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Title: Wegweiser durch das sächsisch-böhmische Erzgebirge
Author: Berlet, Bruno
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Wegweiser durch das sächsisch-böhmische Erzgebirge" ***


generously made available by SLUB: Sächsische
Landesbibliothek - Staats - und Universitätsbibliothek
Dresden at http://www.slub-dresden.de )



    Anmerkungen zur Transkription


    Im Original gesperrter Text ist +so ausgezeichnet+.

    Im Original kursiver Text ist ~so ausgezeichnet~.

    Im Original fetter Text ist =so ausgezeichnet=.

    Weitere Anmerkungen zur Transkription befinden sich am Ende des
    Buches.



    WEGWEISER

    DURCH DAS

    SÄCHSISCH-BÖHMISCHE

    ERZGEBIRGE


    VON

    B. BERLET,

    OBERLEHRER AN DER REALSCHULE ZU ANNABERG.

    [Illustration]

    1 ÜBERSICHTSKARTE, 1 HÖHENKARTE UND
    27 ROUTENNETZE.

    [Illustration]

    ANNABERG, 1872.
    HERMANN GRASER.



Vorwort.


Seit Jahren war mündlich und schriftlich die Klage zu vernehmen, dass
es an einem brauchbaren Reisehandbuche für das sächsisch-böhmische
Erzgebirge fehle. Der Unterzeichnete meinte, ein recht Berufener werde
schon diesem Mangel abhelfen; da dies aber nicht geschah, so musste er
sich selbst an's Werk machen. Freilich ward er bei Ausarbeitung des
Schriftchens bald inne, dass die Schwierigkeit, von einer Landschaft
und deren Bewohnern überhaupt das Wichtigste und Charakteristische
hervorzuheben, sich bei dem Erzgebirge noch steigerte, weil hier ausser
der Bodengestaltung und den üblichen wirthschaftlichen Interessen noch
ein ungemeiner Reichthum an industriellen Beziehungen und eine kaum
wiederherzufindende Mannichfaltigkeit der gewerblichen Verhältnisse
in Frage kam. Doch scheute er keine Mühe, die entgegentretenden
Schwierigkeiten zu überwinden und etwas nur einigermassen
Befriedigendes zu Stande zu bringen.

Treffliche Dienste leisteten hierbei: +Leupold's+ Wanderbuch durch
Sachsen, +Elfried's von Taura+ Wanderung durch's Erzgebirge,
+Sigismund's+ Lebensbilder vom sächsischen Erzgebirge und
+Engelhardt's+ Vaterlandskunde vom Königreiche Sachsen.
Nichtsdestoweniger war etwas Vollständiges oder gar Erschöpfendes --
namentlich in unserer Alles umgestaltenden Zeit, wo der Wechsel rasch
wieder einen Wechsel und das Neue bald wieder ein Neues gebiert
-- nicht zu leisten, auch werden in dem Gegebenen noch mehrerlei
Versehen und Unrichtigkeiten enthalten sein. Der freundliche Leser möge
beides entschuldigen! Indess kann der Verfasser für eine etwaige 2te
Auflage die Ergänzung manches Mangels und die Richtigstellung mancher
Ungenauigkeit versprechen, da ihm von verschiedenen Seiten und aus
verschiedenen Theilen des Erzgebirges eine aufmerksame Durchsicht und
Prüfung des »Wegweisers« zugesagt worden ist.

Die Höhenangaben sind meist aus H. +Lange's+ Atlas von Sachsen
entnommen und beziehen sich bei Ortschaften immer auf die Lage der
Hauptkirche. Die beigebogene Reisekarte ist ein Werk meines werthen
Kollegen, des Herrn Oberlehrers +Göpfert+.

Der Verfasser würde sich freuen, wenn der »Wegweiser« vielen Reisenden
zu einer angenehmen -- Erholung und Belehrung gewährenden -- Tour im
Erzgebirge verhülfe und die Einheimischen merken liesse, dass ihm bei
Ausarbeitung des Schriftchens die »Liebe zum Erzgebirge« zur Seite
gesessen.

+Annaberg+, im April 1872.

            =B. Berlet.=



Inhaltsverzeichniss.


            Einleitung.
                                                           Seite

            Fremdenbesuch                                      1

            Reisezeit                                          2

            Sonnen-Auf- und Untergang                          3

            Reisekleidung                                      3

            Reiseutensilien                                    4

            Geld                                               4

            Reisekosten                                        5

            Transportmittel                                    6

            Pass und Mauth                                     7

            Gasthausregeln                                     7

            Sommeraufenthalt                                   8

            Fussreisen                                         8

            Reisepläne                                         9


            Das Erzgebirge.

            1. Ausdehnung und Gestaltung                      10

            2. Eintheilung                                    10

            3. Gebirgsarten                                   11

            4. Berge                                          12

            5. Waldungen                                      13

            6. Flüsse                                         13

            7. Klima                                          14

            8. Einwohnerzahl und Staatsangehörigkeit          15

            9. Menschenschlag                                 16

            10. Volkstracht                                   17

            11. Volkscharakter                                17

            12. Geschichtliches                               18

            13. Angabe der Industriebezirke                   24

            14. Baudenkmäler                                  27


            Reisepläne.

            A. Haupttouren.

            I. Von Dresden durch das ganze Erzgebirge         29

            II. Von Zwickau durch das ganze Erzgebirge        32

            III. Von Chemnitz durch das mittlere Erzgebirge   34

            IV. Von Dresden in das östliche Erzgebirge        36

            V. Von Zwickau in das westliche Erzgebirge        38

            B. Spezialtouren.

            VI. Von Dresden nach dem Mückenthürmchen          40

            VII. Von Dresden nach dem Spitz- od. Sattelberg   41

            VIII. Von Dresden in's Thal der rothen Weisseritz 42

            IX. Von Dresden in's Thal der Bobritzsch          43

            X. Von Freiberg nach dem Mückenthürmchen          44

            XI. Von Freiberg nach Nossen (Grabentour)         45

            XII. Von Freiberg durch's Zschopau- u. Flöhathal
            nach Rothenhaus                                   46

            XIII. Von Chemnitz über Frankenberg und Hainichen
            nach Freiberg                                     48

            XIV. Von Chemnitz nach der Prinzenhöhle und
            dem Greifenstein                                  49

            XV. Von Annaberg über Wiesenthal nach
            Johanngeorgenstadt                                50

            XVI. Von Annaberg nach Kupferberg; über den
            Fichtelberg nach dem Mittweidathal                51

            XVII. Von Annaberg nach Hauenstein und
            Joachimsthal; heimwärts Besuch des Pöhlthales
            bei Rittersgrün                                   52

            XVIII. Von Annaberg ins Pressnitzthal, nach der
            Ruine Hassenstein, in's Egerthal                  53

            XIX. Von Annaberg über den Greifenstein nach
            der Prinzenhöhle                                  54

            XX. Von Annaberg nach dem Teltschthal bei
            Olbernhau                                         55

            XXI. Von Olbernhau nach Rothenhaus                56

            XXII. Von Schwarzenberg nach dem Auersberg        57

            XXIII. Von Zwickau nach dem oberen Mulden- und
            Zwotathal                                         58


            C. Nebentouren.

            XXIV. Von Zwickau in die voigtländische Schweiz   59

            XXV. Von Döbeln auf den Rochlitzer Berg           60

            XXVI. Von Döbeln nach Schloss Kriebstein          61

            XXVII. Von Waldheim in das Muldenthal zwischen
            Rochlitz und Waldenburg                           62


            Routen.

            I. Route: Von Dresden nach dem Mückenthürmchen    63

                1. Ueber Pirna, Gottleuba, Schönwalde         63

                2. Ueber Mügeln, Glashütte, Lauenstein        67

                3. Ueber Mügeln, Liebstadt, Schönwalde        68

            II. Route: Von Dresden nach Dippoldiswalde        70

                1. Ueber Tharandt und Rabenau                 70

                2. Ueber goldene Höhe und den Wilisch         71

            III. Route: Von Dippoldiswalde nach dem
            Mückenthürmchen                                   72

            IV. Route: Von Dippoldiswalde nach Sayda          74

                1. Ueber Sadisdorf, Hennersdorf und
                Frauenstein                                   74

                2. Ueber Schmiedeberg, Schellerhau u.
                Frauenstein                                   74

            V. Route: Vom Mückenthürmchen nach Teplitz        76

            VI. Route: Vom Mückenthürmchen nach Stift Osseg   78

            VII. Route: Von Altenberg nach Oberleitensdorf    79

            VIII. Route: Von Stift Osseg nach Sayda           79

            IX. Route: Von Oberleitensdorf nach Olbernhau     81

            X. Route: Von Teplitz nach Rothenhaus             82

            XI. Route: Von Rothenhaus nach Klösterle          84

            XII. Route: Von Klösterle nach Hauenstein         86

            XIII. Route: Von Sayda nach Zschopau              87

            XIV. Route: Von Olbernhau nach Rothenhaus und
            Eisenberg                                         88

            XV. Route: Von Zschopau über den Greifenstein
            nach Geyer                                        91

            XVI. Route: Von Olbernhau über Zöblitz nach
            Marienberg                                        95

            XVII. Route: Von Marienberg über Wolkenstein nach
            Annaberg und Buchholz                             97

            XVIII. Route: Von Annaberg über Satzungen nach
            Kommotau                                         106

            XIX. Route: Von Annaberg über Jöhstadt,
            Pressnitz, Sonnenberg und den Hassenstein
            nach Brunnersdorf                                108

            XX. Route: Von Annaberg über Weipert nach
            Kupferberg und Klösterle                         109

            XXI. Route: Von Annaberg nach Karlsbad           112

                1. Ueber Weipert und Hauenstein              112

                2. Ueber Oberwiesenthal und Joachimsthal     114

            XXII. Route: Von Karlsbad nach Eger              117

            XXIII. Route: Von Eger über Franzensbad n.
            Elster                                           119

            XXIV. Route: Von Annaberg nach Schwarzenberg     121

                1. Ueber Scheibenberg und Raschau            121

                2. Ueber Elterlein und den Fürstenberg       124

                3. Ueber Grünhain                            125

            XXV. Route: Von Oberwiesenthal n. Schwarzenberg  125

                1. Ueber Rittersgrün                         125

                2. Ueber die Crottendorfer Marmorbrüche
                und Markersbach                              126

            XXVI. Route: Von Schwarzenberg über
            Johanngeorgenstadt nach Wildenthal               126

            XXVII. Route: Von Wildenthal über Graslitz und
            Markneukirchen nach Bad Elster                   128

            XXVIII. Route: Von Wildenthal n. Karlsfeld,
            Klingenthal, Schöneck und Falkenstein            130

            XXIX. Route: Von Schwarzenberg nach Eibenstock   132

                1. Ueber Jägerhaus und Sosa                  132

                2. Ueber Aue und Bockau                      133

                3. Ueber Niederschlema und Schneeberg        135

            XXX. Route: Von Eibenstock über Schönhaide und
            Auerbach nach Lengenfeld                         136

            XXXI. Route: Von Elster über Oelsnitz,
            Falkenstein, Auerbach, Lengenfeld, Treuen,
            Herlasgrün, Netzschkau und Reichenbach nach
            Zwickau                                          137

            XXXII. Route: Von Geyer über Zwönitz,
            Hartenstein und Schloss Stein nach Zwickau       143

            XXXIII. Route: Von Zwickau über Glauchau und
            Hohenstein-Ernstthal nach Chemnitz               144

            XXXIV. Route: Von Geyer üb. Stollberg n.
            Chemnitz                                         152

            XXXV. Route: Von Zschopau über Augustusburg
            und Lichtenwalde nach Frankenberg und
            Hainichen                                        153

            XXXVI. Route: Von Chemnitz über Oederan nach
            Freiberg                                         156



Einleitung.


=Fremdenbesuch.= -- Das Erzgebirge ist bislang fast nur von
Geschäftsreisenden und solchen Leuten besucht worden, die mit
möglichster Schnelle durch Sachsen nach den böhmischen Kurorten
eilten. Erst neuerdings sieht man zur Sommerzeit auf Strassen und
Pfaden, in Thälern und auf Höhen Wanderer mit Seitentasche, Plaid
und handfestem Regenschirm -- sogenannte +Touristen+. Der Grund für
die frühere Vernachlässigung des Erzgebirges mag einestheils darin
gesucht werden, dass die Reiselust vormals überhaupt nicht so gross
war, als heut zu Tage, und anderntheils darin, dass bis zur Eröffnung
der erzgebirgischen Eisenbahnen diese Landschaft dem Fremden als
schwer zugänglich erschien; wahrscheinlich aber hat dazu auch die
Beschaffenheit des Gebirges mit beigetragen. Denn der Verfasser »der
Lebensbilder aus dem Erzgebirge« hat Recht, wenn er sagt: »Der Harz
hat des Wilden und Schaurigschönen unvergleichlich mehr als das
Erzgebirge, auch ist dieses nicht ein süsses, anmuthiges Idyll, wie
der Thüringer Wald.« Trotzdem findet sich im Erzgebirge genug des
Schönen, sind doch Berg und Thal traulich und gemüthlich, wenn auch
nicht gross und wild angelegt! Freilich bietet sich das Sehenswerthe
hier nicht so von selbst dar und ist nicht auf einem engen Raum
vereinigt; es will vielmehr gekannt und aufgesucht sein. Wer sich
daher an der erzgebirgischen Landschaft laben will, darf sich nicht
begnügen, nach Besuch guter Aussichtspunkte, die Thäler auf den
angelegten Heerstrassen zu durchkreuzen, sondern muss sie flussaufwärts
durchwandern; erst dann wird er deren Annehmlichkeiten inne werden. Das
Muldenthal von Zwickau bis Schwarzenberg, das Zschopauthal von Flöha
bis Annaberg zeigen schon von den Wagen der Eisenbahn, welche eifrigst
den Windungen der Flüsse folgt, saftige Wiesen, schattige Wälder und
reizend gelegene Ortschaften! Und überdies hat das Erzgebirge noch
etwas vor den andern deutschen Mittelgebirgen voraus: es wird von einem
fleissigen und anstelligen Völkchen bewohnt und ist der Sitz einer
hervorragenden Industrie. Die Fabrik im stillen Thal, das Kunstgezeug
auf rauher Höh', jedes Dörfchen, jedes Städtchen wird solches
bezeugen! Ueberhaupt kann man in keinem Gebirge die Betrachtung des
Gewerbefleisses so mit der Freude an der Natur -- mithin das Nützliche
so mit dem Angenehmen verbinden, als im Erzgebirge. Für Lehrer und
Schüler, für Polytechniker und Bergstudenten, überhaupt für alle
die, welche neben der Schönheit der Landschaft auch die gewerblichen
Leistungen der Bewohner kennen lernen wollen, ist keine Reise mehr zu
empfehlen, als die ins Erzgebirge.

=Reisezeit.= -- Die günstigste Zeit zum Bereisen des Erzgebirges ist
von Mitte Juni bis Ende September; letztgenannter Monat hat gewöhnlich
die reinste Luft und die beständigste Witterung, auch zeigt sich in ihm
eine Eigenthümlichkeit des Gebirges am besten: während im Niederlande
Felder und Bäume schon kahl erscheinen, sind sie im Obergebirge noch
mit frischem Grün bedeckt.

=Sonnen-Auf- und Untergang.= -- Die Zeit des Sonnen-Auf- und Untergangs
stellt sich in den Monaten Juni bis October folgendermassen:

    ===============================================================
                  |         Juni          ||          Juli
                  +-------+-------+-------++-------+-------+-------
                  |   1.  |  16.  |  26.  ||   1.  |  16.  |  26.
    ==============+=======+=======+=======++=======+=======+=======
    Sonnenaufgang | 3.55. | 3.49. | 3.51. || 3.53. |  4.6. | 4.18.
    --------------+-------+-------+-------++-------+-------+-------
    Untergang     |  8.0. | 8.11. | 8.14. || 8.13. |  8.5. | 7.53.
    ==============+=======+=======+=======++=======+=======+=======
                  |         August        ||       September
                  +-------+-------+-------++-------+-------+-------
                  |   1.  |  16.  |  26.  ||   1.  |  16.  |  26.
    ==============+=======+=======+=======++=======+=======+=======
    Aufgang       | 4.27. | 4.49. |  5.5. || 5.16. | 5.37. | 5.53.
    --------------+-------+-------+-------++-------+-------+-------
    Untergang.    | 7.45. | 7.18. | 6.58. || 6.45. | 6.12. | 5.50.
                  |       |       |       ||       |       |

Die beste Aussicht auf Höhepunkten wird man im Frühsommer zwischen 6
und 7, im Spätsommer zwischen 5 und 6 Uhr Nachmittags haben.

=Reisekleidung.= -- Die Kleidung sei dauerhaft und praktisch. Am
geeignetsten ist ein wollener Anzug von nicht zu knappem Schnitt und
nicht zu heller Farbe. Ausser der nöthigen Wäsche wird man alsdann
einen Filzhut mit breiter Krämpe und Sturmband, einen nicht zu kleinen
Regenschirm und bequemes Schuhwerk -- womöglich derbe kalblederne
Stiefel mit Doppelsohlen -- nöthig haben. Weil es auf Bergen, die
den Brocken an Höhe übertreffen, selbst im August oft empfindlich
kühl ist, so versehe man sich endlich mit einem guten Plaid oder mit
einem leichten Ueberzieher; nach Sonnenuntergang wird man fast immer
Veranlassung haben, davon Gebrauch zu machen. -- Wer mehr fährt als
geht, kann sich neben dem leichten noch ein wärmeres Gewand mit nehmen;
will der Tourist einen Reserveanzug haben, so muss er ihn gut verpacken
und mit der Post von Hauptstation zu Hauptstation voraussenden.

=Reiseutensilien.= -- Die aus Leder oder wasserdichtem Baumwollenzeug
gefertigte Seitentasche habe -- wie die +Bädekersche Reisetasche+ --
unten zwei Ringe, so dass sie durch Hindurchziehen des Tragbandes
leicht zum Rückentornister umgewandelt werden kann. Der Plaid wird
entweder mittelst eines Lederriemens auf die Reisetasche geschnallt,
oder zusammengerollt über die Schulter gehangen. Der Handstock sei fest
und mit guter Zwinge versehen; in neuerer Zeit hat man starkstabige
Regenschirme, welche bequem die Stelle des Stockes vertreten können.
Die Reisetasche enthalte ausser der Wäsche einen ledernen, zum
Zusammenklappen eingerichteten Trinkbecher, ein Stück Seife, Scheere,
Nadel und Zwirn, etwas Bindfaden und -- um für alle Fälle gerüstet zu
sein, -- ein Fläschchen mit Opiumtinctur. Dann trage man ein Messer und
ein Etui voll Streichhölzer bei sich und nehme von Station zu Station
etwas Semmel oder Brod und einen Schluck Rum oder Kirschwasser mit.
Die Semmel ist bestimmt, vor Heisshunger zu schützen und das geistige
Getränk dazu, durch Beimischung kaltes Gebirgswasser trinkbar zu machen.

=Geld.= -- In Sachsen wird nach Thalern, Neugroschen und Pfennigen
(1 Thlr. = 30 Neugr., 1 Ngr. = 10 Pf.), in Böhmen nach Gulden und
Neukreuzern (1 Gulden = 100 Neukreuzer) gerechnet. Sächsischerseits
werden übliche Münzsorten und Cassenscheine ohne Beanstandung genommen;
in Böhmen thut man wohl, mit österreichischen Banknoten zu bezahlen,
die man in jeder Grenzstadt einwechseln[1] kann.

=Reisekosten.= -- Im Erzgebirge ist es nicht theurer als in anderen
Gegenden Mitteldeutschlands; doch lebt man auf böhmischer Seite
billiger als auf sächsischer Seite. Die Gasthöfe in den grösseren
und kleineren sächsischen Städten sind gut; öfters ausgezeichnet; in
Böhmen muss man sich schon an grosse Ortschaften halten und auch da ein
aufmerksames Auge für Betten und Bettwäsche haben. In Sachsen trinkt
man fast überall ein gutes Lager- und bayrisches Bier; das »böhmische«
Bier ist heller und leichter, aber gesund und schmackhaft. Wein soll
man nur in den besseren sächsischen Gasthäusern verlangen; in Böhmen
erhält man dagegen schon in kleineren Restaurationen preiswürdigen
österreichischen und Ungarwein; nur begehre man da ja nicht Rhein- oder
überhaupt ausländischen Wein, denn der ist mittlerer Beschaffenheit
und sehr theuer. Kaffee und Gebäck sind in Böhmen musterhaft. -- Im
Herbste bieten beide Theile des Gebirges Reichthum an Wildpret, wie
Hasen, Rehe, Krammetsvögel und Rebhühner; auch erhält man in den
höher gelegenen Gegenden fast allerwärts treffliche Forellen. --
Die täglichen Reisekosten richten sich selbstverständlich nach den
Ansprüchen und Gewohnheiten eines Fremden: wer in den ersten Hôtels
wohnt, mit schweren Koffern reist und viel Aufmerksamkeiten verlangt,
wird täglich 4--6 Thlr. brauchen, während der Fusswanderer, der sich
nur halbwege beschränkt, mit 1--2 Thlr. auskommt.

=Transportmittel.= -- Unter grossen Anstrengungen ist es dem Erzgebirge
gelungen, sich mehrere Eisenbahnen zu verschaffen. Ein Schienenstrang
geht am Fusse des Nordabhangs von +Dresden+ über +Freiberg+ und
+Chemnitz+ nach +Zwickau+, zweigt die Linie +Chemnitz-Hainichen+ ab und
sendet zwei Ausläufer: +Chemnitz-Annaberg+ und +Zwickau-Schwarzenberg+
in das Herz des Gebirges. Von Zwickau braust die Locomotive,
+Reichenbach+, +Falkenstein+ und +Oelsnitz+ berührend, über den
Rücken des Gebirges nach +Eger+. Und im Egerthale geht der eherne
Weg westlich von Eger bis +Karlsbad+ und östlich von Aussig über
+Teplitz+ nach +Kommotau (Priesen)+. Ausserdem sind mehrere Linien im
Bau begriffen und sehen in den Jahren 1871 und 1872 ihrer Eröffnung
entgegen: so +Annaberg-Weipert-Kommotau+; +Kommotau (Priesen)-Karlsbad+
und +Dux-Bodenbach+; andere Linien sind projectirt und werden
bald begonnen werden, wie +Nossen-Freiberg+, +Aue-Jägersgrün+ und
+Chemnitz-Marienberg-Kommotau+, und noch andere befinden sich in den
Vorbereitungsstadien, wie +Freiberg-Dux+ und +Schwarzenberg-Karlsbad+.

Ausser den fertigen Eisenbahnen stehen dem Reisenden noch zahlreiche
Fahrposten, die zwischen den Städten meist täglich mehrmals verkehren,
zu Gebote; auch sind fast überall Miethgeschirre zu haben.

=Pass= und =Mauth=. -- Seit 1860 gilt auch in Oesterreich eine
Passkarte als hinreichende Reiselegitimation. -- Die Untersuchung
des Gepäcks beim Ueberschreiten der böhmischen Grenze geschieht mit
Höflichkeit und besteht oft nur in der Anfrage, ob der Reisende etwas
Zollbares habe. Zu versteuern sind alle ungebrauchten Sachen; nicht
übergeführt werden dürfen: Spielkarten, Kalender und versiegelte
Briefe; Bücher, ausser Reisehandbüchern, können Unannehmlichkeiten
bereiten. An +Tabak+ hat der Reisende gegen 2 Loth und 10 Cigarren
frei; im Uebrigen muss das Pfund Tabak mit etwa 1 Fl., das Pfund
Cigarren mit 3 Fl. verzollt werden. Der Tabak ist in Oesterreich
Monopol und wird nur in sogenannten Trafiks verkauft; Cigarren sind
theuer und nicht sehr behaglich.

=Gasthausregeln.= -- Ohne Noth treffe man nicht zu spät, jedenfalls
vor einbrechender Dunkelheit in seinem Nachtquartier ein. Sobald man
ein Zimmer bezogen hat, untersuche man den Zustand des Bettes und der
Bettwäsche. Bedarf man irgend einer +Auskunft+, so wende man sich nicht
an das untergeordnete Dienstpersonal, sondern an den Wirth selbst, und
wenn dieser »unsichtbar« sein sollte, an den Oberkellner. Bei längerem
Aufenthalte mag man alle 2--3 Tage die Rechnung bezahlen, jedoch
zuvor deren Inhalt und Summe prüfen, da sich »Irrthümer« gar leicht
einschleichen. Will man am andern Morgen früh weiterreisen, so fordere
man am Abend vorher die Rechnung, berichtige sie jedoch nebst den
Trinkgeldern erst beim Weggehen.

=Sommeraufenthalt.= -- Als Sommerfrischen sind bisher nur die
erzgebirgischen Bäder +Grünthal+, +Hohenstein+, +Schwarzenberg+,
+Wiesenbad+ und +Wolkenstein+ benutzt worden, doch eignen sich dazu
auch Erdmannsdorf bei Augustusburg und besonders Olbernhau.

=Fussreisen.= -- Zu Wanderungen verwendet man nicht neues, sondern
schon etwas getragenes Schuhwerk. Wer mit den Fussnägeln Mühe hat,
muss dieselben einige Tage vor der Reise in besondere Pflege nehmen,
sie mässig beschneiden und etwa zu starke Nägel nach einem Fussbade
in überschlagenem Wasser (17--18° R) wiederholt mit einem Glasstücke
etwas dünner schaben. Auf der Reise selbst wird früh aufgebrochen und
die grössere Hälfte des Weges Vormittags zurückgelegt. Während der
Mittagsstunden, d. i. vor und nach der Mittagsmahlzeit, sei Rast. In
den ersten Reisetagen stelle man seine physischen Kräfte nicht auf eine
zu harte Probe; später kann man grössere und anstrengendere Touren
zurücklegen. Beim Marschiren hat sich von jeher die Regel bewährt,
dass man gleichmässig und nicht zu schnell ausschreite, sich aber
auch nicht zu oft der Ruhe hingebe, sondern in möglichst abgemessenen
Entfernungen pausire. Auf solche Art geräth Puls und Lunge in nicht
zu schlimme Aufregung. Bergan wähle man daher ein langsames Tempo:
ein von Anfang an gleichmässig anhaltender, wenn auch gemächlicher
Schritt, bringt schneller und besser zum Ziele, als zu grosse Hast.
Auf einer Höhe angelangt, werde der Rock fest zugeknöpft und der Plaid
umgehangen; findet man droben ein Wirthshaus, so kühle man sich darin
durch langsames Herumgehen eine Viertelstunde ab; erst dann setze man
sich der Zugluft aus. Jeder rasche Uebergang von grosser Anstrengung
zur Ruhe -- wie das plötzliche Niederlegen nach starken Tagesmärschen
-- ist zu vermeiden. Die Abkühlung will angebahnt, die Ruhe vermittelt
sein; fühlt man sich dann ja einmal sehr erschöpft, so wird Waschen mit
kaltem Wasser, Einreiben der Waden und Füsse mit Kornbranntwein oder
Rum gute Dienste leisten. Sind die Füsse wund geworden, so bestreiche
man sie mit Hirschtalg, doch werden auch einige Tropfen Collodium
hierbei, wie auch bei Schnittwunden, erfolgreich wirken. Blasen dürfen
nicht aufgeschnitten, sondern nur vermittelst einer Nadel mit wollenem
Faden durchzogen werden.

=Reisepläne.= -- Die später mitgetheilten Reisepläne sollen für den
Wanderer nichts als unmassgebliche Vorschläge sein, doch werden sie ihm
das Material bieten, sich eine seiner Zeit und Absicht entsprechende
Tour zusammenzustellen. Die Bereisung des ganzen Erzgebirges erfordert
3--4 Wochen. Als geeigneter Eintrittspunkt ist im Osten +Dresden+, im
Westen +Zwickau+ und im Centrum +Chemnitz+ zu empfehlen. Interessante
Ausflüge lassen sich von jedem erzgebirgischen Orte aus machen. Die
angegebenen »Nebentouren« werden am besten in +Döbeln+ begonnen.

Damit der »Wegweiser durch's Erzgebirge« nicht zu stark und theuer
wurde, musste die Beschreibung der einzelnen Routen und Ortschaften
etwas knapp gehalten werden; eben darum wurden etwaige Sagen nur
angedeutet, nicht ausführlich mitgetheilt.

[Illustration]



Das Erzgebirge.


=1. Ausdehnung und Gestaltung.= -- Das Erzgebirge ist ein mächtiger
18--20 Meilen langer Gebirgszug des mittleren Deutschland. Bei
ostnordöstlicher Richtung erstreckt es sich von den Quellen der
(weissen) Elster, wo es durch das voigtländische Hügelland mit dem
Frankenwalde und dem Fichtelgebirge zusammenhängt, bis zu den Quellen
der Gottleuba, wo es in das Elbsandsteingebirge übergeht. Im Süden
fällt es steil wie eine Mauer ab und findet seine Begrenzung bis Kaden
durch die Eger und, nach der kurzen Strecke Kralup-Kommotau-Görkau,
durch den Bielafluss, welcher über Brüx, Bilin und Aussig der Elbe
zurinnt. Im Norden dacht es sich allmälig zum sächsischen Tieflande ab,
wobei Hügelwelle hinter Hügelwelle erscheint und das ganze Gelände sich
als eine von vielen Flussfurchen durcharbeitete Berglehne darstellt.

=2. Eintheilung.= -- Der Hauptrichtung nach zerfällt das Erzgebirge in
3 Theile: in das +westliche+, in das +Central-+ und in das +östliche+
Erzgebirge. Das +westliche+ Erzgebirge liegt zwischen der oberen
Elster und dem Schwarzwasser, beziehentlich der Zwickauer Mulde; das
+Central-Erzgebirge+ zwischen dem Schwarzwasser und der Freiberger
Mulde und das +östliche Erzgebirge+ zwischen der Freiberger Mulde und
der Gottleuba, beziehentlich der Elbe.

In der Richtung von Süd nach Nord unterscheidet man das +obere+ und das
+niedere+ Erzgebirge; jenes reicht von dem zusammenhängenden Kamme, der
eine durchschnittliche Höhe von 2500 Fuss hat, etwa bis Falkenstein,
Schneeberg, Thum, Wolkenstein, Frauenstein und Schmiedeberg; dieses
von den genannten Orten bis in die Gegend von Zwickau, Lichtenstein,
Chemnitz, Frankenberg, Hainichen, Siebenlehn und Tharandt. -- Im
Centralgebirge kommt der jähe Absturz des Kammes nach Süden und die
sanfte Abdachung nach Norden am meisten zur Geltung.

=3. Gebirgsarten.= -- Das Erzgebirge besteht vornehmlich aus
+Urgebirgsarten+, d. h. aus Thon- und Glimmerschiefer, Gneis und
Granit. Am verbreitetsten zeigt sich der +Gneis+. Er ist nicht nur
vorherrschend im ganzen östlichen Gebirge, sondern reicht auch weit
in's Centralgebirge hinein, und zwar bis Schlettau, Wolkenstein
und Schellenberg. Ihm sind zugleich die wichtigsten Erzgänge[2]
eingelagert, welche von dem sächsischen Bergmanne abgebaut werden.
Am mächtigsten ist darnach der +Glimmer-+ und +Thonschiefer+. Diese
Gebirgsarten bilden besonders den südwestlichen Theil des Gebirges und
den Südrand des Steinkohlenbeckens zwischen Zwickau und Chemnitz. Das
dritte Gestein, der +Granit+, tritt nur an mehreren Stellen aus dem
Glimmer- und Thonschiefer heraus und hat seine grösste Ausdehnung um
Eibenstock und Kirchberg. Ausser diesen Hauptgebirgsarten zeigt sich
an mehreren Orten +Porphyr+, +Syenitporphyr+ und +Quadersandstein+;
wie denn auch der häufig vorkommende +Basalt+ daran erinnert, dass im
Erzgebirge einst bedeutende vulkanische Durchbrüche stattgefunden haben.

=4. Berge.= -- Auf dem Rücken des Erzgebirges erheben sich mehrere
Gipfel, welche zum Theil an Höhe sogar die obersten Spitzen des
Thüringer Waldes und des Harzes übertreffen. Wenn sie trotzdem nicht so
gewaltig als diese erscheinen, so hat dies seinen Grund darin, dass sie
auf einer sehr hohen Unterlage ruhen.

Als die ansehnlichsten, aus Urgebirge bestehenden Gipfel sind zu
nennen: der +Keilberg+ und der +Fichtelberg+ bei Oberwiesenthal
(jener 3812, dieser 3708 P. F. hoch); der +Spitzberg+ bei Gottesgabe
(3444´), der +Eisenberg+ bei Unterwiesenthal (3166´), der +Auersberg+
bei Wildenthal (3120´), der +Hirschkopf+ bei Karlsfeld (2992´),
der +Rammelsberg+ bei Sachsenberg (2972´), der +Wieselstein+ bei
Langewiese (2944´), der +Kahlberg+ bei Altenberg (2803´), der
+Kupferhügel+ bei Kupferberg (2790´), der +Lugstein+ bei Zinnwald
(2752´), der +Schneckenstein+ bei Gottesberg (2690´), der +Rabenberg+
bei Johanngeorgenstadt (2636´), der +Eselsberg+ bei Sosa (2635´), die
+Morgenleite+ bei Schwarzenberg (2488´), der +Kuhberg+ bei Stützengrün
(2426´), der +Schwartenberg+ bei Seifen (2394´), der +Kapellenberg+
bei Schönberg (2337´), die +Tellkuppe+ bei Bärenburg (2323´) und der
+Greifenstein+ bei Geyer (2234´).

Daneben giebt es mächtige Basaltberge, welche als hohe, freistehende
Pyramiden oder Kegel erscheinen. Wir erwähnen: den +Hassberg+
bei Pressnitz (3051´) den +Bärenstein+ bei Weipert (2762´), den
+Pöhlberg+ bei Annaberg (2567´), den +Geising+ bei Altenberg (2534´),
den +Scheibenberg+ bei der gleichnamigen Stadt (2470´), den +Spitz-+
oder +Sattelberg+ bei Schönwald (2235´), den +Luchberg+ bei Glashütte
(1782´) und den +Wilisch+ bei Reinhardsgrimma (1466´). -- Eine schöne
Aussicht gewähren ausser den genannten Bergen noch: der +Reischberg+
bei Pressnitz, die +Luisensteine+ bei Brandau, der +Glöselsberg+
bei Niklasberg, das +Mückenthürmchen+ bei Graupen (2511´), die
+Nollendorfer Höhe+ bei Peterswalde (2142´), der +Stein+ in Schöneck
(2301´), Schloss +Augustusburg+, die +Schönerstädter Höhe+ bei Oederan,
die +Saydaer Höhe+, die Burgruine +Frauenstein+, der +Burgberg+ bei
Lichtenberg und die +goldene Höhe+ zwischen Dippoldiswalde und Dresden
(1054´).

=5. Waldungen.= -- Reichlich die Hälfte des Erzgebirges ist mit Wald
bedeckt. Die grössten Forste befinden sich in den Revieren +Auerbach+,
+Schöneck+, +Schwarzenberg+ und +Crottendorf+. Vorherrschend
ist Nadelholz; doch treten neben Fichtenwald zusammenhängende
Buchenbestände auf: so bei Tharandt, Olbernhau, Marienberg und
Steinbach. Der grösste Theil der Waldungen ist Eigenthum des Staates
und wird musterhaft bewirthschaftet.

=6. Flüsse.= -- Das Erzgebirge ist der Quellort für zahlreiche Flüsse,
Flüsschen und Bäche, welche allesammt dem Elbgebiete angehören. Die
wenigsten von ihnen haben den Abfluss nach Süden, wie die +Zwota+
und +Biela+; bei weitem die meisten rinnen nach Norden und münden
unmittelbar in die Elbe, wie die beiden +Mulden+ als vereinigte Mulde,
die +Weisseritz+, +Müglitz+ und +Gottleuba+, oder fallen zuvor in die
Saale, wie die +Elster+ und +Pleisse+, oder in die Mulden, wie alle
übrigen.

Die nordwärts laufenden Gewässer haben beim Herabgleiten die im Boden
vorhanden gewesenen Spalten nach und nach erweitert und zahlreiche
Vertiefungen und Kessel, Gründe und Thäler gebildet und so der
Landschaft besondere Reize verliehen. Am anmuthigsten sind die Thäler
der +Elster+, der +Zwickauer Mulde+, +des Schwarzwassers+, der +Sehma+,
der +Zschopau+ und der +Müglitz+; am wildesten die der +schwarzen
Bockau+ im schwarzen Grund bei Pobershau und der +rothen Weisseritz+ im
Rabenauer Grunde.

=7. Klima.[3]= -- Während gewöhnlich die Temperatur von Norden
nach Süden zunimmt, ist es im Erzgebirge wegen des Ansteigens des
Bodens umgekehrt. Dieser Umstand wirkt ungünstig auf das Klima ein.
Engelhardt's Vaterlandskunde von Sachsen sagt: »Lange Winter mit viel
Schnee, späte Einkehr des Frühlings und rascher Uebergang aus diesem
zum Sommer, schöner klarer Herbst, Spätfröste noch im Mai, frühzeitige
schon im September -- das sind die Hauptkennzeichen des Klimas;
ganz wesentlich hat jedoch zu dessen Verbesserung die Entwässerung
der Sümpfe beigetragen.« Dabei sind aber die Thäler mild und die
Höhen eigentlich nur wenig kälter, als die entsprechenden anderer
deutschen Mittelgebirge. Auch ist die Luft leicht und rein und für
Brustkranke, deren Leiden noch nicht zu weit fortgeschritten, sehr
zuträglich. Cholera ist dem obern Erzgebirge bisher fern geblieben, und
Wechselfieber gehören allda zu den seltensten Fällen.

Für das erzgebirgische Klima spricht auch, dass der Getreidebau bis
weit in die Berge hinauf reicht. Bei einer Höhe von 1800 bis 2000 Fuss
erntet man noch Raps, Roggen und Weizen; am rauhen Gebirgskamme, wie
bei Gottesgab und Oberwiesenthal, allerdings nur Hafer, Flachs und
Kartoffeln. Am ergiebigsten zeigen sich die Kartoffeln. Sie sind auch
gegen Ende des 17. Jahrhunderts zuerst in dem Dorfe +Würschnitz+ bei
Adorf angebaut und von dort aus erst später weithin verbreitet worden.
-- Wer Näheres über die Pflanzenwelt des Erzgebirges wissen will,
dem empfehlen wir: Dr. +Stössner+: Die Vegetationsverhältnisse von
Annaberg und Umgegend, Annaberger Realschulprogramm vom Jahre 1859;
+A. Israel+: Schlüssel zum Bestimmen der bei Annaberg und Buchholz
wild wachsenden Pflanzen, und +O. Wünsche+: Excursionsflora für das
Königreich Sachsen.

=8. Einwohnerzahl und Staatsangehörigkeit.= -- Das Erzgebirge gehört zu
den dicht bevölkertsten Gegenden Sachsens, ja Deutschlands. Was urbar
zu machen war, hat man urbar gemacht; man verfuhr nach dem Grundsatze:
»Wo der Pflug kann gehn, soll der Wald nicht stehn!« und half, wenn
der Pflug wegen der Steilheit des Bodens doch nicht gehen konnte, auch
noch mit Grabscheit und Hacke nach. Daher findet man, wo man schlichte
Bauerndörfer vermuthet, ansehnliche Städte, und wo man in waldigem Thal
kleine Weiler voraussetzt, langgedehnte Dörfer. Dabei hat jedes Haus
zahlreiche Insassen: auf die Quadratmeile kommen im Gebirge eben mehr
als 10,000 Einwohner.

Die Bevölkerung des Erzgebirges erscheint viel gleichartiger als die
von anderen deutschen Mittelgebirgen. Abgesehen von der geringen
Gliederung des Bodens, welche ein Abschliessen nicht begünstigt,
und von dem regsamen Handel, welcher unwillkürlich ein Annähern der
Leute herbeiführt, trägt dazu sicherlich bei, dass die Landschaft
nur zwei Staaten angehört und dadurch einen angenehmen Gegensatz
zu Thüringen und dem Harze bildet, wo die politischen Grenzen so
merkwürdig ausgezackt und vielfach verschlungen sind. Der Südabhang
des Erzgebirges und ein Theil des Kammes gehören zu Böhmen, der andere
Theil des Kammes und die Nordabdachung zu Sachsen. Dabei stellt die
staatliche Grenze zugleich die Scheidung zweier Kirchengebiete dar: wer
aus dem protestantischen Sachsen über die böhmische Grenze schreitet,
wird an den errichteten Kreuzen und Heiligenbildern bald merken, dass
er auf gut katholischem Boden wandert.

=9. Menschenschlag.= -- Der erzgebirgische Menschenschlag ist ein
ursprünglich kräftiger, wie man ihn heute noch am Südabhange und in den
Wald- und Ackerbaudistrikten antrifft; in den Fabrikgegenden aber ist
er durch Stubenarbeit oder allzu geringe Nahrung, welche fast nur aus
Kartoffeln und dünnem[4] Kaffee besteht, mehrfach verkümmert.

=10. Volkstracht.= -- Eine eigentliche +Volkstracht+ ist im Erzgebirge
nicht mehr vorhanden. Namentlich auf der nördlichen Seite »hat die
Kultur fast Alles beleckt« und die Mode beinahe jedes altväterische
Kleidungsstück beseitigt. Unter den Männern haben nur die Bergleute
noch einen besonderen Anzug und unter den Frauen tragen nur die
Bäuerinnen, welche in den entlegensten Dörfern wohnen, noch
faltenreiche Röcke und steife Haubenschleifen oder glatte Pelzmützen.

=11. Volkscharacter.= -- Der Erzgebirger ist höflich, gefällig und
äusserst genügsam. Gern steht er dem Fremden Rede und im Zwiegespräch
sucht er unaufgefordert das Beste zur Unterhaltung beizutragen. Von
seiner Genügsamkeit zeugen die einfache Wohnung und die noch einfachere
Kost. Dazu kommt Frohsinn, eine ungemeine Verträglichkeit und grosse
Liebe zur Reinlichkeit. Im Erzgebirge wird eifrig gesungen und noch
eifriger musicirt; Breitenbrunn und Klostergrab, Kupferberg und
Gottesgabe, vor allen aber Pressnitz, senden Schaaren von Musikern
hinaus in die Welt. Während es anderwärts oft nicht gut thut, wenn
zwei Familien in demselben Hause wohnen, so hausen im Erzgebirge
oft drei bis vier Familien in einer Stube, ohne dass man viel von
unfriedfertigen Auftritten hört; sicherlich ein Beweis, dass die
Bewohner sanft und schmiegsam sind. Der Sinn für Reinlichkeit tritt
dem Fremden ungesucht entgegen. Die steinernen Gebäude gefallen meist
schon durch ihren gut erhaltenen Bewurf und Anstrich und das Innere
der Häuser und Hütten erfreut noch mehr durch die daselbst herrschende
Sauberkeit. Die Zimmerwände sind reinlich getüncht, die Dielen weiss
gescheuert, die Haus- und Küchengeräthe blank geputzt! Und wenn der
Maassstab Liebig's richtig ist, dass man die Kultur von Volksgruppen
nach dem von ihnen verbrauchten Quantum Seife beurtheilen könne, so
wird den Erzgebirgern eine bevorzugte Stellung einzuräumen sein; denn
nirgends wird wohl mehr, als bei ihnen gewaschen und gescheuert. In der
That macht auch der geringe Mann im Erzgebirge eher den Eindruck eines
verarmten Gebildeten, denn eines armen Natursohnes.

Fragt man den Erzgebirger selbst, was er für die wesentliche
Eigenschaft seiner Landsleute halte, so wird man sicher zur Antwort
bekommen: »Die Gemüthlichkeit!« Ein vieldeutiges Wort! worunter man
aber im Allgemeinen das Streben zu verstehen hat, sich und Anderen das
Leben angenehm zu machen. Im Gebirge wird eben aufmerksam beachtet,
nicht nur +was+ man sagt und +was+ man thut, sondern auch +wie+ man es
sagt und +wie+ man es thut. Gewandte Personen gelten als »manierlich«
und erhalten leicht Beifall; eckige Naturen werden mit zweifelhaftem
Auge, Störenfriede mit Widerwillen betrachtet. Durch die genannte
»Gemüthlichkeit« wird allerdings die Geselligkeit erhöht und ein
angenehmer Ton im gegenseitigen Umgang geschaffen, doch auch die
Thatkraft und der Trieb zur Selbstverwaltung etwas abgeschwächt.

=12. Geschichtliches.= -- Vor Alters war das Erzgebirge ein grosser
zusammenhängender Wald, der +Miriquidi+ genannt wurde. In der
Völkerwanderung nahmen die +Sorben+, ein slavischer Volksstamm, Besitz
von dem Lande zwischen Saale und Elbe und siedelten sich auch an dem
Fusse des Erzgebirges an. Mit der Gründung der Mark Meissen (928)
begannen jedoch die Deutschen, sich als Eroberer in dem genannten
Gebiete festzusetzen und Burgwarten und Klöster anzulegen. Dadurch
wurden die Sorben genöthigt, bergaufwärts zu rücken und sich in dem
unwirthlichen, aber für sie freien Miriquidiwald niederzulassen. Sie
gründeten um jene Zeit die Städte Lössnitz, Zwönitz, Zöblitz, Chemnitz,
Schlettau, und Zschopau, so wie mehrere darum liegende Dörfer, deren
Namen sich auf itz, itzsch, ig, en, und au endigen.[5] Noch rascher
ging der Anbau des Erzgebirges von statten, als die Silbergänge in der
Gegend des heutigen Freiberg fündig wurden (1163). Zahlreiche Bergleute
aus dem Harze, aus Franken (aus dem »Reiche«) und Böhmen strömten
herbei und legten neben den Gruben verschiedene Flecken und Dörfer an.
Freiberg wurde der Mittelpunkt eines regen Bergmannslebens, dessen
wohlthätige Wirkungen, zumal man an mehreren Orten Zinn brach, sich
auch nach Westen hin verbreiteten. Im obern Erzgebirge entstanden im
12--14. Jahrhundert die Städte Wolkenstein, Elterlein, Schwarzenberg,
Aue, Grünhain, Ehrenfriedersdorf, Thum und Geyer. Einen besonderen
Aufschwung aber nahm das Gebirge, als man nun 1471 in der Nähe des
Kammes zahlreiche Silbergruben erschürfte. Der Abbau wurde eifrigst
betrieben; die Ausbeute war gross und so lange der Bergsegen reichlich
floss -- was bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts geschah -- nahm
auch die Bevölkerung bedeutend zu. In einem Zeitraum von ungefähr 60
Jahren wurden nicht weniger als 11 neue Bergstädte gegründet, nämlich:
Schneeberg 1477, Annaberg 1496, Buchholz 1504, Joachimsthal 1516,
Gottesgabe, Eibenstock und Jöhstadt 1517, Marienberg 1521, Scheibenberg
1522, Wiesenthal 1526 und Platten 1532. -- Von Einfluss dabei war,
dass die Erzgebirger, wie fast alle Bergleute Deutschlands, auf die
Seite der Reformation traten und mit Begeisterung die Lehren des kühnen
Bergmannsohnes annahmen.

Sobald aber die Silbergruben sich nicht mehr »so höflich und
freundlich«, als früher zeigten und manche Zechen geradezu »versagten«,
da stellte es sich heraus, dass die dichter gewordene Bevölkerung
von dem Bergbau allein nicht zu leben vermöge. Waren doch die edlen
Metalle seit der Eroberung Mexiko's und Peru's überdies sehr im Werthe
gesunken! Man musste sich daher nach anderen Erwerbsquellen umsehen.
Zunächst griff man zur Verarbeitung der einheimischen Roherzeugnisse
und so entstand die Blech-, Löffel- und Nagelschmiederei, die
Herstellung von Gold- und Silberdrahtwaaren, die Holzschnitzerei,
die Serpentindrechselei, die Bereitung von Feuerschwamm und die
Gewinnung von Arzneimitteln. Aber hierbei wurden immer nur wenig Leute
beschäftigt. Da führte im 16. Jahrhundert (1561) +Barbara Uttmann+,[6]
die Frau eines reichen Bergherrn zu Annaberg, im Erzgebirge das
+Spitzenklöppeln+ ein, welches sie der Sage nach von einer flüchtigen
Brabanterin erlernt hatte. Die neue Kunst verbreitete sich rasch
unter den erzgebirgischen Frauen und legte den Grund zu einer echten
Hausindustrie, die sich darnach auch bei noch anderen Erwerbszweigen
herausbildete. In demselben (16.) Jahrhundert verpflanzten
ausgewanderte Schweizer auch die +Musselin-+ und +Schleierweberei+
nach dem Voigtlande und dem daranliegenden Erzgebirge, ebenso liess
sich (1589) der erste Posamentier +Georg Einenkel+ aus Dinkelsbühl
in Schwaben zu Buchholz nieder und gab da die Anregung zur
+Posamentenfabrikation+.

So gedieh das Gebirge, bis es von den Drangsalen des 30jährigen
Krieges arg zu leiden hatte. Dörfer und Städte, besonders Freiberg
wurden verwüstet; mehr als die Hälfte der Einwohner starb durch
Schwert, Hunger oder Krankheit; das Gewerbe war zum Stillstand, der
Bergbau fast zum Erliegen gekommen. Nichts desto weniger erholte
sich darnach die Bevölkerung hier eher wieder, als in anderen, weit
besser gelegenen Landschaften. Wesentlich trug dazu die Einwanderung
von böhmischen Protestanten bei, welche, ihres Glaubens wegen aus
der Heimath vertrieben, sich in den verödeten erzgebirgischen Orten
ansiedelten und neuen Unternehmungsgeist und neue Arbeitskraft
mitbrachten. Während in anderen Bezirken damals manches zerstörte Dorf
als »Wustung« liegen blieb, entstand im Erzgebirge sogar eine neue
Stadt, Johanngeorgenstadt; denn dieses ist nur wenig Jahre nach dem
Westphälischen Friedensschluss, im Jahre 1654, von böhmischen Exulanten
angelegt worden.

Doch half auch zur Hebung des Gebirges, dass in den nächsten
Jahrzehnten +neue+ Erwerbszweige aufkamen. Gegen Ende des 17.
Jahrhunderts wurde Chemnitz und Umgegend der Sitz einer bedeutenden
+Baumwollindustrie+, der sich später die +Wollenindustrie+ anschloss.
Der damalige Faden war Handgespinnst, und es mussten Tausende von
Leuten sich rühren, um den Bedarf an Garn zu decken. Später fertigte
man den Faden auf Handmaschinen, von denen jede 10--30 Spulen zählte;
noch zu Anfang unseres Jahrhunderts gab es 18,000 Menschen, welche auf
solche Art Baumwolle spannen. -- Zu der Spinnerei gesellte sich die
+Weberei+ und +Strumpfwirkerei+. Vor dem 30jährigen Kriege hatte in
Chemnitz ausser der Leinweberei die von Niederländern eingebürgerte
Tuchmacherei geblüht; nunmehr wandte man sich mit Erfolg der
Baumwollenweberei zu und fertigte anfangs (1715) Barchent und dann
(1725) Musseline und Kattune und allerlei bunte Waaren. Fünfzig Jahre
nach dem Betreten der neuen industriellen Bahn mögen in und um Chemnitz
2000 Handstühle in Thätigkeit gewesen sein. Die Strumpfwirkerei war
in Chemnitz schon 1728 eingeführt worden; sie gewann aber erst grosse
Bedeutung als es dem Kaufmann +Esche+ in Limbach (1776) gelungen war,
mit Hülfe zweier geschickten Arbeiter den von dem Engländer Lee
erfundenen Strumpfwirkerstuhl nachzubauen.

Auch die erzgebirgische Frauenindustrie erhielt im Laufe des 18.
Jahrhunderts eine Zugabe. Die aus Bialystock gebürtige +Clara
Angermann+, welche sich mit dem Förster Nollain in Eibenstock
vermählte, hatte in einem polnischen Kloster das +Tambouriren+ -- das
Sticken mit der Häkelnadel -- gelernt und verpflanzte es (1775) nach
Eibenstock.

Rechnet man zu dem Allen, dass der Bergbau durch die 1765 in Freiberg
errichtete Bergakademie zur Wissenschaft erhoben wurde und man nun
im Stande war, in grösseren »Teufen« abzubauen und minder edle Erze
zu verhütten, so wird man begreifen, dass schon im verflossenen
Jahrhundert das Erzgebirge ein +Hauptindustriegebiet+ für +Sachsen+, ja
für ganz +Deutschland+ wurde. Dabei ist jedoch anzuerkennen, dass die
+Grossindustrie+ erst seit Anwendung der Maschinen und der Einführung
des fabrikmässigen kaufmännischen Betriebes entstanden ist. Der
Gebrauch der Spinnmaschine (erfunden 1775 durch +Richard Arkwright+ in
England), die Anwendung des Jacquard- und des Kraft- oder mechanischen
Webstuhles und die Benutzung des Rundstuhles (Strumpfstuhles) wirkten
entscheidend. Wurde auch die Handspinnmaschine in die Rumpelkammer
verwiesen, wurde auch das Webeschifflein der Hand des Arbeiters
entzogen und der gewöhnliche Strumpfwirkerstuhl auf gewisse Arbeiten
beschränkt, so wuchs die Production doch ungemein und wurden bei ihr
überhaupt vielmehr Leute beschäftigt, denn früher.

Auch bei der Klöppelei und Stickerei traten Maschinen auf; so dort die
1809 von Heathcoat in Nottingham erfundene und rasch vervollkommnete
Bobbinetmaschine, welche einfache Spitzen sehr billig herstellt, und
hier die von den Schweizern aufgebrachte Stickmaschine, welche 200--500
Nadeln durch einen Hebeldruck in Bewegung setzt und darum nicht zu
verwickelte Garnituren um einen geringen Preis liefert. Beide Maschinen
machten der Frauenarbeit gefährliche Concurrenz, drückten die Löhne
herab und drohten, der weiblichen Hand, welche früher das Spinnrad und
neuerdings durch die Strick- und Nähmaschine fast das Strick- und
Nähzeug verloren hat, auch den Klöppel und die Sticknadel zu entwinden;
aber durch den Uebergang zu künstlicheren Mustern und die Verbindung
von Maschinen- und Handarbeit ist es ihr dennoch gelungen, sich neben
und mit den Maschinen zu behaupten.


=13. Angabe der Industriebezirke.= -- Wie anderwärts, so hat sich auch
im Erzgebirge fast jeder einzelne Industriezweig auf einem bestimmten
Gebiete heimisch gemacht und wird da mit verwandten Beschäftigungen
beinahe ausschliesslich betrieben. Je nach der Wichtigkeit des Gewerbes
nimmt ein solches Gebiet mehrere Quadratmeilen ein, oder beschränkt
sich auf einen kleineren, ja oft sehr kleinen Flächenraum. Die
+Holzschleifereien+ und +Sägemühlen+, die +Baumwoll-+, +Woll-+ und
+Flachsspinnereien+, kurz alle Fabriken, welche Wasserkraft benutzen,
folgten erklärlicher Weise den Flussläufen und finden sich besonders in
den Thälern der Sehma, der Zschopau, der Flöha, der Chemnitz, sowie der
Zwota und Biela.

Als die wichtigsten Industriebezirke haben wir zu nennen:

=a) den Metallbergbau-Bezirk.= Man baut auf allerlei Metalle, besonders
auf Zinn, Eisen und Silber. Für den Silberbergbau ist Freiberg und
Umgegend massgebend; Zinn wird namentlich in Altenberg, Eisen um
Schwarzenberg gegraben. Zur guten Verwerthung der geförderten Erze hat
man mehrere Hüttenwerke angelegt, so: die +Silber- oder Obermuldner
Hütten+ bei Freiberg, die grossartigsten metallurgischen Anstalten des
Erzgebirges; die +Marienhütte+ in Zwickau, das bedeutendste Eisenwerk
von Sachsen; +Hohöfen+ -- meist mit Giessereien, Hammer- und Walzwerken
verbunden -- in der Nähe von Döhlen und Kallich, sowie von Eibenstock
und Schwarzenberg; die +Zinnhütten+ im Marienberger und Altenberger
Reviere; die +Gifthütte+ bei Altenberg, die +Saigerhütte+ zu Grünthal
und die +Blaufarben+werke zu Oberschlema und Pfannenstiel.

=b) den Kohlenbergbau-Bezirk.= Dieser umfasst das Erzgebirgische
und Potschappler Kohlenbassin; für jenes ist Zwickau, für dieses
Potschappel selbst Mittelpunkt. Die Kohlenförderung hat in neuester
Zeit ungemein zugenommen; man kann rechnen, dass jährlich 40,000,000
Centner Steinkohlen ausgebracht werden, wovon ¾ auf Zwickau und
Umgegend und ¼ auf den Plaueschen Grund entfallen. -- In der Nähe der
Kohlenwerke sind meist bedeutende Coaksbrennereien entstanden.

=c) den Waldbezirk.= Hierzu gehören alle grösseren Waldungen des
Erzgebirges, besonders die bedeutenden Forste um Auerbach und
Schöneck, um Schwarzenberg und Crottendorf. Schon im Walde selbst
sind viele Leute thätig, so: die Holzhauer, Köhler, Pechsieder
und Russbrenner; noch mehr aber beschäftigen sich in dem Hause
mit Verarbeitung des vom Walde gelieferten Holzes. In Lauter (bei
Schwarzenberg) fertigt man Körbe (Spannkörbe) aus Fichtenholz, in
Waldkirchen und Grünhainichen allerlei Haus- und Küchengeräth;
Johanngeorgenstadt liefert feine Tischlerwaaren; Klingenthal sowie
Markneukirchen musikalische Instrumente; in Rabenau betreibt man
Stuhlbauerei und um Olbernhau und Seifen allgemein die Fabrikation von
Spielwaaren.

=d) den Weberbezirk.= Hauptort hierfür ist +Chemnitz+, doch hat
sich die Weberei von da auch nach Glauchau, Meerane, Frankenberg,
Ernstthal, Hohenstein und dem Mülsener Grund, sowie nordwärts selbst
bis Lunzenau und Rochlitz verbreitet. Im Voigtlande herrscht die
Weissbaumwollenweberei vor. -- Die Weberei hat in den meisten Orten
auch Färberei, Zeugdruck und Appretur hervorgerufen.

=e) den Strumpfwirkerbezirk=, welcher seine Anhaltspunkte in Chemnitz,
Limbach und Stollberg findet.

=f) den Posamentierbezirk= mit den Ortschaften Annaberg, Buchholz,
Schlettau, Scheibenberg, Geyer, Ehrenfriedersdorf und Wolkenstein.

=g) den Spitzenklöppeleibezirk=, welcher von der Umgegend
Marienbergs über Drehbach und Zwönitz bis Schneeberg und von da über
Johanngeorgenstadt, Wiesenthal u. Kupferberg bis Reitzenhain und
Pobershau sich erstreckt.

=h) den Näh-= und =Stickereibezirk=, welcher einestheils an Eibenstock
und anderntheils an Plauen sich anlehnt; und

=i) den Strohflechtebezirk=, welcher die Gegend zwischen Altenberg,
Dippoldiswalde und Lauenstein einnimmt.

Ausserdem sind mehrere nur an einzelnen Orten auftretende
Industriezweige namhaft zu machen. In Chemnitz blüht die erst 1826
eingerichtete +Maschinenbauerei+, so dass daselbst Locomotiven,
Förderzeuge für Bergwerke, mechanische Webstühle, Pumpen und
Feuerspritzen, Pflug-, Säe- und Dreschmaschinen und allerlei Werkzeuge,
Bohr- und Hobelmaschinen gefertigt werden. -- Kirchberg, Zschopau,
Oederan, Hainichen haben +Tuchfabrikation+; Annaberg und Buchholz
die Fabrikation von +Krinolinen+ und +Korsets+; Buchholz, Freiberg
und Chemnitz liefern +Kartonagen+; Johanngeorgenstadt und besonders
Joachimsthal +Handschuhe+; in Karlsfeld werden +Schwarzwälder Uhren+,
in Glashütte +Taschenuhren+ gefertigt.

Und damit ist die Angabe der kleinen Industriezweige noch nicht
erschöpft: Freiberg liefert +Leonische+ (Lyoner) d. h. unächte +Gold-+
und +Silbertressen+, Wiesenthal +Stecknadeln+, Schönheide allerlei
Arten von Bürsten; Lauter, Beierfeld, Bernsbach und Grünhain fertigen
die verschiedensten +Blechwaaren+, besonders auch Blechlöffel; Zöblitz
hat seine +Serpentindrechselei+ und Bernsbach seine +Feuerschwamm-+ und
Bockau seine +Medicinbereitung+.

=14. Baudenkmäler.= -- Das Erzgebirge hat, als spät besiedelt, nicht
viel Baudenkmäler aufzuweisen. Die schönste Gabe ist »die goldene
Pforte« im Dome zu Freiberg, welche vielleicht das Höchste mit
darstellt, was altdeutsche Kunst geschaffen hat. Sie gehört dem 13.
Jahrhundert an und ist im romanischen oder Rundbogenstyle erbaut,
während der Dom selbst zwei hundert Jahre später im gothischen
Geschmacke ausgeführt worden ist. Andere hervorragende Kirchen, meist
zur Zeit der spätesten Gothik entstanden, sind: die Stadtkirche zu
Chemnitz, die Marienkirche zu Zwickau, die Annenkirche zu Annaberg
und die Hauptkirche zu Schneeberg. In neuester Zeit ist die Gothik an
der prächtigen Kirche im Dorfe Bockwa bei Zwickau wieder in Anwendung
gekommen. -- Wer auf einer der später angegebenen »Nebentouren«
nach Wechselburg kommt, versäume nicht, die dasige Schlosskirche zu
besuchen: sie gehört nächst der Kirche zu Gernrode im Harze zu den
vollendetsten romanischen Bauten von ganz Deutschland. -- Werthvolle,
berühmte Schlösser des Erzgebirges sind: Sachsenburg, Lichtenwalde,
Augustusburg, Rothenhaus und Eisenberg. Als bedeutende Ruinen haben wir
die Burgruine bei Frauenstein, die Ruine Hassenstein bei Sonnenberg und
die Ruine Riesenburg bei Osseg zu nennen.

[Illustration]



Reisepläne.


A. Haupttouren.


I. =Von Dresden durch das ganze Erzgebirge.=

[Illustration]

    1. Tag. Von +Dresden+ mit Eisenbahn bis +Mügeln+; zu Fuss über
        +Weesenstein+, +Schlottwitz+ und +Börnchen+ nach +Lauenstein+.

    2. Tag. Ueber +Löwenhain+, +Fürstenau+ u. +Voigtsdorf+ nach dem
        +Mückenthürmchen+.

    3. Tag. Ueber +Voigtsdorf+, +Vorder-+ u. +Hinterzinnwald+ nach
        +Altenberg+. Besteigung des +Kahlenberges+.

    4. Tag. Ueber +Neugeorgenfeld+ und +Zaunhaus+ nach dem
        +Glöselsberg+; über +Niklasberg+, +Klostergrab+ und +Osseg+
        nach +Dux+.

    5. Tag. Mit Eisenbahn über +Ratschitz+ u. +Brüx+ nach +Seestadtl+.
        Zu Fuss über Schloss +Eisenberg+ nach +Rothenhaus+.

    6. Tag. Aufenthalt in +Rothenhaus+.

    7. Tag. Zu Fuss über +Göttersdorf+ nach +Kallich+; über
        +Gabrielenhütte+ und +Teltsch+ nach +Grünthal+.

    8. Tag. Zu Fuss über Leubnitz-Dörfchen nach +Olbernhau+. Mit Post
        nach +Zöblitz+. Zu Fuss nach +Marienberg+; über +Warmbad+ nach
        +Wolkenstein+. Mit Eisenbahn nach +Annaberg+.

    9. Tag. Abstecher nach dem +Greifenstein+. Besuch von +Wiesenbad+.

    10. Tag. Ueber +Bärenstein+ nach +Weipert+; über +Weiperter
        Forsthaus+ u. +Schmiedeberg+ nach +Kupferberg+.

    11. Tag. Ueber +Oberhals+ und +Stolzenhain+ nach +Oberwiesenthal+.

    12. Tag. Besteigung des +Fichtel-+ u. +Keilberges+; über
        +Tellerhäuser+ und +Ehrenzipfel+ nach +Rittersgrün+.

    13. Tag. +Ueber Klobenstein+ und +Crandorf+ nach +Schwarzenberg+.
        Mit Eisenbahn nach +Schneeberg+.

    14. Tag. Mit Post nach +Eibenstock+; zu Fuss nach +Wildenthal+.

    15. Tag. Besteigung des +Auersberges+; mit Einspänner über +Weiters
        Glashütte, Sauersack+ (traurigster Ort des Obergebirges),
        +Nancy+, +Schwaderbach+ u. +Graslitz+ nach +Klingenthal+.

    16. Tag. Mit Post über +Markneukirchen+ nach +Adorf+; zu Fuss nach
        +Bad Elster+.

    17. Tag. Aufenthalt in +Elster+.

    18. Tag. Mit Eisenbahn nach +Oelsnitz+; zu Fuss nach +Schöneck+;
        mit Post nach +Falkenstein+.

    19. Tag. Mit Eisenbahn nach +Netzschkau+; zu Fuss über +Mylau+ und
        die +Göltzschthalbrücke+ nach +Reichenbach+; mit Eisenbahn nach
        +Zwickau+.

    20. Tag. Aufenthalt in +Zwickau+. Mit Eisenbahn nach +Chemnitz+.

    21. Tag. Aufenthalt in +Chemnitz+.

    22. Tag. Mit Eisenbahn nach +Erdmannsdorf+; Besteigung der
        +Augustusburg+; mit Eisenbahn über +Zschopau+ nach
        +Scharfenstein+; zu Fuss retour nach Zschopau.

    23. Tag. Zu Fuss über +Krumhermersdorf+ nach +Lengefeld+; über
        +Forchheim+, +Haselbach+ u. +Dörnthal+ nach +Sayda+.

    24. Tag. Mit Post nach +Frauenstein+; Besuch der +Ruine+; zu
        Fuss über +Burkersdorf+, +Lichtenberg+ u. +Weissenborn+ nach
        +Freiberg+.

    25. Tag. Aufenthalt in +Freiberg+.

    26. Tag. Mit Eisenbahn nach +Tharandt+ und +Dresden+.


II. =Von Zwickau durch das ganze Erzgebirge.=

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Reichenbach+; Abstecher nach Mylau und
        der Göltzschthalbrücke; mit Eisenbahn über Oelsnitz nach Bad
        +Elster+.

    2. Tag. Aufenthalt in Elster.

    3. Tag. Mit Post nach +Markneukirchen+; zu Fuss über +Klingenthal+,
        +Brundöbra+ u. +Tannebergsthal+ nach +Jägersgrün+.

    4. Tag. Nach +Rautenkranz+; über die +Wilzschhäuser+ und
        +Karlsfeld+ nach +Wildenthal+.

    5. Tag. Auf den +Auersberg+. Zu Fuss nach +Eibenstock+. Mit Post
        nach +Schneeberg+.

    6. Tag. Mit Eisenbahn nach +Schwarzenberg+; zu Fuss durch das
        +Schwarzwasserthal+ nach +Johanngeorgenstadt+.

    7. Tag. Ueber +Platten+, +Seifen+ u. +Gottesgabe+ nach
        +Oberwiesenthal+.

    8. Tag. Auf den +Fichtel-+ und +Keilberg+; über +Hofberghäuser+
        nach +Kupferberg+.

    9. Tag. Nach +Pressnitz+; auf den +Hassberg+; über +Jöhstadt+ nach
        +Annaberg+.

    10. Tag. Zu Fuss nach +Wiesenbad+. Mit Eisenbahn nach
        +Wolkenstein+. Zu Fuss über +Warmbad+ nach +Marienberg+ und
        +Zöblitz+; mit Post nach +Olbernhau+.

    11. Tag. Nach +Grünthal+ und dessen Umgebungen; weiter durch das
        obere Flöhathal nach +Purschenstein+.

    12. Tag. Ueber +Heidelbach+, +Heidelberg+ und +Deutsch-+ und
        +Böhmisch-Einsiedel+ nach +Oberleitensdorf+.

    13. Tag. Nach +Osseg+; auf die +Riesenburg+; nach +Klostergrab+.

    14. Tag. Ueber +Kosten+, +Tischau+, +Zuckmantel+, +Judendorf+,
        +Mariaschein+ und +Graupen+ nach dem +Mückenthürmchen+.

    15. Tag. Aufenthalt auf dem +Mückenthürmchen+. Ueber Vorderzinnwald
        nach +Altenberg+.

    16. Tag. Ueber +Geising+ nach +Lauenstein+; mit Post nach
        +Glashütte+; zu Fuss über +Luchau+ und +Niederfrauendorf+ nach
        +Dippoldiswalde+.

    17. Tag. Ueber +Hermsdorf+, +Wendisch-Carsdorf+, +Gross-+ u.
        +Kleinölsa+ u. +Rabenau+ nach +Tharandt+. Mit Eisenbahn nach
        +Freiberg+.

    18. Tag. Aufenthalt in +Freiberg+.

    19. Tag. Mit Post nach +Frauenstein+; Besuch der Ruine; mit Post
        nach Sayda.

    20. Tag. Zu Fuss über +Dörnthal+, +Haselbach+ und +Forchheim+ nach
        +Lengefeld+; über Krummhermersdorf nach Zschopau.

    21. Tag. Mit Eisenbahn nach +Erdmannsdorf+; Besuch der
        +Augustusburg+; mit Eisenbahn nach +Niederwiesa+; Abstecher
        nach +Lichtenwalde+; mit Eisenbahn nach +Chemnitz+.

    22. Tag. Aufenthalt in +Chemnitz+; mit Eisenbahn nach +Zwickau+.


III. =Von Chemnitz durch das mittlere Erzgebirge.=

[Illustration]

    1. Tag. Mit Post über +Stollberg+ nach +Thum+; auf den
        Greifenstein; zu Fuss über +Geyer+ nach +Elterlein+.

    2. Tag. Ueber den +Fürstenbrunn+ nach +Schwarzenberg+; über
        +Klobenstein+ nach +Rittersgrün+.

    3. Tag. Ueber +Ehrenzipfel+ u. +Tellerhäuser+ nach +Gottesgabe+;
        Besuch des +Fichtel-+ und +Keilberges+; nach +Oberwiesenthal+.

    4. Tag. Ueber +Hofberghäuser+ u. +Reitförster+ nach +Hauenstein+.

    5. Tag. Ueber +Wotsch+, +Pürschstein+ und +Klösterlein+ nach
        +Brunnersdorf+.

    6. Tag. Auf Ruine +Hassenstein+; über +Platz+, +Sonnenberg+ und
        +Reischdorf+ nach +Pressnitz+.

    7. Tag. Ueber +Dörnsdorf+ und +Köstlwald+ nach +Kupferberg+; über
        +Schmiedeberg+, +Weiperter Forsthaus+ und +Weipert+ nach
        Annaberg.

    8. Tag. Nach +Wiesenbad+; mit Eisenbahn nach Wolkenstein; zu Fuss
        über +Warmbad+ und +Marienberg+ nach +Zöblitz+.

    9. Tag. Ueber +Ansprung+ und +Grundau+ nach +Olbernhau+; über
        +Leubnitz-Dörfchen+ und die Bastei nach +Grünthal+; Ausflug
        nach Teltsch.

    10. Tag. Ueber +Oberneuschönberg+, +Neuhausen+, Heidelbach,
        +Heidelberg+, nach +Deutsch-+ und +Böhmisch-Einsiedel+.

    11. Tag. Nach +Oberleitensdorf+, Kloster +Osseg+; über +Riesenburg+
        nach +Langewiese+.

    12. Tag. Auf den +Wieselstein+; über Forsthaus +Georgenhöhe+
        und Schloss +Lichtenwaldstein+ nach +Böhmisch-+ und
        +Deutsch-Georgenthal+; über +Cämmerswalde+ nach +Sayda+.

    13. Tag. Ueber +Dörnthal+ und +Haselbach+ nach +Lengefeld+; weiter
        über +Krummhermersdorf+ nach +Zschopau+. Mit Eisenbahn nach
        +Chemnitz+.


IV. =Von Dresden in das östliche Erzgebirge.=

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Pirna+. Zu Fuss in das +Rottwerndorfer+
        Thal, nach +Cotta+, auf den +Cottaer Spitzberg+, nach
        +Berggieshübel+ und +Gottleuba+.

    2. Tag. Ueber +Haselberg+, +Oelsen+ und +Oelsengrund+ nach
        +Schönwald+; auf den +Spitz-+ oder +Sattelberg+; nach
        +Streckenwalde+ u. +Ebersdorf+; zum +Mückenthürmchen+.

    3. Tag. Ueber +Graupen+, +Mariaschein+ u. +Turn+ nach +Teplitz+.

    4. Tag. Aufenthalt in +Teplitz+. Abends mit Eisenbahn nach +Dux+.

    5. Tag. Nach Kloster +Osseg+; auf die Riesenburg, nach
        +Langewiese+; auf den Wieselstein; nach Fleyh, am Flossgraben
        nach +Böhmisch-+ u. +Deutsch-Georgenthal+.

    6. Tag. Ueber +Cämmerswalde+ nach +Sayda+; mit Post nach
        +Frauenstein+; Besuch der Ruine.

    7. Tag. Ueber +Hartmannsdorf+, +Röthenbach+ u. +Beerwalde+ nach
        +Dippoldiswalde+.

    8. Tag. Ueber +Wendisch-Carsdorf+, +Gross-+ und +Kleinölsa+ und
        +Rabenau+ nach +Tharandt+; mit Eisenbahn nach Dresden.


V. =Von Zwickau in das westliche Erzgebirge.=

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Reichenbach+; Ausflug nach der
        +Gölzschthalbrücke+; mit Eisenbahn nach +Plauen+.

    2. Tag. Mit Post nach +Oelsnitz+; mit Eisenbahn nach +Adorf+, zu
        Fuss nach Bad +Elster+.

    3. Tag. Mit Eisenbahn nach +Franzensbad+; zu Fuss über den
        +Kammerbühl+ nach +Eger+.

    4. Tag. Besuch des Rathhauses und der Burgruine. Mit Eisenbahn über
        +Falkenau+ und +Elnbogen+ nach +Karlsbad+.

    5. Tag. Aufenthalt in +Karlsbad+.

    6. Tag. Mit Post nach +Johanngeorgenstadt+; zu Fuss im
        Schwarzwasserthale nach +Schwarzenberg+.

    7. Tag. Mit Eisenbahn nach +Aue+; zu Fuss nach +Schneeberg+; mit
        Post nach +Eibenstock+.

    8. Tag. Ueber +Rautenkranz+, +Tannebergsthal+ und +Brunndöbra+ nach
        +Klingethal+.

    9. Tag. Mit Post nach +Markneukirchen+; zu Fuss über +Wohlbach+ und
        +Eschebach+ nach +Schöneck+; mit Post nach +Falkenstein+.

    10. Tag. Mit Eisenbahn über +Auerbach+ nach +Lengenfeld+; zu Fuss
        über +Irfersgrün+ und +Wolfsgrün+ nach +Kirchberg+.

    11. Tag. Nach +Wiesenburg+; mit Eisenbahn nach Schloss +Stein+; zu
        Fuss nach +Hartenstein+ und +Wildenfels+; über +Reinsdorf+ nach
        +Zwickau+.


B. Specialtouren.


VI. =Von Dresden= nach dem =Mückenthürmchen=.

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Pirna+. Mit Post nach +Berggieshübel+.
        Zu Fuss über +Giessenstein+ und +Gottleuba+ nach +Peterswalde+.

    2. Tag. Ueber Jungferndorf nach der +Nollendorfer+ Höhe; auf dem
        Kamm hin nach Ebersdorf und dem +Mückenthürmchen+; durch
        Vorder-Zinnwald nach +Altenberg+.

    3. Tag. Nach Oberförsterei +Bärenburg+, durch den +Langengrund+
        und an einer Mühle vorbei nach +Schmiedeberg+ und
        +Dippoldiswalde+. Mit Post nach +Dresden+.


VII. =Von Dresden nach dem Spitz- oder Sattelberg.=

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Pirna+. Mit Post nach +Liebstadt+. Zu
        Fuss über +Börnersdorf+ nach +Breitenau+.

    2. Tag. Ueber Klein-+Liebenau+ nach +Schönwald+; auf den +Spitz-+
        oder +Sattelberg+; über den +Oelsengrund+ und +Oelsa+ nach
        +Gottleuba+. Mit Post nach +Pirna+; mit Eisenbahn nach
        +Dresden+.


VIII. =Von Dresden in's Thal der rothen Weisseritz.=

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Tharandt+. Zu Fuss durch den Rabenauer
        Grund und Rabenau nach Dippoldiswalde.

    2. Tag. Ueber +Reinhardtsgrimma+, +Maxen+, +Mühlbach+,
        +Weesenstein+ und +Dohna+ nach +Mügeln+. Mit Eisenbahn nach
        +Dresden+.


IX. =Von Dresden in's Thal der Bobritzsch.=

[Illustration]

    1. Tag. Mit Post nach +Dippoldiswalde+. Zu Fuss über
        +Schmiedeberg+, eine +Mühle+ und den +Langengrund+ nach
        +Bärenburg+.

    2. Tag. Nach +Schellerhau+ auf den +Pöbelknochen+; nach Dorf
        +Sayda+; über +Schönfeld+ u. +Reichenau+ nach +Frauenstein+.

    3. Tag. Auf die Burgruine. Ueber +Klein-+, +Ober-+ und
        +Niederbobritzsch+ nach +Naundorf+.

    4. Tag. Nach +Krummenhennersdorf+; die Grabentour entlang bis
        +Reinsberg+; dann über +Bieberstein+, +Zollhaus Steier-+ und
        +Beiermühle+ nach +Nossen+.

    5. Tag. Besuch von +Altzelle+; dann über +Rothschönberg+, +Munzig+
        und das +Tribischthal+ nach Meissen; mit Eisenbahn nach Dresden.


X. =Von Freiberg= nach dem =Mückenthürmchen=.

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Tharandt+. Zu Fuss durch den
        +Rabenauer+ Grund bis zur grossen Mühle; dann über +Rabenau+,
        +Klein-+ u. +Gross-Oelsa+, +Wendisch-Carsdorf+ u. +Hermsdorf+
        nach +Dippoldiswalde+.

    2. Tag. Ueber +Niederfrauendorf+ und +Luchau+ nach +Glashütte+; mit
        Post n. +Lauenstein+.

    3. Tag. Zu Fuss über +Löwenhain+, +Fürstenau+ u. +Voigtsdorf+ n. d.
        +Mückenthürmchen+.

    4. Tag. Nach +Graupen+, +Mariaschein+, +Judendorf+, +Tischau+,
        +Kosten+, +Klostergrab+ und +Niklasberg+.

    5. Tag. Ueber +Moldau+, +Rechenberg+ u. +Bienmühle+ nach
        +Frauenstein+; mit Post nach +Freiberg+.


XI. =Von Freiberg= nach =Nossen= (Grabentour).

[Illustration]

    1. Tag. Ueber +Halsbrücke+ u. +Rothenfurth+ nach
        +Krummenhennersdorf+; die Grabentour entlang bis
        Oberreinsberg, dann über +Bieberstein+, die +Steier-+ u.
        +Beiermühle+ n. +Nossen+.

    2. Tag. Besuch von +Altzella+; mit Post nach +Wilsdruf+; zu Fuss
        nach +Tharandt+; mit Eisenbahn nach +Freiberg+.


XII. =Von Freiberg durch's Zschopau- und Flöhathal= nach =Rothenhaus.=

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Oederan+; zu Fuss über die
        +Schönerstädter Höhe+, +Hausdorf+ u. +Mühlbach+ nach
        +Frankenberg+.

    2. Tag. Abstecher nach +Sachsenburg+; mit Eisenbahn bis
        +Braunsdorf+; zu Fusse über +Lichtenwalde+ nach +Niederwiesa+;
        mit Eisenbahn bis +Erdmannsdorf+; auf dem Waldweg nach
        Schellenberg und auf die Augustusburg.

    3. Tag. Ueber +Waldkirchen+ nach dem Waldkirchner Bahnhof; mit
        Eisenbahn nach +Wolkenstein+; mit Post über +Marienberg+ und
        +Zöblitz+ nach +Olbernhau+.

    4. Tag. Zu Fusse über +Grünthal+, +Rothenthal+ und +Gabrielenhütte+
        nach +Kallich+; dann über +Göttersdorf+ nach +Rothenhaus+.

    5. Tag. Ueber +Eisenberg+, +Ober-Georgenthal+ und +Kreuzweg+ nach
        +Deutsch-Einsiedel+.

    6. Tag. Ueber +Heidelberg+, Heidelbach u. +Purschenstein+ nach
        +Sayda+; mit Post über +Gross-Hartmannsdorf+ nach +Freiberg+.


XIII. =Von Chemnitz über Frankenberg und Hainichen= nach =Freiberg.=

[Illustration]

    1. Tag. Zu Fusse über +Ebersdorf+ nach +Lichtenwalde+; auf den
        +Harrassprung+; nach +Frankenberg+.

    2. Tag. Nach +Sachsenburg+, Schloss +Gersdorf+, Falkenau und
        +Hainichen+.

    3. Tag. Ueber +Pappendorf+, +Gossberg+, +Reichenbach+,
        +Voigtsberg+, +Hohentanne+ und +Haide+ nach Krummenhennersdorf.

    4. Tag. Ueber Rothenfurth, Churprinz, Wasserleitung, Altväter und
        Halsbrücke nach Freiberg; mit Eisenbahn nach Chemnitz.


XIV. Von =Chemnitz= nach der =Prinzenhöhle= und dem =Greifenstein=.

[Illustration]

    1. Tag. Mit Post nach +Stollberg+. Zu Fuss auf Schloss +Hoheneck+;
        über +Mitteldorf+, +Oberdorf+, +Beutha+ und +Raum+ nach
        +Hartenstein+.

    2. Tag. Ueber die +Prinzenhöhle+ nach Schloss +Stein+; mit
        Eisenbahn nach +Aue+; zu Fuss über +Lössnitz+ u. +Zwönitz+ nach
        +Geyer+.

    3. Tag. Auf den +Greifenstein+; nach +Ehrenfriedersdorf+; durch
        das Wilschthal, über +Venusberg+ nach +Scharfenstein+; mit
        Eisenbahn nach Chemnitz.


XV. Von =Annaberg= über =Wiesenthal= nach =Johanngeorgenstadt.=

[Illustration]

    1. Tag. Zu Fuss über +Buchholz+, +Buchholzer Anlagen+ und
        +Walthersdorf+ nach +Crottendorf+; Besuch der +Marmorbrüche+;
        über +Neudorf+ u. den +Vierensteig+ nach +Oberwiesenthal+.

    2. Tag. Besuch des +Keil-+ und +Fichtelberges+; mit Führer über
        die +Tellerhäuser+, +goldene Höhe+ und +halbe Meile+ nach
        +Johanngeorgenstadt+.

    3. Tag. Im Schwarzwasserthale nach +Schwarzenberg+; mit Post nach
        Annaberg.


XVI. Von =Annaberg= nach =Kupferberg=; über den =Fichtelberg= nach dem
=Mittweidethal=.

[Illustration]

    1. Tag. Zu Fuss über +Buchholz+ und +Sehma+ nach +Cranzahl+; über
        die +Grundmühle+ auf den +Bärenstein+; nach +Weipert+; durch
        den Wald nach +Pleil+ und +Pressnitz+.

    2. Tag. Ueber +Dörnsdorf+ und +Köstlwald+ nach +Kupferberg+, über
        Oberhals und Hofberghäuser nach +Oberwiesenthal+.

    3. Tag. Nach dem Gasthof +Neuhaus+; auf den +Sonnenwirbel+ und
        +Keilberg+; retour zum Gasthof; auf den +Fichtelberg+ und (mit
        Führer) auf dem Reitsteig, dem Hirschfalzer Weg und der alten
        Joachimsthaler Strasse ins +Mittweidethal+; bis +Nitzschhammer+
        und +Markersbach+; dann nach +Scheibenberg+ u. mit Post nach
        Annaberg.


XVII. Von =Annaberg= nach =Hauenstein= und =Joachimsthal=; heimwärts
Besuch des =Pöhlthales= bei =Rittersgrün.=

[Illustration]

    1. Tag. Zu Fuss über +Weipert+, +Wiesenthaler Schlössel+,
        +Stolzenhain+ u. +Reitförster+ nach +Hauenstein+.

    2. Tag. Aufenthalt in Hauenstein. Ueber +Schönwald+ nach
        +Joachimsthal+.

    3. Tag. Ueber +Gottesgabe+, +Tellerhäuser+ und +Ehrenzipfel+ nach
        +Rittersgrün+.

    4. Tag. Ueber +Klobenstein+, +Raschau+, +Scheibenberg+ u.
        +Schlettau+ nach +Annaberg+.


XVIII. Von =Annaberg= in's =Pressnitzthal=, nach der =Ruine
Hassenstein=, in's =Egerthal=.

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Wolkenstein+. Zu Fuss auf dem
        sogenannten Prinzessinnenweg nach +Niederau+; das Thal der
        +Pressnitz+ hinauf; über +Boden+, +Nieder-+, +Mittel-+ u.
        +Oberschmiedeberg+ nach +Schmalzgrube+; dann nach +Jöhstadt+.

    2. Tag. Nach +Pressnitz+, +Sonnenberg+ u. +Platz+; auf den
        +Hassenstein+, nach +Brunnersdorf+.

    3. Tag. Ueber +Niklasdorf+ nach +Klösterle+; über +Kunau+ nach
        +Kupferberg+.

    4. Tag. Ueber +Oberhals+, +Schmiedeberg+ u. +Weipert+ nach
        +Annaberg+.


XIX. Von =Annaberg= über den =Greifenstein nach der Prinzenhöhle=.

[Illustration]

    1. Tag. Zu Fuss über +Schönfeld+ nach +Ehrenfriedersdorf+; auf den
        +Greifenstein+; über +Geyer+ nach +Zwönitz+.

    2. Tag. Ueber +Lössnitz+ nach +Aue+; mit Eisenbahn nach +Schloss
        Stein+; zu Fuss nach +Hartenstein+.

    3. Tag. Ueber die +Prinzenhöhle+ retour nach Schloss Stein; mit
        Eisenbahn nach Schwarzenberg. Zu Fuss über Wildenau nach
        dem Fürstenberg; Besuch der Oswaldkirche; nach +Elterlein+,
        +Hermannsdorf+ und +Annaberg+.


XX. Von =Annaberg= nach dem =Teltschthal= bei =Olbernhau=.

[Illustration]

    1. Tag. Zu Fuss über +Geiersdorf+, +Mildenau+ u. +Arnsfeld+
        nach +Oberschmiedeberg+; durch den Wald auf die
        Marienberg-Reitzenhainer Strasse; vor Reitzenhain links ab nach
        +Kühnhaide+; über +Böhmisch-Kühnhaide+ und +Heinrichsdorf+ nach
        +Kallich+; über +Gabrielenhütte+ und +Teltsch+ nach +Brandau+.

    2. Tag. Ueber +Grünthal+ nach +Olbernhau+; dann nach +Zöblitz+,
        +Marienberg+ u. +Wolkenstein+; mit Eisenbahn nach +Annaberg+.


XXI. Von =Olbernhau= nach =Rothenhaus=.

[Illustration]

    1. Tag. Zu Fuss nach Grünthal; über +Oberneuschönberg+, Seifen,
        +Deutsch-+ u. +Böhmisch-Einsiedel+, +Kreuzweg+ u. Johnsdorf
        nach +Obergeorgenthal+.

    2. Tag. Ueber +Eisenberg+ nach +Görkau-Rothenhaus+.

    3. Tag. Ueber +Göttersdorf+ nach +Kallich+; über +Gabrielenhütte+,
        +Teltsch+ u. +Rothenthal+ nach +Olbernhau+.


XXII. Von =Schwarzenberg= nach dem =Auersberg.=

[Illustration]

    1. Tag. Zu Fuss über +Erla+ und +Antonshütte+ nach
        +Johanngeorgenstadt+; nach +Wildenthal+.

    2. Tag. Besteigung des +Auersberges+; mit Führer über
        +Zimmersacher+ nach +Eibenstock+. Abstecher nach +Schönhaider
        Hammer+ und +Schönhaide+.

    3. Tag. Ueber +Unterblauenthal+ u. das +Schindlersche
        Blaufarbenwerk+ nach +Bockau+; über die +Kattunfabrik+,
        +Schmelzhütte+ und +Geitners Argentanfabrik+ nach +Aue+; mit
        Eisenbahn nach +Schwarzenberg+.


XXIII. Von =Zwickau= nach dem =oberen Mulden-= und =Zwotathal.=

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Auerbach+; zu Fuss über +Schönhaide+
        nach +Eibenstock+.

    2. Tag. Ueber +Rautenkranz+, +Tannebergsthal+ und +Brundöbra+ nach
        +Klingethal+.

    3. Tag. Ueber +Hammerwerk-Zwotenthal+ und +Kottenhaide+ nach
        +Schöneck+; mit Post nach +Falkenstein+; mit Eisenbahn nach
        +Zwickau+.


C. Nebentouren.


XXIV. Von =Zwickau= in die =voigtländische Schweiz=.

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Reichenbach+. Zu Fuss nach der
        +Göltzschthalbrücke+; das +Göltzschthal+ entlang nach +Greiz+.

    2. Tag. Im +Elstergrunde+ bis +Elsterberg+; durchs Steinicht,
        über die +Lochmühle+ nach +Liebau+ und +Joketa+; Besuch der
        +Elsterbrücke+; über +Chrieschwitz+ nach +Plauen+.

    3. Tag. Ueber +Neuensalz+ und +Thosfell+ nach +Treuen+; dann über
        +Pfaffengrün+ und +Buchwald+ nach +Netzschkau+; mit Eisenbahn
        nach Zwickau.


XXV. Von =Döbeln= auf den =Rochlitzer Berg=.

[Illustration]

    1. Tag. Zu Fuss über +Technitz+ nach +Klosterbuch+; mit Eisenbahn
        nach +Leisnig+; weiter mit Eisenbahn nach +Tanndorf+; zu Fuss
        zur Vereinigung der beiden Mulden bei +Klein-Sermuth+; nach
        +Colditz+.

    2. Tag. An der Zwickauer Mulde hinauf bis +Rochlitz+; auf den
        +Rochlitzer Berg+.

    3. Tag. Ueber +Grossmilkau+ nach +Erlau+; mit Eisenbahn nach Döbeln.


XXVI. Von =Döbeln= nach =Schloss Kriebstein=.

[Illustration]

    1. Tag. Zu Fuss über +Technitz+ nach Schloss +Schweta+; zur
        Vereinigung der +Zschopau+ und +Freiberger Mulde+; an der
        +Zschopau+ hinauf nach +Waldheim+.

    2. Tag. Auf dem linken Zschopauufer nach Schloss +Kriebstein+;
        über +Ehrenberg+ u. +Schönberg+ retour nach +Waldheim+; mit
        Eisenbahn nach Döbeln.


XXVII. Von =Waldheim= in das =Muldenthal= zwischen =Rochlitz= und
=Waldenburg=.

[Illustration]

    1. Tag. Mit Eisenbahn nach +Erlau+. Mit Post nach +Rochlitz+;
        Besteigung des +Rochlitzer Berges+; zu Fuss nach +Wechselburg+.

    2. Tag. Ueber +Göhren+, +Lunzenau+ und +Rochsburg+ nach +Penig+;
        über +Wolkenburg+ und +Kaufungen+ nach +Waldenburg+.

    3. Tag. Ueber +Remissen+ nach +Glauchau+; mit Eisenbahn nach
        +Waldheim+.

[Illustration]



Routen.


Die nachverzeichneten Routen sind meist +an einem+ Tage zurückzulegen;
nimmt eine Route mehr Zeit in Anspruch, so ist dies besonders angegeben.


I. Route: Von =Dresden= nach dem =Mückenthürmchen= (2 Tage).


1. +Ueber Pirna+, +Gottleuba+, +Schönwalde+. -- Von Dresden mit
Eisenbahn nach +Pirna+ (II. Kl. 10 Ngr.; III. Kl. 7 Ngr). Zu Fuss
zur Zehistaer Strasse; links ab in den +Rottwernsdorfer Grund+, wo
in anliegenden Steinmetzhütten Cottaer und Naundorfer Sandstein
zugerichtet wird. Von Rottwernsdorf verfolgt man einen sandigen
Fahrweg und wendet sich dann links zur +Cottaer+ Kirche. Besteigung
des Cottaer +Spitzberges+, welcher eine schöne Aussicht bietet. Man
sieht den Sattelberg bei Schönwalde, das Mückenthürmchen, den Geising,
den Kahlenberg, die Tellkoppe, den Luchberg, den Wilisch, die goldene
Höhe, Dresden, die Berge der sächsischen Schweiz und das ganze
Elbsandsteingebirge. Zur Kirche zurückgekehrt, hält man sich links,
gelangt zur Fahrstrasse von Pirna und auf dieser nach +Berggieshübel+,
von wo man noch über +Giessenstein+ nach +Gottleuba+ geht, um daselbst
Nachtquartier zu nehmen. -- Die Tour +Pirna-Gottleuba+ kann auch mit
Post zurückgelegt werden. Fahrzeit 2 St. 15 M.; Preis 9 Ngr. -- Am
nächsten Morgen über Hellendorf zur böhmischen Landesgrenze, welche
man kurz vor dem Dorfe +Peterswalde+ überschreitet. Man geht durch den
langen Ort hindurch und wendet sich links über +Jungferndorf+ nach der
»+Nollendorfer Höhe+« (bekannt aus dem Jahre 1813), wo sich dem Auge
eine prachtvolle Aussicht darbietet. Im Osten erblickt man die Spitzen
des Elbsandsteingebirges, des Lausitzer- und Isergebirges; im Süden
das Mittelgebirge mit dem kleinen und grossen Milleschauer; während
nach anderen Richtungen hin das nahe Gebirge die Aussicht versperrt.
-- Von Jungferndorf zurück nach +Schönwalde+, um den Spitz- oder
Sattelberg zu besteigen. An der nördlichen Seite ist dieser Basaltkegel
am zugänglichsten; sein Gipfel, auf welchem ein Crucifix mit starkem
Postamente steht, gewährt die Aussicht auf das Mückenthürmchen, den
Geising, den Luchberg, den Wilisch und andere Höhen des anliegenden
Erzgebirges. Nun geht es über +Streckenwalde+ und +Ebersdorf+ nach
dem +Mückenthürmchen+, womit das Ziel des Tages erreicht ist. --
Nachtquartier in dem gut eingerichteten Gasthause.

Das Mückenthürmchen gehört zu den lohnendsten Aussichtspunkten des
Erzgebirges. Am Abhange liegt in enger Schlucht das Bergstädtchen
Graupen mit den Trümmern der Rosenburg, tief unten im Thale breiten
sich Teplitz und zahlreiche Ortschaften aus und dahinter erheben sich
die stattlichen Kegel des Mittelgebirges; auch schweifen die Blicke
über das Mittelgebirge hinweg, hin zu dem im Blau des Himmels sich
verlierenden Bergen der Lausitz und der Umgegend von Prag.

+Pirna+, Stadt an der Mündung der Gottleube in die Elbe, 350 Fuss über
d. Meeresspiegel, mit 8410 Einwohnern. Treibt Elbhandel und Schiffsbau
und liefert Siderolith- und Töpferwaaren. Am bekanntesten ist es durch
den »Pirnaer« Sandstein, welcher bei Posta, Copitz und Postelwitz und
andern benachbarten Orten gebrochen wird. Aus diesem Sandstein sind
beispielsweise der Magdeburger Dom und das Berliner Schauspielhaus
gebaut. Hart über der Stadt erhebt sich der +Sonnenstein+, welcher in
früherer Zeit zur Vertheidigung des Elbpasses diente. Während er im
15. Jahrhundert den Hussiten widerstand, wurde er (1639) im 30jähr.
Kriege von den Schweden (Baner) erstürmt; die angerichtete Verwüstung
war so arg, dass seit jener Zeit »Pirnaisches Elend« sprichwörtlich
geworden ist. Seit 1811 befindet sich auf dem Sonnensteine eine Heil-
und Verpflegungsanstalt für Geisteskranke. -- In Pirna sind die
Vorverhandlungen für den 1635 geschlossenen +Prager Frieden+ gewesen.
Der Ablasskrämer +Tetzel+ stammte aus Pirna.

+Grosscotta+ und +Kleincotta+, Dörfer; jenes mit 434 und dieses mit
286 E. Liefern Sandstein, welcher sich trefflich zu Bildhauerarbeiten
eignet. -- Cottaer Spitzberg.

+Berggiesshübel+, Stadt an der +Gottleube+, 953 F. ü. M., mit 1007
Einwohnern. Verdankt seinen Namen uralten Giesshütten und hat noch
jetzt zwei grosse Eisenwerke. Das mit schönen Anlagen versehene Bad
(Johanngeorgenbad) wird nur wenig besucht; vormals haben die Dichter
+Gellert+ und +Rabener+ hier öfters geweilt; der Weg, auf dem sie zu
lustwandeln pflegten, heisst noch der Poetengang, und über einer Bank
liest man die Worte:

    Der Sänger frommen Lied's, der heit're Fabeldichter,
    Und Deutschlands Juvenal, der feine Sittenrichter,
    Sie pflegten hier zu ruh'n, nach Zwiesprach ernst und traut.

Lohnende Ausflüge sind: Grosshorn oder die Panoramahöhe; Zwieselgrund
und Zwieselmühle; Gersdorf mit Ruine und der Napoleonstein, so genannt,
weil Napoleon I. bei den häufigen Gefechten in jener Gegend ihn
wiederholt besucht hat.

+Gottleuba+, Stadt an der Einmündung der Fuhde in die Gottleube, 1414
F. ü. M., mit 812 E. Prächtig gelegen im tiefen Thal, zwischen hohen
Felsen. -- Unfern Gottleuba bildet der +Langhennersdorfer Bach+ einen
ansehnlichen Wasserfall.

Bei dem böhmischen Dorfe +Peterswalde+ fanden die Vorkämpfe zur
Schlacht bei Kulm (29. u. 30. August 1813) statt. Der russische General
Ostermann hatte einen Sturm auf die Peterswalder Höhen befohlen, um
die Franzosen vom Egerthal fern zu halten. Aber Vandamme trieb die
Angreifer zurück und folgte ihnen, voll Ungestüms, über Nollendorf
hinab in den Thalkessel. Er erobert Kulm; die Russen (8000 Mann)
können nur durch mörderischen Kampf (dem General Ostermann riss eine
Kanonenkugel die linke Hand weg) ihre Stellung behaupten. Unterdessen
hatte sich der preussische General Kleist genähert, um dem Feinde den
Rückzug abzuschneiden. Am nächsten Tag erneuert sich die Schlacht: die
Russen und ein zu ihnen gestossener österreichischer Heerhaufen leisten
den tapfersten Widerstand; Kleist zieht nach Nollendorf, fällt dem
französischen Korps in den Rücken und zwingt es, sich zu ergeben.


2. +Ueber Mügeln+, +Glashütte+, +Lauenstein+. (2 Tage). -- Von Dresden
mit Eisenbahn bis +Mügeln+ (II. Kl. 6 Ngr., III. Kl. 4½ Ngr.) Zu Fuss
nach +Dohna+, durch den +Sürsener Grund+ nach +Maxen+, herab nach
+Mühlbach+; nun das schöne Müglitzthal hinauf: über +Schlottwitz+
nach +Glashütte+ und weiter durch +Bärenhecke+ und +Bärenstein+ nach
+Lauenstein+, wo man übernachtet. Wer die Strasse nicht liebt, kann
eine Stunde oberhalb Schlottwitz links den Fussweg über Dittersdorf und
Börnchen nach Lauenstein einschlagen. -- Die Post fährt von Mügeln bis
Lauenstein 4 St. 25 M.

Am folgenden Tag begiebt man sich über +Löwenhain+, +Fürstenau+
und +Voigtsdorf+ auf das Mückenthürmchen, wo man wegen des sich
darbietenden Naturgenusses Station macht.

+Mügeln+, Dorf mit 444 E., unfern des Einflusses der Müglitz in die
Elbe. -- Zwischen Mügeln und Pirna +Gross-Sedlitz+, königliches Schloss
mit schönem Garten.

+Dohna+, Stadt an der Müglitz, 544 F. ü. M., mit 1683 E. War einst der
Sitz mächtiger Burggrafen, die aber wegen ihrer Befehdungen zu Anfang
des 15. Jahrhunderts vertrieben wurden. -- Im Mittelalter hatte der
Ort einen berühmten Schöppenstuhl, +Dohnaisches Mal+ u. +Ritterding+
genannt.

+Maxen+, Dorf mit 694 E., hat grosse Kalk- und Marmorbrüche. Hier lebte
der Stifter der Schillerlotterie, Major von Serre. In der Nähe fand
1759 der Finkenfang d. i. die Gefangennahme des preussischen Generals
Fink v. Finkenstein mit 10,000 Mann durch die Oesterreicher statt.

+Glashütte+, Stadt am Einflusse des Briesnitzbaches in die Müglitz,
1003 F. ü. M., mit 1573 E. Verdankt Entstehung und Namen dem Bergbau
auf Glaserz, welches auch verhüttet wurde. Seit dem 30jährigen Kriege
ist der Bergbau zum Erliegen gekommen. Jetzt blüht im Orte die
Fabrikation von Taschenuhren. Die Kirche enthält einige werthvolle
Glas- und Oelgemälde. Vor der Stadt zeigt man eine Felsenhöhle, in
welcher im 15. Jahrhundert der Räuber Wittich hauste, bis er vom Ritter
Weinhold von Bärenstein erschlagen wurde.

+Bärenstein+, kleinste Stadt Sachsens, mit 551 E.

+Lauenstein+, Stadt, 1634 F. ü. M., mit 819 E. Enthält ein altes
Schloss mit Rittersaal, Rüstkammer und Burgverliess. In der Kirche
werthvolles Denkmal ihres Erbauers, des +Günther von Bünau+. Zwischen
Bärenstein und Lauenstein nimmt die Müglitz das Altenberger Wasser
auf und wird dadurch ziegelroth gefärbt. Die rothe Farbe rührt von
den Eisentheilen her, welche in den Pochwerken aus den Zinnerzen mit
fortgespült werden.

+Fürstenau+, Dorf, mit 481 E. In der protestantischen Kirche ein
Marienbild, zu welchem viele Katholiken aus Böhmen ungestört
wallfahrten.


3. +Ueber Mügeln+, +Liebstadt+, +Schönwalde+. (2 Tage) -- Wieder mit
Dampfwagen von Dresden bis Mügeln (II. Kl. 6 Ngr., III. Kl. 4½ Ngr.).
Zu Fuss über +Dohna+ und +Weesenstein+ nach Burkhardtswalde; dann links
ab über Nenntmannsdorf nach +Liebstadt+, von wo man über +Börnersdorf+
nach Breitenau gelangt, was sich zum Nachtquartier eignet. -- Nach
Liebstadt kann man von Pirna aus auch in 2 St. p. Post gelangen. --
Nächsten Morgen begiebt man sich durch den +Oelsengrund+ auf den
+Sattelberg+ und schliesst sich bis zum Mückenthürmchen an die S. 64
angegebene Route an.

+Mügeln+ und +Dohna+ s. S. 67.

+Weesenstein+, Dorf an der Müglitz, mit 311 E. Das Schloss
Privateigenthum des Königs von Sachsen. Ein Saal enthält sämmtliche
Portraits der königlichen Familie seit August dem Starken.

+Liebstadt+, Stadt in einem Seitenthale der Gottleube, 1480 F. ü. M.,
mit 881 E. Hat wie die ganze Umgegend viel Strohflechterei.

Das +Strohflechten+ wird von Altenberg bis über Dohna hinaus und
von Gottleuba bis in die Gegend von Dippoldiswalde getrieben und
beschäftigt gegen 20,000 Menschen. Man gebraucht dazu Weizenstroh,
welches in der gewünschten Art auf dortigem Boden wächst. Das Getreide
wird sorgfältig eingeerntet und namentlich vor Nässe geschützt. Dann
trennt man die Aehren ab und zerschneidet die Halme so, dass die Knoten
herausfallen. Nunmehr wird das Stroh geschwefelt und zum Mürbewerden
in's Wasser gelegt. Nachdem man noch die erweichten Halme mittelst
eines scharfen Instrumentes in schmale Streifen gespalten hat, beginnt
endlich das Flechten. Es ist eine höchst mühsame Arbeit, bei welcher
jedoch die geschmeidigen Finger der Kinder oft ebensoviel, als die
geübten Hände der Erwachsenen leisten.


II. Route: Von =Dresden= nach =Dippoldiswalde=.

1. Von +Dresden+ mit Eisenbahn durch den Plaueschen Grund (II. Kl. 8
Ngr., III. Kl. 6 Ngr.) nach Tharandt. In Tharandt wird ausgestiegen, um
die Sehenswürdigkeiten der Stadt und Umgebung in Augenschein zu nehmen;
dann geht man an der wilden Weisseritz herab bis zur +Hainsberger+
Mühle und lässt sich in der Nähe derselben von einem Wegweiser auf
den Fusspfad »Nach der Rabenauer Mühle« und damit in das Thal der
rothen Weisseritz leiten. Der Fluss tost in steinigem Bette dahin, auf
der einen Seite jähe Felsen, auf der anderen schönbewaldete Abhänge
bespülend. Der Weg bleibt auf letzterer Seite und führt zur Rabenauer
Mühle, welche von prächtigen Felspartien umgeben ist. Da das Thal nur
noch eine kurze Strecke begangen werden kann, so verlässt man hier
dasselbe und wendet sich links nach +Rabenau+; und von da über +Klein-+
und +Grossölsa+ nach +Wendisch-Carsdorf+, um auf der Dresdener Strasse
+Dippoldiswalde+ zu erreichen.

Der +Plauesche Grund+ ist berühmt durch seine Naturschönheit[7], durch
seinen Kohlenreichthum und seine vielen gewerblichen Etablissements,
von denen besonders die Gussstahlfabrik zu Döhlen, die einzige
Sachsens, zu nennen ist.

+Tharandt+, Stadt am Vereinigungspunkte zweier Seitenthäler mit dem
Thale der wilden Weisseritz, 752 F. ü. M., mit 2384 E. Liebliche
Lage. Der Bergvorsprung zwischen den drei Thälern trägt die Trümmer
einer Burg, welche 1568 vom Blitze getroffen und seitdem dem Verfalle
überlassen worden ist. Ausser dieser +Ruine+ sind sehenswerth: Der
+Forstgarten+ mit Cotta's Grab und die »+heiligen Hallen+« d. h. grosse
von majestätischen Buchen gebildete Laubgewölbe. -- Tharandt ist der
Sitz der 1816 errichteten Forstakademie; hat auch ein Bad.

+Rabenau+, Stadt am Oelsenbache, mit 1151 E. Sitz der Stuhlbauerei; man
fertigt allda jährlich 5--6000 Dutzend Stuhlgestelle.

+Dippoldiswalde+, Stadt an der rothen Weisseritz, 1094 F. ü. M.,
mit 2994 E. Sehenswerth: Pfarr- und Friedhofkirche (Nikolaikirche),
Schloss. Spaziergänge: nach der im Walde gelegenen Ruine der
Barbarakapelle und dem nicht weit davon entfernten Einsiedlerbrunnen;
nach den Sandsteinbrüchen am Rabenauer Wege und nach dem ohnweit der
Stadt befindlichen Tartarengrab, d. h. dem Grabmal eines im 7jährigen
Kriege gefallenen Uhlanenofficiers.


2. Von Dresden zu Fuss über +Räcknitz+, (Denkmal des Generals Moreau!)
+goldene Höhe+ und +Possendorf+ nach +Wendisch-Carsdorf+; hier links
ab nach +Hermsdorf+, um den basaltischen +Wilisch+ zu besteigen. Nach
genossener Aussicht auf das Elbthal, die Sächsische Schweiz und die
Altenberger und Frauensteiner Höhen zurück nach Hermsdorf; dann über
Reinberg (Riemrig) und Oberhäslich nach +Dippoldiswalde+.


III. Route: Von =Dippoldiswalde= nach dem =Mückenthürmchen=.

Von Dippoldiswalde bis +Schmiedeberg+ auf der Strasse; bei der Mühle
über dem Hohofen den Langengrund hinaus zur prächtig gelegenen
Oberförsterei +Bärenburg+; von hier mit Führer auf die +Tellkoppe+ und
dann Wanderung auf der Strasse nach +Altenberg+. Weil die Aussicht
auf dem +Geising+ durch Bäume zu sehr versperrt ist, besteigt man den
+Kahlenberg+ und wendet sich über +Hinter-+ und +Vorderzinnwald+ nach
dem +Mückenthürmchen+. -- Wer will, kann von Zinnwald mit Führer noch
den +Lugstein+ besuchen; Aussicht ähnlich wie vom Mückenthürmchen (s.
S. 64--65.)

Von +Bärenburg+ (2252 F. ü. M.) aus soll der König von Sachsen seiner
Gemahlin in Pillnitz »Gute Nacht« gewünscht haben. Er liess bei
eintretender Dunkelheit auf der Tellkoppe eine Rakete steigen; eine
andere von Pillnitz antwortete: es war Gruss und Gegengruss!

+Schmiedeberg+, Flecken am Einfluss des Pöbelbaches in die rothe
Weisseritz, mit 525 E. -- Ausser Hohofen auch Eisenhammer. In früherer
Zeit waren die Bergknappen gute Sänger und mussten oft bei Hoffesten
erscheinen.

+Altenberg+, Stadt am südwestlichen Abhange des Geisingberges, 2298 F.
ü. M., mit 2366 E. -- Die Stadt verdankt ihre Entstehung dem Bergbau.
Im Jahre 1458 wurde in dortiger Gegend Zinn fündig, auf welches man
heute noch baut; freilich ist die dermalige Ausbeute kaum die Hälfte
der früheren (2248 Centner gegen 5000).

Die Erze kommen hier nicht gangförmig, sondern in umfänglichen
Massen, d. i. bergmännisch ausgedrückt, in »Stockwerken« vor. Diese
werden ausgehauen, und so erhält man grosse Weitungen, welche durch
stehenbleibende Gesteinswände (Bergvesten) gestützt werden. Bisweilen
erweisen sich aber die Wände für die darauf ruhende Last als zu schwach
und es entstehen Einsenkungen, sogenannte Tagesbrüche oder +Bingen+.
Der bedeutendste Einsturz fand im Jahre 1624 statt: ein Stockwerk von
450 Ellen Tiefe und 900 Schritten Umfang -- der Schauplatz war die
+grosse+ Binge -- brach in sich zusammen; die Wucht des herabfallenden
Gesteins war so furchtbar, dass die Bodenerschütterung bis Dresden
hin verspürt wurde! -- Die meisten Zinngruben gehören jetzt der
Gewerkschaft +Vereinigt Feld im Zwitterstock+; dieselbe hat allein
20 Wäschen und Pochwerke, welche theils durch Wasser-, theils durch
Dampfkraft getrieben werden.

Ausser Bergbau hat Altenberg +Strohflechterei+, für welche es sogar
Hauptort ist. -- Im Galgenteiche bei Altenberg entspringt die +rothe+
Weisseritz; die +wilde+ Weisseritz hat ihre Quelle hinter Zaunhaus auf
böhmischer Seite.

Fast östlich von Altenberg liegen +Alt-+ und +Neugeising+, mit 1336 E.
Beide Orte treiben wie Altenberg Bergbau und Strohflechterei.


IV. Route: Von =Dippoldiswalde= nach =Sayda=.

1. Von Dippoldiswalde über Ober-Carsdorf, Sadisdorf und Hennersdorf
nach +Frauenstein+; mit Post über Bienmühle und Clausnitz nach +Sayda+
(Passagiergeld: 14 Ngr.)

2. Ein anderer Weg ist: von Dippoldiswalde nach Schmiedeberg und
dem reizenden Bärenburg, dann nach Schellerhau, (Besteigung des
Pöbelknochens) und über Dorf Sayda, Schönfeld und Reichenau nach
+Frauenstein+; von hier mit Post nach (Stadt) +Sayda+.

+Frauenstein+, Stadt zwischen der Gimlitz und Bobritzsch, 2018 F. ü.
M., mit 1435 E. -- 1869 durch grossen Brand heimgesucht. -- Hohe,
freie Lage mit umfassender Aussicht. Grossartig ist die Ruine der
+alten+ Burg, dicht hinter dem jetzigen Schlosse. Auf dem Thurm des
Burgverliesses, der »dicke Märten« genannt, hält man Umschau. Man sieht
den ganzen Tharandter Wald, die Stadt Freiberg, die Augustusburg, den
Greifenstein, den Fichtelberg, den Kamm des östlichen Erzgebirges,
die sächsische Schweiz, das Elbthal, die Pulsnitzer Berge, und
zwischen all' diesen Hauptpunkten viele Thäler und Gründe, Abhänge und
Höhen, Dörfer und Flecken. -- Frauenstein war eine uralte Grenzburg
gegen Böhmen. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts kam es in Besitz
der Burggrafen zu Meissen und 1428 ging es als meissnisches Lehen
an Heinrich von Plauen über. Da dieser sich aber ungehorsam gegen
Friedrich den Sanftmüthigen erwies, so wurde die Stadt und Burg erobert
und das Lehen eingezogen. Im Jahre 1473 verkauften die Brüder Ernst und
Albert Frauenstein an die Herren von Schönberg, die es nun besassen,
bis 1647 der Rückkauf durch das Kurhaus erfolgte.

Aus dem Dorfe +Kleinbobritzsch+ bei Frauenstein stammt der berühmte
Orgelbauer +Silbermann+. Er war der Sohn eines Zimmermanns und sollte
Buchbinder werden; dazu hatte er aber keine Lust und so begab er sich
nach Strassburg, um von einem dort wohnenden Vetter die Orgelbaukunst
zu erlernen. Später kehrte er nach Sachsen zurück. 47 noch vorhandene
Orgelwerke verkündigen seinen Ruhm; seine bedeutendste Schöpfung mag
die Orgel im Strassburger Münster sein.

Die Strasse, welche von Frauenstein nach Dresden führt, heisst die
+Butterstrasse+, weil auf ihr die erzgebirgischen Bauern ihre Butter
nach der sächs. Hauptstadt zu bringen pflegen. -- Die Gegend hat ausser
guter Viehzucht trefflichen Flachsbau, weshalb auch zu Oberbobritzsch,
Mulda und Lichtenberg Flachsbereitungsanstalten eingerichtet worden
sind.

+Sayda+, Stadt, 2092 F. ü. M., mit 1639 E. -- 1842 bis auf wenige
Häuser niedergebrannt, doch seitdem sauber wieder aufgebaut. -- Im
Mittelalter war Sayda ein wichtiger Speditionsort für Waaren, welche
von Leipzig nach Böhmen gingen. Zu jener Zeit wurde es von vielen
Juden, die ein besonderes Viertel, die sogenannte Judenstadt, inne
hatten, bewohnt. Die damaligen Festungswerke sind längst verschwunden.
-- Auf einer Höhe vor der Stadt gute Aussicht in das Obergebirge.


V. Route: Vom =Mückenthürmchen= nach =Teplitz=.

Vom Mückenthürmchen nicht auf der bequemen Chaussee, sondern auf
steilem Fusswege, welcher die Halden von Zinnbergwerken berührt, hinab
nach +Obergraupen+, dem Abbilde eines ächten Gebirgsdorfes, und dann
nach der Stadt +Graupen+, welche in einem malerischen Engpass gelegen
ist. Die Bergstadt Graupen ist eine der lohnendsten Partien im ganzen
Erzgebirge und bietet prächtige Aussichtspunkte dar. Von der Ruine
+Rosenburg+ hat man einen überraschend schönen Blick auf Graupen,
Mariaschein, Kulm, Teplitz, das Mittelgebirge und die Thalwände des
westlichen Erzgebirges. Aehnlich, immerhin aber etwas verändert, wird
man die Rundschau auf +Wilhelmshöhe+ (Andenken an die öfteren Besuche
Friedrich Wilhelm des III.) und +Heinrichsruhe+ finden. Nur 10 Minuten
unterhalb Graupen liegt die stattliche und berühmte Wallfahrtskirche
+Mariaschein+.

Man kann über Mariaschein nach dem gleichnamigen Bahnhof gehen und mit
dem Dampfwagen (in ¼ St.) nach +Teplitz+ fahren; genussreicher aber ist
es, in Graupen den Tollysteig zu erfragen und sich durch den Probstauer
Garten und den Turner Park nach +Teplitz+ zu begeben.

+Graupen+, Stadt 980 F. ü. M., mit 1600 E. Alterthümliche Bauart; die
Bewohner treiben Bergbau und Strumpfwirkerei. -- An die Rosenburg
knüpft sich eine Erzählung von der Gräfin Dohna und dem Ritter Gotsche
(Schaf-Gotsche).

+Mariaschein+, Dorf mit Jesuitenkloster und Seminar. Die im
Renaissancestyle erbaute Kirche enthält ein wunderthätiges Marienbild,
zu welchem jährlich Tausende aus Böhmen, Schlesien und der Lausitz
wallfahrten.

+Teplitz+, Stadt an der Saubach, 643 F. ü. M., mit 8000 E. Im breiten
fruchtbaren Bielathale, welches das Mittelgebirge vom Erzgebirge
scheidet, am Fusse des Wachholderberges reizend gelegen. Die Nähe
trefflicher Parkanlagen, die Anwesenheit aussichtsvoller Höhenpunkte
und der Anblick mehrerer Gipfel des Erz- und des Mittelgebirges machen
die Gegend äusserst angenehm. -- Die heissen Quellen[8], (21--38½ °R.),
schon um 762 entdeckt, werden fast nur zum Baden benutzt und mit
besonderem Erfolg gegen Rheumatismus, Gicht und Lähmung angewandt. Als
Bäder sind zu nennen: das Stadtbad, das Fürstenbad, das Sophien- oder
Judenbad, das Stephansbad, das Steinbad und das Sand-(Militair-)Bad,
wozu in dem angrenzenden Dorfe +Schönau+ noch das Schlagenbad und
Neubad kommen. An schönen Gartenanlagen und aussichtsvollen Punkten
ist Teplitz, wie schon erwähnt, sehr reich. Man besuche daher den
Schlossgarten (Besitzer: Fürst von Clary-Aldringen), wo sich Mittags
zum Concert die Badewelt zu versammeln pflegt, das Schiesshaus und
die Schlackenburg, mit origineller künstlicher Ruine, ferner die
Königshöhe, den Hügel bei der protestantischen Kirche und den Mont de
Ligne und endlich den Schlossberg (1221´) mit den umfassenden Trümmern
der Burg Daubrawskahora, welche einst dem Grafen Kinsky, dem Schwager
Wallensteins, gehörte. -- Als weiterer Ausflug ist besonders ein
Besuch des Milleschauers (2600´) zu empfehlen. -- In Teplitz noch
sehenswerth: der Gottesacker mit dem Grabe J. G. Seume's († 1810).


VI. Route: Vom =Mückenthürmchen= nach =Stift Osseg=.

Vom Mückenthürmchen über +Obergraupen+ nach +Graupen+; Besuch
der Rosenburg und Wilhelmshöhe (Siehe Route V., S. 76); nach
+Mariaschein+ und dann am Fusse des Gebirges hin über Judendorf,
Dreihunken, Wistritz, Zuckmantel, Tischau, Doppelburg u. +Kosten+ nach
+Klostergrab+; von hier über Grünsdorf nach Stift +Osseg+.

+Obergraupen+, +Graupen+ u. +Mariaschein+ s. R. V., S. 76.

Die Jagdschlösser +Doppelburg+ und +Kosten+ werden wegen ihrer tiefen
Waldeinsamkeit häufig von Teplitzer Badegästen besucht. Doppelburg,
in der Form eines Sternes gebaut, gewährt in angebrachten Durchhauen
angenehme Fernsichten nach dem Borzen (bei Bilin), dem Milleschauer und
dem Schlossberge; bei Kosten sehenswerther Thiergarten. -- Weiter oben
an der Strasse nach Altenberg liegt +Eichwald+ (mit dem Schweissjäger),
eine echte Sommerfrische.

+Klostergrab+, Bergstädtchen, 1087 F. ü. M. mit 1000 E. Hinter
dem Rathhause noch Reste jener protestantischen Kirche, deren vom
Prager Bischof Lohelius anbefohlene Niederreissung zum Ausbruche des
30jährigen Krieges beitrug.

Stift +Osseg+, (der Name kommt von osekati d. i. abhauen), grosse
Cisterzienserabtei, hatte in den Hussitenkriegen arg zu leiden und
zeigt darum neuere Gebäude. Die an Gemälden sehr reiche Kirche ist
von italienischen Meistern erbaut. Bildergalerie, Bibliothek. -- Gute
Aussichtspunkte sind: Riesenburg (s. Route VII.) u. Salesiushöhe.


VII. Route: Von =Altenberg= nach =Oberleitensdorf=.

Von Altenberg über Neu- und Altgeorgenfeld nach Zaunhaus und von da
über die Jägerhäuser auf den +Glöselsberg+, welcher eine prächtige,
wenn auch nach Norden hin etwas beschränkte, Aussicht darbietet. Nach
+Niklasberg+; über die Grundmühle nach +Klostergrab+; dann nach +Osseg+
und über Bruch nach +Oberleitensdorf+.

+Altenberg+ s. R. III., S. 72.

+Niklasberg+, Städtchen 1819 F. ü. M., mit 745 E. Bergbau auf Silber
und mühsame Feldwirthschaft.

+Klostergrab+ und +Osseg+ s. R. VI., S. 78.

+Oberleitensdorf+, Flecken mit 4580 E. -- Tuch- und Casimirfabrikation.


VIII. Route: Von =Stift Osseg= nach =Sayda=.

In Osseg wendet man sich den Bergen zu und geht beim Forsthause rechts
den schönen Waldgrund hinauf. Man kommt nach Dorf Riesenberg und von
da, an der Kapelle vorbei, auf die grossartige Ruine. Einer der vier
vorhandenen Thürme ist zur Warte vorgerichtet und bietet eine reizende
Aussicht auf das gesegnete Biliner Thal, auf das Mittelgebirge und auf
nahe trefflich bewaldete Höhen. Nach genossener Umschau leitet ein
steiler aber schattiger Weg hinauf nach +Langewiese+. Von hier mit
Führer auf den +Wieselstein+ (2944´), dessen Spitze geebnet ist und
eine Aussicht gewährt, wie kaum ein anderer Punkt des Erzgebirges. Im
Südosten erblicken wir das Mittelgebirge mit dem Milleschauer, vor
ihm Schwaaz u. Dux; weiter rechts Bilin und den Borzen; noch weiter
rechts Brüx und die Holtschitzer Höhen und vor diesen Georgenthal,
neben welchem nach Westen hin das Eisenberger Schloss aus dem waldigen
Saume des Erzgebirges hervorleuchtet. Ueber Brüx hinaus schweift der
Blick ins mittlere Egerthal, d. h. in die Gegend von Postelberg u.
Saatz; über Eisenberg her winken die Höhen von Karlsbad und daneben aus
blauer Ferne die Spitzen des Fichtelgebirges; etwas mehr rechts, aber
nicht so weit, sieht man das Reckenpaar, den Fichtel- und Keilberg;
und davor den Hassberg; dann folgen der Pöhlberg, die Gegend von
Marienberg, Freiberg und Tharandt, worauf die Tellkoppe, der Kahleberg,
der Luchstein und die Nollendorfer Höhe nebst dem in weiter Ferne
schimmernden Iserkamm den Kreis vollenden. Beim Heruntersteigen lassen
wir uns den Weg nach dem Forsthause +Georgenhöhe+ zeigen, und wenn wir
dieses erreicht haben, (hier noch einmal nach dem richtigen Weg zu
fragen, ist gut!) schreiten wir auf einem breiten Holzwege (Schneisse)
dem in stiller Einsamkeit gelegenen Jagdschlosse +Lichtenwaldstein+
zu. Von hier wenden wir uns nach Böhmisch- und Deutsch-Georgenthal und
gehen dann über Kämmerswalde nach Sayda.

+Langewiese+, Dorf mit 380 Einwohnern. -- Hutung und Waldarbeit.

+Sayda+, s. R. 4. S. 75.


IX. Route: Von =Oberleitensdorf= nach =Olbernhau=.

Von Oberleitensdorf über Hammergrund hinauf nach Kreutzweg und von da
nach Böhmisch-Einsiedel, wo man sich für das lange Emporsteigen durch
eine herrliche Rückschau auf das Böhmerland belohnt sehen wird. Nun
geht es über Deutsch-Einsiedel, Heidelberg (mit Bad) und Heidelbach,
an dem Abhange des Schwartenberges hin, nach Schloss +Purschenstein+,
bei welchem man das Flöhathal erreicht. Von Neuhausen, welches neben
Purschenstein liegt, führt der Weg über Dittersbach und Mörtelgrund
nach Niederseifenbach, dann im anmuthigen Flöhathal hin, an der
Einmündung der Schweinitz vorbei, in das Brandauer (Kohlen-) Becken,
welches einerseits von der Flöha und andrerseits von der +Natschung+
bespült wird. Man wendet sich beim Eintritt in das Becken etwas rechts
und gelangt über Oberneuschönberg und Hammerwerk +Grünthal+ nach
+Olbernhau+.

Die Dörfer +Heidelbach+ (136 E.), +Heidelberg+ (1945 E.), +Neuhausen+
(1337 E.) und +Niederseifenbach+ (553 E.) gehören zu dem Bezirke der
Holzspielwaarenfabrikation, für welche das benachbarte Seifen (1483
E.) Hauptort ist. Man kann behaupten, dass ⅚ der dortigen Bevölkerung
von diesem Industriezweige leben. Alt und Jung, Männer und Frauen,
Knaben und Mädchen sind bei Herstellung von Knöpfen, Puppengeschirr,
Feder- und Nadelbüchsen, Pfeifen, Brummkreiseln, Holzsoldaten, Jagden,
Schäfereien, Noahkästen, Kinderflinten u. s. w. u. s. w. -- in den
Handlungsbüchern giebt es 2000 Nummern Spielzeug -- beschäftigt.
Was wird da gedrechselt, geschnitzt, geleimt und gemalt! Die
Arbeitstheilung ist streng durchgeführt: es giebt Drechsler, Schnitzer,
Maler und Packer; und jeder macht Jahr aus Jahr ein ein und dieselbe
Arbeit. Die schwierigste Aufgabe fällt dem Drechsler zu, weil er auf
der Drehbank sogenannte Kränze oder Reifen herzustellen hat, welche
durch Zerspalten sofort ein Schock Pferde, Kühe oder andere Thiere
liefern.

Schloss +Purschenstein+ gehört den Herren von Schönberg; im Park ein
rein gothisches Grabmal.

Im Hammerwerk +Grünthal+ (165 E.) wurde früher »gesaigert« d. h.
Schwarzkupfer von dem noch darin befindlichen Silber befreit; jetzt
sind daselbst nur Walzwerke. -- In Grünthal befindet sich ein
Schwefelbad.

+Olbernhau+, Flecken a. d. Flöha, 1362 F. ü. M., mit 3257 E. --
Reizende Lage. Strumpfstuhlbauerei, bedeutender Handel in Spielwaaren.


X. Route: Von =Teplitz= nach =Rothenhaus=.

Von Teplitz mit Eisenbahn nach +Dux+ (II. Kl. 41 Xr., III.
Kl. 27 Xr.), Besichtigung des Schlosses; mit Bahn weiter über
+Ratschitz-Oberleitensdorf+ und +Brüx+ nach +Holtschitz-Seestadtl+
(II. Kl. 84 Xr., III. Kl. 55 Xr.). Wir gehen durch Seestadtl hindurch
und steigen zu dem auf halber Bergeshöhe malerisch gelegenen Schlosse
+Eisenberg+ empor. Auch hier herrliche Aussicht auf das Mittelgebirge,
das Bielathal, die Abhänge des Erzgebirges, die Karlsbader Höhen, sowie
die reich mit Weilern, Dörfern und Städten besäete Saatzer Ebene.
Nachdem wir den Park, den Thiergarten und das Gewächshaus besucht
haben, wenden wir uns unten rechts und wandern am Fusse des Erzgebirges
hin nach Schloss +Rothenhaus+, welches fast gleichen Genuss wie
Eisenberg darbietet.

+Dux+, Flecken mit 1348 E. -- Das Schloss gehört dem Grafen Waldstein,
welcher von einem Nebenzweige des Herzogs von Friedland abstammt. Es
enthält eine Gemäldegalerie, mit dem berühmten Bildnisse Wallensteins
von van Dyck, einen Waffensaal, worin man den Halskragen, welchen
Wallenstein am Tage seiner Ermordung trug, und die Partisane zeigt,
mit welcher Deveroux den Todesstoss vollführte, und eine Bibliothek
von 24,000 Bänden, deren einstiger Verwalter der Abenteurer Casanova
war. Das Bassin im Schlosshofe hat der Friedländer aus eroberten
schwedischen Kanonen giessen lassen. -- Die Stadt hat mehrere
gewerbliche Anstalten, als eine Zuckerfabrik und Glashütte. --
Südlich von Dux liegt die Stadt +Bilin+ mit 3100 E. Das daselbst
befindliche Lobkowitz'sche Schloss enthält eine äusserst werthvolle
Mineraliensammlung. Bei Bilin ein berühmter Sauerbrunnen, von welchem
jährlich über 100,000 Flaschen versandt werden. Der schon mehrfach
genannte Biliner Stein (Borzen) ist schwer zugänglich, bietet aber eine
Aussicht dar, welche A. v. Humboldt für eine der schönsten der Welt
erklärt haben soll.

+Brüx+, Stadt mit 4000 E. -- Viel Fabrikthätigkeit. Schönes Rathhaus.
-- In der Nähe Püllna mit berühmtem Bitterwasser.

+Oberleitensdorf+, s. S. 79.

+Seestadtl+, 800 E.; in der Nähe lag ehemals der grosse, nunmehr aber
ausgetrocknete Kummerer See.

Die mit herrlichen Parkanlagen umgebenen Schlösser +Eisenberg+ und
+Rothenhaus+ sind beide in neuester Zeit restaurirt worden; jenes
gehört dem Fürsten Lobkowitz, dieses der Gräfin Trautmannsdorf.


XI. Route: Von =Rothenhaus= nach =Klösterle=.

Von Rothenhaus durch die gewerbreiche Stadt +Görkau+ nach dem Bahnhofe
+Udwitz+, um mit nach +Kommotau+ zu fahren. Wem die Abfahrtszeit nicht
passt, der wandere von Görkau, wo man hinter dem Gottesacker weggeht,
über die Alaunhütten nach Kommotau. In letzterer Stadt besuche man
den Marktplatz, den Felsenkeller und das Schiesshaus. Nun geht es
(Eisenbahnbenutzung bis Priesen empfiehlt sich nicht) über Czernowitz
und Kralup nach dem unter vielen Obstbäumen gelegenen +Brunnersdorf+.
Hier theilt sich die Strasse. Man kann rechts über Niklasdorf
direct nach +Klösterle+ gehen; gerathener aber ist es, links nach
dem alterthümlichen +Kaaden+ zu wandern und sich von da durch einen
angenehmen Fussweg, dicht an der Eger hin, nach Klösterle führen zu
lassen. -- Die Route ist angenehm und voller Abwechslung. Allerwärts
hat man prächtige Garten- und Obstanlagen und rechts immer zur Seite
die wallartig sich abdachenden, aber schön geformten Abhänge des
Erzgebirges. Bei Brunnersdorf schaut von der Rückwand eines Waldthales
die Ruine +Hassenstein+ hervor und darüber auf dem Gebirgskamme thront
die stattliche neue Kirche von +Sonnenberg+. Und wenn man der Stadt
Klösterle sich nähert, sieht man das Egerthal von gut bewaldeten
Bergkegeln umsäumt, von denen einige mit Burgen gekrönt sind. Links
erscheint die Ruine Leskau und rechts die Ruine Schönburg. -- Für die
bald zu eröffnende Eisenbahn +Kommotau-Karlsbad+ werden Kaaden und
Klösterle Stationsorte.

+Görkau+, Stadt an der Biela, mit 2000 Einwohnern. -- Ackerbau
und Gewerbthätigkeit. -- Die dasigen Baumwollspinnereien sind von
sächsischen Unternehmern gegründet. -- Protestantische Kirche.

+Kommotau+, Stadt mit 7200 E. -- Getreidehandel; Obst- und Gartenbau;
Maschinenfabrikation, Braunkohlenbergbau. -- In der Dechanteikirche
das merkwürdige Ziskabild, welches die Verheerung der Stadt durch
die Hussiten darstellt. -- Die Stadt als Knotenpunkt der Eisenbahnen
Annaberg-Kommotau, Kommotau-Karlsbad, Kommotau-Teplitz und
Kommotau-(Priesen)-Prag in entschiedenem Aufschwung begriffen.

+Kaaden+, Stadt an der Eger mit 5000 E. -- Zählt zu den ältesten
Städten des Egerthals. Bemerkenswerth: Das altertümliche Stadtthor, das
Rathhaus (aus dem 15. Jahrh.), das Franziskanerkloster und das Kloster
der Urselinerinnen.

+Klösterle+, Stadt an der Eger mit 2250 E. -- Grosse gräflich Thun'sche
Porzellanfabrik. -- Am Marktbrunnen neben katholischen Heiligen
mehrere mythologische Figuren. Das gräfl. Thun'sche Schloss, 1856
durch Feuer zerstört, ist vollständig wieder aufgebaut.


XII. Route. Von =Klösterle= nach =Hauenstein=.

Von Klösterle folgt man westwärts der rechts von der Eger sich
hinziehenden Chaussee und gelangt so nach +Pirschstein+ (400 E.) und
+Mühlengrund+. Nach Durchschreitung des letzten Ortes führt ein, an
den Telegraphenstangen kenntlicher Weg über eine Anhöhe, welche einen
prächtigen Rückblick auf die bewaldeten Berge und die Ruinen bei
Klösterle, sowie auf die fruchtbare Ebene bei Saatz gestattet. Auf
demselben Wege gelangt man bergab nach +Wotsch+ (250 E.) und dann auf
der Strasse nach +Wartha+, von wo in nicht grosser Ferne rechts ein
angenehmes Seitenthal zu einem Besuche von +Hauenstein+ einladet.

+Hauenstein+, zur Herrschaft Pressnitz gehörig, stellt ein wahres
Idyll dar. In der Mitte des Oertchens befindet sich eine hochgelegene
Kapelle, rings um dasselbe ziehen sich reizende Anlagen hin, die
sich bis zum Eichelberg erstrecken. Auf dem Rücken dieses Berges
geniesst man die Aussicht auf die fernen Bergketten des Fichtel- und
die nahen des Erzgebirges, dann auf die Burgen Engelhaus, Himmelstein
und Schönburg und auf das zwischen bewaldeten Höhen sich hinziehende
Egerthal. Wer in Hauenstein übernachten will -- die Morgen sind hier
besonders schön -- muss ziemlich zeitig eintreffen, weil daselbst
(beim herrschaftlichen Gärtner) nur wenige Fremde logiren können.
Bemerkenswerth ist, dass ein Dachshund sehr geschickt den Führer nach
den Hauptpunkten (Parapluie, Koppe, Eichelberg) der Umgebung macht.


XIII. Route. Von =Sayda= nach =Zschopau=.

Von Sayda (s. S. 75) folgt man der Chaussee über Pillsdorf (137
E.) nach +Dörrnthal+ (1283 E.) und zwar bis zum Gasthof »Zum
Feldschlösschen« an der Sayda-Freiberger Strasse. Bei diesem
Gasthause hat man eine herrliche Aussicht über einen Theil des oberen
Erzgebirges, indem man in südöstlicher Richtung den Fichtel- und
Keilberg, den Pöhlberg, den Hassberg, den Bärenstein, den Scheibenberg
und den Auersberg erblickt. Noch schöner ist die Aussicht, wenn man
vom Feldschlösschen, 10 Minuten weit in der Richtung nach Voigtsdorf,
auf die Dörnthaler Höhe geht. Es öffnet sich dann noch eine Fernsicht
nach Nord und Nordost, so dass man in ersterer Richtung Freiberg und
in letzterer Frauenstein sammt den im Hintergrunde liegenden Höhen
bei Pulsnitz sieht. Bei hellem Wetter kann auch deutlich der Kolmberg
bei Oschatz erkannt werden. -- Vom Feldschlösschen führt der Dorfweg
durch Dörnthal nach dem an letzteres sich anschliessenden Haselbach
(701 E.) und von hier ein Fusspfad so nach Forchheim (1448 E.), dass
man vom Gasthofe »Stadt Karlsbad«, am Schlosse des Freiherrn v.
Biedermann vorüber, auf die Strasse nach Lengefeld gelangt, welche vor
Erreichung dieses Ortes noch Görsdorf (515 E.) im anmuthigen Flöhathal
und jenseits der Flöha den Gasthof »Zum Marterbüschel« berührt. Von
+Lengefeld+ geht die Strasse zunächst nach Wünschendorf (768 E.).
Rechts des Weges erhebt sich malerisch über dem linken Ufer der Flöha,
auf hoch gelegenem Felsen, die kleine Burg Rauenstein, zu welcher von
unten aus ein überwölbter Zugang führt. Weiterhin geht der Weg durch
Wald nach Börnchen, von wo man sich entweder über +Krummhermersdorf+
(2280 E.) oder über +Waldkirchen+ nach Zschopenthal (199 E.) und
+Zschopau+ wendet.

+Lengefeld+, Stadt, unfern der Flöha, 1507´ ü. M., mit 3288 E. Viel
Weberei (400 Meister).

+Waldkirchen+, Dorf, 1556´ ü. M., mit 1635 E., Fabrikation von
Holzwaaren, besonders von Haus- und Küchengeräthen.

+Zschopau+, Stadt am gleichnamigen Flusse, 1204´ ü. M., mit 7821 E.
Treibt Wollen- und Baumwollenweberei; in der Nähe viele Spinnmühlen.
Das Schloss »Wildeck«, dessen runder Thurm noch aus den Zeiten
Heinrichs I. herrühren soll, ist jetzt Sitz des Gerichts- und des
Forstamtes. Zu der Martinskirche führt von der Vorstadt eine 70 Stufen
enthaltende Felsentreppe. Prächtiges Seminargebäude. Am Schiesshause
köstliche Aussicht.


XIV. Route: Von =Olbernhau= nach =Rothenhaus= und =Eisenberg=.

1. Von Olbernhau (s. S. 82.) folgt man südöstlich der Chaussee bis
+Grünthal+, geht in diesem Orte über die Flöhabrücke und wendet
sich auf einem Wiesenpfade, welcher unmittelbar hinter dem Walzwerk
hinführt, dem Dorfe +Rothenthal+ (737 E., Holzdrechselei) zu. Am
Ende dieses Dorfes überschreitet man die wildschäumende Natschung
und gelangt so an den, auf österreichischem Gebiet gelegenen Eingang
in das Natschungthal, welches, weil weiter oben der Teltschbach
in die Natschung mündet, meist Teltschthal genannt wird. Neben der
Einsamkeit und würzigen Waldluft gefällt die Bildung des Thales. Die
Thalsohle ist oft so schmal, dass sie kaum Raum hat für den Fluss
und die daneben angelegte Strasse; die Thalwände werden häufig von
schroffen Felsen unterbrochen, so dass man an hohem bastionsähnlichen
Gemäuer vorüberzugehen meint; das Thal selbst macht die vielfachen
Windungen der Natschung mit und bietet so von Strecke zu Strecke
veränderte Ansichten dar. Naturfreunde behaupten daher mit Recht, dass
sich das Teltschthal wohl mit dem berühmten Schwarzathal in Thüringen
vergleichen lasse. -- Nach einer Wanderung von 1½ Stunden, wobei man
an einer im Schweizerstyle erbauten Gartenwirthschaft vorüber gekommen
ist, macht man mit dem Teltschbach eine Biegung nach links und erreicht
bald darauf ein Eisenwerk, welches nach der früheren Besitzerin, der
Gräfin Gabriele v. Boucquoi auf Rothenhaus, +Gabrielahütte+ genannt
wird. Von hier führt eine gut gebaute Strasse -- nur muss man beim
Verlassen des Waldes rechts gehen -- nach dem Dorfe +Kallich+ (850 E.),
wo sich noch grössere, ebenfalls zur Herrschaft Rothenhaus gehörige
Eisenwerke befinden. Während +Kallich+ auf einem Hochplateau ziemlich
kahl und reizlos gelegen ist, bietet der nicht weit hinter diesem
Dorfe beginnende südliche Abhang des Gebirges um so mehr Abwechslung
und Genuss dar. Von hier führt die Strasse fast immer im Tannenwalde
bergab nach dem 1½ St. entfernten +Göttersdorf+ (460 E.), senkt sich
dann in einem Buchenhaine noch weiter hinunter und mündet zuletzt am
Fusse des Gebirges in eine der schönsten und gesegnetsten Gegenden von
ganz Böhmen. Dicht vor uns liegt auf einem Bergvorsprunge das Schloss
+Rothenhaus+ mit seinen Garten- und Parkanlagen und dahinter breiten
sich die fruchtbaren Gefilde des Biela- und Egerthales aus.

Nachdem man in Rothenhaus den Park, das Schloss und den Schlossgarten
-- hier vergesse man den Gartensalon mit dem interessanten Fremdenbuch
nicht! -- besucht hat, begiebt man sich über +Hohnofen+ (¾ Std.) und
Dorf +Eisenberg+ (¼ Std.) nach Schloss +Eisenberg+, welches durch seine
malerische Lage, seine trefflichen Gemächer und seine reichhaltigen
Treibhäuser berühmt ist.

2. Man kann auch zuerst Schloss Eisenberg besuchen. Dann wendet man
sich, sobald man von Gabrielenhütte den Wald passirt hat, nicht rechts
nach Kallich, sondern links hinauf nach +Katharinenberg+. Von dieser
Bergstadt (1700 E., Feldwirthschaft, Bergbau, Strumpfwirkerei) geht man
auf dem Plateau hin nach +Nickelsdorf+, dann aber steigt man (am besten
mit Führer) auf steilem, doch schattigem Waldpfade hinab nach Schloss
Eisenberg. -- Der Weg von Eisenberg nach Rothenhaus über Hohnofen ist
nicht zu verfehlen.

3. Wem ein Ausflug von Olbernhau nach Rothenhaus oder Eisenberg
zu weit ist, der besuche wenigstens die Basaltfelsen zwischen dem
Schweinitz- und Natschungsthale, welche früher das »+Steinerlt+«
hiessen, neuerdings aber die »+Luisensteine+« genannt werden. Man geht
zu dem Zwecke in dem Dorfe +Brandau+ bis zur Kirche und wendet sich da
rechts auf einen Fahrweg, welcher sanft ansteigend in den Wald und dann
ziemlich steil, unter stämmigen Fichten hin, auf den Bergrücken führt.
Nach Ueberschreitung einer Waldblösse sehen wir die »Luisensteine,«
zwei nur einige hundert Schritt von einander entfernte Felsgruppen, vor
uns stehen. Wir besteigen die höhere, indem wir uns ihr von rückwärts
nähern, und geniessen eine wundervolle Aussicht. Zu unseren Füssen
liegt das grüne Schweinitzthal, umsäumt von bewaldeten Abhängen und
schön geformten Bergkuppen. Gegenüber bemerken wir den Schwartenberg,
mit den an seiner Böschung sich hinziehenden Häusern von +Heidelbach+
und +Heidelberg+, und mehr zurück zeigen sich Stadt +Sayda+, Burg
+Frauenstein+ und Schloss +Lichtenwaldstein+. Weiter rechts sehen wir
hinab auf die Dächer und Strassen von Katharinenberg und darüber hinaus
auf das gesegnete Böhmerland mit dem Milleschauer, dem Borzen und
anderen Spitzen des Mittelgebirges. Und auf der entgegengesetzten Seite
erscheint das Flöhathal, das Städtchen +Lengefeld+, die +Augustusburg+
und weit im Hintergrunde der Rochlitzer Berg.


XV. Route: Von =Zschopau= über den =Greifenstein= nach =Geyer=.

Man geht in Zschopau (s. S. 88.) über die steinerne Brücke und wendet
sich, am Bahnhofe vorbei, dem Wege zu, welcher, den Fluss rechts
lassend, thalaufwärts führt. Hinter der Bodemer'schen Fabrik treten
die meist bewaldeten Thalwände nahe an den Fluss heran: der Weg steigt
empor und leitet fast in der Mitte des Abhanges dahin. Links vom Wege
trifft man eine Ruhebank, und dabei eine Tafel mit der Inschrift:
»Heinrich Cotta, geboren den 30. Oktober 1763«. Gegenüber, am andern
Gelände, sieht man von frischem, wohlbeschnittenen Tannengebüsch die
Buchstaben »H. C.« gebildet, welche gleichfalls auf den berühmten
Forstmann hindeuten. Die hohe Felsenecke, welche später an unserer
Linken erscheint, heisst die Kanzel und gewährt eine prächtige
Rückschau auf das Zschopauthal. Nach 1½stündiger Wanderung folgen wir
einem steilen Pfade hinab nach dem Dorfe +Scharfenstein+[9] (748 E.),
in welchem sofort das alte Schloss die Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Dieses liegt auf einem sich weit hervorstreckenden Felsenrücken, der
auf 3 Seiten von der Zschopau umflossen und quer von der Eisenbahn
durchschnitten wird. Auch ein Stollen führt unter dem Felsen hin,
um das Flusswasser mit recht viel Fall zu der Fiedler-Lechla'schen
Spinnerei zu leiten. Auf dem Schlossberg hat man eine gute Aussicht.
Von der Burg interessiren am meisten der Wartthurm und die tief in den
Felsen eingearbeiteten Keller und Gefängnisse. Das Schloss gehört seit
1427 denen von Einsiedel, und hat in dem Bauern- und in dem 30jährigen
Kriege mehrfache Gefahren zu bestehen gehabt.

In Scharfenstein überschreitet man auf der »Kuhbrücke« die Zschopau,
geht fast bis zur Griesmühle (Griessbachmühle) und wendet sich dann
links lehnan in einen angenehmen Wiesengrund. Bei der Gabelung
des Baches geht man geradeaus und kommt so nach +Venusberg+ (1164
E.), von wo ein Weg durch das Rittergut hindurch, bei einem Göpel
vorbei, in ¾ Std. nach +Herold+ (850 E.), führt. Man ist hier auf
der Weissbach-Annaberger Chaussee und diese verfolgt man, bis sich
der Grund etwas erweitert; dann geht man rechts, überschreitet
auf schwankem Stege (bei einem Wehre) den Wiltschbach, erreicht
Stadt +Thum+ und steigt von da, hinter dem Rathskeller weg, zu dem
Greifenstein empor. -- Man kann auch auf der Weissbach-Annaberger
Strasse bis +Ehrenfriedersdorf+ gehen und von hier aus (am besten mit
Führer) den Greifenstein besteigen; doch ist der Weg etwas weiter.

Der +Greifenstein+, 2234´ ü. M., im Ehrenfriedersdorfer Freiwalde
gelegen, ist eine merkwürdig-groteske, auch von der Sage vielfach
umwobene Felsbildung. Auf einem Sockel von Gneis sind 7 freistehende,
30--50 Ellen hohe Granitmassen aus lauter über einander gelagerten
Platten aufgethürmt, so dass man Cyklopenmauern oder die Reste einer
grossen Burg vor sich zu sehen meint. Die eine Gruppe ist besteigbar
und gewährt -- in der benachbarten Restauration erhält man ein gutes
Fernrohr -- eine glänzende Umschau. Südwärts liegt der ganze Kamm
des Erzgebirges vor uns und lässt die wichtigsten Höhepunkte, als
Auersberg, Fichtel- und Keilberg, Scheibenberg, Pöhlberg, Bärenstein,
Hassberg pp. deutlich erkennen; im Westen und Osten schliessen sich
die wellenförmig gestalteten, von Thälern und Einschnitten reichlich
durchsetzten Abhänge des Erzgebirges an und im Norden sieht man den
Kolmberg, die Rochlitzer Berge und selbst den Petersberg bei Halle.
Dazwischen begegnet das Auge in allen Richtungen den Wohnplätzen
der Menschen. Man erblickt die Schlösser Frauenstein, Augustusburg
und Sachsenburg, die Städte Thum, Geyer, Schlettau, Scheibenberg,
Annaberg, Sayda, Frauenstein, Schellenberg, Mittweida, Hohenstein,
Altenburg, Leipzig pp. und eine Menge von Höfen und Dörfern.

Vom Greifenstein gelangt man auf angenehmem Waldweg nach der nur ½
Stunde entfernten Bergstadt +Geyer+.

+Thum+, Stadt, 1579´ ü. M., mit 2625 E., treibt Feldwirthschaft,
Bergbau, Strumpfwirkerei und Posamentirerei. In der Nähe kommt ein
besonderes Mineral, der Thumer Stein, vor. Bei Thum hat am 15.
Januar 1648 ein Gefecht, des 30jährigen Krieges letzter Kampf in
Sachsen, statt gefunden, weshalb vom Annaberger Zweigverein der
Gustav-Adolph-Stiftung 1848 allda ein Denkstein errichtet worden ist.

+Ehrenfriedersdorf+, Stadt, 1676´ ü. M., mit 3026 E. Gleiche
Erwerbsquellen wie Thum. Ringsherum und besonders am Sauberge
bedeutende Berghalden von früheren Zinn- und Silbergruben. (An eine
der Gruben knüpft sich auch eine merkwürdige Erzählung: »Die lange
Schicht«). Für Mineralien ist die Gegend von Ehrenfriedersdorf ein
reicher Fundort. -- Zwischen Ehrenfriedersdorf und Thum standen früher
Arsenikwerke (»Gifthütten«) in deren Nähe von den ausströmenden Dämpfen
alle Vegetation erstickt wurde. Die also verödete Gegend hat davon den
Namen »Elend« bekommen.

+Geyer+, Stadt, 1856´ ü. M. mit 4260 E. hatte ehemals blühenden
Bergbau, auf welchen die am 11. Mai 1802 entstandene, gegen 70 Ellen
tiefe Binge deutlich hinweist; jetzt ist derselbe erloschen; dafür
treibt man Posamentiererei und Strumpfwirkerei. -- Durch heftiges
Sturmläuten beim sächsischen Prinzenraube sprang (1455) in Geyer die
grosse Glocke und wurde darnach auf kurfürstliche Kosten umgegossen.
-- In der Nähe von Geyer liegt +Siebenhöfen+; bekannt, weil der um die
sächsische Baumwollenspinnerei sehr verdiente +Eli Evans+ sich daselbst
1812 eine eigne Spinnmühle errichtete.


XVI. Route: Von =Olbernhau= über =Zöblitz= nach =Marienberg=.

Von Olbernhau nach +Grundau+ (53 E.), dann auf einem Fusswege,
welcher die Chaussee links lässt, nach dem mittleren Theil von
+Ansprung+ (926 E.) und weiter auf der Strasse nach +Zöblitz+.
Besuch der Serpentinsteinbrüche und einiger Werkstätten für
Serpentinsteindrechselei. Am nordwestlichen Ende der Stadt, in der
Nähe des Forstamtes, rechts hinab in das Thal der schwarzen Pockau, um
die Ruine +Niederlauterstein+ zu besteigen. Von dieser zurückgekehrt,
auf angenehmem Wiesenpfade, welcher an der Pockau aufwärts führt, zum
Gasthofe »Kniebreche« an der Zöblitz-Marienberger Chaussee. Unterwegs
zeigt sich zur Linken bald ein Felsenvorsprung, auf welchem vormals
die Burg +Oberlauterstein+ gestanden hat; zur Rechten lugen später von
der Höhe einzelne Häuser herab, welche zu dem Dorfe Rittersberg (312
E.) gehören. Von der »Kniebreche«, bei der die rothe und die schwarze
Pockau zusammenrinnen, folgen wir (mit Führer!) dem Thal der letzteren
und gelangen so zum »schwarzen Grund«, der wildesten Gegend des ganzen
Erzgebirges. Nachdem wir die hohen, fast senkrecht aufsteigenden
Felsen und die tosende Pockau betrachtet haben, erklimmen wir den
Katzenstein und geniessen von einer weit vorspringenden Felsenplatte
die Aussicht auf das eben verlassene Thal und dessen Umgebung. Vor uns
liegt in jäher Tiefe der »schwarze Grund«; zur Linken gewahren wir
eine ungeheure Felsenwand, die Ringmauer genannt, gegenüber eine fast
isolirte Bergspitze, auf welcher ehemals ein Raubschloss gestanden
haben soll, und dahinter den grossen Kriegwald. -- Vom Katzenstein
gehen wir durch den Wald nach dem Dorfe Pobershau (1426 E.) und von da
über Wildenburg nach Marienberg.

+Zöblitz+, Stadt 1728´ ü. M., mit 1824 E. Mehrmals, besonders 1854,
durch Brandunglück heimgesucht. Die Serpentinsteinbrüche befinden
sich auf dem nach Ansprung hin streichenden Höhenzuge, »die Harthe«
genannt. Die Schichtung ist also: oben liegt der untaugliche
Kammstein, dann folgt der blaue Horn- oder Lawetzstein und zu unterst
erst die brauchbare Masse. Seit 1613 hat Zöblitz eine besondere
Steindrechslerzunft: 40 Innungsmeister fertigen Apothekerschalen,
Wärmsteine, Büchsen, Schreibzeuge, Briefbeschwerer, Grabsteine pp. --
Neuerer Zeit sind die Brüche, welche nicht sonderlich gehalten waren,
in den Besitz einer Actiengesellschaft übergegangen und werden nun
rationell abgebaut.

Die Burg +Oberlauterstein+ ist in dem Hussitenkriege, Burg
+Niederlauterstein+ im 30jähr. Kriege zerstört worden.

+Marienberg+, Stadt 1864´ ü. M., mit 5518 E. Verdankt seine
Gründung -- sie geschah 1521 durch Herzog Heinrich d. Frommen
-- dem Bergbau, treibt jetzt aber meist Feldwirthschaft,
Grenzhandel und Spitzenklöppelei; auch hat es neuerer Zeit eine
Flachsbereitungsanstalt. Die Stadt ist regelmässig angelegt, hat einen
schönen, mit Linden bepflanzten Markt und eine sehenswerthe gothische
Kirche. In der Kirchenbibliothek befindet sich ein werthvolles
Manuscript, »die Coss« betitelt, von Adam Riese (vgl. Programm d.
Annaberger Realschule v. J. 1860).


XVII. Route: Von =Marienberg= über =Wolkenstein= nach =Annaberg= und
=Buchholz=.

Auf der Marienberg-Wolkensteiner Chaussee bis an den Wald, dann auf
dem in das Holz einmündenden Fahrwege bis an ein Bergwerk und von da
auf einem Fusssteig über das bereits sichtbare Dorf +Geringswalde+
nach dem +Wolkensteiner Warmbad+, welches ausser der Quelle und den
verschiedenen Wirthschaftsgebäuden angenehme Anlagen und Spaziergänge
darbietet. Nach Besichtigung des Bades kann man sich direkt nach
Wolkenstein wenden, gerathener aber ist es, an dem vorhandenen Bache,
durch einen wilden Grund hinab ins Thal der Zschopau zu gehen, hier
den Flossplatz und den Lauf der Eisenbahn anzusehen und nun erst --
der Weg führt einige Zeit an dem Flusse aufwärts -- nach Wolkenstein
emporzusteigen. Allda besucht man vor Allem das Schloss, welches auf
einem 250 Fuss hohen, jäh' nach der Zschopau abstürzenden Felsen erbaut
ist. Die südlichen Schlossfenster und mehrere Stellen am Schlossrande
gewähren eine prächtige Aussicht auf das Zschopauthal und die in
demselben sich hinwindende Eisenbahn, sowie auf die umliegenden Höhen
und einen Theil des Obergebirges. Auch ladet der ganze Bergabhang,
von seinem reichen Bestande an Bäumen und Sträuchern der »Haag«
genannt, zu einem Spaziergange ein, wenn auch die Wege mühsam dem Boden
abgewonnen und etwas steil sind.

Von Wolkenstein kann man verschiedene Wege nach Annaberg (Buchholz)
einschlagen. Entweder geht man auf der Chaussee, an den untern
Häusern von Schönbrunn vorbei, nach +Wiesenbad+, betrachtet hier die
Sehenswürdigkeiten und wendet sich dann auf der Strasse nach Annaberg.
Oder man benutzt von Wolkenstein bis Wiesenbad die Eisenbahn, sieht
sich in dem Orte um und fährt mit einem späteren Zuge nach Annaberg.
Oder endlich man geht von Wolkenstein durch den Haag nach dem
sogenannten Prinzessinnenweg, verfolgt diesen und wendet sich kurz
vor Einmündung der Pressnitz linkshin nach Finsterau und von da über
Streckewalde und Himmelmühle nach Wiesenbad, von wo Annaberg leicht
zu erreichen ist. -- Der dritte Weg ist der empfehlenswertheste, doch
würde er noch angenehmer sein, wenn an der Spitze, welche Zschopau
und Pressnitz mit einander bilden, ein Steg über Letztere führte
und man so im Zschopauthale aufwärts nach Himmelmühle und Wiesenbad
gelangen könnte.

+Bad Wolkenstein+ ist der wärmste (30° C.) Gesundbrunnen Sachsens und
mit Vortheil gegen Gicht, Rheuma und ähnliche Krankheiten anzuwenden.
Die ziemlich tief liegende Quelle ist in neuerer Zeit frisch gefasst
und dadurch gegen Zufluss von »wilden Wässern« geschützt worden.

+Wolkenstein+, Stadt, 1446´ ü. M., mit 2075 E. Lebt von Ackerbau,
Spitzenklöppeln und Posamentiererei. Sehenswerthe Kirche. Das Schloss
besteht aus einem älteren, in Trümmern liegenden, und einem neueren,
noch erhaltenen Theil. Auf Schloss Wolkenstein haben im 15. und 16.
Jahrhundert wiederholt sächsische Fürsten, besonders Georg d. Bärtige
und Heinrich d. Fromme gewohnt; an Letzteren erinnert auch das von
Wolkenstein ⁵/₄ Stunde entfernte Lehngut +Heinzebank+ (Heinrichsbank).

+Wiesenbad+, freundlicher Kurort im Zschopauthale, hat ausser dem nahen
Lustwäldchen noch andere interessante Punkte: so den +grossen Riss+,
den +Chocoladenfelsen+ und den +Amethystenbruch+. Die Quelle, 26° C.
warm, hat ähnliche Wirkungen wie das Wolkensteiner Bad, zeigt sich aber
von ganz besonderem Nutzen bei scrophulösen Kindern. -- In der Nähe des
Bades ist eine grosse Flachsspinnerei.

+Annaberg+, wichtigste Stadt des Obererzgebirges, an dem der Sehma
zugekehrten Abhange des Pöhlberges, ziemlich abschüssig, -- 1700
bis 1980´ ü. M. -- gelegen, mit 11,693 E. Verdankt seine Entstehung
dem Silberbergbau, welcher der Sage nach durch +Daniel Knapp+,
den Urkunden nach durch +Kaspar Niezelt+ aus Frohnau in Aufnahme
gekommen ist (1492). Die reiche Ausbeute lockte viele Bergleute und
Grubenherren, Handwerker, Händler und Glücksritter herbei, so dass
die »wilde Ecke« -- so hiess damals die in Rede stehende Gegend
-- zahlreich besiedelt wurde. Dies gab Herzog Georg dem Bärtigen
Veranlassung, allda (21. Septbr. 1496) eine Stadt zu gründen, welche
anfangs »Neustadt am Schreckenberge«, darnach aber »St. Annaberg«
genannt wurde. Am ergiebigsten zeigten sich die Erzgänge im 16.
Jahrhundert, und diese Zeit ist es, wo die Annaberger Bergherrn wegen
ihrer Ueppigkeit[10] verrufen waren. Annaberg hatte damals seine
eigene Münzstätte (an sie erinnert die heutige Münzgasse) und schlug
Geldstücke, welche von dem Fundorte »+Schreckenberger+« und von dem
Gepräge »+Engelsgroschen+« hiessen. Die Ausbeute war bisweilen so
gross, dass das Silber in Erzkuchen, also ungemünzt, vertheilt werden
musste. Aber wie anderwärts, so hielt auch bei Annaberg der reiche
Bergsegen nicht aus. Und als im 30jährigen Kriege noch Noth und Elend
an die Bewohner herantrat, da kam der dasige Bergbau fast zum Erliegen
und hat sich seitdem trotz mehrfacher, namentlich in neuester Zeit
gemachter Versuche nicht wieder in Aufschwung bringen lassen. Das
Sinken des Bergbaues war jedoch die Ursache, dass das durch +Barbara
Uttmann+ (1561) aufgebrachte Spitzenklöppeln in und um Annaberg rasche
Verbreitung fand und die Stadt dadurch, sowie durch die von +Georg
Einenkel+ (1589) in Buchholz eingeführte und von da nach dem Nachbarort
gekommene Posamentiererei eine ganz neue wirthschaftliche Grundlage
erhielt. Was Annaberg damals als Bergstadt verlor, das gewann es bald
darauf als +Handels-+ und +Industriestadt+ wieder und eine solche ist
es auch bis auf unsere Tage, wo zu den vorhandenen Erwerbszweigen noch
die Seidenweberei, die Crinolinfabrikation u. s. w. gekommen sind,
geblieben.

+Sehenswürdigkeiten+: In Annaberg besucht man zunächst die Haupt- oder
Annenkirche, welche mit reiner Kreuzesform im gothischen Style erbaut
(1499--1519) ist. Der Hauptaltar enthält 10 Sorten Marmor und stellt
in herrlicher Skulptur den Stammbaum Christi dar. Ausserdem sind noch
drei Altäre: der Bergaltar (mit interessanten Bildern aus dem früheren
Bergmannsleben), der Münzeraltar und der Bäckeraltar vorhanden, wie
denn überhaupt die Kirche mit grosser Schonung für den protestantischen
Kultus umgewandelt worden ist. Beachtenswerth sind ferner: die
steinerne mit vieler Bildhauerarbeit gezierte Kanzel, die goldene
Pforte, (1577 aus dem hiesigen Kloster entnommen), der becherförmige
Taufstein (1560 aus dem Grünhainer Kloster anher versetzt) und neben
anderen Gemälden besonders das von Lukas Kranach herrührende Bild (die
Ehebrecherin vor Christus). An den Emporen sieht man 100, in gebrannter
Erde ausgeführte Darstellungen aus der biblischen Geschichte; doch
haben sich unsere Vorfahren auch nicht versagt, an der Brüstung
der beiden Seitenchöre die Lebensalter der beiden Geschlechter
sinnbildlich in humoristisch-satyrischen Reliefs anzubringen. -- Der
kegelschiebende Engel, welcher sich über dem Eingang zur »alten«
Sakristei befindet, wird von Vielen für ein Wahrzeichen der Stadt
gehalten. Die Thüre zu dieser Sakristei trägt interessante Schlösser,
wahre Muster der alten Schlosserkunst. In der Sakristei selbst ist
ein Tetzel'scher Ablasskasten zu sehen. -- Im Jahre 1833--34 sind durch
architectonisches Missverständniss aus den schadhaften Fenstern die
gothischen Verzierungen und steinernen Zwischenrahmen herausgenommen
und durch schlichtes Holzwerk ersetzt worden; neuerer Zeit aber werden
die Fenster stylgemäss mit steinernem Maass- und Laubwerk wieder
hergestellt. -- Die ganze Kirche macht sowohl in Grösse als Bauart
einen erhebenden Eindruck. Dies geht auch aus den Worten Johann
Friedrich des Grossmüthigen hervor, der zu Herzog Georg, nachdem er mit
diesem einem katholischen Gottesdienst in der Hauptkirche beigewohnt,
sagte: »Der Gebauer ist wohl schön, nur der Vogel darin singt nicht
gut.«

Ausser der Hauptkirche besuche man die Bergkirche, die einzige
Sachsens, und die Hospital- oder Trinitatiskirche sammt dem dahinter
liegenden Gottesacker. An der Hospitalkirche ist aussen, nach dem
Friedhofe zu, eine Kanzel angebracht, von welcher am Trinitatisfest
die Predigt gehalten wird. In dem vordern Theile des Kirchhofes steht
ein Kruzifix, dessen Umgebung früher in hohem Ansehen stand, weil man
annahm, dass bei der Einweihung des Gottesackers (1519) die aus Rom
geholte heilige Erde daselbst verstreut worden sei (vergl. jedoch:
»Der Gottesacker zu Annaberg« von Dr. Spiess, S. 131). Rechts davon
sieht man die weitberühmte Linde, deren flachgewachsene Aeste durch
23 Pfeiler gestützt sind. Der Sage nach soll dieser Baum vormals
umgekehrt gepflanzt worden sein, um einen Zweifler zum Glauben an die
Auferstehung zu bekehren. Etwas vor dem Kruzifix steht das Denkmal
der +Barbara Uttmann+, der Erfinderin des Spitzenklöppelns. Dasselbe
ist der unvergesslichen Wohlthäterin des Erzgebirges im Jahre 1834
durch August Eisenstuck, damaligen Chef der Eisenstuckschen Handlung,
errichtet worden und trägt die Inschrift:

    Ein thätiger Geist, eine sinnige Hand,
    Sie ziehen den Segen ins Vaterland.

Von dem ehemaligen Franziskaner-Kloster, welches 1502 gegründet und
1540 aufgehoben worden ist, stehen nur noch geringe Ueberreste zwischen
der Oberforstmeisterei und dem neuen Bezirksgericht. -- Zu Annaberg hat
auch von 1515--59, anfangs als Probirer und dann als Gegenschreiber,
der weltbekannte Rechenmeister +Adam Riese+[11] gelebt, und noch
jetzt heisst das Gut in der Nähe der Stadt, das er besessen, die
»Riesenburg.« Ebenso ward allda 1726 der Kinderfreund Ch. F. +Weisse+
geboren, zu dessen Ehren man bei seinem hundertjährigen Geburtstage
eine milde Stiftung errichtet hat.

+Ausflüge:+ Der Pöhlberg gewährt auf seinem Plateau eine gute Aussicht
und zeigt an seinem Nordostabhange mächtige Basaltsäulen, von dem
Volke »die Butterfässer« genannt. Ausser Besteigung dieses Bergkegels
sind Spaziergänge nach der Wolfshöhle und der Wäsche, nach dem Markus
Röhling und dem Schreckenberge, nach der Bäuerin und dem Teufelsfelsen,
sowie in die Umgebung von +Buchholz+ (s. weiter unten) anzurathen; als
weiterer Ausflug empfiehlt sich ein Besuch des Greifensteins (s. S. 93)
oder des unteren Pressnitzthales, von Finsterau bis Schmalzgrube (s. T.
XVIII. S. 53).

+Buchholz.+ -- Nur zehn Minuten von Annaberg, am linken Ufer der
Sehma, den östlichen Abhang des Schottenberges bedeckend, liegt die
Stadt +Buchholz+, eigentlich St. Katharinenberg im Buchholz geheissen,
1793´ ü. M., mit 4854 E. Sehenswerth sind hier: Die gothisch gebaute
Hauptkirche und die Begräbnisskapelle, beide mit werthvollen Gemälden
aus der Wohlgemuth'schen Schule. Auch verdienen die Waldanlagen und das
Waldschlösschen einen Besuch.

Die Nähe der beiden Städte Annaberg und Buchholz erklärt sich daraus,
dass bei der Ländertheilung 1485 die Sehma einen Theil der Grenze
zwischen dem albertinischen und ernestinischen Sachsen bildete, so dass
die Gegend von Annaberg herzoglich und die von Buchholz kurfürstlich
war.[12] Der angegebene Umstand ist auch der Grund, warum in Buchholz
die Reformation früher (1523) als in Annaberg (1539) eingeführt
wurde. Im Allgemeinen aber haben beide Städte, die fast gleichzeitig
(A. 1496; B. 1504) und aus gleichem Anlass (wegen Auffindung von
Silber) entstanden sind, eine gleichmässige Entwicklung gehabt. Wie
Buchholz die Heimath für die Posamentirerei, so ist Annaberg die für
das Spitzenklöppeln gewesen, und noch heute gelten beide für einen
gemeinsamen Vorort der Spitzen- und Posamentenfabrikation.

+Spitzenklöppeln:+ Ueber das Spitzenklöppeln sagt der Verfasser
der Lebensbilder vom sächsischen Erzgebirge ungefähr Folgendes:
»Im Obererzgebirge sieht man fast hinter jedem Hüttenfenster
eifrige Klöpplerinnen; in der schönen Jahreszeit trifft man ganze
Gesellschaften von klöppelnden Frauen, Mädchen und Kindern im Freien;
im Winter kommen die Klöppelmädchen Abends zusammen und arbeiten
gemeinschaftlich, wie anderwärts die Spinnerinnen. Die Haltung der
Klöpplerin ist allerdings nicht sonderlich anmuthig, indem sie beim
Arbeiten den Oberkörper, ähnlich wie beim Schreiben, etwas vorbeugt;
die reizenden Bewegungen ihrer Hände aber lassen sich eben so schwer
darstellen, wie der flüchtige Tanz der Finger des Klavierspielers.
Wirklich erinnert das federleichte und blitzschnelle Spiel der
klöppelnden Hände ebenso sehr an die Fingerfertigkeit der musikalischen
Virtuosen, als an die der Taschenspieler. Die Handhabung der Nadeln
beim Stricken ist nichts im Vergleich zum Gebrauch der Klöppel beim
Spitzenanfertigen. Und die Verwunderung über die Kunstfertigkeit der
Klöppelhände wird noch gesteigert, wenn man das äusserst schlichte
Werkzeug sieht, dessen die Klöpplerin sich bedient. Sie sitzt vor
einem walzenförmigen, einen Fuss langen, mit Kattun umhüllten Polster,
dem sogenannten Klöppelkissen (Klöppelsack), das mit einer grossen
Anzahl von Stecknadeln gespickt ist. Der Klöppel selbst ist ein 4--5
Zoll langes, zur Form eines Trommelklöppels gedrechseltes Holzstück,
über welches das »Tütle«, eine dünne hölzerne Hülse von 2 Z. Länge,
gesteckt ist, damit der um den Klöppel gewickelte Faden nicht
beschmutzt wird. Einen solchen Klöppel mit Tütle kauft man um einige
Pfennige. Zu schmalen Spitzen gehören 2--4, zu breiten wohl Hundert
Paare. Um die Mitte des Kissens ist ein Streifen starken Papiers, auf
welchem das Muster durch Nadelstiche vorgezeichnet ist, der sogenannte
Klöppelbrief, geschlungen. Zunächst werden so viele Fäden, als das
Muster erfordert, auf ebenso viele Klöppel aufgewunden, die freien
Enden in einen Knoten geschürzt und auf dem Kissen befestigt. Dann
beginnt das Klöppeln, welches im Wesentlichen nichts ist, als eine
kunstvolle Art zu flechten. Die Arbeiterin fasst mit den Fingerspitzen
bald der rechten, bald der linken Hand mehrere Klöppel, wickelt durch
gewandte Drehung derselben etwas Faden ab und kreuzt die Fäden durch
einen »Schlag« zu einer Art Knoten. Die so gebildeten Maschen werden
zeitweilig durch Stecknadeln an dem Klöppelbriefe festgehalten.
Rasch beseitigt nun die Hand diejenigen Klöppelpaare, welche eben
gebraucht wurden und bis auf Weiteres entbehrlich sind, dadurch, dass
sie dieselben mit einer grossen Aufstecknadel seitlich am Kissen
feststeckt. Dann nimmt sie mit bewunderungswürdiger Sicherheit aus der
Menge der Klöppel, die alle gleich aussehen und nicht an Nummern oder
sonstigen Zeichen kenntlich sind, andere Paare heraus, um damit weiter
zu arbeiten. -- Es ist begreiflich, dass die Fertigkeit, mit welcher
die Klöpplerin für jede Nadel den rechten Klöppel findet und benutzt,
nur durch Uebung von frühester Jugend an errungen werden kann, weshalb
auch Kinder schon im 4. und 5. Lebensjahre zu klöppeln anfangen. Auch
sorgen für Erlernung der erzgebirgischen Kunst ausser den Familien
mehrere vom Staate unterstützte Klöppelschulen.«


XVIII. Route: Von =Annaberg= über =Satzungen= nach =Kommotau=.

Bei'm Annaberger Schiesshause, rechts auf dem Fahrwege, zu dem
vorliegenden Höhenrücken empor und dann auf einem Fusspfade hinab nach
dem grossen, an den Ufern der Pöhla gelegenen Dorfe +Königswalde+
(2454 E.). Nach Ueberschreitung der Brücke geht man links um die
Kirche und steigt auf einem Feldwege das anstehende Gelände hinan;
oben gelangt man in einen jungen Fichtenwald und, in diesem sich
links haltend, auf die Jöhstadt-Grumbacher Chaussee, welche bald
nach Grumbach (1291 E.) hineinleitet. Ohne Aufenthalt wird dieses
kahle Gebirgsdorf durchwandert, um, mit einer Wendung nach rechts, zu
dem malerisch an der Pressnitz gelegenen Dorfe +Schmalzgrube+ (327
E.) hinabzusteigen. Dieser Ort erfüllt den engen, aber reizenden
Thalkessel, der durch Einmündung des von Jöhstadt kommenden
Schwarzwassers in die Pressnitz gebildet und fast ringsum von trefflich
bewaldeten Bergwänden umgeben wird. Nunmehr wendet man sich dem Dorfe
+Satzungen+ (1088 E.) zu. Der Weg dahin, eine Halbchaussee, geht von
Schmalzgrube links den Abhang hinan und ist wegen Steilheit und Länge
der Berglehne anfangs etwas beschwerlich, wird aber nach Erklimmung
der Höhe, wo er durch einen schönen Buchenwald führt, wieder bequemer.
Von Satzungen, in dessen Nähe man den Hirtstein und Hassberg gut
sehen kann, begiebt man sich, das Dorf Ulmbach links lassend, nach
der böhmischen Grenzstadt +Sebastiansberg+ (Bassberg) und erreicht
hier die Reitzenhainer Strasse, welche über Krima, Domina, Schönlind
und Oberdorf nach +Kommotau+ führt und eine prächtige Aussicht auf
das böhmische Mittelgebirge und die reiche Gegend zwischen Saatz
und Postelberg gewährt. -- Wer einen Erlaubnissschein löst, kann
von Krima auch der Weipert-Kommotauer Eisenbahn folgen und so die
Windungen beobachten, welche der Schienenstrang überhaupt und besonders
am Borberge machen muss, um von dem Bassberger Plateau nach dem
Kommotauer Flachlande hinabzusteigen.

+Sebastiansberg+, Stadt, fast am Gebirgskamme gelegen, mit 2000 E., hat
Grenzverkehr und viel Holz- und Viehhandel.

+Kommotau+ s. S. 85.


XIX. Route: Von =Annaberg= über =Jöhstadt=, =Pressnitz=, =Sonnenberg=
und den =Hassenstein= nach =Brunnersdorf=.

Beim Annaberger Schiesshause hinaus, erst auf einem Fahr- und dann
auf einem Fusswege, nach Königswalde (s. v. R.) und von da auf der
Chaussee nach +Jöhstadt+. Von hier kann man zwei verschiedene Wege nach
+Pressnitz+ einschlagen. Der nächste Weg führt bei »Stadt Leipzig« in
den Grund hinab, geht über Dürrenberg und Hegerhaus und mündet auf
die Pressnitz-Satzunger Chaussee, von welcher aus, vor dem Einmarsch
in +Pressnitz+, sich ein Abstecher auf den nahen Hassberg (3051´)
empfiehlt, da dieser nicht nur eine gute Aussicht in Nähe und Ferne,
namentlich auf das Pressnitzthal, sondern auch eine üppige Flora
darbietet. Leider fehlt dem Gipfel ein Aussichtsthurm, welcher zur
Umschau doch so nothwendig ist. Der weitere Weg führt auf der Chaussee
über Schweizerhäuschen und Pleil, doch lässt sich auch dieser etwas
abkürzen, wenn man bei den ersten Häusern von Pleil links den Fussweg
nach dem Walde einschlägt und so erst später wieder auf die Strasse
gelangt. -- Von Pressnitz hat man sich nach +Sonnenberg+ (1000 E.) zu
wenden. Man wählt dazu die Strasse über +Reischdorf+ (2000 E.) oder den
näheren Fussweg, welcher bei'm Herrnhaus in Pressnitz links abgeht und
erst quer durch die Wiesen und dann auf den vorliegenden Höhenrücken
dahinführt. Nachdem man in Sonnenberg die grosse, schöne und weithin
nach Böhmen hinein leuchtende Kirche besehen hat, steigt man rechts
zur Holzmühlenbachmühle hinab und besucht darauf, unterwegs noch das
aus den Hussitenkriegen merkwürdige +Platz+ (450 E.,) berührend, die
Ruine +Hassenstein+, welche grossartig in ihren Trümmern und reizend in
ihrer Lage ist. Vom Hassenstein geht man weiter bergab und gelangt auf
angenehmem Wege nach dem fruchtbar gelegenen Orte +Brunnersdorf+ (s. R.
XI. S. 84).

+Jöhstadt+ (Josephsstadt), Stadt am Schwarzwasser, ohnweit der
böhmischen Grenze, 2306´ ü. M., mit 2286 E. Fertigt Spitzen,
Posamenten, Zündhölzer und Metallwaaren. Der Ort besitzt eine
Anzahl »Landrasender«, d. h. Hausirer, welche mit erzgebirgischen
Handelsartikeln in ganz Deutschland umherwandern.

+Pressnitz+, Stadt am gleichnamigen Flusse, mit 3000 E. Hauptort der
»fahrenden« Musiker, welche auf Märkten und Messen, bei Vogelschiessen
und anderen Volksfesten sich hören lassen und sogar nach fernen
Staaten, besonders nach Russland und Schweden ziehen. Seitdem in der
Stadt eine gute Musikschule errichtet worden ist, haben sich die
Leistungen der Pressnitzer »Kapellen« wesentlich gehoben.


XX. Route. Von =Annaberg= über =Weipert= nach =Kupferberg= und
=Klösterle=.

Vom böhmischen Thore rechts nach dem nahen Dorfe +Kleinrückerswalde+
(707 E.) und dann auf die Annaberg-Weiperter Chaussee, welche auf dem
Höhenzuge zwischen der Sehma und Pöhla dahinläuft. Man kommt an dem
Kunnersdorfer Chausseehaus und der daneben liegenden Restauration
»Zur Morgensonne« vorüber, überschreitet auf interessant construirter
Brücke den tiefen Einschnitt der Annaberg-Weiperter Eisenbahn und
gelangt von »Becks Gasthof« nach dem Flecken +Bärenstein+ (1612 E.).
Auf dem Marsche sieht man links im Grunde die Mildenauer Kirche
und einige Häuser von Königswalde und auf der Höhe das Jöhstädter
Schiesshaus; rechts im Thale hat man Buchholz, Sehma, Cranzahl
und davor an der Berglehne Kunnersdorf und das Gut Königslust.
Von genanntem Durchstich führt die Eisenbahn nach dem Annaberger
Flossgraben[13], um auf demselben bis an Weipert zu gelangen. In
Bärenstein schickt man sich zur Besteigung des gleichnamigen Berges
(2762´) an. Man geht zu diesem Behufe in der Nähe der Kirche rechts von
der Strasse ab und gewinnt so einen Fusspfad, welcher von südöstlicher
Seite zur Höhe emporführt. Beim Steigen liest man an einer Steinplatte:
»Den 22. August 1858 geruhte Se. Majestät der König Johann von Sachsen
den Bärenstein zu besuchen.« Das Plateau ist gut berast und erlaubt
ein bequemes Umherwandern. An der nördlichen Kante ist die Aussicht am
lohnendsten: Gerade aus sieht man Buchholz und Annaberg, daneben den
Pöhlberg; weiter zurück den Greifenstein, Schönfeld und Augustusburg;
rechts im Grunde erscheint die Mildenauer Kirche, darüber die Höhe
von Marienberg, davor das Pöhlthal mit Königswalde; weiter folgen der
Grumbacher Berg, Jöhstadt, der Hassberg und der Spitzberg; nunmehr
gleitet der Blick am Kamme des Gebirges hin nach dem im Süden liegenden
Keil- und Fichtelberg; rechts draussen erscheint der Auersberg,
westlich davon der Ochsenkopf und die Morgenleite bei Schwarzenberg,
weiter herein der Plesselstein und der Scheibenberg, rechts daran liegt
Schlettau und hinter ihm Hermannsdorf und Geyer, an welches sich der
Greifenstein wieder anschliesst. -- Bei'm Herabsteigen schaut man auf
das anmuthige, an beiden Seiten vielfach mit Häusern besetzte Thal der
Pöhl, welche von hier bis Wiesenthal die Grenze zwischen Sachsen und
Böhmen bildet und darum nur der Grenzbach genannt wird. -- Man geht
nun auf der Chaussee nach +Weipert+, (industrielle Stadt mit 5000 E.)
und wendet sich hier links einem Bergwerke zu, um an demselben vorbei
zum Forsthause zu gelangen, hinter welchem ein geradliniger Waldweg
nach Schmiedeberg (2800 E.) hinüber leitet. Von Schmiedeberg kann
man der Strasse über Oberhals nach Kupferberg folgen; näher aber ist
es, wenn man unterhalb der Kirche links den Berg hinauf geht und den
Waldweg nach dem Kupferhügel (2790´) einschlägt. Auf Letzterem steht
eine Kapelle, bei welcher man eine Aussicht geniesst, die von den
Böhmen selbst zu den schönsten ihres Landes gezählt wird. Nach Sachsen
zu ist zwar der Blick durch bewaldete Höhenzüge und Bergspitzen etwas
beschränkt, nach Böhmen hin aber ist er um so freier. Man überschaut
einen grossen Theil des Elbogener, des Saazer und Leitmeritzer
Kreises, sammt den darinliegenden Schlössern, Dörfern und Städten,
und wird von den Reizen des Egerthales und Mittelgebirges geradezu
überrascht.

Von der Kapelle zu dem Städtchen +Kupferberg+ (870 E.) hinabsteigend,
bemerkt man viele Halden und Bingen, beredte Zeugen des ehemals
lebhaften Bergbaues. Das Städtchen macht einen ärmlichen Eindruck,
wird sich aber durch die Annaberg-Kommotauer Eisenbahn, welche in der
Nähe eine Haltestelle bekommt, sicherlich heben. -- Gleich unterhalb
Kupferberg beginnt die südliche, steile Abdachung des Erzgebirges. Man
besuche hier noch die links von der Chaussee stehenden Felsen, welche
gleichfalls eine gute Ansicht des Böhmerlandes darbieten, und steige
dann auf der sich vielfach windenden Strasse bergab, wende sich aber
bei der letzten grossen Krümmung links auf einem Fusswege nach dem
Dorfe +Kunau+, von welchem man auf einem reizenden Waldthalwege nach
Klösterle (s. R. XI. S. 85) gelangt.


XXI. Route: Von =Annaberg= nach =Carlsbad=. (2 Tage.)

1. +Ueber Weipert+ und +Hauenstein+. -- Von Annaberg nach Weipert
(s. v. R.) und dann auf der Strasse über Wiesenthaler Schlössel nach
Stolzenhain. Bei Beginn des Dorfes wendet man sich links, um an der
Kapelle vorbei den näheren Weg nach dem »Reitförster« einzuschlagen.
Hier frage man genau nach dem Wege oder nehme -- wenigstens durch den
Wald hindurch -- einen Führer mit. Man kommt an den »Wirbelsteinen«
vorbei, die eine prächtige Aussicht darbieten, erreicht ein Forsthaus
und tritt bald darauf aus dem Walde heraus, um die jenseitige
Abdachung hinabzusteigen. Auf einem ziemlich benutzten Fahrwege,
hinter zwei Dörfern (Holzbach und Hanuschgrün?) hinweg, kommt man
nach dem idyllisch gelegenen +Hauenstein+, wo man Nachtquartier
nimmt. -- Am andern Morgen besucht man die reizende Umgebung des
Ortes (s. S. 86) und begiebt sich dann im anmuthigen Egergrund, über
Damitz und Permesgrün, nach +Schlackenwerth+, von wo die Strasse nach
+Karlsbad+ führt. -- Nach Eröffnung der Egerthal-Eisenbahn kann man
auch bis Wickwitz gehen und von hier mit dem Dampfwagen über Neuda
(Schlackenwerth) nach Karlsbad fahren.

+Schlackenwerth+, Stadt, 1170´ ü. M., mit 1800 E., hat ein dem
Grossherzog von Toskana gehöriges schönes Schloss mit Park und
Gewächshaus.

+Karlsbad+, Stadt an der Tepl, 1063´ ü. M., mit 7000 E. In sehr engem
Thale, doch malerisch zwischen reichbewaldeten Bergwänden und Höhen
gelegen, die nach allen Richtungen hin von gut gehaltenen Promenaden
durchzogen werden. In der Stadt sehenswerth: Dechanteikirche,
Marienkapelle, protestantisches Gotteshaus und Standbild Karls
IV., welcher als Begründer des Ortes anzusehen ist. Den grossen,
ja europäischen Ruf verdankt Karlsbad seinen Heilquellen (jährlich
15--20,000 Badegäste). Obenan steht der Sprudel, welcher 59° R.
heiss, fast mannsstark, in kurzen brausenden Stössen 3´ (früher
5--6´) hoch emporwallt. Sein Wasser ähnelt im Geschmacke einer dünnen
Hühnersuppe. Gegenstände, welche längere Zeit im Sprudelwasser liegen,
werden »inkrustirt«, d. h. von einer dünnen Steinrinde (Kalksinter)
überzogen. Andere Quellen (40--50° R.) sind: der Theresienbrunnen,
der Mühl-, Neu- und Bernhardsbrunnen, die Hygiea's-Quelle, der
Schloss-, Markt- und Spitalbrunnen. Die Karlsbader Mineralwässer
scheinen ein- und demselben Heerd zu entströmen; denn sämmtliche
enthalten vorzugsweise +Glaubersalz+ (50%) und daneben kohlensaures
und salzsaures Natron und kohlensauren Kalk; auch beruht die
Verschiedenheit ihrer Wirkungen weniger in den Mischungs- als in den
Temperaturverhältnissen.

Mit grossem Vortheil werden die Karlsbader Quellen gegen Magen-,
Leber-, Nieren- und Blasenleiden angewendet. Als Badegast soll man
streng die vorgeschriebene Diät beobachten; als Wanderer nur vorsichtig
von den Wässern kosten. Morgens von 6--8 Uhr, im Hochsommer schon von
5 Uhr an, ist Kurzeit. Da trinken die Badegäste von den verordneten
Quellen und ergehen sich unter Musik in der Kolonade des Sprudels oder
des Mühlbrunnens. Nachmittags wird auf der »Alten Wiese,« wo sich
elegante Läden befinden, promenirt oder irgend ein Ausflug gemacht.
In der Nähe (¼--¾ St.) liegen: Posthof, Freundschaftssaal, Panorama,
Waldschloss, Dreikreuzberg, König Otto's Höhe und Hirschensprung;
weiter (1--1½ St.) sind: Dorf Dallwitz, der Aberg, Hans Heiling's
Felsen, Engelhaus und Pirkenhammer. -- Göthe hat sich wiederholt in
Karlsbad aufgehalten. -- Karlsbader Beschlüsse 1819. --

Wer Karlsbad und Umgebung recht geniessen will, hat zwei Tage darauf zu
verwenden.


2. +Ueber Oberwiesenthal und Joachimsthal.+ -- Von Annaberg nach
Buchholz und dann im Sehmathale aufwärts durch die sauberen und
netten Ortschaften: Sehma (1380 E.), Cranzahl (1293 E.) und Neudorf
(1995 E.). Bis Cranzahl sieht man sich von der Annaberg-Weiperter
Eisenbahn begleitet, welche hier aber mittelst hohen Viadukts von dem
linken nach dem rechten Thalhang übersetzt, um in weitem Bogen --
unter der Annaberg-Weiperter Strasse hin -- den Flossgraben (s. S.
110) zu erreichen. Am Ende von Neudorf, unmittelbar vor der letzten
Mühle, wendet man sich rechts über die Brücke und gelangt so auf den
+Vierensteig+, welcher über das »rothe Vorwerk« nach Oberwiesenthal
leitet. Nachdem man allda etwas gerastet hat, besucht man den
Jungferngrund mit dem Goldborn und verschreitet dann zur Besteigung des
Fichtelberges. In ¾ Stunden ist der mit einem Thurm gekrönte Gipfel
erreicht. Die Aussicht hat mit der des Bärensteins Aehnlichkeit (s. S.
111), doch ist sie grossartiger und umfassender. Man überschaut das
ganze Erzgebirge und einen grossen Theil des sächsischen Niederlandes
bis zu den Rochlitzer und Hohburger Bergen (bei Wurzen); auch schweift
der Blick nach S. W. in das Egerthal und die Gegend von Waldsassen
und nach O. auf das böhmische Mittelgebirge, den Milleschauer und den
Biliner Borzen, nach S. hin aber wird er durch den anliegenden Keilberg
gehemmt. -- Nach genossener Aussicht schlägt man den auf der Höhe des
Fichtelberges hinlaufenden Weg ein und gelangt nach dem Gasthofe:
»Neuhaus« an der Wiesenthal-Gottesgaber Strasse. Von hier hält man
sich links nach dem bereits sichtbaren »Sonnenwirbel«, nimmt aus den
dort befindlichen Häusern -- sie sind die höchste (3500´) Ansiedelung
im ganzen Erzgebirge -- einen Führer mit und wendet sich nach der
Spitze des Keilberges, welche, zumal wenn der ausgebrannte Thurm
wieder hergestellt ist, eine wundervolle Aussicht auf das Böhmerland
gewährt. -- Vom Keilberg geht man zurück nach +Gottesgabe+ und von da,
die vielfachen Krümmungen der Chaussee auf einem betretenen Fusswege
abschneidend, hinab nach dem an der Südseite des Gebirges gelegenen
+Joachimsthal+, dem diesmaligen Stationsorte. -- Am andern Morgen
besucht man die Merkwürdigkeiten der Stadt und begiebt sich dann über
Ober-Brand u. Schlackenwerth nach +Karlsbad+ (s. S. 113).

+Fichtelberg+ und +Keilberg+ sind die höchsten Gipfel des Erzgebirges;
jener ist 3708´, dieser 3812´ hoch. Am Fichtelberge entspringen vier
Flüsse: das Schwarzwasser (Schwarzenberg), die Mittweida, die Zschopau
und die Sehma. Dem Keilberge, welcher auf böhmisch +Bartum+, d. i.
Bartholomäusberg, heisst, entquillt die an Weipert vorbeirinnende
Pöhl (der Grenzbach). Die Abhänge beider Bergriesen sind meist mit
prächtigen Wäldern bedeckt und bieten dem Botaniker eine reiche
Ausbeute an Moosen und subalpinen Pflanzen.

+Oberwiesenthal+, Stadt, 2777´ ü. M., mit 2022 E. Treibt Klöppelei,
Posamentenfabrikation und Nadlerei. Ist mehrmals, besonders 1851 und
1862, durch Brandunglück betroffen worden. Neue, schöne Kirche. --
An Ober-Wiesenthal stösst Unterwiesenthal mit 870 E., thalabwärts
liegt Hammer-Unterwiesenthal mit 687 E., und nur durch die Pöhl von
Ober-Wiesenthal getrennt ist Böhmisch-Wiesenthal mit 1000 E.

+Gottesgabe+, höchstgelegene (3161´) und rauheste Stadt des Erzgebirges
mit 1600 E. -- Bergbau, Spitzenklöppelei und Tüllnäherei. -- Der Ort
ist von 1459--1547 sächsisch gewesen.

+Joachimsthal+, Stadt, 2218´ ü. M., mit 6000 E. Gehört zur sogenannten
heiligen Familie der Bergstädte, von denen Marienberg und Jöhstadt
nach Christi Eltern, Annaberg und Joachimsthal nach den Grosseltern
benannt sind. -- Beschäftigt sich mit Bergbau, Spitzenklöppelei u.
Handschuhnäherei. -- Sehenswerthe, ursprünglich protestantische
Dekanatskirche mit Bildern -- auf einem Altarblatte auch das Portrait
Luthers -- von Kranach u. Dürer. Um die Stadt herum noch vier Kapellen;
auf dem Schlossberge Trümmer der Burg Freudenstein. -- Zur Zeit der
Reformation haben Matthesius als Pfarrer und Nik. Hermann als Kantor
in Joachimsthal gewirkt. -- Von dem Orte soll der Name »Thaler«
(Joachimsthaler) herstammen.


XXII. Route. Von =Karlsbad= nach =Eger=.

Diese Route wird am vortheilhaftesten mit Dampfwagen zurückgelegt. Die
Eisenbahn geht im Egerthale hinauf, hat interessante Dämme und Viadukte
zu passiren und bietet, ausser auf den Fluss, angenehme Aussichten
auf nahe Wälder und die fernen Höhen des Erzgebirges. Bei +Elbogen+
(2500 E.) unterbricht man die Fahrt, um diese Stadt in Augenschein zu
nehmen. Sie hat altersgraue Mauern, Zinnen und Thürme und ist höchst
malerisch auf einem steilen Felsenvorsprung gelegen, der von der Eger
in elbogenartiger Biegung umflossen wird. Das Schloss steht seit 870.
Auf dem Rathhause zeigt man einen bei der Stadt niedergefallenen
Meteorstein.[14] Sehenswerthe, von 1833--36 erbaute Kettenbrücke: 100´
hoch, 200´ lang mit einem Eisengewichte von 1200 Centnern.

An der nächsten Stadt, an +Falkenau+ (2500 E.), fährt man am besten
vorüber, denn ausser einer schönen Lage, deren schon Göthe gedenkt,
indem er sagt: »es ist der Hopfenbau, der die gestreckten Hügel
hinter der Stadt in stundenlangen Reihen ziert, ein unübersehbarer
Garten in der Nähe, ein weitverbreitetes Buschwerk in der Ferne,«
bietet sie wenig Bemerkenswerthes. Aber die Station +Königsberg+
eignet sich wieder zum Absteigen, da man von hier aus die Probstei
+Maria-Kulm+ (vielbesuchter Wallfahrtsort mit guter Aussicht auf das
Fichtelgebirge und die Gegend von Karlsbad) leicht erreichen kann.
-- In ununterbrochener Fahrt braucht man von Karlsbad bis +Eger+ 2
Stunden. (II. Kl. 1 Fl. 79 Kr. III. Kl. 1 Fl. 8 Kr).

+Eger+, Stadt, am gleichnamigen Flusse, 1305´ ü. M., mit 13,000 E.
Ehedem freie Reichsstadt; bis 1809 starke Festung. Im Stadthause
(früher Pachhäbel'schen Hause) wurde Wallenstein am 25. Febr. 1634
durch den Irländer Deveroux mit einer Partisane erstochen, die
man allda nebst einigen bezüglichen Gemälden noch zeigt. Auf der
kaiserlichen Burg, an der nordwestlichen Seite der Stadt gelegen,
waren kurz vorher die Freunde Wallensteins: Terzky, Illo, Kinsky und
Neumann ermordet worden. Von dem Banketsaale, in welchem die That
geschah, stehen nur noch einige Fensterbogen. Sonst enthält die Burg
eine herrliche Doppelkapelle, welche im unteren Theil romanisch und im
oberen Theile gothisch ausgeführt ist, und den schwarzen Thurm, welcher
mit seinen Lavablöcken aus den Römerzeiten herstammen soll. -- Von der
Burg und von Krämlings Bastei treffliche Aussicht auf das Egerthal und
dessen Umgebung.


XXIII. Route: Von =Eger= über =Franzensbad= nach =Elster=.

Von Eger kann man sich mit Eisenbahn nach +Franzensbad+ begeben, viel
lohnender aber ist es, den Weg dahin (2½ St.) zu Fuss zurückzulegen.
Zu dem Ende geht man vom Ringe (Markte) nach der Kunstmühle, passirt
zwei hintereinander liegende Stadtthore und wendet sich, rechts vom
Egerflusse, einem Promenadenwege zu, der durch den Wald nach dem
Siechenhause (Versorgungsanstalt und Jägerhaus mit Restauration)
führt. Dieses bietet eine gute Aussicht auf die Stadt Eger und die
dahinter liegenden Höhen und wird wegen seiner trefflichen Lage von
den Franzensbader Kurgästen und den Bewohnern Egers viel besucht.
Umfassender ist der Blick von der St. Anna-Kapelle, welche ¼ St. ob
dem Siechenhause, links von der Chaussee nach Wunsiedel, gelegen ist.
Hier sieht man Franzensbad und Mariakulm, sowie den Südabhang des
Erzgebirges, ferner (nach Marienbad hin) die Königswarther Höhen und
den Dillenberg und weiter rechts endlich das Fichtelgebirge mit dem
Ochsenkopf, Schneeberg, Waldstein und der Kösseine. -- Von der Kapelle
zur Chaussee zurückgekehrt, wendet man sich links auf einem Waldpfade
hinab zur Eger und überschreitet dieselbe auf einem Stege. Nun gelangt
man nach dem Dorfe +Stein+ und von diesem auf gut gehaltenem Wege
nach dem +Kammerbühle+, einem erloschenen Vulkane, der sowohl wegen
des Baues seines Kraters, als wegen der Schichtung und Beschaffenheit
seiner Gesteine bei den Geologen (Göthe, Humboldt, Cüvier, Bonpland)
in grossem Ansehen steht. -- Vom Kammerbühl führt ein angenehmer
Promenadenweg nach +Franzensbad+, dessen Sehenswürdigkeiten in wenig
Stunden in Augenschein genommen sind. Endlich fährt man mit dem
Dampfwagen bis Station +Mühlhausen+, von welcher Bad +Elster+ bald
erreicht wird.

+Franzensbad+, auf einer moorigen Hochebene, 1281´ ü. M., mit 90
Häusern, gehört zu den berühmten böhmischen Kurorten, hat aber
wenig Naturschönheiten, für die man indess durch künstliche Anlage
(Park, Loimannscher Park, Neue Anlagen) zu entschädigen gesucht
hat. Seine Heilquellen (Franzensquelle, Salzquelle, Wiesenquelle,
Neuquelle, Luisenquelle, kalter Sprudel) sind sämmtlich eisenhaltige
Glaubersalzwässer mit starkem Gehalt an Kohlensäure und werden
besonders zur Reinigung des Blutes und zur Belebung des Magens und der
Schleimhäute verordnet. Ausgezeichnete Moorbäder. -- Bei Besuch der
Quellen und Wandelbahnen (vor der Franzensquelle und zwischen der Salz-
und Luisenquelle) staunt man über die Pracht der Kaiserstrasse und der
Morgenzeile, namentlich zeigen in Letzterer die Häuser und Läden eine
Eleganz, wie sie wohl kaum in einem anderen Bade wiedergefunden wird.
Im Park das von Schwanthaler modellirte Bronzestandbild des Kaisers
Franz I., des Wohlthäters von Franzensbad.

+Elster+, besuchtester Kurort Sachsens, an der weissen Elster, 1464´ ü.
M. Anmuthige Lage in einem von bewaldeten Höhen umsäumten Thalkessel.
Geschmackvolle Häuser und Parkanlagen. Am Brunnenplatze das königliche
Badegebäude und die durch Verkaufsgewölbe geschmückte Wandelbahn,
welche in ihrer Mitte eine grosse Trinkhalle mit der +Marien-+,
+Königs-+ und +Albertsquelle+ enthält. Hinter der Kolonade führen gut
gehaltene Wege auf den Brunnenberg, während andere Spaziergänge im
Thale fortleiten und auch den tempelartigen Ueberbau berühren, unter
dem die +Salz-+ und +Johannisquelle+ liegen, welche durch eine zweite
Wandelbahn mit der +Moritzquelle+ verbunden sind. Die Quellen des Bades
gehören zu den alkalisch-salinischen Eisenwässern und gleichen in
ihren Wirkungen denen von Franzensbad. -- Zu Ausflügen eignen sich in
der Nähe, ausser Mühlhausen und dem Brunnenberg, das Bergschlösschen,
die Schwedenschanze, Waidmannsruhe, der Friedrichstein, Carolaruh und
Albertshöhe; etwas weiter (½--1 St.) das Dorf Grün mit der Drahtmühle
und den Restaurationen: »Zum grünen Thal« und »Zum weissen Schwan« und
nach Adorf zu die Wirthschaft: »Zur Ziegelei« und die Arnsgrüner Kuppe.


XIV. Route: Von =Annaberg= nach =Schwarzenberg=.

1. +Ueber Scheibenberg+ und +Raschau+. -- Von Annaberg nach +Buchholz+
und hier rechts die alte Schlettauer Strasse hinaus nach +Schlettau+.
Dieser Ort wird auf der Hauptstrasse fast durchschritten, bei der
Kirche aber wendet man sich rechts, um auf einem Feldwege einen Bogen
der Chaussee abzuschneiden und so etwas rascher nach +Scheibenberg+
zu gelangen. Hier gute Gelegenheit zur Besteigung des gleichnamigen
Basaltkegels, der ähnliche Aussicht wie der Bärenstein darbietet.
Von der Stadt Scheibenberg immer auf der Strasse hinab in das
Mittweidathal, in den sogen. Raschauer Grund, und durch die daselbst
liegenden Dörfer und Grünstädtel nach +Schwarzenberg+. Man wandert
hierbei 1½ St. lang zwischen Häusern, da die Ortschaften Oberscheibe,
Unterscheibe, Markersbach, Mittweida und Raschau sich dicht an einander
schliessen. Bei Bad Raschau nimmt die Mittweida die von Rittersgrün
kommende Pöhla auf, während sie selbst bei Schwarzenberg in das
Schwarzwasser fällt. -- Zwischen Annaberg und Schwarzenberg täglich
3mal Postverbindung; Fahrgeld 15 Ngr.

+Buchholz+ (s. R. XX. S. 103.)

+Schlettau+, Stadt an der obern Zschopau, 1754´ ü. M., mit
1231 E. Treibt Posamentirerei und Schuhmacherei und hat eine
Flachsbereitungsanstalt.

+Scheibenberg+, Stadt am gleichnamigen Berg, 2094´ ü. M., mit 2231 E.
Hatte früher viel Bergbau, dem es auch seine Gründung verdankt; treibt
jetzt besonders Posamentenfabrikation u. Klöppelei.

+Schwarzenberg+[15], alte Bergstadt, auf einer Felsenrippe
ob dem Schwarzwasser, 1406´ ü. M., mit 3259 E. Endpunkt der
Obererzgebirgischen Eisenbahn. Hat ein altes, doch vielfach
umgewandeltes Schloss, dessen Verliessthurm aus dem 11. oder 12.
Jahrhundert stammen mag. Einen guten Eindruck macht das vor der Stadt
gelegene Bad +Ottenstein+ (Wasserheilanstalt) mit seinen Felspartien
und Promenaden. Nicht weit davon ist das Rettungshaus »Albert-Stift«.
Die Stadt hat wiederholt, so noch 1824, von grossem Brandunglück zu
leiden gehabt.

Die Gegend von Schwarzenberg ist ein Hauptquartier der sächsischen
Eisenindustrie. Bei Bermsgrün, Erla und Crandorf, sowie bei
Breitenbrunn, Grosspöhla und Rittersgrün treffliche Eisensteinlager und
Verhüttung von Eisenerzen. Die Hohöfen, in denen das Feuer ein halbes
Jahr nicht auszugehen pflegt, sind meist mit Giessereien, Hammer-,
Walz- oder Drahtwerken verbunden. Die geschmolzene Eisenmasse wird
aller 12 Stunden »abgestochen«, d. h. aus dem Hohofen abgelassen,
und fliesst dann einem Feuerstrom gleich in trogartige Sandgräben,
wo sie zu ungefügen Stücken, sogenannten »Gänzen«, erstarrt. Die
Hammerschmiede sind derbe, kräftige Leute -- ihr Körper scheint fest
zu sein, gleich dem Eisen, das sie bearbeiten -- und dabei voller
Treuherzigkeit, wie die vielen über sie umgehenden Redensarten und
Schwänke beweisen.

Durch die Eisenwerke ist eine besondere Industrie, die
+Blechlöffel-Fabrikation+, hervorgerufen worden. Von den Orten
Grünhain, Bernsbach[16], Lauter und namentlich Beierfeld werden
jährlich gegen 300,000 Dutzend Löffel in mehr als 70 Sorten geliefert.
Zunächst fertigt der »Plattenschmied« die Platten, d. h. ebene,
spatelähnliche Eisenstücke, welche kaum im Groben den Umriss eines
Löffels darstellen. Dann teuft der Löffelschmied (»Hohlmacher«)
diese Platten aus, wozu er einen Ambos mit stählernen Modellen und
verschiedene Teufhämmer gebraucht. Endlich werden die so entstandenen
Löffel noch beschnitten, befeilt, gebeizt, gescheuert, verzinnt
und polirt: in Allem hat ein Löffel, wenn er fein sein soll, 23mal
durch die Hand zu gehen. -- Zur Zeit des 7jährigen Krieges war dieser
Industriezweig in der höchsten Blüthe: da wurden jährlich 18--20
Millionen Löffel fabricirt.

2. +Ueber Elterlein und den Fürstenberg.+ -- Von Annaberg nach
+Frohnau+, in dem Dorfe aufwärts und beim Wegweiser rechts hinaus
auf die Fahrstrasse nach +Dörfel+. Nach Ersteigung der vorliegenden
Höhe eine prächtige Rückschau auf Annaberg und die dahinter liegenden
Berge. In Dörfel über die Zschopau und dann durch das langgestreckte
Hermannsdorf nach +Elterlein+. Von hier auf einem Fusssteige, erst
Schwarzbach links und darnach Waschleite rechts lassend, nach dem
Fürstenberge, an welchem den 8. Juli 1455 die Befreiung des Prinzen
Albert stattfand. Zur Erinnerung an diese Begebenheit hat man 1822 über
dem sog. Fürstenbrunnen einen Granitobelisk errichtet. -- Im Walde
brauchbare Marmorblöcke. -- Unten bei dem Dörfchen Haide die Ruinen
der von der Sage umrankten Dudels- -- d. h. St. Oswaldskirche. Dem
Fürstenberge gegenüber der »Graul« mit vielen Berg- und Hüttenwerken.
-- Zuletzt über Wildenau nach Schwarzenberg.

+Elterlein+, Stadt, 1919´ ü. M., mit 2307 E. Wahrscheinlich Geburtsort
der Barbara Uttmann, der Erfinderin des Spitzenklöppelns.

3. +Ueber Grünhain.+ -- Wiederum nach +Elterlein+, von da aber auf den
Ziegenberg und den noch weiter nordwestlich gelegenen Schatzenstein
(2361´) und von diesem über +Grünhain+ und +Beierfeld+ (1245 E.), wo
viele Löffelschmiede wohnen, nach +Schwarzenberg+.

+Grünhain+, Stadt, 1911´ ü. M. mit 1694 E. Von dem früheren, 1238
gestifteten und 1553 säkularisirten Benediktinerkloster stehen noch
einige Mauern. Die Klosterbibliothek ist nach Leipzig und Jena, das
Archiv nach Kadan gebracht worden. 1429 haben die Hussiten, 1525 die
Bauern, 1547 die Kaiserlichen die Stadt geplündert.


XXV. Route: Von =Oberwiesenthal= nach =Schwarzenberg=.

1. +Ueber Rittersgrün.+ -- Man besteigt von Oberwiesenthal, gleich
oberhalb der Stadt auf einem Fusswege, den Fichtelberg, geniesst die
Aussicht und wendet sich dem Gasthause »Neuhaus« zu, um rechts von
Gottesgabe die Fahrstrasse einzuschlagen, welche über +Tellerhäuser+
und +Ehrenzipfel+ nach +Rittersgrün+ führt. Aechte Gebirgswanderung;
oft ringsum Wald und weithin nichts als Wald! Auf der Höhe geht es
durch dichten Tann', sobald der Weg sich senkt, unter schattigen Buchen
hin; eine ziemliche Strecke vor Rittersgrün schäumt immer zur Seite
der Pöhlbach (nicht zu verwechseln mit der Pöhla bei Königswalde), von
Absatz zu Absatz sich stürzend. Das grosse, etwas zerstreut gebaute
Dorf Rittersgrün (2500 E.) wird durchschritten und im Pöhlthal entlang
bis Raschau (2297 E.) gegangen, wo der uns begleitende Bach sich mit
der Mittweida vereinigt. Dabei berührt man das reizend gelegene,
einem Schweizerdorf ähnliche +Klobenstein+ und das durch seine
Eisenindustrie bekannte +Grosspöhla+ (1235 E.). In Raschau trifft man
die Annaberg-Schwarzenberger Chaussee, auf welcher man über Grünstädtel
die Stadt +Schwarzenberg+ in einer Stunde erreicht.

2. +Ueber die Crottendorfer Marmorbrüche+ und +Markersbach+. -- Man
besteigt von Wiesenthal wiederum den Fichtelberg, wendet sich aber
dann (am besten mit Führer) dem »Reitsteig« zu, den man von dem
Aussichtsthurm, mit der Richtung nach Grünhain hin, in ungefähr 10
Minuten erreicht. Auf dem Reitsteig geht man rechts fort, bis ein
(in ¼ St.) breiterer Weg fast senkrecht auf ihn stösst. Dies ist der
Hirschfalzer Weg, den man gleichfalls rechts verfolgt, um auf die alte
Joachimsthaler Fahrstrasse zu kommen. Nunmehr geht es links auf der
gewonnenen Strasse, immer im Holze, gegen 2 Stunden dahin. Prächtige
Waldwanderung: viele Nebenwege und Schneissen, welche zu benachbarten
Revieren, wie »Katzenstein«, »Erbisleite« und »Thalerhaid« führen,
kreuzen die Strasse, beirren aber nicht. Bei der ersten Lichtung kann
man links in das schöne Mittweidathal hinabsteigen, wir aber bleiben
auf unserer Strasse, bis ein Wegweiser rechts nach den Crottendorfer
Marmorbrüchen zeigt. Diese Brüche, zu Christian des I. und August
des Starken Zeit so geschätzt, sind jetzt ziemlich vernachlässigt
und werden erst wieder in Schwung kommen, wenn die Eisenbahn an
sie heranreicht. Von den Marmorbrüchen begeben wir uns nach dem im
Mittweidathal gelegenen Nitzschhammer und von diesem nach Markersbach,
wo wir die Chaussee gewinnen, welche von Annaberg nach Schwarzenberg
führt.


XXVI. Route: Von =Schwarzenberg= über =Johanngeorgenstadt= nach
=Wildenthal=.

Der Weg von Schwarzenberg nach Johanngeorgenstadt geht durch
das hochromantische Schwarzwasserthal und lässt sich mit Post,
genussreicher aber zu Fuss zurücklegen. Zunächst kommt man nach
+Erla+, wo sich grossartige Schmelzhütten mit Giesserei und Walzwerk
befinden. Darnach berührt man +Antonshütte+ und +Breitenhof+. Bald nach
letzterem Ort macht das Wasser eine scharfe Wendung und lässt so die
Reize des Thales vortheilhaft hervortreten. Später erweitert sich das
Thal, worauf man rechts nach +Johanngeorgenstadt+ hinaufsteigt, während
die Strasse im Grunde weiter, am Schiesshaus vorüber, nach Wittigsthal
führt. Nachdem man Stadt und Umgegend betrachtet hat, begiebt man sich
über Steinbach nach der sog. Sauschwemme, um von da, auf angenehmer
Waldstrasse, dem majestätischen +Auersberg+ (3134´), dem dritthöchsten
Berge Sachsens, einen Besuch zu machen. Auf dem Gipfel ein dem früheren
Oberforstmeister v. Lindenau errichtetes Denkmal. Von dem vorhandenen
Aussichtsthurm ein prächtiger Blick auf Böhmen, das Voigtland, die
Muldengegend und das sächsische Niederland. Man sieht den Fichtel-
und Keilberg mit den umliegenden Genossen, den Rochlitzer Berg, den
Petersberg bei Halle, den Kuhberg bei Rothenkirchen, die Schnarrtanner
Höhe, den Hirschberg bei Karlsfeld und den Spitzberg bei Friebus, sowie
dazwischen viele Dörfer und Städte. In der Nähe dichtes Fichtengrün,
allseitig Berg und Hang bedeckend. -- Vom Auersberg geht man hinab nach
Wildenthal (517 E.) und hat damit das Tagesziel erreicht.

+Johanngeorgenstadt+, Stadt am Fastenberge, ob der Vereinigung des
Breitenbaches und Schwarzwassers, 2267´ ü. M., mit 2402 E. Verdankt
seine Entstehung evangelischer Glaubenstreue und ist, die jüngste
Stadt Sachsens, von böhmischen Exulanten (namentlich aus Platten und
Gottesgabe) 1654 erbaut worden. Hatte früher viel Bergbau; treibt aber
neuerer Zeit besonders Handschuhmacherei, Bandzäckchenfabrikation
und Kunsttischlerei. In der Nähe interessante Felspartien, so die
»Teufelskanzel«, der »Schneiderfels« und die »Hefenklöse«. Die Stadt
wurde 1867 durch eine grosse Feuersbrunst betroffen, hat sich aber
seitdem so ziemlich wieder emporgearbeitet.


XXVII. Route: Von =Wildenthal= über =Graslitz= und =Markneukirchen=
nach =Bad Elster=. (2 Tage.)

Von Wildenthal geht man südlich auf der Strasse nach
+Weitersglashütte+, betrachtet daselbst die wohleingerichtete
Glasfabrik und wendet sich dann, die ursprüngliche Richtung
beibehaltend, nach dem böhmischen Orte +Sauersack+, der wegen der öden
Lage und Armseligkeit seiner Häuser einen traurigen Eindruck macht.
Bald kommt man jedoch wieder in angenehmere Gegend. Von Sauersack
steigt man nämlich westlich in ein prächtiges Thal hinab -- eine darin
gelegene Försterei erinnert so recht an Wald und Waldeseinsamkeit
-- und geht dann, in erquicklicher Landschaft, einem munteren Bach
entlang, über Nancy und Silberbach nach +Graslitz+, um daselbst
Nachtquartier zu nehmen. -- Am andern Morgen begiebt man sich über
Lauterbach nach Kirchberg, besteigt den in der Nähe liegenden »hohen
Stein«, welcher eine gute Aussicht darbietet, und wendet sich, nach
Sachsen wieder hineinwandernd, durch Eubabrunn (1111 E.) und Erlbach
(202 E.) nach +Markneukirchen+, dem Hauptort der erzgebirgischen
Instrumentenfabrikation. Von hier fährt man mit Post (Fahrgeld 4 Ngr.)
nach +Adorf+, von wo Bad +Elster+ in einem Stündchen erreicht wird.

+Graslitz+, Stadt, an der Vereinigung des Schwader- und Silberbaches
mit der Zwota, 1506´ ü. M. mit 6000 E. Hat viel Industrie: Woll- und
Baumwollenweberei, Kattundruckerei, Kammgarnspinnerei und besonders
Fabrikation musikalischer Instrumente (Holzblasinstrumente). Schöne
Pfarrkirche mit interessantem Hochaltar. Einen Besuch verdient der
benachbarte Hausberg, wo sich noch Spuren eines alten Bergschlosses
befinden.

+Markneukirchen+, Stadt an der grossen Elster, 1575´ ü. M. mit 4000 E.
Fabrikationsort für einfache und übersponnene Darmsaiten[17], für alle
Sorten Streich- und Blasinstrumente und für Mund- und Ziehharmonika's.
-- Engelhardt sagt: »Nach den Klängen Markneukirchner Instrumente
marschiren die Regimenter aller Staaten, tanzen die Balldamen aller
Erdtheile, und wie sie vielen Kindern als ohrzerreissendes Spielwerk
dienen, so ist andererseits kein Concert ohne sie denkbar.« Von
Markneukirchen hat sich die Instrumentenfabrikation auf die umliegenden
Ortschaften, wie Adorf, Schöneck, Klingenthal, Zwota und Erlbach
verbreitet. -- In der Umgebung Markneukirchen's zeichnet sich der
Galgenberg durch eine gute Aussicht aus.

+Adorf+, Stadt an der Vereinigung der kleinen und grossen Elster,
1460´ ü. M. mit 3164 E. Hat zur Hebung der Instrumentenfabrikation
eine besondere Musikschule. -- In der Nähe die Dörfer +Marienei+ und
+Würschnitz+; in jenen ist 1803 der Dichter J. Mosen geboren worden und
in diesem hat Ende des 17. Jahrhunderts ein Zimmergesell (Hans Wolf
Löw-Kummer) die ersten Kartoffeln angebaut.


Bad +Elster+: s. R. XXIII. S. 120.


XXVIII. Route: Von =Wildenthal= nach =Karlsfeld=, =Klingenthal=,
=Schöneck= und =Falkenstein=. (2 Tage.)

Von Wildenthal geht man, den Brückenberg rechts lassend, nach
+Karlsfeld+ und gelangt so in den Mittelpunkt des »sächsischen
Sibiriens«, welches aber nicht so rauh und kalt ist, als angenommen
wird. Ausser der kuppelartig gebauten Kirche, welche leicht in die
Augen fällt, betrachtet man in Karlsfeld die Glas- und Uhrenfabrikation
und wendet sich dann über die Wilzschhäuser, an einem netten Forsthause
vorbei, nach Rautenkranz (347 E.), wo sich bedeutende Eisenwerke
und eine Musterbretmühle befinden. In Rautenkrauz hat man die obere
Muldengegend erreicht, welche wegen ihres Quellenreichthums und
ihres trefflichen Tannenbestandes gern besucht wird. Von Rautenkranz
wandert man über Tannebergsthal (341 E.), an den Lattermann'schen
Eisenwerken und den Teichhäusern vorüber, nach Steindöbra (330 E.),
wobei man zur Rechten den +Schneckenstein+ (2690´) sieht, der als
Fundort für weingelbe Topase bekannt ist. Von Steindöbra führt der Weg,
eine gute Ansicht des originell und zerstreut liegenden Sachsenberg
(2313 E.) gestattend, über Brundöbra (1739 E.) nach +Klingenthal+,
dem diesmaligen Stationsorte. -- Am nächsten Morgen nimmt man in
Klingenthal die Instrumentenfabrikation in Augenschein und geht dann
über Hammerwerk Zwotenthal nach Kottenheide (46 E.), um von da einen
Ausflug nach dem Muldenteich zu machen, der als Ursprungsort der
(weissen) Mulde Interesse hat. Darnach begiebt man sich, immer durch
trefflichen Forst wandernd, über Tannenhaus nach +Schöneck+, wo mitten
in der Stadt ein Fels (»der Stein«) steht, der eine gute Aussicht auf
das Voigtland, sowie nach den reussischen Landen, nach Baiern und
Böhmen gewährt. Nachmittags fährt man mit Post, fast ununterbrochen
durch Nadelwald, über Hofmeister, Neudörfel und Poppengrün nach
+Falkenstein+, womit das Tagesziel gewonnen ist.

+Karlsfeld+, Flecken an der Wilzsch, mit 1153 E. Der Ort ist dadurch
entstanden, dass der Grubenherr +Schnorr+ aus Schneeberg 1678 in
der damaligen Waldwildniss -- wahrscheinlich billiger Kohlen wegen
-- Eisenwerke anlegte und dadurch Ansiedler herbeizog. Die Kirche,
für welche die Peterskirche als eine Art Muster gedient haben mag,
ist 1688, gleichfalls von Schnorr, erbaut worden. Weil 1823 die
Eisenwerke zum Erliegen kamen, so führte man 1830 die Schwarzwälder
Uhrenfabrikation ein, die bis heute schwungvoll als Hausindustrie
betrieben wird. Ausserdem treibt man Tischlerei, Nähterei und etwas
Glasfabrikation. -- Von Karlsfeld hat die Familie Schnorr von
Carolsfeld ihren Namen.

+Klingenthal+, Flecken an der Zwota, mit 2318 E. Fertigt besonders
Conzertino's, Zieh- und Mundharmonika's und hat zur Vervollkommnung der
Instrumentenfabrikation eine Musikschule.

+Schöneck+, Stadt, 2176´ ü. M. mit 2895 E. War sonst ein Freistädtchen,
weil es im Jahre 1370 von Karl IV. allerlei Begnadigungen erhalten
hatte, wofür es dem Landesherrn bei jeweiligem Besuch 5 ℔ schwäbischer
Heller überreichen musste. 1569 kam Schöneck mit dem Voigtlande an
Kursachsen. Nach Einführung der sächsischen Konstitution sind die
Vorrechte des Orts beseitigt worden. Schöneck lebt besonders von
Instrumentenfabrikation, Fabrikation Plauenscher Waaren (Eingelesenes
und Gemodeltes), Waldarbeit und Viehzucht. Im Jahre 1856 brannte der
Ort fast völlig ab.

+Falkenstein+, Stadt an der Göltzsch, 1751´ ü. M., mit 4881 E. --
Hauptort für die Fabrikation »brochirter« Gardinen. -- In der Nähe der
Löcherstein, durch welchen man zweimal den Himmel sieht.


XXIX. Route: Von =Schwarzenberg= nach =Eibenstock=.

1. +Ueber Jägerhaus und Sosa.+ -- Man steigt von Schwarzenberg auf der
Eibenstocker Strasse aus dem Schwarzwasserthale hinaus und gelangt,
Bermsgrün links lassend, nach dem sogenannten Jägerhaus, bei welchem
sich unsere Strasse mit der Schneeberg-Johanngeorgenstädter Strasse
kreuzt. Vom Jägerhaus, das in der Nähe des Ochsenkopfes gelegen
ist, geht es anfangs allmälig, dann rascher abwärts nach dem Dorfe
+Sosa+ (1780 E.), wo sich Fusssteig und Fahrstrasse nach Eibenstock
von einander trennen. Während die Chaussee über Unterblauenthal
(286 E.) nach genannter Stadt führt, leitet der Fussweg hinab zum
»Zimmersacher«, einem an der Bockau gelegenen Weiler, und von diesem
eine sehr steile Anhöhe, »die Kniebreche«, hinaus, um dann fast eben
Eibenstock erreichen zu lassen.

+Eibenstock+, Stadt auf einem wellenförmigen Plateau, 1975´ ü. M.,
mit 6362 E. Ist Hauptsitz des Tambourirens, d. h. des Stickens mit
der Häkelnadel, welches +Clara Angermann+ vor ungefähr hundert Jahren
(1775) daselbst eingeführt hat. Bei dieser Art zu sticken wird das
zu verzierende Gewebe (Tüll, Mull oder Musselin) auf einfachem,
sägebockartigem Gestelle ausgespannt und von geschickter Frauenhand
mit Fäden so durchflochten, dass diese Sterne, Blumen, Ranken u. s.
w. in Weiss oder Bunt darstellen. Kinder werden sodann gebraucht, den
überflüssigen Maschengrund hinwegzuschneiden. -- Um Eibenstock herum,
sowie in dem westlich sich anschliessenden Voigtlande regiert überhaupt
der Stickrahmen, wie in anderen erzgebirgischen Orten der Klöppelsack.
-- Von dem grossen Brandunglück des Jahres 1856 hat sich die Stadt
völlig erholt und fehlt ihr zu weiterem Aufschwung nichts, als dass
bis in ihre Nähe endlich die von den Einwohnern schon längst begehrte
Eisenbahn geführt werde.[18]

2. +Ueber Aue und Bockau.+ -- Von Schwarzenberg fährt man mit dem
Dampfwagen an den Dörfern +Sachsenfeld+ (600 E.) und +Lauter+ (2684
E.) und dem Blaufarbenwerke +Nieder-Pfannenstiel+ vorüber nach dem
Städtchen +Aue+, welches an der Vereinigung des Schwarzwasser- und
Muldenthales reizend gelegen ist. In der Stadt wollen mehrere wichtige
Etablissements in Augenschein genommen sein und in der Umgebung
verdienen einen Besuch das Dorf Zelle (979 E.) mit Klösterlein, dessen
Namen von dem früheren Augustinerkloster Neuzelle (im Gegensatz zu
Altzelle bei Nossen) herstammt, und die Zeche »Andreas«, welche bis vor
Kurzem die Masse zu dem Meissner Porzellan geliefert hat, nunmehr aber
erschöpft ist. Wenn man diesen Ansprüchen genügt hat, beginnt man die
Wanderung nach +Bockau+. Der Weg führt in dem romantischen Muldenthale
aufwärts, berührt die Argentanfabrik und Schmelzhütte, geht an der
Hirschteufe und dem Teufelswehr vorüber, mitten durch den Wald, immer
am Flusse hinauf und stösst zuletzt auf die bedeckte Muldenbrücke,
welche -- rechts unten erblickt man das Schindler'sche Blaufarbenwerk
-- nach dem links gelegenen Bockau hinüber leitet. Von Bockau begiebt
man sich über Unterblauenthal nach +Eibenstock+.

+Aue+, Stadt an der Mündung des Schwarzwassers in die Mulde, 1062´ ü.
M., mit 2040 E. Die berühmte Tausend-Gülden-Stube ist 1859 durch Feuer
leider zerstört worden. Im Auerhammer hat Dr. Geitner zur Herstellung
des von ihm erfundenen Argentans eine besondere Fabrik errichtet.

+Bockau+, grösstes Arzneidorf Sachsens, mit 1894 E. Hatte früher
viel Laboranten, welche Räucher- und Zahnpulver, Pflaster, Pillen,
Tropfen, Liquor, »Stockdumm«, Karmelitergeist, Universalbalsam und
namentlich Schneeberger Schnupftabak fabrizirten und durch Hausirer
mit sogen. Buckelapotheken im Lande vertreiben liessen. Seit
Verschärfung der Medizinalpolizei ist das eigentliche Arzneigeschäft
in Verfall gekommen, doch baut der Ort noch allerlei Heilpflanzen,
wie Angelikawurzel (jährlich 1000 Centner), Baldrian, Rhabarber und
Huflattich, auch bereitet er noch manche von der Polizei nicht
beanstandete Mittel, wie allein 20,000 Schachteln Schneeberger
Schnupftabak.

3. +Ueber Niederschlema und Schneeberg.+ -- Von Schwarzenberg mit
der Eisenbahn über Lauter und Aue nach +Niederschlema+, um die
daneben gelegenen Blaufarbenwerke, die bedeutendsten Sachsens, ja
Deutschlands, in Augenschein zu nehmen. Genannte Werke fertigen aus
dem Kobalt eine prächtige blaue Farbe, welche je nach der Nuancirung
Smalte, Zaffer, Safflor oder Eschel genannt wird. Die Bereitung dieses
Farbestoffs -- anfangs hiess er das blaue Wunder -- soll zu Anfang
des 16. Jahrhunderts durch den Franken +Weydenhammer+ aufgebracht
und einige Jahrzehnte darnach durch den böhmischen Glasmacher
+Schürer+ verbessert worden sein. Ehe der Kobalt zur Farbengewinnung
gebraucht werden konnte, war er wegen seiner üblen Eigenschaften
bei den Hüttenleuten als »Silberräuber« und als Berggeist »Kobel«
verrufen und wurde als nutzlos auf die Halden gestürzt. -- Von Schlema
bringt uns der Dampfwagen in wenig Minuten nach der angesehenen
Bergstadt +Schneeberg+, deren Umgebung, Marktplatz und Kirche
Beachtung verdienen. Später fahren wir mit Post über das benachbarte
+Neustädtel+, über Zschorlau, Burkhardtsgrün und Sachsengut nach
+Eibenstock+.

+Schneeberg+, Stadt, 1456´ ü. M. mit 8000 E. Verdankt seine Gründung
-- sie geschah 1477 -- dem Bergbau, da man 1471 nicht weit von
der jetzigen Hauptkirche mächtige Silberadern erschürft hatte. Am
ergiebigsten war die Georgenzeche, in welcher Herzog Albrecht der
Beherzte (April 1477) an einer über 400 Centner schweren Erzstufe
gespeist haben soll. Auch heute wird noch etwas Bergbau getrieben
und erhalten die Gruben nach wie vor ihr Aufschlagwasser aus dem bei
Neustädtel gelegenen Filzteiche. Dieser sprengte 1783 die Dämme und
richtete dadurch in Zschorlau und Auerhammer grosses Unheil an. --
Hauptbeschäftigung in Schneeberg ist dermalen Spitzenklöppelei und
Weissstickerei, wobei indess letztere das Uebergewicht zu erlangen
scheint. -- Die Stadtkirche, die grösste protestantische Kirche
Sachsens, ist im gothischen Style erbaut und enthält am Altar das
umfangreichste Gemälde von Kranach dem Aelteren. Auf dem Thurme
befindet sich eine 159 Centner schwere Glocke, die sog. Donnerglocke.
-- Einen Besuch verdient wegen der schönen Aussicht »Herders Ruhe« am
Glössberge.


XXX. Route: Von =Eibenstock= über =Schönhaide= und =Auerbach= nach
=Lengenfeld=.

Von Eibenstock geht man zunächst nach dem an der Mulde gelegenen
Schönhaider Hammer und von da nach +Schönhaide+ (4704 E.), dem grössten
Dorfe des westlichen Erzgebirges. Der Ort ist über eine Stunde lang und
wird, da er sich eine Berglehne hinanzieht, weithin gesehen. Neben der
Weissstickerei trifft man hier noch zwei eigenartige Erwerbszweige:
nämlich Bürstenbinderei und Blechwaarenfabrikation. -- Der Weitermarsch
führt über +Schnarrtanne+ (593 E.) und die +Schnarrtanner Höhe+, welche
eine prächtige Aussicht auf das Voigtland gewährt, nach +Auerbach+. Bei
Auerbach befindet man sich im Bezirke des Pech- und Russhandels, für
welchen besonders zwei Walddörfer, Beerheide und Brunn, das Material
liefern. Von Auerbach geht man über +Rodewisch+ (3386 E.), wo sich
Sachsens einziges Messingwerk befindet, nach +Lengenfeld+ und hat damit
das Tagesziel erreicht.

+Schönhaide+, stadtähnliches Dorf mit 4704 E. Sitz der
Pleinfabrikation, d. h. der Tambourirstickerei nach fortlaufenden,
nicht abgezählten Mustern. Ferner wird die Verfertigung von Bürsten
und Pinseln schwunghaft betrieben, so dass manche Geschäfte 100 Sorten
Pinsel, Bürsten, Borstwische und Borstbesen führen. Endlich liefern
Blecharbeiter allerlei Küchengeräthe, dann Ofenröhren, Giesskannen,
Kuchenbleche u. s. w. -- Die Schönhaider Bürstenbinder gelten für das
lustigste Völkchen des ganzen Erzgebirges.

+Auerbach+, Stadt an der Göltzsch, 1417´ ü. M. mit 4477 E. Beschäftigt
sich mit Weberei und Fertigung genadelter Mulls und gestickter
baumwollener Waaren.

+Lengenfeld+, Stadt an der Göltzsch, 1220´ ü. M. mit 4716 E. Hat
Fabrikation von Tuchen und dichten Baumwollenstoffen.


XXXI. Route: Von =Elster= über =Oelsnitz=, =Falkenstein=, =Auerbach=,
=Lengenfeld=, =Treuen=, =Herlasgrün=, =Netzschkau= und =Reichenbach=
nach =Zwickau=.

(+Eisenbahnroute.+)

Man geht von Elster nach Mühlhausen und fährt von da mit dem Dampfwagen
bis +Oelsnitz+, um diese Stadt in Augenschein zu nehmen. Sie hat
eine herrliche Lage, besitzt aber ausser dem neuen Rathhause und der
alterthümlichen Stadtkirche keine hervorragenden Gebäude. Berühmt
ist sie indess als Hauptsitz der Perlenfischerei, welche seit
Jahrhunderten in der Elster und deren Nebenbächen betrieben wird.
Die Elsterperlen wurden früher sehr theuer bezahlt, sind aber nach
und nach im Preise so gefallen, dass für die jährliche Ausbeute nur
noch einige hundert Thaler gelöst werden. -- Von Oelsnitz kann man
mit der Eger-Reichenbacher Bahn leicht die Städte +Falkenstein+,
+Auerbach+, +Lengenfeld+ und +Treuen+ besuchen, wir aber fahren noch
über +Herlasgrün+ hinaus bis +Netzschkau+, um von da einen Abstecher
nach der berühmten Göltzschthalbrücke zu machen. Dieselbe ist in ¼ St.
erreicht und gewährt, besonders von der tiefsten Stelle des Thales aus
gesehen, einen grossartigen Anblick. Ihre Höhe beträgt 139 Ellen, ihre
Länge 1018 Ellen; die Spannweite des mittleren grossen Bogens misst
154 Ellen. Diese Riesenbrücke, zu der allein zwanzig Millionen Ziegel
erforderlich waren, ist würdig der römischen Viadukte und wird für alle
Zeiten den kühnsten Bauwerken der Welt beigezählt werden. -- Nunmehr
geht es an der Göltzsch aufwärts bis +Mylau+ und dann links ab, auf gut
gebahntem Wege, nach +Reichenbach+, einer bedeutenden Industriestadt.
Nachdem man sich hier umgesehen, fährt man mit dem Dampfwagen über
Neumark, wo die Greizer Bahn einmündet, nach der Kreishauptstadt
+Zwickau+, welche viel Interessantes darbietet.

+Oelsnitz+, Stadt a. d. Elster, 1144´ ü. M., mit 5728 E. Sitz der
Voigtländischen Halbwollweberei. Seit dem Brande von 1859 fast ganz neu
erbaut. ¼ St. von der Stadt liegt das Schloss +Voigtsberg+, in welchem
sich eine Zweiganstalt des Zwickauer Arbeitshauses befindet.

+Falkenstein+, s. R. XXVIII. S. 132; +Auerbach+ und +Lengenfeld+, s. R.
XXIX, S. 137.

+Treuen+, Stadt a. d. Trieb, 1264´ ü. M., mit 5238 E. Beschäftigt sich
mit Spinnerei, Weberei und Bleicherei.

+Netzschkau+, Stadt, 1109´ ü. M., mit 3170 E. Hat eine regsame
Weberbevölkerung, die bereits Maschinenstühle anwendet und besonders
Kattun und Futtermusselin liefert.

+Mylau+, Stadt a. d. Göltzsch, 937´ ü. M., mit 3170 E. Besitzt mehrere
Kammgarn- und Streichgarnspinnereien und ein grosses Alaunwerk. Das
Schloss, von 1212--1459 böhmisch, war einst ein Lieblingsaufenthalt
Kaiser Karls IV., weshalb der hintere Hof noch jetzt +Kaiserhof+
genannt wird.

+Reichenbach+, Stadt, 1034´ ü. M., mit 11,713 E. Des Ortes blühende
Industrie umfasst drei Branchen: Wollkämmerei, Spinnerei und Weberei.
Gefertigt werden besonders Merino's, Thibet's, Circassien's und wollene
Tücher. Die Peterpaulkirche, vormals dem deutschen Orden gehörig,
enthält eine vortreffliche Silbermann'sche Orgel. -- Reichenbach ist
Geburtsort der Schauspielerin Karoline Neuber.

+Zwickau+, Stadt a. d. nach ihr benannten Mulde, 800´ ü. M., mit 27,395
E. Liegt in einem ziemlich weiten, von sanften Höhen umschlossenen
Becken, dem sogenannten »Schwanfelde«, welches in seinem Innern
12--14 abbauwürdige Kohlenflöze birgt, die in neuer Zeit einen
unberechenbaren Werth erlangt haben. -- Ausser mehreren altertümlichen
Gebäuden, wie dem Anker und dem Rathhause, wenden wir unsere
Aufmerksamkeit den beiden gothischen Kirchen, der +Marienkirche+ und
der +Katharinenkirche+, zu. Letztere enthält ein gutes Altarbild von
Kranach. Erstere ein mit kunstvoller Schnitzarbeit versehenes heiliges
Grab, die berühmte Kindersegnung von Kranach, ein grosses Altarwerk von
M. Wohlgemuth und eine ausgezeichnet konstruirte Doppelwendeltreppe.
An der Katharinenkirche war +Thomas Münzer+ von 1520--22 als Pfarrer
angestellt, und Luther selbst musste nach Zwickau kommen, um gegen
diesen »Schwarmgeist« zu predigen. -- Das Gymnasium, im 15. Jahrhundert
wegen seiner Strenge nur die »Zwickauer Schleifmühle« genannt, besitzt
eine bedeutende Bibliothek mit werthvollen Handschriften. -- Im
Schlosse Osterstein befindet sich seit 1833 die Arbeitsanstalt für
Sträflinge. -- Zwickau ist die Geburtsstadt des Komponisten R. Schumann.

Reizende Vergnügungsorte sind: Das Schwanenschlösschen, der Bergkeller
und das Dorf Eckersbach mit dem »Trillergut«; weite Aussichten gewähren
die Oberhohndorfer und Kainsdorfer Höhen; sehr lehrreich sind Besuche
der Kohlenwerke in +Schedewitz+, +Bockwa+[19] und +Planitz+.

Während in Zwickau die altväterischen Gebäude und die gothischen
Kirchen an das Mittelalter erinnern, deuten die zahlreichen Neubauten,
die Fabrikanlagen in und neben der Stadt, die Dampfessen bei den
Kohlenschächten und der Bahnhof mit seinem kolossalen Verkehr
zugleich darauf hin, dass man sich in einem Bezirke der modernsten
industriellen Thätigkeit befindet. Diese Thätigkeit beruht zumeist
auf dem vorhandenen Kohlenreichthum. Denn wie früher die Flüsse mit
ihrer Triebkraft und die Wälder mit ihrem Heizstoff die Magnete für
die Fabrikanten waren, so sind es jetzt die Kohlenfelder mit ihrem
billigen Brennmaterial geworden. Und so hat Zwickau -- dank seinen
unterirdischen Schätzen -- in neuerer Zeit viel Industrie bekommen und
in den letzten vierzig Jahren seine Bevölkerung mehr als vervierfacht
(1834: 6127, heute: 27,395 E.) und damit ein Wachsthum gezeigt, das
sich nur dem junger Städte in Nordamerika vergleichen lässt.

+Geschichtliches.+ Zwickau, jedenfalls eine alte sorbische Ansiedelung,
hatte schon im frühen Mittelalter Bedeutung. Es wurde durch die
Reichsstrasse von Nürnberg nach Leipzig, welche den Verkehr zwischen
Süd- und Norddeutschland vermittelte, berührt und erfreute sich als
Stapelplatz eines regen Geschäftslebens. Aber mit der Entdeckung des
Seewegs nach Ostindien war der Flor der Stadt dahin. Der Handel schlug
andere Wege ein und Zwickau vereinsamte, wie Augsburg und Nürnberg
vereinsamt waren. Die Zahl seiner Bewohner verminderte sich nach und
nach von 30,000 auf 5000 und nur als schlichte Kleinstadt trat es in
unser Jahrhundert ein. Doch mit Entwickelung des Kohlenbergbaues nahm
es einen ungeahnten Aufschwung. Urkundlich werden die »Steinkoln«
schon im 14. Jahrhundert erwähnt, aber die 1520 erlassene und bis 1740
neunmal abgeänderte Kohlenordnung schrieb die lästige +Reihenladung+
vor, wornach der Grubeneigner nur dann ein gewisses Quantum Kohlen
verkaufen durfte, wenn der Vordermann das seinige losgeworden war.
Auch hatten sich die Feuerarbeiter der Umgegend im Jahre 1550 durch
die sogenannte Truhenladung ermässigte Preise für die zum Handwerk
erforderlichen Kohlen ertrotzt. Diese beiden Beschränkungen, sowie der
Umstand, dass bis Ende des vorigen Jahrhunderts Brennholz im Ueberfluss
vorhanden war, verhinderten auf lange hin die Entwickelung des
Kohlenbergbaues. Als aber mit Anfang der zwanziger Jahre die Eisenwerke
statt der vertheuerten Holzkohle die Steinkohle begehrten und im Jahre
1823 die Kohlenordnung sammt ihren beengenden Vorschriften fiel, auch
ein rationeller Abbau eingeführt und mit 1826 die Dampfkraft zur
Hebung des Grubenwassers und zur Förderung der Kohlen angewandt wurde,
da wuchs die Kohlenproduktion mit ungemeiner Geschwindigkeit. Zahlen
werden dies am besten bezeugen: 1820 wurden 65,000, 1830: 165,000,
1840: 780,000 Scheffel gefördert; 1850 betrug die Ausbeute 4 Millionen,
1856: 7 Millionen und 1863: schon 14 Mill. Scheffel.

+Industrielles.+ Zwickau's grossartigste Industrie ist die
Kohlenförderung selbst; doch hat das billige Brennmaterial auch
manchen anderen Fabrikationszweig herbeigelockt. Das Coaksbrennen
begann 1830 und hat seitdem so zugenommen, dass jährlich über
100,000 Ctr. Steinkohlen dabei verbraucht werden. Dazu gesellte sich
die Ziegelbrennerei, welche im Jahre mehrere Millionen Backsteine
liefert. Ferner wurde eine Porzellanfabrik, eine Fabrik für Steinzeug
und Chamottewaaren und eine Glasfabrik angelegt. Das grossartigste
Unternehmen aber ist die +Marienhütte bei Kainsdorf+, ein Eisenwerk,
das sich mit jedem in Sachsen, ja in Deutschland messen kann. Hier
werden Hunderttausende von Centnern Eisen geschmolzen, gegossen,
gepuddelt und zu Eisenbahnschienen verwalzt. -- Eine Eigenthümlichkeit
findet sich bei Planitz. Da steht seit undenklichen Zeiten ein
Kohlenflöz in Brand und kann trotz aller Anstalten nicht zum Erlöschen
gebracht werden. Die beim Brennen entwickelte Wärme wird nun zur
Heizung von Treibhäusern benutzt, in denen eine Menge seltener,
besonders tropischer Gewächse gedeiht.


XXXII. Route. Von =Geyer= über =Zwönitz=, =Hartenstein= und =Schloss
Stein= nach =Zwickau=.

Von Geyer geht man auf der Chaussee durch den Geyerschen Wald nach
Stadt +Zwönitz+ und wendet sich hier, Lössnitz links lassend, nach
Lenkersdorf und Affalter, um die bei diesen Orten vorkommenden
Schieferbrüche in Augenschein zu nehmen. Nunmehr begiebt man sich
nach +Hartenstein+, dem Hauptorte der gleichnamigen Schönburger
Rezessherrschaft. Man besteigt allda das Schloss und wandert dann auf
angenehmem Pfade, durch prächtigen Laubwald, nach der +Prinzenhöhle+,
welche jedenfalls ein alter verlassener Stollen, aber dadurch von
Interesse ist, dass in ihr Kunz von Kaufungen's Genossen, von Mosen
und Schönfels, sich mit dem Prinzen Ernst fast 3 Tage lang versteckt
hielten und von ihr aus sich ergaben. Sie liegt oberhalb des rechten
Muldenufers und ist von dichtem Laubholz umgeben, nicht weit von ihr
ist indess eine Platte, welche eine gute Aussicht nach dem jenseitigen
Thalhang, auf das Dorf Wildbach und die Ruine Eisenburg, gewährt. Wir
steigen nun zum Flusse hinunter und wandern stromabwärts nach Schloss
+Stein+, das wegen alterthümlicher Bauart und reizender Lage einen
längeren Aufenthalt verdient. Später fahren wir auf der Eisenbahn, an
Wiesenburg mit seiner Ruine, an Kainsdorf mit seinen Schmelzhütten
und an Hohendorf mit seinen Essen vorbei nach der alten Schwanenstadt
+Zwickau+, unserem Tagesziele.

+Geyer+ s. R. XV. S. 94.

+Zwönitz+, Stadt am gleichnamigen Flusse, 1630´ ü. M, mit 2693 E. Hat
Klöppelei, Weberei und Strumpfwirkerei, besonders aber Schuhmacherei.

+Hartenstein+, Stadt am Thierfelder Bache, 1152´ ü. M., mit 2506 E.
Beschäftigt sich mit Ackerbau, Weberei, Strumpfwirkerei, Klöppelei und
Nähterei. -- Zur Herrschaft Hartenstein gehörten früher auch die Aemter
Grünhain und Crottendorf, beide sind aber schon 1559 durch Kauf an das
Kurhaus Sachsen gekommen. -- Hartenstein ist Heimathsort des Dichters
+Paul Flemming+ († 1643).


XXXIII. Route: Von =Zwickau= über =Glauchau= und =Hohenstein-Ernstthal=
nach =Chemnitz=.

(+Eisenbahnroute.+)

Man besteigt in Zwickau den Dampfwagen und fahrt zunächst bis
+Glauchau+, um diese wichtige Fabrikstadt in Augenschein zu nehmen.
Darnach benutzt man den Zug bis +Hohenstein-Ernstthal+, weil diese
Schwesterstädte sowohl wegen ihrer reizenden Lage als wegen ihrer
Industrie Beachtung verdienen. Und endlich lässt man sich durch die
Lokomotive bis +Chemnitz+, der Grossindustrie-Stadt, bringen, welche
von den Erzgebirgern nicht ohne Stolz das sächsische Manchester genannt
wird und rücksichtlich ihrer Industrie jedem Besucher genug des
Interessanten darbietet.

+Glauchau+, Stadt an der Zwickauer Mulde, 801´ ü. M., mit 22,022 E.
Sitz der Schönburgischen Regierung. Enthält zwei gräfliche Schlösser
und in der einen Kirche eine Silbermann'sche Orgel. Seine schwunghafte
Industrie, die -- gleich der von Meerane -- wesentlich wollene und
halbwollene Kleider- und Mäntelstoffe liefert, hat ein rasches
Wachsthum der Bevölkerung ermöglicht. In der Färberei soll Glauchau
sogar Chemnitz überholt haben.

Die Städte +Hohenstein+, 1217´ ü. M., mit 5638 E., und +Ernstthal+,
1064´ ü. M., mit 3768 E., sind so nah' an einander gelegen, dass
in der »Schnabelgasse« die eine Häuserreihe zu Hohenstein und die
andere zu Ernstthal gehört. Beide Ortschaften treiben Buntweberei und
Strumpfwirkerei. Hohenstein ist, ähnlich wie Buchholz, terassenförmig
gebaut und bietet namentlich an der obern Seite des Marktes und am
Schiesshause einen prächtigen Blick auf das obere Erzgebirge. Viel
umfassender ist allerdings die Sicht auf dem nur eine Stunde von der
Stadt entfernten Kapellenberg, da man hier nicht nur das Obergebirge,
sondern auch die Muldenländer, sowie die Gegend von Schleiz, Altenburg,
Rochlitz, Leipzig, Wurzen und Oschatz sehen kann. -- Mineralogisch ist
das Terrain bei Hohenstein-Ernstthal dadurch wichtig, dass hier das
grosse Zwickauer Kohlenbecken mit dem nördlich von ihm auftretenden
Glimmerschiefer raint, welcher an mehreren Stellen verschiedene
Einlagen und besonders Serpentin aufweist. -- Nicht weit von Hohenstein
befindet sich ein Stahlbad, mit dem eine Kaltwasserheilanstalt
verbunden ist. -- In Hohenstein ist der Erfinder des Pianofortes L. G.
Schröder und der Philosoph und Naturforscher Schubert geboren.

+Chemnitz+, Stadt am gleichnamigen Flusse, 894´ ü. M., mit 68,229
E. Bietet landschaftlich wenig, um so mehr aber industriell dar
und kündigt sich schon durch sein Aeusseres, besonders durch die
massenhaften, vielstöckigen, kasernenartigen Gebäude und die grosse
Schaar von Dampfessen, als Fabrikstadt an. Von Alterthümlichen ist in
Chemnitz wenig zu finden. Ausser den geringen Resten der Stadtmauer
deuten nur einige Häuser am Markte mit ihren Lauben und eigenartigen
Giebeln und die Kirchen auf die Vorzeit hin. Fast alles Andere ist
jüngeren, wenn nicht jüngsten Ursprungs. Denn abgesehen von den
Erneuerungen, welche durch Feuer und durch Wegreissen veranlasst
worden sind, hat sich der Ort in letzterer Zeit so erweitert, dass
seine Vorstädte die anliegenden Dörfer zu umfassen drohen. Von den
öffentlichen Gebäuden zeichnen sich noch aus: die Post, das Theater,
die Börse, das St. Georgs-Hospital, die Kaserne und der Bahnhof.
Das Schloss, so sehr seine Lage und Umgebung gefällt, ist mit
Ausnahme der wohl erhaltenen gothischen Kirche ohne Bedeutung. --
Das Sehenswertheste in Chemnitz sind die verschiedenen industriellen
Etablissements, wie die Aktienspinnerei, die sächs. Maschinenfabrik
(früher Richard Hartmann), die Chemnitzer Werkzeug-Maschinenfabrik
(früher Zimmermann), die Buntwaarenfabriken, die Druckfabriken, die
Türkischgarnfärbereien und dergl. mehr. Unter den Privatgebäuden
verdient das Haus des Maschinenfabrikanten Zimmermann den Preis und
liefert selbiges zugleich den Beleg, dass man in Chemnitz bereits
begonnen hat, neben der Zweckmässigkeit auch die Schönheit zu betonen.
-- Chemnitz ist der Geburtsort des grossen Philologen Heyne († 1812).

+Geschichtliches von Chemnitz und dessen Industrie.+ -- Chemnitz ist
eine alte sorbische Niederlassung und heisst ursprünglich »Kampnitz«,
d. i. Steinheim. Die Stadt wurde von Kaiser Heinrich I. zur freien
Reichsstadt erhoben, kam aber 1308 als Pfand und 1324 als erblicher
Besitz an die Markgrafen von Meissen. Seit dem 12. Jahrhundert war sie
stark befestigt; auch widerstanden ihre (25) Mauerthürme 1429 und 1430
mit Erfolg den sie belagernden Hussiten. Schon im früheren Mittelalter
zeichnete sich Chemnitz durch Leinweberei und Bleicherei aus, wozu im
15. Jahrhundert noch die durch Niederländer eingeführte Tuchmacherei
kam. Aber der 30jährige Krieg zerstörte wie den Wohlstand mancher
anderen, so auch den dieser Stadt, und noch vier Jahrzehnte nach dem
westphälischen Friedensschluss zählte sie kaum 5000 E. Mit Ende des
17. Jahrhunderts jedoch that Chemnitz einen glücklichen Griff, indem
es früher, als andere deutsche Städte, die Verarbeitung der Baumwolle
im Grossen begann und sich so einen grosser Steigerung fähigen
Erwerbszweig verschaffte. Nun begann eine emsige Thätigkeit. Tausende
von Händen rührten sich, um mittelst der Spindel -- später benutzte
man dazu die Handmühlen mit je 10 bis 30 Spulen -- den Baumwollenfaden
herzustellen und mittelst des Weberschiffleins das erhaltene Garn zu
Barchent (1715), Musselin (1725) und Kattun zu verweben. Man kann
behaupten, dass 50 Jahre nach Betreten der neuen industriellen Bahn in
und um Chemnitz 2000 Handstühle in Thätigkeit waren. Dazu kam, dass
sich schon 1728 zu der Weberei die Strumpfwirkerei gesellt hatte, wenn
diese ihre grosse Bedeutung auch erst gewann, als es dem Kaufmann
+Esche+ in Limbach (1776) gelungen war, den von dem Engländer +Lee+
erfundenen Strumpfwirkerstuhl nachzubauen. (S. o. Seite 22).

Allein der grossartige Aufschwung, welchen sammt stufenmässiger
Entwickelung wir heute an Chemnitz und dessen Industrie gewahren,
datirt erst von Beginn dieses Jahrhunderts. Ausser dem rüstigen Fleisse
und der unverwüstlichen Thatkraft der Bewohner trugen dazu folgende 5
Ursachen bei:

  1) Die Ersetzung der Handarbeit durch Maschinen, wodurch eine
    raschere Produktion ermöglicht wurde.

  2) Die von Napoleon 1806 angeordnete Kontinentalsperre, welche
    wenigstens für einige Zeit Chemnitz von seinem gefährlichsten
    Rivalen, von England, befreite.

  3) Die Benutzung der Dampfkraft, wodurch der Industrie ein ganz neuer
    Motor zugeführt wurde.

  4) Der Anschluss Sachsens an den Zollverein, welcher (1834) den
    Chemnitzer Fabrikaten ein weites Absatzgebiet eröffnete, und

  5) Die Anlegung von Eisenbahnen, wodurch Chemnitz zum Centralpunkte
    Sachsens erhoben und nach allen Richtungen hin mit bequemen
    Handelsstrassen versehen wurde.

Unter den Chemnitzer Industrien, die sich indess nicht auf die Stadt
beschränkt, sondern auch in die Umgegend verbreitet haben, steht nach
wie vor die +Bearbeitung+ der +Baumwolle+ oben an. Man unterscheidet
drei dahin einschlagende Branchen: +Spinnerei+, +Weberei+ und
+Strumpfwirkerei+.

Als man bei Beginn dieses Jahrhunderts die 1775 von dem Engländer
+Richard Arkwright+ erfundene Spinnmaschine bei und in Chemnitz
einführte, da wurden die üblichen Baumwollenräder und Handmaschinen zur
Ruhe gewiesen und für den Augenblick Tausende von Arbeitern brodlos
gemacht. Aber die Zahl der Spinnmühlen nahm mit der Zeit zu, indem man
die Wasser der Zschopau, der Flöha, des Wilischbaches u. s. w. zum
Treiben der Spindeln benutzte und, wo die Wasserkraft nicht genügte
oder fehlte, später auch die Dampfkraft anwandte. So hat Sachsen nach
und nach über 250 Spinnereien -- die grösste ist die Aktienspinnerei in
Chemnitz -- mit 1,200,000 Spindeln erhalten und beschäftigt nun bei der
Maschinenspinnerei mehr Arbeiter, als sonst beim Handgespinnst thätig
waren. -- Die enorme Leistungsfähigkeit der Spinnmühlen hat zugleich
+Chemnitz+ zum Sitz eines grossartigen Garnhandels gemacht.

An die Spinnerei schliesst sich naturgemäss die +Weberei+ an, die
als Hausindustrie und Fabrikindustrie betrieben wird, wenn auch die
neuere Zeit immermehr letzterer den Vorzug zu geben scheint. Grosse
Fortschritte sind in der Weberei durch Anwendung des Jaquardstuhles
gemacht worden, weil dieser mittelst künstlicher Mechanismen
allerlei Muster und Figuren in die Zeuge zu weben vermag. Der
Verbrauch der hierbei nöthigen Pappdeckel, deren Löcher das Muster
vorzeichnen, ist so gross, dass die »Kartenschläger« in Chemnitz eine
besondere Arbeiterklasse bilden. Dazu kommt noch, dass man jetzt
mechanische Webstühle construirt, bei denen die Schifflein ohne
Beihülfe der Menschenhand hin- und herfliegen und rasch und präcis
arbeiten. -- Während Chemnitz früher fast nur Kattun und Buntwaaren
lieferte, so fertigt es seit Einführung des Jacquardstuhles auch
prächtig-gemusterte Möbelstoffe, Tischdecken und Tücher.

Die Weberei rief wiederum die mit ihr in Zusammenhang stehenden
Färbereien, Appreturanstalten und Druckereien hervor. Im Zeug- und
Kattundruck wird die Menschenhand gleichfalls von der Maschine
bekämpft. Und wie beim Buchdrucken die Handpresse vor der Schnellpresse
das Feld räumen musste, so wird im Zeugdruck bald auch die Handarbeit
durch die Maschinenarbeit verdrängt sein.

Die +Strumpfwirkerei+ wird zwar in Chemnitz selbst nicht mehr
betrieben, hat sich vielmehr nach dem umliegenden Gebiet gewandt, so
dass fast in allen Orten von Zschopau bis Waldenburg und von Lössnitz
bis Mittweida das eigenthümliche Schnarren des Wirkerstuhles ertönt.
Nichts desto weniger ist Chemnitz für das gelieferte Fabrikat der
Hauptstapelplatz; denn dieses kommt zum grössten Theile von hier in den
Handel. -- Auch in der Strumpfwirkerei sucht man die Handstühle durch
Strumpfmaschinen, sogenannte Rundstühle, zu ersetzen, weil diese ihre
Maschen ohne Unterbrechung knüpfen und darum schneller produciren.

Ein zweiter wichtiger Industriezweig, welchen Chemnitz bei sich
heimisch gemacht hat, ist der +Maschinenbau+. Des Ortes grosser Bedarf
an Spinn- u. Webemaschinen forderte dazu auf, ihre Herstellung nicht
auf immer dem Auslande zu überlassen. Und so wurde denn 1826 die
Maschinenfabrikation begonnen und nach und nach durch Rührigkeit,
Ausdauer und Intelligenz zu voller Blüthe entwickelt. Die Stadt
hat jetzt mehr als 50 Werkstätten und fertigt darin alle Arten von
Maschinen: als Lokomotiven, Locomobilen, Kalorische Maschinen,
Spinnmühlen, Rundstühle, Förderzeuge für Bergwerke, Pumpwerke,
Feuerspritzen, Nähmaschinen, Werkzeugmaschinen, landwirthschaftliche
Maschinen und dergl. mehr. Das Verzeichniss aller in Chemnitz gebauten
Maschinen füllt mehrere Bogen und wird nichts Wichtiges aus der
bezüglichen Branche vermissen lassen. Am grössten und vielseitigsten
ist die Sächs. Maschinenbau-Anstalt (früher Richard Hartmann). Selbst
dem, welcher an anderen Orten bereits Etablissements ähnlicher Art
gesehen hat, ist ihr Besuch anzurathen. Was wird da geschmolzen und
geschweisst, gefeilt, geschliffen und polirt! Was sind da für Bohr- und
Stossapparate, für Drechsel- und Hobelmaschinen in Thätigkeit! Wird
doch durch sinnreiche Mechanismen das Eisen hier mit einer Leichtigkeit
bearbeitet, als wäre es weiches Holz! Am meisten staunt man aber über
die Ruhe und Sicherheit, mit welcher all' diese cyklopischen Kräfte
angestellt und geleitet werden. Unter den Tausenden von Beschäftigten
verrichtet Jeder, unbekümmert um den Nachbar, nur seine eigene,
besondere Arbeit, und dennoch entsteht, wenn ein Beauftragter die
vielerlei Stücke und Stangen, Walzen und Räder, Schrauben, Nieten
und Nägel planmässig mit einander verbindet, ein Werk, das von einem
einzigen Manne gearbeitet zu sein scheint. Wer am Maschinenbau
Interesse hat, thut wohl, auch den andern Anstalten, besonders der
Chemnitzer Werkzeug-Maschinen-Fabrik (früher Zimmermann) einen Besuch
zu machen.

Neben den vier genannten Hauptindustrien besitzt Chemnitz noch
viele andere ansehnliche Fabriken: wie Wachstuch-, Blumen-,
Lampen-, Regenschirm-, Spielkarten- und Harmonikafabriken, dann
Drahtflechtereien, Nagelmaschinen und chemische Fabriken. »Ueberhaupt
führt« -- um mit dem Verfasser der Lebensbilder vom Sächs. Erzgebirge
zu reden -- »das Chemnitzer Adressbuch die reichste Musterkarte
von Geschäften. Vom Bandage- und Billardfabrikanten geht es durch
die Cigarre u. s. w. bis zum Zwirn fast durch alle Buchstaben des
Alphabets.«

Durch dies Alles ist Chemnitz zum Mittelpunkte des industriellen
Erzgebirges geworden. Wie der Körper vom Herzen die belebenden
Pulsschläge erhält, so empfängt von Chemnitz aus der Gewerbfleiss
unserer Gaugenossen die befruchtenden Anregungen. Die Stadt spart
aber auch nicht Kosten, Mühen und Einrichtungen, um sich auf der Höhe
ihrer Sendung zu behaupten. Dafür zeugen ihre technischen Schulen und
die für Belebung und Veredelung der Industrie gestifteten Vereine.
Denn Chemnitz hat eine höhere Gewerbschule, eine Webschule, eine
Baugewerken- und Werkmeisterschule, eine Handelsschule und eine
Sonntagsschule, welche sämmtlich für die Jugend bestimmt sind, und
daneben den »+Industrieverein+«, die +Permanente Ausstellung+ und
die +Kunsthütte+, welche auf die Erwachsenen wirken sollen. -- Möge
Chemnitz auch fürder gedeihen! das der Wunsch, mit dem wir von des
Erzgebirges industrieller Hauptstadt scheiden.


XXXIV. Route: Von =Geyer= über =Stollberg= nach =Chemnitz=.

Von Geyer (s. o. S. 94) wandert man ins Thal der Greifenbach und dann
an der »Gifthütte« vorbei nach Hormersdorf (1311 E.); um sich hier
links nach Dorf-Chemnitz (1050 E.) zu wenden, von woaus die Strasse
über Brünlos (831 E.) nach +Stollberg+ führt. Der Weg von Stollberg
nach Stadt +Chemnitz+ geht über Pfaffenhain und Neukirchen (3322 E.),
wird aber besser mit Post, denn zu Fusse zurückgelegt. Freunde des
Kohlenbergbaues werden von Stollberg aus die Lugauer-Niederwürschnitzer
Kohlenwerke besuchen und sich dann erst nach Chemnitz begeben. Im
Ganzen zählt die Würschnitzer Gegend 14 Schächte, von denen jährlich
über 3 Millionen Ctr. Kohlen ausgebracht werden. Das mächtigste, wohl
40´ starke Flötz befindet sich im Hedwigschacht bei Oelsnitz, freilich
in einer Tiefe von 2000´. Die »Neue Fundgrube« bei Lugau, welche 1867
einstürzte und über 100 Menschen verschüttete, wird jetzt erst wieder
aufgewältigt. -- Die Würschnitzer Kohlenfelder sind durch Eisenbahn mit
Chemnitz verbunden.

+Stollberg+, Stadt a. d. Gablenz, 1285´ ü. M. mit 5788 E. Nächst
Chemnitz Hauptort für das Strumpf-Geschäft. -- Auf dem nahen Schlosse
Hoheneck befindet sich seit 1864 eine Strafanstalt für Frauen.

+Chemnitz+, s. R. XXXIII. S. 145.


XXXV. Route: Von =Zschopau= über =Augustusburg= und =Lichtenwalde= nach
=Frankenberg= und =Hainichen=.

Von Zschopau (s. o. S. 88) fährt man mit der Eisenbahn, immer den
gleichnamigen Fluss entlang, bis Erdmannsdorf (1079 E.). Hier verlässt
man den Zug, um gleich hinter dem Bahnhofe, in angenehmem Waldthale
(nicht auf der Chaussee!) nach Stadt +Schellenberg+ und der darüber
thronenden +Augustusburg+ emporzusteigen. Diese gewährt von ihrer
nordwestlichen Zinne eine wundervolle Umschau, indem der Blick über
freundliche Ortschaften, lachende Fluren und grüne Wälder dahinschweift
und ebensowohl den Kamm des Obergebirges mit den verschiedenen Gipfeln,
als die Gegenden des Niederlandes mit dem Rochlitzer- und Kolmberg
trifft! Das Schloss, von 1568--72 erbaut, besteht aus vier genau nach
den Himmelsgegenden gelegenen Häusern (dem Sommer-, Küchen-, Linden-
und Hasenhaus) und enthält 1 Kapelle, 5 Säle, über 150 Zimmer und
Kammern und 25 Keller. Die Kapelle ist im byzantischen Style ausgeführt
und besitzt ein Altargemälde von Kranach dem Jüngern. Sehenswerth sind
auch der 300 Ellen tiefe Schlossbrunnen, eine uralte Linde und der
frühere Bärenzwinger.

Von der Burg begiebt man sich, auf ihrer hinteren, d. i. westlichen
Seite herabsteigend, über den +Kunnerstein+, welcher wegen der
prächtigen Aussicht auf das Zschopauthal gern besucht wird, zurück
nach Erdmannsdorf, um mit dem Dampfwagen nach Niederwiesa (722 E.) zu
fahren und dann zu Fusse nach +Lichtenwalde+ zu gehen. Ein schönerer
Schlosspark als der von Lichtenwalde ist in ganz Sachsen nicht zu
finden. Er ist terassenförmig und im französischen Geschmack angelegt
und erstreckt sich über lauschigen Thalgrund wie über freiere Höhen.
Wundervoll sind die langen Lindenalleen, ehrwürdig die Gruppen von
Eichen, reizend die Baumgänge unter Buchengezweig. Auch wenn die
Wasserkünste nicht gehen -- gewöhnlich sind sie nur zu Pfingsten und
Johannis in Thätigkeit -- wird man sich von Lichtenwalde erquickt und
gehoben fühlen. Dazu ist in der Nähe noch eine interessante Partie.
Jenseits der Zschopau trifft man auf den +Harrassprung+, welcher von
der Sage und Poesie so verherrlicht worden ist. Man gedenkt bei ihm um
so lieber der besungenen Mähr', weil des Flusses Felsenrand und das
winkende Schloss das Wagniss des Ritters[20] verstehen und würdigen
lehren. -- Nun geht man an der Zschopau abwärts bis +Frankenberg+,
besichtigt die Stadt und fährt dann mit der Bahn nach +Hainichen+,
womit das Tagesziel erreicht ist.

+Schellenberg+, Stadt, 1550´ ü. M., mit 1943 E. Treibt neben
Feldwirthschaft etwas Woll- und Baumwollweberei.

+Frankenberg+, Stadt a. d. Zschopau, 812´ ü. M., mit 9408 E. Hat
viel Fabriksthätigkeit in baumwollenen, halbwollenen und mit Seide
gemischten Stoffen; auch Damastweberei. -- Etwas unterhalb Frankenberg
thront an der Zschopau das malerische Felsenschloss +Sachsenburg+, zu
welchem eine in Stein eingehauene Treppe von 180 Stufen emporführt.

+Hainichen+, Stadt a. d. kleinen Striegis, 950´ ü. M., mit 7713 E.
Ist der Mittelpunkt einer lebhaften Flanellindustrie, zu welcher
die Garne in der Stadt und Umgegend gesponnen werden. In der Nähe
etwas Kohlenbergbau. Hainichen ist Geburtsort des Dichters +Gellert+
(† 1769); an ihn erinnert ein Denkmal auf dem Markte und ein nach ihm
benanntes Rettungshaus.


XXXVI. Route: Von =Chemnitz= über =Oederan= nach =Freiberg=.

(+Eisenbahnroute.+)

Von Chemnitz fahren wir mit dem Dampfwagen durch Niederwiesa nach
+Flöha+, dann in vielen Windungen, wobei Einschnitte, Dämme und
Brücken nicht fehlen, das Flöhathal hinauf nach +Falkenau+ (1019 E.)
und von da hinüber nach +Oederan+. Hier verlassen wir den Zug, um
der Stadt und der hinter ihr gelegenen +Schönerstädter Höhe+ einen
Besuch abzustatten. Später fahren wir mit der Eisenbahn weiter und
gelangen über +Frankenstein+ (541 E.) und +Kleinschirma+ (505 E.) nach
+Freiberg+, der alten Berghauptstadt, welche den Schlusspunkt unserer
Routen bilden soll. -- Wer Freiberg und Umgegend genau kennen lernen
will, muss zwei Tage darauf verwenden; soll dabei die interessante
»Grabentour« (s. o. T. XI. S. 45) gemacht werden, so ist noch ein Tag
mehr nothwendig.

+Oederan+, Stadt am Hölzelbache, 1144´ ü. M., mit 5997 E. Hat
ansehnliche Weberei, besonders Flanell- und Tuchfabrikation. In der
Nähe die aussichtsvolle Schönerstädter Höhe und etwas weiter, in einer
Abzweigung des Flöhathales, der schauerliche, düstere Höllengrund.

+Freiberg+, Stadt am Münzbach, 1284´ ü. M., mit 20,566 E. Ist
Mittelpunkt des erzgebirgischen Silberbergbaues und lässt sofort
erkennen, dass der Bergbau die Grundlage seines socialen Lebens ist.
Zu ungewohnter Stunde vernimmt man das Geläute der Heuerglocken,
welches den Knappen zur Schicht ruft. Man trifft Kaufläden mit
Bergmanns-Kleidern, Bergmanns-Geräthen und Markscheide-Instrumenten;
von den Buchhandlungen sind fast ausschliesslich bergmännische
Schriften und Bilder ausgestellt; auf der Strasse ist von den
Begegnenden fast jeder Dritte ein Bergmann, Bergstudent oder
Bergbeamter; man hört die Titel: Oberkunstmeister, Bergwardein,
Hüttenraiter und Viceeinfahrer und wird vorwiegend mit: »Glück auf!«
begrüsst. An Alterthümlichem hat sich die Stadt manches bewahrt.
Ausser dem Schloss, dem Rathhaus und den Kirchen sind dazu die
Reste der Ringmauer und mehrere steilgiebelige, vielfensterige, hie
und da mit bergmännischen Symbolen versehene Häuser zu rechnen.
Am Interessantesten ist der Dom. Er enthält die +goldene Pforte+,
welche allgemein als Meisterwerk des romanischen Styls gilt. Sie ist
ein Ueberbleibsel der alten, im Jahre 1484 durch Feuer zerstörten
Marienkirche, an deren Stelle der Dom in seiner jetzigen Gestalt
erbaut wurde. Ausserdem befindet sich darin eine +Begräbnisskapelle+,
in welcher die protestantischen Fürsten der albertinischen Linie, von
Heinrich d. Frommen († 1541) bis Johann Georg dem Vierten († 1694)
bestattet worden sind. (Die früheren sächsischen Fürsten ruhen in
Altenzelle und Meissen, die späteren in Dresden.) Unter den vorhandenen
Grabmälern ragt das des Kurfürsten Moritz hervor: es ist ihm von seinem
Bruder August gesetzt worden und soll 80,000 Dukaten gekostet haben. In
dem Kreuzgange der Kirche schlummert der grosse Mineralog Werner, einst
die Zierde der Bergakademie. Die Orgel des Domes ist von Silbermann
und hat 45 klingende Stimmen. Das Haus, in welchem Silbermann
das Meisterwerk gebaut hat, ist seit 1864 durch eine Marmortafel
bezeichnet. Aus dem Schlosse +Freiheitstein+, in welchem einst Herzog
Heinrich d. Fromme Hof hielt und 1521 Kurfürst Moritz geboren wurde,
hat man ein Magazin gemacht. Von herrlichen Baum-Anlagen umgeben, die
sich überhaupt um die ganze Stadt herumziehen, steht vor dem Kreuzthore
die Bronce-Büste des Mineralogen Werner und vor dem Petersthore das
sogenannte Schwedendenkmal. Auf dem Markt bezeichnet ein Stein die
Stelle, wo Kunz von Kaufungen am 14. Juli 1455 hingerichtet wurde, und
im nahen Rathhause verwahrt man ein Stück der Strickleiter, mit welcher
er das Altenburger Schloss erstieg. Das Gebäude der Bergakademie
(Letztere 1765 durch Prinz Xaver gegründet) enthält ausser den Hörsälen
und Laboratorien mehrere auf das Bergwesen bezügliche Sammlungen.
-- Die Umgebung Freibergs, mit ihren Hallen und Zechenhäusern,
stimmt ganz zu dem Bilde der Bergstadt. Im Ganzen aber erscheint die
Landschaft etwas kahl, wie denn die erzgebirgischen Schächte und
Stollen fast alle in reizloser Gegend gelegen sind. Schon oberirdisch
enthalten die Berggebäude manches Interessante. Man trifft da die
Anstalten zur Hebung der Wasser und zur Förderung der Erze und bemerkt
neben einfachen Haspeln allerlei Göpel und künstliche Maschinen. Am
meisten aber bieten die Gruben unterirdisch. Man staunt über die
»Teufen«, in welche der Mensch zu dringen vermag, sieht, wie der
Bergmann minirt und mit Erfolg den Erzadern, welche sich oft neckisch
verstecken, nachspürt. Darum ist jedem Reisenden die Befahrung einer
Freiberger Erzgrube anzurathen -- am geeignetsten dazu erscheint die
»Himmelfahrt« --: er wird dadurch die grossartige Betriebsorganisation
des Silberbergbaues kennen lernen und überhaupt Anschauungen und
Eindrücke gewinnen, welche sich nicht wieder verwischen. Doch
dürfen desshalb die andern montanistischen Werke über Tage, die
Scheidebänke, Pochwerke, Erzwäschen und besonders die +Obermuldener
Schmelzhütten+, nicht vernachlässigt werden; in ihrer Gesammtheit
gewähren sie dem Laien unendlich viel Neues und dem Fachmann reiche
Gelegenheit zu fruchtbarem Studium. -- Auch die +Altväterwasserleitung+
verdient, obschon sie nicht mehr benutzt wird, einen Besuch, denn
ihre noch stehenden Pfeiler beweisen, dass durch sie, wie zu Zeiten
der Römer, das Wasser von einem Berg zum andern übergeführt wurde.
Das +Amalgamirwerk+ zu Halsbrücke, in welchem das Silber mit Hülfe
des Quecksilbers gewonnen wurde, ist eingegangen, weil die neuere
Hüttenchemie bequemere und billigere Mittel besitzt, den Erzen das edle
Metall zu entlocken. Erwähnenswerth aber bleibt, dass für dieses Werk
im Jahre 1827 die erste Gasbeleuchtung in Sachsen eingerichtet worden
ist.

Für Freiberg ist schon seit Langem der Bergbau Hauptnahrungszweig,
doch hat es auch andere gewerbliche Etablissements, die zum Theil
mit den montanistischen Wesen zusammenhängen: so ein Arsenikwerk,
eine Pulverfabrik, eine Schrotfabrik, eine Fabrik leonischer Gold-
und Silberwaaren, eine Eisengiesserei, eine Flachsspinnerei und eine
Portefeuillefabrik.

+Geschichtliches.+ -- Die Stadt Freiberg verdankt ihre Entstehung dem
Bergbaue. Die Sage meldet darüber Folgendes: »Im Jahre 1169 führten
Fuhrleute aus Goslar Salz von Halle durch die Markgrafschaft Meissen
nach Böhmen. In der nachherigen Freiberger Gegend legten die Räder
ihrer Wagen ein Stück glänzenden Gesteines blos, das sie mit gen Goslar
nahmen. Als es sich hier als bauwürdiges Silbererz auswies, wanderten
Bergleute vom Harz nach dem Fundort.« Wahrscheinlicher dagegen ist,
dass die Sorben schon früher Bergbau im oberen Erzgebirge getrieben
hatten und man um das genannte Jahr nur wieder reichere Anbrüche
machte, wodurch zahlreiche Ansiedler von allen Seiten herbeigelockt
wurden. So entstand der Ort Christiansdorf, welches der Markgraf +Otto
der Reiche+ im Jahre 1181 zu einer Bergstadt und Feste erhob, der er
den schönen Namen +Freiberg+ gab. Da die erschürften Silbergänge sich
sehr ergiebig zeigten, so wurde die neue Stadt bald der werthvollste
Besitz der Wettinischen Fürsten. Aber es fanden sich auch Neider.
Zweimal versuchten deutsche Kaiser (Heinrich VI. und Adolph v. Nassau)
das sich rasch vergrössernde Freiberg zum Eigenthum des Reiches zu
machen; allein die Bürger hielten zu ihrem angestammten Landesfürsten
und machten die Anschläge jener zu Nichte. Für solche Treue verdienten
und fanden die Einwohner vielfache Gunst. Reich mit Freiheiten begabt
und durch immer grösseren Bergsegen beglückt, erhob sich die Stadt
zur ersten im Meissnerlande, so dass sie bei Beginn des 16. Jahrh.
70,000 Einwohner zählte. Allein der 30jährige Krieg knickte die Blüthe
der Stadt. Wiederholt von den Kaiserlichen und Schweden[21] belagert,
widerstand sie zwar der Eroberung, musste aber geschehen lassen,
dass ihre sämmtlichen Vorstädte und mehrere Strassen der Innenstadt
durch Feuer zerstört wurden. Am Ende des Krieges besass sie kaum noch
den zehnten Theil ihrer früheren Einwohner und dazu waren die meisten
ihrer Gruben in Verfall gerathen oder ganz zum Erliegen gekommen.
Langsam erholte sich die Stadt von solchem Schlage, doch die vormalige
Grösse hat sie nie wieder erlangt. Auch ist sie später nicht ohne
Kriegsdrangsal geblieben. Im Jahre 1762 wurde des 7jährigen Krieges
letzte Schlacht bei Freiberg (durch Prinz Heinrich) geschlagen, und
in den deutschen Freiheitskriegen ist die Stadt, welche wegen der
Silbergruben als sehr reich galt, durch Einquartierung und Kontribution
arg betroffen worden.

Wenn auch Freiberg heute an Wohlstand und Bevölkerung hinter seiner
Blüthezeit zurücksteht, eines hat es sich bewahrt: den Vorrang im
+Berg-+ und +Hüttenwesen+. Zu dieser Ueberlegenheit haben mehrere
Umstände beigetragen. Zunächst die Tüchtigkeit der erzgebirgischen
Knappen. Sie sind fleissig und anstellig, ehrlich und genügsam und
besitzen, da sie einem besondern Stand mit eigener Verfassung, eigener
Tracht u. eigener Sprache angehören, Standesgefühl, Selbstachtung und
kameradschaftlichen Sinn. Die Stufenleiter unter den Bergleuten[22]
ist seit Alters geregelt. Zuerst wird Einer Scheidejunge, darnach
Grubenjunge, weiter avancirt er zum Ausläufer und mit dem Lehrhäuer
oder Bergknecht ist die erste wichtige Staffel erreicht. Nachdem er
als solcher sieben Jahre gearbeitet und sein »Probegeding« bestanden
hat, wird er Doppelhäuer und damit wirklicher Knappe. Ausser den
eigentlichen Bergleuten giebt es auch noch Mauer- und Zimmerlinge.
Die Ganghäuer müssen die Bergschule besucht haben und können sich
zu Steigern emporschwingen. Auch unter den Bergbeamten ist die
Rangordnung genau festgestellt. Dazu bilden die Genossen jedweden
Reviers eine +Knappschaft+, welche durch Stärkung des religiösen
Sinnes, Ueberwachung der Sitten und Aufrechthaltung einer straffen
Mannszucht, den Einzelnen bei beruflicher und sittlicher Tüchtigkeit
zu erhalten sucht, so dass der sächsische Knappe jedem anderen Knappen
ebenbürtig, wenn nicht überlegen ist. -- Ferner hat zur Hebung des
Freiberger Bergbaues beigetragen, dass die fast zu Tage liegenden
Silberadern bald erschöpft waren. Man musste nun in die Tiefe dringen
und, um dies mit Vortheil thun zu können, den Bau der Gänge und der
Erdrinde überhaupt erforschen. Als neue Aufgabe wuchs hierbei die
Bezwingung der Grubenwässer heran; denn je tiefer man in den Schoos
der Erde hinabsteigt, desto mehr schiessen sie von allen Seiten herzu.
Und gerade in Bewältigung des Wassers durch das Wasser haben sich die
Freiberger vielleicht ihre grössten Triumphe errungen. Was anderwärts
der Dampf oder die kostbare Menschenhand besorgt, das muss hier meist
das oberirdische Wasser verrichten. »Das Bächlein, das eben in einem
Pochwerke thätig war, muss alsbald wieder das Wasserrad einer Pumpe
treiben; von diesem fällt es in den Schacht hinab auf ein zweites und
drittes Rad, und kaum durch einen Stollen entlassen, arbeitet es aufs
Neue in einer andern Grube. Kein Gewässer darf müssig schlendern. Sind
die einzelnen Gefliesse zu schwach und unbeständig, so werden sie in
Sammelteichen aufgestaut und aus diesen wird den einzelnen Gruben ihr
Bedarf nach wöchentlichen Rädern zugemessen. Ueber die Vertheilung
dieser Wasserschätze wird jährlich genaue Rechenschaft abgelegt.« --
Weiter wirkte auf das Freiberger Bergwesen günstig ein, dass die in
der Tiefe gebrochenen Erze nicht reich an Silber waren. Man musste
deshalb darauf bedacht sein, auch ärmere Erze zu verhütten, und
darum mechanische Mittel ersinnen, das edle von dem tauben Gestein
zu sondern. In dieser Beziehung hat man es soweit gebracht, dass man
jetzt Gangmasse benutzt, bei der aus 100 ~Ctr.~ Gestein nur 5 ~Lth.~
Metall gewonnen werden. Dem sächsischen Bergmanne ward eben sein Leben
schwer gemacht; doch gerade die Schwierigkeiten spornten ihn an, mit
Erfolg seine geistige Kraft zu zeigen. Heute liefern die Freiberger
Gruben einen jährlichen Ertrag von 1½ Million Thalern, also aus den
geringeren Erzen mehr, denn früher aus den reichsten Anbrüchen. --
Endlich wurde die Bedeutung Freibergs durch Gründung der Bergakademie
wesentlich erhöht. Nunmehr waren hier Theorie und Praxis mit einander
verbunden und auf kleinem Raum in Wechselwirkung gestellt. Darum wird
Freiberg von Studirenden[23] fast aller Kulturvölker besucht; erhalten
dieselben hier doch nicht nur Unterricht in der Bergwissenschaft,
sondern durch den umfassenden, trefflich organisirten Silberbergbau
und den grossartigen Hüttenbetrieb zugleich auch eine nirgends so
wiederzufindende Gelegenheit zur praktischen Ausbildung.

Freiberg besitzt unter allen sächsischen Städten den grössten Weltruf.
Ueberall wo Bergbau getrieben wird: auf dem Ural wie in den Gebirgen
Spaniens, auf den Cordilleren wie in den Minen Mexiko's ist der Name
der erzgebirgischen Berghauptstadt bekannt.

[Illustration]



Register.


Fett gedruckte Zahlen deuten auf die Hauptbeschreibung hin.

            Adorf =129=.

            Altenberg =72=.

            Altväterwasserleitung 159.

            Altzelle 157.

            Angermann 23. =133=.

            Annaberg =99=.

            Antonshütte 127.

            Arkwright 23. 148.

            Aue =134=.

            Auerbach =137=.

            Auerhammer 134.

            Auersberg, d. 12. 127.

            Augustusburg =154=.


            Bärenburg 72.

            Bärenstein, Stadt. =68=.

            Bärenstein, Flecken 110.

            Bärenstein, d. 13. =110=.

            Beierfeld 124.

            Bergbau 25. 158.

            Berggiesshübel =65=.

            Bernsbach 123.

            Biela, Fl. 13.

            Bilin 83.

            Blechwaarenfbrktn. 123. 137.

            Bobbinet 24.

            Bockau, Stadt 134

            Bockau, Fl. =14=.

            Bockwa 140.

            Brunnersdorf 109.

            Brüx =83=.

            Buchholz =103=.

            Butterstrasse, d. 75.


            Chemnitz =145=.

            Christiansdorf 160.

            Cottaer Spitzberg 63.

            Cranzahl 114.

            Crottendorfer Marmorbrüche 126.


            Dippoldiswalde =71=.

            Dorfchemnitz 153.

            Dohna =67=.

            Doppelburg 78.

            Dörnthal 87.

            Dresden 63.

            Dudelskirche 124.

            Dux =83=.


            Ebersdorf 64. 155.

            Eckersbach 140.

            Eger 118.

            Ehrenfriedersdorf =94=.

            Eibenstock =132=.

            Einenkel, G. 21.

            Eisenberg 84. 90.

            Eisenberg, d. 12.

            Eisenindustrie 25. 72. 127.

            Elbogen =117=.

            Elster, Bad =120=.

            Elterlein =124=.

            Erla 127.

            Ernstthal =145=.

            Erzgebirge 10.

            Erzgeb. Kohlenbassin 25. 139.

            Esche, Dav. 22. 148.

            Eselsberg 12.


            Falkenau 118.

            Falkenstein 131. =132=.

            Fastenberg, d. 127.

            Fichtelberg, d. 12. =115=.

            Flachsbau 15. 75.

            Flöha 156.

            Frankenberg =155=.

            Franzensbad =120=.

            Frauenstein =74=.

            Freiberg =156=.

            Frohnau 124.

            Fürstenberg, d. 124.

            Fürstenbrunnen, d. 124.


            Geising 73.

            Geising, d. 72.

            Gellert, Ch. F. 66. 155.

            Georgenthal 80.

            Geringswalde 97.

            Geyer 94.

            Glashütte =67=.

            Glauchau =144=.

            Glöselsberg, d. 79.

            Glössberg, d. 136.

            Gottesgabe 116.

            Gottleuba =66=.

            Gottleuba, Fl. 14.

            Göltzsch 138.

            Göltzschthal 138.

            Görkau 85.

            Graslitz 128. 129.

            Graupen 76.

            Greifenstein 12. 93.

            Grünhain =125=.

            Grünhainichen 26.

            Grünthal 82.


            Hainichen =155=.

            Hainsberg 70.

            Halsbrücke 159.

            Harras, Ritter 155.

            Hartenstein =144=.

            Hassberg, d. 12.

            Hassenstein 109.

            Hauenstein 86.

            Heidelberg 81.

            Heinzebank, d. 99.

            Herlasgrün 138.

            Hirschkopf, d. 12.

            Hoheneck 153.

            Hohenstein =145=.

            Holzwaarenfbrktn. 26. =82=.


            Industrie 22.


            Jacquardstuhl 150.

            Joachimsthal =117=.

            Johanngeorgenstadt =127=.

            Jöhstadt =109=.

            Jungferndorf 64.


            Kaaden =85=.

            Kahle Berg, d. 12. 72.

            Kainsdorf 142. 144.

            Kallich 89.

            Kammerbühl, d. 119.

            Kapellenberg, d. 12.

            Karlsbad =113=.

            Karlsfeld 130. =131=.

            Katharinenberg 90.

            Katzenstein, d. 95.

            v. Kaufungen, Kz. 158.

            Keilberg, d. 12.

            Kleinbobritzsch 75.

            Kleinpöhla 125.

            Klima 14.

            Klingenthal 131.

            Klostergrab 78.

            Klösterle =85=.

            Kommotau =85=.

            Kosten 78.

            Kottenhaide 131.

            Krinolinenfabrikation 27.

            Krumhennersdorf =88=.

            Kupferhügel 12.


            Langewiese =81=.

            Lauenstein =68=.

            Lauter 133.

            Lengefeld 88.

            Lengenfeld 137.

            Lichtenwalde =154=.

            Liebstadt 69.

            Limbach bei Chemnitz 22.

            Lössnitz 150.

            Lugstein, d. 12.


            Mariakulm 118.

            Mariaschein 76.

            Marienberg 96.

            Marienei 129.

            Marienhütte =142=.

            Markersbach 126.

            Markneukirchen =129=.

            Maschinenbau =150=.

            Maxen =67=.

            Miriquidi 18.

            Mittweida, Dorf 122.

            Morgenleite 12.

            Mückenthürmchen 64.

            Mulde, Fl. 14.

            Muldener Hütten 25. 159.

            Mügeln, Dorf 67.

            Müglitz, Fl. 14.

            Münzer, Th. 140.

            Mylau =139=.


            Natschung, d. 81.

            Netzschkau 138. =139=.

            Neuberin, K. 139.

            Neustädtel 135.

            Niederlauterstein 95. =96=.

            Niederschlema 135.

            Niklasberg, Stadt 79.

            Nollain 23.


            Obergraupen 76.

            Oberleitensdorf 79.

            Obersachsenberg 79.

            Oberwiesenthal =116=.

            Olbernhau =82=.

            Osseg, Stift 78.

            Ottenstein 122.

            Oederan 156.

            Oelsnitz i. V. =138=.


            Pechsiederei 136.

            Perlenfischerei 138.

            Peterswalde =66=.

            Pfannenstiel 133.

            Pirna 65.

            Pirschstein 86.

            Plauescher Grund, d. 70.

            Pobershau 96.

            Pockau, Schwarze d. 14. 95.

            Posamentenfabrikation 21.

            Potschapp. Kohlenbassin 25.

            Pöhla 125.

            Pöhlberg 13. 103.

            Pressnitz =109=.

            Prinzenhöhle 143.

            Purschenstein 82.


            Rabenau =71=.

            Rammelsberg 12.

            Raschau 122.

            Rauenstein 88.

            Rautenkranz 130.

            Rehefeld 14.

            Reichenbach =139=.

            Reischdorf 108.

            Riese, Ad. 103.

            Rittersgrün 125.

            Rodewisch 137.

            Rosenburg 76.


            Sachsenburg 155.

            Sachsenfeld 133.

            Sayda =75=.

            Sauersack 128.

            Sächsisches Sibirien 130.

            Scharfenstein 92.

            Scheibenberg =122=.

            Schellenberg =155=.

            Schlackenwerth =113=.

            Schlettau =122=.

            Schmiedeberg =72=.

            Schnarrtanner Höhe 136.

            Schneckenstein, d. 12. 130.

            Schneeberg =135=.

            Schnorr, Grubenherr 131.

            Schönburgische Lehnsherrschaften 143.

            Schöneck =131=.

            Schönhaide =137=.

            Schönwalde 64.

            Schreckenberg, d. 100.

            Schwartenberg, d. 12.

            Schwarzenberg =122=.

            Schwarzwasser 14.

            Sebastiansberg =108=.

            Seestädtl 84.

            Sehma 114.

            --, Fl. 14.

            Seifen 81.

            Serpentindrechselei 96.

            Siebenhöfen 95.

            Silbermann, G. 75.

            Sonnenberg 108.

            Sorben 18.

            Sosa 132.

            Spitzberg 12.

            Spitzenklöppelei 21. =104=.

            Stein, Schloss 143.

            Steinkohlen 142.

            Stollberg 153.

            Streckenwalde 64.

            Strohflechterei =69=.

            Strumpfwirkerei 22. 150.


            Tambouriren 23.

            Tannebergsthal 12.

            Tellkuppe =77=.

            Teltschthal =89=.

            Tharandt =71=.

            Thum =94=.

            Treuen =139=.


            Uhrenfabrikation 68. 130.

            Uttmann, B. 20.


            Venusberg 92.

            Voigtsberg 138.


            Waldkirchen 88.

            Weberei 22. 149.

            Wechselburg 28.

            Weesenstein =69=.

            Weipert 111.

            Weisse, Ch. F. 103.

            Weisseritz, Fl. 14.

            Weissstickerei 133. 136.

            Weitersglashütte =128=.

            Wieselstein 80.

            Wiesenbad =99=.

            Wiesenburg 144.

            Wildenthal 127.

            Wilisch, d. 71.

            Wirbelsteine 112.

            Wolkenstein =98=.

            Würschnitz i. V. 129.


            Zaunhaus 73.

            Zinnwald 72.

            Zöblitz =96=.

            Zschopau =88=.

            Zschorlau 135.

            Zwickau =139=.

            Zwitterstock 73.

            Zwota 13.

            Zwönitz 143. 144.

[Illustration]

            Druck von J. H. Hollstein in Buchholz.



Fußnoten:


[1] Der Cours der österreichischen Banknoten steht in der Leipziger
Zeitung und ist schon seit langer Zeit unter pari; wird er z. B. mit
85½ notirt, so nimmt man 85½ × 2 = 166; d. h. die 1 Guldennote gilt 166
sächsische Pfennige = 16 Ngr. 6 Pf.

[2] Die am häufigsten vorkommenden Metalle sind: Silber, Blei, Zinn und
Eisen; sodann Kobalt, Antimon, Arsenik, Mangan, Wolfram und Uran.

[3] Von den seit 1863 durch die sächsische Regierung errichteten
meteorologischen Stationen befinden sich im Erzgebirge: Tharandt,
Grüllenberg, Freiberg, Chemnitz, Zwickau, Flauen, Elster, Annaberg,
Rehefeld, Georgengrün, Reitzenhain und Oberwiesenthal.

[4] Scherzhaft sagt man: »auf sechszehn Tassen funfzehn Bohnen«.

[5] Vergleiche: »Die slavischen Ortsnamen des Erzgebirges« von
Oberlehrer +Immisch+. Programm der Annaberger Realschule vom Jahre 1866.

[6] Der Kaufmann August Eisenstuck (ehemaliger Chef der bekannten
Eisenstuck'schen Handlung in Annaberg) hat dieser Wohlthäterin des
Gebirges im Jahre 1834 ein Denkmal auf dem Gottesacker zu Annaberg
errichten lassen; sein Nachfolger Carl Hohl sen. entdeckte von ihr im
grünen Gewölbe zu Dresden einen kleinen, in Elfenbein geschnittenen
Kopf und liess darnach ein wohlgelungenes Bild herstellen, von welchem
Photographien in den Annaberger Buchhandlungen zu haben sind.

[7] Er ist meist das Ziel, »wenn«, wie es scherzhaft heisst, »der
Dresdener in die Bombluth geht«, und wird von der Residenz aus
überhaupt viel besucht.

[8] Teplitz kommt von teply = warm und heisst etwa Warmbad.

[9] Aus Scharfenstein stammte der vielgenannte Wildschütz +Stülpner+.

[10] Von einer Bauernfrau, Gewerkin bei »Himmlisch Heer«, wird erzählt,
dass sie sich täglich in theurem Weine gebadet habe.

[11] Ueber Adam Riese und dessen »Coss« vergl. die Programme der
Annaberger Realschule von 1855 u. 1860.

[12] Ein Grenzstein aus jener Zeit ist noch an dem alten Wege von
Königswalde nach Buchholz, zwischen der Weiperter Chaussee und dem
Himmlischheerer Schacht zu sehen.

[13] Der Flossgraben ist 1564--66 von dem Annaberger Rathsherrn +Georg
Oehder+, einem Schwager Melanchthons, abgemessen und angelegt worden.
Fast in der Mitte des Einschnitts, welchen der Flossgraben zwischen
Morgensonne und Pöhlberg durchzieht, befindet sich rechts, nach der
Chaussee zu, ein Stein mit der Inschrift: =G. Ö.= und erinnert so an
den Erbauer.

[14] Die aufgefundene Masse wog 276 Pfd.; der grösste Theil davon ist
nach Prag und Wien gebracht worden; das elbogner Stück hält 36½ Pfd.

[15] Zur Zeit des Prinzenraubes war Schwarzenberg noch böhmisch;
erst 1459, bei Vermählung Albrechts mit Sidonie von Böhmen, fiel es
an die Mark Meissen; Kunz v. Kaufungen war daher am Fürstenberge der
böhmischen Grenze schon sehr nahe gewesen.

[16] +Bernsbach+ bereitet auch Feuerschwamm, wozu das Rohmaterial aus
den Karpathen bezogen wird.

[17] Jährlich werden wohl 100,000 Schock Darmsaiten geliefert, wozu das
Material allerorts her, besonders aus Ungarn und Dänemark, bezogen wird.

[18] Neueren Nachrichten zufolge wird in nächster Zeit von einer
Privatgesellschaft oder dem Staate die Eisenbahn von Aue nach
Jägersgrün gebaut und dadurch der Wunsch Eibenstocks befriedigt werden.

[19] +Bockwa+ wurde durch den Kohlenbergbau zum reichsten Dorf
Sachsens, ja vielleicht Deutschlands. Es hat eine prächtige Schule
und eine noch prächtigere Kirche; seine Häuser gleichen eher
grossstädtischen Palästen als ländlichen Wohnungen.

[20] In der Kirche zu Ebersdorf, wohin Lichtenwalde eingepfarrt ist,
befindet sich des Harras Bildniss und ein Hufeisen seines Pferdes.
Allda sind auch aufbewahrt: die Kleider der geraubten Prinzen Ernst und
Albert und die Kutte des Köhlers, welcher Albert befreite.

[21] An die letzte Belagerung der Schweden (1642--43) erinnert das
schöne »Schwedendenkmal« vor dem Petersthore.

[22] Die Bergleute zerfallen auch in Bergleute vom +Leder+
und Bergleute von der +Feder+; jene besorgen die eigentlichen
Grubenarbeiten, diese die nöthigen Schreibereien.

[23] Freiberg's berühmteste Zöglinge sind: Leopold v. Buch und Alex. v.
Humboldt.



[Illustration: KARTE des ERZGEBIRGES.]

[Illustration: Höhen Karte nach H. Lange.]

[Illustration: Höhen Karte nach H. Lange.]



Verlag von =Hermann Graser= in Annaberg.


    =Album der Chemnitz-Annaberger Staatseisenbahn.=

    Malerische Ansichten, 16 Lithographien, gr. 4.°

                                               2 Thlr. 20 Ngr.

      ---- Color. Ausgabe                      4 Thlr. 10 Ngr.

    =Einzelne Blätter aus dem Album:= Annaberg, Buchholz,
    Wiesenbad, Wolkenstein, Zschopau, Augustusburg,
    Scharfenstein, Erdmannsdorf und andere,

                                             schwarz à 7½ Ngr.

                                           colorirt à 12½ Ngr.

    =Album von Annaberg und Buchholz.=

                              6 Photolithogr. -- Thlr. 15 Ngr.

      -- --                 Grosse Ausgabe, 6 Photogr. 2 Thlr.

    =Totalansicht von Annaberg.=          Lithographie 1 Thlr.

      -- -- --                         en gouache gem. 3 Thlr.

    =Totalansicht von Buchholz.=          Lithographie 1 Thlr.

      -- -- --                         en gouache gem. 3 Thlr.

    =Panorama von Annaberg-Buchholz.=           Lith. 1½ Thlr.

    =Ansichten von Annaberg, Buchholz u. Umgegend.=

      Photographien in Visitenkartenformat            à 3 Ngr.

            Buchholz, J. H. Hollstein.



    Weitere Anmerkungen zur Transkription


    Die Höhenkarte (Teil 1) wurde ans Ende verschoben.

    Offensichtlich fehlerhafte Zeichensetzung wurde stillschweigend
    korrigiert.

    Korrekturen (hier durch {} gekennzeichnet):

    S. IV: Nenes → Neues
      und das Neue bald wieder ein {Neues} gebiert

    S. VIII: Netschkau → Netzschkau
      Herlasgrün, {Netzschkau} und Reichenbach nach Zwickau

    S. 12: zn → zu
      aus Urgebirge bestehenden Gipfel sind {zu} nennen

    S. 15: Umgegsnd → Umgegend
      Die Vegetationsverhältnisse von Annaberg und {Umgegend}

    S. 24: Strik → Strick
      durch die {Strick}- und Nähmaschine

    S. 27: 12 → 14
      {14}. Baudenkmäler

    S. 29: Hinterzinnnwald → Hinterzinnwald
      Vorder- u. {Hinterzinnwald} nach Altenberg.

    S. 39: Jrfersgrün → Irfersgrün
      zu Fuss über {Irfersgrün}

    S. 66: preussiche → preussische
      Unterdessen hatte sich der {preussische} General Kleist genähert

    S. 67: französichen → französischen
      fällt dem {französischen} Korps in den Rücken

    S. 73: entpringt → entspringt
      Altenberg {entspringt} die rothe Weisseritz

    S. 98: Zchopau → Zschopau
      welche {Zschopau} und Pressnitz mit einander bilden

    S. 101: Jn → In
      {In} der Sakristei selbst

    S. 103: hei → bei
      man {bei} seinem hundertjährigen Geburtstage

    S. 104: Gesellchaften → Gesellschaften
      ganze {Gesellschaften} von klöppelnden Frauen

    S. 110: Chaussehaus → Chausseehaus
      an dem Kunnersdorfer {Chausseehaus}

    S. 122: Posamentierei → Posamentirerei
      Treibt {Posamentirerei} und Schuhmacherei

    S. 135: Zchorlau → Zschorlau
      über {Zschorlau}, Burkhardtsgrün und Sachsengut

    S. 152: Drathflechtereien → Drahtflechtereien
      dann {Drahtflechtereien}, Nagelmaschinen

    S. 153: uud → und
      Frankenberg {und} Hainichen

    S. 155: Zchopau → Zschopau
      Jenseits der {Zschopau} trifft man

    S. 157: je der → jeder
      fast {jeder} Dritte ein Bergmann

    S. 160: Eürsten → Fürsten
      werthvollste Besitz der Wettinischen {Fürsten}

    Fußnote 12: Wort zu eingefügt
      dem Himmlischheerer Schacht {zu} sehen

    Ansonsten wurde die unterschiedliche Schreibweise von Ortsnamen
    beibehalten.





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