreiende Arbeit des
Individuums, die ohne das Ziel der Gnade den =Sinn ihres Weges= verlöre.

67. Die =Gnade= ist schlechthin der Sinn der Bußarbeit des Gewissens. Die
Korrelation tritt in Wirksamkeit. Die Sündigkeit des Individuums wäre
ein Hirngespinnst, wenn nicht in Gott als ihr Ziel die Vergebung
aufleuchtete. Die Korrelation von Gott und Mensch, wie sie sich hier
fortsetzt, vollzieht diese logische Konsequenz der Begriffe. =Ohne die
Vergebung hätte die Buße keinen Sinn; und ohne die Buße könnte Gott
nicht zum Gotte des Individuums werden.=

Überlegen wir es noch einmal: ohne die Vergebung hätte die Buße keinen
Sinn. Könnte der Ethiker etwa diesem Satze seine Zustimmung versagen?
Wenn anders er den Gang des Individuums in das Labyrinth des Gewissens
mitgeht, muß er den Ariadnefaden festhalten; der Mensch darf nicht im
Labyrinthe bleiben. Kann er sich aber etwa dem Gange ins Labyrinth
versagen? Sofern die =Tugendwege= dem Gebiete der Ethik angehören, muß
diese Nachsicht mit den Schwächen und mit der Schwachheit des
Individuums eine Rücksicht der =Ethik= sein. =Hier aber steht sie an ihrer
Grenze, an der sie in die Religion übergeht.= Und hier erfordert es die
genaue Grenzbestimmung, daß die Religion mit ihrer =Eigenart= eintritt;
mit ihrer Eigenart, aber in ihrer =Gleichartigkeit= mit der sittlichen
Arbeit und mit den sittlichen Zielen.

68. =Hier scheidet sich nun aber im Begriffe der Religion das Judentum
vom Christentum.=

Denn im reinen Monotheismus des Judentums hat der Gott der Gnade und der
Vergebung =nur= diese Bedeutung: das =Ziel=, den =Erfolg=, den =Sieg= der
sittlichen Selbstarbeit des Menschen zu verbürgen. So steht die
Korrelation hier in klarer Gliederung: hier der Mensch, das Individuum
in seiner Isoliertheit, und dort Gott in seiner Einzigkeit. =Die
Transzendenz Gottes bedeutet die Suffizienz des Menschen für die
Behauptung seines Menschentums.= In der selbständigen Sittlichkeit des
Menschen beruht diese Suffizienz: die nur erfüllt, nicht eingeschränkt
wird durch das Ziel, auf das, wie jede menschliche Tätigkeit, so auch
diese, hingerichtet sein muß.

Das Christentum dagegen nimmt an der Zweideutigkeit des Pantheismus teil
und =läßt schon an der sittlichen Arbeit selbst den Gott im Menschen
teilnehmen=. Die getrennten Kompetenzen fließen dadurch ineinander, und
die Begriffe schränken einander ein. Nicht allein der Begriff Gottes
verliert dadurch seine Transzendenz und Eindeutigkeit, sondern auch der
ethische Begriff des Menschen wird an diesem Grenzpunkte von Ethik und
Religion ungenau, insofern die Kompetenz seiner sittlichen Arbeit
beeinträchtigt wird.

Sie wird auch beeinträchtigt, wenn ihr selbst in irgendeiner
=Vermenschlichung Gottes= zugleich die Kompetenz der Erlösung zuerteilt
wird, während sie eben nur als Kompetenz der Arbeit und zwar der
Suffizienz zu derselben sich darstellt. Der Mensch in der Idee seiner
Individualität hat nur das Schweben auf der Stufenleiter von Sünde und
Befreiung als seine Würde zu erkennen. In ihm selbst darf keine Kraft
liegen, die ihn über dieses Schweben hinweghebt.

=Erlösung und Befreiung müssen unterschieden werden.= Die Arbeit der
Befreiung allein liegt dem Menschen ob; seinem Wesen, seinem Berufe,
seinem Begriffe fern jedoch liegt das Resultat der Befreiung: die
Erlösung. =Sie allein steht bei Gott. Und nur bei Gott allein steht die
Erlösung.= Für sie ist die Befreiung nur die notwendige Voraussetzung,
nicht aber eine homogene Mitwirkung. =Mensch und Gott bleiben geschieden,
wie Streben und Gelingen=, wie Kampf und Siegespreis. Wie der reine
Monotheismus die wahre Befreiung lehrt, so auch die wahre Erlösung. Die
Religion verbindet beide Momente, aber sie erhält aufrecht ihren
Unterschied.

69. Indessen nähert sich der moderne =Protestantismus= offenbar diesem
reinen Monotheismus. Der pantheistische Doppelsinn, der die =zweite=
Person der Gottheit umschleiert, wird allmählich abgestreift, und die
menschliche Person =Christi= wird für die lebendige Arbeit der Religion in
den Mittelpunkt gestellt. Daher auf der einen Seite das Bestreben, die
=Geschichtlichkeit Jesu= zu retten, andererseits aber seine =ideale=
Bedeutung für das religiöse Leben des =Individuums= von jener Frage der
Geschichtlichkeit =unabhängig= zu machen. =Wenn die sittliche Arbeit= mit
Ernst und Wahrhaftigkeit durchgedacht wird, =so kann das Vorbild Christi
gar nicht bestehen bleiben=. Man muß auf die =Mystik= zurückkommen, die
=Luther= in dem Satze ausgesprochen hat: Christus ist dir Gott, =wie du
deinem Nächsten ein Christus sein sollst=.

Und für das religiöse Selbstbewußtsein, sein Kämpfen und sein Ringen
bleibt Christus nicht als geschichtlicher Christus ein sachliches
Vorbild, sondern vielmehr nur das =Vorbild des eigenen Selbst=. Dieses
Vorbild des menschlichen Individuums darf kein Schattenbild sein; aber
es verliert den Wert des sittlichen Ideals, wenn es ein empirisches
Geschichtsbild würde. Es darf schlechterdings =nur das Ideal des Menschen=
sein, und zwar nicht das der Menschheit in seiner geschichtlichen
Universalität, sondern das des Individuums in dem Bewußtsein seiner
Isoliertheit, seiner Bedürftigkeit, seiner Gebrechlichkeit; zugleich
aber auch seiner Würdigkeit zur Erlösung.

Dieses Idealbild des menschlichen Individuums ist nicht das
Schreckgespenst seiner Verzweiflung, sondern das Heldenbild seines
Ringens über seine menschlichen Grenzen hinaus, aber verklärt durch die
=Zuversicht= der Erlösung, die ihm von jenseits dieser Grenzen der
Menschheit entgegenleuchtet: die Zuversicht von einem Gotte der Gnade
und der Erlösung; von einem Gotte, der kein Mensch ist, der aber dem
sündigen Menschen die Hand reicht: der die Korrelation mit dem
menschlichen Individuum eingeht.

Jetzt ist das Tor zur Religion weit geöffnet, und doch werden wir sehen,
daß die =Homogeneität= mit der Ethik bestehen bleibt und wachsam erhalten
werden muß: da es immerfort wieder fraglich werden kann, ob nunmehr nur
Religion, oder doch vielmehr nur die alte Ethik den neuen Anbau bildet.

70. Wenn nun der Mensch in seiner Bußarbeit sich selbst als den Urheber
seiner Sünde erkennen muß, so erschöpft sich diese Bußarbeit nicht in
der Zergliederung seiner Sünden und in der Zerknirschung darüber, so daß
dieser entgegen nur noch die Gnade zu winken hätte, sondern es gehört zu
dem sittlichen Charakter dieser Buße, daß der Mensch über diesen seinen
Charakter als Urheber seiner Handlungen in tiefes Nachdenken eintritt.
Seines eigenen Charakters wegen muß der Mensch daher die Frage an sich
stellen, =wie er dazu kommen kann, der Urheber einer unsittlichen
Handlung zu werden=. Wird ihm dieses Dunkel nicht entschleiert, so bleibt
ihm für sein eigenes Wesen nur das Schreckbild eines radikalen Bösen
übrig. Dann würde aber die Korrelation hinfällig. Das würde sie, wenn
die Gnade einem Unwürdigen von Gott zuerteilt würde und nicht einem
kraft der Menschenwürde auch des Gottes und seiner Gabe Würdigen.

71. Aus diesem Dilemma ergibt sich eine wichtige =Konsequenz=. Die
=Schuld= des Menschen kann nicht ein Beweis sein für seinen =Abfall= von
Gott, für seine =Heterogeneität zu Gott=. Die =Sünde= muß immer im
=Zusammenhang= sein mit der =Vergebung=. Aber sie darf trotz dieses
Zusammenhangs die Schärfe ihres Begriffs nicht einbüßen. Wenn der Mensch
nun fragt, =wie er der Urheber seiner bösen Handlungen sein könne=, und
wenn er sich sagen muß, daß er =als solcher sich zu erkennen habe=,
gleichviel, ob er diese seine Urheberschaft =begreifen= kann, oder
nicht, so muß er in die Gedanken seiner Buße den Gedanken der
=Vergeltung= aufnehmen, der göttlichen =Strafe=, die ja gemildert wird
durch die göttliche Gnade.

Aber wenn wir oben sagten, daß die Erlösung zur Voraussetzung habe die
Erkenntnis der Sünde, so muß diese Bedingung =erweitert= werden dahin: daß
die Erlösung zur Voraussetzung habe die =Bereitwilligkeit, die Strafe auf
sich zu nehmen für das begangene Unrecht=. Ohne diese Vergeltung kann
sich die Bußarbeit nicht vollenden und nicht die Gleichartigkeit zur
Erlösung herstellen. =Die Strafe erscheint somit als ein inneres Merkmal
zum Begriffe der Buße.= Die Strafe ist eine ethische Forderung. Wir
haben sie als solche in der Ethik des reinen Willens festgestellt. Sie
erscheint hier nur wieder mit den anderen Begriffen, welche die =Grenze=
von Ethik und Religion bilden.

72. Wenn wir nun sagen, die Strafe sei eine sittliche Forderung, so ist,
wie so viele ethische Abstraktionen, auch diese nur ein Gegenbild zur
Wirklichkeit. =Die Wirklichkeit ist ein Jammerbild der Strafen Gottes.=
Wir nennen nur die Strafe =Leid=. »Ach an der Erde Brust sind wir zum
Leide da.« Und wenn wir vorher nach dem Grunde unserer Schuld fragten,
so fragen wir jetzt nach dem =Grunde des Leides in der Menschenwelt=, und
zwar zunächst mit der Beschränkung auf unser eigenes =menschliches= Leid.

73. Mit dieser Frage aber dämmert uns als Antwort die Frage auf, die wir
nach dem Grunde unserer Schuld gestellt hatten. Für unsere Schuld
forderten wir die Strafe. Jetzt erkennen wir das Leid im Menschen und
fragen nach seinem Grunde. Es ergibt sich aber ein Zusammenhang der
Gründe hier. Wenn wir nur erst das menschliche Leid als die göttliche
Strafe erkennen, die wir im Verlauf unserer Buße fordern mußten, so wird
auf einmal alles klar. Das Leiden im Menschen ist eine Tatsache. Und sie
wird verständlich, wenn das Leid als Strafe erkannt wird, die eine
sittliche Forderung ist. Durch diese kann daher auch das Leid in seiner
Wirklichkeit begründet, als Notwendigkeit erkannt werden. =Das Leiden ist
die Strafe des Sünders. Die Strafe ist das Erbteil des Menschen, nicht
sowohl, weil er ein Sünder ist, sondern weil er von der Sünde durch die
Bußarbeit sich zu befreien hat.=

74. Und so klärt sich auch die =Korrelation von Gott und Mensch als
Theodizee= auf. Die Leiden begründen keinen =Pessimismus=; sie
widerstreiten nicht dem gnädigen Gotte, dessen Werk sie vielmehr mit
Unbedingtheit =vorbereiten=. Der Mensch nimmt das Leiden als Strafe auf
sich. Dadurch verblaßt die Strafe; =als Leiden verklärt sie Gott, wie
Mensch=. Der Mensch erleidet die Strafe für seine Schuld als die
=Vorstufe=, die sein Leiden bildet für seine =Erlösung=. =Das Leiden gehört
in die Vorstufe der Bußarbeit=, aber es berührt schon die =Grenze=, welche
die Idee des Menschen bildet unter der Glorie der Gottheit.

75. So verbinden sich Mensch und Gott in dieser =Korrelation=, welche sich
zugleich als =Theodizee= bewährt. Das Leiden, es bildet kein Fragezeichen
mehr gegen das Wesen Gottes, noch auch gegen das des Menschen. Und es
ist auch nicht nur ein pädagogisches Mittel, auf daß die Bäume nicht in
den Himmel wachsen, geschweige denn, daß die Süßigkeit der Freuden
besser ausgekostet werden könne an dem Widerspiel des Leids. Das Leid
gehört als Strafe zum ethischen Begriffe des Menschen, und auf diesem
ethischen Grunde erhebt sich für die =Eigenart der Religion= die Palme der
Erlösung.

76. Nun ist aber das Leid gar nicht allein das Kennzeichen =meines=
Individuums. Als solches dient es mir zur Mahnung und zur Vergeltung.
Aber ich sehe es ja auch in Wirklichkeit bei den =anderen= Menschen und
bei ihren =relativen Gemeinschaften=. Soll ich, darf ich auch da auf die
Frage nach ihrer Urheberschaft des Schlechten nur antworten: ja, die
Menschen sind schlecht samt und sonders? Oder aber soll ich bedenken,
daß, wenngleich ich mich selbst nur als schlecht erkennen muß, ich den
anderen nicht in gleicher Weise katechisieren darf.

Wie soll ich mich nun aber zu der =Tatsache= des allgemeinen
Menschenleids verhalten, wenn ich nicht soll sagen dürfen, das Leid sei
die Strafe für die Schuld; und der =Tod=, als =Symbol des Leids=, die
Strafe der Sünde? Man muß doch die Frage nach dem Grunde des allgemeinen
Menschenleids stellen. Die Frage der Theodizee ist doch auch hier, erst
recht hier, unabweislich. Was bedeuten nun also =Krankheit= und =Tod=
für das Menschenleben, wenn sie nicht angesprochen werden dürfen als
gerechte =Vergeltung= für das menschliche Unrecht?

77. Bedenken wir, daß der Wandel in den religiösen, wie auch schon in
den sittlichen Vorstellungen im Laufe der Zeiten, im Wechsel führender
Persönlichkeiten nicht am Schnürchen einer Schablone sich abspielt,
sondern, daß in natürlicher Entwicklung und Verschlingung oftmals neue
und den ursprünglichen entgegengesetzte Motive den Gedankenprozeß
lenken. Wenn ein Zeitalter vom =Mysterium des Todes= ergriffen ist, und
aus ihm heraus alles menschliche Leid zu begreifen sucht, so denkt ein
anderes Zeitalter nüchterner, und an die Stelle des Mysteriums tritt das
=Geschichtsbild der sozialen und politischen Wirklichkeit=.

So ist es bekannt, daß die =Propheten= die =messianische= Verkündigung
zunächst zwar verknüpfen mit dem Geschichtsbilde des =Krieges=, und zwar
in =doppeltem= Sinne. Dem =Hauptgedanken= nach nämlich soll =im
messianischen Zeitalter der Krieg überhaupt aufhören=, und dieses
Aufhören des Krieges wird geradezu das =Symbol des Messianismus=,
ähnlich wie für die =Mystik= der =Tod= verschwindet und =vom ewigen
Leben verschlungen= wird.

=Andererseits= aber arbeitet die dichterische Phantasie der Propheten
gerade vorzugsweise mit den ergreifenden, erschütternden =Kriegsbildern=.
Alle Not und Drangsal, alle Greuel und Frevel des Krieges werden mit
zügelloser Rachelust beschrieben, wenn die alte Welt ihr Ende finden und
=eine neue Welt erstehen=, von dem Messias heraufgebracht werden soll.
Auch die =Psalmendichtung= wird von diesem Ingrimm, der ein Teil der
messianischen Stimmung wird, ergriffen; und was man gemeinhin
=Rachepsalmen= nennt, das ist vielmehr die gewaltige messianische
Ergriffenheit, die den Krieg als das durchgreifende =Mittel= in Anspruch
nimmt, der ganzen bisherigen Welt den Garaus zu machen, damit die =Welt
des Friedens= aufblühen kann.

78. Es ist ein charakteristisches Zeichen für den =Stil der alten
Bibel=, daß sie nicht bei allgemeinen Bildern vom =Menschenlose= und vom
=Weltverfahren= es bewenden läßt, sondern, wie sie nicht bloß
=Botschaften=, =Reden= und =Episteln= enthält, sondern auch =politische=
und =juristische Gesetze= und =Verordnungen=, daher auch überhaupt mit
scheinbar prosaischer =Genauigkeit= und =Bestimmtheit= eingeht auf die
=Einzelheiten= des menschlichen Treibens in der =Gesellschaft= und im
=Staate=, in der =Familie= und im Verhalten des Menschen =gegen sich
selbst=. Diese Eigenheit des alttestamentlichen Stils erklärt sich
genugsam aus der =Ursprünglichkeit seiner historischen Verhältnisse=,
aus der eine =Naivetät in Sage= und =Geschichte= literarisch hervorgehen
konnte. Es wird da nicht ausschließlich =gepredigt=, geschweige
=polemisiert=; es soll nicht eine Mutterreligion =kritisiert=, auch
nicht einmal eine =eigene Religion gestiftet= werden. Es wird erzählt,
berichtet, gespiegelt, wie die Religion =innerhalb des Volkstums
entsteht= und sich weiterbildet; wie aus der Religion =der Väter=
allmählich die Religion des »Heiligen Israels« wird, der der »Herr der
ganzen Erde genannt werden soll«. =Nur in dieser messianischen
Bezugnahme kommen die anderen Völker der Erde in Betracht=; und nur in
diesem Betracht treten sie auch in den =politischen= Horizont ein: ob
nämlich =Bündnisse= mit ihnen geschlossen werden sollen, oder ob Krieg
gewagt werden darf und unternommen werden soll.

79. Wenn nun aber der messianische Fernblick die =Politik= und deren
Gewaltmittel, den Krieg, in den Vordergrund rückt, so öffnet die =innere
Politik= den Blick auf die engen, kleinen, aber =allbeherrschenden
Verhältnisse der Gesellschaft= und ihrer =wirtschaftlichen= Bedingtheiten.
=Unter diesem Gesichtspunkte wird nun aber das allgemeine Menschenleid am
sozialen Kriterium der Armut erfaßt.= Wie der Mystiker sich an den =Tod=
hält, der Weltpolitiker an den =Krieg=, so der Sozialpolitiker an die
=Armut=. =Sie ist der Inbegriff des sozialen Menschenelends; woher kommt
sie?= Wie verträgt sie sich mit dem Begriffe Gottes, mit dem Begriffe des
Menschen? Was nützte es, wenn Krankheit und Tod aufhörten, nicht aber
die Armut; würde dadurch nicht nur das menschliche Elend durch die
Verewigung gesteigert? Es ginge dabei, wie im Mythos, um ewiges Leben
ohne ewige Jugend. Welchen Grund aber kann es für die Armut geben, wenn
sie nicht als Strafe für die Schuld soll gelten dürfen? Und überlegen
wir es noch einmal: es wäre doch durchaus unangemessen, mit einem
solchen Grunde in der Tasche in die Welt hinauszutreten, und mit dem
Blicke des Weltenrichters das gesamte soziale Elend zu überschauen. Was
sollte aus dem =Individuum= selbst werden, das in einer solchen satten
Befangenheit und theoretischen Genugtuung auf seine engeren sozialen
Verbindungen hinblickt; und wie sollte ein solches Individuum zur
=Allheit= des Staates sich erheben können, wenn ihm aller Sinn für
=Gleichheit= und =Gerechtigkeit= verstopft ist durch die Scheinlehre: wie
alles Elend, so erkläre sich auch die Armut aus der geringeren
sittlichen Qualität der von ihr Betroffenen.

80. Wir stehen hier an einem großen =Wendepunkte= nicht nur der =Ethik= und
der =Religion=, sondern auch =der Politik und der Religion=. Nicht nur die
Ethik behauptet sich in ihrer Selbständigkeit dadurch gegen die
Religion, daß sie dieser eine unpolitische Weltfremdheit zum
prinzipiellen Vorwurf macht; daß diese Weltfremdheit ihr im Blute liege,
=weil sie in den Spekulationen über Gott und seine Vorsehung das
Interesse an der geschichtlichen Wirklichkeit abstumpfe=; weil sie, vom
=ewigen Leben= mythisierend, das aktuelle Leben der Weltgeschichte
übersehe. Daher müsse die Ethik ihren =weltlichen= Charakter
aufrechterhalten und ihn vor der Vermischung mit der Religion verwahren.

81. Von der =Politik= aus wird der Angriff noch schärfer. Die Religion
wird beschuldigt, im =Schlepptau der Obrigkeit= einherzuschleichen, um
mit deren Hilfe die Schleichwege innerhalb der Kultur durchzuführen. Wie
überall in der Geschichte, gibt es auch hier eine gewaltige =Antinomie=.
Der Staat, das letzte Ziel aller Menschenvereinigung, ist dennoch nicht
auch der einzige Weg zu diesem Ziele. Seit den neueren Zeiten ist der
Staatsidee zur Seite teils, teils entgegengetreten =die Idee der
Gesellschaft=. Nicht nur in dem Sinne, den die Gesellschaft freilich auch
hat, den =wirtschaftlichen Grund des Zusammenhangs= der Menschen zu
bedeuten, sondern vielmehr in dem =anderen= Sinne ist die Idee der
Gesellschaft zur =Losung= der neueren Zeiten geworden: daß sie den Staat
aus seinen Engen und Zwängen erweitere und befreie, um seine Allgewalt
gerade um so mehr zur Befestigung und zur Bestätigung, zu einer
ethischen Verwirklichung zu bringen.

Der Staat an sich würde in Starrheit verknöchern, im Flußbette des
Verkehrs versanden, wenn seine =Rechtsformen= nicht beständig zur
Verjüngung aufgerufen, zu neuem Leben für die =Autorität= des Staates und
die Allheit der Menschen umgestaltet werden. =Das ist das Verhältnis
zwischen Gesellschaft und Staat.=

=Und dieses Verhältnis durchzieht auch die gesamte Geschichte
Altisraels.= Im ganzen =Mosaismus= verschlingt sich der =Sozialismus=
mit den =Instituten= von =Recht= und =Staat=. Und der ganze
=Prophetismus= verschärft diesen innerlichen Gegensatz dieses
Weltalters.

82. So mußte der =Prophetismus= eine scharfe Stellung nehmen zu der Frage:
wie die =Armut=, die =die Propheten gemäß ihrer Sozialpolitik als das
eigentliche Menschenleid erkannten= und exemplifizierten, mit der
=Gerechtigkeit Gottes= in Einklang zu bringen sei. Die alte mythische
Anschauung von der =Vererbung der Schuld= auf =die Geschlechter= mußte
zerschellen an der neuen Lehre von der individuellen, =persönlichen
Sünde=. Diese aber konnte nicht aufrechterhalten werden als Grund der
Armut, wenn dagegen der =Reiche= als der =Schuldlose= betrachtet werden
müßte: der vielmehr als der Inhaber und Verüber der Gewalt gebrandmarkt
werden muß. Wo gab es einen Ausweg für dieses Dilemma, wenn die
Differenz zwischen arm und reich ebenso stark empfunden wurde, wie die
zwischen schuldig und unschuldig?

83. Da wurde es nun entscheidend für die ethische Echtheit des
=Monotheismus=, daß die Propheten, und nach ihnen die Psalmendichter zu
einer =Konsequenz= sich erkühnten, die =nur auf ihren Prämissen= sich
aufbauen konnte. Sie traten auch hier dem =Mythos= entgegen und schlossen
umgekehrt: =der Arme ist unschuldig: er leidet unschuldig. Das Leiden ist
nicht Strafe; sonst wäre Armut Strafe, und Reichtum Tugend und
Tugendpreis. Hingegen ist vielmehr die Armut das Wahrzeichen der
Frömmigkeit.=

84. Die hebräische =Sprachwurzel für arm= leistete diesem grundlegenden
Gedanken Vorschub. =Arm= bedeutet ursprünglich =bedrückt=, und gedrückt
bedeutet auch =demütig=. Demut aber ist die Tugend des Armen, =das
Kennzeichen des echten Menschenleids=. Diese Bedeutung läßt sich aber
auch in dem hebräischen Worte für =fromm= erkennen. =So werden die Armen zu
den Frommen und die Frommen zu den Armen.=

Und damit wird die Frage hinfällig nach der Schuld der Armen an ihrem
Leide; =denn sie haben keine Schuld=: sie sind die Frommen. Die Frage geht
daher von den Armen über auf =Gott: wie kann Gott das Leid der Frommen
verantworten?= Diese Frage aber war ja auch ohne soziale Einsicht =schon
früher= gegen Gott gerichtet worden: wie kann es dem =Gerechten= schlecht
ergehen?

85. =So bildet die Theodizee den Angelpunkt in der Entwicklung des
Monotheismus.= Diese Frage, wie sie sich über viele Literaturgruppen
ausbreitet, erweist ihre hohe Bedeutung; die Frage selbst hat ihre
Bedeutung, abgesehen von ihrer Lösung. =Denn wie sollte eine
befriedigende Antwort auf diese Frage möglich sein?= »Willst du die Ferne
Gottes finden, und zum Ende der Allmacht hingelangen?« So erklärt =Hiob=,
gleichsam aus dem Gesichtspunkte der Metaphysik, die Frage für unlösbar.
Aber ethisch kann sie um so mehr lösbar werden, und aus der Ethik heraus
auch das Walten Gottes erhellen.

86. Der =Prophetismus= hat selbst auch eine Antwort versucht, die mehr
nach der Metaphysik hin zu liegen scheinen könnte. Er hat sie aus dem
Gesichtspunkte des =Messianismus= stellen müssen, und demzufolge auf die
=Völker=, anstatt nur auf die Individuen, die Frage gerichtet. Auf diese
Lösung wollen wir hier noch nicht eingehen. Sie bildet vielleicht ein
=Grundkapitel in aller Philosophie der Geschichte: das Leiden eines
Volkes für ein anderes oder für andere Völker=, für deren Kulturarbeit
in der Weltgeschichte, wobei freilich vorbehalten bleibt, daß das Leiden
des einen Volkes nicht minder als =Kulturarbeit= für den Sinn und Wert der
Weltgeschichte gelten müsse.

Stellen wir uns nun auf den Standpunkt der neugewonnenen Einsicht, daß
die Armen die Frommen, also die =idealen= Menschen seien: welches
Entsetzen muß uns bei diesem Gedanken erfassen. Kann es uns genügen und
beschwichtigen, wenn wir hören, und selbst wenn wir Einsicht und
Überzeugung davon gewinnen, daß diese als widerwärtigste Differenz
erscheinende Identität =im Plane der göttlichen Vorsehung liege=? Was kann
alle theoretische Einsicht helfen gegenüber der Tatsache, vor die unser
sittliches Gefühl, unser sittliches Urteil gestellt wird, daß die Armen
die Frommen seien? Mögen immerhin die Reichen in ihren Gütern schwelgen;
das sollte mich weniger anfechten; wenn nur nicht die Frommen bittere
Not litten; wenn nur nicht die Armen die geschichtlichen Bürgen der
Sittlichkeit wären!

87. Eine epochemachende Wendung mußte hier eintreten. Wir sind vom
Gebote der =Nächstenliebe= her an den Gedanken gewöhnt, daß der
=Nebenmensch= ein =Mitmensch= sei. Und so auch nehmen wir das Gebot der
=Liebe= als eine selbstverständliche =Pflicht= hin. Indessen ist weder der
=Mitmensch=, noch gar die =Liebe zu ihm eine selbstverständliche Regung des
menschlichen Bewußtseins=. Hier stehen wir vielleicht, wie am Dornbusch,
an der heiligen Stätte, =an der der Begriff des Mitmenschen und der
Begriff der Menschenliebe aufging=.

So lange der Mensch die Kultur, in die er hineingeboren wird, als das
=selbstverständliche Ziel= des menschlichen Daseins ansieht, so lange
erträgt er auch weltsinnig die Differenzen in dem Haushalte der Kultur.
Man weiß, wie =Aristoteles= sich das Gewissen erleichtert hat. Wenn
=Maschinen= erfunden werden, die das Sklavenwerk ersetzen könnten, dann
freilich könnte man der Sklaven entbehren. Die =Kultur ist dem Griechen
das Ziel und der Sinn des Menschenlebens.=

Die =Propheten= dachten anders. Sie konnten sich von jener
=Kulturphilosophie= nicht trösten lassen über den Jammer, den sie bei dem
=Menschenelend der Armut= empfanden. Jetzt erst wurde es ihnen klar, was
der Mensch ist und =was er für das Bewußtsein jedes Menschen bedeutet=.
Der Mensch ist dem Menschen nicht ein =Fremder=, der auch ein =Sklave= sein
könnte, sondern =er gehört in mein Selbstbewußtsein=; und zwar nicht
allein theoretisch, sondern vor allem =praktisch=.

Und wie wurde diese praktische Einsicht gewonnen? Hier trat das Leiden
ein. Der Mensch leidet, und zwar als Armer; und er ist kein =isoliertes=
Glied in der Maschine des menschlichen Haushalts, und =kein isoliertes
Wesen=, wie es etwa das Tier ist, sondern =ich kann mich selbst nicht als
Menschen denken=, es sei denn, daß ich meinen Begriff des Menschen von
diesem Menschenbegriffe des Armen abstrahiert habe.

88. Und diese Gedanken bleiben nicht bloße =theoretische Abstraktionen= im
Bewußtsein des Menschen, wenn er zu dieser sozialen Einsicht gelangt
ist: mit dieser Erkenntnis regt sich zugleich ein =heftiges Gefühl= der
Beziehung, =wie theoretisch des einen Ich zum anderen Ich, so praktisch
des eigenen Gefühls zu dem Leide des Armen=. Das Leid bleibt nicht
=theoretische Erfahrung: es verwandelt sich in einen Affekt. So entsteht
das Mitleid=, als einer der natürlichsten =Affekte= im ganzen Seelenleben
des Menschen.

=Unbegreiflich=, aber charakteristisch ist =die Verdächtigung des Mitleids
bei Spinoza= und bei =Schopenhauer=. Wer dagegen von Differenzen in der
Betrachtung des Menschenlebens ausgeht, erstlich im Moralischen, dann
aber auch im Sozialen, und wer diese beiden Differenzen nicht identisch
macht, der wird das Mitleid achten und ehren und hegen als ein
notwendiges =Grundmittel= in der sittlichen Entwicklung des menschlichen
Bewußtseins. =Das Mitleid verklärt sich zur Menschenliebe.=

89. Die Menschenliebe bliebe Abstraktion, wenn nicht das Mitleid sie
erweckte, herausforderte und lebendig machte. Alle Wesen sind für den
theoretischen Blick in ihrer =Verschiedenheit= von mir begründet. Ich
frage nicht, warum es Tiere neben mir gibt; noch auch, warum Menschen.
Aber wenn ich Menschen =leiden= sehe, so verschwindet sofort die
theoretische Gleichgültigkeit hinter dem ethischen Interesse. Und wenn
dieses nun gar angespornt wird durch die Einsicht vom Armen, als dem
Frommen, so müßte es um alle =Einheit= des Bewußtseins geschehen sein,
wenn ich nicht sofort zur Mitleidenschaft mich aufgerufen fühlte. Das
Leiden des Frommen darf mir nicht gleichgültig sein; es müßte denn die
Frömmigkeit selbst mir gleichgültig werden. Jedoch unter dem
Gesichtspunkte des Frommen geht mir nun aber auch das ganze Elend auf,
das der Arme darstellt. Er leidet, und ich sollte nicht wenigstens mit
ihm leiden? =So wird der Begriff des Mitmenschen und die Liebe zum
Mitmenschen begründet in der Erkenntnis des Armen, als des Frommen.=

90. Und wie es sich bei dieser ganzen Frage um den =Begriff des
Menschen= handelt, so nicht minder auch um den =Begriff Gottes=. Und
hier können wir nun auf den =Grenzpunkt= treffen, an dem =Religion und
Ethik= sich berühren, mithin =ebenso sich unterscheiden, wie vereinbar
werden=.

Der Gott der Ethik ist der Gott der =Menschheit=; der Gott, der aus der
Vielheit der =Völker= die Eine Menschheit herstellt und in dieser Einen
Menschheit die Sittlichkeit zur Wirklichkeit bringt. Die Religion
dagegen hat es vorab mit dem =Individuum= zu tun, das zwar auch von der
Ethik gebraucht, aber in der =Sünde= für die Ethik von der Religion
=entdeckt= wird. Nun aber hat sich allmählich dieses Individuum erweitert;
die soziale Verallgemeinerung hat ihm eine breite =Mehrheit= verschafft;
freilich keine Allheit. Aber die soziale Einsicht, wie sie vollends
durch den sozialen Impuls angetrieben wird, erweitert wiederum diese
Mehrheit. Es fehlt nicht viel, und das Mitleid wächst in das Urteil aus:
=sind es denn nicht alle Menschen=, mit geringen, verschwindenden
Ausnahmen, die von diesem Menschenleid der Armut betroffen sind? =Was
bedeutet danach die Unterscheidung zwischen Mehrheit und Allheit?=

91. So leichtfertig waren die Propheten nicht in ihren Schlüssen. Sie
hielten an der Allheit der Menschheit fest, und verringerten darüber
doch nicht den erdrückenden Wert der Mehrheit, die sich ihrem Mitleid
eröffnete. Sie hielten fest an dem Einzigen Gotte, und wurden in dem
Glauben an ihn, als den Bürgen der Allheit, nicht erschüttert durch die
soziale Einsicht von der Majorität der Armen. Sie brauchten darin nicht
erschüttert zu werden, weil sie ja bereits die Armen als die Frommen
erkannt hatten.

Nun aber übertrugen sie diese Einsicht auch auf ihren =messianischen
Gottesbegriff=, dem sie dabei die höchste Vollendung gaben, indem sie ihn
von allen Schlacken nationaler Zufälligkeit befreiten.

=Messias=, der Gesalbte, war ursprünglich der =Priester= und der
=König=. Und als die Salbung nicht mehr auf jene Berufstätigkeit
beschränkt wurde, als sie bezogen wurde auf den =Dienst der Menschheit=
»am Ende der Tage«, da wurde es doch als eine Störung empfunden, daß
dieser höchste und letzte Beruf der Menschheit im nationalen Bewußtsein
verbunden blieb mit dem nationalen =König=. Diese Verbindung war zwar um
so ungefährlicher, zugleich aber um so inniger und unlösbarer, als das
Königtum untergegangen und seine Blüte in =David= eine verklungene Sage
war. Um so trostbedürftiger klammerte sich die =Hoffnung= an diese
Vergangenheit an, und mischte dem Messiasbilde historische Nebenzüge an,
die seinen weltgeschichtlichen Sinn mindestens verschleierten.

92. Jetzt aber ist der Arme zum idealen Menschen geworden. Jetzt kann
daher nicht mehr der =König= der berechtigte Messias sein. So entsteht
beim =zweiten Jesaia= das Bild von dem »Knechte Jahves«, der alle Züge der
sozialen =Armut=, alle Züge auch der messianischen =Frömmigkeit= an sich
trägt. Das ist die große =Entwicklung=, welche am =Messiasbilde aus dem
sozialen Menschenbegriffe heraus für den monotheistischen Gottesbegriff=
vollzogen ward. Und so wird es erklärlich, wie die =Psalmen= mit der
messianischen Zuversicht das =Rachegefühl= verbanden für den =Untergang der
Frevler= und die =Rechtfertigung und die Erlösung der Armen=. Die Antinomie
von Krieg und Frieden ist auch für den Psalmensänger nicht aufgehoben.
Wenn der Gottesfrieden kommen soll, dann müssen die =Feinde Gottes=
vernichtet werden. Nur dadurch kann die =Rechtfertigung= der Armen
erfolgen, die mehr besagt als ihre ledigliche Erlösung.

93. Auf diesem Höhepunkte des Messianismus sehen wir =wieder die Religion
mit der Ethik zusammengehen=. Aber an der Grenze gerade ist die =Scheidung=
festzuhalten. Zunächst will es scheinen, als ob alle Unterschiede
schwänden. Denn sowohl Gott, wie Mensch, scheinen ihre ethische
Grundbedeutung wiederzugewinnen. Für Gott besteht sie, wie wir wissen,
in der =Bürgschaft für die Realität des Sittlichen=. Und die religiöse
Bedeutung Gottes scheint zwar nur das Individuum, nicht die Menschheit
anzugehen; aber =der Gott der Armen= ist nicht der Gott der Frommen oder
des schuldigen =Individuums=, sondern er ist =der soziale Gott=, dessen
=Partikularismus= vielmehr echter =Universalismus= ist. Und so ist auch der
Mensch wieder, unter dem Lichte der sozialen Humanität, in die
Menschheit aufgenommen.

94. Dennoch sind die =Unterschiede=, haarscharf, wie sie sind,
festzuhalten. Es ist immer hier die Gefahr vorhanden, daß die Grenzen
ineinander überlaufen. Der ethische Gott der Menschheit kennt zwar die
Mehrheit der Armen; er wäre sonst eine blasse Abstraktion, der das Blut
der Geschichte fehlte. Und er ist, als der ethische Gott, auch keine nur
theoretische Figur, bei der sich etwa der =Pessimismus= beruhigen könnte;
auch er muß vielmehr für das =Recht der Armen= eintreten. =Worin
unterscheidet er sich nun von dem religiösen Gotte?=

Hierauf antwortet wiederum die =Korrelation= von Gott und Mensch. =Auch der
ethische Mensch, der Selbstzweck und Endzweck ist, wehrt den Armen ab,
der zumeist bloß Mittel ist.= Und so ruft er die =Anstalten= hervor, welche
diese Abwehr erfordert.

=Indessen von dieser ethischen Einsicht ist es noch ein weiter Schritt
zu der Liebe=, die wir aus dem =Mitleid= als den charakteristischen
=Affekt der Religion= entstehen sahen. Freilich kann es mit der Liebe
gehen, wie mit dem »andächtig schwärmen«, das nach =Nathan= leichter ist
als »gut handeln«. Aber von den Mängeln und Mißbräuchen müssen wir
absehen, wenn wir den Eigenwert dieses religiösen Grundbegriffs prüfen.

95. Der =ethische= Grundbegriff ist die =Achtung=, die sich lediglich auf
die sittliche Würde jedes Menschen bezieht; die aber gar kein Auge dafür
hat, ob der Mensch arm und elend, oder reich und üppig ist. Für diese
sozialen Unterschiede aber muß das Auge geschärft werden. Und das
=Mitleid= ist die Brille, die diese Entfernung dem Menschen näher bringt.
Und wo einmal das Mitleid eingesetzt hat, da muß die =Menschenliebe=
aufgehen, wäre es auch nur als ein Ersatz für das Mitleid, das
herausgefordert wird. =Die Menschenliebe ist die religiöse Form des
sozialen Verhältnisses zwischen Mensch und Mensch.= Und die =Armut= ist das
optische Mittel, den Menschen als Mitmenschen und somit als ein
natürliches Objekt der sozialen Menschenliebe zur =Entdeckung= zu bringen.

Der Konflikt, der hierbei mit der =Ästhetik= einzutreten scheint, soll
hier noch nicht erwogen werden.

96. Jetzt können wir nun auf die =Frage= antworten, =worin für Gott der
Unterschied zwischen Ethik und Religion besteht=. Wie die =Liebe= erst
durch die =Armut= erweckt, und der =arme Mensch= erst zum =Mitmenschen=
wird, so tritt auch bei Gott =erst in der Religion die Liebe= in Kraft.
Die =Ethik= treibt =Geschichtsphilosophie=; sie kann Jahrtausende sich
gedulden, und braucht doch nicht dem Pessimismus zu verfallen. Das
Individuum geht ihr in die Menschheit auf. =Aber der religiöse Gott kann
nur Leiden der Liebe verhängen.= Er muß die Menschen lieben, und zwar
=jedes Individuum als solches=. Das Leiden, dessen Symbol die Armut ist,
darf ihm nicht gleichgültig sein, nicht ein unvermeidlicher Nebenerfolg
seiner =Vorsehung=. Das Verhältnis kehrt sich hier um. Er muß die armen
Menschen lieben, weil der Mensch seine armen Mitmenschen lieben soll.
=Als durch die Menschenliebe bedingt, erscheint so die Gottesliebe=,
während der =Pantheist= die Liebe bei Gott unpassend findet und
=Spinoza= ausdrücklich diesen Trumpf ausspielt.

Dahingegen erkennen wir als Konsequenz der Korrelation hier die Liebe
Gottes mitenthalten in der Menschenliebe zum Menschen. Denn wenn ich den
Menschen in seinem sozialen Charakter erkenne und daher liebe, so weiß
ich zugleich, daß dieser soziale Charakter im Zusammenhange mit einer
göttlichen Weltordnung steht, daß der Arme der Fromme ist, und daß Gott
sie beide liebt. =So unterscheidet die Liebe Gott und Mensch in Ethik und
Religion.=

97. Und je feiner die Unterscheidung durchgeführt wird, desto weniger
entfernt sich die Religion von der Ethik, desto mehr erfüllt sie sich
mit dieser ihrer =Vorbedingung, von deren Leitung sie nicht abweichen
darf=, wenn anders ihre Selbständigkeit nur =Eigenart= ist, welche jedoch
von der Selbständigkeit der Ethik auf Schritt und Tritt abhängig bleibt.

So ist es Grundbedingung bei der Buße, und so auch bei der Liebe, die
durchaus nur auf dem Grunde der =Achtung= sich einstellen kann. Daher auch
bilden bei Gott die Leiden des Armen keinen Widerspruch gegen seine
=Gerechtigkeit=. Seine Liebe löst diesen Widerspruch. Und die Liebe des
Menschen ist und wird keine religiöse, wenn sie nicht in der =Achtung=
wurzelt. Von ihr erst zweigt sich das =Mitleid= ab.

98. Es dürfte sich von hier aus auch die Auffälligkeit heben, die mit
der =Liebe zu Gott= verknüpft zu sein scheint. Während der =Pantheist= an
der Liebe von Gott Anstoß nimmt, könnte der =Monotheist= Anstoß nehmen an
der Liebe zu Gott. Gott ist ihm das =einzige Sein=, das nur das =Denken= zu
suchen, zu begründen vermag. Und wenn die =Erkenntnis= dem Menschen
zugesprochen wird, so wird eine =unendliche Aufgabe= damit ihm gestellt,
nicht etwa ein ruhiger Besitz und ein fertiges Geschenk. =Wie kann man
nun diese rastlose Aufgabe der Erkenntnis Liebe nennen?= Kann es
befriedigen, daß das hebräische Wort Erkenntnis und Liebe zugleich
bedeutet?

Wenn wir nun aber einsehen, daß die =Liebe die Triebkraft der religiösen
Begriffe= ist, und zwar auf Grund ihrer Verbindung mit den sittlichen
Grundbegriffen, so wird dieser Anthropomorphismus leichter erklärlich.
=Gott lieben, heißt= in der Tat nichts anderes, als bis zur Innigkeit sich
bewußt machen der =Verbindung, die zwischen Ethik und Religion in den
Begriffen Gott und Mensch besteht=. Wenn ich Gott liebe, so denke ich ihn
nicht mehr nur als den =Bürgen= der Sittlichkeit auf Erden, sondern von
der =Allheit= lenke ich den Blick ab =über andere Formen der Mehrheit
hinweg= auf diejenige =Partikularität=, welche den Armen als Beispiel der
sozialen Partikularität aufhebt und schlechthin zum =Individuum= macht.
Unter dieser Beleuchtung entsteht mir der Mitmensch und die Liebe zu
ihm. Unter dieser Beleuchtung entsteht mir der Gott, der der =Beistand=
des Armen ist und =sein Rächer in der Weltgeschichte=. =Diesen Rächer der
Armen liebe ich=; denn er ist mir der Bürge des Mitleids mit dem Armen.
In ihm sehe ich längst nicht mehr den Strafrichter der =Schuld=; denn die
Schuld ist auf ein höheres Niveau gestiegen, so daß die Vergebung und
=Erlösung der Liebe= auch diesem höhern sozialen Niveau entsprechend
geworden sind.

Wenn ich Gott liebe, so liebe ich =nicht pantheistisch das Universum=,
nicht die =Tiere=, die =Bäume= und die Kräuter, als meine Mitgeschöpfe,
sondern aber ich liebe in Gott einseitig den =Vater der Menschen=, und
diese höhere Bedeutung und diese soziale Prägnanz hat nunmehr der
religiöse Terminus von =Gott als Vater=: er ist nicht sowohl der Schöpfer
und Urheber, sondern vielmehr der =Schutz und Beistand der Armen=.

An dem Armen geht mir der Mensch auf. Daher kann ich den Menschen nicht
denken ohne das Mitleid mit ihm, ohne die Liebe zu ihm. Nicht das
Universum, aber das sittliche Universum, das soziale Dasein der Menschen
muß ich denken und lieben, wenn mein =Denken= Gottes: Liebe heißen darf.

99. Es dürfte bedeutsam sein, wie der =Pentateuch= die Liebe zu Gott
einschärft. Gemeinhin bezieht man =Herz= und =Leben= und =Kraft= nur auf
den =Affekt der Liebe= selbst: vielleicht aber sind sie auch auf den
=Inhalt= bezogen. Ich kann Gott nicht lieben, ohne mein ganzes =Herz=,
wie es für die =Mitmenschen= lebt, ohne meine ganze =Seele=, wie sie in
allen Richtungen des Geistes der Mitwelt zugekehrt ist, ohne meine ganze
=Kraft= -- wie das Wort übersetzt werden mag -- für diesen Gott in
seiner =Korrelation= zum Menschen einzusetzen. Daher soll die Liebe zu
Gott alle =Erkenntnis übertreffen=, sie soll, sie darf und kann sich
nicht mit ihm =vereinigen=, aber sie soll mit seinem =Begriffe= alle
Dinge und alle Probleme der Welt verknüpfen.

Es bleibt nichts übrig im Bewußtsein des Menschen, wenn er Gott liebt.
Daher heißt diese allen sonstigen Inhalt resorbierende Erkenntnis =nicht
mehr nur Erkenntnis, sondern Liebe=. Und der =Anthropomorphismus= bildet
hier keinen Anstoß. Denn er wird ja durch die =Paradoxie= übertroffen, daß
ich den Menschen -- lieben soll. Wurm, der ich bin, von Leidenschaften
zerfressen, der Selbstsucht zum Köder hingeworfen, soll ich dennoch den
Menschen lieben. Wenn ich dies kann, und sofern ich dies kann, kann ich
auch Gott lieben.

100. Oder sollte ich etwa daran Anstoß nehmen, daß Gott ja kein Mann
ist; daß er den =Erkenntniswert einer Idee= hat. Sollte ich etwa Ideen
nicht lieben können? Was ist denn aber der Mensch anderes als eine
=soziale Idee= und doch kann ich ihn nur in dieser und kraft dieser =als
Individuum= lieben: also, streng genommen, nur diese soziale =Idee vom
Menschen= lieben. Und was vom Menschen möglich ist, das sollte von Gott,
der nur Idee ist, und den ich gar nicht, wie immerhin doch den Menschen,
in einer empirischen Gestalt wahrnehmen: den ich nur =auf Grund= seiner
ethischen Idee denken und lieben kann?

101. Es ist daher auch erklärlich, daß, wie ein =Korrektiv=, die
=Verehrung= zur Liebe hinzutritt. Zwar ist die Verehrung auch vorwiegend
=praktisch=, wie im =Gottesdienste=, als den auch die soziale Liebe sich
dartut; aber sie soll zugleich doch auch der Liebe einen Typus der
=Abstraktion= beimischen. Hiermit würden freilich wieder die =Grenzen=
von Religion und Ethik zusammenlaufen. Denn die Verehrung ist =Achtung=,
die dem sittlichen Wesen, mithin auch Gott zukommt. =Erst mit dem
Übergang der Achtung in die Liebe entsteht die Religion.= Die
=Verehrung= Gottes darf daher nur die =ethische Vorbedingung= zur
religiösen Liebe Gottes bedeuten; oder aber =nur die Betätigung der
Gottesliebe im Gottesdienste=.

Im =mythischen= Ursprung freilich bedeutet die Verehrung die =Ehrfurcht=,
der immer noch der =Rest der Furcht= anhaftet. Hier würde die =Logik als
Vorbedingung der Religion= sich wieder geltend machen; denn die =Furcht=
bedeutet hier, wie das =Staunen=, den =Anfang der Erkenntnis=. Alle =Rätsel
des Daseins= klaffen auf, wenn der Gedanke Gottes mich erschüttert. Es
ist nicht richtig, daß ich nur in der Liebe meines Gottes innewerden
könnte; ich muß ihn =erst in den Schauern der Ehrfurcht erfassen=; denn
ich muß ihn mit allen Mysterien der Welt und des Lebens zusammendenken,
um nur erst sein Problem zu verstehen, geschweige dessen Lösung. Ethik
und Religion grenzen hier wiederum hart aneinander. Ohne Ehrfurcht keine
Liebe zu Gott. So wird der =Affekt der Liebe= auch hierdurch
eingeschränkt.

102. Erinnern wir uns hier der =Affekte= der =Ehre= und der =Liebe=, durch
welche unsre Ethik des reinen Willens die =Tugenden ersten= und die
=zweiten Grades= zur Unterscheidung gebracht hat. Wie dort die Liebe als
der Affekt der =relativen Gemeinschaften= bestimmt wird, so erweist sie
sich hier auch als Grundtrieb für die =soziale Gemeinschaft=: und aus
dieser erst geht das =Individuum als solches= hervor.

War es mithin ein Versehen der Ethik, den Menschen, als Individuum,
schon aus der Allheit der Menschheit gewinnen zu können? Die Menschheit
allein wird unter dem Affekt der =Ehre= erfassbar, und auch der
Einzelmensch immer nur als Träger der Menschheit. Erst die Liebe macht
aus den relativen Gemeinschaften die Partikularitäten der
=geschichtlichen= Menschheit, mithin die menschlichen =Besonderheiten=, die
doch schon die Abstraktion der Menschheit zu überwinden den Anfang
machen. Aber alle Relativität und Partikularität bleibt mit der
Abstraktion verhaftet: sie wird erst verscheucht durch den Ausgang der
Besonderheit in das =Individuum=. So entsteht hier in der Religion, in dem
Affekt des =Mitleids=, der sich als der religiöse Affekt der Liebe
bewährt, auch erst das =Individuum= als solches. Die =Logik= sagt zwar, daß
es der Mehrheit angehöre, und die =Ethik= könnte an sich dieses Urteil
nicht verändern. Aber erst die Religion bringt die =Korrektur= an dieser
logischen Abstraktion an, insofern sie den Menschen als Individuum
auszeichnet und von allen Vertretern und Beispielen des Begriffs
»Individuum« in allen Erkenntnisarten unterscheidet.

Sie macht den =Menschen zum Individuum=, und daher auch das =Individuum
zum Menschen=. So enthält sich hier gleichsam der Affekt seines zweiten
Grades. Und so erklärt es sich, daß in der Verbindung von Liebe und
=Ehrfurcht= der Affekt des =zweiten= Grades mit dem des =ersten Grades=
sich ausgleicht. Das =Relative= wird abgestreift, wenn nicht bloß der
Mensch absolutes Individuum wird, sondern auch das sonst einzige
Individuum, Gott, als Gegenstand der Ehrfurcht und der Liebe erkannt und
beglaubigt wird.

So dürfte sich die Terminologie hier gegenüber der in der Ethik des
reinen Willens doch wieder rechtfertigen und aufrechthalten. Diese
Bezugnahme führt uns weiter zur Erwägung der terminologischen
Grundbestimmungen.



IV. Das Verhältnis der Religion zur Ästhetik.


1. Wir kommen zum =dritten= Punkte, der das =Verhältnis zwischen Religion
und Ästhetik= bestimmen soll. Von jeher ist diese Beziehung tiefsinnig
gepflegt worden. Es genügt hierfür, nur an =Plotin= zu denken. Ihm ist
=Gott= der =Urquell des Schönen=. Er dürfte aber hierdurch die
=Selbständigkeit der Ästhetik verhindert= haben. Denn wenn =Gott= ihr
=Prinzip= ist, wie unterscheidet sie sich dann von aller =Metaphysik=? Die
Metaphysik mußte nun selbst erst zur Ausgestaltung ihres Inhalts
gediehen sein, wenn die Ästhetik sich aus ihr ausscheiden sollte. Daher
wird es wohl verständlich, daß erst =Kant=, dem Systematiker der
Philosophie, es beschieden war, als =Schlußglied= sie in das System der
Philosophie einzufügen. Wie wir nun die Religion im System der
Philosophie zu bestimmen suchen, wird daher auch ihr Verhältnis zur
Ästhetik zu bestimmen sein. Die Beziehungen zwischen Religion und =Kunst=
sind primitive und unerschütterliche. Daher wird auch die =systematische
Regulierung des Bewußtseins der Ästhetik gegenüber notwendig= sein.

2. Freilich ist die =Korrelation= von Mensch und Gott dem ästhetischen
Bewußtsein nicht unmittelbar gegeben. =Gott= ist ihm nur ein
=Mittelbegriff=, der entweder in die Natur des Menschen einzubeziehen ist,
oder in den Menschen der Natur. Denn diese beiden Probleme sind die
=einzigen= Gegenstände der Kunst: der Mensch in der Natur oder die Natur
des Menschen. Und Gott kann beiden angehören und er gehört beiden an
innerhalb der Kunst. Wenn nun Gott als ein besonderer Gegenstand der
bildenden Kunst erscheint, so darf uns das nicht irremachen: er steht
nur in der Korrelation zum Menschen. Damit aber entsteht die Gefahr, daß
das ästhetische Bewußtsein sich =in Religion verwandele=.

Und dieselbe Gefahr entsteht auch vom =Menschen= der Kunst aus. Es bildet
sich unmittelbar die =Korrelation von Mensch und Gott=. Indessen ist sie
nur Illusion; alle ästhetische Gegenständlichkeit erschöpft sich im
Menschen der Natur oder in der Natur des Menschen.

3. Die Gefahr der Vermischung mit Religion steigert sich. Wir haben das
religiöse Bewußtsein der Korrelation als =Liebe= erkannt. Indessen hat die
=Ästhetik des reinen Gefühls= dieses selbst, dem alten Sprachgebrauche des
=Eros= getreu, als Liebe ausgezeichnet. Damit wären =zwei Arten der Liebe=
statuiert, und entweder wäre dadurch die =Selbständigkeit= der Religion
oder die der Ästhetik oder beider zugleich in Frage gestellt.

Aber wie sollten wir es anfangen, um die Religion in einer =Richtung des
Bewußtseins= auszuzeichnen? Wir hätten dann gar das =Gefühl= heranziehen
müssen, welches der Ästhetik ihre =Eigenart= gibt. Wir hätten alsdann aber
eine =Selbständigkeit= für die Religion geschaffen, die wir der Ethik
gegenüber gar nicht beabsichtigen dürfen, und gewiß erst recht der
Ästhetik gegenüber nicht beabsichtigen werden. Wenn aber das reine
Gefühl sonach abzulehnen war, was anderes konnte dann übrigbleiben als
die Liebe?

4. Wir müssen jetzt auf Unterschiede im =ästhetischen= und im =religiösen=
Begriffe der =Menschenliebe= achtsam werden. Die Liebe zu Gott fällt ja
ohnehin bei der Kunst hinweg. Wenn wir aber genau prüfen, auf welchen
Begriff des Menschen unsere ästhetische Liebe sich bezieht, so lehrt uns
schon die ästhetische Analyse des eigentlichen Gegenstands im =Kunstwerk=,
daß dies nicht ein =Individuum= sein kann, sondern nur ein =Typus=.

Wie das Individuum als =einzelner Gegenstand= überhaupt nicht zu =denken=,
geschweige =wahrzunehmen= ist, so kann es daher vom Denken an sich dem
Gefühle nicht überliefert werden. Das Denken faßt den Gegenstand nur als
ein Allgemeines; und nur als solcher Typus kann auch der ästhetische
Gegenstand ein Inhalt werden, der geliebt und gefühlt wird. Die
ästhetische Liebe ist =Eros=, ist =reines= schöpferisches, ein Kunstwerk
schaffendes, und in diesem Schaffen sich bewährendes Gefühl. Aber dieses
schaffende Gefühl der Liebe zur =Natur= des Menschen ist nicht Liebe, als
=religiöse= Menschenliebe.

Die Religion zwar kann den =Einzelmenschen als solchen= auch nicht
=denken=, aber ihr spezifisches Vehikel, die Liebe, erfaßt ihn in
dieser absonderlichen Besonderung, die in =Individualität= sich
verwandelt. Damit verliert er nun all sein theoretisches Interesse; er
hört auch auf, ein =Typus= zu sein; in seiner nackten Isoliertheit
vollzieht sich an ihm das =reine Gefühl=, welches dem Gegenstande
gegenüber sich als Liebe betätigt.

Was bedeutet jetzt noch der Mensch der Kunst gegenüber dieser =konkreten
Individualisierung=? Wenn =Mephisto= sagt: sie ist die erste nicht, so kann
die Religion so nicht sprechen: für die es keine =zahlenmäßige=
Unterscheidung der Individuen gibt. So aber spricht die Kunst, die ihre
=Typen= sammelt.

Nun entsteht zwar das terminologische Bedenken, daß wir =zwei Arten der
Liebe= nicht vermeiden. Die =reine= Liebe der Kunst hat in ihrer
=Produktivitätskraft= ohnehin wenig Ähnlichkeit mit dem leidenschaftlichen
Drang, der sich dem Individuum hingibt. Diese Liebe darf auch mit der
Geschlechtsliebe nichts gemein haben, wenngleich diese sie mitspeisen
mag. Sie ist der göttliche Eros, die reine erzeugende Liebe des Gefühls,
die sich dem Menschen selber erst erzeugt, nicht aber ihn sich gegeben
sein läßt. Dahingegen liebt die Religion den Menschen an dem
Erkennungszeichen seines =Leides=. Und dieses Leid läßt sie sich nicht
wegtilgen, um einen =andern= Menschen daraus hervorgehen zu lassen. Die
=Identität der Person=, man möchte sagen, es gäbe für sie kein anderes
Erkennungszeichen als diese untrügliche Liebe, die nur dadurch scheinbar
unklar, vielmehr aber nur um so prägnanter wird, daß =mit diesem einzigen
Individuum das eigene Selbst im Gefühl des Mitleids, mithin im Mitgefühl
identisch wird=.

5. Was die Liebe im Sprachgebrauche auszeichnet, die =Bedürftigkeit=, das
ist die Liebe der Religion, während die =Kunstliebe kein Hängen an dem
Individuum= hat, das ihr nur =Stoff= ist, obwohl an diesem Stoffe des
Individuums und an dieser Liebe zu ihm das reine Gefühl selbst erst sich
erzeugt. Das Gefühl erzeugt sich und in ihm das reine =Selbst=; aber das
Individuum, der Mensch ist Stoff, nicht Inhalt. Wenn man es sagen
dürfte, so liegt viel =Vorbereitung zur religiösen Liebe in der Kunst=;
vielleicht ist in der Tat das ästhetische Bewußtsein ein unentbehrliches
Mittelglied für die Entwicklung der religiösen Menschenliebe; =aber beide
sind nicht dasselbe=.

6. Die religiöse Liebe entzündet sich am =Leide= des Menschen; der
künstlerische Problemstoff ist viel reicher und viel individueller. Die
Religion faßt das Leiden an der =Armut=; die Kunst dagegen an der
=Häßlichkeit=. Und sie entblödet sich nicht, dem Individuum gegenüber Gott
auch dafür verantwortlich zu machen.

Was tut nun aber die Kunst, um uns mit der Häßlichkeit des =Mitmenschen=
auszusöhnen? Sie übergibt ihn keineswegs unserem Mitleid, sondern sie
entzieht ihn diesem kläglichen Beistand. Dafür aber verleiht sie ihm
einen =Reiz=, der ihren Abstich von der Schönheit illusorisch macht. Es
ergibt sich hieraus aber, =daß die Kunst das Leiden als solches nicht
anerkennt=, sondern ihm Vorzüge verleiht und ästhetische =Ebenbürtigkeit=.

7. Auch die eigentliche Kunst des Leidens, die =Tragödie=, läßt den
Menschen nicht im Leiden enden, sondern sie verklärt seinen Tod mit der
=Glorie des Heroentums=. So wird der leidende Mensch ein =aufsteigender
Gott=, und auf diesem Aufstieg beruht alle Kraft der Tragödie, alle
Würde des tragischen Helden. Seine =Schuld= selbst wird durch dieses
Leiden gesühnt, daß sie ihn =über das Menschenmaß hinaushebt=. Also auch
in der Tragödie bleibt der Mensch =nicht= ein menschliches =Individuum=,
das ich an seinem Leiden mit meinem Mitleid erfassen könnte, sondern =er
wird ein anderes Wesen=; er hört auf, ein Mensch zu sein; so scheint es
wenigstens. In der Religion dagegen würde dieser Schein die Eigenart
zerstören.

8. So haben wir denn den =Doppelsinn= der Liebe nicht gescheut, weil klar
genug der Unterschied zwischen diesen beiden Arten einleuchtet. Aber den
Terminus des =Gefühls= auch =zweideutig= zu machen, das müssen wir
vermeiden. =Denn für das ästhetische Bewußtsein ist die Liebe nur eine
psychologische Deutung=, während das =Gefühl= in seiner erzeugenden
Reinheit das systematische Mittel ist. Die Richtung des Bewußtseins geht
scheinbar auf das Kunstwerk, von diesem aber zurück in das Selbst, das
in dieser ästhetischen Schöpfung selbst erst entsteht. Hier hat das
Gefühl alle Kraft der Aktivität. In der =Religion= dagegen würde man schon
zur =Mystik= greifen müssen, wenn man dem Gefühle eine ähnliche Kraft
zusprechen wollte. Und die Eroberung des Individuums rechtfertigt auch
noch nicht diese Gleichstellung mit der ästhetischen Ursprünglichkeit
des Gefühls. Das Individuum wird gewonnen, dem eigenen Ich
=nebengeordnet=, beide aber sogleich =auf Gott gerichtet=, von dem diese
Erleuchtung ausstrahlte. Das eigene Selbst wird dadurch nicht aufgebaut;
es könnte ja niemals, abgesehen von der Korrelation mit Gott, derjenigen
mit dem Mitmenschen entbehren. Und ohne diesen Aufbau des Selbst kann
das Gefühl dem ästhetischen Gefühle nicht vergleichbar sein.

9. Man hat nun aber freilich andere Schwünge des Bewußtseins angenommen,
kraft welcher das religiöse Bewußtsein, wie es die Kette von Gott und
Mensch herstellt, einen Umfang annehme, der es dem ästhetischen Gefühle
vergleichbar mache. In der Tat ist ja jedes Kunstwerk ein =unendliches=;
es strahlen, wie =Wilhelm von Humboldt= sagt, von jedem ins Unendliche die
Beziehungen aus. Dieses Unendliche, gegenüber allem Endlichen der
Wissenschaft und der Sittlichkeit, wird als die Grenze, als der
=Vereinigungspunkt von Religion und Kunst= gedacht, und daher glaubt man
entweder auch, oder gar ausschließlich für die Religion das Gefühl in
Anspruch nehmen zu dürfen. Wird doch so auch das =Selbst= gewahrt für die
Religion, das in der Korrelation mit Gott niemals aufgeht, sondern
vielmehr durch sie nur gesteigert wird.

Dem =Unendlichen in der Kunst= könnte in der Religion die Korrelation
selbst entsprechen, in ihrer Unbegrenztheit und Unerschöpflichkeit.

Indessen könnte auch diese Unendlichkeit noch immer nicht die Annahme
des Gefühls rechtfertigen. Denn sie bleibt zwar Unendlichkeit, obschon
sie sich auf das Selbst von allen Herrlichkeiten aus zurückzieht. Aber
sie muß ja immer =Gegenstand= werden und Gegenstand bleiben im =Kunstwerk=
und für das Selbst. Die Unendlichkeit könnte der ästhetischen Prägnanz
nur schädlich werden, wenn sie die =Gegenständlichkeit= berückt und
verschleiert. In der Religion dagegen steht ja gar nicht eine
Unendlichkeit in Frage, insofern die von Gott bezogen wird auf den
Menschen, und die vom Menschen auf Gott. Es ist ja nur der herkömmliche
Schein der =Mystik=, der in diese grundklare =Korrelation= eine
Unendlichkeit hineinspielen läßt, und daher von der Grundkraft der
Menschenliebe die Beziehung ablenkt.

Nicht die Liebe zu Gott ist das Ursprüngliche des religiösen
Bewußtseins, sondern die Liebe zum leidenden Menschen; und die Liebe zu
Gott tritt erst ein unter mehrfachen Deutungen, wenn Gott als der Schutz
der Leidenden erkannt wird. So unterscheiden sich am Amte Gottes für
den leidenden Menschen =Religion und Mystik=. Also auch die angebliche
Unendlichkeit des Bewußtseins macht die Religion nicht dem Gefühle
zugänglich.

10. Dagegen erheben sich schwere =Bedenken= gegen diesen Doppelsinn. Das
eine konnte schon bei der Mystik mit beachtet werden. Die systematische
Kraft der Religion wird nicht erhöht, wenn man sie von der =Erkenntnis=
und vom reinen =Willen= abtrennt und auf das ästhetische Gefühl isoliert;
schon die Reduktion auf das primitiv Sensuelle ist vom Übel.

11. Beachten wir zunächst noch die Unterschiede vom =ästhetischen=
Bewußtsein. So sehr wir die Liebe zur Natur des Menschen als die
ästhetische Grundkraft erkennen, so müssen wir doch den religiösen
Begriff des Menschen und die religiöse Liebe zum =Menschen= durchaus
unterscheiden von der ästhetischen Menschenliebe. -- Für diese muß immer
auf die Natur des Menschen und auf den Menschen der Natur Bedacht
genommen werden. Nicht auf den Menschen an sich, sondern auf die Natur
des Menschen und demzufolge auch auf den Menschen der Natur geht die
ästhetische Liebe.

Auch auf die =Natur= muß man in der Bedeutung achten, daß sie Leib und
Seele vereinigt. Bei der ästhetischen Liebe aber darf man wohl ohne
Übertreibung sagen, daß vorzüglich im Leibe die Natur des Menschen zur
Erscheinung gebracht wird: daß der Leib die Seele in sich aufzunehmen
hat. Dagegen kann man von der religiösen Liebe vielleicht ebenso ohne
Übertreibung sagen, daß sie nur auf die Seele des Menschen gerichtet
ist, zumal sie ja vorzugsweise vom Leide des Menschen ergriffen wird:
das Leid aber ist im letzten Grunde nur Seelenleid. So tritt in der
religiösen Liebe die Natur des Menschen in seiner Leiblichkeit zurück
gegen die Seele und den Geist, in welchen allein der religiöse
Menschenbegriff in Vollzug treten kann.

Denn der leitende Gedanke muß ja immer der sein, daß der Mensch allein
in der Religion überhaupt nicht der Inhalt des Bewußtseins ist, sondern
nur in Korrelation mit Gott. Der Mensch und Gott, Gott und der Mensch,
in dieser Doppelfügung vollzieht sich das religiöse Bewußtsein. Und wenn
wir nun sehen, daß der Mensch einen andern Gegenstand bildet im
ästhetischen, einen andern im religiösen Bewußtsein, so ist dies ebenso
auch von Gott zu erkennen.

=Gott= ist zwar überhaupt nicht ein direkter Gegenstand des ästhetischen
Bewußtseins, aber wir haben soeben in dem Begriffe der =Unendlichkeit=
seine Aufnahme in das Kunstgefühl erwogen. Es ist eine Illusion, die
Unendlichkeit, die sich immer an einem Kunstwerke vollziehen und
gleichsam erschöpfen muß, mit derjenigen Unendlichkeit zu verwechseln,
welche für die religiöse Korrelation des Menschen mit der Idee Gottes
sich bildet. Es ist nur eine Subreption des religiösen Bewußtseins,
welche Gott in das Kunstgefühl hineinspielen läßt. Es ist vielmehr in
aller Kunst immer nur der Mensch, der den Gott darstellt, und der
Dichter redet nur in der Sprache der Religion, wenn er über dem
Sternenzelt den lieben Vater wohnen läßt. Er verrät sich auch dabei in
seiner ihm allein gemäßen Menschenliebe, indem er die Brüder dabei
anruft. So formiert sich die Korrelation von Mensch und Gott. Und diese
Anleihe bei der Religion bleibt ohne Schaden, weil sie im Grunde nur die
=Vorbedingung= auswertet, welche das sittliche Bewußtsein für das
ästhetische bildet.

12. Wenn sonach diese Entlehnung ungefährlich bleibt für die reine
Kunstschöpfung, so muß andererseits das religiöse Bewußtsein in seiner
Reinheit gehütet werden gegenüber den Mischungen und Trübungen, denen es
bei der Ausgleichung mit dem ästhetischen Bewußtsein ausgesetzt ist.

Die Kunst hat Souveränität und daher auch Indifferenz gegenüber dem
Leide des Menschen. Sie betrachtet dies als zu seiner Natur gehörig, zu
der seiner Seele, und zumal zu der seines Leibes. Und wie die Kunst von
keiner Häßlichkeit abgeschreckt, vielmehr zur höchsten Idealisierung
angereizt wird, so hat sie auch kein Mitleid, sondern dieses wird
schöpferische Kraft. Vor dieser souveränen Selbstverwandlung muß jedoch
das religiöse Gefühl geschützt werden; es würde sonst die ihm eigene
Aktivität einbüßen, und seine Tätigkeit schaffende, Heilung und
Befreiung vom Leid erstrebende Liebesarbeit würde in mystischen
Quietismus versinken. Diese religiöse Liebe will bessern, mildern, was
der Mensch leiden muß, während die ästhetische Liebe im Menschenleide
die Glorie des Menschentums erblickt.

Es sind ganz gegensätzliche Richtungen des Bewußtseins, die hier in
Vergleichung gebracht und sogar identifiziert werden sollen. Bis zum
Widerspruch in den Richtungen des Bewußtseins prägt sich dieser ihr
Gegensatz aus. Und doch ist es nur die Konsequenz von dem Begriffe des
=Individuums=, die sich hier durchführt. Das Individuum ist nicht der
Menschentypus, der das Auge des Künstlers anzieht. Das Individuum ist
aber auch nicht das Symbol der Menschheit, die den ethischen Begriff
des Menschen bildet. Das Individuum ist weder ein logischer, noch ein
ethischer Begriff in dem engeren religiösen Sinne; es gehört daher nicht
der Mehrheit an, und auch nicht der Allheit, sondern es entsteht, es
entspringt in der Korrelation zu Gott. =Der religiöse Mensch ist
schlechthin Individuum.= Und diese absolute Individualität wird ihm von
der Korrelation mit Gott verliehen. Durch Gott wird der Mensch ein
absolutes Individuum. Jetzt steht er nicht mehr nur für die Menschheit
ein, geschweige, daß er nur der Herde eingefügt wäre: er steht jetzt in
der ganzen großen Welt allein für sich selbst da, auf eigenen Füßen,
weil sein Scheitel an die Gottheit heranreicht; weil, genau gedacht,
sein Begriff verknüpft ist mit dem Begriffe Gottes. Diese Individualität
aber erst macht den Menschen wahrhaft zum Menschen, nicht nur zur
Abstraktion eines Menschenbegriffs.

13. Vergessen wir nur nicht, daß die ästhetische Liebe bei aller ihrer
Schöpferkraft dennoch für den Menschen selbst nur eben Phantasie ist,
Zauberei des Eros, der es eben nur um den Zauber selbst zu tun ist, nur
um den Rausch, um die Verzückung, um die Illusion, in welcher ja das
Leben und Schaffen der Kunst besteht und vergeht. So ist alle
ästhetische Liebe im Grunde nur Vorspiegelung, nur Abstraktion, nur ein
Spiel mit Ideen, die sich in Herzensglut entzünden. Die religiöse Liebe
aber hat einen Ernst, der über dieses erhabene Spiel selbst erhaben ist.

Daher ist das Kunstgefühl =keineswegs Leid=, sondern was man auch dagegen
besorgen mag, höchste und reinste Lust, das ganze Lebensgefühl
absorbierende Freudigkeit. Gegen diesen Jubel des ästhetischen Gefühls
muß das religiöse demütig verstummen. Aber seine Stummheit gerade, wenn
sie der Kunst gegenüber eintritt, entfesselt die höchste Beredsamkeit
der religiösen Sprachkraft. Alles Entsetzen des =Mitleids= wird alsdann
das Zeugnis der religiösen Ergriffenheit und der religiösen
Schaffenskraft. Dann wird Gott gleichsam lebendig, wenn der Mensch in
der Unermeßlichkeit seines Leidens zum eigentlichen Gegenstande des
religiösen Menschen dargestellt wird. Und alle Kunst mit ihren
Schönheiten muß sich jetzt in den Dienst dieser religiösen Erhabenheit
stellen, wenn anders ihr ein Eigenwert noch zuerkannt bleiben soll.

14. In diesem Übertreffen, dieser Entwertung aller Kunst besteht die
=Erhabenheit der christlichen Religion=. Das =Leiden= des Menschen ist ihr
Gegenstand, und dieses Gegenstandes wegen ist sie Religion. Dagegen
bildet es keinen Einspruch, daß die Kunst vom Kultus des Christentums in
Anwendung gezogen wurde, wie daß der religiöse Grundgedanke selbst, als
der Grundgedanke der =Tragödie=, der Kunst entlehnt scheint. Indessen
erweist sich darin der =Unterschied=, daß die Tragödie ihren leidenden
Helden gerade nicht als Individuum denkt, sondern vielmehr als den Sproß
seiner Ahnen. =Christus= dagegen wird deshalb als =Individuum= gedacht, und
man besteht auf dem Gedanken, daß er durchaus nur als ein solches
einziges Individuum gedacht werden müsse: weil er in seinem Leide, als
Individuum, den Menschen darstellen soll; den Menschen, dessen
Individualität mit Gott allein verknüpft ist. Das ist der tiefste Sinn
der christlichen Mythologie, der sie in Religion verwandelt.

15. Wer wüßte nicht, daß zu jener Zeit viele Männer in Judäa mit
ähnlichen Ansprüchen und Lehren aufgetreten sind, wie sie von Jesus
überliefert wurden. Aber die lebendige Religion, welche von ihren
historischen Ursprüngen mit Recht sich freimachen muß, besteht auf dem
Gedanken der Einzigkeit Christi, weil die Individualität der
Menschenseele nur durch diesen einzigen Christus, nur durch Christus,
als den Einzigen, in diesem Zusammenhange der Glaubenslehre gelehrt
werden kann. Er wird als der einzige Mensch gedacht, der die Korrelation
mit Gott erschlossen hat. Sein Leiden bezeugt das Leiden des Menschen,
des Menschen, nicht des Juden oder des Samariters; des Menschen, als der
einsamen, isolierten Menschenseele, die nicht sowohl für das
Sittengesetz der erhabenen Menschheit einzustehen hat, als vielmehr den
Menschenbegriff lebendig und konkret zu machen hat in seinem
unermeßlichen, unerschöpflichen Leide, das nur jenseits seiner
lebendigen Individualität Befreiung und Erlösung finden kann.

16. Indessen können wir hier =lebendige Religiosität= von der =historischen
Tradition= der Religion unterscheiden. In neuerer Zeit sind Stimmungen
innerhalb des Protestantismus aufgetaucht, die sonst nur in Perioden
katholischer Romantik lautbar wurden. Man hat gesagt: möge das Dogma
immerhin Poesie sein, so werde dadurch sein Wahrheitsgehalt nicht
beeinträchtigt. Das ist eine falsche Konsequenz theoretischer
Verzweiflung. Diese Konsequenz kann nur gezogen werden bei vollständiger
Gleichgültigkeit gegen die methodischen Unterschiede unter den Gliedern
des Systems der Philosophie, so daß Religion auch Kunst sein dürfte.
Der logische Sinn für die Wahrheit ist dabei vollständig untergegangen.
So ist es denn auch möglich geworden, der Religion eine eigene Gewißheit
überhaupt abzusprechen. Wenn sie aber keine eigene hat, wie könnte sie
dann eine andere annehmen und zu ihrer eigenen machen? Man muß dann auf
die offenbare Zweideutigkeit verfallen, die in der »auf praktische
Unentbehrlichkeit und auf inneres Verpflichtungsgefühl begründeten
Gewißheit« von =Troeltsch= behauptet wird. Diese Begründung läßt aber nur
eines nicht im unklaren: daß die theoretische Unentbehrlichkeit
aufgegeben wird. Welcher Art dabei aber die Verpflichtung sein kann, die
auf ein inneres Verpflichtungsgefühl begründet wird, das bleibt im
finsteren Dunkel. Und hier wieder erweist sich das Gefühl in seiner
Gefährlichkeit: in seiner Verdunkelung der methodischen Bestimmtheit und
der Grenzen, an denen die Religion mit den anderen Richtungen des
Bewußtseins, und so als Gefühl, vornehmlich mit dem Kunstgefühl
vergleichbar wird. Die systematische Begrenzung hat ebenso neuerdings,
wie schon von alters her, in dem Gefühl den schwierigsten und
gefährlichsten Grenznachbar des religiösen Bewußtseins zu bewachen.

Wir haben das religiöse Gefühl als Mitleid erkannt: als Entdeckung des
Menschen im Leiden, als Entdeckung des Individuums am leidenden
Menschen, und als Entdeckung seiner Korrelation mit Gott, die gleichsam
durch dieses Leiden und Mitleiden gefügt wird. Darin besteht die
schöpferische Aktivität dieses religiösen Gefühls, dieses Mitleids mit
der Menschenseele. Wie anders dagegen ergeht sich die schöpferische
Aktivität der ästhetischen Liebe zur Menschennatur. Schon aus diesem
Gesichtspunkte werden die beiden Arten des Gefühls unvergleichbar, und
keine Unendlichkeit kann sie vergleichbar machen. Wie ist überhaupt die
Analogie der Religion mit dem =Gefühle= entstanden? Es ist bekannt, daß
=Schleiermacher= ihr Urheber ist. Und es darf nicht bezweifelt werden, daß
er durch die =Hineinziehung der Religion in das Bewußtsein= einen
Fortschritt über =Kant= vollzogen hat. Denn der Wert von Kants
Charakteristik der Religion besteht in der Ethiko-Theologie, mit der
jedoch die Gefahr verbunden ist, daß die Religion in Ethik aufgeht und
ihre Eigenart verliert. Der Unterschied zwischen beiden wird von Kant
nur dahin bestimmt, daß die Religion die Sittlichkeit zum Inhalt habe,
aber als =Gebot Gottes=. Dadurch aber entsteht die Gefahr der Aufhebung
der =Autonomie=, die für die Religion doch ebenso gelten müßte, wie für
die Ethik.

17. Indem nun Schleiermacher in das Bewußtsein des Menschen die Religion
einhob, brachte er sie in die Koordination zu Erkenntnis und
=Philosophie=. Da aber Philosophie bei ihm im Grunde =Metaphysik= ist, so
wird seine Religion im letzten Grunde =Pantheismus=. Gott ist ihm nicht
»ein einzelner Gegenstand«. Die Hingabe an Gott bedeutet ihm die Hingabe
an das =Universum=. In der Welt findet er Gott und den Menschen,
wenngleich die Menschheit vorwaltet, als die Fundstätte des Universums
gilt.

Dieser Pantheismus hat freilich zwei Seiten. Nach der einen ist der
Mensch, als Individuum, ebenso »das Kompendium der Menschheit«, wie er
der Grund der Welt ist. Und das Gefühl wird von dieser Seite aus gedacht
als ein »=unmittelbares= Bewußtsein«, und als »der =Inbegriff= aller
höheren Gefühle«. Das Gefühl ist das pantheistische Organ schlechthin
der Erkenntnis. Und die Vorstellung von Gott als einem einzelnen Wesen
=außer= der Welt wird in diesem Sinne als »die gewöhnliche Vorstellung«
bezeichnet. Aber der Pantheismus verstrickt sich in Widerspruch, wenn er
auf das Gefühl anstatt auf die Erkenntnis sich gründet. Die
Unmittelbarkeit des Gefühls ist ein zweideutiger Vorzug.

18. So erklärt es sich, daß bei Schleiermacher in seiner =Glaubenslehre=
das Gefühl zu dem einer absoluten =Abhängigkeit= verwandelt wird. Und
schon in den »=Reden über die Religion=« deuten sichere Zeichen auf diese
Abhängigkeit hin, insofern dort schon die Religion bestimmt wird als
»die =Sehnsucht= nach Liebe«. Nicht Liebe an sich ist Religion, weder die
zum Universum, noch die zum Menschen, die ja doch nur Selbstliebe wäre,
sondern die Sehnsucht nur nach Liebe ist Religion, das Verlangen nach
Liebe, das die Bedürftigkeit des Menschen bekundet, und vollends seiner
Identität mit dem Universum widerspricht. Diese Abhängigkeit vom
Universum, die sich in der Sehnsucht nach Liebe verrät, mag für die
Religion einen Teil von Richtigkeit haben. Aber der Bedeutung des
=Gefühls= wird diese Sehnsucht nach Sehnsucht, diese Liebe zur Liebe
durchaus nicht gerecht. In diesem Ausdruck läßt sich nur die
=Unbestimmtheit= dieser Art des Bewußtseins erkennen, die keinen anderen
objektiven Inhalt hat als nur sich selbst, ihre eigene Tätigkeit, ihr
eigenes subjektives Verhalten. Die ganze objektive Unbestimmtheit des
=Pantheismus= gibt sich hier kund, und nicht minder auch die
=Begriffslosigkeit der Romantik=, die sich aller Erkenntnis und alles
objektiven Inhalts derselben begibt.

Dabei geht ebenso der Mensch, wie vorher Gott, der Religion verloren,
und kein Pantheismus kann diesen Verlust ersetzen. Die Sehnsucht nach
Liebe muß sich auf den Menschen richten, allein auf den Menschen
abzielen; sie darf sich nicht befriedigen in dem Sicheinsfühlen mit der
=Natur=.

19. Schon dieser =Doppelsinn= im Gefühle, ebenso die =Abhängigkeit= zu
bedeuten, wie die =Deckung= mit dem Universum, zeigt die Unangemessenheit
des Gefühls für das Bewußtsein der Religion. Sofern das Gefühl eigenen
Inhalt erzeugt, ist es reines Gefühl, und dieses ist allein und
ausschließlich das ästhetische Gefühl, das zwar auch ein =Universum=
erschafft, dieses aber genau und bestimmt in dem =Kunstwerke
objektiviert=. Eine solche Schöpfung, die sich auf das Gebild des
Menschen beschränken würde, kann es für das religiöse Gefühl nicht
geben. Denn in ihm steht der Mensch niemals für sich allein, sondern
immer =im Bunde mit Gott=.

20. Es ist nicht nur ein Überbleibsel der Mythologie, daß der wahre Gott
einen =Bund= schließt mit =Abraham=, und schon mit =Noah für die Erhaltung
der Natur=: Gott entsteht, er erzeugt sich in diesem Bunde mit dem
Menschen; =sein Ursprung ist der Bund mit dem Menschen=. Dieser Bund ist
das Kunstwerk Gottes, aber nicht das Kunstwerk des Menschen. In der
Kunst dagegen erzeugt der Mensch selbst kraft seines reinen Gefühls sein
Kunstwerk. Und dieses ist daher ebenso das Zeugnis, wie das Erzeugnis
seines Gefühls. Hier dagegen spaltet sich die Einheit des Gegenstandes
in die Korrelation, in den Bund zwischen Gott und Mensch. Keiner von
beiden kann für sich allein stehend gedacht werden. Wenn ich Gott denke,
muß ich zugleich den Menschen denken, und ich kann den Menschen nicht
denken, ohne zugleich Gott zu denken. Aber ich kann beide nicht
nebeneinander denken, so daß ich in dieser Konfiguration etwa eine Art
von Kunstwerk erschaffen könnte, sondern beide Begriffe sind =Inbegriffe=,
mithin echte logische Abstraktionen, deren Gedankenwert durch keine
Gefühlsart erzeugbar wird.

21. Nun kann man aber gegen diese ganze Argumentation ein wichtiges
Moment einwenden. Man kann nämlich für den Gefühlscharakter der Religion
sich auf die =Ergriffenheit= berufen, von der das Gemüt erfüllt wird bei
dem religiösen Gedanken an Gott und seine Menschenwelt, bei dem
religiösen Gedanken an die arme Menschenseele und ihre Erlösung durch
Gott. Man kann für die Analogie mit dem ästhetischen Bewußtsein sich auf
die =Rührung= berufen, die das Gemüt hier, wie dort, ergreift. Und dieser
Einwand wird nicht dadurch beseitigt, daß man die Rührung als einen
passiven Affekt von der Aktivität des ästhetischen Gefühls
unterscheidet. Denn bei aller Passivität entladet sich doch eine
gewaltige Macht in dieser Rührung des religiösen Momentes.

22. Indessen spricht hiergegen ein anderer Gedanke. Die Analogie der
=Rührung= würde nicht in erster Linie die der Religion mit der Kunst
betreffen, sondern die der =Sittlichkeit= mit ihr. Von der Sittlichkeit
aber wissen wir, daß sie eine =Vorbedingung= der künstlerischen Schöpfung
ist, eine Vorstufe des ästhetischen Gefühls. Die Rührung also ist nicht
für die Religion zu registrieren, geschweige als das religiöse Gefühl zu
bestimmen; denn sie muß schon vorher als sittliche Vorbedingung der
Kunst anerkannt und gebucht sein. Und es handelt sich bei ihrer
Würdigung lediglich um eine Abrechnung zwischen der =stofflichen
Voraussetzung= der Sittlichkeit und dem Inhaltsergebnis des ästhetischen
Gefühls. Dem ästhetischen Gefühl wird seine Eigenheit und seine Würde
genommen, wenn man die Rührung auch auf das religiöse Bewußtsein
überträgt und gleichsam verteilt, während sie diesem ja auch nur erst
indirekt zukommt, da sie ihm durch die sittliche Tätigkeit zuerteilt
werden muß.

Wie steht es doch nun aber mit der psychologischen Tatsache der
religiösen Ergriffenheit, die wir als Rührung empfinden und erkennen?
Ist sie nicht eben unwiderleglich ein Gefühl? Und schafft sie nicht
einen eigenartigen =Inhalt=? =Alle methodischen Grenzen= unserer
philosophischen Systematik werden durch diese Frage in Frage gestellt.

Denn nicht allein die Grenzen der Ästhetik, sondern auch die der Ethik
werden durch diese Frage verschoben. Und dennoch ist die Frage
unabwendlich. Denn die Ergriffenheit des religiösen Bewußtseins ist eine
=psychologische= Tatsache, die nach einer =systematischen= Deutung
verlangt.

23. Bedenken wir, daß weder Gott allein, noch Mensch allein, der eigene
Inhalt des religiösen Bewußtseins ist, sondern vielmehr der Mensch =in
Korrelation= mit Gott, das ist als =Individuum=. Und diese Erkenntnis --
wenn man die hier entstehende Bewußtseinsart nach Analogie so nennen
darf -- wird am Menschen, als Individuum, gewonnen, nicht in seiner
Glorie, insofern ihn Gott mit Ehre und Pracht umgeben hat und nur wenig
von der Gottheit ihm mangeln ließ, sondern die Dornenkrone ist sein
Strahlenkranz, durch den er als der Mensch der Religion zur Entdeckung
kommt. Das Leiden des Menschen ist der Charakter des Individuums.

=Und aus dem Leiden entsteht das Mitleid.= Der Mensch hätte das Mitleid
nicht, wenn ihm nicht das Leiden des Individuums aufginge; wie er es
denn auch in sich ertötet, sofern er über das Leiden des Menschen
hinwegsieht. =So ist das Mitleid die Eigenart des religiösen Bewußtseins=,
die dem =Gefühle= verwandt ist, aber doch unvergleichbar mit ihm, und zwar
nach =beiden= Seiten.

24. Das ästhetische Gefühl hat eine eigene =Schöpferkraft=. Und das
religiöse Mitleid entbehrt aller Bildlichkeit und verzichtet auf sie:
=sein Gebild= dagegen ist das lebendige Wesen der menschlichen =Seele=, der
Mensch, =nicht als ein Typus=, nicht als ein =Begriff=, weder der Mehrheit,
noch der Allheit, sondern eben das Individuum, das keine Zuordnung,
sondern lediglich =Korrelation= mit dem anderen Begriffe, mit dem Gottes
hat.

25. Dieses Mitleid hat den Charakter einer =Unendlichkeit=. Es ist
Menschenkraft, Urkraft des Menschenwesens. Es kann sich niemals
erschöpfen, und es kann niemals befriedigt werden. =Es ist unendliche
Kraft, daher unendliches Verlangen.= Mit dem Mitleid entsteht der Mensch,
erhebt der Mensch sich über die Not des Leides, wie über das Niveau, in
dem nur der =Schmerz= herrscht. Das Leiden ist der Schmerz der Seele, der
daher das Mitleid zum Gefolge hat. Schon animalisch verrät es sich, daß
die Menschenkraft =abstirbt=, wenn das Mitleid sich =abstumpft=. Alle
Rührung hat ihre Schwungkraft in dieser Wurzelkraft des Menschen, auf
der die Individualität des Menschen in seinem Selbstgefühle beruht, wie
in diesem seinem Mitleid am Leiden der Mensch überhaupt, der Mensch als
Individuum, der Mensch =als Kind Gottes= erkennbar wird.

26. So führt das Mitleid mit dem Menschen zu dem anderen Gliede der
Korrelation, zu Gott. Denn was Mitleid ist dem Menschen gegenüber,
dieselbe Leidenschaft zu Gott nennen wir mit einem anderen Ausdrucke,
der der ästhetischen Analogie angehört, mit dem Terminus der Lyrik:
=Sehnsucht=. Das Mitleid mit dem Menschen ist andererseits die Sehnsucht
nach Gott. In dieser Urkraft der Religion sind die =Psalmendichter= ihre
Schöpfer. Und wiederum ist es das =Individuum=, das ebenso in der
Sehnsucht sich erzeugt, wie im Mitleid. Und wiederum ist es die Liebe,
die auch hier die Analogie mit dem ästhetischen Gefühle begründet. Aber
während die Menschenliebe sich im Mitleide bestimmt hat, ist die Liebe
zu Gott, als Sehnsucht, als Verlangen der Seele, als =Bedürftigkeit= des
Individuums, die durch Gott allein befriedigt wird, religiös bestimmt,
und von der Lyrik und ihrem Bekenntnis der Liebe unterschieden.

27. Denn diese Sehnsucht entspringt nicht aus dem Mitleide des Liebenden
=mit sich selbst=, der die =Gegenliebe= sucht, sondern umgekehrt ist sie
gleichsam die =Antwort= auf das Mitleid, welches von der =Gegenseele=
erweckt wird, und welches nunmehr in der eigenen Seele =widerstrahlt= in
der Richtung auf =Gott=. Ohne das Mitleid entsteht der Strahl auf Gott hin
nicht. =Die Sehnsucht nach Gott ist erst die Antwort auf das Mitleid; ist
das Zeugnis von ihm.=

28. Man kann fragen, wie es zu erklären sei, daß die sonst
vorherrschende Liebe zu Gott in den =Psalmen= besonders durch die
Sehnsucht nach Gott ergänzt wurde. Und diese Sehnsucht ist ja nicht etwa
allein die Sehnsucht nach Gottes =Schutz= und =Beistand=. Sie sucht Gott
nicht nur zur Errettung von den =Feinden=, zur Erlösung von dem Rat und
der Gemeinschaft der =Bösen=, zur Herstellung der =Gerechtigkeit= und des
=Friedens=, und vorzugsweise zur Vertilgung der =Bösen= und Befreiung der
=Guten= und der =Frommen=. Diese Sehnsucht nach Herstellung sittlicher und
politischer Besserungen richtet sich vielmehr als =Hoffnung= und
=Zuversicht= auf Gott; die eigentliche Sehnsucht aber geht von der =Seele
des Individuums= aus, von der Not ihrer =Sünde= und ihrer Schwachheit, und
sie wird auf das Individuum, auf das =Selbst der Seele= auch wieder
zurückgeleitet, so daß die Seele nicht verschmachtet in ihrem Durste,
nicht vergeht unter dem Brennen der Eingeweide, sondern errettet und
erlöst wird von den Banden und Schlingen der =Angst vor Verderben und
Vernichtung=, von der Furcht vor der göttlichen =Strafe= und Vergeltung.

Worin unterscheidet sich also nun diese =Sehnsucht nach dem Schutze der
Seele= von der sonst allgemein geforderten =Liebe= zu Gott? Kann die
Sehnsucht auf =Erlösung von der Macht der Sünde= den einzigen Gott inniger
suchen, als die Liebe dieses Verhalten ausdrückt?

29. Wir stehen hier an dem eigentlichen =Grenzpunkte= zwischen der
Religion und dem =ästhetischen= Bewußtsein. Und es könnte hiernach
scheinen, als ob dennoch mehr Identität zwischen beiden obwalte, als wir
hier zugestehen möchten. =Warum mußte der Psalmendichter schlechthin zum
Lyriker werden=, und zwar zum =Vorbild= des Lyrikers, so daß nach seinem
Muster erst die echte Lyrik, in ihrer Vollendung als =die deutsche Lyrik
Goethes= entstehen konnte? Welche =Geheimkraft= der Religion hat sich hier
mit den tiefsten Tiefen der Poesie verbunden, um diese mit ihren eigenen
Quellen zu befruchten, und hinwiederum aus dem Schacht der Poesie die
Kraft der Religion zu vertiefen und ihre Schwingen zu beflügeln? Es ist
keine Frage, daß hier eine innerlichste Verbindung zwischen =Religion und
Kunst= im Werke ist: worauf beruht sie? Wie ist diese Verbindung in dem
Sinne zu verstehen, daß die Eigenart der Religion durch sie nicht
beschränkt wird?

30. Man versteht die eigentümliche Kraft der =Psalmen= nicht, wenn man
die Sehnsucht nach Gott nicht als ihren eigenen Kraftmesser, sondern nur
als ein entliehenes Gut ansieht. Um es paradox auszudrücken, würde ich
sagen: die =Propheten= haben noch gar nicht eigentlich Religion
geschaffen, sondern nur Sittlichkeit. So sehr ist ihr Gott der Gott der
Gerechtigkeit, der zwar auch der Gott der Liebe ist, aber das letztere
nur, weil er Recht und Gerechtigkeit liebt. Die Religion der Propheten
ist daher noch immer nur die Religion der Sittlichkeit. =Erst mit den
Psalmen verwandelt sich die Sittlichkeit in Religion.= Mit den Psalmen
erst offenbart sich das menschliche Individuum in seiner Korrelation, in
seiner Sehnsucht zu Gott. Die ethische Einsicht des prophetischen
=Sozialismus= geht nunmehr erst als Religion auf. Jetzt enthüllen sich
die =Armen=, die =Leidenden= als die =Frommen=. Jetzt und dadurch erst
erweckt das Mitleid die Erkenntnis vom Individuum; dadurch aber entsteht
erst die Korrelation zwischen Mensch und Gott, in der wir das
Grundverhältnis der Religion erkennen.

31. Wenn nun also die Frage auf den =Ursprung der Sehnsucht= ging, so
erkennen wir jetzt, daß dieser keineswegs der sittliche, sondern daß er
schlechthin der religiöse ist. Ohne die Sehnsucht würde die Korrelation
zwischen Mensch und Gott nicht zu ihrer Vollendung, nicht zu ihrer
lebendigen und wahrhaften Durchführung kommen. Man könnte die obige
=Paradoxie= noch weiter führen: die =Propheten= haben im Grunde noch gar
nicht das Verhältnis zwischen Mensch und Gott zur Ausführung gebracht:
sie bleiben ihrem Hauptgedanken nach stehen bei dem =Verhältnis zwischen
Mensch und Mensch=. Der Einzige Gott bildet nur den allgemeinen
Hintergrund alles ihres Denkens, und so bewährt er sich auch in der
konsequenten Durchführung dieses Verhältnisses zwischen den Menschen als
=Völkern=, mithin in der messianischen Leistung und höchsten Offenbarung
Gottes. Das ist aber wiederum nichts anderes als bloße Ethik und
Philosophie der =Geschichte=.

32. Religion ist die Geschichte des Individuums. Und der Gott des
Individuums ist der Gott der Religion. Der =Affekt=, mit dem die Propheten
das Zeitalter des Messias predigen, ist die =Hoffnung= und die =Zuversicht=
(Thikwa), die zwar auch Grundformen des religiösen Glaubens und
Vertrauens sind, die jedoch das =allgemein menschliche Bewußtsein in
seinem Gipfelpunkte= bezeichnen. Auf den Messias geht die Hoffnung des
Menschen; und sie wäre nur sittlicher Affekt, wenn nicht =Gott= der
Zielpunkt dieser Hoffnung, die =Bürgschaft ihrer Erfüllung= wäre.

Wenn dagegen der =Psalmist= der =messianischen= Idee sich hingibt und die
Sehnsucht seiner Seele auf sie hinlenkt, dann ist es nicht sowohl die
Erfüllung der Zeiten, die er herbeiwünscht, das Ende der =Kriege=, der
=Friede auf Erden=, unter den Völkern und unter den Menschen, sondern
=seine eigene= Seele ist es, deren Ängste und Nöte er ausbreitet vor
seinem Gotte. Himmel und Erde sind für ihn wie nicht vorhanden; er
politisiert nicht in dieser seiner Sehnsuchtsbestimmung: nur die =Seele=,
nur =sein Selbst= ist seine einzige Sorge. Und diese Sorge ermannt sich zu
der Sehnsucht, in welcher selbst gleichsam und allein er die Kraft
ermißt und die Macht, von seiner Not ihn zu erlösen. Der Gott der
Sehnsucht ist der Gott der =Erlösung=; und =was für die Menschheit die Idee
des Messias bedeutet, das bedeutet für das Individuum die Idee der
Erlösung=.

33. Worin besteht das Ziel, das Gelingen der Erlösung? Die =Opfer= sind
überwunden. Hierin ist der Psalmist einig mit dem Propheten. »Die Opfer
Gottes sind ein zerbrochener Geist.« Aber aus der =Demut= soll die
=Aufrichtung= der Seele hervorgehen. Wenn der Mensch Seele ist, so hat er
kein anderes individuelles Anliegen als die =Reinheit seiner Seele=, die
=Erhaltung= und die =Wiedergewinnung= ihrer Reinheit; =diese ist ihre
Erlösung=. Der Gott der Sehnsucht, als der Gott der Erlösung, ist der
Gott des Individuums. Und als solcher tritt er in die =Korrelation= mit
dem Individuum. So ist es die =Sehnsucht=, welche im letzten Grunde die
Korrelation zwischen Gott und Mensch, =mithin die Religion zustande
bringt=.

34. Wir kommen nochmals auf die =Rührung= zurück, und wir haben die
Entscheidung getroffen, daß sie durchaus dem ästhetischen Gefühle
angehört, ausgenommen, wenn sie, als Mitleid, zugleich mit dem
persönlichen Individuum lebendig wird. Sonst schmilzt die Rührung mit
der ästhetischen Freude an der =Menschennatur= zusammen. So steht es um
das Verhältnis zwischen dem =religiösen= Gefühle und dem =ästhetischen=.

Wie aber steht es um das Verhältnis zwischen dem religiösen Gefühle und
dem =sittlichen=? Kann sich nicht zwischen diesen beiden Momenten ein
Verhältnis bilden, ohne daß das sittliche nur als Moment, nämlich als
Vorbedingung des ästhetischen Gefühls wirksam ist? Gedenken wir hier des
Satzes bei =Kant=, daß ich vor der sittlichen Erscheinung eines gemeinen
Mannes Respekt haben muß. Ist dieser Respekt ausschließlich die Achtung
vor der Menschheit, die der gemeine Mann vertritt? Oder ist er als ein
ästhetisches Wohlgefallen an der schlichten Menschennatur, wie an der
des Kindes zu deuten? Vielleicht dürfte hier weder das eine noch das
andere Gefühl den Ausschlag geben, sondern das religiöse Gefühl sich
ausprägen.

Der Respekt vor diesem gemeinen Manne ist nicht schlechthin die =Achtung=
vor dem Sittengesetz, welche sich mit der Achtung vor der =Menschheit=
deckt. Und dieser Respekt ist auch nicht schlechthin Bewunderung und
Freude an dieser sittlichen und auf ihrem Grunde =schönen= Entfaltung der
=Menschennatur=, sondern die Bewunderung ist Rührung, welche nicht sowohl
Freude ist über den gegenwärtigen Anblick, als vielmehr zugleich =Trauer=
darüber, daß eine solche Erscheinung absticht von der glatten Einbildung
der =Zivilisation=. Es ist daher =Sehnsucht= nach besseren Zuständen, die
uns bei solchem Anblick beschleicht. =Und die Bewunderung ist nur die
diesem Affekt natürliche Begleitung der Sehnsucht. Die Sehnsucht der
Liebe ist immer gepaart mit der Ehrfurcht.= Bei aller Sehnsucht ist
Ehrfurcht, und auch umgekehrt, bei aller Ehrfurcht auch Sehnsucht. So
ist die religiöse Liebe in den =Psalmen= entstanden, als die Sehnsucht
nach dem geistigen, dem einzigen Gotte. So sind Sehnsucht und Ehrfurcht
in demselben Ursprung der Korrelation, in demselben Ursprung der
Religion verbunden.

35. Und diese Verbindung hat sich in der Lyrik erhalten, als vielleicht
wichtigstes =Kennzeichen der deutschen Lyrik= und des deutschen Geistes
überhaupt. Das deutsche Kunstgefühl hat sich hier mit der deutschen
Religiosität durchdrungen. Und die =Reformation= mit =Luthers Übersetzung
der Psalmen= ist dieser Wendepunkt in der Geschichte des deutschen
Geistes für die Kunst, wie für die Religion geworden.

36. Was nun von der Poesie für die Lyrik gilt, kann auch auf die =Musik=
bezogen werden, deren religiöse Verwendung ebenso für die Tempelmusik im
alten Jerusalem, wie für die deutsche Musik charakteristisch ist. Nicht
nur als Kirchenmusik ist die deutsche Musik religiösen Geistes, sondern
auch ihre reine instrumentale Ausbildung überhaupt in der geistigen
Tiefe ihrer Formenwelt ist bedingt durch ihren religiösen Ursprung. Und
auch auf die Oper und das Lied erstreckt sich der religiöse Einfluß, wie
die =Zauberflöte= als die ideale deutsche Oper diesen zur Erscheinung
bringt.

37. Wir haben schon beachtet, daß der =Kultus= nicht als Kriterium der
Religion gelten kann. Denn er entfaltet sich in ausgebreiteter Weise als
Opfer. Dahingegen entsteht mit den Psalmen das =Gebet=. Und =im Gebete
dürfte sich das Kriterium des Monotheismus, mithin des Idealbegriffs der
Religion zu erkennen geben=. Die Sehnsucht der Psalmen ist die
Gemütsverfassung des Gebets. =Die Korrelation von Mensch und Gott
vollzieht sich im Gebete.= Der Mensch fühlt sich auf Grund seiner
=Sündhaftigkeit= in seiner Schwäche und =Gebrechlichkeit=. =Aus dieser
Bedürftigkeit heraus erwächst das Verlangen nach Gott.= So wird der =Gott
der Sittlichkeit=, der diese für die Menschheit überhaupt verbürgt und
herstellt, zum =Gotte der Religion=, weil er nur als solcher mit dem
=Individuum= seinen Bund schließt, weil er dem Individuum Erlösung bringt
von seiner Seelenangst.

38. =Die Erlösung von der Sünde ist der eigentliche Zweck und Inhalt des
Gebetes.= Die Anerkennung Gottes, die Verehrung, die Anbetung, sie sind
nur das Mittel für diesen Zweck. Wäre die Gottesverehrung der religiöse
Selbstzweck, =so wäre die Religion nicht Liebe zu Gott=, so wäre die Liebe
nur eine Form der Erkenntnis. Die Liebe, als Sehnsucht, betrifft die
Befreiung von der Sünde. Nach diesem Befreier, dem Erlöser sehnt sich
die Seele. Und diese Sehnsucht entfaltet sich im Gebete. Die Psalmen
sind die Urform des Gebetes.

39. Daher möchte =Psalm 51= das Musterbeispiel des Gebetes darstellen. Von
seiner schwersten Sünde läßt der Dichter seinen Urdichter, den David
Erlösung suchen. »Verbirg dein Angesicht vor meinen Sünden und alle
meine Missetaten tilge. Ein reines Herz =erschaffe= mir Gott, und einen
festen Geist =erneuere= in meinem Inneren.« Und es ist, als ob der Dichter
sich berichtigen wollte wegen der Bitte um die Erschaffung eines neuen
Herzens, nachdem die =Erneuerung= des festen Geistes schon von der
=Erschaffung= des reinen Herzens die Mißdeutung entfernt hat, als ob das
reine Herz eine Neuschöpfung sein müßte. So fährt der Dichter fort:
»Verwirf mich nicht von deinem Angesichte, und =deinen heiligen Geist
nimm nicht von mir=« (V. 11 und 12). Jetzt ist alles klargestellt und in
Ordnung gebracht, auf was es für die Sehnsucht des Büßenden nach
Erlösung ankommt: Gott kann ihn nicht verwerfen; denn =Gott kann seinen
heiligen Geist nicht von ihm nehmen=. Gott hat seinen heiligen Geist dem
Menschen gegeben. Der menschliche Geist ist daher selbst zum heiligen
geworden. So kann die Erlösung von der Sünde nicht ausbleiben. Die
Sehnsucht hat ihr festes Ziel erlangt. Die Korrelation von Mensch und
Gott ist gegen den schwersten Zweifel sichergestellt. Solche Zurüstung,
solche Verfassung begründet das ideale Gebet, das Gebet der Sehnsucht
und der Gewißheit seiner Zuversicht.

40. Zur Eigenart der Religion gehört demgemäß neben der Sehnsucht die
Zuversicht, das =Vertrauen=, die Grundform des hebräischen Wortes, welches
gemeinhin mit =Glauben= übersetzt wird. Die Grundbedeutung des Wortes
(Emuna) ist Festigkeit und =Bestätigung=. Das =Amen= ist von derselben
Wurzel. =Skepsis= ist der nackte Widerspruch zum Gebet.

Darauf beruht der Zauber der =Mystik=. Sie setzt sich in Widerspruch zu
aller =vernunftmäßigen= Erkenntnis, weil sie mit dieser immer einen
Tropfen Skepsis vermischt meint. =Glauben soll daher nicht Erkenntnis=
sein, weil Erkenntnis im besten Falle den Zweifel überwindet. Der Glaube
aber soll über den Zweifel erhaben sein. Daher gilt der Glaube, als das
=Vertrauen= auf Gott, und zwar nicht nur auf Grund der Zuversicht auf
Realisierung der Sittlichkeit in der Menschheit, sondern für das betende
Ich als eine =eigentümliche Form des Bewußtseins=, und als solche des
=religiösen= Bewußtseins. Wie die Sehnsucht eine Innigkeit und eine
Festigkeit hat, die alles sonstige Gefühl an Kraft übertrifft, so auch
übertrifft das Bewußtsein der =Befriedigung= dieses Verlangens alles
sonstige Bewußtsein des Gelingens und der Enthebung von einer =relativen=
Bedürftigkeit. Hier setzt sich eine =absolute= Befriedigung fest. Das ist
die =Seligkeit=, welche den =Glauben= auszeichnet.

41. Der Glaube an Gott ist das Vertrauen auf die Errettung der
=Menschenseele= durch ihn. Die Erlösung ist diese Rettung von dem
allgemeinen Schicksale alles Lebendigen. =Der Unterschied zwischen
Religion und Ästhetik= macht sich in dieser Unterscheidung der
Menschenseele von der Natur des Menschen wirksam. Wie die =Freiheit= den
=reinen Willen= von allen =Naturtrieben= unterscheidet, so unterscheidet
die Religion die Menschenseele von allem =Leben=. Und wenn die
=Naturteleologie= eine =unendliche Entwicklung des Lebens= lehrt, so mag
dieser Gedanke die =Unsterblichkeit= der Menschenseele, wie die Religion
sie aus der göttlichen Erhaltung der Menschenseele fordert,
unterstützen.

42. Der Psalm 73 hat auch für diesen Grundgedanken die Urform des
Gebetes gefunden. »Wer ist mir im Himmel, und in Gemeinschaft mit dir
habe ich kein Verlangen an der Erde: =die Nähe Gottes ist mein Gut=.« In
dieser Nähe Gottes erkennen wir unsere =Korrelation=. Die =Nähe= hat aber
auch vorher schon terminologische Bedeutung gewonnen. In ihr bezeichnet
sich der =Unterschied von der pantheistischen Vereinigung mit Gott=. =Der
reine Monotheismus kennt keine Vereinigung mit Gott.= Er kann keine
denken und er ersetzt sie. Gott hat dem Menschen die reine Seele
gegeben. Gott hat seinen heiligen Geist in das Innere des Menschen
gesetzt. Der Mensch kann noch so viel sündigen, so kann er doch der
Reinheit seiner Seele und seines heiligen Geistes nicht verlustig gehen.
Gott ist sein Erlöser: »der Erlöser vom Verderben seines Lebens«. Gott
ist der Erhalter seiner Seele. Auf der Korrelation zwischen Mensch und
Gott beruht die Unsterblichkeitslehre des israelitischen Monotheismus.
Aber die Korrelation wehrt die Vereinigung ab.

43. Demgemäß ist der Terminus der Nähe Gottes zu dem Terminus geworden,
in dem die Religion mit der =Ethik= wetteifert: aus der Nähe ist die
=Annäherung= geworden. Und wie die Nähe Gottes das höchste Gut der
Religion ist, so ist die Annäherung an Gott das höchste Gebot der
religiösen Sittlichkeit. Gott ist ja nur das Ziel dieser Annäherung; der
Annäherung selbst wegen bezeichnet er das Ziel derselben. Er ist heilig,
weil der Mensch es sein soll. Und zumal die =Affekte= des Willens werden
ihm nur in dem Sinne zuerteilt, daß der Mensch sie aus der Leitung
Gottes heraus beherrschen lerne.

44. Das Zentrum der mittelalterlichen Theorie des =arabisch-jüdischen=
Monotheismus bildet die =Attributenlehre=. Wenn nun durch diese ganze
Philosophie sich der Gedanke hindurchzieht, ob Eigenschaften Gottes
positiv, oder wie man gewöhnlich annimmt, nur negativ gelehrt werden
dürfen, so wird dieses ganze Problem von dem Prinzip der Korrelation
beherrscht. =Nur in Korrelation zum Menschen soll das Wesen Gottes
bestimmbar werden.= Nur diejenigen Attribute sollen ihm zuerteilt werden
dürfen, welche die Sittlichkeit des Menschen begründen, seine Annäherung
an Gott begünstigen. Theoretisch, als ein eigener Gegenstand der
Erkenntnis soll Gott gar nicht gedacht werden dürfen. So wird demnach
auch durch die Attributenlehre die Eigenart der Religion in einer
Schwebe gehalten zwischen Erkenntnis und Sittlichkeit, zwischen
Intellekt und Willen, zwischen Metaphysik und Ethik.

45. Es ist ebensosehr ein methodischer Irrtum, wie ein historisches
Mißverständnis, wenn man dieses Schweben und scheinbare Schwanken des
mittelalterlichen Denkens dahin auffaßt, daß eine Selbständigkeit der
religiösen Bewußtseinsart dadurch dem Glauben zugesprochen werden
sollte. Diese Tendenz kann jener philosophischen Theologie durchaus
fernliegen. Was jenes Zeitalter will, ist nicht sowohl, die
=Selbständigkeit= der Religion gegenüber der Erkenntnis und der
Sittlichkeit zu bestimmen, als vielmehr nur die =Eigenart= der Religion
gegenüber dem Intellekt und dem =Willen= zu sichern. =Maimonides= bemüht
sich durchgängig ebensosehr darum, den Glauben von der Erkenntnis und
dem Willen zu =unterscheiden=, wie ihn zugleich mit Erkenntnis und Willen
=in inniger Verbindung zu erhalten=.

Ebenso wollen auch wir nicht die Selbständigkeit neben den reinen Arten
des Bewußtseins für die Religion begründen, sondern die Eigenart der
Religion bildet für uns =das= methodische Problem der Religion. Diese
Eigenart wird =nicht durch ein Wort= festgestellt, mit dem eine
religiöse =Bewußtseinsart= bezeichnet würde. Weder das =Mitleid=, noch
die =Sehnsucht=, noch die =Liebe=, noch die =Annäherung= sind mehr als
Worte. Durch diese Termini soll aber nur das =Problem= bezeichnet
werden, welches die Religion als =Eigenart= des Bewußtseins bildet.

46. Wie vollzieht sich diese Eigenart? Diese Frage lautet präziser: =In
welchem Verhältnis zu den reinen Arten des Bewußtseins vollzieht sie
sich?= Auf dieses Verhältnis muß sie ja angewiesen sein und bleiben,
sofern ihre Eingliederung in das System der Philosophie die methodische
These bildet. Logik sowohl, wie Ethik und Ästhetik, sie alle müssen
daher in Kraft und in Klarheit bleiben, wenn die Eigenart des religiösen
Bewußtseins zur =systematischen= Bestimmung kommen soll. Ohne solche
Wahrung des Verhältnisses zu den Gliedern des Systems könnte weder der
Begriff Gottes, noch der Begriff des Menschen für die Korrelation
bestimmbar werden, in der wir die Eigenart der Religion zu erkennen
suchen. Jetzt aber erst entsteht die Frage: =durch welche methodischen
Mittel= läßt sich diese Eigenart zur Bestimmung bringen? Durch welche
methodischen Mittel bleibt der =Eigenwert von Logik, Ethik und Ästhetik
unbehelligt= von jedem Eingriff bei dieser Korrelation? Durch welche
methodischen Mittel läßt sich die Eigenart als solche durchführen, ohne
daß sie den falschen Schein einer eigenen Selbständigkeit annähme? Denn
wenn die Religion selbständig werden könnte und werden dürfte gegenüber
den reinen Arten des Bewußtseins, so würden nicht nur diese in ihrer
Reinheit getrübt, in ihrer Selbständigkeit verschränkt, sondern auch die
religiöse Eigenart selbst würde in ihrer Methodik gehemmt, und daher
auch um ihre Geradheit gebracht und um das Maß der Reinheit, das auch
für sie zu erstreben ist.

47. So bildet es eine eigene Aufgabe und ein eigenes Problem, die
Eigenart der religiösen =Liebe= und des religiösen =Glaubens= nicht nur
innerhalb der religiösen Methodik zu bestimmen, sondern diese selbst in
ununterbrochenen Zusammenhang zu versetzen und in diesem zu erörtern, um
ihn zur Durchwirkung kommen zu lassen in diesem Zusammenhang mit den
systematischen Arten des reinen Bewußtseins, denen nicht nur Eigenart,
sondern auch Selbständigkeit zusteht.



V. Das Verhältnis der Religion zur Psychologie.


1. Nicht auf das moderne Problem der Religionspsychologie wollen wir
hier eingehen. Unsere systematische Aufgabe trennt uns von demselben
auch schon dadurch, daß die Religionspsychologie mit der
Religionsgeschichte zusammenhängt. Was im guten alten Sinne Psychologie
bedeutete, als Analyse und Ordnung der Vorstellungen, welche das
Bewußtsein erfüllen, und welche bestimmte Tätigkeitsweisen und Grundzüge
des Bewußtseins ausmachen, dieser alte Sinn der Psychologie ist aus den
bisherigen Erörterungen nicht entschwunden. Wenn wir nicht in der
systematischen Tendenz, um von den reinen Gliedern des Systems die
Eigenart der Religion zu unterscheiden, das Mitleid, die Sehnsucht für
die Auszeichnung des Individuums und seine Erhaltung bestimmt hätten, so
würde die alte naive Ansicht von der Psychologie diese Begriffe als ihr
eigenstes Gut ansprechen dürfen. Denn wichtige Erscheinungen des
Bewußtseins, wichtige Tätigkeitsrichtungen desselben werden durch jene
Begriffe beleuchtet. Indessen diese Art der Psychologie meinen wir
selbst nicht mehr, insofern wir die Psychologie als das =vierte= Glied des
Systems der Philosophie aufstellen, allerdings bisher nur dies in
Aussicht genommen haben, obzwar die drei Schlußabschnitte der drei
bisher erschienenen Bücher des Systems von dem Problem der
systematischen Psychologie ihre Entwürfe versucht haben.

Wir versuchen hier von neuem, von dieser neuen Aufgabe der Psychologie
eine Ansicht zu gewinnen. Und gerade das Problem der Religion im
Gesamtbewußtsein dürfte die Unterscheidung und die Zusammenfassung der
Vorgänge des Bewußtseins, wie die Psychologie sie zu fordern hat, ohne
genauere Durchführung wenigstens anschaulich machen.

2. Während die drei Glieder des Systems mit drei Sonderrichtungen des
Bewußtseins befaßt sind, mit der Erkenntnis, mit dem Willen und mit dem
Gefühl, zeigt sich der systematische Wert, beinahe möchte man sagen, das
systematische Vorrecht der Psychologie darin, daß sie nicht eine
Sonderrichtung des Bewußtseins, und auch nicht einmal nur die Gesamtheit
derselben, sondern vielmehr ihre =Einheit= zum Problem hat. Diese Einheit
zustande zu bringen, scheint das eigentliche Problem zu sein, dessen
Behandlung die Psychologie erfordert. Denn die einzelnen
Bewußtseinsformen könnten den einzelnen Systemgliedern überlassen zu
werden scheinen, aber ihre Zusammenfassung, vielmehr ihre Vereinigung,
so daß in dieser die =Einheit des Bewußtseins= zustande kommt, dazu
besonders scheint es der Psychologie zu bedürfen. Und in der Tat kommt
ja schon die Logik in Gefahr, mit Psychologie sich zu vermischen, wenn
sie nur die Einheit des =Denkens= vollziehen muß. Und diese Gefahr
steigert sich für die Ethik und für die Ästhetik.

3. Wenn nun gar die Religion in diesen Kreis der Bewußtseinsrichtungen
eintritt, so wird zunächst das Problem der Einheit des Bewußtseins durch
diese neue Aufgabe erschwert. Wenn es sich nun aber herausgestellt hat,
daß diese religiöse Eigenart des Bewußtseins methodisch unterschieden
werden muß von der Selbständigkeit jener drei reinen Arten, so entsteht
damit eine neue Aufgabe, beinahe möchte man sagen, =ein neuer Begriff
der Einheit des Bewußtseins=. Denn sie bedeutet jetzt nicht nur die
Vereinigung, sondern die Gliederung, die Einordnung und =Unterordnung=,
so daß die =Vereinigung= in eine =Mehrheit von Einigungsakten= sich
einzuteilen scheint.

4. Die Psychologie bedeutet uns das Problem der Einheit des Bewußtseins
für alle =Hauptrichtungen= und =Seitenwege=, die das Kulturbewußtsein
einschlägt. Sofern diesem Kulturbewußtsein Normalität zuerkannt wird,
soll kein Weg, den das Bewußtsein in der gesamten Kultur einschlägt, als
pathologisch angenommen, sondern vielmehr seine Einordnung in die =ideale=
Einheit des Bewußtseins, in die =Norm der Einheit= erzielt werden. Das ist
das =erste= Erfordernis, welches die psychologische Einheit des
Bewußtseins aufstellt.

5. Wenn nun aber jeder dieser Kulturwege des Bewußtseins in die Einheit
einzuordnen ist, so ist damit die weitere Forderung ausgesprochen, daß
keiner dieser Wege vor den anderen =vorangestellt= werden, keiner hinter
dem anderen =verschwinden= darf; wenngleich für die Eigenart, sofern sie
von der Selbständigkeit unterschieden werden soll, eine =Nebenordnung=
vorgesehen werden muß. Die Einheit aber bürgt dafür, daß die
Nebenordnung nur die einzelnen Glieder des Systems angeht, nicht aber
die =Einordnung= in die Einheit gefährden und beeinträchtigen darf.

6. Diese Forderung kann auch dahin ausgedrückt werden: daß keines der
Glieder, geschweige denn eine Eigenart, irgendeine Präponderanz, ein
Übergewicht oder gar eine =Totalität= zu bedeuten haben darf. Diese
Tendenz schadet am meisten der philosophischen Charakteristik der
Religion. Und dieser Fehler gerade wird am wenigsten vermieden. Damit
die Religion nur ja nicht weniger sei als Wissenschaft und Logik, als
Sittlichkeit und Kunst, wird ihr ein Mehr, ein Vorrecht zugesprochen.
Und darauf gerade zielen auch die Tendenzen ab, welche die Religion in
=Phantasie= und =Gefühl= begründen wollen.

7. Wir gehen zunächst an unsere positive Aufgabe. Wir hatten die Frage
gestellt: in welcher Weise und durch welche methodischen Mittel die
Korrelation zwischen Mensch und Gott, in welcher die religiöse Eigenart
besteht, sich in Vollzug bringen lasse, und zwar nicht nur überhaupt,
sondern als Eigenart, und das will negativ sagen, nicht als
Selbständigkeit. Die Frage betrifft daher mit der Religion zugleich die
drei Vorderglieder des Systems. Wie werden sie erhalten, indem die neue
Eigenart sich bildet? Und unter welchen Bedingungen bedient sich die
Eigenart der drei selbständigen Glieder, um sich als Eigenart zu bilden?

Es kann sonach die psychologische =Einheit des Bewußtseins= für die
Religion nicht darin in Frage kommen, daß sie etwa allein diese Einheit
zu konstituieren, das Bewußtsein mit ihrer =Totalität= zu erfüllen, oder
auch nur mit ihrem Übergewicht zu beherrschen hätte. Denn nur als eine
Eigenart, nicht als eine Selbständigkeit soll =innerhalb= der Einheit des
Bewußtseins die Religion Unterkunft finden. Ein Terminus, der für eines
der selbständigen Glieder des Systems in legitimem Gebrauche ist, kann
schon deshalb von der Religion nicht in Anspruch genommen werden. So
erklärt sich die Auswahl unter den Affekten des Mitleids und der
Sehnsucht, wie auch der Ehrfurcht, neben der Achtung, der Liebe und dem
Gefühl überhaupt.

Wenn wir diese Voraussetzung im Auge behalten, werden wir unsere Frage
zu einer positiven Beantwortung bringen können. Die =Nebenordnung= unter
dem Gesichtspunkte der =Einordnung= muß die =Angliederung= der Eigenart an
die selbständigen Glieder zu bewirken haben, und zwar die Angliederung
=an alle drei= Glieder; es darf keines derselben in Wegfall kommen, wenn
die Eigenart der Religion in voller Klarheit und Unzweideutigkeit zur
Bestimmung kommen soll.

       *       *       *       *       *

8. Wenn wir nun so die Eigenart der Religion unter dem Gesichtspunkte
der Einheit des Kulturbewußtseins begründen wollen, so haben wir
zunächst die Angleichung an das Bewußtsein der =Erkenntnis= zu bewirken.
Es ist damit die Grundforderung festgestellt, daß kein Konflikt zwischen
Religion und Wissenschaft zu Recht bestehen kann. Es ist eitel Anmaßung,
wenn sich die Religion ein höheres Recht zuspricht, einen tieferen Grund
der Erkenntnis, als der der Wissenschaft zusteht, sondern die Eigenart,
mithin das Eigenrecht der Religion ist bedingt zunächst durch die
Angliederung an die Erkenntnis, sofern ihre Eingliederung in das System
und in die Einsicht des Bewußtseins erstrebt wird. Die Grundlagen der
Religion können daher auch nichts anderes sein als =Grundlegungen=. Die
Idee des Guten ist und bleibt Idee. Die =Offenbarung= muß es daher als
ihre idealste Interpretation anerkennen, wenn sie dem =Apriori= der
Erkenntnis verglichen und analog gesetzt, und in dieser Bedeutung von
dem Wandel der Ansichten als das =Ewige, das aller Entwicklung zugrunde
Liegende= verstanden wird.

Bei keiner Frage der Erkenntnis darf die Beherrschung, die Unterordnung
der Wissenschaft unter die Probleme der Religion zulässig sein. Die
Freiheit der Wissenschaft muß die unverletzliche Voraussetzung sein für
die Religion, sofern sie ein systematisches Glied der Einheit des
Bewußtseins ist. Keine Form der =Mystik= darf gegen die Grundform der
Erkenntnis angesprochen werden; keine =Intuition= als ein methodisches
Organ der Erkenntnis, geschweige die =Phantasie=, die nur für Kunstgebilde
in Frage kommen kann.

Ebensowenig darf die =Tradition= literarischer Quellen oder
geschichtlicher Institutionen als eine selbständige Autorität angerufen
werden. Die literarischen Denkmäler und die geschichtlichen Institute
unterliegen allesamt dem einheitlichen allgemeinen Gesetze der
Quellenforschung, welches ebenso für Poesie und Sage gilt, wie für
Wissenschaft und Geschichte. =Eine Methode für die Eine Erkenntnis.=

9. Auch die =Dogmatik= der Religion hat sich dieser einheitlichen Methode
zu unterwerfen. Die Abhängigkeit der Theologie von der Wissenschaft ist
nur Schein und Vorurteil: sie ist vielmehr die Begründung der Theologie
als Wissenschaft. Der Schein der Abhängigkeit beruht auf dem Mangel der
Unterscheidung zwischen Eigenart und Selbständigkeit. Wie die Religion,
so hat auch die Theologie nur Eigenart anzustreben. Und wie die
Theologie in ihren literarischen und geschichtlichen Quellen von der
Philologie und Geschichte in deren Methoden abhängig ist, so nicht
minder in der Glaubenslehre von der Philosophie und insbesondere der
Ethik.

Schon die Unterscheidung zwischen philosophischer und religiöser Ethik
ist bedenklich. Die letztere dürfte sich eigentlich nur durch die
Berufung auf die Religionsurkunden und deren Benutzung als Religion
begründen. Vielmehr aber muß sie ihr allgemeines Fundament der
wissenschaftlichen Erkenntnis in der philosophischen Ethik anerkennen
und zugrunde legen. Ohne diese Eingliederung in die philosophische Ethik
könnte die Eingliederung der Religion in das System und in die Einheit
des Bewußtseins überhaupt nicht Problem werden. Es wird viel Unklarheit,
viel Streit und Differenz vermieden, wenn diese Unterscheidung in der
Behandlung der Ethik aufgegeben wird.

=Kant= hat mit dieser Disposition begonnen, insofern er die Theologie nur
als »Ethico-Theologie« anerkennen wollte, so daß erst nach der Ethik der
Katechismus folgen dürfe, aber er hat diese Disposition nicht
aufrechterhalten, da er dennoch eine »Religion innerhalb der Grenzen der
bloßen Vernunft« auf die »Kritik der praktischen Vernunft« und auf die
»Metaphysik der Sitten« folgen ließ. Es bleibt die Frage, ob die
Religion innerhalb der bloßen Vernunft nur die Eigenart, oder auch die
Selbständigkeit der Religion behauptet.

10. Wenn nun aber die Unterordnung unter die Erkenntnis von der Religion
durchgeführt ist, so bleibt das positive Problem der =Eigenart= übrig. Was
kann neben der Erkenntnis und ihr =gleichartig= die Religion zu versorgen
haben? Hier stehen die intimsten Fragen der geschichtlichen Tradition
und die zartesten Obliegenheiten der geschichtlichen Gesinnung auf dem
Spiele. Was als Pietät der geschichtlichen Kultur zu denken und zu
pflegen ist, das bezieht sich vornehmlich auf die Hütung und Deutung der
religiösen Quellen, Denkmäler und Institute. Wie in der Kunst die
=Idealisierung= die legitime Methode ist, so nicht minder in der
Kunstpflege der Religion.

Die Idealisierung bildet die Vermittlung hier zwischen Erkenntnis und
Kunst. =Kunst= ist es, was in der Technik, in der Handhabung, in der
Charakteristik, in der gesamten Interpretation des Religionswesens zu
leisten ist. Hier darf die Kollision zwischen der Wahrheitforschung der
Wissenschaft kein sachliches Hemmnis bilden. Die Grenzen der
Subjektivität müssen mit Einsicht und Toleranz anerkannt werden bei der
Differenz der religiösen Überzeugungen. Diese muß natürlich und
unvermeidlich eine Differenz bilden in der Interpretation der religiösen
Quellen. Solange man die Stellen im =Jesaja=, die vom =Messias= sprechen,
auf Christus bezog, ergaben sie einen anderen Sinn, als bei der vom
Christentum unabhängigen Auffassung. Und was vom Messias jetzt allgemein
zugestanden werden muß, müßte ebenso auch eingesehen werden für alle
anderen Fragen des Gottesbewußtseins. Das Bild der =Psalmen=: »der Herr
ist mein Hirte« erscheint in anderem Lichte, wenn Christus, als Lamm
Gottes, zugleich der treue Hirte ist. Und das Bilderverbot des Dekalogs
und der Gedanke der Einzigkeit Gottes nehmen eine geistige Änderung an
unter dem wie immer geistigen Gesichtspunkte der Trinität.

11. =Kant= ist daher von einem richtigen Wahrheitsgedanken geleitet
worden, als er die =Erhaltung einer Professur für das alte Testament in
der hebräischen Ursprache= forderte. Denn was wir bisher aus dem
psychologischen Gesichtspunkte und aus dem der Toleranz demgemäß als
Pietät forderten, das ist auch streng wissenschaftlich geltend zu
machen. Die =Übersetzung= in eine andere Sprache ist immer die Umgießung
in ein anderes Gepräge des Geistes, so daß die Umwertung dabei
unvermeidlich ist. Wird aber wenigstens die Sprache erhalten, so bildet
der veränderte religiöse Horizont kein unüberwindliches Hindernis mehr
für die Aufnahme des geistigen Inhalts in seiner ursprünglichen
Bedeutung. Daher ist =die hebräische Urform= die unerläßliche
Voraussetzung für das richtige Verständnis der alttestamentlichen
Gedanken.

12. Was aber für das alte Testament gilt, das muß weiter gefordert
werden für die aus ihr hervorgegangene jüdisch-religiöse Literatur,
deren Homogeneität mit den Urquellen unverkennbar ist. Des alten
Testaments selbst wegen ist daher die Erforschung von =Talmud= und
=Midrasch=, sowie nicht minder auch der religiösen und insbesondere der
=religionsphilosophischen= Literatur des Mittelalters als eine Forderung
der wissenschaftlichen Wahrheit anzuerkennen.

Aus dem Kriterium der Wissenschaft ist diese Forderung auch zu
erstrecken auf die Erforschung der gesamten späteren =christlichen=
Literatur: nicht allein für das richtige Verständnis des neuen
Testaments ist sie selbstverständlich, sondern auch auf die ganze
fernere Entwicklung der religiösen Probleme im =Kulturbegriffe= des
=Christentums= muß sie zutreffen. Denn eine =einheitliche= Erkenntnisweise
bildet hier das Problem, das daher auch nur kraft einer einheitlichen
Methode zu bewältigen ist. Das Prinzip der Einheit des Bewußtseins gilt
zunächst auch für die =Entwicklung= als eine einheitliche, gleichartige,
welche die Eigenart der Religion von ihren Ursprüngen an zu durchlaufen
hat.

13. Endlich auch ist =Kants= Gedanke aus seinem »Streit der Fakultäten« in
Ehren zu halten, der die =philosophische Fakultät= als die allgemeine
wissenschaftliche Instanz auch für die Theologie zur Grundforderung
machte. Durch diesen organisatorischen Grundgedanken ist nicht nur dem
Universitätswesen erst die methodische Fundamentierung gegeben und
gesichert, sondern auch alle kirchlichen Streitigkeiten werden durch
diese wissenschaftliche Vorsicht hinweggeräumt, insofern der methodische
Urboden als ein gemeinschaftliches Gut für alle Wissenschaften, und
demgemäß auch für die Religion festgelegt wird.

So wird die Religion im Anschluß an die Erkenntnis als Eigenart
gesichert, indem ihre Selbständigkeit, die nur ein unsystematisches
Vorurteil ist, erledigt wird. Und die Einheit des Bewußtseins hat
dadurch ihren festen Mittelpunkt, ihren unverrückbaren Schwerpunkt
erlangt. Jetzt kann sie von keinem Anspruch mehr gestört werden. Kein
Anspruch des =Gemütes= kann Anerkennung verdienen, der dem =Grundsatze der
einheitlichen wissenschaftlichen Wahrheit= widerspricht und Abbruch tut.
Es ist der Triumph systematischer Methodik, was hierdurch für die
Religion, für ihre Eingliederung in das systematische Glied der
Erkenntnis, für ihre Einordnung in die Einheit des Kulturbewußtseins
gewonnen wird. Alle Forderungen des Gemütes, alle Ansprüche der
geschichtlichen, der literarischen, der nationalen =Pietät= selbst werden
befriedigt. Die Einheit der Erkenntnis ist die Parole für die Eigenart
der Religion.

       *       *       *       *       *

14. Gegenüber der =Ethik= innerhalb der Einheit des Bewußtseins hat die
Eigenart der Religion einen schweren Stand. Denn die ethische =Autonomie=
scheint das ganze Gebiet der persönlichen Sittlichkeit notwendig und
zureichend zu verwalten. Wenn dagegen die christliche Religion in
Christus den =Mittler= zwischen Gott und Mensch annimmt, so konnte sie die
=Idee Christi= nur als die =Idee der Menschheit= deuten, wenn auch nur der
Schatten einer Autonomie verteidigt werden sollte, geschweige daß =Kant=
anders als in dieser Idee die =zweite Person der Trinität= hätte fassen
können.

Und ebenso verstehen wir die gegenwärtigen Bewegungen der
=protestantischen Theologie= in dieser Richtung. Mehr oder weniger streng
bewußt zielen sie auf die Vereinbarung des =Mittlers= mit der Autonomie.

Hierin besteht das schwerste Problem der systematischen Religion
gegenüber der historischen Kultur. Wenn anders dagegen auch für das
Christentum der Schwerpunkt der Religion im reinen Monotheismus liegen
muß, so daß dem Begriffe des einzigen Gottes gegenüber der Begriff
Christi nur ein sekundärer Begriff sein kann, so muß es der ferneren
Entwicklung der ethischen, sowie der geistigen Kultur überhaupt,
zugewiesen werden, an diesem Grenzfalle zwischen systematischer Religion
und Kulturgeschichte allmählich Klärung zu schaffen. In den Grenzen der
Religion gehen wir den Weg des =reinen= Monotheismus, der =keinen Mittler=
zwischen Gott und Mensch, und keinerlei Deutung und Idealisierung eines
solchen für die lebendige Religion zuläßt.

15. Nach dem Grundgesetze der =Autonomie= hat jedes menschliche Individuum
zwar seine Schwachheit, seine =Sündhaftigkeit= zu erkennen, aber mit
unbedingter Selbständigkeit seine Befreiung, seine =Erlösung= von dem
Bewußtsein seines Abstands von dem sittlichen Ziele mit unablässigem
Eifer =anzustreben=. Nur seine =eigene= sittliche Arbeit kann ihm Hilfe
bringen. Es muß sein ganzes Selbst auf diese sittliche Arbeit
konzentrieren, um ihren Sinn und Geist zu betätigen und zu erfüllen. Es
wird nun aber von dem geraden Wege dieser sittlichen Arbeit abgelenkt,
wenn es auch nur den Gedanken aufkommen läßt, daß ein Mensch oder selbst
ein Gott ihm bei seiner menschlichen, selbständig menschlichen Arbeit
einen unentbehrlichen =Beistand= zu leisten hätte. Die Ethik muß in ihrer
Herrschaft über den Menschen ohne Einschränkung anerkannt werden.

16. Indessen was für das =Streben= gilt, gilt nicht auch für das
=Gelingen=. Die individuelle Schwäche hängt doch auch mit der allgemein
menschlichen =Schwachheit= zusammen. Und so liegt es schon im Bewußtsein
des =individuellen= Abfalls von der Pflicht, daß die allgemeine
Schwachheit anerkannt wird, und die menschliche =Unzulänglichkeit=, über
die Schwachheit obzusiegen.

Hier tritt die Eigenart der Religion, in der Korrelation des Menschen
mit Gott, in das System ein. Sobald der Mensch in der Erkenntnis seiner
=Sünde= sich als =Individuum= erkennt und entdeckt, so tritt sein
persönliches Verhältnis mit Gott in sein Bewußtsein ein. Als =Individuum=
kann er nicht isoliert bleiben in seiner sittlichen Erkenntnis. Aber
wenn selbst die ganze Menschenwelt sich um ihn versammelt, so könnte er
von dem Gedanken seiner Verlassenheit und Vereinsamung nicht befreit
werden, wenn er nicht in die Korrelation mit Gott eingestellt würde. In
Gott hat er seinen Schwerpunkt für seine sittliche Welt gewonnen. In
Gott hat er daher auch den Angelpunkt seiner =Befreiung= von dem
notwendigen Bewußtsein seiner Belastung zu erkennen.

=Die Bedeutung Gottes besteht nunmehr in dieser persönlichen
Bürgschaft=, nicht mehr nur in der menschheitlichen überhaupt. Der
Unterschied der religiösen Eigenart von der ethischen Bedeutung Gottes
wird evident. Diese steht nur ein dafür, daß es der Sittlichkeit niemals
an der =Menschenart= mangelt, so daß die Sittlichkeit auf Erden sich
nicht verwirklichen könnte. Aber daß =ich selbst in meiner isolierten
Individualität= mit meinem redlichen Bemühen um =meine= Sittlichkeit, um
ihre =Erhaltung= und =Wiedergewinnung= zustande komme, das kann mir der
Gott der Menschheit nicht an sich verbürgen. Die Allheit, als welche die
Menschheit zu denken ist, verbürgt nicht die Individualität, =als
solche=. Dazu bedarf ich Gottes, als =meines= Gottes. =Mein eigener Gott
ist der Gott der Religion.=

17. Wir erkennen die Eigenart, zugleich aber auch die Angliederung an
die Ethik als Voraussetzung. Der religiöse Gott ist nicht selbständig,
sondern durch die Ethik bestimmt. Und nur im innigsten Anschluß an die
Autonomie und nur unter ihrer strengsten Aufrechterhaltung kann der
religiöse Gott der Gott des ethischen Menschen werden. So begründet sich
auch hier für die Einheit des Bewußtseins die Eigenart der Religion erst
auf dem Grunde ihres Unterschiedes von der Selbständigkeit, mithin auf
ihrer Einordnung in die ethische Grundbedingung. Und wenn =Kant= den
Unterschied zwischen Religion und Ethik in die Auffassung des
Sittengesetzes, als eines göttlichen Gebotes setzt, so darf in seinem
Geiste das göttliche Gebot nimmermehr als Widerspruch oder auch nur als
Einschränkung der Autonomie gedacht werden. Im Grunde kann ja aber auch
der Autonomie nicht eine gleichsam psychologische Selbständigkeit
zugesprochen werden, so daß sie eine Unabhängigkeit von aller
literarischen Einwirkung zu bedeuten hätte. Einen solchen Widersinn
gegen die menschliche Bildung und Erkenntnis kann sie wahrlich nicht
bedeuten.

Es bliebe daher nach Kant für die Religion die Bedeutung offen: daß in
ihr das Sittengesetz, welches für die Ethik als Autonomie gilt, in
Übereinstimmung, in Identität gedacht werde mit dem Gebote Gottes. Woher
aber weiß ich von dem Gebote Gottes? Die religiösen Urkunden können mir
Belehrung geben, aber keine autoritative Anweisung. Die Deutung des
Sittengesetzes, als des göttlichen Gebotes, kann sich daher nur erklären
und rechtfertigen aus der Ansicht, daß ich aus eigener Vernunft, mithin
aus Autonomie sie vollziehe. Und ich tue dies, weil und sofern ich
Religion definieren, schaffen und begründen will.

18. Es bleibt daher nur die Frage, welche Berechtigung mir noch zusteht,
diese Definition zu machen. Darauf antwortet unsere Methodik, insofern
sie den systematischen Begriff der Religion festzustellen sucht. Zu
dieser Feststellung gehört es, daß nicht nur die Angliederung an die
Ethik hergestellt wird, sondern daß auch die Eigenart klargestellt
werde. Und diese Klarstellung wiederum macht es erforderlich, daß nicht
nur die Korrelation zwischen Mensch und Gott sich einstellt, sondern
dieser Eintritt Gottes in das Blickfeld des Menschen =muß seinem Werte
nach= auch aufgehellt werden aus dem Gesichtspunkte der Einheit des
Bewußtseins =für alle Angelegenheiten unseres sittlichen Berufes=. Es
würde sonst scheinen, als ob der Begriff Gottes zwar zulässig sei, aber
wenn man sich des Bewußtseins der =Sünde= entschlagen, und alle sittliche
Arbeit auf die Autonomie übertragen wollte, daß alsdann Gott und mit ihm
die religiöse Eigenart sich erledigen ließe. Es könnte ja kontrovers
bleiben, ob das Bewußtsein der Sündhaftigkeit sich nicht schlechterdings
deckt mit der Erkenntnis eines momentanen Abfalls, welche letztere der
Autonomie selbst zugerechnet werden könnte.

Aus diesem Zweifel heraus entsteht überhaupt die Meinung, daß =das
religiöse Bewußtsein= eine =Spezialität= und eine überkommene
Absonderlichkeit sei, deren wirklicher Kulturwert durch die reine
Sittlichkeit hinlänglich und besser ersetzt werden könnte. Nach diesem
Gedanken wird die Möglichkeit der religiösen Eigenart hinfällig. Wir
wollen nun versuchen, unsere Methodik auch zur Entkräftung dieses
gefährlichsten Einwands nutzbar zu machen; wollen =das allgemein
Menschliche= der Religion zu erkennen suchen, nicht nur ihre theologische
Spezialität, welche eine Selbständigkeit für sie ausmachen würde.

19. Der Ertrag der Korrelation mit Gott besteht für den Menschen in
seinem Begriffe als Individuum, als Individuum seiner intimsten
Sittlichkeit. Die Bedeutung der Religion muß sich daher erkennen lassen
in der Bedeutung, welche sie für die Auswertung des Individuums hat,
allezeit gehabt hat und für alle fernere Entwicklung haben kann. Die
sittliche Kultur kämpft hauptsächlich mit der Antinomie zwischen der
=Gemeinschaft= und dem Individuum. Und den verschiedenen Begriffen, welche
=Recht= und =Staat= für die Gemeinschaft zur Entwicklung bringen,
entsprechen auch die verschiedenen Bedeutungen des Individuums. Das
Individuum wird =juristische Person=. Aber auch als solche unterliegt es
den Schwierigkeiten, welche Wirtschaft und Verkehr, Arbeit und
=Arbeitsvertrag= über das Individuum verhängen. So erklärt sich im neueren
Recht und in der neueren Politik die Richtung auf die =Genossenschaft=, in
welcher das Individuum seinen Leib und seine Seele verkörpern soll.

20. Dahingegen wird es vielfach in dieser Richtung der Politik fühlbar,
daß dem sittlichen, =dem ethischen Individualismus=, =der persönlichen
Verantwortlichkeit= durch die Konzentration des Individuums auf seine
relative Gemeinschaft Abbruch geschieht. Das Individuum wird juristisch
gesichert, aber ethisch gefährdet. So wird es verständlich, daß gerade
die soziale Grundtendenz der neuen Zeit das religiöse Bedürfnis
aufrechterhält: um das Problem des Individuums gegen das
allbeherrschende Prinzip der Gemeinschaft in Kraft zu erhalten. Schon
das Bewußtsein der individuellen persönlichen Verantwortlichkeit bedarf
sorgsamer Hütung bei diesem Schutze der Individuen innerhalb ihres
Milieus.

Die persönliche Verantwortlichkeit des Individuums, seine
Verantwortlichkeit für alle seine Handlungen, seine Pflicht, alle seine
Handlungen auf seine sittliche Autonomie hin zu prüfen, zu regeln, zu
leiten und zu beleuchten, darf nicht geschmälert werden durch das
moderne Bewußtsein von seinem sozialen Schicksal. Seine
Verantwortlichkeit kann aber nur dann ernst, innig, fest und stark
werden und bleiben, wenn trotz dieser sozialen Einsicht, und gleichsam
ihr entgegengesetzt das Bewußtsein geweckt wird und wachbleibt: daß
jeder Mensch, und wäre er in Ketten geboren, frei ist, =sofern er frei
sein soll=, sofern er sich die Aufgabe stellen soll, frei sein zu wollen.
Diese Einsicht gibt die Lehre der Ethik, und auf ihr beruht alle
ethische Arbeit. Aber es ist der =Kulturwert der Religion=, diese ethische
Einsicht lebendig zu erhalten, damit sie nicht verdunkelt werde von der
sozial-ethischen Einsicht, welche das Individuum zu befreien strebt
durch diese Erkenntnis und durch die Machtmittel der Gemeinschaft. Ohne
diese Hilfe der Religion für die Erhaltung des Individuums besteht die
Gefahr, daß die sozial-ethische Einsicht den anderen Gedanken verdrängt,
weil er für die theoretische Einseitigkeit ein Hemmnis, und ferner auch
allgemein ein mystisches Vorurteil zu bilden scheint. Dagegen hat die
Religion ihre Eigenart einzusetzen.

21. Es ist nun wahrlich nicht etwa hier die Meinung, daß die Religion an
die Stelle der Ethik zu treten hätte: es handelt sich ja keineswegs um
ihre Selbständigkeit. Ihre Eigenart bedeutet ja nur, daß sie als ein
Faktor der systematischen Kultur mitzuwirken habe, um die Einheit des
menschlichen Kulturbewußtseins zustande zu bringen. Diese Einheit des
Kulturbewußtseins aber =ist durch die Individualität bedingt=. Und alle
soziale Gemeinschaft muß am letzten Ende doch in diese Individualität
einmünden. So ist die Eigenart der Religion eine Grundbedingung der
systematischen Einheit des modernen Kulturbewußtseins.

22. Man darf auch nicht vergessen, daß die Fabel von den =drei Ringen=
doch nicht die Bedeutung hat, den Vorzug der einen der drei Religionen
in systematischer Richtigkeit zu bedeuten. Das Kennzeichen, das die
Fabel für ihre Richtigkeit angibt, können wir in unserem Sinne
verstehen: =daß die Sittlichkeit das Kriterium der Religion sei=.
Innerhalb der historischen Verhältnisse aber ist es ein besonderer
Tugendweg zur Sittlichkeit: daß der historischen Religion gegenüber, in
die das Individuum hineingeboren ist, Treue, Bekenntnistreue geübt
werde. Diese Treue hat sich in der =Kulturarbeit der Idealisierung= zu
betätigen, deren jede monotheistische Religion fähig ist, sofern ihre
Wahrheit dem Grundgesetze der Entwicklung unterworfen wird. Durch sie
wird die Gefahr beschworen, die in der Überlastung der Pietät mit der
historischen =Tradition= besteht, welche letztere die persönliche
Verantwortlichkeit und die individuelle Freiheit ihr gegenüber
beeinträchtigen kann. Die logische Grundbedingung, die wissenschaftliche
Kontrolle bildet hier eine unentbehrliche und eine sichere Stütze.

23. Ein nicht hoch genug zu schätzender Vorzug der Religion liegt unter
dieser Grundbedingung endlich darin, daß sie von dem Verhängnis der
=Mystik= befreit und von den Schlingen der =Metaphysik=, die den Geist
bedroht, wenn er von der Korrelation mit Gott sich freimachen will. Die
mythologischen Fragen nach dem =Schicksal= des Menschen und der Welt
erlangen alsdann die Oberherrschaft über ihn, und sie entziehen ihn den
historischen und =sozialpolitischen= Aufgaben, mit denen die Religion
unmittelbar verknüpft ist.

24. Die echte historische Pietät dagegen führt auf geradem Wege zur
=Toleranz=, und das will hier sagen, zur wissenschaftlichen
=Objektivität=, die sich des anmaßenden Urteils über die =Absolutheit= der
eigenen Religion enthält. Während das wissenschaftliche Urteil von dem
Maße der =Entwicklung= geleitet wird, dessen eine der historischen
Religionen fähig und mächtig sei. Für alle Entwicklung der Religion aber
muß der Begriff des einzigen Gottes der unveränderliche Schwerpunkt
bleiben. Dieser Begriff selbst hingegen gehört der Entwicklung an, und
=mit dem Begriffe des Menschen und der Menschheit ist auch der Begriff
des einzigen Gottes das zentralste Problem der Entwicklung des Geistes
der Kultur=.

25. =Dieses Schwerpunktes der Religion wegen muß das Judentum für alle
Entwicklung der Religion das unerschütterliche Fundament bleiben.= Nicht
nur die historische Originalität bestätigt diesen Gedanken, sondern er
wird selbst auch durch die Abweichungen vom reinen Monotheismus
begründet, durch welche das =Christentum= sein historisches Recht erworben
und behauptet hat. Man könnte daher wohl sagen, daß das Christentum
wegen der Bedeutung der =Idee Christi=, als der =Idee der Menschheit=, mehr
die Autonomie der Sittlichkeit vorbereitet habe, als es die Entwicklung
der Religion im Prinzip des Monotheismus gefördert habe. Für die
Entwicklung der Religion bleibt der prophetische Monotheismus der
Wegweiser der Menschheit. Und da die Autonomie nunmehr durch die Ethik
sichergestellt ist, und mit ihr der ethische Inbegriff der Idee der
Menschheit, so können die Gebote Gottes nur als Hinweisungen und
Anleitungen zur Autonomie gewürdigt werden. Jenseits der Autonomie aber
liegt der Sinn der Idee Gottes für die Ethik der Menschheit nur in der
Isolierung der Menschheit auf das Individuum des Menschen.

       *       *       *       *       *

26. Die Religion bedarf endlich aus dem Gesichtspunkte der =Einheit des
Bewußtseins= der Orientierung durch die =Ästhetik=.

Mit dem Schönen ist die Religion immer verbunden worden, daher wurde für
beide das Gefühl angerufen. Und auch als =Phantasie= glaubt =Natorp= ihren
Quell richtig zu bezeichnen. Man wird hierbei an =Lange= erinnert, der die
Metaphysik als »Ideendichtung« gerecht und billig zu würdigen glaubte.
Wie aber dadurch der Idealismus nicht methodisch begründet wurde, so
müssen wir auch gegen die Würdigung der Religion als Phantasieschöpfung
und als Gefühlsbildung Widerspruch erheben: magis amica veritas -- und
unsere Wahrheit ist die systematische Begründung der Religion.

Der Gedanke an =Lange= schon enthebt uns dem anderen Freunde gegenüber der
Verwahrung, als ob die drangvolle Macht von uns verkannt würde, mit
welcher durch =Natorp= die Übermacht der Religion über alle Aufgaben, über
alle Kräfte, Sorgen und Erhebungen des menschlichen Geistes dargestellt
wird. Wir nehmen dabei auch keinen Anstand an den Anknüpfungen, welche
mit seiner bisherigen Psychologie hier vorliegen. Wir nehmen auch diese
Gedanken, wie den einer »ursprünglichen Konkretion des unmittelbaren
Erlebens« nur in der Grundtendenz, welche die Begründung der Religion
als »das unmittelbare Leben der =Seele=« bildet.

Aber gerade dieser an sich tiefreligiöse Gedanke ist es, dem wir uns aus
unserem systematischen Gesichtspunkte nicht anschließen können. Gerade
die =Unmittelbarkeit= des Lebens der Seele wollen wir von der Religion
fernhalten; gerade ihre durchgängige Vermittlung mit allen Richtungen
des Kulturbewußtseins möchten wir feststellen und sicherstellen. Es soll
daher auch die Befestigung der Religion nicht in einem =Übergewicht= der
Religion über alle geistigen Kräfte des Menschen begründet werden.

Auch die Konsequenzen dieser Ansicht müssen wir daher ablehnen. Die
Religion darf nicht die Gewißheit des =Unendlichen= enthalten, während
das Unendliche für alle Aufgaben des Geistes uns immer nur =Aufgabe=
bleibt. Sie darf nicht des Suchens sicheres Ende zu bedeuten haben,
nicht die Ruhe von allem Welttreiben, weil sie sonst zu den Aufgaben des
Unendlichen, die dem menschlichen Geiste obliegen, in Widerspruch treten
würde; weil es bei der Ruhe von allem =Welttreiben= für den ethischen
Geist des Menschen keine Ruhe im Ewigen geben würde: weil die Religion
dem ethischen Geiste schlecht und recht eingeordnet werden muß. Der
Konflikt zwischen Religion und humaner Kultur kann keineswegs das
eigentliche Problem der Religion sein, da ja die Religion nach =Natorp=
selbst nur »innerhalb der Humanität« Entstehung und Bestand hat. Der
Ausgleich des Konfliktes ist das Problem der Religion, nicht die
Lossagung von ihm. Und diesen Ausgleich hat die systematische Religion
zu vollziehen.

27. Auch die =Einheit des Bewußtseins= ist systematisch festzuhalten. Sie
bedeutet keineswegs für die Religion die »ungeteilte Einheit des
Menschenwesens«, die über Logik, Ethik und Ästhetik hinausgehende
»Universalität«; sondern die Einheit ist vielmehr die systematisch
eingeteilte und abgeteilte. Und einen =Teil= dieser Aufgaben allein bildet
das =Gefühl=, als das des reinen ästhetischen Bewußtseins. Dagegen kann
dem Gefühl nicht, als Religion, die Aufgabe zufallen, über alle
unendlichen Aufgaben hinaus, irgendeinen Anspruch zu erheben: ein
systematischer könnte es nicht sein.

28. Unsere Differenz beruht darauf, daß hier die Korrelation von Mensch
und =Gott= das Problem bildet, während =Natorp= von dieser Grundbedingung
absieht, und allein von der Ausdeutung des menschlichen Bewußtseins
ausgeht, in diese sich vertieft, und in dieser Vertiefung sich nicht
genugtun kann, um nur für die höchste Selbständigkeit der Religion das
menschliche Bewußtsein auszuschöpfen. Die Korrelation dagegen fordert
die Eigenart, aber nicht die Selbständigkeit. Daher tritt unvermeidlich
der Schwerpunkt Gottes und mit ihm alles Unendlichen an und für sich
zurück gegen den des endlichen Menschen.

Sobald aber die Unendlichkeit des Suchens in der =Ewigkeit der Ruhe=, als
der Ruhe im Ewigen, abgeschlossen wird, so bleibt es eben immer nur
letztlich beim Leben der Seele, als der endlichen Menschenseele. =Die
Korrelation dagegen spannt das Leben der Seele auf die Schwebe mit dem
Sein Gottes.= Und von dem strengen Gedanken der Korrelation aus wird die
Analogie mit jedem =Teilgebiet der Einheit des Bewußtseins= hinfällig: mit
der Erkenntnis, mit der Sittlichkeit, geschweige mit der Kunst.

29. Freilich gehen, wie ja =Wilhelm von Humboldt= sagte, von jedem
Kunstwerke Strahlen ins Unendliche aus. Aber das Unendliche, welches den
Reflex des Kunstwerkes bildet, ist nicht identisch mit Gott, noch mit
seinem Korrelat. Im Kunstwerke deckt sich jene Unendlichkeit mit dem Ich
des reinen Gefühls. In der Religion soll keine identische Deckung
erfolgen, sondern die Korrelation allein die Aufgabe bleiben. Das
ästhetische Gefühl überspannt das Menschenmaß in der künstlerischen
Darstellung der Natur des Menschen. Daher entsteht vor diesem Anblick
der idealen Menschennatur jene =Rührung=, die gemeinhin für moralisch,
sogar für religiös gehalten wird, die aber vielmehr rein und echt
ästhetischen Blutes und Charakters ist.

30. =Die religiöse Rührung= dagegen bezeugt sich in der Demut des
Menschenherzens, in dem bereitwilligen Geständnis seiner Schwachheit,
die zugleich durchleuchtet ist von dem Troste seiner Befreiung, seiner
Erlösung aus dem Staube zu der unverlierbaren Kraft seiner
ursprünglichen göttlichen Seelenreinheit. Der Erdenstaub kann ihn nicht
beflecken, sein heiliger Geist geht immer wieder zu Gott zurück, der ihn
gegeben. Was nach =Kohelet= vom Ende des Menschen gilt, das bezieht sich
auch auf jeden Moment seines Daseins, seines Irrens und seines
sittlichen Ringens: die Korrelation bringt ihn immer zu Gott zurück.

31. So behauptet sich die Eigenart der Religion auch dem Gefühle und der
reinen ästhetischen Selbständigkeit des Bewußtseins gegenüber. Auch in
diese Selbständigkeit hat sie sich als Eigenart einzuordnen. =Das
Unendliche, welches die Aufgabe der Kunst ist, wird von der Kunst aus
der Kultur als Religion aufgenommen.= Die Kunst stellt Gott dar, und das
Gedicht und den Gesang von Gott nimmt sie in ihre Bearbeitung. Hierbei
ist die Religion aber nur =Stoff=, wie der Mythos dies ist. Und in der
Bearbeitung dieses Stoffes erwirbt sich die Kunst nebenbei nicht geringe
Verdienste um die Läuterung des religiösen Inhalts. Dies gilt nicht nur
für Homer und seine Schöpfung der griechischen Götter, sondern ebenso
auch für den Psalmendichter in seiner sittlichen Klärung des Begriffs
vom einzigen Gotte. Für Kultur und Geistesentwicklung ist so der
Zusammenhang zwischen Religion und Kunst hinlänglich klargestellt.

32. Indessen muß dieser Zusammenhang systematisch geordnet und gesichert
werden. Aus diesem Gesichtspunkte ergibt sich auch der Kunst gegenüber
die Eigenart der Religion. Sie hört auf, Stoff der Kunst zu sein, und
wird auch der Kunst gegenüber, zwar nicht ein selbständiger, aber ein
=eigenartiger Faktor der Einheit des Bewußtseins=. Keineswegs bleibt das
Bewußtsein der Kultur an die Kreisbahn der Kunst steuerlos gebunden, so
daß wir, als religiöse Menschen, dem Zauber der Mythologie preisgegeben
blieben. Wir bestreiten, daß es immerfort bei den heidnischen
Unterströmungen der monotheistischen Religion, die vielmehr vorzugsweise
ästhetischer Natur sind, zu verbleiben hätte. Wir bestreiten, daß der
Gedanke Gottes, in seiner Korrelation mit dem Menschen, immerfort an den
ästhetischen Zwang des =Mythos= gebunden wäre. Aller Kunst, ihren
Bedingungen und ihrer Grundkraft des ästhetischen Bewußtseins gegenüber
suchen wir den Gedanken Gottes zu begründen und als eine =Eigenart= des
Bewußtseins für dessen =wahrhafte Einheit= zur reinen Bestimmung zu
bringen -- durch seine Korrelation mit dem Gedanken des Menschen. Und
dieselbe Klärung fördert auch für den Begriff des Menschen seine
Korrelation mit Gott. So vollzieht sich der systematische Begriff der
Religion: =Gott mit dem Menschen, und der Mensch mit Gott.=

33. In unserem Grundgedanken der Korrelation begegnen wir uns mit einer
neuesten Darlegung von W. =Herrmann= über »die Wirklichkeit Gottes«. Aus
der Wirklichkeit sittlicher Erfahrungen und Erlebnisse an den Menschen
sucht er die Wirklichkeit Gottes zu erweisen. »Das ist das Eigentümliche
des israelitischen Monotheismus, daß hier der Gedanke des Einen
allmächtigen Gottes allein aus den Erfahrungen erwächst, die dem
sittlichen Verkehr mit Menschen angehören.« Wir möchten nun diesen
Gedanken nicht nur in seiner geschichtlichen Richtigkeit für die
Propheten Israels aufnehmen, sondern aus dem Gesichtspunkte der
Wirklichkeit auch die Folgerung, die daraus für die Einheit des
Bewußtseins gezogen wird: »=Die zuerst in dem israelitischen Monotheismus
erschienene Religion stellt allein die Einheit des Bewußtseins im
Menschen dar.=« Dennoch aber müssen wir auch dieser tiefen Ansicht
insoweit entgegentreten, als auch sie »die innere Einigung des
Lebendigen« der Religion allein vorbehält. Dieser Anspruch übersteigt
sogar den der Selbständigkeit, während wir nur Eigenart fordern, und nur
Eigenart uns befriedigen kann.

34. Dahingegen eröffnet uns die gesuchte Eigenart der Religion einen
wichtigen Einblick in das Wesen des Menschen, ohne den sein innerliches
Leben und die Einheit des Menschen eitel Schein und Blendwerk sei. Und
hier gerade löst sich das Rätsel von der Erscheinung des =Christentums=
innerhalb der Entwicklung des Monotheismus auf eine ergreifende Weise.
Das Christentum hat nicht nur das Bewußtsein der =Sünde=, das =Jeremia= und
=Ezechiel= besonders ergründet haben, zu dem Problem der =Erlösung=
weitergeführt; nicht nur als den Erben der Sünde hat es den Menschen
gefaßt, sondern auch als den =Träger des Erdenleids=. Die Sünde wird
gleichsam in den Begriff des =Leidens= einbezogen.

Schon =Hegel= hat daher das Christentum »die Religion des unglücklichen
Bewußtseins« genannt. Und unser =Albert Lange= hat in dem Schlußkapitel
seiner »Geschichte des Materialismus« von seinem Sozialismus aus diesen
Gedanken aufgenommen, wie denn ihm »O Haupt voll Blut und Wunden« das
Kernlied seines Glaubens war. Das Elend ist das Los der Welt, in dieser
geschichtlichen Einsicht versteht der soziale Ethiker die Erscheinung
und die Wirksamkeit des Christentums. Die neuere Zeit hat daher auch die
sittlichen Reformbestrebungen als »praktisches Christentum« bezeichnet,
wenngleich gerade die theologischen Urheber dieser Bestrebungen in den
siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts auf die soziale Gesetzgebung
des =Mosaismus= in literarischen Untersuchungen zurückgingen. Das Leiden
des Menschen wurde der Wert und die Würde des Menschen. So ist das Kreuz
der Hirtenstab der Menschen geworden. Das Leiden allein gibt die rechte
Weisung für das Verständnis des Menschenwesens und der Geschichte des
Menschengeschlechts.

35. Aber das Leiden des Menschen wird ja von Gott verhängt, nicht von
einem Schicksal, dem die Götter selbst unterworfen wären. Welchen Sinn
kann es vom Gedanken Gottes aus haben, daß er die Dornenkrone des
Leidens zum Strahlenkranz des Menschen macht? Die Theodizee hat bei
dieser Frage ihre schwerste Probe zu bestehen. Würde es sich nur um ein
zeitweiliges Leiden einzelner Individuen handeln, so könnte der Zweck
der Erziehung eine leidliche Aufklärung geben. Aber die Frage wird nicht
einmal richtiggestellt in der ursprünglichen Fassung, warum es dem Bösen
gut, und dem Guten schlecht ergehe; denn es ist ja mindestens ebenso zu
fragen, ob es schlechte und gute Menschen gibt, wie, ob überhaupt
irdisches Wohlsein und Elend ein Trugbild der Einbildung sei.

Vielleicht ist es das allertiefste Zeugnis der altbiblischen
Sittlichkeit, daß sie den ursächlichen Zusammenhang zwischen Sünde und
Leid durchbricht und aufgibt. =Das ist der Sinn des Buches Hiob=: daß die
schönen Reden der Freunde als konventionelle Predigten von Hiob abgetan
werden, und daß Gott selbst dem Hiob recht gibt in seinem Bewußtsein:
daß er =unschuldig= leidet.

So lehrt der altbiblische Monotheismus als letzte Konsequenz: das Leiden
gehört zum Wesen des Menschen. Denn der Leidensheld Hiob stellt das
=Ideal des Menschen= dar.

36. Auch die Entwicklung des =Messianismus= hat zu diesem Höhepunkt des
ethischen Monotheismus geführt. Der Messias, der ursprünglich der »Sproß
Davids« war, um die »Hütte Davids« wieder aufzurichten, die vielmehr der
»Thron Davids« war und die politische Wiederherstellung des jüdischen
Reiches, dieser Messias fand noch nicht seinen Höhepunkt dadurch, daß er
zum »Lichte der Nationen« wurde, der alle Völker insgesamt zur
Erkenntnis des Einzigen Gottes vereinigen sollte: der zweite Jesaja
bezeichnet ihn als den »Knecht Jahves«. Aus dem König wird so ein
Knecht, und demgemäß tritt nun auch eine andere Gleichung in dieses
Grundwort der monotheistischen Entwicklung ein.

37. Bisher war die von der Christologie eingegebene Ansicht
vorherrschend, daß dieser Knecht Jahves den Messias immerhin auch nur
als eine Einzelperson, in deren Zeichnung das Bild =Christi= eintrat, zu
bedeuten habe. Jetzt ist die von den alten jüdischen Erklärern schon
gelehrte Ansicht die allgemein wissenschaftliche geworden, daß dieser
Knecht Jahves das =Volk= Israels vertrete. Und wie dieses Volk gleichsam
nach der Seite seines Umfangs zur Menschheit erweitert wird, so wurde es
zugleich seiner Qualität nach verengt dadurch, daß der »Rest Israels« an
die Stelle des Volkes Israels nunmehr tritt. Der Rest Israels wird der
Träger der israelitischen Frömmigkeit, gleichsam der geschichtliche
Bürge der Sittlichkeit.

Dieser Einschränkung des Volkes auf die »Frommen« in ihm entspricht nun
=die Gleichsetzung des Restes Israels mit den Frommen=. Hieraus ergab sich
aber wiederum eine neue Konsequenz, die aus dem tiefsten Mittelpunkte
der monotheistischen Sittlichkeit hervortrat.

38. Wir sagten, das Leiden sei das Erbteil des Menschen. In dieser
Fassung steht der Gedanke noch innerhalb des =Mythos=, bei dem das Leiden
sich vererbt, wie auch die Schuld. Wenn nun aber der Zusammenhang von
Schuld und Leiden abgebrochen wird, so muß auch das Leiden zu einer
genaueren Bestimmung gebracht werden, über dasjenige Merkmal hinaus, das
es an dem Lebensbegriffe des Menschen bildet. Das Leben und Sterben des
Menschen enthüllt noch nicht das Rätsel des Menschen. Am Individuum läßt
sich überhaupt der Begriff des Menschen nicht erkennen.

39. Wie der Messias an das Problem der Völker herantritt, so darf er
auch demjenigen Problem nicht entzogen bleiben, welches innerhalb des
Volkes die =Verschiedenheit der Stände= bildet: dem =Unterschied von arm
und reich=. Wie der Messias aus dem »König« ein »Knecht« wurde, so muß er
auch ein »Armer« werden. Und zu diesem Ende konnte ihn die Brücke
führen, daß er ja zum »Reste des Volkes« und als solcher zum »Frommen«
geworden war. Aber die geschichtliche Deutlichkeit war unumgänglich: der
Fromme mußte der Arme sein.

Die =Wortwurzel= der hebräischen Sprache hat hier den Sprachgeist erweckt,
den der Geist des Monotheismus erzeugte. Arm und Fromm gehören beide
derselben Wurzel an. Daher die =Anawim = Anijim=. Und es ist dabei noch
bezeichnend, daß der Arme nicht der Dürftige (Ebjon) ist, als welcher er
später in den =Ebioniten= eine Sekte der Frommen bildet, sondern der Arme
erscheint in dieser Wurzel in seiner psychischen Gestalt: als der
=Gedrückte=, so wird er als =Demütiger= zum Frommen. Nicht durch den Mangel
und das in demselben wurzelnde =Verlangen= wird der Arme gekennzeichnet,
sondern durch seine Gedrücktheit, die seine Pein bildet und darstellt.

40. Diese Entwicklung des messianischen Gedankens entspricht dem
politischen Grundmotiv des Messianismus und dem politischen Grundmotiv
des gesamten Prophetismus. Dichter und Prediger mögen über das Leid des
Menschen klagen: der politische Denker kümmert sich weniger um die
Schmerzen des Leibes und der Seele, die im Tode ihren Gipfel und ihr
Ende haben, sondern er faßt das Leiden in seinem politischen, seinem
sozialen Kerne: die Armut, sie ist das Leiden des Menschengeschlechts.
Und erst von ihr aus gewinnt es einen wahrhaften Sinn: daß auch der
Reichtum ein Leiden des Menschen sei.

So hat der prophetische Messianismus im =Sozialismus= die Erkenntnis vom
Menschen, von der =Geschichte= des Menschengeschlechts gewonnen. Das
Leiden ist keineswegs die =Strafe= des Armen für Schuld und Sünde, sondern
die Unschuld wird verfolgt vom Leiden, und die Armen sind die Frommen,
der Rest Israels, auf dessen Schultern die messianische Zukunft liegt.
Diesen Weg geht der prophetische Monotheismus bei dem Problem des Leides
und seiner Bedeutung für den Begriff des Menschen.

41. Nun aber mußte den Propheten aus dieser Lösung die beinahe größere
Frage entstehen: =wie ihr Gott diese Gleichung verantworten könne=. Und
ihr Sozialismus konnte sich sicherlich nicht durch die Antwort
beschwichtigen lassen, mit der der =Psalmendichter= sich allenfalls
zufrieden gibt: daß der Arme in seiner Frömmigkeit, in seiner =Gottesnähe=
sein Genügen finde.

Auch die messianische Zuversicht konnte ihn als Politiker nicht
befriedigen, daß Gott »am Ende der Tage« alles nach dem Rechten
einrichten und daß er dem Armen endlich zu seinem Rechte verhelfen
werde. Diese Trostgründe bleiben unerschüttert, aber sie bieten keinen
zureichenden Ersatz für den klaffenden Notstand der sittlichen
Religiosität, den die Einsicht bloßlegt: Gott selbst läßt den Frommen
zum Armen werden. Ist denn etwa der Reichtum schlechterdings ein Grund
des Abfalls? Und stände es selbst so um den =Reichtum=, gäbe es denn
keinen anderen Schutz vor ihm, als den die Armut darbietet?

Die Propheten konnten in ihrer politischen Aufrichtigkeit so nicht
denken; ihnen galt die Armut schlechthin als das Leiden der Menschen.
Und die Armen waren ihnen die Frommen. Demgemäß mußten sie aber auch
Stellung nehmen zu dem Doppelbegriff, dem Wechselbegriff von arm und
reich. Denn ihre sittliche Weitherzigkeit konnte auch bei der
Formulierung nicht stehen bleiben, die wiederum dem Psalmendichter
bequem war: die Reichen sind die »Gewalttätigen«, die Bösen. Die
Propheten mußten die Armen unter dem Gesichtspunkte ihrer Frömmigkeit in
Verhältnis setzen zu den =Reichen=. Damit aber entstand ein neuer,
tiefsinniger, aber verhängnisvoller Begriff in Verknüpfung mit dem
Leiden.

42. Das 53. Kapitel des =Jesaja= ist vielleicht das größte Wunder des
Alten Testaments. »Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis«. Dieses
Faustwort wird hier zur Wahrheit. Unter dem Gleichnis dieses Kapitels
erscheint alle bisherige Geschichte in ihrem innersten Werden. Und was
ist das Gleichnis, nach dem dieses Kapitel den Gang der
Menschengeschichte darstellt? Und soll das Gleichnis ein Rätsel sein,
oder aber des Rätsels Lösung? Was würde denn, als Rätsel, das Gleichnis
helfen, wenn es nicht die symbolische Lösung in sich trüge? Oder sollte
es kein ander Gleichnis für das Menschenleben geben als ein Rätsel, von
dem es keine Auflösung gibt?

Das Kapitel beginnt mit der Bezeichnung der Neuheit seiner Botschaft.
»Wer hätte unserer Kunde geglaubt?« Und was ist der Inhalt dieser neuen
Botschaft? »Wahrlich unsere Krankheiten, er hat sie getragen. Er ward
durchbohrt für =unsere= Missetaten, zerschlagen für unsere Verschuldung,
Züchtigung =uns zum Frieden= lag auf ihm.« Bis zu dieser Höhe des
Martyriums entwickelt der Prophet den Heroismus seines neuen Messias,
des Knechtes Jahves. »Jahve gefiel es, ihn zu schlagen mit Krankheit,
wenn er setzte zum Schuldopfer seine Seele.« (V. 10).

In dieser tragischen Auffassung von dem Leiden der Armen, der Frommen
ist der Gedanke von dem =stellvertretenden Leiden= entstanden, der bei
=Paulus= und in der Christologie des Mittelalters so große Konsequenzen
erlangt hat. Hier aber, in diesem Kapitel erinnert kein Wort an den
Gedanken, daß die Strafgerechtigkeit Gottes durch diese stellvertretende
=Genugtuung= befriedigt werden sollte. Nicht für die Genugtuung, die
Befriedigung des göttlichen Strafrichters bildet das Leiden eine
Stellvertretung, sondern vielmehr nur für die Menschen, denen das Leiden
gebührt, denen es aber von dem Knechte Gottes abgenommen wird.

So wird durch diese Verherrlichung, Verklärung des Leidens =das Rätsel
gelöst=, welches seine Erscheinung in der Menschenwelt bildet. Nach dem
Grunde des Leidens erging die Frage, nachdem seine Korrespondenz mit der
Sünde aufgegeben war. Und jetzt wird die Antwort in dem großen Rätsel
gegeben, welches aber, als Gleichnis alles Vergänglichen, alles
Menschlichen, in sich selbst die Lösung enthält. Das Leiden ist der
Höhepunkt menschlicher Kraft und menschlicher Würde. Auch hier wird der
antike Dichter zu einem sentimentalen. »Doch in seinem Zeitalter, wer
sann dem nach, daß er ausgetilgt ward aus dem Lande der Lebenden?« (V.
8.) Das Wunder betrifft nicht nur das Zeitalter, sondern =alle= bisherige
Geschichte.

Von dem Lichte dieser Aufklärung aber wird ihr Dunkel gelichtet, das
Problem des Leidens in tragischer Läuterung aufgehoben, nicht etwa durch
die =neuplatonische= Abstraktion von dem =Nichtsein= des Leidens. Durch
diese verkehrte Welt wird das Leiden zum Gleichnis alles Vergänglichen,
als ob dieses sonst nur eitel und nichtig wäre. Der Fromme leidet, und
zwar nicht aus Zufall, sondern nach dem göttlichen Plane, daß er
gleichsam zum =Stellvertreter der Menschheit= werde gegenüber der
schlimmen und der schlechten Welt. So wird das Leiden zum Gleichnis des
menschlichen Daseins, in seinen Niederungen, aber auch in seinen Höhen.
=Der leidende Knecht Gottes wird zum Stellvertreter der Menschheit.=

43. Wie konnte nun aber der Prophet einen solchen Stein auf seinen Gott
werfen? Konnte, mußte nicht dadurch die Mißdeutung entstehen, daß seine
Strafgerechtigkeit diesen falschen Sinn einer Stellvertretung fordere?
Mußte nicht der Prophet an seinem Gotte der ewigen =Liebe= irrewerden,
wenn er, als eine unerhörte Botschaft, von ihm verkündigte, daß er seine
Frommen leiden ließ für die bösen Menschenkinder?

Hier zeigt sich das =Übergewicht=, welches im prophetischen Denken =der
sittliche Gedanke vom Menschen= über den religiösen von Gott behauptet.
Mochte immerhin die Klarheit im =Gottes=gedanken zunächst unter dieser
Konsequenz zu leiden scheinen: wenn nur dadurch der Gedanke vom Menschen
klarer und heller wird, so schrak die Phantasie des Propheten nicht vor
der Entscheidung an einem solchen Kreuzwege zurück. Die menschliche
Sittlichkeit aber kann nur dadurch von dämonischer Zweideutigkeit
befreit werden, daß der =Zusammenhang zwischen Sünde und Leid= zerrissen
wird. Der Fromme leidet, das =Leiden trifft den Unschuldigen=. Das ist der
sittliche Grundgedanke, den der Prophet klarstellen will, und dabei
stört ihn der Einwand nicht, daß die Gerechtigkeit Gottes darüber in
Unklarheit kommen könnte. Denn Gottes Wege sind unerforschlich, und
seiner Allmacht entspricht seine Güte und Liebe. Er wird dem Frommen
schon in seinem Leiden selbst die höchste Seligkeit verleihen, oder aber
seinem Leiden ein glorreiches Ende bereiten.

44. Es kommt hinzu, daß der Prophet zugleich doch auch an das Problem,
das die sogenannten =Bösen= in der Menschenwelt bilden, sowohl selbst
dachte, wie besonders seinen =Gott= denken lassen mußte. Sie haben das
Bild der Menschheit geschändet, aber der Liebe Gottes können sie doch
nicht verlustig gehen. Vor dem Tiefblick des Propheten, der mit der
Sünde zugleich die =Versöhnung= entdeckt, darf daher auch bei ihnen nicht
aller Glorienschein der Menschheit erlöschen. Auch sie verdienen daher
für sich selbst auch einen =Stellvertreter= ihres geschwächten
Menschentums. So wird die Stellvertretung des Leidens zugleich zu einer
Milderung und =Versöhnung des Bösen= in der Menschenwelt. Und so erfüllt
sich immer breiter und immer tiefer die =symbolische= Bedeutung des
Leidens, als des Gleichnisses für alles Vergängliche.

45. Unser Kapitel faßt die letzten Forderungen und Ausblicke der
=Philosophie der Geschichte= in seinen tragischen Bildern zusammen. Darin
aber läßt es die Eigenart der Religion unverkennbar hervorleuchten. Was
wäre alle Geisteswürde des Menschen ohne die Dornenkrone des Leidens!
Würde nicht von dieser Seite der Einheit von neuem wieder die Eitelkeit
und Nichtigkeit aller Kunst, alles ästhetischen Bewußtseins entlarvt?
Wie bezeichnend ist es daher, daß der Knecht Gottes nicht nur durch alle
Arten physischen Leidens gezeichnet wird, sondern auch durch seinen
Mangel an ästhetischen Reizen. »Er war ohne Gestalt und =ohne Schönheit=,
daß wir ihn ansehen möchten, und ohne Aussehen, daß wir Lust an ihm
hätten.« (V. 2.) So drückt der Prophet in diesem Idealbild seiner
Menschlichkeit den Gegensatz zum ästhetischen Menschen-Ideale aus. Und
so macht diese Eigenart der Religion in ihrem Unterschiede vom
ästhetischen Bewußtsein den eigenen Beitrag erkennbar, den sie zu
liefern vermag für die =Einheit des Bewußtseins=. Die Einheit des
Bewußtseins wäre lückenhaft, wenn sie dieses Strahles, ja dieses
Brennpunktes ihrer Kraft ermangeln würde. Alle theoretische Größe bleibt
wie ohne ihre letzte Probe, und auch alle ethische Hoheit bleibt nur
programmatisch, wenn sie nur die Würde der Menschheit ausstrahlt in
aller ihrer scheinbar unpersönlichen Selbstheit. Jetzt aber zeigt es
sich, daß die größte Lücke und Blöße am Menschen vielmehr seinen größten
Reichtum und seine höchste Lebenskraft bildet, und daß er seine Einheit
in Wahrheit erst durch diesen scheinbaren Mangel zustande bringt.

46. Das =geschichtliche Bewußtsein= des Menschen empfängt erst durch diese
Theodizee seine Beruhigung und seine treibende Kraft. Denn es wäre der
geschichtlichen Einsicht unerträglich, daß Völker leiden, abwärts gehen
von ihrem Höhepunkte aus, und ihrer Auflösung entgegenschleichen,
während andere Völker aus dem Dunkel hervorsteigen und mit ihrem Glanze
die Welt erfüllen. Nicht immer ist der Untergang eines Volkes das
natürliche Ende seiner Selbstauflösung, und besonders der politische
Druck auf einem sich annoch erhaltenden Volke bildet einen großen
Notschrei des Völkerlebens. Hier hilft keine andere Aussicht, als daß
die =Wechselwirkung= der geschichtlichen Völker in langen Perioden als
eine =Stellvertretung= erscheint, die Stellvertretung einer Seite der
weltgeschichtlichen Mission des Menschengeschlechts durch eine andere.
Aber sofern die Einheit des Bewußtseins nicht ausschließlich die des
persönlichen Bewußtseins bedeutet, sondern die des =Kultur=bewußtseins, so
ist sie durch eine solche Stellvertretung bedingt, bei der das eine Volk
leidet, damit ein anderes seinen spezifischen Anteil an der Mission der
Kultur entfalten kann. Der Prophet stellt offenbar die Kulturarbeit des
jüdischen Volkes in Gegensatz zu dem Götzendienste der Völker, dem er --
wer mag das entscheiden? -- vielleicht selbst sogar seinen Kulturanteil
zugedacht hat.

47. Und hinwiederum entspricht auch diese nationale Bedeutung des
Leidens der =persönlichen=, durch welche die individuelle Einheit des
Bewußtseins sich vollendet. Wie wir das =Mitleid= in seiner ethischen
Bedeutung für das Individuum erkannten, so erweist sich das Leiden an
sich selbst, nicht nur als Voraussetzung des Mitleids, als ein
integrierender Faktor der Einheit des individuellen Bewußtseins. Um es
paradox auszudrücken: gäbe es überhaupt keine Ethik des Mitleids, so
wäre das Leiden dennoch unentbehrlich für den Menschen, weil nur dadurch
der Heroismus des Menschen und das Ebenmaß seiner Kräfte seinen Gipfel
erreicht. Und diese absolute Theodizee des Leidens gilt nicht minder
auch für das Leiden der Völker, das zeitweilige, wie das andauernde, das
eine geschichtliche Periode erfüllende. Und in beiden Beziehungen ist es
die Eigenart der Religion, die durch diesen Charakterzug des Leidens die
Einheit des Bewußtseins in ihren beiden Bedeutungen vollzieht.

48. Die Eigenart unterscheidet sich aber auch hier von der
Selbständigkeit. Auch im Momente des Leidens muß die Religion, wie an
die Ethik, so auch an die Ästhetik, sich angliedern. In ersterer
Hinsicht gilt es, das Leiden =nicht zur Hauptsache= werden zu lassen im
Charakterbilde des Menschen, sondern durch die positiven Züge die Würde
des Menschen hervorstechend darzustellen und zu beglaubigen. Schon die
Angliederung an die Logik, die sich von hier aus als eine natürliche
Voraussetzung ergibt, erhebt diese Forderung. Aber die Kollision mit der
Ästhetik ist nach beiden Seiten gefährlich. Die Kunst selbst verirrt
sich leicht, wenn sie dem Jammerbilde des Menschen sich hingibt.
Andererseits verzerrt auch die Religion die Aufgabe des Menschen, wenn
sie aus dem Gedanken der Abhängigkeit alles Endlichen dem Leiden das
Übergewicht verleiht.

Der leidende Christus ist nur eine Seite des Menschen. Der arbeitende
=Faust=, der in der =Arbeit=, in der Benutzung der menschlichen Urarbeit
für die letzten Ziele der menschlichen Freiheit die Erlösung sucht, sie
in ihr findet und den Menschen diese Wirklichkeit heranbringt, nur diese
Überwindung des Leidens gibt dem Idealbilde der Menschheit seine
Vollendung.

       *       *       *       *       *

Die Angliederung an die Ästhetik führt somit zu einer Harmonie der
beiden methodischen Grundlinien: in der Schönheit, und nur in ihr
vollendet sich die Einheit des Menschen, aber auch nur in derjenigen
Schönheit, welche aus dem =erhabenen= Momente des Leidens hervorstrahlt.
Ohne die Leitlinie der Schönheit bleibt auch das religiöse Leiden ein
Zerrbild des menschlichen. Und wenn der Prophet seinen Knecht Gottes
ohne die Schönheit der Gestalt entwirft, so umstrahlt er ihn mit aller
Schönheit der Poesie, so daß dieses negative Moment kein ästhetischer
Widerspruch bleibt. Der leitende Gesichtspunkt ist unverkennbar: das
Leiden in Häßlichkeit muß ein Reizmittel der Schönheit werden; die
Häßlichkeit darf nicht der letzte Ausdruck der Kunst sein. Und so auch
darf das Leiden nicht der Triumph der menschlichen Religiosität sein.
Warum nicht? könnte man immer noch fragen, wofern man nur die =drei=
Glieder des Systems anerkennt, und ihren Zusammenschluß in der Einheit
nicht als eine =vierte= Forderung des Systems gelten läßt. Wenn anders
dagegen erst die =Einheit des menschlichen Kulturbewußtseins= die Einheit
des Systems der philosophischen Probleme vollzieht, so kann das Leiden
nimmermehr Selbstzweck, sondern nur Mittel der Einheit des Bewußtseins
sein, die aber durch das, und zwar selbständige, Glied der Schönheit
bedingt ist.

49. Wir kommen hier auf den Hauptpunkt zurück, den nach der
vorherrschenden Ansicht das =Gefühl= bildet für das Bewußtsein der
Religion. Und es ergibt sich ein neues Moment für die Ausschaltung
dieser psychologischen Grundkraft. Jenes angebliche Grundgefühl der
Religion wird als das Gefühl des =Unendlichen= durchgängig gedacht. Und
gerade dieses Unendliche ist es, gegen das unsere Bedenken sich richten.
Nicht nur die begriffliche Vieldeutigkeit des Unendlichen begründet
unseren Widerspruch, sondern seine Mangelhaftigkeit im Begriffe des
Menschen selbst, gegenüber der Korrelation von Mensch und Gott. Die
Korrelation des Endlichen und des Unendlichen führt unausweichlich zum
=Pantheismus=. Das Unendliche wäre dieses nicht, wenn es nicht das
Endliche in sich enthielte. Wie =Hegel= schon gesagt hat, ist der
Pantheismus nicht sowohl Atheismus als vielmehr Akosmismus. Von der Welt
auf den Menschen übertragen, enthält dieser Gedanke die richtige
Folgerung, daß der Mensch im Pantheismus vom All der Gottheit
verschlungen und in seiner =Individualität= vernichtet wird. Die Rettung
der Individualität ist aber die eigentliche Aufgabe der Religion. Daher
wird sie gefährlich beschrieben, wenn sie, als Gefühl des Unendlichen,
nur in diesem Unendlichen das Endliche aufkommen läßt. Paradox
ausgedrückt, würde die Religion vielmehr das Gefühl des Endlichen sein
müssen.

50. So erkennen wir wiederum den Vorzug unserer methodischen These der
Korrelation. =Ebenso wie Gott, soll auch der Mensch erhalten bleiben. Das
ist der letzte Sinn der Religion.= Das ist der Sinn, den die Religion
insbesondere in der Angliederung an die =Einheit des Bewußtseins= zu
bedeuten und zu vollziehen hat. Der Pantheismus hat keine Einheit des
Bewußtseins. Es ist ein offenes Geheimnis, daß das =Selbstbewußtsein= eine
Lücke ist in =Spinozas= Lehre von der göttlichen Substanz. Und wie Gott in
dieser angeblichen Religion ohne Einheit des Bewußtseins ist, vielmehr
diese Einheit auf die etwaige der Naturgesetze überträgt, so hat der
Pantheismus überhaupt keine Einheit des menschlichen Bewußtseins,
geschweige des Bewußtseins der Kultur. =Ohne die Selbständigkeit des
Endlichen aber gibt es keine Homogeneität für das Sein der Substanz.= Die
Verschiedenheit der =modi=, die schon in der ihrer unendlichen =Attribute=
festgelegt ist, läßt es zu keiner Homogeneität der Einen »göttlichen«
Substanz kommen.

Die =Mystik= hat es schon richtig gefühlt, daß auch Gott nach der Kreatur
schreit, ebenso, wie diese nach ihm. Die Korrelation allein drückt die
methodische Beziehung zwischen Gott und Mensch aus. Das Gefühl des
Unendlichen muß zugleich das Gefühl des Endlichen sein. Aber Gefühl
erweist sich sonach als ein falscher Ausdruck für diese Korrelation,
welche erst als systematische zu ihrer methodischen Bedeutung gelangt.
Nach allen Gliedern des Systems hin muß die Korrelation durchgeführt
werden. Nur so werden beide Begriffe, der von Gott und der vom Menschen,
zur Klarheit gebracht.

51. Aus dem Gesichtspunkte der =Einheit des Bewußtseins= ergeben sich die
systematischen Angliederungen. Die =Erkenntnis= erfordert ebenso die vom
Menschen, wie die von Gott. Beide Arten des Gegenstandes der Erkenntnis
werden von der Religion gefordert; keiner darf sie sich entziehen,
geschweige ihr entgegentreten. Die =Ethik= fordert ebenso die Idee Gottes,
wie die des Menschen. Aber die Einheit des Bewußtseins läßt einen =neuen=
Begriff von Gott und einen =neuen= vom Menschen erkennen. Und die Religion
hat diese neuen Seiten bei =beiden= Begriffen auf der grundlegenden
Voraussetzung der =Erkenntnis= zu ergründen und zu beleuchten.

Das reine =Gefühl= endlich scheint nur den Menschen zum Gegenstande zu
haben. Indessen schon die Natur des Menschen, und nun gar der Mensch der
Natur, beide weisen über die Natur hinaus auf den Gott hin, der für
beide Begriffe, für beide Probleme, für den Menschen, wie für die Natur,
den unendlichen Fernpunkt bildet, der daher in jedes Kunstwerk einer
jeden Kunst, in jede ästhetische Darstellung, als ob er deren
eigentlicher Gegenstand wäre, hineinleuchtet.

Aus dem Gesichtspunkte der =Einheit des Bewußtseins aber= kann auch hier
die Religion ihre Mitarbeit leisten, insofern sie durch die Korrelation
von Mensch und Gott auch jedem Kunstwerke selbst zu seiner Einheit
verhilft. Es ist nur Schein, daß das Unendliche in Gott allein zum
eigentlichen Gegenstande jedes Kunstwerks würde; denn das Endliche muß
nicht minder der hauptsächliche Gegenstand in jeder Kunst bleiben. Aber
der Gesichtspunkt der Einheit des Bewußtseins hebt den Widerspruch auf,
und macht es deutlich, daß das Unendliche ebenso das Endliche fordert,
wie umgekehrt.

52. So hebt sich auch der Widerspruch zwischen dem =Subjekt und Objekt= in
der Kunst erst durch die Korrelation der Religion zu voller Befriedigung
auf. Wie jedes Kunstwerk nur das Objekt seines Subjektes ist, und zwar
ebenso für das Empfangen, wie für das Schaffen, so bringt die Religion
auch für das Problem der =Einheit des Bewußtseins= eine eigenartige
Ergänzung, in welcher sich scharf und klar die Eigenart von der
Selbständigkeit unterscheidet: indem sie in scheinbarem Widerspruch zur
Logik, zur Ethik und beinahe auch zur Ästhetik, die allesamt das
=Aufgehen des Endlichen in der Allheit des Unendlichen= fordern, bei aller
gefügigen Angliederung an diese Selbständigkeiten des systematischen
Bewußtseins dennoch ihre Eigenart für die =Behauptung des Endlichen=, des
menschlichen Individuums seinem Gotte, dem Gotte seines Ich gegenüber,
geltend macht. Die Korrelation von Mensch und Gott macht =in der Methodik=
den Menschen Gott ebenbürtig.

So bringt die Religion auch zu begrifflicher Bestimmtheit, was sie im
biblischen Gleichnis zu ihrem Wahrzeichen gemacht hat: daß der Mensch im
Bilde Gottes geschaffen sei. Im Begriffe Gottes besteht sein Sein. Und
wenn anders der Mensch ebenso auch die Aufgabe hat, Gott zu erkennen, zu
lieben, und wenn anders die Erkenntnis seines Wesens nur reflektiv aus
dem sittlichen Wesen des Menschen hervorgehen kann, so wird auch Gott
durch den Menschen bedingt. Und der Gesichtspunkt der =Einheit des
Bewußtseins= gibt diesem Gedanken seine Bestimmtheit =und seine
Einschränkung=.

Wie das menschliche Bewußtsein die Einheit seiner reinen Richtungen
erfordert, ebenso fordert die Korrelation auch für den Begriff Gottes
die Einheit des Bewußtseins an diesen ihren Grundrichtungen. In dieser
Einheit des Bewußtseins ist daher alles enthalten, was im =Dasein=, in der
Existenz, im =Leben= Gottes gedacht und gefordert werden kann. =Und sie
schließt demgemäß auch alles aus, was dieser reinen Einheit
widerspricht.=

Machen wir die Probe bei der =Wirklichkeit=, so lehrt die Erkenntnis: daß
diese der Einheit im systematischen Begriffe Gottes widerspricht. Denn
Wirklichkeit setzt =Dasein= voraus und dieses wiederum diejenige
Teilerscheinung des Bewußtseins, welche die =Sinnlichkeit= bildet.
Dahingegen richtet sich die =systematische Einheit des Bewußtseins=,
sofern sie auf dem Grunde der reinen systematischen Richtungen sich
erhebt und in und an ihnen sich vollzieht, nicht auf die einzelnen
verschiedenen =Betätigungsmittel= des Bewußtseins überhaupt, sondern
allein auf die zweckhaften =erzeugenden= Richtungen der systematischen
=Inhalte=. Diesen erzeugenden Richtungen schließt sich die Religion mit
der Eigenart ihres Sonderbeitrags für das Kulturbewußtsein der
Menschheit an: insofern es in einer =Einheit= gipfelt für alle seine
Begriffe vom Menschen und von Gott, und zwar in der Korrelation von
Mensch und Gott.

53. So ist die Religion in das System der Philosophie eingefügt, und das
=psychologische= Glied des Systems hat für den Begriff des Menschen diese
Einfügung sichergestellt. Die systematische Philosophie ist die Lehre
von der Einheit des Menschen in seinen Erzeugungsweisen der Kultur. Aber
diese Einheit des Menschen ist bedingt durch seine Korrelation mit Gott.
Worin besteht nun die Einzigkeit Gottes, wenn er doch an diese
Korrelation mit dem Menschen gebunden ist?

Die Korrelation mit dem Menschen ist nicht die Korrelation mit der
=Natur=. So unterscheidet sich der =Monotheismus vom Pantheismus=. Die
Verknüpfung mit dem Menschen bedeutet die mit dem Bewußtsein der
Erkenntnis. Die Erkenntnis aber setzt sich selbst die Grundlegung des
Seins, als einer Realität, die nicht innerhalb des Bewußtseins selbst
gelegen und beschränkt sei. Für alles Sein der Erkenntnis errichtet sich
diese selbst die Grundlegung der Absolutheit, der Transzendenz. Indessen
schlingt sich diese wieder zurück in die Erkenntnis kraft der
Korrelation.

Die Korrelation ist nicht schlechthin Wechselverhältnis, sondern Gott
wird ihr Schwerpunkt. In diesen Schwerpunkt wird das Sein verlegt. Und
als dieser Schwerpunkt trägt Gott einzig das Sein, bedeutet und verbürgt
er allein das Sein. Der Natur und dem Menschen gegenüber ist er daher
der Einzige. Aber aus dem Systembegriffe des Menschen heraus allein
begründet sich seine Einzigkeit. Die Natur hingegen trägt nicht die
Einheit des Kulturbewußtseins in sich.

54. Der systematisch begründete Begriff der Religion entwertet alle
Desiderate der sogenannten =Metaphysik=. Es ist nicht richtig, daß die
systematische Philosophie, die in der reinen Erkenntnis ihr methodisches
Fundament hat, in dieser auch aufginge. Wie zur reinen Erkenntnis die
drei anderen Glieder des Systems hinzutreten, so tritt als gleichartige
Grundlegung zu allen vier Gliedern die Religion hinzu. Aber sie bildet
keineswegs ein eigenes Lehrgebiet, das man unter dem sachlich, wie
geschichtlich, unklaren Worte der Metaphysik immer wieder der
wissenschaftlichen, der systematischen Philosophie entgegenstellt,
sondern der wissenschaftlichen Philosophie fügt sich die Religion ein.
Sie ergänzt ihre Probleme. Sie ergänzt so auch die Probleme der
menschlichen Kultur, die lückenhaft und schadhaft bleibt ohne die
Beziehung aller ihrer Probleme auf die Einzigkeit Gottes.

55. Und was bedeutet diese systematische Sicherung der Religion für das
naive Bewußtsein der Menschen, sofern es noch nicht zur systematischen
Philosophie gereift ist?

Wäre es etwa die richtige Würdigung der Religion, daß sie nur dem
ungebildeten Volke vorzubehalten sei, als Ersatz ebenso, wie als Trost?
Solche Xenienspiele sind ebenso überwunden, wie der spätere Versuch,
durch die Kunst die Religion zu entsetzen.

Der systematische Begriff der Religion stellt es freilich außer Zweifel,
daß die wahre Religion auf der Wahrheit der systematischen Philosophie,
und demgemäß subjektiv die wahrhafte Religiosität auf der Reife und
Klarheit der systematischen Erkenntnis beruht. Indessen klärt diese
Einsicht doch auch die Tatsache der Kultur auf und hebt den mystischen
Schleier von ihr hinweg: daß der ungelehrte, ungebildete Mensch, der
Mensch gleichsam ohne alle Kultur, dennoch nach einem Gotte Verlangen
trägt. In dem Verlangen nach Gott besteht die Religion. In dem Verlangen
nach einem Wesen außer dem Menschen, aber für den Menschen besteht sie.
Sie besteht nicht und sie begründet sich nicht in dem Verlangen nach
Verewigung des eigenen menschlichen Wesens. Sie besteht nicht und sie
begründet sich nicht in dem Verlangen nach Unsterblichkeit des
Menschen. Dieses Verlangen sucht seine Befriedigung auch in der
Selbstvergötterung, in der Vergottung des Menschen. Diese Gedanken
gehören dem weiten Heerzuge des Mythos an. Religion entsteht erst mit
dem Einzigen Gotte, mit dem Gotte ohne Gleichnis und ohne Bildnis.

Aber dieser Einzige Gott hat in allem Wirrsal der Zeiten, der Ansichten,
der Kämpfe und Bestrebungen der Menschen, dennoch stets aus aller Mystik
der Mythologie sich herausgehoben als die »feste Burg«, welche die
Psalmen dem religiösen Bewußtsein gegründet haben. So konnte zwar die
Illusion entstehen, als ob mit diesem einzigen Sein das menschliche
Bewußtsein überhaupt befriedigt würde; als ob alle Erkenntnis nur eitel
Luxus, alle sonstige Angelegenheit des Menschen nichtig und überflüssig
wäre. In der Einzigkeit Gottes prägte sich auch für das populäre
Bewußtsein die Unvergleichbarkeit des Inhaltes und des Schatzes der
Religion mit allen Reizen der Kultur aus.

Und man täusche sich darüber nicht, daß es in der Tat nur die Einzigkeit
ist, welche das Wesen Gottes in dem christlichen Weltalter ausmacht. Man
irre sich nicht an der Aufstellung und dem Festhalten der =Trinität=. Denn
umgekehrt muß man fragen, wie die Trinität als Monotheismus behauptet,
wie der dreieinige Gott als ein einziger Gott gedacht, gelehrt und in
dem Herzen der Menschen gehegt werden konnte. Mehr als die Einigkeit war
es die Einzigkeit Gottes, auf die es auch dem christlichen Bewußtsein
ankam. Und vermöge dieser Differenz hat sich der Begriff Gottes in der
christlichen Religiosität und in der Religion des gemeinen Mannes
erhalten. Die =Entwicklung= aber der religiösen Idee, als der Idee vom
Einzigen Gotte, bildet nicht ein, sondern das Problem der
Weltgeschichte.

Wenn der Gedanke zulässig ist, daß die =Erziehung des
Menschengeschlechts zur Erkenntnis der systematischen Philosophie= das
Problem einer nicht nahen Zukunft sei, so darf eine nähere Aufgabe darum
doch nicht hinausgeschoben, durchaus nicht mit jenem letzten fernen
Ziele praktisch und pädagogisch gleichgemacht werden: der Begriff des
einzigen Gottes in seiner logischen und ethischen =Eindeutigkeit= ist zum
Mittel- und Schwerpunkte des =Religionsunterrichts innerhalb der
Volksbildung= zu befestigen. Jede Religion des Monotheismus muß einer
solchen Konzentration auf den Grundbegriff des einzigen Gottes fähig
sein.

56. Erst diese Konzentration der religiösen Dogmatik des Monotheismus
und des Religionsunterrichts in der Volksschule, solange sie besteht,
wie in allen gelehrten Schulen der Nationalerziehung, wird erstlich die
sittliche Kultur im =Wechselverkehr= und in der Wechselstimmung =der
Völker= wahrhaft begründen, und weiter zum mindesten auch die =Toleranz=
wahrhaftig machen, sofern sie nicht nur Duldung, sondern Anerkennung und
Sympathie zu bedeuten hat.

Aus diesem Mangel in der Klarheit des eigentlichen Schwerpunktes der
Religion in der heutigen Welt erklären sich die gewaltigen sittlichen
und geistigen Widersprüche in der Politik der Kulturvölker, die zur
Verzweiflung des Pessimismus und des Quietismus führen könnten.
Hiergegen dürfte es kein anderes Heilmittel geben als diejenige
Idealisierung des christlichen Dogmas, der gemäß der Gottesbegriff
durchaus von der Zweideutigkeit befreit wird: daß dem Menschen selbst
Anteil an der Gottheit zukäme. Nur durch die Scheidung zwischen Gott und
Mensch kann der Mensch die wahrhafte Überwindung dieser Welt erlernen,
und zwar nicht etwa als Weltverachtung, sondern als Hintansetzung aller
Güter der Welt, aller irdischen Machtgelüste gegen das einzige Gut,
welches das einzige Sein ist. Nur in dieser wahrhaftigen Demut vor dem
einzigen Gotte wird alles Streben der Menschen und der Völker einhellig
lenkbar, und aus ihr allein erhalten alle Lebenswerte ihre feste Norm
und ihr sicheres Maß. Alles Menschliche, daher auch alles Nationale muß
immerdar auf das einzige Sein Gottes bezogen werden. Auch dem Ideal der
Weltgeschichte, dem =Staatenbunde= muß sein tiefster Grund gelegt werden
in dem einzigen Sein des einzigen Gottes, der für jedes menschliche
Individuum, für jedes Volk der Menschheit die unerschütterliche
Bürgschaft bildet für alles sittliche Streben und Handeln, für alle
Aufgaben und Ziele der Weltgeschichte.

Dieser in der Unterscheidung beruhende Zusammenhang des Menschen mit
Gott muß der klare, genaue, von allen mystischen Zweideutigkeiten
befreite Sinn des =Religionsunterrichts= werden, den die künftige
Weltkultur zu gestalten hat. Und ohne diese Klarstellung des
Religionsunterrichts wird es keine sittliche Weltkultur geben, --
solange als die Religion nicht für =alle Menschen aller Völker= in der
systematischen Philosophie begründet sein wird.



Register.


  =Abfall=:
    Schuld nicht A. von Gott 68;
    Momentaner A. und Sündhaftigkeit 117.

  =Abhängigkeit=:
    A. des Gefühls vom Universum bei Schleiermacher 96;
    A. der Theologie von der Wissenschaft 112.

  =Absolutheit=:
    A. in der Religionsphilosophie 2;
    Behauptete A. der eigenen Religion 120;
    das Absolute bei Aristoteles 49;
    Grundlegung der A. für alles Sein der Erkenntnis 137;
    Gott als das Absolute in der Ethik 50;
    der Mensch als absolutes Individuum 92;
    absolute Befriedigung 105;
    absolute Theodizee des Leidens 132.
      s. a. _Transzendenz_.

  =Abstraktion=:
    A. als Abkehr von dem Wirklichen der Gegenwart 20--22;
    A. des Guten 33;
    Ethische A. und Wirklichkeit 69;
    A. und Geschichte 79;
    der Mitmensch als A. 76;
    A. der Liebe zu Gott beigemischt 82;
    ästhetische Liebe als A. 92;
    A. eines Menschenbegriffs 92;
    neuplatonische A. vom Nichtsein des Leidens 129.

  =Abstufung=:
    A. bei der Erlösung 63.

  =Achtung=:
    A. als ethischer Grundbegriff 79;
    A. vor dem Sittengesetz 102;
    Liebe auf dem Grunde der A. 80.
      s. a. _Verehrung_.

  =Adäquatheit=:
    A. der Erkenntnis 28.

  =Ästhetik=:
    Ä. und Religion 85--107, 121 ff., 17, 39 ff., 79 u. ö.;
    Ä. bei Plotin 85;
    bei Kant 39, 85;
    ästhetischer Gottes- und Menschenbegriff der Christologie 40;
    Gott im ästhetischen Bewußtsein nur Mittelbegriff 85.
      s. a. _Gefühl_, _Liebe_, _Kunst_.

  =Affekt=:
    Affekte ersten und zweiten Grades 83;
    Affekte der Ehre und der Liebe 83;
    das Leid als A. im Mitleid 76;
    Mitleid A. der Religion 79;
    Rührung als A. 97;
    Sehnsucht als A. 102;
    Hoffnung und Zuversicht als A. des prophetischen Messianismus 101;
    Beherrschung der Affekte 106.

  =Allgemein=:
    Das Allgemeine bei der Induktion 1.

  =Allheit=:
    A. und Mehrheit in der Ethik 52;
    Menschheit als A. 116;
    Antinomie zwischen Individuum und A. 55 f., 57, 92;
    Streben zur A. 55;
    Selbstverwandlung des Individuums in die A. 56;
    Natürliches Ich und ethische A. 57;
    Gott als Bürge der A. 77;
    A. des Unendlichen 135.
      s. a. _Staat_.

  =Altertum=:
    Naivetät der alten Klassiker im Verhältnis der Religion zur
    Philosophie 7.
      s. a. _Antik_, _Griechentum_.

  =Angleichung=:
    A. der Religion an das Bewußtsein der Erkenntnis 111 ff.

  =Angliederung=:
    A. der Eigenart der Religion an die selbständigen Glieder des
    Systems 111.

  =Angst=:
    A. der Seele in den Psalmen 99, 103.

  =Annäherung=:
    A. zur Nähe Gottes 105.

  =Anthropomorphismus=:
    A. in der Liebe zu Gott 81 f.
      s. a. _Vermenschlichung_.

  =Antik=:
    A. und sentimental 129.

  =Antinomie=:
    A. des Staates und der Gesellschaft 73;
    A. von Krieg und Frieden 78;
    A. zwischen Individuum und Allheit 55;
    A. zwischen Individuum und Gemeinschaft 118.

  =A priori=:
    A. p. der Religion 18;
    die Offenbarung und das a. p. der Erkenntnis 111;
    das a. p. und das Ewige 111;
    apriorische Ethik 12.
      s. a. _Prinzip_, _Ursprung_.

  =Arabisch-jüdische Philosophie=
      s. _Jüdische Philosophie_.

  =Arbeit=:
    Sittliche A. des Individuums unter der Kontrolle der Autonomie 59 ff.;
    sittliche A. und Gott im Christentum 66 f., 115;
    sittliche A. und Moralstatistik 61;
    Kulturarbeit 75, 119;
    der arbeitende Faust 133.
      Bußarbeit s. _Buße_.

  =Arbeitsvertrag= 118.

  =Aristoteles=:
    A. als Metaphysiker 11;
    Teleologie und Ethik 13;
    das Absolute 49;
    die Kultur als Ziel des menschlichen Daseins 75;
    Aristotelismus auf platonischer Grundlage in der jüdischen
    Philosophie 14.

  =Armut=:
    Inbegriff des sozialen Menschenelends im Messianismus 72;
    A. und Gerechtigkeit Gottes bei den Propheten 73;
    A. und Frömmigkeit in den Psalmen und bei den Propheten 74, 100,
    127 f.;
    die Armen als die Bürgen der Sittlichkeit 75;
    die Religion faßt das Leiden bei der A. 88;
    Recht der Armen 79; Armenfürsorge 79.

  =Attribute=:
    Negative A. bei Nicolaus de Cusa 46;
    A. Gottes in der arabisch-jüdischen Philosophie 106;
    A. bei Spinoza 134.

  =Aufgabe=:
    Setzen der A. des Denkens 29;
    Erkenntnis als unendliche A. 80;
    das Unendliche als A. 121 f.;
    Einheitliche A. des Menschen 34;
    Aufschwung zur Allheit durch die Autonomie als A. des Menschen 58;
    Korrelation des Menschen mit Gott als A. 63;
    sittliche Freiheit als A. 65;
    das Selbst als A. 59;
    Persönlichkeit als A. des Individuums 57;
    Aufgaben des Geistes 121 f.;
    Rettung der Individualität als A. der Religion 134.

  =Aufrichtung=:
    A. der Seele in den Psalmen 101.

  =Ausgleich=:
    A. zwischen Affekten ersten und zweiten Grades 83 f.;
    A. zwischen dem religiösen Bewußtsein und dem ästhetischen 91;
    A. zwischen Religion und humaner Kultur 122.

  =Autonomie=:
    Grundgesetz der A. 115;
    Ethische Arbeit unter der A. 59;
    die A. hat keine psychologische Selbständigkeit 117;
    sie wird nicht verletzt durch die Gebrechlichkeit des Individuums 58;
    A. und Religion bei Kant 95;
    A. und Christus als Mittler 115;
    Vorbereitung der A. durch das Christentum 120.
      s. a. _Freiheit_, _Wille_.

  =Autorität=:
    A. des Staates 73;
    A. der Tradition 111.

  =Axiome=:
    A. einer Philosophie geprüft an ihrem Verhältnis zur Logik 28;
    A. als Grundlegungen 35.


  =Bedürftigkeit=:
    B. der Rettung von der Sünde 57, 103;
    Liebe als B. im Sprachgebrauche 87;
    Sehnsucht als B. des Individuums 99;
    relative B. und absolute Befriedigung 105.
      s. a. _Gebrechlichkeit_, _Schwäche_.

  =Befreiung= 66, 69, 116;
    B. der Guten und Frommen 99.
      s. a. _Erlösung_.

  =Befriedigung=:
    B. des Verlangens der Sehnsucht 105.

  =Begriff=:
    Der B. als positive Schöpfung 5;
    Der B. und das Ewige 5;
    B. und Idee 5, 34, 48;
    B. und Gesetz 48;
    B. der Philosophie und Philosophie in ihrem systematischen Begriffe 43;
    Begriffsbildung und Zwecksetzung 47;
    Sokrates und der B. 28;
    Begriffslosigkeit der Romantik 96.
      s. a. _Grundbegriff_.

  =Beharrung=:
    B. bei Parmenides 24.

  =Beherrschung=:
    B. der Affekte 106.

  =Berufsarten=:
    B., in die sich das Menschenleben abspaltet 34.

  =Besonderheit=, =Besonderung=
      s. _Partikularität_.

  =Bestätigung=:
    B. im Vertrauen 104.

  =Bewunderung=:
    B. als Begleitung der Sehnsucht 102.

  =Bewußtsein=:
    Psychologie als Ordnung der Vorstellungen und Tätigkeitsweisen des
    Bewußtseins 108;
    Arten des Bewußtseins und Systemglieder 44;
    systematische Regulierung des Bewußtseins 85;
    systematische Bestimmung des religiösen Bewußtseins 107;
    Problem der Religion im Gesamtbewußtsein 108 ff.;
    Gefühl als Grundrichtung des Bewußtseins in der Ästhetik 40;
    religiöse Bewußtseinsart nicht durch ein Wort festzustellen 106;
    das betende Ich als eine eigentümliche Form des Bewußtseins 104;
    das religiöse B. und das Unendliche 89;
    das religiöse B. und das Kunstgefühl 91;
    Gipfelpunkt des menschlichen Bewußtseins in Hoffnung und Zuversicht
    bei den Propheten 101;
    Unbestimmtheit des religiösen Bewußtseins bei Schleiermacher 95.
      s. a. _Einheit_, _Kulturbewußtsein_, _Selbstbewußtsein_, _System_.

  =Bibel=:
    Die beiden Sektionen biblischer Exegese 4;
    der Stil der alten B. 71;
    Bibelexegese und Philosophie 22;
    Verhältnis zu Gott als Erkenntnis in der B. 25;
    altbiblische Sittlichkeit 126.
      s. a. _Pentateuch_, _Propheten_, _Psalmen_, _Hiob_, _Kohelet_,
      _Paulus_, _Monotheismus_, _Tradition_.

  =Biologie=:
    Zweck in der B. 48;
    der biologische Mensch 52;
    biologisches und ethisches Selbst 57.
      s. a. _Leben_.

  =Böse=:
    Herzenstrieb des Menschen b. (Gen. 8, 21) 54;
    das radikale B. bei Kant 59;
    das radikale B. und der Pessimismus 59;
    das radikale B. bei der Buße 68;
    Vertilgung der Bösen in den Psalmen 99;
    Wohlergehen der Bösen 125;
    die Bösen und die Versöhnung bei den Propheten 130.

  =Bürgschaft=:
    Gott als Bürge der Allheit 77;
    Gott als Bürge für die Realität des Sittlichen 78, 81, 101, 103;
    persönliche B. Gottes 116;
    Gott als Bürge des Seins in der Korrelation mit dem Menschen 137;
    Idee als Grundlegung letzte B. der Wahrheit 36;
    das Mitleid als B. des Erdendaseins 54;
    die Armen als die geschichtlichen Bürgen der Sittlichkeit 75, 126.
      s. a. _Gewährleistung_.

  =Bund=:
    B. Gottes mit Noah und mit Abraham 51, 96;
    B. Gottes mit dem Individuum im Gebet 103.

  =Buße=:
    B. und Vergebung 65 ff.;
    B. und Strafe 68 f.


  =Charakter=:
    Sittlicher C. 68;
    sozialer C. 80;
    geschichtlicher C. 30.

  =Christentum=:
    Gottesbegriff des Christentums 13, 66, 120;
    C. und Autonomie 120;
    das Leiden des Menschen sein Gegenstand 93;
    Einbeziehung der Sünde in den Begriff des Leidens 125;
    Hegel über das C. 125;
    C. und Erlösung 66, 125;
    C. und Kunst 92, 131;
    praktisches C. 125;
    Idealisierung des christlichen Dogmas 139;
    christliche Literatur 114;
    Kulturbegriff des Christentums 114.
      s. a. _Protestantismus_, _Theologie_.

  =Christologie= 40, 126, 129.
      s. a. _Jesus_.

  =Christus= s. _Jesus_.


  =Dämon=:
    Dämonenglauben 4;
    Wesen Gottes als eines D. im Polytheismus 32.

  =Dasein=:
    Sein und D. 46, 60;
    Gott als Ursprung des Daseins nach Maimonides 47;
    Gott und die Zukunft des Daseins 48;
    D. der Natur 48;
    die Natur als Daseinsgrund des Guten 51;
    D. und Sittlichkeit 51, 60;
    D. Gottes und Korrelation mit dem Menschen 136;
    D. als Voraussetzung der Wirklichkeit 136;
    Mitleid als Bürgschaft des Erdendaseins 54.
      s. a. _Realität_, _Sein_, _Wirklichkeit_.

  =Deckung=:
    D. des Gefühls mit dem Universum bei Schleiermacher 96.
      s. a. _Mangel_.

  =Deduktion= 2.

  =Definitionen=:
    D. einer Philosophie geprüft an ihrem Verhältnis zur Logik 28.

  =Dekalog=:
    Bilderverbot des Dekalogs 39, 113.

  =Demut= 42, 74, 101, 127, 139.

  =Denken=:
    D. und Sein bei den Eleaten 24 f., 34;
    D. und Gott 25, 46, 80;
    Einheit des Denkens in der Logik 37, 109;
    D. und Schauen in der Idee 30;
    Individuum als einzelner Gegenstand nicht zu d. 86;
    D. und Geschichte 31.
      s. a. _Erkenntnis_, _Gedanken_, _Wirklichkeit_.

  =Deuterojesaias= s. _Jesaias_.

  =Deutscher Geist= s. _Lyrik und Musik_.

  =Deutung=:
    Liebe eine psychologische D. in der Ästhetik 88;
    systematische D. der religiösen Ergriffenheit als psychologischer
    Tatsache 97.

  =Differenz=:
    D. und Identität 75

  =Dogma=:
    Wahrheitsgehalt des Dogmas 93;
    Dogmatik der Religion und Wissenschaft 112;
    Idealisierung des christlichen Dogmas 139;
    Dogmatismus in der Deduktion 2.

  =Doppelsinn=:
    D. der Liebe 88;
    D. des Gefühls 90, 96;
    D. des Seins im Pantheismus 27.
      s. a. _Zweideutigkeit_.

  =Drama= s. _Tragödie_.

  =Dualismus=:
    D. des Aristoteles 11, 13;
    dualistischer Gottesbegriff der Scholastik 13.

  =Durchgang=:
    D. des Individuums durch die Mehrheiten 57;
    D. des Menschen durch das Bewußtsein der Sünde 65.


  =Ebenbürtigkeit=:
    E. des Menschen mit Gott durch die Korrelation 32, 135;
    ästhetische E. des Leidens in der Kunst 88.

  =Ebioniten= 127.

  =Egoismus=:
    Befreiung des Selbst vom E. durch die Menschheit 53;
    Individuum der Allheit, nicht des E. 56.
      s. a. _Selbstsucht_.

  =Ehre= 83.

  =Ehrfurcht=:
    E. und Verehrung 82;
    E. und Liebe 83;
    E. und Sehnsucht 102.

  =Eigenart=:
    E. der Religion 3, 10, 15, 16 f., 44, 59, 70, 80, 106 f., 109,
    111 f., 116, 123 f., 131 f. u. ö.;
    religiöse E. des Menschenbegriffs 59.

  =Eigenrecht=:
    E. der Religion 111.

  =Eingliederung=:
    E. in das System durch neuen Inhalt begründet 44.

  =Einheit=:
    E. bei den Eleaten 23 f.;
    E. der Methode 37;
    E. des Denkens 25, 37, 109;
    E. und Einzigkeit 45, 61;
    E. Gottes 22, 25;
    Gott und Mensch als E. im Christentum 13;
    E. des Menschen in seinen Erzeugungsweisen der Kultur 136;
    Seele und Geist als E. des Menschen 61;
    einheitliche Aufgabe des Menschen 34;
    E. des Bewußtseins als Problem der Psychologie 109 ff.;
    Norm der E. d. B. 109;
    E. d. B. ist gegliedert 109, 122;
    Religion und E. d. B. 124, 131;
    E. d. B. und Monotheismus 124;
    E. d. B. fehlt dem Pantheismus 134;
    E. d. B. und Mensch als Abbild Gottes 136;
    E. d. B. und Mitleid 76;
    E. d. B. und Leid 113;
    E. des Kulturbewußtseins und Individualität 119;
    E. des Kulturbewußtseins als Einheit des Systems der philosophischen
    Probleme 133;
    E. des Kulturbewußtseins und Natur 137.

  =Einigungsakte=:
    E. zur Einheit des Bewußtseins 109.

  =Einordnung=:
    E. zur Einheit des Bewußtseins 109.

  =Einsamkeit= (Isoliertheit, Vereinsamung):
    Die E. des Individuums und ihre Aufhebung 53, 62, 87, 93, 116;
    Isolierung der Menschheit auf das Individuum des Menschen 121.

  =Einzelheit=:
    Das Individuum als E. 61, 86.

  =Einzelmensch= s. _Individuum_.

  =Einzigkeit=:
    E. Gottes und des Seins 23, 26, 137, 139;
    E. des Universums bei den Eleaten 24;
    Einheit und E. 45, 61;
    Korrelation zwischen Gott und Mensch in der E. 61;
    E. fällt aus dem Rahmen der Ethik heraus 61;
    das einzige Sein als das einzige Gut 139;
    E. Christi 93.

  =Eleaten= 22 ff., 34.
      s. a. _Parmenides_, _Xenophanes_.

  =Elend=:
    E. der Welt 125.

  =Empfindung= s. _Sinneswahrnehmung_.

  =Empirismus=:
    E. des Aristoteles 11.

  =Endlich=:
    Behauptung des Endlichen durch die Religion 133--135.

  =Entdeckung=:
    E. des Individuums bei den Propheten 56.
      s. a. _Neuheit_.

  =Entwicklung=:
    Das Ewige und die E. 111;
    Grundgesetz der E. und Wahrheit monotheistischer Religionen 119 f.;
    historische E. in der Religionsgeschichte 2;
    E. der religiösen Idee 138;
    unendliche E. des Lebens 105;
    E. des Individuums 56;
    E. des Geistes zur Kultur 120.

  =Epos= 17.

  =Erbsünde= s. _Vererbung_.

  =Erbteil= s. _Vererbung_.

  =Erfolg=:
    E. als Erfüllung des Begriffs der Handlung 63.
      s. a. _Ziel_, _Gelingen_.

  =Ergänzung= s. _Erweiterung_.

  =Ergriffenheit=:
    Religiöse E. 92, 96 f.
      s. a. _Rührung_.

  =Erhabenheit=:
    Religiöse E. 92;
    das erhabene Moment des Leidens 133.

  =Erhaltung=:
    E. der Natur durch Gott 51, 96;
    E. als neue Schöpfung 48;
    E. und Zweckidee Gottes 48 ff.;
    Gott Erhalter der Seele 105;
    E. der Sittlichkeit des Individuums 116.

  =Erkenntnis=:
    E. und Grundlegung des Seins 137;
    E. und systematische Philosophie 137;
    eine Methode für die eine E. 111;
    Adäquatheit der E. 28;
    Grenzbestimmung des Inhalts der E. 37;
    E. als unendliche Aufgabe 80;
    Furcht und Staunen als Anfang der E. 83;
    E. und Religion 16 ff., 90, 138 u. ö.;
    E. und Religion bei Maimonides 106;
    E. und Glauben 104;
    E. und Glauben bei Saadja 13;
    Verhältnis zu Gott als E. in der Bibel 25;
    Liebe und E. Gottes (ידע) 25, 45, 81;
    E. und Romantik 96.
      s. a. _Denken_, _Logik_.

  =Erleuchtung= 89.

  =Erlösung=:
    Von der Sündhaftigkeit zur E. 57;
    Gott und Mensch bei der E. 63 ff., 81;
    E. und Befreiung 66;
    E. und Rechtfertigung 78;
    E. und Ergriffenheit 97;
    E. und Messianismus 101;
    E. und Gebet 103 ff.;
    E. in den Psalmen 101;
    E. im 73. Psalm 105;
    E. im Christentum 115, 125 ff.
      s. a. _Befreiung_, _Errettung_, _Versöhnung_.

  =Erneuerung=:
    Schöpfung als E. der Erhaltung 48.

  =Eros=:
    E. als Liebe in der Ästhetik 86, 87, 92.

  =Errettung=:
    E. der Menschenseele durch Gott 105.
      s. a. _Erlösung_.

  =Erscheinung=:
    E. und Idee in Korrelation 53.

  =Erweiterung=:
    E. des Problems der Ethik beim Übergang zum religiösen
    Menschenbegriff 58;
    E. des religiösen Bewußtseins durch das Unendliche 89;
    E. des Individuums in der Richtung auf die Allheit 77.

  =Erzeugung=:
    E. und Entwicklung 56.

  =Erziehung=:
    Leid als E. 125;
    E. des Menschengeschlechts zur Erkenntnis der systematischen
    Philosophie 139;
    Schillers ästhetische E. 40.

  =Ethik=:
    E. und Logik 35, 37, 42, 49;
    E. und Logik bei Platon und bei Aristoteles 11;
    Apriorische E. 12;
    Kants E. 3;
    Mißtrauen der Scholastik gegen die Selbständigkeit der E. 12;
    E. und Metaphysik 38, 49;
    E. als Logik der Geisteswissenschaften 8, 11, 48;
    E. und Soziologie 5;
    E. des prophetischen Sozialismus 100;
    Das Sittliche und die E. 17;
    E. treibt Geschichtsphilosophie 79;
    E. und Einzigkeit 61 f.;
    Ethische Abstraktion und Wirklichkeit 69;
    Grundlegung des Menschen in der E. 52;
    Herrschaft der E. über den Menschen 115;
    Gott in der E. 35, 49;
    E. und Monotheismus 73, 126;
    E. und Religion 3, 9, 16, 23, 32--84, 94, 115--121, 135 u. ö.;
    philosophische und religiöse E. 112;
    Strafe an der Grenze zwischen E. und Religion 69;
    Pantheismus und E. 27.
      s. a. _Sittlich_.

  =Ethiko-Theologie= 38, 42, 94.

  =Eudämonismus= 53.

  =Ewige, das=:
    Das E. und der Begriff 5;
    das E., das a priori der Erkenntnis und die Offenbarung 111;
    das E. und die Entwicklung 111;
    ewiges sittliches Streben und Ruhe im Ewigen 53, 122;
    Ewigkeitswert der Realisierung des Sittlichen 60;
    Ewigkeit des Ideals der Menschheit 60;
    Tod und ewiges Leben in der Mystik 71.

  =Exegese= s. _Bibel_, _Interpretation_.

  =Existenz=:
    E. Gottes 136.
      s. a. _Dasein_.

  =Ezechiel=:
    E. und die Entdeckung des Individuums 56;
    E. und das Bewußtsein der Sünde 125.


  =Faktizität= s. _Faktum_.

  =Faktor=:
    Religion als F. der Einheit des Bewußtseins 124;
    F. und Ziel bei der Erlösung 63.

  =Faktum=:
    Religion als F. der geistigen Kultur 1, 9, 10;
    Faktizität der Grundmächte der Kultur 8.
      s. a. _Tatsache_.

  =Familie= 60.

  =Festigkeit= 104.

  =Fetisch= 4.

  =Fichte=:
    F. über das Schaugesicht als Idee bei den Propheten 29.

  =Formalismus=:
    F. gegenüber methodischer Leitung 41.

  =Forschung=:
    Grundlegung als Fundament der F. 35.

  =Freiheit=:
    F. unterscheidet den reinen Willen von allen Naturtrieben 105;
    F. jedes Menschen 119;
    Aufgabe der sittlichen F. 65;
    F. bei Kant 50.
      s. a. _Autonomie_, _Wille_.

  =Fremder=:
    F. als Mitmensch 76.

  =Freude=:
    Ästhetische F. an der Menschennatur 102;
    Freudigkeit im Kunstgefühl 92.

  =Freundlichkeit=:
    F. der Götter 32.

  =Friede=:
    Krieg und F. im Messianismus 71, 78, 101;
    Gerechtigkeit und F. 99.

  =Frömmigkeit=:
    F. und Armut s. _Armut_;
    Befreiung der Guten und Frommen in den Psalmen 99;
    Elend der Guten 125;
    der »Rest Israels« als Träger der israelitischen F. 126.

  =Furcht=:
    F. vor der Gewalt der Götter 32;
    F. vor der göttlichen Strafe und Vergeltung 99;
    F. als Anfang der Erkenntnis 83;
    F. und Ehrfurcht 82.


  =Ganzheit=
      s. _Universum_.

  =Gebet=:
    G. in der Religionsgeschichte 4;
    Erlösung von der Sünde als Zweck und Inhalt des Gebets 103;
    das G. in den Psalmen (Ps. 51 und 73) 103 ff.;
    das betende Ich als Form des Bewußtseins 104.

  =Gebot=:
    G. Gottes und Sittengesetz bei Kant 94, 117, 121;
    Annäherung an Gott als G. der religiösen Sittlichkeit 106.

  =Gebrechlichkeit= 53, 67, 103.

  =Gedanken=:
    G. als Vorsätze des Denkens 29.

  =Gefühl=:
    G. als psychologische Grundkraft 133;
    Zweideutigkeit des Terminus 88, 94;
    G. im Verhältnis zur Ästhetik und Religion 15, 17, 39 f., 86 ff.,
    102, 110, 121 ff., 133;
    religiöses und sittliches G. 102;
    G. und Menschenliebe 39;
    religiöses G. als Mitleid 94;
    der Mitmensch als praktisches G. 76;
    G. des Unendlichen bei Gott 39;
    G. und Pantheismus bei Schleiermacher 95;
    ästhetisches G. und Rührung 97.

  =Gegenständlichkeit=:
    Ästhetische G. 86;
    G. und Unendlichkeit 89.

  =Gegenstand=:
    Individuum als einzelner G. nicht zu denken 86;
    das Unendliche wird G. im Kunstwerk 89;
    das Leiden des Menschen G. der christlichen Religion 93.

  =Gegenwart=
      s. _Zukunft_.

  =Geist=:
    Standpunkt des Geistes zur Welt 27;
    Verhältnis des Geistes zu Gott 46;
    der G. und das Gute 37;
    Selbstbewußtsein des Geistes bei den Eleaten 24;
    der menschliche G. und das Welttreiben 122;
    Geisteswürde des Menschen 131;
    Aufgaben des Geistes 121 f.;
    ethischer G. des Menschen 122;
    Seele und G. als Einheit des Menschen 61;
    Seele und G. in der religiösen Liebe 90;
    G. der Kultur 120;
    Verändertes Gepräge des Geistes in der Übersetzung 113;
    Deutscher G. s. _Lyrik_, _Musik_.
      s. a. _Heiliger Geist_.

  =Geisteswissenschaften=:
    Ethik als Logik der G. 8, 11, 48;
    Kreuzungspunkt von Natur- und G. 35;
    Zweck in den G. 48.

  =Gelingen=:
    Mensch und Gott bleiben geschieden wie Streben und G. 67, 116.

  =Gemeinschaft=:
    Antinomie zwischen Individuum und G. 118;
    relative Gemeinschaften als Verbindung zwischen Individuum und
    Menschheit 60;
    das Leid in den relativen Gemeinschaften 70;
    relative und soziale G. im Verhältnis zum Affekt der Liebe 83.
      s. a. _Mehrheit_.

  =Gemüt=:
    Ansprüche des Gemütes und wissenschaftliche Wahrheit 114.

  =Genossenschaft= 118.

  =Gerechtigkeit=:
    Armut und G. Gottes 73, 80.

  =Gesamtheit=
      s. _Universum_.

  =Geschichte=:
    Gott der G. 22;
    weltgeschichtliche Mission des Menschengeschlechts 132;
    Abstraktion und G. 79;
    Geschichtsphilosophie der Ethik 79;
    Geschichtsprobleme und Ethik 7;
    Geschichtsbild der sozialen und politischen Wirklichkeit 70;
    das Denken im Lichte der G. 31;
    geschichtlicher Grund der Persönlichkeit in der Menschheit 53;
    Wandel sittlicher Vorstellungen im Laufe der Zeiten 70;
    Staatenbund der Völker als Ideal der Weltgeschichte 139;
    Leiden eines Volkes für andere Völker 74 f., 131;
    Autorität geschichtlicher Institutionen 111;
    Pietät der geschichtlichen Kultur 112;
    systematische Religion und historische Kultur 115;
    Befreiung lebendiger Religion von ihren historischen Ursprüngen 93;
    geschichtlicher Charakter einer Religion 30;
    geschichtlicher Weg der Religion und Ethik 42;
    G. in der Bibel 71;
    Entwicklung des Monotheismus als Problem der Weltgeschichte 138;
    Weltgeschichte und Messianismus 33;
    Sozialismus und G. im Prophetismus 127;
    Gleichnis der Menschengeschichte im 53. Kapitel des Jesaja 128 ff.;
    Philosophie der G. im Messianismus 101;
    Gott als Rächer der Armen in der Weltgeschichte 81.
      s. a. _Religionsgeschichte_, _Menschheit_.

  =Geschichtlichkeit=:
    G. Jesu 67.

  =Geschichtsphilosophie=
      s. _Geschichte_.

  =Geschlechtsliebe=:
    G. und reine erzeugende Liebe der Kunst 87.

  =Gesellschaft=:
    Begriff der G. als Problem der Ethik 5;
    der Staat und die Idee der G. 73.

  =Gesetz=:
    Begriff und G. bei Platon 48.

  =Gewährleistung=:
    G. der Menschheit für den Menschen 33;
    Gottesidee als Gewähr für das Dasein zur Fortführung der
    Sittlichkeit 51.
      s. a. _Bürgschaft_.

  =Gewissen= 58, 64, 65.

  =Gewißheit=:
    G. und Idee als Grundlegung der Wahrheit 36;
    G. der Religion bei Troeltsch 94;
    das Unendliche nicht G., sondern Aufgabe 121 f.

  =Glaube=:
    G. als Festigkeit (אֱמוּנָה) 104;
    G. als Seligkeit 105;
    G. an Gott Vertrauen auf die Errettung der Menschenseele durch ihn 105;
    Erkenntnis und G. beim Gaon Saadja 13.

  =Gleichartigkeit=:
    Homogeneität des Seins der Substanz 134;
    G. des Übergangs von dem Menschenbegriff der Ethik zu dem der
    Religion 57 ff., 65, 68.

  =Gleichnis=:
    G. der Menschengeschichte im 53. Kapitel des Jesaja 128 f.
      s. a. _Symbol_.

  =Gliederung=:
    G. zur Einheit des Bewußtseins 109, 122.

  =Gnade=:
    Ziel und Weg der G. 65 f., 68;
    Strafe und G. 68.

  =Goethe=:
    Goethes Lyrik und die Psalmen 100, 103;
    G. in den »Grenzen der Menschheit« 53, 92;
    in der »Iphigenie« 61;
    im »Faust« 19, 54, 69, 87, 128, 133.

  =Götter=:
    Zorn, Neid, Freundlichkeit der G. 32, 62;
    die griechischen G. 17, 39, 123.
      s. a. _Polytheismus_.

  =Göttliche=, das:
    Das G. in der Religionsgeschichte 4.

  =Gott=:
    Sein und Dasein Gottes 46;
    G. als das Sein 20 ff., 45, 80;
    G. als Ursprung des Daseins nach Maimonides 47;
    einziger Träger und Bürge des Seins 23, 26, 137, 139;
    Bürge der Allheit 77;
    Zwecksetzung Gottes für die Zukunft des Daseins 48;
    Zweckidee und Gottesidee bei Kant 50;
    Realität Gottes 60;
    Wirklichkeit Gottes 124, 136;
    Einheit Gottes 22, 25;
    Gottesbegriff und Denken 25, 30, 46;
    Gottesbegriff und Hypothesis 31;
    Entwicklung des Gottesbegriffes 120;
    G. als Dämon im Polytheismus 32;
    Begriff Gottes in der Bibelexegese 4;
    Transzendenz Gottes im Judentum 66;
    Wesen und Wirksamkeit Gottes bei Philo 13;
    G. in der Scholastik 12;
    Wahrnehmbarkeit Gottes für die Mystik 46;
    negative Attribute bei Nicolaus de Cusa 46;
    Attribute in der arabisch-jüdischen Philosophie 106;
    die göttliche Substanz und die Attribute bei Spinoza 134;
    Heiligkeit Gottes 106;
    Gefühl des Unendlichen und G. 39;
    Korrelation zwischen G. und der Natur als Erhaltung der Natur durch
    G. 51;
    Sein Gottes und Dasein der Natur 48 f.;
    Universum für G. 19;
    Pantheismus, Gottesgedanke und Logik 27;
    Vereinigung mit G. im Pantheismus 105;
    G. und Welt als Korrelation 47;
    G. und die Kreatur in der Mystik 134;
    G. in der Ethik 35, 43, 49, 51;
    G. als das Absolute in der Ethik 50;
    G. und das Gute bei der Berührung des Griechentums mit dem
    Monotheismus 38;
    G. als Bürge für die Realität des Sittlichen 78, 81, 101, 103;
    Korrelation zwischen G. und Menschheit 60;
    Menschenwürde und G. 68;
    G. der Geschichte 22;
    der soziale G. 78, 81;
    Gerechtigkeit Gottes 73;
    der G. der ewigen Liebe und die Leiden der Unschuldigen bei den
    Propheten 130;
    Bund Gottes mit Noah und mit Abraham 51, 96;
    G. als Urquell des Schönen bei Plotin 39, 85;
    G. im ästhetischen Bewußtsein nur Mittelbegriff 85;
    G. als Gegenstand der Kunst 85, 90 f., 123, 135;
    G. wird lebendig in der Darstellung des leidenden Menschen 92;
    ästhetischer Gottesbegriff der Christologie 40;
    Korrelation zwischen G. und Mensch 32, 60 ff., 79, 82, 89, 92, 96,
    102, 105, 106, 110, 116, 122, 134--136 u. ö.;
    G. als Schwerpunkt in dieser Korrelation 137;
    diese Korrelation als Theodizee 69;
    an den Begriffen G. und Mensch kommt der Inhalt der Religion zur
    Gestaltung 19;
    Zwecksetzung zwischen G. und Mensch 48;
    Dasein Gottes und Korrelation mit dem Menschen 136;
    neuer Begriff von G. und vom Menschen 135;
    neuer Gottesbegriff für den neuen Menschenbegriff des sündigen
    Individuums 62;
    der G. der Religion 64;
    Zusammenwirken von G. und Mensch bei der Erlösung 63;
    G. der Vergebung, der Erlösung und Versöhnung 65, 81;
    Erlösung bei G., Befreiung beim Menschen 66 f.;
    G. und Mensch geschieden wie Streben und Gelingen 67;
    Korrelation zwischen G. und Individuum, G. und Mehrheit 61;
    der G. des Individuums ist der G. der Religion 101, 116;
    durch G. wird der Mensch ein absolutes Individuum 92;
    Richtung des von der Religion gewonnenen Individuums auf G. 89;
    G. Erhalter der Seele 105;
    Sein der Seele und Sein Gottes 122;
    Religion als Verlangen nach G. 103, 138;
    G. der Religion im Gebet 103;
    Glaube an G. 105;
    Sehnsucht nach G. 98 f., 100;
    Gottesliebe durch Menschenliebe bedingt 80;
    Liebe und Gottesbegriff 81 f.;
    Mitleid und Gottesbegriff 77;
    G. als Vater 81, 91, 98;
    Nähe Gottes im 73. Psalm 105;
    Leiden der Liebe von G. verhängt 80;
    göttliche Strafe 68;
    Vermenschlichung Gottes 66;
    G. und Mensch als Einheit in dem Gottesbegriffe des Christentums 13;
    Beteiligung Gottes an der sittlichen Arbeit des Menschen im
    Christentum 66.
      s. a. _Monotheismus_.

  =Gottesverehrung= nicht religiöser Selbstzweck 103.

  =Grenze=:
    Methodische Grenzen der philosophischen Systematik 97;
    Grenzpfähle zwischen den Arten des Bewußtseins und den Gliedern des
    Systems 41;
    G. zwischen Logik und Ethik 35;
    Idee als Grenzgebiet zwischen Logik und Ethik 49;
    G. des Inhalts der Erkenntnis 37;
    Grenzfragen zwischen einer Wissenschaft und der Philosophie 2;
    G. der mathematischen Naturwissenschaft bei der Biologie 48;
    Kreuzungspunkt von Natur- und Geisteswissenschaft 35;
    G. zwischen Ethik und Religion 69, 72, 77;
    G. zwischen Politik und Religion 72;
    G. von Religion und Ästhetik 100;
    G. und Vereinigungspunkt von Religion und Kunst 89;
    Religion und Philosophie als Grenzprobleme bei Philo 7;
    Religionswissenschaft als Grenzgebiet der Philosophie 6;
    Gefährlichkeit des Gefühls für die systematische Begrenzung 94;
    Strafe an der G. zwischen Ethik und Religion 69;
    Leid an der G. zur Idee des Menschen 69;
    Grenzen der Subjektivität 113.
      s. a. _Scheidung_.

  =Griechentum=:
    Berührung des Griechentums mit dem Judentum 7, 38;
    Religionsphilosophie im griechischen Altertum 9;
    Kultur als Ziel und Sinn des Menschenlebens bei den Griechen 75;
    die griechischen Götter 17, 39, 123.
      s. a. _Altertum_.

  =Griechisch=:
    Schauen und Sehen in der Aoristform ἰδεῖν 29.

  =Grund=:
    Seelengrund der Religion in der Philosophie 6.

  =Grundbedingung=:
    Logische G. 120.

  =Grundbegriff=:
    G. des Seins 20;
    Grundsätze und Grundbegriffe 28;
    Gott als G. in der Ethik 51;
    Achtung als ethischer G. 79.

  =Grundgedanke=:
    G. der Tragödie und des Christentums 93.

  =Grundgesetz=:
    G. der Autonomie 115;
    G. der Entwicklung 119.

  =Grundkraft=:
    Gefühl als psychologische G. 133.

  =Grundlegung=:
    G. das erste in allem Denken 28;
    G. der Absolutheit für alles Sein der Erkenntnis 137;
    Idee als methodische G. 36;
    Grund und G. 37;
    Axiome als Grundlegungen 35;
    Grundlegungen als Fundament der Forschung 35;
    G. zum Begriff des Menschen 34, 52;
    Grundlegungen der Religion 111.

  =Grundmächte=:
    G. der Kultur 8.

  =Grundmethodik=
      s. _Methodik_.

  =Grundmotiv= 127.

  =Grundproblem=:
    Sein der Wissenschaft G. der Logik 21.

  =Grundrichtung=:
    Gefühl als G. des ästhetischen Bewußtseins 40;
    Grundrichtungen der Einheit des Bewußtseins 136.

  =Grundsätze=
      s. _Axiome_.

  =Grundtendenz=:
    Soziale G. 118.

  =Gut=, das:
    Güterlehre der Scholastik 12;
    das einzige Sein als das einzige G. 139.

  =Gute=, das:
    Idee des Guten 11, 35 ff., 111;
    d. G. und Gott in der Scholastik 12;
    Transzendenz des Guten im späteren Griechentum 38;
    Verwirklichung des Guten durch Gott 64;
    Gleichung zwischen dem Guten und der Menschheit bei den Propheten 33;
    der Geist und d. G. 37;
    d. G. im Menschen radikal 59;
    d. G. und die Natur 50.

  =Guten=, die
      s. _Frömmigkeit_.


  =Häßlichkeit=:
    Die Kunst faßt das Leiden in der H. 88;
    Idealisierung der H. in der Kunst 91;
    H. nicht der letzte Ausdruck der Kunst 133.

  =Handlung=:
    Erfolg und Begriff der H. 63;
    Charakter und H. 68.

  =Hebräisch=:
    Hebräische Urform des Alten Testaments 113;
    Zukunft als Tempusform (Exod. 3, 13) 20 f., 22;
    יָדַע Erkennen und Lieben 25, 45, 81;
    עֲנִיְּים und עֲנָוִים die Armen und die Frommen 74, 127;
    אֶבְיוֹן der Dürftige 127;
    תִּקְוָה Zuversicht 101;
    אֱמוּנָה Glaube, אָמֵן gewiß 104.

  =Hegel=:
    Hegels Religionsphilosophie 3;
    H. über das Christentum 125;
    über den Pantheismus 134.

  =Heidentum=:
    Heidnische Unterströmungen im Monotheismus 124.

  =Heilige=, der:
    Der »Heilige Israels« (Jes. 45, 11) 71.

  =Heiliger Geist=:
    H. G. im 51. Psalm 104 f.

  =Heiligkeit=:
    H. Gottes und des Menschen 106.

  =Heldentum=:
    H. und Sünde 54;
    H. und Erlösung 67;
    Leid als H. 88, 126, 132;
    Heroismus des Menschen durch das Leid vollendet 132;
    Heroismus des Messias 129.
      s. a. _Vergottung_.

  =Ἓν καὶ πᾶν= 23.
      s. a. _Pan_.

  =Herodot=:
    H. und die homerischen Götter 39.

  =Heroismus=
      s. _Heldentum_.

  =Herrmann=, Wilhelm:
    W. H. über Religion und Ethik, Individuum und Allheit 42, 56;
    über die Wirklichkeit Gottes 124.

  =Herz=:
    Das ganze H. und die Liebe zu Gott (Deut. 6, 5) 81.

  =Hiob= 74, 99 (30, 27), 126.

  =Hoffnung=
      s. _Zuversicht_.

  =Homer=:
    H. und die griechischen Götter 17, 39, 123.

  =Homogeneität=
      s. _Gleichartigkeit_.

  =Humanität= 40, 122.

  =Humboldt=, Wilhelm von:
    W. v. H. über die von jedem Kunstwerk ins Unendliche ausstrahlenden
    Beziehungen 89, 123.

  =Hymnus= 4.

  =Hypothesis= 28, 29, 31.


  =Ich=:
    Natürliches (empirisches) I. und ethische Allheit 52, 57;
    Nebenordnung des Individuums zum I. in der Religion 89;
    Beziehung von I. zu I. im Mitleid 76;
    das betende I. 104.
      s. a. _Selbst_.

  =Ideal=:
    Ewigkeit des Ideals der Menschheit 60;
    Staatenbund der Völker als I. der Weltgeschichte 139;
    Monotheismus als Idealbegriff der Religion 103;
    die Armen als die idealen Menschen 75;
    Hiob 126;
    Christus als I. des Menschen 67;
    das Menschenideal im 53. Kapitel des Jesaias gegenüber dem der
    Ästhetik 131;
    Mozarts »Zauberflöte« als ideale deutsche Oper 103.

  =Idealisierung=:
    I. des Monotheismus bei Philo 8;
    I. des christlichen Dogmas 139;
    I. in der Kunst und in der Religion 91, 112 f., 119.

  =Idealismus=:
    Recht des I. 6;
    I. in doppelter Gestalt 37;
    Rationalismus als Vorstufe des I. 30;
    I. und Ideendichtung 121.

  =Idee=:
    I. und Begriff 5;
    die I. gehört zum Apparat des wissenschaftlichen Denkens 30;
    I. als Grenzgebiet zwischen Logik und Ethik 49;
    I. des Guten 11, 35 f., 111;
    I. und Erscheinung 53;
    I. der Menschheit 115, 120;
    I. der Gesellschaft 73;
    I. des Menschen 69;
    der Mensch als soziale I. 82;
    I. Gottes 91;
    I. Christi 115, 120;
    Ästhetische Liebe als Spiel mit Ideen 92.

  =Ideendichtung=:
    F. A. Lange über Metaphysik als I. 121.

  =Identität=:
    I. und Einheit bei den Eleaten 24;
    Einzigkeit Gottes als I. mit dem Sein 26;
    I. von Gott und Welt bei Xenophanes 26;
    I. von Arm und Reich 75;
    I. der Person festgestellt durch die religiöse Liebe 87;
    Identifizierung gegensätzlicher Richtungen des Bewußtseins 91.

  =Jehuda Halewi=:
    Synagogales Gedicht des J. H. 61.

  =Jenseitigkeit=:
    J. des Seins bei Platon 37.

  =Jeremia=:
    J. und die Entdeckung des Individuums 56;
    J. und das Bewußtsein der Sünde 56, 125.

  =Jesaia=:
    Der »Heilige Israels« bei J. (45, 1);
    der »Knecht Jahves« im Deuterojesaia 78, 126;
    J. Kapitel 53 als Gleichnis der Menschengeschichte 128 f.;
    Interpretation der Stellen über den Messias 113.

  =Jesus=:
    Geschichtlichkeit Jesu 67;
    J. als Vorbild 67;
    Christus als Individuum 93;
    Einzigkeit Christi 93;
    Christus als Mittler und die Autonomie 115 f.;
    Idee Christi und der Menschheit 120.
      s. a. _Christologie_.

  =Immanenz=:
    I. der Philosophie in der Kultur 9;
    I. der Logik in der Wissenschaft 8;
    I. der Philosophie in der Theologie bei Maimonides 14.

  =Imperativ, kategorischer= 4.

  =Indifferenz=:
    I. der Kunst gegenüber dem Leide des Menschen 91.

  =Individualisierung=:
    Konkrete I. in der Religion 87, 93.

  =Individualismus=:
    Selbstsucht des I. 55;
    ethischer I. und persönliche Verantwortlichkeit 118.

  =Individualität=:
    Individualitätsbedeutung des Menschen 60;
    I. und Kulturbewußtsein 119;
    Vernichtung der I. im Pantheismus 134.

  =Individuum=:
    Antinomie zwischen I. und Allheit 55 f.;
    I. und Menschheit 52 ff., 60, 78, 118;
    I. und Staat bei Platon 34, 52;
    I. und relative Gemeinschaften (Mehrheit) 57;
    sittliches I. 57;
    I. und Persönlichkeit 53, 57;
    Erweiterung des I. in der Richtung auf die Allheit 77;
    I. als einzelner Gegenstand nicht zu denken 86;
    am I. läßt sich der Begriff des Menschen nicht erkennen 127;
    Isolierung der Menschheit auf das I. des Menschen 121;
    individuelle Schwäche und allgemein menschliche Schwachheit 116;
    Religion ist Geschichte des Individuums 101;
    I. entspringt in der Korrelation zu Gott 92;
    Bund Gottes mit dem I. im Gebet 103;
    Selbsterkenntnis der Sünde und Entdeckung des Individuums bei den
    Propheten 56;
    der religiöse Mensch ist schlechthin I. 92;
    Nebenordnung des Ich zum I. in der Religion 89;
    das I. als Inhalt des religiösen Bewußtseins 97;
    I. und Mitleid und Sehnsucht 98 f.;
    Christus als I. 93;
    die Religion macht den Menschen zum I. und das I. zum Menschen 83;
    I. in der Religion, Typus im Kunstwerk 86, 91, 98;
    I. ist der Kunst nur Stoff 87.

  =Induktion= 1.

  =Inhalt=:
    Inhalte der Richtungen des reinen Bewußtseins 18;
    neuer I. begründet Eingliederung in das System 44;
    objektiver I. der Erkenntnis 95 f.;
    Unterschied im I. und Werte zwischen Logik und Ethik 37;
    Stoffliche Voraussetzung der Sittlichkeit und Inhaltsergebnis des
    ästhetischen Gefühls 97;
    eigner I. der Religion 2, 17, 19 ff.;
    Korrelation zwischen Gott und Mensch und Individuum als I. der
    Religion 97.

  =Innigkeit=:
    I. der Erkenntnis Gottes 26;
    I. und Festigkeit der Sehnsucht 105.

  =Interpretation=:
    I. der religiösen Quellen 113.

  =Intuition=:
    I. lateinischer Ausdruck für das griechische Schauen 30;
    I. dem Denken der Erkenntnis entgegengestellt 19;
    I. kein methodisches Organ der Erkenntnis 111;
    I. vermag keine Logik zu schaffen 30;
    I. verfochten aus Mißtrauen gegen die Ethik 12;
    I. und Religion 8;
    Pantheismus und Intuitionismus 30.
      s. a. _Mystik_, _Unmittelbare, das_.

  =Islam=:
    I. und Judentum 13.

  =Isoliertheit=, =Isolierung=
      s. _Einsamkeit_.

  =Israelit=:
    I. und Mensch bei Micha 33;
    der »Heilige Israels« (Jes. 45, 11) 71;
    der »Rest Israels« im Deuterojesaia 126.

  =Judentum=:
    Berührung des Judentums mit dem Griechentum 7;
    natürliche Scholastik im J. 9;
    der Gott der Gnade und Vergebung im J. 66;
    J. als Fundament für die Entwicklung der Religion 120.
      s. a. _Hebräisch_, _Monotheismus_, _Bibel_, _Jüdische
      Philosophie_, _Jehuda Halewi_.

  =Jüdische Philosophie= 7, 14, 113.
      s. a. _Philo_, _Saadja_, _Maimonides_, _Spinoza_.

  =Juristische Person= 118.


  =Kant=:
    K. der Systematiker der Philosophie 85;
    K. und die drei Glieder des Systems der Philosophie 15;
    K. und der Idealismus in doppelter Gestalt 37;
    Ethiko-Theologie 38, 42, 94, 112;
    K. über den Unterschied zwischen Religion und Ethik 117;
    seine Ethik 3;
    der letzte ethische Sinn seiner Lehre 4;
    seine Gottesidee 50;
    K. und das radikale Böse 59;
    K. über die sittliche Erscheinung eines gemeines Mannes 102;
    K. über Christus 115;
    Kants Eintreten für die Erhaltung einer Professur für das Alte
    Testament 113;
    »Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft« 112;
    »Metaphysik der Sitten« 112;
    »Streit der Fakultäten« 114.

  =Kategorischer Imperativ= 4.

  =Kautzsch, E.=:
    K. zu Exodus 3, 13.

  =Kind Gottes= 81, 91, 98.

  =Knecht Jahves=
      s. _Jesaia_.

  =Kohelet=:
    Skepsis gegenüber allem angeblichen Sein 26;
    Korrelation des Menschen zu Gott 123.

  =Kombinationen=:
    K. an der Korrelation zwischen Gott und Mensch 44.

  =Konkret=:
    Konkrete Individualisierung in der Religion 87, 93.

  =Korrelation=:
    K. und Zweck 47;
    K. und Vereinigung 105;
    K. und Teilgebiete 122;
    K. nicht schlechthin Wechselverhältnis 137;
    K. zwischen Idee und Erscheinung 53;
    K. zwischen Gott und Welt 47;
    K. zwischen Gott und Natur 51;
    K. zwischen Gott und Mensch s. _Gott_;
    K. zwischen Gott und Individuum 61;
    K. zwischen Gott und Mehrheit 61;
    K. zwischen Endlichem und Unendlichem ergibt Pantheismus 133;
    desgl. K. zwischen Gott und Mensch als Natur 136.

  =Kosmos=:
    Einheit des K. bei Parmenides 23.

  =Kraft=:
    K. und Liebe im Pentateuch (Deut. 6, 5) 81;
    schöpferische K. der reinen Liebe in der Kunst 87, 90 f., 94, 98;
    systematische K. der Religion 90;
    religiöse Schaffenskraft 92, 94, 98;
    unendliche K. im Mitleid 98;
    K. der Sehnsucht 105;
    Sehnsucht als Urkraft der Religion 99;
    K. der Einheit des Bewußtseins 131;
    Gefühl als psychologische Grundkraft 133;
    religiöse Sprachkraft 92.

  =Krankheit=:
    Sittliche Nöte und Krankheiten 53;
    K. als Vergeltung 70;
    Massensünde ist K. 62.

  =Krieg=:
    Der K. im Messianismus 70, 71, 101.

  =Kultur=:
    K. als Tatsache 138;
    Faktizität ihrer Grundmächte 8;
    Mission der K. 132;
    Entwicklung des Geistes der K. 120;
    Einheit des Menschen in den Erzeugungsweisen der K. 136;
    humane K. 122;
    System und K. 45;
    Philosophie immanent in ihren Hauptrichtungen 9;
    K. als Ziel bei den Griechen 75;
    Mehrheiten als Erzeugnisse der K. 57;
    Kulturarbeit im Leiden eines Volkes für andere Völker 75;
    Sittliche K. im Wechselverkehr der Völker 139;
    Religion als Faktum der K. 1, 9, 10;
    Kulturgeist der Religion 20;
    Kulturwert der Religion 119;
    systematische Religion gegenüber historischer K. 115;
    K. und Einzigkeit Gottes 137;
    das Unendliche in der Kunst und die Religion als K. 123;
    Kulturbegriff des Christentums 114.

  =Kulturbewußtsein=:
    Richtungen des Kulturbewußtseins 8, 109, 121;
    K. und persönliches Bewußtsein 132.
      s. a. _Bewußtsein_, _Einheit_.

  =Kulturfaktum=
      s. _Faktum_.

  =Kulturwege= 109.

  =Kultus=:
    K. als Kriterium der Religionsgeschichte 4, 103;
    Philosophie im K. der Religion 6;
    K. und Kunst 40, 93.
      s. a. _Musik_, _Opfer_.

  =Kunst=:
    Subjekt und Objekt in der K. 135;
    Mensch der Natur und Natur des Menschen ihre einzigen Gegenstände 85;
    Individuum ist der K. nur Stoff 87;
    schöpferische Kraft in der K. 91;
    Indifferenz gegenüber dem Leide 91;
    Leid und Häßlichkeit in der K. 88;
    die K. und das Jammerbild des Menschen 132;
    K. und Religion 17, 41, 85, 89, 91 f., 100, 123, 131;
    Gott als Gegenstand der K. 85, 90 f., 123, 135;
    K. und Kultus 40, 93.

  =Kunstgefühl=:
    Gott im K. 91;
    K. als Lust 92.

  =Kunsttrieb= 40.

  =Kunstwerk=:
    Typus im K. 86;
    das Unendliche im K. 89, 96, 123.


  =Lange=, Friedrich Albert:
    L. und die Metaphysik 121 f.;
    L. und das Christentum 125.

  =Lateinisch=:
    Intuition als lateinischer Ausdruck für das griechische Schauen 30.

  =Leben=:
    Dasein der Welt und L. 52;
    unendliche Entwicklung des Lebens 105;
    Sein und L. Gottes bei Maimonides 46;
    der Mensch als Lebewesen 53;
    L. der Ewigkeit 53;
    ewiges L. in der Mystik 71;
    Menschenseele und L. 105.
      s. a. _Seele_.

  =Leib=:
    L. und Seele in Ästhetik und Religion 90.

  =Leid=:
    L. als Tatsache 70;
    L. Mittel zur Einheit des Bewußtseins 133;
    L. ist Seelenleid 90;
    L. als Affekt 76;
    L. und Mitleid 98;
    L. und Sünde 125;
    L. und Strafe 69 ff.;
    L. und Armut 80, 88;
    L. und Häßlichkeit 88;
    L. und religiöse Liebe 87, 89;
    L. als Erkennungszeichen des Menschen 87;
    L. und Ideal des Menschen 126;
    Leiden der Liebe von Gott verhängt 80;
    L. und Schicksal 125;
    L. Erbteil des Menschen 125 f.;
    Grund des Leidens in der Menschenwelt 69;
    leidende Völker 75, 131;
    das erhabene Moment des Leidens 133;
    Indifferenz der Kunst gegenüber dem Leiden des Menschen 91;
    Verklärung des Leids in der Tragödie 88;
    L. als Gleichnis des Vergänglichen 128 ff.;
    das Leiden des Menschen als Gegenstand der christlichen Religion 93;
    stellvertretendes Leiden des Messias bei Paulus 129;
    neuplatonische Abstraktion vom Nichtsein des Leidens 129.

  =Leitung=:
    methodische 41, 80;
    Ethik als Leitstern der Religion 42, 80.

  =Lessing=:
    L. im »Nathan« 79, 119.

  =Liebe=:
    Die Affekte der Ehre und der L. 83;
    L. und Erkenntnis 25, 45, 81;
    L. als Bedürftigkeit 87;
    L. und Mitleid 79;
    L. und Achtung 80;
    L. und Sehnsucht 99, 102;
    ästhetische und religiöse L. 87 ff.;
    L. Triebkraft der religiösen Begriffe 81;
    Leiden der L. 80;
    L. zum leidenden Menschen 89;
    L. in der Lyrik 99;
    ästhetische L. und Phantasie 92.
      s. a. _Gott_, _Menschenliebe_.

  =Literatur=
      s. _Tradition_.

  =Logik=:
    Verhältnis einer Philosophie zur L. 28;
    logischer Sinn für die Wahrheit 94;
    Einheit des Denkens in der L. 109;
    L. immanent in aller Wissenschaft 8;
    L. als Metaphysik in der Scholastik 13;
    Naturphilosophie gegenüber reiner L. 7;
    L. und Ethik 11, 35, 37, 42, 49;
    L. und Religion 16--31, 45, 111--114, 134;
    Pantheismus, Gottesgedanke und L. 27.
      s. a. _Erkenntnis_.

  =Logos=:
    L. bei Philo 13.

  =Lust=:
    Kunstgefühl als L. 92.

  =Luther=:
    Luthers Übersetzung der Psalmen 103;
    mystischer Ausspruch über Jesus 67;
    die »feste Burg« und der 46. Psalm 138.

  =Lyrik=:
    L. und Religion 17;
    Sehnsucht und L. 98, 103;
    L. und Liebe 99;
    deutsche L. und Psalmen 100.
      s. a. _Psalmen_.


  =Maimonides=:
    M. schneidet die Verbindung zwischen Gott und Natur im Sein entzwei 46;
    Gott als Ursprung des Daseins bei M. 47;
    Immanenz der Philosophie in der Theologie 14;
    Unterscheidung und Verbindung im Verhältnis der Religion zu Logik
    und Ethik 106.

  =Mangel=:
    Entstehung des Menschenbegriffs der Religion in der Fortführung des
    Gedankens von dem M. zu seiner Deckung 57.

  =Martyrium=:
    M. des Messias 129.

  =Massensünde=:
    M. als Krankheit 62.
      s. a. _Moralstatistik_.

  =Material=
      s. _Tatsachen_.

  =Materialismus=:
    Mystik und M. 28;
    M. und Intuition 30.

  =Mathematik=:
    Begriff der M. 2;
    Idee, Hypothesis und M. 28;
    M. und Grundlegungen 35.

  =Mehrheit=:
    Allheit und M. in der Ethik 52;
    Individuum und M. 57, 77, 92;
    statistische Gruppe der M. 61.

  =Mensch=:
    Realität des Menschen 60;
    der biologische M. 52;
    Seele als M. 19;
    Einheit des Menschen als Seele und Geist 61;
    Grundlegung zum Begriff des Menschen bei Platon 34;
    Korrelation von Gott und M. als Natur ergibt Pantheismus 136;
    der wahrhafte M. gegenüber der Abstraktion des Menschenbegriffs 92;
    M. als Inhalt der Ethik 49;
    Menschenbegriff in der Ethik 52 f.;
    ethische Suffizienz des Menschen 62, 66;
    ethischer Begriff des Menschen im Christentum 66;
    Unsterblichkeit als Idee des Menschen bei Kant 50;
    sittliche Entfaltung der Menschennatur 102;
    es soll der Sittlichkeit niemals an der Menschenart mangeln 116;
    sozialer Charakter des Menschen 80;
    M. als soziale Idee 82;
    M. als Kompendium der Menschheit 95;
    Natur des Menschen als Vereinigung von Leib und Seele 90;
    Darstellung des Menschen in der Kunst 91;
    Mensch der Natur oder Natur des Menschen einzige Gegenstände der
    Kunst 85 ff.;
    ästhetische Freude an der Menschennatur 102;
    Korrelation zwischen Gott und M.
      s. _Gott_;
    Übergang vom Menschenbegriff der Ethik zu dem der Religion 57 ff.;
    neuer Begriff vom Menschen in der Religion 135;
    Menschenseele von Natur des Menschen unterschieden 105;
    das allgemein Menschliche der Religion 118;
    Erlösung bei Gott, Befreiung beim Menschen 66;
    M. und Gott bleiben geschieden wie Streben und Gelingen 67;
    Individualitätsbedeutung des Menschen 60;
    der religiöse M. ist schlechthin Individuum 92;
    das Leid und der Begriff des Menschen 128;
    Sünde als Leid im Wesen des Menschen 125;
    Mitleid und Begriff des Menschen 77, 98;
    Christus als Ideal des Menschen 67;
    Hiob als Ideal des Menschen 126;
    Ebenbürtigkeit des Menschen mit Gott durch die Korrelation mit ihm 135;
    Idee des Menschen unter der Glorie der Gottheit 69.

  =Menschenliebe=:
    Die M. ist die religiöse Form des sozialen Verhältnisses zwischen
    Mensch und Mensch 79;
    Gottesliebe und M. 80;
    ästhetischer und ethischer Begriff der M. 39, 40, 86, 90;
    Mitleid und M. 80.
      s. a. _Liebe_.

  =Menschenopfer=
      s. _Opfer_.

  =Menschenwürde= 68, 131.

  =Menschheit=:
    M. als Allheit 116;
    Ewigkeit des Ideals der M. 60;
    die Liebe macht aus den relativen Gemeinschaften die Partikularitäten
    der geschichtlichen M. 83;
    M. bei den Propheten das Gute 33;
    der Knecht Gottes als Stellvertreter der M. 130;
    Idee Christi als Idee der M. 115, 120;
    M. und Schicksal 53;
    Sittengesetz und M. 102;
    weltgeschichtliche Mission der M. 132;
    Beziehung der Religion auf die M. 60;
    Korrelation von Gott und M. 60;
    Mensch und M. 52 f.;
    Mitmensch durch die M. offenbart 53;
    Isolierung der M. auf das Individuum des Menschen 121;
    Individuum und M. 60, 92;
    M. und systematische Philosophie 139.
      s. a. _Geschichte_.

  =Messianismus=:
    Prophetischer M. und Gott der Geschichte 22;
    M. und Idee der Menschheit 33;
    Philosophie der Geschichte im M. 101;
    Politik des M. 72;
    der Krieg im M. 70;
    Staatenbund im M. 35;
    Sehnsucht und Erlösung im M. 101;
    Befreiung des M. von nationaler Zufälligkeit 77;
    Entwicklung des M. zum Höhepunkt des ethischen Monotheismus 126.
      s. a. _Propheten_.

  =Metaphysik=:
    M. und transzendentale Methodik 11;
    M. bei Aristoteles 11;
    M. als zweite Theologie in der Scholastik 12;
    Logik als M. in der Scholastik 13;
    M. bei Schleiermacher 95;
    M. am Grenzpunkte von Natur- und Geisteswissenschaft 35, 37;
    M. zwischen Religion und Ethik 38, 49;
    Theodizee und M. im Hiob 74;
    Ästhetik wird M. bei Plotin 85;
    Befreiung der Religion von der M. 120, 137;
    M. als Ideendichtung bei F. A. Lange 121.

  =Methodik=:
    Transzendentale M. und Metaphysik 11;
    Idee als Methode bei Platon 29, 35, 37;
    Einheit der Methode 37;
    methodische Leitung gegenüber formalistischer Schablone 41;
    eine Methode für die eine Erkenntnis 111;
    methodische Unterschiede unter den Gliedern des Systems der
    Philosophie 93;
    die Religion als methodisches Problem im System der Philosophie
    106, 117;
    M. der religiösen Eigenart 107;
    die Korrelation von Gott und Mensch macht in der M. den Menschen
    Gott ebenbürtig 135.

  =Micha=:
    M. 6, 8 über Gott und das Gute 32, 42.

  =Midrasch= 113.

  =Mitgefühl=:
    M. und Mitleid 87.

  =Mitleid=:
    Leid und M. 98;
    Leid als Affekt im M. 76;
    M. Affekt der Religion 79;
    Unendlichkeit im M. 98;
    M. Bürgschaft des Erdendaseins 54;
    Schopenhauer und Spinoza über das M. 76;
    M. im Pessimismus 59;
    M. mit sich selbst 54;
    M. und Identität des eignen Selbst 87;
    Ethik des Mitleids 132;
    M. mit dem Menschen und Sehnsucht nach Gott 99;
    religiöses Gefühl als M. 94;
    M. und Menschenliebe 76;
    M. und Achtung 80;
    M. schöpferische Kraft in der Kunst 91;
    M. im Sinne der alten Psychologie 108.

  =Mitmensch=:
    Durch die Menschheit wird der Nebenmensch zum Mitmenschen 53;
    Nächstenliebe und M. 75;
    Häßlichkeit in der Kunst und M. 88.
      s. a. _Nächstenliebe_.

  =Mittelalterliche Philosophie= 7.
      s. a. _Scholastik_, _jüdische Philosophie_.

  =Mittelbegriff=:
    Gott im ästhetischen Bewußtsein nur M. 85.

  =Mittler=:
    Die Autonomie und Christus als M. 115.
      s. a. _Vermittlung_.

  =modi=:
    m. bei Spinoza 134.

  =Modifikation=:
    Neue M. und neuer Inhalt 44.

  =Monotheismus=:
    Einheit des Bewußtseins und M. 124;
    M. und Begriff des Seins 22;
    M. und Erkenntnis Gottes 25;
    M. und Naturwissenschaft 27;
    M. durch die Korrelation zwischen Gott und Mensch vom Polytheismus
    unterschieden 32;
    und vom Pantheismus 136;
    M. kennt keine Vereinigung mit Gott 105;
    M. selbständig gegenüber Mythos, Bildnerei und Mystik 39, 138;
    ethische Echtheit des M. 73;
    Theodizee im M. 74;
    der M. und die Liebe zu Gott 80;
    Gebet als Kriterium des M. 103;
    Entwicklung des Messianismus zum Höhepunkt des ethischen M. 126;
    Heidnische Unterströmungen im M. 124;
    Christentum und M. 115, 120;
    Griechentum und M. 38;
    M. Idealbegriff der Religion 103;
    M. und Politik 139;
    Entwicklung des M. das Problem der Weltgeschichte 138.
      s. a. _Gott_.

  =Moralstatistik= 61, 87.
      s. a. _Massensünde_.

  =Mosaismus=:
    M. im praktischen Christentum 125.

  =Mose=
      s. _Pentateuch_.

  =Motive=:
    Subjektive M. 34;
    Grundmotiv 127.

  =Mozart=:
    Die »Zauberflöte« 103.

  =Musik=:
    Religiöser Geist der deutschen M. 103;
    Tempelmusik in Jerusalem 103.

  =Mysterien=:
    Philosophie in den M. der Religion 6;
    Mysterium des Todes 70.

  =Mystik=:
    M. und Philosophie 8;
    M. und Pantheismus 28;
    M. und Materialismus und Sensualismus 28, 46;
    M. und Intuitionismus 30;
    M. und Gefühl 89;
    M. und Unendlichkeit 89;
    M. und Monotheismus 138;
    M. und Wissenschaft 111;
    M. und Leiden des Menschen 90;
    Mystischer Quietismus 91;
    M. wider Skepsis 104;
    Tod und ewiges Leben in der M. 71;
    Gott und die Kreatur in der M. 134;
    Wahrnehmbarkeit Gottes in der M. 46;
    M. bei Luther 67;
    Befreiung der Religion von der M. 120.

  =Mythos=:
    Religion und Philosophie im M. 6;
    Mythologie und Religion 65;
    Religion bleibt an Mythologie nicht gebunden 124;
    M. und Monotheismus 138;
    Mythologie und Christentum 93;
    Naivetät des M. 21;
    M. als Stoff der Kunst 123;
    Ehrfurcht mythischer Ursprung der Verehrung 82;
    Schicksal und M. 120;
    Vererbung des Leidens und der Schuld im M. 126;
    M. der Sintflut 51.


  =Nächstenliebe= 75.

  =Nähe=:
    N. Gottes (Psalm 73) 105, 128.

  =Naivetät=:
    N. primitiver Literaturprodukte und des Mythos 21;
    N. in Sage und Geschichte der alten Bibel 71.

  =Natorp=, Paul:
    N. über Religion 121.

  =Natur=:
    N. bei den Eleaten 24;
    Pan und das Denken der N. 27;
    Sein der N. 45;
    Dasein der N. 48 f.;
    Erhaltung der N. durch Gott 51, 96;
    Freiheit von Naturtrieben 105;
    Wert des Guten und des Natürlichen 37;
    Korrelation zwischen Gott und N. 51, 136;
    N. und Einheit des Kulturbewußtseins 137;
    N. des Menschen und Mensch der N. in der Ästhetik 85, 90, 135.

  =Naturphilosophie=:
    N. gegenüber der reinen Logik 7.

  =Naturteleologie=
      s. _Teleologie_.

  =Naturwissenschaft=:
    N. als Standpunkt des Geistes 27, 37;
    Kreuzungspunkt von Natur- und Geisteswissenschaft 35;
    Grenze der mathematischen N. bei der Biologie 48.

  =Nebenmensch=
      s. _Mitmensch_.

  =Nebenordnung=:
    N. der Eigenart 110;
    N. des Individuums zum Ich 89;
    der Offenbarung zum a priori 111.

  =Neid=:
    N. der Götter 32, 62.

  =Neuheit=:
    N. des Inhalts 44, 47;
    die Begriffe Sein und Denken als neuer Wert 26;
    N. der Probleme 47;
    Erhaltung als neue Schöpfung 48;
    neuer Begriff von Gott und vom Menschen 33, 60, 64, 135;
    neues Ziel zur Befreiung vom Sündenbewußtsein 60.
      s. a. _Entdeckung_.

  =Neuplatonismus= 14, 129.
      s. a. _Philo_, _Plotin_.

  =Nichts=:
    Schöpfung aus dem N. 48.

  =Nichtsein=:
    Begriff des Nichtseins in der Scholastik 13;
    N. des Leidens bei den Neuplatonikern 129.

  =Nicolaus de Cusa=:
    Negative Attribute und docta ignorantia 46.

  =Not=:
    Sittliche Nöte 53.

  =Nützlichkeit=:
    Nützlichkeiten der Lebensdienste 34.


  =Objekt=
      s. _Subjekt_.

  =Objektivierung=:
    Universum des ästhetischen Gefühls im Kunstwerke objektiviert 96.

  =Objektivität=:
    Wissenschaftliche O. 120;
    objektiver Inhalt der Erkenntnis 95 f.

  =Obskurantismus= 65.

  =Offenbarung=:
    Rationalismus und O. bei Saadja 14;
    O. und a priori der Erkenntnis 111;
    messianische Leistung als O. Gottes 101.

  =Oper= 103.

  =Opfer=:
    O. in der Religionsgeschichte 4;
    Kultus als O. 103;
    Opferkultus aus Selbsterkenntnis sittlicher Schwächen 54;
    Opferkultus und Vergebung 63;
    Opferkultus als Mittel der Erlösung überwunden (Ps. 51, 19) 101.

  =Opportunismus=:
    O. zwischen Gott und Mensch im Polytheismus 32;
    Opportunitäten der Lebensdienste 34.


  =Pan=:
    P. als Begriff für das Denken der Natur 27.

  =Pantheismus=:
    P. bei Xenophanes 27;
    P. im Neuplatonismus 14;
    Gegensatz des Maimonides zum P. 46;
    P. bei Schleiermacher 95;
    Unvereinbarkeit mit dem Monotheismus und Hemmschuh für das
    Verhältnis des Gottesgedankens zur Logik 27;
    Widerspruch zu Rationalismus und Idealismus 28;
    P. hat keine Einheit des Bewußtseins 134;
    Unbestimmtheit des P. 95;
    Ergebnis der Korrelation zwischen Endlichem und Unendlichem 133;
    P. als Akosmismus 134;
    P. und Intuitionismus 30;
    P. und Mystik und Materialismus 28;
    P. gegenüber der Ethik 27;
    P. und Liebe zu Gott 80;
    Liebe zum Universum 81, 95;
    P. und Vereinigung mit Gott 105;
    Ergebnis der Korrelation zwischen Gott und Mensch als Natur 137.

  =Parmenides=:
    Einheit, Beharrung 23 f.

  =Partikularismus=:
    P. und Universalismus des sozialen Gottes 78.

  =Partikularität= (Besonderheit, Besonderung):
    P. und Individuum 81, 87;
    Partikularitäten der geschichtlichen Menschheit 83.

  =Paulus=:
    P. und das stellvertretende Leiden des Messias 129.

  =Pentateuch=: Mose bei Philo 7;
    Mensch als Ebenbild Gottes (Gen. 1, 27);
    Mose am Dornbusch (Exod. 3, 13) 20 ff.;
    Sintflut und Bund Gottes mit Noah 51, 96;
    Bund Gottes mit Abraham 96;
    der böse Herzenstrieb des Menschen (Gen. 8, 21) 54;
    die Sünde vor der Tür (Gen. 4, 7) 54;
    jeder stirbt an seiner eignen Sünde (Deut. 24, 16) 61;
    die Seele sündigt (Num. 15, 27) 61;
    von der Liebe zu Gott (Deut. 6, 5) 81;
    Dekalog 39, 113;
    Mosaismus im praktischen Christentum 125.

  =Person=:
    P. wird durch die Menschheit zur Persönlichkeit 53;
    Persönlichkeit und Individuum 57;
    Seele als sittliche Persönlichkeit 61;
    unpersönliche Selbstheit 131;
    persönliches Bewußtsein 132;
    persönliche Verantwortlichkeit 118;
    persönliche Sünde 73;
    Identität der Person festgestellt durch die religiöse Liebe 87;
    juristische P. 118;
    Personen der Trinität 115.

  =Pessimismus=:
    P. als das radikale Böse 59;
    Verkehrung des Zielpunktes der Menschheit 54;
    Hemmnis wahrhafter Ethik 65;
    Gott der Ethik gegenüber P. 79 f.;
    P. und Leiden 69;
    P. und Religion 139.

  =Phantasie=:
    Ästhetische Liebe als P. 92;
    P. und Religion 110 f., 121 ff.

  =Phidias= 17.

  =Philo=:
    P. vermittelt zwischen Platon und Mose 7, 13.

  =Philosophie=:
    P. und Religion 1 ff., 7;
    P. und Wissenschaften 2;
    P. immanent in allen Hauptrichtungen der Kultur 9;
    P. als systematische P. 16, 43, 136, 137;
    Verhältnis einer P. zur Logik 28;
    P. der Geschichte s. _Geschichte_.
      s. a. _Mittelalterliche Philosophie_.

  =Pietät=:
    Geschichtliche, nationale, literarische P. 112, 114, 120.

  =Plastik= 17, 39.

  =Platon=:
    P. und die Götterwelt 6;
    P. und Ethik und Logik 11;
    Mensch, Staat, Individuum bei P. 34, 52;
    Platonismus in der jüdischen Philosophie 14.
      s. a. _Idee_, _Philo_.

  =Plotin=:
    P. über Gott als Urquell des Schönen 39, 85.

  =Politik=:
    Politische Wirklichkeit 70;
    Wendepunkt der P. und Religion 72;
    P. der Kulturvölker und Monotheismus 139;
    P. des prophetischen Messianismus 72, 99, 101, 127.
      s. a. _Allheit_, _Staat_.

  =Polytheismus=:
    Durch die Korrelation von Gott und Mensch vom Monotheismus
    unterschieden 32;
    Scheidelinie zwischen Religion und P. 62.

  =Praxis=:
    »Auf daß wir Gute werden« bei Aristoteles 11;
    praktisches Gefühl gegenüber dem Leide der Armen 76;
    praktisches Christentum 125.

  =Prinzip=:
    P. und Adäquatheit der Erkenntnis 28;
    Verkehrung der Prinzipien im radikalen Bösen 59.
      s. a. _a priori_.

  =Problem=:
    Zulässigkeit eines Problems im System der Philosophie 44;
    Begriff als P. der positiven Schöpfung 5;
      s. a. _Grundproblem_;
    die Religion als methodisches P. 106, 117.
      s. a. _Neuheit_.

  =Produktivitätskraft=
      s. _Kraft_.

  =Propheten=:
    Schaugesicht 29;
    Menschheit 33;
    Staat und Gesellschaft 73, 127;
    Sozialismus 100;
    Übergewicht des sittlichen Gedankens über den religiösen 100, 130;
    Gottesbegriff und Leiden der Unschuld 130;
    Armut und Gottes Gerechtigkeit 73;
    Sünde und Individuum 76;
    Hoffnung und Zuversicht 101;
    Sein als Zukunft 34.
      s. a. _Messianismus_, _Monotheismus_, _Jesaia_, _Jeremia_,
      _Ezechiel_, _Micha_.

  =Protestantismus=
      s. _Theologie_.

  =Psalmen=:
    Die Lyrik der P. als Mitschöpferin der Religion 17;
    sittlicher Monotheismus 123;
    Armut und Frömmigkeit 74, 128;
    Krieg 71;
    Rachepsalmen 71, 78;
    Sittlichkeit und Religion 100;
    Sehnsucht nach Gott 99;
    religiöse Liebe und Sehnsucht 102 f.;
    Reinheit der Seele (Ps. 51) 101, 105;
    Selbst und Seele 101;
    Gebet (Ps. 51) 103 f.;
    Nähe Gottes (Ps. 73) 105, 128;
    Erlösung 101;
    Ps. 23 und seine Deutung 113;
    Ps. 46 und die »feste Burg« 138;
    Goethes Lyrik und die P. 100.

  =Psychologie=:
    P. als Ordnung der Vorstellungen und Tätigkeitsweisen des
    Bewußtseins 108;
    P. als viertes Glied des Systems der Philosophie 108;
    P. und Religion 108 ff.;
    Gefühl als psychologische Grundkraft 133;
    Liebe eine psychologische Deutung in der Ästhetik des reinen
    Gefühls 88;
    religiöse Ergriffenheit als psychologische Tatsache 97;
    Autonomie ohne psychologische Selbständigkeit 117;
    Natorps P. 121.


  =Quellen=:
    Interpretation der religiösen Q. 113.
      s. a. _Tradition_.

  =Quietismus= 91, 139.


  =Rache=:
    Rachsucht als Triebfeder des Menschen im Pessimismus 59;
    Gott als Rächer der Armen in der Weltgeschichte 81;
    Rachepsalmen 71, 78.

  =Radikal=:
    Das radikale Böse und Gute 59, 68.

  =Rationalismus=:
    R. als Vorstufe des Idealismus 30;
    R. und Ethik 12;
    Vereinigung von Liebe und Erkenntnis 25;
    R. und Offenbarung bei Saadja 14;
    Widerspruch des Pantheismus zum R. 28.

  =Realisierung=:
    R. des Sittlichen 60.

  =Realität=:
    Sein als R. 137;
    R. Gottes und des Menschen 60;
    R. des Sittlichen 36, 78.

  =Recht=:
    R. und Staat 73;
    R. der Armen 79;
    R. und Individuum 118.

  =Rechtfertigung=:
    R. und Erlösung 78.

  =Rechtsformen=:
    R. des Staates verjüngt durch die Idee der Gesellschaft 73.

  =Rechtswissenschaft= 2, 8.

  =Reichtum=
    s. _Armut_.

  =Rein=:
    Reine Bewußtseinsart 44;
    reiner Wille gegenüber Naturtrieben 105;
    Reinheit des religiösen Bewußtseins 91;
    Reinheit der Seele in den Psalmen 101, 105.
      s. a. _Denken_, _Liebe_, _Wille_.

  =Reiz=:
    Ästhetischer R. 88, 101.

  =Relative Gemeinschaft=:
      s. _Gemeinschaft_, _Mehrheit_.

  =Religion=:
      s. _Logik_, _Ethik_, _Ästhetik_, _Psychologie_, _Eigenart_,
      _Gott_, _Mensch_, _Individuum_.

  =Religionsgeschichte= 1 ff., 43, 108.

  =Religionsphilosophie=:
    Absolutheit ihrer Methode 2 f.;
    als Zweig der Philosophie abgelehnt 7;
    R. im griechischen Altertum und im Monotheismus 9;
    neuere R. von Spinoza ausgehend 14;
    Mißtrauen gegen die R. bei tieferen Theologen 43.

  =Religionspsychologie= 108.

  =Religionsunterricht= 139.

  =Religionswissenschaft=:
    R. als Grenzgebiet der Philosophie 6.

  =Religiosität=:
    R. und Erkenntnis 138;
    lebendige R. gegenüber historischer Tradition 93.

  =Rest Israels=:
    R. I. im Deuterojesaia 126.

  =Rettung=:
    R. von der Sünde 57.
      s. a. _Erlösung_.

  =Richtung=:
    Richtungen des Bewußtseins 86, 91, 109, 121, 136;
    R. des Individuums auf Gott 89.
      s. a. _Grundrichtung_.

  =Ritschl=, Albrecht:
    A. R. und die Kantische Philosophie 3.

  =Romantik=:
    Begriffslosigkeit der R. 96;
    Katholische R. 93.

  =Rührung=:
    R. in ihrer Beziehung zu Ästhetik, Religion und Sittlichkeit 97,
    102, 123.
      s. a. _Ergriffenheit_.

  =Ruhe=:
    R. vom Welttreiben nicht R. im Ewigen 122;
    Erkenntnis kein ruhiger Besitz 80.


  =Saadja=:
    Emunoth we Deoth 13 f.

  =Schauen=:
    Das S. und die Idee 29.

  =Scheidung=:
    S. und Unterscheidung zwischen Ethik und Religion 60.

  =Schicksal=:
    Menschheit und S. 53;
    soziales S. 119;
    mythologische Fragen nach dem S. 120;
    Leid und S. 125.

  =Schiller=:
    Schillers ästhetische Erziehung 40;
    S. im »verschleierten Bild zu Sais« 6;
    im Lied »an die Freude« 91;
    in »Shakespeares Schatten« 53;
    »das Ideal und das Leben« 53;
    in den »Worten des Glaubens« 119.

  =Schlechtigkeit=
      s. _Böse_.

  =Schleiermacher= 94 f.

  =Schönheit=:
    S. bei Plotin 39, 85;
    S. und Leid 133;
    sittliche und schöne Entfaltung der Menschennatur 102.

  =Schöpfung=:
    Spezialproblem innerhalb der Korrelation Gott und Welt 47, 50;
    Erneuerung der Erhaltung 48;
    Begriff als Problem der positiven S. 5.

  =Scholastik= 12 f.;
    natürliche S. im Judentum und Christentum 9.
      s. a. _Mittelalterliche Philosophie_.

  =Schopenhauer=:
    S. über das Mitleid 76.

  =Schuld=:
    S. und Befreiung von S. und Sühne 65, 68, 81, 88.

  =Schwäche=:
    Ethische Schwächen und ihre Erkenntnis 54;
    individuelle S. und allgemein menschliche Schwachheit 116.

  =Schwärmerei=:
    S. als Ausartung des Pessimismus 65.

  =Schwebe=:
    Religion in der S. zwischen Erkenntnis und Sittlichkeit 106;
    Sein der Seele auf der S. mit dem Sein Gottes 122.

  =Schwerpunkt=:
    Gott der S. in der Korrelation mit dem Menschen 137.

  =Seele=:
    Das Seelische als Erweiterung des Göttlichen in der
    Religionsgeschichte 4 f.;
    S. der Lebewesen 52;
    S. und Geist 61;
    S. und Natur des Menschen 105;
    Leib und S. 81, 90;
    S. als sittliche Person 61;
    Selbst der S. 99;
    S. und Sehnsucht 99;
    S. und Liebe 81;
    Reinheit der S. 101;
    S. und Sünde 61;
    Errettung der S. durch Gott 105;
    S. und Religion 105;
    S. und Individualität 93;
    Gott Erhalter der S. 105;
    Sein der S. und Sein Gottes 122;
    S. und Unsterblichkeit 50;
    das unmittelbare Leben der S. bei Natorp 121;
    Seelengrund der Religion in der Philosophie 6.

  =Sehen=:
    S. und Denken 29.

  =Sehnsucht=:
    Religiöser Ursprung der S. 100;
    S. erwirkt die Korrelation zwischen Gott und Mensch 102;
    S. nach Gott und Mitleid mit dem Menschen 98;
    S. nach dem Unendlichen 41;
    Kraft der S. 105;
    Religion als S. nach Liebe bei Schleiermacher 95;
    S. im Sinne der alten Psychologie 108.

  =Sein=:
    Grundbegriff des Seins 20 ff.;
    Grundlegung des Seins als Realität durch die Erkenntnis gesetzt 137;
    S. der Wissenschaft Grundproblem der Logik 21;
    das S. in der Scholastik 13;
    im Pantheismus 27;
    wahrhaftes S. bei den Eleaten das Denken, bei den Propheten die
    Zukunft 34;
    Jenseits des Seins bei Platon 37;
    S. der Natur 45, 48;
    S. und Dasein 46;
    S. der Sittlichkeit 60;
    Gott als das S. 20 ff., 80;
    S. und Leben Gottes bei Maimonides 46;
    S. der Seele und S. Gottes 122.
      s. a. _Substanz_.

  =Selbst=:
    S. des Menschen und der Menschheit 52 f.;
    biologisches und ethisches S. 57;
    religiöses und ethisches S. 58;
    S. als Aufgabe 59;
    Identität des S. im Mitgefühl 87;
    Gefühl und S. 89;
    Korrelation mit Gott und S. 89;
    S. der Seele 99;
    S. in den Psalmen 101.
      s. a. _Ich_.

  =Selbständigkeit=:
    S. der Religion überhaupt s. _Eigenart_;
    S. der Religion bei Kant 50;
    S. eines Gliedes im System 42, 44;
    S. der Ästhetik 85 f.;
    S. des Endlichen 134;
    selbständige Sittlichkeit des Menschen 66.

  =Selbstarbeit=:
    Sittliche S. des Menschen 66.

  =Selbstauflösung=:
    S. der Religion in Ethik s. _Ethiko-Theologie_.

  =Selbstbestimmung=
      s. _Autonomie_.

  =Selbstbewußtsein=:
    S. des Geistes fängt mit den Eleaten an 24 f.;
    S. eine Lücke in Spinozas Lehre von der göttlichen Substanz 134;
    S. des Menschen in seiner Einheit als Seele und Geist 61;
    Sittliches S. 58;
    S. der Gebrechlichkeit des Individuums 59;
    Mitmensch und S. 76.

  =Selbsterkenntnis=:
    S. sittlicher Schwächen und der Sünde 54, 56.

  =Selbstheit=:
    Unpersönliche S. 131.

  =Selbstsucht=:
    S. des Individualismus 55;
    S. als Triebfeder des Menschen im Pessimismus 59.
      s. a. _Egoismus_.

  =Selbstvergötterung= 138.

  =Selbstverwandlung=:
    S. des Individuums in die Allheit 56;
    S. des Mitleids in Kraft in der Kunst 91.

  =Seligkeit=:
    S. als absolute Befriedigung der Sehnsucht 105.

  =Sensualismus=:
    Mystik und S. 46;
    Reduktion der Religion auf das primitiv Sensuelle 90.
      s. a. _Sinneswahrnehmung_.

  =Sentimental=:
    Antik und s. 129.

  =Sinn=:
    Kultur als S. des Menschenlebens bei den Griechen 75;
    S. des individuellen Menschenlebens 54;
    letzter S. der Religion 134;
    S. des Weges der Gnade 65.

  =Sinneswahrnehmung=:
    S., Wirklichkeit und Dasein 46, 136;
    vom Geist unterschieden bei den Eleaten 24;
    Abkehr des Denkens von der S. 33 f.;
    Individuum als einzelner Gegenstand nicht wahrnehmbar 86;
    S. und Intuition 30;
    Wahrnehmbarkeit Gottes in der Mystik 46.

  =Sintflut= 51, 96.

  =Sittengesetz= 52, 59, 93, 102, 117.

  =Sittlich=:
    Begriff des Sittlichen und der Ethik 17;
    Realität des Sittlichen 36;
    Realisierung des Sittlichen 60;
    Dasein und Sittlichkeit 51;
    sittliche Welt 27;
    sittliche Arbeit 61, 63 f., 115;
    sittliche Stetigkeit 56;
    sittliche Freiheit 65;
    es soll der Sittlichkeit niemals an der Menschenart mangeln 116;
    sittlicher Charakter 68;
    sittliche Erfahrungen 124;
    sittliches Individuum 57;
    sittliches Selbstbewußtsein 58;
    sittliche Person 61;
    sittliche Nöte 53;
    sittliche Schwächen 54;
    Rührung und Sittlichkeit 97;
    sittliche Erscheinung des gemeinen Mannes 102;
    sittliche Entfaltung der Menschennatur 102;
    Sittlichkeit und ästhetisches Gefühl 97;
    sittliche Kultur im Wechselverkehr der Völker 139;
    Wandel der sittlichen Vorstellungen 70;
    sittliche Reformbestrebungen 125;
    Religion und sittliches Gefühl 102;
    Sittlichkeit als Kriterium der Religion 119;
    Gott als Bürge für die Realität des Sittlichen 78, 81, 101, 103;
    altbiblische Sittlichkeit 126;
    Sittlichkeit und Religion bei den Propheten und in den Psalmen 100.
      s. a. _Ethik_.

  =Skepsis=:
    Mystik wider S. 104;
    S. Widerspruch zum Gebet 104;
    S. im Kohelet 26.

  =Sklave=:
    S. und Mitmensch 76.

  =Sokrates=:
    S. und die Ethik 11;
    der Begriff 28;
    der Begriff des Menschen 34;
    das Problem des Guten 34.

  =Souveränität=:
    S. der Kunst 91.

  =Sozial=:
    Der Mensch in seinem sozialen Charakter 80;
    soziale Idee des Menschen 82;
    soziale und relative Gemeinschaft 83;
    soziale Grundtendenz der neuen Zeit 118;
    soziales Schicksal 119;
    soziale Erweiterung des Individuums 76;
    soziale Humanität 78;
    soziale Wirklichkeit 70;
    prophetisch-messianischer Sozialismus 100, 127;
    Sozialismus Altisraels 73;
    religiös-soziale Menschenliebe 79;
    sozialpolitische Aufgabe der Religion 120;
    praktisches Christentum 125.
      s. a. _Wirtschaft_.

  =Soziologie=:
    S. im Verhältnis zu Ethik und Religion 5;
    die Menschheit in ihrer soziologischen Zweideutigkeit 53.

  =Spekulation=:
    Religiöse S. in ihrer wissenschaftlichen Bedeutung 65.

  =Spinoza=:
    Am Abschluß der jüdischen Philosophie 14;
    Einfluß auf die deutsche Philosophie der Religion 14;
    deus sive natura 27;
    Leugnung des Zwecks 38;
    S. über das Mitleid 76;
    über die Liebe bei Gott 80;
    Selbstbewußtsein und göttliche Substanz 134.

  =Sprache=:
    Religiöse Sprachkraft 92;
    Liebe als Bedürftigkeit im Sprachgebrauche 87.
      s. a. _Hebräisch_, _Griechisch_, _Lateinisch_.

  =Staat=:
    S. und Gesellschaft 73;
    S. und Individuum 52, 118;
    Staatenbund der Völker 35, 139;
    S. bei den Propheten 33;
    S. bei Platon 34, 52.
      s. a. _Politik_.

  =Stände=
      s. _Armut_.

  =Stamm= 60.

  =Statistik= 61.
      s. a. _Moralstatistik_.

  =Staunen=:
    S. als Anfang der Erkenntnis 83.

  =Stellvertretung=:
    Stellvertretendes Leiden des Messias 129;
    Stellvertretung in der Wechselwirkung der Völker 131.

  =Stetigkeit=:
    Sittliche S. 56.

  =Stil=:
    S. der alten Bibel 71.

  =Stoff=:
    Sittlichkeit als stoffliche Voraussetzung des ästhetischen Gefühls 97;
    Religion als Stoff der Kunst 129;
    desgl. Individuum 87.

  =Strafe=:
    S. und Sünde 68 f.;
    S., Buße und Erlösung 69;
    S. und Leid 69, 127.

  =Streben=:
    S. zur Allheit 55;
    Mensch zu Gott wie S. zu Gelingen 67, 116;
    S. nach Erlösung 115.
      s. a. _Suchen_, _Verlangen_.

  =Subjekt=:
    S. und Objekt in der Religionsphilosophie 2;
    in der Kunst 135.

  =Subjektivität=:
    Grenzen der S. 113;
    subjektive Motive 34.

  =Subreption=:
    S. des religiösen Bewußtseins im Kunstgefühl 91.

  =Substanz= 134.

  =Suchen=:
    Unendlichkeit des Suchens 122.
      s. a. _Streben_.

  =Sühne=
      s. _Schuld_.

  =Sünde=:
    S. und Strafe 68;
    S. und Versöhnung 57;
    S. und Vergebung 68;
    S. ein Ferment der Sittlichkeit 65;
    Durchgang des Menschen durch das Sündenbewußtsein 65;
    S. und Individuum 55, 56, 62, 103, 117;
    S. und Leid im Christentum 125;
    die S. vor der Tür (Gen. 4, 7) 54;
    jeder stirbt an seiner eignen S. (Deut. 24, 16) 61;
    die Seele sündigt (Num. 15, 27) 61, 99;
    Sünden der Väter 61;
    Reinheit der Seele und heiliger Geist gegenüber der S. 105.

  =Suffizienz=:
    Ethische S. des Menschen 62, 66.

  =Symbol=:
    Tod als S. des Leids 70;
    desgl. Armut 80;
    Leid S. für das Vergängliche 131;
    Aufhören des Krieges S. des Messianismus 71;
    das Individuum nicht S. der Menschheit 92.

  =System=:
    Systematische Begründung der Religion 11, 15, 18, 90, 107, 115, 121;
    S. und Kultur 45, 133.
      s. a. _Eigenart_, _Selbständigkeit_, _Philosophie_.


  =Tabu= 4.

  =Talmud= 113.

  =Tantaliden= 61.

  =Tatsache=:
    T. bei der Induktion 1;
    Material als negative Vorbedingung 5;
    Leid als T. 69 f.;
    religiöse Ergriffenheit als psychologische T. 97;
    Kultur als T. 138.

  =Teleologie=:
    T. bei Aristoteles 13;
    Naturteleologie 105.
      s. a. _Zweck_.

  =Terminologie= 47, 84, 87, 88, 107.

  =Testament, Altes und Neues=
      s. _Bibel_.

  =Theodizee=:
    Korrelation von Gott und Mensch als T. 69;
    Angelpunkt in der Entwicklung des Monotheismus 74;
    T. und Menschenleid 125, 131, 132.

  =Theologie=:
    T. und Religionsphilosophie 3, 43;
    protestantische T. und Kantische Ethik 3;
    Immanenz der Philosophie in der T. bei Saadja und Maimonides 14, 106;
    T. und Logik 22;
    T. und Wissenschaft 112;
    T. an den Universitäten 114;
    Christusproblem in der modernen protestantischen T. 67, 115.

  =Theorie=:
    Theoretische Einsicht und sittliches Gefühl 75;
    Verwandlung theoretischer Erfahrung in praktisches Gefühl 66;
    Verschiedenheit aller Wesen von mir für den theoretischen Blick 76.
      s. a. _Praxis_.

  =These=:
    T. und Hypothese 29.

  =Tieropfer=
      s. _Opfer_.

  =Tod= 70.

  =Toleranz= 113, 120, 139.

  =Totalität=:
    Kein Systemglied hat T. zu beanspruchen 110.

  =Totem= 4.

  =Tradition=:
    Lebendige Religiosität gegenüber historischer T. 93;
    Autorität der T. 111, 117.
      s. a. _Quellen_.

  =Tränen= 54.

  =Tragödie=:
    T. als Mitschöpferin der Religion 17;
    Verklärung des Leids in der T. 88;
    Tantaliden 61;
    die T. und der Grundgedanke des Christentums 93.

  =Transzendental=
      s. _Methodik_.

  =Transzendenz=:
    T. bei Platon 49;
    T. des Guten im späteren Griechentum 38;
    T. Gottes im Judentum 66;
    Grundlegung der T. für alles Sein der Erkenntnis 137.
      s. a. _Absolutheit_.

  =Treue=:
    Bekenntnistreue 119.

  =Triebe=:
    T. des Begehrens 34;
    Naturtriebe 105.

  =Trinität= 67, 113, 115, 138.

  =Troeltsch=, Ernst:
    Gewißheit der Religion 94.

  =Tugend=:
    Tugenden ersten und zweiten Grades in der Ethik 83;
    Reichtum und T. 74.

  =Typus=:
    T. im Kunstwerk 86, 91, 98.


  =Übergang=:
    Ü. von dem Menschenbegriff der Ethik zu dem der Religion 57 f.

  =Übergewicht=:
    Ü. eines Systemgliedes zu vermeiden 110;
    Ü. der Religion über alle geistigen Kräfte des Menschen abgelehnt 121;
    desgl. Ü. des Leidens innerhalb der Religion 132.

  =Überschritt=:
    Ü. von der Ethik zur Religion 61.

  =Übersetzung=:
    Ü. und Urtext 113.

  =Umfang=:
    U. der Ethik und Inhalt der Religion 58;
    U. der Religion gegenüber dem Unendlichen 89.

  =Unbestimmtheit=:
    U. des Pantheismus 95.

  =Unendlichkeit=:
    Begriffliche Vieldeutigkeit des Unendlichen 133;
    unendliche Entwicklung des Lebens 105;
    Sehnsucht nach dem Unendlichen 41;
    unendliche Zukunft 48;
    Gefühl des Unendlichen bei Gott 39;
    unendliche Aufgaben 122;
    U. des Suchens 122;
    Erkenntnis als unendliche Aufgabe 80;
    das Unendliche als Aufgabe 121 f.;
    U. im Mitleid 98;
    das Unendliche gegenüber dem religiösen Bewußtsein 89;
    gegenüber dem Gefühl 94;
    das Unendliche in der Kunst und im Kunstwerk 89, 91;
    das Unendliche in der Kunst und die Religion als Kultur 123;
    U., welche für die religiöse Korrelation des Menschen mit der Idee
    Gottes sich bildet 91.

  =Ungebildete=:
    Die sittliche Erscheinung eines gemeinen Mannes 102;
    die Religion der Ungebildeten 137.

  =Universalismus=:
    U. des sozialen Gottes 78.

  =Universitäten=:
    Die Theologie an den U. 114.

  =Universum=:
    U. für Gott 19;
    Einzigkeit des Universums bei den Eleaten 24;
    pantheistische Liebe zum U. 81;
    U. und Gefühl bei Schleiermacher 96;
    U. des ästhetischen Gefühls im Kunstwerk objektiviert 96.

  =Unmittelbare=, das:
    Das Gefühl als unmittelbares Bewußtsein bei Schleiermacher 95;
    Unmittelbarkeit des Lebens der Seele bei Natorp 121.
      s. a. _Intuition_.

  =Unschuld=:
    U. und Armut 74;
    U. Hiobs 126;
    leidende U. im Messianismus 127 f.

  =Unsittlich=:
    Unsittliche Handlung 68.

  =Unsterblichkeit=:
    U. bei Kant 50;
    U. als Seele, als Idee des Menschen 50;
    U. als göttliche Erhaltung der Menschenseele 105;
    Religion und U. 138.

  =Unterordnung=:
    U. zur Einheit des Bewußtseins 109 f.

  =Unterscheidung=:
    U. und Vereinbarkeit 77 f.;
    U. und Verbindung 106.
      s. a. _Scheidung_, _Verschiedenheit_.

  =Unzulänglichkeit=:
    Menschliche U. gegenüber der Schwachheit 116.

  =Urkunden=
      s. _Tradition_.

  =Ursprung=:
    U. und Begriff 5;
    U. der Metaphysik 37;
    U. der Religion 34, 58, 89;
    historische Ursprünge der Religion 93;
    Gott als U. des Daseins nach Maimonides 47;
    U. der Sehnsucht 100.

  =Urteil=:
    Das U. in der Zwecksetzung 47.


  =Vater=:
    Gott als V. 81, 91, 98.

  =Verantwortlichkeit=:
    Persönliche V. 118.

  =Verbindung=:
    Unterscheidung und V. 106.

  =Verehrung=:
    V. als ethische Vorbedingung zur religiösen Liebe 82.

  =Vereinbarkeit=:
    Unterscheidung und V. 77 f.

  =Vereinigung=:
    V. mit Gott im Pantheismus 105;
    Vereinigungspunkt von Religion und Kunst 89.
      s. a. _Grenze_.

  =Vereinsamung=
      s. _Einsamkeit_.

  =Vererbung=:
    V. von Schuld und Leid 61, 73, 93, 126.

  =Vergänglichkeit=:
    Leid als Gleichnis der V. 128 f.

  =Vergangenheit=
      s. _Zukunft_.

  =Vergebung=:
    Sünde und V. 68;
    Opferkultus und V. 62;
    Gott der V. 65.

  =Vergeltung=:
    Göttliche Strafe als V. der Sünde 68, 99;
    Leid als V. 70.

  =Vergleichung=
      s. _Ausgleichung_.

  =Vergottung=:
    V. des Menschen 138.

  =Verkehrung=:
    V. des Zielpunktes der Menschheit 54;
    V. der Prinzipien 59.

  =Verklärung=:
    V. des Mitleids zur Menschenliebe 76;
    V. des leidenden Menschen in der Tragödie 88;
    als Leiden verklärt die Strafe Gott und Mensch 69.

  =Verlangen=:
    V. nach Gott 99, 103, 105, 138;
    V. im Mitleid 98;
    Armut 127.

  =Vermenschlichung=:
    V. Gottes 66.
      s. a. _Anthropomorphismus_.

  =Vermittlung=:
    V. zwischen Gott und Mensch durch den Logos bei Philo 13;
    V. der Religion mit allen Richtungen des Kulturbewußtseins 121.

  =Vernunft=:
    V. als V. der Wissenschaft 19;
    Religion innerhalb der Grenzen der bloßen V. 112.

  =Verschiedenheit=:
    V. aller Wesen von mir für den theoretischen Blick 76.

  =Versöhnung= 57, 65, 130.

  =Vertrauen=:
    V. auf Gott 104 f.

  =Verwirklichung=:
    V. des Guten durch Gott 64.
      s. a. _Realisierung_.

  =Vieldeutigkeit=:
    Begriffliche V. des Unendlichen 133.

  =Volk=:
    Staat und V. bei den Propheten 33;
    Einschränkung des Volkes auf die Frommen im Deuterojesaia 126;
    sittliche Kultur im Wechselverkehr der Völker 139;
    leidende Völker 74 f., 131;
    Staatenbund der Völker 35, 139.

  =Volksbildung= 139.

  =Volksschule= 139.

  =Vollendung=:
    V. der Ethik durch die Gottesidee 51.

  =Voranstellung=:
    V. eines Kulturwegs vor einem andern zu vermeiden 109.

  =Vorbedingung=:
    Gemeinsame Grundlage des wissenschaftlichen Denkens V. für die
    Religion 18;
    sittliches Bewußtsein V. für das ästhetische 91;
    Ethik als V. der Religion 80;
    Material der Religionsgeschichte als V. des Religionsbegriffs 5.

  =Vorbereitung=:
    V. der religiösen Liebe in der Kunst 87.

  =Vorbild=:
    V. Christi 67.

  =Vorsätze=:
    Gedanken als V. des Denkens 29.

  =Vorsehung=:
    Göttliche V. gegenüber Leid und Armut 75, 80.

  =Vorstufe=:
    Strafe und Leid als V. der Erlösung 69.


  =Wahrheit=:
    Zwiefache und einzige W. 6;
    logischer Sinn für die W. 94;
    W. als gemeinsamer Zielpunkt aller systematischen Richtungen 18, 114;
    Idee als Grundlegung der W. 36;
    Wahrheitsgrund und Wahrheitsgehalt der Religion 6, 16, 42, 119;
    Wahrheitsgehalt des Dogmas 93.

  =Wahrnehmung=
      s. _Sinneswahrnehmung_.

  =Wechselverhältnis=:
    Korrelation nicht schlechthin W. 137.

  =Wechselstimmung=, =Wechselverkehr=, =Wechselwirkung= der Völker
  131, 139.

  =Weg=:
    Seitenwege des Kulturbewußtseins 109;
    W. der Gnade 65.

  =Welt=:
    W. als Kosmos 23;
    Gott und W. 26, 47, 51;
    Standpunkt des Geistes zur W. 27;
    Welttreiben 122.

  =Weltfremdheit=:
    W. der Religion 72.

  =Weltgeschichte=
      s. _Geschichte_.

  =Weltordnung=:
    Göttliche W. 80.

  =Weltverachtung= 139.

  =Wert=:
    W. der Begriffe Sein und Denken 26;
    Unterschied im Inhalt und Werte zwischen Logik und Ethik 37;
    Ewigkeitswert der Realisierung des Sittlichen 60;
    Kulturwert der Religion 119;
    W. des Eintritts Gottes in das Blickfeld des Menschen 117;
    W. des Individuums in der Allheit 56;
    Lebenswerte 139.

  =Wesen= Gottes
      s. _Gott_.

  =Wiedergewinnung=:
    W. der Sittlichkeit des Individuums 116.

  =Wiederherstellung=:
    W. des Individuums zur Aufgabe der sittlichen Freiheit 65.

  =Wille=:
    Reiner W. gegenüber Naturtrieben 105;
    W. und Religion 90, 106.
      s. a. _Autonomie_, _Freiheit_.

  =Wirklichkeit=:
    Abkehr des Denkens von der W. 20--22, 33 f., 48;
    W. und Sinneswahrnehmung 46;
    W. gegenüber der Einheit im systematischen Begriffe Gottes 136;
    Gott als Erhalter der W. der Natur 51;
    Ethische Abstraktion als Gegenbild der W. 69;
    W. sittlicher Erfahrungen und Erlebnisse 124;
    W. ein Jammerbild der Strafen Gottes 69;
    politische und soziale W. 70;
    Wilh. Herrmann über die W. Gottes 124.
      s. a. _Dasein_, _Realität_, _Verwirklichung_.

  =Wirtschaft=:
    Der wirtschaftliche Grund des Zusammenhangs der Menschen 73.
      s. a. _Sozial_.

  =Wissenschaft=:
    Begriff einer W. 1, 2;
    Wissenschaften und Philosophie 2;
    die Logik immanent in aller W. 8;
    Sein der W. als Grundproblem der Logik 21;
    Idee und wissenschaftliches Denken 29;
    Vernunft als Vernunft der W. 19;
    wissenschaftliche Objektivität 120;
    Religion und W. 20, 111 f.;
    religiöse Spekulation und W. 65;
    Mystik und W. 111;
    Ansprüche des Gemüts und wissenschaftliche Wahrheit 114.

  =Würde=
      s. _Menschenwürde_.


  =Xenophanes=:
    Verknüpfung von Gott und Welt, Denken und Gott 23 f., 25 f., 27.


  =Zeit=
      s. _Zukunft_.

  =Zerknirschung= 68.

  =Ziel=:
    Wahrheit als gemeinsamer Zielpunkt aller systematischen Richtungen 18;
    allgemeines Z. bei der Induktion 1;
    Annäherung an Gott als Z. 106;
    Gott als Z. der sittlichen Arbeit des Menschen 63;
    Bürgschaft Gottes für das Z. dieser Arbeit 66;
    Auflösung in Ethik als Z. der Religion 42;
    Zielpunkt der Menschheit 54;
    Z. bei der Erziehung des Menschengeschlechts 139;
    Kultur als Z. bei Aristoteles 75.

  =Zivilisation= 102.

  =Zorn=:
    Z. der Götter 32.

  =Zugehörigkeit=:
    Z. der Tatsachen bei der Induktion 1.

  =Zukunft=:
    Z. als Tempusform (Exod. 3, 13) und in Beziehung auf die Gegenwart 22;
    Z. im Messianismus 33 f.;
    Zeit und Z. 23, 33 f.;
    Zwecksetzung Gottes für die Z. des Daseins 48, 51.

  =Zulässigkeit=:
    Der Begriff der Religion als zulässiges Problem im System der
    Philosophie 44.

  =Zurückleitung=:
    Z. der Sehnsucht auf das Selbst der Seele 99.

  =Zuversicht=:
    Z. als Glaube (אֱמוּנָה) 104;
    Z. in den Psalmen 99;
    Z. bei den Propheten (תִּקְוָה) 101;
    Z. der Erlösung 67.

  =Zweck=:
    Korrelation und Z., Begriffsbildung und Zwecksetzung, Zwecksetzung
    und Idee, Zwecksetzung Gottes 47, 48, 49;
    Kant und die Zweckidee Gottes 50;
    Leugnung des Zwecks durch Spinoza 38;
    Z. in der Biologie 48.
      s. a. _Teleologie_.

  =Zweideutigkeit=:
    Z. des Pantheismus 66;
    soziologische Z. der Menschheit und Schicksal 53;
    Z. im Terminus des Gefühls 88.
      s. a. _Doppelsinn_.

  =Zweifel=:
    Z. und Glaube 104.



Übersicht zur Methodik.


Absolutheit, Abstraktion, Abstufung, Adäquatheit, Angleichung,
Angliederung, Antinomie, Aufgabe, Ausgleichung, Bewußtsein, Bürgschaft,
Deutung, Differenz, Doppelsinn, Durchgang, Ebenbürtigkeit,
Eingliederung, Einigungsakte, Einordnung, Entdeckung, Erneuerung,
Erweiterung, Erzeugung, Faktor, Gegenständlichkeit, Geist,
Gewährleistung, Gleichartigkeit, Gliederung, Grenze, Grund-, Identität,
Induktion, Inhalt, Kombination, Korrelation, konkret, Kultur, Leitung,
Mangel, Modifikation, Nebenordnung, Neuheit, Partikularität, Problem,
Richtung, Scheidung, Schwebe, Schwerpunkt, Selbstverwandlung, Stoff,
Subreption, System, Tatsache, Terminologie, Totalität, Übergang,
Übergewicht, Überschritt, Umfang, Unterordnung, Unterscheidung,
Ursprung, Verbindung, Vereinbarkeit, Vereinigung, Vermittlung,
Voranstellung, Vorbedingung, Vorbereitung, Vorstufe, Wirklichkeit, Ziel,
Zugehörigkeit, Zulässigkeit, Zurückleitung, Zweideutigkeit.


                  Weimar -- Hof-Buchdruckerei.



Liste korrigierter Druckfehler:


Seite 2, »das« und »daß« vertauscht; im Original stand »... denn es ist
noch hinzuzunehmen, das, was im Gebiete der Philosophie entstanden war,
auf daß der Religion verpflanzt wurde.«

Seite 5, Komma hinter »Trugbild« entfernt (... oder ob die Idee ein
Trugbild ist ...)

Seite 13, Leerzeichen zwischen »we« und »Deoth« eingefügt (=Emunoth we
Deoth= dürfte als ein ἓν διὰ δυοῖν aufzufassen und zu übersetzen
sein:)

Seite 15, »das« durch »daß« ersetzt (... ein lehrreiches Symptom,
welches zeigt, daß zum mindesten die =Ästhetik= in Gefahr kommt,
beseitigt oder verkürzt zu werden ...)

Seite 38, »Transcendenz« durch »Transzendenz« ersetzt (=So ist aus der
Selbstrechtfertigung der Ideenlehre die Transzendenz des Guten
entstanden.=)

Seite 46, »von reinen Sein« ersetzt durch »vom reinen Sein« (... obschon
der Ausgang vom reinen Sein genommen wird.)

Seite 55, »Menschenloose« durch »Menschenlose« ersetzt (Sollte man mit
diesem Menschenlose kein Mitleid empfinden dürfen?)

Seite 78, »Höhenpunkte« durch »Höhepunkte« ersetzt (Auf diesem
Höhepunkte des Messianismus sehen wir =wieder die Religion mit der Ethik
zusammengehen=.)

Seite 79, »Aesthetik« durch »Ästhetik« ersetzt (Der Konflikt, der hierbei
mit der =Ästhetik= einzutreten scheint, soll hier noch nicht erwogen
werden.)

Seite 94, »Tröltsch« durch »Troeltsch« ersetzt (Man muß dann auf die
offenbare Zweideutigkeit verfallen, die in der »auf praktische
Unentbehrlichkeit und auf inneres Verpflichtungsgefühl begründeten
Gewißheit« von =Troeltsch= behauptet wird.)

Seite 102, Komma hinter »darüber« eingefügt (... als vielmehr zugleich
=Trauer= darüber, daß eine solche Erscheinung absticht von der glatten
Einbildung der =Zivilisation=.)

Seite 105, »be-bezeichnet« ersetzt durch »bezeichnet« (In ihr bezeichnet
sich der =Unterschied von der pantheistischen Vereinigung mit Gott=.)

Seite 107, »methodische« durch »methodischen« ersetzt (Durch welche
methodischen Mittel läßt sich die Eigenart als solche durchführen, ohne
daß sie den falschen Schein einer eigenen Selbständigkeit annähme?)

Seite 114, »selbsverständlich« ersetzt durch »selbstverständlich« (...
nicht allein für das richtige Verständnis des neuen Testaments ist sie
selbstverständlich, sondern auch ...)

Seite 119, »dir Erhaltung« durch »die Erhaltung« ersetzt (Ohne diese
Hilfe der Religion für die Erhaltung des Individuums besteht die
Gefahr, ...)

Seite 121, »Und« durch »und« ersetzt (... magis amica veritas -- und
unsere Wahrheit ist die systematische Begründung der Religion.)

Seite 123, Komma am Satzende durch Punkt ersetzt (Im Kunstwerke deckt
sich jene Unendlichkeit mit dem Ich des reinen Gefühls.)

Seite 123, »Koheleth« durch »Kohelet« ersetzt (Was nach =Kohelet= vom Ende
des Menschen gilt, ...)

Seiten 125, 131, 132, »Theodicee« durch »Theodizee« ersetzt (Die
Theodizee hat bei dieser Frage ihre schwerste Probe zu bestehen. [...]
Das =geschichtliche Bewußtsein= des Menschen empfängt erst durch diese
Theodizee seine Beruhigung und seine treibende Kraft. [...] Und diese
absolute Theodizee des Leidens gilt nicht minder auch für das Leiden der
Völker, ...)





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