Home
  By Author [ A  B  C  D  E  F  G  H  I  J  K  L  M  N  O  P  Q  R  S  T  U  V  W  X  Y  Z |  Other Symbols ]
  By Title [ A  B  C  D  E  F  G  H  I  J  K  L  M  N  O  P  Q  R  S  T  U  V  W  X  Y  Z |  Other Symbols ]
  By Language
all Classics books content using ISYS

Download this book: [ ASCII | HTML | PDF ]

Look for this book on Amazon


We have new books nearly every day.
If you would like a news letter once a week or once a month
fill out this form and we will give you a summary of the books for that week or month by email.

Title: Die Reden Gotamo Buddhos - Mittlere Sammlung, zweiter Band
Author: Neumann, Karl Eugen
Language: German
As this book started as an ASCII text book there are no pictures available.


*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Die Reden Gotamo Buddhos - Mittlere Sammlung, zweiter Band" ***


                     Anmerkungen zur Transkription
                     #############################

In diesem Text werden fortlaufend Seitenzahlen aus zwei verschiedenen
Ausgaben anderer Autoren angegeben. Diese Verweise werden hier am
rechten Rand außerhalb des laufenden Textes wiedergegeben.

Kursive Passagen im Original werden von Unterstrichen umgeben
(_kursiv_), gesperrter Text dagegen von Tilden (~gesperrt~).
Hochgestellte Symbole werden durch ein vorangehendes Caret-Zeichen (^)
repräsentiert; mehrere Zeichen werden dabei in geschweiften Klammern
gruppiert. Tiefgestellte Zeichen werden in geschweifte Klammern gesetzt
und mit Hilfe eines vorangestellten Unterstriches versinnbildlicht.

Die Wortformen, die in der Vorrede und einigen Fußnoten einem
Wurzelzeichen folgen, stellen die Wortwurzel der erklärten Begriffe
dar. Diese wurden im Original kursiv gesetzt, in dieser Version werden
diese jedoch in normalem Schriftschnitt beispielhaft folgendermaßen
wiedergegeben: √(ruh).

Der vorliegende Text wurde anhand der 1921 erschienenen Buchausgabe
erstellt; Interpunktionsfehler wurden dabei stillschweigend korrigiert.
Die Rechtschreibung des Originals wurde beibehalten, sofern es sich
nicht um offensichtliche Fehler handelt. Der Fußnotenanker [264] fehlt
in dieser Ausgabe und wurde an der in den Fassungen von 1919 und 1922
vorgesehenen Position eingefügt.

Die folgenden Stellen wurden korrigiert:

    S. 354: ‚Versamlung‘ → ‚Versammlung‘
    S. 430: ‚Kāccāno‘ → ‚Kaccāno‘
    S. 462: ‚Sahampatin‘ → ‚Sahampati‘
    S. 479: ‚Mantānī‘ → ‚Mantāṇī‘
    S. 490: ‚Nāḷijāṉgho‘ → ‚Nāḷijaṉgho‘
    S. 594: ‚Bhāradvāyo‘ → ‚Bhāradvājo‘
    S. 597 (Fußnotenanker): ‚[259]‘ → ‚[249]‘
    S. 734 (So viel trau’ ich Herrn Gotamo zu): ‚285; 83‘ → ‚285, 288‘
    S. 738 (letzter Begriff): ‚Aḷāro‘ → ‚Āḷāro‘

------------------------------------------------------------------------



                               DIE REDEN
                            GOTAMO BUDDHOS

                           AUS DER MITTLEREN
                        SAMMLUNG MAJJHIMANIKĀYO
                            DES PĀLI-KANONS

                       ZUM ERSTEN MAL ÜBERSETZT
                                  VON
                          KARL EUGEN NEUMANN

                            ZWEITE AUFLAGE

                             ZWEITER BAND
                         MITTLERES HALBHUNDERT

                     MÜNCHEN 1921 * R. PIPER & CO.



                        ALLE RECHTE VORBEHALTEN
                            COPYRIGHT 1921
               BY R. PIPER & CO. / G. M. B. H. / MÜNCHEN



INHALT


                                                                   Seite

    VORREDE                                                           IX


            DIE MITTLERE SAMMLUNG DER REDEN GOTAMO BUDDHOS


                             ZWEITER BAND

                         MITTLERES HALBHUNDERT


                            SECHSTER THEIL

                          BUCH DER HAUSVÄTER


    51. Rede: Kandarako                                                3

    52.   „   Der Bürger von Aṭṭhakam                                 20

    53.   „   Die Schritte des Kämpfers                               25

    54.   „   Potaliyo                                                34

    55.   „   Jīvako                                                  49

    56.   „   Upāli                                                   54

    57.   „   Der Hundelehrling                                       79

    58.   „   Abhayo der Königsohn                                    87

    59.   „   Viel der Gefühle                                        94

    60.   „   Fraglosigkeit                                          101


                            SIEBENTER THEIL

                            BUCH DER MÖNCHE


    61. Rede: Rāhulos Ermahnung (I)                                  131

    62.   „   Rāhulos Ermahnung (II)                                 140

    63.   „   Der Sohn der Māluṉkyā (I)                              148

    64.   „   Der Sohn der Māluṉkyā (II)                             157

    65.   „   Bhaddāli                                               166

    66.   „   Das Gleichniss von der Wachtel                         181

    67.   „   Vor Cātumā                                             196

    68.   „   Vor Naḷakapānam                                        206

    69.   „   Gulissāni                                              218

    70.   „   Vor Kīṭāgiri                                           224


                             ACHTER THEIL

                            BUCH DER PILGER


    71. Rede: Vacchagotto (I)                                        241

    72.   „   Vacchagotto (II)                                       246

    73.   „   Vacchagotto (III)                                      254

    74.   „   Dīghanakho                                             266

    75.   „   Māgandiyo                                              272

    76.   „   Sandako                                                290

    77.   „   Sakuludāyī (I)                                         314

    78.   „   Der Sohn der Samaṇamuṇḍikā                             344

    79.   „   Sakuludāyī (II)                                        353

    80.   „   Vekhānaso                                              367


                             NEUNTER THEIL

                            BUCH DER KÖNIGE


    81. Rede: Ghaṭīkāro                                              377

    82.   „   Raṭṭhapālo                                             390

    83.   „   Makhadevo                                              415

    84.   „   Madhuro                                                428

    85.   „   Bodhi der Königsohn                                    438

    86.   „   Aṉgulimālo                                             473

    87.   „   Was einem lieb ist                                     485

    88.   „   Der Ueberwurf                                          494

    89.   „   Wahre Denkmale                                         502

    90.   „   Am Zwieselstein                                        512


                             ZEHNTER THEIL

                           BUCH DER PRIESTER


    91. Rede: Brahmāyu                                               527

    92.   „   Selo                                                   543

    93.   „   Assalāyano                                             554

    94.   „   Ghoṭamukho                                             569

    95.   „   Caṉkī                                                  587

    96.   „   Esukārī                                                605

    97.   „   Dhanañjani                                             614

    98.   „   Vāseṭṭho                                               627

    99.   „   Subho                                                  638

    100.  „   Saṉgāravo                                              655


    ANMERKUNGEN                                                      661


    NACHWEISE. Vom Herausgeber                                       715


    REGISTER                                                         725

Alle Namen haben, wie bisher, nominative Endung beibehalten;
zur Aussprache Seite VIII des ersten Bandes.



                            VORREDE


Wie schon in der Einführung zum ersten Bande, Seite XIX-XXIII,
aus Inschriften des dritten vorchristlichen Jahrhunderts
nachgewiesen, ist die älteste Gestalt des Kanons nicht in
einem _Tipiṭakam_ oder _Dvipiṭakam_ sondern im _Piṭakam_
schlechthin, nämlich im _Suttapiṭakam_, erhalten. Hieraus darf
man schließen, wie dort begründet, auch das _Vinayapiṭakam_,
wie später das _Abhidhammapiṭakam_, sei aus dem einen Kanon
theils ausgeschieden, theils weiter entwickelt worden. Das
vorliegende Mittlere Halbhundert des zweiten Bandes bestätigt
diese Folgerungen noch genauer. Wir finden hier eine ganze
Reihe von Reden, die reinen _vinayo_ darlegen, sich bis zu
den letzten Verzweigungen mit der Ordenszucht befassen, und
zwar in ächter, ursprünglicher Weise, die dem wirklichen Leben
entspricht, nicht mit jenen kasuistischen Erfindungen, die
dem _Vinayapiṭakam_ eignen und dessen überwiegend fingierten
Charakter ausmachen. Gleich die Eröffnungsrede liefert ein
klassisches Muster: klassisch, weil sie wiederum zunächst die
Tugendsatzung mit aller Ausführlichkeit vorträgt, was auch im
ersten Bande bei passender Gelegenheit immer geschieht. In
diesem Betracht sind ja die zahlreichen Wiederholungen der
Reden erklärlich, da fast jede, wie sie eben gesprochen wurde,
_dhammo_ und _vinayo_, Lehre und Zucht, als untrennbares Ganze
giebt. Hier lässt sich nichts kürzen oder beschränken oder
zusammenziehn ohne den gehörigen Zusammenhang zu verlieren: die
Rede ist an eine oder an mehrere bestimmte Personen gerichtet
gewesen, auf einen besonderen Anlass hin, doch im höheren Sinne
allgemein gültig, hat weder zu viel noch zu wenig gesagt,
sondern ihren Gang gerade eingehalten. Der Orden hatte daher
bei Lebzeiten des Meisters wohl keinerlei andere Regel als die
in den Reden verkündete, und diese Regel, gar verschieden von
den später lawinenartig angewachsenen Korollarien, war eine
ungemein einfache; so einfach, dass der Meister nicht selten
einem Aufnahmesuchenden, im Gegensatze zu den nachmaligen
umständlichen Vorbereitungen, sogleich und bloß mit den
Worten »Komm’, o Mönch!« die Ordensweihe verlieh: sogar einem
berüchtigten Mörder, nach dessen plötzlicher Umkehr, in der
sechsundachtzigsten Rede. Gotamo selbst hat diese ursprüngliche
Einfachheit vollkommen klar zugestanden, gegen Ende der
fünfundsechzigsten Rede. Da fragt ein Mönch, woher es nur
komme, dass es früher weniger Ordensregeln gegeben als jetzt,
worauf ihm der greise Meister antwortet, Ordensregeln seien
eben erst dann vonnöthen, wann die wahre Lehre untergehe, wann
der Orden Größe und Ansehn und späte Jahre erreicht habe.

Vernehmen wir also in den Reden oft und oft des Meisters
eigene Worte, rein erhalten wie sie gesprochen, so ist auch
Fremdes zu merken und giebt sich meist unverhohlen kund; so
schon die Umrahmung, die allerdings nur die Namen der Orte,
der Personen und sonstige sachgemäße Mittheilungen bietet.
Es hat aber doch hie und da Sagenhaftes Eingang gefunden,
spätere Zuthat, z. B. in die dreiundachtzigste Rede. Dann sind
es zuweilen upanischadartige und yogaverwandte Darlegungen,
die uns begegnen, wie etwa in der siebenundsiebzigsten,
bez. dreiundsiebzigsten. Gewisse Gleichnisse aus den
alten Upanischaden, e. g. das in der achtundsechzigsten
Rede, gewisse Uebungen des alten Yogas, besonders in der
zweiundsechzigsten und zehnten behandelt, hat freilich schon
Gotamo, wohlbewusst, übernommen, ausgebildet, vertieft. Der
Meister behauptet ja niemals, seine Lehre widerspreche allem
bisher Dagewesenen, sondern: »Wovon die Weisen erklären ‚Es ist
nicht in der Welt‘, davon sage auch ich ‚Es ist nicht‘; wovon
die Weisen erklären ‚Es ist in der Welt‘, davon sage auch ich
‚Es ist‘.«[*] Wie großartig der Meister zumal vedische Lehren
vollendet hat, zeigt u. a. die fünfundfünfzigste Rede. Weil es
aber bei mündlicher Ueberlieferung kaum anders möglich, wird
auch der oder jener Jünger, nach des Meisters Tode, diesen
oder jenen fremden Satz wissentlich oder unwissentlich mit
überliefert haben, aus vedischen oder aus yogischen Kreisen, je
nach dem gewohnten Schwergewichte. Sehr lehrreich sind hierfür
die Lieder der Mönche, deren Gedanken durchaus nach dem Meister
weisen, im Einzelnen aber noch subjektive Züge bewahren. Wenn
sich nun, trotz der wachsenden Größe des Ordens, bis etwa
in die Zeit Asoko des Großen kein tiefergehender Verfall
entwickelt hat, was bei den anderen indischen Geistesdenkmalen
in der Regel eher geschah, so ist das erstaunlich und kein
geringer Beweis für die ungewöhnliche, andauernde Wirkung
einer Persönlichkeit wie es die Gotamos war.[**] Diese
Wirkung hat übrigens nicht bloß die Jüngerschaft gewaltig
ergriffen, sie hat sich, wie bekannt, auf ganz Indien und
weiter erstreckt; und insbesondere ist sie den Verfassern der
späteren Upanischaden, des _Yoga-_ und des _Sāṃkhyaśāstram_,
und Barden und Dichtern, bis auf des Tul’sīdās [***] noch
heute in Palast und Hütte, von Fürst und Bettler gesungenes
_Rāmcaritmānas_ herab[†], ausgiebig zustatten
gekommen, ob sie es selber zwar nicht recht wissen, gleichwohl
durch, oft wörtliche, Paraphrase der Meisterworte unschwer
errathen lassen. Hat also Gotamo, und dann mancher der Jünger,
vom Geiste der Zeit einiges benutzt, so haben die Späteren
erheblich mehr von Gotamo und den Seinen gelernt, sich zu eigen
gemacht und weitergegeben, bis es allmälig indisches Gemeingut
geworden.

Nur indisches? Es hat den Anschein als ob jene Gedanken auch
bei uns langsam, langsam merkbar würden, zu wirken begännen,
kraft ihres unzerstörbaren Gehaltes. Eine gesammte Umwandlung
altererbter Ueberzeugungen und Ansichten wird nun sicherlich
kein Teleolog von ihnen erwarten, sowenig wie etwa unsere
Missionare dergleichen beim braven Chinesen gewärtigen dürfen.
Tausendjährigen Kulturen, und wären sie noch so morsch und
überlebt, kann man nicht so leicht mit geistigen Mitteln
beikommen, nicht von einem Jahrhundert zum anderen, wie dem
Papste, schon den Untergang voraussagen: sie altern gern und
wohlgemuth weiter. Aber die Gedanken haben keine Eile, langsam,
langsam wirken sie durch unermessliche Zeiten und Räume, in
ewiger Jugend. -- Einst fragte mich der Gesandte von Siam am
Berliner Hofe, Seine Exzellenz Phya Nond Buri, ob sich denn
wirklich, wie man ihm erzählt habe, bereits buddhistische
Einflüsse in Europa wahrnehmen ließen: ich entgegnete, ich
hätte nicht eben viel davon gemerkt; da lächelte er in seiner
feinen Weise und sagte, auf ein buddhistisches Volkswort
anspielend: »Nun, wir haben ja Zeit, noch fünftausend Jahre.«
-- Wir haben mehr Zeit und weniger. Mehr, weil uns die Erde
geduldig trägt; weniger, weil wir heute den Worten eines
Meisters lauschen können, die aus der Welt des Unschönen
und Schönen hinübergeleiten, wo es keinen Schein giebt.
»Willkommen sei mir ein verständiger Mann«, sagt Gotamo, gegen
Ende der achtzigsten Rede, »kein Häuchler, kein Gleißner, ein
gerader Mensch; ich führ’ ihn ein, ich lege die Satzung dar.
Der Führung folgend wird er in gar kurzer Zeit eben selber
merken, selber sehn, dass man also ganz von der Fessel befreit
wird, nämlich von der Fessel des Nichtwissens.«

       *       *       *       *       *

Ohne einen Strich hinzu- oder hinwegzuthun, mit wohlgeprüften,
-verglichenen, -gesicherten Lesarten, ist auch dieses Mittlere
Halbhundert, das _Majjhimapaṇṇāsam_, schlicht und unangetastet
übersetzt worden, bis auf den Titel und Punkt: so mag der Text
in genauester Form, wenn es etwa noch weiter gelungen, in
identischem Ausdrucke Zeuge sein. Die Zahlen am Rande geben die
Seiten der Trenckner’schen Lesung an, so weit diese reicht:
nach der sechsundsiebzigsten Rede die Seiten der siamesischen
Ausgabe.

    ~Wien~, Ende 1899.

                                      /KARL EUGEN NEUMANN./



                        SECHSTER THEIL

                      BUCH DER HAUSVÄTER



                              51.

             Sechster Theil            Erste Rede

                           KANDARAKO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei           339
Campā, am Gestade des Gaggarā-Sees, mit einer großen Schaar von
Mönchen.

Da nun begab sich Pesso, der Sohn eines Elephantenlenkers, und
Kandarako, ein Pilger, dorthin wo der Erhabene weilte. Dort
angelangt begrüßte Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, den
Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder; während
Kandarako, der Pilger, mit dem Erhabenen höflichen Gruß und
freundliche, denkwürdige Worte tauschte und sich dann seitwärts
hinstellte. Seitwärts stehend blickte da Kandarako der Pilger
über die lautlose, stille Schaar der Mönche hin und sprach nun
zum Erhabenen also:

»Wunderbar, o Gotamo, außerordentlich ist es, o Gotamo, wie da
Herr Gotamo so richtig die Jüngerschaft gewiesen hat! Die da
früher, o Gotamo, in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen
Erwachte waren, haben auch diese Erhabenen ebenso richtig ein
solches Ziel den Jüngern gewiesen, gleichwie da jetzt Herr
Gotamo die Jünger richtig gewiesen hat? Und die da später, o
Gotamo, in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein
werden, werden auch diese Erhabenen ebenso richtig ein solches
Ziel den Jüngern weisen, gleichwie da jetzt Herr Gotamo die
Jünger richtig gewiesen hat?«

»So ist es, Kandarako, so ist es, Kandarako. Die da früher,
Kandarako, in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte
waren, auch diese Erhabenen haben ebenso richtig ein solches
Ziel den Jüngern gewiesen, gleichwie da jetzt von mir die
Jünger richtig gewiesen sind; und die da später, Kandarako,
in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein werden,
auch diese Erhabenen werden ebenso richtig ein solches Ziel den
Jüngern weisen, gleichwie da jetzt von mir die Jünger richtig
gewiesen sind.

»Denn es giebt, Kandarako, Mönche unter diesen Jüngern, die
Heilige, Wahnversieger, Endiger sind, die das Werk gewirkt,
die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln
vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss erlöst haben.
Und es giebt, Kandarako, Mönche unter diesen Jüngern, die
Kämpfer sind, tapfer in Tugend, tapfer im Wandel, gewitzigt
sind, witzig im Wandel; die haben ihr Gemüth auf die vier
Pfeiler der Einsicht gegründet; auf welche vier? Da wacht,           340
Kandarako, ein Mönch beim Körper über den Körper, unermüdlich,
klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens
und Bekümmerns; wacht bei den Gefühlen über die Gefühle,
unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung
weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht beim Gemüthe über
das Gemüth, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach
Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den
Erscheinungen über die Erscheinungen, unermüdlich, klaren
Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und
Bekümmerns.«

Auf diese Worte wandte sich Pesso, der Sohn des
Elephantenlenkers, also an den Erhabenen:

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie so
deutlich, o Herr, der Erhabene die vier Pfeiler der Einsicht
gezeigt hat, die da zur Läuterung der Wesen, zur Ueberwältigung
des Schmerzes und Jammers, zur Zerstörung des Leidens und der
Trübsal, zur Gewinnung des Rechten, zur Verwirklichung der
Erlöschung führen! Denn auch wir, o Herr, als Hausleute, weiß
gekleidet, haben von Zeit zu Zeit unser Gemüth auf die vier
Pfeiler der Einsicht gegründet: da wachen wir, o Herr, beim
Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig,
nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wachen
bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren
Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und
Bekümmerns; wachen beim Gemüthe über das Gemüth, unermüdlich,
klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens
und Bekümmerns; wachen bei den Erscheinungen über die
Erscheinungen, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach
Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns. Wunderbar, o
Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie genau, o Herr, der
Erhabene, wo die Menschen so heimlich, wo die Menschen so
verhohlen[1], wo die Menschen so häuchlerisch sind, weiß, was
den Wesen frommt und was ihnen nicht frommt! Denn heimlich wie
die Höhle, o Herr, ist der Mensch, und offen wie die Ebene,
o Herr, ist das Thier. Ja, ich kann mich, o Herr, an einen
Elephantenhengst erinnern: so oft der auch durch die Straßen
von Campā gehn und kommen mag, wird er jedesmal all seine List
und Tücke, Launen und Ränke offenbaren. Was da aber, o Herr,
unsere Knechte und Söldner und Werkleute sind, die gehn anders
an die Arbeit, und anders reden sie, und wiederum anders denken
sie. Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie
genau, o Herr, der Erhabene, wo die Menschen so heimlich, wo
die Menschen so verhohlen, wo die Menschen so häuchlerisch
sind, weiß, was den Wesen frommt und was ihnen nicht frommt.
Denn heimlich wie die Höhle, o Herr, ist der Mensch, und offen
wie die Ebene, o Herr, ist das Thier.«

»So ist es, Pesso, so ist es, Pesso: heimlich wie die Höhle,         341
Pesso, ist ja der Mensch, und offen wie die Ebene, Pesso,
ist ja das Thier. -- Vier Arten von Menschen, Pesso, finden
sich hier in der Welt vor: welche vier? Da ist, Pesso, einer
ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben; da ist wieder, Pesso, einer ein Nächstenquäler, ist
der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben; da ist, Pesso,
einer ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben, und er ist ein Nächstenquäler, ist der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergeben; und da ist, Pesso, einer weder
ein Selbstquäler, ist nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben, noch ist er ein Nächstenquäler, ist nicht der Uebung
der Nächstenquaal eifrig ergeben: ohne Selbstquaal, ohne
Nächstenquaal ist er schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen,
kühl geworden, fühlt sich wohl, heilig geworden im Herzen.
Welcher ist es, Pesso, von diesen vier Menschen, der deinem
Sinne zusagt?«

»Jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Uebung der
Selbstquaal eifrig ergeben ist, der sagt meinem Sinne nicht
zu; und auch jener Mensch, o Herr, der ein Nächstenquäler, der
Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, auch der sagt
meinem Sinne nicht zu; und auch jener Mensch, o Herr, der ein
Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist,
und ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig
ergeben ist, auch der sagt meinem Sinne nicht zu; aber jener
Mensch, o Herr, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung
der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler,
nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne
Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht,
erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden
im Herzen: der sagt meinem Sinne zu.«

»Warum aber, Pesso, sagen jene drei Menschen deinem Sinne nicht
zu?«

»Jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Uebung der
Selbstquaal eifrig ergeben ist, der lässt sich selber, der Wohl
begehrt und Wehe verabscheut, Quaal und Pein erleiden: darum
sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o
Herr, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal
eifrig ergeben ist, der lässt den Nächsten, der Wohl begehrt
und Wehe verabscheut, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener
Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o Herr, der ein
Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist,         342
und ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig
ergeben ist, der lässt sich wie den Nächsten, die Wohl begehren
und Wehe verabscheuen, Quaal und Pein erleiden: darum sagt
jener Mensch meinem Sinne nicht zu; aber jener Mensch, o Herr,
der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal
eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung
der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal,
ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen,
kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen:
dieser Mensch sagt meinem Sinne darum zu. -- Wohlan denn,
jetzt, o Herr, wollen wir gehn: manche Pflicht wartet unser,
manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, Pesso, belieben mag.«

Und Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, durch des Erhabenen
Rede erfreut und befriedigt, stand von seinem Sitze auf,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, schritt rechts herum und
ging fort.

Da wandte sich nun der Erhabene, bald nachdem Pesso, der Sohn
des Elephantenlenkers, fortgegangen war, also an die Mönche:

»Weise, ihr Mönche, ist Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers,
wissensmächtig, ihr Mönche, ist Pesso, der Sohn des
Elephantenlenkers. Wäre Pesso, ihr Mönche, der Sohn des
Elephantenlenkers, noch eine Weile geblieben, bis ich ihm diese
vier Arten von Menschen ausführlich erklärt hätte, großen
Gewinn hätt’ er mit sich genommen. Aber, ihr Mönche, auch so
schon hat Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, viel gewonnen.«

»Da ist es, Erhabener, Zeit, da ist es, Willkommener, Zeit,
dass der Erhabene diese vier Arten von Menschen ausführlich
erkläre: des Erhabenen Wort werden die Mönche bewahren.«

»Wohlan denn, ihr Mönche, so höret und achtet wohl auf meine
Rede.«

»Gewiss, o Herr!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen
aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Was ist das nun, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein
Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist?
Da ist, ihr Mönche, einer ein Unbekleideter, ein Ungebundener,
ein Handverköster, kein Ankömmling, kein Abwärtling, gestattet
keine Darreichung, keine Vergünstigung, keine Einladung, späht
beim Empfangen des Almosens nicht nach dem Topfe, nicht nach
der Schüssel, nicht über die Schwelle, nicht über das Gitter,
nicht in den Kessel hinein, nimmt nicht von zu zweit Speisenden
an, nicht von einer Schwangeren, nicht von einer Säugenden,
nicht von einer, die vom Manne kommt, nicht von Beschmutzten,
nicht wo ein Hund dabei steht, nicht wo Fliegen hin und her
schwärmen, isst keinen Fisch, kein Fleisch, trinkt keinen
Wein, kein gebranntes Wasser, keinen gegohrenen Haferschleim.
Er geht zu einem Hause und begnügt sich mit einer handvoll
Almosenspeise; geht zu zwei Häusern und begnügt sich mit zwei
handvoll Almosenspeise; geht zu sieben Häusern und begnügt
sich mit sieben handvoll Almosenspeise. Er fristet sein Leben
durch die Mildthätigkeit von nur einer Spenderin, von nur
zwei Spenderinen, von nur sieben Spenderinen. Er nimmt nur
jeden ersten Tag Nahrung ein, nur jeden zweiten Tag, nur jeden       343
siebenten Tag. Solcherart wechselnd beobachtet er streng diese
bis auf einen halben Monat ausgedehnte Fastenübung. Oder er
lebt von Kräutern und Pilzen, von wildem Reis und Korn, von
Saamen und Kernen, von Pflanzenmilch und Baumharz, von Gräsern,
von Kuhmist, fristet sich von Wurzeln und Früchten des Waldes,
lebt von abgefallenen Früchten. Auch trägt er das hänfene Hemd,
trägt das härene Hemd, trägt einen Rock, geflickt aus den im
Leichenhof und auf der Straße gefundenen Fetzen, hüllt sich
in Lumpen, in Felle, in Häute, gürtet sich mit Flechten aus
Gras, mit Flechten aus Rinde, mit Flechten aus Laub, birgt
die Blöße unter pelzigem Schurze, unter borstigem Schurze,
unter einem Eulenflügel. Und er rauft sich Haupt- und Barthaar
aus, die Regel der Haar- und Bartausraufer befolgend; ist ein
Stetigsteher, verwirft Sitz und Lager; ist ein Fersensitzer,
übt die Zucht der Fersensitzer; ist Dornenseitiger und legt
sich zur Seite auf ein Dornenlager; steigt allabendlich zum
dritten Mal herab ins Büßerbad. So übt er sich gar vielfach in
des Körpers inbrünstiger Schmerzensaskese. Den heißt man, ihr
Mönche, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der
Selbstquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein
Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben
ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein Schlächter, der Schaafe und
Schweine schlachtet, ist ein Vogelfänger, ein Wildsteller, ein
Jäger, ein Fischer, ein Räuber, ein Henker, ein Kerkermeister,
oder was man da sonst noch anderes als grausames Handwerk
betreibt. Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der ein
Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein
Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist,
und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal
eifrig ergeben ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein König, ein
Herrscher, dessen Scheitel gesalbt ist, oder ein hochmögender
Priester. Der hat im Osten der Stadt ein neues Herrenhaus
errichten lassen. Und mit geschorenem Haar und Barte, mit
rauhem Felle gegürtet, mit Butteröl am Körper bestrichen,
den Rücken mit einem Hirschhorne reibend tritt er in das
Herrenhaus ein, begleitet von der ersten Gemahlin und dem
Oberpriester. Dort nimmt er im offenen Hofe, von wo man das
Gras entfernt hat, Platz. Einer Kuh, die ein ihr gleichendes
Kalb bei sich hat, wird an dem einen Euter die Milch
ausgemolken, und damit der König bedient; wird an dem zweiten        344
Euter die Milch ausgemolken, und damit die Königin bedient;
wird an dem dritten Euter die Milch ausgemolken, und damit
der Oberpriester bedient; wird an dem vierten Euter die Milch
ausgemolken, und damit dem Feuer geopfert. Was noch bleibt
wird dem Kalbe gelassen. Und er gebietet: ›Soviele Stiere
sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Farren
sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Färsen
sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Ziegen
sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Schaafe
sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Bäume
sollen gefällt werden, als Pfosten zu dienen, soviel Gras soll
gemäht werden, als Streu zu dienen!‹ Und seine Knechte und
Söldner und Werkleute gehn aus Furcht vor Strafe, von Angst
eingeschüchtert, mit thränenden Augen klagend daran, den Befehl
auszuführen. Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der
ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben
ist, und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal
eifrig ergeben ist.[2]

»Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der weder
ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne
Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl
geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen? Da
erscheint, ihr Mönche, der Vollendete in der Welt, der Heilige,
vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der
Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter
der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen,
der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren
Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar
von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er
sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die
Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende
begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen
geläuterte, geklärte Asketenthum dar.

»Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines
Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward.
Nachdem er diese Lehre gehört hat, fasst er Vertrauen zum
Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er
also: ›Ein Gefängniss ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel;
der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es,
wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig
geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen.[3] Wie, wenn
ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande
bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So
giebt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen
Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen      345
Verwandtenkreis verlassen, und ist mit geschorenem Haar und
Barte, im fahlen Gewande vom Hause fort in die Hauslosigkeit
gezogen.

»Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der
Mönche auf sich genommen. Lebendiges umzubringen hat er
verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock,
ohne Schwerdt, fühlsam, voll Theilnahme, hegt er zu allen
lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Nichtgegebenes zu nehmen hat
er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern:
Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch
gesinnt, rein gewordenen Herzens. Die Unkeuschheit hat er
verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entrathen der
Paarung, dem gemeinen Gesetze. Lüge hat er verworfen, von Lüge
hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist
er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Häuchler und
Schmeichler der Welt. Das Ausrichten hat er verworfen, vom
Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er
dort nicht wieder, um jene zu entzweien, und was er dort gehört
hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien; so
einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn
froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht
fördernde Worte spricht er. Barsche Worte hat er verworfen, von
barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf
sind, dem Ohre wohlthuend, liebreich, zum Herzen dringend,
höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht
er. Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und
Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den
Thatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung
getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit
Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande
angemessen.

»Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal
des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern,
fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang,
Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche,
Salben, Schmuck, Zierrath, Putz weist er ab. Hohe, prächtige
Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht
an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er
nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und
Dienerinen nimmt er nicht an. Ziegen und Schaafe nimmt er nicht
an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elephanten, Rinder
und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an.
Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf
und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maaß und Gewicht
hält er sich fern. Von den schiefen Wegen der Bestechung,            346
Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien,
Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er
sich fern.

»Er ist zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt,
mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch
pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschaale versehn
pilgert er. Gleichwie da etwa ein beschwingter Vogel, wohin er
auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt, ebenso auch
ist der Mönch mit dem Gewande zufrieden, das seinen Leib deckt,
mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch
wandert, nur damit versehn wandert er.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er
ein inneres fleckenloses Glück.

»Erblickt er nun mit dem Gesichte eine Form, so fasst er
keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth,
böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der
unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser
Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das
Gesicht.

»Hört er nun mit dem Gehöre einen Ton,

»Riecht er nun mit dem Geruche einen Duft,

»Schmeckt er nun mit dem Geschmacke einen Saft,

»Tastet er nun mit dem Getaste eine Tastung,

»Erkennt er nun mit dem Gedenken ein Ding, so fasst er keine
Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth,
böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der
unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser
Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das
Gedenken.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet
er ein inneres ungetrübtes Glück.

»Klar bewusst kommt er und geht er, klar bewusst blickt er
hin, blickt er weg, klar bewusst regt und bewegt er sich, klar
bewusst trägt er des Ordens Gewand und Almosenschaale, klar
bewusst isst und trinkt, kaut und schmeckt er, klar bewusst
entleert er Koth und Harn, klar bewusst geht und steht und
sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt
er.

»Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen
Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht sucht er
einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines
Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof,
die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach
dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt
er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade
aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Er hat weltliche              347
Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemüthes, von
Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen,
hasslosen Gemüthes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu
allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit.
Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei;
das Licht liebend, einsichtig, klar bewusst, läutert er sein
Herz von matter Müde. Stolzen Unmuth hat er verworfen, er ist
frei von Stolz; innig beruhigten Gemüthes läutert er sein
Herz von stolzem Unmuth. Das Schwanken hat er verworfen, der
Ungewissheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom
Schwanken läutert er sein Herz.

»Er hat nun diese fünf Hemmungen aufgehoben, hat die Schlacken
des Gemüthes kennen gelernt, die lähmenden; gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend
gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der
ersten Schauung.

»Weiter sodann, ihr Mönche: nach Vollendung des Sinnens und
Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille[4], die
Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in
der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten
Schauung.

»Weiter sodann, ihr Mönche: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch
gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet
er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig
Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten
Schauung.

»Weiter sodann, ihr Mönche: nach Verwerfung der Freuden und
Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns
erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen,
gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte
Schauung.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer
Daseinsformen. So kann er sich an manche verschiedene
frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an
zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an
fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann
an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig
Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann
an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen
Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein
Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren,
so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo
wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich,
dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein
Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein
Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein‹:         348
so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform,
mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen
Beziehungen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert,
gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest,
unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des
Verschwindens-Erscheinens der Wesen. So kann er mit dem
himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen
hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen
sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und
unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten
wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten
dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan,
in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten
Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach
dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte,
zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber
in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan,
in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten
Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem
Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt‹: so kann
er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche
Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und
wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne,
glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je
nach den Thaten wiederkehren.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung.
›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß.

»Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst
vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom
Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese
Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das
Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹
versteht er da.

»Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der weder ein
Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne         349
Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl
geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen.«[5]

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche
über das Wort des Erhabenen.



                              52.

             Sechster Theil            Zweite Rede

                    DER BÜRGER VON AṬṬHAKAM


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der ehrwürdige Ānando
bei Vesālī, nahe dem Bilva-Weiler. Um diese Zeit nun war
Dasamo der Hausvater, ein Bürger von Aṭṭhakam, in Pāṭaliputtam
angekommen, irgend ein Geschäft zu erledigen.

Und Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, begab sich
nach dem Hahnenhaine, wo einer der Mönche weilte, begrüßte
diesen ehrerbietig und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite
sitzend sprach nun Dasamo der Hausvater, der Bürger von
Aṭṭhakam, also zu dem Mönche:

»Wo hält sich denn, o Herr, der ehrwürdige Ānando jetzt auf?
Wir möchten jenen ehrwürdigen Ānando gerne sehn.«

»Der ehrwürdige Ānando, Hausvater, der hält sich bei Vesālī
auf, nahe dem Bilva-Weiler.«

Als nun Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, sein
Geschäft in Pāṭaliputtam erledigt hatte, begab er sich nach
Vesālī, zum Bilva-Weiler, dorthin wo der ehrwürdige Ānando
weilte, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite hin.
Zur Seite sitzend sprach nun Dasamo der Hausvater, der Bürger
von Aṭṭhakam, also zum ehrwürdigen Ānando:

»Ist wohl, Herr Ānando, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem
Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, eine Weise angegeben
worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem,
innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, der
unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, wo man die unerreichte
unvergleichliche Sicherheit erreicht?«

»Es ist, Hausvater, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner,
dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, eine Weise            350
angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem,
innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und
der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die
unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.«

»Was ist das aber, Herr Ānando, für eine Weise, die von Ihm,
dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen
Erwachten angegeben wurde, wobei dem Mönche, der unermüdlich,
in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich
löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man
die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht?«

»Da weilt, Hausvater, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern
von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener
säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Und er
überlegt also: ›Auch diese erste Schauung ist zusammengesetzt,
zusammengesonnen: was aber irgend zusammengesetzt,
zusammengesonnen ist, das ist wandelbar, muss untergehn‹: so
erkennt er. Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung.
Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei
seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit
die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen,
um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach
jener Welt. Das aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen,
dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als
eine Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich,
in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich
löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man
die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.

»Weiter sodann, Hausvater: nach Vollendung des Sinnens und
Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die
Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in
der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten
Schauung -- die Weihe der dritten Schauung -- die Weihe der
vierten Schauung. Und er überlegt also: ›Auch diese vierte
Schauung ist zusammengesetzt, zusammengesonnen: was aber irgend
zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das ist wandelbar,
muss untergehn‹: so erkennt er. Und dahin gekommen erlangt
er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung
nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit,
bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden
Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu
erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das
aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem
Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als eine Weise            351
angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem,
innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und
der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die
unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.

»Weiter sodann, Hausvater: liebevollen Gemüthes -- erbarmenden
Gemüthes -- freudevollen Gemüthes -- unbewegten Gemüthes
weilend strahlt der Mönch nach einer Richtung, dann nach einer
zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso
nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend
durchstrahlt er die ganze Welt mit unbewegtem Gemüthe, mit
weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.
Und er überlegt also: ›Auch diese unbewegte Gemütherlösung
ist zusammengesetzt, zusammengesonnen: was aber irgend
zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das ist wandelbar,
muss untergehn‹: so erkennt er. Und dahin gekommen erlangt           352
er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung
nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit,
bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden
Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu
erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das
aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem
Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als eine Weise
angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem,
innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und
der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die
unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.

»Weiter sodann, Hausvater: nach völliger Ueberwindung der
Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen,
Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen gewinnt der Mönch in dem
Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten
Raumes -- gewinnt der Mönch nach völliger Ueberwindung der
unbegränzten Raumsphäre in dem Gedanken ›Gränzenlos ist
das Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten Bewusstseins --
gewinnt der Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten
Bewusstseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich
des Nichtdaseins. Und er überlegt also: ›Auch dies Erfassen
der Nichtdaseinsphäre ist zusammengesetzt, zusammengesonnen:
was aber irgend zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das
ist wandelbar, muss untergehn‹: so erkennt er. Und dahin
gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die
Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier
nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf
niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von
dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener
Welt. Das aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem
Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als eine
Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich in
heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst,
und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die
unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.«

Nach dieser Rede wandte sich Dasamo der Hausvater, der Bürger
von Aṭṭhakam, also an den ehrwürdigen Ānando:

»Gleichwie etwa, Herr Ānando, wenn ein Mann, der eine
Schatzmulde sucht, auf einmal elf Schatzmulden fände: ebenso         353
nun auch habe ich, o Herr, der eine Pforte der Ewigkeit suchte,
auf einmal von elf Pforten der Ewigkeit erfahren. Gleichwie
etwa, o Herr, ein Mann, der ein Haus mit elf Pforten hat, bei
einer Feuersbrunst durch eine jede der Pforten sich zu retten
vermöchte: ebenso nun auch könnte ich, o Herr, durch eine
jede dieser elf Pforten der Ewigkeit mich retten. -- Da nun, o
Herr, die anderen Geistlichen gewiss nicht ausbleiben werden,
für ihren Lehrer das Lehrgeld einzusammeln[6], warum sollt’ ich
nicht auch dem ehrwürdigen Ānando meine Ehrfurcht bezeugen?«

Und Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, bat die
Mönche von Pāṭaliputtam und von Vesālī zu Gast und bediente und
versorgte sie eigenhändig mit ausgewählter fester und flüssiger
Speise; und er gab jedem der Mönche ein neues paar Kleider, dem
ehrwürdigen Ānando den Mantel dazu. Und er ließ dem ehrwürdigen
Ānando ein Wohnhaus für fünfhundert Mönche erbauen.[7]



                              53.

             Sechster Theil            Dritte Rede

                   DIE SCHRITTE DES KÄMPFERS


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im
Lande der Sakker, bei Kapilavatthu, im Park der Feigenbäume.
Damals aber hatten die Sakyer von Kapilavatthu eben erst
ein neues Herrenhaus erbauen lassen, und niemand noch hatte
darin gewohnt, kein Asket und kein Priester noch irgendein
menschliches Wesen.

Da begaben sich denn die Sakyer von Kapilavatthu dorthin wo
der Erhabene weilte, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig und
setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprachen nun
die Sakyer von Kapilavatthu zum Erhabenen also:

»Es ist da, o Herr, von den Sakyern in Kapilavatthu ein neues
Herrenhaus errichtet worden, und niemand noch hat es bewohnt,
kein Asket und kein Priester, noch irgendein menschliches
Wesen. Das möge, o Herr, der Erhabene zuerst benutzen: vom
Erhabenen zuerst benutzt, werden es dann die Sakyer von
Kapilavatthu benutzen. So soll es den Sakyern von Kapilavatthu
lange zum Wohle, zum Heile gereichen!«[8]                            354

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun die Sakyer von Kapilavatthu der Zustimmung des
Erhabenen sicher waren, standen sie auf, begrüßten den
Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und begaben sich
nach dem Herrenhause. Dort ließen sie den Boden ganz mit Matten
bedecken[9], die Stühle bereit richten, einen Eimer mit Wasser
aufstellen und eine Oellampe zurecht machen. Dann kehrten sie
wieder zum Erhabenen zurück, verneigten sich ehrerbietig vor
dem Erhabenen und standen seitwärts. Seitwärts stehend sprachen
nun die Sakyer von Kapilavatthu zum Erhabenen also:

»Ganz mit Matten bedeckt, o Herr, ist der Boden des Hauses, die
Stühle stehn bereit, ein Eimer mit Wasser ist aufgestellt, eine
Oellampe zurecht gemacht: wie es nun, o Herr, dem Erhabenen
belieben mag.«

Da hat denn der Erhabene sich gerüstet, Mantel und Schaale
genommen und ist in Begleitung der Jüngerschaar zum Herrenhause
hingeschritten. Dort angelangt spülte der Erhabene die Füße
ab, trat in den Saal ein und setzte sich nahe dem mittleren
Pfeiler, gegen Osten gewendet, nieder. Und auch die
begleitenden Mönche spülten die Füße ab, traten in den Saal
ein und setzten sich nahe der westlichen Wand, gegen Osten
gewendet, nieder, so dass der Erhabene ihnen voransaß. Und auch
die Sakyer von Kapilavatthu spülten die Füße ab, traten in den
Saal ein und setzten sich nahe der östlichen Wand, gegen Westen
gewendet, nieder, so dass der Erhabene ihnen voransaß.

Nachdem nun der Erhabene die Sakker von Kapilavatthu bis tief
in die Nacht in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt,
erregt und erheitert hatte, wandte er sich an den ehrwürdigen
Ānando:

»Besinne dich, Ānando, den Sakyern von Kapilavatthu zuliebe auf
die ›Schritte des Kämpfers‹; der Rücken ist mir ermüdet: den
will ich ausstrecken.«

»Gern, o Herr!« erwiderte da der ehrwürdige Ānando, dem
Erhabenen gehorchend.

Und der Erhabene spreitete den Mantel, vierfach gefaltet, aus
und legte sich auf die rechte Seite wie der Löwe hin, einen Fuß
über dem anderen, gesammelten Sinnes, der Zeit des Aufstehns
gedenkend.

Und der ehrwürdige Ānando wandte sich nun also an Mahānāmo den
Sakyer:

»Da ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tüchtig in Tugend, die
Thore der Sinne hütet er, beim Essen weiß er Maaß zu halten, er
weiht sich der Wachsamkeit, sieben rechte Eigenschaften eignen
ihm, und die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im
Leben besäligen, die kann er nach Wunsch gewinnen, in ihrer
Fülle und Weite.

»Wie aber ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tüchtig in Tugend?       355
Da ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tugendhaft, in reiner
Zucht richtig gezügelt bleibt er lauter im Handel und Wandel:
vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter,
Schritt um Schritt. Also ist, Mahānāmo, der heilige Jünger
tugendhaft.

»Wie aber hütet, Mahānāmo, der heilige Jünger die Thore der
Sinne? Hat da, Mahānāmo, der heilige Jünger mit dem Gesichte
eine Form erblickt, so fasst er keine Neigung, fasst keine
Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken
gar bald den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt,
befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er
wacht eifrig über das Gesicht. Hat er mit dem Gehöre einen Ton
gehört -- hat er mit dem Geruche einen Duft gerochen -- hat
er mit dem Geschmacke einen Saft geschmeckt -- hat er mit dem
Getaste eine Tastung getastet -- hat er mit dem Gedenken ein
Ding erkannt, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht.
Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar
bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt,
befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken,
er wacht eifrig über das Gedenken. Also hütet, Mahānāmo, der
heilige Jünger die Thore der Sinne.

»Wie aber weiß, Mahānāmo, der heilige Jünger beim Essen Maaß
zu halten? Da nimmt, Mahānāmo, der heilige Jünger gründlich
besonnen die Nahrung ein, nicht etwa zur Letzung und Ergetzung,
nicht zur Schmuckheit und Zier, sondern nur um diesen Körper zu
erhalten, zu fristen, um Schaden zu verhüten, um ein heiliges
Leben führen zu können: ›So werd’ ich das frühere Gefühl
abtödten und ein neues Gefühl nicht aufkommen lassen, und
ich werde ein Fortkommen haben, ohne Tadel bestehn, mich wohl
befinden.‹ Also weiß, Mahānāmo, der heilige Jünger beim Essen
Maaß zu halten.

»Wie aber weiht sich, Mahānāmo, der heilige Jünger der
Wachsamkeit? Da läutert, Mahānāmo, der heilige Jünger bei Tage,
gehend und sitzend, das Gemüth von trübenden Dingen; läutert in
den ersten Stunden der Nacht, gehend und sitzend, das Gemüth
von trübenden Dingen; legt sich in den mittleren Stunden der
Nacht auf die rechte Seite wie der Löwe hin, einen Fuß über dem
anderen, gesammelten Sinnes, der Zeit des Aufstehns gedenkend;
läutert in den letzten Stunden der Nacht, wieder aufgestanden,
gehend und sitzend, das Gemüth von trübenden Dingen. Also weiht
sich, Mahānāmo, der heilige Jünger der Wachsamkeit.

»Wie aber eignen, Mahānāmo, dem heiligen Jünger sieben rechte        356
Eigenschaften? Da hat, Mahānāmo, der heilige Jünger Zutrauen,
er traut der Wachheit des Vollendeten, so zwar: ›Das ist der
Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens-
und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der
unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der
Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Und er ist
schaamhaft, er schämt sich Schlechtes in Werken, Worten und
Gedanken zu begehn, er wahrt sich, dass er nicht in böse,
unheilsame Dinge gerathe. Und er ist schüchtern, er scheut
sich Schlechtes in Werken, Worten und Gedanken zu begehn, er
sorgt, dass er nicht in böse, unheilsame Dinge gerathe. Und
er hat viel gehört, ist Behälter des Wortes, Hort des Wortes
der Lehre; und was da am Anfang begütigt, in der Mitte
begütigt, am Ende begütigt und sinn- und wortgetreu das
vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum überliefert: das
kennt er, behält er, beherrscht er mit der Rede, bewahrt es im
Gedächtniss, hat es von Grund aus verstanden. Und er hat den
Muth und die Kraft unheilsame Dinge zu verleugnen und heilsame
Dinge zu erringen, er dauert stark und standhaft aus, giebt
den heilsamen Kampf nicht auf. Und er hat Einsicht, ist mit
höchster Geistesgegenwart begabt: was da einst gethan, einst
gesagt wurde, daran denkt er, daran erinnert er sich. Und er
ist witzig, mit der Weisheit begabt, die Aufgang und Untergang
sieht, mit der heiligen, durchdringenden, die zur völligen
Leidensversiegung führt. Also eignen, Mahānāmo, dem heiligen
Jünger sieben rechte Eigenschaften.

»Und wie, Mahānāmo, kann der heilige Jünger die vier
Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen,
nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle und Weite? Da weilt,
Mahānāmo, der heilige Jünger, gar fern von Begierden, fern
von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener
säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Nach
Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht er die innere
Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von
gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die
Weihe der zweiten Schauung. In heiterer Ruhe, gleichmüthig,
einsichtig, klar bewusst weilt er, ein Glück empfindet er
im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig
Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der
dritten Schauung. Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach
Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt er
die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen
vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Also kann, Mahānāmo,
der heilige Jünger die vier Schauungen, die das Herz erquicken,
schon im Leben besäligen, nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle
und Weite.

»Ist nun, Mahānāmo, der heilige Jünger also tüchtig in Tugend,
hütet er also die Thore der Sinne, weiß er also beim Essen
Maaß zu halten, weiht er sich also der Wachsamkeit, eignen
ihm also sieben rechte Eigenschaften, und kann er die vier           357
Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen,
also nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle und Weite, so heißt
man ihn, Mahānāmo, den heiligen Jünger, der die Schritte des
Kämpfers gegangen, ja bis oben an die Verschaalung gelangt
ist, fähig zur Durchbrechung, fähig zur Erwachung, fähig die
unvergleichliche Sicherheit zu finden.

»Gleichwie etwa, Mahānāmo, wenn eine Henne ihre Eier, acht oder
zehn oder zwölf Stück, wohl bebrütet, gänzlich ausgebrütet,
völlig gar gebrütet hat; wie sollte da nicht jener Henne der
Wunsch kommen: ›Ach möchten doch meine Küchlein mit den Krallen
oder dem Schnabel die Eischaale aufhacken, möchten sie doch
heil durchbrechen!‹, und jene Küchlein sind fähig geworden
mit den Krallen oder dem Schnabel die Eischaale aufzuhacken
und heil durchzubrechen: ebenso nun auch, Mahānāmo, wird der
heilige Jünger, sobald er also tüchtig in Tugend ist, also
die Thore der Sinne hütet, also beim Essen Maaß zu halten
weiß, also der Wachsamkeit sich weiht, also sieben rechte
Eigenschaften ihm eignen, und er also die vier Schauungen,
die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, nach
Wunsch gewinnen kann, in ihrer Fülle und Weite, als solcher,
Mahānāmo, der heilige Jünger geheißen, der die Schritte des
Kämpfers gegangen, ja bis oben an die Verschaalung gelangt
ist, fähig zur Durchbrechung, fähig zur Erwachung, fähig die
unvergleichliche Sicherheit zu finden.

»Hat nun, Mahānāmo, ein solcher heiliger Jünger eben diese
letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so
erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform,
mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen
Beziehungen. So ist er zum ersten Mal hervorgebrochen, wie das
junge Huhn aus der Eischaale.

»Hat nun, Mahānāmo, ein solcher heiliger Jünger eben diese
letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht,
so sieht er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über
menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden
und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne,
glückliche und unglückliche, er erkennt wie die Wesen je
nach den Thaten wiederkehren. So ist er zum zweiten Mal
hervorgebrochen, wie das junge Huhn aus der Eischaale.

»Hat nun, Mahānāmo, ein solcher heiliger Jünger eben diese
letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht,
so lässt er den Wahn versiegen und macht sich die wahnlose
Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten offenbar,
verwirklicht und erringt sie. So ist er zum dritten Mal              358
hervorgebrochen, wie das junge Huhn aus der Eischaale.

»Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger tüchtig in Tugend ist,
so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, der heilige
Jünger die Thore der Sinne hütet, so gilt ihm das als Wandel.
Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger beim Essen Maaß zu halten
weiß, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, der
heilige Jünger sich der Wachsamkeit weiht, so gilt ihm das als
Wandel. Wenn da, Mahānāmo, dem heiligen Jünger sieben rechte
Eigenschaften eignen, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da,
Mahānāmo, der heilige Jünger die vier Schauungen, die das Herz
erquicken, schon im Leben besäligen, nach Wunsch gewinnen kann,
in ihrer Fülle und Weite, so gilt ihm das als Wandel.

»Und wenn sich da, Mahānāmo, der heilige Jünger mancher
verschiedenen früheren Daseinsformen erinnert, so gilt ihm
das als Wissen. Und wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger die
Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sieht, so gilt ihm
das als Wissen. Und wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger
mit der Wahnversiegung sich die wahnlose Gemütherlösung,
Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten offenbar macht,
verwirklicht und erringt, so gilt ihm das als Wissen.

       *       *       *       *       *

»Den heißt man, Mahānāmo, den heiligen Jünger, der wissend
bewährt ist, der wandelnd bewährt ist, der wissend und wandelnd
bewährt ist. -- Auch Brahmā hat da, Mahānāmo, der ewige
Jüngling, den Spruch gesagt:

    ›Der Krieger ist der höchste Herr
    Von allen, die von Adel sind;
    Der wissend, wandelnd ist bewährt
    Ist höchster Herr bei Gott und Mensch.‹

Das aber ist da, Mahānāmo, ein Spruch, den Brahmā, der ewige
Jüngling, recht gesungen, nicht unrecht gesungen, recht
gesprochen, nicht unrecht gesprochen hat, der sinnig ist, nicht
unsinnig, dem der Erhabene zugestimmt hat.«

Und der Erhabene stand nun auf und wandte sich also an den
ehrwürdigen Ānando:

»Gut, gut, Ānando, gut hast du, Ānando, den Sakyern von
Kapilavatthu die ›Schritte des Kämpfers‹ gezeigt.«

       *       *       *       *       *

Also hatte der ehrwürdige Ānando gesprochen, und der Meister es      359
gebilligt. Zufrieden freuten sich jene Sakyer von Kapilavatthu
über das Wort des ehrwürdigen Ānando.[10]



                              54.

             Sechster Theil            Vierte Rede

                           POTALIYO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im
Lande der Aṉguttarāper, bei Āpaṇam, einer Burg im Gebiete der
Aṉguttarāper. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel
und Schaale und ging nach Āpaṇam um Almosenspeise. Und als
der Erhabene, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten,
kehrte er zurück, nahm das Mahl ein und begab sich dann in
ein nahe gelegenes Waldgehölz, für den Tag. Im Inneren dieses
Waldgehölzes setzte sich der Erhabene am Fuß eines Baumes
nieder, bis gegen Sonnenuntergang da zu verweilen.

Und auch Potaliyo der Hausvater kam, in einen weiten
Obermantel gehüllt, versehn mit Schirm und Sandalen, auf einem
Spaziergange lustwandelnd, nach dem Waldgehölze. Und er trat
in das Waldgehölz ein und kam dorthin wo der Erhabene weilte.
Dort angelangt tauschte er mit dem Erhabenen höflichen Gruß und
freundliche, denkwürdige Worte und stellte sich seitwärts hin.
Und an Potaliyo den Hausvater, der seitwärts stand, wandte sich
der Erhabene also:

»Man kann sich da, Hausvater, hinsetzen: wenn du willst sitz’
nieder.«

Also angeredet dachte Potaliyo der Hausvater bei sich:
›Hausvater hat mich der Asket Gotamo genannt!‹ Und verstimmt
und missmuthig schwieg er still.

Und zum zweiten Mal wandte sich der Erhabene also an Potaliyo
den Hausvater:

»Man kann sich da, Hausvater, hinsetzen: wenn du willst sitz’
nieder.«

Und zum zweiten Mal dachte Potaliyo der Hausvater bei sich:
›Hausvater hat mich der Asket Gotamo genannt!‹ Und verstimmt
und missmuthig schwieg er still.

Und zum dritten Mal wandte sich der Erhabene also an Potaliyo
den Hausvater:

»Man kann sich da, Hausvater, hinsetzen: wenn du willst sitz’
nieder.«

Und zum dritten Mal dachte Potaliyo der Hausvater bei sich:
›Hausvater hat mich der Asket Gotamo genannt!‹ Und verstimmt
und missmuthig sprach er also zum Erhabenen:

»Das kommt dir, o Gotamo, nicht zu, das steht dir nicht zu,          360
dass du mich mit dem Worte Hausvater angehst!«

»Du hast ja, Hausvater, Mienen, Merkmale, Kennzeichen wie sie
dem Hausvater eignen.«

»Gleichwohl hab’ ich, o Gotamo, jeder Thätigkeit entsagt, jeden
Verkehr abgeschnitten.«

»Wie denn aber hast du, Hausvater, jeder Thätigkeit entsagt,
jeden Verkehr abgeschnitten?«

»Was ich da, o Gotamo, an Geld und Gut, an Silber und Gold
besessen habe, das hab’ ich alles meinen Kindern zum Erbe
gegeben: und ich rathe da keinem zu, keinem ab, hab’ mir nur
Kost und Gewand bedungen. Also hab’ ich, o Gotamo, jeder
Thätigkeit entsagt, jeden Verkehr abgeschnitten.«

»Anders redest, Hausvater, du vom Verkehrabschneiden,
und wieder anders wird im Orden des Heiligen der Verkehr
abgeschnitten.«

»Wie denn aber, o Herr, wird im Orden des Heiligen der Verkehr
abgeschnitten? Gut wär’ es, o Herr, wenn mir der Erhabene die
Lehre so darlegen wollte, wie der Verkehr im Orden des Heiligen
abgeschnitten wird.«

»Wohlan denn, Hausvater, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Ja, o Herr!« erwiderte da aufmerksam Potaliyo der Hausvater
dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Acht Dinge sind es, Hausvater, die hier im Orden des Heiligen
den Verkehr abschneiden lassen: welche acht? Kein Wesen tödten
lässt vom Tödten der Wesen abstehn, Gegebenes nehmen lässt vom
Nehmen des Nichtgegebenen abstehn, die Wahrheit reden lässt
von der Lüge abstehn, nicht verleumden lässt von Verleumdung
abstehn, nicht begehrlich süchten lässt von begehrlicher
Sucht abstehn, nicht rügen und schelten lässt von Rügen und
Schelten abstehn, nicht wüthen und verzweifeln lässt von Wuth
und Verzweiflung abstehn, nicht anmaaßen lässt von Anmaaßung
abstehn. Das sind, Hausvater, kurz gesagt, nicht ausführlich
unterschieden, die acht Dinge, die hier im Orden des Heiligen
den Verkehr abschneiden lassen.«

»Diese acht Dinge, o Herr, vom Erhabenen kurz angegeben, nicht
ausführlich unterschieden, die hier im Orden des Heiligen
den Verkehr abschneiden lassen: möchte mir doch, o Herr, der
Erhabene diese acht Dinge ausführlich darlegen, von Mitleid
bewogen!«

»So höre denn, Hausvater, und achte wohl auf meine Rede!«

»Gewiss, o Herr!« erwiderte da aufmerksam Potaliyo der
Hausvater dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»‚Kein Wesen tödten lässt vom Tödten der Wesen abstehn‘:             361
das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da
überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene
Fesseln, die mich zum Mörder machen könnten, die beginn’ ich
zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich zum Mörder würde, so
möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen des Mordes, und,
wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen des
Mordes, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode,
stände mir üble Fährte bevor, wegen des Mordes. Das ist ja eben
die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich der Mord. Wenn aber
durch Mord verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es
den, der sich vom Morde fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Kein
Wesen tödten lässt vom Tödten der Wesen abstehn‘: wurde das
gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Gegebenes nehmen lässt vom Nehmen des Nichtgegebenen
abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt
worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich:
›Jene Fesseln, die mich zum Diebe machen könnten, die beginn’
ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich zum Diebe würde, so
möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen des Diebstahls,
und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen
des Diebstahls, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem
Tode, stände mir üble Fährte bevor, wegen des Diebstahls.
Das ist ja eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich der
Diebstahl. Wenn aber durch Diebstahl verstörendes, sehrendes
Wähnen entsteht, kann es den, der sich vom Diebstahl fernhält,
also nicht ankommen.‹ ‚Gegebenes nehmen lässt vom Nehmen des
Nichtgegebenen abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum
gesagt.

»‚Die Wahrheit reden lässt von der Lüge abstehn‘: das ist
gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt,
Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die
mich zum Lügner machen könnten, die beginn’ ich zu lösen,
abzuschneiden: denn wenn ich zum Lügner würde, so möcht’ ich
gar mich selber verachten, wegen der Lüge, und, wohlüberlegt,
möchten Verständige mich tadeln, wegen der Lüge, und bei der
Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte
bevor, wegen der Lüge. Das ist ja eben die Fessel, das ist die
Hemmung, nämlich die Lüge. Wenn aber durch Lüge verstörendes,
sehrendes Wähnen entsteht, kann es den, der sich von der Lüge        362
fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Die Wahrheit reden lässt von
der Lüge abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Nicht verleumden lässt von Verleumdung abstehn‘: das ist
gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt,
Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die
mich zum Verleumder machen könnten, die beginn’ ich zu lösen,
abzuschneiden: denn wenn ich zum Verleumder würde, so möcht’
ich gar mich selber verachten, wegen der Verleumdung, und,
wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen der
Verleumdung, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode,
stände mir üble Fährte bevor, wegen der Verleumdung. Das ist ja
eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich Verleumden. Wenn
aber durch Verleumden verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht,
kann es den, der sich von Verleumden fernhält, also nicht
ankommen.‹ ‚Nicht verleumden lässt von Verleumdung abstehn‘:
wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Nicht begehrlich süchten lässt von begehrlicher Sucht
abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt
worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich:
›Jene Fesseln, die mich begehrlich süchten ließen, die beginn’
ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich begehrlicher Sucht
fröhnte, so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen
begehrlicher Sucht, und, wohlüberlegt, möchten Verständige
mich tadeln, wegen begehrlicher Sucht, und bei der Auflösung
des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte bevor,
wegen begehrlicher Sucht. Das ist ja eben die Fessel, das
ist die Hemmung, nämlich begehrliche Sucht. Wenn aber durch
begehrliche Sucht verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann
es den, der sich von begehrlicher Sucht fernhält, also nicht
ankommen.‹ ‚Nicht begehrlich süchten lässt von begehrlicher
Sucht abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Nicht rügen und schelten lässt von Rügen und Schelten
abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt
worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich:
›Jene Fesseln, die mich rügen und schelten ließen, die beginn’
ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich rügte und schölte,        363
so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen des Rügens und
Scheltens, und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln,
wegen des Rügens und Scheltens, und bei der Auflösung des
Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte bevor, wegen des
Rügens und Scheltens. Das ist ja eben die Fessel, das ist die
Hemmung, nämlich Rügen und Schelten. Wenn aber durch Rügen und
Schelten verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es den,
der sich von Rügen und Schelten fernhält, also nicht ankommen.‹
‚Nicht rügen und schelten lässt von Rügen und Schelten
abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Nicht wüthen und verzweifeln lässt von Wuth und Verzweiflung
abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt
worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich:
›Jene Fesseln, die mich wüthen und verzweifeln ließen, die
beginn’ ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich in Wuth und
Verzweiflung geriethe, so möcht’ ich gar mich selber verachten,
wegen der Wuth und Verzweiflung, und, wohlüberlegt, möchten
Verständige mich tadeln, wegen der Wuth und Verzweiflung, und
bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble
Fährte bevor, wegen der Wuth und Verzweiflung. Das ist ja eben
die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich Wuth und Verzweiflung.
Wenn aber durch Wuth und Verzweiflung verstörendes, sehrendes
Wähnen entsteht, kann es den, der sich von Wuth und
Verzweiflung fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Nicht wüthen und
verzweifeln lässt von Wuth und Verzweiflung abstehn‘: wurde das
gesagt, so war es darum gesagt.

»‚Nicht anmaaßen lässt von Anmaßung abstehn‘: das ist gesagt
worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt,
Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die mir
Anmaaßung schüfen, die beginn’ ich zu lösen, abzuschneiden:
denn wenn ich anmaaßend würde, so möcht’ ich gar mich selber
verachten, wegen der Anmaaßung, und, wohlüberlegt, möchten
Verständige mich tadeln, wegen der Anmaaßung, und bei der
Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte
bevor, wegen der Anmaaßung. Das ist ja eben die Fessel, das
ist die Hemmung, nämlich Anmaaßen. Wenn aber durch Anmaaßen
verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es den, der sich
von Anmaaßen fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Nicht anmaaßen
lässt von Anmaaßung abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum
gesagt.

»Das sind, Hausvater, kurz gesagt und ausführlich                    364
unterschieden, die acht Dinge, die hier im Orden des Heiligen
den Verkehr abschneiden lassen. Doch nicht nur soweit wird
im Orden des Heiligen ganz und gar überall aller Verkehr
abgeschnitten.«

»Wie aber wird dann, o Herr, im Orden des Heiligen ganz und gar
überall aller Verkehr abgeschnitten? O dass mir, o Herr, der
Erhabene die Lehre derart zeigen möchte, wie da im Orden des
Heiligen ganz und gar überall aller Verkehr abgeschnitten wird!«

»So höre denn, Hausvater, und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, o Herr!« erwiderte da aufmerksam Potaliyo der
Hausvater dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Hund, von Hunger und
Schwäche gepeinigt, sich vor der Bank eines Rindschlächters
aufstellte, und es würfe ihm ein geschickter Schlächter oder
Schlächtergeselle ein Knochenstück zu, kahl, abgeschabt, ohne
Fleisch, blutbefleckt; was meinst du wohl, Hausvater: könnte da
dieser Hund, indem er das Knochenstück, das kahle, abgeschabte,
fleischlose, blutbefleckte, rings herum benagt, Hunger und
Schwäche vertreiben?«

»Gewiß nicht, o Herr!«

»Und warum nicht?«

»Das Knochenstück, o Herr, ist ja kahl, abgeschabt, ohne
Fleisch, blutbefleckt, so viel Mühe und Plage auch immer der
Hund sich geben mag.«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei
sich: ›Kahlen Knochen gleich sind die Begierden, hat der
Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend
überwiegt‹: und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit
vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig
Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der
einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder
gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Geier oder ein Reiher
oder ein Rabe einen Fleischfetzen packte und fortrisse, und
es stürzten auf ihn andere Geier oder Reiher oder Raben in
Schaaren hernieder und rauften darum; was meinst du wohl
Hausvater: wenn dieser Geier oder Reiher oder Rabe den
Fleischfetzen nicht alsbald fahren ließe, wär’ ihm da Tod
gewiss oder tödtlicher Schmerz?«

»Freilich, o Herr!«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger
bei sich: ›Fleischfetzen gleich sind die Begierden, hat der
Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend
überwiegt‹; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit
vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig            365
Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der
einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder
gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann mit einer flammenden
Strohfackel gegen den Wind ginge; was meinst du wohl,
Hausvater: wenn dieser Mann die flammende Strohfackel nicht gar
eilig von sich fortwürfe, würde sie da seine Hand versengen,
seinen Arm versengen oder andere Glieder des Leibes, und er
also Tod erleiden oder tödtlichen Schmerz?«

»Freilich, o Herr!«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei
sich: ›Flammendem Stroh gleich sind die Begierden, hat der
Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend
überwiegt‹: und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit
vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig
Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der
einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder
gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn da eine Grube wäre, tiefer als
Manneshöhe, voll glühender Kohlen, ohne Flammen, ohne Rauch;
und es käme ein Mann herbei, der leben, nicht sterben will,
der Wohlsein wünscht und Wehe verabscheut, und zwei kräftige
Männer ergriffen ihn unter den Armen und schleppten ihn zu
der glühenden Kohlengrube hin; was meinst du wohl, Hausvater:
würde da nun dieser Mann auf jede nur mögliche Weise den Leib
zurückziehn?«

»Gewiss, o Herr!«

»Und warum das?«

»Gar wohl, o Herr, wüsste der Mann: ›Fall’ ich in diese
glühenden Kohlen hinein, so muss ich sterben oder tödtlichen
Schmerz erleiden!‹«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei
sich: ›Glühenden Kohlen gleich sind die Begierden, hat der
Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend
überwiegt‹; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit
vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig
Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der
einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder
gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann ein Traumbild sähe,
einen schönen Garten, einen freundlichen Hain, eine heitere
Landschaft, einen lichten See, und, wieder erwacht, nichts mehr
erblickte: ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige
Jünger bei sich: ›Traumbilden gleich sind die Begierden, hat
der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend
überwiegt‹; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit
vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig
Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der
einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder
gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann dargeliehenes Gut
entliehe und einen Wagen mit kostbarem Schmuck und Edelgestein
belüde[11], und er führe, mit diesem geborgten Schatze versehn       366
und versorgt, über den Marktplatz hin; und die Leute sähen
ihn und sprächen: ›Reich, wahrlich, ist der Mann, so können
Reiche den Reichthum genießen!‹ Und wo ihn eben etwa die Eigner
träfen, da zögen sie eben etwa das Eigen zurück. Was meinet du
wohl, Hausvater: genügte das, um diesen Mann zu verstören?«

»Allerdings, o Herr!«

»Und warum das?«

»Die Eigner, o Herr, ziehn ja das Eigen zurück.«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei
sich: ›Darlehen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene
gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend überwiegt‹;
und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener
Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht,
diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit
sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt
wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Gleichwie etwa, Hausvater, wenn sich unfern eines Dorfes
oder einer Stadt ein dichter Forst befände, und ein Baum
stände darin, der reifende Früchte trägt, und keine der
Früchte wäre herabgefallen. Und es käme ein Mann herbei, der
Früchte begehrt, Früchte sucht, nach Früchten ausspäht; und
er gelangte ins Innere des Forstes und gewahrte den Baum, der
reifende Früchte trägt; da gedächte er: ›Dieser Baum ist mit
reifenden Früchten behangen, und keine der Früchte zu Boden
gefallen: aber ich kann ja Bäume erklettern! Wie, wenn ich nun
da hinaufkletterte und mich daran satt äße und den Rockschurz
voll davon pflückte?‹ Und er kletterte hinauf und äße sich
satt und pflückte den Rockschurz voll. Aber ein zweiter Mann
käme herbei, der Früchte begehrt, Früchte sucht, nach Früchten
ausspäht, mit einem scharfen Beile versehn; und er gelangte
ins Innere des Forstes und gewahrte den Baum mit den reifenden
Früchten; da gedächte er: ›Dieser Baum trägt reifende Früchte,
und keine der Früchte liegt auf der Erde, und Bäume erklettern,
das kann ich nicht: wie, wenn ich nun diesen Baum an der Wurzel
fällte und mich dann satt äße und den Rockschurz vollpflückte?‹
Und er fällte den Baum an der Wurzel. Was meinst du wohl,
Hausvater: wenn da jener Mann, der zuerst hinaufgestiegen,
nicht gar eilig herabkletterte, möchte ihm da durch den Sturz
des Baumes die Hand zerschmettert oder der Fuß zerschmettert
oder andere Glieder des Leibes zerschmettert werden, so dass er      367
Tod oder tödtlichen Schmerz erlitte?«

»Freilich, o Herr!«

»Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei
sich: ›Baumfrüchten gleich sind die Begierden, hat der Erhabene
gesagt, voller Leiden, voller Quaalen, das Elend überwiegt‹;
und er sieht es also, der Wahrheit gemäß mit vollkommener
Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht,
diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit
sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt
wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.

»Hat nun, Hausvater, ein solcher heiliger Jünger eben diese
letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so
erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform,
mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen
Beziehungen.

»Hat nun, Hausvater, ein solcher heiliger Jünger eben diese
letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht,
so sieht er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über
menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden
und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne,
glückliche und unglückliche, er erkennt wie die Wesen je nach
den Thaten wiederkehren.

»Hat nun, Hausvater, ein solcher heiliger Jünger eben diese
letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht,
so lässt er den Wahn versiegen und macht sich die wahnlose
Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten offenbar,
verwirklicht und erringt sie.

»Soweit nun, Hausvater, wird im Orden des Heiligen ganz und
gar überall aller Verkehr abgeschnitten. Was meinst du wohl,
Hausvater: wie ganz und gar überall aller Verkehr im Orden des
Heiligen abgeschnitten wird, findest du, dass auch ebenso bei
dir der Verkehr abgeschnitten sei?«

»Was bin ich, o Herr, und was ist der Orden des Heiligen, wo
ganz und gar überall aller Verkehr abgeschnitten wird! Fern
bin ich, o Herr, davon, dass ich ganz und gar überall allen
Verkehr, dem Orden des Heiligen gemäß, abgeschnitten hätte. --
Ja, wir haben früher, o Herr, die anderen Büßer und Pilger, die
so gewöhnlich sind, für erlesen gehalten, die so gewöhnlich
sind, mit erlesener Speise gespeist, die so gewöhnlich sind,
mit erlesener Ehre geehrt: doch haben wir, o Herr, die Mönche,
die so erlesen sind, für gewöhnlich gehalten, die so erlesen
sind, mit gewöhnlicher Speise gespeist, die so erlesen sind,
mit gewöhnlicher Ehre geehrt. Jetzt aber wollen wir, o Herr,
die anderen Büßer und Pilger, die so gewöhnlich sind, als            368
gewöhnlich erkennen, die so gewöhnlich sind, mit gewöhnlicher
Speise speisen, die so gewöhnlich sind, mit gewöhnlicher Ehre
ehren: doch wollen wir, o Herr, die Mönche, die so erlesen
sind, als erlesen erkennen, die so erlesen sind, mit erlesener
Speise speisen, die so erlesen sind, mit erlesener Ehre ehren.
Erzeugt hat mir, wahrlich, o Herr, der Erhabene Asketenliebe
zu den Asketen, Asketenfreude an den Asketen, Asketenehrfurcht
vor den Asketen. -- Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr!
Gleichwie etwa, o Herr, wenn man Umgestürztes aufstellte,
oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder
Licht in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge
sehn‹: ebenso auch ist vom Erhabenen die Lehre gar vielfach
gezeigt worden. Und so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen
Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger
möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens
getreu.«[12]



                              55.

             Sechster Theil            Fünfte Rede

                            JĪVAKO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Rājagaham, im Mangohaine Jīvakos, des Hofarztes.[13]

Da nun begab sich Jīvako der Hofarzt zum Erhabenen hin,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts
nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Jīvako der Hofarzt also
zum Erhabenen:

»Gehört hab’ ich solches, o Herr: ›Um des Asketen Gotamo willen
rauben sie das Leben, und der Asket Gotamo nimmt wissentlich
das eigens für ihn bereitete Fleisch an!‹ Die da solches, o
Herr, gesagt haben, haben die wirklich, o Herr, des Erhabenen
Worte gebraucht und den Erhabenen nicht mit Unrecht angeführt
und der Lehre gemäß geredet, so dass sich kein entsprechender
Folgesatz als ungehörig erweisen kann?«

»Die da, Jīvako, solches gesagt haben: ›Um des Asketen               369
Gotamo willen rauben sie das Leben, und der Asket Gotamo nimmt
wissentlich das eigens für ihn bereitete Fleisch an‹, die haben
nicht meine Worte gebraucht und haben mich also ohne Grund und
mit Unrecht angeführt. Drei Fälle giebt es, Jīvako, wo ich
sage, Fleisch ist nicht zu nehmen: besehn, gehört, vermuthet.
Das sind, Jīvako, die drei Fälle, wo ich sage, Fleisch ist
nicht zu nehmen. Drei Fälle giebt es, Jīvako, wo ich sage,
Fleisch ist zu nehmen: unbesehn, ungehört, unvermuthet. Das
sind, Jīvako, die drei Fälle, wo ich sage, Fleisch ist zu
nehmen.

»Da lebt, Jīvako, ein Mönch in der Umgebung eines Dorfes
oder einer Stadt. Liebevollen Gemüthes weilend strahlt er
nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der
dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach
unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er
die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit weitem, tiefem,
unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Und es sucht ihn
ein Hausvater auf, oder der Sohn eines Hausvaters, und bittet
ihn, am nächsten Tage bei ihm zu speisen. Mag eben der Mönch
es, Jīvako, annehmen, so sagt er zu. Und am nächsten Morgen,
zeitig gerüstet, nimmt er Mantel und Schaale und begiebt
sich dorthin wo jener Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters,
wohnt. Dort angekommen nimmt er auf dem dargebotenen Sitze
Platz. Und es bedient ihn der Hausvater, oder Sohn eines
Hausvaters, mit ausgewählter Almosenspeise. Da denkt er
nicht: ›Schön, wahrlich, ist es von diesem Hausvater, oder
Sohn eines Hausvaters, mich mit ausgewählter Almosenspeise
zu bewirthen: ach wenn mich doch dieser Hausvater, oder Sohn
eines Hausvaters, auch fernerhin mit ebensolcher ausgewählter
Almosenspeise bewirthen möchte!‹: also etwa denkt er nicht.
Er nimmt diese Almosenbissen unverlockt, unverblendet, nicht
hingerissen, das Elend sehend, der Entrinnung eingedenk, ein.
Was meinst du wohl, Hausvater: hat etwa da der Mönch bei dieser
Gelegenheit eigene Verletzung im Sinne, oder hat er anderer
Verletzung im Sinne, oder hat er beider Verletzung im Sinne?«

»Das nicht, o Herr!«

»Nimmt also, Jīvako, nicht der Mönch bei dieser Gelegenheit
eben untadelhafte Nahrung ein?«

»Allerdings, o Herr! -- Reden hab’ ich gehört, o Herr: ›Brahmā
ist liebevoll.‹ Dafür hab’ ich, o Herr, den Erhabenen bürgen
sehn: denn der Erhabene, o Herr, ist liebevoll.«

»Jene Gier, Jīvako, jener Hass, jener Wahn, wo Verderben in          370
den Sinn käme, solche Gier, solcher Hass, solcher Wahn ist vom
Vollendeten verleugnet, an der Wurzel abgeschnitten, einem
Palmstumpf gleichgemacht, ausgerodet worden, kann sich ferner
nicht mehr entwickeln. Wenn deine Worte, Jīvako, das gemeint
haben, geb’ ich es dir zu.«

»Eben das, freilich, o Herr, haben meine Worte gemeint.«

»Da lebt, Jīvako, ein Mönch in der Umgebung eines Dorfes oder
einer Stadt. Erbarmenden Gemüthes, freudevollen Gemüthes,
unbewegten Gemüthes weilend strahlt er nach einer Richtung,
dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach
der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in
allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit
erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem
Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und
Groll geklärtem. Und es sucht ihn ein Hausvater auf, oder der
Sohn eines Hausvaters, und bittet ihn, am nächsten Tage bei ihm
zu speisen. Mag eben der Mönch es, Jīvako, annehmen, so sagt er
zu. Und am nächsten Morgen, zeitig gerüstet, nimmt er Mantel
und Schaale und begiebt sich dorthin wo jener Hausvater, oder
Sohn eines Hausvaters, wohnt. Dort angekommen nimmt er auf dem
dargebotenen Sitze Platz. Und es bedient ihn der Hausvater,
oder Sohn eines Hausvaters, mit ausgewählter Almosenspeise. Da
denkt er nicht: ›Schön, wahrlich, ist es von diesem Hausvater,
oder Sohn eines Hausvaters, mich mit ausgewählter Almosenspeise
zu bewirthen: ach wenn mich doch dieser Hausvater, oder Sohn
eines Hausvaters, auch fernerhin mit ebensolcher ausgewählter
Almosenspeise bewirthen möchte!‹: also etwa denkt er nicht.
Er nimmt diese Almosenbissen unverlockt, unverblendet, nicht
hingerissen, das Elend sehend, der Entrinnung eingedenk, ein.
Was meinst du wohl, Hausvater: hat etwa da der Mönch bei dieser
Gelegenheit eigene Verletzung im Sinne, oder hat er anderer
Verletzung im Sinne, oder hat er beider Verletzung im Sinne?«

»Das nicht, o Herr!«

»Nimmt also, Jīvako, nicht der Mönch bei dieser Gelegenheit
eben untadelhafte Nahrung ein?«

»Allerdings, o Herr! -- Reden hab’ ich gehört, o Herr: ›Brahmā
ist unbewegt.‹ Dafür hab’ ich, o Herr, den Erhabenen bürgen
sehn: denn der Erhabene, o Herr, ist unbewegt.«

»Jene Gier, Jīvako, jener Hass, jener Wahn, wo Wuth, wo Unlust,
wo Widerstreit in den Sinn käme, solche Gier, solcher Hass,
solcher Wahn ist vom Vollendeten verleugnet, an der Wurzel
abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, ausgerodet
worden, kann sich ferner nicht mehr entwickeln. Wenn deine
Worte, Jīvako, das gemeint haben, geb’ ich es dir zu.«

»Eben das, freilich, o Herr, haben meine Worte gemeint.«             371

»Wer da, Jīvako, um des Vollendeten oder Vollendeten Jüngers
willen das Leben raubt, der erwirbt zu fünf Malen schwere
Schuld. Weil er da also befiehlt: ›Geht hin und bringt
jenes Thier dort herbei!‹, darum erwirbt er zum ersten Mal
schwere Schuld. Weil dann das Thier, zitternd und zagend
herbeigeführt, Schmerz und Quaal empfindet, darum erwirbt er
zum zweiten Mal schwere Schuld. Weil er dann spricht: ›Geht
hin und tödtet dieses Thier!‹, darum erwirbt er zum dritten
Mal schwere Schuld. Weil dann das Thier im Tode Schmerz und
Quaal empfindet, darum erwirbt er zum vierten Mal schwere
Schuld. Weil er dann den Vollendeten oder des Vollendeten
Jünger ungebührend laben lässt, darum erwirbt er zum fünften
Mal schwere Schuld. Wer da, Jīvako, um des Vollendeten oder
Vollendeten Jüngers willen das Leben raubt, der erwirbt zu
diesen fünf Malen schwere Schuld.«

       *       *       *       *       *

Nach diesen Worten sprach Jīvako der Hofarzt also zum
Erhabenen:

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich, o Herr! Gebührende
Nahrung, wahrlich, o Herr, nehmen die Mönche ein, untadelhafte
Nahrung, wahrlich, o Herr, nehmen die Mönche ein. --
Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Als Anhänger
möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens
getreu.«[14]



                              56.

            Sechster Theil            Sechste Rede

                             UPĀLI


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Nāḷandā, im Mangohaine Pāvārikos. Um diese Zeit nun hielt sich
der Freie Bruder Nāthaputto[15] bei Nāḷandā auf, mit einer
großen Schaar Freier Brüder.

Da begab sich nun Dīghatapassī, ein Freier Bruder, nach Nāḷandā
um Almosenspeise, kehrte wieder zurück, nahm das Mahl ein,
und suchte dann den Mangohain Pāvārikos auf, ging dorthin wo
der Erhabene weilte, tauschte höflichen Gruß und freundliche,        372
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und stellte sich seitwärts
hin. Und an Dīghatapassī den Freien Bruder, der seitwärts
stand, wandte sich der Erhabene also:

»Es sind hier, Tapassī, Sitze bereit: wenn du willst setze
dich.«

Also angeredet nahm Dīghatapassī der Freie Bruder einen von den
niederen Stühlen zur Hand und setzte sich beiseite nieder. Und
zu Dīghatapassī dem Freien Bruder, der beiseite saß, sprach der
Erhabene also:

»Wieviel Arten, Tapassī, von Thaten giebt wohl der Freie Bruder
Nāthaputto als möglich an, um böse That zu thun, um böse That
zu begehn?«

»Nicht steht es, Bruder Gotamo, dem Freien Bruder Nāthaputto
an, eine Handlung schlechthin als That zu bezeichnen: als
Streich schlechthin, Bruder Gotamo, steht es dem Freien Bruder
Nāthaputto an, eine Handlung zu bezeichnen.«

»Wieviel Arten, Tapassī, von Streichen giebt also der Freie
Bruder Nāthaputto als möglich an, um böse That zu thun, um böse
That zu begehn?«

»Drei Arten, Bruder Gotamo, von Streichen giebt der Freie
Bruder Nāthaputto als möglich an, um böse That zu thun, um böse
That zu begehn: nämlich Streiche in Werken, Streiche in Worten,
Streiche in Gedanken.«

»Wie denn, Tapassī: sind Streiche in Werken Eines, und Streiche
in Worten ein Anderes, und Streiche in Gedanken wieder ein
Anderes?«

»Eines, Bruder Gotamo, sind Streiche in Werken, und ein
Anderes Streiche in Worten, und wieder ein Anderes Streiche in
Gedanken.«[16]

»Welche dieser drei Arten aber, Tapassī, von Streichen, die
also eingetheilt, also unterschieden werden, giebt der Freie
Bruder Nāthaputto als übelste an, um böse That zu thun, um böse
That zu begehn: die Streiche in Werken, oder die Streiche in
Worten, oder die Streiche in Gedanken?«

»Von diesen drei Arten, Bruder Gotamo, der Streiche, die also
eingetheilt, also unterschieden werden, giebt der Freie Bruder
Nāthaputto die Streiche in Werken als übelste an, um böse That
zu thun, um böse That zu begehn: nicht so sehr die Streiche in
Worten, nicht so sehr die Streiche in Gedanken.«

»Die Streiche in Werken, sagst du, Tapassī?«

»Die Streiche in Werken, sag’ ich, Bruder Gotamo.«

»Die Streiche in Werken, sagst du, Tapassī?«

»Die Streiche in Werken, sag’ ich, Bruder Gotamo.«

»Die Streiche in Werken, sagst du, Tapassī?«

»Die Streiche in Werken, sag’ ich, Bruder Gotamo.«

Also ließ da der Erhabene Dīghatapassī den Freien Bruder diese
Frage des Gesprächs dreimal bestimmt beantworten. Und nun            373
wandte sich Dīghatapassī der Freie Bruder an den Erhabenen und
fragte:

»Du aber, Bruder Gotamo: wieviel Arten von Streichen giebst du
als möglich an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn?«

»Nicht steht es, Tapassī, dem Vollendeten an, eine Handlung
schlechthin als Streich zu bezeichnen: als That schlechthin,
Tapassī, steht es dem Vollendeten an, eine Handlung zu
bezeichnen.«

»Wieviel Arten, Bruder Gotamo, von Thaten giebst du also als
möglich an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn?«

»Drei Arten, Tapassī, von Thaten gebe ich als möglich an, um
böse That zu thun, um böse That zu begehn: nämlich Thaten in
Werken, Thaten in Worten, Thaten in Gedanken.«

»Wie denn, Bruder Gotamo: sind Thaten in Werken Eines, und
Thaten in Worten ein Anderes, und Thaten in Gedanken wieder ein
Anderes?«

»Eines, Tapassī, sind Thaten in Werken, und ein Anderes Thaten
in Worten, und wieder ein Anderes Thaten in Gedanken.«

»Welche dieser drei Arten aber, Bruder Gotamo, von Thaten, die
also eingetheilt, also unterschieden werden, giebst du als
übelste an, um böse That zu thun, um böse That zu begehn: die
Thaten in Werken, oder die Thaten in Worten, oder die Thaten in
Gedanken?«

»Von diesen drei Arten, Tapassī, der Thaten, die also
eingetheilt, also unterschieden werden, gebe ich die Thaten in
Gedanken als übelste an, um böse That zu thun, um böse That zu
begehn: nicht so sehr die Thaten in Werken, nicht so sehr die
Thaten in Worten.«

»Die Thaten in Gedanken, sagst du, Bruder Gotamo?«

»Die Thaten in Gedanken, sag’ ich, Tapassī.«

»Die Thaten in Gedanken, sagst du, Bruder Gotamo?«

»Die Thaten in Gedanken, sag’ ich, Tapassī.«

»Die Thaten in Gedanken, sagst du, Bruder Gotamo?«

»Die Thaten in Gedanken, sag’ ich, Tapassī.«

Also ließ da Dīghatapassī der Freie Bruder den Erhabenen diese
Frage des Gesprächs dreimal bestimmt beantworten. Dann stand er
von seinem Stuhle auf und begab sich zu Nāthaputto dem Freien
Bruder.

Zu dieser Zeit nun saß der Freie Bruder Nāthaputto inmitten
einer großen Schaar von Hausleuten, die ihm thöricht zugethan
waren, Upāli zuvörderst. Und der Freie Bruder Nāthaputto sah
Dīghatapassī den Freien Bruder von ferne herankommen, und als
er ihn gesehn rief er ihm zu:

»Ei, wo kommst du denn her, Tapassī, so zeitig am Nachmittag?«

»Von dort, o Herr, vom Asketen Gotamo komme ich.«

»Hast du wohl, Tapassī, mit dem Asketen Gotamo irgend eine
Unterredung gehabt?«

»Allerdings hab’ ich, o Herr, mit dem Asketen Gotamo eine            374
Unterredung gehabt.«

»Was war denn das, Tapassī, für eine Unterredung, die du mit
dem Asketen Gotamo gehabt hast?«

Da berichtete nun Dīghatapassī der Freie Bruder Wort für Wort
das ganze Gespräch, das er mit dem Erhabenen geführt hatte,
dem Freien Bruder Nāthaputto. Hierauf sprach der Freie Bruder
Nāthaputto also zu Dīghatapassī dem Freien Bruder:

»Gut, gut, Tapassī: wie ein erfahrener Jünger, der des
Meisters Lehre von Grund aus versteht, hat eben da Tapassī
der Freie Bruder dem Asketen Gotamo Bescheid gegeben. Was
gilt wohl ein erbärmlicher Gedankenstreich im Vergleiche zu
dem so gewichtigen Werkstreich? Vielmehr ist ein Werkstreich
bei weitem der üblere, um böse That zu thun, um böse That zu
begehn, und nicht so sehr der Wortstreich, und nicht so sehr
der Gedankenstreich.«

Auf diese Worte wandte sich Upāli der Hausvater also an den
Freien Bruder Nāthaputto:

»Gut, gut ist, o Herr, Tapassī: wie ein erfahrener Jünger, der
des Meisters Lehre von Grund aus versteht, hat eben da der
erlauchte Tapassī dem Asketen Gotamo Bescheid gegeben. Was
gilt wohl ein erbärmlicher Gedankenstreich im Vergleiche zu
dem so gewichtigen Werkstreich? Vielmehr ist ein Werkstreich
bei weitem der üblere, um böse That zu thun, um böse That
zu begehn, und nicht so sehr der Wortstreich, und nicht so
sehr der Gedankenstreich. Wohlan, o Herr, auch ich will gehn
und den Asketen Gotamo in einem solchen Gespräche beim Wort
nehmen. Wenn mir da der Asket Gotamo ebenso entgegentritt,
wie er dem erlauchten Tapassī entgegengetreten ist, so werde
ich den Asketen Gotamo, gleichwie etwa ein starker Mann einen
langhaarigen Widder bei den Haaren ergreifen, heranziehn,
herumziehn, rings herumziehn mag, mit der Rede heranziehn,
herumziehn, rings herumziehn; oder gleichwie etwa der starke
Knecht eines Branntweinbrenners das große Filtriergeflecht in
einen tiefen Wasserpfuhl werfen, am einen Ende festhalten,
heranziehn, herumziehn, rings herumziehn mag, so werde auch ich
den Asketen Gotamo mit der Rede heranziehn, herumziehn, rings
herumziehn; oder gleichwie etwa ein rüstiger Branntweinsäuberer
das Destilliersieb am Henkel packen, hinschwenken,
herschwenken, ausseihen mag, so werde auch ich den Asketen
Gotamo mit der Rede hinschwenken, herschwenken, ausseihen; oder      375
gleichwie etwa ein sechzigjähriger Elephant in einen tiefen
Lotusweiher steigt und ein sogenanntes Spritzbad zur Erholung
vornimmt, so gedenke auch ich mit dem Asketen Gotamo eine Art
Spritzbad zur Erholung vorzunehmen. Wohlan, o Herr, auch ich
will gehn und den Asketen Gotamo in einem solchen Gespräche
beim Wort nehmen.«

»Gehe du, Hausvater, und nimm den Asketen Gotamo in einem
solchen Gespräche beim Wort: sei es ich eben, Hausvater, der
den Asketen Gotamo beim Wort nimmt, sei es Dīghatapassī der
Freie Bruder, sei es du.«

Auf diese Worte des Freien Bruders Nāthaputto erwiderte
Dīghatapassī der Freie Bruder:

»Das gefällt mir wahrlich nicht, o Herr, dass Upāli der
Hausvater den Asketen Gotamo beim Wort nehmen soll. Denn der
Asket Gotamo, o Herr, ist listig, versteht verlockende List,
wodurch er die Jünger anderer Asketen anlockt.«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein,
dass sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen
Gotamo bekehre: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket
Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehre. Gehe
du, Hausvater, und nimm den Asketen Gotamo in einem solchen
Gespräche beim Wort: sei es ich eben, Hausvater, der den
Asketen Gotamo beim Wort nimmt, sei es Dīghatapassī der Freie
Bruder, sei es du.«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprach Dīghatapassī
der Freie Bruder also zum Freien Bruder Nāthaputto:

»Es gefällt mir durchaus nicht, o Herr, dass Upāli der
Hausvater den Asketen Gotamo beim Wort nehmen soll. Der Asket
Gotamo, o Herr, ist ja listig, versteht verlockende List,
wodurch er die Jünger anderer Asketen anlockt.«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein,
dass sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen
Gotamo bekehre: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket
Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehre. Gehe
du, Hausvater, und nimm den Asketen Gotamo in einem solchen
Gespräche beim Wort: sei es ich eben, Hausvater, der den
Asketen Gotamo beim Wort nimmt, sei es Dīghatapassī der Freie
Bruder, sei es du.«

»Recht so, Herr!« entgegnete da Upāli der Hausvater dem Freien
Bruder Nāthaputto. Dann stand er von seinem Stuhle auf,
begrüßte den Freien Bruder Nāthaputto ehrerbietig, ging rechts
herum und begab sich nach dem Mangohaine Pāvārikos, dorthin wo       376
der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen
ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend
wandte sich nun Upāli der Hausvater also an den Erhabenen:

»Ist wohl, o Herr, Dīghatapassī der Freie Bruder hiergewesen?«

»Hiergewesen ist, Hausvater, Dīghatapassī der Freie Bruder.«

»Und hast du, o Herr, mit Dīghatapassī dem Freien Bruder ein
Gespräch geführt?«

»Ich habe, Hausvater, mit Dīghatapassī dem Freien Bruder ein
Gespräch geführt.«

»Und was war das, o Herr, für ein Gespräch, das du mit
Dīghatapassī dem Freien Bruder geführt hast?«

Da berichtete nun der Erhabene dem Hausvater Upāli Wort für
Wort das ganze Gespräch mit Dīghatapassī dem Freien Bruder.
Also berichtet erwiderte Upāli der Hausvater dem Erhabenen:

»Gut, gut ist, o Herr, Tapassī: wie ein erfahrener Jünger,
der des Meisters Lehre von Grund aus versteht, hat eben da
Dīghatapassī der Freie Bruder dem Erhabenen Bescheid gegeben.
Was gilt wohl ein erbärmlicher Gedankenstreich im Vergleiche zu
dem so gewichtigen Werkstreich? Vielmehr ist ein Werkstreich
bei weitem der üblere, um böse That zu thun, um böse That zu
begehn, und nicht so sehr der Wortstreich, und nicht so sehr
der Gedankenstreich.«

»Wenn du dich, Hausvater, bei der Rede an die Wahrheit halten
willst, so mag da unter uns ein Gespräch statthaben.«

»An die Wahrheit, o Herr, werde ich mich bei der Rede halten:
möge da unter uns ein Gespräch statthaben!«

»Was meinst du wohl, Hausvater: es sei da ein Freier Bruder,
der unwohl, leidend, schwerkrank ist und frisches Wasser
abweist, nur warmes Wasser gebraucht[17]; und weil er kein
frisches Wasser erhielte stürbe er. Wo aber, Hausvater, sagt da
der Freie Bruder Nāthaputto, erscheine ein solcher wieder?«

»Es giebt, o Herr, Götter, die heißen ›gedankenhaft‹: da
erscheint ein solcher wieder.«

»Und warum das?«

»Weil er ja, o Herr, gedankenergeben gestorben ist.«

»Hausvater, Hausvater, denke wohl nach, und dann, Hausvater,
antworte: denn es geht dir mit dem Ersten das Letzte nicht
zusammen, oder mit dem Letzten nicht das Erste. Doch hast du,
Hausvater, also gesprochen: ›An die Wahrheit, o Herr, werde
ich mich bei der Rede halten: möge da unter uns ein Gespräch
statthaben!‹«

»Wenn auch, o Herr, der Erhabene solches sagt, so ist
gleichwohl der Werkstreich bei weitem der üblere, um böse
That zu thun, um böse That zu begehn, und nicht so sehr der
Wortstreich, und nicht so sehr der Gedankenstreich.«

»Was meinst du wohl, Hausvater: es sei da ein Freier Bruder,         377
vierfach gezügelt in fester Zucht, der sich jeden Born
verbietet, jeden Born verwehrt, jeden Born verweist, jeden Born
versagt; und während er kommt und geht tritt er da viele kleine
Wesen zutode. Was aber, Hausvater, sagt da der Freie Bruder
Nāthaputto, sei die Folge davon?«

»Was ohne Absicht geschieht, o Herr, sagt der Freie Bruder
Nāthaputto, ist nicht so sehr von Uebel.«

»Wenn es aber, Hausvater, mit Absicht geschieht?«

»Dann, o Herr, ist es sehr von Uebel.«

»Die Absicht aber, Hausvater, giebt der Freie Bruder Nāthaputto
als was an?«

»Als Gedankenstreich, o Herr!«

»Hausvater, Hausvater, denke wohl nach, und dann, Hausvater,
antworte: denn es geht dir mit dem Ersten das Letzte nicht
zusammen, oder mit dem Letzten nicht das Erste. Doch hast du,
Hausvater, also gesprochen: ›An die Wahrheit, o Herr, werde
ich mich bei der Rede halten: möge da unter uns ein Gespräch
statthaben!‹«

»Wenn auch, o Herr, der Erhabene solches sagt, so ist
gleichwohl der Werkstreich bei weitem der üblere, um böse
That zu thun, um böse That zu begehn, und nicht so sehr der
Wortstreich, und nicht so sehr der Gedankenstreich.«

»Was meinst du wohl, Hausvater: dieses Nāḷandā blüht und
gedeiht, ist volkreich, von vielen Menschen bewohnt?«

»Gewiss, o Herr: dieses Nāḷandā blüht und gedeiht, ist
volkreich, von vielen Menschen bewohnt.«

»Was meinst du wohl, Hausvater: wenn da ein Mann herankäme, mit
einem gezückten Schwerdte in der Hand, und spräche also: ›Ich
werde was es auch an Lebendigen hier in Nāḷandā giebt in einem
Augenblick, in einem Nu zu einer einzigen Masse Mus, zu einer
einzigen Masse Brei machen‹; was meinst du wohl, Hausvater:
vermöchte nun etwa dieser Mann was es auch an Lebendigen hier
in Nāḷandā giebt in einem Augenblick, in einem Nu zu einer
einzigen Masse Mus, zu einer einzigen Masse Brei zu machen?«

»Selbst zehn Mann, o Herr, selbst zwanzig Mann, selbst dreißig
Mann, selbst vierzig Mann, selbst fünfzig Mann reichten
nicht hin was es hier in Nāḷandā an Lebendigen giebt in
einem Augenblick, in einem Nu zu einer einzigen Masse Mus,
zu einer einzigen Masse Brei zu machen: was gälte da nur ein
erbärmlicher Mann?«

»Was meinst du wohl, Hausvater: wenn da ein Asket oder ein
Priester herankäme, machtbegabt, geistesgewaltig, und spräche
also: ›Ich werde dieses Nāḷandā mit einem einzigen Zorngedanken
zu Asche machen‹; was meinst du wohl, Hausvater: vermöchte nun
etwa ein solcher Asket oder Priester dieses Nāḷandā mit einem
einzigen Zorngedanken zu Asche zu machen?«

»Selbst zehn Nāḷandā, o Herr, selbst zwanzig Nāḷandā, selbst         378
dreißig Nāḷandā, selbst vierzig Nāḷandā, selbst fünfzig
Nāḷandā vermöchte ein solcher Asket oder Priester mit einem
einzigen Zorngedanken zu Asche zu machen: was gälte da nur ein
erbärmliches Nāḷandā?«[18]

»Hausvater, Hausvater, denke wohl nach, und dann, Hausvater,
antworte: denn es geht dir mit dem Ersten das Letzte nicht
zusammen, oder mit dem Letzten nicht das Erste. Doch hast du,
Hausvater, also gesprochen: ›An die Wahrheit, o Herr, werde
ich mich bei der Rede halten: möge da unter uns ein Gespräch
statthaben!‹«

»Wenn auch, o Herr, der Erhabene solches sagt, so ist
gleichwohl der Werkstreich bei weitem der üblere, um böse
That zu thun, um böse That zu begehn, und nicht so sehr der
Wortstreich, und nicht so sehr der Gedankenstreich.«

»Was meinst du wohl, Hausvater: hast du reden hören: ›Der
Daṇḍaker-Wald, der Mejjher-Wald, der Kāliṉger-Wald, der
Mātaṉger-Wald ist öder Urwald geworden‹?«

»Gewiss, o Herr: ich habe reden hören: ›Der Daṇḍaker-Wald, der
Mejjher-Wald, der Kāliṉger-Wald, der Mātaṉger-Wald ist öder
Urwald geworden.‹«

»Was meinst du wohl, Hausvater: hast du vielleicht reden hören,
wodurch der Daṇḍaker-Wald, der Mejjher-Wald, der Kāliṉger-Wald,
der Mātaṉger-Wald öder Urwald geworden ist?«

»Ich habe reden hören, o Herr: ›Durch der Seher Zorngedanken
ist der Daṇḍaker-Wald, der Mejjher-Wald, der Kāliṉger-Wald, der
Mātaṉger-Wald öder Urwald geworden‹.«

»Hausvater, Hausvater, denke wohl nach, und dann, Hausvater,
antworte: denn es geht dir mit dem Ersten das Letzte nicht
zusammen, oder mit dem Letzten nicht das Erste. Doch hast du,
Hausvater, also gesprochen: ›An die Wahrheit, o Herr, werde
ich mich bei der Rede halten: möge da unter uns ein Gespräch
statthaben!‹«

»Schon durch das erste Gleichniss, o Herr, hat mich der
Erhabene zufrieden und froh gemacht: aber ich wollte noch
diese reichlichen Fragen und Erklärungen vom Erhabenen hören;
und so dacht’ ich mir, ich dürfte dem Erhabenen Gegenrede
geben.[19] -- Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr!
Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte,
oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder
Licht in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge
sehn‹: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre von vielen Seiten
beleuchtet. Und so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht,
bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich       379
der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

»Ueberleg’ es dir, Hausvater, gehörig: Ueberlegung ist bei
wohlbekannten Leuten euersgleichen rathsam.«[20]

»Dadurch hat mich, o Herr, der Erhabene nur noch viel mehr
zufrieden und froh gemacht, dass der Erhabene also zu mir
spricht: ›Ueberleg’ es dir, Hausvater, gehörig: Ueberlegung ist
bei wohlbekannten Leuten euersgleichen rathsam.‹ Denn als mich,
o Herr, die anderen Asketen zum Jünger gewonnen, da mochten
sie mich in ganz Nāḷandā als Fahne herumtragen: ›Upāli der
Hausvater hat sich zu unserem Jüngerthum bekehrt!‹ Doch der
Erhabene spricht nun also zu mir: ›Ueberleg’ es dir, Hausvater,
gehörig: Ueberlegung ist bei wohlbekannten Leuten euersgleichen
rathsam.‹ Und so nehm’ ich denn, o Herr, zum zweiten Mal beim
Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft:
als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an
zeitlebens getreu.«

»Lange Zeit ist, Hausvater, dein Thor den Freien Brüdern
gastlich offen gewesen, so dass du ihrer, die um Almosen zu dir
kommen, milde gedenken mögst.«

»Auch dadurch hat mich, o Herr, der Erhabene noch viel mehr
zufrieden und froh gemacht, dass der Erhabene also zu mir
spricht: ›Lange Zeit ist, Hausvater, dein Thor den Freien
Brüdern gastlich offen gewesen, so dass du ihrer, die um
Almosen zu dir kommen, milde gedenken mögst.‹ Ich habe mir
sagen lassen, o Herr: ›Der Asket Gotamo spricht also: ‚Mir nur
ist Gabe darzubringen, nicht den anderen; nur meinen Jüngern
ist Gabe darzubringen, nicht den Jüngern anderer; nur die mir
dargebrachte Gabe lässt hohen Lohn erlangen, nicht die den
anderen dargebrachte Gabe; nur die meinen Jüngern dargebrachte
Gabe lässt hohen Lohn erlangen, nicht die den Jüngern anderer
dargebrachte Gabe.‘‹ Doch der Erhabene ermahnt mich nun, auch
den Freien Brüdern Gabe zu geben. Gewiss, o Herr: wir werden da
schon der Zeit achthaben. Und so nehm’ ich denn, o Herr, zum
dritten Mal beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der
Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten,
von heute an zeitlebens getreu.«

Da hat denn der Erhabene Upāli den Hausvater allmälig in das
Gespräch eingeführt, sprach erst mit ihm vom Geben, von der
Tugend, von säliger Welt, machte des Begehrens Elend, Ungemach,
Trübsal, und der Entsagung Vorzüglichkeit offenbar. Als der
Erhabene merkte, dass Upāli der Hausvater im Herzen bereitsam,
geschmeidig, unbehindert, aufgerichtet, heiter geworden              380
war, da gab er die Darlegung jener Lehre, die den Erwachten
eigenthümlich ist: das Leiden, die Entwicklung, die Auflösung,
den Weg.

Gleichwie etwa ein reines Kleid, von Flecken gesäubert,
vollkommen die Färbung annehmen mag, ebenso auch ging da
Upāli dem Hausvater, während er noch da saß, das abgeklärte,
abgespülte Auge der Wahrheit auf:

    ›Was irgend auch entstanden ist
    Muss alles wieder untergehn.‹

Und Upāli der Hausvater, der die Wahrheit gesehn, die Wahrheit
gefasst, die Wahrheit erkannt, die Wahrheit ergründet hatte,
zweifelentronnen, ohne Schwanken, in sich selber gewiß, auf
keinen anderen gestützt im Orden des Meisters, der wandte sich
nun an den Erhabenen also:

»Wohlan denn, jetzt, o Herr, wollen wir gehn: manche Pflicht
wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, Hausvater, belieben mag.«

Und Upāli der Hausvater, durch des Erhabenen Rede erfreut und
befriedigt, stand auf von seinem Stuhle, begrüßte den Erhabenen
ehrerbietig, ging rechts herum und begab sich nach Hause. Zu
Hause angekommen befahl er dem Pförtner:

»Von heute an, guter Pförtner, ist meine Pforte den Freien
Brüdern und Freien Schwestern verschlossen: unverschlossen
ist sie den Jüngern des Erhabenen, den Mönchen und Nonnen,
den Anhängern und Anhängerinen.[21] Wenn da ein Freier Bruder
herankommt, so hast du einem solchen zu sagen: ›Bleibe, o
Herr, wolle nicht eintreten: von heute an hat sich Upāli
der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt.
Verschlossen ist die Pforte den Freien Brüdern und Freien
Schwestern: unverschlossen ist sie den Jüngern des Erhabenen,
den Mönchen und Nonnen, den Anhängern und Anhängerinen. Wenn
du, o Herr, Almosen bedarfst, so bleibe nur hier: man wird es
dir hierher bringen.‹«

»Jawohl, Herr!« erwiderte da gehorsam der Pförtner Upāli dem
Hausvater.

       *       *       *       *       *

Es hörte nun Dīghatapassī der Freie Bruder das Gerede: ›Upāli,
sagt man, der Hausvater, soll sich zum Jüngerthum des Asketen
Gotamo bekehrt haben!‹ Und Dīghatapassī der Freie Bruder begab
sich zum Freien Bruder Nāthaputto und sprach also zu ihm:

»Das Gerücht, o Herr, ist mir zu Ohren gekommen, Upāli der
Hausvater habe sich zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt.«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein, dass
sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo
bekehrt habe: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket
Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehrt habe.«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach Dīghatapassī         381
der Freie Bruder zum Freien Bruder Nāthaputto also:

»Das Gerücht, o Herr, ist mir zu Ohren gekommen, Upāli der
Hausvater habe sich zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt.«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein, dass
sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo
bekehrt habe: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket
Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehrt habe.«

»So will ich denn hingehn, o Herr, um zu erfahren, ob sich
Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt
oder nicht bekehrt hat.«

»Gehe hin, Tapassī, und überzeuge dich, ob sich Upāli der
Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt oder nicht
bekehrt hat.«

Und Dīghatapassī der Freie Bruder machte sich nun auf den Weg
zur Wohnung des Hausvaters Upāli. Es sah aber der Pförtner
Dīghatapassī den Freien Bruder von ferne herankommen, und als
er ihn gesehn sprach er also zu ihm:

»Bleibe, o Herr, wolle nicht eintreten: von heute an hat sich
Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt.
Verschlossen ist die Pforte den Freien Brüdern und Freien
Schwestern: unverschlossen ist sie den Jüngern des Erhabenen,
den Mönchen und Nonnen, den Anhängern und Anhängerinen. Wenn
du, o Herr, Almosen bedarfst, so bleibe nur hier: man wird es
dir hierher bringen.«

»Ich brauche, o Freund, kein Almosen« sagte er, kehrte um,
begab sich zum Freien Bruder Nāthaputto zurück und sprach also
zu ihm:

»Wahr ist es wirklich, o Herr, dass sich Upāli der Hausvater
zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt hat. Und du hast es
mir, o Herr, nicht zugestanden, als ich sagte: ›Es gefällt mir
durchaus nicht, o Herr, dass Upāli der Hausvater den Asketen
Gotamo beim Wort nehmen soll. Denn der Asket Gotamo, o Herr,
ist listig, versteht verlockende List, wodurch er die Jünger
anderer Asketen anlockt.‹ Und weggelockt ist dir, o Herr, Upāli
der Hausvater worden vom Asketen Gotamo durch verlockende
List!«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein, dass
sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo
bekehrt habe: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket
Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehrt habe.«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach Dīghatapassī
der Freie Bruder zum Freien Bruder Nāthaputto also:

»Es ist wirklich wahr, o Herr: Upāli der Hausvater hat sich
zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt. Und du hast es mir,       382
o Herr, nicht zugestanden, als ich sagte: ›Es gefällt mir
durchaus nicht, o Herr, dass Upāli der Hausvater den Asketen
Gotamo beim Wort nehmen soll. Denn der Asket Gotamo, o Herr,
ist listig, versteht verlockende List, wodurch er die Jünger
anderer Asketen anlockt.‹ Und weggelockt ist dir, o Herr, Upāli
der Hausvater worden vom Asketen Gotamo durch verlockende List!«

»Unmöglich ist es, wahrlich, Tapassī, es kann nicht sein, dass
sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo
bekehrt habe: möglich aber ist es wohl, dass sich der Asket
Gotamo zum Jüngerthum des Hausvaters Upāli bekehrt habe. So
will ich denn hingehn, Tapassī, und mich selbst überzeugen,
ob sich Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo
bekehrt oder nicht bekehrt hat.«

Und der Freie Bruder Nāthaputto zog nun in Begleitung einer
großen Schaar Freier Brüder zur Wohnung des Hausvaters Upāli
hin. Und es sah der Pförtner den Freien Bruder Nāthaputto von
ferne herankommen, und als er ihn gesehn sprach er also zu ihm:

»Bleibe, o Herr, wolle nicht eintreten: von heute an hat sich
Upāli der Hausvater zum Jüngerthum des Asketen Gotamo bekehrt.
Verschlossen ist die Pforte den Freien Brüdern und Freien
Schwestern: unverschlossen ist sie den Jüngern des Erhabenen,
den Mönchen und Nonnen, den Anhängern und Anhängerinen. Wenn
du, o Herr, Almosen bedarfst, so bleibe nur hier: man wird es
dir hierher bringen.«

»Wohlan denn, guter Pförtner, geh’ zu Upāli dem Hausvater und
melde ihm: ›Der Freie Bruder, o Herr, Nāthaputto steht mit
einer großen Schaar Freier Brüder vor dem Thore draußen: er
möchte dich sehn.‹«

»Jawohl, Herr!« erwiderte da gehorsam der Pförtner dem Freien
Bruder Nāthaputto; und er ging zu Upāli dem Hausvater und
meldete ihm:

»Der Freie Bruder, o Herr, Nāthaputto steht mit einer großen
Schaar Freier Brüder vor dem Thore draußen: er möchte dich
sehn.«

»So stelle denn, guter Pförtner, in der mittleren Thorhalle die
Stühle zurecht.«

»Jawohl, Herr!« erwiderte da gehorsam der Pförtner Upāli dem
Hausvater; und er stellte in der mittleren Thorhalle die Stühle
zurecht, und ging dann zu Upāli dem Hausvater und meldete ihm:

»Zurechtgestellt, o Herr, sind dir in der mittleren Thorhalle
die Stühle, wie es dir beliebt.«

Und Upāli der Hausvater trat nun in die mittlere Thorhalle ein,      383
nahm dort auf dem ersten und besten, höchsten und vornehmsten
Sitze Platz, und befahl dann dem Pförtner:

»So geh’ denn, guter Pförtner, zum Freien Bruder Nāthaputto und
melde ihm: ›Upāli, Herr, der Hausvater, lässt sagen: ‚Wolle
nähertreten, o Herr, wenn es dir genehm ist.‘‹«

»Jawohl, Herr!« erwiderte da gehorsam der Pförtner Upāli
dem Hausvater; und er ging zum Freien Bruder Nāthaputto und
meldete ihm: ›Upāli, Herr, der Hausvater, lässt sagen: ‚Wolle
nähertreten, o Herr, wenn es dir genehm ist.‘‹

Und der Freie Bruder Nāthaputto trat nun mit seiner großen
Schaar Freier Brüder in die mittlere Thorhalle ein. Und
Upāli der Hausvater, der da früher, sobald er den Freien
Bruder Nāthaputto von ferne herankommen sehn, ihm alsbald
entgegengegangen und den ersten und besten, höchsten und
vornehmsten Sitz dort eingeräumt, mit dem Mantel abgestäubt und
angeboten hatte, der saß nun selbst dort auf dem ersten und
besten, höchsten und vornehmsten Sitze; und er sprach also zum
Freien Bruder Nāthaputto:

»Es sind hier, o Herr, Sitze bereit: wenn du willst setze dich.«

Also angesprochen entgegnete der Freie Bruder Nāthaputto Upāli
dem Hausvater:

»Von Sinnen bist du, Hausvater, verloren hast du, Hausvater!
Du hast ja gesagt: ›Hingehn will ich, o Herr, und den Asketen
Gotamo beim Wort nehmen‹, und bist ausgezogen und mit einer
gewaltigen Niederlage deiner Redekunst heimgekehrt. Gleichwie
etwa, Hausvater, wenn ein Mann auszöge, Hoden auszureißen,
und mit ausgerissenen Hoden heimkehrte; oder gleichwie etwa,
Hausvater, wenn ein Mann auszöge, Augen auszureißen, und mit
ausgerissenen Augen heimkehrte: ebenso nun auch, Hausvater,
hast du gesagt: ›Hingehn will ich, o Herr, und den Asketen
Gotamo beim Wort nehmen‹, und bist ausgezogen und mit einer
gewaltigen Niederlage deiner Redekunst heimgekehrt. Weggelockt
worden bist du nun, Hausvater, vom Asketen Gotamo durch
verlockende List.«

»Beglückend, o Herr, ist diese verlockende List, besäligend,
o Herr, ist diese verlockende List! Wenn sich, o Herr,
meine lieben Leute und Hausgenossen durch solche Verlockung
verleiten ließen, so würd’ es auch meinen lieben Leuten und
Hausgenossen lange zum Wohle, zum Heile gereichen. Wenn sich
auch, o Herr, alle Adeligen durch solche Verlockung verleiten
ließen, so würd’ es einem jeden von ihnen lange zum Wohle, zum
Heile gereichen. Wenn sich auch, o Herr, alle Priester und           384
alle Bürger und alle Diener durch solche Verlockung verleiten
ließen, so würd’ es einem jeden von ihnen lange zum Wohle, zum
Heile gereichen. Wenn sich auch, o Herr, die Welt mit ihren
Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar
von Büßern und Priestern, Göttern und Menschen durch solche
Verlockung verleiten ließe, so würd’ es auch der Welt mit
ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer
Schaar von Büßern und Priestern, Göttern und Menschen lange zum
Wohle, zum Heile gereichen. Und so will ich dir nun, o Herr,
ein Gleichniss geben: auch durch Gleichnisse wird da manchem
verständigen Manne der Sinn einer Rede klar.

»Es war einmal, o Herr, ein Brāhmane, der war alt und greis
und hochbetagt, und hatte eine junge Brāhmanin zur Frau, die
war schwanger, der Entbindung nahe. Und diese Brāhmanin, o
Herr, sprach also zu ihrem Gemahl: ›Gehe, Brāhmane, auf den
Markt, kaufe einen jungen Affen und bring’ ihn heim, auf dass
er meinem Knäblein ein Spielgenosse werde.‹ Auf diese Worte,
o Herr, erwiderte der Brāhmane seiner Gemahlin: ›Warte so
lange, liebe Frau, bis du geboren hast: wenn du, liebe Frau,
ein Knäblein gebären wirst, so werd’ ich auf den Markt gehn
und dir einen jungen Affen kaufen und heimbringen, auf dass er
deinem Knäblein ein Spielgenosse werde; wenn du aber, liebe
Frau, ein Mägdlein gebären wirst, so werd’ ich auf den Markt
gehn und dir eine junge Aeffin kaufen und heimbringen, auf dass
sie deinem Mägdlein eine Spielgenossin werde.‹ Und ein zweites
Mal, und ein drittes Mal, o Herr, sprach die Brāhmanin also zu
ihrem Gemahl. Da ging nun endlich, o Herr, der Brāhmane, der
seine Gemahlin sehr liebte, ihr innig zugethan war, auf den
Markt, kaufte einen jungen Affen, brachte ihn heim und sprach
also zu seiner Gemahlin: ›Da hast du, liebe Frau, den jungen         385
Affen: ich hab’ ihn am Markte gekauft und dir nun heimgebracht,
auf dass er deinem Knäblein ein Spielgenosse werde.‹ Auf diese
Worte, o Herr, erwiderte die Brāhmanin ihrem Gemahle: ›Gehe,
Brāhmane, mit diesem jungen Affen zu Rattapāṇi dem Färber und
sag’ ihm: ‚Ich wünsche, guter Rattapāṇi, dass dieser junge
Affe mit gelber Farbe gefärbt, aufgewalzt, durchgewalzt, auf
beiden Seiten geglättet werde.‘ Und der Brāhmane, o Herr, der
seine Gemahlin sehr liebte, ihr innig zugethan war, ging nun
zu Rattapāṇi dem Färber und sprach also zu ihm: ›Ich wünsche,
guter Rattapāṇi, dass dieser junge Affe mit gelber Farbe
gefärbt, aufgewalzt, durchgewalzt, auf beiden Seiten geglättet
werde.‹ Auf diese Worte, o Herr, erwiderte Rattapāṇi der Färber
dem Brāhmanen: ›Dieser junge Affe, o Herr, nimmt dir wohl Farbe
an, aber lässt sich nicht aufwalzen, lässt sich nicht glatt
machen.‹ Ebenso nun auch, o Herr, nimmt der thörigen Freien
Brüder Rede wohl Farbe an, für Thoren, nicht für Weise, aber
lässt sich nicht zurichten, lässt sich nicht glatt machen. --
Und jener Brāhmane, o Herr, ging nun ein anderes Mal mit einem
neuen Stück Tuch zu Rattapāṇi dem Färber und sprach also zu
ihm: ›Ich wünsche, guter Rattapāṇi, dass dieses neue Stück Tuch
mit gelber Farbe gefärbt, aufgewalzt, durchgewalzt, auf beiden
Seiten geglättet werde.‹ Auf diese Worte, o Herr, erwiderte
Rattapāṇi der Färber dem Brāhmanen: ›Dieses neue Stück Tuch,
o Herr, das nimmt dir Farbe an und lässt sich aufwalzen und
lässt sich glatt machen.‹ Ebenso nun auch, o Herr, nimmt des
Erhabenen Rede, des Heiligen, vollkommen Erwachten, Farbe an,
für Weise, nicht für Thoren, und lässt sich zurichten und lässt
sich glatt machen.«

»Der König, o Hausvater, und das Hofgesinde weiß von dir:
›Upāli der Hausvater ist ein Jünger des Freien Bruders
Nāthaputto‹; für wessen Jünger, Hausvater, sollen wir dich
halten?«

Also befragt erhob sich Upāli der Hausvater von seinem Sitze,
entblößte die eine Schulter, verneigte sich ehrerbietig nach
der Richtung wo der Erhabene weilte, und gab nun dem Freien          386
Bruder Nāthaputto diese Antwort:

»So vernimm denn, o Herr, wessen Jünger ich bin.

    »Des Weisen, den kein Wahn bethört,
    Kein Unmuth ankommt und kein Sieg versucht,
    Kein Uebel peinigt, keine Regung reizt,
    Gereifte Tugend, rechter Witz beräth,
    Erhaben über alle Welt kein Flecken fleckt:
    Ja, dessen Jünger, der bin ich.

    »Des Frohen, der da nimmer fragt,
    Zufrieden, weltgenussgenesen weilt,
    Asketenkunst gemeistert hat als Mensch,
    Den letzten Leib als Mann zu Ende trägt,
    Erhaben ohnegleichen heiter glänzt:
    Ja, dessen Jünger, der bin ich.

    »Des Kühnen, der kein Zagen kennt,
    Gewisser Führer, bester Lenker ist,
    So lieblich, wie kein Zweiter Wahrheit lehrt,
    Von Sehnsucht lauter, hell wie Sonnenlicht,
    Erhaben ohne Hoffart, heldensam:
    Ja, dessen Jünger, der bin ich.

    »Des Aechten, der alleinig west[22]
    Und unermesslich tief Gedanken denkt,
    Gar wohl uns rathen, helfen kann,
    In rechter Ordnung unverstörbar steht,
    Erhaben kehrt aus Fesseln frei hervor:
    Ja, dessen Jünger, der bin ich.

    »Des Großen, der entfremdet lebt,
    Von jedem Band entbunden, freigelöst,
    Besonnen keinem Frohne fröhnt,
    Und ohne Absicht, ohne Wunscheshang
    Erhaben abgewendet in sich ruht:
    Ja, dessen Jünger, der bin ich.

    »Des hehrsten Sehers, der uns taugt,
    Vollendet heilig, dreifach aufgeklärt,
    Gewitzigt, weil das Wort er weiß.
    Beschwichtigt, weil den Sinn er sieht,
    Erhaben, wie der Götterkönig hold:
    Ja, dessen Jünger, der bin ich.

    »Des Wackern, der sich selbst bewacht,
    Getreu im Tritte, gern uns Kunde giebt,
    Der in sich schaut und um sich schaut,
    Geneigt ist keinem, keinem abgeneigt,
    Erhaben herzensmächtig, unbewegt:
    Ja, dessen Jünger, der bin ich.

    »Des Fürsten, der da Schauung übt,
    Unhemmbar abgeschieden, rein entrückt,
    Enthaftet keine Furcht erfährt[23],
    Entwesen ledig, bis zum letzten Ziel,
    Erhaben und errettet Retter ist:
    Ja, dessen Jünger, der bin ich.

    »Des Sanften, der da reichlich weiß,
    Gewaltig weiß, und keiner Sucht begehrt,
    Vollkommen hier, willkommen hier,
    Nicht einem ebenbürtig, ebenbild,
    Erhaben weit hinausblickt, fein versteht:
    Ja, dessen Jünger, der bin ich.

    »Des Wachen, den kein Durst mehr quält,
    Kein Rauch umdüstert, nimmer Nebel netzt,
    Des Geistes, den das Opfer ehrt,
    Der wie kein andrer herrlich ragt empor,
    Erhaben Erstgerühmter, riesenhoch:
    Ja, dessen Jünger, der bin ich.«

»Wann hast du dir nur, Hausvater, diese Lobpreisungen des
Asketen Gotamo zusammengesucht?«

»Gleichwie etwa, o Herr, wenn da ein großer Haufe verschiedener
Blumen läge, und es bände ihn ein geschickter Gärtner oder           387
Gärtnergeselle zu einem bunten Strauße zusammen, ebenso nun
auch, o Herr, eignet Ihm, dem Erhabenen, vielfaches Lob,
vielhundertfaches Lob: und wer wird, o Herr, einen, der Lob
verdient, nicht loben?«

       *       *       *       *       *

Aber dem Freien Bruder Nāthaputto, der des Erhabenen Ehrung
nicht länger zu ertragen vermochte, quoll da warmes Blut aus
dem Munde hervor.[24]



                              57.

            Sechster Theil            Siebente Rede

                       DER HUNDELEHRLING


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande
der Koḷiyer, zu Haliddavasanam, einer Burg im Koḷiyergebiete.

Da nun begab sich der Koḷiyer Puṇṇo, ein Kuhlehrling, und
Seniyo der Unbekleidete, ein Hundelehrling, dorthin wo
der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte der Koḷiyer
Puṇṇo, der Kuhlehrling, den Erhabenen ehrerbietig und setzte
sich seitwärts nieder; während Seniyo der Unbekleidete,
der Hundelehrling, mit dem Erhabenen höflichen Gruß und
freundliche, denkwürdige Worte wechselte und sich dann wie ein
Hund eingerollt seitwärts hinsetzte.

Seitwärts sitzend sprach nun der Koḷiyer Puṇṇo, der
Kuhlehrling, zum Erhabenen also:

»Dieser Unbekleidete, o Herr, Seniyo der Hundelehrling, übt
schwere Buße: auf die Erde geworfene Nahrung nimmt er zu
sich. Er hat das Hundegelübte lange Zeit hindurch befolgt und
bewahrt: wohin wird er gelangen, was darf er erwarten?«

»Genug, Puṇṇo, lass es gut sein, frage mich das nicht!«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach der Koḷiyer
Puṇṇo, der Kuhlehrling, zum Erhabenen also:

»Dieser Unbekleidete, o Herr, Seniyo der Hundelehrling, übt
schwere Buße: auf die Erde geworfene Nahrung nimmt er zu
sich. Er hat das Hundegelübde lange Zeit hindurch befolgt und
bewahrt: wohin wird er gelangen, was darf er erwarten?«

»Wohlan denn, Puṇṇo, du giebst mir nicht nach: genug, Puṇṇo,
lass’ es gut sein, frage mich das nicht; so will ich dir nun
Rede stehn. Da verwirklicht, Puṇṇo, einer das Hundegelübde,
kommt ihm ganz und gar nach, verwirklicht die Hundegewohnheit,
kommt ihr ganz und gar nach, verwirklicht das Hundegemüth,
kommt ihm ganz und gar nach, verwirklicht das Hundegehaben,          388
kommt ihm ganz und gar nach. Und hat er das Hundegelübde
verwirklicht, ist ihm ganz und gar nachgekommen, hat er
die Hundegewohnheit verwirklicht, ist ihr ganz und gar
nachgekommen, hat er das Hundegemüth verwirklicht, ist ihm ganz
und gar nachgekommen, hat er das Hundegehaben verwirklicht,
ist ihm ganz und gar nachgekommen, so gelangt er bei der
Auflösung des Körpers, nach dem Tode, unter Hunden wieder zum
Dasein. Wenn er aber die Meinung hegt: ›Durch diese Uebungen
oder Gelübde, Kasteiung oder Entsagung werd’ ich ein Gott
werden oder ein Göttlicher!‹, so ist es eine falsche Meinung.
Und seine falsche Meinung, sag’ ich, Puṇṇo, lässt ihn nach
der einen oder nach der anderen Seite gelangen: in höllische
Welt oder in thierischen Schooß. So führt also, Puṇṇo, das
Hundegelübde, wenn es gelingt, zu den Hunden hin, und wenn es
misslingt, in höllische Welt.«

Auf diese Worte brach Seniyo der Unbekleidete, der
Hundelehrling, in Wehklagen und Thränen aus. Und der Erhabene
sprach nun zum Koḷiyer Puṇṇo, dem Kuhlehrling, also:

»Du hast mir ja, Puṇṇo, nicht nachgeben wollen: genug, Puṇṇo,
lass’ es gut sein, frage mich das nicht!«

»Nicht klage ich, o Herr, weil der Erhabene solches über mich
ausgesagt hat, sondern weil ich, o Herr, dieses Hundegelübde
lange Zeit hindurch befolgt und bewahrt habe! -- Dieser Koḷiyer
Puṇṇo, o Herr, der Kuhlehrling, hat das Kuhgelübde lange Zeit
hindurch befolgt und bewahrt: wohin wird er gelangen, was darf
er erwarten?«

»Genug, Seniyo, lass’ es gut sein, frage mich das nicht!«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach Seniyo der
Unbekleidete, der Hundelehrling, zum Erhabenen also:

»Dieser Koḷiyer Puṇṇo, o Herr, der Kuhlehrling, hat das
Kuhgelübde lange Zeit hindurch befolgt und bewahrt: wohin wird
er gelangen, was darf er erwarten?«

»Wohlan denn, Seniyo, du giebst mir nicht nach: genug, Seniyo,
lass’ es gut sein, frage mich das nicht; so will ich dir nun
Rede stehn. Da verwirklicht, Seniyo, einer das Kuhgelübde,
kommt ihm ganz und gar nach, verwirklicht die Kuhgewohnheit,
kommt ihr ganz und gar nach, verwirklicht das Kuhgemüth, kommt
ihm ganz und gar nach, verwirklicht das Kuhgehaben, kommt ihm
ganz und gar nach. Und hat er das Kuhgelübde verwirklicht,
ist ihm ganz und gar nachgekommen, hat er die Kuhgewohnheit
verwirklicht, ist ihr ganz und gar nachgekommen, hat er das
Kuhgemüth verwirklicht, ist ihm ganz und gar nachgekommen,
hat er das Kuhgehaben verwirklicht, ist ihm ganz und gar
nachgekommen, so gelangt er bei der Auflösung des Körpers,
nach dem Tode, unter Kühen wieder zum Dasein. Wenn er aber die
Meinung hegt: ›Durch diese Uebungen oder Gelübde, Kasteiung          389
oder Entsagung werd’ ich ein Gott werden oder ein Göttlicher!‹,
so ist es eine falsche Meinung. Und seine falsche Meinung, sag’
ich, Seniyo, lässt ihn nach der einen oder nach der anderen
Seite gelangen: in höllische Welt oder in thierischen Schooß.
So führt also, Seniyo, das Kuhgelübde, wenn es gelingt, zu den
Kühen hin, und wenn es misslingt, in höllische Welt.«

Auf diese Worte brach der Koḷiyer Puṇṇo, der Kuhlehrling, in
Wehklagen und Thränen aus. Und der Erhabene sprach nun zu
Seniyo dem Unbekleideten, dem Hundelehrling, also:

»Du hast mir ja, Seniyo, nicht nachgeben wollen: genug, Seniyo,
lass’ es gut sein, frage mich das nicht!«

»Nicht klage ich, o Herr, weil der Erhabene solches über mich
ausgesagt hat, sondern weil ich, o Herr, dieses Kuhgelübde
lange Zeit hindurch befolgt und bewahrt habe. -- So viel trau’
ich, o Herr, dem Erhabenen zu und glaube, der Erhabene kann
die Lehre derart zeigen, dass ich eben von diesem Kuhgelübde,
Seniyo aber der Unbekleidete, der Hundelehrling, von dem
Hundegelübde abstehn mag!«

»So höre denn, Puṇṇo, und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, o Herr!« erwiderte da aufmerksam der Koḷiyer Puṇṇo,
der Kuhlehrling, dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Vier Arten von Thaten, Puṇṇo, hab’ ich mir offenbar
gemacht, verwirklicht und erklärt: welche vier sind das? Es
giebt, Puṇṇo, dunkle That, die dunkle Folge hat; es giebt,
Puṇṇo, lichte That, die lichte Folge hat; es giebt, Puṇṇo,
dunkel-lichte That, die dunkel-lichte Folge hat; es giebt,
Puṇṇo, weder dunkle noch lichte That, die weder dunkle noch
lichte Folge hat, That, die zur Thatenversiegung führt. Was ist
das aber, Puṇṇo, für eine That, die dunkel ist und dunkle Folge
hat? Da begeht einer, Puṇṇo, in Werken beschwerhafte Handlung,
begeht in Worten beschwerhafte Handlung, begeht in Gedanken
beschwerhafte Handlung. Und hat er in Werken beschwerhafte
Handlung begangen, in Worten beschwerhafte Handlung begangen,
in Gedanken beschwerhafte Handlung begangen, so gelangt er
in beschwerhafter Welt wieder zum Dasein. Und ist er in
beschwerhafter Welt wieder zum Dasein gelangt, so empfangen ihn
beschwerhafte Empfindungen. Und von beschwerhaften Empfindungen
empfangen fühlt er ein beschwerhaftes Gefühl, einzig leidvoll,
gleichwie etwa höllische Wesen. Also kommt, Puṇṇo, nach dem          390
Wirken des Wesens Wiedersein zustande. Was einer wirkt lässt
ihn wiedersein; wiedergeworden empfangen ihn Empfindungen.
Darum aber, Puṇṇo, sag’ ich: Erben der Werke sind die Wesen.
Das heißt man, Puṇṇo, dunkle That, die dunkle Folge hat.

»Und was ist das, Puṇṇo, für eine That, die licht ist
und lichte Folge hat? Da begeht einer, Puṇṇo, in Werken
beschwerlose Handlung, begeht in Worten beschwerlose Handlung,
begeht in Gedanken beschwerlose Handlung. Und hat er in
Werken beschwerlose Handlung begangen, in Worten beschwerlose
Handlung begangen, in Gedanken beschwerlose Handlung begangen,
so gelangt er in beschwerloser Welt wieder zum Dasein. Und
ist er in beschwerloser Welt wieder zum Dasein gelangt, so
empfangen ihn beschwerlose Empfindungen. Und von beschwerlosen
Empfindungen empfangen fühlt er ein beschwerloses Gefühl,
einzig freudvoll, gleichwie etwa strahlende Götter. Also kommt,
Puṇṇo, nach dem Wirken des Wesens Wiedersein zustande. Was
einer wirkt lässt ihn wiedersein; wiedergeworden empfangen ihn
Empfindungen. Darum aber, Puṇṇo, sag’ ich: Erben der Werke sind
die Wesen. Das heißt man, Puṇṇo, lichte That, die lichte Folge
hat.

»Und was ist das, Puṇṇo, für eine That, die dunkel-licht ist
und dunkel-lichte Folge hat? Da begeht einer, Puṇṇo, in Werken
beschwerhafte Handlung und beschwerlose Handlung, begeht in
Worten beschwerhafte Handlung und beschwerlose Handlung,
begeht in Gedanken beschwerhafte Handlung und beschwerlose
Handlung. Und hat er in Werken beschwerhafte Handlung und
beschwerlose Handlung begangen, in Worten beschwerhafte
Handlung und beschwerlose Handlung begangen, in Gedanken
beschwerhafte Handlung und beschwerlose Handlung begangen, so
gelangt er in beschwerhafter und beschwerloser Welt wieder
zum Dasein. Und ist er in beschwerhafter und beschwerloser
Welt wieder zum Dasein gelangt, so empfangen ihn beschwerhafte
und beschwerlose Empfindungen. Und von beschwerhaften
und beschwerlosen Empfindungen empfangen fühlt er ein
beschwerhaftes und beschwerloses Gefühl, freudvoll und leidvoll
gemischt, gleichwie etwa Menschen, und manche Götter und manche
Geister.[25] Also kommt, Puṇṇo, nach dem Wirken des Wesens
Wiedersein zustande. Was einer wirkt lässt ihn wiedersein;
wiedergeworden empfangen ihn Empfindungen. Darum aber, Puṇṇo,
sag’ ich: Erben der Werke sind die Wesen. Das heißt man, Puṇṇo,
dunkel-lichte That, die dunkel-lichte Folge hat.

»Und was ist das, Puṇṇo, für eine That, die weder dunkel noch        391
licht ist und weder dunkle noch lichte Folge hat, That, die
zur Thatenversiegung führt? Es ist da, Puṇṇo, was dunkle That
anlangt, die dunkle Folge hat, deren Verleugnung, die gedacht
wird; und ist was lichte That anlangt, die lichte Folge hat,
deren Verleugnung, die gedacht wird; und ist was dunkel-lichte
That anlangt, die dunkel-lichte Folge hat, deren Verleugnung,
die gedacht wird. Das heißt man, Puṇṇo, weder dunkle noch
lichte That, die weder dunkle noch lichte Folge hat, That, die
zur Thatenversiegung führt.

»Das aber, Puṇṇo, sind die vier Arten von Thaten, die ich mir
offenbar gemacht, verwirklicht und erklärt habe.«

Nach diesen Worten wandte sich der Koḷiyer Puṇṇo, der
Kuhlehrling, also an den Erhabenen:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa,
o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes
enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die
Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso
auch hat der Erhabene die Lehre gar vielfach gezeigt. Und so
nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und
bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene
betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

Seniyo aber der Unbekleidete, der Hundelehrling, sprach zum
Erhabenen also:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa,
o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes
enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die
Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso
auch hat der Erhabene die Lehre gar manigfach gezeigt. Und so
nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und
bei der Jüngerschaft: möge mir, o Herr, der Erhabene Aufnahme
gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

»Wer da, Seniyo, erst einem anderen Orden angehörte und in
diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten
will, der bleibt vier Monate bei uns; und nach Verlauf von
vier Monaten wird er, wenn er also verblieben ist, von innig
erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht in das Mönchthum:
denn ich habe hier manche Veränderlichkeit erfahren.«

»Wenn, o Herr, die früheren Anhänger anderer Orden, welche in
diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten
wollen, vier Monate bleiben, und nach Verlauf von vier Monaten,
wenn sie also verblieben sind, von innig erfahrenen Mönchen
aufgenommen und eingeweiht werden in das Mönchthum, so will ich
vier Jahre bleiben[26]: und nach Verlauf von vier Jahren sollen
mich, wenn ich also verblieben bin, innig erfahrene Mönche
aufnehmen und einweihen in das Mönchthum.«

Es wurde Seniyo der Unbekleidete, der Hundelehrling, vom
Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Nicht lange aber war der ehrwürdige Seniyo in den Orden
aufgenommen, da hatte er, einsam, abgesondert, unermüdlich,
in heißem, innigem Ernste gar bald was edle Söhne gänzlich           392
vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel
des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht,
verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet
das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt
verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Seniyo der
Heiligen geworden.[27]



                              58.

             Sechster Theil            Achte Rede

                     ABHAYO DER KÖNIGSOHN


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel[28] der Eichhörnchen.

Da nun begab sich Abhayo der Königsohn dorthin wo der Freie
Bruder Nāthaputto weilte, begrüßte den Freien Bruder Nāthaputto
ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Und zu Abhayo
dem Königsohn, der zur Seite saß, sprach der Freie Bruder
Nāthaputto also:

»Gehe, du Königsohn, und nimm den Asketen Gotamo beim Worte:
dann wird man dir mit dem frohen Ruhmesrufe begegnen: ‚Abhayo
der Königsohn hat den Asketen Gotamo, den so mächtigen, so
gewaltigen, beim Worte genommen!‘«

»Wie aber, o Herr, soll ich den Asketen Gotamo, den so
mächtigen, so gewaltigen, beim Worte nehmen?«

»Gehe, du Königsohn, hin wo der Asket Gotamo weilt, und sprich
dann also zu ihm: ›Mag wohl, o Herr, der Vollendete Dinge
sagen, die den anderen unlieb und unangenehm sind?‹ Wenn dir
der Asket Gotamo auf diese Frage also antwortet: ›Sagen mag,
o Königsohn, der Vollendete Dinge, die den anderen unlieb und
unangenehm sind‹, so hast du also zu ihm zu reden: ›Aber was
ist dann nur, o Herr, für ein Unterschied zwischen dir und
einem gewöhnlichen Menschen? Denn auch der gewöhnliche Mensch
mag Dinge sagen, die den anderen unlieb und unangenehm sind.‹
Doch wenn dir der Asket Gotamo auf deine Frage also antwortet:
›Nicht mag, o Königsohn, der Vollendete Dinge sagen, die den
anderen unlieb und unangenehm sind‹, so hast du also zu ihm zu       393
reden: ›Aber hast du denn nicht, o Herr, von Devadatto gesagt:
‚Unsälig ist Devadatto, unrettbar ist Devadatto, Zwecke sucht
Devadatto[29], unheilbar ist Devadatto‘? Und diese deine Worte
haben Devadatto zornig und unzufrieden gemacht!‹ Legst du,
o Königsohn, dem Asketen Gotamo diese doppeldeutige Frage
vor, so wird er weder ausschlingen noch einschlingen können.
Gleichwie etwa ein Mann, dem ein eiserner Ring um den Hals
gelegt ist, nicht ausschlingen kann und nicht einschlingen,
ebenso nun auch, o Königsohn, wird der Asket Gotamo auf diese
doppeldeutige Frage weder ausschlingen noch einschlingen
können.«

»Gut, o Herr!« erwiderte da gehorsam Abhayo der Königsohn dem
Freien Bruder Nāthaputto. Und er stand von seinem Sitze auf,
begrüßte den Freien Bruder Nāthaputto ehrerbietig, ging rechts
herum und begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte
den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder.
Als nun Abhayo der Königsohn zur Seite saß, da sah er nach
der Sonne und gedachte: ›Es ist heute nicht an der Zeit, den
Erhabenen beim Worte zu nehmen; morgen dann will ich in meinem
Hause den Erhabenen beim Worte nehmen‹: und er sprach zum
Erhabenen also:

»Gewähre mir, o Herr, der Erhabene die Bitte, morgen selbviert
bei mir zu speisen!«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun Abhayo der Königsohn der Zustimmung des Erhabenen
sicher war, stand er von seinem Sitze auf, begrüßte den
Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Und der Erhabene begab sich am nächsten Morgen, zeitig
gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, nach dem Hause Abhayo
des Königsohns. Dort angelangt nahm der Erhabene auf dem
dargebotenen Sitze Platz. Und Abhayo der Königsohn bediente und
versorgte eigenhändig den Erhabenen mit ausgewählter fester
und flüssiger Speise.

Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte,
nahm Abhayo der Königsohn einen von den niederen Stühlen zur
Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach
dann Abhayo der Königsohn zum Erhabenen also:

»Mag wohl, o Herr, der Vollendete Dinge sagen, die den anderen
unlieb und unangenehm sind?«

»Nicht wohl, Königsohn, einzig das.«

»Das haben, o Herr, die Freien Brüder vorgebracht.«

»Warum denn, Königsohn, sprichst du also: ›Das haben, o Herr,
die Freien Brüder vorgebracht‹?«                                     394

»Da war ich, o Herr, zum Freien Bruder Nāthaputto hingegangen,
hatte ihn ehrerbietig begrüßt und mich seitwärts niedergesetzt.
Und als ich da saß, sprach der Freie Bruder Nāthaputto also
zu mir: ›Gehe, du Königsohn, und nimm den Asketen Gotamo beim
Worte: dann wird man dir mit dem frohen Ruhmesrufe begegnen:
‚Abhayo der Königsohn hat den Asketen Gotamo, den so mächtigen,
so gewaltigen, beim Worte genommen!‘‹ Auf diesen Rath, o Herr,
erwiderte ich dem Freien Bruder Nāthaputto: ›Wie soll ich aber,
o Herr, den Asketen Gotamo, den so mächtigen, so gewaltigen,
beim Worte nehmen?‹ -- ›Gehe, du Königsohn, hin wo der Asket
Gotamo weilt, und sprich dann also zu ihm: ‚Mag wohl, o
Herr, der Vollendete Dinge sagen, die den anderen unlieb und
unangenehm sind?‘ Wenn dir der Asket Gotamo auf diese Frage
also antwortet: ‚Sagen mag, o Königsohn, der Vollendete Dinge,
die den anderen unlieb und unangenehm sind‘, so hast du also
zu ihm zu reden: ‚Aber was ist dann nur, o Herr, für ein
Unterschied zwischen dir und einem gewöhnlichen Menschen? Denn
auch der gewöhnliche Mensch mag Dinge sagen, die den anderen
unlieb und unangenehm sind.‘ Doch wenn dir der Asket Gotamo
auf deine Frage also antwortet: ‚Nicht mag, o Königsohn, der
Vollendete Dinge sagen, die den anderen unlieb und unangenehm
sind‘, so hast du also zu ihm zu reden: ‚Aber hast du denn
nicht, o Herr, von Devadatto gesagt: „Unsälig ist Devadatto,
unrettbar ist Devadatto, Zwecke sucht Devadatto, unheilbar ist
Devadatto“? Und diese deine Worte haben Devadatto zornig und
unzufrieden gemacht!‘ Legst du, o Königsohn, dem Asketen Gotamo
diese doppeldeutige Frage vor, so wird er weder ausschlingen
noch einschlingen können. Gleichwie etwa ein Mann, dem ein
eiserner Ring um den Hals gelegt ist, nicht ausschlingen kann
und nicht einschlingen, ebenso nun auch, o Königsohn, wird der
Asket Gotamo auf diese doppeldeutige Frage weder ausschlingen
noch einschlingen können.‹«

Während dieses Gespräches nun hatte Abhayo der Königsohn einen
zarten Knaben, einen unvernünftigen Säugling auf dem Schooße
sitzen. Da sprach nun der Erhabene zu Abhayo dem Königsohn also:

»Was meinst du wohl, Königsohn: wenn dieser Knabe infolge            395
deiner Nachlässigkeit oder der Nachlässigkeit seiner Amme ein
Holzstück oder einen Scherben in den Mund nähme, was würdest du
mit ihm machen?«

»Ich würd’ es ihm wegnehmen, o Herr! Wenn ich es, o Herr,
nicht gleich von Anfang an wegnehmen könnte, so würd’ ich mit
der linken Hand seinen Kopf halten und mit der rechten einen
Finger krümmen und es ihm, selbst blutig, herausziehen. Und
warum das? Weil mich, o Herr, der Knabe erbarmt.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, kennt der Vollendete Worte, von
denen er weiß, dass sie unwahr, unächt, unheilsam und den
anderen unlieb und unangenehm sind, und mag der Vollendete
solche Worte nicht sagen; und kennt der Vollendete Worte, von
denen er weiß, dass sie wahr und ächt und unheilsam und den
anderen unlieb und unangenehm sind, und mag der Vollendete auch
solche Worte nicht sagen; doch kennt der Vollendete Worte,
von denen er weiß, dass sie wahr und ächt und heilsam und den
anderen unlieb und unangenehm sind, und mag da der Vollendete
die Zeit ermessen, solche Worte zu reden. Es kennt der
Vollendete Worte, von denen er weiß, dass sie unwahr, unächt,
unheilsam und den anderen lieb und angenehm sind, und mag der
Vollendete solche Worte nicht sagen; und kennt der Vollendete
Worte, von denen er weiß, dass sie wahr und ächt und unheilsam
und den anderen lieb und angenehm sind, und mag der Vollendete
auch solche Worte nicht sagen; doch kennt der Vollendete Worte,
von denen er weiß, dass sie wahr und ächt und heilsam und den
anderen lieb und angenehm sind, und mag da der Vollendete die
Zeit ermessen, solche Worte zu reden. Und warum das? Weil,
Königsohn, den Vollendeten die Wesen erbarmen.«

»Wenn da, o Herr, gelehrte Fürsten und gelehrte Priester,
gelehrte Bürger und gelehrte Asketen eine Frage zusammenstellen
und den Vollendeten aufsuchen und sie vorlegen, hat da wohl,
o Herr, der Erhabene schon vorher im Geiste daran gedacht:
›Wer mich aufsuchen und befragen wird, dem werd’ ich auf
solche Frage solche Antwort geben‹; oder kommt es eben erst im
Augenblick dem Vollendeten in den Sinn?«

»Da will ich dir nun, Königsohn, eben hierüber eine Frage
stellen: wie’s dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was
meinst du wohl, Königsohn: sind dir die Theile und Stücke des
Wagens genau bekannt?«

»Gewiss, o Herr, genau sind mir die Theile und Stücke des
Wagens bekannt.«

»Was meinst du wohl, Königsohn: wenn man zu dir käme und dich
fragte: ›Was ist denn das für ein Theil und Stück vom Wagen‹,
würdest du etwa schon vorher im Geiste daran gedacht haben:
›Wer mich aufsuchen und befragen wird, dem werd’ ich auf solche      396
Frage solche Antwort geben‹; oder kam’ es dir eben erst im
Augenblick in den Sinn?«

»Ich bin ja, o Herr, ein erfahrener Wagenlenker, genau sind
mir die Theile und Stücke des Wagens bekannt, alle Theile
und Stücke des Wagens hab’ ich wohl erprobt: eben erst im
Augenblicke käm’ es mir in den Sinn.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, gehn da gelehrte Fürsten und
gelehrte Priester, gelehrte Bürger und gelehrte Asketen den
Vollendeten mit einer Frage an, und es kommt dem Vollendeten
eben erst im Augenblick in den Sinn. Und warum das? Jene
Eigenart der Dinge hat ja, Königsohn, der Vollendete von Grund
aus erkannt, so dass es durch die gründliche Erkenntniss der
Eigenart der Dinge dem Vollendeten eben erst im Augenblick in
den Sinn kommt.«

Nach diesen Worten wandte sich Abhayo der Königsohn also an den
Erhabenen:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa,
o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes
enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die
Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso
auch hat der Erhabene die Lehre gar manigfach gezeigt. Und
so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre
und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene
betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«[30]



                              59.

             Sechster Theil            Neunte Rede

                       VIEL DER GEFÜHLE


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da nun begab sich Pañcakaṉgo der Baumeister dorthin wo der
ehrwürdige Udāyī weilte. Dort angelangt begrüßte er den
ehrwürdigen Udāyī ehrerbietig und setzte sich zur Seite hin.
Zur Seite sitzend sprach nun Pañcakaṉgo der Baumeister also zum
ehrwürdigen Udāyī:

»Wieviel Gefühle hat wohl, Herr Udāyī, der Erhabene angegeben?«

»Drei Gefühle, Hausvater, hat der Erhabene angegeben: das
wohlige Gefühl, das wehe Gefühl und das weder wohlig noch
wehe Gefühl. Das, o Hausvater, sind die drei Gefühle, die der        397
Erhabene angegeben hat.«

»Nicht drei Gefühle, Herr Udāyī, hat der Erhabene angegeben,
zwei Gefühle hat der Erhabene angegeben: das wohlige Gefühl und
das wehe Gefühl. Was das weder wohlig noch wehe Gefühl anlangt,
o Herr, das hat der Erhabene beim Tüchtigen als auserlesenes
Wohl bezeichnet.«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach der ehrwürdige
Udāyī also zu Pañcakaṉgo dem Baumeister:

»Nicht zwei Gefühle, Hausvater, hat der Erhabene angegeben,
drei Gefühle hat der Erhabene angegeben: das wohlige Gefühl,
das wehe Gefühl und das weder wohlig noch wehe Gefühl. Das, o
Hausvater, sind die drei Gefühle, die der Erhabene angegeben
hat.«

Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach Pañcakaṉgo der
Baumeister also zum ehrwürdigen Udāyī:

»Nicht drei Gefühle, Herr Udāyī, hat der Erhabene angegeben,
zwei Gefühle hat der Erhabene angegeben: das wohlige Gefühl und
das wehe Gefühl. Was das weder wohlig noch wehe Gefühl anlangt,
o Herr, das hat der Erhabene beim Tüchtigen als auserlesenes
Wohl bezeichnet.«

Und weder vermochte der ehrwürdige Udāyī Pañcakaṉgo den
Baumeister zu überzeugen, noch auch vermochte Pañcakaṉgo der
Baumeister den ehrwürdigen Udāyī zu überzeugen.

Es erfuhr aber der ehrwürdige Ānando das Gespräch, das
zwischen dem ehrwürdigen Udāyī und Pañcakaṉgo dem Baumeister
stattgefunden. Und der ehrwürdige Ānando begab sich dorthin
wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und
setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend erzählte nun
der ehrwürdige Ānando dem Erhabenen das ganze Gespräch des
ehrwürdigen Udāyī mit Pañcakaṉgo dem Baumeister. Nach diesem
Berichte sprach der Erhabene also zum ehrwürdigen Ānando:

»Einen tauglichen Standpunkt, wahrlich, Ānando, hat Pañcakaṉgo
der Baumeister Udāyī dem Mönche streitig gemacht: und einen
tauglichen Standpunkt, wahrlich, Ānando, hat auch Udāyī der
Mönch Pañcakaṉgo dem Baumeister streitig gemacht. Zwei Gefühle
hab’ ich, Ānando, angegeben je nach dem Standpunkte, und
drei Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem Standpunkte, und         398
fünf Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem Standpunkte, und
sechs Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem Standpunkte, und
achtzehn Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem Standpunkte,
und sechsunddreißig Gefühle hab’ ich angegeben je nach dem
Standpunkte, und hundertacht Gefühle hab’ ich angegeben je
nach dem Standpunkte.[31] Also hab’ ich, Ānando, je nach dem
Standpunkte die Lehre dargelegt. Wenn sie nun, Ānando, bei
also von mir je nach dem Standpunkte dargelegter Lehre dem
rechten Worte, der rechten Rede nicht gegenseitig zustimmen,
beistimmen, beipflichten wollen, so ist von ihnen zu erwarten,
dass sie zanken und streiten, mit einander hadern und scharfe
Wortgefechte führen werden. Also hab’ ich, Ānando, je nach dem
Standpunkte die Lehre dargelegt. Wenn sie nun, Ānando, bei also
von mir je nach dem Standpunkte dargelegter Lehre dem rechten
Worte, der rechten Rede gegenseitig zustimmen, beistimmen,
beipflichten wollen, so ist von ihnen zu erwarten, dass sie
sich vertragen, einig, ohne Zwist, mild geworden, einander
sanften Auges ansehn werden.

»Fünf Begehrungen, Ānando, giebt es da: und welche fünf?
Die durch das Gesicht ins Bewusstsein tretenden Formen,
die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Gehör
ins Bewusstsein tretenden Töne, die ersehnten, geliebten,
entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden,
reizenden; die durch den Geruch ins Bewusstsein tretenden
Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack
ins Bewusstsein tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten,
entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden,
reizenden; die durch das Getast ins Bewusstsein tretenden
Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen,
dem Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind, Ānando, die
fünf Begehrungen. Was da Wohl und Glück, Ānando, diesen fünf
Begehrungen gemäß geht nennt man Wohl des Begehrens.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste
Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich
ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl,
das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber,
Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl
ist? Da weilt, Ānando, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern
von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener
säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Das ist,
Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste
Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’
ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein         399
Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das
aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes
Wohl ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach Vollendung des
Sinnens und Gedenkens die innere Meeresstille, die Einheit des
Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung
geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Das
ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes
Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste
Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’
ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein
Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das
aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes
Wohl ist? Da verweilt, Ānando, ein Mönch in heiterer Ruhe,
gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet
er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig
Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten
Schauung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener
ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste
Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’
ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein
Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das
aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes
Wohl ist? Da erwirkt, Ānando, ein Mönch nach Verwerfung der
Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns
und Trübsinns die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig
einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Das ist,
Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste
Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich
ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl,
das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber,
Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl
ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach völliger Ueberwindung
der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen,
Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen in dem Gedanken
›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten Raumes.
Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als
jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste
Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich
ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl,
das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber,
Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl
ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach völliger Ueberwindung
der unbegrenzten Raumsphäre in dem Gedanken ›Gränzenlos ist das
Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten Bewusstseins. Das ist,
Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste
Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich
ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl,
das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber,
Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl
ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach völliger Ueberwindung
der unbegränzten Bewusstseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist
da‹ das Reich des Nichtdaseins. Das ist, Ānando, ein Wohl, das
besser und erlesener ist als jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste
Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich
ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl,
das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber,
Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl
ist? Da erreicht, Ānando, ein Mönch nach völliger Ueberwindung
der Nichtdaseinsphäre die Gränzscheide möglicher Wahrnehmung.
Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als
jenes Wohl.

»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste          400
Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh’ ich
ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl,
das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber,
Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl
ist? Da erreicht, Ānando, ein Mönch nach völliger Ueberwindung
der Gränzscheide möglicher Wahrnehmung die Auflösung der
Wahrnehmbarkeit. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und
erlesener ist als jenes Wohl.

»Möglich aber, Ānando, wär’ es, dass da die Pilger anderer
Orden sagten: ›Die Auflösung der Wahrnehmbarkeit verkündet der
Asket Gotamo, und er bezeichnet sie als Wohl: was ist es damit,
wie verhält es sich damit?‹ Auf solche Rede, Ānando, wäre den
Pilgern anderer Orden solches zu erwidern: ›Nicht, ihr Brüder,
bezeichnet es der Erhabene in Beziehung auf das wohlige Gefühl
als Wohl; sondern, ihr Brüder: wo eben immerhin Wohl empfunden
wird, das bezeichnet da der Vollendete eben immerhin als Wohl.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige
Ānando über das Wort des Erhabenen.[32]



                              60.

             Sechster Theil            Zehnte Rede

                         FRAGLOSIGKEIT


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene
im Lande Kosalo von Ort zu Ort und kam, von vielen Mönchen
begleitet, in die Nähe eines kosalischen Brāhmanendorfes Namens
Sālā. Und es hörten die brāhmanischen Hausleute in Sālā reden:
›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe
der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von Ort zu Ort
und ist mit vielen Mönchen in Sālā angekommen. Diesen Herrn          401
Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe,
so zwar: ‚Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene,
der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde,
der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der
Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen
und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und
Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden
und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang
begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn-
und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte
Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn
kann!‘‹

Und die brāhmanischen Hausleute von Sālā begaben sich nun
dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt verneigten sich
einige vor dem Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite
nieder, andere wechselten höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzten sich zur Seite
nieder, einige wieder falteten die Hände gegen den Erhabenen
und setzten sich zur Seite nieder, andere wieder gaben beim
Erhabenen Namen und Stand zu erkennen und setzten sich zur
Seite nieder, und andere setzten sich still zur Seite nieder.
Zu den brāhmanischen Hausleuten von Sālā nun, die da zur Seite
saßen, sprach der Erhabene also:

»Habt ihr wohl, Hausväter, einen lieben Meister unter euch, zu
dem ihr gegründetes Vertrauen hegen könnt?«

»Nein, o Herr, wir haben keinen lieben Meister unter uns, zu
dem wir gegründetes Vertrauen hegen können.«

»Habt ihr, Hausväter, keinen lieben Meister gefunden, so mag
euch diese fraglose Lehre zur Weisung dienen. Denn die fraglose
Lehre, Hausväter, befolgt und bewahrt, die wird euch lange zum
Wohle, zum Heile gereichen. Was ist das aber, Hausväter, für
eine fraglose Lehre?

»Es giebt, Hausväter, manche Asketen und Priester, die sagen
und lehren: ›Almosengeben, Verzichtleisten, Spenden -- es ist
alles eitel; es giebt keine Saat und Ernte guter und böser
Werke; Diesseits und Jenseits sind leere Worte; Vater und
Mutter und auch geistige Geburt sind hohle Namen; die Welt hat
keine Asketen und Priester, die vollkommen und vollendet sind,
die sich den Sinn dieser und jener Welt begreiflich machen,
anschaulich vorstellen und erklären können.‹ Nun sagen aber,
Hausväter, manche Asketen und Priester gerade das Gegentheil
davon und behaupten: ›Almosengeben, Verzichtleisten, Spenden         402
ist kein Unsinn; es giebt eine Saat und Ernte guter und böser
Werke; das Diesseits ist vorhanden und das Jenseits ist
vorhanden; Eltern giebt es und geistige Geburt giebt es; die
Welt hat Asketen und Priester, die vollkommen und vollendet
sind, die sich den Sinn dieser und jener Welt begreiflich
machen, anschaulich vorstellen und erklären können.‹ Was meint
ihr wohl, Hausväter: sagen da nicht die einen Asketen und
Priester gerade das Gegentheil von dem, was die anderen sagen?«

»Allerdings, o Herr!«

»Da ist nun, Hausväter, von den einen Asketen und Priestern
zu erwarten, dass sie den guten Wandel in Werken, Worten
und Gedanken, diese drei heilsamen Dinge, aufgeben und den
schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei
unheilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja
jene lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend,
Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung
vorzüglichen, läuternden Einfluss nicht merken. Denn obzwar
es ein Jenseits giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt kein
Jenseits‹; das ist seine falsche Erkenntniss. Denn obzwar es
ein Jenseits giebt, sinnt er: ›Es giebt kein Jenseits‹; das ist
seine falsche Gesinnung. Denn obzwar es ein Jenseits giebt,
redet er: ›Es giebt kein Jenseits‹; das ist seine falsche Rede.
Denn obzwar es ein Jenseits giebt, behauptet er: ›Es giebt kein
Jenseits‹; und den Heiligen, die vom Jenseits wissen, denen
stellt er sich entgegen. Denn obzwar es ein Jenseits giebt,
belehrt er die anderen: ›Es giebt kein Jenseits‹; das ist seine
unrichtige Belehrung. Und um dieser unrichtigen Belehrung
willen brüstet er sich noch und verachtet[33] die anderen.
So hat er was da früher etwa Gutes an ihm war verleugnet und
Schlechtes angenommen: das ist falsche Erkenntniss, falsche
Gesinnung, falsche Rede, Widerstand gegen Heilige, unrichtige
Belehrung, Eigenlob und Nächstentadel. Also entwickeln sich an
ihm diese verschiedenen bösen, unheilsamen Dinge aus falscher
Erkenntniss.

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn            403
es kein Jenseits giebt, so wird dieser liebe Mann bei der
Auflösung des Körpers, nach dem Tode, heil ausgehn; wenn es
aber ein Jenseits giebt, so wird dieser liebe Mann bei der
Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf schlechte
Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen. Mag es
nun immerhin kein Jenseits geben, wahr soll das Wort jener
lieben Asketen und Priester sein: aber dieser liebe Mann zieht
sich ja schon bei Lebzeiten den Tadel Verständiger zu: ‚Es
ist ein gewissenloser Mensch, der die Dinge falsch ansieht,
an nichts glaubt.‘ Wenn es aber doch ein Jenseits giebt, so
hat dieser liebe Mann auf beiden Seiten das Spiel verloren:
erst, weil er sich schon bei Lebzeiten den Tadel Verständiger
zuzieht; und dann, weil er bei der Auflösung des Körpers, nach
dem Tode, abwärts, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in
höllische Welt gelangen wird. Also hat er diese fraglose Lehre
übel befolgt und bewahrt, nur ein Ziel gelten und das Gute
verkümmern lassen.‹

»Da ist nun, Hausväter, von den anderen Asketen und Priestern
zu erwarten, dass sie den schlechten Wandel in Werken, Worten
und Gedanken, diese drei unheilsamen Dinge, aufgeben und
den guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei
heilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja jene
lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend,
Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung
vorzüglichen, läuternden Einfluss merken. Und weil es eben ein
Jenseits giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt ein Jenseits‹;
das ist seine rechte Erkenntniss. Und weil es eben ein Jenseits
giebt, sinnt er: ›Es giebt ein Jenseits‹; das ist seine rechte
Gesinnung. Und weil es eben ein Jenseits giebt, redet er: ›Es
giebt ein Jenseits‹; das ist seine rechte Rede. Und weil es
eben ein Jenseits giebt, behauptet er: ›Es giebt ein Jenseits‹;
und den Heiligen, die vom Jenseits wissen, denen stellt er
sich nicht entgegen. Und weit es eben ein Jenseits giebt,
belehrt er die anderen: ›Es giebt ein Jenseits‹; das ist seine
richtige Belehrung. Und um dieser richtigen Belehrung willen         404
brüstet er sich nicht, verachtet nicht die anderen. So hat er
was da früher etwa Schlechtes an ihm war verleugnet und Gutes
angenommen: das ist rechte Erkenntniss, rechte Gesinnung,
rechte Rede, kein Widerstand gegen Heilige, richtige Belehrung,
kein Eigenlob und kein Nächstentadel. Also entwickeln sich an
ihm diese verschiedenen heilsamen Dinge aus rechter Erkenntniss.

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn
es ein Jenseits giebt, so wird dieser liebe Mann bei der
Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in
himmlische Welt gelangen. Mag es nun immerhin kein Jenseits
geben, wahr soll das Wort jener lieben Asketen und Priester
sein: aber dieser liebe Mann wird ja schon bei Lebzeiten von
Verständigen gepriesen: ‚Es ist ein gewissenhafter Mensch, der
die Dinge recht ansieht, an etwas glaubt.‘ Wenn es aber doch
ein Jenseits giebt, so hat dieser liebe Mann auf beiden Seiten
das Spiel gewonnen: erst, weil er schon bei Lebzeiten den Preis
Verständiger erwirbt; und dann, weil er bei der Auflösung des
Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt
gelangen wird. Also hat er diese fraglose Lehre wohl befolgt
und bewahrt, beide Ziele gelten und das Schlechte verkümmern
lassen.‹

»Es giebt, Hausväter, manche Asketen und Priester, die sagen
und lehren: ›Was einer begeht und begehn lässt: wer zerstört
und zerstören lässt, wer quält und quälen lässt, wer Kummer und
Plage schafft, wer schlägt und schlagen heißt, wer Lebendiges
umbringt, Nichtgegebenes nimmt, in Häuser einbricht, fremdes
Gut raubt, wer stiehlt, betrügt, Ehefrauen verführt, Lügen
spricht: was einer begeht, er begeht keine Schuld. Und wer da
gleich mit einer scharfgeschliffenen Schlachtscheibe alles
Lebendige auf dieser Erde zu einer einzigen Masse Mus, zu einer
einzigen Masse Brei machte, so hat er darum keine Schuld,
begeht kein Unrecht. Und wer auch am südlichen Ufer des Ganges
verheerend und mordend dahinzöge, zerstörte und zerstören
ließe, quälte und quälen ließe, so hat er darum keine Schuld,
begeht kein Unrecht: und wer auch am nördlichen Ufer des Ganges
spendend und schenkend dahinzöge, Almosen gäbe und geben
ließe, so hat er darum kein Verdienst, begeht nichts Gutes.
Durch Milde, Sanftmuth, Selbstverzicht, Wahrhaftigkeit erwirbt
man kein Verdienst, begeht nichts Gutes.‹ Nun sagen aber,
Hausväter, manche Asketen und Priester gerade das Gegentheil
davon und behaupten: ›Was einer begeht und begehn lässt: wer         405
zerstört und zerstören lässt, wer quält und quälen lässt, wer
Kummer und Plage schafft, wer schlägt und schlagen heißt, wer
Lebendiges umbringt, Nichtgegebenes nimmt, in Häuser einbricht,
fremdes Gut raubt, wer stiehlt, betrügt, Ehefrauen verführt,
Lügen spricht: was einer begeht, er begeht Schuld. Und wer
da etwa mit einer scharfgeschliffenen Schlachtscheibe alles
Lebendige auf dieser Erde zu einer einzigen Masse Mus, zu
einer einzigen Masse Brei machte, der hat darum Schuld, begeht
Unrecht. Und wer etwa am südlichen Ufer des Ganges verheerend
und mordend dahinzöge, zerstörte und zerstören ließe, quälte
und quälen ließe, der hat darum Schuld, begeht Unrecht: und
wer etwa am nördlichen Ufer des Ganges spendend und schenkend
dahinzöge, Almosen gäbe und geben ließe, der hat Verdienst,
begeht Gutes. Durch Milde, Sanftmuth, Selbstverzicht,
Wahrhaftigkeit erwirbt man Verdienst, begeht Gutes.‹ Was meint
ihr wohl, Hausväter: sagen da nicht die einen Asketen und
Priester gerade das Gegentheil von dem, was die anderen sagen?«

»Freilich, o Herr!«

»Da ist nun, Hausväter, von den einen Asketen und Priestern
zu erwarten, dass sie den guten Wandel in Werken, Worten
und Gedanken, diese drei heilsamen Dinge, aufgeben und den
schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei
unheilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja
jene lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend,
Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung
vorzüglichen, läuternden Einfluss nicht merken. Denn obzwar
es ein Handeln giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt kein
Handeln‹; das ist seine falsche Erkenntniss. Denn obzwar es
ein Handeln giebt, sinnt er: ›Es giebt kein Handeln‹; das ist
seine falsche Gesinnung. Denn obzwar es ein Handeln giebt,
redet er: ›Es giebt kein Handeln‹; das ist seine falsche Rede.
Denn obzwar es ein Handeln giebt, behauptet er: ›Es giebt kein
Handeln‹; und den Heiligen, die vom Handeln aussagen, denen
stellt er sich entgegen. Denn obzwar es ein Handeln giebt,
belehrt er die anderen: ›Es giebt kein Handeln‹; das ist seine
unrichtige Belehrung. Und um dieser unrichtigen Belehrung
willen brüstet er sich noch und verachtet die anderen. So
hat er was da früher etwa Gutes an ihm war verleugnet und
Schlechtes angenommen: das ist falsche Erkenntniss, falsche          406
Gesinnung, falsche Rede, Widerstand gegen Heilige, unrichtige
Belehrung. Eigenlob und Nächstentadel. Also entwickeln sich an
ihm diese verschiedenen bösen, unheilsamen Dinge aus falscher
Erkenntniss.

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn es
kein Handeln giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung
des Körpers, nach dem Tode, heil ausgehn; wenn es aber ein
Handeln giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des
Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf schlechte Fährte, zur
Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen. Mag es nun immerhin
kein Handeln geben, wahr soll das Wort jener lieben Asketen und
Priester sein: aber dieser liebe Mann zieht sich ja schon bei
Lebzeiten den Tadel Verständiger zu: ‚Es ist ein gewissenloser
Mensch, der die Dinge falsch ansieht, an kein Handeln glaubt.‘
Wenn es aber doch ein Handeln giebt, so hat dieser liebe Mann
auf beiden Seiten das Spiel verloren: erst, weil er sich schon
bei Lebzeiten den Tadel Verständiger zuzieht; und dann, weil
er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf
schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen
wird. Also hat er diese fraglose Lehre übel befolgt und
bewahrt, nur ein Ziel gelten und das Gute verkümmern lassen.‹

»Da ist nun, Hausväter, von den anderen Asketen und Priestern
zu erwarten, dass sie den schlechten Wandel in Werken, Worten
und Gedanken, diese drei unheilsamen Dinge, aufgeben und
den guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei
heilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja jene
lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend,
Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung
vorzüglichen, läuternden Einfluss merken. Und weil es eben ein
Handeln giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt ein Handeln‹;
das ist seine rechte Erkenntniss. Und weil es eben ein Handeln
giebt, sinnt er: ›Es giebt ein Handeln‹; das ist seine rechte
Gesinnung. Und weil es eben ein Handeln giebt, redet er: ›Es
giebt ein Handeln‹; das ist seine rechte Rede. Und weil es
eben ein Handeln giebt, behauptet er: ›Es giebt ein Handeln‹;
und den Heiligen, die vom Handeln aussagen, denen stellt er
sich nicht entgegen. Und weil es eben ein Handeln giebt,
belehrt er die anderen: ›Es giebt ein Handeln‹; das ist seine
richtige Belehrung. Und um dieser richtigen Belehrung willen
brüstet er sich nicht, verachtet nicht die anderen. So hat er        407
was da früher etwa Schlechtes an ihm war verleugnet und Gutes
angenommen: das ist rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte
Rede, kein Widerstand gegen Heilige, richtige Belehrung, kein
Eigenlob und kein Nächstentadel. Also entwickeln sich an ihm
diese verschiedenen heilsamen Dinge aus rechter Erkenntniss.[34]

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn es
ein Handeln giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung
des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt
gelangen. Mag es nun immerhin kein Handeln geben, wahr soll das
Wort jener lieben Asketen und Priester sein: aber dieser liebe
Mann wird ja schon bei Lebzeiten von Verständigen gepriesen:
‚Es ist ein gewissenhafter Mensch, der die Dinge recht ansieht,
an das Handeln glaubt.‘ Wenn es aber doch ein Handeln giebt, so
hat dieser liebe Mann auf beiden Seiten das Spiel gewonnen:
erst, weil er schon bei Lebzeiten den Preis Verständiger
erwirbt: und dann, weil er bei der Auflösung des Körpers, nach
dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt gelangen wird.
Also hat er diese fraglose Lehre wohl befolgt und bewahrt,
beide Ziele gelten und das Schlechte verkümmern lassen.‹

»Es giebt, Hausväter, manche Asketen und Priester, die sagen
und lehren: ›Es giebt keinem Grund, es giebt keine Ursache der
Verderbniss der Wesen; ohne Grund, ohne Ursache werden die
Wesen verderbt. Es giebt keinen Grund, es giebt keine Ursache
der Läuterung der Wesen; ohne Grund, ohne Ursache werden die
Wesen lauter. Es giebt keine Macht und keine Kraft, es giebt
keine Mannesgewalt und keine Mannestapferkeit. Alle Wesen, alle
Lebendigen, alle Gewordenen, alle Geborenen sind willenlos,
machtlos, kraftlos. Nothwendig kommen sie zustande und
entwickeln sich zur Reife und empfinden je nach den sechs Arten
von Dasein Wohl und Wehe.‹ Nun sagen aber, Hausväter, manche
Asketen und Priester gerade das Gegentheil davon und behaupten:
›Es giebt einen Grund, es giebt eine Ursache der Verderbniss
der Wesen; aus Grund und Ursache werden die Wesen verderbt.
Es giebt einen Grund, es giebt eine Ursache der Läuterung der
Wesen; aus Grund und Ursache werden die Wesen lauter. Es giebt
Macht und Kraft, es giebt Mannesgewalt und Mannestapferkeit.
Kein Wesen, kein Lebendiges, kein Gewordenes, kein Geborenes
ist willenlos, machtlos, kraftlos. Nicht Nothwendigkeit ist es,
wodurch die Wesen zustandekommen, sich zur Reife entwickeln und
je nach den sechs Arten von Dasein Wohl und Wehe empfinden.‹
Was meint ihr wohl, Hausväter: sagen da nicht die einen Asketen      408
und Priester gerade das Gegentheil von dem, was die anderen
sagen?«

»Gewiss, o Herr!«

»Da ist nun, Hausväter, von den einen Asketen und Priestern
zu erwarten, dass sie den guten Wandel in Werken, Worten
und Gedanken, diese drei heilsamen Dinge, aufgeben und den
schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei
unheilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja
jene lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend,
Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung
vorzüglichen, läuternden Einfluss nicht merken. Denn obzwar
es einen Grund giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt keinen
Grund‹; das ist seine falsche Erkenntniss. Denn obzwar es einen
Grund giebt, sinnt er: ›Es giebt keinen Grund‹; das ist seine
falsche Gesinnung. Denn obzwar es einen Grund giebt, redet
er: ›Es giebt keinen Grund‹; das ist seine falsche Rede. Denn
obzwar es einen Grund giebt, behauptet er: ›Es giebt keinen
Grund‹; und den Heiligen, die vom Grunde aussagen, denen stellt
er sich entgegen. Denn obzwar es einen Grund giebt, belehrt er
die anderen: ›Es giebt keinen Grund‹; das ist seine unrichtige
Belehrung. Und um dieser unrichtigen Belehrung willen brüstet
er sich noch und verachtet die anderen. So hat er was da früher
etwa Gutes an ihm war verleugnet und Schlechtes angenommen:
das ist falsche Erkenntniss, falsche Gesinnung, falsche Rede,
Widerstand gegen Heilige, unrichtige Belehrung, Eigenlob und
Nächstentadel. Also entwickeln sich an ihm diese verschiedenen
bösen, unheilsamen Dinge aus falscher Erkenntniss.

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn es
keinen Grund giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung
des Körpers, nach dem Tode, heil ausgehn; wenn es aber einen
Grund giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung des
Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf schlechte Fährte, zur
Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen. Mag es nun immerhin
keinen Grund geben, wahr soll das Wort jener lieben Asketen und
Priester sein: aber dieser liebe Mann zieht sich ja schon bei
Lebzeiten den Tadel Verständiger zu: ‚Es ist ein gewissenloser
Mensch, der die Dinge falsch ansieht, an keinen Grund glaubt.‘
Wenn es aber doch einen Grund giebt, so hat dieser liebe Mann
auf beiden Seiten das Spiel verloren: erst, weil er sich schon       409
bei Lebzeiten den Tadel Verständiger zuzieht; und dann, weil
er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts, auf
schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische Welt gelangen
wird. Also hat er diese fraglose Lehre übel befolgt und
bewahrt, nur ein Ziel gelten und das Gute verkümmern lassen.‹

»Da ist nun, Hausväter, von den anderen Asketen und Priestern
zu erwarten, dass sie den schlechten Wandel in Werken, Worten
und Gedanken, diese drei unheilsamen Dinge, aufgeben und
den guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, diese drei
heilsamen Dinge, annehmen werden: und warum das? Weil ja jene
lieben Asketen und Priester der unheilsamen Dinge Elend,
Ungemach, Trübsal, und der heilsamen Dinge, der Entsagung
vorzüglichen, läuternden Einfluss merken. Und weil es eben
einen Grund giebt, erkennt ein solcher: ›Es giebt einen Grund‹;
das ist seine rechte Erkenntniss. Und weil es eben einen Grund
giebt, sinnt er: ›Es giebt einen Grund‹; das ist seine rechte
Gesinnung. Und weil es eben einen Grund giebt, redet er: ›Es
giebt einen Grund‹; das ist seine rechte Rede. Und weil es
eben einen Grund giebt, behauptet er: ›Es giebt einen Grund‹;
und den Heiligen, die vom Grunde aussagen, denen stellt er
sich nicht entgegen. Und weil es eben einen Grund giebt,
belehrt er die anderen: ›Es giebt einen Grund‹; das ist seine
richtige Belehrung. Und um dieser richtigen Belehrung willen
brüstet er sich nicht, verachtet nicht die anderen. So hat er
was da früher etwa Schlechtes an ihm war verleugnet und Gutes
angenommen: das ist rechte Erkenntniss, rechte Gesinnung,
rechte Rede, kein Widerstand gegen Heilige, richtige Belehrung,
kein Eigenlob und kein Nächstentadel. Also entwickeln sich an
ihm diese verschiedenen heilsamen Dinge aus rechter Erkenntniss.

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn es
einen Grund giebt, so wird dieser liebe Mann bei der Auflösung
des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt
gelangen. Mag es nun immerhin keinen Grund geben, wahr soll das
Wort jener lieben Asketen und Priester sein: aber dieser liebe
Mann wird ja schon bei Lebzeiten von Verständigen gepriesen:
‚Es ist ein gewissenhafter Mensch, der die Dinge recht ansieht,
an den Grund glaubt.‘ Wenn es aber doch einen Grund giebt so         410
hat dieser liebe Mann auf beiden Seiten das Spiel gewonnen:
erst, weil er schon bei Lebzeiten den Preis Verständiger
erwirbt; und dann, weil er bei der Auflösung des Körpers, nach
dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt gelangen wird.
Also hat er diese fraglose Lehre wohl befolgt und bewahrt,
beide Ziele gelten und das Schlechte verkümmern lassen.‹

»Es giebt, Hausväter, manche Asketen und Priester, die sagen
und lehren: ›Es giebt keine gänzlich formlosen Welten.‹ Nun
sagen aber, Hausväter, manche Asketen und Priester gerade das
Gegentheil davon und behaupten: ›Es giebt gänzlich formlose
Welten.‹ Was meint ihr wohl, Hausväter: sagen da nicht die
einen Asketen und Priester gerade das Gegentheil von dem, was
die anderen sagen?«

»Freilich, o Herr!«

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn da
die einen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es
giebt keine gänzlich formlosen Welten‘, so hab’ ich das nicht
gesehn; und wenn da die anderen lieben Asketen und Priester
sagen und lehren ‚Es giebt gänzlich formlose Welten‘, so
hab’ ich das nicht erfahren. Doch wenn ich mich nun, ohne es
erfahren, ohne es gesehn zu haben, einzig für eines entschiede,
‚Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘, so stände mir das
übel an. Ist es nun wahr, was da die einen lieben Asketen und
Priester sagen und lehren ‚Es giebt keine gänzlich formlosen
Welten‘, so kann es wohl sein, dass mir unter den Göttern, die
formhaft sinnlich bestehn, ein Wiederdasein fraglos erreichbar
sei; ist aber das wahr, was da die anderen lieben Asketen und
Priester sagen und lehren ‚Es giebt gänzlich formlose Welten‘,
so kann es wohl sein, dass mir unter den Göttern, die formlos
wahrnehmbar bestehn, ein Wiederdasein fraglos erreichbar sei.
Wo es nun Form giebt, da giebt es Wüthen und Blutvergießen,
Krieg und Zwietracht, Zank und Streit, Lug und Trug: das aber
giebt es ganz und gar nicht in formloser Welt.‹ Also überlegend
wird er eben der Formen überdrüssig, wendet sich ab, löst sich
los.

»Es giebt, Hausväter, manche Asketen und Priester, die sagen
und lehren: ›Es giebt keine gänzliche Auflösung des Daseins.‹
Nun sagen aber, Hausväter, manche Asketen und Priester gerade
das Gegentheil davon und behaupten: ›Es giebt eine gänzliche         411
Auflösung des Daseins.‹ Was meint ihr wohl, Hausväter: sagen da
nicht die einen Asketen und Priester gerade das Gegentheil von
dem, was die anderen sagen?«

»Allerdings, o Herr!«

»Da überlegt nun, Hausväter, ein verständiger Mann: ›Wenn da
die einen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es
giebt keine gänzliche Auflösung des Daseins‘, so hab’ ich
das nicht gesehn; und wenn da die anderen lieben Asketen und
Priester sagen und lehren ‚Es giebt eine gänzliche Auflösung
des Daseins‘, so hab’ ich das nicht erfahren. Doch wenn ich
mich nun, ohne es erfahren, ohne es gesehn zu haben, einzig
für eines entschiede, ‚Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘,
so stände mir das übel an. Ist es nun wahr, was da die einen
lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es giebt keine
gänzliche Auflösung des Daseins‘, so kann es wohl sein, dass
mir unter den Göttern, die formlos wahrnehmbar bestehn, ein
Wiederdasein fraglos erreichbar sei; ist aber das wahr, was da
die anderen lieben Asketen und Priester sagen und lehren ‚Es
giebt eine gänzliche Auflösung des Daseins‘, so kann es wohl
sein, dass mir noch bei Lebzeiten Wahnerlöschung erreichbar
sei. Den Asketen und Priestern nun, die da sagen und lehren ‚Es
giebt keine gänzliche Auflösung des Daseins‘, denen gereicht
diese Lehre zum Reize, zur Lockung, zur Freude, zum Behagen,
zum Anhalt: den Asketen und Priestern aber, die da sagen und
lehren ‚Es giebt eine gänzliche Auflösung des Daseins‘, denen
gereicht diese Lehre nicht zum Reize, nicht zur Lockung,
nicht zur Freude, nicht zum Behagen, nicht zum Anhalt.‹ Also
überlegend wird er eben des Daseins überdrüssig, wendet sich
ab, löst sich los.

       *       *       *       *       *

»Vier Arten von Menschen, Hausväter, finden sich hier in
der Welt vor: welche vier? Da ist, Hausväter, einer ein
Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben;
da ist, Hausväter, einer ein Nächstenquäler, ist der Uebung
der Nächstenquaal eifrig ergeben; da ist, Hausväter, einer
ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben, und er ist ein Nächstenquäler, ist der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergeben; da ist, Hausväter, einer weder
ein Selbstquäler, ist nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben, noch ist er ein Nächstenquäler, ist nicht der Uebung
der Nächstenquaal eifrig ergeben: ohne Selbstquaal, ohne             412
Nächstenquaal ist er schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen,
kühl geworden, fühlt sich wohl, heilig geworden im Herzen.

»Was ist das aber, Hausväter, für ein Mensch, der ein
Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist?
Da ist, Hausväter, einer ein Unbekleideter, ein Ungebundener,        342
ein Handverköster, kein Ankömmling, kein Abwärtling, gestattet
keine Darreichung, keine Vergünstigung, keine Einladung, späht
beim Empfangen des Almosens nicht nach dem Topfe, nicht nach
der Schüssel, nicht über die Schwelle, nicht über das Gitter,
nicht in den Kessel hinein, nimmt nicht von zu zweit Speisenden
an, nicht von einer Schwangeren, nicht von einer Säugenden,
nicht von einer, die vom Manne kommt, nicht von Beschmutzten,
nicht wo ein Hund dabei steht, nicht wo Fliegen hin und her
schwärmen, isst keinen Fisch, kein Fleisch, trinkt keinen
Wein, kein gebranntes Wasser, keinen gegohrenen Haferschleim.
Er geht zu einem Hause und begnügt sich mit einer handvoll
Almosenspeise; geht zu zwei Häusern und begnügt sich mit zwei
handvoll Almosenspeise; geht zu sieben Häusern und begnügt
sich mit sieben handvoll Almosenspeise. Er fristet sein Leben
durch die Mildthätigkeit von nur einer Spenderin, von nur
zwei Spenderinen, von nur sieben Spenderinen. Er nimmt nur
jeden ersten Tag Nahrung ein, nur jeden zweiten Tag, nur jeden
siebenten Tag. Solcherart wechselnd beobachtet er streng diese       343
bis auf einen halben Monat ausgedehnte Fastenübung. Oder er
lebt von Kräutern und Pilzen, von wildem Reis und Korn, von
Saamen und Kernen, von Pflanzenmilch und Baumharz, von Gräsern,
von Kuhmist, fristet sich von Wurzeln und Früchten des Waldes,
lebt von abgefallenen Früchten. Auch trägt er das hänfene Hemd,
trägt das härene Hemd, trägt einen Rock, geflickt aus den im
Leichenhof und auf der Straße gefundenen Fetzen, hüllt sich
in Lumpen, in Felle, in Häute, gürtet sich mit Flechten aus
Gras, mit Flechten aus Rinde, mit Flechten aus Laub, birgt
die Blöße unter pelzigem Schurze, unter borstigem Schurze,
unter einem Eulenflügel. Und er rauft sich Haupt- und Barthaar
aus, die Regel der Haar- und Bartausraufer befolgend; ist ein
Stetigsteher, verwirft Sitz und Lager; ist ein Fersensitzer,
übt die Zucht der Fersensitzer; ist Dornenseitiger und legt
sich zur Seite auf ein Dornenlager; steigt allabendlich zum
dritten Mal herab ins Büßerbad. So übt er sich gar vielfach
in des Körpers inbrünstiger Schmerzensaskese. Den heißt man,
Hausväter, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der
Selbstquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Hausväter, für ein Mensch, der ein
Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben
ist? Da ist, Hausväter, einer ein Schlächter, der Schaafe und
Schweine schlachtet, ist ein Vogelfänger, ein Wildsteller, ein
Jäger, ein Fischer, ein Räuber, ein Henker, ein Kerkermeister,
oder was man da sonst noch anderes als grausames Handwerk
betreibt. Den heißt man, Hausväter, einen Menschen, der ein
Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Hausväter, für ein Mensch, der ein
Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist,
und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig
ergeben ist? Da ist, Hausväter, einer ein König, ein Herrscher,
dessen Scheitel gesalbt ist, oder ein hochmögender Priester.
Der hat im Osten der Stadt ein neues Herrenhaus errichten
lassen. Und mit geschorenem Haar und Barte, mit rauhem Felle
gegürtet, mit Butteröl am Körper bestrichen, den Rücken mit
einem Hirschhorne reibend tritt er in das Herrenhaus ein,
begleitet von der ersten Gemahlin und dem Oberpriester. Dort
nimmt er im offenen Hofe, von wo man das Gras entfernt hat,
Platz. Einer Kuh, die ein ihr gleichendes Kalb bei sich hat,
wird an dem einen Euter die Milch ausgemolken, und damit der         344
König bedient; wird an dem zweiten Euter die Milch ausgemolken,
und damit die Königin bedient; wird an dem dritten Euter die
Milch ausgemolken, und damit der Oberpriester bedient; wird
an dem vierten Euter die Milch ausgemolken, und damit dem
Feuer geopfert. Was noch bleibt wird dem Kalbe gelassen. Und
er gebietet: ›Soviele Stiere sollen erschlagen werden um des
Opfers willen, soviele Farren sollen erschlagen werden um des
Opfers willen, soviele Färsen sollen erschlagen werden um des
Opfers willen, soviele Ziegen sollen erschlagen werden um des
Opfers willen, soviele Schaafe sollen erschlagen werden um
des Opfers willen, soviele Bäume sollen gefällt werden, als
Pfosten zu dienen, soviel Gras soll gemäht werden, als Streu zu
dienen!‹ Und seine Knechte und Söldner und Werkleute gehn aus
Furcht vor Strafe, von Angst eingeschüchtert, mit thränenden
Augen klagend daran, den Befehl auszuführen. Den heißt man,
Hausväter, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der
Selbstquaal eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der
Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Hausväter, für ein Mensch, der weder
ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne
Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl
geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen? Da
erscheint, Hausväter, der Vollendete in der Welt, der Heilige,
vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der
Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter
der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen,
der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren
Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar
von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er
sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die
Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende
begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen
geläuterte, geklärte Asketenthum dar.

»Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines
Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward.
Nachdem er diese Lehre gehört hat, fasst er Vertrauen zum
Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er
also: ›Ein Gefängniss ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel;
der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es,
wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig
geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn
ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande
bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So
giebt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen
Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen      345
Verwandtenkreis verlassen, und ist mit geschorenem Haar und
Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit
gezogen.

»Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der
Mönche auf sich genommen. Lebendiges umzubringen hat er
verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock,
ohne Schwerdt, fühlsam, voll Theilnahme, hegt er zu allen
lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Nichtgegebenes zu nehmen hat
er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern:
Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch
gesinnt, rein gewordenen Herzens. Die Unkeuschheit hat er
verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin entrathen der
Paarung, dem gemeinen Gesetze. Lüge hat er verworfen, von Lüge
hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist
er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Häuchler und
Schmeichler der Welt. Das Ausrichten hat er verworfen, vom
Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er
dort nicht wieder, um jene zu entzweien, und was er dort gehört
hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien; so
einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn
froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht
fördernde Worte spricht er. Barsche Worte hat er verworfen, von
barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf
sind, dem Ohre wohlthuend, liebreich, zum Herzen dringend,
höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht
er. Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und
Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den
Thatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung
getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit
Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande
angemessen.

Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal
des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern,
fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang,
Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche,
Salben, Schmuck, Zierrath, Putz weist er ab. Hohe, prächtige
Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht
an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er
nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und
Dienerinen nimmt er nicht an. Ziegen und Schaafe nimmt er nicht
an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elephanten, Rinder
und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an.
Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf
und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maaß und Gewicht
hält er sich fern. Von den schiefen Wegen der Bestechung,
Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien,           346
Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er
sich fern.

»Er ist zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt,
mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch
pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschaale versehn
pilgert er. Gleichwie da etwa ein beschwingter Vogel, wohin er
auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt, ebenso auch
ist der Mönch mit dem Gewande zufrieden, das seinen Leib deckt,
mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch
wandert, nur damit versehn wandert er.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er
ein inneres fleckenloses Glück.

»Erblickt er nun mit dem Gesichte eine Form, so fasst er
keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth,
böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der
unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser
Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das
Gesicht.

»Hört er nun mit dem Gehöre einen Ton,

»Riecht er nun mit dem Geruche einen Duft,

»Schmeckt er nun mit dem Geschmacke einen Saft,

»Tastet er nun mit dem Getaste eine Tastung,

Erkennt er nun mit dem Gedenken ein Ding, so fasst er keine
Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth,
böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der
unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser
Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das
Gedenken.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet
er ein inneres ungetrübtes Glück.

»Klar bewusst kommt er und geht er, klar bewusst blickt er
hin, blickt er weg, klar bewusst regt und bewegt er sich, klar
bewusst trägt er des Ordens Gewand und Almosenschaale, klar
bewusst isst und trinkt, kaut und schmeckt er, klar bewusst
entleert er Koth und Harn, klar bewusst geht und steht und
sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt
er.

»Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen
Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht sucht er
einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines
Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof,
die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach
dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt
er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade
aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Er hat weltliche              347
Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemüthes, von
Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen,
hasslosen Gemüthes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu
allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit.
Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei;
das Licht liebend, einsichtig, klar bewusst, läutert er sein
Herz von matter Müde. Stolzen Unmuth hat er verworfen, er ist
frei von Stolz; innig beruhigten Gemüthes läutert er sein
Herz von stolzem Unmuth. Das Schwanken hat er verworfen, der
Ungewissheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom
Schwanken läutert er sein Herz.

»Er hat nun diese fünf Hemmungen aufgehoben, hat die Schlacken
des Gemüthes kennen gelernt, die lähmenden; gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend
gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der
ersten Schauung.

»Weiter sodann, Hausväter: nach Vollendung des Sinnens und
Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die
Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in
der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten
Schauung.

»Weiter sodann, Hausväter: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch
gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet
er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig
Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten
Schauung.

»Weiter sodann, Hausväter: nach Verwerfung der Freuden und
Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns
erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen,
gleichmüthig einsichtigem vollkommenen Reine, die vierte
Schauung.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer
Daseinsformen. Er erinnert sich an manche verschiedene frühere
Daseinsform, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an
drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an
zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann
an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben,
dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an
die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die
Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten
während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort
war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an,
das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe
ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat
ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen
hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand,
dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so
war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins         348
Dasein.‹ So erinnert er sich mancher verschiedenen früheren
Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den
eigenartigen Beziehungen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert,
gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest,
unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des
Verschwindens-Erscheinens der Wesen. Mit dem himmlischen Auge,
dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden,
kann er die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn,
gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und
unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten
wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten
dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan,
in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten
Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach
dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte,
zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber
in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan,
in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten
Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem
Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt.‹ So kann
er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche
Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und
wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne,
glückliche und unglückliche, er kann erkennen, wie die Wesen je
nach den Thaten wiederkehren.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung.
›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß.

»Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst vom
Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Irrwahn.
›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss geht auf.
›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt
das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹, versteht er da.

»Den heißt man, Hausväter, einen Menschen, der weder ein
Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne         413
Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl
geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen.«

       *       *       *       *       *

Nach dieser Rede sprachen die brāhmanischen Hausleute von Sālā
also zum Erhabenen:

»Vortrefflich, Herr Gotamo, vortrefflich, Herr Gotamo!
Gleichwie etwa, Herr Gotamo, als ob man Umgestürztes
aufstellte, oder Verborgenes enthüllte, oder Verirrten den Weg
wiese, oder ein Licht in die Finsterniss hielte: ›Wer Augen
hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch ist von Herrn Gotamo die
Lehre gar vielfach gezeigt worden. Und so nehmen wir bei Herrn
Gotamo unsere Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft:
als Anhänger möge uns Herr Gotamo betrachten, von heute an
zeitlebens getreu.«



                        SIEBENTER THEIL

                        BUCH DER MÖNCHE



                              61.

             Siebenter Theil            Erste Rede

                       RĀHULOS ERMAHNUNG

                            -- I --


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei           414
Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen. Um diese
Zeit aber weilte der ehrwürdige Rāhulo im Mangohage.[35]

Als nun der Erhabene gegen Abend die Gedenkensruhe beendet
hatte, begab er sich nach dem Mangohage, dorthin wo der
ehrwürdige Rāhulo sich aufhielt. Und es sah der ehrwürdige
Rāhulo den Erhabenen von ferne herankommen, und als er ihn
gesehn stellte er einen Stuhl zurecht und Wasser für die Füße.
Es setzte sich der Erhabene auf den angebotenen Sitz, und als
er saß spülte er sich die Füße ab. Und auch der ehrwürdige
Rāhulo setzte sich, nach des Erhabenen Begrüßung, zur Seite
nieder.

Und der Erhabene ließ einen geringen Rest von Wasser im Becken
zurück und wandte sich an den ehrwürdigen Rāhulo:

»Siehst du wohl, Rāhulo, diesen geringen Rest von Wasser da im
Becken?«

»Ja, o Herr!«

»Ebenso gering ist, Rāhulo, das Asketenthum derer, die sich vor
bewusster Lüge nicht scheuen.«

Und der Erhabene goss diesen geringen Rest von Wasser aus und
sprach zum ehrwürdigen Rāhulo:

»Siehst du wohl, Rāhulo, dass dieser geringe Rest von Wasser
ausgegossen ist?«

»Ja, o Herr!«

»Ebenso ausgegossen ist, Rāhulo, das Asketenthum derer, die
sich vor bewusster Lüge nicht scheuen.«

Und der Erhabene kehrte das Wasserbecken um und sagte zum
ehrwürdigen Rāhulo:

»Siehst du wohl, Rāhulo, dass dieses Wasserbecken umgekehrt
ist?«

»Ja, o Herr!«

»Ebenso umgekehrt ist, Rāhulo, das Asketenthum derer, die sich
vor bewusster Lüge nicht scheuen.«

Und der Erhabene kehrte das Wasserbecken auf und fragte den
ehrwürdigen Rāhulo:

»Siehst du wohl, Rāhulo, dass dieses Wasserbecken hohl und leer
ist?«

»Ja, o Herr!«

»Ebenso hohl und leer ist, Rāhulo, das Asketenthum derer, die
sich vor bewusster Lüge nicht scheuen.

»Gleichwie etwa, Rāhulo, wenn ein Königselephant, mit
Doppelhauern, zum Angriff geeignet, zum Kampf erzogen, in den
Kampf gerathen mit den Vorderfüßen sein Werk verrichtet und mit
den Hinterfüßen sein Werk verrichtet, mit dem Vorderleibe sein
Werk verrichtet und mit dem Hinterleibe sein Werk verrichtet,
mit dem Kopfe sein Werk verrichtet, mit den Ohren sein Werk
verrichtet, mit den Hauern sein Werk verrichtet, mit dem
Schwanze sein Werk verrichtet und nur den Rüssel zurückhält; da      415
weiß der Elephantenlenker: ›Nicht hat der Königselephant das
Leben preisgegeben.‹ Wenn aber, Rāhulo, ein Königselephant, mit
Doppelhauern, zum Angriff geeignet, zum Kampf erzogen, in den
Kampf gerathen mit den Vorderfüßen sein Werk verrichtet und mit
den Hinterfüßen sein Werk verrichtet, mit dem Vorderleibe sein
Werk verrichtet und mit dem Hinterleibe sein Werk verrichtet,
mit dem Kopfe sein Werk verrichtet, mit den Ohren sein Werk
verrichtet, mit den Hauern sein Werk verrichtet, mit dem
Schwanze sein Werk verrichtet und mit dem Rüssel sein Werk
verrichtet; da weiß der Elephantenlenker: ›Preisgegeben hat der
Königselephant das Leben, alles ist jetzt der Königselephant
imstande zu thun.‹ Ebenso nun auch, Rāhulo, sag’ ich, dass wer
sich da vor bewusster Lüge nicht scheut alles Böse zu thun
imstande ist. Darum merke dir, Rāhulo: ›Nicht einmal im Scherze
will ich Lüge reden‹: also hast du dich, Rāhulo, wohl zu üben.

»Was meinst du wohl, Rāhulo: wozu taugt ein Spiegel?«

»Um sich zu betrachten, o Herr!«

»Ebenso nun auch soll man sich, Rāhulo, betrachten und
betrachten bevor man Thaten begeht, betrachten und betrachten
bevor man Worte spricht, betrachten und betrachten bevor man
Gedanken hegt.

»Was immer du, Rāhulo, für eine That begehn willst, eben diese
That sollst du dir betrachten: ›Wie, wenn diese That, die ich
da begehn will, mich selber beschwerte, oder andere beschwerte,
oder alle beide beschwerte? Das wär’ eine unheilsame That,
die Leiden aufzieht, Leiden züchtet.‹ Wenn du, Rāhulo, bei
der Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begehn will,
die kann mich selber beschweren, kann andere beschweren, kann
alle beide beschweren: es ist eine unheilsame That, die Leiden
aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eine derartige
That sicherlich zu lassen. Wenn du aber, Rāhulo, bei der             416
Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begehn will, die
kann weder mich beschweren, noch kann sie andere beschweren,
kann keinen von beiden beschweren: es ist eine heilsame That,
die Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eine
derartige That zu thun.

»Und während du, Rāhulo, eine That begehst, sollst du dir
eben diese That betrachten: ›Weil ich nun diese That begehe,
beschwert sie mich da selber, oder beschwert sie etwa andere,
oder beschwert sie alle beide? Ist es eine unheilsame That,
die Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹ Wenn du, Rāhulo, bei
der Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begehe,
die beschwert mich selber, oder sie beschwert andere, oder
beschwert alle beide: es ist eine unheilsame That, die Leiden
aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, einer derartigen
That Einhalt zu thun. Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung
merkst: ›Diese That, die ich da begehe, die beschwert weder
mich selber, noch beschwert sie andere, beschwert keinen von
beiden: es ist eine heilsame That, die Wohl aufzieht, Wohl
züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eine derartige That zu fördern.

»Und hast du, Rāhulo, eine That begangen, so sollst du dir eben
diese That betrachten: ›Weil ich nun diese That begangen habe,
beschwert sie mich da selber, oder beschwert sie etwa andere,
oder beschwert sie alle beide? Ist es eine unheilsame That,
die Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹ Wenn du, Rāhulo, bei der
Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begangen habe,
die beschwert mich selber, oder sie beschwert andere, oder
beschwert alle beide: es ist eine unheilsame That, die Leiden
aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eine derartige
That dem Meister oder erfahrenen Ordensbrüdern anzugeben,
aufzudecken, darzulegen; und hast du sie angegeben, aufgedeckt,
dargelegt, dich künftighin zu hüten. Wenn du aber, Rāhulo, bei       417
der Betrachtung merkst: ›Diese That, die ich da begangen habe,
die beschwert weder mich selber, noch beschwert sie andere,
beschwert keinen von beiden: es ist eine heilsame That, die
Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, eben diese
sälig heitere Uebung im Guten Tag und Nacht zu pflegen.

»Was immer du, Rāhulo, für ein Wort sprechen willst, eben
dieses Wort sollst du dir betrachten: ›Wie, wenn dieses
Wort, das ich da sprechen will, mich selber beschwerte, oder
andere beschwerte, oder alle beide beschwerte? Das wär’ ein
unheilsames Wort, das Leiden aufzieht, Leiden züchtet.‹ Wenn
du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort, das ich
da sprechen will, das kann mich selber beschweren, kann andere
beschweren, kann alle beide beschweren: es ist ein unheilsames
Wort, das Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo,
ein derartiges Wort sicherlich zu lassen. Wenn du aber, Rāhulo,
bei der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort, das ich da sprechen
will, das kann weder mich beschweren, noch kann es andere
beschweren, kann keinen von beiden beschweren: es ist ein
heilsames Wort, das Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du,
Rāhulo, ein derartiges Wort zu sprechen.

»Und während du, Rāhulo, ein Wort sprichst, sollst du dir eben
dieses Wort betrachten: ›Weil ich nun dieses Wort spreche,
beschwert es mich da selber, oder beschwert es etwa andere,
oder beschwert es alle beide? Ist es ein unheilsames Wort,
das Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹ Wenn du, Rāhulo, bei
der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort, das ich da spreche, das
beschwert mich selber, oder es beschwert andere, oder beschwert
alle beide: es ist ein unheilsames Wort, das Leiden aufzieht,
Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, einem derartigen Worte
Einhalt zu thun. Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung
merkst: ›Dieses Wort, das ich da spreche, das beschwert weder
mich selber, noch beschwert es andere, beschwert keinen von          418
beiden: es ist ein heilsames Wort, das Wohl aufzieht, Wohl
züchtet‹, so hast du, Rāhulo, ein derartiges Wort zu fördern.

»Und hast du, Rāhulo, ein Wort gesprochen, so sollst du
dir eben dieses Wort betrachten: ›Weil ich nun dieses Wort
gesprochen habe, beschwert es mich da selber, oder beschwert
es etwa andere, oder beschwert es alle beide? Ist es ein
unheilsames Wort, das Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹
Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort,
das ich da gesprochen habe, das beschwert mich selber, oder
es beschwert andere, oder beschwert alle beide: es ist ein
unheilsames Wort, das Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast
du, Rāhulo, ein derartiges Wort dem Meister oder erfahrenen
Ordensbrüdern anzugeben, aufzudecken, darzulegen; und hast du
es angegeben, aufgedeckt, dargelegt, dich künftighin zu hüten.
Wenn du aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieses Wort,
das ich da gesprochen habe, das beschwert weder mich selber,
noch beschwert es andere, beschwert keinen von beiden: es ist
ein heilsames Wort, das Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast
du, Rāhulo, eben diese sälig heitere Uebung im Guten Tag und
Nacht zu pflegen.

»Was immer du, Rāhulo, für einen Gedanken hegen willst, eben
diesen Gedanken sollst du dir betrachten: ›Wie, wenn dieser
Gedanke, den ich da hegen will, mich selber beschwerte, oder
andere beschwerte, oder alle beide beschwerte? Das wär’ ein
unheilsamer Gedanke, der Leiden aufzieht, Leiden züchtet.‹ Wenn
du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den
ich da hegen will, der kann mich selber beschweren, kann andere
beschweren, kann alle beide beschweren: es ist ein unheilsamer
Gedanke, der Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du,
Rāhulo, einen derartigen Gedanken sicherlich zu lassen. Wenn du
aber, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den
ich da hegen will, der kann weder mich beschweren, noch kann er
andere beschweren, kann keinen von beiden beschweren: es ist
ein heilsamer Gedanke, der Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so          419
hast du, Rāhulo, einen derartigen Gedanken zu hegen.

»Und während du, Rāhulo, einen Gedanken hegst, sollst du dir
eben diesen Gedanken betrachten: ›Weil ich nun diesen Gedanken
hege, beschwert er mich da selber, oder beschwert er etwa
andere, oder beschwert er alle beide? Ist es ein unheilsamer
Gedanke, der Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹ Wenn du,
Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den ich
da hege, der beschwert mich selber, oder er beschwert andere,
oder beschwert alle beide: es ist ein unheilsamer Gedanke, der
Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so hast du, Rāhulo, einem
derartigen Gedanken Einhalt zu thun. Wenn du aber, Rāhulo,
bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den ich da hege,
der beschwert weder mich selber, noch beschwert er andere,
beschwert keinen von beiden: es ist ein heilsamer Gedanke,
der Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo, einen
derartigen Gedanken zu fördern.

»Und hast du, Rāhulo, einen Gedanken gehegt, so sollst du dir
eben diesen Gedanken betrachten: ›Weil ich nun diesen Gedanken
gehegt habe, beschwert er mich da selber, oder beschwert
er etwa andere, oder beschwert er alle beide? Ist es ein
unheilsamer Gedanke, der Leiden aufzieht, Leiden züchtet?‹
Wenn du, Rāhulo, bei der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke,
den ich da gehegt habe, der beschwert mich selber, oder er
beschwert andere, oder beschwert alle beide: es ist ein
unheilsamer Gedanke, der Leiden aufzieht, Leiden züchtet‹, so
hast du dann, Rāhulo, vor diesem Gedanken Grauen, Entsetzen,
Abscheu zu fassen; und hast du Grauen, Entsetzen, Abscheu
gefasst, dich künftighin zu hüten. Wenn du aber, Rāhulo, bei
der Betrachtung merkst: ›Dieser Gedanke, den ich da gehegt
habe, der beschwert weder mich selber, noch beschwert er
andere, beschwert keinen von beiden: es ist ein heilsamer
Gedanke, der Wohl aufzieht, Wohl züchtet‹, so hast du, Rāhulo,
eben diese sälig heitere Uebung im Guten Tag und Nacht zu
pflegen.

»Denn wer immer auch, Rāhulo, von den Asketen oder den               420
Priestern in vergangenen Zeiten seine Thaten geläutert, seine
Worte geläutert, seine Gedanken geläutert hat, ein jeder
hat also und also betrachtend und betrachtend seine Thaten
geläutert, betrachtend und betrachtend seine Worte geläutert,
betrachtend und betrachtend seine Gedanken geläutert. Und wer
immer auch, Rāhulo, von den Asketen oder den Priestern in
künftigen Zeiten seine Thaten läutern, seine Worte läutern,
seine Gedanken läutern wird, ein jeder wird also und also
betrachtend und betrachtend seine Thaten läutern, betrachtend
und betrachtend seine Worte läutern, betrachtend und
betrachtend seine Gedanken läutern. Und wer immer auch, Rāhulo,
von den Asketen oder den Priestern in der Gegenwart seine
Thaten läutert, seine Worte läutert, seine Gedanken läutert,
ein jeder läutert also und also betrachtend und betrachtend
seine Thaten, betrachtend und betrachtend läutert er seine
Worte, betrachtend und betrachtend läutert er seine Gedanken.

»Darum merke hier, Rāhulo: ›Betrachtend und betrachtend wollen
wir unsere Thaten läutern, betrachtend und betrachtend wollen
wir unsere Worte läutern, betrachtend und betrachtend wollen
wir unsere Gedanken läutern‹: so habt ihr euch, Rāhulo, wohl zu
üben.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige
Rāhulo über das Wort des Erhabenen.[36]



                              62.

            Siebenter Theil            Zweite Rede

                       RĀHULOS ERMAHNUNG

                           -- II --


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Und der
Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging
nach Sāvatthī um Almosenspeise. Und auch der ehrwürdige Rāhulo
nahm, zeitig gerüstet, Mantel und Schaale und folgte dem             421
Erhabenen Schritt um Schritt nach. Und der Erhabene wandte den
Blick und sprach den ehrwürdigen Rāhulo an:

»Was es auch, Rāhulo, für eine Form sei, vergangene,
zukünftige, gegenwärtige, eigene oder fremde, grobe oder feine,
gemeine oder edle, ferne oder nahe: alle Form ist, der Wahrheit
gemäß, mit vollkommener Weisheit also anzusehn: ›Das gehört mir
nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.‹«

»Nur etwa die Form, Erhabener, nur etwa die Form, Willkommener?«

»Die Form, Rāhulo, und das Gefühl, Rāhulo, und die Wahrnehmung,
Rāhulo, und die Unterscheidungen, Rāhulo, und das Bewusstsein,
Rāhulo.«

Und der ehrwürdige Rāhulo sagte sich nun: ›Wer wird wohl heute,
vom Erhabenen selbst mit einer Ansprache angeredet, unter die
Leute um Almosen gehn?‹ Und er kehrte um und ging zurück und
setzte sich am Fuß eines Baumes nieder, mit verschränkten
Beinen, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegte der
Einsicht.

Es sah aber der ehrwürdige Sāriputto wie der ehrwürdige Rāhulo
dort saß, am Fuße eines Baumes, mit verschränkten Beinen, den
Körper gerade aufgerichtet, der Einsicht pflegend, und als er
ihn gesehn wandte er sich zu ihm:

»Bedachtsam übe, Rāhulo, Ein- und Ausathmung: Ein- und
Ausathmung, bedachtsam geübt und gepflegt, Rāhulo, lässt hohen
Lohn erlangen, hohe Förderung.«[37]

Als nun der ehrwürdige Rāhulo gegen Abend die Gedenkensruhe
beendet hatte, begab er sich dorthin wo der Erhabene weilte.
Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und
setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun der
ehrwürdige Rāhulo also zum Erhabenen:

»Wie muss da bedachtsam, o Herr, Ein- und Ausathmung geübt,
wie gepflegt werden, auf dass sie hohen Lohn, hohe Förderung
verleihe?«

»Was sich irgend, Rāhulo, innerlich einzeln fest und hart
dargestellt hat, als wie Kopfhaare, Körperhaare, Nägel, Zähne,
Haut, Fleisch, Sehnen, Knochen, Mark, Nieren, Herz, Leber,
Zwerchfell, Milz, Lunge, Magen, Eingeweide, Weichtheile, Koth,
oder was sich irgend sonst noch innerlich einzeln fest und hart
dargestellt hat: das nennt man, Rāhulo, innerliche Erdenart.
Was es nun da an innerlicher Erdenart und was es an äußerlicher
Erdenart giebt, ist Erdenart. Und: ›Das gehört mir nicht, das
bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst‹: so ist das der
Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit anzusehn. Hat man das      422
also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit erkannt,
wird man der Erdenart satt, löst den Sinn von der Erdenart ab.

»Was ist nun, Rāhulo, die Wasserart? Die Wasserart mag
innerlich sein oder äußerlich. Was ist aber, Rāhulo, die
innerliche Wasserart? Was sich innerlich einzeln flüssig und
wässerig dargestellt hat, als wie Galle, Schleim, Eiter, Blut,
Schweiß, Lymphe, Thränen, Serum, Speichel, Rotz, Gelenköl,
Harn, oder was sich irgend sonst noch innerlich einzeln
flüssig und wässerig dargestellt hat: das nennt man, Rāhulo,
innerliche Wasserart. Was es nun da an innerlicher Wasserart
und was es an äußerlicher Wasserart giebt, ist Wasserart. Und:
›Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein
Selbst‹: so ist das, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener
Weisheit anzusehn. Hat man das also, der Wahrheit gemäß, mit
vollkommener Weisheit erkannt, wird man der Wasserart satt,
löst den Sinn von der Wasserart ab.

»Was ist nun, Rāhulo, die Feuerart? Die Feuerart mag innerlich
sein oder äußerlich. Was ist aber, Rāhulo, die innerliche
Feuerart? Was sich innerlich einzeln flammig und feurig
dargestellt hat, als wie wodurch Wärme erzeugt wird, wodurch
man verdaut, wodurch man sich erhitzt, wodurch gekaute Speise
und geschlürfter Trank einer vollkommenen Umwandlung erliegen,
oder was sich irgend sonst noch innerlich einzeln flammig und
feurig dargestellt hat: das nennt man, Rāhulo, innerliche
Feuerart. Was es nun da an innerlicher Feuerart und was es an
äußerlicher Feuerart giebt, ist Feuerart. Und: ›Das gehört mir
nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst‹: so ist
das, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit anzusehn.
Hat man das also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit
erkannt, wird man der Feuerart satt, löst den Sinn von der
Feuerart ab.

»Was ist nun, Rāhulo, die Luftart? Die Luftart mag innerlich
sein oder äußerlich. Was ist aber, Rāhulo, die innerliche
Luftart? Was sich innerlich einzeln flüchtig und luftig
dargestellt hat, als wie die aufsteigenden und die absteigenden
Winde, die Winde des Bauches und Darmes, die Winde, die jedes
Glied durchströmen, die Einathmung und die Ausathmung: dies,
oder was sich irgend sonst noch innerlich einzeln flüchtig
und luftig dargestellt hat, das nennt man, Rāhulo, innerliche
Luftart. Was es nun da an innerlicher Luftart und was es an
äußerlicher Luftart giebt, ist Luftart. Und: ›Das gehört mir
nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst‹: so ist
das, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit anzusehn.
Hat man das also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit      423
erkannt, wird man der Luftart satt, löst den Sinn von der
Luftart ab.

»Was ist nun, Rāhulo, die Raumart? Die Raumart mag innerlich
sein oder äußerlich. Was ist aber, Rāhulo, die innerliche
Raumart? Was sich innerlich einzeln räumlich und örtlich
dargestellt hat, als wie die Ohrhöhle, die Nasenhöhle, die
Mundöffnung, wodurch man gekaute Speise und geschlürften
Trank einnimmt, wo gekaute Speise und geschlürfter Trank sich
aufhält, wodurch gekaute Speise und geschlürfter Trank unten
abgeht, oder was sich irgend sonst noch innerlich einzeln
räumlich und örtlich dargestellt hat, das nennt man, Rāhulo,
innerliche Raumart. Was es nun da an innerlicher Raumart und
was es an äußerlicher Raumart giebt, ist Raumart. Und: ›Das
gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein
Selbst‹: so ist das, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener
Weisheit anzusehn. Hat man das also, der Wahrheit gemäß, mit
vollkommener Weisheit erkannt, wird man der Raumart satt, löst
den Sinn von der Raumart ab.

»Der Erde gleich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du,
Rāhulo, der Erde gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm
oder unangenehm berührt, nicht erregt werden. Gleichwie man da,
Rāhulo, auf die Erde Reines hinwirft und Unreines hinwirft,
Kothiges hinwirft und Harniges hinwirft, Schleimiges hinwirft
und Eiteriges hinwirft und Blutiges hinwirft, aber die Erde
sich davor nicht entsetzt, empört oder sträubt: ebenso nun
auch, Rāhulo, sollst du der Erde gleich Uebung üben: denn
übst du, Rāhulo, der Erde gleich Uebung, so kann dein Gemüth,
angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden.

»Dem Wasser gleich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst
du, Rāhulo, dem Wasser gleich Uebung, so kann dein Gemüth,
angenehm oder unangenehm berührt, nicht erregt werden.
Gleichwie man da, Rāhulo, im Wasser Reines wäscht und Unreines
wäscht, Kothiges wäscht und Harniges wäscht, Schleimiges wäscht
und Eiteriges wäscht und Blutiges wäscht, aber das Wasser sich
davor nicht entsetzt, empört oder sträubt: ebenso nun auch,
Rāhulo, sollst du dem Wasser gleich Uebung üben: denn übst du,       424
Rāhulo, dem Wasser gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm
oder unangenehm berührt, nicht erregt werden.

»Dem Feuer gleich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du,
Rāhulo, dem Feuer gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm
oder unangenehm berührt, nicht erregt werden. Gleichwie da,
Rāhulo, das Feuer Reines brennt und Unreines brennt, Kothiges
brennt und Harniges brennt, Schleimiges brennt und Eiteriges
brennt und Blutiges brennt, aber das Feuer sich davor nicht
entsetzt, empört oder sträubt: ebenso nun auch, Rāhulo,
sollst du dem Feuer gleich Uebung üben: denn übst du, Rāhulo,
dem Feuer gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder
unangenehm berührt, nicht erregt werden.

»Der Luft gleich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du,
Rāhulo, der Luft gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm
oder unangenehm berührt, nicht erregt werden. Gleichwie da,
Rāhulo, die Luft Reines anweht und Unreines anweht, Kothiges
anweht und Harniges anweht, Schleimiges anweht und Eiteriges
anweht und Blutiges anweht, aber die Luft sich davor nicht
entsetzt, empört oder sträubt: ebenso nun auch, Rāhulo, sollst
du der Luft gleich Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, der Luft
gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm oder unangenehm
berührt, nicht erregt werden.

»Dem Raume gleich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du,
Rāhulo, dem Raume gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm
oder unangenehm berührt, nicht erregt werden. Gleichwie da,
Rāhulo, der Raum durch nichts begränzt wird, ebenso nun auch,
Rāhulo, sollst du dem Raume gleich Uebung üben: denn übst du,
Rāhulo, dem Raume gleich Uebung, so kann dein Gemüth, angenehm
oder unangenehm berührt, nicht erregt werden.

»Liebreich, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du,
Rāhulo, liebreich Uebung, so wird was da Hass ist vergehn.
Erbarmend, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo,
erbarmend Uebung, so wird was da Wuth ist vergehn. Freudig,
Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo, freudig
Uebung, so wird was da Unlust ist vergehn. Gleichmüthig,
Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst du, Rāhulo,
gleichmüthig Uebung, so wird was da Widerstreit ist vergehn.

»Des Ekels eingedenk, Rāhulo, sollst du Uebung üben: denn übst
du, Rāhulo, des Ekels eingedenk Uebung, so wird was da Reiz ist
vergehn.

»Der Vergänglichkeit eingedenk, Rāhulo, sollst du Uebung üben:
denn übst du, Rāhulo, der Vergänglichkeit eingedenk Uebung, so       425
wird was da Dünkel der Ichheit ist vergehn.

»Bedachtsam übe, Rāhulo, Ein- und Ausathmung: Ein- und
Ausathmung, bedachtsam geübt und gepflegt, Rāhulo, lässt hohen
Lohn erlangen, hohe Förderung. Wie muss aber bedachtsam,
Rāhulo, Ein- und Ausathmung geübt, wie gepflegt werden, auf
dass sie hohen Lohn, hohe Förderung verleihe? Da begiebt sich,
Rāhulo, der Mönch ins Innere des Waldes oder unter einen großen
Baum oder in eine leere Klause, setzt sich mit verschränkten
Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der
Einsicht. Bedächtig athmet er ein, bedächtig athmet er aus.
Athmet er tief ein, so weiß er ›Ich athme tief ein‹, athmet er
tief aus, so weiß er ›Ich athme tief aus‹; athmet er kurz ein,
so weiß er ›Ich athme kurz ein‹, athmet er kurz aus, so weiß er
›Ich athme kurz aus‹. ›Den ganzen Körper empfindend will ich
einathmen‹, ›Den ganzen Körper empfindend will ich ausathmen‹,
so übt er sich. ›Diese Körperverbindung besänftigend will
ich einathmen‹, ›Diese Körperverbindung besänftigend will
ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Heiter empfindend will ich
einathmen‹, ›Heiter empfindend will ich ausathmen‹, so übt er
sich. ›Sälig empfindend will ich einathmen‹, ›Sälig empfindend
will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Gedankenverbindung
empfindend will ich einathmen‹, ›Die Gedankenverbindung
empfindend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Diese
Gedankenverbindung besänftigend will ich einathmen‹, ›Diese
Gedankenverbindung besänftigend will ich ausathmen‹, so übt
er sich. ›Die Gedanken empfindend will ich einathmen‹, ›Die
Gedanken empfindend will ich ausathmen‹, so übt er sich.
›Die Gedanken ermunternd will ich einathmen‹, ›Die Gedanken
ermunternd will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Gedanken
einigend will ich einathmen‹, ›Die Gedanken einigend will ich
ausathmen‹, so übt er sich. ›Die Gedanken lösend will ich
einathmen‹, ›Die Gedanken lösend will ich ausathmen‹, so übt
er sich. ›Die Vergänglichkeit wahrnehmend will ich einathmen‹,
›Die Vergänglichkeit wahrnehmend will ich ausathmen‹, so übt
er sich. ›Die Reizlosigkeit wahrnehmend will ich einathmen‹,
›Die Reizlosigkeit wahrnehmend will ich ausathmen‹, so übt er
sich. ›Die Ausrodung wahrnehmend will ich einathmen‹, ›Die
Ausrodung wahrnehmend will ich ausathmen‹, so übt er sich. ›Die
Entfremdung wahrnehmend will ich einathmen‹, ›Die Entfremdung
wahrnehmend will ich ausathmen‹, so übt er sich.

»Also muss da, Rāhulo, Ein- und Ausathmung geübt, also
gepflegt werden, auf dass sie hohen Lohn, hohe Förderung
verleihe. Bei also geübter, Rāhulo, also gepflegter Ein- und         426
Ausathmung gehn auch die letzten Athemzüge bewusst aus, nicht
unbewusst.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige
Rāhulo über das Wort des Erhabenen.[38]



                              63.

            Siebenter Theil            Dritte Rede

                     DER SOHN DER MĀLUṈKYĀ

                            -- I --


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da kam nun dem ehrwürdigen Māluṉkyāputto, während er einsam
zurückgezogen sann, folgender Gedanke in den Sinn: ›Es giebt da
manche Ansichten, die der Erhabene nicht mitgetheilt, gemieden,
zurückgewiesen hat, als wie ‚Ewig ist die Welt‘ oder ‚Zeitlich
ist die Welt‘, ‚Endlich ist die Welt‘ oder ‚Unendlich ist die
Welt‘, ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe‘ oder ‚Anders ist
das Leben und anders der Leib‘, ‚Der Vollendete besteht nach
dem Tode‘ oder ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‘
oder ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode‘
oder ‚Weder besteht noch besteht nicht der Vollendete nach
dem Tode‘.[39] Das hat mir der Erhabene nicht mitgetheilt.
Und dass es mir der Erhabene nicht mitgetheilt hat, das
gefällt mir nicht, das behagt mir nicht. So will ich denn zum
Erhabenen gehn und ihn darum befragen. Wenn es mir der Erhabene
mittheilen kann, so will ich beim Erhabenen das Asketenleben
führen: wenn es mir aber der Erhabene nicht mittheilen kann, so
werd’ ich die Askese aufgeben und zur Gewohnheit zurückkehren.‹

Als nun der ehrwürdige Māluṉkyāputto gegen Abend die                 427
Gedenkensruhe beendet hatte, begab er sich dorthin wo der
Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen
ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend
sprach nun der ehrwürdige Māluṉkyāputto also zum Erhabenen:

»Während ich da, o Herr, einsam zurückgezogen sann, kam mir
folgender Gedanke in den Sinn: ›Es giebt da manche Ansichten,
die der Erhabene nicht mitgetheilt, gemieden, zurückgewiesen
hat, als wie ‚Ewig ist die Welt‘ oder ‚Zeitlich ist die Welt‘,
‚Endlich ist die Welt‘ oder ‚Unendlich ist die Welt‘, ‚Leben
und Leib ist ein und dasselbe‘ oder ‚Anders ist das Leben
und anders der Leib‘, ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode‘
oder ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‘ oder ‚Der
Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode‘ oder ‚Weder
besteht noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‘.
Das hat mir der Erhabene nicht mitgetheilt. Und dass es mir
der Erhabene nicht mitgetheilt hat, das gefällt mir nicht,
das behagt mir nicht. So will ich denn zum Erhabenen gehn
und ihn darum befragen. Wenn es mir der Erhabene mittheilen
kann, so will ich beim Erhabenen das Asketenleben führen:
wenn es mir aber der Erhabene nicht mittheilen kann, so werd’
ich die Askese aufgeben und zur Gewohnheit zurückkehren.‹
Wenn der Erhabene weiß ‚Ewig ist die Welt‘, so soll mir der
Erhabene mittheilen ‚Ewig ist die Welt‘; wenn der Erhabene weiß
‚Zeitlich ist die Welt‘, so soll mir der Erhabene mittheilen
‚Zeitlich ist die Welt‘: wenn aber der Erhabene nicht weiß, ob
die Welt ewig ist oder zeitlich ist, so geziemt es eben einem,
der das nicht weiß und nicht sieht, nur ehrlich zu sagen: ‚Ich
weiß es nicht, ich seh’ es nicht.‘ Wenn der Erhabene weiß
‚Endlich ist die Welt‘, so soll mir der Erhabene mittheilen
‚Endlich ist die Welt‘; wenn der Erhabene weiß ‚Unendlich ist
die Welt‘, so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Unendlich ist
die Welt‘: wenn aber der Erhabene nicht weiß, ob die Welt
endlich ist oder unendlich ist, so geziemt es eben einem, der
das nicht weiß und nicht sieht, nur ehrlich zu sagen: ‚Ich weiß
es nicht, ich seh’ es nicht.‘ Wenn der Erhabene weiß ‚Leben und
Leib ist ein und dasselbe‘, so soll mir der Erhabene mittheilen
‚Leben und Leib ist ein und dasselbe‘; wenn der Erhabene weiß
‚Anders ist das Leben und anders der Leib‘, so soll mir der
Erhabene mittheilen ‚Anders ist das Leben und anders der Leib‘:
wenn aber der Erhabene nicht weiß, ob Leben und Leib ein und
dasselbe oder das Leben anders und anders der Leib ist, so
geziemt es eben einem, der das nicht weiß und nicht sieht,
nur ehrlich zu sagen: ‚Ich weiß es nicht, ich seh’ es nicht.‘
Wenn der Erhabene weiß ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode‘,
so soll mir der Erhabene mittheilen ‚Der Vollendete besteht
nach dem Tode‘; wenn der Erhabene weiß ‚Der Vollendete besteht
nicht nach dem Tode‘, so soll mir der Erhabene mittheilen
‚Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‘: wenn aber der
Erhabene nicht weiß, ob der Vollendete nach dem Tode besteht
oder nicht besteht, so geziemt es eben einem, der das nicht
weiß und nicht sieht, nur ehrlich zu sagen: ‚Ich weiß es nicht,
ich seh’ es nicht‘ Wenn der Erhabene weiß ‚Der Vollendete
besteht und besteht nicht nach dem Tode‘, so soll mir der            428
Erhabene mittheilen ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht
nach dem Tode‘; wenn der Erhabene weiß ‚Weder besteht noch
besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‘, so soll mir der
Erhabene mittheilen ‚Weder besteht noch besteht nicht der
Vollendete nach dem Tode‘: wenn aber der Erhabene nicht weiß,
ob der Vollendete nach dem Tode besteht und nicht besteht oder
weder besteht noch nicht besteht, so geziemt es eben einem, der
das nicht weiß und nicht sieht, nur ehrlich zu sagen: ‚Ich weiß
es nicht, ich seh’ es nicht.‘«

»Wie, hab’ ich denn, Māluṉkyāputto, also zu dir gesprochen:
›Komm’, o Māluṉkyāputto, führe bei mir das Asketenleben: ich
will dir mittheilen, ob die Welt ewig ist oder zeitlich ist,
ob die Welt endlich ist oder unendlich ist, ob Leben und Leib
ein und dasselbe oder anders das Leben und anders der Leib ist,
ob der Vollendete nach dem Tode besteht oder nicht besteht
oder besteht und nicht besteht oder weder besteht noch nicht
besteht‹?«

»Das nicht, o Herr!«

»Oder hast etwa du also zu mir gesprochen: ›Ich will, o Herr,
beim Erhabenen das Asketenleben führen: der Erhabene wird mir
mittheilen, ob die Welt ewig ist oder zeitlich ist, ob die
Welt endlich ist oder unendlich ist, ob Leben und Leib ein
und dasselbe oder anders das Leben und anders der Leib ist,
ob der Vollendete nach dem Tode besteht oder nicht besteht
oder besteht und nicht besteht oder weder besteht noch nicht
besteht‹?«

»Das nicht, o Herr!«

»So ist klar, Māluṉkyāputto, dass weder ich dergleichen zu
dir gesagt habe, noch auch du dergleichen zu mir gesagt hast.
Ist es also, eitler Mann, wer bist du und wen bezichtigst du?
-- Wer da, Māluṉkyāputto, also spräche: ›Nicht eher will ich
beim Erhabenen das Asketenleben führen, bis mir der Erhabene
mitgetheilt haben wird, ob die Welt ewig ist oder zeitlich ist,
ob die Welt endlich ist oder unendlich ist, ob Leben und Leib
ein und dasselbe, oder anders das Leben und anders der Leib
ist, ob der Vollendete nach dem Tode besteht oder nicht besteht
oder besteht und nicht besteht oder weder besteht noch nicht
besteht‹, dem könnte, Māluṉkyāputto, der Vollendete nicht genug
mittheilen: denn jener stürbe hinweg.[40]                            429

»Gleichwie etwa, Māluṉkyāputto, wenn ein Mann von einem Pfeile
getroffen wäre, dessen Spitze mit Gift bestrichen wurde, und
seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern bestellten
ihm einen heilkundigen Arzt; er aber spräche: ›Nicht eher will
ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich nicht weiß, wer jener
Mann ist, der mich getroffen hat, ob es ein Krieger oder ein
Priester, ein Bürger oder ein Bauer ist‹; er aber spräche:
›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich nicht
weiß, wer jener Mann ist, der mich getroffen hat, wie er heißt,
woher er stammt oder hingehört‹; er aber spräche: ›Nicht eher
will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich nicht weiß, wer
jener Mann ist, der mich getroffen hat, ob es ein großer oder
ein kleiner oder ein mittlerer Mensch ist‹; er aber spräche:
›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich nicht
weiß, wer jener Mann ist, der mich getroffen hat, ob seine
Hautfarbe schwarz oder braun oder gelb ist‹; er aber spräche:
›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich nicht
weiß, wer jener Mann ist, der mich getroffen hat, in welchem
Dorf oder welcher Burg oder welcher Stadt er zuhause ist‹; er
aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn
bevor ich den Bogen nicht kenne, der mich getroffen hat, ob
es der kurze oder der lange gewesen‹; er aber spräche: ›Nicht
eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor ich die Sehne
nicht kenne, die mich getroffen hat, ob es eine Saite, ein
Draht oder eine Flechse, ob es Schnur oder Bast war‹; er aber
spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn bevor
ich den Schaft nicht kenne, der mich getroffen hat, ob er aus
Rohr oder Binsen ist‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich
diesen Pfeil herausziehn bevor ich den Schaft nicht kenne, der
mich getroffen hat, mit was für Federn er versehn ist, ob mit
Geierfedern oder Reiherfedern, mit Rabenfedern, Pfauenfedern
oder Schnepfenfedern‹; er aber spräche: ›Nicht eher will ich
diesen Pfeil herausziehn bevor ich den Schaft nicht kenne, der
mich getroffen hat, mit was für Leder er umwickelt ist, mit
Rindleder oder Büffelleder, mit Hirschleder oder Löwenleder‹;
er aber spräche: ›Nicht eher will ich diesen Pfeil herausziehn
bevor ich die Spitze nicht kenne, die mich getroffen hat, ob
sie gerade oder krumm oder hakenförmig ist[41], oder ob sie wie
ein Kalbzahn oder wie ein Oleanderblatt aussieht‹: nicht genug       430
könnte, Māluṉkyāputto, dieser Mann erfahren: denn er stürbe
hinweg.

»Ebenso nun auch, Māluṉkyāputto, ist es wenn einer da spricht:
›Nicht eher will ich beim Erhabenen das Asketenleben führen,
bis mir der Erhabene mitgetheilt haben wird, ob die Welt ewig
ist oder zeitlich ist, ob die Welt endlich ist oder unendlich
ist, ob Leben und Leib ein und dasselbe oder anders das Leben
und anders der Leib ist, ob der Vollendete nach dem Tode
besteht oder nicht besteht oder besteht und nicht besteht
oder weder besteht noch nicht besteht‹; nicht genug könnte,
Māluṉkyāputto, der Vollendete einem solchen mittheilen: denn er
stürbe hinweg.

»›Wenn die Ansicht ‚Ewig ist die Welt‘‹, Māluṉkyāputto,
›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: das gilt nicht. ›Wenn die
Ansicht ‚Zeitlich ist die Welt‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht,
kann Asketenthum bestehn‹: auch das gilt nicht. Ob die Ansicht
‚Ewig ist die Welt‘, Māluṉkyāputto, besteht oder die Ansicht
‚Zeitlich ist die Welt‘: sicher besteht Geburt, besteht Alter
und Tod, besteht Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung,
deren Zerstörung ich schon bei Lebzeiten kennen lehre.

»›Wenn die Ansicht ‚Endlich ist die Welt‘‹, Māluṉkyāputto,
›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: das gilt nicht. ›Wenn die
Ansicht ‚Unendlich ist die Welt‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht,
kann Asketenthum bestehn‹: auch das gilt nicht. Ob die Ansicht
‚Endlich ist die Welt‘, Māluṉkyāputto, besteht oder die Ansicht
‚Unendlich ist die Welt‘: sicher besteht Geburt, besteht Alter
und Tod, besteht Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung,
deren Zerstörung ich schon bei Lebzeiten kennen lehre.

»›Wenn die Ansicht ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe‘‹,
Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: das gilt
nicht. ›Wenn die Ansicht ‚Anders ist das Leben und anders der
Leib‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹:
auch das gilt nicht. Ob die Ansicht ‚Leben und Leib ist ein
und dasselbe‘, Māluṉkyāputto, besteht oder die Ansicht ‚Anders
ist das Leben und anders der Leib‘: sicher besteht Geburt,
besteht Alter und Tod, besteht Wehe, Jammer, Leiden, Gram und
Verzweiflung, deren Zerstörung ich schon bei Lebzeiten kennen
lehre.

»›Wenn die Ansicht ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode‘‹,
Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: das gilt
nicht. ›Wenn die Ansicht ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem
Tode‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum bestehn‹:
auch das gilt nicht. Ob die Ansicht ‚Der Vollendete besteht
nach dem Tode‚, Māluṉkyāputto, besteht oder die Ansicht ‚Der
Vollendete besteht nicht nach dem Tode‘: sicher besteht Geburt,
besteht Alter und Tod, besteht Wehe, Jammer, Leiden, Gram und
Verzweiflung, deren Zerstörung ich schon bei Lebzeiten kennen        431
lehre.

»›Wenn die Ansicht ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht
nach dem Tode‘‹, Māluṉkyāputto, ›besteht, kann Asketenthum
bestehn‹: das gilt nicht. ›Wenn die Ansicht ‚Weder besteht noch
besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‘‹, Māluṉkyāputto,
›besteht, kann Asketenthum bestehn‹: auch das gilt nicht. Ob
die Ansicht ‚Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem
Tode‘, Māluṉkyāputto, besteht oder die Ansicht ‚Weder besteht
noch besteht nicht der Vollendete nach dem Tode‘: sicher
besteht Geburt, besteht Alter und Tod, besteht Wehe, Jammer,
Leiden, Gram und Verzweiflung, deren Zerstörung ich schon bei
Lebzeiten kennen lehre.

»Darum also, Māluṉkyāputto, mögt ihr was ich nicht mitgetheilt
als nicht mitgetheilt, und was ich mitgetheilt als mitgetheilt
halten.

»Was aber, Māluṉkyāputto, hab’ ich nicht mitgetheilt? ›Ewig
ist die Welt‹, Māluṉkyāputto, hab’ ich nicht mitgetheilt,
›Zeitlich ist die Welt‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Endlich
ist die Welt‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Unendlich ist die
Welt‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Leben und Leib ist ein
und dasselbe‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Anders ist das
Leben und anders der Leib‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Der
Vollendete besteht nach dem Tode‹ hab’ ich nicht mitgetheilt,
›Der Vollendete besteht nicht nach dem Tode‹ hab’ ich nicht
mitgetheilt, ›Der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem
Tode‹ hab’ ich nicht mitgetheilt, ›Weder besteht noch besteht
nicht der Vollendete nach dem Tode‹ hab’ ich nicht mitgetheilt.
Und warum hab’ ich das, Māluṉkyāputto, nicht mitgetheilt? Weil
es, Māluṉkyāputto, nicht heilsam, nicht urasketenthümlich ist,
nicht zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung,
nicht zur Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur
Erwachung, nicht zur Erlöschung führt: darum hab’ ich das nicht
mitgetheilt.

»Was aber, Māluṉkyāputto, hab’ ich mitgetheilt? ›Das ist
das Leiden‹, Māluṉkyāputto, hab’ ich mitgetheilt, ›Das ist
die Leidensentwicklung‹ hab’ ich mitgetheilt, ›Das ist die
Leidensauflösung‹ hab’ ich mitgetheilt. ›Das ist der zur
Leidensauflösung führende Pfad‹ hab’ ich mitgetheilt. Und
warum hab’ ich das, Māluṉkyāputto, mitgetheilt? Weil es,
Māluṉkyāputto, heilsam, weil es urasketenthümlich ist, weil
es zur Abkehr, Wendung, Auflösung, Aufhebung, Durchschauung,
Erwachung, zur Erlöschung führt: darum hab’ ich das mitgetheilt.

»Darum also, Māluṉkyāputto, mögt ihr was ich nicht mitgetheilt
als nicht mitgetheilt, und was ich mitgetheilt als mitgetheilt       432
halten.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige
Māluṉkyāputto über das Wort des Erhabenen.



                              64.

            Siebenter Theil            Vierte Rede

                     DER SOHN DER MĀLUṈKYĀ

                           -- II --


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Dort
nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!«
-- »Erlauchter!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen
aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Wisst ihr noch, Mönche, was ich euch als die fünf
niederzerrenden Fesseln gezeigt habe?«

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Māluṉkyāputto zum
Erhabenen also:

»Ich weiß, o Herr, was der Erhabene als die fünf
niederzerrenden Fesseln gezeigt hat.«

»Inwiefern aber weißt du, Māluṉkyāputto, was ich als die fünf
niederzerrenden Fesseln gezeigt habe?«

»Den Glauben an Persönlichkeit, o Herr, weiß ich, hat der
Erhabene als niederzerrende Fessel gezeigt; den Zweifel, o
Herr, weiß ich, hat der Erhabene als niederzerrende Fessel
gezeigt; das Klammern an Tugendwerk, o Herr, weiß ich, hat der
Erhabene als niederzerrende Fessel gezeigt; die Begehrlichkeit,
o Herr, weiß ich, hat der Erhabene als niederzerrende Fessel
gezeigt; die Gehässigkeit, o Herr, weiß ich, hat der Erhabene
als niederzerrende Fessel gezeigt. Also weiß ich, o Herr, wie
der Erhabene die fünf niederzerrenden Fesseln gezeigt hat.«

»Wer hat dir nur, Māluṉkyāputto, weisgemacht, dass ich die
fünf niederzerrenden Fesseln also gezeigt hätte? Könnten
da nicht, Māluṉkyāputto, andersfährtige Pilger mit einem
Gleichnisse vom Kindlein als Gegner entgegentreten? Denn ein
zarter Knabe, Māluṉkyāputto, ein unvernünftiger Säugling,
weiß ja nichts von Persönlichkeit: woher sollte ihn gar der          433
Glaube an Persönlichkeit versehren? Aber es haftet ihm eben
der Hang an, Persönlichkeit zu glauben. Denn ein zarter Knabe,
Māluṉkyāputto, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von
den Dingen: woher sollte ihn gar der Zweifel an den Dingen
versehren? Aber es haftet ihm eben der Hang an, zu zweifeln.
Denn ein zarter Knabe, Māluṉkyāputto, ein unvernünftiger
Säugling, weiß ja nichts von Tugend: woher sollte ihn gar das
Klammern an Tugendwerk versehren? Aber es haftet ihm eben
der Hang an, an Tugendwerk sich zu klammern. Denn ein zarter
Knabe, Māluṉkyāputto, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja
nichts von Begierden: woher sollte ihn gar die Begehrlichkeit
der Begierden versehren? Aber es haftet ihm eben der Hang an,
Begierden zu fröhnen. Denn ein zarter Knabe, Māluṉkyāputto, ein
unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von Mitwesen: woher
sollte ihn gar die Gehässigkeit gegen Mitwesen versehren? Aber
es haftet ihm eben der Hang an, zu hassen. Könnten da nicht,
Māluṉkyāputto, andersfährtige Pilger mit diesem Gleichnisse vom
Kindlein als Gegner entgegentreten?«[42]

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

»Da ist es, Erhabener, Zeit, da ist es, Willkommener, Zeit,
dass der Erhabene die fünf niederzerrenden Fesseln zeige: des
Erhabenen Wort werden die Mönche bewahren.«

»Wohlan denn, Ānando, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, o Herr!« erwiderte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando
dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Da hat einer, Ānando, nichts erfahren, ist ein gewöhnlicher
Mensch, ohne Sinn für das Heilige, der heiligen Lehre unkundig,
der heiligen Lehre unzugänglich, ohne Sinn für das Edle, der
Lehre der Edlen unkundig, der Lehre der Edlen unzugänglich. Der
Glaube an Persönlichkeit hat sein Herz umsponnen, hat sein Herz
umzogen, und wie man dem sehrenden Glauben an Persönlichkeit
entgehn könne, daran denkt er nicht der Wahrheit gemäß; dem ist
dieser Glaube an Persönlichkeit, weil er ihn erstarken lassen,
nicht aufgelöst hat, zur niederzerrenden Fessel geworden. Der
Zweifel hat sein Herz umsponnen, hat sein Herz umzogen, und          434
wie man dem sehrenden Zweifel entgehn könne, daran denkt er
nicht der Wahrheit gemäß; dem ist dieser Zweifel, weil er ihn
erstarken lassen, nicht aufgelöst hat, zur niederzerrenden
Fessel geworden. Das Klammern an Tugendwerk hat sein Herz
umsponnen, hat sein Herz umzogen, und wie man dem sehrenden
Klammern an Tugendwerk entgehn könne, daran denkt er nicht der
Wahrheit gemäß; dem ist dieses Klammern an Tugendwerk, weil er
es erstarken lassen, nicht aufgelöst hat, zur niederzerrenden
Fessel geworden. Die Begehrsucht hat sein Herz umsponnen,
hat sein Herz umzogen, und wie man der sehrenden Begehrsucht
entgehn könne, daran denkt er nicht der Wahrheit gemäß; dem
ist diese Begehrsucht, weil er sie erstarken lassen, nicht
aufgelöst hat, zur niederzerrenden Fessel geworden. Die
Gehässigkeit hat sein Herz umsponnen, hat sein Herz umzogen,
und wie man der sehrenden Gehässigkeit entgehn könne, daran
denkt er nicht der Wahrheit gemäß; dem ist diese Gehässigkeit,
weil er sie erstarken lassen, nicht aufgelöst hat, zur
niederzerrenden Fessel geworden.

»Doch der erfahrene heilige Jünger, Ānando, merkt das
Heilige, ist der heiligen Lehre kundig, der heiligen Lehre
wohlzugänglich, merkt das Edle, ist der Lehre der Edlen
kundig, der Lehre der Edlen wohlzugänglich. Der Glaube an
Persönlichkeit hat sein Herz nicht umsponnen, hat sein
Herz nicht umzogen, und wie man dem sehrenden Glauben an
Persönlichkeit entgehn könne, daran denkt er der Wahrheit
gemäß; dem schwindet dieser Glaube an Persönlichkeit haltlos
hinweg. Der Zweifel hat sein Herz nicht umsponnen, hat sein
Herz nicht umzogen, und wie man dem sehrenden Zweifel entgehn
könne, daran denkt er der Wahrheit gemäß; dem schwindet dieser
Zweifel haltlos hinweg. Das Klammern an Tugendwerk hat sein
Herz nicht umsponnen, hat sein Herz nicht umzogen, und wie
man dem sehrenden Klammern an Tugendwerk entgehn könne, daran
denkt er der Wahrheit gemäß; dem schwindet dieses Klammern
an Tugendwerk haltlos hinweg. Die Begehrsucht hat sein Herz
nicht umsponnen, hat sein Herz nicht umzogen, und wie man
der sehrenden Begehrsucht entgehn könne, daran denkt er der
Wahrheit gemäß; dem schwindet diese Begehrsucht haltlos hinweg.
Die Gehässigkeit hat sein Herz nicht umsponnen, hat sein Herz
nicht umzogen, und wie man der sehrenden Gehässigkeit entgehn
könne, daran denkt er der Wahrheit gemäß; dem schwindet diese
Gehässigkeit haltlos hinweg.

»Dass einer, Ānando, hat er den Weg, hat er den Pfad nicht
betreten, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt,
diese kennen oder sehn oder ihnen entgehn kann: das ist
unmöglich. Gleichwie man etwa, Ānando, bei einem großen, kernig
dastehenden Baume, hat man die Rinde, hat man das Grünholz
nicht weggeschnitten, unmöglich das Kernholz ausschneiden kann:
ebenso nun auch, Ānando, ist es unmöglich, dass einer, hat
er den Weg, hat er den Pfad nicht betreten, der aus den fünf
niederzerrenden Fesseln entführt, diese kennen oder sehn oder
ihnen entgehn kann.

»Dass aber einer, Ānando, hat er den Weg, hat er den Pfad
betreten, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt,         435
diese kennen oder sehn oder ihnen entgehn kann: das ist
möglich. Gleichwie man etwa, Ānando, bei einem großen, kernig
dastehenden Baume, hat man die Rinde, hat man das Grünholz
weggeschnitten, wohl das Kernholz ausschneiden kann: ebenso nun
auch, Ānando, ist es möglich, dass einer, hat er den Weg, hat
er den Pfad betreten, der aus den fünf niederzerrenden Fesseln
entführt, diese kennen oder sehn oder ihnen entgehn kann.

»Gleichwie etwa, Ānando, wenn der Gangesstrom, voll von
Wasser, bis zum Rande reicht, Krähen schlürfbar; und es käme
ein schwächlicher Mann herbei; ›Ich werde diesen Gangesstrom
queer mit dem Arme durchkreuzen und heil an das andere Ufer
gelangen‹; der könnte nicht den Gangesstrom queer mit dem Arme
durchkreuzen und heil an das andere Ufer gelangen: ebenso
nun auch, Ānando, ist da ein jeder, dessen Gemüth sich beim
Darlegen der Auflösung der Persönlichkeit nicht angeregt, nicht
erheitert, nicht beruhigt, nicht erleichtert fühlt, etwa jenem
schwächlichen Manne zu vergleichen.

»Gleichwie etwa, Ānando, wenn der Gangesstrom, voll von Wasser,
bis zum Rande reicht, Krähen schlürfbar; und es käme ein
kräftiger Mann herbei: ›Ich werde diesen Gangesstrom queer mit
dem Arme durchkreuzen und heil an das andere Ufer gelangen‹;
der könnte den Gangesstrom queer mit dem Arme durchkreuzen und
heil an das andere Ufer gelangen: ebenso nun auch, Ānando, ist
da ein jeder, dessen Gemüth sich beim Darlegen der Auflösung
der Persönlichkeit angeregt, erheitert, beruhigt, erleichtert
fühlt, etwa jenem kräftigen Manne zu vergleichen.[43]

»Was ist das aber, Ānando, für ein Weg, was für ein Pfad, der
aus den fünf niederzerrenden Fesseln entführt? Da gewinnt,
Ānando, ein Mönch, weil er dem Anhaften ausweicht, weil er
die unheilsamen Dinge meidet, weil er die groben körperlichen
Regungen gänzlich beschwichtigt hat, gar fern von Begierden,
fern von unheilsamen Dingen die sinnend gedenkende ruhegeborene
sälige Heiterkeit, die Weihe der ersten Schauung. Und was
dabei noch formbar, fühlbar, wahrnehmbar, unterscheidbar,
bewusstbar ist, solche Dinge sieht er als wandelbar, wehe,
siech, bresthaft, schmerzhaft, übel, gebrechlich, ohnmächtig,
hinfällig, eitel, als nichtig an. Und von solchen Dingen
säubert er sein Herz. Und hat er sein Herz von solchen Dingen
gesäubert, so lenkt er es zu ewiger Artung hin: ›Das ist die         436
Ruhe, das ist das Ziel: dieses Aufgehn aller Unterscheidung,
die Abwehr aller Anhaftung, das Versiegen des Durstes, die
Wendung, Auflösung, Erlöschung.‹ Und dahin gekommen erlangt
er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung
nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit,
bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden
Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu
erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das ist
aber, Ānando, der Weg, das ist der Pfad, der aus den fünf
niederzerrenden Fesseln entführt.

»Weiter sodann, Ānando: nach Vollendung des Sinnens und
Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die
Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in
der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten
Schauung -- die Weihe der dritten Schauung -- die Weihe
der vierten Schauung. Und was dabei noch formbar, fühlbar,
wahrnehmbar, unterscheidbar, bewusstbar ist, solche Dinge
sieht er als wandelbar, wehe, siech, bresthaft, schmerzhaft,
übel, gebrechlich, ohnmächtig, hinfällig, eitel, als nichtig
an. Und von solchen Dingen säubert er sein Herz. Und hat er
sein Herz von solchen Dingen gesäubert, so lenkt er es zu
ewiger Artung hin: ›Das ist die Ruhe, das ist das Ziel: dieses
Aufgehn aller Unterscheidung, die Abwehr aller Anhaftung, das
Versiegen des Durstes, die Wendung, Auflösung, Erlöschung.‹
Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er
aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner
Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf
niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von
dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener
Welt. Das ist aber, Ānando, der Weg, das ist der Pfad, der aus
den fünf niederzerrenden Fesseln entführt.

»Weiter sodann, Ānando: nach völliger Ueberwindung der
Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen,
Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen gewinnt der Mönch in dem
Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten
Raumes -- gewinnt der Mönch nach völliger Ueberwindung der
unbegränzten Raumsphäre in dem Gedanken ›Gränzenlos ist das
Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten Bewusstseins --
gewinnt der Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten
Bewusstseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich
des Nichtdaseins. Und was dabei noch fühlbar, wahrnehmbar,
unterscheidbar, bewusstbar ist, solche Dinge sieht er
als wandelbar, wehe, siech, bresthaft, schmerzhaft, übel,
gebrechlich, ohnmächtig, hinfällig, eitel, als nichtig an.
Und von solchen Dingen säubert er sein Herz. Und hat er sein
Herz von solchen Dingen gesäubert, so lenkt er es zu ewiger
Artung hin: ›Das ist die Ruhe, das ist das Ziel: dieses
Aufgehn aller Unterscheidung, die Abwehr aller Anhaftung, das
Versiegen des Durstes, die Wendung, Auflösung, Erlöschung.‹
Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er         437
aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner
Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf
niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von
dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener
Welt.

»Das ist nun, Ānando, der Weg, das ist der Pfad, der aus den
fünf niederzerrenden Fesseln entführt.«

»Ist dieses, o Herr, der Weg, dieses der Pfad, der aus den fünf
niederzerrenden Fesseln entführt, woher kommt es dann, dass da
manche Mönche gemütherlöst und manche weisheiterlöst sind?«

»Das kommt nun, sag’ ich, Ānando, von der Verschiedenheit ihrer
Anlagen her.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige
Ānando über das Wort des Erhabenen.[44]



                              65.

            Siebenter Theil            Fünfte Rede

                           BHADDĀLI


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Dort
nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!«
-- »Erlauchter!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen
aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Ich nehme, ihr Mönche, einmal des Tages Nahrung zu mir: einmal
des Tages Nahrung, ihr Mönche, zu mir nehmend wahr’ ich mir
Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. So
nehmet auch ihr denn, Mönche, einmal des Tages Nahrung zu
euch: einmal des Tages Nahrung, ihr Mönche, zu euch nehmend
werdet auch ihr Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und
Wohlsein euch wahren.«[45]

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Bhaddāli zum Erhabenen
also:

»Ich, o Herr, vermag es nicht, einmal des Tages Nahrung zu mir
zu nehmen: nur einmal des Tages Nahrung zu mir zu nehmen möchte
mich verdrießen, möchte mich gereuen!«

»Dann also, Bhaddāli, magst du wo man dir Speise giebt einen
Theil dort verzehren und einen Theil mitnehmen und später
verzehren: auch also, Bhaddāli, darf Speise dich fristen.«           438

»Auch also kann mich, o Herr, Speise nicht fristen: denn auch
diese Fristung möchte mich verdrießen, möchte mich gereuen.«

Und der ehrwürdige Bhaddāli sprach da, wo der Erhabene ein
Regelmaaß angab, wo die Jüngerschaft die Regel annahm, von
seinem Unvermögen. Und der ehrwürdige Bhaddāli ließ sich diese
ganzen drei Monate nicht vor dem Erhabenen sehn, weil er da im
Meisterorden der Regel nicht vollkommen nachkam.

Um diese Zeit nun war eine Anzahl Mönche damit beschäftigt,
die Kleidung des Erhabenen auszubessern: »Ist die Kleidung
fertig, so wird der Erhabene, da drei Monate um sind, wieder
die Wanderschaft antreten.«

Da ging nun der ehrwürdige Bhaddāli zu jenen Mönchen hin,
wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit
ihnen und setzte sich zur Seite nieder. Und den ehrwürdigen
Bhaddāli, der zur Seite saß, sprachen nun jene Mönche also an:

»Wir machen hier, Bruder Bhaddāli, die Kleidung des Erhabenen
zurecht: ist die Kleidung fertig, so wird der Erhabene, da drei
Monate um sind, wieder die Wanderschaft antreten. Sieh’ wohl
zu, Bruder Bhaddāli, und lass’ dir diesen Wink gegeben sein,
auf dass es dir später nicht schwerer falle.«

»Freilich, Brüder!« erwiderte da zustimmend der ehrwürdige
Bhaddāli jenen Mönchen. Und er begab sich dorthin wo der
Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen
ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend
sprach nun der ehrwürdige Bhaddāli zum Erhabenen also:

»Ein Vergehn, o Herr, hat mich überkommen, wie einen Thoren,
wie einen Irren, wie einen Missrathenen, der ich, wo der
Erhabene ein Regelmaaß angegeben, wo die Jüngerschaft die Regel
angenommen, von meinem Unvermögen gesprochen habe! So möge
mich, o Herr, der Erhabene das Vergehn als Vergehn bekennen
lassen, um in Zukunft an mich zu halten.

»In der That hat dich, Bhaddāli, ein Vergehn überkommen, wie
einen Thoren, wie einen Irren, wie einen Missrathenen, der du,
wo ich ein Regelmaaß angegeben, wo die Jüngerschaft die Regel
angenommen, von deinem Unvermögen gesprochen hast. Den Umstand
aber, Bhaddāli, hast du wohl nicht beachtet: ›Der Erhabene
weilt in Sāvatthī, und der Erhabene wird von mir erfahren:
‚Bhaddāli, heißt es, der Mönch, kommt im Meisterorden der Regel
nicht vollkommen nach.‘‹ Diesen Umstand nun hast du, Bhaddāli,
wohl nicht beachtet. Den Umstand aber, Bhaddāli, hast du wohl
nicht beachtet: ›Gar viele Mönche bringen die Regenzeit in
Sāvatthī zu, und auch diese werden von mir erfahren: ‚Bhaddāli,      439
heißt es, der Mönch, kommt im Meisterorden der Regel nicht
vollkommen nach.‘‹ Auch diesen Umstand hast du, Bhaddāli,
wohl nicht beachtet. Den Umstand aber, Bhaddāli, hast du wohl
nicht beachtet: ›Gar viele Nonnen bringen die Regenzeit in
Sāvatthī zu, und auch diese werden von mir erfahren: ‚Bhaddāli,
heißt es, der Mönch, kommt im Meisterorden der Regel nicht
vollkommen nach.‘‹ Auch diesen Umstand hast du, Bhaddāli, wohl
nicht beachtet. Den Umstand aber, Bhaddāli, hast du wohl nicht
beachtet: ›Gar viele Anhänger, gar viele Anhängerinen befinden
sich in Sāvatthī, und auch diese werden von mir erfahren:
‚Bhaddāli, heißt es, der Mönch, kommt im Meisterorden der
Regel nicht vollkommen nach.‘‹ Auch diesen Umstand hast du,
Bhaddāli, wohl nicht beachtet. Den Umstand aber, Bhaddāli, hast
du wohl nicht beachtet: ›Gar viele und verschiedene Büßer,
Asketen und Priester, bringen die Regenzeit in Sāvatthī zu, und
auch diese werden von mir erfahren: ‚Bhaddāli, heißt es, der
Mönch, ein Jünger des Asketen Gotamo, einer der Oberen, kommt
im Meisterorden der Regel nicht vollkommen nach.‘‹ Auch diesen
Umstand hast du, Bhaddāli, wohl nicht beachtet.«

»Ein Vergehn, o Herr, hat mich überkommen, wie einen Thoren,
wie einen Irren, wie einen Missrathenen, der ich, wo der
Erhabene ein Regelmaaß angegeben, wo die Jüngerschaft die Regel
angenommen, von meinem Unvermögen gesprochen habe! So möge
mich, o Herr, der Erhabene das Vergehn als Vergehn bekennen
lassen, um in Zukunft an mich zu halten.«

»In der That hat dich, Bhaddāli, ein Vergehn überkommen,
wie einen Thoren, wie einen Irren, wie einen Missrathenen,
der du, wo ich ein Regelmaaß angegeben, wo die Jüngerschaft
die Regel angenommen, von deinem Unvermögen gesprochen
hast. Was meinst du wohl, Bhaddāli: es sei hier ein Mönch
ein Beiderseiterlöster, und ich spräche also zu ihm: ›Geh’
mir, du Mönch, und steige in Staub hinein‹: würde der nun
hineinsteigen, oder aber seine Schritte anderswo hinlenken oder
›Nein‹ sagen?«

»Das nicht, o Herr!«

»Was meinst du wohl, Bhaddāli: es sei hier ein Mönch ein
Weisheiterlöster, sei ein Körperzeuge, ein Aufgeklärter,
ein Gläubigerlöster, ein Wissendergebener, sei ein
Gläubigergebener[46], und ich spräche also zu ihm: ›Geh’
mir, du Mönch, und steige in Staub hinein‹: würde der nun
hineinsteigen, oder aber seine Schritte anderswo hinlenken oder
›Nein‹ sagen?«

»Das nicht, o Herr!«

»Was meinst du wohl, Bhaddāli: bist du etwa damals ein
Beiderseiterlöster gewesen, oder ein Weisheiterlöster, oder ein      440
Körperzeuge, oder ein Aufgeklärter, oder ein Gläubigerlöster,
oder ein Wissendergebener, oder ein Gläubigergebener?«

»Freilich nicht, o Herr!«

»Bist du, Bhaddāli, damals nicht hohl und leer und verlassen
gewesen?«

»So ist es, o Herr! Ein Vergehn, o Herr, hat mich überkommen,
wie einen Thoren, wie einen Irren, wie einen Missrathenen,
der ich, wo der Erhabene die Regel des Ordens angegeben, wo
die Jüngerschaft die Regel angenommen, von meinem Unvermögen
gesprochen habe! So möge mich, o Herr, der Erhabene das Vergehn
als Vergehn bekennen lassen, um in Zukunft an mich zu halten.«

»In der That hat dich, Bhaddāli, ein Vergehn überkommen, wie
einen Thoren, wie einen Irren, wie einen Missrathenen, der
du, wo ich ein Regelmaaß angegeben, wo die Jüngerschaft die
Regel angenommen, von deinem Unvermögen gesprochen hast. Weil
du nun aber, Bhaddāli, das Vergehn als Vergehn eingesehn und
nach Gebühr bekannt hast, erkennen wir das von dir an. Denn
ein Fortschritt ist es, Bhaddāli, im Orden des Heiligen, ein
Vergehn als Vergehn einzusehn, nach Gebühr zu bekennen, in
Zukunft an sich zu halten.

»Da kommt, Bhaddāli, ein Mönch im Meisterorden der Regel nicht
vollkommen nach. Und er gedenkt bei sich: ›Wie, wenn ich
nun einen abgelegenen Ruheplatz aufsuchte, einen Hain, den
Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen
Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene,      441
auf dass es mir doch etwa möglich wäre das überirdische, reiche
Heilthum der Wissensklarheit zu verwirklichen!‹ Und er sucht
einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines
Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof,
die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Und wie
er dort abgesondert lebt rügt ihn der Meister, oder es rügen
ihn, wohlüberlegt, verständige Ordensbrüder, oder es rügen ihn
Gottheiten, oder er selber rügt sich. Und vom Meister gerügt,
oder, wohlüberlegt, von verständigen Ordensbrüdern gerügt,
oder von Gottheiten gerügt, oder von sich selber gerügt kann
er das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit nicht
verwirklichen. Und warum nicht? Weil es also, Bhaddāli, billig
ist für einen, der im Meisterorden der Regel nicht vollkommen
genügt.

»Da kommt nun, Bhaddāli, ein Mönch im Meisterorden der Regel
vollkommen nach. Und er gedenkt bei sich: ›Wie, wenn ich nun
einen abgelegenen Ruheplatz aufsuchte, einen Hain, den Fuß
eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen
Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene,
auf dass es mir doch etwa möglich wäre das überirdische, reiche
Heilthum der Wissensklarheit zu verwirklichen!‹ Und er sucht
einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines
Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof,
die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Und wie
er dort abgesondert lebt, rügt ihn der Meister nicht, und es
rügen ihn, wohlüberlegt, verständige Ordensbrüder nicht, und
es rügen ihn keine Gottheiten, und er selber rügt sich nicht.
Und vom Meister ungerügt, und, wohlüberlegt, von verständigen
Ordensbrüdern ungerügt, und von Gottheiten ungerügt, und
ungerügt von sich selber kann er das überirdische, reiche
Heilthum der Wissensklarheit verwirklichen. Gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend
gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der
ersten Schauung. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig
ist für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Weiter sodann, Bhaddāli: nach Vollendung des Sinnens und
Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die
Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in
der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten
Schauung. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig ist für
einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Weiter sodann, Bhaddāli: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch
gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet
er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig
Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten
Schauung. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig ist für
einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Weiter sodann, Bhaddāli: nach Verwerfung der Freuden und
Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns
erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen,
gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte
Schauung. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig ist
für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer
Daseinsformen. Er erinnert sich mancher verschiedenen früheren
Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je
den eigenartigen Beziehungen. Und warum das? Weil es also,           442
Bhaddāli, billig ist für einen, der im Meisterorden der Regel
vollkommen genügt.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert,
gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest,
unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des
Verschwindens-Erscheinens der Wesen. Mit dem himmlischen Auge,
dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden,
kann er die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn,
gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und
unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten
wiederkehren. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig ist
für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung.
›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der
Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt
er der Wahrheit gemäß. Also erkennend, also sehend wird da
sein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn,
erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹,
diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet
das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹
versteht er da. Und warum das? Weil es also, Bhaddāli, billig
ist für einen, der im Meisterorden der Regel vollkommen genügt.«

       *       *       *       *       *

Nach dieser Rede sprach der ehrwürdige Bhaddāli zum Erhabenen
also:

»Was ist wohl, o Herr, der Anlass, was ist der Grund, dass man
da manchem Mönche oft und oft eine Bemerkung zu machen hat? Und
was ist wiederum, o Herr, der Anlass, was ist der Grund, dass
man da manchem Mönche nicht so oft und oft eine Bemerkung zu
machen hat?«

»Da hat sich, Bhaddāli, ein Mönch wiederholt vergangen, sich
vielfach vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von
einem auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande ab und
legt Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag, er
wendet sich nicht zum Guten, giebt nicht nach, lenkt nicht
versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das
will ich thun‘, so spricht er nicht. Da berathen, Bhaddāli,
die Mönche sich also: ›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich
wiederholt vergangen, vielfach vergangen: und von den Mönchen
ermahnt geht er von einem auf ein anderes über, schweift vom
Gegenstande ab und legt Verdrossenheit, Hass und Misstrauen
an den Tag, er wendet sich nicht zum Guten, giebt nicht nach,
lenkt nicht versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig
ist, das will ich thun‘, so spricht er nicht. Gut wär’ es,           443
wolltet ihr, Ehrwürdige, bei diesem Mönch darauf achten, dass
ihm unser Vermerk nicht alsbald wieder entschwunden sei.‹ Und
derart, Bhaddāli, achten die Mönche bei diesem Mönche darauf,
dass ihm ihr Vermerk nicht alsbald wieder entschwunden ist.
-- Da hat sich nun, Bhaddāli, ein Mönch wiederholt vergangen,
sich vielfach vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er
von einem nicht auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande
nicht ab, legt keine Verdrossenheit, keinen Hass, kein
Misstrauen an den Tag, er wendet sich zum Guten, giebt nach,
lenkt versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist,
das will ich thun‘, so spricht er. Da berathen, Bhaddāli,
die Mönche sich also: ›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich
wiederholt vergangen, vielfach vergangen: und von den Mönchen
ermahnt geht er von einem nicht auf ein anderes über, schweift
vom Gegenstande nicht ab, legt keine Verdrossenheit, keinen
Hass, kein Misstrauen an den Tag, er wendet sich zum Guten,
giebt nach, lenkt versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und
billig ist, das will ich thun‘, so spricht er. Gut wär’ es,
wolltet ihr, Ehrwürdige, bei diesem Mönch darauf achten, dass
ihm unser Vermerk alsbald wieder entschwunden sei.‹ Und derart,
Bhaddāli, achten die Mönche bei diesem Mönche darauf, dass ihm
ihr Vermerk alsbald wieder entschwunden ist.

»Da hat sich, Bhaddāli, ein Mönch nur selten[47] vergangen,
nur wenig vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er
von einem auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande ab
und legt Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag, er
wendet sich nicht zum Guten, giebt nicht nach, lenkt nicht
versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das
will ich thun‘, so spricht er nicht. Da berathen, Bhaddāli,
die Mönche sich also: ›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich nur
selten vergangen, nur wenig vergangen: und von den Mönchen
ermahnt geht er von einem auf ein anderes über, schweift vom
Gegenstande ab und legt Verdrossenheit, Hass und Misstrauen
an den Tag, er wendet sich nicht zum Guten, giebt nicht nach,
lenkt nicht versöhnlich ein, ‚Was den Brüdern recht und billig
ist, das will ich thun‘, so spricht er nicht. Gut wär’ es,
wolltet ihr, Ehrwürdige, bei diesem Mönch darauf achten, dass
ihm unser Vermerk nicht alsbald wieder entschwunden sei.‹ Und
derart, Bhaddāli, achten die Mönche bei diesem Mönche darauf,
dass ihm ihr Vermerk nicht alsbald wieder entschwunden ist. --
Da hat sich nun, Bhaddāli, ein Mönch nur selten vergangen, nur       444
wenig vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von einem
nicht auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande nicht ab,
legt keine Verdrossenheit, keinen Hass, kein Misstrauen an den
Tag, er wendet sich zum Guten, giebt nach, lenkt versöhnlich
ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das will ich thun‘,
so spricht er. Da berathen, Bhaddāli, die Mönche sich also:
›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich nur selten vergangen, nur
wenig vergangen: und von den Mönchen ermahnt geht er von einem
nicht auf ein anderes über, schweift vom Gegenstande nicht ab,
legt keine Verdrossenheit, keinen Hass, kein Misstrauen an den
Tag, er wendet sich zum Guten, giebt nach, lenkt versöhnlich
ein, ‚Was den Brüdern recht und billig ist, das will ich thun‘,
so spricht er. Gut wär’ es, wolltet ihr, Ehrwürdige, bei diesem
Mönch darauf achten, dass ihm unser Vermerk alsbald wieder
entschwunden sei.‹ Und derart, Bhaddāli, achten die Mönche
bei diesem Mönche darauf, dass ihm ihr Vermerk alsbald wieder
entschwunden ist.

»Da hat sich, Bhaddāli, ein Mönch aus gewissem Vertrauen zu
uns gesellt, aus gewisser Neigung: und die Mönche, Bhaddāli,
berathen sich also: ›Dieser Mönch, ihr Brüder, hat sich aus
gewissem Vertrauen zu uns gesellt, aus gewisser Neigung; wenn
wir diesem Mönche oft und oft eine Bemerkung zu machen haben,
soll ihm, weil er nur ein gewisses Vertrauen, eine gewisse
Neigung besitzt, nicht auch diese verloren gehn.‹ Gleichwie
etwa, Bhaddāli, bei einem Manne, der ein Auge hat, seine
Freunde und Verwandten dieses eine Auge hüten mögen: ›Nicht
soll ihm, weil er nur dieses eine Auge besitzt, auch dieses
verloren gehn‹: ebenso nun auch, Bhaddāli, hat sich da ein
Mönch aus gewissem Vertrauen zu uns gesellt, aus gewisser
Neigung: und die Mönche, Bhaddāli, berathen sich also: ›Dieser
Mönch, ihr Brüder, hat sich aus gewissem Vertrauen zu uns
gesellt, aus gewisser Neigung; wenn wir diesem Mönche oft und
oft eine Bemerkung zu machen haben, soll ihm, weil er nur ein
gewisses Vertrauen, eine gewisse Neigung besitzt, nicht auch
diese verloren gehn.‹

»Das ist, Bhaddāli, der Anlass, das ist der Grund, dass man da
manchem Mönche oft und oft eine Bemerkung zu machen hat; und
das ist wiederum, Bhaddāli, der Anlass, das ist der Grund, dass
man da manchem Mönche nicht so oft und oft eine Bemerkung zu
machen hat.«

»Was ist wohl, o Herr, der Anlass, was ist der Grund, dass es
früher weniger Ordensregeln gab, aber mehr der Mönche gewiss         445
bestanden? Und was ist wiederum, o Herr, der Anlass, was ist
der Grund, dass es heute mehr der Ordensregeln giebt, aber
weniger Mönche gewiss bestehn?«

»Also ist es eben, Bhaddāli, wann die Wesen sich
verschlechtern, wann die wahre Lehre untergeht, dass es mehr
der Ordensregeln giebt, aber weniger Mönche gewiss bestehn.
Nicht eher, Bhaddāli, giebt der Meister den Jüngern die
Regel an, bis da nicht manche auf Wahn beruhende Dinge im
Orden offenbar werden. Sobald nun, Bhaddāli, da manche auf
Wahn beruhende Dinge im Orden offenbar werden, dann giebt
der Meister den Jüngern die Regel an, um eben diese auf Wahn
beruhenden Dinge zurückzuweisen. Nicht eher, Bhaddāli, werden
da manche auf Wahn beruhende Dinge im Orden offenbar, bis
nicht der Orden Größe erreicht hat. Sobald nun, Bhaddāli,
der Orden Größe erreicht hat, dann werden da manche auf Wahn
beruhende Dinge im Orden offenbar, dann giebt der Meister den
Jüngern die Regel an, um eben diese auf Wahn beruhenden Dinge
zurückzuweisen. Nicht eher, Bhaddāli, werden da manche auf Wahn
beruhende Dinge im Orden offenbar, bis nicht der Orden hohe
Gabe, hohen Ruhm, reiches Wissen, späte Jahre erreicht hat.
Sobald nun, Bhaddāli, der Orden hohe Gabe, hohen Ruhm, reiches
Wissen, späte Jahre erreicht hat, dann werden da manche auf
Wahn beruhende Dinge im Orden offenbar, dann giebt der Meister
den Jüngern die Regel an, um eben diese auf Wahn beruhenden
Dinge zurückzuweisen.[48]

»Nicht viele seid ihr, Bhaddāli, damals gewesen, als ich euch
im Gleichniss vom jungen Rosse die Lehre dargelegt habe;
erinnerst du dich, Bhaddāli?«

»Nein, o Herr!«

»Und kannst du, Bhaddāli, den Grund angeben?«

»Doch wohl darum, o Herr, weil ich lange Zeit im Meisterorden
der Regel nicht vollkommen genügt habe.«

»Nicht allein das, Bhaddāli, ist der Anlass, ist der Grund,
denn ich habe dich, Bhaddāli, schon lange, im Geiste geistig
erfassend, erkannt: ›Nicht mag dieser Thor, wann ich die Lehre
darlege, achtsam, aufmerksam, mit ganzem Gemüthe hingegeben,
offenen Ohres die Lehre hören.‹ Aber ich will dir, Bhaddāli, im
Gleichniss vom jungen Rosse die Lehre darlegen: das höre du und
achte wohl auf meine Rede.«                                          446

»Ja, o Herr!« sagte da der ehrwürdige Bhaddāli aufmerksam zum
Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Gleichwie etwa, Bhaddāli, ein gewandter Rossebändiger, wann
er ein schönes edles Ross erhalten hat, zu allererst am
Gebisse Uebungen ausführen lässt; und während es am Gebisse
Uebungen ausführt zeigt es eben allerlei Ungebührlichkeit,
Ungebärdigkeit, Unbändigkeit, weil es nie zuvor solche Uebungen
ausgeführt hat: aber durch wiederholtes Ueben, durch allmäliges
Ueben giebt es sich damit zufrieden. Sobald nun, Bhaddāli, das
schöne edle Ross durch wiederholtes Ueben, durch allmäliges
Ueben sich damit zufriedengegeben hat, dann lässt es der
Rossebändiger weitere Uebungen ausführen und schirrt es an; und
während es angeschirrt Uebungen ausführt zeigt es eben allerlei
Ungebührlichkeit, Ungebärdigkeit, Unbändigkeit, weil es nie
zuvor solche Uebungen ausgeführt hat: aber durch wiederholtes
Ueben, durch allmäliges Ueben giebt es sich damit zufrieden.
Sobald nun, Bhaddāli, das schöne edle Ross durch wiederholtes
Ueben, durch allmäliges Ueben sich damit zufriedengegeben hat,
dann lässt es der Rossebändiger weitere Uebungen ausführen
und im Schritt gehn, im Trab gehn, Galopp laufen[49], er
lässt es rennen und springen, bringt ihm königlichen Gang
und königliche Haltung bei, er macht es zum schnellsten und
flüchtigsten und verlässlichsten der Pferde; und während es
also Uebungen ausführt zeigt es eben allerlei Ungebührlichkeit,
Ungebärdigkeit, Unbändigkeit, weil es nie zuvor solche
Uebungen aufgeführt hat: aber durch wiederholtes Ueben, durch
allmäliges Ueben giebt es sich damit zufrieden. Sobald nun,
Bhaddāli, das schöne edle Ross durch wiederholtes Ueben, durch
allmähliges Ueben sich damit zufriedengegeben hat, dann lässt
ihm der Rossebändiger noch die letzte Strählung und Striegelung
angedeihen. Das sind, Bhaddāli, die zehn Eigenschaften, die ein
schönes edles Ross dem Könige schicklich, dem Könige tauglich,
eben als ›Königsgut‹ erscheinen lassen. Ebenso nun auch,
Bhaddāli, sind es zehn Dinge, die einen Mönch Opfer und Spende,
Gabe und Gruß verdienen, heiligste Stätte der Welt sein lassen:
und welche zehn? Da eignet, Bhaddāli, einem Mönche untrüglich
rechte Erkenntniss, untrüglich rechte Gesinnung, untrüglich
rechte Rede, untrüglich rechtes Handeln, untrüglich rechtes
Wandeln, untrüglich rechtes Mühn, untrüglich rechte Einsicht,
untrüglich rechte Einigung, untrüglich rechte Weisheit,              447
untrüglich rechte Erlösung. Das sind, Bhaddāli, die zehn Dinge,
die einen Mönch Opfer und Spende, Gabe und Gruß verdienen,
heiligste Stätte der Welt sein lassen.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige
Bhaddāli über das Wort des Erhabenen.[50]



                              66.

            Siebenter Theil            Sechste Rede

                DAS GLEICHNISS VON DER WACHTEL


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im
Lande der Aṉguttarāper, bei einer Burg der Aṉguttarāper
Namens Āpaṇam. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel
und Schaale und ging nach Āpaṇam um Almosenspeise. Und als
der Erhabene, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten,
kehrte er zurück, nahm das Mahl ein und begab sich dann in
ein nahe gelegenes Waldgehölz, für den Tag. Im Inneren dieses
Waldgehölzes setzte sich der Erhabene am Fuß eines Baumes
nieder, bis gegen Sonnenuntergang da zu verweilen.

Und auch der ehrwürdige Udāyī ging, zeitig gerüstet, mit Mantel
und Schaale versehn, nach Āpaṇam um Almosenspeise. Und als er,
von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück,
nahm das Mahl ein und begab sich dann in dieses Waldgehölz,
für den Tag. Und er setzte sich im Inneren des Waldgehölzes
am Fuß eines Baumes nieder, bis gegen Sonnenuntergang da zu
verweilen.

Da kam nun dem ehrwürdigen Udāyī, während er einsam
zurückgezogen sann, folgender Gedanke in den Sinn: ›Viel
unsälige Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene genommen, viel
sälige Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene gegeben! Viel
unheilsame Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene genommen, viel
heilsame Dinge, wahrlich, hat uns der Erhabene gegeben!‹

Als nun der ehrwürdige Udāyī gegen Abend die Gedenkensruhe
beendet hatte, begab er sich dorthin wo der Erhabene weilte,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts
nieder. Seitwärts sitzend sprach nun der ehrwürdige Udāyī also       448
zum Erhabenen:

»Während ich da, o Herr, einsam zurückgezogen sann, kam mir
folgender Gedanke in den Sinn: ›Viel unsälige Dinge, wahrlich,
hat uns der Erhabene genommen, viel sälige Dinge, wahrlich,
hat uns der Erhabene gegeben! Viel unheilsame Dinge, wahrlich,
hat uns der Erhabene genommen, viel heilsame Dinge, wahrlich,
hat uns der Erhabene gegeben!‹ Denn wir haben früher, o Herr,
sowohl am Abend als am Morgen und zu Mittag, außer der Zeit,
gegessen. Es war einmal, o Herr, ein Anlass, wo der Erhabene
die Mönche ermahnte: ›Wohlan, ihr Mönche, jenes Mittagessen,
außer der Zeit, sollt ihr lassen.‹ Da wurden wir nur betrübt,
o Herr, wurden traurig: ›Was uns gläubige Hausleute mittags,
außer der Zeit, an Speise und Trank Gutes darreichen, das
hat uns der Erhabene zu lassen geheißen, das hat uns der
Willkommene verleugnen geheißen.‹ Weil wir nun, o Herr, zum
Erhabenen Liebe und Zutrauen hegten, schaamhaft und dehmüthig
waren, so ließen wir davon ab, mittags, außer der Zeit, zu
essen. Und so aßen wir denn, o Herr, abends und morgens. Es
war aber einst ein Anlass, o Herr, wo der Erhabene die Mönche
ermahnte: ›Wohlan, ihr Mönche, jenes Abendessen, außer der
Zeit, sollt ihr lassen.‹ Da wurden wir wieder betrübt, o Herr,
wurden traurig: ›Was für Mahlzeit von den beiden uns als die
bessere gilt, die hat uns der Erhabene zu lassen geheißen, die
hat uns der Willkommene verleugnen geheißen.‹ Einst hatte, o
Herr, ein Mann zu Mittag ein Gericht erhalten, und er sprach
also: ›Hebt es mir doch auf, abends wollen wir alle gemeinsam
speisen.‹ Alles, o Herr, wird für den Abend bereitet, wenig
für den Tag. Weil wir aber, o Herr, zum Erhabenen Liebe und
Zutrauen hegten, schaamhaft und dehmüthig waren, so ließen wir
davon ab, abends, außer der Zeit, zu essen. Einst gingen die
Mönche, o Herr, im Dunkel der Dämmerung auf Almosen aus und
geriethen in Pfützen, fielen in Tümpel, verstiegen sich in
Dickicht, traten auf eine schlafende Kuh, kamen mit Menschen
zusammen, mit feiernden oder beschäftigten, oder Weiber luden
sie auf ungehörige Weise ein. Einst ging ich, o Herr, im Dunkel
der Dämmerung auf Almosen aus. Da sah mich, o Herr, eine Frau,
die im Rinnstein Geschirr wusch, und als sie mich gesehn rief
sie entsetzt aus: ›Ha, weh’ mir, ein Gespenst!‹ Ich aber, o
Herr, sprach also zur Frau: ›Kein Gespenst, o Schwester, ein
Mönch steht um Almosen.‹ -- ›So bringt wohl ein Mönch den            449
Leib um, so bringt wohl ein Mönch ein Weib um![51] Besser
wär’ es dir, o Mönch, mit scharfem Schlachtmesser den Bauch
aufschlitzen und nicht im Dunkel der Dämmerung um des Bauches
willen auf Almosen ausgehn!‹ -- Und weil ich, o Herr, mich
dessen erinnerte, gedacht’ ich bei mir: ›Viel unsälige Dinge,
wahrlich, hat uns der Erhabene genommen, viel sälige Dinge,
wahrlich, hat uns der Erhabene gegeben! Viel unheilsame Dinge,
wahrlich, hat uns der Erhabene genommen, viel heilsame Dinge,
wahrlich, hat uns der Erhabene gegeben!‹«

»Ebenso nun aber, Udāyī, haben da gar manche Thoren, von mir
ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was wird
es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen? Allzu peinlich
genau ist doch dieser Asket!‹[52] Und sie lassen nicht davon
ab und setzen in Misstrauen zu mir die Mönche, die sich eifrig
üben. Denen wird das, Udāyī, eine feste Fessel, eine tüchtige
Fessel, eine zähe Fessel, keine faule Fessel, ein schwerer
Block. Gleichwie etwa, Udāyī, eine Wachtel, mit einem Bande
aus faulem Baste gebunden, eben dadurch in Verderben, in Noth
oder Tod geräth: wer nun da, Udāyī, also spräche, ›Das Band
aus faulem Baste, womit diese Wachtel gebunden ist und wodurch
sie in Verderben, in Noth oder Tod geräth, das ist ja für sie
kein festes Band, ist ein schwaches Band, ein faules Band, ein
haltloses Band‹, würde der also, Udāyī, recht reden?«

»Gewiss nicht, o Herr! Das Band aus faulem Baste, o Herr, womit
diese Wachtel gebunden ist und wodurch sie in Verderben, in
Noth oder Tod geräth, das ist ja für sie ein festes Band, ein
tüchtiges Band, ein zähes Band, kein faules Band, ein schwerer
Block.«

»Ebenso nun auch, Udāyī, haben da gar manche Thoren, von mir
ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was wird
es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen? Allzu peinlich
genau ist doch dieser Asket!‹ Und sie lassen nicht davon ab und
setzen in Misstrauen zu mir die Mönche, die sich eifrig üben.
Denen wird das, Udāyī, eine feste Fessel, eine tüchtige Fessel,
eine zähe Fessel, keine faule Fessel, ein schwerer Block.

»Und wieder haben da, Udāyī, gar manche edle Söhne, von mir
ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was wird       450
es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen, die zu lassen
ist, die uns der Erhabene zu lassen geheißen, die uns der
Willkommene verleugnen geheißen hat!‹ Und sie lassen eben davon
ab und setzen nicht in Misstrauen zu mir die Mönche, die sich
eifrig üben. Und weil sie das gelassen, verweilen sie gestillt,
ohne Widerstand, ohne Widerrede, mild geworden im Gemüthe.
Denen wird das, Udāyī, keine feste Fessel, eine schwache
Fessel, eine faule Fessel, ein haltlose Fessel.

»Gleichwie etwa, Udāyī, ein Königselephant, mit Doppelhauern,
zum Angriff geeignet, zum Kampf erzogen, der mit starken Riemen
und Seilen gefesselt ist, nur gering den Körper bewegend diese
Fesseln zerreißt und zertritt und hingeht wohin er will: wer
nun da, Udāyī, also spräche, ›Die starken Riemen und Seile,
womit dieser Königselephant mit Doppelhauern, zum Angriff
geeignet, zum Kampf erzogen, gefesselt ist, und die er, nur
gering den Körper bewegend, zerreißt und zertritt, um hinzugehn
wohin er will, das sind ja feste Fesseln für ihn, tüchtige
Fesseln, keine faulen Fesseln, ein schwerer Block‹, würde der
also, Udāyī, recht reden?«

»Gewiss nicht, o Herr! Die starken Riemen und Seile, o Herr,
womit dieser Königselephant mit Doppelhauern, zum Angriff
geeignet, zum Kampf erzogen, gefesselt ist, nur gering den
Körper bewegend zerreißt und zertritt er diese und geht hin
wohin er will: das sind ihm wahrlich keine festen Fesseln, sind
schwache Fesseln, faule Fesseln, haltlose Fesseln.«

»Ebenso nun auch, Udāyī, haben da gar manche edle Söhne, von
mir ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was
wird es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen, die zu
lassen ist, die uns der Erhabene zu lassen geheißen, die uns
der Willkommene verleugnen geheißen hat!‹ Und sie lassen eben
davon ab und setzen nicht in Misstrauen zu mir die Mönche,
die sich eifrig üben. Und weil sie das gelassen, verweilen
sie gestillt, ohne Widerstand, ohne Widerrede, mild geworden
im Gemüthe. Denen wird das, Udāyī, keine feste Fessel, eine
schwache Fessel, eine faule Fessel, eine haltlose Fessel.

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn da ein Mann wäre, arm, unfrei,
unselbständig; und er besäße ein einziges Häuschen, verfallen
und zerfallen, den Krähen gar sehr zugänglich, durchaus
nicht schön, eine einzige Lagerstatt[53], verfallen und
zerfallen, durchaus nicht schön, einen einzigen Scheffel             451
voll Getreidesaamen, durchaus nicht schön, ein einziges
Weib, durchaus nicht schön: und er sähe in einem Haine
einen Mönch, mit rein gewaschenen Händen und Füßen, heiter
blickend, nach eingenommenem Mahle, in kühlem Schatten sitzen,
hohem Gedenken hingegeben. Und es würd’ ihm also zumuthe:
›Sälig ist, wahrlich, Asketenschaft, leidlos ist, wahrlich,
Asketenschaft! O wär’ ich doch ein solcher, dass ich, mit
geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus
dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge!‹ Und er vermöchte
nicht das eine Häuschen, verfallen und zerfallen, den Krähen
gar sehr zugänglich, durchaus nicht schön, zu lassen, die eine
Lagerstatt, verfallen und zerfallen, durchaus nicht schön, zu
lassen, den einen Scheffel voll Getreidesaamen, durchaus nicht
schön, zu lassen, das eine Weib, durchaus nicht schön, zu
lassen und, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande
bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn.
Wer nun da, Udāyī, also spräche, ›Die Bande, womit dieser
Mann gebunden nicht vermag das eine Häuschen, verfallen und
zerfallen, den Krähen gar sehr zugänglich, durchaus nicht
schön, zu lassen, die eine Lagerstatt, verfallen und zerfallen,
durchaus nicht schön, zu lassen, den einen Scheffel voll
Getreidesaamen, durchaus nicht schön, zu lassen, das eine Weib,
durchaus nicht schön, zu lassen und, mit geschorenem Haar und
Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die
Hauslosigkeit hinauszuziehn, das sind ja für ihn keine festen
Bande, sind schwache Bande, faule Bande, haltlose Bande‹, würde
der also, Udāyī, recht reden?«

»Gewiss nicht, o Herr! Die Bande, o Herr, womit dieser Mann
gebunden nicht vermag das eine Häuschen, verfallen und
zerfallen, den Krähen gar sehr zugänglich, durchaus nicht
schön, zu lassen, die eine Lagerstatt, verfallen und zerfallen,
durchaus nicht schön, zu lassen, den einen Scheffel voll
Getreidesaamen, durchaus nicht schön, zu lassen, das eine Weib,
durchaus nicht schön, zu lassen und, mit geschorenem Haar und
Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die
Hauslosigkeit hinauszuziehn, das sind ja für ihn feste Bande,
tüchtige Bande, zähe Bande, keine faulen Bande, ein schwerer
Block.«

»Ebenso nun auch, Udāyī, haben da gar manche Thoren, von mir
ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was wird
es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen? Allzu peinlich
genau ist doch dieser Asket!‹ Und sie lassen nicht davon ab und
setzen in Misstrauen zu mir die Mönche, die sich eifrig üben.
Denen wird das, Udāyī, eine feste Fessel, eine tüchtige Fessel,
eine zähe Fessel, keine faule Fessel, ein schwerer Block.

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn da ein Hausvater wäre, oder             452
der Sohn eines Hausvaters, reich, mit Geld und Gut mächtig
begabt, im Besitze vieler Haufen Goldes, im Besitze vieler
Massen Getreides, im Besitze vieler Felder und Wiesen, im
Besitze vieler Häuser und Höfe, im Besitze vieler Schaaren von
Frauen, im Besitze vieler Schaaren von Dienern, im Besitze
vieler Schaaren von Dienerinen: und er sähe in einem Haine
einen Mönch, mit rein gewaschenen Händen und Füßen, heiter
blickend, nach eingenommenem Mahle, in kühlem Schatten sitzen,
hohem Gedenken hingegeben. Und es würd’ ihm also zumuthe:
›Sälig ist, wahrlich, Asketenschaft, leidlos ist, wahrlich,
Asketenschaft! O wär’ ich doch ein solcher, dass ich, mit
geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus
dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge!‹ Und er vermöchte
die vielen Haufen Goldes zu lassen, die vielen Massen Getreides
zu lassen, die vielen Felder und Wiesen zu lassen, die vielen
Häuser und Höfe zu lassen, die vielen Schaaren von Frauen zu
lassen, die vielen Schaaren von Dienern zu lassen, die vielen
Schaaren von Dienerinen zu lassen und, mit geschorenem Haar
und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die
Hauslosigkeit hinauszuziehn. Wer nun da, Udāyī, also spräche,
›Die Bande, womit dieser Mann gebunden vermag viele Haufen
Goldes zu lassen, viele Massen Getreides zu lassen, viele
Felder und Wiesen zu lassen, viele Häuser und Höfe zu lassen,
viele Schaaren von Frauen zu lassen, viele Schaaren von Dienern
zu lassen, viele Schaaren von Dienerinen zu lassen und, mit
geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus
dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn, das sind ja für
ihn feste Bande, tüchtige Bande, zähe Bande, keine faulen
Bande, ein schwerer Block‹, würde der also, Udāyī, recht reden?«

»Gewiss nicht, o Herr! Die Bande, o Herr, womit dieser Mann
gebunden vermag viele Haufen Goldes zu lassen, viele Massen
Getreides zu lassen, viele Felder und Wiesen zu lassen, viele
Häuser und Höfe zu lassen, viele Schaaren von Frauen zu lassen,
viele Schaaren von Dienern zu lassen, viele Schaaren von
Dienerinen zu lassen und, mit geschorenem Haar und Barte, mit
fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit
hinauszuziehn, das sind ja für ihn keine festen Bande, sind
schwache Bande, faule Bande, haltlose Bande.«

»Ebenso nun auch, Udāyī, haben da gar manche edle Söhne, von
mir ermahnt ›Das mögt ihr lassen‹, dann also gesprochen: ›Was
wird es auf solche Kleinigkeit, Winzigkeit ankommen, die zu
lassen ist, die uns der Erhabene zu lassen geheißen, die uns
der Willkommene verleugnen geheißen hat!‹ Und sie lassen eben
davon ab und setzen nicht in Misstrauen zu mir die Mönche,
die sich eifrig üben. Und weil sie das gelassen, verweilen
sie gestillt, ohne Widerstand, ohne Widerrede, mild geworden         453
im Gemüthe. Denen wird das, Udāyī, keine feste Fessel, eine
schwache Fessel, eine faule Fessel, eine haltlose Fessel.

»Vier Arten von Menschen, Udāyī, finden sich hier in der Welt
vor: welche vier? Da ist, Udāyī, ein Mensch auf dem Wege das
Anhaften zu lassen, das Anhaften zu verleugnen; und während
er auf dem Wege ist das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu
verleugnen, kommen ihn mit Anhaften verbundene Erinnerungen
an: und er gönnt ihnen Raum, verleugnet sie nicht, vertreibt
sie nicht, vertilgt sie nicht, erstickt sie nicht im Keime.
Einen solchen Menschen, Udāyī, nenn’ ich gefesselt, nicht
entfesselt: und warum das? Weil ich die Sinnesart, Udāyī,
bei diesem Menschen gemerkt habe. Da ist ferner, Udāyī, ein
Mensch auf dem Wege das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu
verleugnen; und während er auf dem Wege ist das Anhaften zu
lassen, das Anhaften zu verleugnen, kommen ihn mit Anhaften
verbundene Erinnerungen an: und er gönnt ihnen keinen Raum,
verleugnet sie, vertreibt sie, vertilgt sie, erstickt sie im
Keime. Auch einen solchen Menschen, Udāyī, nenn’ ich gefesselt,
nicht entfesselt: und warum das? Weil ich die Sinnesart, Udāyī,
bei diesem Menschen gemerkt habe. Da ist ferner, Udāyī, ein
Mensch auf dem Wege das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu
verleugnen; und während er auf dem Wege ist das Anhaften zu
lassen, das Anhaften zu verleugnen, kommen ihn gelegentlich
hie und da wirre Gedanken, mit Anhaften verbundene Erinnerungen
an. Langsam, Udāyī, treten die Gedanken auf, aber gar eilig
verleugnet er sie, vertreibt sie, vertilgt sie, erstickt sie im
Keime. Gleichwie etwa, Udāyī, wenn ein Mann auf eine tagüber
am Feuer glühende eiserne Pfanne zwei oder drei Wassertropfen
herabträufeln ließe -- langsam, Udāyī, wäre der Fall der
Tropfen, aber gar eilig würden sie aufgelöst und verschwunden
sein --: ebenso nun auch, Udāyī, ist da ein Mensch auf dem Wege
das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu verleugnen; und während
er auf dem Wege ist das Anhaften zu lassen, das Anhaften zu
verleugnen, kommen ihn gelegentlich hie und da wirre Gedanken,
mit Anhaften verbundene Erinnerungen an. Langsam, Udāyī, treten
die Gedanken auf, aber gar eilig verleugnet er sie, vertreibt
sie, vertilgt sie, erstickt sie im Keime. Auch einen solchen
Menschen, Udāyī, nenn’ ich gefesselt, nicht entfesselt: und
warum das? Weil ich die Sinnesart, Udāyī, bei diesem Menschen        454
gemerkt habe. Und ferner, Udāyī, hat da ein Mensch gemerkt
›Anhaften ist des Leidens Wurzel‹, und er haftet nirgend an und
ist im Versiegen des Anhaftens erlöst. Einen solchen Menschen,
Udāyī, nenn’ ich entfesselt, nicht gefesselt: und warum das?
Weil ich die Sinnesart, Udāyī, bei diesem Menschen gemerkt habe.

»Fünf Begehrungen, Udāyī, giebt es: welche fünf? Die
durch das Gesicht ins Bewusstsein tretenden Formen, die
ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Gehör
ins Bewusstsein tretenden Töne, die ersehnten, geliebten,
entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden,
reizenden; die durch den Geruch ins Bewusstsein tretenden
Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack
ins Bewusstsein tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten,
entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden,
reizenden; die durch das Getast ins Bewusstsein tretenden
Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen,
dem Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind, Udāyī, die
fünf Begehrungen. Was da, Udāyī, Wohl und Erwünschtes diesen
fünf Begehrungen gemäß geht, das nennt man Begierdenwohl,
kothiges Wohl, gemeines Menschenwohl, unheiliges Wohl. Nicht zu
pflegen, nicht zu hegen, nicht zu mehren ist es: zu hüten hat
man sich vor solchem Wohle, sag’ ich.

»Da weilt, Udāyī, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern
von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener
säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Nach
Vollendung des Sinnens und Gedenkens erwirkt er die innere
Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von
gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit,
die Weihe der zweiten Schauung. In heiterer Ruhe verweilt er
gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet
er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig
Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der
dritten Schauung. Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach
Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt er
die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen
vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Das nennt man Wohl
der Entsagung, Wohl der Einsamkeit, Wohl der Beruhigung, Wohl
der Erwachung. Zu pflegen und zu hegen und zu mehren ist es:
nicht zu hüten hat man sich vor solchem Wohle, sag’ ich.

»Da weilt, Udāyī, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern
von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener
säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Das aber
nenn’ ich, Udāyī, der Regung unterworfen: und was ist da der
Regung unterworfen? Was eben dabei als Sinnen und Gedenken
nicht ausgerodet ist, das gilt hier als Regung. Da gewinnt,
Udāyī, ein Mönch nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens die
innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen,
von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit,
die Weihe der zweiten Schauung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, der
Regung unterworfen: und was ist da der Regung unterworfen?
Was eben dabei als sälige Heiterkeit nicht ausgerodet ist,
das gilt hier als Regung. Da verweilt, Udāyī, ein Mönch in
heiterer Ruhe, gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein
Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der
gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die
Weihe der dritten Schauung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, der
Regung unterworfen: und was ist da der Regung unterworfen?
Was eben dabei als säliger Gleichmuth nicht ausgerodet ist,
das gilt hier als Regung. Da erwirkt, Udāyī, ein Mönch nach          455
Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des
einstigen Frohsinns und Trübsinns die Weihe der leidlosen,
freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine,
die vierte Schauung. Und das nenn’ ich, Udāyī, keiner Regung
unterworfen.

»Da weilt, Udāyī, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern
von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener
säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Das
aber nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹,
sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung? Da
gewinnt, Udāyī, ein Mönch nach Vollendung des Sinnens und
Gedenkens die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes,
die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene
sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Das ist hier
die Ueberwindung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich,
und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist
hier die Ueberwindung? Da verweilt, Udāyī, ein Mönch in
heiterer Ruhe, gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein
Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der
gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die
Weihe der dritten Schauung. Das ist hier die Ueberwindung.
Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft
es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung?
Da erwirkt, Udāyī, ein Mönch nach Verwerfung der Freuden
und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und
Trübsinns die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig
einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Das ist
hier die Ueberwindung. Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich,
und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist
hier die Ueberwindung? Da gewinnt, Udāyī, ein Mönch nach
völliger Ueberwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der
Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen in dem
Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten
Raumes. Das ist hier die Ueberwindung.[54] Auch das nenn’ ich,
Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet
es‹: und was ist hier die Ueberwindung? Da gewinnt, Udāyī, ein
Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Raumsphäre
in dem Gedanken ›Gränzenlos ist das Bewusstsein‹ das Reich
des unbegränzten Bewusstseins. Das ist hier die Ueberwindung.
Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft
es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung?
Da gewinnt, Udāyī, ein Mönch nach völliger Ueberwindung der
unbegränzten Bewusstseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist da‹
das Reich des Nichtdaseins. Das ist hier die Ueberwindung.
Auch das nenn’ ich, Udāyī, unzulänglich, und sage ›Verwerft
es‹, sage ›Ueberwindet es‹: und was ist hier die Ueberwindung?
Da erreicht, Udāyī ein Mönch nach völliger Ueberwindung der
Nichtdaseinsphäre die Gränzscheide möglicher Wahrnehmung.
Das ist hier die Ueberwindung. Auch das nenn’ ich, Udāyī,            456
unzulänglich, und sage ›Verwerft es‹, sage ›Ueberwindet es‹:
und was ist hier die Ueberwindung? Da erreicht, Udāyī, ein
Mönch nach völliger Ueberwindung der Gränzscheide möglicher
Wahrnehmung die Auflösung der Wahrnehmbarkeit. Das ist hier
die Ueberwindung. Und so sag’ ich denn, Udāyī, dass auch die
Gränzscheide möglicher Wahrnehmung zu überschreiten sei. Siehst
du etwa, Udāyī, eine Fessel, fein oder gemein, die zu lassen
ich nicht geheißen habe?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige
Udāyī über das Wort des Erhabenen.[55]



                              67.

           Siebenter Theil            Siebente Rede

                          VOR CĀTUMĀ


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Cātumā, im Āmalakīwalde.[56]

Zu dieser Zeit nun waren mit Sāriputto und Moggallāno gegen
fünfhundert Mönche in Cātumā angekommen, den Erhabenen zu sehn.
Und diese ankommenden Mönche, die sich mit den anwesenden
Mönchen freundlich begrüßten und denen Sitz und Lagerstatt
angewiesen und Mantel und Schaale abgenommen wurde, machten
lauten Lärm, großen Lärm. Da nun wandte sich der Erhabene an
den ehrwürdigen Ānando:

»Was ist das nur, Ānando, für lauter Lärm, großer Lärm? Als ob
Fischer um die Beute rauften.«

»Es sind da, o Herr, mit Sāriputto und Moggallāno gegen
fünfhundert Mönche in Cātumā angekommen, den Erhabenen zu sehn.
Und diese ankommenden Mönche, die sich mit den anwesenden
Mönchen freundlich begrüßen und denen Sitz und Lagerstatt
angewiesen und Mantel und Schaale abgenommen wird, machen
lauten Lärm, großen Lärm.«

»So geh’ denn, Ānando, und sage den Mönchen in meinem Namen:
Der Meister lässt euch Ehrwürdige rufen.«

»Wohl, o Herr!« erwiderte der ehrwürdige Ānando, dem Erhabenen
gehorchend, und begab sich dorthin wo jene Mönche weilten. Dort
angelangt sprach er also zu ihnen: »Der Meister lässt euch
Ehrwürdige rufen.«

»Gut, o Bruder, wir kommen!« erwiderten jene Mönche dem
ehrwürdigen Ānando und begaben sich dorthin wo der Erhabene
weilte. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig       457
und setzten sich seitwärts nieder. Und zu den Mönchen, die da
seitwärts saßen, sprach der Erhabene also:

»Was macht ihr nur, Mönche, für lauten Lärm, großen Lärm? Als
ob Fischer um die Beute rauften.«

»Es sind hier, o Herr, mit Sāriputto und Moggallāno gegen
fünfhundert Mönche in Cātumā angekommen, den Erhabenen zu sehn.
Und eben diese ankommenden Mönche, die sich mit den anwesenden
Mönchen freundlich begrüßen und denen Sitz und Lagerstatt
angewiesen und Mantel und Schaale abgenommen wird, machen
lauten Lärm, großen Lärm.«

»Geht weiter, Mönche, ich entlass’ euch: nicht sollt ihr bei
mir sein.«

»Also, Herr!« erwiderten jene Mönche, dem Erhabenen gehorchend,
standen von ihren Sitzen auf, begrüßten den Erhabenen
ehrerbietig, schritten rechts herum, brachten ihr Lager in
Ordnung, nahmen Mantel und Schaale und zogen von dannen.

Um diese Zeit nun waren die Sakyerfürsten von Cātumā im
städtischen Herrenhause zusammengekommen, irgend eine
Angelegenheit zu berathen. Es sahn aber die Sakyerfürsten von
Cātumā jene Mönche wie sie von ferne heranzogen, und als sie
die Mönche gesehn gingen sie ihnen entgegen und sprachen sie
also an:

»Ei, wo geht ihr denn, Ehrwürdige, wieder hin?«

»Der Erhabene, ihr Lieben, hat die Mönchgemeinde entlassen.«

»So nehmt doch, Ehrwürdige, eine Weile hier Platz: vielleicht
gelingt es uns den Erhabenen zu versöhnen.«

»Gern, ihr Lieben!« erwiderten jene Mönche den Sakyerfürsten
von Cātumā.

Und die Sakyerfürsten von Cātumā begaben sich dorthin wo der
Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen
ehrerbietig und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts
sitzend sprachen nun die Sakyerfürsten von Cātumā zum Erhabenen
also:

»Annehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde,
aufnehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde!
Gleichwie da, o Herr, der Erhabene früher die Mönchgemeinde
begnadet hat, ebenso nun auch möge der Erhabene jetzt die
Mönchgemeinde begnaden! Es sind hier, o Herr, neue Mönche,
erst seit kurzem Asketen, eben erst in diese Lehre und
Ordnung eingetreten: und wenn diese den Erhabenen nicht zu
sehn bekämen, so möchten sie verkümmern, möchten verderben.
Gleichwie etwa, o Herr, zarte Schößlinge ohne Wasser zu
bekommen verkümmern und verderben möchten, ebenso nun auch, o        458
Herr, giebt es hier neue Mönche, die erst seit kurzem Asketen,
eben erst in diese Lehre und Ordnung eingetreten sind: und
wenn diese den Erhabenen nicht zu sehn bekämen, so möchten sie
verkümmern, möchten verderben. Gleichwie etwa, o Herr, ein
zartes Kalb von der Mutter getrennt verkümmern und verderben
möchte, ebenso nun auch, o Herr, giebt es hier neue Mönche, die
erst seit kurzem Asketen, eben erst in diese Lehre und Ordnung
eingetreten sind: und wenn diese den Erhabenen nicht zu sehn
bekämen, so möchten sie verkümmern, möchten verderben. Annehmen
möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde, aufnehmen möge, o
Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde! Gleichwie da, o Herr, der
Erhabene früher die Mönchgemeinde begnadet hat, ebenso nun auch
möge der Erhabene jetzt die Mönchgemeinde begnaden!«

Nun aber gewahrte Brahmā Sahampati des Erhabenen
Herzenserwägung im Herzen; und so schnell wie etwa ein
kräftiger Mann den eingezogenen Arm ausstrecken oder den
ausgestreckten Arm einziehn mag, verschwand er da aus der
Brahmawelt und erschien vor dem Erhabenen. Und Brahmā Sahampati
entblößte eine Schulter, faltete die Hände zum Erhabenen und
sprach zum Erhabenen also:

»Annehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde,
aufnehmen möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde!
Gleichwie da, o Herr, der Erhabene früher die Mönchgemeinde
begnadet hat, ebenso nun auch möge der Erhabene jetzt die
Mönchgemeinde begnaden! Es sind hier, o Herr, neue Mönche,
erst seit kurzem Asketen, eben erst in diese Lehre und
Ordnung eingetreten: und wenn diese den Erhabenen nicht zu
sehn bekämen, so möchten sie verkümmern, möchten verderben.
Gleichwie etwa, o Herr, zarte Schößlinge ohne Wasser zu
bekommen verkümmern und verderben möchten, ebenso nun auch, o
Herr, giebt es hier neue Mönche, die erst seit kurzem Asketen,
eben erst in diese Lehre und Ordnung eingetreten sind: und
wenn diese den Erhabenen nicht zu sehn bekämen, so möchten sie
verkümmern, möchten verderben. Gleichwie etwa, o Herr, ein
zartes Kalb von der Mutter getrennt verkümmern und verderben
möchte, ebenso nun auch, o Herr, giebt es hier neue Mönche, die
erst seit kurzem Asketen, eben erst in diese Lehre und Ordnung
eingetreten sind: und wenn diese den Erhabenen nicht zu sehn
bekämen, so möchten sie verkümmern, möchten verderben. Annehmen
möge, o Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde, aufnehmen möge, o
Herr, der Erhabene die Mönchgemeinde! Gleichwie da, o Herr, der
Erhabene früher die Mönchgemeinde begnadet hat, ebenso nun auch      459
möge der Erhabene jetzt die Mönchgemeinde begnaden!«

Und es gelang den Sakyerfürsten von Cātumā und Brahmā Sahampati
den Erhabenen zu versöhnen, durch das Gleichniss vom Schößling
und durch das Gleichniss vom Kalbe.[57] Und der ehrwürdige
Mahāmoggallāno wandte sich an die Mönche:

»Steht auf, ihr Brüder, und nehmt Mantel und Schaale: versöhnt
ist der Erhabene von den Sakyerfürsten aus Cātumā und von
Brahmā Sahampati, durch das Gleichniss vom Schößling und durch
das Gleichniss vom Kalbe.«

»Wohl, o Bruder!« sagten da jene Mönche, dem ehrwürdigen
Mahāmoggallāno willfahrend; und sie standen auf, nahmen Mantel
und Schaale und begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte.
Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und
setzten sich seitwärts nieder. Und zum ehrwürdigen Sāriputto,
der an der Seite saß, sprach der Erhabene also:

»Was dachtest du, Sāriputto, da ich die Mönchgemeinde entließ?«

»Also dacht’ ich, o Herr, da der Erhabene die Mönchgemeinde
entließ: ›Selbstgenugsam will jetzt der Erhabene säliger
Gegenwart genießen, und auch wir wollen jetzt selbstgenugsam
säliger Gegenwart genießen.‹«

»Gehe du, Sāriputto, gehe du, Sāriputto: und nicht wieder,
Sāriputto, sollst du einen solchen Gedanken hegen.«

Und der Erhabene wandte sich an den ehrwürdigen Mahāmoggallāno:

»Was dachtest du, Moggallāno, da ich die Mönchgemeinde entließ?«

»Also dacht’ ich, o Herr, da der Erhabene die Mönchgemeinde
entließ: ›Selbstgenugsam will jetzt der Erhabene säliger
Gegenwart genießen, ich aber und der ehrwürdige Sāriputto
werden uns jetzt der Mönchgemeinde annehmen.‹«

»Gut, gut, Moggallāno: sei es eben ich, der sich da der
Mönchgemeinde annimmt, sei es eben Sāriputto und Moggallāno.«

Und der Erhabene wandte sich nun an die Mönche:

»Vier Gefahren, ihr Mönche, sind da bei einem Badenden zu
gewärtigen: welche vier? Die Gefahr der Woge, die Gefahr des
Krokodils, die Gefahr des Strudels, die Gefahr des Haies. Das,
ihr Mönche, sind die vier Gefahren, die bei einem Badenden zu
gewärtigen sind. Ebenso nun auch, ihr Mönche, sind da vier
Gefahren bei manchem Menschen zu gewärtigen, der in diese Lehre
und Ordnung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen ist:
welche vier? Die Gefahr der Woge, die Gefahr des Krokodils, die      460
Gefahr des Strudels, die Gefahr des Haies.

»Was ist aber, ihr Mönche, die Gefahr der Woge? Da ist, ihr
Mönche, ein edler Sohn von Zuversicht bewogen aus dem Hause in
die Hauslosigkeit gewandert: ›Versunken bin ich in Geburt, in
Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und Leiden, in Gram und
Verzweiflung, in Leiden versunken, in Leiden verloren! O dass
es doch etwa möglich wäre dieser ganzen Leidensfülle ein Ende
zu machen!‹[58] Mit solcher Gesinnung hat er der Welt entsagt,
und seine Ordensbrüder belehren ihn, ermahnen ihn: ›So sollst
du herzugehn, so sollst du hinweggehn, so sollst du aufblicken,
so sollst du wegblicken, so sollst du dich neigen, so sollst du
dich heben, so sollst du des Ordens Gewand und Almosenschaale
tragen.‹ Und es wird ihm also zumuthe: ›Wir, die wir früher als
Hausleute lebten, haben andere belehrt und ermahnt: und diese,
die wohl unsere Kinder, wohl unsere Enkel sein könnten, meinen
uns belehren und ermahnen zu müssen!‹ Und er giebt die Askese
auf und kehrt zur Gewohnheit zurück. Ein solcher, ihr Mönche,
sagt man, hat aus Furcht vor der Gefahr der Woge die Askese
aufgegeben und ist zur Gewohnheit zurückgekehrt. ›Die Gefahr
der Woge‹, ihr Mönche: das ist eine Bezeichnung für Zorn und
Verzweiflung.

»Was aber, ihr Mönche, ist die Gefahr des Krokodils? Da ist,
ihr Mönche, ein edler Sohn von Zuversicht bewogen aus dem
Hause in die Hauslosigkeit gewandert: ›Versunken bin ich in
Geburt, in Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und Leiden,
in Gram und Verzweiflung, in Leiden versunken, in Leiden
verloren! O dass es doch etwa möglich wäre dieser ganzen
Leidensfülle ein Ende zu machen!‹ Mit solcher Gesinnung hat
er der Welt entsagt, und seine Ordensbrüder belehren ihn,
ermahnen ihn: ›Das darfst du kauen, das darfst du nicht kauen,
das darfst du essen, das darfst du nicht essen, das darfst
du schmecken, das darfst du nicht schmecken, das darfst du
trinken, das darfst du nicht trinken; Geziemendes darfst du
kauen, Ungeziemendes darfst du nicht kauen, Geziemendes darfst
du essen, Ungeziemendes darfst du nicht essen, Geziemendes
darfst du schmecken, Ungeziemendes darfst du nicht schmecken,
Geziemendes darfst du trinken, Ungeziemendes darfst du nicht
trinken; zur Zeit darfst du kauen, zur Unzeit darfst du nicht
kauen, zur Zeit darfst du essen, zur Unzeit darfst du nicht
essen, zur Zeit darfst du schmecken, zur Unzeit darfst du nicht
schmecken, zur Zeit darfst du trinken, zur Unzeit darfst du
nicht trinken.‹ Und es wird ihm also zumuthe: ›Wir, die wir          461
früher als Hausleute lebten, haben gekaut was wir wollten,
und was wir nicht wollten, das haben wir nicht gekaut, haben
gegessen was wir wollten, und was wir nicht wollten, das
haben wir nicht gegessen, haben geschmeckt was wir wollten,
und was wir nicht wollten, das haben wir nicht geschmeckt,
haben getrunken was wir wollten, und was wir nicht wollten,
das haben wir nicht getrunken; Geziemendes haben wir gekaut,
und Ungeziemendes haben wir gekaut, Geziemendes haben wir
gegessen, und Ungeziemendes haben wir gegessen, Geziemendes
haben wir geschmeckt, und Ungeziemendes haben wir geschmeckt,
Geziemendes haben wir getrunken, und Ungeziemendes haben wir
getrunken; zur Zeit haben wir gekaut, und zur Unzeit haben wir
gekaut, zur Zeit haben wir gegessen, und zur Unzeit haben wir
gegessen, zur Zeit haben wir geschmeckt, und zur Unzeit haben
wir geschmeckt, zur Zeit haben wir getrunken, und zur Unzeit
haben wir getrunken. Wenn uns gläubige Hausleute mittags zur
Unzeit an Speise und Trank Gutes darreichen, so halten uns
diese hier gleichsam den Mund zu!‹ Und er giebt die Askese
auf und kehrt zur Gewohnheit zurück. Ein solcher, ihr Mönche,
sagt man, hat aus Furcht vor der Gefahr des Krokodils die
Askese aufgegeben und ist zur Gewohnheit zurückgekehrt. ›Die
Gefahr des Krokodils‹, ihr Mönche: das ist eine Bezeichnung für
Gefräßigkeit.

»Was aber, ihr Mönche, ist die Gefahr des Strudels? Da ist, ihr
Mönche, ein edler Sohn von Zuversicht bewogen aus dem Hause
in die Hauslosigkeit gewandert: ›Versunken bin ich in Geburt,
in Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und Leiden, in Gram
und Verzweiflung, in Leiden versunken, in Leiden verloren!
O dass es doch etwa möglich wäre dieser ganzen Leidensfülle
ein Ende zu machen!‹ Mit solcher Gesinnung hat er der Welt
entsagt, und er geht, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale
versehn, nach dem Dorfe oder nach der Stadt um Almosenspeise,
aber ohne den Körper zu hüten, ohne die Rede zu hüten, ohne
die Einsicht gewärtig zu halten, ohne die Sinne gezügelt zu
haben. Und da erblickt er einen Hausvater, oder den Sohn eines
Hausvaters, mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen
begabt. Und es wird ihm also zumuthe: ›Wir, die wir früher als
Hausleute lebten, waren mit dem Besitz und Genuss der fünf
Begehrungen begabt. Wir sind reich zuhause: man kann den
Reichthum genießen und Gutes thun!‹ Und er giebt die Askese
auf und kehrt zur Gewohnheit zurück. Ein solcher, ihr Mönche,
sagt man, hat aus Furcht vor der Gefahr des Strudels die Askese
aufgegeben und ist zur Gewohnheit zurückgekehrt. ›Die Gefahr
des Strudels‹, ihr Mönche: das ist eine Bezeichnung für die
fünf Begehrungen.

»Und was ist, ihr Mönche, die Gefahr des Haies? Da ist, ihr          462
Mönche, ein edler Sohn von Zuversicht bewogen aus dem Hause in
die Hauslosigkeit gewandert: ›Versunken bin ich in Geburt, in
Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und Leiden, in Gram und
Verzweiflung, in Leiden versunken, in Leiden verloren! O dass
es doch etwa möglich wäre dieser ganzen Leidensfülle ein Ende
zu machen!‹ Mit solcher Gesinnung hat er der Welt entsagt, und
er geht, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, nach
dem Dorfe oder nach der Stadt um Almosenspeise, aber ohne den
Körper zu hüten, ohne die Rede zu hüten, ohne die Einsicht
gewärtig zu halten, ohne die Sinne gezügelt zu haben. Und
da erblickt er ein Weib, halb angekleidet nur oder nur halb
verhüllt. Und weil er ein Weib gesehn hat, halb angekleidet nur
oder nur halb verhüllt, wird sein Herz von Gier geschwellt. Und
weil sein Herz von Gier geschwellt ist, giebt er die Askese
auf und kehrt zur Gewohnheit zurück. Ein solcher, ihr Mönche,
sagt man, hat aus Furcht vor der Gefahr des Haies die Askese
aufgegeben und ist zur Gewohnheit zurückgekehrt. ›Die Gefahr
des Haies‹, ihr Mönche: das ist eine Bezeichnung für das Weib.

»Das sind, ihr Mönche, die vier Gefahren, die man da, bei
manchem Menschen, der in diese Lehre und Ordnung, aus dem Hause
in die Hauslosigkeit gezogen ist, zu gewärtigen hat.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche
über das Wort des Erhabenen.



                              68.

             Siebenter Theil            Achte Rede

                        VOR NAḶAKAPĀNAM


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im
Reiche der Kosaler, bei Naḷakapānam, im Laubwalde.[59]

Zu dieser Zeit nun waren gar viele wohlbekannte, wohlangesehne
edle Söhne um des Erhabenen willen, von Zutrauen bewogen, aus
dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen[60], der ehrwürdige
Anuruddho, der ehrwürdige Nandiyo und der ehrwürdige Kimbilo,
der ehrwürdige Bhagu und der ehrwürdige Kuṇḍadhāno, der
ehrwürdige Revato und der ehrwürdige Ānando, und noch andere
wohlbekannte, wohlangesehne edle Söhne.

Da saß denn einst der Erhabene, von der Mönchgemeinde umgeben,
unter freiem Himmel. Und der Erhabene wandte sich, in Beziehung      463
auf jene edlen Söhne, also an die Mönche:

»Jene edlen Söhne, ihr Mönche, die um meinetwillen, von
Zutrauen bewogen, aus dem Hause in die Hauslosigkeit gewandert
sind, vielleicht sind, ihr Mönche, diese Mönche mit dem
Asketenthum wohlzufrieden.«

Auf diese Worte blieben die Mönche schweigsam. Und ein zweites
Mal, und ein drittes Mal wandte sich der Erhabene, in Beziehung
auf jene edlen Söhne, also an die Mönche:

»Jene edlen Söhne, ihr Mönche, die um meinetwillen, von
Zutrauen bewogen, aus dem Hause in die Hauslosigkeit gewandert
sind, vielleicht sind, ihr Mönche, diese Mönche mit dem
Asketenthum wohlzufrieden.«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal verharrten die Mönche
in Schweigen. Und der Erhabene sprach zu sich: ›Wie, wenn ich
nun diese edlen Söhne selbst fragte?‹ Und der Erhabene wandte
sich also an den ehrwürdigen Anuruddho:

»Seid ihr denn, Anuruddher, mit dem Asketenthum wohlzufrieden?«

»Freilich, o Herr, sind wir mit dem Asketenthum wohlzufrieden.«

»Recht so, recht so, Anuruddher. Das steht euch an, Anuruddher,
die ihr als edle Söhne von Zuversicht bewogen aus dem Hause
in die Hauslosigkeit gegangen, dass ihr mit dem Asketenthum
wohlzufrieden seid. Die glückliche Jugend, Anuruddher, die euch
in erster Mannesblüthe glänzend dunkelhaarig die Welt genießen
lassen könnte, diese glückliche Jugend, Anuruddher, hat euch
in erster Mannesblüthe glänzend dunkelhaarig aus dem Hause in
die Hauslosigkeit hinausziehn heißen. Denn euch, Anuruddher,
hat ja kein König gezwungen aus dem Hause in die Hauslosigkeit
zu wandern, kein Räuber, keine Schuldenlast, keine Furcht,
keine Lebensnothdurft hat euch vermocht aus dem Hause in die
Hauslosigkeit fortzuziehn, sondern ihr habt gemerkt: ›Versunken
bin ich in Geburt, in Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und
Leiden, in Gram und Verzweiflung, in Leiden versunken, in
Leiden verloren! O dass es doch etwa möglich wäre dieser ganzen
Leidensfülle ein Ende zu machen!‹ Seid ihr, Anuruddher, nicht
also von Zuversicht bewogen aus dem Hause in die Hauslosigkeit
gegangen?«

»Ja, o Herr!«

»Und wer also entsagt hat, Anuruddher, als edler Sohn, was mag
der zu thun haben? Wer fern, Anuruddher, von Wünschen, fern von
Schlechtem, keine heitere Säligkeit findet oder Anderes, noch
Besseres, dessen Gemüth wird von Gier erfasst und gefesselt,
wird von Hass erfasst und gefesselt, wird von matter Müde
erfasst und gefesselt, wird von stolzem Unmuth erfasst und
gefesselt, wird von schwankender Ungewissheit erfasst und
gefesselt, wird von Unlust erfasst und gefesselt, wird von           464
Trägheit erfasst und gefesselt; fern, Anuruddher, von Wünschen,
fern von Schlechtem findet er keine heitere Säligkeit oder
Anderes, noch Besseres: wer fern, Anuruddher, von Wünschen,
fern von Schlechtem heitere Säligkeit findet und Anderes,
noch Besseres, dessen Gemüth wird von keiner Gier erfasst
und gefesselt, wird von keinem Hass erfasst und gefesselt,
wird von keiner matten Müde erfasst und gefesselt, wird von
keinem stolzen Unmuth erfasst und gefesselt, wird von keiner
schwankenden Ungewissheit erfasst und gefesselt, wird von
keiner Unlust erfasst und gefesselt, wird von keiner Trägheit
erfasst und gefesselt; fern, Anuruddher, von Wünschen, fern
von Schlechtem findet er heitere Säligkeit und Anderes, noch
Besseres.

»Vielleicht, Anuruddher, meint ihr von mir: ›Der Wahn,
der besudelnde, Wiederdasein säende, entsetzliche, Leiden
ausbrütende, wiederum Leben, Altern und Sterben erzeugende, der
ist vom Vollendeten nicht überstanden; darum mag der Vollendete
eins mit Bedacht pflegen, und eins mit Bedacht dulden, eins mit
Bedacht fliehn, und eins mit Bedacht bekämpfen.‹«

»Nicht doch, o Herr, denken wir vom Erhabenen also: ›Der Wahn,
der besudelnde, Wiederdasein säende, entsetzliche, Leiden
ausbrütende, wiederum Leben, Altern und Sterben erzeugende, der
ist vom Vollendeten nicht überstanden; darum mag der Vollendete
eins mit Bedacht pflegen, und eins mit Bedacht dulden, eins mit
Bedacht fliehn, und eins mit Bedacht bekämpfen‹, sondern also
denken wir, o Herr, vom Erhabenen: ›Der Wahn, der besudelnde,
Wiederdasein säende, entsetzliche, Leiden ausbrütende, wiederum
Leben, Altern und Sterben erzeugende, der ist vom Vollendeten
überstanden; darum mag der Vollendete eins mit Bedacht pflegen,
und eins mit Bedacht dulden, eins mit Bedacht fliehn, und eins
mit Bedacht bekämpfen.‹«

»Recht so, recht so, Anuruddher. Der Vollendete, Anuruddher,
hat den Wahn, den besudelnden, Wiederdasein säenden,
entsetzlichen, Leiden ausbrütenden, wiederum Leben, Altern und
Sterben erzeugenden, überstanden, an der Wurzel abgeschnitten,
einem Palmstumpf gleichgemacht, so dass er nicht mehr keimen,
nicht mehr sich entwickeln kann. Gleichwie etwa, Anuruddher,
eine Palme, der man die Krone abgeschnitten hat, nicht wieder
emporwachsen kann, ebenso auch, Anuruddher, hat der Vollendete
den Wahn, den besudelnden, Wiederdasein säenden, entsetzlichen,
Leiden ausbrütenden, wiederum Leben, Altern und Sterben
erzeugenden, überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem
Palmstumpf gleichgemacht, so dass er nicht mehr keimen, nicht
mehr sich entwickeln kann; darum mag der Vollendete eins mit
Bedacht pflegen, und eins mit Bedacht dulden, eins mit Bedacht
fliehn, und eins mit Bedacht bekämpfen.[61]

»Was meint ihr wohl, Anuruddher: welcher Umstand veranlasst
den Vollendeten die Jünger, die dahingegangen, gestorben
sind, je nach ihrer Auferstehung zu offenbaren: ›Jener ist da
auferstanden, dieser ist dort auferstanden‹?«

»Vom Erhabenen stammt unser Wissen, o Herr, vom Erhabenen geht       465
es aus, auf den Erhabenen geht es zurück. Gut wär’ es, o Herr,
wenn doch der Erhabene den Sinn solcher Rede erklären wollte!
Das Wort des Erhabenen werden die Mönche bewahren.«

»Nicht eben, Anuruddher, für die Neugier der Leute, nicht zum
Gerede der Leute, nicht um Almosen, Ehre und Ruhm zu erlangen,
nicht in der Absicht[62]: ›Man soll mich erkennen!‹, offenbart
der Vollendete die Jünger, die dahingegangen, gestorben sind,
je nach ihrer Auferstehung: ›Jener ist da auferstanden, dieser
ist dort auferstanden‹, sondern weil es, Anuruddher, edle Söhne
giebt, die Zuversicht hegen, hohe Begeisterung, hohe Freude;
und haben die das gehört, so wenden sie das Herz dahin: denen,
Anuruddher, gereicht es lange zum Wohle, zum Heile.

»Da hört, Anuruddher, ein Mönch reden: Der und der Mönch ist
gestorben, und der Erhabene hat von ihm offenbart: ›Gewiss
bestanden.‹ Und er hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn, oder
es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige, so
und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so und so, also wusste
jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige,
so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und
indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung
und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz
dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt ein
Mönch sälige Ruhe. -- Da hört, Anuruddher, ein Mönch reden:
Der und der Mönch ist gestorben, und der Erhabene hat von
ihm offenbart: ›Nach Vernichtung der fünf niederzerrenden
Fesseln emporgestiegen, um von dort aus zu erlöschen, nicht
mehr zurückzukehren nach jener Welt.‹ Und er hat jenen
Ehrwürdigen selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet worden:
›Also lebte jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte jener
Ehrwürdige, so und so, also wusste jener Ehrwürdige, so und
so, also weilte jener Ehrwürdige, so und so, also löste sich
jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und indem er seiner Zuversicht
und seiner Tugend, seiner Erfahrung und Entsagung und seiner
Weisheit gedenkt, wendet er das Herz dahin. Und auch auf solche
Weise, Anuruddher, gewinnt ein Mönch sälige Ruhe. -- Da hört,
Anuruddher, ein Mönch reden: Der und der Mönch ist gestorben,
und der Erhabene hat von ihm offenbart: ›Nach Vernichtung der
drei Fesseln, von Gier, Hass und Irre erleichtert, fast schon
geläutert, wird er nur einmal wiederkehren, nur einmal noch
zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen.‹ Und er
hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet
worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte
jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige,
so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und
indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung
und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz
dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt ein            466
Mönch sälige Ruhe. -- Da hört, Anuruddher, ein Mönch reden:
Der und der Mönch ist gestorben, und der Erhabene hat von ihm
offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln wird er zur
Hörerschaft gelangen, dem Verderben entronnen zielbewusst der
vollen Erwachung entgegeneilen.‹ Und er hat jenen Ehrwürdigen
selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte
jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so
und so, also wusste jener Ehrwürdige, so und so, also weilte
jener Ehrwürdige, so und so, also löste sich jener Ehrwürdige,
so und so.‹ Und indem er seiner Zuversicht und seiner
Tugend, seiner Erfahrung und Entsagung und seiner Weisheit
gedenkt, wendet er das Herz dahin. Und auch auf solche Weise,
Anuruddher, gewinnt ein Mönch sälige Ruhe.

»Da hört, Anuruddher, eine Nonne reden: Die und die Nonne ist
gestorben, und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Gewiss
bestanden.‹ Und sie hat jene Schwester selbst gesehn, oder
es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte jene Schwester, so
und so, also lehrte jene Schwester, so und so, also wusste
jene Schwester, so und so, also weilte jene Schwester, so und
so, also löste sich jene Schwester, so und so.‹ Und indem
sie ihrer Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und
Entsagung und ihrer Weisheit gedenkt, wendet sie das Herz
dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt eine
Nonne sälige Ruhe. -- Da hört, Anuruddher, eine Nonne reden:
Die und die Nonne ist gestorben, und der Erhabene hat von ihr
offenbart: ›Nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln
emporgestiegen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr
zurückzukehren nach jener Welt.‹ Und sie hat jene Schwester
selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte
jene Schwester, so und so, also lehrte jene Schwester, so und
so, also wusste jene Schwester, so und so, also weilte jene
Schwester, so und so, also löste sich jene Schwester, so und
so.‹ Und indem sie ihrer Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer
Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit gedenkt, wendet
sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher,
gewinnt eine Nonne sälige Ruhe. -- Da hört, Anuruddher, eine
Nonne reden: Die und die Nonne ist gestorben, und der Erhabene
hat von ihr offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln,
von Gier, Hass und Irre erleichtert, fast schon geläutert,
wird sie nur einmal wiederkehren, nur einmal noch zu dieser
Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen.‹ Und sie hat jene
Schwester selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet worden:
›Also lebte jene Schwester, so und so, also lehrte jene
Schwester, so und so, also wusste jene Schwester, so und so,
also weilte jene Schwester, so und so, also löste sich jene
Schwester, so und so.‹ Und indem sie ihrer Zuversicht und
ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit
gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise,
Anuruddher, gewinnt eine Nonne sälige Ruhe. -- Da hört,
Anuruddher, eine Nonne reden: Die und die Nonne ist gestorben,
und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Nach Vernichtung der
drei Fesseln wird sie zur Hörerschaft gelangen, dem Verderben
entronnen zielbewusst der vollen Erwachung entgegeneilen.‹ Und       467
sie hat jene Schwester selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet
worden: ›Also lebte jene Schwester, so und so, also lehrte
jene Schwester, so und so, also wusste jene Schwester, so und
so, also weilte jene Schwester, so und so, also löste sich
jene Schwester, so und so.‹ Und indem sie ihrer Zuversicht und
ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit
gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise,
Anuruddher, gewinnt eine Nonne sälige Ruhe.

»Da hört, Anuruddher, ein Anhänger reden: Der und der Anhänger
ist gestorben, und der Erhabene hat von ihm offenbart: ›Nach
Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporgestiegen,
um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach
jener Welt.‹ Und er hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn, oder
es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige, so
und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so und so, also wusste
jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige,
so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und
indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung
und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz
dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt ein
Anhänger sälige Ruhe. -- Da hört, Anuruddher, ein Anhänger
reden: Der und der Anhänger ist gestorben, und der Erhabene
hat von ihm offenbart: ›Nach Vernichtung der drei Fesseln,
von Gier, Hass und Irre erleichtert, fast schon geläutert,
wird er nur einmal wiederkehren, nur einmal noch zu dieser
Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen.‹ Und er hat jenen
Ehrwürdigen selbst gesehn, oder es ist ihm berichtet worden:
›Also lebte jener Ehrwürdige, so und so, also lehrte jener
Ehrwürdige, so und so, also wusste jener Ehrwürdige, so und
so, also weilte jener Ehrwürdige, so und so, also löste sich
jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und indem er seiner Zuversicht
und seiner Tugend, seiner Erfahrung und Entsagung und seiner
Weisheit gedenkt, wendet er das Herz dahin. Und auch auf solche
Weise, Anuruddher, gewinnt ein Anhänger sälige Ruhe. -- Da
hört, Anuruddher, ein Anhänger reden: Der und der Anhänger
ist gestorben, und der Erhabene hat von ihm offenbart: ›Nach
Vernichtung der drei Fesseln wird er zur Hörerschaft gelangen,
dem Verderben entronnen zielbewusst der vollen Erwachung
entgegeneilen.‹ Und er hat jenen Ehrwürdigen selbst gesehn,
oder es ist ihm berichtet worden: ›Also lebte jener Ehrwürdige,
so und so, also lehrte jener Ehrwürdige, so und so, also wusste
jener Ehrwürdige, so und so, also weilte jener Ehrwürdige,
so und so, also löste sich jener Ehrwürdige, so und so.‹ Und
indem er seiner Zuversicht und seiner Tugend, seiner Erfahrung
und Entsagung und seiner Weisheit gedenkt, wendet er das Herz
dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher, gewinnt ein
Anhänger sälige Ruhe.

»Da hört, Anuruddher, eine Anhängerin reden: Die und die
Anhängerin ist gestorben, und der Erhabene hat von ihr
offenbart: ›Nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln
emporgestiegen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr
zurückzukehren nach jener Welt.‹ Und sie hat jene Schwester
selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte
jene Schwester, so und so, also lehrte jene Schwester, so und
so, also wusste jene Schwester, so und so, also weilte jene
Schwester, so und so, also löste sich jene Schwester, so und
so.‹ Und indem sie ihrer Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer          468
Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit gedenkt, wendet
sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise, Anuruddher,
gewinnt eine Anhängerin sälige Ruhe. -- Da hört, Anuruddher,
eine Anhängerin reden: Die und die Anhängerin ist gestorben,
und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Nach Vernichtung der
drei Fesseln, von Gier, Hass und Irre erleichtert, fast schon
geläutert, wird sie nur einmal wiederkehren, nur einmal noch
zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen.‹ Und sie
hat jene Schwester selbst gesehn, oder es ist ihr berichtet
worden: ›Also lebte jene Schwester, so und so, also lehrte
jene Schwester, so und so, also wusste jene Schwester, so und
so, also weilte jene Schwester, so und so, also löste sich
jene Schwester, so und so.‹ Und indem sie ihrer Zuversicht und
ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und ihrer Weisheit
gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf solche Weise,
Anuruddher, gewinnt eine Anhängerin sälige Ruhe. -- Da hört,
Anuruddher, eine Anhängerin reden: Die und die Anhängerin
ist gestorben, und der Erhabene hat von ihr offenbart: ›Nach
Vernichtung der drei Fesseln wird sie zur Hörerschaft gelangen,
dem Verderben entronnen zielbewusst der vollen Erwachung
entgegeneilen.‹ Und sie hat jene Schwester selbst gesehn, oder
es ist ihr berichtet worden: ›Also lebte jene Schwester, so und
so, also lehrte jene Schwester, so und so, also wusste jene
Schwester, so und so, also weilte jene Schwester, so und so,
also löste sich jene Schwester, so und so.‹ Und indem sie ihrer
Zuversicht und ihrer Tugend, ihrer Erfahrung und Entsagung und
ihrer Weisheit gedenkt, wendet sie das Herz dahin. Und auch auf
solche Weise, Anuruddher, gewinnt eine Anhängerin sälige Ruhe.

»Und somit, Anuruddher, ist es nicht für die Neugier der Leute,
nicht zum Gerede der Leute, nicht um Almosen, Ehre und Ruhm zu
erlangen, nicht in der Absicht: ›Man soll mich erkennen!‹, dass
der Vollendete Jünger, die dahingegangen, gestorben sind, je
nach ihrer Auferstehung offenbart: ›Jener ist da auferstanden,
dieser ist dort auferstanden‹, sondern weil es, Anuruddher,
edle Söhne giebt, die Zuversicht hegen, hohe Begeisterung, hohe
Freude; und haben die das gehört, so wenden sie das Herz dahin:
denen, Anuruddher, gereicht es lange zum Wohle, zum Heile.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige
Anuruddho über das Wort des Erhabenen.



                              69.

            Siebenter Theil            Neunte Rede

                           GULISSĀNI


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei           469
Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen.

Um diese Zeit nun war ein Mönch Namens Gulissāni, ein
Waldeinsiedler, ein Höhlenasket, zu den Ordensbrüdern auf
Besuch gekommen, zu irgend einem Zwecke. Da nun wandte sich der
ehrwürdige Sāriputto, in Beziehung auf den Mönch Gulissāni,
also an die Mönche:

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im
Orden verweilt, hat die Ordensasketen mit Achtung zu behandeln
und Ergebenheit. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, der
den Orden aufsucht, im Orden verweilt, die Ordensasketen ohne
Achtung behandelt und ohne Ergebenheit, so sagt man von ihm:
›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er
allein im Walde für sich lebt, da er seine Ordensbrüder ohne
Achtung behandelt und ohne Ergebenheit!‹: also spricht man von
ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im
Orden verweilt, die Ordensasketen mit Achtung zu behandeln und
Ergebenheit.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im
Orden verweilt, hat zu wissen wie man Platz nimmt, so zwar:
›Die alten Mönche werd’ ich nicht aufstehn lassen um mich zu
setzen, die jungen Mönche nicht von ihren Sitzen gehn heißen.‹
Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht,
im Orden verweilt, nicht weiß wie man Platz nimmt, so sagt man
von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler,
dass er allein im Walde für sich lebt, da er nicht einmal
die Regeln des Betragens kennt!‹: also spricht man von ihm.
Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden
verweilt, zu wissen wie man Platz nimmt.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht,
im Orden verweilt, hat nicht zur Unzeit nach dem Dorfe zu
gehn, nicht bis Mittag auszubleiben. Wenn, ihr Brüder, ein
Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, zur
Unzeit nach dem Dorfe geht, bis Mittag ausbleibt, so sagt man
von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler,
dass er allein im Walde für sich lebt, da er zur Unzeit nach
dem Dorfe geht, bis Mittag ausbleibt!‹: also spricht man von
ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im
Orden verweilt, nicht zur Unzeit nach dem Dorfe zu gehn, nicht
bis Mittag auszubleiben.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im
Orden verweilt, hat nicht vor dem Mahl und nach dem Mahl             470
bei den Häusern um Almosen zu stehn. Wenn, ihr Brüder, ein
Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt, vor
dem Mahl und nach dem Mahl bei den Häusern um Almosen steht, so
sagt man von ihm: ›Nun hat sich gar dieser Waldeinsiedler, der
allein im Walde für sich lebt, an den Gang zur Unzeit gewöhnt;
selbst als Ordensasket lässt er sich verleiten!‹: also spricht
man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden
aufsucht, im Orden verweilt, nicht vor dem Mahl und nach dem
Mahl bei den Häusern um Almosen zu stehn.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im
Orden verweilt, hat weder stolz zu sein noch unstet. Wenn, ihr
Brüder, ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden
verweilt, stolz ist und unstet, so sagt man von ihm: ›Nun hat
sich gar dieser Waldeinsiedler, der allein im Walde für sich
lebt, an Stolz und Unstete gewöhnt; selbst als Ordensasket
lässt er sich verleiten!‹: also spricht man von ihm. Darum hat
ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt,
weder stolz zu sein noch unstet.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht,
im Orden verweilt, hat nicht gesprächig zu sein und
vielrednerisch. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, der
den Orden aufsucht, im Orden verweilt, gesprächig ist und
vielrednerisch, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem
ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich
lebt, da er gesprächig ist und vielrednerisch!‹: also spricht
man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden
aufsucht, im Orden verweilt, nicht gesprächig zu sein und
vielrednerisch.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im
Orden verweilt, hat sanft zu reden und gütig. Wenn, ihr Brüder,
ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden verweilt,
beißend redet und boshaft, so sagt man von ihm: ›Was taugt es
wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde
für sich lebt, da er beißend redet und boshaft!‹: also spricht
man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler, der den Orden
aufsucht, im Orden verweilt, sanft zu reden und gütig.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, der den Orden aufsucht, im
Orden verweilt, hat die Thore der Sinne zu hüten. Wenn, ihr
Brüder, ein Waldeinsiedler, der den Orden aufsucht, im Orden
verweilt, die Thore der Sinne nicht hütet, so sagt man von ihm:
›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er
allein im Walde für sich lebt, da er die Thore der Sinne nicht       471
hütet!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler
die Thore der Sinne zu hüten.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat beim Essen Maaß zu
halten. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler beim Essen kein
Maaß kennt, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem
ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich
lebt, da er beim Essen kein Maaß kennt!‹: also spricht man von
ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler beim Essen Maaß zu halten.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat sich der Wachsamkeit zu
weihen. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler die Wachsamkeit
versäumt, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem
ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich
lebt, da er die Wachsamkeit versäumt!‹: also spricht man von
ihm. Darum hat sich ein Waldeinsiedler der Wachsamkeit zu
weihen.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat sich eifrig zu üben.
Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler feige verzagt ist, so
sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen
Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er
feige verzagt ist!‹: also spricht man von ihm. Darum hat sich
ein Waldeinsiedler eifrig zu üben.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat sich die Einsicht gewärtig
zu halten. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler der Einsicht
vergisst, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem
ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich
lebt, da er der Einsicht vergisst!‹: also spricht man von ihm.
Darum hat sich ein Waldeinsiedler die Einsicht gewärtig zu
halten.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat gesammelt zu sein. Wenn,
ihr Brüder, ein Waldeinsiedler zerstreut ist, so sagt man von
ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass
er allein im Walde für sich lebt, da er zerstreut ist!‹: also
spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler gesammelt zu
sein.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat weise zu sein. Wenn, ihr
Brüder, ein Waldeinsiedler thörig ist, so sagt man von ihm:
›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er        472
allein im Walde für sich lebt, da er thörig ist!‹: also spricht
man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler weise zu sein.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat über die Lehre und über
die Regel ernstlich nachzudenken. Es kommt vor, ihr Brüder,
dass man einem Waldeinsiedler über die Lehre und über die Regel
Fragen stellt. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, über die
Lehre und über die Regel befragt, nicht zu antworten weiß,
so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl diesem ehrwürdigen
Waldeinsiedler, dass er allein im Walde für sich lebt, da er,
über die Lehre und über die Regel befragt, nicht zu antworten
weiß!‹: also spricht man von ihm. Darum hat ein Waldeinsiedler
über die Lehre und über die Regel ernstlich nachzudenken.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat über jene heiligen
Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten,
ernstlich nachzudenken. Es kommt vor, ihr Brüder, dass man
einem Waldeinsiedler über jene heiligen Erlösungen, die,
jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, Fragen stellt.
Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, über jene heiligen
Erlösungen, die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten,
befragt, nicht zu antworten weiß, so sagt man von ihm: ›Was
taugt es wohl diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein
im Walde für sich lebt, da er, über jene heiligen Erlösungen,
die, jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, befragt,
nicht zu antworten weiß!‹: also spricht man von ihm. Darum hat
ein Waldeinsiedler über jene heiligen Erlösungen, die, jenseit
der Formen, keinerlei Form behalten, ernstlich nachzudenken.

»Ein Waldeinsiedler, ihr Brüder, hat über die Dinge, die
jenseit menschlichen Ermessens liegen, ernstlich nachzudenken.
Es kommt vor, ihr Brüder, dass man einem Waldeinsiedler über
die Dinge, die jenseit menschlichen Ermessens liegen, Fragen
stellt. Wenn, ihr Brüder, ein Waldeinsiedler, über die Dinge,
die jenseit menschlichen Ermessens liegen, befragt, nicht
zu antworten weiß, so sagt man von ihm: ›Was taugt es wohl
diesem ehrwürdigen Waldeinsiedler, dass er allein im Walde
für sich lebt, da er ja das Ziel, warum er hinausgezogen ist,
nicht einmal kennt!‹: also spricht man von ihm. Darum hat
ein Waldeinsiedler über die Dinge, die jenseit menschlichen
Ermessens liegen, ernstlich nachzudenken.«

Nach dieser Rede wandte sich der ehrwürdige Mahāmoggallāno an
den ehrwürdigen Sāriputto und sprach:

»Und hat wohl nur ein Waldeinsiedler, Bruder Sāriputto, diese
Dinge insgesammt zu beobachten, oder auch ein Landpilger?«

»Ein Waldeinsiedler hat wohl, Bruder Moggallāno, diese Dinge         473
insgesammt zu beobachten: wie erst ein Landpilger!«



                              70.

            Siebenter Theil            Zehnte Rede

                         VOR KĪṬĀGIRI


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene
im Lande der Benāreser von Ort zu Ort, von vielen Mönchen
begleitet. Da nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Ich nehme, ihr Mönche, nur zu anderer Zeit und nicht am Abend
Nahrung ein: und weil ich nun, ihr Mönche, nur zu anderer
Zeit und nicht am Abend Nahrung einnehme, wahr’ ich mir
Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. So
nehmet auch ihr denn, Mönche, nur zu anderer Zeit und nicht am
Abend Nahrung ein: nur zu anderer Zeit, ihr Mönche, und nicht
am Abend Nahrung einnehmend werdet auch ihr Gesundheit und
Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein euch wahren.«

»Gern, o Herr!« erwiderten da jene Mönche dem Erhabenen
gehorsam.

Und der Erhabene wanderte im Lande der Benāreser von Ort zu Ort
weiter und kam in die Nähe von Kīṭāgiri, einer Burg im Gebiete
von Benāres.

Vor Kīṭāgiri weilte nun der Erhabene, vor der benāresischen
Burg. Und gerade damals hielten sich die Jünger Assaji und
Punabbasu mit ihren Mönchen bei Kīṭāgiri auf.

Da nun begaben sich viele Mönche dorthin wo Assaji und
Punabbasu mit ihren Mönchen weilten. Dort angelangt sprachen
sie also zu ihnen:

»Der Erhabene, ihr Brüder, nimmt nur zu anderer Zeit und nicht
am Abend Nahrung ein, und auch die Mönchgemeinde: nur zu
anderer Zeit und nicht am Abend, ihr Brüder, Nahrung einnehmend
wahren sie sich Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke
und Wohlsein. So nehmet, Brüder, auch ihr nur zu anderer Zeit
und nicht am Abend Nahrung ein: nur zu anderer Zeit, ihr
Brüder, und nicht am Abend Nahrung einnehmend werdet auch ihr
Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein euch
wahren.«

Auf diese Worte sprachen die Mönche Assajis und Punabbasus also      474
zu den Mönchen:

»Und wir, Brüder, nehmen eben abends Nahrung ein und morgens
und mittags, außer der Zeit: und weil wir eben abends Nahrung
einnehmen und morgens und mittags, außer der Zeit, wahren wir
uns Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein.
Was werden wir da ein Gegenwärtiges aufgeben um einem Künftigen
nachzujagen? Sondern abends wollen wir Nahrung einnehmen und
morgens und mittags, außer der Zeit.«

Da nun jene Mönche die Mönche Assajis und Punabbasus nicht
aufzuklären vermochten, begaben sie sich zum Erhabenen zurück,
begrüßten den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite
nieder. Zur Seite sitzend berichteten nun jene Mönche dem
Erhabenen Wort um Wort den ganzen Vorgang. Und der Erhabene
wandte sich an einen der Mönche:

»Gehe, o Mönch, und sage in meinem Namen den Mönchen Assajis
und Punabbasus: Der Meister lässt euch Ehrwürdige rufen.«

»Wohl, o Herr!« erwiderte jener Mönch, dem Erhabenen
gehorchend, und begab sich dorthin wo die Mönche Assajis und
Punabbasus weilten. Dort angelangt sprach er also zu ihnen:
»Der Meister lässt euch Ehrwürdige rufen.«

»Gut, o Bruder, wir kommen!« erwiderten die Mönche Assajis
und Punabbasus jenem Mönche und begaben sich dorthin wo der
Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen
ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder. Und zu den
Mönchen Assajis und Punabbasus, die da zur Seite saßen, sprach
der Erhabene also:

»Ist es wahr, wie man sagt, ihr Mönche, dass viele Mönche euch
besucht und euch zugesprochen haben: ›Der Erhabene, ihr Brüder,
nimmt nur zu anderer Zeit und nicht am Abend Nahrung ein, und
auch die Mönchgemeinde: nur zu anderer Zeit und nicht am Abend,
ihr Brüder, Nahrung einnehmend wahren sie sich Gesundheit und
Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. So nehmet, Brüder,
auch ihr nur zu anderer Zeit und nicht am Abend Nahrung ein:
nur zu anderer Zeit, ihr Brüder, und nicht am Abend Nahrung
einnehmend werdet auch ihr Gesundheit und Frische, Munterkeit,       475
Stärke und Wohlsein euch wahren.‹ Auf diese Worte, ihr Mönche,
sollt ihr dann also zu den Mönchen gesprochen haben: ›Und wir,
Brüder, nehmen eben abends Nahrung ein und morgens und mittags,
außer der Zeit: und weil wir eben abends Nahrung einnehmen und
morgens und mittags, außer der Zeit, wahren wir uns Gesundheit
und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein. Was werden wir
da ein Gegenwärtiges aufgeben um einem Künftigen nachzujagen?
Sondern abends wollen wir Nahrung einnehmen und morgens und
mittags, außer der Zeit.‹«

»Ja, o Herr!«

»Wie nun, ihr Mönche? Wisst ihr etwa, dass ich also die Lehre
gezeigt habe: ›Was immer auch ein Mensch empfindet, sei es
Wohl, oder Wehe, oder weder Wohl noch Wehe, da mindern sich bei
ihm die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen‹?«

»Das nicht, o Herr!«

»So wisst ihr denn, Mönche, dass ich also die Lehre gezeigt
habe: Da empfindet einer irgend ein wohliges Gefühl und
ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich die
heilsamen, und wieder einer empfindet irgend ein wohliges
Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren
sich die heilsamen; da empfindet einer irgend ein wehes Gefühl
und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich die
heilsamen, und wieder einer empfindet irgend ein wehes Gefühl
und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und mehren sich die
heilsamen; da empfindet einer irgend ein weder wohlig noch
wehes Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und
mindern sich die heilsamen, und wieder einer empfindet irgend
ein weder wohlig noch wehes Gefühl und ihm mindern sich die
unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen.«

»Freilich, o Herr!«

»Gut, ihr Mönche. Hätt’ ich das, ihr Mönche, nicht erkannt,
nicht gesehn, nicht gefunden, nicht offenbar gemacht, nicht
weise gefasst: ›Da empfindet einer irgend ein wohliges Gefühl
und ihm mehren sich die unheilsamen Dinge und mindern sich
die heilsamen‹, wüsst’ ich das nicht und spräche: ›Derartiges
wohlige Gefühl sollt ihr lassen‹, würde mir denn solches, ihr
Mönche, zukommen?«

»Allerdings nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden,
offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer
irgend ein wohliges Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen       476
Dinge und mindern sich die heilsamen‹, darum sag’ ich:
›Derartiges wohlige Gefühl sollt ihr lassen.‹ -- Hätt’ ich das,
ihr Mönche, nicht erkannt, nicht gesehn, nicht gefunden, nicht
offenbar gemacht, nicht weise gefasst: ›Da empfindet einer
irgend ein wohliges Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen
Dinge und mehren sich die heilsamen‹, wüsst’ ich das nicht und
spräche: ›Derartiges wohlige Gefühl sollt ihr gewinnen‹, würde
mir denn solches, ihr Mönche, zukommen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn,
gefunden, offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet
einer irgend ein wohliges Gefühl und ihm mindern sich die
unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen‹, darum
sag’ ich: ›Derartiges wohlige Gefühl sollt ihr gewinnen.‹ --
Hätt’ ich das, ihr Mönche, nicht erkannt, nicht gesehn, nicht
gefunden, nicht offenbar gemacht, nicht weise gefasst: ›Da
empfindet einer irgend ein wehes Gefühl und ihm mehren sich
die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen‹, wüsst’
ich das nicht und spräche: ›Derartiges wehe Gefühl sollt ihr
lassen‹, würde mir denn solches, ihr Mönche, zukommen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden,
offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer
irgend ein wehes Gefühl und ihm mehren sich die unheilsamen
Dinge und mindern sich die heilsamen‹, darum sag’ ich:
›Derartiges wehe Gefühl sollt ihr lassen.‹ -- Hätt’ ich das,
ihr Mönche, nicht erkannt, nicht gesehn, nicht gefunden, nicht
offenbar gemacht, nicht weise gefasst: ›Da empfindet einer
irgend ein wehes Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen
Dinge und mehren sich die heilsamen‹, wüsst’ ich das nicht und
spräche: ›Derartiges wehe Gefühl sollt ihr gewinnen‹, würde mir
denn solches, ihr Mönche, zukommen?«

»Freilich nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden,
offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer
irgend ein wehes Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen
Dinge und mehren sich die heilsamen‹, darum sag’ ich:
›Derartiges wehe Gefühl sollt ihr gewinnen.‹ -- Hätt’ ich das,
ihr Mönche, nicht erkannt, nicht gesehn, nicht gefunden, nicht
offenbar gemacht, nicht weise gefasst: ›Da empfindet einer
irgend ein weder wohlig noch wehes Gefühl und ihm mehren sich
die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen‹, wüsst’
ich das nicht und spräche: ›Derartiges weder wohlig noch wehe
Gefühl sollt ihr lassen‹, würde mir denn solches, ihr Mönche,
zukommen?«

»Allerdings nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden,
offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer
irgend ein weder wohlig noch wehes Gefühl und ihm mehren sich
die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen‹, darum
sag’ ich: ›Derartiges weder wohlig noch wehe Gefühl sollt ihr
lassen.‹ -- Hätt’ ich das, ihr Mönche, nicht erkannt, nicht
gesehn, nicht gefunden, nicht offenbar gemacht, nicht weise
gefasst: ›Da empfindet einer irgend ein weder wohlig noch
wehes Gefühl und ihm mindern sich die unheilsamen Dinge und
mehren sich die heilsamen‹, wüsst’ ich das nicht und spräche:
›Derartiges weder wohlig noch wehe Gefühl sollt ihr gewinnen‹,
würde mir denn solches, ihr Mönche, zukommen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Weil ich nun aber das, ihr Mönche, erkannt, gesehn, gefunden,
offenbar gemacht, weise gefasst habe: ›Da empfindet einer
irgend ein weder wohlig noch wehes Gefühl und ihm mindern sich
die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen‹, darum
sag’ ich: ›Derartiges weder wohlig noch wehe Gefühl sollt ihr        477
gewinnen.‹

»Nicht sag’ ich, ihr Mönche: ›Ein jeder Mönch muss unermüdlich
kämpfen‹, noch auch sag’ ich, ihr Mönche: ›Ein jeder Mönch muss
nicht unermüdlich kämpfen.‹ Jene Mönche, ihr Mönche, die da
Heilige, Wahnversieger, Endiger sind, die das Werk gewirkt,
die Bürde abgelegt, das Heil errungen, die Daseinsfesseln
vernichtet haben, die in vollkommener Weisheit Erlösten,
von solchen Mönchen, ihr Mönche, sag’ ich: ›Nicht müssen
sie unermüdlich kämpfen.‹ Und warum nicht? Gekämpft haben
sie unermüdlich, sie können nicht mehr ermüden. Jene Mönche
aber, ihr Mönche, die als Kämpfer, mit streitendem Busen
die unvergleichliche Sicherheit zu erringen trachten, von
solchen Mönchen, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich müssen
sie kämpfen.‹ Und warum das? ›Vielleicht werden noch diese
Ehrwürdigen, an geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit
frommenden Freunden, die Sinne sicher hinlenken und jenes
Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in
die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit
noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und
erringen‹: das ist es, ihr Mönche, was ich bei diesen Mönchen
als Lohn der Unermüdlichkeit vorhersehe, und darum sag ich:
›Unermüdlich müssen sie kämpfen.‹

»Sieben Arten von Menschen, ihr Mönche, finden sich hier
in der Welt vor: welche sieben? Der Beiderseiterlöste, der
Weisheiterlöste, der Körperzeuge, der Aufgeklärte, der
Gläubigerlöste, der Wissendergebene, der Gläubigergebene.

»Was für einer, ihr Mönche, ist aber der Beiderseiterlöste? Da
hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit
der Formen, keinerlei Form behalten, leibhaftig erfahren und
gefunden, und des weise Sehenden Wahn ist aufgehoben. Den
heißt man, ihr Mönche, einen Beiderseiterlösten. Und von
einem solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Nicht muss
er unermüdlich kämpfen.‹ Und warum nicht? Gekämpft hat er
unermüdlich, er kann nicht mehr ermüden.

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Weisheiterlöste? Da
hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit
der Formen, keinerlei Form behalten, nicht leibhaftig erfahren
und gefunden, aber des weise Sehenden Wahn ist aufgehoben.
Den heißt man, ihr Mönche, einen Weisheiterlösten. Und auch          478
von einem solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Nicht muss
er unermüdlich kämpfen.‹ Und warum nicht? Gekämpft hat er
unermüdlich, er kann nicht mehr ermüden.

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Körperzeuge? Da hat,
ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der
Formen, keinerlei Form behalten, leibhaftig erfahren und
gefunden, und des weise Sehenden Wahn ist zum Theil aufgehoben.
Den heißt man, ihr Mönche, einen Körperzeugen.[63] Und von
einem solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich muss
er kämpfen.‹ Und warum das? ›Vielleicht wird noch dieser
Ehrwürdige, an geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit
frommenden Freunden, die Sinne sicher hinlenken und jenes
Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in
die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit
noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und
erringen‹: das ist es, ihr Mönche, was ich bei diesem Mönche
als Lohn der Unermüdlichkeit vorhersehe, und darum sag’ ich:
›Unermüdlich muss er kämpfen.‹

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Aufgeklärte? Da hat,
ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit der
Formen, keinerlei Form behalten, nicht leibhaftig erfahren
und gefunden, aber des weise Sehenden Wahn ist zum Theil
aufgehoben, und die vom Vollendeten dargelegten Dinge sind
ihm weise klar geworden, bis auf den Grund. Den heißt man,
ihr Mönche, einen Aufgeklärten. Und auch von einem solchen
Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹
Und warum das? ›Vielleicht wird noch dieser Ehrwürdige, an
geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit frommenden Freunden,
die Sinne sicher hinlenken und jenes Ziel, um dessen willen
edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn,
die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich
offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: das ist es, ihr
Mönche, was ich bei diesem Mönche als Lohn der Unermüdlichkeit
vorhersehe, und darum sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Gläubigerlöste? Da
hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit
der Formen, keinerlei Form behalten, nicht leibhaftig erfahren
und gefunden, aber des weise Sehenden Wahn ist zum Theil
aufgehoben, und der Glaube an den Vollendeten hat bei ihm Boden
gefunden, Wurzel geschlagen, standgehalten. Den heißt man,
ihr Mönche, einen Gläubigerlösten. Und auch von einem solchen
Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹
Und warum das? ›Vielleicht wird noch dieser Ehrwürdige, an           479
geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit frommenden Freunden,
die Sinne sicher hinlenken und jenes Ziel, um dessen willen
edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn,
die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich
offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: das ist es, ihr
Mönche, was ich bei diesem Mönche als Lohn der Unermüdlichkeit
vorhersehe, und darum sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Wissendergebene? Da
hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die, jenseit
der Formen, keinerlei Form behalten, nicht leibhaftig erfahren
und gefunden, und des weise Sehenden Wahn ist nicht aufgehoben,
aber die vom Vollendeten dargelegten Dinge kommen ihm allmälig
weise zum Bewusstsein, und folgende Sinneskräfte wirken in
ihm, als da sind: Glaube, Muth, Einsicht, Sammlung, Weisheit.
Den heißt man, ihr Mönche, einen Wissendergebenen. Und auch
von einem solchen Mönche, ihr Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich
muss er kämpfen.‹ Und warum das? ›Vielleicht wird noch dieser
Ehrwürdige, an geeigneten Orten verweilend, im Umgang mit
frommenden Freunden, die Sinne sicher hinlenken und jenes
Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in
die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit
noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und
erringen‹: das ist es, ihr Mönche, was ich bei diesem Mönche
als Lohn der Unermüdlichkeit vorhersehe, und darum sag’ ich:
›Unermüdlich muss er kämpfen.‹

»Und was für einer, ihr Mönche, ist der Gläubigergebene?
Da hat, ihr Mönche, einer jene heiligen Erlösungen, die,
jenseit der Formen, keinerlei Form behalten, nicht leibhaftig
erfahren und gefunden, und des weise Sehenden Wahn ist nicht
aufgehoben, aber er hegt Glauben und Liebe zum Vollendeten,
und folgende Sinneskräfte wirken in ihm, als da sind: Glaube,
Muth, Einsicht, Sammlung, Weisheit. Den heißt man, ihr Mönche,
einen Gläubigergebenen. Und auch von einem solchen Mönche, ihr
Mönche, sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹ Und warum
das? ›Vielleicht wird noch dieser Ehrwürdige, an geeigneten
Orten verweilend, im Umgang mit frommenden Freunden, die
Sinne sicher hinlenken und jenes Ziel, um dessen willen edle
Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die
höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich
offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: das ist es, ihr
Mönche, was ich bei diesem Mönche als Lohn der Unermüdlichkeit
vorhersehe, und darum sag’ ich: ›Unermüdlich muss er kämpfen.‹

»Nicht kann man, sag’ ich, ihr Mönche, gleich im Anfang
Gewissheit erlangen, sondern, ihr Mönche, allmälig sich mühend,
allmälig kämpfend, Schritt um Schritt weiter schreitend erlangt
man Gewissheit. Wie aber, ihr Mönche, erlangt man allmälig sich      480
mühend, allmälig kämpfend, Schritt um Schritt weiter schreitend
Gewissheit? Da kommt, ihr Mönche, ein Gläubigerregter heran.
Herangekommen gesellt er sich zu. Zugesellt giebt er Gehör.
Offenen Ohres hört er die Lehre. Hat er die Lehre gehört behält
er sie. Hat er die Sätze behalten betrachtet er den Inhalt. Hat
er den Inhalt betrachtet gewähren ihm die Sätze Einsicht. Indem
ihm die Sätze Einsicht gewähren billigt er sie. Indem er sie
billigt lässt er sie gelten. Hat er sie gelten lassen wägt er
ab. Hat er abgewogen arbeitet er. Und weil er innig arbeitet
verwirklicht er eben leibhaftig die höchste Wahrheit, und
weise durchbohrend erschaut er sie.

»Nun hat aber, ihr Mönche, jener Glaube gefehlt, nun hat aber,
ihr Mönche, jenes Herankommen gefehlt, nun hat aber, ihr
Mönche, jenes Zugesellen gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche,
jenes Gehörgeben gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes
Hören der Lehre gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes
Behalten der Sätze gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes
Betrachten des Inhalts gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche,
jenes Einsichtgewähren der Sätze gefehlt, nun hat aber, ihr
Mönche, jene Billigung gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes
Geltenlassen gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Abwägen
gefehlt, nun hat aber, ihr Mönche, jenes Arbeiten gefehlt: in
Irre wandelt ihr, Mönche, auf falscher Fährte wandelt ihr,
Mönche. Wie fern stehn sie doch, ihr Mönche, die Thoren, abseit
von dieser Lehre und Ordnung.

»Es giebt, ihr Mönche, eine viertheilige Darlegung, die, wenn
man sie gegeben hat, von einem verständigen Manne, sogar binnen
kurzem, ihrem Sinne nach weise gefasst werden kann: ich will
sie euch geben, ihr Mönche, ihr werdet mir’s fassen.«

»Wer sind wir, o Herr, und wer sind die Erfasser der Wahrheit!«

»Wer da, ihr Mönche, ein Meister ist, der die Welt liebt, der
Welt nachgeht, mit weltlichen Dingen sich abgiebt, selbst der
wird nicht wie ein Krämer und Trödler behandelt: ›So möchten
wir’s haben, dann wollen wir uns einlassen: können wir’s nicht
so haben, wollen wir uns nicht einlassen‹; warum denn, ihr
Mönche, der Vollendete, der gänzlich von weltlichen Dingen
losgelöst ist? Dem gläubigen Jünger, ihr Mönche, der im Orden
des Meisters mit ernstem Eifer sich übt, geht die Zuversicht
auf: ›Meister ist der Erhabene, Jünger bin ich: der Erhabene
weiß, ich weiß nicht.‹ Dem gläubigen Jünger, ihr Mönche, der im
Orden des Meisters mit ernstem Eifer sich übt, theilt sich der
Orden des Meisters erquickend mit und köstlich. Dem gläubigen
Jünger, ihr Mönche, der im Orden des Meisters mit ernstem
Eifer sich übt, geht die Zuversicht auf: ›Gern soll Haut und         481
Sehnen und Knochen einschrumpfen an meinem Leibe, auftrocknen
Fleisch und Blut: was da durch Mannesgewalt, Manneskraft,
Mannestapferkeit erreicht werden kann, nicht bevor es erreicht
ist wird die Kraft nachlassen.‹ Dem gläubigen Jünger, ihr
Mönche, der im Orden des Meisters mit ernstem Eifer sich
übt, mag eins von beiden zur Reife gedeihen: Gewissheit bei
Lebzeiten oder, ist ein Rest Hangen da, Nichtwiederkehr.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche
über das Wort des Erhabenen.[64]



                         ACHTER THEIL

                        BUCH DER PILGER



                              71.

              Achter Theil            Erste Rede

                          VACCHAGOTTO

                            -- I --


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Vesālī, im Großen Walde, in der Halle der Einsiedelei. Um diese
Zeit nun hielt sich der Pilger Vacchagotto im Pilgergarten
der Weißen Lotusrose auf. Und der Erhabene, zeitig gerüstet,
nahm Mantel und Schaale und wanderte gegen Vesālī, um
Almosenspeise. Und es gedachte der Erhabene: ›Allzu früh
ist’s noch, in der Stadt um Almosen zu stehn; wie, wenn ich
nun in den Pilgergarten der Weißen Lotusrose einträte und den
Pilger Vacchagotto besuchte?‹ Und der Erhabene trat in den
Pilgergarten der Weißen Lotusrose ein und begab sich dorthin wo
der Pilger Vacchagotto weilte. Da sah der Pilger Vacchagotto
den Erhabenen von ferne herankommen, und als er den Erhabenen
gesehn sprach er also zu ihm:

»Es komme, o Herr, der Erhabene, gegrüßt sei, o Herr, der
Erhabene! Lange schon, o Herr, hat der Erhabene hoffen lassen,
mich einmal hier zu besuchen. Möge sich, o Herr, der Erhabene
setzen: dieser Sitz ist bereit.«

Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen Sitz.
Vacchagotto aber, der Pilger, nahm einen von den niederen
Stühlen zur Hand und setzte sich an die Seite. An der Seite          482
sitzend sprach nun Vacchagotto der Pilger also zum Erhabenen:

»Gehört hab’ ich solches, o Herr: ›Der Asket Gotamo weiß alles,
versteht alles, bekennt unbeschränkte Wissensklarheit: ‚Ob ich
geh’ oder stehe, schlaf’ oder wache, jederzeit hab’ ich die
gesammte Wissensklarheit gegenwärtig.‘‹[65] Die da solches, o
Herr, gesagt haben, haben die wirklich, o Herr, des Erhabenen
Worte gebraucht und den Erhabenen nicht mit Unrecht angeführt
und der Lehre gemäß geredet, so dass sich kein entsprechender
Folgesatz als ungehörig erweisen kann?«

»Die da, Vaccho, solches gesagt haben: ›Der Asket Gotamo weiß
alles, versteht alles, bekennt unbeschränkte Wissensklarheit:
‚Ob ich geh‘ oder stehe, schlaf‘ oder wache, jederzeit hab’ ich
die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig’‹, die haben nicht
meine Worte gebraucht und haben mich also ohne Grund und mit
Unrecht angeführt.«

»Wie dann, o Herr, sollten wir reden, um eben die Worte des
Erhabenen zu gebrauchen und den Erhabenen nicht mit Unrecht
anzuführen und der Lehre gemäß zu reden, so dass sich kein
entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen könnte?«

»‚Drei Wissen weiß der Asket Gotamo‘: also redend, Vaccho,
würde man eben meine Worte gebrauchen und mich nicht mit
Unrecht anführen und der Lehre gemäß reden, so dass sich
kein entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen könnte.
Denn nach Belieben, Vaccho, erinnere ich mich an manche
verschiedene frühere Daseinsform, als wie an ein Leben,
dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben,
dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig
Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an
fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben,
dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während
mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während
mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen
Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein
Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren,
so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo
wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich,
dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies
mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war
mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins
Dasein.‹ So erinnere ich mich mancher verschiedenen früheren
Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je
den eigenartigen Beziehungen. Und nach Belieben, Vaccho,
seh’ ich mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über
menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden
und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne,
glückliche und unglückliche, ich erkenne wie die Wesen je nach
den Thaten wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich
in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten
zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges,
achten Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des
Körpers, nach dem Tode, gelangen sie abwärts, auf schlechte
Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen
sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten
zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht
Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung
des Körpers, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte,
in sälige Welt.‹ So seh’ ich mit dem himmlischen Auge, dem
geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die
Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle,
schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, ich erkenne
wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. Und ich habe,
Vaccho, den Wahn versiegt und die wahnlose Gemütherlösung,
Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten mir offenbar gemacht,
verwirklicht und errungen. ‚Drei Wissen weiß der Asket Gotamo‘:
also redend, Vaccho, würde man eben meine Worte gebrauchen und       483
mich nicht mit Unrecht anführen und der Lehre gemäß reden, so
dass sich kein entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen
könnte.«

Nach diesen Worten sprach Vacchagotto der Pilger zum Erhabenen
also:

»Giebt es nun wohl, o Gotamo, irgend einen Hausgewohnten, der
ohne die häuslichen Bande gelassen zu haben, bei der Auflösung
des Körpers, dem Leiden ein Ende macht?«

»Nicht giebt es, Vaccho, irgend einen Hausgewohnten, der, ohne
die häuslichen Bande gelassen zu haben, bei der Auflösung des
Körpers, dem Leiden ein Ende macht.«

»Giebt es aber, o Gotamo, irgend einen Hausgewohnten, der, ohne
die häuslichen Bande gelassen zu haben, bei der Auflösung des
Körpers, in himmlische Welt gelangt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder
dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr
Hausgewohnte, die, ohne die häuslichen Bande gelassen zu haben,
bei der Auflösung des Körpers, in himmlische Welt gelangen.«

»Und giebt es, o Gotamo, irgend einen Nackten Büßer, der, bei
der Auflösung des Körpers, dem Leiden ein Ende macht?«

»Nicht giebt es, Vaccho, irgend einen Nackten Büßer, der, bei
der Auflösung des Körpers, dem Leiden ein Ende macht.«

»Doch giebt es, o Gotamo, irgend einen Nackten Büßer, der, bei
der Auflösung des Körpers, in himmlische Welt gelangt?«

»Von heute, Vaccho, zurück bis zum einundneunzigsten Weltalter,
dessen ich gedenke, weiß ich von keinem Nackten Büßer, der
in himmlische Welt gelangt wäre, einen ausgenommen: der aber
glaubte an eigene That und eigenes Handeln.«

»So ist freilich, o Gotamo, jenes Büßerthum eitel, sogar um in
himmlische Welt zu gelangen?«

»So ist freilich, Vaccho, jenes Büßerthum eitel, sogar um in
himmlische Welt zu gelangen.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich Vacchagotto der
Pilger über das Wort des Erhabenen.[66]



                              72.

              Achter Theil            Zweite Rede

                          VACCHAGOTTO

                           -- II --


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da nun begab sich Vacchagotto der Pilger dorthin wo der              484
Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite
nieder. Zur Seite sitzend sprach nun Vacchagotto der Pilger
also zum Erhabenen:

»Wie doch wohl, o Gotamo: ‚Ewig ist die Welt; dies nur ist
Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Ewig ist die Welt;
dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Wie dann, o Gotamo: ‚Zeitlich ist die Welt; dies nur ist
Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Zeitlich ist die
Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Und wie nun, o Gotamo: ‚Endlich ist die Welt; dies nur ist
Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Endlich ist die Welt;
dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Wie dann, o Gotamo: ‚Unendlich ist die Welt; dies nur ist
Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Unendlich ist die
Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Und wie nun, o Gotamo: ‚Leben und Leib ist ein und dasselbe;
dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche
Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Leben und Leib ist
ein und dasselbe; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Wie dann, o Gotamo: ‚Anders ist das Leben und anders der Leib;
dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche
Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Anders ist das Leben
und anders der Leib; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Und wie nun, o Gotamo: ‚Der Vollendete besteht nach dem Tode;
dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo solche
Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Der Vollendete
besteht nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Wie dann, o Gotamo: ‚Der Vollendete besteht nicht nach dem
Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: hegt Herr Gotamo
solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Der Vollendete
besteht nicht nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn
anderes.‘«

»Und wie nun, o Gotamo: ‚Der Vollendete besteht und besteht
nicht nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘:
hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Der Vollendete             485
besteht und besteht nicht nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit,
Unsinn anderes.‘«

»Und wie nun, o Gotamo: ‚Weder besteht noch besteht nicht
der Vollendete nach dem Tode; dies nur ist Wahrheit, Unsinn
anderes‘: hegt Herr Gotamo solche Ansicht?«

»Nicht heg’ ich, Vaccho, solche Ansicht: ‚Weder besteht noch
besteht nicht der Vollendete nach dem Tode; dies nur ist
Wahrheit, Unsinn anderes.‘«

»Wie denn nun, o Gotamo: zu keiner dieser Ansichten bekennst du
dich! Was findet wohl Herr Gotamo für arg daran, um sich also
dieser Anschauungen gänzlich zu begeben?«

»‚Ewig ist die Welt‘: das ist, Vaccho, eine Gasse der
Ansichten, Höhle der Ansichten, Schlucht der Ansichten, ein
Dorn der Ansichten, Hag der Ansichten, Garn der Ansichten,
voll von Leid und Quaal, Verzweiflung und Jammer, führt nicht
zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, nicht zur
Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht
zur Erlöschung. ‚Zeitlich ist die Welt‘, ‚Endlich ist die
Welt‘, ‚Unendlich ist die Welt‘, ‚Leben und Leib ist ein und
dasselbe‘, ‚Anders ist das Leben und anders der Leib‘, ‚Der
Vollendete besteht nach dem Tode‘, ‚Der Vollendete besteht
nicht nach dem Tode‘, ‚Der Vollendete besteht und besteht
nicht nach dem Tode‘, ‚Weder besteht noch besteht nicht der
Vollendete nach dem Tode‘: das ist, Vaccho, eine Gasse der           486
Ansichten, Höhle der Ansichten, Schlucht der Ansichten, ein
Dorn der Ansichten, Hag der Ansichten, Garn der Ansichten,
voll von Leid und Quaal, Verzweiflung und Jammer, führt nicht
zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, nicht zur
Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht
zur Erlöschung. Das find’ ich, Vaccho, für arg daran, um mich
also dieser Anschauungen gänzlich zu begeben.«

»Bekennt nun aber Herr Gotamo irgend eine Ansicht?«

»‚Eine Ansicht‘, Vaccho, die kommt dem Vollendeten nicht
zu. Denn der Vollendete, Vaccho, hat es gesehn: ›So ist die
Form, so entsteht sie, so löst sie sich auf: so ist das
Gefühl, so entsteht es, so löst es sich auf; so ist die
Wahrnehmung, so entsteht sie, so löst sie sich auf; so sind
die Unterscheidungen, so entstehn sie, so lösen sie sich auf;
so ist das Bewusstsein, so entsteht es, so löst es sich auf.‹
Darum, sag’ ich, ist der Vollendete durch aller Meinungen
und aller Vermuthungen, durch aller Ichheit und Eigenheit
und Dünkelsucht Versiegung, Abweisung, Aufhebung, Ausrodung,
Entäußerung ohne Hangen erlöst.«[67]

»Und ein also gemütherlöster Mönch, o Gotamo, wo ersteht der
auf?«

»‚Auferstehn‘, Vaccho, das trifft nicht zu.«

»Dann also, o Gotamo, ersteht er nicht auf?«

»‚Nichtauferstehn‘, Vaccho, das trifft nicht zu.«

»Dann also, o Gotamo, ersteht er auf und nicht aufersteht er?«

»‚Auferstehn und Nichtauferstehn‘, Vaccho, das trifft nicht zu.«

»Dann also, o Gotamo, ersteht er weder auf, noch ersteht er
nicht auf?«

»‚Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn‘, Vaccho, das trifft
nicht zu.«

»So giebst du mir nun, o Gotamo, auf meine Fragen immer die
Antwort: ›Das trifft nicht zu.‹ Jetzt bin ich, o Gotamo, in          487
Unwissenheit gerathen, bin jetzt in Verwirrung gerathen, und
was ich da bei dem früheren Gespräche mit Herrn Gotamo an
Vertrauen gewonnen hatte, das ist mir nun wieder verloren
gegangen.«[68]

»Genug denn, Vaccho, deiner Unwissenheit, genug der Verwirrung!
Gar tief ist, Vaccho, diese Lehre, schwer zu entdecken, schwer
zu gewahren, still, erlesen, unbekrittelbar, innig, Weisen
erfindlich: die wirst du schwer verstehn ohne Deutung, ohne
Geduld, ohne Hingabe, ohne Anstrengung, ohne Lenkung. So will
ich dir, Vaccho, eben darüber Fragen stellen: wie es dir
gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, Vaccho:
wenn da vor dir ein Feuer brennte, wüsstest du: ›Hier brennt
ein Feuer vor mir‹?«

»Wenn da vor mir, o Gotamo, ein Feuer brennte, wüsst’ ich:
›Hier brennt ein Feuer vor mir‹.«

»Wenn dich nun, Vaccho, jemand fragte: ›Dieses Feuer, das da
vor dir brennt, wodurch brennt es?‹ Also gefragt, Vaccho,
würdest du was antworten?«

»Wenn mich, o Gotamo, jemand fragte: ›Dieses Feuer, das da vor
dir brennt, wodurch brennt es?‹, würd’ ich auf solche Frage
also antworten: ›Dieses Feuer, das da vor mir brennt, das
brennt indem es durch Heu und Holz unterhalten wird‹.«

»Wenn da, Vaccho, dieses Feuer vor dir ausginge, wüsstest du:
›Dieses Feuer vor mir ist ausgegangen‹?«

»Wenn da, o Gotamo, dieses Feuer vor mir ausginge, wüsst’ ich:
›Dieses Feuer vor mir ist ausgegangen.‹«

»Wenn dich nun, Vaccho, jemand fragte: ›Dieses Feuer, das da
vor dir ausgegangen ist, wo ist es hingegangen, nach welcher
Richtung, nach Osten oder nach Westen, nach Norden oder nach
Süden?‹ Also gefragt, Vaccho, würdest du was antworten?«

»Das trifft nicht zu, o Gotamo, weil ja das Feuer, o Gotamo,
das durch Heu und Holz unterhalten brannte, dieses verzehrt hat
und, nicht weiter genährt, eben ohne Nahrung ausgegangen heißt.«

»Ebenso nun auch ist, Vaccho, jede Form, durch welche man den
Vollendeten bezeichnend bezeichnen wollte, vom Vollendeten
überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf
gleichgemacht worden, so dass sie nicht mehr keimen, nicht
mehr sich entwickeln kann: von der Art der Form abgelöst,
Vaccho, ist der Vollendete, tief, unermesslich, schwer zu
erforschen, gleichwie etwa der Ozean: ‚Auferstehn‘, das trifft
nicht zu, ‚Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn
und Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn so
wenig wie Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu. Jedes Gefühl,       488
durch welches man den Vollendeten bezeichnend bezeichnen
wollte, ist vom Vollendeten überstanden, an der Wurzel
abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht worden, so dass
es nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann: von
der Art des Gefühls abgelöst, Vaccho, ist der Vollendete,
tief, unermesslich, schwer zu erforschen, gleichwie etwa der
Ozean; ‚Auferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Nichtauferstehn‘,
das trifft nicht zu, ‚Auferstehn und Nichtauferstehn‘, das
trifft nicht zu, ‚Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn‘,
das trifft nicht zu. Jede Wahrnehmung, durch welche man den
Vollendeten bezeichnend bezeichnen wollte, ist vom Vollendeten
überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf
gleichgemacht worden, so dass sie nicht mehr keimen, nicht mehr
sich entwickeln kann: von der Art der Wahrnehmung abgelöst,
Vaccho, ist der Vollendete, tief, unermesslich, schwer zu
erforschen, gleichwie etwa der Ozean; ‚Auferstehn‘, das trifft
nicht zu, ‚Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn
und Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn so wenig
wie Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu. Jede Unterscheidung,
durch welche man den Vollendeten bezeichnend bezeichnen wollte,
ist vom Vollendeten überstanden, an der Wurzel abgeschnitten,
einem Palmstumpf gleichgemacht worden, so dass sie nicht
mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann: von der Art
der Unterscheidungen abgelöst, Vaccho, ist der Vollendete,
tief, unermesslich, schwer zu erforschen, gleichwie etwa der
Ozean; ‚Auferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Nichtauferstehn‘,
das trifft nicht zu, ‚Auferstehn und Nichtauferstehn‘, das
trifft nicht zu, ‚Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn‘,
das trifft nicht zu. Jedes Bewusstsein, durch welches man den
Vollendeten bezeichnend bezeichnen wollte, ist vom Vollendeten
überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf
gleichgemacht worden, so dass es nicht mehr keimen, nicht mehr
sich entwickeln kann: von der Art des Bewusstseins abgelöst,
Vaccho, ist der Vollendete, tief, unermesslich, schwer zu
erforschen, gleichwie etwa der Ozean; ‚Auferstehn‘, das trifft
nicht zu, ‚Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn
und Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu, ‚Auferstehn so wenig
wie Nichtauferstehn‘, das trifft nicht zu.«

       *       *       *       *       *

Nach dieser Rede sprach Vacchagotto der Pilger zum Erhabenen
also:

»Gleichwie etwa, o Gotamo, wenn sich da in der Nähe eines
Dorfes oder einer Stadt ein großer Kronbaum befände, und
vergänglich wechselnd fielen Blätter und Zweiglein von ihm ab,
fiele Geäst und Rinde und Grünholz ab, so dass er späterhin,
frei von Blättern und Zweiglein, frei von Geäst und Rinde,
frei von Grünholz, rein aus Kernholz bestände: ebenso nun
auch ist hier des Herrn Gotamo Darstellung, frei von Blättern
und Zweiglein, frei von Geäst und Rinde, frei von Grünholz,
rein aus Kernholz bestanden. -- Vortrefflich, o Gotamo,
vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo, als ob man
Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder
Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsterniss
hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat         489
Herr Gotamo die Lehre gar vielfach gezeigt. Und so nehm’
ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der
Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten,
von heute an zeitlebens getreu.«



                              73.

              Achter Theil            Dritte Rede

                          VACCHAGOTTO

                           -- III --


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen.

Da nun begab sich Vacchagotto der Pilger dorthin wo der
Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite
nieder. Zur Seite sitzend sprach nun Vacchagotto der Pilger
also zum Erhabenen:

»Seit langem pfleg’ ich mit Herrn Gotamo Gespräch. O wohl, wenn
mir Herr Gotamo in Kürze das Gute und das Böse darlegen möchte!«

»In Kürze kann ich dir, Vaccho, das Gute und das Böse darlegen,
und ausführlich kann ich dir, Vaccho, das Gute und das Böse
darlegen; aber ich will es dir, Vaccho, in Kürze künden, das
Gute und das Böse: das höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Ja, Herr!« erwiderte da aufmerksam Vacchagotto der Pilger dem
Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Sucht ist, Vaccho, das Böse: Suchtlosigkeit das Gute. Hass
ist, Vaccho, das Böse: Hasslosigkeit das Gute. Irre ist,
Vaccho, das Böse: Irrlosigkeit das Gute. So sind hier, Vaccho,
drei Dinge bös und drei Dinge gut. Tödten ist, Vaccho, das
Böse: Ueberwindung des Tödtens das Gute. Stehlen ist, Vaccho,
das Böse: Ueberwindung des Stehlens das Gute. Ausschweifen
ist, Vaccho, das Böse: Ueberwindung des Ausschweifens das
Gute. Lüge ist, Vaccho, das Böse: Ueberwindung der Lüge das
Gute. Verleumdung ist, Vaccho, das Böse: Ueberwindung der            490
Verleumdung das Gute. Barsche Rede ist, Vaccho, das Böse:
Ueberwindung barscher Rede das Gute. Schwätzen ist, Vaccho, das
Böse: Ueberwindung des Schwätzens das Gute. Gier ist, Vaccho,
das Böse: Gierlosigkeit das Gute. Wuth ist, Vaccho, das Böse:
Wuthlosigkeit das Gute. Falsche Erkenntniss ist, Vaccho, das
Böse: rechte Erkenntniss das Gute. So sind hier, Vaccho, zehn
Dinge bös und zehn Dinge gut. Wenn da nun, Vaccho, ein Mönch
den Lebensdurst verleugnet, an der Wurzel abgeschnitten, einem
Palmstumpf gleichgemacht hat, so dass er nicht mehr keimen,
nicht mehr sich entwickeln kann, dann ist er ein heiliger
Mönch, ein Wahnversieger, Endiger, hat das Werk gewirkt, die
Bürde abgelegt, das Heil errungen, die Daseinsfesseln zerstört,
ist in vollkommener Weisheit erlöst.«

»Sei es Herr Gotamo: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur
einen Mönch als Jünger, der den Wahn versiegt und die wahnlose
Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich
offenbar gemacht, verwirklicht und errungen hat?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder
dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr
der Mönche, die als meine Jünger den Wahn versiegt und die
wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten
sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen haben.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche: giebt es aber bei
Herrn Gotamo auch nur eine Nonne als Jüngerin, die den Wahn
versiegt und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch
bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen
hat?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder
dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr
der Nonnen, die als meine Jüngerinen den Wahn versiegt und die
wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten
sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen haben.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen:
giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur einen Anhänger als
Jünger, der, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend,
nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigt,
um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach
jener Welt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert
oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern
noch mehr der Anhänger, die als meine Jünger, im Hause lebend,
weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der fünf
niederzerrenden Fesseln emporsteigen, um von dort aus zu
erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.«               491

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen,
seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch
entsagend: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur einen
Anhänger als Jünger, der, im Hause lebend, weiß gekleidet,
Wünsche genießend, ordensgetreu ist, der Belehrung zugänglich,
zweifelentronnen, ohne Schwanken, keinem anderen trauend, in
erfahrener Zuversicht zum Orden des Meisters verweilt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert
oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch
mehr der Anhänger, die als meine Jünger, im Hause lebend, weiß
gekleidet, Wünsche genießend, ordensgetreu sind, der Belehrung
zugänglich, zweifelentronnen, ohne Schwanken, keinem anderen
trauend, in erfahrener Zuversicht zum Orden des Meisters
verweilen.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen,
seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet,
keusch entsagend, seien es die Anhänger, im Hause lebend,
weiß gekleidet, Wünsche genießend: giebt es aber bei Herrn
Gotamo auch nur eine Anhängerin als Jüngerin, die, im Hause
lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der
fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigt, um von dort aus zu
erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert
oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern
noch mehr der Anhängerinen, die als meine Jüngerinen, im Hause
lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der
fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigen, um von dort aus zu
erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen,
seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch
entsagend, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß
gekleidet, Wünsche genießend, seien es die Anhängerinen, im
Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend: giebt es aber
bei Herrn Gotamo auch nur eine Anhängerin als Jüngerin, die im
Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, ordensgetreu
ist, der Belehrung zugänglich, zweifelentronnen, ohne
Schwanken, keinem anderen trauend, in erfahrener Zuversicht zum
Orden des Meisters verweilt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert
oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern
noch mehr der Anhängerinen, die als meine Jüngerinen, im Hause
lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, ordensgetreu sind,
der Belehrung zugänglich, zweifelentronnen, ohne Schwanken,
keinem anderen trauend, in erfahrener Zuversicht zum Orden des
Meisters verweilen.«

»Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo
erlangt worden wäre und nicht von den Mönchen, dann wäre             492
dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber,
o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den
Mönchen erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen,
eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von
Herrn Gotamo und den Mönchen erlangt worden wäre und nicht
von den Nonnen, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen,
eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn
Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen erlangt
worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern.
Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo
und den Mönchen und den Nonnen erlangt worden wäre und nicht
von den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch
entsagend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben
insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn
Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den
Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend,
erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben
insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn
Gotamo und den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern,
im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, erlangt
worden wäre und nicht von den Anhängern, im Hause lebend, weiß
gekleidet, Wünsche genießend, dann wäre dieses Asketenthum
unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese
Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den
Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet,
keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß
gekleidet, Wünsche genießend, erlangt worden ist, ist dieses
Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o
Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen und
den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet,
keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß
gekleidet, Wünsche genießend, erlangt worden wäre und nicht von
den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch            493
entsagend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben
insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo
sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern,
im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den
Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend,
und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet,
keusch entsagend, erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum
vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese
Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen und den Nonnen
und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch
entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet,
Wünsche genießend, und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß
gekleidet, keusch entsagend, erlangt worden wäre und nicht von
den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche
genießend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben
insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo
sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern,
im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den
Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend,
und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch
entsagend, und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß
gekleidet, Wünsche genießend, erlangt worden ist, ist dieses
Asketenthum vollkommen, eben insofern.

»Gleichwie etwa, o Gotamo, der Gangesstrom nach dem Meere sich
neigt, nach dem Meere sich beugt, nach dem Meere sich hinsenkt
und angekommen am Meere stillesteht: ebenso auch ist hier des
Herrn Gotamo Gefolge, so Pilger wie Bürger, zur Erlöschung
geneigt, zur Erlöschung gebeugt, zur Erlöschung hingesenkt
und bleibt angekommen bei ihr stillestehn. -- Vortrefflich, o
Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo, als
ob einer Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte,
oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsterniss
hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat
Herr Gotamo die Lehre gar vielfach gezeigt. Und so nehm’
ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der
Jüngerschaft: möge mir Herr Gotamo Aufnahme gewähren, die
Ordensweihe ertheilen!«

»Wer da, Vaccho, erst einem anderen Orden angehörte und in           494
diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten
will, der bleibt vier Monate bei uns; und nach Verlauf von
vier Monaten wird er, wenn er also verblieben ist, von innig
erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht in das Mönchthum:
denn ich habe hier manche Veränderlichkeit erfahren.«

»Wenn, o Herr, die früheren Anhänger anderer Orden, welche in
diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten
wollen, vier Monate bleiben, und nach Verlauf von vier Monaten,
wenn sie also verblieben sind, von innig erfahrenen Mönchen
aufgenommen und eingeweiht werden in das Mönchthum, so will ich
vier Jahre bleiben: und nach Verlauf von vier Jahren sollen
mich, wenn ich also verblieben bin, innig erfahrene Mönche
aufnehmen und einweihen in das Mönchthum.«

Es wurde Vacchagotto der Pilger vom Erhabenen aufgenommen,
wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Nicht lange aber war der ehrwürdige Vacchagotto in den Orden
aufgenommen, vierzehn Tage war er in den Orden aufgenommen, da
ging er zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig
und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun
der ehrwürdige Vacchagotto also zum Erhabenen:

»So viel man, o Herr, mit kämpfender Weisheit, mit kämpfendem
Wissen gewinnen kann, das hab’ ich gewonnen: weiter möge mir
der Erhabene die Lehre darlegen!«

»Dann also, Vaccho, erwirb dir noch weiter zwei Dinge: Ruhe
und Klarsicht. Und hast du dir, Vaccho, diese zwei Dinge noch
weiter erworben, Ruhe und Klarsicht, so werden sie dir zur
Zerlegung der einzelnen Artungen taugen.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Geläng’ es mir doch
auf manigfaltige Weise Machtentfaltung zu erfahren, als nur
einer etwa vielfach zu werden, und vielfach geworden wieder
einer zu sein, oder sichtbar und unsichtbar zu werden[69],
auch durch Mauern, Wälle, Felsen hindurchzuschweben wie durch
die Luft; oder auf der Erde auf- und unterzutauchen wie im
Wasser; auch auf dem Wasser zu wandeln ohne unterzusinken wie
auf der Erde; oder auch durch die Luft sitzend dahinzufahren
wie der Vogel mit seinen Fittichen; auch etwa diesen Mond
und diese Sonne, die so mächtigen, so gewaltigen, mit der
Hand zu befühlen und zu berühren[70], etwa gar bis zu den
Brahmawelten den Körper in meiner Gewalt zu haben‹: was da je
zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Wenn ich doch mit dem      495
himmlischen Gehör, dem geläuterten, über menschliche Gränzen
hinausreichenden, beide Arten der Töne hörte, die himmlischen
und die irdischen, die fernen und die nahen‹: was da je zu
verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Wär’ es mir doch
gegeben, der anderen Wesen, der anderen Personen Herz im Herzen
zu schauen und zu erkennen, das begehrliche Herz als begehrlich
und das begehrlose Herz als begehrlos, das gehässige Herz als
gehässig und das hasslose Herz als hasslos, das irrende Herz
als irrend und das irrlose Herz als irrlos, das gesammelte
Herz als gesammelt und das zerstreute Herz als zerstreut, das
hochstrebende Herz als hochstrebend und das niedrig gesinnte
Herz als niedrig gesinnt, das edle Herz als edel und das
gemeine Herz als gemein, das beruhigte Herz als beruhigt und
das ruhelose Herz als ruhelos, das erlöste Herz als erlöst und
das gefesselte Herz als gefesselt‹: was da je zu verwirklichen
ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Wär’ ich doch
imstande, mich an manche verschiedene frühere Daseinsform zu
erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an
drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an
zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben,
dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert
Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben,
dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann
an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die
Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen,
‚Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich
an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe
habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden
trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen
Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war
mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich
erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich
hier wieder ins Dasein‘, wär’ ich doch also imstande, mich
an manche verschiedene frühere Daseinsform zu erinnern, mit
je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen
Beziehungen‹[71]: was da je zu verwirklichen ist wirst du
gewinnen, je nach der Wirkensart.                                    496

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Hätt’ ich doch das
himmlische Auge, das geläuterte, über menschliche Gränzen
hinausreichende, die Wesen zu sehn, wie sie dahinschwinden
und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne,
glückliche und unglückliche, säh’ ich doch wie die Wesen je
nach den Thaten wiederkehren, ‚Diese lieben Wesen sind freilich
in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten
zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges,
achten Verkehrtes, thun Verkehrtes, bei der Auflösung des
Leibes, nach dem Tode, gerathen sie auf den Abweg, auf
schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt; jene lieben
Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem
Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht
Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes, bei der Auflösung des
Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige
Welt‘, könnt’ ich doch also mit dem himmlischen Auge, dem
geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die
Wesen erkennen, wie sie dahinschwinden und wiedererscheinen,
gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und
unglückliche, säh’ ich doch wie die Wesen je nach den Thaten
wiederkehren[72]: was da je zu verwirklichen ist wirst du
gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›O könnte ich
doch den Wahn versiegen und die wahnlose Gemütherlösung,
Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten mir offenbar machen,
verwirklichen und erringen‹: was da je zu verwirklichen ist
wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.«

Und der ehrwürdige Vacchagotto war durch des Erhabenen Rede
erfreut und befriedigt; und er stand von seinem Sitze auf,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und
entfernte sich.

Und der ehrwürdige Vacchagotto, einsam, abgesondert,
unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte
gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die
Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch
bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen.
›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt
das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer
war nun der ehrwürdige Vacchagotto der Heiligen geworden.

Um diese Zeit nun waren viele Mönche unterwegs, den Erhabenen
zu besuchen. Es sah aber der ehrwürdige Vacchagotto jene Mönche
wie sie von ferne heranzogen, und als er sie gesehn ging er
ihnen entgegen und sprach also zu ihnen:                             497

»Wohlan, wo geht ihr, Ehrwürdige, denn hin?«

»Den Erhabenen, o Bruder, wollen wir besuchen.«

»So geht, ihr Brüder, und bringt dem Erhabenen zu Füßen meinen
Gruß dar: ›Vacchagotto, o Herr, der Mönch, bringt dem Erhabenen
zu Füßen Gruß dar, und er lässt sagen:

    Bedient von mir ist unser Herr,
    Bedient von mir der hohe Held.‹«

»Gern, o Bruder!« sagten da jene Mönche, dem ehrwürdigen
Vacchagotto zustimmend.

Und jene Mönche begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte.
Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und
setzen sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprachen nun
jene Mönche zum Erhabenen also:

»Der ehrwürdige Vacchagotto, o Herr, bringt dem Erhabenen zu
Füßen Gruß dar, und er lässt sagen:

    ›Bedient von mir ist unser Herr,
    Bedient von mir der hohe Held.‹«

»Schon hab’ ich, ihr Mönche, Vacchagotto den Mönch, im Geiste
geistig erfassend, erkannt: ›Drei Wissen weiß Vacchagotto der
Mönch, hat hohe Macht, hohe Gewalt.‹ Und auch Gottheiten haben
es mir angezeigt: ›Drei Wissen weiß, o Herr, Vacchagotto der
Mönch, hat hohe Macht, hohe Gewalt.‹«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche
über das Wort des Erhabenen.



                              74.

                 Achter Theil      Vierte Rede

                          DĪGHANAKHO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Rājagaham, am Geierkulm, zu Eberswühl.

Da nun begab sich Dīghanakho, ein Pilger, dorthin wo der
Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und stellte sich seitwärts
hin. Seitwärts stehend sprach nun Dīghanakho der Pilger also
zum Erhabenen:

»Ich aber, o Gotamo, sage und lehre: ›Nichts gefällt mir.‹«

»Und auch die Lehre da, Aggivessano[73], die du behauptest,
›Nichts gefällt mir‹, gefällt dir auch diese nicht?«

»Und wenn mir, o Gotamo, diese Lehre gefiele, so wär’s doch nur
dasselbe, so wär’s doch nur dasselbe!«

»Nun giebt es freilich, Aggivessano, viel mehr der Menschen          498
in der Welt, die mit dir sagen ›So wär’s doch nur dasselbe,
so wär’s doch nur dasselbe‹, und die zwar diese Lehre nicht
lassen und doch eine andere annehmen. Nun giebt es freilich,
Aggivessano, viel weniger Menschen in der Welt, die mit dir
sagen ›So wär’s doch nur dasselbe, so wär’s doch nur dasselbe‹,
und die eben diese Lehre lassen und eine andere nicht annehmen.

»Manche Asketen und Priester, Aggivessano, sagen und lehren:
›Alles gefällt mir.‹ Manche Asketen und Priester, Aggivessano,
sagen und lehren: ›Nichts gefällt mir.‹ Manche Asketen und
Priester, Aggivessano, sagen und lehren: ›Manches gefällt
mir, manches missfällt mir.‹ Den Asketen und Priestern nun,
Aggivessano, die da sagen und lehren ›Alles gefällt mir‹,
denen gereicht diese Lehre zum Reize, zur Lockung, zur Freude,
zum Behagen, zum Anhalt. Den Asketen und Priestern nun,
Aggivessano, die da sagen und lehren ›Nichts gefällt mir‹,
denen gereicht diese Lehre nicht zum Reize, nicht zur Lockung,
nicht zur Freude, nicht zum Behagen, nicht zum Anhalt.«

Auf diese Worte hin wandte sich Dīghanakho der Pilger also an
den Erhabenen:

»Meinen Lehrsatz lobt Herr Gotamo, meinen Lehrsatz belobt Herr
Gotamo!«

»Den Asketen und Priestern nun, Aggivessano, die da sagen
und lehren ›Manches gefällt mir, manches missfällt mir‹, was
denen ihrer Lehre gemäß gefällt gereicht ihnen zum Reize, zur
Lockung, zur Freude, zum Behagen, zum Anhalt: und was denen
ihrer Lehre gemäß missfällt gereicht ihnen nicht zum Reize,
nicht zur Lockung, nicht zur Freude, nicht zum Behagen, nicht
zum Anhalt.

»Bei den Asketen und Priestern, Aggivessano, die da sagen
und lehren ›Alles gefällt mir‹, wird ein verständiger Mann
also überlegen: ›Diese Lehre da, ‚Alles gefällt mir‘, wenn
ich diese beharrlich pflegte, mir aneignete, behauptete ‚Dies
nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘, so erführ’ ich doppelten
Widerspruch, von dem Asketen oder dem Priester, der da sagt
und lehrt ›Nichts gefällt mir‹, und von dem Asketen oder dem         499
Priester, der da sagt und lehrt ›Manches gefällt mir, manches
missfällt mir‹, von diesen beiden erführ’ ich Widerspruch,
und aus Widerspruch erfolgte Widerstreit, aus Widerstreit
Widerstand, aus Widerstand Widerwille‹; und weil er Widerspruch
und Widerstreit, Widerstand und Widerwillen in sich merkt,
lässt er eben diese Lehre und nimmt eine andere nicht an:
also werden diese Lehren verworfen, also werden diese Lehren
verleugnet. Bei den Asketen und Priestern, Aggivessano, die da
sagen und lehren ›Nichts gefällt mir‹, wird ein verständiger
Mann also überlegen: ›Diese Lehre da, ‚Nichts gefällt mir‘,
wenn ich diese beharrlich pflegte, mir aneignete, behauptete
‚Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘, so erführ’ ich
doppelten Widerspruch, von dem Asketen oder dem Priester, der
da sagt und lehrt ›Alles gefällt mir‹, und von dem Asketen
oder dem Priester, der da sagt und lehrt ›Manches gefällt
mir, manches missfällt mir‹, von diesen beiden erführ’ ich
Widerspruch, und aus Widerspruch erfolgte Widerstreit, aus
Widerstreit Widerstand, aus Widerstand Widerwille‹; und weil
er Widerspruch und Widerstreit, Widerstand und Widerwillen in
sich merkt, lässt er eben diese Lehre und nimmt eine andere
nicht an: also werden diese Lehren verworfen, also werden diese
Lehren verleugnet. Bei den Asketen und Priestern, Aggivessano,
die da sagen und lehren ›Manches gefällt mir, manches missfällt
mir‹, wird ein verständiger Mann also überlegen: ›Diese Lehre
da, ‚Manches gefällt mir, manches missfällt mir‘, wenn ich
diese beharrlich pflegte, mir aneignete, behauptete ‚Dies
nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘, so erführ’ ich doppelten
Widerspruch, von dem Asketen oder dem Priester, der da
sagt und lehrt ›Alles gefällt mir‹, und von dem Asketen
oder dem Priester, der da sagt und lehrt ›Nichts gefällt
mir‹, von diesen beiden erführ’ ich Widerspruch, und aus
Widerspruch erfolgte Widerstreit, aus Widerstreit Widerstand,
aus Widerstand Widerwille‹; und weil er Widerspruch und
Widerstreit, Widerstand und Widerwillen in sich merkt, lässt er
eben diese Lehre und nimmt eine andere nicht an: also werden
diese Lehren verworfen, also werden diese Lehren verleugnet.

»Hier aber ist nun, Aggivessano, der Körper, der geformt,            500
aus den vier Hauptstoffen entstanden, von Vater und Mutter
gezeugt, durch Speise und Trank entwickelt, dem Vergehn, dem
Untergang, der Aufreibung, Auflösung, der Zerstörung verfallen
ist, als wandelbar, wehe, siech, bresthaft, schmerzhaft,
übel, gebrechlich, ohnmächtig, hinfällig, eitel, als nichtig
zu betrachten.[74] Wer diesen Körper als wandelbar, wehe,
siech, bresthaft, schmerzhaft, übel, gebrechlich, ohnmächtig,
hinfällig, eitel, als nichtig betrachtet, dem vergeht was beim
Körper Körperlust, Körperliebe, Körperverlangen ist.

»Drei Arten von Gefühlen, Aggivessano, giebt es: das wohlige
Gefühl, das wehe Gefühl und das weder wohlig noch wehe Gefühl.
Zu einer Zeit, Aggivessano, wo man ein wohliges Gefühl
empfindet, zu dieser Zeit empfindet man kein wehes Gefühl
und empfindet kein weder wohlig noch wehes Gefühl, eben ein
wohliges Gefühl empfindet man zu dieser Zeit. Zu einer Zeit,
Aggivessano, wo man ein wehes Gefühl empfindet, zu dieser Zeit
empfindet man kein wohliges Gefühl und empfindet kein weder
wohlig noch wehes Gefühl, eben ein wehes Gefühl empfindet man
zu dieser Zeit. Zu einer Zeit, Aggivessano, wo man ein weder
wohlig noch wehes Gefühl empfindet, zu dieser Zeit empfindet
man kein wohliges Gefühl und empfindet kein wehes Gefühl, eben
ein weder wohlig noch wehes Gefühl empfindet man zu dieser
Zeit. Wohlige Gefühle sind aber, Aggivessano, wandelbar,
zusammengesetzt, bedingt entstanden, müssen versiegen und
versagen, müssen aufhören und untergehn. Und auch wehe
Gefühle sind, Aggivessano, wandelbar, zusammengesetzt, bedingt
entstanden, müssen versiegen und versagen, müssen aufhören
und untergehn. Und auch weder wohlig noch wehe Gefühle sind,
Aggivessano, wandelbar, zusammengesetzt, bedingt entstanden,
müssen versiegen und versagen, müssen aufhören und untergehn.
In solchem Anblick, Aggivessano, wird der erfahrene heilige
Jünger des wohligen Gefühles überdrüssig und wird des wehen
Gefühles überdrüssig und wird des weder wohlig noch wehen
Gefühles überdrüssig. Ueberdrüssig wendet er sich ab. Abgewandt
löst er sich los. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese
Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das
Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹
versteht er da.

»Ein also gemütherlöster Mönch, Aggivessano, spricht keinem zu,
spricht keinem ab, und was in der Welt geredet wird lässt er
unberührt.«

Um diese Zeit nun hatte der ehrwürdige Sāriputto hinter dem
Erhabenen gestanden und dem Erhabenen Kühlung gefächelt. Und         501
der ehrwürdige Sāriputto gedachte da: ›Diese und jene Dinge
soll man, sagt der Erhabene, durchschauen und lassen, diese und
jene Dinge soll man, sagt der Willkommene, durchschauen und
verleugnen!‹ Und als der ehrwürdige Sāriputto solches im Geiste
erwog, löste sich ihm das Herz vom Wahne haftlos ab.

Dīghanakho aber, dem Pilger, ging das abgeklärte, abgespülte
Auge der Wahrheit auf:

    ›Was irgend auch entstanden ist
    Muss alles wieder untergehn.‹

Und Dīghanakho der Pilger, der die Wahrheit gesehn, die
Wahrheit gefasst, die Wahrheit erkannt, die Wahrheit ergründet
hatte, zweifelentronnen, ohne Schwanken, in sich selber gewiss,
auf keinen anderen gestützt im Orden des Meisters, der wandte
sich nun an den Erhabenen also:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie
etwa, o Gotamo, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder
Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg zeigte, oder Licht
ins Dunkle hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso
auch hat Herr Gotamo die Lehre gar vielfach dargelegt. Und so
nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der
Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten,
von heute an zeitlebens getreu.«[75]



                              75.

              Achter Theil            Fünfte Rede

                           MĀGANDIYO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene
im Kurū-Lande, bei einer Stadt der Kurūner Namens
Kammāsadammam[76], am Opferherde eines Brāhmanen aus dem
Bhāradvājer-Geschlechte, auf einer Strohmatte. Und der
Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging
nach Kammāsadammam um Almosenspeise. Und als der Erhabene,
von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück,
nahm das Mahl ein und begab sich dann in ein nahe gelegenes
Waldgehölz, für den Tag. Im Inneren dieses Waldgehölzes setzte
sich der Erhabene am Fuß eines Baumes nieder, bis gegen
Sonnenuntergang da zu verweilen.

Da nun kam Māgandiyo, ein Pilger, auf einem Spaziergange             502
lustwandelnd, zum Opferherde des Bhāradvājer-Brāhmanen hin.
Und er sah dort die Strohmatte zurechtgelegt, und als er das
bemerkt hatte, sprach er also zum Bhāradvājer-Brāhmanen:

»Für wen ist wohl hier am Opferherde des Herrn Bhāradvājo die
Strohmatte zurechtgelegt? Sie sieht aus wie ein Asketensitz.«

»Es ist, o Māgandiyo, der Asket Gotamo, der Sakyersohn, der
dem Erbe der Sakyer entsagt hat! Diesen Herrn Gotamo aber
begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar:
›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der
Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner,
der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der
Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Für diesen
Herrn Gotamo ist der Sitz hier zurechtgemacht.«

»Schlechtes, wahrlich, o Bhāradvājo, haben wir gesehn, die wir
den Sitz jenes Herrn Gotamo, des Kernhauers, gesehn haben!«

»Lasse, Māgandiyo, solche Rede, lasse, Māgandiyo, solche Rede!
Gar viele gelehrte Fürsten und gelehrte Priester, gelehrte
Bürger und gelehrte Asketen sind von diesem Herrn Gotamo ganz
begeistert, heilig und ächt eingeweiht, in heilsames Recht.«

»Und wenn uns gleich, o Bhāradvājo, jener Herr Gotamo zu
Gesicht käme, so würden wir es ihm ins Gesicht sagen: ›Ein
Kernhauer ist der Asket Gotamo, sag’ ich: und warum sag’ ich
das? Weil er als solcher gegen unsere Satzungen vorgeht.‹«

»Wenn es Herrn Māgandiyo genehm ist, will ich das dem Asketen
Gotamo mittheilen.«

»Nicht wollt’ ich Herrn Bhāradvājo damit bemühen, doch mag er’s
sagen.«

Es vernahm aber der Erhabene mit dem himmlischen Gehör, dem
geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, dieses
Gespräch des Brāhmanen aus dem Bhāradvājer-Geschlechte mit
Māgandiyo dem Pilger.

Als nun der Erhabene gegen Abend die Gedenkensruhe beendet
hatte, kehrte er zum Opferherde des Bhāradvājer-Brāhmanen
zurück und nahm auf der bereitgelegten Strohmatte Platz.
Da kam denn der Bhāradvājer-Brāhmane zum Erhabenen heran,
wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit
dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Und als der
Bhāradvājer-Brāhmane zur Seite saß, wandte sich der Erhabene
also an ihn:

»Hast du wohl, Bhāradvājo, mit Māgandiyo dem Pilger über diese       503
Strohmatte hier irgend eine Unterhaltung gehabt?«

Auf diese Worte erwiderte Bhāradvājo der Brāhmane, schauernd
ergriffen, dem Erhabenen also:

»Das eben wollten wir jetzt Herrn Gotamo mittheilen: aber Herr
Gotamo hat mich ja nun verstummen machen!«

Und kaum hatte diese Unterredung des Erhabenen mit, dem
Bhāradvājer-Brāhmanen begonnen, da kam Māgandiyo der Pilger,
auf seinem Spaziergange lustwandelnd, zum Opferherde des
Bhāradvājer-Brāhmanen zurück; und er schritt zum Erhabenen hin,
wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte
mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Und als
Māgandiyo der Pilger zur Seite saß, wandte sich der Erhabene
also an ihn:

»Das Auge, Māgandiyo, fröhnt den Formen, freut sich der Formen,
ergetzt sich an Formen: das hat der Vollendete gebändigt,
gewartet, gezäumt und gezügelt; ihm Zügel anzulegen zeigt
er die Lehre. Hast du etwa, Māgandiyo, daran gedacht als du
sprachst: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo‹?«

»Daran eben, freilich, o Gotamo, hab’ ich gedacht als ich
sprach: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo, sag’ ich: und
warum sag’ ich das? Weil er als solcher gegen unsere Satzungen
vorgeht.‹«

»Das Ohr, Māgandiyo, fröhnt den Tönen, die Nase, Māgandiyo,
fröhnt den Düften, die Zunge, Māgandiyo, fröhnt den Säften, der
Leib, Māgandiyo, fröhnt den Tastungen, der Geist, Māgandiyo,
fröhnt den Gedanken, freut sich der Gedanken, ergetzt sich an
Gedanken: den hat der Vollendete gebändigt, gewartet, gezäumt
und gezügelt; ihm Zügel anzulegen zeigt er die Lehre. Hast du
etwa, Māgandiyo, daran gedacht als du sprachst: ›Ein Kernhauer
ist der Asket Gotamo‹?«

»Daran eben, freilich, o Gotamo, hab’ ich gedacht als ich
sprach: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo, sag’ ich: und
warum sag’ ich das? Weil er als solcher gegen unsere Satzungen
vorgeht.‹«

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: es sei da erst einer mit             504
den durch das Auge ins Bewusstsein tretenden Formen bedient,
mit den ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; der habe dann später
eben der Formen Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und
Ueberwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die Lust an den
Formen verworfen, das Fieber an den Formen verleugnet, habe den
Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt:
was möchtest du nun, Māgandiyo, gegen einen solchen einwenden?«

»Nichts weiter, o Gotamo!«

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: es sei da erst einer mit
den durch das Ohr ins Bewusstsein tretenden Tönen, mit den
durch die Nase ins Bewusstsein tretenden Düften, mit den
durch die Zunge ins Bewusstsein tretenden Säften, mit den
durch den Leib ins Bewusstsein tretenden Tastungen bedient,
mit den ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; der habe dann später eben
der Tastungen Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und
Ueberwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die Lust an den
Tastungen verworfen, das Fieber an den Tastungen verleugnet,
habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes
erlangt: was möchtest du nun, Māgandiyo, gegen einen solchen
einwenden?«

»Nichts weiter, o Gotamo!«

»Ich habe früher, Māgandiyo, auch im Hause gelebt und war
mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt: der
durch das Auge ins Bewusstsein tretenden Formen, der durch
das Ohr ins Bewusstsein tretenden Töne, der durch die Nase
ins Bewusstsein tretenden Düfte, der durch die Zunge ins
Bewusstsein tretenden Säfte, der durch den Leib ins Bewusstsein
tretenden Tastungen, der ersehnten, geliebten, entzückenden,
angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden. Und ich
besaß, Māgandiyo, drei Paläste, einen für den Herbst, einen
für den Winter, einen für den Sommer.[77] Und ich brachte,
Māgandiyo, die vier herbstlichen Monate im Herbstpalaste zu,
von unsichtbarer Musik bedient, und stieg nicht vom Söller
herab. Später hab’ ich dann eben des Begehrens Entstehn und
Vergehn, Labsal und Elend und Ueberwindung der Wahrheit gemäß
verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende
Fieber verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des
eigenen Gemüthes erlangt. Und ich sah wie die anderen Wesen,
dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt,
von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden fröhnen; und
ich konnte sie nicht beneiden, keine Freude daran finden: und
warum nicht? Weil ja, Māgandiyo, meine Freude, gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen, bis an himmlisches Wohl
heranreichte: solcher Freude genießend mocht’ ich Gemeines           505
entbehren, keine Freude daran finden.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Hausvater wäre, oder
der Sohn eines Hausvaters, reich, mit Geld und Gut mächtig
begabt, im Besitz und Genuss der fünf Begehrungen. Der sei in
Werken, Worten und Gedanken auf dem rechten Wege gewandelt
und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute
Fährte, in himmlische Welt gelangt, zu den Dreiunddreißig
Göttern empor. Und er lebte dort im Wonnigen Walde, im Reigen
von Huldinen, im Besitz und Genuss der himmlischen fünf
Begehrungen. Und er nähme einen Hausvater wahr, oder den Sohn
eines Hausvaters, der die fünf Begehrungen besitzt und genießt.
Was meinst du wohl, Māgandiyo: würde da etwa dieser Göttersohn,
der im Wonnigen Walde im Reigen von Huldinen die himmlischen
fünf Begehrungen besitzt und genießt, jenen Hausvater, oder
Sohn eines Hausvaters, beneiden und die menschlichen fünf
Begehrungen vermissen, sich menschlichen Begierden zuwenden?«

»Gewiss nicht, o Gotamo!«

»Und warum nicht?«

»Menschlichen Begierden, o Gotamo, sind himmlische Begierden
voranzusetzen und vorzuziehn.«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, hab’ ich früher im Hause gelebt
und war mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen
begabt. Später hab’ ich dann eben des Begehrens Entstehn und
Vergehn, Labsal und Elend und Ueberwindung der Wahrheit gemäß
verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende
Fieber verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des
eigenen Gemüthes erlangt. Und ich sah wie die anderen Wesen,
dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt,
von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden fröhnen; und         506
ich konnte sie nicht beneiden, keine Freude daran finden: und
warum nicht? Weil ja, Māgandiyo, meine Freude, gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen, bis an himmlisches Wohl
heranreichte: solcher Freude genießend mocht’ ich Gemeines
entbehren, keine Freude daran finden.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn ein Aussätziger, dessen
Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern
zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, Fetzen davon
herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den Leib
ausdörren ließe. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und
Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser
heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, und er gebrauchte
dieses Heilmittel und würde vom Aussatz befreit und wäre
genesen, fühlte sich wohl, unabhängig, selbständig, könnte gehn
wohin er wollte. Und er erblickte einen anderen Aussätzigen,
dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von
Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, wie
er Fetzen davon herabreißend an einer Grube voll glühender
Kohlen den Leib ausdörren lässt. Was meinst du wohl, Māgandiyo:
würde da etwa dieser Mann jenen Aussätzigen beneiden und
die glühende Kohlengrube und den Gebrauch des Heilmittels
vermissen?«

»O nein, o Gotamo!«

»Und warum nicht?«

»Ist man krank, o Gotamo, so braucht man ein Heilmittel: ist
man nicht krank, braucht man es nicht.«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, hab’ ich früher im Hause gelebt
und war mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen
begabt. Später hab’ ich dann eben des Begehrens Entstehn und
Vergehn, Labsal und Elend und Ueberwindung der Wahrheit gemäß
verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende
Fieber verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des
eigenen Gemüthes erlangt. Und ich sah wie die anderen Wesen,
dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt,
von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden fröhnen; und
ich konnte sie nicht beneiden, keine Freude daran finden: und
warum nicht? Weil ja, Māgandiyo, meine Freude, gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen, bis an himmlisches Wohl
heranreichte: solcher Freude genießend mocht’ ich Gemeines
entbehren, keine Freude daran finden.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn ein Aussätziger, dessen             507
Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern
zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, Fetzen davon
herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den Leib
ausdörren ließe. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und
Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser
heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, und er gebrauchte
dieses Heilmittel und würde vom Aussatz befreit und wäre
genesen, fühlte sich wohl, unabhängig, selbständig, könnte gehn
wohin er wollte. Und zwei kräftige Männer ergriffen ihn unter
den Armen und schleppten ihn zu der glühenden Kohlengrube hin.
Was meinst du wohl, Māgandiyo: würde da nun dieser Mann auf
jede nur mögliche Weise den Leib zurückziehn?«

»Gewiss, o Gotamo!«

»Und warum das?«

»Jenes Feuer, o Gotamo, ist ja gar schmerzlich zu ertragen und
furchtbar versengend und furchtbar versehrend.«

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: ist etwa jetzt erst das Feuer
schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar
versehrend, oder war es schon früher schmerzlich zu ertragen
und furchtbar versengend und furchtbar versehrend?«

»Jetzt eben, o Gotamo, ist das Feuer schmerzlich zu ertragen
und furchtbar versengend und furchtbar versehrend, und auch
früher war das Feuer schmerzlich zu ertragen und furchtbar
versengend und furchtbar versehrend. Jener Aussätzige,
freilich, o Gotamo, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt,
faulig geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln
wund aufgekratzt waren: Fetzen davon herabreißend war er
sinnesverwirrt geworden, und indem er das Feuer nur schmerzlich
ertrug wähnte er ›Das thut wohl‹.«

»Ebenso nun aber, Māgandiyo, waren auch die Begierden der
Vergangenheit gar schmerzlich zu ertragen und furchtbar
versengend und furchtbar versehrend, und werden auch die
Begierden der Zukunft gar schmerzlich zu ertragen sein und
furchtbar versengend und furchtbar versehrend, und sind auch
heute die Begierden der Gegenwart gar schmerzlich zu ertragen
und furchtbar versengend und furchtbar versehrend. Doch diese
Wesen, Māgandiyo, dem Begehren hingegeben, von begehrendem
Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, sind
sinnesverwirrt geworden, und indem sie die Begierden nur
schmerzlich ertragen wähnen sie ›Das thut wohl‹.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn ein Aussätziger, dessen
Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern
zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, Fetzen
davon herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den
Leib ausdörren lässt; je mehr und mehr nun, Māgandiyo, jener
Aussätzige den Leib da ausdörren lässt, desto mehr und mehr
füllen sich ihm seine offenen Wunden eben nur weiter mit
Schmutz, Gestank und Eiter an, und doch empfindet er ein             508
gewisses Behagen, einen gewissen Genuss indem er die offenen
Wunden abreibt: ebenso nun auch, Māgandiyo, fröhnen die Wesen,
dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von
begehrendem Fieber entzündet, den Begierden; und je mehr und
mehr nun, Māgandiyo, die Wesen, dem Begehren hingegeben, von
begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet,
den Begierden fröhnen, desto mehr und mehr nur wächst in
ihnen die begehrende Lust, werden sie vom begehrenden Fieber
entzündet, und doch empfinden sie ein gewisses Behagen, einen
gewissen Genuss indem sie den fünf Begehrungen nachgehn.

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: hast du etwa einen König oder
einen Fürsten gesehn oder von einem solchen gehört, der, mit
dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt, ohne die
begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet zu
haben, den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes
gefunden hat, oder findet, oder finden wird?«

»Das wohl nicht, o Gotamo!«

»Gut, Māgandiyo: auch ich hab’ es, Māgandiyo, weder gesehn
noch gehört, dass ein König oder ein Fürst, mit dem Besitz und
Genuss der fünf Begehrungen begabt, ohne die begehrende Lust
verworfen, das begehrende Fieber verleugnet zu haben, den Durst
bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes gefunden hat,
oder findet, oder finden wird. Aber wer immer auch, Māgandiyo,
von den Asketen oder den Priestern den Durst bezwungen und die
Ebbung des eigenen Gemüthes gefunden hat, oder findet, oder
finden wird, ein jeder hat eben des Begehrens Entstehn und
Vergehn, Labsal und Elend und Ueberwindung der Wahrheit gemäß
verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende
Fieber verleugnet, also den Durst bezwungen und die Ebbung
des eigenen Gemüthes gefunden, oder findet sie, oder wird sie
finden.«

Und der Erhabene ließ bei dieser Gelegenheit folgenden
Ausspruch vernehmen:

    »Gesundheit ist das höchste Gut,
    Die Wahnerlöschung höchstes Heil,
    Der achtmal ächte bester Pfad
    Um ewig sicher auszugehn.«

Auf diese Worte sprach Māgandiyo der Pilger zum Erhabenen also:

»Wunderbar, o Gotamo, außerordentlich ist es, o Gotamo, wie da
Herr Gotamo so richtig gesagt hat:

    ›Gesundheit ist das höchste Gut,                                 509
    Die Wahnerlöschung höchstes Heil.‹

Auch ich hab’ es, o Gotamo, gehört, das Wort der früheren
Pilger und ihrer Meister und Altmeister:

    ›Gesundheit ist das höchste Gut,
    Die Wahnerlöschung höchstes Heil.‹

Mit ihnen, o Gotamo, stimmt es überein!«

»Was du aber da, Māgandiyo, gehört hast, das Wort der früheren
Pilger und ihrer Meister und Altmeister:

    ›Gesundheit ist das höchste Gut,
    Die Wahnerlöschung höchstes Heil‹,

was bedeutet da Gesundheit, was bedeutet da Wahnerlöschung?«

Also gefragt fuhr sich Māgandiyo der Pilger mit der Hand eben
über Augen und Stirne:

»Das, was, o Gotamo, Gesundheit bedeutet, das bedeutet da
Wahnerlöschung; so bin ich jetzt, o Gotamo, gesund, fühle mich
wohl. Nichts gebricht mir.«

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Blindgeborener wäre:
der sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine
blauen und keine gelben, keine rothen und keine grünen, er
sähe nicht was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne
und nicht Mond und nicht Sonne. Und er hörte das Wort eines
Sehenden: ›Schicklich, fürwahr, lieber Mann, ist ein weißes
Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Und er suchte sich
ein solches zu verschaffen. Und es täuschte ihn ein anderer
Mann mit einem ölrußgeschwärzten Schinderhemde[78]: ›Da hast
du, lieber Mann, ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken
und sauber.‹ Und er nähm’ es entgegen und bekleidete sich
damit, und damit bekleidet ließ’ er zufrieden fröhliche Rede
ergehn: ›Schicklich, fürwahr, ist das weiße Kleid, gar fein,
ohne Flecken und sauber.‹ Was meinst du wohl, Māgandiyo:
hätte nun etwa dieser Blindgeborene wissend und sehend jenes
ölrußgeschwärzte Schinderhemd entgegengenommen, angelegt und
zufrieden seine fröhliche Rede ergehn lassen, oder weil er dem
Sehenden glaubte?«

»Ohne es zu wissen, freilich, o Gotamo, ohne es zu sehn
hätte der Blindgeborene jenes ölrußgeschwärzte Schinderhemd
entgegengenommen, angelegt und zufrieden seine fröhliche Rede
ergehn lassen, weil er dem Sehenden glaubte.«                        510

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, sind die anderen Asketen und
Pilger blind und augenlos, wissen nichts von Gesundheit, sehn
nichts von Wahnerlöschung, und doch sagen sie den Spruch:

    ›Gesundheit ist das höchste Gut,
    Die Wahnerlöschung höchstes Heil.‹

Die ehedem dagewesen, Māgandiyo, die Heiligen, vollkommen
Auferwachten haben den Spruch gesagt:

    ›Gesundheit ist das höchste Gut,
    Die Wahnerlöschung höchstes Heil,
    Der achtmal ächte bester Pfad
    Um ewig sicher auszugehn.‹

Das ist jetzt allmälig im Volke Sprichwort geworden.[79]
Aber dieser Leib da, Māgandiyo, ist ein sieches Ding, ein
bresthaftes Ding, ein schmerzhaftes Ding, ein übles Ding, ein
gebrechliches Ding; und von diesem Leibe, der ein sieches Ding,
ein bresthaftes Ding, ein schmerzhaftes Ding, ein übles Ding,
ein gebrechliches Ding ist, sagst du: ›Das, was, o Gotamo,
Gesundheit bedeutet, das bedeutet da Wahnerlöschung.‹ Dir fehlt
eben, Māgandiyo, das heilige Auge: mit diesem begabt wüsstest
du was Gesundheit ist, sähest die Wahnerlöschung.«

»So viel trau’ ich Herrn Gotamo zu und glaube, Herr Gotamo kann
mir die Lehre derart zeigen, dass ich die Gesundheit gewahren,
die Wahnerlöschung sehn mag!«

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Blindgeborener wäre:
der sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine
blauen und keine gelben, keine rothen und keine grünen, er
sähe nicht was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne
und nicht Mond und nicht Sonne. Und seine Freunde und Genossen,
Verwandte und Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt,
und dieser heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, und er
gebrauchte dieses Heilmittel und könnte die Augen nicht lösen,
könnte die Augen nicht läutern. Was meinst du wohl, Māgandiyo:
würde sich da nicht jener Künstler ganz vergeblich geplagt und
abgemüht haben?«

»Allerdings, o Gotamo!«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, mag ich dir wohl die Lehre
darlegen, was da Gesundheit, was da Wahnerlöschung ist, und du
möchtest die Gesundheit nicht wahrnehmen, die Wahnerlöschung
nicht sehn: und es wäre mir Plage gewiss und Anstoß.«

»So viel trau’ ich Herrn Gotamo zu und glaube, Herr Gotamo kann      511
mir die Lehre derart zeigen, dass ich die Gesundheit gewahren,
die Wahnerlöschung sehn mag!«

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Blindgeborener wäre:
der sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine
blauen und keine gelben, keine rothen und keine grünen, er
sähe nicht was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne
und nicht Mond und nicht Sonne. Und er hörte das Wort eines
Sehenden: ›Schicklich, fürwahr, lieber Mann, ist ein weißes
Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Und er suchte sich
ein solches zu verschaffen. Und es täuschte ihn ein anderer
Mann mit einem ölrußgeschwärzten Schinderhemde: ›Da hast
du, lieber Mann, ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken
und sauber.‹ Und er nähm’ es entgegen und bekleidete sich
damit. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern
bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser heilkundige
Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, ließ’ ihn nach oben und nach
unten sich ausleeren, Salbe, Balsam und Nießpulver gebrauchen.
Und er unterzöge sich dieser Behandlung, und die Augen lösten
sich ihm, läuterten sich: und wie er zu sehn begänne verginge
ihm die Lust und Freude an dem ölrußgeschwärzten Schinderhemde;
und er hielte jenen Mann für seinen Feind, hielt’ ihn für
seinen Widersacher und dächte wohl gar daran, daß er ihm nach
dem Leben trachtete: ›Lange Zeit hindurch, wahrlich, bin ich
von jenem Manne betrogen, getäuscht, hintergangen worden mit
dem ölrußgeschwärzten Schinderhemde: ‚Da hast du, lieber Mann,
ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber‘‹: Ebenso
nun auch, Māgandiyo, mag ich dir wohl die Lehre darlegen,
was da Gesundheit, was Wahnerlöschung ist, und du möchtest
die Gesundheit wahrnehmen, die Wahnerlöschung sehn: und es
würde dir wie du zu sehn begännest die Lust und Freude an den
fünf Stücken des Anhangens vergehn und du würdest denken:
›Lange Zeit hindurch, wahrlich, bin ich von diesem Herzen
betrogen, getäuscht, hintergangen worden! Denn ich war der
Form eben anhänglich angehangen, dem Gefühl eben anhänglich
angehangen, der Wahrnehmung eben anhänglich angehangen, den
Unterscheidungen eben anhänglich angehangen, dem Bewusstsein
eben anhänglich angehangen. So entsteht mir aus Anhangen
Werden, aus Werden Geburt, aus Geburt Altern und Sterben, Wehe,
Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung: also kommt dieses
gesammten Leidensstückes Entwicklung zustande.‹«                     512

»So viel trau’ ich Herrn Gotamo zu und glaube, Herr Gotamo
kann mir die Lehre derart zeigen, dass ich von diesem Sitze
entblindet aufstehe!«

»Wohlan denn, Māgandiyo, sei du den Guten gesellt; und wirst
du, Māgandiyo, den Guten gesellt sein, so wirst du, Māgandiyo,
gute Lehre hören; und wirst du, Māgandiyo, gute Lehre hören,
so wirst du, Māgandiyo, der Lehre gemäß leben; und wirst du,
Māgandiyo, der Lehre gemäß leben, so wirst du, Māgandiyo, eben
selbst erkennen, selbst sehn: ›Das ist das Sieche, Bresthafte,
Schmerzhafte, da wird das Sieche, Bresthafte, Schmerzhafte
ohne Ueberrest aufgelöst. So löst sich mir durch Auflösung
des Anhangens Werden auf, durch Auflösung des Werdens Geburt,
durch Auflösung der Geburt Altern und Sterben, Wehe, Jammer,
Leiden, Gram und Verzweiflung: also kommt dieses gesammten
Leidensstückes Auflösung zustande.‹«

Nach diesen Worten wandte sich Māgandiyo der Pilger also an den
Erhabenen:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie
etwa, o Gotamo, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder
Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg zeigte, oder Licht
in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge
sehn‹: ebenso auch hat Herr Gotamo die Lehre gar manigfach
dargelegt. Und so nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der
Lehre und bei der Jüngerschaft: möge mir Herr Gotamo Aufnahme
gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

»Wer da, Māgandiyo, erst einem anderen Orden angehörte und in
diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten
will, der bleibt vier Monate bei uns; und nach Verlauf von
vier Monaten wird er, wenn er also verblieben ist, von innig
erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht in das Mönchthum:
denn ich habe hier manche Veränderlichkeit erfahren.«

»Wenn, o Herr, die früheren Anhänger anderer Orden, welche in
diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten
wollen, vier Monate bleiben, und nach Verlauf von vier Monaten,
wenn sie also verblieben sind, von innig erfahrenen Mönchen
aufgenommen und eingeweiht werden in das Mönchthum, so will ich
vier Jahre bleiben: und nach Verlauf von vier Jahren sollen
mich, wenn ich also verblieben bin, innig erfahrene Mönche
aufnehmen und einweihen in das Mönchthum.«

       *       *       *       *       *

Es wurde Māgandiyo der Pilger vom Erhabenen aufgenommen, wurde       513
mit der Ordensweihe belehnt.

       *       *       *       *       *

Nicht lange aber war der ehrwürdige Māgandiyo in den Orden
aufgenommen, da hatte er, einsam, abgesondert, unermüdlich,
in heißem, innigem Ernste gar bald was edle Söhne gänzlich
vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel
des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht,
verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet
das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹
verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Māgandiyo der
Heiligen geworden.



                              76.

             Achter Theil            Sechste Rede

                            SANDAKO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Kosambī[80], im Stiftungsgarten.

Zu dieser Zeit nun hielt sich der Pilger Sandako in der Großen
Feigenbaumgrotte auf, in Gesellschaft vieler Pilger, von
fünfhundert Pilgern umgeben.

Als nun der ehrwürdige Ānando gegen Abend die Gedenkensruhe
beendet hatte, wandte er sich an die Mönche und sprach:

»Kommt, ihr Brüder, wir wollen nach der Götterkluft[81] gehn
und uns die Grotte betrachten.«

»Gern, Bruder!« erwiderten da jene Mönche, dem ehrwürdigen
Ānando zustimmend.

Und der ehrwürdige Ānando begab sich nun, von vielen Mönchen
begleitet, nach der Götterkluft.

Um diese Zeit aber war Sandako der Pilger, im weiten Kreise der
Pilgerschaar sitzend, in lebhaftem Gespräche begriffen; und
sie machten lauten Lärm, großen Lärm, und unterhielten sich
über allerhand gemeine Dinge, als wie über Könige, über Räuber,
über Fürsten und Soldaten, über Krieg und Kampf, über Speise
und Trank, über Kleidung und Bett, über Blumen und Düfte, über
Verwandte, über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen, über
Städte und Länder, über Weiber und Weine, über Straßen und
Märkte, über die Altvorderen und über die Veränderungen, über
Volksgeschichten und Seegeschichten, über dies und das und
dergleichen mehr.

Und Sandako der Pilger sah den ehrwürdigen Ānando von ferne          514
herankommen, und als er ihn gesehn mahnte er die Umsitzenden
zur Ruhe:

»Seid nicht so laut, ihr Lieben, macht keinen Lärm, ihr Lieben:
da kommt ein Jünger des Asketen Gotamo heran, der Asket Ānando!
Von jenen Jüngern des Asketen Gotamo, die sich da in Kosambī
aufhalten, ist dieser auch einer, der Asket Ānando. Und sie
lieben nicht lauten Lärm, diese Ehrwürdigen, Ruhe ist ihnen
recht, Ruhe preisen sie; vielleicht mag ihn der Anblick einer
lautlosen Versammlung bewegen seine Schritte hierher zu lenken.«

Und so schwiegen denn diese Pilger still. Und der ehrwürdige
Ānando kam näher zu Sandako dem Pilger heran. Und Sandako der
Pilger sprach also zum ehrwürdigen Ānando:

»Es komme Herr Ānando, gegrüßt sei Herr Ānando! Lange schon hat
Herr Ānando hoffen lassen, mich einmal hier zu besuchen. Möge
sich Herr Ānando setzen: dieser Sitz ist bereit.«

Es setzte sich der ehrwürdige Ānando auf den angebotenen Sitz.
Sandako aber, der Pilger, nahm einen von den niederen Stühlen
zur Hand und setzte sich an die Seite. Und an Sandako den
Pilger, der da beiseite saß, wandte sich nun der ehrwürdige
Ānando also:

»Zu welchem Gespräche, Sandako, seid ihr jetzt hier
zusammengekommen, und wobei habt ihr euch eben unterbrochen?«

»Sei es, o Ānando, um jenes Gespräch, warum wir hier
zusammenkommen: es wird Herrn Ānando schwerlich etwas entgehn,
auch wenn er es später vernimmt. Gut wär’ es, fürwahr, wenn es
eben Herrn Ānando gefiele ein Gespräch über die Lehre seines
Meisters zu halten!«

»Wohlan denn, Sandako, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, Herr!« erwiderte da aufmerksam Sandako der Pilger dem
ehrwürdigen Ānando. Der ehrwürdige Ānando sprach also:

»Es sind hier, Sandako, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem
Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, vier Arten unächter
Asketenschaft gekennzeichnet, und vier Arten unerquicklicher
Askese gezeigt worden, wo ein verständiger Mann sicherlich
keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes,
heilsames Recht erwirken kann.«

»Welche vier Arten, o Ānando, mögen es wohl sein, die von Ihm,
dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen
Erwachten, als unächte Asketenschaft gekennzeichnet worden
sind, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben
wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken       515
kann?«

»Da behauptet, Sandako, ein Meister diese Meinung, diese
Ansicht: ›Almosengeben, Verzichtleisten, Spenden -- es ist
alles eitel; es giebt keine Saat und Ernte guter und böser
Werke; Diesseits und Jenseits sind leere Worte; Vater und
Mutter und auch geistige Geburt sind hohle Namen; die Welt
hat keine Asketen und Priester, die vollkommen und vollendet
sind, die sich den Sinn dieser und jener Welt begreiflich
machen, anschaulich vorstellen und erklären können. Aus den
vier Hauptstoffen hier ist der Mensch entstanden; wann er
stirbt geht das Erdige in die Erde ein, in die Erde über, geht
das Flüssige in das Wasser ein, in das Wasser über, geht das
Feurige in das Feuer ein, in das Feuer über, geht das Luftige
in die Luft ein, in die Luft über, in den Raum hinaus wandern
die Sinne. Mit der Bahre zufünft schreiten die Leute mit dem
Todten hinweg. Bis zur Verbrennung werden Sprüche gesungen.
Dann bleichen die Knochen. Opfer werden entflammt, Geschenke
ausgetheilt als Almosen. Unsinn, Lüge, Gefasel bringen sie
vor, die da behaupten, es gebe etwas. Seien es Thoren, seien
es Weise: bei der Auflösung des Körpers zerfallen sie, gehn
zugrunde, sind nicht mehr nach dem Tode.‹[82]

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser
liebe Meister behauptet eine solche Meinung, eine solche
Ansicht. Wenn es wahr ist, was er sagt, so hab’ ich hier ohne
zu wirken gewirkt, habe hier ohne zu vollbringen vollbracht.
Beide sind wir also hier ohne Unterschied einsgeworden; obzwar
ich nicht behaupte, dass wir, bei der Auflösung des Körpers,
zerfallen, zugrunde gehn, nicht mehr sein werden nach dem
Tode. Ein Uebermaaß ist es daher von diesem lieben Meister,
nackt zu gehn, den Scheitel zu scheeren, auf den Fersen zu
sitzen, Haar und Bart auszuraufen, wenn ich, der in einem
Hause voller Kinder lebt, der Seide und Sandel gebraucht,
Schmuck und duftende Salben verwendet, der an Gold und Silber
Gefallen hat, künftighin ganz das selbe Loos wie dieser liebe
Meister erfahren werde. Was lehrt er mir, was zeigt er mir,
dass ich bei diesem Meister ein Asketenleben führen sollte?‹
Und er merkt: ›Es ist unächte Asketenschaft‹, und wendet sich
unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner,
dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als erste
Art unächter Asketenschaft gekennzeichnet worden, wo ein
verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie
aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.                  516

»Und wieder, Sandako, behauptet da ein Meister diese Meinung,
diese Ansicht: ›Was einer begeht und begehn lässt: wer zerstört
und zerstören lässt, wer quält und quälen lässt, wer Kummer und
Plage schafft, wer schlägt und schlagen heißt, wer Lebendiges
umbringt, Nichtgegebenes nimmt, in Häuser einbricht, fremdes
Gut raubt, wer stiehlt, betrügt, Ehefrauen verführt[83], Lügen
spricht: was einer begeht, er begeht keine Schuld. Und wer da
gleich mit einer scharfgeschliffenen Schlachtscheibe alles
Lebendige auf dieser Erde zu einer einzigen Masse Mus, zu einer
einzigen Masse Brei machte, so hat er darum keine Schuld,
begeht kein Unrecht. Und wer auch am südlichen Ufer des Ganges
verheerend und mordend dahinzöge, zerstörte und zerstören
ließe, quälte und quälen ließe, so hat er darum keine Schuld,
begeht kein Unrecht: und wer auch am nördlichen Ufer des Ganges
spendend und schenkend dahinzöge, Almosen gäbe und geben ließe,
so hat er darum kein Verdienst, begeht nichts Gutes. Durch
Milde, Sanftmuth, Selbstverzicht, Wahrhaftigkeit erwirbt man
kein Verdienst, begeht nichts Gutes.‹[84]

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser
liebe Meister behauptet eine solche Meinung, eine solche
Ansicht. Wenn es wahr ist, was er sagt, so hab’ ich hier ohne
zu wirken gewirkt, habe hier ohne zu vollbringen vollbracht.
Beide sind wir also hier ohne Unterschied einsgeworden; obzwar
ich nicht behaupte, dass wir durch unsere Thaten keine Schuld
begehn. Ein Uebermaaß ist es daher von diesem lieben Meister,
nackt zu gehn, den Scheitel zu scheeren, auf den Fersen zu
sitzen, Haar und Bart auszuraufen, wenn ich, der in einem
Hause voller Kinder lebt, der Seide und Sandel gebraucht,
Schmuck und duftende Salben verwendet, der an Gold und Silber
Gefallen hat, künftighin ganz das selbe Loos wie dieser liebe
Meister erfahren werde. Was lehrt er mir, was zeigt er mir,
dass ich bei diesem Meister ein Asketenleben führen sollte?‹
Und er merkt: ›Es ist unächte Asketenschaft‹, und wendet sich
unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner,
dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als zweite
Art unächter Asketenschaft gekennzeichnet worden, wo ein
verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie
aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, behauptet da ein Meister diese Meinung,
diese Ansicht: ›Es giebt keinen Anlass, es giebt keinen Grund
der Verderbniss der Wesen; ohne Anlass, ohne Grund werden
die Wesen verderbt. Es giebt keinen Anlass, es giebt keinen
Grund der Läuterung der Wesen; ohne Anlass, ohne Grund werden
die Wesen lauter. Es giebt keine Macht und keine Kraft, es
giebt keine Mannesgewalt und keine Mannestapferkeit. Alle            517
Wesen, alle Lebendigen, alle Gewordenen, alle Geborenen sind
willenlos, machtlos, kraftlos. Nothwendig kommen sie zustande
und entwickeln sich zur Reife und empfinden je nach den sechs
Arten von Dasein Wohl und Wehe.‹[85]

Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser
liebe Meister behauptet eine solche Meinung, eine solche
Ansicht. Wenn es wahr ist, was er sagt, so hab’ ich hier ohne
zu wirken gewirkt, habe hier ohne zu vollbringen vollbracht.
Beide sind wir also hier ohne Unterschied einsgeworden; obzwar
ich nicht behaupte, dass wir ohne Anlass, ohne Grund lauter
werden. Ein Uebermaaß ist es daher von diesem lieben Meister,
nackt zu gehn, den Scheitel zu scheeren, auf den Fersen zu
sitzen, Haar und Bart auszuraufen, wenn ich, der in einem
Hause voller Kinder lebt, der Seide und Sandel gebraucht,
Schmuck und duftende Salben verwendet, der an Gold und Silber
Gefallen hat, künftighin ganz das selbe Loos wie dieser liebe
Meister erfahren werde. Was lehrt er mir, was zeigt er mir,
dass ich bei diesem Meister ein Asketenleben führen sollte?‹
Und er merkt: ›Es ist unächte Asketenschaft‹, und wendet sich
unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner,
dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als dritte
Art unächter Asketenschaft gekennzeichnet worden, wo ein
verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie
aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, behauptet da ein Meister diese Meinung,
diese Ansicht: ›Sieben Elemente giebt es, Urstoffe,
urstoffartig, ungebildet, ungeformt, starr, giebelständig,
grundfest gegründet.[86] Sie regen sich nicht, verändern sich
nicht, wirken nicht auf einander ein, können sich gegenseitig
nicht wohlthun, nicht wehthun, nicht wohl- und wehthun.
Welche sieben sind es? Erde, Wasser, Feuer, Luft, Wohl, Wehe
und siebentens Leben. Diese sieben Elemente sind Urstoffe,
urstoffartig, ungebildet, ungeformt, starr, giebelständig,
grundfest gegründet. Sie regen sich nicht, verändern sich
nicht, wirken nicht auf einander ein, können sich gegenseitig
nicht wohlthun, nicht wehthun, nicht wohl- und wehthun. Da
giebt es keinen der mordet oder tödten lässt, keinen der hört
oder hören lässt, keinen der weiß oder wissen lässt.[87]
Wenn auch einer mit scharfem Schwerdte das Haupt abschlägt,
so raubt keiner irgend wem das Leben: nur eben zwischen dem
Abstande der sieben Elemente fährt das Schwerdt hindurch. Und
es giebt vierzehnmal hunderttausend und sechzigmal hundert und
sechsmal hundert besondere Schooße der Entstehung; und der
Thaten giebt es fünfmal hundert, und fünf Thaten, und drei
Thaten, und eine That, und halbe That; und zweiundsechzig
Pfade giebt es, und zweiundsechzig Zwischenalter der Welt;
und sechs Arten von Dasein; und es giebt acht Stätten für
Menschen, und fünfzig weniger einmal hundert Lebensweisen,
und fünfzig weniger einmal hundert Pilgerorden, und fünfzig
weniger einmal hundert Schlangenreiche; und zwanzigmal hundert       518
Sinneskräfte, und dreißigmal hundert Höllenwege giebt es; und
sechsunddreißig Leidenschaften, und sieben bewusste Gebiete,
sieben unbewusste Gebiete, sieben entbundene Gebiete; sieben
der Götter, sieben der Menschen, sieben der Gespenster; sieben
Seen, sieben Strudel; sieben Felsen, sieben Abgründe; sieben
Träume, siebenmal hundert Träume giebt es. Vierundachtzigmal
hunderttausend der großen Weltalter müssen die Thoren wie die
Weisen durchwandern, durchwandeln, bis sie dem Leiden ein Ende
machen werden. Da geht es nicht an: ›Durch solche Uebungen oder
Gelübde, Kasteiung oder Entsagung will ich das noch nicht reif
gewordene Werk zur Reife bringen, oder das reif gewordene Werk
nach und nach zunichte machen‹: das geht eben nicht. Nach dem
Maaße bemessen ist Wohl und Wehe. Die Wandelwelt hat bestimmte
Gränzen; und man kann sie nicht mehren und nicht mindern, nicht
schwellen und nicht schwinden lassen. Gleichwie sich etwa ein
Fadenknäul unten, den man aufwinden muss, nicht heranziehn
lässt, ebenso auch müssen die Thoren wie die Weisen die Welt
durchwandern und durchwandeln, bis sie dem Leiden ein Ende
machen werden.‹[88]

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser
liebe Meister behauptet eine solche Meinung, eine solche
Ansicht. Wenn es wahr ist, was er sagt, so hab’ ich hier ohne
zu wirken gewirkt, habe hier ohne zu vollbringen vollbracht.
Beide sind wir also hier ohne Unterschied einsgeworden;
obzwar ich nicht behaupte, dass wir die Welt durchwandern
und durchwandeln müssen, bis wir dem Leiden ein Ende machen
werden. Ein Uebermaaß ist es daher von diesem lieben Meister,
nackt zu gehn, den Scheitel zu scheeren, auf den Fersen zu
sitzen, Haar und Bart auszuraufen, wenn ich, der in einem
Hause voller Kinder lebt, der Seide und Sandel gebraucht,
Schmuck und duftende Salben verwendet, der an Gold und Silber
Gefallen hat, künftighin ganz das selbe Loos wie dieser liebe
Meister erfahren werde. Was lehrt er mir, was zeigt er mir,
dass ich bei diesem Meister ein Asketenleben führen sollte?‹
Und er merkt: ›Es ist unächte Asketenschaft‹, und wendet sich
unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner,
dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als vierte
Art unächter Asketenschaft gekennzeichnet worden, wo ein             519
verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er
sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann. Das
sind nun, Sandako, die vier Arten, die von Ihm, dem Erhabenen,
dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten,
als unächte Asketenschaft gekennzeichnet worden sind, wo ein
verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie
aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.«

»Wunderbar, o Ānando, außerordentlich ist es, o Ānando, wie da
von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen,
vollkommen Erwachten, die vier Arten wirklich unächter
Asketenschaft als unächte Asketenschaft gekennzeichnet worden
sind, wo ein verständiger Mann sicherlich keine Askese üben
wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken
kann. Wie aber, o Ānando, mögen die vier Arten beschaffen
sein, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem
Heiligen, vollkommen Erwachten, als unerquickliche Askese
gezeigt worden sind, wo ein verständiger Mann sicherlich keine
Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes, heilsames
Recht erwirken kann?«

»Da giebt es, Sandako, einen Meister, der weiß alles, versteht
alles, bekennt unbeschränkte Wissensklarheit: ›Ob ich geh’ oder
stehe, schlaf’ oder wache, jederzeit hab’ ich die gesammte
Wissensklarheit gegenwärtig.‹[89] Aber er besucht ein Haus wo
niemand da ist, aber er bekommt keine Almosenspeise, aber er
wird von einem Hunde gebissen, aber er begegnet einem rasenden
Elephanten, aber ein scheues Ross rennt ihm entgegen, aber ein
wüthender Stier stürzt auf ihn zu; aber er fragt ein Weib und
einen Mann um Namen und Stand, aber er fragt nach dem Namen
und dem Wege von Dorf und Stadt. Und wenn ihn einer angeht:
›Was ist das?‹, antwortet er: ›Ich sollte in das unbewohnte
Haus eintreten, darum bin ich eingetreten; ich sollte keine
Almosenspeise bekommen, darum hab’ ich keine bekommen; ich
sollte von einem Hunde gebissen werden, darum bin ich gebissen
worden; ich sollte einem rasenden Elephanten begegnen,
darum bin ich ihm begegnet; es sollte mir ein scheues Ross
entgegenrennen, darum ist es mir entgegengerannt; es sollte
ein wüthender Stier auf mich zustürzen, darum ist er auf mich
zugestürzt; ich sollte ein Weib und einen Mann um Namen und
Stand fragen, darum hab’ ich gefragt; ich sollte nach dem Namen
und dem Wege von Dorf und Stadt fragen, darum hab’ ich gefragt.‹

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser liebe
Meister, der weiß alles, versteht alles, bekennt unbeschränkte
Wissensklarheit: ‚Ob ich geh’ oder stehe, schlaf’ oder wache,
jederzeit hab’ ich die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig.‘
Aber solches begegnet ihm, aber solche Rede geht von ihm aus.‹
Und er merkt: ›Es ist unerquickliche Askese‹, und wendet sich
unbefriedigt von solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner,
dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als erste Art
unerquicklicher Askese gezeigt worden, wo ein verständiger           520
Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht
Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, giebt es einen Meister, der weiß vom
Hörensagen her, hat die Wahrheit vom Hörensagen überkommen;
nach dem Hörensagen, auf Treu und Glauben hin, wie ein Korb
von Hand zu Hand weitergeht, überliefert er die Lehre.[90]
Ein Meister aber, Sandako, der vom Hörensagen her weiß, die
Wahrheit vom Hörensagen überkommen hat, der erinnert sich gut
und erinnert sich schlecht, berichtet so und berichtet anders.

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser
liebe Meister, der weiß vom Hörensagen her, hat die Wahrheit
vom Hörensagen überkommen; nach dem Hörensagen, auf Treu
und Glauben hin, wie ein Korb von Hand zu Hand weitergeht,
überliefert er die Lehre. Ein Meister aber, der vom Hörensagen
her weiß, die Wahrheit vom Hörensagen überkommen hat, der
erinnert sich gut und erinnert sich schlecht, berichtet so
und berichtet anders.‹ Und er merkt: ›Es ist unerquickliche
Askese‹, und wendet sich unbefriedigt von solchem Asketenthum
ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner,
dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als zweite Art
unerquicklicher Askese gezeigt worden, wo ein verständiger
Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht
Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, giebt es einen Meister, der ist ein
Grübler und ein Forscher; der trägt eine grüblerisch vernagelte
Lehre vor, die er selbst ersonnen und ausgedacht hat. Ein
Meister aber, Sandako, der ein Grübler ist und Forscher, der
grübelt gut und grübelt schlecht, berichtet so und berichtet
anders.[91]

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser
liebe Meister, der ist ein Grübler und Forscher; der trägt
eine grüblerisch vernagelte Lehre vor, die er selbst ersonnen
und ausgedacht hat. Ein Meister aber, der ein Grübler ist und
Forscher, der grübelt gut und grübelt schlecht, berichtet so
und berichtet anders.‹ Und er merkt: ›Es ist unerquickliche
Askese‹, und wendet sich unbefriedigt von solchem Asketenthum
ab.

»Das aber, Sandako, ist von ihm, dem Erhabenen, dem Kenner,
dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als dritte Art
unerquicklicher Askese gezeigt worden, wo ein verständiger
Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht
Aechtes, heilsames Recht erwirken kann.

»Und wieder, Sandako, giebt es einen Meister, der ist verstockt
und verstört; aus Verstocktheit und Verstörtheit bringt er, um
dies oder das befragt, verwickelte Worte vor, eine verwickelte
Nabelschnur: ›Dergleichen passt mir nicht, und auch so passt         521
es mir nicht, und auch anders passt es mir nicht, und auch mit
nein passt es mir nicht, und auch mit nicht nein passt es mir
nicht.‹[92]

»Da überlegt nun, Sandako, ein verständiger Mann: ›Dieser liebe
Meister, der ist verstockt und verstört; aus Verstocktheit und
Verstörtheit bringt er, um dies oder das befragt, verwickelte
Worte vor, eine verwickelte Nabelschnur: ›Dergleichen passt
mir nicht, und auch so passt es mir nicht, und auch anders
passt es mir nicht, und auch mit nein passt es mir nicht, und
auch mit nicht nein passt es mir nicht.‹ Und er merkt: ›Es
ist unerquickliche Askese‹, und wendet sich unbefriedigt von
solchem Asketenthum ab.

»Das aber, Sandako, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner,
dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als vierte Art
unerquicklicher Askese gezeigt worden, wo ein verständiger
Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht
Aechtes, heilsames Recht erwirken kann. Das sind nun, Sandako,
die vier Arten, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem
Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als unerquickliche
Askese gezeigt worden sind, wo ein verständiger Mann sicherlich
keine Askese üben wird, übt er sie aber, nicht Aechtes,
heilsames Recht erwirken kann.«

»Wunderbar, o Ānando, außerordentlich ist es, o Ānando, wie da
von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen,
vollkommen Erwachten, die vier Arten der eben unerquicklichen
Askese als unerquickliche Askese gezeigt worden sind, wo ein
verständiger Mann sicherlich keine Askese üben wird, übt er
sie aber, nicht Aechtes, heilsames Recht erwirken kann. Was
aber, o Ānando, kündigt und zeigt einen Meister an, bei dem ein
verständiger Mann sicherlich Askese üben mag, und übt er sie,
Aechtes, heilsames Recht erwirken kann?«

»Da erscheint, Sandako, der Vollendete in der Welt, der
Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte,
der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter
der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen,
der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren
Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar
von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er
sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die
Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende
begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen
geläuterte, geklärte Asketenthum dar.

»Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines
Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward.
Nachdem er diese Lehre gehört hat, fasst er Vertrauen zum
Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er
also: ›Ein Gefängniss ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel;
der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es,
wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig
geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn
ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande
bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So
giebt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen
Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen      345
Verwandtenkreis verlassen und ist mit geschorenem Haar und
Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit
gezogen.

»Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der
Mönche auf sich genommen. Lebendiges umzubringen hat er
verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock,
ohne Schwerdt, fühlsam, voll Theilnahme, hegt er zu allen
lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Nichtgegebenes zu nehmen hat
er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern:
Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch
gesinnt, rein gewordenen Herzens. Die Unkeuschheit hat er
verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entrathen der
Paarung, dem gemeinen Gesetze. Lüge hat er verworfen, von Lüge
hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist
er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Häuchler und
Schmeichler der Welt. Das Ausrichten hat er verworfen, vom
Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er
dort nicht wieder, um jene zu entzweien, und was er dort gehört
hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien; so
einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn
froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht
fördernde Worte spricht er. Barsche Worte hat er verworfen, von
barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf
sind, dem Ohre wohlthuend, liebreich, zum Herzen dringend,
höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht
er. Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und
Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den
Thatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung
getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit
Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande
angemessen.

»Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal
des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern,
fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang,
Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche,
Salben, Schmuck, Zierrath, Putz weist er ab. Hohe, prächtige
Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht
an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er
nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und
Dienerinen nimmt er nicht an. Ziegen und Schaafe nimmt er nicht
an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elephanten, Rinder
und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an.
Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf
und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maaß und Gewicht
hält er sich fern. Von den schiefen Wegen der Bestechung,            346
Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien,
Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er
sich fern.

»Er ist zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt,
mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch
pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschaale versehn
pilgert er. Gleichwie da etwa ein beschwingter Vogel, wohin er
auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt, ebenso auch
ist der Mönch mit dem Gewande zufrieden, das seinen Leib deckt,
mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch
wandert, nur damit versehn wandert er.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er
ein inneres fleckenloses Glück.

»Erblickt er nun mit dem Gesichte eine Form, so fasst er
keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth,
böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der
unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser
Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das
Gesicht.

»Hört er nun mit dem Gehöre einen Ton,

»Riecht er nun mit dem Geruche einen Duft,

»Schmeckt er nun mit dem Geschmacke einen Saft,

»Tastet er nun mit dem Getaste eine Tastung,

»Erkennt er nun mit dem Gedenken ein Ding, so fasst er keine
Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth,
böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der
unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser
Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das
Gedenken.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet
er ein inneres ungetrübtes Glück.[93]

»Klar bewusst kommt er und geht er, klar bewusst blickt er
hin, blickt er weg, klar bewusst regt und bewegt er sich, klar
bewusst trägt er des Ordens Gewand und Almosenschaale, klar
bewusst isst und trinkt, kaut und schmeckt er, klar bewusst
entleert er Koth und Harn, klar bewusst geht und steht und
sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt
er.

»Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen
Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht sucht er
einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines
Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof,
die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach
dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt
er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade
aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Er hat weltliche              347
Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemüthes, von
Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen,
hasslosen Gemüthes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu
allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit.
Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei;
das Licht liebend, einsichtig, klar bewusst, läutert er sein
Herz von matter Müde. Stolzen Unmuth hat er verworfen, er ist
frei von Stolz; innig beruhigten Gemüthes läutert er sein
Herz von stolzem Unmuth. Das Schwanken hat er verworfen, der
Ungewissheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom
Schwanken läutert er sein Herz.[94]

»Er hat nun diese fünf Hemmungen aufgehoben, hat die Schlacken
des Gemüthes kennen gelernt, die lähmenden; gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend
gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der
ersten Schauung.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so
ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger
Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames      522
Recht erwirken.

»Weiter sodann, Sandako: nach Vollendung des Sinnens und
Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die
Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in
der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten
Schauung.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so
ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger
Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames
Recht erwirken.

»Weiter sodann, Sandako: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch
gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet
er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig
Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten
Schauung.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so
ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger
Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames
Recht erwirken.

»Weiter sodann, Sandako: nach Verwerfung der Freuden und
Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns
erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen,
gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte
Schauung.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so
ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger
Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames
Recht erwirken.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer
Daseinsformen. So kann er sich an manche verschiedene
frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an
zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an
fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann
an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig
Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an
hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen
Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein
Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren,
so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo
wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich,
dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein
Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein
Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein‹: so      348
erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform,
mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen
Beziehungen.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so
ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger
Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames
Recht erwirken.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert,
gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest,
unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des
Verschwindens-Erscheinens der Wesen. So kann er mit dem
himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen
hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen
sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und
unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten
wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten
dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan,
in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten
Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes,
nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte
Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen
sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten
zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht
Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung
des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte,
in sälige Welt‹: so kann er mit dem himmlischen Auge, dem
geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die
Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und
edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann
erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so
ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger
Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames
Recht erwirken.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung.
›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß.

»Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst
vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom
Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese
Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das
Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹
versteht er da.

»Bei einem Meister aber, Sandako, wo der Jünger so
ausgezeichnete Eigenschaft erwirbt, da mag ein verständiger
Mann sicherlich Askese üben und, übt er sie, Aechtes, heilsames
Recht erwirken.«

»Und wer da nun, o Ānando, ein heiliger Mönch ist, ein
Wahnversieger, Endiger, der das Werk gewirkt, die Last
abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln
vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss erlöst hat: mag
der Wünsche genießen?«

»Wer da, Sandako, ein heiliger Mönch ist, ein Wahnversieger,         523
Endiger, der das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil
sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch
vollkommene Erkenntniss erlöst hat, der kann nicht mehr in
einen der fünf Fälle gerathen: es kann nicht der wahnversiegte
Mönch wissentlich ein Wesen des Lebens berauben; es kann nicht
der wahnversiegte Mönch Ungegebenes, was man Diebstahl nennt,
sich nehmen; es kann nicht der wahnversiegte Mönch der Paarung
pflegen; es kann nicht der wahnversiegte Mönch wissentlich eine
Lüge sagen; es kann nicht der wahnversiegte Mönch gemächlich
Wünsche genießen wie etwa einst im Hause. Wer da, Sandako,
ein heiliger Mönch ist, ein Wahnversieger, Endiger, der das
Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die
Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss
erlöst hat, der kann nicht mehr in einen dieser fünf Fälle
gerathen.«

»Und wer da nun, o Ānando, ein heiliger Mönch ist, ein
Wahnversieger, Endiger, der das Werk gewirkt, die Last
abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln
vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss erlöst hat: hat
der, ob er eben geht oder steht, schläft oder wacht, jederzeit
die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig: ›Versiegt ist mein
Wahn‹?«

»Da lasse denn, Sandako, ein Gleichniss dir geben: auch durch
Gleichnisse wird da manchem verständigen Manne der Sinn einer
Rede klar. Gleichwie etwa, Sandako, einem Manne, dem Hand und
Fuß abgehauen ist, ob er eben geht oder steht, schläft oder
wacht, jederzeit wohl Hand und Fuß gänzlich abgehauen ist,
aber weil er es da betrachtet weiß er: ›Abgehauen ist mir
Hand und Fuß‹: ebenso nun auch, Sandako, ist einem heiligen
Mönche, der Wahnversieger, Endiger ist, der das Werk gewirkt,
die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln
vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss erlöst hat, ob
er eben geht oder steht, schläft oder wacht, jederzeit wohl der
Wahn gänzlich versiegt, aber weil er es da betrachtet weiß er:
›Versiegt ist mein Wahn.‹«

»Wieviele Vollender giebt es aber, o Ānando, in dieser Lehre
und Ordnung?«

»Nicht giebt es. Sandako, nur etwa hundert oder zweihundert
oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch
mehr der Vollender in dieser Lehre und Ordnung.«

»Wunderbar, o Ānando, außerordentlich ist es, o Ānando, dass
da keiner die eigene Lehre anpreisen und die Lehre anderer
schmähen mag, in einem Orden wo sich ja so viele Vollender zur
Darlegung der Lehre finden lassen, während jene Nackten Büßer        524
sohnloser Mutter Söhne sind[95], sich selber anpreisen und
andere schmähen, und doch nur drei Vollender anführen, nämlich
Nando Vaccho, Kiso Saṉkicco und Makkhali Gosālo.«

Und nun wandte sich Sandako der Pilger an seine eigene Schaar:

»Gehet, ihr Lieben! Beim Asketen Gotamo ist ächte
Asketenschaft. Mir selbst will es jetzt nicht leicht fallen,
Almosen, Ehre und Ruhm dahinzugeben.«

       *       *       *       *       *

Also ermunterte da Sandako der Pilger seine eigene Schaar, beim
Erhabenen in Askese zu treten.



                              77.

             Achter Theil            Siebente Rede

                          SAKULUDĀYĪ

                            -- I --


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei       S 310 T
Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen. Um diese
Zeit nun hielten sich gar viele wohlbekannte, wohlangesehne
Pilger im Pilgerhaine auf, am Pfauenhügel[96], und zwar Pilger
wie Anubhāro[97], Varataro und Sakuludāyī, und noch andere
wohlbekannte, wohlangesehne Pilger. Und der Erhabene, zeitig         311
gerüstet, nahm Mantel und Schaale und wanderte gegen Rājagaham,
um Almosenspeise. Und es gedachte der Erhabene: ›Allzu früh
ist’s noch, in der Stadt um Almosenspeise zu stehn; wie,
wenn ich nun zum Pilgergarten, nach dem Pfauenhügel ginge,
Sakuludāyī den Pilger besuchen?‹ Und der Erhabene begab sich
zum Pilgergarten, nach dem Pfauenhügel hin.

Um diese Zeit aber war Sakuludāyī der Pilger, im weiten Kreise
der Pilgerschaar sitzend, in lebhaftem Gespräche begriffen; und
sie machten lauten Lärm, großen Lärm, und unterhielten sich
über allerhand gemeine Dinge, als wie über Könige, über Räuber,
über Fürsten und Soldaten, über Krieg und Kampf, über Speise
und Trank, über Kleidung und Bett, über Blumen und Düfte, über
Verwandte, über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen,
über Städte und Länder, über Weiber und Weine, über Straßen
und Märkte, über die Altvorderen und über die Veränderungen,
über Volksgeschichten und Seegeschichten, über dies und das und
dergleichen mehr.

Und Sakuludāyī der Pilger sah den Erhabenen von ferne
herankommen, und als er ihn gesehn mahnte er die Umsitzenden
zur Ruhe:

»Seid nicht so laut, ihr Lieben, macht keinen Lärm, ihr Lieben:
da kommt der Asket Gotamo heran! Und er liebt nicht lauten
Lärm, dieser Ehrwürdige, Ruhe preist er; vielleicht mag ihn
der Anblick einer lautlosen Versammlung bewegen seine Schritte
hierher zu lenken.«

Und so schwiegen denn diese Pilger still. Und der Erhabene kam
näher zu Sakuludāyī dem Pilger heran. Und Sakuludāyī der Pilger
sprach also zum Erhabenen:

»Es komme, o Herr, der Erhabene, gegrüßt sei, o Herr, der            312
Erhabene! Lange schon, o Herr, hat der Erhabene hoffen lassen,
mich einmal hier zu besuchen. Möge sich, o Herr, der Erhabene
setzen: dieser Sitz ist bereit.«

Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen Sitz.
Sakuludāyī aber, der Pilger, nahm einen von den niederen
Stühlen zur Hand und setzte sich an die Seite. Und zu
Sakuludāyī dem Pilger, der an der Seite saß, wandte sich nun
der Erhabene mit den Worten:

»Zu welchem Gespräche, Udāyī, seid ihr jetzt hier
zusammengekommen, und wobei habt ihr euch eben unterbrochen?«

»Sei es, o Herr, um jenes Gespräch, warum wir hier beisammen
sind: schwerlich, o Herr, wird dem Erhabenen etwas entgehn,
wenn es auch später zur Sprache kommt. -- Die vergangenen Tage,
o Herr, vor einiger Zeit, haben sich mancherlei Büßer, Asketen
und Priester, in der Volkshalle zu einer Sitzung eingefunden
und unter einander also zu reden begonnen: ›Gesegnet, wahrlich,
ist Bengālen und Magadhā, hochgesegnet, wahrlich, sein Volk,
da diese Asketen und Priester, die von zahlreichen Jüngern
und Anhängern umschaarten Häupter der Schulen, die bekannten,
gefeierten Bahnbrecher, die viel bei den Leuten gelten, sich
entschlossen haben in Rājagaham über die Regenzeit zu bleiben!
Da ist ja Pūraṇo Kassapo, den zahlreiche Jünger und Anhänger
als Haupt ihrer Schule umschaaren, ein bekannter, gefeierter
Bahnbrecher, der viel bei den Leuten gilt: auch der hat sich
entschlossen in Rājagaham über die Regenzeit zu bleiben. Da
ist auch Makkhali Gosālo, da ist auch Ajito Kesakambalo,
da ist Pakudho Kaccāyano, und Sañjayo Belaṭṭhaputto, und             313
Nigaṇṭho Nāthaputto, da ist auch der Asket Gotamo: ein jeder
von zahlreichen Jüngern und Anhängern als Haupt der Schule
umschaart, ein bekannter, gefeierter Bahnbrecher, der viel bei
den Leuten gilt, und jeder will in Rājagaham über die Regenzeit
bleiben. Welcher von diesen lieben Asketen und Priestern wird
da im Kreise der Jünger werthgehalten, hochgeschätzt, geachtet
und geehrt? Und wen[98], den sie werthhalten, hochschätzen,
haben sie ihres Vertrauens gewürdigt?‹ Da sagten nun einige:
›Dieser Pūraṇo Kassapo hat zahlreiche Jünger und Anhänger um
sich, ist das Haupt einer Schule, ein bekannter, gefeierter
Bahnbrecher, der viel bei den Leuten gilt: aber er wird von
den Jüngern nicht werthgehalten, nicht hochgeschätzt, nicht
geachtet, nicht geehrt; nicht Pūraṇo Kassapo ist es, den die
Jünger werthhalten, hochschätzen, ihres Vertrauens würdigen.
Eines Tages trug Pūraṇo Kassapo einer vielhundertköpfigen
Schaar seine Lehre vor. Da ließ sich einer der Jünger Pūraṇo
Kassapos also vernehmen: ›Nicht soll, ihr Lieben, Pūraṇo
Kassapo darum befragt werden: er weiß das nicht. Wir wissen
es: uns mögt ihr darum befragen, wir werden es euch Lieben
erklären.‹ Und Pūraṇo Kassapo rang da vergeblich die Hände und
rief: ›Beruhigt euch, ihr Lieben! Redet, ihr Lieben, nicht
so laut! ihr Lieben seid nicht gefragt worden, uns hat man
gefragt! Wir wollen es ihnen klar machen.‹ Und viele der
Jünger haben dann Pūraṇo Kassapo das Wort entwunden und sind         314
von ihm abgefallen: ›Nicht du kennst diese Lehre und Ordnung:
ich kenne diese Lehre und Ordnung! Was wirst du diese Lehre
und Ordnung verstehn? Auf falscher Fährte bist du: ich bin auf
rechter Fährte. Mir ist’s gelungen: dir misslungen. Was vorher
zu sagen ist hast du nachher gesagt: was nachher zu sagen ist
hast du vorher gesagt. Deine Behauptung[99] ist umgestürzt,
dein Wort dir entwunden worden: gebändigt bist du, gieb deine
Rede verloren, oder widersteh’ wenn du kannst!‹ Und so wird
Pūraṇo Kassapo von den Jüngern nicht werthgehalten, nicht
hochgeschätzt, nicht geachtet, nicht geehrt; und nicht Pūraṇo
Kassapo ist es, den die Jünger werthhalten, hochschätzen, ihres
Vertrauens würdigen. Und erzürnt ist Pūraṇo Kassapo vom Zorn
der Lehre.‹ -- Andere wieder sagten: ›Da ist auch Makkhali
Gosālo, auch Ajito Kesakambalo, auch Pakudho Kaccāyano, und
Sañjayo Belaṭṭhaputto, und Niganṭho Nāthaputto: ein jeder
hat zahlreiche Jünger und Anhänger um sich, ist das Haupt
einer Schule, ein bekannter, gefeierter Bahnbrecher, der viel
bei den Leuten gilt[100]: aber keiner wird von den Jüngern
werthgehalten und hochgeschätzt, keiner geachtet und geehrt;
und keiner ist es, den die Jünger werthhalten, hochschätzen,         315
ihres Vertrauens würdigen. Und erzürnt sind sie alle vom
Zorn der Lehre.‹ -- Wieder andere sagten: ›Dieser Asket
Gotamo hat zahlreiche Jünger und Anhänger um sich, ist das
Haupt einer Schule, ein bekannter, gefeierter Bahnbrecher,
der viel bei den Leuten gilt: und er wird von den Jüngern
werthgehalten, hochgeschätzt, geachtet und geehrt; der Asket
Gotamo ist es, den die Jünger werthhalten, hochschätzen, ihres
Vertrauens würdigen. Eines Tages trug der Asket Gotamo einer
vielhundertköpfigen Schaar seine Lehre vor. Da ließ einer der
Jünger des Asketen Gotamo ein Räuspern hören. Und einer der
Ordensbrüder streifte ihn mit dem Knie an: ›Nicht so laut,
Ehrwürdiger, bitte! Möge der Ehrwürdige sich leise verhalten:
unser Meister, der Erhabene legt die Lehre dar.‹ Zu einer Zeit       316
wo der Asket Gotamo einer vielhundertköpfigen Schaar die Lehre
darlegt, zu einer solchen Zeit hört man eben bei den Jüngern
des Asketen Gotamo nicht einmal das Geräusch des Nießens oder
Sichräusperns, und die ganze Schaar blickt erwartungsvoll auf
zu ihm: ›Was uns der Erhabene wird lehren, dem wollen wir
lauschen.‹[101] Gleichwie etwa wenn ein Mann auf

dem Hauptplatze Honig, süßen, gereinigten, auspresste, und es
stände eine große Schaar Menschen erwartungsvoll rings um ihn
her: ebenso nun auch sind sie um den Asketen Gotamo geschaart,
wann er vielen Hunderten die Lehre darlegt; und da hört man
bei den Jüngern des Asketen Gotamo nicht einmal das Geräusch
des Nießens oder Sichräusperns, und die ganze Schaar blickt
erwartungsvoll auf zu ihm: ›Was uns der Erhabene wird lehren,
dem wollen wir lauschen.‹ Selbst jene Jünger des Asketen
Gotamo, die sich den Ordensbrüdern angeschlossen hatten,
dann die Askese aufgaben, um zur Gewohnheit zurückzukehren,
auch die preisen das Lob des Meisters, preisen das Lob der
Lehre, preisen das Lob der Jüngerschaft, tadeln sich selber
nur, tadeln nicht andere: ›Wir nur sind unsälig, wir haben
Schuld, die wir, in eine also wohlverkündete Lehre und Ordnung
eingetreten, nicht imstande waren zeitlebens das vollkommene,
vollendete Asketenleben zu führen.‹ Und sie leben auf dem
Lande, oder leben als Anhänger, und halten an ihren fünf
Grundsätzen fest.[102] So wird der Asket Gotamo von den Jüngern
werthgehalten, hochgeschätzt, geachtet und geehrt; und der
Asket Gotamo ist es, den die Jünger werthhalten, hochschätzen,
ihres Vertrauens würdigen.‹«                                         317

»Was für Eigenschaften aber, Udāyī, merkst du an mir, warum
mich die Jünger werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und
auch des Vertrauens würdigen?«

»Fünf sind es, o Herr, der Eigenschaften, die der Erhabene
aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten,
hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens
würdigen: welche fünf? Der Erhabene, o Herr, nimmt karge
Nahrung ein und preist das Lob der kargen Ernährung; weil
nun, o Herr, der Erhabene karge Nahrung einnimmt und das Lob
der kargen Ernährung preist, so ist das, o Herr, die erste
Eigenschaft, die der Erhabene aufweist, warum die Jünger den
Erhabenen werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und
auch des Vertrauens würdigen.[103] Weiter sodann, o Herr, ist
der Erhabene zufrieden mit was immer für einem Gewande und
preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Gewande; weil
nun, o Herr, der Erhabene mit was immer für einem Gewande
zufrieden ist und das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem
Gewande preist, so ist das, o Herr, die zweite Eigenschaft,
die der Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen
werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des
Vertrauens würdigen. Weiter sodann, o Herr, ist der Erhabene
zufrieden mit was immer für Almosenbissen und preist das Lob
der Zufriedenheit mit jeglichen Almosenbissen; weil nun, o
Herr, der Erhabene mit was immer für Almosenbissen zufrieden
ist und das Lob der Zufriedenheit mit jeglichen Almosenbissen
preist, so ist das, o Herr, die dritte Eigenschaft, die der
Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten,       318
hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens
würdigen. Weiter sodann, o Herr, ist der Erhabene zufrieden
mit was immer für Sitz und Lager und preist das Lob der
Zufriedenheit mit jeglichem Sitz und Lager; weil nun, o Herr,
der Erhabene mit was immer für einem Sitz und Lager zufrieden
ist und das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Sitz und Lager
preist, so ist das, o Herr, die vierte Eigenschaft, die der
Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten,
hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens
würdigen. Weiter sodann, o Herr, ist der Erhabene abgeschieden
und preist das Lob der Abgeschiedenheit; weil nun, o Herr, der
Erhabene abgeschieden ist und das Lob der Abgeschiedenheit
preist, so ist das, o Herr, die fünfte Eigenschaft, die der
Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten,
hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens
würdigen. Das sind, o Herr, die fünf Eigenschaften, die der
Erhabene aufweist, warum die Jünger den Erhabenen werthhalten,
hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens
würdigen.«

»‚Karge Nahrung nimmt der Asket Gotamo ein und preist das
Lob der kargen Ernährung‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger
werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des
Vertrauens würdigten, so giebt es da Jünger, Udāyī, bei mir,
die nur einen Napf, nur einen halben Napf, nur eine Bilva, nur
eine halbe Bilva voll Nahrung einnehmen.[104] Ich aber nehme,
Udāyī, zuweilen diese Schaale bis zum Rande und über den Rand
mit Nahrung gefüllt ein. ‚Karge Nahrung nimmt der Asket Gotamo       319
ein und preist das Lob der kargen Ernährung‘: wenn mich also,
Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und
ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so möchten jene,
Udāyī, meiner Jünger, die nur einen Napf, nur einen halben
Napf, nur eine Bilva, nur eine halbe Bilva voll Nahrung
einnehmen, nicht um solche Eigenschaft mich werthhalten,
hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»‚Zufrieden ist der Asket Gotamo mit was immer für einem
Gewande und preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem
Gewande‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten,
hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens
würdigten, so giebt es da Jünger, Udāyī, bei mir, die sich
in Fetzen hüllen, rauhe Gewänder anlegen: vom Leichenplatze,
vom Kehrichthaufen, vom Tandelmarkte lesen sie Lumpen[105]
auf, stücken den Mantel zurecht und tragen ihn. Ich aber
trage, Udāyī, zuweilen bürgerliche Gewänder, aus festem rauhen
Gewebe[106], wie Kürbissfäden. ‚Zufrieden ist der Asket
Gotamo mit was immer für einem Gewande und preist das Lob der
Zufriedenheit mit jeglichem Gewande‘: wenn mich also, Udāyī,
die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und
auch des Vertrauens würdigten, so möchten jene, Udāyī, meiner
Jünger, die sich in Fetzen hüllen, rauhe Gewänder anlegen, die
vom Leichenplatze, vom Kehrichthaufen, vom Tandelmarkte Lumpen
auflesen, den Mantel zurechtstücken und tragen, nicht um solche
Eigenschaft mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren
und auch des Vertrauens würdigen.

»‚Zufrieden ist der Asket Gotamo mit was immer für                   320
Almosenbissen und preist das Lob der Zufriedenheit mit
jeglichen Almosenbissen‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger
werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des
Vertrauens würdigten, so giebt es da Jünger, Udāyī, bei mir,
die um Almosenbissen ausgehn, von Haus zu Hause hintreten,
mit Resten schon befriedigt sind[107], und stehn sie im Hofe
des Hauses und werden zum Sitzen eingeladen, nehmen sie es
nicht an. Ich aber nehme, Udāyī, zuweilen auch eingeladen
Reis zu mir, der gekocht und gesichtet, saftig und würzig
bereitet ist. ‚Zufrieden ist der Asket Gotamo mit was immer
für Almosenbissen und preist das Lob der Zufriedenheit mit
jeglichen Almosenbissen‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger
werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des
Vertrauens würdigten, so möchten jene, Udāyī, meiner Jünger,
die um Almosenbissen ausgehn, von Haus zu Hause hintreten, mit
Resten schon befriedigt sind, und, stehn sie im Hofe des Hauses
und werden zum Sitzen eingeladen, es nicht annehmen, nicht um
solche Eigenschaft mich werthhalten, hochschätzen, achten und
ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»‚Zufrieden ist der Asket Gotamo mit was immer für Sitz und
Lager und preist das Lob der Zufriedenheit mit jeglichem Sitz
und Lager‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger werthhielten,
hochschätzten, achteten und ehrten und auch des Vertrauens
würdigten, so giebt es da Jünger, Udāyī, bei mir, die unter
Bäumen leben, in der offenen Ebene leben, die acht Monde kein
Obdach aufsuchen.[108] Ich aber wohne, Udāyī, zuweilen auch
in Parkhäusern, wo die Wände, Stürmen zu wehren, mit Kalk
bestrichen, mit Kalk verstrichen, die Thüren verriegelt, die
Fenster verschlossen sind. ‚Zufrieden ist der Asket Gotamo           321
mit was immer für Sitz und Lager und preist das Lob der
Zufriedenheit mit jeglichem Sitz und Lager‘: wenn mich also,
Udāyī, die Jünger werthhielten, hochschätzten, achteten und
ehrten und auch des Vertrauens würdigten, so möchten jene,
Udāyī, meiner Jünger, die unter Bäumen leben, in der offenen
Ebene leben, die acht Monde kein Obdach aufsuchen, nicht um
solche Eigenschaft mich werthhalten, hochschätzen, achten und
ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»‚Abgeschieden ist der Asket Gotamo und preist das Lob
der Abgeschiedenheit‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger
werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch
des Vertrauens würdigten, so giebt es da Jünger, Udāyī, bei
mir, die Waldeinsiedler, fern abgelegen sind, sich tief
im Walde an fern abgelegenen Orten einsam aufhalten, die
halbmonatlich hingehn zur Mönchgemeinde, wann die Regel
verkündet wird. Ich aber lebe, Udāyī, zuweilen in Gesellschaft
der Mönche und Nonnen, der Anhänger und Anhängerinen, des
Königs und königlicher Fürsten, der Büßer und büßender
Pilger. ‚Abgeschieden ist der Asket Gotamo und preist das
Lob der Abgeschiedenheit‘: wenn mich also, Udāyī, die Jünger
werthhielten, hochschätzten, achteten und ehrten und auch des
Vertrauens würdigten, so möchten jene, Udāyī, meiner Jünger,
die Waldeinsiedler, fern abgelegen sind, sich tief im Walde
an fern abgelegenen Orten einsam aufhalten, die halbmonatlich
hingehn zur Mönchgemeinde, wann die Regel verkündet wird, nicht      322
um solche Eigenschaft mich werthhalten, hochschätzen, achten
und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»Und also, Udāyī, sind es nicht diese fünf Eigenschaften,
warum die Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und
ehren und auch des Vertrauens würdigen; vielmehr sind es,
Udāyī, fünf andere Eigenschaften, warum die Jünger mich
werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des
Vertrauens würdigen: welche fünf?

»Da sind mir, Udāyī, die Jünger um Tugend zugethan: ›Tugendächt
ist der Asket Gotamo, mit der höchsten Tugendheit begabt‹;
weil mir aber, Udāyī, die Jünger um Tugend zugethan sind:
›Tugendächt ist der Asket Gotamo, mit der höchsten Tugendheit
begabt‹, so ist das, Udāyī, die erste Eigenschaft, warum die
Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und
auch des Vertrauens würdigen.

»Weiter sodann, Udāyī, sind mir die Jünger um zunehmende
Wissensklarheit zugethan: ›Wissend nur sagt der Asket Gotamo
‚Ich weiß es‘, sehend nur sagt der Asket Gotamo ‚Ich seh’ es‘,
zum Erkennen legt der Asket Gotamo die Lehre dar, nicht zum
Verkennen, begründet legt der Asket Gotamo die Lehre dar, nicht
unbegründet, erfassbar legt der Asket Gotamo die Lehre dar,
nicht unerfassbar‹;[109] weil mir aber, Udāyī, die Jünger um
zunehmende Wissensklarheit zugethan sind: ›Wissend nur sagt der
Asket Gotamo ‚Ich weiß es‘, sehend nur sagt der Asket Gotamo
‚Ich seh’ es‘, zum Erkennen legt der Asket Gotamo die Lehre          323
dar, nicht zum Verkennen, begründet legt der Asket Gotamo
die Lehre dar, nicht unbegründet, erfassbar legt der Asket
Gotamo die Lehre dar, nicht unerfassbar‹, so ist das, Udāyī,
die zweite Eigenschaft, warum die Jünger mich werthhalten,
hochschätzen, achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»Weiter sodann, Udayī, sind mir die Jünger um Weisthum
zugethan: ›Weise ist der Asket Gotamo, mit der höchsten
Weisheit begabt; dass er etwa eine künftige Redeweise nicht
vorhersehn, oder eine gegebene Gegenrede nicht mit Recht
wohlabgewiesen abweisen könnte, nicht findet sich ein solcher
Fall.‹ Was meinst du wohl, Udāyī: möchten da nun meine Jünger,
also wissend, also sehend, sich in Zwischenfragen einlassen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Denn ich erwarte, Udāyī, von den Jüngern keine Belehrung,
sondern die Jünger erwarten Belehrung von mir. Weil mir aber,
Udāyī, die Jünger um Weisthum zugethan sind: ›Weise ist der
Asket Gotamo, mit der höchsten Weisheit begabt; dass er etwa
eine künftige Redeweise nicht vorhersehn, oder eine gegebene
Gegenrede nicht mit Recht wohlabgewiesen abweisen könnte, nicht
findet sich ein solcher Fall‹, so ist das, Udāyī, die dritte
Eigenschaft, warum die Jünger mich werthhalten, hochschätzen,
achten und ehren und auch des Vertrauens würdigen.

»Weiter sodann, Udāyī, gehn mir die Jünger, um was sie
leiden in Leiden versunken, in Leiden verloren, entgegen
und fragen mich um die heilige Wahrheit vom Leiden; und ich          324
geb’ ihnen, um die heilige Wahrheit vom Leiden befragt,
die Antwort: und ich erhebe ihnen das Herz durch der Frage
Beantwortung. Und sie fragen mich um die heilige Wahrheit von
der Leidensentwicklung, von der Leidensauflösung, von dem
Pfade, der zur Leidensauflösung führt; und ich geb’ ihnen,
also befragt, die Antwort: und ich erhebe ihnen das Herz durch
der Frage Beantwortung. Weil mir aber, Udāyī, die Jünger,
um was sie leiden in Leiden versunken, in Leiden verloren,
entgegengehn und mich um die heilige Wahrheit vom Leiden
fragen; und ich geh’ ihnen, um die heilige Wahrheit vom Leiden
befragt, die Antwort und erhebe ihnen das Herz durch der Frage
Beantwortung, und sie fragen mich um die heilige Wahrheit von
der Leidensentwicklung, von der Leidensauflösung, von dem
Pfade, der zur Leidensauflösung führt, und ich geb’ ihnen, also
befragt, die Antwort und erhebe ihnen das Herz durch der Frage
Beantwortung: so ist das, Udāyī, die vierte Eigenschaft, warum
die Jünger mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und
auch des Vertrauens würdigen.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger zu den vier Pfeilern der Einsicht
gelangen: da wacht, Udāyī, der Mönch beim Körper über den
Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung
weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Gefühlen
über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig,
nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht
beim Gemüthe über das Gemüth, unermüdlich, klaren Sinnes,
einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und
Bekümmerns; wacht bei den Erscheinungen über die Erscheinungen,
unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung
weltlichen Begehrens und Bekümmerns. Da haben denn meine Jünger
der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.                325

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger die vier gewaltigen Kämpfe
bestehn: da weckt, Udāyī, der Mönch seinen Willen, dass
er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen
lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das
Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er
aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich
darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit;
weckt seinen Willen, dass er unaufgestiegene heilsame Dinge
aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet
das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er
aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern,
weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse, er
müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es
kampfbereit. Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte
Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger die vier Machtgebiete erobern:
da erobert, Udāyī, der Mönch das durch Innigkeit, Ausdauer
und Sammlung des Willens gezeugte Machtgebiet; erobert das
durch Innigkeit, Ausdauer und Sammlung der Kraft gezeugte
Machtgebiet; erobert das durch Innigkeit, Ausdauer und Sammlung
des Geistes gezeugte Machtgebiet; erobert das durch Innigkeit,
Ausdauer und Sammlung des Prüfens gezeugte Machtgebiet. Da
haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger fünf der Fähigkeiten erwerben:
da wird, Udāyī, der Mönch fähig der Zuversicht, die zur Ebbung
führt, zur Erwachung führt; fähig der Kraft, die zur Ebbung          326
führt, zur Erwachung führt; fähig der Einsicht, die zur Ebbung
führt, zur Erwachung führt; fähig der Innigkeit, die zur Ebbung
führt, zur Erwachung führt; fähig der Weisheit, die zur Ebbung
führt, zur Erwachung führt. Da haben denn meine Jünger der
Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger fünf der Vermögen erwerben: da
wird, Udāyī, der Mönch vermögend an Zuversicht, die zur Ebbung
führt, zur Erwachung führt; vermögend an Kraft, die zur Ebbung
führt, zur Erwachung führt; vermögend an Einsicht, die zur
Ebbung führt, zur Erwachung führt; vermögend an Innigkeit, die
zur Ebbung führt, zur Erwachung führt; vermögend an Weisheit,
die zur Ebbung führt, zur Erwachung führt. Da haben denn meine
Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger die sieben Erweckungen wirken:
da wirkt, Udāyī, der Mönch der Einsicht Erweckung, die
abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte,
die in Endsal übergeht; wirkt des Tiefsinns Erweckung, die
abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte,
die in Endsal übergeht; wirkt der Kraft Erweckung, die
abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte,
die in Endsal übergeht; wirkt der Heiterkeit Erweckung, die
abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte,
die in Endsal übergeht; wirkt der Lindheit Erweckung, die
abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte,
die in Endsal übergeht; wirkt der Innigkeit Erweckung, die
abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte,
die in Endsal übergeht; wirkt des Gleichmuths Erweckung, die
abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte,
die in Endsal übergeht. Da haben denn meine Jünger der
Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger den heiligen achtfältigen Weg
gewinnen: da gewinnt, Udāyī, der Mönch rechte Erkenntniss,
rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechtes
Wandeln, rechtes Mühn, rechte Einsicht, rechte Einigung. Da          327
haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade
gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger die acht Freiungen
finden. Formhaft ist er und sieht die Formen: das ist die
erste Freiung. Innen ohne Formwahrnehmung sieht er außen
Formen: das ist die zweite Freiung. Schönheit nur hat er im
Sinne: das ist die dritte Freiung. Durch völlige Ueberwindung
der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen,
Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen gewinnt er in dem
Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten
Raumes: das ist die vierte Freiung. Nach völliger Ueberwindung
der unbegränzten Raumsphäre gewinnt er in dem Gedanken
›Gränzenlos ist das Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten
Bewusstseins: das ist die fünfte Freiung. Nach völliger
Ueberwindung der unbegränzten Bewusstseinsphäre gewinnt er
in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich des Nichtdaseins:
das ist die sechste Freiung. Nach völliger Ueberwindung der
Nichtdaseinsphäre erreicht er die Gränzscheide möglicher
Wahrnehmung: das ist die siebente Freiung. Nach völliger
Ueberwindung der Gränzscheide möglicher Wahrnehmung erreicht er
die Auflösung der Wahrnehmbarkeit: das ist die achte Freiung.
Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger acht Grade der Ueberwindung
durchschreiten. Innen nimmt er Formen wahr, einig; außen sieht       328
er Formen, wenig, schöne und unschöne; solche überwindend sagt
er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das
ist der erste Grad der Ueberwindung. Innen nimmt er Formen
wahr, einig; außen sieht er Formen, unermesslich, schöne und
unschöne; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich
seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der zweite Grad der
Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht er außen
Formen, wenig, schöne und unschöne; solche überwindend sagt er
sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist
der dritte Grad der Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung,
einig, sieht er außen Formen, unermesslich, schöne und
unschöne; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich
seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der vierte Grad der
Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht er außen
Formen, blaue, die blau schimmern, blau scheinen, blau aussehn.
Gleichwie etwa eine Hanfblüthe blau ist, blau schimmert, blau
scheint, blau aussieht, oder gleichwie etwa ein Seidenstoff,
auf beiden Seiten blaugefärbt[110], blau schimmert, blau
scheint, blau aussieht: ebenso auch sieht er, innen ohne
Formwahrnehmung, einig, außen Formen, blaue, die blau
schimmern, blau scheinen, blau aussehn; solche überwindend sagt
er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist
der fünfte Grad der Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung,
einig, sieht er außen Formen, gelbe, die gelb schimmern,
gelb scheinen, gelb aussehn. Gleichwie etwa eine Zimmtblüthe
gelb ist, gelb schimmert, gelb scheint, gelb aussieht, oder
gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf beiden Seiten gelbgefärbt,       329
gelb schimmert, gelb scheint, gelb aussieht: ebenso auch
sieht er, innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen Formen,
gelbe, die gelb schimmern, gelb scheinen, gelb aussehn; solche
überwindend sagt er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es
also wahr: das ist der sechste Grad der Ueberwindung. Innen
ohne Formwahrnehmung, einig, sieht er außen Formen, rothe,
die roth schimmern, roth scheinen, roth aussehn. Gleichwie
etwa eine Malvenrose roth ist, roth schimmert, roth scheint,
roth aussieht, oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf
beiden Seiten rothgefärbt, roth schimmert, roth scheint, roth
aussieht: ebenso auch sieht er, innen ohne Formwahrnehmung,
einig, außen Formen, rothe, die roth schimmern, roth scheinen,
roth aussehn; solche überwindend sagt er sich ›Ich weiß es,
ich seh’ es‹, nimmt es also wahr: das ist der siebente Grad
der Ueberwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht
er außen Formen, weiße, die weiß schimmern, weiß scheinen,
weiß aussehn. Gleichwie etwa der Morgenstern weiß ist, weiß
schimmert, weiß scheint, weiß aussieht, oder gleichwie
etwa ein Seidenstoff, auf beiden Seiten weißgebleicht, weiß
schimmert, weiß scheint, weiß aussieht: ebenso auch sieht er,
innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen Formen, weiße, die
weiß schimmern, weiß scheinen, weiß aussehn; solche überwindend
sagt er sich ›Ich weiß es, ich seh’ es‹, nimmt es also wahr:
das ist der achte Grad der Ueberwindung. Da haben denn meine         330
Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich
erreicht.[111]

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade
gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger zehn Orte der Allheit
erkunden. Der Erde Allheit erkennt er, einig, durch und durch,
ungetheilt, unermesslich. Des Wassers Allheit erkennt er,
einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des Feuers
Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt,
unermesslich. Der Luft Allheit erkennt er, einig, durch und
durch, ungetheilt, unermesslich. Des Blauen Allheit erkennt
er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des
Gelben Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt,
unermesslich. Des Rothen Allheit erkennt er, einig, durch und
durch, ungetheilt, unermesslich. Des Weißen Allheit erkennt
er, einig, durch und durch, ungetheilt, unermesslich. Des
Raumes Allheit erkennt er, einig, durch und durch, ungetheilt,
unermesslich. Des Bewusstseins Allheit erkennt er, einig, durch
und durch, ungetheilt, unermesslich. Da haben denn meine Jünger
der Erkenntniss letzte Vollendung reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger die vier Schauungen eingehn.
Da gewinnt, Udāyī, der Mönch, gar fern von Begierden, fern
von unheilsamen Dingen, die sinnend gedenkende ruhegeborene
sälige Heiterkeit, die Weihe der ersten Schauung. Diesen Körper
da durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt er mit
ruhegeborener säliger Heiterkeit, sodass nicht der kleinste
Theil seines Körpers von ruhegeborener säliger Heiterkeit
ungesättigt bleibt.

»Gleichwie etwa, Udāyī, ein gewandter Bader oder Badergeselle
auf ein erzernes Becken Seifenpulver streut und mit Wasser           331
versetzt, verreibt und vermischt, sodass sein Schaumball völlig
durchfeuchtigt, innen und außen mit Feuchtigkeit gesättigt ist
und nichts herabträufelt: ebenso nun auch, Udāyī, durchdringt
und durchtränkt, erfüllt und sättigt der Mönch diesen Körper da
mit ruhegeborener säliger Heiterkeit, sodass nicht der kleinste
Theil seines Körpers von ruhegeborener säliger Heiterkeit
ungesättigt bleibt.[112]

»Weiter sodann, Udāyī: nach Vollendung des Sinnens und
Gedenkens erreicht der Mönch die innere Meeresstille, die
Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in
der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten
Schauung. Diesen Körper da durchdringt und durchtränkt, erfüllt
und sättigt er mit der in der Einigung geborenen säligen
Heiterkeit, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von
der in der Einigung geborenen säligen Heiterkeit ungesättigt
bleibt.

»Gleichwie etwa, Udāyī, ein See mit unterirdischer Quelle,
in den sich kein Bach von Osten oder Westen, von Norden oder
Süden ergösse, keine Wolke von Zeit zu Zeit mit tüchtigem
Gusse darüber hinwegzöge, in welchem nur die kühle Quelle
des Grundes emporwellte und diesen See völlig durchdränge,
durchtränkte, erfüllte und sättigte, sodass nicht der kleinste
Theil des Sees von kühlem Wasser ungesättigt bliebe: ebenso nun
auch, Udāyī, durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt
der Mönch diesen Körper da mit der in der Einigung geborenen
säligen Heiterkeit, sodass nicht der kleinste Theil seines
Körpers von der in der Einigung geborenen säligen Heiterkeit
ungesättigt bleibt.

»Weiter sodann, Udāyī: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch
gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet
er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig
Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten
Schauung. Diesen Körper da durchdringt und durchtränkt, erfüllt      332
und sättigt er mit entsäligter Heiterkeit, sodass nicht der
kleinste Theil seines Körpers von entsäligter Heiterkeit
ungesättigt bleibt.

»Gleichwie etwa, Udāyī, in einem Lotusweiher einzelne blaue
oder rothe oder weiße Lotusrosen im Wasser entstehn, im Wasser
sich entwickeln, unter dem Wasserspiegel bleiben, aus der
Wassertiefe Nahrung aufsaugen und ihre Blüthen und ihre Wurzeln
von kühlem Wasser durchdrungen, durchtränkt, erfüllt und
gesättigt sind, sodass nicht der kleinste Theil jeder blauen
oder rothen oder weißen Lotusrose von kühlem Nass ungesättigt
bleibt: ebenso nun auch, Udāyī, durchdringt und durchtränkt,
erfüllt und sättigt der Mönch diesen Körper da mit entsäligter
Heiterkeit, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von
entsäligter Heiterkeit ungesättigt bleibt.

»Weiter sodann, Udāyī: nach Verwerfung der Freuden und Leiden,
nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt
der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig
einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Er setzt
sich hin und bedeckt diesen Körper da mit geläutertem Gemüthe,
geklärtem, sodass nicht der kleinste Theil seines Körpers von
dem geläuterten Gemüthe, dem geklärten, unbedeckt bleibt.

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn sich ein Mann vom Scheitel bis zur
Sohle in einen weißen Mantel eingehüllt niedersetzte, sodass
nicht der kleinste Theil seines Körpers von dem weißen Mantel
unbedeckt bliebe: ebenso nun auch, Udāyī, setzt sich der Mönch
nieder und hat diesen Körper da mit geläutertem Gemüthe, mit
geklärtem, überzogen, sodass nicht der kleinste Theil seines
Körpers von dem geläuterten Gemüthe, dem geklärten, unbedeckt        333
bleibt.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger also erkennen: ›Das ist mein
Leib, der gestaltet, aus den vier Hauptstoffen entstanden, von
Vater und Mutter gezeugt, durch Speise und Trank entwickelt,
dem Vergehn, dem Untergang, der Aufreibung, Auflösung, der
Zerstörung verfallen ist; das hingegen ist mein Bewusstsein,
daran gebunden, daran geknüpft.‹

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn da ein Juwel wäre, ein
Edelstein, von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet,
klar, durchsichtig, mit jeder Eigenschaft begabt; und ein
Faden wäre daran befestigt, ein blauer, oder ein gelber, ein
rother, oder ein weißer, ein grauer Faden; und es hätte ihn ein
scharfsehender Mann um die Hand geschlungen und betrachtete
ihn: ›Das ist ein Juwel, ein Edelstein, von reinem Wasser,
achteckig, wohlbearbeitet, klar, durchsichtig, mit jeder
Eigenschaft begabt; und ein Faden ist daran befestigt, ein
blauer, oder ein gelber, ein rother, oder ein weißer, ein
grauer Faden‹: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die
Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger also erkennen:
›Das ist mein Leib, der gestaltet, aus den vier Hauptstoffen
entstanden, von Vater und Mutter gezeugt, durch Speise und
Trank entwickelt, dem Vergehn, dem Untergang, der Aufreibung,
Auflösung, der Zerstörung verfallen ist; das hingegen ist mein
Bewusstsein, daran gebunden, daran geknüpft.‹

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger aus diesem Körper einen anderen
Körper hervorgehn lassen, formhaft, geistig gestaltet, mit           334
allen Gliedern begliedert, sinnenfällig. Gleichwie etwa, Udāyī,
wenn ein Mann einem Rohre den Halm auszöge und sich sagte:
›Das ist das Rohr, das ist der Halm, eins ist das Rohr, eins
ist der Halm: aus dem Rohre hab’ ich ja den Halm gezogen‹;
oder gleichwie etwa, Udāyī, wenn ein Mann das Schwerdt aus der
Scheide zöge und sich sagte: ›Das ist das Schwerdt, das ist die
Scheide, eins ist das Schwerdt, eins ist die Scheide: aus der
Scheide hab’ ich ja das Schwerdt gezogen‹; oder gleichwie etwa,
Udāyī, wenn ein Mann eine Schlange aus dem Korbe nähme und
sich sagte: ›Das ist die Schlange, das ist der Korb, eins ist
die Schlange, eins ist der Korb: aus dem Korbe hab’ ich ja die
Schlange genommen‹[113]: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den
Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger aus
diesem Körper einen anderen Körper hervorgehn lassen, formhaft,
geistig gestaltet, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade
gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger auf manigfaltige Weise
Machtentfaltung erfahren mögen: als nur einer etwa vielfach
zu werden, und vielfach geworden wieder einer zu sein, oder
sichtbar und unsichtbar zu werden, auch durch Mauern, Wälle,
Felsen hindurchzuschweben wie durch die Luft; oder auf der
Erde auf- und unterzutauchen wie im Wasser, auch auf dem
Wasser zu wandeln ohne unterzusinken wie auf der Erde; oder
auch durch die Luft sitzend dahinzufahren wie der Vogel mit
seinen Fittichen; auch etwa diesen Mond und diese Sonne, die         335
so mächtigen, so gewaltigen, mit der Hand zu befühlen und zu
berühren; etwa gar bis zu den Brahmawelten den Körper in ihrer
Gewalt zu haben. Gleichwie etwa, Udāyī, ein geschickter Töpfer
oder Töpfergeselle was immer auch für Thonsachen er wollte
aus wohlbereitetem Thon anfertigen und herstellen könnte;
oder gleichwie etwa, Udāyī, ein geschickter Drechsler oder
Drechslergeselle was immer auch für Elphenbeinsachen er wollte
aus wohlbereitetem Elphenbein anfertigen und herstellen könnte;
oder gleichwie etwa, Udāyī, ein geschickter Goldschmidt oder
Goldschmidtgeselle was immer auch für Goldsachen er wollte
aus wohlbereitetem Gold anfertigen und herstellen könnte:
ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade
gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger auf manigfaltige Weise
Machtentfaltung erfahren mögen.[114]

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger mit dem himmlischen Gehör,             336
dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden,
beide Arten der Töne hören, die himmlischen und die
irdischen, die fernen und die nahen. Gleichwie etwa, Udāyī,
ein kräftiger Trompeter gar mühelos nach den vier Seiten
posaunen kann, ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern
die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger mit dem
himmlischen Gehör, dem geläuterten, über menschliche Gränzen
hinausreichenden, beide Arten der Töne hören, die himmlischen
und die irdischen, die fernen und die nahen.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger der anderen Wesen, der anderen
Personen Herz im Herzen schauen und erkennen, das begehrliche
Herz als begehrlich und das begehrlose Herz als begehrlos, das
gehässige Herz als gehässig und das hasslose Herz als hasslos,
das irrende Herz als irrend und das irrlose Herz als irrlos,
das gesammelte Herz als gesammelt und das zerstreute Herz als
zerstreut, das hochstrebende Herz als hochstrebend und das
niedrig gesinnte Herz als niedrig gesinnt, das edle Herz als
edel und das gemeine Herz als gemein, das beruhigte Herz als         337
beruhigt und das ruhelose Herz als ruhelos, das erlöste Herz
als erlöst und das gefesselte Herz als gefesselt. Gleichwie
etwa, Udāyī, ein Weib oder ein Mann, jung, frisch, gefallsam,
in einem Spiegel oder in einer reinen, lauteren, hellen
Wasserfläche das Bild des eigenen Antlitzes prüfend betrachten
und, ist es nicht sauber, als nicht sauber, und ist es sauber,
als sauber erkennen kann: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den
Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger der
anderen Wesen, der anderen Personen Herz im Herzen schauen und
erkennen.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger sich an manche verschiedene
frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an
zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an          338
fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann
an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig
Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann
an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen
Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein
Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren,
so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo
wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich,
dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein
Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein
Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein.‹ So
erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform,
mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen
Beziehungen.

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn ein Mann von seinem Orte nach
einem anderen Orte ginge und von diesem Orte wieder nach einem
anderen Orte und von diesem Orte nach seinem eigenen Orte
zurückkehrte; der sagte sich nun: ›Ich bin von meinem Orte
nach jenem Orte gegangen, dort bin ich also gestanden, also
gesessen, habe also gesprochen, also geschwiegen; von jenem
Orte bin ich aber nach diesem Orte gegangen, da bin ich nun
also gestanden, also gesessen, habe also gesprochen, also
geschwiegen; dann bin ich von diesem Orte nach meinem eigenen
Orte wieder zurückgegangen‹[115]: ebenso nun auch, Udāyī, hab’
ich den Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine
Jünger sich an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung        339
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade gewiesen,
auf deren Stegen meine Jünger mit dem himmlischen Auge, dem
geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die
Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und
edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche,
erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese
lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan,
in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten
zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes;
bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf
den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere
Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan,
in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan,
tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der
Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute
Fährte, in sälige Welt.‹ So sehn sie mit dem himmlischen Auge,
dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die
Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle,
schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, erkennen wie
die Wesen je nach den Thaten wiederkehren.

»Gleichwie etwa, Udāyī, wenn da zwei Häuser wären, mit Thüren,
und es betrachtete ein scharfsehender Mann, in der Mitte
stehend, die Menschen, wie sie das Haus betreten und verlassen,
kommen und gehn[116]: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den
Jüngern die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger mit
dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen
hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen
sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und          340
unglückliche, erkennen wie die Wesen je nach den Thaten
wiederkehren.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Weiter sodann, Udāyī, hab’ ich den Jüngern die Pfade
gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger den Wahn versiegen
und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei
Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen.
Gleichwie etwa, Udāyī, wenn da am Ufer eines Alpensees von
klarem, durchsichtigem, ungetrübtem Wasser ein scharfsehender
Mann stände und hinblickte auf die Muscheln und Schnecken, auf
den Kies und Sand und die Fische, wie sie dahingleiten und
stillestehn; der sagte sich nun: ›Klar ist diese Wasserfläche,
durchsichtig, ungetrübt; ich sehe darunter die Muscheln und
Schnecken, den Kies und Sand und die Fische, die dahingleiten
oder ruhn‹: ebenso nun auch, Udāyī, hab’ ich den Jüngern
die Pfade gewiesen, auf deren Stegen meine Jünger den Wahn
versiegen und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung
noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und
erringen.

»Da haben denn meine Jünger der Erkenntniss letzte Vollendung
reichlich erreicht.

»Das ist, Udāyī, die fünfte Eigenschaft, warum die Jünger
mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des
Vertrauens würdigen.

»Das sind, Udāyī, die fünf Eigenschaften, warum die Jünger
mich werthhalten, hochschätzen, achten und ehren und auch des
Vertrauens würdigen.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich Sakuludāyī der       341
Pilger über das Wort des Erhabenen.



                              78.

              Achter Theil            Achte Rede

                  DER SOHN DER SAMAṆAMUṆḌIKĀ


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Um diese
Zeit nun hielt sich der Pilger Uggāhamāno, der Sohn der
Samaṇamuṇḍikā, im Redesaal der ebenholzverschaalten Großen
Halle in Mallikās Garten auf, in Gesellschaft vieler Pilger,
von etwa dreihundert Pilgern umgeben.[117]

Da ging nun Pañcakaṉgo der Baumeister eines Nachmittags von
Sāvatthī hinaus, den Erhabenen besuchen. Doch Pañcakaṉgo der
Baumeister gedachte alsbald: ›Es ist noch nicht Zeit den
Erhabenen zu besuchen, zurückgezogen weilt der Erhabene; und
auch die geistig thätigen Mönche besuchen ziemt sich jetzt
nicht, zurückgezogen wirken die Mönche geistiges Werk. Wie,
wenn ich nun den Redesaal aufsuchte, die ebenholzverschaalte
Große Halle, den Garten Mallikās, wo Uggāhamāno der Pilger, der
Sohn der Samaṇamuṇḍikā, weilt?‹ Und Pañcakaṉgo der Baumeister
begab sich zum Garten der Mallikā, zur ebenholzverschaalten
Großen Halle, zum Redesaal hin.

Um diese Zeit aber war Uggāhamāno der Pilger, der Sohn der
Samanamuṇḍikā, im weiten Kreise der Pilgerschaar sitzend, in
lebhaftem Gespräche begriffen; und sie machten lauten Lärm,          342
großen Lärm, und unterhielten sich über allerhand gemeine
Dinge, als wie über Könige, über Räuber, über Fürsten und
Soldaten, über Krieg und Kampf, über Speise und Trank, über
Kleidung und Bett, über Blumen und Düfte, über Verwandte,
über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen, über Städte
und Länder, über Weiber und Weine, über Straßen und Märkte,
über die Altvorderen und über die Veränderungen, über
Volksgeschichten und Seegeschichten, über dies und das und
dergleichen mehr.

Und Uggāhamāno der Pilger, der Sohn der Samaṇamuṇḍikā, sah
Pañcakaṉgo den Baumeister von ferne herankommen, und als er ihn
gesehn mahnte er die Umsitzenden zur Ruhe:

»Seid nicht so laut, ihr Lieben, macht keinen Lärm, ihr Lieben:
da kommt ein Jünger des Asketen Gotamo heran, Pañcakaṉgo der
Baumeister! Von jenen Jüngern des Asketen Gotamo, die da als
Hausleute, weiß gekleidet, in Sāvatthī wohnen, ist dieser auch
einer, Pañcakaṉgo der Baumeister. Und sie lieben nicht lauten
Lärm, diese Herren, Ruhe ist ihnen recht, Ruhe preisen sie;
vielleicht mag ihn der Anblick einer lautlosen Versammlung
bewegen, seine Schritte hierher zu lenken.«

Und so schwiegen denn diese Pilger still. Und Pañcakaṉgo der
Baumeister kam näher zu Uggāhamāno dem Pilger, dem Sohne der
Samaṇamuṇḍikā, heran. Dort angelangt wechselte er höflichen
Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit ihm und setzte sich
zur Seite nieder. Und zu Pañcakaṉgo dem Baumeister, der da
zur Seite saß, sprach nun Uggāhamāno der Pilger, der Sohn der
Samaṇamuṇḍikā, also:

»Vier Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen gut           343
begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den
Asketenkampf bestanden haben: welche vier? Da begeht er,
Baumeister, keine böse That in Werken, redet kein böses Wort,
hegt keine böse Gesinnung, lebt kein böses Leben. Diese vier
Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen gut begabt
sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf
bestanden haben.«

Aber Pañcakaṉgo der Baumeister war durch die Worte des Pilgers
Uggāhamāno, des Sohnes der Samaṇamuṇḍikā, weder befriedigt noch
verstimmt; ohne Befriedigung, ohne Verstimmung stand er von
seinem Sitze auf und ging fort: ›Beim Erhabenen werd’ ich den
Sinn dieser Worte verstehn.‹

Und Pañcakaṉgo der Baumeister begab sich dorthin wo der
Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte
sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend berichtete nun
Pañcakaṉgo der Baumeister dem Erhabenen Wort für Wort alles was
Uggāhamāno der Pilger, der Sohn der Samaṇamuṇḍikā, gesagt. Als
er geendet, wandte sich der Erhabene zu ihm und sprach:

»Ist es also, Baumeister, dann mag ein zarter Knabe, ein
unvernünftiger Säugling, gut begabt sein, höchstes Gut, besten
Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben, dem Worte
des Pilgers Uggāhamāno, des Sohnes der Samaṇamuṇḍikā, gemäß.
Denn ein zarter Knabe, Baumeister, ein unvernünftiger Säugling,
weiß ja nichts von Werken: woher sollt’ er gar böse That in
Werken begehn, es sei denn dass er um sich schlägt. Denn ein         344
zarter Knabe, Baumeister, ein unvernünftiger Säugling, weiß ja
nichts von Worten: woher sollt’ er gar böses Wort reden, es
sei denn dass er schreit. Denn ein zarter Knabe, Baumeister,
ein unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von Gesinnung:
woher sollt’ er gar böse Gesinnung hegen, es sei denn dass
er zornig ist.[118] Denn ein zarter Knabe, Baumeister, ein
unvernünftiger Säugling, weiß ja nichts von Leben: woher sollt’
er gar böses Leben leben, es sei denn dass er Muttermilch
nimmt. Ist es also, Baumeister, dann mag ein zarter Knabe, ein
unvernünftiger Säugling, gut begabt sein, höchstes Gut, besten
Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben, dem Worte
des Pilgers Uggāhamāno, des Sohnes der Samaṇamuṇḍikā, gemäß.

»Vier Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen noch
nicht gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen,
den Asketenkampf bestanden haben, sondern nur bis zu jenem
zarten Knaben, dem unvernünftigen Säugling, heranreichen:
welche vier? Da begeht er, Baumeister, keine böse That in
Werken, redet kein böses Wort, hegt keine böse Gesinnung, lebt
kein böses Leben. Diese vier Dinge, Baumeister, sag’ ich,
lassen den Menschen noch nicht gut begabt sein, höchstes Gut,
besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf bestanden haben,
sondern nur bis zu jenem zarten Knaben, dem unvernünftigen
Säugling, heranreichen.

»Zehn Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen gut
begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den
Asketenkampf bestanden haben.

»‚So ist üble Gehabung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man         345
wissen. ‚Daher kommt üble Gehabung‘: das, Baumeister, sag’
ich, muss man wissen. ‚Da geht üble Gehabung ohne Ueberrest
unter‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Also
wandelnd geht man dem Untergang übler Gehabung entgegen‘:
das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚So ist gute
Gehabung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Daher
kommt gute Gehabung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man
wissen. ‚Da geht gute Gehabung ohne Ueberrest unter‘: das,
Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Also wandelnd geht man
dem Untergang guter Gehabung entgegen‘: das, Baumeister, sag’
ich, muss man wissen. ‚So ist üble Gesinnung‘: das, Baumeister,
sag’ ich, muss man wissen. ‚Daher kommt üble Gesinnung‘: das,
Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Da geht üble Gesinnung
ohne Ueberrest unter‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man
wissen. ‚Also wandelnd geht man dem Untergang übler Gesinnung
entgegen‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚So ist
gute Gesinnung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss man wissen.
‚Daher kommt gute Gesinnung‘: das, Baumeister, sag’ ich, muss
man wissen. ‚Da geht gute Gesinnung ohne Ueberrest unter‘: das,
Baumeister, sag’ ich, muss man wissen. ‚Also wandelnd geht man
dem Untergang guter Gesinnung entgegen‘: das, Baumeister, sag’       346
ich, muss man wissen.

»Was ist aber, Baumeister, üble Gehabung? Ueble That in
Werken, üble That in Worten, böses Leben: das heißt man,
Baumeister, üble Gehabung. Und woher, Baumeister, kommt diese
üble Gehabung? Spricht man von ihrer Herkunft, so hat man
zu sagen: aus dem Herzen kommt sie her.[119] Welcher Art
ist das Herz? Das Herz ist eben gar vielfältig, manigfach,
unterschiedlich; das Herz, das Gier, Hass und Irre birgt[120],
da kommt die üble Gehabung her. Und wo, Baumeister, geht diese
üble Gehabung ohne Ueberrest unter? Spricht man von ihrem
Untergange, so gilt es, Baumeister, dass der Mönch üblen
Wandel in Werken verlasse und guten Wandel in Werken erfülle,
üblen Wandel in Worten verlasse und guten Wandel in Worten
erfülle, üblen Wandel in Gedanken verlasse und guten Wandel in
Gedanken erfülle, falsches Leben verlasse und auf rechte Weise
das Leben friste: da geht jene üble Gehabung ohne Ueberrest
unter. Wie aber wandelt man, Baumeister, dem Untergang übler
Gehabung entgegenzugehn? Da weckt, Baumeister, der Mönch seinen
Willen, dass er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht
aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet
das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er
aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich
darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit;
weckt seinen Willen, dass er unaufgestiegene heilsame Dinge
aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet
das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er
aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern,
weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse,
er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht
es kampfbereit. Also wandelt man, Baumeister, dem Untergang          347
übler Gehabung entgegenzugehn.

»Was ist aber, Baumeister, gute Gehabung? Gute That in
Werken, gute That in Worten, Lauterkeit des Lebens: das,
Baumeister, sag’ ich, gehört zur Gehabung; und man heißt
es, Baumeister, gute Gehabung. Und woher, Baumeister, kommt
diese gute Gehabung? Spricht man von ihrer Herkunft, so hat
man zu sagen: aus dem Herzen kommt sie her. Welcher Art ist
das Herz? Das Herz ist eben gar vielfältig, manigfach,
unterschiedlich; das Herz, das keine Gier, keinen Hass,
keine Irre birgt, da kommt die gute Gehabung her. Und wo,
Baumeister, geht diese gute Gehabung ohne Ueberrest unter?
Spricht man von ihrem Untergange, so gilt es, Baumeister,
dass der Mönch Tugend habe, nicht aber Tugend sei; und dass
er jene Gemütherlösung, Weisheiterlösung der Wahrheit gemäß
erkenne, wo ihm die gute Gehabung ohne Ueberrest untergeht.
Wie aber wandelt man, Baumeister, dem Untergang guter Gehabung
entgegenzugehn? Da weckt, Baumeister, der Mönch seinen
Willen, dass er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht
aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet
das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er
aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich
darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit;
weckt seinen Willen, dass er unaufgestiegene heilsame Dinge
aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet
das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er
aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern,
weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse, er
müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es
kampfbereit. Also wandelt man, Baumeister, dem Untergang guter
Gehabung entgegenzugehn.

»Was ist aber, Baumeister, üble Gesinnung? Sinnende Lust,
sinnender Groll, sinnende Wuth: das heißt man, Baumeister, üble
Gesinnung. Und woher, Baumeister, kommt diese üble Gesinnung?
Spricht man von ihrer Herkunft, so hat man zu sagen: aus der         348
Wahrnehmung kommt sie her. Welcher Art ist die Wahrnehmung?
Die Wahrnehmung ist eben gar vielfältig, manigfach,
unterschiedlich; die Wahrnehmung, die Lust empfindet, Groll
empfindet, Wuth empfindet, da kommt die üble Gesinnung her. Und
wo, Baumeister, geht diese üble Gesinnung ohne Ueberrest unter?
Spricht man von ihrem Untergange, so gilt es, Baumeister, dass
der Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen,
in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der
Weihe der ersten Schauung weile: da geht jene üble Gesinnung
ohne Ueberrest unter. Wie aber wandelt man, Baumeister,
dem Untergang übler Gesinnung entgegenzugehn? Da weckt,
Baumeister, der Mönch seinen Willen, dass er unaufgestiegene
üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen lasse, er müht sich
darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit;
weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene üble, unheilsame
Dinge vertreibe, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet
das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er
unaufgestiegene heilsame Dinge aufsteigen lasse, er müht sich
darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit;
weckt seinen Willen, dass er aufgestiegene heilsame Dinge
sich festigen, nicht lockern, weiterentwickeln, erschließen,
entfalten, erfüllen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt,
rüstet das Herz, macht es kampfbereit. Also wandelt man,
Baumeister, dem Untergang übler Gesinnung entgegenzugehn.

»Was ist aber, Baumeister, gute Gesinnung? Entsagung sinnen,
keinen Groll hegen, keine Wuth hegen: das heißt man,
Baumeister, gute Gesinnung. Und woher, Baumeister, kommt diese
gute Gesinnung? Spricht man von ihrer Herkunft, so hat man
zu sagen: aus der Wahrnehmung kommt sie her. Welcher Art ist
die Wahrnehmung? Die Wahrnehmung ist eben gar vielfältig,            349
manigfach, unterschiedlich; die Wahrnehmung, die Entsagung
sinnt, keinen Groll hegt, keine Wuth hegt, da kommt die gute
Gesinnung her. Und wo, Baumeister, geht diese gute Gesinnung
ohne Ueberrest unter? Spricht man von ihrem Untergange, so
gilt es, Baumeister, dass der Mönch nach Vollendung des
Sinnens und Gedenkens die innere Meeresstille, die Einheit des
Gemüthes gewinne, die von sinnen, von gedenken freie, in der
Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten
Schauung: da geht jene gute Gesinnung ohne Ueberrest unter. Wie
aber wandelt man, Baumeister, dem Untergang guter Gesinnung
entgegenzugehn? Da weckt, Baumeister, der Mönch seinen
Willen, dass er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht
aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet
das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er
aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich
darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit;
weckt seinen Willen, dass er unaufgestiegene heilsame Dinge
aufsteigen lasse, er müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet
das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, dass er
aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern,
weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse, er
müht sich darum, muthig bestrebt, rüstet das Herz, macht es
kampfbereit. Also wandelt man, Baumeister, dem Untergang guter
Gesinnung entgegenzugehn.

»Was für zehn Dinge aber, Baumeister, sag’ ich, lassen den
Menschen gut begabt sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen,
den Asketenkampf bestanden haben? Da eignet, Baumeister,
einem Mönche untrüglich rechte Erkenntniss, untrüglich rechte
Gesinnung, untrüglich rechte Rede, untrüglich rechtes Handeln,
untrüglich rechtes Wandeln, untrüglich rechtes Mühn, untrüglich      350
rechte Einsicht, untrüglich rechte Einigung, untrüglich
rechte Weisheit, untrüglich rechte Erlösung. Diese zehn
Dinge, Baumeister, sag’ ich, lassen den Menschen gut begabt
sein, höchstes Gut, besten Gewinn gewonnen, den Asketenkampf
bestanden haben.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich Pañcakaṉgo der
Baumeister über das Wort des Erhabenen.



                              79.

              Achter Theil            Neunte Rede

                          SAKULUDĀYĪ

                           -- II --


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen. Um diese
Zeit nun hielt sich der Pilger Sakuludāyī im Pilgerhaine
auf, am Pfauenhügel, in Gesellschaft vieler Pilger. Und
der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und
wanderte gegen Rājagaham, um Almosenspeise. Und es gedachte der
Erhabene: ›Allzu früh ist’s noch, in der Stadt um Almosenspeise
zu stehn; wie, wenn ich nun zum Pilgergarten, nach dem
Pfauenhügel ginge, Sakuludāyī den Pilger besuchen?‹ Und der
Erhabene begab sich zum Pilgergarten, nach dem Pfauenhügel hin.

Um diese Zeit aber war Sakuludāyī der Pilger, im weiten Kreise       351
der Pilgerschaar sitzend, in lebhaftem Gespräche begriffen;
und sie machten lauten Lärm, großen Lärm und unterhielten sich
über allerhand gemeine Dinge, als wie über Könige, über Räuber,
über Fürsten und Soldaten, über Krieg und Kampf, über Speise
und Trank, über Kleidung und Bett, über Blumen und Düfte, über
Verwandte, über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen,
über Städte und Länder, über Weiber und Weine, über Straßen
und Märkte, über die Altvorderen und über die Veränderungen,
über Volksgeschichten und Seegeschichten, über dies und das und
dergleichen mehr.

Und Sakuludāyī der Pilger sah den Erhabenen von ferne
herankommen, und als er ihn gesehn mahnte er die Umsitzenden
zur Ruhe:

»Seid nicht so laut, ihr Lieben, macht keinen Lärm, ihr Lieben:
da kommt der Asket Gotamo heran! Und er liebt nicht lauten
Lärm, dieser Ehrwürdige, Ruhe preist er; vielleicht mag ihn
der Anblick einer lautlosen Versammlung bewegen seine Schritte
hierher zu lenken.«[121]

Und so schwiegen denn diese Pilger still. Und der Erhabene kam
näher zu Sakuludāyī dem Pilger heran. Und Sakuludāyī der Pilger
sprach zum Erhabenen also:

»Es komme, o Herr, der Erhabene, gegrüßt sei, o Herr, der
Erhabene! Lange schon, o Herr, hat der Erhabene hoffen lassen,
mich einmal hier zu besuchen. Möge sich, o Herr, der Erhabene
setzen: dieser Sitz ist bereit.«

Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen Sitz.
Sakuludāyī aber, der Pilger, nahm einen von den niederen
Stühlen zur Hand und setzte sich an die Seite. Zu Sakuludāyī
dem Pilger, der da beiseite saß, wandte sich nun der Erhabene
also:

»Zu welchem Gespräche, Udāyī, seid ihr jetzt hier
zusammengekommen, und wobei habt ihr euch eben unterbrochen?«

»Sei es, o Herr, um jenes Gespräch, warum wir hier beisammen
sind: schwerlich, o Herr, wird dem Erhabenen etwas entgehn,
wenn es auch später zur Sprache kommt. Wann ich, o Herr, fern        352
von dieser Gesellschaft weile, dann ist sie zu Gesprächen über
allerhand gemeine Dinge versammelt: wann ich aber, o Herr,
diese Gesellschaft aufgesucht habe, dann richten sich ihre
Blicke zu mir empor: ›Was uns der Asket Udāyī wird lehren,
dem wollen wir lauschen.‹ Hat nun, o Herr, der Erhabene diese
Gesellschaft aufgesucht, dann richten sich ebenso meine Blicke
wie die der Uebrigen zum Erhabenen empor: ›Was uns der Erhabene
wird lehren, dem wollen wir lauschen.‹«

»Wohlan denn, Udāyī, da soll eben von dir die Ansprache
ausgehn, wie sie von mir ausgehn mag.«

»Die vergangenen Tage, o Herr, vor einiger Zeit, hab’ ich ihm,
der alles weiß, alles versteht, unbeschränkte Wissensklarheit
bekennt -- ‚Ob ich geh’ oder stehe, schlaf’ oder wache,
jederzeit hab’ ich die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig‘
-- von Anfang an Fragen gestellt: er aber ist von einem auf
ein anderes übergegangen, vom Gegenstande abgeschweift, hat
Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag gelegt. Da hab’
ich, o Herr, eben an den Erhabenen mit Freuden gedacht: ›Ja
der Erhabene, ja der Willkommene, der wird gewiss dieser Dinge
kundig sein!‹«

»Wer ist es denn, Udāyī, der alles weiß, alles versteht,
unbeschränkte Wissensklarheit bekennt -- ‚Ob ich geh’ oder
stehe, schlaf’ oder wache, jederzeit hab’ ich die gesammte
Wissensklarheit gegenwärtig‘ -- der von dir, von Anfang
an befragt, von einem auf ein anderes übergegangen, vom
Gegenstande abgeschweift ist, Verdrossenheit, Hass und
Misstrauen an den Tag gelegt hat?«

»Nāthaputto, Herr, der Freie Bruder.«                                353

»Wer sich, Udāyī, mancher verschiedenen früheren Daseinsform
erinnerte, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, und
so weiter; wer sich also an manche verschiedene frühere
Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den
eigenartigen Beziehungen, erinnern kann: mag der von Anfang
an mir Fragen stellen, oder mag er von Anfang an mich fragen
lassen, so wird er, wie er sich von Anfang an die Fragen
lösen lässt, sich zufrieden stellen, oder wird, wie er mich
von Anfang an die Fragen lösen lässt, sich zufrieden geben.
Wer[122] da, Udāyī, mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten,
über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen
dahinschwinden und wiedererscheinen sähe, gemeine und edle,
schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, erkennen
kann wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren: mag der
vom Ende an mir Fragen stellen, oder mag er vom Ende an mich
fragen lassen, so wird er, wie er sich vom Ende an die Fragen
lösen lässt, sich zufrieden stellen, oder wird, wie er mich vom
Ende an die Fragen lösen lässt, sich zufrieden geben. Aber,
Udāyī, sei es um den Anfang, sei es um das Ende: die Satzung
werd’ ich dir aufweisen. Wenn Jenes ist, wird Dieses, durch die
Entstehung von Jenem entsteht Dieses; wenn Jenes nicht ist,
wird Dieses nicht, durch die Auflösung von Jenem wird Dieses
aufgelöst.[123]«

»Ich kann mich dessen, o Herr, was ich nur in meiner
gegenwärtigen Erscheinung alles erlebt habe, durchaus nicht
je einzeln ganz genau erinnern: woher sollt’ ich mich gar an         354
manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, als wie
an ein Leben, dann an zwei Leben, und so weiter, mit je den
eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen,
gleichwie etwa der Erhabene? Ja, o Herr, nicht einmal ein
Irrlicht vermag ich jetzt wahrzunehmen: woher sollt’ ich gar
mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche
Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und
wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne,
glückliche und unglückliche, und erkennen wie die Wesen je nach
den Thaten wiederkehren, gleichwie etwa der Erhabene? Was mir
nun erst, o Herr, der Erhabene da gesagt hat: ›Aber, Udāyī, sei
es um den Anfang, sei es um das Ende: die Satzung werd’ ich dir
aufweisen. Wenn Jenes ist, wird Dieses, durch die Entstehung
von Jenem entsteht Dieses; wenn Jenes nicht ist, wird Dieses
nicht, durch die Auflösung von Jenem wird Dieses aufgelöst‹,
das ist mir noch viel weniger klar geworden. O dass ich nur,
o Herr, bei meinem eigenen Lehrsatze dem Erhabenen durch die
Lösung der Fragen zustimmen könnte!«

»Was hast du denn, Udāyī, für einen eigenen Lehrsatz?«

»Unser eigener Lehrsatz, o Herr, der lautet: ›Das ist der
höchste Glanz, das ist der höchste Glanz.‹«

»Was du aber da, Udāyī, als eigenen Lehrsatz also ansiehst,
›Das ist der höchste Glanz, das ist der höchste Glanz‹, was ist
das für ein höchster Glanz?«

»Ein Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren
giebt, das ist der höchste Glanz.«

»Und was ist das, Udāyī, für ein höchster Glanz, über den es
keinen größeren und helleren giebt?«

»Jener Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren       355
giebt, das ist der höchste Glanz.«

»Lange noch kannst du also, Udāyī, fortfahren, wenn du sagst
›Jener Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren
giebt, das ist der höchste Glanz‹, und diesen Glanz nicht
erklärst. Gleichwie etwa, Udāyī, wenn ein Mann also spräche:
›Ich habe nach ihr, die da im ganzen Lande die Schönste ist,
Verlangen, habe Sehnsucht nach ihr‹; und man fragte ihn:
›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der du verlangst
und dich sehnst, kennst du diese, ob es eine Fürstin oder eine
Priestertochter, ein Bürgermädchen oder eine Dienerin ist?‹;
und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber
Mann, die Schönste des Landes, nach der du verlangst und
dich sehnst, kennst du diese, weißt du wie sie heißt, wo sie
herstammt oder hingehört, ob sie von großer oder von kleiner
oder von mittlerer Gestalt ist, ob ihre Hautfarbe schwarz
oder braun oder gelb ist, in welchem Dorf oder welcher Burg
oder welcher Stadt sie zuhause ist?‹; und er gäbe ›Nein‹
zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die du nicht
kennst und nicht siehst, nach der verlangst du, sehnst dich
nach ihr?‹; und er gäbe ›Ja‹ zur Antwort; was meinst du wohl,
Udāyī: hätte nun nicht, bei solcher Bewandtniss, jener Mann
unbegreifliche Antwort gegeben?«

»Allerdings hätte, o Herr, bei solcher Bewandtniss jener Mann
unbegreifliche Antwort gegeben.«[124]

»Ebenso nun auch, Udāyī, hast du gesagt ›Jener Glanz, o Herr,        356
über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der
höchste Glanz‹, und hast diesen Glanz nicht erklärt.«

»Gleichwie etwa, o Herr, ein Juwel, ein Edelstein, von reinem
Wasser, achteckig, wohlbearbeitet, auf lichter Decke liegend
leuchtet und funkelt und strahlt, ebenso glänzend ist die
Seele, nach dem Tode genesen.«[125]

»Was meinst du wohl, Udāyī: ein Juwel, ein Edelstein, der von
reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet ist, auf lichter
Decke liegend leuchtet und funkelt und strahlt, oder aber ein
Glühwurm, ein Leuchtkäfer[126] in dunkler, finsterer Nacht: wer
von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Ein Glühwurm, o Herr, in dunkler, finsterer Nacht, ein
Leuchtkäfer, dieser von beiden hat da größeren und helleren
Glanz.«

»Was meinst du wohl, Udāyī: ein Glühwurm in dunkler, finsterer
Nacht, ein Leuchtkäfer, oder aber eine Oellampe in dunkler,
finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren
Glanz?«

»Eine Oellampe, o Herr, in dunkler, finsterer Nacht, diese von
beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Udāyī: eine Oellampe in dunkler, finsterer
Nacht, oder aber eine mächtige Fackel in dunkler, finsterer
Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Eine mächtige Fackel, o Herr, in dunkler, finsterer Nacht,          357
diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Udāyī: eine mächtige Fackel in dunkler,
finsterer Nacht, oder aber der Morgenstern in dämmernder Frühe,
wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind: wer
von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Der Morgenstern, o Herr, in dämmernder Frühe, wann die Wolken
und Nebel verzogen und verschwunden sind, dieser von beiden hat
da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Udāyī: der Morgenstern in dämmernder
Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden
sind, oder aber am Feiertage im halben Monat, wann die Wolken
und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um
Mitternacht der Mond: wer von den beiden hat größeren und
helleren Glanz?«

»Der Mond, o Herr, am Feiertage im halben Monat, wann die
Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt
um Mitternacht, dieser von beiden hat da größeren und helleren
Glanz.«

»Was meinst du wohl, Udāyī: der Mond am Feiertage im halben
Monat, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden
sind, unbeschränkt um Mitternacht, oder aber im letzten Monat
der Regenzeit, im Herbste, wann die Wolken und Nebel verzogen
und verschwunden sind, unbeschränkt um Mittag die Sonne: wer
von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Die Sonne, o Herr, im letzten Monat der Regenzeit, im Herbste,
wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind,
unbeschränkt um Mittag, diese von beiden hat da größeren und         358
helleren Glanz.«

»Nun sind es zwar, Udāyī, mehr als viele der Götter, deren
Licht sich mit dem von Sonne und Mond nicht vergleichen lässt,
und ich kenne sie: dennoch aber sag’ ich nicht ›Ein Glanz, über
den es keinen größeren und helleren giebt‹; während, Udāyī, du
dagegen von jenem Glatze, der dem Glühwurm, dem Leuchtkäfer
nachsteht, unterlegen ist, sagst ›Das ist der höchste Glanz‹,
und diesen Glanz nicht erklärst.«

»Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch, abgeschnitten hat
der Willkommene das Gespräch!«

»Warum denn, Udāyī, sagst du: ›Abgeschnitten hat der Erhabene
das Gespräch, abgeschnitten hat der Willkommene das Gespräch‹?«

»Unser eigener Lehrsatz, o Herr, der lautet: ›Das ist der
höchste Glanz, das ist der höchste Glanz‹: und da sind wir,
o Herr, vom Erhabenen über unseren eigenen Lehrsatz befragt,
ausgeforscht, unterrichtet, hohl und leer und eitel befunden
worden.«

»Sag’ mir, Udāyī: giebt es ein vollkommenes Wohlsein, giebt es
einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein
zu erreichen?«

»Wir haben, o Herr, einen Lehrsatz, der lautet: ›Es giebt ein
vollkommenes Wohlsein, es giebt einen deutlich bezeichneten
Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen.‹«

»Und was ist das, Udāyī, für ein deutlich bezeichneter Pfad, um
das vollkommene Wohlsein zu erreichen?«

»Da hat einer, o Herr, das Tödten verworfen, vom Tödten hält
er sich fern, Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom
Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern, Ausschweifung hat
er verworfen, von Ausschweifung hält er sich fern, das Lügen         359
hat er verworfen, vom Lügen hält er sich fern; oder er hat
noch andere Büßerpflicht auf sich genommen. Das ist, o Herr,
der deutlich bezeichnete Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu
erreichen.«

»Was bedünkt dich, Udāyī: zu einer Zeit wo man das Tödten
verworfen hat, sich vom Tödten fernhält, fühlt man sich zu
einer solchen Zeit vollkommen wohl, oder wohl und weh?«

»Wohl und weh, o Herr!«

»Was bedünkt dich, Udāyī? zu einer Zeit wo man das Nehmen des
Nichtgegebenen, Ausschweifung, Lüge verworfen hat, sich davon
fernhält, fühlt man sich zu einer solchen Zeit vollkommen wohl,
oder wohl und weh?«

»Wohl und weh, o Herr!«

»Was bedünkt dich, Udāyī: zu einer Zeit wo man noch andere
Büßerpflicht auf sich genommen hat, fühlt man sich zu einer
solchen Zeit vollkommen wohl, oder wohl und weh?«

»Wohl und weh, o Herr!«

»Was bedünkt dich, Udayī: hat man nun aber den Pfad betreten,
der Wohl und Wehe mit sich bringt, kann man da vollkommenes
Wohlsein erreichen?«

»Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch, abgeschnitten hat
der Willkommene das Gespräch!«

»Warum denn, Udāyī, sagst du: ›Abgeschnitten hat der Erhabene
das Gespräch, abgeschnitten hat der Willkommene das Gespräch‹?«

»Unser eigener Lehrsatz, o Herr, der lautet: ›Es giebt ein           360
vollkommenes Wohlsein, es giebt einen deutlich bezeichneten
Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen‹: und da sind
wir, o Herr, vom Erhabenen über unseren eigenen Lehrsatz
befragt, ausgeforscht, unterrichtet, hohl und leer und eitel
befunden worden. Wie nun, o Herr: giebt es ein vollkommenes
Wohlsein, giebt es einen deutlich bezeichneten Pfad, um das
vollkommene Wohlsein zu erreichen?«

»Es giebt, Udāyī, ein vollkommenes Wohlsein, es giebt einen
deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu
erreichen.«

»Und was ist das, o Herr, für ein deutlich bezeichneter Pfad,
um das vollkommene Wohlsein zu erreichen?«

»Da weilt, Udāyī, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern
von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener
säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Nach
Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt er die innere
Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von
gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit,
die Weihe der zweiten Schauung. In heiterer Ruhe verweilt er
gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet
er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig
Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten
Schauung. Das ist, Udāyī, der deutlich bezeichnete Pfad, um das
vollkommene Wohlsein zu erreichen.«

»Wie kann das, o Herr, der deutlich bezeichnete Pfad sein, um
das vollkommene Wohlsein zu erreichen? Erreicht hat man ja da
schon, o Herr, vollkommenes Wohlsein!«

»Nicht hat man, Udāyī, da schon vollkommenes Wohlsein erreicht:
der deutlich bezeichnete Pfad ist es nur, um das vollkommene
Wohlsein zu erreichen.«

Auf diese Worte brachen die Jünger Sakuludāyī des Pilgers in
lebhafte Rufe aus, in lauten Lärm, in großen Lärm:

»So haben wir unsere Lehrsätze verloren, so haben wir unsere
Lehrsätze wiedergefunden![127] Darüber hinaus begreifen wir          361
nichts Höheres mehr.«

Und Sakuludāyī der Pilger beschwichtigte sie und sprach dann
also zum Erhabenen:

»Inwiefern hat man nun, o Herr, vollkommenes Wohlsein erreicht?«

»Da erwirkt, Udāyī, der Mönch nach Verwerfung der Freuden und
Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns
die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen
vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Und so da Geister sich
vollkommen wohl befinden, geht er sie an und pflegt Rede und
Rath mit ihnen, insofern hat man, Udāyī, vollkommenes Wohlsein
erreicht.«

»Und gewiss, o Herr, führen die Mönche um dieses vollkommene
Wohlsein zu erreichen das Asketenleben beim Erhabenen?«

»Nicht doch, Udāyī, um dieses vollkommene Wohlsein zu erreichen
führen die Mönche bei mir das Asketenleben; es giebt, Udāyī,
noch andere Dinge, die besser und vorzüglicher sind, um deren
Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.«

»Was sind das aber, o Herr, für bessere und vorzüglichere
Dinge, um deren Erreichung die Mönche das Asketenleben beim
Erhabenen führen?«

»Da weilt[128], Udāyī, der Mönch solchen Gemüthes, innig,            362
geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig,
biegsam, fest, unversehrbar, und richtet das Gemüth auf die
erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. Er erinnert
sich an manche verschiedene frühere Daseinsform, als wie an
ein Leben, dann an zwei Leben, und so weiter, mit je den
eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen.
Das aber ist, Udāyī, ein besseres und vorzüglicheres Ding, um
dessen Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert,
gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest,
unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des
Verschwindens-Erscheinens der Wesen. Mit dem himmlischen Auge,
dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden,
kann er die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn,
gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und
unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den
Thaten wiederkehren. Das aber ist, Udāyī, ein besseres und
vorzüglicheres Ding, um dessen Erreichung die Mönche bei mir
das Asketenleben führen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,          363
richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung.
›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der
Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der der Wahrheit
gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt
er der Wahrheit gemäß. Also erkennend, also sehend wird da
sein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn,
erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹,
diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet
das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹
versteht er da. Das ist, Udāyī, ein besseres und vorzüglicheres
Ding, um dessen Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben
führen.

»Das sind, Udāyī, die besseren und vorzüglicheren Dinge, um
deren Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.«

Nach diesen Worten wandte sich Sakuludāyī der Pilger also an
den Erhabenen:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa,
o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes
enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die
Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹:
ebenso auch hat der Erhabene die Lehre gar vielfach gezeigt.
Und so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der
Lehre und bei der Jüngerschaft: möge mir, o Herr, der Erhabene       364
Aufnahme gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

So sprach Sakuludāyī der Pilger. Aber seine Jünger wandten sich
also an ihn:

»Nicht darf Herr Udāyī beim Asketen Gotamo das Asketenleben
führen, nicht darf Herr Udāyī, längst ein Lehrer, als Schüler
in die Lehre gehn! Gleichwie etwa wenn man, längst geschmückt,
einen jeden Schmuck ablegte, ebenso würde das Herrn Udāyī
anstehn.[129] Nicht darf Herr Udāyī beim Asketen Gotamo das
Asketenleben führen, nicht darf Herr Udāyī, längst ein Lehrer,
als Schüler in die Lehre gehn!«

       *       *       *       *       *

Und so hielten denn Sakuludāyī den Pilger seine Jünger vom
Asketenleben beim Erhabenen ab.[130]



                              80.

              Achter Theil            Zehnte Rede

                           VEKHANASO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da nun begab sich Vekhanaso, ein Pilger, dorthin wo der
Erhabene weilte, tauschte höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und stellte sich seitwärts
hin. Seitwärts stehend ließ nun Vekhanaso der Pilger vor dem
Erhabenen den Ausspruch vernehmen:

»Das ist der höchste Glanz, das ist der höchste Glanz.«

»Warum denn, Kaccāno[131], sagst du: ›Das ist der höchste
Glanz, das ist der höchste Glanz‹? Was ist das für ein höchster
Glanz?«

»Ein Glanz, o Gotamo, über den es keinen größeren und helleren       365
giebt, das ist der höchste Glanz.«

»Und was ist das, Kaccāno, für ein höchster Glanz, über den es
keinen größeren und helleren giebt?«

»Jener Glanz, o Gotamo, über den es keinen größeren und
helleren giebt, das ist der höchste Glanz.«

»Lange noch kannst du also, Kaccāno, fortfahren, wenn du
sagst ›Jener Glanz, o Gotamo, über den es keinen größeren
und helleren giebt, das ist der höchste Glanz‹, und diesen
Glanz nicht erklärst. Gleichwie etwa, Kaccāno, wenn ein Mann
also spräche: ›Ich habe nach ihr, die da im ganzen Lande die
Schönste ist, Verlangen, habe Sehnsucht nach ihr‹; und man
fragte ihn: ›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der
du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, ob es eine
Fürstin oder eine Priestertochter, ein Bürgermädchen oder
eine Dienerin ist?‹; und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort; und man
fragte ihn: ›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der du
verlangst und dich sehnst, kennst du diese, weißt du wie sie
heißt, wo sie herstammt oder hingehört, ob sie von großer oder
von kleiner oder von mittlerer Gestalt ist, ob ihre Hautfarbe
schwarz oder braun oder gelb ist, in welchem Dorf oder welcher
Burg oder welcher Stadt sie zuhause ist?‹; und er gäbe ›Nein‹
zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die du nicht
kennst und nicht siehst, nach der verlangst du, sehnst dich
nach ihr?‹; und er gäbe ›Ja‹ zur Antwort; was meinst du wohl,        366
Kaccāno: hätte nun nicht, bei solcher Bewandtniss, jener Mann
unbegreifliche Antwort gegeben?«

»Allerdings hätte, o Gotamo, bei solcher Bewandtniss jener Mann
unbegreifliche Antwort gegeben.«

»Ebenso nun auch, Kaccāno, hast du gesagt ›Jener Glanz, o
Gotamo, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist
der höchste Glanz‹, und hast diesen Glanz nicht erklärt.«

»Gleichwie etwa, o Gotamo, ein Juwel, ein Edelstein, von reinem
Wasser, achteckig, wohlbearbeitet, auf lichter Decke liegend
leuchtet und funkelt und strahlt, ebenso glänzend ist die
Seele, nach dem Tode genesen.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: ein Juwel, ein Edelstein, der
von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet ist, auf lichter
Decke liegend leuchtet und funkelt und strahlt, oder aber ein
Glühwurm, ein Leuchtkäfer in dunkler, finsterer Nacht: wer von
den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Ein Glühwurm, o Gotamo, in dunkler, finsterer Nacht, ein
Leuchtkäfer, dieser von beiden hat da größeren und helleren
Glanz.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: ein Glühwurm in dunkler,
finsterer Nacht, ein Leuchtkäfer, oder aber eine Oellampe in
dunkler, finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und
helleren Glanz?«

»Eine Oellampe, o Gotamo, in dunkler, finsterer Nacht, diese
von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: eine Oellampe in dunkler,              367
finsterer Nacht, oder aber eine mächtige Fackel in dunkler,
finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren
Glanz?«

»Eine mächtige Fackel, o Gotamo, in dunkler, finsterer Nacht,
diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: eine mächtige Fackel in dunkler,
finsterer Nacht, oder aber der Morgenstern in dämmernder Frühe,
wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind: wer
von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Der Morgenstern, o Gotamo, in dämmernder Frühe, wann die
Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, dieser von
beiden hat da größeren und helleren Glanz.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: der Morgenstern in dämmernder
Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden
sind, oder aber am Feiertage im halben Monat, wann die Wolken
und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um
Mitternacht der Mond: wer von den beiden hat größeren und
helleren Glanz?«

»Der Mond, o Gotamo, am Feiertage im halben Monat, wann die
Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt
um Mitternacht, dieser von beiden hat da größeren und helleren
Glanz.«

»Was meinst du wohl, Kaccāno: der Mond am Feiertage im halben
Monat, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden
sind, unbeschränkt um Mitternacht, oder aber im letzten Monat
der Regenzeit, im Herbste, wann die Wolken und Nebel verzogen
und verschwunden sind, unbeschränkt um Mittag die Sonne: wer         368
von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«

»Die Sonne, o Gotamo, im letzten Monat der Regenzeit, im
Herbste, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden
sind, unbeschränkt um Mittag, diese von beiden hat da größeren
und helleren Glanz.«

»Nun sind es zwar, Kaccāno, mehr als viele der Götter, deren
Licht sich mit dem von Sonne und Mond nicht vergleichen lässt,
und ich kenne sie: dennoch aber sag’ ich nicht ›Ein Glanz, über
den es keinen größeren und helleren giebt‹; während, Kaccāno,
du dagegen von jenem Glanze, der dem Glühwurm, dem Leuchtkäfer
nachsteht, unterlegen ist, sagst ›Das ist der höchste Glanz‹,
und diesen Glanz nicht erklärst. --

»Fünf Begehrungen, Kaccāno, giebt es: welche fünf? Die
durch das Gesicht ins Bewusstsein tretenden Formen, die
ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Gehör
ins Bewusstsein tretenden Töne, die ersehnten, geliebten,
entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden,
reizenden: die durch den Geruch ins Bewusstsein tretenden
Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack
ins Bewusstsein tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten,
entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden,
reizenden; die durch das Getast ins Bewusstsein tretenden
Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen,
dem Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind, Kaccāno, die
fünf Begehrungen. Was da, Kaccāno, Wohl und Erwünschtes diesen
fünf Begehrungen gemäß geht, das nennt man Begierdengenuss.
So kommt von Begierden Begierdengenuss, von Begierdengenuss
Begierdenhochgenuss, der da hochgeschätzt wird.«

Auf diese Worte sprach Vekhanaso der Pilger zum Erhabenen also:

»Wunderbar, o Gotamo, außerordentlich ist es, o Gotamo, wie
da Herr Gotamo so richtig gesagt hat: ›Von Begierden kommt
Begierdengenuss, von Begierdengenuss Begierdenhochgenuss, der
da hochgeschätzt wird.«

»Schwer wirst du, Kaccāno, dieses verstehn, ohne Deutung,            369
ohne Geduld, ohne Hingabe, ohne Anstrengung, ohne Lenkung,
was Begierde und Begierdengenuss und Begierdenhochgenuss ist.
Die da, Kaccāno, heilige Mönche, Wahnversieger, Endiger sind,
das Werk gewirkt, die Bürde abgelegt, das Heil errungen, die
Daseinsfesseln zerstört haben, in vollkommener Weisheit erlöst
sind, die mögen es verstehn, was Begierde und Begierdengenuss
und Begierdenhochgenuss ist.«

So berichtet wurde Vekhanaso der Pilger unwillig und
unzufrieden: und den Erhabenen lästernd und den Erhabenen
tadelnd und den Erhabenen warnend -- ›Ob wohl der Asket Gotamo
vollbracht hat‹ -- sprach er also zum Erhabenen:

»Ebenso auch reden da gar manche Asketen und Priester, die vom
Anfang nichts wissen, das Ende nicht sehn, und dabei ›Versiegt
ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk,
nicht mehr ist diese Welt‹ von sich behaupten: denen gereicht
diese Rede nur zum Spotte, zum bloßen Namen, erweist sich ganz
eitel und nichtig.«

»Die da, Kaccāno, Asketen und Priester sind, und vom Anfang
nichts wissen, das Ende nicht sehn, und dabei ›Versiegt ist
die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht
mehr ist diese Welt‹ von sich behaupten, denen freilich kommt
diese Rüge mit Recht zu. Aber, Kaccāno, sei es um den Anfang,
sei es um das Ende: willkommen sei mir ein verständiger Mann,
kein Häuchler, kein Gleißner, ein gerader Mensch; ich führ’ ihn      370
ein, ich lege die Satzung dar. Der Führung folgend wird er in
gar kurzer Zeit eben selber merken, selber sehn, dass man also
ganz von der Fessel befreit wird, nämlich von der Fessel des
Nichtwissens.

»Gleichwie etwa, Kaccāno, wenn ein zarter Knabe, ein
unvernünftiger Säugling, mit dem Nacken zufünft in Fesseln
eingewickelt, eingeschnürt wäre; und wie er erwüchse und
die Sinne sich weiterentwickelten, befreite man ihn von den
Fesseln; und ›Frei bin ich‹ merkte er da, und keine Fessel:
ebenso nun auch, Kaccāno, sei mir ein verständiger Mann
willkommen, kein Häuchler, kein Gleißner, ein gerader Mensch.
Ich führ’ ihn ein, ich lege die Satzung dar. Der Führung
folgend wird er in gar kurzer Zeit eben selber merken, selber
sehn, dass man also ganz von der Fessel befreit wird, nämlich
von der Fessel des Nichtwissens.«

       *       *       *       *       *

Nach diesen Worten wandte sich Vekhanaso der Pilger also an den
Erhabenen:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger
möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens
getreu.«[132]



                         NEUNTER THEIL

                        BUCH DER KÖNIGE



                              81.

              Neunter Theil            Erste Rede

                           GHAṬĪKĀRO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im          371
Lande Kosalo von Ort zu Ort, von vielen Mönchen begleitet.
Und der Erhabene bog ab vom Wege und ließ, an eine bestimmte
Stelle gekommen, ein Lächeln sehn. Und der ehrwürdige Ānando
gedachte da: ›Was ist wohl der Grund, was ist die Ursach, dass
der Erhabene ein Lächeln gezeigt hat? Nicht ohne Anlass lächeln
Vollendete.‹ Und der ehrwürdige Ānando schlug den Oberrock um
die eine Schulter, faltete die Hände gegen den Erhabenen und
sprach also:

»Was ist wohl, o Herr, der Grund, was ist die Ursach, dass der
Erhabene ein Lächeln gezeigt hat? Nicht ohne Anlass lächeln
Vollendete.«

»Einst war, Ānando, hier im Umkreis eine Burgstadt gebaut,
Vebhaliṉgam genannt, blühend, gedeihend, volkreich, von vielen
Menschen bewohnt. Nahe bei dieser Burgstadt aber, Ānando,
hielt sich Kassapo auf, der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte. Und hier, Ānando, war Kassapos, des Erhabenen, des
Heiligen, vollkommen Erwachten, Gartenbereich; und hier,
Ānando, pflegte Kassapo, der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte, zu sitzen[133] und seine Jünger zu lehren.«

Und der ehrwürdige Ānando legte den Mantel, vierfach gefaltet,
zu Boden und wandte sich also an den Erhabenen:

»Wohlan denn, o Herr, möge der Erhabene Platz nehmen: da
wird dieser Ort zwei Heiligen, vollkommen Erwachten gedient
haben.«[134]

Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen Platz. Und als
der Erhabene saß sprach er also zum ehrwürdigen Ānando:

»Einst war, Ānando, hier im Umkreis eine Burgstadt gebaut,           372
Vebhaliṉgam genannt, blühend, gedeihend, volkreich, von vielen
Menschen bewohnt. Nahe bei dieser Burgstadt aber, Ānando,
hielt sich Kassapo auf, der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte. Und hier, Ānando, war Kassapos, des Erhabenen, des
Heiligen, vollkommen Erwachten, Gartenbereich; und hier,
Ānando, pflegte Kassapo, der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte, zu sitzen und seine Jünger zu lehren. Zu Vebhaliṉgam
nun, Ānando, der Burgstadt, lebte ein Hafner Namens Ghaṭīkāro;
der war Kassapo, dem Erhabenen, dem Heiligen, vollkommen
Erwachten, zugethan, ganz besonders zugethan. Und Ghaṭīkāro,
Ānando, der Hafner, hatte Jotipālo, einen jungen Brāhmanen,
zum Freunde, zum Lieblingsfreunde. Da berief denn, Ānando,
Ghaṭīkāro der Hafner Jotipālo den jungen Brāhmanen:

›Gehn wir, bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen
sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich
ist ja, denk’ ich, wer Ihn, den Erhabenen, den Heiligen,
vollkommen Erwachten sehn kann!‹

Auf diese Worte, Ānando, erwiderte Jotipālo der junge Brāhmane
Ghaṭīkāro dem Hafner:

›Genug, bester Ghaṭīkāro: was soll uns der Anblick jenes
kahlköpfigen Pfaffen?‹

Und ein zweites Mal, Ānando, und ein drittes Mal, Ānando,
sprach Ghaṭīkāro der Hafner also zu Jotipālo dem jungen
Brāhmanen:

›Gehn wir, bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen
sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich
ist ja, denk’ ich, wer Ihn, den Erhabenen, den Heiligen,
vollkommen Erwachten sehn kann!‹

Und ein zweites Mal, Ānando, und ein drittes Mal, Ānando,
erwiderte Jotipālo der junge Brāhmane Ghaṭīkāro dem Hafner:

›Genug, bester Ghaṭīkāro: was soll uns der Anblick jenes             373
kahlköpfigen Pfaffen?‹

›Wohlan denn, bester Jotipālo, lass’ uns Schwamm und Seife[135]
nehmen und nach dem Flusse gehn, zu baden.‹

›Gern, Bester!‹ entgegnete da, Ānando, Jotipālo der junge
Brāhmane Ghaṭīkāro dem Hafner. Und sie gingen, Ānando, versehn
mit Schwamm und Seife, nach dem Flusse, zu baden. Da wandte
sich nun, Ānando, Ghaṭīkāro der Hafner also an Jotipālo den
jungen Brāhmanen:

›Ganz in der Nähe, bester Jotipālo, liegt der Garten Kassapos,
des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten; gehn wir,
bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen sehn, den
Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich ist ja,
denk’ ich, wer Ihn, den Erhabenen, den Heiligen, vollkommen
Erwachten sehn kann!‹

Auf diese Worte, Ānando, erwiderte Jotipālo der junge Brāhmane
Ghaṭīkāro dem Hafner:

›Genug, bester Ghaṭīkāro: was soll uns der Anblick jenes
kahlköpfigen Pfaffen?‹

Und ein zweites Mal, Ānando, und ein drittes Mal, Ānando,
sprach Ghaṭīkāro der Hafner also zu Jotipālo dem jungen
Brāhmanen:

›Ganz in der Nähe, bester Jotipālo, liegt der Garten Kassapos,
des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten; gehn wir,
bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen sehn, den
Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich ist ja,
denk’ ich, wer Ihn, den Erhabenen, den Heiligen, vollkommen
Erwachten sehn kann!‹

Und ein zweites Mal, Ānando, und ein drittes Mal, Ānando,
erwiderte Jotipālo der junge Brāhmane Ghaṭīkāro dem Hafner:

›Genug, bester Ghaṭīkāro: was soll uns der Anblick jenes             374
kahlköpfigen Pfaffen?‹

Da rieb nun, Ānando, Ghaṭīkāro der Hafner Jotipālo den jungen
Brāhmanen mit Seife ein und sprach also zu ihm:

›Ganz in der Nähe, bester Jotipālo, liegt der Garten Kassapos,
des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten; gehn wir,
bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen sehn, den
Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich ist ja,
denk’ ich, wer Ihn, den Erhabenen, den Heiligen, vollkommen
Erwachten sehn kann!‹

Und Jotipālo, Ānando, der junge Brāhmane, wusch die Seife nun
ab und sprach also zu Ghaṭīkāro dem Hafner:

›Genug, bester Ghaṭīkāro: was soll uns der Anblick jenes
kahlköpfigen Pfaffen?‹

Da streichelte nun, Ānando, Ghaṭīkāro der Hafner Jotipālo dem
jungen Brāhmanen das Haar des gebadeten Hauptes und sprach also
zu ihm:

›Ganz in der Nähe, bester Jotipālo, liegt der Garten Kassapos,
des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten; gehn wir,
bester Jotipālo, wir wollen Kassapo den Erhabenen sehn, den
Heiligen, vollkommen Erwachten aufsuchen: glücklich ist ja,
denk’ ich, wer Ihn, den Erhabenen, den Heiligen, vollkommen
Erwachten sehn kann!‹

Da gedachte nun, Ānando, Jotipālo der junge Brāhmane:
›Wunderbar, wahrlich, außerordentlich ist es, dass da dieser
Hafner Ghaṭīkāro, der von minderer Geburt ist[136], vermeint,
das Haar unseres gebadeten Hauptes streicheln zu müssen: das
kann nichts Gewöhnliches bedeuten!‹; und er sprach also zu ihm:

›Gar so sehr drängt es dich, bester Ghaṭīkāro?‹[137]

›Gar so sehr drängt es mich, bester Jotipālo! Denn ich weiß ja
wie glücklich man ist, Ihn sehn zu können, den Erhabenen, den        375
Heiligen, vollkommen Erwachten.‹

›Wohlan denn, bester Ghaṭīkāro, rüste dich: wir wollen gehn.‹

Und sie gingen, Ānando, dorthin wo Kassapo der Erhabene weilte,
der Heilige, vollkommen Erwachte. Dort angelangt begrüßte
Ghaṭīkāro der Hafner Kassapo den Erhabenen ehrerbietig, den
Heiligen, vollkommen Erwachten, und setzte sich seitwärts
nieder; während Jotipālo der junge Brāhmane höflichen Gruß
und freundliche, denkwürdige Worte mit Kassapo dem Erhabenen
wechselte, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, und dann
seitwärts niedersaß. Seitwärts sitzend, Ānando, wandte sich
nun Ghaṭīkāro der Hafner also an Kassapo den Erhabenen, den
Heiligen, vollkommen Erwachten:

›Das ist, o Herr, Jotipālo, ein junger Brāhmane, mein Freund,
mein Lieblingsfreund: ihm möge der Erhabene die Lehre darlegen!‹

Und Kassapo, Ānando, der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte, ermunterte und ermuthigte, erregte und erheiterte
Ghaṭīkāro den Hafner und Jotipālo den jungen Brāhmanen in
lehrreichem Gespräche. Und Ghaṭīkāro, Ānando, der Hafner,
und Jotipālo der junge Brāhmane, von Kassapo dem Erhabenen,
dem Heiligen, vollkommen Erwachten, in lehrreichem Gespräche
ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert, standen von ihren
Sitzen auf, erfreut und befriedigt durch des Erhabenen Rede,
begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und
entfernten sich.

Da fragte nun, Ānando, Jotipālo der junge Brāhmane Ghaṭīkāro
den Hafner:

›Diese Lehre, o bester Ghaṭīkāro, hast du vernommen, und du          376
ziehst nicht vom Hause in die Hauslosigkeit hinaus?‹

›Weißt du denn nicht, bester Jotipālo, dass ich meine greisen,
erblindeten Eltern ernähre?‹

›Nun, so will ich, bester Ghaṭīkāro, aus dem Hause in die
Hauslosigkeit ziehn!‹

Und Ghaṭīkāro, Ānando, der Hafner, und Jotipālo der junge
Brāhmane kehrten zu Kassapo dem Erhabenen zurück, dem Heiligen,
vollkommen Erwachten, boten ehrerbietigen Gruß dar und setzten
sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend, Ānando, sprach
nun Ghaṭīkāro der Hafner also zu Kassapo dem Erhabenen, dem
Heiligen, vollkommen Erwachten:

›Hier bring’ ich, o Herr, Jotipālo den jungen Brāhmanen,
meinen Freund, meinen Lieblingsfreund: den möge der Erhabene
aufnehmen!‹

Und aufgenommen, Ānando, wurde Jotipālo der junge Brāhmane,
belehnt mit der Ordensweihe von Kassapo dem Erhabenen, dem
Heiligen, vollkommen Erwachten.

       *       *       *       *       *

Und Kassapo, Ānando, der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte, begab sich nun, da er nach Belieben in Vebhaliṉgam
geweilt hatte, nicht lange nach der Aufnahme des jungen
Brāhmanen Jotipālo, vierzehn Tage nach der Ordensweihe, auf die
Wanderung nach Benāres, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich
der Stadt.

Zu Benāres, Ānando, weilte nun Kassapo der Erhabene, der
Heilige, vollkommen Erwachte, am Sehersteine, im Wildparke. Da
kam es, Ānando, Kikī, dem König von Benāres[138], zu Ohren:
›Kassapo, sagt man, der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte, ist in Benāres angekommen, weilt zu Benāres, am
Sehersteine, im Wildparke!‹

Und Kikī, Ānando, der König von Benāres, ließ viele prächtige        377
Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr also
mit überaus reichem königlichen Gepränge aus der Stadt hinaus,
Kassapo den Erhabenen zu besuchen, den Heiligen, vollkommen
Erwachten. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom
Wagen ab und ging dann zu Fuße dorthin wo Kassapo weilte, der
Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, bot ehrerbietigen
Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder. Und Kikī, Ānando,
der König von Benāres, der da zur Seite saß, wurde von
Kassapo dem Erhabenen, dem Heiligen, vollkommen Erwachten,
in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und
erheitert; und er sprach also zu ihm:

›Gewähre mir, o Herr, der Erhabene die Bitte, morgen mit den
Mönchen bei mir zu speisen!‹

Schweigend, Ānando, gewährte Kassapo die Bitte, der Erhabene,
der Heilige, vollkommen Erwachte.

Als nun Kikī, Ānando, der König von Benāres, der Zustimmung
Kassapos, des Erhabenen, sicher war, stand er von seinem
Sitze auf, bot ehrerbietigen Gruß dar, ging rechts herum und
entfernte sich.

Da ließ nun, Ānando, Kikī der König von Benāres am nächsten
Morgen in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige
Speise auftragen, ein Gericht aus frischem, zartem[139],
gesichtetem Reis, saftig und würzig bereitet, und sandte einen       378
Boten an den Erhabenen mit der Meldung: ›Es ist Zeit, o Herr,
das Mahl ist bereit.‹

Und Kassapo, Ānando, der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte, rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und
Almosenschaale und begab sich zum Wohnhause Kikīs, des Königs
von Benāres. Dort angekommen nahm der Erhabene mit den Mönchen
auf den angebotenen Sitzen Platz. Und Kikī, Ānando, der König
von Benāres, bediente und versorgte eigenhändig Kassapo den
Erwachten und seine Jünger mit ausgewählter fester und
flüssiger Speise.

Nachdem nun, Ānando, Kassapo der Erhabene gespeist und das Mahl
beendet hatte, nahm Kikī der König von Benāres einen von den
niederen Stühlen zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur
Seite sitzend, Ānando, sprach nun Kikī der König von Benāres
also zu Kassapo dem Erhabenen:

›Möge mir, o Herr, der Erhabene zusagen und über die Regenzeit
in Benāres verweilen: so werden die Mönche ihren Unterhalt
finden.‹

›Genug, großer König: schon zugesagt hab’ ich die Regenzeit.‹

Und zum zweiten Mal, Ānando, und zum dritten Mal, Ānando,
wandte sich Kikī der König von Benāres also an Kassapo den
Erhabenen:

›Möge mir, o Herr, der Erhabene zusagen und über die Regenzeit
in Benāres verweilen: so werden die Mönche ihren Unterhalt
finden.‹

›Genug, großer König: schon zugesagt hab’ ich die Regenzeit.‹

Da gedachte, Ānando, Kikī der König von Benāres: ›Nicht mag
mir Kassapo der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte,
zustimmen und über die Regenzeit nach Benāres kommen!‹; und er       379
wurde gar betrübt und traurig und sprach also zu Kassapo dem
Erhabenen:

›So ist dir, o Herr, wohl ein anderer mehr zugethan als ich?‹

›Ich kenne, großer König, eine Burgstadt, die heißt
Vebhaliṉgam; dort lebt ein Hafner Namens Ghaṭīkāro: der ist
mir zugethan, ganz besonders zugethan. Du aber, großer König,
denkst also: ‚Nicht mag mir Kassapo der Erhabene, der Heilige,
vollkommen Erwachte, zustimmen und über die Regenzeit nach
Benāres kommen!‘ und bist gar betrübt und traurig. Das kennt
nun Ghaṭīkāro der Hafner nicht und soll es nicht kennen.
Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, hat beim Erwachten
Zuflucht genommen, bei der Lehre Zuflucht genommen, bei der
Jüngerschaft Zuflucht genommen. Ghaṭīkāro, großer König, der
Hafner, hütet sich vor dem Tödten, hütet sich vor dem Nehmen
des Nichtgegebenen, hütet sich vor Ausschweifung, hütet sich
vor der Lüge, hütet sich vor Wein und gebranntem Wasser, vor
berauschenden und berückenden Mitteln. Ghaṭīkāro, großer König,
der Hafner, hat seine Liebe zum Erwachten erprobt, seine Liebe
zur Lehre erprobt, seine Liebe zu den Jüngern erprobt, hat
Eigenschaften wie sie Heiligen lieb sind. Ghaṭīkāro, großer
König, der Hafner, zweifelt nicht am Leiden, zweifelt nicht an
der Leidensentwicklung, zweifelt nicht an der Leidensauflösung,
zweifelt nicht am Pfade, der zur Leidensauflösung führt.
Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, nimmt einmal des Tages
Nahrung zu sich, er lebt keusch, ist tugendhaft, von edler Art.
Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, hat Schmuck und Juwelen
abgelegt, Gold und Silber von sich gethan. Ghaṭīkāro, großer
König, der Hafner, gräbt seine Erde mit der Hand, nicht mit dem
Spatel, aus.[140] Findet er ein Nesthäkchen oder ein Kaninchen,
so hebt er es liebevoll auf, legt es in ein Gefäß und spricht
ihm zu: ‚Hier werden nach Wunsch übrig gebliebene[141]               380
Reiskörner und übrig gebliebene Bohnen und übrig gebliebene
Erbsen ausgetheilt: nehme sich jeder was er nur will!‘
Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, ernährt seine greisen,
erblindeten Eltern. Ghaṭīkāro, großer König, der Hafner, hat
die fünf niederzerrenden Fesseln vernichtet, steigt empor, um
von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener
Welt.

›Es war einmal, großer König, da weilt’ ich zu Vebhaliṉgam
der Burgstadt. Und ich nahm, großer König, zeitig gerüstet,
Mantel und Schaale und begab mich zu den Eltern des Hafners
Ghaṭīkāro und sprach also zu ihnen: ‚Sagt mir, wo ist denn
der Bhaggaver[142] hingegangen?‘ -- ‚Er ist nicht daheim, o
Herr, dein Fürwalter: aber lass’ dir Reis aus der Schüssel und
Brühe aus dem Napfe geben und nimm theil am Mahle!‘ -- Und
ich ließ mir, großer König, Reis aus der Schüssel und Brühe
aus dem Napfe geben, nahm theil am Mahle, erhob mich dann und
ging fort. Als nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner nach
Hause kam, fragte er seine Eltern: ‚Wer hat hier gespeist und
gerastet und ist wieder gegangen?‘ -- ‚Kassapo war es, lieber
Sohn, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der
hier gespeist und gerastet hat und wieder gegangen ist.‘ Da
gedachte nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner: ‚Gesegnet bin
ich, fürwahr, hochgesegnet, fürwahr, dass mich da Kassapo der        381
Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, so werth gehalten
hat!‘ -- Und zwei Wochen, großer König, hielt die Freude
darüber bei Ghaṭīkāro dem Hafner an, und eine Woche bei seinen
Eltern.

›Es war einmal, großer König, da weilt’ ich wieder zu
Vebhaliṉgam der Burgstadt. Und ich nahm, großer König, zeitig
gerüstet, Mantel und Schaale und begab mich zu den Eltern des
Hafners Ghaṭīkāro und sprach also zu ihnen: ‚Sagt mir, wo
ist denn der Bhaggaver hingegangen?‘ -- ‚Er ist nicht daheim,
o Herr, dein Fürwalter: aber lass’ dir Grütze aus dem Topf
und Brühe aus dem Napfe geben und nimm theil am Mahle!‘ --
Und ich ließ mir, großer König, Grütze aus dem Topf und Brühe
aus dem Napfe geben, nahm theil am Mahle, erhob mich dann und
ging fort. Als nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner nach
Hause kam, fragte er seine Eltern: ‚Wer hat hier gespeist und
gerastet und ist wieder gegangen?‘ -- ‚Kassapo war es, lieber
Sohn, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der
hier gespeist und gerastet hat und wieder gegangen ist.‘ Da
gedachte nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner: ‚Gesegnet bin
ich, fürwahr, hochgesegnet, fürwahr, dass mich da Kassapo der
Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, so werth gehalten
hat!‘ -- Und zwei Wochen, großer König, hielt die Freude
darüber bei Ghaṭīkāro dem Hafner an, und eine Woche bei seinen       382
Eltern.

›Es war einmal, großer König, da weilt’ ich wieder zu
Vebhaliṉgam der Burgstadt. Um diese Zeit nun goss der Regen auf
die Hütten herab. Und ich mahnte, großer König, die Mönche:
‚Geht, ihr Mönche, und bittet im Hause des Hafners Ghaṭīkāro um
Stroh.‘ Also gemahnt, großer König, sagten die Mönche zu mir:
‚Ghaṭīkāro der Hafner, o Herr, hat im Hause kein Stroh: aber
das Dach vor dem Eingang ist mit Stroh gedeckt.‘ -- ‚Geht, ihr
Mönche, und nehmt das Stroh vor dem Eingang bei Ghaṭīkāro dem
Hafner weg.‘ Und die Mönche, großer König, nahmen das Stroh
vor dem Eingang bei Ghaṭīkāro dem Hafner weg. Da sprachen nun,
großer König, die Eltern des Hafners Ghaṭīkāro also zu den
Mönchen: ‚Wer nimmt da das Stroh vor dem Eingange weg?‘ --
Die Mönche sagten: ‚O Schwester, auf die Hütte Kassapos, des
Erhabenen, des Heiligen, vollkommen Erwachten, gießt der Regen
herab.‘ -- ‚So nehmt nur, Verehrte, so nehmt nur, Liebwerthe!‘
-- Als nun, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner nach Hause
kam, fragte er seine Eltern: ‚Wer hat da das Stroh vor dem
Eingange weggenommen?‘ -- ‚Die Mönche, lieber Sohn, sagten, auf
die Hütte Kassapos, des Erhabenen, des Heiligen, vollkommen
Erwachten, gieße der Regen herab.‘ -- Da gedachte nun, großer
König, Ghaṭīkāro der Hafner: ‚Gesegnet bin ich, fürwahr,
hochgesegnet, fürwahr, dass mich da Kassapo der Erhabene,
der Heilige, vollkommen Erwachte, so werth gehalten hat!‘ --
Und zwei Wochen, großer König, hielt die Freude darüber bei
Ghaṭīkāro dem Hafner an, und eine Woche bei seinen Eltern. Und
das Dach vor dem Hause, großer König, war die ganze Regenzeit        383
hindurch ungedeckt, aber es regnete nicht herein.[143]

›Von solcher Art ist, großer König, Ghaṭīkāro der Hafner.‹

›Gesegnet, o Herr, ist Ghaṭīkāro der Hafner, hochgesegnet ist
er, o Herr, Ghaṭīkāro der Hafner, der vom Erhabenen so werth
gehalten wird!‹

Da ließ nun, Ānando, Kikī der König von Benāres Ghaṭīkāro dem
Hafner fünfhundert Wagen Reis zustellen, von frischem, zartem
Korne, nebst zugehöriger Würze. Und die königlichen Beamten,
Ānando, kamen zu Ghaṭīkāro dem Hafner und sprachen zu ihm:
›Diese fünfhundert Wagen, o Herr, Reis von frischem, zartem
Korne, nebst zugehöriger Würze, hat dir Kikī der König von
Benāres gesandt: die möge der Herr entgegennehmen!‹ -- ›Der
König hat viel zu thun, viel zu schaffen: genug schon, dass es
vom Könige kommt.‹«[144]

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige
Ānando über das Wort des Erhabenen.



                              82.

             Neunter Theil            Zweite Rede

                          RAṬṬHAPĀLO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene
im Kurū-Lande von Ort zu Ort und kam, von vielen Mönchen
begleitet, in die Nähe einer Burg der Kurūner Namens
Thūlakoṭṭhitam. Und es hörten die brāhmanischen Hausleute in
Thūlakoṭṭhitam reden: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der         384
Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert in
unserem Lande von Ort zu Ort und ist mit vielen Mönchen in
Thūlakoṭṭhitam angekommen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt
man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ‚Das ist
der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens-
und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der
unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der
Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese
Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit
ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen,
nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er
verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte
begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er
legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar.
Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!‘‹

Und die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam begaben
sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt verneigten
sich einige vor dem Erhabenen ehrerbietig und setzten sich
zur Seite nieder, andere wechselten höflichen Gruß und
freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzten
sich zur Seite nieder, einige wieder falteten die Hände gegen
den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder, andere
wieder gaben beim Erhabenen Namen und Stand zu erkennen und
setzten sich zur Seite nieder, und andere setzten sich still
zur Seite nieder.[145] Und die brāhmanischen Hausleute von
Thūlakoṭṭhitam, die da zur Seite saßen, wurden vom Erhabenen
in lehrreichem Gespräche ermuntert und ermuthigt, erregt und
erheitert.

Damals nun hatte Raṭṭhapālo, ein junger Edelmann, der Erbe           385
eines der ersten Adelsgeschlechter, eben dort zu Thūlakoṭṭhitam
in der dreifachen Versammlung[146] Platz genommen. Und
Raṭṭhapālo der junge Edelmann gedachte bei sich: ›So ich da
wirklich die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es
nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte,
völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen.
Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit
fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit
hinauszöge?‹

Und die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam, vom
Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt,
erregt und erheitert, standen von ihren Sitzen auf, erfreut und
befriedigt durch des Erhabenen Rede, begrüßten den Erhabenen
ehrerbietig, gingen rechts herum und entfernten sich.

Da nun begab sich Raṭṭhapālo der junge Edelmann, bald nachdem
die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam gegangen waren,
zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und
setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun
Raṭṭhapālo der junge Edelmann also zum Erhabenen:

»So ich da wirklich, o Herr, die vom Erhabenen dargelegte
Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt,
das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für
Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, o Herr, mit geschorenem Haar
und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die
Hauslosigkeit hinauszuziehn: möge mir, o Herr, der Erhabene
Aufnahme gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

»Und hast du, Raṭṭhapālo, die Zustimmung deiner Eltern
erhalten, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn?«

»Nicht hab’ ich, o Herr, die Zustimmung meiner Eltern erhalten,      386
aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn.«

»Nicht nehmen, Raṭṭhapālo, Vollendete ohne Zustimmung der
Eltern den Sohn auf.«

»Dann werd’ ich, o Herr, dahin wirken, dass mir die Eltern
ihre Zustimmung nicht versagen sollen, aus dem Hause in die
Hauslosigkeit zu gehn.«

Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann stand von seinem Sitze auf,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und
begab sich zu seinen Eltern. Dort angelangt sprach er also zu
ihnen:

»Mutter, Vater! So ich da wirklich die vom Erhabenen dargelegte
Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt,
das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für
Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, mit geschorenem Haar und
Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die
Hauslosigkeit zu ziehn: gestattet mir, dass ich fort vom Hause
in die Hauslosigkeit gehe!«

Auf diese Worte sprachen die Eltern zu Raṭṭhapālo dem jungen
Edelmann also:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes
Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o
Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Komm’ denn, lieber Raṭṭhapālo:
iss und trink’ und ergetze dich![147] Du kannst essen und
trinken und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun
und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem
Hause in die Hauslosigkeit, zu gehn! Sogar der Tod ließe uns
deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst
lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprach Raṭṭhapālo der       387
junge Edelmann also zu seinen Eltern:

»Mutter, Vater! So ich da wirklich die vom Erhabenen dargelegte
Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt,
das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für
Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, mit geschorenem Haar und
Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die
Hauslosigkeit zu ziehn: gestattet mir, dass ich fort vom Hause
in die Hauslosigkeit gehe!«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprachen die Eltern zu
Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes
Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o
Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Komm’ denn, lieber Raṭṭhapālo:
iss und trink’ und ergetze dich! Du kannst essen und trinken
und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun und
dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem
Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns
deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst
lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Da gedachte Raṭṭhapālo der junge Edelmann: ›Meine Eltern wollen
mich nicht aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen‹;
und er legte sich auf den bloßen Erdboden hin und sagte:

»Hier will ich den Tod erwarten oder euere Zustimmung.«

Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann ließ eine Mahlzeit                 388
vorübergehn, und zwei und drei und vier Mahlzeiten vorübergehn,
und fünf und sechs und sieben Mahlzeiten vorübergehn.[148] Aber
die Eltern sprachen Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also zu:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes
Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o
Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Erhebe dich, lieber Raṭṭhapālo:
iss und trink’ und ergetze dich! Du kannst essen und trinken
und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun und
dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem
Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns
deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst
lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Also angesprochen gab Raṭṭhapālo der junge Edelmann keine
Antwort. Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprachen die
Eltern Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also zu:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes
Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o
Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Erhebe dich, lieber Raṭṭhapālo:
iss und trink’ und ergetze dich! Du kannst essen und trinken
und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun und
dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem          389
Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns
deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst
lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal gab Raṭṭhapālo der
junge Edelmann keine Antwort.

Da begaben sich nun, auf die Bitten der Eltern, seine Freunde
zu ihm und sprachen ihm dreimal zu: und dreimal ließ er sie
reden und gab ihnen keine Antwort. Und seine Freunde kehrten
wieder zu den Eltern zurück und sprachen also zu ihnen:

»Liebe Eltern, euer edler Sohn Raṭṭhapālo liegt auf dem bloßen
Erdboden: da will er den Tod erwarten oder euere Zustimmung.
Wenn ihr ihm nicht gestatten wollt, aus dem Hause in die
Hauslosigkeit zu ziehn, so wird er eben da sterben. Wenn ihr
ihm aber gestatten wollt, aus dem Hause in die Hauslosigkeit
zu ziehn, so werdet ihr ihn doch als Pilger sehn. Und wenn
euer edler Sohn Raṭṭhapālo an der Pilgerschaft kein Gefallen
findet, wo sollt’ er sich anders hinwenden? Er wird eben wieder      390
hierher zurückkehren. Gebt euerem edlen Sohne Raṭṭhapālo die
Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn.«

»Wir geben, ihr Guten, unserem edlen Sohne Raṭṭhapālo die
Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn, aber
er soll seine Eltern als Pilger besuchen!«

Da gingen die Freunde zu Raṭṭhapālo dem jungen Edelmanne zurück
und sprachen also zu ihm:

»Deine Eltern gestatten dir, aus dem Hause in die Hauslosigkeit
zu gehn: aber du sollst deine Eltern als Pilger besuchen!«

Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann stand auf, kam zu Kräften          391
und begab sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt
begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts
nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Raṭṭhapālo der junge
Edelmann zum Erhabenen also:

»Erhalten hab’ ich, o Herr, meiner Eltern Zustimmung, aus dem
Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn: möge der Erhabene mich
aufnehmen!«

Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann wurde vom Erhabenen
aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Und der Erhabene begab sich nun, da er nach Belieben zu
Thūlakoṭṭhitam geweilt hatte, nicht lange nach der Aufnahme des
ehrwürdigen Raṭṭhapālo, vierzehn Tage nach der Ordensweihe, auf
die Wanderung nach Sāvatthī, von Ort zu Ort wandernd näherte er
sich der Stadt.

Zu Sāvatthī weilte nun der Erhabene, im Siegerwalde, im Garten
Anāthapiṇḍikos.

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo, einsam, abgesondert,
unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte
gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die
Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch
bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen.
›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt
das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer
war nun der ehrwürdige Raṭṭhapālo der Heiligen geworden.

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo begab sich zum Erhabenen hin,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, setzte sich seitwärts
nieder und sprach also:

»Ich möchte, o Herr, meine Eltern besuchen, so es der Erhabene
mir gestattet.«

Und der Erhabene nahm den Sinn des ehrwürdigen Raṭṭhapālo, im        392
Geiste geistig erkundend, wahr. Und als der Erhabene merkte:
›Unmöglich kann Raṭṭhapālo der edle Sohn von der Askese
abfallen und zur Gewohnheit zurückkehren‹, da sagte denn der
Erhabene zum ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Wie es dir nun, Raṭṭhapālo, belieben mag.«

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo stand von seinem Sitze auf,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum, räumte
sein Lager zusammen, nahm Mantel und Schaale und begab sich
auf die Wanderung nach Thūlakoṭṭhitam, von Ort zu Ort wandernd
näherte er sich der Burg.

Zu Thūlakoṭṭhitam weilte nun der ehrwürdige Raṭṭhapālo, an
König Koravyos Jagdgelände.

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo, zeitig gerüstet, mit Mantel
und Schaale versehn, machte sich auf den Almosengang nach
Thūlakoṭṭhitam. Dort stand er von Hütte zu Hütte still und
gelangte vor das Haus seines Vaters. Um diese Zeit nun ließ der
Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo in der mittleren Thorhalle
sich rasieren. Und es sah des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Vater den
ehrwürdigen Raṭṭhapālo von ferne herankommen, und als er ihn
gesehn sprach er also:

»Von solchen kahlgeschorenen Pfaffen ist uns unser einziger,
vielgeliebter Sohn geraubt worden!«

Und so empfing der ehrwürdige Raṭṭhapālo im Hause seines Vaters
weder Gabe noch Absage, sondern nur Schimpf empfing er.

Unterdessen wollte die Kindsmagd des ehrwürdigen Raṭṭhapālo
von Abend übrig gebliebene Grütze wegschütten. Da sprach der         393
ehrwürdige Raṭṭhapālo also zu ihr:

»Wenn das, o Schwester, weggeschüttet werden soll, so gieß’ es
in meine Schaale.«

Aber während des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Kindsmagd die von Abend
übrig gebliebene Grütze dem ehrwürdigen Raṭṭhapālo in die
Schaale goss, erkannte sie ihn an seinen Händen und Füßen und
an seiner Stimme. Und sie rannte zur Mutter des ehrwürdigen
Raṭṭhapālo und rief ihr entgegen:

»O Herrin, dass du es weißt: der junge Herr, Raṭṭhapālo ist da!«

»Ist das wahr, was du sagst, so sollst du frei sein!«

Und des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Mutter eilte zum Vater des
ehrwürdigen Raṭṭhapālo und sprach also zu ihm:

»O Hausvater, dass du es weißt: Raṭṭhapālo, heißt es, unser
edler Sohn ist hier!«

Inzwischen nahm der ehrwürdige Raṭṭhapālo die von Abend übrig
gebliebene Grütze, an einer Mauer rastend, ein. Und der Vater
des ehrwürdigen Raṭṭhapālo suchte ihn auf, trat an seine Seite
und sprach also zu ihm:

»Ist es denn möglich, o Raṭṭhapālo, dass du von Abend
übrig gebliebene Grütze einnimmst? Willst du denn nicht, o
Raṭṭhapālo, dein eigenes Haus betreten?«

»Woher, o Hausvater, wär’ uns ein Haus eigen, die wir aus dem
Hause in die Hauslosigkeit gezogen sind? Hauslos sind wir, o
Hausvater. Gekommen sind wir, o Hausvater, zu deinem Hause, und      394
haben da weder Gabe empfangen noch Absage, sondern nur Schimpf
haben wir empfangen.«

»Komm’, o Raṭṭhapālo, wir wollen in den Saal gehn.«

»Genug, Hausvater: fertig bin ich für heute mit dem Mahle.«

»Wohlan denn, o Raṭṭhapālo, so gewähre mir die Bitte, morgen
bei mir zu speisen!«

Schweigend gewährte der ehrwürdige Raṭṭhapālo die Bitte.

Als nun der Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo der Zustimmung
sicher war, begab er sich nach Hause zurück. Dort ließ er
einen großen Haufen von Gold und Geschmeide aufschichten, ihn
mit Matten bedecken und befahl dann den früheren Frauen des
ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Herbei, ihr Gesponsen! Mit was für Schmucke geschmückt ihr
ehedem Raṭṭhapālo dem jungen Edelmanne lieblich erschient und
reizend, mit diesem Schmucke sollt ihr euch schmücken!«

Am nächsten Morgen nun ließ der Vater des ehrwürdigen
Raṭṭhapālo in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige
Speise auftragen und sandte einen Boten an den ehrwürdigen           395
Raṭṭhapālo mit der Meldung: ›Es ist Zeit, o Raṭṭhapālo, das
Mahl ist bereit.‹ Und der ehrwürdige Ratṭhapālo rüstete sich
beizeiten, nahm Mantel und Schaale und begab sich zu seines
Vaters Wohnung. Dort angekommen nahm er auf dem dargebotenen
Sitze Platz. Da ließ nun der Vater jenen Haufen von Gold und
Geschmeide enthüllen und sprach also zum ehrwürdigem Raṭṭhapālo:

»Das kommt dir, o Raṭṭhapālo, als Erbtheil der Mutter zu,
ein anderes vom Vater, ein anderes vom Großvater: man kann,
o Raṭṭhapālo, den Reichthum genießen und Gutes thun. Komm’,
o mein Raṭṭhapālo: gieb die Askese auf, kehr’ zur Gewohnheit
zurück, genieße den Reichthum und thue Gutes!«

»Wenn du, Hausvater, thun wolltest was ich rathe, so würdest
du diesen Haufen von Gold und Geschmeide auf Wagen laden
und hinausfahren und mitten in den Strom der Gangesfluthen
versenken lassen: und warum das? Du wirst ja, Hausvater, Wehe,
Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung daran erfahren.«

Da stürzten des ehrwürdigen Raṭṭhapālo frühere Frauen vor ihm
nieder, und jede umfing seine Füße, und sie sprachen zu ihm:

»Was mögen das nur, edler Gemahl, für Huldinen sein, um die du
Kasteiung übst?«

»Nicht üben wir, o Schwestern, Kasteiung um Huldinen.«

»Schwestern hat uns der edle Gemahl, Raṭṭhapālo genannt!«
schrien sie und fielen da bewusstlos zu Boden.

Und nun wandte sich der ehrwürdige Raṭṭhapālo also an seinen
Vater:

»Soll, Hausvater, Atzung gereicht werden, so reiche sie: lass’       396
uns nicht länger quälen.«

»Bediene dich, Raṭṭhapālo, bereit ist das Mahl.«

Und des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Vater bediente und versorgte
eigenhändig den ehrwürdigen Raṭṭhapālo mit ausgewählter fester
und flüssiger Speise.

Nachdem nun der ehrwürdige Raṭṭhapālo gespeist und das Mahl
beendet hatte, ließ er, schon erhoben, folgende Weise verlauten:

    »Schau’ wie der Balg ist aufgeputzt,
    Der ganz aus Wunden doch besteht,
    Der siech ist, voll von Willensdrang,
    Der dauerlos erstirbt, verstiebt.

    »Schau’ wie der Leib ist aufgeputzt,
    Rubinbehangen, goldgeschmückt,
    Das hautverbrämte Beingerüst,
    Im Glanze seiner Kleiderpracht!

    »Das rothbelackte Füßlein da,
    Der Lippe Purpur, Lippe Duft:
    Verblendet blinzelt schon der Thor,
    Doch keiner, der die Küste sucht.

    »Das achtgetheilte Haargezöpf,
    Die schwanken Wimpern, schwarz gefärbt:
    Verblendet blinzelt schon der Thor,
    Doch keiner, der die Küste sucht.

    »Gleichwie man Wände neu bemalt
    Betünchen sie den faulen Leib:
    Verblendet blinzelt schon der Thor,
    Doch keiner, der die Küste sucht.

    »Die Schlinge warf ein Wildrer aus,
    Das Wild verbarg sich, floh den Bast,
    Genoss das Futter, fing sich nicht
    Und ließ den Wildrer lauern nur.«

Als dann der ehrwürdige Raṭṭhapālo, schon erhoben, diese
Weise gesagt hatte, ging er hinweg und begab sich zu König
Koravyos[149] Jagdgelände. Dort saß er am Fuß eines Baumes
nieder, bis Abend zu verweilen.

Aber König Koravyo hatte den Wildmeister zu sich befohlen:

»Sorge dafür, guter Wildmeister, dass mein Jagdgelände, der          397
Wildgarten, sauber sei: wir wollen eine Ausfahrt machen, in die
schöne Umgebung hinaus.«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam der Wildmeister dem
Herrscher. Und er ließ das Jagdgelände säubern und sah den
ehrwürdigen Raṭṭhapālo am Fuß eines Baumes tagüber sitzen. Und
er ging zum Herrscher zurück und sprach also zu ihm:

»Sauber, o König, ist das Jagdgelände; doch weilt Raṭṭhapālo
darin, ein junger Edelmann, der Erbe eines der ersten
Adelsgeschlechter eben hier von Thūlakoṭṭhitam, den du oft
gepriesen hast: der hat sich am Fuß eines Baumes über den Tag
hingesetzt.«

»So sei es denn, guter Wildmeister, um die heutige Gartenfahrt:
wir wollen dann eben diesen Herrn Raṭṭhapālo aufsuchen.«

Und König Koravyo befahl: »Was an Speise und Trank da
vorgesorgt war, das soll alles vertheilt werden«; und er ließ
viele prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen
und fuhr also mit überaus reichem königlichen Gepränge aus
der Stadt hinaus, den ehrwürdigen Raṭṭhapālo zu besuchen. So
weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und
ging dann zu Fuße, während er das Gefolge zurückbleiben hieß,
dorthin wo der ehrwürdige Raṭṭhapālo weilte. Bei ihm angelangt
wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte
und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend sprach nun
König Koravyo also zum ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Möge Herr Raṭṭhapālo sich hier auf die Schabracke hinsetzen!«

»Schon gut, großer König: du setze dich hin; ich bleibe auf          398
meinem Platze.«

Da setzte sich König Koravyo auf den dargebotenen Sitz. Und er
sprach also zum ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Vier Arten giebt es, o Raṭṭhapālo, von Verderbniss, wo da
mancher, davon betroffen, sich Haar und Bart abscheert, das
fahle Gewand anlegt und aus dem Hause in die Hauslosigkeit
zieht: welche vier? Alterverderbniss, Krankheitverderbniss,
Besitzverderbniss, Verwandtenverderbniss. Was ist aber, o
Raṭṭhapālo, Alterverderbniss? Da ist einer, o Raṭṭhapālo, alt
und greis geworden, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt. Der
überlegt bei sich: ›Ich bin jetzt alt geworden und greis und
hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt; nicht wohl, freilich,
geht es an, dass ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe,
oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit
geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet,
aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Und weil er
also von Alterverderbniss betroffen ist, scheert er sich
Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem
Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Raṭṭhapālo,
Alterverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo steht jetzt in frischer
Blüthe, glänzend dunkelhaarig, im Genusse glücklicher Jugend,
im ersten Mannesalter: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo jene
Alterverderbniss. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn
oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?

»Und was ist, o Raṭṭhapālo, Krankheitverderbniss? Da ist einer,      399
o Raṭṭhapālo, siech, leidend, schwerkrank. Der überlegt bei
sich: ›ich bin jetzt siech, leidend, schwerkrank; nicht wohl,
freilich, geht es an, dass ich noch nicht erworbenen Besitz
mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn
ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande
bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹
Und weil er also von Krankheitverderbniss betroffen ist,
scheert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an
und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man,
o Raṭṭhapālo, Krankheitverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo ist
ja gesund und munter, seine Kräfte sind gleichmäßig gemischt,
weder zu kühl noch zu heiß: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo jene
Krankheitverderbniss.[150] Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren
oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die
Hauslosigkeit gezogen?

»Und was ist, o Raṭṭhapālo, Besitzverderbniss? Da ist einer,
o Raṭṭhapālo, reich, mit Geld und Gut mächtig begabt; und er
büßt seinen Besitz nach und nach ein. Der überlegt bei sich:
›Ich bin ehedem reich gewesen, mit Geld und Gut mächtig begabt;
und ich habe meinen Besitz nach und nach eingebüßt. Nicht
wohl, freilich, geht es an, dass ich noch nicht erworbenen
Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn
ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande
bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Und
weil er also von Besitzverderbniss betroffen ist, scheert er         400
sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus
dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Raṭṭhapālo,
Besitzverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo ist eben hier zu
Thūlakoṭṭhitam Erbe eines der ersten Adelsgeschlechter: fremd
ist Herrn Raṭṭhapālo jene Besitzverderbniss. Was hat Herr
Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem
Hause in die Hauslosigkeit gezogen?

»Und was ist, o Raṭṭhapālo, Verwandtenverderbniss? Da hat
einer, o Raṭṭhapālo, viele Freunde und Genossen, Verwandte und
Vettern; und diese Sippen sterben ihm nach und nach aus. Der
überlegt bei sich: ›Einst hatte ich viele Freunde und Genossen,
Verwandte und Vettern; und diese Sippen sind mir nach und nach
ausgestorben. Nicht wohl, freilich, geht es an, dass ich noch
nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz
mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit
fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit
hinauszöge?‹ Und weil er also von Verwandtenverderbniss
betroffen ist, scheert er sich Haar und Bart ab, legt das
fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit.
Das heißt man, o Raṭṭhapālo, Verwandtenverderbniss. Aber Herr
Raṭṭhapālo hat eben hier zu Thūlakoṭṭhitam viele Freunde und
Genossen, Verwandte und Vettern: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo
jene Verwandtenverderbniss. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren
oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die
Hauslosigkeit gezogen? -- Das sind, o Raṭṭhapālo, die vier
Arten von Verderbniss, wo da mancher, davon betroffen, sich          401
Haar und Bart abscheert, das fahle Gewand anlegt und aus dem
Hause in die Hauslosigkeit zieht: fremd sind diese Herrn
Raṭṭhapālo. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder
gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?«

»Es sind, großer König, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner,
dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, vier Lehrsätze
dargelegt worden; die hab’ ich erfahren und gesehn und gehört,
und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen: welche
vier? ›Aufgerieben wird die Welt, verweslich‹: so lautet,
großer König, der erste Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen,
dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommem Erwachten,
dargelegt wurde; den hab’ ich erfahren und gesehn und gehört,
und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. ›Hülflos
ist die Welt, ohnmächtig‹: so lautet, großer König, der
zweite Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem
Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurde;
den hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem
Hause in die Hauslosigkeit gezogen. ›Uneigen ist die Welt,
alles verlassend muss man gehn‹: so lautet, großer König, der
dritte Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem
Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurde;
den hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem
Hause in die Hauslosigkeit gezogen. ›Bedürftig ist die Welt,
nimmersatt, durstverdungen‹: so lautet, großer König, der
vierte Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem
Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurde; den
hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause       402
in die Hauslosigkeit gezogen. Das sind, großer König, die vier
Lehrsätze, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher,
dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurden; die hab’
ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in
die Hauslosigkeit gezogen.«

»‚Aufgerieben wird die Welt, verweslich‘, hat Herr Raṭṭhapālo
gesagt: wie aber soll man, o Raṭṭhapālo, den Sinn dieser Worte
verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: bist du mit zwanzig oder mit
fünfundzwanzig Jahren imstande gewesen Elephanten zu bändigen,
Rosse zu reiten, Wagen zu lenken, Bogen zu spannen, Schwerdter
zu schwingen? Bist du stark in den Schenkeln, stark in den
Armen gewesen, tauglich genug zum Kampfe?«

»Ich bin, o Raṭṭhapālo, mit zwanzig oder mit fünfundzwanzig
Jahren imstande gewesen Elephanten zu bändigen, Rosse zu
reiten, Wagen zu lenken, Bogen zu spannen, Schwerdter zu
schwingen, bin stark in den Schenkeln, stark in den Armen
gewesen, tauglich genug zum Kampfe. Zuweilen fühlt’ ich, o
Raṭṭhapālo, fast Ueberkraft in mir: nicht hab’ ich an Stärke
meines Gleichen gekannt.«

»Was meinst du wohl, großer König: bist du auch jetzt ebenso
stark in den Schenkeln und Armen, tauglich genug zum Kampfe?«

»Das nicht, o Raṭṭhapālo: jetzt bin ich alt und greis geworden,
hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt, stehe im achtzigsten
Jahre. Zuweilen will ich, o Raṭṭhapālo, den Fuß dahinsetzen,
und setze ihn dorthin.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der
Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er
gesagt hat: ›Aufgerieben wird die Welt, verweslich‹; das hab’
ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in         403
die Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo,
wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der
Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Aufgerieben wird
die Welt, verweslich‹: denn aufgerieben wird, o Raṭṭhapālo,
die Welt, verweslich. -- Versehn ist, o Raṭṭhapālo, meine
Königsburg mit Kriegselephanten, mit Reiterei, mit Streitwagen,
mit Fußtruppen, die uns in Noth und Gefahr zu Schutz und
Trutz gereichen. ›Hülflos ist die Welt, ohnmächtig‹, hat Herr
Raṭṭhapālo gesagt: wie aber soll man, o Raṭṭhapālo, den Sinn
dieser Worte verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: leidest du an irgend einem
andauernden Uebel?«

»Ich leide, o Raṭṭhapālo, an dem Uebel der andauernden Gicht.
Zuweilen, o Raṭṭhapālo, stehn meine Freunde und Genossen,
Verwandte und Vettern um mich herum und reden: ›Diesmal wird
König Koravyo sterben! Diesmal wird König Koravyo sterben!‹«

»Was meinst du wohl, großer König: erlangst du das bei deinen
Freunden und Genossen, Verwandten und Vettern: ›Kommt heran,
ihr lieben Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern! Alle,
die ihr da seid, mögt diesen Schmerz unter euch theilen, damit
ich den Schmerz minder empfinde!‹, oder aber musst du den
Schmerz allein erdulden?«

»Nicht kann ich das, o Raṭṭhapālo, bei meinen Freunden und
Genossen, Verwandten und Vettern erlangen: ›Kommt heran, ihr
lieben Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern! Alle, die
ihr da seid, mögt diesen Schmerz unter euch theilen, damit ich
den Schmerz minder empfinde!‹, sondern ich muss den Schmerz
allein erdulden.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der
Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er
gesagt hat: ›Hülflos ist die Welt, ohnmächtig‹: das hab’ ich         404
erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die
Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo,
wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner,
der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Hülflos ist
die Welt, ohnmächtig‹: denn hülflos ist, o Raṭṭhapālo, die
Welt, ohnmächtig. -- Es findet sich, o Raṭṭhapālo, in meiner
Königsburg reichlich Gold und Geschmeide vor, heimlich
vergraben und offen aufgestellt. ›Uneigen ist die Welt, alles
verlassend muss man gehn‹, hat Herr Raṭṭhapālo gesagt: wie aber
soll man, o Raṭthapālo, den Sinn dieser Worte verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: wie du hienieden mit dem
Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt bist, kannst du
auch jenseit erlangen: ›Ebenso will ich mit eben diesem Besitz
und Genuss der fünf Begehrungen begabt sein!‹, oder aber wird
dieser Reichthum auf andere übergehn, und wirst du je nach den
Thaten wandeln?«

»Nicht kann ich, o Raṭṭhapālo, wie da hienieden mit dem Besitz
und Genuss der fünf Begehrungen begabt, auch jenseit erlangen:
›Ebenso will ich mit eben diesem Besitz und Genuss der fünf
Begehrungen begabt sein!‹, sondern auf andere wird dieser
Reichthum übergehn, und ich werde je nach den Thaten wandeln.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der
Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er
gesagt hat: ›Uneigen ist die Welt, alles verlassend muss man
gehn‹; das hab’ ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus
dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo,      405
wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner,
der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Uneigen ist die
Welt, alles verlassend muss man gehn‹: denn uneigen ist, o
Raṭṭhapālo, die Welt, alles verlassend muss man gehn.[151] --
›Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen‹, hat Herr
Raṭṭhapālo gesagt: wie aber soll man, o Raṭṭhapālo, den Sinn
dieser Worte verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: gedeiht dir herrlich in
Ueberfluss dein Kurūland?«

»Gewiss, o Raṭṭhapālo, gedeiht mir herrlich in Ueberfluss mein
Kurūland.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn da ein Mann zu
dir herkäme, von den östlichen Gränzen, glaubwürdig,
vertrauenswürdig; und er träte zu dir und spräche also: ›O
großer König, dass du es weißt: ich komme von den östlichen
Gränzen her! Da hab’ ich ein mächtiges Reich gesehn, blühend,
gedeihend, volkreich, von vielen Menschen bewohnt: da giebt es
viel Kriegselephanten und Reiterei, Streitwagen und Fußtruppen,
viel Elphenbein und Felle, viel Gold und Geschmeide, roh und
bearbeitet, da giebt es viel Weibergesinde! Und man kann es mit
einer gewissen Streitmacht erobern: erobere es, großer König!‹
Was würdest du da thun?«

»Wir würden es, o Raṭṭhapālo, eben erobern und beherrschen.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn da ein Mann zu dir
herkäme, von den westlichen Gränzen, und von den nördlichen
Gränzen, und von den südlichen Gränzen, und von jenseit des
Ozeans, glaubwürdig, vertrauenswürdig; und er träte zu dir und
spräche also: ›O großer König, dass du es weißt: ich komme von
jenseit des Ozeans her! Da hab’ ich ein mächtiges Reich gesehn,
blühend, gedeihend, volkreich, von vielen Menschen bewohnt:          406
da giebt es viel Kriegselephanten und Reiterei, Streitwagen
und Fußtruppen, viel Elphenbein und Felle, viel Gold und
Geschmeide, roh und bearbeitet, da giebt es viel Weibergesinde!
Und man kann es mit einer gewissen Streitmacht erobern: erobere
es, großer König!‹ Was würdest du da thun?«

»Wir würden es, o Raṭṭhapālo, eben auch erobern und
beherrschen.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene,
der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte,
als er gesagt hat: ›Bedürftig ist die Welt, nimmersatt,
durstverdungen‹; das hab’ ich erfahren und gesehn und gehört,
und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo,
wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner,
der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Bedürftig ist
die Welt, nimmersatt, durstverdungen‹: denn bedürftig ist, o
Raṭṭhapālo, die Welt, nimmersatt, durstverdungen.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der ehrwürdige Raṭṭhapālo. Und nachdem er also
geredet sprach er ferner noch dies:

        »Ich sehe Menschen mächtig sein, gewaltig,
        Und reich und thörig keine Gabe geben:
        Begierig häufen an sie Gut an Güter
        Und haschen lüstern nach erneuten Lüsten.

        »Und hätt’ ersiegt ein König sich die Erde,
        Und herrscht’ er weithin, bis zum Meere herrlich:
        Des Meeres Gränze grämt’ ihn ungesättigt,
        Nach neuen Siegen sehnt’ er sich hinüber.

        »Der König und gar viele gehn entgegen
        Mit ungestilltem Durste düsterm Tode,
        Vergeblich abgenutzt stirbt nur der Leib hin:
        Denn keiner in der Welt wird satt an Süchten.

        »Verwandte weinen, raufen sich die Locken
        Und rufen ›Wehe, weh’ uns, dass wir leben!‹
        In weißes Linnen wickeln sie den Leichnam                    407
        Und schichten Scheite, schüren an die Lohe.

        »Nun röstet er am Roste, rauh gerüttelt,
        Ein einzig Tüchlein deckt ihn, das ist alles:
        Der Abgelebte findet keine Zuflucht,
        Geliebte, Freunde nicht und nicht Genossen.

        »Die Erben reißen sich um seinen Reichthum,
        Sein Wesen aber wandelt nach den Werken:
        Am Hingeschiednen haftet keine Habe,
        Nicht Weib und Kind, nicht Geld und Gut und Lande.

        »Um Geld erkauft sich keiner langes Leben,
        Und Schätze schützen elend vor dem Alter:
        ›Gar kurz ist‹, künden Denker, ›unser Dasein,
        Und unbeständig, unstet, ohne Dauer.‹

        »An Reiche rührt, an Arme rührt Berührung,
        Und wie der Thor, berührt wird auch der Weise;
        Doch Thoren reißt Berührung rasend nieder,
        An Weise rührend kann sie nimmer regen.

        »So gilt wohl mehr als Geld und Güter Weisheit,
        Da sie Vollendung sälig uns entbietet:
        Unsälig stehn ja Wirre starr gebunden
        An Sein und Wiedersein und wirken Böses.

        »Man keimt in Schooßen, keimt in andern Welten
        Und kehrt im Wandelkreise hin und wieder,
        Ergiebt sich gern dem Wahne der Gewohnheit:
        Und keimt in Schooßen, keimt in andern Welten.

        »Gleichwie der Räuber, den die Falle festhält,
        Durch eigne That sich richtet, der Verruchte,
        So wird in andern Welten der Verwesne
        Durch eigne That gerichtet, der Verruchte.

        »Wie launisch locken uns Begierden gaukelnd hin,
        Das Herz zerhämmernd, heftig, ungeheuer!
        Erkannt hab’ ich den Kummer der Begehrung,
        Bin darum Büßer nun, o König, Bettler.

        »Der Mensch fällt, wie die Frucht vom Baume fällt herab,
        Noch unreif, oder reif, in raschem Sturze;
        So bin ich denn, o König, gern ein Bettler:
        Gewisse Pilgerschaft, sie dünkt mich besser.«[152]



                              83.

             Neunter Theil            Dritte Rede

                           MAKHADEVO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei           408
Mithilā, im Mangohaine Makhadevos.[153] Und der Erhabene ließ,
an einer bestimmten Stelle weilend, ein Lächeln sehn. Und der
ehrwürdige Ānando gedachte da: ›Was ist wohl der Grund, was ist
die Ursach, dass der Erhabene ein Lächeln gezeigt hat? Nicht
ohne Anlass lächeln Vollendete.‹ Und der ehrwürdige Ānando
schlug den Oberrock um die eine Schulter, faltete die Hände
gegen den Erhabenen und sprach also:

»Was ist wohl, o Herr, der Grund, was ist die Ursach, dass der
Erhabene ein Lächeln gezeigt hat? Nicht ohne Anlass lächeln
Vollendete.«

»Einst war, Ānando, eben hier zu Mithilā, ein König gewesen,
Makhadevo mit Namen, ein gerechter und wahrer König, auf dem
Rechte ruhend, ein großer König, der das Recht zur Geltung
brachte bei Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern,
der den Feiertag feierte bei Vollmond und Neumond und beiden
Vierteln.[154]

»Und König Makhadevo, Ānando, wandte sich einst, als viele
Jahre, viele Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren,
an seinen Bader:

›Wann du, bester Bader, auf meinem Haupte graue Haare
wahrnimmst, dann sag’ es mir.‹[155]

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem Herrscher.

Und der Bader, Ānando, nahm, als viele Jahre, viele
Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren, auf dem            409
Haupte des Herrschers graue Haare wahr; und als er sie
wahrgenommen sprach er also zu ihm:

›Gemeldet haben sich beim Könige Götterboten: auf dem Haupte
sind graue Haare erschienen.‹

›Wohlan denn, bester Bader, so nimm diese grauen Haare mit
einer Zange zart heraus und leg’ sie mir auf die Hand.‹

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem
Herrscher, nahm diese grauen Haare mit einer Zange zart heraus
und legte sie dem Herrscher auf die Hand. Und König Makhadevo,
Ānando, gab dem Bader ein Dorf zu eigen, und er ließ den
Kronprinzen, seinen ältesten Sohn, zu sich berufen und sprach
also zu ihm:

›Gemeldet haben sich bei mir, theurer Prinz, Götterboten:
auf dem Haupte sind graue Haare erschienen. Genossen hab’
ich ja die menschlichen Wonnen: es ist Zeit an himmlische
Wonnen zu denken.[156] Komme, theurer Prinz, übernimm du diese
Königsmacht: denn ich will mir Haar und Bart abscheeren, das
fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in die Hauslosigkeit
wandern. Und so magst auch du, theurer Prinz, wann sich dir
auf dem Haupte graue Haare gezeigt haben, deinem Bader ein
Dorf zu eigen geben, deinen ältesten Sohn, den Kronprinzen,
mit der Königsmacht treulich betrauen, dir Haar und Bart
abscheeren, das fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in die
Hauslosigkeit ziehn.[157] Wie dieser gesegnete Wandel von
mir gewiesen mögst du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein
letzter Nachkomme seiest. In einem Weltalter, theurer Prinz, wo
der also gesegnete Wandel gebrochen wird, da wird der letzte         410
der Nachkommen sein. Darum hab’ ich dir, theurer Prinz, also
gerathen: Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögst
du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein letzter Nachkomme
seiest.‹

Und König Makhadevo, Ānando, gab seinem Bader ein Dorf zu
eigen, betraute treulich seinen ältesten Sohn, den Kronprinzen,
mit der Königsmacht; und eben hier, im Mangohaine Makhadevos,
schor er sich Haar und Bart ab, legte das fahle Gewand an und
zog vom Hause in die Hauslosigkeit hinaus. Liebevollen Gemüthes
weilend strahlte er nach einer Richtung, dann nach einer
zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso
nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend
durchstrahlte er die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit
weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.
Erbarmenden Gemüthes -- freudevollen Gemüthes -- unbewegten
Gemüthes weilend strahlte er nach einer Richtung, dann nach
einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten,
ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich
wiedererkennend durchstrahlte er die ganze Welt mit erbarmendem
Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit
weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.

König Makhadevo aber, Ānando, hat vierundachtzigtausend Jahre
die Spiele der Jugend gespielt, vierundachtzigtausend Jahre
ist er Kronprinz gewesen, vierundachtzigtausend Jahre hat er
als König geherrscht, und vierundachtzigtausend Jahre hat er,
eben hier im Mangohaine Makhadevos als Büßer weilend, das
Asketenleben geführt.

Und er harrte auf den vier heiligen Warten aus, und gelangte,
bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in heilige Welt.       411

Und König Makhadevos Sohn, Ānando, wandte sich einst, als viele
Jahre, viele Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren,
an seinen Bader:

›Wann du, bester Bader, auf meinem Haupte graue Haare
wahrnimmst, dann sag’ es mir.‹

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem Herrscher.

Und der Bader, Ānando, nahm, als viele Jahre, viele
Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren, auf dem
Haupte des Herrschers graue Haare wahr; und als er sie
wahrgenommen sprach er also zu ihm:

›Gemeldet haben sich beim Könige Götterboten: auf dem Haupte
sind graue Haare erschienen.‹

›Wohlan denn, bester Bader, so nimm diese grauen Haare mit
einer Zange zart heraus und leg’ sie mir auf die Hand.‹

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem
Herrscher, nahm diese grauen Haare mit einer Zange zart heraus
und legte sie dem Herrscher auf die Hand. Und König Makhadevos
Sohn, Ānando, gab dem Bader ein Dorf zu eigen, und er ließ den
Kronprinzen, seinen ältesten Sohn, zu sich berufen und sprach
also zu ihm:

›Gemeldet haben sich bei mir, theurer Prinz, Götterboten:
auf dem Haupte sind graue Haare erschienen. Genossen hab’
ich ja die menschlichen Wonnen: es ist Zeit an himmlische
Wonnen zu denken. Komme, theurer Prinz, übernimm du diese
Königsmacht: denn ich will mir Haar und Bart abscheeren, das
fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in die Hauslosigkeit          412
wandern. Und so magst auch du, theurer Prinz, wann sich dir
auf dem Haupte graue Haare gezeigt haben, deinem Bader ein
Dorf zu eigen geben, deinen ältesten Sohn, den Kronprinzen,
mit der Königsmacht treulich betrauen, dir Haar und Bart
abscheeren, das fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in
die Hauslosigkeit ziehn. Wie dieser gesegnete Wandel von mir
gewiesen mögst du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein
letzter Nachkomme seiest. In einem Weltalter, theurer Prinz, wo
der also gesegnete Wandel gebrochen wird, da wird der letzte
der Nachkommen sein. Darum hab’ ich dir, theurer Prinz, also
gerathen: Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögst
du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein letzter Nachkomme
seiest.‹

Und König Makhadevos Sohn, Ānando, gab seinem Bader ein Dorf zu
eigen, betraute treulich seinen ältesten Sohn, den Kronprinzen,
mit der Königsmacht; und eben hier, im Mangohaine Makhadevos,
schor er sich Haar und Bart ab, legte das fahle Gewand an und
zog vom Hause in die Hauslosigkeit hinaus. Liebevollen Gemüthes
weilend strahlte er nach einer Richtung, dann nach einer
zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso
nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend      413
durchstrahlte er die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit
weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.
Erbarmenden Gemüthes -- freudevollen Gemüthes -- unbewegten
Gemüthes weilend strahlte er nach einer Richtung, dann nach
einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten,
ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich
wiedererkennend durchstrahlte er die ganze Welt mit erbarmendem
Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit
weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.

König Makhadevos Sohn aber, Ānando, hat vierundachtzigtausend
Jahre die Spiele der Jugend gespielt, vierundachtzigtausend
Jahre ist er Kronprinz gewesen, vierundachtzigtausend Jahre hat
er als König geherrscht, und vierundachtzigtausend Jahre hat
er, eben hier im Mangohaine Makhadevos als Büßer weilend, das
Asketenleben geführt.

Und er harrte auf den vier heiligen Warten aus, und gelangte,
bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in heilige Welt.

Und auch König Makhadevos Enkel, Ānando, und Urenkel sind
ihm, durch vierundachtzigtausend Geschlechter, nachgefolgt
und haben eben hier, im Mangohaine Makhadevos, Haar und Bart
sich abgeschoren, das fahle Gewand angelegt und sind vom
Hause in die Hauslosigkeit gewandert. Liebevollen Gemüthes --
erbarmenden Gemüthes -- freudevollen Gemüthes -- unbewegten
Gemüthes weilend strahlten sie nach einer Richtung, dann
nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der
vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem
sich wiedererkennend durchstrahlten sie die ganze Welt mit
liebevollem Gemüthe, mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem
Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem,
unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem.

Und vierundachtzigtausend Jahre haben sie die Spiele der
Jugend gespielt, vierundachtzigtausend Jahre sind sie                414
Kronprinz gewesen, vierundachtzigtausend Jahre haben sie als
König geherrscht, und vierundachtzigtausend Jahre haben sie,
eben hier im Mangohaine Makhadevos als Büßer weilend, das
Asketenleben geführt.

Und sie harrten auf den vier heiligen Warten aus, und
gelangten, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in
heilige Welt.

Nimi war der letzte von diesen Königen, ein gerechter und
wahrer König, auf dem Rechte ruhend, ein großer König, der das
Recht zur Geltung brachte bei Priestern und Hausvätern, bei
Bürgern und Bauern, der den Feiertag feierte bei Vollmond und
Neumond und beiden Vierteln.

Als da einst, Ānando, die Dreiunddreißig Götter im Saal der
Säligen zu Rathe beisammensaßen, erhob sich unter ihnen die
Rede:

›Gesegnet sind die Videher, hochgesegnet ist das Videherreich,
wo Nimi herrscht, als gerechter und wahrer König, auf dem
Rechte ruhend, ein großer König, der das Recht zur Geltung
bringt bei Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern,
der den Feiertag feiert bei Vollmond und Neumond und beiden
Vierteln.‹

Da wandte sich denn, Ānando, Sakko der Götterherr also an die
Dreiunddreißig Götter:

›Wünschet ihr etwa, Würdige, Nimi den König zu sehn.‹

›Wir wünschen es, Würdiger, Nimi den König zu sehn.‹

Um diese Zeit nun, Ānando, hatte Nimi der König -- es war ein
Feiertag, Vollmond -- gebadeten Hauptes, feiernd, oben auf
der Zinne seines Palastes Platz genommen. Da verschwand nun,
Ānando, Sakko der Götterherr, so schnell wie etwa ein kräftiger
Mann den eingezogenen Arm ausstrecken oder den ausgestreckten
Arm einziehn mag, aus dem Himmel der Dreiunddreißig und              415
erschien vor König Nimi. Und er sprach also zu ihm:

›Segen dir, großer König, hoher Segen dir, großer König! Die
Götter, großer König, der Dreiunddreißig sitzen im Saal der
Säligen beisammen und singen dein Lob: ‚Gesegnet sind die
Videher, hochgesegnet ist das Videherreich, wo Nimi herrscht,
als gerechter und wahrer König, auf dem Rechte ruhend, ein
großer König, der das Recht zur Geltung bringt bei Priestern
und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, der den Feiertag feiert
bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.‘ Die Götter,
großer König, der Dreiunddreißig möchten dich sehn! Und so
werd’ ich dir, großer König, das tausendjochige Rossegespann
herabsenden[158]: wolle besteigen, großer König, den
himmlischen Wagen, ohne Bangen.‹

Schweigend gewährte, Ānando, König Nimi die Bitte.

Als nun, Ānando, Sakko der Götterherr der Zustimmung König
Nimis gewiss war, verschwand er, so schnell wie etwa ein
kräftiger Mann den eingezogenen Arm ausstrecken oder den
ausgestreckten Arm einziehn mag, vor König Nimi und erschien im
Himmel der Dreiunddreißig. Und er befahl Mātali dem Rosselenker:

›Eile dich, bester Mātali, rüste das tausendjochige
Rossegespann und fahre zu König Nimi hinab und sprich also zu
ihm: ‚Hier, großer König, ist das tausendjochige Rossegespann,
das dir Sakko der Götterherr schickt: wolle besteigen, großer
König, den himmlischen Wagen, ohne Bangen.‘‹

›Wohl, Erlauchter, wie du befiehlst!‹ entgegnete da gehorsam
Mātali der Rosselenker Sakko dem Götterherrn. Und er rüstete         416
das tausendjochige Rossegespann und fuhr zu König Nimi hinab
und sprach also zu ihm:

›Hier, großer König, ist das tausendjochige Rossegespann, das
dir Sakko der Götterherr schickt: besteige, großer König, den
himmlischen Wagen, ohne Bangen. Und sage mir, großer König:
über welche Bahn soll ich dich fahren? Wo die Wesen durch böse
That böser Thaten Vergeltung genießen, oder wo die Wesen durch
gute That guter Thaten Vergeltung genießen?‹

›Ueber die beiden Bahnen, Mātali, fahre mich!‹

Und Mātali, Ānando, der Rosselenker, brachte Nimi den König bis
vor den Saal der Säligen hin. Da erblickte, Ānando, Sakko der
Götterherr Nimi den König von ferne herankommen, und als er ihn
gesehn sprach er also zu ihm:

›Komm’, o großer König, sei gegrüßt, o großer König! Die
Götter, großer König, der Dreiunddreißig sitzen im Saal der
Säligen beisammen und singen dein Lob: ‚Gesegnet sind die
Videher, hochgesegnet ist das Videherreich, wo Nimi herrscht,
als gerechter und wahrer König, auf dem Rechte ruhend, ein
großer König, der das Recht zur Geltung bringt bei Priestern
und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, der den Feiertag feiert
bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.‘ Die Götter,
großer König, der Dreiunddreißig möchten dich sehn! Erfreue
dich, großer König, bei den Göttern an göttlichem Glanze!‹

›Schon gut, Würdiger! Man soll mich nur wieder nach Mithilā
heimfahren: dort will ich sorgen, dass Recht gelte bei
Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, will den
Feiertag feiern bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.‹

Da wandte sich nun, Ānando, Sakko der Götterherr also an Mātali      417
den Rosselenker:

›Eile dich, bester Mātali, rüste das tausendjochige
Rossegespann und fahre König Nimi wieder hinab nach Mithilā.‹

›Wohl, Erlauchter, wie du befiehlst!‹ entgegnete da gehorsam
Mātali der Rosselenker Sakko dem Götterherrn. Und er rüstete
das tausendjochige Rossegespann und fuhr König Nimi wieder
hinab nach Mithilā.

Hier sorgte nun, Ānando, König Nimi, dass Recht gelte bei
Priestern und Hausvätern, bei Bürgern und Bauern, feierte den
Feiertag bei Vollmond und Neumond und beiden Vierteln.

Und König Nimi, Ānando, wandte sich einst, als viele Jahre,
viele Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren, an
seinen Bader:

›Wann du, bester Bader, auf meinem Haupte graue Haare
wahrnimmst, dann sag’ es mir.‹

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem Herrscher.

Und der Bader, Ānando, nahm, als viele Jahre, viele
Jahrhunderte, viele Jahrtausende vergangen waren, auf dem
Haupte des Herrschers graue Haare wahr; und als er sie
wahrgenommen sprach er also zu ihm:

›Gemeldet haben sich beim Könige Götterboten: auf dem Haupte
sind graue Haare erschienen.‹

›Wohlan denn, bester Bader, so nimm diese grauen Haare mit
einer Zange zart heraus und leg’ sie mir auf die Hand.‹

›Wohl, o König!‹ entgegnete da gehorsam der Bader dem
Herrscher, nahm diese grauen Haare mit einer Zange zart heraus
und legte sie dem Herrscher auf die Hand. Und König Nimi,            418
Ānando, gab dem Bader ein Dorf zu eigen, und er ließ den
Kronprinzen, seinen ältesten Sohn, zu sich berufen und sprach
also zu ihm:

›Gemeldet haben sich bei mir, theurer Prinz, Götterboten:
auf dem Haupte sind graue Haare erschienen. Genossen hab’
ich ja die menschlichen Wonnen: es ist Zeit an himmlische
Wonnen zu denken. Komme, theurer Prinz, übernimm du diese
Königsmacht: denn ich will mir Haar und Bart abscheeren, das
fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in die Hauslosigkeit
wandern. Und so magst auch du, theurer Prinz, wann sich dir
auf dem Haupte graue Haare gezeigt haben, deinem Bader ein
Dorf zu eigen geben, deinen ältesten Sohn, den Kronprinzen,
mit der Königsmacht treulich betrauen, dir Haar und Bart
abscheeren, das fahle Gewand anlegen und aus dem Hause in
die Hauslosigkeit ziehn. Wie dieser gesegnete Wandel von mir
gewiesen mögst du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein
letzter Nachkomme seiest. In einem Weltalter, theurer Prinz, wo
der also gesegnete Wandel gebrochen wird, da wird der letzte
der Nachkommen sein. Darum hab’ ich dir, theurer Prinz, also
gerathen: Wie dieser gesegnete Wandel von mir gewiesen mögst
du ihm nachkommen, auf dass du nicht mein letzter Nachkomme
seiest.‹

Und König Nimi, Ānando, gab seinem Bader ein Dorf zu eigen,
betraute treulich seinen ältesten Sohn, den Kronprinzen, mit
der Königsmacht; und eben hier, im Mangohaine Makhadevos,
schor er sich Haar und Bart ab, legte das fahle Gewand an
und zog vom Hause in die Hauslosigkeit hinaus. Liebevollen
Gemüthes -- erbarmenden Gemüthes -- freudevollen Gemüthes --
unbewegten Gemüthes weilend strahlte er nach einer Richtung,
dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der        419
vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich
wiedererkennend durchstrahlte er die ganze Welt mit liebevollem
Gemüthe, mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit
unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von
Grimm und Groll geklärtem.

König Nimi aber, Ānando, hat vierundachtzigtausend Jahre die
Spiele der Jugend gespielt, vierundachtzigtausend Jahre ist er
Kronprinz gewesen, vierundachtzigtausend Jahre hat er als König
geherrscht, und vierundachtzigtausend Jahre hat er, eben hier
im Mangohaine Makhadevos als Büßer weilend, das Asketenleben
geführt.

Und er harrte auf den vier heiligen Warten aus, und gelangte,
bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in heilige Welt.

König Nimi aber, Ānando, hat einen Sohn gehabt, Kaḷārajanako
geheißen. Der ist nicht aus dem Hause in die Hauslosigkeit
gezogen. Der hat diesen gesegneten Wandel gebrochen. Der ist
der letzte der Nachkommen gewesen.[159]

       *       *       *       *       *

»Doch hat, Ānando, jener gesegnete Wandel nicht zur Abkehr,
nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, nicht zur Aufhebung,         420
nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur
Erlöschung geführt, sondern nur zur Einkehr in heilige Welt.
Aber dieser gesegnete Wandel, Ānando, der heute von mir
gewiesen wird, der führt zu vollkommener Abkehr, Wendung,
Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung.

»Was ist das aber, Ānando, für ein gesegneter Wandel, der heute
von mir gewiesen wird und zu vollkommener Abkehr, Wendung,
Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung
führt? Es ist eben dieser heilige achtfältige Weg, und zwar:
rechte Erkenntniss, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes
Handeln, rechtes Wandeln, rechtes Mühn, rechte Einsicht, rechte
Einigung. Das ist, Ānando, der gesegnete Wandel, der heute
von mir gewiesen wird und zu vollkommener Abkehr, Wendung,
Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung
führt. Darum, Ānando, nehmt meinen Rath an: Wie dieser
gesegnete Wandel von mir gewiesen mögt ihr ihm nachkommen,
auf dass ihr nicht meine letzten Nachkommen seid. In einem
Weltalter, Ānando, wo der also gesegnete Wandel gebrochen wird,
da wird der letzte der Nachkommen sein.

»Darum, Ānando, nehmt meinen Rath an: Wie dieser gesegnete
Wandel von mir gewiesen mögt ihr ihm nachkommen, auf dass ihr
nicht meine letzten Nachkommen seid.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige
Ānando über das Wort des Erhabenen.[160]



                              84.

             Neunter Theil            Vierte Rede

                            MADHURO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der ehrwürdige             421
Mahākaccāno bei Madhurā, im Riedmoor.

Und es hörte König Madhuro von Avanti reden: ›Ein Asket, und
zwar der würdige Kaccāno, weilt bei Madhurā, im Riedmoor.
Diesem würdigen Kaccāno geht aber allenthalben der frohe
Ruhmesruf voran: ‚Gelehrt ist er und weise und tiefsinnig, er
hat viel erfahren, ist wohlberedt und weiß was frommt, ist alt
und ehrwürdig. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!‘‹

Und König Madhuro von Avanti ließ viele prächtige Wagen
bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr also mit
überaus reichem königlichen Gepränge aus der Stadt hinaus,
den ehrwürdigen Mahākaccāno zu besuchen. So weit gefahren
als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und ging dann
zu Fuße dorthin wo der ehrwürdige Mahākaccāno sich aufhielt.
Dort angelangt wechselte er höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte mit ihm und setzte sich seitwärts nieder. Zur
Seite sitzend wandte sich nun König Madhuro von Avanti also an
den ehrwürdigen Mahākaccāno:

»Die Priester, o Kaccāno, reden also: ›Die Priester nur sind
höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind
helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein
werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von
ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt,
in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹[161] Was hält nun Herr           422
Kaccāno davon?«

»Gerede nur, großer König, ist es unter den Leuten. Darum muss
man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob
es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind
höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind
helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein
werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von
ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt,
in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer
König: so da ein Krieger zu Reichthum gelangt, an Geld und Gut,
an Silber und Gold, mag da ein Krieger vor ihm aufstehn und
nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was
ihm angenehm, reden was ihm recht ist? Und mag ein Priester,
und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und
nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm
angenehm, reden was ihm recht ist?«

»So da ein Krieger, o Kaccāno, zu Reichthum gelangt, an Geld
und Gut, an Silber und Gold, mag wohl ein Krieger vor ihm
aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen,
thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist; und mag ein
Priester, und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm
aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen,
thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist.«

»Was meinst du wohl, großer König: so da ein Priester, so da         423
ein Bürger, so da ein Diener zu Reichthum gelangt, an Geld und
Gut, an Silber und Gold, mag da ein Priester vor ihm aufstehn
und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was
ihm angenehm, reden was ihm recht ist? Und mag ein Krieger,
und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und
nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm
angenehm, reden was ihm recht ist?«

»So da ein Priester, o Kaccāno, so da ein Bürger, so da ein
Diener zu Reichthum gelangt, an Geld und Gut, an Silber und
Gold, mag wohl ein Priester vor ihm aufstehn und nach ihm sich
hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm,
reden was ihm recht ist; und mag ein Krieger, und mag ein
Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und nach ihm sich
hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm,
reden was ihm recht ist.«

»Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese
vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie
denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten       424
einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied
merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand
beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die
Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste;
die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die
Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester
sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde
geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹
Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger Mörder
und Dieb, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und
Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit; mag der, bei der
Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf
schlechte Fährte, in Verderben und Unheil, oder nicht so, oder
wie denkst du darüber?«

»Ein Krieger, o Kaccāno, der da Mörder und Dieb ist, ein
Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll
Gier und Hass und Eitelkeit, der mag wohl, bei der Auflösung
des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte
Fährte, in Verderben und Unheil: so denk’ ich darüber, und so
hab’ ich es auch von den Heiligen gehört.«                           425

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so
denkst, und gut auch, dass du es von den Heiligen gehört hast.
Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, es
sei da ein Bürger, es sei da ein Diener Mörder und Dieb, ein
Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll
Gier und Hass und Eitelkeit; mag der, bei der Auflösung des
Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte,
in Verderben und Unheil, oder nicht so, oder wie denkst du
darüber?«

»Ein Priester, o Kaccāno, ein Bürger, ein Diener, der da Mörder
und Dieb ist, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und
Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit, der mag wohl, bei
der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen,
auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil: so denk’ ich
darüber, und so hab’ ich es auch von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so
denkst, und gut auch, dass du es von den Heiligen gehört hast.
Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese
vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie
denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten
einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied
merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand
beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die
Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste;
die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die
Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester
sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde
geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹
Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger kein
Mörder und Dieb, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker
und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt;      426
mag der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute
Fährte gerathen, in himmlische Welt, oder nicht so, oder wie
denkst du darüber?«

»Ein Krieger, o Kaccāno, der da kein Mörder und Dieb ist,
kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer,
nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt, der mag wohl,
bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte
gerathen, in himmlische Welt: so denk’ ich darüber, und so hab’
ich es auch von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so
denkst, und gut auch, dass du es von den Heiligen gehört hast.
Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, es
sei da ein Bürger, es sei da ein Diener kein Mörder und Dieb,
kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer,
nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt; mag der, bei
der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte
gerathen, in himmlische Welt, oder nicht so, oder wie denkst du
darüber?«

»Ein Priester, o Kaccāno, ein Bürger, ein Diener, der da kein
Mörder und Dieb ist, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein
Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht
gesinnt, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem
Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt: so denk’
ich darüber, und so hab’ ich es auch von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so
denkst, und gut auch, dass du es von den Heiligen gehört hast.
Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese         427
vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie
denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten
einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied
merken.«[162]

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand
beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die
Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste;
die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste;
die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die
Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem
Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben
Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein
Krieger, der breche in Häuser ein, oder raube fremdes Gut,
oder stehle, oder betrüge, oder verführe Ehefrauen; und wenn
deine Leute ihn fassten und dir brächten: ›Hier, o König, ist
ein Räuber, ein Verbrecher: was du ihm bestimmst, diese Strafe
gebiete!‹; was würdest du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, hinrichten, oder ächten, oder
bannen, oder je nach dem Falle züchtigen lassen.«

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Krieger bekannt, so hat er nun
diesen Namen verloren: Räuber wird er schlechthin geheißen.«

»Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester,
sei da ein Bürger, sei da ein Diener, der breche in Häuser
ein, oder raube fremdes Gut, oder stehle, oder betrüge, oder
verführe Ehefrauen; und wenn deine Leute ihn fassten und dir
brächten: ›Hier, o König, ist ein Räuber, ein Verbrecher: was
du ihm bestimmst, diese Strafe gebiete!‹; was würdest du da mit
ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, hinrichten, oder ächten, oder
bannen, oder je nach dem Falle züchtigen lassen.«

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Priester, oder als Bürger, oder als
Diener bekannt, so hat er nun diesen Namen verloren: Räuber          428
wird er schlechthin geheißen.«

»Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese
vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie
denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten
einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied
merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand
beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die
Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste;
die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die
Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester
sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde
geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹
Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger, der
habe sich Haar und Bart abgeschoren, das fahle Gewand angelegt,
sei aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen, habe das Tödten
verleugnet, das Stehlen verleugnet, das Lügen verleugnet,
zufrieden mit einer Mahlzeit, keusch wandelnd, tugendrein,
edelgeartet; was würdest du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, ehrerbietig begrüßen, uns vor
ihm erheben und ihn zu sitzen einladen, ihn bitten Kleidung,
Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit
anzunehmen, würden ihm wie sich’s gebührt Schutz und Schirm und
Obhut angedeihen lassen.«[163]

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Krieger bekannt, so hat er nun
diesen Namen verloren: Asket wird er schlechthin geheißen.«

»Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, sei
da ein Bürger, sei da ein Diener, der habe sich Haar und Bart
abgeschoren, das fahle Gewand angelegt, sei aus dem Hause in
die Hauslosigkeit gezogen, habe das Tödten verleugnet, das
Stehlen verleugnet, das Lügen verleugnet, zufrieden mit einer
Mahlzeit, keusch wandelnd, tugendrein, edelgeartet: was würdest
du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, ehrerbietig begrüßen, uns vor ihm        429
erheben und ihn zu sitzen einladen, ihn bitten Kleidung,
Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit
anzunehmen, würden ihm wie sich’s gebührt Schutz und Schirm und
Obhut angedeihen lassen.«

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Priester, oder als Bürger, oder als
Diener bekannt, so hat er nun diesen Namen verloren: Asket wird
er schlechthin geheißen.«[164]

»Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese
vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie
denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten
einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied
merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand
beurtheilen, oh es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die
Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste;
die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die
Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester
sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde
geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹«

Nach diesen Worten wandte sich König Madhuro von Avanti also an
den ehrwürdigen Mahākaccāno:

»Vortrefflich, o Kaccāno, vortrefflich, o Kaccāno! Gleichwie
etwa, o Kaccāno, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder
Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein
Licht in die Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge
sehn‹: ebenso auch ist von Herrn Kaccāno die Lehre gar vielfach
gezeigt worden. Und so nehm’ ich bei Herrn Kaccāno Zuflucht,
bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich       430
Herr Kaccāno betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

»Nicht bei mir, großer König, wolle du Zuflucht nehmen: sondern
bei Ihm, dem Erhabenen, nimm Zuflucht, bei dem ich Zuflucht
genommen.«

»Wo aber, o Kaccāno, weilt Er jetzt, der Erhabene, der Heilige,
vollkommen Erwachte?«

»Erloschen ist Er nun, großer König, der Erhabene, der Heilige,
vollkommen Erwachte.«

»Wenn wir da hörten, o Kaccāno, Er, der Erhabene, sei dreißig
Meilen fern, so würden wir eben dreißig Meilen wandern, Ihn,
den Erhabenen zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Wenn
wir da hörten, o Kaccāno, Er, der Erhabene, sei sechzig Meilen
fern, sei neunzig Meilen, hundertzwanzig Meilen, hundertfünfzig
Meilen fern, so würden wir eben hundertfünfzig Meilen wandern,
Ihn, den Erhabenen zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten.
Und wenn wir da hörten, o Kaccāno, dreihundert Meilen sei Er,
der Erhabene, fern, so würden wir eben dreihundert Meilen
wandern, Ihn, den Erhabenen zu sehn, den Heiligen, vollkommen
Erwachten. Weil nun aber, o Kaccāno, Er, der Erhabene,
erloschen ist, so nehmen wir eben bei Ihm, dem Erhabenen, der
erloschen ist, unsere Zuflucht, und bei der Lehre und bei der
Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Kaccāno betrachten,
von heute an zeitlebens getreu.«[165]



                              85.

             Neunter Theil            Fünfte Rede

                      BODHI DER KÖNIGSOHN


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im
Lande der Bhagger, bei der Stadt Suṃsumāragiram, im Forste des
Bhesakaḷā-Waldes.

Damals nun hatte Bodhi der Königsohn eben erst ein Landhaus,         431
Lotusrose genannt, sich erbauen lassen, und niemand noch hatte
darin gewohnt, kein Asket und kein Priester noch irgendein
menschliches Wesen.

Da nun wandte sich Bodhi der Königsohn also an Sañjikāputto den
jungen Brāhmanen:

»Komm’, bester Sañjikāputto, und geh’ zum Erhabenen hin und
bring’ dem Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar und wünsche
Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein:
›Bodhi‹, sage, ›o Herr, der Königsohn, bringt dem Erhabenen zu
Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit,
Stärke und Wohlsein;‹ und füge hinzu: ›möge, o Herr‹, lässt er
sagen, ›der Erhabene Bodhi dem Königsohne die Bitte gewähren,
morgen mit den Mönchen bei ihm zu speisen!‹«

»Jawohl, Herr!« entgegnete da gehorsam Sañjikāputto der junge
Brāhmane Bodhi dem Königsohne. Und er begab sich dorthin wo
der Erhabene weilte, tauschte höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts
nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Sañjikāputto der junge
Brāhmane zum Erhabenen also:

»Bodhi, o Gotamo, der Königsohn, bringt Herrn Gotamo zu Füßen
Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke
und Wohlsein; und er lässt sagen: ›Möge, o Herr‹, sprach er,
›der Erhabene Bodhi dem Königsohne die Bitte gewähren, morgen
mit den Mönchen bei ihm zu speisen!‹«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun Sañjikāputto der junge Brāhmane der Zustimmung des
Erhabenen gewiss war, stand er auf, begab sich zu Bodhi dem
Königsohne zurück und sprach also zu ihm:

»Ausgerichtet haben wir Herrn Gotamo euere Botschaft: und Herr       432
Gotamo hat angenommen.«

Da ließ nun Bodhi der Königsohn am nächsten Morgen in seiner
Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und
den Boden in seinem Landhause Lotusrose mit weißen Geweben
bespreiten, bis zur untersten Treppenstufe herab.[166] Dann
befahl er Sañjikāputto dem jungen Brāhmanen:

»Eile dich, bester Sañjikāputto, geh’ hin zum Erhabenen und
melde: ›Es ist Zeit, o Herr, das Mahl ist bereit.‹«

»Jawohl, Herr!« entgegnete da gehorsam Sañjikāputto der junge
Brāhmane Bodhi dem Königsohne. Und er begab sich dorthin wo der
Erhabene weilte, und gab dem Erhabenen Meldung:

»Es ist Zeit, o Gotamo, das Mahl ist bereit.«

Und der Erhabene rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und
Almosenschaale und begab sich zur Wohnung Bodhi des Königsohns.
Um diese Zeit aber stand Bodhi der Königsohn vor dem Eingange
seines Hauses, den Erhabenen erwartend. Und Bodhi der Königsohn
sah den Erhabenen von ferne herankommen, und als er ihn gesehn
schritt er ihm entgegen, bot ehrerbietigen Gruß dar, ließ
den Erhabenen vorangehn und geleitete ihn zu der Lotusrose
Landhaus. An die unterste Treppenstufe gelangt blieb der
Erhabene stehn. Und Bodhi der Königsohn lud den Erhabenen ein:       433

»Möge, o Herr, der Erhabene die Gewebe beschreiten, möge der
Willkommene die Gewebe beschreiten, auf dass es mir lange zum
Wohle, zum Heile gereiche!«

Also eingeladen schwieg der Erhabene still. Und zum zweiten
Male sprach Bodhi der Königsohn zum Erhabenen also; und zum
zweiten Male schwieg der Erhabene still. Und zum dritten Male
wandte sich Bodhi der Königsohn an den Erhabenen:

»Möge, o Herr, der Erhabene die Gewebe beschreiten, möge der
Willkommene die Gewebe beschreiten, auf dass es mir lange zum
Wohle, zum Heile gereiche!«

Da blickte nun der Erhabene auf den ehrwürdigen Ānando zurück.
Und der ehrwürdige Ānando sprach also zu Bodhi dem Königsohne:

»Lass’ die Gewebe, Königsohn, fortschaffen; nicht will der
Erhabene über Teppiche schreiten: auf die Nachfolger hat der
Vollendete zurückgeblickt.«

Und Bodhi der Königsohn ließ die Gewebe fortschaffen und auf
dem Söller der Lotusrose die Stühle bereit stellen. Und der
Erhabene stieg die Terrasse empor und nahm mit den Mönchen auf
den dargebotenen Sitzen Platz. Und Bodhi der Königsohn bediente
und versorgte eigenhändig den Erwachten und seine Jünger mit
ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte,
nahm Bodhi der Königsohn einen von den niederen Stühlen zur
Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach
nun Bodhi der Königsohn zum Erhabenen also:

»Ich hab’ es, o Herr, bei mir bedacht: ›Man kann nicht Wohl um       434
Wohl gewinnen: um Wehe lässt sich Wohl gewinnen.‹«[167]

»Auch ich hab’ es, Königsohn, noch vor der vollen Erwachung,
als unvollkommen Erwachter, Erwachung erst Erringender, bei
mir bedacht: ›Man kann nicht Wohl um Wohl gewinnen: um Wehe
lässt sich Wohl gewinnen.‹ Und da bin ich, Königsohn, nach
einiger Zeit, noch in frischer Blüthe, glänzend dunkelhaarig,
im Genusse glücklicher Jugend, im ersten Mannesalter[168],
gegen den Wunsch meiner weinenden und klagenden Eltern, mit
geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, vom
Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen.

»Also Pilger geworden, das wahre Gut suchend, nach dem
unvergleichlichen höchsten Friedenspfade forschend, begab ich
mich zu Āḷāro Kālāmo und sprach zu ihm: ›Ich möchte, Bruder
Kālāmo, in dieser Lehre und Ordnung das Asketenleben führen.‹
Hierauf, Königsohn, erwiderte mir Āḷāro Kālāmo: ›Bleibt,
Ehrwürdiger! Solcherart ist diese Lehre, dass ein verständiger
Mann, sogar binnen kurzem, sich die eigene Meisterschaft
begreiflich und offenbar machen und ihren Besitz erlangen
kann.‹ Und ich begriff, Königsohn, binnen kurzem, sehr bald
diese Lehre. Ich lernte nun soviel, Königsohn, als Lippen und
Laute mitzutheilen vermögen, das Wort des Wissens und das Wort
der älteren Jünger, und ich und die anderen wussten: ›Wir
kennen und verstehn es.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke:
›Āḷāro Kālāmo verkündet nicht die ganze Lehre nach seinem
Glauben ‚Mir selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil’        435
ich in ihrem Besitze‘, sicher kennt Āḷāro Kālāmo diese Lehre
genau.‹ Ich ging nun, Königsohn, zu Āḷāro Kālāmo hin und
sprach also: ›Inwiefern, Bruder Kālāmo, erklärst du, dass wir
diese Lehre begriffen, uns offenbar gemacht und ihren Besitz
erlangt haben?‹ Hierauf, Königsohn, stellte Āḷāro Kālāmo das
Reich des Nichtdaseins dar.[169] Da kam mir, Königsohn, der
Gedanke: ›Nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Zuversicht, ich aber
habe Zuversicht; nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Standhaftigkeit,
ich aber habe Standhaftigkeit; nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat
Einsicht, ich aber habe Einsicht; nicht einmal Āḷāro Kālāmo
hat Selbstvertiefung, ich aber habe Selbstvertiefung; nicht
einmal Āḷāro Kālāmo hat Weisheit, ich aber habe Weisheit. Wie,
wenn ich nun diese Lehre, von welcher Āḷāro Kālāmo sagt ‚Mir
selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil’ ich in ihrem
Besitze‘, mir anzueignen suchte, damit sie mir völlig klar
würde?‹ Und binnen kurzem, sehr bald, Königsohn, hatte ich
diese Lehre begriffen, mir offenbar gemacht und ihren Besitz
erlangt. Ich ging nun, Königsohn, wieder zu Āḷāro Kālāmo hin
und sprach also: ›Ist diese Lehre, Bruder Kālāmo, insofern
von uns begriffen, offenbar gemacht und erlangt worden?‹ --
›Insofern, o Bruder, ist diese Lehre begriffen, offenbar
gemacht und erlangt worden.‹ -- ›Ich habe nun, Bruder Kālāmo,
diese Lehre insofern begriffen, mir offenbar gemacht und             436
erlangt.‹ -- ›Beglückt sind wir, o Bruder, hoch begünstigt, die
wir einen solchen Ehrwürdigen als ächten Asketen erblicken!
So wie ich die Lehre verkünde, so hast du sie erlangt; so wie
du sie erlangt hast, so verkünde ich die Lehre. So wie ich
die Lehre kenne, so kennst du die Lehre. So wie du die Lehre
kennst, so kenne ich die Lehre. So wie ich bin, so bist du; so
wie du bist, so bin ich. Komm’ denn, Bruder: selbander wollen
wir diese Jüngerschaar lenken.‹ So, Königsohn, erklärte Āḷāro
Kālāmo, mein Lehrer, mich, seinen Schüler, als ihm ebenbürtig
und ehrte mich mit hoher Ehre. Da kam mir, Königsohn, der
Gedanke: ›Nicht diese Lehre führt zur Abkehr, zur Wendung, zur
Auflösung, zur Aufhebung, zur Durchschauung, zur Erwachung,
zur Erlöschung, sondern nur zur Einkehr in das Reich des
Nichtdaseins.‹ Und ich fand diese Lehre, Königsohn, ungenügend;
und unbefriedigt von ihr zog ich fort.

»Ich begab mich nun, Königsohn, das wahre Gut suchend, nach dem
unvergleichlichen höchsten Friedenspfade forschend, zu Uddako,
dem Sohne des Rāmo, und sprach zu ihm: ›Ich möchte, Bruder
Rāmo, in dieser Lehre und Ordnung das Asketenleben führen.‹
Hierauf, Königsohn, erwiderte mir Uddako Rāmaputto: ›Bleibt,         437
Ehrwürdiger! Solcherart ist diese Lehre, dass ein verständiger
Mann, sogar binnen kurzem, sich die eigene Meisterschaft
begreiflich und offenbar machen und ihren Besitz erlangen
kann.‹ Und ich begriff, Königsohn, binnen kurzem, sehr bald
diese Lehre. Ich lernte nun soviel, Königsohn, als Lippen und
Laute mitzutheilen vermögen, das Wort des Wissens und das Wort
der älteren Jünger, und ich und die anderen wussten: ›Wir
kennen und verstehn es.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke:
›Rāmo hat nicht die ganze Lehre nach seinem Glauben ‚Mir
selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil’ ich in ihrem
Besitze‘ verkündet, sicher hat Rāmo diese Lehre genau gekannt.‹
Ich ging nun, Königsohn, zu Uddako, dem Sohne Rāmos, hin und
sprach also: ›Inwiefern, Bruder, hat Rāmo diese Lehre als von
uns begriffen, offenbar gemacht und erlangt erklärt?‹ Hierauf,
Königsohn, stellte Uddako, der Sohn Rāmos, das Reich der Gränze
möglicher Wahrnehmung dar.[170] Da kam mir, Königsohn, der
Gedanke: ›Nicht einmal Rāmo hatte Zuversicht, ich aber habe
Zuversicht; nicht einmal Rāmo hatte Standhaftigkelt, ich aber
habe Standhaftigkeit; nicht einmal Rāmo hatte Einsicht, ich
aber habe Einsicht; nicht einmal Rāmo hatte Selbstvertiefung,
ich aber habe Selbstvertiefung; nicht einmal Rāmo hatte
Weisheit, ich aber habe Weisheit. Wie, wenn ich nun diese
Lehre, von welcher Rāmo sagte ‚Mir selbst begreiflich und
offenbar gemacht verweil’ ich in ihrem Besitze‘, mir anzueignen
suchte, damit sie mir völlig klar würde?‹ Und binnen kurzem,
sehr bald, Königsohn, hatte ich diese Lehre begriffen, mir
offenbar gemacht und ihren Besitz erlangt. Ich ging nun,             438
Königsohn, wieder zu Uddako, dem Sohne Rāmos, und sprach also:
›Ist diese Lehre, Bruder, der Darlegung Rāmos gemäß insofern
von uns begriffen, offenbar gemacht und erlangt worden?‹ --
›Insofern, Bruder, hat Rāmo diese Lehre als begriffen, offenbar
gemacht und erlangt dargestellt.‹ -- ›Ich habe nun, Bruder,
diese Lehre insofern begriffen, mir offenbar gemacht und
erlangt.‹ -- ›Beglückt sind wir, o Bruder, hoch begünstigt, die
wir einen solchen Ehrwürdigen als ächten Asketen erblicken! So
wie Rāmo die Lehre verkündet hat, so hast du die Lehre erlangt;
so wie du sie erlangt hast, so hat Rāmo die Lehre verkündet.
So wie Rāmo die Lehre gekannt hat, so kennst du die Lehre; so
wie du die Lehre kennst, so hat Rāmo die Lehre gekannt. So wie
Rāmo war, so bist du; so wie du bist, so war Rāmo. Komm’ denn,
o Bruder: sei du das Haupt dieser Jüngerschaar.‹ So, Königsohn,
belehnte Uddako Rāmaputto, mein Ordensbruder, mich mit der
Meisterschaft und ehrte mich mit hoher Ehre. Da kam mir,
Königsohn, der Gedanke: ›Nicht diese Lehre führt zur Abkehr,
zur Wendung, zur Auflösung, zur Aufhebung, zur Durchschauung,
zur Erwachung, zur Erlöschung, sondern nur zur Einkehr in das
Reich der Gränze möglicher Wahrnehmung.‹ Und ich fand diese          439
Lehre, Königsohn, ungenügend; und unbefriedigt von ihr zog ich
fort.

»Ich wanderte nun, Königsohn, das wahre Gut suchend, nach
dem unvergleichlichen höchsten Friedenspfade forschend, im
Māgadhā-Lande von Ort zu Ort und kam in die Nähe der Burg
Uruvelā. Dort sah ich einen entzückenden Fleck Erde: einen
heiteren Waldesgrund, einen hell strömenden Fluss, zum Baden
geeignet, erfreulich, und rings umher Wiesen und Felder. Da kam
mir, Königsohn, der Gedanke: ›Entzückend, wahrlich, ist dieser
Fleck Erde! Heiter ist der Waldesgrund, der Fluss strömt hell
dahin, zum Baden geeignet, erfreulich, und rings umher liegen
Wiesen und Felder. Das genügt wohl einem Askese begehrenden
edlen Sohne zur Askese.‹ Und ich setzte mich nun, Königsohn,
dort nieder: ›Das genügt zur Askese.‹

»Da sind mir nun, Königsohn, drei Gleichnisse aufgeleuchtet,
naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein feuchtes, leimiges
Holzscheit ins Wasser geworfen würde; da träte ein Mann
hinzu, mit einem Reibholz versehn: ›Ich will Feuer erwecken,
Licht hervorbringen.‹ Was meinst du nun, Königsohn: könnte
wohl dieser Mann, mit dem Reibholz das feuchte, leimige, ins
Wasser geworfene Holzscheit reibend, Feuer erwecken, Licht
hervorbringen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Und warum nicht?«

»Jenes Holzscheit, o Herr, ist ja feucht, leimig und überdies
noch ins Wasser geworfen! Alle Plage und Mühe des Mannes wäre        440
vergeblich.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, steht es mit jenen Asketen oder
Priestern, die des Körpers nicht, nicht der Wünsche entwöhnt
sind, die was bei ihren Wünschen Wunscheswille, Wunschesleim,
Wunschestaumel, Wunschesdurst, Wunschesfieber ist, die das
nicht innerlich ausgetrieben, ausgeglüht haben: wenn da jene
lieben Asketen und Priester herantretende schmerzliche,
brennende, bittere Gefühle erfahren, so sind sie unfähig zum
Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung; und
auch wenn jene lieben Asketen und Priester keine herantretenden
schmerzlichen, brennenden, bitteren Gefühle erfahren, so
sind sie auch dann unfähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur
unvergleichlichen Erwachung. Dieses Gleichniss nun, Königsohn,
war das erste mir aufleuchtende, das naturgemäße, nie zuvor
gehörte.

»Und hierauf ist mir nun, Königsohn, ein zweites Gleichniss
aufgeleuchtet, ein naturgemäßes, nie zuvor gehörtes. Gleichwie
etwa, Königsohn, wenn ein feuchtes, leimiges Holzscheit fern
vom Wasser ans Land geworfen würde; da träte ein Mann hinzu,
mit einem Reibholz versehn: ›Ich will Feuer erwecken, Licht
hervorbringen.‹ Was meinst du nun, Königsohn: könnte wohl
dieser Mann, mit dem Reibholz das feuchte, leimige, fern vom
Wasser ans Land geworfene Holzscheit reibend, Feuer erwecken,
Licht hervorbringen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Und warum nicht?«

»Jenes Holzscheit, o Herr, ist ja feucht, leimig, und wenn es
auch außerhalb des Wassers am Lande liegt, alle Plage und Mühe
des Mannes wäre vergeblich.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, steht es mit jenen Asketen oder         441
Priestern, die des Körpers, die auch der Wünsche entwöhnt sind,
die aber was bei ihren Wünschen Wunscheswille, Wunschesleim,
Wunschestaumel, Wunschesdurst, Wunschesfieber ist, die das
nicht innerlich ausgetrieben, ausgeglüht haben: wenn da jene
lieben Asketen und Priester herantretende schmerzliche,
brennende, bittere Gefühle erfahren, so sind sie unfähig zum
Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung; und
auch wenn jene lieben Asketen und Priester keine herantretenden
schmerzlichen, brennenden, bitteren Gefühle erfahren, so
sind sie auch dann unfähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur
unvergleichlichen Erwachung. Dieses Gleichniss nun, Königsohn,
war das zweite mir aufleuchtende, das naturgemäße, nie zuvor
gehörte.

»Und hierauf ist mir nun, Königsohn, ein drittes Gleichniss
aufgeleuchtet, ein naturgemäßes, nie zuvor gehörtes. Gleichwie
etwa, Königsohn, wenn ein trockenes, ausgedörrtes Holzscheit
fern vom Wasser ans Land geworfen würde; da träte ein Mann
hinzu, mit einem Reibholz versehn: ›Ich will Feuer erwecken,
Licht hervorbringen.‹ Was meinst du nun, Königsohn: könnte
wohl dieser Mann, mit dem Reibholz das trockene, ausgedörrte,
fern vom Wasser ans Land geworfene Holzscheit reibend, Feuer
erwecken, Licht hervorbringen?«

»Freilich, o Herr!«

»Und warum das?«

»Jenes Holzscheit, o Herr, ist ja trocken und ausgedörrt und         442
liegt fern vom Wasser am Lande.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, steht es mit jenen Asketen oder
Priestern, die des Körpers, die auch der Wünsche entwöhnt
sind, die was bei ihren Wünschen Wunscheswille, Wunschesleim,
Wunschestaumel, Wunschesdurst, Wunschesfieber ist, die das
innerlich ausgetrieben, ausgeglüht haben: wenn da jene lieben
Asketen und Priester herantretende schmerzliche, brennende,
bittere Gefühle erfahren, so sind sie fähig zum Wissen, zur
Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung; und auch wenn jene
lieben Asketen und Priester keine herantretenden schmerzlichen,
brennenden, bitteren Gefühle erfahren, so sind sie auch
dann fähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen
Erwachung. Dieses Gleichniss nun, Königsohn, war das dritte mir
aufleuchtende, das naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Diese drei Gleichnisse, Königsohn, sind mir aufgeleuchtet,
naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich
nun mit aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen
gehefteter Zunge durch den Willen das Gemüth niederzwänge,
niederdrückte, niederquälte?‹ Und ich zwang nun, Königsohn,
mit aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen gehefteter
Zunge durch den Willen das Gemüth nieder, drückte es nieder,
quälte es nieder. Und indem ich also, Königsohn, mit
aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen gehefteter
Zunge durch den Willen das Gemüth niederzwang, niederdrückte,
niederquälte, rieselte mir der Schweiß aus den Achselhöhlen.         443
Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein starker Mann einen
schwächeren, beim Kopf oder bei der Schulter ergreifend,
niederzwingt, niederdrückt, niederquält, ebenso rieselte
mir da, Königsohn, indem ich also mit aufeinandergepressten
Zähnen und an den Gaumen gehefteter Zunge durch den Willen das
Gemüth niederzwang, niederdrückte, niederquälte, der Schweiß
aus den Achselhöhlen. Gestählt war zwar, Königsohn, meine
Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber
regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so
schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun
in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun,
Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund und Nase an.
Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von
Mund und Nase anhielt, wurde mir das überlaute Geräusch der
Blutströmungen im Ohre vernehmbar. Gleichwie etwa, Königsohn,
der geblähte Blasebalg einer Schmiede überlautes Geräusch
erzeugt, ebenso wurde mir da, Königsohn, indem ich also die
Ein- und Ausathmungen von Mund und Nase anhielt, das überlaute
Geräusch der Blutströmungen im Ohre vernehmbar. Gestählt war
zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht,
unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig
geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich             444
nun noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹
Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen
von Mund, Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn,
die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt,
schlugen mir überheftige Strömungen auf die Schädeldecke auf.
Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein starker Mann mit scharfer
Dolchspitze die Schädeldecke zerhämmerte, ebenso schlugen
mir da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen
von Mund, Nase und Ohr anhielt, überheftige Strömungen auf
die Schädeldecke auf. Gestählt war zwar, Königsohn, meine
Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber
regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so
schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun
noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich
hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund,
Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und
Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, hatte ich im
Kopfe betäubende Kopfgefühle. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn
ein starker Mann feste Riemenstränge auf dem Kopfe peitschend
tanzen ließe, ebenso hatte ich da, Königsohn, indem ich also
die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, im         445
Kopfe betäubende Kopfgefühle. Gestählt war zwar, Königsohn,
meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar,
aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch
diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich
nun noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹
Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen
von Mund, Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn,
die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt,
schnitten mir überheftige Strömungen durch den Bauch.
Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein geschickter Schlächter
oder Schlächtergeselle mit scharfem Schlachtmesser den Bauch
durchschlitzte, ebenso schnitten mir da, Königsohn, indem ich
also die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt,
überheftige Strömungen durch den Bauch. Gestählt war zwar,
Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht,
unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig
geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun
noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich
hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund,
Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und
Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, hatte ich im
Körper überheftig glühende Quaal. Gleichwie etwa, Königsohn,
wenn zwei starke Männer einen schwächeren Mann an beiden             446
Armen ergriffen und in eine Grube voll glühender Kohlen
hineinquälten, hineinrollten, ebenso hatte ich da, Königsohn,
indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und
Ohr anhielt, im Körper überheftig glühende Quaal. Gestählt war
zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht,
unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig
geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da sahn mich nun, Königsohn, Gottheiten und sagten: Gestorben
ist der Asket Gotamo.‹ Andere Gottheiten sagten: ›Nicht
gestorben ist der Asket Gotamo, aber er stirbt.‹ Und andere
Gottheiten sagten: ›Nicht gestorben ist der Asket Gotamo und
nicht stirbt er, heilig ist der Asket Gotamo, ein Zustand ist
es nur des Heiligen, von solcher Art.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich
nun gänzlich der Nahrung enthielte?‹ Da traten, Königsohn,
Gottheiten zu mir heran und sprachen: ›Wolle nicht, Würdiger,
dich gänzlich der Nahrung enthalten! Wenn du dich, Würdiger,
gänzlich der Nahrung enthalten willst, so werden wir dir
himmlischen Thau durch die Poren einflößen: dadurch wirst du
am Leben bleiben.‹[171] Da kam mir, Königsohn, der Gedanke:
›Wenn ich nun auch gänzliches Fasten hielte, diese Gottheiten
mir aber himmlischen Thau durch die Poren einflößten und ich
also gefristet würde, so wär’ es bloßer Schein.‹ Und ich wies,       447
Königsohn, die Gottheiten zurück und sagte: ›Schon gut!‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich nun wenig,
wenig Nahrung zu mir nähme, eine hohle Hand voll und noch eine,
als wie Bohnenbrühe oder Erbsenbrühe oder Linsenbrühe?‹ Und
ich nahm, Königsohn, wenig, wenig Nahrung zu mir, eine hohle
Hand voll und noch eine, als wie Bohnenbrühe oder Erbsenbrühe
oder Linsenbrühe. Und indem ich also, Königsohn, wenig, wenig
Nahrung zu mir nahm, eine hohle Hand voll und noch eine, als
wie Bohnenbrühe oder Erbsenbrühe oder Linsenbrühe, wurde
mein Körper außerordentlich mager. Wie dürres, welkes Rohr
wurden da meine Arme und Beine durch diese äußerst geringe
Nahrungaufnahme, wie ein Kameelhuf wurde da mein Gesäß durch
diese äußerst geringe Nahrungaufnahme, wie eine Kugelkette
wurde da mein Rückgrat mit den hervor- und zurücktretenden
Wirbeln durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme[172], wie
sich die Dachsparren eines alten Hauses queerkantig abheben,
hoben sich da meine Rippen queerkantig ab durch diese äußerst
geringe Nahrungaufnahme, wie in einem tiefen Brunnen die
unten liegenden Wasserspiegel verschwindend klein erscheinen,
so erschienen da in meinen Augenhöhlen die tiefliegenden
Augensterne verschwindend klein durch diese äußerst geringe
Nahrungaufnahme, wie ein Bitterkürbiss, frisch angeschnitten,        448
in heißer Sonne hohl und schrumpf wird, so wurde da meine
Kopfhaut hohl und schrumpf durch diese äußerst geringe
Nahrungaufnahme. Und indem ich, Königsohn, die Bauchdecke
befühlen wollte traf ich auf das Rückgrat, und indem ich das
Rückgrat befühlen wollte traf ich wieder auf die Bauchdecke. So
nahe war mir, Königsohn, die Bauchdecke ans Rückgrat gekommen
durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme. Und ich wollte,
Königsohn, Koth und Harn entleeren, da fiel ich vornüber hin
durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme. Um nun diesen
Körper da zu stärken, Königsohn, rieb ich mit der Hand die
Glieder. Und indem ich also, Königsohn, mit der Hand die
Glieder rieb, fielen die wurzelfaulen Körperhaare aus durch die
äußerst geringe Nahrungaufnahme.

»Da sahn mich nun, Königsohn, Menschen und sagten: ›Blau ist
der Asket Gotamo!‹ Andere Menschen sagten: ›Nicht blau ist der
Asket Gotamo, braun ist der Asket Gotamo!‹ Und andere Menschen
sagten: ›Nicht blau ist der Asket Gotamo und nicht braun ist
der Asket Gotamo, gelbhäutig ist der Asket Gotamo!‹ So sehr war
nun, Königsohn, meine helle, reine Hautfarbe angegriffen worden
durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Was für Asketen
oder Priester auch je in der Vergangenheit herangetretene
schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren haben: das
ist das höchste, weiter geht es nicht. Was für Asketen oder
Priester auch je in der Zukunft herantretende schmerzliche,
brennende, bittere Gefühle erfahren werden: das ist das
höchste, weiter geht es nicht. Was für Asketen oder Priester         449
auch jetzt in der Gegenwart herantretende schmerzliche,
brennende, bittere Gefühle erfahren: das ist das höchste,
weiter geht es nicht. Und doch erreiche ich durch diese bittere
Schmerzensaskese kein überirdisches, reiches Heilthum der
Wissensklarheit! Es giebt wohl einen anderen Weg zur Erwachung.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Ich erinnere mich,
einst, während der Feldarbeiten bei meinem Vater Sakko, im
kühlen Schatten eines Rosenapfelbaumes sitzend, den Wünschen
erstorben, dem Unheil entronnen, in sinnend gedenkender
ruhegeborener säliger Heiterkeit die Weihe der ersten Schauung
errungen zu haben: das mag wohl der Weg sein zur Erwachung.‹

»Da kam mir, Königsohn, das einsichtgemäße Bewusstsein: ›Das
ist der Weg zur Erwachung.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, sollt’ ich etwa
jenes Glück fürchten, jenes Glück jenseit der Wünsche, jenseit
des Schlechten?‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nein, ich fürchte jenes
Glück nicht, jenes Glück jenseit der Wünsche, jenseit des
Schlechten.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht leicht kann wohl
jenes Glück erreicht werden mit so außerordentlich entkräftetem
Körper; wie, wenn ich nun feste Nahrung zu mir nähme, gekochten
Reisbrei?‹ Und ich nahm, Königsohn, feste Nahrung zu mir,
gekochten Reisbrei.

»Zu jener Zeit aber, Königsohn, lebten fünf verbündete Mönche        450
um mich herum: ›Wenn uns der Asket Gotamo die Wahrheit
erkämpft haben wird, wird er sie uns mittheilen!‹ Als ich nun,
Königsohn, feste Nahrung zu mir nahm, gekochten Reisbrei, da
wandten sich jene fünf verbündeten Mönche von mir ab und gingen
fort: ›Ueppig wird der Asket Gotamo, der Askese untreu, geneigt
der Ueppigkeit.‹

»Und ich nahm nun, Königsohn, feste Nahrung zu mir, gewann
Kraft und erwirkte, gar fern von Begierden, fern von
unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener
säliger Heiterkeit die Weihe der ersten Schauung.

»Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens, Königsohn, erwirkte
ich die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von
sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige
Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung.

»In heiterer Ruhe, Königsohn, weilte ich gleichmüthig,
einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfand ich im Körper, von
dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt
beglückt‹; so erwirkte ich die Weihe der dritten Schauung.

»Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, Königsohn, nach
Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkte ich
die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen
vollkommenen Reine, die vierte Schauung.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtete ich das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer
Daseinsformen. Ich erinnerte mich an manche verschiedene
frühere Daseinsform, als wie an ein Leben, dann an zwei
Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf
Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann
an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig
Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann
an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen
Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein
Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren,
so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo
wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich,
dieser Familie gehört ich an, dies war mein Stand, dies mein
Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein
Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein.‹ So
erinnerte ich mich mancher verschiedenen früheren Daseinsform,
mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen
Beziehungen. Dieses Wissen, Königsohn, hatte ich nun in den
ersten Stunden der Nacht als erstes errungen, das Nichtwissen
zertheilt, das Wissen gewonnen, das Dunkel zertheilt, das
Licht gewonnen, wie ich da ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich
verweilte.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtete ich das Gemüth auf die Erkenntniss des
Verschwindens-Erscheinens der Wesen. Mit dem himmlischen Auge,       451
dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, sah
ich die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und
edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, ich
erkannte wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese
lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan,
in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten
zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes;
bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf
den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere
Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan,
in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan,
tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der
Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute
Fährte, in sälige Welt.‹ So sah ich mit dem himmlischen Auge,
dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die
Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle,
schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, ich erkannte
wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. Dieses Wissen,
Königsohn, hatte ich nun in den mittleren Stunden der Nacht
als zweites errungen, das Nichtwissen zertheilt, das Wissen
gewonnen, das Dunkel zertheilt, das Licht gewonnen, wie ich da
ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich verweilte.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtete ich das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung.
›Das ist das Leiden‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist
die Leidensentwicklung‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Leidensauflösung‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das
ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ verstand ich der
Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ verstand ich der Wahrheit
gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ verstand ich der Wahrheit
gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ verstand ich der Wahrheit
gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ verstand
ich der Wahrheit gemäß. Also erkennend, also sehend ward da
mein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn,
erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹,
diese Erkenntniss ging auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet
das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹,
verstand ich da. Dieses Wissen, Königsohn, hatte ich nun in den
letzten Stunden der Nacht als drittes errungen, das Nichtwissen
zertheilt, das Wissen gewonnen, das Dunkel zertheilt, das
Licht gewonnen, wie ich da ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich
verweilte.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Entdeckt hab’ ich diese        452
tiefe Satzung, die schwer zu gewahren, schwer zu erkunden
ist, die stille, erlesene, unbekrittelbare, feine, Weisen
erfindliche.[173] Vergnügen aber sucht ja dieses Geschlecht,
Vergnügen liebt es, Vergnügen schätzt es. Dem Vergnügen
suchenden Geschlechte nun aber, Vergnügen liebenden, Vergnügen
schätzenden ist ein solches Ding kaum verständlich: als wie
das auf gewisse Weise bedingt sein, die bedingte Entstehung;
und auch ein solches Ding wird es kaum verstehn: eben dieses
Aufgehn aller Unterscheidung, die Abwehr aller Anhaftung, das
Versiegen des Durstes, die Wendung, Auflösung, Erlöschung. Wenn
ich also die Satzung darlege und die anderen mich doch nicht
begreifen, so ist mir Plage gewiss und Anstoß.‹ Und es sind
mir, Königsohn, diese naturgemäßen Sprüche aufgeleuchtet, die
vorher nie gehörten:

    ›Mit heißer Mühe was ich fand
    Nun offenbaren wär’ umsonst:
    Das gier- und hassverzehrte Volk
    ist solcher Satzung nicht geneigt.

    ›Die stromentgegen gehende
    Tief innig zart verborgene
    Bleibt Gierergetzten unsichtbar
    In dichter Finsterniss verhüllt.‹

»Also erwägend, Königsohn, neigte sich mein Gemüth zur
Verschlossenheit, nicht zur Darlegung der Lehre. Da nun
gewahrte, Königsohn, Brahmā Sahampati[174] meines Herzens
Bedenken und klagte: ›Verderben, ach, wird ja die Welt, elend
verderben, wenn des Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten
Gemüth sich zur Verschlossenheit neigt und nicht zur Darlegung
der Lehre!‹ Da verschwand nun, Königsohn, Brahmā Sahampati,
so schnell wie etwa ein kräftiger Mann den eingezogenen Arm
ausstrecken oder den ausgestreckten Arm einziehn mag, aus der        453
Brahmawelt und erschien vor mir. Da nun entblößte, Königsohn,
Brahmā Sahampati eine Schulter, faltete die Hände zu mir und
sprach hierauf also:

»‚O dass doch der Erhabene, o Herr, die Lehre darlege, o dass
doch der Willkommene die Lehre darlege! Es giebt Wesen edlerer
Art: ohne Gehör der Lehre verlieren sie sich, sie werden die
Lehre verstehn.‘

»Das sagte, Königsohn, Brahmā Sahampati; und hierauf sprach er
fernerhin also:

    ›Verkündet ward in Magadhā Verkehrtes,
    Vertrübte Lehre von Unreinen ausgedacht:
    Eröffne du jetzt dieses Thor des Lebens,
    Der Reine weise zur entdeckten Wahrheit uns.

    ›Wie einer, der am Gipfel hoher Berge steht
    Und in die Lande blickt nach allen Seiten hin,
    So blick’, Allauge du, vom Thurm der Wahrheit
    in dieses Schmerzenreich, du Schmerzenlöser!
    Sieh’ hin, o Weiser, auf das Sein:
    Entstehn-Vergehn ist seine Pein.

    ›Wohlan, o Helde, siegreicher Kampfesherr,
    Geh’ hin zur Welt, entsühnt, o Meisterführer du!
    Die Lehre mögest, Herr, verkünden:
    Es werden sich Verständige finden.‹

»Auf das Anliegen Brahmās nun, Königsohn, und aus Erbarmen
zu den Wesen blickte ich mit dem erwachten Auge in die Welt.
Und ich sah, Königsohn, mit dem erwachten Auge in die Welt
blickend, Wesen edlerer Art und gemeinerer Art, scharfsinnige
und stumpfsinnige, gut begabte und schlecht begabte, leicht
begreifende und schwer begreifende und manche, die das
Anpreisen einer anderen Welt für arg erachten. Gleichwie etwa,
Königsohn, in einem Lotusweiher einzelne blaue oder rothe oder       454
weiße Lotusrosen im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln,
unter dem Wasserspiegel bleiben, aus der Wassertiefe Nahrung
aufsaugen; einzelne blaue oder rothe oder weiße Lotusrose
im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln, bis zum
Wasserspiegel dringen; einzelne blaue oder rothe oder weiße
Lotusrosen im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln, über
das Wasser emporsteigen und dastehn unbenetzt von Wasser[175]:
ebenso nun auch, Königsohn, sah ich, mit dem erwachten Auge
in die Welt blickend, Wesen edlerer Art und gemeinerer Art,
scharfsinnige und stumpfsinnige, gut begabte und schlecht
begabte, leicht begreifende und schwer begreifende und manche,
die das Anpreisen einer anderen Welt für arg erachten.

»Und ich erwiderte nun, Königsohn, Brahmā Sahampati mit dem
Spruche:

    »Erschlossen sind zur Ewigkeit die Thore:
    Wer Ohren hat zu hören komm’ und höre.
    Den Anstoß ahnend wahrt’ ich unberedsam
    Das köstlich Edle vor den Menschen, Brahmā.«

»Da nun, Königsohn, sagte Brahmā Sahampati: ›Gewährung hat mir
der Erhabene verheißen, die Lehre darzulegen‹, begrüßte mich
ehrerbietig, ging rechts herum und war alsbald verschwunden.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wem könnt’ ich nun wohl
zuerst die Lehre darlegen, wer wird diese Lehre gar bald
begreifen?‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Jener Āḷāro
Kālāmo ist weise, entfremdet, tiefsinnig, lebt seit langer Zeit
der Entsagung; wenn ich nun ihm zuerst die Lehre darlege, wird
er diese Lehre gar bald begreifen.‹ Da nun kamen, Königsohn,         455
Gottheiten zu mir und sagten: ›Vor sieben Tagen, o Herr, ist
Āḷāro Kālāmo gestorben.‹ Die klare Gewissheit ging mir nun
auf: ›Vor sieben Tagen ist Āḷāro Kālāmo gestorben.‹ Da kam
mir, Königsohn, der Gedanke: ›Ein großer Geist war Āḷāro
Kālāmo: hätte er diese Lehre vernommen, er hätte sie gar bald
begriffen.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wem könnt’ ich
nun wohl zuerst die Lehre darlegen, wer wird diese Lehre gar
bald begreifen?‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Jener
Uddako Rāmaputto ist weise, entfremdet, tiefsinnig, lebt seit
langer Zeit der Entsagung; wenn ich nun ihm zuerst die Lehre
darlege, wird er diese Lehre gar bald begreifen.‹ Da nun kamen,
Königsohn, Gottheiten zu mir und sagten: ›Am Abend, o Herr,
ist Uddako Rāmaputto gestorben.‹ Die klare Gewissheit ging
mir nun auf: ›Am Abend ist Uddako Rāmaputto gestorben.‹ Da
kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Ein großer Geist war Uddako
Rāmaputto: hätte er diese Lehre vernommen, er hätte sie gar
bald begriffen.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wem
könnt’ ich nun wohl zuerst die Lehre darlegen, wer wird diese
Lehre gar bald begreifen?‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke:
›Zugethan sind mir ja die Fünf verbündeten Mönche, die meiner
warteten, als ich mich der Askese hingab; wie, wenn ich nun
zuerst den Fünf verbündeten Mönchen die Lehre darlegen möchte?‹
Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wo weilen wohl jetzt die        456
Fünf verbündeten Mönche?‹ Und ich sah, Königsohn, mit dem
himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen
hinausreichenden, den Aufenthalt der Fünf verbündeten Mönche
bei Benāres, am Sehersteine, im Wildparke.[176] Und ich begab
mich nun, Königsohn, da ich in Uruvelā nach Belieben geweilt
hatte, auf die Wanderung nach Benāres.

»Da begegnete mir, Königsohn, Upako, ein Nackter Büßer, auf dem
Wege vom Baum der Erwachung nach Gayā, und als er mich gesehn
hatte sprach er also zu mir:

»‚Heiter, o Bruder, ist dein Angesicht, hell die Hautfarbe und
rein! Um wessen willen, o Bruder, bist du hinausgezogen? Wer
ist wohl dein Meister? Oder zu wessen Lehre bekennst du dich?‘

»Auf diese Worte, Königsohn, sprach ich zu Upako dem Nackten
Büßer die Sprüche:

    »Allüberwinder, Allerkenner bin ich,
    Von allen Dingen ewig abgeschieden,
    Verlassend alles, lebenswahngeläutert,
    Durch mich allein belehrt, wen kann ich nennen?

    »Kein Lehrer hat mich aufgeklärt,
    Kein Wesen giebt es, das mir gleicht,
    Die Welt mit ihren Göttern hat
    Nicht Einen Ebenbürtigen.

    »Denn ich bin ja der Herr der Welt,
    Der höchste Meister, der bin ich,
    Ein einzig Allvollendeter,
    Vollkommen Wahnerloschener.

    »Der Wahrheit Reich erricht’ ich nun
    Und wandre zur Benāresstadt:
    Erdröhnen soll in finstrer Welt
    Die Trommel der Unsterblichkeit.«

›So glaubst du also, Bruder, dass du der Heilige bist, der
Unumschränkte Sieger?‹

    »Mir gleich, ja, werden Siegende,                                457
    Ist Wahnvertilgung ausgeübt:
    Besiegt hab’ ich das Sündige,
    Bin darum Sieger, Upako.«

»Auf diese Worte, Königsohn, erwiderte Upako der Nackte Büßer:
›Wenn’s nur wäre, Bruder!‹, schüttelte das Haupt, schlug einen
Seitenweg ein und entfernte sich.

»Und ich zog nun, Königsohn, von Ort zu Ort nach Benāres, kam
zum Seherstein, in den Wildpark, wo die Fünf verbündeten Mönche
weilten. Da erblickten mich, Königsohn, die Fünf verbündeten
Mönche von ferne herankommen, und als sie mich gesehn bestärkte
einer den anderen: ›Da kommt, Bruder, jener Asket Gotamo heran,
der Ueppige, der von der Askese abgefallen ist und sich der
Ueppigkeit ergeben hat: wir wollen ihn weder begrüßen, noch uns
erheben um ihm Mantel und Schaale abzunehmen, aber ein Sitz sei
zugewiesen; wenn er will, mag er sich setzen.‹ Je mehr ich mich
aber, Königsohn, näherte, desto weniger vermochten die Fünf
verbündeten Mönche bei ihrem Entschluss zu verharren: einige
kamen entgegen und nahmen mir Mantel und Schaale ab, einige
baten mich Platz zu nehmen, einige machten ein Fußbad zurecht,
und sie gingen mich mit dem Namen und dem Bruderworte an. Da
sagte ich, Königsohn, zu den Fünf verbündeten Mönchen:

›Nicht gehet, ihr Mönche, den Vollendeten mit dem Namen und          458
dem Bruderworte an: heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete,
der vollkommen Erwachte. Leihet Gehör, ihr Mönche, die
Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe ein, ich lege die Lehre
dar. Der Führung folgend werdet ihr in gar kurzer Zeit jenes
Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in
die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit
noch bei Lebzeiten euch offenbar machen, verwirklichen und
erringen.‹

»Auf diese Worte, Königsohn, erwiderten mir die Fünf
verbündeten Mönche: ›Selbst durch deine so harte Buße, o Bruder
Gotamo, durch deine Kasteiung, durch deine Schmerzensaskese
hast du das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit
nicht errungen: wie magst du nun jetzt, wo du üppig geworden,
von der Askese abgefallen bist, der Ueppigkeit dich ergeben
hast, das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit
besitzen?‹ Auf diese Worte, Königsohn, erwiderte ich den Fünf
verbündeten Mönchen:

›Nicht ist, ihr Mönche, der Vollendete üppig geworden, von
der Askese abgefallen, der Ueppigkeit ergeben: heilig, ihr
Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen Erwachte. Leihet
Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe
ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung folgend werdet ihr
in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne
gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste
Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten euch offenbar
machen, verwirklichen und erringen.‹

»Und zum zweiten Mal nun, Königsohn, erwiderten mir die Fünf
verbündeten Mönche: ›Selbst durch deine so harte Buße, o Bruder
Gotamo, durch deine Kasteiung, durch deine Schmerzensaskese
hast du das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit
nicht errungen: wie magst du nun jetzt, wo du üppig geworden,        459
von der Askese abgefallen bist, der Ueppigkeit dich ergeben
hast, das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit
besitzen?‹ Und zum zweiten Mal nun, Königsohn, erwiderte ich
den Fünf verbündeten Mönchen:

›Nicht ist, ihr Mönche, der Vollendete üppig geworden, von
der Askese abgefallen, der Ueppigkeit ergeben: heilig, ihr
Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen Erwachte. Leihet
Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe
ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung folgend werdet ihr
in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne
gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste
Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten euch offenbar
machen, verwirklichen und erringen.‹

»Und zum dritten Mal nun, Königsohn, erwiderten mir die Fünf
verbündeten Mönche: ›Selbst durch deine so harte Buße, o Bruder
Gotamo, durch deine Kasteiung, durch deine Schmerzensaskese
hast du das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit
nicht errungen: wie magst du nun jetzt, wo du üppig geworden,
von der Askese abgefallen bist, der Ueppigkeit dich ergeben
hast, das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit
besitzen?‹ Auf diese Worte, Königsohn, sagte ich zu den Fünf
verbündeten Mönchen:

›Entsinnet ihr euch, ihr Mönche, dass ich je zuvor also
gesprochen hätte?‹

›Nein, o Herr!‹

›Heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen
Erwachte. Leihet Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist
gefunden. Ich führe ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung
folgend werdet ihr in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen
willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit
ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten      460
euch offenbar machen, verwirklichen und erringen.‹

»Und es gelang mir, Königsohn, den Fünf verbündeten Mönchen
meine Erkenntniss mitzutheilen. Erst trug ich, Königsohn,
zweien Mönchen die Lehre vor, drei Mönche gingen um
Almosenspeise, und was die drei Mönche an Almosenspeise
brachten, das theilten wir in sechs Theile und lebten davon.
Dann trug ich, Königsohn, dreien Mönchen die Lehre vor, zwei
Mönche gingen um Almosenspeise, und was die zwei Mönche an
Almosenspeise brachten, das theilten wir in sechs Theile und
lebten davon.

»Und die Fünf verbündeten Mönche, Königsohn, von mir also
belehrt, also eingeführt, hatten sich da gar bald jenes Ziel,
um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die
Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch
bei Lebzeiten offenbar gemacht, verwirklicht und errungen.«

Nach dieser Rede wandte sich Bodhi der Königsohn also an den
Erhabenen:

»Wie lange braucht wohl, o Herr, ein Mönch, der den Vollendeten
zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom
Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung
der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu
verwirklichen und zu erringen?«

»Da will ich dir nun, Königsohn, eben hierüber eine Frage
stellen: wie es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was
meinst du wohl, Königsohn: ist dir die Kunst Elephanten zu
besteigen und zu lenken genau bekannt?«

»Gewiss, o Herr, genau ist mir die Kunst Elephanten zu
besteigen und zu lenken bekannt.«

»Was meinst du wohl, Königsohn: da käme ein Mann herbei: ›Bodhi
der Königsohn versteht die Kunst Elephanten zu besteigen und
zu lenken; bei ihm will ich diese Kunst erlernen.‹ Aber er           461
hätte kein Zutrauen, was man durch Zutrauen erreichen kann,
das erreichte er nicht. Aber er wäre kränklich, was man durch
Rüstigkeit erreichen kann, das erreichte er nicht. Aber er
wäre listig und gleißnerisch, was man durch Ehrlichkeit und
Offenheit erreichen kann, das erreichte er nicht. Aber er wäre
feig, was man durch Tapferkeit erreichen kann, das erreichte er
nicht. Aber er wäre blöde, was man durch Witz erreichen kann,
das erreichte er nicht. Was meinst du wohl, Königsohn: könnte
da nun dieser Mann die Kunst Elephanten zu besteigen und zu
lenken bei dir erlernen?«

»Und hätte, o Herr, dieser Mann auch nur eine solche
Eigenschaft, so könnt’ er die Kunst Elephanten zu besteigen und
zu lenken bei mir nicht erlernen, geschweige mit fünf solchen
Eigenschaften!«

»Was meinst du wohl, Königsohn: da käme ein Mann herbei: ›Bodhi
der Königsohn versteht die Kunst Elephanten zu besteigen und zu
lenken; bei ihm will ich diese Kunst erlernen.‹ Aber er hätte
Zutrauen, was man durch Zutrauen erreichen kann, das erreichte
er. Aber er wäre rüstig, was man durch Rüstigkeit erreichen
kann, das erreichte er. Aber er wäre ehrlich und offen, was man
durch Ehrlichkeit und Offenheit erreichen kann, das erreichte
er. Aber er wäre tapfer, was man durch Tapferkeit erreichen
kann, das erreichte er. Aber er wäre witzig, was man durch
Witz erreichen kann, das erreichte er. Was meinst du wohl,
Königsohn; könnte da nun dieser Mann die Kunst Elephanten zu
besteigen und zu lenken bei dir erlernen?«                           462

»Und hätte, o Herr, dieser Mann auch nur eine solche
Eigenschaft, so könnt’ er die Kunst Elephanten zu besteigen
und zu lenken bei mir erlernen, geschweige mit fünf solchen
Eigenschaften!«

»Ebenso nun, Königsohn, giebt es auch hier fünf
Kampfeseigenschaften: welche fünf? Da hat, Königsohn, der Mönch
Zutrauen, er traut der Wachheit des Vollendeten, so zwar:
›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der
Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner,
der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der
Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Rüstig ist er
und munter, seine Kräfte sind gleichmäßig gemischt, weder zu
kühl noch zu heiß, den mittleren Kampf zu bestehn. Ehrlich ist
er und offen und giebt sich der Wahrheit gemäß dem Meister oder
erfahrenen Ordensbrüdern zu erkennen. Muth hat er und Kraft
unheilsame Dinge zu verleugnen und heilsame Dinge zu erringen,
er dauert stark und standhaft aus, giebt den heilsamen Kampf
nicht auf. Witzig ist er, mit der Weisheit begabt, die Aufgang
und Untergang sieht, mit der heiligen, durchdringenden, die
zur völligen Leidensversiegung führt. Das sind, Königsohn, die
fünf Kampfeseigenschaften. Mit diesen fünf Kampfeseigenschaften
begabt, Königsohn, mag ein Mönch, der den Vollendeten zum
Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause
fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der
Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu
verwirklichen und zu erringen, sieben Jahre brauchen.

»Sei es, Königsohn, um die sieben Jahre: mit diesen fünf
Kampfeseigenschaften begabt mag ein Mönch, der den Vollendeten
zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom         463
Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung
der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu
verwirklichen und zu erringen, sechs Jahre, fünf Jahre, vier
Jahre, drei Jahre, zwei Jahre, ein Jahr brauchen.

»Sei es, Königsohn, um das Jahr: mit diesen fünf
Kampfeseigenschaften begabt mag ein Mönch, der den Vollendeten
zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom
Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung
der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu
verwirklichen und zu erringen, sieben Monate, sechs Monate,
fünf Monate, vier Monate, drei Monate, zwei Monate, einen Monat
brauchen.

»Sei es, Königsohn, um den Monat, sei es um den halben Monat,
sei es um sieben Tage, um sechs Tage, um fünf Tage, um vier          464
Tage, um drei Tage, sei es, Königsohn, um zwei Tage: mit
diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt mag ein Mönch, der den
Vollendeten zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne
gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste
Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu
machen, zu verwirklichen und zu erringen, einen Tag brauchen.

»Sei es, Königsohn, um einen Tag: mit diesen fünf
Kampfeseigenschaften begabt kann ein Mönch, der den Vollendeten
zum Lenker hat, am Abend eingeführt am Morgen den Ausgang
finden, am Morgen eingeführt am Abend den Ausgang finden.«

Auf diese Worte wandte sich Bodhi der Königsohn also an den
Erhabenen:

»O herrlich Erwachter, o herrliche Wahrheit, o herrlich
verkündete Wahrheit, wo da einer am Abend eingeführt am Morgen
den Ausgang finden kann, am Morgen eingeführt am Abend den
Ausgang finden kann!«

Da meinte Sañjikāputto, der es gehört, der junge Brāhmane, sich
an Bodhi den Königsohn wendend:

»So hat eben hier Herr Bodhi nur gesagt ›O herrlich Erwachter,
o herrliche Wahrheit, o herrlich verkündete Wahrheit‹, aber
nicht gesagt, dass er bei Ihm, dem Herrn Gotamo Zuflucht nehme,
bei der Lehre und bei der Jüngerschaft.«

»Nicht also rede, bester Sañjikāputto, nicht also rede,
bester Sañjikāputto! Von meinem Mütterchen selber, bester
Sañjikāputto, hab’ ich Folgendes erfahren, aus ihrem Munde
vernommen. Es war einmal, bester Sañjikāputto, da weilte der
Erhabene zu Kosambī, im Stiftungsgarten. Und das Mütterchen,
schwanger mit mir, begab sich dorthin wo der Erhabene weilte,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts
nieder. Seitwärts sitzend sprach nun mein Mütterchen also zum        465
Erhabenen: ›Was ich da, o Herr, im Leibe trage, das Knäblein
oder das Mägdlein, das nimmt beim Erhabenen Zuflucht, bei
der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger mög’ es der
Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.‹ Es war
einmal, bester Sañjikāputto, da weilte der Erhabene eben
hier, im Bhagger-Lande, bei Suṃsumāragiram, im Forste des
Bhesakaḷā-Waldes. Und meine Amme nahm mich zu Hüften[177],
und begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den
Erhabenen ehrerbietig und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts
stehend sprach nun meine Amme also zum Erhabenen: ›Dieser
Bodhi, o Herr, der Königsohn, nimmt beim Erhabenen Zuflucht,
bei der Lehre und bei den Jüngern: als Anhänger möge ihn der
Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.‹ Und so
nehm’ ich denn, bester Sañjikāputto, zum dritten Mal beim
Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft:
als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an
zeitlebens getreu.«[178]



                              86.

             Neunter Theil            Sechste Rede

                          AṈGULIMĀLO

                       Erstes Bruchstück


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun lebte im Reiche König Pasenadis von Kosalo
ein Räuber, Aṉgulimālo[179] genannt, grausam und blutgierig,
an Mord und Todtschlag gewohnt, ohne Mitleid gegen Mensch            466
und Thier. Der machte die Dörfer undörflich, die Städte
unstädtlich, die Länder unländlich. Er brachte die Leute um und
hing sich die Fingerlein um den Hals.[180]

Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale
und begab sich nach Sāvatthī um Almosenspeise. Und als der
Erhabene, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er
zurück und nahm das Mahl ein; dann brach er das Lager ab und
ging, mit Mantel und Schaale versehn, des Weges hin, nach der
Gegend wo Aṉgulimālo der Räuber hauste.

Es sahn aber Hirten und Landleute den Erhabenen des Weges
hingehn, nach der Gegend wo Aṉgulimālo der Räuber hauste; und
als sie den Erhabenen gesehn sprachen sie also zu ihm:

»Nicht dahin, Asket, wolle gehn! In jener Gegend, Asket, haust
ein Räuber, Aṉgulimālo genannt, grausam und blutgierig, an Mord
und Todtschlag gewohnt, ohne Mitleid gegen Mensch und Thier.
Der macht die Dörfer undörflich, die Städte unstädtlich, die
Länder unländlich. Er bringt die Leute um und hängt sich die
Fingerlein um den Hals. Nach jener Gegend, Asket, sind ja zehn
Mann, und zwanzig Mann, und dreißig Mann, und vierzig Mann
vereint ausgezogen, sind aber alle in die Gewalt Aṉgulimālo des
Räubers gerathen!«

Also angeredet schritt der Erhabene schweigend weiter.

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprachen Hirten und         467
Landleute den Erhabenen also an: aber schweigend schritt der
Erhabene weiter.

Und Aṉgulimālo der Räuber sah den Erhabenen von ferne
herankommen, und als er ihn gesehn gedacht’ er bei sich:
›Wunderbar, wahrlich, außerordentlich ist es! Auf diesem Wege
sind ja zehn Mann, und zwanzig Mann, und dreißig Mann, und           468
vierzig Mann vereint ausgezogen und sind alle in meine Gewalt
gerathen: und dieser Asket da kommt einzeln, allein, wie ein
Eroberer heran! Wie, wenn ich nun diesem Asketen den Garaus
machte?‹

Und Aṉgulimālo der Räuber nahm Schwerdt und Schild, hing Bogen
und Köcher um und ging dem Erhabenen Schritt um Schritt nach.

Da ließ nun der Erhabene eine magische Erscheinung von solcher
Art erscheinen, dass Aṉgulimālo der Räuber den Erhabenen,
der gelassen dahinschritt, mit aller Macht laufend nicht
einholen konnte. Und Aṉgulimālo der Räuber gedachte bei sich:
›Wunderbar, wahrlich, außerordentlich ist es! ich habe ja
früher einen flüchtigen Elephanten überrascht und erreicht, ein
flüchtiges Ross überrascht und erreicht, einen flüchtigen Wagen
überrascht und erreicht, ein flüchtiges Reh überrascht und
erreicht: aber diesen Asketen da, der gelassen dahingeht, kann
ich mit aller Macht laufend nicht einholen!‹ Und er blieb stehn
und rief dem Erhabenen zu:

»Stehe, Asket! Stehe, Asket!«

»Ich stehe, Aṉgulimālo: steh’ auch du.«

Da kam nun Aṉgulimālo dem Räuber der Gedanke: ›Diese Asketen
des Sakyersohnes reden die Wahrheit, bekennen die Wahrheit:
gleichwohl aber sagt dieser Asket, der da wandelt, ‚Ich stehe,
Aṉgulimālo: steh’ auch du.‘ Wie, wenn ich nun diesen Asketen
fragte?‹ Und Aṉgulimālo der Räuber sprach den Erhabenen mit dem
Spruche an:

    »Du wandelst, Büßer, wähnst dich aber stetig,
    Und mich, der stetig ist, mich wähnst du wandelnd;
    Ich frage dich, o Büßer, gieb mir Kunde:
    Wie bist du stetig denn, wie bin ich unstet?«

Der Herr:

    »Beständig immerdar, Aṉgulimālo.                                 469
    Bin ich, der keinem Wesen Leides anthut;
    Doch du hast wild gewüthet gegen Wesen:
    So bin ich stetig denn, so bist du unstet.«

       *       *       *       *       *


                      Zweites Bruchstück

Aṉgulimālo:

    Schon lang ist’s her, als einst der hohe Meister,
    Der Mönch erschienen mir in Waldes Mitte:
    Da rief ich aus: »Entsagen tausend Sünden
    Will ich um eines Wortes deiner Wahrheit!«

    Ein Räuber war ich, ja, war Mord und Marter,
    War grausam, grässlich wie die Höllengründe:
    Zu Füßen lag der Räuber dem Willkommnen,
    Den Auferwachten fleht’ er an um Weihe.

    Und Er, der auferwacht ist, mild und heilig,
    Der Herr der Welt mit allen ihren Göttern,
    »So komm’, o Jünger!« sprach zu mir der Meister,
    Nahm also auf mich in den Jüngerorden.

       *       *       *       *       *


                      Drittes Bruchstück

Und der Erhabene begab sich nun, gefolgt vom ehrwürdigen
Aṉgulimālo, auf die Wanderung nach Sāvatthī, von Ort zu Ort
wandernd näherte er sich der Stadt.

Zu Sāvatthī weilte nun der Erhabene, im Siegerwalde, im Garten
Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun hatte sich vor dem Palaste König Pasenadis
von Kosalo eine große Menschenmenge angesammelt, die laut
lärmte und schrie:

»Ein Räuber, o König, lebt in deinem Lande, Aṉgulimālo genannt,
grausam und blutgierig, an Mord und Todtschlag gewohnt,
ohne Mitleid gegen Mensch und Thier. Der macht die Dörfer
undörflich, die Städte unstädtlich, die Länder unländlich. Er
bringt die Leute um und hängt sich die Fingerlein um den Hals.
Den soll der König unschädlich machen!«

Da brach denn König Pasenadi von Kosalo mit fünfhundert Reitern
von Sāvatthī auf und kam noch am Nachmittag bis an den Garten        470
hin. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen
ab und ging dann zu Fuße dorthin wo der Erhabene weilte, bot
ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder. Und an
König Pasenadi von Kosalo, der da zur Seite saß, wandte sich
nun der Erhabene also:

»Was ist dir, großer König: hat etwa Magadhās König, Seniyo
Bimbisāro, gedroht, oder Vesālīs Licchavier-Fürsten, oder
andere deiner Mitherrscher?«

»Nicht hat mir, o Herr, Magadhās König, Seniyo Bimbisāro,
gedroht, noch auch Vesālīs Licchavier-Fürsten oder andere
meiner Mitherrscher: ein Räuber, o Herr, lebt in meinem
Lande, Aṉgulimālo genannt, grausam und blutgierig, an Mord
und Todtschlag gewohnt, ohne Mitleid gegen Mensch und Thier.
Der macht die Dörfer undörflich, die Städte unstädtlich, die
Länder unländlich. Er bringt die Leute um und hängt sich die
Fingerlein um den Hals. Den will ich, o Herr, unschädlich
machen.«

»Wenn du aber, großer König, Aṉgulimālo sähest, mit geschorenem
Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in
die Hauslosigkeit gezogen, dem Tödten entfremdet, dem Stehlen
entfremdet, dem Lügen entfremdet, zufrieden mit einer Mahlzeit,
keusch wandelnd, tugendrein, edelgeartet; was würdest du da mit
ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Herr, ehrerbietig begrüßen, uns vor ihm
erheben und ihn zu sitzen einladen, ihn bitten Kleidung,
Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit
anzunehmen, würden ihm wie sich’s gebührt Schutz und Schirm und
Obhut angedeihen lassen: wie aber sollte, o Herr, ein so arger,
bösartiger Mensch eine solche Tugendläuterung erfahren?«             471

Nun saß eben damals der ehrwürdige Aṉgulimālo nicht fern vom
Erhabenen. Und der Erhabene wies mit dem rechten Arme hin und
sprach also zu König Pasenadi von Kosalo:

»Der ist, großer König, Aṉgulimālo.«

Da kam nun den König Pasenadi von Kosalo Furcht an, Entsetzen
an, seine Haare sträubten sich. Und der Erhabene sah den König
Pasenadi von Kosalo erschreckt und erschüttert, mit gesträubtem
Haar, und sprach also zu ihm:

»Sei unbesorgt, großer König, sei unbesorgt, großer König: da
droht dir keine Gefahr.«

Und König Pasenadi von Kosalo wurde wieder beruhigt und
beschwichtigt; und er trat an den ehrwürdigen Aṉgulimālo heran
und sprach also zu ihm:

»Ist es denn, Herr, Aṉgulimālo?«

»Ja, großer König.«

»Welchem Stamme, Herr, gehörte des Ehrwürdigen Vater, welchem
die Mutter an?«

»Gaggo war, großer König, mein Vater, Mantāṇī meine Mutter.«

»Mög’ es, Herr, der ehrwürdige Gaggo, der Sohn der Mantāṇī,
zufrieden sein: ich will dafür Sorge tragen, dass der
ehrwürdige Gaggo, der Sohn der Mantāṇī, mit Kleidung und
Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit versehn
sei.«

Aber jetzt war der ehrwürdige Aṉgulimālo Waldeinsiedler
geworden, Brockenbettler, Fetzenträger, hatte drei
Kleidungstücke. Und der ehrwürdige Aṉgulimālo sprach also zu
König Pasenadi von Kosalo:

»Genug, großer König, schon hab’ ich mein Dreiwams.«

Da ging denn König Pasenadi von Kosalo wieder zum Erhabenen
hin, bot ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts            472
nieder. Seitwärts sitzend sprach nun König Pasenadi von Kosalo
zum Erhabenen also:

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich, o Herr, ist es, wie da,
o Herr, der Erhabene Unbändige bändigt, Unstillbare stillt,
Unaussöhnliche aussöhnt! Denn ihn, o Herr, den wir weder mit
Strafe noch Schwerdt bezwingen konnten, den hat der Erhabene
ohne Strafe und Schwerdt bezwungen. -- Wohlan, o Herr, jetzt
wollen wir aufbrechen: manche Pflicht wartet unser, manche
Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, großer König, belieben mag.«

Und König Pasenadi von Kosalo stand von seinem Sitze auf,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und
entfernte sich.

       *       *       *       *       *


                      Viertes Bruchstück

Und der ehrwürdige Aṉgulimālo, zeitig gerüstet, nahm Mantel und
Schaale und ging nach Sāvatthī um Almosenspeise. Da sah der
ehrwürdige Aṉgulimālo, als er auf der Straße von Haus zu Haus
um Almosen stand, irgend ein Weib: die hatte eine Frühgeburt,
eine Fehlgeburt gethan. Als er das gesehn gedacht’ er bei
sich: ›Uebel steht es, wahrlich, um die Wesen, übel steht es,
wahrlich, um die Wesen!‹ -- Und als der ehrwürdige Aṉgulimālo,
von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück,
nahm das Mahl ein und begab sich dann dorthin wo der Erhabene
weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig
und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun
der ehrwürdige Aṉgulimālo zum Erhabenen also:

»Ich war da, o Herr, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale
versehn, nach der Stadt gegangen, um Almosenspeise. Da hab’
ich, auf der Straße von Haus zu Haus um Almosen stehend, irgend
ein Weib gesehn, die eine Frühgeburt, eine Fehlgeburt gethan:
und als ich es sah gedacht’ ich bei mir: ›Uebel steht es,            473
wahrlich, um die Wesen, übel steht es, wahrlich, um die Wesen!‹«

»So gehe denn, Aṉgulimālo, zu jenem Weibe hin und sprich also
zu ihr: ›Seitdem ich, o Schwester, geboren bin weiß ich nicht,
dass ich mit Absicht ein Wesen des Lebens beraubt hätte: so
wahr ich sage, sei genesen du, genesen deine Frucht!‹«

»Würd’ ich da nicht, o Herr, bewusste Lüge reden: hab’ ich
doch, o Herr, mit Absicht vielen Wesen das Leben geraubt!«

»So gehe denn, Aṉgulimālo, zu jenem Weibe hin und sprich also
zu ihr: ›Seitdem ich, o Schwester, in heiliger Geburt geboren
bin weiß ich nicht, dass ich mit Absicht ein Wesen des Lebens
beraubt hätte: so wahr ich sage, sei genesen du, genesen deine
Frucht!‹«

»Wohl, o Herr!« erwiderte da der ehrwürdige Aṉgulimālo, dem
Erhabenen gehorchend. Und er begab sich zu jenem Weibe hin und
sprach also zu ihr:

»Seitdem ich, o Schwester, in heiliger Geburt geboren bin weiß
ich nicht, dass ich mit Absicht ein Wesen des Lebens beraubt
hätte: so wahr ich sage, sei genesen du, genesen deine Frucht!«

Und das Weib war genesen, genesen ihre Frucht.

Und der ehrwürdige Aṉgulimālo, einsam, abgesondert,
unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte
gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die
Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch
bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen.
›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt
das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer      474
war nun der ehrwürdige Aṉgulimālo der Heiligen geworden.

       *       *       *       *       *


                      Fünftes Bruchstück

Und der ehrwürdige Aṉgulimālo, zeitig gerüstet, nahm Mantel
und Schaale und ging nach Sāvatthī um Almosenspeise. Um diese
Zeit nun flog ein Stein, den einer geworfen, dem ehrwürdigen
Aṉgulimālo an den Leib, flog ein Stock, den einer geworfen,
dem ehrwürdigen Aṉgulimālo an den Leib, flog ein Scherben,
den einer geworfen, dem ehrwürdigen Aṉgulimālo an den Leib.
Da kam nun der ehrwürdige Aṉgulimālo mit zerschnittenem Kopfe
und strömendem Blute, mit zerbrochener Schaale und zerrissenem
Mantel zum Erhabenen hin. Und es sah der Erhabene den
ehrwürdigen Aṉgulimālo von ferne herankommen, und als er ihn
gesehn sprach er also zu ihm:

»Dulde nur, Heiliger, dulde nur, Heiliger! Um welcher
That Vergeltung du viele Jahre, viele Jahrhunderte, viele
Jahrtausende Höllenquaal erlittest, dieser That Vergeltung,
Heiliger, findest du noch bei Lebzeiten.«

       *       *       *       *       *


                      Sechstes Bruchstück

Da ließ der ehrwürdige Aṉgulimālo, während er einsam
zurückgezogen sann, das Heil der Erlösung erfahrend, um diese
Zeit folgende Weise vernehmen:

    »Wer früher thörig sorglos war,
    Doch endlich seine Schuld erkennt,
    Der leuchtet durch die finstre Welt
    Gleichwie der Mond aus Wolkennacht.

    »Wer einst begangne böse That
    In wahrer Buße tief bereut,                                      475
    Der leuchtet durch die finstre Welt
    Gleichwie der Mond aus Wolkennacht.

    »Wer noch in holder Jugendkraft
    Als Jünger hier dem Sieger folgt,
    Der leuchtet durch die finstre Welt
    Gleichwie der Mond aus Wolkennacht.

       *       *       *       *       *

    »Die Lüfte sollen lauschen meinem Sange
    Und lieblich wehen um den Auferwachten,
    Die Lüfte sollen grüßen mir die Menschen,
    Die Großen, die sich nach der Wahrheit sehnen.

    »Den Lüften thu’ mein Lied ich kund,
    Das Lob der Liebe, der Geduld:
    O wehet nieder, neigt euch her
    Und tragt die Wahrheit weiter dann!

    »O sei mir jeder wohlgesinnt
    Und allem andern was er sieht:
    Den höchsten Frieden findet froh
    Wer schützt was athmet, schützt was lebt.[181]

    »Kanäle schlichten Bauern durch das Feld,
    Die Bogner schlichten spitze Pfeile zu,
    Die Zimmrer schlichten schlanke Balken ab,
    Sich selber, wahrlich, machen Weise schlicht.

    »Geschlichtet wird gar mancher Streit
    Mit Stock und Stachel, Peitsche, Strick:
    Doch ohne Stock, doch ohne Stahl
    Hat mich der Meister schlicht gemacht.

    »Einst hat man Friedrich[182] mich genannt,
    Und Friedensmörder war ich nur:
    Den ächten Namen führ’ ich heut,
    Genesen froh als Friedenswalt.

    »Berüchtigt war das Räuberhaupt,
    Aṉgulimālo war der Mord:
    Da brach der Strom die Bresche durch
    Und trieb mich hin zum wachen Herrn!

    »Mit Blut befleckt’ ich meine Hand,
    Aṉgulimālo war der Mord:
    Gerettet sieh’ mich rasten hier,
    Die Daseinsader ist verdarrt.

    »Der solche Thaten ich gethan,
    Von Unheil schwer, von Unheil schwül,
    Genieße reichlich reifen Lohn,                                   476
    Entsündigt nehm’ ich Atzung ein.

    »Dem leichten Sinn ergeben sich
    Erlahmte Männer, ohne Muth;
    Den Ernst bewahrt der weise Mann
    Als köstlich besten Schatzeshort.

    »Ergebt euch nicht dem leichten Sinn,
    O folget nicht der Liebeslust!
    Der ernst in sich gekehrte Mönch
    Ist höchstem Heile sälig nah.[182]

    »Gefunden hab’ ich’s, nicht verfehlt,
    Kein übel Ding bedünkt es mich,
    Von allem was die Welt gewährt
    Hab’ ich das Beste auserwählt.

    »Gefunden hab’ ich’s, nicht verfehlt,
    Kein übel Ding bedünkt es mich,
    Drei Wissenschaften kenn’ ich gut,
    Erfüllt ist was der Meister will.«[183]



                              87.

            Neunter Theil            Siebente Rede

                      WAS EINEM LIEB IST


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun war irgend einem Hausvater sein einziges,
vielgeliebtes Büblein gestorben. Und wie es nun todt war,
mocht’ er sich weder um Arbeit noch Essen kümmern. Er ging
immer wieder zur Leichenstätte und jammerte: ›Wo bist du,
einziges Büblein, wo bist du, einziges Büblein?‹

Da nun begab sich jener Hausvater dorthin wo der Erhabene
weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich
seitwärts hin. Und zu jenem Hausvater, der da seitwärts saß,
wandte sich nun der Erhabene also:

»Nicht zeigst du, Hausvater, die Züge des geistig Gefassten: es
sind deine Züge verstört.«

»Wie sollten auch, o Herr, meine Züge nicht verstört sein: ist       477
mir doch, o Herr, das einzige, vielgeliebte Büblein gestorben!
Und da es nun todt ist, mag ich mich weder um Arbeit noch Essen
kümmern. Ich geh’ immer wieder zur Leichenstätte und jammere:
›Wo bist du, einziges Büblein, wo bist du, einziges Büblein?‹«

»So ist es, Hausvater, so ist es, Hausvater. Was einem lieb
ist, Hausvater, giebt ja Wehe und Jammer, Leiden, Gram und
Verzweiflung, was von Liebem kommt.«[184]

»Wer wird da nur, o Herr, also denken: ›Was einem lieb ist
giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von
Liebem kommt‹: was einem lieb ist, o Herr, giebt ja Freude und
Befriedigung, was von Liebem kommt.«

Und jener Hausvater, ungehalten und verstimmt über das Wort des
Erhabenen, stand von seinem Sitze auf und ging fort.

Nun waren gerade damals, nicht gar fern vom Erhabenen, viele
Würfelspieler beisammen, die Würfel spielten. Da begab sich
denn jener Hausvater zu ihnen hin und sprach also:

»Ich war da, ihr Herren, zum Asketen Gotamo gegangen, hatte
ehrerbietigen Gruß dargeboten und mich seitwärts hingesetzt.
Und als ich da saß, ihr Herren, wandte sich der Asket Gotamo
also an mich: ›Nicht zeigst du, Hausvater, die Züge des geistig
Gefassten: es sind deine Züge verstört.‹ Also angeredet, ihr
Herren, entgegnete ich dem Asketen Gotamo: ›Wie sollten auch,
o Herr, meine Züge nicht verstört sein: ist mir doch, o Herr,
das einzige, vielgeliebte Büblein gestorben! Und da es nun
todt ist, mag ich mich weder um Arbeit noch Essen kümmern.
Ich geh’ immer wieder zur Leichenstätte und jammere: ‚Wo             478
bist du, einziges Büblein, wo bist du, einziges Büblein?‘‹ --
›So ist es, Hausvater, so ist es, Hausvater. Was einem lieb
ist, Hausvater, giebt ja Wehe und Jammer, Leiden, Gram und
Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹ -- ›Wer wird da nur, o
Herr, also denken: ‚Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer,
Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt‘; was
einem lieb ist, o Herr, giebt ja Freude und Befriedigung, was
von Liebem kommt.‹ So sprach ich, ihr Herren, ungehalten und
verstimmt über das Wort des Asketen Gotamo, stand von meinem
Sitze auf und ging fort.«

»So ist es, Hausvater, so ist es, Hausvater! Was einem lieb
ist, Hausvater, giebt ja Freude und Befriedigung, was von
Liebem kommt.«

Da sagte jener Hausvater: »So hab’ ich recht, mit den
Würfelspielern!«; und er ging fort.

Aber dieses Gespräch verbreitete sich allmälig bis an den Hof
des Königs. Und König Pasenadi von Kosalo wandte sich an seine
Gemahlin Mallikā:

»Höre, Mallikā, dein Asket Gotamo hat gesagt: ›Was einem lieb
ist giebt Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was
von Liebem kommt.‹«

»Wenn das, großer König, der Erhabene gesagt hat, dann ist es
also.«

»Immer doch also giebt diese Mallikā, was auch da der Asket
Gotamo sagen mag, eben aber auch alles zu: ›Wenn das, großer
König, der Erhabene gesagt hat, dann ist es also.‹ Gleichwie
etwa der Lehrer dem Schüler was immer auch sagen mag, und ihm
der Schüler eben auf alles zustimmt, ›So ist es, Meister, so
ist es, Meister‹, ebenso auch giebst du, Mallikā, was auch
immer da der Asket Gotamo sagen mag, eben aber auch alles zu:
›Wenn das, großer König, der Erhabene gesagt hat, dann ist es
also.‹ Lass’ es gut sein, Mallikā, hör’ auf!«                        479

Da wandte sich Königin Mallikā an den Brāhmanen Nāḷijaṉgho[185]
und bat ihn:

»Begieb dich, Brāhmane, zum Erhabenen hin und bring’ dem
Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar und wünsche Gesundheit und
Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein: ›Mallikā‹, sage,
›o Herr, die Königin, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar
und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und
Wohlsein;‹ und füge hinzu: ›hat wohl, o Herr, der Erhabene
dieses Wort gesprochen: ‚Was einem lieb ist giebt Wehe und
Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt‘?‹
Und wie dir der Erhabene antworten wird, das merke dir gut und
melde mir. Denn die Vollendeten reden nicht unvollkommen.«

»Schön, Herrin!« entgegnete da gehorsam Nāḷijaṉgho der Brāhmane
Mallikā der Königin. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene
weilte, tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige
Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder.
Seitwärts sitzend sprach nun Nāḷijaṉgho der Brāhmane zum
Erhabenen also:

»Mallikā, o Gotamo, die Königin, bringt Herrn Gotamo zu Füßen
Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit,
Stärke und Wohlsein; und sie fügte hinzu: hat wohl, o Herr,
der Erhabene dieses Wort gesprochen: ›Was einem lieb ist giebt
Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem
kommt‹?«

»So ist es, Brāhmane, so ist es, Brāhmane. Was einem lieb
ist, Brāhmane, giebt ja Wehe und Jammer, Leiden, Gram und
Verzweiflung, was von Liebem kommt. Darum muss man es eben,
Brāhmane, je nach dem Umstand beurtheilen, wie da was einem
lieb ist Wehe und Jammer giebt, Leiden, Gram und Verzweiflung,
was von Liebem kommt. Eines Tages, Brāhmane, war eben hier zu        480
Sāvatthī irgend einem Weibe die Mutter gestorben. Durch deren
Tod irrsinnig, geistesverstört geworden lief sie von Straße zu
Straße, von Markt zu Markt und schrie: ›Habt ihr nicht meine
Mutter gesehn, habt ihr nicht meine Mutter gesehn?‹ Darum soll
man es eben, Brāhmane, je nach dem Umstand beurtheilen, wie
da was einem lieb ist Wehe und Jammer giebt, Leiden, Gram und
Verzweiflung, was von Liebem kommt.

»Eines Tages, Brāhmane, war eben hier zu Sāvatthī irgend einem
Weibe der Vater gestorben -- war der Bruder, die Schwester
gestorben -- war der Sohn, war die Tochter gestorben -- war der
Gatte gestorben. Durch dessen Tod irrsinnig, geistesverstört
geworden lief sie von Straße zu Straße, von Markt zu Markt und
schrie: ›Habt ihr nicht meinen Gatten gesehn, habt ihr nicht
meinen Gatten gesehn?‹ Darum soll man es eben, Brāhmane, je
nach dem Umstand beurtheilen, wie da was einem lieb ist Wehe
und Jammer giebt, Leiden, Gram und Verzweiflung, was von Liebem
kommt.

»Eines Tages, Brāhmane, war eben hier zu Sāvatthī irgend einem
Manne die Mutter gestorben -- war der Vater gestorben -- war         481
der Bruder, die Schwester gestorben -- war der Sohn, war die
Tochter gestorben -- war die Frau gestorben. Durch deren Tod
irrsinnig, geistesverstört geworden lief er von Straße zu
Straße, von Markt zu Markt und schrie: ›Habt ihr nicht meine
Frau gesehn, habt ihr nicht meine Frau gesehn?‹ Darum soll
man es eben, Brāhmane, je nach dem Umstand beurtheilen, wie
da was einem lieb ist Wehe und Jammer giebt, Leiden, Gram und
Verzweiflung, was von Liebem kommt.

»Eines Tages, Brāhmane, war eben hier zu Sāvatthī irgend ein
Weib zu Verwandten ins Haus gekommen. Und die Verwandten
verboten dieser, mit ihrem Gatten zu leben, wollten sie einem
anderen vermählen: sie aber mochte den nicht. Und sie beschwor
ihren Mann: ›Diese Verwandten, o Gemahl, reißen mich von dir
und wollen mich einem anderen vermählen: ich aber mag den
nicht!‹ Und der Mann gab seinem Weibe den Tod und entleibte
sich selbst: ›Gestorben werden wir beisammen sein!‹ Darum soll
man es eben, Brāhmane, je nach dem Umstand beurtheilen, wie
da was einem lieb ist Wehe und Jammer giebt, Leiden, Gram und
Verzweiflung, was von Liebem kommt.«

Und Nāḷijaṉgho der Brāhmane, durch des Erhabenen Rede erfreut
und befriedigt, stand auf und begab sich zu Mallikā der Königin
zurück und berichtete Wort für Wort das ganze Gespräch, das der
Erhabene mit ihm gepflogen. Und Königin Mallikā ging nun zu
König Pasenadi von Kosalo hin und sprach also:                       482

»Was meinst du wohl, großer König: hast du deine Tochter Vajīrī
lieb?«

»Gewiss, Mallikā, hab’ ich meine Tochter Vajīrī lieb.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn deiner Tochter Vajīrī
etwas verschlüge, etwas geschähe, würdest du da Wehe und
Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden?«

»Wenn, Mallikā, meiner Tochter Vajīrī etwas verschlüge, etwas
geschähe, könnt’ es auch um mein Leben geschehn sein: wie
sollt’ ich da etwa nicht Wehe und Jammer, Leiden, Gram und
Verzweiflung empfinden!«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der
Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er
gesagt hat: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden,
Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹ -- Was meinst du
wohl, großer König: hast du die Fürstin Vāsabhā lieb?«

»Gewiss, Mallikā, hab’ ich die Fürstin Vāsabhā lieb.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn der Fürstin Vāsabhā
etwas verschlüge, etwas geschähe, würdest du da Wehe und
Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden?«

»Wenn, Mallikā, der Fürstin Vāsabhā etwas verschlüge, etwas
geschähe, könnt’ es auch um mein Leben geschehn sein: wie
sollt’ ich da etwa nicht Wehe und Jammer, Leiden, Gram und
Verzweiflung empfinden!«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der
Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er
gesagt hat: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden,
Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹ -- Was meinst du
wohl, großer König: hast du den Feldherrn Viḍūḍabho lieb?«

»Freilich, Mallikā, hab’ ich den Feldherrn Viḍūḍabho lieb.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn dem Feldherrn                483
Viḍūḍabho etwas verschlüge, etwas geschähe, würdest du da Wehe
und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden?«                484

»Wenn, Mallikā, dem Feldherrn Viḍūḍabho etwas verschlüge,
etwas geschähe, könnt’ es auch um mein Leben geschehn sein:
wie sollt’ ich da etwa nicht Wehe und Jammer, Leiden, Gram und
Verzweiflung empfinden!«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der
Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er
gesagt hat: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden,
Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹ -- Was meinst du
wohl, großer König: hast du mich lieb?«

»Gewiss, Mallikā, hab’ ich dich lieb.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn mir etwas verschlüge,
etwas geschähe, würdest du da Wehe und Jammer, Leiden, Gram und
Verzweiflung empfinden?«

»Wenn, Mallikā, dir etwas verschlüge, etwas geschähe, könnt’ es
auch um mein Leben geschehn sein: wie sollt’ ich da etwa nicht
Wehe und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden!«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der
Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er
gesagt hat: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden,
Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹ -- Was meinst du
wohl, großer König: hast du dein Reich Benāres und Kosalo lieb?«

»Sicherlich, Mallikā, hab’ ich mein Reich Benāres und Kosalo
lieb: durch die Macht meines Reiches Benāres und Kosalo
besitzen wir Seide und Sandel, haben Schmuck und duftende
Salben.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn deinem Reiche Benāres
und Kosalo etwas verschlüge, etwas geschähe, würdest du da Wehe
und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden?«

»Wenn, Mallikā, meinem Reiche Benāres und Kosalo etwas
verschlüge, etwas geschähe, könnt’ es auch um mein Leben
geschehn sein: wie sollt’ ich da etwa nicht Wehe und Jammer,
Leiden, Gram und Verzweiflung empfinden!«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der
Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er
gesagt hat: ›Was einem lieb ist giebt Wehe und Jammer, Leiden,
Gram und Verzweiflung, was von Liebem kommt.‹«

»Wunderbar, Mallikā, außerordentlich, Mallikā, ist es, wie da
Er, der Erhabene, weise durchdringend, weise blickt! Wohl denn,
Mallikā: rühme weiter!«[186]

       *       *       *       *       *

Und König Pasenadi von Kosalo stand auf von seinem Sitze,
entblößte eine Schulter, verneigte sich ehrerbietig nach der
Richtung wo der Erhabene weilte, und ließ dann dreimal den Gruß
ertönen:

    »Verehrung dem Erhabenen,
    Dem heilig auferwachten Herrn!

    »Verehrung dem Erhabenen,
    Dem heilig auferwachten Herrn!

    »Verehrung dem Erhabenen,
    Dem heilig auferwachten Herrn!«



                              88.

              Neunter Theil            Achte Rede

                         DER UEBERWURF


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da nun begab sich der ehrwürdige Ānando, zeitig gerüstet, mit
Mantel und Schaale versehn, auf den Almosengang nach der Stadt.
Als er, von Haus zu Haus tretend, Almosenspeise erhalten,
kehrte er zurück, nahm das Mahl ein und machte sich dann auf
den Weg nach dem Osthain, zu Mutter Migāros Terrasse, tagüber
da zu bleiben.

Um diese Zeit aber zog, früh am Nachmittage, König Pasenadi von
Kosalo auf seinem Elephanten Weißer Lotusfürst aus Sāvatthī
hinaus. Da sah denn der König den ehrwürdigen Ānando von weitem
dahinschreiten, und als er ihn gesehn wandte er sich an seinen       485
Marschall Sirivaḍḍho:

»Ist das nicht, bester Sirivaḍḍho, der ehrwürdige Ānando?«

»Ja, großer König, das ist der ehrwürdige Ānando.«

Da befahl denn der König einem seiner Leute:

»Geh’ hin, lieber Mann, zum ehrwürdigen Ānando und bring’ ihm
zu Füßen meinen Gruß dar: ›Der König‹, sage, ›o Herr, Pasenadi
von Kosalo, bringt dem ehrwürdigen Ānando zu Füßen Gruß dar‹;
und füge hinzu: ›wenn, o Herr‹, lässt er sagen, ›der ehrwürdige
Ānando nicht dringend zu thun hat, möge doch, o Herr, der
ehrwürdige Ānando auf eine Weile nähertreten, von Mitleid
bewogen.‹«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam jener Mann dem
Herrscher. Und er eilte zum ehrwürdigen Ānando hin, bot
ehrerbietigen Gruß dar und stand zur Seite. Zur Seite stehend
sprach er dann also zum ehrwürdigen Ānando:

»Der König, o Herr, Pasenadi von Kosalo, bringt dem ehrwürdigen
Ānando zu Füßen Gruß dar; und er lässt sagen: wenn, o Herr,
der ehrwürdige Ānando nicht dringend zu thun hat, möge doch,
o Herr, der ehrwürdige Ānando auf eine Weile nähertreten, von
Mitleid bewogen.«

Schweigend gewährte der ehrwürdige Ānando die Bitte.

Und König Pasenadi von Kosalo zog nun, so weit man auf
Elephanten reiten kann, heran; dann stieg er ab und ging zu
Fuße dem ehrwürdigen Ānando entgegen, begrüßte ihn ehrerbietig
und stellte sich seitwärts. Seitwärts stehend sprach nun König       486
Pasenadi von Kosalo also zum ehrwürdigen Ānando:

»Wenn, o Herr, der ehrwürdige Ānando nicht dringend zu thun
hat, wär’ es schön, o Herr, wenn sich der ehrwürdige Ānando an
das Gestade der Aciravatī begeben wollte, von Mitleid bewogen.«

Schweigend gewährte der ehrwürdige Ānando die Bitte.

Und der ehrwürdige Ānando begab sich an das Gestade der
Aciravatī und nahm unter einem Baume, auf einem tauglichen
Sitze, Platz. Und König Pasenadi von Kosalo zog auf seinem
Elephanten heran, so weit man reiten kann; dann stieg er ab
und ging zu Fuße zum ehrwürdigen Ānando hin, bot ehrerbietigen
Gruß dar und stand seitwärts. Seitwärts stehend sprach nun
König Pasenadi von Kosalo also zum ehrwürdigen Ānando:

»Hier, o Herr, möge sich der ehrwürdige Ānando auf die
Schabracke hinsetzen!«

»Schon gut, großer König: du setze dich hin; ich bleibe auf
meinem Platze.«

Da setzte sich König Pasenadi von Kosalo auf den dargebotenen
Sitz. Und er sprach also zum ehrwürdigen Ānando:

»Sagt mir, Herr Ānando: mag wohl Er, der Erhabene, einen Wandel
in Werken führen, der ein Aergerniss wäre für Asketen und
Priester, verständige Leute?«

»Nicht mag Er, großer König, der Erhabene, einen Wandel
in Werken führen, der ein Aergerniss wäre für Asketen und
Priester, verständige Leute.«

»Und ferner, Herr Ānando: mag wohl Er, der Erhabene, einen
Wandel in Worten, einen Wandel in Gedanken führen, der ein           487
Aergerniss wäre für Asketen und Priester, verständige Leute?«

»Nicht mag Er, großer König, der Erhabene, einen Wandel in
Worten, einen Wandel in Gedanken führen, der ein Aergerniss
wäre für Asketen und Priester, verständige Leute.«

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich, o Herr! Denn was wir, o
Herr, durch die Frage nicht auszudrücken vermochten, das hat,
o Herr, der ehrwürdige Ānando durch der Frage Beantwortung
ausgedrückt. Die da, o Herr, thörig, unbesonnen, ohne
Ueberlegung, ohne gründliche Prüfung andere loben und andere
tadeln, die können wir nicht ernst nehmen: die aber da, o
Herr, weise, besonnen, tiefsinnig, nach Ueberlegung, nach
gründlicher Prüfung andere loben und andere tadeln, die können
wir ernst nehmen. Was ist das aber, Herr Ānando, für ein Wandel
in Werken, der ein Aergerniss ist für Asketen und Priester,
verständige Leute?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der unheilsam ist.«

»Was ist aber, o Herr, unheilsamer Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der unrecht ist.«

»Was ist aber, o Herr, unrechter Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der beschwerhaft ist.«

»Was ist aber, o Herr, beschwerhafter Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der Leiden züchtet.«

»Was ist aber, o Herr, ein Wandel in Werken, der Leiden
züchtet?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der zu eigener Beschwer,
oder zu anderer Beschwer, oder zu beider Beschwer führt, wo da
die unheilsamen Dinge sich mehren und die heilsamen Dinge sich
mindern: ein Wandel in Werken, großer König, von solcher Art,        488
der ist ein Aergerniss für Asketen und Priester, verständige
Leute.«

»Und was ist es, Herr Ānando, für ein Wandel in Worten, Wandel
in Gedanken, der ein Aergerniss ist für Asketen und Priester,
verständige Leute?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der unheilsam
ist.«

»Was ist aber, o Herr, unheilsamer Wandel in Worten, in
Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der unrecht
ist.«

»Was ist aber, o Herr, unrechter Wandel in Worten, in Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der
beschwerhaft ist.«

»Was ist aber, o Herr, beschwerhafter Wandel in Worten, in
Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König der Leiden
züchtet.«

»Was ist aber, o Herr, ein Wandel in Worten, in Gedanken, der
Leiden züchtet?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der zu
eigener Beschwer, oder zu anderer Beschwer, oder zu beider
Beschwer führt, wo da die unheilsamen Dinge sich mehren und
die heilsamen Dinge sich mindern: ein Wandel in Worten, in
Gedanken, großer König, von solcher Art, der ist ein Aergerniss
für Asketen und Priester, verständige Leute.«

»Und sagt mir, Herr Ānando: hat Er, der Erhabene, die
Verleugnung eben aller unheilsamen Dinge empfohlen?«

»Alle unheilsamen Dinge verleugnet hat, großer König, der
Vollendete, die heilsamen Dinge erlangt.«

»Und was ist das, Herr Ānando, für ein Wandel in Werken, der
kein Aergerniss ist für Asketen und Priester, verständige
Leute?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der heilsam ist.«

»Was ist aber, o Herr, heilsamer Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der nicht unrecht ist.«

»Was ist aber, o Herr, nicht unrechter Wandel in Werken?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der beschwerlos ist.«

»Was ist aber, o Herr, beschwerloser Wandel in Werken?«              489

»Ein Wandel in Werken, großer König, der Wohl züchtet.«

»Was ist aber, o Herr, ein Wandel in Werken, der Wohl züchtet?«

»Ein Wandel in Werken, großer König, der weder zu eigener
Beschwer, noch zu anderer Beschwer, noch zu beider Beschwer
führt, wo da die unheilsamen Dinge sich mindern und die
heilsamen Dinge sich mehren: ein Wandel in Werken, großer
König, von solcher Art, der ist ein Aergerniss für Asketen und
Priester, verständige Leute.«

»Und was ist es, Herr Ānando, für ein Wandel in Worten, Wandel
in Gedanken, der kein Aergerniss ist für Asketen und Priester,
verständige Leute?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der heilsam
ist.«

»Was ist aber, o Herr, heilsamer Wandel in Worten, in Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der nicht
unrecht ist.«

»Was ist aber, o Herr, nicht unrechter Wandel in Worten, in
Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der
beschwerlos ist.«

»Was ist aber, o Herr, beschwerloser Wandel in Worten, in
Gedanken?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der Wohl
züchtet.«

»Was ist aber, o Herr, ein Wandel in Worten, in Gedanken, der
Wohl züchtet?«

»Ein Wandel in Worten, in Gedanken, großer König, der weder
zu eigener Beschwer, noch zu anderer Beschwer, noch zu beider
Beschwer führt, wo da die unheilsamen Dinge sich mindern
und die heilsamen Dinge sich mehren: ein Wandel in Worten,
in Gedanken, großer König, von solcher Art, der ist kein
Aergerniss für Asketen und Priester, verständige Leute.«

»Und sagt mir noch, Herr Ānando: hat Er, der Erhabene, die
Erlangung eben aller heilsamen Dinge empfohlen?«                     490

»Alle unheilsamen Dinge verleugnet hat, großer König, der
Vollendete, die heilsamen Dinge erlangt.«

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, wie da, o Herr,
der ehrwürdige Ānando so wohl gesprochen hat: diese treffliche
Rede, o Herr, des ehrwürdigen Ānando hat uns wirklich erfreut
und befriedigt. So erfreut und befriedigt, o Herr, hat uns des
ehrwürdigen Ānando treffliche Rede, dass wir, o Herr, wenn dem
ehrwürdigen Ānando der beste Elephant genehm wäre, eben den
besten Elephanten dem ehrwürdigen Ānando geben möchten; dass
wir, o Herr, wenn dem ehrwürdigen Ānando das beste Ross genehm
wäre, eben das beste Ross dem ehrwürdigen Ānando geben möchten;
dass wir, o Herr, wenn dem ehrwürdigen Ānando das reichste
Dorf genehm wäre, eben das reichste Dorf dem ehrwürdigen
Ānando geben möchten. Aber, o Herr, wir wissen es ja: das
ist dem ehrwürdigen Ānando nicht genehm. Da ist mir, o Herr,
ein Ueberwurf von Māgadhās König Ajātasattu, dem Sohne der
Videherin, in eine Truhe verpackt, zugesandt worden, sechzehn
Ellen lang, acht Ellen breit: den möge, o Herr, der ehrwürdige
Ānando annehmen, von Mitleid bewogen!«

»Genug, großer König, schon hab’ ich mein Dreiwams.«

»Diese Aciravatī, o Herr, liegt dem ehrwürdigen Ānando und uns
vor Augen; und wir wissen, wann es oben im Gebirge gewaltig
gewittert hat, dann fließt diese Aciravatī über beide Ufer
aus: ebenso nun auch, o Herr, wird sich der ehrwürdige Ānando
aus diesem Ueberwurfe ein Dreiwams fertigen, sein bisheriges
Dreiwams aber den Ordensbrüdern zuwenden; so wird diese unsere       491
Ehrung gleichsam ein Ueberfließen sein. Möge, o Herr, der
ehrwürdige Ānando den Ueberwurf annehmen!«

Da nahm der ehrwürdige Ānando den Ueberwurf an. Und nun wandte
sich König Pasenadi von Kosalo also an den ehrwürdigen Ānando:

»Wohl denn, Herr Ānando, jetzt wollen wir aufbrechen: manche
Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, großer König, belieben mag.«

Und König Pasenadi von Kosalo, erfreut und befriedigt durch
des ehrwürdigen Ānando Rede, stand von seinem Sitze auf, bot
ehrerbietigen Gruß dar, ging rechts herum und entfernte sich.

Da begab sich denn der ehrwürdige Ānando, bald nachdem König
Pasenadi von Kosalo gegangen, zum Erhabenen hin, begrüßte
den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder.
Seitwärts sitzend erzählte nun der ehrwürdige Ānando das ganze
Gespräch mit König Pasenadi von Kosalo Wort für Wort dem
Erhabenen; und er reichte den Ueberwurf dem Erhabenen dar. Und
der Erhabene wandte sich an die Mönche:

»Gesegnet, ihr Mönche, ist König Pasenadi von Kosalo,
hochgesegnet, ihr Mönche, ist König Pasenadi von Kosalo, dem
der Anblick Ānandos gegönnt war und seine Gesellschaft.«

       *       *       *       *       *

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche
über das Wort des Erhabenen.[187]



                              89.

             Neunter Theil            Neunte Rede

                        WAHRE DENKMALE


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande
der Sakyer, bei Metāḷumpam, einer Burg im Sakyergebiete.

Um diese Zeit nun war König Pasenadi von Kosalo nach Nagarakam       492
gekommen, irgend ein Geschäft zu erledigen.

Und König Pasenadi von Kosalo befahl Dīgho dem Kanzler:

»Lasse mir, bester Kanzler, prächtige Wagen bespannen: wir
wollen eine Ausfahrt machen, in die schöne Umgebung hinaus.«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam Dīgho der Kanzler dem
Herrscher. Und er ließ prächtige Wagen bespannen und dann
melden: ›Bereit stehn, o König, die prächtigen Wagen: wie es
dir nun belieben mag.‹

Und König Pasenadi von Kosalo bestieg einen prächtigen Wagen
und fuhr, gefolgt von manchen anderen, mit überaus reichem
königlichen Gepränge aus der Stadt hinaus, nach einem Garten
hin. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom
Wagen ab und begab sich zu Fuß in den Garten. Da sah denn
der König, als er im Garten lustwandelnd umherging, mächtige
Bäume, erhebend, erheiternd, lärmentrückt, lärmverloren, von
den Leuten gemieden, wo Menschen einsam sitzen und nachdenken
können. Und es kam ihm bei diesem Anblick eben der Erhabene in
den Sinn: ›Diese mächtigen Bäume erheben und erheitern mich,
die lärmentrückten, lärmverlorenen, die von den Leuten gemieden
werden, wo Menschen einsam sitzen und nachdenken können, wo wir
da einst Ihn, den Erhabenen, aufgesucht haben, den Heiligen,
vollkommen Erwachten.‹[188] Und König Pasenadi von Kosalo
wandte sich also an Dīgho den Kanzler:

»Diese mächtigen Bäume, bester Kanzler, erheben und erheitern        493
mich, die lärmentrückt, lärmverloren von den Leuten gemieden
werden, wo Menschen einsam sitzen und nachdenken können,
wo wir da einst Ihn, den Erhabenen, aufgesucht haben, den
Heiligen, vollkommen Erwachten: wo mag Er doch, bester Kanzler,
jetzt weilen, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte?«

»Es giebt, großer König, eine Burg im Sakyergebiete, Metāḷumpam
genannt: dort weilt Er jetzt, der Erhabene, der Heilige,
vollkommen Erwachte.«

»Wie weit ist es wohl, bester Kanzler, von Nagarakam nach
Metāḷumpam, der Sakyerburg?«

»Nicht weit, großer König, neun Meilen: man kann noch vor Abend
hingelangen.«

»So lasse denn, bester Kanzler, wieder anspannen: wir wollen
ihn, den Erhabenen, besuchen, den Heiligen, vollkommen
Erwachten.«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam Dīgho der Kanzler
dem Herrscher. Und er ließ wieder anspannen und dann melden:
›Bereit stehn, o König, deine Wagen: wie es dir nun belieben
mag.‹

Und König Pasenadi von Kosalo bestieg seinen prächtigen
Wagen und fuhr, gefolgt von den anderen, von Nagarakam nach
Metāḷumpam der Sakyerburg; und er kam noch vor Abend an und
ließ sich zum Garten geleiten. So weit gefahren als man fahren
konnte, stieg er vom Wagen ab und begab sich zu Fuß in den
Garten. Um diese Zeit nun erging sich eine Schaar Mönche im          494
Freien. Da trat König Pasenadi von Kosalo zu den Mönchen heran
und sprach also zu ihnen:

»Sagt mir, Verehrte, wo weilt Er, der Erhabene, jetzt, der
Heilige, vollkommen Erwachte: denn wir möchten Ihn, den
Erhabenen, besuchen, den Heiligen, vollkommen Erwachten.«

»Das Wohnhaus dort, großer König, ist geschlossen; aber geh’
leise, ohne zu eilen, die Freitreppe hinauf, räuspere dich und
klopfe an: öffnen wird dir der Erhabene das Thor.«

Da gab König Pasenadi von Kosalo Schwerdt und Krone erst Dīgho
dem Kanzler über. Und Dīgho der Kanzler wusste nun: ›Allein
will der König jetzt bleiben, ich aber muss hier warten.‹ Und
König Pasenadi von Kosalo stieg leise, ohne zu eilen, die
Freitreppe zum geschlossenen Wohnhaus empor, räusperte sich
und klopfte an. Es öffnete der Erhabene das Thor. Und König
Pasenadi von Kosalo trat in das Wohnhaus ein. Und er fiel dem
Erhabenen zu Füßen und bedeckte des Erhabenen Füße mit Küssen
und umschlang sie mit den Händen. Und er gab sich zu erkennen:

»Pasenadi bin ich, o Herr, der König von Kosalo, Pasenadi bin
ich, o Herr, der König von Kosalo.«

»Was hast du, großer König, für eine Veranlassung diesem Körper
da so hohe Huldigung darzubringen, Liebesbeweise zu bezeigen?«

»Es ist mir, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit
aufgegangen[189]: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene,
wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des
Erhabenen Jüngerschaft.‹ Da hab’ ich, o Herr, manche Asketen         495
und Priester gesehn, die eine Zeit lang das Asketenleben
führen, zehn Jahre, oder zwanzig Jahre oder dreißig Jahre,
oder vierzig Jahre. Später dann leben sie wohlgebadet,
wohlgesalbt, mit gepflegtem Haar und Barte, haben sich mit
dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen umgeben.[190] Und
wiederum hab’ ich, o Herr, Mönche gesehn, die zeitlebens, bis
zum letzten Athemzug das vollkommene, vollendete Asketenleben
führen: und nicht hab’ ich, o Herr, noch anderswo als hier ein
also vollkommenes, vollendetes Asketenleben kennen lernen.
Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der
Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene,
wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des
Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: es streiten Könige mit Königen, Fürsten
mit Fürsten, Priester mit Priestern, Bürger mit Bürgern,
streitet die Mutter mit dem Sohne, der Sohn mit der Mutter,
der Vater mit dem Sohne, der Sohn mit dem Vater, streitet
Bruder mit Bruder, Bruder mit Schwester, Schwester mit Bruder,
Freund mit Freund. Hier aber, o Herr, seh’ ich die Mönche
einträchtig, einig, ohne Zwist, mild geworden, wie sie einander
sanften Auges betrachten: und nicht hab’ ich, o Herr, noch
anderswo als hier eine also einträchtige Versammlung kennen
lernen. Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung
der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene,
wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des           496
Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: ich habe manchen Hain, manchen Garten
betreten, besucht. Und ich habe da oft Asketen und Priester
bemerkt, elend, abgezehrt, übel anzuschauen, mit gelblichen
Flecken auf der Haut, sehnigen, knorrigen Gliedern, die wohl
kein Auge, mein’ ich, fesselten, sie anzusehn. Da ist mir, o
Herr, der Gedanke gekommen: ›Gewiss führen diese Ehrwürdigen
das Asketenleben ungern; oder aber sie haben irgend eine böse
That begangen, die verborgen ist; darum sind sie elend,
abgezehrt, übel anzuschauen, mit gelblichen Flecken auf der
Haut, sehnigen, knorrigen Gliedern, und wollen kein Auge
fesseln, sie anzusehn.‹ Und ich trat an sie heran und sprach
also: ›Warum doch seid ihr, Ehrwürdige, elend, abgezehrt, übel
anzuschauen, mit gelblichen Flecken auf der Haut, sehnigen,
knorrigen Gliedern, so dass ihr wohl kein Auge fesseln mögt,
euch anzusehn?‹ Und sie gaben mir zur Antwort: ›Fesseln fehlen
uns, großer König.‹ Hier aber, o Herr, seh’ ich die Mönche
innig angeregt, hoch erheitert, sie scheinen zufrieden, sind
frohsinnig, genügsam, nachgiebig, dehmüthig, mild geworden
im Herzen. Da ist mir, o Herr, der Gedanke gekommen: ›Gewiss
haben diese Ehrwürdigen, vom Erhabenen gewiesen, ein großes,
allmälig gemerktes Ergebniss gefunden; darum sind sie innig
angeregt, hoch erheitert, scheinen zufrieden, sind frohsinnig,
genugsam, nachgiebig, dehmüthig, mild geworden im Herzen.‹
Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der             497
Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene,
wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des
Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: ich kann als König, als Herrscher,
dessen Scheitel gesalbt ist, einen zum Tode Verurtheilten
hinrichten, oder einen in die Acht zu Erklärenden ächten,
oder einen Bannwürdigen bannen lassen. Und während ich, o
Herr, zu Gericht sitze kommt es vor, dass Zwischenrede laut
wird. Da bitt’ ich vergebens: ›Wollet, ihr Herren, während
ich zu Gericht sitze keine Zwischenrede verlauten lassen: die
Berathung, meine Herren, sei geschlossen.‹ Aber man lässt
mich, o Herr, Zwischenrede vernehmen. Hier aber, o Herr,
seh’ ich die Mönche zu einer Zeit wo der Erhabene einer
vielhundertköpfigen Schaar die Lehre darlegt; und zu einer
solchen Zeit hört man eben bei des Erhabenen Jüngern nicht
einmal das Geräusch des Nießens oder Sichräusperns. Eines
Tages, o Herr, trug der Erhabene einer vielhundertköpfigen
Schaar die Lehre vor. Da ließ einer von des Erhabenen Jüngern
ein Räuspern hören. Und einer der Ordensbrüder streifte ihn
mit dem Knie an: ›Nicht so laut, Ehrwürdiger, bitte! Möge der
Ehrwürdige sich leise verhalten: unser Meister, der Erhabene
legt die Lehre dar.‹ Da hab’ ich, o Herr, bei mir gedacht:
›Wunderbar, wahrlich, außerordentlich ist es, dass man da
wirklich ohne Zwang, ohne Gewalt eine Versammlung derart
wohlgefügig machen kann!‹ Und nicht hab’ ich, o Herr, noch
anderswo als hier eine also wohlgefügige Versammlung kennen
lernen. Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung         498
der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene,
wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des
Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: ich habe da manche gelehrte Adelige
gesehn, feine, erprobte Gegenredner, die Haare zu spalten
schienen, die mit ihrem Scharfsinn die schönsten Ansichten,
so zu sagen, entzweischnitten. Denen war zu Ohren gekommen:
›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo wird auf der Wanderung
dieses Dorf oder jene Stadt besuchen!‹ Da stellten sie eine
Frage zusammen: ›Diese Frage wollen wir dem Asketen Gotamo
vorlegen; giebt er uns auf diese Frage diese Antwort, so
werden wir ihm auf diese Weise das Wort verdrehn: giebt er
uns aber auf diese Frage jene Antwort, so werden wir ihm auf
jene Weise das Wort verdrehn.‹ Und sie hörten: ›Der Asket,
wahrlich, Herr Gotamo ist auf der Wanderung in diesem Dorfe
oder in jener Stadt angekommen!‹ Und sie begaben sich hin. Und
der Erhabene ermunterte, ermuthigte, erregte und erheiterte
sie in lehrreichem Gespräche. Und vom Erhabenen in lehrreichem
Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert stellten
sie dem Erhabenen weder eine Frage, geschweige dass sie ihm das
Wort verdrehn wollten, wurden vielmehr des Erhabenen Anhänger.
Da ist mir denn, o Herr, beim Erhabenen diese Ahnung der
Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen erwacht ist der Erhabene,
wohlkundgethan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut des
Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: ich habe da manche gelehrte
Priester, gelehrte Bürger, gelehrte Asketen gesehn, feine,
erprobte Gegenredner, die Haare zu spalten schienen, die
mit ihrem Scharfsinn die schönsten Ansichten, so zu sagen,
entzweischnitten. Denen war zu Ohren gekommen: ›Der Asket,           499
wahrlich, Herr Gotamo wird auf der Wanderung dieses Dorf oder
jene Stadt besuchen!‹ Da stellten sie eine Frage zusammen:
›Diese Frage wollen wir dem Asketen Gotamo vorlegen; giebt er
uns auf diese Frage diese Antwort, so werden wir ihm auf diese
Weise das Wort verdrehn; giebt er uns aber auf diese Frage jene
Antwort, so werden wir ihm auf jene Weise das Wort verdrehn.‹
Und sie hörten: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo ist auf der
Wanderung in diesem Dorfe oder in jener Stadt angekommen!‹ Und
sie begaben sich hin. Und der Erhabene ermunterte, ermuthigte,
erregte und erheiterte sie in lehrreichem Gespräche. Und vom
Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt
und erheitert stellten sie dem Erhabenen weder eine Frage,
geschweige dass sie ihm das Wort verdrehn wollten, flehten
vielmehr den Erhabenen an, sie in den Orden aufzunehmen. Und
der Erhabene nahm sie auf. Und in diesen Orden aufgenommen
lebten sie einzeln, abgesondert, ernsten Sinnes, eifrig,
unermüdlich. Und in gar kurzer Zeit hatten sie jenes Ziel,
um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die
Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch
bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen.
Und sie sprachen: ›Den Verstand mussten wir verloren haben, den
Verstand müssen wir wiedergefunden haben![191] Die wir früher
nichts weniger als Asketen waren glaubten ›Wir sind Asketen‹,
die wir nichts weniger als Heilige waren glaubten ›Wir sind
Heilige‹, die wir nichts weniger als Sieger waren glaubten ›Wir      500
sind Sieger‹: jetzt sind wir Asketen, jetzt sind wir
Heilige, jetzt sind wir Sieger.‹ Da ist mir denn, o Herr, beim
Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen
erwacht ist der Erhabene, wohlkundgethan vom Erhabenen die
Satzung, wohlvertraut des Erhabenen Jüngerschaft.‹

»Weiter sodann, o Herr: Isidatto und Purāṇo, die Kammerherren,
die sind meine Diener, meine Werkzeuge: ich geb’ ihnen den
Unterhalt, ich fördere ihren Ruhm.[192] Gleichwohl aber bringen
sie mir keine solche Huldigung dar wie dem Erhabenen. Eines
Tages, o Herr, als ich mit dem Heere ausgezogen war, schlug ich
mein Lager mit Isidatto und Purāṇo den Kammerherren in einem
kleinen Gehöfte auf, um sie zu erforschen. Und sie brachten,
o Herr, einen großen Theil der Nacht in lehrreichem Gespräche
zu; dann legten sie sich nieder, das Haupt dorthin gewandt wo
sie wußten dass der Erhabene sei, gegen mich die Füße gewandt.
Da hab’ ich, o Herr, bei mir gedacht: ›Wunderbar, wahrlich,
außerordentlich ist es! Isidatto und Purāṇo die Kammerherren,
die sind meine Diener, meine Werkzeuge: ich geb’ ihnen den
Unterhalt, ich fördere ihren Ruhm. Gleichwohl aber bringen sie
mir keine solche Huldigung dar wie dem Erhabenen. Gewiss haben
diese Ehrwürdigen, vom Erhabenen gewiesen, ein großes, allmälig
gemerktes Ergebniss gefunden.‹ Da ist mir denn, o Herr, beim
Erhabenen diese Ahnung der Wahrheit aufgegangen: ›Vollkommen
erwacht ist der Erhabene, wohlkundgethan vom Erhabenen die
Satzung, wohlvertraut des Erhabenen Jüngerschaft.‹                   501

»Weiter sodann, o Herr: der Erhabene ist adelig und auch ich
bin adelig, der Erhabene ist ein Kosaler und auch ich bin ein
Kosaler, der Erhabene ist achtzig Jahre alt und auch ich bin
achtzig Jahre alt. Und weil nun[193], o Herr, der Erhabene
adelig ist und auch ich adelig bin, der Erhabene ein Kosaler
ist und auch ich ein Kosaler bin, der Erhabene achtzig Jahre
alt ist und auch ich achtzig Jahre alt bin, darum steht es mir
eben an, o Herr, dem Erhabenen so hohe Huldigung darzubringen,
Liebesbeweise zu bezeigen. -- Wohlan denn, o Herr, jetzt wollen
wir gehn: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, großer König, belieben mag.«

Und König Pasenadi von Kosalo stand auf von seinem Sitze,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und
entfernte sich.

Da wandte sich denn der Erhabene, bald nachdem König Pasenadi
von Kosalo gegangen, also an die Mönche:

»Dieser König, ihr Mönche, Pasenadi von Kosalo, hat wahre
Denkmale gesprochen. Dann ist er aufgestanden und heimgekehrt.
Merkt euch, ihr Mönche, die wahren Denkmale, eignet euch, ihr
Mönche, die wahren Denkmale an, hütet, ihr Mönche, die wahren
Denkmale: heilsam sind, ihr Mönche, die wahren Denkmale,
urasketenthümlich.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche
über das Wort des Erhabenen.



                              90.

             Neunter Theil            Zehnte Rede

                        AM ZWIESELSTEIN


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Uruññā, am Zwieselstein, im Wildgarten.

Um diese Zeit nun war König Pasenadi von Kosalo nach Uruññā          502
gekommen, irgend ein Geschäft zu erledigen.

Und König Pasenadi von Kosalo befahl einem seiner Leute:

»Begieb dich, lieber Mann, zum Erhabenen hin und bring’ dem
Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar und wünsche Gesundheit
und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein: ›Der König‹,
sage, ›o Herr, Pasenadi von Kosalo, bringt dem Erhabenen zu
Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit,
Stärke und Wohlsein;‹ und füge hinzu: ›heute, o Herr‹, lässt
er sagen, ›wird sich der König nach der Mahlzeit, wann er den
Morgenimbiss eingenommen, hierher begeben, den Erhabenen zu
besuchen.‹«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam jener Mann dem
Herrscher. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte,
bot ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder.
Seitwärts sitzend sprach er dann also zum Erhabenen:

»Der König, o Herr, Pasenadi von Kosalo, bringt dem Erhabenen
zu Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische,
Munterkeit, Stärke und Wohlsein; und er lässt sagen: heute,
o Herr, wird sich der König nach der Mahlzeit, wann er den
Morgenimbiss eingenommen, hierher begeben, den Erhabenen zu
besuchen.«

Es hatten aber die Schwestern Somā und Sakulā reden hören:
›Heute wird, heißt es, König Pasenadi von Kosalo nach
der Mahlzeit, wann er den Morgenimbiss eingenommen, sich
hinbegeben, den Erhabenen zu besuchen.‹ Und Somā und Sakulā,
die Schwestern, gingen zum König, als er bei Tische war, und
sprachen also zu ihm:

»Mögest du, großer König, doch auch unseren Gruß dem Erhabenen       503
zu Füßen darbringen, mit dem Wunsche von Gesundheit und
Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein: ›Somā‹, sage, ›o
Herr, und Sakulā, die Schwestern, bringen dem Erhabenen zu
Füßen Gruß dar und wünschen Gesundheit und Frische, Munterkeit,
Stärke und Wohlsein.‹«

Da begab sich denn König Pasenadi von Kosalo nach der Mahlzeit,
als er den Morgenimbiss eingenommen, zum Erhabenen hin,
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts
nieder. Seitwärts sitzend sprach nun König Pasenadi von Kosalo
zum Erhabenen also:

»Somā, o Herr, und Sakulā, die Schwestern, bringen dem
Erhabenen zu Füßen Gruß dar und wünschen Gesundheit und
Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein.«

»Aber sage mir, großer König: haben die Schwestern Somā und
Sakulā keinen anderen Boten gefunden?«

»Es hatten, o Herr, die Schwestern Somā und Sakulā reden
hören: ›Heute wird, heißt es, König Pasenadi von Kosalo nach
der Mahlzeit, wann er den Morgenimbiss eingenommen, sich
hinbegeben, den Erhabenen zu besuchen.‹ Und Somā, o Herr, und
Sakulā, die Schwestern, kamen zu mir, als ich bei Tische war,
und sprachen also zu mir: ›Mögest du, großer König, doch auch
unseren Gruß dem Erhabenen zu Füßen darbringen, mit dem Wunsche
von Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein:
›Somā‹, sage, ›o Herr, und Sakulā, die Schwestern, bringen
dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar und wünschen Gesundheit und
Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein.‹«

»Wohlergehn, großer König, soll es Somā und Sakulā den               504
Schwestern!«

Nun wandte sich König Pasenadi von Kosalo also an den Erhabenen:

»Gehört hab’ ich solches, o Herr: ›Der Asket Gotamo behauptet:
‚Es giebt keinen Asketen oder Priester, der alles weiß,
alles versteht, unbeschränkte Wissensklarheit bekennen kann:
das ist unmöglich.‘‹ Die da solches, o Herr, gesagt haben,
haben die wirklich, o Herr, des Erhabenen Worte gebraucht
und den Erhabenen nicht mit Unrecht angeführt und der Lehre
gemäß geredet, so dass sich kein entsprechender Folgesatz als
ungehörig erweisen kann?«

»Die da, großer König, solches gesagt haben: ›Der Asket Gotamo
behauptet: ‚Es giebt keinen Asketen oder Priester, der alles
weiß, alles versteht, unbeschränkte Wissensklarheit bekennen
kann: das ist unmöglich‘‹, die haben nicht meine Worte
gebraucht und haben mich ohne Grund und mit Unrecht angeführt.«

Auf diesen Bescheid wandte sich König Pasenadi von Kosalo nach
Viḍūḍabho, dem Feldherrn, um und fragte ihn:

»Wer hat denn wohl, Feldherr, dieses Gerede bei Hof in Umlauf
gebracht?«

»Sañjayo, großer König, der Brāhmane, der Ākāser.«[194]

Da befahl König Pasenadi von Kosalo einem seiner Leute:

»Geh’, lieber Mann, und rufe mir Sañjayo den Brāhmanen, den          505
Ākāser, her: ›Der König‹, sage, ›o Herr, Pasenadi von Kosalo,
lässt dich rufen.‹«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam jener Mann dem
Herrscher. Und er begab sich dorthin wo Sañjayo der Brāhmane,
der Ākāser, weilte; und er sprach also zu ihm:

»Der König, o Herr, Pasenadi von Kosalo, lässt dich rufen.«

Nun wandte sich König Pasenadi von Kosalo also an den
Erhabenen:

»Vielleicht hat es, o Herr, der Erhabene auf irgend eine
andere Weise gemeint, und die Leute haben es wiederum anders
aufgenommen. In welchem Sinne gesteht wohl, o Herr, der
Erhabene zu, den Ausspruch gethan zu haben?«

»Also gesteh’ ich, großer König, zu, den Ausspruch gethan zu
haben: ›Es giebt keinen Asketen oder Priester, der auf einmal
alles wissen, alles verstehn kann: das ist unmöglich.‹«

»Begründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat,
wohlbegründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat: ›Es
giebt keinen Asketen oder Priester, der auf einmal alles
wissen, alles verstehn kann: das ist unmöglich.‹ -- Vier
giebt es, o Herr, der Kasten: Krieger, Priester, Bürger und
Diener. Kann man da nun, o Herr, bei diesen vier Kasten eine
Besonderheit, einen Unterschied aufstellen?«

»Vier giebt es, großer König, der Kasten: Krieger, Priester,
Bürger und Diener. Da sind, großer König, von diesen vier
Kasten zwei als die oberen anerkannt, Krieger und Priester, was
Begrüßung, Aufmerksamkeit, Ehrfurcht und Achtung angeht.«

»Nicht frag’ ich, o Herr, den Erhabenen um das äußere                506
Verhältnis: um das innere, o Herr, frag’ ich den Erhabenen.
Vier giebt es, o Herr, der Kasten: Krieger, Priester, Bürger
und Diener. Kann man da nun, o Herr, bei diesen vier Kasten
eine Besonderheit, einen Unterschied aufstellen?«

»Fünf giebt es, großer König, der Kampfeseigenschaften: welche
fünf? Da hat, großer König, ein Mönch Zutrauen, er traut der
Wachheit des Vollendeten, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der
Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte,
der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter
der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der
Erwachte, der Erhabene.‹ Rüstig ist er und munter, seine
Kräfte sind gleichmäßig gemischt, weder zu kühl noch zu heiß,
den mittleren Kampf zu bestehn. Ehrlich ist er und offen und
giebt sich der Wahrheit gemäß dem Meister oder erfahrenen
Ordensbrüdern zu erkennen. Muth hat er und Kraft unheilsame
Dinge zu verleugnen und heilsame Dinge zu erringen, er dauert
stark und standhaft aus, giebt den heilsamen Kampf nicht
auf. Witzig ist er, mit der Weisheit begabt, die Aufgang und
Untergang sieht, mit der heiligen, durchdringenden, die zur
völligen Leidensversiegung führt. Das sind, großer König, die
fünf Kampfeseigenschaften. Vier giebt es, großer König, der
Kasten: Krieger, Priester, Bürger und Diener. Und sind sie,
großer König, mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt, so
gereicht es ihnen lange zum Wohle, zum Heile.«

»Vier giebt es, o Herr, der Kasten: Krieger, Priester,
Bürger und Diener. Und sind sie, o Herr, mit diesen fünf
Kampfeseigenschaften begabt, kann man da noch bei ihnen, o
Herr, von einer Besonderheit, von einem Unterschied reden?«

»Das kommt, sag’ ich, großer König, auf die Art und Weise
an, wie sie kämpfen. Gleichwie etwa, großer König, wenn da           507
zwei Reitelephanten oder Wagenrosse oder Zugstiere wären,
wohlgebändigt, wohlabgerichtet, und zwei Reitelephanten
oder Wagenrosse oder Zugstiere, ungebändigt, unabgerichtet;
was bedünkt dich, großer König: jene zwei Reitelephanten
oder Wagenrosse oder Zugstiere, die wohlgebändigten,
wohlabgerichteten, würden nun diese als Gebändigte thun was
Gebändigten taugt, als Gebändigte ausführen was Gebändigten
obliegt?«

»Freilich, o Herr!«

»Aber die anderen beiden Reitelephanten oder Wagenrosse oder
Zugstiere, die nicht gebändigt, nicht abgerichtet sind, würden
etwa diese als Ungebändigte thun was Gebändigten taugt, als
Ungebändigte ausführen was Gebändigten obliegt, gleichwie jene
beiden Reitelephanten oder Wagenrosse oder Zugstiere, die
wohlgebändigt, wohlabgerichtet sind?«

»Das nicht, o Herr!«

»Ebenso nun auch, großer König, etwa vermeinen, was da einer
durch Zutrauen, Rüstigkeit, ehrliche Offenheit, Tapferkeit,
Weisheit erreichen kann, kann ein anderer auch ohne Zutrauen,
kränklich, listig, gleißnerisch, feig, ungewitzigt erreichen:
das ist unmöglich.«

»Begründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat,
wohlbegründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat. -- Vier
giebt es, o Herr, der Kasten: Krieger, Priester, Bürger und
Diener. Und sind sie, o Herr, mit den fünf Kampfeseigenschaften
begabt, und bestehn sie die gewaltigen Kämpfe, kann man da
noch bei diesen, o Herr, von einer Besonderheit, von einem
Unterschied reden?«

»Da kann, sag’ ich, großer König, bei ihnen von einem
Unterschied nicht mehr die Rede sein, Erlösung gegenüber
Erlösung. Gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann trockenes
Eichenholz nähme, Feuer erweckte, Licht hervorbrächte; und           508
ein anderer Mann trockenes Sālholz nähme, Feuer erweckte,
Licht hervorbrächte; und ein anderer Mann trockenes Mangoholz
nähme, Feuer erweckte, Licht hervorbrächte; und ein anderer
Mann trockenes Feigenholz nähme, Feuer erweckte, Licht
hervorbrächte; was bedünkt dich, großer König: bestände da wohl
unter diesen Feuern, aus verschiedenem Holze erweckt, irgend
ein Unterschied zwischen Flamme und Flamme, Glanz und Glanz,
Schein und Schein?«

»Das nicht, o Herr!«

»Ebenso nun auch, großer König, wie das Licht durch Kraft
entzündet, im Kampfe erzeugt wird, sag’ ich, giebt es da keinen
Unterschied mehr, Erlösung Erlösung gegenüber.«

»Begründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat,
wohlbegründet ist, o Herr, was der Erhabene gesagt hat. -- Wie
aber, o Herr: giebt es Götter?«

»Warum denn, großer König, sprichst du also: ›Wie aber, o Herr:
giebt es Götter?‹«

»Ich frage, ob die Götter, o Herr, wiederkehren zu dieser Welt,
oder ob sie nicht mehr wiederkehren.«

»Götter, großer König, die zugewandt sind, kehren wieder zu
dieser Welt: Götter, die abgewandt sind, kehren nicht mehr
wieder.«[195]

Auf diese Worte wandte sich Viḍūḍabho der Feldherr also an den
Erhabenen:

»Und können, o Herr, die Götter, die zugewandt zu dieser
Welt wiederkehren, jene abgewandten Götter, die nicht mehr
wiederkehren, von ihrem Orte verjagen und verbannen?«

Da kam nun dem ehrwürdigen Ānando der Gedanke in den Sinn:
›Dieser Feldherr Viḍūḍabho ist der Sohn König Pasenadis von
Kosalo, und ich bin der Sohn des Erhabenen: jetzt schickt es         509
sich, dass der Sohn den Sohn belehre.‹ Und der ehrwürdige
Ānando wandte sich also an Viḍūḍabho den Feldherrn:

»Da will ich dir nun, Feldherr, eben hierüber eine Frage
stellen: wie’s dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was
meinst du wohl, Feldherr: soweit das Gebiet König Pasenadis von
Kosalo reicht, wo König Pasenadi von Kosalo die Herrschaft und
Obermacht königlich ausübt, vermag da der König einen Asketen
oder einen Priester, einen guten oder einen schlechten, einen
ächten oder einen unächten, aus diesem Gebiete zu verjagen, zu
verbannen?«

»Soweit, Herr, das Gebiet König Pasenadis von Kosalo reicht,
wo König Pasenadi von Kosalo die Herrschaft und Obermacht
königlich ausübt, da vermag der König einen Asketen oder einen
Priester, einen guten oder einen schlechten, einen ächten oder
einen unächten, aus diesem Gebiete zu verjagen, zu verbannen.«

»Was meinst du wohl, Feldherr: wo das Gebiet König Pasenadis
von Kosalo aufhört, wo König Pasenadi von Kosalo keine
Herrschaft und Obermacht königlich ausübt, vermag da der König
einen Asketen oder einen Priester, einen guten oder einen
schlechten, einen ächten oder einen unächten, aus diesem
Gebiete zu verjagen, zu verbannen?«

»Wo, Herr, das Gebiet König Pasenadis von Kosalo aufhört,
wo König Pasenadi von Kosalo keine Herrschaft und Obermacht
königlich ausübt, nicht vermag da der König einen Asketen oder
einen Priester, einen guten oder einen schlechten, einen             510
ächten oder einen unächten, aus diesem Gebiete zu verjagen, zu
verbannen.«

»Was meinst du wohl, Feldherr: hast du von den Dreiunddreißig
Göttern gehört?«

»Gewiss, Herr, ich habe von den Dreiunddreißig Göttern gehört:
und auch Herr Pasenadi hier, der König von Kosalo, hat von
ihnen gehört.«

»Was meinst du wohl, Feldherr: vermag der König die
Dreiunddreißig Götter von ihrem Orte zu verjagen, zu verbannen?«

»Nicht einmal sehn, Herr, kann der König die Dreiunddreißig
Götter, geschweige denn dass er vermöchte, sie von ihrem Orte
zu verjagen, zu verbannen!«

»Ebenso nun auch, Feldherr, können die Götter, die zugewandt zu
dieser Welt wiederkehren, jene abgewandten Götter, die nicht
mehr wiederkehren, nicht einmal sehn, geschweige denn dass sie
vermöchten, sie von ihrem Orte zu verjagen, zu verbannen.«

Da wandte sich nun König Pasenadi von Kosalo an den Erhabenen
und sprach:

»Wie heißt, o Herr, dieser Mönch?«

»Ānando heißt er, großer König.«

»Ānando also: wahrlich, wie Ānando sieht er aus![196]
Begründet ist, o Herr, was der ehrwürdige Ānando gesagt hat,
wohlbegründet ist, o Herr, was der ehrwürdige Ānando gesagt
hat. -- Wie aber, o Herr: giebt es einen Brahmā?«

»Warum denn, großer König, sprichst du also: ›Wie aber, o Herr:
giebt es einen Brahmā?‹«

»Ich frage, ob ein Brahmā, o Herr, wiederkehrt zu dieser Welt,
oder ob er nicht mehr wiederkehrt.«

»Ein Brahmā, großer König, der zugewandt ist, kehrt wieder zu
dieser Welt: ein Brahmā, der abgewandt ist, kehrt nicht mehr         511
wieder.«

Da trat einer der Leute an den König heran und sprach also zu
ihm:

»Sañjayo, großer König, der Brāhmane, der Ākāser, ist gekommen.«

Und König Pasenadi von Kosalo wandte sich also an Sañjayo den
Brāhmanen, den Ākāser:

»Wer hat denn wohl, Brāhmane, jenes Gerede bei Hof in Umlauf
gebracht?«

»Viḍūḍabho, großer König, der Feldherr.«

»Viḍūḍabho der Feldherr, der sagte: ›Sañjayo, großer König, der
Brāhmane, der Ākāser.‹«

Hier brachte einer der Leute dem König die Meldung:

»Die Wagen stehn bereit, großer König.«

Und König Pasenadi von Kosalo sprach nun zum Erhabenen also:

»Ueber die Allwissenheit haben wir, o Herr, den Erhabenen
befragt: und die Allwissenheit hat uns der Erhabene erklärt:
und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden.
Ueber die Reinheit der vier Kasten haben wir, o Herr, den
Erhabenen befragt: und die Reinheit der vier Kasten hat uns
der Erhabene erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und
wir sind es zufrieden. Ueber die Götter haben wir, o Herr, den
Erhabenen befragt: und die Götter hat uns der Erhabene erklärt;
und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden.
Ueber den Brahmā haben wir, o Herr, den Erhabenen befragt:
und den Brahmā hat uns der Erhabene erklärt; und es hat uns
gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. Ueber was wir
eben auch den Erhabenen befragt haben, das hat uns eben auch
der Erhabene erklärt; und es hat uns gefallen und behagt und
wir sind es zufrieden. -- Wohlan denn, o Herr, jetzt wollen wir      512
gehn: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, großer König, belieben mag.«

       *       *       *       *       *

Und König Pasenadi von Kosalo, durch des Erhabenen Rede
erfreut und befriedigt, stand von seinem Sitze auf, begrüßte
den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte
sich.[197]



                         ZEHNTER THEIL

                       BUCH DER PRIESTER



                              91.

              Zehnter Theil            Erste Rede

                           BRAHMĀYU


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im
Videher-Lande von Ort zu Ort, von vielen Mönchen begleitet,
einer Schaar von fünfhundert Mönchen.

Um diese Zeit nun weilte Brahmāyu der Priester zu Mithilā,
alt und greis, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt, im
hundertzwanzigsten Lebensjahre[198], ein Meister der drei
Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut-
und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig
und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen
aufwies. Und es hörte Brahmāyu der Priester reden: ›Der Asket,
wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der              513
Sakyer entsagt hat, wandert im Videher-Lande von Ort zu Ort,
von vielen Mönchen begleitet, einer Schaar von fünfhundert
Mönchen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit
dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ‚Das ist der Erhabene, der
Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte,
der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter
der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der
Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern,
ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Büßern
und Priestern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst
verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren
Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt,
die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte,
geklärte Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige
sehn kann!‘‹

Damals nun hatte Brahmāyu der Priester einen jungen Brāhmanen
als Schüler bei sich, Uttaro mit Namen, der ebenso gelehrt wie
er selbst war. Und Brahmāyu der Priester wandte sich also an
Uttaro den jungen Brāhmanen:

»Komm’, lieber Uttaro, und geh’ zum Asketen Gotamo hin und           514
erforsche den Asketen Gotamo, ob er wirklich so ist, wie ihn
der Ruf begrüßt, oder nicht so ist; und ob da Herr Gotamo
solche Art hat, oder nicht hat: durch dich wollen wir ihn, den
Herrn Gotamo, kennen lernen.«

»Auf welche Weise aber, Herr, soll ich ihn, den Herrn Gotamo,
erforschen, ob Herr Gotamo wirklich so ist, wie ihn der Ruf
begrüßt, oder nicht so ist; und ob da Herr Gotamo solche Art
hat, oder nicht hat?«

»Es werden, lieber Uttaro, in unseren Sprüchen zweiunddreißig
Merkmale eines großen Mannes genannt, mit denen begabt ein
solcher nur zwei Bahnen betreten kann, keine dritte. Wenn er
im Hause bleibt, wird er König werden, Kaiser, ein gerechter
und wahrer Herrscher[199], ein Sieger bis zur Mark der See,
der seinem Reiche Sicherheit schafft, mit sieben Juwelen
begabt ist. Das aber sind seine sieben Juwelen, und zwar:
das beste Land, der beste Elephant, das beste Ross, die
beste Perle, das beste Weib, der beste Bürger, und siebentens
der beste Staatsmann. Und er wird über tausend Söhne haben,
tapfer, heldensam, Zerstörer der feindlichen Heere. So wird
er diese Erde bis zum Ozean hin, ohne Stock und ohne Stahl
gerecht obsiegend, beherrschen. Wenn er aber aus dem Hause in
die Hauslosigkeit zieht, wird er heilig werden, vollkommen
auferwacht, der Welt den Schleier hinwegnehmen. Wohl hab’ ich
dir schon, lieber Uttaro, die Sprüche gesagt, und du hast sie        515
bei dir behalten.«

»Ja, Herr!« entgegnete da Uttaro der junge Brāhmane, Brahmāyu
dem Priester zustimmend. Und er erhob sich von seinem Sitze,
bot ehrerbietigen Gruß dar, ging rechts herum und begab sich
nach Videhā, auf die Wanderung zum Erhabenen hin. Von Ort zu
Ort wandernd kam er dorthin wo der Erhabene weilte. Und er
tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte
mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts
sitzend gedachte nun Uttaro der junge Brāhmane bei sich[200]:
›Begabt ist der Asket Gotamo mit den zweiunddreißig Merkmalen
eines großen Mannes; wie, wenn ich nun dem Asketen Gotamo
nachfolgte, um sein Betragen kennen zu lernen?‹ Und Uttaro der       516
junge Brāhmane folgte dem Erhabenen sieben Monate nach, dem
untrennbaren Schatten gleich.

Als nun sieben Monate um waren kehrte Uttaro der junge Brāhmane
von Videhā wieder nach Mithilā zurück. Von Ort zu Ort wandernd
kam er dorthin wo Brahmāyu der Priester weilte. Dort angelangt
bot er ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich zur Seite nieder.
Und an Uttaro, der da zur Seite saß, wandte sich nun Brahmāyu
der Priester also:

»Ist denn, lieber Uttaro, der Herr Gotamo wirklich so, wie ihn
der Ruf begrüßt, oder ist er nicht so? Und hat er, der Herr
Gotamo, solche Art und keine andere?«

»Wie er eben wirklich ist, Herr, begrüßt Herrn Gotamo der Ruf,
nicht anders; und solche Art hat er, der Herr Gotamo, und
keine andere. Begabt ist Herr Gotamo mit den zweiunddreißig
Merkmalen eines großen Mannes. Wohlgefestet sind die Füße
des Herrn Gotamo: und das ist eben eines der Merkmale eines
großen Mannes, das Herrn Gotamo eignet. Unten sind bei Herrn
Gotamo, an den Sohlen der Füße, Räder zu sehn, mit tausend
Speichen, mit Felge und Nabe und allen Abzeichen geziert.[201]
Schmal ist die Ferse des Herrn Gotamo, lang sind die Zehen.
Sanft und zart sind Hände und Füße des Herrn Gotamo. Die
Bindehaut zwischen Fingern und Zehen ist breit geschweift wie
ein Netz. Muschelwölbig ist der Rist. Gazellenbeinig ist Herr
Gotamo[202]; stehend kann Herr Gotamo, ohne sich zu beugen,          517
mit beiden Handflächen die Kniee befühlen und berühren.[203]
In der Vorhaut verborgen ist das Schaamglied.[204] Gülden
leuchtet der Körper des Herrn Gotamo, wie Gold erglänzt seine
Haut. Sie ist geschmeidig, so geschmeidig, dass kein Staub und
Schmutz daran haften bleibt. Einzelflaumig ist Herr Gotamo,
je einzeln ist das Flaumhaar in der Pore gewachsen. Nach oben
gerichtet ist der Flaum des Herrn Gotamo, die Flaumhaare sind
nach oben gewachsen. Schwarz wie Augenschminke, wie Ringe
geringelt, rechts herum sind sie gedreht. Heilig erhaben ragt
Herr Gotamo empor, ist gar heiter anzuschauen.[205] Wie beim
Löwen ist der Vorderleib des Herrn Gotamo, mit der breiten
Brust. Eine Klafter hoch ist Herr Gotamo; seine Körperlänge
entspricht seiner Armweite: seine Armweite entspricht seiner
Körperlänge. Gleichgeformte Schultern hat Herr Gotamo. Mächtige
Ohrmuscheln hat Herr Gotamo[206]. Ein Löwenkinn hat Herr
Gotamo. Alle Zähne hat Herr Gotamo[207]; gleichmäßig gefügt,
nicht auseinanderstehend, glänzend weiß ist das Gebiss.
Gewaltig ist die Zunge des Herrn Gotamo. Heilig tönt seine
Stimme, wie Waldvogelsang. Tiefschwarz sind die Augen des
Herrn Gotamo; die Wimpern wie beim Rinde. Eine Flocke ist            518
Herrn Gotamo zwischen den Brauen gewachsen, weiß und weich
wie Baumwolle.[208] Einen Scheitelkamm hat Herr Gotamo: und
auch das ist eines der Merkmale eines großen Mannes, das Herrn
Gotamo eignet. Das sind, Herr, die zweiunddreißig Merkmale
eines großen Mannes, mit denen Herr Gotamo begabt ist.[209]

»Im Gange schreitet Herr Gotamo mit dem rechten Fuße voran.
Er macht keine zu großen, macht keine zu kleinen Schritte. Er
geht nicht zu schnell, geht nicht zu langsam. Beim Gehn stößt
er nicht mit den Waden[210], nicht mit den Knöcheln aneinander;
er dreht die Schenkel nicht nach oben, nicht nach unten, nicht
einwärts, nicht auswärts. Während Herr Gotamo hinschreitet
ist sein Körper gerade gerichtet, schwankt nicht[211], tritt
nicht mit Leibeswucht auf. Beim Umblicken blickt Herr Gotamo
mit dem ganzen Körper um. Er schaut nicht hinauf, er schaut
nicht herab, lässt die Blicke nicht hin- und herschweifen, er
blickt vier Spannen weit vor sich[212]: so hat er höhere,
unbehinderte Wissensklarheit gewonnen.

»Beim Betreten eines Hauses dreht er den Körper nicht nach
oben, nicht nach unten, nicht einwärts, nicht auswärts. Nicht
zu ferne, nicht zu nahe tritt er an den Stuhl heran, ohne ihn
mit der Hand anzufassen nimmt er Platz, er lässt sich nicht
jählig nieder. Und hat er im Hause Platz genommen, so macht er
keine unnütze Handbewegung, keine unnütze Fußbewegung. Er sitzt
da und hat nicht Wade über Wade geschlagen, nicht Knöchel über       519
Knöchel geschlagen, nicht das Kinn in die Hand gestützt. Im
Hause hat er sich niedergesetzt und bangt und bebt nicht und
zittert und zagt nicht: ohne Bangen und Beben, ohne Zittern und
Zagen, frei von Angst, mit Einsicht umgethan, nimmt Herr Gotamo
Platz im Hause.

»Nimmt er Wasser in der Almosenschaale entgegen, so dreht er
die Schaale nicht nach oben, nicht nach unten, nicht einwärts,
nicht auswärts, er lässt sich das Wasser eingießen, nicht
zu wenig, nicht zu viel. Er wäscht die Schaale aus ohne zu
plätschern, ohne sie umzustülpen, er stellt sie nicht auf den
Boden um sich die Hände zu waschen; indem er die Schaale wäscht
wäscht er die Hände: indem er die Hände wäscht wäscht er die
Schaale. Dann gießt er das Wasser weg, nicht zu ferne, nicht zu
nahe, verspritzt es nicht.

»Nimmt er den Reisbrei entgegen, so dreht er die Schaale nicht
nach oben, nicht nach unten, nicht einwärts, nicht auswärts,
er lässt sich den Reisbrei einfüllen, nicht zu wenig, nicht
zu viel. Die Brühe aber nimmt Herr Gotamo nur als Brühe hinzu
und taucht den Bissen nicht mehr als nöthig ein. Zwei- bis
dreimal lässt Herr Gotamo den Bissen im Munde herumgehn bevor
er ihn verschlingt, so dass kein Reiskorn unzerkaut in den
Magen gelangt, so dass kein Reiskorn im Munde zurückbleibt:
dann nimmt er den nächsten Bissen auf. Den Geschmack empfindet
Herr Gotamo indem er die Nahrung einnimmt, aber er genießt
ihn nicht. Achtfach ausgezeichnet ist die Nahrung, die Herr          520
Gotamo einnimmt, nicht zur Letzung noch Ergetzung, nicht zur
Schmuckheit und Zier, sondern nur um diesen Körper zu erhalten,
zu fristen, um Schaden zu verhüten, um ein heiliges Leben
führen zu können: ›So werd’ ich das frühere Gefühl abtödten
und ein neues Gefühl nicht aufkommen lassen, und ich werde ein
Fortkommen haben, ohne Tadel bestehn, mich wohl befinden.‹

»Nimmt er, nach dem Mahle, Wasser in der Almosenschaale
entgegen, so dreht er die Schaale nicht nach oben, nicht nach
unten, nicht einwärts, nicht auswärts, er lässt sich das Wasser
eingießen, nicht zu wenig, nicht zu viel. Er wäscht die Schaale
aus ohne zu plätschern, ohne sie umzustülpen, er stellt sie
nicht auf den Boden um sich die Hände zu waschen; indem er die
Schaale wäscht wäscht er die Hände: indem er die Hände wäscht
wäscht er die Schaale. Dann gießt er das Wasser weg, nicht
zu ferne, nicht zu nahe, verspritzt es nicht. Er stellt die
Schaale, wann er gespeist, nicht gleich auf den Boden hin[213],
nicht zu ferne, nicht zu nahe, er hebt sie nicht unnöthig auf,
behält sie auch nicht zu lange.

»Nach dem Mahle sitzt er eine Weile schweigsam da; doch nicht
zu lange lässt er sich genügen. Es genügt ihm, dass er gespeist
hat; weder tadelt er das Mahl noch verlangt er wiederum:
vielmehr ermuntert er nun die Umsitzenden in lehrreichem
Gespräche, ermuthigt sie, erregt und erheitert sie. Und hat er
die Umsitzenden in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt,
erregt und erheitert, so steht er von seinem Sitze auf und geht
fort. Er geht nicht zu schnell, geht nicht zu langsam, und geht
nicht als ob er sich fortschleichen wollte.

»Und des Herrn Gotamo Gewand ist nicht zu hoch geschürzt und         521
nicht zu tief geschürzt, es liegt am Körper nicht zu knapp
und nicht zu lose an; und es wird Herrn Gotamo vom Wind nicht
aufgeweht, und nicht bleibt Herrn Gotamo am Körper Staub und
Schmutz haften.

»Er sucht den Waldhain auf und sitzt an einem geeigneten Orte
nieder. Dann spült er die Füße ab, nicht aber lässt sich Herr
Gotamo der Füße Schmuckheit angelegen sein. Hat er die Füße
abgespült, so setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder,
den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Er
denkt weder zu eigener Beschwer, noch zu des Nächsten Beschwer,
noch zu beider Beschwer: sich selber zum Wohle, dem Nächsten
zum Wohle, beiden zum Wohle, der ganzen Welt zum Wohle denkend
sitzt Herr Gotamo da.

»Er weilt im Waldhaine, und legt den Leuten die Lehre dar,
redet ihnen nicht zu, redet ihnen nicht ab, ermuntert sie
vielmehr in lehrreichem Gespräche, ermuthigt sie, erregt
und erheitert sie. Achtfach ausgezeichnet ist die Stimme,
die aus dem Munde des Herrn Gotamo hervorgeht: deutlich und
verständlich, angenehm und ansprechend, gebunden, nicht
gebrochen, tief und volltönig. Wie da Herr Gotamo in einer
Versammlung zu sprechen pflegt, geht der Klang seiner Stimme
nicht über die Versammlung hinaus. Und sind die Versammelten
von Herrn Gotamo in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt,
erregt und erheitert worden, so stehn sie von ihren Sitzen auf
und entfernen sich indem sie sich umwenden, nur ungern Abschied      522
nehmen.[214]

»Gesehn haben wir, Herr, den Herrn Gotamo gehn, gesehn
stillestehn, gesehn in das Haus eintreten[215], gesehn im
Hause schweigsam sitzen, gesehn im Hause Nahrung einnehmen,
gesehn nach dem Mahle schweigsam sitzen, gesehn nach dem Mahle
freundlich sein, gesehn zum Waldhaine schreiten, gesehn im
Waldhaine schweigsam sitzen, gesehn im Waldhaine den Leuten die
Lehre darlegen. Also und also ist er, der Herr Gotamo: und noch
mehr als das.«

Als Brahmāyu der Priester diesen Bericht vernommen erhob er
sich von seinem Sitze, entblößte eine Schulter, verneigte sich
ehrerbietig nach der Richtung wo der Erhabene weilte, und ließ
dann dreimal den Gruß ertönen:

    »Verehrung dem Erhabenen,
    Dem heilig auferwachten Herrn!

    »Verehrung dem Erhabenen,
    Dem heilig auferwachten Herrn!

    »Verehrung dem Erhabenen,
    Dem heilig auferwachten Herrn!

»O dass wir doch einmal Gelegenheit hätten, mit Ihm, mit Herrn
Gotamo zusammenzutreffen, dass doch irgend eine Unterredung
zwischen uns stattfände!«

Und der Erhabene zog im Videher-Lande von Ort zu Ort weiter und
kam allmälig nach Mithilā.

Zu Mithilā weilte nun der Erhabene, im Mangohaine Makhadevos.

Und es hörten die brāhmanischen Hausleute in Mithilā reden:
›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe
der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von Ort zu
Ort und ist mit vielen Mönchen, einer Schaar von fünfhundert
Mönchen in Mithilā angekommen, weilt bei Mithilā, im Mangohaine
Makhadevos. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben
mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ‚Das ist der Erhabene, der       523
Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte,
der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter
der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der
Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern,
ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Büßern
und Priestern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst
verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren
Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt,
die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte,
geklärte Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige
sehn kann!‘‹

Und die brāhmanischen Hausleute von Mithilā begaben sich nun
dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt verneigten sich
einige vor dem Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite
nieder, andere wechselten höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzten sich zur Seite
nieder, einige wieder falteten die Hände gegen den Erhabenen
und setzten sich zur Seite nieder, andere wieder gaben beim
Erhabenen Namen und Stand zu erkennen und setzten sich zur
Seite nieder, und andere setzten sich still zur Seite nieder.

Brahmāyu der Priester aber hörte reden: ›Der Asket, wahrlich,
Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer
entsagt hat, ist in Mithilā angekommen, weilt bei Mithilā,
im Mangohaine Makhadevos.‹ Und Brahmāyu der Priester begab
sich mit einer großen Schaar seiner Schüler zum Mangohaine
Makhadevos hin. Da nun gedachte Brahmāyu der Priester, nicht
ferne vom Mangohain: ›Das steht mir nicht an, dass ich ohne
vorher gemeldet zu sein den Asketen Gotamo besuchen ginge.‹ Und
Brahmāyu der Priester wandte sich an einen seiner Jünger:

»Geh’, lieber Knabe, und begieb dich zum Asketen Gotamo hin          524
und wünsche in meinem Namen dem Asketen Gotamo Gesundheit und
Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein: ›Brahmāyu‹, sage,
›o Gotamo, der Priester, wünscht Herrn Gotamo Gesundheit
und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein;‹ und füge
hinzu: ›Brahmāyu, o Gotamo, der Priester, ist alt und greis,
hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt, im hundertzwanzigsten
Lebensjahre, ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung
und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren
Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die
Merkmale eines großen Weltweisen aufweist. So viel auch, Herr,
der brāhmanischen Hausleute zu Mithilā wohnen, der Brāhmane
Brahmāyu gilt unter ihnen als erster was da Reichthum anlangt,
der Brāhmane Brahmāyu gilt unter ihnen als erster was da
Wissen anlangt, der Brāhmane Brahmāyu gilt unter ihnen als
erster was da Alter und Berühmtheit anlangt. Der möchte Herrn
Gotamo aufsuchen.‹«

»Schön, Herr!« entgegnete da gehorsam jener Jünger Brahmāyu dem
Priester. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte,
tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit
dem Erhabenen und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend
sprach nun jener Jünger zum Erhabenen also:

»Brahmāyu, o Gotamo, der Priester, wünscht Herrn Gotamo
Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein.
Brahmāyu, o Gotamo, der Priester, ist alt und greis,
hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt, im hundertzwanzigsten
Lebensjahre, ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung       525
und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren
Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die
Merkmale eines großen Weltweisen aufweist. So viel auch, Herr,
der brāhmanischen Hausleute zu Mithilā wohnen, der Brāhmane
Brahmāyu gilt unter ihnen als erster was da Reichthum anlangt,
der Brāhmane Brahmāyu gilt unter ihnen als erster was da Wissen
anlangt, der Brāhmane Brahmāyu gilt unter ihnen als erster
was da Alter und Berühmtheit anlangt. Der möchte Herrn Gotamo
aufsuchen.«

»Wie es nun, Knabe, Brahmāyu dem Priester belieben mag.«

Da begab sich denn jener Jünger zu Brahmāyu dem Priester zurück
und sprach also zu ihm:

»Angenommen ist der Herr vom Asketen Gotamo: wie es nun dem
Herrn belieben mag.«

Und Brahmāyu der Priester begab sich zum Erhabenen hin. Und die
Leute dort sahn Brahmāyu den Priester von ferne herankommen,
und als sie ihn gesehn machten sie ihm von beiden Seiten Platz,
als einem so angesehnen, berühmten Manne. Aber Brahmāyu der
Priester sprach also zu ihnen:

»Schon gut, Liebe, bleibt auf eueren Sitzen: ich werde mich
hier nahe beim Asketen Gotamo niederlassen.«

Und Brahmāyu der Priester schritt zum Erhabenen hin, wechselte
höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem
Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend
gedachte nun Brahmāyu der Priester bei sich[216]: ›Angenommen        527
hat mich der Asket Gotamo: was soll ich wohl den Asketen Gotamo
fragen, über ein äußeres Verhältniss oder ein inneres?‹ Und
Brahmāyu der Priester sagte zu sich: ›Ich kenne die äußeren
Verhältnisse, und die Leute fragen mich bei solchen Dingen um
Rath; wie, wenn ich nun den Asketen Gotamo eben um ein inneres
Verhältniss befragte?‹ Und Brahmāyu der Priester wandte sich an
den Erhabenen mit den Sprüchen:

    »Wie kann man wohl ein Priester sein
    Und Vedenmeister, sag’ es mir,
    Drei Wissen, Herr, wie hegt man die,
    Und was bedeutet ausgelernt?

    »Geheiligt leben, kann man das,
    Vollkommensein erkämpfen wie,
    Wer ist es, der alleinig west,
    Und auferwacht, wen heißt man so?«

Und der Erhabene wandte sich wieder an Brahmāyu den Priester
mit den Sprüchen:

    »Vergangen Dasein, wer das kennt,
    So Unterwelt wie Oberwelt,
    Und die Geburten hat versiegt,                                   528
    Alleinig durch die Dinge schaut,

    »Und wer das Herz geläutert weiß,
    Von allem Hangen abgelöst,
    Geburtenheil und grabesheil,
    Asketenhaft vollkommen ist,
    Als Ueberwinder aller Art:
    Den Auferwachten heißt man ihn.«

Also beschieden erhob sich Brahmāyu der Priester von seinem
Sitze, entblößte eine Schulter, fiel dem Erhabenen zu Füßen und
bedeckte des Erhabenen Füße mit Küssen und umschlang sie mit
den Händen. Und er nannte seinen Namen:

»Brahmāyu bin ich, o Gotamo, der Priester.«

Da wurden die Umsitzenden durch den außerordentlichen,
wunderbaren Vorgang im Innersten getroffen: ›Außerordentlich,
o, wunderbar, ach, ist die mächtige Kraft, die mächtige Gewalt
des Asketen! Dass da sogar dieser berühmte, gepriesene Priester
Brahmāyu eine so hohe Huldigung darbringen mag!‹ Doch der
Erhabene wandte sich also an Brahmāyu den Priester:

»Genug, Brāhmane, steh’ auf, setze dich wieder hin, da dein
Herz mir so zugethan ist.«

Und Brahmāyu der Priester stand auf und setzte sich wieder
hin. Und der Erhabene führte nun Brahmāyu den Priester
allmälig in das Gespräch ein, sprach erst mit ihm vom Geben,
von der Tugend, von säliger Welt, machte des Begehrens Elend,
Ungemach, Trübsal, und der Entsagung Vorzüglichkeit offenbar.
Als der Erhabene merkte, dass Brahmāyu der Priester im Herzen
bereitsam, geschmeidig, unbehindert, aufgerichtet, heiter
geworden war, da gab er die Darlegung jener Lehre, die den
Erwachten eigenthümlich ist: das Leiden, die Entwicklung, die
Auflösung, den Weg.

Gleichwie etwa ein reines Kleid, von Flecken gesäubert,              529
vollkommen die Färbung annehmen mag, ebenso auch ging da
Brahmāyu dem Priester, während er noch da saß, das abgeklärte,
abgespülte Auge der Wahrheit auf:

    ›Was irgend auch entstanden ist
    Muss alles wieder untergehn.‹

Und Brahmāyu der Priester, der die Wahrheit gesehn, die
Wahrheit gefasst, die Wahrheit erkannt, die Wahrheit ergründet
hatte, zweifelentronnen, ohne Schwanken, in sich selber gewiss,
auf keinen anderen gestützt im Orden des Meisters, der wandte
sich nun an den Erhabenen also:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie
etwa, o Gotamo, wenn einer Umgestürztes aufstellte, oder
Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht
in die Finsternis brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹:
ebenso auch hat Herr Gotamo die Lehre gar manigfach gezeigt.
Und so nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre
und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Gotamo
betrachten, von heute an zeitlebens getreu. Und möge mir Herr
Gotamo die Bitte gewähren, morgen mit den Mönchen bei mir zu
speisen!«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun Brahmāyu der Priester der Zustimmung des Erhabenen
sicher war, stand er von seinem Sitze auf, begrüßte den
Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Und Brahmāyu der Priester ließ am nächsten Morgen in seiner
Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und
sandte einen Boten an den Erhabenen mit der Meldung: ›Es ist
Zeit, o Gotamo, das Mahl ist bereit.‹ Und der Erhabene rüstete       530
sich beizeiten, nahm Mantel und Almosenschaale und begab sich
zur Wohnung Brahmāyu des Priesters. Dort angekommen nahm der
Erhabene mit den Mönchen auf den dargebotenen Sitzen Platz. Und
Brahmāyu der Priester bediente und versorgte eigenhändig den
Erwachten und seine Jünger eine Woche lang mit ausgewählter
fester und flüssiger Speise. Und als die Woche um war zog der
Erhabene wieder im Videher-Lande weiter.

Bald aber, nachdem der Erhabene von dannen gezogen, starb
Brahmāyu der Priester.

Da begaben sich denn viele Mönche zum Erhabenen hin, begrüßten
den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich seitwärts nieder.
Seitwärts sitzend sprachen nun diese Mönche zum Erhabenen also:

»Brahmāyu, o Herr, der Priester, ist gestorben. Wo ist er
jetzt, was ist aus ihm geworden?«

»Weise, ihr Mönche, ist Brahmāyu der Priester gewesen,
nachgefolgt ist er der Lehre gelehrig, und nicht hat er an
meiner Belehrung Anstoß genommen. Brahmāyu, ihr Mönche, der
Priester, ist nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln
emporgestiegen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr
zurückzukehren nach jener Welt.«


Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche
über das Wort des Erhabenen.[217]



                              92.

             Zehnter Theil            Zweite Rede

                             SELO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene
im Lande der Aṉguttarāper von Ort zu Ort, von vielen
Mönchen begleitet, mit einer Schaar von zwölfhundertfünfzig
Mönchen[218], und kam nach Āpaṇam, einer Burg im Gebiete der
Aṉguttarāper. Da hörte denn Keṇiyo der Flechtenträger[219]           531
reden: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der
dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von
Ort zu Ort und ist mit vielen Mönchen, mit einer Schar von
zwölfhundertfünfzig Mönchen, in Āpaṇam angekommen. Diesen
Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen
Ruhmesrufe, so zwar: ‚Das ist der Erhabene, der Heilige,
vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der
Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter
der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der
Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren
Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar
von Büßern und Priestern, Göttern und Menschen, nachdem er
sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die
Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende
begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen
geläuterte, geklärte Asketenthum dar. Glücklich wer da nun
solche Heilige sehn kann!‘‹ Keṇiyo der Flechtenträger begab
sich aber dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte höflichen
Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen
und setzte sich seitwärts nieder. Keṇiyo den Flechtenträger,
der da seitwärts saß, ermunterte der Erhabene in lehrreichem
Gespräche, ermuthigte, erregte und erheiterte ihn. Und Keṇiyo
der Flechtenträger, vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche
ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert, wandte sich nun an
den Erhabenen also:

»Gewähre mir Herr Gotamo die Bitte, morgen mit den Mönchen bei
mir zu speisen!«

Also eingeladen sagte der Erhabene zu Keṇiyo dem Flechtenträger:

»Groß ist, Keṇiyo, die Schaar der Mönche, zwölfhundertfünfzig
Mönche: du aber bist den Priestern ergeben.«

Zum zweiten Male wandte sich da Keṇiyo der Flechtenträger also       532
an den Erhabenen, und zum zweiten Male sprach der Erhabene
also zu ihm. Und zum dritten Male wandte sich Keṇiyo der
Flechtenträger also an den Erhabenen:

»Wenn auch, o Gotamo, die Schaar der Mönche groß ist, es
zwölfhundertfünfzig Mönche sind, und ich den Priestern ergeben
bin, möge mir dennoch Herr Gotamo die Bitte gewähren und morgen
mit den Mönchen bei mir speisen!«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun Keṇiyo der Flechtenträger der Zustimmung des Erhabenen
gewiss war, stand er von seinem Sitze auf und begab sich nach
seiner Klause zurück. Dann rief er seine Freunde und Genossen,
Verwandte und Vettern herbei:

»Hört mich, liebe Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern!
Der Asket Gotamo ist von mir geladen, für morgen zum Mahle,
mitsammt den Mönchen: wollt mir also eure Dienste leihen!«           533

»Gern, Herr!« erwiderten da Keṇiyo dem Flechtenträger die
Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern. Und einige
bestellten die Feuerherde, andere spalteten Holz, einige
wieder wuschen das Geschirr, und wieder andere brachten den
Wassereimer herbei, und noch andere rückten die Stühle zurecht.
Keṇiyo aber der Flechtenträger ordnete selber die Tafel an.

Um diese Zeit nun lebte der Priester Selo zu Āpaṇam, ein
Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung,
sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft,
der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale
eines großen Weltweisen aufwies. Der ließ eine Schaar von
dreihundert Schülern die Sprüche bei sich erlernen. Keṇiyo der
Flechtenträger aber war Selo dem Priester damals von Herzen
zugethan.

Da begab sich denn Selo der Priester, von den dreihundert
Schülern begleitet, auf einem Spaziergange lustwandelnd, zur
Klause Keṇiyo des Flechtenträgers hin. Und er sah da wie
einige Leute Feuerherde bestellten, andere Holz spalteten,
einige wieder Geschirr wuschen, und wieder andere einen
Wassereimer herbeibrachten, und noch andere Stühle zurecht
rückten, während Keṇiyo selbst, der Flechtenträger, die Tafel
anordnete. Wie er das gesehn sprach er also zu ihm:

»Wird da wohl bei Herrn Keṇiyo Tochterhochzeit oder
Sohneshochzeit gehalten, oder wird ein großes Opfer
vorbereitet, oder ist der König von Magadhā, Seniyo Bimbisāro
für morgen zum Mahle geladen, mitsammt seinem Heerbann?«             534

»Nein, o Selo, keine Tochterhochzeit und keine Sohneshochzeit
wird bei mir gehalten, und nicht ist der König von Magadhā,
Seniyo Bimbisāro für morgen zum Mahle geladen mitsammt seinem
Heerbann: aber ein großes Opfer wird von mir vorbereitet. Der
Asket Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt
hat, zieht hierzulande von Ort zu Ort, von vielen Mönchen
gefolgt, mit einer Schaar von zwölfhundertfünfzig Mönchen, und
ist in Āpaṇam angekommen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt
man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ›Das ist
der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens-
und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der
unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der
Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Er ist von
mir für morgen zum Mahle geladen, mitsammt den Mönchen.«

»Der Erwachte, o Keṇiyo, sagst du?«

»Der Erwachte, o Selo, sag’ ich.«

»Der Erwachte, o Keṇiyo, sagst du?«

»Der Erwachte, o Selo, sag’ ich.«

Da gedachte nun Selo der Priester: ›Das ist ein Klang, den man
gar selten vernimmt in der Welt, ‚Der Erwachte‘‹.[220] Und er
sagte: »Es werden ja wohl in unseren Sprüchen zweiunddreißig
Merkmale eines großen Mannes genannt, mit denen begabt ein
solcher nur zwei Bahnen betreten kann, keine dritte. Wenn er im
Hause bleibt, wird er König werden, Kaiser, ein gerechter und
wahrer Herrscher, ein Sieger bis zur Mark der See, der seinem
Reiche Sicherheit schafft, mit sieben Juwelen begabt ist. Das
aber sind seine sieben Juwelen, und zwar: das beste Land, der
beste Elephant, das beste Ross, die beste Perle, das beste
Weib, der beste Bürger, und siebentens der beste Staatsmann.
Und er wird über tausend Söhne haben, tapfer, heldensam,             535
Zerstörer der feindlichen Heere. So wird er diese Erde bis
zum Ozean hin, ohne Stock und ohne Stahl gerecht obsiegend,
beherrschen. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit
zieht, wird er heilig werden, vollkommen auferwacht, der Welt
den Schleier hinwegnehmen. Wo weilt Er wohl jetzt, o Keṇiyo,
Herr Gotamo, der Heilige, vollkommen Erwachte?«

Also befragt streckte Keṇiyo der Flechtenträger den rechten Arm
aus und sagte zu Selo dem Priester:

»Wo sich dort, o Selo, der blaue Waldsaum hinzieht.«

Und Selo der Priester begab sich mit den dreihundert Jüngern
zum Erhabenen hin. Aber er sprach also zu ihnen:

»Leise, ihr Lieben, wollet hinschreiten, Schritt bei Schritt
nebeneinander: denn jene Ehrwürdigen[221] sind schwer
zugänglich wie einsam wandernde Löwen. Und wenn ich dann mit
dem Asketen, Herrn Gotamo, im Gespräche bin, so mögt ihr Lieben
keinen anderen Gegenstand vorbringen, vielmehr sollt ihr Lieben
das Ende der Unterredung abwarten.«

So kam denn Selo der Priester zum Erhabenen hin, wechselte
höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem
Erhabenen und setzte sich seitwärts. Seitwärts sitzend gedachte      536
nun Selo der Priester bei sich:[222] ›Begabt ist der Asket
Gotamo mit den zweiunddreißig Merkmalen eines großen Mannes,
vollständig, nicht unvollständig: doch ich weiß es nicht, ob
er ein Erwachter ist oder nicht ist. Aber ich hab’ es ja sagen
hören, das Wort der alten, der greisen Priester und ihrer
Meister und Altmeister: ‚Die da Heilige, vollkommen Erwachte
sind, die geben sich, wird ihr Lob gesprochen, zu erkennen.‘
Wie, wenn ich nun hier den Asketen Gotamo mit geeigneten
Sprüchen begrüßte?‹ Und Selo der Priester begrüßte hier den
Erhabenen mit geeigneten Sprüchen:

    »Vollkommen ist dein Körper, Herr,
    Ist wohlgestaltet, stattlich, schön,
    Dein Angesicht so heiter, hell,
    Der Zaun der Zähne weiß gewölbt.

    »Des Wohlgebornen Eigenart,
    Die Unterschiede, adelächt,
    Ich seh sie alle offenbar,
    Die Zeichen deiner Größe, Herr!

    »Mit milder Miene, sanftem Blick,                                537
    Erhaben, herrlich anzuschaun,
    Erstrahlst du in der Jünger Schaar,
    Gleichwie die Sonne hoch und hehr.

    »Ein rechtgekörnter, guter Mönch,
    Der glänzt wie Gold und anders nicht:
    Was taugt nun dir Asketenthum,
    Der du im höchsten Glanze gehst?

    »Zum König bist erkoren du,
    Zum Kaiser aller Königsmacht,
    Zum Sieger bis zur Mark der See,
    Zum Herrscher über Hinduland!

    »Die Königstämme, kühn und stolz,
    Sie werden dienen, dir zu Dank:
    Als Königskaiser, Menschengott
    Regier’ das Reich, o Gotamo!«

Der Herr:

    »Ich bin ein König, Selo, ja,
    Ein wahrer König aller Welt:
    Die Wahrheit ist mein Königreich:
    Ein Reich, das keiner rauben kann.«

Selo:

    »So wärest, Herr, der Wache du,
    Der wahre König aller Welt?
    ›Die Wahrheit ist mein Königreich‹:
    Du hast gesagt es, Gotamo.

    »Wo ist er, der die Mannen führt,
    Der Jünger, der dem Meister folgt?
    Wer hilft gerecht es lenken dir
    Das Reich, das du gegründet hast?«

Der Herr:

    »Was da gegründet ward von mir,
    Das wahre Reich, das höchste Reich,
    Nach lenkt es Sāriputto mir
    Der erstgeborne Siegersohn.

    »Erkannt hab’ ich was kennbar ist,
    Vollendet was Vollendung will,
    Verlassen was zu lassen ist,
    Bin also, Selo, auferwacht.

    »An mir nicht magst du zweifeln mehr,                            538
    Bezwinge, Priester, deinen Stolz:
    Gar selten sieht man, findet man
    Ein auferwachtes Angesicht.

    »Ja, was man hier gar selten sieht,
    Nicht oft erscheinen in der Welt:
    Ein Auferwachter, der bin ich,
    Der beste Künstler, beste Arzt.

    »Ich bin das Heil, ich bin der Herr,
    Zerstörer aller Sterblichkeit:
    Die Feindschaft hab’ ich ausgesöhnt
    Und lächle heiter, fürchte nichts.«

Selo:

    »O hört, ihr Freunde, hört es froh
    Was uns der Seher offenbart,
    Der rechte Arzt, der höchste Held:
    O lauschet seinem Löwenruf!

    »Den heilgewordnen, hehren Herrn,
    Zerstörer aller Sterblichkeit:
    Wer ist nicht sälig, ihn zu sehn,
    Und wär’ er gleich ein Sklave nur!

    »Wer bei mir sein will folge mir,
    Und wer es nicht will gehe hin:
    Denn ich zieh’ nun als Jünger fort,
    Zum Lehrer, der das Beste lehrt.«

Die Jünger Selos:

    »Wenn unser Meister also wählt,
    Des Auferwachten Kunst erkiest,
    So gehn auch wir als Jünger gern
    Zum Lehrer, der das Beste lehrt.«

    Da flehten die Brāhmanen nun,
    Dreihundert Häupter blickten auf:
    »O lass’ uns leben, Herr, bei dir
    Das Leben deiner Heiligkeit!«

Der Herr:

    »Wohl offenbar ist unser Heil,
    Ersichtlich, ohne Zeitgesetz,
    Wo keiner hier umsonst entsagt
    In ernstem Eifer, zäher Zucht.«

Und Selo der Priester wurde mit seiner Schaar vom Erhabenen          539
aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Keṇiyo der Flechtenträger aber ließ am nächsten Morgen in
seiner Klause ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen
und sandte einen Boten an den Erhabenen mit der Meldung: ›Es
ist Zeit, o Gotamo, das Mahl ist bereit.‹ Und der Erhabene
rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und Almosenschaale
und begab sich zur Klause Keṇiyo des Flechtenträgers.
Dort angekommen nahm der Erhabene mit den Mönchen auf den
dargebotenen Sitzen Platz. Und Keṇiyo der Flechtenträger
bediente und versorgte eigenhändig den Erwachten und seine
Jünger mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte,
nahm Keṇiyo der Flechtenträger einen von den niederen Stühlen
zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Und Keṇiyo den
Flechtenträger, der da zur Seite saß, erfreute nun der Erhabene
mit folgenden Sprüchen:

    »Dem Feuer gilt der Opfer Preis,
    Der Andacht gilt er beim Gesang,
    Der König gilt als Menschenfürst,
    Der Flüsse Meister ist das Meer.

    »Der Sterne Herr, es ist der Mond,
    Die Sonne steht im höchsten Glanz,
    Ein gutes Werk ist reicher Lohn,
    Den Mönchen opfern bester Dienst.«

Als der Erhabene Keṇiyo den Flechtenträger mit diesen Sprüchen
erfreut hatte, stand er von seinem Sitze auf und ging von
dannen.

       *       *       *       *       *

Doch der ehrwürdige Selo[223], einsam, abgesondert,
unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte
gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die
Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch
bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen.
›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt         540
das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer
war nun der ehrwürdige Selo der Heiligen geworden.

Da begab sich denn der ehrwürdige Selo mit seiner Schaar zum
Erhabenen hin. Dort angelangt schlug er den Mantel um die eine
Schulter, hob die Hände zum Erhabenen empor und sprach den
Erhabenen mit den Sprüchen an:

    »Die Zuflucht, Herr, erwählt von uns,
    Erfleht am letzten Mondestag:
    Verwirklicht ist sie heute schon,
    Am achten Tag der Jüngerschaft!

    »Du bist der Wache, bist der Herr,
    Hast überwunden Todesweh,
    Hast überwältigt Wunschgewalt:
    Errettet rettest andre du.

    »Du haftest nimmer irgend an,
    Zerborsten ist was Wähnen war,
    Alleinig, wie der Löwe lebt,
    Bist ledig du der Bangigkeit.

    »Dreihundert Jünger beugen sich
    Und blicken auf, zu dir empor:
    Die Füße biet’ uns, Großer, dar,
    Den Meister grüßen Helden hier.[224]



                              93.

             Zehnter Theil            Dritte Rede

                          ASSALĀYANO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun waren gegen fünfhundert Brāhmanen aus
verschiedenen Landen in Sāvatthī zusammengekommen, irgend eine
Angelegenheit zu verhandeln. Nun sagten jene Brāhmanen zu sich:
›Dieser Asket Gotamo behauptet, dass alle vier Kasten rein
wären: wer ist da wohl imstande, mit dem Asketen Gotamo über         541
diesen Gegenstand zu reden?‹

Damals aber befand sich Assalāyano, ein junger Brāhmane, zu
Sāvatthī, eben erst, mit geschorenem Scheitel, vom Lehrer
entlassen, im sechzehnten Lebensjahre, ein Meister der drei
Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut-
und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig
und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen
aufwies. Und jene Brāhmanen besprachen sich: ›Dieser
Assalāyano, der junge Brāhmane, lebt da in Sāvatthī, ist eben
erst, mit geschorenem Scheitel, vom Lehrer entlassen worden,
im sechzehnten Lebensjahre, als Meister der drei Veden, sammt
ihrer Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre,
und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer,
der die Merkmale eines großen Weltweisen aufweist. Der wird
imstande sein, mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand zu
reden.‹

Da begaben sich denn jene Priester zu Assalāyano dem jungen
Brāhmanen und sprachen also zu ihm:

»Dieser Asket Gotamo, o Assalāyano, behauptet, alle vier Kasten
wären rein: wohlan, möge Herr Assalāyano mit dem Asketen Gotamo
über diesen Gegenstand reden!«

Also aufgefordert erwiderte Assalāyano, der junge Brāhmane
jenen Priestern:

»Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, redet Wahrheit, und denen,
die Wahrheit reden, lässt sich schwer standhalten; ich vermag
es nicht, mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand zu
reden.«

Und ein zweites Mal sprachen jene Priester also zum jungen
Assalāyano:

»Dieser Asket Gotamo, o Assalāyano, behauptet, alle vier Kasten
wären rein: wohlan, möge Herr Assalāyano mit dem Asketen
Gotamo über diesen Gegenstand reden! Vertraut ist ja doch Herr
Assalāyano mit dem Pilgerthum.«

Und zum zweiten Mal erwiderte Assalāyano, der junge Brāhmane         542
jenen Priestern:

»Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, redet Wahrheit, und denen,
die Wahrheit reden, lässt sich schwer standhalten; ich vermag
es nicht, mit dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand zu
reden.«

Und ein drittes Mal sprachen jene Priester also zum jungen
Assalāyano:

»Dieser Asket Gotamo, o Assalāyano, behauptet, alle vier Kasten
wären rein: wohlan, möge Herr Assalāyano mit dem Asketen
Gotamo über diesen Gegenstand reden! Vertraut ist ja doch
Herr Assalāyano mit dem Pilgerthum: möchte doch nicht Herr
Assalāyano in einem ungekämpften Kampfe unterliegen!«

Auf diese Worte gab Assalāyano der junge Brāhmane jenen
Priestern zur Antwort:

»Gut denn, ihr Herren, ihr wollt mir nicht glauben: ›Der Asket,
wahrlich, Herr Gotamo, redet Wahrheit, und denen, die Wahrheit
reden, lässt sich schwer standhalten; ich vermag es nicht, mit
dem Asketen Gotamo über diesen Gegenstand zu reden.‹ So will
ich denn in euerem Namen hingehn.«[225]

Und Assalāyano der junge Brāhmane begab sich mit einer
zahlreichen Schaar von Priestern zum Erhabenen hin, wechselte
höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem
Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend
wandte sich nun Assalāyano der junge Brāhmane also an den
Erhabenen:

»Die Priester, o Gotamo, reden also: ›Die Priester nur sind
höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind
helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können
rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās
Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā       543
gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was hält nun Herr
Gotamo davon?«

»Es giebt ja doch, Assalāyano, unter den Priestern
Priesterfrauen, die fruchtbar sind, schwanger werden, Kinder
gebären, aufsäugen; aber jene Priester, obzwar vom Weibe
geboren, reden also: ›Die Priester nur sind höchste Kaste,
verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste,
dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht
Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter
Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā
gebildet, Erben Brahmās.‹«

»Wenn auch Herr Gotamo also spricht, so bleiben die Priester
dennoch dabei und sagen: ›Die Priester nur sind höchste Kaste,
verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste,
dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht
Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne, von ächter
Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā
gebildet, Erben Brahmās.‹«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: hast du gehört, dass es bei
Ioniern und Kābulern und anderen Gränzvölkern[226] nur zwei
Kasten giebt, Herren und Knechte, und der Herr kann Knecht
werden, und der Knecht wiederum Herr?«

»Gewiss, Herr, ich habe gehört, dass es bei Ioniern und
Kābulern und anderen Gränzvölkern nur zwei Kasten giebt, Herren
und Knechte, und der Herr kann Knecht werden, und der Knecht
wiederum Herr.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt, was
für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind höchste
Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle
Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein
werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās Söhne,
von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā
gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester        544
dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: ein Krieger, der da Mörder
und Dieb ist, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und
Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit, mag nur der, bei
der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf
schlechte Fährte, in Verderben und Unheil, aber nicht so ein
Priester? Und ebenso ein Bürger, und ebenso ein Diener, aber
nicht so ein Priester?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn ein Krieger, o Gotamo, der da
Mörder und Dieb ist, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein
Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit, der mag
wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts
gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil: und
ebenso, o Gotamo, ein Priester, und ebenso, o Gotamo, ein
Bürger, und ebenso, o Gotamo, ein Diener; ein jeder, o Gotamo,
von den vier Kasten, mag also, bei der Auflösung des Körpers,
nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in
Verderben und Unheil.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt,
was für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind
höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind         545
helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können
rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās
Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā
gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester
dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: ein Priester, der da kein
Mörder und Dieb ist, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein
Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht
gesinnt, mag nur der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem
Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt? Aber nicht
so ein Krieger, aber nicht so ein Bürger, aber nicht so ein
Diener?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn ein Krieger, o Gotamo, der da
kein Mörder und Dieb ist, kein Wüstling, Lügner, Verleumder,
kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig,
recht gesinnt, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers,
nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt:
und ebenso, o Gotamo, ein Priester, und ebenso, o Gotamo, ein
Bürger, und ebenso, o Gotamo, ein Diener: ein jeder, o Gotamo,
von den vier Kasten mag also, bei der Auflösung des Körpers,
nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt.«        546

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt,
was für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind
höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind
helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können
rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās
Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā
gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester
dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: kann da nur ein Priester
hierzulande ohne Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde
gewöhnen? Aber nicht so ein Krieger, aber nicht so ein Bürger,
aber nicht so ein Diener?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn auch ein Krieger, o Gotamo,
kann hierzulande ohne Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde
gewöhnen: und ebenso, o Gotamo, ein Priester, und ebenso, o
Gotamo, ein Bürger, und ebenso, o Gotamo, ein Diener; ein
jeder, o Gotamo, von den vier Kasten kann hierzulande ohne
Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde gewöhnen.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt,
was für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind
höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind
helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können
rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās
Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā
gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester
dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: darf da nur ein Priester, mit
Schwamm und Seife versehn, zum Flusse baden gehn, um Staub und
Sehmutz abzuwischen? Aber nicht so ein Krieger, aber nicht so        547
ein Bürger, aber nicht so ein Diener?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn auch ein Krieger, o Gotamo,
darf Schwamm und Seife nehmen und nach dem Flusse baden gehn,
um Staub und Schmutz abzuwaschen: und ebenso, o Gotamo, ein
Priester, und ebenso, o Gotamo, ein Bürger, und ebenso, o
Gotamo, ein Diener; ein jeder, o Gotamo, von den vier Kasten
darf Schwamm und Seife nehmen und nach dem Flusse baden gehn,
um Staub und Schmutz abzuwaschen.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt,
was für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind
höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind
helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können
rein werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās
Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā
gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester
dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: es ließe da der König, der
Herrscher, dessen Scheitel gesalbt ist, eine Schaar von
hundert Männern verschiedener Geburt zu sich bescheiden:
›Kommt, ihr Lieben, die ihr da von Kriegern, Priestern,
Fürsten abstammt, und nehmt ein Reibholz vom Kronbaum, oder
von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom Ingwerbaum, und
erweckt damit Feuer, bringt Licht hervor! Und kommt auch
ihr Lieben, die ihr da von Treibern, Jägern, Korbflechtern,
Radmachern, Gärtnern abstammt, und nehmt ein Reibholz von
einem Hundetrog, oder von einem Schweinetrog, oder von
einem Waschtrog, oder von einem Rizinusbaume, und erweckt
damit Feuer, bringt Licht hervor!‹[227] Was meinst du wohl,
Assalāyano: wenn da von denen, die von Kriegern, Priestern,          548
Fürsten abstammen, mit einem Reibholze vom Kronbaum, oder
von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom Ingwerbaum, Feuer
erweckt, Licht hervorgebracht ward, hat dann wohl dieses
Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und kann man dieses
Feuer zu Feuerzwecken verwenden? Und wenn da von denen, die
von Treibern, Jägern, Korbflechtern, Radmachern, Gärtnern
abstammen, mit einem Reibholze von einem Hundetrog, oder von
einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von einem
Rizinusbaume, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht ward, hat
dann wohl dieses Feuer keine Flamme und keinen Glanz und keine
Leuchtkraft, und kann man dieses Feuer zu Feuerzwecken nicht
verwenden?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Ist da, o Gotamo, von denen, die von
Kriegern, Priestern, Fürsten abstammen, mit einem Reibholze
vom Kronbaum, oder von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom
Ingwerbaum, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht worden, so hat
dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und man kann
dieses Feuer zu Feuerzwecken verwenden. Und ist da von denen,
die von Treibern, Jägern, Korbflechtern, Radmachern, Gärtnern
abstammen, mit einem Reibholze von einem Hundetrog, oder von
einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von einem
Rizinusbaume, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht worden, so
hat auch dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und
man kann auch dieses Feuer zu Feuerzwecken verwenden. Denn ein       549
jedes Feuer, o Gotamo, hat Flamme und Glanz und Leuchtkraft,
und man kann ein jedes Feuer zu Feuerzwecken verwenden.«

»Was haben da nun, Assalāyano, die Priester für Anhalt, was
für Gewähr, dass sie da sagen: ›Die Priester nur sind höchste
Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle
Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein
werden, nicht Unpriester; die Priester nur sind Brahmās
Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā
gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹?«

»Wenn auch Herr Gotamo also redet, so bleiben da die Priester
dennoch bei ihren Sprüchen.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: es sei da ein junger Krieger,
der wohne der Tochter eines Priesters bei; infolge ihrer
Beiwohnung würde ein Sohn geboren. Dieser Sohn, der von einem
jungen Krieger und der Tochter eines Priesters abstammte, der
Mutter ähnlich und dem Vater ähnlich, kann der Krieger genannt
und Priester genannt werden?«

»Dieser Sohn, o Gotamo, der von einem jungen Krieger und der
Tochter eines Priesters abstammte, der Mutter ähnlich und dem
Vater ähnlich, der kann Krieger genannt und Priester genannt
werden.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: es sei da ein junger Priester,
der wohne der Tochter eines Kriegers bei; infolge ihrer
Beiwohnung würde ein Sohn geboren. Dieser Sohn, der von einem
jungen Priester und der Tochter eines Kriegers abstammte, der
Mutter ähnlich und dem Vater ähnlich, kann der Krieger genannt
und Priester genannt werden?«                                        550

»Dieser Sohn, o Gotamo, der von einem jungen Priester und der
Tochter eines Kriegers abstammte, der Mutter ähnlich und dem
Vater ähnlich, der kann Krieger genannt und Priester genannt
werden.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: man ließe da eine Stute
mit einem Esel zusammenkommen; infolge ihrer Zusammenkunft
würde ein Fohlen geboren. Dieses Fohlen, das von einer Stute
und einem Esel abstammte, der Mutter ähnlich und dem Vater
ähnlich, kann das Pferd genannt und Esel genannt werden?«

»Infolge der Kreuzung[228], o Gotamo, wird ja ein Maulthier
daraus. Hier, bei diesem, o Gotamo, seh’ ich denn auch
den Unterschied: aber dort, bei jenen, kann ich keinerlei
Unterschied merken.«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: es wären da zwei
Priesterknaben, leibliche Brüder, der eine gelehrt und
eingeweiht, der andere ungelehrt und uneingeweiht; wen würden
da die Priester zuerst versorgen, mit frommer Speisegabe oder
anderer geeigneter Spende?«

»Den Priesterknaben, o Gotamo, der gelehrt und eingeweiht
ist, den würden da die Priester zuerst versorgen, mit frommer
Speisegabe oder anderer geeigneter Spende; was möcht’ es auch,
o Gotamo, viel fruchten, einen Ungelehrten und Uneingeweihten
beschenken?«

»Was meinst du wohl, Assalāyano: es wären da zwei
Priesterknaben, leibliche Brüder, der eine gelehrt und
eingeweiht, sittenlos und übelgeartet, der andere ungelehrt und
uneingeweiht, sittenrein und edelgeartet; wen würden da die
Priester zuerst versorgen, mit frommer Speisegabe oder anderer
geeigneter Spende?«

»Den Priesterknaben, o Gotamo, der ungelehrt und uneingeweiht,       551
sittenrein und edelgeartet ist, den würden da die Priester
zuerst versorgen, mit frommer Speisegabe oder anderer
geeigneter Spende; was möcht’ es auch, o Gotamo, viel fruchten,
einen Sittenlosen, Uebelgearteten beschenken?«

»Erst bist du, Assalāyano, auf die Geburt gekommen, von der
Geburt bist du dann auf die Sprüche gekommen, und von den
Sprüchen bist du dann zu dieser Reinheit der vier Kasten
gekommen, von der ich rede.«

Auf diese Worte blieb Assalāyano der junge Brāhmane verstummt
und verstört, gebeugten Rumpfes, gesenkten Hauptes vor sich
hinstarrend, wortlos sitzen. Als nun der Erhabene Assalāyano
den jungen Brāhmanen verstummt und verstört, gebeugten Rumpfes,
gesenkten Hauptes wortlos vor sich hinstarren sah, sprach er
also zu ihm:

»In der Vorzeit, Assalāyano, als die Sieben priesterlichen
Seher in der Waldeinsamkeit unter Hütten aus Blättern zu Rathe
saßen, kamen sie einst zu einer solchen verkehrten Ansicht:
›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste,
die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die
Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester
nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde
geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹
Und es vernahm, Assalāyano, der Seher Asito Devalo, dass die
Sieben priesterlichen Seher, in der Waldeinsamkeit unter Hütten
aus Blättern zu Rathe sitzend, diese verkehrte Ansicht gefasst
hatten. Und Asito Devalo der Seher, Assalāyano, strich Haar
und Bart zurecht, warf den grünlichen Mantel herum, zog die
röthlichen[229] Sandalen an, nahm den goldigen Stab in die Hand
und erschien auf dem Opferplatz vor den Sieben priesterlichen
Sehern. Und er wandelte, Assalāyano, auf dem Opferplatze einher      552
und sprach also zu ihnen:

›Sagt mir doch, ihr Lieben, die priesterliche Seher seid, wer
vorangeht, sagt mir doch, ihr Lieben, die priesterliche Seher
seid, wer vorangeht.‹[230]

»Da fragten sich nun, Assalāyano, die Sieben priesterlichen
Seher:

›Wer ist es nur, der sich als Hirte gebärdend auf dem
Opferplatze der Sieben priesterlichen Seher einherschreitet und
also spricht: ‚Sagt mir doch, ihr Lieben, die priesterliche
Seher seid, wer vorangeht, sagt mir doch, ihr Lieben, die
priesterliche Seher seid, wer vorangeht‘? Wohlan denn, wir
wollen ihn verfluchen!‹

Und sie fluchten ihm:

›Asche sei, Elender! Asche sei, Elender! Asche sei, Elender!‹

»Je mehr und mehr aber, Assalāyano, die Sieben priesterlichen
Seher ihm fluchten, desto mehr und mehr nahm Asito Devalo der
Seher nur an Pracht und Schönheit und Herrlichkeit zu. Da
riefen, Assalāyano, die Sieben priesterlichen Seher aus:

›Vergehlich ist, ach, unsere Buße, fruchtlos unser Asketenthum!
Wem wir da früher geflucht hatten ‚Asche sei, Elender!‘,
alsogleich war ein jeder zu Asche geworden[231]: je mehr und
mehr wir aber diesen verfluchen, desto mehr und mehr nimmt er
nur an Pracht und Schönheit und Herrlichkeit zu!‹

›Nicht ist euere Buße vergeblich und nicht fruchtlos das
Asketenthum; hört, ihr Lieben: die Zorngedanken gegen mich, die
lasset fahren.‹

›Unsere Zorngedanken, wir lassen sie fahren! Wer ist wohl der
Herr?‹

›Habt ihr Herren von Asito Devalo dem Seher gehört?‹                 553

›Ja, Herr!‹

›Der also bin ich.‹

»Da gingen denn, Assalāyano, die Sieben priesterlichen Seher
dem Seher Asito Devalo zur Begrüßung entgegen. Und Asito
Devalo der Seher, Assalāyano, wandte sich also an die Sieben
priesterlichen Seher:

›Erfahren hab’ ich, ihr Herren, dass die Sieben priesterlichen
Seher, in der Waldeinsamkeit unter Hütten aus Blättern zu
Rathe sitzend, eine solche verkehrte Ansicht gefasst haben:
‚Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste;
die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die
Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester
nur sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde
geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‘«

›Allerdings, Herr!‹

›Wissen aber die Herren, ob ihre Großmutter nur einem Priester
beigewohnt hat und keinem Unpriester?‹

›Das wohl nicht, Herr!‹

›Wissen aber die Herren, ob ihrer Großmutter Mutter und deren
Mutter bis zur siebenten Ahnfrau hinauf nur einem Priester
beigewohnt hat und keinem Unpriester?‹[232]

›Das wohl nicht, Herr!‹

›Und wissen die Herren, ob ihr Großvater eben der Tochter eines
Priesters beigewohnt hat, keiner anderen?‹

›Das wohl nicht, Herr!‹

›Und wissen die Herren, ob ihres Großvaters Vater und dessen
Vater bis zum siebenten Ahnherrn hinauf eben der Tochter eines
Priesters beigewohnt hat, keiner anderen?‹

›Das wohl nicht, Herr!‹

›Doch wissen die Herren, wie sich eine Leibesfrucht bildet?‹

›Wir wissen, Herr, wie sich eine Leibesfrucht bildet. Da sind
Vater und Mutter vereint, und die Mutter hat ihre Zeit, und der
Keimling ist bereit: so bildet sich durch der Drei Vereinigung       554
eine Leibesfrucht.‹

›Wissen aber die Herren, ob dieser Keimling etwa ein Krieger
sei, oder ein Priester, oder ein Bürger, oder ein Diener?‹

›Nicht wissen wir, Herr, ob dieser Keimling etwa ein Krieger
sei, oder ein Priester, oder ein Bürger, oder ein Diener.‹

›Ist es also, wisst ihr dann, wer ihr seid?‹

›Ist es also, wissen wir freilich nicht, wer wir sind.‹

»Und selbst die Sieben priesterlichen Seher, Assalāyano, vom
Seher Asito Devalo über ihre Behauptung von der Geburt befragt,
ausgeforscht, unterrichtet, konnten ihm nicht beikommen: wie
wirst du da jetzt, von mir über deine Behauptung von der Geburt
befragt, ausgeforscht, unterrichtet, mir beikommen wollen, der
du von ihrer Weisheit nicht einen Löffel voll hast?«

       *       *       *       *       *

Auf diese Worte wandte sich Assalāyano der junge Brāhmane also
an den Erhabenen:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger
möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens
getreu.«[233]



                              94.

             Zehnter Theil            Vierte Rede

                          GHOṬAMUKHO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der ehrwürdige Udeno
bei Benāres, im Mangohaine Khemiyos. Um diese Zeit nun war
Ghoṭamukho der Priester in Benāres angekommen, irgend ein            555
Geschäft zu erledigen.

Und Ghoṭamukho der Priester kam, auf einem Spaziergange
lustwandelnd, nach dem Mangohaine Khemiyos. Damals nun erging
sich der ehrwürdige Udeno gerade in einer Lichtung. Da trat
denn der Priester Ghoṭamukho an den ehrwürdigen Udeno heran und
tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit
ihm, und an seiner Seite einherschreitend sprach er also:

»Lieber Mönch, es giebt keinen ächten Asketen: das ist meine
Ansicht; und zwar darum, weil ich keine solchen Ehrwürdigen
gesehn habe, oder weil es eben so ist.«

Auf diese Worte hielt der ehrwürdige Udeno mit seinem Gang
inne; dann begab er sich nach der Klosterhalle und nahm auf
seinem Sitze Platz. Und auch Ghoṭamukho der Priester unterbrach
seinen Gang und begab sich zur Klosterhalle und stellte sich
seitwärts hin. Und an Ghoṭamukho den Priester, der da seitwärts
stand, wandte sich nun der ehrwürdige Udeno also:

»Es sind hier, Priester, Sitze bereit: wenn du willst setze
dich.«

»Das eben haben wir ja von Herrn Udeno erwartet, bevor wir
uns setzen: denn wie könnte wohl meinesgleichen daran denken,
uneingeladen Platz zu nehmen?«

Und Ghoṭamukho der Priester nahm einen von den niederen Stühlen
zur Hand und setzte sich seitwärts hin. Seitwärts sitzend
sprach nun Ghoṭamukho der Priester also zum ehrwürdigen Udeno:

»Lieber Mönch, es giebt keinen ächten Asketen: das ist meine
Ansicht; und zwar darum, weil ich keine solchen Ehrwürdigen
gesehn habe, oder weil es eben so ist.«

»Wenn du mir da, Priester, zugestehn magst was zugegeben werden      556
kann, und abweisen was abgewiesen werden muss, und was du
vom Sinn meiner Rede nicht verstehst eben da von mir weiter
erfragen wirst, ›Wie ist das, o Udeno, was ist der Sinn davon‹:
wenn du das thun willst, so mag da unter uns ein Gespräch
statthaben.«

»Was zugegeben werden kann werd’ ich Herrn Udeno zugestehn,
und abweisen was abgewiesen werden muss, und was ich da vom
Sinn der Rede Herrn Udenos nicht verstehe werd’ ich eben da von
Herrn Udeno weiter erfragen, ›Wie ist das, o Udeno, was ist der
Sinn davon‹: das will ich thun, möge da unter uns ein Gespräch
statthaben!«

»Vier Arten von Menschen, Priester, finden sich hier in
der Welt vor: welche vier? Da ist, Priester, einer ein
Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben;
da ist wieder, Priester, einer ein Nächstenquäler, ist der
Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben; da ist, Priester,
einer ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben, und er ist ein Nächstenquäler, ist der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergeben; und da ist, Priester, einer
weder ein Selbstquäler, ist nicht der Uebung der Selbstquaal
eifrig ergeben, noch ist er ein Nächstenquäler, ist nicht der
Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben: ohne Selbstquaal, ohne
Nächstenquaal ist er schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen,
kühl geworden, fühlt sich wohl, heilig geworden im Herzen.
Welcher ist es, Priester, von diesen vier Menschen, der deinem
Sinne zusagt?«

»Jener Mensch, o Udeno, der ein Selbstquäler, der Uebung der         557
Selbstquaal eifrig ergeben ist, der sagt meinem Sinne nicht
zu; und auch jener Mensch, o Udeno, der ein Nächstenquäler,
der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergehen ist, auch der sagt
meinem Sinne nicht zu; und auch jener Mensch, o Udeno, der ein
Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist,
und ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig
ergeben ist, auch der sagt meinem Sinne nicht zu; aber jener
Mensch, o Udeno, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung
der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler,
nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne
Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht,
erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden
im Herzen: der sagt meinem Sinne zu.«

»Warum aber, Priester, sagen jene drei Menschen deinem Sinne
nicht zu?«

»Jener Mensch, o Udeno, der ein Selbstquäler, der Uebung der
Selbstquaal eifrig ergeben ist, der lässt sich selber, der Wohl
begehrt und Wehe verabscheut, Quaal und Pein erleiden: darum
sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o
Udeno, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal
eifrig ergeben ist, der lässt den Nächsten, der Wohl begehrt
und Wehe verabscheut, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener
Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o Udeno, der
ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben
ist, und ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal
eifrig ergeben ist, der lässt sich wie den Nächsten, die Wohl
begehren und Wehe verabscheuen, Quaal und Pein erleiden: darum
sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; aber jener Mensch,
o Udeno, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der            558
Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht
der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne
Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht,
erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden
im Herzen: weil der weder sich noch den Nächsten, die Wohl
begehren, und Wehe verabscheuen, Quaal und Pein erleiden lässt,
darum sagt dieser Mensch meinem Sinne zu.«

»Zwei Arten gibt es, Priester, von Leuten: welche zwei? Da
sind, Priester, die einen Leute gierig ergetzt an Schmuck
und Geschmeide, sie begehren Weib und Kind, begehren Knecht
und Magd, begehren Haus und Feld, begehren Silber und Gold.
Da sind nun, Priester, die anderen Leute nicht gierig
ergetzt an Schmuck und Geschmeide, verlassen Weib und Kind,
verlassen Knecht und Magd, verlassen Haus und Feld, verlassen
Silber und Gold und ziehn aus dem Hause in die Hauslosigkeit
hinaus. Was nun, Priester, jenen Menschen anlangt, der weder
ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergehen ist, der ohne Selbstquaal, ohne
Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl
geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen:
unter welchen Leuten, Priester, triffst du diesen Menschen
zumeist an, unter den Leuten, die gierig ergetzt an Schmuck
und Geschmeide sind, Weib und Kind begehren, Knecht und Magd
begehren, Haus und Feld begehren, Silber und Gold begehren,
oder unter den Leuten, die nicht gierig ergetzt an Schmuck
und Geschmeide sind, Weib und Kind verlassen, Knecht und Magd
verlassen, Haus und Feld verlassen, Silber und Gold verlassen
und aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn?«

»Was da, o Udeno, jenen Menschen anlangt, der weder ein              559
Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergeben ist, der ohne Selbstquaal, ohne
Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl
geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen:
diesen Menschen treff’ ich zumeist unter den Leuten an, die
nicht gierig ergetzt an Schmuck und Geschmeide sind, Weib
und Kind verlassen, Knecht und Magd verlassen, Haus und Feld
verlassen, Silber und Gold verlassen und aus dem Hause in die
Hauslosigkeit ziehn.«

»Eben zuvor aber hast du ja, Priester, gesagt, wir wissen
es noch: ›Lieber Mönch, es giebt keinen ächten Asketen: das
ist meine Ansicht; und zwar darum, weil ich keine solchen
Ehrwürdigen gesehn habe, oder weil es eben so ist.‹«

»In der That, o Udeno, ich hab’ es gesagt, um anzuregen. Es
giebt ächte Asketen: das ist meine Ansicht, und mög’ es mir
nur Herr Udeno glauben! -- Die vier Arten von Menschen nun,
die Herr Udeno in der Kürze bezeichnet, nicht ausführlich
dargestellt hat, möchte wohl Herr Udeno so gut sein, mir diese
ausführlich darzustellen, von Mitleid bewogen!«

»So höre denn, Priester, und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, Herr!« erwiderte da aufmerksam Ghoṭamukho der Priester
dem ehrwürdigen Udeno. Der ehrwürdige Udeno sprach also:

»Was ist das nun, Priester, für ein Mensch, der ein
Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist? Da
ist, Priester, einer ein Unbekleideter, ein Ungebundener, ein
Handverköster[234], kein Ankömmling, kein Abwärtling, gestattet      560
keine Darreichung, keine Vergünstigung, keine Einladung, späht
beim Empfangen des Almosens nicht nach dem Topfe, nicht nach
der Schüssel, nicht über die Schwelle, nicht über das Gitter,
nicht in den Kessel hinein, nimmt nicht von zu zweit Speisenden
an, nicht von einer Schwangeren, nicht von einer Säugenden,
nicht von einer, die vom Manne kommt, nicht von Beschmutzten,
nicht wo ein Hund dabei steht, nicht wo Fliegen hin und her
schwärmen, isst keinen Fisch, kein Fleisch, trinkt keinen
Wein, kein gebranntes Wasser, keinen gegohrenen Haferschleim.
Er geht zu einem Hause und begnügt sich mit einer handvoll
Almosenspeise; geht zu zwei Häusern und begnügt sich mit zwei
handvoll Almosenspeise; geht zu sieben Häusern und begnügt
sich mit sieben handvoll Almosenspeise. Er fristet sein Leben
durch die Mildthätigkeit von nur einer Spenderin, von nur
zwei Spenderinen, von nur sieben Spenderinen. Er nimmt nur
jeden ersten Tag Nahrung ein, nur jeden zweiten Tag, nur jeden
siebenten Tag. Solcherart wechselnd beobachtet er streng diese
bis auf einen halben Monat ausgedehnte Fastenübung. Oder er
lebt von Kräutern und Pilzen, von wildem Reis und Korn, von
Saamen und Kernen, von Pflanzenmilch und Baumharz, von Gräsern,
von Kuhmist, fristet sich von Wurzeln und Früchten des Waldes,
lebt von abgefallenen Früchten. Auch trägt er das hänfene Hemd,
trägt das härene Hemd, trägt einen Rock, geflickt aus den im
Leichenhof und auf der Straße gefundenen Fetzen, hüllt sich
in Lumpen, in Felle, in Häute, gürtet sich mit Flechten aus
Gras, mit Flechten aus Rinde, mit Flechten aus Laub, birgt           561
die Blöße unter pelzigem Schurze, unter borstigem Schurze,
unter einem Eulenflügel. Und er rauft sich Haupt- und Barthaar
aus, die Regel der Haar- und Bartausraufer befolgend; ist ein
Stetigsteher, verwirft Sitz und Lager; ist ein Fersensitzer,
übt die Zucht der Fersensitzer; ist Dornenseitiger und legt
sich zur Seite auf ein Dornenlager; steigt allabendlich zum
dritten Mal herab ins Büßerbad. So übt er sich gar vielfach
in des Körpers inbrünstiger Schmerzensaskese. Den heißt man,
Priester, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der
Selbstquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Priester, für ein Mensch, der ein
Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben
ist? Da ist, Priester, einer ein Schlächter, der Schaafe und
Schweine schlachtet, ist ein Vogelfänger, ein Wildsteller, ein
Jäger, ein Fischer, ein Räuber, ein Henker, ein Kerkermeister,
oder was man da sonst noch anderes als grausames Handwerk
betreibt. Den heißt man, Priester, einen Menschen, der ein
Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Priester, für ein Mensch, der ein
Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist,
und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig
ergeben ist? Da ist, Priester, einer ein König, ein Herrscher,
dessen Scheitel gesalbt ist, oder ein hochmögender Priester.
Der hat im Osten der Stadt ein neues Herrenhaus errichten
lassen. Und mit geschorenem Haar und Barte, mit rauhem Felle
gegürtet, mit Butteröl am Körper bestrichen, den Rücken mit
einem Hirschhorne reibend tritt er in das Herrenhaus ein,
begleitet von der ersten Gemahlin und dem Oberpriester. Dort
nimmt er im offenen Hofe, von wo man das Gras entfernt hat,
Platz. Einer Kuh, die ein ihr gleichendes Kalb bei sich hat,         562
wird an dem einen Euter die Milch ausgemolken, und damit der
König bedient; wird an dem zweiten Euter die Milch ausgemolken,
und damit die Königin bedient; wird an dem dritten Euter die
Milch ausgemolken, und damit der Oberpriester bedient; wird
an dem vierten Euter die Milch ausgemolken, und damit dem
Feuer geopfert. Was noch bleibt wird dem Kalbe gelassen. Und
er gebietet: ›Soviele Stiere sollen erschlagen werden um des
Opfers willen, soviele Farren sollen erschlagen werden um des
Opfers willen, soviele Färsen sollen erschlagen werden um des
Opfers willen, soviele Ziegen sollen erschlagen werden um des
Opfers willen, soviele Schaafe sollen erschlagen werden um des
Opfers willen, soviele Bäume sollen gefällt werden, als Pfosten
zu dienen, soviel Gras soll gemäht werden, als Streu zu
dienen!‹ Und seine Knechte und Söldner und Werkleute gehn aus
Furcht vor Strafe, von Angst eingeschüchtert, mit thränenden
Augen klagend daran, den Befehl auszuführen. Den heißt man,
Priester, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der
Selbstquaal eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der
Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, Priester, für ein Mensch, der weder
ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne
Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl
geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen? Da
erscheint, Priester, der Vollendete in der Welt, der Heilige,
vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der
Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter
der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen,
der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren
Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar         563
von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er
sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die
Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende
begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen
geläuterte, geklärte Asketenthum dar.

»Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines
Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward.
Nachdem er diese Lehre gehört hat, fasst er Vertrauen zum
Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er
also: ›Ein Gefängniss ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel;
der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es,
wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig
geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn
ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande
bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So
giebt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen
Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen
Verwandtenkreis verlassen, und ist mit geschorenem Haar und
Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit
gezogen.

»Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der
Mönche auf sich genommen. Lebendiges umzubringen hat er
verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock,
ohne Schwerdt, fühlsam, voll Theilnahme, hegt er zu allen
lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Nichtgegebenes zu nehmen hat
er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern:
Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch
gesinnt, rein gewordenen Herzens. Die Unkeuschheit hat er
verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entrathen der
Paarung, dem gemeinen Gesetze. Lüge hat er verworfen, von Lüge       564
hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist
er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Häuchler und
Schmeichler der Welt. Das Ausrichten hat er verworfen, vom
Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er
dort nicht wieder, um jene zu entzweien, und was er dort gehört
hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien, so
einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn
froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht
fördernde Worte spricht er. Barsche Worte hat er verworfen, von
barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf
sind, dem Ohre wohlthuend, liebreich, zum Herzen dringend,
höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht
er, Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und
Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den
Thatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung
getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit
Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande
angemessen.

»Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal
des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern,
fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang,
Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche,
Salben, Schmuck, Zierrath, Putz weist er ab. Hohe, prächtige
Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht
an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er
nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und
Dienerinen nimmt er nicht an. Ziegen und Schaafe nimmt er nicht
an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elephanten, Rinder        565
und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an.
Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf
und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maaß und Gewicht
hält er sich fern. Von den schiefen Wegen der Bestechung,
Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien,
Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er
sich fern.

»Er ist zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt,
mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch
pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschaale versehn
pilgert er. Gleichwie da etwa ein beschwingter Vogel, wohin er
auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt, ebenso auch
ist der Mönch mit dem Gewande zufrieden, das seinen Leib deckt,
mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch
wandert, nur damit versehn wandert er.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er
ein inneres fleckenloses Glück.

»Erblickt er nun mit dem Gesichte eine Form, so fasst er
keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth,
böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der
unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser
Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das
Gesicht.

»Hört er nun mit dem Gehöre einen Ton,

»Riecht er nun mit dem Geruche einen Duft,

»Schmeckt er nun mit dem Geschmacke einen Saft,

»Tastet er nun mit dem Getaste eine Tastung,

»Erkennt er nun mit dem Gedenken ein Ding, so fasst er keine
Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth,
böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der
unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser
Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das
Gedenken.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet        566
er ein inneres ungetrübtes Glück.

»Klar bewusst kommt er und geht er, klar bewusst blickt er hin,
blickt er weg, klar bewusst regt und bewegt er sich, klar
bewusst trägt er des Ordens Gewand und Almosenschaale, klar
bewusst isst und trinkt, kaut und schmeckt er, klar bewusst
entleert er Koth und Harn, klar bewusst geht und steht und
sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt
er.

»Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen
Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht sucht er
einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines
Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof,
die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach
dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt
er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade
aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Er hat weltliche
Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemüthes, von
Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen,
hasslosen Gemüthes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu
allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit.
Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei;
das Licht liebend, einsichtig, klar bewusst, läutert er sein
Herz von matter Müde. Stolzen Unmuth hat er verworfen, er ist
frei von Stolz; innig beruhigten Gemüthes läutert er sein
Herz von stolzem Unmuth. Das Schwanken hat er verworfen, der
Ungewissheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom
Schwanken läutert er sein Herz.

»Er hat nun diese fünf Hemmungen aufgehoben, hat die Schlacken       567
des Gemüthes kennen gelernt, die lähmenden; gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend
gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der
ersten Schauung.

»Weiter sodann, Priester: nach Vollendung des Sinnens und
Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die
Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in
der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten
Schauung.

»Weiter sodann, Priester: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch
gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet
er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig
Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten
Schauung.

»Weiter sodann, Priester: nach Verwerfung der Freuden und
Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns
erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen,
gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte
Schauung.[235]

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer
Daseinsformen. So kann er sich an manche verschiedene
frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an
zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an
fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann
an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig
Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann
an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher
Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen
Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein
Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich                568
erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich
anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte
ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand,
dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so
war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins
Dasein‹: so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren
Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den
eigenartigen Beziehungen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert,
gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest,
unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des
Verschwindens-Erscheinens der Wesen. So kann er mit dem
himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen
hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen
sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und
unglückliche, er erkennt wie die Wesen je nach den Thaten
wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten
dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan,
in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten
Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach
dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte,
zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber
in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan,
in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten
Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem
Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt‹: so kann er
mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche
Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und
wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne,
glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je
nach den Thaten wiederkehren.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen,
schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar,
richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung.
›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist         569
die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das
ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist
der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit
gemäß.

»Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst
vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom
Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese
Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das
Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹
versteht er da.

»Den heißt man, Priester, einen Menschen, der weder ein
Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig
ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der
Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne
Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl
geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen.«

Nach diesen Worten wandte sich Ghoṭamukho der Priester also an
den ehrwürdigen Udeno:

»Vortrefflich, o Udeno, vortrefflich, o Udeno! Gleichwie etwa,
o Udeno, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes
enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die
Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹:
ebenso auch ist von Herrn Udeno die Lehre gar vielfach gezeigt
worden. Und so nehm’ ich bei Herrn Udeno Zuflucht, bei der           570
Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr
Udeno betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

»Nicht bei mir, Priester, wolle du Zuflucht nehmen: sondern
bei Ihm, dem Erhabenen, nimm Zuflucht, bei dem ich Zuflucht
genommen.«

»Wo aber, o Udeno, weilt Er jetzt, der Erhabene, der Heilige,
vollkommen Erwachte?«

»Erloschen ist Er nun, Priester, der Erhabene, der Heilige,
vollkommen Erwachte.«

»Wenn wir da hörten, o Udeno, Er, der Herr Gotamo, sei dreißig
Meilen fern, so würden wir eben dreißig Meilen wandern, Ihn,
den Herrn Gotamo zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten.
Wenn wir da hörten, o Udeno, Er, der Herr Gotamo, sei sechzig
Meilen fern, sei neunzig Meilen, hundertzwanzig Meilen,
hundertfünfzig Meilen fern, so würden wir eben hundertfünfzig
Meilen wandern, Ihn, den Herrn Gotamo zu sehn, den Heiligen,
vollkommen Erwachten. Und wenn wir da hörten, o Udeno,
dreihundert Meilen sei Er, der Herr Gotamo, fern, so würden
wir eben dreihundert Meilen wandern, Ihn, den Herrn Gotamo zu
sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Weil nun aber, o
Udeno, Er, der Herr Gotamo, erloschen ist, so nehmen wir eben
bei Ihm, dem Herrn Gotamo, der erloschen ist, unsere Zuflucht,
und bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge
mich Herr Udeno betrachten, von heute an zeitlebens getreu. --
Es hat mir, o Udeno, der König von Bengālen einen ständigen
Tagesunterhalt ausgesetzt: einen davon widme ich Herrn Udeno.«

»Was hat dir denn, Priester, der König von Bengālen als
ständigen Tagesunterhalt ausgesetzt?«

»Fünfhundert Gulden, o Udeno.«[236]

»Nicht kommt es uns, Priester, zu, Gold und Silber anzunehmen.«      571

»Wenn das Herrn Udeno nicht zukommt, so werd’ ich eine
Wohnstätte für Herrn Udeno erbauen lassen.«

»Hast du schon, Priester, die Absicht, eine Wohnstätte für
mich erbauen zu lassen, so lasse doch der Mönchgemeinde zu
Pāṭaliputtam einen Empfangsaal erbauen.«

»Dadurch hat mich Herr Udeno nur noch viel mehr zufrieden
und froh gemacht, dass mich Herr Udeno zu einer Gabe an die
Mönchgemeinde ermuntert. Und so will ich, o Udeno, mit diesem
Tagesunterhalt, und noch einem anderen dazu, der Mönchgemeinde
zu Pāṭaliputtam einen Empfangsaal erbauen lassen.«

       *       *       *       *       *

Und Ghoṭamukho der Priester ließ mit diesem Tagesunterhalt,
und noch einem anderen dazu, der Mönchgemeinde zu Pāṭaliputtam
einen Empfangsaal erbauen. Dieser wird heute ‚Ghoṭamukher‘
genannt.[237]



                              95.

             Zehnter Theil            Fünfte Rede

                             CAṈKĪ


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene
im Lande Kosalo von Ort zu Ort und kam, von vielen Mönchen
begleitet, in die Nähe eines Priesterdorfes der Kosaler Namens
Opāsādam.

Zu Opāsādam weilte nun der Erhabene, nördlich vom Dorfe, im
Götterhain am Kronwalde.

Um diese Zeit aber lebte Caṉkī der Priester zu Opāsādam, das,
gar heiter anzuschauen, mit Weide-, Wald- und Wasserplätzen,
mit Kornkammern, mit königlichem Reichthum begabt, von König
Pasenadi von Kosalo als Königsgabe den Priestern zu eigen
gegeben war.

Und es hörten die priesterlichen Hausväter in Opāsādam reden:
›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe      572
der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von Ort zu Ort
und ist mit vielen Mönchen in Opāsādam angekommen. Diesen Herrn
Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe,
so zwar: ‚Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene,
der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde,
der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der
Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen
und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und
Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden
und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang
begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn-
und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte
Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn
kann!‘‹

Und die priesterlichen Hausväter von Opāsādam zogen aus dem
Dorfe hinaus, zahlreich, in Schaaren zusammengekommen, nach
Norden gewandt[238], zum Götterhain am Kronwalde. Damals
nun hatte Caṉkī der Priester oben auf der Zinne seines
Hauses Tagesrast genommen. Da sah denn Caṉkī der Priester
die priesterlichen Hausväter von Opāsādam aus dem Dorfe
hinausziehn, zahlreich, in Schaaren zusammengekommen, nach
Norden gewandt, zum Götterhain am Kronwalde, und als er sie
gesehn wandte er sich an seinen Thorwart:

»Was gehn denn da, lieber Thorwart, die priesterlichen
Hausväter von Opāsādam aus dem Dorfe hinaus, zahlreich, in
Schaaren zusammengekommen, nach Norden gewandt, zum Götterhain
am Kronwalde?«

»Es ist, Herr Caṉkī, der Asket Gotamo, der Sakyersohn, der dem
Erbe der Sakyer entsagt hat, der hierzulande von Ort zu Ort
wandert, von vielen Mönchen gefolgt, bei Opāsādam angekommen,        573
weilt bei Opāsādam, nördlich vom Dorfe, im Götterhain am
Kronwalde. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben
mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der
Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte,
der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter
der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der
Erwachte, der Erhabene.‹ Diesen Herrn Gotamo gehn sie besuchen.«

»So geh’ doch, lieber Thorwart, zu den priesterlichen
Hausvätern dort hin und sprich also zu ihnen: ›Caṉkī, ihr
Herren, der Priester, lässt sagen, es möchten die Herren
etwas warten: auch Caṉkī der Priester will den Asketen Gotamo
besuchen.‹«

»Jawohl, Herr!« entgegnete da gehorsam der Thorwart Caṉkī dem
Priester. Und er begab sich zu den priesterlichen Hausvätern
dort hin und sprach also zu ihnen:

»Caṉkī, ihr Herren, der Priester, lässt sagen, es möchten die
Herren etwas warten: auch Caṉkī der Priester will den Asketen
Gotamo besuchen.«

Damals nun waren gegen fünfhundert Priester aus verschiedenen
Landen in Opāsādam zusammengekommen, irgend eine Angelegenheit
zu verhandeln. Und sie hörten, dass Caṉkī der Priester den
Asketen Gotamo besuchen wolle. Da begaben sich denn diese            574
Priester zu Caṉkī dem Priester hin; und sie sprachen also zu
ihm:

»Ist es wahr, wie man sagt, dass Herr Caṉkī den Asketen Gotamo
besuchen will?«

»Gewiss, ihr Herren, auch ich denke den Asketen Gotamo zu
besuchen.«

»Nicht Herr Caṉkī darf den Asketen Gotamo besuchen; nicht
geziemt es Herrn Caṉkī den Asketen Gotamo zu besuchen: dem
Asketen Gotamo vielmehr geziemt es Herrn Caṉkī zu besuchen.
Denn Herr Caṉkī ist beiderseit wohlgeboren, vom Vater und von
der Mutter aus, lauter empfangen, bis zum siebenten Ahnherrn
hinauf unbefleckt, untadelhaft von Geburt. Weil aber Herr
Caṉkī beiderseit wohlgeboren ist, vom Vater und von der Mutter
aus, lauter empfangen, bis zum siebenten Ahnherrn hinauf
unbefleckt, untadelhaft von Geburt, so geziemt es eben insofern
nicht Herrn Caṉkī den Asketen Gotamo zu besuchen: dem Asketen
Gotamo vielmehr geziemt es Herrn Caṉkī zu besuchen. Denn Herr
Caṉkī ist reich, mit Geld und Gut mächtig begabt. Denn Herr
Caṉkī ist ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung
und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren
Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die
Merkmale eines großen Weltweisen aufweist. Denn Herr Caṉkī ist
schön, hold, liebenswürdig, mit höchster Anmuth begabt, mit
heiligem Glanze, heiligem Lichte, es ist keine geringe Gunst
ihn anzublicken. Denn Herr Caṉkī ist tugendrein, tugendreif, in
Tugend reif geworden. Denn Herr Caṉkī spricht angemessen, redet
angemessen, seine Rede ist höflich, deutlich, nicht stammelnd,
tauglich den Sinn darzulegen. Denn Herr Caṉkī ist vieler
Meister und Altmeister und lässt eine Schaar von dreihundert
Schülern die Sprüche bei sich erlernen. Denn Herr Caṉkī wird         575
von König Pasenadi von Kosalo werthgehalten, hochgeschätzt,
geachtet, geehrt und ausgezeichnet. Denn Herr Caṉkī wird von
Pokkharasāti[239] dem Priester werthgehalten, hochgeschätzt,
geachtet, geehrt und ausgezeichnet. Denn Herr Caṉkī lebt zu
Opāsādam, das, gar heiter anzuschauen, mit Weide-, Wald- und
Wasserplätzen, mit Kornkammern, mit königlichem Reichthum
begabt, von König Pasenadi von Kosalo als Königsgabe den
Priestern zu eigen gegeben ist. Weil aber Herr Caṉkī zu
Opāsādam lebt, das, gar heiter anzuschauen, mit Weide-, Wald-
und Wasserplätzen, mit Kornkammern, mit königlichem Reichthum
begabt, von König Pasenadi von Kosalo als Königsgabe den
Priestern zu eigen gegeben ist, so geziemt es eben insofern
nicht Herrn Caṉkī den Asketen Gotamo zu besuchen: dem Asketen
Gotamo vielmehr geziemt es Herrn Caṉkī zu besuchen.«

Auf diese Worte wandte sich Caṉkī der Priester also an jene
Priester:

»Wohlan denn, ihr Herren, so hört auch von mir, aus welchem
und welchem Grunde[240] es vielmehr uns geziemt den Herrn
Gotamo zu besuchen, und es nicht dem Herrn Gotamo geziemt uns
zu besuchen. Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja beiderseit
wohlgeboren, vom Vater und von der Mutter aus, lauter
empfangen, bis zum siebenten Ahnherrn hinauf unbefleckt,
untadelhaft von Geburt. Weil aber, ihr Herren, der Asket Gotamo
beiderseit wohlgeboren ist, vom Vater und von der Mutter aus,
lauter empfangen, bis zum siebenten Ahnherrn hinauf unbefleckt,
untadelhaft von Geburt, so geziemt es eben insofern nicht
dem Herrn Gotamo uns zu besuchen, sondern uns geziemt es den
Herrn Gotamo zu besuchen. Der Asket Gotamo, ihr Herren, hat ja
reichlichem Gold und Geschmeide pilgernd entsagt, so heimlich
vergrabenem wie offen aufgestelltem.[241] Der Asket Gotamo, ihr      576
Herren, ist ja, noch in frischer Blüthe, glänzend dunkelhaarig,
im Genusse glücklicher Jugend, im ersten Mannesalter aus dem
Hause in die Hauslosigkeit gezogen. Der Asket Gotamo, ihr
Herren, ist ja gegen den Wunsch seiner weinenden, klagenden
Eltern, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande
bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. Der
Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja schön, hold, liebenswürdig,
mit höchster Anmuth begabt, mit heiligem Glanze, heiligem
Lichte, es ist keine geringe Gunst ihn anzublicken. Der Asket
Gotamo, ihr Herren, ist ja tugendrein, von herrlicher Tugend,
gediegener Tugend, in gediegener Tugend erfahren. Der Asket
Gotamo, ihr Herren, spricht ja angemessen, redet angemessen,
seine Rede ist höflich, deutlich, nicht stammelnd, tauglich den
Sinn darzulegen. Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja vieler
Meister und Altmeister. Der Asket Gotamo, ihr Herren, hat
ja Wunschbegier versiegt, ist frei von Unfrieden. Der Asket
Gotamo, ihr Herren, lehrt ja eigene That und eigenes Handeln,
schützt den heilsuchenden Menschen kein Böses vor. Der Asket
Gotamo, ihr Herren, ist ja aus hohem Hause hinausgezogen,
aus unabhängigem Herrscherhause.[242] Der Asket Gotamo, ihr
Herren, ist ja aus reichem Hause hinausgezogen, mit Geld und
Gut mächtig begabtem. Zum Asketen Gotamo, ihr Herren, kommen
sie ja über Länder und Reiche her Fragen zu stellen. Beim
Asketen Gotamo, ihr Herren, haben ja viele tausend Gottheiten
zeitlebens Zuflucht genommen.[243] Den Asketen Gotamo, ihr
Herren, begrüßt man ja allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe,
so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen
Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene,
der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde,
der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der
Erhabene.‹ Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja mit den              577
zweiunddreißig Merkmalen eines großen Mannes begabt. Beim
Asketen Gotamo, ihr Herren, hat ja der König von Magadhā Seniyo
Bimbisāro mit seinen Frauen und Kindern zeitlebens Zuflucht
genommen.[244] Beim Asketen Gotamo, ihr Herren, hat ja König
Pasenadi von Kosalo mit seinen Frauen und Kindern zeitlebens
Zuflucht genommen. Beim Asketen Gotamo, ihr Herren, hat ja der
Priester Pokkharasāti mit seinen Frauen und Kindern zeitlebens
Zuflucht genommen. Der Asket Gotamo, ihr Herren, ist ja zu
Opāsādam angekommen, weilt bei Opāsādam, nördlich vom Dorfe,
im Götterhain am Kronwalde. Wer aber auch immer von Asketen
und Priestern in unser Dorfgebiet kommt ist unser Gast. Und
einen Gast müssen wir werthhalten, hochschätzen, achten und
ehren.[245] Weil nun, ihr Herren, der Asket Gotamo zu Opāsādam
angekommen ist, bei Opāsādam weilt, nördlich vom Dorfe, im
Götterhain am Kronwalde, so ist der Asket Gotamo unser Gast:
und der Gast ist von uns werthzuhalten, hochzuschätzen, zu
achten und zu ehren. Auch insofern geziemt es nicht dem Herrn
Gotamo uns zu besuchen, sondern uns eben geziemt es den Herrn
Gotamo zu besuchen. Soviel weiß ich, ihr Herren, vom Preis des
Herrn Gotamo; doch ist der Preis des Herrn Gotamo nicht soviel:
unermesslich ist ja der Preis des Herrn Gotamo. Schon um jeder
einzelnen Eigenschaft willen, ihr Herren, geziemt es nicht dem
Herrn Gotamo uns zu besuchen, sondern uns eben geziemt es den
Herrn Gotamo zu besuchen. So wollen wir uns denn alle, ihr           578
Herren, zum Asketen Gotamo hinbegeben.«

Und Caṉkī der Priester, begleitet von der zahlreichen
Priesterschaar, begab sich dorthin wo der Erhabene weilte.
Dort angelangt tauschte er höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts
nieder. Damals nun hatte der Erhabene mit alten, erfahrenen
Priestern gerade irgend ein denkwürdiges Gespräch zu Ende
geführt. Und es befand sich da ein junger Brāhmane in dieser
Versammlung Namens Kāpaṭhiko, eben erst, mit geschorenem
Scheitel, vom Lehrer entlassen, im sechzehnten Lebensjahre,
ein Meister der drei Veden, sammt ihrer Auslegung und Deutung,
sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der
Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen
Weltweisen aufwies. Der hatte, während der Erhabene sich mit
den alten, erfahrenen Priestern besprach, stets einen anderen
Gegenstand vorgebracht. Und der Erhabene rieth nun Kāpaṭhiko
dem jungen Brāhmanen ab:

»Möge der ehrwürdige Bhāradvājo[246], während die alten,
erfahrenen Priester sich besprechen, keinen anderen Gegenstand
vorbringen: das Ende der Unterredung möge der ehrwürdige
Bhāradvājo abwarten.«

Das hörte Caṉkī der Priester, und er sprach also zum Erhabenen:

»Möge Herr Gotamo Kāpaṭhiko dem jungen Brāhmanen nicht
abrathen: ein edler Spross ist Kāpaṭhiko der junge Brāhmane,
viel hat Kāpaṭhiko der junge Brāhmane gelernt, ist gelehrt,
weiß angemessen zu reden, er vermag wohl mit Herrn Gotamo über       579
einen Gegenstand hier ein Gespräch zu führen.«

Da wusste nun der Erhabene: ›Gewiss wird Kāpaṭhiko der junge
Brāhmane die Kenntniss der drei Veden erworben haben, und
desshalb räumen ihm die Priester einen solchen Vorrang ein.‹
Aber Kāpaṭhiko der junge Brāhmane sagte zu sich: ›Wann der
Asket Gotamo seinen Blick meinem Blicke begegnen lässt,
so werd’ ich dem Asketen Gotamo eine Frage stellen.‹ Und
der Erhabene, im Geiste den Geist und Gedanken des jungen
Brāhmanen Kāpaṭhiko erkennend, lenkte den Blick nach ihm.
Da gedachte nun Kāpaṭhiko der junge Brāhmane: ›Der Blick des
Asketen Gotamo ruht auf mir: wie, wenn ich nun dem Asketen
Gotamo eine Frage stellte?‹ Und Kāpaṭhiko der junge Brāhmane
sprach zum Erhabenen also:

»Was da, o Gotamo, der Priester uralte Spruchlieder anlangt,
die auf Treu und Glauben, einem Korbe gleich von Hand zu Hand
weitergehn, kommen dabei die Priester in einem Punkte überein,
‚Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‘: was hält Herr Gotamo
davon?«

»Was glaubst du, Bhāradvājo: giebt es unter den Priestern auch
nur einen Priester, der da gesagt hat: ›Ich selber weiß es, ich
selber seh’ es; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»Was glaubst du, Bhāradvājo: giebt es unter den Priestern
auch nur einen Meister, oder Meister und Altmeister, bis zum
siebenten Großmeisterahnen hinauf, der da gesagt hat: ›Ich
selber weiß es, ich selber seh’ es; dies nur ist Wahrheit,
Unsinn anderes‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»Was glaubst du, Bhāradvājo: die da vormals der Priester Seher
waren, die Verfasser der Sprüche, Verkünder der Sprüche, deren
uralte Spruchlieder, wie sie gesungen, ausgesprochen, gesammelt      580
wurden, die Priester heute und hier ihnen nachsingen, ihnen
nachsagen, das Gesagte weitersagen, das Gelehrte weiterlehren,
als da waren Aṭṭhako, Vāmako, Vāmadevo, Vessāmitto, Yamataggi,
Aṉgiraso, Bhāradvājo, Vāseṭṭho, Kassapo, Bhagu[247]: haben etwa
diese gesagt: ›Wir selber wissen es, wir selber sehn es; dies
nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»So giebt es denn, Bhāradvājo, unter den Priestern auch nicht
einen Priester, der da gesagt hat: ›Ich selber weiß es, ich
selber seh’ es; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹; giebt
es unter den Priestern auch nicht einen Meister, oder Meister
und Altmeister, bis zum siebenten Großmeisterahnen hinauf,
der da gesagt hat: ›Ich selber weiß es, ich selber seh’ es;
dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹; und die da vormals der
Priester Seher waren, die Verfasser der Sprüche, Verkünder
der Sprüche, deren uralte Spruchlieder, wie sie gesungen,
ausgesprochen, gesammelt wurden, die Priester heute und hier
ihnen nachsingen, ihnen nachsagen, das Gesagte weitersagen, das
Gelehrte weiterlehren, als da waren Aṭṭhako, Vāmako, Vāmadevo,
Vessāmitto, Yamataggi, Aṉgiraso, Bhāradvājo, Vāseṭṭho, Kassapo,
Bhagu: auch diese haben nicht gesagt: ›Wir selber wissen es,
wir selber sehn es; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‹
Gleichwie etwa, Bhāradvājo, eine Reihe Blinder, einer dem
anderen angeschlossen, und kein vorderer sieht, und kein
mittlerer sieht, und kein letzterer sieht: ebenso nun auch,
Bhāradvājo, als eine Reihe Blinder will mir das Reden der
Priester erscheinen, wo kein vorderer sieht, und kein mittlerer
sieht, und kein letzterer sieht.[248] Was meinst du wohl,            581
Bhāradvājo: ist also nicht das Vertrauen zu den Priestern
grundlos?«

»Man geht ja nicht, o Gotamo, nur aus Vertrauen zu den
Priestern, auch um des Hörensagens willen geht man zu ihnen.«

»Erst bist du da, Bhāradvājo, auf das Vertrauen gekommen:
vom Hörensagen redest du jetzt. -- Fünf Dinge giebt es,
Bhāradvājo, die da im Leben zweierlei Ausgang haben: welche
fünf? Vertrauen, Hingabe, Hörensagen, prüfendes Urtheil,
geduldig Einsicht nehmen. Das sind, Bhāradvājo, fünf Dinge, die
da im Leben zweierlei Ausgang haben. Denn man kann, Bhāradvājo,
einer Sache gar wohl vertrauen, und sie ist hohl und leer und
falsch; und man kann ihr auch wohl nicht vertrauen, und sie ist
ächt und wahr[249] und wirklich. Denn man kann, Bhāradvājo,
einer Sache gar wohl sich hingeben, gar wohl sie vom Hörensagen
kennen, gar wohl prüfend beurtheilen, gar wohl in sie geduldig
Einsicht nehmen, und sie ist hohl und leer und falsch; und
man kann sich einer Sache auch wohl nicht hingeben, sie vom
Hörensagen auch wohl nicht kennen, auch wohl nicht prüfend
beurtheilen, auch wohl nicht in sie geduldig Einsicht nehmen,
und sie ist ächt und wahr und wirklich. Wer der Wahrheit
nachgeht, Bhāradvājo, ein verständiger Mann, der wird da nicht
gleich einseitig den Schluss ziehn: ›Dies nur ist Wahrheit,
Unsinn anderes‹.«

»Inwiefern aber, o Gotamo, geht man der Wahrheit nach? Wie kann
man der Wahrheit nachgehn? Was der Wahrheit nachgehn sei fragen
wir Herrn Gotamo.«

»Wenn da, Bhāradvājo, ein Mann Vertrauen hat, und er sich
sagt ›Also ist mein Vertrauen‹ und der Wahrheit nachgeht, so
wird er da nicht schon einseitig den Schluss ziehn: ›Dies nur
ist Wahrheit, Unsinn anderes.‹ Wenn da, Bhāradvājo, ein Mann
sich einer Sache hingiebt, sie vom Hörensagen kennt, prüfend
beurtheilt, in sie geduldig Einsicht nimmt, und er sich sagt
›Also nehm’ ich in sie geduldig Einsicht‹ und der Wahrheit
nachgeht, so wird er da nicht schon einseitig den Schluss
ziehn: ›Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes.‹ Insofern,            582
Bhāradvājo, geht man der Wahrheit nach, so kann man der
Wahrheit nachgehn, und insofern erklären wir was der Wahrheit
nachgehn sei: doch ist es noch nicht der Wahrheit Nachkunft.«

»Insofern, o Gotamo, geht man der Wahrheit nach, so kann man
der Wahrheit nachgehn, und insofern verstehn wir was der
Wahrheit nachgehn sei. Inwiefern aber, o Gotamo, kommt man der
Wahrheit nach? Wie kann man der Wahrheit nachkommen? Was der
Wahrheit Nachkunft sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Es weile da, Bhāradvājo, ein Mönch in der Nähe eines Dorfes
oder einer Burg. Und es sucht ihn ein Hausvater auf, oder der
Sohn eines Hausvaters. Und er forscht ihn auf dreifache Weise
aus, über Gier und Hass und Irre: ›Hat etwa dieser Ehrwürdige
solche Eigenschaften der Gier an sich, dass er, im Herzen
von ihnen eingenommen, wenn er nichts weiß ‚Ich weiß es‘,
wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen, oder andere derart
unterweisen mag, dass es ihnen lange zum Unheil und Leiden
gereichen kann?‹ Und indem er ihn erforscht erkennt er: ›Nicht       583
hat dieser Ehrwürdige solche Eigenschaften der Gier an sich,
dass er, im Herzen von ihnen eingenommen, wenn er nichts weiß
‚Ich weiß es‘, wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen, oder
andere derart unterweisen mag, dass es ihnen lange zum Unheil
und Leiden gereichen kann. Denn diesem Ehrwürdigen eignet
solches Betragen und solche Rede, wie es Gierlosen ansteht.
Und die Lehre, welche der Ehrwürdige darlegt, diese Lehre ist
tief, schwer zu entdecken, schwer zu gewahren, still, erlesen,
unbekrittelbar, innig, Weisen erfindlich: nicht wohl kann
diese Lehre von Begehrlichem dargelegt werden.‹ Und hat er ihn,
also erforschend, lauter von Eigenschaften der Gier befunden,
so forscht er ihn weiter aus, über Eigenschaften des Hasses:
›Hat etwa dieser Ehrwürdige solche Eigenschaften des Hasses an
sich, dass er, im Herzen von ihnen eingenommen, wenn er nichts
weiß ‚Ich weiß es‘, wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen,
oder andere derart unterweisen mag, dass es ihnen lange zum
Unheil und Leiden gereichen kann?‹ Und indem er ihn erforscht
erkennt er: ›Nicht hat dieser Ehrwürdige solche Eigenschaften
des Hasses an sich, dass er, im Herzen von ihnen eingenommen,
wenn er nichts weiß ‚Ich weiß es‘, wenn er nichts sieht ‚Ich
seh’ es‘ sagen, oder andere derart unterweisen mag, dass es
ihnen lange zum Unheil und Leiden gereichen kann. Denn diesem
Ehrwürdigen eignet solches Betragen und solche Rede, wie
es Hasslosen ansteht. Und die Lehre, welche der Ehrwürdige
darlegt, diese Lehre ist tief, schwer zu entdecken, schwer           584
zu gewahren, still, erlesen, unbekrittelbar, innig, Weisen
erfindlich: nicht wohl kann diese Lehre von Gehässigen
dargelegt werden.‹ Und hat er ihn, also erforschend, lauter von
Eigenschaften des Hasses befunden, so forscht er ihn weiter
aus, über Eigenschaften der Irre: ›Hat etwa dieser Ehrwürdige
solche Eigenschaften der Irre an sich, dass er, im Herzen
von ihnen eingenommen, wenn er nichts weiß ‚Ich weiß es‘,
wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen, oder andere derart
unterweisen mag, dass es ihnen lange zum Unheil und Leiden
gereichen kann?‹ Und indem er ihn erforscht erkennt er: ›Nicht
hat dieser Ehrwürdige solche Eigenschaften der Irre an sich,
dass er, im Herzen von ihnen eingenommen, wenn er nichts weiß
‚Ich weiß es‘, wenn er nichts sieht ‚Ich seh’ es‘ sagen, oder
andere derart unterweisen mag, dass es ihnen lange zum Unheil
und Leiden gereichen kann. Denn diesem Ehrwürdigen eignet
solches Betragen und solche Rede, wie es Irrlosen ansteht.
Und die Lehre, welche der Ehrwürdige darlegt, diese Lehre ist
tief, schwer zu entdecken, schwer zu gewahren, still, erlesen,
unbekrittelbar, innig, Weisen erfindlich: nicht wohl kann diese
Lehre von Irrigen dargelegt werden.‹ Und hat er ihn, also
erforschend, lauter von Eigenschaften der Irre befunden, so
fasst er Vertrauen zu ihm. Hat er Vertrauen gefasst, so kommt
er heran. Herangekommen gesellt er sich zu. Zugesellt giebt
er Gehör. Offenen Ohres hört er die Lehre. Hat er die Lehre
gehört behält er sie. Hat er die Sätze behalten betrachtet er
den Inhalt. Hat er den Inhalt betrachtet gewähren ihm die Sätze      585
Einsicht. Indem ihm die Sätze Einsicht gewähren billigt er sie.
Indem er sie billigt lässt er sie gelten. Hat er sie gelten
lassen wägt er ab. Hat er abgewogen arbeitet er. Und weil er
innig arbeitet verwirklicht er eben leibhaftig die höchste
Wahrheit, und weise durchbohrend erschaut er sie. Insofern,
Bhāradvājo, kommt man der Wahrheit nach, so kann man der
Wahrheit nachkommen, und insofern erklären wir was der Wahrheit
Nachkunft sei: doch ist es noch nicht der Wahrheit Nachfolge.«

»Insofern, o Gotamo, kommt man der Wahrheit nach, so kann man
der Wahrheit nachkommen, und insofern verstehn wir was der
Wahrheit Nachkunft sei. Inwiefern aber, o Gotamo, folgt man der
Wahrheit nach? Wie kann man der Wahrheit nachfolgen? Was der
Wahrheit Nachfolge sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Eben diese Dinge, Bhāradvājo, pflegen und entwickeln und
ausbilden ist der Wahrheit Nachfolge. Insofern, Bhāradvājo,
folgt man der Wahrheit nach, so kann man der Wahrheit
nachfolgen, und insofern erklären wir was der Wahrheit
Nachfolge sei.«

»Insofern, o Gotamo, folgt man der Wahrheit nach, so kann man
der Wahrheit nachfolgen, und insofern verstehn wir was der
Wahrheit Nachfolge sei. Was ist aber wichtig, o Gotamo, um der
Wahrheit nachzufolgen? Was um der Wahrheit nachzufolgen wichtig
sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um der Wahrheit nachzufolgen, Bhāradvājo, ist arbeiten
wichtig. Wer da nicht arbeitet kann nicht der Wahrheit
nachfolgen. Doch weil er arbeitet folgt er der Wahrheit nach.
Darum ist um der Wahrheit nachzufolgen arbeiten wichtig.«            586

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um zu arbeiten? Was um zu
arbeiten wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um zu arbeiten, Bhāradvājo, ist abwägen wichtig. Wer da nicht
abwägt kann nicht arbeiten. Doch weil er abwägt arbeitet er.
Darum ist um zu arbeiten abwägen wichtig.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um abzuwägen? Was um abzuwägen
wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um abzuwägen, Bhāradvājo, ist geltenlassen wichtig. Wer da
nicht gelten lässt kann nicht abwägen. Doch weil er gelten
lässt wägt er ab. Darum ist um abzuwägen geltenlassen wichtig.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um geltenzulassen? Was um
geltenzulassen wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um geltenzulassen, Bhāradvājo, ist billigen wichtig. Wer da
nicht billigt kann nicht geltenlassen. Doch weil er billigt
lässt er gelten. Darum ist um geltenzulassen billigen wichtig.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um zu billigen? Was um zu
billigen wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um zu billigen, Bhāradvājo, ist es wichtig, dass die Sätze
Einsicht gewähren. Wem da die Sätze keine Einsicht gewähren,
der kann nicht billigen. Doch weil ihm die Sätze Einsicht
gewähren billigt er. Darum ist es um zu billigen wichtig, dass
die Sätze Einsicht gewähren.«[250]

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, auf dass die Sätze Einsicht
gewähren? Was um der Sätze Einsichtgewährung wichtig sei fragen
wir Herrn Gotamo.«

»Auf dass die Sätze Einsicht gewähren, Bhāradvājo, ist es
wichtig den Inhalt betrachten. Wer da nicht den Inhalt               587
betrachtet, dem können die Sätze keine Einsicht gewähren. Doch
weil er den Inhalt betrachtet gewähren ihm die Sätze Einsicht.
Darum ist es um der Sätze Einsichtgewährung wichtig den Inhalt
betrachten.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um den Inhalt zu betrachten?
Was um den Inhalt zu betrachten wichtig sei fragen wir Herrn
Gotamo.«

»Um den Inhalt zu betrachten, Bhāradvājo, ist es wichtig die
Sätze behalten. Wer da nicht die Sätze behält kann nicht den
Inhalt betrachten. Doch weil er die Sätze behält betrachtet er
den Inhalt. Darum ist es um den Inhalt zu betrachten wichtig
die Sätze behalten.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um die Sätze zu behalten? Was
um die Sätze zu behalten wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um die Sätze zu behalten, Bhāradvājo, ist es wichtig die
Lehre hören. Wer da die Lehre nicht hört kann die Sätze nicht
behalten. Doch weil er die Lehre hört kann er die Sätze
behalten. Darum ist es um die Sätze zu behalten wichtig die
Lehre hören.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um die Lehre zu hören? Was um
die Lehre zu hören wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um die Lehre zu hören, Bhāradvājo, ist Gehör geben wichtig.
Wer da nicht Gehör giebt kann die Lehre nicht hören. Doch weil
er Gehör giebt hört er die Lehre. Darum ist es um die Lehre zu
hören wichtig Gehör geben.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um Gehör zu geben? Was um           588
Gehör zu geben wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um Gehör zu geben, Bhāradvājo, ist zugesellen wichtig. Wer
sich da nicht zugesellt kann nicht Gehör geben. Doch weil er
sich zugesellt giebt er Gehör. Darum ist es um Gehör zu geben
wichtig sich zugesellen.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um sich zuzugesellen? Was um
sich zuzugesellen wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um sich zuzugesellen, Bhāradvājo, ist herankommen wichtig. Wer
da nicht herankommt kann sich nicht zugesellen. Doch weil er
herankommt gesellt er sich zu. Darum ist um sich zuzugesellen
wichtig herankommen.«

»Was ist aber wichtig, o Gotamo, um heranzukommen? Was um
heranzukommen wichtig sei fragen wir Herrn Gotamo.«

»Um heranzukommen, Bhāradvājo, ist Vertrauen wichtig. Wer
da kein Vertrauen hat kann nicht herankommen. Doch weil er
Vertrauen hat kommt er heran. Darum ist um heranzukommen
Vertrauen wichtig.«

       *       *       *       *       *

»Was der Wahrheit Nachgehn sei haben wir Herrn Gotamo gefragt:
was der Wahrheit Nachgehn ist hat Herr Gotamo erklärt; und es
hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. Was der
Wahrheit Nachkunft sei haben wir Herrn Gotamo gefragt: was der
Wahrheit Nachkunft ist hat Herr Gotamo erklärt; und es hat uns
gefallen und behagt und wir sind es zufrieden. Was der Wahrheit
Nachfolge sei haben wir Herrn Gotamo gefragt: was der Wahrheit       589
Nachfolge ist hat Herr Gotamo erklärt; und es hat uns gefallen
und behagt und wir sind es zufrieden. Was um der Wahrheit
nachzufolgen wichtig sei haben wir Herrn Gotamo gefragt: was um
der Wahrheit nachzufolgen wichtig ist hat Herr Gotamo erklärt;
und es hat uns gefallen und behagt und wir sind es zufrieden.
Was wir eben auch Herrn Gotamo gefragt haben, das hat eben
auch Herr Gotamo erklärt; und es hat uns gefallen und behagt
und wir sind es zufrieden. -- Wir haben ja früher, o Gotamo,
also gedacht: ›Was sind das doch für kahlköpfige Asketen da,
ein dreistes Gesindel, einer dem anderen auf den Fersen: was
werden die von Wahrheit wissen!‹ Erzeugt hat mir, wahrlich,
Herr Gotamo Asketenliebe zu den Asketen, Asketenfreude an den
Asketen, Asketenehrfurcht vor den Asketen. -- Vortrefflich,
o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo,
als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte,
oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die Finsterniss
brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch ist
von Herrn Gotamo die Lehre gar vielfach gezeigt worden. Und so
nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der
Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten,
von heute an zeitlebens getreu.«[251]



                              96.

             Zehnter Theil            Sechste Rede

                            ESUKĀRĪ


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da nun begab sich Esukārī[252] der Priester dorthin wo der
Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite
nieder. Zur Seite sitzend sprach nun Esukāri der Priester zum
Erhabenen also:

»Die Priester, o Gotamo, verkünden die viererlei Pflichten:
sie verkünden die Pflichten des Priesters, verkünden die
Pflichten des Kriegers, verkünden die Pflichten des Bürgers,
verkünden die Pflichten des Dieners. Da geben denn, o Gotamo,        590
die Priester als Pflichten des Priesters an: ›Der Priester
darf dem Priester dienen, der Krieger darf dem Priester
dienen, der Bürger darf dem Priester dienen, der Diener
darf dem Priester dienen.‹ Das geben, o Gotamo, die Priester
als Pflichten des Priesters an. Da geben denn, o Gotamo, die
Priester als Pflichten des Kriegers an: ›Der Krieger darf dem
Krieger dienen, der Bürger darf dem Krieger dienen, der Diener
darf dem Krieger dienen.‹ Das geben, o Gotamo, die Priester
als Pflichten des Kriegers an. Da geben denn, o Gotamo, die
Priester als Pflichten des Bürgers an: ›Der Bürger darf dem
Bürger dienen, der Diener darf dem Bürger dienen.‹ Das geben,
o Gotamo, die Priester als Pflichten des Bürgers an. Da geben
denn, o Gotamo, die Priester als Pflichten des Dieners an:
›Der Diener nur darf dem Diener dienen: wer wird auch anders
einem Diener dienen?‹ Das geben, o Gotamo, die Priester als
Pflichten des Dieners an. Die Priester, o Gotamo, verkünden
diese viererlei Pflichten. Was hält nun Herr Gotamo davon?«

»Sag’ mir doch, Priester: giebt das die ganze Welt den
Priestern zu, dass diese viererlei Pflichten gelten sollen?«

»Das wohl nicht, o Gotamo!«

»Gleichwie etwa, Priester, wenn da ein Mann wäre, arm, unfrei,
unselbständig; und man nöthigte ihm gegen seinen Willen einen
Bissen auf: ›Da hast du, lieber Mann, ein Stück Fleisch zu
essen, und das musst du mit Geld bezahlen‹: ebenso nun auch,         591
Priester, haben sich die Priester mit den anderen Priestern und
Asketen nicht verständigt, sondern sie verkünden eben diese
viererlei Pflichten. Ich sage nicht, Priester, dass man jedem
dienen solle; ich sag’ auch nicht, Priester, dass man keinem
dienen solle. Denn wer da, Priester, indem er einem dient,
durch den Dienst schlechter würde, nicht besser: dem, sag’ ich,
soll man nicht dienen. Doch wer da, Priester, indem er einem
dient, durch den Dienst besser würde, nicht schlechter: dem,
sag’ ich, soll man dienen. Wenn man da, Priester, einen Krieger
fragte: ›In wessen Dienste dienend du schlechter würdest,
nicht besser; und in wessen Dienste dienend du besser würdest,
nicht schlechter: eines wessen Dienst möchtest du da wählen?‹,
so würde wohl, Priester, der Krieger rechte Antwort also
geben: ›In wessen Dienste dienend ich schlechter würde, nicht
besser: dem mag ich nicht dienen; in wessen Dienste dienend
ich aber besser würde, nicht schlechter: dem mag ich dienen.‹
Wenn man da, Priester, einen Priester fragte, einen Bürger,
einen Diener fragte: ›In wessen Dienste dienend du schlechter
würdest, nicht besser; und in wessen Dienste dienend du besser
würdest, nicht schlechter: eines wessen Dienst möchtest du da
wählen?‹, so würde wohl, Priester, der Priester und der Bürger
und der Diener rechte Antwort also geben: ›In wessen Dienste
dienend ich schlechter würde, nicht besser: dem mag ich nicht
dienen; in wessen Dienste dienend ich aber besser würde, nicht
schlechter: dem mag ich dienen.‹                                     592

»Ich sage nicht, Priester, dass hohe Geburt besser mache;
ich sag’ auch nicht, Priester, dass hohe Geburt schlechter
mache. Ich sage nicht, Priester, dass große Schönheit besser
mache; ich sag’ auch nicht, Priester, dass große Schönheit
schlechter mache. Ich sage nicht, Priester, dass großer
Reichthum besser mache: ich sag’ auch nicht, Priester, dass
großer Reichthum schlechter mache.[253] Auch von hoher Geburt
ist ja da, Priester, mancher ein Mörder, ist ein Dieb, ist ein
Wüstling, Lügner, Verleumder, ist ein Zänker und Schwätzer,
voll Gier und Hass und Eitelkeit: darum sag’ ich nicht,
dass hohe Geburt besser mache. Auch von hoher Geburt ist ja
da, Priester, mancher kein Mörder, ist kein Dieb, ist kein
Wüstling, Lügner, Verleumder, ist kein Zänker und Schwätzer,
ist nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt: darum
sag’ ich nicht, dass hohe Geburt schlechter mache. Auch mit          593
großer Schönheit, Priester, auch mit großem Reichthum ist ja
da mancher ein Mörder, ist ein Dieb, ist ein Wüstling, Lügner,
Verleumder, ist ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass
und Eitelkeit: darum sag’ ich nicht, dass große Schönheit,
großer Reichthum besser mache. Auch mit großer Schönheit,
Priester, auch mit großem Reichthum ist ja da mancher kein
Mörder, ist kein Dieb, ist kein Wüstling, Lügner, Verleumder,
ist kein Zänker und Schwätzer, ist nicht begehrlich, nicht
gehässig, recht gesinnt: darum sag’ ich nicht, dass große
Schönheit, großer Reichthum schlechter mache. Ich sage nicht,
Priester, dass man jedem dienen solle; ich sag’ auch nicht,
Priester, dass man keinem dienen solle. Denn bei wem da,
Priester, indem er einem dient, durch den Dienst das Vertrauen
zunimmt, die Tugend zunimmt, die Erfahrung zunimmt, der
Opfermuth zunimmt, die Weisheit zunimmt: dem, sag’ ich, soll         594
man dienen.«

Nach diesen Worten wandte sich Esukārī der Priester also an den
Erhabenen:

»Die Priester, o Gotamo, verkünden vier Arten von Besitz:
sie verkünden das Besitzthum des Priesters, verkünden das
Besitzthum des Kriegers, verkünden das Besitzthum des Bürgers,
verkünden das Besitzthum des Dieners. Da geben denn, o Gotamo,
die Priester als Besitzthum des Priesters Almosenspende an; ein
Priester aber, der das Besitzthum von Almosenspende verachtet,
begeht Unrecht, dem Hüter gleich, der den Hort angreift. Das
geben, o Gotamo, die Priester als Besitzthum des Priesters
an. Da geben denn, o Gotamo, die Priester als Besitzthum
des Kriegers Bogen und Köcher an; ein Krieger aber, der das
Besitzthum von Bogen und Köcher verachtet, begeht Unrecht,
dem Hüter gleich, der den Hort angreift. Das geben, o Gotamo,
die Priester als Besitzthum des Kriegers an. Da geben denn, o
Gotamo, die Priester als Besitzthum des Bürgers Feldbau und
Viehzucht an; ein Bürger aber, der das Besitzthum von Feldbau
und Viehzucht verachtet, begeht Unrecht, dem Hüter gleich,
der den Hort angreift. Das geben, o Gotamo, die Priester
als Besitzthum des Bürgers an. Da geben denn, o Gotamo, die
Priester als Besitzthum des Dieners Hippe und Tragstock an;
ein Diener aber, der das Besitzthum von Hippe und Tragstock
verachtet, begeht Unrecht, dem Hüter gleich, der den Hort
angreift. Das geben, o Gotamo, die Priester als Besitzthum des
Dieners an. Die Priester, o Gotamo, verkünden diese vier Arten       595
von Besitz. Was hält nun Herr Gotamo davon?«

»Und sag’ mir, Priester: giebt das die ganze Welt den Priestern
zu, dass diese vier Arten von Besitz gelten sollen?«

»Das wohl nicht, o Gotamo!«

»Gleichwie etwa, Priester, wenn da ein Mann wäre, arm,
unfrei, unselbständig; und man nöthigte ihm gegen seinen
Willen einen Bissen auf: ›Da hast du, lieber Mann, ein Stück
Fleisch zu essen, und das musst du mit Geld bezahlen‹:
ebenso nun auch, Priester, haben sich die Priester mit den
anderen Priestern und Asketen nicht verständigt, sondern
sie verkünden eben diese vier Arten von Besitz. Ich aber,
Priester, verkünde ein heiliges, überweltliches Recht als
Besitzthum des Menschen; mag sich auch einer seiner einstigen
Abstammung von Vater und Mutter erinnern, wo er eben also
und also erzeugt und geboren eben diesen und diesen Namen
erhalten hat: im Kriegergeschlechte erzeugt und geboren eben
‚Krieger‘ genannt, im Priestergeschlechte erzeugt und geboren
eben ‚Priester‘ genannt, im Bürgergeschlechte erzeugt und
geboren eben ‚Bürger‘ genannt, im Dienergeschlechte erzeugt
und geboren eben ‚Diener‘ genannt. Gleichwie etwa, Priester,
woher da eben Feuer entfacht eben danach genannt wird, von
Holz entfacht eben ‚Holzfeuer‘ genannt, von Reisig entfacht
eben ‚Reisigfeuer‘ genannt, von Heu entfacht eben ‚Heufeuer‘         596
genannt, von Dung entfacht eben ‚Dungfeuer‘ genannt: ebenso
nun auch, Priester, verkünde ich ein heiliges, überweltliches
Recht als Besitzthum des Menschen; mag sich auch einer seiner
einstigen Abstammung von Vater und Mutter erinnern, wo er eben
also und also erzeugt und geboren eben diesen und diesen Namen
erhalten hat: im Kriegergeschlechte erzeugt und geboren eben
‚Krieger‘ genannt, im Priestergeschlechte erzeugt und geboren
eben ‚Priester‘ genannt, im Bürgergeschlechte erzeugt und
geboren eben ‚Bürger‘ genannt, im Dienergeschlechte erzeugt
und geboren eben ‚Diener‘ genannt. Wer da, Priester, aus
einem Kriegergeschlechte vom Hause fort in die Hauslosigkeit
gezogen und zu des Vollendeten dargelegter Lehre und Ordnung
gekommen ist, von Mord absteht, von Diebstahl absteht, von
Unkeuschheit absteht, von Lüge, Verleumdung, Zank und Geschwätz
absteht, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt
ist, hat Aechtes erwirkt, heilsames Recht. Wer da, Priester,
aus einem Priestergeschlechte oder Bürgergeschlechte oder            597
Dienergeschlechte vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen
und zu des Vollendeten dargelegter Lehre und Ordnung gekommen
ist, von Mord absteht, von Diebstahl absteht, von Unkeuschheit
absteht, von Lüge, Verleumdung, Zank und Geschwätz absteht,
nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt ist, hat
Aechtes erwirkt, heilsames Recht. -- Was meinst du wohl,
Priester: kann da nur ein Priester hierzulande ohne Grimm und
ohne Groll sein Herz an Milde gewöhnen? Aber nicht so ein
Krieger, aber nicht so ein Bürger, aber nicht so ein Diener?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn auch ein Krieger, o Gotamo,
kann hierzulande ohne Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde
gewöhnen: und ebenso, o Gotamo, ein Priester, und ebenso, o
Gotamo, ein Bürger, und ebenso, o Gotamo, ein Diener; ein
jeder, o Gotamo, von den vier Kasten kann hierzulande ohne
Grimm und ohne Groll sein Herz an Milde gewöhnen.«

»Ebenso nun auch, Priester, kann wer da aus einem
Kriegergeschlechte oder Priestergeschlechte oder
Bürgergeschlechte oder Dienergeschlechte vom Hause fort in
die Hauslosigkeit gezogen und zu des Vollendeten dargelegter         598
Lehre und Ordnung gekommen ist, von Mord absteht, von Diebstahl
absteht, von Unkeuschheit absteht, von Lüge, Verleumdung, Zank
und Geschwätz absteht, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht
gesinnt ist, Aechtes erwirken, heilsames Recht. -- Was meinst
du wohl, Priester: darf da nur ein Priester, mit Schwamm und
Seife versehn, zum Flusse baden gehn, um Staub und Schmutz
abzuwaschen? Aber nicht so ein Krieger, aber nicht so ein
Bürger, aber nicht so ein Diener?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! Denn auch ein Krieger, o Gotamo,
darf Schwamm und Seife nehmen und nach dem Flusse baden gehn,
um Staub und Schmutz abzuwaschen: und ebenso, o Gotamo, ein
Priester, und ebenso, o Gotamo, ein Bürger, und ebenso, o
Gotamo, ein Diener; ein jeder, o Gotamo, von den vier Kasten
darf Schwamm und Seife nehmen und nach dem Flusse baden gehn,
um Staub und Schmutz abzuwaschen.«

»Ebenso nun auch, Priester, kann wer da aus einem
Kriegergeschlechte oder Priestergeschlechte oder                     599
Bürgergeschlechte oder Dienergeschlechte vom Hause fort in
die Hauslosigkeit gezogen und zu des Vollendeten dargelegter
Lehre und Ordnung gekommen ist, von Mord absteht, von Diebstahl
absteht, von Unkeuschheit absteht, von Lüge, Verleumdung,
Zank und Geschwätz absteht, nicht begehrlich, nicht gehässig,
recht gesinnt ist, Aechtes erwirken, heilsames Recht. -- Was
meinst du wohl, Priester: es ließe da der König, der Herrscher,
dessen Scheitel gesalbt ist, eine Schaar von hundert Männern
verschiedener Geburt zu sich bescheiden: ›Kommt, ihr Lieben,
die ihr da von Kriegern, Priestern, Fürsten abstammt, und
nehmt ein Reibholz vom Kronbaum, oder von der Föhre, oder
vom Sandel, oder vom Ingwerbaum, und erweckt damit Feuer,
bringt Licht hervor! Und kommt auch ihr Lieben, die ihr da
von Treibern, Jägern, Korbflechtern, Radmachern, Gärtnern            600
abstammt, und nehmt ein Reibholz von einem Hundetrog, oder von
einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von einem
Rizinusbaume, und erweckt damit Feuer, bringt Licht hervor!‹
Was meinst du wohl, Priester: wenn da von denen, die von
Kriegern, Priestern, Fürsten abstammen, mit einem Reibholze
vom Kronbaum, oder von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom
Ingwerbaum, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht ward, hat dann
wohl dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und kann
man dieses Feuer zu Feuerzwecken verwenden? Und wenn da von
denen, die von Treibern, Jägern, Korbflechtern, Radmachern,
Gärtnern abstammen, mit einem Reibholze von einem Hundetrog,
oder von einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von
einem Rizinusbaume, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht ward,
hat dann wohl dieses Feuer keine Flamme und keinen Glanz und
keine Leuchtkraft, und kann man dieses Feuer zu Feuerzwecken
nicht verwenden?«

»Das wohl nicht, o Gotamo! ist da, o Gotamo, von denen, die von
Kriegern, Priestern, Fürsten abstammen, mit einem Reibholze
vom Kronbaum, oder von der Föhre, oder vom Sandel, oder vom
Ingwerbaum, Feuer erweckt, Licht hervorgebracht worden, so hat
dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und man kann
dieses Feuer zu Feuerzwecken verwenden. Und ist da von denen,
die von Treibern, Jägern, Korbflechtern, Radmachern, Gärtnern        601
abstammen, mit einem Reibholze von einem Hundetrog, oder von
einem Schweinetrog, oder von einem Waschtrog, oder von einem
Rizinusbaume Feuer erweckt, Licht hervorgebracht worden, so
hat auch dieses Feuer Flamme und Glanz und Leuchtkraft, und
man kann auch dieses Feuer zu Feuerzwecken verwenden. Denn ein
jedes Feuer, o Gotamo, hat Flamme und Glanz und Leuchtkraft,
und man kann ein jedes Feuer zu Feuerzwecken verwenden.«

»Ebenso nun auch, Priester, kann wer da aus einem
Kriegergeschlechte oder Priestergeschlechte oder
Bürgergeschlechte oder Dienergeschlechte vom Hause fort in
die Hauslosigkeit gezogen und zu des Vollendeten dargelegter
Lehre und Ordnung gekommen ist, von Mord absteht, von Diebstahl
absteht, von Unkeuschheit absteht, von Lüge, Verleumdung, Zank
und Geschwätz absteht, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht       602
gesinnt ist, Aechtes erwirken, heilsames Recht.«

       *       *       *       *       *

Nach diesen Worten sprach Esukārī der Priester also zum
Erhabenen:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger
möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens
getreu.«[254]



                              97.

            Zehnter Theil            Siebente Rede

                          DHANAÑJANI


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen.

Um diese Zeit nun hielt sich der ehrwürdige Sāriputto,
mit vielen Mönchen weiterwandernd, bei Dakkhiṇāgiri auf.
Da nun begab sich einer der Mönche, der zu Rājagaham die
Regenzeit zugebracht hatte, nach Dakkhiṇāgiri, dorthin wo der
ehrwürdige Sāriputto weilte. Dort angelangt wechselte er mit
dem ehrwürdigen Sāriputto höflichen Gruß und freundliche,
denkwürdige Worte und setzte sich seitwärts nieder. Und zu
jenem Mönche, der da seitwärts saß, sprach nun der ehrwürdige
Sāriputto also:

»Ist wohl, Bruder, der Erhabene rüstig und munter?«

»Rüstig, Bruder, ist der Erhabene und munter.«

»Und ist auch, Bruder, die Jüngerschaar rüstig und munter?«

»Auch die Jüngerschaar, Bruder, ist rüstig und munter.«

»Da lebt, Bruder, zu Taṇḍulapāladvārā ein Priester Namens
Dhanañjani: ist wohl, Bruder, dieser Priester Dhanañjani rüstig
und munter?«

»Auch Dhanañjani, Bruder, der Priester, ist rüstig und munter.«      603

»Und ist wohl, Bruder, Dhanañjani der Priester recht beflissen?«

»Und wie gar, Bruder, ist Dhanañjani der Priester recht
beflissen! Dhanañjani, Bruder, der Priester, verlästert beim
König die priesterlichen Hausväter: und bei den priesterlichen
Hausvätern verlästert er den König. Seine Gattin, die fromm
war, aus frommem Hause heimgeführt die ist ihm gestorben, und
er hat eine andere Gattin, die unfromm ist, aus unfrommem
Hause, geheirathet.«

»Schlechtes, wahrlich, Bruder, haben wir gehört, da wir
gehört haben wie unbeflissen Dhanañjani der Priester ist.
Möchten wir doch gelegentlich einmal mit Dhanañjani dem
Priester zusammentreffen, auf dass da irgend eine Unterredung
stattfände.«

Und der ehrwürdige Sāriputto begab sich nun, da er nach
Belieben zu Dakkhiṇāgiri geweilt hatte, auf die Wanderung nach
Rājagaham, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich der Stadt.

Zu Rājagaham weilte nun der ehrwürdige Sāriputto, im
Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen.

Und der ehrwürdige Sāriputto, zeitig gerüstet, nahm Mantel und
Schaale und ging nach Rājagaham um Almosenspeise. Um diese Zeit
aber ließ Dhanañjani der Priester nahe der Stadt seine Kühe im
Kuhstalle melken.

Nachdem nun der ehrwürdige Sāriputto in der Stadt um
Almosenspeise gestanden hatte, kehrte er zurück, nahm das Mahl
ein und begab sich dann zu Dhanañjani dem Priester hin. Und
Dhanañjani der Priester sah den ehrwürdigen Sāriputto von ferne
herankommen; und als er ihn gesehn ging er ihm entgegen und
sprach ihn also an:

»Nur näher, Herr Sāriputto, Milch zu trinken: schon wird es          604
Zeit zum Mahle sein.«

»Genug, Priester: fertig bin ich für heute mit dem Mahle. Am
Fuße jenes Baumes werd’ ich bis Abend verweilen; dort magst du
hinkommen.«

»Wohl, Herr!« entgegnete da zustimmend Dhanañjani der Priester
dem ehrwürdigen Sāriputto.

Und Dhanañjani der Priester begab sich nach dem Mahle, als
er den Morgenimbiss eingenommen, dorthin wo der ehrwürdige
Sāriputto weilte. Dort angelangt wechselte er höflichen
Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem ehrwürdigen
Sāriputto und setzte sich seitwärts hin. Und zu Dhanañjani
dem Priester, der da seitwärts saß, sprach nun der ehrwürdige
Sāriputto also:

»Bist du wohl, Dhanañjani, recht beflissen?«

»Und wie, o Sāriputto, sind wir recht beflissen, die wir Vater
und Mutter zu ernähren, Weib und Kind zu ernähren, Knecht-
und Dienergesinde zu ernähren haben, die wir Freunden und
Genossen Freundes- und Genossendienste zu leisten, Verwandten
und Vettern Verwandten- und Vetterdienste zu leisten haben, den
Gästen Gastfreundschaft gewähren, den Manen Manendienst, den
Göttern Gottesdienst, dem König Königsdienst darbringen müssen,
und auch den Körper da hegen und pflegen sollen!«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: es habe da einer um Vater
und Mutter willen falsch und unrecht gelebt, und wegen seines
falschen und unrechten Lebens verfiel’ er der Hölle höllischen
Wächtern; wär’ es dem etwa gegönnt: ›Ich habe um Vater und
Mutter willen falsch und unrecht gelebt: lasst mich von hinnen,
höllische Wächter!‹, oder wär’ es etwa seinen Eltern gegönnt:
›Er hat unseretwillen falsch und unrecht gelebt: lasst ihn von       605
hinnen, höllische Wächter!‹?«

»Das wohl nicht, o Sāriputto! Wie er auch jammerte ließen ihn
da die höllischen Wächter zur Hölle fahren.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: es habe da einer um Weib und
Kinder willen falsch und unrecht gelebt, und wegen seines
falschen und unrechten Lebens verfiel’ er der Hölle höllischen
Wächtern; wär’ es dem etwa gegönnt: ›Ich habe um Weib und
Kindes willen falsch und unrecht gelebt: lasst mich von
hinnen, höllische Wächter!‹, oder wär’ es etwa seinem Weibe und
Kinde gegönnt: ›Er hat unseretwillen falsch und unrecht gelebt:
lasst ihn von hinnen, höllische Wächter!‹?«

»Das wohl nicht, o Sāriputto! Wie er auch jammerte ließen ihn
da die höllischen Wächter zur Hölle fahren.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: es habe da einer um der
Knechte und Diener willen, um der Freunde und Genossen,
Verwandten und Vettern, um der Gäste willen, habe um der Manen,
um der Götter, um des Königs willen falsch und unrecht gelebt,
und wegen seines falschen und unrechten Lebens verfiel’ er
der Hölle höllischen Wächtern; wär’ es dem etwa gegönnt: ›Ich
habe um jener willen falsch und unrecht gelebt: lasst mich von       606
hinnen, höllische Wächter!‹, oder wär’ es etwa jenen gegönnt:
›Er hat unseretwillen falsch und unrecht gelebt: lasst ihn von
hinnen, höllische Wächter!‹?«

»Das wohl nicht, o Sāriputto! Wie er auch jammerte ließen ihn
da die höllischen Wächter zur Hölle fahren.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: es habe da einer um den Körper
zu hegen und zu pflegen falsch und unrecht gelebt, und wegen
seines falschen und unrechten Lebens verfiel’ er der Hölle
höllischen Wächtern; wär’ es dem etwa gegönnt: ›Ich habe um          608
den Körper zu hegen und zu pflegen falsch und unrecht gelebt:
lasst mich von hinnen, höllische Wächter!‹, oder wär’ es etwa
den anderen für ihn gegönnt: ›Er hat um den Körper zu hegen und
zu pflegen falsch und unrecht gelebt: lasst ihn von hinnen,
höllische Wächter!‹?«

»Das wohl nicht, o Sāriputto! Wie er auch jammerte ließen ihn
da die höllischen Wächter zur Hölle fahren.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: wer um Vater und Mutter willen
falsch und unrecht lebte, oder wer um Vater und Mutter willen
wahr und recht lebte: was ist besser?«

»So einer, o Sāriputto, um Vater und Mutter willen falsch
und unrecht lebte, ist das nicht besser: doch so einer, o
Sāriputto, um Vater und Mutter willen wahr und recht lebte, ist
das eben da besser. Denn dem falschen und unrechten Leben, o
Sāriputto, ist das wahre und rechte Leben vorzuziehn.«

»Es giebt ja noch, Dhanañjani, ehrliche, wohlgegründete
Beschäftigungen, die es ermöglichen Vater und Mutter zu
ernähren ohne Unrecht zu thun und ohne vom rechten Pfade zu
weichen. -- Was meinst du wohl, Dhanañjani: wer um Weib und
Kindes willen falsch und unrecht lebte, oder wer um Weib und
Kindes willen wahr und recht lebte: was ist besser?«

»So einer, o Sāriputto, um Weib und Kindes willen falsch
und unrecht lebte, ist das nicht besser: doch so einer, o
Sāriputto, um Weib und Kindes willen wahr und recht lebte, ist
das eben da besser. Denn dem falschen und unrechten Leben, o         609
Sāriputto, ist das wahre und rechte Leben vorzuziehn.«

»Es giebt ja noch, Dhanañjani, ehrliche, wohlgegründete
Beschäftigungen, die es ermöglichen Weib und Kind zu ernähren
ohne Unrecht zu thun und ohne vom rechten Pfade zu weichen. --
Was meinst du wohl, Dhanañjani: wer um der Knechte und Diener
willen, um der Freunde und Genossen, Verwandten und Vettern,
um der Gäste willen, wer um der Manen, um der Götter, um des
Königs willen falsch und unrecht lebte, oder wer um ihretwillen
wahr und recht lebte: was ist besser?«

»So einer, o Sāriputto, um jener willen falsch und unrecht
lebte, ist das nicht besser: doch so einer, o Sāriputto, um          610
jener willen wahr und recht lebte, ist das eben da
besser. Denn dem falschen und unrechten Leben, o Sāriputto, ist
das wahre und rechte Leben vorzuziehn.«

»Es giebt ja noch, Dhanañjani, ehrliche, wohlgegründete
Beschäftigungen, die es ermöglichen jenen gerecht zu werden
ohne Unrecht zu thun und ohne vom rechten Pfade zu weichen. --
Was meinst du wohl, Dhanañjani: wer um den Körper zu hegen und
zu pflegen falsch und unrecht lebte, oder wer um den Körper zu
hegen und zu pflegen wahr und recht lebte: was ist besser?«

»So einer, o Sāriputto, um den Körper zu hegen und zu pflegen
falsch und unrecht lebte, ist das nicht besser: doch so einer,
o Sāriputto, um den Körper zu hegen und zu pflegen wahr und
recht lebte, ist das eben da besser. Denn dem falschen und
unrechten Leben, o Sāriputto, ist das wahre und rechte Leben
vorzuziehn.«

»Es giebt ja noch, Dhanañjani, ehrliche, wohlgegründete
Beschäftigungen, die es ermöglichen den Körper zu hegen und
zu pflegen ohne Unrecht zu thun und ohne vom rechten Pfade zu
weichen.«

Da war denn Dhanañjani der Priester durch des ehrwürdigen            613
Sāriputto Rede erfreut und befriedigt; und er stand auf und
entfernte sich.

       *       *       *       *       *

Und Dhanañjani der Priester wurde späterhin unwohl, leidend,
schwerkrank. Und Dhanañjani der Priester wandte sich an einen
seiner Leute:

»Geh’, lieber Mann, und begieb dich zum Erhabenen hin und
bring’ dem Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar: ›Dhanañjani, o
Herr, der Priester, ist unwohl, leidend, schwerkrank: er bringt
dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar‹; dann geh’ zum ehrwürdigen
Sāriputto hin und bring’ dem ehrwürdigen Sāriputto zu Füßen
meinen Gruß dar: ›Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl,
leidend, schwerkrank: er bringt dem ehrwürdigen Sāriputto zu
Füßen Gruß dar;‹ und füge hinzu: ›gut wär’ es‹, sagt’ er, o
Herr, ›wenn der ehrwürdige Sāriputto nach dem Hause Dhanañjani
des Priesters kommen wollte, von Mitleid bewogen.‹«

»Wohl, Herr!« entgegnete da gehorsam jener Mann Dhanañjani dem
Priester. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte,
bot ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder.
Seitwärts sitzend sprach er also zum Erhabenen:

»Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl, leidend,
schwerkrank: er bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar.«

Dann begab er sich zum ehrwürdigen Sāriputto hin, bot
ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder.
Seitwärts sitzend sprach er also zum ehrwürdigen Sāriputto:

»Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl, leidend,              614
schwerkrank: er bringt dem ehrwürdigen Sāriputto zu Füßen
Gruß dar; und er lässt sagen, gut wär’ es, o Herr, wenn der
ehrwürdige Sāriputto nach dem Hause Dhanañjani des Priesters
kommen wollte, von Mitleid bewogen.«

Schweigend gewährte der ehrwürdige Sāriputto die Bitte.

Und der ehrwürdige Sāriputto rüstete sich, nahm Mantel und
Schaale und begab sich nach dem Hause Dhanañjani des Priesters.
Dort angelangt nahm er auf dem dargebotenen Sitze Platz. Und er
wandte sich also an Dhanañjani den Priester:

»Fühlst du dich, Dhanañjani, schon wohler, geht es dir etwas
besser, nehmen die Schmerzen wieder ab und nicht zu, merkt man,
dass sie nachlassen und nicht zunehmen?«

»Nicht fühl’ ich mich, o Sāriputto, wohler, es geht mir nicht
besser, die heftigen Schmerzen nehmen zu und nicht ab, man
merkt, dass sie zunehmen und nicht nachlassen. Gleichwie etwa,
o Sāriputto, wenn ein starker Mann mit scharfer Dolchspitze
die Schädeldecke zerhämmerte, ebenso nun auch, o Sāriputto,
schlagen mir überheftige Strömungen auf die Schädeldecke auf:
nicht fühl’ ich mich, o Sāriputto, wohler, es geht mir nicht
besser, die heftigen Schmerzen nehmen zu und nicht ab, man
merkt, dass sie zunehmen und nicht nachlassen. Gleichwie etwa,
o Sāriputto, wenn ein starker Mann feste Riemenstränge auf dem
Kopfe peitschend tanzen ließe, ebenso nun auch, o Sāriputto,
hab’ ich im Kopfe betäubende Kopfgefühle: nicht fühl’ ich mich,
o Sāriputto, wohler, es geht mir nicht besser, die heftigen
Schmerzen nehmen zu und nicht ab, man merkt, dass sie zunehmen
und nicht nachlassen. Gleichwie etwa, o Sāriputto, wenn ein          615
geschickter Schlächter oder Schlächtergeselle mit scharfem
Schlachtmesser den Bauch durchschlitzte, ebenso nun auch, o
Sāriputto, schneiden mir überheftige Strömungen durch den
Bauch: nicht fühl’ ich mich, o Sāriputto, wohler, es geht mir
nicht besser, die heftigen Schmerzen nehmen zu und nicht ab,
man merkt, dass sie zunehmen und nicht nachlassen. Gleichwie
etwa, o Sāriputto, wenn zwei starke Männer einen schwächeren
Mann an beiden Armen ergriffen und in eine Grube voll glühender
Kohlen hineinquälten, hineinrollten, ebenso nun auch, o
Sāriputto, hab’ ich im Körper überheftig glühende Quaal: nicht
fühl’ ich mich, o Sāriputto, wohler, es geht mir nicht besser,
die heftigen Schmerzen nehmen zu und nicht ab, man merkt, dass
sie zunehmen und nicht nachlassen.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, die Hölle oder
der thierische Schooß?«

»Vor der Hölle, o Sāriputto, ist der thierische Schooß besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der thierische
Schooß oder das Gespensterreich?«

»Vor dem thierischen Schooße, o Sāriputto, ist das
Gespensterreich besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, das
Gespensterreich oder die Menschenwelt?«

»Vor dem Gespensterreich, o Sāriputto, ist die Menschenwelt
besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, die
Menschenwelt oder der Himmel der Vier großen Könige?«

»Vor der Menschenwelt, o Sāriputto, ist der Himmel der Vier
großen Könige besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel          616
der Vier großen Könige oder der Himmel der Dreiunddreißig
Götter?«[255]

»Vor dem Himmel der Vier großen Könige, o Sāriputto, ist der
Himmel der Dreiunddreißig Götter besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel der
Dreiunddreißig Götter oder der Himmel der Schattengötter?«

»Vor dem Himmel der Dreiunddreißig Götter, o Sāriputto, ist der
Himmel der Schattengötter besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel der
Schattengötter oder der Himmel der Säligen Götter?«

»Vor dem Himmel der Schattengötter, o Sāriputto, ist der Himmel
der Säligen Götter besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel der
Säligen Götter oder der Himmel der Götter der unbeschränkten
Freude?«

»Vor dem Himmel der Säligen Götter, o Sāriputto, ist der Himmel
der Götter der unbeschränkten Freude besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel der
Götter der unbeschränkten Freude oder der Himmel der Jenseit
der unbeschränkten Freude weilenden Götter?«

»Vor dem Himmel der Götter der unbeschränkten Freude, o
Sāriputto, ist der Himmel der Jenseit der unbeschränkten Freude
weilenden Götter besser.«

»Was meinst du wohl, Dhanañjani: was ist besser, der Himmel der
Jenseit der unbeschränkten Freude weilenden Götter oder die
Brahmawelt?«

»‚Brahmawelt‘ hat Herr Sāriputto gesagt, ‚Brahmawelt‘ hat Herr
Sāriputto gesagt!«

Da gedachte nun der ehrwürdige Sāriputto: ›Diese Priester sind
der Brahmawelt zugeneigt[256]: wie, wenn ich nun Dhanañjani dem
Priester den Weg zeigte, der zu Brahmā führt?‹

»Den Weg, Dhanañjani, der zu Brahmā führt, werd’ ich dir
zeigen: hör’ es und achte wohl auf meine Rede.«

»Ja, Herr!« erwiderte da aufmerksam Dhanañjani der Priester dem
ehrwürdigen Sāriputto. Der ehrwürdige Sāriputto sprach also:

»Was ist das also, Dhanañjani, für ein Weg, der zu Brahmā
führt? Da strahlt, Dhanañjani, ein Mönch liebevollen Gemüthes        617
weilend nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann
nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und
nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt
er die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit weitem,
tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Das
ist, Dhanañjani, der Weg, der zu Brahmā führt. Weiter sodann,
Dhanañjani: erbarmenden Gemüthes, freudevollen Gemüthes,
unbewegten Gemüthes weilend strahlt ein Mönch nach einer
Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann
nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in
allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit
erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem
Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und
Groll geklärtem. Das ist, Dhanañjani, der Weg, der zu Brahmā
führt.«

»Wohl denn, o Sāriputto! Und bring’ dem Erhabenen zu Füßen
meinen Gruß dar: ›Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl,
leidend, schwerkrank: er bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß
dar.‹«

Und der ehrwürdige Sāriputto, der Dhanañjani den Priester,
obzwar noch mehr zu thun war, in hinfällige Brahmawelt
eingeführt hatte, erhob sich nun von seinem Sitze und ging fort.

Bald aber, nachdem der ehrwürdige Sāriputto fortgegangen war,
starb Dhanañjani der Priester und erschien in der Brahmawelt
wieder.

       *       *       *       *       *

Und der Erhabene wandte sich an die Mönche:

»Es hat, ihr Mönche, Sāriputto Dhanañjani den Priester, obzwar       618
noch mehr zu thun war, in hinfällige Brahmawelt eingeführt, ist
dann aufgestanden und fortgangen.«

Und der ehrwürdige Sāriputto kam zum Erhabenen heran, begrüßte
den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder.
Seitwärts sitzend sprach nun der ehrwürdige Sāriputto zum
Erhabenen also:

»Dhanañjani, o Herr, der Priester, ist unwohl, leidend,
schwerkrank: er bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar.«

»Warum hast du doch, Sāriputto, Dhanañjani den Priester, obzwar
noch mehr zu thun war, in hinfällige Brahmawelt eingeführt,
bist dann aufgestanden und fortgegangen?«

»Ich habe, o Herr, gedacht: ›Diese Priester sind der Brahmawelt
zugeneigt: wie, wenn ich nun Dhanañjani dem Priester den Weg
zeigte, der zu Brahmā führt?‹«

»Gestorben ist, Sāriputto, Dhanañjani der Priester, in der
Brahmawelt wiedererschienen.«[257]



                              98.

              Zehnter Theil            Achte Rede

                           VĀSEṬṬHO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Icchānaṉgalam, im Waldgehölz von Icchānaṉgalam.

Um diese Zeit nun hielten sich viele wohlbekannte, wohlberühmte
hochmögende Priester zu Icchānaṉgalam auf, als da waren Caṉkī
der Priester, Tārukkho der Priester, Pokkharasāti der Priester,
Jāṇussoṇi der Priester, Todeyyo der Priester, und noch andere        619
wohlbekannte, wohlberühmte hochmögende Priester.[258]

Als nun eines Tages Vāseṭṭho und Bhāradvājo, zwei junge
Brāhmanen, auf einem Spaziergange lustwandelnd sich ergingen,
kam folgende Rede unter ihnen auf:

»Sagt mir, Herr, wie man Priester wird!«

Bhāradvājo der junge Brāhmane gab also Antwort:

»Wenn da, Herr, einer beiderseit wohlgeboren ist, vom Vater
und von der Mutter aus, lauter empfangen, bis zum siebenten
Ahnherrn hinauf unbefleckt, untadelhaft von Geburt, ist er
insofern, Herr, ein Priester.«

Vāseṭṭho der junge Brāhmane gab also Antwort:

»Wer da, Herr, tugendhaft ist und gewissenhaft lebt[259], ist
insofern, Herr, ein Priester.«

Aber weder vermochte Bhāradvājo der junge Brāhmane Vāseṭṭho
den jungen Brāhmanen zu seiner Ansicht zu bringen, noch auch
vermochte Vāseṭṭho der junge Brāhmane Bhāradvājo den jungen
Brahmanen zu sich zu bekehren. Da wandte sich denn der junge
Vāseṭṭher also an den jungen Bhāradvājer:

»Es hält sich da, o Bhāradvājo, der Asket Gotamo, der
Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, bei
Icchānaṉgalam auf, im Waldgehölz bei Icchānaṉgalam. Diesen
Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen
Ruhmesrufe, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige,
vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der
Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter
der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der
Erwachte, der Erhabene.‹ Wir wollen uns, o Bhāradvājo, dorthin
begeben wo der Asket Gotamo weilt und den Asketen Gotamo darum
befragen: wie es uns der Asket Gotamo erklären wird, so wollen
wir es halten.«

»Gut, Herr!« sagte da zustimmend der junge Bhāradvājer zum           620
jungen Vāseṭṭher.

Und die beiden jungen Brāhmanen Vāseṭṭho und Bhāradvājo begaben
sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt tauschten
sie höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem
Erhabenen und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend
sprach nun der junge Vāseṭṭher den Erhabenen mit den Sprüchen
an:

    »Als Kenner sind wir anerkannt,
    In drei der Veden eingeweiht:
    Pokkharasāti lehrte mich,
    Tārukkho Diesen, meinen Freund.

    »Was Vedendeuter kundgethan,
    Vollkommen haben wir’s gemerkt,
    Behalten sinnig Satz um Satz
    Und sprechen wie ein Meister spricht.

    »Als von Geburt die Rede war
    Erstand ein Streit uns, Gotamo:
    ‚Ein Priester ist man durch Geburt‘,
    Behauptet Bhāradvājo hier,
    Ich aber sage: durch die That;
    Du sollst es wissen, Seherfürst!

    »Und keiner können beide wir
    Zufrieden mit einander sein:
    Den Herrn zu fragen sind wir da,
    Den Auferwachten, hochberühmt.

    »Gleichwie der vollgewordne Mond,
    Hervorgekommen, fromm begrüßt
    Vom Volke, froh gefeiert wird,
    So preisen sie auch deinen Preis.[260]

    »Das Auge, das der Welt erwuchs,
    Befragt sei von uns Gotamo:
    Ist man ein Priester durch Geburt,
    Ist man es durch die That allein?
    Die Ungewissen weise du,
    Auf dass den Priester wir verstehn.«

Der Herr:

    »So will ich denn erklären euch
    Der Reihe nach und recht genau
    Der Wesen mancherlei Geburt,                                     621
    Von einer Art zur andern Art.[261]

    »Das Gras, ihr kennt es, kennt den Baum,
    Doch euch erkennen diese nicht:
    Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
    Von einer Art zur andern Art.

    »Die Kerfe dann, was kriecht und fliegt,
    Ameisen, Asseln insgesammt:
    Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
    Von einer Art zur andern Art.

    »Vierfüß’ge Thiere, klein und groß,
    Auch sind euch diese wohlbekannt:
    Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
    Von einer Art zur andern Art.

    »Bauchläufer kennt ihr, was da schleicht
    Als Schlange hin, als Echse her:
    Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
    Von einer Art zur andern Art.

    »Und Fische kennt ihr, was da schwimmt
    Und schweifend in Gewässern west:
    Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
    Von einer Art zur andern Art.

    »Die Vögel kennt ihr, was da schwebt,
    Auf Schwingen durch die Lüfte zieht:
    Ihr Stamm ist von Geburt bestimmt,
    Von einer Art zur andern Art.

    »Wie nun bei diesen Arten hier
    Bestimmt ist einzeln jeder Stamm,
    So gilt es bei den Menschen nicht,
    Dass einzeln sei der Stamm bestimmt.

    »An Haaren nicht, am Haupte nicht,
    An Ohren und an Augen nicht,
    Am Munde nicht, an Lippen nicht,
    An Nase nicht, an Brauen nicht,

    »Am Halse nicht, an Schultern nicht,
    Am Bauche nicht, am Rücken nicht,
    An Brust nicht und an Hüften nicht,
    An After nicht und nicht an Schaam,

    »An Händen und an Füßen nicht,
    An Fingern und an Nägeln nicht,                                  622
    An Schienen und an Schenkeln nicht,
    Nicht an Gestalt und Stimme nicht
    Ist einzeln jeder Stamm bestimmt
    Wie bei den andern Arten hier.

    »Gemeinsam ist ein jeder Mensch
    Mit seinem Leibe so begabt[262]:
    Was Menschen unterschieden macht,
    Es ist ein Name, den man giebt.

    »Wer es von Menschen immer sei,
    Der von der Viehzucht sich ernährt,
    Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
    Ein Bauer heißt er; Priester nicht.

    »Wer es von Menschen immer sei,
    Der durch ein Handwerk sich erhält,
    Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
    Handwerker heißt er; Priester nicht.

    »Wer es von Menschen immer sei,
    Der sich durch Handel unterhält,
    Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
    Ein Händler heißt er; Priester nicht.

    »Wer es von Menschen immer sei,
    Der sich in Andrer Dienst erhält,
    Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
    Ein Dienstmann heißt er; Priester nicht.

    »Wer es von Menschen immer sei,
    Der nimmt was ihm nicht angehört,
    Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
    Ein Räuber heißt er; Priester nicht.

    »Wer es von Menschen immer sei,
    Der sich um Sold verdungen hat,
    Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
    Ein Söldner heißt er; Priester nicht.

    »Wer es von Menschen immer sei,
    Der Opferamt bei Hofe hält,
    Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
    Ein Opfrer heißt er; Priester nicht.

    »Wer es von Menschen immer sei,
    Der über Land und Leute herrscht,
    Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl:
    Ein König heißt er; Priester nicht.                              623

    »Nicht kann als Priester gelten mir
    Ein fleischgeborner Muttersohn;
    Wohl spricht er andre eifrig an[263]
    Und strebt nach diesem, strebt nach dem:
    Wer nichts erstrebt, wer nichts mehr nimmt,
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer jedes Band durchschnitten hat,
    Wer nimmer bange Furcht erfährt,
    Der Ueberwinder, fesselfrei,
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer Band und Riemen, Strang und Seil
    Mit Macht zerschnitten hat entzwei
    Und, auferwacht, den Riegel hebt:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer Schmähung, Schläge, Haft und Tod
    Geduldig, ruhig, sanft erträgt,
    Der Dulderheld, der herrlich taugt:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Der unerzürnbar schlichte Mann,[264]
    Der alles aushält, nichts verwünscht,
    Der sanft das letzte Dasein lebt:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Dem Tropfen gleich am Lotusblatt,
    Dem Senfkorn gleich an spitzem Pfriem:
    Wer an der Lust nicht hängen bleibt,
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Der Leiden Ende, wer es da
    Hienieden noch an sich erfährt,
    Von Lasten ledig, Fesseln frei:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Der tief bedacht ist, weise will,
    Den Weg und Abweg deutlich schaut,
    Das höchste Gut errungen hat:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Der Welt entfremdet, Brüdern fremd,
    Sich keinen Menschen schließend an,
    Zufrieden ohne Heim und Haus:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Verwerfend jede Waff’ und Wehr,
    Nicht Thieren feind, nicht Pflanzen feind:                       624
    Wer weder tödtet, weder schlägt,
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wuthlos in dieser Wüthenswelt,
    Wehrlos in dieser Waffenwelt,
    Wunschlos in dieser Wunscheswelt:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer abgeworfen Gier und Hass
    Und Hochmuth und Scheinheiligkeit,
    Senfsaamen gleich von spitzem Pfriem:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer ohne Aerger, ohne Grimm
    Der Wahrheit klare Sprache spricht,
    Wodurch er keinen kränken kann:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer da nicht Großes, Kleines nicht,
    Was fein ist, grob, schön, unschön ist,
    Wer nichts von allem nehmen mag:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer nichts erhofft von dieser Welt,
    Wer nichts erhofft von jener Welt,
    Von Hoffnung heil ist, fesselfrei:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer nirgend haften, hangen kann,
    In Weisheit nimmer ungewiss,
    Am ew’gen Ufer angelangt:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer guter That und böser That,
    Wer beiden Fesseln sich entwand,
    Geläutert, ohne Gier und Gram:
    Als Priester gelten kann mir der.[265]

    »Dem reinen vollen Monde gleich,
    Der klar und heiter herrlich strahlt:
    Wer Gnügelust versiegen ließ,
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer diesem Irrweg, diesem Sumpf,
    Dem Wahn der Wandelwelt entrann,
    Gerettet, welterlöst, vertieft,
    Unwandelbar, unzweifelhaft,
    Erloschen ohne Ueberrest:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer da der Liebe Glück verschmäht                               625
    Und haus- und heimlos weiterzieht,
    Wer Liebeslust versiegen ließ,
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wer Durst nach Dasein da verschmäht
    Und haus- und heimlos weiterzieht,
    Wer Durst nach Dasein hat versiegt,
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Entronnen diesem Menschenreich,
    Entgangen aller Götterwelt,
    Von jedem Joche losgelöst:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Der Lust und Unlust abgewandt,
    Verglommen nirgend haftend an,
    Der Ueberwinder aller Welt:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Der Wesen Schwinden, wer es merkt,
    Und ihr Erscheinen allzumal,
    Unhaftbar, sälig, auferwacht:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Von dem nicht Götter, Geister nicht
    Und Menschen nicht die Spur erspähn:
    Der Wahnversieger, Weiheherr,
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Wem nichts mehr gilt Vergangenheit,
    Nichts Zukunft und nichts Gegenwart,
    Wer nichts erstrebt, wer nichts mehr nimmt:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Der Hehre, allerbeste Held,
    Der hohe Seher, siegesreich,
    Vollendet, ewig, auferwacht:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Vergangen Dasein, wer das kennt,
    So Unterwelt wie Oberwelt,
    Und die Geburten hat versiegt:
    Als Priester gelten kann mir der.

    »Nur Name ist es in der Welt                                     626
    Den Stand und Titel darzuthun,
    Von alters überkommen uns,
    Gegeben weiter fort und fort.

    »Was lange Zeiten man geglaubt,
    Das Wort Unweiser, ihr Gebot,
    Man spricht es also noch uns vor:
    ‚Ein Priester ist man durch Geburt.‘

    »Geburt macht nicht den Priester aus,
    Geburt lässt nicht Unpriester sein:
    Die That macht einen Priester aus,
    Die That lässt ihn Unpriester sein.

    »Ein Bauer ist man durch die That,
    Ist durch die That ein Handwerksmann,
    Ein Händler ist man durch die That,
    Ist durch die That im Dienste Knecht,

    »Ein Räuber ist man durch die That,
    Ist durch die That ein Kriegsoldat,
    Ein Opfrer ist man durch die That,
    Ist durch die That ein Landesherr.

    »Getreu der Wahrheit, wohlbewährt,
    Betrachten Denker so die That;
    Wie eines aus dem andern folgt
    Verstehn sie, was die That erwirkt.

    »Durch Thaten ist die Welt bedingt,
    Bedingt durch Thaten ist das Volk;
    Um Thaten dreht sich jedes um,
    Wie um die Achse rollt das Rad.

    »Ein heißer Ernst, ein keuscher Sinn,
    Genugsamkeit und Selbstverzicht,
    Das macht den Menschen Priester sein,
    Ist allerhöchste Priesterschaft.

    »Der Wissen dreifach in sich trägt,
    Gestillt versiegt hat Wiedersein,
    Verstehe da, Vāseṭṭho, wohl,
    Ist Brahmā, Sakko, recht erkannt.«

       *       *       *       *       *

Also belehrt sagten da die jungen Brāhmanen Vāseṭṭho und
Bhāradvājo zum Erhabenen:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger
möge uns Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens             627
getreu.«[266]



                              99.

             Zehnter Theil            Neunte Rede

                             SUBHO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei
Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun hielt sich Subho, ein junger Brāhmane, der
Sohn Todeyyos, zu Sāvatthī auf, in der Wohnung eines gewissen
Hausvaters, irgend eines Geschäftes halber.

Wie sich nun Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos, bei
jenem Hausvater dort befand sprach er also zu ihm:

»Ich habe, Hausvater, reden hören, viel besucht werde Sāvatthī
von Heiligen: was für einen Asketen oder Priester sollen wir da
heute aufsuchen?«

»Es weilt da, o Herr, der Erhabene zu Sāvatthī, im Siegerwalde,
im Garten Anāthapiṇḍikos: Ihn, o Herr, den Erhabenen sollst du
aufsuchen.«

Da begab sich denn Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos,
auf den Rath jenes Hausvaters zum Erhabenen hin. Dort angelangt
wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte
mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts        628
sitzend sprach nun Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos,
zum Erhabenen also:

»Die Priester, o Gotamo, reden also: ›Wer im Hause bleibt kann
Aechtes erwirken, heilsames Recht; wer vom Hause fortzieht kann
es nicht.‹ Was hält nun Herr Gotamo davon?«

»Mancherlei sag’ ich, Brāhmane, darüber aus, nicht sag’ ich
darüber einerlei aus. Ob einer, Brāhmane, im Hause bleibt, oder
ob einer vom Hause fortzieht: lebt er falsch, so lob’ ich es
nicht. Denn wer im Hause bleibt, Brāhmane, und wer vom Hause
fortzieht: lebt er falsch, so kann er um seines falschen Lebens
willen nicht Aechtes erwirken, heilsames Recht. Ob einer,
Brāhmane, im Hause bleibt, oder ob einer vom Hause fortzieht:
lebt er recht, so lob’ ich es. Denn wer im Hause bleibt,
Brāhmane, und wer vom Hause fortzieht: lebt er recht, so kann
er um seines rechten Lebens willen Aechtes erwirken, heilsames
Recht.«

»Die Priester, o Gotamo, reden also: ›Die viel gewichtige,
viel geschäftige, viel sorghafte, viel mühsame Thätigkeit
des Hauslebens trägt viel ein; die wenig gewichtige, wenig
geschäftige, wenig sorghafte, wenig mühsame Thätigkeit des
Pilgerlebens trägt wenig ein.‹[267] Was hält nun Herr Gotamo
davon?«

»Auch darüber sag’ ich, Brāhmane, mancherlei aus, nicht sag’
ich darüber einerlei aus. Es giebt, Brāhmane, eine Thätigkeit,
die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel
mühsam misslingend wenig einträgt. Es giebt, Brāhmane, eine
Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft,
viel mühsam gelingend viel einträgt. Es giebt, Brāhmane,
eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig geschäftig,
wenig sorghaft, wenig mühsam misslingend wenig einträgt. Es          629
giebt, Brāhmane, eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig
geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam gelingend viel
einträgt. Was ist das aber, Brāhmane, für eine Thätigkeit,
die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel
mühsam misslingend wenig einträgt? Der Ackerbau ist, Brāhmane,
eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel
sorghaft, viel mühsam misslingend wenig einträgt. Und was ist
es, Brāhmane, für eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel
geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam gelingend viel einträgt?
Wiederum ist der Ackerbau, Brāhmane, eine Thätigkeit, die
viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam
gelingend viel einträgt. Was ist das aber, Brāhmane, für eine
Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig
sorghaft, wenig mühsam misslingend wenig einträgt? Der Handel
ist, Brāhmane, eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig
geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam misslingend wenig
einträgt. Und was ist es, Brāhmane, für eine Thätigkeit die
wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam
gelingend viel einträgt? Wiederum ist der Handel, Brāhmane,
eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig
sorghaft, wenig mühsam gelingend viel einträgt.

»Gleichwie nun, Brāhmane, der Ackerbau eine Thätigkeit ist, die
viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam
misslingend wenig einträgt: ebenso auch, Brāhmane, ist das
Hausleben eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel geschäftig,
viel sorghaft, viel mühsam misslingend wenig einträgt.
Gleichwie nun, Brāhmane, wiederum der Ackerbau eine Thätigkeit
ist, die viel gewichtig, viel geschäftig, viel sorghaft,
viel mühsam gelingend viel einträgt: ebenso auch, Brāhmane,          630
ist das Hausleben eine Thätigkeit, die viel gewichtig, viel
geschäftig, viel sorghaft, viel mühsam gelingend viel einträgt.
Gleichwie nun, Brāhmane, der Handel eine Thätigkeit ist, die
wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig
mühsam misslingend wenig einträgt: ebenso auch, Brāhmane, ist
das Pilgerleben eine Thätigkeit, die wenig gewichtig, wenig
geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam misslingend wenig
einträgt. Gleichwie nun, Brāhmane, wiederum der Handel eine
Thätigkeit ist, die wenig gewichtig, wenig geschäftig, wenig
sorghaft, wenig mühsam gelingend viel einträgt: ebenso auch,
Brāhmane, ist das Pilgerleben eine Thätigkeit, die wenig
gewichtig, wenig geschäftig, wenig sorghaft, wenig mühsam
gelingend viel einträgt.«

»Die Priester, o Gotamo, geben fünf Bedingungen an, um Gutes zu
thun, Heilsames zu erwerben.«

»Was da, Brāhmane, die Priester als fünf Bedingungen angeben,
um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: wenn es dir nicht
schwer fällt magst du wohl diese fünf Bedingungen der
Versammlung hier mittheilen.«

»Es fällt mir, o Gotamo, nicht schwer, wo so Ehrwürdige
versammelt sind, oder ihnen Aehnliche.«

»Wohlan denn, Brāhmane, so rede.«

»Wahrhaftigkeit, o Gotamo, geben die Priester als erste
Bedingung an, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben. Buße, o
Gotamo, geben die Priester als zweite Bedingung an, um Gutes
zu thun, Heilsames zu erwerben. Keuschen Wandel, o Gotamo,
geben die Priester als dritte Bedingung an, um Gutes zu thun,        631
Heilsames zu erwerben. Andacht, o Gotamo, geben die Priester
als vierte Bedingung an, um Gutes zu thun, Heilsames zu
erwerben. Entsagung, o Gotamo, geben die Priester als fünfte
Bedingung an, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben. Die
Priester, o Gotamo, geben diese fünf Bedingungen an, um Gutes
zu thun, Heilsames zu erwerben. Was hält nun Herr Gotamo davon?«

»Was glaubst du, Brāhmane: giebt es unter den Priestern auch
nur einen Priester, der da gesagt hat: ›Ich selber kann den
Erfolg dieser fünf Bedingungen als erfahren und verwirklicht
aufweisen‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»Was glaubst du, Brāhmane: giebt es unter den Priestern auch
nur einen Meister, oder Meister und Altmeister, bis zum
siebenten Großmeisterahnen hinauf, der da gesagt hat: ›Ich
selber kann den Erfolg dieser fünf Bedingungen als erfahren und
verwirklicht aufweisen‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»Was glaubst du, Brāhmane: die da vormals der Priester Seher
waren, die Verfasser der Sprüche, Verkünder der Sprüche, deren
uralte Spruchlieder, wie sie gesungen, ausgesprochen, gesammelt
wurden, die Priester heute und hier ihnen nachsingen, ihnen
nachsagen, das Gesagte weitersagen, das Gelehrte weiterlehren,
als da waren Aṭṭhako, Vāmako, Vāmadevo, Vessāmitto, Yamataggi,
Aṉgiraso, Bhāradvājo, Vāseṭṭho, Kassapo, Bhagu: haben etwa
diese gesagt: ›Wir selber können den Erfolg dieser fünf
Bedingungen als erfahren und verwirklicht aufweisen‹?«

»Wohl nicht, o Gotamo!«

»So giebt es denn, Brāhmane, unter den Priestern auch nicht
einen Priester, der da gesagt hat: ›Ich selber kann den              632
Erfolg dieser fünf Bedingungen als erfahren und verwirklicht
aufweisen‹; giebt es unter den Priestern auch nicht einen
Meister, oder Meister und Altmeister, bis zum siebenten
Großmeisterahnen hinauf, der da gesagt hat: ›Ich selber
kann den Erfolg dieser fünf Bedingungen als erfahren und
verwirklicht aufweisen‹; und die da vormals der Priester Seher
waren, die Verfasser der Sprüche, Verkünder der Sprüche, deren
uralte Spruchlieder, wie sie gesungen, ausgesprochen, gesammelt
wurden, die Priester heute und hier ihnen nachsingen, ihnen
nachsagen, das Gesagte weitersagen, das Gelehrte weiterlehren,
als da waren Aṭṭhako, Vāmako, Vāmadevo, Vessāmitto, Yamataggi,
Aṉgiraso, Bhāradvājo, Vāseṭṭho, Kassapo, Bhagu: auch diese
haben nicht gesagt: ›Wir selber können den Erfolg dieser
fünf Bedingungen als erfahren und verwirklicht aufweisen.‹
Gleichwie etwa, Brāhmane, eine Reihe Blinder, einer dem anderen
angeschlossen, und kein vorderer sieht, und kein mittlerer
sieht, und kein letzterer sieht: ebenso nun auch, Brāhmane, als
eine Reihe Blinder will mir das Reden der Priester erscheinen,
wo kein vorderer sieht, und kein mittlerer sieht, und kein
letzterer sieht.«

So berichtet wurde Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos
-- vom Erhabenen mit dem Gleichnisse von der Blindenreihe
belehrt -- unwillig und unzufrieden; und den Erhabenen lästernd
und den Erhabenen tadelnd und den Erhabenen warnend -- ›Ob
wohl der Asket Gotamo vollbracht hat‹ -- sprach er also zum
Erhabenen:[268]

»Pokkharasāti, o Gotamo, der Priester, der Opamaññer von
Subhagavanam, hat gesagt: ›Ebenso auch behaupten da gar manche
Asketen und Priester ein überirdisches, reiches Heilthum der         633
Wissensklarheit zu besitzen: denen gereicht diese Rede nur zum
Spotte, zum bloßen Namen, erweist sich ganz eitel und nichtig.
Denn wie sollte wohl ein Erdensohn ein überirdisches, reiches
Heilthum der Wissensklarheit verstehn oder erkennen oder
verwirklichen? Das ist unmöglich.‹«

»Wie denn, Brāhmane: kann der Priester Pokkharasāti, der
Opamaññer von Subhagavanam, auch aller Asketen und Priester
Herz im Herzen schauen und erkennen?«

»Freilich, o Gotamo, nicht einmal bei seiner Magd Puṇṇikā kann
der Priester Pokkharasāti, der Opamaññer von Subhagavanam, das
Herz im Herzen schauen und erkennen: woher sollt’ er denn gar
aller Asketen und Priester Herz im Herzen schauen und erkennen?«

»Gleichwie etwa, Brāhmane, wenn da ein Blindgeborener wäre: der
sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine blauen
und keine gelben, keine rothen und keine grünen, er sähe nicht
was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne und nicht
Mond und nicht Sonne. Und er spräche also: ›Es giebt nichts
Schwarzes und Weißes, es giebt keinen, der Schwarzes und Weißes
sähe; es giebt nichts Blaues und Gelbes, es giebt keinen, der
Blaues und Gelbes sähe; es giebt nichts Rothes und Grünes,
es giebt keinen, der Rothes und Grünes sähe; es giebt nichts         634
Gleiches und Ungleiches, es giebt keinen, der Gleiches und
Ungleiches sähe; es giebt keine Sterne, es giebt keinen, der
Sterne sähe; es giebt weder Mond noch Sonne, es giebt keinen,
der Mond und Sonne sähe. Ich selber weiß nichts davon, ich
selber seh’ nichts davon: darum ist es nicht.‹ Würde der wohl,
Brāhmane, also redend recht aussagen?«

»Gewiss nicht, o Gotamo! Es giebt Schwarzes und Weißes, und
man sieht es; es giebt Blaues und Gelbes, und man sieht es; es
giebt Rothes und Grünes, und man sieht es; es giebt Gleiches
und Ungleiches, und man sieht es; es giebt Sterne und Mond und
Sonne, und man sieht sie. ›Ich selber weiß nichts davon, ich
selber seh’ nichts davon: darum ist es nicht‹: also redend, o
Gotamo, würde jener Mann gewiss nicht recht aussagen.«

»Ebenso nun auch, Brāhmane, ist der Priester Pokkharasāti,
der Opamaññer aus Subhagavanam, blind und augenlos. Dass der
etwa ein überirdisches, reiches Heilthum der Wissensklarheit
verstehn oder erkennen oder verwirklichen würde, ist
unmöglich. -- Was meinst du wohl, Brāhmane: jene hochmögenden
kosalischen Priester, als da sind Caṉkī der Priester, Tārukkho
der Priester, Pokkharasāti der Priester, Jāṇussoṇi der
Priester, oder dein Vater Todeyyo: welche gelten bei denen
als besser, die da mit Zusammenhang reden können, oder ohne          635
Zusammenhang?«[269]

»Mit Zusammenhang, o Gotamo!«

»Welche gelten ihnen als besser, die da mit Bedacht reden
können, oder ohne Bedacht?«

»Mit Bedacht, o Gotamo!«

»Welche gelten ihnen als besser, die da mit Begründung reden
können, oder ohne Begründung?«

»Mit Begründung, o Gotamo!«

»Welche gelten ihnen als besser, die da sinnig reden können,
oder unsinnig?«

»Sinnig, o Gotamo!«

»Was meinst du wohl, Brāhmane: ist es also, hat dann der
Priester Pokkharasāti, der Opamaññer aus Subhagavanam, mit
Zusammenhang geredet, oder ohne Zusammenhang?«

»Ohne Zusammenhang, o Gotamo!«

»Mit Bedacht geredet, oder ohne Bedacht?«

»Ohne Bedacht, o Gotamo!«

»Mit Begründung geredet, oder ohne Begründung?«

»Ohne Begründung, o Gotamo!«

»Sinnig geredet, oder unsinnig?«

»Unsinnig, o Gotamo!«

»Fünf giebt es, Brāhmane, der Hemmungen: welche fünf? Die
Hemmung durch Wunscheswillen, die Hemmung durch Hassensgroll,
die Hemmung durch matte Müde, die Hemmung durch stolzen
Unmuth, die Hemmung durch Schwanken. Das sind, Brāhmane,
die fünf Hemmungen. In diese fünf Hemmungen, Brāhmane, ist
der Priester Pokkharasāti, der Opamaññer aus Subhagavanam,
eingeschlossen, eingeschnürt, verzogen und verwickelt.
Dass der etwa ein überirdisches, reiches Heilthum der
Wissensklarheit verstehn oder erkennen oder verwirklichen
würde, ist unmöglich. Fünf giebt es, Brāhmane, der Begehrungen:
welche fünf? Die durch das Gesicht ins Bewusstsein tretenden
Formen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen,
dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Gehör
ins Bewusstsein tretenden Töne, die ersehnten, geliebten,            636
entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden,
reizenden; die durch den Geruch ins Bewusstsein tretenden
Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack
ins Bewusstsein tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten,
entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden,
reizenden; die durch das Getast ins Bewusstsein tretenden
Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen,
dem Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind, Brāhmane,
die fünf Begehrungen. Diesen fünf Begehrungen, Brāhmane, hat
sich der Priester Pokkharasāti, der Opamaññer aus Subhagavanam,
verlockt, geblendet, anheimgefallen, ohne das Elend zu sehn,
ohne an Entrinnung zu denken, hingegeben. Dass der etwa ein
überirdisches, reiches Heilthum der Wissensklarheit verstehn
oder erkennen oder verwirklichen würde, ist unmöglich.
-- Was meinst du wohl, Brāhmane: wenn Feuer, durch Heu
und Holz genährt, entfacht würde; oder wenn Feuer, durch
regengetränktes Heu und Holz genährt, entfacht würde: welches
von beiden hätte da Flamme und Glanz und Leuchtkraft?«

»Wär’ es möglich, o Gotamo, Feuer, durch regengetränktes Heu
und Holz genährt, zu entfachen, so hätte auch dieses Feuer
Flamme und Glanz und Leuchtkraft.«

»Unmöglich ist es, Brāhmane, es kann nicht sein, dass Feuer,
durch regengetränktes Heu und Holz genährt, entfacht werde,
es sei denn durch magische Macht. Gleichwie nun, Brāhmane,
als ob man Feuer, durch regengetränktes Heu und Holz genährt,
entfachte, erscheint mir, Brāhmane, eine Heiterkeit, durch die
fünf Begehrungen genährt.[270] Gleichwie nun, Brāhmane, als ob
man Feuer, durch Heu und Holz genährt, entfachte, erscheint
mir, Brāhmane, eine Heiterkeit, gar fern von Begierden, fern
von unheilsamen Dingen. Was ist das aber, Brāhmane, für eine         637
Heiterkeit, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen
Dingen? Da weilt, Brāhmane, ein Mönch, eben fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender
ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten
Schauung. Das ist nun, Brāhmane, eine Heiterkeit gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen.

»Weiter sodann, Brāhmane: nach Vollendung des Sinnens und
Gedenkens erwirkt der Mönch die innere Meeresstille, die
Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in
der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten
Schauung. Das ist nun, Brāhmane, eine Heiterkeit gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen.

»Was da, Brāhmane, die Priester als fünf Bedingungen angeben,
um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: welche davon erklären
sie als die wirksamste, um Gutes zu thun, Heilsames zu
erwerben?«

»Was da, o Gotamo, die Priester als fünf Bedingungen angeben,
um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: Entsagung erklären
sie davon als am wirksamsten, um Gutes zu thun, Heilsames zu
erwerben.«

»Was meinst du wohl, Brāhmane: es habe da irgend ein Priester
eine große Opferfeier vorbereitet, und es kämen zwei andere
Priester heran: ›Wir wollen dem Opferfeste dieses Priesters
beiwohnen.‹ Und der eine der beiden gedächte bei sich: ›Ach
dass mir doch bei dem Mahle der beste Sitz, das beste Wasser,
der beste Bissen zufiele, und nicht etwa einem anderen
Priester!‹ Möglich, Brāhmane, dass einem anderen Priester
beim Mahle der beste Sitz, das beste Wasser, der beste Bissen
zugetheilt werde, und nicht ihm. Und er würde erbittert und
missvergnügt: ›Ein anderer Priester hat beim Mahle den besten        638
Sitz, das beste Wasser, den besten Bissen erhalten, nicht ich!‹
Was geben nun wohl, Brāhmane, die Priester als Vergeltung dafür
an?«

»Nicht reichen ja, o Gotamo, die Priester also Almosen:
›Dadurch soll der Nächste erbittert und missvergnügt werden‹,
sondern sie reichen, o Gotamo, eben aus Mitleid Almosen.«

»Ist es also, Brāhmane, so haben die Priester diesen sechsten
Anlass Gutes zu thun, nämlich aus Mitleid.«

»Also ist es, o Gotamo, dass die Priester diesen sechsten
Anlass haben Gutes zu thun, nämlich aus Mitleid.«

»Was da, Brāhmane, die Priester als fünf Bedingungen angeben,
um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: wo hast du diese
zumeist angetroffen, bei Hausleuten oder bei den Pilgern?«

»Was da, o Gotamo, die Priester als fünf Bedingungen angeben,
um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: diese hab’ ich zumeist
bei den Pilgern angetroffen, wenig bei Hausleuten. Wer im
Hause lebt, o Gotamo, ist ja viel bethätigt, viel beschäftigt,
viel besorgt, viel bemüht, nicht jederzeit ganz und gar der
Wahrhaftigkeit zugethan. Wer aber dem Hause fern steht, o
Gotamo, ist wenig bethätigt, wenig beschäftigt, wenig besorgt,
wenig bemüht, jederzeit ganz und gar der Wahrhaftigkeit
zugethan. Wer im Hause lebt, o Gotamo, ist ja viel bethätigt,
viel beschäftigt, viel besorgt, viel bemüht, nicht jederzeit
ganz und gar bußhaft, keusch, andächtig, entsagungsvoll. Wer
aber dem Hause fern steht, o Gotamo, ist wenig bethätigt,
wenig beschäftigt, wenig besorgt, wenig bemüht, jederzeit ganz       639
und gar der Buße, der Keuschheit, der Andacht, der Entsagung
zugethan. Was da, o Gotamo, die Priester als fünf Bedingungen
angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: diese hab’
ich zumeist bei den Pilgern angetroffen, wenig bei Hausleuten.«

»Was da, Brāhmane, die Priester als fünf Bedingungen angeben,
um Gutes zu thun, Heilsames zu erwerben: des Herzens Geräthe
heiße ich diese, wo das Herz ohne Grimm, ohne Groll darauf
hinarbeitet. Da ist, Brāhmane, ein Mönch wahrhaftig, und ›Ich
bin wahrhaftig‹ weiß er und gewinnt Verständnis des Sinnes,
Verständniss der Wahrheit, verständnissreife Wahrheitwonne; und
was da heilsame Wonne ist, das heiß’ ich des Herzens Geräth,
wo das Herz ohne Grimm, ohne Groll darauf hinarbeitet. Da ist,
Brāhmane, ein Mönch bußhaft, keusch, andächtig, entsagungsvoll,
und er weiß es und gewinnt Verständniss des Sinnes,
Verständniss der Wahrheit, verständnissreife Wahrheitwonne; und
was da heilsame Wonne ist, das heiß’ ich des Herzens Geräth,
wo das Herz ohne Grimm, ohne Groll darauf hinarbeitet. Was da,
Brāhmane, die Priester als fünf Bedingungen angeben, um Gutes
zu thun, Heilsames zu erwerben: des Herzens Geräthe heiße ich
diese, wo das Herz ohne Grimm, ohne Groll darauf hinarbeitet.«

Nach diesen Worten wandte sich Subho der junge Brāhmane, der
Sohn Todeyyos, also an den Erhabenen:

»Reden hab’ ich hören, o Gotamo: ›Der Asket Gotamo kennt den
Weg, der zu Brahmā führt.‹«                                          640

»Was meinst du wohl, Brāhmane: ist Naḷakāram das Dorf nahebei,
liegt es unweit von hier?«

»Freilich, Herr, ist Naḷakāram das Dorf nahebei, es liegt
unweit von hier.«

»Was meinst du wohl, Brāhmane: es sei da ein Mann, in Naḷakāram
von Geburt auferwachsen, und man fragte ihn, wie weit es noch
des Weges nach Naḷakāram sei: würde da etwa, Brāhmane, dieser
Mann, in Naḷakāram von Geburt auferwachsen, um den Weg nach
Naḷakāram gefragt, irgend zögern oder zaudern?«

»Gewiss nicht, o Gotamo!«

»Und warum nicht?«

»Der Mann ist ja, o Gotamo, in Naḷakāram von Geburt
auferwachsen: so kennt er denn alle die Wege nach Naḷakāram
genau.«

»Doch könnte, Brāhmane, dieser Mann, in Naḷakāram von Geburt
auferwachsen, um den Weg nach Naḷakāram gefragt, irgend zögern
oder zaudern: nicht aber kann der Vollendete, um die Brahmawelt
oder den Pfad, der zur Brahmawelt führt, gefragt, irgend
zögern oder zaudern. Den Brahmā kenn’ ich, Brāhmane, und die
Brahmawelt und den Pfad, der zur Brahmawelt führt, und auf
welche Weise man in brahmische Welt gelangt, auch das kenn’
ich.«

»Reden hab’ ich hören, o Gotamo: ›Der Asket Gotamo zeigt den
Weg, der zu Brahmā führt.‹ O dass mir doch Herr Gotamo den Weg
zeigte, der zu Brahmā führt!«

»Wohlan denn, Brāhmane, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Ja, Herr!« erwiderte da aufmerksam Subho der junge Brāhmane,
der Sohn Todeyyos, dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Was ist das also, Brāhmane, für ein Weg, der zu Brahmā führt?
Da strahlt, Brāhmane, ein Mönch liebevollen Gemüthes weilend         641
nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der
dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach
unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er
die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit weitem, tiefem,
unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. In also geübter
liebevoller Gemütherlösung, Brāhmane, kann beschränktes Werk
nicht mehr übrig bleiben, nicht mehr bestehn. Gleichwie etwa,
Brāhmane, ein kräftiger Trompeter gar mühelos nach den vier
Seiten posaunen kann, ebenso nun auch, Brāhmane, kann in
also geübter liebevoller Gemütherlösung beschränktes Werk
nicht mehr übrig bleiben, nicht mehr bestehn. Das aber ist,
Brāhmane, der Weg, der zu Brahmā führt.

»Weiter sodann, Brāhmane: erbarmenden Gemüthes, freudevollen
Gemüthes, unbewegten Gemüthes weilend strahlt ein Mönch nach
einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten,
dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten:
überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die
ganze Welt mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe,
mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem,
von Grimm und Groll geklärtem. In also geübter erbarmender,
freudevoller, unbewegter Gemütherlösung, Brāhmane, kann
beschränktes Werk nicht mehr übrig bleiben, nicht mehr bestehn.
Gleichwie etwa, Brāhmane, ein kräftiger Trompeter gar mühelos
nach den vier Seiten posaunen kann, ebenso nun auch, Brāhmane,
kann in also geübter erbarmender, freudevoller, unbewegter
Gemütherlösung beschränktes Werk nicht mehr übrig bleiben,           642
nicht mehr bestehn. Das aber ist, Brāhmane, der Weg, der zu
Brahmā führt.«

       *       *       *       *       *

Nach dieser Rede sprach Subho der junge Brāhmane, der Sohn
Todeyyos, zum Erhabenen also:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie
etwa, o Gotamo, als ob einer Umgestürztes aufstellte, oder
Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht
in die Finsternis brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹:
ebenso auch ist von Herrn Gotamo die Lehre gar manigfach
dargelegt worden. Und so nehm’ ich bei Herrn Gotamo Zuflucht,
bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge
mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu.
-- Wohlan denn, o Gotamo, jetzt wollen wir aufbrechen: manche
Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, Brāhmane, belieben mag.«

Und Subho der junge Brāhmane, der Sohn Todeyyos, durch des
Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, stand auf von seinem
Sitze, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum
und entfernte sich.

Um diese Zeit aber fuhr Jāṇussoṇi der Priester in einem weißen
Zeltwagen aus Sāvatthī hinaus, am Nachmittage. Da sah Jāṇussoṇi
der Priester den jungen Brāhmanen Subho, den Sohn Todeyyos, von
ferne herankommen, und als er ihn gesehn sprach er also zu ihm:

»Sieh’ da, wo kommt denn der verehrte Bhāradvājo[271] her, in
der Sonne des Nachmittags?«[272]

»Von dort, Lieber, vom Asketen Gotamo komme ich.«

»Was meint wohl Herr Bhāradvājo: hat der Asket Gotamo große          643
Geisteskraft? Man hält ihn für weise.«

»Wer bin ich, Lieber, dass ich über die große Geisteskraft des
Asketen Gotamo urtheilen sollte? Der müsste ihm wohl gleichen,
der die große Geisteskraft des Asketen Gotamo kennte!«

»Gewaltig, fürwahr, preist Herr Bhāradvājo das Lob des Asketen
Gotamo!«

»Wer bin ich, Lieber, dass ich den Asketen Gotamo preisen
sollte? Von Gepriesenen gepriesen wird Herr Gotamo, der Höchste
der Götter und Menschen. Und was da, Lieber, die Priester als
fünf Bedingungen angeben, um Gutes zu thun, Heilsames zu
erwerben: nur des Herzens Geräthe sind es, hat Herr Gotamo
gesagt, wo das Herz ohne Grimm, ohne Groll darauf hinarbeitet.«

       *       *       *       *       *

Also berichtet stieg Jāṇussoṇi der Priester von seinem weißen
Zeltwagen herab, entblößte eine Schulter, verneigte sich
ehrerbietig nach der Richtung wo der Erhabene weilte, und ließ
dann den Gruß ertönen:

    »Gesegnet ist
    König Pasenadi von Kosalo,
    Hochgesegnet ist
    König Pasenadi von Kosalo,
    In dessen Reiche
    Der Vollendete weilt,
    Der Heilige, vollkommen Erwachte.« [273]



                             100.

             Zehnter Theil            Zehnte Rede

                           SAṈGĀRAVO


Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im
Lande Kosalo von Ort zu Ort, von vielen Mönchen begleitet.           644

Um diese Zeit nun lebte Dhanañjānī, das Weib eines Priesters,
zu Paccalakappam, gläubig ergeben dem Meister, der Lehre und
den Jüngern.[274]

Da hielt denn Dhanañjānī das Priesterweib mit ihrer Arbeit inne
und ließ dreimal den Gruß ertönen:

    »Verehrung dem Erhabenen,
    Dem heilig auferwachten Herrn!

    »Verehrung dem Erhabenen,
    Dem heilig auferwachten Herrn!

    »Verehrung dem Erhabenen,
    Dem heilig auferwachten Herrn!«

Damals aber war Saṉgāravo, ein junger Brāhmane, nach
Paccalakappam gezogen, ein Meister der drei Veden, sammt ihrer
Auslegung und Deutung, sammt ihrer Laut- und Formenlehre, und
ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der
die Merkmale eines großen Weltweisen aufwies.

Und Saṉgāravo der junge Brāhmane hatte gehört wie Dhanañjānī
das Priesterweib also gesprochen, und er wandte sich zu ihr:

»Verkümmert ist dieses Priesterweib Dhanañjānī, verkommen ist
dieses Priesterweib Dhanañjānī, das ja da, wo es Priester,
Kenner der drei Veden giebt, jenen kahlgeschorenen Asketen
preisen mag!«[275]

»Nicht kennst du ja doch, guter Freund, des Erhabenen Tugend
und Weisheit: wenn du, guter Freund, des Erhabenen Tugend und
Weisheit kenntest, so würdest du, guter Freund, nicht daran
denken, Ihn, den Erhabenen zu schmähen und zu schelten.«

»Wohl denn, liebe Frau: wenn einmal der Asket Gotamo nach
Paccalakappam kommt, so lass’ es mir sagen!«

»Gern, guter Freund!« erwiderte da Dhanañjānī das Priesterweib
Saṉgāravo dem jungen Brāhmanen.

       *       *       *       *       *

Und der Erhabene wanderte im Lande Kosalo von Ort zu Ort weiter
und gelangte allmälig nach Paccalakappam.

Zu Paccalakappam weilte nun der Erhabene, im Mangohaine der          645
Todeyyer Priester.

Da hörte Dhanañjānī das Priesterweib reden: ›Der Erhabene
ist in Paccalakappam angekommen, weilt bei Paccalakappam, im
Mangohaine der Todeyyer Priester!‹

Und Dhanañjānī das Priesterweib begab sich zu Saṉgāravo dem
jungen Brāhmanen hin und meldete ihm:

»Er ist hier, guter Freund! In Paccalakappam ist der Erhabene
angekommen, weilt bei Paccalakappam, im Mangohaine der Todeyyer
Priester: wie es dir nun, guter Freund, belieben mag.«

»Schön, liebe Frau!« sagte da freundlich Saṉgāravo der junge
Brāhmane zu Dhanañjānī dem Priesterweib.

Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte
höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem
Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend
sprach nun Saṉgāravo der junge Brāhmane zum Erhabenen also:

»Es giebt, o Gotamo, manche Asketen und Priester, die der
Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden
erreicht zu haben glauben. Zu welchen aber, o Gotamo, von
diesen Asketen und Priestern, die der Erkenntniss letzte
Vollendung, das Urasketenthum hienieden erreicht zu haben
glauben, gehört da Herr Gotamo?«

»Die der Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum
hienieden erreicht zu haben glauben sind eben, sag’ ich,
Bhāradvājo[276], verschieden geartet. Es giebt, Bhāradvājo,
manche Asketen und Priester, die wissen vom Hörensagen her und
glauben, durch Hörensagen der Erkenntniss letzte Vollendung,
das Urasketenthum hienieden erreicht zu haben; gleichwie
etwa die Dreivedenpriester. Es giebt auch, Bhāradvājo,
manche Asketen und Priester, die ganz aus eigenem Dünken der
Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden
erreicht zu haben glauben; gleichwie etwa die Grübler und
Forscher.[277] Es giebt, Bhāradvājo, manche Asketen und
Priester, die bei nie zuvor erfahrenen Dingen die Wahrheit           646
eben selbst erkannt und der Erkenntniss letzte Vollendung,
das Urasketenthum hienieden erreicht zu haben glauben. Zu
den Asketen und Priestern, Bhāradvājo, die da bei nie zuvor
erfahrenen Dingen die Wahrheit eben selbst erkannt und der
Erkenntniss letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden
erreicht zu haben glauben, zu denen gehör’ ich. Darum muss man
es nun, Bhāradvājo, dem Verhältniss entsprechend beurtheilen,
wie zu den Asketen und Priestern, die bei nie zuvor erfahrenen
Dingen die Wahrheit eben selbst erkannt und der Erkenntniss
letzte Vollendung, das Urasketenthum hienieden erreicht zu
haben glauben, auch ich gehöre.«[278]

»Ernstlich hat sich wohl Herr Gotamo darum bemüht, ehrlich hat       664
sich wohl Herr Gotamo darum bemüht, wie das einem Heiligen,
vollkommen Erwachten ansteht. -- Sagt mir doch, Herr Gotamo:
giebt es Götter?«

»Deutlich merkt man es ja, Bhāradvājo, ob es Götter giebt.«

»Wie denn, o Gotamo: auf die Frage ›Giebt es Götter‹ antwortest
du ›Deutlich merkt man es ja, Bhāradvājo, ob es Götter giebt‹;
dann also ist es, o Gotamo, bloße Lüge?«

»‚Giebt es Götter‘, wer also, Bhāradvājo, gefragt, ›Es giebt
Götter‹ sagte, und wer ›Deutlich merkt man es ja‹ sagte: ein
verständiger Mann wird da wohl den nämlichen Schluss ziehn, ob
es Götter giebt.«

»Warum aber hat mir Herr Gotamo nicht sogleich Bescheid
gegeben?«

»Der Edle ist einig geworden, Bhāradvājo, in der Welt, ob es
Götter giebt.«

       *       *       *       *       *

Nach diesen Worten sprach Saṉgāravo der junge Brāhmane zum
Erhabenen also:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger        665
möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens
getreu.«



ANMERKUNGEN


[* _Saṃyuttakanikāyo_ vol. III. p. 138 (übers.
Buddhist. Anthol. S. 188). Aehnlich in der hundertsten Rede der
vorliegenden Sammlung, gegen Ende, sowie an anderen Orten.]

[** Eine nicht unwillkommene Beglaubigung der
einheimischen Urkunden haben jene vortrefflichen Griechen
geliefert, die nach dem /Alexander/-Zuge sich längere
Zeit in Indien aufhielten und indische Dinge eifrig und
liebevoll studierten: so namentlich /Megasthenes/,
der zu Beginn des dritten Jahrhunderts wiederholt in der
Residenz des Großvaters Asokos, im Mittelpunkte des damaligen
buddhistischen Lebens, zu _Pāṭaliputtam_ weilte. Mit scharfem
Blicke hat dieser Forscher beobachtet und geschildert was er
gesehn und erfahren, und die wenigen uns erhaltenen Bruchstücke
seiner Aufzeichnungen hören sich manchmal wie wörtliche
Quellenberichte an. Ich habe mich ihrer gelegentlich bedient
und möchte hier nur, als Beispiel, die 38. Anmerkung erwähnen.]

[*** Proben aus den Werken dieses außerordentlichen
Mannes hat uns /Grierson/ in sehr schöner Uebersetzung
gegeben, Indian Antiquary, August-Oktober 1893; man wird schon
da viele Gleichnissparallelen finden, die theils dem Genius des
Dichters, theils aber auch der großen indischen Vergangenheit
angehören.]

[† nach der _Smṛti_, e. g. _Mahābhāratam_ XIII,
108, 3 ff., _śuddhe satyatoye dhṛtihrade snātavyaṃ mānase
tīrthe... sa bāhyābhyantaraḥ śuciḥ,_ i. q. _Majjhimanikāyo_
7. Rede, p. 39, _antaraṃ sinānam._ Eine offenbare Blüthezeit
des neogenen Buddhismus in Mittelindien noch vierzehnhundert
Jahre nach seiner Entstehung hat /Bühler/ aus
Inschriften des achten bis zehnten Jahrhunderts, die sich an
jene des vorhergehenden Jahrtausends folgerecht anschließen,
Epigraphia Indica vol. II. p. 366 ff., nachgewiesen. Ein von
mir erworbenes Granitbildniss des Buddho im rein indischen
_Jina_-Stil vom Tempel bei Gayā trägt die Inschrift

    [ye dharmā he] tuprabhavā hetuṃ t[e]ṣām tathāgato
    [āha te]ṣā[ṃ] ca yo nirodha evamvādī mahā
    [śra[ma]ṇaḥ (||)

in Lettern des zehnten bis elften Jahrhunderts. Eine etwa
zweihundert Jahre spätere Inschrift, »Nach des Erhabenen
Vollendung Jahr 1813« datiert, vom heutigen Sonnentempel zu
Gayā, hat /Cunningham/ im Archaeological Survey of India
vol. I. p. 1 mitgetheilt und /Bhagwānlāl Indrājī/ im
Indian Antiquary vol. X. p. 341-347 mit einem vorzüglichen
Facsimile erklärt, ib. vol. XVII. p. 61 ff. /Kielhorn/
eine noch spätere buddhistische Inschrift vom _Jetavanam_
bei _Sāvatthī_ veröffentlicht. So ist auch von außen, schon
für die gröbere Wahrnehmung, durch eine ununterbrochene
Reihe sprechender Ruinen, von Asoko bis in die neueren
Zeiten der muhammedanischen Wüthensherrschaft, das Bestehn
des Buddhismus in Indien verbürgt. Vereinzelt haben sich
in Bengālen buddhistische Herrscher bis in das sechzehnte
Jahrhundert -- der Epoche des /Tul’sīdās/ -- gehalten;
von /Kern/ in /Bühlers/ Grundriss III. 8. p. 134
historisch belegt.]


[Fußnote 1: zu _kasaṭam_ cf. _karṣū_.]

[Fußnote 2: Eine gute Uebersicht des unglaublich
peinlichen Opferwesens hat /Hillebrandt/ in seiner
»Rituallitteratur« gegeben, /Bühlers/ Grundriss III.
2. Vergl. daselbst p. 126 zum obigen _magavisāṇena piṭṭhiṃ
kaṇḍūvamāno_, p. 110 zur Melksymbolik; zur _gāvī sarūpavacchā_
die _Gṛhyasūtren,_ e. g. _Śāṃkhāyanas_ 5. _{5}. _{7}.]

[Fußnote 3: _saṉkhalikhitam,_ das ich von _saṉkhya^0_
abgeleitet habe, kann möglicherweise doch auf _śaṉkha^0_
zurückgehn: also »angereihte _Gaurī_-Schnecken (Cypraea
moneta)«, statt »der Reihe nach geschrieben«. Die Bedeutung ist
in diesem wie jenem Falle die selbe: Punkt für Punkt.]

[Fußnote 4: _ajjhattaṃ sampasādanam;_ cf.
_Chāndogyopaniṣat_ VIII, 3, 4: _Atha ya eṣa saṃprasādo...
eṣa ātmā._ Entspricht der γαληνῃ ἑτυχιᾳ τε εν τῃ ψυχῃ
/Platons/, De legibus 791a.

Vergl. Bd. 1, letzte Anm.]

[Fußnote 5: Cf. Asoko, VI. Säulenedikt i. f.: _E cu iyaṃ atunā
pacūpagamane, se me mokhyamate._]

[Fußnote 6: Vergl. _Manus_ II, 245 f.]

[Fußnote 7: Die Stadt Aṭṭhakam ist auf der Sāñci-Stele No. 204
aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert, als Heimath eines
Mönches Gaṉgadatto, bezeugt: Epigraphia Indica vol. II. p. 378.]

[Fußnote 8: Zu dieser Weihe des Hauses cf. den Spruch
_Ṛgvedas_ VIII. 17. _{14}.]

[Fußnote 9: Lies mit dem siam. Texte _santharāpetvā_.]

[Fußnote 10: Obiger Spruch findet sich, wie /Trenckner/
bemerkt hat, auch in den anderen drei Sammlungen, und
zwar im _Dīghanikāyo_ Mitte der dritten und besonders
Ende der 27. Rede, im _Aṉguttaranikāyo_ XI., 1., Ende, im
Saṃyuttakanikāyo XXI., 11., v. _{1.}, und VI, 2., _{1.} Ja
/Bühler/ ist einem analogen Worte _Sanaṉkumāros_ sogar
im _Mahābhāratam_ begegnet: worauf /Rhys Davids/
in seiner Uebersetzung des _Dīghanikāyo,_ vol. I. p. 121,
hingewiesen hat. Eine wichtige, wörtliche Parallele bietet die
_Bṛhadāraṇyakopaniṣat_ I., 4., _{23}]: _kṣatrāt paraṃ nāsti_.

Vergl. auch die 37. Rede, im 1. Bande.

Die bekannte Gegenbehauptung der Priester wird in der 84., 93.
und 98. Rede erörtert.]

[Fußnote 11: Lies mit den barm. und siam. Texten _oropeyya_,
von √(ruh)+_ava_.]

[Fußnote 12: Potaliyo ist Halbasket gewesen, wie etwa Keṇiyo
in der 92. Rede: nach der _Smṛti_ zu den _kuṭīcakās_ gehörig,
die sich noch einen gewissen Besitz, und sei es auch nur eine
Hütte, erlauben.]

[Fußnote 13: _komārabhacco_, _kaumārabhṛtyas_, ist wohl
insbesondere der Titel des Arztes im _rājorodho_. Der
Kommentar, d. i. _Vinayapiṭakam_ vol. I. p. 269, trägt, wie
gewöhnlich, Legenden vor.]

[Fußnote 14: Die Schlussfolgerung dieser Rede ist bei _Manus_
V, 51 in den Spruch zusammengefaßt:

    Anumantā viśasitā
    nihantā krayavikrayī
    saṃskartā copahartā ca
    khādakaśceti ghātakāḥ.

Die Lehre vom _brahmavihāro_, von der Jīvako hat reden hören
und hier Bürgschaft gesehn, wird nahezu gleichlautend von
_Āpastambas_ gepriesen, _Dharmasūtram_, 1, 8, 23, 1:

    Ātmanpaśyansarvabhūtāni
    na muhyeccintayankaviḥ:
    ātmānaṃ caiva sarvatra yaḥ paśyet
    sa vai Brahmā nākapṛṣṭhe virājati.

]

[Fußnote 15: Nāthaputto ist bekanntlich der Meister der
_Jainās_ gewesen. Vergl. Bd. 1 Anm. 9 und 24.]

[Fußnote 16: Das Dogma der _Jainās_ vom dreifachen
_(kamma-)daṇḍo_ findet sich in der großen _Sannyāsopaniṣat_,
II. Theil v 97, bestätigt:

    Vāgdaṇḍe maunamātiṣṭhet,
    kāyadaṇḍe tvabhojanam,
    mānase tu kṛte daṇḍe
    prāṇāyāmo vidhīyate.

Dementsprechend ist _Manus_ XII, 10 zu erklären.[A]]

[A Auf _Manus_ XII, 10 hat, nach BÖHTLINGK-ROTH,
bereits /FEER/ im Journal asiatique 1888 II. p. 237 f.
hingewiesen.]

[Fußnote 17: Der jinistische Büßer darf allenfalls
Flusswasser, aber kein Brunnenwasser trinken, um angeblich das
Einschlürfen kleiner Lebewesen möglichst zu vermeiden. Vergl.
die peinlichen Wasserregeln im _Aupapātikasūtram_ § 80.]

[Fußnote 18: Zur magischen Zornesmacht cf. die Legende von
Asito Devalo und den Sieben Sehern, gegen Ende der 93. Rede.

Nach den kommentariellen Sagen des _Milindapañho_ und
_Mahāvastu_ wäre _Daṇḍakāraññam_ etc., der _Daṇḍaker_ Wald, im
weiteren Sinne als der _Daṇḍaker_ ~Reich~ aufzufassen.
Aber _raññam_ in der Bedeutung _rajjam_ ist mir nicht bekannt;
auch würde da wohl der Text _Daṇḍakāraññam_ etc. erfordern.
Die siamesische lectio hat allerdings das zweifelhafte
_Daṇḍakīraññam_, dagegen aber wieder ganz klar _Kāliṉgā^0_,
_Mejjhā^0_, _Mātangāraññam_. Richtig erscheint demnach unser
_Daṇḍakāraññam_ im _Saṃskṛt_ als _Daṇḍakāraṇyam_ und wird nur
als undurchdringlicher Urwald erklärt, z. B. in einer ungemein
interessanten und geistvollen südindischen Legende, mitgetheilt
vom Paṇḍit /Naṭeśa-Śāstrī/ im Indian Antiquary
vol. XVII. p. 259-264.]

[Fußnote 19: Vergl. den schönen Brauch der _dhanmmaparipucchā_
bei Asoko, VIII. Felsenedikt.]

[Fußnote 20: _anuvicca_, √(i)+_anu_+_vi_]; cf.
_anuvicarati_.]

[Fußnote 21: Lies mit dem siam. Texte _bhagavato sāvakānam
bh._^0]

[Fußnote 22: _nisalho, yassa paṭibalo sabhāyaṃ n’atthi_ =
_appaṭipuggalo_.]

[Fußnote 23: Lies mit dem siam. Texte _appabhītassa_,
_a_+_pra._^0]

[Fußnote 24: Wie allgemein bekannt diese Rede noch im dritten
Jahrhundert nach Gotamo war beweist ein Relief zu Barāhat mit
der Unterschrift _Dighatapasi sise anusāsati_: offenbar eine
Darstellung jener Szene oben Seite 58 f. Denn ein anderer
Dīghatapassī kommt im Kanon nicht vor.]

[Fußnote 25: Vergl. die z. Th. analoge Stelle der 12. Rede,
p. 731. _{13}, _{14}, der obigen entsprechend; eine
Berichtigung, welche ich dem Freunde /Robert L’Orange/
verdanke.]

[Fußnote 26: Aehnlich der _tadvralaś catvāri varṣāṇi
prayuñjāno muniḥ im Sāmavidhānabrāhmaṇam_ II, 4, _{9}; III, 9,
_{5}.]

[Fußnote 27: Von einem anderen Hundelehrling, der ein
schmähliches Ende nimmt, berichtet die 24. Rede der Längeren
Sammlung. -- Auf das Hundegelübde bezieht sich vielleicht der
_śvaliḍ_, cf. /Böhtlingk-Roth/ ^1s. v.; das Kuhgelübde
wird im _Mahābhāratam_ dahin erklärt, dass dem Befolger
da jederzeit jegliches Lager, jegliche Atzung, jegliche
Kleidung recht sei, cf. das Citat ib. s. v. _govratas_.
Das ist aber spätere Auslegung. Denn wir haben eine ganz
eigentliche _govṛtti_, Kuhgehabung, jenes höchsten Asketen der
_Turīyātītāvadhūtopaniṣat_ und _Paramahaṃsaparivrājakopaniṣat_,
in med.; ebenso eine _gomukha_- und _ajagaravṛtti_,
eine Krokodil- und Schlangengehabung, jener äußersten
Büßer der großen _Sannyāsopaniṣat_, II i. m., und der
_Nāradaparivrājakopaniṣat_, V. i. m., VII i. f. -- Eine
allgemeine Behandlung der obigen Sätze findet man im 9. Kapitel
der _Subālopaniṣat_. Lapidar ausgesprochen schon in der
_Bṛhadāraṇyakopaniṣat_ III, 2, _{14}, IV, 4, _{6} ff.

Zu den metaphysischen Folgerungen dieser und der 19. Rede hat
/Giordano Bruno/, wie mir /De Lorenzo/ einmal
im Gespräche mittheilte, einen bewunderungswürdigen Kommentar
geschrieben, auf Grund der wirklichen, täglichen Anschauung und
Erfahrung, Mitte der Epistola esplicatoria zum Spaccio de la
bestia trionfante, ed. /Wagner/ p. 113.]

[Fußnote 28: _nivāpo_, Futterplatz, dann der bez. Ort selbst;
vergl. die 77. Rede, Anm. 96.]

[Fußnote 29: zu _kappaṭṭho_ cf. das entgegengesetzte
_kappātīto_, _Suttanipāto_ v. 373, 521, 517, 860; auch
_akāliko_. Die kommentarielle etc. Erklärung ist natürlich
irrelevant.]

[Fußnote 30: Die eingangs aufgestellte doppeldeutige
Frage Nāthaputtos bezieht sich auf ein altes Wort der
_Dharmaśāstren_, e. g. bei _Manus_ IV, 138:

    Satyaṃ brūyāt priyaṃ brūyān
    na brūyāt satyam apriyam,
    priyañ ca nānṛtaṃ brūyād:
    eṣa dharmaḥ sanātanaḥ.

Gotamos Beantwortung ist in einem späteren _Smṛti_-Vers, als
_Viṣṇupurāṇe_ III, 12, paenult., leicht zu erkennen:

    Priyaṃ yuktaṃ hitaṃ naitad
    iti matvā na tad vadet:
    śreyas tatra hitaṃ vācyaṃ,
    yadyapyatyantamapriyam.
]

[Fußnote 31: Lies mit dem siam. Texte _aṭṭhasatam pi
vedanā vuttā_. -- Vergl. meine Anmerkung zu Vers 339 des
Wahrheitpfades.]

[Fußnote 32: Es mag hier auf die vollkommene Aehnlichkeit
der formalen Gedankenfolge dieser und zahlreicher paralleler
Reden mit einer Rede /San Francescos von Assisi/, im
8. Fioretto, hingewiesen sein.]

[Fußnote 33: _vambheti_ wird, ohne Zweifel richtig, von
/Robert L’Orange/ als _vaṃghate_ erklärt; cf.
/Westergaards/ Radices. Vergl. /Trenckners/
Bemerkungen, Pāli Miscellany p. 59.]

[Fußnote 34: Eine Verherrlichung dieser Lehre, _atthi kiriyā_,
hat Asoko auf allen seinen Edikten, oft mit den selben Worten,
in schlichter und machtvoller Rede gegeben. Vergl. besonders
IX. Felsenedikt, Ṣāhbāzgarhī i. f.]

[Fußnote 35: _Ambalaṭṭhikā_, _n_ahe bei _Rājagaham_, von
/De Lorenzo/ richtig erklärt.]

[Fußnote 36: Diese Rede, sowie die vierundzwanzigste der
selben Sammlung, hat Asoko auf dem Bairāter Edikte den Mönchen
und Nonnen, Anhängern und Anhängerinen, namentlich und mit
genauer Kennzeichnung, empfohlen, als »Rāhulos Ermahnung:
Abscheu vor Lüge«, bez. als »Upatissos Fragen«; cf. meine
Anm. 25, Seite 625 des ersten Bandes, und in der Wiener
Zeitschrift f. d. Kunde des Morgenlandes vol. XI. p. 159.

Vergl. den Archaeotropus im 537. _Jātakam_ v. 35:

    Sace pi vāto girim āvaheyya,
    cando ca suriyo ca chamā pateyyuṃ,
    sabbā va najjo paṭisotaṃ vajeyyuṃ:
    na tveva ’haṃ rāja musā bhaṇeyyam.
]

[Fußnote 37: Vergl. die zehnte Rede; später auch die
einundzwanzigste.]

[Fußnote 38: Die _tathāgatappaveditā bhāvanā_ dieser Rede,
die _paṭhavīsamā_, _āposamā_, _tejosamā_, _vāyosamā_ und
_ākāsasamā_, sind späterhin von den _Jainās_ offenbar als
_pārthivī_, _vāruṇī_, _āgneyī_, _mārutī_ und _rūpavatī_ (bez.
_tatrabhū_) _dhāraṇā_ übernommen worden. Cf. /Bühlers/
Grundriss III. 4. p. 39 § 7 i. f. --Zur _ānāpānasati_, der
Bedachtsamen Ein- und Ausathmung, cf. Lieder der Mönche v. 548
Anm. und Längere Sammlung Bd. II S. 447 f.

Den letzten Satz der Rede giebt /Megasthenes/, bei
/Strabo/ p. 713, sehr deutlich wieder: διο τῃ ασκησει
πλειστῃ χρησθαι προς το ἑτοιμοθανατον. Es ist wohl möglich,
dass er zu Pāṭaliputtam wirklich den Satz gehört habe.]

[Fußnote 39: Vergl. _Sarvasāropaniṣat_ i. f.: _anādirantavatī
pramāṇāpramāṇasādhāraṇā, na satī, nāsatī, na sadasatī māyā._]

[Fußnote 40: Vergl. die 12. Rede, S. 152 des ersten Bandes.]

[Fußnote 41: Lies mit dem siam. Texte _vekaṇṇaṃ_. Cf.
_vikarṇas_.]

[Fußnote 42: Das Gleichniss findet sich im Anfang der
_Brahmopaniṣat: yathā kumāro niṣkāma ānandam upayāti_, »wie ein
Knabe, ohne Begier, in Wonne verharrt« etc.]

[Fußnote 43: Lies mit den barm. und siam. Texten
_gacchissāmi._ Die lectio _samatitthikā_ verdient den Vorzug.]

[Fußnote 44: Ein bemerkenswertes Analogon zu
_sabbasaṉkhārasamatho_, dem Aufgehn aller Unterscheidung,
findet sich bei /Jakob Böhme/ als Einheit im Gegensatz
zur Schiedlichkeit, Tafeln von den drei Prinzipien etc. § 68.
Im folgenden Schlüssel etc. stellt er einige Glieder des
_paṭiccasamnuppādo_ dar, namentlich in den §§ 29-31, 34-37, 41,
42, 43, 44 und 80: freilich alles in apokalyptischen Träumen
gesehn.]

[Fußnote 45: _ekāsanabhojanam = ekāśanabh^0_; cf. den
_ekabhattiko_ des _Cūḷasīlam_, e. g. vol. I. p. 180 l. 5,
passim, und die 70. Rede. Ebenso in der 21. Rede; auch _Dhp_
v. 305.]

[Fußnote 46: Cf. die 70. Rede, in med.]

[Fußnote 47: _adhicca_ = _a+dhitya_, von _dhi dhāraṇe_.]

[Fußnote 48: Cf. die 47. Rede, p. 318 i. f. -- Vergl.
_Tao-te-king_ Kap. 18 u. 38.]

[Fußnote 49: Lies _khurakāse_, von _kṛṣ_, und _davatthe_.]

[Fußnote 50: Das ausführliche Gleichniss vom Pferde, womit
diese Rede schließt, lässt es fraglich erscheinen, ob in den
_Theragāthā_ v. 45, 173, 659 mit _bhaddo ājānīyo_ auch das
edle Rassenross gemeint sei, nicht der Büffelstier, wenn schon
_bhaddo_ im _Saṃskṛt_ allerdings gern letztere Bedeutung hat.
Vergl. noch _Dhp_ v. 208 _dhorayhasīlo_.]

[Fußnote 51: Lies _bhikkhu ’ssa ātumāri_, _bhikkhu ’ssa
mātumāri_; _ātu_ = _ātumā_. Es ist Volksdialekt.]

[Fußnote 52: Zu _adhisallikhato_ cf. die 8. Rede und meine
Anm. 4 zu Band 1.]

[Fußnote 53: _khaṭopikā_, von _khaṭvādi_.]

[Fußnote 54: »Fugere nos oportet omnem cognitionem multifariam
distrahentem atque fallentem, ut ueritatem simplicissimam
consequamur«: /Agrippa/, De occ. phil. p. 530, ex
/Proclo/.]

[Fußnote 55: Eine Autobiographie Udāyīs, mit wenigen Zügen
in antiker Größe gezeichnet, enthält der _Saṃyuttakanikāyo_
vol. V. p. 89-90. (_Uebersetzt in den Nachweisen zum dritten
Band der Längeren Sammlung_.)]

[Fußnote 56: _Āmalakī_, hochgewachsen, mit gelblichen Blüthen,
ist die Myrobalane.]

[Fußnote 57: Cf. hierzu die 48. Rede p. 592. -- Vergl.
_Ṛgv_. III, 33, 3, _Atharvavedas_ III, 30, _{1}; sowie das
_vātsalyam_ in der _Muktikopaniṣat_ I i. f., im _Rāmāyaṇam_ II,
96, _{33}, aliubi. Aehnlich ist auch das Gleichniss vom
Säugling und der Amme, _Aṉguttaranikāyo_ vol. III. p. 6,
welches um seiner Anschaulichkeit willen dem großen Asoko so
gefallen hat, dass er es in sein IV. Säulenedikt aufgenommen.
-- Brahmās Echo ist mahāyānische Improvisation; vergl. die
analoge Stelle in der 85. Rede nebst Anm. 174.]

[Fußnote 58: Vergl. Lieder der Mönche, Anm. zu v. 84;
_Akṣyupaniṣat_ v. 47; _Māṇḍūkyakārikā_ III, 40: _duḥkhakṣayaḥ
prabodhaśca_. -- Die richtige Wiedergabe der obigen Stelle,
die mit der entsprechenden der 29. und 30. Rede gleichlautet,
verdanke ich meinem Freunde /Robert L’Orange/. Zu dem
»Versunken in Geburt etc.« cf. den Topus vom Ewigen Ufer, e. g.
in der 98. Rede v. 42. Dann i. a. _Rāmottaratāpanīyopaniṣadi_
2: _garbhajanmajarāmaraṇasaṃsāramahadbhayam_. Ganz ähnlich
spricht /Jakob Böhme/ von dem »gefährlichen
Jammermeere«, Aurora Kap. 25, und /Shakespeare/ von der
»sea of troubles«, Hamlet III. 1. 59; vergl. auch den φοινιον
σαλον des Sophokles, Oed. r. 24.]

[Fußnote 59: Der Laubwald schlechthin = _palāsavanam_, der
_palāso_, butea frondosa, ist ein hoher, mächtiger Baum mit
sehr großen, prachtvollen Blättern, mit vielen rothen, silbern
schimmernden Blumendolden behangen.]

[Fußnote 60: Vergl. den _śraddhāvantaṃ satkulabhavaṃ
śrotriyam_ und _satkulabhavopanītam_ der _Muktikopaniṣat_ und
_Nāradaparivrājakopaniṣat_ I i. f.]

[Fußnote 61: In der 33. Rede der Längeren Sammlung als »Vier
Stützpunkte« aufgezählt. Vergl. zu dieser subtilen Stelle die
2. Rede und auch _Saṃyuttakanikāyo_ vol. V. p. 272-273: »Zur
Willensüberwindung, _chandapahānattham_, wird beim Erhabenen
das Asketenleben geführt; _chanden’ eva chandam pajahati_, eben
durch den Willen wird der Wille überwunden: denn ist durch
den Willen die Heiligkeit erreicht, so ist der Wille danach
gestillt.«

Als vorbuddhistische Gleichnissparallele cf. die Verse
_Bṛhadāraṇyakopaniṣat_ III, 9 in fine.]

[Fußnote 62: Lies _na iti_: _maṃ_ etc.]

[Fußnote 63: Eine vedāntische Hypostase des _kāyasakkhī_
als _jagatassākṣī prajñānaghanalakṣaṇaḥ_ findet sich in der
_Kaṭharudropaniṣat_ v. 8, und v. 23 als _sākṣāddehī sukhī
sarvatra._]

[Fußnote 64: /Trenckners/ Konjektur _uddisissāmi_
ist durch den siam. Text bestätigt. Lies mit dem siam. Texte
_āmisagaruko_ und _na ca no evam assa_, sowie _avasissatu
me sarīre, upasussatu; pariyogāya_ instr. von _pariyogo._
Cf. die 32. Rede in fine, _Theragāthā_ v. 312. Auch Asokos
I. Säulenedikt, in initio; Anm. 34.

Altrömisch ist unser Heroenwort von /C. Lucilius/
geprägt, fragm. virtutis definitionem sequ.:

    Vis est vita, vides; vis nos facere omnia _facit_.
]

[Fußnote 65: Ist ein Dogma der _Jainās_: cf. die 14. Rede;
auch die 79ste. So heißt es z. B. im _Aupapātikasūtram_ § 16
vom _Jina_-Meister: _appaḍihayavaranāṇadaṃsaṇadhare savvaṇṇū
savvadarisī_ -- ganz wie oben.]

[Fußnote 66: Von den drei Meistern der Nackten Büßer handelt
das Ende der 76. Rede; vergl. auch die 36., im Anfang.
Vacchagotto der Pilger scheint vorher Jünger des Nando Vaccho,
des ersten jener drei Meister, gewesen zu sein. -- Nackte
Büßer (_Ājīvikā_, _Acelakaā_), Freie Brüder (_Nigaṇṭhā_,
_Jainās_) und voran der buddhistische Orden (_Saṉgho_): das
sind die großen gleichzeitigen Asketengilden, welche Asoko je
namentlich nennt und mit ‚all den anderen und irgend sonstigen
Genossenschaften‘ königlich beschirmt. Cf. Säulenedikt VII, 2,
l. 4-5.]

[Fußnote 67: Es ist mit den barmanischen und siamesischen
Texten _sabba-m-atthitānaṃ_ zu lesen.]

[Fußnote 68: Vergl. die formal ähnliche Stelle in der
_Bṛhadāraṇyakopaniṣat_ II, 4, _{13}, _{14}: _Atraiva mā
bhagavān amūmuhat... Na vā are ’haṃ mohaṃ bravīmi, alaṃ vā ara
idaṃ vijñānāya._]

[Fußnote 69: Vergl. _Chāndogyopaniṣat_ VII, 26: _Tasya ha
vā etasyaivaṃ paśyata evaṃ manvānasyaivaṃ vijānata... ātmata
āvirbhāvatirobhāvau... sa ekadhā bhavati, tridhā bhavati,
pañcadhā saptadhā navadhā caivādi._]

[Fußnote 70: Cf. die analoge _prāpti_ des Yogas,
/Bühlers/ Grundriss III. 4. p. 46. -- Ob hier, wie
/Robert L’Orange/ vermuthet, etwa an den wohlbekannten
somnambulen Sonnenkreis, e. g. Seherin von Prevorst 1, 231,
zu denken sei, bleibe dahingestellt. Die Art und Weise, wie
z. B. der Mönch im _Kevaṭṭasuttantam_, _Dīghanikāyo_ vol. I.
p. 215 u. 220, die Pfade zu den Göttern und zu Brahmā in seinem
eigenen Inneren findet, scheint allerdings jene Vermuthung zu
bestätigen.

Vergl. noch _Nāradaparivrājakopaniṣat_ i. f. _sūryo na tatra
bhāti na śaśāṉko’pi, Harivaṃśam_ I. 50, _{6}:

    Na tatra viṣayo vāyor
    nendor na ca vivasvataḥ:
    vapuṣaḥ padmanābhasya
    sa deśas tejasāvṛtaḥ.

Auch Faust, gegen Ende, wo der Pater seraphicus die Säligen
Knaben »in sich nimmt.«]

[Fußnote 71: Vergl. _Māṇḍūkyakārikā_ IV, 42:

    jātis tu deśitā buddhair
    ajātes trasatāṃ sadā.

Näher noch steht die wörtliche Parallele im
_Sāmavidhānabrāhmaṇam_ III, 7, _{1}: _Atha yaḥ
kāmayetāmuhyantsarvāṇyājanitrāṇi parikrāmeyam iti_; sowie
III, 8, _{4} der vedische Wunsch: _Nāhaṃ yoniṃ pravekṣyāmi
bhūtottamāyā brahmaṇo duhituḥ saṃrāgavastrāyā -- jāyate
mriyate sandhīyate ca._ Cf. auch das wichtige _Smṛti_-Wort
von der _paurvikī jāti_, bei _Manus_ IV, 148 f., wozu
_Kullūkas_ bemerkt: _bahūni janmāni smaraṃs teṣu ca
garbhajanmajarāmaraṇaduḥkhānyapi smaran, saṃsāre virajya...
śravaṇamananadhyānaiḥ ... mokṣasukhaṃ prāpnoti_.]

[Fußnote 72: Vergl. der 98. Rede 50. Vers; _Theragāthā_ 917
͠= _Viṣṇupurāṇe aṃ_. 6 _a._ 5 (_cit._ in _Rāmatīrthas’_ Komm.
zu _Maitryup._ I, 2):

    Utpattiṃ pralayaṃ caiva
    bhūtānām āgatiṃ gatim,
    vetti vidyām avidyām ca,
    sa vācyo bhagavān iti.
]

[Fußnote 73: Patronymische Anrede, gleichwie _Gotamo_ nomen
gentile eines jeden Sakyers ist; Dīghanakho ist offenbar ein
_Nāthaputtiyo_. Cf. meine Anmerkung 24 zu Band 1.]

[Fußnote 74: Vergl. _Theragāthā_ 567-571 ͠= _Manus_ VI,
76-77. Cf. auch _Saṃyuttakanikāyo_ Bd. III, Th. XXII,
No. 95 ͠= _Maitryupaniṣat_ IV, 2; _Subālopaniṣat_ 8:
_Medomāṃsakledāvakīrṇe śarīramadhye ’tyantopahate
citrabhittipratīkāśe gandharvanagaropame kadalīgarbhavanniḥsāre
jalabudbudavaccañcale niḥsṛtam ātmānaṃ... paśyanti vidvāṃsas._]

[Fußnote 75: Zu den drei Arten von Gefühlen und ihrer
Wandelbarkeit, wovon gegen Ende dieser Rede gesprochen wird,
vergl. die klassischen Untersuchungen /Bichats/ über den
Zusammenhang und die Auflösung der Wehgefühle, Wohlgefühle und
indifferenten Gefühle, Recherches etc. 1^e partie, article V,
§ 2.

Nicht ohne Werth für die hochindische Ueberlieferung ist
das Ansehn, in welchem unsere Rede noch im nepālischen
Buddhismus gestanden: cf. _Mahāvastu_, ed. /Senart/
vol. III. p. 67 u. 474, und /Oldenberg/ in der
Zeitschr. d. deutsch. morgenl. Ges. Bd. 52, S. 661.]

[Fußnote 76: Diese lectio, und nicht _Kammāssadammam_, wird
die richtige sein; vergl. _Jātakam_ vol. V. p. 511.]

[Fußnote 77: Das indische Jahr wird in diese drei Hauptzeiten
zu je vier Monaten eingetheilt. Der Herbst ist die Regenzeit.
Vergl. _Mantrabrāhmaṇam_ II, v. 11:

    Grīṣmo, hemanta uta no vasantaḥ,
    śaradvarṣāḥ suvitanno astu:
    teṣām ṛtūnāṃ śataśāradānāṃ
    nivāta eṣām abhaye syāma.

In ebendiese Hauptzeiten ist das Jahr auch bei Asoko
eingetheilt, Jaugoḍo-Edikt II, l. 15: _Iyaṃ ca lipī
a[nu]cātuṃmāsaṃ sotaviyā tisena._ Die alte Eintheilung ist bis
heute die volksthümliche geblieben. Siehe /Bühlers/
lehrreiche Ausführungen in der Epigraphia Indica vol. II.
p. 261-265; Zeitschr. d. deutsch. morgenländ. Ges. Bd. 41,
S. 28. Auch Journal Royal As. Soc. [N.S.] vol. V. p. 182-184,
Inschrift 1, 2, 4-7. -- _Dīghanikāyo_, ed. Siam. vol. II.
p. 286.]

[Fußnote 78: Zu _sāhulo_ cf. _sopāko; Manus_ X, 37,
38; _hu_ von √(han), _lo_ Suffix (_Rāghulo_).
_Suttanipā_to 137.]

[Fußnote 79: Lies mit den barm. und siam. Texten
_puthujjanagāthā_; cf. _munigāthā, theragāthā_.

Aehnlich die gleichzeitige Paroemie:

    Υγιαινειν μεν αριστον ανδρι θματῳ.

Bei /Goethe/: Ist nicht Gesundheit Allen uns das höchste
Gut? Prolog, Halle den 6. August 1811.]

[Fußnote 80: Noch von /Ptolemaeus/, Geogr. lib. VII.
cap. I. § XVII., genannt Κωσαμβα, εν Γαγγητικῳ κολπῳ;
wodurch die von /V. A. Smith/, Journ. Roy. As. Soc.
1898 p. 503-519, vorgebrachte Hypothese, das alte Kosambī
sei in Barāhat zu suchen, widerlegt ist. Uebrigens war die
Kosambī-Halle auf einem Relief in Barāhat dargestellt, mit
der Inschrift _Kosabakuṭi_: natürlich als nicht einheimische
Sehenswürdigkeit. Die Ruinen des alten Kosambī liegen ohne
Zweifel im Gebiete von Mañjhānpur, wo heute die Dörfer Kosām
und Pālī stehn, sechs bis acht Meter unter zweitausendjähriger
Humus. Vergl. Epigraphia Indica vol. II. p. 240.]

[Fußnote 81: Zu _Devakaṭasobbho_ vergl. _Devakhātabilam_; auch
/Trenckners/ Bemerkung, Pāli Miscellany p. 61.]

[Fußnote 82: Ist die Lehre der _Cārvākās_, i. e. Wohlredner,
der indischen Sensualisten; cf. die z. Th. wörtliche Parallele
im zweiten Akte des _Prabodhacandrodayam_, wo es heißt: _nāsti
paralokaḥ, mṛtyur evāpavarga iti_. Ebenso das erste Kapitel des
_Sarvadarśanasaṃgrahas_. -- Für diese extrem einseitige, also
auch nur extrem gültige Auffassung hat bei uns /Cabanis/
ein hübsches Merkwort gefunden: »vivre, c’est sentir«, Rapports
etc. tome 1, mém. 2, § 2. Vergl. noch /Lukrez/ II,
999-1001, wo einer der obigen Sätze fast im Echo ertönt:

    Cedit item retro, de terra quod fuit ante,
    in terras; et quod missum est ex aetheris oris,
    id rursum coeli fulgentia templa receptant.
]

[Fußnote 83: Ehebrecher werden in einem alten Spruche,
_Jātakam_ vol. VI. v. 487, _uttamabhaṇḍathenā_ genannt, was
wörtlich dem Satze /Schopenhauers/ entspricht, Ehebruch
sei der ärgste Diebstahl, Nachlass 4. Band § 355 i. f.]

[Fußnote 84: Lehre der _Bārhaspatyās_, der
indischen »Uebermenschen«: cf. _Sāyaṇas’_ Excerpt im
_Sarvadarśanasaṃgrahas_, Ende des ersten Kapitels.]

[Fußnote 85: Lehre der Fatalisten, der _Daivaparās;_ cf. deren
Placitum im P. W. ^1s. v. -- Die _niyati_ entspricht genau der
εἱμαρμενη, e. g. bei /Plutarch/, De plac. philos. I, 27:
Ἡρακλειτος, παντα καθ’ εἱμαρμενην, την δ’ αυτην ὑπαρχειν και
αναγκην.]

[Fußnote 86: Zu _kūṭaṭṭhā_ cf. _Sarvasāropaniṣat_ i. m.:
_sarvaprāṇibuddhistho yadā tadā kūṭastha ityucyate_.]

[Fußnote 87: Cf. _Bhagavadgītā_ II. 19., 30. Auch mit den
_Sāṃkhyās_, zumal ihrem _satkāryavādas_, finden sich hier
manche Berührungspunkte; vergl. /Garbe/, s. v. in seiner
_Sāṃkhya_-philosophie.]

[Fußnote 88: Der letzte Absatz erinnert an unsere
naturhistorischen Weltprozessrealisten. -- Zu _suttaguḷo_ cf.
_goṭaviyo_, auch von _guḍas_, 544. _Jāt._ v. 37.]

[Fußnote 89: Dogma Nāthaputtos: siehe bes. die 79. Rede. --
So giebt auch /Iarchas/, in /Philostrats/ Vita
/Apollonii/ lib.  III, cap. VI, sich und die Seinen
mit παντα ειδοτας = _sabbadassāvino_ alsbald für _Jainās_ zu
erkennen. Cf. Anm. 237.]

[Fußnote 90: Die Orthodoxie der _Śrautasmārtās_. Vergl.
_Manus_ I, 108:

    Ācāraḥ paramo dharmaḥ
    śrutyuktaḥ smārta eva ca.
]

[Fußnote 91: Der _takkī vīmaṃsī_ wird wohl _naiyāyiko
vaiśeṣikas_, Logiker-Physiker, sein. Von ihnen, den _prāmāṇās_,
dürfte /Strabo/ p. 719 reden: als Πραμνας, εριστικους
τινας και ελεγκτικους trefflich bezeichnend; und zwar
allgemein, nicht als besondere Schule, wie /Lassen/,
Indische Alterthumskunde ^2II, 731, angenommen. Vergl. den
_pramāṇapravīṇas_ im Vorspiel zum _Prasannarāghavam_.]

[Fußnote 92: Lehre der _Syādvādinas_, der Skeptiker.]

[Fußnote 93: Vergl. die vorwiegend buddhistische
_Nāradaparivrājakopaniṣat_ III, v. 38 (͠= _Manus_ II, 98):

    Śrutvā spṛṣṭvā ca bhuktvā ca
    dṛṣṭvā ghrātvā ca yo naraḥ
    na hṛṣyati glāyati vā,
    sa vijñeyo jitendriyaḥ.
]

[Fußnote 94: Einen Auszug dieser Stelle giebt i. a.
_Jābālopaniṣat_ in fine, im Stil der Dharmasūtren.]

[Fußnote 95: _puttamatāya puttā_; drastisches Sideroxylon.
Entspricht dem _bandhyāputrādivat_ der _Vedāntācāryās_ etc.
-- Zur _sadhammokkaṃsanā_ und _paradhammavambhanā_ cf. Asokos
XII. Felsenedikt.]

[Fußnote 96: _Moranivāpo_; _Moragiryādi_, Pfauenberg etc.,
häufig in den Inschriften von Sāñci und Barāhat.]

[Fußnote 97: Der siamesische Text hat _Annabhāro_.]

[Fußnote 98: Wie der siam. Text wohl auch die anderen richtig
_kañ_ ca; vorher _garu^0_.

Die Auskunft über die sechs anderen Meister, welche die
Kommentatoren zu geben wissen, hat gewiss keinen höheren
Werth als ihre sonstige Stegreif-Exegese. So wird z. B.
vom ersten, _Pūraṇo Kassapo_, erzählt, er sei von gemeiner
Geburt und ehedem eines großen Herrn Diener gewesen, und
zwar der hundertste mit neunundneunzig anderen zusammen,
habe also die Zahl gerade vollgemacht, _pūretvā:_ daher der
Name _Pūraṇo_, u. s. w., u. s. w. Solche Gassenetymologien
sind ja allgemein recht beliebt, nicht nur in Indien. Eine
vogtländische Sage weiß nicht minder verbürgt von einem
»heiligen Loff« zu berichten, der als Klausner im Walde
zwischen Roda und Gera lebte, und zu welchem die Leute von
weither gewallfahrtet kamen: allmälig sei dann später ein Ort
entstanden, von diesem »Gange zum heiligen Loff« St. Gangloff
geheißen -- der ursprüngliche /Gangolf/ war den biederen
Nachfahren natürlich längst entschwunden. Indogermanische
Volksverwandtschaft zeigt auch hier typische Züge.]

[Fußnote 99: Lies mit dem siam. Texte _adhiciṇṇaṃ_.]

[Fußnote 100: Ebenso heißt es noch auf einer Inschrift aus dem
1. Jahrh. n. Chr. von einem berühmten _Jaina_meister in Mathurā
_bahavovacaka-ca-gaṇino-ca_: Epigraphia Indica vol. II, p. 209,
No. 36.]

[Fußnote 101: So berichtet auch /Strabo/ p. 712, nach
/Megasthenes/: Τον δ’ ακροωμενον ουτε λαλησαι θεμις
ουτε χρεμψασθαι αλλ’ ουδε πτυσαι. -- Zum Gleichnisse cf. des
/Aristonymos/ Wort, /Stob./ Flor. XIII, 23: Ὡσπερ
το μελι τα ἡλκωμενα δακνει, τοις δε κατα φυσιν ἡδυ εστιν, οὑτω
και οἱ εκ φιλοσοφιας λογοι.]

[Fußnote 102: Nicht tödten, nicht stehlen, nicht ausschweifen,
nicht lügen, nicht sich berauschen. -- Die obige Klage vernimmt
man wörtlich in einem Ausspruche _Bhartṛharis’_ wieder, den uns
/I-Tsing/ aufbewahrt hat, bei /Max Müller/ »India
etc.« Exkurs F.]

[Fußnote 103: In der editio P. T. S. ist der Satz _yam pi_ bis
_vaṇṇavādī_, ferner _dhammaṃ_ vergessen, u. s. w.]

[Fußnote 104: Eine Bilva fasst ungefähr einen drittel
Liter. -- Mit der hier und im Folgenden dargelegten
strengen Zucht vergleiche man namentlich den zweiten
Theil der großen _Sannyāsopaniṣat_, v. 59-103, sowie der
_Nāradaparivrājakopaniṣat_ fünften Theil, dessen v. 12 e. g.
lautet:

    Pāṃsunā ca praticchannaś
    śūnyāgārapratiśrayaḥ
    vṛkṣamūlaniketo vā
    tyaktasarvapriyāpriyaḥ.
]

[Fußnote 105: _nantakāni_; von √(nam), _na(ṃ)tas_.
Cf. _naṃtum_, _naṃtva_; zur Bed.: _pariṇatādi_. Das nördliche
_namatam_ hat natürlich nichts damit zu schaffen.]

[Fußnote 106: Lies mit dem siam. Texte _daḷhāni suttalūkhāni_.]

[Fußnote 107: Es ist, wie der siam. Text andeutet, _ucchepake
va te ratā_ zu lesen. -- Cf. die, dem Sinne nach identische,
Variante _Theragāthā_ v. 843, 1146: _uñchā[ya] pattāgate ratā_.
Damit urverwandt ist unsere Unze, von uncia, uncus, ογκος,
_aṉkas_, √(añc), √(vañc), √(uñch);
eine Unze ist demnach eigentlich gleich einer Krumme (panis,
aeris etc.)]

[Fußnote 108: nur für die Regenzeit eine Hütte sich selber
errichten. Cf. _Theragāthā_ v. 127 f.]

[Fußnote 109: Zu dieser ursprünglichen Bedeutung
von _pāṭihāriyam_, das _patiggaho_ analog ist, cf.
_Chāndogyopaniṣat_ I, 11 i. f.: . . . _sarvāṇi ha vā imāni
bhūtānyannam eva pratiharamāṇāni jīvanti_.]

[Fußnote 110: Der siam. Text hat _^0vimatthaṃ_; es ist, wie
vol. I, p. 385, _^0vimaṭṭhaṃ_ zu lesen.]

[Fußnote 111: Vergl. hiermit _Maitryupaniṣat_ IV, 2:
_Citrabhittir iva mithyāmanoramam ityathoktam = Therīgāthā_ 393.

Eine eigenthümliche Gegenseitigkeit der obigen Ausführungen und
der schönen Farbenversuche /Schopenhauers/ ist in der
Form sowohl als in der tieferen Bedeutung bis auf den einzelnen
Fall nachweisbar.]

[Fußnote 112: Ein verwandtes Gleichniss, _palalapiṇḍaḥ
snehena vyāptaḥ_, findet sich _Harivaṃśe_ II, 71, _{27};
_Atharvaśiraupaniṣadi_ 4.]

[Fußnote 113: Es darf hier wohl an den bekannten _adhyāropas_
erinnert werden, _rajjusarpavat_: _Nirvāṇopaniṣat_ i. m., im
_Vedāntasāras_ No. 34 u. No. 70; wiederum, auch zweimal, von
/Sextus Empiricus/ vorgetragen, I. Pyrrhon. 227 u.
I. Logic. 187.]

[Fußnote 114: Einem der obigen Gleichnisse nahezu wörtlich
entsprechend wird magische Schöpfung vom gewaltigen Hylourgen
/Paracelsus/ beschrieben: »... wie ein Erd in deß
Hafners Hand, der macht vnd formirt darauß was er will vnd was
jhn gelust«: Straßburger Ausgabe 1603 vol. I. fol. 882.]

[Fußnote 115: Zum Gleichnisse cf. _Chāndogyopaniṣat_ VI, 14,
_{2}; _Rāmāyaṇam_ II, 108, 5-6.]

[Fußnote 116: Aehnlich _Chāndogyopaniṣat_ VIII, 6, 2:
_Tadyathā mahāpatha ātata ubhau grāmau gacchatīmaṃ cāmuṃ ca,
evamevādi_.]

[Fußnote 117: Mallikā war die ebenso milde als geistvolle
jüngste Gemahlin Pasenadis von Kosalo; vergl. die 87. Rede.
Sie hatte, wie andere edle Gönner, Garten und Halle gestiftet.
-- Zur _Samaṇamuṇḍikā_ cf. _Smṛti_-Stellen wie die von der
_śramaṇā dharmanipuṇā_ im _Rāmāyaṇam_ I, 1, _{55}, _Mhbh._ XII,
320. Eine Matrone, die später in einen der geistlichen
Schwesterorden eingetreten. So stehn z. B. die jinistischen
Nonnen auch in der Gegenwart noch auf ziemlich hoher Stufe, wie
die ausführlichen Belege im Indian Antiquary vom Oktober 1884
darthun.]

[Fußnote 118: Lies _kujjhitamattā_. -- Zum Gleichnisse cf. die
64. Rede, im Anfang.]

[Fußnote 119: Vergl. _Subālopaniṣat_ 1 i. f.: _hṛdayāt sarvam
idaṃ jāyate_.]

[Fußnote 120: Der Text hat _yaṃ cittaṃ sarāgaṃ sadosaṃ
samoham_.]

[Fußnote 121: Zu dieser typischen Bemerkung cf. das Wort
vom lehrreichen Gespräche und dem heiligen Schweigen,
in der Einleitung zur 26. Rede p. 161, welche Stelle
noch von _Parākramabāhus_ I. auf seiner schönen großen
Galvihāre-Felseninschrift (b) l. 35, 36 wörtlich citiert ist,
No. 137 von /Ed. Müllers/ Ancient Inscriptions in
Ceylon. -- Aus gleichen Vorbedingungen zu feiernder, lautloser
Versammlung, die des rechten Redners gewärtig ist, ist die
_Upaniṣat_ hervorgegangen, ja schon das _Sattram_, beide von
√(sad) sitzen.]

[Fußnote 122: Der Text hat natürlich _yo_.]

[Fußnote 123: Siehe die 38. Rede, Seite 487-492 der
Uebersetzung.]

[Fußnote 124: Zu _appāṭihīrakatam bhāsitam_ cf. Anm. 109.]

[Fußnote 125: Dogma der _Sāṃkhyās_: cf. Lieder der Mönche
p. 33 Anm. -- Vergl. hiermit den verwandten Spruch im
Cherubinischen Wandersmann I, 60

    Die Seel ist ein Kristall, die Gottheit ist ihr Schein,

ein Bild, das auf eine im Mittelalter wohlbekannte Vorlage
zurückweist, e. g. bei /Walther von der Vogelweide/, im
Leich v. 35.]

[Fußnote 126: Zu _kimi khajjopanako_ cf. _Chāndogyopaniṣat_,
VI, 7, _{5} ͠= _Jātakam_ vol. VI. p. 371; Ancient
Inscriptions in Ceylon, Obelisk No. 149 b, l. _{14};
/Trenckner/, Pāli Miscellany p. 59. Cf.
/Shakespeare/, Pericles, II, 3:

                       a glow-worm in the night,
    The which has fire in darkness, none in light.
]

[Fußnote 127: Lies _panassāma_, cf. vol. I. p. 177 l. _{20};
von _naśate_ +_pra_.]

[Fußnote 128: Die _sīlāni_ und _jhānāni_ von _idha_ bis _so_
sind interpolierte Iteration.]

[Fußnote 129: Lies _*udekamaṇiko assa_. -- Cf. das Gleichniss
am Ende der 5. Rede; dann ebenso der 15., welches auch in der
_Chāndogyopaniṣat_ VIII, 8 gegeben ist.]

[Fußnote 130: Die allerhand gemeinen Dinge, wie Könige
u. s. w., zu Beginn der letzteren Reden öfters erwähnt (S. 290,
315, 344, 354), haben, nebenbei gesagt, ganz die nämliche
großartig heitere Abweisung von /Pope/ erfahren, zu
Beginn seines Meisterwerkes:

    Awake, my St. John! leave all meaner things
    To low ambition, and the pride of kings.
]

[Fußnote 131: nomen gentile Vekhanasos. -- _Vekhanaso_, von
_vikhanas_, ist offenbar eine ältere Variante zu _Vekhānaso_.]

[Fußnote 132: Eine klare Bestätigung der _aññadiṭṭhikenādi_
als _karmadhārayās_, p. 369, bez. 487 in No. 72, bietet Asokos
X. Felsenedikt i. f.: _Dukaraṃ tu kho etaṃ chudakena va janena
usaṭena va añatra agena parākamena_; desgl. das VI. i. f. sowie
das I. Säulenedikt, Delhi-Sivalik l. 3 f. Vergl. ferner das von
/Rhys Davids/ kürzlich entdeckte und von /Senart/
besprochene Girnār-Fragment des XIII. Felsenedikts, im
Journ. Roy. As. Soc. 1900 p. 435, wo in l. 5 _añatra-yonesa[ṃ]_
zu lesen ist, d. h., wie /Bühlers/ Kālsī-Version lehrt,
_añatra-yo_ (janapado) _nesa[ṃ]_ (nikāyānaṃ yadidaṃ) _baṃhmane
cā samane cā_. -- Zur Sache cf. die 70. Rede S. 236, die 95.
gegen Ende.]

[Fußnote 133: Lies mit dem siam. Texte _nisinno_.]

[Fußnote 134: Eine ähnliche Sage von einer solchen Stelle in
der Nähe der uralten Stadt _Sāṃkāśyā_ weist /Cunningham/
im Archaeological Survey of India vol. I. p. 273 nach.]

[Fußnote 135: _sotthisinānī_ ist richtig, wie in der 93. Rede;
zu _sotthi_ cf. _śothas_ etc., nicht etwa _śāṭī_.]

[Fußnote 136: Auch Ghaṭīkāro gehört einem, zwar geringeren,
Brāhmanengeschlechte an. Cf. infra Anm. 142.]

[Fußnote 137: Lies _yāv’ etado hi pi_.]

[Fußnote 138: König Kikī, der _Kṛtī rājā_ der _Purāṇen_,
wird ständig in Legenden, wie _Vessantarajātakam_ i. in.,
als Zeitgenosse Kassapos angeführt. -- _Kikī-_, _Kṛtī-rājā_
entspricht unserem ‚König Karl‘, von der selben Wurzel _kṛ
karoti_.]

[Fußnote 139: Lies mit dem siam. Texte _paṇḍumudikassa_;
vorher, mit den anderen Mss und /Trenckner/, _khādaniyam
bhojaniyam_. -- Reis lieben die Inder bekanntlich als
vorzüglichste Nahrung: »Den reinen Reis, der Kraft verleiht«,
wie es in den Liedern der Mönche v. 842 heißt. So nennt auch
/Homer/ αλφιτα μυελον ανδρων, Mehl das Mark der Männer,
Od. II, 290.]

[Fußnote 140: Um kein lebendes Wesen zu verletzen. -- Lies _na
musalena, sahatthā paṭhaviñ ca khanati_.]

[Fußnote 141: Lies _paṭivibhattāni_.]

[Fußnote 142: Ghaṭīkāros nomen gentile: Der vom Seher _Bhagu_
abstammt. Vergl. _Dīghanikāyo_ No. 24.

Im 408. _Jātakam_ wird gleichfalls ein Hafner mit ‚Bhaggaver‘
angesprochen.]

[Fußnote 143: Vergl. die Legende vom magischen Obdach
des _Mucalindo_, im _Mahāvaggo_ I, 3, und _Mahāvastu_
vol. III. p. 301. Auch die Olympier sind vor Niederschlägen
immer geborgen, da ihr Saal ὡς ὑπερνεφη ουτε νιφεται ουτε
κατομβρειται, nach /Eustathius/, Comm. ad Il, I,
v. 420.]

[Fußnote 144: _Siyā_ bis _ahosiṃ_ ist kommentarielle
_Jātakam_-Interpolation; die ganze Rede apokryphe Sage. Schon
im ersten Jahrhundert vor Chr. in das nordbuddhistische
_Saṃskṛt_ des _Mahāvastu_ übersetzt, vol. I. p. 317-335:
theils wörtlich genau, theils freilich recht missverständlich
-- e. g. p. 321 wo _ovaṭṭikāya_ (von _varti_) _parāmasitvā_
halsbrecherisch in _kṛkāṭikāyāṃ gṛhya_ verzerrt wurde -- theils
auch mahāyānisch multipliziert, verfälscht und ausgeschmückt.]

[Fußnote 145: Vergl. den alten Spruch, im
_Aitareyabrāhmaṇam_ II, 32, _{3}: _Cakṣur vā etad yajñasya yat
tūṣṇīṃśaṃsaḥ_, »Denn das Auge ist es der Andacht: die stille
Verehrung.«]

[Fußnote 146: der Adeligen, Priester und Bürger.]

[Fußnote 147: Vergl. /Herodot/ II, 78.]

[Fußnote 148: So der barm. und siam. Text.]

[Fußnote 149: Koravyo, _Kauravyas_, Der von den _Kurū_ stammt,
d. i. der Kurūner.]

[Fußnote 150: Ganz ähnlich der pythagoraeische Arzt
/Alcmaeon/: Της μεν ὑγειας ειναι συνεκτικην ισονομιαν
των δυναμεων, ὑγρου, θερμου, ξηρου, ψυχρου, πικρου, γλυκεος,
κτλ. την δ’ εν αυτοις μοναρχιαν, νοσου ποιητικην· φθοροποιον
γαρ ἑκατερου μοναρχια ... την δε ὑγειαν συμμετρον των ποιων την
κρασιν., bei /Plutarch/, De plac. philos. V, 30.]

[Fußnote 151: Cf. _Maitryupaniṣat_ I, 4.]

[Fußnote 152: Der Topus vom Greisenalter, S. 408, hat seinen
Gegenplatz im /Homer/, z. B. Ilias letzter Gesang
Mitte, wo Priamos ergreifend anhebt: Μνησαι πατρος σειο ...
τηλικου, ὡσπερ εγων ογοῳ επι γηραος ουδῳ. Zum Ueberfluss und
der Eroberung, S. 411, cf. Pyrrhus’ Gespräch mit Kineas, bei
/Plutarch/ cap. 14, auch des /Bakchylides/
verwandte Strophe, 1, 36-39:

               το δε παν-
    των ευμαρειν ουδεν γλυκυ

    θνατοιοσιν· αλλ’ αιει τα φευ-
    γοντα διζμνται κιχειν.

Der vorletzte Lehrsatz, S. 410, ist von /Horaz/ ungemein
schön und innig erkannt worden, carm. II, 14, _{6}:

    Linquenda tellus et domus et placens
    Uxor, neque harum quas colis arborum
      Te praeter invisas cupressos
        Ulla brevem dominum sequetur.

]

[Fußnote 153: Uralte Mangohaine, mit Steinaltaren,
moosbewachsen, von hohen Akazien umstanden, sind auch heute
noch vielfach anzutreffen, so in der weiten, stillen,
fruchtbaren Ebene um Benāres, in Sārnāth, etc. Zum Namen
_Makhadevo_ cf. _Śatapathabrāhmaṇam_ XIV, 1, 1, 13, und die
_Makhadevatās_ im _Harivaṃśam_ III, 53, 38.]

[Fußnote 154: Diesem Ideal eines indischen Königs ist Asoko
in der That sehr nahe gekommen. Sagt er doch u. a. auch:
_hemevā savanikāyesu paṭivekhāmi_, »Und so überwache ich
alle Stände«, Säulenedikt VI l. 7; vergl. noch insbesondere
VII 2 1. 4: _dhaṃmamahāmātā pi me te bahuvidhesu aṭhesu
ānugahikesu viyāpaṭā, se pavajītanaṃ ceva gihithānaṃ cādi_;
und Felsenedikt IV u. V. Cf. /Bühler/, Zeitschr. d.
deutschen morgenl. Ges. Bd. 48, Seite 53-54.]

[Fußnote 155: Zu _palitas paliknī_ cf. urverwandtes
pallidus blank ∼ bleich. Weitere Belege bei
/Prellwitz/, Etym. Wörterb. d. griech. Spr. s. v.
πελιδνος.]

[Fußnote 156: Vergl. das letzte Kap. des
_Vāsiṣṭhadharmaśāstram; Mahābhāratam_ XIII, 7, _{24}:

    Jīryanti jīryataḥ keśā,
    dantā jīryanti jīryataḥ,
    cakṣuḥśrotre ca jīryete:
    tṛṣṇaikā na tu jīryate.

Auch _Bhartṛharis_, _Vairāgyaśatake_ 12, 14. -- Ganz in diesem
Sinne fragt /Vergil/, Aen. VI, 721:

    Quae lucis miseris tam dira cupido?
]

[Fußnote 157: Vergl. _Manus_ VI, 2.]

[Fußnote 158: Vergl. _Ṛgvedas_ VI, 47, 18.]

[Fußnote 159: _Siyā_ bis _anuppavattesi_ ist kommentarielle
_Jātakam_-Interpolation. -- Makhadevo und seine Nachfolger
sind Heroen aus jenen unermesslichen, cyklisch ab- und wieder
aufsteigenden Aeonen, die zumal in den Sagen der 26. Rede
der Längeren Sammlung bedeutsam und tiefsinnig zur Sprache
gelangen. Der weit verbreitete ethnische Glaube, des Menschen
Lebenskraft etc. sei einst unvergleichlich größer gewesen,
wurde bei uns von /Swift/ vorgetragen, der seinen
Riesenphilosophen, recht im purāṇischen Stile, behaupten lässt,
»that nature was degenerated in these latter declining ages of
the world, and could now produce only small abortive births, in
comparison of those in ancient times.«]

[Fußnote 160: Andere Bearbeitungen dieser volksthümlichen,
gewiss vor- und nachbuddhistischen Legende finden sich als
richtige _jātakāni_, No. 9 und No. 541, vor; auch zu Barāhat
auf einem Relief aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert
als _Maghādeviyajātakam_ dargestellt, im Indian Antiquary
vol. X. p. 119 f. hübsch beschrieben. Cf. auch _Śakuntalā_,
letzter Akt initio. -- Verwandte Züge mit unserem _Mātali_,
dem einstigen _Mātariśvā_, weist _Savitā_ im _Ṛgvedas_ auf,
namentlich I, 35, _{3}. Cf. /Bühlers/ Grundriss III. 1
A p. 32. Vergl. ib. p. 65 _Indras-Śakras_ Stellung im letzten
Buche des _Ṛgvedas_, 167, _{1}, mit dem genau entsprechenden
Range unseres _Sakko-Maghavā_ im _Dhammapadam_ v. 30. -- Die
beiden Bahnen, von denen S. 423 die Rede ist, werden schon
in einem alten Spruche, _Jātakam_ 537 v. 43, sehr schön
vergeistigt:

    Weit sind die Wolken, weit die Erdenthale,
    Weit überm Ozean das andre Ufer:
    Doch weiter noch als diese, wahrlich, sagt man,
    Dass gute Art und schlechte sei, o König!
]

[Fußnote 161: Vergl. Sprüche wie _sarve vipraparā narāḥ,
brāhmaṇo dvipadāṃ śreṣṭhaḥ, janmanā brāhmaṇo jñeyaḥ_ (cf.
98. Rede v. 3: _jātiyā brāhmaṇo hoti_); Lieder der Mönche
p. 347 Anm. 2. Auch das recht bezeichnende Wort des _Ūrvas_ im
_Harivaṃśam_ I, 45, _{33}:

    Brahmayonau prasūtasya
    brāhmaṇasyānuvartinaḥ
    brahmacaryaṃ sucaritaṃ
    Brahmāṇam api cālayet.

Mit _brāhmaṇā va sukko vaṇṇo, kaṇho añño vaṇṇo_ vergl.
_brāhmaṇaḥ śvetavarṇaḥ... śūdraḥ kṛṣṇavarṇaḥ_, in der
Eingangsupanischad zur _Vajrasūcī_, /Webers/ Ausgabe
(Abhandlungen der königl. Ak. d. Wiss. Berlin von 1859) p. 212,
l. 10, 11; in der Bombayer Hundertacht Upanischaden Ausgabe von
1895 p. 336a, l. 7, 8.]

[Fußnote 162: Vergl. Lieder der Mönche v. 612. -- Aehnlich
der treffliche /Hans Sachs/, Fastnachtspiel ed.
/Goetze/ 15, _{88-90}:

    ... ich hab... vernumen,
    Von tugent sey der adel kumen.
]

[Fußnote 163: Ebenso bekennen auch die altsiṇhalesischen
Könige auf ihren Inschriften, den Mönchen zum Heile diese
vier Erfordernisse, _catari paceni_, darzubieten: so
_Gayabahugamini_ von Anurādhapura, auf /Ed. Müllers/
Ancient Inscriptions in Ceylon No. 5, l. 6.]

[Fußnote 164: Sehr schön, und ganz übereinstimmend, berichtet
/Megasthenes/, Indica ed. /Schwanbeck/ p. 125:
Μουνον σφισιν ανειται σοφιστην εκ παντος γενεος γενεσθαι, ὁτι
ου μαλθακα τοισι σοφιστῃσιν εισι τα πρηγματα, αλλα παντων
ταλαιπωροτατα.]

[Fußnote 165: König Madhuro von Avanti war Gebieter über
Mālavā, eines der blühendsten Reiche Mittelindiens, dessen
Hauptstadt Ujjenī viele Jahrhunderte hindurch ein Hort des
Buddhismus gewesen. Ebenda hat später _Kālidāsas_ und noch
mancher minorum gentium, bei Hofe willkommen, gelebt und
gedichtet. Noch heute ragt hier im Lande, einen sanften Hügel
krönend und rings bis zum fernen Horizont die schimmernden Auen
und Wälder beherrschend, edelgewölbt wie die Peterskuppel, der
sonnenhelle Sāñci-Dom auf, ein Denkmal großer Vergangenheit.
Vergl. die epigraphischen Merktafeln, Lieder der Mönche S. 361.
Anm. 1.

Den klassischen neun Dichterfürsten mit _Kālidāsas_ als
vornehmstem am Hofe der Könige von Mālavā steht die berühmte
Neunzahl der griechischen Lyriker gegenüber, gleichwie den
Sieben vedischen Sehern die Sieben griechischen Weisen
u. s. w., ohne dass man hier an geschichtliche Begriffe zu
denken brauchte, wie etwa bei der sonderbaren indo-iranischen,
gnostisch-christlich-latomischen Dreiunddreißig, Anm. 255.]

[Fußnote 166: Zu dieser festlichen Ausschmückung cf.
die entsprechenden Edikte von Kosambī und Sāñci, i. f.:
_[o]dā[tā]ni [d]usāni naṃ dhāpayitu_ etc., und /Bühlers/
Anmerkung hierzu, Indian Antiquary 1890, p. 126, Epigraphia
Indica vol. II, p. 367. Weiß ist die festlich feierliche
Farbe der Inder: daher auch, wie S. 5, 256, passim, die weiß
gekleideten Hausleute, _odātavasanā_, cf. die _Śvetāmbarās_,
auch _Śuklāmbarās Man._ IV, 35.]

[Fußnote 167: Ist Lehrsatz der _Jainās_; cf. die 14. Rede,
1. Band S. 174. -- Zum Folgenden die 36. Rede; später auch
die 26ste. -- Vergl. /Matth./ XI. 29; /Giordano
Bruno/, De umbr. idear., Dedic. v. 2:

    Et littera Pythagorae,
      Bicorni acta discrimine,
      Quaeis trucem ostendit vultum dextri tramitis:
      Finem largitur optimum.
]

[Fußnote 168: εν ἡβῃ τουμον ευσθενει δεμας, genau so von
/Euripides/ formuliert, Cycl., Anf.]

[Fußnote 169: _ākiñcaññāyatanam_. Vergl. _Yājñavalkyas’_ These
_sa eṣa neti netyātmā_, in der _Bṛhadāraṇyakopaniṣat_ III, 9,
_{28}, passim; und _Tripurātāpinyupaniṣat_ 5, v. 4.

    Nirastaviṣayāsaṉgaṃ
    sannirudhya mano hṛdi
    yadāyātyamanī bhāvas,
    tadā tat paramaṃ padam.
]

[Fußnote 170: _nevasaññānāsaññāyatanam_. Cf. den
berühmten _Nāsadāsīnno_-Hymnus, _Ṛgvedas_ X, 129; und
_Tripurātāpinyupaniṣat_ 5, v. 6:

    Naiva cintyaṃ na cācintyaṃ
    na cintyaṃ cintyam eva ca:
    pakṣapātavinirmuktam
    brahma sampadyate dhruvam.
]

[Fußnote 171: Vergl. das urverwandte schöne Mythologem vom
belebenden Morgenthau, im Vafthrúdhnismál v. 45.]

[Fußnote 172: Vergl. Lieder der Mönche S. 358 Anm. 3.]

[Fußnote 173: Zu _ayaṃ dhammo... atakkāvacaro cf. idam...
apratarkyam aprakāśyam: Subālopaniṣadi_ 3.]

[Fußnote 174: Der Name _Sahampati_ lässt verschiedene
Deutung zu. Vergl. das Intermezzo im _Kevaṭṭasuttantam_,
Buddhistische Anthologie p. 97-98; und auf der anderen Seite
die recht ansprechende Etymegorie von √(sah),
_sahas_ in einem _jātakam_ des _Saṃyuttakanikāyo_, vol. V.
p. 233. In vergangenen Aeonen, als Kassapo der Meister war,
erzählt da Brahmā von sich, sei er ein machtvoller Jünger,
_sahako bhikkhu_, gewesen: darum sei er jetzt ein mächtiger
Herr, _saham pati_, geworden. -- Die Art eines Brahmā wird,
je nach Umständen, als verschieden angegeben: siehe die 90.
Rede, gegen Ende. -- Gotamos Zaudern und Sahampatis Angst und
Anliegen und die verwandten wunderbaren Vorgänge überhaupt
sind von /Robert L’Orange/ als apokryph erkannt worden,
gehören spezifisch der _Mahāvaggo-Mahāvastu_-Legende an.
Wie rathlos willkürlich diese letztere den zwar sekundären,
verhältnissmäßig aber weit älteren, ihr daher stellenweise
unverständlichen Pāli-Text oft behandelt hat, und dies bei
sonst oft sehr schöner, vollkommen getreuer Uebersetzung, zeige
als typisches Beispiel der im _Mahāvastu_ vol. III. p. 319 aus
der obigen Rede versaṃskṛtisierte Spruch. Cf. Anm. 144.]

[Fußnote 175: Vergl. _Chāndogyopaniṣat_ IV, 14, _{3}: _Yathā
puṣkarapalāśa āpo na śliṣyante, evam evaṃvidi p[a]paṃ karma na
śliṣyata iti_.

In der Stelle _app’ ekacce paralokavajjabhayadassāvine
viharante wird vajja_^0 nicht von √(varj) sondern
von √(vad) abzuleiten sein, wie Lieder der Mönche
S. 212 Anm. 1 anderweitig belegt, und die richtige Uebersetzung
demnach heißen: »und manche, die das Anpreisen einer anderen
Welt für arg erachten.« Die Möglichkeit der Ableitung von
√(varj) ist zwar nicht ausgeschlossen, scheint
aber doch, _nipuṇaṃ nirūpya_, dem Geiste der Stelle kaum zu
entsprechen. Die Lotusrosen des Gleichnisses, die emporragen,
unbenetzt von Wasser, deuten eben auf solche, die noch in
dieser Welt, _diṭṭhe va dhamme_, Vollendung erreichen. Vergl.
hierzu Lieder der Mönche S. 159.]

[Fußnote 176: Cf. Bd. 1, Anm. 21. -- Zu _Isipatanam_ vergl.
_Bhṛgupatanam_, im Anfang von Kap. 4 des _Daśakumāracaritam_ I,
p. 22, das also doch wohl auf _Bhṛgus_ den Seher deutet.]

[Fußnote 177: Cf. Lieder der Mönche p. 79.]

[Fußnote 178: Den ersten, im Wesentlichen schon ganz
übereinstimmenden Bericht vom Leben Gotamos verdanken wir
dem kühnen /Marco Polo/, der es auf „Seilla“ voll
Theilnahme gehört und dann -- im Zeitalter /Dantes/ --
mit erstaunlicher Schlichtheit beschrieben hatte. Insbesondere
erzählt er, im Texte /Bonis/ vol. I. p. 185, von jenem
Palaste mit den singenden und spielenden Mädchen, und dass der
Prinz keine Freude daran finden mochte; wie er einst auf der
Straße einen Todten gesehn, und wieder einen schlotternden,
zahnlosen Greis; wie er tiefsinnig zum Palaste zurückgekehrt,
voll Ekel an einer Welt wo man altern und sterben müsse, und
gesagt habe, »che voleva cercare quello che mai non moriva, nè
non invecchiava«, genau wie es in der 26. Rede, 1. Bd. S. 308,
und oben S. 441 vorgetragen ist; wie er dann endlich, nach
dem ergänzenden Texte /Pauthiers/ p. 592 f., heimlich
bei Nacht den Palast verlassen habe, »et s’en ala aux grans
montaignes et moult desvoiables«, wie 1. Bd. S. 147. »Et
illec demoura moult honnestement, et moult menoit aspre vie;
et fist moult grans abstinences«, oben S. 449-454. Selbst
durch das Medium fremder und trüber Idiome hatte sich die
zeilonesische Tradition dem feinfühlenden Zuhörer verständlich
gemacht, so dass er den Inhalt der -- wenn man will trivialen
-- Legende rein wiederzugeben vermochte. Den Bericht nach dem
Texte /Pauthiers/ findet man in /Grünwedels/
soeben erschienener Mythologie des Buddhismus in Tibet und der
Mongolei S. 2-4 vollständig abgedruckt.

Die sitzende Gestalt Gotamos als yogischer Büßer, in athemlose
Selbstverlierung verloren, mit den einzelnen Merkmalen wie
S. 453 f. dargestellt, ein seltsames Meisterstück der Skulptur
des 1. Jahrh. vor Chr., befindet sich im Museum zu Lahore. Eine
Phototypie davon hat /Senart/ veröffentlicht, im Journal
asiatique von 1890 zu p. 144.

Eine plastische Gruppe der jugendlich blühenden Mutter
mit einem Kinde an der rechten Hüfte, als Göttin _Ṣaṣṭhī
śiśurakṣinī_, eine wirkliche Αφροδιτη κουροτροφος von idealer
Schönheit und Anmuth, ist uns im Museum zu Lahore, unter den
Trümmern von Jamalgarhi aus dem 1. Jahrh. vor Chr., erhalten.
Auch hiervon hat /Senart/ eine Phototypie leicht
zugänglich gemacht, im Journal asiatique von 1890 zu p. 154.]

[Fußnote 179: _aṉgula_-, _aṉguli_-, Finger, Daumen, wird
da dem häufigen _aṉgulīyam_, _aṉgulīyakam_, Fingerlein,
_fingerlin_, _vingerlinc_, Fingerring, gleichzusetzen
sein; vergl. das _aṉgulīyapradānam_ im _Rāmāyaṇam_, den
_aṉgulīyopalambhas_ in der _Śakuntalā_ u. a. m. Aṉgulimālo für
eigentlich Aṉgulīyamālo ist nach _yena_ so gebildet.]

[Fußnote 180: Die Ringe der Erschlagenen.]

[Fußnote 181: Vergl. _Āpastambīyadharmasūtre_ I, 8, 23, _{6};
_Theragāthā_ 33; Asoko, Edikt von Dhauli II, l. 7, Jaugoḍo II,
1. 10.]

[Fußnote 182: _Ahiṃsako_.]

[Fußnote 183: Aṉgulimālos Wahrspruch, _satyavacanam_, S. 481,
ist _kāryārthe śapathaḥ_, _svapariśuddhau_; in der _Smṛti_
e. g. bei _Manus_ VIII, 110. Deutlicher zu reden: _satyakriyā_
als angewandte _samayakriyā_. Es ist der uralte Glaube an die
magische Macht der Wahrheit, wie _Ṛgvedas_ VII, 104, _{15}.
Später sind Ordalien daraus geworden. Vergl. /Bühlers/
Grundriss II, 8, § 51-52. -- Ein ziemlich nahe gegründetes,
kleineres Wahrzeichen kennt die deutsche Sage vom dürren Stabe,
der sich dann frisch begrünt, wie beim Tannhäuser.

Antithetisch, und zwar rein philosophisch, ist dieser tiefe,
ächt ārische Gedanke zu Beginn der 61. Rede behandelt, welche
Asoko bekanntlich ganz besonders empfohlen hat; und ist,
vollkommen gleich, von /Aeschylus/ ausgesprochen, Prom.
685 f.:

                                νοσημα γαρ
    αισχιστον ειναι φημι συνθετους λογους.
]

[Fußnote 184: Lies, wie der siam. Text hat, _piyappabhūtikā_.]

[Fußnote 185: _Nālījaṉghas_, ‚Rabe‘, ähnlich als
nomen ioculare eines Vertrauten im 8. Kap. von
_Daśakumāracaritam_ II, p. 60.]

[Fußnote 186: Der siamesische Text hat _ācamehi_. -- Zu
_ācāmayati_ (_stutyarthe_) cf. e. g. _Hiraṇyakeśigṛhye_ I, 16,
_{1}: _ācamyopatiṣṭhate_, 24, _{8}: _ācamyopahvayate_.]

[Fußnote 187: Ānando wird in der Skulptur, z. B. der von
Sārnāth, nicht selten dargestellt, mit Vorliebe in sanfter,
trauernder Haltung an der Bahre des entschlafenen Meisters.
Das jugendlich schöne, in tiefem Schmerz etwas geneigte Haupt
erinnert sogleich an jenen berühmten bartlosen Christuskopf
/Da Vincis/ in der Brera zu Mailand. -- Es wäre ein
verdienstvolles Unternehmen, die besten älteren Skulpturen
von rein indischem Typus und Stil, fast sämmtlich noch in
Indien theils in situ, theils in Museen, zumal dem von
Kalkutta, befindlich, auch dem westlichen Kunstfreunde in
sorgfältiger Reproduktion allgemeiner zugänglich zu machen, da
bisher auf diesem Gebiete kaum irgend etwas Ernstes geleistet
wurde. So ist z. B. das Handbuch zur Berliner buddhistischen
Kuriositätensammlung -- vom Verfasser Prof. /Grünwedel/
„Buddhistische Kunst in Indien“ betitelt -- trotz aller
fleißigen Arbeit, für die Erkenntniss der wahren, strengen,
ursprünglichen indischen, bez. buddhistischen Kunst nahezu
werthlos: denn es giebt, mit Ausnahme eines einzigen ächten
Kunstwerkes (No. 75 der 2. Aufl., p. 144), eben nur Proben aus
barbarisch entarteten und nur wenig nationalen Kulturepochen
oder beschäftigt sich mit tibetisch-mongolischer Miniatur,
die allerdings in recht guten Exemplaren vorhanden ist, aber
selbstverständlich nicht für buddhistische Kunst in Indien
ausgegeben werden darf. Das gilt leider, wie gesagt, auch
von anderen, sonst sehr schätzenswerthen archäologischen
Arbeiten.[B]]

[B _Ein Werk über Buddhistische Kunst kündigt nun der
Verlag Bruno Cassirer an._]

[Fußnote 188: Aehnlich berichtet Asoko auf dem 6. Felsenedikt
über seinen Aufenthalt im Palaste oder im ~abgelegenen~
Parke oder in den Gärten, wo ihm seine Minister, da wie dort,
jederzeit und überall darzulegen haben, wie seine Anordnungen
zum Wohle der Wesen ausgeführt werden, da er jederzeit und
überall auf das Wohl der Wesen bedacht sei: denn es gebe kein
vornehmeres Werk als der ganzen Welt zum Heile zu sorgen. --
Wie Pasenadi gern unter den _rukkhamūlāni vijanavātāni_ weilt,
so Asoko im entsprechenden _vacamhi vinītamhi_, »im abgelegenen
Parke«: _vacam_ ist natürlich nicht von _varcas_ stercus,
sondern von _vārkṣam_ Wald abzuleiten; vergl. das im 12. Edikt
[Mansehra] genannte Amt der _vracabhumika_, _vārkṣabhūmikās_,
d. i. Parkverwalter. Zur palatalen Surde für die Aspirate cf.
die analogen _ikkokkākādi_.]

[Fußnote 189: Lies _ayaṃ kho me_; später, wie der siam. Text
hat, _ayam pi kho me_. Cf. die 12. Rede, p. 69.]

[Fußnote 190: Genau bei /Strabo/ p. 712 wiederzufinden.
Ετη δ’ ἡπτα και τριακοντα οὑτως (ασκητει) ζησαντα αναχωρειν εις
την ἑαουτου κτησιν ἑκαστον, και ζην αδεως και ανειμενως μαλλον.]

[Fußnote 191: Cf. Anm. 127.]

[Fußnote 192: Lies, wie der Text hat, _puna ca param bhante
ime Isidattapurāṇā thapatayo_ etc. Vergl. das überaus
schöne Gespräch des Meisters mit den beiden Kammerherren,
_Saṃyuttakanikāyo_ vol. V. p. 348-352.]

[Fußnote 193: Der siam. Text hat richtig _yam pi kho bhante_
etc.]

[Fußnote 194: Wahrscheinlich _patite kutsanāyām;_ vergl.
_Manus_ IV, 184: _Akāśeśās tu vijñeyā bālavṛddhakṛśāturāḥ_.]

[Fußnote 195: Es ist mit dem barmanischen Texte, und wie
vol. I. p. 390, passim, _savyābajjhā_ und _avyābajjhā_ zu lesen.

Viḍūḍabhos subreptive Frage, ob es also die weltlichen Götter
vermöchten die überweltlichen in die Flucht zu schlagen und
deren Ort zu erobern, mahnt an bekannte _Itihāsās_ von Kämpfen
zwischen _Asurās_ und _Devās_, wie _Śatapathabrāhm._ I, 2, 4,
_{8-12}, und schon _Ṛgved._ X, 124, _{8}: _Tā asya jyeṣṭham
iṃdriyaṃ sacaṃte... bībhatsuvo apa vṛtrād atiṣṭhan_. Vergl.
/Oldenberg/, Die Religion des Veda S. 166.]

[Fußnote 196: _Anando_ = Wohlmuth.]

[Fußnote 197: Die zweite Hälfte dieses Buches der Könige,
worin Pasenadi auftritt, nimmt, wie unser Text überhaupt,
wenig Rücksicht auf die Zeitfolge der Reden. So sieht z. B.
Pasenadi in der 90. Rede Ānando zum ersten Mal, der ihm zu
Beginn der 88. wohlbekannt ist. Dagegen wird allerdings erst
in letzterer Ajātasattu als König von Magadhā genannt, während
in der 86. Rede noch dessen Vater, Seniyo Bimbisāro, den Thron
innehat.]

[Fußnote 198: Vergl. _Saṃyuttakanikāyo_ vol. I. p. 108: Kurz
ist das Leben der Menschen:... wer lange lebt, lebt hundert
Jahre, oder etwas darüber. -- _Śatapathabrāhmaṇam_ I, 9,
_{3}, _{19}; _Chāndogyopaniṣat_ III, 16, _{7}, praesertim
i. a. _Jaiminigṛhyasūtram_ 8, _{1}, _{2} (p. 10 des Wiener
Grantha-Ms): _jīvāhi śaradaśśataṃ, paśyāhi śaradaśśatam_ (sic).

/Plinius/ VII, 28: /Crates Pergamenus/ Indos qui
centenos annos excedant ~Gymnetas~ appellat, non pauci
~Macrobios~. -- Auch in den koptischen Biblia sacra wird
das Leben des Menschen auf hundertzwanzig Jahre bemessen: siehe
/Amélineau/, Vie de _Schnoudi_, in 12^o p. 238 u. 359.]

[Fußnote 199: Cf. die 83. Rede, in init., und Asokos
I. Säulenedikt, fin.]

[Fußnote 200: Lies _ekamantaṃ nisinnassa kho Uttarassa
māṇavassa etad ahosi_. Das Interpositum ist tertiär
interpoliert.]

[Fußnote 201: Das »tausendspeichige Rad« ist der Abdruck, den
der Fersenball bei jedem Schritte auf staubigem oder feuchtem
Boden zurücklässt: als _śrīpādas_ schon im 1. Jahrh. vor Chr.
schematisch dargestellt; cf. /Bühler/ im Anzeiger
phil.-hist. Cl. Wiener Akad. der Wiss. vom 3. Februar 1898.]

[Fußnote 202: Den Typus dieser schlanken und doch kräftigen
Asketenbeine mit hohem Unterschenkel zeigen außerordentlich
schöne Buddho-Statuen aus Sārnāth im Museum zu Kalkutta,
alte, ächt indische Kunstwerke. Wunderbar ähnlich hat bei uns
/Donatello/ seinen Johannes gebildet, in der Chiesa dei
frari zu Venedig, erst von /De Lorenzo/ erkannt. --
Vergl. _Eṇajaṉgho jaṉghākarikas_, _Daśakumāracarite_ II, 1:
1. fasc. p. 43; auch _Valgujaṉghas_, _Mahābhārate_ XIII, 4,
_{152}.]

[Fußnote 203: Merkmal eines Helden. So wird auch _Rāmas_
bekanntlich _ājānubāhus_ genannt, _Rāmāyane_ I, 1, _{12}; wozu
A. W. /von Schlegel/ in seiner Uebersetzung treffend
angiebt: »Brachia brevia apud Indos deformia et ignobilia
habita sunt; longa contra heroïci vigoris argumentum. Non
mirarer, si Persae, idem statuentes, cognomine Artaxerxis
prioris, μακροχειρ, male a Graecis intellecto, simile quid
significassent.«]

[Fußnote 204: Vergl. Längere Sammlung, II. Band, S. 65,
Anm. 20.]

[Fußnote 205: _sattussado_, d. i. _sat-tuṣya-das_. Cf. No. 95
in initio: _Opāsādaṃ sattussadam_. -- _Dīghanikāyo_ vol. III.
p. 166 ist kommentarielles Quidinloco.]

[Fußnote 206: _rasaggasaggī_ von √(ras), _rasati
śabde_ + _gras_ (= _grah_, cf. _Manus_ VIII, 43) + _agrī_.]

[Fußnote 207: _cattārīsadanto so bhavaṃ Gotamo_, wörtlich
‚vierzigzähnig ist Herr Gotamo‘, womit natürlich, wie auch
sonst bei Zahlenreihen, nur die begonnene vierte Dekade, d.
h. über dreißig, gemeint ist. _Caturo dasassa_ heißt es im
_Dīghanikāyo_ l. c. p. 182.]

[Fußnote 208: Vergl. das _avimuktam_ (_bhruvor ghrāṇasya ca
saṃdhiṣṭhānam_), e. g. _Jābālopaniṣat_ 2. Bei _avimuktam_
darf auch an die seltenere Bezeichnung _dhruvas_ als polaren
Punkt zwischen den Augenbrauen, d. i. die Nasenwurzel,
gedacht werden. Vergl. _Suśrutasaṃhitā_ I, 5, _{24}.
Deutlich und ohne jede symbolische Absicht, offenbar treu
anatomisch nachgebildet, ist diesem Merkmal an der Herme des
/Apollonios von Tyana/ in Neapel zu sehn. -- Hier sei
noch die Vermuthung gewagt, die im P. W. ^1s. v. _dhruvas_
2 i) genannten _Viṣṇoḥ padāni bhrūmadhye_ möchten die oft
vorkommenden drei vertikalen Stirnfalten sein, die von der
Nasenwurzel entspringen, das _mātṛmaṇḍalam_ aber die Pupille.]

[Fußnote 209: Gegenüber diesen im Volksmunde beliebten
sagenhaften Merkmalen eines großen Mannes vergl. das Gespräch
des Meisters mit Sāriputto, im _Saṃyuttakanikāyo_ vol. V.
p. 158:

»Ein großer Mann, ein großer Mann«, sagt man, o Herr: inwiefern
aber ist man, o Herr, ein großer Mann?

Hat man das Herz erlöst, Sāriputto, so ist man, sag’ ich, ein
großer Mann: hat man das Herz nicht erlöst, so ist man es nicht.

Cf. ib., p. 216, wie der greise Meister sich in der Abendsonne
wärmt, Ānandos Verwunderung, dass der Erhabene nun nicht mehr
so stattlich erscheine wie früher, und die Antwort des Herrn:

So ist es, Ānando, dass der Jugend Altern, der Gesundheit
Siechthum, dem Leben Sterben eignet, und dass nun die Hautfarbe
nicht mehr so hell und rein ist, schwächlich die Glieder
geworden, mit Falten überzogen sind, vornüber der Körper sich
neigt, dass die Sinneswerkzeuge sich abgenutzt haben.]

[Fußnote 210: Lies _aḍḍhavam_, von √(ṛdh).]

[Fußnote 211: Lies mit dem siam. Texte _āraddhakāyo va na
iñjati_.]

[Fußnote 212: Vergl. _Nāradaparivrājakopaniṣat_ III, v. 66:
_yasya cakṣur na dūragaṃ, caturyugāṃ bhuvaṃ muktvā, parivrāṭ
saḥ_.]

[Fußnote 213: Lies mit dem siam. Texte so _bhuttāvī na pattam
bhūmiyaṃ nikkhipati_.]

[Fußnote 214: Lies mit dem siam. Texte _avijahantābhāvena_.]

[Fußnote 215: Der siam. Text hat richtig _addasāma
antaragharam pavisantam_.]

[Fußnote 216: Lies _ekamantaṃ nisinnassa kho Brahmāyussa
brāhmaṇassa etad ahosi_. Das Interpositum ist tertiär
interpoliert.]

[Fußnote 217: Der berühmte Denkspruch vom Entstehn und
Untergehn, S. 541, 271, 68, ist später _puthujjanagatam_,
der allerbekannteste Gemeinplatz der indischen Litteratur:
überall von Philosophen, Rhapsoden und Dichtern rezipiert,
variiert und ausgestaltet; vergl. e. g. _Cūlikopaniṣat_
v. 17, 18, _Māṇḍūkyakārikā_ II, v. 32; _Daśakumāracaritam_ I,
1. Kap., p. 6: _Jalabudbudasamānā virājamānā saṃpattaḍillateva
sahasaivodeti naśyati ca_.]

[Fußnote 218: Die größte Begleitung, die in alten Texten je
angegeben: in der Regel eine erheblich geringere. Gotamo weilt
von Zeit zu Zeit allein zurückgezogen, z. B. zwei Wochen,
auch drei Monate lang wie _Saṃyuttakanikāyo_ vol. V. p. 320,
ib. 325, oder ist von einer Anzahl ›edler Söhne‹ umgeben wie
oben in der 68. Rede, oder wandert ›mit einer großen Schaar‹,
›mit vielen Mönchen‹, selten ›mit fünfhundert Mönchen‹, von
Ort zu Ort weiter wie in der 51., 70., 91. Rede, passim. Im
_Dīghanikāyo_, vol. III. p. 85 der siam. Ausg., heißt es in
einer Sage, Metteyyo der künftige Buddho werde einst einige
tausend Jünger, _anekasahassam bhikkhusaṉgham_, lenken,
gleichwie Gotamo jetzt einige hundert, _anekasatam_, lenke.]

[Fußnote 219: Brāhmanischer Halbasket, der das Haar in
Flechten aufgewunden trägt. -- Vergl. _Nāradas’_ Worte, im
_Aitareyabrāhmaṇam_ VII, 13, _{8}, auf welche später Selo, zu
Beginn des Gespräches mit Keṇiyo, anspielt.]

[Fußnote 220: Buddho. -- Im Inneren von Zeilon, so in
Anurāḍhapura und weiter, hat sich bis heute die Sitte erhalten,
dass der Mann aus dem Volke, wenn er einen Hochstehenden mit
einer Bitte angeht, als captatio benevolentiae also anhebt: »O
Herr, der du einst einen Buddho schauen wirst, sei gegrüßt!«]

[Fußnote 221: Lies mit dem siam. Texte _bhavanto_, später
_bhotā samaṇena Gotamena_ und _kathāpariyosānaṃ ca me_.]

[Fußnote 222: Lies _ekamantaṃ nisinnassa kho Selassa
brāhmaṇassa etad ahosi_. Das Interpositum ist tertiär
interpoliert.]

[Fußnote 223: Die beiden ersten _sapariso_ sind Glosse.]

[Fußnote 224: Mit dem 3. Verse, S. 548 f., vergl.
_Theragāthā_ 1252. _Mālavikāgnimitre_ II, v. 13 d: _sarvair
usraiḥ samagrais tvam iva nṛpaguṇair dīpyate saptasaptiḥ_.
Zum Gleichniss vom Golde im 4. Vers cf. die 7. Rede in med.;
auch das ähnliche Bild _Therīgāthā_ 278. Die beiden letzteren
Metaphern hat der tiefe /Cristóbal de Castillejo/ treu
indisch angewandt, indem die _Verdad_ bei ihm sagt (Riv. XXXII,
237 b):

      Soy como el oro enterrado
    So la tierra, como muerto,
    Que al fin siendo descubierto,
    Se halla limpio apurado;
    Como la perla preciada
    Entre el cieno sepultada
    Y perdida,
    Que sale clara y pulida
    Cuando viene á ser hallada.
]

[Fußnote 225: Der siam. Text hat richtig _bhavataṃ_.]

[Fußnote 226: Zur Kenntniss fern entlegener Reiche und
den weiten Land- und Seereisen indischer Kaufleute schon
um etwa 800 vor Chr. cf. /Bühlers/ Grundriss I. 11.
§ 5. -- Es verdient Beachtung, dass auch Asoko, auf dem
V. Felsenedikte, die Kābuler gleich nach den Ioniern anführt,
und dann, weiter herabsteigend, die Kandahārer nennt. Kābul
war den Indern zumal wegen seiner vorzüglichen Pferde- und
Maulthierzucht wohlbekannt. Cf. die _Kambojake assatare
sudante_ im 506. _Jātakam_ v. 23, und im 254. _Jātakam_ die
_uttarāpathajānapade assavāṇije_. -- Siehe auch die beiden
Votivtafeln zu Sāñci, Epigraphia Indica vol. II. p. 97 No. 7,
p. 387 No. 287; und noch die beiden Inschriften ib. vol. I.
p. 184 ff., p. 242 ff.]

[Fußnote 227: An die _sāpāna-sūkaradoṇī_ erinnert die
_śva-sūkarayoni_ der _Chāndogyopaniṣat_ V, 10, 7.]

[Fußnote 228: Lies *_vekuranvāya_ = _vaikriyānvayāya_.]

[Fußnote 229: Lies _pāṭaliyo_; wie Asito wird _Kṛṣṇas_ als
königlicher Gebieter _Kanakadaṇḍas_, Der Goldstabene, genannt:
_Harivaṃśe_ II, 155, _{46}.]

[Fußnote 230: Lies mit dem siam. Texte _gantā_.]

[Fußnote 231: Vergl. /Jesu/ Verfluchung des
Feigenbaums: und εξηρανθη παραχρημα ἡ συκη, /Matth/.
XXI. 19.]

[Fußnote 232: Vergl. _Aśvaghoṣas_, _Vajrasūcī_ § 7.]

[Fußnote 233: Die Macht des Zornes, die hier, und in größerem
Umfange in der 56. Rede, S. 64, gleichnissweise, bez. legendär
erwähnt ist, gehört ohne Zweifel mit anderen solchen mehr oder
weniger fabelhaften Paenomenen in das Gebiet der praktischen
Magie. Nun ist es bezeichnend, wie die schwarze Kunst der
Sieben Seher in der obigen Legende von Asito Devalo kraft
seiner moralischen Uebermacht zuschanden gemacht wird; der
Geringschätzung entsprechend, die der Meister oft und oft
allem Wunderthume bezeugt. Es kommt ja im yogischen Sinne
gelegentlich auch die magische Macht als weiße Kunst zum
Vortrage, z. B. in der 73., zumal 77. Rede: immer aber spielt
die ganze Thaumatopoeie -- man kann dies kaum genug wiederholen
-- eine völlig untergeordnete Rolle, und Gotamo nennt sie
»nicht heilig«, vergl. die wichtige Stelle der Längeren
Sammlung, III. Band, S. 113, worin Sāriputto des Meisters Worte
anführt. Zum ersten Male gründlich geprüft und besprochen wurde
die ganze Frage in der Flegrea II, 2, _{4}, Neapel 1900, von
meinem lieben und berühmten Freunde /G. De Lorenzo/.

Auch heute noch legt die südliche, d. i. zeilonesische u. s. w.
Ueberlieferung, der nördlichen, d. i. tibetischen u. s. w.
entgegen, für myktyrische Phaenomene, bez. Paenomene und was
damit zusammenhängt kühl ablehnende Geringschätzung an den
Tag, was um so höheres Lob verdient, als man neuerdings von
jener Seite, die »ins Reden keinen Vorzug setzt«, heimlich
bemüht ist theosophischen Zauber einzuschmuggeln und sogar
Männer wie /Hikkaḍuwe Sumaṉgala/ und /Hevavitaraṇa
Dharmapāla/, unsere ehrwürdigen Freunde, in den unlauteren
esoterischen und asoterischen Handel zu verwickeln gesucht hat,
indem man gar zu gern kolchisches παινεται für kalchisches
φαινεται ausgeben will: freilich nur skythischen und verwandten
Geistern zudanke.]

[Fußnote 234: Vergl. die 45. Rede, S. 567 der Uebersetzung.
-- Aehnlich _Sannyāsopaniṣat_ 2 i. f., v. 77: _pātram asya
bhavet pāṇiḥ_, »er habe zum Gefäß die Hand«; auch 1 i. m:
_pāṇipātreṇāśanaṃ kuryāt_, »mit dem Handgefäße mag er Atzung
einnehmen«, wo aber _pāṇipātram_ ein handgroßes Gefäß,
gleichwie _udarapātram_ ein magengroßes Gefäß, bedeuten wird;
vergl. die 77. Rede, S. 321 Anm. 104. Ebenso in den anderen
_Bhaikṣa_-Upanischaden, e. g. der _Kaṭhaśrutyādi_. (Die von
/Deussen/, »Sechzig Upanishad’s« p. 696 f., gewählte
Lesung _Kaṇṭhaśruti_ mag wohl berechtigt sein, auch wäre
an eine _Kanthaśruti_ zu denken; die drei Titel schließen
übrigens einander nicht aus, können vielmehr, nach gewohnter
indischer Darstellung, friedlich nebeneinander gelten.) Der
_hatthāpalekhano_, Handverköster, hat, nebenbei gesagt, ein
ziemlich genaues Gegenbild im ‚Rasenden /Sokrates/‘, wie
/Platon/ bekanntlich den /Diogenes/ genannt.]

[Fußnote 235: Den vier Schauungen dürfen vielleicht in
gewisser Weise die sechs Staffeln Meister /Eckharts/
verglichen werden, von deren letztem er sagt: »Der sehzt
staffel ist dez hertzen ruͦwe und fride, daz chein liep
noch leyde mag ez bewegen noch betruͤben.« Cf. Meister
/Eckhart/, ungedruckte Texte etc. ed. /Jostes/,
Freiburg 1895, p. 105.]

[Fußnote 236: 1 _kahāpaṇo_, Gulden, wiegt ca. 11-1/3 Gramm;
es kann nur die Silbermünze, bez. deren Wertheinheit, gemeint
sein, die unserem Zweimarkstück ungefähr entspricht.]

[Fußnote 237: Eine ähnliche Schenkung ist Ende der 52. Rede
vorgekommen. Der altüberlieferten Sitte ist denn auch Asoko
nachgefolgt, der auf dem Paḍeria-Edikt I. 3 u. a. berichtet, er
habe nächst dem Dorfe _Luṃminī_ (im nepālischen Gränzgebiete,
heute Rummin-deī bei Bhagvānpur), an der Geburtstätte des
Meisters, ein steinernes Schutzhaus errichten lassen, _silā
vigaḍabhī kālāpita_; _silā vigaḍabhī_, d. i. _silā vigaḍā_
(von _gaḍayati gahane_) _abhī_. Schon hatte er acht Jahre
vorher Felsengrotten zu Barābar, nahe Belā bei Gayā, mit einer
entsprechenden Inschrift den _Ājīvikās_ gewidmet: _lājinā
Piyadasinā ... iyaṃ kubhā... dinā ājī[vi]kehi_. Epigraphia
Indica vol. V. p. 4; Indian Antiquary Oktober 1891 p. 364.

Der oben und oft dargestellten Enkratie hat /Apollonios/
eine schöne Bestätigung ertheilt, wenn er, bei
/Philostrat/ lib. III. cap. IV., also berichtet: Ειδον
Ινδους Βραχμανασ οικυντας επι της γης, και ουκ’ επ’ αυτης, και
ατειχιστως τετειχισμενους, και ξυδεν κεκτηλενους, η τα παντων.
Solche autoptisch gewonnene Einsicht, insbesondere noch einige
Stellen der, freilich sehr verderbt überlieferten, Gespräche
mit dem jinistischen _arhan_ /Iarchas/ (i. e. _yo’rhas_)
zeigen, wie genau der große /Tyaneer/ indische Dinge
erforscht hatte.]

[Fußnote 238: Lies mit dem siam. Texte _mukhā_.]

[Fußnote 239: _Pauṣkarasādī_; der _ghoṣas_ ist, nach den
besten Mss, zu einem _aghoṣī_ geworden, was auch sonst
gelegentlich vorkommt.]

[Fußnote 240: Lies mit dem siam. Texte _yathā yathā_.]

[Fußnote 241: Vergl. S. 410.]

[Fußnote 242: Lies mit dem siam. Texte _asambhinnā
khattiyakulā_.]

[Fußnote 243: Der siam. Text hat richtig _pāṇena_.]

[Fußnote 244: Wie oben _pāṇena_ zu lesen; cf. den Schluss der
85. Rede.]

[Fußnote 245: Vergl. _Kaṭhopaniṣat_ 1, _{9}: _atithir
namasyaḥ_, _namas te ’stu_.]

[Fußnote 246: nomen gentile _Kāpaṭhikos_. -- Zur hohen
Auszeichnung, die hier, wie sonst, einem jungen hervorragenden
Manne bezeugt wird, cf. Lieder der Mönche v. 486 Anm.,
_Dhp_ v 260 etc.; gleicherweise von /Megasthenes/, bei
/Strabo/ p. 709, angeführt: ... ουδε τη ἡλικιᾳ των
γεροντων προνομιαν διοασιν αν μη και τῳ φρονειν πλεονεκτωσι.]

[Fußnote 247: Dichter der _Ṛg_lieder, bekannt als _Aṣṭakas_,
_Vamrakas_, _Vāmadevas_, _Viśvāmitras_, _Jamadagnis_,
_Āṉgirasas_, _Bharadvājas_, _Vāsiṣṭhas_, _Kaśyapas_, _Bhṛgus_.
Cf. /Oldenberg/, Sacred Books of the East vol. XVII.
p. 130, /Pischel/, Vedische Studien 1. Bd. p. 238 f.
-- Dem _bhāsitam anubhāsanti_, _vācitam anuvācenti_ ist
_Ṛgvedas_ VII, 103, _{5} _{ab} homolog:

    Yad eṣām anyo anyasya vācaṃ
    śāktasyeva vadati śikṣamāṇaḥ.
]

[Fußnote 248: Dieses Gleichniss, in der _Kaṭhopaniṣat_ (2,
5) und sonst kurz angedeutet, haben die _Sāṃkhyās_, wie so
viel anderes, wörtlich übernommen, _Sūtram_ III, 81. Es ist,
nebenbei bemerkt, durch Vermittelung von /Matth./ XV,
14., vom älteren /Brueghel/ auf seinem Gemälde zu Neapel
meisterhaft veranschaulicht.]

[Fußnote 249: Es ist, wie der Text hat, _taccham_ zu lesen.]

[Fußnote 250: Der Text hat richtig _dhammā nijjhānaṃ
khameyyuṃ_ etc.]

[Fußnote 251: Der letzte Theil dieses Zwiegesprächs,
S. 601-604, erinnert formal, in der großartigen Monotonie, an
die eddischen Fragen und Antworten, besonders im Alvíssmál.]

[Fußnote 252: Der Name _Esukārī_ von _Pāṇinis_ erwähnt IV, 2,
_{54}.]

[Fußnote 253: Lies _pāpiyaṃso_ und _seyyaṃso_ (= _śreyas_,
n.); dies haben auch die _siṇh._ Ausgaben des _Dhp_ in v. 43.]

[Fußnote 254: Von dem Inhalte dieser und ähnlicher Reden giebt
Asoko einen meisterhaften Auszug, auf dem 1. Śiddāpurer Edikte,
I. 4-5: _Pakamasa hi iyaṃ phale: no hīyaṃ sakye mahātpen’eva
pāpotave, kāmaṃ tu kho khudakena pi pakamamiṇeṇa vipule svage
sakye ārādhetave_, entsprechend unserem Texte: _Suddakulā ce
pi... pabbajito hoti, so cādi ārādhako hoti ñāyaṃ, dhammaṃ
kusalam_.]

[Fußnote 255: Es sei hier bemerkt, dass die »Dreiunddreißig
Götter« bereits im ältesten _Ṛgvedas_, als Summe der
schlechthin weltlichen Götter, genannt werden, nämlich im
neunten Buche, 92, _{4}: _viśve devās: traya ekādaśasaḥ_.
Desgleichen in der _Bṛhadāraṇyakopaniṣat_ III, 9, 1, _{3}:
_trayastriṃśattveva devā iti_. Cf. noch /Macdonells/
Vedic Mythology p. 19 (/Bühlers/ Grundriss III. 1 A),
und /Böthlingk/ in den Berichten der königl. sächs. Ges.
d. Wissensch. vol. 51 p. 33.

Ein Kuriosum ist es, dass /Jakob Böhme/ in der
»Philosophischen Kugel« seinem Gotte κατ’ εξοχην die Zahl 33
gegeben hat; vielleicht auf /Platons/ τριτον περι τα
τριτα zurückzuführen, von dem /Clemens Alexandrinus/
im V. Buche der Stromata spricht, vielleicht auch auf die
avestischen 33 _Amṣaspands_, _Yaśna_ I, 33: zunächst aber
wohl auf den gnostischen Christus als [dreiund]dreißigfachen
Erlöser, dessen Erdenjahre je eine himmlische Geisteraeon
doketisch symbolisieren.]

[Fußnote 256: Cf. Anm. 14. -- /Pindar/, fragm. 104: Τι
θεος; ὁ τι το παν.]

[Fußnote 257: Lies mit dem siam. Texte _kālakato va brahmaloke
upapanno_. Vergl. die Meisterrede im _Saṃyuttakanikāyo_ vol. V,
p. 408-410.

Der kurzen Begrüßung der Jünger unter sich, S. 615, steht
nach außen der solemne Empfangsgruß gegenüber, so zu sagen
der feierliche Königsgruß, wie er z. B. in der letzten Rede
des vorhergehenden Buches ausgesprochen, _rājā... vandati,
appābādham... phāsuvihāram pucchati_, und der zu Beginn der
Bairāter Inschrift wörtlich wiederkehrt, wo Asoko als König von
Magadhā, ganz wie vor ihm Bimbisāro und Pasenadi von Kosalo,
den Mönchen zunächst ehrerbietigen Gruß darbringt, _lājā...
abhivādemānaṃ āhā_, und Gesundheit und Wohlsein wünscht,
_apābādhataṃ ca phāsuvihālataṃ ca_, um erst dann auf Wichtiges
überzugehn.]

[Fußnote 258: Diese und noch andere hochberühmte Brāhmanen
treten namentlich im letzten Buch der Bruchstücke der Reden
recht anschaulich hervor.]

[Fußnote 259: Lies mit dem siam. Texte _vattasampanno_.]

[Fußnote 260: Vergl. _Manus_ IX, 309.]

[Fußnote 261: Lies _aññamaññāhi_.]

[Fußnote 262: Lies:

    Paccattaṃ sasarīresu
    manussesvetaṃ vijjati.
]


[Fußnote 263: _bhovādi_ kommt auch in der _Smṛti_ vor, e. g.
_Harivaṃśe_ III, 3, _{13}: _śūdrā bhovādinaścaiva bhaviṣyanti
yugakṣaye_; cf. ib. _{36} f.:

    brāhmaṇā dhanatṛṣṇārtā
    yugānte samupasthite
    bhośabdam abhidhāsyanti,
    na ca kaścit paṭhiṣyati.
]

[Fußnote 264: Lies mit dem siam. Texte _dhutavantaṃ_, i. e.
_dhṛtavantaṃ_.]

[Fußnote 265: Cf. _Suttanipāto_ 431:

    Aṇumatto pi puññena
    attho mayhaṃ na vijjati.
]

[Fußnote 266: Vergl. die 55. Rede, S. 51, und die 100. Rede,
letzte Seite. -- An den Ausspruch, dass Brahmā etc. den
Verständigen im Heiligen dargestellt erscheine, also nur
in ihm zur Wesenheit gelange, hat wohl Asoko gedacht, wann
er in Sahasarām sagt: „Den Menschen in Indien, die bisher
keine falschen Götter zu haben meinten, wurde gezeigt, dass
sie falsche Götter hatten“: _Etena ca aṃtalena Jaṃbudīpasi
aṃmisaṃdevā saṃtā munisā, misaṃdevakaṭā_.

Vers 8 ff. ist von _Aśvaghoṣas_ in der _Vajrasūcī_ frei
behandelt worden, namentlich in § 22, sowie in den §§ 16
und 25. -- Zu Vers 18 cf. /Kants/ Wort, Von den
verschiedenen Rassen, 1775, p. 1:... alle Menschen auf der
weiten Erde gehören zu einer und derselben Naturgattung...
so große Verschiedenheiten auch sonst in ihrer Gestalt mögen
angetroffen werden.

Zu Vers 52 cf. _Suttanipāto_ 373 ͠=
_Nāradaparivrājakopaniṣat_ III, v. 25:

    Atītān na smared bhogān
    na tathānāgatān api
    prāptāṃśca nābhinanded yaḥ,
    sa kaivalyāśrame vaset.
]

[Fußnote 267: Vergl. _Manus_ III, 77 f., VI, 89 f:
_gṛhastha ucyate śreṣṭhaḥ_. -- In diesem Sinne auch der
Spruch οικος φιλος, οικος αριστος, und /Goethe/, Vier
Jahreszeiten 78. -- Dagegen heißt es im _Harivaṃśam_ III, 108,
_{14}: _teṣām agraś caturtho ’yam āśramo bhikṣukaḥ smṛtas_,
in Uebereinstimmung also mit dem Topus vom Mönche als der
heiligsten Stätte der Welt, wie Ende der 65. Rede.]

[Fußnote 268: Lies mit den siam. und siṇh. Texten _samaṇo ca
Gotamo pāpito bhavissatīti_, wie auch in der 80. Rede, S. 372.]

[Fußnote 269: Lies mit dem siam. Texte _seyyā_ und
_sammucchā_.]

[Fußnote 270: Es ist mit dem siṇh. Texte erst
_nissaṭṭhatiṃakaṭṭhupādāno_ zu lesen; dann _tiṇakaṭṭhupādāno_.
Cf. die drei Gleichnisse von den Holzscheiten, in der 36. und
85. Rede, S. 446-448.]

[Fußnote 271: nomen gentile _Subhos_.]

[Fußnote 272: _divā divassa_ = mero meridie, mitten am Tage.]

[Fußnote 273: Den fünf Bedingungen, S. 642, ist
_Bhagavadgītā_ XII, 12 analog. -- Zum Leben im Hause als
einer viel mühsamen Thätigkeit, ibid., cf. _Theragāthā_ 111,
Dhp v. 302. Den gleichen Ausdruck hat /Sophokles/
gebraucht. Trach. 116: το βιοτου πολυπονον, und ebenso
/Poseidippos/ die χαλεπας πρηξιες verstanden, in seiner
berühmten Frage /Stob./ Flor. περι του βιου No. 57.]

[Fußnote 274: Es wird, wie der siam. Text richtig hat,
_Paccalakappam_ zu lesen sein, _pratīci_; etwa »Westernhof«.]

[Fußnote 275: Lies mit dem siam. Texte _vijjamānānaṃ
tevijjānam brāhmaṇānam_ und _tassa muṇḍakassa samaṇassa_.]

[Fußnote 276: nomen gentile _Saṉgāravos_.]

[Fußnote 277: Cf. Anm. 91.]

[Fußnote 278: Im Text ist hier das Hauptstück aus der 85. Rede
(S. 441-459) eingeschaltet. -- Mit folg. _uccena sammatam_
vergl. _Ṛgvedas Ende_:

    samānam astu vo mano
    yathā vaḥ susahāsati.

Zu Seite 62 Z. 15 v. o.:

In genealoger Beziehung zu den _Manosattā devā_ scheint
der _vidyādharas Manovegas_ zu stehn, die Hauptperson
in _Amitagatis’_ überschattender _Dharmaparīkṣā_,
/Bhandarkars/ Report on the Search for _Saṃskṛt_ Mss
etc., Bombay 1894, p. 13-19.

Zu Seite 652, Zeile 4 v. u.: Eine Erläuterung zur Metonymie
von der Posaune, deren Ton ohne Beschränkung überall hinreicht,
hat ein Zeitgenosse Gotamos, der tieferfahrene geistige
Vetter /Pythagoras/ in seinem Hymnus an die Musik, bei
/Iamblichos/ 110, mit feinster Präzision gegeben: ειναι
τινα μελη ... προς πασαν παραλλαγην της ψυχης. Der _saṉkhadhamo
śaṉkhadhmas_, bez. βυκανητης bucinator, lässt nämlich ein
αχορδον και αλυρον μεμος verlauten, so mächtig, dass die
tosend emporwogenden inneren und äußeren Meere sich allmälig
verglätten, ausgleichen, beschwichtigen müssen, und der Bläser,
immer conchā canens, endlich eine neue Welt hervorgerufen,
wie es der Dichter der Metamorphosen I, 333-347 des weiteren
ausführt.]



NACHWEISE


MS = Die Reden Gotamo Buddhos aus der Mittleren Sammlung
Majjhimanikāyo des Pāli-Kanons zum ersten Mal übersetzt von
Karl Eugen Neumann. Drei Bände. 1. Auflage. Leipzig 1896-1902;
seit 1919 bei R. Piper & Co., München.

LS = Die Reden Gotamo Buddhos aus der Längeren Sammlung
Dīghanikāyo des Pāli-Kanons übersetzt von Karl Eugen Neumann.
Drei Bände. 1. Auflage, München 1907-1918.

LSN = Ein Ergänzungsband, welcher die Anmerkungen und Nachweise
zum 3. Band der Längeren Sammlung enthält und noch erscheinen
wird (zit. aus dem Manuskript).

BR = Die Reden Gotamo Buddhos aus der Sammlung der Bruchstücke
Suttanipāto des Pāli-Kanons, übersetzt von Karl Eugen Neumann,
2. unv. Auflage, München 1907.

LM = Die Lieder der Mönche und Nonnen Gotamo Buddhos, aus den
Theragāthā und Therīgāthā zum ersten Mal übersetzt von Karl
Eugen Neumann, 1. Aufl., Berlin 1899, seit 1918 bei R. Piper &
Co., München.

BK = Das buddhistische Kunstwerk. Vier Aufsätze von Karl
Eugen Neumann, erschienen in den Süddeutschen Monatsheften
Febr. 1904, Okt. 1904, Dez. 1905, Febr. 1906.

H = Karl Eugen Neumanns Handexemplare.

~Geänderte Stellen sind nur nachgewiesen, sofern sie in
diesem Band zum ersten Mal auftreten und nicht bereits in den
Nachweisen zum vorigen Band vermerkt sind.~


51. KANDARAKO

p. 4 ^{15-18} vergl. LS III 135 ^{10-12}. _samma-d-aññā
vimuttā_ »durch vollkommene Erkenntniss erlöst«, an einigen
Stellen auch noch »in vollkommener Weisheit erlöst«.


53. DIE SCHRITTE DES KÄMPFERS

p. 25 ^{17-21} vergl. nunmehr mit LS III 203 ^{8-12}.

p. 26 ^{13-29} vergl. mit LS III 204 ^{18-29}.

p. 33 ^{24}-34 ^2 siehe LS III 99 ^{11-18}.


55. JĪVAKO

p. 49 ^{19-23} vergl. LS I 204 ^{14-18}.

p. 50 ^{4-6} vergl. mit LS I 205 ^{4-5}.


56. UPĀLI

p. 67 ^{20} bis 68 ^9 vergl. mit LS I 186 ^{1-23}.


57. DER HUNDELEHRLING

p. 80 ^{10} lass es _gut_ sein = LS III N, -- ^{19} _Wohlan_
denn _addhā kho_ ib.

p. 83 ^{14-19} vergl. mit LS III 223 ^{1-6}.

p. 86 ^{23}-87 ^7, vergl. LS II 195 ^{8-24} nebst zugehöriger
Anm. 118.


59. VIEL DER GEFÜHLE

_Bahuvedniya(suttam)_, vergl. das _Bahudhātukasuttam_ »Viel
der Artungen« MS III 166. H enthält auch die (provisorische)
Eintragung »Viele Gefühle«.


63. DER SOHN DER MĀLUṈKYĀ (I)

p. 152 ^6 So ist _klar_, vergl. LS III 4 ^{24}, -- ^9 _eitler
Mann_ für _moghapurisa_ (nicht überall durchgeführt), siehe
LS III 4 ^{29}.

p. 154 ^{20} sicher besteht Geburt, besteht Alter _und Tod_ zit.
in LS III N.


64. DER SOHN DER MĀLUṈKYĀ (II)

p. 158 ^{3-11} Die fünf niederzerrenden Fesseln, vergl. LS III
227 ^{26-28}; die beiden letzten _saṃyojanāni_, welche mit dem
ersten und zweiten _nīvaraṇam_ identisch sind, _kāmacchando_
und _vyāpādo_, sind dort mit »Wunscheswille, Hassensgroll«
übertragen.


65. BHADDĀLI

p. 167 ^{31} wie einen _Miss_rathenen, vergl. LS I 101 ^{15},

p. 168 ^5 um _in Zukunft an mich zu halten_ vergl. ib. 101
^{19}.

p. 174 ^{16} »Anlass -- Grund« bereits im 1. Bd. nachgewiesen.


68. VOR NAḶAKAPĀNAM

p. 209 ^{7-9} _eins mit Bedacht pflegen..... eins mit Bedacht
bekämpfen, saṉkhāy’ ekaṃ paṭisevati..... saṉkhāy’ ekaṃ
vinodeti_ = LS III 216, den viererlei Stützpunkten; vergl.
auch _Majjhimanikāyo_ vol. I p. 10-11, Seite 18-20 des ersten
Bandes.


70. VOR KĪṬĀGIRI

p. 237 ^{17-18} _ist ein Rest Hangen da, sati vā upādisese_ cf.
Bd. I 113 ^6 und LS II 455 ^{15}.


72. VACCHAGOTTO (II)

p. 249 ^{19-20} _ohne Hangen_ erlöst H.

p. 250 ^{11-12} vergl. mit LS II 40 ^3, _atakkāvacaro_ (ein
schwer übersetzbares Wort) ist da mit »unbekrittelbar«
prachtvoll wiedergegeben.

p. 253 ein großer _Kron_baum H, vergl. auch LS II 178 vorletzte
Zeile nebst zugehöriger Anmerk. 90.


73. VACCHAGOTTO (III)

p. 256 ^{29-30} ist in der ersten Fassung verblieben, da
sich die spätere, wie z. B. LS I 186, hier nicht ohneweiters
einfügen lässt.

p. 260 ^{22-23} zur _Erlöschung_ geneigt.... zur _Erlöschung_
hingesenkt, vergl. LS II 358 ^{17-18}.

p. 262 ^5 zur Zerlegung der einzelnen _Artungen_,
_anekadhātupaṭivedhāya_, vergl. das _Bahudhātukasuttam_ »Viel
der Artungen« MS III 161.


74. DĪGHANAKHO

p. 270 ^{30} _bedingt_ entstanden _paṭiccasamuppannā_, vergl.
LS II 89 24.


75. MĀGANDIYO

p. 277 ^8 _von unsichtbarer Musik bedient_, vergl. LS II 21
^{22-23} nebst Anmerkung.

p. 287 ^{12-13} und dächte wohl gar daran, _dass er ihm nach
dem Leben trachtete, api ca jīvitā voropetabbaṃ maññeyya_, in H
korrigiert.


76. SANDAKO

p. 291 ^2 über dies und das _und dergleichen mehr_ cf. LS III
35 ^{11-12}.

p. 312 ^{16-28} vergl. mit LS III 135 ^{10-21}, für
_abhabbo...... sannidhikārakaṃ kāme paribhuñjitum_ ist die
erste Fassung belassen worden.


77. SAKULUDĀYĪ (I)

p. 337 ^{1-16} vergl. mit LS I 92 ^{1-16}. -- ^{22} geistig
_gestaltet_ = LS I 92 ^{24}.

p. 340 ^{9-10} cf. LS I 96 ^{4-6}.


78. DER SOHN DER SAMAṆAMUṆḌIKĀ

p. 344 ^6 von _etwa_ dreihundert Pilgern umgeben, vergl. LS III
32 ^5. -- ^{12} _zurückgezogen_ weilt der Erhabene _patisallīno
Bhagavā_ = LS III 35 ^{11}.

p. 349 ^{11} er _müht sich_ darum _vāyamati_, vergl. LS II 444
^9.


79. SAKULUDĀYĪ (II)

p. 357 ^6 die _Satzung werd’_ ich dir _auf_weisen _dhamman te
desessāmi_, vergl LS II 193 ^{23}.

p. 358 ^{20}--359 ^9 vergl. mit LS I 244 ^{7-28}.


82. RAṬṬHAPĀLO

p. 397 ^{31} _räumte_ sein Lager _zusammen_ = MS III 490 ^{12}.

p. 402 ^{23} in die _schöne_ Umgebung _subhūmiṃ_, vergl. LS II
21 ^{30}.

p. 403 ^{22} auf die _Schabracke_ hinsetzen = Eintragung in H.

p. 412 ^5 Wir würden es..... _eben_ auch erobern, vergl. BK III
523.


84. MADHURO

p. 428 ^{3-9} vergl. LS III 456 ^{20}, 457 ^{3-8}. -- ^{21-26}
vergl. mit LS III ^{17-22}.


86. AṈGULIMĀLO

p. 473 vorletzte Zeile: und hing sich die _Fingerlein um_ den
Hals, _aṉgulīnaṃ mālaṃ dhāreti_ = H.


89. WAHRE DENKMALE

p. 503 ^{3-6} _prächtige_ Wagen bespannen.... in die _schöne_
Umgebung = H.


90. AM ZWIESELSTEIN

p. 522 ^{8-9} Und König Pasenadi von Kosalo, _durch des
Erhabenen Rede erfreut und befriedigt_, stand von seinem Sitze
auf = H.


91. BRAHMĀYU

p. 529 ^6 ohne Stahl gerecht _obsiegend_, beherrschen, vergl.
LS II 18 ^{10}.

p. 530 ^{17-18} _Die Bindehaut zwischen Fingern und Zehen ist
breit geschweift wie ein Netz_, vergl. LS II 18 ^{26-27}. --
^{22-23}, cf. LS II 18 ^{31}.

p. 535 ^{10} gesehn nach dem Mahle _freundlich sein, addasāma
bhuttāviṃ anumodantam_ = H.

p. 538 ^{18} der die _Merkmale_ eines großen Weltweisen
aufweist = H.


92. SELO

p. 543-554 ist im Pāli-Text vollkommen identisch mit BR 181-194
und nun damit in Uebereinstimmung gebracht worden.


95. CAṈKĪ

p. 589 ^{3-4} es möchten die Herren _etwas warten_, vergl.
LS II 458 ^{3-4}.

p. 592 ^{11} schützt den heilsuchenden Menschen kein _Böses_
vor, cf. LS I 142 ^{20}. p. 596 ^{19-24} = LS I 301 ^{22-25}.


98. VĀSEṬṬHO

Die Rede findet sich in BR wieder, ebenso wie die 92., und ist
nun auch mit dem Wortlaut der späteren Uebertragung in BR in
Einklang gebracht.


99. SUBHO

p. 651 ^{14} Reden hab’ ich _hören, o Gotamo, sutaṃ m’etaṃ
bho Gotama_, vergl. LS I 310 ^{10}. -- Alle anderen in dieser
und in den übrigen Reden durchgeführten Aenderungen, bzw. aus
später übersetzten Bänden übernommenen Verbesserungen, sind
bereits im ersten Band, anlässlich ihres ersten Vorkommens
nachgewiesen.



ANMERKUNGEN DES HANDEXEMPLARS

Anm. 34 ^{3-4}.

Anm. 51 ^2.

Anm. 57 ^1.

Anm. 70 ^{10-11}, ^{16-17}.

Anm. 79 p. 678 ^{1-2}.

Anm. 112 ^{2-3}.

Anm. 117 ^5.

Anm. 126 ^{4-6}.

Anm. 152 ^{5-6}.

Anm. 179 ist den noch ungedruckten Nachweisen zum 3. Bd. der
Längeren Sammlung entnommen.

Anm. 180 = H.

Anm. 254; zum Wegfall der fünf letzten Zeilen in MS II 604
vergl. LS II 225-228, wo die richtige Erklärung der Zahl 256
auf dem Siddāpurer Edikt festgestellt ist.

Anm. 272 = H.



REGISTER

I. /Stellenlese/ -- II. /Gleichnisse/ --
III. /Ordenszucht/ -- IV. /Anhänger/ --
V. /Gotamo/ -- VI. /Büsserwesen/ -- VII.
_Brāhmanenthum_ -- VIII. /Volk und Sitte/ -- IX.
/Eigennamen und Örter/ -- X. /Suttamātikā/ -- XI.
/Varia/



I - STELLENLESE


    Von Abend bis Morgen 471

    Anhaften 190 f.

    Anhänglich angehangen 387

    Allheit 333

    Allmälig 235; 507

    Allmälige Einführung 67, 541

    Arbeiten 601

    Asketenschaft 188; 435

    Auferstehn 249-253

    Aufgerieben 408

    Auflösung 117; 162

    Ausgezeichnete Eigenschaft 308-312


    Bedachtsam 141, 146

    Bedürftig 412

    Begehren 191
      Entstehn und Vergehn 277-282

    Begehrendes Fieber 277 f.

    Begierdenhochgenuss 372

    Beide Fesseln 635

    Beide Seiten 105 f.

    Besitzthum des Menschen 610

    Besser, nicht schlechter 607

    Besser und erlesener 98 f., 365 f.; 619 f.

    Betrachtend und betrachtend 139

    Billig 171 ff.

    Böses und Gutes 254

    Bürgen 51 f.


    Dasein 17; 413

    Dulden 482

    Durchbohrend 236, 600

    Die vier Durchstrahlungen 23, _passim_


    Eigenart der Dinge 93

    Eigene That und eigenes Handeln 592, 245

    Eigenthümliche Lehre 67, 541

    Einheit 44

    Die vier Pfeiler der Einsicht 4 f., 327

    Emporsteigen 21, 163

    Die bedingte Entstehung 387 f., 357
      bedingt entstanden 270 f.

    Erben der Werke 84 f.

    Erforschung 598-600

    Erlösung 19; 518

    Ernst nehmen 497

    Erwachte 4, 12; 547

    Die sieben Erweckungen 329 f.

    Ewige Artung 164

    Farben 331-333

    Die fünf Fähigkeiten 328 f.

    Fein oder gemein 195

    Die drei Fesseln 211

    Die fünf Fesseln 159 f., 211

    Form 116

    Fortschritt 170

    Fraglose Lehre 103

    Die acht Freiungen 330 f.

    Hohe Freude 217

    Freudvoll und leidvoll gemischt 85

    Der Fünferstrunk
      Form, Gefühl, Wahrnehmung,
        Unterscheidung, Bewusstsein
        136, 158 f., 241, 243 f., 279


    Geburten 629 f.

    Gefahren 201

    Gefühle 94-101, 227-230, 270 f.

    Gehabung 349 f.

    Geistig erfassend 179, 266, 397, 294

    Gelehrig 542

    Gemütherlösung 265, 165

    Gewiss bestanden 178, 211

    Gewissheit bei Lebzeiten 237

    Gold und Geschmeide 400

    Götter 659

    Gut begabt 353

    Den Guten gesellt 288


    Haftlos 249, 271

    Hausleute und Pilger 650; 572 f.

    Hauslos 399

    Häusliche Bande 244

    Die Häuslichkeit 12, 121, 304, 578

    Heilige Geburt 481

    Heilsames Recht 611-614; 312

    Heilsam und unheilsam 103 f.

    Heitere Säligkeit 208; 648

    Die fünf Hemmungen 16, 125, 581, 646

    Der höchste Herr 33

    Das Herz 348-350

    Vom Herzen betrogen 387

    Des Herzens Geräthe 650 f.

    Herzenskunde 262 f., 339

    Die Herzenswendung 208

    Himmlische Welt 245

    Höllische Welt 81, 617 f.

    Hörensagen 597, 658

    Hörerschaft 212

    Hülflos 409


    Immerhin Wohl 101


    Je nach der Auferstehung 210

    Je nach dem Standpunkte 96, 430, 489

    Je nach den Thaten 18, _passim_; 410

    Je nach der Wirkensart 262-265

    Jenseit menschlichen Ermessens 223

    Jugend 207, 441


    Die fünf Kampfeseigenschaften 470, 516 f.

    Die vier gewaltigen Kämpfe 327 f., 349-352

    Kein Zusprechen, kein Absprechen 271; 584

    Kleinigkeit 184 f.

    Der Körper 270, 337; 285

    Kraft 519


    Legenden 377-390; 415-426, 565-568

    Leiden 326

    Leidensversiegung 30, 470, 517

    Liebhaben 491

    Lüge 132


    Die vier Machtgebiete 328

    Magie 64, 262, 337 f., 475, 481, 648

    Mancherlei 639 f.

    Der verständige Mann 104, 269, 293-312, 373, 597, 659

    Mannesgewalt 237

    Mehren und mindern 227 ff.

    Der gewöhnliche Mensch 88, 159

    Vier Arten von Menschen 6, 117, 570

    An Milde gewöhnen 560, 611

    Mitleid 649

    Mönch 4, _passim_


    Nächstenquäler 10, 119, 575

    Nicht auf einmal 515

    Nicht beschränkt 652 f.

    Nicht genug 152

    Nicht mehr ist diese Welt 19, _passim_

    Nicht mitgetheilt 156

    Nicht verständigt 606-610

    Nichtwiederkehr 211

    Nur einmal noch 211

    Nur Name 637

    Nur zwei Kasten 557


    Offenbar 551

    Offenes Ohr 235, 600

    Ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal 12, 120, 577

    Ohne Unrecht 619 f.

    Opfer 552


    Regung 193

    Richtig gewiesen 3

    Ruhe und Klarsicht 262


    Sattheit 141 ff.

    Die vier Schauungen 16, _passim_

    Gar schmerzlich 281

    Schwer 250, 372

    Selbst erkannt 658

    Der Selbstquäler 9, 117 f., 574

    Die unvergleichliche Sicherheit 22

    Die sechs Sinne 15

    Sinneskräfte 234

    Die heiligste Stätte der Welt 181

    Sterben 489


    Die That 637 f.

    Drei Arten von Thaten 56

    Vier Arten von Thaten 83

    Thatenversiegung 85

    Tugend 350


    Ueberdrüssig 271

    Acht Grade der Ueberwindung 331

    Uebungen 144 ff.

    Uneigen 410

    Unermüdlich 230-235

    Unzulänglich 194

    Urasketenthum 658

    Urasketenthümlich 157, 512


    Verkehrabschneiden 36 ff.

    Die fünf Vermögen 329

    Bis oben an die Verschaalung 31

    Verschiedenheit der Anlagen 165, 658

    Versunken 202-205, 208

    Viel gewichtig, wenig gewichtig 640 f.

    Vielheit 43

    Letzte Vollendung 343, 658

    Vollkommen eben insofern 260


    Der Wahn 209

    Die vier heiligen Wahrheiten 19, _passim_

    Wahrnehmung 350 f.

    Wandel 497-500

    Wandelbar 270 f.; 21 ff.

    Wandel und Wissen 33

    Der heilige achtfältige Weg 330

    Durchdringende Weisheit 30, 470, 517

    Kämpfende Weisheit 261

    Wichtige Folge 601-604

    Wirklich verstehn 391 f.

    Drei Wissen 242-244, 266

    Wohl der Einsamkeit 193

    Kothiges Wohl 192

    Vollkommenes Wohlsein 363-365


    Zeit ermessen 92

    Zerstörung 154 f., 551

    Ziel 231, _passim_

    Zusammengesetzt 21 ff.

    Zutrauen 29, 470, 517

    Zuversicht 237

    Zweierlei Ausgang 597



II - GLEICHNISSE


    Die Abrichtung 517 f.

    Achse und Rad 638

    Ackerbau und Handel 640 f.

    Affe und Tuch 74 f.

    Der Alpensee 343

    Amme und Säugling 91

    Der Arm 199, 460

    Der Arme und der Reiche 186-189

    Der Aussätzige 278-282

    Baumfrüchte 46 f.; 414

    Der Bissen 606

    Der Blasebalg 450

    Die Blindenreihe 596, 644

    Der Blindgeborene 284-287; 645

    Die Brüder 564

    Darlehen 45

    Der Dolch 450

    Der Drechsler 338

    Die Durchkreuzung 162

    Die Ebene 5

    Der Edelstein 336 f.

    Der Einäugige 177

    Der Elephantenlenker 468 f.

    Der Entfesselte 373

    Die Erde 144

    Der Fadenknäul 298

    Die Falle 414

    Vollkommene Färbung 67, 541

    Das Feuer 144 f.; 250 f.; 610; 647

    Flammendes Stroh 43 f.

    Fleischfetzen 43

    Die Gangesmündung 260

    Gold 549

    Der Goldschmidt 339

    Der Göttersohn 277 f.

    Der Hai 205

    Hand und Fuß 313

    Die Hanfblüthe 331

    Die Häuser 342

    Die Höhle 5

    Verschiedenes Holz 518; 561, 613

    Die drei Holzscheite 446-448

    Honig 319

    Der Hort 609

    Das junge Huhn 31

    Das zarte Kalb 200

    Das Kernholz 162

    Der zarte Knabe 158, 346; 373

    Kahle Knochen 42

    Glühende Kohlen 44, 452

    Der Königselephant 132 f., 185

    Der Korb 301, 595; 338

    Der Krämer und Trödler 236

    Das Krokodil 204

    Der große Kronbaum 253

    Lehrer und Schüler 487

    Das Licht 49, _passim_

    Die Lotusrosen 461

    Löwen 547; 553

    Die Luft 145

    Die Malvenrose 332

    Der weiße Mantel 336

    Das Maulthier 563 f.

    Der Mond 635

    Der Morgenstern 332

    Die Nabelschnur 302

    Das kühle Nass 325

    Die Obermacht 520

    Die Orte 341

    Der Ozean 251 f.

    Der Palmstumpf 51 f., 209, 251 f., 255

    Die Peitsche 451

    Die elf Pforten 24

    Der Raum 145

    Das Rohr 337

    Das schöne edle Ross 179 f.

    Die elf Schatzmulden 24

    Der Schaumball 334

    Das Schlachtmesser 451

    Die Schlinge 402

    Die Schönste des Landes 358, 368

    Zarte Schößlinge 199

    Das Schwerdt 337

    Die Seequelle 334 f.

    Der Seidenstoff 331 f.

    Das Senfkorn 633

    Der Sohn 536

    Die Sonne 549

    Der Spiegel 133; 340

    Der Stärkere und der Schwächere 449

    Der bunte Strauß 79

    Der Strudel 205

    Der Sumpf 635

    Der Töpfer 338

    Traumbilde 45

    Der Trompeter 339, 652

    Der Tropfen 633

    Das Ueberfließen 501

    Der Verwundete 152 f.

    Der beschwingte Vogel 15, _passim_

    Die Wachtel 184

    Der Wagen 93

    Bemalte Wände 402

    Das Wasser 144

    Das Wasserbecken 132

    Die Wassertropfen 191

    Der Wegeskundige 651 f.

    Die Woge 202

    Die Zimmtblüthe 332



III - ORDENSZUCHT


    Kleidung 25
      Das Dreiwams 479, 501
      Die Fetzenkutte 322

    Nahrung 28, 321, 398
      Einmal des Tages 166, 224, 399, 579, 604
      Bettelgang 219, 323
      Fleisch 50

    Arzenei 435, 478

    Aufenthalt 171, 323
      Wohnhaus 25, 505
      Empfangsaal 586
      Geeignete Orte 231
      Die drei Monate der Regenzeit 167, 615
      Landpilger 224
      Waldeinsiedler 224
      Mächtige Bäume 503
      Höhlenasket 218

    Schlaf 29

    Umgang
      Frommende Freunde 231
      Bekenntniss 135 f., 170
      Vermerk 175 ff.
      Neigung, Vertrauen 177
      Schwer zugänglich 547
      Kein Geräusch 319, 508
      Die lautlose, stille Schaar 3
      Lärm 196
      Ruhe ist ihnen recht 291
      Kein Anpreisen, kein Schmähen 314
      Wissen 210
      Einig 506
      Heiter 507
      Wohlgefügig 508
      Gedenkensruhe 141
      Geistiges Werk 344
      Abgeschiedenheit 324
      Halbmonatliche Verkündung 324
      Neue Mönche von erfahrenen zu behüten 201
      Fußwaschung 131, 465

    Der Tugendpfad 13-16
      Ordensregeln 202 f., 218-223
      Vor geringstem Fehl auf der Hut 28
      Stark und standhaft 30, 470, 517
      Ein- und Ausathmung 146
      Letzte Athemzüge 148; 506

    Die Jüngerschaft
      Aufnahme 86, 261, 288, 392, 396, 476, 510
      Probezeit 86, 261, 289
      Edle Söhne 185, 206-208, 210
      Glückliche Jugend 207, 404
      Der erfahrene heilige Jünger 160
      Auch einer der Heiligen geworden 87, 265, 289, 397, 481, 553
      Vollender 313
      Gruß 266
      Manche Veränderlichkeit 86, 261, 289
      Austritt 202, 319
      Späte Jahre 178
      Schismatische Symptome 166, 185, 224

    Nonnen 212 f.



IV - ANHÄNGER


    Besuch 3, _passim_

    Gruß 241, 315, 354; 493, 535, 655, 656

    Huldigung 505, 540

    Beitritt 49, passim; 437 f., 585 f.; 473

    Aufnahme 67

    Einladung 89, 438, 494, 544

    Schenkung 25, 586

    Lehrreiches Gespräch 27, 511, 514; 593

    Auf keinen anderen gestützt 68, 541

    Erfreut und befriedigt 68, 490

    Gehörige Ueberlegung 66

    Asketenehrfurcht 48, 604

    Schwere Schuld 53

    Fünf Grundsätze 319

    Ruhe preisen sie 345

    Ganz begeistert 273

    Von Zeit zu Zeit 5



V - GOTAMO


    Leben im Palaste 277

    Späteres Verständniss 278

    Bedenken 441

    Gewaltsame Losreißung 441; 591

    Pilgerschaft 441-454

    Wendepunkt 454 f.

    Erwachen 455

    Verkündung 465


    Darlegung der Lehre
      Zum Erkennen, begründet, erfassbar 325
      Tief, innig, Weisen erfindlich 598 f.

    Erbarmen 92

    Tugend 325; 592

    Weisthum 326; 493

    Aussöhnung 479, 550


    Lob des Meisters 320 f., 548 f., 591-593
      Der Willkommene 159, 271, 356
      Der Asket Gotamo, der so mächtige, so gewaltige 88
      Von Gepriesenen gepriesen 654
      Beim Asketen Gotamo ist ächte Asketenschaft 314
      Der beste Arzt 550
      Ruhe preist er 315, 354
      So viel trau’ ich Herrn Gotamo zu 285, 288
      O herrlich Erwachter 472
      Die Vollendeten reden nicht unvollkommen 488
      Daran hat Er gedacht 408-412; 491-493
      Der Erhabene ist liebevoll 51
      Der Erhabene ist unbewegt 53
      Zurückgezogen 344
      Der frohe Ruhmesruf 90 f., 273, 527, 543, 546, 588, 592, 628
      Erloschen ist Er nun 437, 585
      Adel, Land, Alter 511, 591


    Gegnerische Stimmen
      Allzu peinlich genau ist doch dieser Asket 184, 188
      Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo 274
      Der Asket Gotamo ist listig, versteht verlockende List 60
      Ob wohl der Asket Gotamo vollbracht hat 372, 644
      Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch 361, 363
      Solche kahlgeschorene Pfaffen 398, 604; 656
      Um des Asketen Gotamo willen 49
      Der Asket Gotamo behauptet 514



HERVORRAGENDE JÜNGER


    Die Anuruddher 207

    Angulimālo 476

    Ānando 20, 27; 502, 521

    Udāyī 181

    Udeno 569

    Kaccāno 428

    Moggallāno 201; 224

    Raṭṭhapālo 406

    Vacchagotto 253, 260

    Sāriputto 218; 271; 550; 614 f.

    Selo 553



VI - BÜSSERWESEN


    Selbstquäler im Allgemeinen 9-10, 117-119, 574 f.


    Nackte Büßer 245

      Drei Meister 314

      Upako 463 f.

      Der Hundelehrling 79

    Freie Brüder 71

      Nāthaputto 54, 88, 356

      Die gesammte Wissensklarheit 242, 300, 356

      Vierfach gezügelt in fester Zucht 62

      Drei Arten von Streichen 55

      Keinerlei Born 63

      Wohl um Wehe 441

      Fesseln fehlen uns 507

      Nichts gefällt mir 267

      Die _Pañcadhāraṇā_, _Anmerk._ 38


      Nonnen 68-70, _Anmerk._ 117


    Pilgerthum

      Meister und Altmeister 283

      Bekannte, gefeierte Bahnbrecher 316

      Unächte Asketenschaft, unerquickliche Askese 292-303

      Der Kuhlehrling 79

      Unterhaltung 290, 315, 344, 354

      Abrede 367

      Schwerer Entschluss 314


      Darüber hinaus nichts Höheres mehr 364


      Fünf verbündete Mönche 455, 463


      Halbasketen, _Anmerk._ 12, 219



VII - BRĀHMANENTHUM

_Die Ziffern dieses Abschnittes beziehen sich, wo nicht anders
angegeben, auf die Anmerkungen_


    Die Veden p. 527, p. 545, p. 554, p. 590, p. 594, p. 628, p. 656,
    p. 658

      Mantras 8, 57, 158, 160, 170, 183, 247, 255, 278

      Brāhmaṇam 26, 71, 77, 146, 198, 219

      Upaniṣat 4, 10, 16, 27, 39, 42, 57, 58, 60, 61, 63, 68, 69, 71,
      74, 86, 93, 94, 104, 109, 111, 113, 115, 116, 119, 126, 129, 161,
      169, 170, 173, 175, 182, 198, 208, 211, 217, 227, 234, 245, 248,
      255, 266


    Śruti

      Die Sieben priesterlichen Seher p. 565-568

      Asito Devalo ib.

      Aṭṭhako, Vāmako, Vāmadevo, Vessāmitto, Yamataggi,
      Angiraso, Bhāradvājo, Vāseṭṭho, Kassapo, Bhagu
      p. 595 f., p. 643


    Smṛti

      gārhyā 2, 186, 198

      Āpastambas 14, 181

      Vāsiṣṭhas 156

      Manus 6, 14, 30, 71, 74, 90, 93, 157, 183, 194, 260, 267

      Rāmāyaṇam 57, 115, 117, 203

      Bhāratam 10, 27, 156, 202

      Bhagavadgītā 87, 273

      Harivaṃśam 70, 112, 161, 229, 263, 267

      Viṣṇupurāṇam 30, 72


    Śrautasmārtās 90, p. 658

      Dreihundert Schüler p. 545-551, p. 553, p. 590

      Das Lehrgeld einsammeln p. 25

      Fünf Bedingungen p. 642

      Opferfeier p. 649

      Vedāntinas 63, 95, 113

      Sāṃkhyās 87; 248
        Das ist der höchste Glanz p. 358 f., p. 368 f.

      Yoginas 70
        Āḷāro Kālāmo p. 441 f.
        Uddako Rāmaputto p. 443 f.

      Naiyāyikavaiśeṣikās 92, p. 658

      Daivaparās 85; p. 111

      Syādvādinas 92

      Cārvākās 83; p. 103

      Bārhaspatyās 84; p. 107


    Eristik

      Von einem auf ein anderes übergehn p. 356

      Haarspalter und Wortverdreher p. 508 f.

      Beim Worte nehmen p. 59, p. 88

      Doppeldeutige Fragen 89

      Der eiserne Halsring 89

      Dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes p. 116, p. 246-248,
      p. 268 f., p. 595-598

    Widersteh’ wenn du kannst p. 318

      Erzürnt vom Zorn der Lehre p. 318

      Schwer standhalten p. 556


    Antinomien

      Zwei p. 115-117

      Drei p. 267

      Sechs p. 148, p. 248

       *       *       *       *       *

    Aśvaghoṣas 232, 266

    Kālidāsas 224

    Bhartṛharis 102, 156

    Prabodhacandrodayam 82

    Prasannarāghavam 91

    Daśakumāracaritam 176, 202, 217

    Pāṇinis 252

       *       *       *       *       *

    Brāhmanische Nonnen 117



VIII - VOLK UND SITTE


    Die vier Kasten 428-436; 517, 556-566, 605-614

      Krieger, Priester, Fürsten 561, 608, 491

      Der Oberpriester, Opferpriester 11, 119, 576, 632, 637

      Der Priester 627, 633

      Der Kanzler 503

      Der Marschall 494

      Der Feldherr 491, 515

      Königliche Kammerherren 510

      Der Hofarzt 49

      Förster, Stallmeister, Elephantenlenker 402, 179, 3

      Soldat, Dienstmann 632, 637

      Baumeister 94, 344

      Musikant 339, 652

      Handwerker 11, 59, 75, 338 f., 450, 451, 631 f., 637

      Kaufmann 632, 637

      Krämer 236

      Treiber, Jäger, Korbflechter, Radmacher, Gärtner 561

      Ackerbauer, Viehzüchter 609, 631, 637

      Hirten und Landleute 474

      Thorwart 588

      Pförtner 68

      Die Schaffnerin, Magd 183, 644; 398


    Der König 632, 637

      Rechtspflege 434, 477 f., 507

      Schutz 435 f., 479

      Stiftung 586, 587

      Ausfahrt 402, 428, 503

      Erobern und Beherrschen 411 f.

      Der Kronprinz 416


    Selbstherrliche Fürsten 25, 197, 477

      Das städtische Herrenhaus 197, 11, 119, 576

    Die Volkshalle 316

    Das Landhaus Lotusrose 438-440

    Hausweihe 26, 438

    Der Gast 593; 617

    Manendienst 617

    Opferkult 11

    Der Mondesfeiertag 370, 415, 422


    Sprichwort 285

    Reichthum genießen, Gutes thun 205, 400

    Bewirthung 387 f.; 545

    Empfang 73, 569

    Landesthümlicher Gruß _Anmerk._ 220


    Im Tode vereint 490

    Drohung 394

    Aerztliche Kunst 279, 287

    Gesundheit 405


    Baden 560, 612

    Weiß gekleidet 256

    Schmuck 401

    Seide und Sandel 295, 493

    Reis 384

    Abendmahl 183


    Die Leibesfrucht 566

    Bestattung 293, 413


    Fluch 566


    Würfelspiel 486

    Der Kahāpaṇo-Gulden _Anmerk._ 236


    Kaiser oder Heiliger 528 f., 547

    Die Merkmale eines großen Mannes 530 f.

    Der ideale Asket 531-535


SAGE

    Hinfällige Welt 626

      Formhafte Götter

        Formhaft sinnlich 115

        Zugewandt 519-522


        Die Dreiunddreißig 277, 421, 521

          Der Wonnige Wald 277

          Der Saal der Säligen 421

          Die beiden Bahnen 423

          Das tausendjochige Rossegespann 422

          Sakko 422; 638

          Mātali 422 f.


        Die Brahmās _Anmerk._ 70, p. 521, 625, 638; 651-653

          Sanankumāro 33

          Sahampati 199, 460-462


        Reine Götter

          Lichter als Mond und Sonne 360 f., 370 f.

          Strahlend, einzig freudvoll 84


    Höhere Welt

        Formlose Götter

          Formlos wahrnehmbar 115

          Gedankenhaft 62

          Abgewandt 519-522


    Heroen

        Makhadevo 415

        Nimi 421

        Kikī 383


        Vierundachtzigtausend Geschlechter 421


    Götterboten 416

    Irrlicht 357



IX - EIGENNAMEN

I - PERSONEN


        Aggivessano 267

        Angiraso 595

        Angulimālo 473

        Ajātasattu 501

        Ajito Kesakambalo 316

        Aṭṭhako 595

        Anubhāro 314

        Anuruddho 206

        Abhayo 88

        Asito Devalo 565

        Assaji 225

        Assalāyano 554


        Ānando 20, 27, 95, 159, 196, 206, 290, 377, 415, 494, 502, 519

        Āḷāro Kālāmo 441, 462


        Isidatto 510


        Uggāhamāno 344

        Uttaro 528

        Udāyī 94, 181

        Udeno 569

        Uddako Rāmaputto 443, 462

        Upako 463

        Upāli 57


        Esukārī 605


        Opamañño 644


        Kaccāno 368; 428

        Kandarako 3

        Kaḷārajanako 426

        Kassapo Isi 595

        Kassapo Buddho 377

        Kāpaṭhiko 594

        Kikī 383

        Kimbilo 206

        Kiso Saṉkicco 314

        Kuṇḍadhāno 206

        Keṇiyo 543

        Koravyo 402


        Gaggo 479

        Gulissāni 218

        Gotamo, _passim_


        Ghaṭīkāro 378

        Ghoṭamukho 569


        Caṉkī 587, 627, 646


        Jāṇussoṇi 627, 646, 654

        Jīvako 49

        Jotipālo 378


        Tārukkho 627, 646

        Todeyyo 627, 638, 646


        Dasamo 20

        Dīghatapassī 54

        Dīghanakho 267

        Dīgho 503

        Devadatto 88


        Dhanañjani 615

        Dhanañjānī 655


        Nandiyo 206

        Nando Vaccho 314

        Nāthaputto 54, 88, 316, 356

        Nāḷijaṉgho 488

        Nimi 421


        Pakudho Kaccāyano 316

        Pañcakaṉgo 94, 344

        Pasenadi _Anmerk._ 117, p. 473, 487, 494, 502, 512, 587, 590,
        592, 655

        Puṇṇikā 644

        Puṇṇo 79

        Punabbasu 225

        Purāṇo 510

        Puraṇo Kassapo 316

        Pesso 3

        Pokkharasāti 593, 627, 644 f.

        Potaliyo 34


        Bimbisāro, Seniyo 477, _Anmerk._ 197, p. 546, 592

        Bodhi 438

        Brahmāyu 527, 543


        Bhagu 206

        Bhagu Isi 595

        Bhaddāli 166

        Bhāradvājo 273; 594; 627; 658

        Bhāradvājo Isi 595


        Makkhali Gosālo 314, 316

        Makhadevo 415

        Madhuro 428

        Mantāṇī 479

        Mallikā 344, 487

        Mahānāmo 27

        Māgandiyo 273

        Mātali 422

        Māluṉkyāputto 148, 157

        Moggallāno 196, 224


        Yamataggi 595


        Raṭṭhapālo 391

        Rattapāṇi 75

        Rāhulo 131, 140

        Revato 206


        Licchavī 477

        Vacchagotto 241-266

        Vajīrī 490

        Varataro 314

        Vāmako 595

        Vāmadevo 595

        Vāsabhā 491

        Vāseṭṭho 627

        Vāseṭṭho Isi 595

        Viḍūḍabho 491, 515, 520

        Vekhanaso 367

        Vedehī 501

        Vessāmitto 595


        Sakulā 513

        Sakuludāyī 314, 353

        Sakko, Sakyer, Sakker 25, 101, 197, 273, 390, 455, 502, 543,
        546, 628

        Sakko Indo 422

        Sangāravo 656

        Sañjayo Ākāsagotto 515, 522

        Sañjayo Belaṭṭhaputto 316

        Sañjikāputto 438

        Sanaṉkumāro 33

        Sandako 290

        Samaṇamuṇḍikāputto 344

        Sahampati 199, 460

        Sāriputto 141, 196, 218, 271, 550, 615

        Sirivaḍḍho 494

        Subho 638

        Seniyo 79

        Selo 545

        Somā 513



II -- OERTER


    _Die_ Aṉguttarāper 34, 181, 543

    Aciravatī 501

    Aṭṭhakam 20, _Anmerk._ 7

    Ambalaṭṭhikā, _der Mangohag_ 131

    Avanti 428


    Āpaṇam 34, 181, 543, 546


    Icchānaṉgalam 627


    Uruññā 512

    Uruvelā 445, 463


    Opāsādam 587


    Kapilavatthu 25

    Kammāsadammam 272

    Kīṭāgiri 225

    Kurū 272, 390

    _Die_ Koḷiyer 79

    Kosambī 290, 472

    Kosalo 101, 206, 377, 473, 487, 492, 494, 502, 587, 590, 592, 655

    Gayā 463


    Campā 3

    Cātumā 196


    Taṇḍulapāladvārā 615


    Thūlakoṭṭhitam 390


    Dakkhiṇāgiri 615


    Nagarakam 502

    Naḷakapānam 206

    Naḷakāram 651

    Nāḷandā 54


    Paccalakappam 655

    Pāṭaliputtam 20, 586


    _Bengālen_ 316

    _Benāres_ 225, 463 f., 492, 569


    _Die_ Bhagger 438


    Magadhā 316, 445, 477, 501, 546, 592

    Madhurā 428

    Mithilā 415, 527

    Metāḷumpam 502


    Rājagaham 49, _passim_


    _Die_ Videher 421, 527

    Vebhaliṉgam 377

    Vesālī 20, 241, 477


    Sālā 101

    Sāvatthī 94, passim

    Subhagavanam 644

    Suṃsumāragiram 438

    Sukarakhatā, _Eberswühl_, 266


    Haliddavasanam 79


    _Ionier und Kābuler_ 557


    Das Gestade der Aciravatī 495

    Der Garten Anāthapiṇḍikos 94

    Der Bambuspark 87

    Der Bilva-Weiler 20

    Der Hügel der Eichhörnchen 87

    Die Halle der Einsiedelei 241

    Die Große Feigenbaumgrotte 290

    Der Park der Feigenbäume 25

    Der Gaggarā-See 3

    Der Geierkulm 266

    Der Götterhain am Kronwalde 587

    Die Götterkluft 290

    Der Hahnenhain 20

    König Koravyos Jagdgelände 398, 402

    Das Landhaus »Lotusrose« 438

    Der Pilgergarten der Weißen Lotusrose 241

    Mallikās Garten 344

    Der Mangohag 131

    Der Mangohain Jīvakos 49

    Der Mangohain Khemiyos 569

    Der Mangohain Makhadevos 415, 536

    Der Mangohain Pāvārikos 54

    Der Mangohain der Todeyyer Priester 657

    Der Osthain 494

    Der Pfauenhügel 314, 353

    Der Seherstein 463

    Der Stiftungsgarten 290, 472

    Die Terrasse der Mutter Migāros 494

    Der Āmalakīwald 196

    Der Bhesakaḷerwald 438

    Der Daṇḍakerwald 65

    Der Große Wald 241

    Der Kāliṉgerwald 65

    Der Mātaṉgerwald 65

    Der Mejjherwald 65

    Der Siegerwald 94

    Der Zwieselstein 512



X -- SUTTAMĀTIKĀ

MAJJHIMAPAṆṆĀSAM

VAGGO CHAṬṬHO

GAHAPATIVAGGO


    51. Kandarakasuttam 3

    52. Aṭṭhakanāgarasuttam 20

    53. Sekhapaṭipadāsuttam 25

    54. Potaliyasuttam 34

    55. Jīvakasuttam 49

    56. Upālisuttam 54

    57. Kukkuravatikasuttam 79

    58. Abhayarājakumārasuttam 87

    59. Bahuvedaṉiyasuttam 94

    60. Apaṇṇakasuttam 101


VAGGO SATTAMO

BHIKKHUVAGGO


    61. Rāhulovādasuttam 131

    62. Mahārāhulovādasuttam 140

    63. Cuḷamāluṉkyasuttam 148

    64. Mahāmāluṉkyasuttam 157

    65. Bhaddālisuttam 166

    66. Laṭukikopamasuttam 181

    67. Cātuṃāsuttam 196

    68. Naḷakapānasuttam 206

    69. Gulissānisuttam 218

    70. Kīṭāgirisuttam 224


VAGGO AṬṬHAMO

PARIBBĀJAKAVAGGO


    71. Cuḷavacchagottasuttam 241

    72. Aggivacchagottasuttam 246

    73. Mahāvacchagottasuttam 254

    74. Dīghanakhasuttam 266

    75. Māgandiyasuttam 272

    76. Sandakasuttam 290

    77. Mahāsakuludāyisuttam 314

    78. Sāmaṇamuṇḍikasuttam 344

    79. Cuḷasakuludāyisuttam 353

    80. Vekhanasasuttam 367


VAGGO NAVAMO

RĀJAVAGGO


    81. Ghaṭīkārasuttam 377

    82. Raṭṭhapālasuttam 390

    83. Makhadevasuttam 415

    84. Madhurasuttam 428

    85. Bodhirājakumārasuttam 438

    86. Aṉgulimālasuttam 473

    87. Pivajātikasuttam 485

    88. Bāhitikāsuttam 494

    89. Dhammacetiyasuttam 502

    90. Kaṇṇakatthalasuttam 512


VAGGO DASAMO

BRĀHMAṆAVAGGO


    91. Brahmāyusuttam 527

    92. Selasuttam 543

    93. Assalāyanasuttam 554

    94. Ghoṭamukhasuttam 569

    95. Caṉkisuttam 587

    96. Esukārisuttam 605

    97. Dhanañjanisuttam 614

    98. Vāseṭṭhasuttam 627

    99. Subhasuttam 638

    100. Saṉgāravasuttam 655

MAJJHIMAPAṆṆĀSAṂ SAMATTAM



XI - VARIA

_Ziffer = Anmerkung_


    Etyma 1, 3, 20, 23, 29, 33, 41, 43, 45, 47, 49, 51, 53, 67, 78, 81,
    99, 105, 107, 109, 121, 124, 127, 129, 135, 144, 174, 176, 195,
    205-206, 210, 228, 264, 274

    Asoko 5, 19, 34, 36, 57, 95, 132, 154, 181, 188, 199, 226, 237,
    254, 257, 266

    Andere Inschriften 24, 80, 100, 121, 126, 160, 163, 166, 226

    Nepālischer Buddhismus 75, 144, 174

    Griechische Zeugen 38, 80, 89, 91, 101, 164, 190, 198, 237, 246



CORRIGENDA


    Seite  33 Zeile   25   _richtig_    Der ewige Jüngling

      „    34   „      2      „         Der ewige Jüngling

      „    81   „     20      „         Hundegelübde

      „   114   „     29      „         giebt,

      „   122   „      8      „         hin,

      „   128   „      8      „         vom Nichtwissenswahn

      „   128   „     11      „         Welt‹

      „   157   „     14      „         ^0thapiṇḍikos

      „   200   „     16      „         dem Brahmā

      „   244   „      1      „         in höllische Welt

      „   244   „      6      „         in himmlische Welt

      „   249   „     12      „         auf; so

      „   313   „     27      „         es, Sandako

      „   328   „      8      „         darum,

      „   344   „     22      „         Samaṇamuṇḍikā

      „   362   „     21      „         Udāyī:

      „   400   „  13 u. 18   „         Raṭṭhapālo

      „   410   „      5      „         Raṭṭhapālo

      „   484   „     26      „         (ohne Anmerkungsziffer)

      „   487   „      2      „         bist du

      „   605   „     16      „         Esukārī





*** End of this LibraryBlog Digital Book "Die Reden Gotamo Buddhos - Mittlere Sammlung, zweiter Band" ***

Copyright 2023 LibraryBlog. All rights reserved.



Home