Home
  By Author [ A  B  C  D  E  F  G  H  I  J  K  L  M  N  O  P  Q  R  S  T  U  V  W  X  Y  Z |  Other Symbols ]
  By Title [ A  B  C  D  E  F  G  H  I  J  K  L  M  N  O  P  Q  R  S  T  U  V  W  X  Y  Z |  Other Symbols ]
  By Language
all Classics books content using ISYS

Download this book: [ ASCII | HTML | PDF ]

Look for this book on Amazon


We have new books nearly every day.
If you would like a news letter once a week or once a month
fill out this form and we will give you a summary of the books for that week or month by email.

Title: Spitzen und ihre Charakteristik
Author: Jurie, Bertha von
Language: German
As this book started as an ASCII text book there are no pictures available.


*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Spitzen und ihre Charakteristik" ***


    Anmerkungen zur Transkription


    Im Original gesperrter Text wird _so dargestellt_.

    Im Original in Antiqua gesetzter Text wird ~so dargestellt~.

    Weitere Anmerkungen zur Transkription befinden sich am Endes des
    Buches.



Spitzen



[Illustration: Jan Vermeer van Delft (Louvre)

Spitzenklöpplerin]



    Spitzen

    und ihre Charakteristik

    von

    Bertha von Jurie

    Mit 35 Abbildungen

    [Illustration]

    Verlag von Bruno Cassirer
    Berlin 1907



Inhaltsübersicht.


                                                             Seite:

    Vorwort                                                     VII

    Spitzen                                                       1

    ~Punto tirato~                                               18

    ~Punto tagliato~ und Venetianische Spitzen                   20

    ~Colberts~ Schöpfung der französischen Spitzenindustrie      26

    ~Point d'Alençon~                                            30

    Brüsseler Nadelspitzen oder ~Point de Bruxelles~             39

    ~Guipures~                                                   42

    Flämische Klöppelspitzen                                     51

    ~Valenciennes~                                               57

    ~Malines~                                                    60

    ~Point de Lille~                                             63

    ~Binches~                                                    65

    ~Point de Paris~                                             66

    Holländische Spitzen, Pottenkant                             67

    Blonden                                                      68

    Brüsselerspitzen. ~Point de Bruxelles~ oder Brabanter        69

    ~Chantilly~                                                  78



Vorwort.


Ich habe absichtlich die französischen, italienischen, eventuell
flämischen Ausdrücke beibehalten, da ich von der Anschauung ausgehe,
daß in deutscher Übersetzung die Worte unverständlich werden. --

Meine Ansicht, was eigentlich der ~point d'Angleterre~ ist, habe ich
~Allan Cole~ Direktor des ~South Kensington~ Museum nachgebildet. --

Die englischen Spitzen berühre ich nur flüchtig, da sie mir zu wenig
bekannt sind -- und ihr Unterschied nur eine Geschmackdifferenz
der belgischen ~duchesse~ zu den englischen ~duchesse-honiton~
bedeutet. Über ~torchon-Cluny~ und alle die vielen Auvergnespitzen
habe ich, was ihre Geschichte anbelangt, zu wenig Material gefunden,
künstlerisch haben sie aber fast gar keine Bedeutung, ebensowenig für
die Entwicklungsgeschichte der Spitzen, wohl aber ökonomisch. Meine
Absicht ist, ein leicht faßliches Handbuch für spitzenliebende Damen
zu schreiben -- eine Art Nachschlagebuch, da es in dieser Art meines
Wissens in deutscher Sprache nichts gibt.

Ich versuche die charakteristischen Merkmale der einzelnen Spitzen
hervorzuheben -- ihre Verwandtschaft untereinander -- und nehme einen
so ziemlich neuen Standpunkt insofern ein als ich die große Bedeutung
des technischen Verfahrens betone und so lege ich starkes Gewicht
auf die innige Verwandtschaft der genuesischen Klöppelspitzen mit
den flämischen einerseits und andererseits der Mailänder zu den
Brüsselern (Brabanter und ~point d'Angleterre~ etc.) in ihrer geteilten
Ausführungsart.

Ich nehme also Genua, Mailand, Flandern und Brabant als
Gattungsbegriffe an.

Andererseits suche ich die Wechselwirkung der Klöppel- und Nadelspitzen
der einzelnen Nationen untereinander im Stil und Zeichnung zu betonen.

Natürlich ist das Thema in keiner Weise erschöpft.

Ich habe mich tunlichst aller Anekdoten enthalten.

Ich verweise auf die Werke von ~Allan Cole, A. M. S.~, ~Bury Paliser~,
~Dreger~ etc.

Die Originale der abgebildeten Spitzen befinden sich zum Teil
im Besitze der Damen: Frau Anna von Herz-Hertenried, Frau Fanny
Kobeck-Steyrer, Frau Löw-Unger und ich spreche diesen Damen hiermit
meinen besten Dank für die freundliche Überlassung der Spitzen zum
Zwecke der Abbildung aus.



Spitzen.


Nichts ist so sehr vom Weibe, für das Weib geschaffen, wie die Spitzen.
Nichts kleidet die Frau jeden Alters -- ob Kind oder Greisin -- besser
und lieblicher als die Spitzen. -- Nichts aber auch ist in der Arbeit
selbst so symbolisch weiblich, wie dieser schönste und edelste Schmuck,
dessen Anfertigung hingebende Geduld und rastlosen Fleiß erheischt: Zu
stillem, weltfremden Lebenswandel gezwungen, arbeitet und müht sich
die Spitzenarbeiterin ihr Lebelang für andere! -- Es wäre daher nur
zu begreiflich, wenn die Frauen stolz wären auf dieses ihr eigenstes
Gebiet, auf welchem sie noch niemals vom Manne überholt wurden, das so
originell und künstlerisch hochstehend ist. -- Und dennoch ist eben
in den letzten Jahrzehnten eine gewisse Stagnation in diesem Zweige
echt weiblicher Kunstfertigkeit zu bemerken, deren Grund wohl nicht
allein in der Nachahmung durch die Maschine, sondern gewiß auch in
tiefergehenden soziologischen und ökonomischen Momenten zu suchen ist.

Ein geistreicher Franzose hat das XIX. Jahrhundert »das Zeitalter des
Talmis« genannt -- Preßglas, Pakfong, Kunstmarmor und eine Unzahl
anderer Imitationstechniken und Pseudomateriale versuchten die
Erzeugnisse auf den betreffenden Produktionsgebieten zu überholen, im
Preise zu unterbieten, und deren Nachahmungen als Massenartikel breiten
Schichten zugänglich zu machen.

Als naturgemäße Reaktion gegen diese mißverständlich demokratische
Tendenz sehen wir in eben demselben Jahrhunderte den Sammelgeist wie
noch nie erwachen: Edle Bronzen, echte Teppiche, geschliffene Gläser,
all die zahllosen Betätigungen längst dahingegangenen Kunstfleißes
kamen zu noch nicht dagewesener leidenschaftlicher Würdigung. --
Denn der Mensch hat -- sei es die Schwäche, sei es den Vorzug, je
verfeinerter er wird, desto mehr den Trieb sich aristokratisch von
der Masse differenzieren zu wollen und den Besitz von Gegenständen
eifrigst anzustreben, die nicht jedermann zugänglich sind und deren
Erkenntnis und Genuß allein einen höheren Grad von Kultur voraussetzen.
Merkwürdigerweise scheinen die Spitzen von dieser Strömung
ausgeschlossen zu sein; wohl hat man noch selten so viele Spitzen
getragen wie gerade jetzt; aber die Trägerinnen echter Spitzen sind zu
zählen und Frauen, die sich schämen würden, falschen Schmuck anzulegen,
schmücken ihre Kleider, ihre Wäsche, ihr Heim in unbegreiflicher
Unbekümmertheit mit der Lüge der falschen Spitze! Der moderne Mensch
hat offenbar das Verständnis für die Schönheit der echten Spitzen
verloren und ist auf diesem Gebiete so ungebildet und abgestumpft, wie
kaum einem anderen Kunstzweige gegenüber.

Früher klöppelten und nähten die vornehmen Frauen selbst, sie bildeten
ihre Umgebung heran, ein fortwährender Meinungsaustausch bestand, der
Ehrgeiz wurde geweckt, die Phantasie angeregt, und in diesem Wettbewerb
erwuchsen die reizenden Blüten der alten Spitzenkunst.

Heute unterscheidet die Dame oftmals kaum die Nähespitzen von den
Geklöppelten; sie versteht die Technik nicht, und so bleibt sie vor den
schönsten Arbeiten gleichgültig. Aber ebenso wie die besten Bewunderer
einer Bilder- oder Photographien-Ausstellung stets die Dilettanten
sind, und das Publikum eines Pianisten meistens Selbstspielende im
Konzertsaal bilden werden, ebenso würde erst dann die Dame die Spitzen
voll genießen, wenn sie selbst dilettantisch Spitzen erzeugen würde;
keinesfalls würde sie damit der Berufsarbeiterin Konkurrenz machen,
sie würde nur mit erhöhter Neugierde den Schöpfungen ihrer ärmeren
Schwestern gegenüberstehen. Wahre Freude und wirkliches Interesse kann
zweifellos nur da vorhanden sein, wo ein gewisser Grad von Verständnis
und Vorbildung für den Gegenstand gegeben ist: Ein derartiges
Verständnis müßte sich gerade in unserem Falle sozusagen automatisch
verbreiten, denn der Besitzerin und Trägerin von schönen Spitzen
genügt es nicht, daß sie allein deren Wert kennt, sie möchte auch das
Interesse ihrer Umgebung dafür wecken. -- So war es einstens, so ist es
heute noch in weit höherem Maße als bei uns zu Lande in Frankreich, in
Belgien, in England. --

Es genügt wahrhaftig nicht, daß wir im Inlande künstlerisch und
technisch gleich hochstehende Spitzen zu erzeugen vermögen, daß wir
von ausländischen Ausstellungen die höchsten Preise heimtragen, wenn
das heimische Publikum verständnislos der eigenen Ware gegenübersteht.
Zunächst müßte das Publikum verstehen lernen, worin die Schönheit
der Spitzen besteht, warum der Preis bei diesen und jenen höher
oder niederer ist, so wie es die kleinste und bescheidenste
Bourgeoise in Paris versteht, bei ihren Einkäufen in allem und
jedem zu differenzieren und zu taxieren, und nie das Gefühl des
»Betrogenwerdens« hat, das jeden Einkauf zur Qual macht. Und nicht nur
die modernen Spitzen, auch dem ererbten Spitzenschatze wird dann die
Dame mit dem angeregten Interesse des annähernden Sachverständnisses
gegenüberstehen, sie würde ihn allgemach bewerten, bewundern, und
lieben lernen: »Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es
zu besitzen« gilt auch hier.

Oft ist durch kleine Mittel viel Gutes zu schaffen: In den Schulen
müssen heute noch die kleinen Mädchen obligat einen Strumpf stricken
lernen; meistens bleibt es auch der einzige ihres Lebens, denn hier
hat die Maschine die anerkannte Meisterschaft davongetragen. Könnte
man nicht lieber in derselben Zeit die Grundbegriffe der Spitzenarbeit
lehren? Den Ärmeren würde damit vielleicht die Anregung zu einem
späteren Nebenerwerbe, zumindest aber eine praktische Kenntnis
mehr gegeben, die ihnen einmal einen bescheidenen, gediegenen,
selbstgeschaffenen Luxus erlauben würde. Die Wohlhabenden würden
vielleicht den Spitzen ein regeres Interesse bewahren. Man wende
nicht ein, daß die Spitzenarbeit dem Auge schädlich sei. Vierzehn und
mehrstündige Arbeit im Tage, bei schlechtem Lichte, in elenden dumpfen
Stuben, schadet freilich der Gesundheit, und die bleichen Gesichter,
die uns in den Spitzenindustriedistrikten begegnen, geben dafür ein
trauriges Zeugnis: aber ist es minder schädlich, unter denselben
Verhältnissen und demselben Zwange einer unerbittlichen Not, tagein
tagaus hinter der Nähmaschine zu sitzen?

Aber sollte der wunde Punkt vielleicht darin bestehen, daß es eben ein
Kunstzweig des Weibes für das Weib ist? Der Mann interessiert sich
außer kommerziell fast gar nicht mehr dafür; früher trugen die Männer
gleich den Frauen Spitzen, aber fast parallel mit dem Aufkommen der
Maschinenerzeugungen legten die Männer die Mode des Spitzenjabots ab.
-- Ist es gesucht, dies in einen Zusammenhang zu bringen? Und soll man
es nur damit motivieren, daß der Mann zu jener Zeit ein für allemal mit
dem Putze aufhörte? -- Ich glaube nicht; denn die gestärkte Wäsche ist,
so einfach sie sich ansieht, doch unverhältnismäßig teuer; auch weil
sie sich unendlich schnell abnutzt.

Die Kleidung des Mannes ist durchwegs solider und reeller, die
Stoffe sind fester und dauerhafter, es wird der Schein gemieden; und
so bin ich überzeugt, daß, wenn heute wieder eine Modelaune oder
ästhetische Einsicht die Jabots für die Männer aufbrächte, es gewiß
keinem eleganten Manne einfiele, Maschinenspitzen dafür zu verwenden.
Die mondaine Frau hingegen gibt jährlich viele Perzente ihres
Toilettegeldes für etwas Falsches, Unschönes und Undauerhaftes aus, das
nach einer Saison verschwinden muß, während die echten Spitzen, wenn
auch teurer, den bleibenden Wert haben: in verschiedenster Verwendung
können ein und dieselben Spitzen immer wieder aufleben und verwendet
werden. Es gibt Damen, die wahre Schätze an alten Spitzen besitzen,
und auf ihren Kleidern nur falsche tragen; sie wenden achselzuckend
ein, einmal Tragen könnte zu viel Wertvolles vernichten, kaufen aber
deshalb keine modernen echten Spitzen, weil sie zu viel alte besitzen.
Die Logik hinkt in diesem Falle. Die modernen Spitzen sollen doch nicht
die Erbsammlung vergrößern, und als totes Kapital liegen bleiben,
sondern sollen eben, weil sie neu sind, und der Faden noch nicht mürbe
und brüchig ist zum wirklichen Kleiderschmucke dienen. Es wird niemand
leugnen, daß nichts so gut kleidet, wie echte Spitzen. Weiß ist stets
die beste Umrahmung für ein Gesicht, besonders für ein nicht mehr ganz
junges. Es löst die scharfen Schatten durch den Lichtreflex auf, der
Ton der Haut wird gehoben und belebt, und erscheint durchsichtiger. Es
ist oft schwer, besonders an der Winterkleidung, dieser ästhetischen
Regel zu folgen. Doch Spitzen lassen sich immer anbringen, nur müssen
es echte sein. Es fiele keiner Dame ein, in einem eleganten Hauswesen
Porzellan auf den Tisch zu bringen, wie man es auf Bahnhöfen oder
Vergnügungs-Etablissements als Massenartikel verwendet; sie nehmen
aber auch gewöhnlich nicht ihr altes Meißner oder Wiener Porzellan von
der Wand herab in Benutzung, sondern sie verwenden ein geschmackvolles
modernes Service, das -- wenigstens im Prinzip -- kunstgewerblich so
hoch steht, daß es in kommenden Tagen, wenn es die vorübergehende
Periode des Unmodernseins überwunden hat, würdig seinen Platz neben den
Antiquitäten anderer Zeiten ausfüllen wird.

Nun haben die Spitzen eine eigentümliche, nicht genug gewürdigte
Eigenschaft: sie werden niemals unmodern, nicht nur objektiv
gesprochen, sondern auch subjektiv; sie sind einfach alt oder neu. Das
Odium »unmodern« haftet ihnen niemals an. Nehme man Brüsseler Spitzen
aus den 40er bis 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, also gewiß
keiner guten Stilzeit. Sie werden trotzdem verwendet werden können,
ohne dem Kleide den Stempel der Geschmacklosigkeit aufzudrücken. Man
versuche das mit einem Gold- oder Juwelenschmucke aus dieser Zeit! Oder
selbst mit einem Schirmgriff, einem Retikule oder einer Gürtelschnalle.

Noch eine andere Eigenschaft haben die Spitzen, welche nicht genügend
beachtet wird, obwohl sie dem Zuge unserer Zeit so sehr entspricht.
Sie sind der individuellste Zierat, den eine Frau haben kann, falls
sie ihn nur irgendwie anstrebt. Die exklusivste Mode wird nach einem
Vierteljahre zum abgedroschenen, banalen Tragen, daher das rasche
Wechseln der sich differenzieren Wollenden, und das Imitieren aus zu
vergänglichem Materiale des großen Publikums, das atemlose Hasten nach
Neuem; und dabei dreht sich die Mode in einem engen Kreise, hascht nach
Altem und kombiniert nur Neues.

Wegen dieser Eigenschaften haben die Porträtmaler von jeher die Spitzen
gerne an ihren Modellen verwendet: weil sie nicht dem Wechsel der Mode
unterliegen; weil sie dem Gesichte einen milden Reflex geben, der die
Schatten zart und verschwommen macht und jene von ~Leonardo da Vinci~
verlangte Beleuchtung des zerstreuten Lichtes unterstützen helfen und
schließlich wegen ihres individuellen Gepräges.

Die Handarbeit, also das Kunsthandwerk, hat immer einen eigentümlichen
Zauber. Ein Hauch von Seele und Charakter des Erzeugers spricht,
ihm selber unbewußt, aus seiner vollendeten Arbeit zu uns. Es ist
eine bescheidene und naive Sprache. Das Kunsthandwerk verhält sich
zur absoluten Kunst, wie das erlauschte Volkslied zu einer die
Aufmerksamkeit voll in Anspruch nehmenden Symphonie.

Kleine Unregelmäßigkeiten, kleine persönliche Züge geben der Arbeit ein
reizvolles Gepräge, es liegt etwas wie latentes Gemüt in der Arbeit.

Das Milieu spielt neben der Persönlichkeit auch eine große Rolle.
Wie ließe es sich sonst erklären, daß so oft Spitzen von einem Land
zum andern importiert wurden, und zwar stets zur möglichst getreuen
Nachahmung, weil es sich immer um eine geschäftliche Konkurrenz
handelte; daß trotzdem die Art der Spitzen in der neuen Umgebung
ihr Ansehen veränderte, falls sie sich als neuer Industriezweig
wirklich einbürgerten. So geschah es mit den Venetianer Spitzen im
XVII. Jahrhundert, die in Alençon aus Brotneid eingeführt wurden, und
bereichert zu den Venetianern als ~points d'Alençon~ zurückkehrten,
um sich wieder in ~points plats de Venise~, und Buranospitzen zu
wandeln. Zur Zeit, als man noch alle Feinheiten der Spitzen voll
würdigte, knüpfte die Tradition an manche Stadt besonders hervorragende
Vorzüge; so galt es als ausgemacht, daß die Spitzen von ~Valenciennes~
unvergleichlich schöner seien, wenn sie in der Stadt selbst erzeugt
waren. Dieselbe Arbeiterin, mit denselben Faden und Klöppeln könnte
eine in ~Valenciennes~ angefangene Arbeit außerhalb der Stadt nicht
so schön vollenden, hieß es, und ebenso sprach man von ~Malines~
und anderen Orten, und ist dies auch nur als ein Märchen hier zu
wiederholen, so liegt in ihm, wie in jedem Aberglauben ein Kern
Wahrheit; die Sitten und Gebräuche, die Reinlichkeit im allgemeinen,
die Zartheit der Hände, der ganze Lebenswandel wird durch diesen
Beruf beeinflußt. Auch waren die Spitzen wertvoller, wenn sie als
fortlaufende ganz von ein und derselben Person angefertigt waren. So
bringt ~Mme. Paliser~ einen Auszug einer Rechnung von ~Mme. du Barry: 2
barbes et rayons de vraies Valenciennes, 3 aunes 3/4 collet, 4 aunes,
grand jabot, le tout de la même main.~

Es waren die Einfachsten der Einfachen, die Spitzen arbeiteten.
Sie kamen wohl nicht oft aus dem Umkreise ihres Hauses heraus und
verstanden nicht viel mehr, als ihre Nadel oder den Klöppel zu führen,
ihre Ausbildung war eine einseitige, vom Zeichnen hatten sie keine
Ahnung, und doch, dadurch, daß sie von frühester Kindheit geübt
wurden, insbesondere die Klöpplerinnen (meistens vom fünften oder
sechsten Jahre an) beherrschten sie so sehr das Mechanische ihrer
Arbeit, daß diese ganz instinktmäßig vor sich ging und ihnen gar keine
Schwierigkeiten bereitete, so daß der Überschuß an Aufmerksamkeit
sich in einen gewissen, kaum meßbaren sehr verfeinerten Kunstinstinkt
umwandelte, der einem sechsten Sinne gleich ihnen anhaftete. Dies haben
die Frauen der Spitzenkaste gemein mit den Menschen der Renaissance,
den Japanern und den Italienern des Volkes: das Gefühl für das Schöne,
das naiv und unbewußt zum Ausdruck kommt und was es berührt, veredelt.

Der Unterschied liegt durchwegs mehr in der Behandlung durch die
Verschiedenartigkeit der Technik und des Materiales bedingt, als in
der Abwechslung der Zeichnungen aus ein und derselben Zeit. Bevor der
~réseau~ gefunden war, war die freie Entwicklung der Zeichnung immer an
gewisse Regeln gebunden.

Die älteren Malines haben oft die fast gleiche Zeichnung wie die alten
Brüssler Spitzen, dabei ist ihre Ausführung grundverschieden; ebenso
verhält es sich mit Brüssler zu ~Malines~, ~Malines~ zu ~Lilles~ und
~point de France~ und ~Valenciennes~ zu Mailänderspitzen.

Man darf nicht vergessen, daß in jenen Zeiten der Stil in allen
Zweigen ein einheitlicher war. Die Ornamente, sei es nun für Brokate,
Gläserätzung, Waffen, Leder, Samt, Spitzen, entsprangen alle demselben
sehr ausgeprägten Stilgefühle.

Bei den ältesten Spitzen mußte das Ornament in seinen Linien ganz dicht
ineinander passen; das heißt, es blieb von Linie zu Linie nicht mehr
Zwischenraum, als eine ~bride~ überbrücken konnte.

Das Muster war großzügig und füllte die gegebene Breite der Spitzen
voll aus. Häufig ist es ein Hauptstamm, von dem aus sich Zweige ranken
und Blumen verästeln und möglichst gleichmäßig über den Raum verteilen.

Eine andere Art der Zeichnung, -- ein ornamentales Labyrinth und ein
bandartig verschlungener in seiner Abart muschelartiger Dessin, --
war sehr verbreitet, besonders letzterer in jenen Gegenden, wo die
Spitzenerzeugung nur bäuerliche Hausindustrie blieb, wie in einem Teile
Deutschlands, in Rußland und Skandinavien. Aber hier wurde sie zu einem
toten Arm, und die Linien der Zeichnungen werden immer geistloser
nachgeahmt, wie es stets mit stagnierenden Gedanken geschieht.

Sehr bezeichnend für diese Art hausbackener Dessin nennen die Italiener
diese Spitzen ~vermicelli~. Die oft sehr hübschen Litzenspitzen sind
eine bequeme und billigere Nachahmung derselben, und entarteten
schließlich in die schrecklichen modernen ~point-laces~. Je schöner
und vollkommener die Spitzen sich entwickelten, desto mehr trachtete
Zeichnung und technische Ausführung miteinander Schritt zu halten.
Um dem Zwange des Ineinanderfügens der Linien zu entgehen, machte
man ~brides~, die sich in der weiteren Technik verästelten und noch
später eine unregelmäßige, wabenartige Masche bildeten. Es war den
Klöpplerinnen vorbehalten, den eigentlichen ~réseau~ erfunden zu haben.

Von den flandrischen Spitzen übernahmen den ~réseau~ die ~points
d'Alençon~, und von denen wieder die Venezianer; erst mit dem Aufkommen
des regelmäßigen ~réseaus~, welches der Zeichnung Rückhalt und Stütze
gab, konnte sich diese frei entfalten. Es ist die beste Zeit für den
Stil der Spitzen. Das Ornament folgte im freien Schwung, ungehemmt
durch technische Rücksichten, den Eingebungen der Phantasie, und blieb
edel. Man fühlt noch die traditionelle Schulung und das Maßhalten;
später erst zersplitterten sich die Ornamente, wurden erfindungsarm
und sparsam, was auch teilweise durch die billigere Herstellungsart,
insbesondere als die Applikationen aufkamen, bedingt war. So hat
die Erfindung des ~réseaus~ einen ausschlaggebenden Einfluß auf
die Zeichnung und Art der Spitzen genommen. Jetzt erst konnten die
leichten, zarten Volants gemacht werden. Die Spitzen individualisierten
sich oder besser gesagt, nationalisierten sich. Der Zeichner konnte
seiner Phantasie mehr Spielraum geben und fand reiche Anregung in den
herrschenden heimatlichen Ornamenten, sowie in der Verwendung für
die Volkstrachten und häuslichen Gewohnheiten. Geographisch hat aber
anfangs Italien mit seinen Spät-Renaissance-Ornamenten lange Zeit die
Zeichnungen ganz beeinflußt, sie wurden aber später ganz und gar von
dem Versailler Stil der aufeinander folgenden drei Louis verdrängt, der
von nun an, besonders in allen größeren Volants zum Ausdrucke kommt.
Es ist Decadence, aber reizende Decadence, die nur leider den Übergang
zu dem großen Geschmacksverfall bildet. So reizend und erfindungsreich
sich die ~points d'Alençon~, die Venetianischen und ~points
d'Angleterre~ in ihren abwechslungsvollen Dessins darstellen, so
bringen sie doch ein Element hinein, welches eigentlich nicht mehr ganz
zur Spitzendarstellung geeignet ist, schwere, zu irdische Gegenstände,
die man sich gar nicht anders, als wie in den drei Dimensionen
vorstellen kann, Menschen, Musikinstrumente, Gueridons, Vasen, kurz
Dinge, die durch ihr Gewicht in Widerspruch mit dem Transparenten
und Ätherischen der Spitzen stehen, und was schließlich in dem
Mißverständnis der Ornamente der ~Chantilly~ des XIX. Jahrhunderts
endet. Die Blumen sind verkürzt, und mit Voraussetzung der Perspektive
dargestellt, außerdem hat man noch die absolute Imitation der Natur
im Auge. Diese Spitzen verlieren trotz ihrer großen Prächtigkeit viel
dadurch, daß sie bei ihrer Anfertigung durch zu vielerlei Hände gingen,
daß die Zeichnung nicht mit der Technik im Einklang steht, und daß
mit ihnen die Individualität, das höchste Ziel des Kunsthandwerkes
abhanden kommt, denn diese kann nur erreicht werden, wenn sie, in der
Hauptsache wenigstens, nur von einer Person gemacht werden. So stehen
die flämischen Klöppelspitzen in dieser Beziehung an erster Stelle. Wie
die Teilung der Arbeit bei ~Alençon~ und Venetianer eintrat, verlor
sich die innige Fühlung des Gedankens und der Interpretation, und am
schlimmsten in der Beziehung, was geistlose Arbeit anbelangt, sind
auch die in der Zeichnung zu unterst stehenden ~Chantilly~.

Man versteht unter Spitzen eine Arbeit, die entweder durch Hilfe von
Nadel oder Klöppel auf einem regelmäßigen Grunde, -- ~réseau~ und
~treille~ genannt -- gemacht ist, oder eine Arbeit ähnlicher Art,
deren Zeichnung sich von einem unregelmäßigen Grunde abhebt. Letztere
erscheint dadurch, daß sie unabhängig von einem Grund gemacht ist,
freier, doch legt ihr eben diese scheinbare Freiheit mannigfachen Zwang
auf.

Die Wirkung der Spitzen als reich, elegant, einfach, weich,
durchsichtig und kleidsam hängt von der Anordnung und Verteilung der:
~fond~, ~toilé~, ~mats~, ~jours~, ~grillé~, ~engrêlure~, ~pied~,
~picots~, ~brides~ untereinander ab, und von der Wahl des Materiales.
~Charles Blanc~ hat einen ausgezeichneten Vergleich aufgestellt. Die
Nadel verhält sich zum Klöppel, wie der Bleistift zum Wischer. Was
die Nadel hervorhebt und unterstreicht, verwischt und mildert dagegen
der Klöppel. Die Kontur der Nadelspitzen ist stets eine klare, fast
harte. Die Klöppelspitzen hingegen haben etwas Weiches, Verträumtes und
Mildes. Aber im allgemeinen kann die Technik aller Spitzen am besten
mit einer Radierung verglichen werden. Wie die Kunst des Graveurs mit
der Radiernadel genau weiß, welche Wirkung mit schiefen, geraden,
kurzen oder breiten Strichen, mit Punkten und Kreisen, Wiederholungen,
mit Aussparungen und Verdichtungen, mit Licht und Schatten erzielt
wird, so weiß auch die Spitzenverfertigerin alle Reichtümer ihrer
Technik auszunützen. Hier wird ein ~mat~ angewendet, hier ein ~grillé~,
dort ein Übergang mit einem ~jour~; ein Akzent wird durch das Cordonet
gegeben, und einen Kontrast oder einen Ausgleich soll der Fond bilden,
und die Wahl des Fadens, der Nadel oder des Klöppels ist wie die Wahl
des Papiers und Ätzmittels.

Da wie dort kann man sagen: kleine, sehr kleine Ursachen, große
Wirkung. Alle diese kleinen Ursachen mit Takt anzuordnen und richtig
zu benützen, führt zur Meisterschaft in dem Fache und bildet die
Kunst. Das Wort Spitzen ist selbst nicht sehr alt, ebensowenig wie
~dentelles~, und wurde erst in Anwendung gebracht, als die gezackten
Kragen und Manschetten aufkamen; und anfangs gebrauchte man es nicht
allein. Man sagte, ~passement à bord droit~. Das Wort ~passement~,
Kante, Borte, wurde bis ins Jahr 1800 meistens gebraucht, und zwar ohne
viel Differenzierung für jedweden Kleideraufputz, der als Abschluß
dienen konnte, sei es nun eine gold- oder silbergewebte Borte, oder
eine Stickerei (mit Perlen besetzt), wenn es nur den Zweck des Besatzes
erfüllte oder bortenmäßig benützt werden konnte.

Ein zweites Wort: »Kanten« wurde lange Zeit besonders in Nord- und
Nordwest-Deutschland gebraucht, so wie dies noch heute im Holländischen
der Ausdruck für Spitzen ist. Ob die Worte ~points~ oder ~pointois~
von dem Wort Stich oder dem anschaulichen Begriff der Spitzen,
scharfen Zacken herrühren, ist schwer zu entscheiden. Aber eben,
weil die Spitzen vielerlei Ursprünge und Abarten hatten, gab es
ursprünglich kein einheitliches Wort dafür. Man war früher genauer und
umständlicher. Wenn man später unter ~points~ kurzweg Nadelspitzen
verstand, so sind unter ~dentelles~ nicht ebenso als Gegensatz
Klöppelspitzen zu verstehen. Man sagte:

    ~passement dentelé
    passement à l'aiguille
    passement fait au métier.~

~Passement dentelé~ war anfangs einfach ein Modeausdruck, als die
stark gezackten Kragen und Manschetten, insbesondere die genuesischen,
getragen wurden, und entspricht dem »gezähnt, gezackt«. Im Deutschen
beschränkte man sich meistens auf die sinngetreue Übersetzung aus dem
Französischen. Die spitzenerzeugende Bevölkerung hat die technischen
Bezeichnungen fast alle aus dem Flämischen und Plattdeutschen
übernommen.

Der Käufer gebrauchte das französische Wort und dessen deutsche
Übersetzung. Denn die deutsche Umgangssprache war nach dem
dreißigjährigen Kriege gewiß zum Drittel mit französischen Worten
untermengt, und es galt als guter Ton, dieses Kauderwelsch zu sprechen,
insbesondere die Mode und höfischen Worte, und so finden sich bis heute
viele Ausdrücke des Spitzenhandels nur im Französischen und werden
unverändert gebraucht: ~barbe~, ~volants~, ~ruche~, ~à jour~, ~fichu~,
~manchette~, ~jabots~, ~picots~, ~etc.~

Was den Ursprung der Spitzen anbelangt -- geht es einem wie mit einem
Flusse; geht man seinem Ursprunge nach, so entdeckt man, daß er aus
vielen kleinen Bächen, Quellen und Zuflüssen entsprungen ist. Manchmal
fließen diese lange nebeneinander und erst nach und nach stoßen sie
zusammen, um den mächtigen Strom zu bilden. Viele Quellen der Spitzen
entspringen im Orient. Damals war das ganze abendländische Kulturleben
vom Orient befruchtet. Die Prachtliebe, die Farbenfreudigkeit,
stammen aus dem Osten; feine schleierartige Gewebe wurden gleich der
Seide erst durch die Kreuzzüge wirklich bekannt. Diese Stoffe wurden
bewundert und man versuchte sie der europäischen Tracht anzupassen.
Auf den präraffaelitischen Bildern sehen wir die heiligen Frauen mit
einem unendlich feinen Schleier auf dem Haupte, dem ~Zanzera~, und
ein Streifen dieses zwischen dem Leinen-Battiste und der Seidengaze
stehenden Stoffes umhüllt ihnen keusch Nacken und Busen. Der Rand des
»~Zanzera~« sowohl wie der des hemdartigen Gewandes sind mit einem
zarten, erhabenen Ornamente geschmückt, oder auch bloß fein gefältelt;
fast könnte man glauben, eine Art Spitzen zu entdecken; es sind jedoch
keine, und diese Schleier haben andere Bedeutung. Es ist in bezug auf
die Spitzen der Beginn der Jahrhunderte lange währenden Mode des Weiß
als Abschluß zur Haut, und zu dieser Verwendung wurden später die
meisten Spitzen gemacht.

Andere Quellen wurzeln in den heimischen Zünften Goldstickerei,
Posamentiererei und Weberei. Aus diesen entwickelten sich die Guipures.
Ferner die Gold- und Silberspitzen, die Klöppelspitzen und wie sie
später an jeweiliger Stelle aufgezählt und geschildert werden.

Italien und die Niederlande kämpfen um die Palme, die Spitzen zuerst
erzeugt zu haben, diese Frage wird wahrscheinlich niemals unanfechtbar
zu Gunsten des einen oder des anderen Landes entschieden werden. Zu
viel Chauvinismus trübt die älteren Berichte, und später trat ein
so reger Austausch von Land zu Land ein, jedes neue Muster, jeder
Fortschritt in der Ausführung, jede Mode und jeder Erfolg verbreiteten
sich sofort weit über die Grenzen der eigenen Heimat.

Vermutlich werden die Versuche fast gleichzeitig gemacht worden sein,
der Boden war eben reif die Saat aufzunehmen und sprießen zu lassen.
Keinesfalls darf man sich vorstellen, als ob die Spitzen plötzlich als
eine Art Erfindung entstanden wären, gleichwie Minerva aus dem Haupte
Jupiters sprang. Nein, langsam bildeten sich die Spitzen, aus den
verschiedenen Zweigen der textilen Künste ihre Motive und Anregungen
schöpfend; die Spitzen wurden fortwährend verändert und die Technik
erweitert, und als in ihrer Entwicklung ein Stillstand eintrat, -- im
Anfange des vergangenen Jahrhunderts, -- war auch eine gewerbliche
Stagnation, ob Ursache oder Wirkung bleibt unentschieden, ihre
Begleiterscheinung.

Und deshalb haben zum Beispiel die modernen österreichischen
Spitzen den Keim der Lebensfähigkeit in sich, weil sie sich nicht
begnügten, zu imitieren, sondern selbständig weiterschufen, an alte
Tradition anknüpfend, neue Techniken verwertend. Jedenfalls sind die
Näh- und Klöppelspitzen ziemlich gleichzeitig als selbständige --
freie -- Spitzen gemacht worden; es dürften nur die Vorläufer der
Nähspitzen, nämlich die Leinen ~à jour~ Arbeiten, in der Zeichnung
und Wirkungs-Intention auch den Klöppelspitzen, die in der Technik
von Posamentiererei und Weberei lernten, zur Anregung gedient haben.
Genäht wurde zuerst aber nur der Nützlichkeit wegen, infolgedessen
bildete sich die Technik der Nadel am meisten und schnellsten aus.
Dem Nützlichen gesellte sich bald der Wunsch nach dem Schönen zu.
Nebstbei kam es Tischtuch, Vorhang und Gewand zu statten, wenn die
Säume beschwert wurden. Das betreffende Stück benutzte sich besser,
es hatte einen schöneren Faltenwurf und der Wind konnte weniger damit
herumschlagen, bei feineren Geweben aber verhütete man dadurch, daß
die Säume sich aufrollten. So entwickelte sich die Technik immer
mehr und es konnten neue Versuche gemacht werden. Die orientalischen
Knüpfarbeiten (~macramé~), die Fransen, das Zusammenziehen der Fäden,
bei schütteren Geweben in Gruppen und Büscheln, das Herausziehen
der Fäden, das Besetzen mit doppeltem Stoff, das alles bildete sehr
hübsche Effekte; Ornamente wurden gebildet, und so waren »~à jour~«
und »~punto tirato~« da. Die ausgeschnittenen Stellen, -- vielleicht
wurde manchmal aus der Not eine Tugend gemacht, -- wurden mit Rädern
und Stäbchen aus Knopflochstich mit spinnetzartigen Mustern gefüllt.
Und diese einfachen geometrischen Figuren wurden mit der Zeit und
Übung immer komplizierter und da fängt die Grenze an, wo es oftmals
schwer zu unterscheiden ist, ob sie noch als ~points coupé~, ~punto
tagliato~ oder ~punto tirato~, aus der Leinwand gearbeitet sind, oder
schon als selbständige Spitzen (~punto in aere~) behandelt wurden. In
Österreich nennt man diese Arbeiten meistens, ohne viel Unterschied
zu machen, Reticella oder Ragusaspitzen, was aber weder der allgemein
gebräuchliche noch durchaus richtige Ausdruck ist. Die Fischer haben
von altersher genetzt, es wurden Stoffe und Borten gewebt, Passements
aus Gold und Silber, teils gewebt, teils gestickt. Aus dem Orient kamen
Anregungen; das täglich umgehende Leben gab auch solche nicht nur in
den textilen Handwerken, sondern auch in Architektur, im Ziselieren
der Waffen, überall fand man das Streben durch Licht und Schatten und
scharfe Konturen künstlerische Wirkungen zu erzielen, die nicht auf
Farbe und Plastik beruhen. Und so versuchte man mit anderen Mitteln
dasselbe, was schließlich in den Spitzen gipfelte.

In alten Zeiten war der mündliche Meinungsaustausch ein großer. Ebenso
wie in den Spinnstuben abends, kamen tagsüber Gruppen von Frauen,
Mädchen und Mägde zusammen, um in dem Hause einer vornehmen und
reichen Frau gemeinsam zu arbeiten. War es nun eine Altardecke, oder
die Heiratsausstattung für ein manchmal noch kaum geborenes Kind, an
denen sie jahrelang schufen, geschah es in einem Kloster oder Hospiz,
immer wurden neue Versuche gemacht, der Ehrgeiz angespornt, Neues zu
finden und sich auszuzeichnen. Die Damen, welche die Sachen trugen,
oder verschenkten, die bei ihnen angefertigt wurden, beeinflußten
und überwachten Geschmack, Schnitt, Muster, Wahl des Materiales. Die
Mädchen aus dem Volke brachten Anregungen aus dem Berufsmilieu, dem
sie entstammten. Das Fischermädchen, mit dem Netzen vertraut, machte
feinen Grund, eine Zeichnung wurde in Stopfstich, »~point de reprise~«
auf das Netz übertragen. So bleibt die Frage, ob die Niederlande mit
dem feinsten Flachs, oder Italien mit seinem Ornamenten-Reichtum, die
Wiege der Spitzenkunst war, unentschieden. Im allgemeinen behaupten die
Autoren, daß man Venedig die Näh-, Belgien die Klöppelspitzen verdanke.

Jedenfalls waren die Venetianer Spitzen im XVI. Jahrhundert hoch
berühmt und damals war Venedig in Mode und Luxus die tonangebende
Stadt, wie später Paris.

Nebstdem kann man den Einfluß des nahen kirchlichen Rom nie hoch
genug einwerten. Die Kirche war ja der Brennpunkt der gesamten
abendländischen Künste und Handwerke. Und sie ist allem Neuen auf
diesem Gebiete Pate gestanden, wie die Erzeugnisse oftmals ihr bestimmt
wurden. Die Liturgie schreibt aber im Dienste des Altars bloß Wachs,
Leinwand, Gold und Silber vor, also verhältnismäßig beschränktes
Material. So mag das päpstliche Rom naturgemäß das Endziel
abertausender Erzeugnisse fleißiger Frauenhände des Nordens gewesen
sein, das Schönste und Beste, die Träume resignierter Menschenherzen
wurden mit Geduld und heiligem Eifer in Spitzenkunstwerke umgesetzt.
-- Die mit Saumstickerei beschwerten Leinwandstreifen werden wohl die
ersten Spitzen geschmückt und als Altardecke gedient haben. Später erst
werden Bettwäsche, Tischzeug und Hemd ähnlichen Zierat erhalten haben.
Alter, ebenso wie der geographische Ursprung, sind demnach schwer genau
zu bestimmen. Man kann sich nur nach Bildern, Büchern und Rechnungen
richten und diese sind nicht immer genaue Anhaltspunkte. Wer wollte
wohl die Jahreszahl der Erfindung der Lokomotive nach dem Vorkommen auf
Bildern bestimmen wollen?

Aber nichts ist so verwirrend, und das Interesse erlahmend für den
Laien -- wie die Spitzen nur nach Alter und Landschaft ordnen zu
wollen; wissen wir doch aus anderen Kunstzweigen, wie sich Stil und Art
verschleppt; wie Möbel in unseren Alpentälern oft um viele Jahrzehnte
gegen verkehrsreichere Zentren sich verspäten und z. B. gotische
Formen noch bis spät ins neunzehnte Jahrhundert, stets unbehindert von
Tagesströmungen, wiederholt wurden und sich zu einer Art Volksstil
umgestalteten.

Aus den Jahren 1527 und 1528 stammen die ersten Musterbücher für
Nähspitzen; das erste erschien in Köln, das zweite war von dem
Venetianer ~Antonio Tagliente~ herausgegeben. Dieser sagt selbst, er
habe zum Teile schon vorhandene Muster von Meistern gesammelt, zum
Teile neue Muster selbst erfunden und gezeichnet; es erscheint daher
sehr begreiflich, daß der Auflage dieses Buches eine große Anzahl von
Jahren vorausgegangen ist, in denen das Spitzen-Nähen und Klöppeln eine
weite Verbreitung gefunden hatte, denn das Bedürfnis nach neuen Mustern
ist ein Beweis, daß die alten eine schon zu allgemeine Verbreitung
hatten und abgedroschen waren, und daß in Italien und im zivilisierten
Europa damals schon das Spitzenerzeugen ein Industriezweig für
viele Gegenden war, und nicht eine bloße Nebenbeschäftigung für die
Mußestunden mancher Frauen bildete. Diese ersten Muster zeigen uns
zum größten Teile geometrische Figuren, soweit sie für die Nähtechnik
gedacht waren.



~Punto tirato.~


~Punto tirato~ ist einer der ältesten und primitivsten Vorläufer
der Nadelspitzen. Sie sind ganz aus einem groben aber schütteren
Leinwandgrund herausgearbeitet. Geschnitten wurde nichts, die
Ketten- und Schußfäden wurden in Gruppen und Bündel zusammengezogen
und geschoben, mit Zwirn überwickelt und bildeten den Grund eines
viereckigen Netzwerkes. Das Muster aber wurde in der Leinwand
ausgespart. Naturgemäß erscheint die Zeichnung eckig und hart. Manchmal
suchte man dies zu mildern, indem man die Kontur mit einem Leinen- oder
Seidenfaden abrundete und allzu schroffe Ecken darunter verschwinden
ließ. Das Muster war breit, Tierdarstellungen, wie Einhorn, Drache,
Pelikan, Adler, Hirsche und Schlangen waren beliebt, auch Adam und Eva,
plumpe Reiter und dergleichen kommen vor. Diese Arbeiten zeigen alle
eine gewisse Schablonenhaftigkeit; sie sind meistens nicht breiter als
zirka ein Meter (die Breite eines Handwebestuhles) und ein glatter
Leinwandstreif schließt sie gegen unten ab; dieser häufig mit einer
flachen weißen oder bunten Stickerei versehen. Die groben Klöppel- oder
Nähspitzen, die manchmal diese ~punto tirato~ Arbeiten umgeben, sind
immer erst später dazugefügt worden.

Diese Tücher, die in ihrer Naivität vielfach an die modernen
skandinavischen Hausindustrieerzeugnisse erinnern, dienten
hauptsächlich als Altardecken, Tischtücher und auch vielfach zur
Zierde des Bettes, in dem diese Streifen unter der Matratze eingebettet
wurden und mit ihrem verzierten Teile über den Rand des Bettes
heraushingen. Ferner wurden sie noch zu Bett- und Fenstervorhängen und
Handtüchern verwendet; für Leibwäsche oder Kleiderschmuck eigneten sie
sich nicht.

Große Ähnlichkeit im Dessin mit dem ~punto tirato~ haben die
Filetarbeiten, doch sind die letzteren in Geschmack und Ausführung
weit verfeinerter. Ihre Technik ist nicht mehr so primitiv und erlaubt
ihnen eine genauere und schönere Interpretation der Zeichnung. Die
Gestalten, oftmals apokalyptische Tiere, Drachen, Phantasievögel, sind
harmonischer und besser in den Proportionen und erscheinen daher nicht
so plump. Zuerst wurde ein feines Netz gearbeitet und auf dieses wurde
die Zeichnung in einer Art Webe- oder Stopfstich übertragen.

Nach den Ornamenten zu urteilen, wurden diese Tücher meistens für
den Altardienst oder eine sonstige kirchliche Verwendung gemacht.
Aber auch Bettvorhänge und Tischtücher wurden damit geziert. Es war
eine sehr dauerhafte Handarbeit und man findet sie häufig in privaten
und öffentlichen Sammlungen. Sie wurde auch farbig ausgeführt.
Diese Art von Arbeiten müssen für die gute Wirkung verhältnismäßig
wenig Mühe gemacht haben. Sie wurden in neuester Zeit wieder als
Dilettantenbeschäftigung nachgemacht und haben als Fensterstores und
dergleichen hübsche Verwendung.

Eines ist noch zu erwähnen. In den Filetarbeiten wird zum ersten Mal
der Knopflochstich in Anwendung gebracht, auf dem später die ganze
Nähspitzentechnik sich aufbaute.



~Punto tagliato.~


Mit diesen zwei erwähnten Arbeitsgattungen, dem ~punto tirato~ und dem
~punto ricamato~ hört für lange Zeit das phantastische Tierornament
auf. Die unentwickelte Anfangstechnik des ~punto tagliato~ erlaubte
dergleichen nicht, sie war, obwohl in der Ausführung edler und
mühevoller, doch in der Wahl der Muster beschränkter, und mußte sich
mit der Ausführung von geometrischen Figuren begnügen. Es wurden
Quadrate, Rhomben und dergleichen aus der Leinwand ausgeschnitten,
teilweise ließ man auch in denselben Webefäden stehen und benutzte sie
als Basis für das Ornament; doch alle Fäden, sei es nun neu gespannte
oder die der Grundleinwand wurden mit Nadelarbeit überzogen, und zwar
kamen nur dreierlei Stiche in Anwendung. Zuerst wurde der Rand der
ausgeschnittenen Stelle mit Knopflochstich befestigt, dann wurden die
Stäbchen, welche vier bis sechs Fäden gebildet hatten, mit einer Art
Webestichen überflochten; dünnere Stäbchen aus bloß ein oder zwei
Grundfäden wurden einfach überwickelt und endlich noch konnten diese
vertikal, horizontal und diagonal laufenden Stäbchen als Speichen zu
einer Art Räderwerk dienen, und dieses war wieder aus Knopflochstich
gebildet. Auch ~picots~ kamen schon zur Anwendung. Die Stellen der
Leinwand, welche ausgespart geblieben waren, wurden nun mit einer
flachen, oft grünen, braunen, gelben oder roten Stickerei ausgefüllt,
und zwar lief der Stich derselben immer parallel zum Webefaden.

So primitiv diese Art Arbeiten anfangs sind, -- sie ließen dem Ornament
viel weniger freie Entwicklung, wie die zwei früher besprochenen
Arbeiten, -- so bilden sie doch die letzte Vorstufe zu den eigentlichen
Näh-Spitzen. Mit der Zeit wurde immer mehr Leinwand weggeschnitten und
selbständige Fäden gezogen, um das Gerüst für die stets komplizierter
werdenden Ornamente zu bilden; endlich begnügte man sich nicht mehr
mit den Stäbchen und Festons, man füllte freie Stellen mit dicht
aneinander gedrängten Knopflochstichen aus, entwarf die Zeichnung
gleich auf Pergament, und so entstand der ~punto in aria~, die
ersten selbständigen Venetianerspitzen. So lange diese Spitzen aus
geometrischen Figuren gebildet sind, nennt man sie Reticella, oder auch
~Greek lace~, ~dentelles greques~ und zwar wurde ihnen dieser Name
deshalb beigelegt, weil zur Zeit des griechischen Befreiungskrieges die
englische Besatzung der ionischen Inseln diese Art Hausindustrie sehr
häufig bei der Bevölkerung derselben fand, und man in dem damaligen
allgemeinen Griechenenthusiasmus darin Spuren klassischer Kultur zu
finden glaubte und ganz vergaß, daß diese Inseln, wie Dalmatien, noch
kurz vorher unter der Oberhoheit der venezianischen Republik gestanden
hatten und daß diese Spitzen alte italienische Kulturtradition waren,
und im Gegensatze zu den Erzeugnissen des Mutterlandes in ihrer
Entwicklung über ein Jahrhundert lang stehen geblieben waren, während
in der Lagunenstadt die Venetianerspitzen immer herrlicher aus ihren
primitiven Anfängen herausreiften und ihren Siegeslauf über die Welt
antraten.

Die Venetianer Nadelspitzen entwickelten sich aber in verschiedenen
Gattungen: es sind Reticella, ~gros point de Venise~ oder Venetianer
Reliefspitzen, in Rosaline, in flache Venetianerspitzen, Coraline und
in ~point de Venise à réseau~ und in Burano. Alle diese Spitzen haben
keinen ~réseau~ mit Ausnahme der Burano und ~point de Venise à réseau~.
Gleich nachdem die freien Nadelspitzen, die Reticella, aufkamen, wurden
sie für die Mode der Krause benutzt; mit schmalen ~punto in aere~
besetzte man die Ränder derselben, dann kam die Mode der sogenannten
Stuartkragen, für welche etwas breitere Spitzen verwendet wurden. Alle
Porträts aus der Zeit zeigen uns Männer und Frauen mit Rüschen, Krausen
und Stehkragen, es war eine Zeit, wo man besonders im Nordwesten
von Europa sehr viel Schwarz trug und die weißen Spitzen waren
das einzig helle und kostbare an der Kleidung; es war die Zeit der
Religionskriege, der Einkehr in sich selbst und vielfach des Ernstes
und der Heuchelei. Dann kamen die Umlegkragen auf; man sagt Ludwig
XIV. hätte als Jüngling so schöne blonde Locken gehabt, daß er die
Mode der unbequemen Halskrausen deshalb abschaffte, und nun begann die
Herrschaft der Allonge-Perücken, Umlegkragen und Kravatten und große
Farbenfreudigkeit drang von dem Süden über Frankreich nach dem Norden.
Es ist die Zeit, in welcher die Venetianerspitzen höchste Mode waren.
Es gibt wohl keine bessere Bezeichnung für diese, als das Wort pompös.
Große schwere Barockzeichnungen, die es meistens verschmähen, sich auf
ein und derselben Garnitur zu wiederholen, sind ihnen eigen; erhabene,
oftmals auch ganz plastische Blumen erhöhen ihre Wirkung. Es sind
stolze, kostbare Spitzen, etwas steif, etwas parvenuehaft paßten sie
vorzüglich auch als Schmuck für jene prachtliebenden, herrschsüchtigen
Menschen der Nachrenaissance, jener Zeit der raffiniertesten Kultur
neben großer Barbarei, und hohen Kunstsinnes neben der Vorliebe
für abgeschmackte, öde Poesie. Andere Spitzen sind auch mühsam und
kostspielig, aber sie schreien es nicht so laut in die Welt hinaus.
Jeder Stich erzählt von den Mühen und dem Golde, das sie kosteten.

Wenn man sich aber den Hintergrund zu diesen prächtigen Spitzen
denkt, schwere Samte und Brokate, in satten, leuchtenden Farben,
nicht zart und verschwommen, alles kostbar und gediegen, so kann man
nur bewundern, wie gut diese Art Spitzen als Krönung zu dem üppigen
Geschmacke paßt, wie großartig ihre entschiedenen Linien und ihr
selbstbewußtes Aussehen wirken.

Diese Venetianer Reliefspitzen werden immer in Leinwandfäden[1]
ausgeführt; ein Cordonet, aus mehreren Fäden oder manchmal sogar
aus Roßhaarunterlage gebildet, wird mit dichten Knopflochstich um
die vorher vollendeten ~Mats~ und ~jours~ genäht. Das Eigentümliche
an dieser Gattung ist zunächst ihr Relief, ferner die zahlreichen
~picots~, die das Cordonet zieren, endlich daß fast gar keine ~brides~
in Anwendung kommen. Die ~Mats~ oder ~pleins~ sind jene Teile in der
Zeichnung, welche am meisten der Leinwand gleichen. Sie werden aus
ganz dicht aneinandergereihten Maschen gebildet. Die ~jours~ werden
aus mannigfachen Zusammenstellungen der Maschen, aber stets lockerer
und durchsichtiger gebildet; es gibt deren eine große Auswahl, und
um sie zu arbeiten werden die besten und geübtesten Arbeiterinnen
verwendet. Die Kelche der Blumen und alle jene Teile des Ornamentes,
die sich durch große Leichtigkeit auszeichnen sollen, werden als
~jours~ behandelt, außerdem werden oft noch ganz freiliegende Blätter
aufgesetzt[2], welche die plastische Wirkung sehr steigern und einen
hübschen Kontrast zwischen Licht und Schatten erzeugen; unwillkürlich
wird man beim Anblicke dieser Meisterwerke an Stuckornamente erinnert.
Überdies gibt es wirklich ein interessantes, offenbar vereinzelt
dastehendes Beispiel für die Wechselwirkung der Nadelspitzen zu dem
Stukko: In der Provinz Ferrara, in der Kirche von ~Carpi~, sind die
Predellen aller Altäre mit Stukkoverzierungen geschmückt, die zum
Verwechseln treu die venezianischen Reliefspitzen nachahmen.

[1] Nämlich in moderner Ausführung, bei den alten ist das
selbstverständlich.

[2] ~fleurs volantes.~

Gewiß ist dies schon eine dekadente Kunsterscheinung, aber es wäre
dennoch interessant zu erfahren, wieso bloß in Ferrera dergleichen
gemacht wurde, und zwar mit hübscher Wirkung.

Die ~gros point de Venise~ haben sich im Laufe der Jahre fast nicht
geändert; vor 250 Jahren waren die Dessins und die technische
Ausführung nicht anders, und man bleibt heute noch meistens dem
hergebrachten historischen Stile treu, es werden Berthe, Volants,
Kragen, Manschetten etc. gemacht.

Da die Herstellung unendlich mühsam ist, große Geschicklichkeit,
genaues, reines Arbeiten und Geschmack von den Ausführenden verlangt,
ist und war sie stets eine der teuersten Spitzen.

Nicht umsonst war sie zu so großer Berühmtheit gelangt, man versucht
sie daher auch in einfacher Ausführung zu imitieren oder wenigstens
ihre Wirkung im großen und ganzen zu erreichen; so steht die dem
Kontinente wenig bekannte irische Technik der Carrikmaccroß unter
dem Einflusse der Reliefspitzen. Hier wird die Zeichnung in Battist
ausgeschnitten und mit einem groben Cordonet umsäumt oder manchmal noch
auf Tüll applikiert.

Auch die irischen Häkelspitzen streben wohl den Effekten der
Venezianerspitzen nach.

Obwohl die Fachwissenschaft im allgemeinen der Ansicht zuneigt, daß der
~point de rose~, -- Rosaline -- späteren Datums als die Reliefspitzen
ist, mag doch das Gegenteil plausibler scheinen. Der Stil der Zeichnung
ist weniger barock und edler, zierlicher und recht verschieden von den
Reliefspitzen; meistens ist es ein dichtes, ineinander verschlungenes
Astwerk, welches nur hie und da von einer kleinen ~jour~-Blume belebt
wird, die schwach -- ~en relief~ -- gearbeitet ist; das Ganze ist viel
präziser und eleganter, und obwohl bescheidener in der Wirkung, noch
kostbarer wie die Reliefspitzen. Die krause Verworrenheit der Zeichnung
zeigt weniger Wucht und Majestät aber mehr Lieblichkeit. Die zahllosen
meist unregelmäßigen, nur manchmal rautenförmig angeordneten ~brides~
richtig und geschmackvoll zu verteilen erfordert von der Arbeiterin
mehr als manuelle Geschicklichkeit, sie erheischt persönlichen
Geschmack und künstlerischen Takt. Die ~point de rose~ verdienen ihren
Namen in mehrerlei Beziehung. Die eigentümlichen ~brides picotées~,[3]
die so charakteristisch für die Rosaline sind, haben die Form von
Rosetten. Endlich haben die Rosalines häufig, aber nicht immer,
ganz kleine Relief-Röschen, die ziemlich naturgetreu geformt sind.
Jedenfalls sind die ~brides campanées~ das wesentlichste Kennzeichen
der ~point de rose~, welche übrigens wegen deren Ähnlichkeit mit den
Schneekristallen auch oftmals ~point de neige~ genannt wurde.

[3] ~Brides picotées~ oder ~campanées~.

Eine Schwäche der Rosalines ist, daß sie stets als Volants gearbeitet
werden und zwar in oben und unten ganz geraden, einförmigen Linien
abgeschlossen sind; das ~pied~ oder ~engrelure~ wird nach dem Abschluß
als ganz besonders und meistens feiner gearbeitete ~picots picotées~
gearbeitet und steht nicht in genügendem stilistischen Zusammenhang mit
dem eigentlichen Spitzenstreifen.

Rosaline und Reliefspitzen wurden reichlich an Paramenten verwendet,
Chorröcke, Altardecken, Kelchdecken, wurden mit ihnen besetzt. Aber
auch in der weltlichen Kleidung für Frauen wie Männer fanden sie,
so weit ihre Kostbarkeit nicht in Betracht kam, uneingeschränkte
Verwertung.

Die flachen venezianischen Spitzen -- ~point plat de Venise~ erinnern
stark an Klöppelspitzen. Sie sind, wie ihr Name sagt, stets ganz flach,
und entbehren sogar das Relief durch das Cordonet. Eine durchgedachte
und wohldurchgeführte Zeichnung mit vielen und reichen ~jours~ läßt
mehr wie mechanisches Können durchblicken, hübsche zahlreiche ~brides
picotées~, die zierlichen dreiteiligen Rosetten wie Eisnadeln, erinnern
an den ~point de rose~; es sind verhältnismäßig lange Stäbchen, an
denen wie zarte Kristalle eine Anzahl anmutiger ~picots~ angereiht
sind, aber immer in Gruppen. Diese ~brides~ und ihre Zeichnung, die in
~crescendo~ und ~diminuendo~ auf- und abschwillt, unterscheidet sich
von der Coraline oder den sogenannten eigentlichen Venetianerspitzen.
Diese erinnern, wenn auch an eine andere Gattung, ebenfalls an
Klöppelspitzen und zwar an die Bändelspitzen und sie bilden das Pendant
in Nadelausführung zu den sogenannten Kirchenspitzen. Die Zeichnung
hat wenig Bedeutung, sie ist wirr und verschlungen; in ziemlich
gleich breiten Streifen windet und schlängelt sie sich gedankenlos
dahin, wenige oder gar keine ~jours~ tragen dazu bei, ihr ein ziemlich
monotones und nicht so kostbares Gepräge wie bei obengenannten
Spitzen zu geben. Ihr Reiz besteht hauptsächlich in ihren ~brides
picotées~,[4] die eine nicht geschlossene sechseckige Masche bilden
und die ~picots~ stehen einzeln und gleichmäßig verteilt auf den
~brides~. Diese maschenartigen ~brides~ bilden den Übergang zu den
eigentlichen Reseauspitzen, sie sind schon in Reihen parallel zu den
~pieds~ ausgeführt. Kunstlos halten sie sich mehr an die Natur und an
ihren Namen Coraline knüpft sich die Erzählung, daß sie zuerst von
einem verliebten Fischermädchen einem von ihrem Geliebten geschenkten
Korallenzweige nachgeahmt wurden.

[4] Die sechste Seite der Masche wird schon von dem eigentlichen
Ornament gebildet.

Tatsächlich haben diese Coraline etwas venetianisch Volkstümliches, sie
sind und bleiben wie reizende Naturkinder stets mit ihrer Heimat eng
verwachsen und wurden niemals außer im Venetianischen gemacht, während
ihre kunstvollen Schwestern, überall, wo je Spitzen erzeugt wurden,
gleich schön oder schöner nachgeahmt wurden, hauptsächlich in Belgien
und in Frankreich.

       *       *       *       *       *

Als nun in Venedig durch ~Colberts~ Schöpfung -- (der französischen
Spitzen-Industrie) -- die Hauptausfuhr nach Frankreich versiegte
und dieses überhaupt die Führung in Modefragen übernahm, trat eine
zeitweilige Stagnation in der Pointserzeugung ein, doch die Not lehrte
die Venetianer und wie ehemals die Franzosen bei ihnen in die Lehre
gegangen waren, so trachteten sie jetzt von ihren Konkurrenten zu
lernen und die wichtigsten Neuerungen, insbesondere die Verwertung
des Reseaus für die Regeneration ihrer Spitzen zu verwenden. Bald
nationalisierten sich diese Alençon-Imitationen wieder, es entstand der
sogenannte ~point plat de Venise à réseau~. Es waren ganz flach genähte
Spitzen, von gar keinem Cordonet umsäumt und hatten einen ähnlichen
Maschengrund, wie der Reseau des ~point d'Alençon~, nur war er stets
unregelmäßig und die Maschen fielen nicht in eine Linie, näherten sich
mehr dem Viereck und waren verschwommen, doch fiel dies nicht so sehr
auf, da der Grund nicht stark in Betracht kam; das Dessin war so groß
und breit angelegt, daß nur in kleinen Zwischenräumen verhältnismäßig
wenig Platz für den ~fond~ blieb; sie haben mit Sedanspitzen viel
Ähnlichkeit. Es sind ausgesprochene Rokokkozeichnungen aus Lilien,
Muscheln, Blüten und Knospen mit ungraziösen Schnörkeln, die den
sogenannten Jesuitenstil an sich tragen.

Die ganzen Arbeiten machen einen flachen, fast geklöppelten Eindruck;
das Cordonet, wenn man einen bloß etwas stärkeren Faden so nennen kann,
ist ganz platt an der Fläche gearbeitet und ist mit unendlich feinen
~picots~ gegen den ~réseau~ getrennt. Die sehr feinen Maschen laufen
horizontal zum Rand und der Faden ist äußerst fein und das Ornament
wird schon so schablonenhaft angewendet, daß man bei einzelnen Formen
den natürlichen Ursprung kaum mehr entdecken kann. Ein großer Reichtum
an ~jours~ zeichnet sie aus, die alle zu beschreiben nicht möglich ist;
häufig kehrt ein einziges Ornament wieder.

Es ist überhaupt bemerkenswert, daß ein großes Abwechseln an ~jours~
meistens mit einer gewissen Korruptheit des Stils Hand in Hand geht,
ein Überladen mit Details, welches in allen Kunstgattungen zu verfolgen
ist, und die Armut an Gedanken verbergen soll.

Diese flachen Venetianerspitzen mit ~réseau~ wurden von der zweiten
Hälfte des XVIII. Jahrhunderts bis zum Ende der venetianischen
Republik in Venedig hauptsächlich auf den Laguneninseln gemacht.
Die politischen Verhältnisse, die immer zunehmende Verarmung und der
Verfall in der Lagunenstadt bewirkten, daß die Spitzenindustrie, ein
wesentlich von Luxus und Eleganz lebendes Gewerbe, ganz zugrunde
ging. Über Europa brausten die Stürme der französischen Revolution
überall merkbar nach. Ein demokratischer Geist fegte viele Gebräuche,
Mißbräuche und Reichtum weg, doch auch viel guter Geschmack und
reizende Gewohnheiten verschwanden damit für immerwährende Zeiten. Auf
der Insel Burano fristeten eine Gattung Spitzen kümmerlich ihr Dasein
weiter, die armen Fischerfrauen machten unscheinbare Spitzen, die ihre
Abkunft von den ~point d'Alençon~ nicht verleugnen konnten, aber in
Stil und Ausführung degeneriert waren und aus groben, ungleichmäßigen
Fäden gemacht waren. Im Jahre 1864 schrieb Madame ~Bury-Paliser~: »Die
Venetianer Spitzen existieren nicht mehr.« Und doch, acht Jahre später
wurde dieses verlöschende Flämmchen zu neuem Leuchten entfacht. Es
wurde auch mühsam und kunstvoll ins Leben gerufen, durch Mitleid und
Wohltat. Im Jahre 1872 brach ein ganz außerordentlich strenger Winter
über Oberitalien herein. Die Lagunen waren zugefroren und die Fischer
konnten wochenlang nicht ihrem Berufe nachgehen. Die Not war eine
unbeschreibliche und rief die öffentliche Teilnahme wach.

Eine Sammlung wurde zum Teil für die ersten Bedürfnisse der Armen
verwendet, der Rest wurde in weiser Vorsorge für die Gründung
einer Hausindustrie gespart. Man sagt, es hätte damals ein uraltes
Mütterchen gelebt, die als einzige den Venetianerspitzenstich noch
machen konnte, ~Ceccia Scarporiolo~; sie, halb blind und gelähmt,
unterwies die Fischermädchen und lehrte ihnen, was sie wußte, ein
Damenkomitee, an dessen Spitze die Gräfin ~Adriano Mercello~ stand,
setzte sich mit ganzer Kraft für dieses Unternehmen ein. Ganz Italien,
an seiner Spitze die Königin Margherita, interessierte sich für diese
Neuschöpfung in Burano, und bald konnten die ersten, seit langer Zeit
wieder in Venedig verfertigten Venetianerspitzen, verkauft werden.
Seither ist die Spitzenerzeugung in Venedig wieder eine blühende
Einnahmsquelle geworden. Burano blieb unter dem Patronat des Komitees,
die Familie Marcello wurde zu einer Art Spitzen-Dynastie und die
Buranospitzen sind die besten und schönst gearbeiteten von Venedig,
sie gehörten nicht, wie leider die meiste Marktware Venedigs, in
die Rubrik Andenken-Verkaufs-Erzeugnisse, die harm- und gedankenlose
Hochzeitsreisende, nicht zur Ehre Venedigs, nach Hause bringen.

In Burano werden jetzt wieder alle Gattungen der früheren
Venetianerspitzen gepflegt, meistens sind es Spitzen ohne ~réseau~, nur
mit einen Grund von ~brides~, häufig in gelblicher Farbe, mit Ausnahme
der ~points de Burano~. Diese sind aber noch immer den Alençon-Spitzen
ähnlich, die Muster bleiben dem Stil der drei Louis Frankreichs treu;
der ~réseau~ hat fast viereckige Maschen.

Der ~réseau~ der Burano sieht jedoch niemals den anderen ~fonds~
ähnlich, es macht immer einen eigentümlichen flockigen, verwaschenen
und verzogenen Eindruck, was zum Teile von dem unregelmäßigen Faden
herrühren mag. Das Cordonet der Burano ist nur niedergenäht und
niemals, wie bei den Alençon mit dem schönen gleichmäßig dichten
Knopflochstich überschlungen.

Die Venetianerspitzen gehören historisch Venedig an, aber sie werden
überall, wo die edlen Kunstspitzen gemacht werden, mit Erfolg erzeugt,
sei es nun in Frankreich, Belgien oder Österreich; Belgien pflegt sehr
diese Gattung Spitzen und hat wahrscheinlich einen größeren Umsatz
darin, als Italien; man sagt, daß viele, und zwar die beste Ware nach
Italien besonders an die Riviera von Belgien geliefert wird, aber auch
in Venedig werden belgische Venetianerspitzen verkauft.



~Point d'Alençon.~


Von 1560 bis ungefähr zur Hälfte des XVII. Jahrhunderts exportierten
die Venetianer eine ungeheuere Menge Nadelspitzen, sie deckten den
ganzen Bedarf Europas, denn nirgends wurden ihre Spitzen so gut
nachgeahmt, daß man ihnen nennenswerte Konkurrenz machen konnte.

Die verschiedenen Regenten erließen zahlreiche Erlässe gegen den
übertriebenen Luxus, hohe Schutzzölle, strenge Verbote nützen und
frommen nicht gegen die Macht der herrschenden Mode. Frankreich stand
an der Spitze der importierenden Länder. Für viele Millionen Francs
wurden alljährlich Spitzen aus Venedig eingeführt und die Nachfrage
steigerte sich noch zusehends unter Louis XIV. Der »~roi soleil~«liebte
in seiner Jugend üppigen Luxus und Glanz, er selbst beeinflußte die
Moden und sprach allen Verordnungen seiner Minister Hohn, indem er für
sich und seinen Hof den größten Aufwand an Spitzen aller Gattungen
trieb, insbesondere aber die Venetianer bevorzugte. Es gab damals kaum
ein Kleidungsstück, das nicht aus Spitzen gemacht oder mit Spitzen
verziert wurde, breite Umlegkragen, ~jabots~, ~manschetten~, ~kanons~,
das sind Spitzenvolants, die aus den Stulpstiefeln hervorsahen,
Rosetten an den Schuhen, an den ~jarretieren~, Barben, Hauben,
Schürzen, Bett- und Tischzeug, kurz alles war mit Spitzen versehen.
In den Feldzügen, im Lager, über Harnischen, im Boudoir, in Kirchen
und Klöstern, überall waren Spitzen zu sehen. Wenn man nun bedenkt,
daß Frankreich verhältnismäßig wenig Spitzen im Lande produzierte, so
begreift man, welch ein wirtschaftlicher Aderlaß dies für Frankreich
war, und wie Flandern und Venedig dabei gewannen. Von der Macht der
Mode kann man sich einen Begriff machen, wenn man die strengen Gesetze
der damaligen Zeiten betrachtet; mit Schmugglern machte man nicht viel
Federlesens, man knüpfte sie an den nächsten Baum oder schoß sie
nieder, und trotzdem, da der Gewinn verlockend genug war, wurden die
Schmuggler nur schlauer und erfindungsreicher, und Ballen von Spitzen
fanden ihren Weg über die französische Grenze.

Wenn es kaum eine Kunst oder ein Kunsthandwerk, das durch Jahrhunderte
so anonym geblieben ist, wie das der Spitzen gibt, denn überall anders
treten uns Namen entgegen, so tritt ausnahmsweise der Name und die
Gestalt ~Colberts~ hervor, ein Genie, das seinerzeit im Anfassen der
nationalen Wirtschaftspolitik um Jahrzehnte vorauseilte, der nicht nur
Altes unterstützte, sondern Neues schuf, der das so wichtige Prinzip
erkannte, daß ein Luxus, so lange das Geld im Lande bleibt, und nichts
vom Auslande importiert wird, nationalökonomisch nicht schädlich ist,
da selbst sinnlose Ausgaben der Reichen das Geld ins Rollen bringen,
Industrieen schaffen, die für den Export Bedeutung erlangen können, und
das Volk zu großer Regsamkeit anspornen.

~Colbert~ war mit einem Wort der erste moderne Finanz- und
Handelsminister, er war der erste, der mit den nationalen Gütern
nicht Raubbau trieb, er wollte nicht nur ernten, sondern säte auch in
der Gegenwart für die Zukunft. Ihm hat Frankreich den ersten Impuls
für die allen Stürmen trotzende Entwicklung der Industrie zu danken,
er gründete oder förderte Manufakturen, wie die Gobelinweberei,
Sèvresporzellanerzeugung, er ließ die so kostbaren und damals bloß
in Venedig erzeugten Venetianerspiegel in Frankreich erfolgreich
nachahmen, und endlich gründete er die Spitzenindustrie.

~Colbert~ erkannte gleich, daß auf dem Wege der Verbote die
Verhältnisse nicht zu sanieren waren. Mit der Mode mußte gerechnet
werden, blieb nur das Geld im Lande, und es war das Beste die Passion
für die eigene Heimat auszunutzen. ~Colbert~ faßte seine Sache
erfolgreich an. In Frankreich hatte man bis dahin Nadelspitzen kaum
fabriziert, doch war die Anfertigung des über alle Länder populären
~point coupé~ auch dort eingebürgert; hie und da hatte wohl auch die
eine oder andere Spitzen-Matrone auf eigne Faust Venetianerspitzen aber
minderwertig imitiert. Er suchte sich nun zur Pflanzstätte seiner Ideen
jenen Bezirk Frankreichs aus, der eine relativ gut geschulte weibliche
Bevölkerung besaß, und das war ~Alençon~, mit Nachbarschaft, wie
~Aurillac~, ~Argentan~ etc.

Die Gründung der ~Alençon~-Spitzenindustrie ist deshalb eine sehr
bemerkenswerte, weil sie eine vollkommen bureaukratische ist, sie wurde
vom Schreibtisch aus diktiert, und mit Erfolg ins Leben gerufen. Im
allgemeinen war und ist die Spitzenerzeugung stets eine volkstümliche
gewesen, die nur hie und da in den Klöstern Förderung fand, von
den Regierungen früher häufig eher gehemmt als unterstützt wurde.
~Colbert~ war der erste, der nationalökonomisch und administrativ
wohl durchdachte Gründungen durch Ausbildung von schon existierenden
Industrieen durchführte, obwohl er speziell von seiten der Bevölkerung
in ~Alençon~ anfangs wenig freundliches Entgegenkommen fand. Vor
dem Gründungsjahr 1665 hatte eine ~Mme. Perrière~ in ~Alençon~
venetianische Spitzen für eigene Rechnung nachgeahmt. Mit ihr und
einigen anderen gründete ~Colbert~ die »~Manufacture du point de
France~« wie von nun an alle französischen Spitzen hießen. Die
Behauptung, welche die meisten Autoren der ~Mme. Paliser~ nachsprechen,
daß die erste Manufaktur in ~Château de Lonrey~ bei ~Alençon~ etabliert
war, ist nicht haltbar.

Zwei sehr ernste Autoren, wie ~Duval~ und ~Despierres~ widersprechen
dieser Annahme und druckten in ihren Werken alte Dokumente als
glaubwürdige Beweise ab; abgesehen von diesen Schriften spricht auch
noch ein sehr einfacher Gedankengang gegen diese Behauptung. Im Jahre
1665 war die Feudalherrschaft noch in Blüte. Der Adel war noch nicht
verarmt, wie später nach der Revolution. Damals, in Reichtum und
Ansehen ungebeugt, bewohnten und benutzten die Adeligen ihre Schlösser
noch selbst; hatten sie mehrere, so kamen dieselben wohl manches Mal
noch zu Lebzeiten des Besitzers in Benutzung einer jüngeren Linie oder
einer bevorzugten Maitresse. Ein bußfertiger Bruder oder eine alte
Sünderin übertrug oder verschrieb ihre Herrschaft zur Rettung ihrer
Seele der Kirche oder einem Kloster, seltener schon wurden Schlösser
oder Burgen in Spitäler verwandelt. Doch der Gedanke, ein Schloß in
eine Fabrik oder gar in eine Kaserne umzuwandeln, widerspricht ganz und
gar dem aristokratischen Geiste jener selbstherrlichen Zeit. Dies blieb
der Neuzeit vorbehalten, und leider oft zum Schaden der Ästhetik.

Die Gründung der Gesellschaft der ~points de France~ verteilte sich auf
verschiedene Bezirke, wie Reims, ~Sedan~, ~Aurillac~ und ~Argentan~;
und was nun von ~Alençon~, dem wichtigsten, erzählt wird, gilt mehr
oder minder von den anderen auch. Es wurden Gebäude für diesen
Zweck eingeräumt und ausgestattet und man ließ Venetianerinnen und
Flämländerinnen kommen und Frauen aus ~Alençon~ wurden angeworben, die
genügende Schulung hatten.

Mit diesem kleinen Stabe hoffte ~Colbert~ in kurzer Zeit 8000
Arbeiterinnen heranbilden zu können. Darin wurden aber seine
Erwartungen getäuscht, denn, so lange die Fabrik als solche unter der
zehnjährigen Staatspatronanz stand, brachte man es auf nicht mehr wie
700 Arbeiterinnen, die Bevölkerung, die sich in ihrem Erwerbe bedroht
sah, bot Widerstand, es kam häufig zu Ausschreitungen. Es wurde mit den
neuen Mustern, die auch Monopol waren, Mißbrauch getrieben, was zwar
strenge gestraft wurde aber Hetzereien und Wühlereien zur Tagesordnung
machte. Trotzdem hatte die Manufaktur einen großen Erfolg. Louis XIV.
erklärte den ~point de France~ zur offiziellen Hof-Etiquette, er trug
ihn selbst und alles beeilte sich, ihn nachzuahmen.

Diese Fabrik muß man sich als ein Mittelding zwischen einer Fachschule
und einer Aktiengesellschaft denken. Nachdem die ersten zehn Jahre
verflossen waren, verwandelte sie sich in mehrere Privatunternehmen.
Sie hatte aber ungemein befruchtend auf die allgemeine
Spitzenindustrie gewirkt, obwohl man sich in den ersten fünfundzwanzig
Jahren darauf beschränkte, die Venetianerspitzen möglichst getreu
zu kopieren. Es war jene Gattung mit den ~brides picotées~ und war
vielleicht nur im Relief etwas flacher gehalten. Doch der französische
Geschmack kam bald zur Geltung, die Ausführung wurde zierlicher als die
italienische und die Zeichnung wurde nach dem tonangebenden Geschmacke
modifiziert. Wie aus den Venetianerspitzen derselben Zeit kann man an
den ~Alençon~ bemerken, daß die ~brides~ wabenartig angeordnet waren,
welche einen regelmäßigen ~réseau~ ahnen ließen. Im Anfange des XVIII.
Jahrhunderts wurde der Versuch gemacht, den Klöppel-Reseau mit der
Nadel nachzubilden. Es war auch die Konkurrenz, die das herbeiführte,
denn die belgischen Spitzen wurden damals am Hofe viel getragen und
drohten die ~points~ zu verdrängen. Die flämischen Mädchen werden
offenbar die Anleitung dazu gegeben haben. In die Jahre zwischen 1700
und 1717 fallen die wichtigen Neuerungen, die den ~points d'Alençon~
ihr heutiges Ansehen gaben und sie von den venetianischen Spitzen so
wesentlich unterscheiden, so daß sie von nun an eine ganz selbständige
Gattung wurden. Es sind dies: der eigentliche, feine ~réseau~, der dem
Ansehen nach ähnlich wie der der Brüsseler Klöppel-Spitzen (~point
d'Angleterre~) war; der Anfang des ~réseaus~ der Klöppelspitzen war
sechseckig und ist später ein mehr längliches Viereck geworden und
wird häufig ~réseau d'Alençon~ genannt. Dann wurde gleichzeitig die
sogenannte ~maille bouclée~ und die ~bride tordue~ oder ~maille
tordue~ gemacht, beides regelmäßige sechseckige Maschen, die nur
größer und stärker wie der ~réseau~ sind. Die ~bride bouclée à
picots~, die von den Venetianern entlehnt war, nahm um diese Zeit
ab. Die ~bride bouclée~ wird häufig den ~Argentans~ als Spezialität
zugeschrieben; jede ihrer sechs Seiten wurde acht bis fünfzehn Mal
mit Knopflochstich überzogen, wodurch sich natürlich dieser Grund
durch große Dauerhaftigkeit auszeichnete und nebstbei in originellen
Kontrast mit dem[5] feinen eigentlichen ~réseau~ trat, der häufig als
zweiter Streifen den Rand der Spitzen zierte. Durch die Benützung des
~réseaus~ wurden auch Zeichnung und Technik der Alençons bedeutend
geändert. Von nun an wurden die ~points d'Alençons~ nicht mehr in Einem
gearbeitet, sondern in kleinen Teilen von verschiedenen Arbeiterinnen,
so wie die Brüsseler Spitzen. Jede Arbeiterin war in ihrer Spezialität
eingearbeitet, und ein Stück Spitzen ging durch zwölf bis sechzehn
verschiedene Hände, bis es fertig war. Diese getrennte Arbeit war in
Venedig nicht in Gebrauch gewesen, und ist eine französische Neuerung,
die man von den belgischen Klöpplerinnen gelernt hatte. Bei alten
Spitzen begnügte man sich mit der Ausführung von ~fleurs~, welche aus
~entoilage~ oder ~remplis~ gebildet waren; eine ~brode~ umgab sie und
die ~brides~ füllten den Grund. Nun aber werden die Spitzen häufig in
zweierlei Streifen gemacht, Medaillons als »~rivière~« angeordnet,
schlängelten sich durch die Spitzen. Diese Medaillons wurden nun mit
zahllosen verschiedenen Stichen ausgefüllt, die man ~modes~ nannte und
die das ~rempli~ ersetzten, das jetzt zu große Ähnlichkeit mit dem
feinen ~réseau~ hatte. Eine Eigentümlichkeit der Nomenklatur des ~point
de France~ oder ~d'Alençon~ ist, daß er ganz andere Namen für die
verschiedenen Teile hat, wie sonst gebräuchlich.

[5] Der Grund ist hier stärker wie die sich zart abhebende Zeichnung,
was eine schönere Wirkung hervorbringt, bei den ~point de gaze
de Bruxelles~ verhielt sich die Sache umgekehrt, der ~fond~ ist
unproportioniert zart zum Dessin.

~Motivs~, ~fond~, ~entoilage~, ~fleur~ war die Bezeichnung für die
Blume, ~champs~ für den Grund, ob aus ~brides~ oder ~réseau~, ~brode~
heißt das Cordonet, das die Zeichnung umgibt, ~modes~, ~fenêtres~ oder
~portes~ heißen die ~jours~ und so weiter.

~Points d'Alençon~ sind noch insoferne interessant, weil man an ihnen
wie an keiner anderen Spitzenart den jeweilig herrschenden Stil in der
Zeichnung verfolgen kann.

Die ältesten vor 1660, volkstümlich »~velins~« nach dem Pergament,
auf dem sie gearbeitet wurden, genannt, unterscheiden sich nicht von
den allerorts gemachten ~points coupés~, Reticellas oder primitiven
Venetianern. 1660 bis 1700 verlegte man sich auf die getreue Kopie der
kostbaren Venetianer Reliefspitzen und anderer, edler Gattungen.

Kleine Dessinänderungen wurden dann später wohl auch versucht, aber
erst von 1700 erhalten die ~points d'Alençon~ ihr gewohntes Aussehen.

Von 1717 bis 1754 (Louis XV.) füllten die Blumen der Zeichnung
bei schmäleren Volants noch die ganze Breite der Spitzen aus. Der
Schwerpunkt der ~modes~ ist gegen den Rand gedrängt. Der Grund ist in
einer der drei Gattungen ~brides~, oder in ~réseau~ ausgeführt. Unter
Louis XVI. kommt die sehr charakteristische Façons in Streifen und
zweierlei ~champs~ auf, auch wird später ~le réseau mouche~ gemacht,
der dann in der Folge wieder aufgenommen wurde.

Oben Gesagtes gilt von den kleineren Volants und den Berthen;
betrachtet man jedoch ein größeres Stück wie die damals modernern
~tabliers~ und sehr breiten Volants, so kann man nicht genug über den
Reichtum und die Üppigkeit der ~jours~ und ~modes~ staunen, eine solche
wohlgeordnete Fülle von Details drängt sich. Und die ganze, große Zeit
einer vollkommen höfischen Kunstrichtung, die, man möchte sagen aus
der Initiative einzelner Personen entstand und mit diesen verging,
zieht an Einem vorbei, ~Versailles~ und ~Petit Trianon~ unter den drei
Louis mit diesen lebt und stirbt der ~point d'Alençon~, Füllhörner,
Blumen, Fruttiguirlanden, Rosen und Schmetterlinge, schnäbelnde
Vögel, Blumenvasen, Baßgeigen, Mandolinen, Wappen und Menschen, ja
oft Medaillonporträts von den Regenten, dies alles wurde häufig
unsymmetrisch und doch fein stilisiert angeordnet.

Sehr bemerkenswert ist die stetige Konkurrenz der verschiedenen
Spitzengattungen untereinander; sie entlehnen die künstlerischen
Wirkungen und ahmen sich nach, bald war ~point de France~, bald wieder
die flachen Klöppelspitzen der ~point d'Angleterre~, oder die ~Malines~
Königinnen der Mode. Im Wettbewerb trachteten sie sich an Schönheit,
Ähnlichkeit und dann Verschiedenheit und Neues bieten zu übertrumpfen.
Um 1700 findet man an den »~modes~« der Alençon häufig einen ~point~
angewendet, den ~réseau rosacé~, der, in Nadelstich transponiert,
den ursprünglichen ~point de neige~ der ~Malines~ wiedergibt. Diesen
~point de neiges~ oder ~oeil de perdrix~ findet man durch das ganze
XVIII. Jahrhundert an Brüsseler Spitzen (~point d'Angleterre~),
~Valenciennes~, ~Malines~, ~point Alençon~ und ~Argentan~ immer
wieder in verschiedenen Ausführungen und Variationen, und es war der
kostbarste Grund.

Einen großen Niedergang in der französischen Spitzenindustrie
schuf der Widerruf des Edikts von Nantes im Jahre 1685. --
Unzählige protestantische Familien verließen ihre Heimat und trugen
ihre Fähigkeiten in fremde Länder -- und gründeten durch ihre
Kenntnisse und Geschicklichkeit neue Gewerbe -- überhaupt haben die
Religionsverfolgungen im Laufe der Jahrzehnte gerade zur Ausbreitung
der Spitzenindustrie sehr viel beigetragen. Wenn Deutschland,
Schweden, Dänemark, die Schweiz und das Erzgebirge überhaupt eine
Spitzenindustrie haben, so verdanken sie es zum größten Teile den
französischen und flämischen Emigranten. -- Direkte Vorteile aber
gewann Venedig daraus, es erzeugte Spitzen im französischen Geschmacke
und beschickte damit wieder die französischen und europäischen Märkte.
Den zweiten, verderblichen Einfluß hatte die französische Revolution. --

Während der Revolutionsjahre gingen die meisten Spitzen-Industrien
in Frankreich zu Grunde, manche, man sagt mehr wie zwölf, für immer;
~Sedan~, ~Aurillac~, ~Valenciennes~ kamen nie mehr in Betrieb. Napoleon
förderte, wo er konnte, die durch die Revolution lahmgelegten Gewerbe,
auch den ~points d'Alençon~ wandte er seine Sympathien zu. Die ~points
d'Alençon~ im Empire zeigen kleine Blümchen stilisiert im ~réseau~
verstreut; und dieses ist mit sogenannten ~petits pois~, ~larmes~
oder ~grains de café~, ~coeurs~ -- oder wie diese kleinen Pünktchen
sonst noch im empfindsamen Geschmack der Zeit heißen, verziert,
~maille bouclée~ wurde von nun an nicht mehr gemacht. Später wurden
die ~Alençon~ 1830--60 die Blumen auf Maschintülle appliciert und ~Br.
Mercier~ nahm einen Musterschutz auf seine Erfindung, die sechseckigen
Maschintüll-Maschen mit Knopflochstich in eine ~maille bouclée~ zu
verwandeln.

Dieses Verfahren hatte aber keine große Lebensfähigkeit in sich. Man
sagt, es sei noch mühsamer, wie die eigentliche ~bride bouclée~.

Das Cordonet oder die ~brode~ der Alençons war zu allen Zeiten schöner
und dichter umschlungen, wie das der Venetianer- und Brüsslerspitzen,
auch war das Relief weniger erhaben, obwohl man ihm durch Einlage
von Roßhaarfäden manchmal mehr Konsistenz gab. Man unterschied
früher ~points d'Alençon~ und ~point d'Argentan~; letzterer galt als
noch kostbarer wie ersterer. Der Unterschied war meistens in einer
sorgfältigeren Ausführung in der Zeichnung, auch machte ~Argentan~
häufig die mühsame ~maille bouclée~.

~Sedan~, ~Aurillac~, ~Reims~, ~Argentella~ hatten alle den sogenannten
~fond oeil de perdrix~ und dies waren lauter ähnliche Spitzen, die
man heute schwer differenzieren kann. ~Argentella~ sind, wie der Name
schon ahnen läßt, eine Abart, besser gesagt Spielart, der ~Argentan~,
möglicherweise sind sie wirklich von Genua stammend; die End-Partikel
ihres Namens klingt jedenfalls italienisch; sie hatten den ~fond réseau
rosacé~ besonders viel in Verwendung, das Cordonet ist zwar nicht
niedergenäht, aber nicht ganz übersponnen, was auch auf italienische,
nicht französische Fabrikation deuten würde, ~point de Sedan~ und
~point plat de Venise~ hatten einige Ähnlichkeit, Rokokkospitzen
mit breiter, und so dichter Zeichnung, daß sie fast jedweden Grund
entbehren konnten. Sie haben hie und da kleine Reliefs wie aufgesetzte
Lichter im Genre der Brabante.

~Colbert~ hatte gesiegt. Das Geld blieb im Lande und seine
bureaukratische Schöpfung hatte die in ihrer Art einzig dastehenden
~point d'Alençon~ ins Leben gerufen. Das Wohlwollen der Regierung
blieb ihnen stets treu; im Jahre 1811 wurde die Neuerung gemacht, den
Arbeiterinnen Zeichenunterricht geben zu lassen, bisher hatte man das
nirgends versucht.

~Alençon~ hat eine jetzt noch lebende Tradition der Spitzenindustrie.
Erbgesessene Familien bilden Dynastien, die alle Erinnerungen pflegen,
teilweise auch publizistisch hervortreten; es sind dies Namen wie:
~Duval~, ~Despierre~, ~Baron Mercier~.



Brüsseler Nadel-Spitzen oder ~Point de Bruxelles~.


Vor allem muß hervorgehoben werden, daß unter dem Namen ~point de
Bruxelles~ vielerlei Spitzen, sowohl Nadel- wie Klöppelspitzen
verstanden werden können. Dieser Mißbrauch mit dem Namen entspringt
zum Teil aus der Willkür der Händler und Schneiderinnen und aus dem
Unverständnis des Publikums. Es werden ~points à l'aiguille~ oder
~point de gaze~ für Nadelspitzen, alte Brabanter, ~duchesse~ und
Applikations von Nadel- und Klöppel-Spitzen und fünferlei (!) Arten
~point d'Angleterre~ so genannt. Man sieht also, daß auch in der
Bezeichnung der ~point d'Angleterre~ verwirrend vorgegangen wird, und
es ist schwer, bei den vielfachen, widersprechenden Ansichten der
Autoren das richtige in diesem Wirrwarr herauszufinden. Möglicherweise
hat man früher wirklich mehr wie eine Gattung Spitzen darunter
verstanden. Und als die Verwechslungen begannen und sich der Begriff,
der einzig mit dem Namen verknüpft war, immer mehr verwischt hatte,
wurde das Unverständnis wohl oft von den Händlern ausgenutzt, um die
Käufer zu täuschen, insbesondere da der ~point d'Angleterre~ sehr
kostbar und hochgeschätzt war.

       *       *       *       *       *

Die Brüsseler Nadelspitzen, ~point à l'aiguille~, wenn alt, ~point de
gaze~, wenn neu genannt, sind verhältnismäßig spät aufgekommen.

Die großen Erfolge der Venetianerspitzen und der ~point d'Alençon~
waren die unmittelbare Ursache für die Brüsseler Frauen, eine neue
Art Nadelspitzen zu schaffen. Da sie erst gegen die Mitte des XVIII.
Jahrhunderts (1720) aufkamen, wurden sie nicht mehr mit ~brides~
gemacht, sondern gleich mit dem ~réseau~ das damals neu und sehr in
Mode war. ~Point à l'aiguille~ verleugnet nie seine Abkunft von den
Alençon, obwohl diese ~Alençon~ einen ausgeprägteren, fast könnte man
sagen, einen offiziellen Hofstil hatten. Das Cordonet ist bei den
~point à l'aiguille~ wie bei den heutigen ~point de gaze~ nicht mit
einem aus mehreren Fäden gebildeten stark hervortretenden ~bride~ mit
dichtem, gleichmäßigen Knopflochstich niedergehalten, sondern nur
stellenweise mit ~point clair~ niedergenäht, ferner ist auch die Masche
des ~réseaus~ eine andere. Die Brüsselermasche wird nur aus einer
gedrehten Fadenschlinge gemacht, während bei dem ~Alençon-réseau~ der
Faden am Ende einer solchen einfachen Maschenreihe angelangt, durch die
Maschen zurückgeführt wird, so daß alle Seiten des ~Alençon-réseaus~
aus doppelten Faden bestehen, was natürlich die Dauerhaftigkeit des
Grundes sehr erhöht.

Eine der schönsten Zierden des ~point à l'aiguille~ ist ein
großer Reichtum und Mannigfaltigkeit an ~jours~, jedoch ist die
Zeichnung nicht so schwungvoll stilisiert wie die der Venetianer
und nicht so zierlich steif wie der ~Alençon~. In der Zeichnung
bleiben Brüsselerspitzen stets naturalistischer wie diese. Anfangs
wurden die Blumen und der ~réseau~ in Einem gearbeitet. Louis XV.
Regierungsantritt brachte auch neue Moden -- ~points d'Angleterre~ und
~Malines~ waren die regierenden Spitzen, und da diese ersteren auch
in breiten Stücken gemacht wurden, änderte man die Anfertigungsart der
~point à l'aiguille~ und machte die Blumen getrennt vom ~réseau~, und
in ihrem Rand wurde nachher der reizende Klöppelréseau, ähnlich dem
der ~Malines~ angeschlagen. Dieses Verfahren eignete sich aber nur für
kleinere Stücke. Bei Barben, Krawatten und schmalen Volants,[6] die
wenig Raum für den Fond hatten, bei breiteren Spitzen verwendete man
den am Klöppelpolster angefertigten Droschelstreifen[7] in der Breite
von drei bis acht Zentimeter, und der wurde mit einem sehr kunstvollen
Stich in das Muster hineingenäht und zusammengefügt. Dieser Stich war
die Erfindung einer Brüsseler Arbeiterin und war nicht wahrnehmbar. Er
blieb lange Zeit hindurch ein wohlgehütetes Metiergeheimnis.

[6] Diese Gattung Nadelarbeit mit Klöppeltülle kombiniert wird von
vielen Autoren auch als ~Point d'Angleterre~ bezeichnet.

[7] Droschelgrund nennt man im flämischen den sechseckigen
Maschengrund, wie er bei den Malines gearbeitet wurde.

~Point à l'aiguille~, die kaum ein Jahrhundert in dieser Form und unter
dem Namen fabriziert wurden, sind sehr schön und kostbar, insbesondere
in der Zusammenstellung der Nadelblumen mit dem sechseckigen, reizenden
Droschelgrund wirken sie ungemein gediegen und apart. Alte ~point à
l'aiguille~ Blumen und ~réseau~, beides aus Nadelarbeit, sind sehr
selten, die sechseckige Nadelmasche ist dem Droschelfond ähnlich, das
Cordonet ist wie das der Venetianerspitzen, nie so schön und dicht
überschlungen wie das ihres gemeinschaftlichen Vorbildes der ~Alençon~,
es besteht aus drei bis vier niedergenähten Fäden. Das Cordonet ist
auch nicht mit ~picots~ in der Zeichnung selbst zwischen dem ~réseau~
geschmückt. Diese unzähligen feinen ~picots~ bleiben die Spezialität
der ~Alençon~.

Als aber im Anfange des XIX. Jahrhunderts der mechanische Tüll in
Nottingham erfunden wurde und nun die Nadel- und Klöppel-Applikationen
aufkamen, kehrte man zu der ursprünglichen Verfertigung der ~point
à l'aiguille~ unter dem Namen ~point de gaze~ zurück, Blumen und
~réseau~ werden wieder in Einem gearbeitet. Das andere Verfahren mit
Droscheltüll ist heute gänzlich verloren gegangen. Die Zeichnung
ist modern und vielleicht wie die aller modern sein wollenden
Brüsselerspitzen etwas zu naturalistisch und zu wenig stilisiert. Die
~réseau~masche bleibt immer zu leicht, im Gegensatz zu dem etwas roh
wirkenden Cordonet. Selbstverständlich werden diese Spitzen heute
ebensogut in höchster Vollendung als wie in Marktware ausgeführt, sie
stehen, was Popularität anbelangt, in einer Linie mit den ~duchesses~.
~Point de gaze~ wird auch häufig auf Tüllapplikations hergestellt. Man
nennt sie dann Brüsseler Nadel-Applikation.

~Point à l'aiguille~ werden nicht mehr in Brüssel und Umgebung erzeugt,
sondern in den Gegenden von Alost, Gent, Grammont etc.

Belgien hat aber noch etwas Besseres in Nadelspitzen vorzuweisen
als den ~point de gaze~, denn es macht alle Gattungen Venetianer
Nadelspitzen meisterhaft nach.



Guipures.


Man kann fast sicher annehmen, daß das prunkliebende Spanien die Heimat
der ~guipures~ ist. Es war das farbenfreudigste europäische Volk und
stand am meisten unter östlichem Einfluß, da es doch mit Mauren und
Juden nebeneinander wohnte. Die Vorliebe für kostbaren Schmuck und
Gewandung mag es sich zum Teil von diesen, zum Teil aus seinem fast
parvenuhaft schnell erworbenen Reichtum angewöhnt haben. Man nimmt
an, die Mauren hätten die Behandlung der Gold- und Silberfäden den
spanischen Juden gelehrt und diese erzeugten die ~guipures~ so lange
im Lande, bis sie durch die Religionsverfolgungen vertrieben nach
anderen Ländern emigrierten. Diese Juden haben wieder ihre Kunst in
der neuen Heimat ausgeübt und so wurden die Gold- und Silber-~guipures~
nach Lyon, Marseille, Genua, Mailand, Lucca, Venedig und Ragusa
verschleppt. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß in Italien auch schon
vorher Goldspitzen gemacht wurden, da besonders die genuesischen
und venetianischen Rheder sehr häufig mit allen Kulturen des
mittelländischen Meeres in Berührung kamen. Die Venetianer ~Carpaccios~
schmückten sich mit Gold- und Silber~guipures~. Die Seidenguipures,
die ein- und buntfarbigen, haben in Spanien ihr Vaterland, sonst war
dieses wenig produktiv, was Spitzen anbelangt, zum mindesten hat es
die Geschichte der Spitzen mit keiner neuen Type bereichert. Es war
stets mehr Käufer als Erzeuger, selbstverständlich wurden, wie in allen
Klöstern, so auch dort sehr schöne Nadel- und Klöppelspitzen von den
Nonnen verfertigt, doch kamen diese Erzeugnisse selten in weltlichen
Gebrauch und waren ganz den Venetianerspitzen ähnlich. Die unglaubliche
Anzahl von Kirchen, Altären, Marien-, Jesus- und Heiligen-Statuen
wurden mit diesen Klosterwerken geschmückt, und bilden heute noch einen
nationalen Schatz. Der Bedarf des Laienstandes wurde aber hauptsächlich
vom Auslande besorgt; Venetianerspitzen, ~point de France~, ~point
d'Angleterre~, ~Chantilly~ und ~Blonden~,[8] wie es die Mode mit sich
brachte. Die Annahme, daß Spanien selbst im größeren Stil Spitzen
erzeugt hat, ist eine irrige und kann, wenn behauptet, nicht genügend
bewiesen werden; meistens leitet man dies von der Spitzengattung ~point
d'Espagne~ genannt, ab. Nun muß man bedenken, daß eine Industrie blühen
und vergehen kann, aber niemals verschwindet sie spurlos; Traditionen,
Mythen und Dokumente bleiben als sprechende Beweise für die einstige
Existenz erhalten. Insbesondere in Spanien mußte die Spitzenindustrie
eine sehr ausgebreitete gewesen sein, um den ungeheuren Bedarf dieses
reichen und prunkliebenden Volkes und den der Kolonien zu decken. Denn
nicht nur der Hof und die Granden trugen Spitzen, sondern auch das
ganze Volk, und wie nirgends anderswo wurden die Spitzen als Volants
an den Röcken und Mantillen, Volkstracht. Denn die Spitzen-Hauben der
Holländerinnen, Fläminnen und französischen Bäuerinnen, erscheinen
eine sehr bescheidene Tracht im Vergleich mit dem reichen Aufwand
der Spanierin, wo selbst die ärmste immer eine schwarze und weiße
Blonden-Mantille besitzt, und welche als unpfändbar gelten.

[8] Blonden wurden verhältnismäßig am meisten im Lande fabriziert.

~Point d'Espagne~ wird ebenso wie ~point d'Angleterre~ nur eine
Bezeichnung für eine speziell diesen Ländern gelieferte Ware sein und
hat sich der letztere nicht von den Brüsslern, der erstere nicht von
den Venetianern unterschieden. ~Point d'Espagne~ wurde höchstens im
Geschmack und Reichtum der Ausführung der sehr streng konservativen
Hofetikette zu Gefallen gearbeitet und es liegt sehr nahe, daß der
Verkäufer dem gut zahlenden Kunden aus Courtoisie seine Ware als
~point d'Espagne~ verkaufte. Dies ist eine so häufig wiederkehrende
Erscheinung im Geschäftsverkehr, daß man sich wundern muß, daß diese
zwei Bezeichnungen allein die Basis für eine Polemik abgeben können.
Wenn die österreichischen Fabrikanten ihre Fez nach dem Balkan
exportieren, vermeiden sie es gewiß, das ~made in austria~ zu betonen.

Die Spitzen, die man in Spanien in den Klöstern findet, unterscheiden
sich höchstens etwas im Dessin von den venetianischen, und nirgends
findet man mit Ausnahme der ~guipures~ wirklich originelle Erzeugungen.
Man muß bedenken, Spaniens Blütezeit fällt vor die große Spitzenperiode
-- als diese sich verbreiteten, war es bereits, wenn auch noch nicht
äußerlich merkbar, im Verfall. Eine sich zersetzende Gesellschaft, ein
kriegsdurchwühltes oder durch unglückliche Politik oder wirtschaftliche
Verhältnisse gedrücktes Volk, wird zur Not seine alten Industrien
erhalten, eine Hausindustrie kann sogar zum Retter in schweren
wirtschaftlichen Krisen werden, wenn der auswärtige Handel brach
liegt; wie man dies eben bei der Spitzenerzeugung in den Niederlanden
in den traurigen und blutigen XVII. und XVIII. Jahrhunderten beobachten
kann. Aber niemals werden in solchen Perioden blühende Industrien neu
geschaffen und eingebürgert. So wäre auch damit der logische Beweis
für die Unzulänglichkeit einer wirklichen Volks-Spitzen-Industrie der
Spanier erbracht. Sie lebten und wirtschafteten so lange der Reichtum
früherer Jahre reichte, gedankenlos dahin. Der Staat trieb Raubbau mit
den nationalen Gaben, verschwendete und verwüstete, was zu verschwenden
und zu verwüsten war. Die Ausbeute der Kolonien versiegte auch durch
schlechte Wirtschaft mit der Zeit und diese lösten sich vom Mutterlande
los.

Spanien hat nur eine Anregung gegeben und eine Eigenart geschaffen,
das sind die bunten Seidenspitzen, und etwa noch nebst diesen die
~guipures~, wofür man Seide und Aloefaden, naturfarben oder schwarz für
grobe Spitzen verwendete.

Im XVI. und XVII. Jahrhundert werden auf den Inseln des
mittelländischen Meeres vielfach dieselben Kultur- und
Zivilisationsverhältnisse wie in Spanien und Portugal zu finden
gewesen sein. ~Allan Cole~ reproduzierte in seinem Werke ~Ancient
Point and Pillow Lace~ auf Tafel IV eine hervorragend schöne spanische
Nadelguipure aus dem XVII. Jahrhundert, die schon sehr viel Ähnlichkeit
mit ~point de Venice~ zeigt, ein maurisches Dessin und die sehr
schmale Zeichnung wird beiderseitig von einer stark erhabenen Cardonet
eingefaßt. Nadel~guipures~ werden jetzt gar nicht mehr erzeugt.

Je mehr man sich in das Studium der Spitzen vertieft, desto mehr
gewinnt man die Überzeugung, daß auch die Klöppelspitzen ihren Anfang
in Italien hatten. ~Macramé~ d. h. geknüpfte Fransen und die spanischen
Metalldrahtguipuren haben die Grundlage gelegt. Beide Gattungen führen
uns in ihren allerfrühesten Anfängen in den Orient. In Italien wurden
in vielen Städten wie Lucca, Florenz, Venedig, Mailand, Genua, Ragusa,
Goldspitzen geflochten; ob sie diese von Spanien übernommen oder
direkt vom Orient empfangen haben, bleibt unentschieden.

Mit der Bezeichnung Guipures wird allgemein ein sehr großer Mißbrauch
getrieben. Es werden häufig Spitzen, die keinen ~réseau~ haben, oder
solche mit ~réseau~, wenn sie aus grobem Material gemacht sind, als
Guipure bezeichnet.

Der eigentliche Sinn des Wortes Guipure liegt in dem Begriff des
Zeitwortes ~guiper~, welches bedeutet einen Faden um einen Achsfaden
zu rollen oder zu drehen. Tatsächlich haben die Guipures alle dasselbe
Merkmal, daß ihre Arbeit stets mit einer Unterlage verfertigt wird,
sei es nun ein Seiden- oder Leinenfaden, die die Basis bilden, und
welche entweder mit gleichem oder anderem Material übersponnen
wurden. Wie die Klöppelspitzen von Knüpfarbeit und Weberei, wie die
Nadelspitzen von ~point coupé~ und ~filet~ gelernt haben, lehnen
sich die Guipures am meisten an die Passementerietechnik an, doch
können sie sowohl mit Nadel als auch mit Klöppel gemacht werden. Die
ältesten Guipures sind aus Gold- und Silberdraht oder Seidenfaden,
ein- oder mehrfärbig gemacht. Sie waren vor und gleichzeitig mit der
~Reticella~ Mode. Sie gehören noch fast dem Mittelalter an. Häufig
ist der Achsfaden bei Gold- und Silber~guipures~ eine Seiden- oder
Leinenschnur; dies begründet sich einerseits aus der Kostbarkeit des
Materials, andererseits aber auch in der besseren Gebrauchsfähigkeit.
Eine ~guipure~ ganz aus Metalldraht hergestellt, hätte den Nachteil
gehabt, daß sie viel steifer und ungraziöser in der Verarbeitung
gewesen wäre und schwerer im Tragen. Es sind drei eng nebeneinander
laufende Fäden oder Schnürchen, die von einem Faden, lose, gewebeartig
zusammengehalten werden, und die wie beim Stopfstich, mit einer
Schlinge bei jeder Umkehr enden. Das Ornament ist bandartig in
großen Schnörkeln und Ranken gezeichnet und weist meistens früheren
Geschmacksstil auf. Diese Zeichnung wird mit ~brides~, die unregelmäßig
und ganz nach Bedarf angebracht sind, zusammengehalten. Die ~brides~
wie der Weberfaden der ~guipure~ ist aus feinerem Draht oder Faden
gebildet, dasselbe gilt auch von Seiden- oder Leinen-~guipures~.

Genua und Mailand gestalteten die ~guipures~ aus und es entstanden alle
Arten italienischer, französischer und niederländischer ~guipures~
in erster Linie und aus diesen entwickelten sich die anderen Arten
Klöppelspitzen, die -- besonders in Flandern -- zur höchsten
technischen Vollkommenheit gediehen.

Die ersten italienischen Klöppelspitzen haben häufig von beiden
Gattungen den Charakter entlehnt, und in ihrer weiteren Entwicklung
dieselben Effekte verwertet; doch sei erwähnt, daß kaum ein anderer
Ausdruck in der kommerziellen Spitzensprache so häufig und so
unbegrenzt angewendet wird wie das Wort ~guipure~. Alle groben Spitzen,
alle ~torchons~ und überhaupt alle Arten, die zufällig keinen sehr
populären Namen haben und nicht sehr fein sind, und keine ~réseau~
haben, werden kurzweg ~guipure~ getauft.

Man kann aber nur zwei Familien unterscheiden, solche, die wie oben
gesagt, ihren Ursprung von der Seiden- und Gold-~guipure~ ableiten, die
also eine getrennte Ausführung haben, das heißt das ~toilé~ (~Guimp~)
und der Grund; die beiden werden getrennt am Klöppelpolster gemacht.
Der Faden des ~toilés~ oder der ~guimp~ läuft nicht wie der Faden der
Leinwand horizontal und vertikal zum Rande, sondern parallel zu den
Rundungen und Schwingungen der Zeichnung und dieses, das ~toilé~, hat
nie einen dichten Rand, sondern endet stets mit einem gleichmäßigen
~à jour~, in dessen Rand dann der Grund eingearbeitet wurde, wenn die
einzelnen Teile verbunden wurden.

Die zweite Art wird wie die ~macramè~[9] in Einem gearbeitet und das
Charakteristische derselben ist, daß sie weder ~fond~ noch ~toilé~
im eigentlichen Sinne, also getrennte Wirkung haben; beide lösen
oder konzentrieren sich ineinander. Sie werden stets mit der anfangs
aufgeschlagenen Anzahl Klöppel fortgearbeitet und nichts dazugefügt
oder weggenommen. Und so leicht manchmal die Technik dieser Spitzen
aussieht, so verlangt sie von der Arbeiterin ob geübt oder ungeübt,
stets eine große Aufmerksamkeit, da sie fortwährend rechnen muß und die
Schönheit der Arbeit davon abhängt, daß sie die Fäden richtig verteilt
und verzweigen läßt, trennt und vereint, wie die Zeichnung es verlangt,
während der ~réseau~ jahrelange Übung erfordert, aber dann mühelos und
gedankenlos verfertigt werden kann.

[9] Macramè sind aus Fransen geknüpfte Spitzen, wenn der Faden der
Fransen zu lang war, verwirrte er sich leicht. Der Gedanke lag nahe,
ihn auf einer Spule aufzuwickeln -- nun wurde die Spule ein Hindernis
beim Knüpfen, man verkreuzte die Fäden einfach oder geflochten -- dies
bedingte aber vorläufige Stützpunkte -- erst mit der Erfindung der
Drahtstecknadel (Nürnberg 1513) konnten die eigentlichen Klöppelspitzen
ausgeführt werden.

Jedes Land hat die Technik dieser zweierlei ~guipures~ in seiner Art
weiter gestaltet und Neues geschaffen, und auch parallel mit den
anderen Nationen Gleiches geleistet.

Um vorerst bei Italien zu bleiben, sind ~a~) die eigentlichen
~guipures~ oft aus groben, ungebleichten Leinenfäden und mit
erhabenen -- wie aufgenähten -- Schnürchen gearbeitet (wie schon
oben die spanischen geschildert sind) von ihnen abgeleitet, ~b~) die
Bändelspitzen; diese sind ihnen eng verwandt. Das Ornament wird durch
eine Art Band gebildet, das vorerst der Zeichnung angepaßt geklöppelt
wurde. Die Zeichnungen sind etwas derbe Blumen und Ornamente oder
ineinander verschlungene Bänder und die Zwischenräume sind mit Klöppel-
oder Nadel~jours~ gefüllt und mit ~brides~ vereint.

Diese Spitzen, besonders die mit verschlungenem Bandmuster, werden
häufig zu den sogenannten Kirchenspitzen gerechnet. Die Bändelspitzen
mit geklöppeltem Band sind oft leicht und zierlich verschlungen, im
Italienischen heißen sie ~vermicelli~. Sehr häufig findet man an
italienischen Arbeiten dieser Art im ~toilé~ in kurzen Abständen kleine
Löcher in der Größe eines Stecknadelkopfes.

Die Litzenspitzen sind eine Abart von diesen Bändelspitzen; das
geklöppelte Bandornament wird durch eine gewebte Litze ersetzt und
dadurch muß diese in der Verarbeitung an den Rundungen und Biegungen
eingehalten werden und bildet Fältchen, an den Kreuzungen liegt
sie doppelt übereinander. Solche Litzenspitzen sind, wenn auch
wirkungsvoll und dekorativ, selbstverständlich stets etwas plump und
stellen nicht hohe Kunst vor. Aus dieser Art entstanden zu guter Letzt
die schrecklichen ~point lace~, die in ihrem Dilettantismus Europa
überschwemmten und als »~home made~« gepriesen wurden.

Die dritte Art, die sogenannten Mailänderspitzen, haben auch
Bandornamente oder Adler, Wappen und dergleichen, die als stilisierte
Motive in einem ziemlich groben vier- oder sechseckigen geflochtenen
Klöppel-~réseau~ sitzen -- manchmal ist dieser ~réseau~ in Nadelarbeit,
in letzterem Fall, wenn die Techniken gemischt sind, heißen sie ~mezzo
punto~. Die Mailänderspitzen sind die einzigen italienischen Spitzen,
die einen ~réseau~ haben.

Es mag daher sehr häufig vorgekommen sein, daß ein solcher Grund erst
in späteren Zeiten auf alte Spitzen, an welchen der Grund zuerst
abgenutzt wurde, angewendet wurde, denn im allgemeinen werden sowohl
Klöppel- wie Nadelspitzen mit der Nadel ausgebessert.

Nun muß erwähnt werden, daß in vielen Fällen bei italienischen
besonders aber auch bei flämischen Spitzen dieser Art, ~Fond~ und
Motive, wenn auch separat, so doch gleichzeitig gemacht wurde, das
heißt man arbeitete ein Motiv, dann sofort den ~réseau~ und legte die
~réseau~klöppel beiseite, bis ein neuer Raum zum Füllen geschaffen war,
man führte die Klöppelfäden quer über ein Motiv auf der Rückseite und
erst in späteren Zeiten entwickelte sich die ganz getrennte Art wie bei
~Bruges~ und Applikation etc.

Aus diesen drei oben geschilderten Spitzenarten haben sich die
Brüsseler, die ~Bruges~ und ~duchesses~ entwickelt.

Die zweite Klasse der italienischen Spitzen können nur dann zu den
Guipures gerechnet werden, wenn ihre Art kein eigentliches ~toilé~
aufweist, wenn sich also die Zeichnung und Ausführung nicht im Grund
und ~guimp~ trennt, sondern diese ein harmonisches Ganzes bilden und
sich in geflochtene Schnüre oder Stäbe verbreiten und in Flächen
auflösen. Die ältesten geflochtenen heißen ~point de Gênes frisé~
(genuesische Giupures) und wurden vielfach als Ersatz für die sehr
teuren Nadelspitzen, die venetianischen ~Reticella~, verwendet;
sie sind aus ganz geflochtenen Zöpfchen gebildet und sind meistens
Zackenspitzen, sie sehen in der Nähe wie gehäkelt aus, von ferne aber
haben sie die größte Ähnlichkeit mit ~Reticella~, ihre Ornamente
sind ganz geometrisch. Eine Art Ornament wiederholt sich stereotyp,
das sogenannte Gerstkornmotiv, bald zieht es sich wie eine Reihe
von Kindern aufgefaßter Beeren im Zickzack durch die Spitzen, bald
ist es zum Kleeblatt oder sternartig zusammengesetzt. Eine andere
Gattung Zackenspitzen, auch genuesischen Ursprungs, ist offenbar aus
der geflochtenen Guipure entstanden, sie sind flach, haben dickes
~toilé~, ebenfalls wie Beeren oder Kugeln, welche aus dem geklöppelten
Bandornament entstanden sind, und sind mit ~brides~ verbunden. Für
unser heutiges Auge wären sie zu plump, um sie für den Schmuck der
Kleidung zu verwenden, aber ihre allgemeine Ähnlichkeit mit der
~Reticella~ verschafften ihnen im XVII. Jahrhundert große Verbreitung
für das bürgerliche Alltagskleid der Minderbemittelten und für die
sparsamen Kaufleute der republikanischen Gesellschaften des Westens;
man kann sie häufig auf Porträts ehrsamer Ratsherrn und Bürger
abgebildet sehen. Sie haben ein neues Element in die Klöppeltechnik
gebracht, nämlich die tiefeingekerbten Spitzen und runden Zacken, die
bei den Engländern ~vandyked~ heißen, nach der auf Van Dyk-Porträts
abgebildeten Spitzen, die fast alle diese Formen haben. Aus diesen
Spitzen in einem Zug geklöppelt, entwickelten sich die vielen groben
Leinenspitzen, welche für den Hausgebrauch in Oberitalien verwendet
wurden. Sie sind gute, dauerhafte Spitzen mit einfachen bäuerlichen
aber geschmackvollen Motiven, man fand sie vielfach an gestickten
Leintüchern und Bettwäsche angenäht, ihre Verbreitung reichte weit über
Italien hinaus. In Tirol, Kroatien und Istrien wurden sie ebenfalls
gemacht.

Zu dieser Gruppe gehören noch die Malteserspitzen, in schwarzer oder
weißer Seide oder aus Leinenfäden geklöppelt. -- Die Zeichnung ist sehr
einfach: Bandmotive mit Gerstkorn-Gruppen zu Kreuzen gestellt und Räder
aus ~brides~ sind so ziemlich die hergebrachten Ornamente.

Italien hat seine Technik vernachlässigt, es blieb bei der Fertigkeit
des XVII. Jahrhunderts stehen und überließ es anderen Völkern, den
Belgiern und Franzosen, darin reiche Ausbeute an Variationen zu
schaffen. Der italienische Flachs eignete sich nicht so gut zu feinen
regelmäßigen Gespinsten. Daher kann man italienische Klöppelspitzen
stets an ihrer relativen Grobheit des Fadens erkennen, wenn nicht an
dem Stil der Zeichnung, der etwas Großzügiges und Elegantes hat.



Flämische Klöppelspitzen.


Vermutlich ist es eine Gedankenassoziation, die viele befällt, daß
man sich ein altes niederländisches Interieur gar nicht ohne einen
Klöppelpolster vorstellen kann; man sieht so viele Spitzen auf allen
Porträts und die holländischen Maler sind jedenfalls diejenigen,
welche am häufigsten die Spitzenklöpplerinnen in ihren Genre-Bildern
dargestellt haben. Und doch will man dafür Beweise erbringen, so
erscheint es fast wie ein Trugschluß, man weiß wenig über die
holländische Spitzenerzeugung und zur Geschichte der Luxusspitzen
haben sie jedenfalls nichts beigetragen; betrachtet man aber die
holländischen Pottenkant, denkt man an die Individualität dieses
Volkes, an ihre verhältnismäßig ruhige Geschichte, so meint man ohne
es völlig beweisen zu können, daß doch früher die Klöppelindustrie
sehr stark ausgebreitet war, aber aus irgend welcher Ursache früher
versiegte, als die große Blüte-Zeit für die Spitzen anbrach; daß es
also bei einfachen Erzeugnissen blieb, die zwar allgemein im Gebrauch
waren, aber schon in der dritten oder vierten Generation zugrunde
gegangen sein mögen, denn man muß bedenken, daß Spitzen, die älter
wie 150 Jahre sind, zu den großen, geschätzten Seltenheiten gehören.
Daher erklärt es sich, daß man von den einfacheren alten Spitzen sehr
wenig weiß, weil sie zu sehr durch den täglichen Hausgebrauch abgenutzt
wurden und viel schneller zugrunde gingen, wie die sehr großen und
kostbaren Luxusspitzen. Dies ist zu bedauern, da man gerade an den
einfacheren Klöppelspitzen gut die Entwickelungsgeschichte studieren
könnte.

Auch der feinste, zarteste holländische Flachs, besonders berühmt
von Harlem, der allen nordischen Spitzen ein gewisses Übergewicht an
Eleganz gegen die gröberen italienischen Gespinste gab, trägt dazu bei,
in Holland Spitzen zu suchen -- um -- keine zu finden.

Die Klöppelspitzen haben ihre Heimat in Flandern, Brabant, kurzum in
ganz Belgien und mit belgischen Klöppelspitzen kann kein Land der Welt
in Wettbewerb treten, auch Italien und Frankreich nicht. Belgien hat
vor allem sämtliche existierenden Gattungen Klöppelspitzen gepflegt,
es hat den ~réseau~ erfunden und mit wenigen Ausnahmen wie Frankreich
mit ~Chantilly~ und Italien mit Mailänder ~réseau~spitzen, auch allein
ausgenutzt. Die einheimischen Klöppelspitzen der anderen Länder haben
meistens nur ~brides~ in allen möglichen Ausführungen oder sind getreue
Nachahmungen von flämischen Spitzen. Der ~réseau~ wurde aber nirgends
so eingebürgert, daß er neue nationale Abarten im Laufe der Jahrzehnte
gebildet hätte, und selbst die Imitationen wurden meistens gröber und
bäuerlicher wie die Originale des Stammlandes gemacht.

Es erscheint daher unnötig und schwer, wie schon einmal erwähnt, die
Spitzen durchwegs nach Nationalitäten zu differenzieren, insbesondere
wenn sie kein besonders abweichendes Gepräge zeigen. Ist es nicht
logischer, die ~Valenciennes~ unter die flämischen Spitzen zu
gliedern, als wie unter die französischen zu reihen? ~Valenciennes~
gehörte bis zum Jahre 1677, als es durch den Frieden von Nymwegen zu
Frankreich kam, zu den Niederlanden. Die vielerlei kleinen Spitzen,
die in der ~Normandie~ und der ~Bretagne~ gemacht wurden, tragen
alle ~Valenciennes~ oder malineartigen Typus, ebenso die Spitzen des
Erzgebirges und nirgends wurden sie vervollkommnet noch liefen sie
denen des Mutterlandes irgendwie den Rang ab; sie blieben Epigonen.

Charakteristisch gesondert erscheinen hingegen die ~Chantilly~
und Blonden für Frankreich, wenn sie auch heute vielfach nur mehr
in ~Grammont~ erzeugt werden, so bleiben sie doch ein wesentlich
französisches Produkt. Und Spitzen ohne ~réseau~ kann man einige
anführen, die ganz nationales Aussehen haben, so die russischen und
skandinavischen mit ihrem monotonen Muschelornament, das an die
versteinerten Ammoniten erinnert, und viele andere.

Klöppelspitzen kann man jedoch in zwei der Technik nach höchst
verschiedene Gattungen einteilen, welche beide in Italien, Belgien und
Frankreich gepflegt wurden. Es sind erstens die Spitzen, die in einem
Zuge fortlaufend gearbeitet wurden, zweitens Spitzen, die in ihren
einzelnen Teilen separat angefertigt und dann mittelst Häkelnadel[10]
und Klöppel zu einem Ganzen vereinigt wurden.

[10] Das Wort Häkelnadel könnte leicht einen falschen Begriff geben;
sie dient nur dazu, um den Faden in einer Schlinge am Rande der
fertigen Motive durchzuziehen, durch welche Schlinge ein Klöppelpaar
gezogen wird.

Die ersteren werden in Belgien auf einem viereckigen, leicht geneigten
Polster gemacht, in anderen Ländern besonders für schmale Spitzen,
auf einem muffartigen, dem die Vorlagzeichnung ringartig angepaßt
wird, und auf dem die Spitzen ins Unendliche fortgearbeitet werden
können. Man findet in allen Ländern eine Art Spitzen, die man häufig
auch Kirchenspitzen nennt, und die untereinander, sei es der ~point
d'Anvers~, oder deutsche oder italienische, ein und denselben Ursprung
haben und sehr alt sind, es sind Spitzen, die keinen eigentlichen Grund
noch Leinwandschlag aufweisen; sie sind locker und die Formen lösen
sich auf und gehen ineinander über, kaum bildet sich in dem Gewirre der
Klöppel eine kleine Insel als Leinwandschlag, gleich wird sie gelöst
und verteilt sich in geflochtenen Stäben (Ganzschlag und Halbschlag)
etc. Es sind dies die einfachen Flechtspitzen.

Diese Spitzen bilden die Ahnen für die ganze Gruppe der in Einem
gemachten Spitzen. Italien und Deutschland haben sie verhältnismäßig
am wenigsten umgebildet und sie blieben Spitzen für Haus- und
Kirchengebrauch. In Frankreich entwickelten sich aus ihnen die
~torchons~, die heute noch in der ~Auvergne~ tausenden und
abertausenden Händen Beschäftigung geben. Am meisten hat aber Belgien
diese Spitzen umgestaltet, so sehr, daß man in der primitiven
verwischten ~dentelle d'Auvers~ kaum mehr die Verwandtschaft mit den
~réseau~spitzen erkennen kann.

In Italien gehören hieher alle bäuerlichen und die Dekorationsspitzen
(~guipure d'ameublement~) wie sie in ganz Oberitalien von den
genuesischen Litorale bis zur Adria gemacht werden. Spitzen in
spagatgrober, ungebleichter Leinwand sind heute überall in allen
Industriebezirken zu finden. In Frankreich wurden sie in der Auvergne
gemacht und bilden die ~torchons~ und ~dentelles d'ameublement~
(~guipure d'art~). In diese Gruppe gehören für Frankreich noch
alle ~Valenciennes~, Lilleartigen, ~Chantilly~ und Blonden, aber
diese wurden nicht in Frankreich aus den ~torchons~ systematisch
entwickelt, sondern sie übernahmen die Früchte der belgischen Künste
und arbeiteten später erst an der weiteren Entwicklung. In Belgien
entstanden aus ~dentelle d'Anvers~, ~point de Flandre~, Trollkant,
Pottenkant, ~point de Paris~ die primitivsten ~Valenciennes~, moderne
Valenciennes, ~Malines~, ~Binche~, ~Lille~. Aus dem aufgelösten
Maschengewirr der Antwerpenerspitzen bildete sich vorerst die ~maille
à cinq troux~ und der ~fond de neige~, später der regelmäßige
Maschengrund der ~Malines~, ~Valenciennes~ und ~Lille~, die die
schönsten, dauerhaftesten und kostbarsten ~réseau~spitzen sind und
deren ~réseau~ man verschiedene Namen gibt, ~fond clair ou simple~
für ~Lille~, ~Chantilly~, Blonden (aus bloß gedrehten Fäden), ~fond
double~ oder ~fond chant~, aus paarweise laufenden Fäden, wie
Pottenkant, ~point de Paris~, ~Chantilly~, ~torchons~ und auch Blonden
-- geflochtenen Masche, wie ~Malines~, ~Valencienne~ und ~maille à
cinq troux~, ~Binche~, Trollkant. Zur zweiten Gruppe gehören alle
Klöppelspitzen, deren Formenschlag getrennt gemacht ist, sie haben
mit Ausnahme der ~point d'Angleterre~ und ~point de Milan~ keinen
~réseau~grund.

Sie werden auf einem wie eine Scheibe drehbaren Polster gemacht, so daß
die Arbeit jeweilig in die für die arbeitende Person bequemste Lage
gedreht werden kann, sie haben stets wenig Klöppelpaare in Verwendung
und dies vereinfacht die Arbeit in vieler Beziehung insbesondere,
da sie die geeignete Technik vorstellen, um größere Stücke, wie sie
unter Louis XIV. zweiter Regierungshälfte modern wurden, anzufertigen.
Sieht man also einen breiten Volant oder Schleier oder ~tablier~ mit
~Réseau~grund, kann man sicher sein, daß es Spitzen sind, die in der
zweiten Gattung Technik gemacht werden mit Ausnahme der Blonden und
~Chantilly~, die in schmalen Streifen einerlei ob ~fond~ oder Dessin
angefertigt und dann zusammengenäht werden.

Diese Technik wurde von den Mailänder Réseauspitzen übernommen und
die älteste Ausführungsart dürfte wohl die eben geschilderte sein:
daß man die Motive von Fall zu Fall rund arbeitete und sie gleich mit
den ~brides~ oder ~réseaus~ zusammenfügte. Man legte die Klöppel
dann jeweilig beiseite und führte sie auf der Rückseite quer über das
Dessin. Diese Art wurde so lange ausgeführt, als die Zeichnung des
~Toilé~ noch eine streifenweise war, sobald ganz freie, inselartige
Motive gemacht wurden, knüpfte man den ~réseau~ nachträglich in
den Rand und die Motive wurden auf runden Polster oft von mehreren
Arbeiterinnen gleichzeitig hergestellt; so entstanden ~point
d'Angleterre~, ~duchesse~, ~Bruges~, ~applikations~ etc.

Es ist ferner stets sehr wichtig, die Spitzen darauf hin zu betrachten,
ob sie flach gearbeitet sind, also ganz dem Klöppelstil treu bleiben
oder ob sie mit Zufügung des Cardonet andere Wirkung ähnlicher textiler
Erzeugnisse anstreben, wie der Stickerei, oder der Nadelspitzen oder
eigentlichen Guipuren, wie man es an ~Malines~, Trollkant, ~Lille~,
Pottenkant, Brabanten etc. findet.

Trollkant sind ganz eigentümliche, flandrische Spitzen, die sich
sehr in der Zeichnung an jene Spitzen, genannt ~points de Flandre~,
anlehnen; ihre Eigenart ist, daß sie gleich einer Musterkarte alle
möglichen (~points-~)Schläge und Variationen aufweisen. Troll heißt
auf Flämisch Kobold (wie im Skandinavischen), aber Trolly bedeutet
auch einen groben Faden, etwa dem Sinne nach den französischen »~la
brode~« gleichbedeutend. So mag man sich um den Ursprung dieses Wortes
Trollkant streiten, erklärt und gedeutet konnte es nach beiden werden.
Kobold und Fee haben dem gewöhnlichen Sterblichen überlegene Phantasie;
das Muster ist stets wechselnd, nicht kontinuierlich, sei es nun in
der Zeichnung, oder in der technischen Interpretation, doch haben
Trollkant immer einen Konturfaden und dies, und die nicht einheitliche
Ausführung der Zeichnung, unterscheiden sie hauptsächlich von den
~points de Flandre~; es sind dichte Spitzen mit meistens guten, alten
Zeichnungen, in nicht sehr feinem, aber regelmäßigem Faden ausgeführt;
jedenfalls sind sie eine Spiel- oder Eigenart Flanderns und gehören zu
den Varianten der vielen Stämmlinge der ~points d'Anvers~, ~points
de neige~, ~maille à cinque troux~, der einfache Formenschlag, ~fond
chant~ oder ~fond double~ finden sich vereint, aber bilden noch keinen
eigentlichen von den Motiven getrennten Grund.



~Valenciennes.~


~Valenciennes~, die Wäschespitzen ~par excellence~, sind leicht
erkennbar, ~toilé~ und ~réseau~ werden gleichzeitig gearbeitet und
womöglich mit der gleichen Anzahl Klöppel. Sie gelten mit Recht als
die dauerhaftesten Spitzen, das ~toilé~ ist das dichteste, welches
überhaupt vorkommt, und sieht wie feiner Batist aus. Die Klöppel
werden kunstvoll verteilt und in dem ~réseau~ fortgeführt, welcher aus
einer der ~Valenciennes~ charakteristischen Masche besteht; jede Seite
derselben ist ein aus vier Fäden geflochtenes Zöpfchen, je dichter
dieses ist, desto dauerhafter ist sie.

Das ~toilé~ ist von keinem Cordonet-Faden eingefaßt, und ist ganz
flach, was ihm beim Waschen und Bügeln sehr zum Vorteil gereicht.
Daher hatte sie den Beinamen ~eternelles Valenciennes~. Der Faden des
~toilé~ läuft wie bei Leinwand vertikal und horizontal, bei alten
Stücken kann man beobachten, daß das ~toilé~ und ~réseau~ aus derselben
Klöppelanzahl bestand, es wurde also nichts geschnitten. Man kann die
~Valenciennes~ in dreierlei Gattungen einteilen:

1. Die ganz alten, welche sehr große Ähnlichkeit mit den flandrischen
Spitzen zeigen, haben die ~maille à cinque troux~ (welche auch
geflochten ist). Die Zeichnung bildet nicht den Rand, sondern
schlängelt sich durch die ganze Breite in einem großzügigen Muster,
Blumen und Ranken, mit Vorliebe Nelken und Tulpen, welches darauf
schließen läßt, daß wirklich die flämischen Arbeiterinnen, die unter
Louis XIV. in ~Valenciennes~ angesiedelt wurden, diese Art eingeführt
haben. Der ~réseau~ geht bis zum Rand, welcher nur durch ein doppelt
breites Zöpfchen (acht Fäden) und ~picots~ abgeschlossen ist; sie haben
häufig ~jours~ mit ~point de neige~.

2. Die ~Valenciennes~ wie sie noch heute ist, mit der runden oder fast
runden Masche und die ~Valenciennes~ mit der viereckigen Masche.

Die ~Valenciennes~ mit der runden Masche ist die ältere von den beiden
letzteren Gattungen. Ihr ~réseau~ wurde in ~Valenciennes~ erfunden,
weshalb diese ~les vraies Valenciennes~ genannt wurde; sie waren schön
und fein gearbeitet, das ~toilé~ bildet bei beiden Gattungen den Rand,
kleine verstreute Blümchen bilden häufig die Zeichnung und im Beginne
mögen die Spitzen, in ~Valenciennes~ selbst verfertigt, sich durch
größere Schönheit ausgezeichnet haben, so daß die in ~Lille~, ~Aras~
und so weiter angefertigten Imitationen als ~fausses Valenciennes~ oder
~bâtardes~ benannt wurden, doch mit dem XVIII. Jahrhundert ging dieser
Industriezweig in ~Valenciennes~ nieder.

Im belgischen Flandern blühte dafür diese Gattung auf, die Revolution
hatte in Frankreich die verderblichsten Folgen für die Spitzenindustrie
im allgemeinen.

Auch wurden später in ~Lille~ und ~Aras~ weniger kostspielige
Lille Spitzen gemacht, die unter dem Namen ~dentelle de Lille~
den ~Valenciennes~ Konkurrenz machten. Um sich ein Bild von dem
Unterschiede in der Anfertigung zu machen, sei nur erwähnt: während
eine Arbeiterin der ~Lille~spitzen zwei bis drei Meter im Tage fertig
stellen konnte, vermochte eine ~Valenciennes~-Klöpplerin höchstens fünf
Centimeter bei zwölfstündiger Arbeitszeit zustande zu bringen, man kann
also dadurch den bedeutenden Preisunterschied verstehen.

~Mme. Paliser~ erzählt: auf der Weltausstellung im Jahre 1851 waren
~Valenciennes~ von ~Ypres~ zu 2000 Franks per Meter ausgestellt.
Die Arbeiterin konnte in zwölf Stunden täglich nur acht Millimeter
anfertigen.

~Valenciennes~ in der Breite von fünf Centimeter benötigen zwei
bis dreihundert Klöppel. Jetzt werden in ~Valenciennes~ gar keine
Spitzen in der Art und dieses Namens gemacht. Fast der ganze Bedarf
wird in Belgien gemacht und zwar ist ~Ypres~ das Zentrum davon. Im
Jahre 1830 wurde dann die viereckige, sehr klare Masche gemacht. Die
Zeichnung wurde reformiert, sogar ~jours~ mit ~point d'aiguilles~, mit
~barettes~, und ~point de neige~ gemacht.

In ~Bruges~, ~Courtrois~, ~Bailleul~ und so weiter macht man
~Valenciennes~ mit kleinen Abweichungen, zum Beispiel in der Brugher
Gegend wird die runde oder fast runde Masche gemacht, anderswo wird
das ~toilé~ sehr fein geklöppelt und während des Arbeitens werden
Nadeln hineingestochen, die dann kleine Löcher bilden. Im Ganzen und
Großen gehören aber die ~Valenciennes~ zu jenen Spitzengattungen, die
in stetiger Abnahme begriffen sind; einerseits ist die Herstellung
eine außerordentlich mühsame und langwierige, anderseits werden sie
durch die Maschine in stetig besserer Ausführung imitiert, so zwar, daß
die feinen Sorten der Maschinenspitzen oft schwer von den echten zu
unterscheiden sind. Das ~toilé~ und ~réseau~ ist schon recht ähnlich,
nur an dem Rande und den ~picots~ kann man die falschen besonders nach
dem Waschen leicht erkennen. Die ~picots~ der echten sind aus zwei Paar
Fäden geschlungen (vier Fäden), die falschen nur aus zwei einfachen
Fadenmaschen, die nebeneinander liegen. Die ~picots~ und Ränder bei
allen Maschinenspitzen sind der schwächste Teil und der Rand zieht ein
und zerreißt zuerst.

Die Zahl der Arbeiterinnen vermindert sich jedes Jahr und die jungen
Arbeiterinnen können überhaupt nur mehr die schmalen billigen
und gröberen Waren (meistens für den Hausierhandel) machen. Die
~Valenciennes~ wurden auch noch im Erzgebirge, der Schweiz und in
England und so weiter gemacht, sind aber niemals so fein und schön
gearbeitet wie die belgischen. Jahrelang, von Kindesbeinen auf
erworbene Übung ist die Grundbedingung der Technik dieser Spitzen.



~Malines.~


Wenn die ~Valenciennes~ den Beinamen »~les eternelles~« verdienen,
gebührt den ~Malines~ hingegen das Prädikat »~la reine de dentelles~«.
Tatsächlich kann mit ihr an Zartheit, Kleidsamkeit und Eleganz nur noch
die ~Binches~ konkurrieren.

In der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts wurde der Name ~Malines~
im allgemeinen für die verschiedenen flandrischen Spitzen gebraucht
und zirka von 1665 an knüpft sich der Name genauer an diese
Spitzengattung an, obwohl sie damals noch nicht das Aussehen unserer
heute bekannten ~Malines~ hatte. Es war auch nach dieser Zeit gegen
das XVIII. Jahrhundert, daß sich nach den Versuchen und dem Gebrauche
der verschiedenen ~fonds~, in ~Malines~ die den Spitzen dieses
Namens einzig eigentümliche Masche herauskristallisierte, welche den
sogenannten Droschelgrund oder Eisgrund bilden, jene reizende, klare
und dabei doch zarte sechsseitige Masche. An vier Seiten ist sie aus
doppelten Fäden gewunden, während sie an den zwei Seiten, an welchen
die zwei Fadenpaare zusammenlaufen, mehrfach geflochten ist.

Der Leinengrund (~toilé~) wird gleichzeitig mit dem Grund (~réseau~)
gearbeitet und der Fadenschlag läuft wie bei den ~Valenciennes~
vertikal und horizontal. Ein stärkerer Faden (~cordonet~) umgibt die
Contour und akzentuiert die Zeichnung des ~toilé~, welches schütterer,
wie bei den ~Valenciennes~, geschlagen wird. Es wird dadurch dieses
wolkige und flaumige Gepräge der Spitze hervorgerufen und steht im
reizenden Kontrast zu dem Grund der reinen und regelmäßigen Maschen.

Die ältesten ~Malines~ haben wie alle älteren Spitzen ein sehr
breites Dessin, so daß für den eigentlichen ~réseau~ nur wenig Raum
bleibt. Sie haben in der Zeichnung große Ähnlichkeit mit den alten
Brüsselerspitzen, die Technik der Ausführung ist grundverschieden und
bei näherem Betrachten wird sie leicht zu unterscheiden sein. Der Faden
des ~toilé~ der Brüsselerspitzen läuft stets parallel mit der Zeichnung
und paßt und schmiegt sich ihren Rundungen an.

Eine Zeitlang verwendete man in den ~Malines~ auch vielfach den »~fond
de neige~« und damals sahen sie den Trollkanten sehr ähnlich, doch
kam der ~fond de neige~ wieder ab und mit dem geübteren Gebrauch
des Droschelgrundes bildete sich auch die Zeichnung zu einem den
~Malines~ charakteristischen Stile aus. Es waren kleine Blumen, zarte
Ranken und Blätter, Rosen und Margueriten, häufig waren in den Blumen
~jours~ ausgespart, welche mit ~brides~ und anderen ~fonds~ gefüllt
waren, meistens bildete die Zeichnung eine ausgeprägte Bordure und der
~réseau~ war nur mit kleinen Blümchen, ~point d'ésprit~ und so weiter
geziert.

Daher nannte man sie ~Malines à brides~, ~Malines à fond de neige~,
~malines à points d'esprit~. In dieser letzten Entwicklung wurden sie
ungemein geschätzt und sie waren durch mehr als wie ein Jahrhundert
hohe Mode an den Höfen von England und Frankreich. Der feinste Faden,
der stets aus Leinen war, gab ihr diesen weichen, milchigen Schimmer,
der, wie ein Autor sagte, die Blondinen, welche damals an den Höfen
regierten, gut und vornehm kleidete.

Die Ausführung war sehr kostspielig; es erforderte sechs Jahre
Lehrzeit, um die Masche des Yisgrondes regelmäßig und zart ausführen zu
können. So waren es die Spitzen der Höchsten und Reichsten.

Während der ~régence~ unter Louis XV. und Marie Antoinette wurden sie
für Ruchen, Jabots, Krawatten und ~fichus~, für Hauben und Kopfputz
verwendet. Die Etikette schrieb sie für Sommerfestlichkeiten vor.
Die Zeichnung folgte der Mode, für Ruchen brauchte man barbenartige
Spitzen, die an beiden Seiten mit ~picots~ versehen waren, und diese
~borduren~ wurden noch kampaniert, das heißt mit schmalen leichten
Spitzen (~mignonettes~) besetzt, was ihnen, zu Ruchen gelegt, ein
ungemein duftiges Aussehen gab.

Maria Antoinette lancierte die Mode der leichten Stoffe, Linon,
indischer Mouseline, gestickter Batist wurden für Kleider und ~fichus~
verwendet und mit ihnen triumphierten zum letzten Male die ~Malines~.

In England waren sie schon früher aus der Mode gekommen und da die
Stadt ~Malines~ ihr Absatzgebiet besonders in England hatte, verfiel
dieser Industriezweig in ihr am ersten. Die französische Revolution
vernichtete sie gänzlich und heute gibt es in ~Malines~ gar keine
Spitzen dieser Art und an anderen Orten hat sie gleichfalls ganz
aufgehört zu existieren. Turnhout mit achthundert Arbeitern fabriziert
hauptsächlich nur schmale billige Ware.

Napoleon war ein eifriger Bewunderer der ~Malines~ und er wollte diese
niedergegangene Industrie wieder beleben, aber es gelang ihm nicht;
es war kein Nachwuchs an Arbeiterinnen herangebildet worden, sie
verstanden nicht mehr, den Droschelgrund zu formen. Wenige alte Frauen
vegetieren noch, die sich mit Anfertigung der Malines beschäftigen.

Und so leben die ~Malines~ meist nur mehr in alten Familiensammlungen
weiter und nur hie und da sieht man auf einer Ausstellung noch ein
schönes Stück moderner Erzeugung.



~Points de Lille.~


Eine Art Mittelstellung zwischen den ~Valenciennes~ und den ~Malines~
nehmen die Lillespitzen ein. In ~Lille~ wurde schon sehr früh
geklöppelt, gegen 1600 wurden schwarze und weiße Spitzen erzeugt,
dann imitierte man die ~Valenciennes~, welche 16 000 Arbeiterinnen
beschäftigt haben. Mit der großen Vogue der ~Malines~ und dem starken
Bedarf derselben änderten die ~Lille~spitzen ihre Art allmählich und
anstatt der ~Valenciennes~ imitierte man die ~Malines~. Die ~Lille~
sind die vulgären ~Malines~, sozusagen eine billige Volksausgabe. Sie
sehen in ihrer Zeichnung und der allgemeinen Wirkung ihren vornehmen
Schwestern oft zum Verwechseln ähnlich, doch es genügt, sie näher zu
betrachten, um zu bemerken, daß ihnen der den ~Malines~ eigene Charme
fehlt; sie sind steifer und ungraziöser, doch ist ihre Ausführung eine
ungemein billigere. Das ~toilé~ ist häufig sehr schmal, oft nur gleich
so breit, wie der offene grobe Faden, der es umgibt. Die Spitzen haben
meistens einen geraden Rand (doch nicht ausnahmslos). Es gibt zwei
deutlich getrennte Arten ~Lilles~, die eine, welche für Holland, die
andere, die für Frankreich bestimmt sind; gemeinsam sind ihnen die oben
erwähnten Merkmale und der stets aus einem ~fond clair~ bestehende
Grund, das heißt es wird eine aus zwei Fäden mit Hilfe von Stecknadeln
gewundene Masche hergestellt, und zwar ist diese für Frankreich stets
sechseckig, für Holland häufiger viereckig, außerdem gilt für beide,
daß die Maschen stets senkrecht zum Rande der Spitzen stehen, während
bei den Malines parallel zu diesem.

Die ~Lilles~, welche für den Handel nach Frankreich bestimmt sind,
imitieren die ~Malines~ am stärksten; sie haben sehr ähnliche Muster,
oft sind ~jours~ mit ovalen Medaillons mit verschiedenen ~fonds~
gefüllt in der Zeichnung der Bordüren, dann gibt es auch solche, die
mehr den ~Valenciennes~ ähnlich sind, oder solche, deren Dessin sich
um traubenartige Löcher oder Kreise bildet. Es gibt auch sehr feine,
zarte ~Lilles~, in welchen das Cordonet durch das ~toilé~ läuft,
anstatt es einzufassen. Häufig werden die Lilles als ~Malines~ verkauft
und der Käufer soll genau zusehen, daß er diese Spitzen nicht stark
überzahlt.

Die zweite Gattung der holländischen Exportartikel wird als »Dutche«
von den Arbeiterinnen benannt. Diese sind sehr volkstümliche ziemlich
derbe Spitzen, mit hübschen großzügigen Rankenwerkzeichnungen und ihre
Bestimmung ist meistens, für die holländische Nationalhaube verwendet
zu werden.

Oft ist die Zeichnung so komponiert, daß sie einen Haubenflügel
ausfüllt. Ihr ~réseau~ ist mit ~points d'esprits~ geziert, und in
der ganzen Art liegt etwas Traditionelles, welches kaum von der Mode
beeinflußt wird. Wer erinnert sich nicht gerne an jenen reizenden
und kleidsamen Kopfputz, der die runden frischen Gesichter der
Holländerinnen mit den blendend weißen Flügeln malerisch umgibt? Als
Ersatz für die aus ~Lille~spitzen verfertigten Hauben wird auch häufig
der billigere gestickte Tüll verwendet.

Wie überhaupt in Frankreich mit dem XIX. Jahrhundert das Klöppeln
vielfach abkam, war es wie in ~Valenciennes~ auch in ~Lille~, daß
diese Industrie ganz nach Belgien übersiedelte, wo sie heute noch
einen recht blühenden Zweig der Spitzenindustrie ausmacht und zwar
meistens an jenen Orten, wo einstens oder noch jetzt ~Malines~ oder
~points de France~ oder Valenciennes verfertigt wurden oder werden. Ein
Hauptzentrum ist ~Turnhout~ im nördlichen Belgien.



~Binches.~


~Binches~ sind den ~vieux points de flandre~ nahe verwandt, sie haben
wie diese keinen eigentlichen ~réseau~, sondern jenen verschwommenen,
aufgelösten Maschengrund, der den alten belgischen Spitzen ihr Gepräge
gibt. Es sind in ihrer Einfachheit reizende, phantastische Spitzen;
es ist als ob ein dichter Schneefall, durch die Klöppelmalerei
wiedergegeben würde, große, kleine und ganz kleine Flocken haben sich
sachte um eine Ranke wie eine Eisblume festgesetzt, denn so natürlich
und scheinbar kunstlos sieht der ~point de neige~ aus; die Zeichnung
paßt sich dieser Zartheit an, wie ein Netz aus Fäden von gesponnenem
Zucker, wie der Schatten eines gefiederten Baumes, der an einer weißen
Wand hin- und hergleitet; wie ein Spinngewebe zwischen Zweigen in der
Luft gespannt sieht sie sich an, es sind Elfenspitzen. Der Faden ist
von außerordentlicher Feinheit.

Flach, ohne Cordonet, mit einem sehr losen Leinwandgrund, nur mit
~point de neige~ und hie und da einer ganz kleinen Maschengruppe
ähnlich den ~fond chant~ als ~jour~ verwendet, wirken sie durchaus
nicht monoton; zart und duftig gehören sie dennoch in die Familie der
haltbarsten, der geflochtenen Spitzen; wo nur irgendwo vier Fäden
zusammenlaufen, vereinigen sie sich zu einem losen Zöpfchen.

Meistens haben sie einen geraden Rand, der nur durch die ~picots~
abgeschlossen ist, die Zeichnung ist auch größtenteils wie für ein
~entre-deux~ komponiert. Das ~toilé~ bildet nicht den Rand. Obwohl die
größte Mode der ~Binches~ knapp vor die französische Revolution fiel,
sind ihre Muster doch die der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts
geblieben. Was heute an ~Binches~ gemacht und so genannt wird, verdient
kaum den Namen, sie sind schwer und in derber Ausführung und sehen eher
den ~point de Flandres~ ähnlich. ~Point de neige~, wie sie auch genannt
wurden, gehören leider, wie so vieles Schöne, der Vergangenheit an.

In der Stadt ~Binches~ wurden sie schon seit langem durch die
Allerwelts-Brüsslerapplikations verdrängt. Die besseren Arbeiterinnen
wanderten zur Zeit der Krisis nach Flandern aus und nahmen das
Geheimnis ihrer Technik mit.

In ~Binches~ aber soll am Karnevalstag des ~Gilles~ mit einer mächtigen
Ruche aus ~dentelles de Binche~ spazieren gehen, der letzte Rest einer
verschwundenen Pracht. ~Sic transit gloria mundi.~



~Point de Paris.~


Ursprünglich wurden in der Umgebung von Paris ganz gewöhnliche
Klöppelspitzen gemacht, ~lisette~, ~mignonette~ und gewöhnliche
Guipuren. Gleichzeitig mit der Gründung der Industrie in ~Reims~,
~Sedan~, ~Alençon~ etc. wurde von ~Colbert~ auch eine Fabrik im
~Château de Madrid~ bei Paris eingerichtet und nun gestalteten sich
die Spitzen aus. Als im XVIII. Jahrhundert die große Nachfrage in
~Malines~ war, und gerne von Minderbemittelten ähnliche aber billigere
Spitzen gekauft wurden, kamen die ~Lilles~ und ~points de Paris~
auf und es wurden diese Spitzen, wie sie noch jetzt gemacht werden,
erzeugt. Die ~points de Paris~ tragen zu sehr den flämischen Typus,
sind nebstbei Epigonenspitzen, als daß man sie aus dieser Gruppe
ausschalten könnte. Ihr ~fond chant~ oder ~fond de Paris~, derselbe wie
die ~Chantilly~spitzen, scheint zwar absolut französisch zu sein, ist
es aber nicht so sehr, als man meinen könnte, denn der ~fond double~,
wie er auch meistens genannt wird, wurde von jeher an dem urflämischen
Pottenkant verwendet. Es ist ein sogenannter Spellegrund, ein ~Réseau~,
das mit Hilfe von Stecknadeln angefertigt wird, und zwar aus zwei
diagonalen und einem horizontalen, sich kreuzenden Fadenpaare. Es
sind Spitzen, die sich niemals durch allzugroßen Ideenreichtum in der
Zeichnung hervortun. Meistens werden sie auch ziemlich gewöhnlich und
in grober Ausführung gemacht. Ihr ~toilé~ ist wie das der ~Malines~ und
~Lille~ von einem Cordonette umgeben und oft haben sie ~jours in points
de Lille~.

Meistens sind die ~points de Paris~ gröber wie ~point de Lille~. Diese
Spitzen sind schon seit langem, wie die meisten Klöppelspitzen, von
Frankreich ganz nach Belgien übersiedelt, sie werden in ~Turnhout~ und
~Cerfontaine~ und anderen Orten fabriziert. Man macht ~points de Paris~
außer in weißen Leinenfaden auch in schwarzer Seide.



Holländische Spitzen. Pottenkant.


Pottenkant sind originelle ganz volkstümliche Spitzen. Es ist ein ganz
merkwürdiger Vorwurf: immer und immer wieder Blumentöpfe oder Vasen mit
Blumen. Da sie aber häufig sehr graziös sind und in ihrer Art einzig
dastehen, und auch technisch durchaus nicht in einer anderen Gruppe
aufgehen, so muß man ihnen einen besonderen Platz anweisen. Sie sind
so holländisch mit ihren stilisierten Tulpen und Nelken und anderen
Blumen, manchmal mit Wurzeln im Topf, manchmal geschnitten in Vasen,
daß man sie eher jenseits der Schelde als bloß diesseits in Antwerpen
suchen würde. Sie haben ein ~fond double~, wie ~point de Paris~, in dem
klar und bürgerlich korrekt der kleine Topf mit seinen Zweigen sitzt.
Ein Cordonet umgibt die Zeichnung, der Rand ist meistens ganz gerade,
oft wie für einen Einsatz (~entre deux~) gearbeitet; sie sind selten
mehr, wie ein paar Finger breit.



~Blonden.~


Man kann spanische und französische Blonden unterscheiden, die zwei
sehr verschiedene Gattungen unter diesem Namen vereinen; die ersten
gehören zur spanischen Nationaltracht.

Sehr liebenswürdige und anmutige Spitzen ohne höheren künstlerischen
Wert sind die Blonden, ihre glänzend weißen Seidenflecken geben
ihnen einen weichen Schimmer, der sie ganz unähnlich den anderen
Spitzengattungen aus Zwirn macht, sie sind sehr auffallend und doch
nicht so kostbar, daß sie von jeher der Modelaune unterworfen waren.
Maria Antoinette liebte sie sehr und sie waren bis zum Sturze des
Königtums beliebt, dann verschwanden sie und tauchten mehrmals wieder
im XIX. Jahrhundert auf. Kaiserin Eugenie als Spanierin bevorzugte
sie auch eine Zeitlang und sie wurden in den sechziger Jahren in ganz
Europa sehr viel getragen.

Sie bieten in ihrer Ausführungsart vielerlei Abwechslung, große Blumen
mit zarten ~chantilly~artigem ~réseau~ lassen den Seidenglanz sehr
zur Geltung kommen. Die feinen, schleierartigen, deren Dessin nur mit
feinen Faden wie hineingestickt ist, können kaum als ihre Schwester
erkannt werden. Sehr hübsch sind auch die mit silbernen oder goldenen
Fäden durchzogenen. Der ~réseau~ ist meistens wie das der Lille,
manchmal aus ~fond chant~ gebildet.

Die Blonden waren von jeher in Spanien sehr geschätzt, jede Spanierin
besaß wenigstens eine Mantille aus Blonden und dort in ihrer Heimat
waren sie nicht den Moden unterworfen.

Man erzählt sich von ihrem Ursprung, -- fast jede Spitzengattung hat
ihre Legende, -- daß sie von einer trauernden Mutter, von den blonden
Haaren ihres geliebten Kindes, das sechzehnjährig gestorben war,
verfertigt worden waren. Dieser Schleier sah so reizend aus, daß
bald andere Frauen versuchten, dieses Gewebe in feinen Seidenfäden
nachzuahmen.

In Spanien werden sie in Barcelona zwar erzeugt, doch decken sie
keineswegs den Bedarf Spaniens und dessen Kolonien und sind nicht
so schön und gediegen, wie die in ~Caen~, ~Bayeux~, und ~Chantilly~
verfertigten. In Belgien werden sie in ~Grammont~ und ~Turnhout~
fabriziert. Im allgemeinen nimmt die Fabrikation mit dem allmählichen
Verschwinden der spanischen Nationaltracht ab. Die Kolonien halten in
der Beziehung mit dem Mutterlande Schritt. Im XVII. Jahrhundert hießen
sie ~bisette~, beide Namen ~blonde~ und ~bisette~ erinnern daran, daß
man sie anfangs aus ungebleichtem Seidengespinst klöppelte, aber sie
wurden sehr häufig auch schwarz verfertigt und sind sehr hübsch und
wirkungsvoll. Die Blonden mit breiten Seidenflecken, die spanischen,
sind cremeweiß, während die sogenannten französischen blauweiß sind und
dadurch leicht einen grauen und verstaubten Eindruck machen.



Brüsselerspitzen. ~Point de bruxelles~ oder Brabanter.


Das absolut Charakteristische für alle Klöppelspitzen, welche diesen
Namen führen, ist, daß bei ihnen zum Unterschiede von den fortlaufend
gearbeiteten flämischen Klöppelspitzen ihre Blumen oder der ornamentale
Leinenschlag in einzelnen Stücken am Klöppelpolster ausgeführt wird
und dann erst sie mit ~brides~ oder ~réseau~grund zu einem Ganzen
vereinigt werden. Man erkennt sie daher stets daran, daß die Fäden
des ~toilé~ nicht wie Webfäden laufen, sondern daß der lange Faden,
wie die Ringe eines Baumstammes, mehr oder minder parallel zu einem
Mittelpunkte läuft, ferner daß dieses ~toilé~ nicht von einem festen
Rand abgegrenzt wird, sondern immer wie mit einem ~à jour~-Band
umgeben ist, an dem dann später entweder die ~brides~ oder der ~réseau~
angeschlagen werden.

Diese Ausführungsart hat selbstverständlich Vor- und Nachteile.
Vorzüge sind, daß man dadurch beliebig große Stücke nicht nur in der
Länge, sondern auch in der Breite anfertigen kann, was bei in Einem
gearbeiteten Spitzen völlig ausgeschlossen ist, da die Zahl der Klöppel
in das Unendliche anwachsen würde.

Praktischen Vorteil hat diese getrennte Ausführung auch noch dadurch,
daß man die Herstellung der einzelnen Motive mehreren Arbeiterinnen zu
gleicher Zeit überlassen kann, und daß diese, was ihr Können anbelangt,
viel ungebildeter sein dürfen, wie die Klöpplerinnen der fortlaufenden
Spitzen. Natürlich erfordert das Zusammensetzen der Spitzen zu einem
Ganzen wieder sehr geschmackvolle und geübte Arbeiterinnen.

Der Nachteil der getrennten Arbeit besteht darin, daß diese Spitzen
durch das Zusammensetzen durchschnittlich nicht so dauerhaft sind,
wie andere, ebenso feine, in Einem gearbeitete Spitzen; und daß das
individuelle Gepräge verloren geht. Diese Art der Brüsseler Spitzen
haben ähnliches technisches Verfahren wie die sogenannten mailändischen
Klöppelspitzen und sind wie diese alt.

Die ältesten Brüsselerspitzen wurden ohne ~réseau~ gemacht. Sie sind
auf einem runden Klöppelpolster hergestellt, der sich auf einer Achse
dreht, so daß die Arbeit jeweilig in den Kurven zu der Person gewendet
werden kann. Die Zeichnung ist breit und voll, große Rosen und Blumen
liegen dicht nebeneinander angeordnet und sind mit ~brides picotés~
vereint, die ~jours~ werden mit ~points d'esprits~ oder quadratisch
gelegten, feinen Stäbchen gefüllt. Einige feine Relief-Fäden, die
nicht die Zeichnung umranden, sondern nur hie und da verwendet werden,
akzentuieren die Blumen wie mit aufgesetzten Lichtern, sie sehen wie
ein ganz feiner Saum aus. Man beachte, daß bei den ~Malines~ diese
Umrandungen bloß aus einem stärkeren Faden gebildet sind und auch die
modernen Brüsseler Applikations ihre Reliefverzierungen bloß aus einem
Faden aufgesetzt haben.

Aus diesen ältesten Brüsseler Spitzen entwickelten sich dann sukzessive
die ~duchesses~ in ihrer heutigen Gestalt, sowie die Brüsseler
Applikations und die ~Bruges~ und vor allem die ~points d'Angleterre~.
Das ~toilé~ jeder Blume wird einzeln gemacht und hat wie alle Gattungen
dieser Art den ~à jour~-Rand des ~toilés~ an dem der spätere ~fond~
angeschlagen wird.

~Duchesses~ sind die meist verbreiteten modernen Luxusspitzen.
Die Zeichnung ist häufig ganz modernen Stils, sie sehen reich und
kostbar aus, die ~brides~ und ~jours~ sind sehr oft mit der Nadel
hineingesetzt. Das ~toilé~ ist fein und eine gewisse Eleganz läßt sich
ihr nicht absprechen. Aufgesetzte Reliefe, Blüten und Blätter, viele
Variationen von Klöppelschlägen, geben ihnen ein kostbares Aussehen.

Wer wirklich ein geschultes Auge für Spitzen hat, wird zwar stets die
Spitzen anderer Ausführung vorziehen; so lange sie gediegen gearbeitet
sind, schöne Zeichnung haben und nicht die leider allzuhäufig
anzutreffende Marktware bilden, ist jedoch gegen die Duchesses nichts
zu sagen.

       *       *       *       *       *

Um aber auf die alten Brüsselerspitzen zurückzukommen, wurden diese
in höchster Vollendung oftmals mit einem ~brides fond~, ähnlich dem
~réseau rosacé~ der Nadelspitzen gemacht. Es ist das der stets in
neuen Variationen auftauchende ~fond de neige~ der alten ~Binches~,
~Valenciennes~ etc., der in den Formen von den Nadelspitzen und später
wieder vom Klöppel für die getrennt ausgeführten Brüsselerspitzen
nachgeahmt wurde, und dann ~point d'Angleterre à brides~ hieß, und
später einen sechseckigen Klöppel~réseau~ erhielt, der sehr ähnlich
dem der ~Malines~ ist und heute nicht mehr ausgeführt werden kann. Die
zwei Seiten des Hexagons, die geflochten sind, sind etwas länger, als
wie die der ~Malines~-Maschen; es sind dies die in alten Zeiten so viel
genannten ~points d'Angleterre à réseau~ und sie hatten den Vorteil
Spitzen zu sein, die den Anforderungen der damaligen Mode entsprechend
in Schürzen, breiten Volants und dergleichen größeren Stücken
angefertigt werden konnten, und die zu ~points d'Alençon~ in vielfachen
Wechselwirkungen standen; das Dessin ist ganz der Auffassung dieser
kostbaren französischen Spitzen nachgeahmt und es herrschte zwischen
beiden, so lange sie hergestellt wurden, eine heftige Rivalität. Über
~point d'Angleterre~ sind von allen Autoren so verschiedene Meinungen
ausgesprochen worden, daß es schwer ist, sich in dem Gewirre der
Behauptungen einen Weg zu bahnen.

       *       *       *       *       *

Alte ~point d'Angleterre~ haben wunderschönen Brüsseler (oder Droschel)
~réseau~, die Masche ist fast ein längliches Viereck, es ähnelt
äußerlich dem ~Alençon~ oder ~Burano réseau~ zum Verwechseln, erst bei
scharfem Zusehen sieht man, daß der ~fond~ geklöppelt ist; auch ~brides
picoté~ als Zierde kommen in Anwendung, welche ganz den ~brides picoté~
der ~points d'Alençon~ gleichen; diese ~brides~ dienen nur als Beweis,
wie sehr sich der ~point d'Angleterre~ um die getreue Imitation des
~point d'Alençon~ bemühte.

Nimmt man Bücher zur Hand, so liest und findet man, daß bei den Autoren
vollkommen verschiedene Ansichten, Bezeichnungen und Schilderungen von
Spitzen dieses Namens gegeben werden.

Für die ~points d'Angleterre~ kann man absolut nur zwei Regeln
aufstellen: a) sie müssen durchwegs Handarbeit sein (also nicht
Brüsseler Applikation), b) sie dürfen in keiner anderen Kombination
als wie in einer späteren Louis XIV., früheren Louis XV., üblichen
Herstellungsart gemacht sein, also Motive feinster Brüsseler Arbeit
separat gemacht entweder mit dem ~fond brides~ oder ~brides rosacé~
(~point d'Angleterre à bride~), oder mit dem feinen Droschelgrund
(Brüsselerfond).

Ausnahmsweise kann man noch als ~point d'Angleterre~ Nadelmotive mit
Droschelfond bezeichnen; aber diese Art Spitzen sind heute sehr selten
geworden, so daß sie nicht oft in den Handel kommen und nur mehr in
wenigen Stücken vorkommen.

Diese Gruppe der Brüsseler Spitzen, inklusive die ~point d'Angleterre~,
würde man mit dem Charakteristikon der Spitzen mit gewollten ~fonds~,
sei es der ~brides~ oder des Droschelgrundes bezeichnen können, während
die anderen, die alten Brabanter, Duchesses, Bruges etc. alle nur
den Notfond haben, weil die Zeichnung technisch nicht der Stützen
entbehren kann. Bei ersteren ist der Fond eine Zierde, bei letzteren
ein notwendiges Übel.

Als in Frankreich die ~manufactures du point de France~ an vielen
Orten gegründet wurden, entstand in kurzer Zeit eine große Umwälzung
in dem Aussehen der Spitzen. In ~Alençon~ wurden Nadelspitzen in
großen Volants und ~tabliers~ zum ersten Male in dieser Ausdehnung
gemacht; dies wurde ermöglicht durch die in Alençon aufgekommene Art,
die Motive getrennt vom ~réseau~ anzufertigen. Dies war ganz neu, denn
selbst die genuesischen und Brabanter Spitzen, die nicht in einem Zug
mit der gleichen Anzahl Klöppel gemacht wurden, sondern mit wenig
Klöppeln auf rundem Polster, wurden von Fall zu Fall, wie die Arbeit
vorwärts ging, sofort miteinander verbunden. Die Arbeiterin hatte
die Spitzen auf der Zeichnung aufliegen, und nicht wie die spätere
Art der in sich abgeschlossenen Motive ganz separat zu verarbeiten.
Mit den breiten ~volants~ und ~tabliers~ wurde eine große Umwälzung
in der Mode hervorgerufen. ~Valenciennes~, ~Malines~, alle diese
Spitzen konnten nur mehr zu Garnierungen verwendet werden, und traten
in den Hintergrund; da schufen die belgischen Unternehmer den ~point
d'Angleterre~: Klöppelmotive, die wie die ~Alençon~ separat gemacht
wurden. Man konnte nun die Arbeit bei eiligen Bestellungen ebenso
beschleunigen, wie die großen Stücke der französischen Nadelspitzen;
~point d'Angleterre~ wurde aus Klöppelmotiven mit Brüsselergrund,
dem schönsten und technisch der ~Malines~ ähnlichen ~fond~, gemacht.
Man sieht an den ältesten ~points d'Angleterre~ die vollkommene
Beeinflussung der Zeichnung durch französischen Stil, durch diese
Neuerung war die Gefahr, daß belgische Spitzen ganz und gar von den
französischen verdrängt würden, behoben; im Gegenteile, die ~points
d'Angleterre~ machten der französischen Industrie große Konkurrenz,
denn sie hatten eine Eigenschaft, die Nadelspitzen niemals haben, sie
waren unendlich weicher und schmiegsamer und daher in vielen Fällen
besser kleidend, und vor allem trotz ihrer Kostbarkeit billiger; denn
Klöppelspitzen, noch so fein und kostbar, sind stets billiger wie die
ähnlichen Spitzen in Nadelausführung.

Daß ~points d'Angleterre~ wie alle Spitzen verschiedene
Entwicklungsstufen zeigen, ist kein Wunder. Zuerst also mit ~brides
rosacé~, dann dem Droschelfond, häufig mit ~jours~ aus ~brides~ als
Übergang, dann Droschelfond in Streifen angefertigt und appliziert.
~point d'Angleterre~ wurde durch die baumwollene Brüsseler Applikation
verdrängt und wird heute nicht mehr gemacht.

Der Streit, der sich um den Namen ~point d'Angleterre~ entsponnen hat,
führt zu vielen Irrtümern. Man will sie als Gattung[11] ganz leugnen;
doch mit Unrecht, denn in alten Schriften findet man sie häufig
erwähnt. Nur wäre zu erklären, wieso sie zu diesem Namen kamen: In
aller Stille hatte England an seinem Reichtum und an seiner Industrie
gearbeitet, man sprach nicht viel von dem Inselvolke, es hatte kein
~Versailles~ und war damals noch nicht Mode machend, aber es war reich
geworden und der Wohlstand war in allen Klassen verteilt, es hatte
einen angesehenen Bürgerstand und Patricier, wie die Niederländer und
West- und Mittel-Deutschen, die Menschen waren energisch, fleißig
und aufwärts strebend. Zur Zeit als in Frankreich schon die groben
Mißwirtschaften des französischen Hofes und Adels das Volk und den
Bürgerstand in seiner Entwicklung hinderten.

[11] Man kann aber ebensogut diese selben Spitzen alte Brabanter, alte
Brüsseler, nennen -- es erscheint mir nur angezeigt, den wirklich einst
gebräuchlichen Namen zu verwenden.

Von keinem Volke hatten die Engländer so viel gelernt, wie von den
Niederländern. Wenn es heute noch in Wolle, Tuch und Leinweberei an
erster Stelle steht, verdankt es dies den Lehren der Niederländer,
das Praktische machte es sich zu eigen und überholte die Niederländer
darin; das Schöne aber entlieh es und wußte es zu zahlen. Ein Holbein,
ein Van Dyk wurden in England gefeiert und ihre Leistungen wurden mit
Gold aufgewogen; so wußten sie die Spitzen der nahen Niederlande auch
zu schätzen und sie bildeten einen bedeutenden Ausfuhr-Artikel von
Belgien nach England. Dieses war damals nicht selbständig in Mode und
Geschmack, wenn es aber nicht alles aus Frankreich bezog, was Luxus
anbelangt, so mag das seinen Grund darin gehabt haben, daß Frankreich
alle Höfe und alle Moden des Kontinentes zu versorgen hatte und der
regen Nachfrage entsprechend, hohe Preise machte; mit den Niederlanden
und Belgien stand England von jeher in steter Verbindung, es waren
verwandte Volksstämme, Schiffervolk und Kaufleute und wenn sie nicht
direkt Ware tauschten, so geschah dies doch indirekt, durch Gesetze und
Bestimmungen für Zölle, Begünstigungen und Verbote von Warenausfuhr,
die sich in beiden Ländern für einander regelten. Erließ England ein zu
großes Einfuhrsverbot gegen Spitzen, antworteten die Niederlande mit
dem Boykott der englischen Wolle, bis das erstere Verbot widerrufen
wurde. Es ist selbstverständlich, daß ein reicher und angesehener
Kunde stets Rücksicht und Entgegenkommen von Seite des Verkäufers
finden wird und so wurden auch die oben geschilderten Brüsseler
Klöppelspitzen in zusammengesetzter Ausfertigung für den englischen
Markt ~points d'Angleterre~ genannt, daß dieselben Spitzen unter dem
gleichen Namen in Frankreich Furore machten ist nicht zu verwundern.
Viele Spitzen mögen von Belgien über den Kanal nach England und wieder
über das Wasser nach Frankreich gewandert sein. Dieses kleine Manöver
verlohnte sich der Mühe, denn Frankreich hatte sich gegen belgische
und Venetianer Spitzen-Einfuhr mit enormen Zöllen geschützt, und für
das nicht Spitzen produzierende England war kein Zoll vorgesehen.
Außerdem war damals die Herzogin Henriette von Orleans, eine englische
Prinzessin, vielleicht angesehener und tonangebender wie die Königin,
welche ein Scheinleben der Etikette führte, während die englische
Prinzessin, elegant und liebenswürdig, sogar eine Zeitlang als der
Flirt ihres königlichen Schwagers galt.

In neuerer Zeit versuchten einige Autoren, es sei betont, nicht
englische, zu beweisen, daß der ~point d'Angleterre~ nichts anderes
als wie der schöne Vorgänger der Honitons sei, aber wie beweisen sie
es? Durch nichts. Überall in den Dokumenten der damaligen Zeiten liest
man, wenn von Spitzen die Rede ist, vom ~point d'Angleterre~, er war
ganz ungemein verbreitet und es wäre kaum zu begreifen, daß diese
massenhaften Erzeugnisse der englischen Industrie ganz unnachweisbar
verschwunden sein sollten. Es soll das kostbare Geheimnis des schönen
Brüsseler oder Droschelfonds, den kein anderes Spitzenland je zu
verfertigen wußte, besessen haben und doch nirgends erwähnt werden?
Dagegen sollen die authentischen Erwägungen und Berichte über den
schwunghaften Schmuggel der belgischen Spitzen nach England kein Beweis
sein, daß England enorme Summen dafür ausgab, obwohl es zu Hause die
herrlichen und hochmodernen ~points d'Angleterre~ hätte kaufen können.
Einmal, wird erzählt, wurde eine ganze Schiffsladung belgischer Spitzen
konfisziert -- wie viele Tausende von Metern müssen das gewesen
sein! ~point d'Angleterre~ war eine neue Schöpfung und um diese zu
lancieren, mußte man einen Namen erst erfinden, denn sie mußte als
etwas Neues hervorgehoben werden. So war der Name ~point d'Angleterre~
in mannigfacher Art opportun.

~Duval~ bringt ein Dokument zum Abdruck:

    »~Un arrêt de Conseil d'Etat du 12 mars 1691.~

    ~Les ouvriers qui travaillent aux dentelles de fil ont depuis
    quelques années inventé une façon de dentelles faites par morceaux
    ou pièces de rapport qui sont ensuite rassemblées au fuseau
    appelées communément dentelles d'Angleterre ou dentelles de
    Bruxelles dont la fabrique est très mauvaise et l'usage de peu de
    durée. Cette nouvelle façon de dentelles pourrait insensiblement
    diminuer la qualité et valeur des autres bonnes dentelles etc.~

    ~Sa Majesté desirant empêcher un abus si préjudiciable au commerce
    defend etc. etc.~«

Freilich stammte aus jener Zeit die Einführung und Gründung der
~Honitons~, die aber als Spitzengattung nicht im geringsten den
Vergleich mit alten ~point d'Angleterre~ aushalten. ~Honitons~ sind
Spitzen, die große Ähnlichkeit mit den ~duchesses~ haben, sie sind
im Grunde nichts anderes. Niemals aber erreichen sie den Reichtum,
die Abwechslung an Füllungen und ~jours~, diesen Stil der Zeichnung
im Einklang mit der geistreichen Interpretation wie die ~points
d'Angleterre~; wer darüber sprechen will und dies behauptet, hat eben
noch nie wirklich schöne alte ~points d'Angleterre~ gesehen, die
tatsächlich sehr selten und kostbar sind. ~Points Honiton~ sind eben
~Duchesse~ mit meistens recht minderen Zeichnungen und einer sehr
handwerksmäßigen Interpretation.



~Chantilly.~


~Chantilly~ sind Spitzen, die unter Louis XIV. Regierungszeit in der
französischen Stadt dieses Namens aufgekommen sind. Es sind Spitzen,
die aus Seide und zwar aus der besten verfertigt wurden; meistens
versteht man darunter schwarze Spitzen, aber sie wurden auch in
Weiß ausgeführt. Es sind Spitzen, die in großen Volants und Tüchern
hergestellt wurden und eine Zeitlang auf hellem Seidengrund vielfach
bei Hof getragen wurden. Die Mode fällt in die Zeit, als überhaupt die
breiten Volants für Toiletten begehrt wurden, es sind die Spitzen, die
als erste in dieser Größe und Ausdehnung gemacht wurden. Als ~réseau~
kam der ~fond de Lille~ und ~fond chant~ (~de Paris~) in Anwendung. Sie
wurden unendlich fein und zart gearbeitet und geklöppelt und der Dessin
ist mit einem stärkeren Faden gebildet. Später unter Louis XV. wurden
die Zeichnungen stark stilisiert und spärlich. ~Chantilly~ waren stets
von der Fluktuation der Mode sehr beeinflußt, naturgemäß kamen sie zu
Zeiten von Hof- und Landes-Trauer immer wieder in Mode. So kann man
großen Bedarf unter Louis XV. -- Louis XVI., dann unter Josefine und
Kaiserin Eugenie konstatieren. Im Anfang des XIX. Jahrhunderts brachten
sie eine Neuerung, das dreieckige Tuch; diese Form wurde den damals
alles beherrschenden indischen Schals entliehen und vertrat diese im
Sommer.

Es sind Spitzen, die sehr unter der ~decadence~ der Zeichnung um die
Mitte des XIX. Jahrhunderts litten. Doch war die Ausführung eine zarte,
sorgfältige und kostbare.

Sie haben in der Fabrikation die einzige Eigenart, daß sie in Streifen,
gleichgiltig ob ~réseau~ oder Dessin, gleichmäßig hergestellt und dann
durch unsichtbare Zusammenfügung zu großen Stücken gestaltet wurden.

Es war durch mehr wie ein Jahrhundert gebräuchlich, daß ~Chantilly~
wenigstens durch ein Stück in einem eleganten Trousseau vertreten war.
In modernen Zeiten wurden sie in gröberer Ausführung in ~Grammont~
und Belgien hergestellt, doch da an dem Rohmaterial, einer stark und
schwerfällig gefärbten Seide gespart wurde, erreichten sie nicht den
Glanz und die Elegance der ursprünglichen ~Chantilly~-Fabrikation.
Außer der europäischen Mode hatten sie eine große Bedeutung in der
spanischen Nationalkleidung, wo sie neben den schwarzen Blonden in
Spanien und in dessen Kolonien ungemeine Verbreitung hatten.

Doch keine von allen Spitzengattungen wurde so schnell und gleich
vorzüglich wie sie von der Maschine imitiert. Dies und die immer mehr
abnehmende Nationaltracht der Spanierinnen hatte zur Folge, daß ihre
Erzeugnisse stark erschütternde Krisen durchzumachen hatten. ~Grammont~
machte eine solche in der traurigsten Weise durch.

Schöne alte ~Chantilly~ besitzen aber heute noch einen großen Wert und
werden als Erbstücke in Ehren gehalten.

Außer diesen feinen aristokratischen Seidenspitzen drängte sich im
Wechsel der Mode ein bürgerliches Surrogat der schweren Wollspitzen
ein, die zu verschiedenen Zeiten unter gewechselten Namen zum
Beispiel als Lama auftauchen und eine mehr oder minder langlebige
Modeerscheinung waren; künstlerisch haben diese nicht viel Bedeutung.
Sie wurden größtenteils in der ~Auvergne~, in ~Puy~ und Umgebung
fabriziert und tragen den gröberen ~torchon~-Charakter dieser
Spitzen-Zentren zur Schau. Doch immer wieder werden diese Spitzen, von
Modelaunen abhängig, auftauchen und verschwinden, wie es der Caprice
der Mode oder dem Unternehmungsgeist einzelner großer Fabrikanten
entspricht. Die soziale Tendenz ist aber diese, daß die Arbeiterinnen
immer weniger gerne schwarze Spitzen erzeugen, da dieses den Augen
ungleich schädlicher wie die weiße Spitzenfabrikation ist. --



Buchdruckerei Roitzsch, G. m. b. H., Roitzsch.



Abbildungen


[Illustration: ~POINT COUPÉ MIT RETICELLA~]

[Illustration: ~RETICELLA~]

[Illustration: ~POINT PLAT DE VENISE~]

[Illustration: ~VENETIANISCHE NADELSPITZEN~]

[Illustration: ~BRÜSSELER KLÖPPELSPITZEN, BRABANTER ODER POINT
D'ANGLETERRE GENANNT~]

[Illustration: ~POINT D'ALENÇON MIT RÉSEAU ROSACÉ~]

[Illustration: ~POINT D'ALENÇON~]

[Illustration: ~ITALIENISCHE BAUERNSPITZEN IN DER ART DER MAILÄNDER~]

[Illustration: ~MALINES~]

[Illustration: ~GENUESISCHE KLÖPPELSPITZEN~]

[Illustration: ~VALENCIENNES BARBE~]

[Illustration: ~VALENCIENNES~]

[Illustration: ~BINCHE~]

[Illustration: ~MALINESARTIGE SPITZEN MIT SELTENEM GRUND~]

[Illustration: ~POINT DE LILLE~]

[Illustration: ~POINT D'ALENÇON~]

[Illustration: ~KLÖPPELSPITZEN IN ART DER ÄLTEREN VALENCIENNES,
WAHRSCHEINLICH JEDOCH ITALIENISCHE ARBEIT~]

[Illustration: ~HAUBENDECKEL, BRÜSSELER KLÖPPELSPITZEN, SOGEN. POINT
D'ANGLETERRE~]

[Illustration: ~KLÖPPELSPITZEN IN GETRENNTER AUSFÜHRUNG~]

[Illustration: ~SEHR EINFACHE SPITZEN (HOLLAND UND NORD-FLANDERN) IN
EINEM ZUGE GEARBEITET~

(~Stark vergrössert~)]

[Illustration: ~POINT DE LILLE~

(~Stark vergrössert~)]

[Illustration: ~POINT D'ARGENTAN~

(~Stark vergrössert~)]

[Illustration: ~BRÜSSELER APPLIKATION MIT ECHTEM KLÖPPELGRUND, SOGEN.
DROSCHELGRUND~

(~Stark vergrössert~)]

[Illustration: ~POINT D'ALENÇON~

(~Stark vergrössert~)]

[Illustration: ~MALINES~

(~Stark vergrössert~)]

[Illustration: ~ALTE BELGISCHE SPITZEN~

~Ohne _réseau_ und ohne _jours_; sie haben nur zweierlei _toilé_
(Leinenschlag). In neuerer Zeit im Bruger Bezirke nachgeahmt~

(~Stark vergrössert~)]

[Illustration: ~ALTE POINT DE FLANDRE~

(~Stark vergrössert~)]

[Illustration: ~ANSICHT DER VERKEHRTEN SEITE VON FLÄMISCHEN
KLÖPPELSPITZEN~

(~Stark vergrössert~)]

[Illustration: ~BRABANTER IN ZWEI TEILEN GEARBEITET~

(~Stark vergrössert~)]

[Illustration: ~VALENCIENNES MIT RUNDER MASCHE~]

[Illustration: ~ALTE POINT DE BRUGES~

~Zuerst wurden die »Blumen« angefertigt und dann mit _Brides_
verbunden; alles auf einem runden Polster mit wenigen Klöppeln
gearbeitet~]

[Illustration: ~ALTE POINT DE FLANDRE~

~Vorläufer der _Valenciennes_, _Lilles_, _Malines_ etc.~]



    Weitere Anmerkungen zur Transkription


    Offensichtlich fehlerhafte Zeichensetzung wurde stillschweigend
    korrigiert.

    Die unterschiedlichen Schreibweisen der Spitzenbezeichnungen
    (Bindestriche, Auszeichnungen, Groß- und Kleinschreibung, Akzente)
    und Personennamen wurden beibehalten.

    Der Punkt bei _Mme_ wurde einheitlich ergänzt.

    Korrekturen:

    Inhaltsverzeichnis: VI -> VII, 50 -> 60
      Vorwort _VII_
      Malines _60_

    S. 1: Kapitelname gemäß Inhaltsverzeichnis hinzugefügt
      _Spitzen._

    S. 9: Aleçon -> Alençon
      übernahmen den réseau die points d'_Alençon_,

    S. 16: seinen -> seinem
      oder Italien mit _seinem_ Ornamenten-Reichtum,

    S. 19: Stoppstich -> Stopfstich
      Webe- oder _Stopfstich_ übertragen.

    S. 23: verwechseln -> Verwechseln
      die zum _Verwechseln_ treu die venezianischen Reliefspitzen

    S. 28: Fischerfrau -> Fischerfrauen
      die armen _Fischerfrauen_ machten unscheinbare Spitzen,

    S. 32: Manufakture -> Manufaktur
      daß die erste _Manufaktur_ in Château de Lonrey

    S. 36: Iniative -> Initiative
      aus der _Initiative_ einzelner Personen entstand

    S. 36: verschiedenenen -> verschiedenen
      Konkurrenz der _verschiedenen_ Spitzengattungen untereinander

    S. 37: stililisiert -> stilisiert
       zeigen kleine Blümchen _stilisiert_ im réseau verstreut

    S. 37: sogenanuten -> sogenannten
      ist mit _sogenannten_ petits pois

    S. 39: Möglicher weise -> Möglicherweise
       _Möglicherweise_ hat man früher wirklich mehr wie eine Gattung

    S. 40: point -> Point
      _Point_ à l'aiguille verleugnet nie seine Abkunft von den Alençon

    S. 48: Faden -> Fäden
      daß sie die _Fäden_ richtig verteilt und verzweigen läßt

    S. 48 (Fußnote): Franzen -> Fransen
      Macramè sind aus _Fransen_ geknüpfte Spitzen, wenn der Faden der
      _Fransen_ zu lang war

    S. 56: de -> des
      ob sie mit Zufügung _des_ Cardonet

    S. 59: Valencienne -> Valenciennes
      Jetzt werden in _Valenciennes_ gar keine Spitzen in der Art

    S. 59: paar -> Paar
      der echten sind aus zwei _Paar_ Fäden geschlungen (vier Fäden)

    S. 60: Faden -> Fäden
      An vier Seiten ist sie aus doppelten _Fäden_ gewunden

    S. 61: der eigentliche -> den eigentlichen
      so daß für _den eigentlichen_ réseau nur wenig Raum

    S. 64: holländischeu -> holländischen
      Die zweite Gattung der _holländischen_ Exportartikel

    S. 65: rgendwo -> irgendwo
      wo nur _irgendwo_ vier Fäden zusammenlaufen

    S. 69: deren -> dessen
      den Bedarf Spaniens und _dessen_ Kolonien

    Abbildungsteil: Überschrift ergänzt
      _Abbildungen_





*** End of this LibraryBlog Digital Book "Spitzen und ihre Charakteristik" ***

Copyright 2023 LibraryBlog. All rights reserved.



Home