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Title: Briefe an Ludwig Tieck (4/4) - Vierter Band
Author: Various
Language: German
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project.)



  ####################################################################

                     Anmerkungen zur Transkription

Der vorliegende Text wurde anhand der 1864 erschienenen Buchausgabe
möglichst originalgetreu wiedergegeben. Die Zeichensetzung wurde
stillschweigend korrigiert. Aufgrund der Vielfalt der persönlichern
Schreibstile der verschiedenen Autoren wurden ungewöhnliche und
inkonsistente Schreibweisen aber beibehalten.

Der Schmutztitel sowie die Buchwerbung vor der Titelseite wurden
hier nicht wieder mit aufgenommen. Das Inhaltsverzeichnis wurde der
Übersichtlichkeit halber an den Anfang des Textes verschoben sowie um
die Punkte ‚Nachschrift des Herausgebers‘ und ‚Namens-Verzeichniß‘
erweitert.

Die folgenden offensichtlichen Druckfehler wurden korrigiert oder
bedürfen des Kommentars:

    S. 6: ‚um sie her‘ → ‚um Sie her‘
    S. 8: 'daß sie dem Manne'→ 'daß Sie dem Manne'
    S. 10: 'eiaem'→ 'einem'
    S. 13: 'theihaftig'→ 'theilhaftig'
    S. 53: 'viemehr'→ 'vielmehr'
    S. 67: 'möchte mit Dir sprechen'→ 'möchte ich mit Dir sprechen'
    S. 70: 'und bitte Dich'→ 'und bittet Dich'
    S. 76: 'Verhaltnisse'→ 'Verhältnisse'
    S. 80: 'wiceine'→ 'wie Deine'
    Fußnote zu S. 99 (hier Fußnote 9): 'K. v. H.'→ 'H. v. K.' (Heinrich
    von Kleist)
    S. 110: 'daß ie;'→ 'daß Sie'
    S. 153: sondren'→ 'sondern'
    S. 158: Ort und Datum wurde unter die Nummer des Briefes verschoben
    S. 170: 'zanberische'→ 'zauberische'
    S. 175: 'in unteren Schulen' könnte heißen: 'in unseren Schulen';
    wurde aber so belassen
    S. 228: 'erkären'→ 'erklären'
    S. 325: 'gegewahren'→ 'gewahren'
    S. 351 (Namensverzeichnis): 'Fouquè'→ 'Fouqué'
    S. 355 (Namensverzeichnis): 'Klinger': Seitenzahl: '336'→ '366'

Der Text in der Originalausgabe wurde in Frakturschrift gesetzt; dies
wird hier durch normale Schrift dargestellt; _Unterstriche_ stehen für
gesperrten Text, ~Tilden~ für Antiquaschrift. Fettgedruckte Passagen
werden durch =Gleichheitszeichen= hervorgehoben.

  ####################################################################



                                Briefe

                                  an

                             Ludwig Tieck.

                     Ausgewählt und herausgegeben

                                  von

                           Karl von Holtei.

                             Vierter Band.

       Der Verleger behält sich das Recht der Uebersetzung vor.

                               Breslau,
                      Verlag von Eduard Trewendt.
                                 1864.



                      Inhalt des vierten Bandes.


                                                                  Seite.

    Schopenhauer, Johanna                                              1

    Schütz, Wilhelm von                                               12

    Schütze, Stephan                                                  16

    Schulze, Friedrich August                                         19

    Schwab, Gustav Benjamin                                           23

    Seckendorf, Gustav Freiherr von                                   30

    Seidel, Max Johann                                                32

    Skepsgardh, Otto von                                              37

    Solger, Karl Wilhelm Ferdinand                                    44

    Staegemann, Friedrich August von                                  50

    Steffens, Henrik                                                  55

    Stieglitz, Heinrich                                               87

    Stjernström, Eduard                                               90

    Strachwitz, Moritz, Graf                                          93

    Strauß, David                                                     94

    Thorbecke, Johann Rudolph                                         97

    Ticknor, George                                                  103

    Uechtritz, Friedrich von                                         104

    Ulrici, Hermann                                                  121

    Ungher-Sabatier, Caroline                                        125

    Vaerst, Eugen, Baron                                             126

    Varnhagen von Ense, Karl August                                  133

    Varnhagen, Rahel Antonie Friederike                              140

    Vorholz, C.                                                      154

    Waagen, Gustav Friedrich                                         157

    Wackenroder, Wilhelm Heinrich                                    169

    Wagner, Gottlieb Heinrich Adolph                                 265

    Weber, Gottfried                                                 276

    Welcker, Friedrich Gottlieb                                      278

    Wendt, Amadeus                                                   280

    Wiebeking, Charlotte von                                         296

    Wiese, Sigismund                                                 299

    Witte, Karl                                                      309

    Wolff, Pius Alexander                                            312

    X.                                                               322

    Y..... von                                                       323

    Zedlitz, Josef Christian, Freiherr von                           330

    Zieten, Karl Friedrich Daniel von (genannt Liberati)             333

    Nachschrift des Herausgebers                                     343

    Namen-Verzeichniß                                                347



                       =Schopenhauer, Johanna.=

    Geb. im Juli 1770 zu Danzig, gest. am 18. April 1838 in Jena.

    Gabriele, 3 Bde. (1820.) -- Die Tante, 3 Bde. (1823.) -- Sidonia
    (1828.) -- Erzählungen, 11 Bde. (1825-32.) -- Reise durch England
    und Schottland (1813.) -- Reise durch das südliche Frankreich, 2
    Bde. (1817.) -- Kunsthistorische Werke &c.

    Sämmtliche Schriften, 24 Bde. (1830-31.)

    Sie war, seitdem sie sich in Weimar niedergelassen, und so lange
    sie dort „ein Haus machte“ -- ein für ihre Verhältnisse vielleicht
    zu gastfreies! -- so recht eigentlich die Providenz aller Fremden,
    welche ihr nur irgend würdig erschienen, darin aufgenommen zu
    werden. Goethe, da er noch des Abends ausging, ließ sich’s gar gern
    bei ihr gefallen; entlud sich auch häufig des Andranges von Gästen,
    indem er den Strom der Geselligkeit aus seinen Räumen nach denen
    der theuren Freundin zu leiten verstand. Es dürften wohl wenig
    Mitlebende so tief und innig eingeweiht gewesen sein in _alle_
    Geheimnisse des „Hauses am Plan“ wie Frau Johanna. Nur ihren
    Vertrautesten erschloß in ungestörter Plauderstunde die hochbegabte
    Genossin großer Tage ihr sonst festverwahrtes Schatzkästlein
    weimarischer Reminiscenzen. Es ist sehr zu bedauern, daß sie
    hinüberging, ohne den oftmals gehegten, oftmals wieder aufgegebenen
    Vorsatz ausgeführt zu haben, den sie mit den Worten bezeichnete:
    „Was ich zu erzählen wüßte, weiß kein Anderer zu erzählen.... aber
    ich hab’ eine heilige Scheu!“

    Gerade diese „heilige Scheu“ würde ihrer Feder ohne Anstoß über
    manche gefährliche Stelle geholfen haben.

    Leider sind einzelne ihrer zutraulichsten Mittheilungen durch den
    Mund ihrer Tochter Adele an deren Jugendfreundin übergegangen, und
    letztere hat sie wieder ihrem, unzählige Bücher anfertigenden,
    Herrn Gemahl gegeben; und so war ein Schandbüchlein entstanden,
    von welchem die Schopenhauer verzweiflungsvoll klagte: „Es ist mir
    entsetzlich, daß in diesem Libell Dinge stehen, die der Verfasser
    nur durch mich -- wenigstens mittelbar -- erfahren haben kann!“

    Doch ließ es sich nicht ändern.


I.

    _Weimar_, d. 2ten Dec. 1823.

Ich wage mich mit einer Bitte an Sie, verehrter Freund, deren Gewährung
ich mit Gewisheit von Ihnen hoffe, besonders da ich sie Ihnen so bequem
als möglich zu machen gedenke. Ich kenne Ihre große Bekanntschaft
mit dem englischen Theater, in der Ihnen in Deutschland Niemand und
vielleicht auch in England Keiner gleich kommt, und bitte Sie daher,
mir die Titel von etwa ein Duzend englischer Lustspiele aus dem vorigen
Jahrhundert aufzuschreiben, die Schröder noch nicht benuzt hat, und
die gehörig modernisirt und umgearbeitet vielleicht den Stoff zu
deutschen Lustspielen liefern könnten, wenn eine geschickte Hand sich
darüber machte. In diesem Jahrhundert ist glaube ich nichts bedeutendes
erschienen, die Engländer wie die Deutschen, ergözen sich meistentheils
an Nachahmungen französischer Melodrams, doch wären Ihnen auch einige
neuere für diesen Zweck paßende Stücke bekannt, so bitte ich ebenfalls
ihre Titel mir mitzutheilen.

Ihnen will ich es nicht verhehlen, daß ich selbst Lust und Trieb in
mir fühle, mich auch einmal in diesem Fach zu versuchen, doch würde
ich, aus Gründen, die Sie selbst fühlen, dieses nie unter meinem Namen
thun, daher bitte ich Sie gegen Niemand etwas von diesem Vorsatz,
nicht einmal von meinem jetzigen Anliegen an Sie, zu erwähnen. Ich
glaube, daß das englische Theater noch viele Schätze bietet, die gut
benuzt endlich dazu beitragen könnten, die französischen kleinen
Lustspiele, die für Deutsche doch nie ganz paßen, von der Bühne, wenn
nicht zu verdrängen, doch wenigstens ihre jetzige Alleinherrschaft zu
beschränken. Ob ich das dazu nöthige Geschick habe, kann freilich nur
die Zeit lehren, aber ich habe Lust, den Versuch zu wagen, besonders da
ich bei meiner jetzigen Kränklichkeit einer erheiternden und leichtern,
weniger anstrengenden Arbeit bedarf.

Ich weis, lieber Herr Doktor, Sie schreiben ungern Briefe, ich entsage
also schon im Voraus der Freude, diese Zeilen von Ihnen beantwortet zu
sehen. Ich bitte Sie nur die Namen der Stücke, die Sie für meinen Zweck
tauglich halten, ohne weiteres aufzuschreiben und unter meiner Adreße
mir zu senden. Ich habe eben in etwa vierzehn Tagen eine Gelegenheit,
sie ohne Nebenkosten aus England kommen zu laßen.

Um Sie nicht zu ermüden, entsage ich jetzt sogar der Lust, noch länger
mit Ihnen zu plaudern, und unterschreibe mich blos als

    Ihre

    Sie innig verehrende

    _Johanna Schopenhauer_.


II.

    _Weimar_, d. 28. März 1826.

Lieber Herr Hofrath! Eine Schauspielerin, Madame Zischke, bittet
mich, ihr Zutritt zu Ihnen zu verschaffen. Sie wissen selbst, daß ich
dieses nicht ohne einige Bedenklichkeit thun kann, aber ich glaube
doch diese in diesem Fall überwinden zu müssen, da diese Frau nichts
weiter wünscht, als fürs erste von Ihnen die Erlaubniß zu erhalten, auf
dem Dresdner Theater einige Debüt-Rollen zu spielen, und dann erst in
Unterhandlungen wegen einer Anstellung in einem Fache zu treten, das
bei Ihnen so gut als unbesetzt sein soll, ein Fach der komischen und
humoristischen Mütter, alten Jungfern, und dergleichen mehr. Sie ist
noch jung, kaum über die ersten dreißig hinaus, und nichts weniger als
häßlich, und es ist beinahe unbegreiflich, wie sie von Jugend auf sich
gerade dieses Fach hat wählen können, aber es war ihre Neigung, die
sie dazu antrieb, sie gesteht selbst, durch das Spielen älterer Rollen
sich für die jugendlichen gänzlich verdorben zu haben, doch spielt sie
auch Anstands-Rollen, wenn es verlangt wird. Ich habe sie mit vielem
Wohlgefallen die Rolle der Landräthin in Kotzebues Stricknadeln, und
die des alten Fräuleins in den Misverständnissen von Steigentesch
spielen gesehen, und Adele, auf deren Urtheil ich mich ziemlich
verlasse, behauptet, daß sie die Rolle der Oberförsterin in den Jägern
mit Natur, Gefühl, und im Ganzen sehr befriedigend von ihr gesehen habe.

Madame Zischke hat vor mehreren Jahren die Rolle der Landräthin hier
als Gastrolle gegeben, und machte damit einigermaßen furore. Dieses
bewog die Direktion beim Abgange der alten Beck sie zu veranlaßen,
ihr Engagement in Hamburg aufzugeben, und im vergangnen Herbst hieher
zu kommen; doch unser Repertoire ist jetzt auf eine Weise geordnet,
die ihr beinahe keine Gelegenheit erlaubt sich zeigen zu können. Man
zwang sie, als Bertha im verbannten Amor aufzutreten, die sie selbst
gesteht, schlecht gespielt zu haben, weil sie ganz außer dem Bereich
ihres Talentes liegt; sie misfiel dem Publikum, und wurde demselben
sogar lächerlich, weil sie sich Bewegungen und Manieren angewöhnt hat,
die wohl für eine alte aber durchaus nicht für eine junge Frau passend
sind, und da man ihr weiter keine Gelegenheit gab, sich beßer zeigen
zu können, so wurde sie durchweg als eine schlechte Schauspielerin
angesehen, und die Direktion nahm dieses wahr, um ihr anzudeuten, daß
im September ihr Engagement abgelaufen sei, und daß man dann ferner
ihrer nicht mehr bedürfe. Dieses ist alles was ich von ihr weiß, sie
hat mich gebeten, Sie auf sie aufmerksam zu machen, indem sie fürchtet,
Ihnen völlig unbekannt zu sein, da es ihr bis jetzt noch nicht gelungen
ist, sich in der Welt einen Namen zu machen, und ich mochte ihr diese
Bitte um so weniger abschlagen, da ich dadurch Gelegenheit gewinne, Sie
auch an mich zu erinnern.

Von Ihnen höre und lese ich nichts als Erfreuliches und Gutes und
freue mich herzlich darüber, von mir könnte ich Ihnen weniger dieser
Art melden. Ich kam im vergangnen Herbst mit heftigen rheumatischen
Schmerzen im Knie und der Hüfte aus Wiesbaden zurück, die den halben
Winter hindurch anhielten, von denen ich aber gänzlich befreit bin.
Meine Adele hatte das Unglück, auf dem Wege von Jena nach Weimar einen
gefährlichen Sturz aus dem Wagen zu thun, indem die Pferde mit ihr
durchgiengen, und an deßen Folgen sie mehrere Wochen lang gelitten
hat. Jetzt ist auch sie ganz wieder hergestellt, und ich sehe mit
unbeschreiblicher Sehnsucht dem Frühlinge entgegen, während indessen
alle Dächer noch mit Schnee bedeckt sind, und es kälter bei uns ist,
als es um Weihnachten war. Ein großer Verlust für mich ist das Theater,
das ich fast gar nicht mehr besuche. Unser neues Schauspielhaus ist
so feucht, so kalt, es pfeift ein so schneidender Zugwind durch die
Logen, sobald der Vorhang sich hebt, daß es für mich völlig unrathsam
ist, hinzugehen. Doch wäre auch dieses alles nicht der Fall, so würde
ich dennoch zu Hause bleiben, denn ich glaube kaum, daß irgend ein
Publikum in der Welt so mager abgespeiset wird als das Weimarische.
Unser Intendant, Herr Stromeier, ist ein trefflicher Sänger, aber
ich möchte wohl darauf wetten, daß er kaum im Stande ist, ein Buch
zu lesen, viel weniger es zu verstehen; ihm zur Seite steht Frau v.
Heigendorf-Jagemann, die mit 50 Jahren noch immer die erste Sängerin
und die jugendlichste Schauspielerin sein will; sie läßt nichts nur
halb erträgliches neben sich aufkommen, scheut, bei ihrem wirklich
großen Talent, jede Anstrengung, spielt also so selten als möglich,
und wir müßen froh sein, wenn sie alle Monate einmal auf der Bühne
erscheint. Die übrige Zeit werden elende kleine Nachspiele, meistens
französische Uebersetzungen aufgeführt, und bis zum Ueberdruß
wiederhohlt.

Sie haben hoffentlich Herrn und Madame Bracebridge kennen gelernt und
sich dieser Bekanntschaft gefreut, wie wir über den Verlust dieses
wirklich liebenswerthen englischen Paares uns betrüben. Wie gern wäre
ich mit diesen Freunden mit zu Ihnen gereiset, wie sehne ich mich das
liebe Dresden und meine dortigen Freunde wieder zu sehen; doch vor der
Hand ist eine unübersteigliche Scheidewand zwischen mir und Dresden
gezogen, vielleicht wird sie einmal hinweggezogen; bis dahin denken
Sie meiner mit gewohnter Freundlichkeit, wie ich Ihrer mit inniger
Hochachtung und treuer Anhänglichkeit stets gedenke.

    _Johanna Schopenhauer_.


III.

    _Weimar_, d. 2ten Mai 1826.

Zürnen Sie nicht, lieber Herr Hofrath, daß ich schon wieder mit der
Empfehlung eines Fremden Ihnen beschwerlich falle. Ich kann mir recht
wohl denken, wie lästig Ihnen die große Anzahl derselben, die sich um
Sie her drängt, zuweilen werden muß, und sträube mich dagegen, so viel
ich kann, diese durch Empfehlungen zu vermehren; doch diesesmal muß ich
doch eine Ausnahme machen, und Sie recht herzlich bitten, den jungen
Arzt ~Dr.~ Stromeyer aus Hannover gütigst aufzunehmen, ihm zu
erlauben Sie nur einmal zu sehen und zu sprechen, und, wenn Sie während
der Zeit seines Aufenthaltes in Dresden einen Kreis Ihrer Freunde durch
Vorlesen erfreuen sollten, ihm zu vergönnen, diesen in seiner Art
einzigen Genuß mit solchen zu theilen.

Ich hoffe die äußre Erscheinung des jungen bescheidnen Mannes, der auch
manches angenehme gesellige Talent besitzt, wird Ihnen nicht misfallen.
Er studierte in Göttingen mit einem jungen Danziger Vetter von mir,
dessen innigster Freund er wurde, und begleitete diesen drei Jahre
nach einander während der Osterferien hieher, die mein Vetter immer in
meinem Hause zubrachte; er ist also dreimal hinter einander, jedesmal
drei Wochen, mein täglicher Gast, und gewißermaaßen mein Hausgenosse
gewesen, und ich gestehe, daß sowohl sein anspruchsloses Wesen, als
der Ernst, mit dem er nach dem Höheren und Beßeren strebt, mir ihn
recht lieb gemacht haben. Er hat vor kurzem in Berlin promovirt, von
wo aus er hier mit seinem Freund Eduard zusammen traf, und steht jetzt
im Begriff eine Reise durch Deutschland nach England und Frankreich
anzutreten, ehe er in Hannover, seiner Vaterstadt, als praktischer Arzt
sich niederläßt.

Wie geht es Ihnen denn, bei diesem unerhört schlechten Wetter? Ich
sperre mich förmlich ein, das ist für mich das einzige Mittel mich vor
dem bösen Einfluß desselben zu retten. Goethe kränkelt, ohne bedeutend
krank zu sein. Stromeyer, der mehreremale ihn sah, kann Ihnen von
seinem näheren Befinden, und auch von meinem Thun und Treiben manches
erzählen. Der arme alte Herr ist durch einen Unfall, der Ottilien seine
Schwiegertochter betraf, sehr erschreckt worden; sie ist vor wenigen
Tagen vom Pferde gefallen, und zwar sehr stark, aber doch auf keine
Weise gefährlich verletzt.

Ich will meinem jungen Freunde nicht den Stoff zu einem Gespräche
mit Ihnen wegnehmen, da ich weiß, daß alles was das Goethische Haus
betrifft, Sie lebhaft interessirt, und lege die Feder weg, mit der
herzlichen Bitte, ferner mit Güte und Wohlwollen meiner zu gedenken.

    _Johanna Schopenhauer_.


IV.

    _Jena_, d. 10ten Aug. 1827.

Wie es zugehen mag, weiß ich nicht, aber die Leute bilden sich ein, ich
hätte einen großen Stein bei Ihnen im Brette, mein innigst verehrter
Freund, und plagen mich deshalb, sie Ihnen zu empfehlen, und bei Ihnen
ein gutes Wort für sie einzulegen, so daß ich am Ende fürchten muß,
Ihnen überlästig zu werden. Ich kann nichts dafür, lieber Herr Hofrath,
wahrlich nicht. Ich prahle nie mit Ihrer Güte gegen mich, obgleich ich
oft im Stillen mit Freuden daran denke, wie oft und wie freundlich Sie
mir von dieser Beweise gegeben haben, die ich nie vergessen kann.

Aus dieser Vorrede errathen Sie wohl schon, daß ich abermals auf
dem Wege bin, Sie für andre in Anspruch zu nehmen, doch thue ich es
diesesmal recht aus dem Herzen, und wünsche sehnlich, daß Sie dem Manne
helfen könnten, der meine Fürsprache bei Ihnen in Anspruch nimmt. Es
ist dieser der Schauspieler Löwe[1] aus Mannheim, der, wie ich höre,
sich schon an Sie gewendet hat um die Erlaubnis, auf dem Dresdner
Theater einige Gastrollen spielen zu dürfen.

Als ich vor etwa sechs Jahren einige Wochen in Mannheim mich aufhielt,
habe ich seine Bekanntschaft gemacht; im Umgange habe ich an ihm
einen gebildeten liebenswürdigen Gesellschafter gefunden, der sich
sehr vortheilhaft vor den gewöhnlichen Schauspielern auszeichnet, und
wie es mir schien mit mehr als gewöhnlichem Ernst über seine Kunst
nachdenkt und nach dem Höheren strebt; und auf dem Theater ragte er
weit über seine Mitspieler hervor, die freilich fast alle kaum eine
der höheren Stufen der vielgepriesenen Mittelmäßigkeit erreichten.
Er hat eine sehr schöne Gestalt und ein ausdrucksvolles angenehmes
Gesicht, eine reine wohltönende Sprache und, obgleich er auch wohl
nicht mehr jung ist, so nimmt er, besonders in Heldenrollen sich noch
sehr gut aus, überdem weiß er sich sehr gut zu kleiden, und hat einen
edlen vornehmen Anstand. So war es wenigstens damals, ob es noch so
ist, weiß ich nicht; er hat seitdem viel gelitten, viel Kummer und
Verdruß gehabt, und mag wohl merklich gealtert sein. Unter den Rollen,
die ich ihn spielen sah, erinnere ich mich besonders des Bayard; er
brachte es damals wirklich dahin, daß ich diesem jämmerlichen Wesen
mit Aufmerksamkeit zusah. Auch im Leben hat er den Ruf eines sehr
rechtlichen Mannes und wurde damals allgemein geachtet und mit in die
Gesellschaft gezogen, was keinem andern Schauspieler wiederfuhr.

Der arme Mann hat nun, ich weiß nicht auf welche Veranlaßung, seinen
Abschied erhalten, und muß nun mit einer ältlichen Frau und sechs
Kindern ein andres Engagement suchen, er hofft dieses zu finden, indem
er auf andern Theatern Gastrollen giebt. Ist es irgend möglich, so
laßen Sie auf Ihrem Theater ihn auftreten, das übrige muß dann von
selbst sich ergeben; erhält er Ihren Beifall, so erwähnen Sie seiner
vielleicht einmal auf eine Weise, die ihm weiter hilft. Ich wünsche
dem armen Löwe alles mögliche Gelingen, würde ihn aber gewiß nicht,
wenigstens nicht auf die Weise, Ihnen empfehlen, wenn ich nicht
überzeugt wäre, daß er es vor vielen andern verdient.

Ich bringe diesen Sommer wieder hier in Jena in einem kleinen Landhause
zu, und befinde mich beßer dabei als bei dem Besuche eines Badeortes;
die Ruhe, der stündliche Genuß der freien Luft thun mir unbeschreiblich
wohl, und meine mit den Jahren zunehmende Trägheit findet auch ihre
Rechnung dabei. Meine Adele treibt sich in der Welt umher, jetzt hält
sie in Rödelsheim nahe bei Frankfurt a. M. bei einer Freundin sich
auf, und wird nächstens mit einer andern auf einige Monate nach Köln
gehen. Sie empfiehlt sich Ihnen auf das Angelegentlichste, und möchte
gern auch für Löwen ein gutes Wort bei Ihnen einlegen, wenn sie nur den
Muth hätte.

Nehmen Sie noch meinen herzlichen Dank für die gütige Aufnahme
unsrer Freundin Kleefeld, sie war entzückt davon, und preist sich
überglücklich, Sie lesen gehört zu haben.

Gedenken Sie meiner mit gewohnter Güte und Freundlichkeit.

    Ihre treuergebne

    _Johanna Schopenhauer_.


V.

    _Weimar_, d. 29. März 1829.

Die Ueberbringerin dieses ist Fräulein Kleefeld[2] aus Danzig, die
Tochter des ersten dortigen Arztes und eine Freundin meiner Adele;
sie hat den ganzen Winter mit uns zugebracht, und kann Ihnen also
sagen, wie es mir und meiner Tochter ergangen ist und ergeht. Sein Sie
freundlich gegen sie, mein verehrter Freund, sie ist ein gutes Kind und
uns herzlich lieb. Sie wünscht diese Zeilen Ihnen selbst zu bringen, um
Sie nur zu sehen.

Der eigentliche Zweck dieser Zeilen ist eine Erkundigung nach einem
jungen Tragödiendichter, Doctor Rapp aus Stuttgardt, der vorige Woche
hier durch kam, mit einem Bündel Tragödien à la Shakespear, die er
Ihnen vorlegen wollte, und einer Empfehlung von Sulpitz Boisserée,
die ihm Eingang bei Ihnen verschaffen sollte, und dessen Schwager er
nächstens werden wird. Er hat eine dieser Tragödien, nehmlich den
1sten Theil von „König Heinrich der vierte,“ zu dem noch zwei andre
gehören, bei mir niedergelegt, so sehr ich mich auch dagegen wehren
mochte, denn es ist mir unmöglich mir über dergleichen ein Urtheil
anzumaaßen, bei seiner schnellen Abreise hat er ihn wieder abzuholen
vergeßen, und ist jezt wahrscheinlich in Unruhe über sein Kind, indem
er wohl nicht mehr weiß, wo er es gelassen. Ich gebe der Kleefeld das
Manuscript mit, da er doch wahrscheinlich noch in Dresden sich aufhält;
sollte dies nicht der Fall sein, so wißen Sie vielleicht, wohin Sie es
ihm nachschicken können, oder bewahren es, bis er sich bei einem von
uns beiden danach erkundigt. Gelesen habe ich es nur theilweise, die
Handschrift ist gar zu unleserlich.

Gedacht haben wir Ihrer in dieser Zeit oft und viel, indem Herr von
Holtei einige Wochen bei uns sich aufhielt und in einigen Zirkeln sein
Lese-Talent der Gesellschaft zum Besten gab. Er hat uns allen wohl
gefallen -- aber den wunderbaren Zauber versteht er doch nicht zu üben,
in welchem -- _jemand Anders_ -- ein unerreichbarer Meister ist
und bleibt.

Ich schreibe sehr eilig, Adele ist seit drei Wochen bei Freunden am
Rhein, die Kleefeld reist morgen in aller Frühe ab, und da giebt es so
mancherlei für sie zu besorgen, daß ich nur Zeit behalte, Sie recht
herzlich zu bitten, mir Ihr freundliches Wohlwollen fortwährend zu
erhalten.

    Ihre Ergebne

    _Johanna Schopenhauer_.

Kommt denn nicht bald der zweite Theil Ihres Cevennen-Krieges? Ich
verlange mit ganzer Seele danach; mich hat seit Jahren nichts so
erfreut, zweimal habe ich ihn schon gelesen, und warte nur auf den
zweiten Band, um von vorne wieder anzufangen.



                        =Schütz, Wilhelm von.=

    Geb. am 13. April 1776 zu Berlin, gest. am 9. August 1847 in
    Leipzig. War preuß. Landrath und Direktor der Ritterschaft in der
    Neumark, und hielt sich, nachdem er aus dem Staatsdienste getreten,
    für gewöhnlich in Dresden auf.

    Lacrimas, Trauerspiel (1803.) -- Der Graf und die Gräfin von
    Gleichen, Tragödie (1807.) -- Niobe, Tragödie (1807.) --
    Romantische Wälder (1808.) -- Der Garten der Liebe (1811.) -- Graf
    von Schwarzenberg, Trauerspiel (1819.) -- Dramatische Wälder (1821.)

    Rußland und Deutschland (1819.) -- Deutschlands Preßgesetz (1821.)
    -- Zur intellectuellen und substantiellen Morphologie &c. (1823.)

    Zwölf Bände einer Uebersetzung aus den Memoiren des Casanova
    (1822-28.) &c.


I.

    _Cummerow_, den 8. März 1812.

    _Liebster Freund_.

Deine Mittheilungen über meinen Anfang eines Drama: Guiscardo und
Gismonda, sind für mich eben so belehrend wie ermunternd gewesen, und
ich habe die Eröffnung des Stücks nach Deinem Rathe angefangen, leider
aber von meinem ersten Entwurf keine Concepte mehr gefunden, so daß
ich nicht fortfahren kann, ohne die Abschrift zu benutzen, die ich
Dir gelassen habe. Gern bliebe ich in dem Zug, um so mehr, da bald
Unterbrechungen kommen möchten, und deshalb bitte ich Dich, mir recht
bald jene Blätter zu senden. Vielleicht können sie noch Montag Abend in
Ziebingen zur Post kommen.

In der Ode, die mein Schwiegervater so vieler Aufmerksamkeit gewürdigt
hat, habe ich das geändert, was er angestrichen hatte und übersende Dir
eine geänderte Abschrift mit der Bitte, sie ihm zu übergeben und ihn
meiner kindlichen Gesinnungen zu versichern.

Meine Frau grüßt Dich, Deine Frau, ihren Vater und die Geschwister,
bittet Dich auch Heinrich zu sagen, daß sie hier angekommen sey. Bleibe
recht heiter und gesund und behalte lieb

    Deinen

    _Schütz_.


II.

    _Madlitz_, den 13ten September 1812.

Mit vielem Dank sende ich Dir liebster Freund hierbei den Phantasus
zurück. Wie sehr mir die Einleitung dazu gefallen, sagte ich Dir schon
nach der Vorlesung. Diese aber hatte mir immer noch nicht den Eindruck
gewähren können, welcher sich erst davon trägt, wenn man sie und die
Unterredungen nicht abgesondert, sondern in ihrem Zusammenhange mit
den Dichtungen genießt, zu denen sie gehören. Erst dann wird man des
Reitzes theilhaftig, der sich dadurch so anziehend über das Ganze
verbreitet, daß das in den Dichtungen sich regende unmittelbare
Leben einen so wunderbaren Contrast mit dem mannigfaltigen Hin- und
Hersprechen bildet, welches dazwischen unter den Erzählern vollführt
wird. Ich glaube daher auch, daß es dem Buche recht vortheilhaft
sein muß, wenn der Darstellung des Wesens der Erzähler, und in ihm
des Wesens ihrer Zeit zwischen den Dichtungen recht viel Platz
vergönnt wird, so daß die letztern hierdurch recht wie Erinnerungen
theils an die gewesene, theils an die noch in der Dunkelheit und
Zurückgezogenheit wohnende unmittelbare Poesie des Lebens den Leser
antreten. Von den neuen mir erst jetzt bekannt gewordenen Dichtungen
sind mir die Elfen und der Pokal ganz vorzüglich lieb, die ich in jeder
Hinsicht für sehr gelungen halten muß.

Ich übersende Dir nun auch mein Trauerspiel, den letzten Akt aber
so, wie ich ihn während des Dichtens niedergeschrieben habe, mit den
während dessen und beim Ueberlesen gemachten Correkturen, also auch
vielleicht etwas unleserlich. Du solltest ihn in seinem ersten Wurf
sehen, und ich wollte Dich erst hören, bevor ich zu Aenderungen und
Verbeßerungen schritt. Ich glaube im zweiten Akt wird Guiscardo den
einen Monolog in fünffüßigen Jamben sprechen müssen, auch vielleicht im
dritten Akt den, wo er nach dem Anselmo auftritt, und dann könnten sie
wohl auch im ersten Akt beibehalten werden, denn ich bin der Meinung,
daß sie als Unterbrechung der beständigen Assonanzen doch gut thun.

Solltest Du den Triumpf der Vorzeit durchgesehen, das nöthige
angestrichen, auch einiges geändert haben, so hätte ich ihn wohl gern
bald zurück, um ihn an Fr. Schlegel zu senden. Wenn es Dir also möglich
ist, so sey so gut ihn mir recht bald zuzusenden.

Das Buch, die Einsamkeit der Weltüberwinder sende ich Dir noch nicht
zurück, sondern wünsche es noch einige Zeit zu behalten. Es ist mir so
erbaulich gewesen, daß ich mich nicht gern davon trenne.

Wegen Carls Bibliothek habe ich mit Rosa gesprochen. Sie will nochmals
dessen Brüder fragen, ob sie solche nicht in der Art erhalten können,
daß sie dereinst dem kleinen Sohne bleibt. Geht dies nicht, so will sie
einen Catalogus davon dem Staats-Rath Roux nach Berlin senden, mit dem
Ersuchen, sie ihr denn auch im Ganzen zu verkaufen. Ich habe hierauf
von meiner Intention noch nichts geäußert: sondern denke es wird gut
sein, ihr demnächst erst zu sagen, daß man sie für 1000 Thlr. oder weil
ich zweifle, daß jemand in Berlin so viel dafür bieten wird, für das
dort geschehene Gebot annehmen wolle. Sage mir Deine Meinung darüber.
Zeit ist nicht verloren, weil der Verlass noch nicht abgeschlossen
ist, sondern erst bei der nächsten Anwesenheit des Bürger-Meister
Cranz vollzogen werden soll, und erst nachdem dies geschehen ist,
kann sie eine Disposition treffen. Sie wünscht aber den Catalogus zu
besitzen, um ihn Hrn. Roux zu schicken, und ich bitte daher, ihn mir zu
übersenden. Wenn Du meinst, so könnte ich ihr vor der Absendung merken
laßen, ich wolle abwarten, wofür Roux hoffe, die Bibliothek verkaufen
zu können, und würde sie vielleicht auch nehmen.

Lebe wohl. Grüße alle.

    Dein

    _Schütz_.


III.

    _Madlitz_, den 22. März 1814.

    _Liebster Freund_.

Ich bitte Dich einstweilen durch den zurückgehenden Boten diese
wenigen Zeilen anzunehmen. Dein Brief bestimmt mich, die Reise nach
Berlin noch auszusetzen. Ich will suchen, das Geschäft, welches meine
Gegenwart gegen Ende dieses Monats erwünscht macht, durch einen Brief
oder dadurch abzumachen, daß ich, vielleicht mit einer Gelegenheit
auf einen Tag hingehe. Es kann sein, daß sich inzwischen das Wetter
genugsam ändert, um Dir die Reise in den Ostertagen zu erlauben. Mir
aber wird der Aufschub es vielleicht möglich machen, Dich vorher
noch in Ziebingen zu sehen; ich denke in der nächsten Woche. Meinen
letzten kurzen Brief mußt Du mir verzeihen, da eine Gelegenheit nach
Frankfurth mich drängte. Ich bin ziemlich ununterbrochen bei meinem
Roman geblieben und denke bald mit dem vierten Buche fertig zu werden.
Es ist das, welches mir am meisten zu thun machen mußte. Schon bei dem
ersten Entwurfe fehlte es mir hier gewöhnlich am meisten an Zeit,
ich mußte viele Lücken in der Hoffnung, es werde sich wohl einmal das
noch Fehlende ergänzen, offen laßen. Nun aber bin ich noch so wenig
zufrieden, und denke, wenn noch einige Schwierigkeiten überwunden sind,
soll es mit dem übrigen rascher gehen. Ich erinnere mich noch, daß ich
Dir dieses Buch nicht, wohl aber das folgende mitgetheilt habe, weil
es zu unfertig war. So beschäftigt, habe ich nicht Englisch lesen und
arbeiten können, sondern nur den Parcival. Es ist ziemlich gegangen.
Ich faßte bald den Entschluß, ihn zweimal zu lesen, weil ich wahrnahm,
daß, je mehr ich im Lesen vorrückte, das Verstehen mir leichter wurde.
Mit dem ersten Lesen bin ich ziemlich zu Ende.

Theuerster Freund, ich kann Dir nicht sagen, wie ich die Zeit über, daß
ich wieder hier bin, von den Tagen gezehrt habe, welche ich mit Dir
zugebracht; mein inneres Leben erhöht sich immer mehr in dem Umgange
mit Dir. Wie erfreulich mußten mir also Deine Worte sein, welche mir
sagten, daß mein Genuß und mein Bedürfniß auch die Deinigen gewesen.
Gewiß eile ich, so viel nur möglich, wieder bei Dir zu sein, und bringe
dann Deine Bücher mit. Deine Grüße werde ich bestellen, heut konnte ich
es nicht mehr, da ich Deinen Brief spät erhielt, nachdem ich mich schon
von der Gesellschaft entfernt hatte. Lebe wohl und glücklich.

    Ganz der Deinige
    _Schütz_.



                          =Schütze, Stephan.=

    Geb. am 1. Nov. 1771 zu Olvenstädt bei Magdeburg, gestorben in
    Weimar am 19. März 1839.

    Gedichte (1810.) -- Eine neue Sammlung Gedichte ernsten und
    scherzhaften Inhalts (1830.) -- Der unsichtbare Prinz, 3 Bde.
    (1812.) -- Humoristische Reisebeschreibungen. -- Versuch einer
    Theorie des Komischen (1818.) -- Von 1814 bis 1836 redigirte er das
    beliebte Taschenbuch, welches den seltsamen Titel: „Der Liebe und
    Freundschaft“ führte, aber sehr hübsche Beiträge, unter anderen
    auch die meisten seiner eigenen Erzählungen enthielt.

    Schütze lebte in Weimar, unseres Wissens ohne Amt, obgleich
    er „Hofrath“ hieß. Seine häusliche Einrichtung war so sauber,
    still und behaglich, wie das nur in kinderloser Ehe möglich
    ist. Freundlich entgegenkommend und umgänglich hatte er dennoch
    den Schelm im Nacken, vertheilte rechts und links kleine Hiebe,
    verschonte sogar den Altmeister nicht, dem er gleichwohl in
    Ehrfurcht anhing. Durch all’ sein Reden, Gebahren und Thun zog
    sich ein ironisch-humoristischer Spott, der aber von übler
    Absicht rein sich zuletzt immer wieder auf die _Theorie_
    des _Komischen_ im Leben richtete, und den Umgang mit ihm
    erheiternd belebte. Hätte man ihn nicht als guten Ehemann gekannt,
    so würde man bisweilen versucht gewesen sein, ihn für einen recht
    eingerosteten Hagestolz zu halten. So z.B. gehörte es zu den
    Junggesellen-artigen Lustbarkeiten, die er vorzog, daß er, mitten
    im Winter, bei schlechtestem Wetter, sich einen geschlossenen
    Lohnwagen miethete, in diesem bis Erfurt fuhr -- etwa um Bekannte
    dort zu besuchen?... mit nichten! Um in einem Gasthofe einzukehren,
    auf seinem Zimmer gut zu diniren und nach vollbrachter That gen
    Weimar heimzukehren. Fand er einen ihm zusagenden Begleiter, so
    nahm er diesen mit. Wo nicht, ei dann fuhr er allein, speisete
    allein, trank allein, kehrte allein zurück. -- Lauter Versuche zur
    Theorie des Komischen!


    _Weimar_, d. 7t. Sept. 1838.

Als ich vor vier Jahren das letztemal in Dresden war, hoffte ich Sie,
Hochverehrter, wieder einmal zu sprechen, aber ich fand Sie nicht
gegenwärtig. Daß ich seit der Zeit oft in Gedanken, mit Ihnen mich
beschäftigt habe, werden Sie wohl ohne ausdrückliche Versicherung
glauben. Jetzt soll mein Taschenbuch mir Gelegenheit geben, mit
Ihnen in Berührung zu kommen, und ich bin deshalb so frei gewesen,
der Willmannschen Verlagshandlung den Auftrag zu ertheilen, es Ihnen
zu senden. Ich bilde mir nämlich ein, daß eine Erzählung von mir
darin: _Die beiden Candidaten_ nicht ohne Interesse für Sie sein
möchte. Ob ich gleich alles auf Natur und Erfahrung gebaut habe, so
ist doch besonders die Hauptfigur darin: der Herr von Grauenstein
reine Erfindung. Es giebt in den entlegenen Provinzen unter dem Adel
närrische Kauze dieser Art, und ich glaube gewiß, daß Sie auch mehrere
dergleichen gekannt haben. Ich habe ihn zugleich als Repräsentanten
des materiellen Princips benutzt und bei Abwägung des geistlichen
und leiblichen in Beziehung auf einen Ausschlag ein klein wenig an
Goethe gedacht, der, im Leben wenigstens, einer recht tüchtigen
bürgerlichen Erscheinung gern den Vorzug gab, und auf Augenblicke
sich von ihr bestechen ließ, auch mündlich öfters in Grundsätzen sich
dafür aussprach. Es versteht sich, daß ihm dabei das Geistige nicht
entging, aber es folgte nicht selten erst um ein Paar Schritte später.
-- Dies alles ist indeß nur Nebenbemerkung. Die Erzählung geht frei
für sich ihren Gang fort, und sie hat in der Darstellung auf eine
solche Beziehung keine Rücksicht genommen. -- In der Sprache bin ich
dem Grundsatze der Natürlichkeit und Einfachheit treu geblieben, mit
der Ueberzeugung, daß sie um so mehr dem Stoff sich nähert, je mehr
sie sich immer den Gegenständen selbst anschmiegt, woraus denn die
Abwechselung in den Tonarten und Stimmungen sich von selbst ergeben
muß, ohne daß man nöthig hat, wie viele neuere Schriftsteller thun, zur
lebhaften Erregung der Theilnahme über alles hinaus ein Feuerwerk in
verschiedenen Farben abzubrennen. Ich denke, daß ich hiermit nur Ihren
eigenen Weg verfolge.

Mündlich ließe sich noch mehr, und wohl recht viel darüber sprechen; da
mir aber das Glück einer solchen Unterhaltung mit Ihnen versagt ist,
und eine schriftliche Mittheilung doch nur dürftig bleibt, so schließe
ich lieber diese Zeilen, indem ich mich dem sehnlichen Wunsche und der
Hoffnung überlasse, von Ihnen bald vielleicht manches Belehrende und
Ermunternde vernehmen zu dürfen.

Auf jeden Fall mich somit Ihrem geneigten Andenken empfehlend verbleibe
ich mit alttreuer Hochachtung

    Ihr
    ergebenster
    _St. Schütze_.



                     =Schulze, Friedrich August.=

    Geb. am 1. Juni 1770 zu Dresden, gestorben daselbst am 4. Sept.
    1849.

    Im Jahre 1800 ist sein erster Roman: „Der Mann auf Freiersfüßen“
    erschienen, und von jener Zeit an hat _Fr. Laun_ (wie er sich
    nannte) unter den beliebten Erzählern einen der ehrenvollsten
    Plätze behauptet. Ihm war die seltene Gabe verliehen, neben dem
    Beifall der großen, oft oberflächlichen Lesewelt, die er zu fesseln
    verstand, auch den Antheil und die Achtung strengerer Beurtheiler
    zu gewinnen, und sich fortdauernd zu erhalten. Den besten Beweis
    dafür liefert die (1843) veranstaltete Ausgabe seiner „Gesammelten
    Schriften,“ welche Ludw. Tieck mit einem Prologe begleitete.

    Daß Laun auch anderweitig wirksam gewesen für die höheren
    Interessen der Poesie, geht aus einer Stelle des zweiten Briefes
    hervor, die von der Fortsetzung des Goethe’schen Faust handelnd,
    beherzigenswerthe Worte ausspricht.


I.

    _Dresden_, den 11. Oktober 1842.

    _Innigstverehrter!_

Die vor einigen Wochen verlautete Nachricht Ihres plözlichen
Krankheitsanfalls betrübte mich allzusehr, als daß ich mich enthalten
könnte, Ihnen selbst meine Freude darüber auszusprechen, nun das
Uebel, nach der Versicherung der Frau Prof. Solger, so gut wie völlig
gehoben erscheint. Professor Hübner, mit dem ich bald darauf zufällig
zusammenkam, eröffnete mir sein Bedauern des Sie betroffenen Unfalls
und freuete sich mit mir, wie ich ihm die neuere, so erwünschte Notiz
mittheilen konnte.

Schwerlich werden Sie sich noch eines Gesprächs aus dem
letztvergangenen Winter entsinnen, wo ich des ~Théatre italien~
von Gherardi Erwähnung that. Sie klagten darüber, dasselbe Buch (von
dem Sie, vor nunmehr wohl 40 Jahren, mir einige Bände vorzüglich
empfohlen und communicirt hatten), ich weiß nicht mehr ob ganz oder
nur zum Theil, neuerlich in Ihrer Büchersammlung zu vermissen. Dabei
erinnerte ich mich, daß mein geringer Büchervorrath mehr als Ein
Exemplar des Werkes enthalten müsse, und faßte schon damals den festen
Vorsaz, die beiden Exemplare aus den in größter Unordnung unter- und
übereinander in Schränken, zum Theil ganz verpackt, liegenden Büchern,
herauszusuchen. Leider aber verschob sich die Sache von Woche zu
Woche, von Monat zu Monat. Der auf dem Bücherknäuel liegende, dicke
Staub erfüllte mich immer mit neuem unbezwinglichen Grauen vor der
unglücklichen Operation. Endlich und zwar grade am Tage nach Ihrer
Abreise -- die für alle Ihre hiesigen, zahlreichen Verehrer so traurig
war -- wagte ich mich denn doch an’s Werk. Und siehe da, es fanden
sich wirklich, wie vielleicht am künftigen jüngsten Tage die auf
Schlachtfeldern zerstreut liegenden menschlichen Glieder zu ganzen
Körpern, die einzelnen Theile zu zwei vollständigen Exemplaren des
~Theatre italien~, jedes von 6 Bänden, zusammen.

Nach einer oberflächlichen Vergleichung stimmen beide Ausgaben in Allem
überein. Die eine ist im Jahre 1701 zu Amsterdam herausgekommen, wohin
Gherardi, nachdem sein Bühnenunternehmen im Hotel de Bourgogne zu Paris
im Jahre 1697 sich aufgelöst hatte, in’s Privatleben zurückgetreten zu
seyn scheint. Meine zweite zu Paris im Jahre 1717 gedruckte Ausgabe hat
der Verf. ebenfalls noch selbst besorgt.

In der Hoffnung, daß Sie mir das Vergnügen, dem einen mir völlig
unnüzen Exemplare einen Platz unter Ihren Büchern einzuräumen nicht
versagen würden, hätte ich Ihnen solches schon mit diesem Briefe
gesendet, wünschte ich nicht, Ihnen die Wahl zwischen beiden zu
überlassen. Erfreuen Sie mich daher, bitte ich, Verehrtester, mit
der Nachricht, welches Exemplar Sie vorziehen. Mir ist es völlig
gleichgültig, ob ich dieses oder jenes behalte. Beide sind übrigens in
Lederbänden und das eine, wie das andere recht leidlich erhalten.

Noch füge ich meinen aufrichtigen Glückwunsch zur Vermählung Ihres
Fräuleins Tochter und die gehorsamste Bitte bei, der Frau Gräfin von
Finkenstein, nebst dem Wunsche des besten Wohlseyns, meinen Respekt zu
erkennen zu geben.

Leider, bin ich noch immer außer Stande, Ihnen die erste Lieferung
meiner Schriften zu übersenden. Der Verleger ist wegen der vor kurzem
erfolgten Erweiterung seiner Geschäfte durch Verbindung mit zwei
anderen gut renommirten Stuttgarter Buchhandlungen, der Riegerschen und
Brodhagschen, mit Arbeiten zu überhäuft gewesen, um schon an’s Beginnen
meiner Sammlung zu gelangen. Doch soll die zweite Lieferung sich
desto schneller an die erste anschließen. Er hat mir auch schon den
Probedruck des in Wien gefertigten Stahlstichs meines nach Hartmanns
Gemälde gefertigten Porträts übersendet, welches dem Titel des ersten
Bandes gegenüber erscheinen wird.

Meine Frau, die auch der Frau Gräfin sich zu Gnaden empfiehlt, trägt
mir auf, Ihnen ihren freudigen Antheil an der so glücklichen Hoffnung
auf Ihre baldigste gänzliche Herstellung kundzuthun.

Mit innigster Verehrung

    Der Ihrige
    _Schulze_.


II.

    _Dresden_, den 25. Decbr. 1843.

    _Verehrtester!_

Ihr so wohlwollender Brief vom 31. d. M. hat mir wahrhafte Beruhigung
zugeführt, weil ich fortdauernd in großer Sorge stand, meine Auswahl
bei der Sammlung der Launschen Schriften wäre nicht nach Ihrem Wunsche
ausgefallen. Mein Vorsaz ist, eher etwas zu viel von meinen Werken
wegzulassen, als aufzunehmen, freilich aber fehlt, leider, grade dem
Verfasser mitunter das Urtheil, das rechte, über Manches, es kann daher
wohl vorkommen, daß er im Weglassen und Aufnehmen mitunter Misgriffe
begeht.

Der mitfolgende 5te Band empfiehlt sich Ihrer freundschaftlichen
Nachsicht. Die beiden lezten Novellen darin erscheinen zum ersten Male
gedruckt.

Große Freude hat mir die durch Ihren Brief bestätigte glänzende
Aufnahme der Aufführung des Sommernachtstraums, nach Ihrer Anordnung
gemacht. Bereits im vorigen Jahre enthielt das Morgenblatt eine
Lokalnotiz von mir, in der ich über das Projekt meine Meinung äußerte.
Da Ihnen das Blatt schwerlich zu Gesicht gelangte, so erlaube ich
mir solches mit der Bitte beizulegen, es mir künftig wieder zugehen
zu lassen. Die Antigone hat schon, wie es scheint, eine entschiedene
Anregung bei den größeren Bühnen Deutschlands gegeben. Es läßt sich
daher etwas Gleiches vom Sommernachtstraum desto eher hoffen, da
Shakespeare dem Sinne des Publikums doch weit näher liegt, als die
griechischen Tragiker.

Vor Kurzem stand in den Blättern für literar. Unterhaltung und zwar
in den Nummern vom 9. bis 12. des jetzigen Monats ein Aufsaz von
mir unter dem Titel: _Poesie und Prosa_. Unter anderm bemerkte
ich darin, daß so tief auch der 2te Theil von Goethe’s Faust unter
dem 1sten stehe, doch von Denjenigen unserer Dichter, die sich die
Männer der Gegenwart nennen, kein einziger im Stande seyn würde,
einen solchen zweiten Theil zu produciren. Sollte Ihnen zufällig die
kleine Ausarbeitung in die Hände gerathen seyn, die hauptsächlich über
die Unrichtigkeit, die Worte: _Poesie_ und Prosa als Kontraste
zu behandeln, sich ausläßt, so würde es mir die größte Genugthuung
gewähren, wenn ich gelegentlich erführe, daß meine darin eröffneten
Ansichten, wenigstens in der Hauptsache mit den Ihrigen übereinstimmten.

Meine gute Frau trägt mir auf, Ihnen den aufrichtigsten Dank für die
gütige Erinnerung an sie abzustatten. Der mehrjährige Gebrauch des
Karlsbades ist ihrer früher sehr mangelhaften Gesundheit sehr zu
statten gekommen. Sie nimmt mit mir den lebendigsten Antheil an Ihrem
Wohlseyn und an dem so glücklichen Erfolge der Augenoperation der Frau
Gräfin von Finkenstein.

Mit der treuesten, innigsten Verehrung

    Der Ihrige
    _Schulze_.



                      =Schwab, Gustav Benjamin.=

    Geb. zu Stuttgart 1798, gestorb. daselbst am 4. Nov. 1850.

    Wenn seine ihm eigenste poetische Richtung zugleich eine religiöse
    war und sich in weltliches Treiben nicht verlor, so hielt ihn
    doch andrerseits die kirchliche Amtsstellung, die er im Staate
    einnahm, keinesweges ab, sich mit regem Sinne, mit unbegrenzter
    Theilnahme nach allen Seiten hin zu wenden, wo frisches Talent,
    ursprüngliche Begabung ihm entgegentrat, und kein Mensch ist weiter
    davon entfernt gewesen als er, engherzig zu verlangen, daß „allen
    Bäumen _eine_ Rinde wachse!“ Wer irgend welche litterarische
    Beziehung zu ihm gehabt und dabei Gelegenheit gefunden hat ihn
    kennen zu lernen, der wird ihn freudig wieder erkennen und begrüßen
    in nachstehendem Briefe!

    Als epischer und lyrischer Dichter blühend und fruchtbar von den
    Knabenjahren an bis in’s reife Mannesalter, hat er eine reiche
    Auswahl schöner Gaben hinterlassen, deren viele im Geist und Gemüth
    seines Volkes fortleben, um nie zu sterben. Und wenn er dadurch
    _seinen_ Nachruhm sicherte, ist er doch immer auch thätig
    gewesen, sei’s durch gelehrte und sinnvoll-geordnete Anthologieen,
    sei’s durch meisterhafte Uebertragungen, sei’s endlich durch
    Redaktion, Herausgabe und Lebensbeschreibung verstorbener Dichter,
    deren Nachruhm zu vermehren. Sagen des klassischen Alterthums --
    Lamartine’s -- Barthelemy’s Poesieen -- Paul Fleming’s auserlesene
    Gedichte -- Geistliche Legenden -- W. Hauffs sämmtliche Werke
    -- Wilh. Müllers vermischte Schriften (siehe diesen Brief!) --
    Schillers Leben -- der deutsche Musenalmanach (mit Chamisso) -- das
    sind nur einige obenhin herausgegriffene Belege für die vielseitige
    Thatkraft eines im ernsten Amte gewissenhaften Arbeiters, der
    nebenbei -- zur Erholung von der Berufspflicht -- eine ganze
    Bibliothek werthvoller Bücher schrieb, sammelte, kritisch
    beleuchtete und den duftigen Flor eigener Dichtungen in stetem
    Wachsthum hielt!


    _Stuttgart_, den 28. Jan. 1829.

    _Hochverehrter Mann!_

Das Herz in beide Hände nehmend benütze ich endlich die Erlaubniß,
welche Sie mir ertheilt haben, mich schriftlich an Sie zu wenden, ohne
weiter auf Worte zu studieren. Kommt es linkisch heraus, so schreiben
Sie es auf Rechnung der Scheu, die uns hohen Geistern gegenüber
geradeso und mit mehr Recht ergreift, wie gegenüber von hohen Personen.

Ich habe die Sammlung des seel. Wilhelm Müller, die nach dem Wunsche
des Verlegers, Brockhaus, dem sich die Wittwe gefügt hat, nur aus
seinen „vermischten Schriften,“ nicht aus den sämmtlichen Werken
bestehen soll, seit den Herbstferien in Ordnung gebracht und das neu
geordnete Manuscript, wenn man lauter Gedrucktes so nennen kann, dem
Verleger zugeschickt. Der Druck wird aber nicht sobald beginnen, daß
ich nicht noch von allen Fingerzeigen, die Ihre gütige Theilnahme mir
zukommen lassen wollte, Gebrauch machen könnte, und so vergönnen Sie
mir, daß ich Ihnen im Allgemeinen kurz meine Verfahrungsweise andeute.

Das Ganze ist vorläufig auf fünf Bände berechnet. Die Poesieen habe ich
in die zwei ersten Bände vertheilt, nach ihrer innern Verwandtschaft,
nicht nach ihrer bisherigen Eintheilung. Denn ich gestehe es, jene
Verkappungen so vieler, besonders norddeutscher, Dichter, sind mir
in der Seele zuwider. Wozu „Lieder eines reisenden Waldhornisten,“
wozu „Lyrische und epigrammatische Spaziergänge.“ Vielleicht konnte
bei einem Theile des Publicums dadurch beim ersten Erscheinen jener
Gedichte die Aufmerksamkeit rege gemacht werden, und Müller mußte um
des Verlegers willen sich jenes Kunstgriffs bedienen; an sich sind
gewiß solche Verkleidungen unsrem Jahrhunderte fremd; sie gehören der
fruchtbringenden Gesellschaft und ihrem Zeitalter, wo der geachtete
Honoratior seinen Titel zu vermehren glaubte, wenn er sich mit Poesie
befaßte und denselben gegen irgend einen Schäfers- oder andern Kittel
vertauschen zu müssen glaubte. So urtheilte ich, und stellte daher
unter dem allgemeinen Titel lyrischer Gedichte die Reiselieder, die
Wanderlieder, die ländlichen Lieder aus den bisherigen verschiedenen
Sammlungen zusammen, ließ darauf die vermischten Gedichte, die Anklänge
aus dem Italienischen und Neugriechischen und die Epigramme folgen. Die
Griechenlieder sollen nach dem ausdrücklichen Wunsche der Wittwe den
Schluß der sämmtlichen Gedichte bilden. Durch diese neue Eintheilung
fallen die Dedicationen der verschiedenen früheren Sammlungen im
Contexte weg, aber sie müssen in der Vorrede aufbewahrt werden; die
Nachwelt soll wissen, daß der frühverewigte Sänger sich Tiecks und
Webers Freundschaft zu erfreuen hatte.

Den dritten Band würden die zwei Novellen nebst der Schilderung Lord
Byrons und einige andre prosaischen Aufsätze füllen; den vierten
und fünften Band das Bessere von den zahlreichen Critiken Müllers
aus dem Hermes, der Haller Lit. Zeitung und dem Convers. Blatte;
namentlich seine Urtheile über Uhland, Kerner, Rückert, Platen u.
a. über Einzelnes von Byron, Scott, Cooper, Lamartine, Delavigne u.
a. Erscheinungen der auswärtigen Literatur, endlich Fragmente über
Dichtung und Schriftsteller des In- und Auslandes aus flüchtigeren
Beurtheilungen, die wegen ihres Gegenstandes, theils wegen ihres
eigenen Gehaltes einen vollständigen Abdruck nicht verdienen.

Dem Ganzen soll eine Biographie und eine Beurtheilung von Müllers
Poesie aus meiner Feder vorangestellt werden. Diese aber, namentlich
die letztere, kann und mag ich nicht unternehmen, ohne mir vorher Ihr
Urtheil, innig verehrter Meister, und wäre es nur mit wenigen Zeilen,
ausgebeten zu haben. Ich hatte früher meine Ansichten über Müllers
Dichtungen, bald nach seinem Tode in einem Aufsatz in den Blättern für
literar. Unterhaltung zusammengefaßt; ich glaubte den Griechenliedern
vor allem den Vorzug geben zu müssen. Nun machte es mich aber
gleich aufmerksam, als mein seel. Freund mir sagte, daß Sie auf die
Griechenlieder weniger hielten, als auf seine andern Gedichte, und
als Sie mir, an dem mir unvergeßlichen Abend, der Sie in meinen vier
Mauern sah, dasselbe sagten, wurde ich an meinem bisherigen Urtheile
ganz irre. Dieses gründete sich hauptsächlich auf das Gefühl, das
mich anwandelte, so oft ich die meisten andern Gedichte Müllers las,
und das mich immer ein wenig an ihrer eigentlichen Originalität, an
ihrem unmittelbaren Ursprung aus Müllers Phantasie und Gemüth zweifeln
ließ; ich glaubte den einen gar zu merklich anzuspüren, daß sie bald
in Goethe’s, bald in Ihren, bald in Uhland’s Ton hineingearbeitet
waren, daß er auf fremden Melodieen, wenn ich so sagen darf, fortsang;
die andern waren fühlbar auf den anhaltenden Umgang mit den Lyrikern
des siebzehnten Jahrhunderts begründet, und die Epigramme, deren
Muster mir ferne stand, und die mich daher als eigenthümlich besonders
anzogen, fand ich kürzlich in Logau, den ich seit 1815 nicht mehr
angesehen hatte, zu meinem Erstaunen vorgebildet. Damit soll der
Werth aller dieser Gedichte keineswegs herabgesetzt seyn; die große
Leichtigkeit, mit welcher sich Müller in alle diese Formen fand, die
Objectivität, mit der er sich noch im Mannesalter in alle möglichen
lyrischen Subjectivitäten hineinfinden konnte, und der fast immer
anmuthige Witz, der sich mir nur zuweilen ins widerlich Spielende zu
verirren schien, blieben mir bewundernswürdig. Aber doch, meinte ich,
seyen seine Griechenlieder auf einem andern Boden, aus einer wirklich
subjectiven Begeisterung erwachsen, und er habe sich hier eine Form
geschaffen, habe einen Ton angestimmt, zu dem ich das Vorbild nirgends
zu finden wüßte. Als ich seine ersten Griechenlieder las, rüttelte es
mich im Geiste, wie wenn ich etwas neues, ächtes, „~recens, indictum
ore alio~“ um mit Horaz zu sprechen, las, und ich wurde voll
Bewunderung und wieder kleinmüthig und betrübt, weil ich fühlte, daß
ich so etwas nicht vermöchte. Kurz es wurde mir zu Muth, wie jedesmal
wenn mir etwas Rechtes unter die Augen kommt. Von seinen andern
Liedern könnte ich nur bei drei oder vieren dasselbe sagen. Die andern
konnte ich schön finden, aber sie demüthigten mich nicht, wie mich
Göthe, Novalis, Tieck, Uhland demüthigt. -- Ich weiß nicht, was ich
da schreibe, und ob es nicht anmaßend herauskommt, einen Dichter, wie
Sie, mit meinen Ansichten und Urtheilen zu unterhalten, aber ich möchte
mich über das, was ich von Müller gesagt hatte und noch sagen wollte,
gegenüber von dem rechtfertigen, bei dem ich Rath und Berichtigung
meiner Gefühle, die mir selbst nur halbverständlich sind, suche. --
In die Länge ermüdete freilich auch die Monotonie der Griechenlieder,
wie es mir überhaupt däucht, daß Müller gar zu lang bei Einem Ton
verweilte und am Ende ins Machen hineinkam, statt ins Dichten. --
Wenn ich mich recht erinnere, so führten Sie mir als einen Vorwurf
gegen die Griechenlieder an, daß so manche darin besungene Helden von
der Geschichte uns bald in einem ganz anderen Lichte gezeigt worden,
und daß dieß einen sehr unangenehmen Eindruck mache. Aber sollte das
der innern Vollendung dieser Lieder schaden können? und sollte dieser
Vorwurf nicht jeden Volksgesang treffen? und sollte in späterer Zeit
nicht das Phantastische dieser Gestalten über ihr Geschichtliches in
dem Eindrucke, den Poesieen, die von ihnen handeln, machen werden,
siegen? Zumal da ihr historisches selbst immer mager und dunkel bleiben
wird?

Doch es ist Zeit meinem ausführlichen Geschwätz, das nur einem
Herausgeber Müllers verziehen werden kann, ein Ende zu machen.

Mein junger Freund ~Dr.~ Adolph Schöll kann mir in seinen Briefen
aus Dresden und Göttingen nicht genug rühmen, wie gütig er von Ihnen
aufgenommen worden und welchen Eindruck Ihre Gespräche auf ihn gemacht
haben. Möchte es mir doch so gut werden, auch Stunden lang über alle
poetische Anliegen meiner Seele mich mit Ihnen unterhalten und aus
Ihrem Munde belehren zu dürfen. Ich habe es gewagt, den ersten Band
meiner Gedichte durch Schöll in Ihre Hände zu legen. Ich übergab sie
ihm in einem sehr muthlosen Augenblicke; sie waren mir durch das
Wiederkäuen in der Druckrevision recht zum Ekel geworden, und es ist
mir manchmal, als ob gar nichts an allen miteinander wäre, lauter
nachgemachtes Zeug, wovon nichts mich überleben werde. Wenn ich sie
dann Monate lang bei Seite gestellt und endlich wieder ansehe, fasse
ich wieder zu einigen ein Herz, und meine, dieß und jenes habe doch
seine Persönlichkeit und eine Vitalität in sich. Unter diese letztern
rechne ich die kleine beiliegende Romanze, die ich seit Mitte Juli’s
im Kopf herumgetragen, und die endlich in den Christfeiertagen eine
Gestalt gewonnen. Ich meine solche Darstellung einzelner Momente rein
menschlichen Gefühls gerathen mir am Besten. Alles Phantastische
muß ich ferne von mir halten, weil es mir dazu an innern Mitteln
gebricht. Ich bin noch nicht 40 J. alt, könnte also, trotz eines
vielbeschäftigten, prosaischen Lebens doch noch etwas produciren.
Hielten Sie mich wohl eines Fingerzeigs werth, verehrter Meister?

Wir haben diesen Winter Ihren Alten vom Berge und Ihr Fest von
Kenelworth gelesen und uns innig daran erquickt. Am wohlsten wird
mir bei Ihren Erzählungen da, wo die gemeine Critik darüber als
unnatürlich und unwahrscheinlich zu schimpfen anfängt, d. h. wo die
gewohnten Formen, mit welchen Sie das Publicum beschwichtigen, mit
einemmal aufhören und die lautre Poesie, derselben spottend, ungehemmt
hervorsprudelt; wo der zahme Bach auf einmal zum Wasserfall wird und
seinen Weg durch Wald und Felsen nimmt, wie in Ihren alten, herrlichen
Dichtungen, in welchen ich mich vor 18 Jahren unter der schönen, hohen
Lindenallee bei Tübingen als Student zum erstenmal berauschte.

Während ich diesen Brief schreibe, lese ich von dem schmerzlichen
Schlage, der Sie durch den Tod Ihres Freundes, Friedrich Schlegel,
in Ihrer unmittelbaren Nähe betroffen. Wenn meine Zeilen nicht eine
ziemliche Zeit brauchten, bis sie zu Ihnen nach Dresden gelangen, so
würde ich sie nicht abschicken; denn unmittelbar nach einer solchen
Verwundung muß das Geschreibe eines Dritten unerträglich zu lesen seyn.
So aber vertraue ich auf die Langsamkeit der Buchhändlergelegenheit,
der ich diesen Brief übergebe. Meine liebe Frau ruft sich Ihnen und
mit mir Ihren verehrten Reisebegleiterinnen ins Gedächtniß zurück.
Jener Abend in unsern dumpfigen Stuben kann freilich keine angenehme
Erinnerung für Sie alle seyn. Wir aber denken mit Stolz und Wonne an
Ihre Erscheinung zurück.

Genehmigen Sie den Ausdruck der innigen Verehrung von Ihrem für die
höchsten Genüsse ewig dankbaren

    _G. Schwab_.

    Das Morgenblatt hofft sehnlich auf Ihre Beiträge.



                  =Seckendorf, Gustav Freiherr von.=

    Geb. zu Meuselwitz bei Altenburg am 20. November 1775, gestorben in
    Amerika 1823.

    Otto III., Tragödie (1805.) -- Orsina, 1816. -- Vorlesungen über
    Deklamation und Mimik, 2 Bde. (1816.) -- &c. Redigirte auch die
    Zeitschrift Prometheus.

    Unter seinem Autornamen Patrik Peale zeigte er sich auf
    verschiedenen Theatern als plastisch-mimischer Künstler, und
    schlug sich als Docent, Musikdirector, Musiklehrer, Schriftsteller
    durch Deutschland und Amerika, ohne einen sichern Aufenthalt zu
    finden, vor dem allersichersten im Grabe. In wie fern das Mißlingen
    all’ seiner verschiedenen Unternehmungen von äußerlichem Unglück
    verursacht wurde? in wie fern es aus ihm selbst hervorging? wer
    wagt darüber zu entscheiden? Nicht abgeleugnet kann werden, daß er
    die Aufmerksamkeit vorzüglicher Männer zu erregen im Stande gewesen.

    Solger schreibt an Friedrich v. Raumer: „der Mann hat mir bei einem
    Besuche einige Beispiele von seinem Talent und einer wirklich
    seltenen Macht über sein Gesicht gegeben: so z.B. drückte er mit
    der linken Seite des Gesichts den tiefsten Schmerz aus, so daß er
    sogar mit dem linken Auge weinte, während die rechte Seite ganz
    unverändert blieb.“

    Das schmeckt nun freilich mehr nach Kunststücken, als nach Kunst.


    _Wien_, 1. Dec. 1808.

Noch kann ich mich über Ihre schnelle, gar nicht vermuthete Abreise
nicht zufrieden geben, in einem Augenblick, wo ich mir soviel von
Ihrer Unterstützung versprochen hatte, wo es leichter, als zu
irgend einem andern Zeitpunkt war, einen bedeutenden Einfluß auf die
hiesigen Theater sich zu sichern, und vereint auf ein schönes Ziel
hinzuwirken. Sie werden mir freilich einwenden, daß diese meine Ideen
vielleicht ganz außer Ihrem Gesichtskreise lagen, mit Ihrer Neigung
unvereinbarlich waren -- allein vergeben Sie mir, wenn ich keine
Kraft erblicke, ohne ihr zugleich in Gedanken ein bestimmtes Ziel
anzuweisen, wenn ich gern alles Edle und Schöne um mich vereinigen
möchte, um so vereint, eine bleibende Stätte für die Kunst zu gründen.
Und hier scheint mir durch die Entziehung Ihrer persönlichen Gegenwart
ein großes Hinderniß entstanden. Nennen Sie es immerhin Träume, wenn
ich mir Sie an der Spize der hiesigen Theaterwelt, und mich als Ihren
Gehülfen dabei dachte. In Ihrer Persönlichkeit lagen alle Mittel dazu,
und was nun vielleicht auf Umwegen durch jahrelange Bemühungen nicht
erreicht werden kann -- das hätte Ihre Gegenwart, mit diesem Sinn
das Gute überall anzuerkennen, und an seinen Plaz zu stellen, mit
dieser poetischen Schöpfungskraft -- und nicht zu vergessen die jezige
Verlegenheit der Direktion, welche zwischen zwei Stühlen, Hartel und
Iffland, sitzt, möglich gemacht. Dieser Augenblick kehrt vielleicht
nie zurück -- nie die Möglichkeit eines entschiedenen Einflusses auf
Hartel durch seine Verwandte, wovon ich selbst nichts wußte -- denn er
geht nun in 4 Wochen vom Theater ab. Iffland kommt auch nicht, folglich
wird -- -- Sonnleithner oder gar etwas ärgers das Factotum werden. Nun
sind das alles fromme Wünsche. Ich werde wohl nicht nachlassen, aber
ich habe auch nur den guten Willen, mit den Menschen vermag ich nichts
anzufangen. Auch hat mir meine erste Verbindung mit Stoll zu viel
geschadet.

Dagegen scheint es nun mit der Fortsezung des Prometheus Ernst zu
werden. Wenn Sie diese Zeilen erhalten, ist als wahrscheinlich
mit Cotta entschieden. Er ist nicht abgeneigt, und ich habe
billige Bedingungen gemacht, und hoffe jezt seine günstige
Definitiventscheidung. Auf diesen Fall rechne ich bestimmt auf Ihre
Mitwirkung, und so schnell es sein kann, auf die Uebersicht der
hiesigen Theater, wozu Sie mir Hoffnung gemacht haben. Diese ist
ganz dazu geeignet das hiesige Publikum günstig für die Zeitschrift
zu stimmen. In der Folge hoffe ich auch auf den Aufsatz _über das
teutsche Theater überhaupt_, und über _Fleck_. Ich erwarte Ihre
Bedingungen, bitte Sie aber, mir Ihre Abreise von München, und Ihren
künftigen Aufenthalt sogleich wissen zu lassen. -- Schlegel läßt Sie
herzlich grüßen. Knorring und (? unlesbar) machen noch immer keine
Anstalt zur Abfahrt. Der jüngere Collin geht in 14 Tagen nach Krakau,
als Professor der Aesthethik. -- Empfehlen Sie mich Mad. Bernhardi und
gedenken meiner zuweilen in Ehren.

    _Seckendorf_.
    (Vordre Schenkenstraße No. 23.)



                         =Seidel, Max Johann.=

    Es kann Einer ein sehr guter, naturwahrer, allbeliebter Komiker,
    und braucht deshalb eben kein Musterbriefsteller zu sein. Daß
    Herr Seidel Ersteres gewesen, wissen alle älteren Weimaraner, so
    wie sämmtliche Besucher Ilm-Athens, die den lustigen Mann auf der
    Bühne gesehen. Daß er letzteres nicht gewesen, geht aus diesem
    Briefe hervor, den wir deshalb doch nicht weglassen wollen; denn
    er schildert einen wichtigen Tag aus Goethe’s Leben treuherzig und
    unbefangen. Die Bezeichnung „_biederer_ Greis,“ die S. auf
    Goethe anwendet, erinnert uns an einen andern Schauspieler, der
    zur Jahres-Feier der Schlacht bei Belle-Alliance einen Prolog zu
    sprechen und in diesem von dem Einzuge in Frankreichs Hauptstadt
    zu reden hatte, das richtige Beiwort vergaß, und voll Verlegenheit
    sagte:

    „Wir aber folgen Dir, das ist gewiß,
    Und grüßen Dich im _traulichen_ Paris.“

    Auf Goethe hätte sich wohl ein umfassenderes Epitheton finden
    lassen als grade „_bieder_“. Und dennoch hat dieses, in
    dieser Ideenfolge, etwas eigenthümlich Hübsches, denn es giebt
    den Eindruck deutlich wieder, den der alte Herr durch sein
    schlicht-patriarchalisches Benehmen, während jener festlichen
    Momente, auf die Umgebungen ausgeübt. Goethe ließ sich durch die
    Huldigung, die König Ludwig ihm hochherzig darbot, nicht aus dem
    Geleise bringen.


    _Weimar_, den 31ten Aug. 1827.

    _Verehrtester Herr Hofrath!_

Nehmen Sie dieses Schreiben als einen Beweis, daß die, zwar kurzen
Augenblicke, wo meine Frau und ich das Vergnügen hatten, Ihre
persönliche Bekanntschaft in Teplitz zu machen, uns unvergeßlich sind,
und daß wir uns oft und mit Freuden daran erinnern. Diese Zeilen sollen
dazu dienen, die mir so werthe Bekanntschaft zu erneuern, denn, daß
Sie meine Kühnheit, an Sie zu schreiben, nicht übel deuten werden,
bin ich überzeugt, aber wäre ich es doch auch davon, daß das, was ich
schreibe, für Sie Interesse hätte. Ich will es versuchen; vielleicht
gewährt Ihnen eine kleine Erzählung von Goethe’s Geburtstagsfeier, da
ich Augen- und Ohrenzeuge war, einiges Vergnügen.

Daß Göthe’s Geburtstag, den 28t. August, von seinen Freunden und
Verehrern alle Jahre laut gefeiert wird, ist Ihnen sicherlich bekannt;
jedoch vernehmen Sie, verehrtester Herr, welche freudige Ueberraschung
ihm, dem biedern Greise (!) zu Theil wurde.

Den 27t. August Abends kam hier ein Fremder mit Extra-Post im Gasthofe
zum Erbprinzen an, und läßt sich bei unserem Großherzog unter dem Titel
und Namen des Ober-Stallmeister von Keßling am königl. bairischen
Hofe, anmelden, mit dem Zusatze: früh acht Uhr sich bei Sr. kgl.
Hoheit dem Großherzog vorzustellen; allein, noch ehe die Uhr halb 8
geschlagen, fährt unser Großherzog an dem Gasthofe zum Erbprinzen
vor, und macht _seine_ Aufwartung dem -- Könige von Baiern,
welcher ~incognito~ hier ankam, um Göthe an seinem Geburtstage zu
überraschen, Glück zu wünschen und ihn persönlich kennen zu lernen.

Gegen 11 Uhr Mittags fuhren Sr. Maj. der König und unser Serenissimus,
der Großherzog, bei Göthe’n vor.

Göthe war den Tag besonders gut gelaunt, er war froh und heiter und
wie verjüngt erschien er der Gesellschaft, die sehr zahlreich war,
denn, er nahm alle Besuche an, sprach mit jedem und freute sich der
vielen Theilnahme, die wir an ihm nehmen; da traten der Großherzog und
der König ein, schon angemeldet, die Anwesenden traten zurück. Der
König ging auf ihn zu, bezeugte durch huldvolle Worte seine Freude,
ihm diese Ueberraschung vorbehalten zu haben, und zog aus seiner
Rocktasche ein rothes Kästchen hervor, worin der Zivil-Verdienstorden
der königl. bairischen Krone, Großkreutz und Stern sich befanden,
welches er Göthe’n mit den Worten überreichte: hier (auf Göthe’s Brust
deutend), wird sich wohl noch ein Plätzchen finden, wo sie dieses
anheften können. Alles bezeugte seine Theilnahme und Freude, Göthe
war sehr überrascht, unterhielt sich dann über eine Stunde noch mit
den fürstlichen Personen, die sich theilweise auch zu den Anwesenden
gewendet hatten. Der König war über alles entzückt, was er sah und
hörte und nach 12 Uhr beurlaubten sich die fürstlichen Personen.

Unser guter Fürst, der Großherzog, hat sich wieder sehr erholt,
obgleich ihn das Teplitzer Bad sehr angegriffen hatte und er einige
Zeit nach der Badekur krank darnieder lag; er hatte bei Göthe die Gnade
mich zu bemerken und mit mir und meiner Frau zu sprechen; auch er
äußerte seine große Freude über die unvermuthete Ankunft des Königs,
doch als derselbe sich als „von Keßling“ anmelden ließen, schlossen Sie
gleich, daß es der König sey, welcher meist in der Gesellschaft des
„von Keßling“ reist.

Mittags war eine große Gesellschaft, die aus Göthe’s Verehrern bestand,
bei einem glänzenden Gastmahle, welches im hiesigen Stadthaussaale
gehalten wurde, versammelt, an welcher auch meine Wenigkeit Antheil
genommen. Mehrere Gedichte, die wechselsweise gesprochen und gesungen
wurden, habe mir die Freiheit genommen Ihnen zu übersenden.

Herr Kanzlar von Müller sprach das Gedicht „zur Weihe des Tafelfestes“
als Einleitungsrede, worauf denn unserm geliebten Fürsten ein 3maliges
Lebehoch gebracht wurde. Dieses, so wie No. 2, sind von Herrn Kanzlar
von Müller selbst gedichtet, so wie das ganze Arrangement zu voller
Zufriedenheit aller Anwesenden von ihm getroffen war.

Herr Kapellmeister Hummel lieferte uns eine vortreffliche Composition,
welche eben so vortrefflich ausgeführt wurde. Herr Kammersänger und
Oberdirektor Stromeier trug, wie immer, voll Gefühl und klangvoller
Stimme die Gesänge vor, eben so Herr Kammersänger Moltke, auch Herr
Musikdirektor Eberwein leistete Vortreffliches.

Unter dem Jubelrufe: Auch die Todten sollen leben! von Herrn Geheimen
Kammerrath von Göthe (Sohn) ausgebracht, wurde den Manen Wieland’s,
Herder’s und Schiller’s ein Lebehoch gebracht. Abends wurde dem König
von Baiern zu Ehren Freiball im hiesigen Schießhaussaale gegeben, wobei
der König und unser ganze Hof gegenwärtig waren.

Zugleich war der Ball, durch das jezt hier stattfindende Vogelschießen,
von vielen Fremden besucht, die sich zu diesem seltenen Vergnügen hier
einzufinden pflegen.

Das Theater sollte erst den 3t. September zum Geburtstag des
Großherzogs eröffnet werden, mit „der Schnee.“ Zum erstenmal aber
auf Verlangen des Königs geschah dies schon den 29t. August mit „die
humoristischen Studien“ und „die 7 Mädchen in Uniform;“ beide Piecen
gingen vortrefflich.

Gestern reiste der König von hier wieder fort.

Verehrtester Herr Hofrath, daß meine Frau und ich es sehr bedauerten
Sie nicht in Dresden getroffen zu haben, werden Sie ganz in der Ordnung
finden; denn Ihren Vorlesungen beiwohnen zu können, zähle ich (nur aus
dem, was ich davon erzählen hörte) zu dem herrlichsten und größten
Kunstgenuß unserer Zeit, und die Eile, mit der ich nach Hause berufen
wurde, brachte mich darum; doch wir werden nicht versäumen kommendes
Frühjahr oder Sommer Ihnen unsere ergebenste Aufwartung zu machen, und
dann zweifle ich nicht an Ihrer Gewogenheit, daß Sie uns durch Ihr
so schönes, seltenes Talent Gelegenheit geben werden, Sie einigemal
bewundern zu können.

Indem wir uns Ihrem gütigem Wohlwollen bestens empfehlen, unterzeichne
ich mich als

    Dero ganz ergebenster Diener

    _Max. Joh. Seidel_.

~P. S.~ Ich gebe Ihnen noch eine kleine Anekdote zum Besten, die
sich in der sich hier befindenden Menagerie der Herrn van Aken und
Martin ereignete, als der König von Baiern selbe besuchte. Der Wärter
dieser Thiere, welchen die Gegenwart des Königs verlegen machte, zeigte
unter anderm auch den sich dabei befindenden großen Löwen, und sagte:
Hier ist Sr. Majestät, der größte jezt lebende König -- der Thiere. --
Wir alle lachten, doch der König von Baiern schien es nicht gehört zu
haben.

Vermuthlich wollte er sagen: Hier Majestät, hier sehen Sie den größten
Löwen, der in Deutschland gezeigt wird (welche Rede er zu jedem andern
spricht).



                        =Skepsgardh, Otto von.=

    Das völlig verrückte Buch: „Drei Vorreden. Rosen und Golem-Tieck,
    eine tragikomische Geschichte, mit einer Vorrede von Friedr.
    Rückert“ hat trotz seiner wahrhaft niederträchtigen Ausfälle gegen
    Tieck so wenig Beachtung gefunden, daß wir lange vergeblich nach
    _einem_ Menschen suchen mußten, der es nur angesehen. Als
    wir’s denn endlich selbst in Händen hielten, fanden wir’s noch
    unter der niedrigsten Erwartung. Der Verfasser hat gerade so viel
    produktives Talent besessen, um _sich_ einzureden, daß er ein
    Poet sei; aber auch nicht ein Fünkchen mehr. Wo es ihm an Fähigkeit
    fehlte zu schaffen, da vermeinte er, es fehle den Andern an
    Fähigkeit ihn zu fassen; an gutem Willen ihn zu fördern. In Tieck,
    der ihn lange mit freigebiger Hand unterstützte, erblickte er einen
    _Neider_. Er sagt in der Vorrede zu jenen „drei Vorreden“
    (lauter unsinniges Zeug!) „Tieck verschmähte es sogar nicht, mir zu
    zeigen, daß er mich fürchte. Gäbe Gott, er bekäme Ursache dazu!“

    Was er eine Kritik Rückerts nennt, sind ein Paar Zeilen, die
    dieser gutmüthig und mitleidig einem Unbekannten, der sich an ihn
    drängte, über einen ersten Versuch hinwarf -- gewiß nicht ahnend,
    daß der Empfänger die Frechheit haben werde, diese Zeilen vor
    ein hirnverbranntes opus zu setzen, dessen Schluß die gemeinsten
    Anschuldigungen wider seinen Wohlthäter enthält. Doch spricht
    eigentlich aus dem Autor wie aus dessen Buche schon der Wahnsinn.
    -- In diesem _soll_ er denn auch -- (denn er ist längst
    verschollen) -- seinem unseligen Dasein ein Ende gemacht haben.

    In zwei Punkten ist jedoch Tieck hier abermals anzuklagen. Erstens,
    wegen der wahrhaft leichtsinnig-gutmüthigen Schwäche, womit er
    jedem Zudringlichen Ohr, Herz und Hand öffnete, bevor er ihn
    genauer kannte; zweitens wegen der Saumseligkeit, die er sich dann
    zu Schulden kommen ließ, _wenn_ er einen solchen Menschen
    endlich durchschaut hatte, und den nothwendigen Bruch verschob, aus
    Mangel an Entschluß.

    Hätte er dem eitlen Narren sein Manuskript umgehend zurückgeschickt
    und kurz erklärt, was er davon halte, so könnten die Vorwürfe ihn
    nicht getroffen haben, die der dritte Brief enthält.


I.

    _Berlin_, d. 12ten August 1843.

    _Hochverehrter Herr Geheimerrath!_

Im Vertrauen auf die mir, als einem Strebenden von Ihnen so freundlich
zu Theil gewordene Berücksichtigung erlaube ich mir Ihnen den zweiten
Theil meines Romans so umgearbeitet zu überschicken, wie ich ihn gern
gleich damals gesehn hätte, als Sie so gütig waren dem rohen Entwurf
Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Wieder muß ich’s bedauern, Sie damals
mit dem ungefügen Produkt belästigt und Ihnen so vielleicht die Lust,
es noch einmal durchzusehn, benommen zu haben. Doch ist der größeste
Theil völlig neu und das Alte nur an wenigen Stellen geblieben wie es
war. Ich glaube alles gethan zu haben, was in so kurzer Zeit und bei
meiner Lage an einem Werke zu thun möglich ist, dem man entwachsen zu
sein glaubt, oder dessen gute Idee man doch mindestens gern von vorn
herein ganz anders angelegt wünschte. Ihre Winke hab’ ich mir, wie Sie
sehn werden, überall zu Nutz gemacht und bitte Sie nur sehr, sich durch
das erste Kapitel nicht abschrecken zu lassen, das mit Fleiß etwas
sandig angelegt ist, damit das Interesse in dem Maße zunähme, als man
sich der Poesie des Landlebens nähert. Indem ich Ihre Erlaubniß, Sie am
Schlusse des Werkchens einführen zu dürfen, benutzte, hab’ ich daselbst
alles gesagt, was ich von der Angelegenheit mit der Vorrede fürchte und
hoffe. Sollte Ihnen etwas im Werkchen misfallen und Sie darum Bedenken
tragen, meinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen, so haben Sie die Güte,
das Mißfällige fortzustreichen und wenn auch darüber die halbe Arbeit
draufginge. Wer schlechtes einbüßt gewinnt. In einigen Tagen werde
ich nach Ihrer Anweisung auch mit dem ersten Theil, aber hier nur
bescheidend verfahren, womit ich in 8 Tagen fertig zu sein hoffe. All’
meine Hoffnung, so wie die meiner armen Schwester, ist jetzt auf das
Werkchen und Sie gerichtet. Sein Sie mir nicht böse, daß ich an der
Stelle, wo ich Sie in das Märchen einführen durfte, meiner Begeistrung
keine zu engen Schranken anlegte[3], ich bin Ihnen mehr schuldig
als Sie vielleicht ahnen, ich habe Ihnen die Idee zu verdanken, in
welcher allein die Poesie liegt, daß nur die allmächtige Leidenschaft
poetisch sei, und daß alle Kunst darin bestehe, diesen Strom von seinem
Ursprunge an bis an das Meer zu verfolgen, indem man weder die Blumen
am Ufer noch die künstlichen Hemmungen vergißt, welche des Stromes
Gewalt vergrößern, indem sie ihn aufhalten, so daß er in Diamanten
stäuben und in Strahlen schäumen muß. Jetzt verstehe ich Romeo und
Julie, Werther, Coriolan u. a. Meisterwerke erst. Sie werden vielleicht
über den jungen Menschen lächeln, der eine Ihnen sicher längst
geläufige Idee so prahlend hervorhebt, aber solche Gedanken entscheiden
mehr als alles, das fühl ich, über die Richtung, die ein strebender
Geist einschlägt; oder sie ersparen wenigstens ein langwieriges Tappen
auf gut Glück. -- Wenn doch das Schicksal mir den _einen_ stolzen
Wunsch gewährte, einem Manne in der Litteratur, bevor er vom Leben
scheidet Freude zu machen, einem verehrten Manne, bei dem man sich eben
nicht auf die honetteste Weise eingeführt hat.

Ich will Sie nicht mit zu langem Geschwätz ermüden, zumal auch meine
Schwester sich’s nicht nehmen läßt an Sie zu schreiben. Gott schenke
Ihnen noch lange Gesundheit und heitern Muth, damit auch ich noch lange
von einem Auge weiß, das auf mir ruhend mich zu Thaten anspornt.

Mit vollkommner Hochachtung

    Ihr ergebenster

    _Otto v. Skepsgardh_.


II.

    _Berlin_, d. 31sten August 1843.

    _Hochverehrter Herr Geheimrath!_

Ich bin so frei Ihnen wieder ein Werkchen zu schicken, diesesmal
jedoch nur mit der Bitte um Ihr Urtheil darüber. Es ist in vier Tagen
aufgefaßt und niedergeschrieben, als Ableitung einer peinigenden
Ungeduld. Um den dritten Akt bin ich etwas besorgt, da ich ihn gleich
gestern Abend in’s Reine geschrieben. Noch keine meiner Arbeiten hat
mir jedoch unmittelbar nach der Vollendung so im Ganzen gefallen, als
dieser melankolische Scherz und ich nehme das für ein gutes Zeichen.
Freuen würd’ es mich, wenn das Stück sich Ihre Zufriedenheit erwürbe,
da ich als Dramatiker nicht wohl bei Ihnen zum ersten Male bestanden.
Ist es wohl werth aufgeführt zu werden? Welchen Weg hätte ich da
einzuschlagen. Ein bloßes Hinsenden an eine Direktion ist langwierig
und mir wäre es lieb wegen meiner Schwester, je eher desto lieber
einen kleinen Einfluß auf die Bretterwelt zu erlangen. Werden Sie
mich auch nicht für unleidlich zudringlich ansehn müssen? Aber setzen
Sie sich in meine Lage, die in diesem Augenblick nicht die beste ist,
wäre nicht noch das Bißchen Hoffnung, so müßte man verzweifeln. Alle
meine Schritte für uns das Nothwendige zu besorgen, sind bis heute
fruchtlos im Wesentlichen geblieben. Nun faßte ich den Plan, meine
Vorreden an einen kunstliebenden, mir bekannten hiesigen Bankier,
der mir in frühern Zeiten manchmal geholfen, zu schicken mit einer
Art von Zueignung an ihn und der beiläufigen Bitte um einen Vorschuß
von 30 Thlr., bis das Werk gedruckt ist. Ich würde wie ich den Mann
kenne nicht schlecht spekuliren, wenn er um Ihre Vorrede wüßte, aber
auch nur in diesem Falle dürfte ich hoffen, denn der Mann hat kein
selbstständiges Urtheil. So unangenehm das ganze Verfahren mich auch
berühren möchte, so thäte ich’s doch, wenn Sie mir die Erlaubniß dazu
gäben, denn was unternimmt man nicht in der Noth. Meiner Schwester
Engagement nach Strahlsund ist fest und hat sich so verzögern lassen,
daß wir erst zum 15ten Sept. dazusein brauchen. Da wäre nun wieder Raum
zu spekuliren und zu hoffen.

Ich habe in diesen Tagen auf der Folter gelegen; allerlei Vermuthungen,
wie sie mir bald die Furcht, bald die Hoffnung eingab, gingen mir
durch den Kopf. Ich konnte es nicht unterlassen, mich auf der Post zu
erkundigen, ob Briefe an Sie auch sicher bestellt seien? Die Antwort
war beruhigend und ich schrieb an meinem Drama. Nun es fertig ist,
erwache ich aus einem Traume und sehe besorgt um mich. Verzeihen Sie
meiner Ungeduld, stets schwebe ich in Angst, Sie möchten unsrer schon
überdrüssig sein oder es doch alle Augenblicke werden. Meine Schwester
nimmt sich die Freiheit selbst an Sie zu schreiben und auch ich hätte
Sie noch nicht belästigt, wüßte ich nicht, daß ich in einem meiner
Briefe Ihnen geschrieben, wir könnten schon zum 1sten Sept. fort
sein. Nun fiel es mir ein, daß Sie dann nicht wissen würden, wo wir
eigentlich stecken, falls Sie uns mit einigen Worten beglücken wollten.
Bei den Karten sucht’ ich nach alter Angewöhnung auch schon Trost, fand
aber keinen sonderlichen, denn sie sprechen in der letzten Zeit nur von
Unwohlsein und Fehlschlägen, die Sie in Gedanken führen sollen.

Gott wende alles zum Besten, erwerbe oder erhalte mir Ihr Wohlwollen.

    Hochachtungsvoll

    Ihr

    ergebenster

    _v. Skepsgardh_.


III.

    _Berlin_, d. 12ten Septbr. 1843.

    _Hoch-Wohlgeborner Herr,
    Sehr geehrter Herr Geheimrath_.

Ihr geneigtes Schreiben vom 11. d. M. habe ich so eben durch
Ihren Herrn Bruder erhalten, und das Unerwartete hat mich, ich
muß es gestehn, mit Trauer und Verzweiflung erfüllt. Als Sie mir
das Manuskript, über dessen ersten Theil Sie sich selbst lobend
ausgesprochen, immer noch nicht zurückschickten, mußte ich glauben, der
2te Theil, den ich ganz nach Ihren Anweisungen umgeändert, habe Ihnen
auch gefallen und Sie seyen geneigt, dem Lebensgange eines Sie in Ihren
Schriften so sehr verehrenden Dichters auf Kosten einer bagatellen
Unbequemlichkeit Ihrerseits, einen plötzlichen Schwung zu geben. Denn
wenn Sie schon einigen Ihrer Freunde ähnliche Bitten abgeschlagen, so
sind Freunde eines Dichters nicht immer auch Dichter. Meine Hoffnung
wuchs, je längere Zeit Sie mir durch Ihr Schweigen ließen die Gründe
zu überdenken, die Sie meinen Wünschen gemäß stimmen mußten. -- Ich
bedachte, daß Sie meiner Schwester hilflose Lage kennten, daß ich in
meinem Schreiben Sie gebeten, im Nichtgewährungsfalle mich nicht lange
in Ungewißheit zu lassen. Demungeachtet schwiegen Sie. Meine Schwester
hatte ein Engagement bekommen; und ich verhehlte Ihnen nicht, wie ich
Ihre Vorrede und das Manuskript benutzen wolle, um ihr die Mittel zur
Hinreise nach ihrem Bestimmungsorte und die erste dortige Existenz zu
sichern. Sie schwiegen. Da glaubte ich Sie hätten mein Manuskript an
einen befreundeten Buchhändler geschickt und warteten auf Antwort,
die uns aus der Noth helfen sollte. Ich schickte Ihnen noch ein in ¼
Stunde durchlesbares Werkchen und bat um Antwort. Sie schwiegen. Der
Tag an dem meine Schwester abreisen soll, rückte immer näher, da ging
ich zu Ihrem Herrn Bruder, um mich zu erkundigen. So bin ich endlich so
glücklich von Ihnen einen Brief zu erhalten und lese: Sie haben nicht
Zeit u. s. w. Das auf alle meine, meiner Schwester vertrauungsvolle
Briefe eine Antwort! Hätte ich doch mein Werkchen damals gleich an
einen Buchhändler ohne weiteres geschickt; ich hätte jetzt schon eine
Antwort, die mir Aussichten eröffnete; hätt’ ich es mit der Widmung
an den Bankier geschickt, ich hätte nun die für meine Schwester
nöthigen Mittel. Jetzt ist die Zeit zu allem zu kurz; meiner Schwester
Kontrakt geht den 15ten d. M. an; sie kann ihn nicht halten, das mühsam
errungene Engagement ist verloren und sie mit mir dem bittersten
Elende Preis gegeben. Hätte ich Sie niemals kennen gelernt, so wäre
nun mein Glaube an Göttliches auf Erden fester. Ich bitte nun sehr,
mir das Schauspiel recht bald zurückzuschicken, denn trotz der Hölle
will ich allein meinen Weg gehn _und Werke hinstellen die so lang es
eine deutsche Literatur giebt, mich und mein Schicksal in der Menschen
Gedächtniß erhalten sollen_. Wenn Sie mir durch Ihren Einfluß das
erste Auftreten nicht erschweren wollen, so bin ich von dem Edelsinn
eines verehrten Dichters hinlänglich überzeugt und werde muthiger mit
dem Leben kämpfen. Da ich die Sage, die auch in Ihrer Akkorombona
steht, nicht wohl missen kann, so muß ich schon sehn was ich mache,
um dem Roman einen Schluß zu geben, der _für Sie nicht nachtheilig
zurückwirkt_. Mit der Bitte um baldige Zurückgabe meines Schauspiels
habe ich die Ehre mich zu zeichnen als

    Ew. Hoch-Wohlgeboren

    ergebenster

    _v. Skepsgardh_.

Ich bitte es für keine absichtliche Ungezogenheit anzusehn, daß ich den
Brief nicht frankire, in =diesem= Augenblick bin ich es durchaus
nicht im Stande. Haben Ew. Hochwohlgeb. die Güte mir mein Manuskribt
unfrankirt zuzuschicken.



                   =Solger, Karl Wilhelm Ferdinand.=

    Geb. am 28. Nov. 1780 zu Schwedt, gest. am 20. Oct. 1819 als
    Professor an der Universität zu Berlin.

    Tieck schreibt: „Im Herbst (1810) hatte T. in Frankfurt a.
    O. Solger aufgesucht; dafür kam in diesem Jahr (1811) in den
    Pfingsttagen S. nach Ziebingen, einem Landgute, auf welchem T.
    damals lebte, und wohnte einige Tage dort. Sie verstanden sich
    näher, und T., der gegen den ausgezeichneten Mann, wie gegen alle
    Philologen und Philosophen von Profession, ein gewisses Mißtrauen
    gehegt hatte, war überrascht, in den meisten und wichtigsten Dingen
    mit ihm so übereinzustimmen. Tieck brauchte seiner Gesundheit
    wegen im Sommer das Bad zu Warmbrunn in Schlesien; Solger besuchte
    mit einem Freunde nur auf wenige Tage das Gebirge und traf den
    neu erworbenen Freund dort &c. -- -- denn damals hatten sich die
    Gemüther der Freunde erst ganz gegen einander eröffnet. Seitdem
    blieben sie in Verbindung &c.“

    Was =nach= jener für beide Männer glückseligen und
    beglückenden Epoche aus ihrem Briefwechsel mitzutheilen für
    zweckmäßig erachtet worden, haben Fr. v. Raumer und L. Tieck in
    die von ihnen herausgegebenen „Solgers nachgelassene Schriften“
    aufgenommen. Das erste an Tieck gerichtete Briefchen, welches da zu
    lesen steht, ist vom 7. Juni.

    _Die drei Briefe_, welche sich jetzt noch in T.’s
    Briefsammlung vorfanden, waren (obwohl von ihm für den Abdruck
    aufbewahrt) ganz unbenützt geblieben.

    Der dritte derselben ist gewiß sehr interessant.


I.

    _Frankfurt a. d. O._, den 28sten März 1811.

    _Wohlgeborener,
    Hochzuehrender Herr_.

Verzeihen Sie mir, daß ich Ihnen auf Ihren mir sehr angenehmen Brief,
den ich durch Hrn. Prediger Kadach erhielt, noch nicht früher
geantwortet habe. Weckherlin ist nicht auf den hiesigen Bibliotheken,
und Schmidts Geschichte der Deutschen war stückweise verliehen, so
daß ich nicht wußte, welche Bände ich Ihnen schicken sollte. Ueberdies
verlangen unsre Hrn. Bibliothekare, wenn wir in den Ferien verreisen,
die geliehenen Bücher von uns zurück, und dieser Fall trifft mich, da
ich noch heute Abend nach Berlin reise. Ich muß Sie daher auch bitten,
den Petz gefälligst bald wieder zurückzuschicken, und zwar unmittelbar
an die Steinwehrsche Bibliothek, oder auch an Herrn Doctor Schwarz, der
ihn gern wird an diese gelangen lassen.

Was die Seidelsche Auction betrifft, so muß ich Ihre Commissionen jetzt
an jemand anders überlassen, durch den sie aber sicher und gewissenhaft
besorgt werden; auch habe ich schon einen beträchtlichen Theil der von
Ihnen aufgezeichneten Bücher zu sehr guten Preisen erstanden. Nach
meiner Rückkehr melde ich Ihnen das Weitere.

Sie entschuldigen mein flüchtiges Schreiben gewiß mit meiner Eil bei
der nahen Abreise. Da ich in Berlin manches zu thun habe, so muß ich
in den Osterferien auf das Vergnügen, Sie zu besuchen Verzicht thun,
hoffe aber im grünenden Frühjahr, wenn Sie nichts dagegen haben, einige
Tage bei Ihnen zuzubringen. Empfehlen Sie mich den Herren Grafen von
Finkenstein und der Kadachschen Familie.

Mit der ausgezeichnetsten Verehrung

    Ihr

    ergebenster

    _Solger_.


II.

    _Frankfurt_, den 18ten Mai 1811.

Einige Strafe, verehrter Freund, habe ich von Ihnen verdient, daß ich
Ihnen nicht früher von Ihrer Commission Rechenschaft abgelegt habe. Sie
werden nun sehen, daß Sie die Hauptsachen unter den verlangten Büchern
erhalten haben. Den Schelmufsky hätte ich Ihnen wohl noch gegönnt.
Brentano und Arnim setzen ihn dem Don Quixote an die Seite. Indessen
hat er wirklich seine Meriten. Die Bücher, welche Sie nicht bekommen,
sind alle über den von Ihnen gesetzten Preis getrieben worden. Der
Commissionär ist einer, der dies kleine Geschäft aus Gefälligkeit
übernommen hat. Ich wollte, ich könnte Ihnen hier noch mehr dergleichen
Dienste leisten, damit Sie sehn, daß ich nicht immer so nachlässig
bin. Meine Reise nach Berlin kam dazwischen, und dann viele Arbeit
und mancherlei Unruhe, welche die Verlegung der Universität bewirkt.
Ich weiß bis jetzt noch nicht mit Gewißheit, ob ich nach Berlin oder
nach Breslau komme. An beiden Orten soll ich ordentl. Professor der
Philosophie werden, und da wird mir denn die Wahl schwer; aufrichtig
gesagt, gefallen sie mir als Universitätsstädte beide nicht.

Sie sind so gütig, mich an meinen versprochenen Besuch zu erinnern. Da
darf ich es wohl wagen, mich selbst zu Pfingsten, wo ich wieder einige
Tage frei habe, anzumelden. Ich würde mich sehr freuen Sie zu sehn und
den Finkensteinischen Herrschaften vorgestellt zu werden. Auch die
Bekanntschaft des Herrn Prediger Kadach, die ich hier gemacht habe,
wünsche ich recht sehr fortzusetzen. Haben Sie aber die Güte, mich
vorher noch unverhohlen wissen zu lassen, ob ich zu jener Zeit gelegen
kommen würde.

Hagen hat erhalten, was Sie ihm gesandt haben; es wundert mich, daß er
Ihnen noch nicht geantwortet. Vielleicht geht er auch nach Breslau.

Wie sich das Kind des Herrn ~Dr.~ Schwarz befindet, kann ich nicht
sagen, da ich ihn in einigen Tagen nicht gesehn habe. Er mag Ihnen wohl
durch diesen Boten selbst schreiben.

Mit der vollkommensten Hochachtung nenne ich mich

    Ihren

    ergebensten

    _Solger_.


III.

    _Frankfurt_, den 1ten Juli 1811.

    _Verehrter Freund_.

Ihre unerwartet frühe Abreise hat mich sehr erschreckt; denn sie
beraubt mich in der That des Vergnügens, Sie noch einmal vorher zu
sehn. Ich bin auf allen Seiten mit Arbeiten gedrängt, die ich nicht
aufschieben kann, und vorzüglich ist daran der Umstand schuld, daß
unsre Bibliotheken schon wirklich eingepackt werden. Ich muß die
Bücher, die ich daher habe, nun in aller Eil noch benutzen, wenn ich
nicht in meinen Vorlesungen stecken bleiben, und in meinen andren
Arbeiten ebenfalls zurückkommen will. Haben Sie ja die Güte, mir den
Petz _sobald wie möglich_ zu überschicken, da das Einpacken der
Steinwehrschen Bibliothek auch schon im Gange ist.

Zürnen Sie mir nicht und glauben Sie nicht, daß ich unempfindlich
gegen die Freundschaft bin, mit der Sie mich einladen. Ein Tag oder
anderthalb, bei Ihnen zugebracht, hätte uns wieder kaum recht zu Worte
kommen lassen. Ich sehe Sie gewiß, wenn Sie von Warmbrunn zurückkommen,
es sei nun, daß ich nach Breslau gehe, oder, was jetzt wahrscheinlicher
ist, nach Berlin. In diesem Falle werde ich Sie ja wohl einmal im
Winter dort sehn, und habe auch nicht so weit zu Ihnen. Die Reise
werde ich mich nicht verdrießen lassen. Wofür lebt man denn, wenn man
nicht für den Genuß lebt, den ein offenes und gründliches Gespräch
gewährt? Und wie selten ist jetzt leider dieser Genuß! Ich schätze es
für ein wahres Glück, in Ihre nähere Bekanntschaft gekommen zu sein;
meine Verehrung hatten Ihre Werke längst besessen, und ich sage aus
eben diesem Grunde nicht mehr davon. Ueber manches davon aber in Zukunft
mit Ihnen selbst zu sprechen, würde mir sehr wünschenswerth sein. Darf
ich so viel Anspruch auf Ihre Mittheilung machen, so lassen Sie uns von
Zeit zu Zeit gründlich correspondiren; ich wünschte so sehr, daß Sie
mich nicht wieder vergäßen.

Sie erhalten beide Bände der ~old plays~ wieder; ich habe sie aber
nicht alle lesen können wegen Mangel an Zeit. Der K. John hat sich ganz
in meiner Gunst erhalten. Es ist auch in der Sprache eine Frischheit
und einfache Kraft, die recht erquickt. Ich bin höchst begierig auf
ihre Entwickelung der verschiedenen Bildungsstufen von Shakespeares
Karakter. Wenn ich den alten John mit dem neuen vergleiche, so sehe ich
recht deutlich, daß eine Welt dazwischen liegt, und daß sich allein
darüber etwas höchst Belehrendes sagen läßt. Bei diesen Untersuchungen
wird erst recht klar werden, was nicht allein romantische, sondern was
auch moderne Poesie ist, und welch ein Wendepunkt der Protestantismus
und seine ganze Lebensansicht war. Sie werden gewiß nicht unterlassen
alles dieses mit einander in Verbindung zu setzen. So muß Shakespeares
Geschichte allein eine Geschichte einer ganzen Hauptgattung der Kunst
werden. Ich erwarte, was Sie über die Einmischung der sogenannten
komischen Scenen sagen werden. Die Scene mit den Mönchen hat doch wohl
einen himmelweit verschiedenen Karakter von allen anderen der Art.
Ich habe über jenes Komische meine eigne Theorie, und glaube, daß es
ganz denselben Ursprung hat mit jenen Reflexionen, worin die moderne
Poesie oft so tiefsinnig die inneren Gründe der Dinge zum Bewußtsein
zu bringen oder wenigstens zu berühren sucht, und woran ich in allen
wahren Dichtern neuerer Zeiten einen großen Reichthum finde. Sie werden
verstehn, was ich mit Reflexionen meine, nicht solche, wie Schillers
Chor in der Braut von Messina anstellt. Hätte ich den K. John noch
einmal aufmerksam lesen können, so würde ich über die Sprache noch
einiges bemerkt haben; so kann ich Ihnen nur sagen, was mir ganz
zufällig aufgefallen ist. Außer ~ywropt~ und ~yspilt~ finde
ich auch noch ~ymixt p. 303~. Ob im gewöhnlichen Shakespeare
auch ~It little skill’d~ (wie hier S. 285), und ~mickle~
für ~much~ (wie hier S. 290) vorkommen, ist mir nicht recht
erinnerlich. Aber ~Traitorisme~ (hier S. 293) glaube ich in ihm
nicht gelesen zu haben, und auch nicht ~every whit~ (hier S.
285), obgleich oft genug ~not a whit~. Der alte Lear hat mich
sehr ergötzt. Sie haben Recht, man muß sich in Acht nehmen, daß einem
so etwas nicht zu sehr gefällt; denn ich glaube wirklich, daß bei uns
etwas Sentimentalität ins Spiel kommt, wenn uns diese alte Einfalt so
sehr rührt. Indessen ist hier auch die Sprache über meine Erwartung
gebildet; es ist im Ausdruck nichts zu viel und zu wenig; nur die Sache
ist dargelegt. Die Handlung geht etwas ungleich und stockt zuweilen.
Besonders bewundre ich die weise Sparsamkeit in der Darstellung der
Cordelia, und den glücklichen Zug darin, den ihr scherzendes Gespräch
mit dem Mumford bildet. Dieses erquickt recht das Herz; Cordelia wird
uns dadurch so menschlich, und kein bloßer Tugendspiegel. Doch dies
letzte ist wohl zu viel gesagt. Wie rührend ist der Ausdruck, um
den sich das ganze Stück dreht: ~what love the child doth owe the
father?~ Auch überraschen recht die Stellen bei der Wiedererkennung,
die Sie auch ausgezeichnet haben, durch die große Einfalt, wenn man
gleich keinen pathetischen Erguß erwarten konnte.

Doch ich fürchte, mich zu weit zu verlieren. Grüßen Sie Ihre Frau und
Kinder und das ganze Haus, besonders Kadachs. Graf Alexander liegt in
meinem Hause traurig danieder. Ich besuche ihn so oft ich darf; denn
der Arzt verbietet ihn zu viel zu beschäftigen. Ich hoffe, daß es
noch ziemlich gut mit ihm ablaufen wird. Was haben Sie zu dem Vorfall
gesagt, der den Herrn Präsidenten betroffen hat, und die anderen
Herren? Ich gestehe Ihnen, daß ich über manches anders denke, als diese
Herren, vorzüglich in Beziehung auf die Lage der Zeit; sonst achte ich
ihren Eifer für das Interesse ihres Standes recht sehr. Herr v. Raumer,
gegen den jetzt viele Angriffe gerichtet sind, ist mein genauer Freund.
Er ist ein geistreicher und edler Mann, und hat in vielen Stücken
Recht, die nicht überall erkannt werden; aber ich leugne weder mir noch
ihm selbst, daß er oft nicht Maaß hält, und sich selbst Schaden thut.
Ueber diese Sachen ist indessen viel zu sagen.

Die heilsamste Wirkung, die das Bad von Warmbrunn haben kann, möge
Ihnen im vollsten Maaße zu Theil werden. Behalten Sie lieb

    den Ihrigen

    _Solger_.



                  =Staegemann, Friedrich August von.=

    Geb. am 7. November 1763 zu Vierraden in der Uckermark, gestorben
    am 17. Dezember 1840 in Berlin.

    Historische Erinnerungen in lyrischen Gedichten (1828.) --
    Erinnerungen an Elisabeth (1835.) -- Erinnerungen für edle
    Frauen, 2 Bde. (1846.). -- Der hohe Staatsbeamte, der Stein’s
    und Hardenberg’s Vertrauen besaß, hat auch während seiner
    einflußreichsten Epochen niemals verschmäht, sich als Sänger
    unter die Sänger zu mischen, und anspruchsloser Geselligkeit
    mit Gelehrten und Schriftstellern zu leben. Gleich Nicolovius,
    Streckfuß u. A. gehörte auch Er zu den Mit-Stiftern und Gründern
    des von Hitzig ins Leben gerufenen Berliner Litteraria, die denn
    auch sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum (1835) festlich begangen
    hat.


I.

    _Berlin_, d. 10. August 20.

    _Hochverehrter Freund!_

Es war eins meiner ersten Geschäfte bei meiner Zurückkunft, von der
Lage Ihrer Angelegenheit vollständige Kenntniß zu nehmen. Die Sache
verhält sich so: Es ist unstreitig Koref ein Ernst gewesen, Ihnen hier
eine angemessene Stellung zu verschaffen, und sein erstes Augenmerk
war, wie Sie wissen, auf die Akademie der Künste gerichtet. Die
Schwierigkeit, die sich hierin hervorgethan, indem Herr von Altenstein
eine vollständige Reform der ganzen Organisation beabsichtiget, und
hiervon Ihre Anstellung abhängig gemacht, -- welches aus mehren Gründen
eine sehr langsam reifende Frucht getragen haben wird -- _scheint_
Koref’s Plan, Ihnen vorläufig ein Wartegeld auszuwirken, um Ihnen einen
festen Standpunkt zu sichern, hervorgebracht zu haben. Hier kann ich
aber nur sagen, es _scheint_, weil darüber keine Verhandlungen
bei den Akten sind, sondern sich Alles in seiner Verwahrung befindet,
und seinen Reden nicht immer Glauben geschenkt werden kann. Bevor
er aber diesen Plan vollführen konnte, wozu freilich nicht jeder
Zeitpunkt geschickt ist (obwol er mir von Zeit zu Zeit versicherte,
der König habe bereits den Antrag des Herrn Fürsten Staatskanzlers
genehmiget), traten unsre neuen Finanz-Discussionen ein, die ihn
befürchten ließen, daß sein Plan gar keinen Eingang finden werde; er
glaubte daher die sich ihm darbietende Gelegenheit, Ihnen das Gehalt
der Professur des seligen Solger zu verschaffen, ergreifen zu müssen,
wobei er voraussetzte, daß Sie die Pflichten dieser Professur durch
einige Vorlesungen in der Woche, über Gegenstände der Wissenschaft und
Kunst nach eigner Wahl, ohne Beschwerde würden erfüllen können. Diese
Voraussetzung wurde durch das Urteil unsrer akademischen Philister
über Solger, den sie nur für ein fünftes Rad am Wagen hielten,
begünstigt.

Ich habe mir diese Tage die Sache nur aus den Gesprächen mit Koref, auf
dessen Reden an sich, rücksichtlich der Wahrhaftigkeit, nicht viel zu
geben ist, und mit Nicolovius, abstrahirt. Koref fügte hinzu, daß, da
Sie auf den Antrag _gar nicht_ geantwortet hätten, er die Sache
als abgethan habe ansehn müssen. Nach Nicolovius ist inzwischen zwar
über Solgers Gehalt verfügt, nicht aber über die Professur, so daß Sie
noch immer würden eintreten können, wenn die Rücksichten, die Sie mir
mündlich mitteilten, nicht dagegen entschieden. Die Vorlesungen selbst
könnten Sie auch nach Nicolovius Meinung sich mit voller Bequemlichkeit
selbst einrichten, da es nur darauf ankommt, Ihnen einen Fuß in den
Bügel zu verschaffen. Herr v. Altenstein wird hiezu gern die Hand
bieten, besonders, da es scheint, daß Sie die Gunst des Kronprinzen für
Sich haben, mit dem er vielleicht in andrer Weise zerfallen ist. Das
Gehalt wird wieder angewiesen. Den Plan, Ihnen auch ohne die Annahme
der Professur vorläufig ein Wartegeld zu verschaffen, müssen wir jetzt,
wie die Sachen dermalen liegen, und in Rücksicht auf die Persönlichkeit
des Königs, unstreitig aufgeben. Können Sie daher Ihre Bedenklichkeiten
gegen die Annahme der Solgerschen Professur überwinden, so will ich bei
Herrn von Altenstein sogleich das Weitre einleiten. Vielleicht machen
Sie mich mit Bedingungen bekannt, unter denen Sie sich geneigt erklären
könnten; ich bin im voraus versichert, man wird Ihnen Alles zugestehen,
und Sie sehr bereitwillig in eine Lage setzen, in der Ihre literarische
Thätigkeit durch den Amtsberuf zu Vorlesungen nicht im geringsten
beeinträchtiget wird. Kurz, man wird Sie gern so setzen, daß das
Gehalt, wenn auch nicht dem Namen, doch der That nach, ein Wartegeld
seyn wird, und die Zeit wird, wenn Sie nur erst hier und in einer Art
von Praxis sind, bald herbeigeführt werden können, Sie nützlicher und
für Sie einträglicher zu beschäftigen. Daß dabei auf Ihre Gesundheit
immer eine Hauptrücksicht genommen werden müsse, versteht sich von
selbst.

Die anderweite Organisation der Akademie ist, wie Herr von Altenstein
selbst äußert, im weiten Felde. Er scheint sie ganz aufzugeben; indeß
bin ich dieser Meinung so wenig, daß ich vielmehr glaube, der König
sei für diese Maasregel noch am ersten zu gewinnen. Nur müssen die
Künste einen kräftigern Fürsprecher haben, als Herr von Altenstein
_zuweilen_ ist. _Immer_, kann ich keinesweges behaupten.
Sie selbst würden darauf einwirken können, wenn Sie hier sind. -- Sie
hatten sich vorgenommen, selbst an Herrn v. Altenstein zu schreiben,
und ich würde jetzt noch mehr dazu rathen, als ich es mündlich in
Dresden schon gethan, sobald Sie sich über die Annahme der Professur
entschieden haben. Denn wenn es für diesen Zweck auch wesentlich nicht
erforderlich seyn würde, so dürfte es doch schon für eine verbesserte
Stellung in Ansehung des Gehalts von Nutzen seyn. Ich erinnere mich
aber besonders noch aus frühern Jahren, welchen Eindruck ein Schreiben
Adam Müllers, der damals in die dermalige Verkehrtheit noch nicht
übergegangen war, obschon auf dem Wege dazu, auf ihn machte, und mit
welcher Wärme er sich zu seinem Beschützer erklärte. Müllers Dialektik
hatte nur wenigen Theil.

Ich sehe Ihrer gütigen Antwort baldmöglich entgegen und empfehle mich
unter Versicherung der unveränderten Hochachtung und treuen Ergebenheit
in Ihre freundschaftliche und wohlwollende Erinnerung

    _Staegemann_.


II.

    _Berlin_, 21. Mai 1836.

    _Verehrungswürdiger Freund!_

Ich bin nach dem Tode meiner verewigten Frau von unsern Töchtern
beredet worden, einen Theil meiner, ihr gewidmeten Gedichte, die sich
ein halbes Jahrhundert hindurch schlugen, in handschriftlicher Form
drucken zu lassen, und so ist die Sonetten-Samlung entstanden, deren
beiliegendes Exemplar wohlwollend anzunehmen ich Sie freundschaftlich
bitte. Entschuldigen Sie geneigt, daß es später geschieht, als billig.
Es kam mir aber vor, als ob solche kunstlose Herzens-Ergießungen, die
nur der bis zum lezten Hauch angebeteten Freundin gefallen wollten, in
ihrer zum Theil veralteten Erscheinung sich unter die Augen von Kennern
schicklich nicht wagen sollten. Auch haben die rühmenden Anzeigen in
einigen Zeitblättern meine Scheu keineswegs beseitigt, da ich sehr wohl
weiß, was davon zu halten ist, wohl aber hat ein Brief von Schlegel aus
der neuesten Zeit mich ermuthigt, auch in Ihre Erinnerung durch diese
Mittheilung mich um so mehr zurückzurufen, als meine selige Frau sich
zu Ihren Freundinnen zählte, und dessen besonders würdig war. Ich habe
von jeher eine Abneigung gehabt, von meinen poetischen Productionen
etwas drucken zu lassen, weil ich die Stunden, die ich daran gewendet,
fast jederzeit den drückendsten Amtsverhältnissen habe abringen müssen,
woraus niemals etwas Rechts werden kann, und nur der Haß gegen die
Napoleonische Zeit und der Widerwille gegen die konstitutionellen
Himmelsstürmer hat mich, zu meinem eigenen, nachmaligen Aerger, in
Bewegung bringen können, da mein Gemüth ganz andre Neigungen hat, wie
ich unter den Gedichten an meine selige Frau noch aus dem December 1805
eines vorgefunden habe, worin es heist:

    mein Kriegs-Lied ist ein zart Sonett
          Auf Amors sanfte Macht;
    mein Feldgeschrei: „Elisabeth“
          Bei Tag’ und stiller Nacht.

Die Zeit hat es anders gefügt, bald nach jenem December.

Meine Tochter Hedwig empfiehlt sich mit mir Ihrem wohlwollenden
Andenken. Unter Versicherung der treusten Verehrung und Ergebenheit

    _Staegemann_.



                          =Steffens, Henrik.=

    Geboren am 2. Mai 1773 zu Stavanger in Norwegen, gestorben am 13.
    Febr. 1845 in Berlin.

    Ueber die Idee der Universitäten (1809.) -- Ueber geheime
    Verbindungen auf Universitäten (1835.) -- Die gegenwärtige Zeit
    und wie sie geworden, 2 Bde. (1817.) -- Die Carrikaturen des
    Heiligsten, 2 Bde. (1819-21.) -- Anthropologie (1822.) -- Von der
    falschen Theologie und dem wahren Glauben (1824.) -- Wie ich wieder
    Lutheraner wurde (1831.) -- Was ich erlebte, 10 Bde. (1840-45.)

    Romane: Die Familien Walseth und Leith, 3 Bde. (1827.) -- Die vier
    Norweger, 6 Bde. (1828.) -- Malcolm, 2 Bde. (1831.) -- Novellen &c.
    &c.

    Daß der edle Norweger niemals ganz richtig deutsch lernte, und
    dennoch einer der begeisterndsten Redner in deutscher Sprache
    gewesen ist, wissen Alle die einst so glücklich waren, seine
    ~collegia~ zu hören. Was er für den Druck schrieb, ist
    durch nähere Freunde, oder durch den Hrn. Verleger von allerlei
    „physisch statt psychisch, Muscheln statt Muskeln, mir’s -- mich’s
    -- ihm’s -- die’s“ &c. &c. gesäubert worden, wie’s recht und
    billig war. Seine _Briefe_, aus denen der Mensch zum Menschen
    aus der Ferne _spricht_, wollten wir nicht korrigiren.
    Mögen sie gedruckt werden, wie sie sind; mögen sie Lesern, die
    seine _Hörer_ gewesen zu sein sich heute noch freuen, das
    lebendige Bild des theuren, edlen Verstorbenen recht lebhaft in’s
    Gedächtniß rufen, mit seinen Schwächen, -- mit seiner Größe,
    seiner unwiderstehlichen Persönlichkeit; ja, mit _all’ den
    Erinnerungen_ aus einer mit ihm begrabenen Zeit!

    Hatte er _sie_ -- und _sich_ doch fast schon überlebt,
    bevor er starb. Wohl ihm, daß er noch zu rechter Stunde die Augen
    schloß! Wir hätten sonst wohl gar auch hören können, wie der erste
    Freiwillige von 1813 fünfunddreißig Jahre später mit splendiden
    Katzenmusiken bedacht worden wäre! Derselbe Steffens, der im Jahre
    1809 als Professor in Halle _die Idee der Universitäten_ jener
    napoleonischen Zwingherrschaft in den Bart geworfen.


I.

    _Tharand_, d. 22. Jul. 1801.

    _Theuerster Freund!_

Da das Wetter Ihnen kaum erlauben wird, sobald hier hinauszukommen,
auch mir in Tharand gefangen hält, so muß ich nothwendig ein Mittel
ersinnen, mir wenigstens, so gut es gehen will, von ihrem Treiben und
von dem Befinden ihrer Familie kurze, jedoch gründliche Nachricht
zu verschaffen. Ich kenne in der That nichts grausameres, als einen
Mantel in solchem Wetter zu behalten, und schicke Ihnen daher den
Ihrigen, mit dem verbindlichsten Dank (~NB.~ Lebensart) zurück.
-- Auch drey Strausfedern folgen hiermit. Bitte mich gehorsamst ein
paar Volksmärchen aus, welche richtig, nachdem ich sie consumirt habe,
wieder zurückgeschickt werden sollen.

Uebermorgen erhalten Sie einen _cabbalistischen_ Aufsatz. Mein
Genius hat mir wieder angesprochen und mir -- wahrlich sonderbare Dinge
von 1-2-3-5 aus 7 zu 3-7 aus 2 zu 5 -- das vernünftige Decimal- und
das mystische Duodecimalsystem entdeckt. Ich glaube, daß sie selbst
sich ergözen werden über das _Zählen_ der Natur -- das bedeutender
ist, als man glaubt. -- Ich werde recht zum Schreiben getrieben und
bin jetzt, natürlich, nur wenig gestört. Wie wünschte ich bey Ihnen zu
seyn. -- Vieles würde sich in Gesprächen leicht entwickelt, was mir
jetzt entgeht. --

Sie können -- _alle Tage_ -- mit der Botenfrau, die diesen Brief
bringt -- ein paar Zeilen nach Tharand spediren. --

Diesmahl bitte ich mir wirklich aus, daß Sie mir mit ein paar Zeilen
schreiben: wie Sie und Ihre Familie sich befindet: ob Gustav noch krank
ist.

Grüßen Sie die Madem. Hanna, Dorothea, Elisabeth Reichard, und sagen
Sie Ihr, daß mein Genius mich ihre Hand im Traume gezeigt hat, daß ich
ihr ganzes zukünftiges Schicksal kenne und -- daß Sie erstaunen wird --
so wenig hilft es sich zu sträuben. -- Ich freue mich darauf die Hände,
die ich nicht sehen darf, wenigstens mit zugemachte Augen, küssen zu
dürfen.

Leben Sie wohl und grüßen Sie Ihre Frau recht sehr.

    _Steffens_.


II.

    _Halle_, d. 3. Junii 1802.

    _Bester Freund!_

Ich muß Ihnen nothwendig von hier aus schreiben, und wähle dazu lieber
einen jungen Menschen, der wenigstens nicht stören wird, wenn er einige
Stunden in Ihrem Hause zubringt, und mancherley _sagen_ kann, was
zu schreiben zu weitläufig wäre. Die bewußte Sache, die ihm, wie ich
glaube, unbekannt ist -- (obgleich man hier in Halle feine Nasen zu
haben scheint), erwähne ich nur, um Ihnen zu sagen -- daß ich jetzt
überaus glücklich bin. -- In ein paar Tage reise ich weg, um Tag und
Nacht nach Copenhagen zu eilen. Ich erwarte -- wenigstens in Copenhagen
ein paar Zeilen von Ihnen zu finden, um zu erfahren, wie Sie und Ihre
Familie sich befindet. Sie werden mir verzeihen, wenn die neue Freude
-- die ich erst seit gestern kenne -- mich verhindert weitläuftig zu
seyn. Aus Hamburg schreibe ich einmahl einen _Brief_. Grüßen
Sie Ihre Frau -- Mamsel Alberti und Dorothea. Ich habe mir vorgesezt
alles so in Ordnung zu bringen, daß ich in ein 5-6 Monathe wieder in
Deutschland sein kann. Wie freue ich mich darauf, Sie und Ihre Familie
dann wieder zu sehen. An den nordischen Sachen werde ich gleich Hand
legen. Sie sollen mir in dem fremden Vaterlande in Ihre Gesellschaft
bringen. Ihre Schwester und Bruder sind doch noch in Dresden -- und
kennen mich doch hinlänglich um einen Gruß von mir annehmen zu können?

Verzeihen Sie mir die Verworrenheit des Briefes und leben Sie nochmahls
wohl.

    _H. Steffens_.

Sie wissen wohl daß Fr. Schlegel die Aufführung des Alarcos noch
abgewartet hat bey Goethe? -- Der Teufel hole sonst die vornehme Art,
mit welche man hier über Kunst urtheilt. -- A. W. Schlegel ist wohl
abgereist? Der Ueberbringer dieses Briefs heißt _Rotte_, ist aus
_Lübeck_ und ein Stiefsohn der Doctorin oder der Doctor Schlösser.
--


III.

    _Hildesheim_, d. 24. December 1806.

    _Lieber Tieck!_

Auf eine erfreulichere Weise konnte ich, in so bedrängten Zeiten
nicht Nachricht von Dir erhalten. Ich gestehe, daß es mir leid that
zu erfahren, daß Du mir so nahe vorbeigereist warst, indessen wußte
ich wohl, daß Du mich nicht vergessen hättest, und die Art, wie Du Dir
meiner wieder erinnerst, ist mir die angenehmste. --

Ich will Dir alles schreiben, und wirst sehen, daß es meine
Absicht keinesweges ist, Deutschland zu einer Zeit zu verlassen,
die vielleicht bedenklich ist, aber meine Thätigkeit und meinen
Wirkungskreis doch nicht aufhebt. --

Als in Halle die Universität gestöhrt war und ich nun ohne Unterhalt
war, schrieb ich an meine Brüder und bath sie sich zu erkundigen, ob
ich in dem Falle, wenn alles hier unglücklich gienge, eine Anstellung
in Dännemark erwarten konnte. Meine Brüder, über meine Lage nach meinen
Nachrichten, und noch mehr durch das Gerücht erschrocken, wandten sich
unmittelbar an den Kronprinzen, der wiederholt sagte: ich möchte nur
zu Hause kommen, auch Schimmelmann ließ mich bitten zurückzukehren.
Der Kronprinz both mir Reisegeld an und Schimmelmann schickte mir
eine Summe. Das königliche Reisegeld nahm ich _nicht_ an, um
nicht gebunden zu sein. -- Nach dem aber, was geschehen war, sahe
ich es für nothwendig an, mich in Dännemark zu stellen. Kehrte ich
nach einer solchen Aufforderung nicht zurück, so würde ich alle meine
Aussichten in meinem Vaterland auf immer vernichten. Nun bin ich aber
wirklich Däne, kann nie aufhören es zu sein, und bin der Regierung
große Verpflichtungen schuldig, auch habe ich eine sehr große Neigung
Norwegen zu untersuchen und ein Plan wissenschaftlicher Beobachtungen,
den ich längst entworfen habe, von der Regierung unterstützt, dort zu
realisiren. Ferner habe, wie es sich nicht leugnen läßt, in Dännemark
mächtige Feinde, aber auch mächtige Freunde (wie der Kronprinz und
Schimmelm.), beides aber macht meine Lage dort sehr interessant und
wenn ich die gegenwärtige Umstände, die mir in einer unmittelbaren
Verbindung mit dem Kronprinzen bringt, benützen wollte, so leidet es
keinen Zweifel, daß ich mir ein schönes Loos in Dännemark bereiten
könnte.

Dieses alles habe ich genau erwogen -- auf der andern Seite aber
fühle ich es wohl, daß ich zum deutschen Docenten gebohren bin, daß
die Freiheit der Gesinnung, die tiefe Empfänglichkeit der Schüler in
meinem Vaterlande nicht zu erwarten ist, daß ich wahrlich unglücklich
sein würde, wenn ich nicht an dem, was jetzt geschehen soll, Theil
nehmen könnte. Endlich finde ich es schlecht in so bedenklichen Zeiten
seine Stelle zu verlassen -- und dies hat bei mir entschieden. -- Ich
weise alle Anträge in Dännemark _bestimmt_ ab, und habe dieses
dem _Massov_ schon geschrieben. Ich kann es thun, ohne den
Kronprinzen zu beleidigen. Ich stelle ihm nur vor, daß sein Unterthan,
daß ein Norweger, dessen Landsleute durch die Treue gegen ihren Fürsten
berühmt sind, seinen Fürsten in der Noth nicht verlassen darf, und
kenne unsern Kronprinzen genug, um zu wissen, daß er meinen Entschluß
in Halle jetzt zu bleiben, sehr billigen wird. Schimmelmann, dessen
große, wahrhaft deutsche Gesinnung, mich durchaus fassen wird, wird
mich sicher unterstützen. -- In Kopenhagen ist mir ein Oncle gestorben,
der mir 800 Rthlr. hinterließ, diese hebe ich zwar erst nach dem Tode
der Witwe, aber die Erbschaft ist gerichtlich gemacht, und werde
wahrscheinlich Geld darauf heben können. Ich lasse dann Hanne und
Clärchen mit hinlänglichem Gelde versorgt, bei Grosmutter in Hamburg,
und gehe selbst wieder nach Halle, lebe da als Student und ernähre mich
selbst. Das Aergste ist die Ungeduld meiner verarmten Creditoren, die
mich entsetzlich peinigt.

Für Dein schönes Anerbiethen, mir im südlichen Deutschland nützlich zu
sein, danke ich Dich sehr -- wenn alle Stränge reißen, gehe ich doch
lieber nach dem südlichen Deutschland als nach Dännemark, wenigstens in
den ersten vorliegenden Jahren. An Schelling schreibe ich noch heute.

Daß Du jetzt wieder in Deutschland bist, ist mir unendlich lieb, und
ich zweifle gar nicht daran, daß wir bald etwas schönes und großes
von Dir erfahren werden, denn die poetischen Laffen haben einen in
der letzten Zeit doch zu sehr mit der neuen Zeit zugesetzt. -- Ich
habe mich recht darnach gesehnt, Dich in Sandau zu besuchen, die süße
Dorothee mit ihrer Mutter, und die kleine Agnes zu sehen, und halb
war es schon beschlossen. Es ist mir recht lieb, daß Dir Oehlenschl.
gefällt, wenn er seine unmäßige Eitelkeit bekämpft hat, wird gewiß
etwas ungewöhnliches aus ihm -- neben die krankhaften Figuren, die
Sonetten fabriciren, ist seine gesunde und frische Natur wohlthuend. --
Grüß Malchen, die Finkensteins und Burgsdorf recht sehr. Dein lieber
Brief hat mir viele Freude gemacht, und ich hoffe, daß Du Wort halten
und bald antworten wirst -- Hanne schreibt noch etwas. Adieu.

    _H. Steffens_.

Ich schreibe Euch bestimmt aus H. recht lang.

    Hanne.


IV.

    _Breslau_, d. 23. Febr. 1812.

Liebster Tieck! und liebe, herrliche Tante! ihr müßt nicht zürnen,
daß ich so lange nicht geschrieben. Deinen Brief zu beantworten
erfordert eine Art von Ruhe, die ich hier nicht gefunden habe, wo mir
alles nach außen treibt in zerstreuende Geschäfte. Ich habe leider
etwas schlechtes, wenn auch nicht ganz Unnüzes angefangen, nehmlich
ein mineralogisches Handbuch. Der erste Theil ist schon gedruckt,
und der zweite und dritte Theil müssen noch in diesem Jahre fertig
sein, denn ich habe Vorschüsse und die Verlegerin quält. Dann habe
ich hier eine neue Professur und muß mich zu Vorlesungen vorbereiten,
die ich nie hielt, dann nehmen mir meine jezige Vorlesungen viel
Zeit weg -- (Ich habe einige neunzig Zuhörer, bestehend aus Beamten
und aus Bürgern der Stadt, für die Studenten muß ich abgesondert
lesen) -- dann ist meine Theorie der chemischen Erscheinungen, streng
wissenschaftlich, nun so weit gediehen, daß es Zeit ist sie bekannt
zu machen und einer ernsthaften Prüfung zu unterwerfen, auch meiner
Stellung wegen -- endlich muß ich das hiesige physikalische Institut
einrichten, 1000 Rtlr., die mir zugestanden sind, in Instrumente
u. s. w. verwandeln, mit Mechanici, mit Künstler aller Art, mit
Glashütten, mit Handwerker mich umtreiben, mit Departement und
Organisations-Commission correspondiren, den Bau des mir zugestandenen
Locals leiten, den Senatsizungen beiwohnen (der Senat ist hier aus
wenigen erwählten Mitgliedern zusammengesetzt), und zu diesem allem
kömmt noch, daß ich Präsidial-Assessor einer hiesigen patriotischen
Gesellschaft bin, was mir auch einige Zeit wegnimmt. Du glaubtest,
daß ich hier im Anfange einsam leben würde. Das ist anders gekommen.
Die häufigen Gesellschaften und Verbindungen, in die ich durch
meine Vorlesungen gekommen bin, stören mich nicht wenig. Ich habe
dieses alles so weitläufig entwickelt, weil es meine vollständige
Entschuldigung enthält, und mich rechtfertigen mag, wenn Du auch in
diesem Briefe Spuren der Zerstreuung finden solltest. Doch sind alle
diese mannichfaltige, sich wechselseitig störende Geschäfte Folgen des
Anfangs und werden bald aufhören.

Aber wie lebst Du in Deiner stillen poetischen Einsamkeit? Es freuet
uns, daß Du weniger krank bist, wenn auch nicht ganz gesund. Aber die
Hoffnung euch diesen Sommer noch zu sehen möchten wir ungern aufgeben.
Es ist so schlimm, daß Hanne diesen Sommer nicht hier bleibt, und ich
allein zurückbleibe. Wenn Du eine Badereise machen kannst, so würden
sich doch einige Wochen für unser Zusammensein finden, hier oder ins
Gebirge. Julii wird Hanne in Landeck zubringen, und im August und
September, wenn meine Ferien anfangen, besuche ich mit ihr die Albertis
in Waldenburg und Schmiedeberg. Lieber Tieck! wenn ihr es möglich
machen könnt, so kommt doch her. Das Schreiben ist doch ein kärglicher
Nothbehelf -- Einen Platz für euch würden wir wohl finden. In der
Zukunft zwar bequemer, denn ich erhalte eine recht bequeme Wohnung
neben dem physikalischen Apparat, wo ich freilich auch eine wenn gleich
mäßige Miethe bezahlen muß.

Reimer hat Recht, wenn er sagt, daß ich früher lieber nach Berlin,
als nach Breslau gieng. Es waren nicht bloß meine Freunde, die mich
hinzogen, vorzüglich die Sammlungen, die größern Bibliotheken, die
lebendigere Verbindung mit der Welt, die einem Physiker immer wichtig
ist. Indessen habe ich die Vortheile, die Du anführst wohl erkannt. Die
größere Sicherheit, die größere Empfänglichkeit der Einwohner, der noch
nicht erstorbene Glaube, die schönere Natur. Auch befinde ich mich hier
recht wohl, und die Leute gefallen mir im Ganzen. Die Opposition gegen
den Berlinismus ist nicht das Schlimmste hier und trete recht bestimmt
gegen diesen auf. Die leere Einbildung dieser Leute war mir von jeher
zuwieder, hier vo   [4]   , wo sie sich noch mehr wie in Berlin
aufgeklärt gebildet dünken, und wo die red   , etwas rohe   , und naive
Begierde die    der Zeit zu fassen der   gegenüber sich recht vornehm
und tüchtig ausnimmt.

Dein Wunsch, daß ich an einer poetischen Bearbeitung unserer
gemeinschaftlichen Natur-Ansichten denken möchte, und uns so
vereinigen, hat mir recht lebhaft die alte herrliche Zeit
zurückgerufen, in welcher Liebe und Poesie mein Leben verherrlichte.
Ich werde in diesem Augenblick, kurz vor dem Abgang der Post auf eine
so unangenehmen Weise gestört, daß es mir unmöglich, was ich _eben
darüber_ schreiben wollte, jezt zu schreiben, und länger darf ich
Dich doch auch nicht warten lassen -- aber _gewiß_ Du wirst recht
bald einen Brief von mir haben, Du Lieber! der mir gewesen ist, was
keiner mir war, und dessen treue Anhänglichkeit an mich ich wahrlich
nie vergesse. -- Ich muß schließen.

    Dein

    _Steffens_.


V.

    _Breslau_, d. 11. September 1814.

    _Lieber Tieck!_

Seit ich aus dem Kriege bin, habe wenigstens ein halb Duzend Briefe an
Dich vollkommen fertig, die unter sich wenig Aehnlichkeit haben mögen
-- Du wirst aber schwerlich eins davon jemals erhalten, denn keine
Zeile ist von allen diesen Briefen niedergeschrieben, und ich kann
mir sogar leicht denken, daß wir lange Zeit zusammenleben könnten,
ohne daß Du eine Sylbe davon erführst, so angelegentlich es mir auch
schien, grade Dir das mitzutheilen, was mich in solchen Momenten
lebhaft beschäftigte. Und so mag der Zufall auch über den Innhalt
dieses Briefes walten -- denn wozu hülfe die Ueberlegung? -- Wenn man
ununterbrochen in einer Reihe von Jahren in Verbindung geblieben, so
führt ein jeder Moment eine bestimmte Richtung des Daseins herbei, den
man nur zu ergreifen braucht, um Inhalt und Form der Unterhaltung zu
finden.

Aber Du warst mir, durch Schriften und Leben vor langer Zeit überaus
wichtig. So deutlich wie auch die alten Töne mir vorschweben, und was
wir sprachen, uns dachten und träumten, so hat sich doch seitdem so
manches zugetragen, und mich unruhig, oft in wilder Bewegung in so
viele, entfernte Regionen des innern und äußern Lebens hingerissen,
daß die Faden der bestimmten Unterhaltung alle zerrissen sind, und
nur ein allgemeines, unendliches Sehnen, welches eben nichts faßt,
nichts Bestimmtes, weil es das ganze grundlose Dasein, in allen seinen
Richtungen, dem alten treuen Freunde hingeben möchte -- übrig geblieben
ist. --

Es war eine wunderliche, ahndungsvolle Zeit, in welcher ich Deine
erste Bekanntschaft machte. Aus einem fernen Lande, früh schon durch
große Hofnungen und sonderbare Wünsche getrieben, fand ich mich in
der Mitte vieler bedeutender Männer, die mich gern aufnahmen, und mit
einem großen kindlichen, recht eigentlich absichtslosen Muthwillen ließ
ich alle meine Gedanken und Anschauungen, geschenkte und eigene ein
loses, leichtes Spiel treiben. Ich denke oft mit inniger Freude daran,
und diese Zeit, die mir an Liebe, Freundschaft, geistiger Anregung
mancherlei Art so reich war, erscheint mir immer als die Blüthezeit
meines Lebens. Was Du mir, wie so vielen, damals wardst, das weist Du
-- denn so verschieden unser äußeres Dasein auch erscheint, so stimme
ich dennoch innerlich mehr mit Dir überein, als mit irgend einem
andern, und nachdem die vielen Stüzen, die man mir als Systeme reichte,
und die ich gutwillig annahm, und eine Zeitlang benuzte, nun alle in
der Ecke gestellt sind, -- trat das freiere und dennoch gebundenere
innere Leben freudiger hervor.

So gewiß, wie es ist, daß die Zeit, in welcher Goethe und Fichte und
Schelling, und die Schlegel, Du, Novalis, Ritter und ich, uns alle
vereinigt träumten, reich an Keime mancherlei Art waren, so lag dennoch
etwas ruchloses im Ganzen. Ein geistiger Babelsthurm sollte errichtet
werden, den alle Geister aus der Ferne erkennen sollten. Aber die
Sprachverwirrung begrub dieses Werk des Hochmuth unter seine eigene
Trümmer -- Bist du der, mit dem ich mich vereinigt träumte? fragte
einer den andern -- Ich kenne deine Gesichtszüge nicht mehr, deine
Worte sind mir unverständlich, -- und ein jeder trennte sich in den
entgegengesetztesten Weltgegenden -- die meisten mit dem Wahnsinn, den
Babelthurm dennoch auf eigene Weise zu bauen.

Dann kam der politische Druck und riß mich zum Haß und Wiederstreben
hin in einer Reihe von Jahren. Nun ist der riesenhafte Dämon
verschwunden, der mich so lange leidenschaftlich gegen sich wafnete,
wie das geistige Riesenbild, welches mich mit so unsäglichen
Versprechungen lockte -- und es liegt nun alles da, wie ein
verschwundener Traum. --

Was wären wir, wenn nach einem solchen Traum, uns nichts übrig bliebe,
als ein nüchternes Erwachen? ein Dünkel, der sich eben mit seiner
Leerheit brüstet, als mit einem neuerworbenen, und ganz eigenen
wunderbaren Schaz, dessen Werth zu schäzen nur den erfahrenen vergönnt
ist. --

Aber Gottlob! ein Jeder Mensch ist, wie der erste, im Paradies geboren,
in seinem Paradies, seine Natur. Ja mit einem jeden Menschen wird ein
Gottessohn gebohren, obgleich nur der eine erschienen ist, und das
Antliz Gottes in allen verzerrt wird. Der Herbst leistet nie, was der
Frühling verspricht, der Mann nie, was das Kind hoffen ließ. -- Der
Mann will begreifen, nur das Kind kennt den Glauben. -- Ja, was ist
alle Religion anderes, als der Kinderglaube der Geschichte?

Und so, lieber Tieck! sind mir die Träume meiner Kindheit näher
gerückt, und ich _glaube_ an die Natur, und an das Leben, und
forsche nach diesem Glauben, und wie er mirs gebiethet, und ich kann
Dir kaum sagen, wie innerlich glücklich ich mich fühle in einer
Beschäftigung, die wenig von der gewöhnlichen der Physiker sich
unterscheidet. Seit ich wieder zu Hause bin, war ich sehr fleißig.
Es ist als mahnten mich die Jahre, als triebe mich ein unsichtbarer
Geist, der mir keine Ruhe läßt -- Es ist ganz das Gefühl, was mir in
den schönen Tagen der Freundschaft, der Liebe, der Begeisterung in
Dresden belebte.

Und so habe ich nun manches, und nur von mir gesprochen. -- Ueber
Deinen Phantasus, über Deinen William Lovell möchte ich mit Dir
_sprechen_ -- und überhaupt, das muß nun ehestens geschehen, denn
ich halte es nicht länger aus, und habe noch nie eine solche Sehnsucht
gefühlt mit Dir zusammen zu seyn. Meine Frau grüßt -- und ich hoffe,
daß Deine Frau mich noch so liebt wie in frühern Zeiten -- Hanne
schreibt Dir bald, und sagt mir, daß ich noch einmahl das Malchen,
Dorothee und Agnes herzlich grüßen soll.

    Dein

    _Steffens_.


VI.

    _Breslau_, 20t. Januar 1816.

    _Hochzuverehrender, Wohlgebohrner,
    Sehr berühmter Herr!_

Es ist mir der angenehme Auftrag geworden, Ew. Wohlgebohrnen zu
benachrichtigen, wie die hiesige philosophische Facultät, bei
Gelegenheit des Friedens- und Krönungsfestes am 18t. Januar ~h.
a.~, theils um die Veneration öffentlich kund zu thun, mit welcher
sie, wie ganz Deutschland, die hohen Verdienste Ew. Wohlgebohren um
die Wissenschaft und um die Poesie, zu schäzen wissen, theils und
vorzüglich, um sich selber zu ehren, durch die genauere Verbindung
mit einem so berühmten und von Gott hochbegabten Manne, einstimmig
beschloß Ew. Wohlgeboren durch ein Ehrendiplom die höchste Würde in
der Weltweißheit mitzutheilen, daß Dieselben durch den Redner der
Universität, Herrn Consistorialrath Wachler, an dem feierlichen Tage
als ~artium liberalium Magister nec non philosophiae Doctor~
öffentlich sind proclamirt worden, und daß Sie diese Anzeige als eine
vorläufige zu betrachten haben, da möglicherweise, das Ehrendiploma
später, als die öffentliche Zeitung, die die Creation publicirt, in
Ihre Hände kommen könnte. Wir wünschen nichts mehr, als daß dieser
Beweis unserer Hochachtung und Anerkennung Ihrer Verdienste von Ihnen
eben so gern möge angenommen werden, als gerne wir ihn dem berühmten
und hochbegabten Manne geben.

Mit ausgezeichneter Hochachtung

    Ew. Wohlgebohren

    ganz ergebenster

    _H. Steffens_.

    _Nachschrift_.

Lieber Tieck! es war mir unmöglich Dir die Doctorpromotion anders als
feyerlich bekannt zu machen. Es sollte uns aber sehr lieb sein, wenn
Dir dieser kleine Beweis, daß Du unter uns viele Verehrer hast, nicht
ganz unangenehm wäre. --

Wir hoffen täglich auf die Möglichkeit nach Berlin zu reisen. Für Hanne
wäre das etwas sehr Erwünschtes. Sie würde unter ihren Verwandten, in
einem frischen Leben recht eigentlich aufleben. Vor allem wäre es uns
deßwegen äußerst angenehm, weil wir dann, wie sich von selbst versteht,
mehrere Tage in Zibingen zubrächten. Wie sehr ich mich darnach sehne,
kann ich Dir nicht sagen. -- Die geschriebenen Worte können uns, nach
so langer Trennung unmöglich näher bringen. In Halle kamen wir uns gar
nicht nahe. -- Zwei trauliche Stunden sind mehr werth als alles. Es
müßte wunderlich sein, wenn wir die alte Zeit nicht wiederfänden, wenn
Du sie nicht auch in mir erkennen solltest. Etwas dümmer zwar bin ich
wohl, wie das die Leute mit den Jahren immer werden.

Hanne grüßt und erwartet einen Brief. Deine Familie befindet sich doch
wohl? Grüß Deine Frau und Deine Hausgenossen recht herzlich.

    _Steffens_.


VII.

    _Breslau_, d. 3. Jan. 1818.

    _Lieber Tieck!_

Ich kann Dir leider nur einen sehr kurzen Brief, und Du wirst mir in
der That entschuldigen, daß ich überhaupt im Briefschreiben so träge
bin. Ich habe diesen Winter ungeheuer viel zu thun. Ich liefere zur
Ostermesse _zwei Bände_, den 3ten Theil meines mineralogischen
Handbuchs und die Carricaturen, außerdem lese ich täglich 3 Stunden.
Wenn ich des Morgens um 5 Uhr aufgestanden bin, muß ich ununterbrochen
bis 4 Uhr Nachmittags arbeiten, nach dem Essen habe ich bis um 7 Uhr
Stunden, und dann bin ich so erschöpft, daß in der That ein Brief
eine große Anstrengung ist. Ich _muß_ arbeiten, theils weil der
Gegenstand der Carricaturen meine ganze Seele in Bewegung setzt,
theils, weil ich Geld verdienen muß. -- Jetzt bin ich ein paar Tage
auf dem Lande gewesen bei einem Freund, komme eben zurück, habe noch
eine Vorlesung und schicke die verlangten Bücher mit einem sehr guten
Freund, den ich vorzüglich lieb habe, und der Deine Bekanntschaft
zu machen wünscht. Es ist Major v. Kanitz, der schon Deiner Familie
bekannt ist.

Was Reinegys betrifft, so ist das Buch aus einer hiesigen
Leihbibliothek, und ich denke, daß Du mir es wohl nach Verlauf eines
Monates wieder zuschicken kannst. Was ich noch von ihm weiß ist nur,
daß ich mich erinnere, von ~Dr.~ Mackensen gehört zu haben, daß er
mit Beireis in geheimer Verbindung war, und daß Mackensen im Leipziger
gelehrten Anzeiger Beireis aufforderte, Aufschlüsse über ihm zu geben.
Wenn ich das Blatt aufzutreiben vermag, werde ich Dir’s schicken. Auch
erzählte er mir, daß Reinegys mit dem Schauspieler Reinicke verwandt
wäre.

Die Schriften überschickt Kanngießer Dir und bittet Dich, sie als ein
Geschenk anzunehmen. Er hat uns verlassen und ist jezt Professor in
Greifswalde.

An Koreff kann ich leider nicht eher schreiben, als nach Hardenbergs
Zurückkunft. Er ist jezt, wie Du weißt, in den Rheinprovinzen, ohne
allen Zweifel um sich seiner Gesundheit wegen von allen Geschäften
loszureißen.

Meiner Reise nach München wegen, lieber Tieck, kannst Du unbesorgt
sein, denn es wird gewiß nichts daraus. -- Indessen thust Du uns
beiden -- Schelling und mir -- irre ich mich nicht, sehr unrecht. --
Schelling ist in den letzten Jahren eben auf einer Stufe gelangt, die
äußerlich schwankend, unsicher, ja widersprechend erscheinen müßte;
aber _redlich_ ist er im höchsten Grade, und eine tiefe vornehme
Natur, fleißig, tiefforschend wie wenige, und wird uns mit dem, was er
still sinnend geschauet hat, überraschen. Ich aber bin, bei scheinbarer
äußerer Beweglichkeit, leider nur zu unveränderlich, ja ich wollte Gott
danken, wenn ich leichter mich in fremde Individualität zu versezen
vermöchte.

Lieber Tieck! wie herrlich würde es sein, wenn ich jezt wieder so
schöne Tage mit Dir zu verleben vermöchte, wie im Frühling! -- Noch
immer erscheinen mir die wenigen Tage als die schönsten seit langen
Jahren und mit den herrlichsten meines Lebens vergleichbar. -- Daß
Du mit meinem Buch sowohl zufrieden bist, freuet mich ungemein.
Hoffentlich soll das Zweite Deinen Beifall auch erhalten. --
Wenigstens denke ich recht oft an Dich, indem ich schreibe, und Du
kannst es immer als einen weitläufigen Brief ansehen. Denn über alle
Erscheinungen der Gegenwart weiß ich keinen, dessen Ansichten ich so
unbedingt huldige, gar keinen, dessen Beifall mir wichtiger wäre.

Ich muß leider schließen. Grüße Deine Frau, die Gräfin Henriette,
Dorothea und Agnes recht herzlich. Hanne grüßt.

    _Steffens_.

    Ein glückliches Neujahr.


VIII.

    _Breslau_, d. 3. Sept. 1819.

    _Lieber Tieck_.

Indem ein tüchtiger und braver junger Mann, Doctor Müller, der als
Professor der griechisch-römischen Archäologie nach Göttingen geht,
vorher sich aber einige Wochen in Dresden aufhalten will, verreist,
dachte ich Dir recht Vieles zu schreiben. Was soll ich aber machen? Die
Zeit läuft so schnell, daß sie den Athem verliert, sie stolpert über
ihre eigne unnüze Thaten, die sie immer wegwerfen muß, wenn sie kaum
fertig sind, daher kann sie kaum zu Worte, viel weniger zu Gedanken
kommen. -- Und ich werde nur mit gehezt, weil ich mir mit der albernen
Dirne gemein gemacht habe. Mir macht es freilich Spaß, wenn das Volk
schreiet wie besessen, besonders ergözt mir ihr Anathema. -- Aber
etwas schreiben und darstellen für einen Freund in einen Brief, das
ist unmöglich. -- Du bist jezt in Dresden und gebe Gott, Du bliebst
noch ein Jahr da, dann hoffe ich gewiß hinzukommen. -- Der Ueberbringer
aber ist ein junger Mensch, der mich recht beschämt hat, denn vor 5
Jahren war er noch ein hoffnungsvoller Primaner. In der Zeit wohne ich
in derselben Stube, sitze auf dieselben Stühle, ja schnaube die Nase in
dieselben Schnupftücher und weiß recht gut, wie ich alle Jahre dümmer
geworden bin und mehr und mehr verlernt habe, und in der Zeit ist der
junge Mann -- immer unter meinen Augen -- nur ein Jahr in Berlin, immer
gelehrter, immer kenntnißreicher geworden, und die Kenntnisse und die
Gelehrsamkeit sind am Ende bis ins Unermeßliche angeschwollen, daß
ein Professor in Göttingen hat aus ihm werden können, was mir ganz
ungeheuer vorkömmt. So ein Göttinger Professor kömmt mir wie ein alter
Rector vor, ich fühle mich gegen ihn wie ein Junge, der seine Lection
nicht weiß. -- Du wirst Deine Freude haben an dem jungen Mann, der so
Vieles in so kurzer Zeit gethan und gelernt hat.

Ich bitte Dich, Gräfin Henriette, Deine Frau und Kinder zu grüßen, ich
lebe in der That in der Hoffnung, Dich und den guten Waagen in Dresden
zu sehen.

    Dein Freund

    _Steffens_.

Und die Berliner haben noch nichts für Dich gethan? Es sieht dem Volke
ähnlich.


IX.

    _Breslau_, d. 8. Sept. 1819.

    _Lieber Tieck!_

Ich habe mit vieler Freude erfahren, daß Du jezt in Dresden lebst. Ich
denke mirs immer viel leichter dahin zu kommen, als nach Ziebingen,
auch würde ein gemeinschaftlicher Aufenthalt mit Deiner Familie, Hanne,
Waagen und Hartmann, mich auf eine täuschende Weise in glücklichere
Zeiten zurückversezten. Schon diesen Herbst dachte ich nach Dresden
zu reisen, aber man läßt mich in Berlin so lange warten, daß ich in
große Verlegenheit versezt bin. -- Der Grund nun, warum ich diesen
Brief schreibe, ist der: Du bist von Max eingeladen Theil zu nehmen an
einer kleinen Sammlung Erzählungen u. s. w., die Hagen mit mir ausgeben
will. Von mir wird etwas, was Dir vielleicht bekannt ist, über dorische
Sagen, was in Büschings Wochenschrift steht -- Sagen von Rübezahl, die
ich für den Kronprinzen zusammenschrieb -- und die Geschichte von der
Trauung um Mitternacht erscheinen. Es ist Max viel darum zu thun, Dein
Name auf den Titelblatt zu haben, und ich zweifle gar nicht daran,
daß Du irgend etwas liegen hast, was Du dazu benutzen kannst. Da ich
in diesem Augenblick den Max nöthig habe, der mich aus einer großen
Verlegenheit reißen muß, habe ich ihm versprochen, Dich zu bitten, und
Du siehst also ein, daß ich die Bitte gewissermaßen in meinem Namen
wage. Er wollte die kleine Sammlung zu Weihnachten herausgeben und
damit dieses möglich wird, müßte er freilich das Manuscript bald haben.
Wolltest Du mir durch ein paar Zeilen wissen lassen, _was_ wir
erwarten dürfen und _wann_? -- Er bezahlt gewiß so gut, wie irgend
ein anderer.

Grüß die Gräfin Henriette angelegentlichst, ferner Frau, Kinder und
Waagens.

    Dein

    _Steffens_.


X.

    _Breslau_, 14. Sept. 1819.

Was sagst Du dazu, daß Du nun, in wenigen Tagen drey Briefe von mir
erhältst? Max, durch welchen Du diesen Brief erhältst, wünscht
nehmlich, daß Dein Beitrag zu unserer kleinen gemeinschaftlichen
Unternehmung, nicht zu karg ausfallen mag -- wie viel, wird er Dir
selbst schreiben. Er glaubte, daß eine Bitte von mir einigen Einfluß
haben möchte und ich wage es, dasselbe zu glauben. Du wirst aus allen
sehen, daß meine Lage mich gegen ihm in einer Stellung gesetzt, die mir
die Erfüllung der Bitte wichtig macht und ich bin so unverschämt, Deine
Freundschaft in Anspruch zu nehmen. Grüß alle.

    Dein

    _Steffens_.


XI.

    _Breslau_, d. 17. Junii 1821.

    _Lieber Tieck!_

In großer Eile empfehle ich Dir den Ueberbringer -- den Schauspieler
Löwe[5] den jüngern aus Prag -- nicht zu verwechseln mit dem
carricaturmäßigen ältern Bruder. -- Er ist in der That ein
liebenswürdiger Mensch und Du wirst, irre ich nicht, auch den Künstler,
wenigstens gewiß sein schönes Streben und seine Bescheidenheit ehren.
Er wünscht Dich lesen zu hören. -- In der That nicht aus müßiger
Neugierde. Ich habe ihm zwar nur wenig gesehen, aber er hat für mich
etwas außerordentlich einnehmendes.

Noch hoffe ich Dich im Herbst zu sehen. Grüß alle.

    _Steffens_.


XII.

    _Breslau_, d. 14t. April 1822.

    _Lieber Tieck_.

Ich befürchte fast, daß Du böse bist -- und zwar mit Recht. -- Was
konnte mich dazu bringen, einen solchen elenden Sudler mit seinen
Marktschreiereien zu empfehlen? -- Ich würde mich sehr freuen, wenn Du
diese Zeilen nicht verstündest. -- Es wäre ein Zeichen, daß der Mensch
den Brief nicht abgegeben hätte.

Dieser soll Dich dafür wieder mit mir versöhnen. Ich bin überzeugt,
daß Du diesen meinen Landsmann, Hrn. Nilsen, sehr lieb gewinnen wirst.
Ich kenne wenige Menschen, die mir in kurzer Zeit so lieb wurden. Er
ist ein Freund von Möller -- ohne seinen anachoretischen Starrsinn zu
theilen -- wie von Dahl, und obgleich Kaufmann ein sehr vielseitig
gebildeter Mann mit einer seltenen Empfänglichkeit und er versteht
einem, was immer seltener wird.

Ich gebe ihm ein Exemplar meiner Anthropologie mit. -- Ich soll ein
Schellingianer seyn, behaupten die Leute und die Recensenten haben
schon den Titel gesehen und geschimpft. Ich möchte wohl wissen, ob Du
mich auch so nennen willst. Ueberhaupt meine übrige Schriften gebe ich
Dir preis. -- Dieses möchte ich eben in Deinen Augen gerettet wissen.

Daß ich nicht nach Dresden kommen kann, ist mir unbeschreiblich fatal.

Ganz vertraulich kann ich Dir sagen, daß die philos. Facultät hier
_Dich_ dem Ministerio zu einer Professur der englischen,
italienischen, spanischen u. s. w. Literatur vorgeschlagen hat. -- Noch
haben wir keine Antwort. Ich würde mich über alle Maßen freuen, wenn
nicht eine doppelte Besorgniß da wäre. -- Erstens, daß das Ministerium
kaum einen großen Gehalt bestimmt hat, und zweitens -- daß Du selbst
in diesem Falle die Stelle nicht annimmst. Habe ich mich in beiden
geirrt -- wer wäre glücklicher als ich. -- Grüß Gräfin Henriette,
Malchen, Dorothea, Agnes von mir und Hanne recht herzlich.

    Dein

    _Steffens_.


XIII.

    _Breslau_, d. 9t. Juni 1822.

    _Lieber Tieck!_

Ich schreibe Dir wieder ein paar Zeilen durch einen Freund. Es ist der
~Dr.~ Loebell, der Dich schon aus Heidelberg kennt. Es ist ein
sehr gescheuter Mensch und wirklich gründlicher Geschichtsforscher.
Ueber mein Leben und Verhältniß kann er Dir Vieles mittheilen, denn er
gehört seit 8 Jahren zu meinem vertrautesten Umgang. Er ist genöthigt
Preußen zu verlassen und eine, freilich äußerlich günstige Lage als
Redacteur des Conversationsblattes anzunehmen, um leben zu können.
Obgleich man ihm, als ein kenntnißreichen und vielfältig gebildeten
Mann kennt und schäzt, kann er dennoch keine Anstellung hier erwarten,
nicht etwa wegen demagogischer Gesinnung, vielmehr umgekehrt, weil
das demagogische Consistorium hier, während Untersuchungen gegen ihre
Umtriebe, Cabinetsordre die dem Minister eine unerhört willkührliche
Gewalt giebt, sich jagen, allein alle Stellen vergiebt und das
Ministerium trozt. -- Eine Verwirrung die einen verrückt machen kann.

Von Berlin ist keine Antwort auf unsern Antrag Dich hier anzustellen
gekommen. Loebell weiß von Allem und kann Dich über alle hiesige
Verhältnisse völlig orientiren. So auch über die Lage des Theaters.
Vertrauen verdient er durchaus.

Grüß die Gräfin Henriette, Deine Frau, Dorothea, Agnes. -- Könnte ich
Euch nur besuchen! Vier Monathe dauert das unglückliche Rectorat noch.

    Dein

    _Steffens_.


XIV.

    _Breslau_, d. 5t. Sept. (Keine Jahreszahl.)

Du nimmst mir nicht übel, lieber Tieck! daß ich Dir einen jungen Mann
auf seiner Durchreise nach Göttingen zu empfehlen wage. Ich werde es
gewiß sehr selten thun und habe es bis jetzt immer ausgeschlagen.
Dieser junge Mensch, Hermann Frank, ist aber in der That brav, gescheut
und weiß recht viel und sein Vater hat mir Geld geliehen. Er gehört zu
denen, die mich öfters besuchen. Morgen reise ich nach Berlin; weil ich
muß. Wieder eine Reise, die wenn auch Gottlob! nicht so unangenehm,
doch auch mich einer seltsamen Lage versetzt. Ich hoffe mit dieser
Reise auf immer mit der verfluchten politischen Welt abzuschließen.
Alles ekelt mir darin an.

Die Frau und Clärchen grüßen alle -- und wenn Gott will hoffen wir
gewiß Euch künftigen Sommer in Dresden zu sehen.

    Dein

    _Steffens_.


XV.

    _Berlin_, d. 6t. Octbr. 27.

    _Lieber Tieck!_

Nachdem ich Dir solange nicht geschrieben habe, nehme ich die
Gelegenheit wahr, indem ich Dir einen jungen Mann empfehle, dessen
Bekanntschaft Dir ohne allen Zweifel sehr angenehm seyn wird. Es ist
Hr. Ampère aus Paris, der eine sehr genaue Bekanntschaft unserer ganzen
Literatur besizt, und sich ihr mit großer Neigung, ja mit Leidenschaft
widmet. Er wird, wie ich denke, Dir schon bekannt seyn.

Ueber dasjenige, was uns -- hoffentlich doch nur scheinbar -- in der
letzten Zeit getrennt hat -- schreibe ich Dir jetzt nicht. Daß eine
solche Aeußerung die erste war, die von Deiner Seite über mich laut
ward, mir nicht angenehm seyn konnte, doch, besonders was meine Ansicht
der Religion betrifft, ein seltsames, mir völlig unbegreifliches
Mißverständniß von Deiner Seite stattfand, und daß, besonders in
Breslau, Dummheit und moderne Verfolgungssucht, als Deine Kritik
erschien, triumphirend über mich herfiel -- ist leider nur zu gewiß.
Indessen gehören Dinge der Art, wie man sie auch betrachten mag
-- zu den vorübergehenden Erscheinungen des Lebens und dürfen das
Unveränderliche, was allein einen Werth hat, Freundschaft und Vertrauen
nicht berühren. Daß ich Tadel verdiente, weiß ich sehr wohl -- Genug
davon.

Ich behalte Dich und die Deinigen unveränderlich lieb, wenn ich auch,
wenn diese Seite berührt wird, manchmahl, nach meiner, eben nicht
lobenswerthen Art, in einer Art von Wuth gerathe und das albernste Zeug
mit bewunderungswürdiger Beredsamkeit schwazte.

Grüß alle -- vor Allem Dorothea, die sich meiner so freundlich erinnert
hat.

    Dein

    _Steffens_.


XVI.

    _Berlin_, d. 10t. Apr. 1833.

    _Lieber Tieck!_

Ich grüße Dich durch den Ueberbringer dieses Briefs, den Herrn Cand.
Kreis aus Strasburg, der erste bedeutende Zuhörer, der sich hier innig
an mich anschloß. Ich trenne mich mit Schmerzen von ihm und er wird,
ich darf es mit Zuversicht erwarten, auch Dir lieb werden.

Es war meine Absicht in diesen Osterferien nach Dresden mit Frau und
Kind zu reisen. Aber leider muß ich es jetzt bis Pfingsten aussetzen.
Dann aber komme ich gewiß, wenn gleich nur auf wenige Tage -- vor Allem
freue ich mich dann Dich, lieber alter Freund zu sehen. -- Du glaubst
-- ich wäre Dir feindlich gesinnt -- glaube es nicht. -- Ich habe mich
nie von einem Freund getrennt, der es einmahl im wahren Sinne war. Ich
kann es nicht, wenn ich auch wollte und die Mißverständnisse, die mir
bis jetzt noch unbegreiflich, uns getrennt haben, werden, ich weiß es
gewiß, verschwinden, wenn wir uns sehen. Grüß Gräfin Henriette, Deine
Frau und Töchter. Ich hoffte immer, wenn auch nicht Euch alle, was
freilich das Schönste wäre, so doch Dorothea hier zu sehen.

    Dein

    _Steffens_.


XVII.

    _Berlin_, den 3. Julii 33.

    _Lieber Tieck!_

Auf Deinen freundlichen Brief, der mir viele Freude gemacht hat, muß
ich Dich doch, wenn auch nur mit einige Zeilen antworten. Das Fest
war mir höchst angenehm und ich habe mir allerdings aus Gründen,
die Du gewiß nicht verkennen wirst, angebothen Deine Gesundheit
auszubringen. Da die Versammlung sehr zahlreich und ausgezeichnet war
und eine größere Anzahl durch den beschränkten Raum ausgeschlossen,
sich gemeldet hatte, so hast Du hier in Deiner Geburtsstadt eine laut
ausgesprochene Anerkennung erhalten, die Dir nicht unangenehm seyn kann
und da es darauf ankam _diese_ zu veranlassen; so kann es Dir
gleichgültig seyn, wenn _wir_ uns ein wenig prostituirten.

Du wünscht den Inhalt meiner kleinen Rede zu erfahren. Was ich
_wollte_ war folgendes: Ich wünschte auf den großen und
ausgebreiteten Wirkungskreis eines bedeutenden Dichterlebens aufmerksam
zu machen. So wollte ich die Belebung der Mährchenwelt erwähnen, und
wie, aus einen wahren Naturgrund, durch diese, die Mythenwelt in einem
jeden Gemüth wieder hervorrücke, nicht blos als ein abgetrocknetes
Exemplar der geschichtsforschenden Herbarien, vielmehr lebendig und
productiv, wie sie die hohle Lüge der Erziehung, wenn auch nicht ganz
überwand, doch verdrängte -- wie sie die alte Mythenwelt verständlich
machte, der Geschichte der deutschen Poesie Bedeutung gab, einen neuen
Zweig der Gelehrsamkeit, kaum dürftig angefangen, in allen Richtungen
belebte und ausbreitete, in die Forschungen der frühern Geschichte
der Deutschen eingriff und so, was durch Dich angeregt war, eine
ausgedehnte geschichtliche Bedeutung gab. Die Menge der Schauspieler
und Schauspielerinnen, die zugegen waren, was mir freilich in einer
Rücksicht erfreulich war, verhinderte mich auf eine entschiedene Weise
zu erwähnen, wie Dein Lehnsessel das einzige übriggebliebene Theater
in Deutschland wäre, welches bereichert durch Goethe -- Calderon --
Shakspeare -- Holberg -- an die schöne verschwundene Zeit erinnerte.
Ich nannte ihm aber nur Deine Kritik und Deinen Shakspeare und nun
noch Manches -- Wie Deine Novellen, was uns ängstigt und quält und in
Verzerrungen mancherley Art krankhaft ausartet in der heitern Mitte
der Dichtung ausgleichen wie Dein Prosa -- aus dem Metrum erzeugt --
den klaren Rythmus durchscheinen läßt, der reine Erguß, das „~apte
dicere~“ das einfachste und klarste, als das höchste festhält und
alle Manier verbannend, wohl erzeugend wirkt auf jeden Empfänglichen,
aber nie nachgeahmt werden kann, wie Deine Person, mächtig, wie Deine
Schriften, durch die Gastfreiheit und den freundlichen Zutritt, die
Du der Jugend verstattest, in weiten Kreisen thätig war, wie keiner
in Deiner Nähe traht, der nicht durch Dich erregt, befruchtet, Dich
wieder verließ, wie viele Deiner Ideen, wissentlich und ohne Wissen,
gut oder schlecht, immer merkwürdig und reich, wenn auch nie das was
gewesen wären, wenn Du sie ausgesprochen hättest -- seit so vielen
Jahren, in so vielen Schriften -- in weiten Kreisen ausgebreitet sind,
und selbst in den geselligen eingedrungen auf den Ton der geistigen
Unterhaltung einen bedeutenden Einfluß gehabt haben. Ich habe dieses
Alles gesagt -- und mehr -- aber meine Rede taugte nicht. Ich muß
freilich frey sprechen, wenn ich erträglich sprechen soll. -- Aber der
Gegenstand muß mich ganz durchdringen -- in bestimmten Umrissen, in
sicherer Gestaltung mir vorschweben. So aber war Allerlei vorangegangen
-- Du hast das Zeug von den eingesalzenen Heering gelesen -- denn es
ist gedruckt und als nun die Bühnenhelden und Grazien diesseits und
jenseits der Spree die Romanze und ihre hingehauchte Begleitung mit
plumpen Zungen zertrampelten, trat ich völlig zerstreut auf -- und
sagte zwar Alles, aber nicht so, daß das früher Gedachte ein neues
Leben erhielt, wie ich es sonst wohl vermag, vielmehr mit großer
Anstrengung, als eine dunkle Erinnerung. --[6]

Nur noch dieses. Was ich jetzt that würde ich, zu jeder _frühern_
Zeit grade _so_ und unter günstigern Umständen, _viel besser_
gethan haben. Ich bin -- was man so nennt -- _böse_ gewesen --
weil ich unzufrieden war, weil Du mich _entschieden_ mißverstanden
hast und weil Dein _erstes_ öffentliches Wort über mich -- eben
dieses Mißverstandene laut werden ließ und die ganze Heerde der
Gemeinheit nun sich mit Dir verbunden glaubte. -- Ich sprach das, wie
ich pflege, heftig und wenn Du willst, übertrieben aus. -- Aber nicht
bloß solche Sachen, die für heute und morgen sind, gelten mir nichts,
auch was man Literatur nennt, und wir leider wohl auch so nennen müssen
-- gilt mir in Innersten nichts -- wo die Geschichte, der Geist, die
unsterbliche Persönlichkeit allein das Recht haben zu reden. Hast Du,
weil ich einmahl die Sprache einer Gemeinde führte, ein andermal ein
Confession schrieb, weil mir die Religion -- eben _Religion_ ist
-- _alles_ -- oder _nichts_, geglaubt daß diese nach allen
Richtungen reinigende, keine ausschließende Persönlichkeit in mir nach
einer dummen Ecke hingeschleppt sey, und da so zusammengepreßt, daß ihr
der Geist aus der Brust entschlüpfte -- so kann ich das nur bedauern,
aber es kann nichts ändern in meiner Ansicht von Deiner Person, denn
eben, daß ich das Unveränderliche in Dir erkannte hat mich an Dich
gefesselt.

Es ist glaube ich gut -- daß dieses ausgesprochen ist -- ehe wir uns
sehen. Es hat mich innig gerührt, daß Du den scheinbaren Zwiespalt so
ernsthaft genommen hast -- Dein Zorn war doch Liebe und ich muß Dir
doch wichtiger seyn, als Deine öffentliche Aeußerungen errathen lassen.
-- Verständigen werden wir uns gewiß und mit Gottes Hülfe sehen wir uns
im Herbst.

Grüß Deine Frau, Dorothea und Agnes und die Gräfin Henriette von mir
und meine Frau und Tochter.

    Dein treuer

    _Steffens_.


XVIII.

    _Berlin_, d. 16. Octbr. 33.

Es ist grob, lieber T.! daß ich einen ganzen Monath in Deinem
Hause zugebracht, dort so vieles Gute genossen, eine mir auf immer
unvergeßliche Zeit, die ich tagtäglich rühmend und preisend gegen alle
Welt hervorhebe und in der ich noch lebe und schwelge -- und noch
keinen Brief schrieb, was ich Allen sage, dem nicht mittheile, der es
zuerst erfahren sollte.

Und doch scheint es mir fast natürlich -- Denn in diesen vierzehn Tagen
war ich noch immer in Dresden, vermochte es nicht mich hier heimisch zu
fühlen -- und betrachtete mich fortdauernd als Deinen Gast.

Jetzt zerren Senats- und Facultätssitzung, Rectorats-Wechsel und
Mahnbriefe von Max so mächtig an mich, daß wohl inne werden muß, wie
ich wirklich in Berlin lebe. Am ärgsten ist das Harren auf Zuhörer, die
sich freilich noch nicht melden können, das unangenehme Gefühl -- es
quälte mich immer -- seine innerste Lage alle Halbejahr von Neuem in
Frage gestellt zu sehen.

So bin ich nun wirklich zu Hause gekommen, habe in der That aufgehört
Dein Gast zu seyn und eile Dir zu sagen, wie lieb und theuer die Zeit
mir war, die ich nach so langer Zeit in Deiner Nähe zubrachte. -- Es
ist Dir, lieber Fr.! gelungen, in einer Stadt, die am wenigsten dazu
geeignet schien, einen Kreis zu bilden, der lebendiger, umfassender,
wie er seyn soll, beweglicher, als irgend ein anderer ist. Hier ist
nichts dergleichen. Das stille Gespräch in Deiner einsamen Stube, ist
ein wirksames Privatissimum und gewiß lehrreicher, als die Kette der
Vorträge. Es ist nicht die Religion allein, die jene gefährliche,
ausschließende Richtung erzeugt, die wir gemeinschaftlich bekämpfen.
-- Hier in Berlin sehe ich es nur zu deutlich, wie eine jede
Wissenschaft einen fanatischen Kern trägt, einen Wurm, der sie selbst
verzehrt, indem sie die wahre Wissenschaft, die alle versteht und ehrt
und fördert, ausschließt. Eine wirklich geistreiche Geselligkeit --
man scheut sich selbst diese Benennung der höchsten irdischen Güter
zu brauchen -- so abgenuzt ist auch sie -- würde mehr als Alles die
engherzige, geistlose, vereinzelnde Einseitigkeit, die neben der leeren
Universalität einherschreitet, verdrängen. -- Ich habe Dieses recht
lebhaft in Deinem Hause gefühlt, wo ich doch einmahl, wie in heiterer
Luft, recht frisch aufathmen konnte.

Wird Deine Novelle bald fertig -- des Dichters Sterben meine ich -- Ich
sehne mich unbeschreiblich nach diesem Genuß -- Sie verspricht so viel,
sie ist so durchaus im tiefsten Sinne wahr.

Ich bitte Dich mir Alle Deine Hausgenossen recht herzlich zu grüßen
-- die Comtesse Henriette, die mich so freundlich aufnahm und deren
Gesellschaft und stille, verständige Theilnahme, wir recht schmerzlich
in den letzten Tagen vermißen, -- Deine Frau -- Dorothea -- Agnes
(Heinrich biethet ihr den brüderlichen Kuß). --

Ich kann Dir nicht sagen, wie die Erinnerung an mein Leben in Dresden,
mein Zusammenseyn mit Dir, die kleinen vom Wetter begünstigten Touren,
mich in der Erinnerung erfrischen.

Baudissin ist mir vorzüglich lieb geworden. Ich bitte ihn recht
herzlich zu grüßen -- dann den braven, lieben Dahl. --

    Dein

    treuer

    _Steffens_.

Es würde mich sehr glücklich machen, wenn ich Dorothea als Gast
empfangen könnte; aber ich sehe wohl ein, daß es eine Geburth der
überspannten Phantasie ist, die nicht in die wirkliche Welt paßt. Noch
mehr ich kann die Hoffnung nicht aufgeben, _Dich_ hier zu sehen.
Alle Welt spricht davon, die Zeitungen haben es angekündigt. Ich dächte
Du kämest. Herrlich wäre es, obgleich ich wohl einsehe, daß ich Aermster
wenig davon haben würde.


XIX.

    _Berlin_, d. 11t. Octbr. 36

    _Lieber Tieck!_

Meine Frau hat ohne Zweifel alles abgehandelt, was der Gegenstand eines
Briefes seyn kann, so daß mir nichts übrig bleibt, als Euch Allen für
die freundliche Aufnahme und für die schönen Tage zu danken, die wir
unter Euch verlebten. Sie waren uns doppelt angenehm, da wir so Manches
anders und besser fanden, als wir erwarten dürften. -- Die Gräfin und
Dich nach so großen Gefahren wohl und gesund, ja beide so angenehm
heiter, wie das herrliche Wetter und die schöne Gegend.

Die arme Malchen quält sich leider; aber wir hoffen, daß Sie jetzt
erleichtert ist und sich, wenn diese Zeilen ankommen, wohl sogar erholt
hat von der Operation.

Unsere Reise war recht schön. -- Hier habe ich den Reichthum der
Kunstausstellung und einiges Vortreffliche bewundert. -- Deine Büste
hier ist ohne allen Vergleich besser als die von David, und Alle
erkennen sie als ein Meisterstück Deines Bruders. Das ist aber nicht
der Fall mit dem Gemählde, es scheint uns mislungen und ich wüßte
nichts zu loben, als v. Sternbergs Aehnlichkeit. Zwar scheinen alle mehr
oder weniger ähnlich, aber nicht auf eine angenehme Weise. -- Wäre
doch das große Bild hier. Gewiß es würde Bewunderer haben.

Grüß Alle.

    Dein treuer

    _Steffens_.


XX.

    _Berlin_, d. 11. Decbr. 36.

    _Lieber Tieck!_

Abermals wage ich es, Dir einen Landsmann zu empfehlen. -- Diesesmal
ein recht tüchtiger junger Mann, Hr. Bügge, Rector der gelehrten Schule
in Trondhjem (Drontheim), der in seinem Vaterlande in großem Ansehen
lebt und auch hier sehr geschäzt wird. Die norwegische Regierung hat
ihm hierher und überhaupt nach Deutschland gesandt, damit er sich mit
der Einrichtung der Schulen bekannt mache und es ist kein Zweifel, daß
er in Norwegen die Einrichtung der gelehrten Schulen leiten wird. Es
ist ein gescheuter und recht hellsehender Mann und seine Bekanntschaft
wird Dir, wie ich glaube, lieb seyn.

Mit Dir, wie ich höre, geht es gut, obgleich Du noch immer einige
Unbequemlichkeiten als Folgen Deines Sturzes empfindest und Deine arme
Frau hat sich nun in ihrem Zustande ergeben. Herzlich grüße ich Euch,
Ihr Lieben Alle.

    Dein

    _Steffens_.



                        =Stieglitz, Heinrich.=

    Geb. 1803 zu Arolsen im Waldeckschen, gestorben am 24. Aug. 1849 zu
    Venedig.

    Bilder des Orients, 4 Bde. (1831-33.) -- Stimmen der Zeit in
    Liedern (1834.) -- das Dionysosfest, Tragödie (1836.) -- Montenegro
    und die Montenegriner, Reiseskizzen (1841.) -- Istrien und
    Dalmatien (1845.) -- Erinnerungen aus Rom (1848.) -- Eine kleine
    von Venedig in die bewegte Welt geschleuderte Schrift, worin der
    deutsche Dichter sein Vaterland verleugnet, und sich als rother
    italienischer Republikaner ausruft, möchten wir gern vergessen; ihr
    folgte bald sein räthselhafter Tod.

    Wer hätte geahnet, als Heinrich und Charlotte Stieglitz am
    Schiffsbauerdamm in Berlin, ein hübsches junges Paar, hauseten; als
    Marmier (auf längere Zeit in Berlin anwesend) sie und ihre Wohnung
    mit zwei Turteltauben auf zierlichem Nest verglich, und sie als
    beneidenswerthe Gatten, ihre Ehe als ein seltenes hochpoetisches
    Glück pries, wovon er den Parisern Wunderdinge zu erzählen
    denke!.... Wer hätte geahnet, daß Beide _so_ enden würden?


I.

    _Berlin_, 13. Mai 29.

    (Schloßfreiheit No. 1.)

Es mag Ihnen seltsam erscheinen, hochgeehrtester Herr Hofrath,
beim Rückblick auf ein halbes Jahrhundert des lebendigsten und
mächtigsten Wirkens, mit einem Male von drei zum Theil nur durch
frühe unzulängliche Versuche, zum Theil noch gar nicht bekannten
jungen Männern, sich aufgefodert zu sehen zur Theilnahme an einer
literarischen Unternehmung. So oft ich aber auch mich gefragt habe,
ob ich wohl wagen dürfe Ew. Wohlgeboren im eignen und der Freunde
Namen anzugehn um einen Beitrag zu unserem für 1830 unternommenen
Musen-Almanach, so war immer die innere Antwort, daß ich mir es doch
nimmermehr verzeihen könnte, die Anfrage unterlassen zu haben; und
ich fühle, selbst ein gescheiterter Versuch würde künftig weniger
schmerzen als das Unterlassen, wobei doch stets der innre Vorwurf des
„Vielleicht?“ geblieben wäre.

Zu wohl weiß ich, daß auf Sie, den unbestechlichen Richter, den im
vertrautesten Umgange mit dem höchsten Genius lebenden Dichter, Namen
nicht als Ueberredungsmittel wirken; sonst könnte ich Ihnen die der
geehrtesten hier lebenden ältern Dichter nennen, deren jeder einen
Beitrag zu unsrer Unternehmung gegeben. Daß es aber nicht äußere
Bedürftigkeit ist -- denn nicht an Masse fehlt es uns -- sondern ein
unabweisbarer innerer Drang, der mich zu Ihnen führte, und daß ich
versprechen darf, spätestens nach neun bis zehn Monaten den ersten
Theil eines größeren Werkes, woran ich seit nunmehr fünf Jahren mit
ganzer Hingebung und Freudigkeit arbeite, in Ihre Hände zu legen, das
erhöhet meine Zuversicht, wozu dann auch das freudige Bewußtseyn von
der Tüchtigkeit in Kraft und Streben der beiden schon seit längerer
Zeit mir innig befreundeten und zum gegenwärtigen Zweck mit mir
verbundnen jungen Männer, Moritz Veit und Carl Werder, ermuthigend
hinzutritt.

Und so will ich denn mit Ueberwindung aller Besorgniß, nur den einen
Gesichtspunkt im Auge, daß ein so hoch geehrter Name uns nicht fehlen
möchte, mit der inständigen Bitte mich an Sie wenden, hochgeehrtester
Herr Hofrath, uns nicht ungern Ihren Beitrag gewähren zu wollen;
jedes, auch das kleinste Gedicht, ein Klang, ein Epigramm, von Ihnen
ausgehend, ist willkommen als ein schöner Schmuck des Ganzen.

Und so scheide ich denn in der frohen Hoffnung nicht vergebens mich an
Ew. Wohlgeboren gewendet zu haben, und mit der Bitte, einer geneigten
Antwort wo möglich bis zum Ende des Junius entgegen sehn zu dürfen,
als Ew. Wohlgeboren mit vorzüglicher Hochachtung verharrender

    ganz ergebenster

    _Heinrich Stieglitz_.


II.

    _Berlin_, am zweiten December 1833.

Sie leben, hochverehrter Mann, jetzt so ganz in und mit uns (und
vornehmlich machen Ihre Novellen, welche in dem Kreise, der sich um
uns gebildet von der ersten bis zur letzten an uns vorübergehn, um
ein dauerndes reiches Eigenthum zu bleiben, einen so schönen Theil
unsrer Winterabende aus), daß ich nicht unterlassen kann beifolgendes
Buch mit einem schriftlichen Gruße zu begleiten, ganz abgesehen von
dem Erfolg. Eine große Freude ist übrigens mir und einem wackeren,
Sie durchaus kennenden und erkennenden[7] Freunde, ~Dr.~ Theodor
Mundt, geworden, und wird uns täglich mehr, nehmlich die Lust des
Sieges beßrer Ueberzeugung über manchen hier lebenden der Kunstjünger
einer neuen philosophischen Schule, die sich nicht entblödete, Sie,
Trefflicher, früher von dem einseitigsten Standpunkte aus anzufeinden,
und mit denen, wie hoch ich auch den nunmehr entschlafnen Meister
um seines tiefen und großartigen Geistes Willen in der Sphäre des
Gedankens ehre, ich in der Kunstansicht mich überhaupt nur selten habe
befreunden können. Auch mit meinem trefflichen Oheim in St. Petersburg,
einem Manne seltener Natur und von einer Geistes- und Herzensfrische,
wie sie wohl nur Wenige in solch enormen Verhältnissen des täglichen
Erwerbs sich erhalten haben, bildet nach unserm dießjährigen
Sommeraufenthalt eben jetzt das nähere Erkennen Ihrer Werke einen Theil
des lebhaften Brief- und Gedankenwechsels.

Doch wohin gerath’ ich? -- Ich wollt’ Ihnen ja nur mein jüngstes Kind
darbieten mit dem oft gebrauchten aber gewiß niemals inniger empfundnen
„nimm es hin!“ --

Und so denn mit dem Gruß wahrhaftester Ergebenheit und dem Wunsche, daß
Sie uns, der Nation, recht lange noch mögen erhalten werden, empfiehlt
sich einer Ihrer innigsten Verehrer

    _H. Stieglitz_.



                        =Stjernström, Eduard.=

    Das ist offenbar der schwedische Schauspieler, den Herr von
    Beskow in seiner Briefe einem erwähnt. Leider haben wir nicht
    auskundschaften können, wie Tieck den hier kundgegebenen Plan
    aufgenommen, und was er dem jungen Manne für eine Antwort ertheilt
    haben mag? Möglicherweise gar keine! Und vielleicht hat die
    deutsche Bühne dadurch einen Verlust erlitten!

    Wenn der verstorbene Jerrmann mit eisernem Willen und Fleiße
    durchsetzte, auf dem ~théatre français~ in einigen Talma’schen
    Rollen geduldet zu werden; -- wenn eine schöne Magyarin binnen
    etlicher Jahre aus der „ūngarischen“ Schauspielerin sich in eine
    deutsche umzubilden vermochte; -- wenn Bogumil Dawison, der als ein
    „gebrochenes Deutsch“ redender Pole aus Lemberg nach Berlin kam,
    in verhältnißmäßig kurzer Zeit zu einem der ersten Schauspieler
    unserer Bühne, und was hier noch schwerer ins Gewicht fällt, zu
    einem der besten _Redner_ in unserer Sprache sich erhob -- --
    -- dann seh’ ich doch wirklich nicht ein, weshalb der gute Herr
    Stjernström nicht hätte prosperiren können? -- Weil er unrichtig in
    deutscher Sprache _schreibt_ etwa? -- Ach, lieber Himmel, wer
    wird das einem Schweden übel nehmen? Es hat vortreffliche Künstler
    gegeben (und wer weiß ob es ihrer nicht noch giebt?), die ihre
    _eigene_ Sprache nicht sicherer schrieben, als Stjernström die
    _fremde_, und die deshalb doch auf den Brettern ganz tüchtig
    waren.


    _Stockholm_, den 26. Oktober 1841.

    _Hochwohlgebohrner Herr Hofraht!_

Drei Jahre sind dahin geeilt, seit ich die Ehre und das Glück hatte,
Ew. Hochwohlgebohrnen Bekantschaft in Dresden zu machen, in meinen
Dankbarem Herzen die schönend Abende bewahrend, die mir durch Ihre Güte
und Ihre liebevolle Gastfreiheit zu Theil wurden.

Ich wage jezt Hochwohl. Herr Hofraht eine höchst eigene -- vielleicht
voreilige Frage, die nur der Kunstrichter _dem_ verzeihen kan,
der sich so gerne die Dramatischen Kunst ganz hingeben möchte. -- Ich
habe schon lange die Deutsche Sprache mit Vorliebe unter der Leitung
einer Beschützerin, der Frau Oberstin von _Ehrenström_, einer
Deutschen und eine unserer gebildeter Frauen einer Freundin Tegnér,
Beskow, Brinkman m. m. studirt, und habe auf unserer Königlichen Bühne
mehrere Rollen in jener Sprache gespielt: Graf _Hahn_ der jüngere
in „_Der Braut_,“ den Direktor in „den _Probenrollen_,“ und
bin auch in verschiedenen klassischen Scenen als „_Don Carlos_,“
„_Mortimer_“ aufgetreten, und haben mehrere Deutsche mir gesagt
meine Aussprache sei rein und ich könnte als Schwede im Ausland
einige Gastrollen versuchen. Nun wünschte ich im nächsten Sommer
wieder eine Reise auf den Contenent zu machen, um die grosen Künstler
Deutschlands zu studieren und wo möglich in einigen meiner besten
Rollen dort auftreten zu können. Da müßte ich junge Fremdling aber
auf Ew. Hochwohlgebohren Schutz und Güte rechnen, müßte mich der
Ueberzeugung schmeicheln können, von Ihnen _geleitet_ den Muht zu
fassen, als „Carlos,“ „Mortimer,“ „Max in Wallenstein,“ „Ferdenand in
Kabal und Liebe,“ „Alfred im Zöglinge“ und als der „junge Graf in den
beiden Klingsberg“ aufzutreten. Wohl fühle ich meine Schwäche, aber
die Seltenheit einen Sohn des Nordens in Deutsche Sprache spielen zu
sehen, würde vielleicht mir des Publikums Nachsicht schenken, das ja
weiß, daß wir noch weit hinter den Germanen stehen, weil uns leider
ein Kunstrichter wie Ludwig Tieck fehlt. -- Im Juli monaht bekomme
ich meinen Urlaub, und wünschte gehorsamst zu wissen, wo ich Ew.
Hochwohl. entweder in Berlin oder in Dresden treffen dürfte, im Fall
Sie mich nicht zu vermessen ansehen und meinen Vorschlag mißbilligen,
den nur unter Ihrer Gütigen protection kan und will ich es wagen diese
Gastreise vorzunehmen -- aber wen _Sie_ die Sache nicht für ganz
unmöglich halten dann eile ich Ihrem Vaterland entgegen und erbitte mir
als Gnade einige Zeilen Ihrer werthen Hand, geleitet durch den Raht
eines Kenners, der den Alleinstehenden jungen Künstler nicht verlassen
will.

Ich habe in unserer Schwedischen Zeitungen vor einigen Monate gelesen
daß Sie Ew. Hochwohlgebohrner einen großen verluhst gehabt durch Ihres
Fräulein Tochters unerwarteten Tode; ich beklage es von ganzem Herzen!
Das muß für ein Gefühlvolles Herz schwer seyn, die lieben Anverwanten
zu verlieren. Ich kann leider über diese Empfindung nicht Beuhrtheilen,
den meine Verwanten starben so früh, daß ich wohl sagen kan, ich habe
sie nie gekannt, und ich stehe nun ganz allein in der Welt.

Der Herr Baron von Brinkman wie auch der Herr Hofmarschall von Beskow
befinden beide wohl. Die Briefe die Ew. Hochwohlgeboren mir für
beide Litteratören anvertrauten, waren sehr willkommen. Auf meiner
Benefice-Vorstellung im vorigen Winter gab ich Scenen aus „König
Birger“ von B. v. Beskow, die zum erstenmahle hier erschienen und mit
lauten Beifall entgegen genommen wurden.

Indem ich nochmals in Unterthänigkeit Ew. Hochwohlgebohrnen zu
ersuchen wage mit einer Antwort zu begünstigen und verharre mit
ausgezeichneten Hochachtung und tiefer Ergebung

    Ew. Hochwohlgebohren

    gehorsamste Diener

    _Edouard Stjernström_,

    Schauspieler der Königl. Theater

    in Stockholm.

~P. S.~ Meine Adresse ist: Klara Bergsgränden No. 37. -- ~2re
trappor upp~.



                      =Strachwitz, Moriz, Graf.=

    Geb. zu Peterwitz bei Frankenstein in Schlesien 1822, gestorben im
    Jahre 1847.

    Lieder eines Erwachenden (1836.) -- Neue Gedichte (1848.).

    In der Blüthe der Jahre sterben, und mit poetischen Blüthen
    geschmückt, die übers Grab hinaus fortleben, frisch duften,
    erfreuen.... kann es ein schöneres Loos geben?


    _Breslau_, 28. Aug. 183 ?

    _Verehrter Herr,_

    _Hochverehrter Herr Hofrath!_

Vor mehr als vier Jahren hatten einige kindische Romanzen eines
fünfzehnjährigen Knaben das Glück, durch Friedrich von Sallet in Ihre
Hände zu kommen. Sie waren überschrieben: _Wellenmährchen_ und
nie in seinen übermüthigsten Momenten hatte der Verfasser geträumt,
daß das schlottrige Heft voll schlottriger Reime durch den Namenszug
Ludwig Tiek’s geadelt werden sollte. Sie waren so freundlich einige
ermunternde Worte unter das Schlußgedicht zu schreiben. Ihre
Unterschrift schon genügte, den Knaben ganz glückselig zu machen,
er prahlte allenthalben damit und dünkte sich nicht weniger als ein
Dichter, wenn er sagen konnte, das hat Ludwig Tieck gelesen. Der Knabe
hat einen ernsteren Flug gewagt und tritt kühn vor den aus der Ferne
verehrten Meister mit der Bitte, ein schwaches Bändchen voll kecker
Reime ebenso freundlich hinzunehmen, als damals den noch kindischeren
Versuch. Noch heute ist es sein höchster Stolz, einst von Ludwig Tieck
gelobt worden zu sein, wenn er es auch nicht verdiente. Es sind hier
Verse so gut und so schlecht, als manches Andere; lesen Sie dieselben
wenigstens und dies wird hinreichen, vollkommen zu beglücken

    Ew. Wohlgeboren

    warmen Verehrer

    _Moritz Graf Strachwitz_.



                           =Strauß, David.=

    Geb. am 27. Januar 1808 zu Ludwigsburg im Königr. Würtemberg.

    Das Leben Jesu, 2 Bde. (1835.) -- Die christliche Glaubenslehre,
    2 Bde. (1840-41.) -- Streitschriften, 3 Hefte (1837.) --
    Charakteristiken und Kritiken (1839.) -- Julian der Abtrünnige
    (1847.) -- Schubarts Leben, 2 Bde. (1849.) -- Christian Maerklin
    (1851.) -- Leben und Schriften des Dichters und Philol. Nikodemus
    Frischlein (1856.) -- Ulrich von Hutten, 2 Thle. (1858.) &c.

    Vergleicht man mit dem gediegenen Ernste dieses gelehrten Forschers
    die oberflächliche, gleißende Tändelei des modern-französischen
    Nachahmers, dann müssen doch wohl auch seine glaubenseifrigsten
    Gegner zugestehen, daß deutsche Tiefe und Gründlichkeit zu andern
    Resultaten führt, als jenes Salon-Gewäsch, welchem alle Würde
    fehlt, welches aber verschlungen wird, wie eine neue Offenbarung.
    Dem strenggläubigen Christen hat David Strauß sicherlich keine
    unruhige Stunde gemacht; manchen Skeptiker dagegen hat er auf die
    Bahn unbefangener Studien geleitet. Er hat mehr genützt, denn
    geschadet, weil aus ihm der _Drang nach Wahrheit_ spricht. --
    Wie viele halbgebildete Leser entzücken sich an Herrn Renan, denen
    Strauß „zu trocken“ war! --

    Ja, ja, wir arme Deutsche bleiben weit zurück hinter der „großen
    Nation!“


I.

    _Stuttgart_, 21. März 39.

    _Euer Hochwohlgeboren_

würde ich kaum hoffen können, meine Person noch in Erinnerung zu rufen,
könnte ich diese nicht glücklicherweise an einen Besuch von Raumer
bei Ihnen anknüpfen, mit welchem ich im Jahre 1832 auf der Reise
zusammengetroffen war, und mehreren Ihrer abendlichen Vorlesungen
besonders der unvergeßlichen der „Sündfluth,“ wenn ich den Titel
noch recht weiß, beizuwohnen die Ehre hatte. Die Freundlichkeit, mit
welcher Sie mich damals aufnahmen, gibt mir den Muth, meinem Freunde
und Landsmann Kern, einem hoffnungsvollen jungen Theologen, von vieler
ästhetischen Bildung, seinem Wunsche gemäß ein paar Zeilen mitzugeben,
die ihm vielleicht das Glück verschaffen werden, sich Ihnen vorstellen
zu dürfen.

Ihren poetischen Schöpfungen folge ich immer mit allem Interesse;
für den unsterblichen Tod des Dichters nehmen Sie ganz besonders
meinen begeisterten Dank. Aber die Cevennen? sollen sie denn wirklich
ein Torso bleiben? -- Was meine seitherigen literarischen Arbeiten
betrifft, so täuscht mich gewiß die Hoffnung nicht, daß Sie dieselben
nicht mit Tendenzen verwechselt haben, die mir gewiß so sehr wie Ihnen
selbst zuwider sind.

Von meinem Landsmann und alten Freunde N.[8], an den Sie Sich damals
gütig erinnerten, sind seitdem Nachrichten eingegangen; er ist
ein fanatisch gläubiger Methodistenprediger in Nord-America; auch
verheirathet; bezeichnend ist eine Stelle seines Briefs hierüber; am
Abende der Trauung, schreibt er, wurde gebetet &c. „und da hatten wir
einen Vorschmack von dem Reiche, wo man weder freit, noch sich freien
läßt.“

Mit dem herzlichen Wunsche, daß Sie sich zur Ehre Deutschlands noch
lange Jahre frisch und gesund erhalten möchten, bin ich

    Euer Hochwohlgeboren

    aufrichtiger Verehrer

    ~Dr.~ _D. F. Strauß_.


II.

    _Stuttgart_, 10. März 1840.

    _Euer Hochwohlgeboren_

haben kürzlich einen Landsmann von mir, dem ich mir erlaubte ein
Schreiben an Dieselben mitzugeben, unerachtet Sie Sich, wie leicht zu
denken war, meines persönlichen Besuchs vor bereits 8 Jahren nicht
mehr erinnerten -- dennoch mit so viel Güte aufgenommen, daß ich dem
Wunsche einer liebenswürdigen Frau und verdienstvollen Schauspielerin
am hiesigen Hoftheater, der Madame Wittmann, nicht entgegen sein
mag, sondern mir die Freiheit nehme, sie mit diesen Zeilen bei Euer
Hochwohlgeboren einzuführen.

Madame Wittmann wünscht am Dresdner Theater einige Gastrollen zu geben,
wo sie, wie ich denke, um so eher gefallen dürfte, als sie namentlich
in mehreren Stücken Ihrer Prinzessin _allerliebst_ spielt. Können
Euer Hochwohlgeboren ihr hiebei Vorschub thun, so werden Sie Ihre Güte
einer Künstlerin erweisen, welche derselben in jedem Betrachte würdig
ist.

Entschuldigen Sie die Freiheit, die ich mir auch dießmal genommen, und
genehmigen die Versicherung unwandelbarer Verehrung von

    Ihrem

    ergebensten

    ~Dr.~ _D. F. Strauß_.



                     =Thorbecke, Johann Rudolph.=

    Geb. um 1796 zu Zwolle, holländischer Gelehrter und Staatsmann,
    1849 Minister, seitdem wieder Professor in Leyden.

    Im Jahre 1820-22 machte er Reisen durch Deutschland, wo er mit
    hervorragenden Persönlichkeiten der Philosophie, Staatswissenschaft
    und Litteratur nähere Beziehungen anknüpfte und auch späterhin
    schriftlich fortsetzte. Er ist Verfasser mehrerer publicistischer
    und rechtswissenschaftlicher Werke.

    Von ihm hat Tieck fünf Briefe aufbewahrt. Wir haben denjenigen
    ausgewählt, welcher uns durch die darin entwickelten ästhetischen
    Ansichten am nächsten berührt. Der fünfte ~d. d.~ Leyden
    1834 wäre allerdings der interessanteste gewesen, hätten nicht
    darin enthaltene konfidentielle Mittheilungen die Veröffentlichung
    unstatthaft gemacht.

    Es ist ein schwerer Kampf zwischen herausgeberischen Gelüsten und
    diskreter Gewissenhaftigkeit, der in solchen Fällen bestanden
    werden muß.


    _Berlin_, 27ten Jan. 1822.

Ich sollte Ihnen, innigst verehrter Herr Doctor, vielleicht nicht
schreiben, und thue es dennoch. Warum? kann ich nicht bestimmt sagen;
obwohl ich dieses weiß, daß es mich immer von hier fort zu Ihnen
hintreibt. Warum ich in meinen jetzigen Umgebungen so wenig Ruhe
und Befriedigung finde? davon liegen die Gründe vielleicht tiefer
und ferner, als ich es mir selber oft deutlich denke, oder auch
vorzustellen wage. Wie die Menschen das Beste des Lebens aus der
Erscheinung bannen, nehme ich oft mit stiller Wehmuth, oft mit einer
Ironie wahr, die von Anderen hart, kühn und zerstörend gescholten
wird, wobey es ihnen entgeht, daß eben dieser die innigste Wehmuth
von Allen zu Grunde liegt; und daß ich mit der nehmlichen Ironie auch
mich selbst strafe, und den Schein und das Zufällige in meinem eigenen
Innern heimsuche. Denn diese ist wohl die bejammerungswürdigste Seite
unsres Looses, daß wir so tief im Hinfälligen stecken, daß nur aus
dieser Schwäche sich die bleibende Kraft entwickeln kann. Das Wahre
tritt uns nicht in der ursprünglichen Gestalt, wie es Eins ist mit
sich selbst, entgegen, sondern erst dem Zeitlichen und Vergänglichen
gegenüber erscheint das Ewige, oder geht nur aus der Verwandelung
seines Gegensatzes hervor. Wir besitzen das Höchste nicht an und
für sich, sondern in seiner Offenbarung, und nach dieser ist es in
sich selbst getheilt und zerspalten. Wer nun ein solches Bewußtseyn
mit sich herumtrüge, welches sich nie ganz in jedem einzelnen der
Entgegengesetzten verlöre, sondern, auf welchem Standpunkte es sich
befände, beständig die Beziehung auf das Eine und Wahre im Auge
behielte; von diesem könnte man erst sagen, daß er im Mittelpunkte
der Welt und des Lebens stehe und beides erschöpfe: denn ein
solcher erlebte die Schicksale und gewissermaßen die Geschichte des
Wesentlichen. Aber ich fühle es, es ist dieses das Bewußtseyn der
Philosophie, und auf eine andere Weise der Kunst, für den einzelnen
Menschen vielleicht nie, oder auf Augenblicke, zu erreichen. Und
für diese Augenblicke soll unser ganzes Leben die Vorbereitung und
Zurüstung seyn? Wenn man nun aber zusieht, wie eben dieses Leben von
den Meisten genommen, wie es von uns selbst genommen und behandelt
wird, wo soll man dann die Achtung für die Menschen, wo die Achtung
für sich selbst hernehmen? Und noch wäre der Mensch gut berathen, wenn
er nur nicht im Stande wäre, das Eine von dem Anderen zu trennen: aber
auch dieses vermag er, und bereitet sich damit wohl die schrecklichste
Vernichtung; indem er auch dasjenige aufhebt, was allein noch erhalten
könnte.

Neulich las ich Kleist’s Käthchen von Heilbronn[9] und seinen Prinzen
von Homburg. Die Berliner sind gegen beide, vorzüglich gegen den
letzteren, eingenommen, und doch scheint mir in diesem Stücke, welches
ich eigentlich nur aus einer schlechten Vorlesung kenne, eine von den
höchsten Aufgaben der Kunst gelöset. Wie die Gegensätze, worin sich
unsre Existenz bewegt, sich nur im tiefsten unmittelbarsten Leben des
Bewußtseyns zur wahren und wesentlichen Einheit zusammenschließen,
und wie wir das Wahre und Heiligste nur in diesem unmittelbaren
Leben besitzen, hat der Dichter von einer durchaus eigenthümlichen
Seite geschaut. Das Bewußtseyn von den Beziehungen der inneren
wie der äußeren Welt abgelöst, und auf sich selbst zurückgewandt,
wird nothwendig zu einer bloß animalischen Anhänglichkeit an das
irdisch zeitliche Leben, und dieses zu einem hohlen leeren Gefäß,
zu einer gleichgültigen Form, worin nichts erlebt, sondern alles,
wie es gehen will und muß, hineingeschoben und wieder ausgeworfen
wird. Das Tragische liegt dann wohl am wenigsten darin, daß der
einzelne, wenn auch hohe und vortreffliche, Mensch untergeht, sondern
vielmehr eigentlich in der schmerzlich wehmüthigen und erschütternden
Wahrnehmung, daß wir die Gegenwart des göttlichen Lebens verlieren,
worin allein die Gegensätze sich durchdringen und versöhnen konnten;
und diese nun, sich selbst überlassen, in gegenseitiger Aufhebung ein
Weltall voll ewiger Wahrheit und Wesenheit, in welches auch wir uns
getragen fühlten, unter uns zertrümmern. Auch das beruhigende, was
ohne weitere Entwickelung zugleich unmittelbar hiemit, wie mit allem
ächt Tragischen, verknüpft ist, hat Kleist, dünkt mich, vortrefflich
ausgeführt. Ueber Ihre Bemerkungen zu dem Stücke in der Vorrede habe
ich mich unendlich gefreut. Das Käthchen von Heilbronn hat mich nicht
minder innig ergriffen. Unsern heutigen Damen, die nach der Etiquette
lieben, wenn sie auch bisweilen früher aufhören sollten, als es selbst
diese befiehlt, darf man mit einer solchen Liebe nicht kommen. Aber
wenn ich hier sagen darf, was ich meine, so scheint mir in diesem
Kunstwerke die höchste Würde der weiblichen Natur ausgesprochen,
und der wahre Charakter der Liebe von einer gewissen Seite eben so
ursprünglich als rein und tief aufgefaßt. Im Käthchen zeigt sich
uns die vollständigste Einheit und Durchdringung von Nothwendigkeit
und Freiheit in der Liebe, wie sie nur das himmlische Gemüth einer
edeln Frau in sich aufzunehmen vermag. Der Mann, von mehr bewegter
vielseitigerer Kraft und Selbstthätigkeit, geht, abgesondert für sich
dastehend, gewiß nur von Zeit zu Zeit so ganz in dieser göttlichen
Einheit des Lebens auf, daß nicht noch ein Rest von Willkür stehn
bliebe, welche, auch wenn sein Wesen sich einmal mit seinen vielen und
mannigfaltigen Beziehungen und Uneinigkeiten in die Liebe verwandelt
hat, an der anderen Seite wieder auf’s Neue erscheint, als wenn die
Verwandelung nur ein Durchgang gewesen wäre.

Darum drückt, glaube ich, ein Mann für sich betrachtet den ewigen
Begriff der Liebe, der bey ihm das höchste Bewußtseyn selber ist,
durchgängig nur theilweise aus, und erfüllt ihn nur in einzelnen
Momenten, die dann aber auch nicht mehr der Zeit, sondern der Ewigkeit
angehören, völlig erschöpfend. Den Frauen ist ein bewußtloseres, aber
auch mehr stätes Leben in der Liebe beschieden: Aus ihrer Brust wird,
mit dem allmächtigen Eintreten der Göttin, Alles übrige hinweggewischt,
um erst nachher in erhöhterer Bedeutung und selbstständigem Abschluß
mit sich selbst wieder aufgenommen zu werden. Aber freilich kommt die
Liebe, so betrachtet, nur vor, wie sie in ihren Elementen auseinander
gezogen erscheint. Wie sie aber nach ihrer eigentlichen, völlig in
sich vollendeten Bedeutung und Gestalt, in einer so wunderbaren
und vollkommnen Einheit beider bestehe, daß man sich selbst nur
in der Anderen oder vielmehr in jenem dritten Wesen erlebt, worin
das eigenthümliche Wesen beider, sich nicht mehr begränzend oder
beschränkend, nach seinem wahren, ich möchte sagen, göttlichen Leben
ineinandergreifend enthalten ist, und wie jetzt erst das zuvor
auseinander gefaltete und getrennte sich in der seligsten Erfüllung des
gegenseitigen aufeinander bezogenen Strebens mit sich selbst vereinigt,
geht nicht minder herrlich aus der Dichtung hervor. Darum möchte ich
auch die Vision, welche den Blick über alles Menschliche und Zufällige
erhebt, und den unmittelbar göttlichen Ursprung einer solchen Liebe
beständig im Hintergrunde gegenwärtig erhält, im Ganzen nicht tadeln.
Käthchen aber und den Grafen vom Strahl ausgenommen, ist das übrige
Leben des Stücks mehr ein bewegtseyn der äußeren Handlung, als ein
inneres abgerundetes und individuelles Leben von Personen: Und wiewohl
ich hier den Gegensatz nicht verkenne, so hätte doch billigerweise das
Innere und Aeußere auch von dieser Seite sich mehr durchdringen sollen.
-- Anderes von Kleist kenne ich noch nicht. --

Verzeihen Sie, verehrtester Herr Doctor, daß ich hier manches
so hinschrieb, als ob ich mit Ihnen spräche unbefangen und fast
unwillkürlich meine innerste Meinung äußernd. In einer solchen
Mittheilung, worin ich zu Ihnen sprechen kann, (und zu wem könnte
ich es so?) gerathe ich gewöhnlich in eine Art Rausch, die mir die
Beschränkung meiner selbst raubt, und viel Anderes sagen läßt, als ich
mir vorgesetzt hatte. Nehmen Sie auch dieses mit Ihrer gewohnten Güte
und Milde auf. Hier habe ich Niemanden, mit wem ich mich eigentlich
verständigen könnte. Den Meisten liegt nicht einmal daran, zu wissen,
ob sie sich mit sich selbst verständigt haben, sondern sie wollen
sich nur reden hören, oder es dahin bringen, daß sie sich einbilden
können, von Anderen gehört zu werden. Es wird hier viel Vortreffliches
getrieben, aber auch das Vortrefflichste wird durch die ungestüme
Berliner Theilnahme zum Alltäglichen. Dahin möchte ich hauptsächlich
die Musik rechnen; welche mir indessen unter allem vorgefundenen
den schönsten und reichhaltigsten Genuß gewährt. Vorige Woche hörte
ich noch das Requiem von Mozart, die Iphigenie auf Tauris und die
Jahreszeiten. Auch versäume ich keine sehr ausgezeichnete Oper und
kein besonders treffliches Concert. Aber auch nur diese nehmen mein
Interesse in Anspruch, denn andere Vergnügungen sind mir eben keine,
und ein Schau- oder Trauerspiel habe ich auch noch nicht ein einziges
beygewohnt; was wohl Niemanden wunderbarer dünken wird, als Ihrer
Agnes. Der Grund liegt theils in der ausgesucht schlechten Wahl der
Stücke, theils in meinem Eigensinn, daß ich mir ein liebes Kunstwerk
nicht will verderben lassen, theils in äußeren Umständen, die mich
hinderten, was ich sonst gewünscht hätte, der Aufführung z. B. von der
Maria Stuart zuzusehen. Calderonische Stücke sind noch keine gegeben.

Mein Brief ist über alle Erwartung und Maaß lang geworden. Schließlich
habe ich Ihnen und den Damen von der Frau Professorin Solger die
schönsten und freundlichsten Grüße zu bestellen. Sie hat mich ersucht,
zu bemerken, daß sie von den Damen baldigst einen Brief erwartet. In
meinem Namen bitte ich mich der Gräfin und Ihrer Frau Gemahlin bestens
zu empfehlen, und Dorothea und Agnes freundlichst zu grüßen. Mit
herzlicher Verehrung und Liebe

    der Ihrige

    _J. R. Thorbecke_.

Ich verlange außerordentlich nach der Herausgabe von Solgers
nachgelassenen Schriften, womit mir Krause und v. Raumer unverzeihlich
langsam scheinen zu Werke zu gehn.



                          =Ticknor, George.=

    Geboren 1791. Bis zum Jahre 1814 war er Advokat in seiner
    Vaterstadt Boston, begab sich aber sodann nach Deutschland, um
    erst in Göttingen, später in Berlin den Studien obzuliegen. Aus
    Deutschland ging er nach Frankreich und Spanien, und machte sich in
    Paris und Madrid so vertraut mit den Litteraturen dieser Nationen,
    daß er bei seiner Heimkehr nach Amerika befähigt war, an der
    Harvard-Universität den Lehrstuhl romanischer Sprachen &c. &c.
    einzunehmen. Dabei las er auch über Goethe und über altenglische
    Dichter. Im Jahre 1835 gab er diese Professur wieder auf, und trat
    abermals eine Reise nach Europa an, die mehrere Jahre währte, und
    hauptsächlich auf Benützung großer Bibliotheken gerichtet war.
    Im Jahre 1840 begann er jenes große Werk, dem er seinen Weltruhm
    verdankt, die _Geschichte der spanischen Litteratur_, 3 Bde.
    (1848.) und welches jetzt, in vermehrter, mit besonderer Hinweisung
    auf deutsche Verdienste um spanische Litteratur ausgestatteter
    zweiter Auflage erschienen ist. Dieses Werk ist in mehre Sprachen,
    auch in’s Spanische übersetzt worden, und wird auf der pyrenäischen
    Halbinsel als ihre _beste_ Litteraturgeschichte betrachtet.

    Außerdem schrieb er eine Biographie des Gen. Lafayette und eine
    (1863.) des amerikanischen Historikers Prescott.

    Sein Brief an Tieck enthält nichts Besonderes; wir nahmen ihn
    auf, damit neben Briten, Dänen, Schweden und Franzosen auch ein
    Amerikaner sich melde!


    ~_Boston_, U.-States March 5. 1844.~

    ~_My dear Mr. Tiek!_~

~I take the liberty to present to you Mr. Francis Lieber, one of your
own countrymen, who has lived so long in the United States, that he
has become, no less one of mine. He is now professor in the University
of South Carolina, and is well known both in this country and in
England as the author of several important works on Political Economy
and Legislation, as well as the Editor of the American Conversations
Lexicon. I have known him many years and commend him to you, as a man
of talent and great knowledge, of a faithful and excellent character,
whose acquaintance, I am sure, it will please you to enjoy.~

~Mrs. Ticknor and myself always remember with peculiar pleasure
Dresden and above all the delightful evenings, we spent there with you.
It grieves me to think you are no longer there; -- how much more must
it grieve Mad. de Lüttichau. Pray offer the affectionate regard of both
of us to her, when you see her or write to her.~

    ~Always faithfully yours~

    ~_George Ticknor_.~



                      =Uechtritz, Friedrich von.=

    Geb. zu Görlitz 1800.

    Chrysostomus, Drama. -- Alexander und Darius. -- Rosamunde. -- Die
    Babylonier in Jerusalem -- u. a. m.

    Albrecht Holm, Roman, 7 Bde. (1852-53.)

    Vom Jahre 1822 bis zum März 1827 fehlen Uechtritzens Briefe. Diese
    Lücke, welche wir mit zwei Zuschriften Tieck’s ausfüllen zu können
    so glücklich waren, fällt nun gerade in jene Zeit, wo der junge
    Dichter des „Alexander und Darius“ durch dieses hochpoetische
    Werk Meister Ludwig’s Zuneigung gewann, die bei _näherer_
    persönlicher Bekanntschaft sehr bald in aufrichtigste Freundschaft
    überging, und deshalb so dauernd festhielt, weil sie sich von
    Tieck’s Seite, trotz der Ungleichheit der Jahre auf Achtung
    gründete. Er sah in Uechtritz eine, von den Erscheinungen der
    Zeit scharf gesonderte Specialität, die sich durch frommen Ernst,
    durch heiligen Eifer für das Höchste und Reinste in der Dichtkunst
    auszeichnete, ohne dabei rigoristisch und exklusiv aufzutreten.
    Empfänglich für die Bestrebungen Anderer, nachsichtig in seinen
    Urtheilen über deren Versuche, war Uechtritz nur streng gegen sich
    selbst und seine Arbeiten. Wer „Alexandarius,“ (so nannten ihn
    scherzhafterweise die Berliner Freunde unter sich) _gesehen_
    hat, wenn er mit der abermaligen (vielleicht zehnten) Emendation
    einiger Zeilen -- gleichviel ob Verse, oder Prosa -- zum Regisseur,
    zum darstellenden Schauspieler, zum Vorleser, zum Buchdrucker
    eilte, um wo möglich noch anzubringen, was er für deutlichere
    Entwickelung des Gedankens, für wohlklingendere Abrundung der
    Form gethan, -- nun, _der_ hat einen rechten Begriff vom
    innersten Respekt, von der wahrhaften Ehrfurcht, welche den Dichter
    für die Sache der Poesie durchdringen soll. -- Als Gerichtsrath,
    als Immermann’s Kollege in Düsseldorf lebend, ward er Genosse
    und fördernder Theilnehmer der schönen Tage, welche am dortigen
    Kunsthimmel strahlten. Und daß deren Heiterkeit durch ihn niemals
    getrübt worden ist; daß er sich einer so entschieden dominirenden
    Herrschernatur wie Immermann gewesen, liebevoll zu fügen verstand,
    ohne an eigener edeler Selbstständigkeit sich etwas zu vergeben...
    darin liegt wohl das glänzendste Zeugnis für seinen vortrefflichen,
    reinen Charakter.


I.

    _Berlin_, am 23. März 1822.

    _Hochzuverehrender Herr!_

Als ich vor anderthalb Jahren eine Erzählung, Aurelio, Ew. Wohlgeboren
schüchtern vorlegte, empfahlen Sie mir, die gestaltlose Unbestimmtheit,
die man so leicht in frühern Jahren für die recht eigentliche Poesie
halte, zu fliehen und dafür die Wirklichkeit als den natürlichen
Boden der Poesie anzusehen. Ich habe mich seitdem mit Eifer bestrebt,
diesem Rathe nachzukommen und mich besonders um feste Zeichnung der
Charaktere, Rundung des Ganzen und, im Otto, raschfortschreitende
Handlung bemüht. Auch hatte nach Vollendung des Otto die Hoffnung
endlichen Gelingens meine Zweifel an mir selbst in einzelnen
Augenblicken wenigstens zurückgescheucht. Seit kurzem aber bin ich
durch mehrere Ereignisse auf traurige Weise irre an mir geworden, so
daß ich nicht weiß, ob ich nicht besser thue, mich in den Pflug des
praktischen Lebens einspannen zu lassen, ohne weiter mich nach den
Wiesen und Blumen der Poesie umzusehn. Aber ich werde nicht können.
Und dieses innre Drängen und Treiben nach etwas, wovon ich nicht weiß,
ob es die Welt jemals einen Pfennig werth achten wird, macht mich eben
nicht glücklich, besonders, da ich recht kluge Menschen um mich sehe,
die aber sehr mittelmäßige Gedichte machen und sie dennoch für viel
besser halten, als ich die meinigen. Denn da die Kunst es doch nicht
einzig und allein mit der Form zu thun hat, so wird der schlechte
Dichter, wenn er sonst nicht stumpf an Geist und Gemüth ist, in die
schlechten Formen, die ihm zu Gebote stehn, so viel trefflichen Gehalt
zu seiner eignen Ergötzung hineinfühlen, daß seine Augen nicht Unrecht
haben, wenn sie sein Machwerk für ein Meisterwerk halten. Es war daher
nicht der eitle Wunsch, von Ew. Wohlgeboren meine poetische Bestallung
schriftlich zu erhalten, um damit zu prunken, was mich dazu trieb, mich
Ew. Wohlgeboren als meinem Meister und Richter anzuvertrauen. Einige
Worte mündlich im einsamen Kabinet, wie ich sonst so glücklich war von
Ihnen zu hören, wären mir eben so theuer gewesen. Aber eine lange, ganz
ungewiße Zeit liegt dazwischen, ehe ich das schöne Dresden wiederzusehn
hoffen darf. Ich ersuche daher Ew. Wohlgeboren, wenn Sie nicht einmal
die Hoffnung zu etwas Tüchtigem in meinem Otto finden, mir denselben
ohne weitere Beylage und Brief, unfrankirt mit der Post zurückzusenden.

Ihre nachsichtige Güte, Hochzuverehrender Herr, wird dem jungen
Manne, der seine theuersten Interessen in Ihre Hände gelegt hat,
diese vielleicht zudringliche Bitte verzeihen. Wie aber auch Ihre
Entscheidung ausfallen mag, so werde ich sie mit der Ehrfurcht
annehmen, die mir im Verhältniß zu einem der größten Dichter meines
Vaterlandes geziemt.

Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung habe ich die Ehre zu verharren

    Ew. Wohlgeboren

    ganz ergebenster

    _v. Uechtritz_.


II.

    _Berlin_, den 29. August 1822.

    _Hochverehrter Herr!_

Ihnen, mein hoher Meister, der mich durch seine freundliche Güte zuerst
auf ungewohnter Bahn ermuthigte und stärkte, sende ich dieses erste
Produkt meines Geistes, das es wagt, allein und für sich in die Welt
zu treten. Ich möchte es fast für eine verlassene Waise erklären, denn
ich bin nichts mehr dafür zu thun im Stande und Alles andre ermangelt
ihm, selbst eine namhaftere Buchhandlung, was es nur so weit empfehlen
könnte, daß es gelesen werde. Aber Ihre gegen mich stets bewiesne Güte
ist mir ein freundlicher Stern der Hoffnung. Ihrem Schutze empfehle ich
die arme Verlassne. Ob sie dieses Schutzes würdig sey, weiß ich nicht.
Ich übergebe sie Ihnen auf Gnade und Ungnade.

Mit der ehrerbietigsten Hochachtung

    _Fr. v. Uechtritz_.


III.

    _Berlin_, den 15. Dezember 1822.

    _Wohlgeborner Herr!_

    _Hochzuverehrender Herr!_

Ew. Wohlgeboren haben mir auf die Uebersendung des Chrysostomus nicht
erwiedert und dennoch wage ich auf die Gefahr hin, zudringlich zu
erscheinen, Ihnen einen neuen dramatischen Versuch in dem einzigen
Manuscript, das ich davon besitze, vorzulegen. Ich hoffe mich darin
von den Irrthümern befreyt zu haben, die mich bey der Wahl des Stoffes
sowie der Behandlung des Chrysostomus verleiteten. Wenigstens für ein
sich bildendes poetisches Talent ungünstige Umgebungen, unter denen
ich A. Müller nennen muß, tragen, wiewohl nur mittelbar, die Schuld
dieser Irrthümer, die freylich für mein Talent kein günstiges Zeugniß
ablegen. Im Otto glaube ich endlich zu mir selbst zurückgekommen
zu seyn und die vielleicht zu eitle Hoffnung von Ew. Wohlgeboren
auf diesem wiedergewonnenen Wege, wenn auch nur mit wenigen Worten,
berathen und ermuntert zu werden, hat mich so kühn gemacht, Ew.
Wohlgeboren nochmals zu belästigen.

Genehmigen Ew. Wohlgeboren die ehrerbietigste Versicherung meiner
Hochachtung und Verehrung, womit ich die Ehre habe zu verharren

    Ew. Wohlgeboren

    ganz ergebenster

    Der Referendar _v. Uechtritz_.


Ludwig Tieck an Uechtritz.


IV.

    _Dresden_, den 10. Dec. 1825.

    _Geehrter Herr von Uechtritz!_

Es freut mich Ihnen melden zu können, daß das hiesige Theater Ihren
Darius und Alexander mit großem Vergnügen empfangen und angenommen
hat. Vorläufig ist die erste Aufführung auf den 24ten Januar kommenden
Jahres angesetzt, und da ich allen Fleiß anwenden werde, damit das
Stück, so weit mein Einfluß nur reicht, gut gespielt und würdig
überhaupt dargestellt werde, so verspreche ich mir einen glücklichen
Erfolg, und glaube, daß wenn selbst die Darstellung um einige Tage
aufgeschoben werden sollte, sie doch gewiß noch im Februar erfolgt.
Auf jeden Fall melde ich Ihnen selbst oder durch jemand anders noch
einmal den ganz festen Tag der Aufführung, und es wird uns allen hier
große Freude machen, Sie alsdann auf einige Zeit hier zu sehn. Es wird
mir sehr angenehm sein, da ich Ihnen schon so manches vorgelesen habe,
Ihnen Ihr eignes Gedicht vorzutragen, das bei dem kleinen Publicum,
dem ich es bis jetzt zu verschiedenen Malen mitgetheilt habe, großen
Beifall gefunden hat. Auch Ihren Wunsch, etwas über dieses Gedicht
öffentlich zu sagen, denke ich zu erfüllen, und an einem Orte, wo es
Ihnen hoffentlich nicht unangenehm sein wird. Sprache und Vers könnten
hie und da mehr ausgearbeitet sein: der Ausdruck schwankt: hie und da,
auch im Anfang, erinnert er an Kleist, dem man nicht nachahmen soll:
aber mit allen Fehlern, die die Kritik vielleicht entdecken kann und
soll, hat mir seit dem Homburg kein dramatisches Gedicht eine so reine
Freude gewährt. Wahre Begeisterung hat es hervorgebracht; darum muß es
auch andre begeistern. --

Mündlich mehr; jetzt nur noch die Versicherung, daß ich mit wahrer
Liebe und Hochachtung bin und bleibe

    Ihr wahrer Freund

    _L. Tieck_.


Ludwig Tieck an Uechtritz.


V.

    Den 11ten Febr. 1827.

    _Mein theuerster Freund!_

Zürnen Sie mir nicht, daß ich Ihre Briefe so lange ohne Antwort
gelassen und Ihnen auch noch über Ihr neues Schauspiel nichts gesagt
habe. Glauben Sie mir indeß, keine Nachlässigkeit oder verminderte
Freundschaft ist Schuld an der Verzögerung, sondern überhäufte
Geschäfte und Arbeiten, mit Unpäßlichkeit wechselnd. -- Ich hatte,
aufrichtig gestanden, bei Ihrer Verstimmung und Kränklichkeit dies
neue Schauspiel[10] noch lange nicht erwartet, denn ein solches
Gedicht verlangt den ganzen Menschen und volle Kraft, es kann zuweilen
den Gesunden krank, schwerlich den Kranken, Ueberreizten gesund machen.

Ich las es sogleich mit der größten Begierde und finde, daß ich Ihnen
denn doch nicht gut gerathen habe. Nachdem ich Ihr Schauspiel drei,
viermal wieder durchgelesen habe, fühle ich immer deutlicher, was ich
schon das erstemal sah, daß die eigentliche Kraft und Begeisterung, der
Enthusiasmus, das Tragische, und daher die Wahrheit und Ueberzeugung
ermangelt. Sie haben zu schnell, zu sehr und zu arbeitend gearbeitet.
Ich glaube auch, daß die Scene nicht in Nürnberg, sondern etwa in
Mailand und zwar in einer frühern Zeit sein müsse. So wie es da ist,
erscheint der Gegenstand zu kleinlich und, wie gesagt, ohne Motive.
Es wird Ihnen gewiß, wenn Sie die Sache ein wenig ruhen lassen, nicht
schwer werden, die eigentliche Begeisterung, die Leidenschaft für die
Gegenstände zu finden, wodurch sich doch nur der Enthusiasmus dem
Zuschauer mittheilt.

Ich gestehe unverholen, daß es mir nicht lieb ist, daß Sie schon andern
Freunden Ihr Gedicht gezeigt haben: auch der Stich, -- darüber kommen
Meinungen, von den Schauspielern ganz schiefe Urtheile herum, die auch
der künftigen Umarbeitung schaden können. So, wie das Stück jetzt da
liegt, rathe ich nicht, es irgend einer Bühne anzubieten.

Ich wünschte aber, wir hätten Gelegenheit uns mündlich über diesen
Gegenstand zu besprechen, weil die Briefe so gar ungenügend sind,
sich auch die Sache nicht in so kurze Worte fassen läßt. Ein
Schauspiel, welches auf der Politik ruht, ist überhaupt vielleicht
das schwierigste, weil die Grundsätze und Ansichten der Klugheit,
Verfassung, Reform und Revolution in Leidenschaft müssen gesetzt und
mit den übrigen Leidenschaften verbunden werden, dabei aber doch so
viel Vernunft für sich haben, daß sie auf diesem Wege täuschen und
beruhigen können.

Nehmen Sie meine Freimüthigkeit, wie sie gemeint ist. Mein Gefühl ist
aufrichtig und für Sie wahrhaft zärtlich freundschaftlich. Sie müssen
nach Alexandern keinen Rückschritt thun. Dieser ist auch keiner, nur zu
eilig gethan, vorschnell. -- Kann ich nicht vom Alexander ein Exemplar
auch eine Vorrede oder diese allein erhalten? Warum sind Ihre Briefe so
ceremoniös, nicht so natürlich, wie die meinigen.

In Eil. Ein andermal mehr.

    Ihr aufrichtiger Freund

    _L. Tieck_.


VI.

    _Berlin_, 3. März 1827.

    _Mein theuerster hochverehrter Freund!_

Sobald ich Ihren Brief erhalten hatte, bin ich sogleich zum Grafen
Brühl gegangen und habe gebeten, die Aufführung meines Ehrenschwerdtes,
die zum April festgesetzt war, bis zum nächsten Winter aufzuschieben.
Im Mai oder Juni denke ich nach Dresden zu kommen und Ihnen ein neues
Ehrenschwerdt vorzulegen, das bis dahin wohl seine Vollendung erhalten
wird. Seit dem Augenblicke, daß ich Ihnen meine, ich möchte es gern
Skizze nennen, schickte, habe ich nicht aufgehört, zu überarbeiten
und sorgfältiger auszuarbeiten. Aber ohne Ihren liebevollen Zuruf
wäre doch nichts rechtes daraus geworden. Der hat mich im Innersten
aufgewühlt und mir die Kraft gegeben, die Bande, die man sich durch
eine verfehlte erste Bearbeitung immer auflegt, zu zersprengen und
in wiedererrungener Freiheit ganz neues Werk zu dichten, bei dem ich
aber von dem ältern vieles zu brauchen denke. Warum ich mich nicht
entschließen kann, die Scene von Nürnberg wegzulegen, werde ich Ihnen
mündlich vortragen, doch hoffe ich einen großartigern Hintergrund zu
gewinnen, indem ich die demokratische Richtung der _Zünfte_ gegen
die adligen Stadtgeschlechter, die sich ungefähr um diese Zeit in fast
allen Reichsstädten offenbarte, als historisches Motiv benutze. Ich
werde die Bürger, in deren Schilderung mich das Beispiel Shakespeares
leitete, edler und wichtiger nehmen, den Rudolf Welfinger aber, wie
jetzt, bloß sein _eignes_ Recht, ohne Rücksicht auf politische
Zwecke verfolgen lassen. Aber ich fühle, daß ich mir mehr schade, indem
ich Ihnen das so trocken hinschreibe, und verspare lieber Alles auf
mündliche Unterredung, bis zu welcher ich schon, wie ein Kind, die
Stunden zähle.

Wie tief mich der Ton Ihres Briefes gerührt hat, mein väterlicher,
hochverehrter Freund, soll Ihnen der Eifer beweisen, mit dem ich mich
bestreben werde, mich dieses Briefes würdig zu zeigen. Der Schauspieler
Krüger hat mich gebeten, ihm einen Brief an Sie mitzugeben, und ich
werde wohl genöthigt sein, die Farben etwas stärker aufzutragen, da ich
nicht weiß, was er damit anfangen kann.

Empfehlen Sie mich, mein gütiger, liebevoller Meister und Freund, der
Frau Gräfin von Finkenstein zu Gnaden, so wie allen theuern Ihrigen auf
das herzlichste.

    Ihr ewig dankbarer

    _Fr. v. Uechtritz_.


VII.

_(Bruchstück.)_

    _Trier_, den 24. Juny 1828.

    _Mein hochverehrter Freund!_

Wie Sie wissen, bin ich zum hiesigen Landgerichte versetzt worden und
Ihre Frau Gemahlin, die ich so glücklich war, auf dem Dampfschiff von
Coblenz bis Bonn zu begleiten, sagt mir, daß Sie mit dieser Veränderung
meines Aufenthaltes und meiner Entfernung von Berlin zufrieden seyen.
Meine Entfernung von Berlin mag nun allerdings ihre guten Seiten
haben, denn es ist in meinen Jahren gewiß wohlthätig, von Zeit zu Zeit
in neue Verhältnisse versetzt zu werden, wenn man die frühern -- ich
möchte sagen -- ausgelebt hat, und Berlin war zur Zeit meiner Abreise
der Tummelplatz sehr unedler Streitigkeiten. Auch mein Name, den ich
bis jetzt von solchem Schmutze rein zu erhalten gesucht habe, ist
dabey genannt worden, aber ganz ohne mein Wissen und Willen, wie Ihnen
vielleicht Raumer schon mitgetheilt haben wird. Man hat ihn (so wie den
Namen des ~Dr.~ Förster) unter die ganz verfehlte Erklärung der
Dreyzehn[11], ohne mich vorher zu befragen, mit unterdrucken lassen.
Meine Entfernung zu einer solchen Zeit konnte mir nur angenehm seyn
-- aber leider tritt mir das hiesige Leben nicht als ein sonderlicher
Ersatz für so manches, was ich in Berlin verloren habe, entgegen.


VIII.

    _Düsseldorf_, den 15. May 1832.

    _Mein theuerster, hochverehrter Freund!_

Es ist sehr unrecht von mir, daß ich nicht schon längst gegen
Sie selbst meinen innigen Dank für die außerordentliche Güte und
Freundschaft, die Sie in letzter Zeit für mich bewiesen, ausgesprochen
habe, -- aber aus meinen Briefen an unsre theure Dorothea werden Sie
wenigstens ersehen haben, daß ein Mangel des Gefühls nicht die Ursache
davon war. Ich gestehe, daß ohne Ihr Versprechen, die Rosamunde
herauszugeben, die Dresdner Geschichte doch am Ende etwas ungünstig auf
mich und meine Stimmung gewirkt haben möchte. Denn schwerlich würde
ich unter den obwaltenden Umständen einen Buchhändler gefunden haben
und bloß für mein Pult zu dichten ist eine Aussicht, die nicht sehr
ermuntern kann. -- Die Verbesserungen in dem beyfolgenden Manuscript
betreffen nur Sprache und Versbau, ich hoffe aber doch, daß sie nicht
ohne günstige Wirkung für das Ganze sind. Fast keine derselben ist in
den letzten Tagen und in Eile gemacht, die bey weitem meisten haben
schon die Prüfung einer gewissen Zeit überstanden. Doch bleiben Sie,
wie sich von selbst versteht, oberster Herr und Richter, wenn ich auch
eine gewisse Vorliebe für die übersendete Bearbeitung letzter Hand
nicht verhehlen kann. Vor einigen Wochen war Freund Löbell hier, dem
ich am Rheine viel näher gekommen bin, als in Berlin und den ich in
jeder Hinsicht sehr hoch halte. Er vertheidigt, wie Sie wissen, die
strengste Unterordnung der dramatischen Poesie unter die Gedichte
oder vielmehr die Einheit von beyden, -- ihm gegenüber will Immermann
der Willkühr des Dichters fast gar keine Schranken setzen lassen. Ich
selbst repräsentire bey den darüber entstehenden Streitigkeiten eine
Art von ~Juste milieu~ und schmeichle mir im Geheimen, Sie, wenn
ich mich einmal recht gegen Sie aussprechen könnte, auf meiner Seite
zu haben. Auf der einen Seite kann ich nicht zugeben, wie Immermann
meint, daß der Dichter mit seinem Stoffe wie ein Russe mit seinen
Leibeignen schalten dürfe -- von der andern Seite muß ich aber darauf
bestehen, daß wenn er wie Jakob um die schöne Rahel sieben Jahre
gedient, dann die Reihe an ihn komme, Herr im Hause zu seyn. Aber, wie
gesagt, er muß erst _dienen_. -- -- Mit meinen Verhältnissen hier
bin ich übrigens noch fortdauernd sehr zufrieden und das Schicksal
hätte mich für meine Art zu seyn und da ich nun einmal am großen
Staatskarren mit ziehen muß, nicht günstiger stellen können. Wie
glücklich würde es uns Alle machen, Sie einmal in unsrer Mitte zu sehn
und auch Ihnen denke ich sollte es bey uns gefallen. Es ist eine wahre
Freude, jezt unsre Akademie zu betreten und man darf die schönsten
Hoffnungen darauf gründen. Auf Schadow selbst hat zwar, nach meiner
Meynung, die Italienische Reise und die Auffrischung früherer religiös
künstlerischer Eindrücke und noch mehr der Aufenthalt Overbecks hier,
nicht günstig gewirkt und ihn an seinem eignen Werke irre gemacht. Er
schien sich wie ein Abtrünniger vorzukommen, der früher von Rom als
Kunstapostel ausgesandt das Himmelreich vergessen und der Eitelkeit
der Welt gefröhnt, mit andern Worten statt einer Madonnen- eine
Genremalerschule gestiftet habe. Doch wird sich das Alles wohl ins
Gleichgewicht setzen. Wenn ich meine Ansicht über unsre neueste Kunst
aussprechen darf, so möchte ich sagen, daß wie die alte große Kunst
aus einem gemeinsamen Volksgefühle hervorging, an dem der Einzelne,
so verschieden davon seine individuellen Gefühle und Ansichten seyn
mochten, doch mehr oder weniger theilnahm, so jene neueste Kunst
durchaus auf dem individuellsten Gefühle und seiner intensiven Kraft
beruht. Die Folge davon ist, daß im Mittelalter auch der weniger fromme
Maler religiöse Gegenstände mit Glück und ich möchte sagen Unschuld
malen konnte, während ich in jetziger Zeit die Hoffnung Schadows, einen
Künstler wie Lessing (der in seinen besten Sachen manche Aehnlichkeit
mit Lord Byron hat) noch einmal Madonnen malen zu sehn, beinahe unter
die Verkehrtheiten rechnen muß.

Tausend Grüße an die theuern Ihrigen, besonders Freundin Dorothea. Wenn
es mir irgend möglich ist, sehen Sie im Herbst

    Ihren

    _F. v. Uechtritz_.

Eben erhalte ich den Rest meines Dresdner Honorars und erlaube mir die
Quittung beyzulegen.


IX.

    _Düsseldorf_, 30. März 1836.

Sie werden, verehrtester Freund, aus den beygehenden Schreiben schon
ersehen haben, welch ein fataler Streich dem hiesigen Theater in
dieser Nacht durch den Schauspieler J. gespielt worden ist. Die Flucht
desselben droht allerdings das ganze Institut zu Grunde zu richten,
da sich gar nicht absehen läßt, woher, und besonders in der nöthigen
Eile, ein irgend passendes Subject für das ihm übertragne Rollenfach
herbeyzuschaffen seyn dürfte. Mehrere Darstellungen bedeutender Werke,
die uns in nächster Zeit versprochen waren, werden durch seine Flucht
geradezu unmöglich gemacht. Insbesondre schmerzt es mich, daß auch
die Wiederholung Ihres Blaubart aufgegeben werden müßte, wenn man des
Flüchtlinges nicht wieder habhaft werden könnte.

Eine große Anzahl Ihrer Verehrer hatte sich in diesem Winter
vereinigt, den Verwaltungsrath des Theaters, in dem leider einige
Individuen aus dem Publicum des gestiefelten Katers Sitz und Stimme
haben, dringend um diese Wiederholung im Laufe des gegenwärtigen
Winters zu bitten. Im Namen und Interesse derselben, so wie in dem
meinigen, erlaube ich mir daher, Sie auf das inständigste zu bitten,
dem widerrechtlich Entlaufenen keine Aufnahme, auch nur zu Gastspielen,
zu verstatten, ihn vielmehr durch alle Mittel, die Ihnen zu Gebote
stehen, so schnell als möglich zu uns zurückzutreiben.

In größter Eile und mit gewohnter Verehrung, so wie mit der Bitte mich
den theuern Ihrigen und der Frau Gräfin von Finkenstein herzlichst und
angelegentlichst zu empfehlen

    Ihr

    _F. Uechtritz_.


X.

    _Düsseldorf_, 23. Febr. 1842.

Was müssen Sie von mir denken, mein verehrter Freund, daß ich Ihre
liebe, freundschaftliche Zuschrift so lange unbeantwortet gelassen
habe. Von Entschuldigung kann hier gar keine Rede seyn, obwohl ich
manches wenigstens zur Milderung meines Vergehens anführen könnte.

So hausen Sie also jetzt in der Stadt der Gräber. Ich kann es mir
lebhaft denken, wie sehr gerade Sie von den großen Erinnerungen bewegt
werden müssen, die sich in Weimar auch dem weniger tief Empfindenden
und zur Melancholie Geneigten entgegendrängen. Geben Sie sich nur nicht
zu sehr dieser Anregung und der Seite des Todes und Grabes hin. Auch
das Leben behält seinen Werth und seine Reize und wir ehren jene großen
Gestorbenen am höchsten, wenn wir uns an ihnen als an ewig Lebenden und
Lebenspendenden erquicken.

Ich habe kürzlich einen größeren Aufsatz über Schiller publicirt (in
der deutschen Vierteljahrsschrift von Cotta, Jahrgang 1842, erstes
Heft) und bin begierig wie er Ihnen zusagen wird. Derselbe schließt
sich unmittelbar an meine Betrachtungen über Goethe im zweiten Bande
der Blicke in das Düsseldorfer Kunst- und Künstlerleben an. Ich hoffe,
Sie sollen damit nicht unzufrieden seyn, wenn ich Ihnen auch manchmal
früher in meiner Anerkennung und Beurtheilung Schillers nicht genug
gethan habe.

In diesem Augenblicke bin ich wieder, der kritische Beschäftigungen
müde, zur alten geliebten Leier zurückgekehrt. Ich habe ein größeres
Gedicht Ehrenspiegel des deutschen Volkes vollendet, das in sieben
romanzenartigen Dichtungen eben so viele Glanzpunkte des deutschen
Volkslebens feiert.

Jetzt bin ich mit den Vorarbeiten zu einem größeren Romane beschäftigt,
die mich sehr in Anspruch nehmen. Die Aufgabe ist, die Reformationszeit
nach ihren innersten geistigen Bewegungen darzustellen. Doch hat sich
diese Aufgabe erst aus der besondern Fabel entwickelt, die mir vor
einigen Jahren aufging und sich in mir immer mehr zu einem beinahe
erlebten Ereigniß ausgebildet hat. Es ist nicht möglich, in der Kürze
eine auch nur einigermaßen genügende Anschauung davon zu geben. --
Sie sehen, daß ich thätig bin und mich in frischer Lust des Schaffens
bewege. Möchte ich bald dasselbe von Ihnen hören.

Mit der Bitte mich und meine Frau den Ihrigen auf das angelegentlichste
und herzlichste zu empfehlen

    Ihr

    _F. Uechtritz_.


XI.

    _Düsseldorf_, ... Januar 1846.

    _Mein hochverehrter Freund!_

Beigehend erhalten Sie die gewünschten Briefe (und zwar auch die
bereits in Abschrift zugesandten, da doch irgend ein Abschreibefehler
übersehen worden seyn könnte) im Original. Leider sind einige derselben
nicht ganz vollständig erhalten. Ihre gütige Zusage, mir diese Briefe
baldmöglichst wieder zurückzustellen, nehme ich mit Dank an. Sie werden
am besten fühlen, welch’ ein Schatz dieselben für mich sind.

Recht innig hat es mich gerührt, daß Sie meiner in Ihren gesammelten
dramaturgischen Blättern gedenken wollen. Fühle ich mich doch oft so
ganz vergessen und aus der Literatur abhanden gekommen. Vielleicht
würde ich mehr für die Bühne geleistet haben; aber die ungünstige
Aufnahme der Rosamunde in Dresden, die durch die Zeitverhältnisse
verhinderte Aufführung in Wien (Schreivogel interessirte sich sehr
dafür), so wie die Zurückweisung derselben in Berlin, wobei unser
Freund Raumer nicht ohne Schuld ist, hatten mich in meinen Erwartungen,
die ich auf die Bühne setzte, irre gemacht und die Zuflucht, bloß für
den Leser Dramen zu dichten, wollte auch nicht genügen. Lassen sie sich
doch von dem Werke, das ich jetzt wieder unter der Feder habe und woran
ich, wenn mich nicht mein fortdauerndes Unwohlseyn hemmte, mit Lust
und Liebe arbeiten würde, durch Röstell erzählen, der während meines
letzten Aufenthaltes in Berlin einen großen Theil des ersten Bandes
kennen gelernt hat.

Wie herrlich, daß wir bald wieder etwas von Ihrer Hand und etwas so
wichtiges, wie Ihre dramaturgischen Mittheilungen zu erwarten haben.

Die Immermann war sehr glücklich über die ihr zugestellten Grüße. Ich
aber bin und bleibe

    Ihr ewig dankbarer

    _F. Uechtritz_.


XII.

    _Düsseldorf_, den 28. November 1846.

    _Mein hochverehrter Freund!_

Der Dichter Emanuel Geibel, mit dem ich diesen Sommer in Marienbad
zusammengetroffen bin, hat mich gebeten, ihn bei Ihnen einzuführen oder
doch in Erinnerung zu bringen. Was sein entschiedenes und großes Talent
als Dichter angeht, das sich in den bereits erschienene sechs Auflagen
seiner Gedichte in immer steigender Fülle, Anmuth und Tiefe bewährt
hat, wird er keiner Empfehlung bei Ihnen bedürfen. Doch auch was seine
Persönlichkeit, seine Ansichten über Litteratur, Drama und Theater
betrifft, hoffe ich, daß er Ihnen in seiner frischen, selbstständigen,
im ächten Sinne freien Stellung gewiß zusagen wird. Er wandelt, keinem
der Vorschreier des Tages huldigend, ja ihnen zum Theile muthig den
Krieg erklärend, seinen eigenen Weg und ich werde der wenigen mit ihm
verlebten Tage immer mit der frohen Erinnerung gedenken, mich einmal
mit der Jugend der Zeit in einem ihrer besten Vertreter im Einklange
gefühlt zu haben.

Die schwermüthige Stimmung und Ansicht des Lebens, die in Ihren bei
Rücksendung der Briefe Dorotheens an mich gerichteten Zeilen herrscht,
hat mich nicht bloß gerührt, sondern wahrhaft erschüttert. Auch Sie,
der in so vollem Sinne in der Poesie „die heitre Wissenschaft“ gefunden
haben, am Schlusse des Lebens von so dunklem Flore umfangen! Ich wage
es nicht, diese Saite (besonders hier, wo es doch nur oberflächlich
geschehen könnte) weiter zu berühren. Meines tiefsten Antheiles und
wohlwollendsten Verständnisses sind Sie ja auch ohne Versicherung
gewiß. Ihre Zeilen habe ich jenen theuern Briefen, gleichsam als
das Schlußwort derselben, beigefügt; sie sollen miteinander bewahrt
bleiben.

Empfangen Sie, mein hochverehrter Freund, meinen innigsten Glückwunsch
zu Ihrer Genesung, die ich zu meiner Freude in demselben Zeitungsblatte
gemeldet fand, wo mir die erste Nachricht von Ihrem Erkranken bei
Gelegenheit der gebrauchten Weintraubenkur wurde. Möchte diese Kur
trotz der bösen Störung wenigstens nachträglich die gewünschten Früchte
getragen haben. Mit mir geht es in Folge meiner Badekur in Marienbad
und einer ebenfalls später gebrauchten Weintraubenkur ganz leidlich;
doch bin ich noch immer angewiesen, die besten Erfolge erst von der
Zukunft zu hoffen.

Mit der freudigen Hoffnung auf ein durch beiderseitiges besseres
Befinden erheitertes Wiedersehen im nächsten Herbste und der Bitte,
mich der Frau Gräfin, so wir Raumer, Waagen und allen Freunden
angelegentlichst zu empfehlen

    Ihr dankbarer

    und getreuer

    _F. Uechtritz_.



                          =Ulrici, Hermann.=

    Geboren am 23. März 1806 zu Pförten in der Niederlausitz. Seit 1834
    Professor der Philosophie an der Universität Halle.

    Geschichte der hellenischen Dichtkunst, 2 Bde. (1835.) -- Ueber
    Shakspeare’s dramatische Kunst (1839.) -- Das Grundprinzip der
    Philosophie, 2 Bde. (1845-46.) -- System der Logik (1852.)

    Der berühmte Gelehrte tritt mit diesen zwei Briefen als Dichter
    vor den älteren Dichter, dem er einige Jugendarbeiten widmet.
    Die grausame, fast feindselige Kritik, womit er seiner Muse
    Kinder behandelt, verräth schon im Voraus den Pfad, welchen sein
    Forschergeist einschlagen wird. Ihm verdankt man ein tiefes,
    gründliches Werk über _den_ Poeten, von welchem Goethe den
    Polyphem sagen läßt: „hebt mir ihn auf, daß ich _zuletzt_
    ihn speise!“ _den_ Poeten, dessen Studium einen großen Theil
    von Ludwig Tieck’s langem Leben ausfüllte. Die Ahnung, daß sie
    _beide_, schon innerlich durch gleiches Streben verbunden,
    sich auch in ihren Werken auf gleicher Bahn begegnen würden, mag
    den jüngeren Mann zu Tieck gezogen haben, für dessen Denkmal diese
    Briefe ein paar feste Grund- und Ehrensteine bilden.


I.

    _Berlin_, den 29ten Februar 1832.

    _Wohlgeborner Herr!_

    _Hochzuverehrender Herr Hof-Rath!_

Anliegend habe ich die Ehre, Ihnen das Manuscript einiger Novellen zu
übersenden, welche ich des Nächsten herauszugeben gedenke. Aus inniger
Verehrung Ihres dichterischen Genius wünschte ich sie am liebsten Ihrem
Namen zu widmen. Mir hierzu die Erlaubniß zu erbitten, überschicke ich
sie Ihnen zur gefälligen Ansicht. Sie behandeln sämmtlich die Kunst in
ihren verschiedenen Formen, und der Grundgedanke einer Psychologie der
Kunst sollte das Werk zu einem Ganzen vereinigen. Leider aber ist mir
mit der Kopie der dritten Novelle, welche der Musik gewidmet ist, ein
Unglück widerfahren, und ich habe mich genöthigt gesehen, sie nochmals
dem Abschreiber zu übergeben. Da indessen Ostern nahe ist, und ich
mit der Herausgabe gedrängt bin, so wage ich es, Ihnen das Manuscript
in dieser unvollkommenen Gestalt zu übersenden, im Vertrauen auf Ihre
gütige Nachsicht und in dem Glauben, daß es Ihnen auch in dieser Form
genügen wird, um Sie auf den ersten Blick von dem Werth oder Unwerth
des Ganzen zu unterrichten. Dieselbe Eile zwingt mich aber auch zu der
gehorsamsten Bitte, mir es so bald als möglich zurückzuschicken. Dürfte
ich hierzu noch einen Wunsch aus eigner Brust hinzufügen, so würde ich
um ein wahres und unverhohlnes Urtheil von Ihrem Kennergeiste bitten --
bei Ihrer wenigen Muße wage ich dieß indessen kaum zu hoffen. --

Gewiß werden Sie die Dreistigkeit eines Unbekannten gern verzeihen,
da auch Sie vielleicht die Sehnsucht des jüngern Geistes kennen, dem
höheren, am Ziele stehenden Genius sich zu nähern. In der Hoffnung
auf Ihre Güte empfehle ich mich und meine poetischen Versuche Ihrem
Wohlwollen, und zeichne mich im Gefühle inniger, tiefer Verehrung

    Ew. Wohlgeboren

    ganz ergebenster

    _Herrmann Ulrici_ ~Dr. ph.~


II.

    _Berlin_, den 15t. März 1833.

    _Hochzuverehrender Herr Hof-Rath!_

Endlich bin ich im Stande, Ihnen die zwei Bändchen Novellen, welche aus
meinem Ihnen im vorigen Sommer vorgelegten Manuscript herausgedruckt
worden sind, zu übersenden. Als ich damals Ihren gütigen Brief erhielt,
der mir die Erlaubnis ertheilte, Ihnen diese kleinen poetischen
Versuche widmen zu dürfen, hoffte ich noch, daß ich Ihnen den Druck
zum Frühling dieses Jahres persönlich würde überreichen können. Diese
Hoffnung hat sich fast gänzlich zerschlagen, da ich zu dieser Zeit wohl
schwerlich die Mittel zu einer Reise nach Dresden möchte aufbringen
können, zum Sommer aber meine Vorlesungen an der hiesigen Universität
beginnen muß. Nehmen Sie deshalb nicht weniger gütig auf, was ich Ihrem
Genius aus reiner, inniger Verehrung darbringe, und entschuldigen Sie
die Bitte, mir den großen Verlust einer mündlichen Unterredung mit
Ihnen durch ein Paar Zeilen schriftlicher Unterhaltung wenigstens
einigermaßen zu ersetzen. -- Ich fürchte fast, daß ich meine poetischen
Kleinigkeiten im Druck Ihnen weniger behagen werden, als nach einigen
günstigen Aeußerungen zu urtheilen, es im Manuscript der Fall gewesen
zu sein scheint. Mir selbst genügen sie immer weniger, und nachdem ich
vor kurzem Ihren Sternbald wieder einmal durchgelesen habe, wünsche
ich fast, sie wären lieber gar nicht gedruckt worden; so weit scheinen
sie mir von der hohen Vollendung meines Vorbildes und Musters entfernt
zu sein. Schon daß sie an dieser herrlichen Dichtung ein Vorbild und
Muster haben, kann ihnen nicht zum Vortheil gereichen; besonders aber
erscheinen in jener die freien, selbstständigen Gestalten des Lebens,
wie sie die Poesie kraft ihrer göttlich-wirkenden Gestalt erschaffen
und hinstellen soll, mit dem Wesen und Leben der Kunst, in welchem
sich die ganze Dichtung bewegt, so schön und innig verschmolzen
und unbeschadet ihrer gegenseitigen Unabhängigkeit vereinigt, daß
mir dagegen in meiner Erzählung beide Elemente ganz auseinander zu
fallen, und wie zu einer unnatürlichen Verbindung zwischen Poesie und
philosophischer Aesthetik zusammengezwängt zu sein scheinen. Dazu der
Mangel an poetischer Farbe der Zeit, in welcher meine Novellen spielen;
die überall nur angedeutete, nirgend tiefbegründete Charakteristik;
der Mangel an aller Erfindung und poetischer Verwickelung der
Lebensverhältnisse; der jugendliche Anstrich des Ganzen u. s. w.
u. s. w. Was kann da noch Gutes übrig bleiben? Jedenfalls der gute
Wille und die begeisterte, heilige Verehrung der Kunst, deren ich
mich bewußt bin; vielleicht entzündet diese manches gleichgestimmte
Gemüth zu schöneren, glänzenderen Funken, und dann hätten meine
anspruchslosen Kinder vollkommen ihre Bestimmung erfüllt. -- Legen auch
Sie, hochverehrter Herr Hof-Rath, keinen größeren Maßstab an; -- das
Gemessene möchte sonst in Nichts verschwinden.

Indem ich mich Ihrem ferneren geneigten Andenken gehorsamst empfehle,
wage ich die Bitte zu wiederholen, mir, wenn es Ihre Zeit erlauben
sollte, durch ein Paar Zeilen gelegentlich Nachricht von Ihnen zukommen
zu lassen, damit eine der schönsten Hoffnungen meines Lebens mir
bleibt, doch noch dereinst Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen,
und dann bereits eine befreundete Erinnerung in Ihrer Seele zu finden.

Empfangen Sie nochmals die Versicherung meiner innigsten Verehrung und
tiefgefühlten Hochachtung, mit der ich verharre

    Ihr

    ganz ergebenster

    _H. Ulrici_, ~Dr.~



                     =Ungher-Sabatier, Caroline.=

    Das war ein üppiger Frühling voll süßer Blüthen und Töne, da in
    der Kaiserstadt Rossini seine Opern mit den besten Sängern gab; da
    Lablache, Ambrogi, Donyelli, David, Rubini, die Fodor-Mainville in
    voller Jugendkraft schwelgten; da Carl Maria kam, die Euryanthe mit
    Therese Grünbaum, Forti, _Haizinger_, Henriette _Sontag_
    zu studiren; da Caroline _Ungher_ ihre ersten Triumphe als
    „Libussa“ feierte...! Auch dieser Frühling mußte scheiden, und
    seine Sänger verflogen sich über Land und Meer. -- Sechzehn
    Jahre später begegnen wir Frau Ungher-Sabatier, die Gattin eines
    französischen Publicisten, wie sie auf ihrer Kunstreise auch
    Dresden berührt, und durch dramatische Wahrheit ihrer Gesangs-
    und Darstellungs-Kunst sich Tieck’s Anerkennung gewinnt. -- Dies
    Briefchen zeigt, wie sehr die geistreiche Frau zu würdigen wußte,
    was ihr Talent sich errungen.


    _Linz_, am 22. August 1839.

    _Mein verehrter Freund!_

Sie sehen, daß es mir unmöglich wird so lange zu harren, als meine
Reise dauert, um den ersehnten versprochenen lieben Brief zu erhalten,
der meine schönste Krone seyn soll, welche mir als Künstlerin wird, und
ein liebes Pfand Ihrer mir so unendlich werthen Freundschaft.

Die schönen Tage in Aranjuez sind vorüber --! o! zögern Sie nicht lange
mit dem lieben Briefe, wenn ich Sie nicht _hören_ kann, so will
ich Sie doch _lesen_, um so mehr als ich hoffen darf, Sie werden
mich recht strenge zurechtweisen.

Der liebenswürdigen Frau Gräfin meinen dankbarsten Gruß für alle
Freundlichkeit, so auch Ihrer lieben Familie; wenn Sie recht schnelle
schreiben, so kann ich in Wien die Antwort bekommen und dies wäre mir
sehr lieb, da ich in Wien recht liebe Freunde habe, die mein Schatz wie
mich selbst erfreuen würde. Wollen Sie so gütig seyn, Baron Lüttichau
mich zu empfehlen? Tausend Herzensdank noch für die schönen Stunden,
die ich in Ihrem Hause verlebte. Die Erinnerung wird nie aus meinem
Herzen entschwinden.

    Ihre

    ergebenste

    _Caroline Ungher_.



                        =Vaerst, Eugen,= Baron.

    Geb. am 10. April 1792 zu Wesel, gest. im Jahre 185? auf Gut
    Herrendorf bei Soldin.

    Nach Beendigung der Feldzüge von 13-15, die er tapfer mitgemacht,
    trat er als Hauptmann aus den preuß. Garden und führte lange ein,
    von tausenderlei sich durchkreuzenden Plänen und Unternehmungen,
    bewegtes Dasein. Verschiedene Ziele verfolgend, schien er bisweilen
    die fabelhaften Abenteurer zum Vorbild nehmen zu wollen, die gegen
    Ende des vergangenen Jahrhunderts zahlreich aufgetreten; dann
    wieder widmete er sich ernstlich schön-wissenschaftlichen Studien,
    schmiedete Sonette nach strengster Form, und ging ausschließlich
    mit Gelehrten, Dichtern und Künstlern um; dazwischen spielte
    er, unter glänzenden Auspicien, an der Pariser Börse und gewann
    bedeutende Kapitalien; dann abermals durch politische Rückschläge
    dieses Gewinnstes beraubt, ergriff er das alte Waffenhandwerk,
    begeisterte sich für’s katholisch-monarchische Princip und
    unternahm einen Ritterzug zu Don Carlos nach Spanien -- nicht um
    dort als Marquis Posa aufzutreten, sondern um einen strahlenden
    Ordensstern heimzubringen. Schon bei Karl Schall’s Lebzeiten hatte
    er diesem das Erbrecht an die „Breslauer Zeitung“ abgekauft.
    Es bedurfte aber vieler Bemühungen seinerseits, und mancher
    einflußreicher Protektionen, bis er, nach Schall’s Tode die
    Concession auf seinen Namen erhielt. Hier zeigten sich nun Vaerst’s
    praktische Talente. Er lernte bald diese bisher vernachlässigte
    Unternehmung zu einer sehr lukrativen machen; und entfaltete
    noch regeren Spekulationsgeist, wie er späterhin das neuerbaute
    Breslauer Theater in Pacht nahm. Etwas Anderes wie Spekulationen
    sind ihm beide Institute nicht gewesen, und was er in den Briefen
    an Tieck über Heranbildung des Publikums spricht, dürfte er während
    des Schreibens spöttisch belächelt haben. Seinen Zweck erreichte
    er, ward ein wohlhabender, folglich angesehener Mann, gab seine
    Diners, verkehrte mit Aristokratie und ~haute finance~ --
    sollte aber sein Glück nicht genießen, denn er verfiel einem
    furchtbaren Rückenleiden, welches ihn mit langsam-tödtenden Qualen
    in’s Grab gemartert hat. Es fehlte ihm weder an Lobern noch an
    Tadlern. Uns wollte immer dünken: „Die Welt“ -- was man so nennt
    -- habe seinen Geist auf Kosten seines Herzens zu viel gelobt; und
    er selbst war eitel auf dergleichen tadelndes Lob. Wer für seine
    Verwandte, besonders aber für seine Mutter thut, was Vaerst mit
    kindlich treuer Ausdauer gethan, auch in Epochen eigenen Mangels;
    wer sich und seiner höchst sensuellen Natur jeglichen Ueberfluß
    versagt, und lieber selbst darbt, als es der Mutter am Geringsten
    fehlen läßt,... der _hat_ ein Herz, und dem sitzt es auf dem
    rechten Flecke. Im Uebrigen .... er hat endlich abgebüßt, was er
    sonst verschuldet haben könnte; denn die Vehemenz seiner Leiden
    wird nur durch die lange Dauer derselben überboten.

    Unter dem Autornamen Peter Lelly hat er Mancherlei gedichtet und
    sonst geschrieben. Am bekanntesten wurden die größeren Werke:
    Cavalierperspektive (1836.) -- Die Pyrenäen, 2 Bde. (1847.) --
    Gastrosophie, 2 Bde. (1852).

    Wie das letzte dieser Bücher, welches fast nur aus sublimirten
    Küchenzetteln und kompilatorischen Raisonnements über
    Feinschmeckerei besteht, auf _solchem_ Kranken- und
    zehnjährigem Sterbe-Lager gemacht und diktirt werden mochte?... das
    zu erläutern geht über unsere Kräfte.


I.

    _Breslau_, am 30. März 1835.

    _Verehrter Herr_.

Der Kandidat Wenzel, ein die Wissenschaft liebender und lebendiger
junger Mann geht nach Dresden und wünscht natürlich Sie kennen zu
lernen, ich bitte für ihn um Gewährung dieser Gunst, Ihre gewohnte Güte
wird mich entschuldigen, wenn ich, ohne alles Recht dazu, Ihnen den
Ueberbringer bestens empfehle. Bei meiner allerdings kurzen Anwesenheit
vor drei Jahren in Dresden hielt mich Scheu ab Sie, wie früher,
sogleich zu besuchen, daran ist Freund Witte Schuld, der Ihnen --
ohne mein Wissen und Willen -- unsre Sonette zugeschickt hatte. Diese
Versuche hätten, meines Bedünkens, Ihnen nicht vorgelegt werden sollen;
meine Rechtfertigung soll in einem Werke größern Umfanges bestehen, was
ich im Laufe dieses Sommers, wenigstens zum Theil, in die Welt schicken
will.

Seit Schall’s Tode, der Versetzung von Steffens und Witte, lebt es
sich in unserer Stadt viel trauriger, wie früher; obgleich der Tod des
Ersten und das Wohlwollen der Behörden mir sein Institut, die hiesige
Zeitung, ein für den Besitzer ganz lukratives Ding, verschaffte.
Zur Probe meines Treibens darin, erlaube ich mir den gestrigen
Bücherschau-Artikel beizulegen.

Mir hat die liebenswürdigste unserer Damen, Frau von N., sehr feurige
Empfehlungen für Sie aufgetragen, die mich nicht ohne eifersüchtige
Empfindungen gelassen haben.

Mit tiefer Verehrung

    Ew.

    gehorsamer

    _Baron Vaerst_.


II.

    _Breslau_, 21. Dez. 1843.

    _Hochverehrter Herr und Gönner_.

Ihr sehr freundlich Schreiben mit der Empfehlung des Herrn Altmann
gab mir die willkommene Gelegenheit, Ihnen meine alte Ergebenheit zu
bethätigen. Gleichzeitig damit erhielt ich einen Brief Holtei’s, er
suchte gerade einen jungen Mann, der sich der theatralischen Laufbahn
widmen wollte. Holtei ist hier in der Provinz, in Grafenort bei dem
Grafen Herberstein, eine lustige Gesellschaft von Schauspielern ist
um ihn versammelt; sie spielen Komödie nach Herzenslust. Der Graf,
sein Schloß, die Gegend, der ganze Aufenthalt, es ist alles durchaus
poetisch, hier bildete sich der große Seidelmann zuerst für das
Theater.... auch für mich knüpfen sich reizende Jugenderinnerungen an
Grafenort. Dorthin sendete ich mit beßter Empfehlung Herrn Altmann,
dem ich zugleich die ganz bestimmte Zusage gab, daß ich ihn hier
anstellen würde, wenn er von dort zurückkommen werde; ich hoffte ihn im
Frühjahr mit einem leidlichen Repertoir wiederzusehn. Was weiter mit
ihm geworden, wollen Sie aus der Einlage von ihm und Holtei ersehen.
Wie Holtei vorausgesehn, trat er nicht auf, er kam früher zurück,
jetzt wollte er hier auftreten; auch das sagte ich ihm zu. Dann ließ
er sich 8 Tage lang nicht sehen, dann schrieb er mir einen 12 Seiten
langen Brief, er verlangte 300 Thaler und drohte mit Erschießen, wenn
er sie nicht erhielt. Er hatte mir nicht einmal gesagt, wozu er das
Geld brauche, und als ich ihn fragte, _wollte_ er mir darüber
keine Rede stehen. Konnte ich, bei solchen Umständen, mir diese Summe
mit der Pistole in der Hand abtrotzen lassen? es war mir unmöglich; es
ist unmöglich, daß Sie mir darüber zürnen werden! Jetzt schreibt er,
daß er ein großes Talent habe, dramatischer Schriftsteller zu werden,
er wolle sich lieber nicht erschießen, er _bittet_ um Reisegeld
zu seinen Angehörigen, gestern wollte er damit reisen, schon Vormittag
Antwort holen. Das Geld liegt bereit, aber er ist nicht gekommen, ich
weiß nicht wo er wohnt, ich will die Polizei nicht in Athem setzen, da
ich wenig in Sorgen bin; er schreibt mir viel zu viel Briefe, um Zeit
für das Erschießen zu haben. Er wird reisen, ob er zu Ihnen kommt,
weiß ich nicht, er weiß es gewiß selbst nicht. Ich schließe diese
Angelegenheit, ich weiß nicht, ob ich gegen den jungen Mann gesündigt,
ich darf nur versichern, daß es mein ernster Wille war, ihm förderlich
zu sein.

Mir geht es materiell vortrefflich, es thut mir leid, Sie gar nicht
zu sehen, ich komme nur ungern nach Berlin, weil man dort mir meine
Jugendthorheiten gar zu hoch anrechnet. Die höchsten Staatsbehörden
haben mir, meine kleinen Fähigkeiten überschätzend, ohne mein Ansuchen,
eine würdige Stellung in Berlin -- und dahin gehöre ich -- zugesagt.
Sr. Majestät hat sie vor zwei Jahren befohlen, viele Gönner, namentlich
Sr. Hoheit der Prinz Carl sich lebhaft dafür, aber vergebens,
interessirt. Was ist zu thun? Nichts!

Mein Theater beschäftigt mich seit 3 Jahren lebhaft, hören Sie einen
Schlesier, so wird er dasselbe, wie mich, loben; es lebt sich hier
angenehm, ich erfreue mich der lebhaftesten Anerkennung von Stadt
und Provinz. Aber unser großes Publikum heranzubilden durch Theater
und Zeitung -- die beiden Haupthebel, wodurch man hier auf die Masse
öffentlich wirken kann, beide mir angehörend -- ist über meine
Kräfte... mit einem Worte, ich fühle mich nicht an der rechten Stelle
und kenne, bei meinem praktischen Sinn, kein größer Unglück. Das Papier
ist aus, nicht meine Lust mit Ihnen zu plaudern. Mit unbegrenztem
Vertrauen

    Ihr

    treuer Verehrer

    _B. Vaerst_.


III.

    _Breslau_, d. 20. Januar 1844.

    _Sehr verehrter Herr und Gönner_.

Durch Krankheit war ich verhindert, Ihr so sehr freundliches Schreiben
früher zu beantworten. Dafür kann ich nun aber auch berichten, daß
Altmann zu den Seinigen spedirt ist, wie er in einem seiner freilich
etwas länglichen Briefe schreibt. Er will weiteres hören lassen, von
der Leidenschaft für das Theater hab ich ihm gründlich geholfen. Er
scheint mir in Summa mehr Mitleid als Zorn zu verdienen; ich danke ihm
besonders die Gelegenheit, daß Sie meiner gütigst gedachten.

Eine Stelle meines Briefes soll ich Ihnen commentiren. Sie fragen: was
mir in Berlin zugesagt war? Die Staatszeitung. Das Wachsen und Gedeihen
meiner, der Breslauer Zeitung, die Schall etwa 300 und mir nach 6
Jahren tüchtiger Arbeit über zehntausend Thaler Revenüen brachte,
die Art, wie ich sie zur großen Zufriedenheit der Regierung, ohne
das lebendige Interesse der Leser zu vergessen, redigirte, hatte mir
vielfaches Lob der höchsten Behörden gebracht. So hatte noch kurz vor
dem Tode des hochseeligen Königs der jetzige mich gefragt: was kann ich
thun, Ihnen die Staatszeitung zu verschaffen? Ein von mir vor Jahr und
Tag dem jetzigen Monarchen vorgelegter Plan zur Reorganisation dieses
Instituts war wohlgefällig aufgenommen worden, sogar Allerhöchstenorts
befohlen worden -- da eine der höchsten Personen bereits früher
anderweitige Versprechungen gegeben haben _sollte_ -- ein neues
mit breiten Privilegien versehenes Blatt in Berlin unter meiner
Leitung zu begründen. Auch dies ward nicht in’s Leben gerufen! _Ich
bin mystisch_; interessiren Sie sich für diesen abgestorbenen
Gegenstand, so fragen Sie gelegentlich, ich bitte, Herrn von Varnhagen,
er ist mir günstig und kennt die Sache!.... Aber was geht mir hier
ab? --... was geht einem gewissen unsaubern Geschöpf auf dem Mist ab?
es ist eine schmutzige Frage! Ich gehöre, sagt meine Eitelkeit, nicht
hieher, sondern in die Residenz! So lange wenigstens die Staatszeitung
so überaus elend bleibt, hab ich doch ein Recht zu sagen, daß man mich
gekränkt hat; erscheint dies erste Blatt in würdiger Gestalt, so werde
und will ich schweigen, nicht früher. Unterdeß, wie mir denn allezeit
das Bestreben entschiedenster Gegner heilsam gewesen, hat sich meine
gewohnte Thätigkeit, nicht ohne Glück, in ein neues Feld geworfen.
Mein Theater hier blüht und gedeiht, ohne allen Zuschuß, und findet
Anerkennung. Das habe ich zwar schon neulich gesagt, aber ich war immer
voll ~malice~ und Sie werden nicht glauben, daß ich so etwas ganz
harmlos dem berühmten Dramaturgen wiederhole. Wahrlich das Publikum
einer _großen_ Hauptstadt, (Sie glauben am Ende gutmüthig, ich
meine Breslau?) zu bilden, den Geschmack läutern, es ist eine schöne
und würdige Aufgabe für jeden Befähigten!

Da haben sie Klagen und Hoffnungen, Träume und Allerlei. Lassen Sie
sich nicht ferner mit mir ein, aber ich bitte, behalten Sie ein wenig
lieb

    Ihren

    getreusten Verehrer

    _Vaerst_.


IV.

    _Berlin_, 4. Dec. 45.

    _Mein hochverehrter Herr und Gönner_.

Ihnen zu Liebe habe ich den Cancan gelesen, leider darf ich Ihnen ob
des Glaubens: „ich habe ihn geschrieben,“ nicht schmollen; ich plaudre
wie der Verfaßer, verspreche aber nie so zu schreiben, denn ich liebe
so wenig die Flächen Berlin’s und der großen Mongolei, wie die der
Literatur.

Hiebei eine kleine Arbeit, die Se. Majestät wohlgefällig aufgenommen
hat, ich lege sie Ihnen vor, nicht in Absicht, damit Sie dafür kämpfen,
vielmehr in Hoffnung eines freundlichen Worts für mich privatissime,
solches ist mir wünschenswertheste Anerkennung.

Mein Post-Prozeß ist gewonnen, ich reise, nehme aber vorher mit dero
gütiger Erlaubniß noch persönlichen Abschied.

Mit treuer Ergebenheit

    _Vaerst_.



                  =Varnhagen von Ense, Karl August.=

    Geb. am 21. Febr. 1785 zu Düsseldorf, gest. 1859 in Berlin.

    Biographische Denkmale, 5 Bde (1824-30.) -- Denkwürdigkeiten und
    vermischte Schriften, 8 Bde. (1843-59.) -- Leben des Generals
    Seydlitz (1835.) -- Leben des Generals Winterfeld (1836.) --
    Leben des Feldmarschalls Grafen Schwerin (1841.) -- Leben des
    Feldmarschalls Keith (1844.) -- Leben des Grafen Bülow von
    Dennewitz (1853) u. A. m.

    und

    Rahel von Varnhagen,

    dessen Gemahlin.


I.

    _Berlin_, den 16. Juli 1833.

Empfangen Sie, Hochverehrter, mit meinen besten Grüßen dies
hiebeifolgende Buch. Sein Entstehen, sein Sinn, sein Inhalt bedürfen
bei Ihnen keiner Rechtfertigung; ich kann Ihnen aber auch noch sagen,
daß die Beschäftigung, welche ich in dieser Herausgabe fand, mir
während der letzten vier Monate das Leben erhalten half, das man ja
gewohnt ist, unter allen Bedingungen als einen Gewinn zu rechnen! Ich
empfehle mich angelegentlichst Ihrem ganzen Hause, und verharre mit
innigster Hochachtung und Ergebenheit

    Ihr

    gehorsamster

    _K. A. Varnhagen von Ense_.


II.

    _Berlin_, den 1. Juli 1836.

Durch Ihre freundliche Zuschrift, und durch die Art, wie Sie darin
von Rahel sprechen, haben Sie, Hochverehrter, mir die Seele wunderbar
angeregt! Denn ich bin wohl unempfindlich und hart genug gegen
Mißkennung und Tadel, aber darum nicht minder gerührt und erfreut durch
jede Gunst und Zustimmung, welche meinem Andenken an die geliebte
Freundin sich vereinbaren. Die Freundschaft und Achtung, welche Sie
für Rahel bekennen, ist mir wohlthuend; auf bedingte Einzelheiten der
Ansicht und des Urtheils kommt es hier nicht an. Lassen Sie mich auch
sogleich ausdrücken, daß Sie mich nicht umsonst als „verständigen
Freund“ sollen angeredet haben; ich darf Ihnen versichern, daß Antrieb
und Zweck wie Stimmung und Sinn Ihres Briefes mir ganz erklärlich
sind, und dieser bei mir eine gute Stätte findet. Möge davon das
Nachstehende, was ich, im Gedränge zwischen Unwohlsein und Abreise, nur
eben rasch zusammenfasse, Ihnen vorläufiges Zeugniß sein!

Zuvörderst eine Entschuldigung. Ich sandte Ihnen die erste Sammlung
der Rahel’schen Briefe, weil sie nicht im Buchhandel war, und ich
sie in Ihren Händen zu wissen wünschte. Die zweite Ausgabe, so gut
wie mein neustes Buch, bei denen zwar jener Umstand wegfiel, hätte
ich Ihnen nicht minder zugesandt; allein Frau von Arnim sagte mir
damals bei ihrer Rückkunft von Dresden, Sie hätten sich mißliebig und
feindlich über Rahel geäußert, und so fand ich es nicht gehörig, mit
solchen Zusendungen fortzufahren, die Ihnen unangenehm sein konnten.
Mißverstehen Sie, Hochverehrter, ich bitte Sie, dieses nicht! Ich
mache nicht den Anspruch, irgend ein Urtheil in seiner Freiheit zu
beschränken, ich kann jede Art und Ansicht und Meinung, die sich mir
nicht aufdrängt, vertragen, und wenn mich etwas in Aeußerungen verletzt,
so ist es eher das Allgemeine, als das nur Persönliche. Ich gebe meine
eignen Bücher nicht anders der Oeffentlichkeit hin, als wie man die
Geburts-, Heiraths- und Todesanzeigen in die Zeitungen wirft; Tausende
müssen diese Meldungen gelesen oder ungelesen hinnehmen, die vielleicht
nur sechs oder sieben Personen angehen, für diese aber sind sie.
Mancher findet vielleicht bei einer Todesanzeige nur Scherz und Lachen.
Immerhin! Jeder muß nach seinem Antheil und Sinne sich benehmen.
Ich habe Ihnen deshalb, weil ich Sie feindlich gegen Rahel glaubte,
keineswegs gegrollt, nur bisweilen mir die Bewandtniß zu erklären
gesucht. Mit inniger Freude erfahre ich nun von Ihnen, daß ich einen
Irrthum aufgenommen hatte, und bedaure nur, dadurch Ihnen abgewendeter,
als ich es wirklich war, erschienen zu sein.

Was nun Genelli betrifft, so habe ich ihn nie gesehen; nur von
ihm gehört durch Rahel’s, Marwitzens und Bernhardi’s von einander
unabhängige Erzählungen. Aber alles, was Sie von ihm sagen, ist mir
mit der Erscheinung, die er sich für jene zu geben gewußt, gar wohl
vereinbar. Hat er geschmäht und gelästert, wo er früher angebetet, --
es sei ihm verziehen! Wie ich es auch Gutzkow’n verzeihe, daß er das
mir theuerste Andenken auf brutale Weise berührt hat. Es thut mir nur
leid um ihn. Ich bin für Rahel, wie auch für mich selbst, in diesem
Betracht fest und sicher, und was die Leute sagen, kann ich sehr leicht
beruhen lassen. Lebte Rahel, so hätte ich allerdings die leiseste
Empfindlichkeit für sie, und ich würde manches nicht aussagen, andres
ernstlicher aufnehmen; aber so...! Die Lebenden will ich überhaupt
geschont wissen, und ich glaube, daß ich es meinerseits nur allzu sehr
gethan habe; in welchem Maße, könnte nur der beurtheilen, der einsähe,
was alles in meinen unendlichen Papieren ich zum Schweigen gebracht
habe! -- Freilich läßt sich im Druck nicht alles sagen, noch jedem
Mißverstand ausweichen; aber das läßt sich nirgends thun, und ist auch
kaum nöthig, wie die Welt nun grade einmal gemischt ist, wo alles
durcheinander keimt und blüht, und sich die Frucht oft da ansetzt, wo
man sie am wenigsten erwartete.

Die Möglichkeit, welche Sie mir zeigen, daß Sie mir noch einige Briefe
von Rahel hervorsuchen könnten, ist mir ein lieblicher Sonnenstrahl
aus Ihren Zeilen! Mir kann keine werthere Gabe zukommen. Ich beklage
sehr, daß von den Briefen Rahel’s an Burgsdorf und an Finkenstein
keine mehr zu finden sind; ich gäbe viel darum, grade diese zu haben,
oder auch nur zu lesen! Bleiben Sie, hinsichtlich der von Ihnen noch
aufzufindenden erstern, wenigstens meines eifrigsten Wunsches gütigst
eingedenk! Auch die Gelegenheit, welche Sie als möglich andeuten, zu
Rahel’s Briefen einmal mannigfache Erläuterungen und Berichtigungen
zu geben, würde ich gern herbeirufen, und das gewiß gewinnreiche
Ergebniß mit Freuden aufnehmen, wiewohl ich doch anmerken muß, das
vieles auch in meinen Papieren noch ganz andre Gestalt hat, als jetzt
im Gedruckten, und daß ich selber manches berichtigen, andres aber auch
umständlich belegen und erhärten kann, was Rücksichten nur obenhin oder
eingehüllt mitzutheilen geboten. Führt mich ein guter Stern einmal in
Ihre Nähe, so werde ich Sie hoffentlich überzeugen, daß mein Vertrauen
in diesen Dingen zu Ihnen ganz rückhaltlos sein kann, und ich würde
mich wahrhaft freuen, Ihre Prüfung zu bestehen und Ihren Rath zu
empfangen!

Verzeihen Sie dies eilige Blatt! Ich reise in acht Tagen nach Holland,
um Seebäder zu gebrauchen, und bin gestört und verwirrt durch die
Vorbereitungen, und durch die Uebel selbst, die ich bekämpfen soll!
Ich danke Ihnen wiederholt für Ihr werthvolles Schreiben, und wünsche
und erbitte eifrigst die Fortdauer Ihrer Wohlmeinung. Verleihe der
Himmel Ihnen die beste Sommerstärkung und jede Fülle des Guten. Mit
aufrichtigster Hochachtung und Ergebenheit verharr’ ich treulichst

    Ihr

    gehorsamster

    _Varnhagen von Ense_.


III.

    _Berlin_, den 12. April 1844.

    _Hochverehrtester Herr Geheimrath!_

Beifolgende Einlage für Sie, von Herrn Lewes in London, empfing
ich soeben in einem Bücherpaket von Herrn Asher, und säume keinen
Augenblick, Ihnen dieselbe ergebenst zu überreichen; ich erhielt sie
aufgeschnitten, ebenso wie mein Brief es war, und das ganze Paket.
-- Herr Lewes, mir durch Thomas Carlyle empfohlen, ist ein junger
Litterator von schönen Kenntnissen und gutem Willen, der eine Sammlung
von Dichtern herauszugeben beabsichtigt, und zu diesem Zwecke kurze
Biographieen und kritische Würdigungen wünscht. Ich selbst bin zwar
nicht im Stande, irgend einen Beitrag zu liefern, würde mich aber
freuen, dem Werke sonst förderlich sein zu können. --

Mit den eifrigsten Wünschen für Ihre uns Allen theures Wohlsein und mit
dem innigsten Ausdruck der Verehrung und Ergebenheit

    Ihr

    gehorsamster

    _Varnhagen von Ense_.


IV.

    _Berlin_, den 19. März 1847.

    _Hochverehrtester Herr Geheimrath!_

Das Buch, von welchem Carlyle’s Brief allzu günstige Worte sprach,
wurde dadurch der Gegenstand Ihrer freundlichen Nachfrage, und ich darf
wohl entschuldigt sein, wenn ich nicht dem Zufall überlassen will,
dasselbe vor Ihre Augen zu bringen! Gönnen Sie dem beifolgenden neusten
Band einen gütigen Blick, und wenn darin Einiges Ihrer Theilnahme
würdig erscheinen mag, so wird mir dies die größte Befriedigung sein! --

Mit Verehrung und Ergebenheit

    Ihr
    gehorsamster
    _Varnhagen von Ense_.


V.

    _Berlin_, d. 30ten Juni 1847.

    _Hochverehrtester Herr Geheimrath!_

Den von Ihnen gewünschten Brief Carlyle’s bin ich so frei hiebei
ergebenst zu überreichen; meine Nichte hat die Abschrift angefertigt,
ungemein erfreut, daß ihre Dankbarkeit Gelegenheit fände, sich mit
etwas zu beschäftigen, das Ihnen bestimmt wäre. Sollten Sie jedoch
wünschen, Carlyle´s eigne Handschrift daneben einzusehen, so steht
auch diese gern zu Diensten. Ueber Carlyle schrieb mir dieser Tage eine
Freundin aus England: „~Of the Carlyles I have seen more, and like
them the better after every visit; he ist the only original talker I
know now in England, -- he is more like _thinking aloud_ than
discoursing for the benefit of others, and the apparently unconscious
manner in which he rambles from one subject to another without the
least troubling his head about the fitness of it, -- is very curious to
listen to.~“ Dies stimmt mit allem, was ich sonst von ihm gehört,
bestens überein. --

Ich bin neulich sehr ungern von Ihnen weggegangen, -- ich mußte leider,
-- aber mit bewegter Seele und dankerfülltem Herzen! Ich hatte Sie so
lange nicht lesen hören, und mich dünkte ganz Neues und Ungehörtes zu
vernehmen. Das artige Lustspiel Goethe’s ist mir in Ihrem Vortrag erst
recht lebendig und klar geworden, und der Eindruck wird mir davon nie
wieder vergehen. Dieses sanfte Feuer, diese Stärke ohne Heftigkeit,
diese Macht des Maßes, wirken auf das Gemüth so wohlthuend wie die edle
reine Stimme lieblich auf das Ohr! --

Möge der Sommer Ihnen alle Annehmlichkeiten des Gartenlebens und jedes
frische Gedeihen gewähren! --

Mit größter Verehrung und dankbarster Ergebenheit

    Ihr

    gehorsamster
    _Varnhagen von Ense_.

Wegen der Handschriften von Rahel -- wenn sie künftig erledigt werden,
-- eines Blattes von Frau von Knorring, und sonstiger gelegentlichen
Gaben -- „ohne der Wohlthätigkeit Schranken zu setzen“ ist in Berlin
ein gebräuchlicher Ausdruck -- will ich mich bestens zu Gnaden
empfohlen haben!

Rahel Antonie Friderike Varnhagen.


VI.

    _Berlin_, Sonntag den 6ten Apr. 1823.

Grüß Sie Gott lieber Freund! Und schike Ihnen die beßte Gesundheit;
für das Andere müssen wir selbst sorgen; und je älter je mehr; oder
vielmehr, je besser sehen wir dies ein. Wie ich zu dieser art von Gruß
komme? Den ganzen Winter war ich krank, kränklich, und unwohl, und mein
ganzes Haus mit mir; und am Ende hört ich noch Sie seyen auch krank
gewesen. Mit dem Frühlingswinde mit dem ich Ihnen gerne _noch_
besseres als den herrlich nicht zu erfindenden Frühling schiken möchte,
bin ich doch so glüklich Ihnen die persönliche Bekandschaft der
Fräulein Pfeiffer[12] machen zu können. Ich kann ihr die Freüde, die
sie uns hat empfinden lassen, wohl nicht glänzender lohnen! Sehen Sie
sie mit den kritischsten Augen an; es kann ihr und dem Urtheil über
sie nur gedeilich gerathen: und an der allgemeinen Freüde Deutschlands
würd’ ich auch mit Stolz meinen Theil haben, wenn Sie, um ihr eine
Rolle zu schreiben, uns ein Stück zu schenken verleittet würden.
So etwas hoffe ich. Ich will Ihnen mit meiner Beurtheilung dieser
großartigen Aktrice nicht vorgreiffen. Nur so viel: ich erinre mich
keines Großen ihrer Art, keines Fleck, Talma, Esslair, keiner Raucour,
George, Bethman, Schröder, mit denen sie nicht momentane Aehnlichkeit
hätte: und wie alles Wahrhafte wieder an alles Wahrhafte erinerte; an
Wetter, Musik und Situationen, in denen man nie war &c. Folgen Sie ja
womöglich die ganze Reihe ihrer Vorstellungen; sprechen Sie mit ihr
hin und her, lassen Sie sich von ihr lesen, untersuchen Sie sie ganz.
Machen Sie’s Einmal wie die Richter in Egmond: verhöhren Sie etwas
_hinein_ wenn Sie nichts _heraus_ verhöhren können. Nämlich,
schiken Sie von Ihrem nach der Tiefe ihrer Seele, und Sie kommen mit
Beute zurük. Ich sah sie in Kawansky zuerst und besuchte sie dann: ich
freue mich, daß meine alte Tage sich noch aufführen wie meine jungen:
und daß ich den Muth zur Trägheitsbesiegung noch in mir -- unter
manchen sehr ungünstigen Umständen -- zusammenfand. Lassen Sie sich von
mir ansteken! Verführen! Wie wohl Leute ein Glas Wein zusammen trinken,
je älter je besser: so wollen wir diesen Genuß unserer Kindheit, mit
_altem Geschmak_, -- auch je älter je besser -- wieder und noch
haben. Geht es Ihnen auch so? ich möchte die alte Zeit immer zur Rede
stellen, vor die Schranken fordern; es ist als hätte sie mir nicht
recht stille gehalten: ich hatte damals zu viel Anderes vor, man ließ
uns nicht Zeit, nicht Muße; ich möchte ihr zeigen, ich war’s wohl,
bin’s noch werth was sie mir both; ich empfinde es ja _noch_: und
Alles was _jetzt_ ist. Wie? ist das Wahr? Ist’s nicht mit Ihnen
auch so?

Gehen Sie in allen Fällen hübsch in die Komedie lieber Freünd! Und
schenken Sie uns Ihre Kritiken. Deutschland braucht’s. Goethe hatte
vor _ganz_ Kurzem noch nichts in Ihrer Verlobung gelesen, und
mit vieler Liebe von Ihnen gesprochen: da nannte man ihm die Novelle.
So etwas muß mich doch freüen. _Mich._ Sie wissen wie ich Göthe
vergöttre. Und welchen Triumpf ich bey dem Kronentausch erlebe! nicht
harter Lorbeer; Nachruhms-Laub: Rosen, frische Liebesrosen reichen sich
die Lebendigen! Und wir, die mit Anerkennung auch begabten, Klatschen
in die Hände! Wißt ihr Dichter und Authoren, es sind, heil uns! mehr
als ihr denkt. Und deshalb schreib’ ich, eine der Geringen, Ihnen so!

Noch weiß ich nicht was wir diesen Sommer machen, es ist nur ganz gut,
wenn es uns mit Ihnen zusammen bringt.

    Ihre treüe
    _Fr. Varnhagen_.

Tausend herzliche Grüße der Madame Tiek, der lieben Gräfin und den
lieben Mäderln!

Varnhagen hustet noch und ist leidend, er wünscht alles Gute mit mir.


VII.

    _Berlin_, Mittwoch den 13t. Aug. 1823,
    angenehmes warmes, nicht ganz
    beinahe helles Gewitter-Wetter.
    11 Uhr Morgens.

Was ist _das_? daß Sie einen ganz neuen Tiek uns in alten
Koffern Jahrelang vorenthalten! Mit dem größten Preis und Lob, mit
dem innigsten geflügelsten Dank, mit allen Ausdrüken der höchsten
Bewunderung wollte ich anfangen: Vorgestern kamen Ihre Gedichte heraus;
Abends las uns Varnhagen welche; und Brillanttränen der höchsten
Erschütterung -- wie der Soufleur im Meister -- weinte ich, über dem
Gelungenen, Sie: anstatt dessen, stürzt mir ein Vorwurff heraus! Beßter
_Freünd_ welch Präsent! Wie schmeichlen Sie meinem Stolz! Stolz,
gradzu stolz. Mit dem ich stolz auf Sie seyn kann. Nicht weil ich Sie
kenne, nicht weil Sie mein Freünd sind. Nein, weil Sie da sind; und
ich doch in einer Sprache mit Ihnen lebe. Mir ist’s immer als müßte
ich die ~honneurs~ machen von dem was ich liebe und vergöttre:
und sehen Sie in den ganzen Abgrund meiner Seele! dies ist, weil
ich dann von Niemand glaube, daß er es so durchdringt, auffaßt, von
jeder Seite, liebt, vergöttert, und tausendmal von vorne an, und
von neüem, wie ich. So kann es der, der es _wirklich_ gemacht
hat nicht lieben, und bewundern, und deüten, und schätzen. Ich weiß
_ja_, daß wenn ich etwas gemacht habe, daß es mir anders, aber
nicht so werth ist. O! Es ist, giebt nur Eines was Gaben in richtige
Bewegung setzen kann, sie zu Talenten macht; und diese in Brennpunkt
des Genies treibt. Wahrhaftigkeit. Jedes Ihrer römischen Lieder führt
diesen Beweiß auf’s lebendigste. Alles ist nur wahr, haben wir Gaben
genung, mit diesen _Kräften_ gelangen wir bis zu Gott. Darum facht
jedes Wort in Ihren Gedichten unsre reinste Liebe an. Dies sollten
Sie geschwind wissen; drum sage ich’s Ihnen gleich; und für Viele.
Wir haben auch Verstand und Sinn genug, und gelebt; um mit zu merken,
und zu bemerken, Ernst, Verdruß, Freüde, Scherz, Ungemach, Leiden und
Ungeduld, seelige Stille, und heitern Frieden, und größte Bewunderung,
und fliegende Gedanken mit zu fühlen und mit zu machen. Herrlicher
Freünd, der Herzvoll des „Großen Freünds“ gedenkt und Schakespeare
anruft, zur wahren rechten Zeit! _Das_ nenn’ ich dankbar. So sind
nur die Edelsten, die voll Fülle! Wissen Sie noch? wie Sie in Prag in
einer langen Unterredung, die wir hatten, endlich sagten: ein gewisses
Nichtverstehen, eine Sorte Dummheit, sey unsittlich. Das war für mich
ein Wort für einen alten gestaltlosen Gedanken; und unendliche reihen
sich seit der Zeit besser verstanden an ihn an: und er auch hilft mir
behaupten, Ihre Gedichte sind so liebenswerth, nur so schön weil sie
rein wahr sind. Schönen Dank! Beßter Freünd Tieck! für mich ist es
nun gar eine Wonne, ich fühle so gar Ihre Krankheit mit; habe solch
regen Sinn durch sie für Ungemach; bin so entzückt, daß Sie Italien
so individuel nehmen: ich sehe ja alles, rieche es: Jede Stille
breitet sich in mir aus; jeder Lärm plagt mich: ich sehe, ich kenne die
Italiener. Lassen Sie sie reden, so ist Ihr Deutsch Italienisch; sie
ennuyiren mich _mit_; bringen mich auf’s Aeüßerste; machen mich
lachen: ich sehe Wände, ~fresco’s~, Markt, Alles. Ich glaubte
an so etwas nach Goethens Elegien nicht: das bestärkt mich in meiner
Frommheit! Im ganzen Hoffen, wo ich _nichts_ begreiffe. Goethe
wird sich freüen. Neulich bewunderte ich eine Ouverture von Spontini
-- gegen den ich bin -- und dachte bey jeder schönen Stelle, o! wie
würde dies erst Righini gefallen! Aber was soll ich zu Ihrem Spanier
sagen, der Schildwach steht! Schöneres ist in der Art noch nie gemacht
worden! Alter Meister Tieck! Mit der festen Hand! _Darüber_
waren alle Höhrer, Roberts, Mdm. Krikeberg, Jettchen Solmar die
Sängerin, _außer sich_! Der Soufleur, _ich_, weinte, große
Brillanten; die zwingt eine Meisterschaft, vollkommen Gelungenes
ab. Ich sage Ihnen, und nehme es allen Ihren Kritikern vor weg: ich
höhrte complet die drey Sprachen ~distinct~ in diesem Gedicht;
Spanisch, Italienisch und Deutsch. So arbeitet man mit einer, wenn
man die Welt und die Sprachen auffaßt und dies von sich geben kann.
Maëstro! Wie recht haben die Italiener mit diesem Wort, es ihren
Dichtern und Musikern zu sagen: wie verstand ich die Marchetti und die
Sänger, wenn sie zu Righini, entzückt und ehrerbietig und in größter
Schmeichlung „~caro maëstro!~“ sagten, und sonst nichts. Solche
Nichtsdingige Sachen -- Fütilitäten -- die wir _alle sehen_ und
bemerken, so mitspielen zu lassen, als des Spanier’s Schnallen und
Anzug! Seinen gravitätischen Zorn, sein zorniges Heimweh _so_
auszudrücken, bringt unser Deutsch zu neuen Ehren. Warum ließen Sie
dies alles (~precipitando~) _so lange liegen_? Manchmal ist
mir, als wüßt’ ich’s, Sie könntens gar nicht machen; wenn Sie’s nicht
auch so lange vernachläßigen könnten. Seit heute strich ich mir an,
worüber ich mit Ihnen sprechen wollte: aber es werden alle Gedichte
aus Italien, die andern hab’ ich noch nicht angesehen. „Weinachten,“
die Künstler die alle Töne keck aufbiethen um zu heuchlen und zu
grimassiren! „Karnewal,“ des Mißbehagens und Zürnens, der Boßheit, des
Grolles tausendfältig verschlossene Ursachen! „~Campo vacino~“,
der Saülen Lockenhaupt-Geflüster. „Stiergefecht,“ wie schön: und meine
Ochsenfurcht: „der Ueberlästige,“ göttlich beschrieben: „ohne Ursach
lachend.“ Zur Raserey! „Die Marionetten.“ Wie der Wegweiser spricht,
das ausgemachteste Italienisch! „Schmerz in der Lust.“ Vortrefflich!
Das Gedicht heilt uns selbst! meine Leiden! „Heimweh.“ Göttlich
beschrieben: einzige Worte. „Ein Schwindel ergriff mich; mein Leben
zerrann.“ Kein Wort geht verlohren, glauben Sie’s, theurer Landsmann!
Sie haben nicht nur die Freude des Dichtens gehabt; Sie machen die
größte. „Die Tiroler“ sind schon _fertig componirt_! Was soll
ich aber zu Botzen, zu Trident sagen!!! Ich, die nichts weiß; roch,
athmete, daß es Italiens Gränze ist; und es _war wahr_! Trident!
wie fühlte das die Kranke! Alles wird Ihnen zum Gedicht. Wie Goethe
_sagt_. Als wäre ein Thal ein Ort, voll saftiger Farben, und Sie
nähmen von denen gradzu und mahlten: so erscheint’s mir. Luft lassen
Sie mich athmen. Stille empfinden: Laub im Sonnenthal vermissen;
versöhnen mich wieder. Aber was spreche ich! Wären Sie nicht Tieck,
läsen wir Ihnen die Gedichte mit Gewalt vor! Wir thun das Einer dem
Andern. Seyn Sie überzeügt; es giebt noch unaffektirte Menschen in
Deutschland, und die alle genießen das herrliche Geschenk und freuen
sich, und wissen vor Dank nicht was sie anstellen und sagen sollen. Die
Hohen in unserm Volke, die krönen und belohnen sollten, sind noch nicht
so weit. Dafür kann ich nicht: und es muß eine große Ursache haben,
daß ich keine Prinzes bin; denn unrecht ist’s. Wenn hier Friederike
von Baiern -- z. B. -- anstatt Varnhagen drunter stünde?! Und das vor
Ihrer Thür was ich Ihnen schikte? Wagens! Mit denen Sie in meine Nähe
auf Ihre Villa reisten! Nun werd’ ich ganz traurig; nun höhre ich auf,
und lese in Ihren ungebundenen nicht einmal gehefteten Blättern weiter.
Bey Gott! ich attrapire mich, daß ich schon lächle. Schönen Dank! Heil
_Dir_ im Siegerkranze. Sie sehen, ich bin närrisch vor Jubel. Gott
stärke Sie noch lange und plötzlich: für uns alle! Kramen Sie doch noch
ein Bischen mehr in Ihren alten Koffern! Ich bin erst seit Sonnabend 8
Tage ein Mensch: so leidend war ich Juny und July. Schon im 3ten Jahr
so in den Monathen. Viele schöne Grüße der Gemalin, den Kindern, und
Gr. Finkenstein. Kennen die schon lange diese Gedichte? Ich gönne es
ihnen. Varnhagen jubelt! und ist Ihr größter Verehrer. Es ist göttlich,
daß wir in der Jugend nicht vertraut waren! _Schade!_ für alle die
verlohrne Saaten! aber echt war’s von Beiden. Still wurmte es in uns.
Kennen Sie den Berlinisism noch? Robert wird Ihnen wohl schreiben. Der
lächelte nur immer, wie über ein Gotteswunder: wie über einen Ausbund
von _Blume_: ich aber brach aus; nach den schweigenden Thränen.
Varnhagen triumphirte: der hatte es gebracht, und las. Den hallischen
Wolff hab’ ich die Kunst gehabt auf einer Fahrt gestern, ganz lüstern
nach den Gedichten zu machen. Alles Griechische und Latein half nicht
_dagegen_! ~adieu~ Theurer ~maestro~! bald schreib’ ich
noch mehr.

    Ihre arme

    _Friedricke Varnhagen_.

Wenn sich der junge Krikeberg -- Sohn der gewesenen Schauspielerin Mme.
Koch, die ich noch häufig sehe -- bey Ihnen präsentirt seyn Sie gütig
gegen ihn. Er ist bescheiden, wohlerzogen, voller Sinn und will Sänger
werden. Wenn er Sie hat lesen höhren, so hat er St. Peter gesehen. Seyn
Sie gütig gegen ihn. Die Mutter wird Ihnen schreiben. Sie ist noch
bey unserm Theater, und nicht gewesene Mimin, sondern gewesene Koch;
Köchin. adio!


VIII.

    _Berlin_, den 8t. Septbr. 1824.
    Mittwoch vor Tisch. Sirocco-Wetter.
    Keine Lust von keiner
    Seite; zum Sterben.

In diesem Wetter komme ich so eben von Reimer. Er hat mir erlaubt,
daß Ihre Sewennen, Bogen vor Bogen in’s Französische dürfen übersetzt
werden, und mit dem deutschen Buche zu gleicher Zeit erscheinen
dürfen. Ihre Genehmegung zu erhalten, überlies er gerne mir. Ich
denke, ich habe sie schon. Wir haben hier einen jungen Freund bey
der Französischen Legation, der sehr gut deütsch weiß; es liebt und
pflegt; seine Sprache wie ein Engel schreibt; und _vortrefflichst_
übersetzt -- wie jetzt nur die beßten -- dieser junge Mann fühlt
sich gerüstet zu litterarischen Arbeiten: aber ein Buch zu verfassen
erschrikt ihn doch; so beichtete er uns diese Woche in einem langem
Gespräch, nach langer Lecture von Originalen, in beiden Sprachen,
und Uebersetzungen, die er uns mittheilte, kurtz -- im litterarischen
Gespräch. Er fragte um Rath und nach einem guten deütschen Werke: ich
hatte schon lange H. Kleist’s Erzählungen im Kopf. Varnhagen aber kam
den andern Morgen mit dem herrlichen Gedanken als Fund zu mir, Ihre
Sewennen übersetzen zu lassen. Der junge Mann kennt bis jetzt weder
Meister noch Werk. Er weiß nur, daß er Bogen vor Bogen erhält, und sein
Ehrenwort geben muß _absolut_ Niemanden davon zu sprechen, noch
zu zeigen!

Wollen Sie das? So lassen Sie mir baldigst ein Wort, nur ein Wort durch
meine Schwägrin, oder Agnes, oder Dorothee schreiben: und Sie sind so
ehrlich wie vorher; sagt man hier; wie Sie gewiß noch wissen. Könnte
mein Vorschlag wie ein gesunder Peitschen-Pfiff im frischen abendlichen
Jagdwald Ihren Pegasus ermuntern, und er Sie flugs ganz in die Sewennen
entführen! Und mit vielen Blättern beschwert käme er und Sie zu aller
Freunde Freude zurük! Fragen Sie einmal Robert wie vortrefflich unser
junger Franzose übersetzt! Soll ich nun dem Lebenskenner, dem Dichter,
der über alle schaltet und waltet, noch viele Worte machen? Von meinem
Leben sprechen? Er weiß was Einer leben kann, der noch nicht todt ist,
und von dem nicht das trivialste und höchste etwa, in den Zeitungen
berichtet wird. Die Lebensfunktionen müssen aber leidlicherweise
vor sich gehen können; aber solch ein Wetter behaupte ich, war noch
nicht. Naturforscher, Naturkenner und Beobachter werden Wunder davon
berichten, bin ich überzeügt. Der Erde _Befinden_ ist gestöhrt
durch ein fremdes Ereigniß, ihr bis jetzt fremdes und ich, wie
Hamlet, bin gebohren -- nicht -- sie wieder einzurenken; aber es zu
_empfinden_. Also wissen Sie auch wie ich mich befinde; trotz, daß
mein Körper endlich -- wie eine Seele ruhig seyn _wollte_, gesetzt
und gelassen wurde wie Pollonius unter der Treppe! --

Varnhagen weiß nicht, daß ich Ihnen schreibe: grüßt also tüchtig und
herzlich: Ich alle 4 Damen Ihres Hauses! Lassen Sie mich wissen ob auch
Sie das Wetter empfinden. Im Ganzen weiß ich von Ihrer aller Gesundheit.

Roberts gehn ab. Da ist nichts zu sagen, als es zu leiden. Das wäre
ganz genug? Nicht wahr? Gott bewahre! Man hat auch noch Vernunft: und
nun muß man dazu rathen. Und nun ist der Mensch fertig -- fertig da!

Wenn Sie je etwas auf mich gehalten haben, so lesen Sie ~Alfons, ou
l’Espagne~, von Salvandy.


IX.

    Sonnab., _Berlin_, den 8t. April 1826,
    halb 2 Mittag. Helles warmes
    Wetter mit einem unerzogenen
    Wind, der nicht recht weiß wo er
    herkommen soll; obgleich er leider
    Nordost ist.

Gott grüß Sie lieber Freünd! Gleich, vielleicht zur ungünstigsten
Stunde -- ich werde gewiß unterbrochen, und kann auch ohnehin nicht
die _Feder_ führen, wohl einen Brief schreiben -- will ich. Ihnen
danken für den Heilungstrost den Sie mir in Ihren dramaturgischen
Blättern gewähren, wovon ich jetzt eben etwas im 2t. Bande las,
gegen den vielen Dummheitsgift, den man so langjährig verschluken
muß. Zu 4, 5 _Monathen_ gehe ich nicht in’s Theater: aber es fehlt
mir nichts; ich weiß doch davon, denn _eine_ Vorstellung ist alten
wahrhaftigen Theaterliebhabern, wie wir _gebohren_ sind, genug, die
_Schändung_ desselben zu überschaun! Die jetzt hinein gehen, schreien,
_rezensiren_, klatschen, _lesen_, sind _unfähige_, _sinnliche_
Wüstlinge, die der _Wüste_ in sich zu entfliehen gedenken, und sie
nach außen treiben, klexen und sprechen. Diese dürren _Referirungen_,
„Referent“!!!, wo hergebrachter Unsinn als fleißigstes Unkraut
wuchert, und ein maulsperrendes Parterre toll und stumm macht! mit
Staatsdirektoren an der Spitze, die aus vollen Beuteln der Raserey
Palläste bauen: steinerne, und wieder hölzerne darin, die eine
ganze Natur unter einander wüthen lassen, und eine Kunst zu machen
vermeinen! _Halt!_ -- ein! _so_ geschrieben! Ha -- -- -- lt! _Sie_
haben gesprochen, und Gott lob! Sie haben auch schon das _Vorurtheil_
für sich: es wird also rechts _und_ links wirken. Beßter Tieck! Höhren
Sie nur nicht auf, lassen Sie alles, was Sie verheißen, bald druken!
Geschwind. _Zwingen_ Sie sich zur Tugend; wie Hamlet von der Mutter
will. Ja lieber Freünd, es ist eine Tugend; weil Zwang und eine
wirklich gute Handlung zusammenkommen. Es ist nicht solche Kleinigkeit,
welches Theater eine Nation hat, wenn sie so weit ist eins zu haben.
Bey den Deutschen ist es ja schon ein allgemeines Bedürfniß, und an
allen Ecken und Enden erbaut. Es ist so wohl der Beweiß was eine Nation
will, als ihr Weg zu dem was sie wollen soll. Nehmen Sie um’s Himmels
und um der beßren willen, so existiren, und die sich entwicklen können,
den Zügel des tollen jagenden Fuhrwerks in Ihre Hand, lassen Sie’s
einlenken ehe es noch _mehr_ geladen vom höchsten Fels der Verkertheit
zerschmettert stürtzt, oder verfahren in Einsamkeit verwittert und in
50, oder Gott weiß welche Geschichtszahl von Jahren, nicht wieder zu
sich kommt. So wie es ist, verdirbt’s die _Jugend_. -- Die _Höfe_. Noch
geht alles von den letztern aus; und die erste umspannt alle _Zukunft_.
Es ist wahrhaftig nicht solche Kleinigkeit wie unumsichtige wähnen!
Warum soll Gemeinheit herschen; tausendfache Vor- und Unurtheile aller
Art; und alle Abend in diesen Tempeln predigen, wirken, verleiten,
hoffärtig, stupid und närrisch machen dürfen? So, daß man nach dem
Theater gegen 10 Uhr auch mit keinem Menschen mehr sprechen kann? Mit
demselben wohlgepflegten Unverstand richten sie ja nicht minder Thaten
und Sitten?! und helfen im strengsten Sinn des Worts unsre Welt so
machen _wie sie ist_. Ein _Jeder_ muß helfen, den sie schlecht findet:
und deshalb schreib’ _ich_, _Ihnen_. Wissen Sie! Sie haben Freünde,
Gleichgesinnte hier. Die letzte Veranlassung, wegen welcher ich Ihnen
schreibe, ist Alexander und Darius. Da hatte ich die Ehre Wort für
Wort zu schreien -- und zu vertheidigen -- was ich heüte von Ihnen
las. Welche Freüde, welcher _Trost_ und Triumpf! Alle Stellen, die Sie
rühmen, hab’ ich lobend zitiren müssen. Jedes mein’ ich wie Sie, und
todt habe ich mich bey den beßten sprechen müssen. Immer denselben
stereotipen Helden wollen sie bald sehen! In einer schlechtern Art
als die Franzosen, die sie stupid tadlen. Ich _will_ keine Einheit!
Mir _gefiel_ das Gastmal, der Tanz; das andre persönliche häusliche
Daseyn des Alexanders &c.: _was_ Sie sagen! und in noch mehr bin ich
Ihrer Meinung. _Entzükt_ war ich, einmal _kein_ kritisch Stück zu
höhren: wo ja Fouqué doch im Zauberring alles vorweg genommen, durch
die Pferde, die 20, 30 Schritte, und noch mehr, vor Heiden-Helden
pruschen und scheuen! Mißverstehn Sie mich _nicht_. Die Unnatur in den
höchsten Sphären, und die Unvernunft _dort_, reizt meine _höchste_
Empöhrung. Varnhagen steht mir treulich bey, auch manchmal mit einem
gedruckten Ruf. Er grüßt Sie herzlich und einverstanden! Agneschen wird
Sie auch schon gegrüßt haben. Ich war so glücklich sie Mad. Milder in
ihrer höchsten Begeisterung ~en petit comité~ höhren zu lassen, und
ihren höchsten Stücken. Agnes wird Ihnen doch wohl meine medizinische
Verordnung mitgetheilt haben! Fragen Sie sie ab im Neinfall! Gott gebe
_Ihnen Gesundheit_! Das ist der treüste Wunsch

    Ihrer treüen

    _Fr. Varnhagen_.

Ich grüße die Damen Ihres Hauses auf’s Schönste!

Bedenken Sie ja das _laufende_ Theater mit Ihrem Fleiß!!! O!
hätten Sie ein würdigendes Wort von Mad. Brede gesagt. Sie ist jetzt
hier. ~adio!~


X.

    _Berlin_, Sonntag, den 18t. März 1827.

[Illustration]

Ich verlasse mich auf Ihre Ehrlichkeit, lieber Freund, in ~Talia~
und ~Melpomene~! Diese Sache wird immer rarer; die Mißgeburthen
und Mißurtheile immer mehr überschwemmend! -- und bitte Sie nur,
den Hrn. Krüger zu sehn, wenn er in Dresden spielt! für den Rest
ist mir nicht bange. Wenn es seyn kann, nur irgend; so lassen Sie
ihn den Alexander in Uechtritz’ Stück spielen! Er fürchtet, grade
diese Rolle in _Dresden_ zu spielen, in welcher Sie mit dem
dortigen Schauspieler so zufrieden waren. Ich fürchte mich aber gar
nicht; wie er diese Rolle nahm, und leisten konnte, das war grade
sein Wendepunkt. _Seit_ der Zeit ist er ein Anderer; bis dahin
war er nicht, was er seyn konnte. Wenn auch der Herr in Dresden
diesen Alexander ganz anders nehmen und darthun mag, so spielt Krüger
einen Menschen, eine vollkommen gestaltete, zu verstehende Person in
ihm. Sie werden doch den Mimen gestatten, was Sie mit unerläßlicher
dichterischer ~générosité~ dem Dichter zulassen: die Historie
in den jetzigen, oder in irgend einen lebendigen zusammenhängenden
Moment zu übersetzen! Dies leistete mir Krüger im Alexander; ich sah
hell und klar in den Busen eines Erobrers: Nicht trüb und düster war
es zu schaun, herrschsüchtig, und Schmerz und Wunden verachtend,
zerstörungslustig, oder nicht achtend -- wie jetzige und gewesene
Helden von der Menge imaginirt, gehaßt und nicht geliebt werden. Es
war ein heitere großmüthige Seele, der es _nicht einfallen_
konnte, ein Bürgerleben zu führen, irgend etwas in’s Kleine zu sehn;
der wenn es je zur Frage bey ihm gekommen wäre, gewiß lieber den doch
alles Leben endenden Tod schnell, heiter, vergnügt vor einem kleinen
ihm ganz fremden Leben vorgezogen hätte. Den Feldherrn zeigte Kr.
im Zelte, der seine Leute genau kennt; der einen schlechten Vorfall
nicht anerkennt, und selbst Hand anlegend einen guten daraus macht.
Auch _gab er_ den Alex.: den Uechtritz zeigte vortrefflich: bey’m
Gelage z. E.: Griechenleben, umgränzt von Allem, was jetziger Anstand
fordert. Sehr gut; wenn er’s dort eben so macht. Ueberhaupt; sollte er
bey Ihnen diese Rolle geben, so halten Sie ihn an; daß er sie grad
eben so gebe, wie hier das _Erste Mal_. Besonders muß er zuletzt
_so_ abgehen und das _so_ sagen, was er zuletzt zu sagen
hat. Eine _Welt_ von zu Geschehendem that sich auf! Solch Ende
überhaupt _will ich_: nicht eine Idee, wie sie’s nennen, ein
todt-willkührlich-Abgemachtes, wie so etwas nach einer
schöngeschriebenen Vorschrift; warum nicht gar! weiter, und weiter
entwickelt sich Leben; und Dichtung geht ihm nach und vor! Lassen
Sie ihn ja Leister in Maria Stuart spielen! Wolff[13] ein geputzter,
leerer Hystrione darin: Ifland hoffend, das Publikum würde aus äußern
Gestikulazionen, Pausen, Mienenschneiderey -- Traurigkeit _über_
die Rolle -- Putzkostüm, sich selbst einen Leister zusammenmachen. --
Nichts! _der_ spielt ihn: er macht keinen Würdigen daraus: zeigt
aber wie so er unwürdig ist; und wie auch als ein Träger solches,
doch wahre Angst, Absicht, Furcht, Scheu und Entschluß haben kann.
Schiller selber hätte seinen Leister besser erkannt. Krüger hat
Stimme und Sprache in seiner Gewalt, steht über seiner Person, macht
sie zu einer (weggerissen) spielt nicht einzelne Stellen, und nach
einzelnen Ausdrücken, sondern schon aus seinen ganzen Rollen, hat sich
ausgeschrieen, ohne der Stimme zu schaden, und declamirt fast nie mehr.

Beschützen Sie solchen gut gerichteten Fleiß, und seinen jetzigen und
künftigen Ertrag.

Alles was Sie über Theater sagen, unterschreib ich das ganze Jahr
hindurch; aber _zu Hause_! selten lasse ich mich fangen zu
_der_ Ungeduld. Die machen sie mir. Doch sehe ich alles, was
zur _Geschichte_ des Bühnenwesens gehöhrt; wann das muß, das
unterscheide ich auf dem Punkt. Ich _bin_ einer der größten
Theater-Kenner. Das beweisen _Sie_ mir. Wieder; auch; denn ganz
_allein_, würd’ ich es auch glauben.

Seyn Sie gesund! Beßeres weiß ich nicht! Das lernt man ~quand on est
criblé de rhumatisme~. Er ist toll; und haust auf mich, in mir. Hr.
Krüger wird mir von Ihnen erzählen: Sie schreiben nicht. Wie schwer
wird’s _mir_!!!!!!!! Gift ist es mir. Schöne Grüße all Ihren vier
Damen! Keine soll etwa Krüger bey Ihnen verkleinern; sondern, Sie rein
und frisch urtheilen lassen. Wie sonst, und immer

    Ihre

    _Fr. Varnhagen_.

Varnh. weiß nicht, daß ich Empfehlungen schreibe! Adieu.



                              =Vorholz.=

    Wenn diese Sammlung den Hauptzweck verfolgt: Tieck’s Angedenken
    unserer jüngeren Generation ehrenvoll wach zu rufen, und gewissen
    Leuten vor Augen zu stellen, wie tief und innig der oft geschmähete
    Meister mit seinen Werken in die Seelen der guten, klugen,
    redlichen Zeitgenossen gedrungen ist, welchen Wiederklang seine
    Dichterstimme erweckt hat,... dann können wir dieß Zeugniß eines
    schlichten Bürgersmannes nicht hoch genug anschlagen. Es sagt
    in einfachen ungekünstelten Worten unendlich mehr _für_
    Tieck, als spitzige, in Gift und Galle getauchte Federn, auch von
    gelehrten Gegnern geführt, _gegen_ ihn aufzubringen vermochten.


    (Ohne Datum.)

    _Sehr verehrter Herr!_

Ich habe den jungen Tischlermeister gelesen. Wenn je ein prosaisches
Buch mir Nahrung für Herz und Seele gewährte, so ist es Dieß,
Ihr herrliches Product. Wie bin ich froh, nicht nach dem ersten
Durchlesen gleich Gelegenheit gehabt zu haben, Ihnen Verehrter meine
Herzensmeinung darüber zu sagen, Sie hätten gewiß geglaubt, es sei in
meinem Oberhause nicht richtig. Aber! ich habe den Tischler nochmal
gelesen und werde ihn wieder lesen! und bei der zeitigen Ueberschauung
ist der Nachhall nur desto dauernder. Ist die ganze Auffassung breit
und lang, so habe ich es recht gefunden, der Tischlermeister kommt
mir vor, wie ein in die kleinsten Bedeutungen ausgeführtes Gemälde,
mit Naturschönheiten, belebten Stellen und Personen. Freilich! an dem
Urtheil des Laien liegt in der Regel wenig, doch wenn ich Ihnen sage:
daß ich diesen Leonhard nicht nur empfunden, sondern _durchlebt_
habe, wird es Sie nicht wundern. Wer anders könnte ihn zeichnen, als
eine große Seele, die den tiefsten Blick in das Leben der sogenannten
Stände gethan. Wer wie ich, es erfahren hat, daß der Stand des
Handwerkers oft das Einzige Hinderniß, daß Personen, die sich gerne
ihm hingeben möchten, sich zurückhalten, der wird finden, wie treu Sie
den Elsheim zeichneten, als er verlangte, Leonhard müsse als Professor
aufgeführt werden. Wie sehr füllte er im Hause der Baronin seine Stelle
aus, sogar die reizende Charlotte verliebte sich in den verheuratheten
Handwerksmann und doch hätte er Nichts gegolten, wenn er als Tischler
erschienen wäre, man hätte über ihn mitleidig gelächelt und ihm seinen
Plaz bei der Bedienung angewiesen! wie schön deßhalb bald nach dem
Eingang des Buches, wie schön die Schilderung des patriarchalischen
Standes des deutschen Hausvaters und Bürgers im Gegensaze mit den
französirten Halbherren der Neuzeit, o wie ganz aus meiner Seele
genommen! Das Gasthofgemälde mit der rüstigen Wirthin, dem trägen Wirth
und Allen den vielen Gästen bildet schon für sich ein anziehendes Bild.
Sie wissen es selbst, wie wenig sich die sogenannten höhern Stände
um die Andern bekümmern, hätten Sie es sonst nicht gefügt, daß die
ganze Gesellschaft im Schlosse der Baronin in Leonhard keinen Tischler
vermuthete? den alten Bedienten allein ließen Sie ganz richtig die
Wahrnehmung machen. Die Färbung des Pietismus ist so ganz Wahrheit und
wie richtig, wie die lockende Verführerin gar bald eine Fromme wird und
ihr eroberter Eheherr muß demüthiglich mit beten, sammt dem Hof und
Haushalt.

Sollte ich mich aber versteigen und Ihnen über die Zeichnungen der
Theaterstücke und ihre Aufführung etwas sagen? Das sei ferne von mir.
Ich empfinde Ihre hohe Meisterschaft, sie auszudrücken bin ich nicht
berufen, die Welt hat Ihren hohen Rang darin anerkannt. Ich bleibe
hübsch in meinem Geleise der Bürgerlichkeit und wandre mit Leonhard in
das altteutsche Nürnberg, wo ich vor zwei Jahren die weite Reise zum
Dürerfeste hin nahm und welches von Ihnen so treu, so wahr mir wieder
vorgeführt ward, wo ich so viel erfahren, was Sie an Leonhard der Welt
anschaulich machten.

Sie, verehrter Herr, haben es durchschaut und ein großer Dichter hat
es irgendwo ausgesprochen: daß es nichts poetischeres gebe, als der
Handwerksstand in Teutschland. Sie fühlen es ferner, wie sehr sich
Alles aus diesem Stande hinausarbeitet, Sie durchschauen aber auch,
daß der Titular-Fabrikant mit einem Taglöhner arbeitend, mehr gilt,
als der wackere Handwerksmann mit sechs Gesellen, daß äußerer Anstrich
mehr gilt, als die stille anspruchlose Bescheidenheit mit ihrem heitern
Loose.

Alles Dieses haben Sie bewiesen in dem Buche, für dessen reichen Inhalt
Ihnen ein treuherziger Handwerksmann die teutsche Hand drückt. Ich habe
lange gesprochen, aber, Sie haben es auch so gemacht! Könnten Sie in
mein Innres schauen, Sie würden das lesen, was ich nicht zu schreiben
vermag. Ich sage Sie würden? nein! Sie werden lesen, ein Mann der den
tiefsten Blick in die Bildungen des Herzens that, hat schon im Eingange
ersehen, was der Unfähige ihm vorlallen wollte.

So schließe ich nun und bitte die Freiheit ab, mit der ich es gewagt,
vor den großen Mann zu treten, wie die Maus vor den Löwen! Nehmen Sie
dieses nachsichtlich als einen Beweis von Dankbarkeit von einem Manne,
der nicht sagen kann, wie sehr er stets sein wird, Hochgeehrtester Herr

    Ihr ganz ehrfurchtsvoller

    _C. Vorholz_, Bäckermeister.



                      =Waagen, Gustav Friedrich.=

    Geb. zu Hamburg am 11. Februar 1794. -- Direktor der
    Gemälde-Gallerie der königl. Museen; seit 1844 Professor der
    Kunstgeschichte an der k. Universität Berlin.

    Ueber die Maler van Eyck (1822.) -- Kunstwerke und Künstler in
    England und Paris, 3 Bde. (1837-39.) -- Kunstwerke und Künstler in
    Deutschland, 2 Bde. (1843-45.)

    Aus vielen vorhandenen Zuschriften, welche W. an seinen verehrten
    Freund und Oheim im Laufe langer intimster Verhältnisse gerichtet,
    haben wir nur einen ausgewählt, und diesen gerade, weil er vom Tode
    der unvergeßlichen Dorothea handelt, und uns die Menschen und ihr
    Verhältniß zu einander klar macht. An alle übrigen durften wir uns,
    ihrer Familien-Beziehungen halber, nicht wagen. Als erwünschten
    Anhang zu diesem Briefe geben wir eine Einlage des späteren
    königl. General-Adjutanten und Gesandten in Rom[14], Freiherrn von
    Willisen. (Nr. 4.) -- Zwei höchst bedeutende Schreiben Tieck’s (Nr.
    1 und 2) hat dieser schon, als für den Druck bestimmt, in Abschrift
    seiner Sammlung beigefügt.


    Ludwig Tieck an Waagen.

    I.

    _Zibingen_, den 4. Febr. 1815.

    _Mein liebster Gustav!_

Immer wieder von neuem erfreut mich Deine Liebe zu mir, und jedes Wort
von Deiner Hand thut mir wohl, nur schmerzt es mich zu hart, daß Dein
Gesundheitszustand so wenig ist, wie er sein sollte, daß Du schon seit
vier Monaten das Zimmer nicht hast verlassen können. Ich hoffe, mit
dem Frühjahr soll es Dir besser gehn. Dieser Winter ist ungesund, und
ich habe mich auch seit lange nicht wohl befunden, so daß auch meine
Arbeiten auf mancherlei Art sind unterbrochen worden. Es thut mir, wie
Dir leid, daß Du nicht nach Heidelberg gehen kannst, indessen mußt Du
Dir nicht schon vorher Deinen künftigen Aufenthalt in der Phantasie
zu sehr verleiden; Breslau hat schöne Denkmäler der Architectur,
merkwürdige Alterthümer, herrliche Bibliotheken, in denen sich wahre
Seltenheiten, auch treffliche Manuscripte befinden. Das Volk gefällt
mir eben so wenig, wie Dir, indessen leben doch viele ausgezeichnete
Menschen dort, wovon Dich viele, wie ich hoffe, gut und freundlich
aufnehmen werden: was ich Dir dort irgend nützlich sein kann, soll Dir
gewiß nicht fehlen, ich will Dir an v. d. Hagen einen Brief schicken,
den zweiten Raumer kennst Du durch den Bruder, doch werde ich noch
Deinetwegen an ihn schreiben. Du hast doch den Vortheil zum wenigsten,
daß Du bei Verwandten im Hause wohnen wirst, wo Du wie ein Sohn und
Bruder wirst sein können, und Dich nicht plötzlich in eine fremde ferne
Welt hinausgestoßen fühlen, was Einem in den jungen Jahren recht bange
thun kann. Vielleicht hast Du in der Zukunft doch noch Gelegenheit zu
reisen, vielleicht auch noch auf einer andern Universität zu studiren.
Hüte Dich nur, das ist das Wichtigste, vor der Hypochondrie, lerne
Dich ein, jede Stunde des Lebens zu genießen und froh zu sein; der
heitre Mensch lernt und denkt in einer Stunde mehr, als der trübe und
verstimmte in Wochen. Nur Heiterkeit bringt den wahren, gedeihlichen
Fleiß hervor. --

Es ist schön, daß Du so fleißig bist, ich hoffe, Du bist es nicht zu
sehr; nur, Liebster, hast Du denn auch gute Ausgaben der Classiker?
Denn das ist die Hauptsache, um sie in Deinen Jahren mit Nutzen zu
lesen. Vielleicht kann Dir Gustav Alberti damit aushelfen. Theile Dir
Deinen Tag etwas ein, und ermüde Dich nicht zu lange über einem und
demselben Buch. Lies ja auch Griechische Autoren, Plutarch, wenn Du
schon so weit bist, den Thucydides, und neben dem Homer den Sophocles.
Tacitus ist erst wahrhaft groß in seinen Annalen und der Geschichte.
Was Du mir vom Horaz und Virgil schreibst, begreife ich wohl. Ich habe
an mir selbst und an Mitschülern in der Jugend die Erfahrung gemacht,
daß diejenigen jungen Leute, die wirklichen Sinn für die Poesie
hatten, lange Zeit den Alten keinen Geschmack abgewinnen konnten.
Trifft es sich, wie es natürlich geht, daß wir unter den Neuern
Lieblinge antreffen, und uns irgend einen großen Dichter der neuern
Zeit befreunden, so werden dadurch leicht die größten Schönheiten des
Alterthums auf gewisse Weise verdunkelt, so daß uns erst späterhin
wieder der Sinn für diese aufgeht. Dazu kommt, daß die einfache,
rührende Größe des Alterthums erst recht einleuchtet, wenn wir vieles
in uns überwunden, durchlebt, Irrthümer erfahren und abgelegt haben.
Warum soll denn auch die Jugend das Interessante, Blendende, Sonderbare
nicht vorziehen dürfen? Doch laß Dich, mein Lieber, ja nicht in Deiner
Verehrung für den Cervantes irre machen, so ist es nicht gemeint, und
ich wünschte nur, Du könntest diesen großen Meister erst Spanisch
lesen, um ihn noch mehr zu verehren; studire nur recht den Shakspeare
und Goethe, und wohin Dich Deine Neigung führt, die bei Deinem wahrhaft
poetischen Gemüthe gewiß nichts Abgeschmacktes oder Unedles ergreifen
wird. Es kann ja auch sein, daß in Dir selber ein zukünftiger Dichter
schläft, und jemehr dies der Fall ist, je bestimmter und einseitiger
wirst Du vieles von Dir zurückstoßen und Dir andres gewaltsam aneignen:
die Universalität sollen wir in der Jugend, und vielleicht nie, haben;
ein frühzeitiges Streben danach erstickt Talent und Urtheil, und viele
neuere Schulen, die neben der Sprachgelehrsamkeit auch ästhetisch
hierin haben verfahren wollen, sind auf dem allerfalschesten Wege
gewesen. Alles, was ich aber hier gesagt habe, kann sich überhaupt
kaum auf die Römer beziehn, und ich theile hierüber nur Deine Gefühle,
denn genau zu sprechen, haben sie wohl keine Dichtkunst, wie keine
Kunst besessen; Herrschen, Reden, Geschichte schreiben, Krieg führen,
dies waren ihre Talente. Was sie an Poesie aufzuweisen haben (wenn
nicht das Alte, Einheimische untergegangen ist) ist auch nie national
geworden, wie bei den Griechen: was ist Plautus und Terenz anders, als
Uebertragung und Verderbung griechischer Vorbilder? Wie mögen die Verse
der griechischen Lyriker anders ausgesehen haben, als wir sie beim
Horaz wieder finden? Da, wo wir ihm auf der Spur sind, sehn wir den
Unterschied nur gar zu deutlich. Der originellste Dichter der Römer
ist nach meiner Meinung Ovid, nur ist er oft gering und klein; Catull
ist mir sehr lieb, und im Horaz seh ich den feinen, edlen Weltmann,
mich erheitert die Urbanität seiner Gesinnungen und mich reizt die
Eleganz seines Ausdrucks, aber wenn ich an große, an wahre Dichter
denke, ist er der Letzte, der mir in’s Gedächtniß kommt. Darum sind
auch seine Satyren eigentlich nur das Werk, von dem man als einem recht
eigenthümlichen sprechen kann. Welchen falschen Einfluß sein lustiger
Brief ~ad Pisones~, den man ~ars poetica~ hat nennen wollen,
auf die Bildung der neuern Welt gehabt hat, wird Dir wohl noch einmal
in Zukunft recht deutlich werden. Kann es eine unglücklichere Aufgabe
für einen Poeten geben, als überhaupt die Art des Landbaus beschreiben
zu wollen und zu lehren, oder gar wie es Virgil gethan hat? Das sind
die Gedichte, die nur entstehn können, wenn ein Volk Luxus genug hat,
um auch Dichter haben zu wollen, mißverstandenen Stolz genug, daß sie
lehrreich sein, und Verirrung aller Begriffe, Mangel an Kunst und
Enthusiasmus, daß sie sich mit gezwungener Künstlichkeit auf etwas
beziehen sollen. Wie sieht dagegen das unschuldige, aus dem Gemüth
geschriebene, aber freilich auch unpoetische alte Spruchgedicht des
Hesiodus aus! Ueberhaupt, Lieber, mache Dich nur mit frischem Muth an
die Griechen, und ich bin fest überzeugt, daß sie Dir einleuchten und
Dich begeistern werden, ohne daß deshalb Deiner zärtlichen Liebe für
die Neuern Eintrag geschieht.

Wie Du den Homer liebst, weiß ich; auswendig muß man ihn wissen, er ist
kein Dichter mehr, er ist Natur, Menschheit und Kunst selbst; kannst
Du zum Aeschylos und Sophocles gelangen, so studire sie, und auch
nachher den Pindar. Euripides ist eine höchst merkwürdige Zerbrechung
griechischer Kunstvollendung und mir darum sehr lieb und wahr, weil
er mir manche große Erscheinung der Neuern erklären hilft. Gegenüber
die großen Prosaiker Herodot, Thucydides und dann Plato, Aristoteles,
welche Namen! Der Theocrit wird Dir gewiß zusagen, um so weniger Dir
Geßner gefällt. Livius, Tacitus, alle Geschichtschreiber der Römer
studire fleißig und die lateinischen Dichter der Sprache, weniger des
Inhalts wegen. Die Philologie ist überhaupt eine Wissenschaft, in
der sich alles in einem herrlichen Zirkel vereinigt, und selbst das
Unbedeutende wichtig wird, weil es erklärt, etwas Wichtiges erhellt,
und so durch das ganze Studium Ein Leben geht. -- Erhalte Dich nur
gesund, halte gute Diät, bewege Dich im Freien, wenn das mildere Wetter
eintritt. Will Dich Melankolie überschleichen, so gedenke an den
Wechsel aller Dinge, den Untergang der Staaten und Herrscher, und übe
Dich, auch das Größte und Ernsteste im komischen Lichte zu sehen. --
Vielleicht findet sich im Frühjahr Gelegenheit, daß Du uns besuchst,
ich möchte noch mündlich über vielerlei Gegenstände mit Dir sprechen:
in Prag warst Du heiter, sei immer so; damals war die Lage der Welt
gewiß trostlos und Deine eigene nicht erfreulich zu nennen. --

Ich bin diesen Sommer acht Wochen in Berlin gewesen; die letzten drei
Wochen war Martins da, ich habe ihn aber nicht gesehen, ob ich ihm
gleich durch andre sagen ließ, wo ich wohnte. Das hat mir von dem
jungen Menschen nicht gefallen, gegen den ich doch, wie Du selbst
gesehen hast, in Prag so freundschaftlich und hülfreich gewesen bin,
wie ich es nur sein konnte. Ich hoffe, Wilhelm soll in seinem neuen
Berufe glücklich und zufrieden werden, ich wünsche ihm alles Glück.

Wenn ich glauben soll, daß Dir dieser lange Brief Freude und nicht
Verdruß gemacht hat, so antworte mir recht bald. Quäle Dich nur mit
Deiner Hand; glaube nur, es hat mich auch in Deinen Jahren viel Mühe
gekostet, deutlich zu schreiben. Dich umarmt

    Dein

    Freund

    _Ludwig Tieck_.


    Ludwig Tieck an Waagen.

II.

    _Ziebingen_, d. 30. März 1815.

    _Lieber Gustav_.

Nimm meinen herzlichsten Glückwunsch an auf dem Wege zu Deiner neuen
Bestimmung. Gewiß wirst Du Dir einen neuen Muth zum Leben fassen und
immer mehr einsehn lernen, daß unser guter Wille eins und alles ist,
was wir bringen können, um zu erlangen, was wir erstreben. Darum
wirst Du auch gewiß Deine Aengstlichkeit verlieren und Deine Anlage
zur Heiterkeit wird sich immer mehr entwickeln. Du findest ja auch
Freunde in dem Orte Deiner Bestimmung, und ich hoffe, daß die Einlagen
Dir einigen Nutzen gewähren sollen. Meinst Du, daß ich Dir bei irgend
wem sonst noch helfen kann, so brauchst Du mir nur einen Wink darüber
zu geben, um mich bereitwillig zu finden. Vergiß ja niemals, daß die
Universitäten nicht dazu da sein können, den Gelehrten zu vollenden,
sondern nur um dem Studirenden den ganzen Apparat, alles Werkzeug,
alle Handhaben zu geben, damit er in Zukunft ein Gelehrter werde. Denn
nur zu oft geschieht es, daß ein junger Mann sich abängstigt, wenn er
sieht, wie viel ihm fehlt, wie vieles so manche seiner Lehrer schon
besitzen. Er übertreibt oft Arbeit und Anstrengung, um denen gleich
zu werden. Aber Umsicht soll er gewinnen, sich zurecht finden lernen,
Ordnung, Zusammenhang begreifen. Die Köpfe, die schon als Studenten
sich als wahre Gelehrte ankündigen und oft die schönsten Hoffnungen
erregen, haben nur selten diese Hoffnungen erfüllt. Man stürzt sich
auch gar zu leicht auf ein einseitiges Studium, gewinnt hier wirklich
Grund und Boden, und hat es in spätern Jahren dann um so schwerer, den
Zusammenhang wieder zu finden, den man über einseitiger Anstrengung
verfehlen mußte. Alle guten Köpfe müssen doch eigentlich Autodidacten
werden, nur nicht zu früh: Die Universität schlägt uns das Gesammte
der Wissenschaft wie ein Buch auf, damit wir in so weit uns und die
Gelehrsamkeit kennen lernen, zu sehen, wohin wir unsre Wünsche richten
möchten; wir ahnden dann, wo noch Dunkelheit, Lücke ist, die wir
erhellen oder ausfüllen möchten, sei’s im Einzelnen oder im Ganzen.
Schreibe mir doch ja von Zeit zu Zeit, und suche im Griechischen weiter
zu kommen.

An Raumer findest Du einen reichen und hellen Kopf; Hagen ist sehr
bewandert im Fach des Altdeutschen. Steffens kennst Du; nur, (unter
uns gesagt) laß Dich von der Philosophie nicht so reizen, daß sie Dir,
wie so vielen jungen Leuten, alle Zeit und Kräfte wegnimmt. Denn des
bösen Einflusses nicht zu gedenken, den eine solche Einseitigkeit auf
Gesinnung und Charakter meist hat, so vergiß nicht, daß man Philosophie
immer studiren kann und in reifern Jahren um so besser, daß man aber
nicht so die versäumten Sprachen, die gründliche Geschichte nachholen
kann. Doch übe Dich im Denken, weise nichts ab, was Dir Anfangs nicht
einleuchten will, sei aber wo möglich eben so wenig polemisch gegen,
wie anbetend und bekehrend für Deine Lehrer gestimmt. Logik besonders
haben die neuern Philosophen zu sehr vernachlässigt; sie ist die
Vorschule. Hast Du Dich geübt, so wird Dein Sinn Dich später schon auf
die Philosophie führen, die Dir die rechte ist, oder Du siehst ein,
daß Du kein Talent dazu hast. Denker sollen wir alle, aber nicht alle
Philosophen sein, so wenig wie Violinspieler. Sprachen, Geschichte,
Alterthümer, und wo möglich alles recht im Zusammenhang, das muß
Dein Haupt-Augenmerk sein, wenn Du noch die Absicht hast, keines der
eigentlichen Brodstudien zu erwählen.

Grüße vorerst Steffens und seine Frau, und Raumers recht herzlich von
mir, recht bald sollen sie auch einen Brief erhalten. Sei nur froh und
heiter, und erhalte Dich gesund.

    Dein

    Dich liebender Freund

    _L. Tieck_.


    Waagen an Tieck.

III.

    _Berlin_, den 20ten März 41.

    _Liebster Onkel_.

Ich bin überzeugt, Du wirst es nicht für Mangel an Theilnahme
halten, daß ich Dir bisher nicht geschrieben. Jeder hat seine Art zu
fühlen, und die meinige ist, daß mir in einem solchen Fall, der die
Natur bis in ihre geheimsten Tiefen durchschüttert, jedes, auch das
bestgemeinte, das innigste Wort so unbeschreiblich dürftig und arm
erscheint, daß ich eine gewisse Scheu habe, es auszusprechen. Und
was konnt’ ich vollends einem Manne wie Dir sagen, der dieses vor so
vielen andern auf seine Weise durcharbeiten muß! Von der Größe Deines
Schmerzes konnt ich mir aus dem, den ich empfand und noch empfinde,
eine Vorstellung machen, denn nach dem Tode des seeligen Vaters hat
kein Fall mich so erschüttert, als dieser. So muß das Gefühl sein,
wenn man eine unendlich geliebte Schwester verliert, denn es ist
mit Dorothee mir ein Wesen hingeschieden, was zu meinen geistigen
Lebenselementen gehörte und mir durchaus unersetzlich ist. Ich habe
ihr Todtenopfer auf meine Weise dadurch begangen, daß ich mir alle
die schönen Zeiten, welche ich in Deinem Hause von frühster Kindheit
mit ihr erlebt, auf das lebhafteste vergegenwärtigt habe. Ihr ganzes
Wesen, die wunderbare Einfachheit, Wahrheit und Schlichtheit, womit sie
sich über die tiefsten und zartesten Beziehungen des Lebens aussprach,
was ich immer am meisten an ihr bewunderte, ist mir dadurch auf das
Erquicklichste vor die Seele getreten. Nach einem solchen Verlust
müßen alle Deine Freunde sich enger und inniger an Dich anschließen,
und so fühle auch ich denn die reine Liebe, mit der ich Dir von ganzem
Herzen zugethan bin, liebster Freund, jetzt doppelt lebhaft. Du bist
mir von Kindesbeinen an mit Rath und That immer ein treuer Eckhart
gewesen. Es hat mich daher sehr beruhigt, daß Dein Schmerz sich bald
in Thränen hat Luft machen können. Sehr gefreut hat es mich aber,
daß Du den Blick in die Zukunft richtest, daß Du durch Umziehen und
Reisen ein neues Leben beginnen willst. Gewiß die rechte und einzige
Weise, um einen solchen Schlag in Deinen Jahren zu verwinden, wie die
Faßung dieser Entschlüße dafür bürgt, daß es Dir gelingen wird. Wie
unendlich leid thut es mir jetzt, daß die vielen Geschäfte, welche
der Regierungswechsel im vorigen Jahre mir zu Wege brachte, mich
verhindert haben, den alten, beglückenden Zustand als ein Glied Deiner
Familie noch einmal zu genießen! Mit Deinem Herkommen im Laufe dieses
Sommers, wird dafür ein Lieblingswunsch von mir in Erfüllung gehen.
Dein Aufenthalt in Sanssouci gestaltet sich jetzt sehr behaglich; an
dem Dich so sehr verehrenden Willisen wirst Du einen treuen und feinen
Vermittler in allen Deinen Beziehungen zum König und auch in allen
Dingen einen höchst practischen Beistand haben. Du kannst Dich ihm mit
dem unbedingtesten Vertrauen hingeben, da er einer der wenigen Menschen
ist, die durchaus zuverläßig sind. Wie freue ich mich darauf, Dir bei
der Schau des Museums alles möglichst bequem zu machen!

In meinen Arbeiten bin ich seit meiner Rückkunft aus Wien viel gestört
worden, indeß wird doch der erste Theil meines Reiseberichts, der
das Erzgebirge, die Städte in Franken, so wie Nördlingen und Augsburg
umfaßt, in diesem Frühjahr bei Brockhaus gedruckt werden können.
-- Seit vier Wochen leide ich so sehr an einem heftigen Anfall von
Hämorrhoiden, daß ich das Zimmer hüten muß und von Schmerzen und
schmaler Diät ganz matt bin.

Da außer Dir Schlegel, Schelling, Cornelius und die Grimms diesen
Sommer hier sein werden, wird hier ein recht lebhafter geistiger
Verkehr stattfinden. Nur den treuen Raumer wirst Du freilich immer sehr
vermißen.

Mit der Bitte der herzlichsten Grüße an die Gräfin, womit auch Blandine
die ihrigen für Dich und sie vereinigt in treuer Liebe

    Ganz Dein

    _Gustav Waagen_.


IV.

    _Berlin_, 20/2. 41.

    _Verehrtester Herr Hofrath_.

Unser gnädigster Herr und geliebtester König denkt schon jetzt oft
mit Freuden an die Zeit, die Sie im nächsten Sommer hier zubringen
werden. Unter Besonderem, was er davon hofft, sagte er neulich, wolle
er Sie veranlassen, auf dem Theater im Neuen Palais, also nur vor
einem kleinen eingeladenen Publikum, die Aufführung eines antiken
griechischen Trauerspiels ins Werk zu setzen. Wir sprachen natürlich
mehr von der Schwierigkeit des Unternehmens und ich sagte dann bald,
daß Sie jeden Falls die Aufgabe wenn nicht besser doch für sich
selbst angenehmer lösen würden, wenn sie Ihnen jetzt bekannt würde,
als wenn dies nur unmittelbar geschähe, worauf ich dann die Erlaubniß
erhielt, Ihnen dieses mitzutheilen. Der König hat sich für keines
der Stücke entschieden erklärt, nur sagt er, daß er für Oedipus in
Theben eine große Vorliebe habe. Die Wahl wird aber Ihrem Ermessen
wesentlich überlassen werden und bleiben. Drei große Fragen sind es
vornämlich, die sich bei der Lösung der Aufgabe darbieten. Einrichtung
des Theaters; die Masken; Behandlung der Chöre. Sie haben gewiß über
alle schon sehr positive und begründete Ansichten und die Vorstellung,
es erscheinen zu lassen und ins Werk zu richten, wird Sie über Manches
noch zu weiterm Nachdenken veranlassen. Wenn wir dann einmal bei
solchen Kuriositäten sind, hoffe ich auf eine echte Vorstellung eines
Shakespeare’s, ich verspreche mir sehr viel von solcher Vorstellung
ohne das störende Beiwesen der äußern Pracht.

Wie sehr ich mich freue, Sie in diesem Sommer eine längere Zeit zu
sehen, kann ich Ihnen gar nicht sagen; es ist mir darin eine Hoffnung
nahe gerückt, die ich mit um so mehr Schmerz schon ganz aufgegeben
hatte, als sie früher zu meinen sehr innig gehegten gehört hatte. Gebe
nur Gott, daß Ihre Gesundheit und Kräfte Ihnen die Reise erlauben. Vor
dem Aufenthalt hier brauchen Sie sich nicht zu fürchten, denn es soll
alles geschehen, um Ihnen alle Bequemlichkeiten, deren Sie bedürfen, zu
verschaffen.

Ich bin sehr erfreut, daß dieser Allerhöchste Auftrag mir Gelegenheit
giebt, die ungemessene Verehrung auszusprechen, mit der ich bin und
immer sein werde

    Ihr

    ganz gehorsamster Diener

    _v. Willisen_,

    Major und Flügel-Adjutant.



                   =Wackenroder, Wilhelm Heinrich.=

    Geb. zu Berlin 1772, gest. daselbst am 13. Februar 1798.

    Die Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders (1797)
    an denen Tieck mitgearbeitet, und der jetzt nicht mehr genauer zu
    bestimmende Antheil, den andrerseits W. am Sternbald gehabt haben
    dürfte, sind Alles was dieser wunderbare Mensch hinterlassen. Wir
    haben deshalb seine Briefe _sämmtlich_ -- mit Weglassung
    weniger kurzer Stellen -- aufgenommen. Wir glauben dies im Sinne
    Derjenigen gethan zu haben, denen überhaupt der Sinn einwohnt
    für das Verständniß solch’ „ahnungsvoller prophetischer Natur.“
    Auf Tiecks Jugend, auf dessen geistige Entwickelung werfen diese
    Documente schwärmerischer Jünglings-Freundschaft manch’ helles
    Licht. Ja, sie scheinen wie die Morgenröthe jener ganzen Epoche
    der Dichtkunst, welche man höhnisch „die romantische“ benennt,
    und die man mit Tieck und Eichendorff glücklich begraben wissen
    wollte. -- Lächerlich! So lange Sterne flimmern, Blumen blühn,
    Vögel singen, Bäche murmeln, Baumblätter säuseln; so lange
    unerklärliche Sehnsucht jugendliche Herzen nach der Welt der Wunder
    zieht; so lange wird die romantische Poesie auf Erden walten. Und
    Wackenroder, der selige Jüngling wird ihr erster, reiner Priester
    bleiben; Er, von dem Rud. Köpke so treffend sagt: „Das Wunder
    schien die Welt zu sein, in der er eigentlich lebte, während das
    Alltägliche für ihn zum Wunder wurde.“

    In diesen wenigen Worten liegt das ganze Geheimniß der wahren
    Poesie.


I.

    _Berlin_, Dienstags. 1792.

O Himmel, lieber Tieck, wie sonderbar kommts mir vor, daß ich hier
stehe an meinem Schreibtisch, um an Dich zu schreiben: es ist das erste
Mal in meinem Leben. Doch, es kann ja nun einmal nicht anders seyn.

Mein Abschied von Dir war mir herzlich traurig; und die Stelle vor
Bernhardis Thür, wo das Schicksal uns von einander riß, wird mir
immer fatal bleiben. Aber schreib mir nur oft, und bleib gesund,
und schone Deinen Körper und Geist, und arbeite nicht zu viel, und
vergiß mich auch nicht: -- Das sind die Bedingungen, unter denen ich
Deine Abwesenheit so eben erträglich finden kann. Du weißt, daß jene
Ermahnungen aus dem Herzen kommen, und nimmst sie mir daher nicht
übel. Daß Du mir noch nicht geschrieben, verdenk’ ich Dir nicht; wenn
Du Dich aber fürs künftige an Dein mir mündlich gethanes Versprechen,
mir _wenigstens alle 14 Tage_, wo nicht noch öfter, zu schreiben,
erinnern wolltest, und es erfüllen, so würd’s mir gar herzlich lieb
seyn. Deinen Brief an Rambach habe ich gelesen, und mich sehr gefreut,
daß die Reise Dir so gut bekommen, und Du so vergnügt bist. Bleib
dabey. Mein sehnlichster Wunsch würde erfüllt seyn, wenn ich itzt durch
irgend eine zauberische Gewalt zu Dir hin versetzt würde, und mit
Dir des aufblühenden Frühlings in den schönen Feldern Deines Dorfes
genießen könnte. Du führst da ein herrliches Leben. Die Abschrift vom
1. Akt der Anna Boleyn hab’ ich auch gesehen. Hast Du noch etwas drin
geändert? Den eingeschobenen Auftritt vor Norris Monolog hab’ ich
gefunden. Schmohls und Deine Hand wechselt auf eine kuriose Art ab.
Einmal hat Schmohl nur ein Paar Worte geschrieben: es ist viel, daß
_Du_ mehr Geduld hast als er. -- Bey Rambach bin ich ein paarmal
gewesen. Er gefällt mir sehr. Schon das erstemal war er gleich so
aufgeschloßen gegen mich, daß er sich für den Verfasser der eisernen
Maske bekannte. Ich verspreche mir viel Vergnügen von seinem Umgange.
-- Vor ein paar Tagen bin ich auch mit Bernhardi nach dem Gesundbrunnen
spaziert. Ich habe mich recht sehr angenehm mit ihm unterhalten. Er
scheint sehr gern über Musik zu kritisiren und zu ästhetisiren; das
ist _mein_ Lieblingsobjekt auch; da haben wir denn so mancherley
gesprochen. Ich sagte ihm von manchen Dingen, was ich wußte: es bleibt
aber noch immer mein Verlangen, einmal in der praktischen Komposition
noch weiter zu kommen, dann würd’ ich weit reichere Quellen des
Räsonnements darüber haben; -- wenn auch nur so weit, daß ich kleine
Arien, Duetten, Chöre u. s. w. komponiren könnte, -- daß ich Dein
Lamm nach meinen Schallmeyen und Flöten auf der Bühne springen lassen
könnte. Aber -- in diesen 14 Tagen habe ich noch zu wenig Zeit gehabt,
an Dein Lamm, noch an etwas ähnliches mit Ernst zu denken. Wollte der
Himmel, ich wäre in einer so herrlichen Lage als Du jetzt. -- Mit
Bernhardi hab’ ich auch einen Satz abgehandelt, den wir auch zuweilen
wohl in unserm Gespräch berührt haben, und der mir jetzt _sehr_
einleuchtend ist: daß nämlich der Geschmack größtentheils seinen Grund
im feinern (schwächern, empfindlichern) Bau und Organisation des
Körpers habe. -- Von Wißmann hab’ ich Abschied genommen. Daß es ihm
sehr lieb seyn würde, wenn Du ihm schreibst, ist natürlich. -- Grüße
Schmohl. -- Schreib mir ja bald und oft: mein 2ter Brief wird wohl nach
Halle, nicht nach Bülzig gehen. Mein jetziger ist ziemlich kompendiös
und aphoristisch: künftig mehr. Ich weiß, daß wir beyde uns doch immer
verstehen, wir mögen uns schreiben, was und wie wir wollen. Nicht wahr?
Sonst ist es wirklich eine sonderbare Sache ums Briefschreiben. Der
ihn schreibt und der ihn empfängt, können in hundert verschiedenen
Stimmungen und Situationen seyn; und wenn beyde dann nicht genau mit
einander bekannt sind, und der letztere nicht die erforderliche Laune
hat, so sieht er jedes Wort durch eine gefärbte Brille. Doch dies
gilt nicht für uns. -- Leb wohl, lieber Tieck! und bleib mein Freund!
Denn das ist meine höchste Freude, und mein größter Stolz. Daß Du 14
oder 30 Meilen von mir entfernt bist, darf ich mir gar nicht deutlich
denken; sonst werd’ ich zu traurig. Suche so viel als möglich vergnügt
und zufrieden zu leben. Ich werd’s auch. Schreib mir nur oft und bald.
Hörst Du? recht oft! Bleib gesund.

    Dein Freund

    _W. H. Wackenroder_.


II.

    Sonnabend, Abends, den 5ten May.

    _Liebster Tieck_.

Dein Brief hat mir unaussprechliches Vergnügen gemacht; ja, er hat
mich wirklich bis zu Thränen gerührt. Wenn Du weißt, wie weich ich
bin, wirst Du mir das glauben. Tieck, ich bin entzückt, daß Du mich so
liebst! Werther sagt ganz himmlisch schön, daß er sich selber anbetete,
wenn seine Geliebte ihm die Neigung ihres Herzens kund thäte, -- und
er wiederhohlt sich selbst einmal über das andre die Worte: Lieber
Werther, in dem Tone wie sie sie ihm ausgesprochen hat.

O Tieck, ich möchte mich auch selber anbeten, wenn ein Mensch, wie Du,
dessen Worte mir Orakel sind, mich so mit dem veredelten Bilde meiner
selbst in Rausch und Taumel versetzt. -- Und wenn ich ja in Deinen
Augen etwas werth bin, wem hab’ ich es anders zu danken, als Dir? Dir
verdank’ ich Alles was ich bin, Alles! Was möchte aus mir geworden
seyn, wenn ich Dich nie kennen gelernt hätte? O Tieck, lies Dir diese
Worte mit Feuer vor, und sey stolz darauf, daß Du einen Menschen auf
immer glücklichst machst durch Deine Freundschaft, -- so stolz als ich
bin, daß Du mich würdigst, mein Freund zu seyn. Bleib es, lieber Tieck,
bleib’s; Du weißt, daß ich in alle Ewigkeit Dich über alles lieben
werde.

Herzlich freue ich mich, daß Du so schön und angenehm jetzt auf
dem Lande lebst. Ueber Deinem ganzen Briefe schwebt ein so sanfter,
schöner, heiterer Geist des Frohsinns, den Dir das Ergötzen an den
Naturschönheiten eingeflößt hat. Suche ja in dieser Stimmung zu
bleiben, und befolge ja doch selber die Regel, die Du Bernhardi giebst,
nicht so viel zu sitzen. Möchte übrigens Deine traurige Ahndung
seinethalber nicht eintreffen. Er ist so freundschaftlich und wirklich
zärtlich gegen mich, als ich es nur immer erwarten kann, und ich
werde ihm sehr, sehr gut. Wir sprechen nicht selten von Dir. Gestern
bin ich mit ihm im Komödienhause gewesen; wo sich eine Mamsell auf
der Harmonika hören ließ. Er hörte das Instrument zum erstenmal und
freute sich sehr darüber. Ich hörte es (zum 3tenmal) mit sehr vielem
Vergnügen. -- Wenn ich in ein Konzert gehe, find’ ich, daß ich immer
auf zweyerley Art die Musik genieße. Nur die eine Art des Genußes ist
die wahre: sie besteht in der aufmerksamsten Beobachtung der Töne
und ihrer Fortschreitung; in der völligen Hingebung der Seele in
diesen fortreißenden Strom von Empfindungen; in der Entfernung und
Abgezogenheit von jedem störenden Gedanken und von allen fremdartigen
sinnlichen Eindrücken. Dieses geizige Einschlürfen der Töne ist mit
einer gewissen Anstrengung verbunden, die man nicht allzulange aushält.
Eben daher glaub’ ich behaupten zu können, daß man höchstens eine
Stunde lang Musik mit Theilnehmung zu empfinden vermöge, und daß daher
Konzerte und Opern und Operetten, das Maaß der Natur überschreiten.
Die andre Art wie die Musik mich ergötzt, ist gar kein wahrer Genuß
derselben, kein passives Aufnehmen des Eindrucks der Töne, sondern
eine gewisse Thätigkeit des Geistes, die durch die Musik angeregt
und erhalten wird. Dann höre ich nicht mehr die Empfindung, die in
dem Stücke herrscht, sondern meine Gedanken und Phantasieen werden
gleichsam auf den Wellen des Gesanges entführt, und verlieren sich
oft in entfernte Schlupfwinkel. Es ist sonderbar, daß ich, in diese
Stimmung versetzt, auch am beßten über Musik als Aesthetiker nachdenken
kann, wenn ich Musik höre: es scheint, als rissen sich da von den
Empfindungen, die das Tonstück einflößt, allgemeine Ideen los, die sich
mir dann schnell und deutlich vor die Seele stellen. -- Wie ich bey
Schauspielen die Musik zwischen den Akten genieße, habe ich Dir wohl
schon sonst gesagt. Die erste Symphonie vor dem ersten Akt, höre ich
immer mit gespanntem Gefühl und inniger Theilnahme an; aber bey allem
folgenden ist mir das unmöglich, und ich sehe die Zwischenmusik nur als
eine Leinwand, als ein Tuch an, (dies Bild hab’ ich mir schon immer
davon gemacht,) worauf ich mir die Scenen des vergangenen Aktes noch
einmal vormale. Wird die Musik alsdann unterbrochen; so ists, als würde
mein Gewebe zerrissen, und ich habe nichts, woran ich die Bilder meiner
Phantasie anheften kann. Hat jeder dies Gefühl?? Ich möchts gern wissen.

       *       *       *       *       *

Rambach hat mir einen Theil einer neuen Ausgabe von Sineds (Denis)
Liedern geliehen. Die Ausgabe ist in 4ᵗᵒ 1791 in Wien prächtig
gedruckt, (so wie hier Unger druckt) und enthält in 6 Bänden die
Uebersetzung Ossians, und die eigenen Gedichte. Ich lese jetzt diese,
worunter auch seine Uebersetzungen aller nordischer Gedichte, aus der
Edda u. s. w. mit aufgenommen sind. Er scheint zu denen zu gehören,
welche gerne die schönen Götter des griechischen Parnaßes mit den
schlechten Dichtern, deren heisere Stimme ihre Namen entweiht hat,
in Eine Polterkammer werfen, und die alten nordischen Gottheiten aus
ihrem langen Schlummer erwecken und auf den Thron der Dichtkunst setzen
wollen. Aber dies widerstreitet noch immer meinem Gefühl. Daß die
alten Barden und Skalden der Natur treu auf der Spur folgten, und die
Empfindung rein und ungeschminkt darstellten, weiß ich. Auch find’ ich
in manchen von Denis Uebersetzungen, sanfte, wenigstens sich dem sanften
nähernde Stellen, die den Stempel der Natur an sich tragen. Und daß die
Eigenthümlichkeit der Bardenlieder, die sie fast alle zu Kriegsliedern
macht, worin _Tapferkeit_ und Muth im wilden Schlachtengetümmel
als die erhabensten Männertugenden gepriesen werden, daß dieses ein
Anstoß für den gebildeten Ton unsers Zeitalters sey, fang’ ich auch
an, nicht mehr zu glauben. (Denn gern überzeug’ ich mich von Deinem
Grundsatz: „ein wahrer Dichter macht alles dichterisch-schön!“) Allein,
-- wird es ein Gewinn seyn, wenn wir die ausgebildete Mythologie des
edelsten, feurigsten, feinsten Volks, das je die Erde trug, mit dem
rohen Wuste der Nord. Barbaren vertauschen? Und was ist der Grund?
Denis will blos darum Barde und Skalde seyn, weil Odin und Thor u.
s. w. sonst _vaterländische_ Götter waren. Dieser Grund ist mir
nur sonderbar. Was will man denn in unsern Zeiten mit _dieser_
Vaterlandsliebe? Doch scheint jetzt eine gewisse Mode hierin zu
herrschen. Gemeine Schullehrer scheinen wirklich zu glauben, daß
sie wer weiß wie große Fortschritte in der Pädagogik gemacht haben,
wenn sie ihren 8jährigen Knaben jetzt die Brandenb. Geschichte,
als Geschichte des _Vaterlands_ recht weitläuftig erzählen.
Ein Bürger, oder sonst einer, der nicht Gelehrter werden will,
braucht doch wahrlich in unsern Zeiten, im Grunde die vaterländische
Geschichte so wenig als eine andre; und es würde nach meiner Meynung
also zweckmäßiger seyn, wenn man irgend eine _interessante_
Geschichte, ohne Rücksicht, ob dieses oder jenes alten oder neuen
Volkes? -- in unteren Schulen vortrüge. -- Wie gesagt, ich glaube man
könnte eine ganze Menge Gründe wider die unzeitige Vaterlandsliebe
von Denis und seiner Anhänger, vorbringen. Wer noch jetzt die Trümmer
der nord. Mythologie zu einem Gebäude zusammensetzen und die Lücken
ausfüllen wollte, würde ein schönes Flickwerk zu Stande bringen. Und
es ist doch gar nicht zu läugnen, daß bey aller vortrefflichen, großen
Simplicität, bey aller der erhabenen und feurigen Phantasie, die die
alten nordischen Dichtungen zeigen, dennoch so viel Ungeheures, was ans
Lächerliche und Ungereimte gränzt, so viel Schwerfälliges, so viele
entsetzlich harte, unschmackhafte Bilder vorkommen, daß man, wenn man
beständig sein Auge auf die eingepelzten Götter Skandinaviens heften
wollte, allen Sinn für ein sanftes griechisches Profil verlieren würde.
Der Unterschied ist wie Nebeldämmerung und Morgenröthe, wie -- -- nun
Du magst Dir selbst Vergleichungen aussinnen.

       *       *       *       *       *

Heute fand ich in der Allg. Deutschen Bibliothek recensirt: Poetische
Versuche von _Hamann_. Ist denn das der unsrige? Mich dünkt, eine
schläfrige Erinnerung sagt mir halblaut ins Ohr, daß er einmal in die
Berlin. Zeitung ein Gedicht eingerückt hat. Die mitgetheilte Probe,
die ich in dem Journale las, war vom Schlage des _Gewöhnlichen_;
zuweilen schien der Reim auch den Sinn, der drein hätte liegen können,
geraubt zu haben. Der Recensent urtheilte auch so.

       *       *       *       *       *

Spillner habe ich nur noch einmal besucht. Er wird wohl diesen
Donnerstag abgereiset seyn. -- An Piesker schreibe ich, was Du
verlangst, (morgen nämlich,) und bitte ihn, mir auf alle Fälle zu
antworten, damit, wenn er auch in der kurzen Zeit, die Du noch in
Bülzig bleibst, Dich nicht sollte sehen können, ich Dir doch den
Grund seines Ausbleibens künftig schreiben kann. -- Den Brief an
Deine Schwester habe ich abgegeben, und dabey Deine liebe Stube
wiedergesehen. Wäre ich Alexander, so würde ichs mit der eben so
machen, wie jener mit Pindars Hause. Sie müßte eine ewige Reliquie
bleiben, wenn auch ganz Berlin untergienge. Ich werde die Stube nie
ohne Rührung, nie ohne von wehmüthigen Erinnerungen gepreßt zu seyn,
ansehn. Es ist eine herrliche Stube!

       *       *       *       *       *

Könnte ich doch bey Dir seyn, und auch mit Deinem allerliebsten Lamme
spielen. Die Mutter von Matthison würde mir, wie Dir, eine sehr
interessante Bekanntschaft gewesen seyn. -- Was Schmohl betrifft, so
grüß ihn herzlich. Ich sollte denken, daß Dein Feuer nothwendig durch
längern Umgang in sein kühleres Blut übergehen, und ihn immer mehr vom
Felde der trockenen Betrachtung abziehen müßte, um ein Jünger Deiner
Götinn, der Phantasie, zu werden.

       *       *       *       *       *

Es ist bald 12 Uhr Nachts. Ich lege mich jetzt schlafen. Ich merke daß
es eine wahre Wonne ist, an Dich zu schreiben. Selig, selig ist der
Tag, den ich mit dem Gedanken an Dich beschließe. Er wird mich auch im
Schlafe nicht verlassen. Träume Du auch von mir. Denkst Du jetzt an
mich? Oder träumst Du von mir? -- Eine allerliebste schmelzend-sanfte
Elegie von Voß fängt an:

    „Denkt mein Mädchen an mich?“

Es ist eine höchst natürliche schöne Empfindung darin. -- Jetzt hat es
grade 12 geschlagen. Gute Nacht. Tieck, fliege her, und ich drücke den
feurigsten Kuß auf Deine Lippen. Gute Nacht, der Himmel sey mit Dir!
Gute Nacht!

       *       *       *       *       *

    Den 6ten May, Sonntag, Morgens.

Sieh! ists nicht schön, daß ich mit dem Gedanken an Dich zu Bett
gegangen, und mit dem Gedanken an Dich wieder aufgestanden bin? -- Du
siehst, daß ich prompt im Antworten gewesen bin. Meinen ersten Brief,
den Rambach eingeschlossen hat, wirst Du wohl empfangen haben. Ich
schrieb ihn grade an demselben Tage, da Du Deinen schriebst, den 1sten
May. Du wirst mir nun wohl nicht eher, als aus Halle antworten; aber
wenn Du kannst, erfülle meine Wünsche bald. Ich werde mein Versprechen
in Ansehung des Schreibens gewissenhaft halten. -- Noch eins! Sey so
gut und mache künftig keinen Brief an mich mehr frey. Wozu sollst Du
meinetwegen unnütze Ausgaben haben? Hörst Du? Du mußt es aber auch
gewiß thun. Es bleibt dabey. --

       *       *       *       *       *

Ja lieber, bester Tieck, wir müssen uns auf Michaelis wiedersehen,
ich harre sehnlich auf diese Zeit. O auch mir ist das Andenken an
unsre Spaziergänge das heiligste, das ich kenne. Du kannst wohl leicht
denken, wie ich mich itzt im Thiergarten befinde, wann ich ihn besuche;
jeder Gang, jeder Baum ruft mir Dich zurück; bey jedem Schritte denk
ich an Dich und will Deinen Arm in den meinigen nehmen, und fühle, daß
mir immer etwas fehlt. Aber dennoch, -- oder, was sag ich -- vielmehr
eben deswegen, werd ich den Thiergarten noch beständiger und häufiger
als jeden andern Ort mit Vergnügen besuchen. Die Bäume darin prangen
itzt mit dem herrlichsten, frischesten Grün; einem Grün, das man im
Sommer in der verdörrten und versengten und bestäubten Farbe des Laubes
gar nicht mehr wiedererkennt. -- Mitschicken kann ich Dir noch nichts.
Ich habe seit Ostern noch so viel fatale und häßliche Abhaltungen
gehabt, daß ich kaum meine gemeinen Alltagsverrichtungen habe thun
können.

       *       *       *       *       *

Ein recht ärgerlicher Streich! und _ich_ bin Schuld daran. Ich
erfahre eben, daß, da die Post heute früh um 9 Uhr abgeht, die Briefe
schon gestern Abend um 7 hätten hin gebracht werden müssen. Meine
dumme Unwissenheit hat also über meine Gutwilligkeit, Dir gleich zu
antworten, den Meister gespielt. Verzeihe mir’s. Der Brief könnte
nun erst den Mittwoch abgehn (nach Bülzig), und weil er Dich alsdann
_vielleicht_ nicht mehr in Bülzig treffen sollte, so schick’ ich
ihn lieber nach Halle.

       *       *       *       *       *

    Den 11ten May, Freitag, Mittags.

Ich vollende jetzt meinen Brief und ärgre mich nochmals, daß meine
Bereitwilligkeit mir und Dir nichts geholfen hat. Mein Brief wird Dich
nun wohl in Deiner neuen Residenz in Halle begrüssen. An Piesker habe
ich gleich geschrieben, und so dringend als möglich: aber die kalte,
unbeugsame Seele hat mir nicht einmal geantwortet auf meine rührenden
Klagen und Vorwürfe. Gestern Abend bekomm’ ich ganz unerwartet einen
Brief von Wißmann.

       *       *       *       *       *

    Abends.

O Freude, o Freude! heut Mittag hab’ ich schon einen zweyten Brief von
Dir bekommen; Du kannst gar nicht glauben, wie ich triumphirt habe.
Aber ein Ding ist sonderbar. Du hast meinen ersten kleinen Brief --
(3 Oktavseiten lang, -- es war nichts Merkwürdiges darin) -- den ich
den Dienstag vor 8 Tagen, als den 1sten May an Rambach zum Einschluß
gab, nicht bekommen. Und was noch sonderbarer ist: ich bringe heut
nach Tische gleich den Brief an Deine Schwester, und sie sagt mir, sie
hätte 2mal an Dich geschrieben, und in Deinen Briefen sagtest Du, daß
Du auch nichts von ihr bekommen hättest. Liegt die Ursache von diesen
Konfusionen in Einer Ursache? Ist der Herr Fuhrmann in Wittenberg etwa
Schuld? -- Fast verdenk’ ich es Dir, daß Du nicht unruhig darüber
geworden bist, oder nicht deswegen auf mich ein wenig mehr gescholten
hast, daß ich, nach Deiner Meynung, noch nicht, wenigstens mit der
Feder in der Hand, an Dich gedacht habe. Du weißt indeß nun den ganzen
Zusammenhang und den Verlauf der Sachen: und ich werde also wohl in
Deinen Augen exculpirt seyn.

Ist es denn wirklich Dein Ernst, lieber Tieck, daß Du mich nicht
vergessen kannst? O! er muß es wohl seyn! Es hat mich recht gerührt,
daß Du schreibst: „es war recht _unvorsichtig_ von uns, daß wir
uns die letzte Zeit in Berlin so oft sahen.“ Es hat mich recht gerührt.
O Tieck, Tieck, ich habe es geglaubt, daß Du mir gut wärst; aber kaum,
kaum hab’ ich es je glauben können, daß Du _so_ zärtlich gegen
mich denkst. Und daß Du mir nichts als wahre Empfindung Deines Herzens
äußerst, weiß ich. Womit soll ich’s Dir vergelten? Du demüthigst mich.
-- Ich breche ab.

       *       *       *       *       *

Wie bist Du denn zu den ausgebreiteten Bekanntschaften in Koswig
gekommen? Und, ums Himmels willen, wie ist es möglich, daß Du in einer
Gesellschaft so lange hast Karten spielen können? Das ist ja ganz
schrecklich. Ich glaub’ ich hätte vor Aerger geweint, wenn ich Dich
in eine solche Situation geklemmt gesehen hätte, -- _Dich_ am
Spieltisch, dem Thron von Affen und Laffen, -- Dich! Es ist wahrlich
viel? Ich bedaure Dich. -- Auch die andre Gesellschaft, die Du in
Koswig gehabt hast, muß gar herrlich für Dich gepaßt haben. Aber daß
Du Karten spielen mußtest, und in die Nacht hinein, das ist mir noch
immer das schauerlichste. Ich kanns gar nicht vergessen. Das Fatum muß
nothwendig einen Fehlgriff in der Urne gethan haben, da es das Looß
dieses Tages für Dich zog: das fatale Fatum!

       *       *       *       *       *

Du stiehlst meiner eigenen Werkstätte von Gedanken etwas, wenn Du
mir die Bemerkung machst, daß um das Große in den schönen Künsten
zu fassen, ein selbst groß und erhaben denkender Geist der Kritiker
seyn müsse. Das hab’ ich schon immer gedacht, und, wenn ich nicht
irre, Dir auch schon gesagt. Aber das was Du hinzusetzest, kann ich
nicht ganz billigen. Ich weiß nicht recht, warum das Erhabene Dich
_eher_ zu _Thränen_ rühren sollte, als das Empfindsame.
~Ad vocem~ Empfindsam, will ich Dir doch einen Zweifel und eine
Bemerkung mittheilen. Ich bin nicht recht mit mir einig, was man
eigentlich _Empfindeley_ nennen solle. Mir scheints am Ende blos
_affektirte_ Empfindung zu seyn; ich will Dir sagen, warum.
Empfindungslose Empfindsamkeitspötter nennen oft etwas Empfindeley,
was an sich schöne, feine Empfindsamkeit ist, und nur dann falsche
Empfindung oder Empfindeley wird, wenn jemand es affektirt, zu haben.
Ich sehe z. B. nicht ein, warum der Vorsatz, nicht aufs Feld gehen zu
wollen, weil man da mit jedem Tritt eine Menge kleiner im Sonnenschein
spielender Geschöpfe vernichtet, -- in gewissen Situationen, auf eine
kurze Zeitlang, nicht wahre, ächte Empfindung seyn sollte. Sagt aber
jemand, der an der Modesucht krankt, solche Dinge, und sehe ichs
ihm an den unnatürlich verdrehten Augen an, daß er gern beliebte
Paradoxa hervorbringen will, kurz, erkenn’ ich an ihm die Symptome der
Affektation, so würde ich sagen: er empfindelt. Denn an sich sehe ich
nicht ein, warum es nicht möglich seyn sollte, _bey allen Dingen
unter der Sonne, unter gewissen Umständen, etwas zu empfinden_. Und
wenn jemand in eine Stimmung versetzt wird, daß er Empfindungen in
seinem Busen fühlt, in welchen er noch keinen Vorgänger gehabt, so muß
diese seine Empfindung doch für ihn wahr und richtig seyn. Oder willst
Du noch falsche Empfindung und Empfindeley unterscheiden? Ich habe mich
verirrt und erwarte Deine Fackel in diesem kleinen dunkeln Labyrinth.
-- Sey so gut und belehre mich doch über dergleichen Anfragen, Dubia u.
s. w., wenn Du Lust hast. --

-- -- Um noch einmal zu Deiner Materie vom Erhabenen zurükzukehren, so
scheinst Du mir da etwas verwechselt zu haben. Daß das Erhabene Dich in
eine Art von Wuth d. i. in den höchsten Paroxismus der Begeisterung
und Entzückung versetzt, will ich glauben. Aber Thränen kann wohl nur
das Rührende entlocken, -- und, -- (wie wir es mündlich ausgemacht
haben) -- das Schauerliche, Schreckliche.

Daß Schmohl durchaus kein freiwilliger Diener der Musen werden, nicht
auf dem Altar der Grazien opfern will, wundert mich doch. Sein fremdes,
frostiges Betragen gegen Deinen vertrauten Freund Shakespear muß Dich
wohl natürlich beleidigt haben. Sollte Dein Geschmack denn gar nicht an
seiner Denkungsart abfärben, wie an der meinigen?

       *       *       *       *       *

Bernhardi hab’ ich in dieser Woche einmal, Rambach zweymal nicht
zu Hause getroffen. Daher hab’ ich mir von diesem auch noch nicht
Deine Anna Boleyn geben lassen können, so gern ichs gethan hätte. Es
geschieht aber noch: ich werde sie noch aufmerksam lesen, und soviel
ich kann, Dir darüber sagen, wenn auch nur in Kleinigkeiten. -- Unter
allen den Abhaltungen, die mich an tausend Dingen verhindert haben,
nur nicht an Dich zu denken und zu schreiben, habe ich denn doch auch
eine höchst angenehme gehabt. Du weißt, oder weißt nicht, daß ich in
Sachsen, bey Jena, einen _Freund_ habe: er ist es wirklich, denn
ich schätze ihn sehr, und habe mich überzeugt, daß er zur Freundschaft
geschaffen ist. Vor ein paar Jahren lernte ich ihn hier kennen, und
seitdem habe ich meinen unterbrochenen Umgang mit ihm durch Briefe
fortzusetzen gesucht. Sein Nahme? Er heißt Schuderoff und ist Prediger
in Drakendorf und Zöllwitz, 1 Meile von Jena, ein liebenswürdiger
junger Mann, dessen jugendlichschöne, feine Gesichtsbildung eine
geläuterte Denkungsart und ein edles Herz ankündigt. Er ist zum Besuch
hier und kommt bey seiner Rückreise _vielleicht_ durch Halle. Er
ist Kantischer Philosoph, und hat neulich Briefe über die moralische
Erziehung herausgegeben, die ich itzt lese und die recht schön sind.
Zweymal bin ich mit ihm im Thiergarten gewesen. Das frische Grün ist da
ganz zauberisch schön. Die gewölbten Birkenalleen sind das lieblichste
Bild des Frühlings. Und weißt Du wohl was ich gestern in der gekreuzten
Birkenallee für eine Freude hatte? Du wirsts errathen. Verschwunden war
die verdammte Statue ohne Kopf. Ich möchte wissen, welcher gute Genius
sie fortgeschleppt, oder in die Tiefen der Erde hinuntergeschleudert
hat. Der Gang ist nun noch einmal so schön.

       *       *       *       *       *

Vom Theater willst Du etwas wissen. Hier ist etwas fragmentarisches,
so viel ich Dir geben kann. -- Vor einiger Zeit ist ein neues Stück
von Jünger: die Geschwister vom Lande, gegeben, das nicht vorzüglich
seyn soll. Die Hagestolzen und Axur werden oft wiederholt. Ein gewisser
Lißner scheint hier zu bleiben; und ein andrer Schauspieler, Garly,
soll auch hier engagirt seyn. Dieser soll eine sehr schöne Bildung
haben und viel Anlage besitzen. Diesen Mittwoch ist Emilia Galotti
aufgeführt: ein durchreisender Däne, Herr Preisler, hat den Prinzen,
und Garly den Marinelli gespielt. Ob es wahr ist, daß Czechtizky und
Mattausch noch wegkommen werden, weiß ich nicht. -- (~N. B.~ Seit
dem Don Juan, der, als Du in Fredersdorf warst, gegeben ward, bin ich
nicht im Schauspiel gewesen.)

       *       *       *       *       *

Dank für das kleine Gedicht von Deinem Freunde Toll. Es ist süß und
lieblich, und wird mir sehr werth bleiben. Ich werds, wie Deine Briefe,
als ein Kleinod aufbewahren. -- Verzeihe nur meiner Armuth, daß ich
Dir jetzt unmöglich etwas mitschicken, und meinem Mangel an Zeit,
daß ich Dir nicht etwas abschreiben kann. Wolltest Du so gefällig
denken, die Länge meines Briefes als einen Ersatz dafür anzunehmen?
-- Unsre Korrespondenz soll sich nun nicht wieder verwirren. Du bist
wohl so gut, und schreibst mir zuerst wieder, wenn ich nicht zu viel
verlange. Doch schreib so wenig oder so viel Du Zeit hast; je mehr
natürlich, je besser, aber nur bald. Doch beinahe möcht’ ich glauben,
mit diesem dringenden: Bald, Deine Delikatesse zu verletzen, weil mir
Deine 2 schnell aufeinander folgenden Briefe eine sehr hohe Idee von
Deiner reizbaren Briefschreibethätigkeit eingeflößt haben. Ich werde
Dir dann gewiß bald antworten. Oder hoff’ ich zu vorschnell, und bin
ich unbillig wenn ich von Halle aus, wo Du in mehr Verbindungen und
Geschäfte kommst, so oft etwas von Dir zu lesen erwarte? -- Aber was
schwatz’ ich denn? Du bist mein Freund, und wirst schon wissen, was mir
gut und lieb ist. So will ich denn mit festem Muth auf Dich hoffen, und
mein Vertrauen allein in Deine Freundschaft setzen.

       *       *       *       *       *

    Den 12ten May Sonnabend Mittags.

Von Denis eigenen Oden, Elegien und Liedern muß ich Dir noch sagen,
daß mir manches sehr darin gefallen hat. Am schönsten dünken mich
die Gedichte zu seyn, die er Klagen nennt: z. B. über Gellerts Tod,
über den Mißbrauch der Dichtkunst u. s. w. Der letztere Gegenstand
ist vortrefflich behandelt. Da wirds recht mit lauten dreisten Worten
unserer entarteten Dichterrepublik gesagt, daß nur Empfindung,
Empfindung der Genius seyn solle, der das Lied beleben könnte, daß
Witz ein verzogenes Kind sey, das nur jenseit des Rheins zu Hause
gehöre; und mehr dergleichen, was, wie Du weißt, schon lange meine
Herzensmeynung gewesen. „Soll Witz, soll Witz im Liede seyn?“ fragt
Denis und ich frags mit ihm.

       *       *       *       *       *

Ich habe nicht länger Zeit, und muß Dir also ein herzliches Lebewohl
sagen. Sag mir doch manchmal Deine Meynungen über meine Meynungen, die
ich Dir so in meinen Briefen äußre. Schreib mir nur ja bald, recht
bald; ich antworte dann gewiß auch bald. Sorge für Deine Gesundheit
und grüße Halle. O die liebe Reichard’sche Familie! Wenn ich doch
Miekchen auch sehn könnte! Grüße sie herzlich von mir; auch Schmohl;
auch die kleinen Mädchen bey Reichards, die ich noch alle bey Namen
weiß. Vielleicht versucht meine Muse bald wieder eine Kleinigkeit, ich
schicke sie Dir dann. Schreib mir bald und bleib’ mein Freund. --

    _W. H. Wackenroder_.


III.

    Montag, den 4ten Juni. Abends.

Eben leg’ ich Deinen Brief wieder aus der Hand, den ich wieder gelesen
habe. An meinen _verlaßnen_ Freund Tieck soll ich denken? O ich
denke oft, und mit ganzer Seele an ihn, -- aber daß er verlassen sey,
-- daß eine düstere Traurigkeit sich wieder wie ein Staar über das
heitere Auge seines Geistes gezogen hat, -- daß er in Halle noch nicht
vergnügt gewesen ist, -- das, das hatte ich nicht erwartet. Schreibst
Du doch fast grade so, wie Wißmann, dem ich heute früh geantwortet
und Trost einzusprechen gesucht habe. Von ihm ahndete ichs; -- aber
von Dir, wahrlich, von Dir hatte ichs nicht erwartet. Ich glaubte, Du
würdet dort Dich zerstreuen, und -- wenigstens in den Augen Deiner
Freunde, und auch in Deinen eigenen, wenn Du nicht zu tief in Dich
hineinblicktest, -- einer frohen Heiterkeit genießen. O wehe! daß ich
mich getäuscht habe. Du bist in Halle noch gar nicht vergnügt gewesen!
Ich bitte Dich, lieber Tieck! Du bist ja lange hinweg über die Periode
in dem Lebenslaufe empfindender Menschen, da sie sich alles zu Herzen
_ziehen_, und ihre üble Laune nur pflegen, und es für Sünde halten
sich aus ihren Klauen loszureißen! Du weißt ja über Dich zu siegen, Du
hast es mich ja gelehrt, so daß ich auch mir wenigstens Mühe gebe, es
eben so weit zu bringen. Aus Bülzig schriebst Du mir so heiter, daß ich
mich recht freute. Was soll ich nun sagen? Ich möchte mich schämen, daß
ich hier noch zufriedner leben soll, als Du in Halle. Tieck, ich bitte
Dich, wache auf Dich! -- Und, was mich in ein bittersüßes Erstaunen
setzt, ist, daß Du mich so vermissest. O Tieck, so liebst Du mich denn
mehr, als ich je kühn genug war, und seyn konnte, zu erwarten? Es ist
als hättest Du mir meine Empfindungen gegen Dich aus meinem Herzen
geraubt und ströhmtest sie nun auf mich zurück. Du giebst mir wieder,
alles was ich Dir geben kann? Ich beschwöre Dich, hör’ auf! Es ist die
göttliche Seligkeit, die ein menschliches Herz zu fassen vermag, aus
dem Munde eines Freundes sein Lob zu hören! aber dieser Nektar möchte
Gift für mich werden. Hör auf mit diesem Wiedergeben und Wechseln der
Freundschaftsergebenheit, denn du berauschest mich, und wir machen uns
in unsrer jetzigen Lage (da kein Sprachrohr einmal dem einen Worte des
andern überbringen kann), nur noch unglücklicher. Ich erschrecke aufs
heftigste, wenn Du mir in die Augen sagst: ich sey Dir zum _leben_
nothwendig! Noch einmal! Was stiehlst Du mir meine Gefühle, -- warum
verwechselst Du die Rollen in dem schönen Duodram, das wir zusammen
spielen, und nimmst die meine? Tieck, ich müßte mich ja in den Staub
legen und trauern, wenn ich wüßte, daß _meine_ Entfernung Dir so
viel trübe Stunden brächte. Ich habe das nie so geglaubt! Du hast mir
das nie so deutlich zu empfinden gegeben. O ich möchte verzweifeln,
-- ich weiß nicht was ich thun soll, um Dich glücklich zu machen. Du
nennst meine Sprache Schwärmerey. O wenn ich Dich je weniger lieben
könnte, -- ich wäre der bedaurenswürdigste Mensch unter der Sonne.
Und wenn ich je Deiner Freundschaft weniger werth seyn sollte, o so
erinnere Dich, daß Du mich geliebt hast, und sey so mitleidig, mich
wieder zu Dir hinaufzuziehn; verachte mich nicht! -- Aber genug! Tieck
laß die wilden Ströhme unsrer Empfindungen sanfter fließen. Wir jagen
alles heiße Blut in unsre Adern und bringen uns durch diese schädliche
Erhitzung in einen kranken Zustand.

Wie sehr muß ich es bedauren, daß Schmohl mit Dir nicht _mehr_
harmonirt. Ich hatte auch _das_ nicht erwartet. Er scheint sich
eher von Dir zu entfernen als sich Dir zu nähern. Was Du mir von Bothen
sagst, Du kannst leicht denken, wie auffallend und unvermuthet auch
_das_ mir gewesen ist. Aber ich glaube es, weil Du es sagst.
Wie Menschen sich ändern können! Wenn du zwischen diesen beyden Dir
heterogenen Köpfen hin und wieder schwankst, so kannst Du freilich
nicht in Ruhe seyn. Aber -- ach! Gott! eben wollt’ ich einen Trost für
Dich aussinnen, und -- Du wirst Dir meine Gedankenstriche erklären
können. Ja! es ist schwer für mich, Dich zu trösten. Doch wohl Dir,
wenn Du keines Trostes bald mehr bedarfst; wenn der rasche Flügel der
Zeit die Gewölke vor Deinen Blicken zertheilt hat, wenn der allmählige
Aufenthalt Dir behaglicher wird, und Du Umgang, und in Dir selbst
Zufriedenheit findest. Nimm deine Kraft zusammen und erhalte Deinen
Körper und Geist aufrecht und fest. -- Ach! ich schreibe konfuses Zeug!
Wollte Gott, Du wärst glücklich. O Du wirst, Du mußt es werden.


IV.

    Dienstag, den 15ten Juni, Abends.

Mit nassen Augen fang’ ich an, Dir zu schreiben. O Tieck, Du hast mir
schon manche Thränen ausgepreßt; tausend süße, für die ich alle Schätze
der Welt nicht verlangte; aber auch bittere, herbe Thränen, die in
meinen Augen gebrannt, und mich zu einer melancholischen Sympathie
erhitzt haben. Du hast mich lange nicht so erschüttert als durch Deinen
letzten Brief. Wenn Du weißt, wie heftig ein solcher Donnerschlag, ein
solches Ungewitter, das dem Wohl eines Freundes droht, in dem Herzen
seiner anderen Hälfte wiederhallen muß; wenn Du Dir vorstellen kannst,
wie schrecklich wahr und lebhaft alle Züge und Bilder vor mir stehen,
die Dein flüchtigkühner Pinsel auf das Papier wirft; o so wirst Du
empfinden wie das, was Du mir zu erzählen wagst, den kältesten Schauer
über mein Gebein gegossen, und alle meine Nerven gewaltsam durchbebt
hat. Gütiger Himmel! auf welchem entsetzlichen Rande hast Du gestanden!
O Tieck, -- Gott möge verhüten, daß unsre Freundschaft, die ein
Beyspiel der möglichen Menschenglückseligkeit seyn sollte, keinen Stoff
zu einem Trauerspiel gebe.

Um alles in der Welt willen, welcher Dämon macht sich denn ein
Vergnügen, Dich unglücklich zu machen? Ich weiß nicht wie meine Zunge
zu Dir sprechen soll; sie erstarrt.

Aber ich muß, ich muß Dir laut zurufen auf Deinen gefährlichen
Irrwegen; Du möchtest, -- Gott! wie hat es denn dazu kommen müssen.
Halt Dir Dein Ohr nicht zu, wenn ich jetzt mit starker Stimme zu Dir
spreche, ich muß. -- Sprich? bin _ich_ Dir denn so nöthig, um Dich
von Verirrungen und schwelgerischen, verderblichen Ausschweifungen
in den Genüssen des Geistes zurückzureißen? Ist Schmohl denn so ein
kaltes, stummes, theilnehmungsloses Marmorbild? Ich bitte Dich, um
alles was Dir heilig ist: wende ein Körnchen Deiner Vernunft an, und
betrachte was Du gethan hast. Welch ein entsetzliches Unternehmen, 2
Bände in einem Nachmittage und einer Nacht hintereinander in einem
Athem zu lesen! Nicht genug! Ein Buch, was alle Phantasie aufs äußerste
umherjagt, über die Gränzen der Besinnung herumjagt! Wie ist es denn
möglich, daß Du Dich selber nicht mehr kennst? Oder opferst Du einer
lüsternen Begier, einem Kitzel, etwas außerordentliches Dir selbst
vorzuthun, Deine Zufriedenheit auf, deren Zerstörung Du voraussiehst?
Tieck, ich schäme, ich verdamme mich, daß ich solche Ausdrücke brauchen
muß, aber ich kann nicht anders. Das Todte, Unbelebte des Buchstabens
mag der Nachdruck der Worte ersetzen. Ist Schmohl denn so blutwenig um
Dich besorgt? Wie ist es zu begreifen, daß er Dir immer hat zuhören,
und, als wärst Du eine Sprechmaschine, dabey einschlafen, ruhig
einschlummern können?

Tieck, ich wollte vieles aufopfern, wenn meine Freundschaft ein
einziges von Dir verlangen könnte. Ich weiß, daß Du das Leben
nicht achtest, daß Du Dich als einen der Welt schon abgestorbenen
betrachtest, der in einem gleichgültigen Mittelzustande lebt, alles
um sich her wie aus dem Grabe, wie durch das Gitterfenster eines
düstern Gewölbes ansieht; der ohne Ueberlegung aus Laune seinem
Körper und Geiste Pönitenzen auflegt, und sich selbst wie einen
Nichtswürdigen behandelt, weil er nichts an sich verlieren zu können
glaubt. Wann wirst Du von dieser unseligen Krankheit genesen? O
daß ich alle Beredsamkeit, die in allen Welttheilen je menschliche
Herzen gebeugt hat, zusammenrufen, und auf einen Punkt konzentriren
und damit wie durch den Sonnenstrahl vom Brennspiegel Dein verirrtes
Herz mit Wahrheitsglanze blenden könnte! Tieck ich beschwöre Dich
bey allem was Dir heilig ist, bey der göttlichen Kraft die die Welt
beseelt, und deren Funken in Deiner Seele glüht; ich beschwöre, frage
Deine übertäubte Vernunft um Rath. Unaufhörlich stürmst Du auf die
Gesundheit Deines Körpers und Deiner Seele los, -- wie kannst Du
etwas anderes als Mißbehagen fühlen? In einem Anfall schrecklicher
Melancholie würde der Gedanke, das Innere des heiligen Geheimnisses,
des Lebens, zu zerstören, zu welchem die Natur allein den Schlüssel
hat, er würde in einem heiteren Lichte Dich umschweben, und es würde
Deinem Schooßkinde, der Phantasie, gar herzlich kitzeln, wenn sie
die Vernunft wie eine weinende Bettlerinn, vor ihrem Thron harren
sähe. Aber hier, hier ist es Zeit an Deine Liebe zu appelliren! Hier
stelle ich unsre Freundschaft Dir vor die Füße; diese mußt Du zuvor
umstürzen, ehe Du die abentheuerlichen, zauberhaften, erquickenden
Freuden eines lebenlosen Lebens oder -- des Nichtdaseyns selbst kosten
kannst. O sammle Dich Freund, in diesen Augenblicken muß ich Dich mit
dem kühnsten Stolze angreifen, mit der gespanntesten Empfindung Dich
in das Geleise des gemeinen Nachdenkens zurückbringen; -- -- doch es
ist Unsinn was ich schreibe, Du hast kein Acht auf mich, Du hörst
mich nicht. Soll ich Dich feiner angreifen? Soll ich Dir im Spiegel
der Zukunft die thränenvollen Tage, das unglückselige Schicksal
zeigen, das mich verfolgen würde, wenn Du, aus Ungeduld der langsamen
Natur zu folgen, oder Lust ein großer Geist zu werden, Dich immer
unglücklicher machtest? Und bin ich der einzige? Du weißt nicht, wie
sehr z. B. Bernhardi Dich liebt; ich weiß es. Und Du, Du, Tieck, Du
könntest unbesonnen genug seyn, aus muthwilligem Humor, aus bloßem
armseligem Kitzel, aus Sucht, Dir ein schaales kleines Vergnügen zu
machen, etwas zu thun, wodurch Du Deine Freunde auf ihre Lebenszeit
unglücklich machst, Elend auf ihr heiteres Leben säest, und durch sie
auf die sie umgebende Welt auch noch trübsinnige, melancholische
Gefühle verbreiten willst? Du denkst: „Ich möchte doch sehen, ob ich
das Buch in einem Abend ganz durchlesen könnte, -- ich möchte doch
wissen, ob ich es aushielte, mehrere Nächte hintereinander oder in
einer heftigen Geistesspannung zu arbeiten, -- ich hätte wohl einmal
Lust, in einem Tage 14 Meilen zu gehn, -- ich möchte gern aus Spaß
einmal in einer ganz finstern Nacht auf den Giebichensteiner Felsen
an den gefährlichsten Stellen heraufklettern“ -- und tausend andre
Sachen. Entsetzlich! Deine Laune, die durch einen elenden Genuß einer
angenehmen Stunde befriedigt seyn will, Deine Laune soll der Götze
seyn, an dessen Altar Du die Freundschaft, die Glückseligkeit von
wahren Menschen schlachten willst, die Du zu lieben, über alles zu
lieben vorgabst? Alle die hohen Gefühle, die wir Dir geweiht haben,
alle die Seligkeiten, die Dein wachsender, immer wachsender Geist uns
künftig versprach, stößest Du die unter nichtsbedeutendem Lächeln, und
mit abgewandtem Gesicht, in den furchtbaren Ocean des Nichts? Tieck,
ein Engel ruft durch mich Dir zu: Erhalte Dich, schone Dich, mache Dich
glücklich _um Deiner Freunde willen_!!

Pfui, daß ich so abscheuliches Zeug habe sagen müssen. Ließ es schnell,
und zerreiß’ es, -- zerreiße das Papier und die Worte, -- aber den
Sinn, den ich Dir durch dieses Gewirre krasser Ausdrücke ins Herz
habe prägen wollen, den präge hinein, -- mit brennenden Flammenzügen.
Alles, alles bezeugt meine innige Liebe zu Dir, und diese, wenn Du
mich kennst, und mich zu durchschauen würdigst, wirst Du auch durch
alle heftigen Vorwürfe, die ich Dir je gemacht habe, hell und glänzend
durchscheinen sehen. --

Ach ich hatte doch geglaubt, daß Du froher in Halle leben
würdest; Deinen Rückfall, was sag’ ich, Dein Fortschreiten in der
fürchterlichsten Schwermuth, hatte ich wahrlich nicht erwartet. Du
flößest mir eine tiefe Betrübniß ein. Mir kommen wirklich wieder die
Thränen in die Augen: Tieck -- Du hast es jetzt nicht ganz vergessen,
daß Du vor -- langen Jahren einmal mit mir vergnügt warst? Oder
erinnerst Du Dich, daß Du in Deinem Leben mehr als einmal gelacht
hast? Um Gotteswillen! Ist die Trennung von mir, von Deinen Freunden
die Ursach Deiner beklagenswürdigen Stimmung? Willst Du zu eben der
Zeit, da ich Deine Lehren über eine weise Gleichmüthigkeit gegen die
Kleinigkeiten des vulgären Lebens, auszuüben anfange, wieder mir durch
ein entgegenstehendes Verhalten Anlaß zur Trauer geben? O Wehe, Wehe!
daß ich in der That einen schwarzen Trauermantel um meinen Freund, um
meinen besten, einzigen Freund anlegen möchte! Denn mein Freund ist --
unglücklich! O wenn mein heißes Gebet zum Himmel Erhörung herabzöge!
-- Tieck, es _muß_ besser werden mit Dir, _besser_ sag’
ich, -- schiele nicht nach dem traurigen Platz um die Kirche hin, wo
Hügel und Kreuze stehn, und falber Wermuth wächst, -- nein! besser
in _diesem_ Leben. Sollte der Himmel Dir einen erhabenen Geist
blos zu Deiner eigenen Qual gegeben haben? Und willst Du, unter dieser
Voraussetzung, immer selbst Deiner vermeyntlichen Bestimmung zum
Unglück, entgegenarbeiten? -- Es ist nicht möglich, Tieck! Du bist ein
Engel! und Du solltest ewig unglücklich seyn?

       *       *       *       *       *

    Sonnabend, Mittag.

Auch Deine Antwort auf meine Zweifel wegen meiner Wahl einer Akademie,
hat mich etwas frappirt. _So_ hatte ich sie nicht ganz erwartet.
Du überzeugst mein Herz, wie wehe es dem Deinigen thun werde, Dich
aus Deiner Situation in Halle herauszureißen, und doch setzest Du mit
einer Kälte, mit einer Trockenheit, die mich erschreckt hat, weil
sie die Frucht einer verzweiflungsvollen Stimmung zu seyn scheint,
hinzu, Du würdest am Ende doch wohl noch mit mir nach Erlangen gehen.
Bedenke genau was Du thust; frage dich selber sorgfältig um Rath,
ehe Du hierüber etwas, vielleicht aus Uebereilung, die Du späterhin
bereuen möchtest, zu beschließen wagst. Zürne nicht, und (was noch
tausendmal ärger wäre) mißverstehe mich nicht, argwöhne nichts, was
ich Dir verschwiege, unter dieser Vorsicht versteckt. Es ist dies ein
Punkt, über den ich mit der nacktesten Offenheit mit dir sprechen muß.
Also noch einmal: bedenke zuvor, ehe Du Dich entschließest; und glaube
nur um Gotteswillen nicht, daß ich aus einer gehässigen Kälte und aus
Vernünfteley zu unrechter Zeit die Wirkung Deiner leidenschaftlichen
Liebe zu mir stören will. Es ist zu Deinem besten, was ich sage. Du
wirst in Halle bis Ostern gewiß immer mehr Behagen fühlen, wirst in
angenehme Verbindungen verkettet werden und manchen schönen Umgang
anspinnen. Nun prüfe Dich selber ja mit Strenge, ob Du stark genug
bist, alles dies aufzuopfern, um -- einem einzigen Menschen zu
gefallen, von dem Du doch nach 1 oder 1½ Jahr alsdann _wieder_
getrennt wirst, 30 Meilen weiter in die Mitte von Deutschland hinein
zu ziehen. Es würde nichts kränkender für mich seyn, als wenn Du dies
mißverständest, und nur auf einen Augenblick verleitet werden könntest
zu glauben, meine Liebe zu Dir wäre um einen Gran verringert geworden.
Mein Vater meynt, es würde Dir vielleicht nicht leid thun, mehr von
Deutschland gesehen und in Erlangen einige Zeit gelebt zu haben. Nun --
vielleicht ist uns der Himmel günstig. Vielleicht, daß es möglich wäre!
-- könnte meine Gegenwart die Wolken von Deiner Stirn scheuchen. Aber
dann die Trennung wieder! Welch ein neuer Blitz für uns beyde! -- Nur
keine Aufopferung von Deiner Seite, Tieck! Ich will keine Schuld auf
mich geladen wissen! Und wenn ich künftig auch nur _etwas_ weniger
Deine Liebe verdienen sollte, und Du auch nur _etwas_ von Deiner
heißen Liebe nachgelassen hättest, -- -- doch, wo gerath’ ich wieder
hin. O, ist es denn nicht vergönnt, daß wir zusammen glücklich seyn
können? Nun -- _vielleicht_! Die Hoffnung soll mich nie verlassen!
Möchte sie Dir auch beystehen!

       *       *       *       *       *

Vergieb mir, wenn mein Brief heftig und sonderbar ist. Ich küße Dich
zärtlich, und -- verspreche, wenn es nur irgend angeht, Dir künftigen
Posttag wieder zu schreiben. Gott sey mit Dir.

    _W. H. Wackenroder_.


V.

    _Berlin_, den 18ten Juni, Montag Abend.

Da ich versprochen habe, Dir wiederzuschreiben, so kann ich unmöglich
Deine Erwartung täuschen. Ich halte solch ein Versprechen, dir
gethan, für das kräftigste Mittel, mich zu etwas zu zwingen, wenn
das Geschäft an Dich zu denken, das mir das süßeste ist, noch eines
Zwanges bedürfte. Aber wahrlich, ich fühle es, ich hätte Dir ganz
gewiß, wenigstens ein Paar Zeilen geschrieben, wenn ich auch die
zeitraubendsten Abhaltungen gehabt hätte, denn ich weiß es selber
gar zu gut, was es heißt, vergeblich warten und seine sicheren
Hoffnungen vereitelt sehn. Aber Abhaltungen und Zerstreuungen habe
ich jetzt doch bis zum abscheulichsten Ueberdruß. Es ist ein großer
Trost, den ich Dir geben kann, daß du frey, nach Deiner eigenen
Willkühr, in schöner Unabhängigkeit Deiner Zeit genießen kannst; indeß
ich durch Geschäftsgänge, und durch überhäufte Vergnügungen, durch
meinen trägen Körper, der eines eisernen Schlafes gewohnt ist, und
durch die inkonvenienten Verhältnisse mit manchen meiner Bekannten
beständig nicht nur an Beschäftigungen, sondern auch an selbstgewählten
Erholungen und an besserem Umgange gestört werde. Rambach und Bernhardi
lieb’ ich sehr. Letzteren kenn’ ich bis jetzt noch besser und bin
ihm also auch noch mehr zugethan als jenem. Ich habe mich gewundert
neulich, als er mir manchen geheimen Winkel in seinem Inneren aufdeckte
und mich mit allerhand sehr feinen Bemerkungen unterhielt, in ihm so
viel Aehnlichkeit mit Dir zu finden. Wisse, daß Du ein sehr lieber
Gegenstand unsers Gesprächs bist; und werde durch mich überzeugt, daß
er Dich innig schätzt, und von den Abenden, da Du mit ihm zusammen
gewesen bist, mit einer lebhaften und frohen Erinnerung redet. Ich
bin mit ihm seit ein Paar Wochen 2 mal im Theater gewesen, und habe
beydemal dicht bey ihm vorn in der Mitte gestanden. Wenn ich so einen
Menschen zu meiner Seite habe, von dem ich weiß, daß er alles so tief
fühlt als ich, -- ich weiß nicht, dann ists mir immer so wohl, und ich
finde mich in dem Gewühl der Menge Zuschauer so glücklich, als wäre ich
allein auf meiner Stube mit einem Freunde. Stehe ich aber so verlohren
und einsam in dem lachenden und witzelnden und albernen Parterre,
so ist mir alles so öde und wüst. Bey keinem aber, als bey Dir, ist
mir jenes Gefühl so laut und deutlich gewesen: faßte ich Dich unterm
Arm, so wars mir so wohl, als wenn ich mich nach einer erschlaffenden
Ermattung des Abends in mein Bett warf, oder als wenn ich mich vor
Wintersturm und Regen in mein sicheres Stübchen rettete. -- Die 2
Stücke die ich sah, waren, -- höre hoch auf, denn ich spreche große
Worte: -- Kabale und Liebe, und Ifflands Elise von Valberg, Schauspiel
in 5 Aufzügen. Ist das letztere, das von Kennern für das Meisterwerk
des Verfassers erklärt wird, gedruckt, so lies es ja. Es macht einen
erhabneren, weniger rührenden Eindruck, als die Hagestolzen und hat
eine weit, _weit_ lebhaftere, raschere Handlung. Nichts übersteigt
das Interesse der Situationen, den originalen Stempel einiger großen
Scenen, den Effekt, den kleine Züge hervorbringen, -- und nichts
übertraf, als ich das Stück sah (es ward zum erstenmale gegeben), das
Spiel von Fleck, der Unzelmann, Garly (kennst Du diesen talentvollen
Anfänger?) u. s. w. Auch Czechtizky, auch die Baranius spielten gewiß
sehr schön; auch Mattausch übertrieb seine Gebehrden wenigstens nicht.
Als die unschuldige, unbefangene Elise mit der Fürstinn sprach, als
das ungezierte, offene Mädchen Muth bekam, ihr Dinge zu sagen, die
ein Kenner der Menschen und des Hofs an dieser Stelle kaum zu denken
gewagt hätte, als sie die Fürstinn überzeugte, daß sie völlig rein,
vom Fürsten noch nicht befleckt sey, und ihr dagegen ihre Pflicht als
Gemahlinn ans Herz legte, und ihre Kälte, ihren anscheinenden Stolz
gegen ihn ihr vorhielt; da dacht’ ich an die Scene in Maaß für Maaß, wo
auch das schüchterne Mädchen in Gegenwart des Herzoges so enthusiasmirt
wird. Das Stück ist höchst vollendet und ausgearbeitet; der Gang höchst
natürlich. Und noch eines, was ich noch nicht gesagt habe, setze ich
hinzu; die Feinheit und Delikatesse in den Aeußerungen der Personen
ist unübertrefflich, unnachahmlich. Beyspiele liefern besonders die
Abschiedsscene zwischen Elise und Witting, und die Versöhnungsscene
zwischen dem Fürsten und der Fürstinn. -- Kabale und Liebe hat auf mich
gewirkt wie es soll: stark, entsetzlich stark. Ich freute mich, das
Ganze besser zu verstehen, als da ich es vor einigen Jahren las. Ich
weiß mich der Zeit noch sehr gut zu erinnern, da ich diese Verse von
Göthe: „Trocknet nicht, trocknet nicht, Thränen der heiligen Liebe!
Auch dem halbtrocknen Auge schon, wie öde, todt ist die Welt!“ -- gar
nicht verstand. Aber, als ich das Gefühl der Liebe, in seinem schönsten
Aufblühen, in seiner reinsten, sich selbst nicht kennenden Unschuld,
in dem Reiz, wie die edelsten und süßesten Minnedichter es schildern,
-- als ich es empfand, -- da empfand ich auch, was jene Verse sagen
wollten. So erweitert sich allmählig der Kreis der Empfindungen, und
wo vorher das Herz kalt blieb, treibt es das Blut nun rascher und
wärmer durch die Adern. So gings mir ohngefähr bey einigen Stellen
in Schillers Stück. Ich habe es nun göttlich gefunden: es gehört mit
zu den einzigen Triumphen, die den glorreichen Dichter zum höchsten
Gipfel des Ruhms erheben. Wer hat die Empfindung stärker gemahlt, als
er, in der Scene, da der Vater die Geliebte des Sohnes seinen Händen
entreißen läßt? Diese hat mich am schrecklichsten erschüttert. Und das
Ende! Es kann keine heftigere Spannung der Leidenschaften geben! Ich
fühlte es, wäre ich in Ferdinands Lage, -- wahrlich, Tieck, ich hätte
kaum anders gehandelt. Was meynst Du? Fleck, die Unzelmann, Herdt
und vornehmlich auch Unzelmann als Kammerdiener, spielten herrlich.
Kaselitz hat nur wenig edles und ausdrucksvolles; und die Engst schien
in den großen originellen, vielumfassenden Charakter der Brittinn
nicht ganz zu passen. Ihr Mund will sich immer nur zu einem leichten
Lächeln verziehen; ihr Auge immer unter den schwarzen Augenbrauen
mit schalkhaftem Muthwillen hervorblicken, ihre Stimme immer über
anmuthige Scherze mit einem sanften Accente dahingleiten: und dieser
ihr angebohrner Charakter, wie es scheint, schimmerte immer hervor,
wenn sie sich auch Mühe gab, mit ihrem Arm pathetisch zu gestikuliren
und mit ihrer Stimme die treffenden Töne wahrer, erhabener Empfindung
zu modulieren. Die ächt Schillersche Sprache in dem Stück ist oft der
kühnste Schwung der Poesie.

Ich habe Göthens Groß-Cophta gelesen, worin sehr viel artiges ist. Auch
habe ich Pfeffels Gedichte durchgelesen, die zwar manche allerliebste,
anpassende Fabel enthalten, aber auch einiges, was nicht für meinen
Geschmack ist, als: Romanzen auf alte Leisten, vom gewöhnlichen
Schlage; gemeine, alberne Erzählungen; kleine Erzählungen, die nakt da
stehn ohne Interesse, und man weiß nicht wozu, in eine geringe Anzahl
von Versen zusammengepreßt sind; endlich, mehrere fade oder läppische
Witzeleien, die für Epigramme verkauft werden. Daß man es sich doch
nicht der Mühe verdrießen läßt, sogar solch allgemeines und gemeines
Courantgeld, als die Epigramme sind, zu verfälschen! -- Uebrigens
scheint mir Pfeffel der einzige blinde Dichter zu seyn, der in seinen
Werken keine Spur von finstrer Phantasie zeigt, sondern vielmehr durch
seine heitere Laune sich und andre aufheitern will. Wie kommt das? Es
ist viel!

Wenn Burgsdorff wieder solider geworden ist, so freut michs sehr. Grüß’
ihn herzlich. -- Die Geschichte Deiner selbst wird mir immer willkommen
seyn, und mir zu einem heiligen Unterpfande unsrer immerwährenden
Freundschaft dienen.

Bernhardi denkt, wenn er irgend kann, in den Hundstagsferien nach Halle
zu reisen, und freut sich sehr zu Dir. Er hatte schon auf einen Brief
von Dir gewartet. Ich habe ihm Deinen gegeben; auch die an Deine liebe
Schwester hab’ ich abgegeben. Warum schreibst Du ihr nicht öfter?
Versäume ja nicht, lieber Tieck, an sie und Deine Aeltern zu schreiben.
Hörst Du? Deine Schwester verräth ein so gutes, sanftes Gefühl, und so
viel Liebe und Zärtlichkeit für Dich! --

       *       *       *       *       *

    Dienstag Mittag.

Ueber das Naive hab’ ich noch nicht recht Muße gehabt, nachzusinnen. Es
ist ein so schwerer als interessanter Gegenstand. Bernhardi hat jetzt
Deine Anna Boleyn. Es geht ihm beynahe so wie mir: es wird ihm schwer,
etwas zu tadeln oder Verbesserungen vorzuschlagen. _Ich_ habe
mir alle mögliche Mühe gegeben; aber glaub’s mir, ich finde wahrlich
nichts. Den 2ten Akt versteh ich immer besser, und find ihn immer
schöner und schöner. Ganz vortrefflich ist’s, daß die Anna am Ende
vornehmlich nur ihrem Heinrich zu Gefallen entfliehen will; nur ihm
zu Liebe, damit ihre Gegenwart ihn nicht stören soll. Aeußerst feiner,
trifftiger, rührender Grund!

Lebe wohl und sorge für Deine Gesundheit und Zufriedenheit. Schreib mir
bald, lieber Tieck.

    Dein

    ewiger Freund

    _W. H. Wackenroder_.


VI.

    Freitag, den 20ten Juli.

    _Mein zärtlich geliebter Tieck_.

Endlich hör’ ich einmal wieder etwas von Dir. Gewiß hätt’ ich schon
lange, wirklich lange schon wieder an Dich geschrieben, wenn ich nicht
so viel Zerstreuungen gehabt hätte. Ich habe in der That allen meinen
Verstand und meine Ueberredung, d. h. all mein Phlegma aufbieten müssen,
um bey Deinem Stillschweigen, das mich so lange beunruhigt hat, nicht
_zu_ unruhig zu werden. Da ich Deine Harzreise ahndete, so war ich
ungewiß, ob mein Brief Dich schon wieder in Halle antreffen würde; auch
erwartete ich immer einen von Dir, heute aber am sichersten, und -- ich
bin inniglich froh, daß ich mich nicht getäuscht habe. Aber glaube es
mir auf mein Wort ich hätte, wenn Du auf noch längere Zeit geschwiegen
hättest, es doch kaum über’s Herz bringen können, Dir Vorwürfe darüber
zu machen: ich hätte es wahrlich nicht gethan.

Seit Deinem letzten Briefe habe ich oft mit sehr zärtlicher Rührung und
reger Empfindsamkeit an Dich gedacht; und ich bin über alles glücklich,
daß Du, wie ich sehe, auch an mich noch immer mit einer Innigkeit
denkst, die ich erst seit Deiner Entfernung aus Deiner Schriftsprache
recht erkenne.

Verzeihe es meiner Freundschaft, wenn ich in meinem vorletzten Briefe
das demüthige Gefühl der Hochschätzung, den meisternden Ton heftiger
Vorwürfe angenommen hatte. Aber Du hast mir schon verziehen. Ich weiß
es ja auch selbst, wie übel dieser Ton mir steht, und wie häßlich
dabey meine Empfindungen verzerrt werden. Doch der Fall, der diese
Diskursion veranlaßte, hatte mich zu gewaltsam erschüttert, als daß,
-- nun -- möge ewige Vergessenheit darüber ruhn. Daß grade jenes Dein
Uebelbefinden nicht eine Frucht der Tollkühnheit war, die ich schon
manchmal, wenigstens in Gedanken, an Dir gerügt habe, kann seyn; daß
Du aber die großscheinende Schwachheit sonst gehabt hast, -- (Tieck,
verzeih um’s Himmels willen, daß ich es wieder Schwachheit nenne; ins
Gesicht könnt ich’s Dir wahrlich nicht sagen, ich weiß nicht, warum
ich’s mir vergebe zu schreiben? --) nun, das gestehst Du selber ein.
Und davon Dich abzubringen, (wohl Dir, wenn Du Dich selbst schon
geheilt hast,) das allein war die Absicht meiner Invektive gegen Dich.
Und o! wie erhaben dünk’ ich mich als ein Glied der Kette, die Dich an
diese Erde fesselt. Ich glaube, ich habe meine Bestimmung in der Welt
genugsam erfüllt, wenn ich nur ein starkes Glied dieser Kette bin.
Möchte sie nimmer zerreissen.

Du bestrafst mich mit der größesten _Belohnung_, wenn Du zu
meinem Einwand wegen Deiner Wahl von Erlangen blos sagst, ich hätte
Dich mißverstanden. Wenn ich aber in einer Sache, wo Eigennutz, (doch
der edelste denk’ ich,) mit der Besorgniß für die Zufriedenheit des
Freundes kämpft, nicht so nachsichtig wäre, wenn ich strengere Beweise
von Deiner Seite fordern könnte, daß nicht das Glück, was mir zu
Theil werden soll, Dir abgehen würde, so würde ich in der That Deine
Erklärung hierüber wenig befriedigend finden. Du hättest in Halle keine
Verbindungen, deren Auflösung Dir wehe thun könnte? Hast Du nicht die
Reichardtsche Familie, Burgsdorff, und vielleicht noch andere? Hast Du
nicht schöne Gegenden, die Dich kennen und die Du liebst, ~Flumina
nota~ u. s. w.? Bist Du Deinen Aeltern nicht näher? -- Doch meine
selbstsüchtige Seele hält mir den Mund zu, da meine liebende Seele mich
fortfahren heißt.

Scheine ich Dir nicht einem Kinde ähnlich, das nur darum sich so
lange nöthigen läßt, ein Geschenk anzunehmen, um es nachher mit desto
größerm Scheine des Rechts, mit desto begierigeren Händen ergreifen
zu können? Ich will nicht entscheiden, in wie fern Du in dieser
Vorstellung unrecht haben möchtest. Dennoch, -- überlege: sieh auf
Dich selbst. _Wenn_ dann unser beiderseitiger sehnlichster Wunsch
erfüllt werden kann, wenn wir an Einem Orte die blumenreichsten Jahre
des Lebens zubringen dürfen: -- o welche unaussprechlich reizende
Aussicht in die Zukunft. Zwey Wesen, von dem traurigen Schwall und
Wuste der Welt isolirt, in einer Freiheit, die Götter beneiden könnten,
in einer Sorglosigkeit, die man vergeblich an andern Orten der Erde
und in andern Zeitpunkten des menschlichen Lebens sucht, -- durch
nichts an die Menschen, blos an einander mit den unauflöslichsten
Banden gekettet: -- so setzen wir uns dann mit Entzücken auf die
Schaukel des Glückes, und lassen uns zusammen von unseren Freuden
in herrlichem Schwunge bis an die Sterne schleudern: ~Coetusque
vulgares udamque spernimus humum~! -- Aber ich schweife wieder
aus! Ach! diese Seligkeit scheint mir zuweilen so groß, daß, --
soll ich nach der bäurischen Einfalt meiner dunkeln, ahndungsvollen
Empfindungen sprechen? -- daß ich bange davor bin. Denn ich kann mich
nicht überreden, wie das im Guten so haushälterische Schicksal, das
so genaue Rechenbücher über die Freuden und Leiden hält, die es uns
zutheilt, mich mit einem so großen Kapital beschenken könnte, ohne
mir nachher dafür die drückendsten Zinsen abzufordern. Doch ich trage
diese Beschwerden, wenn _Du_ mich so glücklich machst. Und ich
nehme Deine Wohlthat, die Du an mir thun willst, mit dem dankbarsten
Gemüthe an, wenn sie Dich nicht gar zu viel kostet. Dabey bleibt’s. O
ich habe heut schon herrliche Scenen aus unserer künftigen Gemeinschaft
geträumt! --

Du wirst es wohl ahnden, daß ich den 2ten Theil des Genius nicht ohne
besorgliche Gedanken, und nicht ohne etwas dagegen eingenommen zu seyn,
kurz nicht ohne fatale Nebenideen zur Hand genommen habe. Aber daß der
Verfasser ein origineller Kopf ist, der die Sprache so in seiner Gewalt
hat, wie ein Schauspieler seine Stimme, der das Blut durch alle Adern
jagen, der kalte Thränen des Schreckens aus den Augen pressen, der die
Seele in ein Meer der entzückendsten Gefühle eintauchen kann, das ist
unwidersprechlich. Um seinen Styl zu schildern und zu loben, müßte man
selbst schreiben wie er. Um nur der Charakterzeichnungen zu gedenken,
die im 2ten Theil so häufig vorkommen, welche Meisterstücke! Ich kenne
wenigstens keine höheren Muster. Da sind Ideen gehascht und in Worte
gekleidet und hell vor die Seele gestellt, die man gewöhnlich nur in
einem Nebel sieht, ohne sie sich selbst deutlich erklären zu können;
da sind die feinsten Falten des Herzens aufgedeckt; da ist das ganze
Aeußere und Innere des Menschen in ein Gemählde von Worten gebracht,
wo alle Züge wahr, bedeutend und treffend, und mit der schönsten
Kunst ausgeführt und vereinigt sind. Die Scenen beym Einsiedler sind
vortrefflich.

Deine Bücherrekommandationen sind mir natürlich immer sehr willkommen.
Den Tasso werde ich mir zu verschaffen suchen. Wie heißt aber
eigentlich der Roman von Florian? Estelle? Ich kann’s nicht recht
herausbringen.

Im Großkophta hab’ ich freilich auch nicht etwas außerordentliches, so
wie man es von dem Verfasser des Werther gewohnt ist, entdeckt. -- Der
Charakter des Sekretärs ist Dir in Cabale und Liebe zu abscheulich,
und mehr als Franz Moor? Mir scheint selbst der letztere weit mehr
zu entschuldigen zu seyn; wie wohl immer mehr Scharfsinn, als ich
besitze, dazu gehört, um dergleichen seltene Ungeheuer im Drama zu
rechtfertigen. Du weißt, daß sie mir leicht mit zu starken Farben
gezeichnet sind, und daß ich auf der Bühne eine Person verabscheue,
die gar nichts Menschliches an sich hat, und nicht das geringste uns
auffordert, uns mit ihr nur einigermaßen auszusöhnen, wenigstens
unsern Abscheu in dem Grade zu dämpfen, daß doch das Gefühl des
Mitleids und des Bedauerns dabey in unserer Seele noch Platz behält.
Und freilich habe ich noch nichts gefunden, was dies bey der genannten
Rolle veranlaßte. Ich sprach vor einiger Zeit auch mit Bernhardi
davon. Mich dünkt, daß er in der Anhänglichkeit an den Präsidenten,
in dem Diensteifer, den so ein teuflischer Diener gegen seinen Patron
hat, etwas zu seiner Entschuldigung dienendes wollte entdeckt haben.
Aber ich sage kein Wort darüber. Denn ich möchte Bernhardi’n etwas
falsches unterschieben, weil ich dergleichen Dinge nicht immer mit dem
geschicktesten Handgriff zu fassen weiß.

Elise von Valberg wirst Du noch tausendmal vortrefflicher finden, als
ich bis itzt wenigstens im Stande gewesen bin, es zu finden, da ich
es nur einmal gesehen habe; und da Du die Schönheiten und Feinheiten
dramatischer Plane und Situationen Dir auseinanderzusetzen verstehst.
Aber, o Himmel! was ist diesem Meisterstücke für ein Ding gefolgt!
Hieronymus Knicker, Operette in 2 Akten von Dittersdorf, ist schon 3mal
gegeben, und scheint leider Beyfall zu finden! Nach dem was ich nur
von solchen, die nicht Willens waren, dem Dinge ihren hohen Beyfall
ganz zu versagen, gehört habe, muß es, was Musik, Geist und Geschmack
des Gesanges, u. s. w. betrifft, fast noch unter dem rothen Käppchen
stehn. Es hat denn doch bis itzt noch alles sein Ende in dieser Welt
erreicht; selbst die verderbliche Dürre, die über 14 Tage gewährt hat,
ist nun durch ein Gewitter, wenigstens zum Theil, gebrochen; aber die
unsinnige Operettenwuth der Berliner scheint nur mit der Zeit immer
mehr Nahrung zu bekommen, und noch nicht den höchsten Grad erreicht
zu haben. Ist dieser da, so muß nothwendig eine Revolution erfolgen,
sonst werden wir so barbarisch in der Kunst als -- die Lappländer. --
Fort mit dem Gedanken an diese verdammte Seuche. Ich will Dir etwas
besseres erzählen. Und das ist, daß ich neulich Diderots Hausvater und
den Traktat über die dramatische Dichtkunst, der das Stück begleitet,
gelesen habe. O was ist dieser Diderot für ein verehrungswürdiger
Mann! Wie weicht sein Charakter, sein Geschmack, doch so ganz von dem
empfindungslosen französischen Geist ab! Was hat _Er_ für Fülle
des Herzens, für _alte_ Gutherzigkeit, für _alten_ Edelmuth,
(denn nach dem modernen Geschmack scheint das nicht recht zu seyn.)
Man sollte ihn, wäre sein Name nicht französisch, für einen Deutschen
oder Engländer halten. Erinnere Dich an die herrlichen Grundsätze,
Vorschläge und Aeußerungen, die in der Poetik vorkommen. Erinnere Dich
jener herrlichen Stellen, die mich vorzüglich entzückt haben, und die
so sehr für Dich als für mich schön seyn müssen!

Von Deiner Harzreise schreibst Du mir vielleicht künftig noch etwas.
Weißt Du denn schon, daß Bernhardi Dich bald vielleicht besuchen
dürfte? Aber rechne noch nicht sicher darauf; denn er hat mir gesagt,
daß er noch nicht gewiß wäre, ob es Zeit und Umstände erlaubten. Ich
rathe ihm sehr zu. Seine Freundschaft ist mir itzt viel, sehr viel
werth. Wir kennen uns itzt genauer als sonst, und sprechen sehr
vertraulich, ungleich vertraulicher als sonst. Wenn Du wüßtest, wie
sehr er Dich liebt! wie sehr er Deine ganze Gegenliebe verdient!
Rambach seh ich seltener. Er ist gewöhnlich, oder doch oft nicht
zu Hause, wenn ich ihn besuchen will. -- _Daß Du auf Michaelis
herkommst_, ist doch in höchstem Grade _wahrscheinlich_? --
um nicht mit einem: Gewiß, Dir Einwendungen, wider meinen Willen,
zu entlocken. Deine Schwester und ich wir trösten uns dadurch über
Deine Abwesenheit, wenn ich sie spreche. Soll ich Dich bey Dir
selber verklagen? Soll ich Dich nicht auffordern, an Deine liebe
gute Schwester und Deine Aeltern öfter und länger zu schreiben? Sie
würden sich sehr freuen, wenn Du es thätest. -- Dein Bruder ist ein
paarmal bey Bernhardi gewesen, der ihn zuerst wegen Deines Gesichts
und Gleichheit im Aeußern liebgewonnen hat. -- Ich lege einen Brief
von Deiner Schwester ein. Ich habe es ganz vergessen, es ihr eher
anzubieten.

Liebst Du mich, so antworte mir bald, damit unser Briefwechsel in
ordentlichem Schritte geht. Ich für mein Theil werde alles dazu
beytragen. -- Die Zeit vergeht mir jetzt schneller als jemals, und
deswegen werde ich verleitet, fast alle Tage schon an meine Abreise
aus Berlin zu denken. Sie wird mich Thränen kosten; und käm’ ich ohne
Freund auf eine 56 Meilen entfernte Universität, so würde ich mich gar
nicht wohl befinden.

Noch habe ich versäumt, Dir vom ~Père de Famille~ zu sagen, daß
meine Erwartung hier einmal wieder um ein kleines Haarbreit getäuscht
ist. Der natürliche Sohn von Diderot hat mich wegen der vielen schönen
Empfindung, die darin herrscht, zu heißen Thränen gerührt, und thut
dies bey wiederholtem Lesen gewiß immer. Den Hausvater find’ ich schön,
-- aber -- so innig habe ich nicht Antheil genommen, so lebhaft bin ich
lange nicht erschüttert, als bey jenem Stück. Liegt beim Hausvater die
Schönheit mehr im Plan? Vielleicht fühl’ ich sie bey wiederholtem Lesen
tiefer. Der Sohn, der Hausvater, und die Geliebte des erstern, sind
herrlich gezeichnet. Aber ich muß gestehn, was z. B. die Putzhändlerin
in der 1. Scene des 2. Akts thut, was diese ganze Scene wirken soll,
oder warum sie nothwendig war, sehe ich noch nicht ganz ein. Belehre
mich hierüber etwa einmal, wenn Du willst.

In der Hoffnung, Dich auf Michaelis hier zu sehn und baldige Antwort
von Dir zu erhalten, bin ich

    Dein

    _Wackenroder_.

~P. S.~ Bernhardi schreibt künftigen Posttag, ob er noch nach
Halle kommt, und schickt Dir kleine Bemerkungen über die Anna Boleyn.


VII.

    Montags.

    _Mein liebster Tieck!_

Wo bleibt mein Brief, den ich nun wohl bald erwarten dürfte? Wenn
zu allen Deinen Fähigkeiten hinzukäme, Ordnung und Pünktlichkeit
zu beobachten, so würdest Du ein ganz vollkommnes Wesen seyn, --
vielleicht zu vollkommen für diese Welt. Ich freue mich nur über
mich selbst, daß ich jene Schreibeträgheit und Nachläßigkeit im
Korrespondiren bey mir nicht bemerke; doch ich habe freilich fast
lauter angenehme Briefwechsel.

Lebst Du denn vergnügt, gesund? Bernhardi hatte inniglich gewünscht,
Dich in den Hundstagsferien zu besuchen, denn er sehnt sich nach
Deinem Umgange sehr und wünschte sich mit Dir recht aufzuheitern;
aber einfältige Hindernisse sind ihm in die Queer gekommen. Wie schön
wär’s nicht gewesen, wenn er zu Dir gekommen wäre; hätt’ ich ihn dann
begleiten können! Tieck! hätt’ ich Dich in Halle sehen können! --

Meine Abhaltungen sind durch neue Abhaltungen ersetzt. Der Vater meines
Herrn Vetters mit seinem Bruder aus Stockholm, sind itzt auf ein Paar
Tage hier; ich sehe mit ihnen dies und das, und gehe hier und dort hin:
bald werden sie abreisen, um eine Reise, die zum Theil Geschäfte zum
Theil Vergnügen zum Zwecke hat, durch Deutschland vorzunehmen. Von hier
reisen sie nach Wien, durch Sachsen. Himmel! was sagst Du, wenn ich sie
begleiten könnte, und Dich vielleicht auf einen Augenblick wenigstens
im Vorüberreisen, umarmen!

Mein Hauptlehrer, der Assessor Köhler, ist verreist, auch nach Wien;
einige andre meiner Lehrer setzen ebenfalls ihre Stunden itzt aus.
Ich habe nur 2 Vormittage in der Woche besetzt. Was werde ich in
diesen unerwarteten Ferien anfangen? Womit werde ich die Nebenstunden
der Erholung ausfüllen, wenn ich nicht einen Freund, einen einzigen,
unaussprechlich-geliebten Freund bey mir hätte, oder eine Ferienreise
nach Halle unternehmen, mit ihm auf die Felsen klettern, und die
Krümmungen der Saale in den wohlgebauten Fluren des Sachsenlandes
beschauen dürfte?

Ich habe noch heute an Wißmann geschrieben. Da Bernhardi, Du, keiner
seiner Bekannten ihm schreibt, will ich nicht der letzte Hartherzige
seyn. Seine Mutter, die ich zuweilen besuche, ist eine geistreiche,
gefühlvolle, edle, gütige Frau. Ich bin ihr sehr gut. Sie wünscht
mich nach Frankfurth zu ihrem Sohne. Ach! ich wünsche mich am ersten
zu Dir! zu Dir, Du Freund meiner heiteren entzückend frohen Stunden,
und meiner trüben launenvollen Aprilltage! _Wann werd’ ich Dich
wiedersehen??_ -- Soll ich Dir einen kleinen Schreck einjagen? Ich
kann Dich nicht länger täuschen und mit Vorbereitungen hintergehn.
Kehr’ um und lies die Antwort:

_Künftigen Montag!_ --

Höre die Auflösung des Räthsels. Ich bin vor Entzückung ausser mir; ich
taumle in der seligsten Hoffnung!

Der Vater meines Herrn Vetters hat mit meinem Vater verabredet, daß
ich ihn über -- (Höre wie glücklich ich bin,) -- über Wörliz, Dessau,
=Halle!= Leipzig, Meissen, bis Dresden begleiten soll. So kurz,
so schleunig ward dieser Entschluß gefaßt, daß ich meiner eigenen
Ueberzeugung von der Gewißheit nicht traue. Ich sehe Dich -- diesen
Montag -- in Halle! Wer hätte gedacht, daß ich geboren wäre, um
_so_ glücklich zu seyn!

Aber ich eile Dir einige langweilige Betrachtungen vorzupredigen, die
ein Paar Tropfen Wassers in das Feuer meiner Entzückung tröpfeln.
Es wird nicht angehn, daß wir länger als _Einen_ Tag in Halle
bleiben; denn unsre Zeit ist beschränkt. Ferner muß ich dort in
Halle einen Besuch für meinen Vater machen. Doch so viel als das
gütige Fatum mir Zeit übrig läßt, oder so viel ich Stunden, Minuten
und Sekunden von meinen Reisegefährten erbetteln kann, -- so lange
leb’ ich ganz für Dich. Doch versteht sich nicht das von selbst? --
Aber ferner, was Dich zwar nicht betrifft, aber wohl mich und meine
Laune: meine Reisegesellschafter sind, in dem engen Raume eines
offnen Extrapost-Wagens: -- mein Herr Vetter, die beyden Herren von
--, und ihr Hofmeister. Dies ist etwas, was vielleicht meine reine,
hochgestimmte, volle Freude und Empfindung des Wohlseyns zuweilen etwas
dämpfen möchte. Aber fort mit den Ideen! Meine Reise ist vortrefflich;
ich bin so froh, Dich zu sehen, daß ich keinen angemessenern Ausdruck
für meine Freudigkeit finden kann.

Donnerstag Mittag reisen wir: am Abend sind wir in Potzdam: den
folgenden Tag wird die Reise nach Wörliz vollendet; am Sonnabend
genieße ich die schöne Natur und Kunst, an einem Orte, den _Du_
betreten hast und mit dem _Du_ (das thut mir leid, daß darin
unsre Hoffnung fehlschlägt,) mich _zuerst_ bekannt machen
wolltest. Den Sonntag werden wir wohl nach Dessau gehn, vielleicht uns
dort etwas umsehen und dann -- nach Halle, zu meinem Tieck! fahren.
Doch ist es auch keine absolute Unmöglichkeit, daß wir erst Montag
früh hinführen. Im ersten Fall würden wir den Montag, im andern Montag
Nachmittag und Dienstag Vormittag in Halle bleiben. So viel kann ich
im Voraus sagen. Daß, sobald ich ankomme und es angeht, es sey Morgen,
Mittag, Abend oder Nacht, ich nach der Klausstraße und nach dem
Chirurg. Kern frage, ist so gewiß, als ich wünsche, Dich gesund und
froh in der Stimmung zu finden, Deinen Freund zu umarmen. Der Montag
wird einer meiner goldenen Tage seyn. --

Noch eins! ich bringe Dir ein Paar stumme Freunde mit: 2 Briefe von
Deiner Schwester und von Bernhardi.

Aber noch eins! Wenn ich wüßte, daß Du nicht auf Michaelis nach Berlin
kommen würdest oder könntest oder wolltest, was doch der Haupttrost
Deiner Aeltern u. s. w. ist, so würde ich mich auf ein ganzes Packet
Bewegungsgründe gefaßt machen, die aus dem Munde eines Freundes doch
wohl einige Autorität haben müßten.

Wen ich außer Dir in Halle sehen möchte? Keinen als Reichardts! Diese
Familie liebe und schätze ich innig. -- O ich sehe es schon im Geist,
wie wir in ihrem romantischen Garten wandeln, und vom Giebichensteiner
Felsen herab die Landschaft unter uns liegen sehen! Dann meinen Arm um
den Deinen und meinen Mund auf Deine Lippen, -- so kenn’ ich nichts
höheres! An _dem_ Tage wollen wir die Zeit mit unserm süßen
Geschwätz so ausfüllen, daß kein Moment ungenutzt bleibt, -- so wie in
einem wohlgefüllten Raum von Menschen kein Apfel zur Erde kommen kann.

So lebe denn wohl, mein Theuerster! Ich brenne vor heißer Sehnsucht,
Dir an den Busen zu fliegen! -- Nur! -- erwarte mich nicht zu ängstlich
zu einer gewissen Stunde, -- freue Dich nicht zu sehr auf einen
vergänglichen Tag, -- hörst Du? -- Doch sey, wenn Du von meiner Hand
berührt wirst, eben der gütige Freund, der Du in einer Entfernung von
20 Meilen geblieben bist.

Mit entzückungsvoller Hoffnung des Wiedersehns --

    Dein

    Freund

    _W. H. Wackenroder_.


VIII.

    _Dresden_, Montag Abends,

    nach 10 Uhr.

    _Mein liebster, mein bester Tieck!_

O Wehe! da bin ich wieder von Dir gerissen, und muß mich in
Gesellschaften herumtreiben, die gegen die Deine so sehr abstechen, wie
-- die schöne Venus, die ich heute im Antikensaale gesehen habe, gegen
den Kerl im Leipziger Garten, der mit dem Schlag 15 sich den Dolch in
die Schulter stieß!!

Dresden ist eine köstliche Stadt, aber doch muß ich in dieser
Gesellschaft mich hüten, mich nicht zuweilen von unbehaglichen
Empfindungen betreffen zu lassen, die das Fremde, Unvertrauliche eines
noch ungewohnten Ortes, wo man nicht zu Hause ist, einflößt. Dich am
Arm, -- so wär’ ich selbst in Kalifornien nicht fremd.

Ich werde nicht die heiligen 7 Tage vergessen, die ich mit Dir verlebt
habe! Empfange meinen feurigsten Dank für Deine Freundschaft, mein
zärtlich geliebter Tieck!

Sonnabend, als wir Abschied nahmen, war mir natürlich sehr fatal. Wir
aßen Mittag in Hubertsburg, wo ein altes und ein neueres Schloß sich
gut präsentiren; und Abends in Meißen (10 Meilen von Leipzig). Gestern
früh besahen wir hier auf dem Berge den Dom und bestiegen seinen Thurm,
der von oben eine göttliche Aussicht hat. Der ganze Berg liegt äußerst
malerisch. Der Weg von Meißen bis Dresden (3 Meilen) verdient das Lob,
das ihm jeder giebt. Er zieht sich beständig längs den gelben Fluthen
der Elbe hinunter und wird immer von grünen Weinbergen begleitet, aus
denen tausend kleine weiße Häuser, Thürmchen u. s. w. hervorglänzen.
Ich genoß diese Schönheiten in stummer Stille, und hegte allerhand
poetische Empfindungen dabey.

Die Aussicht von der Dresdner Brücke ist fast dieselbe, und daher
mitten in der Stadt von unschätzbarem Werth. Gestern Abend haben wir
die ziemlich schlechte Secondasche Truppe gesehen, wie sie Liebhaber
und Nebenbuhler in Einer Person, aufführte. Herr Kordemann (vermuthlich
der Berliner) spielte den verkleideten Ritter. Heut früh haben wir die
Antikensammlung, die nächst der Kapitolinischen, Vatikanischen und
Florentinischen die erste in der Welt ist, und heut Nachmittag die
Bildergallerie besehen, doch so, daß ich bey beyden kaum Zeit hatte,
_einige wenige_ der vorzüglichsten Stücke nur _flüchtig_
anzusehn. Gehts irgend an, seh’ ich beydes noch einmal.

Sonntag oder Montag früh reisen wir weg. Dienstag oder Mittwoch sind
wir in Berlin. O dann komm doch so bald als möglich!! Bin ich in
Berlin, so schreib’ ich Dir gleich. Schreib Du, je ehr je lieber!

Bleib gesund: grüße Burgsdorf, Reichardts, und -- die Giebichensteiner
Felsen. Lebe wohl Du Theurer: Dein Bild steht mir ewig vor der Seele;
und die 7 Tage, besonders den in Wörlitz, vergesse ich nie.

Es wird mir schwer, mich von Dir zu trennen, aber die Zeit will’s! Leb
wohl.

    Ewig

    Dein Dich liebender

    _W. H. Wackenroder_.

In Berlin erzählen wir uns noch viel. Da hörst Du noch alles von
Dresden.


IX.

    Novb. 92, Sonnabend Vormittag.

    _Mein geliebter Tieck_.

Daß Du mir nicht sobald schreiben würdest, habe ich wohl gedacht, ich
freue mich nur, daß ich nun höre, daß Du gesund und auf Deiner Reise
vergnügt gewesen und jetzt mit Göttingen so zufrieden bist. Ich kannte
aber in der That kaum mehr Deine Hand auf dem Kouvert, als ich den
Brief bekam; so lange hab’ ich nichts von Dir gesehn. Indeß vermied
ich, mit Aengstlichkeit an Dich zu denken; und ich bin nun nur vergnügt,
daß ich mir Dich in Göttingen gesund und wohl vorstellen kann. Ich bin
gesund gewesen, und habe mancherley Zerstreuungen gehabt. Bernhardi
und Rambach, (beiden hab’ ich zu ihrer Freude Deinen Gruß bestellt,)
grüßen wieder und hoffen auf Briefe. Bernhardi hab’ ich wenig sehn
können bis itzt; aber Mittwochs sind wir mehrmals zusammen in ein
Konzert gegangen, wo ich mich abbonnirt habe, haben uns zusammen in
einen Winkel gestellt oder gesetzt, und Gutes und Schlechtes nicht nur
angehört, sondern auch, wie Du denken kannst, vom Grund des Herzens
bewundert, bekritisirt, bedisputirt, belacht und bespottet. Ich glaube,
hätten wir unsern Willen, so würde Er gleich ein Baumeister, aus
Liebe zur Kunst, ich ein Musiker, -- wenigstens auf einige Monathe
lang. Rambach hat mir neulich Etwas aus seinen Syrakusern vorgelesen.
Bernhardi und ich finden, daß er hierin seinem Styl eine Vollendung und
seinen Gedanken und Empfindungen eine Würde und Wahrheit gegeben hat,
die er bey seinen vorigen Fabrikwaaren, aus leidigem Zwange, verläugnen
mußte. Er selbst gesteht, daß er dies mit ungleich mehr Besonnenheit
und Ueberlegung geschrieben. Ich habe gesehen, wie viel er vermag.

Es hat mich gefreut, daß Du in Leipzig wieder an mich gedacht hast,
aber leid gethan, daß diese Erinnerungen Dich einen Tag trübe gemacht
haben. Die Truppe „wobey Herr Kordemann Hauptrollen spielt“ habe ich
in Dresden gesehen. (Herr Kordemann machte den Ritter in Liebh. und
Nebenb. in Einer Person.) Es ist wahr, daß die Komödianten alle an
einer unglücklichen Mittelmäßigkeit oder gar Schlechtheit laboriren.
Der Herr Geiling ist im Komischen noch erträglich, aber doch Karrikatur
und hat, wie Du an _allen_ wirst bemerkt haben, ein abscheulich
häßliches und widriges Gesicht. -- ~N. B.~ Vorige Woche sind: „Die
heimlichen Vermählten,“ die wir in Leipzig mit so vielem Vergnügen
sahen, hier aufgeführt -- aber -- wie Du vielleicht schon zur Ehre und
großem Ruhm aller Ohren des Berliner Publikums ahnden wirst, mit großer
Gleichgültigkeit aufgenommen. Doch mag das dazu beytragen, daß man hier
die Musik nicht mit dem Feuer und der Lebhaftigkeit spielt wie da, (so
habe ich gehört, ich habs hier noch nicht sehen können,) vornehmlich
aber, daß -- Du wirst erschrecken -- die Stelle des jungen Menschen,
über dessen unnachahmliche Leichtigkeit und Natur und Anmuth in
Geberden und Gesang wir uns so freuten, hier von dem steifen, hölzernen
Herrn Franz ersetzt wird, der blos -- gut _singt_. Lippert mag
jenem Italiäner in affektirten Armschleuderungen nichts nachgeben. Das
artige junge Mädchen wird von der M. Müllern gespielt. Die Wittwe ist
die Baranius; die andre die Unzelmann. Er, Unzelmann, der den komischen
Alten spielt, soll, wie leicht zu erachten, das Stück hier allein noch
heben. Heut ist wieder ein neues kleines Lustspiel von Babo, „die
Mahler.“

Deine Gasthofs-Arbeit ist freilich im Ganzen nichts Außerordentliches.
Aber ich bin dabey auf die Gedanken gekommen, daß ein Mensch, der
poetische Natur durch Uebung und Kritik gereinigt und geläutert und
gebildet hat, einer, der eine Anna Boleyn schreiben kann, (wenigstens
_anfangen_ kann -- verstehst Du?) auch in der kleinsten Armseligkeit,
die er hinwirft, nicht durchaus, nicht gänzlich sich so herablassen
kann, daß kein Funken von seinem Talent erkennbar seyn sollte. Ich
habe immer geglaubt, daß der größte Kopf auch einmal, aus hunderterley
möglichen Veranlassungen, das fadeste Zeug schreiben kann; allein ich
halte dafür, daß auch in diesem elenden Zeuge, _immer_ etwas ist, wär’s
auch nur ein Einziges Wort, das im kleinen ein Miniaturbild seines
Genies ist, und daß ihm vielleicht so zu sagen wider Wissen und Willen
entschlüpft ist. -- Die letzte Strophe Deines Gedichts ist recht schön.
In den andern ist Manches, was mir nicht gefällt. Schiefes und Queres
und Reimzwang. Aber erkläre doch, die (ganz bekannt seyn mögende, mir
aber immer etwas räthselhaft gewesene und gebliebene) Phrase: nach
Thränen, Seufzern und dergleichen die Stunden zählen! -- Uebrigens muß
ich Dir in allem Ernst sagen, daß jedes kleine Geschöpf Deiner Muse, es
mag so roh seyn als es will, mich doch immer leichter in den poetischen
Humor stimmt, als sonst etwas. Aber überhaupt habe ich gemerkt, wenn
ich von Dir nichts höre und sehe, -- so feiert meine Muse, ich vergesse
sie. Ist’s doch, als wäre Dein Geist ein Theil von ihr, als zöge sie
aus ihm nur Nahrung, als wäre sie nichts ohne ihn. Es ist mir gar
auffallend, daß, sobald ich was von Dir lese oder, noch besser, mit Dir
mündlich in das Feld der Poesie hineinschweife, mein Blut sich erwärmt,
und ich meine lebhaftern Empfindungen in Rhythmen daher ströhmen zu
lassen versucht werde. Jetzt habe ich wenig Zeit; allein sollte ich
etwas dichten, so schick’ ichs Dir. Doch zweifle ich, bald.

~Viva vox docet~, ist ein Sprüchwort, was mir bey sehr vielen
Wissenschaften, bey historischen z. B., wenig Kraft zu haben scheint.
Aber daß die ~viva vox~ eines Freundes nöthig ist, um dem Freunde
Geist und Frohsinn in die Adern zu gießen, das fühl’ ich. Täglicher
Umgang, wie ich ihn habe, erschlafft und verdirbt. Doch es wird anders
werden.

Grüße Burgsdorf von Herzen. Was macht sein Carneval, und Karl und
Montmorin?

Bernhardi lachte sehr, als ich ihm Dein Urtheil von Heynens Kollegium
sagte: er glaubts gern. Ich? auch! Aber kurios ists um die Fama, dieses
großsprecherische Geschöpf mit aufgeblasenen Backen. -- Solltest Du in
Göttingen einmal den Professor _Forkel_, der eine Geschichte der
Musik, eine musikal. kritische Bibliothek u. s. w. geschrieben, und ein
vortrefflicher musikalischer Kritiker ist, kennen lernen, so schreib
mir von ihm. Schreib mir doch ja, ob er Kollegia über die Musik itzt
liest? Er ist mir ein interessanter Mann.

Ich habe nicht mehr Zeit. _Bald mehr_. Sey nur hübsch ordentlich
im Schreiben. Ja? Schreib recht bald. An mir soll’s nicht fehlen. Leb’
wohl und vergiß mich nicht.

    _Wackenroder_.


X.

    _Berlin_, den 27ten November,

    Dienstag, Abends. 1792.

    _Mein innigstgeliebter Tieck!_

Es sieht zuweilen wohl so aus, als wenn ich ohne Dich eine Zeitlang so
nothdürftig vergnügt leben könnte; aber im Grunde ists doch nicht wahr,
und ich betrüge mich selbst, wenn ich mir so viel zutraue. Du kannst
versichert seyn, daß ich in dieser Stunde aus wahrem Bedürfniß an Dich
schreibe: es ist mir, um diesen Abend noch mit Ehren und guter Manier
zu erleben, so nothwendig, als Dir, etwas Theatralisches zu dichten.
Wo sind die schönen Zeiten, da ich keinen Nachmittag oder Vormittag
ruhig seyn konnte, wenn ich Dich nicht gesehn hatte; da ich an jedem
Tage mit Dir 1 oder 2 Stunden zusammen genoß und unsre Seelen sich
einander umarmten? Wie oft strichen wir gegen Mittag, wie oft zur Zeit
der untergehenden Sonne im Thiergarten herum, den ich nun wohl über
einen Monat nicht gesehn habe! Und wenn wir Abschied nahmen, thaten
wir es nie, ohne voraus zu bestimmen, wann wir uns wiedersehen würden.
Einst, da ich Dich an einem Sonntag Nachmittag aufsuchen wollte, lief
ich die Stadt herum, suchte vorm Komödienhause und 2 mal vor Deiner
Thür, kehrte zurück und gieng in meiner Stube eine halbe Stunde auf
und nieder und weinte. O wenn Du wüßtest, ja fühlen könntest, wie
diese Thränen für Dich voll Wonne waren! -- Aber was hilft mir die
freundschaftliche Unfreundlichkeit, Dich an diese Vergangenheiten zu
erinnern! Ich war gerade in einer so weichen Stimmung.

Und ich merke, daß ich sie nicht sogleich verliere, weil sie mir so süß
ist.

An Rambach und Bernhardi hab’ ich Deinen Gruß bestellt: sie freuten
sich sehr darüber. Letzterer hat auch Deinen Brief mit großem Vergnügen
gelesen: Er, der einzige, dem ich mich jetzt vertraulich mittheilen,
und aus dessen Geist ich Nahrung schöpfen kann (denn bey meiner
täglichen Gesellschaft muß er gewöhnlich die Fasten observieren). Er
ist auch so gebunden als ich und seine Zeit ist eingeschränkt. Arbeiten
fürs Seminarium haben ihn gehindert, daß ich ihn seit einiger Zeit in 8
Tagen etwa nur einmal gesehen habe. --

Aber ich will nicht klagen. Was sind das alles auch für Kleinigkeiten
gegen die Zukunft, die mich so unendlich belohnen soll?

Was mit dieser Zukunft zusammenhängt, will ich Dir doch zuerst
melden. Der Prediger Schuderoff hat neulich an meinen Vater und
mich geschrieben, und auf meine Anfrage mir mit heitrer Miene und
freundschaftlichem Händedruck geantwortet, daß er uns beyde mit
offenen Armen auf Ostern aufnehmen wolle. Oder vielmehr _nach_
Ostern, denn in den Festtagen selbst ist er mit Predigten u. s.
w. so überhäuft, daß er blos für sein Amt leben kann. Mit inniger
Freude hat er uns zugleich bekannt gemacht, und mit der wärmsten
Theilnehmung haben wir es angehört, daß er im Januar ein herzlich
gutes Mädchen aus der Nachbarschaft heirathen wird. Er hat mir mit der
lebhaftesten Freude geschrieben, wie er uns mit seiner Künftigen, und
mit den herrlichen Gegenden worin er so glücklich lebt, und mit den
benachbarten Städten u. s. w. bekannt machen, und uns wohl gar auf den
Weg nach Erlangen bringen wolle. Und es ist ihm sehr lieb, Dich zu
sehn und zu sprechen, da ich ihm schon mehrmals von Dir erzählt habe,
wie das denn natürlich ist. Er kann auch schon recht artig Deinen
Namen schreiben. Seiner Braut hat er auch schon gesagt, daß wir kommen
würden. Kurz sein Brief ist so voll Zärtlichkeiten, daß ich meiner
Hoffnung nicht ein besseres Fest zu geben weiß, als sie auf künftige
Ostern hin-zuweisen. Ich denke, wir werden dann sehr glückliche Tage
haben. --

Sieh einmal, wie ich immer in die Extreme falle! Mit dem Vergangenen
fieng ich an! -- Ein Sprung, ein paar Zeilen kostet er und ich in
der Zukunft. Soll ich einmal wider meine Natur (~contra naturam
meam et indolem~) mich auf die goldene (vielmehr nur vergoldete)
Mittelstraße begeben und von der Gegenwart sprechen? -- (Von der ich,
im Vorbeygehen sey es gesagt, noch diesen Sommer ein merkwürdiges
Gegen-Argument aufgefunden, indem ich in dem Dorfe Falkenberg, 1 Meile
von Berlin, im herrschaftlichen Garten, eine hölzerne Brücke mit
eigenen Augen gesehen, wo die goldene Mittelstraße sicher ins Wasser
führte, und man sich nur den Extremen der Seitenpfosten überlassen
mußte, um sein Leben zu fristen. Wer weiß, ob bey der berühmten und
berufenen Bittermannischen Hünerstall-Brücke die Excellenz nicht blos
darum das Malheur gehabt, weil sie jener elenden Schulregel gefolgt
ist? Sie sieht mir indolent genug dazu aus, mit allen Phlegmatikern
ein Anhänger dieses gemeinen aber nichts weniger als allgemeinen
Gemeinplatzes zu seyn. Und, ~quae cum ita sint~, um, Kürze halber,
von dem zweifelhaften: Wer weiß, sogleich zur Gewißheit überzuspringen;
weil dem also ist, sag’ ich, so ist handgreiflich, daß die verdammte
Mittelstraße auch im Drama den größten Schaden anrichtet. Denn wenn
die Excellenz nur ein wenig mehr Genie gehabt hätte, so hätte sie sich
an die Extremitäten des Seitengeländers gehalten, hätte sich in ihrem
Leben nicht so blamirt, den Rock vor dem honorablen Publiko auswässern
zu müssen, und, worauf ich hier besonders ziele, hätte nicht die
Sünden der Autoren vermehrt durch Hinzufügung des 1000sten schlechten
Tragödienplans zu den bereits vorhandenen 999.) Ich will es einmal
thun. (Besuche die vorige Seite, wenn Du wissen willst, worauf dies
geht.)

Ich weiß aber nicht, wie ich in diesen Ton falle. Es läßt, als sollte
dies eine Probe von meinen künftigen witzigen Schriften seyn, zu denen
doch, bild’ ich mir ein, in meiner Seele nie ein Embryo lag. Ich
thue Dir vielleicht in dem Augenblicke, da Du dies liest, einen sehr
schlechten Gefallen damit. Doch Du mißverstehst mich doch nie, und
erkennst, als ein rechtschaffner Botaniker, den Grund und Boden auch
aus den seltenen _Gewächsen_ (~N.B.~ neulich fand ich in
einem alten Musikalienkatalog: „Koncert-Gewächse!!!“), die sich darauf
befinden.

Ich wollte von der Gegenwart reden. Dahin gehört, daß ich neulich 2
mal in der Komödie gewesen bin. Zuerst hab’ ich die Räuber gesehen.
Fleck strengte sich diesmal sehr an und zeigte sich als ein Genie:
vornehmlich in dem ächten Ausdruck der Wuth und in der Natur
abgestoßner leidenschaftlicher Interjektionen. Czechtizky, bey dem ein
verzerrter Mund, wolfsartig gewiesene Zähne und ein aus dem Hinterhalt
hervorglotzendes Auge Universalzeichen für alle Leidenschaften sind,
wie er es mit denen, die ihn applaudiren, verabredet zu haben scheint,
daß sie es seyn sollen, -- verläugnete als Franz, wie man denken kann,
sein Charakteristisches weniger als je. Einige Stellen gelangen ihm
vielleicht. Aber ich kann nur oberflächlich darüber urtheilen, weil
mein Platz mir nicht zuließ, strenge Acht zu geben. Die Herdt als
Amalie ist ein Muster zu allem, was zu einem elenden Spiele gehört.
Die Räuberscenen werden immer abscheulich, besonders durch Kaselitz,
wenn er im Hemde erscheint. _Garly_ spielte den Kosinsky mit
sehr gewählten und schön in einander fließenden Gebehrden, die nur
noch etwas zu sehr, wie mich dünkt, den gebildeten Hoff-Acquis
verriethen. Franz sah als Grimm wie der niederträchtigste und ruppigste
Schuhflicker aus; und Berger verdarb eine andre Räuberrolle.

Das zweytemal das ich in der Komödie war, hab’ ich die erste
Wiederholung eines hervorgesuchten alten Stückes: Athelstan, nach dem
Engl., Trauerspiel in 5 Akten, gesehn. In langer Zeit ist mir kein
so plump anfängermäßiges und seichtes, schwaches Stück vorgekommen,
wo jedes Wort, jeder Gedanke von der _Heerstraße_ genommen ist
(nach Deinem artigen Ausdruck); Du wirst es wohl kennen. Aber was
mich entschädigte, war Flecks unendlich schönes Spiel. Sein Athelstan
brachte mir seinen König Lear sehr lebhaft ins Gedächtniß. Er griff
sich sehr an und traf wieder mit den glücklichsten Gebehrden, mit
dem wahrsten Accente des Tons, das Heftige, das Ueberströhmende der
Leidenschaft. Es ist mir so erfreulich als überraschend gewesen, ihn
2 mal hintereinander in solchen großen Rollen so glänzen zu sehn.
Für’s erstemal kann ich Bernhardi als meinen Zeugen anführen. Berger
ist mir übrigens nie unausstehlicher gewesen, wie er mir als König
Harold gewesen ist. Keiner als Du kann ihm den verdammt singenden und
abgleitenden und ruckweise von ~pianissimo~ zum ~fortissime~
übergehenden Ton seiner Rede so gut nachahmen. Alles Affektvolle wird
durch das Manierirte seiner Sprache verwischt. -- Beym Athelstan
gebrauchte man zum Füllstein das Milchmädchen oder die beyden Jäger.
Ich sah dies kleine Ding, was sich (mit Vorbehalt meiner allemaligen
Grundsätze über die Operetten, sey es gesagt) recht artig und nett
ausnimmt, zum erstenmale; sah zum erstenmale den Herrn Greibe
_erstarren_, hörte zum erstenmale (~mirabile auditu~) _sein
Herz im Leibe knarren_. Greibe spielt wirklich sein Komisches mit
einer recht _edlen Simplicität_. Lippert ist oft gemein. Die
Baranius hat einige Arien, die mir _sehr_ wohl gefallen haben; wie
ich denn überhaupt von der angenehmen, paßlichen und einfachen Musik
viel Vergnügen gehabt habe.

Vielleicht hab’ ichs Dir auch noch nicht einmal geschrieben, daß ich
auch vor einiger Zeit den Barbier von Sevilla gesehn habe. In der
Musik ist viel schönes; Kaselitz und Unzelmann spielen allerliebst;
u.s.w. u.s.w. Du bist doch wohl nachgerade so weit gekommen, meine
(unmaaßgeblichen) Urtheile suppliren zu können?

So viel von Theaternachrichten. --

Es wird Dich wohl nicht befremden, wenn ich von Schmohls Briefen weiß.
Gütiger Himmel, es ist eine traurige Erfahrung, daß sich Menschen so
fürchterlich ändern und so räthselhaft werden! Ich mag kein Wort weiter
drüber verlieren. Aber das wünschte ich, dazu beytragen zu können, daß
Du Dich beruhigest. Du kannst es Dir ja wohl vorstellen, daß Deine
liebe gute Schwester Deine Aeltern und sich selbst mit den natürlichsten
Gründen gegen jene mir unbegreiflichen Niederträchtigkeiten besänftiget
hat. Gottlob daß Du fort aus Halle bist. Schreiben wirst Du ihm
doch gewiß wohl nicht. Ich wünsche von ganzer Seele und bitte Dich
inniglich, ihn und seine schlechten Streiche so bald als möglich zu
vergessen. Ich mag nichts mehr davon sagen, über diesen unerhörten
Vorfall. Ich bitte Dich nur, Dich zu beruhigen, lieber Tieck!

       *       *       *       *       *

    Donnerstag, Abends.

Gestern war ich mit Bernhardi in dem Koncert, wie gewöhnlich des
Mittwochs. Weil ich da gewöhnlich sehr aufmerksam bin, so ist es mir
besonders auffallend, wie _müde_ die Musik mich immer macht: ich
fühle es wirklich sehr, wie die Töne, wenn man sie mit ganzer Seele
aufnimmt, die Nerven ausdehnen, spannen und erschlaffen.

Bernhardi grüßt Dich herzlich, wird Dir bald antworten und macht sich
zu einer recht fleißigen Korrespondenz mit Dir im Winter Hoffnung. Du
hast auch an Rambach geschrieben? und an Deine Schwester? Wir wundern
uns alle, aber nicht ohne herzliche Freude, über Deine Sorgfalt und
Aemsigkeit im Schreiben. Ich höre Du bist so fleißig in G., und lebst
vergnügt. Bleib gesund und arbeite nicht zu viel, damit ich Dich auf
Ostern wohlauf sehe.

Du glaubst nicht, wie lebhaft ich gestern Abend, am Ende des
Konzerts, als ich im Winkel saß, an unsre herrlichen Tage auf der
Reise, besonders an den in Wörlitz dachte. Gott was war das für ein
Vormittag! Idealischer hab’ ich nie einen erlebt. Erinnerst Du Dich
des halben Stündchens, da wir in dem Felsengemache auf den Steinen
saßen, und durch die Oeffnung auf den ruhigen Kanal heruntersahn? Wie
lachte alles um uns her, wie milde leuchtete die Sonne, und in welch
liebliches Blau hatte sich der Himmel gekleidet! Bey allem dem aber
bin ich fast überzeugt, daß ich mir diesen Morgen jetzt noch schöner
vorstelle, als er in der That war; und ich glaube, daß es mir mit allen
meinen vergangenen angenehmen Schicksalen so geht. In der Erinnerung
sondert die Phantasie alles Heterogene von selber ab, scheidet alles
stillschweigend aus, was nicht in den Hauptcharakter des Bildes gehört
und giebt uns für das immer noch mangelhafte individuelle Bild ein
Ideal. Noch eigentlicher ist dies das Geschäft der Hoffnung. Ueberhaupt
glaub’ ich, daß in der Welt nichts so schön sey, daß man sichs nicht
noch schöner vorstellen könnte, und daß also der so gemeine Ausruf
bey einer schönen Gegend: man kann sie sich nicht schöner vorstellen,
grundfalsch ist. Einen Strauch hingesetzt, wo ein dürrer Fleck, eine
Lücke in der Landschaft war; eine hervorstehende Felsmasse, die
eine reizende Aussicht verdeckt, weggenommen; und das Ganze gewinnt
unter unsrer schöpferischen Hand unendlich. Doch das ist wohl leicht
einzusehn.

Neulich hat der Vater von meinem Herrn Vetter geschrieben. Ich kann
es ihm nicht verdenken, daß er es etwas übel genommen hat, wenn ich
mich von seiner Gesellschaft so entfernt hielt auf der Reise. Doch,
einerley. Sein Sohn wird in Erlangen, vermuthlich mit seinem Vetter,
der schon da ist, zusammenziehn. An diesen werde ich schreiben, um mir
Quartiere für uns, in Einem Hause zu bestellen. Mich dünkt, Du hast mir
auch sonst gesagt, lieber in andern Häusern als in Professorhäusern. --
Ich wünsche von ganzer Seele, daß Du mich nicht allzu fade wiederfinden
mögest. Ich bin sonst jetzt in der schönsten Schule, es zu werden. Aber
noch ein Wort über den Umgang mit meiner täglichen Gesellschaft. Ich
kann mich noch immer nicht überzeugen, und werde es auch schwerlich,
daß man bey dergleichen Leuten seinen Charakter so ganz offen zeigen,
und bey jeder Gelegenheit, wenn auch nicht seine ungewöhnlichern
Meynungen mit Indiscretion aufdringen, doch sie ganz rund heraussagen
müsse, wenn man dazu veranlaßt würde. Meine Meynung ist: sag’ ich
so einem Menschen Einen Satz aus meinem System, äußere ich ihm Eine
Behauptung aus meinem eigenthümlichen Vorrath von Grundsätzen, so
weiß er das ganze System, sieht gleich, daß ich in die Klasse der
Sonderlinge gehöre, und ich komme immer in Kollision mit ihm. Sage ich
ihm z. B. der oder jener scheint mir fade, so kommt den Augenblick eine
Gelegenheit, wo er mit diesem einerley Meynung ist, mit ihm gleich
dumm gesprochen hat. Oder man sieht mich immer als einen Menschen an,
der alles besser wissen will (wenn ich auch mit aller Bescheidenheit
Paradoxa vortrüge, -- und ein Paradoxon ists ja selbst, daß -- die
Hagestolzen schöner sind als Don Juan); man nimmt wohl zuweilen zu
meinem Richter-Ausspruch als zu einem Orakel, seine Zuflucht, aber man
hält sich auch hinter dem Rücken über mich auf. Ueberdies traue ich mir
nicht zu, diese Rolle beständig und ununterbrochen zu spielen: und
eine _Rolle_ ist wirklich mein eigener Charakter bey Leuten wie
jene; -- ich bin zuweilen auch menschliche, sinnlicher, lustiger,
gewöhnlicher; was kann mehr auffallen als diese Ungleichheit? Man wird
sich ruhig zurückziehn und kalt gegen mich seyn, auch wenn ich mich
recht herzlich über das schöne Wetter freue, oder über eine lustige
Anekdote vertraulich mitlachen will. Mich dünkt (wenn meine Worte
meine Gedanken jetzt im Augenblick auch nicht passend und glücklich
genug ausgedrückt haben), Du kannst mir in dieser Sache den traurigen
Ruhm mehrerer Erfahrung wohl zugestehn! -- Wenn ich Dir nur noch
Beyspiele geben könnte. -- Aber mir wollen keine beyfallen. Genug,
ich kann meinen wahren Charakter nicht ganz zur Schau stellen; ich
würde ihn selbst dadurch vielleicht verderben und ihm eine falsche
Richtung geben. Ich überdecke also seine vielleicht anstößigen Stellen.
Nun aber glaube ja nicht, ums Himmelswillen nicht, daß ich mich so
erniedrige, meine Hauptgrundsätze zu verläugnen. Nichts in der Welt
ist mir gehässiger und würde mich selbst mehr mit Schaamröthe beziehn,
als wenn ich’s auf ähnliche Weise wie ein Musiker in Berlin machte,
der, um nicht anzustoßen, in jeder Gesellschaft, wenn man ihn nach
Alessandri’s Musik fragte, vortrefflich, vortrefflich antwortete,
ohne ihn je innerlich leiden zu können. Meine Universalmedicin, mein
Arkanum, was ich schon so unendlich oft in so unendlich mannigfaltigen
Fällen mit Vortheil angewandt habe, ist -- das Schweigen, oder auch,
was fast eben so viel ist, eine ganz allgemeine, ganz unbestimmte,
ganz unbefriedigende Erklärung, die eigentlich die Antwort mehr
von sich ablehnt, als wirklich antwortet. Auch hinter spitzfindige
Zweydeutigkeiten versteck’ ich mich nicht gern. Folgt’ ich nicht
diesen meinen Regeln, so würde ich (Du kannst wirklich das nicht so
ganz einsehen als ich) jeden Moment anstoßen. Langeweile, schlechte
Gesellschaft, Geschmacklosigkeit, und wer zählt alle die Gegenstände
die bey solchen Herren im Gespräch anzüglich seyn können? Du sagst
sehr richtig, daß ich mich vor ihnen nicht zu zwingen und zu geniren
brauche. Aber was hilfts mir, Streit und mißvergnügte Stunden zu haben?
_Ich_ sehe kein ander Mittel, als mich ihnen (hoffentlich weißt Du
nun in welcher Hinsicht) etwas zu nähern. -- Freilich kann ich nicht
läugnen, daß ich mich zuweilen wohl etwas zu weit erniedrige, nur um
durch einen Einfall _sie_ zu amusiren und _mich_ vor der
Langeweile zu bewahren; allein welche Uebereilung, welche Schwachheit
wäre in einer mühseligen Prüfungszeit von 365 Tagen und noch halb 365
Tagen, nicht verzeihlich? Und versichern kann ich auch, daß ich wohl
öfter noch, auf der andern Seite, etwas zu sehr in die mir natürliche
Hitze komme, wenn ich sehe, daß man _gar_ zu albern spricht und
urtheilt. Doch schweig’ ich bald, so gern, so sehr gern ich auch oft
meine Leidenschaft ausließe (Du kennst mich). Beide Extreme mußt Dir
aber nicht _zu_ übertrieben vorstellen. (Doch, abermals: Du kennst
mich; -- ich habe ganz aufrichtig geschrieben, wenn auch nicht immer
mit den passendsten Worten.) Was meynst Du nun?

Rambach, der mir heut wieder eine _vortreffliche_ Stelle aus
seinen Syrakusern (Ist: Hiero und seine Familie genannt) vorgelesen hat
(Bernhardi, mit mir, haltens für sein vollendetstes Werk), fragte mich
heut auch, ob ich nichts für mich schriebe? Ich habe keine lebendige
Aufmunterung; die Hälfte meiner Seele ist von mir gerissen! Und meine
Zeit wird von oft nicht würdigen Dingen und Zerstreuungen besetzt.
Ach! die Jurisprudenz! Wann werde ich mich überwinden können, nur
mein Gedächtniß mit der Terminologie, Definition, Distinktion u. s.
w. zu bemühen! Was ist das Römische Recht für ein seltsam Gewebe von
Worten und Worten und Worten, womit die einfachsten Sachen umsponnen
sind! Und was führt ein Richter für ein Amt! Eine Begebenheit, die
Herzen zersprengen und Köpfe wahnsinnig machen kann, eine Sache der
Leidenschaft, der menschlichen Seele, wie sieht er sie an? Er sucht
unter den verschiedenen barbarischen Namen, welche die Römer den Klagen
gegeben haben, den aus, der für den Fall paßt; und nun wird das Uhrwerk
aufgezogen; es geht seinen Gang und läuft ab. Es ist grade so, als
wenn der Knabe, der rechnen lernt, auf seinem schematisch aufgesetzten
Einmal Eins oben 4 an der Seite 5 aufsucht, und mit beyden Fingern
zusammenfährt, bis er auf 20 trifft. Ehe diese Sache zu Ende ist, sind
schon 100 neue eingelaufen: das Räderwerk geht immer und ewig, -- jene
Menschen trotzen aller menschlichen Empfindung, nähren sich von Blut
und Thränen; -- o man kann sich das Bild sehr schrecklich machen! --
Aber freilich sprech ich wohl etwas einseitig. Ich selbst indeß mag nie
Richter, nie ein großer Jurist seyn. -- --

Du bist von mir immer das aufrichtigste Urtheil gewohnt gewesen. Dies
und nichts mehr mag die Einleitung dazu seyn, daß ich Dir gestehe, in
Deinem Adalbert und Emma, das ich heut Abend durchgelesen habe, wenig
Vortreffliches gefunden zu haben. Das meiste ist (ich spreche immer
von Dir, und in Vergleichung mit dem was Du vermagst) sehr gewöhnlich,
und trägt die deutlichsten Spuren der Flüchtigkeit an sich. Warum
müssen doch Leute wie Du, so schnell schreiben! Die Züge, die Du an
10 verschiedenen Orten unter 100 weniger schönen hinwirfst, könnten,
zusammengestellt, Meisterstücke geben! Wenn doch mehr vollkommene,
wenigstens mehr ausgearbeitete Werke erschienen. -- Doch dies paßt
hier nicht. -- Im Ganzen bleib’ ich hartnäckig bey meinen Gedanken,
daß das Charakteristische des Ritterkostums im ganzen Geiste nicht so
recht dargestellt ist. Aber darüber ein andermal. Dann kommts mir so
vor, als wenn nicht die einzelnen Umstände unter Deiner Hand sich
Dir dargeboten und sich zu Deinem Zwecke hingeneigt hätten, sondern,
als wenn Du sie immer selbst hättest zusammenholen und zum Ziele
bringen müssen. Ich meyne, man sieht zu sehr immer das Bedürfniß des
Verfassers; es ist alles zu schwach. Auch sind Deine Schilderungen Dir
zu häufig entfahren. Ich könnte Dir viel Belege und Beyspiele zeigen,
aber das ist zu weitläuftig. Die Schilderung, wie Emma ihren Adalbert
nach und nach vergißt, und Friedrich hingegen das Gegentheil, ist
_sehr gut_. Aber dadurch daß Emma nachher gleich zwischen Wilhelm,
den sie zum erstenmale sieht, und Adalbert, einen ehemaligen wahren
Geliebten, dessen Gedächtniß in ihrer Seele _schlummert_, gleich
eine so grelle Vergleichung anstellt, ist _höchst widrig_. Die
einzige ächt genievolle Stelle, die mir sich aufgedrungen hat, ist die
Schilderung von Adalbert’s Hinreiten zur Friedens-Burg, am Ende: diese
ist sehr erschütternd. Die Idee in den letzten Versen am Ende ist sehr
artig. Die Stelle: Als er am Morgen aufwachte, war Adalbert und sein
Versprechen, sein Erster Gedanke: ist ganz aus der menschlichen Seele
geschöpft.

_Sonnabend_. Gestern Abend hab’ ich Deiner Schwester den
neuen Theil des Stücks ganz vorgelesen und mich über ihre Urtheile
_sehr_ gefreut. Sie stimmten fast _durchaus mit den meinigen
überein_. Sie sagte sehr richtig bey jener widrigen Stelle: Eine
neue heftige Leidenschaft _verlischt gänzlich die Erinnerung der
alten_. In Löwenaus Entschuldigung vor sich selbst sind auch viel
wahre und schöne Stellen, nur zerstreut.

Meinen herzlichen Gruß an Deinen Burgsdorf. Wißmann läßt Dich grüßen.
Ich freue mich unendlich auf Ostern und auf die Zeit nach Ostern! Ich
bestelle Dir noch eine Stube und eine Kammer? -- Schreib mir bald,
mein liebster, einziger Tieck und bleib’ gesund.

    _W. H. Wackenroder_.


XI.

    Dienstag.

    _Mein lieber, bester Tieck!_

Unsre Briefe haben sich begegnet, und mit ihnen unsre Seelen. Sollte
mein etwas dickleibiges Schreiben ja das Unglück gehabt haben geöffnet
zu werden? Nun, was thuts! Was wird man gelacht haben über meine
gereimte Verzweiflung, die ich Dir geschickt habe!

Es trägt sehr viel zu meinem Vergnügen, ja zu meinem Leben bey, daß
ich Dich in Göttingen so glücklich weiß. Möchte sich das nie ändern,
so lange Du dort bist, und möchtest du eine eben so schöne Zukunft
erwarten und finden, wenn ich Dich in meine Arme wieder aufnehmen
werde. Ich freue mich schon darauf, wie Du mir in Erlangen den
Shakespeare erklären wirst. Da ich wenig geistvollen Umgang habe,
so thue ich itzt auch, so viel ich auf gute Weise kann. Du hast
vielleicht schon aus meiner neulichen Anführung aus einem altdeutschen
Gedichte, ersehen, womit ich mich jetzt beschäftige. Ich höre beym
Prediger Koch, der in der That ein äußerst gelehrter, kenntnißreicher
und eifrig thätiger Mann ist, ein Kollegium über die allgemeine
Literatur-Geschichte, vornehmlich über die schönen Wissenschaften unter
den Deutschen. Da hab’ ich denn manche sehr interessante Bekanntschaft
mit altdeutschen Dichtern gemacht und gesehn, daß dies Studium, mit
einigem Geist betrieben, sehr viel Anziehendes hat. Ich habe mir auch
einige Stücke abgeschrieben und schmeichle mir jetzt öfters mit der
(wenn auch kindischen, doch ergötzenden) Hoffnung, einmal in dem
Winkel mancher Bibliothek, Entdeckungen in diesem Fach zu machen, oder
wenigstens es durch kleine Aufklärungen zu erweitern. Schon Sprache,
Etymologie und Wortverwandschaften (besonders auch das Wohlklingende
der alten Ostfränkischen Sprache) machen das Lesen jener alten
Ueberbleibsel interessant. Aber auch davon abstrahirt, findet man viel
Genie und poetischen Geist darin. Du wunderst Dich vielleicht, wie ich
auf diese Sachen falle; allein Beschäftigung ist jetzt das Beßte für
mich, und zu gelehrt werd’ ich wahrlich nicht werden.

Nächst diesem aber hab’ ich noch ein anderes Lieblingsstudium, was ich,
wär’ ich an dem Orte wo Du bist, mit ganzer Seele umfassen würde, und
das ist die Archäologie. Ich beneide Dich: wie wollte ich die Göttinger
Bibliothek nutzen! Besiehst Du etwa auch dies oder jenes große Werk
darin über alte Kunst, so gieb mir doch Nachricht davon. -- In Erlangen
hoff’ ich meinen Lieblingsneigungen aber mit wahrerer Muße nachhängen
zu können, als hier.

Ein paar Neuigkeiten. Im 2ten Stück des 110ten Bandes der Allgemeinen
deutschen Bibliothek hab’ ich ganz vor Kurzem Rambachs Theseus auf Kr.
recensirt gelesen. Man hat ihm nur etwa 1½ Seite gegönnt, und darauf
stand weiter nichts, als: daß der Plan schlecht sey, daß man lange
nicht so holprige, unmusikalische Verse gesehn, und daß die Schreibart
in Prosa höchst affektirt sey. Die beyden letzten Punkte waren mit
einigen Beispielen belegt. Wieder eine Bestätigung meines Urtheils. --
-- Moritz hatte neulich geheirathet. Siede (der abscheuliche Mensch)
ist mit Moritz’s Frau davongegangen? aber man hat sie eingeholt, und
Siede sitzt im Arrest. -- Bey Moritz fällt mir noch eins ein. Sage mir,
erkläre mir, wie kommt es, daß er, allem Anschein nach, jetzt einen
so sonderbaren Charakter annimmt: schon seit einiger Zeit hab’ ich
von _glaubwürdigen_ Leuten gehört, daß er sich gegen den Grafen
Herzb. auf der Akademie mit der _kriechendsten Schmeicheley_
bezeigen soll. Das ist mir doch noch ein wenig unerklärbarer, als
daß er Grammatiken schreiben konnte. Erkläre mir, wenn Du kannst,
ich bitte Dich recht sehr, diese räthselhafte Erscheinung an Deinem
Zwillingsbruder. Das Faktum darfst Du in der That nicht bezweifeln.

Ueber Adalbert und Emma hast Du mein Urtheil. Natürlich wars nur ein
flüchtiger Aufsatz, wie Du nun auch sagst. Daß Emma verächtlich wird,
scheint Dir also doch auch so fehlerhaft? Nun wir sind ja immer einig.
Deine Schwester wußte mir, als ich’s ihr vorlas, zu meinem Vergnügen
viele Parallelstellen aus Deinen älteren Gedichten anzuführen. -- Ueber
Burgsdorfs Stück hab’ ich Deinen Auftrag bestellt. Warum wirft er’s
um? -- Und warum verläßt Du Deine arme Anna B. im Tode? frag’ ich Dich
sehr ernstlich. Es sollte mir sehr leid thun, wenn der Gegenstand das
Interesse für Dich verlohren hätte!

Was urtheilst Du von meinen neulichen Bruchstücken einer Theorie des
Umgangs? Es liegt mir etwas daran, es zu wissen. Ich könnte noch manche
Nachträge dazu machen, weil in der Eil mir nicht alles beygefallen ist,
meine Meynung ganz auseinanderzusetzen und sie gegen mehr als Eine
Seite für Einwürfe zu sichern. Z. B. daß mein Vorschlag freilich nur
das letzte Refugium ist und es auch sein Widriges hat, wenn man sich
etwas dumm oder vielmehr zurückhaltend stellt; daß in Gesellschaft
mehrerer Menschen von ganz verschiednem Werth man freilich nicht so
ganz offen seine Liebe und Neigung dem einen Theil bezeugen kann, wenn
man seine Rolle gegen den andern nicht verpfuschen, und das Reizende
eines stundenlangen interessanten Umgangs, durch die unangenehmen
Folgen erkaufen will, die bey dem nachher immer fortgesetzten Umgang
mit jenen andern die Umwandelung des Charakters und das Bloßgeben
seiner wahren Gesinnungen nach sich ziehn. Mir fällt noch ein Beyspiel
ein. Wenn ich einmal von Erziehung spreche und mit allem Eifer das
Abgeschmackte der gewöhnlichen Erziehung bestreite, behaupte, daß es
ein Gift für Kinder ist, wenn man sie im 4ten Jahre schon mit Strenge
zur Schule treibt, sie mit Kenntnissen aller Art vollpfropft, und
zu Hause will, daß sie die Zeit so vernünftig eintheilen, und mit
ihren Sachen so ökonomisch umgehen sollen wie, -- ein vielleicht bald
70jähriger Herr Arnoldi bey uns; -- wenn ich mich in dergleichen
Diskurse mit Lebhaftigkeit (und ohnedem kann ichs nicht) einlasse, --
so erzählt mir den Augenblick darauf mein Herr V. daß er auch seit dem
4ten Jahre in die Schule gegangen ist, mit der größten Trockenheit
(denn irgend etwas, was er weiß oder denkt, doch _wissen_ ist
das rechte Wort, das würde ihm unmöglich, -- was sag’ ich! ich glaube
er würde krank, wenn er es bey sich behielte --), genug ich bin dann,
zumal wenn meine Aeltern dabey sind, aufs Maul geschlagen. Ists nun hier
nicht hundertmal besser, wenn ich sage: „Ich halte eine gute Erziehung
für äußerst schwer und weiß nicht, wie ich sie am Besten einrichten
sollte.“ Und was vergebe ich denn da meinen eigenthümlichen Meynungen?
Was schiebe ich mir denn aus Höflichkeit oder Gefälligkeit für
Grundsätze unter, deren ich mich zu schämen hätte? -- Ich weiß durchaus
keine andre Methode als die meinige. Daß sie die bequemste ist und ich
sie deswegen schätze, darfst Du wahrlich nicht glauben; denn es würde
mir oft weit leichter seyn, mich der drückenden Last meiner Gedanken
und Empfindungen zu entladen, als sie in mir zu unterdrücken. -- Doch
ich will erst Deine Einwürfe gegen das was ich schon gesagt habe,
hören, ehe ich mehr sage. Du wirst verzeihen, daß ich so weitläuftig
in dieser Sache bin: ich wünschte, daß wir uns auch über diesen Punkt
einmal einverständigten, unsre gegenseitigen Meynungen mit einander
mischten und in Eine Masse kneteten, die künftig alsdann ein Eigenthum
von uns beyden würde, wie wir es schon öfters bey andrer Gelegenheit
gemacht haben.

Die übertriebene Reizbarkeit meiner Nerven, für die ich keinen Namen
habe, und auf die ich in der That nicht stolz seyn darf, ist mir bey
jenem Umgange auch sehr zur Last. Jedem andern würde ich Räthsel
sprechen, aber _Du_ wirst in meine Seele eindringen, wenn ich Dir
sage, daß der bloße Anblick eines Menschen wie -- mir im eigentlichen
Verstande _wehe_ thut, mir Schmerzen macht. Blos ihn ansehen,
macht meine Brust so beklemmt, daß ich nicht frey Athem hohlen kann. Ja
was mehr ist, ich kann ihn kaum ansehen, ohne in mir die unbehaglichste
Empfindung des Widerwillens und der Abneigung zu fühlen; eine
Empfindung, die gewiß, öfter wiederholt, einen nachtheiligen Einfluß
hat, den Kopf abstumpft und -- das Herz verdirbt. Jede Fröhlichkeit,
jede Liebe, jede Zuneigung veredelt uns, ist selber Tugend; jedes
Gefühl, wovon Haß die Wurzel ist, verschlechtert und erniedrigt uns.
Dies sind Grundsätze, von denen ich itzt vollkommen überzeugt bin. Auch
verstehe ich itzt ungleich mehr, als sonst, was Du mir einst sagtest:
daß der Anblick eines schönen und ausdrucksvollen Gemähldes, ja der
Genuß des Schönen in allen schönen Künsten, _ganz unmittelbar_ das
Herz veredelt und die Seele erhebt. Ich fühl’ es so deutlich, wenn ich
nur Dein Gesicht ansehe, so bin ich gut, aber _sein_ Gesicht, das
verstimmt ganz und gar die harmonischen Saiten meiner Seele.

Noch eine Probe meiner Reizbarkeit mußte ich neulich erfahren.
Des Abends ward bey Tische aus einer neuen Seereise, die rührende
Geschichte eines Schiffskapitäns erzählt, der von seinen rebellirenden
Leuten auf ein Boot ausgesetzt, und mit der größten Lebensgefahr und
unter allaugenblicklicher Furcht vor Hunger zu sterben mit wenigen
seiner treuen Gefährten von Otaheiti nach England zurückgekommen war.
Dies machte mich so mißmüthig, daß ich gleich zu Bette gieng. Ich hatte
eine Empfindung, als wenn mir vor mir selber ekelte, daß ich hier so
ruhig und glücklich säße; es war mir, als hätt’ ich Unglück mit Gold
erkaufen können, und meinen Körper geißeln und kasteien. Dabey kam ich
aber nachher auf die Idee, diese Empfindung in eine Ode zu bringen,
und überhaupt, eine ganz eigne Art von Oden einzuführen: Eine Art, die
ich lyrische Gedichte κατ’ ἐξοχην nennen würde, und die immer meine
Lieblingsgattung gewesen sind. Es sollen treue Gemählde der Empfindung
und Leidenschaft seyn, ganz individuell und ganz nach der Natur gemalt.
Sie sollen den ächten, wahren Ausbruch der Leidenschaft darstellen,
ihren Keim, ihre Quelle andeuten, auf ihre Folgen führen und so dazu
dienen, Menschen Menschenherzen kennen zu lehren, Menschen Menschen zu
erklären und zu entdecken, und Menschen vor Menschen zu vertheidigen.
Sie sollen zeigen, wie der Glückliche und Unglückliche durch das
Uebermaaß seiner Empfindung zu Verbrechen geleitet werden kann; sie
sollen den kältesten Hörer erwärmen und mit sich fortreißen, daß er am
Ende selbst erschrickt, wohin er sich gestürzt sieht, aber eben dadurch
aufs Fühlbarste lerne, wie er von empfindenden Menschen urtheilen soll.
Einige Oden von Stollberg sind ganz in diesem Charakter. Schillers Oden
sind die unerreichbaren Muster dieser Gattung. Sieh dagegen Ramlersche
Oden an, und -- horazische! Der Leser ist immer außerhalb der Welt
des Dichters, und kann nur Kritik des Plans anwenden. Wie anders
ist das dort? Man mag nachher freilich auch den Dichter als Dichter
betrachten und bewundern, man mag seinen Plan analysiren: allein,
was ist dies auch für ein Plan? Kein Plan! es ist der feurige Strom
der Leidenschaft, der wie die Lava vom Aetna ströhmt, wo nicht die
Frage ist, warum diese Welle auf jene folgt, warum jene größere alle
kleineren vor sich verschlingt! wo in der Natur, im Original alles
Beweisen der Vollkommenheit des Stücks liegt! Hier muß man ganz zur
Person der Ode werden, ganz selbst empfinden, selbst Dichter seyn. Bey
Ramler hingegen muß man seinen Scharfsinn anstrengen, um die künstliche
und ausstudierte Kombination seiner Ideen und klugen Gedanken zu fassen
und zu schätzen. Ich hoffe, Du wirst mich ganz so verstehen, wie ich
mich selbst verstehe. -- Die Ode, die ich Dir neulich schickte, sollte
ein kleiner Versuch in dieser Art seyn. In der, wovon ich Dir vorher
sagte, wollte ich die Empfindung eines Menschen schildern, der von
dem tausendfachen Elend der Menschheit bey eigener Zufriedenheit so
niedergedrückt wird, daß er sich in einsame Wüsten stürzt, und in
wahnsinniger Schwärmerey auf die Idee kommt, sich allerley Pönitenzen
aufzulegen. Sollte eine solche Ode nicht ein helles Licht auf jene
schwärmerischen Eremiten des Mittelalters werfen, und den Weg,
wenigstens Einen Weg zeigen, auf welchem die Menschen zu Handlungen
kommen, die den meisten so widersinnig und abgeschmackt scheinen, daß
sie jene für ganz vernunftlose, fast nicht zur Menschheit gehörende
Wesen halten? nicht zeigen, daß es grade das Gefühl ihrer Menschheit
war, die sie zu ihren paradoxen Ideen leitete? Ich habe schon mehr
dergleichen Entwürfe im Kopf, aber bis itzt, bey tausend Hindernissen
und Störungen noch ganz unmöglich Zeit gehabt, einen auszuführen. --
Was meine kleinen lyrischen Gedichte überhaupt betrifft, so sind sie
alle mehr empfindungs- als gedankenvoll, weil sie mir weit mehr lyrisch
auf jene Art, als auf diese scheinen, und diejenigen, (welche die
meisten sind,) die ein Ausbruch meiner eigenen individuellen Empfindung
waren, werden einen Beitrag zur Geschichte meines Geistes ausmachen.

Als Juristen, wenn ich je einer werden sollte, wird meine
Empfindsamkeit mir auch eine wahre Bürde seyn. Ein paar Abende
hat mir mein Vater Akten eines kleinen Prozesses gezeigt und sie
mich ganz durchlesen lassen. Es ist wahr, zur rechten Darstellung
der Hauptumstände des Faktums, zur Beurtheilung desselben, und
zur Anwendung der Gesetze darauf, gehört eine gewisse Kritik, die
allerdings den Verstand beschäftigt und schärft, wenigstens bey etwas
schwierigen Sachen. Und alle Kritik ist, wie ich jetzt ganz wohl
einsehe, eine schätzbare und liebenswürdige Thätigkeit des Geistes.
Aber abgerechnet, daß sie in der Jurisprudenz oft höchst unsicher ist,
daß ihre Freiheit durch positive Gesetze, Gewohnheiten und tausend
Kleinigkeiten eingeschränkt wird, und daß es kein sehr tröstlicher
Gedanke seyn kann, sich mit seinem guten Gewissen allein zu beruhigen,
und gänzlich ungewiß zu seyn, ob man, weil der Mensch nicht allwissend
ist, und Prozesse doch ein Ende haben müssen, wirklich nach der
Gerechtigkeit entschieden, oder, getäuscht, wer weiß wie viel Menschen
unglücklich gemacht habe: -- das alles abgerechnet, ist es schon
eine mir äußerst widrige Aussicht: daß ich meinen kalten Verstand
brauchen soll, wo Herzen gegeneinander stoßen; daß ich das Feuer der
Leidenschaft mit Wasser ersticken, -- den Knoten des mannigfaltig
verschlungenen Interesses so vieler zerhauen, -- einen Vorfall, über
den ich, wenn ich ihn auf der Bühne dargestellt sähe, von dem innigsten
Mitleid durchdrungen, in Thränen zerflöße, einen solchen Vorfall -- wie
eine Variante einer gemeinen Leseart ansehen, und überlegen, ausrechnen
soll, ob er in den Zusammenhang paßt oder nicht. Freilich ist eine
Jurisprudenz im Staate nöthig; freilich ist es nöthig, daß der Richter,
(ich kann nicht anders sprechen, weil ich durchaus nicht sehe, wie das
Gegentheil seyn könnte), daß er menschliche Empfindung verläugnen, und
sich zu einem kalt die Handlungen der Menschen abwägenden Wesen über
die Menschheit erhöhen muß; freilich! -- Nur _ich_! -- Und, um
wider auf Kritik zurückzukommen, so gestehst Du mir gewiß leicht ein,
daß _sie_ nicht das edelste Bestreben, und das höchste Verdienst
des Menschen seyn kann. Sie besteht immer nur in Vergleichung,
Zusammensetzung und Trennung dessen, was schon da ist, im Verwandeln
des schon existirenden. Nur _Schaffen_ bringt uns der Gottheit
näher; und der Künstler, der Dichter, _ist_ Schöpfer. Es lebe
die Kunst! Sie allein erhebt uns über die Erde, und macht uns unsers
Himmels würdig. --

Mein Freund Schuderoff hat uns _wieder_ geschrieben. Die Freude
über eine Braut, die ein äußerst liebenswürdiges Mädchen seyn muß, hat
ihn in einen ausgelassenen Taumel von Freude versetzt. Er schreibt mit
der muthwilligsten Laune. Er will uns mit offenen Armen erwarten, und
gar nicht einmal mit 14 Tagen zufrieden seyn. Wir werden göttlich bey
ihm leben.

Schreib mir, wenn Du kannst, litterarische und archäologische
Neuigkeiten und Alterthümer, -- von den Göttinger Gelehrten Etwas u. s.
w. Forkels Geschmack thut mir leid. -- Bleib gesund. Keinen Augenblick
länger Zeit! Grüß Burgsdorf! Schreibe bald.

    _W. H. Wackenroder_.


XII.

    Im Januar 1793.

    _Lieber, bester Tieck_.

Eben komm’ ich vom Hofjäger zurück, wo ich mit Bernhardi den ganzen
Nachmittag im Saal gesessen habe, um beym Kaffee, ich meinen herrlichen
Brief von Dir, Er den seinigen und einen Theil des kleinen Trauerspiels
zu studieren. Er hat mir eben aufgetragen, Dir zu danken, daß Du ihm
heut einen so _sehr_ angenehmen Nachmittag gemacht hast. Auf dem
Rückwege war er sehr heiter und laut, und hat mir lauter Stellen aus
Axur vorgesungen, die sich ihm unauslöschlich eingeprägt haben, und
die ihn außerordentlich entzücken. Ich danke Dir, daß Du ihm die
Freude gemacht, mir einen so kolossalen Brief zu bringen; denn, da
_ich_ heut Mittag keinen erhielt, kam er mir ganz unerwartet.
Es ist sonderbar, daß ich erst heute durch Deine Antworten auf unsre
Briefe erfahren habe, daß er wieder hypochondrisch ist; gegen mich hat
er sich nichts merken lassen, und ich bin so glücklich gewesen, auch
nichts an ihm zu merken, wie ich mich denn bey dergleichen Vorfällen
oft leicht täuschen kann. Ich sollte nicht denken, daß er zu viel
arbeitete, und Bewegung macht er sich auch gewiß hinlänglich, denn
er geht itzt alle Nachmittage zum Hofjäger und trinkt dort Kaffee.
Zerstreuungen hat er doch auch sonst genug, sollt’ ich meynen. Er
ist nicht mit sich selbst zufrieden, er fühlt Mißbehagen in seiner
Lage, wie er mir heut gestand. Unglückseliger Zustand! Welches Mittel
vermag etwas gegen dieses Uebel, zumal wenn man es so sorgfältig in
seinem Busen verschließt und da veralten läßt, wenn man sich mit der
heitern Aussenseite verstellter, erzwungner Fröhlichkeit gegen jede
Arzeney, gegen alle zuvorkommende Hülfsleistung waffnet. Aber ich
denke, Bernhardi wird bald besser. Deine melancholische Träumerey,
mit der Du Dich wohl schon ein Jahr getragen hast, daß Du ihn nicht
wiedersehen werdest, ist eine Grille, von der ich durchaus keinen
Grund sehe, und wobey Dein Ahndungsgeist ganz zuverläßig Dich betrügt.
Ich begreife gar nicht, wie Du Dir solche aus der Luft gegriffene
Ideen in den Kopf setzen kannst. -- Es freut mich, daß Du Bernhardi
so liebst, denn er verdients und liebt Dich außerordentlich. Ja wohl
ist er itzt hier mein bester, mein einziger Freund. Wen hab’ ich
denn auch sonst? Wen hab’ ich? -- O wie glücklich preise ich Dich in
Deinem gelehrten Cirkel! Ich kann es Dir bey diesen Umständen kaum
verdenken, daß Du mir mit lächelnder Miene schreibst: ich behandelte
die Materie über meinen hiesigen Umgang und mein Verhalten dabey
wohl zu ernsthaft; daß Du Dich weiter gar nicht über meine, aus
den Wunden eines kranken Herzens fliessende Klagen auslässest;
und mich mit einem Paar allgemeiner Sätze abfertigest, die eine so
unbestimmte Mittelstraße angeben, als nur irgend ein Gemeinplatz eines
pflegmatischen Moralisten thun kann. Das ewige: Nicht zu viel und nicht
zu wenig! Die allgemeinsten Ausdrücke, die sich erdenken lassen! Die
vagesten Begriffe, so unpraktisch, so unbefriedigend! Wie gesagt, man
kann es dem Glücklichen nicht verargen, wenn er den Mangelleidenden
aus lauter Gutwilligkeit mit einem Trost abspeist, der gar nichts ist;
weil -- er den Mangel nicht kennt. Er verstehts nicht besser. In dem
Fall bist Du. Mein Geschwätz muß Dir freilich fremd und unverständlich
vorgekommen seyn; Du mußt freilich glauben, daß die Gedanken, die ich
äußere, übertrieben und überspannt sind; daß ich viele Sachen viel zu
ernsthaft fasse, sie viel zu unverhältnißmäßig würdige, ihnen einen
viel zu großen Einfluß zuschreibe; blos weil Du sie nicht genug kennst
und Dich in die Umstände nicht genug hinein denken kannst. Ich kenne
das! Aber ich versichere Dich, daß es nicht so ist, als Du wähnst,
nicht so seyn kann. Glaube mir auf mein Wort, daß Du keinen Tag lang
die Situation halten könntest, die Aufopferungen, den Zwang erdulden
könntest, dem ich itzt ausgesetzt bin. Du kannst Dir nicht vorstellen,
wie ich nach Freiheit lechze. Gott, wie verzeihlich ist es, sie zu
mißbrauchen, wenn man so lange gequält ist. In Erlangen soll auch nicht
Eine Menschenstimme mich geniren! Und in dieser Rücksicht ist mir
der Abschied von Berlin fast noch willkommner, als er mir in anderer
schmerzhaft ist. Je länger ich von Dir entfernt gewesen bin, desto
mehr hab ich Dich vermißt. Ach Gott, ich fühl es leider so lebhaft, --
wär’ ich länger noch von Dir getrennt, so würdest Du einen ganz andern
Menschen wiederfinden. Auch nicht Eine halbe Stunde voll Enthusiasmus
und Freundschaftsseligkeit, -- Himmel sonst berauschte ich mich jeden
Tag mit diesen hohen Gefühlen, -- auch nicht Eine hab’ ich in Deiner
Abwesenheit verlebt, -- wenigstens nicht _mit_ einem andern. Es
wäre kein Wunder, wenn ich itzt die Heraldik studierte, -- doch nein!
Vielleicht schreib ich grade in einer trüben Stunde.

Sey doch nicht bange, daß ich mit der altdeutschen Poesie meinen
Geschmack verderbe. Was soll ich anders thun, als mich auf Dinge legen,
die meinen Geist mit weniger erhabenen Ideen nähren! _Die_ helfen
mir jetzt nicht; sie lassen mir Deinen Mangel desto deutlicher fühlen.
Was hilft es mir itzt, den Shakspeare zu lesen? Was hülf’s mir, ein
noch so schönes Gedicht zu schreiben? Ich müßte mich auslachen! Du
kennst übrigens sehr wenig von den altdeutschen Litteraten, wenn Du
blos die Minnesinger kennst. Ueberhaupt ist sie zu wenig bekannt. Sie
enthält sehr viel Gutes, Interessantes und Charakteristisches, und ist
für Geschichte der Nation und des Geistes sehr wichtig.

Ich habe mich schon lange gewundert, daß Du mich nicht gefragt hast,
was ich von den Franzosen denke. Ich denke ganz mit Dir gleich von
ihnen, und stimme von ganzem Herzen in Deinen Enthusiasmus ein, das
versichere ich Dich. Aber ich kann mich nicht enthalten, Dir folgendes
zu sagen. Ich spreche hier durchaus mit keinem Menschen von den
Franzosen; und zwar darum, weil jeder von ihnen spricht, ihre größten
Thaten immer mit einem Lächeln erzählt, als wollt’ er sagen: Was die
närrischen Leute nicht für Dinge thun! Und wer mit diesem Lächeln davon
spricht, dem möcht ich gleich eine Ohrfeige geben. -- Auch denk’ ich
sehr wenig über die Angelegenheiten nach: -- ich weiß selbst nicht,
wies kommt. -- Auch lese ich die Zeitungen nicht, weil ich nicht Zeit
habe, und alles von andern höre. -- Endlich würd ich, wenn ich ein
Franzose wäre, so stolz ich auf mein Vaterland und meine Nation seyn
würde, doch gewiß nicht Soldat werden und den Säbel oder das Gewehr
in die Hand nehmen, weil ich mein Leben und meine Gesundheit zu sehr
liebe, und zu wenig körperlichen Muth besitze. Ich weiß, daß Du Dich
über meine Dreistigkeit, Dir meine krassesten Grundsätze so nakt
darzustellen, wundern wirst; daß Du nicht wirst begreifen können, wie
man in der That von dieser Sache begeistert seyn kann, ohne auch Muth
genug in sich zu fühlen, dabey selbst mitzuwirken; ich weiß, daß ich
durch mein offenherziges Geständniß, wenigstens auf ein paar Stunden,
Deinen Zorn auf mich lade. Allein bedenke nur: kannst Du von irgend
einem Menschen Heldenmuth und Tapferkeit verlangen, die er nicht hat.
Ich bin sehr davon zurückgekommen, diese körperlichen Tugenden gering
zu achten: aber, -- _ich_ habe sie nicht; und es ist unmöglich,
daß Du mir das zur Sünde machen kannst; ich thue Verzicht auf diese
Größe. Auch bin ich einmal so eingerichtet, daß die idealische
Kunstschönheit der Lieblingsgegenstand meines Geistes ist; ich kann
mich unmöglich von lebhaftem Interesse hingerissen fühlen, wenn ich in
den Zeitungen lese, daß die Preußen itzt diesen, die Franzosen itzt
jenen Ort eingenommen haben, und was dergleichen Partikularia mehr
sind; alles ist mir etwas zu fern, -- zu wenig sichtbar, geht mir zu
langsam, stimmt nicht mit dem idealischen Gange meiner Phantasie, macht
mich unruhig, befriedigt mich nicht. Vieles können die ungewaschnen
Urtheile bey mir gethan haben. Soviel itzt davon; mündlich mehr. Ich
werde nur zu aufrichtig gegen Dich gewesen seyn.

       *       *       *       *       *

Ich muß nur Deinen Brief nach der Reihe beantworten, daß ich nichts
vergesse.

Mein Freund bey Jena heirathet itzt im Januar, und wird mir, hoff’ ich,
bald schreiben. Wir werden wohl grade um Ostern, oder ein Paar Tage
vor oder nach Ostern, von hier abreisen. Ich muß Dich also ernstlich
bitten, daß Du bey guter Zeit hier bist, das heißt, 8, oder über 8
oder 14 Tage vor Ostern. (Ostern ist den 31. März.) In der That, Du
mußt über 8 Tage vor Ostern schon hier seyn. Und warum sollte das
auch nicht gehen? Durch die Kollegia wirst Du Dich ja nicht abhalten
lassen. Wenn Du nur erst hier wärst; und bist Du hier, so werd’ ich
gewiß wünschen: wenn wir nur erst fort wären. Wie wird es aber mit
unsrer Reise werden? Das liegt mir noch alles zu sehr im Dunkeln.
An einem Abend, als ich bey Dir war, entwarfen wir zwar in größter
Geschwindigkeit einen sehr artigen Plan, allein ich zweifle itzt
beinahe, daß er sich ganz wird ausführen lassen, wie es denn oft den
guten und frommen Wünschen, deren uns in Einer Viertelstunde oft 10
aufstoßen, ergeben muß. Fürs erste wird unsre Zeit sehr kurz seyn.
Mein lieber Prediger macht mir schon in seinem Briefe ein Gesicht
dafür, daß ich nur von 8-14 Tagen spreche; und neulich wollte man mich
schon versichern, daß die Kollegia in Erlangen in der Mitte des April
angiengen. Indeß mag das nun seyn wie es will, unsre Zeit wird immer
sehr kurz seyn. Ueberdies darf man der Jahrszeit so wenig trauen, daß
wir von einem Aufenthalt in Wörlitz vielleicht wenig Vergnügen erwarten
dürften. Und wie sollten wir uns auch bequem dort aufhalten können,
wenn wir, wie es doch seyn wird, mit der Post reisen? An Excursionen
von Halle aus will ich gar nicht einmal denken. Das kürzeste und
zweckmässigste wäre immer wohl, in Einem Strich nach Jena zu reisen.
Und dazu würde ich auch in den ersten Tagen weit eher aufgelegt seyn,
als in Wörlitz zu lustwandeln, wozu ich eben nicht Laune haben möchte.
-- Bei allem dem würde es mir doch herzlich leid thun, wenn Deine
Schwester dadurch einer angenehmen kleinen Reise, worauf sie sich
gefreut hat, verlustig gehen sollte. _Lange_ wenigstens, und an
vielen Orten könnten wir uns wenigstens nicht aufhalten.

_Vom Theater_. Daß ich sehr leicht von einem Extrem aufs andre
falle, ist nur zu wahr. Aber bey Menschenhaß und Reue ist das nicht
mein Fall, und ist es nie gewesen. Ich schätze die schönen und
rührenden Scenen so sehr als sonst, und habe nur eingesehen, daß
die komischen Personen, die mir sonst so weise angebracht schienen,
ziemlich ungeschickt angebracht sind u. s. w. -- Dein Enthusiasmus
über die Räuber und über Schiller ist einmal wieder ganz aus meiner
Seele gestohlen. -- Du begreifst nicht, wie Fleck in einem schlechten
Stück schön spielen könne? Du hast Recht; ich habe mich nur falsch
ausgedrückt, wie es öfters geht, wenn man seine besonderen Erfahrungen
und Beobachtungen einem Abwesenden mittheilt, der alsdann manches
undeutlich und unbestimmt findet. In einer schlechten Rolle kann
ohnmöglich ein Schauspieler gut spielen. Allein -- _doch_
läßt es sich in gewissem Verstande gedenken. Das heißt, gewisse
Empfindungsausdrücke, die leicht zu finden und allgemein gebraucht
sind, die Ausrufungen, das Ach und das Wehe, die Lücken, die der
Dichter läßt, daß sie durch stummes Mienenspiel oder durch schöne
Gebehrden ausgefüllt werden sollen, -- hier ist der Ort, wo sich
der Schauspieler noch immer zeigen kann; hier in einzelnen Stellen,
im Ganzen freilich nicht. Und jenes meynte ich auch nur. -- Ueber
Kaselitzens Spiel in dem Barbier von Sevilla bin ich ganz mit Dir
einig; und auch was Du über die Karrikaturen sagst, unterschreibe
ich von ganzer Seele. Es ist viel wahres und treffendes darin.
-- Neulich hab’ ich ein neues Stück: Die falschen Entdeckungen,
Lustspiel nach Marivaux in 4 Akten gesehen; ein Stück was äusserst
artig ist, und voller Empfindung und Feinheit. Die letztere wird
vorzüglich durch das unnachahmliche Spiel der Engst gehoben. Auch
Unzelmann spielt vortrefflich drin. Er ist jetzt ganz und gar mein
Liebling, und ich halte ihn fast für den vollkommensten Schauspieler
vom hiesigen Theater; und fast möchte ich auch dies Fast noch
ausstreichen. Er spielt im Ganzen, immer gut, in den verschiedensten
Rollen. Bey jenem Stück sah ich noch ein andres neues: Der Richter,
Lustspiel in 2 Aufzügen nach Mercier; simpel, aber voller Wahrheit,
worin Fleck einen alten Bauern spielt. -- Seitdem habe ich die Nina
wiedergesehen, und bin von der ausdrucksvollen Musik und von dem
Gesange der Unzelmann, worin nichts als ächtes Gefühl ist, beinahe
bis zu Thränen gerührt. -- Am Mittwoch war zum erstenmal: Ludwig der
Springer, Rittertrauerspiel von Hageman (Akteur in Hannover), zum
Benefiz für Herdt. -- Neulich habe ich die neue Oper von Righini
(aus Maynz) gesehen. Die Musik ist in einigen Stellen, besonders in
Terzetten, Duetten u. s. w. voll Gedanken und Geist, und wird hier
sehr bewundert. Nur sieht mir zuweilen der Italiäner mit seinen
sangbaren und einfachen Melodieen, wie sie seyn sollten, die aber nur
zu sehr an bekannte und gemeine Lieder-Weisen und Tanzmusik gränzen
und etwas zu gewöhnlich sind, durch. Da ich Dir von den Schönheiten
nichts zur Probe geben kann, so muß ich so undankbar seyn, Dir eine
abgeschmackte Idee des Komponisten mitzutheilen, welche beweist, daß
Leute sich in Geniestreichen oft gewaltig täuschen können. Er hat
sich vermuthlich auf seine Originalität etwas zu Gute gethan, wenn er
das Orakel, das 6 oder 8 Verse sind, beständig in _demselben_
Tone singen läßt. Allein um es noch origineller zu machen, hat er,
-- kann man sich etwas widersinnigers denken? -- hat er diesen Einen
stets ausgehaltenen Ton von nichts weiter als von den künstlichsten
Bravourpassagien in den hohen Regionen der Violine begleiten lassen.
Es ist ein Exempel über alle Exempel von verdorbenem Ausdruck!
Trompeten oder andre Blasinstrumente müssen ihm zu gemein gewesen
seyn. -- Noch von Einem Theaterprodukt muß ich ein paar Worte sagen,
und Du solltest wohl nicht den Verfasser rathen: Es ist Bernhardi.
Er wird Dir ehestens ein Nachspiel schicken, das er seit Michaelis
beinahe schon, im eigentlichen Verstande, _verfertigt_ hat. Du
kennst meine Langsamkeit und Selbstkritik im Schreiben; aber gegen
ihn bin ich hierin noch sehr zurück. Er hat alle Zeit und Mühe darauf
verwandt, und weißt Du, was seine Absicht ist? Was sein Lohn seyn
soll? Ein Freybillet in der Komödie. Ich gönne es ihm herzlich. Er
hat eine Abschrift neulich an Hagemeister gegeben, weil er es nach
einiger Ueberlegung am Ende fürs beste gehalten hat, es durch diesen
Weg zu Engel gelangen zu lassen. Er ist sehr ängstlich und oft fürs
Auspochen bange gewesen, weil er dem groben Geschmack des Publikums
nicht ganz Genüge gethan zu haben glaubt. Indeß will er sich, auch im
Fall, daß seinem Kinde etwas Menschliches begegnen sollte, mit dem
Gedanken beruhigen, er habe es nicht besser machen können, und wisse
nun woran er sey. Wenigstens sagt er das; wenn es auch seine wahre
Meynung wohl nicht seyn kann. Denn so ruhig ist nicht leichter einer
über das Schicksal seiner Produkte, (als Du,) am mindesten Er, der
sich so gern den Schein dieser Gleichmüthigkeit giebt. -- Du siehst
mich an und frägst nach dem Gehalt des Stücks? Es ist ein artiges
kleines Intriguenstück, worin viel _Bernhardische_ Feinheit, aber
kein Geniezug ist. Kein Wort steht umsonst da; er hat das Ganze wol
ein halbes Dutzend mal, und das Detail wohl noch öfter umgearbeitet,
und kein wiederholtes Abschreiben gescheut. Plan, Knoten, Auflösung,
Einleitung und die ganze künstliche Baumeister-Arbeit am Stück, ist
Lineal und Winkelmaaß, nach richtigen An- und Ueberschlägen, Kalkulen
und Entwürfen, ausgearbeitet. Und wirklich haben eine Scene, worin
viel Empfindung ist, einige komische Züge und einige Bernhardische
Delikatessen mir sehr wohl gefallen und mir ein Interesse für das
Stück, besonders für einzelne Scenen abgewonnen. Doch aber glaub’ ich,
daß das Publikum, wenn es nicht grade gestimmt ist, etwas ernsthaft
zu seyn und Acht zu geben, zuweilen -- Langeweile fühlen könnte, --
das Berliner Publikum nämlich. Du kannst Dir bey diesen Umständen
denken, wie mißlich meine Lage gewesen sey, wenn er mich um mein
Urtheil befragte, da ich seine Absicht bey dem Stücke wußte. Ich habe
mich so schicklich als möglich zu nehmen gesucht. So viel davon. Nun
magst Du selbst urtheilen. Das Launige, Komische hat er, da dies nicht
in seinem natürlichen Charakter liegt, mit Mühe, -- -- aber ich will
nichts weiter davon sagen. Genug, -- es ist sonderbar, wie auffallend
die Manier von der Deinigen, selbst in der hingeworfenen Probe eines
Nachspiels, die Du mir in Berlin auf Michaelis vorlasest, ist. Allein
es ist dennoch viel Gutes darin, und macht Bernhardi als ein Werk
seiner Beharrlichkeit und seiner Kritik, wie ich glaube, Ehre. --
-- Doch noch Eins, was hieher gehört. Wie kommt’s, daß Du mir gar
nichts von dem kleinen Drama schreibst, das Du an Bernhardi geschickt
hast? Es gefällt ihm sehr; ich habe es aber noch nicht lesen können,
weil er es einem neuen hiesigen Buchhändler, Nauke, zur Probe Deines
Styls geliehen hat, welcher, wie er mit ihm verabredet hat, Deinen
Abdallah drucken wird, und Dir für Deine 24 Bogen 96 Rthlr. verspricht.
Bernhardi hat mir vieles aus seinem Briefe von Dir vorgelesen, so wie
ich ihm vieles aus meinem: aus jenem haben wir beyde mit Vergnügen
Deine Kühnheit und Dreistigkeit in Autorplanen ersehen. Es ist in der
That itzt der beßte Weg, zu einem gemächlichen Leben zu gelangen, daß
man drucken lasse.

_Varia._ Um noch einmal auf meinen jetzigen Hang zur altdeutschen
Poesie zurückzukommen, so kann ichs mir sehr wohl denken, daß ich,
wenn ich wieder in Deinem Umgang und in Deiner Lieblingsdichter Umgang
hinein komme, sie ganz vergesse, und ihr Studium vielleicht mit der
Diplomatik und anderen dieses Gelichters in Eine Klasse setze. Aber
jetzt häng’ ich daran, weil ich -- dem Himmel seys geklagt, -- an
kein menschliches Herz hängen kann, das meinen Geist ganz glücklich
machte. Den Geschmack und den Gaumen, denk’ ich doch, werd’ ich mir
nicht verderben. Wer kann immer so ängstlich wählen, was ihm grade am
heilsamsten ist? Man ißt auch einmal harte Speisen. -- Die Minnesinger
sind, so viel ich sie kenne, freilich einförmig. -- Die Beobachtungen
für die alte Sprache, und ihre Verwandtschaft mit der andern, sind auch
oft interessanter als das poetische Verdienst. Aber dies sucht man doch
sehr oft nicht vergeblich. Sehn wir uns, so kann ich Dir manches Schöne
aus dem Heldenbuche mittheilen, das ich itzt gelesen habe.

Schmols sonderbares Benehmen bey einem Abentheuer, das er sich selbst,
wie ein Don Quixotte fingirt hat, ist so abentheuerlich wie möglich.
Ich kann gar nicht fassen, wie ein vernünftiger Mensch, und der schien
er mir doch wenigstens vor ein Paar Jahren, so unvernünftige Dinge
angeben kann.

Es kränkt mich, daß Du Dich so gewaltsam von Deinem sonstigen
Zwillingsbruder Moritz losreissest. Es ist, nach der Parallele, in der
ich Dich und ihn sonst betrachtete, und mit Recht, da Du mich selbst
darauf geleitet, fast _nicht möglich_, daß er sich itzt so weit
von Dir entfernen sollte. Es ist sehr übereilt, so rasch, -- darf ich
hier nicht im allereigentlichsten Sinne sagen: von Einem Extrem aufs
andre zu fallen? Es kann mir nichts kränkender seyn, als eine solche
Beobachtung bestätigt zu sehen.

Du verlangst, daß ich nicht nach Erlangen wegen einer Wohnung schreiben
soll? Aber, _demohnerachtet_, hab ichs _doch_, und grade
mit dieser Post gethan. Meine Aeltern wollens, der Sicherheit wegen.
Indeß, soll das Quartier, nur auf 1 Monat oder höchstens 1 Viertel Jahr
gemiethet werden, damit wir im Nothfall ausziehn können; -- und, wenns
irgend angeht, aus 2 Stuben und 1 Kammer dicht nebeneinander in Einem
Hause, bestehn. Ist Dir dies recht? -- In der That viel, daß Schwieger
sich entschließt, heimlich mit Dir nach Erlangen zu gehen. Sag mir, wie
ist er jetzt?

Deine gelehrte Gesellschaft ist vortrefflich. Das glaub’ ich, daß so
etwas zur Thätigkeit anspornt und zum vergnügten Leben viel beyträgt.
-- Du gehst ja mit lauter Edelleuten um!

Ich muß bedauern, daß Deine scharfsinnige Hypothese über die Genesis
meines kleinen Gedichts, -- ein Fehlschuß ist. Die Veranlassung war
keine andre, als daß einige Frauen, die ich gekannt und geschätzt
hatte, Bekannten von meinen Aeltern, kürzlich hintereinander gestorben
waren und traurige Männer hinterlassen hatten. (Die Frau in dem
Gedicht soll also nicht ermordet, sondern natürlichen Todes gestorben
seyn.) Du wirst hieraus, was in dem Dinge unnatürlich ist, erklären
können; denn ich schrieb aus meiner Seele und wollte mich doch in eine
fremde versetzen. Was Du vom zu Individuellen dieser lyrischen Poesie
sprichst, muß wohl wahr seyn; aber es ist ganz sonderbar, daß ich itzt
in diesen Fehler verfalle. Mündlich mehr darüber. Ich weiß noch gar
nicht, wie das kommt. Ich soll bey Deiner Poesie nicht denken statt
zu empfinden. Sehr gut. Aber thust Du’s nicht auch zuweilen? Ifflands
Elise von Valberg hast Du mir mit einem so gleichgültigen Tone getadelt
und bekrittelt, als wäre nichts oder wenig Schönes drin. Behüte, daß
ich die Kritik verachten sollte! Aber das Gefühl geht doch bey einem
_solchen_ Stücke vor, und ich kann mich ärgern, wenn man von
hinten anfängt: einzelne Fehler in der Oekonomie des Stücks rügt, ehe
man sich von den in die Augen fallenden, vortretenden Schönheiten in
der Behandlung der Scenen und Charaktere entzücken läßt. Doch sehr
vermuthlich rede ich einmal wieder in die Luft, und treffe Dich nicht,
oder habe Dich damals nicht recht gefaßt.

Ramler war in meinen Augen der größeste Dichter, als ich noch keinen
andern kannte. Aber auch in Ansehung seiner bin ich wirklich nicht aufs
andre Extrem verfallen.

Ich muß gestehen, so ganz habe ich Dich über das Idealisiren noch
nicht gefaßt. _Mündlich_ mehr davon. Du wirst mir wieder ächte
Begeisterung geben. -- Ich muß wohl auf einem falschen Wege gewesen
seyn und besonders in die dramatische Poesie einen Eingriff gethan
haben. In der That, ich bekenne, ich hatte neulich die Idee, daß
dergleichen Stellen wie der Monolog Seyn oder Nichtseyn, u. s. w. die
schönsten lyrischen Gedichte geben würden; aber ich sehe itzt so viel
ein, daß sie alles Interesse verlieren würden.

Was Du nun wieder für Zeug machst? Deine Anna Boleyn liegen zu lassen.
Es wäre mir _sehr leid_, wenn auf immer. Was hast Du denn wieder
dran zu kritteln?

Wie sehr freut es mich, daß Du froh, heiter und leichteren Blutes in
Göttingen geworden bist. Wirklich noch vor weniger als einem Jahre hab’
ich das nicht von Dir erwartet. Und wenn Du Dich zurückerinnerst, wirst
Du Dir von Dir selber ein Gleiches gestehen müssen. Wie der Mensch,
-- wie selbst ein Mensch wie Du sich doch ändern kann! -- Himmel, ist
es wahr, daß Du nicht mehr jener unglückselige melancholische bist,
den die Welt anekelt, der Du doch an jenem traurigen Abend warst?
Sieh, ich sagte Dir damals schon, es wäre unmöglich, daß Du es immer
seyn und bleiben könntest, und Du, mein Lieber, mein beßter Tieck, Du
meyntest, daß all’ Dein Frohsinn nur täuschender Ueberzug über schwarzen
Mißmuth seyn könne. O Dank dem Himmel, Dank Dir, wenn Du es nicht
mehr bist. Wohl mir, wohl! Der Erde ist ein Wesen wiedergegeben, daß
mehr als irgend eins, Glückseligkeit verdient! Ein Engel, ein Gott
hat Dich gewandelt! Dein Lächeln ist keine Grimasse mehr! Ich darf
nicht mehr zittern, wenn Du froh bist, daß in Deinem Herzen tausend
Stacheln die Freude zerreissen. Wohl mir, Du wirst auch gegen mich
künftig immer so nackt, so wahr erscheinen als Du bist, auch nicht eine
Minute lang einen trüben Gedanken ersticken, eine Falte vom Gesicht
wegzwingen. Die Welt hat Dich wieder. Dein Freund darf Dich als ein
ihm gleiches Geschöpf, nicht als einen fremdartigen der Erde nicht
zugehörigen Geist, an seine Brust drücken, und mit Dir, an Deinem
Arme alle Seligkeit genießen, die die Phantasie in diesem Leben uns
vorzaubert. -- Du siehst noch immer mit einem wehmüthigen Lächeln
meinen Freundschafts-Enthusiasmus an. So lange dieser Geist in mir
athmet, wird er nicht erlöschen, oder ich müßte ein ganz andrer Mensch
werden. Ich _kann_ ihn nicht unterdrücken. -- O wir wollen künftig
zusammen wie im Himmel leben!

       *       *       *       *       *

_Schreib’ mir ja bald, wenn Du kommen wirst. Ich erwarte, 14 Tage vor
Ostern. Das wäre vortrefflich_. --

    Dein Freund

    _W. H. Wackenroder_.


XIII.

    _Berl._, Jan. 93.

    _Mein liebster Tieck!_

In der Hälfte Deines kleinen Briefchens sagst Du mir auf 10 verschiedne
Arten, daß ich Dir nicht schriebe und daß ich Dir schreiben solle,
belegst mich auch mit dem ehrenvollen Titel eines fleißigen
Briefschreibers. Den will ich auch nicht verscherzen. Unsre Briefe
haben sich wieder begegnet.

Den Roßtrapp habe ich Deiner Schwester gegeben. In Ansehung dieses
und Deiner übrigen Arbeiten fürs Publikum, mögen Rambach und Bernhardi
Dir das Weitere schreiben, und diese Autorgeschäfte mit Dir betreiben.
Allein, was soll ich zu dem Gedichte selber sagen? Fürs erste, so
dünkt mich, daß es immer etwas, wo nicht _viel_, verdirbt, wenn
man viele Sachen so flüchtig und nachläßig arbeitet; und ich wünschte
nicht, daß Du hierin Rambachs Nachfolger werden möchtest. Es ist zwar
eine blendende Einbildung, daß man dadurch mehr Fertigkeit, mehr
Reichthum an Ideen und Wendungen erhalte; allein es ist wenig mehr
als Einbildung. Denn man verwöhnt sich durch diese Art zu schreiben
gewiß am Ende so sehr, daß man nachher nicht mehr etwas Langsames,
Durchdachtes, in allen Theilen so viel als möglich Vollkommenes, zu
Stande bringen kann. An hundert Orten bringt man zerstreut sehr artige
Gedanken und Bilderchen an, und in allem was man hervorbringt ist
ein Etwas, aber nichts Ganzes von Schönheit, und so verliert man die
Kraft, die Stärke und die Beharrlichkeit, ein Werk zu schaffen, worin
man nach Gewissen jeden einzelnen Theil, bis auf Kleinigkeiten, so
ausgefeilt und der Vollkommenheit so nahe zu bringen gesucht hat, daß
man das Ganze ein Produkt seiner höchsten und edelsten Anstrengung
nennen darf. Und im Grunde sollte jeder Dichter und Künstler doch bey
jedem Werke wenigstens den Vorsatz haben, es so zu vollenden, wie es
seine Kräfte, in ihrer wirksamsten Thätigkeit, nur immer erlaubten.
Ich glaube freilich weniger, daß meine Besorgnisse bei Dir wirklich
eintreffen möchten, als ich diese Gedanken für andere (z. B. Rambach)
treffend glaube. -- Dein Roßtrapp ist gar nicht sonderlich und hat
die Ehre, noch ziemlich unter der Emma und Adalbert zu stehen. (Das
ist doch freymüthig genug?) Die Erfindung? könnte, dünkt mich, weit
besser seyn. Daß ein Mädchen auf einem Pferde über den tiefen Abgrund
einmal herübergesetzt hat, weil sie von einem Riesen verfolgt ist,
ist eine triviale Fiktion, die -- ich auch hätte erfinden können,
und die durch die Ausführung in ein noch dürftigeres Licht gestellt
wird. Die ganze Erzählung hat gar keine Haltbarkeit, kein Interesse,
kein Leben: warum verfolgt der Riese das Hirtenvölkchen? Was will
das Geisterwesen eigentlich sagen? Warum schützt das Diadem vor dem
Riesen? Warum ziehen die Geister und Alles am Ende von dem Ort weg? Das
liegt alles im Nebel. Und dann hast Du wohl in der Mitte den Eingang
vergessen: ein Minnesinger kommt in die Harzgegend (der Anfang in Prosa
enthält noch die meiste Kraft und Phantasie), beschreibt sich selbst
(doch etwas steif, als wenn er dem Landschaftsmaler abgerissene Ideen
angäbe), die Gegend, und fängt hierauf zum Zeitvertreib an, sich in
Versen, die er, wenn es ihm zu unbequem wird, auch ohne Reim vorlieb
nimmt, ein Geschichtchen vorzusingen. Ein kurieuser Minnesinger! Er
muß närrische Launen gehabt haben! Ich hätt’ ihn sehen mögen, wie
er da in der einsamen Gegend sitzt und sich ein Mährchen singt! --
Warum ist nicht das Ganze Ein Ausfluß der Phantasie von Anfang an in
Versen? warum läßt Du ihn nicht in einem lyrischen Gemählde die Gegend
besingen, in lyrischer Begeisterung die Begebenheiten der Vorzeit ihn
als gegenwärtig sehen? Und dann die Verse! Ganz gewiß hast Du das Stück
nie laut gelesen, oder Du müßtest es denn in der Absicht gelesen haben,
um Dir selber Spaß zu machen; sonst, wenn es Dir wieder etwas Neues
seyn sollte, will ich Dir ein kleines Pröbchen zum besten geben:

    _Die Mädchen_:
    Das Glück
    Mit holdem Blick
    Wohnt
    Hier und sonnt
    Im Buchenhain
    Sich im Frühlingsschein.

Und mehr dergleichen Verse, die in der That wahre Knittelverse sind.
-- Auch Bilder, wie: der Donner stößt sich an den Klippen wund, hast
Du wohl nur Spaßes halber hingeschrieben. Du siehst wie beredt ich
bin, wenn Du einmal etwas Mittelmäßiges oder Schlechtes hervorbringst.
_So_ machens die kleinen Geister, welche die größern weit zu
übersehen glauben, wenn sie im Stande sind in den Bastardgeburten ihres
Geistes Fehler zu entdecken, die sie selbst nicht einmal zu machen
vermögen. Bey Meisterstücken schweigen sie still, und wissen nicht was
sie sagen sollen, weil sie viel zu eingeschränkt sind, die verborgene
Quelle der Schönheiten aufzuspüren, und nach Verdienst die Schönheiten
zu würdigen. So mach ichs auch!

Neulich hab’ ich das neue Ritterstück: Ludwig der Springer gesehen.
Ein dürftigeres, anfängermäßigeres, bedauernswertheres, nüchterneres,
faderes, unbedeutenderes, nichtssagenderes, gemeineres, gewöhnlicheres,
-- (aber ich komme außer Athem!) Stück kenn’ ich gar nicht. So ohne
einen Funken, ohne einen Schatten von tragischem Geist, Empfindung,
Durchführung von Charakteren und Situationen geschrieben? Es ist so
kurz, daß die Hauptpersonen nur grade so viel Zeit haben zu sprechen,
als um die Geschichte die zum Grunde liegt, zu erfahren nöthig ist:
alles nichts als ein dialogisirtes historisches Compendium. Alles nur
Skelett, Thema zur Ausführung. Nicht eine einzige Rolle, nicht eine
einzige Scene, wobey das Herz warmen Antheil nähme. Der Plan: wie ein
Spinnengewebe. Vorn ein Sancho Pansa, der den Spaßmacher spielt. Wenn
die Hauptpersonen den Gang der Handlungen fortführen sollen, werden
ein Paar Gefangenwärter, oder dergleichen Gesindel eingeschoben,
die uns indeß mit den trivialsten Späßen die Zeit vertreiben. Die
Baranius hält im Gericht die Feuerprobe aus und das Ende ist ein
Rittergefecht: beydes ist interessanter anzusehen als das ganze Stück
zu hören; denn die sehr genau beobachteten, stummen Ceremonien eines
heimlichen Gerichts, und der Pomp der Turnierrüstungen verfehlt nie
den Eindruck. Von der schönen edlen! Sprache eine Probe: „Da müßt ihr
Pferde anspannen lassen, wenn ihr mich von der Stelle bringen wollt,“
spricht Ludwig im höchsten Zorn. Der leibhaftige Fuhrmann, der in der
Trunkenheit, den Hut auf einem Ohr, die Hände in die Seite setzt. Doch
das ganze Ding verdient nicht, daß ich ein Wort mehr darüber sage.

Bernhardi hat itzt schnell den Entschluß gefaßt sein Nachspiel selbst
an Engel zu bringen. Vorher hat ers Hagemeistern gewiesen, der es
gelobt hat. -- Neulich ist eine neue Operette: die unruhige Nacht, nach
Goldoni, Musik von Lasser in München, 2 Tage hintereinander ausgepocht
worden.

Aber was heißen alle diese Neuigkeiten gegen die, welche ich Dir itzo
vortragen will. Lege Dein Gesicht in Falten, bereite Dich auf einen
großen Gedanken vor, und setze Deine Seele in eine gemäße Stimmung.
Triumph und Viktoria, 3 mal und 4 mal! mein Glück, mein Heil ist
gekommen; ich bin emporgehoben aus dem Staube, und stoße an den Orion
mit meinem Scheitel. Nun erst wag’ ich es, Dich brüderlich zu umarmen
und mit Dir vereint dem Tempel der Unsterblichkeit zuzufliegen. Fort
mit allen Phantasien, die itzt vielleicht wie schwarze Wolken Deinen
Kopf durchziehen; sie sind nichts gegen das was Du hören wirst!
Gebiete den kleinsten Gedanken Deiner Seele eine feierliche Stille,
und laß in dieser erhaben-majestätischen Pause Deine Geistesthätigkeit
Dir die goldenen, himmlischen Worte Deine beyden Ohren füllen: Ich
bin Schriftsteller, und abermals: ich bin Schriftsteller. -- -- --
Allein ich muß mich wohl von meiner schwindlichten Höhe herablassen
und Dir in der Sprache der _Menschen_ in aller Kürze erzählen: ~Cur,
quomodo, quando.~ (~N. B.~ Alles was Du jetzt hörst sind die tiefsten
Geheimnisse, nur für Dich, mich und Bernhardi offen.)

Bernhardi ist zum Mitarbeiter an einer neuen Monathsschrift engagirt,
die Rambach und Heydemann (=vielleicht= auch von Zöllner, Jenisch,
Eschenburg und Veit Weber unterstützt) bald herausgeben wollen. Nun
bat er mich so dringend und unabläßig, ihm meine Ode an die Zeit, die
ich ihm einmal vorgelesen, hier zum Drucke anzuvertrauen, daß ich es
ihm in der That nicht abschlagen konnte. Er wollte durchaus die Gründe
meines Weigerns wissen, und da fast der Hauptgrund war, daß ich in
einer zum Theil doch etwas verdächtigen Gesellschaft, und in einem so
ephemeren, verachteten, plebejen Werkchen mich in der Welt nicht zuerst
produciren wollte, so mußte ich, da ich ihm diesen Grund nicht gut
sagen konnte, ihm keinen Grund zu haben scheinen. Genug, ich mußte ihm,
halb gezwungen, die Ode (mit einigen Veränderungen) geben: nur ließ ich
mir strenge Verschwiegenheit von ihm versprechen. Nun hat er sie an
Rambach und Heydemann vorgelesen, aber in einiger Entfernung, damit sie
meine Hand nicht erkennen sollten; sie hat Beyfall gefunden und wird
nun wahrscheinlich gedruckt werden. Was das komischeste aber ist, so
hat Bernhardi Rambachen im Vertrauen gesteckt, die Ode wäre von seinem
Freund Schmiedecke; und freut sich schon im Voraus auf die komische
Scene, die dadurch zwischen diesem und Rambach entstehn wird, da ohne
Zweifel Schmiedecke, wenn ihm der geschwätzige Rambach die Ode auf den
Kopf zusagt, den Unwissenden besser als irgend einer spielen wird. Ob
Bernhardi an der Scherzlüge klug gethan hat, und ob Rambach bey seinem
Glauben bleiben, oder nicht doch auf mich argwöhnen wird, welches mir
nicht lieb wäre, weiß ich nicht. Unter die Ode habe ich den Namen
Agathon gesetzt, weil das mein Lieblingsname ist.

Ich habe eine Bitte an Dich. Da Du im vorigen Frühlinge
_Matthisons_ Mutter gesprochen hast, so kannst Du mir vielleicht
schreiben wo, wann er gebohren, wo er itzt ist, und was Du sonst von
seiner Jugendgeschichte und seinen Lebensumständen weißt. Vergiß
es nicht in Deinem nächsten Briefe. -- Hast Du noch die sibirische
Anthologie von Schiller? --

Du willst mich gern den Roßtrapp auf Ostern in Natura sehn lassen? Aber
die Jahreszeit, das Wetter und unsre eingeschränkte Zeit! Es ist wohl
kaum möglich. Ich muß Verzicht darauf thun. Wir werden unsre Reise so
simpel und aufenthaltlos als möglich machen müssen. Auch bitte ich
Dich, so viel ich bitten kann, lieber Tieck, daß Du so schnell als
möglich, auf dem kürzesten Weg, und so bald als möglich hier bist:
und es, wenn auch nur auf ein Paar Tage (damit Du uns nicht wieder in
Sorgen setzest) im Voraus bestimmst, wann Du anzukommen gedenkst. Wie
dringend wünschte ich Dich 14, oder Dich doch zwischen 8 und 14 Tage
vor Ostern (dem letzten März) hier zu sehen! Deine Schwester stimmt
ganz in meine Wünsche ein.

       *       *       *       *       *

Du wirst wohl sehen, lieber Tieck, daß ich bis hieher noch nicht Dein
Trauerspiel: der Abschied, gelesen hatte; denn wovon hätte ich Dir
sonst zuerst schreiben können, als hiervon? Und wie ist es möglich, daß
in Deinen Briefen an mich nichts davon steht? Himmel Du hast mir wieder
eine sehr glückliche Stunde gemacht, hast mich ganz hineingezaubert in
die Zeiten, da wir noch hier zusammen lebten und zusammen empfanden.
O es ist nicht wahr, daß ich die Schönheiten hier nicht bis auf die
allerfeinste fühlen sollte! Ich fühl’ es, ich fühl’ es, wie alles
aus dem Strohm der Empfindung eines vollen Herzens geschöpft ist.
Wovon soll ich anfangen? Es hat mich gerührt, entzückt! Ganz in dem
Göthen’schen Geist des Werthers, der Stella, gedichtet! Ganz Gemählde,
treustes Gemählde der erhabenen, ätherischen und schwärmerischen
Gefühle, die wir so manchesmal in den Stunden der Seligkeit mit
einander wechselten. Hast Du bey der Stelle, wo Luise das von ihrem
Geliebten komponirte Lied: „Wie war ich doch so wonnereich,“ spielt,
an mich gedacht, so dank ich Dir: glücklich fühl’ ich mich, wenn
mein Andenken Dich in _solchen_ Stunden umschwebt. Wie lautere
Natur ist Ramstein! Ich wäre außer mir, wenn ich ihn einmal, Du den
Weller, spielen könnte! Wie unnachahmlich die 2 Scenen zwischen Luise
und R.! wie wahr der glühende und kochende Ehemann! wie wahr die
lenkbare Schwachheit des weiblichen Charakters! Ueberall die feinsten
Züge verstreut! Es ist mir nicht möglich, Dich itzt auf Einzelnes
aufmerksam zu machen; Du wirst Dir die Stellen hinzudenken, worüber ich
so vorzüglich entzückt ward: vielleicht hätte das Ende etwas besser
ausgearbeitet seyn können; und noch gewisser wage ich zu behaupten,
daß _zuweilen_ der Dichter die Personen noch immer mehr von ihrer
Empfindung sprechen, als sie, ihrer Empfindung gemäß, sich ausdrücken
läßt. Doch der Glanz des Ganzen verschlingt diese Flecken. Wärst Du
hier, wir wolltens zusammen lesen, und jeden Augenblick würde ich Dir
mein Entzücken zu erkennen geben. Aber so kann ich nichts auszeichnen,
es ist zu viel, und ich bin zu voll. O laß doch die _Reimerey_
seyn! _Hier_ ist Dein Wirkungskreis, im Feld des Tragischen
und der trüben Melancholie. Wie glücklich wär’ ich, wenn ich etwas
ähnliches dichten könnte! Diese Gattung würde meine Lieblingsgattung
seyn! Ich danke Dir inniglich, mein lieber, mein bester Tieck, für das
süße Vergnügen, was Du mir gemacht hast!

Warum bearbeitest Du den „Orest in Ritterzeiten“ nicht? --

_Schreib’ mir bald_, -- schreib’ wann Du kommst.

    Dein

    Freund

    _W. H. W._


XIV.

    _Berlin_, Febr. 1793.

    _Mein liebster, bester Tieck!_

Länger kann ichs kaum aushalten. Grade 3 bis höchstens 4 Wochen sinds
noch hin, daß Du hier seyn wirst und Du schreibst mir noch nicht,
wann Du kommen wirst; lebst lustig und vergnügt in Göttingen oder in
Kassel, wohin Du, wie Deine Schwester sagt, hast reisen wollen; indeß
ich hier in einer Quaal lebe, von der Du keine Idee hast. Alles verläßt
mich, ich bin in der ärgerlichsten Ungewißheit, da ich am ersten etwas
Bestimmtes über manche Umstände bey meiner künftigen Lage erfahren
möchte. Keine Briefe von Dir; keine von meinem Prediger; keine aus
Erlangen. Und die Zeit ist vor der Thür.

       *       *       *       *       *

Von Dienstag zu Sonnabend und von Sonnabend zu Dienstag hab’ ich
gewartet; heut ist wieder Sonnabend und noch kein Brief. Ich bin immer
noch glücklich genug, mir einzubilden, daß Dich nichts anders als
Nachläßigkeit oder Vergnügen, keinesweges aber Krankheit abgehalten
hat. Mein Prediger hat nun endlich geschrieben. Die Hochzeit ist
vorbey; er lebt äußerst glücklich in seiner neuen Verbindung und
erwartet uns mit offenen Armen nach Ostern.

Ich bitte Dich um unsrer heiligen Freundschaft willen, schreib’ mir
doch nur mit ein paar Zeilen, ob Du nicht 14 oder spätestens 8 Tage
vor Ostern hier seyn kannst. Je länger ich in meiner unglücklichen
Lage hier eingezwängt bin, desto ungeduldiger und mißmüthiger macht
sie mich, und bringt mich zuweilen zur Verzweiflung. Ich schleppe
manche Tage wie ein Esel hin. Mein aufschwellender Geist schrumpft ein,
seine Flügel sind gelähmt, seine Schnellkraft erschlafft. Ich fühle
nichts deutlicher als das: An Verstand und Herz bist Du schwächer, Du
bist schlechter geworden; dies nagende Geständniß bringt mir jeder
Pulsschlag. Aber ich schwör’ es Dir bey den Seligkeiten, die ich je
in den erhabensten Stunden von Deinen Lippen geküßt und aus Deinem
Auge getrunken habe, ich schwöre es Dir: noch fühl’ ich Kraft genug in
mir, sobald nur ein paarmal die Sonne über uns an Einem Orte auf- und
untergegangen ist, so schwing’ ich mich wieder ganz zu Dir hinauf, so
hat der Zauberdruck Deiner Hand und der Zauberblick Deines Auges und
der Zauberton Deiner Stimme mich wieder mit entzückender Begeisterung
durchdrungen, und ~Coetusque vulgares et udam sperno humum fugiente
pennâ~. --

Hätt’ ich Zeit so wollt’ ich Dir noch allerhand erzählen: wie ich
mich im Theater über Betrug durch Aberglauben geärgert, und über Axur
abermals gefreut habe; wie, zum Erstaunen der vernünftigen Welt,
Bernhardi’s Julius von Tarent auf unserer Bühne gegeben ist, und wie
mich die unübertreffliche originelle Diktion dieses Stücks entzückt
hat; wie ich neulich, bey Czechtizky’s Tellheim, auch keinen Funken der
feinen Empfindung in dem Charakter gefühlt, sondern eine ganz andre
Rolle zu sehen geglaubt habe; vornehmlich aber, wie ich von Reichards
Erwin und Elmire im Konzert neulich bezaubert bin, wo jede, jede Arie,
den innigsten Ausdruck, jeder Ton Liebe oder erhabne Empfindung,
oder romantische Schwärmerey athmet. Aber noch eins: ich habe eine
Bekanntschaft gemacht, die mir nicht erfreulicher seyn konnte: mit
einem jungen Architekten, Gilly, den Bernhardi kennt. Aber jede
Schilderung ist zu schwach! Das ist ein Künstler!! So ein verzehrender
Enthusiasmus für alte griechische Simplicität! -- Ich habe einige
sehr glückliche Stunden ästhetischer Unterhaltung mit ihm gehabt. Ein
göttlicher Mensch.

       *       *       *       *       *

Und nun beschwöre ich Dich noch einmal, mein ewiggeliebter Tieck,
schreib mir, tröste mich bald. O Tieck! wollen wir in Erlangen nicht
glücklich wie im Elysium leben? =Wir müssen!!= Meine ganze Seele
erhitzt sich jeden Augenblick itzt bey dem Bilde dieses zukünftigen
Himmels. Aber schreib mir den Tag, wenn Du kommst; komm doch so bald
als möglich -- was hindern Kollegia _Dich_? -- _Den ersten
Posttag nach Ostern_, werden, müssen wir vermuthlich reisen; und
_Ostern_ ist =31. März=.

Schreib mir doch an demselben Tage, da Du diesen Brief bekommst, wenns
irgend angeht: -- nur das Nöthige, nur ein paar Zeilen.

Ich hoffe und wünsche, daß Du gesund und vergnügt bist.

    Ewig Dein Freund.

    _W. H. Wackenroder_.


XV.

    Sonnabends,

    den 2ten März 1793.

    _Mein bester Tieck_.

Gottlob, daß ich doch einmal wieder ein paar Zeilen von Dir am Montag
erhielt. So wenig es war, so machte es mich doch ganz außerordentlich
froh. Du bist nach Kassel gereist; deswegen schrieb ich Dir nicht am
Dienstag; nun wirst Du wohl zurück seyn. Deinen Abdallah kann ich erst
in den folgenden Tagen lesen; ich habe ihn Deiner Schwester geliehen
gehabt.

Seit vorigen Ostern hab ich Dich nie so vermißt, hab ich nie so
ungeduldig den herzerhebenden Umgang mit Dir zurückgewünscht, als in
diesen letzten Monaten. Zuweilen habe ich indeß, ich muß es gestehen,
einige sehr vergnügte Stunden; allein ich kann es mir nicht verbergen,
daß ich bey Dir ein ganz anderes, höheres Vergnügen empfinden würde.

Von Erlangen hab ich Antwort; wir haben eine Wohnung von 2 Stuben und
1 Kammer neben einander, bey einem Schneider. Sie soll sehr gut seyn
und in guter Gegend liegen. Die Gegend um Erlangen, im Anspachschen
und Baireuthschen &c. &c. wird sehr gerühmt; Erlangen selbst, nicht
von allen. Der Himmel gebe, daß Du Dich dort glücklich finden mögest.
Nur wirst Du den Umgang mit so vielen interessanten Köpfen, wie in
Göttingen, dort leider wohl vermissen. -- Aber ich kann Dir unmöglich
mehr schreiben, Du mußt Alles übrige mündlich von mir hören.

Ich wiederhohle meine dringenden Bitten, uns bald zu schreiben, wenn Du
kannst, und -- in ein Paar Wochen zu kommen. _Hier_ mußt Du dann
vornehmlich für Deine liebe Schwester leben. Ich mache wenig oder gar
keine Ansprüche auf Dich, weil ich dann -- (welche herrliche Aussicht)
so lange genieße. -- Alles übrige mündlich. Komm nur in 14 Tagen. Ja?

Mit zärtlicher Sehnsucht sieht Deiner Ankunft entgegen

    Dein

    Dich ewig liebender Freund

    _W. H. Wackenroder_.


XVI.

    Dienstag, d. 5ten März 1793.

    _Lieber, bester Tieck_.

Gestern (Montag den 4ten März) hab’ ich am Mittag Deinen Brief
bekommen. Deine Schwester läßt Dich herzlich wieder grüßen. Sie
befindet sich itzt recht gesund, und wünscht nichts inniger als Dich
bald hier zu umarmen.

Den Abdallah habe ich gelesen. Wenn Du Dich erinnerst, so hast Du
mir ihn im vorigen Winter schon einmal des Abends in meiner Stube
vorgelesen. Da er also schon vor einem Jahre geschrieben, dieser
erste Theil nämlich, so paßt das nicht, was Du sagst, er trüge die
deutlichen Spuren Deiner alten Laune. Schon damals habe ich Dir meinen
Beyfall wegen des Stücks geschenkt, und ich wiederhohle dies itzt
noch zuversichtlicher. Ueber den Plan des Ganzen kann man noch nicht
urtheilen, weil bis itzt erst ein Theil des geheimnißvollen Gewebes von
natürlichen Begebenheiten und von dazwischentretenden Zaubermächten
vor Augen liegt. Ueber die Komposition der Erzählung, die Anordnung
der Kapitel und der einzelnen Haupttheile in denselben, wünschte ich
urtheilen zu können; allein ich verstehe es nicht recht, weil ich noch
nicht viel darüber nachgedacht habe; es ist aber eine wichtige, sehr
wichtige Sache, welche von tausend Romanschreibern, die nur von schönem
blühenden Styl gehört haben, und diesen oft in nichts als in Witzeleien
und unächte Blümchen setzen, vernachlässigt werden mag. So weiß ich z.
B. nicht, ob die isolirte Charakteristik des Sultans, die den Anfang
macht, da an ihrem rechten Orte steht u. s. w. Uebrigens sind in dieser
wie in den übrigen Charakterschilderungen viele wahre, treffende
Naturzüge. -- _Die Phantasie_, die das Ganze durchströhmt, ist
feurig, groß und erhaben, und vermischt sich oft so innig mit der
_Vernunft_, daß man sie nicht davon scheiden kann.

Deine Schwester hat aber gegen mich schon sehr richtig geäußert,
die Dir so gewöhnliche und so leichte Bildersprache wäre zu sehr
verschwendet. In der That, läßt sich wohl ein vollkommenes, ein schönes
Gedicht erwarten, wenn der Dichter jedes Bild, das seine üppige
Einbildungskraft im Schreiben ihm darreicht, ergreift, und weil er
in diesem Augenblicke der poetischen Begeisterung es deutlich faßt,
es so hinwirft, wie es sich ihm darbietet, ohne die Verbindung, in
die es gesetzt wird, ohne den Plan des Ganzen vor Augen zu haben?
Gesetzt auch, daß alle Bilder die Kritik aushielten, (und ist dies
beym Abdallah und vielen Deiner übrigen Arbeiten der Fall?) so wäre
dies nicht weniger als ein Beweis für ihre Rechtmäßigkeit an diesem
Orte. Wahrlich, eine Schreibart, wo der von Empfindungen, von Visionen
der Phantasie überfließende Dichter von einem Bilde zum anderen
überspringt, und eins in das andere hineinzieht, ist nicht viel
besser als ein Styl, worin epigrammatische Laune herrschen soll, wo
eine Witzeley die andre, ein Wortspiel das andre jagt. Doch dies gilt
keineswegs ganz von Deinem Abdallah. Allein daß man zuweilen seinen
Verstand anstrengen muß, um die, -- ich kann es _doch_ nicht
anders nennen, als _witzigen_ allegorischen Bilderchen, die
hintereinander von ganz heterogener Art ausgesäet sind, zu fassen, und
wenn man mit dem Einen fertig ist, gleich sich wieder in eine andre
Welt von Bildern, in eine andre Metaphernsprache zu werfen, die den
Schlüssel zum folgenden Bilde giebt, das scheint mir unläugbar. Deinem
erhitzten Geiste mag diese Fülle sehr natürlich gewesen seyn; aber
schön ist sie darum nicht. -- Dagegen könnte ich Dir auch viele der
vortrefflichen Stellen zeigen, wenn ich Dich hier hätte. So aber muß
ich nur beym Allgemeinen bleiben. -- Die philosophischen Hypothesen
des Omar sind meisterhaft dargestellt, und haben mich ganz in jenen
wunderbaren und überirdischen Abend zurückgezaubert. Aber (und das
wird wohl unsre beyderseitige Meynung seyn) zerrüttet wird der Geist,
für Freuden der Erde und angenehme Eindrücke verstimmt, selbst für
Freundschaft und Liebe verdorben, zu ewigem Mismuth, zu trauriger
Unthätigkeit verdammt, wenn er sich diesen wunderbar fürchterlichen
Träumereien überläßt, und sie nicht wenigstens im Gespräche mit dem
Freunde des Herzens, im Mondschein, verbannt, daß sie am Morgen mit
der milden Sonnenhelle aus seinem Busen verscheucht werden und ihm
als nichts mehr, als was sie sind, erscheinen, -- als Traum. Die
Einsamkeit, die zu weit tröstlicheren, Herz erhebenderen Gedanken
und Phantasien inspiriren kann, und der Tag, der unsere Thätigkeit
des Geistes für uns und unsere Neben-Menschen fordert, -- bleibe von
diesem verzehrenden Gifte frey, das unsere Seele vor der Auflösung des
Körpers verwesen läßt. Aber, o wehe! diese felsenfeste Wahrheit ist Dir
ja leider nur zu bekannt, -- und der Himmel wird meinen sehnlichsten
Wunsch erhören, -- nicht vergebens bekannt. -- Wir wollen froh mit
einander leben, Tieck; -- froh, aber weise; froh, und nicht in eitler
Melancholie vergraben. Nicht wahr? -- O ja, o ja! und der Frohsinn,
der weisere Frohsinn wird allmählig in Deine Natur, in Dein Wesen
übergehen! -- Du bist noch immer der Alte, mein lieber bester Tieck!
Auch ich bin, wie ich war! Wollte Gott, daß Du’s nur hierin nicht mehr
wärst. -- Aber still davon, still!

       *       *       *       *       *

Es bleibt dabey, Dein Drama: der Abschied, ist schön, sehr schön.
Bernhardi hat sich nie der von Dir erwähnten List bedient, es für
sein Werk auszugeben. -- Aber es bleibt auch dabey: Dein Roßtrapp ist
schlecht, und ich habe ihm, glaub’ ich, eben _nicht_ Unrecht
gethan. Wie Burgsdorf ihn dem Adalbert und Alladdin vorziehen
kann, ist mir durchaus ein unerklärbares Räthsel! Und daß Du ihn
mehrmals geändert hast, würd’ ich denn doch auch gegen jeden andern
abgeschworen haben, wenn Du mirs nicht sagtest. Der _Sachen_ itzt
zu geschweigen, so sind Einkleidung, Verse, Styl, Bilder, Wohlklang
so, daß sie mich beleidigen. Du und Burgsdorff, ihr versteht euch auf
erhabene große Gefühle, dramatischen Genius &c. tausendmal besser als
ich. Ich hingegen behaupte dreist, daß ich über Versbau, Wohlklang,
Rhythmus, Ausfeilung der Perioden, Ausbildung der Metaphern, Feinheiten
der Sprache, und was dergleichen _kleine_ Sächelchen mehr sind,
ungleich treffender urtheilen kann als ihr beyde.

Die Hinrichtung des Königs von Frankreich hat ganz Berlin von der Sache
der Franzosen zurückgeschreckt; aber mich gerade nicht. Ueber ihre Sache
denke ich wie sonst. Ob sie die rechten Mittel dazu anwenden, verstehe
ich nicht zu beurtheilen, weil ich von dem Historischen sehr wenig weiß.

Wie Rambach mit Heidemann so vertraut seyn kann, weiß ich selber nicht,
kanns Dir also auch nicht erklären. --

Du schreibst mir _nie_, wann Du kommst. Du setzst wohl wieder
voraus: zu rechter Zeit??

_Du mußt in 14 Tagen hier seyn_. _Wir werden Mittwoch nach
Ostern reisen müssen_, dann bist Du 14 Tage etwa in Berlin. Darin
muß Deine Schwester Dich mehr als sonst wir genießen. Sorge für Deine
Gesundheit; lebe wohl mein liebster, bester Tieck.

    Dein

    _W. H. Wackenroder_.



                    =Wagner, Gottl. Heinr. Adolph.=

    Geb. zu Leipzig 1774, gestorben am 1. August 1833 zu Großstädteln
    bei L.

    Zwei Epochen der modernen Poesie, dargestellt in Dante, Petrarca,
    Boccaccio, Goethe, Schiller, Wieland. (1806.) -- Theater und
    Publikum. (1826.) -- Lebensbeschreibungen der Reformatoren, 6 Bde.
    (1800-4.) -- Grammatikalische und andere philologische Werke. --
    Vortreffliche Uebersetzungen aus dem Englischen und Italienischen
    &c.

    Ein reicher Schatz an Gelehrsamkeit, Scharfsinn, heiterer Laune,
    hingebender Freundschaft und übermenschlichem Fleiße ist aufgehäuft
    in den vielen, vielen Briefen Wagner’s an Tieck. Wir hatten mit
    Sorgfalt eine umfassende Auswahl getroffen. Doch zeigte sich bald,
    daß der vierte Band dieser Sammlung das noch übrige Manuskript
    nicht mehr fassen könne, und wir sehen uns leider gezwungen,
    neuerdings bedeutende Einschränkungen zu treffen, denen auch die
    W.’schen Briefe unterliegen mußten.


I.

    _Leipzig_, 13. Aug. 1822.

Wenn ich Ihnen, verehrter Freund, für den während meines Aufenthalts in
Dresden gegönnten Genuß Ihres Umgangs danke, so thue ich damit freilich
wol nicht viel mehr, als manche andere wol auch, mag doch aber gern
wenn auch nur einem Momente einer, so lange ich Sie als Dichter kenne,
in mir ununterbrochen fortwaltenden Stimmung Worte leihen. Mehr als
diese, deren ich überhaupt wenig zu machen, soll ich sagen glücklich
oder unglücklich genug bin, nämlich meine herzliche Achtung und Liebe
hab ich Ihnen schon so früh geschenkt, daß ich sie Ihnen jezt nicht
noch einmal, ohne zudringlich zu scheinen, schenken könnte, wenn
überhaupt in zärtern Gemüthsbezügen Nehmen nicht vielleicht seliger
wäre als Geben.

Für meinen hiesigen Einzug habe ich um so mehr mit Unmusternheit
Einstand geben müssen, da sich vieles gehäuft hatte, womit ich mir den
Genuß in Dresden entweder nicht verbittern oder doch nicht verkümmern
wollte. Denn Genußverkümmerung steht wenigstens zu besorgen, wo aus
Lumpen Geist, sei es als Educt oder als Product, gezogen werden
soll, weil, wie Einige behaupten wollen, dieser Proceß zuweilen so
mißlich ist, daß man an dem Vorhandenseyn seines Princips, des Feuers,
inwiefern dessen Pole zwei Elektricitäten sind, verzweifeln muß, ja
wol gar das heraklitische Wort „die trockene Seele ist die beste“
miszuverstehen versucht wird. So etwas ist zum Glück von denen, die
jezt vor mir liegen, wie Schleiermachers Glaubenslehre 2r, Rixners
Geschichte der Philosophie _1r_ und Möllers Glaube, Wissen und
Kunst der Hindus _1r_ nicht zu besorgen, von welchen allen ich
mir vielmehr reiche Ausbeute verspreche. Aber die ächt heraklitische
trockene, d. h. die Feuerseele, die den Weg nach oben macht, führt mich
wieder darauf, wie Cato immer sprach „~Caeterum Carthaginem delendam
esse censeo~,“ so Ihnen mahnend zu sagen „~Caeterum opus de
Shakspearii ingenio edendum esse censeo.~“ Denn es will verlauten,
daß ein gewisser Franz Horn in seinem bei Brockhaus erscheinenden
Werke über Sh. sich mit Ihren Federn schmücke, was bei der freiedlen
Mittheilung Ihrer Ansichten wol möglich wäre. Wiewol nun Federn den
Vogel so wenig machen, als ein Buch, so wäre doch schon um der Sache
willen zu wünschen, daß Sie hervorträten. Möchten Sie dies als Bitte
aller Ihrer und Shakspeare’s Freunde ansehen und endlich gewähren!

Ihre Aufträge an Wendt hab ich besorgt; ob er sie vollzogen, weiß ich
nicht. Ich will aber hiemit mein Versprechen lösen und Ihnen meine
Ausgabe des Bailey senden, die Sie gütig, wie Sie pflegen, aufnehmen
mögen, als wenigstens einen Schritt näher zum Ziele, wenn gleich bis
zu einer künftigen Auflage ich, oder mein Nachfolger, noch manchen zu
thun haben, wie denn mein Handexemplar schon durch mancherlei Nachträge
beweiset. Es war zuvörderst hauptsächlich darum zu thun, daß die Wörter
ihre Fühlhörner ausstreckten und den Sprachmeistern damit ihr Leben
bemerklich machten.

Mit Achtung und freundlichen Grüßen an die Frau Gräfin und die lieben
Ihrigen stets

    Ihr

    ergebener

    _Adolf Wagner_.


II.

    _Leipzig_, 9. Nov. 1823.

    _Verehrter Freund!_

Unser Quandt bringt Ihnen hiemit die vier lezten Bände des Ben Jonson
zurück und ich danke Ihnen herzlich für die gütige Mittheilung. Denn
wieviel ist nicht an diesem literarischen Behemot zu lernen und zu
bewundern, zu loben und zu tadeln! Mein, irre ich nicht, schon früher
geäußertes Urtheil hat sich mir nun bestättigt und gerechtfertigt.
Zur Würdigung des shakspearschen Styls (natürlich im höhern Sinne des
Worts) ist er unschäzbar und unvergleichlich, inwiefern in ihm, als
einem in seiner Sphäre eben auch Tüchtigen, die Bildungskeime eines
Lyly, Decker, Marlow &c. aufgenommen und aufgegangen scheinen zu einer
eigentlichen Kunstschulbildung, über welche Sh. so einzig und göttlich
als Naturdichter, Prophet, Seher, oder wie Sie den nennen wollen, der,
nach Plato, nicht durch Kunst, sondern als Begeisterter und Besessener
durch göttliche Schickung und Eingeistung Schönes darstellt, erhaben
ist, und welche durch das ganze Gebiet der englischen Poesie von ihm
an sich zieht, immer mehr und mehr zur Technik und _Schulenkunst_
ausgemergelt. Diese seine tief geschichtliche Bedeutsamkeit in so
reicher, plastischer Zeit, wie Gifford sie recht gut geschildert, hebt
sich um so heller hervor, da er, Fülle und Frucht einer Sphäre seiner,
und zugleich Same einer künftigen Zeit, doch auch wieder Gegensaz
zu einer höhern Sphäre (Shakspeare) wird, die ihn in sich, als die
höhere, aufnimmt. In dieser stark und breit gezeichneten Doppelheit
der Selbständigkeit und Hingegebenheit, als Kind der Zeit und doch
ihr Ankläger und Rügemeister, offenbart er sich als _überwiegend
kritische_ Natur, mißt demnach seine Zeit, deren er sich nicht erwehren
kann, an der untergegangenen alten, zürnt ihr stolz, wo sie diesen
Maasstab verwirft und wird, indem er sie verspottet, höhnt, geißelt
gewissermaßen sein Selbsteiron. Bei dem allem darf der doch wol am
ersten zürnen, der so tüchtig, kräftig und fleißig sich ein Organ für
die Welt _gebildet_ hatte, wenn und weil er es nicht immer _gebrauchen_
konnte. Dies letztere zeigt außer seiner Hellenomanie (die ja unsere
Zeit auch überstehen mußte) und Italomanie, der Mangel an Athem und
Haltung, ein Ganzes durchzubilden, zu durchweben und zu tragen, wo
nicht selten die Technik aushelfen muß, wie in seinen Trauerspielen,
in welchen nur Hazlitt allein ihn vorzüglicher finden mag, und in
den drei künstlich ausgeklügelten ~Every man in his humour~, ~Ev. m.
out of h. h.~, und ~The magnetic lady or Humours reconciled.~ Wie
glücklich, zart, tief, reich und zierlich ist er dagegen in vielen
kleineren lyrischen Gedichten! Wie scharf und weit ist hinwieder
seine Beobachtung der gleichzeitigen Welt, wie keck, derb, sicher
seine Charakteristik von Höflingen, Raufern und Eisenfressern,
Puritanern, Alchemisten und Rosenkreuzern, Neuigkeitskrämern, Geizigen,
Sachwaltern, Beamten &c.! Gewiß eine herrliche Gallerie von Zeit-
und Zerrbildern, sollten sie auch nicht immer so harmlos hingeworfen
seyn als die Bewunderer meinen; sollte auch auf Kosten individueller
Gestalt die Allgemeinheit des Begriffs mehr hervortreten, statt der
Charaktere nicht selten nur Züge, und im Ganzen eine gewisse Monotonie,
endlich, was das Schlimmste ist, überall die Absicht sich kund geben,
~to strip with an armed and resolved hand the ragged fellows of the
time, naked as their birth, and with a whip of steel to print wounding
lashes in their iron ribs~, oder ~to see their folly raked up in their
repentant ashes~, wie es in ~Every man out of his humour~ heißt, und
überhaupt die pedantische Versessenheit, nützen zu wollen und zwar
durch antike Form und Zuschnitt seiner Dramen, so daß man oft nur mehr
den marktschreierischen Bau- und Zimmermeister vor seinem Riß, als
das Gebäude selbst sieht. Wo er diese gleichsam fixe Idee vergißt,
wie im ~Volpone~, ~Alchemist~, ~Bartholomew fair~, ~The devil is an
ass~ und ~the staple of news~ zum Theil, da schlägt auch seine edlere
Kraft durch und man bedauert nur, daß er vor lauter Anstalten nicht
zur Sache kommt, daß der Vielbelesene aus seinem Hesiod sich nicht
erinnerte, wie viel mehr oft die Hälfte werth sei, denn das Ganze. Wie
viel Störendes an Chor, Parabasen u. dgl. wäre dann schon weggefallen!
Wie viele Mosaik würde er sich erspart haben! Darum liebe ich ihn,
die obgenannten Komödien mit eingerechnet, mehr in seinen lyrischen
Stücken und in den Masken. Diese letztern scheinen mir überhaupt, wenn
es seine Würdigung gilt, weit mehr Aufmerksamkeit zu verdienen, als man
ihnen angedeihen ließ. Es sind zuweilen wahre Pracht- und Glanzstücke,
worin ihm das Leben und er dem Leben näher trat, wie ~Hymenaei~, ~The
vision of delight~, ~Pleasure reconciled to Virtue~, ~News from the new
world discowered in the moon~, ~Gipsies metamorphosed~. Da weiß er die
Gelegenheit und einzelne Züge so gut, so gewandt und zart zu nützen,
daß man ihn (und seine Gelehrsamkeit dazu) recht lieb gewinnen muß.
Aber auch noch um eines andern Punctes willen sind diese Masken mir
merkwürdig gewesen, weil sie einen Reichthum an Theatermaschinenkunst
oder Skenopöie auslegen, wobei man mit der von den shakspeareschen
Auslegern entschuldigungsweise bemitleideten Armseligkeit,
Unbeholfenheit und Rohheit doch etwas ins Gedränge zu kommen scheint.
Mag doch immerhin nicht jeder Maschinenmeister ein Inigo Jones, als
Hofbaumeister, gewesen seyn und mag ihm B. Jonson’s beleidigter Stolz
späterhin wieder nehmen wollen, was er ihm früher gegeben -- es ist
doch viel, sehr viel geleistet worden -- wie schon dieser entzündete
Neid und Streit beweiset.

Wie die Elemente der Natur Ben Johnsons gespannt waren, und ihr Streit
nicht in seinen Producten erlöschen und ausgeglichen erscheinen konnte,
so muß man ihm auch seine Eifersucht auf Shakespeare verzeihen, weil
man doch aus seinem ~To the memory of my beloved Mr. W. Shk.~
und einem denselben betreffenden Stück seiner ~Discoveries~
ersieht, daß er gesunden Verstandes genug, ja sogar Bescheidenheit und
Liebe neben allem Hochmuth und scioppischer Schmähsucht hatte, diesen
~sweet swan of Avon~, diese ~soul of the age, the applause,
delight, the wonder of our stage, who was not of an age, but for all
time~ anzuerkennen, ~though he had small Latin and less Greek,
from thence to honour himself~ -- was mir beiläufig ein köstlich
komischer und ironischer Zug ist.

Aber, mein Gott! was hab’ ich da meinem herzlich geliebten Freunde
vorgeplaudert! Sieht es nicht aus, als wollte ich, der Schüler, den
geehrten Meister und tiefern Kenner, der mich erst dort einführt, wo
er schon längst heimisch ist, belehren oder mich spreizen? Doch nein,
lieber Freund, Sie werden wol in dem Gesagten nur den Gelehrigen,
nicht den Lehrhaften, nur den sehen, der Ihrer gütigen Mittheilung
nicht unwerth ist. Darum erinnere ich Sie an Ihr Versprechen, mir
ferner mitzutheilen, was auch mich, soweit eben meine schwachen Kräfte
reichen, in jener alten Welt einheimischer machen kann. An Fleiß, Treue
und Streben soll es, will’s Gott, nicht fehlen, noch fehlt es daran;
denn vor Arbeit erschrecke ich nicht. Ich überlasse mich dabei ganz
Ihrer Leitung und wünsche nun, daß Sie mir, wo es geht, einen Cicerone,
wie Gifford, mit auf den Weg geben.

Ernst Fleischer druckt, wie Sie wissen, einen im Subscriptionspreise
wenigstens, beispiellos wohlfeilen Shakespeare ganz und vollständig,
und, wie ich gesehen habe, sehr sauber und anständig in großem
Lexikonformat in gespaltenen Kolumnen schön und deutlich. Kaum getraue
ich mich, wie ich es denn zuvörderst Ihnen nur vertraue, den mir
gemachten Antrag, ein ~Glossary~ für einen zweiten Theil zu
schreiben, anzunehmen; weßhalb ich auch das Nähere über Zweck, Umfang,
Art &c. noch nicht mit ihm besprochen habe. An Mitteln dazu, denke ich,
würde er es wol nicht fehlen lassen, und so lacht der Antrag wol an,
wenn nur meine Kräfte hinreichen. Wollten Sie mir hier, soweit es Ihre
Muße und Lust erlaubt, einmal Ihre Ansicht und Ihren Beirath gütigst
ertheilen, so würden Sie, nicht zwar mich mehr verbinden, als ich es
bin, sondern eine löbliche Absicht in einem Kreise fördern, worin ich
eigentlich nur Sie als Richter und Gesezgeber und Ordner anerkenne.
Darum schelten Sie mich nicht zudringlich! Könnte ich nur Fleischern
bestimmen, nachträglich auch das zu liefern, was Sie aus Gründen der
höhern Kritik Shakespearen zusprechen, und was ich Sie mir anzuzeigen
bitten würde, so wäre schon damit etwas Verdienstliches geleistet.
Aber bitte, bitte, lieber Meister, schelten Sie den Dreisten und den
Bittsteller nicht; weisen Sie ihn lieber sanft ab, wenn Sie meinen, daß
die Sache leidet!

Und nun genug! Ich erschrecke über das lange Schreiben und wünsche, daß
Sie soviel Geduld damit gehabt haben mögen, als ich dabei Liebe hatte.
Lassen Sie mich immer ein wenig in gutem Andenken bei Ihnen leben, und
grüßen all’ Ihre Lieben von

    Ihrem

    Freund

    _Adolf Wagner_.


III.

    _Leipzig_, am 24. Jan. 1830.

    _Mein verehrter Freund!_

Wie freue ich mich, daß mir Gelegenheit ward, Ihnen durch
Hintertreibung einer Nichtswürdigkeit, meine Liebe zu bethätigen!
Auch wollte ich Ihnen nicht eher wieder schreiben, zumal da die
Landtagstaare gewiß truppweise auch bei Ihnen einfallen, als bis
ich Ihnen den Spruch in der sauberen Sache, die alle ehrbare Männer
entrüstet, mittheilen könnte. Aber die Schöffen haben noch nicht
gesprochen, und mittlerweile ist ein Brief von B. eingegangen, der,
wahrscheinlich auf den Rath und die geäußerte Besorgnis Schedes, an
Reimer geschrieben und gebeten hatte, alles Mögliche zu thun, um
die Papiere aus den Händen des elenden X. zu retten, den er ganz
verläugnet. Dazu kam, daß Lezter in einer Vernehmung Tags vorher auf
B.’s Bewilligung provocirt hatte; welches ihm denn damit zur Steuer
der Wahrheit, zu Wasser gemacht ward. Wenn damit auch B.’s Galgenangst
mehr in’s Licht gesetzt wird, als seine Rechtschaffenheit, so fällt
damit doch mehr als ein Schlagschatten auf X., und der Spruch über ihn
kann nur um so unerfreulicher für ihn ausfallen. Davon zu seiner Zeit!
Ein dazwischen geworfener Prügel hat dies schnöde Gesindel auf- und
verjagt, und die Flurschützen nur aufmerksamer gemacht.

Nun kommt aber Reimer und bittet mich, Sie zu fragen, ob Ihr Prolog zum
Faust abgedruckt sei, oder für den künftigen Musenalmanach bestimmt
werden könne, um so mehr, da Ihr Bildnis ihn zieren soll? Darüber muß
ich mir in seinem Namen Kunde ausbitten. Erlauben Sie den Druck, so
kann ich ihm meine Abschrift mittheilen, worin ein Anakoluth und eine
kleine Sprachnachläßigkeit, die ich in der mir gütigst geliehenen
Abschrift fand, berichtigt sind.

Zugleich erlauben Sie mir wol zu fragen, was denn das im E.
Fleischer’schen Prospectus, oder, um diplomatisch genau zu seyn,
~Thesaurus Shakspearianus~, wozu ich nur noch ein ~gongorisatus~
vorschlagen würde, oder noch lieber ~incarnatus~, angekündigte
~supplement~ von Ihnen seyn und betreffen wird? Sollen das die
Apokryphen seyn, welche hier nur zuvörderst auf dem Titel der
kanonischen Schriften angekündigt werden? So scheint es; und Sie sind
also wirklich noch mit ihm einig geworden? Das freut mich um der Sache
willen. Und Sie müssen mir schon meine Neugier vergeben, da ich gerade
in diesen Zeiten, behufs einer Recension der vossischen Uebersetzung,
welche ich lange schuldig bin, mich mit dem trefflichen Meister wieder
beschäftige. Da kann ich denn freilich, besonders was den Vater und
den Abraham betrifft, bei mehr, als _Beim drallen Fuß, Streckbein und
Quabbelschoos_ Rosalinens, nämlich bei allen neun Musen schwören, daß
alle neun eben so selten darin getroffen sind, als alle drei, und die
leztern, wie obiges Pröbchen zeigt, noch seltener. Das aber wissen
Sie schon lange, und auch mich hatte der einmal Freunden vorgelesene
Sommernachtstraum davon überzeugt, wo ich beinah eine Mundsperre davon
trug; so drohte mich der Veitstanz und Weichselzopf von Uebersetzung
anzustecken, der zu Benda’s Ruhr einen recht hübschen Abstich macht.
Die Texteskritik und Notencompilation sind bei V. noch das Beste. Dies
alles hat, mit dem ~thesaurus incarnatus~ den alten Wunsch und Vorsatz
in mir wieder aufgeregt, den ich hier nur unter vier Augen ausspreche,
einmal, wenn sich ein honetter Verleger fände, eine möglichst kritische
Folioausgabe aller shakspeareschen Werke zu besorgen, welche alle Ab-,
Nach- und Wiederdrucke überflüßig machte, nicht durch Pracht, sondern
durch Gediegenheit. Was in dem sogenannten ~thesaurus~ aus meinen
frühern gelegentlichen Aeußerungen bei Fl. erster Ausgabe abgehorcht,
nur halb verdaut und großsprecherisch andämmert, müßte dort möglichst
klar herausgeführt werden: kritische Herstellung des Textes aus allen
Entstellungen, kurze zweckmäßige Erläuterung der Sprache und Zeit in
einem Glossar, bezügliche Literatur, Zeitordnung der Werke &c. Wenn
ich auch die Schwierigkeit dieser Aufgabe sehr wohl erkenne und somit
diesen Embryo noch in mir trage, so kann ich doch nicht umhin, ihn mit
aller mütterlichen Lebenswärme zu pflegen und auszubilden. Und indem
ich so alles wahrhaft Förderliche als Vorarbeit und Mitarbeit für mich
und mit mir ansehe, urtheilen Sie selbst, wie sehr ich immer beklagen
mußte und muß, daß Ihr Werk nun und nimmer erscheint und was Gott doch
verhüten möge, die Welt um einen unersetzlichen ~thesaurus~ kommt.
Aber, liebster Meister und Freund, da möchte ich Sie an die Flucht der
Zeit, an Alles, was Sie den Bessern, der Sache, sich selbst und Ihrer
Rechtfertigung schuldig sind, erinnern, ich möchte Ihnen den Genuß und
die Seligkeit der Arbeit und den Segen der Aernte vorhalten, wenn ich
es nur gehörig vermöchte. Möchten diese unsere Vorsätze doch nicht
fromme Wünsche bleiben!

Aber, wenn die Zeit Sie zum Voranschreiten mahnt, so mahnt mich der
Raum hier Stand zu machen, und ich grüße nur all die Ihrigen mit den
besten Wünschen für diesen grönländischen, bärenhaften Winter. Leben
Sie wohl und lieben mich, wie ich Sie.

    Ihr treuergebener

    _Adolf Wagner_.


IV.

    _Leipzig_, 28 März 1833.

    _Mein verehrter Freund!_

Nicht ohne einigen Neid lasse ich Ihnen dies Blatt durch X. Marmier
aus Besançon reichen, um ihn bei Ihnen einzuführen, den er durch seine
Werke und durch mich lieben und verehren gelernt hat. Er will deutschen
Sinn und deutsche Art kennen lernen, und ist vermöge seiner Landesart
und Jugend empfänglich. Gönnen Sie ihm also immer, Ihr Bild mit sich in
die Heimat zu nehmen, wo es ja jetzt immer willkommener wird! Gönnen
Sie ihm während seines Aufenthalts Abende wie mir und Andern, manchmal
weniger Würdigen! H. Brockhaus und von Raumer, die ihm, wie ich höre,
vorangehen, kennen ihn auch, und was seinen Creditbriefen fehlt, mag er
durch sich selbst ergänzen.

Nun habe ich beinahe 3 Jahr Stadt und Zimmer gehütet, und wie die
Frühlingssonne in meine Fenster hereinlächelt, gemahne ich mich wie ein
Schmetterling, der eben die Puppe gesprengt hat und mälich die feuchten
Flügel wie Pflanzenblätter entfaltet. Ob ich nun diesen Sommer einmal
zu Ihnen fliegen werde können, wollen wir sehen. Lust und Trieb habe
ich, und heilsam möcht’ es wol auch seyn. So mancher ist, seitdem wir
uns nicht sahen, heimgegangen, vielbetrauert, wie unser Goethe, mein
treuer Oppel und wie Mancher noch! Mein lieber Quandt besucht Leipzig
nicht mehr. Da muß man denn von Erinnerungen leben. Erinnerungen aber,
wie schön und lieb sie seyn mögen, bleiben doch nur Hintergrund und
helldunkel im Lebensgemälde. Hauptlicht und Ton muß doch die Gegenwart
geben. Das Nachdunkeln bleibt ohnehin nicht aus. Glücks genug, wenn wir
indessen durch der Freunde Werke und Thaten es auffrischen! So habe
ich gelebt und lebe ich. Mit den Jahren und den Scherereien der Zeit
und Welt wächst mir aber doch eine wahrhaft heidnische Leidenschaft und
Entzückung für das Licht, und so kommt man über gar Manches hinaus. Es
bleibt doch dabei, daß wir unverwüstlich sind, wenn wir nur wollen.

So viel genügt als Lebenszeichen und mithin auch als Liebeszeichen. Von
Angesicht zu Angesicht sagt und macht sich freilich Alles anders und
besser, als auf dem leidigen Lumpenfelde. Darum will ich hoffen und mit
herzlichen Grüßen an all die Ihrigen schließen.

Unverändert

    Ihr

    _Adolf Wagner_.

(Der letzte Brief an Tieck, wenig Monate vor W.’s Tode, schon mit
unsicherer Hand geschrieben.)



                          =Weber, Gottfried.=

    Geb. am 1. März 1779 zu Fraunsheim in Rheinbayern, gestorben am 21.
    September 1839 zu Kreuznach.

    Versuch einer geordneten Theorie der Tonsetzkunst, 2 Bde. (1817.)
    -- Allgemeine Musiklehre (in 3ter Auflage 1833.) -- u. a. W.

    Als Staatsprokurator in Darmstadt angestellt, redigirte er,
    durch Amtsgeschäfte unbehindert, fortwährend seine musikalische
    Zeitschrift Cäcilia, und stand im vertrautesten Verkehr mit den
    edlen Familien, die das dortige Leben geistig schmückten. Sein
    Haus, eine Heimath der Töne, war auch der Poesie offen; für alles
    Gute und Schöne gab es dort empfängliches Verständniß. Nicht frei
    von hypochondrischen Launen, ging er alsbald in Freudigkeit auf,
    wenn die rechten Saiten angeschlagen wurden. Dann liebte er auch
    zu erzählen von seinem Namensvetter Karl Maria, von Meyerbeer
    und ihrem gemeinsamen Lehrer, dem Abbé Vogler. Seine Gattin,
    Mutter lustiger Kinder, sang reizende Duetten mit ihm, die er
    auf der Guitarre begleitete. In solchen Stunden war nichts vom
    Staatsprokurator an ihm zu entdecken.


    _Darmstadt_, den 21. Dec. 1828.

    _Verehrtester Herr Hofrath_.

Mahnbriefe von alten Gläubigern erscheinen nie willkommen, und
verdrüßlich werden also auch Sie meinen gegenwärtigen Brief empfangen,
welcher sogar dummdreist genug ist, sich gleich von vorne herein
geradezu als einen Mahnbrief anzukündigen, statt wenigstens glimpflich
hinten herum zu kommen.

Aber da hilft nun einmal Alles nicht, Verehrtester, ich bin in meiner
Eigenschaft als Vormund eines braven deutschen Mädchens, obhabender
Pflichten halber, nun einmal genöthigt, Sie als deren Schuldner in
Anspruch zu nehmen, und alles Ernstes zu mahnen, Sich der, gegen
dieselbe übernommenen Verbindlichkeiten ohne weitere Zahlungs-Saumsal
zu entledigen. Wie? -- oder meinen Sie denn etwa, Herr! -- meinen Sie
denn, meine arme, durch ihre langjährige unerhörte Liebe zu Ihnen nur
schon allzu unglücklich gemachte Cäcilia, nachdem sie erst lange um
eine Gunstbezeugung von Ihnen geworben und endlich mit gebrochenem,
blutendem Herzen ihren großen Schmerz in den innersten Busen
verschlossen und auf die schönste ihrer Hoffnungen resignirt hatte,
durch ihre jüngsthierigen freundlichen Blicke aber wieder zu neuen
Hoffnungen berechtigt worden war, -- meinen Sie denn, Herr! Herr!! das
arme Mädchen werde die neugeweckte Liebespein ohne reelle Erhörung,
auch jetzt wieder zu ertragen vermögen? Wollen Sie zum Mörder der
Unglücklichen werden? Sie Felsenherz!

Ich will Ihnen, lieber Verehrtester, nicht weiter die Zeit lang machen
mit Redensarten, sondern recht freundlich bitten: Sie waren bei Ihrer
hiesigen Anwesenheit so gütig, mir Ihre Mitwirkung zur Cäcilia zu
versprechen: lösen Sie diese freundliche Zusage doch auch bald ein,
und lassen Sie sich das hier beiliegende Anschreiben der Verlaghandlung
empfohlen sein. _Was_ Sie immer senden wollen, wird dankbar
erkannt werden, wäre es auch nur eine Hand voll Gedankenspähne. Daß es
_durchaus_ nicht gerade eine Abhandlung über einen musikalischen
Gegenstand zu sein braucht, versteht sich ohnehin. Aeußerst erfreulich
würden unter Anderem auch etwa eine oder ein Paar Novellen sein, wenn
auch nur etwa grade _so_ viel von Musik darin vorkommt, als z. B.
in Ihrer vor mir liegenden Novelle: „Glück bringt Verstand“ von der
Freimaurerei, oder in: „Der 19. November“ von Schiffbaukunst, oder in
beiden von Katzen vorkommt.

Daß die Verlaghandlung das von Ihnen bestimmt werdende Honorar mit
Vergnügen leisten wird, habe ich bereits die Ehre gehabt, Ihnen im
Voraus zu versichern. Seien Sie nun, verehrtester Herr, so freundlich
und lassen uns nicht noch länger auf dem spurlosen Meere der Hoffnungen
und Erwartungen herumtreiben.

Möge die Rheinreise Ihr Wohlbefinden haltbar gefördert und wir Hoffnung
haben, Sie bald wieder bei uns zu sehen. Lassen Sie mich mit meiner
Frau Ihnen und den verehrten Ihrigen empfohlen sein, und genehmigen Sie
die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung

    Ihr

    gehorsamster Diener

    _Weber_.



                    =Welcker, Friedrich Gottlieb.=

    Geb. am 4. Nov. 1784 zu Grünberg im Großherzogthum Hessen, seit
    1819 Professor der Philologie an der Universität Bonn.

    Hervorragender Alterthumsforscher; vorzüglich berühmt durch seine
    Schriften über die griechische Tragödie, hauptsächlich über die
    Aeschyleische Trilogie. -- Siehe diese Briefchen.


I.

    _Bonn_.

Einige Unterhaltungen über Griechische Tragödie mögen mir zur
Einleitung dienen, um Ihnen eine lange philologische Diatribe über
den Ajax zu überreichen. Die Unterhaltungen alle und die kleinen
Wanderungen, an denen ich damals das Vergnügen hatte, Theil zu nehmen,
und die Vorlesungen sind mir so lebhaft in der Erinnerung geblieben,
daß ich immer sehr beklagt habe, den Wunsch und Vorsatz, den ich damals
hatte, Dresden bald zu besuchen, nicht ausführen zu können. Vielleicht
geschieht es nun bald; denn einmal muß ich doch Dresden kennen lernen
und Sie wieder sehen, Verehrtester. Von den liebsten Freunden hoffe
ich, bey ihrer Rückkehr, zu hören, daß Sie sich wohl befinden und in
der gewohnten Thätigkeit, wovon ich seither so manchen Beweis sah,
heiter leben.

Mit wahrer Verehrung und Anhänglichkeit

    der Ihrige

    _F. G. Welcker_.


II.

    _Bonn_, 19. Apr. 1840.

Die späte Zusendung meiner Griechischen Tragödien an den gütigsten
Gönner meiner Arbeiten der Art, dem ich vor Allen sie zu überreichen
mich getrieben fühle, würde sträflich seyn, läge das Sträfliche nicht
in der Saumseligkeit, das Buch nicht zu vollenden. So weit als es jetzt
ist, war es vor meiner Reise nach Dresden vor einem Jahr, und der Rest
des Manuscripts sollte gleich nach der Rückkehr abgedruckt werden.
Unterbrechungen sind schlimm, und von einer Zeit zur andern wurde
die Wiederaufnahme des Drucks verschoben, so daß der Verleger längst
den fertigen Theil ausgegeben hat und ich einen dritten, vorher nicht
beabsichtigten Abtheilungstitel setzen muß. Der Wunsch allein, Ihnen
ein Ganzes vorzulegen, Hochverehrter, damit Sie vielleicht an dessen
Einrichtung ein Gefallen fänden, was Sie im Einzelnen, zum Theil auch
nach der Natur der Sachen, am häufigsten vermissen könnten, ist Ursache
meines Zögerns gewesen. Doch alles muß sein Ziel finden, und ich hoffe,
daß der Schluß nicht zu lang auf diese Theile nachfolgen wird, um die
Beurtheilung der Absicht des ganzen Unternehmens noch zeitig genug
zu ergänzen. Darf ich auf einige Stücke besonders aufmerksam machen,
so nenne ich Peleus, Triptolemos, Tereus, Thamyris von Sophokles,
Andromeda, Sthenelos, Kresphontes von Euripides.

Löbells neuliche Reise hat den Gedanken, indem ich oft mich wiege,
recht rege in mir gemacht, wie glücklich ich seyn würde, recht viele
Abendstunden in Ihrer mich auf allen Seiten ergreifenden Unterhaltung
zubringen zu können.

Mit der reinsten Verehrung und Anhänglichkeit empfiehlt sich Ihrem
freundlich geneigten Andenken

    _F. G. Welcker_.

Den Beyschluß für die Stadtpost wollen Sie entschuldigen.



                           =Wendt, Amadeus.=

    Geb. zu Leipzig am 29. September 1783, gestorben zu Göttingen am
    15. Oktober 1836.

    Er war Redakteur des Leipziger Kunstblattes, des (ehem.
    Becker’schen) Taschenbuches für „Geselliges Vergnügen,“ gab
    verschiedene wissenschaftliche Werke heraus, wie z. B. Grundzüge
    der philosophischen Rechtslehre (1811). -- Ueber die Hauptperioden
    der schönen Künste (1831) -- und führte in Leipzig ein anerkannt
    kritisches Regiment.

    Nach Göttingen ward er an die Universität als Professor der
    Philosophie berufen.


I.

    _Leipzig_, 30ten Okt. 1821.

    _Hochzuverehrender Freund_.

Um Ihren theuern Brief auch zu meiner eigenen Befriedigung zu
beantworten, will ich von meinen Sünden anfangen, deren er mich zeiht.
Denn das Geständniß ist drückend, aber führt die Vergebung herbei.

Also das Register getrost angefangen: 1) ich habe mehrere
Nachläßigkeiten in Ihrer Erzählung nicht abgeändert, die ich unter
uns gesagt -- bei Arnim _gewiß_ geändert hätte, theils weil
ich manche Nachläßigkeit in Ihrem Erzählen für eine ~_grata_
negligentia~ hielt, und ich immer _Sie_ selbst als mündlichen
Erzähler vor mir hatte, dem man ja solche Nachläßigkeit so gern
verzeiht, wo nicht gar als Tugend anrechnet; theils weil ich in der
That noch nicht wußte, wie ~sensible~ Sie in dieser Beziehung
seyn möchten. 2) Es sind viele garstige Druckfehler in Ihrer Erzählung
stehen geblieben, was ich leider schon beim Vorlesen gefunden
habe. Die Wahrheit: meine Geschäfte waren zur Zeit des Abdrucks so
vielfach und drückend, daß ich die Revision meinem Famulus, einem
übrigens geschickten und auch poetisch gebildeten Menschen übergeben
mußte. Indessen sind die beiden angeführten Druckfehler doch nur die
wichtigsten, und den einen „das _flüchtige_ Werk des L.“ hätte ich
wohl auch stehen lassen, weil man den individuellen Gegenstand im Sinne
haben muss, um das Prädikat wahr oder falsch zu finden. 3) Ich habe die
Anzeige von Solgers Erwin in der Leipziger Zeitung gemacht; das ist
wahr, aber genügt ihnen nicht -- _mir_ vielleicht noch weniger;
eben weil es fast nur _Anzeige_ seyn konnte.

Die geistvollen Ansichten des Buchs erfordern in der That noch eine
tiefere Würdigung, als ich damals geben konnte. Indessen bin ich doch
davon überzeugt und _Hegel_, den ich neulich darüber gesprochen,
theilte mit mir diese Meinung, daß diese Form des Gegenstandes nicht
mehr dem Standpunkt der Wissenschaftlichkeit unsrer Zeit eignet. Ich,
der ich selbst jetzt an der Aesthetik arbeite, weiß aber auch recht gut,
daß Solger keine Vorgänger in der _wissenschaftlichen Deduction_
des Schönen hatte.

Nach dieser Beichte wird die Absolution von Ihnen sehnlich begehrt, ja
mit Zuversicht erwartet, und ich kann getrost zu den Andern fortgehen.

    I. Die _Novelle_ wird mit beiden Händen angenommen -- aber
    nach Ihrer _eigenen_ Bedingung als Ostern ganz fertig; --
    denn Sie glauben nicht, welche Verlegenheiten und Bedrängniß nicht
    blos der Componirende, sondern auch Redacteur und Verleger durch
    Verspätigung auszuhalten haben.

    II. Wegen des Honorars habe ich besonders mit Herrn Richter
    gesprochen und ihm Ihren Brief richtig abgegeben.

    III. Die vertraute Frage von wegen meines Redactions-Honorars wird
    vertraulich dahin beantwortet, daß mir der Verleger 300 Thlr.
    exclusive der Portoauslagen und meiner eigenen Beiträge zu zahlen
    hat.

    Das Unannehmlichste bei einer solchen Redaction ist aber die
    dringende Pünktlichkeit im Correspondiren und Briefe beantworten.
    Sie glauben doch wohl nicht, wie viele Briefe mir jährlich das
    Büchlein zu schreiben macht, und in wie manche Verlegenheit es
    mich deshalb zuweilen setzt. Das es auch angenehme Correspondenzen
    herbeiführt, wie die gegenwärtige, ist freilich auch nicht zu
    läugnen, allein ich liebe das Mündliche doch mehr. Diese Bedingung
    werden Sie sich sehr zu vergegenwärtigen haben, bevor Sie ein
    solches Verhältniß eingehen. Für einen Mann wie Sie ist das
    Schaffen genügender und auch einträglicher, als das Redigiren.

    IV. Müßte ich Ihnen =fast= von letzterm abrathen, so
    rathe ich Ihnen unbedingt von der dramaturgischen Zeitung ab.
    Aber Sie fordern ja nicht meinen Rath! -- Allerdings, und es
    würde mir nichts Belehrender, nichts Lesenswerther seyn, als
    eine solche Zeitung von Ihnen. Aber ich nenne mich nun einmal
    Ihren Freund, ich will es _seyn_, und darum beschwöre ich
    Sie, um Ihrer eigenen _Ruhe_ willen, den Gedanken fahren
    zu lassen. Ich habe bei der Herausgabe meines mit dem ersten
    Jahrgang geschlossenen Kunstblatts, zu welchem ich wegen Mangel
    an anfänglicher Unterstützung die große Hälfte selbst schreiben
    und zu _bestimmter_ Zeit in die Druckerei liefern mußte,
    eine Erfahrung in dieser Art gemacht, die mich verpflichtet,
    Ihnen das Drückende der Sache ganz ins Bewusstseyn zu bringen.
    Sie haben jetzt in Ruhe gelebt und gedichtet, Sie sind der
    Unruhe nicht gewohnt, welche die Kritik der _Dichter_ und
    _Schauspieler_ in diesen papiernem Zeitalter hervorbringt, und
    vergeuden gewiß nicht gern an die Misère Ihre schöne Zeit, welche
    zu eigenem Schaffen förderlich seyn konnte. Ihre Dichtungen, Ihre
    _vaterländischen Schauspiele_, Ihr Werk über Hamlet fordert
    das Vaterland dringend von Ihnen; die dramaturgische Kritik hat
    mit dem Interesse an dem Theater abgenommen, das keine Kritik zu
    veranlassen fähig ist. Was ich aber hätte vorausstellen sollen,
    ist, daß ich nicht glaube, einen Verleger unter diesen Bedingungen
    zu finden. Auch Zimmermanns dramaturgische Blätter werden gewiß
    nicht lange fortgehen, weil, wie die Verleger sagen -- „jedes
    Unterhaltungsblatt Theaterkritik gibt.“ Doch will ich mich noch
    umsehen. Für jetzt vergeben Sie wenigstens meiner zutraulichen
    Offenheit, wenn Sie die Ansicht nicht theilen können.

    V. Kommen die Leipziger Lerchen beifolgend an, so gut meine Frau
    sie hat bekommen können; denn die Lerchenzeit ist bei uns fast
    schon _vorbei_. Sehen Sie dieselben als ein kleines Geschenk
    aus meiner Küche an, und laßen Sie sich dieselben wohl schmecken --
    versteht sich, wenn sie wohlbehalten nach Dresden kommen. Sagen Sie
    den Ihrigen, und vorzüglich der Frau Gräfin, der ich mich bestens
    zu empfehlen bitte, daß ich mich selbst gern an dem traulichen
    Tischchen sähe, an welchen ich mit ihnen geseßen.

    VI. Hrn. _Spohr_ werden Sie nun wohl gesprochen haben, den
    ich Ihnen mit einigen Zeilen zusendete. Dies bringt mich auf
    die Musik, und die Oper, über die Sie, wie mir kürzlich Jemand
    versichern wollte, nicht sehr schmeichelhaft denken sollen.
    Nächstens wird ein Band des bei Brockhaus herauskommenden Hermes
    erscheinen, dort finden Sie eine Recension von mir über 2 Werke
    von Castil-Blaze. Ueberschlagen Sie die zwei ersten Abschnitte
    derselben, die sich blos auf das _Buch_ beziehen, und lesen
    Sie den _dritten_, mit der Absicht, mir Ihre Ansicht über
    den Gegenstand an der meinigen zu entwickeln, denn gern hätte ich
    längst mit Ihnen darüber ausführlich gesprochen.

Doch es ist Zeit zu schließen. Darum die Versicherung aufrichtiger
Hochachtung und freundlicher Erinnerung von

    Ihrem

    ergebenen

    _A. Wendt_.


II.

    _Leipzig_, 29ten Juni 1822.

Ach wie gütig sind Sie, mein verehrter Freund! Zwei Briefe in einer
Woche von Ihrer Hand, das ist unerhört! aber auch den herzlichsten Dank
dafür. Hiermit sende ich Ihnen das Erste von dem Druck, und werde damit
immer fortfahren. Wolfsberg musste Wolfsberg bleiben, da sein Name
schon im ersten Bogen vorgekommen war, und ich Ihre Entscheidung später
erhielt. Ich corrigire sorgfältig, und sollten Sie doch -- kein Auge
ist untrüglich -- einen Fehler von Bedeutung finden, so schreiben Sie
mir, und es kann allenfalls am Schlusse des Büchleins angezeigt werden.
Dem Setzer habe ich den Auftrag gegeben, das Mscpt. zurückzubehalten,
Sie können es dann wohl Ihrem Wunsche gemäß erhalten. Von Eulenböck
aber waren nur einige Fetzen übrig. Ueber Esslair’s Tell werden Sie
einen Aufsatz nächstens in der eleganten Zeitung finden, auch habe ich
an das Morgenblatt Einiges über ihn gesendet. -- Nun hab’ ich auch die
Stich gesehen -- eminentes mimisches Talent, aber unerträgliche Manier,
geschraubter affectirter Ton, fatales Singen, und Coquetterie hinter
Allem. Julie _sehr_ ausgezeichnet -- versteht sich, wenn man den
Maaßstab des _Gewöhnlichen_ anlegt. -- Aber die Jungfrau hat fast
misfallen wegen jenes affectirten Vortrags.

Dr. Löbel hat mich besucht und mich durch Nachricht von Ihrem Wohlseyn
erfreut; es scheint Ihnen unbekannt gewesen zu seyn, daß er an Rüders
Stelle zu Brockhaus gegangen ist. Ich werde mit Vergnügen seine nähere
Bekanntschaft zu machen suchen.

Zu meinem großen Misvergnügen habe ich durch nähere Erkundigung bei
Barth erfahren, daß das orthographische Mscpt. noch nicht an den
Verfasser zurückgegangen ist. Letzterer bittet auch, auf ihn alle
Schuld überzutragen, er habe dem Verf. ohnedies auf einen andern Antrag
zu antworten, und wolle es _bald_, recht bald thun.

Von Hrn. Bernhardi habe ich seitdem nichts weiter gesehen und gehört.
Ich will ihn auszuforschen suchen.

Heute sehe ich den Grafen Kalkreuth, mit welchem ich gestern Abend
zusammen war, und ~Dr.~ Kralup hat mich auch schon besucht.
Sie sehen also, wie oft und angenehm ich an Dresden erinnert werde.
Doch erweckte es mir ein Lächeln, daß Sie in Ihrem letzten Briefe
schrieben, ich hätte doch wieder hinüber nach Dresden kommen sollen,
weil ich daraus sehe, daß Sie mich für einen leichten Vogel halten, der
höchstens eines Eilwagens zu seinem Fluge bedarf. So leicht wird es mir
nicht, den Ausflug nach Dresden zu machen -- und doch mache ich ihn
weit öfter als andere.

Nun -- ein andermal! Und nächstens mehr von

    Ihrem

    treuverbundenen

    _A. Wendt_.


III.

    _Leipzig_, 27ten Juli 1822.

    _Geliebter und verehrter Freund_.

Hiermit erhalten Sie den Rest des Abdrucks Ihrer Erzählung. Ich wurde
durch einige unangenehme Arbeiten _jeden_ Posttag gehindert, Ihnen
denselben zuzusenden. Und nun lesen Sie Allen, die es verdienen, zur
erbauenden Unterhaltung das geistreiche Werk, das ich nun recht durch
und durch kenne, und immer mehr als ein Ganzes zu erkennen genöthigt
worden bin, mit der humoristischen Salbung vor, die Ihnen so schön
von der Lippe strömt, und trösten Sie die gute Gräfin nun reichlich
dafür, daß ich ihr das Manuscript noch rauchend entführte, worüber Sie
mir (im Vertrauen nicht ganz mit Unrecht) böse war. -- In diesen Tagen
machte mich Jemand zu meinem großen Leidwesen darauf aufmerksam, daß
Ihre Untersuchungen über Shakspeare, welche alle Kenner Ihres Geistes
so lange vermissen, vielleicht durch Aufschieben des Abschlusses oder
Ihrer öffentlichen Mittheilung an Neuheit und Interesse verlieren
können, wenn nehmlich Ihre Ansichten durch Dritte, die sich damit
viel wissen, und denen Sie sich vielleicht in geistiger Mittheilung
hingeben, ins Publikum kommen.

Die Veranlassung zu dieser Bemerkung ist, daß Brockhaus ein Werk
über alle Schauspiele Shakspeares ~ni fallor~ von Franz Horn
angekündigt hat, welches in 3 Bänden nächstens erscheinen soll.
_Voraus_ wahrscheinlich steht eine Probe, welche über Makbeth
handelt, im litterarischen Conversationsblatt 159 No.

Jener Jemand nun behauptete gegen mich, was dort über den Einfluß der
Lady Makbeth gesagt sey, sey, soviel er wisse, Ihre Ansicht. -- Ob sie
auch von Ihnen sey, das wäre nun die Frage, die ich nicht entscheiden
will, aber Ihnen vorwerfe, um die Reflexion in sich zu erwecken, welche
die Frucht zur Reife bringen können.

Man sagt mir, daß heute die Klebepflanze A. Wagner genannt ~cum
diligentia~ (das was vorauszusehen, daß er es nicht bis zur Kühnheit
des Eilwagens werde bringen können) angelangt sey. Der soll mir
_viel_ von Ihnen erzählen!

    Ihr

    _A. Wendt_.


IV.

    _Leipzig_, 29. Dec. 1822.

    _Theurer Freund!_

Ein scharfes Rescript des Kirchenraths an unsere Universität, keine
Weihnachts- oder Neujahrsferien zu machen, und die noch schärfere Kälte
benimmt mir von neuem die Hoffnung, Sie in diesen Tagen zu besuchen,
und an mein Herz zu drücken. Nun wird es wohl vor Ostern nicht möglich
seyn, Sie zu sehen, wenn Sie nicht etwa den Entschluß fassen und sich
in den Wagen setzen, wozu Sie von Ihren hiesigen Freunden herzlich
eingeladen sind. Zu Ostern hoffe ich auch die mir versprochene Novelle
wieder in Empfang zu nehmen.

Aber was sagen Sie zu Müllners Maliçe? In den Probeblättern der Hekate,
~ni fallor Nr. 2~, las ich in schlechten Versen über unser
Taschenbuch, daß die Reisenden aus dem _Merkur_ in dem Taschenbuch
angekommen wären, und wußte nicht, was das heißen sollte. Jetzt
lese ich eine noch schlechtere Anzeige des Taschenbuchs in Müllners
Literaturblatt, daß diejenigen, welche es interessiren könnte, nun die
Novelle: _die Reisenden_, die sie früher im litterarischen Merkur
hätten zerstückelt lesen müssen, hier beisammen fänden. Hätten Sie
nicht Lust, dieses Beispiel gründlicher Kritik, die nicht einmal liest,
was sie beurtheilen will, und sich ohne Noth eine so herabsehende Miene
giebt, durch den litterarischen Merkur zu rügen? „_Die Gemälde_“
hat er bei seiner vorjährigen Anzeigen nicht einmal _genannt_.

Haben Sie denn zu einem Taschenbuch: die Rheinblüthen genannt,
eine Erzählung gegeben? ich habe es gehört. Hier aber ist dieses
Taschenbuch, so wie das Berliner, welches ich mir besonders habe kommen
lassen, um Ihre schöne Novelle zu lesen, nicht gangbar. Sonach sind Sie
in diesem Jahre an Novellen sehr fruchtbar gewesen.

Aber was macht _Shakespear_, was _Solgers_ Schriften, die
Sie herausgeben? Brockhaus, der Verleger, ist heute zu _ersten_
Male wieder eine Treppe herab in sein Comtoir gestiegen; er war tödlich
krank. Wolf, in Berlin, der Schauspieler nehmlich, hat mir in diesen
Tagen seine dramatischen Spiele zugeschickt, und ist ebenfalls wieder
hergestellt. Seine Frau soll die Elisabeth in Kenilworth (eine neue
Rolle für sie) trefflich darstellen.

Wagner läßt Sie grüßen, er hat nun auch den deutschen Theil des
Fahrenkrügerschen Wörterbuches beendet. -- Sonst gibt es in der
Litteratur wenig Neues. Immermans dramatische Poesieen werden sehr
gelobt; ich habe sie noch nicht gelesen. Ich bin sehr mit meiner
Aesthetik und mit historisch-philosophischen Untersuchungen beschäftigt
und lese dabei so viel -- nehmlich Collegia -- daß ich jetzt wenig
zu anderm Lesen komme, und es daher gern hätte, wenn mich ein lieber
theurer Freund zuweilen auf etwas aufmerksam machte, was ich nicht
übersehen sollte. Doch so gut will es mir nicht werden; und hierbei
fühle ich es wieder recht schmerzlich, daß wir 12 Meilen von einander
getrennt sind, und trotz aller Eilposten immer noch Hindernisse genug
vorhanden sind, diese Trennung aufzuheben. Mögen Sie dem Wiedersehn
so sehnlich entgegensehen als ich, und mich unterdessen den Ihrigen
=bestens= empfehlen.

Das Gedicht von Kleist für die Prof. Krug muß ich mir nun durch
Briefpost leider ausbitten. Hoffentlich hat _Richter_ nun ihre
Wünsche erfüllt! Ich umarme Sie im Geist, und nenne mich stets

    Ihren

    treuergebenen

    _A. Wendt_.

    Ein heiteres Neujahr!!


V.

    Sonntags, den 8. Juni 23.

    _Mein verehrter Freund!_

Sie haben mich durch Ihren Brief sehr getröstet und erquickt. Möge
das heilende Bad von Töplitz Sie körperlich eben so erquicken. Sie
werden nun durch solchen großen Zeitverlust in Arbeiten wieder sehr
zurückgesetzt werden und unter mancherlei Unterbrechungen die Stunden
einer regelmäßigen Badekur kaum abbrechen können, um die Pressen zu
befriedigen, welche alle nach Ihrem Manuscripte schreien. Dieß bestimmt
mich, aus wahrer Freundschaft und Besorglichkeit für Ihre neugewonnenen
Kräfte, Sie für diesmal Ihres Versprechens zu entlassen, mit der
Bitte, wenn es Ihnen möglich ist, wenigstens Herrn _Brockhaus_
das gegebene Versprechen zu erfüllen. Ich habe letzterem als Freund
versprechen müssen, ein Wort für ihn in dieser Hinsicht zu sprechen.
Doch bleibt letzteres natürlich unter uns.

Gegenwärtige Zeilen bringt Ihnen der junge Schauspieler, den ich dem
Herrn Geheimrath Könneritz empfohlen hatte, Herr Jerrmann. Er wird
sich sehr freuen, Sie kennen zu lernen. Sie werden ihn gütig belehren
und er wird dankbar Ihre Winke aufnehmen und sich sehr freuen, wenn
er Sie etwas vorlesen hören kann. Von Eßlair wird er Ihnen manches
zu sagen wissen; er ist wohl gewissermaßen sein Schüler gewesen. Was
Sie über Wallenstein gesagt, über Otto von Wittelsbach, finde ich
treffend. In Hinsicht des Dallner kann ich darum nicht ganz mit Ihnen
übereinstimmen, weil ich den Charakter des Dallner für consequenter und
wahrer gezeichnet halte, als Sie glauben, weshalb ich auch Ifflands
Darstellung für gelungener halte. Die strenge Redlichkeit im Dienste
erlaubt eine Härte gegen Angehörige, welche unbillig wird. Sieht der
Handelnde, daß er zu weit gegangen, so bricht das alte verdrängte
Gefühl wieder hervor. Die Geschäftsmaschine stockt beim Dalner,
der Mensch macht seine Rechte wieder geltend, daher die rührende
Weichheit des Gekränkten. In Leipzig gab ihn Eßlair von vornherein fast
gebrechlich, da kam es freilich nicht zu Contrasten, bei welcher Lösung
er sich als Künstler zeigen konnte. So in _Leipzig_. Vielleicht
hat er sich in Dresden wieder mehr zusammengenommen, da seine Reise im
vorigen Jahre durch einen großen Theil von Deutschland so wenige Spuren
von lebhaftem Interesse an ihn und Anerkennung der Kritik zurück ließ.
Gern wünschte ich Ihnen mitzutheilen, was ich über Eßlair geschrieben;
aber ich besitze es wahrlich selbst nicht. Vielleicht finden _Sie_
es in einem Dresdener Journalinstitut oder in der Königl. Bibliothek,
welche auch Unterhaltungsblätter sammelt, nehmlich im Morgenblatt
von 1822, Nr. 172 und 173 und 177 bis 178; über Dallner insbesondere
Elegante Zeitung 127 bis 136, 1822.

Gestern las ich eine Recension des Romans von Dinoncourt, der
ebenfalls _den Cevennenkrieg_ zur _Grundlage_ hat. ~_Le
Camisard_ par M. Dinoncourt auteur du serf du XV. siecle 123, T.
I-IV Paris chez Lepetit.~ Die Recension des Romans steht in der
hallischen Allgem. Litteratur-Zeitung 127 d. J. Dies zur Notiz.

Daß ich die Sache mit Herrn Richter abgeschlossen, werden Sie durch
Zusendung des Geldes hoffentlich erfahren haben; und so werden Sie mich
stets finden als Ihren

    innig ergebenen und bereitwilligsten

    _F. A. Wendt_.


VI.

    (Ohne Datum.)

    _Verehrter Herr und Freund!_

Im Drange der Geschäfte benutze ich doch die Gelegenheit, die sich mir
durch den aus Göttingen kommenden Herrn Sillig darbietet, um Ihnen
durch diese wenigen Zeilen zu zeigen, wie gern ich Ihrer gedenke.

Ich sende Ihnen einen Aufsatz mit, den ich über Ihre kürzlich
erschienene Novelle geschrieben. Ich lege demselben aber nicht den
allergeringsten Werth bei und muß, um Ihre Nachsicht für denselben
auszuwirken, noch insbesondere hinzufügen, daß derselbe ursprünglich
von mir für die _musikalische Zeitung_ bestimmt war. Diese
wird _meist_ von Musikern gelesen, in deren Hände sonst
wenig Litteratur kommt. Da ich nun von diesen Ihre Novelle ganz
_besonders_ gekannt wünschte, so entschloß ich mich denselben das
Wesentlichste davon mitzutheilen. Um aber nicht _bloßer_ Referent
zu seyn, erlaubte ich mir manchmal die Einrede. Nehmen Sie dieß mit
freundlicher Nachsicht auf!

Ueber Krause’s Lage höre ich nicht viel Erfreuliches. Herr Sillig kann
Ihnen mehr sagen. _Mir_ hat er noch gar nicht geschrieben; er
macht es darin, wie andere Leute, von denen man gern selbst nur ein
Zeichen sieht und sich oft darnach sehnen muß.

Raupach war auf einige Tage hier; ich traf ihn beim Hofrath Küstner
und fand ihn eben nicht anziehend. Anziehender soll seine Reise nach
Italien seyn, die er eben edirt hat. Das hiesige Parterre brachte ihm
bei der Vorstellung der großen Fürsten Chawansky ein nothgedrungenes
Vivat, zu welchem die Schauspieler, welche herausgerufen wurden,
gewissermaßen aufforderten. Jetzt ist die gespenstische Tarnow hier.
Lauter fremde Geister! Nur mit Ihrem Besuche will es nicht mehr werden.

Hoffentlich liegt kein Hinderniß in Ihren Gesundheitsumständen. Aber
was machen Sie? Dieß wünscht sehnlich zu wissen

    Ihr

    treuergebener

    _A. Wendt_.


VII.

    (Ohne Datum.)

    _Mein sehr theurer Freund!_

Lange haben wir nichts von Ihnen gehört, und doch wünschen wir immer
etwas von Ihnen zu hören, nehmlich etwas über Ihr künftiges Verhältniß
zur Leipziger Bühne. Sobald wir nehmlich (d. h. vor allem ich und mein
Schwager Wagner) erfuhren, daß die Dresdner königl. Intendanz der
Schauspiele das Theater in Leipzig auf 3 Jahre übernommen habe, sobald
war unser erster Gedanke -- das gibt eine Aussicht, unsern _Tieck_
öfter in Leipzig zu haben. Wir könnten und können uns nehmlich
schwerlich denken, daß die königl. Intendanz einen Schauspieler, der
zwar vielseitiges Talent und Routine in mehreren Rollenfächern zeigt,
aber einer praktischen Totalanschauung, wie sie ein guter Regisseur
noch mehr aber der artistische Leiter einer Bühne besitzen muß, völlig
ermangelt, ich meine den Herrn Genast, dessen Frau noch dazu ein sehr
mittelmäßiges Talent ist, das mit jedem Jahre den Theaterfreunden
lästiger werden wird, wie man, sage ich, diesem einen Menschen die
ganze Unternehmung in ästhetischer Hinsicht anvertrauen möchte. Und
da wir eine obere Leitung für unentbehrlich hielten, so meinten wir,
keinem andern werde sie übertragen werden, als Ihnen, und wir glaubens
noch, obgleich wir nichts davon hören, mit _Zuversicht_, weil wir
das Gute und Beste hoffen, und weil wir zugleich so egoistisch sind, es
zu unserer Freude zu _wünschen_.

Da ich nun glaube, daß Sie bei der Einrichtung des neuen Theaters
mitwirkend seyn werden, so thue ich noch eine andere Frage. Man wird
einen Musikdirector für die Oper brauchen. Musikdirector Marschner,
den Sie ja kennen und der auf das Engagement seiner Frau wohl nicht
besteht, würde entschieden zu dieser Stelle tauglich und ich glaube
auch geneigt seyn. Im Publikum und im Orchester hat er sich durch seine
neuesten Compositionen und besonders durch den Vampyr viel Respect
erworben und es würde der neuen Unternehmung sicher ein gutes Ansehn
geben, wenn kein bloßer Routinier, wie es unser bisheriger Herr Präge
war, sondern ein solcher Mann, an die Spitze des Orchesters gestellt
würde. Ich rede allerdings hiermit nur von der Tüchtigkeit des Mannes,
nicht von dem Charakter, den ich so genau nicht kenne; und ich erlaube
mir diese Mittheilung auch nur aus wahrer Liebe zur Sache, ich wünschte
aber wohl zu wissen, was Sie davon dächten und ob Sie Marschner
empfehlen könnten.

Was nun meine eigne Angelegenheit anlangt, so sey dieß die erste
Erinnerung an das mir gegebne, theure Versprechen eines poetischen
Beitrags zu dem beabsichtigten Taschenbuche. Sie befinden sich wohl;
innen und außen haben Sie schönes Wetter und die beste Stimmung, einen
poetischen Schmetterling einzufangen. Ich würde weiter fortfahren im
Gleichnisse, wenn ich nicht einen gewissen ironischen Blick von Ihnen
im Geiste sähe. Darum nur die Bitte, mich auch _diesmal_ nicht
im Stiche zu lassen. Sie sind vom Geiste ausersehen, viel für mein
Taschenbuch thun zu können, erstens durch eignen Willen, zweitens auch
durch ein freundliches Zureden. Quandt schreibt nehmlich, daß Friedrich
von Schlegel nach Dresden gekommen sey. Ich habe Ursache zu glauben,
daß meine Einladung an ihn durch die lahmere Buchhändlergelegenheit
entweder noch nicht in Wien an ihn gelangt sey, oder daß er aus irgend
welchem Grunde die Antwort verschoben hat. Da findet sich nun gute
Gelegenheit, der Sache gewiß zu werden; kurz ich sende eine zweite
Aufforderung durch Ihre gütige Hand an ihn. Die Freundlichkeit, mit
welcher Sie Fürsprecher unserer Unternehmung seyn werden, wird mich
wieder zu Ihrem dankbaren Schuldner machen. Die Gesellschaft aber soll
Sie beide, hoffe ich, nicht gereuen. --

Das Beste, was ich seit langer Zeit über Ihre Poesie gelesen habe,
steht im Litteraturblatt im Morgenblatte Nr. 86, 1828, und ist, wenn
ich nicht irre von W. Menzel, der mir auch für das Taschenbuch ein
humoristisches kleines Drama senden wird. Es ist mir besonders aus
der Seele geschrieben, was er von der Grazie sagt, welche Ihre Ironie
begleitet. Ich werde nächstens auch Gelegenheit nehmen, mich über Ihre
neusten Novellen auszusprechen.

Der Contrast trägt jetzt dazu mächtig bei, uns stets an Ihre Seite oder
Ihrem Lesetische gegenüber zu denken. Es ist nehmlich eben ein junger
Mann hier, Namens Kiesewetter, Sohn des berühmten Concertmeisters in
Hannover, welcher _agirend_ aus Clavigo, Romeo, Hamlet u. s. w. --
vorliest. Er verändert die Stimme, die nicht ganz fehlerfrei ist, dreht
die Augen nach oben, oder sieht die Damen schmachtend an; indessen hat
er es trotz aller Bemühungen, die er sich in eigner Person gegeben,
doch nicht so weit bringen können, die Kosten seines Aufenthalts zu
decken. Ich zweifle übrigens nicht, daß er die Keckheit besitzt, nach
Dresden zu gehen, und Sie selbst, den er an _einigen Orten_ seinen
Meister nennt, zu seinen Vorlesungen einzuladen.

Doch weg von solcher Carrikatur. Der rasche, durch einen Nervenschlag
oder Schlagfluß herbeigeführte Tod unserer lieben, zarten und
sinnigen Clodius hat uns sehr erschüttert und betrübt. Sie haben eine
aufrichtige Verehrerin verloren; -- _zweimal_ habe ich derselben
Ihre kleine Novelle das Fest zu Kenelworth vorgelesen, und ich hatte
sie eben zu einer Vorlesung Ihres 15. November eingeladen, als ich nach
wenigen Stunden die bestürzende Nachricht Ihres Scheidens erfahren
musste.

Lieber! Empfehlen Sie mich den werthen Ihrigen und vergessen Sie nicht

    Ihren

    ergebensten Freund

    _A. Wendt_,

    (der nächstens einige Zeilen von Ihrer Hand in
    Betreff der obigen Angelegenheit erwartet.)



                      =Wiebeking, Charlotte von.=

    In der vom Sohne Max verfaßten ausführlichen Lebensbeschreibung
    unseres C. M. v. Weber lesen wir:

    „Von allen Häusern, in denen er in _München_ Eintritt
    gefunden, heimelte ihn keines so an, wie das des Baudirektor W.,
    dessen origineller Geist ihn fesselte.“

    Carl Maria selbst schreibt an Gottfried Weber: „Ein einziges
    Haus habe ich, in dem es mir recht wohl ist, bei dem bekannten
    Geheimerath W. Seine Tochter (Fanny) ist meine Schülerin, mit
    vielem Genie und großem Fleiße, so daß ich recht viel Freude an ihr
    habe; und die Mutter eine höchst liebenswürdige, gebildete Frau.“

    Hier spricht diese Mutter von ihrer verstorbenen Fanny und
    sendet dem Lehrer der nun Verklärten durch seinen Freund Tieck
    Glückwünsche zu den Triumphen, die der Freischütz feiert.


    _München_, den 28sten Dec. 1822.

    _Verehrter Freund!_

Sie haben mich sehr glücklich durch Ihren freundschaftlichen Brief
gemacht; wenn mein inniger Dank, den ich bey deßen Empfang empfand,
ohne Tinte, Feder und Papier zu Ihnen hätte gelangen können, Sie
würden ihn schon längst erhalten, und da seinen Freunden wohlgethan
zu haben eine der höchsten menschlichen Freuden ist, vielleicht nicht
ohne angenehme Empfindungen. Ihre Aeußerungen über den Werth unsrer
verewigten unvergeßlichen Fanny, Ihre Theilnahme an unserm Verlust,
hat mein schmerzlich geprüftes Mutterherz erhoben und erquickt! Sie
können sich daher meine Empfindungen vorstellen, als ich Ihr früher
an sie gerichtetes Gedicht in Ihrer vortrefflichen Sammlung fand!
Die Verstorbene, so wie alle Glieder unsrer Familie, haben Ihrem
lehrreichen Umgange sehr viel zu verdanken! Jene genußreichen Tage
Ihres Hierseiens werden mir ewig unvergeßlich bleiben! Wäre ich König
von Bayern, ich würde dem der Sachsen Ihren Besitz auf alle Weise
streitig machen -- so habe ich in meiner Ohnmacht die beglückende
Erinnerung, die kein Monarch der Erde sich erkaufen kann, voraus.

Die Frage wäre aber, ob Sie das schöne Dresden mit dem sterilen München
vertauschen möchten?

Als Ihre theuren Zeilen hier anlangten, waren wir, mein lieber
Wiebeking und ich, auf einer Reise nach dem Bade Kißingen, und von da
nach meiner Vaterstadt Gotha begriffen. Indeßen haben wir bey unsrer
Zuhausekunft die Bekantschafft der beiden Herren Ueberbringer noch
gemacht, und einige Mahle das Vergnügen gehabt, sie bey uns zu sehen.
Daß Doktor Waagen von hier wieder abgereist, ist für unsre Familie ein
großer Verlust; als begünstigter Verwandter von Ihnen war er mir, schon
ehe ich ihn kannte, interessant; bey näherer Bekanntschaft wurde er
mir und uns allen durch eigne Vorzüge werth. Mit ihm, der Sie eben so
aufrichtig hochschäzt und dankbar verehrt, von Ihnen theuerster Freund
uns zu unterhalten, gab uns gegenseitig wahren Genuß! Auch mit Ihrem
schönen Familien-Kreise, Ihrer würdigen Gemahlin, Ihren geistvollen,
liebenswürdigen Töchtern machte er uns durch seine Mittheilungen
bekannt; daher bitte ich Sie, mich ihnen zu empfehlen. Insbesondere
aber beruhigte und erfreute mich die Bestätigung, die er uns über die
Befestigung Ihrer theuren Gesundheit gab. Wie unschätzbar ist dieses
für jeden unentbehrliche Gut für die, welche so wie Sie Mit- und
Nachwelt belehren, veredlen und erfreuen!

Von meinem l. Wiebeking, der seit den ersten Tagen des Monats September
eine Reise nach Italien unternommen, kann ich Ihnen heute nichts
sagen, als daß er sich sehr wohl in diesem schönen Lande befindet und
wichtige Materialien zu seinem neuen architektonischen Werke dort
einsammlet; sein lezter Brief war von Mailand, von wo er über die
Schweiz zurückzukehren gedenkt. Meine Tochter Köhler hat sich Ihres
freundlichen Andenkens sehr erfreuet und trägt mir viel Schönes an
Sie auf; sie und ich haben in dem kleinen dreyjährigen Sohn unsrer
verewigten Fanny, der ihr geistig und körperlich ähnlich zu werden
verspricht, Trost und süße lohnende Beschäftigung. Schlichtegroll’s
Tod haben Sie gewiß nicht ohne Theilnahme gelesen; er ward seiner
Familie zu früh entrißen! seine gebeugte Wittwe und Kinder empfehlen
sich Ihnen, besonders der Baurath, dem in London der Vorzug ward, Sie
wiederzusehen.

Wenn Sie Carl Maria Weber sehen, so bitte ich Sie, ihn freundlich von
mir zu grüßen. Ich habe den Triumpf dieses genialen Künstlers mit allen
seinen Freunden gefeiert.

Ich schließe, indem ich Ihnen herzlich Lebewohl zurufe mit der Bitte,
mich in Ihrem freundschaftlichen Andenken zu erhalten. Zeitlebens

    Ihre

    aufrichtig ergebene

    Freundin

    _Charlotte von Wiebeking_.



                          =Wiese, Sigismund.=

    Geb. am 27. December 1800 zu Kulm, gestorben im März 1864 zu
    Genthin.

    ~Dr.~ Rudolph Koepke schreibt uns auf unsere bittende Anfrage
    über den sonderbaren Mann folgendes:

    „W. studierte in Berlin Naturwissenschaften, arbeitete einige Zeit
    beim Oberbergamte, verließ den Dienst, um der Litteratur zu leben,
    trat seit 1833 als Dramen- und Romanen-Dichter auf: Hermann (1833.)
    -- Theodor (1834.), Romane. -- Drei Trauerspiele (1835.) -- Drei
    Dramen (1836.), darunter: Paulus -- Beethoven. -- Friedrich, Roman
    (1836.) -- Don Juan (1840.) -- Moses (1844.) -- Jesus (1844.),
    Dramen. -- Das Trauerspiel Petrus -- und manches Andere.

    Mit bitterer Armuth kämpfend erhielt er durch Humboldt’s und
    Tieck’s Verwendung die sogenannte königl. Dichterpension von 300
    Thlr. -- Persönliche Verbindungen hatte er, außer der mit Tieck,
    keine von irgend welchem Einfluß, aber bei einigen angeregten
    Studenten hatte seine dunkle Mystik Eingang gefunden, und durch
    sie lernte ich mehrere seiner Sachen im Manuskripte kennen, bis
    ich (K.) später bei Tieck mit ihm zusammen traf. Es war ein Mann
    mit früh ergrautem Haar, eckig, scheu, sonderbar in Erscheinung
    und Wesen; schwerfällig und jäh in Rede und Ansicht. Man erkannte
    in ihm den Einsiedler als Mensch wie als Dichter; vielleicht
    erst: „verachtet -- nun Verächter!“ -- Auf dem Lande bei Potsdam,
    in Magdeburg, zuletzt in Genthin lebte er in tiefer Einsamkeit,
    ein Prophet und eine Stimme in der Wüste, deren Niemand achtete;
    freilich kaum zu verwundern, da er auf die Welt wirken wollte,
    _die er nicht kannte_!

    Er war ohne Zweifel ein tiefes, aber dunkles und schweres Talent.
    Indem er der Poesie durch das Christenthum einen Halt geben, sie
    zum Ausdrucke desselben machen wollte, irrte er darin entschieden,
    wenn er glaubte Dogmen und Charaktere in ihrer biblischen Gestalt
    einführen zu müssen. Dadurch gerieth er in die Gefahr, die
    Einfachheit der biblischen Ueberlieferung zu stören, ohne der Poesie
    zu genügen, und so verdarb er’s mit beiden.

    Ein Lyriker war er sicher nicht; sein Geburtstagsgedicht an
    Tieck ist herzlich schlecht; eine stolpernde Reimerei confuser
    Anspielungen &c.“ (K.)

    Dasselbe müssen wir von den andern Versen bekennen, welche sich
    zwischen seinen Briefen befinden. Von letzteren, deren Masse
    unzählbar ist (in manchem Monat ein Dutzend), haben wir wenige
    ausgesucht, die etwa eine Uebersicht von seinem, -- gar oft durch
    zweifelnden und verzweifelnden Mißmuth gestörten Verhältnisse zu
    Tieck geben.


I.

    _Berlin_, d. 2ten Februar 28.

    _Wohlgeborener,

    Hochgeehrter Herr Hofrath_.

Seit meiner letzten Zuschrift an Ew. Wohlgeboren verfloß abermals
ein Monat, ohne daß ich mich der erbetenen Antwort erfreuen durfte.
Im Ganzen sind nun die oft genannten Manuscripte fast ein Jahr in
Ihren Händen; Sie bemerkten, daß sie mit Talent und Liebe verfaßt
seien, und schwiegen die lange Zeit hindurch, schwiegen auf meine
wiederholte dringende Bitte! Unerklärlich nach meinen Principien. Ein
Mann, denk ich mir, mit Kraft und Liebe der Dramaturgie ergeben, von
großem Einfluße auf Literatur und Kunst, wie er selbst wißen muß, ein
berühmter Dichter, human -- ein solcher, meine ich, unterrichte gern,
wo er Talent wahrnahm, wo er aufrichtig, zutrauensvoll um Unterricht
gebeten worden; sei auch der Kreis seiner Thätigkeit sehr groß, größer
als ich ihn _hier_ denken darf, ein Stündchen oder zwei -- und
so viele Monate! Wenn aber die Anerkennung dieses Talents zu früh
geschah, bei näherer Würdigung nicht haltbar schien? Aber bat ich nicht
um Kritik im Allgemeinen? zwei Worte hätten dann genügt, ich hätte
Antwort. Doch ist jener Fall Voraussetzung schlechthin, denn weder ich
weiß mich so isolirt mit meiner Weltanschauung, daß nicht, was mich
ergriff und beschäftigte, auch Andere ergreifen müße, noch weiß ich,
daß Ew. Wohlgeboren jene mathematische Begeisterung kennen, die nach
äußeren Regeln empfindet, in Zahlen die Wege des Himmels berechnet
und nur gelten läßt, was von solchem Krüppel seinen Ursprung nimmt.
Das ist es ja eben, was mich bestimmte, bei Ew. Wohlgeboren Raths zu
erholen, weil Sie das Maaß des tragisch Schönen nicht in _einer_
Doctrin suchen und -- doch hiervon wollt ich nicht sagen, sondern nur
jene Prämiße rechtfertigen. Vielleicht waren Sie einmal in einer Lage,
wie _ich_ bei dieser Angelegenheit, vielleicht nicht, dann kann
es Ihnen nach all’ den Zuschriften nicht schwer sein, sie zu denken,
denken Sie an sie, und hierum bitt ich wieder.

Mit aufrichtiger Hochschätzung

    Ew. Wohlgeboren

    ergebenster

    _Wiese_.


II.

    _Berlin_, 6ten Jan. 1829.

    _Wohlgeborener,

    Hochverehrter Herr Hofrath_.

Ich bin lange mit mir zu Rathe gegangen, ob ich diesen entscheidenden
Schritt thun sollte und mehr die Aussicht, die sich mir in Ihnen,
hochgeehrter Herr Hofrath, darzubieten schien, neben einer sichern
Leitung meines Geistes auf ehrenwerthe Art in Correspondenz mit dem
Publikum zu kommen, als mein eigner Wille hielt mich davon zurück:
-- nun aber erwog ich, daß meine Hoffnung doch wohl eitel gewesen,
denn ihr gemäß behandelten mich Ew. Wohlgeboren keineswegs, _so_
vielmehr, wie man etwa -- -- ich kann den Satz nicht ausschreiben,
weil er mich verkleinernd schildern müßte. Bei Gott, meine Seele ist
fern von Eigendünkel, aber mir geschieht Unrecht. Es widerstrebt mir,
mehr davon zu sagen. Ich bitte demnach um gefällige Rücksendung der
Ihnen mit freudiger Zuversicht übersendeten Manuscripte, weiß ich
gleich nicht, auf was für Art ich bei meiner verbandlosen Stellung in
der Welt jene äußerlichen Zwecke erreichen werde; aber ich bitte um
Rücksendung der Manuscripte -- auch floßen mir jene Worte fast ohne
meinen Willen aus der Feder, und sollen Ew. Wohlgeboren durchaus nicht
veranlaßen, aus irgend einem anderen Motiv für mich etwas zu thun,
als -- der Sache selbst wegen. Ich müßte ja an Gemüth, Phantasie,
Urtheil, Ursprünglichkeit, Wahrheit verzweifeln, mich selbst der
dummsten Thorheit zeihen, wenn ich auf jene Versuche nicht einiges
Moment legte, bei deren Abfaßung ich mich erhoben, erschüttert, sicher
unterscheidend schauend fühlte, wenn ich ihre ungeschminkte Wirkung
auf Menschen von ganz verschiedener Art und Bildung mißkennete, die,
wie vieles sie auch entgegnen mochten, darin übereinstimmten, daß sie
ergriffen wurden, wenn ich bei partheiischer Vergleichung mit den
dramatischen Schriftstellern unserer Zeit -- partheiisch, weil Mißtraun
in eigene Kräfte mich zu dieser Vergleichung bewegt -- nicht einsähe,
daß ich mich den beßeren vergleichen _darf_; ich müßte ungereimt
empfinden, denken, wenn ich mich überzeugen sollte, ich hätte Ihnen
das Hohle, Richtige dargeboten; -- deßhalb darf ich wiederholen, daß
mir Unrecht geschieht, und die eigene Ueberzeugung, ein redlich treues
Streben, wesentlicher Eifer, vielleicht auch das gleiche Schicksal
mehrerer zum Theil beßerer Köpfe, als ich bin, die meinen Weg gingen,
werden mich trösten, wenn ich immer wieder auf mich zurückgedrängt in
einen freien, fröhlichen Verkehr mit dem Publikum nicht treten darf.

Mit geziemender Hochachtung

    Ew. Wohlgeboren

    ganz ergebenster

    _S. Wiese_.


III.

    _Berlin_, 12ten Jan. 1829.

    _Hochgeehrter Herr Hofrath_.

Aufrichtigen Herzensdank für Ihre erfreulichen Zeilen; sie kamen
zurecht und machten mich leicht. Das unbedingte Streben, wie sehr es
sich erheben mag, erschlafft, sinkt ein, tief, tief ein, und wenn
es auch von Neuem aufsteht, excentrisch ist sein Aufflug und sein
Fall -- es bedarf der Schranke, soll es menschlich sein und schön.
Das Leben will Thaten, wie die Kunst Mitgenuß, Kritik. Glauben Sie
nicht, verehrter Mann, ich wolle nun so einzig und ausschließlich
von Ihnen behandelt sein -- gewiß nicht! Ich erkenne im Allgemeinen
meine Stellung wohl und weiß mich zu bescheiden; -- aber wen
ein unaussprechlicher Hang nach Einigkeit und Liebe, eine Reihe
widerwärtiger Lebensumstände auf sich zurückgebracht, wer ergriffen
von seinen Idealen und dem verneinenden Wesen der irdischen Dinge
nach Darstellung seines Lebens ringt, wird der nicht um Theilnahme
eifern müßen, daß er wieder eintrete in den verstandenen Kreis seiner
Mitgeschöpfe, selbst verstanden nun? ich weiß nicht, ob ich mich
deutlich ausdrücke, ich meine aber, den Verlust des Zusammenhangs mit
dem Leben durch das Spiegelbild desselben wieder einzubringen, das mir
die Gleichgesinnten befreundet, (deren Gemeinschaft mich dem wirklichen
Leben retten muß,) das zu bilden mich ein Innerstes treibt, mich die
Welt lockt.

So eben erhalte ich dieselben Dramen, die auch in Ihren Händen sind,
von dem Herrn Grafen von Redern (interimistischen Generalintendanten
der Königl. Schauspiele) mit einem Begleitungsschreiben zurück,
_des_ Inhalts: „so gedankenreich und ausdrucksvoll auch die
Sprache in den Stücken quaest. wäre und wie schätzenswerth sie als
dramatische Dichtungen auch stets erkannt werden müßten, so wären sie
doch in _dieser_ Gestalt nicht darstellbar.“ Ich glaubte: gerade
dieß sei ihr Fehler nicht und wenn ich in anderer Hinsicht einigen
itzt lebenden dramatischen Schriftstellern weichen müßte, meint’ ich,
ihnen hierin überlegen zu sein. Ist auch die Handlung in Gustav Adolph
nicht reißend, so geht sie doch lebhaft fort und eine oder zwei Scenen
ausgenommen, ist stete Action auf der Bühne. In „die Freunde“ opferte
ich sogar der heutigen Bühne viele sich hervordrängende Gedanken, die
Darstellung ist fast melodramatisch geworden, um nur der raschen Zeit
zu genügen, die nicht denken mag, nur schauen, schauen. „Die Rückkehr“
ist ausgeführter behandelt, aber rednerisch und erhoben, was die Zeit
ja auch nicht ganz verschmäht; dabei ist der dritte Act rasch und
treibend und ich zählete darauf, daß, würden beide Stücke an einem
Abende (es sind ja auch fast wesentliche Seitenstücke) aufgeführt,
so würde das ungeduldige Publicum sich doch einige vertiefende Ruhe
des Geistes gefallen laßen. „Dichterliebe“ ist kurz und handelt ja
durchaus! „Hugo und Elise“ freilich ist mehr Spiel der Laune und
scheinet unsern Brettern fremder.

Ihr Urtheil, verehrter Herr Hofrath, mag entscheiden, wie fern
diese Betrachtung richtig ist, denn ich bin freilich in technischen
Bühnensachen nicht sonderlich erfahren. Der Herr Graf Redern setzt
hinzu: „auf wie viele treffliche Dichtungen muß das Theater verzichten,
eben weil sie nicht darstellbar sind.“ Freilich wohl! aber auf dem
itzigen Wege werden wir nimmer dahin gelangen, sie dargestellt zu
sehen, ja, wir werden dahin kommen, auch das itzt noch geduldete
Gute verschmähet zu sehen, Schlachtroße werden von den Brettern
wiehern, Vesuve donnern, einzig sie -- -- Thespis mag wieder seinen
Karren packen und -- vielleicht -- nach America fliehn. Ich sehe die
Nothwendigkeit nicht ein, weßwegen man der Willkühr einer verworrenen
Zeit Thor und Thür öffnet. -- Es mag aber alles in der Wirklichkeit
anders sein, als ich mir’s denke. Sollten auch Sie aus Ueberzeugung oder
Accomodation die übersendeten Dramen nicht aufführbar finden, so bitte
ich abermals um Adresse an einen Buchhändler von Namen. Dichtungen,
die itzt schon von manchem Kenner und, daß ich’s nur sage, von Ihnen
mit Vergnügen gelesen wurden, verdienen, denk’ ich, einen größeren
Kreis von Lesern, der bald auf sie aufmerksam gemacht würde. Dieß würde
nicht geschehen, fürcht’ ich, wenn ich sie dem ersten, dem besten
Verleger anböte, außerdem widert mir die Prostitution -- ich bitte Ew.
Wohlgeboren, berücksichtigen Sie diese inständige Bitte auch. Mein
Gott! wenn ich bedenke, um was ich Sie nicht alles bitte und dafür --
was biete ich Ihnen? aber noch glaub’ ich an uneigennützige Menschen. --

Mit herzlicher Hochachtung

    Ew. Wohlgeboren

    ganz ergebenster

    _S. Wiese_.


IV.

    _Berlin_, 16ten Juni 1829.

    _Hochverehrter Herr Hofrath_.

Wenn mein Verhältniß zur Generalintendantur der hiesigen Königl.
Schauspiele bis jetzt auch zu keinem sichtlichen Erfolg geführt hat,
so brachte es mir doch wiederholt warme Anerkennung und heftigen Tadel
ein; Sie hingehen bleiben theilnahmslos und kalt. Ich bitte also, meine
Stücke, die ich Ihnen zutrauensvoll übersandt, an die Hofintendanz der
Dresdner und Leipziger Bühnen geneigtest abgeben zu lassen mit dem
Hinzufügen meiner Bitte, dieselben behufs der Bühnendarstellung prüfen
zu wollen. So sind Sie der Mühe des Emballirens überhoben und -- meiner
auf gute Art los. Ich fühle die Bitterkeit und Rücksichtslosigkeit
dieser Aeußerung, aber auch ihre Wahrheit, deßhalb bleibe sie denn
stehen. Die &c. Hofintendanz wird mich gewiß schneller bescheiden, als
ich es auf diesem unsäglich langweiligen Wege erwarten darf. Unter
solcher Bedingung war meine Idee von einem persönlichen Verhältnisse
zu Ihnen, worauf es mir bei meinem Verfahren hauptsächlich ankam, ein
Traum. Wie hyperbolisch es hier klingen mag, doch drängt sich mir auch
itzt der Gedanke auf, den ein alter Prophet wo sagt: „verflucht ist der
Mann, der sich auf Menschen verläßt.“

Aber mit treuer Liebe und Verehrung, die ich von je Ihren Werken gezollt

    Ew. Wohlgeboren

    ergebenster

    _S. Wiese_.


V.

    _Berlin_, 15ten Dec. 1829.

Wie kann ich sagen: Dank! da mein Inneres von Freude, Scham, Stolz
glüht, ich muß Sie lieb haben, innigst lieb haben. Sie haben
mein räthselhaftes Wesen so tief erkannt, daß ich Ihnen nur mit
Schüchternheit nahen konnte. Und wie schreiben Sie mir -- ach ich kann
nicht sagen, wie das mein Herz getroffen. Solche Momente sind heilig,
ewig! und wie mein Sehnen, Dringen immer auf Gott gerichtet ist, fühlte
ich seine Nähe und schauderte. So hab’ ich denn Ihr Gemüth gewonnen
und darf einen Mann ausdrücklich Freund nennen, den ich seit meinen
Knabenjahren innig liebte und verehrte -- doch jetzt ist das anders,
persönlicher, kräftiger, näher. Erhalten Sie mir aber um Gotteswillen,
erhalten Sie mir Ihre Liebe, ich habe so viele schmerzliche Erfahrungen
gemacht, daß mein Gemüth immer wieder scheu zurückfliehen will, da
es doch in aller Freude und Kraft sich hingegeben hat. Das Leben ist
furchtbar, nur Liebe lehrt es tragen.

Die schöpferische Kraft des Genius, bei welchem Begeisterung
gestaltendes Bewußtsein ist, ahn’ ich. Er schafft unvermittelt,
ursprünglich, nothwendig, frei. In gänzlicher Vollendung, mein’ ich,
hat er nie gelebt, oder die Poesie an sich hätte die Welt erlöst.
Abfall muß sein, der Mensch ist nicht absolut. Das unmittelbarste
Bewußtsein ist das poetischte, aber auch dieß kann nicht ganz
fessellos sein. Was Sie Kunst heißen, scheint mir das Ideal der Poesie
zu sein. Das anschauende Gemüth urtheilt: es giebt kein vollendet
schönes Kunstwerk, nur Annäherung an daßelbe. Ich weiß nicht, mein
verehrungswürdiger Lehrer, ob ich hierin nicht wesentlich mit Ihnen
übereinstimme, die Abweichung könnte nur in meiner Annahme der
Approximation bestehn, aber ich weiß nicht deutlich, ob Sie Selbst
diese nicht auch anerkennen. -- Das Naturell, welches ohne jenes stäte,
ordnende und befassende Bewußtsein schafft, wenn es auch göttlich
begabt wäre, es wird frech, unbändig sein, wie Natur; aber auch hier
ist das Extrem unmöglich. Wer nun fühlt, wie ich, daß seine Gaben
ausarten möchten, eben weil die Begeisterung, wann sie ihn überströmt,
bis zum Wahnsinn taumelnd bewußtlos wird, ist gezwungen, wenn er das
Schöne will, sich in der Conception durch die messende Vorstellung
zu zügeln, bei der Ausführung aber, so viel er vermag, das Schwere
fallen zu lassen und sich die schöne, alte Freiheit zu bewahren. Gegen
das letztere fehlt’ ich oft. Reflexion sollte eigentlich gar nicht da
sein, wo sie nicht durchaus individuell beseelt ist, doch ist sie da
und wie vielleicht „die Rückkehr“ und „Freund und Geliebte“ Schillern
zum besten gefallen hätten, gefallen sie Ihnen und -- darf ich mich
hier nennen -- mir jetzt zum wenigsten. Sie haben die Freiheit meines
Geistes bei der Ausführung schon durch Ihren früheren herrlichen Brief
mehr geweckt, ich danke Ihnen viel. Zeugniß dafür seien zwei Werke,
die ich nach der Zeit verfaßt und die ich Ihnen mit der herzlichen
Bitte übersenden will, sie ganz nach Ihrer Muße zu lesen und mir, wie
Sie pflegen, einige wahre Worte darüber zu sagen. Welch schaales,
nüchternes Zeug, was mir von der hiesigen Intendantur zugesendet
worden! Wie unsäglich erquickend die Wahrheit und Tiefe Ihres Urtheils!
Nur Eines bät’ ich, wenn ich darf, ausgeführteren Tadel! ich weiß, es
ist Mehreres tadelnswerth in meinen Versuchen, als Sie aussprechen,
aber ich kann es nicht bestimmt nennen. Führen Sie mich mehr und mehr
zum Bewußtsein, denn darin besteht ja die Weise unseres Verhältnisses,
mein väterlicher Freund.

Was Sie mir im Einzelnen über meine Schriften sagen, unterschreib
ich alles bis auf zwei Punkte. Der Schluß von „Beethoven“ dünkt mir
befriedigend; es war still und ruhig in meiner Seele, als ich ihn
schrieb. Die Transcendenz seiner Natur gestattet Beethoven keine Freude
am Vergänglichen, aber die Muse sühnt ihn. Diese Sühne, unterstützt von
der sittlichen Kraft, die ihn vor dem Schicksal eines Faust bewahrt
-- sollte sie nicht befriedigen? Aber ich glaube, es mag an der
Darstellung liegen; ich will viel und -- wie viel erreich’ ich?! --
Dieß fühl’ ich wohl, ein dunkler Mensch schreitet hier wie das Grauen
der Nacht durch die hellen, warmen, freundlichen Verhältnisse des
Lebens, schreckt, peinigt, wie er gleich zum Ewigen will, aus dem er
geboren, und _lebt_ nur in furchtbarer Resignation, aber gesühnt
doch, da -- er ein Künstler ist. Meine Conception war so und sah ich
das Stück im Weiten, scheint mir Manches erreicht, doch ist Darstellung
und erste Anschauung himmelweit verschieden. Mein verehrter, geliebter
Freund, was Sie mir Herzliches über dieß Stück sagen, hat mich
erschüttert. -- Noch einen Punkt wollt’ ich erwähnen. Mir scheint das
Gefühl, was man von „Clothar und Sulamith“ hinweg nimmt, doch nicht
Verdruß. Verdruß auch wohl, denn der Schluß erregte mir Pein und
Schmerz, Graun aber empfand ich auch und -- in der Liebe der beiden
Menschen Erhebung; ist Liebe doch unvergänglich! -- ich hätte noch viel
zu sagen -- auch über äußere Dinge, das Theater und einen dereinstigen
Verlag -- aber -- darf ich ja nun öfter schreiben. Sie sind in mein
Herz beschlossen und ich vertraue Ihnen innigst.

    _Wiese_.


Witte, Karl.

    Geb. am 1. Juli 1800 zu Lochau bei Halle. Kam 1822 als
    Extraordinarius zur juristischen Fakultät nach Breslau, wo er sehr
    bald eine Heimath fand und in verschiedensten Kreisen gelehrter,
    litterarisch-wirksamer, strebender, heiterer Genossen einen
    belebend-anregenden Mittelpunkt bildete. Poesie, Philologie,
    ästhetische Studien, trieb er neben seiner Berufswissenschaft,
    der Jurisprudenz. Er übersetzte Michel Angelo’s Sonette, dichtete
    selbsteigene, vertiefte sich in Dante’s Unergründlichkeit, schrieb
    treffende und eingehende Aufsätze über Kunstausstellungen und
    behielt immer noch Zeit übrig für geselligen Verkehr, den er
    mit Frohsinn, stets guter Laune und herzlicher Freundlichkeit
    zu schmücken wußte. Früh vermählt, wurde er sehr bald wieder
    Wittwer. Durch zweite Ehe zu vielen schlesischen Familien in
    verwandtschaftliche Beziehung getreten, rief ihn doch die
    Beförderung im Amte aus Schlesiens Hauptstadt gen Halle, wo er
    als K. Geheimerath seit geraumer Zeit lebt, lehrt, arbeitet --
    und immer noch seiner geliebten romanischen Poesie anhängt. Die
    rechtswissenschaftlichen Werke die er edirte, haben der Uebertragung
    von Dante’s lyrischen Gedichten, 2 Bde. (1842-43) -- nicht im Wege
    gestanden.


I.

    _Halle_, 25. Mai 1840.

    _Verehrter Herr Hofrath!_

Es geschieht mir so sehr selten, daß von mir Gedrucktes irgend sich
eignete, Ihnen angeboten zu werden, daß ich die beifolgenden Bogen,
die ein uns gemeinsam theures Land betreffen, schnell, wie sie als
Aushängebogen ohne Inhaltsangabe u. s. w. mir gestern zugekommen sind,
zusammenpacke, um einen Vorwand zu gewinnen, mich Ihnen wieder in’s
Gedächtniß zu rufen. Daß ich wünschte, Sie könnten Sich entschließen,
ein wenig von dieser Speise zu kosten, das kann ich freilich nicht
läugnen; verzeihn Sie mir aber, wenn ich, um ihr einen etwas
neapolitanischen Geschmack zu geben, ein Paar Flaschen Calabreser Wein
(Diamante), den ich kürzlich aus Italien zum Geschenk erhielt, mit
beipacke.

Noch habe ich ein Geständniß Ihnen abzulegen: Vor wenig Tagen habe ich
einen, nun fast 11 Wochen alten, Knaben taufen, und ihm in der Taufe
den Namen Ludwig beilegen lassen. Wollen Sie es, theurer Herr Hofrath,
genehm halten, daß der Knabe, hoffentlich nach manchem Jahrzehend,
sich stolz erinnere, daß er diesen Namen von dem Manne trägt, den noch
manches kommende Geschlecht eben so innig verehren wird, wie ich es
thue. Daß diese Bitte nicht minder die meiner Frau als die meinige ist,
darf ich wol nicht erst aussprechen, da Sie ihre Gesinnung kennen.

Zum 31. Mai wäre ich dies Jahr, wo die Communication erleichtert ist,
und der Tag auf einen Sonntag trifft, =sehr= gern nach Dresden
gekommen, Ihnen mündlich meine Verehrung und meine Wünsche zu sagen,
die beide gleich innig sind. Ich fühle indeß, wie Viele an diesem Tage
Sie umgeben werden, die Ihnen näher stehn und denen mich beizuzählen
mir nicht ziemt. --

Meine Frau und ich, wir haben uns Ihres gütigen Andenkens, von dem
Professor Erdmann uns berichtet, sehr gefreut. Die Erstere geht
mit zweien der Kinder in den nächsten Tagen nach Kösen in das Bad.
Hoffentlich führt noch der Sommer uns, oder doch Einen von uns nach
Dresden.

Der gnädigen Gräfinn und Ihren Fräulein Töchtern empfehlen wir Beide
uns angelegentlich, ich aber bin mit der innigsten, Ihnen wohlbekannten
Verehrung

    Ihr

    ergebner

    _Karl Witte_.


II.

    _Halle_, 26. Dec. 1846.

    _Innigst verehrter Herr Geheimer Rath!_

Zu einer Zeit, als ich kaum umgekehrt war von der Schwelle des Todes
erquickten mich unbeschreiblich die theilnehmenden Grüße und Anfragen,
welche Frau Professorin Solger von Ihnen meiner Frau überbrachte. Haben
Sie dafür tausend herzlichen, wenn auch verspäteten, Dank. Allmälig ist
denn die Krankheit nun ja mehr und mehr gewichen. Einige im Westen und
Süden verbrachte Monate haben neue Kräfte gegeben, und als Zeichen, daß
der Genesene nach seinen Vorlesungen und überhäuften Acten-Arbeiten
auch noch zu andern Dingen rüstig ist, sende ich Ihnen beifolgendes,
freilich ziemlich interesseloses Sendschreiben. Vielleicht indeß
erinnern die Notizen über alte Ausgaben der göttlichen Komödie Sie an
eine Episode einer Ihrer herrlichen Novellen.

Auf das Aeußerste erschreckte mich, als ich von Mailand zurückkehrte,
die Nachricht von Ihrer bedenklichen Erkrankung. Zwar lauteten seitdem
die Nachrichten Gottlob fortwährend günstiger, doch werde ich erst
dann vollkommen beruhigt seyn, wenn ich sie durch die zum Feste nach
Berlin gegangenen Freunde zu weiterem Guten bestätigt höre. Wie gerne
wäre ich während dieser kurzen Ferienzeit selber nach Berlin geeilt,
um mich persönlich von Ihrem Befinden zu überzeugen, wäre diese kalte
Winterluft meiner noch immer leidenden Brust nicht allzu gefährlich
und hätte nicht der ungewöhnliche Schnee mein sonst so beliebtes
Communicationsmittel, die Eisenbahn, fast außer Thätigkeit gesetzt.

Meine Frau, die mich beauftragt, ihre wärmste Verehrung und
Anhänglichkeit Ihnen auszudrücken, wie wir beide der Frau Gräfin uns
angelegentlich empfehlen, ist schon seit ein Paar Jahren fast immer
etwas leidend und der Gebrauch von Ems hat ihr dieses Jahr eher übel
als gut gethan.

Möchten im neuen Jahre meine herzlichen Wünsche für Ihr Ergehn recht
vollständig erfüllt werden, und möchten Sie Ihr theures Wohlwollen auch
ferner Dem erhalten, der mit innigster Verehrung sich nennt

    Ihren

    Ihnen ganz ergebnen

    _Karl Witte_.


Wolff, Pius Alexander.

    Geb. 1782 zu Augsburg, gestorben 1828 zu Weimar.

    Von Weimar, wo er zuerst das Theater unter Goethe’s Leitung
    betreten hatte; wo er, anfänglich mehr durch gesellige Bildung
    als durch sichtbaren Beruf, das Wohlwollen des Meisters gewann;
    wo er nach und nach sein Darstellungstalent entfaltete und jene
    unvergeßliche Epoche mit erleben und befördern helfen durfte, von
    welcher wir uns einmal zu schreiben erlaubt haben: „Jahrhunderte
    werden verrinnen; kommende Geschlechter werden die Tage in W.
    aufzeichnen, und auf den goldnen Blättern, die Göthe’s und
    Schillers Namen tragen, wird auch ihres Schülers und jungen
    Freundes gedacht werden.“ --

    Von Weimar kam er mit seiner Frau (Amalie Malcolmi) nach Berlin,
    um dort, allen Anfechtungen und plumpen Kabalen zum Trotz, die
    Ehrenstelle zu erringen und zu behaupten, welche Geist, Seele,
    edler Sinn, guter Geschmack, Humor, Fleiß, höchstes Streben
    einzunehmen verdienen. Es gelang ihm auf Kosten schwächlicher
    Gesundheit, die solchen Aufregungen unterliegen mußte. Mehrfache
    Reisen in mildere Klimate vermochten nicht mehr zu heilen. Sterbend
    kehrte er zurück; in kleinen Tagereisen brachte ihn die Frau bis
    Weimar.... und dort liegt er begraben. Eine Leier bezeichnet sein
    Grab.

    Wo er begann, durfte er enden. Wo Schiller und Goethe ruhen, fand
    auch Er die Ruhe.

    Er hat Mancherlei für die Bühne geschrieben. Sein altes Lustspiel
    Cäsario ist reich an komischen Situationen und eigenthümlichen
    Charakteren; es wirkt heute noch.

    Die Parodie: „Der Hund des Aubri“ ist voll von prächtigen Scherzen.
    Eben so das Lustspiel: „Der Kammerdiener.“ -- „Der Mann von Fünfzig
    Jahren“ darf für eine geistvoll dramatisirte Ausführung der
    Goethe’schen Idee gelten. -- Dasjenige seiner Schauspiele, welches
    die größte Verbreitung gefunden, möchte die schwächste seiner
    Dichtungen sein. Doch bleibt ihr der unsterbliche Ruhm, daß ohne
    _Preciosa_ die Welt C. M. Weber’s Musik entbehren würde; zu
    _solcher_ Composition die _Anregung_ gegeben zu haben,
    ist schon ein großes Verdienst.


I.

    _Berlin_, d. 16ten Nov. 1820.

    _Mein hochverehrter vielgeliebter Freund!_

Ich wage es, Ihnen diesen Titel zu geben und hoffe, daß Sie mir
deßhalb nicht zürnen werden, denn warum hätten Sie mir während meines
Aufenthalts in Dresden ein so schätzbares Wohlwollen gezeigt, mich
Ihren lehrreichen Umgang so freundlich genießen laßen, die Aeußerungen
meines Gemüths, das sich durch Ihren Geist und Ihre Persönlichkeit so
sehr angezogen fühlte, so liebreich aufgenommen? Ich verdanke Ihnen die
genußreichsten Stunden, die ich seit langer Zeit erlebt habe, in deren
Erinnerung mir unauslöschliche herrliche Eindrücke bewahrt bleiben.
Warum ist es mir nicht vergönnt, in Ihrer Nähe zu leben! wie freue
ich mich darauf, Sie wiederzusehen, meine Darstellungen Ihrer Prüfung
zu übergeben und Ihr Urtheil darüber zu empfangen; aber leider kann
ich noch nicht sagen, wann. Die Einweihung des neuen Schauspielhauses
ist noch immer unbestimmt, es war jetzt wieder davon die Rede, daß
sie zum Carneval stattfinden dürfte, es ist aber in allen diesen
Angelegenheiten kein rechter Ernst. Die Sache wird als ein Amusement
angesehen und so behandelt; eröffnen wir zum Frühjahr die Bühne, so
kann ich an keine Reise dencken vor dem Herbst; auf alle Fälle wird
man zu Neujahr sehen und schließen können, wie es wird. Die Paar
Wochen Ruhe in Dresden, wo ich Gelegenheit hatte, über unser Treiben
und Thun hier etwas nachzudenken, haben meinen Mißmuth an dem hiesigen
Theaterwesen nur vermehrt, und so wie ich die Sache gefunden habe,
auch die Stimmung des Publikums, dem die Ohren noch von dem Gebrüll
der †††† ausgeweitet sind; so könnte es wohl kommen, daß ich mich nach
einem anderen Wirkungskreiß umsehe. Das Trauerspiel hat keine Aussicht
aus dem jetzigen gedrückten Zustande herauszukommen, die Oper breitet
sich immer mehr aus, und es mag wohl auch eine Folge der Trompeten
und Pauken sein, daß man hier das Beste der Schauspielkunst in derben
Lungenflügeln sucht. Auf Lebensgenuß muß man ganz verzichten, es ist
kein Ruhepunkt in unserer Theatermaschine; von Vergangenem nie die
Rede, eine ewige Sorge für den anderen Tag, so peitscht man das Leben
vor sich her, als ob man es nicht erwarten könnte, damit zum Schluß zu
kommen. -- Verzeihen Sie, ich klage Ihnen über Dinge vor, die Ihnen
vielleicht längst gleichgültig geworden sind, weil Sie einsahen, daß da
keine Hülfe ist, wo man sie nicht anwenden kann oder darf.

Das beste Theater in Deutschland ist jetzt in Ihrem Zimmer, an Ihrem
runden Tische, bei 2 Lichtern, das dritte ist noch zu viel. Da ist
Ensemble, Styl, Harmonie, Inspiration, Humor und Alles was wir nur
wünschen können; dabei machen die Schauspieler dem Director keine Noth,
und er hat ein dankbares Publicum. -- An den König Johann habe ich noch
nicht kommen können, obgleich ich bereits alles vorbereitet habe. Da
ist noch so viel bestellte Arbeit, die ich erst vom Halse schaffen muß;
ich habe indessen den Spieler von Iffland einstudieren müssen, und den
Leuchtthurm in Scene gesetzt, der getheilten Beyfall fand; das ist zwar
bei Allem in der Welt der Fall: aber ich meine hier, die Aeußerungen
darüber waren getheilt. -- Mit Ihrer Ansicht von dem Hamlets-Monolog
kann ich mich noch immer nicht befreunden. Wenn seine Reflectionen
nicht auf den Selbstmord gerichtet sind, wie erklären Sie die Worte:
„Wer trüge Lasten und stöhnte unter Lebensmüh, wenn er sich selbst in
Ruhstand setzen könnte &c.?“

Vorige Woche hatte ich Maria Stuart und Wallenstein, diese Woche:
Kaufmann von Venedig, Ingurd und Lear; Sie können daraus sehen, wie ich
den Congreß in Troppau zu benutzen verstehe, dabei fahre ich noch einen
Tag in dieser Woche nach Potsdam und lasse dort die Sappho ins Wasser
springen; die Armen sehnen sich lange darnach, etwas Aehnliches fällt
dort das ganze Jahr nicht vor, als wenn sie ihre Katzen ersäufen.

Angeschlossen folgt denn auch das Schauspiel von Ihrem ergebensten
Diener, es ist mit Gesang und Tanz, denn es ist in Berlin gedichtet.
Halten Sie es würdig in dem geistreichen Kreise vorzutragen, der
Sie umgiebt, so möge es mein Andenken auf eine freundliche Weise
hervorrufen, und meine schönsten Grüße in die Mitte einer Versammlung
bringen, deren ich mit Dankbarkeit und herzlicher Zuneigung gedenke.
Das Manuscript bitte ich dann an den dortigen Theaterintendanten Herrn
von Könneritz abzugeben, der für eine sächsische Preciosa zu sorgen für
mich die Gefälligkeit haben wird.

Wie gern setzte ich diesen Brief fort, könnte ich mich überzeugen, daß
meine Aeußerungen einiges Interesse für Sie haben dürften. Wie nützlich
und erfreulich würde es mir sein, wenn ich in der Folge meine Zweifel
dem Meister schriftlich mittheilen, und seinen Rath erbitten dürfte,
doch darüber erwarte ich erst Erlaubniß. Ihre Zeit ist kostbar, sie
sei Ihrer Erholung oder dem Ruhme der Nation ferner geweiht, ich habe
Ihnen während meines Aufenthalts schon viel davon entwendet; aber das
sage ich Ihnen von Herzen, daß mich dieser Raub recht glücklich macht.
Es ist etwas Unschätzbares um die persönliche Bekanntschaft eines
Dichters, den man durch seine Werke liebgewonnen; ich fange von vorn an
Sie wieder zu lesen mit neuem doppelten Genusse. --

Für heute wie für immer bitte ich um Entschuldigung und Nachsicht, wenn
meine Briefe abgerissen und verwirrt scheinen, dieß ist eine Folge
meines métiers, es giebt der ruhigen Augenblicke so wenige, und man muß
sich den Kopf auf so mancherlei Weise füllen. Die Ifflandsche Prosa muß
auf der selben Stelle Platz nehmen, wo zuerst der Shakespear noch nicht
weichen will, das macht denn manchmal Unordnung im Gehirn, und so muß
ein tüchtiger Schauspieler wenn auch nicht verrückt, doch eigentlich
immer ein wenig verwirrt erscheinen.

Ich bitte den Damen meine Verehrung zu bezeigen, und meine neuen
Bekannte vielmal zu begrüßen; Ihnen mein lieber herrlicher Freund und
Meister meine unwandelbare Ergebenheit und Hochachtung.

    _Wolff_.


II.

    Herrn ~Dr.~ L. Tieck in Dresden.

In diesem Augenblick bin ich als Hamlet gestorben, und schreibe Ihnen
verehrter theurer Freund und Meister diese Zeilen noch in des Prinzen
von Dänemarks Kleidern. Es ist mir dieser Gruß, den ich Ihnen durch
Herrn Hillebrand, der mehrere Jahre bey unserem Theater angestellt war,
senden kann, eine Belohnung und große Freude. Er wird Ihnen von mir
erzählen, und Sie meiner ewigen Liebe und Verehrung versichern. Wenn er
von Ihnen den Schultheiß von Zalamea hören darf, gedenken Sie meiner!
Der Frau Gräfin und allen den Ihrigen meine besten schönsten Grüße!

    _P. A. Wolff_.

    _In Eile_.


III.

    _Berlin_, d. 5t. Dec. 1824.

Mit dem grösten Danke erkenne ich die freundschaftliche Theilnahme, die
Sie mir in Ihren Briefen darlegen, innigst geliebter verehrter Freund,
und glauben Sie mir, ich habe in Gedanken schon manche Lese- und
Theaterprobe mit Ihnen durchgemacht, Hamlet und König Johann vor Ihnen
dargestellt, und auch hin und wieder eine meiner Ansichten verfochten,
die Sie nicht billigten. Aber nur in Gedanken! Es geht so schnell nicht
mit einem Menschen, der durch Kontrakte gebunden ist. Wäre Graf Brühl
hier, so würde sich Alles viel schneller lösen, aber der Geschäftsgang
kehrt sich nicht an unsere poetischen Wünsche, und ich würde mir mit
Ungestüm nur den Kopf einstoßen. -- Der Gang der Sache ist folgender:

Meine Entlassung überlegt sich die General-Intendanz und trifft
Maßregeln unsere Plätze auszufüllen, denn sie muß mit Vorschlägen damit
an den Minister Fürst Wittgenstein gehen, sonst rückt die Sache gar
nicht, und hat dieser die Sache untersucht, so geschieht dem König
darüber der Vortrag. Umgehe ich Alles und schreibe an den König, was
mir einen Monatsgehalt Strafe kostet, so geht mein Schreiben an den
Grafen zurück, und beginnt den alten Weg. Indessen, wenn die Rückkehr
des Grafen Brühl sich verzögert, so schreibe ich doch an den König,
denn ich habe durch seine Abwesenheit eine Entschuldigung, da die
interimistische Verwaltung sich nicht damit befassen will. -- Obgleich
mein Weggehen viel Aufsehn machen und mancher es mißbilligen wird,
so zweifle ich nicht Entlassung zu erhalten, ich habe mir neuerdings
einige Feinde gemacht, die bey unserem Abschiede kräftig mitwirken
werden.

Glauben Sie nur, daß ich das Angenehme und Vortheilhafte unserer Lage
in Dresden vollkommen einsehe. Daß ich den Nutzen für meine Kunst,
der mir in Ihrer Nähe erwächst längst überlegt habe, daß es keiner
Aufforderung bedarf, einem schönen poetischen heitern in jeder Hinsicht
vielversprechenden Leben entgegenzugehen, und daß ich nichts versäumen
werde, was dazu wirken kann, aber an Neujahr glaube ich nicht. Bedenken
Sie nur ein so ungeheures Institut wie das hiesige Theater, und zwey
Mitglieder, die so einstudirt sind wie wir. Indessen gerade bey solchen
Gelegenheiten zeigt man Menschen, die man einmal aufgiebt, gern
eine Art Geringschätzung, und so wäre es auch möglich, daß sich die
General-Intendanz vor der Hand mit Gastrollen hilft, biß sie unsere
Plätze besetzen kann, aber auch dazu muß sie Zeit zu Maßregeln haben.

Denken Sie sich meine Lage, der ich gerade jetzt in dieser Ungewißheit
und mit Einem Beine im Bügel, mehr als je auftreten muß, und eine neue
Rolle nach der anderen zu memoriren habe. Mir vergehen manchmal die
Gedanken. Ein Paar hübsche neue komische Rollen habe ich in dieser
Zeit geliefert, worüber Sie recht ordentlich lachen sollen, wenn ich
sie Ihnen vorspiele. Es ist mitunter für den Künstler recht gut, wenn
er von allen Seiten gedrängt, gepufft und gezwickt wird, die Funken
leuchten um so heller, wenn es mit Gewalt Feuer geben muß.

Leben Sie wohl mein Freund, und wenn unsre Sache gut ausgeht, wollen
wir dem alten Shakspear noch viel anhaben, und uns in mancher heiteren
Stunde berathschlagen, wie wir unser Feuerwerk auf dem Dresdner Theater
losbrennen. Es soll schon gut werden!

Tausend Empfehlungen von meiner Frau, und von uns beyden allen den
Ihrigen.

Mit treuer Freundschaft

    Ihr

    _P. A. Wolff_.


IV.

    _Berlin_, d. 16t. Jan. 1825.

Wenn ich so lange zögerte Ihnen wieder zu schreiben, mein theurer
Freund, so war es, um meinen Unmuth zu bekämpfen, mit dem mich das
endliche Resultat meiner Engagementsangelegenheit in Dresden erfüllte.
Herr von Lüttichau wird Ihnen den Inhalt meines Briefes mitgetheilt
haben, ich habe alle Unterhandlungen abbrechen müssen. Graf Brühl hat
sich gleich nachdem er in Dresden von Herrn v. Lüttichau das Geheimniß
erfahren, nach allem erkundigt, und von Seifersdorf aus noch einen
Bericht an den König abgeschickt; ich habe diesen Bericht nach Empfang
der abschlägigen Antwort vor mehreren Tagen gelesen. Ich kann nicht
anders sagen, als daß der Graf, die Vortheile des ihm zur Verwaltung
anvertrauten Instituts im Auge behaltend, sehr wohlwollend gegen mich
gehandelt hat, er machte dem Könige den Vorschlag, unsere hiesige
Existenz zu verbessern, oder uns die Entlassung zu gewähren. Gleich
nach der Rückkehr des Grafen Brühl äußerte der König gegen ihn, daß er
uns unter keiner Bedingung entlassen würde. Dieß wurde mir unter der
Hand notifizirt, ich nahm aber darauf keine Rücksicht und betrieb mein
Entlassungsgesuch, bis denn endlich die Cabinetsordre erschien, die
in schmeichelhaften Ausdrücken uns den Abschied und jede Verbesserung
verweigert.

Noch blieb mir übrig, mich zum zweitenmale an den König zu wenden,
und ich machte bereits die erforderlichen Schritte, als mir angezeigt
wurde, daß jedes neue Gesuch an die General-Intendanz übergeben
würde, die mich nicht verabschieden dürfe, und ich mich der Ungnade
des Königs aussetzen würde. Damit war die Sache abgemacht. Wollte ich
mir meine hiesige Existenz nicht verderben, da ich mich auf keine
Weise meiner Kontraktsverbindung erledigen konnte, so mußte ich mich
ruhig verhalten. Es sollte mich wirklich recht schmerzlich bekümmern,
wenn Sie glauben könnten, daß ich nicht mit der tiefsten Wehmuth von
dem Gedanken scheide, mit Ihnen vereint zu leben und zu wirken; ich
hatte mich mit dieser Hoffnung schon so vertraut gemacht, daß ich
mit der bittersten Empfindung mein Luftschloß zusammenstürzen sah.
Aber was konnte ich weiter thun? Die Bequemlichkeit des Dienstes in
Dresden gegen den hiesigen alle Kräfte in Anspruch nehmenden, der
Reitz der Natur in der schönen Umgebung Ihres Ortes, vor Allem aber
die Gelegenheit mit Ihnen vereint ein tüchtiges, auf wahre Kunst
gegründetes Theater, wie wir es bis jetzt nur in Gedanken hatten, in
der Wirklichkeit zu bilden, sind zu lockende, zu wünschenswerthe
Hoffnungen für mich gewesen, als daß ich den Schmerz über den Verlust
aller dieser Aussichten so bald werde verwinden können. Habe ich je das
Handwerk in meiner Kunst, das Pflichtmäßige in meinem Dienste gefühlt,
so ist es jetzt in dieser Zeit des Unmuths, wo mir der Plan zu einem
tüchtigen Kunstverein, das Bild eines angenehmen Künstlerlebens noch
so nahe vor Augen liegt. Sie werden vollenden, was ich zu schaffen
träumte, ich bin für Ihre großen Hoffnungen gestorben. Möchte ich mir
bey dem Fehlschlagen meiner Wünsche nicht auch noch die Ungnade Ihres
Hofes zugezogen haben, und mir doch wenigstens die Aussicht bleiben,
vor Ihnen noch einmal mich als Künstler zu versuchen. --

Wenn Sie mir wieder schreiben, mein Freund, sagen Sie mir doch ein Wort
über den jungen Menschen, der sich der Bühne widmen wollte, den jungen
Convay[15], dessen Eltern mich mit ängstlichen Besuchen bestürmen.

Auch habe ich auf meiner Reise vergangenen Sommer ein Lustspiel
entworfen, und in dieser Zeit, wo mir Zerstreuung nothwendig war,
ausgearbeitet, das ich Ihnen mittheilen möchte. Geben Sie mir die
Erlaubniß so sende ich es zuerst an Sie, und es gehe durch Ihre Hand an
die Intendanz.

Leben Sie wohl mein Freund. Bin ich durch die Verhältnisse aus Ihrer
Nähe auch auf’s Neue verbannt, so haben die glänzenden Aussichten, ob
sie auch verschwunden, mein Herz und meinen Geist noch enger an Sie
gefesselt, und ich verbleibe mit ewiger Anhänglichkeit

    Ihr

    treu ergebner

    _P. A. Wolff_.



                                 =X.=

    Königl. Kammermusikus in Berlin. -- Wir unterdrücken den
    _Namen_ des Mannes, dem wir zwar den Muth zutrauen, daß er
    frei vor seinen Kollegen vertrete, was er muthig gegen Ludwig
    Tieck ausgesprochen; dem _wir_ jedoch eine ganze Schaar
    von Widersachern nicht auf den Hals hetzen wollen. Wir können
    ja, da er uns völlig fremd ist, gar nicht wissen, ob ihm nicht
    Verdrüßlichkeiten daraus erwüchsen? Dennoch durften Aeußerungen
    nicht unterschlagen werden, die so selbstständig, und für einen
    „Musiker vom Fach“ unerhört klingen, aber eben deshalb um so
    schätzbarer sind.


    _Berlin_, den 7ten Juli 1841.

Zuerst, hochgeehrter Herr Hofrath, muß ich um Verzeihung bitten,
daß ich nicht noch vor meiner Abreise erschien, aber das Gewitter
verhinderte mein zeitiges Zurückkommen in die Stadt. Es erfüllte mich
mit Unzufriedenheit und Unruhe, Sie nicht noch gesehen zu haben, und
doppelt fühlte ich mich getroffen, da nach meiner Rückkunft mich Mad.
K. mit den Worten empfing: Sie haben mir einen Brief mitgebracht! --
wobei sie in jugendliche Verzückung gerieth.

Wir haben jetzt einen hohen Genuß durch die Darstellungen der Pasta.
Sie hat einzelne Scenen aus Semiramis gegeben und den dritten Akt
des Othello; -- im königstädter Theater: Anna Bolena. Hier fand ich
vorgeführt -- nicht was man um sich sieht, noch sich vorstellen
kann, -- sondern eine Welt, erschaffen voll wahrer Empfindungen. Sie
gab in einzelnen recitirten Worten die ganzen Verhältnisse, nicht
nur subjectiv, vielmehr in Beziehung zu allen Uebrigen, unverkennbar
kund. Das war so groß, daß man nicht allein erblickte z. B. Stolz --
Verachtung -- Mitleid u. s. w. in bestimmten Scenen;... nein, daß man
überhaupt mächtig ergriffen fühlt und empfindet: was _ist_ Stolz,
was _ist_ Mitleid, was _ist_ Verachtung! Daß man es durch sie
_lernt_!

Die Musiker vom Fach, und Andere so ihnen nachbeten und sich ein Ansehn
geben möchten, sprechen nur von den „unreinen Tönen,“ und daß es „ihren
Ohren weh thäte!“ -- Oder sie betonen ihr Alter und ihren Bart!

Es ist wahr, sie singt zuweilen schneidend unrein; doch soll man sich
zum _Sklaven_ seines Ohres machen? Und die Höhe ist glockenrein,
in voller Lieblichkeit und Fülle.

Auch hier erinnerte ich mich Ihrer Worte, daß die Berliner im Theater
stets kritteln, einst auch ihren _Fleck_ nicht anerkennen wollten.
Die Kritik hat schon manchen Genuß verdorben. So viel ist gewiß: die
Pasta ist die schönste Ruine, die jemals bewundert werden konnte.

Da eben ein bedeutender Bücherkatalog erschienen, bin ich so frei,
Ihnen Hochgeehrtester denselben zu senden. Hoffentlich trifft er sie
noch an, und ich denke Sie haben jetzt mehr Muße, dergleichen zu
durchblättern, als in Sanssouci.

Ich lebe in der Hoffnung, Sie alsbald in Ihrer Vaterstadt zu sehen.

    Ihr Sie hochverehrender

    _X. X._



                             =Y..... von.=

    Dieser Brief eines jungen Kavallerie-Offiziers, den wir aus
    mehrfachen Gründen, ohne Bezeichnung seines Regimentes und dessen
    Standquartieres geben, verdient wohl zunächst um des Schreibers,
    wie um Tiecks Willen öffentlich bekannt zu werden.

    Dann aber kann es, denken wir, auch gar nicht schaden, wenn
    solch’ psychologisch-wichtiges Bekenntniß einer gewissen
    Klasse vornehmthuender Personen, die über Verächtlichkeit
    der Roman-Lektüre, Alles in einen Topf werfend, naserümpfend
    dociren, unter ihre verehrlichen Nasen gerieben wird. Sie mögen
    daraus lernen, daß auch aus „Romanen“ gar viel zu lernen ist....
    vorausgesetzt, daß Einer lernen will, und _kann_!


    ... den 19ten Oktober 1831.

    _Verehrter Herr Hofrath_.

Sie werden gütigst verzeihen, daß ein Unbekannter es wagt Ihnen einige
Momente Ihrer kostbaren Zeit zu rauben und Sie mit diesem Schreiben
zu belästigen, allein ich kann nicht anders, mein innerstes Gefühl
treibt mich dazu. So eben nämlich lege ich das Buch aus der Hand,
das mir in der letzten Zeit steter Begleiter gewesen und mir einen
unendlichen Genuß verschaffend, mich so ergriffen hatte, daß ich die
Stunden, die ich seiner Lectüre widmete, als die Hauptaugenblicke des
Tages betrachtete. Gern riß ich mich von aller Gesellschaft los, zog
mich auf mein Zimmer zurück, um ungestört dem William Lovell in den
Verschlingungen seines wunderbaren Schicksales zu folgen. Haben Sie
den größten, innigsten Dank, verehrtester Herr Hofrath, daß dieser
Schatz nicht Manuscript blieb, sondern von Ihnen auf so schöne Weise an
das Licht gestellt, die Gelegenheit darbot, daß jeder fühlende Mensch
nicht allein hohen Genuß, sondern auch die tiefste Belehrung daraus zu
ziehen vermochte. Welches Gefühl muß es gewesen sein, Schöpfer dieser
Welt zu werden, denn anders als eine Welt, ein ganzes Universum, kann
ich William Lovel, dieses Meisterstück, nicht nennen. Welchen Genuß
muß es Ihnen gewährt haben, einen Stein des herrlichen Gebäudes in
den andern zu fügen, bis es endlich sowohl zur staunenden Bewunderung
Aller, als auch gewiß zur innigen Freude des Meisters in seiner hohen
Vollendung dastand. Sollte mir der gütige Gott je die Freude schenken,
Verfasser eines Werkes zu sein, das nur in einigen Punkten entfernt
wagen dürfte, sich diesem an die Seite zu stellen, ich glaube, mir
würde der Zweck meines Lebens großentheils erfüllt zu sein scheinen.
Sie lächeln vielleicht, verehrtester Herr Hofrath, und meinen, daß ich
etwas lovelisire, allein, was ich bis jetzt gesagt, mußte ich sagen,
um meinen Gefühlen über den gehabten Genuß etwas freien Lauf zu lassen.
Gehe ich aber zu einer näheren Definition über, was mich eigentlich so
tief ergriffen, so ist es dies, daß Lovel’s sowohl, wie seiner Freunde
Leben mir in mannigfacher Beziehung der Schlüssel zu meinem eignen
geworden und ich Vieles nun in voller Klarheit sehe, was mir vordem
düster, verhüllt und unentwirrbar erschien. Ganze Stellen, ja ganze
Briefe sind geschrieben, als wenn ich Ihnen offenherzige Bekenntnisse
gemacht, die Sie hernach dem Papier anvertraut hätten. Ich stehe jetzt
im 24sten Jahre und kann nicht läugnen, daß grade wie Sie, verehrter
Herr Hofrath, Lovel schildern, ich in manchen Punkten fühlte und noch
fühle. Dies stete Treiben und Drängen nach etwas Ungewissem, noch nie
Erhörtem, Wunderbarem bewegte so oft meine Brust und übergab mich
tausend räthselhaften Gefühlen. Die Ueberzeugung, wie ich gedacht, habe
noch nie ein Anderer gedacht, ich sei ein ganz besonderes, befähigtes
Individuum, mir könne Niemand nachempfinden und nachfühlen, verfolgte
mich überall. Ohnerachtet ich schon theilweise durch Erfahrung dahin
kam, zu gewahren, daß viele Gedanken, die ich als eine mir nur
ausschließlich zuertheilte Gabe betrachtete, doch auch schon in den
Köpfen anderer Leute gewesen und nur mein Mangel an Menschenkenntniß
mich dies nicht habe erkennen lassen, ohnerachtet ich mich mit dem
Schwunge meiner himmelanstrebenden Gedanken alle Augenblicke ganz
niedrig und dicht an der Erde kriechend entdeckte, ohnerachtet aller
dieser Bemerkungen konnte ich mich doch eines gewissen Gefühles von
Hochmuth nicht erwehren, indem ich andere Menschen mit mir verglich.
Hierin wurde ich noch mehr dadurch bestärkt, daß zuweilen, wenn ich
Ansichten über Gegenstände aussprach, die Leute mich nicht begreifen
konnten und das fast für verrückt erklärten, was doch nur das
natürliche Resultat meiner innersten Ideenfolge war. Dies betrübte
mich aber sehr, namentlich bei jungen Leuten meines Alters, wo ich mich
anschließen wollte und immer mißverstanden, nie einen eigentlichen
Freund fand und gefunden habe. Ich dachte öfters an die Worte eines
Dichters:

    Ich kanns der Welt nicht nennen
    Was meine Sehnsucht hegt.
    Sie würde doch verkennen
    Was niemals sie bewegt.
    Drum berg’ ich meine Thränen
    Und laß sie Niemand sehn,
    Sie soll’n mich glücklich wähnen
    Weil sie mich nicht verstehn.

Deßhalb ergriff ich auch die Rolle eines sogenannten amüsanten
Menschen, zog über mein ganzes Wesen eine gewisse schimmernde
Lustigkeit, tanzte leicht auf der Oberfläche des Lebens dahin und war
Allen angenehm, indem ich Niemand in die Nothwendigkeit versetzte, viel
oder tief zu denken, und zuweilen den Leuten das Zwergfell angenehm
erschütterte, aber innerlich blieb Unruhe und Zweifel und Balders
verwegner Drang den Vorhang, der uns ja überall dicht umgiebt, den
Vorhang einer neuen uns geahnten Geisterwelt zu lüften. Wie schön ist
der Charakter von Balder durchgeführt, wie wahr dieses dem jungen
Menschen so eigne Anstemmen und Anspringen gegen die uns umgebende
beengende Körperwelt, es ist wirklich zu schön. Doch ich hatte mir
vorgenommen ganz ruhig zu bleiben, indem ich dies schriebe, aber wenn
nun das Gelesene mir wieder vor die Seele tritt, mit dieser umfassenden
Menschenkenntniß, dieser in der tiefsten Brust geschöpften Wahrheit,
so erhebt sich mein Enthusiasmus immer von Neuem. Ich fahre in der
Schilderung meines eignen Ichs fort, aber bloß um Ihnen, allverehrter
Herr Hofrath, zu zeigen, wie mich Lovell in den innersten Fibern
meines Wesens berühren und erschüttern mußte. Durch dieses Sinnen und
Grübeln in stillen Stunden, wenn das Gelächter und Geräusch um mich
her verhallt war, kam ich auf den gefährlichen Weg, welchen Sie Andrea
Casino wandeln lassen, nämlich den, mit Menschen spielen zu wollen.
Da ich von Kindheit an einen überwiegenden Hang zur Bühne hatte, auch
da wo ich in Liebhabertheatern auftrat, nicht ohne einigen Beifall
spielte, so fand ich den abgenutzten, aber doch wahren Vergleich des
Menschenlebens mit einem großen Drama, ganz vortrefflich und beschloß
meine Rolle recht ~con amore~ zu spielen. Dann ging ich hin,
beobachtete die Menschen, lauerte ihnen ihre Schwächen ab, was ja
oft so leicht ist, wußte sie zu gewinnen, sprach mit diesem über die
ernsthaftesten, heiligsten Gegenstände, mit jenem im Augenblicke darauf
über die frivolsten mit gleichem Feuer und gleicher Lebendigkeit,
und fand mich dann der dunkelnde Abend in meiner Behausung, so
dachte ich oft: was für ein Mensch bist du! wie hast du dein Wesen
in der Gewalt! mit welcher Leichtigkeit springst du von einem Pol
deines Seins zum andern! wie leicht kannst du dich in jede Rolle
werfen! Ich verblendeter, eitler Thor, ich glaubte nun die wahre
Lebensphilosophie gefunden zu haben, und bedachte nicht, daß während
mir die Menschen als Spielbälle erschienen, ich vielleicht der in
der Hand von hundert anderen war. Sonderbar erschien ich mir nie als
Heuchler, denn in eine Rolle mit rechtem Eifer hineingegangen, währte
es nicht lange, daß ich fühlte, was ich nur zu spielen beabsichtigte.
Doch, verehrtester Herr Hofrath, wäre dies so fortgegangen ohne
alle Gegenwirkung, ich befände mich jetzt schon da, wohin Andrea
Casino in seinem 80sten Lebensjahre gelangt. Aber dies Gegengewicht
war auch bei mir, worauf Sie im Lovel immer so überaus rührend und
heilig hinweisen, die Erinnerung aus der Kindheit. Von einer frommen
verständigen Mutter erzogen, war mir der Glaube an einen allgütigen,
allliebenden Schöpfer so fest eingewurzelt, und hoffe ich zu Gott,
wird es auch immer bleiben, daß wenn mich meine gute Mutter recht
ernst und liebevoll darauf zurückführte, es nie seine große Wirkung
verfehlte, und ich Tage und Monden hindurch jedes Forschen in den
Hintergrund meiner Seele zurückdrängte. Dann erschien mir das Leben
so unendlich einfach, alle Verhältnisse so leicht, trat mir aber
wieder der Zweifel näher, dann thürmten sich Berge hinter mir, Berge
vor mir und Beklommenheit, Angst, unendliche Angst zogen von Neuem in
mein Herz. In diesem Zustande befand ich mich wieder in der letzten
Zeit; ein älterer Kamerad der theilweise meine Gemüthsstimmung zu
ahnden schien, schlug mir vor den Lovel zu lesen, ich las, ich las
wieder immer von Neuem und -- doch Herr Hofrath Ihnen wird aus meinem
Schreiben klar geworden sein, wie er mich ergreifen mußte. Ich habe
Predigten, Erbauungsbücher mit vieler Aufmerksamkeit gelesen, aber
ganze Compendien über die Religion und ihre Theorieen konnten mir
nicht soviel wahrhaften Nutzen bringen, wie Lovel es gethan. Zwar
hat meine Eitelkeit den furchtbarsten Stoß erlitten, zwar liegt das
ganze Gebäude meiner innern Selbstgefälligkeit, meines geistigen
Anschauungsvermögens, meiner noch nie gedachten Gedanken, in Schutt
und Trümmern, denn ich, der ich glaubte ein Original zu sein, finde
mich in einem Buche wieder, daß verfaßt wurde, ehe ich das Licht der
Welt erblickt hatte; von der isolirten Höhe, wohin mich mein irrer
Wahn geführt, steige ich herab und sehe, daß ich ein ganz gewöhnlicher
Mensch bin. Alle meine wunderbaren Gedanken, mein Forschen, Grübeln,
alles ist schon einmal dagewesen und ich ausgezeichnetes Original
bin nichts als eine schlechte Kopie, denn halten Sie mich nicht für
anmaßend genug, verehrter Herr Hofrath, mich etwa Loveln oder einem der
andern Erscheinungen in diesem Buche an die Seite stellen zu wollen;
nein so hoch stehe ich gar nicht, nur in einigen Zügen gleiche ich
ihnen und die dienen dazu, mich tief bis in das innerste Gemüth zu
beschämen. O so aus seinem Himmel, seiner selbstgeschaffnen Welt der
Einbildung und Selbstgefallsamkeit herausgestürzt zu werden ist hart,
sehr hart, doch tröstet mich der Gedanke, daß es wenigstens durch
Ihre, durch die Meisterhand des Genies geschah. Wie wahr sagen Sie
vom Enthusiasmus, daß er nicht ein regelloses, zerstörendes Feuer,
sondern eine durch den Verstand geläuterte, sanft erwärmende Flamme
sein müsse. Nun ist mir auch klar geworden, was mich in Ihren Werken,
Ihren Novellen anzog, eben dieser durch den Verstand gebändigte
Enthusiasmus oder besser gesagt, diese durch den Verstand geregelte und
gedämpfte Poesie und Phantasie. Doch ich fange an abzuschweifen und,
allverehrter Herr Hofrath, Sie könnten auf den Gedanken kommen, daß ich
einer jener Menschen bin, die, sobald sie mit einer ausgezeichneten
Persönlichkeit, einem berühmten Schriftsteller in Berührung kommen,
rasch alle ihre Verstandeskräfte zu concentriren suchen, sie künstlich
zusammenschrauben, um nur auch recht geistreich in der Nähe dieser
großen Geister zu erscheinen. Ich habe diese Bemerkung schon öfter im
Leben gemacht, und hat es mich immer sehr unangenehm berührt, wenn
die Menschen und namentlich Frauen in ganz gleichgültigen Aeußerungen
ausgezeichneter Persönlichkeiten, immer einen tiefen Sinn zu finden
suchten, um eben nur auch recht tief und gehaltvoll antworten zu
können, und dann gewöhnlich irgend ein verschrobenes Gewächs geistiger
Affektation zu Tage förderten. Nein Herr Hofrath, vor Ihrem umfassenden
Geiste will ich nichts, gar nichts sein, mein Stolz ist durch William
Lovel dahin geschwunden, und ich denke nur, zu welcher vollendeten
Lebensanschauung Sie jetzt im späteren Alter gelangt sein müssen,
da William Lovel als Produkt Ihrer jüngeren Jahre schon so ganz den
Stempel der Vollendung trug. Doch zu lange habe ich Ihre Geduld
ermüdet, verehrter Herr Hofrath, ich hoffe aber Sie werden die
Absicht dieses Schreibens nicht verkennen, dem innige, tief gefühlte
Dankbarkeit zum Grunde liegt. Eine ältere Dame, der ich davon sprach,
daß ich Ihnen schreiben müßte, sagte: wer wird denn einen ganz fremden
Menschen so ~au fait~ von seinen Gefühlen setzen? sein sie nicht
zu offenherzig; der Schriftsteller ist, wenn er schreibt, ein Anderer,
als im gewöhnlichen Leben. Doch ich habe mich nicht abschrecken lassen,
ich bin überzeugt, Sie nehmen den Zoll meines Dankes, den ich Ihnen
mit aller Offenheit einer jugendlichen Brust darbringe, freundlich und
nachsichtig auf und verzeihen mir meine Kühnheit, die die Veranlassung
wurde, daß Sie sich einige Augenblicke mit einer so unbedeutenden
Persönlichkeit wie der meinigen beschäftigen mußten.

    Mit der allerausgezeichnetesten Hochachtung

    _von Y....._,

    Lieutenant im .......... Regiment.



               =Zedlitz, Josef Christian, Freiherr von.=

    Geb. am 28. Februar 1790 zu Johannisberg in österreichisch
    Schlesien, -- aus dem alten Geschlechte der Z. von Nimmersatt,
    deren Stammburg noch zu sehen ist auf dem Wege von Hirschberg nach
    Bolkenhayn, -- gestorben in Wien 1862.

    Todtenkränze (1827.) -- Lyrische Gedichte (1832.) -- Dramatische
    Werke, 4 Bde. (1830-36.), darunter: Turturell -- Zwei Tage zu
    Valladolid -- Kerker und Krone. -- (Den Lope de Vega’schen Stern
    von Sevilla, den Malsburg nur aus der Umarbeitung des Trigueros
    übersetzte, weil das Original fehlte, versuchte Z., auf jenes
    spanischen Umarbeiters Andeutungen fußend, der ursprünglichen
    Dichtung gemäß wieder herzustellen, und zwei weggestrichene Akte
    zu ergänzen.) -- Waldfräulein (1843.) -- Soldatenbüchlein, 2 H.
    (1849.) -- Altnordische Bilder, 2 Th. (1850.) -- Byrons Child
    Harold übertrug er sehr frei. -- Seine Soldatenlieder (1848-49.) --
    haben ihn zum Liebling des tapferen österreichischen Heeres gemacht.


    _Wien_, d. 17. Decemb. 1833.

    _Hochverehrter Herr!_

Ich übersende durch Madame Brede der Hoftheater-Direction meine neuste
dramatische Arbeit „_Kerker und Krone._“ Ich kann das Stück nicht
an seine Bestimmung abgehen lassen, ohne der wohlwollenden Gesinnungen
gedenk zu seyn, mit denen Sie, wie ich erfuhr, die Aufführung meiner
Bearbeitung des Sterns von Sevilla vielfach mit Rath und That
unterstützten. Wenn auch das Interesse, das Sie dem Stücke zuzuwenden
die Güte hatten, zunächst nur dem großen Erfinder, und nicht mir,
seinem schwachen Nachbildner gelten konnte, so wird meine Verpflichtung
dadurch nicht geringer, und endlich bin ich froh, dabei zugleich
Gelegenheit zu finden, dem Meister, der durch Lehre und Beispiel
vor Allen fruchtbringend gewesen, die Hochachtung und Verehrung
ausdrücken zu können, die ich für ihn hege. -- Ich bin im Stoffe meines
Schauspiels zufällig mit Raupach zusammen getroffen, indeß ist die
Behandlung desselben so durchaus verschieden, daß unsere Stücke, außer
der historischen Grundlage durchaus nichts Aehnliches haben. Raupach’s
Arbeit schließt sich unmittelbar an das Göthe’sche Stück an, und sucht
eine genaue Fortsetzung desselben zu bilden. Ich hatte nie den Muth,
etwas dergleichen zu versuchen, und mochte mich auch nicht entfernt
dem Nachtheile aussetzen, dem eine solche gewagte Annäherung niemals
wird entgehen können. Wenn daher Raupach’s Stück mehr die Verhältnisse
Tasso’s zum Hofe zu Ferrara nach der gegebenen Grundlage Göthe’s
fortzuspinnen sucht, so kommen dieselben in meinem Stücke nur insoweit
zur Sprache, als sie nicht umgangen werden konnten, und die Aufgabe
die ich mir gestellt habe, war vorzüglich die, zu zeigen, wie eine
wahre, hohe Dichternatur siegreich aus jedem Kampfe mit den äußern
Verhältnissen hervorgehe, und wie drückend diese immer erscheinen
mögen, das Genie in sich selbst Halt genug finde, ihrer Herr zu werden.
Ich bin mir durchaus keiner noch so entfernten, fremden Einwirkung
bewußt, und wenn bei anderen früheren Arbeiten mir mehr oder weniger
Muster vorschwebten, die nicht ohne Einfluß auf dieselben blieben, so
ist diese durchaus aus meinem innersten Wesen hervorgegangen, und in
dieser Beziehung mag sie wohl ziemlich Alles enthalten, was ich zu
leisten vermag. --

Vielleicht ist es mir möglich im nächsten Jahre nach Dresden zu kommen,
und mich Ihnen persönlich vorzustellen, ein Wunsch, der schon seit
Jahren zu meinen liebsten gehört. Als Sie zuletzt in Wien waren, war
ich leider auf meinem sehr entfernten Gute in Ungarn, und die flüchtige
Begegnung, der ich mich vor vielen Jahren bey meiner Durchreise durch
Dresden zu erfreuen hatte, und die wohl schon zu fern liegt, als daß
Sie sich derselben noch erinnern sollten, hat mich nur seither inniger
nach dem Glücke verlangen gemacht, einmal einige Zeit in Ihrer Nähe
zubringen zu können. Möge kein ungünstiger Zufall die Erfüllung dieses
Wunsches allzusehr hinausschieben, und mir bald die Freude zu Theil
werden, Ihnen mündlich sagen zu können, wie hoch ich Sie verehre, und
mit welcher Bewunderung und Liebe ich bin

    Ihr

    innigstergebner Diener

    _Zedlitz_.



        =Zieten, Karl Friedrich Daniel von (genannt Liberati).=

    Geboren am 5. Januar 1784 zu Neubrandenburg in Mecklenburg,
    gestorben 1844 zu Berlin.

    Die Familie Z. theilte sich von Alters her in zwei Linien; die
    eine: _Dechtow_ (die sogenannte schwarze, jetzt Graf Z.), und
    die andere: _Brunne-Wustrau-Wildberg_ (die sogenannte blonde).
    Letztere zweigte sich früher schon in drei Aeste ab. _Wustrau_
    ist ausgestorben mit dem Sohne des „alten Zieten“ aus Friedrichs
    des Zweiten Zeit.

    Liberati’s _Vater_ gehörte zur Brunner Linie, welche mit
    Wildberg noch in Lehnsverband steht. Er war verheirathet mit
    Johanna Bertha von Niesemeuschel aus Schlesien, war Lieutenant
    bei Zieten-Husaren, zog dann nach Mecklenburg, hielt ein
    bedeutendes Vermögen nicht zu Rathe, nahm späterhin Würtembergische
    Dienste und starb 1812 in Stuttgart als Obrist und Chef des
    Ehren-Invaliden-Bataillons. Er hinterließ zwei Söhne, deren
    ältester _unser_ Z. Liberati.

    Dieser ist anfänglich in preußischen Diensten, entweder beim
    Regiment Kunheym- oder auch bei Zieten-Husaren (?) gewesen, ist
    nach 1806 Mecklenburgischer Forstmeister, dann Schauspieler, 1813
    wiederum Soldat, 1814/15 wiederum Schauspieler geworden, und hat
    sich mit Ulrike Prinzessin von Nassau, die er in Wiesbaden kennen
    lernte, vermählt. Selbige Ehe ist, weil der Prinzessin Vater sie
    desavouirte, bald wieder aufgelöst, ihm jedoch von der geschiedenen
    Gemahlin, nach deren Tode von ihren Erben, Pension gezahlt worden.
    Eine Zeitlang führte er mit Feige das Cassel’sche Theater, schied
    aber 1816 aus der Direktion und spielte nur als Ehrenmitglied, ohne
    Gage.

    Nachdem Küstner das Leipziger Theater in Blüthe gebracht, fungirte
    Liberati als Regisseur und Schauspieler daselbst. Aus dieser
    Epoche, in welche seine Bestrebungen fallen, Shakspeare und Holberg
    auf deutschen Bühnen heimisch zu machen, stammen auch die Briefe an
    Tieck.

    Er schloß das zweite Ehebündniß mit einer sehr hübschen Frau, die
    ihn nicht glücklich machte. Ueber seine Schicksale vom Zerfall
    des Leipziger Theaters bis in die dreißiger Jahre konnten wir
    nichts Näheres in Erfahrung bringen. Sicher ist, daß er um 1837
    Mitdirektor der für Danzig, Elbing, Tilsit &c. konzessionirten
    Schauspieltruppe war. Diese Existenz drückte ihn, und sein
    häusliches Verhältniß erhob ihn nicht. Sobald 1839 sein Bruder
    gestorben und ihm wieder einiges Geld zugefallen war, benützte
    er diese Hilfe, sich vom Theaterwesen gänzlich loszureißen,
    und begab sich nach Berlin, wo er frühere mechanische und
    technische Studien praktisch zu verwerthen gedachte. Sein letztes
    Erzeugniß litterarischer Thätigkeit gilt nicht mehr Shakspeare’s
    Einbürgerung, sondern _der Seidenraupenzucht_. Die kleinen
    Reste aus mehrfachen Schiffbrüchen geretteten Vermögens wurden
    nach und nach verexperimentirt -- und er entsagte dem Leben.
    Ein genialer, vielbegabter, durch Herzensgüte und Geist gleich
    ausgezeichneter Mensch ist in ihm untergegangen. --

    Und so beschließt den langen Reigen wechselnder Gestalten, die in
    diesen Büchern an uns vorüber zogen, ein Mann der den Namen eines
    Helden aus dem siebenjährigen Kriege führt; des Krieges von dessen
    heroischen Nachklängen Ludwig Tieck’s bürgerlich-treu-preußisches
    Vaterhaus wiederhallte, mit denen das Kind aufwuchs. -- Ein Mann,
    den poetisch-dunkler Drang auf die Bretter führte; nach welchen
    Tieck der Jüngling sich schwärmerisch gesehnt; -- ein Mann, der
    sich in Shakspeare’s Herrlichkeit versenkte, und manche jener
    ewigen Schöpfungen glücklich darstellte; -- ein Mann endlich, der
    kein Glück in Ausübung der Kunst, keinen Frieden im Streben, keine
    Ruhe auf Erden fand, der Ruhe in der Erde gesucht hat, Frieden im
    Jenseits!


I.

    _Leipzig_, den 28sten März 1823.

    _Verehrter Herr Doktor!_

Verzeihen Sie mir, wenn ich Sie brieflich belästige -- verzeihen Sie
mir es um so mehr, als Sie vielleicht durch die Nichtbeantwortung
meines früheren Schreibens, worin ich Sie um Ihr gütiges Urtheil über
meine Uebersetzung und Bühneneinrichtung des _König Lear_ bat, mir
andeuten wollten: daß ich Sie künftig mit ähnlichen Bitten verschonen
möge? Es schmerzt mich indeß zu tief, von dem einzigen Kopfe, der den
Geist Shakspears ganz ergründete, auch nicht die kleinste Belehrung
darüber erhalten zu sollen: ob ich in meinen Bestrebungen, den größten
dramatischen Dichter auf die jetzige Bühne zu bringen, irre, oder recht
gehe? Daß Sie mir wenigstens nicht _zürnen_ werden, wenn ich den
Versuch einer ähnlichen Bitte, wie die mir früher nicht erfüllte, von
neuem wage.

Sie erhalten durch meinen Freund Winkler hier Shakspears ~What you
will~, von mir für die Darstellung eingerichtet, und im Anfang
zugleich nach eigner Ansicht umgeformt. Das: Warum? dieser Umformung
ist vielleicht eine Kühnheit, die zu tadeln ist -- doch geschah es
nicht aus bloßer Laune, und um das Publikum mit einem Erzeugniß meiner
Fantasie bekannt zu machen; sondern aus der Absicht: den Zuschauer
allmählich auf den höchst originellen Boden zu führen, auf welchem
das ganze Stück steht. Sie werden ohne Mühe erkennen, was mein, und
was aus Shakspear genommen ist? mögte das Erstere Ihnen wenigstens
mein Bestreben andeuten, in der Art des großen Dichters darstellen
zu wollen, ohne die Charakteristik seiner poetischen Menschennaturen
zu verlöschen. Könnten Sie sich entschließen, verehrter Herr Doktor,
meine Arbeit mit ruhigem Sinne durchzulesen, und mir Ihr Urtheil über
dieselbe, ohne alle Rücksicht unumwunden mitzutheilen, so würden Sie
dadurch eine Blume auf den Weg meines Künstlerlebens streuen, die mir
nie verwelken kann.

Der leider ganz versinkenden Schauspielkunst durch würdige Aufgaben
die Möglichkeit einer neuen Erhebung zu bewirken, ist mein Zweck in
allem, was ich mit der Feder für die Bühne thue -- und frey von jedem
Eigendünkel, muß ich dabey die Belehrung des Mannes -- der endlich
seine Stimme erhob, und der Bühne unverholen sagt: was sie ist und
was sie seyn sollte, was außer ihr heut zu Tage Niemand mehr weiß
noch sagen kann -- suchen, und sollte ich sie finden, jede seiner
Andeutungen, gleich den Worten eines Propheten, beherzigen.

Gleichfalls zur Erreichung meines oben angegebenen Zweckes habe ich
zwey Holbergische Lustspiele: _der Geschäftige_ und _der
geschwätzige Barbier_, für die Darstellung bearbeitet, und dem Herrn
Geheimen Rath von Könneritz Abschriften davon zur gefälligen Prüfung
eingesandt. Der _Barbier_ ist fast ganz der Urgestalt gleich, und
nur mit Weglassung desjenigen, was dem heutigen nicht reinen Publikum
unrein erscheinen dürfte, von mir nach Hamburg gesandt worden --
dort so gegeben und völlig durchgefallen. Daß dies am Stücke nicht
liegt, darf ich Ihnen nicht sagen -- wohl aber ist es ein Beweis, daß
wir keine Schauspieler mehr haben, die einen Holbergschen Charakter
darstellen können! Die Ueberzeugung hievon hat mich nun vermocht, dem
Lustspiele jezt durch Abkürzungen und Hinzufügungen eigner Ideen, eine
den Darsteller des Gert mehr unterstützende Gestalt zu geben; und bin
ich nicht aus dem Charakter gewichen? so glaube ich fast, daß Gert
Westphaler jezt auf der Bühne von Wirkung seyn dürfte.

Ich habe Herrn von Könneritz gebeten, über meine Arbeiten Ihre
Meinung zu hören. Möchten Sie die Güte für mich haben, auch mir diese
unverhohlen mitzutheilen.

Zwar kann ich kaum glauben, Ihnen, verehrter Herr Doktor, durch
wesentliche Gegendienste das Glück je vergelten zu können, was Sie
mir gewähren, wenn Sie mich Ihrer Belehrungen würdigen, denn ich
fühle meine Unbedeutendheit zu sehr in allem, wodurch ein Geist wie
der Ihrige erfreut werden könnte! Doch will ich Ihnen wenigstens das
Einzige nennen, wodurch Sie selbst sich vielleicht durch mich etwas
Angenehmes bewirken können.

Ihres Neffen Aufenthalt hier in Leipzig, so wie sein innerer und
äußerer Zustand, ist Ihnen ohne Zweifel bekannt. Wilhelms Vormund,
Baron von Fouqué, hat mich mit dem Auftrage beehrt: den Wandel des
sich oft verirrenden jungen Mannes durch Rath und That zum Guten zu
leiten, so viel es in meinen Kräften steht; und ich habe die Erfüllung
dieses ehrenden Auftrages als heilige Pflicht übernommen. Ist es für
Sie, verehrter Herr Doktor, von Interesse, auf das geistige Leben Ihres
Neffen in Einwirkung zu treten, und wollen auch Sie, wie Fouqué, mich
hierin zum Mittler gebrauchen, so hoffe ich Ihnen durch den Eifer,
womit ich Ihre Wünsche erfüllen werde, meine hohe Ehrfurcht für Sie an
den Tag legen zu können.

Sehen Sie in diesem Erbieten meine ehrlichste herzlichste Absicht: Sie
von den Gesinnungen überzeugen zu wollen, womit ich mich ungeheuchelt
nenne

    Ihr

    innigster Verehrer

    _v. Zieten_,

    Regisseur des hiesigen Stadttheaters.


II.

    _Leipzig_, den 7ten Febr. 1824.

    _Wohlgeborner Herr_,

    _Hochzuverehrender Herr Doktor!_

Es ist wohl nicht zu bezweiflen, daß Sie triftige Gründe haben, mit mir
unter keiner Bedingung in irgend eine Berührung treten zu wollen --
ohne daß ich mir indeß bewußt bin, Ihnen dazu nur _einen_ Grund
gegeben zu haben -- indem weder mein redlichstes Bestreben: Ihren
Neffen, so lange er meiner Aufsicht anvertraut war, auf einen Lebensweg
zu bringen, der ihn unter die Zahl der achtungswerthen Menschen führen
mußte, noch meine wiederholten Bitten: mir Ihre gütige Meinung über
die Ihnen zugeschickten Bearbeitungen eines Shakspearschen und zweyer
Holbergischen Lustspiele mitzutheilen, Sie bewegen konnte, mich auch
nur der kleinsten Zuschrift zu würdigen. Ich kann es nicht leugnen,
daß mich diese Ihre Geringschätzung tief schmerzt -- doch maße ich mir
kein Recht an, Sie deshalb zu tadeln -- da Sie das: Warum, ohne Zweifel
vor sich selbst rechtfertigen können. Doch da ich gewiß bin, Sie
wenigstens nie wissentlich beleidigt zu haben -- so darf ich vielleicht
erwarten: daß Sie meinem geehrten Freunde, Hofrath Winkler, auf einige
Fragen über meine Arbeiten eine mündliche, rücksichtslose Antwort
ertheilen; indem Sie ja hiedurch wie bisher, außer aller Berührung mit
mir bleiben, und so Ihrem Vornehmen in Bezug auf mich nicht untreu zu
werden brauchen.

Tadeln Sie mich dieser neuen Zudringlichkeit wegen nicht; denn, möge
_ich_ Ihnen auch so wenig gelten, wie man einem nur gelten kann --
_Ihr_ Ausspruch über den Werth oder Nichtwerth meiner Arbeiten,
gilt mir dennoch so viel, daß er allein mich zu dem bestimmen kann, was
ich ferner mit denselben vornehmen werde.

Herr Hofrath Winkler wird mir mittheilen, was Sie ihm sagen, und ich
erinnere nur noch: daß mir über alles, was mein Streben der Kunst zu
nützen betrifft, das strengste Urtheil das liebste ist.

Da Sie selbst es mir unmöglich machen, Sie als Mensch kennen zu lernen,
so erlauben Sie mir wenigstens: Ihnen die unauslöschlichste Verehrung
und Liebe auszusprechen, die ich zu Ihnen als Gelehrter und Dichter
hege -- denn diesem mit ganzer Seele anzuhangen wird stets der Stolz
seyn

    Ihres

    ergebensten

    _von Zieten_,

    Regisseur des hiesigen Stadttheaters.


III.

    _Leipzig_, den 13ten April 1824.

    _Mein verehrter Herr Doktor!_

Wenn jeder eine Schuld so schön abzutragen verstände, als Sie Ihre
eingestandene Briefschuld an mich, so möchte ich wahrlich sehr viel in
der Welt zu fordern haben -- sollte es mich auch manchen peinlichen
Mahnbrief kosten -- obwohl es sonst mit dem Zufordernhaben heut zu Tage
eine kitzliche Sache ist. Der Himmel vergelte Ihnen daher das, was und
wie Sie mir schrieben.

Ich stehe hier in der Welt meines Wirkens so ganz allein, daß mir oft
fast unheimlich zu Muthe werden will! Denn wer sich bey uns nicht in
dem wilden luftigen Tanz des heutigen genialen Fratzengewimmels der
vermeinten Kunstliebenden und Kunstübenden -- wie in Ihrem Eckart die
Menschen vom Spielmann aus dem Venusberge -- vom alten treuen Boden
der ewigen Natur los, und mit fortreißen läßt, der ist ein verlohrner,
aufgegebner Mann! Der bin ich in Leipzig! und wie wohl es mir in dieser
Lage thun muß, mich von dem einzigen Kopfe Deutschlands, der noch in
ungetrübter Klarheit das Ideal der wahren Bühnenkunst in sich trägt,
wie einen theuren Freund angesprochen zu sehen, werden Sie begreifen,
ohne daß ich es Ihnen zu beschreiben mich bemühe?

Daß mein Vorspiel zu „Was ihr wollt“ Ihnen außer dem Styl der Dichtung
des Stückes erscheinen würde, ahnte ich wohl, da es mir selbst fast
so schien, nachdem ich es gemacht hatte. Wolff war Schuld, daß ich
meinem Gefühle mißtraute -- er las es und nannte es eine zweckmäßige
Einleitung, wodurch ich verleitet ward, es dem Stücke anzuhängen;
da einem das kritische Auge für die Schwächen der eignen Kinder so
leicht durch das kleinste Lob geblendet wird! -- Ich sehe jezt die
Sache anders an, und würde sogleich an die Umarbeitung des ganzen
ersten Aktes gehen, wenn ich einen Weg entdecken könnte, auf welchem
ich alles das am zweckmäßigsten berücksichtigte, was _Sie_
bey der Bühneneinrichtung eines Shakspearschen Stückes mich als zu
berücksichtigen einsehen lassen. Die Kürze der schnellwechselnden
Scenen dieses Aufzugs indeß -- auf die ersten 9 Blätter kommen 5
Dekorationen -- und die Unmöglichkeit, daß sich Viola in einer einzigen
Zwischen-Scene als Mann umziehen kann, legen mir dabey Schwierigkeiten
in den Weg, die ich, wenigstens jetzt noch nicht, wegräumen zu können
einsehe. Wollen Sie, verehrter Herr Doktor, mir einen neuen Beweis
Ihres Wohlwollens geben -- so gönnen Sie mir -- im Fall nemlich
meine übrige Einrichtung des Stückes Ihren Beyfall hat, -- darüber
Ihren gütigen Rath; denn gerne brächte ich dies herrliche Lustspiel
Shakspears auf die Bühne, indem wir gerade zwey Personen[16] hier
haben, durch deren Gleichheit in der Gestalt Viola und Sebastian sehr
gut darzustellen wären, und auch für die andern Charaktere des Stückes
passendere Personen besitzen als vielleicht manche andere Bühne; --
doch nur wenn _Sie_ eine Bühnen-Einrichtung dieser Dichtung ihres
großen Schöpfers würdig finden, werde ich das meine dafür thun, daß sie
bey uns in die Scene kommt.

Was Holberg betrifft, so haben Sie mir über ihn, und namentlich über
den Charakter seines Vielgeschrey einen Aufschluß gegeben, den ich
Ihnen nicht genug danken kann. So war er mir nicht erschienen, obwohl
ich jezt sehr klar einsehe, daß er so gemeint ist. Ich hoffe meinem
Hetzer (Vielgeschrey) das noch wieder geben zu können, was er durch
mich von seiner Urnatur verlohren hat. Der Versuch beyde Ihnen
mitgetheilte Holbergs mehr zu modernisiren, als es der eigentliche
Verehrer Holbergs entschuldigen wird, wurde durch das Schicksal des
geschwätzigen Barbiers in Hamburg begründet. Ich hatte das Stück --
blos seiner jezt nicht mehr sprechbaren Zweydeutigkeiten beraubt --
ganz in der Urgestalt dorthin geschickt, und es ist so daselbst gegeben
worden. Vielleicht lasen Sie was geschah? es fiel ganz durch. Nach
Emil Devrients Versicherung, der die Aufführung sah, lag freylich die
Schuld am Spiele -- denn Gert konnte nichts weiter als seine Rolle auf
die Sylbe auswendig! und da ist es freylich zu begreifen, wie er durch
die stete Wiederholung derselben Geschichten, gleich einer Spieluhr,
die dasselbe Stück zwanzigmal gleich geistlos abdudelt, das Publikum
langweilen mußte, anstatt daß er durch das scheinbare Langweilen seiner
Mitspieler die Zuschauer ergötzen soll. Es verleitete mich also die
Kenntniß der heutigen Schauspielerfähigkeiten und des lieben Publikums
dazu, es in beiden Stücken dem Darsteller wie dem Zuschauer leichter zu
machen, indem ich vom Ersteren weniger forderte und dem Letzteren den
Verkehr von Personen vor die Augen stellte, die er leichter begreifen
kann, als die Urgestalten Holbergs -- denn wofür ist wohl das Auge
unsres jetzigen Publikums blinder geworden, als für die Ironie, wenn
sie die Basis einer ganzen Dichtung macht? und wovon hat der jetzige
Schauspieler wohl weniger einen Begriff als vom reinen Schalks-Ernst,
und von der Seele der Natur, dem Humor? Könnte ich nur dazu gelangen,
irgendwo Holbergische Charaktere mit vernünftiger Umgebung darzustellen
-- sey es in meinen Bearbeitungen, oder bloß in der Urgestalt -- so
sollten die Leute doch wohl merken: daß ein Einziges dieser Gebilde
ganze Dutzende ihrer jetzigen französischen Baiser’s aufwiegt, die sie
mit so großer Lüsternheit hineinfressen, daß der Darsteller darin seine
beste Kraft vergeuden muß, um den Heißhunger der Gaffer zu befriedigen!

Könnte ich in Dresden seyn -- könnte ich mit Ihnen den Shakspear und
Holberg studiren -- ich glaube: alle erlittene Kränkungen und alle
vereitelte Hoffnungen in meinem bisherigen Bühnenleben, die mir einen
Ekel am ganzen Schauspielwesen eingeflößt haben -- alle Opfer, die
ich vergebens der Kunst brachte, wären über diesem Glück mit einem
Schlage vergessen, und ich beträte mit neuem Lebensmuth die Bahn, die
für immer zu verlassen ich jezt mich herzlich sehne. Ich fühle es: daß
die Fähigkeit in mir liegt, grade über den Geist _dieser_ Dichter
als Schauspieler manchen Aufschluß geben zu können, den wenige finden.
Ich habe das als _Lear_ und _Shylock_ in Berlin erfahren --
trotz der dortigen gerühmten Darsteller dieser Rollen -- und könnte
ich von Ihnen lernen, was mir noch fehlt, so würde ich mich als
Repräsentant Shakspears und Holbergs kühn jeder Kritik preisstellen.
Bey dem Leyerkastenwesen und der Ertödtung aller Charakteristik an der
Leipziger Bühne, bleibt freylich das Beste was ich wollen kann, nur
fromme Wünsche!

Sie sehen in den Ergießungen meines Herzens, verehrtester Doktor, wie
ganz Ihr lieber Brief mein Inneres Ihnen aufgeschlossen hat. Denn auch
ich rede zu Ihnen wie zu einem theuren Freunde, den ich sogar meine
Klagen vernehmen lasse. Möchten sie sich bestimmen können, mir öfter zu
schreiben und glauben wollen: daß Sie mich dadurch wahrhaft beglücken.

Wie richtig beurtheilen Sie Wilhelm! Möge die Zeit einen guten Geist
über ihn bringen -- der ihn jetzt leitet, führt ihn ins Verderben!

Mit der innigsten treuesten Liebe und Verehrung ganz

    der Ihre

    _v. Zieten_.



                     Nachschrift des Herausgebers.


Es mögen in vorliegenden Bänden mancherlei Irrthümer, jene von mir
aufgestellten biographischen und litterarischen Notizen betreffend, mit
unterlaufen, für welche ich einsichtsvolle Leser gebührend um Nachsicht
und Entschuldigung ersuche.

Auf einige derselben hat mich Herr ~Dr.~ _Wilh. Hemsen_ in
einem aus Köln, 27. August 1864, an den Herrn Verleger gerichteten,
sehr wohlwollenden Schreiben hingewiesen. Er sagt darin u. A.:

    1) die im zweiten Theile abgedruckten, „Kaufmann“ unterzeichneten
    Briefe, welche Holtei einem „Alexander Kaufmann“ beilegt, rühren
    von _Philipp_ Kaufmann her, dessen Shakspear-Uebersetzung
    mit Lear und Macbeth beginnend, 1830 und folgende Jahre in der
    Nicolaischen Buchhandlung zu Berlin in 4 Bänden erschienen ist, und
    der sich als Uebersetzer der Lieder von Robert Burns (Cotta 1840)
    vielleicht noch größeres Verdienst erworben hat. Alexander Kaufmann
    ist ein erst im späteren Laufe der vierziger Jahre aufgetretener
    rheinischer Poet und Forscher; in letzterer Hinsicht vortheilhaft
    bekannt durch seine hier erschienene Monographie über die Abtei
    Heisterbach.

    Philipp hat im Anfang der vierziger Jahre zu Paris durch Selbstmord
    geendet.

    2) _Irrig_ (?) werden die Romane: „Lucas Cranach“ -- „der
    Herzog von der Leine“ dem Baron _Apoll. Maltitz_ zugeschoben.

    3) _Ed. Moerike_ ist schon seit langen Jahren Lehrer am
    Catharinenstift zu Stuttgardt.

Für diese Belehrungen dankbar, säume ich nicht, sie nachträglich
zu benützen, darf aber der Wahrheit gemäß versichern, daß ich bei
„_Kaufmann_“ keinesweges Personen und Werke, sondern in allerdings
unbegreiflicher Zerstreuung, nur die _Taufnamen_ verwechselt
habe. Letzteres um so tadelnswerther, weil ich wahrscheinlich der
_Erste_ gewesen bin, der (Riga 1837) auf einen Theaterzettel die
Worte gestellt hat: „König Lear, Tragödie in 5 Akten von W. Shakspeare,
in’s Deutsche übertragen und für die Bühne eingerichtet von _Philipp
Kaufmann_.“

    Holtei.

       *       *       *       *       *



                 Ende des vierten und letzten Bandes.



                          Namen-Verzeichniß.

    (Die Namen der Briefsteller sind mit fetter Schrift gedruckt.)


    _Abegg_, Joh. Friedr., ~Dr.~, Prof. und Kirchenrath, I,
      234, 235.

    _Ackermann_, H., II, 31.

    _Aeschylos_, II, 358; IV, 161.

    _Ahlefeldt_, Gräfin, II, 93.

    _Ahlfeldt_, von, III, 257.

    =_Albanus_=, C. Eduard, II, 176 ff.

    _Alberti_, Karl, I, 279; III, 121.

    _Alberti_, Gustav, IV, 159.

    _Alberti_, Frau, I, 369; III, 314, 353.

    _Alexander_ I., Kaiser von Rußland, III, 31.

    _Altenius_, Georg, I, 325.

    _Altenstein_, Minister von, III, 369; IV, 51, 52, 53.

    _Altmann_, II, 24; IV, 128, 129, 131.

    _d’Alton_, III, 298.

    _Amalie_, Prinzessin von Sachsen, IV, 96.

    =_Ampère_=, Jean Jacques Antoine, I, 1 ff.; III, 43; IV, 78.

    _Ancillon_, Friedr., II, 14.

    =_Andersen_=, Hans Christian, I, 4 ff.

    _Angelo_, Michel, III, 186.

    _Anschütz_, II, 4, 8.

    _Aretin_, Adam Freih. von, II, 36.

    =_Arnim_=, Bettina von, I, 16 ff.; II, 23, 91, 312, 321,
      323; III, 188; IV, 134.

    =_Arnim_=, Ludwig Achim von, I, 9 ff., 97, 136; II, 16,
      278, 321; III, 337; IV, 46;
      dessen Bruder (Pitt-Arnim) III, 214.

    _Arnsberg_, von, Minister zu Hannover, II, 218.

    _Arwidson_, I, 59.

    _Ast_, Georg Anton Friedrich, Prof., II, 265, 266.

    =_Atterbom_=, Peter Daniel Amadeus, I, 20 ff., 63.

    =_Aubin_=, St., I, 22 ff.

    =_Auguste ?_= I, 27.


    _Baader_, Franz von, Professor, III, 187.

    _Babenberger_, die, I, 149, 150; II, 10.

    _Bach_, Sebastian, II, 248.

    =_Bacherer_=, Dr. G., I, 29 ff.

    _Bärmann_, II, 309.

    _Baggesen_, Jens, II, 130.

    _Baison_, I, 36, 171.

    _Balzac_, Honoré de, II, 260.

    _Bang_, Prof., III, 85, 86.

    _Baranius_, Schauspielerin, IV, 196.

    _Barante_, de, I, 19.

    _Bardeleben_, Frau von, II, 312.

    _Barth_, Johann August, I, 276.

    _Baudissin_, Adalbert Graf von, I, 34.

    =_Baudissin_=, Karl Graf von, I, 30, 34; II, 352, 353;
      III, 25, 289, 291.

    =_Bauer_=, Caroline, I, 35 ff.; II, 89; III, 21.

    _Bauer_, Conrector in Potsdam, II, 180.

    =_Bauernfeld_=, Eduard von, I, 37 ff.

    _Beaumont_ und Fletcher, II, 194.

    _Bechtolsheim_, Julie von, II, 270.

    _Beck_, Schauspielerin, IV, 4.

    _Beckedorf_, von, II, 32.

    _Becker_, Wilh. Gottlieb, III, 250.

    _Becker_, Regisseur in Darmstadt, I, 355; II, 148.

    _Beer_, Michael, II, 350 (I, 369).

    _Beireis_, Gottfried Christoph, IV, 70.

    _Bellermann_, Johann Joachim, III, 63.

    _Bellini_, Vincenzo, II, 168.

    _Bercht_, Schauspieler, I, 370.

    _Berger_, Schauspieler, IV, 219, 220.

    _Bernhard_, geb. Gad, III, 257.

    _Bernhardi_, August Friedrich, III, 229, 231, 252, 253, 256,
      257, 291; IV, 170, 172, 190, 195, 198, 203, 204, 212, 216, 236,
      243, 258.
      dessen Gattin, Sophie geborne Tieck s. d.

    _Berthold_, Franz, s. Reinbold.

    =_Beskow_=, Bernhard von, I, 41 ff.; IV, 92.

    _Bessel_, Landgerichts-Präsident zu Saarbrück, I, 303.

    _Bethmann_, Moriz, I, 95; III, 158.

    _Bettina_, s. Arnim.

    _Beust_, Graf von, III, 354.

    _Bielefeld_, Freiherr von, III, 119, 123.

    _Birch-Pfeifer_, Charlotte, III, 157, 158; IV, 140.

    _Blankenburg_, Hauptmann von, II, 207.

    _Boccaccio_, III, 50.

    _Böckh_, Fräulein von, II, 163.

    _Böhme_, Jacob, I, 306, 307, 308; III, 250.

    _Böhndoll_, I, 326.

    _Bökh_, Dr., Prof. und Geh. Rath, III, 369.

    =_Böttiger_=, Karl August, I, 68 ff., 147; II, 34, 216,
      218; III, 270.

    _Böttiger_, ~Dr.~ aus Upsala, I, 20, 55, 56.

    _Bohn_, Buchhändler in Lübeck, III, 247.

    _Boije_, III, 13.

    =_Boisserée_=, Sulpiz, I, 69 ff., 158; IV, 10.

    _Bojardo_, Matteo Maria, Graf von Scandiano, III, 96.

    _Bonald_, Louis Gebriel Ambroise, Vicomte de, II, 12.

    _Bonnier_, Buchhändler, I, 21.

    _Bopp_, Franz, III, 33, 34, 38.

    _Borck_, Geh. Legationsrath, II, 26.

    _Borgaard_, Theaterdichter aus Kopenhagen, I, 179.

    _Bose_, Graf von, II, 304.

    =_Bothe_=, Friedrich Heinr., I, 85 ff.; IV, 187.

    _Bouterweck_, Friedrich, I, 146; III, 38.

    _Bracebridge_, Mann und Frau, IV, 6.

    _Brandberger_, der, I, 101.

    =_Braniß_=, Christlieb Julius, I, 89.

    _Brasch_, Cand. d. Theol., III, 69.

    _Braun_, ~Dr.~ aus Gotha, I, 81, 82.

    _Braunius_, I, 323.

    _Brede_, Mad., IV, 151.

    _Brekling_, I, 337.

    =_Brentano_=, Clemens, I, 10, 14 bis 16, 94 ff.; II, 66;
      III, 143, 144, 345 ff., 364; IV, 46.

    _Brinkmann_, Karl Gustav von, III, 284; IV, 92.

    =_Brockhaus_=, Friedrich Arnold, I, 107 ff., 197, 199;
      II, 301, 306; IV, 24.

    _Brockhaus_, Prof., III, 23.

    _Broglie_, Herzog von, III, 309.

    _Bruch_, Prof., I, 236.

    =_Brühl_=, Karl Friedr. Moritz Paul, Graf, I, 109 ff.,
      345; II, 313; III, 141 ff., 159; IV, 317, 319.

    _Brunner_, Sängerin, III, 209.

    _Bucher_, Anton von, I, 280.

    _Buchholz_, Paul Ferd. Friedrich, III, 348.

    _Buchner_, Justizrath, I, 357.

    _Bügge_, Rector aus Drontheim, IV, 86.

    _Bülow_, von I, 31; II, 23, 30, 31, 346.

    =_Bürger_=, Elise, I, 114.

    _Bürger_, Gottfr. Aug., III, 224.

    =_Büsching_=, Joh. Gustav Gottlieb, I, 115 ff., 142, 268;
      III, 207.

    _Buliowski_, Frau von, IV, 90.

    _Bunsen_, Christian Karl Josias, II, 351.

    _Burgsdorf_, Wilhelm von, I, 70, 238, 324; III, 109, 110.

    _Bury_, III, 242, 243, 247.

    _Burkhardt_, III, 362.

    _Buschmann_, Prof., II, 35.

    _Busse_, Hofrath, I, 283.

    _Buttlar_, Frau von, II, 114, 252; III, 300, 304, 344.


    =_C.?_= I, 119.

    _Calderon_, I, 259, 260, 349; II, 27, 92, 204, 306, 320, 365;
      III, 369.

    _Calenberg_, Fräul. von, II. 277, 298, 306, 308, 309, 314,
      317, 322, 323.

    _Camoens_, III, 53.

    _Campe-Hoffmann_, Frau Elise, I, 253.

    _Cantacuzeno_, Fürstin, I, 7.

    _Cantelupe_, Lord, II, 135.

    _Carl_, Herzog von Mecklenburg, I, 110, 111; II, 14.

    _Carl August_, Großherzog von Weimar, I, 228; IV, 31, 32.

    _Carl Friedrich_, Erbgroßherzog von Weimar, I, 228.

    _Carlyle_, IV, 137, 138.

    _Carnot_, Sohn des franz. Kriegsministers, I, 161.

    =_Carové_=, Friedr. Wilh., I, 120 ff.; II, 150.

    =_Carus_=, Dr. Carl Gust., I, 122 ff.; II, 20; III, 97.

    _Casper_, Geheimer Medicinalrath, III, 211.

    _Caspers_, Francisca, III, 338.

    _Castelli_, Ignaz Vinvenz Franz, I, 161.

    _Catel_, III, 267.

    _Catull_, IV, 160.

    _Cauer_, Prof., I, 232, 233; III, 297.

    _Cervantes_, I, 259; II, 54, 186; III, 226, 242; IV, 159.

    _Chamisso_, II, 359.

    _Chappmann_, II, 144.

    _Chenier_, Marie Joseph de, I, 46.

    =_Chezy_=, Wilhelmine Christine von, I, 129 ff.

    _Clauren_ s. Heun.

    _Clodius_, IV, 296.

    =_Collier_=, Joh. Pavne, I, 138 ff.; II, 162.

    _Collin_, Heinr. von, I, 143; II, 1.

    _Collin_, Matthäus Edler von, IV, 36.

    _Corneille_, II, 211.

    _Corneliß_, Willem, I. 74.

    _Cornelius_, Peter von, I, 121; II, 6, 10.

    _Correggio_, III, 186.

    _Cotta_, Joh. Friedr. Freiherr von, I, 80; II, 34, 171, 342,
      346; III, 163, 234, 235, 238, 242, 245, 247, 249 ff., 272, 322;
      IV, 32.
      Dessen Frau, III, 128, 168, 171.

    _Crelinger_, I, 369, 370.

    =_Creuzer_=, Georg Friedr., I, 98, 99, 157 ff., 234; III, 39.

    _Cubière_, de, I, 160.

    _Czechtizky_, Schauspieler, IV, 196, 219, 258.

    _Czerni_, III, 337.


    _Dahl_, Johann Christoph, I, 31; III, 63.

    _Dahlmann_, Friedrich Christoph, II, 33.

    _Dalwigk_, von, Generallieutenant zu Darmstadt, I, 353.

    _Dalwigk_, Alexander von, I, 353, 354, 358.

    _Dalwigk_, Reinhard von, I, 353.

    _Dannecker_, III, 234.

    _Daßdorf_, Bibliothekar, II, 203.

    _Daub_, Prof., I, 98.

    =_David_=, Pierre Jean, I, 159 ff.

    _Dawison_, Bogumil, IV, 90.

    _Decker_, II, 144; III, 365.

    _Deichmann_, J., III, 2.

    =_Deinhardstein_=, Johann Ludwig, I, 161 ff.

    _Delius_, Nic., I, 140.

    _Denis_, IV, 174, 184.

    =_Devrient_=, Carl, I, 190 ff.

    =_Devrient_=, Eduard, I, 163 ff., 370; II, 86.
      Dessen Tochter, I, 168.

    _Devrient_, Emil, I, 171, 172, 285; II, 233, 280; III, 21.

    _Devrient_, Ludwig, II, 69.

    _Diderot_, IV, 204, 205.

    _Dietrich_, Buchhändler, I, 11.

    _Dinoncourt_, IV, 291.

    _Dissen_, III, 28.

    _Dittersdorf_, IV, 203.

    _Dittmarsch_, Schauspieler, II, 89, 90.
      Dessen Tochter, II, 89.

    _Docen_, I, 12.

    _Dodsley_, I, 138.

    _Dohrn_, II, 118.

    _Donizetti_, II, 168.

    _Donner_, II, 352, 355, 357, 358.

    _Donop_, Freifrau von, I, 130.

    _Dubois_, General-Inspektor der Pariser Universität. III, 309.

    _Duchardin_, III, 186.

    _Dürer_, Albrecht, I, 73, 74, 291.

    _Dunker_, Buchhändler, I, 372.

    _Durand_, Stud. d. Theol., III, 93.

    _Dyce_, I, 143.


    _Ebert_, Friedr. Adolf, III, 9, 14.

    _Eberwein_, Musikdirektor, IV, 35.

    _Eckardt_, II, 22, 24.

    _Eckermann_, I, 3.

    _Eckhof_, II, 225.

    _Edelsheim_, von, Minister, I, 98.

    _Egloffstein_, Gräfin, III, 355.

    _Ehrenberg_, Hofprediger, II, 28.

    _Ehrenström_, Oberstin v., IV, 91.

    _Eichendorf_, Joseph Freiherr von, I, 104.

    _Eichhorn_, Karl Friedr., III, 39.

    _Eichthal_, Baron von, II, 15.

    _Eisl_, Therese, II, 8.

    _Elisabet_, Königin von Preußen, I, 128; II, 19, 20, 23, 24,
      26, 28, 30, 31, 33, 127.

    _Ellesmer_, Lord, I, 139.

    _Elsler_, Musikdirektor, II, 389.

    _Emil_, Prinz von Hessen-Darmstadt, I, 354.

    _Enghaus_, Schauspielerin, I, 36.

    _Engletz_, Malchen, I, 233.

    _Engst_, Schauspielerin, IV, 197, 242.

    L’_Epique_, ref. Prediger, I, 14.

    _Epstein_, Literat in Breslau, I, 92.

    _Ernst_, Hofsekretär, I, 311; III, 347.

    _Erwin von Steinbach_, III, 186.

    =_Eschenburg_=, Johann Joachim, I, 193 ff.

    _Eschenmayer_, Christoph Adolf von, II, 150, 151.

    _Escher_, III, 238.

    _Eßlair_, IV, 290.

    _Euripides_, II, 244, 337; IV, 161.

    _Eyck_, Joh, van, I, 71, 77-79, 81.


    =_Falk_=, Joh. Daniel, III, 229, 241, 256, 270.

    _Fallati_, ~Dr.~, I, 264.

    _Farqhuar_, Georg, II, 205.

    _Felsenheim_, Fräulein, I, 370.

    _Fesser_, Canzler in Grüssau, II, 199.

    _Feuerbach_, II, 121.

    _Fichte_, Johann Gottlieb, I, 27; II, 57, 359, 363; III, 148,
      149, 247, 251, 295.

    _Fichte_, Immanuel Herrmann, II, 151.

    _Finkenstein_, Graf von, III, 280.

    _Fischart_, I, 107, 296.

    _Fischer_, Peter, III, 187.

    _Fischer_, Hofrath, I, 103.

    _Fischer_, Pfarrer und Domherr, III, 363.

    _Fischer_, Mad., II, 221.

    _Fischer_, Schauspieler, I, 370.

    _Fleck_, III, 86; IV, 196, 197, 219, 220.

    _Floris_, Franz, I, 74.

    _Fochem_, I, 132.

    =_Förster_=, Friedr., I, 105, 195, 205; IV, 113.

    =_Förster_=, Karl, I, 195 ff.

    =_Förster_=, Luise geb. Förster, I, 195 ff.

    =_Follen_=, Aug., I, 207, 337.

    _Forkel_, Prof., IV, 215.

    _Fouqué_, Friedrich Baron de la Motte, I, 106, 268; II, 202,
    316; III, 295, 337.

    _Frank_, Pfarrer in Lich, I, 233.

    _Frank_, Herrmann, IV, 77.

    _Franke_, Prof. in Liegnitz, II, 327.

    _Franz_, Schauspieler, IV, 213, 219.

    _Frauenholz_, I, 72.

    _Fresnel_, M. E., I, 3.

    =_Freytag_=, Gustav, I, 214 ff.

    _Friedländer_, Buchhdlr., III, 200.

    _Friedrich Wilhelm_ III., König von Preußen, III, 113; IV, 52,
    320.

    _Friedrich Wilhelm_, Kronprinz von Preußen, II, 14; IV, 52.

    _Friedrich Wilhelm_ IV., König von Preußen, I, 66, 85, 126,
      162, 163; II, 19, 20, 22, 24, 26, 28, 30, 31, 33, 106, 111, 159,
      351, 353, 354; III, 96, 176, 177; IV, 130, 131, 132.

    _Friedrich_, Kronprinz von Dänemark, nachmals König Friedr.
      VI., IV, 59, 60.

    _Friesen_, Baron, II, 100.

    _Frölich_, Buchhdlr., III, 231, 257.

    _Frommann_, Buchhdlr., I, 239; III, 229, 253, 270, 280, 323,
      345, 346.

    _Frontinus_, Sextus Julius, I, 206.

    _Froriep_, Prof., III, 6.

    _Führich_, Maler, II, 6.


    _Gärtner_, Friedr. von, III, 35.

    _Gans_, Prof. Dr., I, 339.

    _Gar_, von, I, 127.

    _Garly_, Schauspieler, IV, 183, 196, 219.

    _Gedike_, Friedrich, III, 63.

    _Gehe_, III, 156, 164.

    _Geibel_, Emanuel, IV, 120.

    _Geiling_, Schauspieler, IV, 213.

    =_Genast_=, Eduard, I, 219 ff., 241; IV, 293. Dessen Frau,
      IV, 293.

    _Genelli_, III, 252, 286; IV, 135.

    _Gensler_, I, 232.

    _Gentz_, Friedr. von, II, 224.

    _Gentz_, Hofbibliothekar in Karlsruhe, II, 160.

    _Georges_, Schauspielerin, II, 210.

    =_Gerle_=, W. A., I, 222 ff.

    =_Gerstenbergk_=, Friedr. von, I, 228.

    _Gerstenbergk_, von, Canzler, I, 231.

    _Geßner_, IV, 161.

    _Geyer_, I, 63.

    _Ghiberti_, Lorenzo, III, 187.

    _Giesebrecht_, Prof., III, 364.

    _Gil_, Enrique, II, 21, 30, 31.

    _Gilly_, Architekt, IV, 259.

    _Gläser_, Kapellmeister, I, 369, 370.

    _Glasbrenner_, II, 189.

    _Gley_, Schauspieler, III, 132.

    =_Gmelin_=, Leopold, I, 231 ff.

    _Gmelin_, ~Dr.~ d. R., I, 234.

    _Gneisenau_, August Neidhard Graf von, II, 199.

    _Godet_, I, 112.

    _Gödeke_, III, 88.

    =_Görres_=, Jakob Joseph von, I, 12, 13, 15, 107, 121,
    158, 236 ff.; II, 151.

    _Göschen_, Buchhändler, I, 308.

    =_Göthe_=, I, 1, 16, 35, 40, 44, 47, 50, 58, 78, 95, 96,
      109, 122, 124 bis 126, 161, 178, 195, 231, 259, 280, 291, 293-295,
      307; II, 35, 53, 54, 91, 188, 207, 244, 245, 259 ff., 275, 307,
      320, 321, 322, 324, 342, 357, 358, 365; III, 24, 46, 66, 82, 83,
      97, 105, 106, 108, 115, 161, 227 ff., 239 ff., 242, 255, 298 ff.,
      304, 307, 346, 376, 377; IV, 1, 2, 7, 23, 27, 32 ff., 118, 141,
      160, 197, 203, 331.
      Dessen Sohn, IV, 35.

    _Göthe_, Frau von, III, 24, 25; IV, 7.

    _Götz_, Hofbuchhändler, I, 86.

    _Götze_, Tenorist, I, 220.

    _Goldstücker_, II, 21.

    _Gottheiner_, Assessor, II, 185.

    _Gozzi_, I, 96; III, 112.

    =_Grabbe_=, Chr. Dietrich, I, 242 ff.

    _Grandier_, Urbain, II, 201.

    _Grauhling_, I, 329.

    _Greibe_, Schauspieler, IV, 220.

    _Greiner_, Schauspieler, I, 370.

    =_Gries_=, Johann Dietrich, I, 253 ff.; II, 308; III, 250, 366.

    _Griesel_, II, 271.

    _Grieshammer_, Buchhändler, I, 305, 308.

    _Grillparzer_, I, 151, 152, 224, 341.

    _Grimm_, Jakob, I, 11, 15; II, 22, 32, 323.

    _Grimm_, Wilhelm, II, 278, 323.

    _Grolmann_, Karl Wilh. George von, II, 16.

    _Grothe_, Freiherr von, I, 246, 248.

    _Gryphius_, III, 86.

    _Guditz_, Friedr. Wilh. I, 132, 136.

    _Gutzkow_, IV, 135.


    _Haake_, Schauspieler, II, 191, 193.

    _Haase_, Prof. Dr., III, 96.

    _Hadrian_ VI., Papst, I, 74.

    _Hähnel_, Fräul., I, 369, 370.

    =_Haering_=, Wilh. (Wilibald Alexis), I, 262 ff., 368,
      369, 370, 372; II, 181, 189.

    _Härtel_, Buchhändler, III, 173.

    _Hagberg_, Dr., I, 53-55.

    _Hagemann_, IV, 252.

    =_Hagen_=, Ernst August, I, 282 ff.

    =_Hagen_=, Friedrich Heinrich von der, I, 11, 15, 118,
      265, ff.; II, 17; III, 207; IV, 46, 73, 158, 164.

    =_Hagn_=, Charlotte von, I, 124, 284 ff.

    _Halenke_, Apell.-Ger.-Accessist, III, 221.

    _Haller_, Albrecht von, I, 58, 68.

    =_Halling_=, Karl, I, 287 ff.

    =_Hallwachs_=, Geh. Rath, I, 300 ff., 352, 356.

    _Hamann_, IV, 176.

    _Hamberger_, Rath, II, 37.

    _Hamilton_, Bibliothekar am brit. Museum, I, 140.

    _Hammerich_, ~Dr.~, III, 68.

    _Hardenberg_, Staatskanzler, IV, 51.

    _Hardenberg_, Cay Freiherr von, I, 31.

    =_Hardenberg_=, Friedr. Freiherr von (Novalis), I, 4, 304
      ff., 317, 319; II, 111; III, 20, 135 ff., 230, 234, 239, 240, 241,
      245, 254, 258 ff., 269, 314, 349; IV, 27, 65.

    =_Hardenberg_=, Karl Freiherr von (Karl Rostorf), I, 310,
      312 ff., 317, 318.

    _Hardenberg_, Freifrau von, I, 31.

    _Hartel_, IV, 31.

    _Hartmann_, Joh. Georg August von, II, 346; IV, 72.

    _Hase_, Hofrath, I, 83.

    =_Hauch_=, Joh. Carsten von, I, 326.

    =_Hauff_=, Wilhelm, I, 329 ff.

    _Haug_, Fr., I, 329.

    _Hazelius_, Major von, I, 63.

    =_Hebbel_=, Friedr., I, 332 ff.

    _Heeren_, Arnold Herrm. Ludwig, I, 58; III, 27, 32.

    _Hegel_, Georg Wilhelm Friedrich, I, 295, 339; II, 57, 73,
      152, 245.

    _Hegner_, Ulrich, I, 207, 334.

    =_Heiberg_=, Johann Ludwig, I, 328, 339 ff.; III, 2-4,
    12, 13, 368.

    _Heidemann_, IV, 264.

    _Heine_, Heinrich, II, 85.

    _Heinrich_ IV., III, 21.

    _Helbig_, I, 241.

    _Helwig_, Amalie von, II, 324.

    _Hemmelinck_, Hans, I, 71, 77, 81.

    _Hemskirch_, Martin, I, 75, 76.

    _Hendel-Schütz_, III, 93.

    _Henkel_, Schauspieler, III, 132 bis 134.

    =_Hensel_=, Wilh., I, 342 ff.; II, 311, 312.

    _Herberstein_, Graf, IV, 129.

    _Herdegen_, Antiquar, II, 257.

    _Herder_, I, 102, 109.

    _Herdt_, Schauspielerin, IV, 219.

    _Hermann_, G. Prof., I, 88.

    =_Hermann_=, Fr. ~Dr.~, I, 118, 344 ff.

    _Hermes_, Christian, II, 198.

    _Herz_, Henriette, III, 257, 258.

    _Herzan_, Graf, I, 224-226.

    _Hesiod_, IV, 161.

    _Heß_, Heinrich, II, 10.

    _Heß_, Geh. Rath aus Darmstadt, II, 184.

    =_Heumann_=, Georg, I, 301, 302, 352 ff.

    _Heun_, Karl (Clauren), I, 329.

    _Heusinger_, I, 324.

    _Heydemann_, IV, 254.

    =_Heydrich_=, Moritz, I, 359 ff.

    _Hillebrand_, Schauspieler, IV, 317.

    _Hilscher_, II, 299.

    _Himmel_, Kapellmeister, III, 104.

    _Hirzel_, S., I, 365.

    _Hitzig_, II, 359; IV, 50.

    _Hóegh-Guldberg_, III, 4.

    _Höpfner_, I, 301, 356.

    =_Hoffmann_=, Ernst Theod. Amadeus, I, 366; II, 131, 132, 312.

    _Hohenzollern_, Fürstin von, II, 275.

    _Holberg_, I, 340; III, 7, 86; IV, 335 ff.

    _Holinshed_, I, 300.

    =_Holtei_=, Karl von, I, 39, 278, 368 ff.; IV, 11, 129.

    _Holtei_, Frau von, I, 369, 370.

    _Homer_, II, 54, 356; IV, 161.

    _Hoppenstädt_, Staatsrath, II, 218.

    _Horaz_, IV, 159, 160.

    =_Hormayr_=, Jos. Freih. von, II, 1 ff.

    _Horn_, Franz, I, 290, 294; II, 242; III, 143; IV, 266, 287.

    _Hotho_, ~Dr.~, I, 295.

    _Houwald_, I, 341.

    _Hoyer_, Stud., II, 132.

    _Huck_, III, 243.

    _Hübner_, Prof., IV, 19.

    _Hufeland_, III, 291.

    _Hugo_, Gust., III, 42.

    _Hugo_, Victor, I, 23, 46.

    =_Humboldt_=, Alex. von, II, 17, 18 ff.; IV, 299.

    _Humboldt_, Wilh. von, I, 105; II, 19, 31; III, 192, 233, 284.

    _Hummel_, Joh. Nep., IV, 35.

    _Huskisson_, Will., II, 12.


    _Ideler_, Jul. Ludw., III, 316.

    =_Iffland_=, August Wilh., II, 43 ff.; III, 86, 111, 143,
      257; IV, 31, 195, 203.

    _Illaire_, Geheimer Kabinets-Rath, II, 32, 33.

    =_Immermann_=, Karl, I, 168; II, 47, 149, 186, 187; III,
      135, 370, 371, 372; IV, 105, 114, 289.

    =_Immermann_=, Marianne, I, 33; II, 106 ff.; III, 371, 374.

    _Ingelby_, C. Mansfield, I, 140.

    =_Ingemann_=, Bernhard Severin, I, 5; II, 129; III, 3.

    _Irgens-Berg_, von, ~chargé d’affaires~, I, 329, 339.


    _Jacob_ I., I, 140.

    =_Jacobi_=, Friedrich Heinrich, I, 140; II, 36; III, 191, 316.

    =_Jacobs_=, Christian Friedrich Wilh., II, 37, 308; III, 63.

    =_Jagemann_=, Caroline, II, 39 ff.; 101; IV, 5.

    _Jagor_, III, 310.

    _Janin_, Jules, II, 29.

    _Jencke_, Schauspieler, II, 90, 97; IV, 116.

    _Jerrmann_, Schauspieler, IV, 90, 290.

    _Johann_, Nepomuck Maria Joseph, Herzog zu Sachsen, I, 58, 123.

    _Johannes_, Damascenus, II, 32.

    _Johnson_, Ben, II, 99, 144; III, 99; IV, 267.

    _Josephson_, ~Dr.~, I, 22.

    _Jünger_, Joh. Friedr., III, 86.

    =_Julius_=, Nik. Henrich, II, 134.

    _Julius_, Schauspieler, I, 263.


    =_Kadach_=, II, 136 ff.; IV, 44.

    _Kalkreuth_, Graf von, I, 229; II, 270, 273, 293, 296, 306,
      309, 316; III, 45.

    _Kanngießer_, Professor in Greifswalde, IV, 70.

    _Kant_, III, 149.

    _Karl_, Prinz, IV, 130.

    _Karl_ XIV., Johann, König von Schweden, I, 59, 60, 67.

    _Karl_, Wilh., Markgraf von Baden-Durlach, II, 158.

    _Karschin_, Anna Luise, I, 129.

    _Kaselitz_, Schauspieler, IV, 197.

    =_Kaufmann_=, Phil., II, 140 ff.

    _Kayser_ in Heidelberg, I, 159.

    _Keller_, Graf von, II, 20.

    _Kern_, Theolog, IV, 95.

    =_Kerner_=, Justinus, II, 149.

    _Keßling_, Ober-Stallmeister von, IV, 33.

    _Kiesewetter_, Rhetor, IV, 295.

    =_Killinger_=, K. A. Freiherr von, II, 154 ff.

    _Kleefeld_, Fräulein, IV, 10, 11.

    _Kleist_, Fr. von, I, 105; II, 16.

    _Kleist_, H. von, I, 341; II, 172 ff., 272, 306; III, 149; IV,
      99, 100, 101.

      Dessen Schwester Ulrike, II, 180.

    =_Kleist_=, Maria, II, 172 ff.

    _Klingemann_, Aug., I, 245, 247.

    =_Klinger_=, F. M., I, 365, 366.

    _Klinghofström_, Maler, I, 104.

    _Klingkowström_, I, 326.

    _Klopstock_, II, 184 ff.; III, 106.

    _Kluge_, III, 16.

    _Knight_, I, 140.

    _Knorring_, von, III, 292.

    =_Koberstein_=, A., II, 181 ff.

    _Koch_, Herausgeber eines belletristischen Archivs, III, 255.

    _Koch_, Erduin Julius, Prediger, IV, 228.

    _Kochar_, I, 158.

    =_Köchy_=, ~Dr.~ Karl, I, 247; II, 189 ff.

    _Köhler_, Assessor, IV, 207.

    _Köhler_, Frau geb. von Wiebeking, IV, 298.

    =_König_=, Heinr., II, 196 ff.

    _Köpke_, Rudolf, I, 1 ff., 85; III, 123, 135; IV, 299.

    =_Körber_=, Gottfr. Wilh., II, 198 ff.

    =_Körner_=, Christian Gottfr., I, 311; II, 203 ff.

    _Körner_, Theodor, III, 152.

    =_Köster_=, Hans, II, 208.

    _Koopmann_ aus Hamburg, I, 233.

    _Kopisch_, Aug., I, 371.

    _Kordemann_, Schauspieler, IV, 213.

    =_Koreff_=, II, 212; IV, 51, 52, 70.

    _Kotzebue_, Aug. Friedr. Ferd. von, I, 10; III, 63, 112, 235,
      241; IV, 242.

    _Kraker_, von, Geh. Rath, III, 215.

    _Kralup_, ~Dr.~, IV, 286.

    _Kratter_, Franz, II, 212.

    _Kraukel_, Fräulein, I, 3.

    =_Krause_=, Karl Christoph Friedrich, II, 216 ff.; IV, 292.

    _Krause_, von, III, 340, 342.

    _Kreis_, Candidat aus Strasburg, IV, 78.

    _Kreling_, K. von, II, 154.

    =_Krickeberg_=, Friederike geb. Koch, II, 219. Deren Sohn
      IV, 146.

    _Krieger_, Buchhändler, II, 306.

    _Kriete_, Schauspieler, III, 52.

    _Krüger_, Schauspieler, IV, 152.

    =_Küstner_=, von, I, 192, 356; II, 226 ff., 231, 338, 339.

    _Kunowsky_, Justizrath, III, 155, 158.


    _Laddey_, Schauspieler, I, 370.
      Dessen Frau ebend.

    _Lagergreen_, ~Dr.~ von, I, 65, 66.

    _Langenn_, Friedrich Albert von, I, 125.

    _Laßberg_, Freiherr von, I, 211.

    =_Laube_=, Heinrich, II, 227 ff.

    _Lauber_, Schauspielerin, II, 87.

    _Laun_, Fr. s. Schulze.

    _Lavater_, I, 335.

    _Leboeuf_, II, 312.

    =_Lebrün_=, Karl, II, 235 ff.

    _Lehmann_, ~Dr.~ Jos., I, 138.

    _Leitenberger_, I, 104, 225.

    _Lelly_, Peter s. Vaerst.

    _Lembert_, III, 52.

    =_Lenz_=, J. R. von, I, 36, 367; II, 238.

    _Lenz_, Jakob Michael Reinhold, I, 365, 366; II, 245.

    _Leo_, F. A., I, 139.

    _Leonardo da Vinci_, I, 71.

    _Lessing_, I, 130, 193, 210, 254; II, 357; III, 99.

    _Lessing_, Maler, IV, 116.

    _Lewes_, IV, 137.

    _Lewetzau_, Kammerjunker von, III, 3.

    _Lewezow_, Prof., III, 142.

    _Liaño_, III, 367, 368.

    _Lieber_, Francis, IV, 103.

    _Liebich_, Director des ständischen Theaters zu Prag, II, 279,
      280.

    _Liesniowska_, Gräfin von, II, 14.

    _Lievemberg_, I, 132.

    _Lieversberg_, I, 71.

    _Lind_, Jenny, I, 358; II, 168.

    _Linné_, I, 68.

    _Lipperl_, Schauspieler, III, 191.

    _Lippmann_, Fräulein, I, 130.

    _Lipsius_, III, 33.

    _Lißner_, Schauspieler, IV, 183.

    =_Loebell_=, Johann Wilh., I, 33, 93, 373; II, 110, 113,
      240 ff.; III, 46, 207, 301-303, 307; IV, 76,114.

    =_Loeben_=, Otto Heinrich Graf von, I, 137; II, 264 ff.,
      296, 302, 308, 313, 314, 317, 323.

    _Lössel_, III, 382.

    _Löwe_, Ferdinand, IV, 8.

    =_Löwe_=, Ludwig, II, 279; III, 49; IV, 74.

    _Löwensciold_, Baron von, I, 179.

    _Löwenstern_, Lieut. von, II, 365.

    _Longmann_, I, 6.

    _Loos_, Prof., I, 159.

    _Lope de Vega_, II, 192; III, 202, 203.

    _Lucas von Leyden_, I, 71, 73, 75.

    _Ludwig_ XVI., König von Frankreich, IV, 264.

    _Ludwig_ I., König von Baiern, I, 7-9; II, 11, 12, 22, 345;
      III, 216, 222; IV, 33, 34, 35.

    =_Ludwig_=, Otto, II, 281 ff.

    =_Lüdemann_=, Georg Wilhelm von, II, 283 ff.

    _Lüttichau_, Baron von, I, 24, 25, 4, 187; II, 98, 233; III,
      218; IV, 319.

    _Lüttichau_, Baronesse von, I, 128, 199; II, 253, 255.

    _Luise_, Königin von Preußen, III, 206, 284.

    _Luther_, I, 74.

    _Lyly_, II, 144.

    _Lynar_, Fürst zu, III, 48.


    _Mabuse_, I, 72-75.

    _Mackensen_, ~Dr.~, IV, 70.

    _Madden_, Frederik, I, 140.

    =_Mahlmann_=, Siegfried August, II, 285; III, 274, 323, 326.

    _Malcolm_, General, III, 301.

    _Malebranche_, _Nicole_, II, 21.

    =_Malsburg_=, Ernst Friedrich Georg Otto Freiherr von
      der, I, 229; II, 266, 270, 273, 289 ff.

    =_Malsburg_=, Carl, Bruder des vorigen, II, 295, 296,
      298, 306, 315, 322, 323.

    =_Maltitz_=, Appolonius, Freiherr von, II, 325 ff.

    _Maltitz_, von (Pfefferkörner-Maltitz), II, 325.

    _Mander_, Karl von, I, 73, 76.

    _Manzoni_, Alessandro, III, 356.

    =_Marbach_=, Gotthard Oswald, II, 327.

    _Marheineke_, Philipp Konrad, II, 127.

    _Marivaux_, IV, 242.

    _Marlowe_, II, 144; III, 125.

    =_Marmier_=, Xavier, II, 321, ff.; IV, 275.

    _Marrès_, Mad. des, II, 195.

    _Marschner_, IV, 294.

    _Marston_, II, 144.

    =_Martin_=, Henri und S., II, 333 ff.

    _Martins_, IV, 162.

    _Massinger_, II, 99, 207.

    _Massow_, von, II, 338; IV, 60.

    _Mattausch_, Schauspieler, IV, 196.

    _Matthisson_, Friedrich von, IV, 255.

    _Max_, Joseph, Buchhändler, I, 90, 271-275; II, 246; III, 27,
      30, 36, 41; IV, 73, 83.

    _Maximilian_, Joseph, König von Baiern, II, 11.

    _Maximilian_, Kronprinz von Baiern, II, 13, 17.

    _Maximilian_, Erzherzog von Oesterreich, I, 103.

    _Mayer_, Professor in Bramstedt, II, 239.

    _Mehmel_, Tieck’s Lehrer, III, 94.

    _Mehring_, Freih. von, I, 132.

    _Mendelssohn_, d. ä., Banquier, III, 155.

    _Mendelssohn_, Fanny, III, 166.

    =_Mendelssohn-Bartholdy_=, Felix, II, 336.

    _Menzel_, Karl Adolf, III, 207.

    =_Menzel_=, Wolfgang, II, 150, 246, 340 ff.; IV, 295.

    _Mereau_, Prof., III, 362.

    _Merkel_, Garlieb, II, 289; III, 64, 180, 181, 256.

    _Mètral_ von Saint Saphorin, I, 113.

    _Metternich_, II, 13.

    _Metting_, Frau von, I, 232, 233.

    _Metzler_, Buchhändler, I, 236.

    _Meyer_, F. C., Prof., III, 86.

    _Meyer_, Schauspieler, II, 237.

    _Meyer_, Friedr. von, II, 150.

    =_Meyerbeer_=, J., II, 348 ff.

    _Middeldorpf_, I, 279.

    _Millin_, Auguste Aubin, III, 36.

    =_Minckwitz_=, ~Dr.~ Johann, I, 33; II, 351 ff.

    _Mitscherlich_, Christoph Wilhelm, II, 218.

    =_Mnioch_=, Joh. Jakob, II, 359 ff.; III, 249, 251, 263, 265.

    _Möller_, J., Prof. der Theologie, III, 3, 123.

    =_Mörike_=, Eduard, II, 152, 153, 365 ff.

    =_Molbech_=, Christian, I, 367; III, 1 ff.

    _Molbeck_, Prof., II, 129.

    _Molière_, II, 211; III, 165.

    _Moller_, Georg, I, 78; III, 187.

    _Moltke_, Graf, dänischer Finanzminister, III, 69.

    _Moltke_, Kammersänger zu Weimar, IV, 35.

    _Monnier_, II, 331.

    _Montalambert_, Graf, von, I, 4.

    _Moritz_, Karl Philipp, IV, 229, 246.

    _Moro_, Antonio, I, 75.

    =_Mosen_=, Julius, III, 14.
      Dessen Bruder III, 19.

    _Mozart_, I, 294.

    _Mühlenfels_, von, II, 182.

    _Münch_, Ernst Hermann Joseph von, II, 153.

    _Müller_, Adam, IV, 53, 108.

    _Müller_, Friedrich (Maler Müller), I, 10, 12, 14, 201, 202,
      341; II, 57; III, 24, 68, 169.

    _Müller_, Johannes von, III, 291, 293.

    _Müller_, Julius, III, 34, 36.

    =_Müller_=, Karl Otfried, II, 217; III, 26 ff.; IV, 71, 72.

    _Müller_, Sophie, II, 5, 6.

    _Müller_, Wilh., I, 107; II, 270; III, 45; IV, 24.

    _Müller_, von, Canzler zu Weimar, I, 369; II, 101, 105; IV, 35.

    _Müller_, Geh. Kabinetsrath zu Berlin, II, 23.

    _Müllner_, Adolf, I, 105, 148; II, 196, 245, 309; III, 164;
      IV, 288.

    =_Münch-Bellinghausen_=, Freiherr von, III, 49 ff.

    _Münk_, Schauspielerin, I, 36.

    _Mundt_, Theodor, IV, 89.


    =N.=, II, 341; III, 55 ff.; IV, 95.

    _Napoleon_ I., II, 210.

    _Nauke_, Buchhändler, IV, 245.

    _Naumann_, Frau, III, 309.

    _Neipperg_, Gräfin, II, 153.

    _Neumann_, Wilh., I, 368, 369; II, 359.

    _Neumann_, Schauspielerin, II, 312.

    =_Nicolai_=, F., I, 88, 328; II, 252; III, 58 ff.

    _Nicolovius_, Georg Heinr. Ludwig, IV, 50, 51.

    _Nicolovius_, Buchhändler, III, 247, 274.

    _Niebuhr_, II, 96.

    _Nilsen_, IV, 75.

    _Nithard_, I, 101.

    _Nyß_, Frau, II, 16.


    =_Oehlenschläger_=, Adam Gottlob, I, 7, 62, 65, 67, 328,
      329, 342; II, 59, 130, 204; III, 3, 7, 9, 64 ff., 85, 102; IV, 61.
      Dessen Tochter Charlotte, III, 65, 66.

    _Olfers_, von, III, 310.

    _Oranien_, Prinzessin von, II, 153.

    _Oskar_, König von Schweden, I, 68.

    _Otto_ der Fröhliche von Oesterreich, I, 101.

    _Overbeck_, IV, 115.

    _Ovid_, IV, 160.


    =_Paalzow_=, Henriette, III, 70 ff.

    _Pandin_, Beauregard, II, 307.

    _Parma_, Prinz von, I, 143.

    _Pasta_, Sängerin, IV, 322.

    =_Pauli_=, L., III, 72.

    _Peale_, Patrik s. Seckendorf, Gust. Freiherr von.

    _Pellegrin_, III, 292.

    _Perglaß_, von, IV, 321.

    _Perthes_, III, 121.

    _Peter_ der Große, II, 51.

    _Peters_, Schauspieler, I, 112.

    ~_Petrus_ de Vineis~, I, 150.

    _Pfeffel_, IV, 197.

    _Pfuel_, von, II, 16.

    _Philipp_, Louis, König von Frankreich, I, 45.

    _Philipp_, Bankierswittwe aus Hannover, II, 15.

    =_Pichler_=, Caroline von, III, 73 ff.

    _Piesker_, Landgerichtsrath in Meseritz, IV, 179.

    _Pindar_, IV, 161.

    _Plautus_, IV, 160.

    _Pohlmann_, Fräulein, I, 340.

    _Pourtales-Gorgier_, Graf, I, 112.

    _Preisler_, Schauspieler, IV, 183.

    _Prevorst_, Seherin von, II, 150, 151.

    _Prokesch-Osten_, Anton Ritter von, I, 16.

    =_Prutz_=, Robert, III, 76 ff.

    _Pückler_, Fürst, II, 233.

    _Pustkuchen_, Pastor, I, 249.


    =_Quandt_=, Joh. Gottlieb von, I, 231; III, 81 ff., 194.


    _Rabelais_, III, 96, 97.

    _Racine_, II, 211.

    =_Rahbeck_=, Knud Lyne, I, 329; III, 85 ff.

    =_Rahel_=, I, 46; II, 91, 221; IV, 134 ff., 140 ff.

    =_Rake_=, Prof., III, 87.

    _Rambach_, IV, 170, 195, 213, 225, 229, 234, 254, 264.

    _Ramler_, IV, 233, 247.

    _Ranke_, Leopold, II, 9, 93, 115; III, 74.

    _Raphael_, I, 5, 71, 293; III, 186.

    _Rapp_, ~Dr.~ aus Stuttgardt, IV, 10.

    =_Raßmann_=, Christian Friedr., III, 88 ff.

    _Rau_, Karl Heinrich, I, 233.

    _Rauch_, Christian, I, 276, 368; II, 10.

    _Raumer_, Friedrich Ludwig Georg von, I, 33, 93, 118, 125,
      168, 265, 269, 274, 279, 368, 369, 370, 372; II, 9, 12, 13, 14,
      17, 33, 143, 145, 243, 260; III, 46, 90, 94, 129, 154, 207, 213,
      214, 217; IV, 30, 50, 95.

    =_Raumer_=, Karl von, III, 90 ff., 113, 115-117, 206; IV,
      158, 164.
      Dessen Söhne Rudolph und Hans, III, 94.

    _Raupach_, Ernst Benjamin Sal., I, 69; II, 56, 183; IV, 292, 331.

    =_Recke_=, Frau Elise von der, II, 275; III, 94.

    _Redern_, Graf, I, 269; III, 214; IV, 303, 304, 305, 308.

    =_Regis_=, Joh. Gottlob, III, 96 ff.

    =_Rehberg_=, August Wilh. von, III, 98 ff., 123.
      Dessen Frau, I, 31, 301, 354; III, 102.

    _Reichardt_, Fritz, III, 121.

    =_Reichardt_=, Johann Friedrich, III, 103 ff., 311, 328;
     IV, 209, 258.

    =_Reichardt_=, Luise, III, 104, 109.

    _Reimer_, Buchhändler, I, 108, 109, 337; II, 246; III, 116,
      302, 322; IV, 63, 147.

    _Reinbeck_, Georg, II, 346.

    =_Reinbold_=, Adelheid, II, 325 ff.; III, 103, 123 ff.

    _Reinegys_, IV, 70.

    _Reinhold_, Karl Leonhard, III, 247.

    _Reinicke_, Schauspieler, IV, 70.

    _Reiser_, Chirurgus, III, 4, 5.

    =_Rellstab_=, Ludwig, II, 348, 349; III, 130.

    _Retzsch_, Moritz, I, 196; II, 6.

    _Reumont_, ~Dr.~ Alfred, I, 283.

    _Reuß_, Bibliothekar in Göttingen, III, 179.

    _Reußner_, Schauspieler, II, 75, 87.

    _Reutterdahl_, ~Dr.~, Professor und Bibliothekar zu Lund,
      III, 13.

    _Rhedern_, Graf, II, 148.

    _Rhode_, Prof., I, 269, 346.

    =_Ribbeck_=, Aug. Ferd., III, 134.

    =_Richter_=, Jean Paul Friedrich, I, 322; II, 201, 308,
      309, 358; III, 131, 137 ff., 257.

    _Riemer_, III, 23.

    _Rienzi_, III, 21.

    _Riepenhausen_, der Vater, I, 12.

    _Righini_, III, 112; IV, 144, 243.

    _Riek_, Cantor, I, 158.

    _Ritter_, I, 95; III, 239, 316; IV, 65.

    _Robinson_, H. C., I, 142.

    =_Robert_=, Friderike, III, 166, 170.

    =_Robert_=, L. II, 221; III, 140 ff., 213; IV, 149.

    _Robert_, Moritz, III, 141.

    _La Roche_, Sophie, I, 16.

    =_Rochlitz_=, Friedr., I, 221; III, 172 ff.

    _Rochow_, Minister von, II, 22.

    _Röschlaub_, III, 245, 249, 251, 263.

    _Röstell_, IV, 119.

    _Romberg_, Heinrich, III, 209.

    _Rosa_, Martinez de la, II, 21.

    _Rosenvinge_, III, 6.

    _Rostorf_ s. Hardenberg.

    _Rott_, I, 370; II, 69, 232.

    _Rotte_ aus Lübeck, IV, 58.

    _Rottmayer_, Schauspieler, I, 36, 37.

    _Roux_, Prof., I, 232.

    _Roux_, Staatsrath in Berlin, IV, 14, 15.

    _Rubens_, II, 120.

    =_Rückert_=, Friedr., II, 34; III, 38, 176 ff.; IV, 37.

    _Rühle_ von Lilienstern, II, 16.

    =_Rühs_=, Christian Friedr., III, 178 ff.

    _Ruhl_, II, 278.

    _Rumigny_, II, 309.

    =_Rumohr_=, Karl Friedrich Ludwig Felix von, I, 126; II,
      358; III, 181 ff.

    _Runeberg_, I, 21.

    _Runge_, Philipp Otto, Maler, I, 104; III, 119, 121, 191.

    _Rust_, ~Dr.~, I, 153, 154.

    _Ruthenberg_, ~Dr.~, II, 27.

    _Rydquist_, I, 60.


    _Sacchi’s_ Truppe, I, 96.

    _Sagan_, Herzogin von, II, 275.

    =_Sallet_=, Friedr. von, III, 197 ff.; IV, 93.

    _Salm-Reifferscheid_, Altgraf Hugo von, II, 2.

    _Salm-Reifferscheid_, Graf Hugo von, II, 2, 6.

    _Salm-Reifferscheid_, Graf Robert von, II, 2.

    _Salm-Reifferscheid_, Gräfin von, II, 6, 16.

    _Salvandy_, IV, 149.

    _Sander_, Buchhändler, III, 246.

    _Sartorius_, Neffe von G. Heumann, I, 356.

    _Sasse_, Joh., I, 101.

    _Savigny_, von, I, 19, 97-100, 102; II, 312. Dessen Frau, I, 32.

    =_Schack_=, Adolf Friedr. von, II, 264; III, 201 ff.

    _Schadow_, II, 111; III, 234, 284, 370; IV, 115.

    =_Schall_=, Karl, I, 346; III, 205 ff.; IV, 126, 127.

    _Schall_, Zeichnenlehrer, I, 273.

    _Schede_, III, 352.

    _Scheibel_, Joh. Gottfr., I, 279.

    Schelling, I, 274; II, 29; III, 124, 187, 221, 232, 234, 235, 239,
      240, 244, 245, 252, 314, 315; IV, 65, 70.
      Dessen Frau, III, 128.

    _Schelmufsky_, IV, 46.

    _Schelver_, Prof., I, 122, 137, 159.
      Dessen Frau, I, 79.

    _Schenck_, Schauspieler, II, 76.

    =_Schenk_=, Eduard von, II, 12; III, 215 ff.
      Dessen Frau, II, 13.

    _Schick_, III, 192.

    _Schierstädt_, I, 14; III, 293.

    _Schiller_, I, 35, 46, 58, 109, 151; II, 35, 96, 142, 188,
      289, 322, 345, 357, 358; III, 108, 150, 236, 239, 255, 298 ff.,
      307; IV, 49, 118, 196, 203, 233, 242.

    _Schimmelmann_, Graf E. H., IV, 59, 60.

    _Schinkel_, I, 294 ff.; III, 143.

    =_Schlegel_=, A. W., I, 49, 147, 155, 261, 306; II, 16,
      95, 96, 213, 260; III, 38, 191, 208, 233 ff., 318, 319, 323, 334,
      336, 344, 350; IV, 58, 65.
      Dessen Frau Caroline, III, 252.

    =_Schlegel_=, Fr., I, 4, 48, 145, 147, 148, 155, 156,
      261, 306, 308, 316, 317, 321-323; II, 1, 7, 14, 16, 96, 250, 252,
      260, 264, 287, 288; III, 35, 191, 229 ff., 246 ff., 292, 297, 299,
      311 ff., 346, 349, 352, 366; IV, 29, 58, 65, 294.
      Dessen Frau, III, 75, 330, 339, 345.

    _Schlegel_, Philipp, III, 337, 339, 343.

    _Schlegel_, Johannes, III, 339.

    =_Schleiermacher_=, I, 43, 48, 51, 52; III, 35, 236, 255,
      295, 334, 351 ff.

    _Schlichtegroll_, Adolf Heinrich Friedrich, IV, 298.

    =_Schlosser_=, Johann Heinr. Friedr., I, 234; III, 353 ff.

    _Schmidt_, Hofprediger in München, II, 11.

    _Schmidt_ aus Rheinbaiern, I, 233.

    =_Schmidt_=, Friedrich Ludwig, I, 36; II, 237; III, 358 ff.

    =_Schmidt_=, Friedr. Wilh. Valentin, III, 363 ff.

    =_Schmidt_=, Heinrich, III, 360 ff.

    _Schmiedecke_, IV, 254.

    _Schmohl_, IV, 170, 177, 182, 187, 246.

    =_Schnaase_=, Karl, II, 55, 62, 94, 110, 113, 120, 128;
      III, 370 ff.

    _Schnetzler_, Aug., I, 356.

    _Schnorr_, Julius, II, 10.

    =_Schöll_=, Adolf, III, 374 ff.; IV, 28.

    _Scholl_, Oberlieutenant, I, 303, 357.

    _Schoorel_, Joh., I, 73-77.

    =_Schopenhauer_=, Johanna, I, 228, 229, 231, 241; II,
      321; III, 23; IV, 1 ff.
      Deren Tochter Adele, II, 321; IV, 1, 5, 9, 10, 11.

    =_Schorn_=, Joh. Karl Ludwig von, I, 80.

    _Schott_, ~Dr.~ in Stuttgart, II, 342, 346.

    _Schottky_, I, 145.

    _Schreyvogel_ (West), I, 161; III, 132, 133; IV, 119.

    _Schröder_, Friedr. Ludw., II, 239; III, 86, 358, 360.

    =_Schromberger_=, H. von, I, 101.

    _Schubart_, Christian Friedrich Daniel, II, 307.

    _Schubart_, Franz, III, 45.

    _Schubert_, Gotthilf Heinr., II, 150.

    _Schuderoff_, IV, 182, 217, 236, 257.

    =_Schütz_=, Wilhelm von, I, 14, 106, 156; II, 103, 270,
      273, 297, 302, 306, 309, 363; III, 333, 340, 341, IV, 12 ff.

    =_Schütze_=, Joh. Stephan, III, 252, 295; IV, 16 ff.

    =_Schulze_=, Friedr. Aug. (Fr. Laun), II, 287; IV, 19 ff.

    _Schulze_, Johannes, I, 369.

    =_Schwab_=, Gustav, I, 290; II, 346, 347; IV, 23 ff.

    _Schwab_, Justizminister von, I, 264.

    _Schwabhaussen_, Schauspielerin, II, 40.

    _Schwanfelder_, Schauspieler, I, 370.

    _Schwarz_, Friedr. Heinr. Christian, III, 23.

    _Schwarz_, ~Dr.~, IV, 45, 47.

    _Schwarz_, III, 187.

    _Schweinichen_, Hans von, II, 308.

    _Scott_, Walter, I, 23; II, 133.

    =_Seckendorf_=, Gustav Freiherr von, IV, 30 ff.

    _Seckendorf_, Leo Freiherr von, II, 264, 265.

    _Seconda_, IV, 211, 213.

    =_Seidel_=, Max Johann, IV, 32.

    _Serre_, I, 124.

    _Seydelmann_, I, 173; II, 70.

    _Shakespeare_, I, 30, 31, 40, 41, 45, 86, 139, 140, 144,
      146-148, 151, 155, 176, 194, 250, 252, 259, 270, 271, 291, 294,
      337, 349, 374 ff.; II, 2, 27, 54, 58, 65, 73 ff., 85, 104, 105,
      137, 139, 141 ff., 186, 205, 206, 229, 241, 242, 248, 268, 284,
      308, 320, 322; III, 46, 47, 51, 61, 96, 125 ff., 141 ff., 150, 226
      ff., 295, 308, 313, 327, 375 ff.; IV, 48 ff., 121, 160, 168, 271,
      273, 315, 334 ff.

    _Siede_, IV, 229.

    _Sieveking_, III, 119.

    _Sillem_, Frau, III, 119-121.

    _Sillig_, Prof., I, 159; IV, 291.

    _Singer_, I, 140.

    _Sinner_, ~Dr.~ von, II, 333-335.

    _Sismondi_, I, 58.

    =_Skepsgardh_=, Otto von, IV, 37 ff.
      Dessen Schwester, IV, 37, 41, 42.

    _Sömmering_, Samuel Thomas von, II, 36.

    =_Solger_=, Karl Wilhelm Ferdinand, I, 93, 146, 154, 213,
      255, 267, 274, 276, 334; II, 50, 245, 352; III, 42, 147 ff., 207,
      369; IV, 30, 44 ff., 51, 52, 102.
      Dessen Frau, II, 72, 105; IV, 19;
      deren Mutter, II, 312.

    _Soltau_, III, 242.

    _Sommer_, Buchhändler, III, 245.

    _Sonnleithner_, IV, 31.

    _Sootzmann_, II, 13.

    _Sophokles_, II, 54, 352, 353 ff.; III, 379 ff.; IV, 161, 168.

    _Spazier_, R. O., II, 287, 289.

    _Spee_, Friedr. von, III, 289.

    _Spiegel_, von, II, 42.

    _Spieker_, Superintendent, I, 225.

    _Spieker_, Bibliothekar, III, 178.

    _Spinoza_, II, 60.

    _Spontini_, I, 297; II, 168; III, 130, 165; IV, 144.

    _Sprengporten_, Baron von, I, 59.

    _Sredbom_, ~Dr.~, I, 21.

    =_Staegemann_=, Friedr. August von, IV, 50 ff.

    _Staël_, Frau von, I, 49; II, 16; III, 294.
      Deren Bruder III, 306.

    _Staff_, von, I, 251.

    =_Steffens_=, I, 268, 271, 274, 276, 278, 279, 323, 370;
      III, 28, 85, 117, 182, 187, 191, 207, 310, 323; IV, 55 ff., 128,
      164.
      Dessen Frau, I, 369, 372; II, 68; IV, 57, 61, 62, 68.

    _Stein_, Schauspieler, II, 5.

    _Steinbach_, Erwin von, I, 296.

    =_Stieglitz_=, Heinr., II, 91; IV, 87 ff.
      Dessen Frau, IV, 87.

    _Stieglitz_, Banquier in Petersburg, IV, 89.

    =_Stjernström_=, Eduard, IV, 90.

    _Stolberg_, Christian Graf zu, II, 358; IV, 233.

    _Stockhausen_, Sänger, III, 45.

    =_Strachwitz_=, Moriz Graf, IV, 93.

    =_Strauß_=, David, II, 121; III, 55; IV, 94 ff.

    _Streckfuß_, Adolf Friedrich Karl, I, 197, 256; IV, 50.

    _Stromeier_, Intendant des Theaters zu Weimar, IV, 5, 35.

    _Stromeyer_, ~Dr.~ aus Hannover, IV, 6.

    _Stroparola_, III, 364.

    _Stürmer_, Ignatz Freih. von, I, 7.

    _Sybel_, von, II, 100, 126.
      Dessen Frau, II, 124.

    _Sydow_, von, II, 292.


    _Tacitus_, IV, 159.

    _Tafel_, II, 219.

    _Talma_, II, 211.

    _Tarnow_, Fanny, IV, 292.

    _Tasso_, Torquato, I, 203, 204.

    _Taubert_, I, 187.

    _Teichmann_, Hofrath, II, 351; III, 161.

    _Terenz_, II, 92; IV, 160.

    _Theokrit_, IV, 161.

    _Thibaut_, I, 158.

    _Thiersch_, Prof. d. Theol., II, 126.

    _Tholuck_, Friedr. August Deosidus, II, 30.

    _Thomson_, Canzleirath, III, 8.

    =_Thorbecke_=, Joh. Rudolph, II, 217; III, 43; IV, 97.

    _Thorkelin_, III, 180.

    =_Ticknor_=, George, II, 134; IV, 103 ff.

    _Tieck_, Amalie, III, 113, 114, 116, 290, 293.

    _Tieck_, Agnes, I, 303; II, 131; III, 357; IV, 21.

    _Tieck_, Dorothee, II, 108, 114, 121, 131, 150, 154, 263; III,
      94; IV, 165.

    _Tieck_, Anna Sophie, I, 14; II, 1, 16; III, 249, 252, 263,
      265, 267, 273, 280, 283, 286, 288, 290, 291, 292, 337; IV, 198,
      227.

    _Tieck_, Christ. Friedr., I, 239, 276, 369; III, 192, 233,
      242, 267, 280, 284, 286, 296, 320, 337; IV, 85, 205.

    _Tiedge_, II, 275; III, 94.

    _Toll_, Friedrich, IV, 183.

    _Tolstoi_, Gräfin, III, 245.

    _Tschech_, Bürgermeister, I, 162.

    _Tuchsen_, Frau von, I, 130.


    =_Uechtritz_=, Friedrich von, I, 33; II, 54, 55, 62, 65,
      93, 94, 111, 114, 116, 120, 127; III, 370; IV, 104 ff., 151.

    _Uhland_, II, 346; III, 38; IV, 27.

    =_Ulrici_=, Hermann, IV, 121 ff.

    _Umbreit_, Friedrich Wilhelm Karl, I, 235.

    _Ungarsternberg_, III, 21.

    _Unger_, Johann Friedrich Gottlieb, III, 246, 247.
      Dessen Frau, I, 28; III, 295.

    =_Ungher-Sabatier_=, Caroline, IV, 125.

    _Unzelmann_, Schauspieler, IV, 197, 214, 242.

    _Unzelmann_, Schauspielerin, IV, 196, 197, 243.

    _Uttenhoven_, Fräul. von, I, 317.


    =_Vaerst_=, Eugen, Baron, IV, 126 ff.

    _Valentini_, Georg Wilh. Freiherr von, II, 16.

    =_Varnhagen von Ense_=, Karl Aug., II, 359; III, 156; IV,
      131, 133 ff.

    _Vegelin_, die, III, 257.

    _Veit_, Moritz, IV, 88.
      Dessen Frau geborene Mendelssohn, IV, 258, 316.

    _Vermehren_, III, 250, 347.

    _Vernet_, Geistlicher, III, 306.

    _Vieweg_, Buchhändler, I, 249; III, 242.

    _Vigne_, de la, II, 66.

    _Villers_, de, I, 24, 25.

    _Virgil_, II, 356; IV, 159, 161.

    _Vogel_, Karl Christian von Vogelstein, III, 134.

    _Voltaire_, I, 130.

    =_Vorholz_=, Bäckermeister, IV, 154 ff.

    _Voß_, Heinr., II 96, 141; III, 333.

    _Voß_, Buchhdlr., II, 287, 288.


    _Waagen_ d. ä., I, 106, 279.

    =_Waagen_=, Director, I, 163; II, 17, 35, 123; III, 118;
      IV, 72, 157 ff., 297.

    _Wach_, Wilh., II, 28.

    _Wachler_, Consistorialrath Prof. ~Dr.~ Ludwig, IV, 68.

    =_Wackenroder_=, Wilh. Heinrich, IV, 169 ff.

    =_Wagner_=, Gottlieb Heinr. Adolph, I, 245; III, 83; IV,
      265 ff., 287, 289, 293.

    _Wagner_, M., Diakonus, II, 219.

    _Wagner_, Rosalie, II, 237.

    _Wallin_, Erzbischof, I, 66.

    _Wallishauser_, Buchhändler, II, 213, 216.

    _Walter-Haven_ aus Amerika, III, 253.

    =_Weber_=, Gottfried, IV, 276 ff.

    _Weber_, Karl Maria von, I, 229; II, 196; III, 122, 340; IV,
      125, 296, 298.

    _Wehlmann_, von, II, 193.

    _Weihrauch_, I, 3.

    _Wekherlin_, von, II, 193.

    =_Welcker_=, Friedrich Gottlieb, III, 298; IV, 278 ff.

    _Wellington_, II, 12.

    =_Wendt_=, Amadeus, I, 245; II, 278; IV, 280 ff.

    _Wenzel_, Candidat, IV, 127.

    _Werder_, Karl, IV, 88.

    _Werner_, Abrah. Gottlob, III, 328, 331.

    _Westermann_, Prof., I, 87.

    _Weymar_, Schauspieler, II, 76 bis 78, 84, 236, 237; III, 21.

    _Wiebeking_, Karl Friedrich von, IV, 298.

    =_Wiebeking_=, Charlotte von, IV, 296 ff.

    _Wieland_, I, 109.

    =_Wiese_=, Sigismund, IV, 299 ff.

    _Wilken_, Friedrich, III, 369.

    _Wilkens_, II, 313.

    _Willich_, Ehrenfried von, III, 352.

    =_Willisen_=, von, IV, 166, 167.

    _Willmer_, Geh. Rath, I, 95.

    _Wilmanns_, Buchhdlr., III, 247.

    _Winckler_, Hofr., I, 263.

    _Winkell_, Fräulein, II, 300.

    _Winkler_, Hofrath, IV, 335, 338.

    _Wißmann_, IV, 207.

    _Witt_ von Dörring, II, 11.

    =_Witte_=, Karl, IV, 128, 309 ff.

    _Wittmann_, Schauspielerin, IV, 96.

    =_Wolf_=, Pius Alexander, II, 86; III, 160; IV, 153, 312
      ff., 339.
      Dessen Frau, II 207.

    _Woltmann_, Frau von, II, 21.

    _Wordsworth_, II, 135.

    _Würtemberg_, Heinr. Graf von, I, 101.


    _York_, Graf, I, 279.


    =_Zedlitz_=, Josef Christian, Freiherr von, IV, 330 ff.

    _Zell_, Karl, II, 160, 161.

    =_Zieten_=, Karl Friedrich Daniel von (genannt Liberati),
      IV, 333 ff.

    _Zimmer_, Buchhdlr., I, 11, 13.

    _Zischke_, Schauspielerin, IV, 3.

    _Zschocke_, II, 189.

    _Zuarnström_, I, 59.



               Druck von Robert Rischkowsky in Breslau.



    =Verlag von Eduard Trewendt in Breslau.=


    =Karl von Holtei’s Erzählende Schriften.=

    34 Bände. Eleg. brosch. 10 Thlr. 15 Sgr.

    In 13 engl. Leinwandbände eleg. gbd. 13 Thlr. 22½ Sgr.

    Auch einzeln sind dieselben, und zwar zu nachstehenden Preisen zu
    haben:


    =Kriminalgeschichten.=

    6 Bände. Broschirt 2 Thlr. Gebunden 2 Thlr. 15 Sgr.

    =Inhalt:= Der Schachtelnatz. -- Ein Mord in Riga. -- Bella.
    -- Schwarzwaldau. -- Der Meineid. -- Die Töchter des Freischulzen.
    -- Das wär’ der Henker. -- Frau Hart. -- Der Taubstumme. -- Die
    Kröten-Mühle. -- Der Handkuß. -- Das hölzerne Haus.


    =~Noblesse oblige.~=

    Roman in 3 Bänden. Brosch. 1 Thlr.
    Gebd. 1 Thlr. 7½ Sgr.


    =Die Vagabunden.=

    Roman in 3 Bänden. Brosch. 1 Thlr.
    Gebd. 1 Thlr. 7½ Sgr.


    =Christian Lammfell.=

    Roman in 5 Bänden. Brosch. 1 Thlr.
    7½ Sgr. Geb. 1 Thlr. 22½ Sgr.


    =Ein Schneider.=

    Roman in 3 Bänden. Brosch. 1 Thlr.
    Gebd. 1 Thlr. 7½ Sgr.


    =Die Eselsfresser.=

    Roman in 3 Bänden. Brosch. 1 Thlr.
    Gebd. 1 Thlr. 7½ Sgr.


    =Vierzig Jahre.=

    6 Bde. Brosch. 4 Thlr. Gebd. 4 Thlr.
    22½ Sgr.


    =Kleine Erzählungen.=

    5 Bände. Brosch. 1 Thlr. 20 Sgr. Gebd. 2 Thlr. 5 Sgr.

    =Inhalt:= Iduna. -- Der Katzendichter. -- Ein vornehmer
    Herr. -- ’s Muhme-Leutnant-Saloppel. -- Die Dorfkirche. -- Jakob
    Heimling und seine Frau. -- Der Kanarius. -- Tetenemequilitzki. --
    Der Baumfrevel. -- In meines Vaters Hause sind viel Wohnungen. --
    Der Dohnenstrich. -- Treue Liebe macht schön. -- Blätter aus dem
    Tagebuche eines reisenden Schauspielers. -- Das Harfenmädchen. --
    Das Hundefräulein. -- Das Bild ohne Gnade. -- Die Rose ist erblüht.
    -- Die Sängerin.


    Supplement:

    =Noch ein Jahr in Schlesien.=

    Anhang zu den „Vierzig Jahren.“

    2 Bde. Brosch. 20 Sgr.



               =Verlag von Eduard Trewendt in Breslau.=


    =Theodor Mügge’s Romane und Novellen.=

    Gesammt-Ausgabe.

    _Bis jetzt sind erschienen:_


    1. bis 3. Band:

    =Der Chevalier.=

    Ein Roman in drei Bänden. 2. Auflage.

    8. Preis 1½ Thlr.


    4. bis 8. Band:

    =_Toussaint._=

    Ein Roman in fünf Bänden. 2. Auflage.

    8. Preis 2½ Thlr.


    9. bis 12. Band:

    =Erich Randal.=

    Ein Roman in vier Bänden. 2. Auflage.

    8. Preis 2 Thlr.


    13. bis 15. Band:

    =Afraja.=

    Ein Roman in drei Bänden. 2. Auflage.

    8. Preis 1½ Thlr.


    16. bis 18. Band:

    =Tänzerin und Gräfin.=

    Ein Roman in drei Bänden. 2. Auflage.

    8. Preis 1½ Thlr.


    19. und 20. Band:

    =Die Vendéerin.=

    Ein Roman in zwei Bänden. 2. Auflage.

    8. Preis 1 Thlr.


    21. Band:

    =Weihnachtsabend.=

    Ein Roman. 2. Auflage. 8. Preis 15 Sgr.


    =Die deutsche National-Literatur=
    =in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts.=

    Literarhistorisch und kritisch dargestellt von

    Rudolph Gottschall.

    Zweite vermehrte und verbess. Auflage. 3 Bde. gr. 8. Eleg. brosch.
    4 Thlr. 15 Sgr.

    Eleg. gebd. 5 Thlr. 7½ Sgr.


    _Poetik_,
    =die Dichtkunst und ihre Technik.=

    Vom Standpunkte der Neuzeit von Rudolph Gottschall.

    gr. 8. Eleg. brosch. Preis 2 Thlr. 15 Sgr.



                               Fußnoten:


[Fußnote 1: _Ferdinand L._ nicht zu verwechseln mit seinem
Bruder, dem Wiener _Ludwig L._]

[Fußnote 2: Siehe den vorigen Brief: diese Dame ist ja schon vor zwei
Jahren bei T. gewesen?]

[Fußnote 3: Nicht zu übersehen!]

[Fußnote 4: Die Lücken im Texte rühren von Brandflecken,
wahrscheinlich beim Siegeln entstanden, her.]

[Fußnote 5: Ludwig Löwe, der damals auf seiner _ersten_
Kunstreise begriffen war.]

[Fußnote 6: Wir meinen diese ungerechten Aeußerungen über unser
Berliner Tieckfest eben auch mittheilen zu sollen. Sie entsprangen
ganz einfach daraus, daß Steffens, der sonst so hinreißend zu sprechen
verstand, an jenem Abende nicht gut disponirt war, und mit seiner
Rede weniger Wirkung erzielte, als andere Sprecher vor und nach ihm,
mit den ihrigen machten. (Siehe den Bericht über denselben Gegenstand
im Briefe I. von Holtei.) Vielleicht auch rührte die Mattigkeit der
Steffens’schen Ansprache daher, daß er lange mit Tieck gegrollt, wegen
dessen nicht eben schonender Beurtheilung seiner Romane? und daß die
Verstimmung, ihm unbewußt, nachwirkte?]

[Fußnote 7: Diese Erkennung muß unter den Freunden geblieben seyn. Zur
_An_erkennung wenigstens hat sie nicht geführt; im Gegentheil!]

[Fußnote 8: Siehe die Briefe von Wolfg. Menzel (Nr. I.) und jenen
unter N.]

[Fußnote 9: Das hat sich bei der ersten Aufführung (1826) nicht
bewährt; H. v. K. wurde bald ein Liebling des Berliner Publikums.]

[Fußnote 10: „Das Ehrenschwerdt,“ welches denn doch in Berlin zur
Aufführung kam.]

[Fußnote 11: Eine Erklärung von dreizehn Bühnendichtern gegen Herrn
Saphir gerichtet, die weiter nichts erwirkte als boshafte Witze und
schadenfrohe Lacher.]

[Fußnote 12: Charlotte Birch-Pfeiffer.]

[Fußnote 13: Wir andern armen Menschen, die P. A. Wolff als einen
der edelsten Schauspieler verehrten, urtheilten gerade umgekehrt, und
nannten Herrn Krüger so. -- Aber freilich....]

[Fußnote 14: Gestorben im August 1864.]

[Fußnote 15: Herr von Perglaß.]

[Fußnote 16: Nur durch _zwei verschiedene_ Personen, welche Aug’
und Ohr zu sondern vermögen, kann dieser Dichtung und anderen ähnlichen
„_Verwechslungs-Komödien_,“ auf der Bühne ihr Recht geschehen.
Jede andere Einrichtung ist Unsinn. Der _Zuschauer_ soll nicht
getäuscht werden; er soll stets im Geheimniß des Dichters sein; aber er
soll an die Möglichkeit glauben, daß die handelnden Personen getäuscht
werden können.   H.]





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