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Title: Satyrische Abhandlung von den Krankheiten der Frauenspersonen, welche sie sich durch ihren Putz und Anzug zuziehen
Author: Reinhard, Christian Tobias Ephraim
Language: German
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  ####################################################################

                    Anmerkungen zur Transkription:

    Der vorliegende Text wurde anhand der 1756 erschienenen Buchausgabe
    so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Altertümliche
    Begriffe und Satzkonstruktionen wurden unverändert übernommen;
    inkonsistente Schreibweisen wurden nicht vereinheitlicht.
    Zeichensetzung und offensichtliche typographische Fehler wurden
    stillschweigend korrigiert.

    Bei Aufzählungen werden oftmals keine Kommas verwendet.
    Entsprechend der damaligen Gewohnheit, und entgegen den heute
    gültigen Regeln, werden Kardinalzahlen mit nachfolgendem Punkt
    geschrieben, Ordinalzahlen hingegen ohne.

    Zur Kennzeichnung der von der Normalschrift abweichenden
    Schriftschnitte werden die folgenden Sonderzeichen vewendet:

    kursiv:   _Unterstriche_
    fett:     =Gleichheitszeichen=
    Antiqua:  ~Tilden~

    Die fettgedruckten Passagen werden im Original zusätzlich in einer
    vergrößerten Schrift dargestellt.

  ####################################################################



               ~D.~ Christian Tobias Ephraim Reinhards,

       Königl. Preuß. bestätigten Heilarzts und Stadtphysici in
        der Herzoglich-Fürstlich-Lobkowitzischen Residenzstadt
                                Sagan,

                         Satyrische Abhandlung

                                von den

                              Krankheiten

                                  der

                           Frauenspersonen,

                            welche sie sich

                      durch ihren Putz und Anzug

                               zuziehen.


                               ~HORAT.~

                     ~-- -- Ridendo dicere verum,
                      Quis vetat?~

                            [Illustration]

                          Glogau und Leipzig,
                   bey Christian Friedrich Günthern,
                                 1756.



Sinngedichte.


    Die große Klugheit mancher Weiber
      Geht weit, weit über die Natur:
    Verschönern sie nicht ihre Leiber?
      Nein sie verderben solche nur.



                                  Dem

                       Durchlauchtigsten Fürsten
                              und Herrn,

                                 HERRN

                          Ferdinand Philipp,

                    Herzoge zu Sagan in Schlesien,

                 des H. R. R. Fürsten und Regierer des
                           Hauses Lobkowitz,

                   Gefürstetem Grafen zu Sternstein,

                                 Herrn

                der Herrschaften Chlumnitz, Gystebnitz,
                   Raudnitz an der Elbe, Mühlhausen,
                     Entzowan und Unterberzkowitz,

                               Erbherrn
                der Herrschaften zu Bilin, Liebshausen,
                            und Miersowitz;

                 Sr. Kais. und Kön. Maj. hochbetrautem
                        wirklichen Kammerherrn,

                       Meinem gnädigsten Fürsten
                           und Herrn Herrn.



                       Durchlauchtigster Herzog,

                           Gnädigster Fürst
                            und Herr, Herr!


[Illustration]

Schon längst haben =Sich Ew. Durchlaucht= vermöge =Ihrer= tiefen
Einsicht in die Wissenschaften, den Namen eines klugen Fürstens
erworben. Und schon längst ist =Ihnen=, wegen =Ihrer= besondern
Mildthätigkeit, von =Ihren= getreuen Unterthanen der ruhmvolle Beyname
eines gütigen Landesvaters beigelegt worden. Und ich habe mir die
Freyheit angemaßt, der Nachwelt davon Nachricht zu geben.

Bloß diese vorzüglichen Fürstentugenden sind die eigentlichen
Triebfedern gewesen, vermöge deren ich angetrieben worden bin,
gegenwärtige Schrift zu den Füßen =Ew. Durchlaucht= zu legen, um
=Ihnen= dadurch meine Unterthänigkeit und Ehrfurcht öffentlich bezeugen
zu mögen.

Allein ich würde nur gar zu eitel scheinen, wenn ich mir einfallen
lassen wollte, daß ich durch diese schlechte Bemühung meine Absicht
vollkommen erreicht, und meiner Pflicht eine völlige Genüge geleistet
hätte. Nein, ich sehe es vielmehr nur gar zu wohl ein, daß meine Arbeit
viel zu geringe sey, als daß ich mich mit der Hoffnung schmeicheln
sollte, daß solche von einem Fürsten eines gnädigen Anblicks gewürdiget
werden könnte.

Aber eben diese Erkenntniß würde mich ganz gewiß strafbar machen, wenn
die Großmuth, welche nur =Ew. Durchlaucht= eigen ist, nicht gewohnt
wäre, meiner Kühnheit gnädigst Nachsicht zu ertheilen. So groß ist
das Vertrauen, welches sich einzig auf eines gütigen Fürstens Gnade
gründet, dessen Genuß ich vor das größte Glück halten, und für dessen
Erlangung ich in heiligster Ehrfurcht, mit aller Unterthänigkeit ewig
seyn werde

    Ew. Durchlauchtigkeit

    Sagan,
    den 18. d. Christmonats
    1755.

    demüthigster
    Knecht,
    Christ. Tob. Ephr. Reinhard



[Illustration]


Vorrede.


Da ich in mir einen innerlichen Beruf und ganz besondern Trieb
verspüre, die Thorheiten des schönen Geschlechts, womit sie ihrem
liebenswürdigen Körper nur gar zu vielen Schaden zufügen, zu erzählen,
ihm solche als abgeschmackt vorzustellen, lächerlich zu machen, und ihm
die Wahrheit in etwas ernsthafter, als ich sonst gewohnt bin, zu sagen;
so kann ich ohne große Mühe gar wohl von selbst einsehen, daß ich
das Unglück haben werde, mich ihrer Freundschaft vielleicht gänzlich
verlustig zu machen. Allein ich bin gleichwohl so glücklich gewesen,
in meinem Leben durch die Erfahrung so viel Einsicht zu überkommen,
daß niemand die Wahrheit mit größerm Widerwillen anzuhören und zu
vertragen gewohnt sey, als unsre Schönheiten. Aber würde ich mich nicht
auf eine recht grobe Art an den schönsten Geschöpfen versündigen, wenn
ich so unverschämt seyn wollte, diese weibliche Schwachheit allen
Frauenspersonen ohne Unterschied zur Last zu legen. Ich weis, daß
einige so viel Verstand besitzen, es gar wohl zu erkennen, daß ihnen
annoch nur gar zu viele Menschheit anklebe. Mir selbst sind Beispiele
solcher Schönen zur Genüge bekannt, welche die Wahrheit gar wohl
anhören konnten, ohne darüber einen Verdruß bey sich spüren zu lassen,
und ohne deswegen einen Haß auf diejenige Person zu werfen, die sich
so aufrichtig gegen sie aufführte, ihnen, ohne zu heucheln, mit einer
ungezwungenen Freymüthigkeit das Unanständige unter die Augen zu sagen.
In Wahrheit, manche Schönen haben einen mehr als männlichen Geist:
denn sie wissen es nicht nur mit einer Gelassenheit anzunehmen, wenn
man ihnen diejenigen Schwachheiten, so sie an sich tragen, in ihrem
wahren Wesen vorhält, sondern sie sind auch so verständig, den festen
Entschluß zu fassen, im Ernste sich von solchen Schwachheiten loß zu
machen, um andern keine Gelegenheit über sie zu spotten zu geben.

Da ich nun als ein Arzt sehr wohl weis, daß es meine Schuldigkeit sey,
alle diejenigen Thorheiten mit einer Dreistigkeit zu sagen, wodurch dem
menschlichen Geschlechte nur gar zu viele Gelegenheit, in Krankheiten
zu verfallen, gegeben wird; so würden sich die Schönen an mir auf eine
höchst unerlaubte Weise vergehen, wenn sie darum eine Bosheit gegen
mich in ihrer Brust hegen wollten, weil ich so gewissenhaft gegen sie
gehandelt hätte, sie für dem Schädlichen zu warnen, um ihren artigen
Körper gesund erhalten zu mögen. Würde es nicht eine unverantwortliche
Sünde seyn, wenn man wider einen Gesetzprediger darum in Grimm gerathen
wollte, weil er unsers Seelenheils zum Besten, die Laster, welche doch
nur Hindernisse der Seligkeit sind, bestraft, und als abscheulich
vorgestellt hätte?

Ich bin also, bloß mein Gewissen frey zu machen, kraft meines tragenden
Amts, mit mir einig geworden, aus lauter Liebe zu dem schönen
Geschlechte, und ihrer schätzbaren Gesundheit zum besten, diejenigen
=Krankheiten= abzuhandeln, =welche sie sich durch ihren Ausputz
und Anzug zuzuziehen pflegen.= Die Schönen werden es sich also nicht
zuwider seyn lassen, wenn ich von ihren Haupthaaren anfange, und an
ihrer kleinen Zehe erst wieder das Ende mache. Sie werden es nicht übel
nehmen, wenn ich bey Gelegenheit ihren Putz durch schalkhafte Einfälle
und spöttische Ausdrücke bis zum Verlachen beschreiben werde. Genug,
daß ich dieses alles ihrer schätzbaren Gesundheit wegen unternehme.

Doch ich muß den Schönen gleichwohl, ohne, daß mich jemand hierzu
nöthiget, Rechenschaft geben, und ihnen den Bewegungsgrund eröffnen,
welcher mich zu dieser Arbeit gereizet hat. Ich sehe mich nun von
selbst verbunden, ihnen mein Bekenntniß abzulegen, und, ohne roth zu
werden, zu gestehen, daß mich keine andre Ursache auf diese Gedanken
gebracht, als weil ich gesehen und wahrgenommen habe, daß kein
Geschlechte weniger mit seinem Körper zufrieden sey, als das weibliche,
da ihnen doch das ewig weise Wesen aus ganz besonders weisen Absichten
keinen bessern hätte zueignen können. Aber ob sich unsre Schönheiten
nicht durch ihre Bemühung, ihrem Körper ein ander Ansehen zu geben, an
ihrem Baumeister vergehen, will ich zwar eben so frey nicht sagen:

    doch denken mag ichs wohl?

Ich glaube ganz gewiß, daß man sich auf allen höhern Schulen in
allen Facultäten Raths erholen würde, um gewiß erfahren zu mögen, ob
dasjenige Frauenzimmer nicht für ein Monstrum zu halten sey:

    Denn nur ein Glied zu viel macht schon ein Monstrum aus,

welches an den Ohren mit Ohrgehängen, oder im Angesichte mit schwarzen
Muschen, welche halbe und volle Monden vorstellen, gebohren worden
wäre? Würden die Eltern solcher Kinder nicht alles drauf wenden, um
diese Flecken aus dem Angesichte loß zu werden, und diese Ohrgehänge
von den Ohren weg zu bringen? Und dennoch ist mancher Menschen Narrheit
so groß, daß sie, um schöner zu scheinen, ihre Ohrläpchen mit einer
zahlreichen Menge von Steinen beschweren, und fast alle himmlische
Körper in ihr Angesicht kleben. Mich hat es schon lange gewundert,
warum das artigste Geschlecht nicht längstens auf den seltsamen
Einfall gerathen ist, sich, statt der ganz und halbmondförmigen
Schminkpflästerchen, den ganzen Thierkrais, oder nur einige davon,
als den Drachen, den Scorpion, den Löwen in das Angesichte zu setzen,
und ihre Ohrläpchen statt der steinernen Ohrgehänge lieber mit einem
ganzen Geläute von Schellen zu behängen. Denn durch diesen Putz würde
man eine Schöne bald von weiten kommen hören, und ihr also durch
Abnehmung des Huts und durch eine höfliche Verbeugung des Leibes, die
schuldige Hochachtung zu erweisen, nicht so leichte vergessen können.
In Wahrheit, dieser Zierath würde keine Schande vor unsre Schönheiten
seyn. Trug doch ehedem der Hohepriester bey den Juden auch Schellen,
ob er schon selbige nicht an seinen Ohrläpchen, sondern nur an dem
Saume seines Rockes trug. Und also würden ja die Schönen was recht
besonder vorzügliches für den Männern zum Voraus haben, und dieses
darum, weil sie die Schönen wären. Doch an gehörigen Oertern werde ich
mich deutlicher davon auszudrücken nicht viel bitten lassen. Ich werde
also in meiner mir vorgenommnen Abhandlung von den Krankheiten der
Schönen, denen sie vermöge ihres Putzes und Anzuges unterwürfig seyn
müssen, nachfolgende Ordnung beobachten: Meine ganze Arbeit will ich
vor das erste in zween Theile abtheilen, und diese zween Theile sollen
aus drey Büchern bestehen. Der erste Theil wird nur ein einziges,
und zwar das erste Buch in sich begreifen, welches alle diejenigen
Krankheiten enthalten wird, welche von dem Putze des Kopfes überhaupt
zu entstehen gewohnt sind, aber in eben diesem ersten Buche werde ich
drey Abschnitte machen, davon der erste Abschnitt alle diejenigen
Ungelegenheiten darthun soll, welche von dem Haarputze herkommen. Der
andre Abschnitt wird diejenigen Verdrießlichkeiten erzählen, welche
von der Verschönerung des Angesichts ihren Ursprung haben. Und endlich
soll der dritte Abschnitt alles dasjenige Unheil zeigen, welches der
Auszierung des Halses ihr Daseyn schuldig ist. Der andre Theil wird
derjenigen Krankheiten Erwähnung machen, welche insgemein von dem Putze
und der Bekleidung des Oberleibes, und des Unterleibes so wohl, als der
Hände und Füße ihren wesentlichen Ursprung ableiten. Dieser andre Theil
nun wird zwey Bücher, nämlich das andre und dritte Buch in sich fassen.
Das andre Buch soll bloß diejenigen Krankheiten erklären, welche
von dem Putze und Anzuge des Oberleibes so wohl als des Unterleibes
abstammen. Und endlich wird dieses andre Buch in zween Abschnitte
abgetheilt seyn, davon der erste Abschnitt diejenigen unangenehmen
Empfindungen erwähnen wird, welche ihren Grund in der Bekleidung und
Auszierung des Oberleibes haben. Der andre Abschnitt soll diejenigen
Verdrüßlichkeiten der Reihe nach anführen, welche wegen des Anzuges,
und des Ausputzes am Unterleibe zum Vorscheine kommen. Das dritte Buch
wird überhaupt diejenigen Krankheiten abhandeln, welche dem Ausputze
der Hände, und der Bekleidung der Füße ihre Erzeugung zu danken haben.
Ich werde in diesem dritten Buche ebenfalls zween Abschnitte machen.
Der erste Abschnitt wird diejenigen Krankheiten in sich fassen, welche
von dem Putze und der Auszierung der Hände entstehen. Und zuletzt soll
der andre Abschnitt von denjenigen Verdrüßlichkeiten reden, welche
von der Bekleidung der Füße erzeugt werden. Jeder Abschnitt aber wird
seine eigene und besondere Kapitel zählen. Im übrigen will ich mir
meine ganze Arbeit also einzurichten angelegen seyn lassen, daß ich
das Ernsthafte durch unerwartete Einfälle und scherzhafte Ausdrücke
angenehm mache. Und endlich werde ich alle Sorgfalt anwenden, damit ich
nicht etwa die Gesetze der Bescheidenheit übertreten, oder wohl gar
ungezogen scheinen möge, und also, da ich an andern Laster bestrafe,
selbst in Thorheiten verfalle, und wie manche Kirchenlehrer predige,
und doch selbst verwerflich werde, dafür mich die Bescheidenheit in
Gnaden behüten wolle! und vielleicht auch bewahren wird, es wäre denn,
daß meine Menschheit stärker als mein Verstand und meine Weisheit
geworden wäre. Und gesetzt, daß ich auch aus Schwachheit einen Fehler
begienge; so würde man, wo nicht Religion, doch gleichwohl so viel
Menschenliebe gegen mir zeigen, und mir eine oder ein paar menschliche
Kleinigkeiten vergeben können, es müßte denn seyn, daß man sich recht
theologisch gegen mir aufführen, und mir meine Menschlichkeiten nicht
verzeihen wollte, darum weil ich selbst kein theologisches Gesichte,
sondern gar wie Stax wäre, denn nur

    Stax ist ein Mann nach neuster Art, und ein recht wunderbarer
        Christ,
    Der lieber mit den Karten spielt, als in der alten Bibel liest,
    Der lieber bey den Mägdchen sitzt, als auf der Kanzel steht und
        lehrt,
    Der lieber trinkt, ißt, scherzt und küßt, als sitzt und andre
        Beichte hört.
    Wie glücklich ist man nicht, wenn man wie dieser theure Lehrer lebt
    Der als ein seltner Gottesmann sich selbst in dritten Himmel hebt,
    Und der uns einen neuen Weg, zu einem bessern Himmel weist;
    Dafür ihn die Nachkommenschaft schon gegenwärtig heilig preist.
    Doch es muß einst in Ewigkeit gewiß sein glänzend heller Schein
    So wie die lange Thomasnacht, in der kein Stern und Mond glänzt,
        seyn.

In Wahrheit, wenn man es aus diesem Bewegungsgrunde thun, und mir
nicht erlassen will, so wird man zwar auf Seiten seiner Recht zu haben
glauben; ich aber würde einem solchen dennoch diese Höflichkeit mit
einer anständigen Großmuth verzeihen, und lieber keinen griechischen
Namen führen, als auf gut deutsch unhöflich heißen wollen.

Doch es ist die höchste Zeit, von meiner Ausschweifung abzulassen, und
mit mehrerer Ernsthaftigkeit die Hand an mein vorgesetztes Werk zu
legen, um nicht ohne Noth überflüßig weitläuftig zu werden.

[Illustration]



Innhalt.


    Der erste Abschnitt.

    Von den Ungelegenheiten, welche von dem Haarputze herkommen, hat
    fünf Kapitel, nämlich:

    Das 1 Kap. von den Verdrießlichkeiten, welche von den Pudelköpfen
    zu entstehen gewohnt sind, §. 1.

    Das 2 Kap. von den Beschwerlichkeiten, welche das Aufkrausen und
    Aufbrennen der Haare des Kopfs verursachen, §. 7.

    Das 3 Kap. von den Unbequemlichkeiten, welche von dem Einpomadiren,
    und Einpudern der Haare des Kopfs her zu kommen pflegen, §. 14.

    Das 4 Kap. von den üblen Zufällen, welche ihren Ursprung von dem
    Färben der Haare haben, §. 23.

    Das 5 Kap. von den Beschwerungen, die von den Kopfzeugen
    entspringen, §. 29.


    Der zweyte Abschnitt.

    Von den Krankheiten, welche von der Verschönerung des Angesichts
    ihren Ursprung haben, begreift neun Kapitel in sich, als:

    Das 1 Kap. von den Ungelegenheiten, welche von den Schminkfleckchen
    zu entstehen pflegen, §. 34.

    Das 2 Kap. von den Beschwerlichkeiten, welche von der rothen
    Schminke des Angesichts erzeugt werden, §. 39.

    Das 3 Kap. von den üblen Zufällen, welche von der blaßmachenden
    Schminke des Angesichts herkommen, §. 44.

    Das 4 Kap. von den Unbequemlichkeiten, die von der Bemühung, der
    Haut eine Zärtlichkeit zu wege zu bringen, ihren wesentlichen
    Ursprung haben, §. 52.

    Das 5 Kap. von den Ungelegenheiten, welche den Schönen zustoßen,
    wenn sie sich die Sommersprossen vertreiben, §. 56.

    Das 6 Kap. von den unangenehmen Empfindungen, welche die Schönen
    leiden, indem sie sich eine hohe Stirne zu machen beschäftigen, §.
    69.

    Das 7 Kap. von dem Schaden, welcher sich von dem Schwarzfärben der
    Augenbraunen entspinnt, §. 72.

    Das 8 Kap. von den schädlichen Folgerungen, welche von dem
    Weißmachen der Zähne entstehen, §. 76.

    Das 9 Kap. von den Unpäßlichkeiten, welche von dem Löcherstechen in
    die Ohrläppchen, zum Ohrgehängtragen, herkommen, §. 81.


    Der dritte Abschnitt.

    Von den Krankheiten, welche von der Auszierung des Halses ihren
    Ursprung haben, enthält fünf Kapitel, nämlich:

    Das 1 Kap. von den Verdrießlichkeiten, die zu entstehen pflegen,
    weil das schöne Geschlecht den Hals entblößt zu tragen gewohnt ist,
    §. 86.

    Das 2 Kap. von den Gefährlichkeiten, welche von der Zartmachung der
    Halshaut entstehen, §. 89.

    Das 3 Kap. von dem Schaden, welcher sich äußert, wenn die
    Sommersprossen und Leberflecke des Halses mit äußerlichen und
    schädlichen Sachen vertrieben werden, §. 92.

    Das 4 Kap. von dem Unheile, welches daher zu kommen pflegt, wenn
    sich das Frauenzimmer durch unrechte Mittel die Kröpfe vertreiben
    läßt, §. 95.

    Das 5 Kap. von den üblen Umständen, welche von der Weißmachung der
    Halshaut abstammen, §. 99.

[Illustration]



Anakreontische Ode,

die fünf Sinne.


    Weg Schnupftaback, weg Dose!
    Nur der Geruch der Rose
        Soll meine Nas' erfreun:

    Wenn ich bey meinem Kinde
    Den Duft der Ros' empfinde,
        Möcht ich ein Naso seyn.

    Erblick ich schöne Kinder,
    So wünsch ich mir nicht minder
        Dem Argus gleich zu seyn.

    Schmeck ich den Saft der Trauben,
    So wollt ich, könnt ihrs glauben?
        Flugs lauter Zunge seyn.

    Hör ich die Nachtigalle,
    Wünsch ich bey ihrem Schalle
        Nichts als nur Ohr zu seyn.

    Laßt mich bey Scherz und Spielen
    Mein Mägdchen Küsse fühlen
        So bin ich das Gefühl:

    Denn von dem Reiz der Küsse
    Fühlt Herz, Mund, Händ und Füße,
        Ja gar ein jedes Glied.

[Illustration]



[Illustration]


Sinngedichte,


auf einen Zänker.

    Ein Zänker nahm sich jüngst ein Weib
      Zu seinem Zeitvertreib,
    Um junge Zänker zu erzeugen:
      Doch ich will lieber schweigen.


Auf das Glück.

    Warum schenkt denn das blinde Glück den Tummen so viel Geld?
    Darum, weil sich der Kluge durch seinen Witz erhält.


Auf den Batill.

    Seit dem Batill beweibet ist, liest er stets in der Bibel,
    Er faßt, singt, beth und seufzt: O Herr, erlös' uns von dem Uebel!


An den Gargill.

    Warum pflegt den Gargill am Kragen
      Tafeln des Gesetz's zu tragen?
    Darum, weil sie der theure Mann
      So wie er soll nicht halten kann.


Auf den unbenabelten Adam.

    Warlich es ist keine Fabel,
    Adam hatte keinen Nabel
      Aber doch Verstand genug:
    Cain aber Seth und Abel,
    Und wir Menschen haben Nabel,
      Aber sind wir drum nicht klug?


An den Stax.

    Gesetzt, es mangelte Herr Staxen im Gehirne
      Was schadts hat er doch Geld genug,
    Und bindet man das Geld dem Ochsen auf die Stirne,
      So heißt der tümmste Ochse klug.


An den Mäv.

    Wohin! wohin so schnell! ich geh, sprach Mäv im Lachen:
    Den Kirchhof bucklicht, ihn, und auch mich reich zu machen.


Auf einen Schmausegern.

    Soll dich Herr Schmausegern auf allen Straßen preisen,
    So laß ihn nur fein oft an deiner Tafel speisen:
      Denn füllst du ihm den Bauch, befeuchtst du ihm den Schlund,
      So macht er deinen Ruhm geheimsten Oertern kund.


Auf die Weiber.

    Heimlichkeiten sind bey Weibern, wie das Wasser in dem Siebe.
    Welch ein Wunder! wenn in beyden das ihn Anvertraute bliebe.


Auf den Stax.

    Wären Staxens Wissenschaften seinem losen Maule gleich,
    O so wär er am Verstande, so wie am Vermögen reich.


Auf ein böses Weib.

    Ein böses Weib ist ein abscheulich Ungeheuer
    Sie ist vor einen Mann ein wahres Fegefeuer:
      Denn wär sie eine Höll, ey welch ein Herzeleid!
      So würde nie ein Mann von seiner Quaal befreyt.


Auf den Mops.

    Mops läuft sehr gut, doch denkt er tumm,
      So folgbar kann man sicher schlüßen,
    Mops habe den Verstand in Füßen.
      O tummer Mops, so kehr dich um!
    Denn wirst du auf dem Kopfe stehn
      Und nicht mehr auf den Füßen gehn.
    Wirst du zwar klug zu denken wissen,
      Doch schlechter gehn als auf den Füßen.


Auf die Gerechtigkeit.

    Vor Gerichten geht es leider! welch ein Unglück gar zu schlecht,
    Ständ das Recht auf einem Fuße, o so hätte mancher Recht!


An seine F * *

    Wenn sich mein Weibchen krank befind
    So ist sie ein recht gutes Kind:
      Doch nähm sie Gott in Himmel ein
      So würde sie weit besser seyn.


An die Thais.

    Thais will noch Jungfer heißen, machts der Nachwelt offenbar;
    So hieß Eva immer Eva, ob sie schon gefallen war.


An den Thraso.

      Von Sagen hat man oft Gefahr
    Von Sagen wird man viel betrogen:
      Denn wären alle Sagen wahr
    So hätte Thraso nie gelogen.


An den Stolp.

    Warum hat Stolp, der zänksche Mann, ein böses Weib gefreyt?
    Darum, weil sich durch öftern Zank die Liebe stets verneut.


Auf eine böse Frau.

    Man lobt die Stachelnuß, wenn man den Kern genießt,
    Und eine böse Frau, wenn sie gestorben ist.


An den Knoll.

    Warum ist Knoll so sehre grob, und nebst der Grobheit stolz?
    Sein Vater war ein Fleischerknecht und er sein krummes Holz.


Auf ein böses Weib.

    Ein böses Weib und Wespennest muß man durchaus nicht stören
    Sonst wird man nichts als Ungestüm, und lauter Brummen hören.



                            Das erste Buch,

                                von den

                              Krankheiten

                                  des

                         schönen Geschlechts,

                                welche

                  ihr Daseyn überhaupt dem Putze des
                     Kopfes des Angesichts und des
                         Halses schuldig sind.


                              ~OVIDIUS.~

         ~Forma bonum fragile est, quantumque adcedit ad annos
            Fit minor.~



Sinngedichte.


    Clorinde putzt ihr Haupt mit Locken Blumen Bändern,
    Und sucht ihr Angesicht durch Schminke zu verändern:
      Und warum thut sie das? Um schöner auszusehn,
      Und sich in ihrem Putz, als wie der Pfau zu blehn.
    Doch schmückte sie statt dem den innern Kopf mit Witze,
    So wäre sie der Welt mehr als anitzo nütze,
      So würde sie beliebt und weit gesünder seyn:
      So aber findet sich bey ihr nur Krankheit ein.



[Illustration]


                         Der erste Abschnitt.

                                  Von
                         den Ungelegenheiten,
                                welche
                           von dem Haarputze
                              herkommen.



Das erste Kapitel.


Von den Verdrießlichkeiten, welche von den Pudelköpfen zu entstehen
gewohnt sind.


§. 1.

Um meinem einmal in der Abhandlung, daß die meisten Krankheiten der
Frauenzimmer ihren Grund in dem Körperbau dieses Geschlechts habe,
gethanen Versprechen nicht zuwider zu handeln, will ich unverändert bey
meinem gefaßten Vorsatze bleiben, und den Anfang von den Haaren machen.
Es mag meine erste Beschäftigung also der sogenannte Pudelkopf seyn.

§. 2. Habe ich nicht wieder Recht, wenn ich sage, daß das schöne
Geschlecht in seiner Tracht über die maßen veränderlich, und auf
der Welt niemals mit seines Körpers Zustande vergnügt sey? Man wird
mir wider meinen Satz keine Einwendung machen können, wenn ich
meinen Lesern die Pudelköpfe entgegensetzen werde. Ist es nicht eine
unläugbare Wahrheit, daß sich die Frauenspersonen durch die Pudelköpfe
den Männern ähnlich zu machen bestreben? Und sieht eine Frauensperson
in Betrachtung des Haupts in ihrem Pudelkopfe einem Manne nicht wie des
Phädrus Larve einem Menschengesichte vollkommen gleich? Nur Schade, daß
die Schönen nicht auch alle männlichen Verstand unter ihrem Pudelkopfe
tragen. Es ist nun einmal schon ein großer Fehler der Weiber, daß sie
alle Männer werden wollen: Aber es ist auch ein weit größeres Glück
noch dabey, daß sie in Ansehung ihrer Pudelköpfe, zumal wenn sie kein
Kopfzeug auf dem Haupte tragen, nur Männer zu seyn scheinen, in der
That aber und in Ewigkeit nicht zu Mannsbildern werden können. Doch
ich irre, die Schönen haben noch Hoffnung, in Mannspersonen verwandelt
zu werden, aber erst vielleicht alsdenn, wenn die Schnecken Flügel
bekommen werden. Doch wenn diese Veränderung mit den Weibsbildern vor
sich gehen wird, das werden die Kalendermacher am besten zu bestimmen
wissen.

§. 3. Doch wieder auf die Pudelköpfe zu kommen. Diese sind heut zu
Tage der gewöhnliche Hauptputz unsrer Schönheiten, wie lange aber
dieser wohl von ihnen wird beliebet werden, können sie itzo selbst
so genau nicht wissen. Ein Pudelkopf ist also derjenige Haarputz, da
die Haare des ganzen Kopfs kurz verschnitten, und in Locken, welche
rings um den Kopf, der Breite nach, zuweilen aber auch der Länge nach
herunter gelegt, mit Seitentouren, und forne über der Stirne mit einem
Toupee versehen worden sind. Diese nun nenne ich die wahren Pudelköpfe,
die falschen aber sind diejenigen, welche durch Kunst verfertiget
werden, und deren sich unsre Schönen eben so wie die Mannspersonen
sich der Perucken bedienen. Ich habe mich einsmals fast aus den Odem
gelacht, da ich eine gewisse Frauensperson, welche die gütige Natur
mit einem goldgelben Haare versehen halte, in einem künstlichen
schwarzen Pudelkopfe sah, und gleichwohl an ihr rothe Augenbraunen
erblickte. Doch hiervon werde ich mehr Gelegenheit zu reden haben,
wenn ich von dem Haarfärben handeln werde. Diese wahren Pudelköpfe,
welche ich mit gutem Rechte die natürlichen nennen könnte, sollen sich
die Schönen bloß ihrer Bequemlichkeit wegen zu tragen, vorgenommen
haben. Denn ehedem, als das Frauenvolk ihre Haare lang und in Zöpfe
geflochten trug, mußte es freylich eine Last seyn, diese langen
Haare auszukämmen und wieder einzuflechten. Aber um Verzeihung! ihr
halbmännlichen Schönen, ich habe den Glauben, daß die Pudelköpfe itzo
weit unbequemer sind, als der ehmahlige Haarputz der Frauenspersonen.
Was für Ungelegenheiten macht nicht das Haarverschneiden, wie viele
Beschwerlichkeiten verursacht nicht das Haaraufkrausen, wie viele Last
wird nicht durch das Haaraufbrennen den Schönen aufgelegt, und wie viel
Zeit und Geduld wird nicht erfordert, wenn die Haarlocken in Ordnung
gelegt, mit Haarwachse u. Pomade eingesalbt und mit Puder überstreut
werden? Zehnmal eher würden sie mit dem Auskemmen und Einflechten zu
Stande kommen, als einmal mit einem solchem Pudelputze fertig werden.
Ich kann mich also unmöglich überreden lassen, daß die Pudelköpfe der
Bequemlichkeit wegen, wohl aber um dem Haupte ein besseres das ist,
männlicheres Ansehen zu geben, erfunden seyn müsten. Doch ich habe die
Ehre denen Schönen im Vertrauen zu sagen, daß sie sich durch diesen
Haarputz sehr viele kränkliche Zufälle aufgebürdet haben: und tragen
sie noch Zweifel an dem, was ich ihnen hiermit aus Offenherzigkeit in
die Ohren gesagt habe; so werde ich mir angelegen seyn lassen, ihnen
meine Worte so gleich zu beweisen, um sie von der Wahrheit meines
Spruchs recht überzeugend überführen zu mögen. Aber nur Geduld!

§. 4. Da es bey den Schönen noch gewöhnlich war, die Haare zu binden
und einzuflechten, konnten die Haare dem Haupte gar wohl denjenigen
Nutzen erweisen, zu dem sie die Weisheit des Schöpfers bestimmt hatte.
Man hat eben nicht nöthig, ein Gelehrter zu heißen, um es einzusehen,
daß der Kopf darum hat mit Haaren versehen seyn müssen, um denselben
vor der Kälte zu verwahren; Denn da bey dem Haarputze der Alten
die Haare so gebunden wurden, daß solche die Haut des Kopfs näher
berührten, und durch solche nähere Berührung der Haut den Kopf besser
wider die Kälte, als die itzigen Pudelköpfe, verwahren konnten; so
musten freylich die damaligen Schönen wenigern Krankheiten des Haupts
unterworfen gewesen seyn, als itzo, da die Haare weiter von der Haut
abstehen, und folglich den Kopf nicht so kräftig wider die Kälte
sicher machen können. Denn da vermöge dieser Pudelköpfe die kalte Luft
und die Macht der rauhen Wittrung die Haut des Kopfs mehr anfällt;
so werden die Frauenspersonen auch nothwendig mehrern Krankheiten
unterthänig seyn müssen. Es brauch keines weitläuftigen Beweises,
daß die Kälte fähig und geschickt genug sey, die Schweißlöcher der
Haut zu verschließen. Wenn sich nun aber diese Begebenheit an dem
Kopfe zuträgt, so wird die unmerkliche Ausdünstung zurücke bleiben,
Anhäufungen, und Stockungen an dem Kopfe erzeugen, und folglich
tausend Gelegenheit zu solchen Krankheiten geben müssen, welche in der
zurückgebliebenen heilsamen Ausdünstung ihren natürlichen Grund haben.

§. 5. Es werden also bloß aus dieser, und sonst keiner andern
Ursache Kopfschmerzen von verschiedener Art, Wasserköpfe, Schwindel,
Schlagflüße, Brausen der Ohren, Ohrenzwang, auslaufende und
fließende Ohren, Entzündungen, Blödigkeit, ja gar Blindheit der
Augen, Stockschnupfen, Zahnschmerzen, Geschwulste und Geschwüre am
Zahnfleische, geschwollene Speichel- Hals- Schlund- und Ohrendrüsen,
und wohl gar Verstopfungen, Vereyterungen und Verhärtung derselbigen
zum Vorscheine kommen. Es werden geschwollene Hälse und Kröpfe,
Entzündungen der Muskeln, welche an der Luftröhre, und an dem Schlunde
befindlich sind, und folgbar verschiedene Arten der Bräune entstehen.
In dem Angesichte aber wird, diese gehemmte Ausdünstung des Kopfs,
Blätterchen (~vari~), verschiedene rosenartige Entzündungen, und andere
Verdrießlichkeiten, deren ich nicht einmal Erwähnung zu thun fähig bin,
theils aber auch nicht vor gut befinde, um meinen Lesern keinen Ekel
erwecken zu mögen.

§. 6. Sehen sie also, meine Frauenzimmer, sehen sie nun bald den
Schaden, und die Ungelegenheit ein, welche sie sich als feurige Kohlen,
durch diese fälschlich eingebildete thörichte Bequemlichkeit, des heut
zu Tage gemein gewordenen Haarputzes der Pudelköpfe, auf ihre Häupter
gesammlet haben? wird nun nicht bald die Reue ihr Herz einnehmen, daß
sie, wie Eva nach dem Apfel des verbotenen Baums so lüstern gewesen
sind, in Ansehung ihres Kopfs den Mannspersonen ähnlich zu werden?
Doch vielleicht wollen unsere Schönen lieber den Aerzten zum besten
einen beständig kränklichen Körper haben, als ihrem Lieblinge, dem
Pudelkopfe, den völligen Abschied unterschreiben, und lieber immer,
wie die Hebräer in Egypten, unter dem Joche der Krankheiten wehklagen,
als ihre eingewurzelte Einbildung, daß sie sich durch ihre Pudelköpfe
schöner und reizender machen könnten, aus dem Kopfe lassen. Doch giebt
es auch Frauenspersonen, oder damit ich nicht wider die Titulatur
sündige, es giebt sage ich, vielmehr heilige Schwestern, welche
nicht etwa, aus Vorsorge ihre Gesundheit zu erhalten, sondern nur
bloß aus verstellter Demuth, mit einem beynahe heiligem Eifer wider
die Pudelköpfe in Grimm gerathen, und dieselbigen, zumal wenn ihr
Zorn die Oberhand über ihre Herzen erlangt hat, vor eine Eitelkeit,
ja wohl gar vor eine Todsünde schelten. Und noch sind wieder andere
Frauenspersonen, welche aus besondern, und ihnen selbst eignen Ursachen
die Pudelköpfe verachten, und durchaus nicht zu tragen erlauben wollen.
Consbruch entdecket uns in seiner Ode eine einzige Ursache, welche
diese Art der Frauen bewegt, einen Abscheu vor den Pudelköpfen zu
tragen, und hier ist sein Lied:

    Die Moden sind Julchen zuwider:
    Wie eitel! man putzet die Glieder,
    Der Würmer Raub? Die fromme Frau?
    Doch ihnen sollte sie entsagen?
    Nein, Pudels mag sie nur nicht tragen:
    Denn ihre Haare sind schon grau.

Doch dieses mag vor dieses Mal von den Pudelköpfen genug gesagt seyn:
nunmehro will ich von den Beschwerlichkeiten handeln, welche das
Frauenzimmer wegen des Aufkrausens und Aufbrennens der Haare leiden muß.

[Illustration]



[Illustration]


Das zweyte Kapitel.

Von den Beschwerlichkeiten, welche das Aufkrausen und Aufbrennen der
Haare des Kopfs verursachen.


§. 7.

Ich würde denjenigen Kopf, welcher weder aufgekrauset noch aufgebrannt
worden wäre, eher vor einen Zodelkopf als vor einen Pudelkopf halten.
Soll ich aber einen Pudelkopf nicht mit diesem Titel belegen, so
wird er, wenn er anders seine gehörige Annehmlichkeit haben soll,
aufgekrauset und aufgebrannt seyn müssen. Es wird also nothwendig
meine Pflicht seyn, von den Beschwerlichkeiten zu schreiben, welche
dem Kopfe durch das Aufkrausen und Aufbrennen zugefügt werden. Wer
nun geputzt und schöne scheinen will, der muß es sich auch gefallen
lassen, Ungelegenheiten zu leiden. Das schöne Geschlecht hat ohnedem
das Unglück, daß allemal auf ihr genossenes und empfundenes Vergnügen
tausend Unbequemlichkeiten und Schmerzen erfolgen: doch ich mag mich
eben hiervon nicht deutlicher erklären, wer das Frauenzimmer nur ein
wenig kennt, der wird meine Meynung ohne einen Dolmetscher schon
verstehen können, es wäre denn, daß er nur einen Sinn, wie eine Auster
hätte, oder nur dem Angesichte nach einen Menschen vorstellete, im
Gehirn aber weniger Verstand als eine Gans besäße, denn

    Gesetzt, es mangelte Markolfen im Gehirne,
      Was schadts, hat er doch Geld genug:
    Und bindet man das Geld dem Ochsen auf die Stirne,
      So heißt der tümmste Ochse klug.

§. 8. Ich will nunmehr allen Scherz bey Seite setzen, und eine etwas
ernsthaftere Gesichtsstellung annehmen, ob ich schon weis, daß mich
ein ernsthaftes Wesen eben nicht zu kleiden gewohnt ist, so will
ich mir doch Gewalt anthun, und mich zwingen, eben eine solche Mine
zu machen, welche ich sonst nur bey dem Bette gefährlicher Kranken
anzunehmen pflege. Es ist eine Erfahrung, die in der Empfindung ihren
Grund hat, daß allemal eine unangenehme Empfindung entsteht, wenn die
Haare aufgekrauset, und mit dem Pappiere umwickelt werden: Denn weil
die Haare unter dieser Arbeit straff angezogen werden; so muß sich
nothwendig davon an der Haut des Kopfs ein Schmerz zeigen, welcher, da
er durch solche Reizung das Blut mehr gegen das Haupt lockt, Anlaß zu
Kopfschmerzen zu geben fähig ist. Und dieses war die Ungelegenheit,
welche von dem Aufkrausen und Einwickeln der Haare ihren Ursprung nimmt.

§. 9. Laßt uns nun auch den Schaden betrachten, welcher von dem
Aufbrennen der Haare verursacht wird. Alle trockene Wärme ist
vermögend, denen Körpern ihre Feuchtigkeit zu rauben, und solche
trockner zu machen. Wenn diese Warheit ihre Richtigkeit hat, daran
wohl in Ewigkeit kein Kluger zweifeln wird; so werden auch die Haare
durch das Brennen nothwendig gar zu sehr ausgetrocknet werden müssen.
Ich würde in allem Ernste auf einen solchen böse werden, welcher
so unverschämt seyn und mir läugnen wollte, daß die Haare keine
Röhrchen wären, welches doch mit mir die ganze gelehrte Welt als eine
unumstößliche Wahrheit glaubt. Da nun die Haare in der That nichts
anders als Röhrchen sind, durch welche die unmerkliche Ausdünstung
wegzugehen pflegt; so muß dieser heilsame Abgang der auszuführenden
Feuchtigkeiten nothwendig unterdrückt werden, wenn vermöge dieses
heißen Eisens die Röhrchen der Haare so gebrannt werden, daß sie ihre
Höhlung verlieren müssen. Daß aber auf diese Weise die Höhlung der
Haarröhrchen wirklich zernichtet werde, beweiset die Sprödigkeit und
gar zu große Trockenheit der Haare mehr als zu deutlich.

§. 10. Wird nicht ein Haarröhrchen anfangen auszutrocknen, wenn es
seiner innern Feuchtigkeit beraubt wird, welche ehedem seine Höhlung
einnahm und ausfüllete? Wenn aber ein Haarröhrchen seine Feuchtigkeit
einbüßt; so muß es aufhören ernährt zu werden: bekommt es nun keine
Feuchtigkeit mehr; so muß es trocken werden, schwinden, und endlich
ausfallen. Daß sich aber diese Umstände mit den Haaren wirklich so
zutragen, wird uns vermöge der Erfahrung zu einer Wahrheit. Und
sehen wir nicht, daß Haare, welche oft aufgebrannt worden sind, ihre
ordentliche Farbe verlieren? und verschwindet denn wohl die Farbe
der Haare aus einer andern Ursache, als wegen der gar zu großen
Trockenheit, welche ihr bloß durch das viele und öftere Aufbrennen
zuwege gebracht wird? In Wahrheit, ich sehe keine andre Ursache, als
die nur angeführte ein, es wäre denn, daß ich blödsinnig genug wäre,
eine noch weit wichtigere entdecken zu können. Aber wäre dieses wohl
eine Unmöglichkeit? Ohne Scherz! Menschheit trage ich in meinem Busen
genug dazu, und folglich könnte ich auch wohl, wie alle Adamskinder,
Schwachheiten unterwürfig seyn.

§. 11. Je trockner die Haare werden, je mehr müssen sie zum Ausfallen
geneigt seyn, folglich werden diejenigen Leute, welche ihre Haare
öfters haben aufbrennen lassen, vor den Jahren ihrer Haare verlustig,
und zu Kahlköpfen werden müssen. Denn da es in der Natur seinen
Grund hat, daß nichts ohne Feuchtigkeit zu wachsen im Stande sey;
so wird es ohne Widerspruch seyn müssen; daß alles verdorren müsse,
was keine Nahrung mehr erhält. Es ist ohne Scherz eine nicht geringe
Unbequemlichkeit, wenn man seiner Haupthaare verlustig wird. Wie wird
man also den Kopf genugsam wider die Kälte und rauhe Luft sicher zu
stellen vermögend seyn?

§. 12. Aber das Ausfallen der Haare ist nicht die einzige
Ungelegenheit, welche von dem Aufbrennen entsteht. Habe ich nicht schon
Meldung gethan, daß die innere Höhlung der Haarröhrchen durch das
Brenneisen gänzlich zusammen gedrückt würde, so, daß keine Ausdünstung
mehr durch diese Haarröhrchen von statten gehen kann? Wenn aber die
unmerkliche Ausdünstung des Kopfs durch die Haarröhrchen gehindert
wird, so wird sich diejenige Feuchtigkeit, welche sonst natürlicher
Weise ausdünsten sollte, in dem Kopfe anhäufen, stocken, und alle
diejenige Krankheit hervorbringen, welche ich der Reihe nach im 5ten
Absatze erzählt habe, hier aber nochmals zu wiederholen vor überflüßig
halte.

§. 13. Ich habe nur itzo im 10ten Absatze gesagt, daß das viele
Aufbrennen den Haaren, die ihr sonst eigne Schönheit der Farbe zu
verändern und zu benehmen pflege. Werden also nicht die Haare verstellt
werden müssen, wenn ihnen ihre natürliche Farbe benommen wird? O!
wie ungestallt werden nicht die schwarzen Haare aussehen, wenn ihre
Spitzen den Augen eine fuchsrothe Farbe darstellen werden? Doch bey den
Haaren, die man einpudert, kann dieser Fehler gar leichte mit dem Puder
bedeckt werden. Aber wenn man seine Haare, ohne solche einzupudern,
zu tragen gewohnt ist; so wird es allerdings ein unangenehmes Ansehen
verursachen, wenn die Haare von zweyerley Farbe am Kopfe sichtbar
werden. Es ist wahr, diese verbrannten, ausgetrockneten und mißfärbigen
Haare sind zwar, an und vor sich selbst betrachtet keine Krankheit;
gleichwohl aber können sie als eine entfernte Ursache zu alle
denjenigen Ungelegenheiten, deren ich im 12ten und 5ten Absatze gedacht
habe, Anlaß geben, und welche allesammt in der verhinderten Ausdünstung
ihren Grund haben.

[Illustration]



[Illustration]


Das dritte Kapitel.

Von den Unbequemlichkeiten, welche von dem Einpomadiren und Einpudern
der Haare des Kopfs her zu kommen pflegen.


§. 14.

Wer in seinem leben noch kein Frauenzimmer mit eingepuderten Haaren
gesehen hat, der wird vermuthlich bey Erblickung eines mit Puder weiß
gemachten Frauenkopfs auf die Gedanken gerathen, daß eine solche weiße
Schönheit in einer Mühle gewesen seyn müßte: Ob aber das gepuderte
Weibsbild in einer Wassermühle oder in einer Windmühle gewesen wäre,
würde freylich noch eine unausgemachte Sache bleiben. Indessen ist
es doch eine verlachenswürdige Thorheit, daß man, um seinem Kopfe
eine besondere Zierde geben zu mögen, die Haare mit Mehle bestreuet,
welches doch meinem Erachten nach lieber den Armen gegeben werden
sollte. Doch ich werde gleichwohl mit meinem guten Rathe diese einmal
eingeschlichene Mode nicht abzubringen im Stande seyn. Wird man also
nicht von selbst, ohne große Schwierigkeit, den bündigen Schluß machen:
daß ich die eingepuderten Frauenzimmerköpfe durchaus nicht vertragen
könnte? Ich muß nur aufrichtig seyn, und es ohne Zwang gestehen, daß
ich solchen Müllermäusen von ganzem Herzen gram sey, ohne eine andre
Ursache als den Puder angeben zu können. Aber werden mich nicht meine
Feinde deswegen verspotten, und eigensinnig nennen? Ob sie mir aber
auch damit zu viel aufbürden, mögen meine Feinde selbst entscheiden,
ich mag mich in dieser Sache darum nicht selber zum Richter aufwerfen,
weil es meine eigne Person betrifft. Ich dächte nun bey mir selbst, daß
der Eigensinn meine Leidenschaft eben nicht wäre: Es müßte denn seyn,
daß ich gar zu wenige Kenntniß meiner selbst hätte, oder wohl gar für
mich allzu viele Eigenliebe besäße, und dieses kann ich von mir noch
viel weniger glauben.

§. 15. Ich will diese Kleinigkeit bey Seite setzen, und mir lieber
meinen Vorsatz angelegener seyn lassen, das heißt: ich will lieber
von den Ungelegenheiten handeln, welche sich unsre Schönen durch das
Einpomadiren und Einpudern zuwege bringen, als meine unnöthige Critik
über die weißgemachten Haare des Kopfs weiter fortsetzen, weil mir
mein prophetischer Geist zum voraus saget, daß ich mir durch diese
Beschäftigung weiter nichts als nur eitel Feindschaft auf meine
Schultern laden würde. O wie leid würde es mir seyn, wenn mir die
Schönen gehäßig und abgeneigt werden sollten! Ich würde nicht wissen,
was ich vor Traurigkeit anfangen sollte, ja mein Leben würde mir nicht
mehr lieb seyn, so ungerne als ich solches itzo einzubüßen wünsche,
denn

    Welches Würmchen stirbt wohl gerne?

§. 16. Die Haare werden aus keiner andern Absicht mit Pomade fett
gemacht und eingesalbet, als bloß aus dieser Ursache, damit der Puder
fester auf den Haaren sitzen bleiben soll, und der Wind den Puder nicht
so bald aus den Haaren jagen könne. Es sey ferne von mir, daß ich so
unhöflich seyn, und es leugnen sollte, daß das artigste Geschlecht
auch aus Nebenabsichten die Haare zu salben gewohnt sey. O ich weis
es gar zu wohl, daß man die Pomade wohlriechend zu machen suche. Es
ist mir bekannt, daß man solche mit Rosenwasser auszuwaschen, und mit
Rhodiseröle und andern wohlriechenden Oelen angenehm zu machen pflege,
um, damit die Schönen ihren Lieblingen eine Nasenweide durch einen
angenehmen Geruch machen können. Ich wollte flugs eine Wette setzen,
daß ein von Wein und Liebe taumelnder Anakreon seiner wohlriechenden
Phyllis zu Gefallen alle seinen Witz anwenden und singen würde:

    Weg Schnupftaback, weg Dose!
    Nur der Geruch der Rose
      Soll meine Nas' erfreun:
    Wenn ich bey meinem Kinde
    Den Duft der Nas' empfinde,
      Möcht ich ein Naso seyn.

Ey wie sinnreich ist der Dichter! er wünscht eine große Nase zu haben,
um recht viel riechen zu mögen. Oder steht vielleicht gar Anakreon
in den Gedanken, daß eine große Nase eine ganz besondere und reizende
Schönheit sey, vermöge der man sich bey den Frauenspersonen annehmlich
und recht beliebt zu machen fähig würde:

    Allein, mein Herr, sie irren sich.

§. 17. Ich muß es nur immer heraus sagen, denn ich kann es ohnmöglich
länger auf meinem Herzen behalten, daß das sogenannte Einsalben
der Haare mit Pomade nur gar zu geschickt sey, den Frauenzimmern
verschiedene Unbequemlichkeiten zuzufügen. Alle Aerzte stimmen mit
mir darinnen einmüthig überein, daß Fettigkeiten, wenn sie auf die
Haut eines lebendigen Körpers gesalbet werden, die Schweißlöcher zu
verstopfen mächtig genug sind. Wenn nun dieses eine Wahrheit ist, daran
ich im mindesten nicht zweifle; so wird auch ganz gewiß die unmerkliche
Ausdünstung des Kopfs durch die Einpomadirung Schaden leiden, und
folglich werden lauter solche Krankheiten hervorgebracht werden müssen,
welche ihr Daseyn einzig und allein der verhinderten Ausdünstung
schuldig sind, davon im 12ten u. 5ten Absatze nachgesehen werden kann.

§. 18. Aber ich kann die Schönen aufrichtig versichern, daß der Schade
immer größer und ärger zu werden pflege, wenn der Puder darzu kommt.
Denn die Verstopfung der Schweißlöcher wird dadurch viel stärker,
und folglich werden auch die hiervon entstandenen Krankheiten weit
hartnäckigter seyn. Man nehme nur Fett und ein zartes Mehl, wie der
Puder ist, und vermische solches mit einander, streiche es hernach
auf die Haut eines belebten Körpers, und lasse es eine Zeit lang auf
derselben liegen, so wird man sehen, daß vermöge der natürlichen
Wärme eine ordentliche Rinde erzeugt werden wird, dergleichen man
auf den Köpfen solcher Personen anzutreffen pflegt, welche ihre
Haare gepudert zu tragen gewohnt sind. Diese Rinde verstopft nicht
nur die Schweißlöcher der Haut des Kopfs, und bringt alle diejenigen
Ungelegenheiten zum Vorschein, derer ich im 17ten 12ten u. 5ten
Abschnitte Meldung gethan habe, sondern sie verursacht auch auf den
Kopfe Schuppen, welche mit einem verdrießlichen Jucken und Grimmen den
Kopf beunruhigen. Ja diese von Pomade und Puder zusammengesetzte Rinde
ist eine rechte Freystadt derjenigen vielfüßigen Thierchen, welche
man Läuse nennt. Diese Schuppen so wohl, als diese kleinen Thierchen
machen durch das beschwerliche Jucken und Grimmen, daß man sich durch
ein beständiges Kratzen davon zu befreyen sucht, aber damit gleichwohl
nichts, als nur eine kleine Linderung erlangt. Durch dieses beständige
Kratzen nun wird die Haut des Kopfs wund gemacht, daher viele garstige
Grinde auf dem Kopfe entstehen, welche meistentheils einen stinkenden
Geruch von sich geben, so, daß man vor solchen Leuten natürlicher Weise
einen Abscheu bekommen muß. Sehen sie nun, was das Einpomadiren und
Einpudern der Haare vor Ungelegenheiten nach sich zu ziehen im Stande
ist?

§. 19. Bald hätte ich noch etwas vergessen. Der Puder und die Pomade
benehmen auch den Haaren ihre natürliche Farbe, und verändern selbige
nur gar zu sehr. Ich habe Leute gesehen, an deren Köpfen man wohl
zehn Farben von Haaren wahrnehmen konnte, zumal, wenn sie ihre Haare
nicht eingepudert hatten. Daß aber diese Vielfärbigkeit der Haare von
dem Puder herrühren müsse, ist eine Möglichkeit. Bernhard Ramazzin
behauptet im 23sten Kapitel seines Buches von den Krankheiten der
Künstler, daß die weiße Stärke eine Säure und Schärfe bey sich führete,
welche fähig wäre, die Leinwand zu zerfressen. Da nun der Puder aus
weißer Stärke gemacht wird; so kann man die Mißfarbe der Haare dem
Puder mit gutem Fug und Rechte zuschreiben. Ich hätte fast Lust, es
selbst zu glauben, daß der Puder vermöge seiner Schärfe den Haaren die
natürliche Farbe raubete, und ihnen viele andre Farben zuwege brächte.
Ja ich wollte wohl gar schwören, daß der Puder die Haare wegfressen und
ausfallend machen könnte. Alles dieses kann um desto eher geschehen,
wenn dem Puder Gips beygemischt worden ist. Daß aber solche Haare
eher ausfallen, welche gepudert werden, als andre, welche nicht mit
Puder überstreut worden sind, ist eine Wahrheit, für welche ich selbst
zum Märtyrer zu werden, mir kein Bedenken machen würde, wenn es die
Nothwendigkeit der Sache erforderte: da aber diese Wahrheit ohnedem
gewiß ist; so habe ich nicht Ursache, mich in diese Lebensgefahr zu
begeben. Es wird also solchen Frauenspersonen eben so ergehen, wie
denen, deren ich im 11 und 12ten Abschnitte gedacht habe, und welche
ihre Haare oft aufbrennen lassen.

§. 20. Ich glaube nunmehr ganz gewiß, daß aller Ausputz der Schönen
nichts anders zur Absicht habe, als denen Theilen ihres liebenswürdigen
Körpers eine ganz andre Gestalt und ein ganz ander Ansehen zu geben.
Bestreuen wohl unsre Schönheiten ihre Haare aus einem andern Absehen
mit Puder, als bloß die natürliche Farbe ihrer Haare zu verstecken?
Weibsbilder, deren graue Haare eine ziemliche Zahl der Jahre verrathen,
und welche sich erzürnen, wenn man sie alt nennt, pudern sich nur darum
ein, damit man ihre grauen Köpfe nicht sehen möge, um sie vor jung zu
halten. Von solchen beschneyeten Frauen kann man mit Herr Leßingen
fragen:

    Was wars, das uns entzückt gemacht?
    Ein altes Weib in junger Tracht.

§. 21. Diejenigen Schönheiten, so ehedem Griechenland verehrte,
Deutschland aber itzo verabscheuet, mögen es nur dem Erfinder des
Puders noch im Grabe danken, daß er so besorgt vor sie gewesen ist,
und vor sie ein so artiges Mittel ausfündig gemacht hat, vermöge dem
sie ihren brennenden rothen Kopf verbergen können. Ich weis nicht
ob ich irre, wenn ich die alten Griechen vor weit, vollkommnere
Schönheitsverständige, als die Deutschen und Franzosen halte. Ich vor
meine Person kann ihren Geschmack nicht tadeln, denn die Wahrheit
zu sagen, so haben die rothköpfigten Frauenspersonen die schönste,
zarteste und feinste Haut. Und Homer versichert uns, daß die größte
Schönheit Griechenlands die schöne Helene, wegen welcher Troja in einen
Steinhaufen verwandelt worden ist, einen rothen Kopf gehabt habe.
Nunmehr werden sich die rothhaarigten Frauenspersonen etwas mehr,
als sonst auf ihren Goldgelben Kopf einbilden, und sie haben Recht,
wenn sie hochmüthig wegen desjenigen werden, welches das gelehrte
Griechenland vor Zeiten als eine Schönheit gerühmt hat.

§. 22. Redete ich nicht vor kurzem von dem Einpudern? Je so will ich
mich auch sogleich wieder aus meinem Irrgarten heraus machen, und ihnen
nur noch etwas von dem Einpudern vorsagen. Ich mag eben meine Meynung
niemanden aufdringen, welche ich von den eingepuderten Haaren habe.
Doch ich will mein Geheimniß offenbaren: ich halte das Einpudern der
Haare vor nichts anders, als vor eine Haarschminke, o eine wichtige
Wahrheit, und ein großes Geheimniß! mit dieser Haarschminke bemüht sich
das schöne Geschlechte den Kopf weiß zu machen. Aber um Verzeihung!
unsre Schönheiten würden weit vernünftiger handeln, wenn sie sich
angelegener seyn ließen, ihre Köpfe weißer zu machen: Doch manche
Mannspersonen möchten sich auch um mehrere Weisheit bekümmern. Nunmehr,
deucht mich, hätte ich genug von den weißen Köpfen geschrieben, es wird
also die höchste Zeit seyn, daß ich auch der schwarzen Köpfe gedenke.



[Illustration]


Das vierte Kapitel.

Von den üblen Zufällen, welche ihren Ursprung von dem Färben der Haare
haben.


§. 23.

Einmal hat nun schon in Frankreich so wohl als in Deutschland das
Vorurtheil in den Herzen beyder Landsleute so tiefe Wurzel gefaßt,
und ich glaube, daß man alle Mühe verschwenden würde, wenn man
diesen zweyen Nationen ihre einmal gefaßte Meynung ausreden wollte,
zumal da sie solcher als einer ewigen Wahrheit anhängen, daß ein
von Natur schwarzer Kopf eine recht ausnehmende Schönheit sey. Ob
man aber aus einem andern Grunde, als aus einer bloßen Einbildung
den schwarzen Haaren ein so großes Vorrecht zugestehe, mag ich eben
nicht untersuchen: wenigstens halte ich dafür, daß die ganze Sache
in nichts anders, als in einer verderbten Einbildungskraft bestehe,
welche vielleicht darum die Oberhand behält, weil dieser Meynung sehr
viele beypflichten, ohne daß sie sich deswegen die Mühe geben, eine
genauere Untersuchung anzustellen. Ich muß also doch wohl Recht haben,
wenn ich diese allzu große Hochschätzung der schwarzen Haare für ein
eitles Vorurtheil ausgebe, und wenn ich denjenigen von Vorurtheilen
eingenommen halte, welcher eine Sache als eine ungezweifelte Wahrheit
annimmt, ohne zureichenden Grund darzu zu haben, oder angeben zu
können. Ich kann mich ohnmöglich enthalten, solchen Leuten unter das
Angesichte zu sagen, daß sie unbefederte Papegoye sind: gesetzt auch,
daß sie dieserwegen eine Feindschaft auf mich werfen sollten. Was würde
es mehr seyn, wenn ich die Anzahl meiner Feinde dadurch vermehre?
Nichts, in Wahrheit nichts. Doch nein, ich irre, ich würde nur dadurch
mehrere Gelegenheit über meine Feinde zu spotten bekommen: Denn

    Wie werd ich mich an ihnen rächen!
      Ihr ganzes Drohen schreckt mich nie:
    Je schärfres Urtheil sie mir sprechen,
      Je freyer spott ich über sie.

Ey! abermal ein Reimchen! wird man denken, ja ja man hat recht
schön gedacht. Ich sehe es von selbst sehr wohl ein, daß ein guter
Liederprediger an mir verdorben ist. O! was für Thränen würden nicht
die alten Weiber vergossen haben, wenn ich ihnen solche schöne und
herzbrechende Machtstoßkraftreimknittelgebetchen (ach mir will der
Athem fehlen!) oft vorgesagt hätte?

§. 24. Es pflegt mit der Schönheit eben so, wie mit der Frömmigkeit
zu gehen: Alle Menschen wollen schön, und niemand mag häßlich heißen.
Diese Begierde nun, schöne seyn zu mögen, hat die Schönen angeflammt,
sich dasjenige durch Kunst zu verschaffen, was ihnen die weise Natur
versagt hat. Daher haben sie es vor gut befunden, Schwarzfärberinnen
zu werden, um auf Mittel bedacht zu seyn, kraft deren sie ihre Absicht
erlangen, das heißt, schwarze Köpfe bekommen möchten, um schöner zu
scheinen, und eifriger von den Mannspersonen angebetet zu werden. Denn
niemand läßt sich so gern Ehre erweisen, als das weibliche Geschlechte.
Ich versichre, daß solches der Regel des Ovids genauer als den
Zehngeboten nachzuleben besorgt sey: Daß man sich nämlich beliebt zu
machen suchen müsse, wenn man geliebt zu werden wünsche: ~Vt ameris
amabilis esto!~ heißt der eigentliche Grundtext des so theuern als
verliebten Helden.

§. 25. Ich stehe gänzlich in der Einbildung, daß ich meinen Lesern
einen Gefallen erweisen werde, wenn ich ihnen die Mittel so wohl,
als auch die Art erzähle, vermöge deren sie sich über die Natur zu
erheben, das heißt, sich schwarze Haare zu verschaffen fähig sind.
Einige Schönheiten glauben ihrer Absicht theilhaftig zu werden, wenn
sie ihre Haupthaare öfters mit einem von Bleye verfertigten Kamme
auskämmten. Ich habe diese Bemühung von guten Erfolge gesehen, und ich
kann es ihnen aufrichtig sagen, daß ich Frauzimmer angetroffen habe,
welche saßen, und sich von ihren Bedienungen wohl über drey Stunden
lang kämmen ließen, um einen schwarzen Kopf zu bekommen. Sie haben
auch wirklich vor ihre Geduld und Stillehalten ein schwarzes Haar
statt der Belohnung davon getragen. Das muß ich aber auch gestehen,
daß die durch das Kämmen eines bleyernen Kammes zuwegegebrachten
schwarzen Haare von keiner gar zu langen Dauer sind. Denn diese
gemachte schwarze Farbe der Haare verliert sich wieder, wenn die
Schönen unterlassen, sich ferner mit einem bleyernen Kamme zu kämmen.
So viel aber kann ich auch den Schönen mit Grunde der Wahrheit sagen,
daß ihnen, die auf solche Art gemachten schwarzen Haare nicht den
mindesten Schaden zufügen können, wohl aber werden solche darum ihrer
Gesundheit vollkommen ersprießlich seyn, weil durch das beständige
kämmen die Schweißlöcher des Kopfs eröffnet werden, wodurch die so
heilsame Ausdünstung der Haut des Kopfs befördert wird, kraft der sie
sich von alle denjenigen Ungelegenheiten, welche ich im 17, 12 u. 5ten
Absatze erzählt habe, loß zu machen vermögend sind. Würde ich also
nicht ungerecht gegen das schöne Geschlecht handeln, wenn ich ihnen
diese Art, die Haare schwarz zu machen, widerrathen wollte? Ich würde
mich an den Schönen versündigen, wider besser Wissen verfahren, und
mein ohnedem sehr zartes Gewissen selbst beleidigen; ja ich würde gar
meinen geleisteten Schwur brechen, und also in das Laster des Meyneids
verfallen? wofür mich Gott behüte!

§. 26. Andre Frauenzimmer machen sich eine schwarze Salbe von Pomade
und gebrannten Helfenbein, oder schwarzgebrannten Mandeln, und mit
dieser Vermischung pomadiren sie ihre Haare ein, damit solche schwarz
scheinen möchten, in der That aber bekommen die Haare davon eine
schwarze Farbe: Doch welch ein Schaden ist es! daß diese gefärbten
Haare nur einige wenige Stunden dauren, und noch außer diesem diese
Unbequemlichkeit verursachen, daß diese auf die Haare gebrachte
schwarze Salbe bey sehr heißer Witterung und in sehr warmen Stuben
flüßig werde, und nicht nur wie ein Balsam über das Angesichte zu
laufen pflege, und also ein Verräther werde, daß dieser Haarschmuck
nicht natürlich sey, sondern noch darzu die Kopfzeuge mit dieser
schwarzen Farbe schmutzig zu machen gewohnt sey. Doch alles gienge noch
wohl an, wenn nur nicht auch eben solche Beschwerlichkeiten von der
schwarzen Haarsalbe ihren wesentlichen Ursprung herleiteten, welche
allemal von dem Einpomadiren zu entstehen pflegen, und die ich schon
im 17ten 12ten und 5ten Absatze der Ordnung nach angeführt habe. Ein
Frauenzimmer ist doch ein recht wunderliches Geschöpfe, welches es sich
niemals zum Verdruße seyn läßt, alles anzuwenden, um sich annehmlicher
machen zu mögen. Ja sie verschwenden fast alle ihren Witz, um ein
taugliches Mittel ausfündig zu machen, ihre Absicht nach Wunsche
zu erlangen. O! wenn doch manchem Frauenzimmer der Ausputz und die
Verbesserung ihrer Seele eben so am Herzen läge, wie die Auszierung
ihres Körpers! was würde das für eine beneidenswürdige Glückseligkeit
und für ein ausnehmender Vorzug seyn, welchen man ihnen billig
zuzugestehen verbunden seyn würde. So aber ist es ein wahres Unglück,
daß das schöne Geschlecht die Sorge für ihre Seele hinten an setzt,
und bloß die Auszierung des Körpers ihr Augenmerk seyn läßt. Doch
genug hiervon, ich bin eben nicht gesonnen, einen neuen Sittenlehrer
vorzustellen, und mein Vorsatz ist eben nicht, gegenwärtig ein
neumodisches Haus- Zucht- und Sittenbuch zu schreiben. Genug, daß es
eine bekannte Wahrheit ist, daß manche Frauenzimmer die mehreste Zeit
ihres Lebens an dem Nachttische, und vor dem Spiegel mit dem Ausputze
ihres Körpers zuzubringen pflegen, ohne ihre Gedanken auf nothwendigere
Geschäfte zu richten.

§. 27. Manche Frauenzimmer pflegen sich eine besondere Haarfarbe
zuzubereiten, um deutsche Schönheiten genennt zu werden, und in
Wahrheit sie sind in ihrer Erfindung nicht glücklich gewesen. Denn man
muß wissen, daß die Frauenspersonen auch rauche Köpfe besitzen, welche
ebenfalls vielen Witzes fähig sind: Und wer so unverschämt sey, und
ihnen solchen absprechen wollte, dem würde ich diese Verwegenheit in
Ewigkeit nicht vergeben, er müßte sich denn so bescheiden aufführen,
und den Schönen auf den Knyen eine Abbitte leisten, alsdenn könnte
ich mich noch wohl bewegen lassen, ihm vermöge meiner allgemeinen
Menschenliebe zu verzeihen, um nicht wie jener Levite ungeistlich zu
scheinen. Doch die Herren Leviten tragen auch Menschheit in ihrem
Busen, und wohl manchmal mehr als die Weltkinder. Doch ich mag mich
mit solchen Geistern gar nicht einlassen, um mich ihres Segens nicht
verlustig zu machen. Ich will vielmehr denen Schönen diejenige schwarze
Farbe mittheilen, welche ihre Haare mohrschwarz zu machen im Stande
ist. Es wird aber diese Haarschwärze aus einem Pfunde der grünen
Schaalen von welschen Nüssen, einem halben Pfunde Galäpfeln, und eben
so viel Eisenschwärze, einem Lothe Eisenvitriole, und mit sechs Pfunden
Weineßige, durch gehörige Kochung zubereitet, hernach durchgeseiget,
und zum Gebrauche aufbehalten. Mit dieser schwarzen Farbe nun werden
die Haare angefeuchtet, und mit einem Kamme so lange wohl durchkämmt,
bis alle Haare davon naß und gefärbt worden sind. Man kann auf mein
Wort den Versuch damit anstellen, und ich bin gut dafür, daß man kraft
dieses gebrauchten Mittels kohlschwarze Haare überkommen werde, ja ich
selbst bin bey mir überzeugt, daß mir die Frauenzimmer für dieses ihnen
mitgetheilte Geheimniß höchst verbunden seyn werden. Vornehmlich haben
es diejenigen mir zu verdanken Ursache, welche rothe oder graue Haare
haben: zumal, da sie durch diese Haarfarbe ihrem Kopfe ein ganz ander
Ansehen zu geben vermögend sind. Erzeigen sie mir aber für meine gute
Gesinnung keine Erkenntlichkeit; so dürfen sie mir es nicht verdenken,
wenn ich sie für undankbare Geschöpfe erkläre, und zwar für solche,
welche nicht nach den Regeln der Klugheit zu leben wissen. Ey! dieses
würde ja den Schönen eine ewige Schande und ein sehr großer Vorwurf
seyn, wodurch sie sich der ganzen Welt verächtlich machen würden.
Allein mein Herz ist viel zu sehr gegen sie eingenommen, als daß ich
ihnen eine solche Niederträchtigkeit, eine solche unartige Aufführung,
und eine solche abgeschmackte Undankbarkeit zutrauen sollte: Nein, ich
glaube vielmehr, daß ich mich niemals in dem, in meinen Gedanken von
ihnen einmal gemachten guten Begriffe betrügen könne; es wäre denn, daß
meine Einbildungskraft von ihrem Reize nur gar zu sehr eingenommen,
und wie die Augen mancher Richter durch den Glanz des Goldes ganz
verblendet worden wäre. Sehen sie, meine Schönen! so groß ist das auf
sie gesetzte Vertrauen!

§. 28. Es ist wahr, die durch dieses Mittel schwarzgefärbten Haare
bekommen nicht nur eine recht schöne Schwärze, und einen ganz
ausnehmenden Glanz, sondern sie behalten auch die Farbe, und verlieren
solche nicht: sie färben nicht ab, und beschwärzen auch die Kopfzeuge
nicht, so wie die im 26sten Absatze angeführte Pomade zu thun pflegt.
Ob aber auch diese Haarschwärze der Gesundheit zuträglich oder
nachtheilig sey, das ist eine andre Frage. So viel als ich davon
einzusehen im Stande bin, so muß ich nur immer gestehen, daß diese
Haarschwärze der Gesundheit höchst schädlich sey. Man betrachte nun
alle diejenigen Stücke, aus denen sie zusammengesetzt ist, wie man
will, so wird man allemal, ohne daß man ein Arzt seyn darf, gar leichte
einsehen können, daß dieselbe aus lauter solchen Dingen bestehe, welche
theils eine zusammenziehende, theils aber auch eine ätzende Kraft
besitzen. Werden also nicht die Schweißlöcher der Haut, welche sich am
Kopfe befinden, durch dieses schwarzmachende Mittel zusammengezogen
werden, so, daß solche nicht mehr ausdünsten können? und werden also
hiervon nicht lauter solche Krankheiten entstehen, welche bloß in der
gehemmten Ausdünstung ihren Grund und Ursprung haben? (§. 17. 12. und
5.) Ich dächte freylich wohl. Und da über dieses einige von diesen
Mitteln ätzend sind; so müssen nothwendig die Haare davon weggefressen
und ausfallend gemacht werden, folglich wird denen Schönen eben
dasjenige wiederfahren, was sonst ordentlicher Weise denen zu geschehen
pflegt, welche ihre Haare öfters mit einem heißen Brenneisen aufbrennen
lassen, s. §. 19. 12. u. 11.



[Illustration]


Das fünfte Kapitel.

Von denen Beschwerungen, welche von den Kopfzeugen entspringen.


§. 29.

Ich komme nun endlich auf den übrigen Kopf- und Haarputz der Schönen,
nämlich auf die Hauben, Kopfzeuge und Blumen: denn mit allen diesen
geben sie sich Mühe, sich schöner zu machen. Gewiß, es fehlt den
Frauenzimmern nicht an Erfindungen, ihren Kopf auf tausend Arten zu
verherrlichen, und ich kann ihnen diese Bemühung nicht übel auslegen,
zumal da ich weis, daß der Kopf das vornehmste Stück des ganzen Körpers
ist. Aber sollte man es denn auch glauben, daß unsre Schönheiten einen
Lust- und Ziergarten auf ihren Köpfen anzulegen gewohnt wären? Mir
würde es im Traume nimmermehr eingekommen seyn, daß ein Frauenzimmer
ihren Witz so hoch zu treiben fähig wäre, einen Blumengarten auf ihrem
Kopfe anzubauen. Und dennoch zeigt mir die Erfahrung die Möglichkeit
von allem demjenigen, was ich außerdem nur für eine Fabel gehalten
haben würde. Mir sind Weibsbilder vorgekommen, an welchen ich mehr
Blumen als Haare erblicken konnte. Denn bey dem ersten Anblicke dieser
Schönheiten wurde ich für Verwunderung fast ganz außer mich gesetzt,
so, daß ich mich gleichsam vor bezaubert hielt, und glaubte, daß sich
die Blumengöttinn nebst ihren Spielgesellinnen wieder auf die Welt
begeben hätte. Ey! was werden denn noch endlich die Schönen auf ihren
Köpfen anlegen? Wer weis, ob es ihnen nicht einmal einfallen wird,
Schlösser, Städte und Vestungen auf ihre Köpfe zu bauen. Wer weis, ob
sie nicht gar auf die thörichten Gedanken gerathen werden, besondere
Pflanzgärten auf ihre Köpfe zu machen. Doch dieser Putz macht die
Frauenspersonen mehr eitel, als ungesund. Ich werde also von diesem
eitlen Putze lieber stille schweigen, zumal, da ich an solchem als
ein Arzt eben keine Gelegenheit finde, welche ihrer Gesundheit einigen
Schaden zuzufügen im Stande wäre. Kurz, dieser Hauptputz ist ein bloßes
Spielwerk, welches aus einer überflüßigen Eitelkeit entsprungen ist,
und die ganze Welt hält es ohnedem mit mir vor wahr, daß die Schönen
mehr der Eitelkeit als andern Beschäftigungen zugethan sind.

§. 30. Das schöne Geschlecht ist eben so veränderlich in den Arten der
Hauben und Kopfzeuge, deren es sich zu bedienen pflegt, um ihrem Haupte
eine Zierde geben zu mögen, als veränderlich solches selbst in seinem
Gemüthe ist. Ja die Hauben und Kopfzeuge sind bey den Schönen eben so
verschiedentlich, als verschiedentlich die Neigungen derselbigen sind.
Denn bald stellt ein Kopfzeug die Fliegel eines Schmetterlings oder
einer Fledermaus, bald aber auch die Figur eines andern Ungeziefers
vor. Ich habe Frauenzimmer gesehen, welche Kopfzeuge trugen, die auf
beyden Seiten ordentliche lange Lappen herunterhängen hatten, und man
würde schwören, man erblickte ein Schiff, welches mit ausgespannten
Segeln versehen wäre, wenn man eine solche Flatterschöne bey etwas
windigen Wetter von weiten herkommen sieht. Manche Frauenspersonen
bekleiden ihren Kopf mit einer ganz besondern Art der Kopfzeuge, welche
einem großen Rade ziemlich gleich sind. Man würde sich einbilden,
solche Leute wären bey lebendigem Leibe canonisirt worden, weil sie
einen fast übernatürlichen Schein um ihren Kopf herum hätten. Doch
es mag genug hiervon geschrieben seyn. Denn wenn ich alle Arten der
Kopfzeuge mit Namen benennen, und ihre Figuren beschreiben wollte; so
würde ich mich aus einer gewissen Nothwendigkeit entweder entschließen,
zu den Putzmachermägdchen in die Schule zu gehen, oder wenn ich dieser
Last überhoben seyn wollte, würde ich mir ein Frauenzimmerlexicon
zulegen, und fleißig in solches sehen müssen. Doch da eben dieses
nicht meine Beschäftigung ist, so habe ich es auch nicht nöthig, mich
in diese unnöthige Weitläufigkeit einzulassen: Aber gleichwohl werde
ich derjenigen Kopfzeuge Erwehnung thun, und solche etwas genauer
beschreiben, welche den Schönen Anlaß, krank zu werden geben.

§. 31. Ein Kopfzeug ist eine aus weißen Flor oder Schleyer mit Spitzen
besetzte, und nach der Mode verfertigte Art der Kleidung, der sich die
Frauenspersonen bedienen, um den Kopf damit zu bedecken. Wie aber diese
Kopfdeckel gemacht werden, kann ich darum so genau nicht wissen, weil
ich solche selbst niemals mit meinen Augen habe verfertigen sehen, und
nicht das mindeste von der Nehkunst verstehe. Doch ich besinne mich,
einmal ein zerlegtes Kopfzeug gesehen zu haben, und wo ich nicht irre,
so war es ein von weißen Kannevaß, einer Hand lang und breit gemachtes
Herz, welches von innen etwas hohl, von außen aber etwas erhoben war.
Dieses Herz aber pflegen die Schönen nach ihrer Redensart den Teller zu
nennen. Doch so viel als ich von den Frauenputze verstehe; so glaube
ich, daß dieses Herz vielleicht der Grund gewesen seyn mag, über und
um welches der weiße Flor oder Schleyer, entweder mit weißen Zwirne
angeneht, oder mit Stecknadeln angeheft werden muß. Betrüge ich mich
nun in meiner Muthmaßung, so geschieht es gewiß aus Unwissenheit. An
und um diesen mit Flor oder Schleyer überzogenen herzförmigen Teller
pflegen die Schönen die Spitzen mit verschiedenen Falten anzunehen,
und hernach mit oder ohne herabhängenden Flügeln zu versehen. Zuweilen
schmücken sie auch, um mehrer Zierlichkeit willen, diese Kopfzeuge
entweder mit goldnen, silbernen, und andern seidnen Bändern, oder mit
Blumen, welche aus Gold, Silber oder Seide gesponnen worden sind. Es
ist aber doch bey alle dem eine wunderbare Sache, daß die Schönheiten
auch so gar Herzen auf dem Kopfe, fast so wie die Fische im Kopfe
tragen. O wie gut würde es doch seyn! wenn manche Frauenzimmer zuweilen
eben so stumm, wie die Fische wären: Ich versichre, sie würden sehr
vieler zufälliger Uebel und harter Unglücksfälle überhoben bleiben,
welche sie doch nur gemeiniglich ihrem ungezähmten Maule einzig und
allein zu danken haben. Aber nun wieder auf die Kopfzeuge zu kommen.
Manchmal werden auch solche Teller von Pappier gemacht, die aber doch
vorher mit goldnen, silbernen und andern farbigten Zindel überzogen
werden, ehe der Flor oder der Schleyer über selbige geneht wird. Die
Figur dieser Teller mag wohl eben so, wie die Kopfzeuge selbst, von
verschiedentlicher Gestalt seyn. Mir sind Teller zu Gesichte gekommen,
welche eine eyähnliche Figur hatten. Mit einem Worte: Die Kopfzeuge
werden fast alle Monate, und vielleicht auch wohl gar alle Mondwechsel
verändert: Aber eben dieses ist auch die Ursache, warum man solche
nicht so eigentlich abzuschildern fähig ist. Nichts ist veränderlicher
als die Moden der Frauenzimmertracht, und ich wollte fast lieber
sagen, daß die verschiedenen Moden der Schönen ein offenbares Zeugniß,
und eine gewisse Wirkung ihres unbeständigen, veränderlichen und
wankelmüthigen Gemüths wären. Denn

    Das Frauenzimmer ist, wie im April das Wetter
    Voll Unbeständigkeit, voll Wankelmuth wie Blätter:
    Es lacht, betrübet sich, und weint, es schimpft und schmählt,
    Es zürnt, verfolgt, haßt, liebt, hofft, wünscht, begehrt, und wählt.

§. 32. Aus dem 31sten Absatze wird man also gar wohl, ohne sich
einer Brille bedienen zu dürfen, einsehen können, daß diese Art der
Kopfzeuge, der ich nur itzo Meldung gethan habe, der Gesundheit eben
nicht am zuträglichsten sey. Denn da der Teller solcher Kopfdeckel nur
einer Hand lang und breit ist; so wird solcher kaum den Wirbel des
Kopfs zu bedecken im Stande seyn. Wird also wohl der Kopf gehörig
genug durch diesen Kopfputz wider die Kälte sowohl, als wider die
Sonnenhitze verwahrt werden können? Ich zweifle. Wird aber die Kälte
den Kopf angreifen; so werden die oben erwehnten Zufälle §. 28. 17.
12. und 5. nothwendiger Weise entstehen. Wird aber die Hitze der Sonne
den Kopf belästigen; so werden sich die Schönen über Kopfschmerz
beklagen, welcher ihnen den Schlaf zu berauben nur gar zu fähig wird.
Denn mich deucht, daß es auch so gar die alten Weiber wissen, daß die
Sonnenhitze, wenn sie zu heftig auf den Kopf sticht, Hauptschmerzen
erzeugen könne. Aber dieses ist es nicht allein, was die Hitze der
Sonne bey den Schönen zum Vorscheine bringet. Es werden auch von den
Strahlen der Sonne, wenn sie den Kopf gar zu heftig brennen, rothe und
entzündete Augen, Trockenheit in der innern Nasenhaut, in den Ohren,
im Munde und in der Luftröhre, folglich Stockschnupfen, Krankheiten
der Ohren, Harthörigkeit, kurz, nichts als solche Zufälle, welche
von einer gar zu großen Verhärtung des Ohrenschmalzes, und von einer
widernatürlichen Austrocknung des innern Ohrganges und des Trummelfells
herzukommen pflegen, und Heiserkeit, brennende Blasen auf der Zunge,
und trockner Husten, ihren Ursprung ableiten. Ich würde meinen Lesern
zuwider werden, wenn ich ihnen alle diejenigen Ungelegenheit der
Ordnung nach anführen wollte, welche allesammt von der Sonnenhitze
ihre Erzeugung hätten. Sehen sie nun die schönen Folgen, welche von
der eitlen Bemühung, nämlich von dem Putze des Haupts zu entstehen
pflegen? Es ist, so wahr ich einen Geschlechtsnamen führe! eine mehr
als tadelhafte Thorheit, wenn die Schönen darum hoffärtig werden, um
den Aerzten in die Hände zu fallen. Es trifft also wohl recht ein, daß
sich der Fall gemeiniglich nach der Hoffahrt einzustellen pflege. Mir
wird es wohl schwerlich jemand aus dem Kopfe bringen, daß ich nicht
das schöne Geschlechte, in Ansehung ihres Putzes, vor eine recht eitle
und thörichte Art von Menschen halten sollte. Das ist freylich eine
Wahrheit, welche den Schönheiten höchst unangenehm zu vernehmen seyn
wird. Aber wird sie deswegen zu einer Lügen werden, weil man sie mit
Verdruß anzuhören gewohnt ist? Nimmermehr. Wer das Glück hat, das
artigste Geschlecht so genau, wie ich zu kennen, der wird mit mir
in Betrachtung dieser Wahrheit einstimmig seyn. Es wäre denn, daß
die Macht der Schönen sein Herz gar zu sehr übermannet, ihn aller
seiner Sinnen beraubet, und ihm die Zunge, um der Wahrheit kein Recht
wiederfahren zu lassen, gänzlich gelähmet hätte.

§. 33. Ich habe mich wohl recht wie eine Fledermaus in die Haare und
in den Kopf der Schönen verwickelt. O! wie gut ist es doch, daß ich
einmal so glücklich habe seyn können, denen Schönen in die Haare zu
gerathen. Ob ich ihnen aber damit auch viel Weh gethan haben werde,
werden sie am besten wissen. Nimmermehr wird sich ein Peruckenmacher so
lange mit den Haaren und Kopfe beschäftigen, als ich gethan habe. Aber
itzo will ich mir auch alle Mühe geben mich mit Ehren wiederum aus den
Haaren der Schönen, wie ein Seidenwurm aus seinem eigenen Gespinnste,
zu entwickeln, ohne, daß sie bey meiner Entwicklung um ein einziges
Härchen kommen sollen. Doch daß ich es kurz heraus sage: ich will
hiermit meinen Abschnitt von den Krankheiten, welche von dem Haarputze
und Hauptschmucke herzukommen pflegen, auf das feyerlichste geendiget
haben.

[Illustration]



[Illustration]


                         Der zweyte Abschnitt.

                                Von den
                      Krankheiten, welche von der
                     Verschönerung des Angesichts
                         ihren Ursprung haben.



Das erste Kapitel.

Von den Ungelegenheiten, welche von den sogenannten Muschen oder
Schminkfleckchen zu entstehen pflegen.


§. 34.

Nichts liegt wohl den Frauenzimmern mehr am Herzen, als die Sorge,
ihrem Angesichte eine reizende Schönheit zu verschaffen. Sie haben
unzählige Mittel, deren sie sich zu bedienen pflegen, um ihren Zweck
glücklich erreichen zu mögen. Doch ihre Bemühung ist eben so tadelhaft
nicht, als sie manchem wohl scheinet. Denn wenn man die Schönheit
des Angesichts auf der rechten Seite betrachtet; so ist sie ein
ordentliches Gewehr und Waffen, deren sich die Frauenspersonen mit
einer ganz ausnehmenden und ihrem Geschlechte eigenen Klugheit gegen
die Männer zu gebrauchen wissen, um über die Herzen derselben den Sieg
zu erhalten, und sich die Mannsbilder ihnen dienstbar zu machen. Der
weise Anakreon schreibt in seiner andern Ode, so wie ich es gerne höre.
Ich werde die Ehre haben, ihnen die Nachahmung mitzutheilen, und hier
ist sie:

      Wie sorgt die gütige Natur
    Für eine jede Kreatur!
    Sie schenkt den Menschen und den Thieren
    Ein ihrem Wesen dienlich Gut:
    Dem Löwen gab sie Stärk und Muth
    Und Hörner schenkte sie den Stieren.

      Sie lehrt den Fisch im Wasser gehn,
    Den Vogel sich zur Luft erhöhn:
    Dem Hasen giebt sie schnelle Füße
    Womit er sich erretten kann:
    Mit Klugheit waffnet sie den Mann,
    Und zeigt, wie er sie brauchen müsse.

      Was blieb vors weibliche Geschlecht?
    Auch hier war sie nicht ungerecht;
    Ihm schenkte sie statt jener Gaben
    Der Schönheit: Und gebraucht es die;
    So fehlt ihm Sieg und Stärke nie.
    Was will es andre Waffen haben?

§. 35. Doch es ist zu beklagen, daß die Schönen durch alle ihre Kunst
dasjenige in Ewigkeit nicht erhalten werden, was ihnen die Natur
einmal versagt hat. Die Schönheit ist eigentlich diejenige gewisse
Vollkommenheit des Körpers, die vermöge unserer äußern Sinne empfunden
werden muß. Gesetzt aber, die Natur hätte diese Vollkommenheit bey
dieser oder jener Person vergessen; so wird man allen Fleiß vergebens
anwenden, sich solche durch Kunst eigen zu machen, wenn man auch gleich
tausend Mittel zur Hand nehmen wollte. Denn der müßte gewiß entweder
ohne Gehirne gebohren worden seyn, oder doch wenigstens alle seinen
Verstand eingebüßt haben, welcher diejenige Person vor eine Schönheit
halten wollte, bey der die regelmäßige Verhältniß der äußern Theile
des ganzen Körpers gegen einander fehlete, und bey der die sonst
gewöhnliche und ordentliche Stellung aller äußerlichen Theile nicht
ihre Richtigkeit hätte: Da doch diese Stücke das rechte Wesen und den
wahren Grund der Schönheit einzig und allein ausmachen müssen. Ich
läugne aber deswegen noch lange nicht, daß nicht auch eine angenehme
Gesichtsfarbe, die nach meinem Geschmacke weder zu feuerroth, noch
allzu weiß wie eine Gipsstatue, sondern blaßroth und lebhaft seyn muß,
eine Zärtlichkeit der Haut, und ein sanftes, fast unvermerktes Zucken
der Muskeln im Angesichte, welches eigentlich die Gesichtszüge und
Minen auszudrücken geschickt ist, zu der Schönheit, als wesentliche
und unentbehrliche Stücke gehören sollten. O nein! ich weis es gar zu
gut, daß eine zarte Haut, dessen Zärtlichkeit aus nichts andern, als
aus einer überaus künstlichen Zusammenfügung sehr kleiner und zarter
Scheibchen besteht, vermögend sey, unsern Augen ein fast himmlisches
Vergnügen zu machen, unsere Herzen in Flammen zu setzen, und in unserer
Seele tausend Vorstellungen hervorzubringen, die mit einer artigen
Abwechslung von einander entgegen gesetzten Leidenschaften vermischt
sind, und die deutlicher empfunden, als beschrieben werden können. Ich
dürfte mich fast über den thörichten Stolz mancher Schönen, welchen
sie, ihrer Schönheit wegen an sich blicken lassen, in ein Hohngelächter
auslassen, zumal da sie so gar viel Eitelkeit besitzen, und sich
zuweilen über die Maaßen viel auf ihre vergängliche Angesichtsschönheit
einbilden. Aber man sage mir doch nur einmal, besteht nicht eben die
Schönheit bloß in einer verwirrten Vorstellung? gründet sie sich nicht
auf eine seltsame Zusammenfügung der kleinen und zarten Scheibchen
der Haut, auf eine anständige und reizende Vermischung der weißen und
rothen Farbe? und endlich auf ein fast kaum merkliches Ziehen der
Angesichtsmuskeln? Bedenken sie doch nur einmal, meine Schönen, so
was Elendes und Eingebildetes ist es, auf dessen kurzen Besitz sie so
närrisch hochmüthig zu werden geneigt sind, und welches sie habhaft
zu werden mit der größten Begierde suchen, und mit dem heftigsten
Verlangen wünschen. Ich sollte meynen, sie müßten nunmehr mit mir
selbst, mir zu Gefallen, und blos zur Gesellschaft über ihre eigene
Thorheit lachen? Ey machen sie doch sowohl sich, als mir die Freude,
und lachen recht sehr! wollen sie? ich bitte.

§. 36. Um sich den so vergänglichen Schatz der Angesichtsschönheit
eigenthümlich machen zu mögen, sind die Schönen aus einer bloßen
Einbildung, und aus einem mehr als verkehrten Vorurtheile auf den
tollen Gedanken gerathen, ihr Angesicht mit kleinen schwarzen
Fleckchen, welche theils ganz runde, theils aber halbrunde Figuren
vorstellen, und Schminkpflästerchen oder Muschen genennt werden, zu
bekleben. Vielleicht haben die Frauenzimmer sich darum die schwarze
Farbe zu ihren Schminkfleckchen erwählt, damit durch solche die
Farbe des Angesichts desto besser erhöht werden soll. Zuweilen legen
sie sich nur eines, zuweilen aber auch mehrere Pflästerchen in das
Angesichte. Solche befleckte Schönheiten tragen beynahe das ganze
himmlische Weltheer und das natürliche tychonische Weltsystem in
ihrem Gesichte; ja sie sehen fast eben so bunt wie eine Elster aus:
vielleicht aber geschieht dieses wegen der großen Verwandschaft, welche
sie in Betrachtung ihrer Schwatzhaftigkeit mit diesen Thieren gemein
haben. Doch ich will kraft diesem auf das feyerlichste um Verzeihung
gebeten haben, wenn ich den Schönen etwa damit zu viel gethan, oder
ihnen zu nahe getreten haben sollte! Vielleicht werde ich ihre Absicht
besser errathen, warum die Schönen ihr Angesicht mit schwarzen
Fleckchen zu bepflastern pflegen, wenn ich sage: daß sie dieses darum
zu thun gewohnt wären, um dadurch ihr Angesichte zu verschönern,
ihre Angesichtsfarbe mehr zu erheben, und in die Augen fallender zu
machen, und die im Angesichte aufgeschoßten Blätterchen zu bedecken
und zu verbergen. Ist es nicht wahr? Aber sie werden mir es auch nicht
ungütig nehmen, wenn ich mich unterstehe, ohne den geringsten Scheu
vor der Wahrheit zu tragen, ihnen offenherzig zu versichern, daß ihre
eitle Bemühung schöner zu scheinen, als sie natürlicher Weise sind,
eine ganz unnatürliche und sehr gezwungne Sache sey. In der That, ein
oder etliche ausgefahrne Blätterchen im Angesichte sind lange nicht
vermögend, ihre angebohrne Schönheit zu vermindern, wenn nur sonst die
Natur gerecht und gütig genug gegen sie gehandelt hat, das heißt, die
regelmäßige Verhältniß aller äußerlichen Theile gegen einander, und
die ordentliche Stellung der Glieder an den Schönen zu beobachten,
befließen genug gewesen ist. Man kann schon andere und bessere Mittel
gebrauchen, dieser im Angesichte stehender Blätterchen loß zu werden,
ohne sich solcher schwarzen Fleckchen bedienen zu dürfen. Doch wenn
die Frauenspersonen die Absicht einzig und allein zu ihrem Grunde
haben, die im Angesichte hervorgesprossenen Blätterchen vermöge dieser
Schminkläppchen zu verbergen; so kann man ihnen diese Muschen im
Angesichte zu tragen noch ganz wol Erlaubniß und Ablaß geben.

§. 37. Diese Schminkpflästerchen nun werden meines Wissens, aus
schwarzen seidenen Taffent verfertiget, über welchen man aufgelösetes
Gummi streichet, wenn aber dieses auf dem Taffent trocken geworden
ist, so werden diese Muschen mit einem scharffen besonders hierzu
gemachten Ausstecheisen, welches bald eine zirkelrunde bald aber eine
halbzirkelrunde Figur vorstellet, ausgestochen. Man muß aber doch auch
wissen, daß es große, mittlere und kleine Schminkpflästerchen gebe, um
solche auch bey verschiedenen Mängeln und Flecken des Angesichts in
Gebrauch nehmen zu mögen.

§. 38. Nunmehr sollte ich auch etwas von dem Schaden sagen, welchen die
Schminkpflästerchen der Gesundheit zufügen könnten. Aber ich muß hier
meine Unwissenheit aufrichtig gestehen, daß ich eben keinen besondern
Schaden einzusehen und anzugeben fähig bin, welcher auch nur einiger
maaßen der guten Gesundheit nachtheilig und überlästig seyn könnte.
Es müßte denn etwa dieser Schade seyn, daß die mit Gummi überzogenen
Fleckchen, die wenigen Schweißlöcher, über die solche gelegt worden
sind, zuklebeten. Aber da, nur einige wenige Muschen in das Angesichte
gelegt werden; so wird auch die unmerkliche Ausdünstung eben dadurch
nicht unterdrückt werden, und Ungelegenheit verursachen können. Ich
würde es nothwendiger Weise zugeben müssen, daß Krankheiten von den
aufgelegten Muschen zum Vorscheine kommen könnten, wenn das ganze
Angesicht mit nichts als Schminkpflästerchen, so wie mit einer Larve
belegt worden wäre: Freylich würden alsdenn lauter solche Zufälle
ihren Ursprung nehmen müssen, die ihr wahres Daseyn der verhinderten
unmerklichen Ausdünstung schuldig sind, s. §. 32. 28. 17. 12. und
5. und so würde ich mich nicht wundern dürfen, wenn krebsartige und
fressende Geschwüre entstünden. Kurz, diese Schminkfleckchen sind
mehr vor einen eitlen und aberwitzigen Angesichtsputz, als vor ein
Mittel zu halten, welches der Gesundheit durch Zufügung einigen
Unheils Eintrag zu thun vermögend seyn könnte. Es würde ein großes
Unglück seyn, wenn alle närrische Erfindungen und Eitelkeiten zugleich
neue Gelegenheit, krank zu werden, geben sollten: und so ist es auch
noch lange die Folge nicht, daß alle Arten der Verschönerung des
Angesichts schädlich werden müßten, wenn auch gleich einige fähig sind,
Unbequemlichkeiten einzuführen, und Schaden anzurichten. Wer aber auch
so schließen wollte, der würde eben einen solchen Schluß machen, wie
die alte Frau Barbara ordentlicher Weise bey dem Spinnrade sonst zu
machen gewohnt ist.



[Illustration]


Das zweyte Kapitel.

Von den Beschwerlichkeiten, welche von der rothen Schminke des
Angesichts erzeugt werden.


§. 39.

Da ich den Vorsatz gefaßt habe, von der rothen Schminke des Angesichts,
und von der hiervon zu entstehenden Schädlichkeit zu schreiben; so
sollte es mir hier nicht an Gelegenheit mangeln, zumal wenn ich in
das Alterthum zurück gehen wollte, von der dazumal gewöhnlichen
rothen Angesichtsschminke vieles zu reden. Hier könnte ich von dem
Ursprunge und von dem Gebrauche der rothen Schminke handeln, und
wenn ich es sonst vor gut befände, eine eigene Abhandlung davon
aufsetzen: Allein da eben dieses eigentlich nicht zu meiner Sache
gehört; so sehe ich nicht ein, warum ich mich, ohne Grund zu haben, in
überflüßige und critische Weitläuftigkeiten einlassen soll. So viel
aber kann ich doch nicht unberührt lassen, daß die rothe Schminke
bey den Griechen sowohl als Römern in den Schauspielen gebraucht
wurde, und daß gemeiniglich diejenigen Personen ihre Angesichter roth
zu färben gewohnt gewesen sind, welche diese oder jene Geschichte
auf dem Schauplatze vor dem Volke vorstellten. Die wahre Absicht,
warum solche Leute ihre Angesichter roth schminkten, mag wohl allem
Vermuthen nach diese gewesen seyn, sich nämlich denen Zuschauern
unkenntlich zu machen, oder auch wohl ihren Angesichtern durch
solche rothe Schminke eine reizendere Schönheit geben zu mögen, um
die Augen der Anwesenden mehr auf sich zu reizen, theils von ihnen
bewundert, theils aber auch geliebt zu werden. Wider die Möglichkeit
streitet es im geringsten nicht, daß sich nicht einige Zuschauer in
eine solche roth gemahlte Schönheit verliebt haben sollten. Denn da
dieses noch heut zu Tage geschieht, warum sollte es auch vor alten
Zeiten nicht eben so vorgefallen seyn. Auch noch zu unsern Zeiten
wird die rothe Angesichtsschminke von den Schauspielerinnen, welche
man Komödiantinnen und Operistinnen nennt, auf dem Theater gebraucht,
um sich lebhafter und schöner im Angesichte zu machen. Ich bin nun
schon einmal des guten Glaubens: daß auch andre Frauenzimmer denen
Theaterschönen nachgeahmet sind, und um mehr geliebt und verehrt zu
werden, sich ebenfalls dieser rothen Schminke bedient haben. Die
Erfahrung bestätiget meine Meynung, und die Bücher der alten Dichter
beweisen es zur Genüge, daß ich wiederum Recht habe. Man wird es
nunmehr zu begreifen im Stande seyn, daß die Mode, das Angesichte
roth zu schminken, von den Schauspielen der Alten seinen Ursprung
genommen habe, noch heutiges Tages bey den Theaterschönheiten üblich,
und nachher von andern Frauenzimmern zum Gebrauch angewendet worden
sey. Die Farbe aber, der sich die Alten, um damit ihre Angesichter
roth zu schminken, bedient haben, soll nach dem Zeugniß der
Alterthumsverständigen Critiker die Meerschnecke gewesen seyn. Ich
will dieses eben nicht gänzlich in Abrede seyn, doch halte ich auch
dafür, so viel freyen Willen zu haben, auch glauben zu mögen, daß das
Alterthum auch wohl andere rothe Farben, um sich schminken zu können,
gebraucht haben müsse. Doch ich mag eben keine unnöthige Untersuchung
anstellen, was es eigentlich vor Farben gewesen sind, die die Alten,
um ihre Angesichter roth zu färben, genommen haben. Meinetwegen kann
es Menge, Kermeskörner oder Koccionille gewesen seyn, genug, daß es
eine rothe Schminke gewesen ist, die dazumal den Leuten gefallen haben
muß, und die reizend genug gewesen seyn mag, daß man von einer solchen
rothgemahlten Schönheit hat bezaubert werden können, ohne andre
abergläubische Mittel zu Hülfe nehmen zu dürfen.

§. 40. Es ist, bey meiner Ehre, ein mehr als strafbarer Fehler, welcher
sich einzig auf die Menschheit gründet, daß man niemals mit denjenigen
Leibesgaben vergnügt zu seyn pflegt, welche uns doch die Weisheit
und Vorsicht der gütigen Natur aus erheblichen Ursachen beschieden
hat. Aber auch eben diesen Fehler wird man am allermeisten bey den
Frauenzimmern antreffen, vielleicht aber bloß darum, weil sie mehr
Menschheit als andre an sich haben, und ich wollte es fast lieber,
aus eben diesem Grunde, doch zwar nur zum Scherze, selbst glauben,
daß die Schönen darum mehr menschlich wären, weil die unbenabelte
alte Frau Eva von dem ersten Menschen, nicht aber wie Adam, aus Erde
gemacht worden ist. Ihre Töchter sind noch eben so, wie ihre Urmutter
geartet: Jene wollte mit ihrer Vollkommenheit nicht zufrieden seyn,
ihre eitle Begierde, noch vollkommner zu werden, brachte sie zum
Falle, und stürzte sie in das Elend, und ihre Töchter, so gleiche
Unart und gleiche Neigung mit ihrer Stammmutter in ihren Adern nähren,
bestreben sich äußerst, immer vollkommner zu werden, ob sie sich
gleich durch ihre Bemühung nur mehr Unvollkommenheit und Unglück auf
die Achseln laden. Aber eben das mag auch die wahre Ursache seyn,
warum blasse Frauenzimmer roth von Angesichte aussehen, die rothen
aber sich eine Blaßheit des Angesichts zuwege bringen wollen. So
geht es auf der Welt! alte Weiber wollen nicht alt, junge Schöne
nicht jung heißen. Aber warum? ich will es so gleich sagen: Weil
die jungen zu lieben anfangen, die alten aber noch lieben, und beyde
geliebt zu werden wünschen. Bloß also ihren Liebhabern gefallen zu
mögen, bemüht sich die rothe Schöne sich blaß zu machen, die blaße
aber färbt sich roth. Nimmermehr, wird eine rothgemahlte Schönheit
mich zu reizen, und mich durch ihre rothgeschminkte Backen, so wie
die rothen Ebischbeeren die Gramsvögel in ihre Schlinge zu locken,
vermögend seyn. Mir gefallen solche Theaterschönheiten und rothgefärbte
Drechslerpüppchen durchaus nicht. Nicht aber etwa darum, weil sie nicht
natürliche, sondern fremde Farben haben, auch nicht darum, weil ich
die rothe Schminke vor die schlechteste und niederträchtgiste Art,
sich im Angesichte zu verschönern, halte. Nein, sondern bloß darum,
weil ich bey solchen rothgemahlten Gesichtern auch ein geschminktes,
das heißt, ein falsches Herz vermuthe, ein Mißtrauen auf ihre Tugend
und Keuschheit setze, und damit ich den rechten Titel gebrauche, weil
ich solche rothgefärbte Schönen auf gut deutsch vor Huren halte. Ich
habe nicht geschimpft, sondern nur die Wahrheit gesagt, folglich darf
ich mich keines Injurienprocesses befürchten. Denn ich bin Bürge
dafür, daß keine geschminkte Schöne sich dieses zu Gemüthe ziehen
werde, weil ich versichert bin, daß es in Ewigkeit keine zu gestehen
gewohnt sey, daß sie sich im Angesichte roth zu mahlen pflege. Gewiß,
solche rothgemahlte Schönheiten werden einen viel größern Verstand
von sich blicken lassen, als manche Mannsperson, welche sich klug zu
seyn dünket. Ich werde ihre Klugheit zu rühmen wissen, wenn sie mich
und meine Schrift nicht sogleich zum Feuer verdammen. O! wenn alle
satyrische Schriften und Strafpredigten verbrannt werden sollten, in
denen man sich getroffen und abgeschildert findet; so würde die Welt
gar bald in Brand gesteckt werden. Bleibet bey euren guten Gedanken, und

    Seyd klüger als wie jener Pfaffe,
      Wenn euch ein Sinngedichte sticht:
    Seyd nicht so tumm als wie der Affe
      Der gleich das Spiegelglas zerbricht,
    So ihm sein wahres Bildniß zeiget:
    Klug ist, wer fühlt, sich bessert, schweiget.

Aber im rechten Ernste, solche Frauenzimmer, welche sich roth färben,
sind warhafte Huren, und ich wollte gleich schwören, daß sie nichts
anders wären. Denn hätte eine redliche Frau nicht die Absicht, mehr
Männern zu gefallen, so würde sie sich es auch nicht haben in Sinn
kommen lassen, ihr Angesichte zu schminken, sondern sie würde mit
ihrer natürlichen Farbe, welche doch allemal die schönste ist, und
ihrem Manne, wenn er anders kein Narr wäre, gefallen müßte, vollkommen
vergnügt seyn: und ich würde eine Wittwe und Jungfrau vor aussätzig
an ihrer Tugend halten, die sich, um viele Verehrer zu haben, in
ihren Angesichtern roth schminken wollten. Gesetzt aber, daß es eine
oder die andere thäte, gewiß, so würde niemand so beredt seyn, es mir
auszureden; daß ich nicht feste glauben sollte, eine solche müßte sich
ihres eignen Fleisches nähren. Denn was hätte sie außerdem Ursache,
ihr Angesicht roth zu mahlen, zumal da diese Beschäftigung eine der
größten Thorheiten ist. Aber um der Wahrheit das Recht zu erweisen,
werden mir diejenigen alle, so ihre fünf Sinne zu brauchen wissen,
gutwillig eingestehen, daß diese Art der Schminke die armseligste und
pöbelhafteste sey, und bey denen ein sehr niederträchtiges Gemüthe
verrathe, die sich einfallen lassen, sich solcher Schminke zu bedienen.
Nur diese rothe Theaterschminke pflegt so gar den Unwissendsten in die
Augen zu leuchten, so, daß sie bey sich selbst denken müssen, diese
rothe Angesichtsfarbe sey unnatürlich und geschminkt.

Man hat wohl mehrmals gesehen, daß sich ein rothgeschminktes Angesicht
durch einen unverhoft hervorgebrochenen Schweiß, welcher über die
Stirne und Backen geronnen ist, geoffenbaret, und sich andern zum
Gelächter gemacht habe: Ja man sieht augenscheinlich die weiße Haut
vorleuchten, wenn der Schweiß die rothe Farbe abgewaschen hat. Ein
solches Angesicht kommt mir eben so vor, wie eine weiße Wand, über die
man eine rothe Farbe gestrichen hat, welche aber von dem Regen hier und
da abgewaschen worden ist, und weiße Flecke zu ihrer Schande zeigen muß.

§. 41. Das Schminken ist eine Kunst, vermöge gewisser Mittel die
Farbe der Haut zu ändern, selbige schön zu machen, und solche schön
zu erhalten. Die Farbe der Haut wird entweder durch blaßmachende,
oder rothmachende Mittel verändert. Dasjenige Mittel nun, welches
geschickt ist, der Haut ein rothes Ansehen zu geben, und welches heut
zu Tage gewöhnlich gebraucht wird, heißt Rosentuch, vielleicht weil
dieses Tuch der Farbe einer rothen Sammetrose ziemlich nahe kömmt.
Dieses eigentlich sogenannte Rosentuch ist nichts anders, als etwas
starke rothgefärbte Leinwand, welche ihre rothe Farbe, entweder von
der Koccionille, Kermeskörnern, oder auch von Fernebocke, dem durch
eine besondere Kunst so eine hochrothe rosengleiche Farbe gegeben
worden ist, bekommen hat. Mit dieser rothgefärbten Leinwand färben die
Frauenzimmer ihre Wangen, und mahlen sich das Angesicht damit roth:
doch muß dieses Rosentuch vorher in Lindenblüthwasser eingetaucht und
feuchte gemacht werden, denn außerdem färbet das Rosentuch nicht ab.
Einige nehmen guten florentinischen Lack, streichen solchen auf ein
Stückchen Scharlachtuch und reiben die Haut des Angesichts damit.
Besser aber thut man, wenn man kermesinrothes türkisches wöllnes Garn
nimmt, selbiges sehr klein hacket, durch ein Haarsieb siebet, und in
ein sehr zartes Pulver verwandelt, hernach aber auf ein Stückchen
Scharlachtuch streuet, und die Backen damit reibet. Dieses Mittel ist
fähig genug, ein recht unvergleichlich schönes und rothes Gesichte
zuwege zu bringen. Andere bemahlen sich mit Karmin, und wiederum andere
bemühen sich, die Farbe ihrer Wangen und Lippen mit Zinnober zu erhöhen.

§. 42. Nunmehr will ich endlich den Schaden anzeigen, den sich
diejenigen Frauenspersonen zuziehen, welche so närrisch sind, ihr
Angesicht roth zu färben. Ich habe nur itzo im 41sten Absatze gesagt,
daß das Angesichte mit denen Läppchen stark gerieben werden müsse,
wenn daß Angesicht roth geschminket werden soll. Da aber durch das
starke Reiben die Haut des Angesichts sehr gereizt, angespannt, und
dichte gemacht wird, und allemal auf eine starke Anspannung eine der
angespannten Haut gemäße Erschlaffung zu erfolgen pflegt; so wird man,
wenn man anders Verstand hat, sehr deutlich einsehen können, daß eine
solche geschminkte Schönheit vor den Jahren alt werden und Runzeln
bekommen müsse. Aber dieses ist noch lange nicht der Lohn, welchen
solche Theaterpüppchen vor ihre Schminke empfangen: Auch außer den
Runzeln bekommen sie eine gelbe, garstige und grobe Haut, so, daß sie
zu einem wahren Scheusal der Männer, und zu einem wirksamen Gegenmittel
wider das aufsteigende Fleisch werden. Es werden auch die Schweißlöcher
der Haut des Angesichts von dieser rothen Schminke zugeklebt und
verstopft, folglich wird die so heilsame Ausdünstung verhindert werden
müssen, und also werden alle diejenigen Umstände entspringen, welche
von der unmerklichen Ausdämpfung des Angesichts natürlicher Weise zu
entstehen pflegen s. §. 38. 32. 28. 17. 12. und 5. Da nun, wie ich
nur itzo erweislich gemacht habe, eine geschminkte Haut nicht so, wie
es sich geziemt, ausdünstet; so müssen freylich daher im Angesichte
Finnen, Schwindflechten, und Sonnensprossen entstehen. Diejenigen
Frauenspersonen, welche sich diese Thorheit haben einnehmen lassen,
ihre Wangen und Lippen mit Zinnober zu färben, bekommen gemeiniglich
den Krebs an dem Munde, und faules Zahnfleisch, wackelnde Zähne, einen
stinkenden Athem und triefende Augen. Denn das im Zinnober versteckte
Quecksilber dringt in die Thränendrüse so wohl, als in diejenigen
Drüsen, welche von D. Meibomen den Namen bekommen haben, und erweitert
deren Gänge, so, daß solche hernach ihre Narrheit, und den Verlust
ihrer Gesundheit mit einem beschwerlichen Schwären der Augenlieder, und
beständigen Thränen der Augen ohne Aufhören beweinen müssen(*). Schöner
Lohn für eure rothe Schminke!

§. 43. Wenn die Frauenspersonen, welche Belieben an einem rothen
Angesichte tragen, und gerne roth auszusehen wünschen, meinem Rathe
folgen wollten, so würden sie vernünftiger handeln, zumal, wenn sie
sich lieber mit innern Mitteln von einem verständigen Arzte eine
lebhafte rothe Farbe des Angesichts zuwege bringen ließen, und sich
nicht selbst und ihrem Körper durch solche schädliche äußerliche
Hülfsmittel so viel Unheil und Häßlichkeit zufügten und ungesund
machten, nicht ihren Nebenmenschen, über sie zu spotten, und sich zu
ärgern Gelegenheit gäben, nicht ihren Schöpfer zum Zorne reizten, und
sich seiner Gnade verlustig machten. Ein geschminktes Angesicht soll
darum das Angesicht GOttes nicht schauen, weil es durch die Schminke
andre gereizt und entzündet, und ihnen Anlaß zu sündigen gegeben hat.


(*) ~_Platner_ de morbis ex immunditie.~ §. 16.



[Illustration]


Das dritte Kapitel.

Von den üblen Zufällen, welche von der blaßmachenden Schminke des
Angesichts herkommen.


§. 44.

Alle Schönheitsverständige geben mir noch heutiges Tages einen
allgemeinen Beyfall, daß die blasse Angesichtsfarbe eine ganz
ausnehmende und bezaubernde Schönheit sey, so, daß solche ihrer
Annehmlichkeit wegen so gar den Titel der adlichen Farbe erhalten
hat. Ich gestehe der blassen Angesichtsfarbe auch ganz gerne, ohne
Zwang, nach meinem Geschmacke dieses Vorrecht zu, wenn nur die blasse
Angesichtsfarbe nicht gar zu weiß, so wie ein von Gipse gegossenes Bild
ist: Denn diese hat allemal eine kränkliche Beschaffenheit des Körpers
zum Grunde, und ist eine reiche Quelle unzählbarer Krankheiten. Jene
angenehme Blaßheit des Angesichts hingegen ist ein offenbares Zeichen
eines vollkommen gesunden Körpers. Beynahe alles Frauenzimmer wünscht
sich diese adliche Farbe eigenthümlich zu machen, um adlich scheinen
zu mögen. Ich lobe ihren guten Willen, und ich würde solchen noch mehr
loben, wenn sie nach der adlichen Tugend eben so, wie nach der Farbe
strebeten. Ich würde offenbar wider mein eigenes und besseres Wissen
handeln, wenn ich so unartig seyn, und es läugnen wollte, daß es
eine Unmöglichkeit wäre, seinen Körper so zu ändern, daß er geschickt
würde, eine Blaßheit im Angesicht hervorzubringen. O! es ist mir gar
zu wohl wissend, daß man durch gewisse Hülfsmittel, welche man theils
äußerlich, theils aber auch innerlich im Gebrauch zu nehmen pflegt, und
durch eine besondere Lebensordnung, die man in den so genannten sechs
nicht natürlichen Dingen zu beobachten nöthig hat, dem Angesichte diese
reizende Blaßheit zuwege zu bringen im Stande sey, ohne, daß dadurch
der Gesundheit das geringste Uebel zugefügt werde. Aber von dieser Art
der Blaßheit soll hier nicht die Rede seyn. Wer aber begierig ist,
solche genauer kennen zu lernen, der darf nur meine Abhandlung von der
blassen Angesichtsfarbe nachzulesen belieben. Ich versichre, daß diese
ihrer Neubegierde eine Genüge thun wird. Gegenwärtig aber ist nur mein
Vorsatz, von derjenigen blassen Angesichtsfarbe zu handeln, welche
ordentlicher Weise der guten Gesundheit viel Nachtheil zu bringen fähig
ist.

§. 45. Die Blaßheit des Angesichts ist eine gewisse Beschaffenheit der
Haut, welche keine rothe Farbe sichtbar zu machen vermögend ist. Was
nun diese Beschaffenheit der Haut hervorbringen soll, das muß geschickt
seyn, den Fäserchen der Haut ein stärkeres Vermögen zuzufügen, das in
den zarten Blutgefäßchen des Angesichts befindliche Blut, kraft einer
lebhaftern Zusammenziehung der Fäserchen nach den innern Theilen stoßen
zu können. Die Mittel aber, welche diese Tugend besitzen, nennt man
stärkende oder blaßmachende Mittel, und diese werden sowohl von außen,
als auch von innen, um seine Absicht zu erlangen, angewendet. Aber auch
dieses sind zum Theil schädliche, zum Theil aber auch unschädliche
und heilsame Mittel. Was es aber für Mittel sind, und was man hierbey
für eine Lebensordnung brauchen müsse, um diese gesunde blasse
Angesichtsfarbe zu erlangen, wird die oben im 44sten Absatze angeführte
Abhandlung ausführlicher lehren. Voritzo will ich nur derjenigen Mittel
Erwähnung thun, welche zwar eine Blaßheit des Angesichts zu machen
kräftig und wirksam genug sind, aber, die auch zugleich Gelegenheit
geben, krank zu werden.

§. 46. Um nun eine blasse Angesichtsfarbe zu bekommen, bedienen
sich die Frauenzimmer zuweilen der sogenannten Jungfermilch, welche
aber nichts anders ist, als Silberglätteßig, der durch zugesetzte
und aufgelöste rohe Alaune eine milchähnliche Farbe bekommen hat.
Mit dieser Milch pflegen die Schönen ihre Angesichter öfters zu
waschen, und glauben dadurch ihres Wunsches theilhaft zu werden.
Es ist wahr, sie erhalten ihre Absicht, aber auch zu ihrem größten
Verluste. Andre im Gegentheil nehmen nur gemeinen Bleyzuckereßig, oder
Silberglätteßig zu eben dieser Absicht. Ja es giebt Personen, welche in
Bohnenblütwasser, oder in einem andern ihrem Zwecke gemäßen abgezogenen
Wasser, Bleyzucker, weißen Vitriol oder Alaune auflösen, und statt
eines Waschwassers brauchen: zuweilen gießen sie auch Benzoestinctur,
und Ochsengallenessenz oder Myrrhenessenz hinzu. Und wiederum andere
sind gewohnt, Wegebreitwasser zu nehmen, darinnen sie aber vorher
einen glüend gemachten Stahl öfters haben abkühlen, und diesem Wasser
hernach entweder Bleyzuckereßig oder Jungfernmilch beymischen, oder
Alaune, weißen Vitriol oder Bleyzucker zusetzen lassen, um zu ihrem
Waschwasser zu gebrauchen. Noch andere sind sogar auf den rasenden
Gedanken gerathen, und haben geglaubt, weil die Milch weiß aussähe, so
müßte sie auch geschickt seyn, eine weiße Angesichtsfarbe machen zu
können. Sie haben sich also in diesem Glauben, mit Milche gewaschen,
aber sie sind auch recht in ihrer Meynung betrogen worden, und anstatt
eine weiße Farbe der Haut zu überkommen, sind sie im Angesichte ganz
gelb und braun, so wie sonst die Egyptier oder Ziegeuner auszusehen
pflegen, geworden. Ich kenne etliche solche Frauenzimmer, die sich
auch noch am Leben befinden, und die sich eine solche gelbe und braune
Farbe durch ihre Afterkunst zugezogen haben. Sie bereuen itzo ihre
begangne Thorheit, und beseufzen ihre natürliche eingebüßte Farbe.
Doch haben sie nur Geduld, meine Frauenzimmer, wenn alle tumme Köpfe
klüger zu werden anfangen werden, werden sie auch schöner werden. Jene
Frau, die ohnlängst ihren Verstand mit ihrem liebsten Söhnchen begraben
ließ, hofft auch auf diesen freudenreichen Tag. Trösten sie sich nur
unterdessen mit der zukünftigen Schönheit, und wischen ihre Thränen von
den Augen ab. Einige brauchen auch trockne Sachen, um eine Blaßheit
des Angesichts zu überkommen: Sie nehmen entweder Puder, oder sehr
zart zu Pulver gemachtes Bleyweiß, und reiben damit die Haut ihrer
Angesichter, obschon zu ihrem eigenen Schaden. Ich wollte wohl, wenn
ich sonst ohne Noth weitläuftig zu werden Lust hätte, etliche Bogen
mit solchen schädlichen blaßmachenden Mitteln und Schminkwaschwassern
anfüllen. Doch diese mögen voritzo, was nämlich die äußerlichen
Mittel anbelangt, zureichend seyn. Ich will nun auch diejenigen
Mittel anführen, welche, wenn sie durch den Mund eingenommen werden,
gemeiniglich eine solche der Gesundheit nachtheilige Blaßheit des
Angesichts zu erzeigen mehr als zu fähig sind.

§. 47. Diejenigen Mittel nun, welche innerlich genommen, ein
blasses Angesicht zum Vorschein bringen können, sind ebenfalls
vielfältig, meistentheils aber äußern sie eine gar zu anhaltende und
zusammenziehende Kraft, und eben darum sind sie auch vermögend, der
Gesundheit unzählige üble Zufälle zuzuführen. Manche Frauenzimmer
nehmen, ich weis selbst nicht, aus was für einem närrischen Triebe,
und aus was für einem abgeschmackten Appetite, gelöschte Kohlen
zu sich. Andere essen Kreide, Kalk und Gips, und wiederum andere
bedienen sich des sogenannten rohen Heydegrützes. O! welch eine
Lüsternheit! welch ein abentheuerliches Verlangen nach einer
eingebildeten Schönheit, nämlich, der blassen Angesichtsfarbe! Ich
habe Frauenzimmer zu kennen das Vergnügen gehabt, welche in dieser
Absicht rohe Alaune, Granatäpfelschalen, und ich weis selbst nicht was
noch mehr gebrauchten. Ja einige sind so unsinnig, und lassen sich von
Marktschreyern wohl gar Arsenik und Bleyzucker beybringen, um sich ein
Bette drey Ellen in der Erde tief dadurch bereiten zu lassen. Aber
ist das nicht eine verdammte Verwegenheit, da man aus einer bloßen
Tollheit, ein blasses Angesicht zu überkommen, recht vorsetzlich dem
Tode entgegen und in den Rachen rennet?

§. 48. Ich kenne eine gewisse Stadt, in der beynahe alle
Frauenspersonen eine recht blaßgelbe Farbe im Angesichte haben, und die
wegen dieser Farbe sprüchwortsweise die gelben Rüben geheißen werden.
Ich verwunderte mich anfänglich, ehe ich die Ursache dieser blaßgelben
Angesichtsfarbe wußte. Daß aber solche Frauenzimmer diese Farbe im
Angesichte tragen, rührt natürlicher Weise daher, weil bey solchen
Goldammerchen die üble Gewohnheit eingewurzelt ist, sehr starken Kaffee
Morgens früh, in großer Menge, wenn der Magen noch leer und nüchtern
ist, zu trinken, und dieses ist die wahre Ursache ihrer Midasfarbe.
Denn es ist bey den Aerzten eine ausgemachte Sache, daß der Kaffee ein
dickes und schweres Blut zu machen geschickt sey. Wenn nun aber ein
dickes Blut erzeugt wird; so kann diese veränderte Beschaffenheit des
Bluts nicht in die zarten Röhrchen der Haut eindringen, und folglich
muß das Blut außer Vermögen gesetzt werden, durch das zarte Gewebe der
Haut eine Röthe durchschimmern zu lassen. Es werden also freylich von
einem solchen Blute sehr viele Ungelegenheiten entspringen müssen.
Hiervon wird die sogenannte Jungfernsucht, die Bleichsucht, und
eine üble Beschaffenheit und schlechte Vermischung der ganzen Säfte
entstehen. Diese Krankheiten nun geben zur Verstopfung der monatlichen
Reinigung Anlaß, und legen den Grund zu geschwollnen Schenkeln,
Wassersuchten des Unterleibes sowohl, als derjenigen wäßrichen
Geschwülste, welche sich zwischen der Haut und dem Fleische befindet.
Ja es werden Engbrüstigkeiten, Erstickflüße, Blutspeyen, Lungensuchten,
Gelbesuchten, und Schwarzgelbesuchten, Verstopfungen, Verhärtungen
und Geschwüre in der Leber, in dem Milze, in den Gekrösdrüsen, in den
Nieren und in der Lunge zum Vorscheine kommen, und zu allen diesen
Verdrießlichkeiten wird sich endlich ein abzehrendes Fieber, mit
verdrießlichen Nachtschweißen, und Ausfallung der Haare gesellen,
welches diese Leute wegen ihrer Unbesonnenheit und Unmäßigkeit, und zur
Strafe dem Tode in die Hände liefern wird.

§. 49. Ich glaube nunmehr wohl zu thun, wenn ich diejenigen
Schädlichkeiten itzo vorbringen werde, welche von den äußerlich
blaßmachenden Mitteln, so ich im 46sten Absatze angeführet habe, ihren
Ursprung herleiten. Da diese Hülfsmittel vermöge der Silberglätte,
des Bleyzuckers und der Alaune nicht nur eine gar zu heftig
zusammenziehende Kraft besitzen, sondern auch wegen der sich darinnen
befindlichen Schädlichkeiten ein heimliches und tödtendes Gift bey
sich führen, welches vermöge der zurückführenden Oeffnungen der Haut,
dem Blute und den Säften beygemischt wird, so daß davon eine rechte
todtengleiche Blaßheit des Angesichts hervorgebracht werden muß. Aber
man muß wissen, daß auch eben diese Blaßheit des Angesichts allemal mit
einer Trägheit des ganzen Körpers, mit einem Widerwillen, und mit einer
Verdrießlichkeit des Gemüths, mit einem Ekel vor den Speisen, und mit
abzehrenden Nachtschweißen verbunden sey. Kurz, diese kränkliche, und
blasse Angesichtsfarbe wird alle diejenigen Krankheiten erzeugen, deren
ich im 48sten Absatze gedacht habe. Selbst der große Börhave gedenkt
in seinem andern Theile der Chemie auf der 309ten Seite: daß er sechs
oder sieben adliche Fräulein gekannt hatte, welche allesamt von dem
Gebrauche der blaßmachenden Schminke des Silberglätteßigs ihr Leben
hätten einbüssen müssen.

§. 50. Da nun die äußerlich im Gebrauch gezogenen blaßmachenden
Schminkmittel so vieles Unheil gebähren können, was werden erst
diejenigen Mittel zu thun mächtig seyn, welche man innerlich zu nehmen,
thöricht genug ist? Alle diese im 47sten Absatze angezeigte Mittel sind
wahrhafte Sachen, welche dem Menschen zwar einen langsamen, aber doch
einen durch keine Kunst abzuhaltenden Tod verursachen. Werden also
nicht alle diejenigen unglücklichen Zufälle weit eher und geschwinder
ihr Daseyn haben, als von den äußerlichen im 46sten Absatze erzählten
Mitteln? Ich nehme keinen Anstand, mich lange zu besinnen, sondern ich
falle dieser Meynung sogleich bey; ja ich behaupte so gar, daß diese
allesammt von der letztern Art der blaßmachenden Mittel hervorgesproßte
und im 48 und 49sten Absatze angeführte Krankheiten gänzlich unheilbar
sind, und zwar bloß darum, weil durch diese Mittel das Blut sowohl,
als die übrigen Säfte ganz und gar vergiftet worden sind, und weil
diese vergifteten Säfte die festen Theile des Körpers angreifen, und
zerstöhren.

§. 51. Wer nun aber dennoch mit aller Gewalt eine blasse
Angesichtsfarbe haben will, der muß sich derjenigen Hülfsmittel
bedienen, die ich in der Abhandlung von der blassen Angesichtsfarbe
vorgeschrieben, und angepriesen habe. Aber das muß ich selbst
eingestehen, daß diese Art sich schön und blaß zu machen, ziemlich
beschwerlich sey. Doch wer die Absicht zu erlangen willens ist, der muß
auch die hierzu dienlichen Mittel zur Hand nehmen und nicht verwerfen.
Niemand fährt mit Wollust und Vergnügen in den Himmel, sondern er muß
zuerst auf der Welt den Dornenweg betreten: Und wer schön und blaß zu
werden ein sehnliches Verlangen trägt, der muß sich selbst Zwang anthun
gelernt haben, und gut stoisch, aber doch gleichwohl kein Stockfisch
seyn.



[Illustration]



Das vierte Kapitel.

Von den Unbequemlichkeiten, welche von der Bemühung, der Haut eine
Zärtlichkeit zuwege zu bringen, ihren wesentlichen Ursprung haben.


§. 52.

Wo ich mich recht besinne, so habe ich schon im 35sten Absatze
erweislich gemacht, daß die Zärtlichkeit der Haut ein wesentliches,
und zur Schönheit des Angesichts nothwendiges Stücke sey, und daß sich
diejenigen allerdings glücklich zu schätzen Ursache haben, welche die
wohlthätige Natur mit dieser Schönheitsgabe versehen hat. Diejenigen
aber dürfen nur über die Ungerechtigkeit der Natur Beschwerde führen,
denen sie diese Zärtlichkeit der Haut zu versagen vor dienlich
befunden hat. Solche unglückselige Frauenzimmer mögen alles anwenden,
was nur immer in ihren Kräften ist, so werden sie doch nimmermehr so
glücklich werden, durch alle ihre natürliche Hexerey sich dasjenige
zu verschaffen, was ihnen die Natur wohlbedächtig nicht hat wollen
mittheilen. Ich gebe ganz gerne zu, daß die Zärtlichkeit der Haut
vermöge gewisser Hülfsmittel erhalten, solche aber, wenn sie vorher
nicht da gewesen ist, niemals zuwege gebracht werden könne: Gesetzt
auch, es wollte sich ein Frauenzimmer, wenn solches anders ohne
Lebensgefahr verrichtet werden könnte, die ganze Haut abziehen lassen,
so würde sie doch keine andere Haut erhalten, als die abgezogene
gewesen wäre. Die Schönen dürfen es mir nicht etwa zur Ungnade halten,
wenn ich ihnen offenherzig, ohne meinen Busen entblößt zu tragen, die
bloße Wahrheit sage: daß sie eher einem Mohre eine weiße Farbe, als
sich eine zarte Haut zu machen vermögend seyn werden.

§. 53. Gleichwohl aber giebt es solche unartige Frauenzimmer, die
sich durch keine vernunftmäßige Vorstellung lenken lassen, sondern
lieber bey ihren zwey Augen verbleiben wollen, und die sich feste im
Kopf gesetzt haben, sie müßten ihre Absicht erhalten, wenn sie sich
mit Merzschneewasser, Mayenthaue, Ziegenmilchmolken, Kühmilchmolken,
Froschlaichwasser, Harne, oder gar mit Tausendblumenwasser, unter
welchem einige den Kühharn, den die Kühe des Frühlings auf der Weide
von sich lassen, andere aber dasjenige überzogene Wasser verstehen,
welches man von demjenigen Kühkothe zu verfertigen gewohnt ist,
welchen die Kühe zur Frühjahrszeit auf die Wiesen fallen lassen,
wünschen. Einige stehen völlig in den Gedanken, sie würden eine
zarte Haut bekommen, wenn sie geschlagenes Eiweiß in Rosenwasser
aufgelöset, oder weißen aufgelösten Vitriol, oder Kalkwasser mit
oder ohne besonders hierzu verfertigtem Quecksilber oder Schledorn-
Pomeranzen- Bohnen- Weißlilien- Holunder- Rosen- und Lindenblütwasser,
statt ihres gewöhnlichen Waschwassers brauchten. Andere bedienen
sich in eben dieser Absicht, und Hoffnung, ihres Wunsches gewährt
zu werden, das Zimmet- Erdbeer- Petersilien- Wegebreit- oder
Weißwurzelwassers (~Sigilli Salomonis~) ja sie setzen noch wohl
gar, zum Ueberflusse zu allen diesen Dingen Ochsengallenessenz oder
Myrrhentinktur, Zuckeralaune, Potaschenlauge, Markasiten, Bleyzucker,
Talk, zerflossenes Weinsteinöl, Quittenkörnschleim, Benzoestinktur, und
ich weis selbst nicht was noch mehr. Zuweilen brauchen sie auch diese
Sachen vor sich, und ohne Zumischung anderer Mittel. Andere aber legen
sich gar zur Nachtszeit, wenn sie zu Bette gehen, eine Larve über das
Angesichte, welche sie sich mit weißen Wachse, Walrath, süßen Mandelöle
und Rhodiseröle, welches alles wohl über einem gelinden Feuer mit
einander vermischt werden muß, überziehen lassen. Und wiederum andere,
die es besser getroffen zu haben meynen, nehmen venetischen Talk und
Kampfer, und lassen solches zusammen in dem sogenannten Meerbade oder
Marienbade so lange stehen, bis es wie ein Schnee so weiß geworden ist,
und dieses gebrauchen sie in der Hoffnung, eine zarte Haut dadurch zu
erlangen: Aber weit gefehlt, sie betrügen sich allerseits in ihrer
Hoffnung, und ich versichre ihnen nochmals, daß sie in Ewigkeit eine
grobe Haut behalten werden, wenn ihnen die Natur sonst keine andere
gegeben hat. Doch so viel ist wahr, daß sie durch diese Mittel ihre
Zärtlichkeit der Haut lange Jahre durch zu erhalten fähig seyn werden.

§. 54. Diejenigen Frauenspersonen handeln eben so abgeschmackt nicht,
die sich, um ihre zarte Haut zu erhalten, mit süßen oder bittern
Mandelkleyen zu waschen gewohnt sind. Wenn sie aber glauben, daß sie
sich damit eine klare Haut verschaffen könnten, so mögen sie lange
warten, bis sie ihren Wunsch erreichen werden. Denjenigen aber möchte
man eine Stelle im Tollhause anweisen, die so leichtgläubig sind,
und sich überreden lassen, daß sie ganz unfehlbar eine Zartigkeit
der Haut erhalten würden, wenn sie ihr Angesichte mit Scheidewasser
oder Wolfsmilche (~Esula~) überstreichen. Aber was für Marter
müssen sie statt einer zarten Haut ausstehen. Das Angesicht fängt an
aufzulaufen, dicke zu werden und Hitze zu bekommen, die Augen werden
entzündet, und verschwällen, sie empfinden unaussprechliche Schmerzen,
ja sind nicht nur in Gefahr ihre Augen einzubüßen, sondern auch gar
krebsartige und fressende Schäden im Angesichte zu bekommen, vermöge
deren sie sich dem Tode zu überlassen gezwungen sehen. Solchen eiteln
Schönen gebe ich aus guter Meynung den Rath, daß sie fleißig ein Decoct
von Christwurzel trinken, oder eine Wallfahrt nach Anticera anstellen
möchten, um sich daselbst einen gesündern Verstand zu holen. Denn ich
kann ihnen die Versicherung geben, daß sie dadurch einzig und allein
fähig gemacht werden, sich mehr Liebe und Hochachtung bey meinem
Geschlechte zu erwerben, als sie durch die feinste Zärtlichkeit der
Haut vielleicht nimmermehr zu erlangen hoffen dürfen.


§. 55.

Die sich aber derjenigen Mittel, um eine zarte Haut zu bekommen,
bedienen, deren ich im 46sten Absatze gedacht habe, die müssen es sich
auch gefallen lassen, wenn ihnen diejenigen Krankheiten zum Verdrusse
werden, welche aus diesem fruchtbaren Saamen hervor zu käumen pflegen,
und die ich im 49sten Absatze fast bis zum Ekel angeführt habe.



[Illustration]


Das fünfte Kapitel.

Von den Ungelegenheiten, welche den Schönen zustoßen, wenn sie sich die
Sommersprossen vertreiben.


§. 56.

Nichts ist vermögender, die Schönheit der Haut des Angesichts mehr
unscheinbar zu machen, als die Sommersprossen, Schwinden und Flechten:
Nichts ist aber auch gewöhnlicher, als daß man solche durch schädliche
äußerliche Mittel vertreibet, bloß die eingebüßte Schönheit wieder
erlangen zu mögen. Aber man muß auch wissen, daß alle diese Krankheiten
der Haut nichts andern, als einer üblen Beschaffenheit des Bluts und
der übrigen Säfte ihren Ursprung zu danken haben. Doch ich würde mir
ohne Noth ein Joch auflegen, wenn ich alle diese Krankheiten der
Haut genau abschildern wollte. Ich will also nur gegenwärtig die
Sommersprossen vor die Hand nehmen, und mich mit diesen etwas genauer
einlassen, um den Schaden zeigen zu mögen, welcher von einer unzeitigen
Vertreibung derselbigen zu entstehen pflegt.

§. 57. Die Sommersprossen sind kleine gelbe oder braungelbe Fleckchen,
welche an Größe und Farbe den Linsen ziemlich gleich kommen, und die
unter der Haut ihren Sitz haben, sich im Angesichte, am Halse, auf
der Brust und an den Händen gemeiniglich zur Sommerszeit unsern Augen
darstellen, und ordentlicher Weise von verderbten Säften, welche
unter der Haut abgesetzt worden, und daselbst stocken geblieben sind,
entstehen, so, daß sie die Schönheit der Haut verderben und unscheinbar
machen. Was es aber vor Theilchen sind, welche diese Sommersprossen zu
erzeugen fähig sind, kann ich selbst so genau nicht bestimmen. Einige
halten es vor schweflichte Theilchen: Aber mir zu Gefallen können es
auch saure, bittre, süße oder salzige Theilchen seyn, welche sich unter
der Haut feste gesetzt, und diese Sommersprossen verursacht haben. Ich
kann diese so wenig behaupten, als jene ihre schweflichte Theilchen
erweislich zu machen vermögend seyn werden. Es kann alles möglich
seyn, und jene sowohl, als ich, können Recht haben; aber ist deswegen
der Schluß, welchen man von der Möglichkeit auf eine ungezweifelte
Gewißheit macht, richtig? Dem mag seyn, wie es will: genug, daß Flecke
da sind, welche die Schönheit verdunkeln und unangenehm machen können,
und die ihren Grund einzig und alleine in einer bösen Beschaffenheit
des Bluts haben, und dieses ist genug, denn mehr getraue ich mir selbst
nicht davon zu sagen, theils, weil ich zu ungelehrt, theils aber auch,
weil ich viel zu furchtsam bin.

§. 58. Man hat die Anmerkung gemacht, daß diejenigen gemeiniglich
ihre Haut im Sommer, wie ein Guckguck seine Federn, verändern müssen,
welche eine sehr feine und zarte Haut besitzen. Im Winter gelangen
sie wieder zu ihrer vorigen schönen Haut, folglich sind solche
Personen Winterschönheiten. Hieraus nun läßt es sich begreiflich
machen, warum die Sommersprossen nur im Sommer, nicht aber im Winter
zum Vorscheine kommen. Denn je zärter und feiner eine Haut ist,
desto schwächer wird sie seyn: die Kraft einer feinen Haut aber muß
noch mehr geschwächt werden, wenn ihre Fäserchen von der Wärme noch
schlaffer gemacht werden. Daß aber die Wärme eine Schlaffheit der
Fäserchen zu wirken geschickt sey, ist eine Wahrheit, die niemand,
außer ein Narr in Zweifel ziehen wird. Da nun im Sommer von der Wärme
die Fäserchen einer ohnedies schwachen und zarten Haut noch mehr
erschlaft werden, und da im Sommer die Ausdünstung allemal stärker,
als im Winter natürlicher Weise abzugehen pflegt; so werden auch mehr
Unreinigkeiten nach der Oberfläche der Haut getrieben werden müssen.
Weil nun eine zarte Haut schon von selbst Unvermögenheit genug hat,
die dahin abgesetzten Unreinigkeiten wieder zurück in das Blut zu
treiben, und solches zu verrichten vermöge der Wärme, und der daher
vermehrten Ausdünstung noch weit unfähiger gemacht worden ist; so
müssen freylich die dahin getriebenen, und nach der Oberfläche der
Haut gebrachten Unsauberkeiten daselbst stocken bleiben, und folglich
werden solche Flecke, welche man Sommersprossen zu nennen gewohnt
ist, entstehen müssen. Ja es werden endlich diese so lange sichtbar
bleiben, als so lange die Ausdünstung stark und vermehrt bleibt, und
die Wärme dauret. Wenn aber zur Winterszeit die Ausdunstung vermöge
der Kälte nicht so häufig von statten zu gehen, verhindert wird, so
fangen diese Sommersprossen an sich gemeiniglich nach und nach wieder
zu verlieren. Denn die Kälte macht, daß die Fäserchen der Haut mehrere
Kraft bekommen, sich lebhafter zusammen ziehen zu können, und also
werden die Unreinigkeiten, die sich unter der Haut befinden, nach den
Naturgesetzen mit stärkerem Nachdrucke wieder zurück getrieben, und dem
Blute wieder beygesellt werden müssen. Geschieht aber dieses, so werden
die Sommerflecke zu verschwinden, ihren alten Sitz zu verlassen, und
ihren Abschied zu nehmen genöthiget. Daß sich aber dieses so, und nicht
anders zuzutragen pflege, beweiset die tägliche Erfahrung sattsam.

§. 59. Aus diesem gefaßten Begriffe mag nun wohl, allem Vermuthen
nach, die Heilungsart ihren wirklichen Ursprung haben, da man vor
rathsam befunden hat, die Sommermähler vermöge zurücktreibender Mittel
zu vertilgen. Aber man irret, wenn man sich überredet, daß man durch
diese Heilungsart Nutzen zu verschaffen im Stande sey. Ich muß es ihnen
sagen, daß sie den rechten Weg verfehlen, und nur damit unzählbare
Krankheiten zu verursachen pflegen. Denn da die Sommerflecke aus
einer bösen Beschaffenheit der Säfte im ganzen Körper entspringen;
so müssen diese vorher, ehe man sich an die zurücktreibenden Mittel
wagt, mit großer Behutsamkeit verbessert werden, zumal da die meisten
Krankheiten der Haut von verdorbenen Säften herkommen, und eben
deswegen die Heilung schwer und zweifelhaft machen, und darum hat man
nöthig, alle mögliche Behutsamkeit dabey anzuwenden, damit man nicht
mehr Schaden anrichtet als Vortheil verschaft.

§. 60. Da die Schönen so viele Bekümmerniß haben, und ein solches
sehnliches Verlangen tragen, sich von diesen Sommersprossen befreyen
zu mögen; so will ich ihnen doch aus wahrer Liebe eine Heilungsart
verehren, vermöge der sie ihre unangenehme Gäste sicher und ohne
Schaden loß werden können, nur müssen sie die vorgeschriebenen
Arzneyen eine lange Zeit durch fortbrauchen, wenn sie sich anders des
zukünftigen Nutzens versprechen, und ihre Absicht glücklich erreichen
wollen. Ich rathe ihnen also täglich ein paar Mal einen blutreinigenden
Thee, welcher aus rother Färberwurzel, Rinde von Sassafraßholze,
frischen Zitronenschalen, Seifenkraute und Zimmet gemacht werden
soll, zu trinken, und dieses können sie Morgens und Nachmittags am
bequemsten thun. Auf diesen Thee, davon man so viel nehmen kann, als
man mit drey Fingern auf einmal faßt, sollen vier Kaffeeschälchen
wohlsiedende Milchmolken gegossen werden, nachmals aber muß man das
Infusum wie einen ordentlichen Thee ziehen lassen, und endlich mit
Zucker versüßt zu sich nehmen. Bey dem Gebrauche dieses Thees mögen sie
entweder allemal eine Antimonialmorselle mitunter essen, oder eine
blutreinigende Mixtur brauchen, welche aus der Sassafraßholzessenz,
darinne ~Resina Guaiaci~ aufgelöset worden ist, aus Essenz des
mechischen Balsams Aloeholzessenz und Wachholderholzgeiste
zusammengesetzt werden muß. Wöchentlich können sie sich einmal solcher
Pillen bedienen, welche aus Christwurzelkrautextrakte, Gialappenharze,
~Resina Guaiaci~, ~Gummi armoniaco~, Stahlfeile und ~Mercurio
diaphoretico fixo solari~ verfertiget werden müssen. Dabey mögen unter
der Mahlzeit Fleischbrühen, darinnen Ottern gekocht worden sind,
genossen werden.

§. 61. Wenn man nun merket, daß die Sommersprossen etwas blässer zu
werden, und sich allmählig zu verlieren anfangen: Denn dieses muß
das Merkmaal seyn, daß das Geblüte ziemlich gereiniget worden sey;
so kann man ohne Schaden auch äußerliche Mittel in Gebrauch nehmen,
doch befehle ich, die innerlichen Arzneyen durchaus nicht bey Seite
zu setzen, sondern immer fort zu brauchen. Man kann also äußerlich
mit Guten Nutzen Quittenkörnerschleim, oder Flohkrautsamenschleim mit
Bleyweiß versetzen, und etliche Grane von süssen Merkur darzu thun, und
hernach auf die Haut streichen. Man mag auch, statt diesem, Bleyweiß
und süssen Merkur in Rosenwasser auflösen und auflegen. Viele wollen
das Wasser, womit das Schweißtreibende Spießglas ausgelauget worden
ist, als ein dienliches Waschwasser rühmen. Andere hingegen rathen,
daß man einen Scrupel vom ~Lapide medicamentoso Crollii~ in einem
Quarte reinen Brunnenwasser auflösen, und sich damit waschen solle.
Und wiederum wollen andere, daß man sich aus spitziger Klettenwurzel
und Schellkrautwurzel ein Decoct bereiten, und sich dessen bedienen
solle. Man lobt Citronen oder Limoniensaft, darinnen Alaune aufgelöset
worden ist, und giebt den Rath, das Angesichte damit zu bestreichen.
Das Mehl von bittern Mandeln, wenn es mit Essig zu einer Salbe gemacht
worden ist, pflegt man sonst in gleichen Umständen zu loben. Andere
nehmen Ingber, und kochen ihn in Wein und Wasser, oder sie machen mit
Brandwein eine Tinktur davon, und lassen das Angesichte damit waschen.
Andere aber setzen gar Schwefel zu dem Ingber, und kochen diese beyden
Stücke mit Weine, bis sie dicke geworden sind, alsdenn gesellen sie
solchen eine Fettigkeit bey, machen eine Salbe daraus, und lassen
dieselbe brauchen. Ich lasse den Schönen die freye Wahl, welches Mittel
sie von alle denen, so ich ihnen vorgeschlagen habe, zu ihrem Gebrauche
erwählen wollen.

§. 62. Die alten abergläubigen Weiber setzen ihr ganzes Vertrauen
auf die Nachgeburt einer Erstgebährerinn, und verlangen, daß solche
von einem Knäbchen seyn solle, denn sonst pflegte dieses Mittel
fruchtlos zu seyn. Sie nehmen diese Nachgeburt, wenn sie noch warm
ist, und fahren damit derjenigen Person, ohne ihr Vermuthen über
das Angesichte, bey welcher sie die Sommersprossen zu vertreiben
die Absicht haben. Ich habe den Versuch davon einmal in meiner
Vaterstadt mit meinen Augen gesehen. Die Bademutter rufte eine solche
buntfleckichte Guckgucksschöne zu sich, als ob sie ihr etwas zu
eröffnen hätte, und fuhr ihr, da sie sich zu ihr genähert hatte, mit
der warmen und blutigen Nachgeburt, ohne daß sie sich einer solchen
ungewöhnlichen Liebkosung versah, über das ganze Angesicht, so, daß
das sommersproßichte Mägdchen vor Erschreckniß beynahe ein Kind hätte
bekommen mögen. Ich habe aber in der künftigen Zeitfolge gesehen, daß
dieses Mittel ohne Nutzen gewesen war, denn sie behielt alle ihre
Sommersprossen. Ich glaube also, daß wenn auch dieses Mittel helfen
soll, so wird es doch gewiß nichts vermöge der Nachgeburt, wohl
aber des Schreckens etwas auszurichten im Stande seyn. Denn da bey
unvermuthet vorgefallnen Erschreckniß das Blut von der Oberfläche der
Haut gerissen, und nach den innern Theilen getrieben wird; so kann es
gar leichte geschehen, daß die Sommersprossen ebenfalls mit zurück
geworfen werden, und also verschwinden können. Ob aber auch daher nicht
zugleich viele Verdrießlichkeiten ihren Ursprung nehmen mögen, ist eine
andere Frage, welche noch einiger genauen Untersuchung nöthig hat.

§. 63. Diejenigen aber, welche sich einfallen lassen, solche Mittel
zur Vertreibung der Sommersprossen zu gebrauchen, welche ich 46sten u.
54sten Absatze gemißbilliget habe, die ziehen sich nicht nur diejenigen
Krankheiten zu, welche im 48, 49sten und 55sten Absatze beschrieben
und angezeiget worden sind, sondern sie laden sich auch noch mehrere
üble Zufälle auf ihre zarten Schultern. Denn da alle diese Mittel gar
zu heftig zurücke treiben, so werden von diesen zurückgetriebenen
Sommersprossen bald Schlagflüsse, Blödigkeit der Augen, triefende
Augen, Entzündungen und wohl gar Blindheiten entstehen. Bald werden sie
fließende Ohren, schweres Gehör und Taubheit zum Vorscheine bringen.
Zuweilen nimmt auch wohl eine Lähmung der Zunge, eine Bräune und eine
Geschwulst der Ohrendrüsen, sowohl als der Speicheldrüsen, ihren
Ursprung davon. Fallen die zurückgetriebenen Sommersprossen auf die
Lunge, so verursachen sie Engbrüstigkeiten, Erstickflüsse, Geschwüre
in der Lunge, Lungensuchten, ja zuweilen gar Wassersuchten der Brust.
Endlich erzeigen sich auch hiervon hitzige Entzündungfieber, welche
allesammt von dem Orte ihres Sitzes verschiedene Benennungen haben.
Daher kommen auch abzehrende und schleichende Fieber. Zurückgetriebene
Sommersprossen können zur verstopften und unterdrückten Reinigung, zum
weißen Flusse, zur Mutterplage, zur Verstopfung und Verhärtung der
Leber, des Milzes, der Gekrösdrüsen und andern Zufällen Anlaß geben.
Sie sind vermögend, Colicken und Darmgichten hervor zu bringen, ja sie
sind geschickt, wohl gar zur Wassersucht und zu kalten Geschwulsten
den Weg zu bahnen, und allerley Arten der Gicht herbey zu schaffen.
Kurz, die zurückgetriebenen Sommerflecke sind reiche Quellen vieles
Verderbens, weil dadurch die unmerkliche Ausdünstung gehemmet wird,
und daher nichts als solche Krankheiten erzeugen, welche allemal zu
entstehen pflegen, wenn diese nicht gehörig von statten zu gehen weis,
wie im 42, 38, 32, 28, 17, 12 und 5ten Absatze mit mehrerem davon
nachzusehen ist.

§. 64. Alle diese im 48, 49, 55 u. 63sten Absatze angeführte
Krankheiten können auch entstehen, wenn die Finnen ein küpfrichtes
Angesicht, und die Flechten mit äußerlichen und zurücktreibenden
Arzneymitteln zur Unzeit vertrieben werden.

§. 65. Finnen sind kleine Geschwüre der Haut, in der Größe eines
Hanfkorns, welche einen harten und rothen Umfang, in der Mitte aber
ein weißes Fleckchen haben, mit Eyter angefüllt sind, meistentheils
das Angesicht einnehmen, und unter der Haut von stockenden Salzwasser
entstehen. Man sagt, daß die Finnen sich gemeiniglich bey solchen
Frauenzimmern einzufinden gewohnt wären, welche mannbar geworden sind,
doch aber eine strenge Keuschheit beobachten. Ja man will so gar
behaupten, daß keine bessere Heilungsart bey den Finnen statt fände,
als der Ehestand. Ich läugne dieses zwar nicht, doch aber glaube ich
auch, daß die Vollblütigkeit viel Schuld an den Finnen sey.

§. 66. Den Kupferhandel nennt man diejenige Röthe des Angesichts,
welche vornehmlich an den Wangen und an der Nase sichtbar ist, sehr
hochrothe, und fast rosenfarbigte eyterhafte Erhabenheiten zeigt,
und kleine Grindchen hat, die aber zuweilen so überhand nehmen, daß
die Haut des Angesichts davon ungleich rauh, und schäbicht wird, und
garstig anzusehen ist, die Nase aber wird davon sehr aufgetrieben,
groß und dicke. Man will insgemein denjenigen Frauenspersonen, welche
diesen Handel treiben, zur Last legen, daß sie Weintrinkerinnen und
Brandweinsäuferinnen seyn sollen. Und ich dürfte mich bald überreden
lassen, es selbst zu glauben. Was meynen sie wohl darzu?

§. 67. Unter den Flechten aber versteht man gewisse Schäbigkeiten
und Geschwülste der Haut des Angesichts, welche sich vornehmlich am
Kinne befinden, ein beschwerliches Jucken verursachen, eine scharfe
Feuchtigkeit von sich lassen, und zuweilen so um sich fressen, daß
sie wohl gar das ganze Angesicht einzunehmen und unangenehm zu machen
geschickt sind.

§. 68. Da diese im 65, 66 und 67sten Absatze angeführten Fehler der
Haut ebenfalls, wie die Sommersprossen, eine Unreinigkeit der Säfte
zum Grunde haben; so können solche auch durch eben diese Heilungsart
gehoben werden, die ich als sicher im 60 und 61sten Absatze den
Schönen angepriesen habe.



[Illustration]


Das sechste Kapitel.

Von den Unangenehmen Empfindungen, welche die Schönen leiden, indem sie
sich eine hohe Stirne zu machen, beschäftigen.


§. 69.

Einmal hat nun schon die Einbildung in den Herzen unsrer Schönen
so tiefe Wurzel geschlagen, daß eine hohe Stirne, die nämlich auf
der Mitten gleich über der Nase eine Spitze hat, auf beyden Seiten
aber in etwas zurück läuft, und eine einwärtsgehende halbzirkelrunde
und zurückgebogene Krümmung macht, eine ganz besondere und
bewundernswürdige Schönheit sey. Die Frauenzimmer sind unverdrossen,
sich eine solche hohe Stirne zuwege zu bringen, und wollen lieber
entweder durch Anlegung ihrer eigenen Hände, oder durch Beyhülfe andrer
Staatsmärtyrinnen werden, als diese eingebildete Schönheit gänzlich
entbehren. Es ist ein belachenswürdiges Bemühen, da man sich, um eine
hohe Stirne zu haben, so vielen schmerzhaften Empfindungen aussetzt.
Ich dächte, die Natur hätte ihnen schon ohnedies Schmerzen genug
auferlegt, ohne daß sie nöthig hätten, ihre Pein aus einer bloßen
närrischen Modesucht zu vermehren. Ich bin der völligen Meynung, daß
sich die Schönen, um ihres Wunsches theilhaft zu werden, oftmals weit
mehr Marter, entweder selbst, oder sich durch andere anthun lassen, als
wenn man die peinlichen Fragen an sie ergehen, oder an ihnen alle Grade
der Tortur vornehmen ließe. Ich getraue mir eine Wette zu gewinnen, daß
ihnen unter dieser Beschäftigung die Thränen häufig über die Wangen
herunter laufen müssen, und daß sie für Angst tiefgeholte Seufzer von
sich hören zu lassen gezwungen würden. Ja, ja, was man sehnlich zu
haben wünscht, darnach seufzet man desto brünstiger. Man sollte es
fast nicht glauben, daß das menschliche Herz einen so großen Ueberfluß
thörichter Eitelkeiten in sich schließen könnte.

§. 70. Die sich nun einmal vorgesetzt haben, eine solche im 69sten
Absatze beschriebene hohe Stirne zu haben, die besitzen auch
Herzhaftigkeit genug, sich die Haare von der Stirne mit einem hierzu
verfertigten Zängelchen ausreißen zu lassen, bis sie glauben, ihre
Stirne habe nunmehr diejenige Modefigur, die sie haben muß, wenn sie
vor schön gehalten werden soll. Ich aber möchte die Schmerzen nicht
büßen, die sie doch aus Hochmuth gutwillig leiden. Sonst pflegten
sich nur diejenigen die Haare auszureißen, denen ein großes Unglück
begegnet war, itzo aber reißt man sich die Haare aus, um sich zeitlich
glücklich machen zu mögen. Andere lassen sich, in eben dieser Absicht,
die Stirne mit einer Salbe bestreichen, welche aus lebendigen Kalke,
gelben Arsenik und schwarzer Seife bereitet wird. Diese Sachen nun
werden mit scharfer Meisterlauge, so viel als hierzu erforderlich ist,
zu einer dünnern Salbe gemacht, um die Haare damit weg zu beizen.
Dieses haarbeizende Mittel heißt, das türkische Rußma. Denn man will
uns versichern, daß die Türken, welche sonst an ihrem ganzen Leibe,
ausgenommen auf dem Kopfe und an dem Barte, keine Haare zu tragen
gewohnt wären, mit dieser Salbe ihre Haare weg zu bringen bemüht seyn
sollten. Andern aber gefällt es, an statt der Meisterlauge kampferirten
Weingeist zu nehmen. Einige bedienen sich des weißen Pechs, oder des
bis zur Härte gekochten Terpenthins, und zerlassen es mit etwas Wachs
über Kohlen, hernach lassen sie sich solches warm über die Stirne
streichen, und wenn es darauf kalt und harte geworden ist, so erlauben
es die Schönen, daß man es ihnen abreißen mag, da denn die Haare mit
sammt den Zwiebeln ausgerissen werden, sie aber zur Belohnung ihrer
Staatspein die längst gewünschte hohe Stirne als eine Beute davon
tragen. Sauer erworbener Sieg! Aber man darf nicht denken, daß die
hohe Stirne nur von einer ausgestandenen Geduldsprobe so gleich fertig
gemacht werde. Nein, man muß sich solche Marter öfters, und solange
anthun lassen, bis auf der Stirne kein Härchen mehr zu sehen ist.

§. 71. Diejenigen, welche entweder ihre Haare auf der Stirne mit einem
Zängelchen ausreißen, oder mit weißem Peche und Wachse wegbringen
lassen, müssen zwar große Schmerzen ausstehen: doch was duldet man um
der Mode wegen nicht! Aber diejenigen Frauenspersonen, welche die Haare
von der Stirne mit dem türkischen Rußma wegbeizen lassen, müssen noch
weit mehr ausstehen, denn sie bekommen Entzündungen der Haut, welche
unsäglich brennen und wehe thun, ja es erzeugen sich so gar Grinde,
unter welchen ein Eiter und eine scharfe tief unter sich fressende
Feuchtigkeit wohnt. Alles dieses plagt die Schönen öfters, so, daß
sie lange Zeit die Stube zu hüten genöthiget werden. Das Uebel aber
pflegt noch böser zu werden, und länger zu dauern, wenn die, so dieser
Thorheit Frohndienste geleistet haben, verdorbene Säfte besitzen. Doch
ich wollte, daß ihre Eitelkeit noch weit schlimmere Folgen verursachte,
weil das Frauenzimmer so verwegen ist, die ewige Weisheit zu tadeln,
der doch die Schönheiten, als geringe Geschöpfe, mit aller Dankbarkeit
verbunden seyn sollten, wenn auch die Natur sie nur zu einer Auster
gemacht hätte. Mein Eifer ist gerecht: Aber werde ich auch damit alle
thörichte Herzen vernünftiger zu machen fähig seyn? In Ewigkeit nicht.



[Illustration]


Das siebende Kapitel.

Von dem Schaden, welcher sich von dem Schwarzfärben der Augenbraunen
entspinnt.


§. 72.

Allerdings müssen die Augenbraunen ebenfalls geändert werden, wenn nach
der itzigen Mode alles am ganzen Körper ein ander Ansehen bekommen muß.
Doch die Nase ist noch bis itzo unangetastet geblieben. Sie hat von
Glück zu sagen, daß sie nicht auch wie andre Theile des Angesichts und
des ganzen Körpers hat herhalten dürfen. Mich wundert es nicht wenig,
daß der Witz der Schönen bey ihr so lange hat müßig seyn können,
ohne ihr einen Zierath oder sonst einen Nasenschmuck anzuhängen. Doch
ich dächte, es wäre der Billigkeit gemäß, auch auf die Nase einige
Sorge zu wenden, damit sie nicht ohne allen Putz bliebe. Die Schönen
würden gerecht gegen dieses Glied handeln, wenn sie sich wenigstens
einen goldnen Ring durch die Nase ziehen ließen. Ich bin bey mir
selbst überzeugt: daß dieser Schmuck nicht nur artig zum Angesichte
lassen, sondern auch sonst großen Nutzen haben werde. Wenigstens könnte
dieser Nasenring bey widerspenstigen und ungehorsamen Weibern nicht
undienlich seyn, zumal wenn man ein seiden Strickchen an diesen Ring
befestigte. Denn wenn sich solche Weiber nicht mit Vernunft und Worten
lenken lassen wollten; so könnten die Männer sie, wie die Bärführer
den Tanzbär, mit diesem an den Nasenring gebundenen Strickchen nach
ihrem Gefallen ziehen und zum Gehorsam bringen. Mich soll es nicht nur
recht herzlich freuen, sondern ich will auch so gar eine hochmüthige
Stellung, wie der Arzt Mäv, annehmen, wenn ich so glücklich seyn
sollte, daß meine Erfindung und mein Gutachten von den Schönen wohl
angenommen und mit gutem Erfolge gebraucht würde. Die Männer, welche
böse Weiber haben, würden gleichfalls Ursache finden, mir für meinen
glücklichen Einfall höchst verbunden zu seyn. Ja ich traue ihnen so
viel Gutes zu, daß sie wohl gar diesen nützlichen Nasenring, aus wahrer
Dankbarkeit, nach des Erfinders Namen nennen würden, so, wie es ehedem
das sämmtliche Frauenzimmer gemacht hat, welches die spitzigen, und wie
ein Thurm in die Höhe gesteckten Kopfzeuge, so des Königs in Frankreich
Beyschläferinn ~la Fontange~ zum ersten erfunden hatte, nach ihrem
Namen Fontangen zu nennen, vor rathsam befand.

§. 73. Daß die Augenbraunen vieles zur Schönheit des Angesichts
beytragen, ist eine Gewißheit. Denn man betrachte nur einmal ein
Angesicht, welches entweder durch die Blattern, oder andere Zufälle,
die Augenbraunen eingebüßt hat, wie ungestalt und häßlich es aussieht.
Der Nutzen aber, welchen die Augenbraunen zu erweisen pflegen, ist von
weit größerer Erheblichkeit, als die ganze eingebildete Schönheit. Denn
es hat das Ansehen, als ob dieselben vornehmlich darzu bestimmt wären,
den Schweiß, welcher von der Stirne herunter läuft, so wie ein Damm das
Fluthwasser abzuhalten, damit derselbe nicht in die Augen laufen, und
solchen eine unangenehme Empfindung verursachen, oder gar einen größern
Schaden zufügen möge. Die Augenbraunen halten auch den Staub und die
Unreinigkeit auf, welche sonst gar leichte in das Auge fallen, und ihm
zur Last werden können. Ja sie verhindern auch einigermaßen den allzu
geschwinden Einfall starker und ungewöhnlicher Lichtstralen in die
Augen, wenn man die Augenbraunen in etwas niederwärts zieht.

§. 74. Da aber die Schönen aus Mangel guter Vernunft, mehr auf die
Schönheit der Augenbraunen, als auf deren Nutzen zu sehen gewohnt sind;
so färben sie solche, um ihre Schönheit noch mehr zu erhöhen, schwarz,
und hierzu bedienen sie sich derjenigen Mittel, welche ich im 26 und
27sten Absatze schon erzählt habe. Viele nehmen einen Mandelkern,
halten ihn so lange an ein brennend Licht, bis er schwarz geworden
ist, darnach färben sie die Augenbraunen damit. Andere nehmen ein Oel,
und reiben es auf einem zinnernen Teller mit einer bleyernen Kugel so
lange, bis eine schwarze Farbe davon entsteht, und mit dieser bemahlen
sie die Augenbraunen, und machen selbige schwarz.

§. 75. Die im 26 und 74sten Absatze angeführten haarschwarzmachenden
Mittel verursachen eben keinen Schaden, und können, wenn man sonst
Thorheit genug besitzt, meinetwegen immer gebraucht werden, sich
damit schwarze Augenbraunen zu machen. Dasjenige haarschwarzmachende
Decoct aber, dessen ich im 27sten Absatze Meldung gethan habe, bringt
nicht nur die im 28sten Absatze erzählten Krankheiten zum Vorscheine,
sondern es macht auch noch mehrere Ungelegenheiten. Denn da dieses
Mittel aus beizenden Dingen besteht; so werden nothwendig die Haare
der Augenbraunen davon weggebeizt werden und ausfallen müssen: folglich
wird das Angesicht einen ansehnlichen Theil seiner Schönheit verlieren,
die Augen aber selbst vielen Schaden leiden. Man wird es ganz wohl
begreifen, daß, wenn die Haare der Augenbraunen weggefressen werden
oder ausfallen, der Staub und andere Unsauberkeiten, ja so gar der
Schweiß, welcher von der Stirne herunter rollet, den Augen zur Last
werden, und in selbigen nicht nur empfindliche Schmerzen und ein
beschwerliches Drücken mit einem beständigen Thränenflusse, sondern
auch Entzündungen, Geschwüre, Blödigkeit und Blindheit verursachen
müssen.

[Illustration]



[Illustration]


Das achte Kapitel.

Von den Schädlichen Folgerungen, welche von dem Weißmachen der Zähne
entstehen.


§. 76.

Weiße Zähne sind eine große Schönheit, und dieselbigen weiß zu machen
und weiß zu erhalten ist lobenswürdig, und eine Reinlichkeit, davon
sich der Nutzen auf alle Glieder des Körpers erstreckt. Denn da die
Zähne diejenigen Werkzeuge sind, vermöge welcher die Speisen im Munde
zerschnitten, mit Speichel vermischt, und zur Verdauung geschickt
gemacht werden; so thut man wohl, wenn man solche sauber, rein und weiß
zu halten bemüht ist, um dem Magen in seiner Verdauungskraft desto
besser zu Hülfe zu kommen, damit derselbe nicht außer Fähigkeit gesetzt
werden möge, einen guten Brey (~chymum~) zu verfertigen. Denn wie
dieser beschaffen ist, wird auch der Nahrungssaft, das Blut, und alle
übrigen Säfte beschaffen seyn müssen, weil davon die Gesundheit und
Krankheit des Körpers, nachdem die Säfte entweder eine gute oder böse
Eigenschaft haben, vornehmlich abhängen.

§. 77. Der römische Arzt Bagliv räth die Sorge vor die Zähne sorgfältig
zu beobachten an. Er spricht auf der 476 Seite, man solle Sorge vor
seine Zähne tragen, damit man wohl verdauen, und lange leben möchte.
Und Herr Doctor Platner hat in seiner sehr gelehrten Abhandlung von
den Krankheiten, welche von der Unsauberkeit ihren Ursprung haben,
gründlich ausgeführt: daß die Reinlichkeit der Zähne eine höchstnöthige
Bemühung sey. Er sagt im 16. Absatze seiner Abhandlung: Es ist allen
bekannt, daß mit den Zähnen die Speisen zerkäuet, verdünnet, ermürbet,
und alsdenn zur Unterhaltung des Körpers angewendet werden. Wenn aber
die Zähne ausfallen oder angefressen und wackelnd werden, wird die
Speise im Munde nicht wohl präpiret, welche, so grob in sich genommen,
sehr schwer von dem Magen und andern Eingeweiden bezwungen, und eine
solche Crudität zugezogen wird, wodurch die Eingeweide geschwächt, und
die Säfte verdorben werden. Indem wir käuen, wird der sich an Zähnen,
Zunge und Gaumen häufig angelegte Unrath mit den Speisen sehr genau
vermischt, welche denn einen unreinen Nahrungssaft und verderbtes
Geblüte machen, mithin einen Grund zu künftigen Krankheiten legen.

§. 78. Man hat nöthig, eine kluge Wahl mit den Mitteln anzustellen,
deren man sich, um die Zähne weiß zu machen, zu bedienen gesonnen
ist, damit man nicht Schaden anrichte, oder gar seiner Gesundheit
verlustig werde. Wer sich meinen Rath gefallen lassen will, den wird
es in Ewigkeit nicht gereuen, daß man gehorsam gewesen ist. Ich kann
mit Wahrheit versichern, daß kein sichrer Mittel sey, die Zähne
weiß zu machen, als wenn man solche fleißig durch Hülfe der Finger,
nicht aber eines Zahnbürstchens, mit dem Kaffeesatze, welcher aber
so lange ausgekocht werden muß, bis er dem Wasser keine Farbe mehr
zu geben vermögend ist, abreibet, hernach aber die Zähne mit rothen
Weine, welchen einige unvernünftige Weiber vor ein tödtliches Gift
in den Blattern bey Kindern ausgeschryen haben, abspielet. Man kann
entweder dieses Pulver vor sich alleine brauchen, oder mit andern
Dingen versetzen lassen. Es ist so abgeschmackt nicht, wenn man dem
Kaffeesatze florentinische Schwerdtlilienwurzel, gedörrtes Salbeykraut,
rothe Korallen, und etwas weniges von der Terra catechu zugesellet. Wer
eine Latwerge verlangt, der darf nur diese Stücke mit weißem Honige
vermischen, und zum Gebrauch anwenden.

§. 79. Diejenigen aber handeln unrecht, welche sich die Zähne mit
Bimsteine, Steinsalze, gebrannter Alaune, zu Kohlen gebrannten
Brodrinden, oder gar mit saurem Vitriolgeiste weiß zu machen, beflissen
sind. Es ist wahr, der saure Vitriolgeist macht die Zähne weiß, zumal,
wenn man sehr zartes Papier, darinnen man die Metallgoldblätter zu
verwahren pflegt, nimmt, diesen Vitriolgeist drauf gießt, zu einer
Salbe reibet, und die Zähne damit abputzet. Aber es währet gar nicht
lange, so werden die Zähne davon morsch, und brechen Stückweise ab.
Die übrigen Mittel verletzen nicht nur das Zahnfleisch, sondern sie
benehmen auch den Zähnen das gläserne Wesen. Wenn aber dieses verlohren
geht; so fangen die Zähne an hohl, schwarz und brandig zu werden,
so, daß Zahnschmerzen davon entstehen und endlich brechen die Kronen
davon gar ab, die Zähne selbst fallen aus, oder sie müssen ausgerissen
werden. O wie garstig ist es, wenn ein junges Weibchen keine Zähne mehr
im Munde zählen kann, und sich selbst mit schädlichen Mitteln zu einem
alten Weibe vor der Zeit gemacht hat. Aber ein Glück ist es vor die
Männer, wenn ihre bösen und gebeißigen Weiber keinen Zahn mehr haben,
da hört man sie vor Freuden mit jenem Sinndichter anstimmen und singen:

      Wenn mein Weib über Zahnschmerz schreyt,
      So bin ich inniglich erfreut.
    Nun denk ich wird sie nicht mehr beißen,
      Nun glaub ich wird sie frömmer seyn;
    Und mich ihr liebes Männchen heißen,
      Doch weit gefehlt! es trifft nicht ein:
    Denn nach dem Schmerze wird sie immer,
    Von Zeit zu Zeit, und täglich schlimmer.

§. 80. Wenn nun aber die Zähne durch solche schädliche Zähnweißmachende
Mittel verlohren gegangen sind, so werden die Speisen im Munde nicht
gehörig zermalet werden können, sondern ganz in den Magen geschluckt
werden müssen; folglich wird der Magen dadurch sehr geschwächt
werden, und einen unvollkommenen und rohen Brey bereiten, woraus denn
nothwendiger Weise ein schlechter Nahrungssaft entstehen muß, der ein
böses Blut und üble Säfte macht, welche den festen Theilen des Körpers
kein Gedeyen geben können. Die festen Theile des Körpers werden also in
einen ungewöhnlichen und widernatürlichen Zustand gerathen, und lauter
solche Krankheiten erzeugen, deren Grund man in verdorbenen Säften zu
suchen hat. Ja es wird sich wohl gar eine allmählige Abzehrung darzu
einfinden, und der Körper wird in Lebensgefahr gerathen. Es würde
mir nicht schwer fallen, ein ganzes Register von solchen Krankheiten
herzusetzen, welche allesamt aus dieser Quelle zu fließen pflegen, wenn
es mir selbst sowohl, als andern nur nicht zum Ekel wäre. Sehen sie
nicht, wie vielen Gefährlichkeiten man sich aussetzt, wenn man unrechte
Mittel zu seiner Absicht erwählet, und sich damit selbst betrüget? O
was für ein Laster ist doch der Selbstbetrug! So geht es, man straft
sich zuweilen selbst mehr, als man von andern vielleicht niemals
gestraft worden wäre. Doch der übergroßen und sich selbst eingebildeten
Klugheit geschiehet das Recht. Ich bedaure die Schicksale der Schönen
nicht, darein sie sich aus Unvernunft und Uebermuth gestürzet haben.



[Illustration]


Das neunte Kapitel.

Von den Unpäßlichkeiten, welche von dem Löcherstechen in die
Ohrläppchen, zum Ohrgehängtragen, herkommen.


§. 81.

Es ist eben keine neue Erfindung, daß man Löcher in die Ohrläppchen
zu stechen pflegt. Schon bey den alten Römern, bey denen alles,
was nur feyerlich vollzogen werden sollte, durch gewisse Gebräuche
und Weydsprüche, die sie in ihrer Mundart ~Formulas solennes~
nannten, verrichtet werden mußte, war es gewöhnlich, daß sie ihren
leibeigenen Knechten Löcher in die Ohrläppchen stechen, und solche an
die Hausthüren heften ließen, um ihnen dadurch zu verstehen zu geben,
daß sie Zeit Lebens nicht von dem Hause ihres Herrn weichen sollten.
Wer sich aber überredet, daß unsere Schönheiten sich in gleicher
Absicht Löcher in die Ohrläppchen stechen zu lassen gewohnt wären,
um fleißig zu Hause bleiben zu wollen, der betrügt sich in seinen
Gedanken. Ich glaube vielmehr, daß solche Weiber ihren Männern dadurch
das Gegentheil erkennen zu geben willens sind, um sich vielleicht
auch anderweit als geduldige Thierchen aufzuführen. Ich lasse mir es
nimmermehr ausreden, daß sich manche Schönen nicht gerne aus Hoffahrt
Löcher in die Haut stechen lassen sollten. Ich glaube sogar, daß das
schöne Geschlecht davon eben keinen Schmerz empfinden müsse, denn sonst
würden sie sich sonder Zweifel vor solchen Mordeisen fürchten. O! da
es den Frauenspersonen nicht zu heilig ist, ihren Kopf dem Stiche
darzureichen, so werden sich auch unartige gewiß kein Gewissen daraus
machen, andere, und noch wenig edlere Theile geduldig darzubieten.
Wer den Frauenzimmern die Geduld abspricht, der ist ein Verächter des
schönen Geschlechts.

§. 82. Es ist ganz wahrscheinlich, ob schon diese Wahrscheinlichkeit
noch eines großen Beweises bedürftig ist, daß die Mode, sich Löcher
in die Ohrläppchen stechen zu lassen, um Ohrringelchen und Ohrgehänge
tragen zu können, von den Römern ihren eigentlichen Ursprung genommen
habe. Jedoch liegt eben die Seligkeit nicht daran, wenn man auch gleich
meinem Einfalle keinen Glauben beyleget. Genug daß ich den Glauben habe.

§. 83. Ohnerachtet die Natur die Schönen mit so vielen Gaben vor
den Männern zum voraus bereichert hat; so wollen sie sich doch noch
immer mit mehrern unnöthigen Dingen belästigen, um sich dadurch
ein ehrwürdigeres Ansehen zuwege zu bringen. Sie erlauben also, daß
man ihnen darum Löcher in die Ohrläppchen stechen darf, damit sie
Ohrringelchen und Ohrgehänge tragen können. Wenn ihnen die Natur solche
lange Ohrlappen zugemessen hätte, so versichre ich, sie würden sich
solche längst haben abschneiden lassen. Da ihnen aber die Natur kurze
Läppchen zu geben vor gut befunden hat; so ist ihre einige Sorgfalt
dahin gerichtet, wie sie solche durch Kunst verlängern möchten. Oefters
tragen die Frauenspersonen eine Last von Steinen an den Ohrläppchen,
daß dieselben davon ausreißen, und ihnen Schmerzen verursachen müssen:
Aber auch diese übertragen sie mit weit christlicher Gelassenheit,
als jene Mutter den Tod ihres an Blattern verstorbenen allerliebsten
Kindes, um nur schöner aussehen zu mögen. Die Alten pflegten von Golde
gewisse Figuren, als Lämmchen, Kreuzchen, Ottern und Schlangen an den
Ohrringelchen zu tragen. Heut zu Tage aber sieht man Perlenmutter,
gute und unächte Steine, gute Perlen und wächserne Perlen, welche
mit Glase überzogen sind, und andere geschnittene oder geschliffene
von Glas verfertigte Flüsse, die verschiedene Ecken haben, damit die
Lichtstrahlen sich darinne auf mancherley Weise brechen und die Farben
verändern können, an den Ohrläppchen herunter hängen.

§. 84. Die Lust, Ohrgehänge tragen zu wollen, gründet sich auf nichts,
als auf eine bloße Eitelkeit, welche immer die Hauptleidenschaft
der Schönen gewesen ist, und so viel ich davon einzusehen vermögend
bin, noch itzo ist, auch vielleicht, wenn es mir erlaubt ist, meine
Prophezeyung frey heraus sagen zu dürfen, noch in Zukunft der Liebling
des schönen Geschlechts bleiben wird. Man mag es nur sicher glauben,
daß diejenigen, welche ihren Körper beständig zu putzen und zu
schmücken bemüht sind, eine sehr eitle Seele besitzen. Ich glaube es in
Ewigkeit nicht, was einige Schönen sagen. Denn

    Auf Sagen mag ein andrer bauen,
      Auf Sagen bau ich nicht;
    Ein Narr, nicht ich, mag allen trauen,
      Von dem man sagt und spricht:
    Doch Mops glaubt viel, und wird betrogen,
      Ja, gar zu oft bethört.
    Warum? Mops ist tumm auferzogen,
      Und viel zu ungelehrt.

Ich sage es noch einmal, ich lasse mich doch nicht überreden, wenn man
auch gleich seine Eitelkeit mit noch so schönen Farben anzustreichen
sucht, um andern beybringen zu mögen, daß sie bloß darum den Entschluß
gefaßt hätten, die Ohrläppchen durchstechen zu lassen, damit sie
sich von den Flüssen, die ihnen so oft zur Last zu fallen pflegten,
loß machen könnten. Es ist kein Zweifel, daß dieses nur ein eitler
und scheinbarer Vorwand sey, womit man seiner eitlen Gesinnung einen
Mantel umzugeben meynet. Wenn sich solche zu Flüssen des Kopfs und
der Augen geneigte Schönen, durch die Haut im Nacken ein Haarseilchen
(~Setaceum~) ziehen, oder am Arme ein Fontenell hätten setzen
lassen; so würde niemand mehr, als ich, ihren Worten Glauben zustellen;
ja ich würde ihre Sorge, die sie auf die Erhaltung ihrer Gesundheit zu
wenden beflissen gewesen wären, für untadelhaft halten.

§. 85. Kein Putz ist so vollkommen, welcher nicht auch seine
Unvollkommenheiten nach sich ziehen sollte, und so geht es auch mit
den Löchern, welche darum gestochen werden, damit man die Ohrläppchen
mit Ohrgehängen auszieren könne. Denn obschon die Ohrläppchen als ein
Knorpel sehr wenig Empfindung haben; so geschiehet es gleichwohl, wenn
man sich die Löcher stechen läßt, daß an den Ohrläppchen Schmerzen
empfunden werden, daß sie eine Entzündung bekommen, und zu schwären
anfangen. Aber auch dieses alles pflegt sich auch alsdenn zu ereignen,
wenn die Ohrläppchen, wegen der großen daran hängenden Last von
einander gerissen werden. Ohnerachtet nun alle diese Zufälle eben keine
Lebensgefahr verursachen, so halte ich es doch vor eine Thorheit, daß
man sich ohne Noth Schmerzen mache, die man doch, wenn man sonst klug
genug wäre, gar füglich überhoben seyn könnte. Man giebt ja ohnedies
denjenigen immer Schuld, daß sie einen Fehler des Gehirns hätten, die
durch sich selbst muthwillig zugezogene Schmerzen erst klüger werden
wollen:

    Klug ist, wer fühlt, sich bessert, schweiget.

[Illustration]



[Illustration]


                         Der dritte Abschnitt.

                                Von den
                      Krankheiten, welche von der
                      Auszierung des Halses ihren
                          Ursprung herleiten.



Das erste Kapitel.

Von den Verdrießlichkeiten, die zu entstehen pflegen, weil das schöne
Geschlecht den Hals entblößt zu tragen gewohnt ist.


§. 86.

Unsere Schönen haben in Gewohnheit, ihren Hals entblößt zu tragen,
um theils mein Geschlechte dadurch zu reizen, theils aber auch ihm
aus Hochmuth zu zeigen, daß die Natur ihnen hiermit eine vorzügliche
Schönheit vor den Männern zum voraus geschenket habe. Sie machen sich
groß mit ihrem Halse, und schätzen die Schönheit desselbigen darum
so hoch, weil ihr Hals eine zartere Haut, eine weißere Farbe, und
keinen so hervorragenden Knorpel der Luftröhre hätte als der Hals der
Mannsbilder, denn sie solchen als etwas häßliches vorwerfen, und nur
zum Spotte den Adamsapfel nennen. Aber sie haben gar nicht Ursache,
des Adamsapfels wegen, welchen wir nicht aus unserm Verschulden,
sondern aus weisen Absichten der Natur tragen müssen, uns spöttlich
zu verhöhnen. Es ist überhaupt ein Merkmaal eines blöden Verstandes,
wenn man seinem Nebenmenschen Leibesgebrechen vorzuwerfen, unbesonnen
genug ist, wofür er doch selbst nicht kann, und die er nicht zu ändern
in seiner Macht hat, wenn er es auch gleich gerne thun wollte. Die
Mannspersonen könnten den Frauenzimmern wohl, wenn sie sonst Lust
hätten, größere Dinge vorhalten, dafür sie sich gewiß recht würden
schämen müssen, wenn sie anders so tugendhaft, wie sie sich immer
rühmen, seyn wollten.


§. 87.

Damit nun aber auch der nackende Hals nicht so gar kahl da stehen
möchte; so ist der Witz der Schönen hier sinnreich genug gewesen,
Mittel ausfündig zu machen, den Hals mit Verzierungen ausrüsten
zu mögen, um ihm mehrern Reiz und Annehmlichkeit beyzubringen.
Sie haben also zu dem Ende den Hals mit sammetnen, seidenen mit
Schmelz und Glasflusse besetzten Halsbändern, mit Schnuren, daran
Wachsperlen oder ächte Perlen gereihet sind, und mit goldenen Ketten
ausgezieret, ja sie haben ihn so gar mit einer Last von Dukaten,
so wie ein Rennschlittenpferd mit Schellen, behangen und recht
niedlich ausgeputzet, so, daß manchem darnach gelüstet haben muß, die
Hände darnach ausstrecken zu mögen, um sie von dieser Gelbsucht zu
befreyen, sich aber damit gütlich zu thun, und das Herz zu erfreuen.
Viele verherrlichen ihren Hals mit edlen Steinen, die in Gold gefaßt
sind, und bald die Gestalt eines Herzens oder eines Kreuzes, bald
aber einer Rose vorzustellen pflegen. Andere tragen gar kleine
Judenkragen, die aus Bändern oder Spitzen, welche in Falten gelegt
werden müssen, zusammen geneht worden sind, um den Hals rings herum.
Dieser Halsputz ist sehr bequem, die Kröpfe zu verbergen, und ich habe
solche meistentheils bey solchen jungen Schönen angetroffen, von denen
ich überzeugt gewesen bin, daß sie Kröpfe gehabt haben. Unzählige
Weibspersonen hängen fast ihre ganze Habseligkeiten an den Hals, und
die sie daran zu hängen nicht fähig sind, die jagen sie, aus Furcht,
sie möchten ihnen von den Dieben entrissen werden, in den Hals hinein,
um solche in Sicherheit bringen zu mögen. Ich weis wohl, daß die Weiber
mehrmals durch den Halsschmuck ihre Männer an den Bettelstab gebracht
haben. Welches gar leichte geschehen kann, wenn ihnen die Weiber,
ohne Leibeserben zu hinterlassen, sterben; so, daß sie hernach andern
die Gerade, von Rechtswegen, zu überlassen genöthiget werden. O,
ungerechtes Recht!


§. 88.

Ich will mich nun auch um die Krankheiten bekümmern, welche sich
von einem entblößten Halse zu erzeugen pflegen, damit ich nicht
vor saumselig in Ansehung meiner Pflicht gescholten werden möchte.
Da nun der bloße Hals der freyen Luft, um andern dessen Schönheit
zu zeigen, ausgesetzt wird; so wird es kein Wunder seyn, wenn sich
derselbe, zumal bey rauher, feuchter und kalter Witterung, vielen
Verdrießlichkeiten darbieten muß. Der unmerklichen Ausdünstung wird
also nothwendig bey einer solchen Beschaffenheit der Luft in der Haut
des Halses gehemmt werden, folglich wird es nichts fremdes seyn,
wenn lauter solche Krankheiten, ihren Ursprung davon nehmen, welche
allemal sich zu ereignen gewohnt sind, so ofte bey vorfallender
Gelegenheit die unmerkliche Ausdünstung gestört oder gar unterdrückt
wird. Heiserkeit, Brustflüsse, Husten, Entzündungen des innern Halses,
Beulen, Geschwüre, und mehrere dergleichen Ungelegenheiten, deren ich
schon zum öftern im 63, 42, 38, 32, 28, 17, 12 und 5ten Absatze Meldung
gethan habe, sind die Kinder dieser fruchtbaren Mutter, und von eben
dieser stammen Kröpfe, (~Strumæ~) und geschwollene Halsdrüsen
(~Scrofulæ~) natürlicher Weise ab. Denn, da die Säfte des Körpers
von der verhinderten Ausdünstung darum verderbet werden, weil deren
Ueberfluß kein Ausgang verstattet ist; so müssen die Säfte dicke und
zu Stockungen geschickt, folglich faul und bösartig gemacht werden.
Nun aber haben die Kröpfe und geschwollene Halsdrüsen gemeiniglich
eine üble Beschaffenheit der Säfte zum Grunde: Was kann also wohl
natürlicher seyn? als daß solche daher entspringen müssen, weil die
gehemmte Ausdünstung vornehmlich der Haut des Halses, welche die
Drüsen, hauptsächlich aber diejenige Drüse, welche die thyroideische
heißt, umgiebet, vermöge des versagten Abflusses und beständigen neuen
Zuflusses ausgedehnet wird, und also in den von dieser Haut umkleideten
Drüsen eine Verstopfung zuwege bringen muß. Da nun ein Kropf nichts
anders, als eine widernatürliche Ausdehnung dieser Haut ist; so muß
daher diejenige weiche und nachgebende Geschwulst des Halses ihren
Ursprung nehmen, die man einen Krampf zu nennen gewohnt ist. Und eben
daher entspinnen sich auch die ~Scrofulæ~ welche geschwollene
Drüsen am Halse sind, so sich bewegen lassen, sehr harte werden,
zuweilen aber gar aufbrechen, und unheilbare Geschwüre verursachen.
Wie besorgt sind also nicht unsere Schönen bey diesen entstandenen
Umständen, um solche unsichtbar zu machen und verhöhlen zu mögen. Aber
es ist nunmehro zu späte, die Fehler itzo verbergen zu wollen, welche
man sich selbst, bloß aus einem verdammten Hochmuthe, zugezogen hat.



[Illustration]


Das zweyte Kapitel.

Von den Gefährlichkeiten, welche von der Zartmachung der Halshaut
entstehen.


§. 89.

Allerdings gehört auch eine zarte Haut des Halses zur Schönheit, daher
die Frauenspersonen, um ihren Liebhabern desto reizender seyn zu mögen,
allen Fleiß anwenden, sich selbige eigen zu machen. Doch was ich im
52sten Absatze von der Zärtlichkeit der Haut des Angesichts gesagt
habe, das kann auch von der zarten Halshaut gelten.


§. 90.

Die Schönen bedienen sich eben derjenigen Mittel, sich eine angenehme
Zärtlichkeit der Haut zuwege zu bringen, welche im 46, 53 und 54sten
Absatze angeführt worden sind. Ich halte es billig vor überflüßig,
solche nochmals zu wiederholen.


§. 91.

Wenn aber die Frauenzimmer wider alle Vernunft dennoch so verwegen
seyn, und mit Bedacht solche Dinge zum Gebrauche nehmen wollen,
die man doch als höchst schädlich anzusehen hat, und die im 46 und
55sten Absatze nachgesehen zu werden verdienen; so werden sie sich es
auch nicht entgegen seyn lassen dürfen, wenn ihnen alle diejenigen
Verdrießlichkeiten über den Hals kommen werden, welche im 88, 63, 55,
49, 42, 38, 32, 28, 18, 12, und 5ten Absatze erzählt worden sind.



[Illustration]


Das dritte Kapitel.

Von dem Schaden, welcher sich äußert, wenn die Sommersprossen und
Leberflecke des Halses mit äußerlichen und schädlichen Sachen
vertrieben werden.


§. 92.

Was ich von den Sommersprossen des Angesichts im 56, 57, 58 und 59sten
Absatze behauptet habe, das läßt sich auch auf die Sommersprossen,
welche die Haut des Halses unscheinbar machen, anwenden. Ich habe
im 60sten und 61sten Absatze eine vernünftige Heilungsart wider
dieselbigen angeführt, und diese findet auch hier statt. Im Gegentheil
aber habe ich auch im 62sten Absatze ein abergläubiges Mittel, und im
46 und 54sten Absatze noch andere schädliche Dinge verworfen, welche
sonst die Frauenzimmer, sich die Sommersprossen damit zu vertreiben,
in Gewohnheit haben. Und endlich habe ich mir Mühe gegeben, im 91, 88,
63, 55, 49, 48, 42, 38, 32, 28, 17, 12 und 5ten Absatze diejenigen
Krankheiten darzuthun, welche von dem unzeitigen Gebrauche schädlicher
Mittel zu entspringen pflegen.


§. 93.

Leberflecke nennt man diejenigen gelben, braunen, oder schwarzbraunen
Flecke der Haut, so zuweilen eines Handtellers groß, zuweilen aber auch
kleiner sind. Sie haben gemeiniglich eine Rauigkeit der Haut bey sich,
welche wie Kleyen oder Schuppen abzufallen pflegt, ordentlicher Weise
aber haben diese Flecke ihren Sitz am Halse, auf der Brust, und an den
Händen, ja auch wohl andern Theilen des Körpers; endlich verursachen
sie auch ein beschwerliches Grimmen und Jucken. Diese Leberflecke nun
haben ebenfalls, wie Sommersprossen, ein verderbtes Geblüte zum Grunde,
welches seine Unreinigkeit unter der Haut abzusetzen, durch die Haut
schimmern zu lassen, und solche Flecke sichtbar zu machen pflegt.
Doch haben diese Flecke die Art an sich, daß sie zuweilen von selbst
vergehen, aber auch wiederkommen. Man hat wahrgenommen, daß sie bey
denen gemeiniglich zum Vorschein zu kommen geneigt sind, die, wenn sie
ihren Körper erhitzt haben, entweder sehr kalt zu trinken, oder sich
der kalten Luft, um sich abzukühlen, auszusetzen gewohnt sind.


§. 94.

Diejenigen Schönheiten, welche solche Leberflecke ohne Nachtheil
ihrer schätzbaren Gesundheit loß zu werden Verlangen tragen, werden
sich mit gutem Erfolge, der im 60 und 61sten Absatze vorgeschlagenen
Heilungsart bedienen können. Wenn sie aber lieber ihrem Eigensinne
Folge leisten, und die im 46 und 54sten Absatze getadelten Hülfsmittel
brauchen wollen, die werden freylich zur Strafe ihres Eigensinnes sich
alle diejenigen Krankheiten, als ein Joch über ihren schwachen Hals
werfen, die ich im 92, 88, 63, 55, 49, 42, 38, 32, 28, 17, 12 und 5ten
Absatze angezogen habe.



[Illustration]


Das vierte Kapitel.

Von dem Unheil, welches daher zu kommen pflegt, wenn sich das
Frauenzimmer durch unrechte Mittel die Kröpfe vertreiben läßt.


§. 95.

Die angenehmste Schönheit des Angesichts so wohl, als des Halses,
ja der vollkommenste Körperbau wird einen großen Abgang seiner
Anmuth leiden, wenn der schöne weiße und runde Hals von einem Kropfe
unscheinbar gemacht worden ist. Sollte man es wohl den Schönen mit
Rechte verdenken, wenn sie sich angelegen seyn lassen, sich von
diesem Uebel, welches sie so sehr verstellt, frey zu machen? Ihre
Absicht würde keines Tadels würdig seyn, wenn sie sich nur nicht
ungeschickten Händen überließen, die ihnen allemal mehr Schaden, als
Vortheil zu verschaffen pflegen. Denn ein vernünftiger Wundarzt wird
sich wohl schwerlich unterstehen, seine Hand an einen Kropf zu legen,
welcher schon zu einer ziemlichen Größe gelanget ist, weil er von den
Kröpfen mit mir einerley Meynung und Glauben hat, daß nämlich ein
gar zu groß gewachsener Kropf eine unheilbare Geschwulst sey. Es ist
aber ein Kropf, nach meinem Begriffe, eine unschmerzhafte Geschwulst
des auswendigen Halses, die ihren Ursprung von einer gewaltsamen
Ausdehnung derjenigen Haut des Halses nimmt, welche die tyroideische
Drüse umkleidet. Zuweilen sind diese Kröpfe klein, zuweilen aber zeigen
sie eine ganz besondere Größe. Einige sind harte, andre weich. Ich
habe Kröpfe gesehen, die sehr groß waren, so, daß sie denen, welche
damit belästiget wurden, eine unangenehme und schwere Sprache, einen
kurzen Athem, ja gar Ersteckflüsse verursachten, welches gar leichtlich
geschehen kann, wenn die tyroideische Drüse, die bey nahe an den obern
Knorpeln der Luftröhre liegt, so aufschwället und groß wird, daß sie
die Luftröhre zusammendrückt, und auf diese Weise den Ausgang der Luft
so wohl verhindert, als auch den Einfall derselben hemmet.


§. 96.

Ich habe schon im 88sten Absatze erweislich gemacht, daß die Kröpfe
von der verhinderten Ausdünstung entstünden. Denn da diese die Säfte
verderbet und dicke macht; so werden die Drüsen des Halses davon in
eine Verstopfung gerathen, folglich werden sie wachsen, sich verhärten,
und endlich die Haut ausdehnen, und diese Geschwulst sichtbar machen
müssen. Ueberhaupt aber sind die Kröpfe gutartigen Verhärtungen
nicht ungleich, wenn sie aber mehr zunehmen, so können sie auch
nach und nach eine böse Art überkommen, daher sie denn auch öfters
schmerzhaft werden, Entzündungen bekommen, und zum Krebse Anlaß geben.
Leute, welche mit der Lustseuche behaftet sind, können gar leichte
bösartige Kröpfe bekommen. Alles nun, was fähig genug ist, die Haut
des Halses, welche die tyroideische Drüse umgiebet, auszudehnen, das
muß auch vermögend seyn, Kröpfe zu erzeugen. Die Halshaut aber wird
ausgedehnt, wenn man die Luft an sich hält, und den Kopf gewaltsam
zurücke wirft, oder wenn man schwere Lasten öfters auf dem Kopfe zu
tragen gewohnt ist. Alles was die Drüsen verstopfen kann, muß auch
Gelegenheit zu Kröpfen geben. Dieses aber wird ein dickes, faules
und schlammiges Wasser, wie ohngefähr das Schneewasser ist, welches
darum faul und stinkend wird, weil es sehr lange, zumal auf hohen
Bergen, ohne Bewegung gelegen hat, und eine sehr grobe Kost von Mehl
und riechenden Fleische ganz gewiß zu bewerkstelligen im Stande seyn.
Ich kann auch eine dicke, neblichte, und mit wäßrichten Dünsten stark
angefüllte Luft mit gutem Gewissen nicht davon ausschließen. Es giebt
Gegenden, wo diese Kröpfe ordentlicher Weise zu Hause sind, als wie
in Spanien, Steyermark, Tyrol, Bayern, Franken, und Schwaben, und wie
ich mir habe sagen lassen, so sollen die Frauenzimmer daselbst die
Kröpfe vor eine ganz besondere Schönheit halten, ich will es glauben,
denn vielmals macht die Mode einen Fehler schön. Ich habe an keinem
Orte mehr kröpfichte Leute angetroffen, als in Sagan, und ich bin
der völligen Meynung, daß diese vom Boberwasser herkommen, welches
ich darum darzu geschickt halte, weil solches von dem Schneewasser,
welches von den hohen Gebirgen herabfließt, und in den Bober fällt,
schädlich gemacht wird. Die Aerzte daselbst mögen das Boberwasser
noch für so gesund ausschreyen; so glaube ich es doch nicht, sondern
ich halte es darum für schädlich und ungesund, weil die Einwohner
daselbst sehr kropfreich sind. Ich lasse es mir auch nicht ausreden,
daß diejenigen, welche das Boberwasser unüberlegt als gesund anpreisen,
nicht Mangel an ihrer Wissenschaft und gar keine rechte Erkenntniß
desjenigen Orts haben sollten, in dem sie wohnen, um welche sich doch
die Aerzte, nach des Hipokrats Vorschrift vor allen Dingen zu bekümmern
verbunden seyn sollten. Der Beweis, wodurch sie das Boberwasser von
aller Schädlichkeit loszusprechen suchen, ist dieser: Sie sagen, der
Bober entspringt an der böhmischen Gränze bey Schatzlar, auf einem
hohen Berge, und hat auch darum einen sehr schnellen Lauf: das Wasser
selbst sieht sehr helle und klar aus, und rollet auf einem schweren
kiesichten und sandigten, nicht aber auf einem schlammigten und
leimigten Boden daher: Da nun aber nicht nur das Bergwasser, sondern
auch dasjenige Wasser der Gesundheit zuträglich ist, welches auf einem
kiesigten Sande fließt, und noch darzu einen geschwinden Lauf hat, und
eben darum nicht zur Fäulniß geneigt ist; das Boberwasser aber eine
solche, und keine andere Beschaffenheit besitzt, folglich muß es ein
gesundes Wasser seyn. Es ist wahr, ich muß es selber zugestehen, daß
ein Bergwasser und ein solches, welches sehr schnelle läuft, einen
kiesigten und sandigten Grund hat, und schöne krystallenklar ist,
gesund seyn könne, wenn ihm nur anders keine fremde und schädliche
Theile zugesellet werden. Allein da der Bober, von dem, auf den
höchsten Bergen liegenden, und zur Sommerszeit geschmolzenen Schnee
verderbet worden ist, so hilft alles nichts, wenn er auch gleich den
Ursprung seines Wassers dem allerhöchsten Berge schuldig, das Wasser
aber noch so krystallenartig wäre, und noch einen zehnmal schnellern
Lauf hätte, als es gegenwärtig zu haben pflegt, ja wenn auch gleich
das Boberwasser wirklich von dem, auf den Bergen geschmolzenem Schnee,
schädlich und ungesund gemacht werde, beweist sein Aufschwällen im
Sommer augenscheinlich, da es am trockensten, und heißesten ist. Denn
zu der Zeit fängt der Schnee auf dem Gebirge an zu zerschmelzen, und
den Bober am Wasser reicher, zugleich aber auch schädlicher zu machen.
Aber wenn wird auch mehr, als im Sommer, da die Hitze sehr groß und
schmachtend ist, getrunken? Wird man also nicht die Körper zu eben der
Zeit mit weit mehrern Unreinigkeiten anfüllen? Ich läugne es nicht.


§. 97.

Man will mir die Versicherung geben, daß die Könige von Frankreich
und England die besondere Kraft hätten, durch Auflegung ihrer hohen
Hände, oder durch die Berührung mit ihren Händen die Kröpfe heilen zu
können. Wer aber dieses glaubt, der glaubt mehr als ich. Ich habe nicht
gehört, daß diese gekrönten Häupter die Gabe gesund zu machen mittelbar
von den heiligen Ausgesanndten erhalten hätten. Denn meines Wissens
wußte man dazumal nichts weder von einem Könige der Franzosen, noch
von einem Könige der Britten. Wenn diese Könige wirklich die Kröpfe
heilen könnten, so würden sich ganz gewiß die Tyroler, Steyermärker,
Salzburger und andere mehr in ihre Kur begeben, um sich von dieser
Beschwerde loß machen zu mögen. Einige wollen gar anrathen, daß man
den Kropf mit einer Hand eines an der Abzehrung verstorbenen Menschens
berühren lassen solle, und wiederum andere befinden vor gut, den
Kropf mit einem Knochen eines solchen an der Auszehrung verstorbenen
Menschens zu bestreichen. Doch alle beyde Mittel gründen sich auf einen
bloßen Aberglauben. Ja man will noch mehr erzählen, und sogar sagen,
daß einige, welche sich den Kropf, mit der Hand eines an der Abzehrung
verstorbenen Menschens wirklich hätten berühren lassen, davon selbst in
eine abzehrende Krankheit verfallen seyn sollten. Aber wenn dieses ja
einmal geschehen ist, so muß gewiß derjenige schon selbst einen Fehler
im Eingeweide gehabt haben, davon vielleicht diese Krankheit entstanden
seyn mag. Denn da die Kröpfe von verdorbenen Säften ihren Ursprung
nehmen, so wird es auch gar wohl möglich seyn können, daß davon andre
Theile ebenfalls eine böse Beschaffenheit bekommen können. Doch wenn
dieses in der Wahrheit seinen Grund hätte; so würden auch sonst diese
Fälle öfterer vorfallen müssen, und so würden auch alle diejenigen,
welche sich mit einem solchen Menschen beschäftigen, und ihn angreifen,
wie nämlich die todten Weiber und Aerzte, welche vielmals solche
Körper zergliedern, in eine Abzehrung verfallen müssen. So viel aber
muß ich versichern, daß durch alle diese Mittel in Ewigkeit kein Kropf
vertrieben werden könne, auch nach meinem Glauben niemals einer geheilt
worden sey.


§. 98.

Viele haben das Herz, und wagen es, sich den Kropf mit einer Salbe
bestreichen zu lassen, welche aus Quecksilber, venetianischen Terebinth
und Schweinsfette verfertiget worden ist. Andere aber lassen ein
bleyernes Halsband, welches mit lebendigem Quecksilber bestrichen
werden muß, um den Hals tragen, und bilden sich ein, den Kropf damit
weg bringen zu können: Aber sie betrügen sich in ihrer Meynung, und
erlangen ihre Absicht dennoch nicht, ja sie richten damit vieles Unheil
an, indem sie dadurch einen Speichelfluß erregen, welcher sie in nicht
geringe Gefahr zu versetzen fähig ist. Diejenigen aber, welche den
Kropf gar durch ätzende und beizende Sachen, zu vertreiben, sich in
Sinn kommen lassen, machen es noch ärger, und verrathen offenbar ihren
Unverstand. Denn es ist natürlich, daß durch diese Heilungsart große
Adern und Nerven angefressen, der Kropf aber in einen Krebs verwandelt
werden müsse, worauf allemal gewiß der Tod erfolgen wird. Man rühmt
gemeiniglich den Schwammstein als ein untrügliches Hülfsmittel wider
den Kropf. Allein man hat befunden, daß die Leute nach dessen Gebrauche
sehr elende geworden sind, so, daß man alle Noth gehabt hat, solchen
wieder zu ihrer verlohrnen Gesundheit zu verhelfen. Zurücktreibende
Mittel verhärten nicht nur die Kröpfe noch mehr, und machen solche
bösartig, sondern sie erzeugen auch alle diejenigen Mühseligkeiten,
deren im 94sten Absatze gedacht worden ist. Diejenigen aber werden
ihre Absicht weit glüklicher erreichen, welche sich bey anfangenden
Kröpfen solcher Mittel bedienen, die ihre Wirkung durch Vertheilen zu
beweisen geschickt sind, und die Fähigkeit besitzen, das Blut von aller
Unsauberkeit zu reinigen, und die Dickheit desselbigen zu verdünnen.
Einem alten Kropfe aber ist keine andere Hülfe, als der Schnitt,
nur muß man sorgfältig darauf Achtung geben, daß der Kropf, welcher
geschnitten werden soll, von guter Art sey, nicht aber eine üble
Beschaffenheit habe, weil sonst nur die Gefahr vergrößert werden würde.

[Illustration]



[Illustration]


Das fünfte Kapitel.

Von den Ueblen Umständen, welche von der Weißmachung des Halses
abstammen.


§. 99.

Niemand wird einen gelben oder braunen und schwarzen Hals vor eine
Schönheit halten, auch so gar pflegen dieses die Frauenzimmer selbst
nicht zu thun, ohnerachtet sie doch sonst gewohnt sind, ihre eigenen
Fehler vor schön auszugeben. Sie sind, wie mein Geschlechte, einem
mißfärbigen Halse gram, und eben aus dieser Ursache bemühen sie sich,
an sich diesen Fehler zu verbessern, um sich keines Vorwurfs würdig
machen zu wollen. Sie sind in ihrer Erfindung, ihren Gedanken nach
nicht die unglücklichsten gewesen, zumal, da sie die Kunst, ihren
gelben Hals mit einem weißen Anstriche so meisterlich zu verdecken
gelernt haben, daß man sich selbst beynahe überreden lassen sollte,
diese angenehmen Schönheiten wären allesamt in Cypern gebohren worden.
Doch wenn es mir erlaubt ist, die rechte Wahrheit sagen zu dürfen, so
kommen mir solche weißgefärbte Frauenspersonen eben so, wie die Pferde
vor, welchen die Roßhändler eine andere Farbe zu geben pflegen, damit
sie solche ihres Vortheils wegen desto theurer verkaufen möchten: Und
aus einer gleichmäßigen Absicht färben die Weibsbilder ihre gelben
Hälse weiß, damit sie sich an einem oder auch nach mancher Neigung auch
an mehrere Liebhaber glücklich verkaufen könnten.


§. 100.

Die gelben Hälse aber pflegen die Frauenzimmer mit Puder, sehr zart
zu Pulver gemachten Bleyweiße, oder mit ~Magisterio Talci~
weiß anzustreichen, um ihren Hälsen besondre Annehmlichkeit zuwege
zu bringen. Einige nehmen auch diejenigen Mittel zur Hand, die ich
schon im 45sten und 46sten Absatze angeführt habe. Aber es ist auch
eine überaus schlechte Belohnung, welche sie vor ihre Bemühung, sich
nämlich einen weißen Hals zu verschaffen, bekommen. Denn sie ziehen
sich dadurch alle diejenigen Krankheiten über den Hals, die von mir im
98, 94, 92, 88, 63, 55, 49, 42, 38, 32, 28, 17, 12, und 5ten Absatze
erwehnt worden sind. Und so hätte ich denn, mit andern Gelehrten,
den Kopf sowohl als den Hals schöne genug bemahlt, und abgeputzt,
ohne daß ich bey den Stücken die geringste Krankheit aufgebürdet
habe. Die Schönen würden mir das größte Unrecht von der Welt anthun,
wenn sie sich gegen mich so unbarmherzig aufführen, und mich als
einen Mörder ausschreyen wollten. Ob es aber auch nicht einige, nach
ihrem schlechten angebohrnen Verstande thun dürften, dafür mag ich
eben nicht Bürge seyn. Ich habe es mehr als einmal erlebt, daß man
Personen aus einer bloßen gehäßigen Leidenschaft Gewalt angethan und
ihnen mit einer erdachten und harten Beschuldigung, die ihnen nicht
einmal in den Sinn gekommen war, zur Last gefallen ist. In Wahrheit,
zu diesem Unglücke kann man eben so unvermuthet, wie jene Jungfer
zu einem Kinde kommen. Gebt nur eingebildeten Gelehrten, und sich
selbst weisedünkenden Herren, ob sie schon mehr Wahnwitz als Weisheit
besitzen, nicht diejenige Ehre, der sie sich in ihren Köpfen, würdig
zu seyn, glauben, so gleich werden sie an euch Gelegenheit suchen,
euch mit einer Beschuldigung, davon ihr selbst nicht einmal wisset, zu
beschweren, und es euch eben so nahe zubringen suchen, daß es euch,
wenn ihr anders Empfindung habt, wehe thun muß. Und eben so machte es
jenes Ordensglied, welches gegen seine Freunde mehr Schalkhaftigkeit
als Freundschaft besaß, ob es schon immer sein rechtschafnes Gemüthe
und seine Aufrichtigkeit in allen Gesellschaften, zumal wenn es von
Weine beredter als Bäv gemacht wurde, recht meisterlich zu rühmen
wußte, an dem aber gleichwohl, wie an einem stinkenden und faulen
Fische, kein guter Bissen war, und eben darum seine vorige Gesellschaft
zu verlassen genöthiget ward, weil man gar zu deutlich aus seinen
Gesichtszügen sowohl, als aus seiner Aufführung schließen konnte,
daß er sich besser zu einem Theaternarren, als zu einem Geistlichen
schicken würde, ohnerachtet es das tolle Glück endlich noch zu allem
Unglück zu einem mitlautenden Buchstaben, um die Zahl im ABC vollmachen
zu helfen, gemacht hatte. Hier wußte es sich erst rechte Ehre zu geben,
so, daß es endlich für Hochmuth und Einbildung in eine Krankheit, die
von den Aerzten die Milzsucht genannt wurde, zu verfallen so unglüklich
wurde. In diesem Zustande wuchs des Mannes Eigenliebe dergestalt,
daß er in eine wirkliche Raserey verfiel, in der er vorgab, daß alle
Gelehrsamkeit mit ihm ihre Endschaft erlangen würde, so bald er nur
mit Tode abgehen würde. Der Himmel lasse doch diese Prophezeyhung
immer mehr erfüllt werden! Doch ich will itzo sogleich, ohne daß ich
mehr Worte verschwende, für die ich vielleicht wohl gar noch einigen
Uebelgesinneten Rechenschaft zu geben, angehalten werden möchte,
den Beschluß meines ersten Buches, von den Krankheiten des schönen
Geschlechts, welche überhaupt dem Putze der Haare, des Angesichts und
des Halses, ihr Daseyn schuldig sind, hiermit bestimmen; und kurz, hier
ist das

                               E N D E.


[Illustration]





*** End of this LibraryBlog Digital Book "Satyrische Abhandlung von den Krankheiten der Frauenspersonen, welche sie sich durch ihren Putz und Anzug zuziehen" ***

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