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Title: Ein Ehzuchtbüchlein
Author: Oeser, Hermann
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Ein Ehzuchtbüchlein" ***


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  |         Anmerkungen zur Transkription          |
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  | In diesem Büchlein ist der Text zu 12 bis 18   |
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                          Ein
                    Ehzuchtbüchlein.

                          von

                     Hermann Oeser.

        Verlegt bei Eugen Salzer in Heilbronn.



      Copyright 1913 by Eugen Salzer, Heilbronn.
     Das Buch schmückte Rudolf Schäfer, den Druck
     besorgte Buchdruckerei Scheufele, Stuttgart.

  Einhundertelftes bis einhundertzwanzigstes Tausend



  Im Jahre 1578 ließ Johann Fischart
      aus Mainz sein philosophisch
      Ehzuchtbüchlein in Straßburg
      im Elsaß erscheinen. /
      Ehzuchtbüchlein wurden immer
      erlebt, nicht bloß 1578.

    Dies ist mein Ehzuchtbüchlein und
      beginnt also:



  Verheiratet sein ist nicht nötig.

    Glücklich verheiratet sein ist
      nötig.

    Ehe sollte nie als
      Filtrierapparat für getrübte
      Seelen dienen.

    Es gibt Ehen, die erst nach dem
      Tode des einen Ehegefährten
      mit diesem geschlossen
      werden.


    Es gibt Ehen, die mit dem Tode
      des einen Eheteils endigen.

    Es gibt Ehen, die Ehe sind.

    Wer über den Ehegefährten bei
      anderen klagt, der bricht
      die Ehe.

    Ehe ruht auf unbedingtem
      Vertrauen. Daher die
      Diskretion in der Ehe.


    Das »unbedingte Vertrauen«
      zeigt sich darin, daß
      man dem Ehegefährten
      sein Geheimnis gönnt.

    Es kann eine Lähmung in der
      Ehe eintreten. »+Früher+
      warst du anders -- --,
      +früher+ tatest du dies
      und das -- --«, -- das
      ist die Lähmung.


    Wenn ein Ehegefährte die
      Ähnlichkeit des Kindes
      mit dem anderen Eheteile
      betont, -- +betont+, --
      -- das ist meist ein
      verborgener Kleinkrieg.

    Auf alle Kunst und jeden Beruf
      bereitet sich der Mensch vor,
      nur auf den schwersten Beruf
      nicht, auf die Ehe.

    Wer in die Ehe tritt, ohne den
      festen Willen: nur Du -- --
      tritt neben die Ehe.


    Ehe ist dienen.

    Wer sich bedienen läßt, so, daß
      er sich bedienen läßt, bricht
      die Ehe.

    »Recht behalten haben« --
      ist für den Liebenden das
      traurigste Geschäft.


    »Wieder einmal recht gehabt« --
      hat nur der Nichtliebende.

    Nicht recht gehabt zu haben ist
      ein süßes Glück.

    Nur in der Ehe gibt es keinen
      Streit, wo +ein+ Teil um
      keinen Preis recht behalten
      will.


    Ich rede von Menschen, wie
      sie sind.

      Darum sage ich:

      Sprich keinen Vorwurf aus.
      Es gibt keinen, den du ihm
      machen könntest, den der
      andere nicht schon längst
      im stillen gegen dich
      erhoben hat.


    Wer nicht das +erste+ Wort
      nach Spannungen findet,
      soll nicht heiraten.

    Wer glücklich werden will,
      soll nicht heiraten.

    Glücklich machen -- da
      liegt es.

    Wer verstanden werden will,
      soll nicht heiraten.

    Verstehen -- da liegt es.



  Wer nicht das Gefühl kennt, mit
      dem ein Mensch sein Leben
      fühlt, kennt ihn gar nicht,
      -- und handelt es sich um
      Mutter und Sohn -- -- und
      handelt es sich um Mann
      und Frau.

    Erinnerung, Hoffnung und
      Gewissen, zusammengeflossen
      in +einen+ Strom -- -- das
      ist das Lebensgefühl.


    Was ist das höchste Gebot der
      Ehe?
      »Liebe deinen Nächsten!«

    Wer aber ist mein Nächster?
      »Der keine Geduld mit dir
      hat.« »Der gegen +alle+
      Selbstbeherrschung hat,
      nur nicht gegen dich.«
      »Der den Ausläufer schont,
      aber nicht dich.« »Der
      dich kennt und dir doch
      falsche Beweggründe
      unterschiebt -- -- --.«


    »Darum, +liebe+ deinen
      Nächsten, und abermal
      +darum+ liebe deinen
      Nächsten.«

    Sei größer als der Augenblick.
      Sei immer größer als der
        Augenblick.
      Sei nie geringer als der
        Augenblick.


    Ach, die »Enttäuschten!« Ach,
      die »Gekränkten!« Ach, die
      »Unverstandenen!«

      Sei immer größer als der
      Augenblick! Wie wolltest du
      sonst die Kleinheit der Sache
      erkennen?

      Sei nie geringer als der
      Augenblick, wie überständest
      du sonst die Scham, daß du
      kleiner warst als das Kleine?


    Man kann »Ehe« übersetzen.
      _Mariage_ heißt's im
      Französischen,
      Geduld -- im Deutschen,
      Besonnenheit -- im Deutschen,
      Güte -- im Deutschen,
      nicht Ich -- im Deutschen,
      Immer nur Du -- im Deutschen,
      Sich über das Gleiche freuen
      -- im Deutschen,
      Über das Gleiche weinen --
      im Deutschen.


    In der wahren Ehe werden
      die Gefährten jünger,
      immer jünger, alle Jahre
      weiter, immer etwas jünger.

    In der Ehe wächst der
      Gesprächsstoff, denn immer
      tiefer führt die gemeinsame
      Rede in den Sinn des Lebens,
      in die Seelen der Begegnenden.

    Stumme Liebe -- schmeckt nach
      Musäus' Märchen.
      Liebe redet.


    Möbelgemeinschaft ist keine Ehe.

    Es ist gut sich aussprechen
      können. Es ist gefährlich,
      es nicht zu können.


    Gott gab dem Ehegefährten
      die Ohren, damit er die
      Klagen des andern anhört
      -- liebreich anhört!

    Liebreich anhören, nicht
      geduldig -- da liegt es.

    Den Ehegefährten, zum
      gesellschaftlichen Spiel,
      vor anderen ironisieren,
      -- bricht die Ehe.



  Ehe schützt wie eine Mutter
      ihr Kind -- »Ehe« deckt
      den Gefährten. Ehe steht
      wie ein Offizier, wie ein
      Student für die Ehre des
      Kameraden ein.

    Tief sieht die Liebe. Sie
      sieht alle Schwächen des
      Geliebten. Darum ist sie
      Arzt und Schleier.


    Wer nicht sich gegenüber den
      Ton verträgt, den er gegen
      den Ehegefährten hat, der
      prüfe sich. Der prüfe sich.

    Der liebt nicht die »Wahrheit«,
      der sie andern sagt. Nur der
      +liebt+ die Wahrheit, der
      sie gegen sich verträgt.

    Ehe geht vor dem Scheuern.
      Ehe geht vor der Zeitung.
      Ehe geht vor dem Bügeln.
      Ehe geht vor dem Beruf.
      Ehe ruft immer: »Heim!
      Ach, nur heim!«


    Zeit haben für den Ehegefährten,
      ist wichtiger als Geld für ihn
      haben.

    Ein Ehegefährte darf +sein+
      Eigenleben begraben.

    Kein Ehegefährte darf
      Totengräber im Leben
      des andren sein.

    »Höchste Liebe schweigt« --
      so las ich einmal.
      Ach, nein!
      Höchste Liebe +tröstet+
      den +Beleidiger+.


    Vor Fremden schweigen,
      wo ein Ehegefährte den
      andern im Stiche läßt,
      ist selbstverständlich.

      Der Liebende schweigt +dann+
      aber auch in der Zweisamkeit.

      »Warte nur, wenn ich dich
      allein kriege« -- das sagten
      die Flegel, als ich ein
      Kind war.


    Manchmal +muß+ ein Ehegefährte
      reden.

      Er ist ja Arzt gegenüber
      dem Ehegefährten. Er ist
      ja Freund gegenüber dem
      Ehegefährten.

    Ehe ist Gewissensgemeinschaft.


    Wenn nur kein Ehemann Angst vor
      dem Pantoffel hätte. Hat er
      dann nicht Furcht ein
      Liebender zu sein?

    Wer sich vor der Nachrede
      fürchtet, er sei ein
      Pantoffelheld, hat Furcht,
      als ein Liebender zu
      erscheinen.


    Liebe heißt -- »nur du!«

    »Sein« Bier, sein
      »Stammtisch«, sein
      »bischen Erholung«
      -- -- -- ach, du
      lieber Himmel.

    Die Liebe hat so süße Worte:
      »Hilf mir vor mir selbst«
      -- »die du mich verwundest,
      heilst mich« -- »du
      Sorgender, immer Wacher«
      -- »du Herzenstraut« --
      solch süße Worte hat die
      Liebe.



  Höchste Liebe rinnet dahin --
      -- wie die Bergwasser, wo
      nur immer Tiefen sind, also
      weiß man nie im voraus, was
      höchste Liebe tun wird.

    Ehe ist wachsein.

    Ehe ist wie der Türmer, Ehe
      ist wie die Schildwacht,
      Ehe ist wie die Mutter des
      kranken Kindes, Ehe ist wie
      der Hüter des Gottesvolkes.


    Ehe ist wachsein.

    Entziehe keines dem andern
      die Sonne.

      Ohne Sonne dahin gehen,
      +einen+ Tag, +zwei+ Tage,
      viele Tage, -- -- --
      es ist schrecklich.

    Entziehe keines dem andern
      die Sonne.


    Ehe ist Anbetung.
      Nicht Anbetung des andern.

    Ehe bedarf einen Glauben.
      Wie, es wären da zwei und
      er wäre nicht mitten unter
      ihnen?

    Wie, es wären da zwei, und
      ihre Wangen glühten nicht
      für etwas, das sie lieben,
      das sie +lieben+?


    Ehe ist keine
      Erwerbsgemeinschaft.

    Ehe ist das Daheimsein im
      Guten, Adligen, Nobeln,
      im Schönen, in der Erlösung
      von der Knechtschaft des
      Kleinlichen, der Selbstsucht
      und der Ungüte.

    Wer ein Ehezuchtbüchlein
      schreibt, schreibt eine
      Selbstanklage.





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